1525. An Grete Meyer
1525. An Grete Meyer
Mechtshausen 30. Dec. 1905.
Liebe Grete!
Es freut mich, aus deinem Briefe zu ersehn, daß dir's gefiel in Berlin.
Gute Wünsche, wenn sie auch den Lauf der Gestirne nicht merklich beeinflußen, sind immerhin ein wohlthuender Brauch, den ich nicht ändern möchte, und so sag ich Dir denn ein muthiges Prosit Neujahr! Das alte, das sich eben fortschleichen will, war ängstlich genug. Noch zum Schluß hat es Elsen viel Mühe im Haushalt und Otto zur Festtagsarbeit eine starke Erkältung gebracht.
Aber die Kinder sind glücklich und vollauf zufrieden mit ihrer Bescherung. Martin freut sich auf Münden; Ruth ist auf's Lesen erpicht; Anneliese braucht keine litterarische Bildung, um die Welt unterhaltlich zu finden.
Adolf, der mittwochs kam, fuhr heut früh über Hildesheim wieder weg. Übernacht fiel Schnee. Es war doch mal eine Veränderung nach dem ewigen Nebel, dem Seelenbedrücker.
Sonst, ob's trocken oder smärig, geh ich täglich im Garten herum, besehe die Sträucher und Bäume und habe auch schon richtig allerlei Nußkätzchen und Schneeglöckchentriebe heraus geguckt.
Das Buch, wofür ich dir danke, las ich gespannt. Ebenso Hilligenlei. Dies, aus dem altgläubigen Kellerloch betrachtet, muß freilich viel Anstoß erregen. –
Leb wohl, meine liebe Grete, und sei herzlich gegrüßt von
deinem alten
Onkel Wilhelm.