1830, 21. August.
Mit Karl von Hase
Vorgestern .... fuhr ich nach Weimar. Ich war gerade in der Studirstube Herders, der mit Schleiermacher mein theologischer Heiliger ist, als ihr dermaliger Insasse, Röhr, zu mir sagte: Sind Sie noch nicht bei Goethe gewesen? nun, so müssen Sie gleich hin, er hat schon mehrmals nach Ihnen gefragt und freut sich Sie zu sehen .... – Ich wurde in einem großen Zimmer allein gelassen, der Herr werde gleich kommen .... Ich betrachtete mir eifrig die Gegenstände, um ruhiger zu werden; denn Sie würden nicht wieder sagen, daß ich hochmüthig sei, wenn Sie gefühlt hätten, wie stürmisch das Herz mir schlug und wie tief ich mich beuge vor der Majestät des Geistes, wo Sie mir wahrhaft entgegentritt. Bald kam er; das letzte Bayersche Bild ist sehr ähnlich, der erste Eindruck streng und imposant, wie eine großartige Ruine. Nun hätte ich nichts mehr gewünscht, wie wir zusammen auf dem Sofa saßen, als daß ein anderer geredet hätte und ich still hätte zuhören und betrachten können. Das Gespräch blieb durchaus gemessen und ruhig, er [190] schien wohlwollend im allgemeinen ohne etwas Persönliches und Herzliches. Der Anfang ziemlich ministeriell über das, was Jena mir biete und von mir erwarte. Dann ein Abschweif, der etwas Goethisch klang, von dem Ineinandergreifen und gegenseitigen Fördern geistiger Kräfte, dadurch man allein der unendlichen Aufgabe des Lebens näher rückte, wenn man auch nimmer zu Ende komme. Daß dieses eben das Beste sei, konnte ich aus eigner Herzensmeinung hinzufügen, da das Leben eng und ängstlich sein würde, wenn auch in noch so weiter Ferne, aber doch irgendwo, Bretter um die Welt geschlagen wären. Die Frage nach der Ludovisischen Juno und die Antwort, daß sie es sei, führte uns dann endlich nach Italien hinein, und ich konnte ihm erzählen, wie ich zumal in Girgenti als ein zweiter dankbarer Nachfahrer sein Andenken mit einem Freunde gefeiert hätte, nach welchem er sich denn auch weiter erkundigte.
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