[734] 784) Die Sage von der großen Schlacht am Birkenbaum. 1

Eine alte in ganz Westphalen bekannte Prophezeiung sagt, es werde einst der Süden gegen den Norden die Waffen ergreifen und man werde sich vereinen, um wegen der Oberherrschaft des Erdkreises zu kämpfen. Mitten in Deutschland werden sie auf einander treffen, aber in den Gegenden Nieder-Deutschlands wird der Kampf entschieden werden. Das Treffen soll am Birkenwäldchen bei Budberg, einem Dorfe bei Unna, beginnen. Die bärtigen Völker des Siebengestirns werden siegen, doch ihre Feinde werden sich wieder stellen und mit äußerster Verzweiflung kämpfen. Dort wird jene Macht jedoch vernichtet und es werden kaum Einige übrig bleiben, um die unerhörte Nachricht zu verkündigen. Der Fürst aber, der jene große Schlacht schlagen wird, wird von Bremen (einem Dorfe bei Werl) nach der Haar (einer Anhöhe bei Werl) reiten, dort wird er sein Ruhekissen fordern und mit seinem Fernrohre nach der Gegend des Birkenbaumes sehen und die Feinde betrachten. Darauf wird er bei Holtum (einem Dorfe bei Werl) vorbeireiten. Hier steht ein Crucifix zwischen zwei Lindenbäumen; vor diesem wird er niederknieen und eine Zeit lang mit ausgestreckten Armen beten. Darauf wird er seine Soldaten, die weiß gekleidet sind, ins Treffen führen und nach blutigem Kampfe Sieger bleiben. An einem Bache, der von Abend nach Morgen fließt, wird das Hauptmorden sein. Wehe, wehe Budberg und Söndern (einem Dorfe bei Werl) an diesen Tagen! Nach dem Kampfe wird der siegreiche Feldherr in der Kapelle zu Schafhausen an der Haar eine Anrede halten. Jener alte Birkenbaum stand zwischen Holtum, Kirch-Hemmerde, Unna und Werl; er vertrocknete, es ist aber neuerdings ein anderer Baum an seine Stelle gepflanzt worden.

Am 22. Januar des Jahres 1854 wurde bei Büderich, einem Dorfe an der Chaussee zwischen Unna und Werl, eine merkwürdige Luftspiegelung beobachtet, die unbedingt mit der eben gedachten Sage in Verbindung steht. Man gewahrte von der Anhöhe Schlückingens, einem isolirt stehenden Hause, wie sich ein ungeheurer Heereszug nach dem Schafhauser Holze fortbewegte. Bückte man sich zur Erde, so konnte man unter dem Bauche der Pferde hinweg bis zum fernen Horizonte hinsehend die Bewegungen der Pferde deutlich wahrnehmen. Auch Infanterie konnte man in großer Menge und das Blitzen ihrer Musketen genau sehen. Derselben folgte ein unabsehbarer Wagenzug, welchem die Cavallerie sich anschloß, die nach dem Dorfe Hemmerde sich abschwenkte. Die Uniform der Cavallerie war weiß. Als das Fußvolk im Schafhauser Holze und die Cavallerie sich vor demselben befand, verschwammen die Bäume in einem dichten Rauch. Mit dem Untergang der Sonne verschwand jedoch das höchst interessante Schauspiel.

Fußnoten

1 S. Kuhn, Westphälische Sagen Th. I. S. 208 etc. nach der Prophetia de terribili luctu Austri et Aquilonis – Col. 1702 in 12. – und anderen Quellen, besonders nach dem Buch der Wahr- und Weissagungen. Regensburg 1850. Bd. I. S. 283 etc.

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