Spartam quam nactus es, orna.
Erasmiadag.
Seit ich aus Neigung und Beruf
den gröſsten Theil meiner reifern Stu-
dien und meiner [besten] Zeit der Grund-
feste der Arzneywissenschaft, wie Zim-
mermann die Physiologie nennt, und
der prima materia philosophiae, wie die
Naturgeschichte bey Bacon von Ve-
rulam heiſst, gewidmet habe, bin
ich sehr bald und täglich mehr über-
zeugt geworden wie wahr es ist wenn
Haller sagt: die Physiologie habe von
der vergleichenden Anatomie mehr
Licht erhalten als selbst von der Zer-
gliederung menschlicher Leichen; und
wenn J. J. Rousseau eben jene ana-
*3tome
[VI]Vorrede.
tome comparata für die lebendige Seele
der ganzen Naturgeschichte der Thiere
erklärt. Und wenn ich glauben darf in
jenen beyden Feldern nicht ohne Nut-
zen gearbeitet zu haben, so verdanke
ich das gröſstentheils der Beyhülfe die
mir die vergleichende Anatomie dazu
gewährt hat; so wie ich es mir ander-
seits wohl zu einigen Verdienst anrech-
nen darf, daſs ich, meines Wissens,
wenigstens in Deutschland zu erst,
schon seit langer Zeit alljährig *) ei-
gene Vorlesungen über dieselbe gehal-
ten und selbst dadurch das meinige
beygetragen habe Sinn und Eifer
für
[VII]Vorrede.
für dieses fruchtbare Studium zu er-
wecken und immer mehr zu verbrei-
ten; und so hoffe ich nun auch durch
die Ausgabe dieses Handbuchs, als des
ersten das je über die ganze anatome
comparata erschienen ist, dieses Stu-
dium noch mehr zu erleichtern, und
selbst dadurch gemeinnütziger zu ma-
chen. Es ist dieses Buch in derselben
Manier abgefaſst, die bey denen so ich
über die andern beyden gedachten Wis-
senschaften über die Physiologie und
Naturgeschichte herausgegeben, Bey-
fall gefunden; auf den ich auch wohl
bey dieser neuen Arbeit um so eher
rechnen darf, da sie, wie gesagt die
erste in ihrer Art ist, die nämlich mit
ihrem scientifischen Gehalt und zweck-
mäſsigen Plan, besonders auch die zu
einer brauchbaren Grundlage für Vor-
*4lesun-
[VIII]Vorrede.
lesungen erforderliche Form ver-
bindet.
Zu dem für ein solches Handbuch
zweckmäſsigen Plan, gehört aber vor
allem eine recht überdachte Auswahl,
aus der unermeſslichen Fülle von Ma-
terialien die sich bis jetzt schon bey
der Bearbeitung dieses Studiums ange-
häuft haben; wobey ich denn die be-
ständige Anwendung auf Physiologie
und Thiergeschichte vor Augen gehabt,
auch eben deſshalb hin und wieder
kleine Bemerkungen aus jenen Wis-
senschaften eingestreut habe. Und so
begreift sich von selbst, warum hinge-
gen ausführliche Myologie, Angiologie,
Nevrologie u. s. w. ganz auſser den
Grenzen eines solchen Handbuchs lie-
gen. Anders verhält es sich hingegen
mit der vergleichenden Osteologie, da
der
[IX]Vorrede.
der Knochenbau der rothblütigen Thiere
nicht nur im genauesten Bezug mit
der übrigen Anatomie, sondern auch
mit der Totalform jener Geschöpfe,
mithin auch groſsentheils mit ihrer
ganzen Oeconomie und Lebensweise
steht.
Auf unsere jagdbaren und Haus-
thiere habe ich aus einem doppelten
Grunde vorzügliche Rücksicht genom-
men. Theils weil sie zur Zergliede-
rung überall am leichtesten zu schaf-
fen sind; theils wegen des groſsen In-
teresse was die richtige Kenntniſs ih-
res Baues für Landwirthschaft und
Vieharzneykunst haben muſs. Von
ausländischen hingegen habe ich immer
ausgehoben was sich durch die bedeu-
tendsten Eigenheiten auszeichnet.
Bey dem was ich nicht selbst in
der Natur zu untersuchen oder zu se-
hen Gelegenheit gehabt, sind immer
meine Gewährsleute angegeben, aber
auch auſserdem theils die besten mir
bekannten Abbildungen, theils beson-
ders die vorzüglichsten kleinen Schrif-
ten und die in periodischen Sammlun-
gen zerstreueten Abhandlungen zur
anatome comparata citirt, so daſs ich
nicht leicht eine von Wichtigkeit über-
gangen, sondern beyläufig in den An-
merkungen ein ziemlich vollständiges
Verzeichniſs zur Litteratur dieses Stu-
diums gegeben zu haben glaube.
Solche Hauptquellen hingegen wie die
beyden bis jetzt erschienenen er-
sten Bände von des um die verglei-
chende Anatomie so unendlich verdien-
ten Herrn Professor Cuvier's classi-
schen
[XI]Vorrede.
schen Werke, oder solche reiche Re-
pertorien, wie die Hallersche groſse
Physiologie, sind meist nur Ein für
Allemahl, und auch das zu allem Ue-
berfluſs, genannt.
Die Eintheilung der Abschnitte nach
den vorlängst angenommenen vier Clas-
sen von Functionen, bedarf hoffentlich
keiner langen Entschuldigung. Ich
sehe sehr gut ein wie wenig derglei-
chen Eintheilungen in der Natur ge-
gründet sind, und daſs die Stimme
z. B. keine functio vitalis ist u. dergl.
Auch habe ich den Beweis dieser mei-
ner Einsicht schon dadurch gegeben,
daſs ich manche Functionen in diesem
Handbuch unter andere Classen als in
dem physiologischen gebracht habe;
z. B. die Absorbtion hier zu den vitalen,
und dort hingegen zu den sogenannten
natür-
[XII]Vorrede.
natürlichen. So vielseitig ist nämlich
die Ansicht aus der sich so viele dieser
Verrichtungen ordnen lassen. Aber
die Classification selbst ist übrigens all-
gemein bekannt und im Ganzen ver-
ständlich, und daher an sich eben so
wenig zu verwerfen, als die eben so
bekannte und verständliche, ob gleich
eben so wenig in der Natur fest be-
gründete Classification der vier Tem-
peramente und andere dergl. mehr.
Noch weniger bedarf es wohl einer
Apologie, daſs ich viele lateinische
oder griechische allgemein bekannte
und allgemein verständliche Kunstwör-
ter nicht erst verdeutscht habe, als wo-
durch sie sicherlich für viele Leser
gerade minder verständlich worden
wären, so wie es sich auch widerlich
ausgenommen haben würde, wenn ich
immer
[XIII]Vorrede.
immer und immer bey jedem Satze
wo von etwas die Rede ist was irgend
einer ganzen Classe oder Ordnung von
Thieren gemein ist, den ewigen Re-
frain von “so viel bis jetzt bekannt”
oder “meines Wissens” u. s. w. hätte
ausdrücklich wiederhohlen wollen, da
es sich von selbst versteht, daſs jede
solche allgemeine Behauptung nichts
anders sagen will und kann, als daſs
der welcher sie äuſsert bis jetzt noch
von keiner Ausnahme weiſs.
Ueber die bestimmte Bedeutung
der sonst in der Zootomie relativen
Ausdrücke von oben, unten, vorn
u. s. w., habe ich mich im Buche
selbst (S. 68, 230.) erklärt.
Aber das muſs ich noch erinnern
daſs ein guter Theil desselben schon
vor mehreren Jahren abgedruckt ge-
wesen,
[XIV]Vorrede.
wesen, ehe ich in der siebenten Aus-
gabe des Handbuches der Naturge-
schichte mein System der Säugethiere
verbessert hatte, daher in jenen er-
steren Bogen noch die Benennungen
von einigen Ordnungen vorkommen,
die nun ausgefallen sind, da die Bra-
dypoda unter die Digitata, die Gli-
res und Ferae aber theils unter diese,
theils unter die Palmata vertheilt,
und die Pecora nun Bisulca, die Bel-
luae aber Multungula genennt worden.
Göttingen,
den 1. Jul. 1804.
J. F. Blumenbach.
Nur die rothblütigen *) Thiere sind
mit einem wahren Gerippe versehen, zu
welchem ihre Knochen, und zwar bey
den mehrsten nur bis auf wenige Aus-
A 2nahmen
[4]I. Abschnitt.
nahmen *), untereinander verbunden
sind, und wovon im Ganzen die Total-
form **) und die mehrere oder mindere
Gelenkigkeit ihres Körpers abhängt.
Die gewöhnlich ***) weiſse Farbe der
Knochen hat doch mancherley Abstufun-
gen
[5]Vom Knochenbau der Thiere überhaupt.
gen, selbst zuweilen am gleichen Stück
(wie z. B. in den Backenzähnen der Ele-
phanten) und bey einigen wenigen Gat-
tungen oder Rassen von Thieren sind sie
überhaupt von andrer Farbe *). So
z. B. die Gräten des Hornfisches (Esox
belone) grün, die Knochen mancher Abar-
tungen von Hü[h]nern schwärzlich u.s.w.**).
Weit mannichfaltiger aber ist ihre
Textur und Korn, und zwar sowohl
überhaupt an den verschiednen Knochen
des nähmlichen Scelets, als auch insbe-
sondre in einzelnen Classen und Ord-
nungen von Thieren, da sich z. B. das
spröde Gefüge der Luftknochen der Vö-
gel, das gleichsam langsplittrige bey vie-
len gröſsern Amphibien und Fischen,
das sonderbar Zähe und Dichte an einzel-
nen Theilen mancher sogenannten Knor-
pelfische u. s. w. gar auffallend von an-
drer Knochen ihrem auszeichnet.
Die Kronen oder den freystehenden
Theil der Zähne ausgenommen, sind die
Knochen überhaupt von auſsen mit Bein-
haut bekleidet, und die mehrsten auch
inwendig
**)
[7]Vom Knochenbau der Thiere überhaupt.
inwendig mit Mark*) versehen, das
von verschiedner Consistenz, z. B. bey
den Cetaceen ein flüssiger Thran ist.
Wiederum den gröſsten Theil der
Zähne ausgenommen, werden die übri-
gen Knochen durch Verknöcherung an-
fänglicher Knorpel gebildet, welches Os-
sificationsgeschäffte ceteris paribus bey
den lebendig gebährenden Thieren sei-
nen Anfang und Fortgang in frühern
Terminen zu haben scheint, als bey den
Eyerlegenden. Wenigstens verhält ſich
dieſs so beym bebrüteten Hühnchen in
Vergleich zu ungebohrnen Säugethie-
ren **). So wie hinwiederum unter
A 4diesen
[8]I. Abschnitt.
diesen letztern manche Termine der Os-
sification früher bey den Quadrupe-
den als beym Menschen einzutreten
scheinen *).
So vielartig auch die Formen der Säu-
gethiere, zumal der vierfüſsigen, und
folglich auch die Gerippe derselben sind,
so kommen dennoch diese entweder
sämtlich, oder doch die mehresten der-
selben in folgenden Eigenheiten mitein-
ander überein, und unterscheiden sich
zugleich durch dieselben vom Gerippe
der andern Classe warmblütiger Thiere,
der Vögel.
| A) SÄUGETHIERE. | B) VÖGEL. |
| 1) Schedel mit äch- ten Nähten. (Bis auf wenige Aus- nahmen: etwa der Ele- phant, und das Schna- belthier *). | Schedel ohne ächte Nähte **). |
| 2) Gebiſs. Ausnahmen: die A- meisenbären. Manis. Schnabelthier. Ba- laena. | Schnabel ohne Zähne. |
| 3) Unbewegliche Oberkiefer. | Bewegliche Ober- kiefer. Ausnahmen: z. B. der Nashornvogel. |
| 4) Os intermaxillare. (Von den etwanigen Ausnahmen s. S. 25.) | Kein solches os in- termaxillare. |
| 5) Zwey condyli oc- cipitales. | Nur Ein condylus occipitalis. |
| 6) 7 Halswirbel. (Ausnahmen: Das drey- zehige Faulthier und einige Cetaceen.) | Mehr als 7 Hals- wirbel. |
| 7) Bewegliche Rü- ckenwirbel. | Unbewegliche Rü- ckenwirbel. |
| 8) Geschloſsnes Becken. (Ausnahmen: Die Amei- senbären mit vorn offnem Becken: und die Cetaceen ohne alle Hüfftknochen.[)] | Vorn offnes Becken. (Ausnahme: Der Straus.) |
| 9) Nur bey weni- gen Geschlechtern wahre Schlüssel- beine. | Durchgehends Schlüsselbeine; und fast eben so allgemein die Furcula. (Denn selbst beym Straus und Casuar zei- gen sich doch Rudi- mente dazu.) |
Zuförderst nun vom Schedel der Säu-
gethiere, als dessen Bildung überhaupt
den
[13]Vom Gerippe der Säugethiere.
den bedeutendsten gröſsten Bezug auf
die ganze thierische Oeconomie hat; na-
mentlich als Behälter des Gehirns, der
mehrsten Sinnorgane, und der Freſs-
werkzeuge.
Bey der bekannten Eintheilung der
Schedelknochen in die eigentliche Hirn-
schale (ossa caluariae) und in die Ge-
sichtsknochen (ossa faciei mit Einschluſs
des Unterkiefers) ist das theils auffallende
Verhältnis der respectiven Gröſse dieser
beiden Haupttheile merkwürdig *). Man
vergleiche z. B. um nur einige Paar Gattun-
gen aus gleichen Ordnungen zu nennen,
den
[14]II. Abschnitt.
den Schedel des eigentlichen Orangutang
(Simia satyrus) mit dem vom Mandril
(Papio maimon); oder den vom Tümm-
ler (Delphinus delphis) mit des Caschelot
(Physeter macrocephalus) seinem.
Die Anzahl der eigentlichen Hirn-
schalenknochen ist im Ganzen wie beym
Menschen. Doch das Stirnbein bey den
mehrsten gehörnten Thieren aus zwey
Hälften zusammen gesetzt; hingegen die
Scheidelbeine bey manchen derselben zu
einem zusammenhängenden Stück und
bey andern mit dem Hinterhauptsbeine
verwachsen. Und einige aus der Ord-
nung der glirium haben noch einen eig-
nen in die Breite laufenden flachen Kno-
chen zwischen den Scheitelbeinen und
dem Hinterhauptsbein *).
Eine Hauptverschiedenheit der Schei-
telform hängt vom Mangel oder aber
vom Daseyn und dann wiederum von
der Gröſse und Richtung der crista occi-
pitalis ab, die meist in bestimmten Be-
zug zur mehrern oder mindern Stärke
des Gebisses steht. Sie mangelt z. B.
dem eigentlichen Orangutang, und ist
hingegen bey dem furchtbaren unge-
schwänzten Pavian von Borneo *) von
mäch-
*)
[16]II. Abschnitt.
mächtiger Gröſse. — Die longitudinale
crista ist zumahl beym Dachs auffallend
stark ausgewirkt: so wie die transver-
sale z. B. am Biber. — Bey den Elephan-
ten liegt zwischen den hochgewölbten
Seitentheilen des Oberschedels eine tiefe
weite Grube, auf deren Boden eine
kleine longitudinale crista sitzt. — Unter
den Hunderassen findet sich hierin viele
Verschiedenheit; wenn man z. B. den
Mops mit dem Neufundländer vergleicht.
Auch die Lage und Richtung des
groſsen foramen occipitale zeigt bey man-
chen Gattungen merkwürdige Verschie-
denheit. Statt daſs es nemlich beym
Menschen am weitsten nach vorn und
meist horizontal liegt (zuweilen gar mit
dem vordern Rande höher als mit dem
hintern); so liegt es hingegen bey den
mehrsten Quadrupeden am Ende der
Grundfläche des Schedels, und zwar
schräg, mit dem hintern Rande mehr
oder
[17]Vom Gerippe der Säugethiere.
oder weniger aufwärts gekehrt: bey ei-
nigen gar am Hinterkopfe geradeaus in
verticaler Richtung; und zuweilen, wie
z. E. beym Murmelthier (Marmota al-
pina) sogar mit dem obern Rande mehr
vorwärts gerichtet, als mit dem untern *).
Die wahren Nähte, wodurch die Hirn-
schalenknochen unter einander verbun-
den werden, sind bey den mehrsten Qua-
drupeden, wenigstens von auſsen, min-
der geschlängelt als beym Menschen.
Doch sind sie bey den gehörnten peco-
ribus zu leicht einzusehendem Zweck sehr
stark und scharf gezähnelt; auch die Stirn-
knochen dabey überaus dick *).
Sogenannte Zwickelbeinchen (ossicula
Wormiana) finden sich selten an Thier-
schedeln. Doch habe ich welche an Ha-
sen, und am Schedel des eigentlichen
Orangutang vor mir; welcher letztere
auch durchgehends ausnehmend elegante
Suturen hat *).
Die Facialknochen des Schedels tra-
gen überhaupt durch ihre Richtung und
stärkere oder mindere Prominenz auf-
B 2fallend
*)
[20]II. Abschnitt.
fallend viel zur Totalform des ganzen
Kopfs bey *); und zwar wird diese
Pro-
[21]Vom Gerippe der Säugethiere.
Prominenz gröſstentheils durch die ver-
längerten Oberkiefer selbst; zum Theil
aber auch, und bey manchen hauptsäch-
lich, durch den zwischen denselben gleich-
sam eingekeilten berühmten Interma-
xillar-Knochen bewirkt.
Statt daſs nemlich beym Men-
schen die beiden Knochen des Oberkie-
fers vorn unter der Nase an einander
stoſsen und alle oberen Zähne enthalten;
so sind sie hingegen bey den übrigen
Säugethieren vorn durch diesen beson-
dern, — einfachen oder gepaarten —
Intermaxillar-Knochen*) getrennt, der
gleichsam darzwischen eingekeilt ist,
und bey denjenigen, welche mit obern
Schneidezähnen versehen sind, diesel-
ben aufnimmt **). Er findet sich aber
auch bey den pecoribus, denen diese
Zähne im Oberkiefer abgehen, so wie
auch bey solchen Geschlechtern, die über-
haupt keine Vorderzähne haben, wie
das Schnabelthier (ornithorhynchus pa-
radoxus)
[23]Vom Gerippe der Säugethiere.
radoxus.) und die Elephantengattungen,
ja selbst bey gänzlich zahnlosen Säuge-
thieren, wie die Ameisenbären und ei-
gentlichen Wallfische *). — Er wird
von den benachbarten Schedelknochen
durch deutliche Suturen abgesondert,
die von auſsen neben der Nase und
Schnauze **), am Gaumen aber neben
den vordern foraminibus palatinis***)
B 4laufen.
[24]II. Abschnitt.
laufen. — Seine Gröſse und Form ist
in manchen Ordnungen und Geschlech-
tern
***)
[25]Vom Gerippe der Säugethiere.
tern von Säugethieren von auffallender
Verschiedenheit. Bey vielen feris z. B.
ist er klein; so auch beym Wallroſs.
Hingegen bey den gliribus theils mäch-
tig groſs; so beym Biber, Murmel-
thier; auch beym Nilpferd, beym Tümm-
ler, Caschelot u. a. m. — Die selt-
samste Form haben die beiden haken-
förmig gebognen durch eine breite Syn-
chondrose von einander getrennten In-
termaxillar-Knochen des Schnabelthiers.
(s. tab. I. n. o.) *).
Die eben gedachten vordern fora-
mina palatina (oder incisiua) sind bey
den mehrsten Säugethieren, so wie beym
Menschen,
*)
[27]Vom Gerippe der Säugethiere.
Menschen, doppelt. Meines Wissens
sind sie bey den Quadrupeden weit gröſser
als beym Menschen, zumal bey den pe-
coribus von auffallender Länge und Weite.
So auch im Hasengeschlecht *).
Besonders merkwürdig sind bey den
meisten pecoribus die an der Auſsenseite
der Oberkiefer neben den Nasenbeinen
befindlichen grubenförmigen Eindrücke
von den auſsen daran liegenden soge-
nannten sinibus sebaceis. — Beym Ha-
sen, der auch hierin, so wie in so vie-
len andern Stücken seines Baues, eine
so auffallende Aehnlichkeit mit den
wiederkauenden Thieren jener Ordnung
zeigt,
[28]II. Abschnitt.
zeigt, ist diese Stelle zum Theil wie
netzförmig durchbrochen.
Das Zygoma zeigt vielerley und sehr
bedeutende Verschiedenheit, die zumal
mit den Beiſswerkzeugen in sehr di-
rectem Bezuge steht *). Bey den meh-
resten wird es bloſs durch die Verbin-
dung des Jochbeins mit dem Schlafbeine
gebildet. Bey manchen Palmatis und
Digitatis aber (z. E. bey den Ottern, Bi-
ber, Opossum, Meerschweinchen u. s. w.)
ist noch ein besonderer Knochen zwi-
schen eingeschaltet.
Fast fadenförmig und meist gerade-
laufend ist das Zygoma beym Maulwurf.
Hingegen von ungeheurer Stärke und
weitem innern Raum für die mächtigen
zur Bewegung des Unterkiefers be-
stimmten Muskeln bey vielen Raubthie-
ren,
[29]Vom Gerippe der Säugethiere.
ren, wie z. B. beym Tiger; aber auch
bey manchen gliribus, wie beym Bi-
ber. — Bey manchen unterwärts gebo-
gen, wie bey der Ratte u. a. m.; bey
andern aufwärts, z. B. bey den Wieseln.
Besonders auffallend ist ein groſser
herabsteigender Fortsatz, wodurch sich
das Jochbein der Faulthiere auszeichnet.
Von den Nasenknochen zeigt sich bey
dem Elephanten gleichsam nur ein Imi-
tament. Bey den mehrsten Affen, und
selbst beym Orangutang ist er einfach,
dreyeckt, und sehr klein. Bey den aller-
mehrsten eigentlichen Quadrupeden aber
ist er doppelt und theils von ausneh-
mender Gröſse. So z. B. bey den peco-
ribus und dem Hasengeschlecht; auch
beym Pferd, Schwein u. s. w. Bey den
Gattungen des Rhinocergeschlechts ver-
wachsen die das Horn tragenden Nasen-
knochen frühzeitig zusammen.
Die Thränenbeine fehlen den Elephan-
ten gänzlich. Am ansehnlichsten zei-
gen sie sich hingegen bey den pecori-
bus, vor allen aber bey den Antilopen.
Die Augenhölen sind, zumal in Rück-
sicht ihrer Richtung, ihres Umfanges
und ihrer Tiefe, von mancherley merk-
würdiger Verschiedenheit. Bey den al-
lermehrsten sind sie seitwärts gerich-
tet. Bey den Affen, Pavianen und
Meerkatzen, so wie beym Menschen,
vorwärts, und zwar weit näher bey-
sammen als beym Menschen. Beym
Biber stehen sie aufwärts.
In Rücksicht des Umfangs sind sie
bey den gedachten Quadrumanen ganz
geschlossen. Bey den pecoribus und ſo-
lidungulis haben sie zwar nach auſsen
einen kreisförmigen Rand, aber die hintre
Seitenwand der Höle ist offen. Bey den
feris endlich und manchen gliribus ist
auch
[31]Vom Gerippe der Säugethiere.
auch selbst der äuſsere Rand nach hin-
ten unterbrochen. Eben so vielartig ist
auch die Tiefe oder Fläche dieser Hö-
len. Bey manchen sind sie so flach,
daſs sie kaum diesen Namen verdienen.
So z. B. beym Maulwurf und den
Ameisenbären.
Bey den mit Hörnern versehenen Säu-
gethieren sitzen dieselben auf besonders
dazu bestimmten Fortsätzen gewisser
Schedelknochen. Beym einhornigen
Rhinocer nemlich auf einer rauhen etwas
erhabnen Fläche des ungeheuren Nasen-
beins. Und eben da sitzt auch das vor-
dere des zweyhornigen; das hintre aber
so wie bey den gehörnten pecoribus auf
dem Stirnknochen *). Und zwar zeigt
sich bey den letztern eine doppelte merk-
würdige Verschiedenheit, nachdem sie
entweder im Ochsen- Ziegen- und Anti-
lopen-
[32]II. Abschnitt.
lopengeschlecht eigentlich sogenannte
Hörner, oder aber im Hirschgeschlecht
Geweihe tragen. Bey jenen erwächst
nemlich dem jungen Thiere die
äuſsre Tafel der Stirnbeine zu einem
Zapfen, in welchen sich bey den mehr-
sten (die Antilopen ausgenommen) selbst
die Stirnhölen erstrecken; und dessen
äuſsre Haut allgemach Horn abscheidet,
und damit wie mit einem Futteral über-
zogen wird.
Im Hirschgeschlecht *) hingegen (und
zwar bey den mehrsten Gattungen nur
bey
[33]Vom Gerippe der Säugethiere.
bey den Männchen) *) erhebt sich jene
Tafel bloſs zu einem kurzen stumpfen
Stuhl oder Rosenstock, auf welchem
nach
*)
C
[34]II. Abschnitt.
nach der Hand das eigentliche Geweihe
empor wächst, das alljährlich gewech-
selt wird, und während seines Wachs-
thums mit behaarter sehr gefäſsreicher
Haut bekleidet ist *).
Die einfachen Hörnchen der Giraffe
halten gleichsam das Mittel zwischen
C 2jenen
*)
[36]II. Abschnitt.
jenen beiderley Hauptarten von Gehörn.
Die Form, Textur, und daſs sie peren-
niren, haben sie mit den Stirnzapfen
der eigentlichen Hörner, die behaarte
Bekleidung aber mit den Geweihen
gemein *).
Der Unterkiefer der Thiere derjeni-
gen Classe, bey welcher wir jetzt ste-
hen, weicht auffallender als kaum ir-
gend ein andrer Knochen ihres Gerippes
vom menschlichen ab. — Vor allem
gleich schon durch den Mangel des aus-
zeich-
*)
[37]Vom Gerippe der Säugethiere.
zeichnenden Characters der Humanität,
des prominirenden Kinnes, als welches
alle Raſsen des Menschengeschlechts mit-
einander gemein haben, und das hin-
gegen keinem bis jetzt bekannten an-
dern Säugethiere zukommt. Auch hat
der Mensch, nach Verhältniſs zum Sche-
del, den kürzesten Unterkiefer (worin
ihm nur etwa der Elephant *) gleich-
kommt), so wie er sich auch durch die
eigne Form und Richtung der Gelenk-
knöpfe auszeichnet.
Die Einlenkung derselben ist nach
der Verschiedenheit des Gebisses sehr viel-
artig. Bey den feris z. B. liegen beide
meist in gleicher Linie, sind walzen-
förmig, und genau in die lange cauitas
glenoidea wie in eine ausgefurchte Rinne
gepaſst, in welcher sie als in einem
festen Gewinde laufen. Am allerauf-
fallendsten ist dieſs beym Dachs, wo
C 3diese
[38]II. Abschnitt.
diese walzenförmigen Gelenkknöpfe von
den Rändern ihrer Rinnen so umfaſst
werden, daſs (wenigstens beym erwach-
senen Thiere) der Unterkiefer, selbst
nach der Maceration des Schedels, nicht
herausfallen kann. — Bey manchen Her-
bivoren (im weiten Sinn des Worts)
sind jene condyli wirklich kugelförmige
Knöpfe; so beym Elephanten und beym
Biber. — Bey den pecoribus hingegen
sind sie wie mit einer flach ausge-
schweiften Delle gleichsam abgeschnit-
ten; und zugleich ist bey dieser Ord-
nung von Thieren (am auffallendsten
bey der Giraffe) der Unterkiefer un-
gleich schmaler als der obere, so daſs
folglich die beiden Zahnreihen nicht
auf einander passen, sondern erst durch
die freyere Seitenbewegung der Kinn-
lade beym Wiederkauen an einander
geschoben werden. — Bey vielen gli-
ribus liegen beide Condyli nach der
Länge fast einander parallel; so z. E.
beym Hasen, dem auch (so wie dem
Ameisen-
[39]Vom Gerippe der Säugethiere.
Ameisenbären) der processus coronoideus
fast gänzlich abgeht; der hingegen bey
der Giraffe von ganz auffallender Höhe
ist. — Bey den Cetaceen ist die Gelenk-
fläche des Unterkiefers fast gerade nach
hinten gekehrt *).
Ueberhaupt sind wenige andre Kno-
chen am Gerippe der Säugethiere von
so vielförmiger Verschiedenheit als der
Unterkiefer. Zu den alleranomalischten
gehört der nach vorn schaufelförmig
flache des Schnabelthiers (— tab. I. i —).
Noch ist endlich zu bemerken, daſs
die beiden Hälften des Unterkiefers bey
vielen Säugethieren entweder bis ins er-
wachsene Alter oder gar lebenslang
durch eine bloſse Synchondrose ver-
bunden bleiben, die sich im Kochen
oder Maceriren leicht von einander giebt.
C 4So
[40]II. Abschnitt.
So z. B. bey vielen feris, gliribus und
cetaceis. Hingegen verwachsen sie wie
beym Menschen früh zu einem Stück
bey den Quadrumanen, auch beym Pferd,
Rindvieh, Schwein, Elephanten u. s. w.
Bis auf wenige Ausnahmen sind bey
den allermehrsten Säugethieren die Kie-
fer mit Zähnen*) versehen: denn gänz-
lich zahnlos sind bloſs die eigentlichen
Wallfische (Balaenae), die Schuppen-
thiere, und die Americanischen Amei-
senbären.
Substanz und Gefüge der Zähne sind
von aller andern Knochen ihren ver-
schieden.
[41]Vom Gerippe der Säugethiere.
schieden. Besonders zeichnet sich der
Schmelz (substantia vitrea) an den Kro-
nen derselben sowohl durch seine aus-
nehmende Härte, da er theils am Stahl
Funken giebt, als durch den Mangel
des Schleimgewebes aus, womit der
innere mehr knochenartige Theil (sub-
stantia ossea) der Krone, so wie die Wur-
zel durchzogen ist. Er scheint den El-
fenbeinzähnen so wie den Hauern des
Wallrosses und dem Stoſszahn des Narh-
wal zu fehlen; doch unterscheidet man
auch an allen diesen eine äuſsre dünne
Rinde womit sie bekleidet sind. Ueber-
haupt haben aber diese Zähne manches
eigne in ihrer Textur; und besonders ist
sie im Elfenbein ohne ihres Gleichen *).
Bey einigen Thieren zeichnen sich
die Kronen gewisser Zähne von auſsen
durch
*)
[43]Vom Gerippe der Säugethiere.
durch besondre Farbe aus. So sind die
Nagezähne mancher glirium, z. B. des
Bibers, Murmelthiers und Eichhörnchens,
wenigstens an der Vorderseite, nuſs-
braun; und die Backenzähne vieler pe-
corum groſsentheils wie mit einer schwar-
zen Glasur überzogen *).
Eine Eintheilung der Zähne, wenn
sie allgemein passend und doch ver-
ständlich seyn soll, hat ihre Schwierig-
keiten. — Inzwischen taugt doch immer
die Lage derselben besser dazu, als etwa
ihre Form, (denn die ist z. B. bey den
Cascheloten und Delphinen fast durch-
gehends die gleiche;) und so lassen sie
sich im Ganzen unter die bekannten
drey Classen von Vorderzähnen, Eck-
zähnen und Backenzähnen bringen, nur
muſs der Begriff von denselben genau
bestimmt werden.
Vorderzähne sind im Oberkiefer die-
jenigen, die im os intermaxillare sitzen,
(daher
*)
[45]Vom Gerippe der Säugethiere.
(daher freylich auch die Stoſszähne des
Elephanten darunter gehören;) und im
Untern die, so mit diesen Zähnen, oder
bey denjenigen Thieren, welchen diesel-
ben mangeln, mit dem vordern Rande
jenes Knochens zusammen passen. —
Zahl und Form derselben ist sehr ver-
schieden. Von letzterer doch einiges
zum Beyspiel anzuführen, so sind bey
den gliribus zumal die untern meiſselför-
mig, daher J. Hunter diese Thiere
scalpris dentata nannte. Bey einigen
derselben, namentlich beym Biber und
der Hausmaus, hat das untere Paar ganz
ausnehmend lange Wurzeln. Im Ha-
sengeschlecht sind die obern doppelt, so
daſs sich noch ein ganz kleines Paar
hinter dem gröſsern vordern Paare findet.
Beym Wallroſs ähneln die Kronen der
Vorder- sowohl als der Backenzähne
flachen Knöpfen. Beym Tümmler ragt,
gegen die Weise bey andern Thieren,
das Vorderende des Unterkiefers mit sei-
nen äuſsersten Vorderzähnen weiter her-
vor,
[46]II. Abschnitt.
vor, als das vom obern. — Ueberhaupt
haben die untern Vorderzähne der Säu-
gethiere eine mehr oder weniger schräge
Lage, da sie hingegen beym Menschen
aufrecht stehen, als worin ihm höch-
stens nur der Orangutang von Bor-
neo ähnelt.
Von den Eckzähnen sitzen die obern
im Kiefer selbst nahe an den Intermaxil-
lar-Knochen, folglich gehört der wun-
derbar lange Stoſszahn des Narhwal *), so
wie die Hauzähne des Wallrosses, unter
diese Classe. — Bey manchen Pavianen,
zumal aber bey den gröſsern reissenden
Thieren, sind diese Zähne theils von
furchtbarer Stärke; und bey den letztern
der
[47]Vom Gerippe der Säugethiere.
der ganze Profilumriſs und Wurf des
Vorderschedels nach denselben gerichtet,
was z. B. am Tiger auffallend sichtlich
ist. Die sonderbarste Bildung haben
die obern Eckzähne des Babirussa, deren
Zweck, bey einer solchen Länge und
fast kreisförmigen Richtung im Ver-
gleich zu ihrer Dünne, noch unbekannt
scheint. — Merkwürdig sind bey den
jetzt existirenden Bärenarten und meh-
rern andern Gattungen dieses Geschlechts
die ganz kleinen Eckzähnchen, die neben
den groſsen nach hintenzu sitzen *).
Die Backenzähne sind in so fern die
allgemeinsten, daſs, wenn anders Säuge-
thiere Zähne haben, dieselben wenig-
stens aus dieser Classe sind, wenn auch
gleich manchen, wie den Tatus und dem
Schnabelthier, die Vorder- und Eck-
zähne abgehen. Nur der Narhwal macht
hiervon eine Ausnahme, als welcher,
seinen Stoſszahn ausgenommen, übri-
gens zahnlos ist. — Form, Textur und
respective Lage der Backenzähne sind
von merkwürdiger Verschiedenheit. Bey
vielen Quadrumanen z. B. haben die
beiden vordern, den Eckzähnen zunächst
stehen-
*)
[49]Vom Gerippe der Säugethiere.
stehenden, so wie beym Menschen
kleinere Kronen und einfachere Wur-
zeln als die hinteren *): weſshalb sie
auch von J. Hunter mit dem Namen
biscuspides bezeichnet, und nur die letz-
tern molares genannt worden **). —
In
D
[50]II. Abschnitt.
In der eben genannten Ordnung sind
die Kronen der Backenzähne, so wie
auch bey den feris und beym Men-
schen, ganz mit Schmelz überzogen *):
da
**)
[51]Vom Gerippe der Säugethiere.
da hingegen bey vielen gliribus*), so
wie bey den solidungulis, pecoribus**)
und den mehrsten belluis, auch Kno-
chensubstanz auf der obern Fläche der-
selben zu sehen ist, die mit vertical-
stehenden theils sonderbar gewundnen
Blättern von Schmelz, der etwas mehr
hervorragende Kanten bildet, gleichsam
durchschlängelt ist ***). Bey manchen
bloſs grasfressenden und nicht rumini-
renden Thieren, wie die solidungula
und die Elephanten, liegen die breiten
Kronen der Backenzähne meist hori-
D 2zontal
[52]II. Abschnitt.
zontal auf einander. Bey den mehrsten
pecoribus hingegen sind sie schräg aus-
geschlegelt, so daſs an den obern die
äuſsern Ränder, an den untern hinge-
gen die innern höher sind, so wie es
in Verbindung mit dem schmalen Un-
terkiefer und der Art seiner Einlenkung
(§. 22. S. 38.) der Function des Wie-
derkauens angemessen ist. Bey den
mehrsten reissenden Thieren, zumal aus
dem Löwen- und Hunde-Geschlecht,
haben die Backzähne zackichte nach der
Länge der Kiefer gleichsam zusammen-
gedrückte Kronen, davon die untern
dicht innerhalb der obern liegen, so
daſs beiderley beym Zerbeisen mittelst
des festen Gewindes der walzenför-
migen Gelenkknöpfe des Unterkiefers
wie Scheerenblätter an einander weg-
gleiten.
So wie manchen Ordnungen, Geschlech-
tern und Gattungen der Quadrupeden ge-
wisse Arten von Zähnen gänzlich abgehen,
wie
[53]Vom Gerippe der Säugethiere.
wie z. B. den pecoribus die obern Vor-
derzähne, den Elephanten die untern,
dem Africanischen Nashorn sowohl diese
als jene; den gliribus die Eckzähne u.
s. w.; so sind dann auch bey manchen
andern gewisse Abschnitte des Gebisses,
zumal die Eck- und Backenzähne,
durch Zwischenräume von einander ab-
gesondert. So z. B. im Pferde- und
Bären-Geschlecht. Bey keinem andern
Thiere sind aber wohl die sämmtlichen
Zähne so eben an einander gereihet und
von so gleichförmiger Höhe als beym
Menschen.
Ueber das Wechseln der Zähne läſst
sich aus Mangel satt[s]amer Beobachtun-
gen *), zumal an wilden Thieren, we-
nig Zuverlässiges sagen. Manche ehe-
D 3malige
[54]II. Abschnitt.
malige irrige Behauptung, wie z. B. daſs
nur das Hausschwein seine Zähne
wechsle, und die wilde Sau hingegen
nicht, bedarf jetzt keiner weitern Wi-
derlegung. Unter den feris haben na-
mentlich Hunde und Fischottern wäh-
rend des Wechselns oft doppelte Eck-
zähne, wenn der neue perennirende
früher hervorbricht, als der alte Milch-
zahn ausgefallen war. — Wenigstens
bey manchen Affen finden sich, so wie
beym Menschen, unter den Milchbacken-
zähnen noch keine bicuspides. sondern
an deren Statt auf jeder Seite jedes Kie-
fers anfänglich zwey eben so vielzak-
kichte Zähne, wie die eigentlichen
maxillares *). — Besonders merkwür-
dig ist die Art, wie das Wechseln der
Backen-
[55]Vom Gerippe der Säugethiere.
Backenzähne bey den Elephanten er-
folgt, da der neue perennirende hinter
dem alten Milchzahn ausbricht *), von
welchem dann allgemach eine Verti-
calschicht nach der andern absorbirt
wird **), und dagegen jener in glei-
cher Maſse zunimmt ***). — Ueber-
haupt aber giebt es schwerlich irgend
D 4ein
[56]II. Abschnitt.
ein Thier dieser Classe, bey welchem
sowohl der erste Ausbruch als das nach-
herige Wechseln der Milchzähne nach
Verhältniſs so auffallend späte erfolgt
als beym Menschen.
Mit den Jahren werden die Kronen
der Zähne durch den Gebrauch mehr
oder weniger abgenutzt *), und erhal-
ten dadurch zum Theil das Ansehen wie
angeschliffene Flächen, die zumal bey
den Eckzähnen der Schweine und des
Nil-
[57]Vom Gerippe der Säugethiere.
Nilpferdes *) sichtlich sind. An den
Vorderzähnen der Pferde läſst sich dar-
nach das Alter derselben bestimmen.
So viel vom Schedel der Säuge-
thiere. Nun zum Rumpf ihres Gerippes,
nach der Ordnung der drey Haupttheile
desselben, Rückgrat, Becken und Tho-
rax: wovon ersteres überhaupt der all-
gemeinste Theil des Gerippes ist, der
nemlich allen rothblütigen Thieren ohne
Ausnahme, und hingegen keinem ein-
zigen weiſsblütigen zukommt.
Merkwürdig ist, daſs die Thiere die-
ser Classe, wenigstens die Quadrupe-
den, im Ganzen einerley Anzahl von
Halswirbeln haben. Die Giraffe und das
Pferd z. B. nicht einen mehr als der
Maulwurf oder die Ameisenbären.
D 5Durch-
[58]II. Abschnitt.
Durchgehends nemlich, so wie beym
Menschen, ihrer sieben. Nur bey den
Faulthieren hat Hr. Prof. Cuvier die
unerwartete Anomalie entdeckt, daſs
sie deren 9 haben. Bey manchen Ce-
taceen hingegen scheinen sich nur 6 zu
finden: überhaupt aber sind bey den-
selben meist ihrer 4 oder 5 zusammen
verwachsen. — Bey den mehrsten feris
zeichnet sich der erste Halswirbel (atlas)
durch seine ausnehmende Stärke und
groſsen flügelähnlichen processus trans-
versos aus *).
Die Zahl der Brustwirbel richtet
sich nach den Rippenpaaren, wovon
unten einiges gedacht werden wird. —
Zumal bey den langhalsigen Quadru-
peden, wie das Pferd, die Giraffe, Ca-
mele
[59]Vom Gerippe der Säugethiere.
mele und mehrere andere pecora, und
bey den sehr schwerköpfigen, wie die
Elephanten, sind die processus spinosi
dieser Wirbel, besonders der vordern,
an welche das groſse ligamentum suspen-
sorium colli mit seinem hintern Ende
befestigt ist, von auffallender Länge.
Auch die Lendenwirbel variiren gar
sehr in der Zahl. Die Elephanten z. B.
haben ihrer nur 3, die Camele 7. Eben
so manche Quadrumanen, z. B. der Man-
dril. Das Pferd 6. Der Esel 5. (Die
Maulthiere meist 6, zuweilen aber auch
nur 5). — Bey den mehrsten Quadru-
peden sind die Fortsätze dieser Wirbel
vorwärts (wie bey den Affen nach der
gewöhnlichen Stellung derselben auf-
wärts *)) gekehrt. — Die processus trans-
versi
[60]II. Abschnitt.
versi sind, zumal bey vielen wieder-
kauenden Thieren, von ausnehmender
Gröſse; und so zeigen sie sich auch
beym Hasen.
Noch vielartiger ist die Form und
das Verhältniſs des Kreuzbeins. Die An-
zahl seiner sogenannten Wirbel variirt
selbst bey verschiedenen Gattungen des
gleichen Geschlechts. Bey den mehr-
sten Affen z. B. besteht es aus 3 Stuk-
ken *), beym Orangutang aus 4 **),
beym
*)
[61]Vom Gerippe der Säugethiere.
beym Schimpanse aus 5 *). — In der
Bildung zeichnet sich unter andern das
vom Pferd durch die groſsen flügelför-
migen Seitenfortsätze am vordern Ende,
und das vom Maulwurf durch ein
gleichsam scharfkantiges schmales Blatt
aus, in welches die processus spinosi des-
selben verwachsen sind **). — Den Ce-
taceen kann beym Mangel der Hüft-
knochen kein wahres Kreuzbein zuge-
schrieben werden.
Das Kukuksbein wird bey den ge-
schwänzten Thieren zur sogenannten
Schwanzrippe verlängert, die bey man-
chen aus einer groſsen Anzahl von Wir-
beln besteht. Z. B. beym Todtenköpf-
chen (Cercopithecus morta) aus 22.
Beym Coaita (Cercopithecus paniscus)
aus 32. Beym zweyzehigten Ameisen-
bär aus 41 *).
Die Hüftknochen im weitern Sinn,
oder was man insgemein die ungenann-
ten Beine nennt, machen in Verbin-
dung
[63]Vom Gerippe der Säugethiere.
dung mit dem Kreuzbein das sogenannte
Becken*) aus. Indeſs läſst sich, so pa-
radox es auch lautet, wohl behaupten,
daſs auſser dem Menschen gar kein
andres Thier ein Becken habe: da in
der That bey keinem derselben die
genannten zusammen verbundnen Kno-
chen von beckenähnlicher Gestalt sind.
Denn auch bey den menschenähnlich-
sten Affen sind die beiden Hüftknochen
doch weit länger als breit; und bey den
Elephanten, beym Pferd u. s. w. haben
sie wegen der langen Schaambeinverbin-
dung eben so wenig Beckenform. —
Bey manchen, wie beym Biber und Kän-
guruh, ist gar keine Synchondrose der
Schaambeine, sondern beide Knochen
sind an deren Stelle zu einem Stücke
mit
[64]II. Abschnitt.
mit einander verwachsen. Hingegen
stehen sie bey den Ameisenbären fast
wie bey den Vögeln von einander. —
Beym Maulwurf ist das Becken so eng,
daſs es gar die innern Genitalien und
übrigen benachbarten Eingeweide nicht
fassen kann, sondern diese auſserhalb
der Schaambeine liegen müssen. — Bey
dem Känguruh *) und andern Beutel-
thieren **) findet sich am obern oder
vordern Rande der Schaambeine am
Bauche hin noch ein besonderes Paar
etwas divergirender länglicher platter
Knochen
[65]Vom Gerippe der Säugethiere.
Knochen (die cornua peluis abdominalia),
das diesen Thieren ausschlieſslich eigen
ist, und dem Weibchen zur Stütze des
Zitzenbeutels dient, aber doch (wenig-
stens bey manchen Gattungen) auch in
den Männchen gefunden wird *).
Die Cetaceen haben, da ihnen die
Hinterfüſse mangeln, auch keine Hüft-
knochen, und folglich gar kein Becken;
doch unten am Bauche ein paar kleine
Knochen, die man gewissermaſsen mit
den Schaambeinen vergleichen kann *).
Der Thorax ist, bey den allermehrsten,
wo nicht bey allen Thieren dieser Classe,
schmaler, und hingegen vom Brustbein
nach den Wirbeln gemessen, nach Verhält-
niſs tiefer als beym Menschen. Dieſs
hängt theils von der schwächern Krüm-
mung ihrer Rippen, theils von der schlan-
kern Form des Brustbeins ab. Am auffal-
lendsten ist jene kielförmige Bildung
(thorax carinatus) bey den hochbeinich-
ten Quadrupeden, wie z. B. bey der
Giraffe, dem Hirschgeschlecht u. s. w.
Nur sehr wenige Säugethiere, nem-
lich einige Gattungen von Fledermäu-
sen und Armadillen, haben ein Rippen-
paar weniger als der Mensch. Bey wei-
tem die allermehrsten haben hingegen
deren mehrere. Selbst viele quadrumana
haben 14 Paar. Das Pferd 18. Die Ele-
phanten 19 *). Das zweyzehichte Faul-
thier (Bradypus didactylus) gar 23 Paar. —
Beym zweyzehichten Ameisenbär (Myr-
mecophaga didactyla) zeichnen sich die
E 216
[68]II. Abschnitt.
16 Rippenpaare durch ihre auffallende
Breite aus, womit der ganze Rücken
und die Seiten des Scelets, fast bis zu
den Hüftknochen, gleichsam wie ge-
panzert sind.
Das Brustbein ist bey den mehrsten
Thieren dieser Classe cylindrisch und
wie gegliedert. So ist es selbst bey vie-
len Quadrumanen und bey den Bären,
deren Gerippe sonst in vielen Stücken
dem menschlichen ähnelt. — Am son-
derbarsten ist dieser Knochen beym
Maulwurf gestaltet, wo er sich nach
vorn *) in einen langen fast pflugschaar-
förmigen Fortsatz verläuft, der unter
den
[69]Vom Gerippe der Säugethiere.
den Halswirbeln, und mit denselben pa-
rallel, liegt.
Endlich zu den so genannten Ex-
tremitäten des Gerippes, die sich, so viel-
artig auch ihre Gestaltung in dieser
Thierclasse ist, dennoch im Ganzen und
nach ihren Haupttheilen, und der re-
spectiven Verbindungsart derselben *)
E 3u. s. w.,
[70]II. Abschnitt.
u. s. w., sämmtlich mit denen am Men-
chen vergleichen lassen. — Zuerst von
den vordern.
Die Schlüsselbeine, die selbst von treff-
lichen neuern Zoologen bloſs Lin-
né's Primaten (worunter er auſser dem
Menschen und den Quadrumanen auch
die Fledermäuse begriff) zugeschrieben
worden
*)
[71]Vom Gerippe der Säugethiere.
worden, finden sich auſserdem noch
bey einer groſsen Anzahl von Säuge-
thieren *): besonders bey denjenigen
Quadrupeden, die besondern Gebrauch
von ihren Vorderfüſsen machen, z. B.
zum Fassen, wie Eichhörnchen und
Biber: oder zum Graben, wie der Maul-
wurf; oder zum Wühlen, wie die Amei-
senbären und Igel **); oder zum Klet-
tern, wie die Faulthiere u. s. w. —
Viele andere haben wenigstens an deren
E 4Stelle
[72]II. Abschnitt.
Stelle einen analogen kleinen, bloſs zwi-
schen Sehnen steckenden *), Knochen
auf jeder Seite, den Vicq d'Azyr da-
her zum Unterschied os clauiculare nennt.
So bey den meisten feris**) und man-
chen gliribus. — Uebrigens ist auch die
Form und relative Gröſse der wahren
eingelenkten Schlüsselbeine sehr man-
nichfaltig. Bey den Fledermäusen sind
sie von auffallender Länge. — Beym
Orangutang haben sie die gröſste Aehn-
lichkeit mit dem menschlichen: beym
zweyzehichten Ameisenbär sind sie fast
rippenförmig: am alleranomalischten,
fast cubisch, beym Maulwurf. — Sie
fehlen hingegen gänzlich den hochbei-
nichten Quadrupeden mit kielförmiger
Brust,
[73]Vom Gerippe der Säugethiere.
Brust, namentlich den pecoribus und so-
lidungulis; aber auch den Cetaceen.
Die Schulterblätter finden sich durch-
gehends bey allen rothblütigen Thieren,
welche Vorderfüſse oder ähnliche Bewe-
gungswerkzeuge haben. Namentlich
also in beiden Classen der warmblüti-
gen Thiere ohne Ausnahme. Ihre Bil-
dung ist aber selbst bey den Säugethie-
ren von mancherley Verschiedenheit:
zumal das Verhältniſs ihrer drey Haupt-
ränder gegen einander, das sich nach
der Lage dieser Knochen, und dieses
sich nach der Totalform des Thorax
(§. 38.) richtet. So ist z. B. der nach
dem Rückgrat gekehrte Rand bey den
mehrsten eigentlichen Quadrupeden, zu-
mal bey den hochbeinichten mit schma-
ler Brust, als bey welchen die Schul-
terblätter zu beiden Seiten derselben
liegen, am kürzesten; bey manchen
aber, z. B. beym Elephanten, so wie bey
den chiropteris, bey den meisten Qua-
E 5dru-
[74]II. Abschnitt.
drumanen, und zumal beym Menschen
selbst, am längsten. — Wiederum ganz
anomalisch, fast einem Röhrenknochen
ähnelnd, sind die Schulterblätter des
Maulwurfs. — Daſs die beiden Haupt-
fortsätze an diesen Knochen, der cora-
coides und das acromium bey denen am
ansehnlichsten ausgebildet seyn müssen,
die wahre lange Schlüsselbeine haben,
läſst sich schon a priori erwarten.
Die merkwürdigsten Verschiedenhei-
ten an den eigentlich so genannten vor-
dern Extremitäten lassen sich am füg-
lichsten nach den Ordnungen und Ge-
schlechtern der Thiere dieser Classe zu-
sammen fassen. Am allerauffallendsten
und abweichendsten ist ihr Bau bey den
Fledermäusen und beym Maulwurf.
Jenen fehlt der radius im Vorderarm *).
Ihr
[75]Vom Gerippe der Säugethiere.
Ihr Daumen ist kurz, mit einer haken-
förmigen Kralle: hingegen die phalan-
ges der übrigen 4 Finger, zwischen
welchen die Flatterhaut ausgespannt ist,
auſser allem Verhältniſs lang, dünne,
fast grätenförmig, und ohne Nägel.
Beym Maulwurf ist die Form des Schul-
terknochen (os humeri) ohne ihres glei-
chen; in der Mitte schmal, und an bei-
den Enden aufs sonderbarste breit aus-
geschweift. Seine Schaufelpfoten zeich-
nen sich zuförderst durch einen ganz
eignen sichelförmigen Knochen aus, der
vom vordern Ende des radius nach dem
Daumen hin liegt; ferner finden sich
an den Phalangen der Finger zahlreiche
Fortsätze, und auf ihrer Auſsenseite
eine
*)
[76]II. Abschnitt.
eine Menge Sesamsbeinchen; alles zur
Vergröſserung des Insertionswinkels der
Sehnen als Hauptmittel zur Erleichte-
rung der Muskelbewegung. — Beson-
ders merkwürdig sind einige Eigenhei-
ten am metacarpus und metatarsus der
Thiere mit gespaltnen Klauen und Hu-
fen. Beym Schwein nemlich bestehen
diese Theile aus vier Röhren. — Bey
den pecoribus vor der Geburt aus zweyen
dicht an einander liegenden, die aber
nachher durch Absorbtion der Scheide-
wände zu einer gemeinschaftlichen Röhre
umgebildet werden *). — Beym Pferd
aus einer einzigen Hauptröhre (gamba
Veget. Fr. le canon), an deren hintern
Seitenrändern ein Paar weit kürzere un-
bewegliche Nebenröhren (Fr. les poin-
çons oder os epineux) wie angewachsen
sitzen, so daſs nur jene Hauptröhre mit
dem
[77]Vom Gerippe der Säugethiere.
dem Fesselknochen (Fr. le paturon) ar-
ticulirt, welcher sich mit der ersten
Phalanx eines der mittlern Finger in
der Menschenhand, so wie der Hufkno-
chen gewissermaſsen mit dem dritten
oder Nagelgliede desselben vergleichen
läſst *). — Ueberhaupt aber ist diese
äuſserste Phalanx nach der Verschieden-
heit der hornartigen Bedeckung dersel-
ben durch platte Nägel oder Krallen
oder Hufe oder gespaltne Klauen u. s. w.
selbst von verschiedner damit corre-
spondirender Bildung.
Endlich auch noch einiges von den
hintern Extremitäten. — Bey den aller-
mehrsten Quadrupeden ist das Schen-
kelbein weit kürzer als ihre Schienbein-
röhre, und daher gar nicht oder kaum
merklich vom Unterleibe abstehend. Nur
bey wenigen, wie z. B. beym Bär, ist
der erstgenannte Knochen länger, und
so
[78]II. Abschnitt.
so auch bey manchen Affen, nament-
lich beym Orangutang, bey welchem
auch, so wie bey verschiednen andern
wahren Affen und Pavianen, die Röhren
des Ober- und Vorder-Arms auffallend
länger sind, als die vom Ober- und
Unter-Schenkel. — Manche, wie z. B.
die Elephanten, haben kein ligamentum
teres am Schenkelkopf, folglich auch
keine Grube dafür auf demselben, so
wie sie hingegen andre, z. B. die Nas-
hörner, haben *). — Den pecoribus fehlt
fast durchgehends die fibula. — Die
eigne Form des talus bey den Thieren
der nämlichen Ordnung ist aus dem Ge-
brauch desselben zum Knöchelspiel der
Alten bekannt **). — Bey manchen Qua-
druma-
[79]Vom Gerippe der Säugethiere.
drumanen, und namentlich beym Orang-
utang, sind die beiden hintern Phalan-
gen der vier Finger an ihrer Hinter-
hand merklich bogenförmig gekrümmt,
wodurch sie zum Anhalten auf den
Baumästen bequem, hingegen zum auf-
rechten Gange desto unfähiger sind. —
Die Cetaceen haben gar keine Knochen
in ihren Schwanzflossen, aber wohl in
den Brustflossen *), wo sie im Ganzen
denen in den Vorderfüſsen der Rob-
ben ähneln.
Der Totalbau des Vogelgerippes hat
in der ganzen Classe viele übereinstim-
mende Gleichförmigkeit; und zeigt,
wenn er mit den so ungleich vielför-
migern Sceleten der Säugethiere vergli-
chen werden soll, noch die mehrste,
theils auf den ersten Blick unerwartete
Aehnlichkeit mit dem menschlichen *).
Zu den Eigenheiten des Schedels der
Vögel gehört, daſs, wenigstens bey den
Erwach-
[81]Vom Gerippe der Vögel.
Erwachsenen, die eigentlichen Hirn-
schalenknochen *) ohne ächte Nähte, son-
dern wie zu einem Stücke verwach-
sen, sind **).
Ferner haben sie ohne Ausnahme
nur einen einzigen mit dem obersten
Halswirbel articulirenden condylus am
vordern Rande der groſsen Oeffnung
des Hinterhauptes.
Und eben so allgemein ist auch wohl
in der ganzen Classe der Quadratkno-
chen (Fr. os carré) *), wodurch der Un-
terkiefer in der Ohrgegend zu beiden
Seiten mit dem Schedel eingelenkt ist.
Das Thränenbein haben zwar die
Säugethiere mit den Vögeln gemein;
doch
**)
[83]Vom Gerippe der Vögel.
doch scheint es bey diesen noch allge-
meiner als bey jenen; ist meist von an-
sehnlicher Gröſse, und muſs genau von
dem, vermuthlich nur den Raubvögeln
eignem *)Superciliarknochen unterschie-
den werden.
Ihre Kiefer sind durchgehends zahn-
loſs; aber der obere, der bey den Säuge-
thieren gänzlich unbeweglich ist, hat
bey den Vögeln, bis auf wenige Aus-
nahmen, mehrere oder mindre Beweg-
lichkeit **); entweder so daſs er, wie
bey den Papageyen ***), einen eignen
F 2von
[84]III. Abschnitt.
von der Hirnschale abgesonderten Kno-
chen ausmacht, der durch eine wahre
Articulation mit derselben verbunden
ist, oder doch so, daſs er bey den aller-
mehrsten übrigen zwar in Einem Stück,
aber doch mittelst nachgiebiger elastischer
Knochenblätter mit derselben zusammen-
hängt. — Nur bey wenigen, z. B. beym
Auerhahn, zumal aber beym Nashorn-
vogel *) (Buceros rhinoceros), scheint er
gänzlich unbeweglich.
Das Verhältniſs der eigentlichen
Hirnschalenknochen zu den Kiefern ist
auch in dieser Classe sehr verschieden.
Jene sind z. B. bey den Eulen von auf-
fallen-
***)
[85]Vom Gerippe der Vögel.
fallender, so wie diese hingegen bey
den Nashornvögeln von ungeheurer
Gröſse *).
Zu den übrigen vorzüglich characte-
ristischen Verschiedenheiten der Vögel-
schedel unter einander **), gehört beson-
ders, daſs die Augenhöhlen (die über-
F 3haupt
[86]III. Abschnitt.
haupt in dieser ganzen Classe von an-
sehnlicher Gröſse sind), bey manchen
bloſs durch eine membranose, bey an-
dern durch eine knöcherne mehr oder
weniger durchbrochne Scheidewand von
einander abgesondert sind; und dann
das Verhältniſs der Nasen- und Gau-
menöffnung zum Oberkiefer; das selbst
bey verschiednen Gattungen des glei-
chen Geschlechts ausnehmend differirt;
denn so sind z. B. diese Oeffnungen klein
beym Storch, und hingegen beym Kra-
nich von einer solchen Weite, daſs da-
durch der längste Theil des Kiefers nur
wie ein durchbrochnes Prisma aus drey
weit von einander abstehenden, nach der
Schnabelspitze convergirenden, schmalen
Knochenstreifchen zu bestehen scheint.
Die Steifheit des Rückens der Vögel
wird durch zahlreichere und bewegli-
chere Halswirbel compensirt, deren, um
nur wenige Beyspiele anzuführen, der
Rabe
[87]Vom Gerippe der Vögel.
Rabe 12 hat, das Huhn 13, der Straus
18, der Storch 19, der Schwan 23.
Am Rumpfe (truncus) des Vogelge-
rippes sind überhaupt weniger knorpe-
lichte Theile als bey den Säugethieren,
zumal ist der dazu gehörige Theil des
Rückgrates kurz und steif, und ohne
wahre Lendenwirbel. So wie auch kein
Vogel ein zu einer wahren geglieder-
ten Schwanzrippe verlängertes Kukuks-
bein hat.
Das Becken der Vögel wird haupt-
sächlich durch einen breiten einfachen
gemeinschaftlichen Hüftknochen gebil-
det, dessen Seitentheile bey mancher-
ley Gattungen verschiedentlich gestaltet
sind, nach unten aber, statt eine Schaam-
beinverbindung zu machen, weit von
einander abstehen, wovon, so viel bis
jetzt bekannt, bloſs der Straus die merk-
würdige Ausnahme macht, daſs sein
F 4Becken
[88]III. Abschnitt.
Becken auch, wie bey den allermeisten
Quadrupeden, nach unten, und zwar,
wie bey einigen derselben (— §. 37.
pag. 63. —) durch völlig zusammen ver-
wachsene Schaambeine geschlossen ist.
(— tab. II. e —).
Die Vögel haben weniger Rippen als
die Säugethiere. Meines Wissens nie
über 10 Paar. Auch liegen die so ge-
nannten unächten (costae spuriae), die
nemli[c]h gar nicht ans Brustbein rei-
chen, bey ihnen nach vorn, nicht wie
bey jener Thierclasse nach den Hüften
zu; und die ächten sind nur mittelbar
durch besondre kleine Zwischenknochen
mit den Rändern des Brustbeins ver-
bunden. Auch zeichnen sich, wenig-
stens die mittlern Paare, durch einen
besondern flachen fast hakenförmigen
Fortsatz aus, der nach oben und hinten
gekehrt ist.
Das Brustbein dieser Thiere verläuft
sich nach unten in das verticale Kno-
chenblatt (crista) zur Anlage der mäch-
tig groſsen Brustmuskeln. Beym männ-
lichen wilden Schwan (Anas cygnus),
so wie bey einigen Gattungen des Rei-
hergeschlechts, z. B. beym Kranich, bil-
det dieser Theil eine sonderbare hohle
Kapsel, die zur Aufnahme eines be-
trächtlichen Theils der Luftröhre dient.
— Dem Straus fehlt aber jenes Kno-
chenblatt gänzlich, da sein Brustbein
die in dieser Classe sonst unerhörte Form
einer flachgewölbten Schale oder eines
Brustharnisches hat.
Die Flügel mit dem Rumpfe zu ver-
binden, dienen dreyerley merkwürdige
Knochen *). Die überaus robusten
F 5Schlüs-
[90]III. Abschnitt.
Schlüsselbeine, welche gerade Röhren-
knochen bilden. Dann das dieser Classe
eigne Gabelbein (furcula, Fr. la lunette,
Engl. merry thought), wodurch das
obere Ende derselben mit dem Brust-
bein zusammenhängt, und die säbelför-
migen Schulterblätter.
Die Flügelknochen lassen sich im Gan-
zen füglich mit denen im Arm des
Menschen oder der Quadrumanen ver-
gleichen, und bestehen bey den aller-
mehresten Vögeln aus einer Oberarm-
röhre, zwey Vorderarmröhren, zwey
Knochen in der Handwurzel, zweyen
meist zusammen gewachsenen in der
Mittelhand, einem Daumenknochen, und
zweyen Fingern, wovon der zunächst
am Daumen liegende aus zwey Glie-
dern, der äuſserste aber nur aus einem
besteht.
*)
[91]Vom Gerippe der Vögel.
besteht. — Zu den merkwürdigsten Ab-
weichungen davon gehört, so wohl was
die Zahl als die Bildung und das re-
spective Verhältniſs dieser Knochen ge-
gen einander betrifft, die Einrichtung
derselben in den fast floſsenartigen
Ruderflügeln des Penguingeschlechts
(— tab. III. —) *).
Der Knochenbau der untern Extre-
mitäten ist am Vogelgerippe einfacher
als bey den Säugethieren, und begreift
im Allgemeinen bloſs das Schenkelbein,
die Schienbeinröhre (bey manchen mit
einer kurzen fast grätenförmigen Ne-
benröhre), eine Röhre des Mittelfuſses
(metatarsus), und die Fuſszehen. Selbst
statt der Kniescheibe findet sich bey
vielen ein bloſser Fortsatz der Schien-
beinröhre. Und da die Vögel weder
wahre Nebenröhre (ſibula), noch auch
Fuſswurzel (tarsus) haben, so articu-
lirt ihre Schienbeinröhre unmittel-
bar mit der gedachten Mittelfuſsröhre.
— Bey den mehrsten Vögeln ist eine
merkwürdige Progression der Zahl der
Phalangen in ihren Zehen, da die groſse
Zehe aus zwey Gliedern, die nächst-
folgende aus dreyen, die mittlere aus
vieren, und die äuſserste aus fünfen be-
steht.
[93]Vom Gerippe der Vögel.
steht *). — Doch haben die Papageyen
an der groſsen Zehe noch einen beson-
dern Querknochen.
Bey den Amphibien sind erstens die
beiden Ordnungen derselben, die vier-
füſsigen nemlich und die Schlangen,
und unter jenen wiederum die drey
Hauptgeschlechter von Schildkröten, Frö-
schen und Eidechsen, in der Totalform
ihres Körpers, und mithin auch in der
Einrichtung ihrer Gerippe, so sehr von
einander verschieden, daſs es am beſsten
seyn wird, das hierher gehörige nach
der Folge dieser Ordnungen und Ge-
schlechter selbst, zusammen zu fassen.
Zuerst also von den Reptilien.
Die Schildkröten, deren ganze Ge-
rippe *) überhaupt, so wie diese Thiere
selbst, einen ausnehmend sonderbaren
Bau haben, sind völlig zahnloſs; haben
aber vorn am Oberkiefer eine Art von
os intermaxillare. Der hornichte Ueber-
zug ihrer Kinnladen hat, zumal an der
obern, in Rücksicht seiner Verbindung
mit derselben, manche theils auffallende
Aehnlichkeit mit dem Pferdehuf. Ihre
Hirnhöhle ist äuſserst eng in Vergleich
zur Gröſse des Schedels, dessen gröſsten
Raum die beiden weiten fossae laterales
einnehmen, in welchen die mächtig
groſsen Beiſsmuskeln liegen.
Der eigentliche Rumpf des Scelets
ist mit den beiden groſsen Schalen des
Thiers verwachsen: so, daſs die Brust-
wirbel und Rippen in der Rückenschale
festsitzen, das Brustbein hingegen dem
Bauchschild zur Grundlage dient.
Die knöcherne Rückenschale besteht
aus ohngefähr 50 Stücken, die theils
durch ächte Nähte unter einander ver-
bunden sind.
An den Beckenknochen unterschei-
det man die gleichen drey Haupttheile,
wie bey der Säugethiere ihren, aber im
umgekehrten Verhältniſs der respectiven
Gröſse. Die Schaambeine nemlich sind
so hoch und breit, daſs sie die beiden
gröſsten flachen Knochen (ossa plana)
am ganzen Schildkröten-Scelet aus-
machen, die Hüftknochen hingegen am
kleinsten.
Am sonderbarsten ist Form und Lage
ihrer Schulterblätter und Schlüsselbeine.
Jene liegen ganz anomalisch nach un-
ten, hinter dem Brustschilde, und diese
haben gleichsam die Gestalt eines Win-
kelhaken, wo auſsen an der Ecke des-
selben die Oberarmröhre (os humeri) ein-
gelenkt ist.
Frösche und Kröten*) sind ebenfalls
zahnloſs **) und haben ein sehr kurzes
Rück-
G
[98]IV. Abschnitt.
Rückgrat, das sich hinten in einen ein-
fachen geraden Knochen endigt, der
mitten zwischen dem fast gabelförmi-
gen Hüftknochen zu liegen kommt.
Sie haben gar keine Rippen; dage-
gen aber breite processus transuersos der
Brustwirbel, und eine sonderbare Ver-
bindung der fast Schuppenförmigen
Schulterblätter und zweyer Paare von
Schlüsselbeinähnlichen Knochen mit
dem Brustbeine.
Noch verdient eine sonderbare Ein-
richtung in der Vorderarmröhre und dem
Schienbein dieser Thiere Erwähnung,
als welche zwar nur aus einem Stücke
bestehn und noch dazu in der Mitte
dicht sind ohne Markhöhle, aber sich
an beiden Enden gleichsam in zwey
fast
**)
[99]Vom Gerippe der Amphibien.
fast trichterförmige Röhren mit deutli-
chen Markhölen spalten *).
Unter den Eidexenartigen **) Amphi-
bien mögen hier die Crocodile***) we-
gen mancher besonders merkwürdigen
Eigenheiten in ihrem Bau zum Bey-
spiel dienen.
Schwerlich sind bey irgend einer an-
dern Art von Thieren die Kiefer von so
auffallender Gröſse in Vergleich zu der
äuſserst engen Hirnhöle.
Der obre endigt sich vorn in ein an-
sehnliches os intermaxillare, und die Sei-
tenflügel des untern bestehn aus meh-
rern zusammengefugten Stücken.
Besonders ist auch bey diesen Thie-
ren *) die Einlenkung des Unterkiefers;
da derselbe die am Oberkiefer befindliche
Gelenkwalze (condylus) in seiner Gelenk-
rinne (cauitas articularis) aufnimmt **).
Ihre zahlreichen Zähne haben das
merkwürdige, daſs zum Behuf des Wech-
selns anfänglich immer ihrer zweye wie
Tuten in einander stecken *).
Die allerauffallendste Sonderbarkeit
an ihrem Gerippe ist aber ein wunder-
bares sternum abdominale, was ganz vom
vordern eigentlichen Brustbein verschie-
den ist, und sich vom Schwerdknorpel
desselben nach den Schaambeinen er-
streckt, und zur Stütze der Bauchein-
geweide zu dienen scheint *).
Die Schlangen*) haben wohl sämmt-
lich einen, unabhängig von der übrigen
Hirnschale schon für sich mehr oder
weniger beweglichen Oberkiefer.
Bey ihrem Gebiſs ist vor allem die
wichtige sehr bestimmte Verschiedenheit
zu merken, wodurch sich die giftigen
Gattungen von Schlangen von den
ungleich zahlreichern giftlosen aus-
zeichnen.
Die letztern haben nämlich im Ober-
kiefer vier mit kleinern Zähnen besetzte
G 4Maxil-
*)
[104]IV. Abschnitt.
Maxillarknochen, wodurch gleichsam
eine gedoppelte doch weit von einan-
der abstehende Reihe von Zähnen ge-
bildet wird, wovon die eine nach in-
nen auf jeder Seite längs des Gaumens,
die andre aber nach auſsen am vordern
Kieferrande sitzt.
Den giftigen fehlt diese äuſsre Reihe
von kleinen Zähnchen; dagegen haben
sie aber am vordern Rande des Ober-
kiefers die längern röhrenförmigen Gift-
zähne, welche mit den Giftblasen in
Verbindung stehen, und im Grunde als
wahre knöcherne ductus excretorii an-
zusehen sind, wodurch das Gift beym
Biſs in die damit gebiſsne Wunde ein-
geflöſst wird *).
So wie es überhaupt scheint daſs die
Menge der Rückgratswirbel bey den
rothblüthigen Thieren mit der Gröſse
und Stärke ihrer äuſsern Bewegungs-
werkzeuge in umgekehrten Verhältnisse
stehen; so haben namentlich die Schlan-
gen beym gänzlichen Mangel solcher
Werkzeuge die allerzahlreichsten Wir-
bel; theils über 300.
Bey den Klapperschlangen sind die
letzten Schwanzwirbel breit, und mit
den ersten blasenförmigen Gliedern der
hornartigen Klapper überzogen; so wie
auch die übrigen, holen Glieder dieses
in seiner Art so Einzigen und räthsel-
haften Organs *) auf eine bewunderns-
werthe Weiſe an einander eingelenkt sind.
Auch finden sich bey den Schlangen
die allermehresten Rippenpaare; bey
manchen auf dritthalbhundert.
Darunter verdienen besonders die
sogenannten costae scapulares der Bril-
lenschlangen bemerkt zu werden, die
ihnen zum Aufblähen des Halskragens
dienen *).
Hingegen sind die Schlangen wohl
unter allen rothblüthigen Thieren die
einzigen die gar keine Spur eines Brust-
beins haben.
Bey der mannichfaltigen Verschie-
denheit in der Totalbildung der Fische
begreift sich von selbst wie vielartig
auch die Form ihrer Gerippe seyn muſs *),
doch
[108]V. Abschnitt.
doch kommen sie im Ganzen darin
untereinander überein, daſs sich ihr
Rückgrat vom Schedel bis zur Schwanz-
flosse erstreckt; daſs die übrigen Fin-
nen, zumal die Brust- und Bauch-Flosse
an besondre dazu bestimmte Knochen
eingelenkt sind; überhaupt aber die Fi-
sche weit mehr lose vom übrigen Sce-
let abgesonderte Knochen haben, als die
Thiere der vorigen Classen *).
Der Schedel ist bey vielen Knorpel-
fischen, (namentich bey den Rochen)
von sehr einfachen Bau und besteht
(den Unterkiefer abgerechnet) meist nur
aus Einem Haupt-Stück. Bey den Grä-
tenfischen hingegen ist er aus desto
zahlreichern Knochen zusammen gesetzt,
deren man z. B. am Kopfe des Barsch
auf 80 zählt.
Die meisten von diesen haben ei-
nen mehr oder minder beweglichen
Oberkiefer.
Besonders zeigt sich in dieser Classe
groſse Mannichfaltigkeit im Bau des
Gebisses.
Manche Geschlechter wie z. B. die
Störe sind zahnloſs. Ihr Gebiſs, das
aus
*)
[110]V. Abschnitt.
aus den Oberkiefern, Jochbeinen und
beiden Hälften der Unterkinnlade be-
steht, macht einen vom übrigen Sche-
del abgesonderten, eignen beweglichen
Theil aus, der aus dem, unten nach
dem Halse zu liegenden Maule, heraus-
geschoben und wieder eingezogen wer-
den kann.
Unter den mit Zähnen versehenen
Fischen findet sich ausnehmende Ver-
schiedenheit in Form, Menge und Lage
derselben.
So haben z. B. manche Gattungen
des Brachsengeschlechts (Sparus proba-
tocephalus u. a. m.) fast menschenähnliche
Vorderzähne *) die auch mit Wurzeln
in Zahnzellen eingekeilt sitzen.
Bey sehr vielen andern Fischge-
schlechtern hingegen werden die Zähne
durch zapfenförmige Fortsätze der Kie-
ferknochen gebildet, die nur wie mit
einer Rinde von Schmelz (substantia vi-
trea) überzogen sind.
Bey den allermehresten Hayfischen
ist das Gebiſs mit zahlreichen Zähnen
auf den Nothfall zum Ersatz von ver-
lohren gehenden, versehen. Der carcha-
rias z. B. hat ihrer über 200, die in
mehreren Reihen fast wie die Blätter
einer Artischocke auf einander liegen.
Nur die in der äuſsersten Reihe am
Kiefer-Rande stehen auswärts und bloſs.
Die in den übrigen Reihen hingegen
sind kleiner, mit den Spitzen rückwärts
gekehrt und mit einer Art Zahnfleisch
bedeckt. Sie brechen durch und schla-
gen sich rum wenn welche in der äu-
ſsern Reihe verlohren gehn *). Es ver-
steht
[112]V. Abschnitt.
steht sich daher bey dieser Einrichtung
von selbst, daſs sie keine Wurzeln ha-
ben können.
Nur der Sägefisch (Squalus pristis)
hat an beiden Seitenrändern seines
Schwerdförmigen Gewehrs fest einge-
keilte Zähne.
Bey manchen Fischen ist selbst der
Gaumen und bey einigen (z. E. beym
Lophius piscatorius) sogar das Zungen-
bein, so wie bey vielen Rochen der
Rand des Mundes mit Zähnen wie ge-
pflastert *).
Das Rückgrat besteht bey den lang-
gestreckten Fischen mit kurzen Flossen
aus desto zahlreichern Wirbeln (§. 72.),
deren sich z. E. beym Aal über 100, bey
manchen Hayen über 200 finden.
Das Hauptstück oder sogenannte
corpus dieser Wirbel ist meist cylin-
drisch, auf beiden Flächen mit einer
trichterförmigen Vertiefung und con-
centrischen Ringen, deren Zahl sich nach
dem Alter des Thiers richten soll.
Das Rückenmark läuft oberhalb der-
selben durch einen an der Wurzel der
Dornfortsätze gebildeten Canal.
Mit den sogenannten Brustwirbeln
sind bey den mehrsten Gräten-Fischen
die Rippen eingelenkt; bey manchen
stehen sie aber auſser dergleichen Ver-
bindung mit denselben; und den Knor-
pelfischen kann man gar keine eigent-
lichen Rippen zuschreiben.
Unter den besondern Knochen die
zur Grundlage und Einlenkung der
Flossen dienen, lassen sich die an den
Brustfinnen mit Schulterblättern, und
die an den Bauchflossen gewissermaſsen
mit den Hüftknochen der vorigen
Thierclassen vergleichen *).
Viele Fische sind endlich auch noch
mit bloſsen Fleischgräten (ossicula mu-
H 2sculo-
*)
[116]V. Abschnitt. Vom Gerippe der Fische.
sculorumArtedii) versehen, die theils
gabelförmig sind, immer bloſs zwi-
schen den Muskeln liegen und zur Be-
wegung derselben dienen.
Auf die vergleichende Uebersicht der
Gerippe, als von welchen die Totalbil-
dung der rothblütigen Thiere abhängt,
folgt nun der zweckmäsige Aushub des-
sen, was von übrigen thierischen Kör-
perbau und dessen Verrichtungen hier
zu merken ist; und dieſs zwar nach
der gewöhnlichen Eintheilung in vier
Classen von Functionen; die, so man-
cher Einschränkung sie auch unterwor-
fen ist, doch im Ganzen auch hier gar
füglich befolgt werden kann.
In den Unterabtheilungen jedes Ab-
schnitts werden dann die einzelnen
H 4Thier-
[120]VI. Abschnitt.
Thierclassen, nach der im Vortrag der
Zoologie gewöhnlichsten Ordnung durch-
gegangen.
Die sogenannten Functiones naturales
die das Ernährungs-Geschäfte der Thiere
im weitern Sinne begreifen, machen um
so füglicher den Anfang, da sie einer-
seits allen Thierclassen ohne Ausnahme
zukommen, ja sogar, wenn gleich auf
eine andre Weise, den Pflanzen mit den
Thieren gemein sind: anderseits aber
doch auch gerade in der eigenthümli-
chen Art wie sie von den Thieren voll-
zogen werden, ein Hauptcharacter der
Animalität liegt; insofern nemlich die
Thiere diejenigen organisirten Körper
sind, die in der Regel *) ihre Nahrung
mit-
[121]Vom Schlunde und Magen.
mittelst willkührlicher Bewegung su-
chen, und sie durch den Mund in den
Magen bringen.
Von ihrem Gebiſs ist das merkwür-
digste schon im zweyten Abschnitt ge-
sagt.
*)
[123]Vom Schlunde und Magen.
sagt. — Manche Affen, Paviane und
Meerkatzen, sind so wie die Hamster
und einige demselben ähnliche Gattun-
gen des Marmotengeschlechts mit Bak-
kentaschen (thesauri) versehen, worin
jene Quadrumanen bey ihrem Aufent-
halte auf den Bäumen im Nothfall kleine
Provisionen aufnehmen, und die Ham-
ster u. dergl. Wintervorrath in ihre Erd-
hölen eintragen *).
Bloſs bey den Camelen der alten
Welt ist bis jetzt der sonderbare drü-
senreiche willkührlich bewegliche Beu-
tel (bursa faucium) bemerkt worden,
der hinten am Gaumen sitzt, und ver-
muthlich diesen Thieren bey ihrem Auf-
enthalt in dürren Sandwüsten zur
Netzung des Rachens dient *)
Der Schlund der Quadrupeden zeich-
net sich von dem Menschlichen beson-
ders durch den fast schraubenförmigen
Lauf der beiden Reihen von einander
durchkreuzenden Querfasern in seiner
Fleischhaut aus. — Bey gierig schlin-
genden Raubthieren wie z. E. beym
Wolf
*)
[125]Vom Schlunde und Magen.
Wolf ist er von auffallender Weite: so
wie hingegen bey vielen gröſsern Gras-
fressenden, zumal aber bey den Wie-
derkauenden seine Häute desto robu-
ster sind *).
Auch die Mündung des Schlundes
in den Magen zeigt in Rücksicht der
Weite sowohl, als der Art ihrer Inser-
tion manche Verschiedenheit; daher be-
greiflich ist warum sich manche Thiere,
wie der Hund, so sehr leicht, andre
hingegen, wie z. B. das Pferd, kaum
anders als in äuſserst seltnen Fällen **),
erbrechen können ***).
Weit mehr ist der Magen selbst bey
vielen Thieren dieser Classe in Form
und Bau und Function verschieden.
Bey den mehrsten fleischfressenden *)
Quadrupeden, zumal bey den sogenann-
ten Reissenden Thieren, ist er dem
Menschlichen im Ganzen ziemlich ähn-
lich, doch theils von andrer Geſtalt, wie
z. E. bey der Robbe (Phoca vitulina) wo
der Schlund gleich am linken Ende des
Magens eintritt, so daſs dasselbe gar
keinen sogenannten blinden Sack bildet.
Bey manchen andern, z. E. beym Löwen,
Bär u. s. w. ist er um die Mitte herum
durch eine schwache Verengerung wie
in ein paar Abschnitte getheilt, und
überhaupt sind bey den Carnivoren seine
Häute, zumal die Fleischhaut sehr ro-
bust **).
Bey manchen Herbivoren scheint er
von auſsen ebenfalls einfach; ist aber
inwendig entweder wie beym Pferd *),
durch auffallende Verschiedenheit der
beiden Hälften der innern Haut die ihn
auskleidet **); oder aber wie bey so
vielen mauseartigen Thieren durch eine
fast
[129]Vom Schlunde und Magen.
fast klappenförmige Verlängerung der-
selben Haut gleichsam in zwey Ab-
schnitte getheilt. Dieſs ist auch beym
Hasen und Caninchen der Fall, und da
zeigt sich, besonders wenn sie ein paar
Stunden vorher gefressen haben, auffal-
lende Verschiedenheit zwischen der Be-
schaffenheit des Futters in derjenigen
Hälfte wo der Schlund eintritt, in Ver-
gleich zu der die nach dem Darm geht.
Bey manchen andern, zumal eben-
falls grasfressenden Säugethieren, be-
steht er aber aus zwey oder noch meh-
rern schon von auſsen ganz von ein-
ander unterschiedenen, und gleichsam
eben so viele Mägen bildenden Ab-
schnitten. So z. E. beym Hamster aus
zweyen *); beym Känguruh **), zumahl
aber
I
[130]VI. Abschnitt.
aber beym Bisamschwein *) aus dreyen;
bey den Faulthieren aus vieren **).
Aber auch die fleischfressenden Ce-
taceen haben einen vielfachen Magen,
und zwar manche Gattungen dersel-
ben von drey, andre von vier und
theils von fünf sackförmigen Abtheilun-
gen ***).
Die so zu sagen kunstreichste Ein-
richtung, zumal des innern Baues und
seines Mechanismus findet sich bey den
allgemein bekannten vier Mägen der
wieder-
[131]Vom Schlunde und Magen.
wiederkauenden Thiere mit gespaltnen
Klauen, wovon wir die von zwey da-
hin gehörigen Hausthieren, dem Horn-
und Wollvieh zum Muster nehmen *).
Der erste Magen, der Pansen (ru-
men, penula, magnus venter, ingluuies)
ist beym [erwachsnen] Vieh (noch nicht
so beym neugebohrnen oder Säugling)
bey weiten der allergröſste; von auſsen
am Ende gleichsam in zwey sackför-
mige Anhänge, inwendig aber wie in
vier Hölungen abgetheilt; und seine in-
nere Haut wie mit unzähligen plattge-
drückten Zäpfchen besetzt *).
Hierauf folgt zweytens die Haube;
Mütze, oder das Garn (reticulum, ol-
I 3lula)
*)
[134]VI. Abschnitt.
lula) die gleichsam als ein kuglichter
Anhang zum Pansen anzusehen ist, sich
aber doch besonders durch die ausneh-
mend saubre Bildung der polygonischen
scharfkantigen Zellen oder Fächer von
demselben auszeichnet, die durch die
innerste Haut derselben formirt werden.
Der dritte Magen heiſst das Buch,
der Psalter, Faltenmagen, oder Löser,
(echinus, conclaue, centipellio, omasum)
ist der kleinste, und von den vo-
rigen beiden sowohl in seiner Form,
die man mit der eines zusammengeku-
gelten Igels verglichen hat, als in sei-
nem Innern gänzlich verschieden; denn
seine Hölung wird durch zahlreiche
(beym Schaf gegen 40, beym Ochsen
gegen 100) blätterförmige Duplicaturen
seiner innern Haut sehr beengt, die
längs
*)
[135]Vom Schlunde und Magen.
längs liegen und von verschiedener re-
gelmäſsig abwechselnder Breite sind.
Der vierte endlich, oder der soge-
nannte Laab (abomasum, faliscus, ven-
triculus intestinalis) ist nächst dem Pan-
sen der gröſste, länglicht birnförmig,
und seine innere Haut der in andern
Thiermägen ähnlich, mit groſsen längs-
laufenden wulstigen Falten.
Die ersten drey Mägen stehen auf
eine überaus merkwürdige Weise unter
einander und mit einer rinnenförmigen
Fortsetzung des Schlundes in Verbin-
dung. Dieser tritt nämlich da ein wo
Pansen, Haube, und Buch an einander
grenzen; verlauft sich aber dann in-
wendig in die gedachte Rinne, so daſs
das obre Ende derselben mit ihm con-
tinuirt, das untre aber in den dritten
Magen geht. Als Rinne steht sie dann
zugleich den rechts und links liegenden
beiden ersten Mägen offen. Wenn sich
I 4aber
[136]VI. Abschnitt.
aber ihre wulstigen fast lippenähnlichen
Seitenränder an einander legen, so bil-
det sie dann eine geschlossene Röhre, die
gleichsam als eine directe Fortsetzung
des Schlundes in den dritten Magen an-
zusehen ist.
Die verschiedene Verrichtung dieses
sonderbaren Theils entweder als offne
Rinne, oder als geschlossene Röhre,
scheint also dahin abzuzwecken, daſs
sie im ersten Fall das abgegraſste nur
obenhin zermalmte noch halb rohe Fut-
ter in den Pansen als in ein Magazin
fallen läſst; von wannen es in klei-
nen Portionen in die Haube kommt,
und von dieſer, nachdem es mehr durch-
weicht ist, (gleichsam durch eine Art
von motus antiperistalticus) in den
Schlund zurück, und so wieder ins Maul
getrieben, daselbst ruminirt und zum
zweyten mal geschluckt wird; wobey
sich aber sodann die Rinne zur Röhre
schlieſst
[137]Vom Schlunde und Magen.
schlieſst *) und den wiedergekauten
Bissen geradeswegs in den dritten Ma-
I 5gen
[138]VI. Abschnitt.
gen leitet *). Hier wird das ruminirte
bey seinem vermuthlich nur kurzen Auf-
enthalt, zwischen den Blättern dessel-
ben noch mehr zur Verdauung vorbe-
reitet, und diese dann vollends im vier-
ten oder eigentlich sogenannten Magen
beendigt **).
Noch ein paar Eigenheiten an den
Mägen einiger andern Säugethiere fin-
den gerade hier ihre passendste Stelle,
ehe wir zu der Vögel ihren übergehn,
da sie darin mit dem übereinkommen,
wodurch sich sonst viele von diesen
auszeichnen.
Beym Beutelthier nemlich stehn ganz
gegen die sonstige Regel in dieser Thier-
classe die beiden Mündungen des Ma-
gens, so nahe oder eigentlich noch
dichter beysammen als bey so vielen
Vögeln.
Der Biber hat am obern Magen-
munde ein eignes corpus glandulosum,
ohngefähr von der Gröſse eines Gulden
nach innen voller Schleimhölen; das
im Ganzen dem bulbus glandulosus am
Vogelmagen ähnelt, und diesem bewun-
dernswerthen Thiere wohl zur Verdauung
und Animalisirung seines trocknen Fut-
ters von Baumrinden, Spänen u. s. w.
dient.
Und der Magen des Pangolin (Ma-
nis pentadactyla) ist fast so derb und
fleischicht als ein Hünermagen, und
enthält auch ſo wie der von den Kör-
nerschluckenden Vögeln, Steinchen und
Grant, der von jenen Thier wahrſchein-
lichst
[141]Vom Schlunde und Magen.
lichst zu gleichem Zweck, wie bey die-
sen Vögeln, eingeschluckt wird *).
So wie oben der Backentaschen bey
manchen Säugethieren gedacht worden,
so verdient hier der Kehlsack Erwäh-
nung, der beym Trappen vorn am Halse
unter der Haut liegt, und sich mit ei-
ner
[142]VI. Abschnitt.
ner weiten Mündung unter der Zunge
öffnet, dessen Nutzen aber noch nicht
ganz entschieden scheint *).
Der Schlund, der überhaupt bey den
meisten Vögeln der Luftröhre zur rech-
ten herabsteigt, ist bey vielen fleisch-
fressenden so wie auch ihr obrer Ma-
genmund von auffallender Weite; (meist
ungleich weiter als der Darmcanal;)
theils um die ganzen Fische oder groſse
Knochen die sie schlucken und die der
Magen nicht fassen könnte, einstweilen
zu beherbergen **); theils auch um das
Ge-
[143]Vom Schlunde und Magen.
Gewölle (die Haar- und Knochen- oder
Gräten-Ballen) desto leichter wieder
auszubrechen *).
Nur bey den Landvögeln wie es
scheint, und auch nicht einmal bey die-
sen Allen, (übrigens aber bey vielen
Raubvögeln **) so gut als bey Körner-
fressenden,) erweitert sich der Schlund
vor dem Brustbein erst in den Kropf
(ingluuies, prolobus, Fr. jabot), der mit
zahlreichen, theils in regelmäſsige Rei-
hen
**)
[144]VI. Abschnitt.
hen vertheilten Schleim- oder Speichel-
Drüsen besetzt ist; die besonders bey
denen die ihre Junge aus diesem Kropfe
ätzen, um diese Zeit merklich anschwel-
len *) und eine beträchtlichere Menge
Saftes secerniren **).
Ohne Vergleich allgemeiner und ver-
muthlich der ganzen Classe zukommend,
ist ein andres drüsenreiches secerniren-
des Organ, der bulbus glandulosus (echi-
nus, infundibulum, prouentriculus, cor-
pus tubulosum etc.) der vor dem Ein-
tritt des Schlundes in den eigentlichen
Magen liegt, dessen Bildung und rela-
tive
[145]Vom Schlunde und Magen.
tive Gröſse aber bey verschiedenen Ge-
schlechtern und Gattungen vielartig dif-
ferirt. Beym Straus z. E. nimmt er sich
in Gröſse und Form völlig wie ein
zweyter Magen aus *). Bey manchen
andern Vögeln, wie z. E. bey Papa-
geyen, Reihern u. s. w. weicht er zwar
vom eigentlichen Magen in der Gestalt
ab, übertrifft ihn aber an Gröſse; so
wie er hingegen bey den Hünern u. s. w.
weit kleiner iſt **).
Bey den mehresten Vögeln liegt der
Magen mehr nach oben ***), nach
dem
K
[146]VI. Abschnitt.
dem Rückgrat zu, und ruht gleichsam
auf einer Unterlage von Gedärmen; beym
Kukuk hingegen kommt er unten zu
liegen; doch ist dieſs bey weiten keine
ausschlieſsliche Eigenheit dieses merk-
würdigen Geschöpfs *), sondern ich
habe das gleiche auch bey manchen an-
dern, namentlich beym Pfefferfras (Ram-
phastos tucanus) und Nuſsheher (coruus
caryocatactes) gefunden.
Der Bau des Magens scheint zwar
bey den verschiednen Ordnungen und
Geschlechtern dieser Classe von auffal-
lend groſser Verschiedenheit zu seyn.
Bey vielen Fleisch- und Insectenfressen-
den z. E. nur wie ein häutiger Schlauch
in Vergleich zu dem mit den derben
muskulösen Ballen bey den Körner-
schlucken-
[147]Vom Schlunde und Magen.
schluckenden Vögeln. Aber zwischen
diesen beiden Extremen finden einer-
seits mannichfaltige Uebergänge *), und
anderseits auch groſse Analogieen statt;
zumal was den Lauf der Faserbündel
in der Fleischhaut **) und das gleich-
sam schwielichte Ansehen der inner-
sten ***) betrifft, als worinn doch auch
viele von jenen sogenannten membra-
nösen Mägen mit dem bey den Hü-
nern u. s. w., merkliche Aehnlichkeit
zeigen.
Freylich aber ist beides, zumal der
muskulöse Theil, am ventriculus bulbosus
K 2der
[148]VI. Abschnitt.
der körnerschluckenden Vögel, bekannt-
lich von ganz ausgezeichneter Stärke *).
Hier finden sich nemlich statt der bloſsen
Fleischhaut die vier ausnehmend dicken
derben Muskeln; das groſse Paar he-
misphärische laterales, und zwey klei-
nere wulstige intermedii über den beiden
Enden der Magenhöhle. Alle viere un-
terscheiden sich sowohl durch ihre Tex-
tur **) und beyspiellose Festigkeit, als
durch die ihnen eigene Farbe von allen
andern Muskeln des thierischen Körpers.
Die schwielichte innerste Haut, de-
ren Furchen und Runzeln von beiden
Halbkugeln wechselseitig in einander
greifen, verhält sich wie eine wahre
Epidermis, indem sie so wie diese durch
anhal-
[149]Vom Schlunde und Magen.
anhaltenden Gebrauch von Druck und
Reiben allgemach dicker wird *).
Die Höhle dieser sonderbaren Mägen
ist nach Verhältniſs enge und klein,
und verläuft sich trichterförmig in den
untern Magenmund, der nahe bey dem
obern liegt. — Kurz, alles ist an die-
sem merkwürdigen Organe auf mächtige
Triturationskraft **) berechnet, zu de-
K 3ren
[150]VI. Abschnitt.
ren Verstärkung noch der bekannte In-
stinct der körnerschluckenden Vögel
kommt auſser ihrem Futter immer auch
rauhe harte Steinchen zu sich zu neh-
men *).
Bey den Seeschildkröten hat der weite
Schlund eine ganz auffallende Eigen-
heit, da er inwendig mit unzähligen
K 4groſsen,
*)
[152]VI. Abschnitt.
groſsen, steifen, an den Spitzen fast
hornartigen Stacheln von weiſser Farbe
besetzt ist *). Sie stehen alle in einer-
ley Richtung, mit den Spitzen rück-
wärts nach dem Magenmunde zu. Ver-
muthlich um den Rücktritt des dahin-
eingeschluckten Futters zu verhüten,
das nur allmälich in den Magen gelan-
gen kann.
Bey den Crocodilen ist der Schlund
trichterförmig, und ihr Magen hat so-
wohl in der benachbarten Lage seiner
beiden Mündungen als auch gewisser-
maſsen in der Derbheit seiner Häute,
einige (wenn gleich nur entfernte) Aehn-
lichkeit mit der körnerfressenden Vö-
gel ihrem.
Bey den Schlangen zeigt der Ma-
gen wenig andere Verschiedenheit vom
Schlun-
[153]Vom Schlunde und Magen.
Schlunde, als daſs er etwas weiter, aber
in Verhältniſs zu dieses seiner ansehn-
lichen Länge auffallend kurz ist.
Dagegen ist der Schlund bey den
mehresten Fischen desto kürzer. Doch
ist dieſs weder wie Aristoteles
glaubte *) der ganzen Classe gemein,
noch auch, wie Andere es modificirt, der
verlängerte Schlund den langgestreck-
ten Fischen eigen.
Gröſse und Form des Magens va-
riirt in dieser Classe sehr mannichfal-
tig **). Bey den mehresten Fischen ist
K 5er
[154]VI. Abschnitt.
er dünnhäutig. Bey gar manchen aber
auch ziemlich derb und fleischig *) und
inwendig mit schwielichter Haut aus-
gekleidet; doch daſs auch bey diesen
die vermeinte Aehnlichkeit desselben
mit dem Magen der körnerschluckenden
Vögel nur sehr entfernt bleibt.
Was schon anderwärts **) angemerkt
worden, daſs das Ernährungsgeschäfft
der Insecten bey weiten nicht bloſs,
wie bey den allermehresten rothblü-
tigen Thieren, auf ihre Selbsterhal-
tung, sondern hauptsächlich darauf ab-
zweckt,
**)
[155]Vom Schlunde und Magen.
zweckt, daſs sie organisirte Materie
consumiren sollen, das wird durch den
ausgezeichneten Bau ihrer sogenannten
ersten Wege augenscheinlich bestätigt:
da zumal bey den allermehresten von
denen, die sich einer Verwandlung un-
terziehen, der Magen im Larvenzustande
von mächtiger Gröſse in Verhältniſs zu
dem kurzen Darmcanal ist; und dage-
gen bey denen die in ihrem vollende-
ten Zustande wenig oder keine Nahrung
mehr zu sich nehmen, alsdann auch
ganz auffallend verkleinert und gleich-
sam zusammengeschrumpft erscheint *).
Ueberhaupt kann von den endlos
mannichfaltigen Besonderheiten des in-
nern
[156]VI. Abschnitt.
nern Baues in einzelnen Geschlechtern
und Gattungen dieser so vielförmigen
Thierclasse hier nur sehr weniges Platz
finden: also auch von denen am Schlund
und Magen derselben bloſs ein Paar
Worte *).
Bey vielen wird Anfang und Ende
des tubus alimentarius, Schlund und
Mastdarm, von einer ringförmigen Thei-
lung des Rückenmarks umfaſst.
Im Ohrwurm ist der obere Magen-
mund inwendig mit einigen Zähnen
in zwey Reihen besetzt *).
Bey manchen Heuschrecken ist der
Magen selbst zwar klein, dafür aber
der Schlund von desto gröſserer Weite.
Bey manchen Gattungen dieses Ge-
schlechts, zumal bey der Maulwurfs-
grille besteht der Magen aus drey bis
vier blasenförmigen Abtheilungen *),
die man mit den Mägen der wieder-
kauenden Säugethiere verglichen hat **).
Des mit Gräten und andern Knochen-
stücken versehenen Magens des Hum-
mers und einiger anderer Krebse ***)
ist schon oben gedacht [— §. 1. Not. *)
—]. Bekanntlich liegen auch an die-
sem seine drey Zähne, die, wenigstens
beym
[159]Vom Schlunde und Magen.
beym Fluſskrebs, so wie der Magen
selbst alljährlich reproducirt werden.
Auch aus dieser Classe die so sehr
vielartig von einander verschiedene Ge-
schöpfe begreift, können hier nur we-
nige Beyspiele gleichsam als Muster
ausgehoben werden *).
Einen überaus sonderbaren Magen hat
der wegen seiner wunderschönen Farben
allge-
*)
[161]Vom Schlunde und Magen.
allgemein bekannte Goldwurm (Aphro-
dite aculeata), bey welchem dieses
Eingeweide an Form und Gröſse fast
einem Dattelkern, so wie an Derbheit
des Gefüges beynahe dem bey den kör-
nerschluckenden Vögeln ähnelt *).
Bey vielen Schalthieren, zumal un-
ter den Bivalven wird der Schlund wie
zu einen Kropf oder Vormagen erwei-
tert; und ist bey manchen inwendig
mit hunderten von zarten Zähnchen
besetzt **).
In dem sehr robusten und dehnba-
ren Magen der Bulla lignaria sitzen
drey
*)
L
[162]VI. Abschnitt. Vom Schlunde und Magen.
drey harte kalkichte Schalen womit das
Thier andre Conchylien die es verzehrt
zu zermalmen im Stande ist *).
Bey den mehrsten eigentlichen Mol-
lusken ist der Magen von einfachem
häutigen Bau, und nach Verhältniſs
von sehr verschiedner Gröſse. Auffal-
lend groſs habe ich ihn z. E. bey Scyl-
laea pelagicum gefunden. Vollends bey
den Blutigeln füllt er bekanntlich den
gröſsten Theil des Leibes und ist in-
wendig mittelst zehn häutiger durch-
brochener Scheidewände wie in Ab-
schnitte getheilt.
Die Armpolypen endlich und andere
ihnen ähnliche Zoophyten sind überhaupt
kaum für etwas anders als für einen be-
seelten an der Mündung mit Fangarmen
besetzten Magen anzusehen.
Der Darmcanal (— überhaupt nächst
dem Magen das allerallgemeinste Ein-
geweide im ganzen Thierreich —) zeigt
bey den Thieren dieser Classe, beson-
ders nach der Nahrungsweise derselben
eine doppelte Hauptverschiedenheit, in-
dem er in der Regel bey den Fleisch-
fressenden nach Verhältniſs kürzer, und
dann auch die Strecke der sogenannten
dünnen Därme bey denselben im Aeu-
ſsern weniger von den dicken verschie-
den ist, als bey den Herbivoren. —
Doch leidet auch alles dieses seine Aus-
nahmen. Denn so hat z. B. die Robbe
L 2auf-
[164]VII. Abschnitt.
auffallend lange, und hingegen das Faul-
thier sehr kurze Gedärme; so sind
ferner beym Dachs, der doch kein
eigentlich fleischfressendes Thier ist, ja
selbst bey manchen bloſs Herbivoren,
wie z. E. beym Siebenschläfer (Glis escu-
lentus) u. a. m. die dünnen Därme meist
von gleicher Stärke mit den dicken, und
was dergl. m. ist.
In den dünnen Därmen sind bey den
mehresten Säugethieren die sogenannten
Kerkringischen Klappen schwächer aus-
gewirkt als beym Menschen; bey man-
chen ganz unmerklich; und das sowohl
bey Fleischfressenden als Herbivoren. —
Bey den Cetaceen hingegen ist die ganze
innere Fläche der Därme mit längslau-
fenden meist geschlängelten Falten be-
setzt.
Die flockichte zur Einsaugung des
Milchsafts dienende innerste Haut un-
terscheidet wohl ganz allgemein die
dün-
[165]Vom Darmcanal.
dünnen Därme von den dicken, als
welche mehr bloſs zur Aufnahme des
Unraths bestimmt sind. Beym Bär sind
diese Flocken auffallend langzottig.
Die Fallopische Klappe (valuula coli)
fehlt wohl nur wenigen Thieren dieser
Classe wie z. B. dem Igel *).
Der Blinddarm zeigt bey ihnen, und
zwar selbst bey manchen Gattungen aus
dem gleichen Geschlecht, groſse Ver-
schiedenheit. Manche, zumal unter den
Fleischfressenden haben ihn gar nicht;
doch fehlt er auch einigen Herbivoren
wie z. B. dem Siebenschläfer. Bey an-
dern Grasfressenden ist er hingegen
theils von ausnehmender Gröſse und
Weite. Z. E. beym Hasen und Canin-
L 3chen
[166]VII. Abschnitt.
chen länger als das ganze Thier, und
inwendig mit einer sonderbaren in
Schneckenwindung laufenden Klappe
besetzt. — Der Klipdas (Marmota ca-
pensis) hat erst ein groſses weites coecum
und dann eine Strecke weiter hin von
neuem zwey andre conische Blinddärm-
chen *).
Der wurmförmige Anhang mangelt
gar vielen Säugethieren; selbst manchen
Affen (z. B. dem syluanus u. a. m.)
Der Grimmdarm (colon) ist bey den
mehresten grasfressenden Thieren die-
ser Classe wie in blasenförmige Ab-
schnitte getheilt, und von groſser Weite
und Länge. So z. B. auffallend beym
Elephant und Pferd. Bey letztern ist
die ganze Strecke der dicken Därme
auf 24 Fuſs lang; da sie hingegen bey
einem
[167]Vom Darmcanal.
einem mittelmäſsigen Hunde wenig über
eine Spanne beträgt. Bey diesem zeich-
net sich der Mastdarm durch starke
Querfalten aus, wodurch er beengt und
auch wohl die Ausleerung des Unraths
erschwert wird.
Bey einigen wenigen z. E. beym Bi-
ber und Faulthier haben Mastdarm und
Harnröhre einen gemeinschaftlichen Aus-
gang der sich gewissermaſsen mit der
cloaca der Vögel vergleichen läſst *).
Diese haben im Ganzen einen weit
kürzern Darmcanal als die Säugethiere;
und
*)
[169]Vom Darmcanal.
und ebenfalls ist er bey den Fleisch-
fressenden gemeiniglich kürzer als bey
L 5denen
*)
[170]VII. Abschnitt.
denen die sich vom Gewächsreich näh-
ren. Auch zeigt sich bey ihnen im
Aeuſsern kein merklicher Unterschied
zwischen den dünnen und dicken Där-
men; vielmehr sind sie bey manchen
am Anfange weiter als gegen das Ende.
Die mehresten Vögel haben zwey
Blinddärme, die bey manchen Gattun-
gen zumal unter den Geschlechtern der
Hünerartigen und Wasservögel von an-
sehnlicher Länge sind. Beym Straus
zeichnen sie sich durch eine merkwür-
dige schneckenförmig gewundne Klappe
aus *). Einige wenige Wasservögel ha-
ben nur Einen solchen Blinddarm, und
manchen, besonders unter den Raubvö-
geln fehlen sie gänzlich.
Der Mastdarm endigt sich in die so-
genannte cloaca, eine schlauchförmige
Wei-
[171]Vom Darmcanal.
Weitung worin sich zugleich die Harn-
leiter, die Genitalien, und die hinter
ihr liegende bursaFabricii öffnen.
Diese letztre ist bei den verschiednen
Gattungen von ungleicher Form, eyför-
mig, oder länglich wie ein Blinddärm-
chen u. s. w., und bey jungen Vögeln
am gröſsten: im Alter schrumpft sie
zusammen, so daſs sie z. E. bey alten
Hahnen kaum ein Hirsenkorn faſst *).
Nur aus jeder der beiden Hauptord-
nungen Eine Gattung als Beyspiel.
Bey der Caret-Schildkröte (Testudo
caretta) ist der Darmcanal fünfmal so
lang als das ganze Thier; die sogenann-
ten
[172]VII. Abschnitt.
ten dünnen Därme beträchtlich weiter
als die kurze Strecke der dicken. Beide
inwendig durchaus der Länge nach ge-
faltet *), und (wie dieſs wohl in der
ganzen Classe der Fall ist), mit einer
Menge zähen Schleim überzogen **).
In der Natter (Coluber natrix) be-
trägt die ganze Länge des Darmcanals
nicht einmal die des Thiers. Die dün-
nen Därme bilden durch ihren verlän-
gerten
[173]Vom Darmcanal.
gerten Eintritt in die dicken eine an-
sehnliche Fallopische Klappe. Nur das
letzte Ende der dünnen ist so wie die
dicken und wie der Schlund (der wohl
⅓ so lang als das ganze Thier ist) und
Magen inwendig der Länge nach ge-
faltet *).
Sie haben, höchstens bis auf wenige
Ausnahmen einen sehr kurzen Darmcanal.
Bey einigen, z. E. im Zitterrochen ist
er nur halb so lang als der Magen **).
Doch wird bey ihm (so wie auch
bey mancherley andern Knorpelfischen)
der Weg den der Darmbrey und nach-
her der Unrath darin zu machen haben,
durch
[174]VII. Abschnitt.
durch eine breite Klappe verlängert, die
schneckenförmig hindurchläuft *).
Ueberaus merkwürdig, und wie es
scheint allen Fischen gemein, sind die
sogenannten appendices pyloricae, die sich
theils am untern Magenmunde, meist
aber zu Anfang des Darm[c]anals in den-
selben öffnen und einen Darmsaft ab-
scheiden, der einen Haupteinfluſs auf
das bey diesen Thieren in kurzer Zeit
zu beendigende Verdauungs- und Chy-
lifications-Geschäft zu haben scheint **).
Meist
[175]Vom Darmcanal.
Meist haben sie die Gestalt kleiner frey-
hängender Blinddärmchen *), deren An-
zahl bey den verschiedenen Gattungen von
einem einzigen bis zu mehreren hunder-
ten variirt; bey manchen Knorpelfischen
aber sind sie wie in einem drüsenarti-
gen Eingeweide verwachsen **), das
man
**)
[176]VII. Abschnitt.
man mit dem pancreas der warmblüti-
gen Thiere verglichen hat.
Unter den Mollusken haben manche
wie z. B. der Goldwurm (Aphrodite acu-
leata)
[177]Vom Darmcanal.
leata) ebenfalls solche Blinddärmchen
zu beiden Seiten ihres kurzen Haupt-
darms.
Unter den Schalthieren scheinen die
festsitzenden überhaupt einen kürzern
und einfachern Darmcanal zu haben,
als die so sich von der Stelle bewegen.
Bey den mehresten Bivalven geht der
Mastdarm nach Poli's Versicherung
mitten durchs Herz. Bey den Weg-
schnecken (Limax) sowohl als bey de-
nen mit dem Haus (Helix u. s. w.), öffnet
sich der Mastdarm vorn auf dem limbus
dicht neben dem Luftloch.
Dem Blutigel kann eigentlich gar
kein Darm zugeschrieben werden, doch
hat er allerdings einen After am Schwanz-
ende, wodurch er nur zuweilen etwas
weniges von Unrath (bey weiten das
mehrste aber durch den Mund) von sich
gibt. Die Armpolypen hingegen haben
auch nicht einmal so eine Oeffnung.
Was von diesen dreyen Organen hier
angeführt werden muſs, kann füglich
zusammengefaſst werden, da sie in
Rücksicht ihrer Functionen in nahen
Bezug untereinander stehen; Milz und
Netz scheinen minder allgemein als die
Leber, und dieser gleichsam untergeord-
net zu seyn: welche letztere hingegen
wohl keiner Classe oder Ordnung des
Thierreichs mangelt, die mit einem Her-
zen und Circulationssystem versehen ist.
Die Leber dieser Thiere zeigt auſser
den minder bedeutenden und wohl nicht
immer
[179]Von der Leber, Milz und dem Netze.
immer constanten Varietäten der Gröſse,
Farbe, Abtheilung durch Einschnitte
u. dergl. *) vorzüglich die zweyfache
Hauptverschiedenheit, daſs sie bey man-
chen Geschlechtern und Gattungen alle
ihre Galle unmittelbar in den sogenann-
ten Zwölffingerdarm ergieſst, bey vie-
len andern aber sich ein Theil dersel-
ben vorher in die Gallenblase sammelt.
Diese fehlt unter andern dem Pferde- **)
M 2und
[180]VIII. Abschnitt.
und Hirsch-Geschlecht, und den Ce-
taceen.
Bey manchen von denen so hinge-
gen damit versehen sind, namentlich
beym Rindvieh, zeigen sich die berühm-
ten ductus hepaticystici die unmittelbar
aus der Leber in dieselbe übergehn.
Ebenfalls beym Ochsen so wie auch
beym Schaaf u. s. w. zeichnet sich die
Milz durch ein eignes zellenartiges Ge-
füge von dem bloſs adrigen vieler an-
drer Thiere dieser Classe aus *).
Ein eigentliches wahres Netz scheint
wohl den Säugethieren ausschlieſslich
eigen *). Und selbst was man bey an-
dern Thieren eine Milz genannt hat, ist
doch ebenfalls in seiner Textur, Ver-
bindung u. s. w. von jenem Eingeweide
wie es sich in dieser Classe findet, sehr
verschieden.
Die Leber ist bey dem Hausgeflügel
nach Verhältniſs auffallend gröſser als
M 3bey
[182]VIII. Abschnitt.
bey den wilden Vögeln *). Bekannt-
lich fehlt die Gallenblase auch vielen
Gattungen dieser Classe, (z. B. den Tau-
ben, Papageyen u. s. w.) ja selbst zu-
weilen einzelnen Individuis einer Gat-
tung die sonst nach der Regel damit
versehen ist, wie z. B. unter den Haus-
hünern.
Ein kuchenförmiger Fettklumpen der
bey manchen Wasservögeln die Därme
deckt, ist wohl eher für ein Netz ange-
sehen worden.
Ueberhaupt ist die Leber bey diesen
Thieren von ansehnlicher und bey man-
chen, z. E. beym Salamander von ganz
auffallender Gröſse. Auch ist mir keine
Gattung bekannt der die Gallenblase
mangelte.
Die gelben, theils keulenförmigen,
theils wie gefingerten ductus adiposi oder
appendices luteae die bey den Fröschen
zu beiden Seiten des Rückgrats über
den Nieren liegen, hat zuerst Mal-
pighi für eine Art von Netz gehalten *).
Wie entfernt aber diese Aehnlichkeit
sey, zeigt auſser so vielen andern Ver-
schiedenheiten besonders das conſtante
merkwürdige Verhältniſs worin die ver-
änderliche Gröſse derselben mit dem
Paarungsgeschäft dieser Thiere steht.
Bey vielen ist der kurze Darmcanal
von der groſsen langen Leber wie um-
faſst und gleichsam bewachsen. — Bey
manchen, in ihrem übrigen Körper fast
fettlosen Fischen, wie z. B. die Rochen,
M 4der
[184]VIII. Abschnitt.
der Kabeljau u. s. w. strotzt hingegen die
Leber von Thran. — Nicht vielen Gat-
tungen fehlt die Gallenblase; wie z. B.
der Lamprete, Rothbarbe u. s. w.
Ein wirklich gallebereitendes und
in sofern leberähnliches Organ scheint
sich bloſs bey den wenigen Thieren die-
ser Classe zu finden, die mit einem
Herzen und System von Saftgefäſsen
versehen sind; also namentlich bey den
Krebsen *). — Daſs aber auch die bey
vielen andern befindlichen Blinddärm-
chen theils für Gallenwege angesehen
worden, ist schon oben erinnert.
So wie dann auch manchen Zooto-
men das groſse corpus adiposum das bey
den Raupen und vielen andern Insecten
den
[185]Von der Leber, Milz und dem Netze.
den gröſsten Theil ihres Leibes aus-
füllt *), einige Aehnlichkeit mit einem
Netze zu haben geschienen hat.
Die Organe worin der Saft abge-
sondert und enthalten wird, von wel-
chem die Tintenfische den Namen ha-
ben, sind längst mit Gallenwegen ver-
glichen worden, so daſs man den My-
tis für eine Leber, und den Tinten-
beutel für eine Gallenblase genommen
hat **).
Bey vielen Schalthieren, zumal un-
ter den Bivalven, liegt die Leber um
den Magen und ergieſst ihre Galle in
M 5die
[186]VIII. Abschnitt. Von der Leber u. s. w.
die Höhle desselben *). — Bey man-
chen Schnecken füllt sie die obern Win-
dungen des Gehäuses **).
Diese reinigenden Organe gehen gar
vielen Thieren ab die doch noch Gal-
lenwege haben, und finden sich aus-
schlieſslich bloſs in den rothblütigen
Classen, als welchen allen die Nieren
gemein sind, da hingegen die Blase
manchen Ordnungen und Geschlechtern
derselben mangelt.
Die Nieren haben bey manchen der-
selben, wie namentlich beym Bär *),
einen
[188]IX. Abschnitt.
einen gleichsam traubenartigen Bau, so
daſs jede wie aus vielen kleinern *) zu-
sammengesetzt ist, die durch ihre Blut-
gefäſse und Harngänge mit gemein-
schaftlichen Stämmen derselben zusam-
men hängen. — Die Blase hat bey den
mehrsten Quadrupeden eine freyere Lage
in der Bauchhöhle als beym Men-
schen **). In den reissenden Thieren
ist sie nach Verhältniſs weit kleiner als
in den Herbivoren. Vorzüglich groſs
ist sie bey den wiederkauenden bisulcis
und dem Hasen ***).
Ihre Nieren*) bilden (bis auf sehr
wenige Ausnahmen beym Cormoran
u. s. w.) eine doppelte Reihe von ein-
zelnen von einander abgesonderten drü-
senartigen Körperchen **) die zu bei-
den Seiten der Lendenwirbel, in beson-
dern Vertiefungen der Hüftknochen, wie
ein-
***)
[190]IX. Abschnitt.
eingepreſst liegen. — Daſs der ganzen
Classe die Blase mangelt, ergibt sich
aus dem was oben von ihrer cloaca ge-
sagt worden, von selbst.
Im Schildkröten- und Frosch-Ge-
schlechte findet sich eine Harnblase,
die bey manchen der eigentlich soge-
nannten Frösche gedoppelt ist, so daſs
ihrer zweye neben einander liegen.
Die Crocodile hingegen und manche
wahre Eidechsen haben keine; so we-
nig als die Schlangen bey welchen sich
die Harnleiter in die cloaca öffnen.
Merkwürdig ist, daſs so viel be-
kannt, dieser Classe die Neben-Nieren
(capsulae suprarenales) abgehn; die also
bloſs
[191]Von den Harnwegen.
bloſs den mit Lungen athmenden Thie-
ren zuzukommen [scheinen].
Ohngeachtet nicht abzusehen ist,
wozu den Fischen, und überhaupt den
bloſsen Wasserthieren, eine Harnblase
nutzen kann, so ist doch wenigstens
eine groſse Zahl von Geschlechtern
und Gattungen derselben damit ver-
sehen.
Unter den mancherley verschiedenen
Bestimmungen und Functionen der so-
genannten allgemeinen Integumente, ist
wenigstens für die rothblütigen Thiere
eine der allerwichtigsten, so wie die
allgemeinste, daſs sie denselben als rei-
nigende Organe dienen; daher denn
auch das was hier von denselben zu
sagen ist, seine passendste Stelle gleich
hinter den Harnwegen finden kann.
Die Grundlage aller übrigen äuſsern
Bedeckungen macht die lederartige ei-
gentliche Haut (corium) die allen vier
Classen
[193]Von den äuſsern Bedeckungen.
Classen von rothblütigen Thieren ge-
mein und gleichsam als die filzartig
verdichtete (mit Nerven und Blut- und
Saug ‒ Adern durchwebte) Auſsenfläche
ihres Zellgewebes anzusehen ist. —
Diese wird zu äuſserst mit der Oberhaut
bedeckt, die wenigstens bey den mit
Lungen athmenden Thieren groſse Aehn-
lichkeit unter einander zeigt. — Zwi-
schen beiden liegt der Malpighische
Schleim der aber doch nur bey den
warmblütigen sich als eine besondere
Hautschicht unterscheiden läſst. — Die
Oberhaut ist endlich noch in den ver-
schiedenen Classen mit besondern, wie es
scheint zunächst zur Ab- und Ausschei-
dung gewisser Stoffe bestimmten Or-
ganen besetzt; wie bey den Säugethie-
ren mit Haaren, bey den Vögeln mit
Federn u. s. w.
Ihr corium ist von auffallender Ver-
schiedenheit der Stärke. Z. B. ausneh-
mend zart im Flügel der Fledermäuse;
ungeheuer dick hingegen bey manchen
Multungulis (namentlich bey den Rhino-
cern) und Palmatis [vor allen beym
Wallroſs *)]. Auch die Form der Pa-
pillen auf seiner Auſsenfläche ist bey
den mancherley Thieren dieser Classe
und selbst an verschiedenen Theilen
desselben Thieres vielartig; theils gar
fadenförmig, wie z. B. an den Tatzen
des Bären und ausnehmend sauber an
den Zitzen des eigentlichen Wallfisches
(Balaena mysticetus).
Die Farbe in der Malpighischen
Schleimhaut variirt zuweilen individuell
bey
[195]Von den äuſsern Bedeckungen.
bey Thieren einer und eben derselben
Gattung so wie bey verschiedenen Rassen
im Menschengeschlechte *). Am dicksten
ist sie bey manchen Cetaceen **). Son-
derbar ist der schon von Aristoteles
bemerkte consensus in welchem oft bey
manchen gefleckten Hausthieren, be-
sonders bey Schafen, Caninchen und
Hunden der Gaumen und zuweilen selbst
der Augenstern mit dem Felle steht,
N 2so
[196]X. Abschnitt.
so daſs wie dieses gefleckt ist, sich
auch Flecken in jenen Theilen zeigen *).
Die Oberhaut ist nach Verschieden-
heit ihrer Bestimmung oft an einzelnen
Theilen eines Thiers von sehr un-
gleicher Stärke. Z. B. sehr zart an
den Fingerspitzen der Affen und Pa-
viane in Vergleich zur Dicke derselben
an mancher ihrer Gesäſs-Schwielen. Bey
manchen Multungulis, zumal am Ele-
phanten, bildet sie an vielen Stellen des
Körpers gleichsam hornartige dicht an
einander stehende Zapfen **). Doch
dieser Verschiedenheiten sind zu end-
los
[197]Von den äuſsern Bedeckungen.
los mancherley, als daſs sie hier be-
rührt werden könnten.
Haare finden sich, wenigstens ein-
zeln, wohl bey allen erwachsenern
Säugethieren, selbst die Cetaceen nicht
ausgenommen. Ihre verschiedene Stärke
macht, von der feinsten Schafwolle bis
zu den dicksten Stachelschweinstacheln,
unmerkliche Uebergänge. Dickere Borsten
und Haare, so wie z. B. die im Schwanze
des Elephanten u. a. m. ähneln in ihrem
Gefüge gar sehr dem Horn oder Fisch-
bein. So wie anderseits manche von
diesen beiderley Stoffen sich leicht in
Borsten spalten. Gewöhnlich sind die
Haare cylindrisch; doch manche breit,
gleichsam zweyschneidig; so z. B. die
oben auf den Zehen des Schnabelthiers
und des gemeinen Stachelschweins.
Andere wie z. E. die Barthaare der Rob-
ben *) sind auch etwas flach, aber wie mit
N 3stumpf
[198]X. Abschnitt.
stumpf gezähnelten Rändern, so daſs
sie gleichsam ein knotiges oder geglie-
dertes Ansehen erhalten. Etwas ähnli-
ches zeigt sich auch schon beym Haar
von manchen Bisulcis*), am auffallend-
sten bey dem womit der Bisambeutel
am männlichen Moschusthier besetzt
ist. Diese sind zugleich nur wie mit
einem lockern Markgewebe gefüllt, und
daher
[199]Von den äuſsern Bedeckungen.
daher sehr brüchig. — Manche sind
zwar dicht und fest aber doch mit einer
durch ihre Axe laufenden engen Röhre
wie durchbohrt; so die langen steifen
Barthaare des Seebären (Phoca vrsina).
Und die am Schwanze einiger Gattun-
gen von Stachelschweinen sind ganz
hohl, gleichsam wie Federspulen.
Ueberhaupt sind die Haare die un-
verweslichsten Theile der Säugethiere,
und besitzen beiderley Art von Repro-
ductionskraft [die gewöhnliche im na-
türlichen Zustande und die auſserordent-
liche nach zufälligen Verlust *)] in auf-
fallender Stärke. — Sie sind zumal
bey manchen Gattungen ausnehmend
elektrisch, und dienen den dichtbehaar-
ten Thieren überhaupt wohl vorzüglich
zur Absetzung des Ueberflusses von
Phosphorsäure **); manchen Gattungen
N 4oder
[200]X. Abschnitt.
oder Rassen aber auch nach der Ver-
schiedenheit ihrer Integumente noch zu
besondern Ausleerungen, die sich durch
eigenthümlichen Geruch äuſsern, der da-
her z. E. bey manchen Pferde- und
Hunde-Rassen eben so specifisch ist
als der Nationalgeruch mancher Spiel-
arten im Menschengeschlecht *).
Die dreyerley Häute haben die Be-
deckungen der Vögel mit der Säuge-
thiere ihren gemein. Auch sind man-
che, wie der Lämmergeyer (Vultur bar-
batus), die Raben, Puter u. e. a. an ein-
zelnen Stellen mit Haaren versehen.
Und andre, wie der Casuar in seinen
Flügeln, mit hornichten oder fischbein-
ähnlichen Stacheln, die sich aber doch
durch
[201]Von den äuſsern Bedeckungen.
durch das kielartige Gefüge ihrer Wurzel
schon dem Bau der Federn als der all-
gemeinen und ausschlieſslichen Beklei-
dung dieser Thierclasse, nähern. Die
besondern Verschiedenheiten des Gefie-
ders sind unzählbar. Zu den merkwür-
digern gehören z. B. die schuppenähnli-
chen kleinen Federchen (gleichsam squa-
mulae ciliatae) an den zum rudern be-
stimmten Stummelflügeln der Pinguine;
die lanzettförmigen Blättchen an der
Spitze der Hals- und Flügelfedern des
wilden Stammhahns, und an den hintern
Schwungfedern des Seidenschwanzes;
auch daſs gar mancherley Vögel aus ver-
schiedenen Ordnungen Doppelfedern ha-
ben, bey welchen nämlich immer zwey
oder auch mehrere *) Schafte aus Einem
gemeinschaftlichen Kiele entspringen u.
dergl. m.
Ihr periodischer Wechsel beym Mau-
sern erfolgt in kürzerer Zeit, und fällt
daher schon deshalb mehr in die Augen
als das Haaren der Säugethiere, wobey
man schon oft und an mancherley Gat-
tungen von solchen Vögeln deren Männ-
chen anders gefiedert sind als ihre Weib-
chen, die für die Physiologie höchst in-
teressante Bemerkung gemacht hat, daſs
letztre in zunehmenden Alter wenn sie
aufhören Eyer zu legen, männliches Ge-
fieder erhalten haben.
Daſs übrigens die Integumente der
Vögel ebenfalls zu reinigenden abfüh-
renden Organen dienen, zeigt nament-
lich sowohl die Mause selbst, als auch
bey manchen die Abscheidung beson-
drer Stoffe durch diesen Weg; wie z. E.
des weiſsen mehlichten Staubes, der
zumal bey den weiſsen Cacadus (aber
auch bey manchen andern Gattungen
des Papageygeschlechts und auch bey
mehrern Vögeln aus andern Ordnungen)
beson-
[203]Von den äuſsern Bedeckungen.
besonders zur Brunftzeit häufig abge-
sondert wird.
Die vielartigen Bedeckungen bey
den verschiedenen Ordnungen oder Ge-
schlechtern dieser Classe, von Schil-
dern, Reifen, Schuppen oder nackter
Haut, sind zu äuſserst mit einer Ober-
haut bekleidet, die bey vielen, nament-
lich bey den Schlangen (als sogenanntes
Natterhemd,) und bey den Wassermol-
chen häufig abgeſtreift wird. Bey letz-
tern, zumal im Frühjahr und Herbst,
wohl wöchentlich zu mehrern Malen.
Manche von den feingeschuppten, wie das
Chamäleon, oder mit nackter Haut, wie
so manche Frösche, ändern zu Zeiten,
zumal nach Verschiedenheit des Lichts,
der Wärme und auch der Leidenschaf-
ten, ihre Farbe.
Wohl alle Fische ohne Ausnahme
sind mit Schuppen bedeckt, die bey vie-
len von denen die sich bloſs in hoher
See aufhalten, bloſs liegen, hingegen
bey denen die an den Küsten und im
süſsen Wasser leben, mit einer Schleim-
haut überzogen sind. Merkwürdig ist
daſs die Hautfarbe mancher Fische, na-
mentlich z. B. der Rothbarbe, sich ge-
nau nach der Leber ihrer richtet *).
Die Schuppen selbst werden nicht wie
Haare und Gefieder gewechselt, sondern
perenniren, und sollen jährlich eine
neue Lage zu ihrem blättrigen Gefüge
erhalten, aus deren Zahl sich folglich
das Alter des Thiers erkennen lasse.
Noch verdienen mancherley Organe
Erwähnung, die zur Abscheidung be-
sonderer Säfte, gröſstentheils von noch
nicht genug bekannten Nutzen, in ein-
zelnen Classen oder Geschlechtern und
Gattungen von Thieren bestimmt sind,
und wohl am füglichsten hier am
Schlusse der Hauptabtheilung von den
sogenannten natürlichen Verrichtungen
kurz zusammen gefaſst werden können.
Auſser den allgemein bekannten Spei-
cheldrüsen findet sich besonders beym
Hund
[206]XI. Abschnitt.
Hund und einigen andern reissenden
Thieren auch eine in der Augenhöhle,
die Nuck beschrieben hat, und deren
Ausführungsgang sich am Oberkiefer bey
einem der hintern Backzähne öffnet *).
Beiderley Gattungen des Elephan-
tengeschlechts, die Africanische sowohl
als die Indische, und zwar die weibli-
chen so gut als die männlichen, haben
eine ansehnliche secernirende Drüse **)
an den Schläfen, zwischen dem Auge
und Gehörgang worinnen zur Brunft-
zeit ein bräunlicher Saft abgeschieden
wird,
[207]Von mancherley besondern Secretionen.
wird, der dann durch eine Oeffnung in
der Haut ausflieſst *).
Mit dieser Secretion scheint mir
übrigens was den Bau der Organe be-
trifft, die hinten auf dem Rücken des
sogenannten Bisamschweins (Sus taiassu)
noch die mehreste Aehnlichkeit zu
haben.
Viele wiederkauende bisulca und so
auch die Hasen haben auf der obge-
dachten Stelle der Oberkiefer (— §. 16. —)
die sinus sebaceos, die von dem fettigen
Schleime
[208]XI. Abschnitt.
Schleime so genannt worden der bey
manchen derselben in ansehnlicher
Menge darin abgeschieden wird, und
besonders beym Hirsch unter dem Na-
men der Thränen bekannt ist *).
Ebenfalls bey den mehresten wie-
derkauenden Thieren und auch wieder
bey den Hasen finden sich hinten in
den Weichen, neben den Genitalien und
Zitzen die antra inguinalia wie sie Hr.
Pallas nennt, worin aus darunter lie-
genden Drüsen eine Art von starkrie-
chendem Schmalz abgesetzt wird **).
Einige andre Säugethiere haben zu
besondern Zwecken eigene inwendig
fein behaarte Taschen am Unterleibe,
worin-
[209]Von mancherley besondern Secretionen.
worin auch gewisse fettige Feuchtigkeiten
von eigenthümlichem Geruch abgesondert
werden. So z. B. der Afterbeutel des
Dachses; und der Zitzensack der weib-
lichen Beutelthiere *).
Gleichfalls beym Dachs und den Beu-
telthieren, aber auch sonst noch bey
sehr vielen andern fleischfressenden Thie-
ren (sowohl unter den digitatis als pal-
matis) sitzen am Ende des Mastdarms,
die After-Drüsen und Bälge, die einen
eigenen im frischen Zustand meist sehr
heftig und widerlich riechenden gelben
schmierigen Stoff secerniren, wovon bey
manchen ihr Auswurf einen fast bisam-
artigen Geruch erhält **).
Von diesen Afterdrüsen muſs man
eine andre Art von solchen secerniren-
den Glandeln und Bälgen unterscheiden,
in welchen zwar ebenfalls starkriechende
Stoffe abgeschieden werden, die aber
mehr mit den Genitalien in Verbindung
zu stehen scheinen *). Sie finden sich
sowohl bey gar manchen der nämlichen
fleischfressenden Thiere die auch mit
den Afterdrüsen versehen ſind, wie z. E.
beym
**)
[211]Von mancherley besondern Secretionen.
beym Löwen u. s. w., dem Zibet-Thier
u. a. m.; als auch bey manchen von Ve-
getabilien lebenden, denen jene Organe
mangeln; und zwar bey manchen von
diesen in beiden Geschlechtern, wie z. E.
beym Biber *), bey der Ondatra **),
(Mus zibethicus) u. s. w., bey andern aber
bloſs beym männlichen, so z. E. beym
Bisamthier dessen Beutel in der Na-
belgegend an der Vorhaut befindlich
ist ***).
Endlich verdienen auch noch die in-
wendig behaarten drüsenreichen Höhlen
Erwähnung, die sich an den Füſsen von
mancherley wiederkauenden bisulcis und
namentlich beym Schaf finden und sich
O 2mit
[212]XI. Abschnitt.
mit einem besondern Ausführungsgang
in der Fuge zwischen den Klauen öff-
nen *), dessen Verstopfung, zumal durch
lang anhaltende nasse Witterung, bey
diesen Thieren beschwerliche Zufälle
verursacht.
Ohngeachtet die Vögel überhaupt
ihre Speiſe nicht wirklich kauen, so sind
doch manche derselben, und vor allen
die Spechte mit ansehnlichen Speichel-
drüsen, an den Seitenflügeln des Unter-
schnabels u. s. w., versehen, die durch
ihre Secretion die so sehr häufige und
starke Bewegung der Zunge beym
Schlucken erleichtern helfen.
Die Bauch-Speicheldrüse, wie man
neuerlich das Pancreas genannt hat, ist
zumal bey denjenigen Raubvögeln die
nicht
[213]Von mancherley besondern Secretionen.
nicht saufen von beträchtlicher Gröſse;
übrigens in dieser Classe von vielar-
tiger Form und Gefüge.
Die Oeldrüsen am Vropygium sind
nach Verhältniſs bey den Schwimm-
vögeln am gröſsten, und bey manchen
derselben, wie z. E. bey der Bisam-Ente
(Anas moschata) von einem ausgezeich-
neten Geruch. Nur bey der ungeschwänz-
ten Hüner-Rasse, dem Kluthahn (Gal-
lus ecaudatus) hat sich dieses Organ
durch die Degeneration verloren *).
Ob das was man bey gar manchen
Thieren dieser und der folgenden Clas-
sen so oft für ein Pancreas genommen
O 3hat,
[214]XI. Abschnitt.
hat, diesen Namen mit Recht verdient,
ist mir sehr unwahrscheinlich *).
Aber Afterdrüsen die zu gewissen
Zeiten einen starken specifischen Ge-
ruch verbreiten, finden sich allerdings
sowohl bey manchen Reptilien, wie z. E.
beym Kaiman (Lacerta alligator), als
bey Schlangen, wie namentlich bey den
Klapperschlangen **).
Manche Reptilien, z. E. der Salaman-
der und die Kröten schwitzen, zumal
wenn sie gereitzt werden, eine scharfe
Feuchtigkeit durch zahlreiche Poren
der Haut. Und der Gecko soll eine
wirklich giftartige zwischen seinen blät-
terigen Fuſszehen secerniren.
Weit heftiger ist aber das Schlangen-
gift, das bey so manchen Gattungen
abgeschieden wird, die sich durch die
dazu bestimmten schon oben (— S. 104 —)
angeführten Organe von den Giftlosen
auszeichnen.
Die allergemeinste von den [h]ier zu
nennenden Secretionen in dieser Classe
ist die des Haut- und Schuppen-Schleims
in den längs der Seitenlinien liegenden
Canäle *), deren auf jeder Seite eine
oder etliche vom Kopf bis zur Schwanz-
flosse laufen. Bey manchen Fischen
ergieſst sich ihr Schleim durch die Zwi-
schenräume der Schuppen, bey andern
sind aber diese selbst mit regelmäſsigen
O 4Oeff-
[216]XI. Abschnitt.
Oeffnungen zum Ausfluſs desselben wie
durchbohrt *).
Bey den Insecten finden sich wohl
gar keine wahren glandulae conglome-
ratae oder analoge Eingeweide; son-
dern ihre mancherley Secretionen wer-
den bloſs durch freyliegende Gefäſse
bewirkt **).
Auſser so mancherley Abscheidungen
gewisser Stoffe die bloſs einzelnen Gat-
tungen eigen sind, wie zum Beyspiel
der Dunst den einige kleine Laufkäfer
(Carabus crepitans, marginatus u. s. w.)
von sich treiben, oder die heftig riech-
bare Ausdünstungen womit sich viele
Wan-
[217]Von mancherley besondern Secretionen.
Wanzen im Nothfall vertheidigen u.
dergl. m. auſser diesen verdienen haupt-
sächlich zweyerley Arten von abgeson-
derten Säften in dieser Classe bemerkt
zu werden, der Seidenstoff den zumal
die Raupen der Phalänen *) und die Spin-
nen **) verweben, und dann das Gift
womit zumal manche hymenoptera***)
und aptera****) bewaffnet sind.
Gewissermaſsen kann aber auch das
Wachs das die Honigbiene und der Indi-
sche Coccus mellificus bereiten, mit zu den
Secretionen, die manchen Thieren dieser
Classe eigen sind, gerechnet werden.
Die merkwürdigsten hierher gehöri-
gen Secretionen finden sich bey den Schal-
O 5thieren;
[218]XI. Abschnitt. Von mancherl. bes. Secret.
thieren; die allgemeine nämlich, wodurch
sie sich in einem besondern nahe beym
Herzen belegenen Eingeweide (ſacculus
calcariusSwammerd.glandula testacea
Pol.) den Kalkstoff zu ihren Schalen ver-
arbeiten *); dann die besonders einigen
Gattungen von Seeschnecken (wie z. B.
Buccinum lapillus, echinophorum, Murex
brandaris, trunculus u. s. w. Helix ian-
thina u. a. m.) und sehr wenigen Mu-
scheln (z. B. Arca nucleus) eignen, da sie
den Purpur bereiten **); und endlich die
welche bey manchen Bivalven, bloſs in
auſserordentlichen Fällen, Statt hat, wenn
sie nämlich die Perlen absetzen ***).
Ein wahres vollständiges Circula-
tionssystem dem einerseits rohe Säfte
durch absorbirende Gefäſse zur Verar-
beitung zugeführt, und aus welchem
anderseits wieder andre Säfte in Drüsen
und drüsenartigen Eingeweiden abge-
schieden werden, scheint wohl bloſs
den rothblütigen Thieren eigen und
allgemein. Und eben so allgemein we-
nigstens ist auch wohl bey denselben
der Herzbeutel*). — Aber Theile eines
ähnli-
[222]XII. Abschnitt.
ähnlichen Systems, zumal Herz, und
gewisse damit verbundene Gefäſse fin-
den sich allerdings auch bey manchen
Geschlechtern in den beiden weiſsblüti-
gen Classen.
Der innere Bau ihres Herzens ist im
Ganzen wie beym Menschen; aber die
Lage desselben bey den Quadrupe-
den und Cetaceen anders. Es liegt
nämlich bey denselben mehr längs des
Körpers; ruht mehr auf dem Brustbein
als auf dem [Zwerchfell]; auch ist daher
der Herzbeutel dieser Thiere (höchstens
bis auf sehr wenige Ausnahmen) nicht
so wie im Menschen mit demselben
ver-
*)
[223]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
verwachsen *); die Strecke der untern
Hohlader die innerhalb der Brust liegt,
nach Verhältniſs länger und was dergl.
mehr ist.
Die erwachsenen gröſsern bisulca
und auch das Schwein haben da wo
die aorta aus dem linken Ventrikel tritt,
einen oder zwey kleine platte Knochen,
die sogenannten (zumal am Hirsch wei-
land berufenen) Herzbeinchen. Der an-
gebliche Nutzen derselben zur Stütze
der Valveln **) u. s. w. scheint nicht sehr
einleuchtend.
Man hat gemeint die Amphibien in
dieser Classe (palmata) und die Ceta-
ceen hätten in der Scheidewand der bei-
den sinuum ein offenes foramen ouale
wie
[224]XII. Abschnitt.
wie die Leibesfrucht, und müſsten es
haben, da sie bey ihrer Lebensweise
im Tauchen oft geraume Zeit des Ath-
mens entbehrten u. s. w. Dieſs ist nun
widerlegt, da wiederhohlte Zergliede-
rungen erwachsener Thiere dieser Art
gezeigt haben, wie selten sich diese
ungewöhnliche Ausnahme von der ge-
genseitigen allgemeinen Regel findet.
Aber wohl hat man dagegen bey
mehrern Geschlechtern und Gattungen
von palmatis sowohl als cetaceis (na-
mentlich bey der Fluſsotter sowohl als
bey der Seeotter, beym Delphin u. s. w.)
beträchtliche und constante Erweiterun-
gen [und] Geflechte an gewissen Bluta-
dern, zumal an der untern Hohlader
entdeckt, die wohl ohne Widerrede da-
zu dienen, um während des Untertau-
chens einen Theil des nach den Her-
zen zurücklaufenden Blutes einstweilen
aufzunehmen, bis das Thier wieder
athmen und dadurch den kleineren
Blut-
[225]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
Blutumlauf wieder in Gang bringen
kann *).
Von besonders merkwürdigen Ver-
theilungen der Schlagadern an einzelnen
Theilen gewisser Thiere dieser Classe,
verdienen vorzüglich das sogenannte rete
mirabile beym Eintritt der carotis cere-
bralis in die Hirnschalenhöhle von vie-
len wiederkauenden bisulcis**) und reis-
senden Thieren; und dann die überaus
sonderbare Art Erwähnung, wie, nach
Hrn. Carlisle's Bemerkung ***) bey
den Faulthieren sowohl als bey dem
Lemur tardigradus die Stämme der zu
den Beinen laufenden Arterien sich bey
ihrem
P
[226]XII. Abschnitt.
ihrem Austritt aus dem Rumpf sogleich
in zahlreiche meist parallele Aeste oder
plexus vertheilen, die sich zum Theil
dann gegen die Elnbogen und Kniee
hin auch wieder miteinander verbinden.
In dieser ganzen Classe zeigt sich
so viel bekannt ohne Ausnahme die
überaus merkwürdige Eigenheit im Baue
ihres Herzens, daſs der rechte Ventrikel
statt einer membranösen Klappe (wie
sie sich bey den Säugethieren in beiden
Herzhöhlen und bey den Vögeln selbst
auch in der linken findet) mit einem
derben straffgespannten, fast dreyeckten
Muskel versehen ist. Diese sonderbare
Einrichtung dient wohl dazu um das
Blut aus dem rechten Herzen mit desto
mehr Nachdruck in die Lungen treiben
zu können, da sich diese selbst (wegen
ihres Zusammenhanges und Verbindung
mit
[227]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
mit den man[c]herley Luftbehältern von
welchen unten die Rede seyn wird)
nicht so wie bey den Säugethieren durch
die Inspiration aufblähen, als wodurch
der Uebertritt des carbonisirten *) Bluts
in dieselben ohnehin schon erleichtert
wird **).
Wenigstens bey unseren hieländi-
schen Fröschen, Eidexen und Schlangen
besteht ihr einfaches Herz unverkenn-
P 2bar
[228]XII. Abschnitt.
bar nur aus Einem Ventrikel und Ei-
nem sogenannten Ohr *).
Anders verhält es sich hingegen in
den Seeschildkröten, über deren Herz
und dessen Theile mehr als über das
irgend einer andern Ordnung von Thie-
ren, gestritten worden.
Die Haupteinrichtung desselben
kommt auf folgendes hinaus:
Ihr Herz hat zwey Ohren **), die
so wie bey den warmblütigen Thieren
durch
[229]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
durch eine verschlossene Scheidewand
von einander abgesondert sind, und ihr
Blut auch durch eben die Wege wie
bey diesen, empfangen; das rechte Ohr
nämlich aus den beiden Hohladern, das
linke aus den venis pulmonalibus. Jedes
ergieſst dann auch sein Blut in den ihm
zugehörigen Ventrikel; denn deren sind
ebenfalls zwey; folglich alles bisher
erwähnte im Ganzen wie bey uns.
Aber die auffallende Eigenheit wo-
durch sich das Herz dieser Thiere aus-
zeichnet und von anderer ihrem unter-
scheidet, liegt in zweyerley. Daſs näm-
lich 1) diese beiden Ventrikel durch eine
besondere fleischichte fast röhrenförmige
Valvel, die aus dem linken in den rech-
ten hinüber geht, mit einander mün-
den, jener in diesen sich öffnet: und
P 3daſs
**)
[230]XII. Abschnitt.
daſs 2) die sämmtlichen groſsen Schlag-
ader-Stämme allein aus dem rechten
Ventrikel (gar keiner derselben aus dem
linken) entspringen: die aorta nämlich
mit ihren drey Hauptästen *) mehr nach
rechts und oben, die pulmonalis hinge-
gen wie aus einer Nebenweitung **)
desselben Ventrikels, in der Mitte
der basis des Herzens nach unten
(— versteht sich, wie schon oben ein
für alle Mal erinnert worden, nach
der
[231]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
der horizontalen Lage der Thiere zu
reden. —)
Nun begreift sich leicht wie diese
merkwürdige anomalische Einrichtung,
— daſs nämlich alles Blut bloſs aus
dem rechten Ventrikel weiter getrieben
wird, — der Lebensweise dieser Schild-
kröten beym langen Untertauchen zu
statten kommt, indem bey ihnen der
sogenannte groſse Blutumlauf vom klei-
nen der durch die Lungen geht, in so
fern unabhängig ist, daſs dann, wäh-
rend sie unter Wasser sind und nicht
athmen, dessen ungeachtet jener seinen
Fortgang behält; anders als bey den
warmblütigen Thieren, wo bekanntlich
nach ihrer Geburt die aorta kein Blut
fortführen kann, was nicht so eben erst
aus den athmenden Lungen durch den
linken Ventrikel ihr zugeführt worden
wäre *).
In dieser Thierclasse ist das Herz
nach Verhältniſs zum ganzen Körper
ausnehmend klein, und von einem sehr
einfachen Bau, da es bloſs aus Einem
Ventrikel und Einem Ohr besteht, die
zuzammen mit dem sogenannten cor
dextrum der warmblütigen Thiere zu
vergleichen sind. Denn der aus dem
Ventrikel entspringende Arterienstamm
(der bey den mehrsten Fischen gleich
bey seinem Austritt aus demselben wie
zu
*)
[233]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
zu einem kleinen Schlauch erweitert
wird) geht gerade vorwärts zu den
Respirationsorganen, den Kiefern; aus
welchen das Blut nachher mittelst ei-
ner groſsen, der aorta zu vergleichenden,
Schlagader die längs des Rückgrats nach
hinten läuft in den übrigen Körper ver-
theilt und nachdem es in die Venen
übergetreten, durch die Stämme der Hohl-
ader nach dem Herzohr zurück gebracht
wird *).
Ueberhaupt haben die mehrsten kalt-
blütigen Thiere, namentlich die Fische
P 5und
[234]XII. Abschnitt.
und die hieländischen Amphibien *)
nach Verhältniſs weit geringere Blut-
masse und weniger Blutgefäſse als die
warmblütigen. Dagegen ohne Vergleich
mehr aus dem Arteriensystem ensprin-
gende vasa decolora.
Nur bey den wenigsten sogenann-
ten weiſsblütigen Thieren findet sich
ein wahres Herz und damit zusammen-
hängendes Adersystem; hier in dieser
Classe
[235]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
Classe wohl bloſs bey einigen Geschlech-
tern der ungeflügelten Insecten, wie
die Krebse *) und Kiefenfüſse. Denn
die Meinung so vieler älterer Zooto-
men, die das lange theils zu beiden
Seiten gleichsam gefiederte Rücken-Ge-
fäſs bey den Raupen u. s. w. für ein
Herz angenommen, hat schon Lyonet
widerlegt. Und selbst bey den ge-
nannten Geschlechtern scheint doch kein
Uebergang der Arterienenden in die
Anfänge der Venen, folglich kein wah-
rer Kreislauf statt zu haben.
Bey zahlreichen Geschlechtern die-
ser Classe, zumal unter den Molluscis**)
und
[236]XII. Abschnitt.
und Testaceis*) ist ein Herz unver-
kennbar **), und theils von auffallend
sonderbarem Bau. So besteht es z. E.
bey den Tintenfischen aus einem Ven-
trikel
**)
[237]Vom Herzen und den Blutgefäſsen.
trikel und zwey Ohren, die aber von
einander abgesondert zu beiden Seiten
desselben nach den beiden Kiemen zu
liegen. — Auch manche Bivalven sol-
len nach Poli zwey Herzohren, und
einige gar ihrer viere haben. Aber
auch bey allen diesen Schalthieren hat
man noch keinen Zusammenhang zwi-
schen ihren Arterien *) und sogenann-
ten Venen bemerken können **); so
wie anderseits gar manche Geschlechter
aus andern Ordnungen dieser Classe
zwar mit einem zusammenhängenden
Gefäſssystem aber ohne Herz versehen
sind ***), und den eigentlichen Zoo-
phyten weder das eine noch das andere
zugeschrieben werden kann, als bey
wel-
[238]XII. Abschn. Vom Herzen u. d. Blutgefäſsen.
welchen die Ernährung wohl bloſs durch
unmittelbare Einsaugung des Nahrungs-
saftes aus ihrer Bauchhöhle in das gal-
lertartige parenchyma ihres Körpers vor
sich geht *).
Schon Valsalva nahm als Axiom
an, daſs da wo wahre Blutgefäſse sind
auch die eigentlich sogenannten absor-
birenden oder lymphatischen Gefäſse
nicht fehlen. Umgekehrt scheint es
auch daſs nur diejenigen Thierclassen
mit wahren lymphatischen Gefäſsen ver-
sehen sind, bey welchen sich zugleich
ein vollständiges Circulationssystem von
Blutgefäſsen findet. Das wäre also nur
bey den vier Classen von rothblütigen
Thieren. (— §. 156. —)
Bey gar vielen sogenannten weiſs-
blütigen ist zwar eine Art von Ein-
sau-
[240]XIII. Abschnitt.
saugung entweder ganz evident, wie
bey den Armpolypen, deren paren-
chyma, wenn sie farbige Insecten ver-
schluckt haben, nach einiger Zeit mit
gleicher Farbe tingirt erscheint; oder
doch nach der Analogie aus andern
Phänomenen zu vermuthen, wie bey
der Verwandlung der verpuppten Rau-
pen u. s. w. — Aber doch ist noch
kein wirkliches System von eigentlichen
absorbirenden Gefäſsen an denselben
erwiesen *).
Dieses System, das eben wegen des
constanten Verhältnisses, worin es zum
wahren Blutumlauf steht, am füglich-
sten
[241]Von den absorbirenden Gefäſsen.
sten auch hier gleich abgehandelt wird,
begreift bekanntlich die aus den dünnen
Därmen entspringenden Milchgefäſse,
und die eigentlich so genannten lym-
phatischen im übrigen Körper; dann
die glandulas conglobatas, die wenig-
stens bey den mehrsten damit versehe-
nen Thieren bloſs aus knaulförmiger
Verwickelung jener beiderley Unterar-
ten von Gefäſsen zu bestehen scheinen;
und endlich den ductus thoracicus als
den Hauptabführungscanal der durch
jene Gefäſse dem Blute zuzubringen-
den Säfte.
In dieser Classe sind alle die ge-
dachten Theile des absorbirenden Sy-
stems am vollständigsten und deutlich-
sten ausgewirkt *). Auch zeichnen sich
bey
Qzuerst
[242]XIII. Abschnitt.
bey ihnen die Milchgefäſse, wenn sie
Chylus enthalten, durch die weiſse
Farbe desselben von den übrigen ein-
saugenden Gefäſsen aus, die nur meist
wasserhelle oder blaſsgelbliche Lymphe
führen. Die erstern laufen, besonders bey
Schafen und Ziegen in ansehnliche
Stämme zusammen: und die letztern,
die eigentlich so genannten lymphati-
schen Gefäſse, sind unter andern, na-
mentlich an den Unterschenkeln des
Pferdes, in überaus saubern Geflechten
zu sehen.
Die Milchsaftröhre ist bey vielen
Quadrupeden, z. B. beym Hund, dop-
pelt *), und bildet bey den mehrsten
gröſsern Gattungen an ihrem Anfang
(constan-
*)
[243]Von den absorbirenden Gefäſsen.
(constanter als beym Menschen) eine
blasenförmige cisterna chyli*).
Und bey vielen, zumal unter den
feris, findet sich ein ansehnliches Ag-
gregat von Gekrösdrüsen, das unter
dem unpassenden Namen des pancreas
Asellii bekannt ist **).
In dieser Classe ist der Chylus meist
durchsichtig, mithin unterscheiden sich
auch die Milchgefäſse nur durch ihre
Lage und Function von den eigentli-
chen lymphatischen. Auch bilden sie
keine Gekrösdrüsen, da sich doch an
andern Stellen bey vielen gröſsern Vö-
geln glandulae conglobatae zeigen. Ihr
ductus thoracicus ist gedoppelt *).
Bey den Seeschildkröten finden sich
in ihrem zarten Gekröse ausnehmend
starke Milchgefäſse. Ihre Milchsaft-
röhre ist ebenfalls doppelt: und die
lymphatischen Drüsen scheinen ihnen
gänzlich zu fehlen **).
Bey diesen sind, so viel man bis
jetzt untersucht hat, die absorbirenden
Gefäſse ohne Valveln; auch scheinen
ihnen die lymphatischen Drüsen abzu-
gehen; und ihr ductus thoracicus theilt
sich, wenigstens nach vorn (oder oben),
in zwey Hauptäste *).
So unentbehrlich wenigstens den bey
weiten allermehrsten Thieren die le-
benswierige Unterhaltung des groſsen
chemischen Processes ist, wodurch ihnen
der Sauerstoff, dieses wahre pabulum
vitae, zugeführt und gegen Ueberfluſs
von Wasser- und Kohlenstoff umgesetzt
wird, so sehr verschieden sind die Or-
gane und der Mechanismus, wodurch
diese bewundernswerthe Function voll-
zogen wird *). Beym gebohrnen Säu-
gethier,
[247]Von den Respirationswerkzeugen.
gethier, so wie beym ausgekrochnen
Vogel und den ausgebildeten Amphi-
bien, ist das Hauptlaboratorium zu die-
sem Behuf in die Lungen verlegt, bey
den Fischen in die Kiefern, bey den
mehrsten Insecten in die Luftröhren, bey
den Würmern in analoge, aber selbst
wieder verschiedenartige, Werkzeuge.
Die Lungen der Quadrupeden in die-
ser Classe kommen im Ganzen, was
Gefüge, Form und Verbindung betrifft,
mit den menschlichen überein. Bey
den Cetaceen hingegen und den zu-
nächst an dieselben gränzenden palma-
tis, wie z. E. beym Manaten, zeichnen
sie sich durch festere Textur, zumal
der sie umgebenden Haut, so wie auch
der eignen Gestalt aus, da sie nicht in
so genannte lobos eingetheilt, sondern
ohne Einschnitte, und langgestreckt,
Q 4aber
[248]XIV. Abschnitt.
aber flach, und theils mit dem Brust-
fell, theils auch dadurch mit dem aus-
nehmend robusten fleischichten Zwerch-
fell verwachsen sind *).
Die Werkzeuge des Athmens in die-
ser Classe gehören wegen vieler Eigen-
thümlichkeiten, besonders aber wegen
ihres Zusammenhangs und Verbindung
mit mancherley durch einen groſsen
Theil des ganzen Körpers verbreiteten
Theilen, zu den merkwürdigsten Ein-
richtungen in der thierischen Oecono-
mie **).
Die Lungen selbst sind bey den Vö-
geln nach Verhältniſs klein, flach, hin-
ten am Thorax angewachsen, gleich-
sam in die Zwischenräume der Rippen
einge-
[249]Von den Respirationswerkzeugen.
eingefügt, und werden bloſs nach vorn
oder unten mit dem Brustfelle beklei-
det, so daſs sie folglich, genau zu reden,
auſserhalb der Brusthöhle liegen. Ein
groſser Theil dieser Höhle wird dage-
gen, so wie auch ein Theil der so ge-
nannten Bauchhöhle, von membranösen
Luftsäcken eingenommen *), in welche
sich die Lungen durch ansehnliche Mün-
dungen öffnen. Jene in der Brust sind,
wenigstens bey groſsen Vögeln, durch
häutige querliegende Scheidewände in
einige Abschnitte getheilt **), deren
jeder, so wie auch die im Bauche lie-
genden Säcke, durch eine besondere
Oeffnung in den Lungen mit den Luft-
wegen derselben, und folglich mit der
Luftröhre in Verbindung steht. Eben-
falls bey gröſsern Vögeln zeigen sich
in den Membranen dieser Luftsäcke hin
Q 5und
[250]XIV. Abschnitt.
und wieder ansehnliche Bündel und
Streifen von Muskelfasern, die man für
ein Surrogat des dieser Thierclasse man-
gelnden wahren Zwerchfells angesehen
hat *), und die, wie man bey Vivisec-
tionen solcher gröſserer Vögel sieht **),
hauptsächlich dazu dienen mögen, die
durchs Einathmen hinein gebrachten
Luftvorräthe nach Bedürniſs wieder in
die Lungen zurück zu treiben, wobey
auch die Füllung oder Ausleerung der
Brust-
[251]Von den Respirationswerkzeugen.
Brustsäcke mit denen im Unterleibe ab-
zuwechseln scheint *).
Auſser diesen Säcken ist aber auch,
wenigstens bey den allermehresten Vö-
geln (denn es findet darin bey den ver-
schiedenen Geschlechtern und Gattungen
gar vielartige Verschiedenheit, Ausnah-
men u. dergl. Statt) ein beträchtlicher
Theil ihres Gerippes zu Luftbehältern
bestimmt. Hauptsächlich gehören da-
hin die gröſseren Röhrenknochen, na-
mentlich die Schulter- und Schenkel-
knochen und die Schlüsselbeine. Dann
aber auch die mehrsten flachen und viel-
eckichten Knochen am Rumpfe, beson-
ders das Brustbein, die Hüftknochen,
und die Rückenwirbel. Alle diese sind
bey den erwachsenen Vögeln, wenig-
stens
[252]XIV. Abschnitt.
stens im Mittelstück, markleer *), so
daſs die Röhrenknochen eine groſse Höh-
lung enthalten, und meist nur gegen
die Enden zu wie mit knochichten Quer-
fäden durchkreuzt; die übrigen aber mit
einem Gewebe von leeren Knochenzel-
len gefüllt sind. Sie haben (zumal die
Röhrenknochen an dem nach der Brust
zugekehrten Ende) ansehnliche Oeffnun-
gen **), wodurch sie vermittelst beson-
derer Gefäſse mit den Lungen in einer
Verbindung stehen, die sich durch man-
cherley Versuche an lebendigen oder
todten Vögeln zeigen läſst ***).
Daſs diese Luftknochen den mehr-
sten Vögeln zur Erleichterung im Flug *),
so wie manchen Wasservögeln beym
Schwimmen, und dem Straus u. mehr.
beym schnellen Lauf u. s. w., dienen
mögen, wird schon daher wahrschein-
lich, weil man gerade bey vielen der
gröſsern hochfliegenden Vögel, Adler u.
dergl. die mehrsten und geräumigsten
Luftknochen findet; vollends aber, weil
diese Knochen beym ganz jungen erst
ausgekrochenen Vogel allerdings mit
blutreichem Marke versehen sind, das
sich erst gegen die Zeit wenn sie flück
werden, durch Absorption, bey man-
chen ganz, bey andern, zumal unter
den Wasservögeln, doch wenigstens
gröſstentheils verliert.
Daſs aber anderseits doch nicht alle
diese knöchernen Luftbehälter, so wie
die
***)
[254]XIV. Abschnitt.
die Luftsäcke, directen Bezug auf das
Respirationsgeschäft dieser Thiere haben
mögen, läſst sich schon daher schlieſsen,
weil auſser den gedachten, auch bey
vielen der Zwischenraum zwischen den
beiden Knochentafeln der Hirnschale
und der Unterkiefer Luft faſst, deren
Zuführungsgänge in keiner Verbindung
mit den Lungen, sondern bloſs mit den
Eustachischen Röhren stehen.
Durch den gleichen Weg wird auch
in derjenigen Ordnung der Vögel, die
deſshalb Levirostres genannt werden,
ihr theils ungeheurer Schnabel mit Luft
versehen, als welcher ihnen nicht, wie
andere Zergliederer gemeint *), zu Ge-
ruchwerkzeugen, sondern ebenfalls zum
Luftbehälter dient. (— tab. V. e. f. vom
Ramphastos tucanus. —)
Endlich gehören aber auch die Fe-
derspulen zu diesen Behältern *), die wie
die gedachten Luftknochen beym jungen
erst ausgekrochenen Vogel ebenfalls mit
einer Art von blutreichem Mark ge-
füllt, aber nach der Absorption des-
selben hohl werden, und sich mittelst
des Athmens mit Luft füllen oder da-
von ausleeren lassen, daher sich auch
das schnelle willkürliche Sträuben des
Gefieders bey Putern, Dohmpfaffen u.
s. w. erklären läſst.
Auſser dem schon erwähnten Nutzen
dieser mancherley Luftbehälter, mögen
sie überhaupt auch dazu dienen, daſs
die Vögel bey mancherley schnellen oder
anhaltenden Bewegungen, und die Sang-
vögel beym Schlagen **), seltner zu ath-
men
[256]XIV. Abschnitt.
men brauchen, so wie die Bauchsäcke
offenbar auch zur Ausleerung des Un-
raths, und bey den Weibchen vielleicht
selbst zum Legen des Eyes wirken.
Die Lungen der Amphibien *) zeich-
nen sich von der warmblütigen Thiere
ihren schon sowohl durch ihre auffal-
lende Gröſse als durch ihre ausneh-
mend lockere Textur aus **); was denn
vielen
[257]Von den Respirationswerkzeugen.
vielen derselben besonders zum Schwim-
men zu Statten kommt.
Beym Chamäleon sind sie mit zahl-
reichen, gleichsam gefingerten, Fortsätzen
oder Anhängen versehen *). Bey den
Wassermolchen endigen sie sich nach
hinten in eine längliche Blase.
Die Schlangen (wenigstens die aller
mehresten) haben nur eine einzige
Lunge,
**)
R
[258]XIV. Abschnitt.
Lunge, die einen langgestreckten, bla-
senförmigen Schlauch bildet *).
Bey den neugebornen Fröschchen
(Kaulquappen) und denjenigen Eidexen,
die im Wasser jung werden **), findet
sich
[259]Von den Respirationswerkzeugen.
sich in diesem ihren Larvenzustande ein
Paar den Fischkiemen gewisser Maſsen
ähnliche Organe (appendices fimbriatae
Swammerd. *)); die aber frey zu bei-
den Seiten des Halses heraus ragen, und
nicht permanent sind, sondern sich all-
gemach (bey unsern hieländischen Repti-
lien jener Art meist binnen wenigen
Tagen,) in die Brust zurück ziehen, und
R 2ihre
**)
[260]XIV. Abschnitt.
ihre Reste da noch für einige Zeit als
so genannte Afterlungen *) neben den
wahren Lungen zu sehen sind **). Und
Statt der Kiemenöffnung, wodurch die
Fische das durch den Mund einge-
schluckte Wasser wieder von sich geben,
haben manche Kaulquappen an der lin-
ken Seite des Kopfs neben dem Auge
zu diesem Behuf einen kleinen schlauch-
förmi-
[261]Von den Respirationswerkzeugen.
förmigen Ausführungsgang *), der von
der kleinen Röhre an der Unterlefze
mancher dieser Larven unterschieden
werden muſs, womit sich dieselben
zur sicherern Haltung anfangs an Was-
serpflanzen fest saugen **).
Statt der Lungen ist diese Thier-
classe mit Kiemen oder Kiefern (bran-
chiae) versehen, die zu beiden Seiten
am Hintertheile des Kopfs jede unter
ihrem beweglichem Kiemendeckel (oper-
culum branchiale) liegen (der nur den
chondropterygiis abgeht), und mit dem
Rachen in Verbindung stehen, wodurch
R 3ihnen
[262]XIV. Abschnitt.
ihnen ihr Sauerstoff aus der im Wasser
befindlichen Luft (so wie den durch
Lungen athmenden Thieren mittelst der
atmosphärischen) zugeführt wird *).
Sie geben das Wasser nachher durch
die Kiemenöffnungen (aperturae bran-
chiales) wiederum von sich; und zeich-
nen sich folglich auch schon dadurch
von den Thieren der vorigen drey Clas-
sen aus, daſs sie nicht so wie diese
durch den gleichen Weg exspiriren,
durch welchen sie vorher eingeathmet
hatten.
Wie die Kiemen zum Behuf dieses
so genannten phlogistischen Processes
ihr venöses Blut durch die Branchial-
arterie
[263]Von den Respirationswerkzeugen.
arterie erhalten, und es nach seiner
Umsetzung in arterielles, durch die Aorta
wieder fortschicken, ist schon oben
(— §. 164 —) berührt worden. Die Ver-
theilung dieser Gefäſse auf den Falten
und Feldern der Kiemenblätter selbst
aber gehört zu den allerzartesten
und zahllosesten im thierischen Kör-
perbau *).
Bey den mehrsten Fischen **) be-
steht jede der beiden Kiemen aus vier
Blättern, die an eben so vielen mit
dem Zungenbein verbundenen bogen-
förmigen Gräten oder Knorpeln sitzen.
Meist findet sich nur Eine Kiemenöff-
nung auf jeder Seite; bey manchen aber,
namentlich unter den Knorpelfischen,
ihrer mehrere.
Sehr viele Seefische, zumal aber die
im süſsen Wasser lebenden, sind mit
einer einfachen oder doppelten Schwimm-
blase*) versehen, die, wenigstens bey
den hieländischen, Stickgas enthält. Ob
sie auſser dem allgemein bekannten
Nutzen, nach welchem sie benannt ist,
noch zu andern Functionen diene, ist
noch unentschieden; inzwischen findet
sie doch aber immer eben so wohl als
oben die Luftbehälter der Vögel hier in
diesem Abschnitt füglich ihre Stelle.
Sie sitzt in der so genannten Bauch-
höhle, am Rückgrath fest, und steht
gewöhnlich mit dem Schlunde, bey ei-
nigen mit dem Magen, durch einen
besondern Canal (ductus pneumaticus)
in Verbindung, in welchem man bey
manchen, wie z. B. beym Karpen, Klap-
pen gefunden hat, die, wie es scheint,
wohl die Luft durch denselben aus der
Blase heraus, aber keine von auſsen
hinein lassen.
Daſs auch den weiſsblütigen Thie-
ren, im Ganzen genommen, eine Art
von Respirationsgeschäft unentbehrlich
sey, lieſs sich schon nach der Analo-
gie aus dem in den mehrsten Ordnun-
gen beider Classen derselben entdeckten
wunderbaren Apparat von Kiemen oder
Luftröhren schlieſsen; bey vielen der-
selben ist aber auch der Proceſs selbst,
R 5die
[266]XIV. Abschnitt.
die Umsetzung des Sauerstoffs gegen
Kohlenstoff u. s. w., durch directe Ver-
suche erwiesen *)
Uebrigens unterscheiden sich die
weiſsblütigen Thiere von den rothblü-
tigen schon dadurch, daſs, so viel be-
kannt, keines derselben durch den Mund
Luft schöpft.
Unter den Insecten **) sind manche
von denen die im Wasser leben, wie
namentlich die Fluſs- und Seekrebse,
da wo die Beine ansitzen, mit einer
Art
[267]Von den Respirationswerkzeugen.
Art von Kiemen *), unter den übri-
gen aber, zumal die Landinsecten, die
bekanntlich überhaupt ohne Vergleich
die bey weiten gröſste Zahl in dieser
Thierclasse ausmachen, mit bewunderns-
würdigen durch den gröſsten Theil
ihres Körpers verbreiteten Luftgefäſsen
versehen: und zwar sind letztere bey
denen die sich einer Verwandlung unter-
ziehen müssen, in ihrem Larvenzu-
stande (— während also ihr Nutritions-
geschäft im vollsten Gange ist, —) in
ungleich gröſserer Menge und Stärke
vorhanden, als nachdem sie ihre letzte,
so genannte vollkommene, Gestaltung
erlangt haben.
Bey den Raupen z. B. liegt zu bei-
den Seiten unter der Haut eine starke
Luft-
[268]XIV. Abschnitt.
Luftröhre (trachea), die nach auſsen
mit neun Luftlöchern (stigmata) mün-
det; nach dem Innern hin sich aber
durch eben so viele Stämmchen von
Luftgefäſsen (bronchiae) in zahllosen
Ramificationen verbreitet *).
Beides, ihre Tracheen und Bronchien,
sind von silberweiſser Farbe, und die
Hauptmembran derselben besteht aus
spiralförmig gewundenen Fäden (fast
wie der Ueberzug der gesponnenen Sai-
ten). Ihre aller zartesten und zahlreich-
sten Enden vertheilen sich in den Speise-
canal, vorzüglichst aber in das oben
(— §. 126 —) erwähnte groſse corpus
adiposum.
Uebrigens zeigt sich so wohl in der
Anzahl als in der Lage der zum Ath-
men der Insecten bestimmten äuſsern
Mündun-
*)
[270]XIV. Abschnitt.
Mündungen vielartige Verschiedenheit *).
Bey den mehresten liegen dieselben zu
beiden Seiten des Leibes. Viele von
denen im Wasser lebenden Larven oder
auch ausgebildeten Insecten hingegen
schöpfen atmosphärische Luft mittelst des
Endes vom Hinterleibe. Besonders merk-
würdig ist die Veränderung, die mit man-
chen Thieren dieser Classe in dieser Rück-
sicht während ihrer Verwandlung vor
sich geht; da z. B. die gemeinen Mücken
(Culex pipiens etc.) als Larven durch eine
Röhre am Hinterleibe, als Nymphen
hingegen durch zwey andere am Kopfe
Luft schöpfen **).
In dieser so vielartige Geschöpfe
umfassenden Thierclasse sind auch die
Organe
[271]Von den Respirationswerkzeugen.
Organe des Athmens von sehr verschie-
denem Bau *), und einigen Ordnungen,
namentlich bey den Bewohnern der Co-
rallen und den eigentlich so genannten
Zoophyten, vielleicht auch den Intesti-
nalwürmern, scheinen sie gänzlich zu
mangeln, so daſs, wenn auch bey ihnen
eine analoge functio vitalis Statt hat, sie
doch auf andern vor der Hand noch
unentdeckten Wegen vor sich gehen muſs.
Bey denen aber die mit eigentlichen
Respirationswerkzeugen versehen sind,
zeigt sich so wie unter den Insecten,
wiederum die gleiche Verschiedenheit,
daſs das nämlich bey Manchen, wie
z. B.
[272]XIV. Abschnitt.
z. B. bey den Tintenfiſchen *), Au-
stern **) u. s. w., eine Art von Kiemen
— selbst wieder von mancherley Bau —;
bey den mehresten hingegen Tracheen
sind, wie z. B. bey so vielen andern
Schaalthieren ***) und Molluscis****) und
Intestinis*****). Doch sind viele aus der
ersten dieser Ordnung mit beiderley Re-
spirationswerkzeugen zugleich versehen.
Bey manchen Bewohnern der Bivalven,
z. B.
[273]Von den Respirationswerkzeugen.
z. B. der Venusmuscheln *), liegen die
Luftgefäſse zwischen den Häuten eines
einfachen oder doppelten röhrenförmi-
gen Schlauchs, der am Vordertheile des
Thiers befindlich ist, willkürlich aus-
gestreckt oder eingezogen werden kann,
und an sich noch zu andern Zwecken,
z. B. zum Eyerlegen, dient, am Rande
seiner Mündung aber mit den Oeffnun-
gen der Tracheen als mit Stigmaten
besetzt ist.
Schon Aristoteles hat richtig ein-
gesehen, daſs nur denjenigen Thieren
wahre Stimme zugeschrieben werden
könne, die mit wirklichen Lungen ath-
men, folglich bloſs denen in den ersten
drey Classen des Thierreichs. Aber
auch selbst unter diesen sind manche
Geschlechter und Gattungen entweder
überhaupt stumm, wie z. B., so viel
bekannt, die Ameisenbären *), die
Schuppen-
[275]Von den Stimmwerkzeugen.
Schuppenthiere, die Cetaceen *), Schild-
kröten, mancherley Eidexen und Schlan-
gen; oder geben doch in gewissen Erd-
strichen keine Stimme von sich, wie
z. B. die Hunde in manchen Ländern
von America, oder die Wachteln **)
und Frösche ***) in vielen Gegenden von
Sibirien.
Die aller mehresten Thiere dieser
Classe *) haben das mit einander ge-
mein, daſs ihre Stimmritze vorn mit
dem Kehldeckel (und dieser, wenig-
stens bey ſehr vielen, mit einem be-
sondern vom Zungenbeine entspringen-
den, im Menschen nicht befindlichen,
Muskel) versehen ist; und die Seiten-
ränder jener Ritze durch die doppelten
Stimmbänder (ligamenta thyreo-arytae-
noidea) gebildet werden, zwischen wel-
chen auf jeder Seite die Stimmhöhlen
(ventriculi laryngis) liegen. Der Kehl-
deckel
[277]Von den Stimmwerkzeugen.
deckel fehlt inzwischen den mehresten
Fledermäusen; und bey einigen mause-
ähnlichen Thieren, wie z. B. beym Sie-
benschläfer, ist er kaum merklich. So
wie anderseits die obern Stimmbän-
der, mithin auch die Stimmhöhlen,
manchen bisulcis, z. B. dem Ochsen und
Schaafe, abgehen.
Bey manchen Gattungen von Säuge-
thieren wird die ihnen eigenthümliche
sich besonders auszeichnende Stimme,
oder doch gewisse Töne noch durch
andere Organe gebildet, wohin vorzüg-
lich bey einigen sonderbare gespannte
Membranen, bey andern aber eigene
Blasen und Säcke gehören, die mit dem
Innern des Kehlkopfs in Verbindung
stehen, und theils als Fortsetzungen
der Stimmhöhlen anzusehen sind.
Beym Pferde z. B. wird der Anfang
des Wieherns durch eine besondere zart-
sehnige, fast sichelförmige Membran
S 3bewirkt,
[278]XV. Abschnitt.
bewirkt, die in der Mitte am Schild-
knorpel sitzt, und mit ihren Enden
nach den äuſseren Rändern der Stimm-
ritze läuft *).
Das eigene Geschrey des Esels hin-
gegen wird dadurch hervor gebracht,
daſs sich unter einer ähnlichen Mem-
bran eine besondere kesselförmige Ver-
tiefung im Schildknorpel befindet, und
auſserdem noch zu beiden Seiten ein
paar Oeffnungen liegen, die zu beson-
deren Höhlen führen **).
Und nun das Maulthier —, das
wiehert nicht wie die Pferdestute, von
welcher es geworfen ist, sondern schreyt
wie der Eselhengst, von dem es er-
zeugt worden, und hat auch ganz den
Kehlkopf desselben, und nichts von
jenen eigenen Stimmorganen seiner
Mutter. Eine Erscheinung, die wie
so
[279]Von den Stimmwerkzeugen.
so viele andere sich wohl schwerlich
mit der vermeinten Präexistenz der prä-
formirten Keime im mütterlichen Eyer-
stocke reimen läſst *).
Bey der Katze liegen unter den
Stimmbändern ein Paar zarte Membra-
nen, die vermuthlich das diesen Thie-
ren eigene Schnurren oder Spinnen ver-
ursachen **).
Das Schwein hat zwey beträchtliche
membranöse Säcke vorn oberhalb der
Stimmbänder *).
Mancherley Affen **) und Pavia-
ne ***) haben, so wie auch das Ren-
thier
[281]Von den Stimmwerkzeugen.
thier *), vorn am Halse ansehnliche ein-
fache oder doppelte Kehlbeutel von ver-
schiedener Form und Abtheilung, die
mit einer oder zwey Oeffnungen im
Kehlkopf zwischen dem Zungenbein und
Schildknorpel münden.
Und bey manchen Meerkatzen (z. B.
beym Cercopithecus seniculus und beel-
zebub) bildet der mittlere oder Vorder-
theil des Zungenbeins eine sonderbare
knöcherne Capsel von fast kugelichter
Form **), mittelst deren diese Thiere
ihr durchdringendes weit schallendes
Geschrey hervorbringen.
Die bis auf sehr wenige Ausnahmen
allgemeinste Haupteigenheit der Stimm-
S 5organe
[282]XV. Abschnitt.
organe in dieser Classe reducirt sich dar-
auf, daſs die Vögel, wie man insge-
mein sagt, einen doppelten — oder wie
man richtiger sagen sollte, einen an
beide Enden der Luftröhre vertheilten
Kehlkopf und zweyerley Stimmritze
haben.
Am oberen Ende der Luftröhre liegt
nämlich bloſs die obere oder eigentliche
Stimmritze, und zwar ohne Kehldeckel *),
deren scheinbarer Mangel bey sehr vie-
len durch die conischen Fleischfasern zu
beiden Seiten der Ritze ersetzt wird.
Der Hauptapparat zur Bildung der
Vogelstimme findet sich hingegen im
untern
[283]Von den Stimmwerkzeugen.
untern oder Bronchial-Larynx *), der
inwendig eine zweyte Stimmritze ent-
hält, die durch gespannte Membranen
gebildet wird, und bey vielen, zumal
unter den Wasservögeln, mit einem so
genannten Schnarrwerk in den Orgel-
pfeifen verglichen werden kann: von
auſsen aber bey den verschiedenen Ord-
nungen und Geschlechtern mit mehre-
ren oder wenigern Muskelpaaren so wie
mit einer Art von Schilddrüse versehen
ist. Uebrigens zeigt sich, und zwar
ebenfalls besonders bey den Wasservö-
geln, theils schon in der verhältniſs-
mäſsigen
[284]XV. Abschnitt.
mäſsigen Länge und Lauf der Luftröhre,
hauptsächlich aber im Baue des untern
Kehlkopfes, bey vielen Gattungen, und
bey manchen derselben wieder nach der
Sexualverschiedenheit, vielartige Abän-
derung *). So hat z. B. der so genannte
zahme oder stumme Schwan (Anas olor)
eine gerade auslaufende Luftröhre, die
hingegen beym männlichen wilden oder
singen-
[285]Von den Stimmwerkzeugen.
singenden (cygnus) in die oben gedachte
Capsel des Brustbeins tritt (— §. 55. —).
Beym Löffelreiher (Platalea leucorodia),
so wie auch beym Katraka (Phasianus
motmot) u. a. finden sich ähnliche Win-
dungen der Luftröhre, doch ohne jene
Brustbeincapsel. Bey vielen Schwimm-
vögeln aber haben bloſs die Männchen
am untern oder Bronchial-Larynx eine
knöcherne Blase von mancherley Ge-
stalt *), die ebenfalls zur Verstärkung
ihrer Stimme dient **). So die gemeine
Aente
[286]XV. Abschnitt.
Aente, die Europäische Haubenänte
(Anas fuligula), die Brandänte (tadorna),
die weiſse Tauchänte (Mergus albellus),
die Tauchergans (Merganser) u. a. m.
In dieser letzten Classe von anima-
libus vocalibus ist der Bau der Stimm-
werkzeuge im Ganzen ziemlich ein-
fach, doch wieder bey den mancherley
Geschlechtern, Gattungen, und selbst
theils nach der Sexualverschiedenheit,
von vielartiger Einrichtung.
Bey manchen Schildkröten *) und
Crocodilarten macht die lange Luft-
röhre
[287]Von den Stimmwerkzeugen.
röhre verschiedene Windungen. Bey
den Fröschen ist sie sehr kurz; doch
bey den Männchen etwas länger als
bey den Weibchen; auch ihre Stimm-
ritze weiter. Uebrigens ist diese auch
wohl bey allen Thieren dieser Classe mit
Stimmbändern versehen *).
Bey manchen Fröschen zeichnen
sich die Männchen noch durch beson-
dere Luftsäcke aus, wohin die groſse
Kehlblase des Laubfrosches und die
Backenblasen gehören, die der grüne
Wasserfrosch (Rana esculenta) zur Paa-
rungszeit
[288]XV. Abschn. Von den Stimmwerkzeugen.
rungszeit an beiden Seiten der Mund-
winkel durch ein Paar Oeffnungen auf-
bläht, die am Unterkiefer nahe an der
Stimmritze liegen *).
In keiner andern Classe von Fun-
ctionen der thierischen Oekonomie ist
eine so reine einleuchtende Stufenfolge
vom einfachsten Bau zum zusammen-
gesetzten bemerklich, als in der, zu
welcher wir jetzt übergehen, die den
Hauptcharakter der Animalität bestimmt,
und selbst davon ihren Namen erhal-
ten hat *).
Bey manchen der einfachsten Thiere,
aus der Classe der Würmer, zumal bey
den so genannten Zoophyten, ist über-
haupt wenig oder keine Verschieden-
heit von partibus similaribus*) ihres
Körpers, und namentlich nichts zu er-
kennen, was als ein besonderes Ner-
vensystem oder dazu gehörige Theile
angesprochen werden könnte: sondern
die Nervenmaterie, die sich übrigens
durch Empfindungs- und Bewegungs-
vermögen bey ihnen so gut als in irgend
einer andern Ordnung oder Classe des
Thierreichs äuſsert, ist in ihre ganze
meist homogene Masse wie verschmol-
zen: so daſs z. B. bey den fast durch-
scheinen-
[293]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
scheinenden Armpolypen, die sich in
unsern Gewässern doch oft mit Zoll
langen Körper und Spannen langen
Fangarmen finden, selbst bey bester
Beleuchtung und starker Vergröſserung,
doch nichts als ein körniges, (gleich-
sam gekochten Sago ähnelndes) Gefüge
zeigt, das durch eine gallertartige Grund-
masse in die bestimmte Form verbun-
den wird.
Schon bey vielen andern Würmern
sind, so wie bey den Insecten, beson-
dere Nerven zu unterscheiden, die gröſs-
tentheils aus dem so genannten Rücken-
mark entspringen, an dessen Kopfende
das eigentliche Gehirn nur einen sehr
kleinen unansehnlichen Theil macht:
der hingegen in den beiden Classen von
Thieren mit rothem kalten Blute, noch
viel mehr aber bey den warmblütigen,
von weit zusammengesetzteren Bau und
relativ beträchtlicherer Gröſse ist, worin
T 3endlich
[294]XVI. Abschnitt.
endlich der Mensch in so fern alle übri-
gen übertrifft, daſs er, nach Hrn. Söm-
merring's scharfsinniger Bemerkung *),
das bey weiten allergröſste Gehirn in
Verhältniſs zu der Feinheit seiner dar-
aus entspringenden Nerven hat **).
Schon die beiden groſsen Scheide-
wände welche die harte Hirnhaut als
so genanntes Zelt (tentorium) zwischen
dem groſsen und kleinen Gehirn, und
als Sichel (falx) zwischen den beiden
Hälften des erstern bildet, zeigen bey
einigen Thieren dieser Classe die merk-
würdige Eigenheit, daſs sich ein star-
kes Knochenblatt als Fortsatz der be-
nachbarten Hirnschalenknochen zwi-
schen ihre Duplicatur erstreckt.
Von einer knöchernen Grundlage der
Sichel ist mir zwar unter den Quadru-
peden dieser Classe nur Ein Beyspiel
ohne seines gleichen bekannt, das ich
T 4bey
**)
[296]XVI. Abschnitt.
bey dem an Anomalien der Art so rei-
chen Ornithorhynchus gefunden (— tab.
I. c. —); unter den Cetaceen aber findet
sich etwas Aehnliches, wenigstens bey
den Delphinen *). Uebrigens tritt auch
die Sichel selbst, bey manchen Gattun-
gen mehr, bey andern weniger tief
zwischen die Hirnhälften **).
Weit häufiger findet sich hingegen
bey manchen Säugethieren ein tentorium
cerebelli
[297]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
cerebelli osseum, das aber bey den ver-
schiedenen Gattungen von ungleicher
Gröſse und Umfang ist. Es wird durch
besondere Knochenblätter gebildet, die
sich hauptsächlich von der so genann-
ten tabula vitrea der Scheitelbeine, und
zum Theil auch von den beiderseiti-
gen Felsenbeinen in das tentorium der
harten Hirnhaut erstrecken, und im
Ganzen eine doppelte Verschiedenheit
zeigen.
Bey manchen nämlich, stellt es
gleichsam eine knöcherne Wand vor,
die nur nach unten einen meist vier-
eckten Durchgang läſst. So bey den
mehresten Gattungen des Katzen- und
Bärengeschlechts, beym Marder u. a. m.,
sogar bey einer Meerkatze, dem Coaita
(Cercopithecus paniscus) *).
Bey andern hingegen besteht es aus
drey von einander abstehenden Stücken,
deren eins von oben und hinten, wie
ein Dach, in die Hirnschalenhöhle hin-
ein ragt; die andern beiden aber seit-
wärts von den Felsenbeinen entsprin-
gen. So bey manchen phocis*), im
Hunde- und Pferdegeschlecht u. s. w.
Endlich zeigt sich aber auch bey
noch andern, z. B. beym Schwein, Ca-
ninchen, manchen Mäusen u. dergl.
doch ein Rudiment zu den letztgedach-
ten Seitentheilen, wenigstens ein schar-
fer Rand an den Felsenbeinen **).
Zu denen Eigenheiten aber, wodurch
sich bey den Säugethieren das Gehirn
selbst *) von dem menschlichen aus-
zeichnet,
**)
[300]XVI. Abschnitt.
zeichnet, gehört überhaupt, auſser der
schon erwähnten gröſsern Stärke der
daraus entspringenden Nerven, auch
das nach Verhältniſs zum groſsen Ge-
hirn beträchtlichere Volumen des klei-
nen, so wie die ansehnlichere Dicke
des Rückenmarks *).
Ferner ist das merkwürdige und räth-
selhafte Sandhäufchen, das sich beym
Menschen
*)
[301]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
Menschen nach den ersten Jugendjahren
bis auf höchst seltene Ausnahmen, immer
an seiner Zirbeldrüse findet *), bis jetzt
nur erst bey wenigen andern Säuge-
thieren, und zwar namentlich bey man-
chen bisulcis, beobachtet worden **).
Bey den eigentlichen Quadrupeden
(also die Quadrumanen ausgenommen)
verlaufen sich die vordern lobi des
groſsen Gehirns nach unten in die so
genannten processus mamillares***), aus
welchen
[302]XV. Abschnitt.
welchen hernach die Geruchnerven des
ersten Paars entspringen. Sie sind, zu-
mal bey den Grasfres[s]enden, von an-
sehnlichster Gröſse *), überhaupt aber
um so merkwürdiger, da sie, besonders
wegen der Verlängerung der vordern
Ventrikel, die sich hinein erstrecken,
weiland zu groſsen physiologischen Irr-
thümern Anlaſs gegeben haben **).
Uebrigens findet zwischen dem Hirn
der grasfressenden Quadrupeden und
der Carnivoren auch fast durchgehends
noch
[303]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
noch die eigene Verschiedenheit Statt,
daſs bey ersteren die vordern von den
corporibus quadrigeminis oder die so ge-
nannten testes gröſser sind, als die hin-
tern, bey letzteren hingegen das Wi-
derspiel Statt hat. So wie auch bey
jenen die eminentia candicans groſs und
einfach, bey den Fleischfressenden hin-
gegen klein und doppelt ist *).
Allerdings bildet auch bey manchen
Vögeln die harte Hirnhaut einen sichel-
förmigen Fortsatz, der folglich mit Un-
recht der ganzen Classe abgesprochen
worden **). Ja, beym Auerhahn habe
ich sogar eine knöcherne Grundlage
dazu,
[304]XVI. Abschnitt.
dazu, fast so wie in der Hirnschale des
Schnabelthiers (§. 204), gefunden *).
Das Hirn selbst ähnelt, im Ganzen
genommen, dem in der vorigen Thier-
classe (selbst darin, daſs es sich bey
manchen Vögeln nach vorn in eine Art
von processibus mamillaribus verläuft),
so wie es sich hingegen von dem in
den folgenden auffallend auszeichnet.
Doch unterscheidet es sich von der Säu-
gethiere ihrem auſser seiner glatten
Oberfläche (ohne wulstige Windungen)
besonders dadurch, daſs die thalami der
Sehenerven nicht innerhalb des eigent-
lichen oder groſsen Gehirns eingeschlos-
sen,
[305]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
sen, sondern hinter demselben frey lie-
gen, meist von kuglichter Form und
inwendig hohl sind; ein Bau, den im Ge-
gentheil die Vögel mit den beiden Clas-
sen der Thiere mit rothem kalten Blut
gemein haben. — Auch sind diejeni-
gen Körper, die bey den Säugethieren
mit Recht striata heiſsen, bey den Vö-
geln nur einfarbig.
Hingegen fehlen den Vögeln manche
Theile des Gehirns, die sich bey den
Säugethieren finden, entweder gänzlich,
oder die Meinungen darüber sind we-
gen abweichender Eigenheiten im Bau
u. s. w. wenigstens getheilt. Ersteres ist
allem Anschein nach der Fall mit dem
corpus callosum, der Brücke u. a. m.;
letzteres mit dem fornix, der Zirbel-
drüse, den eminentiis mamillaribus, cor-
poribus quadrigeminis etc. *).
Ueber das Hirn der Amphibien ist
vergleichungsweise noch wenig gearbei-
tet.
*)
[307]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
tet. Im Ganzen scheint es sehr klein
und einfach; besteht nur aus fünf rund-
lichen Partien, nämlich den beiden
Hemisphären, den dahinter frey und
abgesondert liegenden durch Ventrikel
ausgehöhlten beiden thalamis, und
dem kleinen Gehirn, das in beiden
Classen von Thieren mit rothem kalten
Blut in seinem Innern keinen so genann-
U 2ten
*)
[308]XVI. Abschnitt.
ten arbor vitae zeigt. Hingegen ist das
Rückenmark verglichen mit der Klein-
heit des Gehirns, bey den mehresten
Amphibien von ausnehmender Stärke *).
In dieser Classe füllt das Gehirn bey
weiten nicht die Hirnschale aus: son-
dern zwischen der dura mater (die bey
den mehresten groſsen Fischen von einer
fast knorpelartigen Festigkeit ist,) und
der pia findet sich eine Menge einer fet-
tig-salzigen Feuchtigkeit in einem
lockern Schleimgewebe, das einer schau-
migen Sulze ähnelt und die Stelle der
arachnoidea zu vertreten scheint **).
Uebrigens ist der Bau des Hirns bey
den verschiedenen Geschlechtern und
Gattungen (ja selbst nicht gar selten
bey den Individuis der nämlichen Spe-
cies) von Fischen von vielartiger Ver-
schiedenheit, besteht aus mancherley
meist paarweise gereihten tuberculis oder
lobulis, unter welchen doch durchge-
hends die fünfe, deren bey den Amphi-
bien gedacht worden, als die constan-
testen sich auszeichnen *).
Eine eigne Merkwürdigkeit die zu
vielen physiologischen Untersuchungen
und Folgerungen Anlaſs gegeben, ist,
daſs wenigstens bey den mehrsten Fi-
schen die Sehenerven sich (ungefähr
wie
*)
[311]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
wie ein Paar übereinander geschlagene
Finger) kreuzen *).
Eben diese Nerven haben bey man-
chen Fischen den sonderbaren Bau einer
der Länge nach aufs sauberste zusam-
mengefalteten Markhaut **).
Und die Geruchsnerven bilden bey
manchen, z. E. beym Stock-Kabeljau
(Gadus merluccius) und Karpen *) ehe
sie sich in die unten zu erwähnende ge-
faltete Nasenhaut verbreiten eine Art
von Nervenknoten, dergleichen sich
sonst, so viel bekannt, am übrigen Ner-
vensystem der Fische nicht finden.
Endlich verdienen hier auch noch
diejenigen Nerven besondere Erwähnung,
die sich bey den elektrischen Fischen
in ihre bewundernswerthen aponeuro-
tischen Zellen vertheilen, welche mit
Eyweiſs ähnlichen Stoffe und Gallerte
gefüllt sind und ihnen gleichsam statt
einer Leidner Flasche oder elektrischen
Batterie
**)
[313]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
Batterie dienen. Beym Zitterrochen (Raia
torpedo) liegen bekanntlich diese son-
derbaren Organe nach den Seitenflossen
des Thiers *) und erhalten ihre Nerven
vom 5ten Paare. Beym Zitteraal (Gymno-
tus electricus) finden sie sich gegen Ende
des Hinterleibes **) und ihre Nerven
kommen von den vertebralibus. Und
beym Zitterwels (Silurus electricus) sind
sie, wie man spricht, zwischen Fell und
Fleisch über den ganzen Leib des Thiers
verbreitet und ihre Nerven entspringen
vom 8ten Paare ***).
Der allgemeinen Einrichtung des
Nervensystems in dieser Classe ist oben
(§. 204.) gedacht.
Bey den Raupen, als bey welchen
es bis jetzt am genauesten untersucht
worden *), liegt das Gehirn gleichsam
wie ein bohnenförmiger doppelter Ner-
venknoten in der nach Verhältniſs zu
demselben mächtig groſsen hörnernen
Hirn-
[315]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
Hirnschaale. Von da läuft der nervige
Strang der bey den rothblütigen Thieren
das Rückenmark macht, hier längs des
Bauches und bildet unterwegs ein
Dutzend einfache ganglia, aus welchen
zunächst, so wie aus dem doppelten Hirn-
knoten, die Nerven-Paare entspringen *).
Die Bewohner der Corallen und die
eigentlich sogenannten Zoophyten aus-
genommen, ist nun bey vielen Geschlech-
tern aus den übrigen Ordnungen dieser
Classe ein distinctes Nervensystem, so
gut wie bey den Insecten, erwiesen *).
Selbst
*)
[317]Vom Gehirne u. d. Nervensystem überhaupt.
Selbst bey vielen von denen, welchen es
sonst von andern Naturforschern aus-
drücklich abgesprochen worden war *).
In manchen zeigt selbst der Bau und
die Vertheilung dieses Systems auffal-
lende Aehnlichkeit mit der Insecten ih-
rem. So z. E. des Goldwurm (Aphrodite
aculeata) seines, verglichen mit der
Raupen ihrem **). Bey anderen ist es
hingegen desto anomalischer, wie z. E.
beym
*)
[318]XVI. Abschnitt. Vom Gehirne u. s. w.
beym Tintenfisch, aus dessen Gehirn
zwey dicke Stränge entspringen, die sich
in der Brust in zwey käulenförmige
ganglia enden, von welchen sich zahl-
reiche Nerven verbreiten *).
Ueber wenige andere Gegenstände der
vergleichenden Anatomie und Phyſiolo-
gie sind die Meinungen so verschieden
und getheilt gewesen, als über die Sinn-
werkzeuge mancher Thierclassen *).
Vieles Miſsverständniſs hierin ist offen-
bar dadurch veranlaſst worden, daſs man
zu voreilig und unbedingt von den
menschlichen Sinnwerkzeugen auf der
Thiere
[320]XVII. Abschnitt.
Thiere ihre geschlossen; folglich z. B.
gemeint hat, Thiere, die eine Zunge
haben, müſsten deshalb auch damit
schmecken können; hingegen Thieren
an denen keine Nase zu unterscheiden
ist, fehle der Sinn des Geruchs, und
dergl. m. Beobachtung und Nachsinnen
lehrt bald, daſs um nur bey den eben-
gedachten Beyspielen zu bleiben, sehr
vielen Thieren, z. B. unter den Säuge-
thieren den Ameisenbären, und dann
den allermehrsten Vögeln, die Zunge wo-
mit sie versehen sind, nach der Substanz
oder auch nach dem Mechanismus der-
selben zu urtheilen, unmöglich als Or-
gan des Geschmacks sondern bloſs zur
Ingestion ihres Futters dienen kann;
und daſs andere, besonders unter den
Insecten, sehr scharfen Geruch verra-
then, ob sich gleich kein Theil an ih-
rem Kopfe angeben läſst, den man der
Analogie nach für eine Nase ansprechen
dürfte.
So allgemein wohl den Thieren das
Gefühl überhaupt zukommt, wodurch
sie besonders für die Eindrücke von
Wärme und Kälte empfänglich werden,
so sind hingegen nur sehr wenige, so
wie der Mensch, mit Organen versehen,
die ausschlieſslich zum Tasten bestimmt
sind; um nämlich damit absichtlich
äuſsere Gegenstände zu befühlen, zu
exploriren, gleichsam zu sondiren.
Ueberhaupt scheint sich dieser Sinn,
so viel wenigstens bis jetzt bekannt, nur
in drey Thierclassen zu finden: nämlich
bey mehreren Säugethieren, bey weni-
gen Vögeln, und dann wahrscheinlich
bey den Insecten.
Am vollkommensten, dem mensch-
lichen Bau am ähnlichsten, ist bekannt-
lich das Organ des Betastungssinnes bey
Xden
[322]XVII. Abschnitt.
den Quadrumanen ausgebildet; als bey
welchen die Fingerspitzen, zumahl an
den Hinterhänden, mit einer eben so
weichen, und eben so sonderbar und
regelmäſsig zartbefurchten Haut beklei-
det sind als beym Menschen.
Auch unter den Digitatis mögen
mehrere mit diesem Sinn versehen seyn.
Namentlich glaube ich ihn an der Un-
terseite der Vorderzehen des Waschbär
(Vrsus lotor), und dem feinen Gebrauch
den er davon macht, zu bemerken.
Minder ausgemacht dünkt mich, ob
man den Rüssel des Maulwurfs *) und
der Schweine **), geschweige die Zunge
bey den solidungulis und bisulcis***),
oder die Schnauze bey diesen und ande-
ren Thieren ****), für wahre Organe des
Beta-
[323]Von den Sinnwerkzeugen überhaupt u. s. w.
Betastungssinnes in der obgedachten Be-
deutung ansehen darf *). Eher möchte
man ihn noch dem Rüssel des Elephan-
ten zuschreiben können.
Desto unverkennbarer zeigt sich der-
selbe hingegen nach meinen Untersu-
chungen an dem so wunderbaren Schna-
belthier (Ornithorhynchus paradoxus),
und zwar ist bey ihm so wie bey den
Aenten u. s. w., das Organ dazu, die
ausnehmend nervenreiche Haut womit
X 2seine
[324]XVII. Abschnitt.
seine schnabelförmigen Kiefer, zumahl
der obere, bekleidet sind, und in wel-
che sich die ansehnlichen Nerven vom
fünften Paare, und zwar hauptsächlich
vom zweyten Aste desselben, im gan-
zen völlig wie bey den genannten
Schwimmvögeln, verbreiten. (— tab. I.
k. l. m. p. —)
Das so eben gedachte Organ des Be-
tastungs-Sinnes beym Schnabelthier
stimmt seinem Bau nach zum Bewun-
dern mit dem bey den Gänsen und Aen-
ten überein, als bey welchen der Schna-
bel mit einer ähnlichen äuſserst empfind-
lichen Haut überzogen, und diese mit
einer Menge Nerven von allen drey Aes-
ten des fünften Paars durchzogen ist.
(— tab. IV. c und f bis o —) Offen-
bar dient ihnen dieser Apparat um da-
mit im Schlamme, wo ihnen weder Se-
hen
[325]Von den Sinnwerkzeugen überhaupt u. s. w.
hen noch Riechen zu Statten kommt,
nach ihrem Futter umher zu tasten.
Es ist wohl mehr witzig als wahr,
wenn man von den Schlangen gesagt
hat *), ihr ganzer Körper sey gleichsam
eine Hand, wodurch sie sehr richtige
Gefühlsbegriffe erhalten könnten. Viel-
mehr scheint jener der Hand zukommende
Sinn des Tastens, von welchem hier die
Rede ist, der ganzen Classe der Amphi-
bien abzugehen.
Und eben dieſs ist wohl der Fall
bey den Fischen, wovon übrigens die
mehresten, zumahl am Bauche und an
X 3den
[326]XVII. Abschnitt.
den Lippen ein äuſserst feines Gefühl
haben *).
Mehr als bloſs wahrscheinlich ist es
hingegen nach allen Untersuchungen
und Beobachtungen, die über den Bau
der Antennen, dieser den vollkommnern
Insecten wohl allgemein zukommenden
eigenen Organe, und den unverkennba-
ren Gebrauch angestellt worden, den
so viele Geschlechter davon machen,
daſs dieselben wirklich das sind, was
ihr deutscher Name andeuten soll,
Fühlhörner, oder noch eigentlicher Be-
tastungswerkzeuge, um damit zu sondi-
ren und zu exploriren **), was ihnen
bey
[327]Von den Sinnwerkzeugen überhaupt u. s. w.
bey der Unempfindlichkeit ihrer äuſsern
meist hornartigen Bekleidung und den
mehrsten auch bey der Unbeweglichkeit
ihrer Augen um desto nöthiger ist.
Minder entschieden scheint es hinge-
gen vor der Hand noch, ob auch die so-
genannten Fühlfaden (tentacula) bey so
vielen Würmern, und namentlich die
Arme der Sepien *), für Organe des
Tastens, in dem engern Sinne wovon
hier die Rede ist, angesehen werden
dürfen **).
Daſs bey uns und manchen andern
Thieren die Zunge das Organ des Ge-
schmacks ist, berechtigt uns freylich
nicht, allen Thieren, die eine Zunge ha-
ben, deshalb denselben zuzuschreiben.
Denn manchen dient dieses Organ, wie
schon gedacht, offenbar bloſs zur Inge-
stion *), und bey vielen andern ist es
X 5wenig-
[330]XVIII. Abschnitt.
wenigstens noch sehr zweifelhaft, ob sie
wirklich damit schmecken. Aber eben
so wenig sind wir befugt, weder die-
sen noch den ganz zungenlosen Thie-
ren den Geschmackssinn abzusprechen,
der bey ihnen einen andern Sitz haben
kann *). Ueberhaupt aber ist dieſs wohl
unter
*)
[331]Von der Zunge.
unter den fünf Sinnen derjenige, über
welchen sich vor der Hand noch in der
vergleichenden Physiologie am wenig-
sten mit Gewiſsheit entscheiden läſst.
Eine völlig menschenähnliche Zunge
hat sich meines Wissens noch bey kei-
nem andern Säugethiere gefunden. Selbst
der Affen ihre unterscheidet sich davon
durch ihre schmalere langgestreckte Form
und
*)
[332]XVIII. Abschnitt.
und durch die gröſsere Differenz der
mehr verschiedenartigen Papillen, womit
ihre obere Seite gleichsam besäet ist *).
Bey den mehrsten Herbivoren, zu-
mahl aber bey den bisulcis, ist sie mit
einem festen und dichten epithelium be-
kleidet, das zahllose zugespitzte und
rückwärts gekehrte Papillen bildet, die
wenig-
[333]Von der Zunge.
wenigstens bey den hieländischen, ihrer
Consistenz und Richtung nach, zum Ab-
rupfen des Grases zu nutzen scheinen.
Weit schärfer greift hingegen die gleich-
sam stachelige Zunge der Thiere aus
dem Katzengeschlecht ein *). Doch fin-
den sich ähnliche scharfe Papillen auch
auf der Zunge mancher andrer, z. E.
bey manchen Fledermäusen **), Beutel-
thieren ***) u. s. w.
Inzwischen scheint kein Zweifel, daſs
doch auch allen diesen Thieren ihre
Zunge,
[334]XVIII. Abschnitt.
Zunge, wenigstens an den vordern Rän-
dern, allerdings auch zum Schmecken
diene.
Anders verhält es sich hingegen bey
denjenigen zahnlosen Säugethieren, die
wie die Ameisenbären *) und Schuppen-
thiere
[335]Von der Zunge.
thiere ihr Futter ganz schlucken, als
bey welchen wohl offenbar die lange
wurm-
*)
[336]XVIII. Abschnitt.
wurmförmige Zunge lediglich zum Or-
gan der Ingestion bestimmt scheint.
Zwar sind wohl alle Vögel mit einer
Zunge versehen, denn auch der Pelican
(onocrotalus), dem man sie absprechen
wollen, hat doch allerdings ein deutli-
ches Rudiment davon: aber nur weni-
gen Geschlechtern scheint dieselbe wirk-
lich zum Schmecken zu dienen. Doch
ist dieſs wohl mit manchen Raub- und
Schwimmvögeln, besonders aber mit
den mehrsten Papageyen der Fall, als
deren weiche, dicke Zunge mit Papillen
besetzt ist und mit speichelartiger Feuch-
tigkeit benetzt wird, und die auch
mancherley Getränk und flüssige oder
weiche Speisen mit derselben wirklich
kosten und auswählen.
Hingegen ist bey vielen andern Vö-
geln die Zunge hornartig, steif, nerven-
los, folglich durchaus zum Schmecken
unfähig, sondern bloſs zur Ingestion
bestimmt. So um Ein auffallend un-
verkennbares Beyspiel statt vieler anzu-
führen bey den Pfefferfrassen, deren
Zunge theils Spannenlang und doch an
der Wurzel kaum zwey Linien breit,
durchaus wie ein Streifen Fischbein und
an den Seitenrändern vorwärts geza-
sert ist.
Ueberhaupt ist die Zunge bey den
verschiedenen Geschlechtern und Gat-
tungen dieser Thierclasse von sehr viel-
artiger Gestaltung *) und Mechanismus.
Von letzterm verdienen zwey Beyspiele
beson-
Y
[338]XVIII. Abschnitt.
besondre Erwähnung; der nämlich an
der Zunge der Spechte und des Auer-
hahns.
Insgemein wird den Spechten eine
ausnehmend lange Zunge zugeschrieben.
Dem ist nicht so. Denn was man bey
andern Vögeln eigentlich ihre Zunge
nennt, ist bey jenen winzig klein;
gleichsam nur ein hornartiges Pfeilspitz-
chen mit Wiederhaken an den Seiten-
rändern. Dahinter aber folgt ein über-
aus sonderbares schlankes, aber sehr lang-
schenkeliges Zungenbein, das aus fünf
fast grätenförmigen, theils knorpeligen
Stücken besteht, einem einfachen und
vier gepaarten. In der Ruhe liegt je-
nes in einer fleischigen sehr dehnbaren
Scheide im Schnabel. Das erste Paar
der damit articulirenden Seitenschenkel
liegt zu beiden Seiten des Halses, das
andre hieranstoſsende aber läuft unter
der Haut über den Schedel, wo die
convergirenden Extreme neben einander
wie in einer Rinne liegen, und vorn,
gewöhn-
[339]Von der Zunge.
gewöhnlich zur linken im Oberschnabel,
enden. An diesem hintern Paar hängt das
ganze sonderbare Ingestionsorgan gleich-
sam wie in Stahlfedern *). Das vordre aber
legt sich, wenn die Zunge ausgeschossen
werden soll, an einander, wird von dem
hintern Ende der alsdann ausgedehnten
fleischigen Scheide des Vorderstücks
mit aufgenommen; und dadurch die
gleichsam verlängerte Zunge mehrere
Zoll weit herausgetrieben **).
Beym Auerhahn hat die Zunge eine
noch mehr anomalische Mobilität, in-
Y 2dem
[340]XVIII. Abschnitt.
dem sie mit sammt dem Kehlkopf in der
Ruhe tief unten im Schlunde steckt,
und doch mittelst ansehnlicher Mus-
keln auch schnell und leicht heraufge-
zogen werden kann *).
Auch aus dieser Classe nur einige
wenige Beyspiele von Hauptverschie-
denheiten.
Bey den Crocodilen, denen die Zunge
von Herodotus bis Hasselquist so
oft ganz abgesprochen worden, ist sie klein,
von weniger Beweglichkeit und zwi-
schen dem Unterkiefer wie verwachsen **).
Ihnen ähneln hierin die Salamander.
Ganz verschieden hiervon ist hinge-
gen die wunderbare oft beschriebene
Zunge des Chamäleon, deren Mechanis-
mus gewisser Maſsen eher mit der Spechte
ihrer verglichen werden könnte; doch
ist die Form anders, das vordere Ende
kolbicht, mit einer ausgehöhlten Ver-
tiefung u. s. w. *).
Die Zunge mancher Schildkröten ist
am vordern Rande mit langfaserigen
Papillen dicht besetzt *).
Bey den Fröschen liegt die flache
fleischige Zunge in der Ruhe von vorn
nach hinten, d. h. sie ist vorn hinter
dem Bogen des Unterkiefers festgewach-
sen und ihr freyes Ende ist rückwärts
gekehrt, so daſs es mit seinem meist
halbmondförmigen Ausschnitt die Stimm-
ritze umfaſst. Um Beute damit zu ha-
schen, wird die Zunge vorwärts und
zum Maule heraus geschlagen.
Von der Zunge dieser und der bey-
den folgenden Thierclassen läſst sich vor
der Hand noch wenig sagen. Vollends
ob und in wie fern sie als Geschmacks-
organ diene?
Bey den Fischen zeigt sie wenig-
stens keine deutlichen Papillen **), und
Y 4ist
[344]XVIII. Abschnitt.
ist hingegen bey vielen mit Zähnen
besetzt.
Was man an manchen, z. E. beym
Karpen, insgemein die Zunge nennt,
ist ein oben am Gaumen befestigter,
drüsenartiger, aber am lebendigen Thier
äuſserst reitzbarer Theil *).
Dasjenige Organ das allgemein bey den
Insecten die Zunge genannt wird **),
dient wohl offenbar bloſs zur Inge-
stion ***), hingegen ist es nach den ge-
nauen
[345]Von der Zunge.
nauen Beobachtungen des Hrn. Prof.
Knoch sehr wahrscheinlich, daſs we-
nigstens vielen derselben das hintere Paar
Palpen zum Schmecken gegeben sey *).
Der Sinn des Geruchs ist im Thier-
reich ohne Vergleich ausgedehnter und
allgemeiner als der des Geschmacks, da
er nicht nur zahlreichen Gattungen zur
Unterscheidung ihres Futters nöthig ist,
wenn sie gleich dasselbe nachher nicht
erst zu Schmecken brauchen, sondern
auch auſserdem so sehr vielen bey Be-
friedigung ihrer Geschlechtstriebe zum
Aufsuchen der Gatten dient. Doch ist
auch hier, zumahl was die dazu be-
stimmten Werkzeuge betrifft, in den
beyden Classen der sogenannten weiſs-
blütigen Thiere noch vieles problema-
tisch *).
Bey den vierfüſsigen Säugethieren *)
im weitern Sinn (d. h. mit Einschluſs
der Quadrumanen und Fledermäuse,) läſst
sich schon am Schedel die gröſsre oder
mindre Stärke ihres Geruchssinnes, und
zwar hauptsächlich aus dreyerley beur-
theilen.
a) Aus dem Bau ihres Siebbeins, be-
sonders aus der Menge und symmetri-
schen Anordnung der Oeffnungen, die
im obern Horizontalblatt desselben zum
Durchgang der Nervenfäden vom ersten
Paar
*)
[348]XIX. Abschnitt.
Paar bestimmt sind; b) aus der Bildung
der untern Muscheln; und c) aus dem
Daseyn und Verhältniſs der mittelbar
zum Geruchsorgan beytragenden Neben-
höhlen der innern Nase, vorzüglichst
aber aus der Beschaffenheit der Stirn-
höhlen.
Als Muster von gleichsam kunst-
reichster Ausbildung des Siebbeins, so-
wohl an Eleganz des siebförmigen Quer-
blattes als der wundersamen Windun-
gen seiner Muscheln, um in dem be-
engten Raum der Nasenhöhlen durch
die gröſstmöglichste Fläche für die
Schneidersche Haut zu erhalten, dienen
namentlich die vom Igel, Maulwurf,
Wiesel- Bären- Hund- und Katzenge-
schlecht, ferner die von den mehresten
bisulcis und von den Elephanten. Lau-
ter Thiere die auch bekanntlich in
der ausnehmenden Schärfe des Geruchs
eminiren.
Ueberaus enge und wenig ausgebil-
det ist hingegen das Siebbein der meh-
resten Quadrumanen, als bey welchen
es nicht zwischen ihren so dicht an ein-
ander stoſsenden Augenhöhlen (§. 20) *),
sondern tiefer in die Nase hinab liegt,
so daſs ihre Geruchsnerven erst zwischen
den partibus orbitalibus des Sti[r]nbeins
wie durch einen Canal herablaufen, auf
dessen Boden das kleine unansehnliche
Siebchen befindlich und nur mit weni-
gen Oeffnungen durchbohrt ist **).
Den Cetaceen kann gar kein Sieb-
bein zugeschrieben werden; so wie ih-
nen
[350]XIX. Abschnitt.
nen auch überhaupt das erste Nerven-
paar zu mangeln und dagegen der erste
Ast des fünften Paars dessen Verrich-
tung zu vertreten scheint.
Die untern Muschelbeine stehen bey
den meisten Quadrupeden in Rücksicht
der mehr oder minder gewundenen
Abtheilungen mit den obern im Sieb-
bein in gleichem Verhältniſs. Besonders
groſs und fast tutenförmig sind sie bey
den bisulcis*). Mit sehr zahlreichen Win-
dungen bey vielen reiſsenden Thieren **).
Beydes aber, nämlich ausnehmend groſs
und
[351]Von den Geruchswerkzengen.
und zum Bewundern vielfaltig durch
einander gewunden bey der Robbe *).
Die Stirnhöhlen sind, um nur we-
nige Beyspiele auszuheben **), am aller-
ungeheuersten beym Elephanten ***);
nächst dem bey dem so scharfwittern-
den
[352]XIX. Abschnitt.
den Schwein. Bey vielen von den mit
eigentlichen Hörnern (§. 21. pag. 31 u. f.)
versehenen Thieren dieser Classe, er-
strecken sie sich mehr oder weniger in
die Hornzapfen des Stirnbeins, doch bey
keinem so sehr weit hinauf, als beym
Steinbock. Ueberhaupt sind sie bey den
bisulcis ansehnlich *), so auch bey den
solidungulis und den mehresten reiſsen-
den Thieren. Hingegen fehlen sie der
Robbe, und so auch den meisten nagen-
den Säugethieren, und den Cetaceen.
In Betreff der äuſsern Verlängerung
und Oeffnungen der Nase, verdienen vor
allen wegen ihres anomalischen Baues
der
[353]Von den Geruchswerkzeugen.
der Rüssel der Elephanten und die Blas-
röhren der Cetaceen, Erwähnung.
Bey jenem ist der Zwischenraum
zwischen der äuſsern Haut und den
beyden durch eine Scheidewand von
einander abgesonderten innern Canälen
hauptsächlichst mit zahllosen Muskel-
bündeln von zweyerley Richtung und
Function ausgefüllt. Mit transversalen
nämlich, die gleichsam eccentrisch von
jenen langen Nasenhöhlen nach den
äuſsern Bekleidungen laufen *); und
dann mit bogenförmigen, die mehr nach
der Länge des Rüssels, doch mit ihren
Enden nach innen gekehrt liegen **).
Jene dienen denselben auszudehnen,
ohne daſs doch dadurch seine beyden
Höhlen beengt werden; die letztern
hingegen ihn zu verkürzen; und bey-
derley
Z
[354]XIX. Abschnitt.
derley ihm seine wundersame Beweg-
lichkeit nach allen Richtungen zu geben.
Bey den Cetaceen aber ist das Blase-
loch (fiſtula) nicht wie viele Naturfor-
scher gemeint, ein besondres, von den
Nasenlöchern verschiednes Organ, son-
dern ganz mit denselben einerley *),
scheint aber überhaupt nicht zum rie-
chen sondern bloſs zum athmen und
mittelst einer Klappe zum Aussprützen
des mit ihren Fras in den Rachen drin-
genden Wassers bestimmt zu seyn **).
Die Nasenlöcher münden bey den
mancherley Geschlechtern dieser Classe
an sehr verschiedenen Stellen des O[b]er-
schna-
[355]Von den Geruchswerkzeugen.
schnabels; bey manchen, wie z. E. bey
den Papageytauchern (Alca arctica etc.)
an den Seitenrändern desselben mit ei-
ner so schmalen Ritze, daſs sie leicht
übersehen werden können *).
Die Vögel haben kein eigentliches
Siebbein, sondern ihre Geruchsnerven
treten durch die Augenhöhlen in die
innere Nase und vertheilen sich in die
Schleimhaut, womit zumahl die zwey
bis drey Paar knöchernen **) oder knor-
peligen und membranösen ***) Muscheln
(bullae turbinatae oder tubulatae vesi-
Z 2cae
[356]XIX. Abschnitt.
cae*), von vielartiger Form und Gröſse
bekleidet sind **).
In dieser Thierclasse ist das Ge-
ruchswerkzeug minder deutlich ausge-
wirkt. Doch zeigen sich auch hier we-
nigstens ein Paar knorpelige Erhaben-
heiten, die den Muscheln der warmblü-
tigen Thiere ähneln ***).
Die mehresten Fische scheinen auf
jeder Seite gedoppelte Nasenlöcher zu
haben,
[357]Von den Geruchswerkzeugen.
haben, da die Mündung derselben durch
eine klappenförmige, bewegliche Haut
als wie mit einer Scheidewand getheilt
ist *).
Hinter derselben liegt bey den meh-
resten, statt der Muscheln eine überaus
sauber, meist excentrisch gefaltete Mark-
haut (ungefähr von der Form einer
gestreiften Napfmuschel,) in welche sich
das Ende des Geruchsnerven vom er-
sten Paare verläuft **).
Daſs viele Insecten riechbare Dinge
mit ausnehmender Schärfe, theils aus
weiter Ferne wittern, ist durch zahl-
reiche Erfahrungen längst ausgemacht.
Nur ist man noch über das Organ zwei-
felhaft, das ihnen zu diesem Behufe dient.
Da alle rothblütigen Landthiere nur
mittelst der Luft riechen, die sie ein-
ziehen, so haben manche Naturforscher
auch die Stigmaten der Insecten für die
Geruchs-
**)
[359]Von den Geruchswerkzeugen.
Geruchswerkzeuge derselben gehalten *).
Andre schreiben diese Function wahr-
scheinlich dem vordern Paar Palpen
zu **).
Auch manche Würmer zeigen, daſs
sie riechen können. So nahmentlich
viele Landschnecken (Helix pomatia
etc.) ***). Aber wie es geschieht, ist noch
unbekannt. Etwa durch das stigma
thoracicum?
Der vielartige Nutzen, den das Ge-
hör den Thieren gewährt, sie für Ge-
fahr zu warnen, viele Raubthiere zu
ihrem Fraſse zu leiten, bey manchen
andern die Gatten zur Paarung zusam-
men zu bringen u. dergl. m. läſst schon
auf die Allgemeinheit desselben in den
mehrsten Thierclassen schlieſsen *). Die
roth-
[361]Von den Gehörwerkzeugen.
rothblütigen sind wohl ohne Ausnahme
damit versehen. Aber auch bey man-
chen sogenannten weiſsblütigen zeigt
sich ein analoges Organ desselben, und
von verschiednen andern weiſs man we-
nigstens, daſs sie hören, wenn auch gleich
das dazu bestimmte Werkzeug noch
unbekannt ist.
Die vierfüſsigen Säugethiere sind
die einzigen mit wahren äuſseren Ohren
Z 5verse-
*)
[362]XX. Abschnitt.
versehenen Geschöpfe; und davon sind
doch auch die mehresten von denen
ausgenommen, die im Wasser oder un-
ter der Erde leben. So fehlen sie z. B.
den mehresten Gattungen des Robben-
geschlechts, dem Wallroſs und der See-
kuh, dem Schnabelthier und dem Maul-
wurf. Hingegen sind sie manchen an-
dern mit Unrecht abgesprochen wor-
den, wie dem Erdzeiselchen (Marmota
citillus). Eben so irrig werden insge-
mein die nur ungeheuer groſse Ohren
der einen hieländischen Fledermaus
(Vespertilio auritus) für doppelt ausge-
geben *). In den wesentlichen Theilen
kommen sie wohl durchgehends mit
dem menschlichen überein; nur ist ihre
Totalform sehr vielartig verschieden.
Auſser den Quadrumanen haben wenige
andre, wie z. B. das gemeine Stachel-
schwein, menschenähnliche Ohren. Bey
keinem
[363]Von den Gehörwerkzeugen.
keinem aber scheint die knorpelige
Grundlage derselben (nach Verhältniſs
der Gröſse,) von so festem elastischen
Gefüge als beym Menschen. Bey man-
chen, wie nahmentlich am Beutelthier
(Didelphis marsupialis) sind sie fast
bloſs häutig.
Der äuſsere Gehörgang ist bey man-
chen, zumal im Wasser lebenden oder
doch hineingehenden Quadrupeden die-
ser Classe, mit einer eignen Klappe zum
untertauchen verwahrt, die z. E. bey der
Wasserspitzmaus (Sorex fodiens) von
ausnehmend kunstreicher Einrichtung
ist. Länge, Weite und Richtung des
Ganges selbst variiren bey vielen Ge-
schlechtern mannigfaltig. Ausnehmend
lang und sonderbar gewunden ist er
beym Schnabelthier *).
Daſs alle Säugethiere ein Paukenfell,
die dahinter liegende Paukenhöhle, und
eine damit correspondirende, von jedem
Ohr nach dem Schlunde [nur bey den
Cetaceen nach dem Blaseloch (§. 245.)]
gehende Eustachische Röhre haben, be-
darf kaum erst einer Erwähnung. Ihr
Paukenfell ist nach auſsen etwas con-
cav; indem es nach dem Mittelpunct
eine kleine Grube bildet. Eben so
sind alle mit den beyden sogenannten
Fenstern versehen; dem eyförmigen, das
der Fuſstritt des Steigbügels füllt, und
dem runden, das zur Mündung der
Schnecke führt.
Mit der eigentlichen Paukenhöhle
steht bey vielen vierfüſsigen Säugethie-
ren eine andre Cavität in Verbindung,
die nach der Lage des knöchernen Or-
gans worin sie befindlich ist, mit den
Zellen im Zitzenfortsatz am Schlafbein
des
[365]Von den Gehörwerkzeugen.
des erwachsenen Menschen, verglichen
werden kann.
Bey vielen bildet dieses Organ eine
ganz hohle knöcherne Blase (Bulla ossea).
So bey Katzen, Hunden, Mardern, Eich-
horn, Haaſe, auch bey manchen bisul-
cis; und eine Anlage dazu zeigt sich
selbst bey manchen Meerkatzen. Beym
Rindvieh hingegen und bey den Schwei-
nen ist die Höhlung durch zahlreiche
Knochenblättchen in längliche Zellen
(fast wie die Fächer in einem reifen
Mohnkopf,) abgetheilt *).
Die allermehrsten warmblütigen Qua-
drupeden haben, wie der Mensch, drey **)
Gehör-
[366]XX. Abschnitt.
Gehörknöchelchen; im Ganzen auch von
ähnlicher Form; nur das durchaus so
anomalische Schnabelthier hat ihrer
bloſs zweye *); hingegen findet sich,
zumal bey manchen bisulcis, zuweilen
noch ein oder das andere überzählige
Nebenbeinchen **).
Auch der sogenannte Labyrinth
scheint, so viel bekannt, bey den deſs-
halb untersuchten vierfüſsigen Säuge-
thieren, im Ganzen und Wesentlichsten
mit dem beym Menschen überein zu
kommen. Doch hat die Schnecke (— die
übrigens dieser Classe ausschlieſslich
eigen ist —) bey einigen ein Gewinde
mehr als bey ihm; anderer minder
bedeu-
[367]Von den Gehörwerkzeugen.
bedeutenden Verschiedenheiten zu ge-
schweigen *).
Hingegen zeigt sich bey den Ceta-
ceen **) auſser dem was schon von
ihrer Eustachischen Röhre erwähnt wor-
den, noch in gewissen andern Stücken
ihres Gehörorgans so manches Beson-
deres, und von der warmblütigen Qua-
drupeden
[368]XX. Abschnitt.
drupeden ihren Abweichendes, daſs
es allerdings eine eigene Erwähnung
verdient.
Daſs sie kein äuſseres Ohr haben,
ist bekannt. Die Oeffnung ihres Ge-
hörganges ist auffallend enge. Das knö-
cherne Gehörorgan ist bey den Delphi-
nen nur lose mit dem Schedel ver-
bunden. Bey den Balänen und Casche-
loten aber wie ganz davon abgesondert.
Der bekannte weiland officinelle
massive Knochen, den man ganz irrig
Lapis manati s. tiburonis genannt hat,
ist nichts anders, als der Auſsentheil
der Paukenhöhle, und bulla ossea der
Balänen.
Die Gehörknöchelchen und das La-
byrinth, beſonders die deſshalb lange
verkannten Bogengänge (canales semi-
circulares) sind überhaupt bey den Ce-
taceen ausnehmend klein.
In der ganzen Classe *) findet sich
so wenig als in den folgenden, ein
knorpeliges äuſseres Ohr **), das also
bloſs
A a
[370]XX. Abschnitt.
bloſs den mehresten Säugethieren aus-
schlieſslich eigen ist. Bey den Vögeln
wird dieser scheinbare Mangel durch
die, zumal bey vielen Raubvögeln,
überaus regelmäſsige excentrische Stel-
lung der Federn um die Oeffnung des
Gehörganges herum ersetzt. Auch sind
manche, zumal gleichfalls unter der
eben genannten Ordnung, und nah-
mentlich unter den Eulen, mit einer
überaus sonderbaren, theils häutigen,
theils muskulösen Klappe, in der ge-
dachten Oeffnung versehen *).
Das Paukenfell ist bey den Vögeln
nach auſsen convex; und die Pauken-
höhlen beyder Ohren stehen bey den
mehresten durch die markleeren Zellen
der
[371]Von den Gehörwerkzeugen.
der Hirnschale mit einander in Ver-
bindung *).
Sie haben nur Ein Gehörbeinchen,
wodurch das Paukenfell mit dem ey-
förmigen Fenster connectirt, und das
folglich die Stelle von Hammer und
Steigbügel der Säugethiere vertritt. Der
Theil, der den Hammer vorstellt, ist
meist nur knorpelig, und mit keinem
tensor tympani versehen.
Die Eustachischen Röhren öffnen sich
hinten am Gaumengewölbe, wie mit
einer gemeinschaftlichen Mündung.
Ihr Labyrinth zeichnet sich durch
ansehnliche, ziemlich freyliegende (nicht
wie bey den mehresten Säugethieren in
dichter Knochenmasse vergrabene) Bo-
gengänge, besonders aber durch den
Mangel der Schnecke aus. Statt der-
A a 2selben
[372]XX. Abschnitt.
selben haben die Vögel einen kurzen,
stumpfen, hohlen, knöchernen Zapfen,
der aus dem Vorhof schräg nach hin-
ten herabsteigt, übrigens aber so wie
die Schnecke der Säugethiere, durch
eine Scheidewand in zwey Gänge ab-
getheilt ist, deren einer auf das runde
Fenster stöſst; überhaupt auch eben so,
wie jene Schnecke, Markfäden vom Ge-
hörnerven aufnimmt u. dergl. m.
Das Gehörorgan zeigt in den ver-
schiedenen Ordnungen, und selbst bey
manchen Geschlechtern dieser Thier-
classe *) mehr Verschiedenheit, als in
den
[373]Von den Gehörwerkzeugen.
den beyden vorigen, oder in den nächst
folgenden; daher die vorzüglichsten der-
selben einzeln angeführt zu werden
verdienen.
Unter den Reptilien haben die Schild-
kröten, Frösche, und die mehresten
Gattungen des Eidexengeschlechts, auſser
den Bogengängen des Labyrinths, auch
noch, wie die warmblütigen Thiere,
eine Pauke mit der Eustachischen Röhre,
welches beydes aber, so wie auch die
eigentlichen Gehörbeinchen, den Sala-
mandern abgeht.
Bey den Schildkröten hat das Pau-
kenfell eher das Ansehen eines knor-
A a 3peligen
*)
[374]XX. Abschnitt.
peligen Deckels, der selbst wieder mit
den gemeinschaftlichen Integumenten
bekleidet ist. Ihr einzelnes Gehörbein-
chen ähnelt der Vögel ihrem.
Die Frösche haben bekanntlich ein
groſses, frey zu Tage liegendes Pauken-
fell, und weite Gaumenmündung ihrer
kurzen Eustachischen Röhre, zwey
knorpelartige Gehörbeinchen, und in
dem Säckchen am Vorhofe des Laby-
rinths, schon ein Rudiment eines sol-
chen kleinen weichen Steinchens, der-
gleichen bey den Eidexen und Schlan-
gen, so wie in den folgenden drey
Thierclassen, mehr vorkommen.
Die Crocodile sind wohl die einzi-
gen Amphibien, die eine Art von äuſse-
rem Gehörgang haben. Sie sind, so wie
die mehresten übrigen Eidexen, so-
wohl mit Gehörbeinchen, als auch mit
den eben gedachten steinartigen Kör-
perchen am Vorhofe des Labyrinths
versehen.
Daſs den Salamandern die Pauke
nebst Zubehör abgeht, ist schon ge-
dacht. Ihr eyförmiges Fenster ist bloſs
mit einem knorpeligen Deckel ver-
schlossen, und der Sack an ihrem Vor-
hof enthält ein weiches Steinchen.
Auch die Schlangen haben (höch-
stens bis auf wenige Ausnahmen, z. B.
der Blindschleiche *)) weder Pauke
noch Eustachische Röhre. Doch wie
ein Rudiment eines gleichsam in Fleisch
verwachsenen Gehörbeinchens.
Nur bey einigen Geschlechtern von
Knorpelfischen, den Rochen und Hayen,
erstreckt sich ein fast röhrenförmiger
Anhang vom Vorhof des Labyrinths
nach hinten und auſsen, so daſs er für
ein Rudiment einer Pauke angesehen
werden kann.
Die übrigen Thiere dieser Classe *)
hingegen, haben nichts dergleichen, son-
dern ihr Gehörwerkzeug besteht bloſs
aus
[377]Von den Gehörwerkzeugen.
aus den drey sehr ansehnlichen und
meist frey ausgewirkten und in der
Schedelhöhle sichtlichen Bogengängen,
in deren gemeinschaftlichen Vorhof an
den feinsten Enden des bey ihnen vom
fünften Paare kommenden Gehörnerven,
bey manchen ein, bey andern zwey,
und bey den mehresten drey, theils
überaus sauber ausgebildete Steinchen
hängen, die, zumal bey vielen Gräten-
fischen, von Farbe weiſs wie Porcellan,
aber überaus spröde und brüchig sind *).
Ueberhaupt aber zeichnet sich dieses
innere Ohr der Fische von dem bey
den übrigen drey Classen von rothblü-
tigen Thieren durch die merkwürdige
Eigenheit aus, daſs es mit den Jahren
wächst, folglich seine Gröſse in be-
stimmten Verhältniſs mit dem des gan-
zen Thiers und seinem Alter steht.
Daſs viele Insecten Gehör haben, ist
keinem Zweifel unterworfen *); aber
ungewiſs bleibt noch, welches ihr dazu
bestimmtes Organ seyn mag. Nur bey
manchen der gröſseren Krebse zeigt sich
allerdings ein besonderer Theil, welcher
der Analogie nach mit dem Vorhof des
Labyrinths in den vorigen Thierclassen
verglichen werden muſs **). Es findet
sich
[379]Von den Gehörwerkzeugen.
sich nämlich an der Wurzel ihrer Fühl-
hörner auf jeder Seite ein kurzes bein-
artiges Röhrchen, dessen äuſsere Oeff-
nung mit einer festen Membran ver-
schlossen ist, und das ein häutiges
Säckchen enthält, worein sich ein Nerve
verliert, der mit dem zu den Antennen
gehenden aus einem gemeinschaftlichen
Stamme entspringt. Letzterer Umstand
könnte die Meinung begünstigen, als
ob die Fühlhörner selbst mit zu Gehör-
organen dienten, sie wird aber sowohl
durch Beobachtungen über das feine Ge-
hör solcher Insecten, die, wie z. B. die
Spinnen, gar keine wahren Antennen
haben, als durch Versuche an andern,
z. B. an Heuschrecken, entkräftet, die
nachdem man ihnen die Fühlhörner ab-
geschnit-
**)
[380]XX. Abschn. Von den Gehörwerkzeugen.
geschnitten, dennoch nach wie vor
scharf gehört haben *).
Nur bey den Sepien hat man bis
jetzt, und zwar in dem knorpelartigen
Ringe, der den groſsen tentaculis die-
ser Thiere gleichsam zur Basis dient,
zwey ovale Höhlen, und in jeder der-
selben ein Beutelchen gefunden, das
eine kleine knochenartige Substanz ein-
schlieſst, an welche sich Nervenfäden,
so wie an denen im Vorhof des Laby-
rinths der Fische verlieren **).
Empfindung für Licht ist wohl allen
den Thieren gemein, die demselben in
ihrem freyen Naturzustande ausgesetzt
werden; evident zeigt sich dieſs wenig-
stens bey manchen der einfachsten Zoo-
phyten, wie z. E. bey den Armpoly-
pen; aber Empfänglichkeit für Bilder
von äuſsern Gegenständen ist nur denen
eigen, die zur Aufnahme derselben mit
Augen versehen sind. Denn auſserdem
hat die Natur auch einigen Gattungen
ſelbst von rothblütigen Thieren, zwar
nach dem bloſs mechanischen Normal-
typus des Bildungstriebes ihrer Classen
ein Rudiment von Augen gegeben, die
übrigens nicht zum Sehen nutzen kön-
nen,
[382]XXI. Abschnitt.
nen, wie dieſs unter den Säugethieren
von dem Slepez (Marmota typhlus) und
unter den Fischen von der Myxine glu-
tinosa versichert wird.
Da das Auge *), zumal bey den roth-
blütigen Thieren, ein sehr zusammen-
gesetztes Organ ist, so fassen wir bey
den anzuführenden Eigenheiten dessel-
ben erst die zusammen, die den Aug-
apfel selbst, seine Häute und Feuchtig-
keiten betreffen, hernach die von den
ihn umgebenden Theilen, den Augen-
liedern, Thränenwegen u. s. w.
Daſs die Sclerotica bey vielen Qua-
drupeden dieser Classe, so wie beym
Menschen selbst, nicht durchgehends
von gleicher Stärke, sondern, zumal in
ihrem Hintergrunde, am dicksten ist,
war längst bekannt *). Auch lieſs sich
wohl vermuthen, daſs diese Einrich-
tung auf die sogenannten mutationes
oculi internas ihren Bezug haben möge,
um die Form des Augapfels, folglich
die Länge seiner Achse und die respe-
ctive Lage der Linse nach der Nähe
oder Ferne der zu sehenden Gegen-
stände und andrer dergleichen Verhält-
nisse zu accommodiren. Ich hoffe aber,
diese Vermuthung durch den bewun-
dernswerthen Bau dieser Haut bey warm-
blütigen Amphibien (die nämlich ab-
wechselnd, nicht nur in mancherley
Entfer-
[384]XXI. Abschnitt.
Entfernungen, sondern sogar durch
zweyerley Medium von so sehr ver-
schiedener Dichtigkeit, als Luft und
Wasser ist, sehen müssen), so wie ich
ihn zuerst am Auge einer Grönländi-
schen Robbe (Phoca grönlandica) gefun-
den, zur Gewiſsheit gebracht zu ha-
ben *). Die Hornhaut dieses Auges ist
nämlich sehr dünne und nachgiebig;
das zunächst an ihr anstoſsende Seg-
ment
[385]Von den Augen.
ment der Sclerotica dick und fest; der
mittlere Gürtel derselben wieder un-
gleich dünner und geschmeidig; end-
lich ihr Hintergrund am allerdicksten,
fast knorpelartig (— tab. VI. —). Nun
ist der ganze Augapfel mit überaus ro-
busten Muskeln umgeben, und so be-
greift sich leicht, wie durch die nach
den Umständen accommodirte Action
derselben jene erforderlichen innern Ver-
änderungen bewirkt werden müssen,
um die Augenachse, wenn das Thier
durch die Luft sehen will, zu verkür-
zen, die Linse dem Hintergrunde des
Augapfels näher zu bringen, so wie es
die starke Brechung der Lichtstrahlen
erfordert, die dann aus dem dünnen
Medium der Luft in das Dichtere des
Auges gehen; und v. v.
Bey den Wallfischen zeichnet sich
die Sclerotica durch ihre mächtige Stärke
und Festigkeit, zumal im Hintergrunde,
aus, als wo sie, wenn der ganze Aug-
apfel etwa die Gröſse einer Orange hat,
B bbeynahe
[386]XXI. Abschnitt.
beynahe einen Zoll dick ist, so daſs
bey der fast kugeligen Form des Auges
doch der innere Raum für den Glaskör-
per gleichsam linsenförmig ausfällt. Je
näher aber die Sclerotica der Hornhaut
kommt, desto dünner wird sie. Zumal
im Hintergrunde zeigt sie ein überaus
sonderbares, wie aus festen sehnigten
Fasern und Blättern, aufs dichteste zu-
sammen gewirktes oder gleichsam ge-
filztes Gefüge, das, vorzüglich an den Sei-
ten, von mehr als Knorpelhärte ist *).
Das Verhältniſs des Umfanges der
Hornhaut zur Sclerotica, ist bey den
mancherley Gattungen von Säugethie-
ren sehr verschieden. Am gröſsten ist
es wohl beym Stachelschwein (Hystrix
cristata), als bey welchem die Horn-
haut fast die Hälfte des Augapfels
einnimmt.
Ein bis jetzt ganz beyspielloses, ei-
genes Organ ist neuerlich in den Augen
des Ostindischen Nashorns entdeckt
worden. Es entspringt vom innern Hin-
tergrunde der Sclerotica mit vier sehnich-
ten Bändern, die sich vorwärts zusammen
in einer muskulosen Haut verbinden,
welche die Choroidea umgibt, und sich
in der Gegend des breitesten Querdurch-
messers des Augapfels in dieselbe ver-
liert *). Vermuthlich dient es gleich-
B b 2falls
[388]XXI. Abschnitt.
falls zu den erwähnten mutationibus
oculi internis.
Bey den Wallfischen besteht die Cho-
roidea deutlicher, als bey einem der
übrigen Säugethiere, aus zwey beson-
dern Blättern, wovon das innere (die
Membrana Ruyschiana) auch mit einem
matten Tapetum versehen ist.
Die Choroidea zeichnet sich bey vie-
len Geschlechtern dieser Classe, zumal
von solchen reissenden Thieren, die ihrem
Geschäfte im Dunkeln nachgehen, und
dann unter den bisulcis durch die schön-
farbige, meist saphirblaue oder seladon-
grüne, theils wie Atlas glänzende zart-
flockige Fläche (das so genannte Tape-
tum lucidum) *) aus, womit ein Theil
vom Hintergrunde ihrer innern Seite
auf dem schwarzen oder braunen Pig-
ment
[389]Von den Augen.
ment *) überzogen ist, und wahrschein-
lich dazu dient, um weniger Licht zu
B b 3absor-
[390]XXI. Abschnitt.
absorbiren, sondern es vielmehr an die
davor liegende Markhaut zurück zu
werfen.
Die Markhaut (Retina) zeigt bey
manchen Quadrupeden, namentlich beym
Hasen und Caninchen, ihr Nervenmark
in überaus saubern deutlich abgeson-
derten gleichsam flammigen, zumal in
die Quere laufenden Streifen *).
Das merkwürdige foramen centrale,
das Hr. Sömmerring in der menschli-
chen Markhaut entdeckt hat, ist seit-
dem auch bey mehreren Quadrumanen,
deren
*)
[391]Von den Augen.
deren Augen in parallelen Achsen vor-
wärts stehen, gefunden worden *).
Die Regenbogenhaut (Iris), über-
haupt ein Organ ohne seines Gleichen,
zeigt bey den mancherley Geschlechtern
und Gattungen von Säugethieren man-
nichfaltigere und sonderbarere Verschie-
denheiten, als irgend ein anderer Theil
des Auges. Die den verschiedenen Gat-
tungen eigene Farbe ihrer Vorderseite
variirt bey den Rassen und Spielarten
unter den Hausthieren, doch minder
auffallend, als bey denen im Menschen-
B b 4geschlecht,
[392]XXI. Abschnitt.
geschlecht; steht aber auch, wie bey
diesen, meist mit der Farbe der Haare
in Consensus; sogar daſs sich nicht sel-
ten bey gefleckten Hunden, Caninchen
u. s. w., auch correspondirende Flecken
auf dem Augensterne zeigen.
Das Gefüge der Iris ist nach Ver-
schiedenheit der Gattungen von sehr
ungleicher Dichtigkeit. Bey keiner ein-
zigen aber, deren Augen ich deſshalb
[untersucht], habe ich noch eine Spur
von wahren Muskelfasern finden können.
Eben so wenig bey denen vom Ele-
phanten und von Wallfischen, die ich
vor mir habe, als bey den weiſsen Ca-
ninchen mit ihrer zarten fast durch-
scheinenden Regenbogenhaut.
In dem gedachten Seehundauge sind
die Ciliargefäſse nicht in die Iris ver-
theilt, sondern liegen groſsentheils frey
an der Vorderseite derselben, so daſs
sie von auſsen, auch ohne Einsprützung,
sehr
[393]Von den Augen.
sehr sichtliche und ansehnliche Netze
bilden *).
Bekanntlich ist die Oeffnung der Iris,
die Pupille, bey den bisulcis, so wie bey
den solidungulis, cetaceis u. s. w., trans-
versal, im Katzengeschlecht, zumal im
hellen Lichte, oblong u. s. w. Anderer
kleiner Eigenheiten an diesem Theil zu
geschweigen, wie z. B. der flockigen
mit schwarzen Pigment **) tingirten
kleinen Anhängsel, womit, zumal beym
Pferde, mehrentheils die Mitte des obern
Randes der Pupille besetzt ist ***).
Einer der bewundernswürdigsten,
aber was seine gewiſs höchst wichtige
Function betrifft, bis jetzt noch immer
räthselhaftesten Theile des Auges, ist
das Corpus ciliare, zumal die so genann-
ten processus auf seiner Rückseite mit
der Fülle und unbeschreiblichen Ele-
ganz ihrer Blutgefäſse. Ihre feinern
Verschiedenheiten bey den schon deſs-
halb untersuchten Gattungen, lassen
sich nicht aufzählen, geschweige ohne
Abbildungen verständlich beschreiben *).
Unter
***)
[395]Von den Augen.
Unter andern scheint mir, nahmentlich
beym Elephanten und Hund, die Zart-
heit ihres Baues von ausgezeichneter
Schönheit.
Das Verhältniſs der so genannten
Crystalllinse zum Glaskörper variirt bey
den verschiedenen Gattungen theils sehr
auffallend. Die gröſste Linse aus die-
ser Rücksicht habe ich in dem an sich
sehr kleinen Auge des Beutelthiers (Di-
delphis marsupialis) gefunden; die klein-
ste hat, wie bekannt, der Wallfisch.
Bey keinem Säugethier ist sie wohl so
schwach gewölbt, als beym erwachse-
nen Menschen. Bey der Katze, dem
Hasen, den bisulcis, dem Pferd, dem
Beutelthier, den Seehunden, ist sie in
der Folge, wie sie hier genannt wer-
den, immer convexer. Endlich bey den
Cetaceen fast sphärisch *).
Merkwürdig ist doch auch die be-
stimmte Regelmäſsigkeit, mit welcher
bey manchen Gattungen die Linse
durchs Austrocknen oder Einbeizen
in Säuren u. dergl. vom Mittelpunct
nach dem Umfange in Hauptsegmente
springt *).
Die Thränendrüse**) ist wohl allen
Thieren dieser Classe gemein. Viele
Quadrupeden haben auch noch eine oder
die
[397]Von den Augen.
die andere überzählige, die dem Men-
schen abgeht. Aber manche haben
wenigstens keine Thränenpuncte, und
der Elephant überhaupt auch keinen
Thränensack *), so wie kein Thränen-
bein (§. 19.).
Die Blinzhaut (membrana nictitans,
palpebra tertia s. interna, periophthal-
mium), wovon sich bey den Quadruma-
nen, so wie beym Menschen, nur ein
Rudiment findet, ist bey manchen Qua-
drupeden **) von ansehnlicher Gröſse
und Beweglichkeit. So nahmentlich im
Katzengeschlecht, beym Beutelthier, den
Seehunden, und vor allen beym Ele-
phanten.
Die respective Gröſse der eigentli-
chen Augenlieder zeigt bey den Thieren
dieser
[398]XXI. Abschnitt.
dieser Classe mancherley Verschieden-
heit. Das untere ist, z. E. beym Ele-
phanten ganz ansehnlich, beym Pferd
sehr klein; und bey diesem so wie bey
den mehresten Quadrupeden, ohne Wim-
pern, da hingegen bey den Quadrumanen,
auch beym Elephanten, bey der Giraffe
u. s. w. beyde damit besetzt sind.
Ueberhaupt sind die Augen der meh-
resten Vögel *), folglich auch die knö-
chernen
[399]Von den Augen.
chernen Augenhöhlen in Verhältniſs zum
Kopf, von auffallender Gröſse.
Bey den Raubvögeln haben sie eine
ganz eigene fast kelchförmige Gestalt,
so daſs dann die sehr gewölbte Horn-
haut den Boden des Kelchs vorstellt, und
der Hintergrund der Sclerotica gleich-
sam den Deckel *).
Diese Eigenheit der Form rührt von
der Krümmung und Zusammenfügung
der dicht neben einander liegenden
Knochenblätter her, die bey diesen, so
wie überhaupt bey allen andern Vö-
geln **), im Vordertheil der Sclerotica
verwach-
[400]XXI. Abschnitt.
verwachsen, aber bey den übrigen nur
kurz, und gleichsam schuppenförmig
sind, so daſs sie zusammen nur einen
flachen etwas gewölbten Ring bilden,
hingegen bey den Raubvögeln, wegen
ihrer Länge und Beugung, dem ganzen
Augapfel die gedachte Kelchform geben *).
Schärfer und deutlicher als bey an-
dern Thieren, zeigt sich im Auge man-
cher Vögel die Grenze zwischen einigen
Häuten desselben, von welchen man
sonst gemeint hat, daſs sie in einander
continuirten. So habe ich z. E. die zwi-
schen der Choroidea und der Iris vor-
züglich schön im Auge des Schuhu (Strix
bubo), und die zwischen dem Rande der
Retina und dem äuſsern Umfang des
Ciliarkörpers nirgend bestimmter, als in
dem
[401]Von den Augen.
dem eines Pfefferfraſses (Ramphastos tu-
canus) gefunden.
Ein dem Auge der Vögel wohl ei-
genthümlicher überaus sonderbarer und
noch groſsentheils räthselhafter Theil
ist der so genannte Fächer*) (pecten pli-
catum, marsupium, Fr. la bourse, le
peigne), der innerhalb der retina wie
aus einer Spalte derselben entspringt,
schräg in den Glaskörper dringt, und
in demselben befestigt ist, und bey
manchen Gattungen bis an den Rand
der Kapsel der Linse reicht. Sein Um-
riſs ist ein verschobenes Viereck; in
seinen Falten laufen zahlreiche Blutge-
fäſse
C c
[402]XXI. Abschnitt.
fäſse; und das vorzüglich starke Pig-
ment, womit er angeschwärzt ist, macht
es wahrscheinlich, daſs er hauptsächlich
mit zur Absorbtion des blendenden
Lichts bestimmt seyn mag.
Die Vögel haben ansehnliche Thrä-
nenwege, deren Ableitungsgänge sich
oben in die Gaumenhöhle ergieſsen *).
Ihre Blinzhaut **) ist mit zwey
deutlichen Muskeln versehen ***).
Von ihren Augenliedern hat bey man-
chen Gattungen, z. E. beym Haushuhn,
Puter, Gans, Aente u. s. w. das untere,
das ein eigenes kleines Knorpelblatt ent-
hält, die mehreste Beweglichkeit; bey
anderen
[403]Von den Augen.
anderen hingegen, wie bey den Papa-
gayen, dem Straus u. s. w. das obere.
Nur bey wenigen sind beyde Augen-
lieder mit Wimpern besetzt. So z. E.
beym Straus, dem Secretär (Falco ser-
pentarius), dem Ani, manchen Papa-
gayen u. s. w.
Von merkwürdigen Besonderheiten
der Augen in dieser Thierclasse ist noch
wenig bekannt *).
Um indeſs doch Einiges anzuführen,
so macht bey manchen hieländischen
Reptilien und Schlangen die gemein-
schaftliche Oberhaut eine Art von festem
Fenster vor den Augäpfeln, die sich hin-
ter demselben frey bewegen.
Wenigstens die Riesenschildkröte *)
hat, wie die Vögel, einen aus Knochen-
scheibchen zusammengesetzten Ring in
der Sclerotica. Ueberhaupt sind die
Schildkröten mit ansehnlichen Thränen-
drüsen und, so wie die Frösche u. s. w.,
mit einer sehr beweglichen Blinzhaut
versehen **).
Die Eigenthümlichkeiten der Fisch-
augen ***), welche entweder der ganzen
Classe
[405]Von den Augen.
Classe oder doch den mehresten Ge-
schlechtern und Gattungen derselben ge-
mein sind, betreffen theils die Trennung
ihrer Choroidea und Retina in mehrere
deutlich abgesonderte Blätter; theils ein
paar kleine im Innern des Auges befind-
liche Organe, die auſser dieser keiner
andern Thierclasse zukommen.
Statt daſs nämlich die Choroidea
beym Menschen nur eine einfache, bey
manchen anderen warmblütigen Thieren,
besonders bey den Cetaceen, eine dop-
pelte Haut bildet; so besteht sie hinge-
gen bey den Fischen aus drey distincten
Blättern, indem die innerste derselben
eine wahre membranaRuyschiana
vorstellt, die mittlere aber (membrana
vasculosaHalleri) sowohl von dieser
als der äuſsersten verschieden ist, wel-
che letztere mit der allen rothblütigen
Thieren gemeinen eigentlich so genann-
ten Choroidea verglichen werden muſs.
C c 3Eben
[406]XXI. Abschnitt.
Eben diese letztgedachte wird bey den
Fischen vorn zur Iris, und zeichnet sich
bey vielen durch den bekannten eigenen
Silber- oder Goldglanz aus.
Die Retina ist deutlich in zwey Blät-
ter theilbar, wovon das äuſsere markig,
das innere aber von sauber faserigem Ge-
füge ist.
Die beyden andern den Fischaugen
ausschlieſslich eigenen und, wenigstens
den Grätenfischen, gemeinen Organe,
sind erstens ein meist hufeisenförmiger
Wulst, der zwischen den beyden ge-
dachten inneren Blättern der Choroidea
(der Ruyschiana und vasculosaHall.)
liegt, und von manchen für musku-
lös, von anderen hingegen für drüsicht
gehalten wird; und zweytens die klok-
kenförmige Gefäshaut (campanulaHal-
leri), die aus der Ruyschischen ent-
springt, und nach der Linse geht, mit-
hin einige (aber doch nur entferntere)
Aehnlich-
[407]Von den Augen.
Aehnlichkeit mit dem Fächer im Vogel-
auge (§. 287) zu haben scheint.
Hingegen findet sich wiederum, wenig-
stens bey den Grätenfischen, kein wah-
rer Ciliarkörper.
Die Crystalllinse ist bey den mehresten
Fischen, nach Verhältniſs zum Augapfel,
von sehr ansehnlicher Gröſse, und fast
oder vollkommen kugelig. Die gläserne
Feuchtigkeit hingegen klein, und die
wässerige bey vielen kaum merklich.
Zu den merkwürdigen Eigenheiten
an den Augen einzelner Geschlechter und
Gattungen von Fischen gehören z. E. die
festen durchsichtigen Scheiben der ge-
meinschaftlichen Integumente, hinter
welchen sich die Augäpfel, wie bey man-
chen Amphibien (§. 289.), bewegen *);
C c 4die
[408]XXI. Abschnitt.
die sonderbare articulirende Verbindung
des Augapfels der Rochen und Hayen
mit einem knorpeligen Stiel *); das
gleichsam gefingerte operculum pupillare
im Rochenauge **); der ganz beyspiel-
lose wunderbare Bau des Auges bey der
Cobitis anableps mit getheilter Hornhaut
und doppelter Pupille bey einer ein-
fachen Linse ***) u. dergl. m.
Bekanntlich finden sich bey den
Thieren dieser Classe *) zwey ihrem
Bau nach ganz von einander verschiedene
Arten von Augen. Kleine, einfache
(stemmata) und groſse gleichsam polye-
drische oder facettirte (oder auch wie
mit Kugelflächen oder Kegelspitzen be-
setzte), die wie aus Tausenden von an-
dern kleinen Augen zusammengesetzt
scheinen **). Die ersten in verschiede-
ner Anzahl bey den mehresten Apteris,
so wie bey vielen nachher geflügelten
in ihrem Larvenzustande. Mit den Flü-
geln erhalten diese in ihrer letzten so
genannten vollkommenen Ausbildung
die groſsen zusammengesetzten Augen.
Viele Geschlechter von geflügelten In-
secten haben aber auch dann so wie
C c 5manche
[410]XXI. Abschnitt.
manche aptera (z. B. die gröſsern Gat-
tungen von Kiefenfüſsen *), auſser die-
sen noch einige stemmata.
Der innere Bau hat bisher nur an
den groſsen polyedrischen Augen unter-
sucht werden können **). Die innere
Fläche der facettirten Hornhaut ist mit
einem farbigen Pigment überzogen. Hin-
ter diesem liegen eben so viel prisma-
tische oder eigentlich keilförmige Zäpf-
chen dicht neben einander zusammen-
gehäuft, als die Hornhaut Facetten hat.
Hierauf folgt noch weiter nach innen
eine zweyte farbige Haut; und auf diese
zu innerst etwas markiges, das für
eine
[411]Von den Augen.
eine Fortsetzung des Sehnerven genom-
men wird.
Wie aber die Insecten mit diesen Au-
gen sehen, das bedarf, so wie über-
haupt die wahre Bestimmung jener zwey
so ganz verschiedenen Arten der Au-
gen *), erst noch weiterer Untersuchung.
In dieser ganzen Classe *) sind ei-
gentlich bis jetzt bloſs bey den Tinten-
fischen wahre unverkennbare Augen er-
wiesen, bey welchen sie zwar denen der
rothblütigen Thiere, zumahl der Fische,
im Ganzen sehr ähnlich, wenigstens ohne
Vergleich ähnlicher sind, als die Augen
irgend eines bekannten Insects; doch
daſs sie sich auch von jenen durch man-
cherley eigenthümliche Besonderheiten
auszeichnen **). So ist bey ihnen z. B.
statt der Hornhaut nur eine locker mit
dem übrigen Augapfel verbundene Haut
vorgespannt; die Iris ist von sehr fester,
zäher Substanz, gleichsam wie eine
Fortsetzung der Sclerotica, und am obern
Rande mit einem in die Pupille ragen-
den Fortsatz versehen, wodurch letz-
tere eine fast halbmondförmige Ge-
stalt erhält; ihr Ciliarkörper vorzüglich
voll-
[413]Von den Augen.
vollkommen und deutlich ausgebildet
u. s. w.
Allen andern Würmern fehlen die
Augen entweder gänzlich, oder sie sind
wenigstens noch sehr zweifelhaft. Denn
selbst bey den Landschnecken *) ist es
doch noch problematisch, ob die schwar-
zen Puncte am äuſsersten Ende ihrer so
genannten Hörner für wahre zum Sehen
bestimmte Augen angesprochen wer-
den dürfen **).
Vom Herzen und andern muskulo-
sen Eingeweiden ist schon anderwärts
gehandelt. Hier ist nun von den ei-
gentlichen Muskeln die Rede, welche
für die insgemein so genannten willkür-
lichen Bewegungen bestimmt sind. Doch
liegt die ausführliche specielle Myologie
auſser dem Plan dieses Handbuchs, als
für welchen nur etwas Weniges von
dem gehört, was von Eigenheiten im
Muskelbau der verschiedenen Classen
und einiger deſshalb besonders merk-
würdiger Gattungen vorzüglich wichtig
scheint *).
Die gröſsere oder geringere Aehnlich-
keit des Muskelbaues der übrigen Säu-
gethiere *) zu des Menschen seinem,
läſst
*)
[416]XXII. Abschnitt.
läſst sich schon aus der mehrern oder
mindern Analogie folgern, die ihr Ge-
rippe in Vergleich zum menschlichen
zeigt. Mithin ist sie bey den Quadru-
manen am auffallendsten. Und doch
unterscheiden sich auch diese selbst
schon von auſsen durch die Kleinheit
ihrer Gesäſs- und Wadenmuskeln, als
deren Stärke und Wölbung bekanntlich
zu den Eigenthümlichkeiten der schönen
menschlichen Form gehört *).
Unter den Muskeln die dem Men-
schen und, so viel bekannt, auch den
Quadrumanen abgehen, hingegen wenig-
stens den allermehresten Quadrupeden
gemein sind, verdienen vorzüglich der
groſse Hautmuskel des Rumpfs **) (pan-
niculus
[417]Von den Muskeln.
niculus carnosus, expansio carnea, muscu-
lus subcutaneus) und der suspensorius
oculi*) Erwähnung.
Zu denen die hingegen nur gewissen
Geschlechtern und Gattungen eigen sind,
gehören z. E. die theils äuſserst zahlrei-
chen am Rollschwanze mancher Meer-
katzen
**)
D d
[418]XXII. Abschnitt.
katzen *) u. a. Südamerikanischen und
[Neuholländischen] Säugethiere; die schon
erwähnten im Elephantenrüssel **); der
am Kehldeckel vieler Quadrupeden ***)
(ceratoëpiglottidaeus) u. s. w.
Andere Muskeln, die wohl den meh-
resten Ordnungen der ganzen Classe ge-
mein sind, zeichnen sich aber doch bey
manchen Gattungen durch ausnehmende
Stärke zu besondern ihnen eigenthüm-
lichen Bewegungen aus; wie z. B. der
glutaeus medius beym Pferd *), der in
Verbindung mit einigen andern, zu-
mahl mit dem gemellus**), vorzüglich
das diesen Thieren eigene Hintenaus-
schlagen bewirkt; so die ungeheuer star-
ken flexores am Biberschwanz u. a. m.
Die Muskeln dieser Thierclasse zeich-
nen sich im Allgemeinen schon durch
die physiologische Eigenheiten aus, daſs
ihre Reizbarkeit vergleichungsweise sehr
D d 2schwach,
[420]XXII. Abschnitt.
schwach, und im Tode sehr bald ver-
gänglich ist, und daſs bey vielen die
Sehnen der langen Muskeln, zumahl an
den Extremitäten, doch theils auch am
Rumpfe, mit zunehmenden Alter ver-
knöchern *). Auffallend habe ich dieſs
nahmentlich am Kranichscelet gefunden.
Von der besondern Myologie **) der
Vögel ist schon das Merkwürdigste im
Vorher-
[421]Von den Muskeln.
Vorhergehenden berührt; z. B. von
Muskeln die ihnen eigen sind, wie die
an ihrer Blinzhaut; oder die ihnen feh-
len, wie das fleischigte Zwerchfell; oder
die sich bey ihnen durch ihre ausneh-
mende Gröſse und eigne Form auszeich-
nen, wie die Brustmuskeln u. s. w.
Die beyden Hauptordnungen dieser
Classe zeichnen sich durch eine auffal-
lende Verschiedenheit in ihrem Muskel-
bau von einander aus, die sich nach der
eben so groſsen Verschiedenheit ihres
Gerippes richtet. Bey den Reptilien
nämlich, zumahl bey den Schildkrö-
D d 3ten
**)
[422]XXII. Abschnitt.
ten *) und Fröschen, bey welchen der
Rumpf ihres Scelets so wenige Beweg-
lichkeit hat, sind der Muskeln wenigere
(— denn den Schildkröten fehlen sogar
auſser dem Zwerchfell auch die eigent-
lichen Bauch- und Brustmuskeln —),
aber dafür, besonders bey dem eben ge-
dachten Geschlechte, von ausnehmender
fleischiger Stärke: bey den Schlangen
hingegen sind sie einförmiger, dünner,
dagegen aber, wie es die mächtige Menge
ihrer Wirbel und Rippen und andern-
theils der Mangel aller äuſsern Bewe-
gungswerkzeuge erfordert, bey weiten
desto zahlreicher.
Das Muskelfleisch der Fische **) unter-
scheidet sich von dem der durch Lungen
athmen-
[423]Von den Muskeln.
athmenden Thiere im Ganzen schon
auſser seinem geringen Blutgehalt und
der davon herrührenden blassern Farbe,
vorzüglich durch das ihm eigene bey den
mehresten gleichsam blättrige und zu-
gleich groſsentheils sehnenloſse im Gan-
zen aber sehr einförmige *) Gefüge;
eine Einrichtung, die übrigens in Ver-
bindung mit der Menge ihrer Muskeln
genau dem groſsen Aufwand von An-
strengung und Kraft angemessen ist, den
der Aufenthalt und die ganze Oecono-
mie dieser Thiere mit sich bringt **).
Was so eben von der Einförmigkeit,
Menge und Kraft der Muskeln bey den
Fischen gesagt worden, das findet im
D d 4Ganzen
[424]XXII. Abschnitt.
Ganzen ebenfalls, nur anders modificirt,
aber meist noch auffallender bey den
Insecten statt *). Doch zeigt sich schon
bey den wenigen die aus dieser Rück-
sicht genauer untersucht worden, man-
cherley Verschiedenheit. So haben z. B.
die äuſserst starken Muskeln in den Krebs-
scheeren **) vergleichungsweise noch
groſse Aehnlichkeit mit denen bey man-
chen Organen der rothblütigen Thiere,
da sie sich hingegen bey andern In-
secten, wie nahmentlich bey den Rau-
pen, durch ihre eigene bläulichweiſse
Farbe; platte, gleichsam kurzen Band-
streifchen ähnelnde Form; weiches Ge-
füge und ganz ausnehmende Anzahl von
denen bey den vorigen Thierclassen aus-
zeichnen. Denn so zählte bekanntlich
Lyo-
[425]Von den Muskeln.
Lyonet*) in der Weidenraupe nicht
weniger denn 4061 Muskeln **), von
welchen nur allein 2186 dem tubus ali-
mentarius zugehören.
Mit dem Totalhabitus des Muskel-
systems der eben gedachten Raupen hat
wiederum das bey den Mollusken ***)
und den Bewohnern der Conchylien ****)
D d 5im
[426]XXII. Abschnitt. Von den Muskeln.
im Ganzen groſse Aehnlichkeit. Auſser
denen die den Würmern dieser beyden
Ordnungen überhaupt gemein sind,
haben, wie sich von selbst versteht, die
von der letzten noch besondere eigene
Muskeln zur Verbindung mit ihren Scha-
len und zur Bewegung derselben. So
z. B. in den Schnecken ansehnliche Mus-
kelbündel an ihrem Hinterleibe, mittelst
deren sie in dem Hauptgewinde ihres
Hauses festsitzen und sich in selbiges
hineinziehen; die Bivalven ihre mächtig
starken adductores um ihre Schalen zu
schlieſsen *) u. s. w. Vielen, besonders
von den eigentlich so genannten oder
nackten Mollusken, dient ein eigener
Apparat von Hautmuskeln zu der theils
so auffallenden Verkürzung ihres Kör-
pers: die hingegen bey den mehresten
Zoophyten und Bewohnern der Corallen
auch ohne sichtliche Muskelfasern durch
das ausnehmende Contractionsvermögen
in ihrem gallertigen Parenchyma statthat.
Die vergleichende Anatomie muſs
sich bey den Sexualfunctionen bloſs auf
diejenigen Thiere beschränken, bey wel-
chen bestimmte männliche Organe für
Befruchtung und weibliche zur Em-
pfängniſs vorhanden sind.
Zu jenen gehören hauptsächlich die
Geilen, Samenbläschen, Prostata und
männliche Ruthe. Doch sind die letz-
tern drey, zumahl die Bläschen und
Prostata, selbst unter den rothblütigen
Thieren, bey weitem nicht allgemein.
Die Geilen, und theils auch die Sa-
menbläschen und Prostata, sind bey vie-
len
[430]XXIII. Abschnitt.
len von denjenigen männlichen Thieren
die eine bestimmte Brunstzeit haben, von
ausnehmend veränderlicher Gröſse. um
diese Zeit nemlich mächtig angeschwol-
len, und hingegen in den von dieser Pe-
riode entferntesten Monaten äuſserst
klein. Besonders auffallend ist dieſs z. B.
an den Geilen des Maulwurfs, Sperlings,
der Frösche u. s. w. *).
Beyläufig verdienen doch auch erst
noch im Allgemeinen die eignen Organe
Erwähnung, womit die Männchen eini-
ger Gattungen von Thieren auſser den
Genitalien zu dem Zweck versehen sind,
um ihre Weibchen bey der Paarung da-
mit
[431]Von den männlichen Genitalien.
mit fest zu halten. So z. B. die Sporn
an den Hinterfüſsen des männlichen
Schnabelthiers; der knollige schwarze
Ballen der sich im Frühjahr am Daumen
des männlichen Grasfrosches bildet; die
beyden mit articulirenden Knochen ver-
sehenen Glieder neben den Genitalien
des männlichen Zitterrochen und eini-
ger andern Knorpelfische *); die Zange
am Hinterleibe der Libellen-Männchen
u. dergl. m.
Ein scrotum worin die Hoden auſser-
halb der so genannten Bauchhöhle hän-
gen, findet sich bloſs unter den Säuge-
thieren; aber bey weitem nicht bey allen
Gattungen derselben. Unter andern fehlt
es, und zwar sehr zweckmäſsig, den im
Wasser
[432]XXIII. Abschnitt.
Wasser lebenden Thieren dieser Classe;
so wie den vollkommenen subterraneis,
dem Maulwurf u. s. w.; und denen die
sich, wie der Igel u. a. bey Gefahr kug-
licht zusammenrollen. Von diesen be-
ständigen testicondis müssen diejenigen
Thiere unterschieden werden, bey wel-
chen (wie z. E. beym Hamster *) und der
canadischen Bisamratte **)) die Hoden,
nach Erforderniſs der Umstände, aus
dem Unterleibe heraus oder auch wieder
zurücktreten können.
Bey solchen testicondis wo auch zu-
gleich die männliche Ruthe auſser ihrer
Sexualfunction sehr versteckt liegt, wie
bey dem Kater, dem Rammler, dem
Elephanten u. s. w., hält es, vollends
wann sie noch jung sind, oft schwer, sie
auf den ersten Blick von den weib-
lichen Thieren derselben Art zu unter-
scheiden.
Bey vielen eigentlichen Quadrupeden,
z. B. beym Hund, Hengst, Widder u.
a. m. liegt in oder neben der Achse des
Testikels nach dem Nebengeilen zu ein
Streif von verdichtetem Schleimgewebe,
der unter dem Nahmen des corpusHigh-
mori bekannt, aber weder ein hohler
Canal, noch auch sonst von so kunst-
reichem Bau ist, als er von vielen Zer-
gliederern des 17ten Jahrhunderts be-
schrieben und abgebildet worden *).
Bey weiten die mehresten Gattungen
von Säugethieren, und zwar, die Ceta-
ceen
E e
[434]XXIII. Abschnitt.
ceen ausgenommen *), aus allen übrigen
Ordnungen der ganzen Classe, sind mit
Samenbläschen versehen, die sich bey
manchen, wie z. E. bey einigen Affen,
vor allen aber beym Igel **), während
seiner Brunstzeit durch eine auffallende
Gröſse auszeichnen.
Zu denenjenigen Gattungen hinge-
gen, denen sie gänzlich abgehen, ge-
hören nahmentlich das Hunde- und
Katzengeschlecht, die Bären, Beutel-
thiere, Fischottern, Seehunde und das
Schnabelthier.
Die bey manchen Gattungen ein-
fache, bey den mehresten aber doppelte
Prostata, ist wohl nur den Säugethieren
eigen, aber vermuthlich allen Gattungen
der ganzen Classe gemein. Wenigstens
finden sich bey denen, welchen sie von
Manchen abgesprochen werden, wie
beym Bock und Widder, ansehnliche
drüsenartige Körper, die im Ganzen doch
mehr Aehnlichkeit mit diesen, als mit
den Cowperschen Drüsen zu haben
scheinen *).
Zu den vom menschlichen Baue ab-
weichenden Eigenheiten der männlichen
E e 2Ruthe
[436]XXIII. Abschnitt.
Ruthe in dieser Thierclasse gehört, daſs
dieselbe bey manchen Gattungen nur
Ein corpus cauernosum penis ohne Schei-
dewand hat. So z. E. beym Schwein
und bey den Cetaceen, bey welchen letz-
tern dieser schwammiche Körper gar
wunderbar wie mit sehnichten Zellen
durchkreuzt ist *).
Bey einigen Gattungen, deren Paa-
rung eine längere Zeit braucht, wie z. E.
bey den Hunden, Dachsen u. s. w. ist
der schwammiche Körper der Eichel, und
theils auch der untere Theil am hintern
Ende der Ruthe, so eingerichtet, daſs
er während jenes Acts weit stärker als
die übrige Ruthe anschwillt, und da-
durch die festere Verbindung mit den
weiblichen Organen bewirkt wird **).
Viele Gattungen von Säugethieren,
zumahl von denen die keine Samenbläs-
chen haben, und wohl eben deſswegen
einer längern Zeit zur Paarung bedür-
fen, doch auch manche von den übri-
gen *) sind mit einem besondern,
meist cylindrischen, theils rinnenförmi-
gen Knochen **) in der männlichen
Ruthe versehen. So einige Affen, die
mehresten Fledermäuse, der Hamster
und viele andere mäuseartigen Thiere,
der Hund, Bär, Dachs, das Wiesel, die
Robbe, das Wallroſs u. a. m. ***).
Bey den allermehresten männlichen
Thieren dieser Classe verläuft sich die
Harnröhre bis zur Eichel, und dient zum
gemeinschaftlichen Ausführungsgang für
den Harn, den liquor prostatae und den
Samen. Bey einigen wenigen Gattun-
gen sind aber für den erstern und für
die zum Zeugungsgeschäfte gehörigen
Säfte besondere Abführungswege vor-
handen. Beym Opossum z. B. ist die
gabelförmig gespaltene Eichel mit drey
[Mündungen] versehen; eine für den Harn
in der Fuge wo jene Theilung beginnt,
und zweye für den Samen an den bey-
den Spitzen der Eichel *). Beym Schna-
belthier
***)
[439]Von den männlichen Genitalien.
belthier öffnet sich die kurze Harnröhre
gerade in die cloaca, und die ansehn-
liche Ruthe hingegen dient bloſs zur
Ausleerung des Samens, der sich durch
die beyden mit stachelichten Papillen be-
setzten Mündungen der gleichsam zwey-
kolbigen Eichel ergieſst *); beym orni-
thorhynchus hystrix endigt sich die im
übrigen dem eben gedachten Bau ähn-
liche Ruthe gar in vier Eicheln **).
Die Eichel ist, zumahl bey manchen
Gattungen aus dem Katzengeschlecht,
mit Widerhäkchen besetzt, die wohl
auch diesen mit keinen Samenbläs-
chen versehenen Thieren zur innigern
E e 4und
*)
[440]XXIII. Abschnitt.
und längern Verbindung bey der Paarung
dienen mögen *).
Endlich verdient auch noch ange-
merkt zu werden, daſs bey manchen
Gattungen dieser Thierclasse die männ-
liche Ruthe, so lange sie sich auſser
Erection befindet, nach hinten gekehrt
ist, so daſs sie ihr Wasser in der glei-
chen Richtung wie die weiblichen Thiere
lassen. So, um nur wenige Beyspiele
zu nennen, der Hase, der Löwe und die
Camele. Aber irrig ist die seit Aristote-
les**) so oft nachgeschriebene Behaup-
tung,
[441]Von den männlichen Genitalien.
tung, als ob diese retromingentia sich
auch rückwärts paarten.
Die an den Nieren liegenden Geilen
und die ductus deferentes sind die einzi-
gen in dieser Classe allgemein constan-
ten Theile der männlichen Genitalien *).
Nur bey wenigen, wie z. B. beym
Hahn, endigen sich die eben genannten
Gänge in eine längliche Weitung, die
man für ein Analogon der Samenbläs-
chen hat wollen gelten lassen.
Statt einer Ruthe finden sich bey den
mehresten in der cloaca zwey kleine Pa-
pillen, in welche sich jene Samengänge
verlaufen. So z. E. beym Hahn **), Pu-
ter, Tauber u. s. w.
Einige wenige Gattungen aber haben
eine einfache Ruthe von beträchtlicher
Länge, die auſser der Paarung neben der
cloaca zusammengeschlagen und verbor-
gen liegt, aber nachdem das Thier sein
Weibchen getreten hat, noch einige Zeit
sichtbar bleibt, ehe sie sich wieder zu-
rückzieht. Beym Aentrich *) ist dieſs
eine lange, wurmförmige Röhre; beym
Straus hingegen eine Rinne, die auch
beym Harnen des Thiers zum Vorschein
kommt **).
Bey den Schildkröten liegen die Nie-
ren, Geilen und Nebengeilen dicht an
einander, jedes von diesen drey Organen
unterscheidet sich aber durch eigene
Farbe und Gefüge auf den ersten Blick.
Samen-
[443]Von den männlichen Genitalien.
Samenbläschen scheinen sie nicht zu
haben *); wenigstens finde ich bey ei-
ner Testudo graeca, die ich kürzlich zer-
gliedert, keine Spur davon. Hingegen
ist ihre Ruthe von auffallender Gröſse;
auſser der Sexualfunction in der Cloaca
zurückgezogen; statt der Harnröhre mit
einer Rinne versehen, deren Seitenrän-
der sich aber wohl in der Erection an
einan-
[444]XXIII. Abschnitt.
einander legen, und so eine geschlossene
Röhre bilden *). Die Eichel endigt sich
in eine stumpfe, hakenförmige Spitze,
gewissermaſsen wie das Ende des Ele-
phantenrüssels.
Unsere hieländischen eigentlich so ge-
nannten Frösche**) haben ansehnliche
Samenbläschen, und statt der Ruthe
in der Cloaca eine kleine Papille.
Den Kröten***) fehlt beydes; sowohl
die Bläschen als diese Warze.
Die Crocodile haben eine einfache
Ruthe; die hieländischen Landeidechsen
hingegen
[445]Von den männlichen Genitalien.
hingegen ihrer zwey; die Wassermolche
aber, die sich nicht paaren, überhaupt
nichts einem solchen Organ ähnliches.
Die Schlangen haben sehr lange,
schmale Geilen, keine Samenbläschen,
aber doppelte Ruthen, deren jede wieder
gabelförmig gespalten, und mit stache-
ligen Widerhäkchen besetzt ist *).
Die männlichen Genitalien sind in den
verschiedenen Ordnungen dieser Classe **)
selbst von verschiedenem Bau ***). Wir
heben
[446]XXIII. Abschnitt.
heben nur zwey Gattungen als Muster
aus. Von Knorpelfischen, den Zitterro-
chen, von den mit Gräten versehenen,
den Karpen.
Bey jenem finden sich deutliche
Geilen, die theils aus zahllosen Drüsen-
körnchen, theils aber, wie bey den Grä-
tenfischen, aus Milch bestehen; vasa de-
ferentia, und ein Samenbläschen, das sich
mittelst einer kleinen Papille in den
Mastdarm öffnet *).
Beym Karpen **) hingegen vertritt,
so wie bey vielen andern Grätenfischen,
die Milch die Stelle der Geilen, und bil-
det bey diesem zwey längliche, platte
Eingeweide von ansehnlicher Gröſse,
weiſser Farbe und zackiger, irregulärer
Gestalt, die zu beyden Seiten der Ge-
därme und der Schwimmblase liegen, so
daſs
[447]Von den männlichen Genitalien.
daſs die linke den Mastdarm wie eine
Rinne umfaſst. Mitten durch jeden
dieser beyden Milche läuft ein ductus
deferens, der hinten in eine Art Samen-
bläschen übertritt, das sich dann beym
After nach unten öffnet *).
Auch aus dieser Classe erlaubt uns
die vielartige Verschiedenheit des Baues
bey
[448]XXIII. Abschnitt.
bey den verschiedenen Ordnungen, Ge-
schlechtern und Gattungen *), nur ein
Paar der letztern als Beyspiele auszu-
heben.
[449]Von den männlichen Genitalien.
heben. Den Seidenwurmschmetterling
wegen der Aehnlichkeit seiner Genita-
lien mit denen bey manchen der so ge-
nannten vollkommenern warmblütigen
Thiere. Und eine Heuschrecke wegen
der scheinbaren äuſsern Analogie ihrer
männlichen Zeugungstheile mit den
weiblichen.
Bey dieser (dem Gryllus verruciuo-
rus) sehen nämlich zumahl die mächtig
groſsen Testikel mit ihren bündelweis
zusammengefalteten Gefäſsen, den eben
so groſsen Eyerstöcken mit den auch
gleichsam bündelweis darin vertheilten
Eyern, auffallend ähnlich *).
Beym Seidenfalter aber unterscheidet
man auſser den Geilen auch noch lange
davon ableitende vasa deferentia, selbst
eine Art von Samenbläschen, und eine
sehr ansehnliche Ruthe mit hakenför-
miger Eichel **).
Eben so auch aus dieser Classe nur
zwey Beyspiele statt vieler *). Eins
von einem Intestinalwurm (Ascaris lum-
bricoides), weil es auch noch für Noso-
logie Interesse hat, das andere von
einem Molluscum, dem Tintenfisch,
wegen der ganz sonderbaren Eigenhei-
ten bey den männlichen Genitalien des-
selben.
Der Spulwurm hat nur Einen Geilen,
der ungefähr in der Mitte des Thiers
liegt,
[451]Von den männlichen Genitalien.
liegt, und aus einem einzigen in ein
längliches Bündel zusammengefalteten
Gefäſs besteht, das sich leicht auseinan-
der wickeln läſst, und dann gegen drey
Fuſs lang ist. Es verliert sich nach
dem Hintertheil des Wurms zu in eine
dickere Röhre, fast von der Stärke einer
Rabenspule, und hieran stöſst die im
Schwanzende verborgene Ruthe, die
vermuthlich bey der Paarung heraus-
tritt *).
Die männlichen Genitalien des Tin-
tenfisches (Sepia loligo) sind zumahl
durch die merkwürdigen, freylich wohl
in der Beschreibung etwas verschöner-
ten, Beobachtungen berühmt worden,
die Türberv. Needham daran ge-
macht **), und die Büffon zu einer
Hauptstütze seiner Zeugungshypothese
F f 2be-
[452]XXIII. Abschn. V. d. männl. Genitalien.
benutzt hat *). Der Theil, der sich
mit der Milch der Grätenfische verglei-
chen läſst, enthält zur Leichzeit viele
hundert kleiner (etwa vier Linien lan-
ger) röhrenförmiger Samenbehälter, die
bündelweis nach dem Ausführungsgang
hin gerichtet sind, und zusammen in
einer zähen Feuchtigkeit liegen. Diese
ganzen Röhrchen werden excernirt, da
dann ein spiralförmiges Gefäſs, welches
sie nebst dem eigentlichen Samen wie in
einer Hülse enthalten, das dünnere Vor-
derende derselben sprengt, so daſs sich
der Same selbst ergieſst und die geleich-
ten Eyer des Weibchens befruchtet.
Von allen zu den weiblichen Geni-
talien gehörigen Organen ist ein Eyer-
stock der allerwesentlichste und allge-
meinste. Auſser ihm finden sich bey
allen durch Lungen athmenden Thier-
classen, so wie bey manchen Fischen
und vielen weiſsblütigen Thieren, auch
so genannte Eyergänge (Fallopische
Röhren u. s. w.), die vom Eyerstock
zur Gebärmutter führen, und endlich,
— wenigstens bey denen, die durch
wirkliche Paarung befruchtet werden,
auch eine Scheide, wodurch wiederum
der Uterus mit den äuſsern Sexualtheilen
in Verbindung kommt.
Bey den Vögeln sind alle diese Theile
nur einfach. Manche Knorpelfische ha-
ben zwar doppelte Eyergänge, die aber
doch mit einer gemeinschaftlichen Mün-
dung beginnen, und sich auch in einer
einfachen Gebärmutter enden. Das weib-
liche Menschengeschlecht, so wie viele
andere Säugethiere, hat zwey Eyer-
stöcke, und für jeden einen besondern
Eyergang, aber einfache Gebärmutter
und Scheide. Viele andere weibliche
Thiere dieser Classe haben einen vterus
bicornis; einige andere aber fast durch-
gehends gedoppelte innere Genitalien,
nämlich selbst vollkommen doppelte
vteros, und, wenigstens zum Theil,
auch doppelte Scheiden, wie das Opos-
sum (— tab. VII. —).
Von den zu den äuſsern weiblichen
Sexualorganen dieser Thierclasse gehöri-
gen besondern Theilen ist wohl die cli-
toris
[455]Von den weiblichen Genitalien.
toris der allgemeinste *), als welche
vielleicht bloſs dem Schnabelthier ab-
geht **), sich hingegen selbst bey den
Cetaceen findet ***).
So wie sie überhaupt manche Aehn-
lichkeit mit der männlichen Ruthe zeigt,
so ist sie auch bey mehrern Gattungen
von Säugethieren, z. E. bey der Ziesel-
F f 4maus
[456]XXIV. Abschnitt.
maus (Marmota citillus), dem Wasch-
bären, der Löwin, der Fischotter u. s. w.
mit einem kleinen Knochen versehen;
und so wie die Ruthe des männlichen
Beutelthiers eine gespaltene Eichel hat
(§. 219), so ist auch der Kitzler beym
weiblichen auf eine ähnliche Weise ge-
theilt (— tab. VII. c. —). Beym Loris
(Lemur tardigradus) geht die Aehnlich-
keit gar so weit, daſs sich selbst die
Harnröhre in denselben verläuft und
sich an seinem vordern Ende mündet *).
Aber auch schon bey der Ratte, Haus-
maus, dem Hamster u. s. w. liegt die
clitoris und die Oeffnung der Harnröhre
vom Eingang zur Scheide entfernt,
mehr nach vorn; ein Bau, der daher zu-
weilen für eine widernatürliche Zwit-
tergestaltung miſsgedeutet worden **).
Ein wahres hymen ist wohl, we-
nigstens in der Form und Lage wie
bey Mädchen und Jungfrauen, noch
bey keinem andern weiblichen Thiere
bemerkt worden. Denn selbst die be-
kannte häutige Klappe vor der Harn-
röhrenmündung in der Scheide der
Stute u. s. w. *) ist doch sehr davon
verschieden **).
Die Mutterscheide (vagina) der Qua-
drupeden, so viel ich deren aus dieser
Rücksicht untersucht habe, unterschei-
det sich hauptsächlich durch zweyerley
von der menschlichen. Durch ihre Rich-
F f 5tung,
[458]XXIV. Abschnitt.
tung, und durch den Habitus ihrer in-
nersten Haut. Jene liegt nämlich, so
wie es der Bau ihres Beckens mit sich
bringt, mit dem uterus, oder wenig-
stens mit dem Mutterhalse, fast ganz
in der gleichen Axe. Und diese, die
drüsenreiche Haut, womit ihre Höh-
lung ausgekleidet ist, bildet keine so
äuſserst elegante Querfurchen wie im
Menschengeschlecht, sondern ist bey
den mehresten bloſs in die Länge gerun-
zelt; und wo auch Querfalten sind, so
finden sie sich doch entweder nur, wie
bey der Kuh, am vordern Ende der
Scheide hinter dem äuſsern Mutter-
munde, oder wenn sie sich, wie bey
den Aeffinnen, weiter erstrecken, so
sind sie doch, wie gesagt, durchgehends
von der ausnehmenden Sauberkeit, die
sich in der menschlichen vagina zeigt,
sehr entfernt *).
Die Gebärmutter selbst ist in dieser
Classe von auffallend verschiedener Tex-
tur und Gestaltung. Von solcher Stärke
und Derbheit des parenchyma wie beym
Weibe findet sie sich wohl bey keinem
andern Säugethiere *). Unter denen,
die
*)
[460]XXIV. Abschnitt.
die ich zergliedert, hatte das Weibchen
von Simia syluanus vergleichungsweise
noch den derbsten uterus. Nächst dem
das von dem zweyzehichten Ameisenbär.
Bey den allermehrsten Säugethieren ist
er hingegen, wie bekannt, dünnhäutig,
gleichsam darmähnlich, aber mit einer
unverkennbaren wahren Muskelhaut ver-
sehen.
Die vielartige Form des ungeschwän-
gerten uterus in dieser Thierclasse läſst
sich auf folgende Hauptverschiedenhei-
ten zurück bringen:
1) Einfach ohne Hörner (vterus sim-
plex) meist birn- oder eyförmig. So
zumahl bey den gedachten Thieren mit
derber Gebärmutter. Doch ist sein Um-
riſs bey manchen Aeffinnen von mehr
dreyeckter Form, als beym Weibe, und
bey
*)
[461]Von den weiblichen Genitalien.
bey einigen (z. B. beym Gibbon) finden
sich oben nach den Fallopischen Gängen
zu schon gleichsam Anlagen zu ein paar
stumpfen Säcken *), die beym Loris
(Lemur tardigradus) noch deutlicher aus-
gewirkt sind, und sich schon dem vte-
rus bicornis nähern **).
2) Einfach, aber mit geraden oder
etwas gebogenen Hörnern (vterus bicor-
nis). Gerade sind sie bey der Hün-
dinn ***); auch bey den hieländischen
Fledermäusen, bey der Fischotter, den
Seehunden u. s. w. ****); mehr gebogen
bey den Cetaceen †), bey der Stute ††),
beym
[462]XXIV. Abschnitt.
beym Igel, noch stärker bey den bi-
sulcis *).
3) Dopp[e]lt, als bloſse Hörner, die
mit keiner besondern einfachen Mutter-
höhle zusammenhängen, sondern un-
mittelbar in die Scheide münden (vte-
rus duplex), bey den Hasen **) und
Caninchen ***).
4) Doppelt, mit sonderbaren groſsen
Seitenwindungen (vterus anfractuosus),
beym Opossum (— tab. VII. —) ****),
und
[463]Von den weiblichen Genitalien.
und auf eine ähnliche Art auch beym
Känguruh *).
Jene vielartigen Gestaltungen leiden
aber im trächtigen Zustande auch ver-
schiedenartige Abänderung.
Beym einfachen uterus scheint sich
diese äuſsere Formänderung im Ganzen
wie bey der schwangern Gebärmutter
des Weibes zu verhalten.
Beym trächtigen vterus bicornis ist
wiederum die Form anders bey denen,
die in der Regel nur Ein Junges auf ein-
mahl werfen, als bey den multiparis.
Bey der Stute liegt die Frucht bloſs
in der Höhle der eigentlichen Gebär-
mutter.
****)
[464]XXIV. Abschnitt.
mutter *). Bey der Kuh aber auſserdem
auch zugleich in dem einen damit zusam-
menhängenden erweitertem Horne **).
Bey denen hingegen, die viele Junge
zugleich werfen, so wie auch beym
vterus duplex der Hasen und Caninchen,
in beyden Hörnern, die sich dann bey
denen, wo sie im ungeschwängerten Zu-
stande gerade sind, wie bey den Hun-
den, krumm winden, und nach der
Zahl der darin befindlichen Früchte
durch flache Einschnitte abgetheilt wer-
den ***).
Der vterus anfractuosus der Beutel-
thiere erleidet wohl die mindeste Ab-
änderung seiner sonstigen Gestaltung,
da diese wunderbaren Geschöpfe ihre
Brut so auſser Verhältniſs klein, gleich-
sam als ganz unreife Abortus gebären.
Von den Fallopischen Röhren bemerke
ich hier bloſs, daſs dieselben bey man-
chen, wie z. E. beym gemeinen Affen
(S. syluanus), und noch mehr beym
Opossum (— tab. VII. l. r. —) wie
knaulförmig in einander geschlängelt
sind. Und von den so genannten Fim-
brien, daſs diese bey andern, wie z. E.
beym Caninchen, eine meist trichter-
förmige Gestalt haben.
Die Eyerstöcke sind bey den mehre-
sten Gattungen eyförmig, so daſs die
Graafischen Bläschen im Parenchyma
derselben gleichsam versteckt liegen.
Bey manchen, wie z. E. beym Schwein,
G gpro-
[466]XXIV. Abschnitt.
prominiren diese Bläschen nach auſsen,
so daſs die ovaria wie mit kuglichten
Buckeln besetzt (mammelonirt) schei-
nen *); beym Igel aber hängen die
Bläschen meist ganz frey, so daſs die
Eyerstöcke dieses Thiers kleinen Trau-
ben, und in so fern der Vögel ihren
ähneln.
Die Anzahl der Bläschen scheint im
Ganzen ungefähr mit der Menge der
Jungen übereinzustimmen, die eine
Mutter in ihrem Leben hecken kann **).
Und
[467]Von den weiblichen Genitalien.
Und die gelben Körper, die diesen Nah-
men von der Farbe haben, die sie in
den Eyerstöcken der Kühe zeigen, fin-
den sich wohl schwerlich bey irgend
G g 2einem
**)
[468]XXIV. Abschnitt.
einem Quadruped anders, als nach vor-
gängiger Befruchtung *).
Die weiblichen Genitalien dieser
Thierclasse lassen sich am faſslichsten
unter drey Hauptabtheilungen bringen.
Die äuſsern mit Inbegriff der cloaca;
dann der darmähnliche tubus genitalis;
und endlich der fast ganz davon abge-
sonderte Eyerstock.
Und da ihr Totalbau bey allen weib-
lichen Vögeln, so viel bekannt, im
Ganzen sehr übereinstimmt, so können
wir
[469]Von den weiblichen Genitalien.
wir nur gleich die allgemeinstbekannte
Gattung, die Henne, zum Muster neh-
men *).
Die äuſsere Mündung der Genitalien
wird durch eine Querspalte hinter den
von einanderstehenden Schambeinen
(§. 53.) gebildet, die bey der Henne
gröſser ist, als beym Hahn, und deren
kleinere vordere Lefze von der gröſsern
hintern (velabrum) bedeckt wird.
Diese Spalte führt zur cloaca, in
welcher viererley verschiedene Organe
münden (§. 114). Der Mastdarm, und
an dem wulstigen Rande seiner Oeffnung
die beyden Harnleiter; zu seiner Linken
G g 3die
[470]XXIV. Abschnitt.
die Mutterscheide, und hinter jenem
Rande nach oben die bursaFabricii*).
An dem langen darmähnlichen, im
Ganzen freylich ziemlich einförmigen,
G g 4tubus
*)
[472]XXIV. Abschnitt.
tubus genitalis lassen sich doch drey
Theile wiederum besonders unterschei-
den. Die Scheide, der eigentliche vte-
rus und der ouiductus, der sich zu
äuſserst in das ohnehin ganz davon dif-
ferirende infundibulum endet.
Die Scheide ist etwa anderthalb Zoll
lang, sehr dehnbar, hat aber eine ge-
schlängelte Lage.
Der vterus ist ungefähr eben so lang,
aber von weiterem Umfange, fleischich-
tern Wänden, und, zumahl inwendig,
gefaltet.
Der ouiductus (Fr. la portière) ist
gleichsam eine Fortsetzung desselben,
wohl anderthalb Fuſs lang, darmförmig
gewunden, hin und wieder durch
schwache Einschnitte um etwas veren-
gert,
*)
[473]Von den weiblichen Genitalien.
gert, überhaupt conisch, nämlich nach
dem infundibulum zu schlanker, seine
innere Haut mit unzähligen Zäpfchen
zur Abscheidung des mehrsten Eyweiſses
besetzt *) und nach oben wie mit einer
Art von Gekröse (mesometrium s. mese-
raeon vteri) am Rückgrat befestigt.
Er mündet endlich an seinem äuſser-
sten dünnern Ende ins infundibulum,
das zur Aufnahme der Dotter aus dem
Eyerstocke bestimmt ist, und eine läng-
liche ausgebreitete feine Haut mit aus-
nehmend sauber gefaltetem Rande vor-
stellt, die hinterwärts durch ein rundes
sehnichtes Band mit dem vterus ver-
bunden wird.
Der traubenförmige Eyerstock liegt
unter der Leber, und hält bey einem
G g 5jungen
[474]XXIV. Abschnitt.
jungen Legehuhn wohl gegen 500 Dot-
ter, von der Gröſse eines Nadelknopfs
bis zur Reife, und zwar liegen die reif-
sten immer nach dem äuſsern Umfange
des Stocks. Jeder Dotter ist in einer
Haut (calyx) eingeschlossen, die mit-
telst eines kurzen petiolus am Stocke
sitzt. Wenn ein Dotter reift, so zeigt
sich auſsen an seinem calyx eine weiſse
glänzende Linie, nach deren Richtung
diese Haut endlich berstet und ihren
Dotter von sich läſst, der vom infun-
dibulum auf eine schwer zu begreifende
Weise *) aufgenommen und in den oui-
ductus
[475]Von den weiblichen Genitalien.
ductus getrieben wird, wo er während
seines Durchgangs sein Eyweiſs und
seine Häute, und endlich auch seine
Kalkschale erhält, die im uterus zu
ihrer vollen Festigkeit gelangt. Der ca-
lyx hingegen bleibt am Eyerstocke und
schrumpft allgemach ein, so wie über-
haupt bey alten Hühnern, wenn sie
aus-
*)
[476]XXIV. Abschnitt.
ausgelegt haben, die sämmtlichen in-
nern Genitalien fast bis zur Unkennt-
lichkeit einkriechen und schwinden.
Bey den Schildkröten, nahmentlich
bey den auf dem Lande lebenden, ist
in den äuſsern Genitalien eine deut-
liche, in der cloaca liegende, clitoris zu
merken. Ihre vteri, ouiductus und Eyer-
stöcke haben im Ganzen viel Aehnlich-
keit mit der Vögel ihren, nur daſs bey
ihnen alle diese innern Sexualorgane
gedoppelt da sind, und sich auch die
kurzen Scheiden mit zwey Mündungen
in die cloaca öffnen *). Auch sind nur
die beyden Gebärmütter fleischig, die
oviductus hingegen überaus zarthäutig.
Die hieländischen, eigentlich so ge-
nannten Frösche haben auſser der cloaca
einen
[477]Von den weiblichen Genitalien.
einen groſsen blasenförmigen uterus, der
aber inwendig durch eine verticale
Scheidewand in zwey Höhlen getheilt
ist, aus welchen zwey wohl eine Elle
lange darmförmig gewundene oviductus
entspringen, die in ihrem Fortgange
enger werden, und sich zuletzt mit
einer offenen Mündung zu beyden Sei-
ten des Herzens enden. Die Eyerstöcke
hingegen liegen unter der Leber, so
daſs es auch schwer zu begreifen ist,
wie die einzelnen Eyer von da in die
eben gedachten Mündungen gelangen *).
Den Kröten fehlt jener blasenför-
mige uterus, sondern ihre oviductus
treten über der cloaca in einen gemein-
schaftlichen Ausgang zusammen **).
Auch bey den hieländischen Eidech-
sen ist der Bau dieser Theile im Ganzen
wie bey den letztgedachten Thieren,
nur sind die oviductus nach Verhältniſs
weiter, aber kürzer, und der Eyerstock
enthält wenigere Eyer.
Die weiblichen Schlangen haben [auch]
doppelte äuſsere Oeffnungen der Geni-
talien, zur Aufnahme der doppelten
Organe ihrer Männchen (§. 326.). Ihre
langen oviductus sind meist sonderbar
geschlängelt und gefaltet; und ihre Eyer-
stöcke ähneln einem Paar langer mit
gelbartigen Bläschen besetzter Schnüre.
Aus dieser Classe *) hier nur wieder,
so wie im vorigen Abschnitt, den Zit-
ter-
[479]Von den weiblichen Genitalien.
terrochen und Karpen als Muster der
beyderley Hauptarten von Fischen.
Jener *) hat doppelte uteros, die
nach hinten mit einer gemeinschaftli-
chen Scheide in die cloaca münden,
nach vorn aber in die oviductus über-
gehen, welche sich dann am Ende in
ein ebenfalls gemeinschaftliches infun-
dibulum zur Aufnahme der successiv
reifern und dann in Vergleichung zu
den Grätenfischen sehr groſsen Dotter
aus den traubenförmigen Eyerstöcken
öffnen. Diese Dotter werden erst wäh-
rend ihres Durchgangs durch den ovi-
ductus mit Eyweiſs und der sonder-
baren hornartigen Schale versehen, die
unter dem Nahmen der Seemaus **) be-
kannt,
[480]XXIV. Abschnitt.
kannt, und von länglich vierkantiger
Form ist, deren vier Ecken sich bey
den Rochen in eine gekrümmte Spitze,
und bey den Hayen in einen sonderbar
gekräuselten hornartigen Faden verlie-
ren *). Zu dieser Secretion des Ey-
weiſses und Ausbildung der Schale dient
theils die papillose innere Haut der Eyer-
gänge, theils auch die beyden drüsenarti-
gen Wülste, die gerade in den Sommer-
monathen, während welcher diese Knor-
pelfische ihre Eyer legen, am vordern
Ende der Eyergänge, gegen das infun-
dibulum hin, zu sehen sind **).
Beym Karpen, so wie vermuthlich
bey den allermehresten eyerlegenden
Grätenfischen, ist der Bau weit einfacher.
Die
[481]Von den weiblichen Genitalien.
Die beyden Rogen liegen nämlich, so
wie die Milch der Männchen (§. 327.),
zu beyden Seiten der Gedärme, Leber
und Schwimmblase bis zum After; be-
stehen bloſs aus einer zarten Haut, wel-
che die durchgehends gleich groſsen und
äuſserst zahlreichen Eyer (beym Karpen
über 200,000) einschlieſst; und endigen
mit einem gemeinschaftlichen Ausgang
hinter dem After *).
Wieder nur von den beyden schon
im vorigen Abschnitte zu Beyspielen
gewählten Gattungen **).
Beym Gryllus verruciuorus hält jeder
der beyden ansehnlichen Eyerstöcke auf
50
H h
[482]XXIV. Abschnitt.
50 gleichsam bündelweise vertheilte
Eyer, und beyde verbinden sich am
hintern Ende mit einander und öffnen
sich zwischen den beyden Scheiden des
Legestachels *).
Beym Seidenfalter hingegen besteht
jeder seiner beyden Eyerstöcke wie aus
vier Perlschnürchen, deren jedes auf 60
Eyer enthält, die durch einen kurzen
Ausführungsgang (der aber mit mehre-
ren sackförmigen, vor der Hand noch
problematischen, Eingeweiden zusam-
menhängt) am Ende des Hinterleibes
gelegt werden **).
Ebenfalls bloſs die beyden Thiere
als Muster deren männliche Zeugungs-
theile oben beschrieben worden ***).
Beym weiblichen Spulwurm ist die
Oeffnung seiner Genitalien ohngefähr
auf der Mitte des Körpers, und führt
erst zu einem kurzen Gange, der sich
dann nach dem hintern Ende des Thiers
hin in zwey lange Schenkel theilt, die
zuletzt in zwey noch weit längere auf
und abgewickelte zarte, fadenförmige
Eyergänge sich verlieren *), welche oft
bey gedrückten oder geborstenen Spul-
würmern zum Leibe heraushangen, und
wohl eher zu dem Irrthum verleitet ha-
ben als seyen das junge Würmer, das
Thier folglich lebendig gebährend u. s. w.
Beym Tintenfisch scheint der weib-
liche Bau im Ganzen sehr einfach;
ein doppelter Eyerstock mit Eyern, von
ungleicher Gröſse, der sich in einen ge-
meinschaftlichen Ausgang beym After
und der Mündung des Tintenbeutels
endigt **).
Das erste was sich nach der Befruch-
tung der weiblichen Säugethiere in ihrer
dadurch trächtig gewordenen Gebärmut-
ter bildet, sind die Häute (inuolucra) der
eyförmigen Blasen, in welchen dann
nach bestimmten Terminen die Leibes-
frucht sichtbar wird, die mittelst der
Nabelschnur mit jenen Häuten, und so
mit dem vterus der Mutter selbst, in
Verbindung steht, und dadurch bis zu
ihrer Wurfzeit ernährt wird. Demnach
scheint es die natürlichste Ordnung, auf
die Beschreibung der Gebärmutter nun
zunächst die von den Häuten und ande-
H h 3ren
[486]XXV. Abschn. V. d. Leibesfr. der Säugethiere
ren Theilen der sogenannten Nachgeburt
und zuletzt endlich das folgen zu lassen,
was auch über die Leibesfrüchte selbst
hier angemerkt zu werden verdient.
Die Verbindungsart des trächtigen
uterus mit den Häuten der Nachgeburt
und durch diese mit der Frucht, zeigt
bey den Säugethieren eine dreyfache
Hauptverschiedenheit. Entweder näm-
lich hängt die Gebärmutterhöhle mit der
ganzen äuſsern Haut des sogenannten
Eyes zusammen; oder sie ist mittelst ei-
ner einfachen placenta, oder aber durch
zahlreichere cotyledonen mit derselben
verbunden.
Das erstere ist der Fall bey der träch-
tigen Sau *); und noch bestimmter bey
der Stute, als bey welcher die äuſsere
Haut
[487]u. d. Organen, mit welchen sic verbunden ist.
Haut des sogenannten Eyes, das chorion,
gewissermaſsen einen sackförmigen Mut-
terkuchen vorstellt. Es ist dasselbe
nämlich, zumahl in der zweyten Hälfte
des Trächtigseyns, mit zahlreichen und
theils gar starken Verästelungen der
Nabelschnuradern durchzogen, und auf
der Auſsenseite mit unzähligen schwam-
michten Zäpfchen besetzt, die mit der
innern Seite der Gebärmutter zusam-
menhängen *).
Bey denen Thieren dieser Classe die
ihre Früchte mittelst eines Mutterku-
chens ernähren, zeigt sich wieder bey
mancherley Gattungen merkwürdige Ver-
schiedenheit, theils in der Form und bey
einigen auch in der successiven Verän-
derung derselben, theils aber auch im
einfachern oder zusammengesetztern Bau
dieses Organs.
Bey den mehresten Digitatis, so wie
bey den Quadrumanen, ist die placenta
rundlich *); doch theils wie aus zwey
neben einander liegenden Hälften zu-
sammengesetzt, bey der Hündinn aber
so wie bey der Katze, Marter u. s. w.
gurtförmig (cingulum s. zona) **), und
beym Iltis hält ihre Form gleichsam das
Mittel zwischen diesen beyden, da sie
aus zwey runden Kuchen besteht, die
durch ein breites gurtförmiges Zwi-
schen-
[489]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
schenstück mit einander verbunden
sind *).
Von Formwandelung dieses Organs
glaube ich das allersonderbarste Beyspiel
im Igel gefunden zu haben. Bey die-
sem nimmt nämlich einige Wochen
nach der Befruchtung die placenta meist
den ganzen Umfang des chorii ein, hat
ungefähr die Gestalt und Gröſse einer Ha-
selnuſs, und ist dabey von innen schwam-
micht, blutreich; nach auſsen aber derb
und fest, gleichsam von Knorpelhärte.
Doch ist sie nicht durchaus von gleicher
Stärke, sondern nach der concaven Seite
der Mutterhörner hin weit dünner und
geschmeidiger als an der entgegengesetz-
ten. (— Tab. VIII. fig. 1. —) Mit der
Zeit aber nimmt jene dünne, geschmei-
dige Stelle an Umfang zu, wird allge-
mach fast membranös und die entgegen-
stehende dickste hingegen bildet sich
H h 5nach
[490]XXV. Abschn. V. d. Leibesfr. der Säugethiere
nach und nach zu einer gleichsam sat-
telförmigen sehr dicken und festen pla-
centa mit dünn zulaufenden Rändern.
( Tab. VIII. fig. 2. —). Diese kommt
dem reifern foetus meist quer über die
Hüften zu liegen, doch so, daſs auch der
Nächstanliegende ebenfalls zum Theil
damit bedeckt und für Beschädigung bey
äuſsern gewaltsamen Druck geschützt
wird. Denn gerade das scheint die
Endabsicht bey dieser so sonderbaren
und meines Wissens in ihrer Art einzi-
gen Einrichtung, um dadurch die zar-
ten Fötus im Leibe eines Thiers zu si-
chern, das sich bekanntlich mit solcher
Anstrengung zusammenkugelt, daſs ohne
jene Vorkehrung die trächtige Gebär-
mutter und ihre Bewohner dadurch
gefährlichem Druck ausgesetzt seyn
müſsten.
Bey mancherley Gattungen von Di-
gitatis ist die nach dem uterus zuge-
kehrte Auſsenseite des Mutterkuchens,
noch
[491]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
noch mit einem besondern weiſsen, gleich-
sam drüsenartigen Körper (corpus glan-
dulosumEverardi*) s. subplacenta)
besetzt, der kleiner ist als die eigent-
liche placenta, von derselben eingefaſst
wird **), und sich, je mehr die Frucht
reift, durch desto leichtern Druck da-
von trennen und ablösen läſst.
Bey den Bisulcis endlich ist der Mut-
terkuchen in zahlreiche cotyledonen von
ausnehmend merkwürdiger und für die
ganze Physiologie der placenta über-
haupt
[492]XXV. Abschn. V. d. Leibesfr. der Säugethiere
haupt lehrreicher Einrichtung, vertheilt.
So nennt man nämlich eigene fleischige
Auswüchse (glandulae vterinae), die sich
im befruchteten uterus auf seiner inne-
ren Fläche ausbilden, und in welchen
eben so viele genau damit correspondi-
rende flockichte Gefäſs-Büschel (carun-
culae) auf der Auſsenfläche des chorii
gleichsam eingewurzelt sind, so daſs
dann die pars vterina und die pars foe-
talis des Mutterkuchens zwey deutlich
von einander verschiedene und gegen die
Zeit, da die Frucht reift, auch leicht
von einander zu trennende Theile aus-
machen, von welchen nur die letztern
mit der Nachgeburt abgehen, die erstern
aber, nämlich die Cotyledonen, im uterus,
nachdem er seiner Bürde quitt gewor-
den, allgemach einschrumpfen. Zahl
und Form jener Auswüchse ist bey den
mancherley Geschlechtern und ihren
Gattungen verschieden. Bey Schafen
und Kühen steigt ihre Zahl zuweilen
auf hundert. Bey Schafen und Ziegen
sind
[493]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
sind es im Wortverstande *) Cotyledo-
nen, nämlich napfförmig oder wie die
sogenannten Krebsaugen **); da sie hin-
gegen bey den Kühen, Rehen u. s. w.
gleichsam Knöpfe oder Pilze mit Kugel-
fläche ***) bilden.
Die Stämme der von der placenta
(§. 353.) oder den Carunkeln (§. 354.)
kommenden Venen und hinwiederum
von der Frucht zu ihnen laufenden Ar-
terien
[494]XXV. Abschn. V. d. Leibesfr. der Säugethiere
terien verbinden sich in der Nabelschnur,
die, so viel bekannt, bey keinem andern
Säugethier nach Verhältniſs von einer
so ansehnlichen Länge ist als beym rei-
fen Kinde *).
Am Füllen hat sie so wie beym
Kinde nur Eine Nabelvene **), da sich
hingegen bey den mehresten andern
Quadrupeden deren zwey finden, die
sich aber entweder nahe am Leibe
der Frucht, oder doch innerhalb dessel-
ben, zu einem gemeinschaftlichen Stam-
me verbinden ***).
Das amnion, die innerste von den
beyden Häuten des sogenannten Eyes,
welche die schwangere Frau mit den
trächtigen andern Säugethieren gemein
hat,
[495]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
hat, zeichnet sich doch bey manchen
der letztern, wie z. E. bey der Kuh,
durch ihre zahlreichen Blutgefäſse aus,
da sie hingegen beym Menschen blut-
los ist.
Auſserdem aber findet sich bey den
mehresten trächtigen Quadrupeden und
selbst bey den Cetaceen zwischen dem
chorion und amnion die sogenannte
allantois oder Harnhaut. Den letztern
Nahmen hat sie, weil sie mittelst des
vrachus mit der Harnblase der Frucht
zusammenhängt, daher man denn auch
die wässerige Feuchtigkeit, wovon sie
strotzt, für den Harn derselben gehal-
ten, der dahinein seinen Abfluſs habe
u. s. w. Allantois aber hat man sie we-
gen der Wurstform genannt, die sie bey
den Bisulcis und dem Schweine zeigt *),
die
[496]XXV. Abschn. V. d. Leibesfr. der Säugethiere
die aber bey mancherley andern Ge-
schlechtern und Gattungen auch anders
gestaltet ist. So ähnelt sie z. B. unter
den Digitatis beym Hasen, Caninchen,
Meerschweinchen u. s. w. einer kleinen
Flasche die mit ihrem Boden auf der in-
nern Fläche der placenta aufsitzt; beym
Iltis einer eyförmigen Blase u. s. w.
Bey den Solidungulis kleidet sie die gan-
ze innere Fläche des chorii aus, und
schlieſst das Füllen mit seinem amnion
in sich, und eben bey den Thieren die-
ser Ordnung findet sich auch am häu-
figsten (doch auch nicht selten bey Kü-
hen) in dem Wasser der allantois ein
gleichsam coagulirtes Sediment in grö-
ſsern
*)
[497]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
ſsern oder kleinen Klumpen verschiede-
ner Form und Anzahl, das längst unter
dem wunderlichen Nahmen des Pferde-
gifts, (Hippomanes) bekannt ist *).
Manchen Ordnungen und Geschlech-
tern von Säugethieren, nahmentlich den
Quadrumanen und unter den Digitatis
dem Igel, fehlt aber jene Harnhaut, so
wie dem Menschen ganz und gar; ja
beym Igel verläuft sich nicht einmahl
die Harnblase, wie bey der menschli-
chen Leibesfrucht in ein Rudiment des
urachus, sondern ist schon beym Fötus
kugelicht, ohne Oeffnung im Boden der-
selben (— Tab. VIII. fig. 2. f —).
Hingegen zeigt sich bey dem eben
genannten Thiere, so wie auch bey der
Hün-
I i
[498]XXV. Abschn. V. d. Leibesfr. der Säugethiere
Hündinn, Katze u. s. w., ebenfalls zwi-
schen chorion und amnion eine auf dem
ersten Blicke zwar der allantois ähnliche
Blase, die tunica erythroides (— Tab. VIII.
fig. 1. c. fig. 2. c. —), die im Anfange
des Trächtigseyns auch, so wie jene,
von einer wässerigen Feuchtigkeit strotzt,
aber schon dadurch gänzlich von ihr
unterschieden ist, daſs sie keinesweges
durch einen urachus mit dem Boden der
Harnblase, sondern durch die vasa om-
phalomeseraica (— Tab. VIII. fig. 2. k. —)
mit den Blutgefäſsen des Gekröses der
Frucht in Verbindung steht *). Eben
diese Verbindung zeigt auch die Aehn-
lichkeit, die sie, einerseits mit dem Dot-
tersacke der bebruteten Vögel, und an-
derseits mit der so merkwürdigen vesi-
cula vmbilicalis, an zarten menschlichen
Embryonen aus den ersten Monathen
der
[499]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
der Schwangerschaft *) hat; auch ist
jene tunica erythroides, so wie dieses
eben gedachte Bläschen, nur bey zar-
ten Leibesfrüchten recht gefüllt und
strotzend, und schrumpft hingegen in
der Folge so zusammen, daſs man of-
fenbar sieht, beyder ihre Function muſs
bloſs für die frühere Lebensperiode der
Frucht bestimmet seyn.
Die erste Spur von Bildung der Frucht
selbst, zeigt sich bey den verschiedenen
Gattungen dieser Thierclasse immer erst
eine bestimmte meist beträchtlich lange
Zeit nach der Empfängniſs. Auch ist,
so wie beym menschlichen Embryo,
ihre anfängliche Gestaltung noch weit
von der nachwärtigen Vollkommenheit
des reifen Fötus entfernt **), und die
I i 2Ordnung
[500]XXV. Abschn. V. d. Leibesfr. der Säugethiere
Ordnung des Wachsthums und der Aus-
bildung der Gliedmaſsen, ist bey wei-
tem nicht in der ganzen Classe die näm-
liche, sondern ist bey den besondern
Gattungen dahin berechnet, daſs immer
diejenigen äuſsern Organe am frühesten
ausgebildet und vervollkommnet wer-
den, die gerade dem jungen Thiere zu
seiner Lebensweise die nothwendigsten
sind. Daher z. B. die auffallende Gröſse
der Hinterhände der ungebornen Qua-
drumanen, oder der Füſse der Eichhörn-
chen, kurz der Säugethiere die auf Bäu-
men zu leben bestimmt sind, oder aber
auch der jungen Füllen, Ziegenlämmer
u. s. w., die sogleich nach der Geburt
schon auftreten und laufen müssen *),
in
**)
[501]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
in Vergleich mit den Verhältniſs der da-
mit correspondirenden Theile der rei-
fen menschlichen Leibesfrucht *).
Das wichtigste von dem, worin man-
che Gattungen ungeborner Säugethiere
in ihrem inneren Bau von der mensch-
lichen Leibesfrucht abweichen, ist schon
gelegentlich angeführt. Im übrigen, so
viel nämlich bisher darüber angemerkt
worden *), wie z. B. in der membrana
pupillaris**), den dreyerley räthselhaf-
ten, sogenannten Drüsen, thymus, thy-
reoidea und den suprarenalibus u. s. w.,
schei-
*)
[503]u. d. Organen, mit welchen sie verbunden ist.
scheinen sie mit dem ungebornen Kinde
im Ganzen meist übereinzukommen.
Kleiner Verschiedenheiten zu geschwei-
gen, wie z. B. daſs das meconium bey den
reifern Früchten von Bisulcis und mau-
seartigen Thieren schon festen scybalis
ähnelt *) u. dergl. m.
Zur [ersten] Nahrung der reifen und
neu gebornen Frucht, ist in dieser Thier-
classe die Muttermilch bestimmt, die in
den Brüsten abgeschieden wird, von
welchen die ganze Thierclasse, der diese
Secretion ausschlieſslich eigen ist, den
Linnéischen Nahmen mammalia erhalten
hat. Doch sind beym Schnabelthier noch
keine Zitzen (als die äuſseren Anzeichen
derselben) gefunden worden *). So wie
dieselben bey einigen andern, wie nah-
mentlich beym Hamster und Mongos,
den Männchen zu fehlen scheinen, da
doch
[505]Von den Brüsten und Zitzen der Säugethiere.
doch sonst dieses Geschlecht bekanntlich
eben so wie das weibliche damit verse-
hen ist *), wenn sie auch gleich diesel-
ben entweder wie der Hund in gerin-
gerer Anzahl, oder wie der Hengst an
andrer Stelle **) haben.
Ueberhaupt ist die Lage so wie die
Anzahl der Zitzen bey den verschiede-
nen Gattungen von vielartiger Verschie-
denheit. Letztere ist doch, zumahl bey
unsern Hausthieren, mancherley Ano-
malien unterworfen *); so wie denn auch
die insgemein angenommene Regel, als
ob die Thiere meist noch einmahl so
viel Zitzen hatten als sie gewöhnlich
Junge würfen, bey manchen Gattungen,
wie z. E. nahmentlich beym Hausschwein,
beym Meerschweinchen u. s. w., ihre
groſsen Ausnahmen leidet.
Und was ihre Lage betrifft, so ist
dieselbe bekanntlich bey den weiblichen
Beutelthieren am wunderbarsten, wo
sie auch auſser der Zeit da die Mutter
gerade Junge in ihrem Zitzensack trägt
kaum zu erkennen sind **).
Bey eben diesen sonderbaren Thieren
sind auch, so wie bey den im Wasser
und
**)
[508]XXVI. Abschn. V. d. Brüsten u. Zitzen u. s. w.
und unter der Erde lebenden Säugethie-
ren, (und zwar bey allen diesen aus
leicht zu übersehenden Endabsichten),
die Milchdrüsen selbst nur ganz flach
unter die Haut verbreitet, ohne zu Brü-
sten oder Eutern ausgebildet zu seyn,
und ihre Milchgänge verlaufen sich in
keine solche Weitungen und Höhlen,
worin sie hingegen bey den Bisulcis,
auch bey der Stute u. s. w. zusammen-
kommen *). Aber auch bey denen die
mammas pectorales haben, sind diese doch
nie von derjenigen Form, wodurch sich
das weibliche Menschengeschlecht in
der Blüthe des Lebens so ausschlieſslich
auszeichnet.
Alle die mannichfaltigen Lebens- und
Nutritions- und Formations-Processe,
denen sich das neuentstandene unge-
borene Säugethier in seiner Mutter Leibe,
und durch den innigsten Zusammen-
hange mit derselben unterzieht, die führt
hingegen das Küchelchen im Eye selbst-
ständig, ganz unabhängig von seiner
Mutter, und ohne irgend eine andere
fremde Hülfe als die der atmosphäri-
schen Luft in Temperatur von Brüt-
wärme.
Das reife befruchtete Ey, so wie wir
es oben (§. 342.) nach seiner Ausbildung
im
[510]XXVII. Abschn. V. d. bebrüteten Küchelchen,
im oviductus und uterus verlassen hat-
ten, ist zunächst innerhalb seiner Schale,
mit der weiſsen, dichten, aderlosen Haut
(membrana albuminis) ausgekleidet, de-
ren beyde übrigens dicht zusammenhän-
gende Blätter nur gewöhnlichst am
stumpfen Ende einen mit atmosphäri-
scher Luft *) gefüllten Zwischenraum
lassen.
Von dieser Haut wird zunächst das
doppelte Eyweiſs umschlossen, wovon
jedes wieder mit einer zarten Membran
umgeben, das äuſsere flüssiger und durch-
sichtiger, das innere aber dichter und
trüber ist, sich auch in hartgesottenen
Eyern eins vom andern schalicht ablö-
sen läſst.
Vom innern wird bekanntlich der
Dotter umflossen, der mit einer eigenen
Haut umzogen ist, von welcher sich
mehren-
[511]u. d. zu seiner Oecon. gehör. Organen d. Eyes.
mehrentheils zwey gleichsam knotige,
und an den äuſsersten Enden flockichte
Schnüre, die sogenannten Hagel (gran-
dines, chalazae) *) in das innere Eyweiſs
verlaufen.
Oben auf der Haut des Dotters ist
endlich ein kleiner milchweiſser rund-
licher Fleck, der irrig sogenannte Hah-
nentritt (cicatricula s. macula) zu merken,
der mit einem oder mehreren weiſslichen
concentrischen Kreisen (halones s. circuli)
umgeben wird, deren Nutzen aber so
wie der vom Hahnentritt selbst, und
von den Hageln noch nicht ausgemacht
scheint.
Und nun zu den bewundernswerthen
successiven Veränderungen, die während
des bebrütens im Eye vorgehen, und zu
den Metamorphosen welchen sich theils
die Totalform des Küchelchen, theils
einzelne Eingeweide desselben unterzie-
hen, wobey wir zur Angabe der Ter-
mine, wieder aus dem schon angeführ-
ten Grunde, das von der Henne zum
Muster nehmen *). Erst das ganze nur
curso-
[513]u. d. zu seiner Oecon. gehör. Organen des Eyes.
cursorisch in chronologischer Ordnung *).
Dann aber noch über einige der wichtig-
sten Theile und deren Geschäfte ein
Wort ins besondere.
Nicht in oder auf dem Hahnentritt
selbst, sondern dicht neben ihm zeigt
sich zu Ende des ersten Tages, an wel-
chem das Brüten seinen Anfang genom-
men, auf der Dotterhaut eine glänzende
meist länglicht abgerundete, aber in der
Mitte etwas schmalere *), kleine Stelle,
(nidus pulli s. colliquamentum s. areola
pellucida) das dem künftigen Küchelchen
gleichsam vorläufig die Stätte bereiten soll.
Eine wahre erste Spur von diesem
selbst, wird schwerlich vor Anfang des
zweyten Tages beobachtet seyn; und
zwar erscheint sie dann noch unge-
krümmt, wie ein kurzer gallertiger Fa-
den mit kolbichten Enden, und ziemlich
enge eingeschlossen in dem anfangs kaum
von ihm zu unterscheidenden amnion.
Die Halonen (§. 365.) erweitern um
diese Zeit ihre Kreise, schwinden aber
kurz
[515]u. d. zu seiner Oecon. gehör. Organen des Eyes.
kurz darauf so wie auch bald nachher
der Hahnentritt für immer.
Gegen Ende des zweyten Tages zei-
gen sich die ersten Spuren von rothen
Blut auf der Fläche der Dotterhaut. An-
fangs als Puncte die allgemach wie in
Furchen oder Rinnen zusammenflieſsen,
so wie diese dann bald hernach zu wah-
ren Adern sich schlieſsen, und in ge-
meinschaftlichen Stämmen sich mit dem
Küchelchen verbinden. Die Aderfläche
selbst heiſst figura venosa s. area vascu-
losa; die Blutader wodurch sie begrenzt
wird vena terminalis; und der Hauptstamm
aller dieser Venen tritt in die Pfortader
des Küchelchens, so wie hingegen die in
diese Dotterhaut sich verlaufenden Schlag-
adern aus dem Stamme der Gekrösarterie
desselben entspringen.
Zu anfange des dritten Tages verräth
sich das indeſs neu gebildete Herzchen
K k 2(das
[516]XXVII. Abschn. V. d. bebrüteten Küchelchen,
(das Hauptorgan des nun eingeleiteten
Circulationsprocesses,) durch seinen Tri-
ple-Schlag als dreyfaches punctum sali-
ens. So wie nämlich gar manche Theile
des bebrüteten Küchelchens sich einer
successiven Formwandlung unterziehen
müssen, so gilt dieſs vor allen von der
Metamorphose des Herzens, als welches
in seiner ersten Gestalt einem zusam-
mengeschlängelten Canal mit drey im
Triangel dicht aneinander liegenden Wei-
tungen ähnelt, wovon die eine das dann
noch gemeinschaftliche (eigentlich rechte)
Herzohr; die andere den dann auch noch
alleinigen (eigentlich linken) Ventrikel;
und die dritte den bulbus aortae vorstellt.
Um die gleiche Zeit krümmt sich nun
das anfänglich langgestreckte Rückgrat
des zarten Geschöpfes zur sogenannten
carina, in welcher die distincten Wirbel
deutlich zu erkennen sind; und die Au-
gen verrathen sich durch ihr schwarzes
Pigment, und ihre nach Verhältniſs auf-
fallende
[517]u. d. zu seiner Oecon. gehör. Organen des Eyes.
fallende Gröſse; zeichnen sich aber in der
Folge besonders durch eine eigene Spalte
der Regenbogenhaut *) aus, womit die-
selbe nach unten zu unterbrochen wird **).
Vom vierten Tage an, wo das Küchel-
chen schon eine Länge von 4 Linien er-
reicht hat, und seine wichtigsten Bauch-
eingeweide, Magen, Gedärme und Leber
(doch diese bis zum 6ten Tage noch ohne
Gallenblase) sichtbar werden, zeigt sich
K k 3auch
[518]XXVII. Abschn. V. d. bebrüteten Küchelchen,
auch in seiner Nabelgegend ein gefäſs-
reiches Bläschen (chorion s. membrana
vmbilicalis) das in den folgenden Tagen
fast zusehendes anwächst, bis es in der
zweyten Hälfte der Brütezeit den gröſs-
ten Theil der Schale innerhalb der mem-
brana albuminis (§. 365.) auskleidet, um
einstweilen für die Lungen zu vicariren,
und an ihrer Statt den sogenannten phlo-
gistischen oder Respirationsproceſs zu
führen. Denn die Lungen selbst fan-
gen zwar schon vom fünften Tage an
ausgebildet zu werden, sind doch aber
so lange das Küchelchen noch von sei-
nem amnion (§. 367.) umgeben, und von
dessen liquor umflossen ist, eben so un-
thätig als die im ungebornen Säugethiere.
Am sechsten Tage wenn nun das
Hühnchen schon gegen 7 Linien lang
ist, zeigt es auch die erste Bewegung
willkürlicher Muskeln.
Am neunten beginnt das Verknöche-
rungsgeschäfte, da der erste Knochen-
saft abgesetzt wird und in puncta ossifi-
cationis verhärtet (§. 5. Not. **). Recht
als Puncte oder gleichsam als ein kreisför-
miges Schnürchen von ein paar Dutzend
der zartesten Perlen, sieht man sie im
Augapfel rund um die Hornhaut, wo
sie die Grundlage des Knochenrings der
Sclerotica machen *).
Im gleichen Termine fangen dann
auch auf der Dotterha[u]t die schönen
Zeichnungen der gelben Dottergefäſse
(vasa vitelli lutea) an sichtbar zu werden.
Am vierzehnten Tage brechen die
Kiele der Federn hervor, und das Kü-
chelchen ist schon im Stande, wenn man
es aus dem Eye nimmt, nach Luft zu
schnappen.
Am neunzehnten vermag es schon
Stimme von sich zu geben, und am ein
und zwanzigsten seinen Kerker zu durch-
brechen und sein zweytes Leben zu
beginnen.
Nun zum Schluſs noch ein Paar
Worte über die beyden schon gedachten
wunderbaren Membranen, die Dotter-
haut und das chorion, von denen das
Leben und die Erhaltung des kleinen
Geschöpfes am unmittelbarsten abhängt.
Letzteres, das chorion, dieses so höchst
einfache und so höchst vollkommene
temporäre Surrogat der Lungen, gibt in
einem mit Vorsicht geöffneten Ey, aus
der zweyten Hälfte des Bebrütens, auch
ohne alle weitere künstliche Einspritzung
u. s. w., einen der prachtvollesten Anblicke
in der organischen Schöpfung. Ein Feld
von zahllosen Ramificationen strotzender
Blutgefäſse beyderley Art. Und zwar
die Venen — scharlachroth, indem sie
oxyge-
[521]u. d. zu seiner Oecon. gehör. Organen des Eyes.
oxygenirtes Blut zum Küchelchen hin-
führen; die Arterien hingegen — schwarz-
roth, weil sie carbonisirtes Blut von dem-
selben herausbringen *) (§. 161. Not. *).
Ihre Stämme hängen mit den iliacis des
Hühnchens zusammen, und ihre dünn-
häutigen Aeste geben im frischgeöffneten
noch lebenden Eye, das beste microscopi-
sche Object, um den Blutumlauf an einem
warmblütigen Thiere zu demonstriren.
Auch die andere der genannten bey-
den Häute, die membrana vitelli hängt
mit dem Unterleibe des Küchelchens —
aber auf eine doppelte und ganz andere
Weise als die vorige — zusammen.
Theils durch den ductus vitello-inte-
K k 5stinalis
[522]XXVII. Abschn. V. d. bebrüteten Küchelchen,
stinalis (pedunculus s. apophysis) *) mit
einer Stelle des dünnen Darms, theils
wie
[523]u. d. zu seiner Oecon. gehör. Organen des Eyes.
wie schon obgedacht (§. 368.) durch seine
Blutgefäſse mit der arteria meseraica und
der Pfortader des Vogels.
Nun aber wird der Dotter im Fort-
gange des bebrütens durch Beymischung
des inneren Eyweiſses (§. 365.) immer
blasser und dünner: und zugleich bil-
den sich an der inneren Fläche der Dot-
terhaut, da wo auf der äuſseren die
schon erwähnten gelben geaderten Zeich-
nungen sichtbar werden (§. 371.), zahl-
lose in den Dotter hinabhängende ge-
franste Gefäſse mit flockichten Enden,
von einem ganz eigenen, meines Wissens
sonst beyspiellosen Bau *), die wohl
sicher dazu dienen den Dotter einzusau-
gen und in die gedachten Venen zu füh-
ren
[524]XXVII. Abs. V. d. bebrüt. Küchelchen, u. s. w.
ren *), wo er dem Blute assimilirt und
demnächst zur Nutrition des Küchelchens
verwandt wird; so daſs beym auskrie-
chenden jungen Hühnchen, nur noch
der Rest des ganzen Dotters und seines
Sackes im Bauche zu sehen ist, der all-
gemach in den folgenden Wochen so
weit vollends eingesogen wird, daſs sich
zuletzt nur noch die Spur davon wie
eine an der Auſsenseite des Darms kle-
bende Narbe bemerken läſst.
(— Tab. II. und die Nebenfigur auf
Tab. VIII. ausgenommen, sind auf
den übrigen die Gegenstände in na-
türlicher Gröſse abgebildet —).
Der Schedel des Schnabelthiers (Or-
nithorhynchus paradoxus). Von der Hirn-
schale, die keine Nähte hat, ist ein Stück
der rechten Seite ausgebrochen, um das
Innere zu zeigen.
Das Becken und die Schenkelkno-
chen vom Straus (Struthio camelus).
Der sceletirte rechte Fittig des Cap-
Pinguins (Aptenodytes demersa).
Die Erklärung s. S. 91. Not. *).
Der Schedel einer Aente. Besonders
zur Vergleichung mit dem Schedel des
Schnabelthiers, tab. I.
Der nach der Länge vertical halbirte
Schedel und Oberschnabel eines jungen
Pfefferfrases (Tucanus ramphastos).
Augapfel der Phoca grönlandica.
Die weiblichen Genitalien des Beu-
telthiers (Didelphis marsupialis) mit den
benachbarten Eingeweiden.
Die vagina ist von der Seite längs
aufgeschnitten und offen auseinander
gelegt.
Ungeborene Igel verschiedenen Alters,
besonders um die Veränderung zu zei-
gen die mit ihrem Mutterkuchen vorgeht:
Fig. 1.
Ein noch sehr unreifer conceptus.
Fig. 2.
Eine reifere Frucht.
Zu S. 9. Z. 3. Doch habe ich kürz-
lich ein paar Köpfchen von neu gebo-
renen Seidenhasen mit ganz ansehnli-
chen Fontanellen erhalten.
Zu S. 30. zu Ende des §. 19. Noch
auffallender beym Opossum (Didelphis
marsupialis).
Zu S. 31. zu Ende des §. 20. Unrich-
tig ist Haller's Behauptung (Elem. T. V.
pag. 343.) “homini maior quam vlli be-
„stiarum orbitae pars ossea est.” Schon
die Katze z. B. hat nach Verhältniſs weit
gröſsere Augenhöhlen, vollends aber so
manche Makis, von deren Schedeln Hr.
Hofr. Fischer im Iten B. seiner. reich-
haltigen Anatomie der Maki Frankf. 1804.
4. treffliche Abbildungen gegeben hat.
Zu S. 51. Not. **) — und Hrn. Prof.
Schreger in Isenflamm's und Ro-
L l 5sen-
[538]Zusätze.
senmüller's Beyträgen für die Zerglie-
derungskunst I. B. 1. Heft S. 5. u. f.
Zu S. 65. oben. Doch hat auch das
Schnabelthier eine Art von cornubus pel-
vis abdominalibus. s. Hrn. Home in den
philos. Transact. for 1802. P. I. tab. 3.
Zu S. 75. Z. 6. Das fliegende Eich-
horn hat an der Auſsenseite des carpus
einen eigenen grätenförmigen Knochen,
der mittelst zwey kleiner rundlicher
Beinchen an der Handwurzel befestiget.
und in der zum Fallschirm dienenden
Seitenhaut eingewachsen ist.
Zu S. 85. Not. *). Ich habe neuerlich
mehrere Köpfe solcher Hollenhühner
frisch untersucht, und gefunden, daſs der
so sonderbar aufgetriebene Vordertheil
der Hirnschale durch die Hemisphärien
des eigentlichen oder groſsen Gehirns ge-
füllt; und dieser Theil der Hirnschalen-
höhle von dem Hintern, der wie bey
den gemeinen Hennen das kleine Gehirn
faſst,
[539]Zusätze.
faſst, durch eine auffallende Verenge-
rung derselben abgesondert wird.
Zu S. 90. §. 56. Der Straus und Ca-
suar haben zwar keine abgesonderte fur-
cula; dagegen aber auf jeder Seite, am
Vordertheil des Thorax, einen sonderba-
ren, länglicht flachen Knochen, der aus
einem Rudiment derselben so wie aus
dem Schlüsselbein und Schulterblatt
gleichsam in Eins verschmolzen ist.
Zu S. 122. in der Note. — Wohl aber
habe ich neuerlich bey der Zergliederung
einer Simia cynomolgus deren Lungen,
Leber und Netz mit einer Menge Was-
serblasen verschiedener Gröſse besetzt
waren, in denselben eine zahllose Menge
microscopisch kleiner, frey in der Lym-
phe womit die Blasen gefüllt waren, lie-
gender Körperchen gefunden, die sich
unter starker Vergröſserung aufs deut-
lichste, als kleine mit scharf ausgebil-
deten Hakenkranz und Saugemund ver-
sehene
[540]Zusätze.
sehene Blasenwürmchen, folglich als
wahre selbstständige Thiere zeigten.
Zu S. 124. oben. Nach Hrn. Cuvier
(im Iten Heft der Ménagerie du museum
national) hat nur das gemeine Camel mit
Einem Buckel (Dromedarius) den son-
derbaren Schlundbeutel, und treibt ihn
nur zur Brunstzeit hervor.
Zu S. 134. letzte Z. der Note. — Bey
einem ziemlich groſsen orientalischen Be-
zoar, den ich zur Untersuchung durchsägt,
besteht der Kern aus rothbraunen überaus
zarten und dichten Gewebe wie Zunder-
schwamm, oder wie die Substanz der
Gemsballen.
Zu S. 141. §. 93. Z. 4. Der verstor-
bene Dr. Bloch wollte auch bey weib-
lichen Trappen den Kehlsack gefunden
haben. Vermuthlich war dieſs aber ein
Irrthum. Wenigstens habe ich noch erst
im vorigen December eine Trapphenne
untersucht, die durchaus keine Spur da-
von zeigte.
Zu S. 144. §. 96. Z. 1. vermuthlich).
Doch scheint der bulbus glandulosus man-
chen Vögeln, z. B. dem Eisvogel, zu
mangeln.
Zu S. 146. Eine meines Wissens bey-
spiellose Anomalie ist, daſs des erwachse-
nen Kuckucks Magen (der eigentliche ven-
triculus) inwendig mit einer Menge kur-
zen borstenartigen, und in spiralförmiger
Richtung dicht anliegenden Haren be-
setzt ist.
Zu S. 155. Note *). Die Bienenlarve
hätte ich hier nicht anführen sollen.
Denn da dieser das Futter in den Stock
zugetragen wird, so kann ihr Consum-
tionsgeschäfte nicht hoch angeschlagen
werden. Zudem gibt sie wenig Unrath
von sich, daher bey ihr das was sie ver-
zehrt, doch meist zur Selbsterhaltung
und zu ihrer schnellen Ausbildung die-
nen muſs.
Zu S. 164. unten. — Ueber den Bau
dieser flockichten Haut in vielerley Gat-
tungen
[542]Zusätze.
tungen aus allen vier Classen von roth-
blütigen Thieren, s. Rom. Ad. Hed-
wigdisquisitio ampullularumLieber-
kühnii Lips. 1797. 4. und K. Asm.
Rudolphi'sanatomisch physiologische
Abhandlungen S. 41.
Zu S. 167. letzte Z. — Am auffal-
lendsten ist diese Aehnlichkeit bey der
cloaca des Schnabelthiers. Hr. Home
a. a. O. tab. 4.
Zu S. 169. in der Note Z. 3. — Eine
ganz von diesen Darmsteinen verschie-
dene Art von kugelichten Concrementen,
die sich ebenfalls zuweilen bey Pferden
im colon und zumahl im coecum findet,
ist aus vegetabilischen feinen Zasern in-
nig zusammengeballt, und ähnelt auf
den ersten Blick den Gemskugeln; da-
her auch Lafosse der sie beschrieben
und abgebildet, dieselben aegagropilas
(und hingegen die wahren Darmsteine
bezoar equinum) nennt. s. Dess. cours
d'hippiatrique pag. 158. tab. 51. fig. 20-22.
Sie
[543]Zusätze.
Sie sind so wie die Gemsballen weit
leichter als jene Darmsteine, und nicht
selten finden sie sich Paarweise beysam-
men. Ein gröſserer (wohl wie ein Kinds-
kopf,) napfförmig, in welchen der an-
dere kleinere kugelichte einpaſst.
Zu S. 196. Note **). — W. G. Ti-
lesiusBeschreibung und Abbildung der
beyden sogenannten Stachelschweinmen-
schen. Altenb. 1802. fol.
Zu S. 222. §. 157. Ueber das Verhält-
niſs der Länge des Herzens zu der des
ganzen Körpers s. Theoph. H. Berg-
mannprimas lineas pathologiae compa-
ratae Goett. 1804. 4. pag. 14. 59.
Zu S. 224. Z. 9. — So besitze ich
durch die Güte des Hrn. Dr. Albers in
Bremen, ein allerdings sehr merkwürdi-
ges Herz eines erwachsenen Seehundes,
in welchem nicht nur das foramen ouale,
sondern auch der ductus arteriosus noch
vollkommen offen; auſserdem aber auch
beyde groſse Schlagaderstämme, zumahl
aber
[544]Zusätze.
aber der von der aorta, zu einem wei-
ten, gleichsam aneurysmatischen Sacke
ausgedehnt sind. Und das letztere hat
auch gerade so der wackere Seger an
einen Seehunde bemerkt, in den Ephe-
mer. nat. curios. Dec. I. a. 9. pag. 252.
Zu S. 226. zu Ende des §. 160. —
Von merkwürdigen Vertheilungen der
Venen ist eine der wunderbarsten und
in ihrer Art prachtvollesten die womit
der Hufknochen des Pferdes auf der Vor-
derseite in fast zahllosen meist parallel-
laufenden Zweigen und auf der untern
Hohlfläche in netzförmigen Anastomosen
überzogen ist.
Zu S. 228. §. 163. Z. 2. in den See-
schildkröten). — Neuerlich habe ich auch
eine Landschildkröte aus Marocco (Ab-
bild. naturhist. Gegenstände VII. Heft
tab. 66.) geöffnet, die ich ebenfalls durch
die Güte des Hrn. Dr. Albers lebendig
erhalten, und den Bau ihres kleinen
Herzens, worüber selbst Morgagni
noch
[545]Zusätze.
noch zweifelhaft war, in der Hauptsache,
— d. h. in der Verbindung der beyden
Ventrikel durch eine Zwischenöffnung
und in dem Ursprung der sämmtlichen
groſsen Schlagadern aus dem rechten Ven-
trikel, so wie auch in der Theilung der
aorta und der Verbindung ihrer beyden
Hauptäste im Unterleibe —, gerade eben
so gefunden wie in den Seeschildkröten.
Auch die Höhlungen der Ventrikel nach
Verhältniſs eben so eng, die fleischich-
ten Wände derselben dagegen eben so
schwammig u. s. w. Nur die Mündung
zwischen beyden Ventrikeln war einfa-
cher ohne den bekannten valvelartigen
Bau, wie er sich im Herzen der See-
schildkröten zeigt; die Ohren schlapp
und dünnhäutig wie bey der caretta,
nicht so derb und schwammig wie bey
der mydas.
Zu S. 236. u. f. Eine Abbildung vom
Herzen des Calmar gibt Herr Prof. Cu-
vier in sein. Tableau élémentaire de l'hist.
M mnatu-
[546]Zusätze.
naturelle des animaux. Par. 1798. 8. tab. 8.
fig. 1.
Zu S. 237. unten. — Auch die Me-
dusen haben kein Herz und dennoch ein
deutliches Circulationssystem von Arte-
rien und Venen. s. Mitchill in Hrn.
Dr. Albers's americanischen Annalen
Ites Heft pag. 121.
Zu S. 271. Note *) letzte Z. — auch
Spallanzani, Mémoires sur la respira-
tion. Genève 1803. 8.
Zu S. 286. §. 200. Die Landschild-
kröten (wenigstens T. graeca) haben ei-
gentlich zwey Luftröhren, indem sich
der kurze gemeinschaftliche Stamm gleich
beym dritten Halswirbel in zwey lange
Hauptäste theilt, die weit in die Brust
hinabsteigen ehe sie in die Lungen ein-
treten. Jeder macht seitwärts eine starke
Krümmung, über welche sich die beyden
aortae abdominales herumschlagen.
Zu S. 318. Note *) — und Tilesius
in Isenflamm's und Rosenmüllers
Bey-
[547]Zusätze.
Beyträgen für die Zergliederungskunst I. B.
2. Heft tab. 2.
Zu S. 319. Ueber das Verhältniſs der
Sinne in den verschiedenen Thierclassen
vergl. Hrn. Dr. Troxler's Versuche in
der organischen Physik. Jena, 1804. 8.
Zu S. 341. Note *). — Ueber die Zunge
des Chamaeleon s. vor allen Hrn. Du-
vernoy im Bulletin de la Societé philo-
matique 8. année T. III. nro. 86. tab. 24.
fig. 5. 6.
Zu S. 362. unten. — Ein wahres Ohr-
läppchen, so wie beym Menschen, scheint
sich doch bey keinem anderen Säugethier
zu finden.
Zu S. 382. Note *). — Jo. Lud. An-
gelyde oculo organisque lacrymalibus ra-
tione aetatis, sexus, gentis et variorum
animalium. Erlang. 1803. 8.
Zu S. 390. u. f. — Da ich im vorigen
Februar bey der Zergliederung eines an-
deren frischen Affen (S. cynomolgus) das
M m 2fora-
[548]Zusätze.
foramen centrale desselben im Collegium
der vergleichenden Anatomie demonstrir-
te, so äuſserte ich dabey über den Nutzen
desselben folgende Vermuthung: — der
Mensch und diejenigen Quadrumanen
bey welchen die Augen in parallelen
Achsen liegen, haben den Vortheil daſs
sie die Objecte mit beyden Augen zu-
gleich und folglich desto schärfer sehen.
Aber auch den Nachtheil daſs im allzu-
hellen Lichte beyde Augen zugleich um
so eher und um so stärker geblendet
werden, weil das blendende Licht auf
die correspondirenden focos principales
in beyde (noch dazu mit keiner Blinz-
haut versehene) Augen zugleich fällt.
Dieser Nachtheil wird wie es scheint
durch das foramen centrale gehoben oder
gemindert, wenn diejenige Stelle der re-
tina vor welche der focus principalis
fällt, sich im blendenden Lichte wie zu
einer Art von kleinen Pupille öffnen,
und den concentrirten Lichtkegel durch
dieselbe hindurch und auf die dahinter
liegende
[549]Zusätze.
liegende choroidea fallen lassen kann,
deren Pigment dieses blendende Licht
absorbirt.
Zu S. 485. u. f. Viel zu diesen und
den letzten Abschnitt gehöriges, enthält
des Hrn. Dr. J. Fr. Lobstein's
Essai sur la nutrition du foetus. Strasb.
1802. 4.
Seite 23. Zeile 1. statt Elephantengattungen lies
Armadillgattungen. S. 30. Z. 2 und 3. von unten, l.
aber die äuſsere Seitenwand der Höhle ist nach hin-
ten offen. S. 43. Z. 5. 6. st. pecor[u]m l. bisulcorum,
so wie auch der Elephanten, S. 44. §. 25. Z. 1. nach
Oberkiefer s. der Quadrupeden und Delphine. S. 51.
Z. 4. st. obern Fläche l. Endfläche. S. 58. Z. 2. 3. l.
bey dem dreyzehichten Faulthier; Z. 5. l. es deren
9 hat. S. 65. Z. 1. in der Parenthese hinter die s.
ossa marsupialia oder. S. 74. letzte Z. nach Vorder-
arm s. oder sie haben höchstens nur ein grätenför-
miges Rudiment davon. S. 83. Note **) Z. 1. st. bee
l. bec. S. 95. Z. 3. v. u. nach Raum s. bey den See-
schildkröten. S. 141. §. 93. Z. 4. vor Trappen setze
männlichen. S. 158. Note ***) Z. 1. st. Hummer l.
Fluſskrebs; ibid. vorletzte Z. die Worte vom Fluſs-
krebs auszustreichen. S. 174. §. 118. Z. 2. zwischen
scheint und allen setze bis auf sehr wenige Ausnah-
men (z. E. beym Hecht). S. 191. Z. 2. st. scheint l.
scheinen. S. 222. §. 157. Z. 7. l. Zwerchfell. S. 233.
Z. 3. st. Kiefern l. Kiemen. ib. Note *) Z. 7. st. Bron-
chial l. Branchial. S. 306. in der Note Z. 11. st. 1753.
l. 1783. S. 339. Z. 1. st. linken l. rechten. S. 501.
Note Z. 5. st. worin l. wenn.
Folglich begreift sich leicht, wie
groſse Einschränkung es leiden muſs was
Hr. von Haller am Schluſs seiner übri-
gens so musterhaften Beobachtungen
über die Bildung der Knochen im bebrü-
teten Küchelchen sagt: “quae de pullo-
rum ossibus demonstrauimus, ea etiam
de aliis animantium classibus vera erunt,
et de ipso demum homine.”
Gar viel scheint übrigens durch diese
Regel nicht gewonnen, da einmal bey
den bey weitem allermehrsten, übrigens
noch so sehr von einander verschiede-
nen Quadrupeden, dieser Winkel immer
zwischen 80 und 90° fällt, und andrer-
seits die kleinern Abweichungen selbst
individuell in einer und eben derselben
Gattung variiren.
In Rücksicht auf diese letztre Anwen-
dung habe ich meine Erinnerungen da-
gegen schon in der dritten Ausg. der
Schrift de gener. hum. var. pag. 200 u. f.
beygebracht. Und was ihren Gebrauch
zu Unterscheidung der Thierschedel be-
trifft, so gilt mutatis mutandis auch hier,
was oben von der Daubentonischen Li-
nie gesagt worden, daſs nemlich die
bey weitem allergröſste und mannich-
faltigste Menge der übrigens dem Kopfe
nach noch so verschieden gebildeten
Quadrupeden (— wenigstens drey Vier-
theile von den ohngefähr vierhundert
Gattungen derselben, die wir bis jetzt
kennen —) dennoch eine und eben
dieselbe Faciallinie haben.
Um so unerwarteter war mirs daher,
daſs Vicq-d'Azyr noch 1780 hierin eine
ihm unerwartete Aenlichkeit zwischen
dem Schedel des Menschen und mehre-
rer Quadrupeden finden konnte. s. Mé-
moires de l'ac. des sc. de Paris v. jen.
J. pag. 489.
Unter den Anatomen des XVI. Jahr-
hunderts, die bey der bekannten Streit-
frage, ob Galens Osteologie nach Men-
schen- oder nach Affen-Gerippen abge-
faſst sey, das letztre unter andern aus
dem von ihm auch dem Menschen zu-
geschriebnen Intermaxillar-Knochen er-
wiesen, verdient hier vorzüglichst In-
grassias angeführt zu werden, weil er
in seinen classischen Commentariis in
Galenilibrum de ossibus, Panorm. 1603
fol. besonders durchgehends auf diejeni-
Auch bey verschiednen Säugethieren
aus andern Ordnungen, namentlich dem
Bradypus tridactylus und Vespertilio
ferrum equinum, konnte Herr Bibliothe-
kar Fischer keine Spur des Intermaxil-
lar-Knochen auffinden. s. Dess. oben
angeführte meisterhafte Monographie S.
47. 89. Doch giebt er selbst die Mög-
lichkeit zu, daſs wenigstens beym Faul-
thier jener Knochen loſsgestoſsen und
verloren gegangen seyn könne. — Kurz,
alle die angeführten Ausnahmen bedürfen
erst noch weiterer genauer Untersuchung
an mehrern recht vollständigen Exem-
plaren aus verschiednen Lebensperio-
den u. s. w.
Von einem gehörnten Reh, das 1790
bey Westerzelle im Hannoverschen ge-
schossen worden, besitze ich eine colo-
rirte Zeichnung und genaue Nachricht.
Noch auffallender ist die Bemerkung,
die man gemacht zu haben versichert,
die aber doch erst noch genaue Prü-
fung erfordert, daſs durch eine Art von
Reaction die Verletzung des neu auf-
gesetzten Gehörns den Hirsch wenig-
Hingegen fehlen diese kleinen Eck-
zähnchen dem ungeheuer groſsen fossi-
len Bär der Vorwelt (Vrsus spelaeus),
zu dessen Osteologie ich eine groſse
Sammlung aus den drey berühmten Kno-
chenhölen Deutschlands, nemlich der
Scharzfelder am Harz, der Gailenreuter
am Fichtelberge, und der Altensteiner
auf dem Thüringerwalde, zusammenge-
bracht habe.
Einiges darüber findet sich [auch] in
der überaus reichhaltigen Description
anatomique d'un Eléphant màle par P.
Camper, publiée par son fils, A G Cam-
per Par 1802. fol. die mir erst jetzt
zu Gesichte gekommen.
Vergl. damit Hrn. Prof. Gilibert in
seinem Médecin naturaliste Ie Série.
Lyon. 1800. 8. pag. 290.