519. An Marie Hesse
519. An Marie Hesse
Wiedensahl 10. Juli 1881.
Liebe Frau Heße!
Vergeßen? Nein! – Abhängig von Verhältnißen und Kräften, stärker als wir selbst, werden wir in dieser Welt gehalten oder geschoben, nicht wo und wohin wir wünschen, sondern wohin wir gestellt oder adreßirt sind. – [219] Freitag vor acht Tagen holte mich unerwartet Freund Gedon aus München zwischen meinen Rosen weg. Wir machten eine antiquarische Fahrt zusammen nach Braunschweig, Hildesheim, Kaßel und haben bei schöner Hitze gar schöne Dinge gesehn. Nach Kaßel nahmen wir von Göttingen auch den Neffen Hermann mit. Sodann schieden wir: Gedon nach München, Hermann nach Göttingen, ich nach Wiedensahl. Inzwischen waren Adolf und Otto in die Ferien gekommen, ein paar Tage bei Mutter gewesen und dann nach Schwerin zu ihrem Stiefbruder abgereist, mit dem sie nebst deßen Frau und zween kleinen Kindern nächsten Sonnabend hierher kommen werden. Zur selben Zeit beginnen Bruder Hermann's Ferien in Celle, wo ich ihn verabredetermaßen abhole, um Bruder Gustav in Wolfenbüttel zu besuchen. Darnach – muß der alte Junge wieder länger sein' Ruh' han. – Mein Wunsch, Sie auch mal auf Ihrem Gut zu besuchen, wenn auch nicht gar so bald, wird sich ja wol mit der Zeit erfüllen laßen. Sie werden dort, hoff ich, recht schöne Blumen pflegen, viel im Freien wandeln, das Husten laßen, zuweilen an Bremen und Borkum denken und bei der Gelegenheit nicht ganz vergeßen
Ihren alten Freund
Wilh. Busch., der