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An Christiane von Goethe
Da morgen die Post in jene Gegend abgeht, will ich ein Briefchen an dich vorbereiten und dir sagen, daß ich mich sehr wohl befinde; an Leib und Seele unvergleichlich besser, als da ich von Hause wegging. Wir haben zwar abwechselndes, aber doch im Ganzen sehr angenehmes Wetter, ein sehr hübsches heiteres Quartier in guter Lage. Bekanntschaften hab' ich auch schon gemacht und so wird das hiesige Leben nach hergebrachter Ordnung fortgeführt. Morgens um 5 Uhr stehe ich auf und gehe an den Brunnen. Zwischen 8 und 9 wird gefrühstückt; dann etwas geruht, angezogen, dictirt, wieder ein wenig spaziert und dann gegessen. Nach Tische wird im Zimmer gezeichnet, gegen Abend auf der Promenade und sonst die Zeit auf eine oder die andre Weise hingebracht. Das Essen ist leidlich, so auch der Wein; doch wird man eben nicht verführt, sich zu übernehmen. Morgen ist unsere erste Woche um und da wird Zahltag seyn. Bis jetzt haben wir sehr ordentliche Rechnung geführt. Heute ist Papier eingewechselt worden; da wir denn für 50 Gulden 103 Papiergulden erhalten haben. Über acht Tage sollst du erfahren, was uns eine Woche kostet.
Von Leipzig habe ich sehr gute Nachrichten. Herr Rath Rochlitz war so freundlich, mir einen recht um-[342] ständlichen Brief zu schreiben. Durch Genast weiß ich die Einnahme, die auch nicht gering ist, und so ginge denn dieses Unternehmen recht schön. In den vier ersten Repräsentation war die Elsermann noch nicht aufgetreten.
Hier ist noch wenig Gesellschaft und die leeren Alleen würden dir nicht gefallen. Doch werden manche Gäste erwartet. Von Spitzen habe ich noch nicht viel Kluges gesehen; aber einen neuen Einfall, der auf der recht gut aussieht; so habe ich auch weder ächte noch falsche Granaten bisher gesehen. Viele Läden sind noch zu, und ist alles erst im Anfang. Mehr will ich dießmal nicht sagen, damit der Brief nicht liegen Bleibe Nachricht und ich hoffe, auch von Zeit zu Zeit etwas von dir zu erfahren. Leute recht wohl und grüße Augusten zum schönsten.
G.