1.Indeſſen ſucht auf polſtern von damaſt
Almanſaris, mit Amors wildſtem feuer
In ihrer bruſt, umſonſt nur eine ſtunde raſt.
Iſts moͤglich, oder hat das ſchnoͤde abenteuer
Der lezten nacht ihr nur getraͤumt? Ein Mann
Verachtet dich, Almanſaris? Er kann
Dich ſehen und fuͤr eine andre brennen,
Kann dich verſchmaͤhn, und darf es dir bekennen?
2.Zur wut treibt der gedanke ſie;
Sie ſchwoͤrt ſich grenzenloſe Rache.
Wie haͤßlich wird er ihr! Ein ungeheu'r, ein drache,
Iſt lieblicher, als ihre fantaſie
Den Undankbaren mahlt — Wie lang'? — In zwo minuten
Iſt ſie des vorigen ſich ſchon nicht mehr bewußt;
Bald ſoll er tropfenweis im ſtaub vor ihr verbluten,
Bald druͤkt ſie ihn entzuͤkt an ihre bruſt.
3. Nun
[]3.Nun ſteht er wieder da in ſeiner ganzen Schoͤne,
Der erſte aller Erdenſoͤhne,
Ein Held, ein Gott! — Unmoͤglich iſt er nur
Der Neffe Ibrahims — In ſeinem ganzen weſen,
In ſeinem ton und anſtand iſt die ſpur
Von dem, was er umſonſt verbergen will, zu leſen;
Wo iſt der ſtempel der Natur
Der einen Koͤnig macht ſichtbarer je geweſen?
4.Er, er allein, iſt Ihrer werth,
Iſt werth, in ihrem arm ſich zu vergoͤttern.
Und, o! ihr fehlt ein bliz, die Feindin zu zerſchmettern,
Die ihn bezaubert haͤlt, und ihr den ſieg erſchwert?
Doch, wie? Almanſaris? Fuͤhlſt du dich ſelbſt nicht beſſer?
Goͤnn ihm den kleinen ſtolz ſich pfauengleich zu blaͤhn
In ſeinem heldenthum! Selbſt Dir zu widerſtehn!
Das alles macht doch nur die luſt des ſieges groͤſſer!
5.Beſtuͤrm' ihn erſt, eh du den mut verlierſt,
Mit jedem reiz, auf den ſich wahre ſchoͤnheit bruͤſtet;
Begieb, damit du ihn um ſo viel ſichrer ruͤhrſt,
Der fremden waffen dich, womit die Kunſt uns ruͤſtet;
Er fuͤhl und ſeh' was Goͤtter ſelbſt geluͤſtet!
Und wenn du dann ſein herz noch nicht verfuͤhrſt,
Er dann dich noch verſchmaͤht — dann, Koͤnigin, erwache
Dein ſtolz, und ſchaffe dir die ſuͤße luſt der Rache!
6. So
[]6.So fluͤſtert ihr aus einer Zofe mund
Der kleine Daͤmon zu, den ihr, mit vollem Koͤcher,
Gebietriſch ſitzen ſeht auf dieſem Erdenrund!
Der alle welt aus ſeinem zauberbecher
Berauſcht, und den, wer ihn nicht beſſer kennt,
Zur ungebuͤhr, den Gott der Liebe nennt:
Denn — jeder jungen unerfahrnen Dame
Zur nachricht ſey es kund! — Asmodi iſt ſein name.
7.Almanſaris, in deren warmen blut
Schon ein Verfuͤhrer ſchleicht, iſt gegen den Betruͤger
Von Außen, weniger als jemals auf der hut;
Sein anhauch naͤhrt und faͤchelt ihre glut,
Und kaum daß ſie, zur zier, dergleichen thut
Als widerſtuͤnde ſie, ſo iſt Asmodi Sieger.
Die Zofe Schmeichlerin, ſein wuͤrdiges Organ,
Legt den entwurf ſogleich mit vieler klugheit an.
8.O! raubet nun dem bliz die feuerſchwingen,
Ihr ſtunden, ihn herbeyzubringen,
Den ſuͤßen Augenblik! Zu langſam ſchleichet ihr
(Wie ſchnell ihr eilt!) der lechzenden Begier!
Doch — Sie iſts nicht allein, die izt Secunden zaͤhlet:
Auch Huͤon uͤberlebt, von ungeduld gequaͤlet,
Den traͤgen Gang der drey verhaßten tage kaum,
Und wachend und im ſchlaf iſt Rezia ſein traum.
9. Der
[]9.Der zweyte morgen war dem ſehnlichen verlangen
Der Haremskoͤnigin nun endlich aufgegangen;
Goldlockicht, ſchoͤn und roſenathmend ſieg
Er, wie der Herold, auf, der ihr den ſchoͤnſten ſieg
Verkuͤndigte: ſchon ſaͤuſelt durch die Myrten
Die, dicht verwebt, der Grotten ſchoͤnſte guͤrten,
Ein leichter morgenwind, und tauſendſtimmig ſchallt
Der voͤgel fruͤhes chor im nahgelegnen wald:
10.Doch um die grotte her iſt unterm myrtenlaube
In ew'ger daͤmmerung das heiligthum der Ruh.
Hier girret nur die ſanfte Turteltaube
Dem Tauber ihre ſehnſucht zu.
In dieſen lieblichen gebuͤſchen,
Dem dunkeln ſiz verborgner einſamkeit,
Pflegt oͤfters ſich zur ſtillen morgenzeit
Almanſaris mit baden zu erfriſchen.
11.Der anmutsvolle morgen rief
Den ſchoͤnen Haſſan auf, indeß noch alles ſchlief,
Die blumenkoͤrbe voll zu pfluͤcken,
Die er, mit jedem tag, dem Harem zuzuſchicken
Verbunden war: als ihm ein Sclav entgegenlief
Und keuchend ihm befahl die grotte aufzuſchmuͤcken.
Der Neger fuͤgt, zur eil' ihn anzuſpornen, bey,
Daß eine Dame dort zu baden willens ſey.
12. Ver-
[]12.Verdroſſen geht Herr Huͤon, auszurichten
Was ihm befohlen war. Er fuͤllt mit bunten ſchichten
Von blumen, Florens ganzem ſchaz,
Den groͤſten korb, und eilt zum augewieſnen plaz.
Fern iſts von ihm, der ſache mißzutrauen.
Allein, beym eintritt in die grotte, faͤllt auf ihn
Ein dumpfes wunderbares grauen,
Und ein verborgner Arm ſcheint ihn zuruͤkzuziehn.
13.Betroffen ſezt er ſeine blumen nieder,
Doch faßt er augenbliks ſich wieder
Und laͤchelt ſeiner furcht. Das zweifelhafte licht,
Das unter tauſendfachem flittern
In dieſem labyrinth mit ſichtbarm Dunkel ficht,
War ohnezweifel ſchuld an dieſem kind'ſchen zittern,
Denkt er, und geht getroſt, bey immer hellerm ſchein,
Mit ſeinem blumenkorb ins Innerſte hinein.
14.Hier herrſcht ein Tag wie zu verſtohlnen freuden
Die ſchlaue Luſt ein zauberlicht ſich waͤhlt,
Nicht tag nicht daͤmmerung; es ſchwebte zwiſchen beyden,
Nur lieblicher durch das was ihm zu beyden fehlt.
Es glich dem Mondſchein, wenn durch Roſenlauben
Sein ſilberlicht zerſchmilzt in blaſſes roth.
Der Held, wiewohl ihm hier noch nichts gefaͤhrlichs droht,
Erwehrt ſich kaum bezaubert ſich zu glauben.
15. Was
[]15.Was er am wenigſten ſich uͤberreden kann,
Iſt, daß man hier, wo alles um und an
Von blumen ſtrozt, noch blumen noͤthig haͤtte;
Doch, wie ſein auge nun auf alle ſeiten irrt,
O wer beſchreibt wie ihm zu mute wird,
Da ihm auf einem ruhebette
Sich eine Nymf' aus Mahoms Paradies
Im vollen Glanz der reinſten Schoͤnheit wies!
16.In einem licht, das zauberiſch von oben
Wie eine Glorie auf ſie herunterſtroͤmt,
Und, durch die dunkelheit des uͤbrigen erhoben,
Mit ihres Buſens ſchnee die lilien beſchaͤmt:
In einer lage, die ihm reizungen entfaltet
Wie ſeine augen nie ſo ſchoͤn entſchleyert ſahn;
Mehr werth als alles, was zum Farren und zum Schwan
Den Jupiter der Griechen umgeſtaltet.
17.Die Gaſe, die nur, wie ein leichter ſchatten
Auf einem Alabaſterbild,
Sie hier und da umwallet, nicht verhuͤllt,
Scheint mit der naktheit ſelbſt den reiz der ſchaam zu gatten.
Weg, feder, wo Apell und Titian
Beſtuͤrzt den pinſel fallen ließen!
Der Ritter ſteht, und bebt, und ſchaut bezaubert an,
Wiewohl ihm beſſer war die augen zuzuſchließen.
18. In
[]18.In ſuͤßem irrthum ſteht er da
Und glaubt (doch nur zween Augenblicke)
So ſchoͤn iſt was er ſieht, er ſehe Rezia.
Allein, mit Recht mißtrauiſch einem gluͤcke
Das ihm unglaͤublich daͤucht, tritt er ihr naͤher, ſieht,
Erkennt Almanſaris, und wendet ſich und flieht.
Er flieht, und fuͤhlt im fliehn von zween elaſtiſchrunden
Milchweißen armen ſich gefangen und umwunden.
19.Er kaͤmpft den ſchwerſten kampf, den je, ſeit Joſephs zeit,
Ein Mann gekaͤmpft, den edeln kampf der Tugend
Und Liebestreu und feuervollen Jugend
Mit Schoͤnheit, Reiz und heißer Ueppigkeit.
Sein Will' iſt rein von ſtraͤflichem entzuͤcken;
Allein, wie lange wird er ihrem ſuͤßen flehn,
Den kuͤſſen voller glut, dem zaͤrtlichwilden druͤcken
An ihren buſen, widerſtehn?
20.O Oberon, wo iſt dein lilienſtaͤngel,
Wo iſt dein horn in dieſer faͤhrlichkeit?
Er ruft Amanden, Oberon, alle Engel
Und Heilige zu huͤlf' — Und noch zu rechter zeit
Koͤmmt huͤlf' ihm zu. Denn juſt, da jede Sehne
Ermatten will zu laͤngerm widerſtehn,
Und mit wolluͤſtger wut ihn die erhizte Schoͤne
Faſt uͤberwaͤltigt hat — laͤßt ſich Almanſor ſehn.
21. Gleich
[]21.Gleich einem angeſchoßnen Wild,
Und wuͤtend, eine Frau die ihn verſchmaͤht zu lieben,
Hat er, verfolgt von Zoradinens bild,
Schon eine ſtunde ſich im garten umgetrieben:
Der zufall leitet ihn in dieſes myrtenrund;
Er glaubt die ſtimme von Almanſaris zu hoͤren,
Und, weil die Grottenthuͤr nur angelehnet ſtund,
Geht er hinein, ſich naͤher zu belehren.
22.Der Daͤmon, der durch ſeiner Prieſterinnen
Gefaͤhrlichſte des Ritters Treu' beſtritt,
Wird ſchon von fern an ſeinem Sultansſchritt
Almanſors nahe ankunft innen.
O huͤlfe, huͤlfe! ſchreyt das ſchnellgewarnte Weib,
Und wechſelt ſtraks mit Huͤon's Ihre rolle,
Stellt ſich, als kaͤmpfte ſie um ihren eignen leib
Mit einem Wuͤtenden, der ſie entehren wolle.
23.Ihr wilder blik, ihr halbzerriſſenes gewand,
Ihr fliegend haar, des jungen Gaͤrtners ſchrecken,
Der von der unverſehnen kecken
Beſchuldigung wie blizgetroffen ſtand,
Der ort, wo ihn der Sultan fand,
Kurz, alles ſchien in ihm den Frefler zu entdecken.
O! Alla ſey gelobt, rief die Betruͤgerin,
Daß ich Almanſorn ſelbſt die rettung ſchuldig bin!
T24. Drauf
[]24.Drauf, als ſie ſchamhaft ſich in alle ihre ſchleyer
Gewickelt, luͤgt ſie, mit dem ton
Der unſchuld ſelbſt, ein falſches abenteuer:
Wie dieſer ſchaͤndliche verkappte Chriſtenſohn,
Da ihr die luſt im kuͤhlen ſich zu waſchen
Gekommen, ſich erfrecht ſie hier zu uͤberraſchen,
Und wie ſie mit gewalt ſich ſeiner kaum erwehrt,
Als ihn, zu groͤßtem gluͤk, der Sultan noch geſtoͤrt.
25.Um von dem haͤßlichen verbrechen,
Deß er beſchuldigt wird, den Ritter loszuſprechen,
Bedurft's nur Einen unbefangnen blik;
Doch ſeinem Richter fehlt auch dieſer einzge blik.
Der Held verachtet es, mit einer Frauen ſchande
Sich ſelbſt vom tode zu befreyn;
Er ſchmiegt den edeln Arm in unverdiente bande,
Und huͤllet ſchweigend ſich in ſein bewußtſeyn ein.
26.Der Sultan, den ſein Unmut zum verdammen
Noch raſcher macht, bleibt dumpf und ungeruͤhrt.
Der Frefler werd' in ketten weggefuͤhrt,
(Herrſcht er den ſclaven zu, die ſein befehl zuſammen
Gerufen) werfet ihn in eine finſtre gruft;
Und morgen fruͤh, ſobald vom thurm der Iman ruft,
Werd' er, im aͤußern hof, ein raub ergrimmter flammen,
Und ſeine aſche ſtreut mit fluͤchen in die luft!
27. Der
[]27.Der Edle hoͤrt ſein urtheil ſchweigend, — blitzet
Auf das verhaßte Weib noch Einen blik herab,
Und wendet ſich, und geht in feſſeln ab,
Auf einen Mut, den nur die unſchuld giebt, geſtuͤtzet.
Kein ſonnenblik erfreut das fuͤrchterliche grab
Worinn er nun tief eingekerkert ſitzet.
Der nacht des Todes gleicht die nacht die auf ihn druͤkt
Und jeden hoffnungsſtral in ſeinem geiſt erſtikt.
28.Ermuͤdet von des Schikſals ſtrengen ſchlaͤgen,
Verdroſſen, ſtets ein ball des wechſelgluͤks zu ſeyn,
Seufzt er dem augenblik, der ihn befreyt, entgegen.
Schrekt ihn das Vorgefuͤhl der ſcharfen feuerpein?
Die Liebe hilft ihm's uͤbertaͤuben.
Sie ſtaͤrkt mit Engelskraft die ſinkende Natur.
Bis in den tod (ruft er) getreu zu bleiben
Schwur ich, Amanda, dir, und halte meinen ſchwur!
29.O daß, geliebtes Weib, was morgen
Begegnen wird, auf ewig dir verborgen,
Auf ewig auch, Dir, treuer alter Freund,
Verborgen blieb'! — Wie gern erlitt' ich unbeweint
Mein traurig Loos! Doch, wenn ihr es erfahret,
Erfahret weſſen ich beſchuldigt ward, und mit
Dem ſchmerz um meinen tod ſich noch die ſchande paaret,
Zu hoͤren, daß ich nur was ich verdiente litt —
T 230. O Gott!
[]30.O Gott! Es iſt zuviel auch dies noch zu erdulden!
Es buͤße immerhin fuͤr meine ſuͤndenſchulden
Der ſtrengſte tod! Ich klage niemand an!
Dies einz'ge nur, o Oberon, gewaͤhre
Dem, den du liebteſt, noch — beſchuͤtze meine Ehre,
Beſchuͤtze Rezia! — Du weiſt, was ich gethan!
Sag' ihr, daß ich den heil'gen Schwur der Treue
Zu halten, den ich ſchwur, den Feuertod nicht ſcheue.
31.So ruft er aus, und, vom Vertraun geſtaͤrkt
Daß Ob'ron ihn erhoͤrt, beruͤhrt ihn unvermerkt
Der mohnbekraͤnzte Geiſt des Schlummers
Mit ſeinem ſtab, dem Stiller alles kummers,
Und wieget ihn, wiewohl nur harter ſtein
Sein Kuͤſſen iſt, in leichte traͤume ein.
Hat ihm vielleicht, zum pfand, daß bald ſein leiden endet,
Der gute Schuzgeiſt ſelbſt dies labſal zugeſendet?
32.Noch lag die halbe Welt mit finſterniß bedekt
Als ihn aus ſeiner ruh ein dumpfes klirren wekt.
Ihn daͤucht er hoͤr' im ſchloß die ſchweren ſchluͤſſel drehen;
Die eiſenthuͤr geht auf, des kerkers ſchwarze wand
Erhellt ein blaſſer ſchein, er hoͤret jemand gehen,
Und ſtemmt ſich auf — und ſieht — in ſchimmerndem gewand,
Die krone auf dem haupt, die lampe in der hand,
Almanſaris zu ſeiner ſeite ſtehen.
33. Sie
[]33.Sie reicht die lilienhand ihm, reizvoll laͤchelnd, dar,
Und — wirſt du, ſpricht ſie, mir vergeben
Was nur die ſchuld der not, nicht meines herzens, war?
O du Geliebter, haͤngt an Deinem ſchoͤnen leben
Mein eignes nicht? Ich komme, der gefahr
Dich zu entziehn, (troz deinem widerſtreben!)
Vom Holzſtoß dich, wozu dich der Barbar
Verdammt, auf einen Thron, den du verdienſt, zu heben!
34.Die Liebe oͤfnet dir der Hoheit ſonnenbahn:
Auf, mache ſie von deinem ruhm erſchallen!
Nimm dieſe hand, die dir ſich ſchenket, an;
In einem wink ſoll dein Verfolger fallen,
Und all ſein volk, wie ſtaub, um deine fuͤße wallen.
Im ganzen Harem iſt mir alles unterthan;
Vertraue dich der Liebe ſichern haͤnden,
Und, was ſie wagte, wird dein eigner mut vollenden!
35.„Hoͤr' auf! o Koͤnigin, dein Antrag haͤuffet bloß
Mein leiden, durch die qual Dir alles abzuſchlagen.
O! warum zwingſt du mich's zu ſagen?
Ich kauffe mich durch kein Verbrechen los!“
Iſts moͤglich? ruft ſie, kann ſo weit der unſinn gehen?
Ungluͤklicher, im angeſicht
Der flamme, die bereits aus deinem holzſtoß bricht,
Kannſt du Almanſaris und einen Thron verſchmaͤhen?
T 336. Sag
[]36.Sag mir, verſezt er, Koͤnigin,
Ich koͤnne dir mit meinem blute nuͤtzen,
So ſoll die luſt, womit ich eil' es zu verſpruͤtzen,
Dir zeigen, ob ich unerkenntlich bin!
Ich kann, zum danke, dir mein herzensblut, mein leben,
Nur meine ehre nicht, nur meine treu nicht geben.
Wer Ich bin weiſt du nicht, vergiß nicht wer Du biſt,
Und mute mir nichts zu, was mir unmoͤglich iſt.
37.Almanſaris, aufs aͤußerſte getrieben
Durch ſeinen widerſtand, ſie wendet alles an,
Was ſeine Treu durch alle ſtufen uͤben
Und ſeinen mut ermuͤden kann.
Sie reizt, ſie droht, ſie fleht, ſie faͤllt, verloren
In lieb' und ſchmerz, vor ihm auf ihre kniee hin;
Doch unbeweglich bleibt des Helden feſter ſinn,
Und rein die Treu, die er Amanden zugeſchworen.
38.So ſtirb dann, weil du willſt! ruft ſie, des athems ſchier
Vor wut beraubt; ich ſelbſt, ich will an deinem leiden
Mein gierig aug mit heißer wolluſt weiden!
Stirb als ein thor! des Starrſinns opferthier!
Schreyt ſie mit funkelndem aug', und flucht der erſten ſtunde
Da ſie ihn ſah, verwuͤnſcht mit bebendem munde
Sich ſelbſt, und ſtuͤrmt hinweg, und hinter ihr
Schließt wieder, klirrend, ſich des kerkers eiſenthuͤr.
39. In-
[]39.Inzwiſchen hatte das geruͤchte,
Das Ungluͤksmaͤhren gern verbreitet und verziert,
Von ihrem Herrn die traurige geſchichte
Auch Scherasmin und Fatmen zugefuͤhrt.
Der ſchoͤne Haſſan, hieß es, ſey im bade
Vom Sultan mit Almanſaris allein
Gefunden worden, und morgen, ohne gnade,
Werd' er, im großen hof, ein raub der Flammen ſeyn.
40.Ob Huͤon ſchuldlos ſey war ihnen keine frage;
Sie kannten ja der ſachen wahre lage.
Doch, haͤtt' er auch gefehlt, ſo war er mitleidswerth.
In faͤllen dieſer art wird aͤchte Treu bewaͤhrt.
Anſtatt die zeit mit jammern zu verderben,
Beſchloſſen ſie, das aͤuſſerſte fuͤr ihn
Zu wagen, um ihn noch aus dieſer noth zu ziehn,
Und, ſchluͤg' es fehl, mit ihrem Herrn zu ſterben.
41.Kurz eh der tag begann, gelingt es Fatmens mut
Und wachſamkeit die Huͤter zu betruͤgen,
Und unerkannt ſich bis ins ſchlafgemach zu ſchmiegen
Wo Rezia, von Huͤon traͤumend, ruht.
Des unverhoften wiederſehens freude
Macht einen augenblik ſie ſprachlos alle beyde.
Das erſte wort das Fatme ſprechen kann,
Iſt Huͤon, iſt bericht von dem geliebten Mann.
T 442. Was
[]42.Was ſagſt du, goldne Amme, ruft Amande,
Und faͤllt ihr um den hals — mein Huͤon, mir ſo nah?
Wo iſt er? — Ach! Prinzeſſin, was geſchah!
(Schluchzt jene weinend) hilf! zerreiſſe ſeine bande!
Spreng ſeinen kerker auf! dem Ungluͤkſelgen droht,
Aus liebe bloß zu dir, ein jaͤmmerlicher tod.
Und drauf erzaͤhlt ſie ihr genau die ganze ſache,
Und ihres Ritters Treu, und der Sultanin rache.
43.Schon, ruft ſie, ſteht der holzſtoß aufgethuͤrmt,
Nichts rettet ihn, wenn ihn nicht Zoradine ſchirmt!
Mit einem ſchrey der angſt, halbſinnlos, faͤhrt Amande
In wilder Haſt von ihrem lager auf,
Wirft, wie ſie ſteht, im leichten Nachtgewande,
Den Curdee um, und eilt in vollem lauf
Des Sultans zimmer zu, durch alle Sclavenwachen,
Die ſie mit wunder ſehn, und ſchweigend plaz ihr machen.
44.Sie dringt hinein, nichts achtend daß es fruͤh
Am tage war, und wirft mit lilienblaſſen wangen,
Und haaren, die zerſtreut um ihre ſchultern hangen,
Sich vor dem Sultan auf die knie'.
Almanſor, ſpricht ſie, wenn mein Leben dir
Erhaltenswuͤrdig ſcheint, ſo laß mich nicht vergebens
Dir knieen — Schwoͤre, daß du was ich bitte mir
Gewaͤhren willſt! Es gilt die ruhe meines lebens!
45. Be-
[]45.Begehr, o Schoͤnſte, ſpricht erſtaunt und froh zugleich,
Der Sultan: laß mich nicht in Ungewisheit ſchweben!
Dir zu gefallen iſt mein feurigſtes beſtreben;
Begehre frey! Mein Schaz, mein Thron, mein Reich,
Nichts iſt zuviel, was Du verlangſt und ich zu geben
Vermag. Ein einzigs nur behaͤlt ſich Manſor vor,
Dich ſelbſt! — „Du ſchwoͤrſt es mir? —“ Der liebestrunkne Mohr
Beſchwoͤrts — „So ſchenke mir des gaͤrtners Haſſan leben!“
46.Wie, ruft der Sultan mit beſtuͤrzter mine,
Welch eine bitte, Zoradine?
Was geht das leben dich von dieſem Sclaven an?
„O viel, Almanſor, viel! Mein eignes haͤngt daran!“
Sprichſt du im Fieber? Schwaͤrmeſt du? Verzeihe,
Doch, du mißbrauchſt des unbegrenzten Rechts
Das dir die Schoͤnheit giebt — Am leben eines knechts
Der ſein Verbrechen buͤßt? — „Er buͤßt fuͤr ſeine Treue!“
47.„Mir iſt ſein herz bekannt, er haͤlt an ſeiner pflicht,
Iſt ſchuldlos, iſt ein Mann von unverlezter Ehre;
Und doch — o Manſor! — wenn er ſchuldig waͤre,
So raͤche ſein vergehn an Zoradinen nicht!“
Mit augen die von kaum verhaltnem grimme funkeln,
Ruft Manſor: Grauſame, was quaͤlt dein zoͤgern mich?
Welch ein geheimnis daͤmmert aus dem dunkeln
Verhaßten raͤthſel auf? Was iſt dir Haſſan? Sprich!
T 548. „So
[]48.„So wiß es dann, weil mich die not zum reden zwinget,
Ich bin ſein Weib! Ein Band, das nichts zerreiſſen kann,
Ein band, gewebt im Himmel ſelber, ſchlinget
Mein gluͤk, mein Alles feſt an den geliebten Mann.
Uns druͤkt mit ſeiner ganzen furchtbarn Schwere
Des Schikſals arm — Wer weiß, wie bald an dich
Die reyhe kommt? — du ſiehſt mich elend — ehre
Mein leiden, Gluͤklicher! — Du kannſt es, rette mich!“
49.Wie? du biſt Haſſans weib, und liebſt ihn? — „uͤber alles!“
Ungluͤkliche, er iſt dir ungetreu!
„Er ungetreu? Die urſach ſeines falles,
Ich bins gewiß, iſt einzig ſeine Treu.“
Ich glaube was ich ſah! — „So ward er erſt betrogen,
Und du mit ihm?“ — Mit zuͤrnendem geſicht
Spricht Manſor: ſpanne nicht den bogen,
Zu ſtolz auf deinen reiz, ſo lange bis er bricht!
50.Dein Haſſan ſtirbt — und ich kann nichts, als dich beklagen.
Er ſtirbt, ſchreyt Rezia — Tyrann,
Haſt du ein herz mir das zu ſagen?
Er, dem ein Wort von dir das leben ſchenken kann,
Er ſtirbt? — So iſt es! wer des Harems zucht verlezt,
Erwiedert Manſor kalt, dem iſt der Tod geſezt.
Doch, weil du willſt, ſo ſey des Sclaven leben,
Sein Leben oder Tod, in deine hand gegeben!
51. Gieb,
[]51.Gieb, Schoͤnſte, mir ein beyſpiel edler huld,
Gieb mir die ruh, die du mir raubteſt, wieder!
Ich lege Kron' und Reich zu deinen fuͤßen nieder,
Ergieb dich mir, ſo ſey dem frefler ſeine ſchuld
Geſchenkt! Er zieh, mit koͤniglichen gaben
Noch uͤberhaͤuft, zu ſeinem volk zuruͤk!
O zoͤgre nicht, die Guͤte ſelbſt zu haben
Die du begehrſt! — Ein wort macht mein und ſein geſchik.
52.Unedler, ruft mit eines Engels zuͤrnen
Das ſchoͤne Weib, ſo theuer kauft der Mann
Den Zoradine liebt ſein leben nicht! — Tyrann,
Kennſt du mich ſo? — Die ſchlechteſte der Dirnen
Die mich bedienten einſt, verſchmaͤhte deinen thron
Und dich um ſolchen Preis! Zwar ſteht, uns zu verderben,
In deiner macht: doch, hoffe nicht davon
Gewinn zu ziehn — Barbar, auch Ich kann ſterben!
53.Der Sultan ſtuzt. Ihn ſchrekt des edeln weibes mut.
Sein feiges herz wird mehr von ihrem Draͤun geruͤhret
Als da ſie bat; doch, ihre Schoͤnheit ſchuͤret
Das feuer der begier zugleich in ſeinem blut.
Was ſagt' er nicht, ihr herz mit liebe zu beſtechen?
Wie bat er ſie? Wie ſchlangenartig wand
Er ſich um ihren fuß? — Umſonſt! Ihr Widerſtand
War nicht durch drohungen, war nicht durch flehn zu brechen.
54. Sie
[]54.Sie bleibt darauf, ihr ſoll der tod willkommner ſeyn.
Der Sultan ſchwoͤrt mit fuͤrchterlicher ſtimme
Bey Mahoms Grab, nichts ſoll vor ſeinem grimme
Sie retten, geht ſie nicht ſogleich den antrag ein.
Iſts nicht mein leztes wort, ſoll Alla mich verdammen!
Hoͤrt man den Wuͤtenden bis in dem Vorſaal ſchreyen:
Entſchließe dich, ſey auf der ſtelle mein,
Wo nicht, ſo ſtirb mit dem Verworfnen in den flammen!
55.Sie ſieht ihn zuͤrnend an, und ſchweigt. Entſchließe dich,
Ruft er zum zweytenmal. — O! ſo befreye mich
Von deinem anblik, ſpricht die Koͤnigin der Frauen,
Des Todes grinſen ſelbſt erwekt nur minder grauen.
Almanſor ruft, und giebt, von wut erſtikt,
Den grauſamen befehl, und hoͤllenfunken ſpruͤhen
Aus ſeinem aug. Der Schwarzen Erſter buͤkt
Sich bis zur erde hin, und ſchwoͤrt, ihn zu vollziehen.
56.Schon ſteht der graͤßliche Altar
Zum opfer aufgethuͤrmt; ſchon draͤngt ſich, ſchaar an ſchaar,
Das Volk herzu, das, gern in angſt geſetzet,
An trauerſpielen dieſer art
Die augen weinend labt, und ſchauernd ſich ergoͤtzet.
Schon ſtehn, zum leiden und zum tode noch gepaart,
An Einen Marterpfahl gebunden,
Die einzgen Liebenden die Ob'ron rein erfunden.
57. Ein
[]57.Ein edles paar in Eins verſchmolzner Seelen,
Das treu der erſten Liebe blieb,
Entſchloſſen, eh den tod in flammen zu erwaͤhlen,
Als ungetreu zu ſeyn ſelbſt einem Thron zu lieb!
Mit naſſem blik, die herzen in der klemme,
Schaut alles volk geruͤhrt zu ihnen auf,
Und doch beſorgt, daß nicht den freyen lauf
Des trauerſpiels vielleicht ein zufall hemme.
58.Den Liebenden, wie ſie gebunden ſtehn,
Iſt zwar der troſt verſagt einander anzuſehn;
Doch, uͤber alles, was ſie leiden
Und noch erwarten, triumfiert
Die reinſte ſeligſte der freuden,
Daß ihre Lieb' es iſt, was ſie hieher gefuͤhrt.
Der tod, der ihre Treu mit ew'gem Lorbeer ziert,
Iſt ihres herzens Wahl, ſie konnten ihn vermeiden.
59.Inzwiſchen ſiehet man mit fackeln in den haͤnden
Zwoͤlf Schwarze ſich dem Opfer paarweis nahn.
Sie ſtellen ſich herum, bereit es zu vollenden,
Sobald der Aga winkt. Er winkt. Sie zuͤnden an.
Und ſtraks erdonnerts laut, die Erde ſcheint zu beben,
Die Flam' erliſcht, der ſtrik, womit das treue Paar
Gebunden ſtand, faͤllt wie verſaͤngtes haar,
Und Huͤon ſieht — das Horn an ſeinem halſe ſchweben.
60. Im
[]60.Im gleichen augenblik, da dies
Geſchah, zeigt ſich von fern mit lautem Schreyen
Almanſor hier, und dort Almanſaris.
Sie eilen haſtig an, in zwo verſchiednen reyhen,
Er Zoradinen, Sie den Haſſan zu befreyen;
Und beyden folgt ein Trupp, bewehrt mit Dolch und Spies.
Auch ſtuͤrzt mit bloßem Schwert durch die erſchrokne menge
Ein ſchwarzer Rittersmann ſich mitten ins gedraͤnge.
61.Doch Huͤon hat das pfand, daß nun ſein Oberon
Verſoͤhnt iſt, kaum mit wonnevollem ſchaudern
An ſeinem hals erblikt, ſo ſezt er ohne zaudern
Es an den mund, und lokt den lieblichſten ton
Daraus hervor, der je geblaſen worden.
Sein edles herz verſchmaͤht ein feiges volk zu morden;
Tanzt, ruft er, tanzt, bis euch der tanz den athem raubt!
Dies ſoll die Rache ſeyn, die Huͤon ſich erlaubt.
62.Und wie das Horn ertoͤnt, ergreift der Zauberſchwindel
Zuerſt das volk, das um den holzſtoß ſteht,
Schwarzgelbes, lumpichtes, halbnackendes geſindel,
Das ploͤzlich ſich, wie toll, im ſchnellſten wirbel dreht;
Bald miſchet ſich mit allen ſeinen Negern
Der Aga drein; ihm folgt was fuͤße hat,
Bey Hof, im Harem, in der Stadt,
Vom Sultan an bis zu den waſſertraͤgern.
63. Un-
[]63.Unluſtig faßt der Schach — Almanſaris beym arm;
Sie ſtraͤubt ſich, doch was hilft ſein unmut und ihr ſtraͤuben?
Der taumel reißt ſie fort, ſich mitten in den ſchwarm
Der Walzenden mit ihm hineinzutreiben.
In kurzem iſt ganz Tunis in allarm,
Und niemand kann auf ſeiner ſtelle bleiben:
Selbſt podagra, und zipperlein, und gicht
Und todeskampf befreyt von dieſer Tanzwut nicht.
64.Indeſſen, ohne auf das poſſenſpiel zu blicken,
Haͤlt das getreue Paar, in ſeligem Entzuͤcken,
Sich ſprachlos lang' umarmt. Kaum hat ihr buſen raum
Fuͤr dieſen uͤberſchwang von freuden.
Er iſt nun ausgetraͤumt der pruͤfung ſchwerer traum!
Nichts bleibt davon als was ihr gluͤk verſchoͤnt.
Gebuͤßt iſt ihre ſchuld, das Schikſal ausgeſoͤhnt,
Aufs neu von ihm vereint, kann nun ſie nichts mehr ſcheiden!
65.Theilnehmend inniglich, ſieht, noch auf ſeinem roß,
Der biedre Scherasmin (er war der ſchwarze Ritter)
Der Wonne zu, worinn ihr herz zerfloß.
Er iſts, der wie ein ungewitter
Vorhin dahergeſtuͤrmt, um das geliebte Paar
Zu retten aus der feigen Mohren haͤnden,
Und, ſchluͤgs ihm fehl, ein leben hier zu enden,
Das, ohne ſie, ihm unertraͤglich war.
66. Er
[]66.Er ſpringt herab, draͤngt durch den tollen reigen
Mit Fatme, die ihm folgte, ſich hinan,
Den Liebenden von ihrem Throne ſteigen
Zu helfen, und ſie im Triumfe zu empfahn.
Groß war die freude — Doch, ſie ſchwoll noch hoͤher an,
Da ſie den wohlbekannten Wagen,
Von Schwanen, durch die luft, ſtets niedriger, getragen,
Zu ihrem fuͤßen nun auf einmal halten ſahn.
67.Sie ſtiegen eilends ein — Die Mohren moͤgen tanzen
So lang es Oberon gefaͤllt!
(Wiewohl der Alte raſpeln oder ſchanzen
Fuͤr eine beßre kurzweil haͤlt.)
Der luͤftge Faeton fliegt, leicht und ohne ſchwanken,
Sanft wie der ſchlaf, und ſchneller als gedanken,
Mit ihnen uͤber land und meer,
Und ſilberwoͤlkchen wehn, wie faͤcher, um ſie her.
68.Schon tauchte ſich auf bergen und auf huͤgeln
Die Daͤmmerung in ungewiſſen duft;
Schon ſahen ſie den Mond in manchem ſee ſich ſpiegeln,
Und immer ſtiller wards im weiten Reich der luft;
Die Schwanen ließen izt mit ſinkendem gefieder
Allmaͤhlich ſich bis auf die erde nieder:
Als ploͤzlich, wie aus abendrot gewebt,
Ein ſchimmernder Pallaſt vor ihren Augen ſchwebt.
69. In
[]69.In einem luſtwald, mitten zwiſchen
Hochaufgeſchoßnen vollen roſenbuͤſchen,
Stand der Palaſt, von deſſen wunderglanz
Der ſtille hayn und das gebuͤſche ganz
Durchſchimmert ſchien — Wars nicht an dieſem orte,
Spricht Huͤon leiſ' und ſchaudernd — Doch, bevor
Ers ausſpricht, oͤfnet ſchnell ſich eine goldne Pforte,
Und zwanzig Jungfraun gehn aus dem palaſt hervor.
70.Sie kamen, ſchoͤn wie der May, mit ewigbluͤhenden wangen,
Gekleidet in glaͤnzendes Lilienweiß,
Die Erdenkinder zu empfangen
Die Oberon liebt. Sie kamen tanzend, und ſangen
Der reinen Treue unſterblichen Preis.
Komm, ſangen ſie (und goldne zymbeln klangen
In ihren ſuͤßen geſang, zu ihrem lieblichen tanz)
Komm, trautes Paar, empfang den ſchoͤnen Siegeskranz!
71.Die Liebenden — ſich kaum beſinnend — in die wonne
Der andern Welt verzuͤkt — ſie wallen, hand in hand,
Den doppelreyhen durch: als, gleich der Morgenſonne
In ihrem Braͤut'gamsſchmuk, der Geiſt vor ihnen ſtand.
Nicht mehr ein ſchoͤner Zwerg, ein Knaͤblein, wie er ihnen
In lieblicher verkleidung ſonſt erſchienen —
Ein Juͤngling, ewig ſchoͤn und ewigbluͤhend, ſtand
Der Elfenkoͤnig da, den Ring an ſeiner hand.
U72. Und
[]72.Und ihm zur ſeite glaͤnzt, mit ihrer roſenkrone
Geſchmuͤkt, Titania in milderm Mondesglanz.
In beyder Rechten ſchwebt ein ſchoͤner myrtenkranz.
Empfange, ſprechen ſie mit liebevollem tone,
Du treues Paar, zum edeln Siegeslohne,
Aus deiner Freunde hand den wohlverdienten Kranz!
Nie wird von euch, ſolang ihr dieſes zeichen
Von unſrer Liebe bewahrt, das Gluͤk des Herzens weichen.
73.Kaum daß das lezte wort von Oberons lippen fiel,
So ſah man aus der luft ſich eine wolke neigen,
Und aus der wolke ſchoos, bey goldner harfen ſpiel,
Mit lilien vor der bruſt, drey Elfentoͤchter ſteigen.
Im arm der dritten lag ein wunderſchoͤner Knab,
Den ſie, auf ihren knie'n, Titanien uͤbergab.
Suͤßlaͤchelnd buͤkt zu ihm die Koͤnigin ſich nieder,
Und giebt, mit einem kuß, ihn ſeiner Mutter wieder.
74.Und, unterm jubelgeſang der Jungfraun, die in Reyhn
Vor ihnen her den weg mit roſen uͤberſtreun,
Ziehn durch die weite goldne pforte
Die Gluͤklichen hinein in Oberons Freudenhaus.
Was ſie geſehn, gehoͤrt, an dieſem ſchoͤnen orte,
Sprach ihre zunge niemals aus;
Sie ſahn nur himmelwaͤrts, und freudenthraͤnen brachen
Aus ihren augen aus, ſo oft ſie davon ſprachen.
75. In
[]75.In einen ſanften ſchlaf verlohr ſich wonniglich
Der ſel'ge Traum. Und mit dem Tage fanden
Sie beyde, Arm in Arm, wie neugeboren, ſich
Auf einer bank von moos. Zu ihrer ſeite ſtanden,
Reich aufgeſchmuͤkt, vier wunderſchoͤne pferde,
Und ringsum lag, bey hauffen, im gebuͤſch
Ein praͤchtig ſchimmerndes gemiſch
Von waffen, ſchmuk und kleidern auf der erde.
76.Herr Huͤon, dem das herz von freude uͤberfloß,
Wekt ſeinen Alten auf; Amande
Sucht ihren Sohn, der noch auf Fatmens ſchoos
Sanftſchlummernd lag. Sie ſehn ſich um. Wie groß
Iſt ihr Erſtaunen! — Herr, in welchem lande
Glaubt ihr zu ſeyn? ruft Scherasmin entzuͤkt
Dem Ritter zu — Kommt, ſeht von dieſem ſtande
Nach weſten hin, und ſagt, was ihr erblikt?
77.Der Ritter ſchaut hinaus, und traut
Dem anblik kaum. — Er, der ſo viel erfahren,
Und deſſen augen ſo gewoͤhnt an wunder waren,
Glaubt kaum was er mit augen ſchaut.
Es iſt die Sein', an deren bord ſie ſtehen!
Es iſt Paris, was ſie verbreitet vor ſich ſehen!
Er reibt ſich aug und ſtirn, ſchaut immer wieder hin,
Und ruft: iſts moͤglich, daß ich ſchon am ziele bin?
78.Nicht lange ſchaut er hin, vor freude ganz betroffen,
So ſtellt ſich ihm ein neues Schauſpiel dar.
Ihm daͤucht, daß alles um die Burg in aufruhr war,
Man hoͤrt trompetenſchall, und eine Ritterſchaar
U 2Trabt
[]Trabt dem turnierplaz zu, die ſchranken ſtehen offen.
Mein gluͤk, ruft Huͤon, laͤßt mein hoffen
Stets hinter ſich. Geh, Freund! wofern nicht alles mich
Betruͤgt, giebt's ein Turnier; geh, und erkund'ge dich.
79.Der Alte geht. Inzwiſchen wird Amande
Von Fatmen angekleidt. Denn, was ſie haben muß
Sich mit dem glanz, der ihrem hohen Stande
Und ihrer ſchoͤnheit ziemt, in dieſem fremden lande
Zu zeigen, fanden ſie im reichſten uͤberfluß
Gehaͤuft zu ihren fuͤßen liegen.
Herr Huͤon laͤßt indeß, mit manchem Vaterkuß,
Den kleinen Huͤonnet auf ſeinem knie ſich wiegen.
80.Und ſieht, mit inniglicher luſt,
Das ſchoͤne Weib, durch alles fremde Zieren
Und Schimmern nichts gewinnen noch verlieren.
Ob eine roſe ihre bruſt
Umſchattet, ob ein ſtrauß von blitzenden juwelen
In glanz ſie huͤllt — ſtets durch ſich ſelber ſchoͤn
Und liebeathmend, ſcheint durch Den
Ihr nichts geliehn, bey Jener nichts zu fehlen.
81.Der Alte kommt izt mit der nachricht an,
Drey tage ſey bereits der Schranken aufgethan.
Karl (ſpricht er) immer noch durch ſeinen groll getrieben,
Hat ein Turnier im Reiche ausgeſchrieben;
Und rathet, welchen Dank der Sieger heut' erhaͤlt?
Nichts kleiners, Herr, als — Huͤons Land und Lehen!
Denn, euch aus Babylon mit ruhm gekroͤnt zu ſehen,
Iſt was dem Kayſer nicht im ſchlaf zu ſinne faͤllt.
82. Auf,
[]82.Auf, wafne mich, ruft Huͤon voller freuden,
Willkomner konnte mir kein' andre botſchaft ſeyn.
Was die Geburt mir gab, ſey nun durch Tugend mein!
Verdien' ich's nicht, ſo mag's der Kayſer dem beſcheiden
Der's wuͤrdig iſt! — Er ſagt's, und ſiehet Rezia
Ihm laͤchelnd ſtillen beyfall nicken.
Ihr Buſen klopft ihm Sieg! — In wenig augenblicken
Steht glaͤnzend ſchon ihr Held in voller ruͤſtung da.
83.Sie ſchwingen ſich zu pferd, die Ritter und die Frauen,
Und ziehen nach der Stadt; und allenthalben ſchauen,
Vor ihrer pracht entzuͤkt, die Leute nach, und wer
Die gaſſen muͤßig tritt, laͤuft hinter ihnen her.
Bald langt mit Rezia Herr Huͤon vor den planken
Der ſtechbahn an. Er laͤßt, nachdem er ſich bey ihr
Beurlaubt, Scherasmin zu ihrem ſchuͤtzer hier,
Zieht ſein Viſier herab, und reitet in die ſchranken.
84.Ein lautes lob verfolgt von beyden ſeiten ihn,
Ihn, der an anſtand und an ſtaͤrke
Den Beſten, die der ritterlichen werke
Bisher gepflegt, weit uͤberlegen ſchien.
Scheelſehend ſtand am ziel, auf ſeinem ſtolzen roß,
Der Ritter, der in dieſen dreyen tagen
Des Rennens preis davon getragen,
Und mit den Fuͤrſten ſah der Kayſer aus dem Schloß.
85.Herr Huͤon neigt, nach ritterlicher weiſe,
Sich vor dem Kayſer tief, dann vor den Damen und
Den Richtern — tummelt drauf im kreiſe
Den muth'gen hengſt herum, und macht dem Sieger kund
U 3Daß
[]Daß er gekommen ſey, den Dank ihm abzujagen.
Er ſollte zwar erſt Stand und Namen ſagen;
Allein ſein ſchwur, daß er ein Franke ſey,
Und ſeines aufzugs pracht, macht vom geſez ihn frey.
86.Er wiegt und waͤhlt aus einem hauffen ſpeere
Sich den, der ihm die meiſte ſchwere
Zu haben ſcheint, ſchwingt ihn mit leichter hand,
Und ſtellt, voll zuverſicht, ſich nun an ſeinen ſtand.
Wie klopft Amandens herz! Wie feurige gebete
Schikt ſie zu Oberon und allen Engeln ab,
Als izt die ſchmetternde trompete
Den Ungeduldigen zum rennen urlaub gab!
87.Dem Ritter, der bisher die Nebenbuler alle
Die Erde kuͤſſen hieß, ſchwillt maͤchtiglich die galle,
Daß er gezwungen wird, auf dieſe neue ſchanz
Sein gluͤk und ſeinen ruhm zu ſetzen.
Er war ein Sohn des Dovlin von Maganz,
Und ihm war lanzenſpiel kaum mehr wie haſenhetzen.
Er ſtuͤrmet, wie ein ſtral aus ſchwarzer wolken ſchoos,
In voller wut, auf ſeinen gegner los.
88.Doch, ohne nur in ſeinem ſiz zu ſchwanken,
Trift Huͤon ihn ſo kraͤftig vor die bruſt,
Und wirft mit ſolcher macht ihn ſeitwaͤrts an die planken,
Daß alle rippen ihm von ſeinem fall erkranken.
Zum kampf vergeht ihm alle weitre luſt.
Vier Knappen tragen ihn ohnmaͤchtig aus den ſchranken.
Ein jubelnd Siegsgeſchrey prallt an die wolken an,
Und Huͤon ſteht allein als Sieger auf dem plan.
89. Er
[]89.Er bleibt am ziel noch eine weile ſtehen,
Ob jemand um den Dank noch kaͤmpfen will, zu ſehen;
Und da ſich niemand zeigt, eilt er mit ſchnellem trab
Amanden zu, die, hoch auf ihrem ſchoͤnen roſſe,
Wie eine Goͤttin glaͤnzt, und fuͤhrt ſie nach dem Schloſſe.
Sie langen an. Er hebt gar hoͤflich ſie herab,
Und fuͤhrt ſie, unter ſtetem Vivat rufen
Des Volks, hinauf, die hohen marmorſtufen.
90.Wie eine Silberwolk umwebt
Amandens angeſicht ein undurchſichtger ſchleyer,
Durch den ſich jedes aug umſonſt zu bohren ſtrebt.
Voll ungeduld, wie ſich dies Abenteuer
Entwickeln werde, ſtroͤmt die Menge, ohne zahl,
Dem edlen Paare nach. Izt oͤfnet ſich ein Saal;
Hoch ſizt auf ſeinem Thron, von ſeinem Fuͤrſtenrathe
Umringt, der alte Karl in Kayſerlichem ſtaate.
91.Herr Huͤon nimmt den Helm von ſeinem haubt,
Und tritt hinein, in ſeinen ſchoͤnen locken
Dem Gott des Tages gleich. Und alle ſehn erſchrocken
Den Schnellerkannten an. Der alte Karlmann glaubt
Des Ritters Geiſt zu ſehn. Und Huͤon, mit Amanden
An ſeiner hand, naht ehrerbietig ſich
Dem Thron, und ſpricht: Mein Lehnsherr! Siehe mich,
Gehorſam meiner pflicht, zuruͤk in deinen Landen!
92.Denn, was du zum Beding gemacht
Vor meiner wiederkehr, mit Gott hab ichs vollbracht!
In dieſem kaͤſtchen ſich des Sultans Bart und Zaͤhne,
An die, o Herr, nach deinem wort, ich Leib
Und
[]Und Leben aufgeſezt — und ſieh, in dieſer Schoͤne,
Die Erbin ſeines throns, und mein geliebtes Weib.
Mit dieſem worte faͤllt von Reziens angeſichte
Der ſchleyer ab, und fuͤllt den Saal mit neuem lichte.
93.Ein Engel ſcheint, in ſeinem himmelsglanz,
(Gemildert nur, damit ſie nicht vergehen,)
Vor den Erſtaunten dazuſtehen:
So groß, und doch zugleich ſo lieblich anzuſehen,
Glaͤnzt Rezia, in ihrem myrtenkranz
Und ſilbernen gewand. Die Koͤnigin der Feen
Schmiegt ungeſehen ſich an ihre Freundin an,
Und alle Herzen ſind ihr ploͤzlich unterthan.
94.Der Kayſer ſteigt vom Thron, heiſt freundlich ſie willkommen
An ſeinem Hof. Die Fuͤrſten draͤngen ſich
Um Huͤon her, umarmen bruͤderlich
Den edeln jungen Mann, der glorreich heimgekommen
Von einem ſolchen zug. Es ſtirbt der alte groll
In Karlmanns bruſt. Er ſchuͤttelt liebevoll
Des Helden hand, und ſpricht: Nie fehl' es unſerm Reiche
An einem Fuͤrſtenſohn, der dir an Tugend gleiche!