1240. An Grete Meyer

1240. An Grete Meyer


Mechtshausen 30. Sept. 1899.


Liebe Grete!

Die Geschichte mit der ungeleckten Briefhülle könnte Jedem paßiren, auch mir sogar. Du brauchst dich also nicht zu schämen, es sei denn, daß du durchaus beßer sein möchtest, als andere Leut.

Mit deiner Geschäftsordnung bist du, seh ich, leidlich zufrieden; liest auch allerlei "Neueres" nebenbei. Folgerichtigerweise müßte wohl das Ältere, was gut ist, vorhergehn.

Am Montag wurde Hannover besucht bei leidlichem Wetter. Gleich nach Seesen zu, du weißt schon wo, war ein solch grausamer Steinschlag, daß wir das Pferd bedauerten. Deshalb bestellten wir den Wagen für abends nach Rhüden. Als wir aber mit einiger Verspätung nach Seesen zurück kehrten, hatte sich der Landesbahnzug bereits entfernt. Otto mußte nun in dem dunklen Nest ein Fuhrwerk suchen, mit dem wir dann den Umweg über Rhüden machten. Ja, aber hier war die Brücke abgebrochen. Mit Rumpelpumpel ging's drum herum. So kann man denn nach diesem Mechtshausen [148] [150]vorerst nicht hinein und kommt auch nicht heraus, außer zu Fuß oder per Luftballon.

Seit gestern ist es schön herbstlich. Feiner Nebel um die Berge, von der Sonne durchleuchtet. Gras feucht, wie von nächtlichen Reif. Nur 1 Grad über 0 heut früh. Die zartfühlenden unter den Topfgewächsen sollen zu Abend herein.

Sei herzlich gegrüßt, liebe Grete, von deinem

alten Onkel Wilhelm.


Auch von allen den Anderen im Pfarrhaus allhier.
Ätsch! und morgen backen wir Zwetschenkuchen! – (Nein, heute! Morgen ist Sonntag.)

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