1819, 14. Juni.


Mit Friedrich von Müller
und Heinrich Meyer

Abends war ich mit Meyer bei Goethe. Er war sehr gesprächig und mittheilend. Die wunderliche Kephalideische 1 Biographie, Friedr. Heinrich Jacobi's Leichenrede gaben Stoff zur Unterhaltung. »Jacobi's Schriften,« sagte Goethe, »sind nichts für mich; ich kann mich wohl in entgegengesetzte Systeme hinein denken, aber nicht in halb zu, halb abfällige, dunkelnde, nebelnde.« Dagegen lobte er Jacobi's persönliche Liebenswürdigkeit, Anmuth, Offenheit.

Von Raupachs »Lorenz und Cäcilie« urtheilte er ungünstig; es sei Talent und Ahndung des Rechten vorhanden, auch einzelne Schönheiten; aber durchaus nichts Rechtes, nichts Haltbares, nichts Darstellbares im Ganzen. Die Fabel des Stücks schien ihm zu unbedeutend. [13] Von Müllners »Albaneserin« urtheilte er insofern besser, als dieses Stück auf den Brettern Effect machen werde, weil es mit Kunst zusammengesetzt sei, wie wohl verflochten und wunderlich genug.


Note:

1 Aug. Guil. Kephalides, Reise durch Italien und Sicilien, Leipzig 1818, 2. B.

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