1137. An Fanny Nöldeke

1137. An Fanny Nöldeke


Wiedensahl Sonnabend 26. Jun. 97.


Liebe Fanny!

Ich danke dir für deinen Brief und laße auch Adolf für den seinigen danken.

Es freut mich, daß deine Reise ohne Hinderniß verlaufen und daß das Wetter gleich so günstig geworden ist. Unsere jungen Schwarzdroßeln mußten das wohl vorhergesehn haben, denn am selben Sonntag morgen sind sie ausgeflogen und treiben sich jetzt ganz munter im Gebüsch herum. Nach dem heißen Sonnenschein hatten wir gestern und vorgestern ein paar sanfte Regenschauer, die dem Garten sehr wohlgethan haben.

Wegen des Haushalts mach dir nur keine Sorgen. Ich bin bei ganz guter Laune; wenn's hapert, sprech ich deutlich meine Ansichten und Wünsche aus, freilich nicht immer mit Erfolg.

Dienstag Nachmittag war Frl. G. bei Busch zum Kaffee, wozu, außer Frl. Emma, auch zwei junge Mädchen von Mittelbrink geladen waren.

Gestern vormittags bot sich der Nachbarschaft ein kleines militärisches Schauspiel. Mindestens zwölf Offiziere hielten zu Pferd in einer Reihe uns gegen über auf der Straße. Der Oberst kam herein und bat mich, einen Augenblick heraus zu treten, weil mich die Herren zu begrüßen wünschten. Das that ich denn. Sie waren auf einer Besichtigungstour, kamen von Rehburg und ritten weiter nach Minden, wo sie in Garnison sind.

Alles Gemüse gedeiht vorzüglich, namentlich auch die Stangenwachsbohnen, von denen ich's nicht erwartet hatte. Heute werden zum zweiten Mal Erbsen gegeßen; Montag zum ersten Mal große Bohnen.

Leb wohl, liebe Fanny! Versäume ja nicht, das Meer zu sehn.

Herzliche Grüße an Dich und Liesbeth und Adolf von

deinem getreuen Bruder

Wilhelm.


Auch Frl. G. und Sophie laßen grüßen.
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