272. An Maria Anderson

272. An Maria Anderson


Wolfenbüttel 23 Apr. 75


Ja, wohl, meine liebe Frau Anderson; wir leben in einer raren Welt. Bei den Göttern! Ich will und mag kein Beichtvater sein. Andern Leuten die Hühneraugen zu schneiden, die Köpfe zu waschen und trübe Seelen zu filtriren – wäre mir doch eine gar zu unerquickliche Beschäftigung. Ich absolvire so frisch weg und in's Blaue hinein, weil ich bemerke, daß ich selbst nicht viel tauge. Wozu auch die Beichterei?! Das gewiße kleine werthvolle Päckchen schmuggelt ja doch ein Jeder mit durch und in sein Grab hinein. Drum absolvir ich so hin und schelte so hin. Und die Weiber? Ja, fast hielt' ich sie für beßer, als uns! Hab ich nicht eine Mutter gehabt und eine Schwester, die ich liebe?! Kenn' ich nicht ein paar herzensgute Weiberchen, die ich nur ungern entbehren möchte?! Sind Sie nicht auch dabei?! Aber räsonirt muß sein! Und das mit Recht! – Als Junge kriegt' ich mal Hiebe undnicht mit Recht. »Kann nicht schaden! hieß es. Die sind für Das, was man nicht weiß!« – Ach, lieber Alter! Ich stimme dir bei! –– Sie haben den guten Willen, die Welt zu erlösen? – Erst lösen Sie mir mal den Widerspruch, der in den zwei Worten guter Wille sich findet. – Keine hölzerne Gurke, kein bleierner Häring kann mich vom Katzenjammer erlösen. –

Ich bitte Sie um's Himmels willen, gutes Madamchen; nehmen Sie mich in Betreff dieses Mysteriums nur nicht beim Wort! Die größte Verlegenheit würde mein Loos sein.

Mit herzlichem Gruß

Ihr Wilh. Busch.

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