OBgleich mehr denn gewiß, daß die Er-
kenntnuͤß und die Erwehlung der Ma-
terialien eines der wichtigſt- und nuͤtz-
lichſten Stuͤcke in der Medicin ſey, den-
noch kan man mit gutem Fuge ſagen, daß
dieſelbe bisanhero die allerverachteſte geweſen. Nun
ſolte man ſich nimmermehr einbilden, was das gemeine
Weſen bey dem Vertrieb ſo vieler verfaͤlſchter Waaren lei-
den muß, denn ſelbige auf keinerley Weiſe die erwuͤnſchte
* 3Wir-
[] Wirckung zu wege zu bringen vermoͤgen, es ſey nun zu
Wiederſtattung des Menſchen Geſundheit, oder zu der-
ſelben Erhaltung angeſehen. Allein man duͤrffte ſich noch
viel mehr entſetzen, wenn man vernehmen wird, daß ein ſo
gar entſetzliches Unheil nichts auſſerordentliches auf der
Welt, und in den Laͤden der Materialiſten und Apothecker
nichts ſo gemeine ſey, als dergleichen verfaͤlſchte Waaren,
welche die praͤchtigen Titel, wodurch blos ihr Werth erhoͤ-
het wird, nicht im geringſten verdienen. Dieſe Bosheit,
dadurch menſchlicher Geſundheit ein ſo gar groſſes Unheil
zugezogen wird, habe, mein Herr/ ich mir vorgenom-
men, in gegenwaͤrtigen Wercke zu entdecken. Dieweil
aber niemand die Wercke der Finſternuͤß offenbaret, und
ſich den Haß und Feindſchaft dererjenigen, welche ihnen
der Leute Leichtglaͤubigkeit, hoͤchſt unbillicher Weiſe, zu
nutze zu machen wiſſen, nicht auf den Halsladen ſolte; dan-
nenhero bin auch ich eines Beſchuͤtzers, der in hohen Anſehen
und Wuͤrden, hochbenoͤthiget. Einen ſolchen aber, Mein
Herr, wuſte ich nirgends als in deſſen Perſon zu finden,
allermaſſen jederman bekannt, wie daß Derſelbe eine voll-
kommene Wiſſenſchaft von alle dem beſitze, was die Natur
nur ſeltſames und nuͤtzliches in denen dreyen Familien der
Gewaͤchſe, der Thiere und der Mineralien, beſchloſſen hat,
und von mir in dieſem Buche nach der Laͤnge ſind beſchrie-
ben worden. Es hat ſich auch Mein Herr bey den Ge-
lehrten einen ſolchen Namen erworben, daß kein einiger
Bedencken traͤgt, ſich deſſelben Entſcheidung zu unterwerf-
fen. Dieſemnach, und da Er mein Buch mit einer ſo guͤti-
gen
[] gen Genehmhaltung beehren wollen, darff ich mir ſchon
verſprechen, daß wenig Widerſprechende ſich finden wer-
den, wie kuͤhne ſonſten immer der Neid. Der Koͤnig,
welcher in Erwehlung dererjenigen Perſonen, die Er zu der
Ehre ſeiner Bedienung beſtimmet, niemahls als mit allzeit
verwunderbaren Verſtande verfaͤhret, hatte nicht ſobalde
Jhn zu ſeinem vornehmſten Medico erkohren, als ſchon
gantz Franckreich das gluͤckwuͤnſchende Zuruffen wieder-
hohlete, welches gelehrte und hochverdiente Leute, wegen
dieſer Ehre, dadurch Derſelbe von andern unterſchieden
wurde, erſchallen lieſſen. Jndem Jhm aber dieſes
Werck uͤberreiche, gebe ich nur einen Theil desjenigen
wieder, was er mir ehemahls gegeben hat: denn alles
was ich von Gewaͤchſen und vielen andern Dingen vor-
bringe, iſt alleine dasjenige, ſo ich in denen oͤffentlichen
lectionibus, welche Derſelbige vor dieſem im Koͤnig-
lichen Garten gehalten, zu erlernen das Gluͤcke gehabt.
Erſuche ſchließlich pflichtſchuldigſt, Mein Herr wolle
Jhm dieſes oͤffentliche Zeugnuͤß meiner Erkenntlichkeit ge-
fallen laſſen, und mit ſeinem Schutz denjenigen beehren,
der mit der tieffſten Ehrerbietung iſt
Mein Herr,
Deſſelben
demuͤthigſt- und gehorſamſter
Diener
P. Pomet.
NAchdem die goͤttliche Vorſehung mich zu einer ſolchen
Profeßion beruffen, bey welcher eine genaue Kennt-
nuͤß derer zur Artzney dienlichen Materialien mir
hoͤchſt von Noͤthen war, als habe mich mit aller ei-
nem ehrliebenden Menſchen anſtaͤndigen Aufrichtig-
keit und Eyffer/ dieſelbe zu erlangen/ bemuͤhet und beflieſſen. Ge-
ſtehen muß ich, daß michs nicht wenig kraͤnckete, da ich ſtracks an-
fangs ſo gar ſchlechte Treue bey dieſer Handlung verſpuͤrete, ob ſie
gleich nicht nur die groͤſſeſte im gantzen Koͤnigreiche, ſondern auch
die wichtigſte und noͤthigſte in dieſem Leben iſt. Der Mißbrauch,
den ich alſofort dabey bemerckete, und der bey mir einen deſto groͤſ-
ſern Abſcheu erregete, weil denen Leuten die noͤthige Huͤlffe entzogen
wird, welche ſie doch von der Artzney erwarten ſolten, es ſey nun ent-
weder zur Erhaltung, oder zur Wiedererſtattung der Geſundheit an-
geſehen; dieſer Mißbrauch, ſage ich, veranlaſſete mich, dieſen Ent-
ſchluß zu faſſen, ich wolte meine gantze Lebenszeit nur darauf ver-
wenden, damit alle ſolche und dergleichen Schelmereyen offenbar
und entdecket werden moͤchten, welche eine hoͤchſt-ſtraffbare Be-
gierde (der Geitz) hat eingefuͤhret, da doch bey dieſer Profeßion
Treue und Glauben weit hoͤher und koͤſtlicher ſolte gehalten werden,
als ſonſt bey einer andern Handthierung. Diß iſt alſo die Urſache
und der Antrieb zu Ausfertigung dieſes Wercks geweſen. Wofern
mir demnach mein Vorhaben und Abſehen nach Wunſche gelungen,
ſo kan
[]Vorrede.
ſo kan ich mit gutem Fuge ſagen, es werde wenig dergleichen geben,
von denen das gemeine Weſen mehr und groͤſſern Nutzen erhalten
duͤrffte. Nichts iſt ja faͤhiger, der Medicin den haͤßlichſten Schand-
flecken anzuhaͤngen, und denenjenigen, welche Profeßion davon ma-
chen, tauſend Schimpf- und Scheltworte auf den Hals zu ziehen,
als eben der Betrug, welcher taͤglich und ſtuͤndlich bey dem Verkauff
der Spezereyen vorgehet. Und dieſes hat mehr auf ſich, als man
wohl vermeinet. Jn Durchleſung dieſes Wercks wird man verſpuͤ-
ren, wie fein es ſich ſchicke, in ſelbigen wider ſolche gottloſe, aller und
iedweder Menſchen Geſundheit ſo nachtheilige, und der gantzen
menſchlichen Geſellſchaft hoͤchſt ſchaͤdliche Gewohnheiten zu reden
und ſie zu ſtraffen. Weil aber mein Vorſatz nicht war, einigerley
Profeßion herunter zu machen, ſondern vielmehr die Fehler und Miß-
braͤuche zu beſtraffen, ſo habe ich mir oftmahls ſelbſt Einhalt gethan,
und Mittel und Wege gezeiget, wie man die guten Materialien von
denen ſchlimmen und verfaͤlſchten, oder auch von denen, die dafuͤr
pflegen eingeſchoben und gegeben zu werden, unterſcheiden; des-
gleichen diejenigen, die doch nichts weniger ſind, als dafuͤr ſie ausgege-
ben werden, erkennen ſoll. Wenn ich denn ein oder andere Redens-
art im Eyffer vorgebracht, welche etwas zu harte klingen moͤchte
(wo einer anders in ſolchen Sachen, welche ſchlechter dings des Men-
ſchen Leben betreffen, kan zu harte reden) ſo mag man mir dergleichen
geringe Bewegungen zu gute halten, denn ſie alleine dahin zielen,
daß man ſolche Unordnung, wider welche ſich billich alle Welt legen
ſolte, nur deſto fuͤglicher und beſſer mercken koͤnne.
Dannenhero dienet mein Werck nicht allein fuͤr diejenigen, die
der Medicin obliegen, und eben ſoviel, ja wohl mehr Recht haben,
als andere, daß zu denen von ihnen verordneten compoſitionibus und
remediis keine, als gute und taugliche ſpecies genommen werden;
ſondern es kan auch denen Studioſis Pharmaciæ, Materialiſten und
Apotheckern guten Nutzen ſchaffen, damit ſie ins kuͤnftige bey dem
Gebrauch und Verkauff der Materialien, durch Huͤlffe des Lichtes,
das ihnen in dieſem Buche aufgeſtecket wird, das boͤſe von dem gu-
ten, das falſche vom wahrhaften, zu unterſcheiden vermoͤgen.
Welche Profeßion aber kan wohl eines ſolchen Wercks entrathen, das
da von denenjenigen Dingen handelt, die zur Erhaltung der Geſund-
heit des Menſchen ſollen angewendet werden? Und wie viel Leute
**richten
[]Vorrede.
richten nicht ihre Artzneyen ſelbſten zu Hauſe zu? dieſe aber ſollen ja
von rechts wegen wiſſen und kennen, ob auch dasjenige, was ſie
kauffen, eben daſſelbige ſey, welches es ſeyn, und ihnen zu ihrem Vor-
haben verhelffen ſoll. Jch will hier nicht einmahl ſo vieler Kuͤnſtler
und Handwercker gedencken, als da ſind, Wundaͤrtzte, Goldſchmie-
de, Mahler, Faͤrber, Schmiede, und alle insgeſamt, die ſich dieſer oder
jener Materialien bedienen, welchen allen, gleich ſo viel als denen
andern, dran gelegen, daß ſie nicht betrogen werden.
Jch habe derowegen mit gutem Fug und Recht ſagen koͤnnen,
wenn mein Vorhaben ſolcher geſtalt zu Wercke gerichtet worden, als
es wohl der Sachen Wichtigkeit erfodert, daß ich der gaͤntzlichen
Meinung waͤre, es ſey dem gemeinen Beſten durch die Herausge-
bung dieſes Buches kein ſchlechter Dienſt erwieſen worden. Allein,
ob ich gleich zu Erlangung einer recht genauen und gruͤndlichen Er-
kenntnuͤß der Materialien noch ſo groſſen Fleiß und Muͤhe angewen-
det, auch keine Unkoſten geſparet, dennoch fehlet gar viel, daß ich
darinne ſo weit, als ich gewuͤnſcht, gekommen waͤre. Denn ohn-
erachtet ich bey nahe 20. Jahre zugebracht, mir ein Materialien-
Buch zuſammen zu tragen, deſſen gleichen vielleicht in gantz Europa
nicht wird anzutreffen ſeyn; was die Vollkommenheit und Curioſi-
taͤten anbetrifft; dieſerwegen auch nach Oſt- und Weſt-Jndien cor-
reſpondiret und geſchrieben, damit ich von denenjenigen Materia-
lien, welche in unſerm Europa nicht allzu wohl bekannt ſind, richtige
Nachricht erhalten moͤchte: ſo waͤre doch hierzu eines hohen Poten-
taten nachdruͤckliche Huͤlffe hochnoͤthig, damit man alle die zu der-
gleichen Nachforſchung gehoͤrige Unkoſten vorſchieſſen koͤnte. Es
ſolte einem in Wahrheit Wunder nehmen, daß eine Privat-Perſon
ſich in ſo uͤbermaͤßige Unkoſten geſtecket, welche nothwendig aufge-
wendet werden muſten, theils auf die Ausforſchung und Erkundi-
gung der Foßilien, der Kraͤuter und Thiere, theils auch, damit die-
ſelben in Kupfer geſtochen wuͤrden (wie dann derer viele nach dem
Leben gezeichnet ſind) und endlich, damit das Buch in Druck kaͤ-
me. Noch muß ich gedencken, daß, ungeachtet ich groſſe Luſt hatte,
dieſe meine Gedancken uͤber die Wahl und Erkieſung der Materialien
ans Licht zu ſtellen, ſolches doch noch nicht geſchehen waͤre, wo nicht
ein ſonderlicher Zufall verboten haͤtte daſſelbige laͤnger aufzuſchieben.
Denn es wurden mir alle meine Schrifften und Originalia geſtohlen,
und
[]Vorrede.
und muſte vernehmen, wie man Willens ſey, dieſelben drucken zu laſ-
ſen; zudem, ſo wolte man mir fuͤr Gerichte kein Recht verſchaffen, in
Meinung, es ſey eine Sache von keiner ſonderbaren Wichtigkeit. Da-
mit ich alſo verhinderte, daß kein anderer (gleich jener Kraͤhe in der
Fabel, die ſich mit fremden Federn ſchmuͤckete) den Nutzen von mei-
ner Arbeit ziehen moͤchte, und ein unvollkommen Werck an den Tag
kaͤme, als fand ich mich genoͤthiget mit Publicirung dieſes Wercks zu
eilen.
Jch lebe der Zuverſicht, es ſollen alle, die dieſes Buch durchleſen
werden, gar bald beobachten, daß noch niemahls ein ſo vollkommener
Tractat von Materialien ihnen zu Geſichte gekommen, und daß ich
nicht allein zuſammen getragen, was hin und wieder bey vielen Scri-
benten, die nicht ſo leichtlich einem ieden unter die Haͤnde gerathen, da-
von gefunden wird, ſondern auch ſolche Sachen mit eingebracht, von
denen bisanhero nichts iſt geſehen, oder deren zum wenigſten von den
Scribenten gar ſelten iſt erwaͤhnet worden. Es befinden ſich darinne
viele neue Erfindungen, welche der Großmuth meiner Freunde zu dan-
cken, und die ſonſt nicht ſobald bekannt worden waͤren. Darum ha-
be ich auch nicht vergeſſen, ihnen die ſchuldige Gebuͤhr abzuſtatten, und
die Namen derer Gelehrten, welchen beliebet hat, ihre Gedancken mir
zu communiciren und mitzutheilen, bey Gelegenheit mit angefuͤhret,
allermaſſen an gar vielen Orten erſehen werden kan. Gleichwie ich
nun mit groͤſſeſtem Vergnuͤgen der Huͤlffe gelehrter Leute, welche mir
mit ihrem Fleiſſe an die Hand gegangen, mich bedienet, alſo erklaͤre
hiermit, daß ich mir gleichfalls aller wohlgeſinneten Perſonen Nach-
richt will zu Nutze machen, dafern dieſelben ein oder andere Oerter in
meinem Buche gefunden, welche zu vermehren oder zu verbeſſern noͤ-
thig, und ſoll mir kein ſchlechter Gefallen erwieſen werden, wenn man
mich deſſen zu berichten wuͤrdiget.
Belangend die Ordnung, welche ich in dieſem Buche gehalten,
darinne habe den Herren Phyſicis gefolget, welche von ſo langer Zeit
her in den dreyen Claſſen der Vegetabilium, Animalium und Minera-
lium, alles und iedes, womit die Phyſica, Chymia und Pharmacia ſamt
andern in der menſchlichen Geſellſchaft nuͤtzlichen Kuͤnſten umzugehen
pflegen.
Weil ich auch mehr auf die Nutzbarkeit, als auf die Anmuthigkeit
in dieſem Wercke geſehen, mir auch vorgeſetzet, in der Erwehlung und
** 2Er-
[]Vorrede.
Erkenntniß der Materialien eigentlich nur ſolche Leute zu unterrichten,
als da ſind, Materialiſten, Spezereyhaͤndler, Apothecker und alle, die
dergleichen Sachen gebrauchen, darum habe ich keine Schwuͤrigkeit
gemacht, diejenigen Namen der Materialien, welche in den Laͤden be-
kannt, denenſelbigen vorzuziehen, die vielleicht nur etlichen wenigen
Gelehrten kundbar ſind. Und eben aus dieſer Urſache habe ich
im gantzen Buche ihre Redens-Art gebrauchet, das iſt, ſchlecht weg,
ohne ſonderbare zierliche Worte geredet, indem mein eintziger Zweck und
Abſehen geweſen, daß ich von ihnen moͤchte verſtanden werden. Was
die Gelehrten betrifft/ dererſelben Hoͤfflichkeit, welche ſie durch das
Studiren erlangen/ laͤßt mich hoffen, ſie werden die Worte nicht zu
genau examiniren und unterſuchen, ſondern ihnen vielmehr an denen
ſchoͤnen Sachen, welche in dieſem Buche enthalten ſind, begnuͤgen
laſſen.
DEm gemeinen Weſen iſt abſonderlich nicht wenig dran gelegen, daß
unbekannter Sachen Natur und Urſprung gewiß entdecket wer-
den, bevoraus, welche einen groſſen Theil der Materia Medica aus-
machen, und daß ein iedweder derjenigen Betruͤgereyen kundig werde,
welche gemeiniglich bey dem Materialien-Handel vorzugehen pflegen,
daß man dieſelbigen nicht genugſam ruͤhmen kan, welche dergleichen mit
ſonderbaren Fleiß zu unterſuchen auf ſich nehmen. Dieſes hat der
Autor gegenwaͤrtigen Buches, ſeit vielen Jahren her, mit ſolcher Sorg-
falt, Unkoſten, Verſtand und Aufrichtigkeit getrachtet zu bewerckſtelli-
gen, daß er mit allem Recht verdienet, daß ſeiner Muͤhe Frucht mit
voͤlligem Beyfall und jedermans Genehmhaltung aufgenommen wer-
de. Unmoͤglich iſt es zwar, daß eine ſo gar weitlaͤufftige Materie durch-
gehends klar und deutlich ſolte koͤnnen erlaͤutert werden, zumahlen da
ſchier gantz unuͤberwindliche Schwerigkeiten fuͤr eine Privat-Perſon
und deren Vermoͤgen ſich dabey befunden. Jedennoch muß man auch
geſtehen, daß eine ziemlich groſſe Anzahl ſolcher Articul, davon bishero
keine Gewißheit nicht zu haben, in dieſem Wercke uͤberaus wohl deci-
diret und entſchieden iſt, und daß ſolches, wegen der Wege und Mittel,
vermittelſt deren die verfaͤlſchten Waaren alſobalden zu erkennen
ſind, fuͤr eines der beſt- und nuͤtzlichſten zu halten, dergleichen iemahls
von
[]Approbationes.
von dieſer Materie zum Vorſchein ſind gekommen, der Autor aber
allerdings als ein vollkommen rechtſchaffener Mann zu achten ſey, deſ-
ſen gleichen an Aufrichtigkeit, ohn allen Eigennutz, gar kein Exempel
nicht vorhanden. Welches uns dann verpflichtet, unſere Approba-
tion und gaͤntzliche Beyſtimmung zu ertheilen. Geſchehen zu Ver-
ſailles den 24. Novembr. im Jahr 1693.
FAGON.
DJe Begierde allerhand zu wiſſen iſt dem Menſchen angebohren, und die Wiſ-
ſenſchaft und Erkenntnuͤß aller natuͤrlichen Dinge iſt hoͤchſt lobens wuͤrdig.
Jn gegenwaͤrtigem Wercke finden wir, woran wir uns vergnuͤgen koͤnnen, wann
wir daraus erkennen lernen, was nur die Erde zu des Menſchen Nutz und ſeines
Lebens Erhaltung hervor bringt, es moͤgen nun ſolche Dinge ſeyn, die aus frem-
den Landen zu uns kommen, oder die auch bey uns ſelbſten wachſen. Die Han-
delsleute, deren Profeßion iſt allerhand Materialien und Spezereyen zu ver-
kauffen, welche ſie anders woher und aus andern Haͤnden uͤberkommen, ſind
ſchon zu frieden, daß ſie dieſelbigen an ihrem Werth und Preiſſe kennen, ohne
daß ſie um deren Kraft und Wuͤrdigkeit ſich bekuͤmmern ſolten. Allein, mit
groͤſtem Rechte mag man ſagen, das gemeine Beſte muͤſſe dem Herrn Pomet ſehr
verbunden ſeyn, daß er ihm nicht an dem begnuͤgen laſſen, was ſeinen Collegen
insgemein bewuſt, ſondern, daß er allen Fleiß und Muͤhe vorgekehrt, auch un-
gemeine Koſten auf dieſe Collection und Verſammlung verwendet, damit er
uns mittheilen moͤchte, weſſen er ſo wohl von ſich ſelbſt, als auch durch gute
Freunde kundig worden, und uns bedeuten koͤnte, von was fuͤr unterſchiedenen
Orten dieſe Materialien herkaͤmen, wie ingleichen deren Guͤte und Wahl; wel-
ches gewißlich kein geringer Vortheil iſt, nicht allein fuͤr alle und iede, ſo gleicher
Profeßion mit ihm ſind, ſondern fuͤr jederman, der nur die geringſte Liebe zu
natuͤrlichen Dingen bey ſich haͤget. Dieſes Zeugnuͤß habe ich ſeinem Wercke
ertheilen ſollen. Geſchehen zu Paris den 15. Novembr. 1693.
DE CAEN, D. M. P.
JCh unterzeichneter Doctor Regens der Medicin bey der Univerſitaͤt zu Paris,
urkunde, daß ich die meiſten Capitel eines Buchs durchgangen und geleſen,
worinnen diejenigen Materialien beſchrieben werden, welche zu der Artzney ge-
hoͤren, und welches Herr Pomet, Materialiſt und Spezereyhaͤndler zu Paris ver-
fertiget, auch in demſelben mancherley Sachen angemercket, deren Erkenntnuͤß
bis zu dieſen Zeiten uns gefehlet, ſo daß ich erachte, es konne deſſen Druck dem
gemeinen Beſten gar ſehr nuͤtzlich ſeyn. Gegeben zu Paris den 27. Novembr. 1692.
MORIN.
JCh unterzeichneter Doctor Regens Facultatis Medicæ zu Paris, bezeuge allen,
denen dieſes vorkommen wird, daß oberwaͤhntes Buch, durch Herrn Pomet
verfertiget, dem gemeinen Beſten ſehr groſſen Nutzen ſchaffen werde. Gegeben
den 27. Novembr. 1692.
THEVAR.
JCh unterzeichneter Medicinæ Doctor, bekenne, daß ich mit ſonderbaren Ver-
gnuͤgen ein Buch durchgangen, deſſen Titel Hiſtoire generale des Drogues, mit
Figuren ausgezieret, ſo alle, ſoviel moͤglich, nach dem Leben gezeichnet, und von
dem Herrn Pomet, Materialiſten und Spezereyhaͤndler in Paris verfertiget.
Weil ich nun befunden, daß es weit vollkommener, als irgend einiges Buch, ſo
von dergleichen bisanhero iſt ans Licht gekommen, und daß es nicht nur Leuten
von ſeiner Profeßion, ſondern auch denenjenigen hoͤchſt dienlich koͤnne ſeyn,
welche die Materiam medicam von Grunde aus verſtehen lernen wollen: ſo er-
mahne ich ihn, ohne Aufſchub ſich um ein Privilegium und Freyheit, es in Druck
zu geben, zu bewerben, der gaͤntzlichen Meinung, es werde dieſes Buch, als dem
gemeinen Beſten gar ſehr nuͤtzlich, bald erkennet und geſuchet werden. Paris den
26. Novembr. 1692.
UnterzeichnetCHARRAS.
WJr unterzeichneter Doctor Medicinæ der Facultaͤt zu Montpellier thun kund,
daß Herr Pomet, Materialienhaͤndler, ein Buch mit groͤſtem Fleiſſe und Be-
hutſamkeit geſchrieben, welches er Hiſtoire generale des Drogues tituliret, dabey er
mit gantz ungemeiner Sorgfalt ſich nach ſolchen Waaren umgethan, welche aus
fremden Landen zu kommen pflegen, und ſelbige mit uͤbergroſſen Koſten bringen
laſſen, damit er ſolche examiniren und unterſuchen, auch nichts, ſoviel als nur
an ihm gelegen, vorbringen moͤchte, welches ihme unbekannt, und in ſeinem Ma-
terialien-Magazin nicht zu befinden, welches ich zu mehrenmahlen mit ſonder-
lichen Vergnuͤgen beſehen. Da nun daſſelbige ohne Widerrede das allervollkom-
menſte Cabinet im gantzen Koͤnigreiche iſt, wegen aufgewendeter langwieriger
Muͤhe und Unkoſten: mag man wohl ſagen, daß dasjenige Buch, welches alle
darinn beſchloſſene Materialien beſchreibet, deren unterſchiedene Namen anzei-
get, zuſamt dem Orte, von dannen ſie kommen, die Art und Weiſe, wie die guten
von den unrechten und verfaͤlſchten zu ſondern und zu unterſcheiden, desgleichen
ihren Gebrauch und Nutzen, auch wie ſie mehrentheils ſind zu verfertigen, nicht
anders als ſehr dienlich und gemeinem Beſten gantz vortraͤglich werde ſeyn. Zu
deſſen Beglaubigung wir gegenwaͤrtiges Certificat auch unterſchrieben. Geſche-
hen Paris den 20. Novembr. 1692.
Unterzeichnet,MORIN.
JCh habe ein Buch durchleſen, intituliret Hiſtoire generale des Drogues, und
von Herrn Pomet, Spezereyhaͤndlern verfertiget. Sein Eyffer fuͤr das ge-
meine Beſte iſt nicht genug zu loben: dann, auſſer die gantz ſonderbare und genaue
Unterſuchung, die er mit den Materialien angeſtellet, damit er ſie beſchreiben
koͤnte, hat er auch inſonderheit mit groſſem Fleiß dergleichen Dinge angemer-
cket, welche die Wahl und Erkieſung der Materialien betreffen. Da nun eine
gute Wahl das allervornehmſte Stuͤcke eines Apotheckers iſt, ſo muß man be-
kennen, daß nicht nur jederman demſelbigen zum hoͤheſten dafuͤr verbunden
iſt, ſondern daß es ihm inſonderheit die Apothecker Danck muͤſſen wiſſen; darum
ich auch dieſem ſeinem Buche meine Approbation und Genehmhaltung ertheilen
wollen. Gegeben zu Verſailles den 16. Mertz 1693.
UnterzeichnetBEAULIEU,
Sr. K. M. oberſter Leib-Apothecker.
JCh habe mit voͤlliger Vergnuͤgung die Hiſtoire generales des Drogues durchleſen,
welche der Herr Pomet verfertiget hat, in welcher alle und iede Species aufs ge-
naueſte beſchrieben werden, die auch mit vielen Figuren ausgezieret iſt, welche ſaͤmt-
lich nach den Originalien, die in ſeinem Magazin vorhanden, ſind gezeichnet worden,
ſo daß man ſagen kan, es ſey ein Werck, welches nicht alleine trefflich zahlreich,
ſondern auch uͤberaus ſehr muͤheſam und curieux, von wegen ſo ſauberer Specie-
rum, dergleichen iemahls noch zum Vorſchein kommen, wie ich dann ſelbſt geſe-
hen, daß er ſeit zwantzig Jahren hat daran gearbeitet, und von allen Orten und
Enden her die Waaren kommen laſſen, gute und falſche, damit er entſcheiden
koͤnne, was bis anhero die Scribenten falſch oder zweiffelhaft davon geſchrieben
haben. Dannenhero kan dieſes Werck nicht anders als hoͤchſtnuͤtzlich ſeyn fuͤr
ſolche Leute, die ſich laſſen angelegen ſeyn, in der Erkenntnuͤß der Materialien eine
ſattſame Geſchicklichkeit zu erlangen, welches gewißlich das Hauptſtuͤck iſt der
Apotheckerkunſt. Welches oͤffentliche Zeugnuͤß dieſem Wercke zu ertheilen mich
verbunden erachtet. Gegeben zu Paris den 13. Auguſti 1693.
UnterzeichnetBUISSIERE,Jhrer Durchl.
des Herrn Printzen Apothecker.
WJr unterſchriebene Gardes en Charge und Anciens Conſuls de la Marchandiſe
d’Epicerie \& Droguerie in dieſer Stadt Paris, thun kund allen und ieden, de-
nen dran gelegen, wie daß wir geſehen und geleſen ein Buch, deſſen Titel Hiſtoire
generale des Drogues, ſo Herr Pomet, Spezerey und Materialienhaͤndler zu Pa-
ris,
[]Approbationes.
ris, verfertiget, in welchem wir nichts gefunden, ſo dem gemeinen Beſten nicht
ſolte nuͤtzlich ſeyn, und abſonderlich allen und ieden Kauff- und Handelsleuten,
welche dieſe Handlung treiben: dann denen mag es zu einem Wegweiſer dienen,
ſie in dieſem Handel, bey Ein- und Verkauff der hierinn enthaltenen Materialien,
entweder zu unterrichten, oder auch ihrem Gedaͤchtnuͤß zu ſtatten zu kommen, zu
Folge angewieſener Zeichen und Beſchreibung ihrer guten oder ſchlechten Be-
ſchaffenheit, damit ſie dieſelbigen genau und recht unterſcheiden, oder, gleichwie
noͤthig, zu allerhand Gebrauch und Nutzen, es ſey zur Artzney, Faͤrberey oder
andern Kuͤnſten und Handwercken, gebuͤhrend auserleſen koͤnnen. Zu deſſen
Beglaubigung wir gegenwaͤrtiges Certificat unterſchrieben. Geſchehen zu Pa-
ris den 25. Novembr. 1692.
HARLAN, Garde en Charge.
N. DROUET, ancien Garde \& Conſul.
C. LAROZE, Ancien Garde \& Conſul.
A. FREMIN, Ancien Garde.
JCh habe mit ſonderlichem Fleiſſe das Buch durchleſen und examiniret, welches
betitelt wird Hiſtoire generale des Drogues, und vom Herrn Pomet, Spezerey-
und Materialienhaͤndler in Paris iſt aufgeſetzet worden, und in demſelbigen
nichts gefunden, als was zum Nutzen und Behuf der Medicin kan dienlich und
hoͤchſtnuͤtzlich ſeyn. Junge Anfaͤnger bey der Apotheckerkunſt, koͤnnen aus
Durchleſung dieſes Werckes ihnen eine rechtſchaffene Erkenntnuͤß aller der rare-
ſten Materialien, ſo aus fremden Landen kommen, zu wege bringen. Der Au-
tor hat dabey durchgehends eine gantz genaue und recht ſonderbare Unterſuchung
angeſtellet, daß ihm die Nachwelt fuͤr die uͤber ſich genommene Muͤhe und auf-
gewandte Unkoſten muß verbunden ſeyn, die er hat machen muͤſſen, daß er eine
ſo groſſe Anzahl rarer Gewaͤchſe aus weit entfernten Landen hat erlangen moͤ-
gen, davon er dann die accurateſten Figuren und Beſchreibung mitgetheilet.
Dieſe ſind meine Gedancken von dieſem Buche, habe mich auch verpflichtet ge-
halten, ſolch ein oͤffentliches Zeugnuͤß abzulegen. Gegeben zu Paris den 27.
Novembr. 1692.
UnterzeichnetH. ROUVIERE.
Figure 1. Fig. i. Wuͤrmſamen. p.i | Figure 2. Fig. 2. Choiian. p. 5 |
Figure 3. Fig. 3. Macedoniſche Peterſilie. p.5 | Figure 4. Fig. 4. Maſſtliſcher Heſel. p.5 |
Figure 5. Fig. 5. Ammeij. p.7 | Figure 6. Fig. 6. Bauͤrnſenfſt. p.7 |
DEr Samen/ auf LateiniſchGranumoderSemengenannt, kom̃t
alsdann erſt hervor/ wann die Bluͤte allbereit vergangen/
und iſt aller und ieder Kraͤuter beſtes Theil, dadurch ſie
gleichſam aufs neue und wiedergebohren werden. Dan-
nenhero kan einer/ der ſie genau und wohl will kennen ler-
nen/ nie genugſamen Fleiß anwenden/ indem es gewißlich
nichts leichtes iſt, ſo viel und mancherley Arten der Sa-
men/ welche ohne diß gar oft einander ziemlich aͤhnlich ſehen/ von ein-
ander zu unterſcheiden. Duͤrffte derohalben auch ſchier ſagen, daß
die Erkenntnuͤß der Geſaͤme/ bevoraus, wenn ſie einem nicht zum oͤftern
durch die Haͤnde gehen/ gar bald wiederum vergeſſen wuͤrde ſeyn: und
wolte iedwedem/ der dergleichen einkauffen muß/ dieſen aufrichtigen
Rath geben, daß er ſich zu rechtſchaffenen und aufrichtigen Leuten hal-
te, welche ſtets damit zu thun haben/ und nicht zu ſolchen/ die ſie ſonſt
insgemein zu verkauffen pflegen. Dann/ weil dieſe ſelbſt keine genaue
Kundſchaft noch rechte Wiſſenſchaft davon haben, verkaufen ſie
offtmahls/ was ſie ſelbſten nicht einmahl kennen/ und geben quid pro quo,
eines fuͤr das andere, alte und verlegene Samen fuͤr friſche/ hitzige an
ſtatt der kuͤhlenden/ u. ſ. f. wann ſelbige nur in etwas einer dem an-
dern gleich ſehen. Will derohalben ſelbige mit allem Fleiß und ſo viel
moͤglich, aufs genaueſte beſchreiben.
SEmen contra vermes,der
Wurmſamen/ hat ſeinen
Namen von ſeiner vor-
nehmſten Kraft und Ei-
genſchaft bekommen, dann
er toͤdtet die Wuͤrme in
des Menſchen Leibe, abſonderlich bey
Kindern. (Er wird auch Santolina oder
Xantolina, Semen ſanctum, Semen ſantoni-
cum, Semencine, Barbotine und Poudre à
Vers,Wurmpulver genennet.) Es iſt
ein gantz kleines Koͤrnlein, wird von den
Caravanen
ſind ein Hauf-
fen Leute, die
ſich des Jah-
res ein oder
zweymahl
verſammlen/
und mit einer
groſſen Men-
ge Pferde, Ca-
meele/ und
anderer bela-
denen Thiere
aus Perſien
nach andern
Orten im
Morgenlan-
de reiſen.Perſianern mit den Caravanen jaͤhr-
lich nach Aleppo/ Alexandretta und
Smirna geſendet, und von dannen uͤber
Holland, England und Marſeille
auch zu uns gebracht.
Die Blaͤttlein des Krautes, das dieſen
Samen traͤgt, ſind dermaſſen klein, daß
ſie ſich gantz ſchwerlich vom Samen ab-
ſondern laſſen: deshalben bedienen ſich
die Einwohner des Koͤnigreichs Bou-
tan, ſonderlich hierzu gemachter Koͤrbe,
in denen ſie es hin und wieder ſchwingen,
und ſolcher geſtalt die Blaͤttlein zuſam̃t
dem Staube davon bringen. Es geben
etliche vor, dieſer Semen contra ſey der
Samen einer gewiſſen Gattung Wer-
muth, welche von einigen Santonicum
genennet wird, dieweil dieſelbe in Xain-
tonge waͤchſet; welches ich aber nicht ver-
ſichern kan, indem, ohngeachtet alles an-
gewendeten Fleiſſes, ich nichts nicht wei-
ter davon habe erfahren koͤnnen, als daß
derjenige Samen, den wir zu ver-
kauffen pflegen, in Perſien/ und an der
Moſcowitiſchen Graͤntze wachſe, ſo
mir auch durch Briefe, von unterſchie-
denen Orten her, fuͤr gewiß berichtet
worden.
Dieſem will ich noch beyfuͤgen/ was
Tavernier im II. Theil ſeiner Reiſen, im
15. Cap. des III. Buchs, hievon vermel-
det. „Die Semencine oder das Wurm-
„pulver betreffend, ſolches kan man
„nicht wie andere Samen einſammlen;
„denn es iſt ein Kraut, welches in Wie-
„ſen waͤchſt, und wohl zeitig werden
„muß. Das uͤbelſte iſt, daß der meiſte
„Theil, wenn es nun zu zeitigen begin-
„net, durch den Wind ausgeſchlagen
„wird, und hernach unter dem Kraute
„umkommt und verdirbet. Das macht
„auch, daß es ſo gar theuer iſt. Man
„darff es nicht mit der bloſſen Hand an-
„ruͤhren, es wuͤrde ſonſten deſto eher ver-
„derben, und deshalben wird es nie, als
„in ein Schuͤſſelgen gefaſſet und gezei-
„get. Wann ſie nun das wenige, das
„annoch in denen Aehren uͤberblieben,
„ſammlen wollen, ſo bedienen ſie ſich
„dieſes Handgriffs: ſie haben zwey Koͤr-
„be mit Henckeln; wenn ſie nun in den
„Wieſen herum gehen, dann ſchwingen
„ſie den in der rechten nach der lincken,
„und den in der lincken nach der rechten
„zu, gleich als ob ſie das Kraut abmaͤhen
„wolten, welches ſie doch nur allezeit o-
„ben, das iſt, bey der Aehre faſſen, und die-
„ſer geſtalt faͤllt aller Samẽ in die Koͤrbe.
„Die Semencine waͤchſt wohl auch in der
„Provintz Kerman/ allein ſie iſt bey
„weiten nicht ſo gut, als die von Bou-
„tan/ wiewohl auch allda kaum ſo viel
„geſammlet wird, als das Land von noͤ-
„then hat. Dieſer Samen dienet nicht
„allein die Wuͤrme bey jungen Kindern
„abzutreiben, ſondern es brauchen ihn
„auch die Perſianer und alle gegen Nor-
„den wohnende Voͤlcker, ſelbſt die Holl-
„und Englaͤnder, als wie den Anis, und
„mengen ihn unter die mit Zucker uͤber-
„zogenen Sachen.
Dem ſey aber wie ihm wolle, der Se-
men contra ſoll fein vollkommen ſeyn, an
Farbe gruͤnlicht, von gutem Geruch, und
ſo reine, als immer moͤglich: denn es
werden manchmahl allerhand Kleinig-
keiten drunter gemenget, hierdurch aber
ſeine Guͤte nicht um ein kleines verrin-
gert, der Preiß im Gegentheil um ſo viel
mehr geſteigert. Auch muß man Ach-
tung geben, daß er nicht allzu gruͤne ſehe,
oder daß man nicht an ſeine ſtatt etwa
Semen Abrotani, den Stabwurtzſamen,Stabwuꝛtz/
Lateiniſch A-
brotanum, iſt
ein gering
und gantz ge-
meines
Kraut, denn
es wenig
Gaͤꝛten giebt,
in denen es
nicht ſolte an-
getꝛoffen wer-
den. Es wird
in zwey erley
Geſchlecht,
das Maͤnn-
lein, und
welcher oͤfters dafuͤr ſubſtituiret und ge-
geben wird, bekomme. Wiewohl die-
ſes gar leicht zu mercken, indem Semen
contra noch ziemlich dicke, laͤnglicht und
gruͤnlicht iſt, hingegen iſt der Stabwurtz-
ſamen leichte, und ſieht gelblicht, viel
ehe wie klein zerrieben Stroh, als wie
ein Samen. Uberdiß hat auch der Se-
men contra einen viel bitterern und aro-
matiſchern Geſchmack, als dieſer.
Der Semen contra iſt zu bekannt, und
alſo
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
Weiblein,
eingetheilet.
Jhrer etliche
haben dem Stabwurtzſamen, eben als wie dem Wurmſamen, den
Namen Barbotine beygeleget.alſo unnoͤthig, viel von deſſen Gebrauch
zu erinnern. Wegen ſeiner Bitterkeit
wird er mit Zucker uͤberzogen, und Bar-
botine, oder uͤberzogener Wurmſamen
genennet.
Chouan iſt ein kleiner und leichter/
gelbgruͤner Samen, ſchmeckt ein we-
nig ſaltzicht und ſaͤuerlich, und ſieht dem
Wurmſamen ziemlich aͤhnlich, ohne daß
er etwas dicker und leichter iſt.
Er waͤchſt in kleinen Buͤſchlein auf ei-
nem niedrigen Kraute, ſchier als wie nur
erwaͤhnter Wurmſamen.
Doch iſt mir nicht eigentlich bekannt,
wo er wachſe, und ich habe nichts mehr
davon erfahren koͤnnen, als daß etliche
von dem Gefolge des Herrn de Guille-
rague, der von dem Koͤnig in Franckreich
als Geſandter nach Tuͤrckey geſchicker
war, eine ziemliche Partie deſſelbigen
mit nach Paris gebracht.
Jm uͤbrigen ſoll der Chouan fein
gruͤnlicht ſehen, dicke, rein und von Spal-
tzen wohl geſaubert ſeyn.
Er wird, meines Wiſſens, in Franck-
reich, zu nichts gebrauchet, als zur Be-
reitung der Karmeſinfarbe, wie auch von
denen Federſchmuͤckern: wiewohl anietzo
nicht ſo haͤuffig mehr, als wie vor dieſem.
DJeſe kommt mit der Garten-Peter-
ſilie einiger maſſen uͤberein, nur daß
dieſer ihr Samen um ein gutes kleiner,
laͤnger und ſpitziger iſt, auch in Umbellen
oder Dolden und Cronen waͤchſt.
Das Kraut hat ſeinen Namen von
dem Koͤnigreich Macedonien bekom-
men, woſelbſt es von ſich ſelbſten waͤchſt:
von dannen wird der Samen, welcher
allein zur Artzeney gebrauchet wird, zu
uns gebracht.
Es ſoll aber dieſer Samen friſch, rein,
voͤllig, laͤnglicht und dunckelgruͤn ſeyn,
auch einen guten recht aromatiſchen Ge-
ſchmack haben, denn dieſes ſind die eigent-
lichen Kennzeichen der Macedoniſchen
Peterſilge/ an deren ſtatt ihrer viele, ob
ſchon gantz ungereimt, den Samen von
unſerer gemeinen Peterſilie gebrauchen.
Andere aber nehmen das ſchwartze Korn
von einer gewiſſen Art des groſſen Ep-
pichs, den die Gaͤrtner, wiewohl unrecht,
Macedoniſche Peterſilge nennen. Als
die Roͤmer mit dem Hannibal Krieg fuͤh-
reten, hat Andromachus der Leibmedi-
cus Neronis, welcher die Roͤmiſchen Le-
gionen als General commandirte, den
Theriac erfunden, und dazu auch dieſen
Samen, unter dem Titel Petroſelinum
Macedonicum, als ein vortreffliches Mit-
tel wider den Gift, genommen.
Man braucht ihn ſo bloß, zu Pulver
geſtoſſen, morgens fruͤh nuͤchtern, eines
halben Qvintleins ſchwer, in Wein, oder
einem zur Kranckheit dienlichen liquore
genommen.
DJeſer Seſelſamen hat deswegen
den Zunamen von Marſeille be-
kommen, weil er daſelbſt herum gantz
haͤuffig waͤchſt: wiewohl ſeiner auch ge-
nug in Provence und Languedoc zu
finden.
Dieſes Kraut koͤnte gar fuͤglich unter
die Arten des Fenchels gerechnet werden;
wie es denn auch etliche Scribenten Fœ-
niculum tortuoſum,gewundenen Fen-
chel zu nennen pflegen. Doch hat es
nicht ſo viel und lange Blaͤtter, wie der
gemeine Fenchel, ſein Stengel iſt auch
nicht ſo hoch, noch ſo gerade, ſondern
voll Knoten, die Aeſte ſitzen desgleichen
nicht ſo ordentlich daran, und breiten
ſich aller Enden aus. Es wird ſonſt nichts
davon gebraucht, als nur der Samen,
welcher, gleichwie die Dille, auf Dolden
oder Cronen wachſt, und wenn er reiff iſt
worden, bald wie der wilde Fenchel ſiehet.
Er ſoll von mittelmaͤßiger Groͤſſe ſeyn,
laͤnglicht, ſchwer, und reine, gruͤnlicht
ſehen, ſcharff und aromatiſch ſchmecken,
auch wohl riechen.
Es giebt vielerley Arten des Seſels,
A 2denn
[]Der Spezereyen und Materialien
denn er waͤchſt in Candien/ Pelopon-
nes/ Morea/ Egypten, und andern
angraͤntzenden Orten mehr. Weil aber
der Maßiliſche allein im Brauch, als
will ich die uͤbrigen mit Stillſchweigen
uͤbergehen, zumahl ſie ohnediß von an-
dern Scribenten ſchon zur gnuͤge ſind be-
ſchrieben worden.
Dieſem, dem Maßiliſchen Seſelſa-
men, wird bey nahe eben dergleichen
Kraft und Wirckung, als wie der Ma-
cedoniſchen Peterſilie zugeſchrieben.
Einige Botanici nennen es auch Siler
montanum. Die Karnleute, welche uns
aus Franche Comte Berner und Velt-
liner Kaͤſe, Buͤchſen zu eingemachten
Sachen, und dergleichen zufuͤhren,
brachten einsmahls einen Samen in
kleinen Ballen mit, welchen ſie gleich-
falls Seſelſamen nenneten: denſelben
gaben ſie dem Viehe, das ihre Wahren
fuͤhrete, an ſtatt des Futters, damit es
fett wuͤrde, und zu Paris deſto theurer
koͤnte verkauffet werden. Dieſer Sa-
men war aber viel dicker als der Marſili-
ſche, und roche weit ſtaͤrcker.
AMmi oder Ethiopiſcher Kuͤmmel/
iſt ein Kraut, deſſen Blaͤtter klein und
gezackt ſind, und welches einen hohen
Stengel hat, mit vielen Aeſten, an deren
Enden ein Hauffen mit weiſſen Bluͤm-
lein beſetzte Straͤuslein zu erſehen, nach
welchen kleine, zarte rundlichte Koͤrner,
den Sandkoͤrnlein nicht ungleich, folgen;
daher auch das Gewaͤchſe ſeinen Namen
bekommen hat.
Es wird nichts nicht von dieſem Kraut
gebraucht, dann nur der Samen, derſel-
be ſoll friſch, gruͤnlicht, fein vollkommen,
und am Geſchmack ein wenig bitter ſeyn,
auch einen aromatiſchen oder wuͤrtzhaf-
ten Geruch haben.
Der Ammiſamen, welcher von Ale-
xandretta/ oder aus Candien gebracht
wird, iſt demjenigen billig vorzuziehen,
welcher an unterſchiedlichen Orten in
Franckreich in den Gaͤrten erbauet wird;
denn jener riecht wie Origanum und Thy-
mus, Wohlgemuth und Thymian, iſt
auch ſonſt in allen Stuͤcken weit beſſer.
Dieſer Samen ſoll eben ſolche Kraͤfte,
als wie die vorhergehenden beyden ha-
ben.
THlaſpi, der Baurenſenff/ iſt ein
Kraut, ohngefehr eines Fuſſes hoch,
hat ſattgruͤne Blaͤtter, welche des hal-
ben Fingers lang, und hinten breit ſind,
vornen aber ſpitzig zu lauffen. Der
Stengel ſtoͤſt einen Hauffen Aeſte von
ſich, die mit weiſſen Blumen beſetzt ſind,
nach denen breite Schoten, wie Linſen
geſtaltet, kommen, in deren ieder zwey
roͤthlichgelbe Koͤrnlein ſtecken, welche a-
ber mit der Zeit dunckelroth, und endlich
immer ſchwaͤrtzer werden: ſonſt ſind ſie
laͤnglicht-rund und etwas ſpitzig.
Dieſen Samen ſoll man erwehlen,
wenn er friſch, fein roͤthlicht, ſcharff und
beiſſend iſt, und in warmen Laͤndern ge-
wachſen, z. e. in Languedoc und Pro-
vence. Auch ſoll er, eben ſo wenig als
andere Samen, bey den Samenhaͤnd-
lern geſuchet werden, denn ſie geben de-
nen, die ihn nicht wohl kennen, insgemein
Kreſſenſamen dafuͤr.
Es giebt noch eine andere Gattung
des Baurenſenffs/ deſſen Stengel/
Blaͤtter und Schoten viel kleiner ſind,
wie auch der Samen, welcher gantz gel-
be, ob er ſchon an Geſchmack dem erſten
ziemlich nahe komt: iedoch, weil er ihm
an Kraͤften weit nachgehet, deswegen
wird er von rechtswegen auch verworf-
fen. Die andern Geſchlechte des Bau-
renſenffs laſſe ich mit Willen aus, weil
ſie gar nicht im Brauch ſind.
Man haͤlt dafuͤr, dieſer Samen ſey
zu dem Huͤftweh gar dienlich, und ver-
moͤge den Stein zu zermalmen, in-
gleichen das geronnene Gebluͤte zu zer-
theilen, wenn er fruͤh nuͤchtern, des hal-
ben Quintleins ſchwer, eingenommen
werde.
Figure 7. F. 7. Wilde Paſtinac. p. 10 | Figure 8. F. 8. Feld. oder Wieſenkümmel. p. 10 |
Figure 9. F. 9. Steinbrech. p. 10 | Figure 10. F. 10. Kramkämmel. p. ii |
Figure 11. F. ii. Fenchel. p. ii | Figure 12. F. i2. Meerfenchel. p. i4 |
DAucus Creticus, die wilde Paſtina-
cke/ ein Kraut, den Paſtinacken nicht
ungleich, daher es auch etliche fuͤr eine
Art derſelben halten, waͤchſt anderthal-
ben Fuß hoch, und bekommt auf ſeinen
Spitzen einen Hauffen Buͤſchelgen mit
weiſſen Bluͤmlein, nach welchen lange,
blaßgruͤne und rauhe Samen folgen,
die ſchier wie Kuͤmmel ſehen, auſſer, daß
ſie nicht ſo lang und dicke ſind, auch nicht
ſo gar ſtarck riechen, haben dennoch ei-
nen gar angenehmen Geruch, nebſt ei-
nem aromatiſchen Geſchmack, ſonder-
lich, wenn man ſie etwas lang im Mun-
de behaͤlt.
Weil dieſe Samen rauch ſind, deswe-
gen bleibet Staub und allerhand Un-
rath dran behangen, deſſen auch immer
mehr und mehr wird, ie aͤlter ſie wer-
den, denn ſich fort und fort einige Stuͤ-
cken davon abloͤſen: dannenhero muß
man ſolche ausſuchen, welche friſch, voll-
kommen, und ſo rein ſind, als immer-Siehe Fig. 7.
mehr moͤglich.
Wir bekommen dergleichen Samen
aus Teutſchland, und von denen an die
Alpen ſtoſſenden Gebirgen: allein er hat
weder dieſe Merckzeichen, noch die Guͤte,
wie der Candiotiſche oder Cretiſche/
deswegen ſoll man auch dieſen alleine
ſuchen.
Dieſer Samen iſt ein gantz ſonderba-
res Mittel wider die Steinbeſchwe-
rung und Colicam flatulentam, die
Darmwinde; maſſen er unter die li-
thontriptica und carminantia, Stein- und
Wind-treibende Artzneymittel gehoͤret.
Jn Steinbeſchwerung wird er fruͤh
morgens eines halben Quintleins
ſchwer, gepuͤlvert, mit Ruͤbenwaſſer o-
der weiſſem Wein genommen: wider die
Winde aber und Blaͤhungen wird er mit
Anis-Fenchel-Faͤrberꝛoͤthe- oder Nußwaſ-
ſer gebraucht, dazu ihrer etliche noch e-
ben ſo ſchwer Wermuthſaltz thun.
DEn Feld- oder Wieſen-Kuͤmmel
nennen die Lateiner Carum, die Grie-
chen Κάϱθν. Er ſiehet faſt aus, als wie die
wilden Paſtinacken, die Blaͤtter ſind ziem-
lich groß, ausgezackt und ausgeſchnitten,
zwiſchen denen ein Hauffen viereckte,
knotichte und des Fuſſes hohe Stengel
hervor ſproſſen, auf deren Spitzen Dol-
den zu ſehen, welche anfangs uͤber und
uͤber mit weiſſen Bluͤmlein bedecket ſind,
daraus hernachmahls Koͤrner werden,
die der Garten-Peterſilge nicht ungleich
ſehen, ohne daß ſie dunckler und platter
ſind, auch einen ſchaͤrffern und beiſſen-
dern Geſchmack haben.
Dieſer Kuͤmmel waͤchſt zwar auch
bey uns in vielen Gaͤrten, allein, weil
dergleichen aromatiſche Kraͤuter in war-
men Laͤndern viel beſſer gerathen, des-
halben laſſen wir den Feldkuͤmmel, den
wir zu Paris verkauffen, aus Langue-Siehe Fig. 8.
doc und Provence bringen.
Man ſoll dieſen Samen ausſuchen,
welcher fein vollkommen, gruͤnlicht,
ſcharff und beiſſend ſey, einen aromati-
ſchen Geruch habe, und angenehm
ſchmecke, wenn man ihn auf die Zunge
nimmt. Und dieſerwegen haͤlt man da-
fuͤr, daß er gut ſey, einen lieblichen A-
them zu machen, die Verdaͤuung zu be-
foͤrdern, den Magen zu ſtaͤrcken, und
den Harn und Winde zu treiben.
Die Teutſchen halten ſo viel auf die-
ſen Samen, daß ſie ihn in den Teig, dar-
aus ſie ihr Brod backen, gantz und unzer-
ſtoſſen, thun, auch wie wir den Anis, in
die Bruͤhen ſchuͤtten. Jhrer viele brau-
chen auch das Kraut, wie andere Kraͤu-
ter, die man in die Suppen thut.
SAxifragia iſt ein Kraut, dem Thymian
dermaſſen aͤhnlich, daß man mit ge-
nauer Noth, eines von dem andern un-
terſcheiden kan. Es waͤchſt haͤuffig in
Provence/ Dauphine und Langue-Siehe Fig. 9.
doc, zwiſchen den Steinen und Klippen,
daher es auch, gleichwie andere mehr, den
Namen Steinbrech hat erhalten.
Der Samen ſoll friſch ſeyn, ſo viel als
nur moͤglich, und einen heiſſen beiſſenden
Geſchmack haben, dabey aber wohl
riechen.
Jhm wird die Kraft den Stein zu
zermalmen beygeleget, wenn er naͤmlich
fruͤh nuͤchtern mit dem aus ſeinem Krau-
te diſtillirten, oder einem andern harn-
treibenden Waſſer, eines halben Qvint-
leins ſchwer, gepuͤlvert, eingegeben
wird.
Es werden wohl noch mehr Arten des
Steinbrechs von den Scribenten be-
ſchrieben: weil aber allein obbeſchrie-
benen Krautes Samen bey uns ge-
brauchet wird, wir auch keinen andern
in unſern Laͤden haben, deshalben will ich
nichts von denenſelbigen vermelden, da-
zumahl ihrer ohnediß in vielen Kraͤuter-
buͤchern gedacht wird, ſonderlich beym
Dodonæo und Dalechampio, welche die
Saxifragias weitlaͤufftig genug beſchrei-
ben. Ja es wollen etliche lieber allen
Kraͤutern, welche zwiſchen Steinen und
Klippen hervor wachſen, den Namen
Steinbrech beylegen.
CUminum,Kramkuͤmmel, oder ſau-
rer Anis, iſt der Same eines Krau-
tes, welches dem Fenchel nicht unaͤhn-
lich ſieht, und gantz haͤuffig in der Jn-
ſel Maltha waͤchſet, allwo es, wie das
Korn, geſaͤet wird.
Man ſuche ſolchen Kuͤmmel, welcher
friſch und gruͤn, auch ziemlich ſtarck und
widerlich rieche: nehme dabey wohl in
Acht, daß er nicht wurmſtichicht ſey,
denn dieſem Unfall iſt er gar ſehr unter-
worffen. Doch kan man dieſes ſtracks
daran vermercken, wenn er ſehr ſtau-
bicht iſt, und an einander behangen
bleibt, wenn man eine Handvoll in die
Hoͤhe hebt, als ob er an Faͤden, welches
die Zaͤſerlein der Koͤrner ſind, behienge.
Dieſer Samen wird zu weilen in der
Windwaſſerſucht,Tympanites, ge-
braucht, denn er denen carminativis,
windtreibenden Artzneymitteln zuge-
rechnet wird. Er wird ingleichen zum
oͤftern den Pferden, Ochſen und andern
Viehe gegeben. Es kan auch daraus,
wie aus dem Anis, ein Oel gepreſſet wer-
den, welches trefflich gut zum Schnup-
pen iſt, allein man bekommt gar wenig.
Die Tauben ſind darauf ſehr begierig,
deswegen wird er gar oft von denenje-
nigen gebrauchet, die ihre Taubenhaͤuſer
und Schlaͤge gerne voll Tauben haͤt-
ten: ſie muͤſſen ihn aber mit einer gewiſ-
ſen Art ſaltzigter Erde, welche die Tau-
ben ſelbſt auf denen Aeckern entdecken,
vermiſchen, oder aber andere Erde, die
vorher mit Urin, Haͤringslacke, und der-
gleichen angemachet iſt, vermengen.
Dieſerwegen duͤrffen auch an unterſchie-
denen Orten die Kramer keinen nicht
verkauffen.
DAs Kraut, das dieſen Samen traͤgt,
iſt ſo bekannt, daß ich nicht noͤthig
habe, viel davon zu ſchreiben: will alſo
nur dieſes gedencken, daß der Fenchel,
den wir zu verkauffen haben, aus Lan-
guedoc gebracht, und ſonderlich um
Nimes herum mit groſſem Fleiß gebauet
werde, dieweil er in ſehr groſſer Menge
durch gantz Franckreich, vornehmlich
aber nach Paris, verfuͤhret wird.
Der Fenchelſamen muß friſch, fein voͤl-
lig, lang und gꝛuͤnlicht ſeyn, angenehme u.
als wie zuckeꝛſuͤſſe ſchmecken, daneben von
allem Wuſt u. Unꝛath, welcher nicht ſelten
darunter befindlich, wohl geſaubert ſeyn.
Dieſer Samen wird auch etwa zur
Artzney gebrauchet, denn er ſo wohl zu
Zertheilung der Winde und Blaͤhun-
gen dienlich iſt, und auch an ſtatt des Ani-
ſes kan gebrauchet werden. Am aller-
meiſten aber brauchen ihn die Zucker-
becker, von denen er mit Zucker uͤberzo-
gen, und hernach unter gewiſſen Num-
mern verkauffet wird, nachdem ſie naͤm-
lich mehr oder weniger Zucker darzu ge-
nommen haben. Sie nehmen auch die
Dolden oder Umbellen vom gruͤnen Fen-
chel, und uͤberziehen ſie gleicher geſtalt
mit Zucker, welche alsdenn einen liebli-
chen Athem machen, dazu auch weit
kraͤftiger ſeyn ſollen, weil der Fenchel
noch gantz gruͤne dazu genom̃en worden.
Figure 13. F. i3. Auis. p. i4 | Figure 14. F. i4. Coriander. p. i5 |
Figure 15. F. i5. Steckrübe. p. i5 | Figure 16. F. i6. Blumen kohl. p. i7 |
Figure 17. F. i7. Wilder Kohl. p. i8 | Figure 18. F. i8. Reis. p. i8 |
Aus dem friſchen Kraute wiſſen die
Apothecker ein Waſſer zu diſtilliren,
welches in Entzuͤndungen der Augen
vortrefflich gut: wie nicht weniger ein
weiſſes Oel, das einen ſtarcken und aro-
matiſchen Geruch hat; wiewohl es ſo
wenig giebt, daß es kaum die Muͤhe be-
lohnet. Weil der Fenchel ſo gar trucken,
deswegen wird man ſchwerlich ein gruͤ-
nes Oel, wie aus dem Anis, preſſen koͤn-
nen. Uber alles dieſes aber wird er auch
zu den eingeſaltzenen Oliven eingelegt,
damit ſie einen guten Geſchmack bekom-
men.
Es giebt noch eine Gattung Fenchel,
den man, weil er faſt uͤberalle auf dem
Felde und Mauern von ſich ſelbſten
waͤchſt, den wilden nennen moͤchte.
Selbiger iſt bey nahe gantz rund, kleiner
und platter, von Geſchmack ſchaͤrffer,
und nicht ſo gruͤne, wie der erſte. Er
wird auch gar nicht gebraucht, weil er
zu ſcharff, der rechte Fenchel aber zu ge-
meine iſt, ſonderlich, ſeit dem man die-
ſen in Languedoc zu bauen angefan-
gen. Doch vor dieſem, da wir keinen
andern, als den Jtalieniſchen und Flo-
rentiniſchen hatten, wurde der wilde
noch zuweilen gebraucht.
Noch eine andere Art Fenchel, im La-Siehe Fig. 12.
teiniſchen Creta marina oder Bati genen-
net, auf Frantzoͤſiſch Bacille, Paſſepierre
und Fenouil marin,Meerfenchel/ wird
mit Weineßig eingelegt, und Winters-
zeit mit eingelegten kleinen Gurcken
verkauffet.
DEr Anis waͤchſt auf einem Kraute,
das bey uns ſo bekannt iſt, als wie
dasjenige, das den Fenchel bringt, indem
ſchier kein eintziger Garten, darinnen es
nicht zu befinden waͤre. Doch derjenige,
den wir verkauffen, wird von unterſchied-
lichen Orten, vornehmlich aber, und in-
ſonderheit in Kriegslaͤufften, aus Tou-
raine gebracht: hergegen zu Friedens-
zeit kommt faſt keiner als aus Maltha
und von Alicanten, dieweil es beqve-
mer, ihn uͤber die See, als von Saint
Genou bey Tours kommen zu laſſen.
Zudem iſt jener viel ſuͤſſer und dicker, hat
auch einen weit kraͤftigern Geruch und
ſtaͤrckern Geſchmack, denn der Frantzoͤſi-
ſche, ob er gleich nicht ſo gruͤne ſiehet.
Man ſoll den Anis erwehlen, der nur
ein Jahr alt, fein dicke, rein und wohl-
riechend iſt, und einen etwas beiſſenden
aromatiſchen Geſchmack hat: auch muß
man Achtung geben, daß er nicht bitter
ſchmecke, denn es giebt ſolchen, den einer
kaum koſten kan, ſo bitter iſt er, abſon-
derlich, der von Chinon gebracht wird.
Unnoͤthig iſts, viel von ſeinem Ge-
brauch und Nutzen zu vermelden, die-
weil doch iederman bewuſt, daß er wider
die Blaͤhungen gar dienlich, auch zu
corrigir- und Veꝛbeſſerung der Wirckung
derer Sennensblaͤtter gebrauchet werde.
Die Zuckerbecker brauchen ihn am mei-
ſten, denn, wenn er trucken und mit Zu-
cker uͤberzogen worden, nennen ſie ihn
uͤberzogenen Anis,Anis Reine, und petit
Verdun, ſolcher geſtalt die andern Sorten
Anis, welche ſchlecht weg Verdun geheiſſen
weꝛden, und nur von Fenchel, nicht von A-
nis, gemachet ſind, davon zu unterſcheidẽ.
Es wird ferner ein Waſſer und weiſ-
ſes Oel aus dem Anis deſtilliret. Die-
ſes letztere, das von der geringſten Waͤr-
me aber wiederum zergehet und aufge-
loͤſet wird, hat einen gar ſtarcken pene-
tranten Geruch, und beſonders herrli-
che Tugenden. Dieweil es aber ſo gar
ſtarck riecht, deswegen ſoll es ſelten, oder
doch gantz maͤßig gebrauchet werden.
Die Parfumirer machen ihre Teige
darmit an, und miſchen es unter aller-
hand Gewuͤrtze, ſo ſie hernach Pots-pour-
ris nennen. Einige brauchen es auch,
wiewohl ſehr ungereimt, ein ſo genann-
tes Aniswaſſer zu machen. Sonſten
hat dieſes Oel uͤberaus groſſe Tugenden,
denn es nicht nur ein herrlich Mittel wi-
der das Grimmen und Bauchwehe/
ſonderlich der jungen Kinder/ wenn
man ihnen den Nabel damit ſtreicht,
oder nur ein eintziges Troͤpflein unter
die Speiſe miſchet; ſondern es hat auch,
mit einem Worte, alle Tugenden des
Aniſes, und kan eben alſo gebrauchet
werden.
Weiter wird auch ein gruͤnes Oel
aus dem Anis gepreßt, welches ſehr
ſtarck riecht, und alle Eigenſchafften mit
dem weiſſen gemein hat, nur daß es nicht
ſo gar kraͤftig iſt, weil man es zwar in
groͤßrer Menge, aber nicht ſo rein und
purifi-
[]Der Spezereyen und Materialien
purificiret bekommt; wie Charras in
ſeiner Koͤniglichen Apotheckerkunſt an-
mercket: deme wir, als deſſen Erfinder,
Danck ſchuldig ſind.
Das weiſſe bekommen wir aus Hol-
land, theils, weil es weniger koſtet, theils
aber, weil es viel weiſſer und klaͤrer, auch
ſtaͤrcker von Geruch iſt, denn das in
Franckreich bereitet wird. Ob hieran der
Anis Schuld, oder ob ſie hierzu ein ſonder-
liches Menſtruum gebrauchen, ſolches iſt
uns unbekannt: wiewohl ich dennoch
verſichern wolte, daß in Paris eben ſo
wohl dergleichen Leute zu finden, die es
gleich ſo gut, als die in Holland, machen
duͤrfften; doch glaube ich gantz gerne,
daß es auch wohl noch eins ſo hoch zu
ſtehen kommen duͤrffte. Wie gedacht,
es muß weiß, klar und helle ſeyn, ſtarck
riechen, von der geringſten Kaͤlte zuſam-
men lauffen, und bey der gelindeſten
Waͤꝛme wiederum zerflieſſen, auch, wenn
mans ins Waſſer thut, oben auf ſchwim-
men. Sonſt wird es insgemein Eſſen-
tia und Quinta Eſſentia Aniſi geheiſſen.
Das Waſſer, welches zuſammt dem
Oele heruͤber gehet, dienet zu gleichen
Zufaͤllen, alleine, man muß ſein ein gut
Theil mehr nehmen.
DEr Coriander iſt eines gantz ge-
meinen Krautes Samen, welches in
groſſer Menge um Paris, abſonderlich
zu Aubervilliers waͤchſet, von wannen
aller Coriander, den wir verthun, ge-
bracht wird.
Man muß den Coriander erwehlen,
welcher fein friſch, gelblicht, vollkom-
men, und ſo dick und reine, als nur ſeyn
kan, iſt.
Diejenigen, die ihn von den Bauern,
welche ihn zu Marckte bringen, kauf-
fen, legen ihn vorhero auf den Boden,
damit er recht trucken werde, denn er
verdirbt gar leichte alle mit einander,
wenn er nicht wohl getrocknet aufgeho-
ben wird: ſo muß er auch an einem vor
Ratzen und Maͤuſen wohlverwahrten
Orte aufbehalten werden, denn dieſe ge-
hen ihm ſehr nach.
Der Coriander wird wenig zur Artz-
ney gebraucht, dahingegen brauchen ihn
die Bierbrauer deſto oͤfter, abſonder-
lich in Holl- und England zum Dop-
pelbier, welches davon einen angeneh-
men Geſchmack uͤberkommt.
Die Zuckerbecker beſpritzen ihn zuvor
mit Weineßig, uͤberziehen ihn hernach
mit Zucker, und nennen ihn ſodann
uͤberzogenen Coriander.
DJeſen Samen traͤgt eine Gattung
wilder Ruͤben/ die gemeiniglich
viel Aeſte und gelbe Blumen haben; biß-
weilen ſind gelbe drunter. Die Blaͤtter
ſind einander faſt alle gleich, groß oder
klein, alſo auch die gantze Staude, nach-
dem naͤmlich das Land, darinnen diß Ge-
waͤchſe ſtehet, fett oder mager iſt. Sie
tragen auch alle mit einander ihren Sa-
men in Huͤlſen, welche einen oder an-
derthalben Zoll lang, und nachdem der
Samen darinne beſchaffen, dick oder duͤn-
ne ſind: wie dann die Huͤlſen der Steck-
ruͤben/ deren Samen wir verkauffen,
gut zweymahl ſo dicke ſind, als der meiſte
Theil der andern; ſo iſt auch der Samen
viel dicker.
Dieſer Samen iſt rund, purperfar-
bicht, ſcharff und beiſſend, und kommt
mit dem gemeinen Ruͤbenſamen in allen
uͤberein, ausgenommen, daß er virtutem
alexiteriam, eine ſonderliche Kraft wider
den Gift hat; hingegen ſieht der Bu-
niasſamen, welcher uͤberall und haͤuf-
fig waͤchſt, gelb, iſt auch um die Helfte
kleiner, als der andere, und wird wenig
geachtet.
Der rechte Steckruͤbenſamen wird
meiſtentheils zum Theriac verbraucht,
welches allein Urſache genug waͤre, daß
ſich die Materialiſten mit einer gute[n]
Partey dieſes Samens verſehen ſolten.
Man ſoll ihn aber bey aufrichtigen Leu-
ten ſuchen, und Acht haben, daß ſie nicht
an ſtatt des gerechten Steckruͤbenſamens
nur ſchlechten Ruͤbeſamen geben, maſſen
ſie ſchwerlich, als durch den Geſchmack,
von einander zu erkennen und zu unter-
ſcheiden, indem jener nicht ſo ſehr, wie die-
ſer, nach Ruͤben ſchmeckt.
Es haben mich ihrer etliche verſichert,
daß die Bryonia,Stickwurtz, die rechten
wilden Ruͤben waͤren; allein der Herr
Cournefort ſpricht es denen nicht gut,
welche den Bryonien- oder Zaunruͤben-
ſamen an ſtatt des Steckruͤbenſamens
gebrauchen.
DJeſes iſt ein kleiner runder Samen,
dem Ruͤbſamen nicht unaͤhnlich, auſ-
ſer daß er etwas dicker. Er wird aus der
Jnſul Cypern uͤber Marſeille uns zu-
geſandt, denn allda, meines Wiſſens, der
Blumenkohl eintzig und alleine Samen
traͤgt. Man kan ihn zwar auch von
Genua bekommen, allein er iſt weit
geringer als jener, laͤßt ſich auch nicht ſo
leichte aufbringen.
Dieſer Samen ſoll friſch und unver-
faͤlſcht, und gewiß aus Cypern uͤberbꝛacht
ſeyn. Damit man aber deſto ſicherer
gehe, deßhalben muß man diejenigen, die
ihn uͤberſenden, eine Verſicherung oder
Schein von ſich ſtellen laſſen, daß er ge-
recht, und nicht uͤber ein Jahr alt ſey,
anderſt wird einer gar leichte betrogen,
welches gewißlich nicht wenig auf ſich
hat; denn die Gaͤrtner, welche ihn theu-
er eingekaufft, duͤrffen einen wegen Ver-
ſpielung der Zeit und uͤbelangewendeter
Unkoſten zur Rede ſetzen. Das aller-
verdruͤßlichſte dabey iſt, daß man ſo lan-
ge gut davor ſeyn muß, biß er aufgegan-
gen, da doch ſolches erſt den vierten oder
fuͤnfften Monat nach dem Verkauff zu ge-
ſchehen pflegt.
Was das Gewaͤchſe ſelbſten betrifft,
ſo iſt daſſelbe viel zu bekannt, als daß ich
mich lange dabey aufhalten ſolte.
Der Blumenkohl giebt mir Anlaß
von einer Gattung Kohl zu handeln, wel-
che einige Scribenten wilden Kohl
zu nennen pflegen, der aber in Holland,Siehe Fig. 17.
Flandern, Normandie und Brie,
theils um des Samens willen, meiſtens
aber wegen des Oels, das man daraus
preſſet, mit Fleiß gebauet wird. Dieſes
Oel wird auf Frantzoͤſiſch Navette und
Huile de la Navette,Ruͤboͤl, von den Nie-
derlaͤndern aber Colſa und Colſaoͤl ge-
heiſſen, und in Franckreich ſo wohl zum
brennen, als auch von den Hutmachern
haͤuffig verbraucht, und in groſſer Men-
ge verthan, ſonderlich wenn zu Kriegs-
zeiten, oder wegen des ſchlechten Fanges,
der Fiſchthran ſeltſam iſt.
So dienet auch zu wiſſen, daß obgleich
der Frantzoͤſiſche wilde Kohl, und der
in Flandern waͤchſt, einerley Geſchlech-
te iſt, ſie nichts deſtominder unterſchiede-
nen Samen tragen, ſowohl was die Di-
cke, als auch die Guͤte anbetrifft: denn
obſchon der Flandriſche viel dicker iſt,
als der Frantzoͤſiſche, dennoch iſt das
Oel davon weit ſchlechter, als das, wel-
ches in Champagne, Brie und Nor-
mandie daraus gemachet wird.
Zwar kennen es die meiſten, dieweil es
ſo ſehr gebraucht wird: deſſen ohngeach-
tet aber will ich annoch dieſes davon ver-
melden, daß es, wenn es rein, und mit
keinem andern Oele vermiſchet worden,
fein goldfarbicht ſehe, und annehmlich
rieche, alldieweil das aufrechte Ruͤboͤhl
ſuͤſſe, das Leinoͤl aber bitter iſt.
DEr Reiß iſt der Samen eines gar
gemeinen Gewaͤchſes, welches in
Europa an unterſchiedenen Orten im
Waſſer waͤchſt, und von dem man ſaget,
daß, ob das Waſſer noch ſo hoch gewach-
ſen, dennoch die Aehren allezeit daruͤber
heraus rageten. Der Reiß, den wir zu
Paris verkauffen, kommt aus Spa-
nien und Piemont.
Dieſer Samen iſt dermaſſen nuͤtzlich
und brauchbar, daß er mit allem Rechte
armer Leute Manna mag genennet
werden, ſonderlich in denen Laͤndern,
wo ſie ſonſt ſchier keine andere Speiſe
haben.
Thangalot berichtet, daß im Koͤnig-
reich Marſinga eine groſſe Anzahl
Schiffe mit ſchwartzem Reiß beladen,
und dieſer in Malabar verkaufft wuͤr-
de. Derſelbe Reiß ſoll, nach Eduard
Barboſaͤ Berichte, viel beſſer und ge-
ſuͤnder ſeyn, als der weiſſe. Er meldet
auch daſelbſt, daß es vielerley weiſſen
Reiß gebe: die erſte Sotre wuͤrde Giro-
Bcalli
[]Der Spezereien und Materialien
calli genennet, und ſey der beſte; die an-
dere hieſſe Eambucal, die dritte Cana-
car, und die vierte Pacharil. Dieſe
alle aber waͤren am Preiſſe und an der
Guͤte von einander unterſchieden.
Aus dem Reiß wird Wein gemacht,
der ſo klar iſt als wie Waſſer, hat einen
ſehr guten Geſchmack, und macht rau-
ſchig. Er wird Arac genannt. Piga-
fetta Reiſebeſchreibung.
Es ſoll aber der Reiß friſch und nicht
alt, dicke, das heißt, fein vollkommen
ſeyn, weiß, und nicht ſtaubicht oder mo-
dricht: und daran kan man den Piemon-
teſiſchen erkennen, deswegen er auch
iederzeit hoͤher gehalten wird, als der
Spaniſche, welcher insgemein roͤth-
licht ſiehet, und ſaltzicht ſchmeckt.
Der gantze Reiß wird, vornehmlich zu
Paris, in der Faſtenzeit gebrauchet, und
erſtlich in Waſſer, hernachmahls in
Milch gekocht: man braucht auch zur
ſelbigen Zeit das Reißmehl an ſtatt des
Roggenmehls, Brey oder Mus daraus
zu machen.
Wenn der Reiß ſoll geſtoſſen oder zu
Mehle gemachet werden, dann muß er
erſtlich in ſiedendheiſſes Waſſer geſchuͤt-
tet, und darauf ſo lange mit kaltem ge-
waſchen werden, biß das Waſſer nicht
mehr druͤbe davon wird: nach dieſem
ſtoͤßt man ihn in einem Moͤrſel, laͤßt ihn,
wenn er zarte genug, recht trucken wer-
den, und hebt ihn zum Gebrauche auf.
Doch ſoll er noch vorhero durch ein zar-
tes Sieb geſtaͤubet werden, denn ob er
gleich noch ſo klar zu ſeyn ſcheinet, nichts
deſto weniger iſt er grob genug, nach-
dem er trucken worden, und mag nicht
wohl verkauffet werden.
Wir verkauffen auch noch mehr an-
dere Koͤrner, z. e. Gerſten-Graupen,
unter denen die zu Vitry le François ge-
macht werden, die beſten ſind. Sie
muͤſſen aber friſch ſeyn und trucken, dick
und voͤllig, wie auch weiß, nicht ge-
bleichet, oder ſchimmlicht und modricht.
Sie werden gleichfalls zu Charenton
bey Paris gemacht, doch, wie gedacht,
die von Vitry kommen, ſind die beſten.
Wir verkauffen ingleichen Roggen,
der zu Beauſſe und andern Orten
waͤchſt, ſonderlich, ſeit dem der Caffee
aufgekommen, und man in Acht ge-
nommen hat, daß er geroͤſtet, eben als
wie Caffee ſchmecke.
Wir moͤgen auch Habergruͤtze ver-Habergruͤtze.
kauffen, den man wie die Graupen oder
wie den Reiß gebrauchen kan. Wir
laſſen ihn aus Touraine und Breta-
gne kommen, allwo er auf ſonderlich da-
zu gemachten Muͤhlen zugerichtet wird,
da dem Haber die Spitzen abgeſtoſſen
und die Huͤlſen abgezogen werden.
Noch weiter bekommen wir von laHirſe, in und
ohne Huͤlſen,
auch andere
Huͤlſenfruͤch-
te mehr.
Foreſt d’ OrleansHirſe, mit und ohne Huͤl-
ſen; ingleichen mehr andre dergleichen
Fruͤchte, z. E. gruͤne und gelbe Erbſen,
welche aus Normandie und von Ga-
lardon zu uns gebracht werden, wie
auch Schminck-Bohnen aus Picar-
die und von andern Orten. Dieſer
Huͤlſenfruͤchte haͤtte ich gar nicht gedacht,
wofern es denen Spezereyhaͤndlern nicht
vergoͤnnet waͤre, dieſelben von obgemeld-
ten Orten bringen zu laſſen; denn ſie ſon-
ſten mit nichten unter die Materialien
gehoͤren.
Auſſer dieſen verkauffen wir noch an-
dere Sachen mehr, welche von Weitzen
gemacht werden: naͤmlich, weiß und gel-
be Nudeln und Kraftmehl.
Die Nudeln haben die Jtaliener
erdacht, und ſie Tagliani, mille fanti, oder
vermicelli genennet. Sie bereiten von
dem ſchoͤnſten Weitzenmehl, welches ſie
Semoule nennen, mit Waſſer einen Teig,
und machen daraus, vermittelſt gewiſ-
ſer Spritzen, die voller Loͤcher ſind, lau-
ter Faͤden, ſo lang und ſo dicke, als ihnen
beliebet: und deswegen werden ſie Ver-
micelli, Wuͤrmlein geheiſſen. Sie ma-
chen derer auch wie Band, zwey Finger
breit, welche ſie Kagne heiſſen, und Ma-
carron, wenn ſie als ein Federkiel lang
und dicke ſind, endlich Semoule, nach dem
Mehle, daraus ſie bereitet worden, wenn
ſie wie Senffkoͤrnlein ſind: die letzte
Gattung heißt Patrez, weil ſie wie Pa-
ternoſterkoͤrner ſehen. Den Teig, darein
ſie bisweilen Eyerdotter, Zucker und
Kaͤſe thun, faͤrben ſie nach Gefallen mit
Saffran und andern Sachen.
Seit etlichen Jahren her werden auch
zu Paris von dem ſchoͤnſten Mehle
Nudeln gemacht, derer ſich viel Leute,
eben als wie in Jtalien, Provence und
Languedoc zu den Potagien oder Bruͤ-
hen und Suppen bedienen: weil es aber
ſo wunderlich ſiehet, nicht anders, als
wenn die Bruͤhe voll Wuͤrmer waͤre,
des-
[]
Figure 19. F. ig. Vockshorn. p. 2i. | Figure 20. F20 Sichel klee. p2i |
Figure 21. F 2i. Schafmülle. p 23 | Figure 22. F. 22. Mahalep p. 25 |
Figure 23. F 24 Mijrfenaſt voll Mijrtenbeeren p 25. | Figure 24. F. 25 Heydelbeer. p 30 |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
deshalben werden ſie nicht mehr ſo viel
gebraucht.
Die weiſſen Nudeln ſollen friſch ge-
macht ſeyn, und ſo weiß, als immer
moͤglich, ſehen: die gelben aber ſollen
eine ſchoͤne goldgelbe Farbe haben, recht
trucken ſeyn, und allzeit friſch bereitet.
Das Kraftmehl oder die weiſſe
Staͤrcke, Lateiniſch Amylum, iſt die Fe-
cula oder das hinterſtellige Pulver, wel-
ches in den Faͤſſern der Staͤrckemacher
zuruͤcke und am Boden liegen bleibt.
Dieſe Fecula iſt von geſchrotenem Wei-
tzen bereitet, welcher ins Waſſer ge-
ſchuͤttet wird, und nachdem die Kleyen
davon geſondert worden, zu Brocken
oder Klumpen gemacht wird, die her-
nach beym Ofen oder an der Sonne ge-
trocknet, und darauf in Stuͤcken ge-
brochen werden, ſo wie wir ſie haben.
Vor dieſem bekamen wir die Staͤrcke
aus Flandern, anietzo aber wird ſie zu
Paris weit ſchoͤner, als an einem eintzi-
gem Orte bereitet, und in gar unglaͤu-
biger Menge, nicht allein durch gantz
Franckreich, ſondern auch an auswaͤr-
tige Oerter verfuͤhret.
Das Kraftmehl ſoll zart und weiß
ſeyn, in groſſen Stuͤcken, und an der
Sonne getrucknet, ſoll ſich auch leicht-
lich zerreiben laſſen (denn dieſes iſt das
beſte, und eher zu verkauffen) hingegen
iſt das, ſo beym Ofen getrocknet worden,
graulicht, und viel ſproͤder.
Es wird zum Kleiſter gebraucht, in-
gleichen zur weiß- und blauen Staͤrcke,
da dann ein wenig blaue Farbe dazu ge-
than wird, wie auch ein klein bisgen
Schoͤpſenfett und Engliſche Alaune, da-
mit es deſto angenehmer ſehe.
FOenum græcum, das Bockshorn-
kraut, wird von etlichen Senegré ge-
nennet, iſt aber unrecht; desgleichen
Buceros und Ægoceros, weil die Samen-
ſchoten einiger maſſen den Ochſen- und
Bocks-Hoͤrnern gleich ſehen. Es waͤchſt
hin und wieder in Franckreich, hat run-
de, hole, etwas dunckle, weißlichte Sten-
gel, kleine Blaͤtter, welche rundlicht und
ausgezackt ſind, ſtehen, faſt wie Klee,
drey und drey beyſammen; die Blumen
ſind gleichergeſtalt ziemlich klein und
weiß, daraus wachſen hernachmals die
Schoten, welche dicke genug, lang und
ſpitzig ſind, und wie Ochſen- oder Bocks-
Hoͤrner auſſehen. Jn dieſen liegt der
Samen, welcher unter dem Namen des
Krautes alleine verkauffet wird.
Wann dieſer Samen noch neu iſt, ſieht
er goldgelb; wenn er aber aͤlter wird,
alsdann wird er roͤthlicht, und endlich
gar braun. Er iſt wie ein halb Ger-
ſtenkorn dicke, ſchier dreyeckigt, in der
Mitten ein wenig ausgekerbt, und hat
einen ſtarcken haͤßlichen Geruch. Die
Bauern zu Aubervilliers ſaen und
ernden den Bockshornkrautſamen als
wie den Coriander, und bringen ihn
nach Paris/ da er dann theils verthan,
theils aber nach Holland und andere
Orte verſandt wird.
Die Alten, wie auch noch ietzo die
Teutſchen, wollen haben, man ſoll es
kochen, und die Suppe davon trincken,
oder es, wie andere Huͤlſenfruͤchte ge-
nieſſen, denn der Leib werde dadurch er-
oͤffnet und erweichet: ich glaube aber
nicht, daß ihnen dieſes ein eintziger Fran-
tzoſe nachthun, oder ihm dieſen haͤßli-
chen Geſchmack und Geruch werde be-
lieben laſſen. Es iſt ſo mehr denn zu
viel, daß es etliche dem Viehe, ſonder-
lich den Pferden, unter den Haber men-
gen, davon ſie fett werden ſollen, da es
doch eine ſchlechte Nahrung giebet, wie
mich deſſen einige, die es verſucht, be-
richtet haben.
Aeuſſerlich wird es ofte gebraucht, ſo-
wohl zu decoctis, als auch zu Cataplaſ-
matibus emollientibus und reſolventibus,
zu erweichenden und zertheilenden Um-
ſchlaͤgen, darunter es, zu Pulver geſtoſ-
ſen, gemiſchet wird.
Das Fœnum græcum braucht keines
Auſſuchens, wenn es nur friſch und fein
voͤllig iſt, auch fein goldgelbe ſiehet.
LUcerne, der Sichelklee, iſt ein Ge-
ſchlecht des Klees, oder Fœni ſancti,
wird auch von etlichen Medica genennet,
weil die Griechen, als ſie gegen den Koͤ-
B 2nig
[]Der Spezereien und Materialien
nig Darius zu Felde gezogen, daſſelbe
mit nach Hauſe gebracht, und nach ſei-
nem Vaterlande, Meden, genennet.
Dieſes Kraut iſt in Languedoc,
Provence, und Dauphine, gantz ge-
meine: am haͤuffigſten aber waͤchſt es
langs der Rhone, wie auch in Nor-
mandie, von wannen faſt alles, was
wir in Paris verthun, gebracht wird.
Man ſaͤet es allda gemeiniglich in ein
gut und fett Land, welches von Zeit zu
Zeit kan gewaͤſſert werden; und wann es
dergeſtalt handthieret wird, ſo mag mans
bey ſchoͤnem Wetter faſt alle Monat,
wenigſtens des Jahres fuͤnff oder ſechs
mahl abhauen. Woruͤber ſich niemand
verwundern darf, weil dieſes Kraut,
indem es eine gerade, ziemlich dicke und
Ellen lange Wurtzel hat, dazu auch
im Winter nicht vergehet, weit mehr
Nahrung, denn mehrentheils andere
Kraͤuter, aus der Erde ziehen kan.
Es beſtockt ſich, und mehrt ſich ſehr
haͤuffig, bevoraus in warmen Laͤndern,
daher es auch, wenn es einmahl geſaͤet
worden, viel Jahre dauert, iedoch muß es
zu weilen geduͤnget, und bey heiſſem
Wetter befeuchtet werden.
Die Lucerne kriecht nicht auf der
Erde herumb, gleich wie der Klee, ſon-
dern hat einen runden, dick- und ſtarcken
geraden Stengel, mit vielen Aeſten, be-
voraus nach der Spitze zu; und dieſe
Aeſte ſind mit vielen Blaͤttern, deren
immer drey und drey beyſammen ſte-
hen, beſetzt. Das gantze Gewaͤchſe aber
iſt gemeiniglich anderthalben, biswei-
len auch zwey Fuß hoch. Zwiſchen den
Blaͤttern kommen violbraune oder pur-
perfarbichte Blumen hervor, die ſchier
wie die Steinklee- oder andere Kleeblu-
men ſehen, und auf dieſe folgt der Sa-
men, wann man ihm ſo viel Zeit laͤſſet,
und nicht viel lieber das Heu, als den
Samen, zu ſammlen begehret. Dieſer
Samen iſt beynahe gantz rund, iedoch
ein wenig laͤnglicht und ſpitzig, ſieht blaß-
gelb, wenn er noch friſch iſt, wird aber
roͤthlicht, wenn er aͤlter wird, und end-
lich ſchier gantz braun. Er iſt ein we-
nig kleiner als der Kreſſenſamen, und
ſchmecket faſt alſo, ohne daß er nicht ſo
gar ſcharff iſt.
Die Pferde, Rindvieh und Eſel lieben
dieſes Kraut uͤberaus, inſonderheit,
wenn es noch gruͤne iſt, ja, wo man ſie
nicht davon triebe, wuͤrden ſie ſo lange
freſſen, biß ſie zerplatzten. Auch darff
man ihnen nicht zuviel auf einmahl vor-
werffen; denn obſchon das gedoͤrrte
Kraut gar gut maͤſtet, wuͤrde doch all-
zuviel ihnen hoͤchſtſchaͤdlich ſeyn.
Wann man den Samen davon ſam̃-
len will, ſo dann laͤßt man das Kraut
verbluͤhen, und hauet es nicht eher ab,
als bis es gantz zeitig wird: und hierzu
wird das erſte oder andere Kraut ge-
brauchet, welches aber dadurch verdir-
bet; denn wenn es einmahl gebluͤhet,
und der Samen reiff worden, verdirbt
das Heu nicht allein, ſondern es wird
auch, weil der Samen die beſte Saft
und Kraft daraus gezogen, uͤber die
maſſen hart, und verliert die Blaͤtter,
daß es auch das Vieh nicht freſſen mag,
dienet deshalben zu nichts, dann zur
Streu und Miſte. Weil demnach das
Heu zu nichte wird, auch zu beſorgen
ſtehet, daß der geringſte Wind den Sa-
men verſtreuen moͤchte, deswegen laͤßt
man dieſen Samen gar ſelten reiff wer-
den, welches denn verurſachet, daß er
ſo theuer iſt.
AGnus caſtus,Schafmuͤllen/ dem et-
liche den Namen Vitex gegeben, iſt ein
Gewaͤchs, welches in Geſtalt eines klei-
nen Baͤumleins, langs an den Fluͤſſen
waͤchſt, wiewohl es auch in den Gaͤrten
Siehe Fig. 21.zu finden. Seine Bluͤte gleichet der Oli-
ven-Bluͤte, ausgenommen, daß ſie etwas
laͤnger iſt. Der Stamm und die uͤbri-
gen Aeſte, welche holtzicht ſind, zerthei-
len ſich in viel lange, duͤnne und ſchwan-
cke Reiſer, worauf zu gehoͤriger Zeit,
Blaͤtter, Blumen und Samen durch
einander wachſen. Der Samen erſchei-
net anfangs weiß, wird aber nach und
nach roͤthlicht. Dieſe kleinen Koͤrner
nennen etliche kleinen oder wilden
Pfeffer/ weil ſie faſt eben ſo rund ſind,
und dem Pfeffer ziemlich aͤhnlich ſehen,
der Geſchmack ingleichen etwas ſcharff
und aromatiſch iſt.
Dieſes Gewaͤchs wird darum Vitex ge-
nannt, weil ſeine Zweige eben ſo ſchwanck
ſind,
[]
Figure 25. F. 23. Granum avenionenſe. p 25 | Figure 26. F. 26. Läüskraüt. p. 29 |
Figure 27. F. 28 Iamacaru. p. 37 | Figure 28. F. 29. Cardasse. p. 37 |
Figure 29. F. 27. Biſamſamen kraüt. p. 29 | Figure 30. F. 30. Scharlach körner. p. 40 |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch
ſind, als wie der Haarweiden; und Agnus
caſtus, dieweil das Frauenzimmer zu
Athen, in denen der Ceres geweiheten
Oertern, Theſmophoria genannt, zu Be-
wahrung ihrer Keuſchheit, auf ſolchen
Blaͤttern zu ſchlaffen pflegte. Allein
der Name Agnus caſtus iſt dieſem Samen
nur ſpottweiſe beygeleget, maſſen er un-
ter die Artzney wider die Veneriſchen
Kranckheiten/ welche denenjenigen,
die ihre Keuſchheit verletzet, nicht ſelten
zuzuſtoſſen pflegen, gethan wird.
Dem ſey aber wie ihm wolle, wann
nur der Samen fein friſch, dick und voll-
kommen, auch an warmen Orten ge-
wachſen iſt, weil ſolcher viel kraͤftiger,
denn welcher in kalten Laͤndern erbauet
worden.
MAgalep/ oder wie andere wollen,
Mahalep, iſt der Kern einer kleinen
Frucht, und den Kirſchkernen nicht un-
Siehe Fig. 22.aͤhnlich: waͤchſt auf einer Staude, wel-
che einige Scribenten fuͤr eine Sorte der
Phillyræa halten, und hat groſſe, ſpitzige,
in etwas zuruͤckgebogene Blaͤtter, die
ſchier wie Kirſchlaub anzuſehen. Zwi-
ſchen dieſen kommt die Frucht hervor,
die mit einer zarten gruͤnen Schale be-
deckt, und ſehr klein iſt.
Wir bekommen dieſen Samen von
unterſchiedenen Orten her, abſonderlich
aus England: er muß aber, wenn er
gerecht ſeyn ſoll, friſch, fein dicke, und von
ſeinen kleinen Schalen wohl geſaubert
ſeyn.
So muß man auch Acht geben, daß er
nicht allzu uͤbel rieche, denn etlicher ſtinckt
ſo ſehr wie Wantzen, daß er faſt gar nicht
zu brauchen iſt.
Die Parfumirer brauchen ihn am
meiſten: ſie ſtoſſen ihn, weichen ihn in ge-
meines Waſſer oder in Roſenwaſſer ein,
heꝛnach deſtilliren ſie ihn, und waſchen die
Seiffe damit, aus der ſie ihre Seiffen-
kugeln machen.
GRaine d’Avignon, das Korn von A-
vignon, welches im Lande Grainette,
desgleichen Grain jaune, das gelbe Korn
genennet wird, iſt der Samen einer
Stauden, welche die Scribenten Lycium
heiſſen, weil ſie in Lycia und Cappado-
cia haͤuffig waͤchſt. Sie heißt auch Piza-
cantha, welches dem Griechiſchen nach,
einen ſtachlichten Buchsbaum be-
deutet.
Dieſes Baͤumlein oder Staude,
waͤchſt in Menge um Avignon herum,
auch faſt uͤberalle in der Grafſchaft Ve-
naißin, an rauhen und ſteinichten Or-
ten, wie nicht weniger hier und da in
Dauphine, Provence und Langue-
doc.
Es iſt ein ſtachlichtes Gewaͤchs, deſſen
Aeſte zwey biß drey Fuß lang, haben ei-
ne graulichte Rinde. Die Wurtzeln ſind
gelb und holtzicht, die Blaͤtter klein, und
dicke, welche wie die Myrtenblaͤtter an
den Zweigen ſitzen, und ſo groß wie
Buchsbaumblaͤtter ſind. Der Same
iſt ſo dicke, als ein Weitzenkorn, drey oder
viereckigt, bisweilen wie ein Hertz geſtalt,
ſieht gelbgruͤn aus, und hat einen anzie-
henden bittern Geſchmack.
Die Faͤrber faͤrben gelb damit. Die
Hollaͤnder laſſen dieſen Samen in Waſ-
ſer, darinne Roͤmiſche oder Engliſche
Alaune zergangen, aufſieden, thun her-
nach das Weiß, damit ſie das Bleyweiß
verfaͤlſchen, drunter, machen daraus ei-
nen Teig, und aus dieſem kleine gewun-
dene Stengel, welche ſie uns unter dem
Namen Stil de graine uͤberſenden, die,Stil de graine.
wenn ſie recht gut ſeyn ſollen, fein gold-
gelbe ſehen, zarte, aber nicht voll Sand
und Steine ſeyn, ſich auch leichtlich zer-
reiben laſſen muͤſſen.
Der Stil de graine dienet ſo wohl zum
faͤrben, als auch zur Mignatur-Arbeit.
MRrtilles,Myrten- oder Welſchhey-
delbeeren ſind die Beeren oder der
Samen gewiſſer Stauden, welche im
Frantzoͤſiſchen Myrtes, auch Meurtes, zu
B 3Teutſch,
[]Der Spezereyen und Materialien
Teutſch, Myrtenbaͤumlein genennet
werden, und ſind derer ſo vielerley Ge-
ſchlecht und Arten, als vielleicht Mei-
nungen der Scribenten davon zu finden.
Weil aber ſolchen Streit beyzulegen ich
viel zu unvermoͤgend bin, als habe mir
vorgenommen, nur zwey Gattungen
derſelben, welche auch zu Paris bekannt
ſind und gebauet werden, zu beſchreiben,
und zwar die eine unter dem Titel des
Maͤnnleins, die andere unter dem Na-
men des Weibleins. Das Maͤnnlein,
welches viel dicker und ſtaͤrcker wird, als
das Weiblein, hat blaßgruͤne, ſpitzige,
glatte, wohlriechende Blaͤtter, die wohl
drey oder viermahl ſo groß ſind, als des
Weibleins, welche dunckelgruͤne, und
bald wie Buchsbaumblaͤtter ſehen, ohne
daß ſie ein gut Theil kleiner ſind, und fein
ordentlich beyſammen wachſen. Bey-
derley Myrtenblumen ſehen wie Roͤs-
gen, weiß und roͤthlicht, wachſen in glei-
cher Weite zwiſchen denen Blaͤttern her-
vor. Sie tragen auch kleine Fruͤchte,
welche unter die Beeren zu rechnen, und
anfangs gruͤn ſehen, hernach aber immer
ſchwaͤrtzer werden, voll Saft und glatt
ſind: inwendig ſtecken ein Hauffen kleine
Kerne, die wie halbe Monde mit ein-
warts gekehrten Spitzen geſtaltet, dichte
und ſehr harte ſind, auch wie das gantze
Gewaͤchſe, anziehend ſchmecken. Sie
ſind mit einer rundlichen Huͤlſe umge-
ben, obſchon die Frucht ſelbſt laͤnglicht
iſt, indem ſie gleichſam ein Kroͤnlein oben
auf hat, welches, ſo lange die Beeren
noch auf dem Stamme ſtehen, gantz
wohl zu ſehen iſt; wenn ſie aber an der
Sonne gedoͤrret und runtzlicht worden,
alsdann kan man es faſt gar nicht mehr
erkennen.
Damit ich ſie aber deſto genauer be-
ſchreiben moͤchte, mich aber bey demje-
nigen, was ich irgend ſelbſt auf meinen
Reiſen davon angemercket, nicht aufhal-
ten duͤrffte, deswegen befragte ich mich
mit unterſchiedlichen Perſonen welche
ihrer Handlung halber zum oͤftern in
Languedoc und Provence zu reiſen
haben, welche mir dann ſaͤmtlich eben
das, was ich bereits gemeldet, berichtet,
und dabey verſichert haben, daß dieſe
Beeren, welche wir bekommen, meiſten-
theils auf der kleinen Art, oder dem
Weiblein, wuͤchſen. Es ſollen aber die-
ſelben an etlichen Orten in Provence
und Languedoc von ſich ſelbſten, unter
dem Rosmarin und Kermesbeerſtauden,
wachſen: von dannen werden ſie zu uns
gebracht. Allein, ich haͤtte gerne noch
beſſere Nachricht davon gehabt, fragte
derowegen den Herrn Charras,Med.
Doct. ebenmaͤßig darum, der mir dann
zu verſtehen gab, wie er zwar viel rare
und ſeltſame Kraͤuter geſehen, als er vor
einigen Jahren in Spanien, und im
December von Cadix nach Madrit ge-
reiſet waͤre: doch da er durch Cremona,
Corduba und Eßica uͤber den koͤnig-
lichen Weg fortgezogen, welcher eintzig
und allein nach Toledo fuͤhret, und uͤber
das Gebirge Sierra morena gehet, das von
der braunen Farbe alſo benennet wird,
die man von ferne erblicket, und die dicken
Straͤuche verurſachen, vornehmlich das
Ladanum, welches uͤberall aus den
Steinritzen herauswaͤchſt, und das gan-
tze Jahr uͤber gruͤne bleibt; ſo habe er
unterwegens gantze Striche Landes, et-
liche Meilen lang, angetroffen, woſelbſt
nichts andeꝛs als Myrten, mehrentheils
Weiblein, von ziemlicher Hoͤhe und Di-
cke, zu ſehen geweſen, durchgehends gruͤ-
ne, und mit weiſſen Blumen gantz bede-
cket, deren ſtarcken und uͤber die Maas
angenehmen Geruch er bereits von fer-
ne empfunden, ſich auch daran viel Mei-
len weit ergoͤtzet, obgleich das Jahr ſchon
faſt zu Ende gelaufen: daher er zu glau-
ben veranlaſſet worden, daß die Beeren,
weil die Landſchaft warm genug, ohn-
fehlbar auf die Bluͤte folgen muͤſten, und
duͤrffte einer, der ſich nur die Muͤhe neh-
men und ſie ſammlen wolte, ihrer mehr
zuſammen bringen, als gantz Franckreich
verbrauchen koͤnte. Er vermeldete fer-
ner, daß ob er gleich unter dieſen Myr-
ten-Weiblein ziemlich ſtarcke Maͤnnlein
angetroffen, dennoch habe er im Auguſt-
monat, als er zwey Meilen von dem
Staͤdtlein Rondodella, nicht gar zu
weit von dem Galliziſchen Meere, hinge-
zogen, etliche Myrten, maͤnnliches Ge-
ſchlechts, geſehen, deren Stamm, als
ein ziemlich dicker Mann ſtarck geweſen,
und die Aeſte nach Proportion des Bau-
mes, gleichfalls lang und ſtarck: die Hoͤ-
he der Baͤume ſey drey bis vier Ellen, und
die Aeſte dermaſſen ſtarck und veſte gewe-
ſen, daß ſie einen Mann tragen koͤnnen
wie er dann ſelbſt auf einen derſelben aus
Neugierigkeit geſtiegen. Allein, er habe
weder
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
weder Bluͤte noch Beeren drauf ange-
troffen, und daraus geſchloſſen, ſie muͤ-
ſten mit denen zu Sierra morena zugleich,
das iſt im December, bluͤhen.
Die Beeren werden zu allen Kranck-
heiten, wo man ſtopfens und anhaltens
von noͤthen hat, ſo wohl innerlich, als
aͤuſſerlich gebrauchet. Die Apothecker
machen einen Saft oder Syrup davon,
und ein Oel, welche aber beyde in Franck-
reich gar ſelten gebrauchet werden. Jn
Teutſchland faͤrben ſie blau mit den
Beeren, als wie wir in Franckreich gelb
mit dem Korn von Avignon, und gruͤn
mit den Creutzbeeren.
Die Englaͤnder nehmen die Myrten-
blaͤtter und Reiſig, und gerben das Leder
damit, als wie mit dem Sumach oder
Gerberbaum.
Die Myrtenbeeren, die wir bekom-
men, ſind an der Sonnen gedoͤrret, und
daher gantz eingeſchrumpfen, und die
Haut auch alſo ſchwartz, da ſie doch,
wenn ſie geſammlet werden, und recht
reiff worden, nicht nur glatt ſind, ſon-
dern auch voll Saft, den man gleicher-
geſtalt auspreſſen und zu vielerley ge-
brauchen kan: das uͤbrige wird getrock-
net und aufgehebt. Weil aber dieſe
Fruͤchte nicht ſeltſam, dahero braucht es
dieſer Muͤhe nicht.
Ob mich nun ſchon der Herꝛ Charras
verſichert, daß diejenigen Myrtillen, die
wir zu verkauffen haben, die Beeren
der Myrten waͤren, dennoch ſind es viel-
mehr, nach des Herrn Tourneforts
Erachten, die Beeren des Vitis Ideæ, die
Heydelbeeren, welche bey allen Auto-Siehe Fig. 25.
ribus beſchrieben und gantz gemeine ſind.
STaphis agria iſt der Samen eines Krau-
tes, das in Povence und Languedoc
insgemein waͤchſt.
Das Kraut hat groſſe, dicke, gar ſehr
zerkerbte, gruͤne Blaͤtter, auf welche
himmelblaue Blumen, und nach dieſem
die Baͤlglein folgen, in denen der Sa-
men liegt, und dermaſſen gedrungen
beyſammen ſtickt, daß man kaum ſehen
kan, was ihn zuſammenhaͤlt: wird er
von einander geriſſen, dann iſt er als eine
Erbis groß, dreyeckigt, auswendig
ſchwaͤrtzlicht und rauch, innwendig weiß-
gelblicht, und ſchmeckt bitter, beiſſend
und unangenehm.
Man ſuche dieſen Samen, der fein
vollkommen und friſch iſt, unter dem
auch nicht viel Unrath befindlich.
Er wird fuͤr die Laͤuſe/ vornehmlich
bey Kindern, gebraucht, wie auch zum
Blaſenziehen und Stillung der Zahn-
ſchmertzen/ wenn er vorher in Wein-
eßig geweichet worden: weil es aber ei-
ne gefaͤhrliche Sache, deswegen wolte ich
nicht leichte iemand dazu rathen, zu-
mahl da ſchon andere Mittel vorhan-
den, dabey keine ſolche Gefahr zu beſor-
gen, und dennoch einerley Wirckung zu
hoffen ſteht.
AMbrette, Graine de Muſc, der Biſam-
ſamen, iſt ein klein, braun und rau-
ches Koͤrnlein, wie eine Nadelkoppe groß,
und wie eine kleine Niere geſtalt, riecht
nach Moſch und Ambra, ſonderlich,
wenn es noch friſch iſt, daher es dann
auch ſeinen Namen hat bekommen.
Das Kraut ſchieſt gerade in die Hoͤhe,
hat gruͤne Blaͤtter, die ſo weich als Sam-
met ſind, und bald wie die Pappel-
blaͤtter ſehen, darum es auch Alcea In-
dica villoſa, die Jndianiſche Sammtpap-
pel genennet wird. Es traͤgt gelbe Blu-
men, wie Glocken, aus denen dreyeckig-
te Huͤlſen entſtehen, die auswendig
braun, inwendig weiß ſehen, und des
Fingers lang ſind; in dieſen liegt der
Samen.
Der Samen aber ſoll friſch ſeyn, fein
voͤllig, wohlriechend, trucken und reine.
Derjenige, welcher aus der Jnſel Mar-
tinigo gebracht wird, riecht viel ſtaͤrcker,
als der aus den andern Jnſeln kommt.
Dieſes Kraut waͤchſt auch in Egypten/
woſelbſt es Moſch, und der Samen
Abelmoſch genennt wird.
Die Parfumirer, ſonderlich in Jta-
lien, brauchen dieſen Samen am mei-
ſten; inngleichen die Paternoſter- und
Roſenkraͤntzmacher.
Man darff dieſen Samen durchaus
zu keinen Sachen thun, die man wohl-
riechend zu machen gedencket, oder es
muß einer wohl damit umzugehen wiſ-
ſen. Widrigen Falls wird alles ver-
derbet werden.
Der Biſamſamen hat, meines wiſ-
ſens, keinen Nutzen in der Artzney, weil
uns entweder ſeine Kraft und Tugend
annoch verborgen, oder aber, weil mir
nur ſeine Eigenſchaften zur Zeit noch
unbekannt ſind.
DJe Conzenille, mit dem Zuna-
men Miſteca, iſt der Samen eines
Gewaͤchſes, welches drey Fuß hoch
waͤchſt, und zwey Finger dicke, ſchoͤne gruͤ-
ne und ſehr ſtachlichte Blaͤtter hat, nach
welchen die Schoten, die gelbgruͤn ſind
und wie Hertzen ſehen, folgen, darin-
nen ein Hauffen Koͤrnlein, wie groſſe
Nadelkoppen ſtecken, unter denen etliche
ziemlich platt, andere dagegen dreyeckigt
ſind, alle aber und insgeſamt rauch und
wie Chagrinleder, auſſenher weiß, inn-
wendig blutroth.
Dieſe Samkoͤrner werden aus Peru
und andern Orten in Neuſpanien/ naͤm-
lich von der Saltz- und Mexicaniſchen
See/ zu uns gebracht, inngleichen von
Cadix, einer in Andaluſien am Ge-
ſtade des mittaͤgigen Oceans gelegenen
Stadt, theils mit denen Spaniſchen
Gallionen, theils mit der Flotte, wel-
che mit Silber und Golde aus den Pe-
ruaniſchen Goldgruben beladen, alle
Jahre nach Spanien ſegelt, und zu-
gleich Jpecacuanha/ Quinquina,
Sarſaparilla/ und andere ſelbiger
Orten gangbare Wahren mitbringet.
Von Cadix wird ſie durch andere Schif-
fe nach Holland, England und Mar-
ſeille abgefuͤhret, und von dem letztern
Orte auch zu uns gebracht.
Die Conzenille wird von den Spa-
niern dermaſſen hochgehalten, daß ſie
dieſelbige, aus Beyſorge, ſie moͤchte auch
in Franckreich aufgehen, mit Feuer und
Kalch zu fernern Wachsthum untaug-
lich machen. Ja was noch mehr, dafern
ſich iemand, der kein gebohrner Spani-
er iſt, an denen Orten, wo die Conze-
nillen-Pflantzen ſtehen, betreten laͤßt,
wird er, wie mir geſaget worden, alſo-
fort aufgeknuͤpft.
Die meiſten glauben und wollen be-
haupten, es ſey die Cochenille ein Thier-
lein: ich ſelbſt haͤtte es vermeinet, wenn
ich nicht in zweyen Briefen von Herren
Frantz Rouſſeau, der aus der Land-
ſchaft Auxerre buͤrtig, und zu Leogan-
na auf der Kuͤſte S. Domingo ſeßhaft
iſt, eines beſſern waͤre verſichert worden.
Jm erſten Briefe, den 15. Maji 1692.
datiret, ſchreibt er alſo:
„Die Cochenillenpflantze, die ihr
„zu kennen und Nachricht davon zu ha-
„ben verlanget, ſchießt ohngefehr zwey
„oder drey Fuß hoch in die Hoͤhe, als
„wie lauter Reiſer, mit zwey Finger
„dicken Blaͤttern beſetzt, welche gar lieb-
„lich gruͤn ſehen, und uͤber und uͤber mit
„Stacheln bewehret ſind. Der Sa-
„men ſteckt in kleinen Huͤlſen, die wie
„ein Hertz auſſehen, und wenn ſie reiff
„worden, gelblicht ſind: dieſe laͤſt man
„trocknen, und thut ſie in leinene oder
„lederne Saͤcke, auf die Weiſe, wie ſie
„nach Franckreich gebracht werden. Die
„ihr bekommen habt, waͤchſt auf Spani-
„ſchen Boden, meiſtentheils an der
„Saltzſee, denn das wenige, das bey uns
„zu Leoganna waͤchſt, verdient nicht,
„daß ich davon melde.
Diß lautet gantz anders, als was
Furetiere davon erzehlet, welcher die
Kermesbeeren mit der Conzenille ver-
menget, und zu Ende ſeiner Beſchrei-
bung ſaget, daß es ein graues Wuͤrm-
lein ſey, aus Jndien kommend, mit dem
ein ſo groſſer Handel getrieben werde,
daß allein in die Stadt Tlaſcala, im
Koͤnigreich Mexico gelegen, des Jah-
res fuͤr mehr als zweymahl hundert tau-
ſend Thaler werth gebracht werde. Nach
ihm hat mir der Ehrw. P. Plumier,
ein Minorit, folgendes zum theil muͤnd-
lich erzehlet, zum theil aber mit eigner
Hand geſchrieben gegeben.
Die Cochenille, Miſteca genannt,
iſt ein kleines Thierlein, einer Wantze
nicht unaͤhnlich: wird ſowohl in Neu-
ſpanien/ als auch in denen Americani-
ſchen Jnſeln auf unterſchiedlichen Ge-
waͤchſen gefunden, und zwar ſo haͤuffig,
daß
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
daß die Einwohner, nachdem es trocken
worden, ſo zu reden, eine rechte Ernde
halten.
Es geben aber nicht alle Pflantzen
dieſen Thierlein eine taugliche Nahrung,
davon ſie ſo ſchoͤn roth werden; dannen-
hero erziehen ſie die Einwohner auf dem
Gewaͤchs Opuntium, daraus ſie den ro-
then Saft ſaugen, welcher nicht wenig
zu ihrer hochrothen, denen Faͤrbern ſo
angenehmen Farbe beytraͤgt. Weil auch
die Ameiſen dieſen Thierlein gar hef-
tig nachſtehen, deswegen umgeben die
Spanier die Plaͤtze, wo ietztgedachte Ge-
waͤchſe ſtehen, mit Waſſergraͤben, daß
alſo die Ameiſen davon bleiben muͤſſen.
Das vornehmſte Gewaͤchſe, darauf
die Concenille waͤchſt, wird von den
Americanern Raquette und Cardaſ-
ſe genennet, von den Botanicis aber
Opuntium majus, ſpinoſum, fructu ſangui-
neo, das heißt, ein groſſer ſtachlich-
ter Jndianiſcher Feigenbaum, mit
blutrothen Fruͤchten.
Diß Gewaͤchſe iſt etwas gantz wun-
derbarliches, indem es nichts anders iſt,
als ein Hauffen groſſer langrunder,
ſtachlichter Blaͤtter, die uͤberaus ſchoͤn
gruͤn ſind, mit langen ſpitzigen gelben
Stacheln beſetzet. Oben auf dieſen
Blaͤttern wachſen groſſe leibfarbene
Blumen, und hernach hochrothe Fruͤch-
te, welche zu oͤberſt gleichſam einen erd-
fahlen Nabel haben. Die Pflantzen
ſind von unterſchiedener Groͤſſe, wie
dann etliche in Manns-Hoͤhe gefunden
werden, welches aber blos der Guͤte des
Bodens muß zugeſchrieben werden.
Wann nun die Einwohner dieſes Unge-
ziefer ſammlen wollen, ſo ſchlagen ſie
dieſelben mit ausdruͤcklich hierzu ge-
machten Ruthen in die mit Aſche und
Waſſer erfuͤllten Gefaͤſſe herunter, und
nehmen ſie wiederum heraus, wenn ſie
erſoffen ſind, damit ſie trocken werden.
Wenn dieſe Wuͤrmlein noch leben-
dig, ſind ſie roth, und als ob ſie mit Meh-
le beſtreuet waͤren: und darum ſieht die
Conzenille, die uns geſchickt wird, alſo
weißlicht. Dieſes iſt auch noch als etwas
ſonderliches anzumercken, daß dieſes
Ungeziefer ſich ſo gar haͤuffig vermehret;
denn hundert vermoͤgen gar wohl eine
Million Junge auszuhecken.
Den 30. Julius 1693. brachte mir
eben dieſer P. Carolus Plumier/ ei-
nen Zettel, darauf er nachfolgendes
eigenhaͤndig aufgeſchrieben.
P. Carl Plumiers, Minoriten-
Ordens, Beſchreibung der
Conzenille.
Es iſt die Conzenille/ welche man
aus Neuſpanien oder von dem veſten
Lande in America bringet, ein Inſectum
und Ungeziefer, an Geſtalt und Groͤſſe
einer Wantze nicht ungleich. Daſſelbe
haͤnget ſich an die Baͤume, fuͤr allẽ an die
Acacien, und diejenigen, welche in de-
nen Frantzoͤſiſchen Jnſeln Kirſchbaͤume
genennet werden. Dieſes Thierlein iſt
trefflich fruchtbar, denn es traͤgt zwi-
ſchen denen Beingen und am Bauche
eine gantze Menge ſchier unbegreiffli-
cher Eyergen, aus denen eine unzehliche
Anzahl kleiner rother Wuͤrmlein her-
fuͤr ſchlieffet, denen die Ameiſen gar ſehr
nachſtehen. Wenn man die Muͤtter
zerdruͤckt, laſſen ſie einen Saft von ſich,
der ſich auf Scharlach ziehet, mit etwas
gelb vermiſcht: daß alſo dieſe Thierlein,
die auf dergleichen Baͤumen wachſen,
keine rechte lebhafte Farbe geben. Da-
mit ſie aber dieſen ſchoͤnen Saft empfa-
hen moͤgen, deswegen erziehen ſie die
Jndianer auf gewiſſen Gewaͤchſen, im
Latein Opuntium, Frantzoͤſiſch Raquette
genennet, auf. Gemeldte Gewaͤchſe
tragen eine Frucht, wie eine Feige groß,
welche voll unvergleichlich ſchoͤnes ro-
thes Saftes iſt, dahero auch der Saft
der Conzenillen, die auf dergleichen
Gewaͤchſen erzogen worden, weit glaͤn-
tzender und lebhafter iſt, als deren, die
auf denen andern Gewaͤchſen befindlich
ſind. Als ich dieſe Wuͤrmlein zum er-
ſten mahle auf der Jnſel S. Domingo
zu petit Goive antraff, wieſe ich dieſelben
zweyen Jndianiſchen Sclaven, die aus
dem Lande, darinne die Conzenille
waͤchſt, gebuͤrtig waren, und dieſe ſag-
ten beyde, daß es Conzenillen waͤren.
Ein gleiches verſicherten mich etliche
Flibuſtiers oder Corſaren, welche in
demſelben Lande herum gereiſet waren,
und ſagten dabey, daß die Jndianer
dieſe Wuͤrmlein von den Raqvetten
ſammleten, woraus ich abnahm, daß
allein die Wartung dieſe ſchoͤne Farbe
zu wege braͤchte, zu mahl da die Farbe
derjenigen Conzenille, die ich auf den
Kirſchbaͤumen angetroffen, bey weitem
nicht ſo ſchoͤne war.
Nachdem ich hernach von der Reiſe
nach Domingo zuruͤck kommen, durch-
ſuchte ich diejenigen Scribenten, welche
America beſchrieben haben, und fand
folgendes in Johann Laets Be-
ſchreibung Weſtindiens:
Das Conzenillenkorn waͤchſt in
Neuſpanien an vielen Orten auf den
Tunabaͤumen, deren Blaͤtter ſehr dicke
ſind; muͤſſen aber an der Sonne, und
vor dem Nordwinde wohl beſchirmet
ſtehen. Es iſt ein kleines lebendiges
Thierlein, oder beſſer zu reden, ein Un-
geziefer, faſt wie eine Wantze geſtalt.
Wenn es ſich zu erſt an die Baͤume haͤn-
get, iſt es nicht groͤſſer, denn ein Floh, und
ſein Samen wie Kaͤſemuͤlben; fuͤllet ei-
nen gantzen Baum, ja wohl einen gan-
tzen Garten an, und wird des Jahrs ein
oder zweymahl geſammlet. Die Baͤu-
me pflantzen ſie ordentlich in Reihen,
wie die Weinſtoͤcke, nehmen ſie fleißig in
acht, und jaͤten das Unkraut herum aus.
Je juͤnger die Baͤume, ie mehr und beſ-
ſere Conzenille tragen ſie; doch muͤſſen
ſie mit groſſer Sorgfalt vor dem Unge-
ziefer, und ſonderlich vor den Huͤnern,
welche die Conzenillen gerne freſſen,
verwahret werden. Die Pflantzen
ſaͤubern ſie mit Fuchsſchwaͤntzen, damit
der friſche Same nicht verderbe. Wann
dann die Wuͤrmlein groß genug, wer-
den ſie mit ſonderlichem Fleiſſe abgele-
ſen, und mit kaltem Waſſer, welches
druͤber her geſpritzet wird, ertoͤdtet, her-
nach im Schatten getrocknet, und in ir-
denen Geſchirren aufgehoben: zuwei-
len toͤdtet man ſie mit Aſche, welche her-
nachmahls wieder abgewaſchen wird.
Hier iſt zu mercken: Der Baum
Tuna ſey nichts anders, denn obgedach-
tes Opuntium, oder Raquette, deſſen es
vielerley Geſchlechte giebt, jedoch muß
diejenige Art zu Pflegung der Conze-
nille erwehlet werden, deren Frucht den
ſchoͤnen rothen Saft in ſich enthaͤlt.
Allein, dieſer des Herren Furetiere,
P. Plumiers und Laets Meinung
kan ich durchaus nicht beypflichten, ſon-
dern muß vielmehr glauben, die Coche-
nille ſey der Samen eines Gewaͤchſes;
weil mir der Herr Rouſſeau zu Ende
ſeines Briefes geſchrieben, daß er zu
mehrer Beſtaͤrckung ſeines Vorgebens
mit eheſten eine ſolche Pflantze uͤberſen-
den wolle, hoffe auch, er werde es mit
Goͤttlicher Huͤlffe gewiß thun, denn er
uͤberdiß in ſeinem andern Schreiben
vom 25. Maji erwehnten Jahres folgen-
der maſſen ſchreibet.
Die Cochenille betreffend, davon
ich ihm gedacht, davon muß ich ihm eine
artige Begebenheit vermelden, die ſich
mit einem Pater, Minoriten-Ordens,
der, wie es ſcheinet, aus Provence buͤr-
tig, zugetragen. Dieſer, welcher ſich
auf die Kenntnuͤß der Kraͤuter gar wohl
verſtehen wolte, mochte zwiſchen 45.
und 50. Jahren ſeyn, und war ſchwartz
von Geſichte. Man haͤtte ihn auch fuͤr
einen verſtaͤndigen Mann gehalten,
wenn er nur ſchweigen koͤnnen; ſo aber
erſahe er zu ſeinem Ungluͤcke, etliche
Acacien/ welches ſehr ſtachlichte Baͤu-
me ſind, denn er wolte auch in der Zei-
chenkunſt erfahren ſeyn, und Cardaſ-
ſen, ein Gewaͤchs, deſſen Blaͤtter zwey
Finger dicke, und bey nahe, als wie die
Raquete, die man in Franckreich zum
Ballſpiel brauchet, ſehen. Dieſe tra-
gen Fruͤchte, wie Feigen, welche einen
etwas ſcharffen Geſchmack haben, und
den Harn roth faͤrben. Auf dieſen
Baͤumen fand er einige Thierlein, und
gab fuͤr, das waͤren die Conzenille, wo-
ruͤber die Einwohner zu S. Domingo/
denen dieſes Gewaͤchſe, und was es iſt,
nur gar zu wohl bekannt, zu heftigem
Gelaͤchter bewogen wurden. Es wur-
de auch dieſes guten Paters Credit und
Anſehen hierdurch bey iederman, und
inſonderheit bey dem Herrn de Cuſſi, wel-
cher, gleichwie auch andere, ein ſonder-
lich Vertrauen in dieſes Mannes Wor-
te geſetzt, uͤber die Maſſe verringert.
Bald darauf iſt er nach Franckreich ge-
reiſet, und hat auch, ſo viel ich weiß, ſei-
nen Jrrthum, den er von der Conze-
nille zu S. Domingo gefaſſet, mit dahin
uͤberbracht.
Es gedencket auch der Herr Rouſ-
ſeau, daß auf den Acacien eine Gat-
tung kleiner Wuͤrmlein, wie eine Wan-
tze groß, zu finden ſey, welche Vermeil-
lon genennet wuͤrden, waͤren aber zu
nichts nicht nuͤtze, weil ſie ſich nicht treu-
gen lieſſen: und dieſe werden wohl, mei-
nes Erachtens, des P. Plumiers Con-
zenille ſeyn.
So verdienen auch des Herrn Rouſ-
ſeau Briefe darum mehr Glauben,
weil
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
weil man an unſerer Conzenille weder
Fluͤgel noch Fuͤßgen, weder Kopf noch
andere Theilgen ſolcher Thierlein erbli-
cken kan, da ſie hingegen alle Kennzei-
chen eines Korns oder Samens an ſich
hat. Und wenn es auch hieran noch
nicht genug, ſo beſehe man nur, was
Ximenes und Wilhelm Piſo in der
Beſchreibung der Braſilianiſchen Ge-
waͤchſe davon meldet; denn nachdem
dieſer letztere eine Gattung Jndiani-
Siehe Fig. 28.ſcher Feigenbaͤume, die er Jamacaru
nennet, weitlaͤufftig beſchrieben, ſo ſagt
er endlich, dieſes ſey eben das Gewaͤchſe,
das in Neuſpanien die Conzenille
trage.
„Auſſer dieſen wird auch in der Be-
„ſchreibung Virginiens einer ange-
„nehmen Frucht, Metaqueſunnauk,
„gedacht, in Groͤſſe und Geſtalt einer
„Birne, welche durch und durch roth iſt,
„und auf einem Gewaͤchſe waͤchſt, deſ-
„ſen Blaͤtter ziemlich dicke und voll ſpi-
„tziger Stacheln ſind. Etliche, die in
„Jndien geweſen, und dieſe rothe und
„koſtbare Farbe, die man Conzenille
„heißt, wachſen geſehen, beſchreiben die-
„ſes Gewaͤchſe eben alſo, als wie die
„Frucht Metaqueſunnauk beſchrie-
„ben wird.
Dem ſey nun wie ihm wolle, man
ſoll iederzeit die feinſte Gattung der
Conzenille erwehlen, das iſt, die da
ſchwer, dicke, voͤllig, rein, trucken, weiß
und gleiſſend ſey, die auch, wenn ein
Korn davon im Munde zerdruͤckt wird,
dem Speichel eine dunckelrothe Farbe
gebe: dagegen ſoll man die verwerffen,
welche garſtig, gering und leichte iſt.
Endlich muß man auch ſich vorſehen,
daß keine Steinlein drunter, wiewohl
ehe geſchicht; bevoraus, wenn ſie theu-
er iſt.
Die Conzenille wird, meines be-
halts, gar nicht in der Medicin ge-
braucht, es muͤſten dann einige, und
zwar nicht wenige Medici ſamt andern
Perſonen dieſe und die Kermeskoͤrner
fuͤr einerley gehalten haben und noch
halten, welches iedoch der Wahrheit
ſchnurſtracks zuwider iſt, wie aus fol-
gendem Cap. zu erſehen. Die Schoͤn-
faͤrber aber brauchen ſie gar haͤuffig,
denn ſie die baſis und vornehmſtes Stuͤ-
cke zur Scharlachfarbe iſt. Etliche
faͤrben den Zucker damit, und thun als-
dann gantz zart geriebenen Weinſtein
oder andere acida und ſaure Sachen
dazu.
Carmin oder Carmeſin iſt die theu-
erſt- und koſtbarſte Wahre, die aus der
Cochenilla Miſteca bereitet wird. Es
iſt aber eine Fecula oder ein gantz zartes
Pulver, das eine hochrothe Farbe hat,
und wie Sammt ſiehet, und vermittelſt
eines ſonderlichen Waſſers, darinne
Chouan und Autour geweichet worden,
zugerichtet wird. Wenn es denn ſol-
cher geſtalt recht zubereitet und getreu-
get iſt, wird es Carmin, oder Carmeſin
genennet, der, wenn er aufrichtig, und
wie er ſoll, beſchaffen iſt, ein unbegreif-
lich Pulver, hoch an der Farbe, und beſt-
moͤglich præpariret ſeyn muß. Weil ihn
aber boͤſe Leute des hohen Preiſſes we-
gen ofte zu verfaͤlſchen pflegen, derowe-
gen ſoll man ihn allein bey ſolchen Han-
delsleuten kauffen, welche zu gewiſſen-
haftig ſind, denſelben zu verfaͤlſchen,
oder die andere Sorte, ſo um ein gutes
geringer und ſchlechter iſt, an ſtatt der
erſten zu verkauffen.
Etliche thun Rocou dazu, allein
davon wird der Carmin gantz Pome-
rantzenfarbicht.
Der Carmin wird zur Mignatur-
Arbeit gebrauchet, wie auch zu den ſchoͤ-
nen Tuͤchern, daraus die koͤſtlichen Ta-
pezereyen gemacht werden.
Die feine Lacca wird auch die Ve-
nediſche genennet, weil ſie ehedeſſen
nirgend anders her gebracht wurde: ſeit
dem aber einige Perſonen zu Paris
ſich unterfangen ſie nachzumachen, und
es ihnen gelungen (wie ſie denn von den
beſten Mahlern der Venediſchen vor-
gezogen wird) ſo kommt ihrer ietzund
wenig mehr dorther.
Die Lacca iſt eine haͤrtliche Maſſa,Etliche thun
die Terra Me-
rita dazu.
wird aus dem Marck oder dem innerſten
der Fiſchbeine, Oſſa ſepiæ genannt, ſo
mit einer gewiſſen Tinctur gefaͤrbet
worden, bereitet. Dieſe Tinctur wird
aus der Cochenilla Miſteca, Braſilien-
und Pernambuc-Holtz, mit gebrann-
ter Engliſcher Alaune, Arſenic und der
Lauge von Egyptiſchem Salpeter, oder
weiſſer Suda, oder in deren Erman-
C 2gelung,
[]Der Spezereyen und Materialien
gelung, von Alicantiſcher Suda, ge-
macht, und darauf durch ein Seihe-
tuch oder Beutel geſeihet: hernach ver-
faͤhrt man auf gleiche Art, wie mit dem
Jndigo, und macht aus dieſer Maſſa
kleine Kuͤchlein oder trochiſcos, welche
getrucknet und zum Gebrauch aufbehal-
ten werden.
Es iſt dieſe Lacca, wenn ſie iſt, wie
ſie ſeyn ſoll, in kleinen Kuͤchlein, an
Farbe hochroth, zart und laͤßt ſich leicht
zerreiben.
Dieſe wird von geſchornem Schar-
lach oder ſcharlachenen Scheerflocken
bereitet, welche in eben ſolcher Lauge,
wie obengemeldet, geſotten, durchge-
ſeihet, und auf zart geſtoſſene weiſſe
Kreide und Engliſche Alaune gegoſſen
worden. Aus der Maſſa werden her-
nach vier Finger dicke viereckigte Stuͤck-
gen nach gefallen gemacht, getrucknet,
und zum Gebrauch verwahret. Die
Venediſche iſt weit ſchoͤner als die Hol-
laͤndiſche und Pariſer/ denn das Weiß,
das die Venediger drunter thun, iſt un-
gleich feiner und beſſer, als das Hol-
laͤndiſche, und das wir zu Paris dazu
gebrauchen. Wenn dieſe Lacca gut
ſeyn ſoll, ſo muß ſie aufrichtig Vene-
diſch, hoher Farbe und nicht ſteinicht
ſeyn.
Die Mahler brauchen ſie gleich-
falls.
Man hat noch eine andere Lacca/
liquida,die fluͤßige genannt, deren im
Cap. von Pernambuc-Holtz, Meldung
geſchehen ſoll.
Die feine Conſtantinopolitani-
ſche Torneſol wird von Hollaͤndiſchem
Kammertuch oder Creſpon gemacht,
welche mit Conzenille, dazu ein oder
ander acidum gethan worden, gefaͤr-
bet werden.
Man braucht ſie, allerhand liquores
und Saͤfte, Branntwein und derglei-
chen damit zu faͤrben, und liegt nichts
dran, ob Kammertuch oder Creſpon
dazu genommen worden, wenn es nur
recht fein iſt, eine hohe Farbe hat, und
fein roth faͤrbet.
Die Tuͤrcken und orientaliſchen Voͤl-
cker heiſſens Bizerera rubra.
Die Portugiſen ſenden uns Roth-
lapp von Cotton/ in der Form, Dicke
und Runde eines Thalers, damit wer-
den die dickgeſottenen Saͤfte von Fruͤch-
ten oder die Gallerden gefaͤrbet, wie-
wohl dieſer Rothlapp nicht ſo ſehr ge-
brauchet wird, als wie der andere. Je-
dennoch ſoll er auch ſchoͤn roth, trucken
und wohl beſchaffen, das iſt, nicht
ſchmutzig ſeyn. Alle dieſe bisher erzehl-
te Sachen werden aus der Cochinilla
Miſteca gemacht.
Die uͤbrigen Sorten der Conzenille
heiſſen Campeſchane/ Tetrechalle
und Sylveſtre oder die Wilde.
Campeſchane iſt nichts anders, als derCochenille
Campeſchane.
Unrath, und Uberbleibſel von der Coche-
nilla Miſteca, darunter ein hauffen duͤr-
re und ausgetrocknete Koͤrner, kleine (*)
Baͤlglein und rothe Wuͤrmlein, welche
die Kinder Gottes-Kuͤhlein zu nennen
pflegen, ſamt anderm Wuſt zu finden.
Es wird auch die Cochenilla Miſteca,
die ſchon einmahl zum Faͤrben iſt gebꝛau-
chet worden, Campeſchane genennet.
Tetrechalle heiſt die Erde, die unterCocbenille Te-
trechalle.
der Campeſchane befindlich iſt.
Cochenille Sylveſtre, die wilde oder dieCochenille Syl-
veſtre, die wil-
de Cochenille.
koͤrnichte, wird an denen Wurtzeln der
groſſen Pimpinelle, von den Simpli-
ciſten Pimpinella ſanguiſorba genennet,
gefunden, wie in dem Buche, welches
von den Blaͤttern handelt, wird zu erſe-
hen ſeyn. Dieſe letztere wird zu nichts
anders, dann zum Faͤrben gebraucht.
DJe Scharlachkoͤrner oder Ker-
mesbeeren nennen die Lateiner
Grana tinctorum, auch Coccus infectorius,
und die Araber Kermen oder Kermes.
Sie ſind das Korn oder vielmehr ein
Auswurff und excrementum eines klei-
nen Baͤumleins, deſſen Blaͤtter ſtach-Siehe Fig. 30.
licht ſind, und den Stechpalmen faſt
aͤhnlich
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
aͤhnlich ſehen, nur daß ſie viel kleiner.
Sie werden ſo wohl in Portugall, als
auch in Spanien, Provence und Lan-
guedoc in groſſer Menge gefunden.
Jch will mich nicht lange mit Be-
ſchreibung dieſes Baͤumleins aufhal-
ten, dieweil es bereits von gar viel Scri-
benten ſattſam beſchrieben worden, ſon-
dern nur dieſes melden, daß dasjenige,
was wir Scharlachkoͤrner heiſſen, auf
und unter den Blaͤttern wachſe und
hange: auch, wann die Ernde gut, den
armen Leuten in ſelbigen Landen, ab-
ſonderlich in Provence und Langue-
doc, trefflich zu ſtatten komme, indem
ſie dieſe Koͤrner nur ſam̃len und den Apo-
theckern bey Pfunden verkauffen duͤrf-
fen. Dieſe nehmen das inwendige da-
von, und machen den Alkermesſyrup
daraus, verkauffen hernach, was im
Siebe zuruͤcke bleibt, den Faͤrbern eben
ſo theuer, als ihnen das gantze Weſen
zu ſtehen kommen. Welche aber die
Beeren verfuͤhren, oder anders wohin
ſchicken wollen, dieſelben treugen ſie, ſo
wohl zum Gebrauch der Artzney, als
auch fuͤr die Faͤrber, welche ſie gantz
haͤuffig verbrauchen, dazu dann die
dickſten und friſcheſten, das iſt, die nur
ein Jahr alt, und voll Pulver, uͤberdiß
recht roth und reine ſind, muͤſſen ausge-
ſuchet werden. Denn ſo bald ſie aͤlter
werden, wachſen Wuͤrme drinnen, wel-
che das Pulver verzehren, und Loͤcher
drein beiſſen, dahero werden ſie loͤchricht
und leichte, bleibt auch nichts uͤber, als
die bloſſe Haut, und wird alſo ihre Guͤte
gar ſehr verringert. Die in Langue-
doc wachſen, werden fuͤr die beſten ge-
halten, weil ſie insgemein groß und ſehr
ſchoͤn roth ſind, hingegen werden, die in
Portugall wachſen, weit geringer ge-
achtet, indem ſie viel kleiner, duͤrre und
ſchwartz ſind.
Dieſe Beeren werden fuͤr ein herr-
lich cardiacum und ſonderliche Hertzſtaͤr-
ckung gehalten, ſo den Schwangern
Weibern, wenn ſie gefallen, vortreff-
lich dienen ſoll, maſſen ihnen ein halbes
Quintlein ſchwer dieſes Pulvers in ei-
nem Ey gegeben wird. Die Conzenil-
le aber ſoll durchaus nicht dafuͤr gege-
ben werden, ob ſie gleich unterſchiedliche
Perſonen, die beyde fuͤr einerley halten,
zu verordnen pflegen.
Dieſes iſt das Pulver, das in denen
annoch friſchen Beeren befindlich iſt,
und fein roth ſehen ſoll, muß aber nicht
mit Weineßig beſprenget ſeyn, als wie
das, ſo aus Portugall kommt, damit
es deſto ſchwerer wiege, und denn auch
eine hoͤhere Farbe bekomme. Allein,
ſolcher Betrug wird gar leicht gemer-
cket, wenn es feuchte iſt, und einen ſtar-
cken unangenehmen Geruch hat.
Dennoch aber wird es nicht zur Artz-
ney gebrauchet, ob es ſchon das beſte von
den Beeren iſt, weil ſeine Kraft unbe-
kannt: hingegen brauchen es die Schoͤn-
faͤrber deſto haͤuffiger.
Der Alkermes Syrup iſt das
Marck oder inwendige der friſchen
Scharlachbeeren; wird mit dem
Braſilianiſchen Kaſtenzucker, oder mit
den kleinen Zuckerbroden, vorher geſtoſ-
ſen, vermiſchet, und bey gelindem Feuer
untereinander geſchmoltzen, darauf in
kleine weiſſe Faͤßlein gethan, und in ſol-
cher Geſtalt von Nimes und Mont-
pellier zu uns gebracht; denn daſelbſt
wird er in groſſer Menge bereitet, und
theils auf den Marckt nach Beaucaire
geſchickt, theils aber an andere Orte
verfuͤhret.
Wann dieſer Syrup oder Saft recht
gut iſt, dann hat er eine hochrothe Far-
be, iſt friſch, mittelmaͤßiger Conſiſtentz
und dicke; nicht zu dicke, noch zu duͤnne;
nicht gruͤmplicht oder candiſiret, auch
nicht ſauer. Es ſoll auch nicht zuviel
Zucker dazu genommen worden ſeyn,
welches man an der bleichrothen Farbe,
und wenn er nicht bitterlich, ſondern
zuckerſuͤſſe ſchmeckt, abnehmen kan;
denn welcher recht bereitet iſt, ſieht hoch-
roth, und ſchmeckt ziemlich bitter.
Der Alkermes Syrup wird ſelten
zur Artzney gebraucht, wenn er aber
mit dem Syrup, der aus ſuͤſſem Apfel-
ſafte, Roſenwaſſer, roher Seide, weiſ-
ſem Zucker, praͤparirten orientaliſchen
Perlen, gelben Sandel, dem beſten
Zimmt, praͤparirten Aſurſtein und
Goldblaͤttlein gemacht iſt, incorporiret
und vermiſchet worden, alsdann wird
daraus ein Opiatum oder Electuarium li-
quidum, unter dem Titel Confectio Al-
C 3kermes.
[]Der Spezereyen und Materialien
kermes. Etliche thun Ambra und Bi-
ſam dazu, welches aber nur mit Gut-
befinden gelehrter Medicorum geſchehen
ſoll, indem dergleichen wohlriechende
Dinge denen meiſten Weibsperſonen
zuwider ſind. Wer ſie bereiten will,
der mag die Pharmacopoeas, oder diejeni-
gen Buͤcher nachſchlagen, welche lehren,
wie die Artzneyen zuzurichten, und
auch von dieſer compoſition handeln.
Wir verſchreiben ſie von Montpellier/
woſelbſt die beſte gemacht wird, dieweil
der Syrup allda viel beſſer und friſcher
zu bekommen iſt, als an andern Orten,
dahin er verfuͤhret wird. Auch huͤte
man ſich, und kauffe ſie bey Leibe nicht
bey ſolchen Leuten, welche dergleichen
Spezereyen verkauffen, die ihm kein ehr-
licher Menſch einbilden ſoll, ja die nicht
werth ſind, daß ſie iemand in ſeinen Leib
einnehme: und ſolcher unnuͤtzen Leute
finden ſich gar viel, welche die Confectio
Alkermes machen, und ſelbige ſpottwohl-
feil verkauffen, da doch ſonſten zwey Un-
tzen hoͤher kommen, als ſie ein gantzes
Pfund geben. Damit ſie aber ihren
Betrug deſto beſſer beſcheinigen moͤgen,
derohalben thun ſie dieſelbe in ſaubere
ſteinerne Buͤchſen, und kleben Zettel
dran, mit der Aufſchrifft Confectio Al-
kermes von Montpellier; wollen alſo
iederman weiß machen, als ob ſie ſelbi-
ge daher bekommen: welches doch ge-
wiß recht viel auf ſich hat, denn diejeni-
gen, die ſie verordnen, finden ſich in ih-
rer Hoffnung betrogen, und die Pati-
enten erhalten keine Staͤrckung. Die-
ſes kan ich mit Wahrheit bezeugen, in-
dem ich es unzehliche mahl ſelbſt geſe-
hen. Solche Compoſitiones und ande-
re, welche zu Paris aus etwa zwey oder
dreyer Perſonen Haͤnden kommen, de-
rer Namen dennoch aus Chriſtlicher Lie-
be und mit Vorbedacht verſchweigen
will, ſolte man alle viel ehe ins Feuer
ſchmeiſſen, als daß ſie jemand gebrauche-
te: und doch verkauffen ſie eine ſchier
unglaͤubliche Menge dieſer Sachen an
die Tabulettraͤger aus la Foreſt de Lyon
in Normandie, welche ſich fuͤr Speze-
reyhaͤndler ausgeben, und ſie auf
dem Lande herum tragen, oder beſ-
ſer zu reden, halb Franckreich damit
vergiften, ſonderlich gegen Burgund/
Nivernois/ Flandern/ Touraine
und andere Orte zu; ja, welches noch
mehr zu bewundern, ſie verkauffen ſelbſt
in Paris in die Kloͤſter, an die Apothe-
cker, Wundaͤrtzte und andere Leute un-
ſaͤglich viel von dieſer Confectio Alker-
mes und de Hyacintho, ingleichen The-
riac und andere Galeniſche compoſitio-
nes, die doch allzumahl verfaͤlſchet und
unrecht bereitet ſind. Jch habe mich
verpflichtet erachtet, dieſes zu eroͤffnen,
damit ferner hin weder Apothecker noch
Wundartzt, weder Kloſterleute noch
andere Perſonen in Paris und auf dem
Lande, dieſen Landſtreichern etwas ab-
kauffe, denn was ſie verkauffen, taug
gar nichts, und iſt nichts anders, denn
der Ausſchuß, und was wir nicht mehr
in unſern Laͤden haben moͤgen.
Charras ſchreibet in ſeiner Apo-
theckerkunſt Bl. 314. der wahrhaften
Confectio Alkermes trefflich groſſe Tu-
genden zu, ſagend, daß dieſelbe ohne
Widerrede eine der beſten Hertzſtaͤrckun-
gen ſey, dergleichen die Medicina Galenica
iemahls erfunden: denn ſie erſetze und
erfriſche die Lebensgeiſter, ſtille das Heꝛtz-
klopfen, ſteure den Ohnmachten, ſtaͤr-
cke das Gehirn, ſamt den andern edlen
Theilen des Leibes, widerſtehe der Faͤu-
lung, erhalte die natuͤrliche Waͤrme,
bringe die verlohrnen und ermatteten
Kraͤfte wieder, verjage die Melancho-
ley und Traurigkeit, und erhalte den
Leib und das Gemuͤthe in gutem Wohl-
ſtande. Man gebrauchet ſie Meſſer-
ſpitzen weiſe, in Wein oder Bruͤhe, wie
auch andern Hertz- und Hauptſtaͤrcken-
den Saͤften: ſie wird ingleichen mit
Opiatis und duͤnn- und dicken Lattwer-
gen zuweilen vermiſchet. Die ordent-
liche doſis iſt von einem Scrupel bis auf
ein halbes Qvintlein. Man thut ſie
ebenfalls in die Hertz- und Leber-ver-
wahrenden Umſchlaͤge und Epithe-
mata.
AMome en grappe, ou en raiſin, das trau-
bichte Amomum, iſt eine gewiſſe
Frucht, die wir aus Holland uͤber
Marſeille bekommen. Sie waͤchſt
an vie-
[]
Figure 1. F. 3j. Traübichtes Amoniüm. p. 45 | Figure 2. F. 32. Roſe von Jericho. p. 46 |
Figure 3. F. 34. Mittlere Cardamomen. p. 47 | Figure 4. F. 35. Kleine Cardamomen. p. 48. |
Figure 5. F. 33. Groſſe Cardamomen oder Paradiskörner. p. 45 | Figure 6. F. 36. Schwartz kümmel. p. 47. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
an vielen Orten in Jndien, allein ſel-
ten wie Trauben, ſondern meiſten-
theils in Huͤlſen oder Schalen.
Sie waͤchſt aber auf einem Baͤum-
lein, deſſen Blaͤtter blaßgruͤn, laͤnglicht
und ſchmal ſind: kommt an Geſtalt,
Groͤſſe und Farbe den Muskatentrau-
ben ſehr nahe, auſſer daß ſie mehr Koͤr-
ner, und weniger Saft hat. Dieſes iſt
auch noch etwas ſonderliches, daß alle
Huͤlſen keinen Stiel haben, ſondern auf
die Art, wie die Pfefferkoͤrner, gantz
haͤuffig und dicke um einen langen Ner-
ven ſitzen, als ob ſie daran geleimet waͤ-
ren: ſie umgeben ihn aber von unten
bis oben aus, und er muß ihnen zur
Stuͤtze und Halt dienen. Dieſe Huͤlſen
haben zu oberſt einen kleinen Knopf,
und ſind gemeiniglich in Faͤchlein abge-
theilet.
Wenn man dieſe Huͤlſen aufbricht,
ſind ſie mit einen Hauffen purperrothen
viereckigten Koͤrnern angefuͤllet, welche
ſo dichte beyſammen liegen, als ob ſie
zuſammen geleimet waͤren, und ſtellen
eine runde Figur, die der Huͤlſe gleich iſt,
dar. Sie ſind auch mit einem gantz
zarten weiſſen Haͤutlein uͤberzogen, und
durch eben dergleichen Haͤutlein von
einander abgeſondert, daß man ſie gar
leichte heraus, und von einander neh-
men kan. Jhr Geſchmack iſt ſcharff
und beiſſend, der Geruch durchtringend
und gewuͤrtzhaft.
Man ſoll das Amomum ausleſen,
welches ſo friſch, als nur moͤglich zu be-
kommen iſt, deſſen Huͤlſen rund, lichte
gelb, ſchwer und voll Koͤrner ſind: hin-
gegen ſoll man die leichten, die aufge-
ſprungenen, und die ſchwartze ver-
ſchrumpfelte Koͤrner in ſich halten, ver-
werffen. Die Koͤrner aber muͤſſen dick
und vollkommen ſeyn, ſcharff und gantz
aromatiſch, faſt wie Cardamomen,
ſchmecken.
Es wird mehrentheils zum Theriac
gebraucht, dazu alsdann feine reine,
und voͤllige Koͤrner ſollen genommen
werden.
Das Amomum nennen ihrer viele
Cardamomum majus,groſſe Carda-
momen, welche aber nichts anders, als
Maniquette,Paradiskoͤrner ſind, da-
von in folgendem Cap.
Den Namen Amomum fuͤhren gleich-
falls mehr andere Fruͤchte, als da iſt die
Corallkirſche,Amomum Plinii, welches
eine Frucht, die bey nahe wie eine Juͤ-
denkirſche ſiehet, waͤchſt bey uns auf ei-
nem gantz bekannten Baͤumlein, ſinte-
mahl wenig Apothecken ſind, in denen
es nicht zum Putz aufgeſetzet waͤre.
Die Holl- und Englaͤnder nennen
ferner noch eine andere Frucht Amomi,
wir aber Pfeffer aus Jamaica, und
dieſer iſt die Frucht des Jndianiſchen
Holtzes, von dem an ſeinem Orte.
Schließlich dienet zu mercken, daß,
wann bey denen Scribenten der Name
Amomum oder Amomi geleſen wird,
allezeit das Amomum racemoſum dar-
unter verſtanden werde.
Obgleich die Roſe von Jericho kei-Siehe Fig. 32.
nen Nutzen in der Artzney hat, dennoch
habe ich ſie hierbey mit anfuͤhren wol-
len: ſie iſt von dem Amomo gaͤntzlich
unterſchieden. Jhre Kraft und Wir-
ckung belangend, daß ſie naͤmlich in der
Chriſtnacht im Waſſer ſich aufthun
ſolle, desgleichen, wenn eine Frau nie-
derkommen ſoll, davon will ich nichts
melden, weil mir nichts nicht gewiſſes
bewuſt iſt.
DJeſe nennen wir Maniguette und
Paradiskoͤrner; ſind dreyeckigt,
auſſen roth, inwendig weißlicht, haben
einen ſcharffen Geſchmack, und beiſſen
wie Pfeffer, daher ſie auch von den
Pfennigkramern fuͤr Pfeffer verkaufft
werden.
Die Pflantze, darauf ſie wachſen, hat
gruͤne Blaͤtter, nach denen die Fruͤchte,
oder vielmehr die Huͤlſen folgen, in Ge-
ſtalt und Groͤſſe einer Feige, an Farbe
ſchoͤn roth; darinne ſtecken die Para-
diskoͤrner, welche vielleicht wegen der
ſchoͤnen Frucht und um des angeneh-
men Geruchs willen alſo genennet wor-
den ſind. Wir pflegen ſie auch Mani-Mich haben
etliche verſi-
chern wollen/
die Maniquet-
te wuͤchſe
auch in Au-
vergne: wie-
quette oder Melaquette, von der Stadt
Melega, in Africa gelegen, zu benen-
nen, denn von dannen wurden ſie ehe-
mahls nach Franckreich gebracht; an-
ietzo
[]Der Spezereyen und Materialien
wohl ich nun
allen Fleiß
angewendet/
dennoch habe
ich nichts ge-
wiſſes erfah-
ren koͤnnen,
daher ichs
auch nicht fuͤr gewiß ſagen kan.ietzo aber laſſen wir ſie von unterſchie-
denen Orten uͤber S. Malo oder an-
derwaͤrts herbringen.
Dieſe Koͤrner werden wenig zur Artz-
ney, wohl aber von denen, die ſie unter
den Pfeffer miſchen, gebrauchet.
Flacourt meldet, daß die Maniquette
auf der Jnſel S. Maria und zu Ga-
lambula in ſolcher Menge wachſe, daß
man alle Jahr ein Schiff damit bela-
ſten moͤge.
DJeſe ſtecken in dreyeckigten Haͤus-
lein, welche ſo lang, als eines kleinen
Kindes Finger, ſind, und auf einer
Siehe Fig. 34.Pflantze wachſen, welche, wie ich von
etlichen bin berichtet worden, auf der
Erde hinkriecht, und deren Blaͤtter, wie
der Klee, drey und drey beyſammen ſte-
hen, ſpitzig und gar ſehr ausgezacket
ſind: ſie wachſen aber in Jndien, an
unterſchiedenen Orten. Gar ſelten
werden ſie nach Franckreich gebracht,
dieweil die kleine Art von uns und an-
dern Fremden weit mehr geſuchet wird,
weil ſelbige mehr Kraft hat, weder die
mittlere Gattung. Jedoch, wenn ſie
ja bisweilen gefunden wird, ſodann
mag man die ausſuchen, welche der klei-
nen, von der ich gleich handeln werde,
an Kraft und Tugend am meiſten bey-
kommt.
Dieſe ſind bey uns ſehr gemeine, und
werden aus Holland gebracht, ſtecken
in einem kleinen Baͤlglein, welches drey-
eckigt, voller Striche, und auswendig
graulicht iſt, hangend an einem kurtzen
Stielgen von gleicher Farbe. Wann
ſie offen ſind, erblicket man einen Hauf-
fen Koͤrnlein, die wie das Amomum ra-
cemoſum, davon nur erſt gedacht, ſehen
und ſchmecken.
Das Gewaͤchſe, das ſie traͤgt, iſt mir
noch unbekannt, wiewohl ich mich gar
ſehr darum bemuͤhet habe: doch allen
Umſtaͤnden nach, mag es demjenigen,Siehe Fig. 35.
welches die mittlere Gattung bringet,
nicht ſo gar unaͤhnlich ſehen, ſo kan auch
vielleicht die unterſchiedene Landesart
allein den Unterſchied dazwiſchen ma-
chen. Nur dieſes will ich noch geden-
cken, daß ſie die Holl- und Englaͤnder
aus dem Koͤnigreiche Viſiapaur brin-
gen, wiewohl ſie auch daſelbſt ziemlich
rar ſind, und nur auf groſſer Herren
Taffeln kommen, alldieweil es des Lan-
des beſtes Gewuͤrtz iſt.
Die Cardamoͤmlein ſoll man aus-
ſuchen, welche friſch und voͤllig ſind, un-
ter denen keine kleine ausgetreugte und
zerfreſſene Huͤlſen befindlich.
Dieſe Gattung der Cardamomen
wird allein in der Artzney gebraucht,
denn ſie ſind beſſer, als die beyden vor-
hergehenden.
Oftmahls nennen wir (Frantzoſen)
die Cardamomen,Cardamomum ma-
jus, medium \& minus, die groſſen, mitt-
lern und kleinen Cardamomen.
NIgella Romana,ſchwartzer Corian-
der oder Schwartzkuͤmmel, iſt
Siehe Fig. 36.der Samen eines Krautes, das ohnge-
fehr zwey Fuß hoch iſt, und kleine, gruͤ-
ne, zarte, zerſchnittene Blaͤtter hat, auf
welche blaulichte Blumen, und nach die-
ſen die Baͤlglein folgen, in denen der
graulichte Samen liegt, der einen
ſcharffen Geſchmack, und einen ſtarcken
aromatiſchen Geruch hat.
Man ſoll den Samen erwehlen, wel-
cher friſch, fein voͤllig und an Farbe
graulicht iſt, auch lieblich riecht und
ſchmecket, und aus Jtalien kommt,
denn dieſer iſt beſſer und wird hoͤher
geachtet, als der bey uns im Korne
waͤchſt.
Dieſer Samen dient wider die Wuͤr-
me, ſtillet die Blaͤhungen; und ſagen
einige, er ſey wieder allen Gift gut:
er wird ingleichen den Saͤugerinnen, zu
Befoͤrderung der Milch/ dienlich erach-
tet.
Sonſt giebt es noch vielerley Arten
Geſaͤme, davon ich aber nichts vermel-
den mag, theils, weil mir nichts gewiſ-
ſes davon bewuſt, theils aber, weil gar
ſelten etwas zu uns gebracht wird.
Zum
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
Mens, Meſſe,
Mungo.Zum Exempel, Mens,Meſſe oder Mun-
go, davon bey unterſchiedenen Autori-
bus gar viel gemeldet wird. Das Kraut
geben die Jndianer den Pferden zu freſ-
ſen; mit dem Samen aber vertreiben
ſie das Fieber, wie beym Garcias ab Hor-
to in ſeiner Jndianiſchen Hiſtorie zu
erſehen.
Biſnaga, oder Viſnaga, davon bekom-
men wir nur die Kronen, wiewohl auch
ſehr ſelten, und werden von den Tuͤr-
cken und vornehmen Leuten in Franck-
reich fuͤr Zahnſtocher gebraucht.
Der Badian, Chineſiſcher oder
Siberiſcher Anis/ wird von den Mor-
genlaͤndern/ welche hierinne den Si-
neſern nachahmen, zum Thee und
Sorbet gebraucht. Dieſer Samen,
der den Coloqvinten-Kernen nicht un-
gleich ſiehet, ohne daß er um ein gut
Theil braͤuner, viel glaͤntzender und von
angenehmern Geruch iſt, liegt in einer
harten Schale. Mit dieſem Samen
und der Wurtzel Niſi wiſſen die Hol-
laͤnder, beſſer als die Frantzoſen, den
Thee und Sorbet lieblich zu machen.
Man nimmt fuͤr einmahl zwey Quint-
lein von der Wurtzel Niſi, vier Untzen
ſiedend Waſſer, eine halbe Untz Thee,
und ein Quintlein Badian.
Andere Samen, welche gnugſam be-
kannt, und uͤberall wachſen, laſſe ich mit
Fleiß aus; als da iſt Semen Fumariæ,
Erdrauchſamen, Cichorei, Wegwar-
ten, Acetoſæ, Sauerampfer, Lactucæ,
Sallat, Violariæ, Veilgenkraut, Portula-
cæ, Burtzelkraut, Hyoſcyami, Bilſen-
kraut, Sophiæ, Sophien, oder Habicht-
kraut, Thalictri, Wieſenrauten, Malvæ,
Pappeln, Milii Solis, Meerhirſchen, Ebu-
li, Attichkraut, Apii, Eppich, Rapi, Ruͤ-
ben, Baſilici, Baſilien, Bruſci, Maͤus-
dorn, Pſyllii, Floͤhkrautſamen, den die
Hutmacher brauchen, und viel andre
mehr, welche bey den Samenhaͤndlern
in Paris zu finden. Weil auch ohne-
diß faſt alle Medici, Apothecker und
Wundaͤrtzte wiſſen, daß ſie von vielen
Autoribus beſchrieben ſind, deswegen
habe ich fuͤr unnoͤthig gehalten, viel da-
von anzufuͤhren.
Uber ietzt angefuͤhrte Samen ver-
Vier kuͤhlen-
de Samen.kauffen wir auch die vier kuͤhlenden
Samen/ Citrullen, Melonen, Gur-
cken, und Kuͤrbskerne, ſo wie ſie aus
Jtalien, Touraine/ und anderwaͤrts
herkommen, mit und ohne Schalen,
oder geſchaͤlet und abgezogen. Dieſe
ſollen ſtets friſch und jaͤhrig, ſchwer und
trucken, nicht ſchimmlicht oder dum-
pficht ſeyn; abſonderlich muß man Ach-
tung geben, daß einer nicht Gurcken-
fuͤr Melonen- oder Melonen- fuͤr Gur-
ckenkerne bekomme, wie nicht ſelten zu
geſchehen pfleget, wenn eine von bey-
den ſchwerlich zu haben: ſolches aber
kan man gantz leichtlich erkennen, wenn
einer nur weiß, daß die Melonenkerne
viel kuͤrtzer, und ſchmaͤler ſind, als die
Gurckenkerne.
Weil dieſe vier Samen vortrefflich
kuͤhlen, deshalben werden ſie zur Kuͤhl-
milch gebraucht. Auch wird ein Oel
daraus gemacht, deſſen ſich das Frau-
enzimmer bedienet, das Antlitz glatt zu
erhalten. Dieſes Oel muß recht zu-
gerichtet ſeyn, friſch gemacht, fein weiß,
und weder Geruch noch Geſchmack ha-
ben. Was in der Preſſe zuruͤcke blei-
bet, wird Kleyen genennet, und dienet
die Haͤnde damit zu waſchen, doch iſt es
beſſer, wenn das Oel noch nicht heraus
gepreſſet iſt, denn es nimmt den Schmutz
beſſer weg.
Vor dieſem wurden ſchwartze Ci-Schwartze
Citrullen.
trullen aus Jtalien gebracht, und weit
hoͤher geachtet, als die wir anietzo ha-
ben.
Weil auch den Spezereyhaͤndlern
vergoͤnnt iſt, nicht nur dieſes Oel, ſon-
dern noch andere mehr, die ohne Feuer
bereitet werden, ebenmaͤßig zu machen,
und zu verkauffen, darum habe dienlich
erachtet, die Art und Weiſe, wie es ge-
macht wird, anher zu ſetzen, zugleich zu
erinnern, wie daſſelbe muͤſſe beſchaffen
ſeyn, wenn es recht gut ſeyn ſoll.
Nehmet derowegen der kuͤhlenden
Samen, die fein rein und trucken ſind,
ein oder mehr Pfund, nach belieben,
ſtoſſet ſie in einem meßingenen oder glat-
ten marmorſteinernen Moͤrſel, nur
groͤblich, und treibet ſie durch ein grob
haͤrin Sieb: wenn alles hindurch, ſo
thut es in ein doppelt Tuch, das zu kei-
nem andern Oele, wenigſtens zu keinem
Brennoͤle iſt gebrauchet worden.
Nachdem ſolcher geſtalt alles fertig,
dann bringt es unter die Preſſe, verfah-
ret gemach, und preſſet allezeit fein
gleich, keinmahl ſtaͤrcker denn das ande-
re: wenn nichts mehr heraus gehet, ſo
Dnehmt
[]Der Spezereyen und Materialien
nehmt das Oel hinweg, gießt es in eine
Phiole, welche blos mit einem durchloͤ-
cherten Papire darff verwahret wer-
den, damit das Oel nicht dumpficht
werde, und hebt es alſo auf zum Ge-
brauch. Die Kleyen, wie gedacht, ſind
gut zum Haͤnde waſchen.
Es moͤchte ſich aber mancher wun-
dern, warum ich geſaget, es ſey zu die-
ſer Arbeit nur ein grob Sieb von noͤ-
then; denn etliche ſtoſſen den Samen
ſo lange, bis ein Mus draus wird. Al-
lein, ich verſichere, wenn ſie es nur ein-
mahl werden verſuchet haben, daß ihnen
dieſe Art weit beſſer, als die ihrige, ge-
fallen wird: zudem iſt es auch viel eher
geſchehen, und man bekommt ein viel
klarer und reineres Oel. Noch iſt zu
mercken, daß man niemahls mehr Oel
mache, als von noͤthen; es wird gar
ſelten darnach gefraget: ie reiner es
aber iſt, ie beſſer iſt es.
Eben auf dieſe Art kan man auch aus
Been, Pinien oder Zirbelnuͤſſen, Nuͤſ-
ſen, weiſſen Mohn, ſuͤſſen und bittern
Mandeln, Piſtazien, Winterkreſſe oder
Barbarea, Creutzblumen oder Palma
Chriſti, und allen andern Samen, Bee-
ren und Fruͤchten, welche viel Oel geben,
Oel machen, wie ein ieder, der es verſu-
chen wird, erfahren ſoll.
Die Autores legen auch den Namen
eines Samens demjenigen Kraute zu,
welches weder Blaͤtter noch Wurtzeln
hat, und Cuſcuta, Flachsſeide heiſſet, deſ-
ſen Beſchreibung ſiehe im Cap. vom Epi-
thymo.
Ende des Erſten Buchs von Kraͤutern und Samen.
DUrch das Wort Wurtzel verſtehe ich denjenigen Theil eines
Gewaͤchſes, der in der Erde ſtickt/ und aus derſelbigen den
Nahrungsſaft ziehet, um ſolchen denen andern Theilen/ die
er hervortreibt/ als da iſt, der Stengel, die Blaͤtter/ der Sa-
men, und ſo fort/ mitzutheilen. Es ſind aber der Wurtzeln/
die wir ordentlich verkauffen/ nicht allein eine ziemliche
Menge/ ſondern ſie ſind auch an Geſtalt und Wirckung gar
ſehr von einander unterſchieden. Unſere Wurtzelmaͤnner bringen uns
ſehr viele Wurtzeln/ die ſie, ſo wie ſie es verſtehen, bald gut/ bald ſchlecht
genug gereiniget und getrucknet, z. E.Rad. Enulæ campanæ, Bismalvæ, Caryo-
phyllatæ, Iridis noſtratis,und dergleichen. Andere laſſen wir aus fremden
Landen bringen/ aus denen zum Theil der Kern oder das Hertz, das iſt,
der faſichte harte und unnuͤtze Theil gezogen worden, dergleichen ſind/
Turbith, Thapſia, Dictamnus albus \&c.welches auch in Franckreich mit etlichen
geſchicht/ namentlich,Eſula, PentaphyllumoderQuinquefolium.Andere
werden zerſchnitten und in Scheiben uͤberſendet, z. E.Jalappa, Mechoacanna;
andere in kleinen Stuͤcken,Galanga minor,oder in groͤſſern,Rhabarbarum
undRhaponticum,oder auch gantz, wieAngelica:wieder andere mit ihren
Blaͤttern alsViperina.Von etlichen aber bekommen wir nur die langen
Faͤden
[]
Figure 7. F. 37. Jnecacüanha würtzel. p. 53 | Figure 8. F. 38. Contrayervawürtz. p. 57. |
Figure 9. F. 39. Firginianiſche Schlang Ratterwürtz. p. 59. | Figure 10. F. 40. Dodonœi Rhabarber. p. 61. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
Faͤden oder Zaſern/ z. E. von derSarſaparilla,und endlich iſt voneinigen
blos die oberſte Haut abgenommen, als von derSquina, Iris Florentina,in-
maſſen aus folgenden wird zu erſehen ſeyn.
Die Kenntnuͤß der Wurtzeln hat nicht geringere Schwierigkeiten/
als wie die Erkennung der Samen, ſo wohl, weil ihrer ſo gar viel und
unterſchiedene Sorten und Gattungen ſind, als auch, weil ihrer etliche
meiſt einerley Kennzeichen mit einander gemein haben. Derowegen ſoll
einer/ der ſie ſuchen muß, fein behutſam gehen, und einer ieden eigent-
liches Zeichen wohl inne haben, will er ſie recht von einander unterſchei-
den; und dieſes lernet man aus der Ubung und Gebrauch/ iſt aber gar
bald wiederum vergeſſen, dafern man nicht ſtets damit zu thun gehabt.
Wer nun nothwendig Wurtzeln einkauffen muß, der ſehe ja nie auf den
wohlfeilen Preiß, ſondern verfuͤge ſich zu ſolchen Kauffleuten, auf deren
Treu er ſich verlaſſen darff, vor allen, wenn der Preiß etwas hoch iſt.
Diejenigen, die ein weites Gewiſſen haben/ machen ihnen keinen
groſſen Kummer, wenn ſie eine Wurtzel an ſtatt der andern einſchie-
ben; verkauffen dieſemnach eine Untze dieſer untergeſchobenen Wurtzeln
hoͤher und theurer, als ſonſt ein gantzes Pfund: wie ich denn mit meinen
Augen ſelbſt geſehen, daß ſichere Perſonen das Pfund Tormentillwurtz,
fuͤr Contrayerva, um 50 Francken/ und dergleichen noch mehr/ verkauffet
haben.
Es iſt aber kein groſſer Vortheil dabey, wenn man ſich mit dieſer
Gattung Wahre uͤberleget/ bevoraus mit ſolchen, welche nicht balde
vertrieben werden; dann, wann ſie zu lange liegen, gehet ihnen zu viel
ab, theils werden wurmicht, wie dieAngelica, Acorus verus;andere ver-
derben gar, wie das Suͤßholtz/ Rhabarber und andere mehr.
Allein dieſes Capitel wuͤrde viel zu weitlaͤufftig werden, und ich
nicht auskommen/ wenn ich alle Wurtzeln in ſelbigem zu beſchreiben ge-
daͤchte: will dannenhero mich nur bey denenjenigen aufhalten, welche
aus dieſem oder jenem Orte der Welt zu uns gebracht werden/ ohne mich
um diejenigen zu bekuͤmmern, welche bey uns in Gaͤrten und Feldern, oder
auch in ſo entfernten Laͤndern wachſen, daß deren Kuntſchaft noch nicht
zu uns gelanget iſt.
JPecacuanha, ſonſt auch Be-
guquella, ingleichen Speca-
cuanha, Cagoſanga, Beculo,
Beloculo, Mine d’Or genañt,
iſt eine kleine Wurtzel, wel-
che die Hollaͤnder und Portugiſen von
Rio de Gen-
ceyro, iſt ein
Fluß in Weſt-
indien.einem Orte in Braſilien,Rio de Gen-
eeyro benamſet, zu uns bringen. Sel-
bige wird nirgends als um die Gold-
gruben gefunden, daher ſie auch den
Namen bekommen. Sie wird von de-
nen zur Arbeit in den Goldgruben ver-
dammten Sclaven geſammlet: weil
nun der beſte Kerl mehr nicht denn 12.
Pfund im Jahre ſammlen kan, deshal-
ben iſt ſie ſo gar theuer, wuͤrde auch noch
viel theurer ſeyn, wenn man ſie nicht
gegen andere Wahren eintauſchte. Die
Hollaͤnder uͤberſchicken uns drey Sor-
ten Ipecacuanha: eine braune/ welche
die erſte und beſte iſt, und folglich auch
die theuerſte. Die zweyte ſieht grau,
und hat keine ſo heftige Wirckung, wie
die braune. Die dritte iſt weiß/ von
der ich hiernaͤchſt handeln werde.
Die Pflantzen der braunen und
grauenIpecacuanha ſind von mittel-
maͤßiger Hoͤhe, zum Theil kriechend,
theils aber eines halben Fuſſes hoch er-
haben. Jhre Blaͤtter kommen der Pa-
rietaria,Tag und Nachtkraut/ ziem-
lich gleich; darzwiſchen wachſen kleine
fuͤnffblaͤtterichte Bluͤmgen, auf kleinen
Knoͤpflein, aus welchen Beeren wer-
den, die wenn ſie reiff worden, braun-
roth ſind, und wie eine wilde Kirſche
D 2groß.
[]Der Spezereyen und Materialien
groß. Dieſe Beeren haben ein weiſſes
ſaftiges Fleiſch, darinne zwey harte
gelblichte Kerne, wie Linſen geſtalt, be-
findlich ſind.
Dieſe Wurtzel ſoll man erwehlen,
wenn ſie friſch, huͤbſch von Farbe, nicht
leichte bruͤchig, und inwendig fein hartz-
icht iſt, auch in der Mitten einen Ner-
ven hat: dabey muß man ſich wohl in
Acht nehmen, daß keine Stengel oder
Faſen drunter gemenget, welche diejeni-
gen, die ſie uns uͤberſenden, gar gerne
dran zu laſſen pflegen: desgleichen ſoll
ſie ſcharff, bitter und widerlich ſchme-
cken. Einige meiner guten Freunde ha-
ben mich verſichert, die braune Jpeca-
cuanha ſey die beſte, und wachſe vor-
nehmlich auf den Goldminen: die an-
dern zwey Sorten finde man unten an
den Bergen, in Wieſen und andern
feuchten Orten.
Es dienet dieſe Wurtzel wider die ro-
the Ruhr: und wollen einige, daß ſie
eine Giftartzney ſey. Doch dieſem
ohngeachtet, will ich niemanden rathen,
daß er dieſelbe ohne die groͤſte Vorſich-
tigkeit und Rath erfahrner Leute ge-
brauche, dieweil ſie gar zu heftig iſt,
man mag ſie gleich in ſubſtantia, die Wur-
tzel fuͤr ſich ſelbſt, oder in infuſo, wenn
man Wein oder etwas anders drauf
gegoſſen, brauchen.
Die ordentliche doſis und ſoviel, als
auf einmahl gegeben wird, iſt ein halbes
Quintlein, bis auf ein gantzes, und wird
fruͤh nuͤchtern gepuͤlvert, in einem oder
andern liquor, der ſich dazu ſchicket, ein-
genommen, drauf kan man, ein Paar
Stunden hernach, eine fette Suppe
oder Milch genieſſen.
Ehe ſie anhaͤlt, erregt ſie Erbrechen,
welches wider die Natur der andern ad-
ſtringentium.
Die weiſſe Ipecacuanha iſt darinne von
denen andern unterſchieden, daß ihre
Wurtzeln weiß, und der Wurtzel des
weiſſen Been oder weiſſen Diptams
in allen gleichen, die Blaͤtter aber wie
die Blaͤtter des rundblaͤttrichten Sau-
erampfers ſehn: wiewohl andere ſagen,
ſie ſehen wie Poley. Jhre rechte Ge-
ſtalt habe ich unmoͤglich erfahren koͤn-
nen.
Die Spanier und Portugieſen zie-
hen die weiſſe, die ſie Ipecacuanha blanca
nennen, denen beyden andern vor, ſon-
derlich fuͤr Schwangere und Kinder zu
brauchen, dieweil ſie nicht ſo gar ſtarck
iſt. Sie verordnen dieſelbige in ſubſtan-
tia zu einem halben Quintlein, zu einer
infuſion aber nehmen ſie bis auf zwey
Quintlein, und verfahren auf obgemeld-
te Weiſe.
Jm Jahr 1698. wurde im Jenner
zu Paris im Mediciniſchen Collegio ei-
ne theſis von der BraſilianiſchenBraſiliani-
ſche Jpeca-
cuanha.
Wurtzel Jpecacuanhaventiliret, und
in ſelbiger angemercket, daß ſie die Ame-
ricaner ſonderlich hoch hielten, weil ſie,
ihrem Vorgeben nach, ein herrliches
Gegengift ſey, auch andere langwieri-
ge und verdruͤßliche Kranckheiten zu he-
ben vermoͤgend, vor allen aber die ro-
the Ruhr; nur muͤſſe man ſich huͤten,
und ſie diejenigen nicht gebrauchen laſ-
ſen, die mit dem fluxu hepatico behaftet.
Huetius, ein Hollaͤndiſcher Medicus,
hat dieſe Wurtzel, nach etlicher Mei-
nung, zu erſt, vor ohngefehr vier bis
fuͤnff Jahren, in Ruff gebracht: allein
ich kan das Gegentheil behaupten, denn
ich ſie vor mehr als 20. Jahren geſehen.
Zu deſto groͤſſerer Beſcheinigung dienet,
daß ſich eine ziemliche Quantitaͤt derſel-
ben in des Herrn Clanquenelle Apothe-
cken befunden, welche hernachmahls in
ſeines Eidams, des Herrn Poulain, auch
eines Apotheckers, Haͤnde gerathen, der
ſie auf Verordnung nur gedachten
Herrn Huetius in Schwung gebracht.
Jch habe gleichfalls fuͤr dienlich er-
achtet, dasjenige hierbey anzufuͤgen,
was mir der Herr Tournefort von der
Jpecacuanhacommuniciret.
„Man bringt uns dreyerley Sorten
„Jpecacuanhana aus America/ die
„gelblichte/ die ſchwaͤrtzlichte, und
„die weiſſe. Die gelblichte kommt aus
„Peru/ wir aber empfangen ſie von
„Cadix. Die Spanier nennen ſie
„Bexugillo, welches wir in Frantzoͤſiſchen
„Becouguille ausſprechen. Die dickſten
„Wurtzeln ſind ohngefehr drey Linien
„dicke; krumm, voll Runtzeln und Rin-
„ge, gelblicht, und mitten durchhin geht
„ein langer, blaßgelber Nerve, mit ei-
„ner Haut, nur eine Linie dick, uͤberzo-
„gen, bricht leichtlich, wenn er trucken,
„iſt bitter und hartzicht, und in ihm ſteckt
„die groͤſte Kraft. Die Wurtzeln, wel-
„che insgemein verkaufft werden, ſind
andert
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
„anderthalb bis zwey Linien dicke, und
„trefflich gut. Sie ſtillen die lang an-
„haltende rothe Ruhr/dyſenteriam
„inveteratam, wenn auch ſchon der Maſt-
„darm von der ſcharffen Materie exul-
„ceriret und angangen waͤre. Gemei-
„niglich machen ſie Brechen. Jedoch
„habe ich auch etlichen damit geholffen,
„welche weil ſie nicht ſo leicht zum vo-
„miren zu bewegen, uͤberaus viel gar-
„ſtige Materie durch den Stuhlgang
„von ſich gegeben, empfunden aber zu-
„vorher groſſen Grauen und Eckel,
„gleich als ob ſie ſich brechen ſolten. Jch
„habe auch dabey in Acht genommen,
„daß diejenigen, bey denen dergleichen
„nicht zu ſpuͤren, nie aufgekommen ſind.
„Welches mich zu glauben veranlaſſet,
„es muͤſſe nicht nur der Magen, von ſol-
„chen Sachen, die nicht drein gehoͤren,
„à peregrinis, und die die Saͤure deſſelben
„verderben, ſich entledigen, ſondern
„auch ſelbſt das Gebluͤte befreye ſich,
„vermittelſt der Glanduln oder Druͤs-
„lein, welche dieſen Theil, und alles, was
„primæ viæ heißt, inwendig bekleiden,
„von vielen ſeroſitatibus und Feuchtig-
„keiten, welche alsdenn die Salia hetero-
„genea, der Kranckheit Urſache, mit ſich
„abfuͤhren. Und auf ſolche Weiſe, in-
„dem die humores in den Gedaͤrmen
„dererjenigen, welche ſchwerlich vomi-
„ren, pæcipitiren und niedergeſchlagen
„werden, werden die Patienten dieſer
„beſchwerlichen Kranckheit los. Man
„kan auch verſichert ſeyn, daß wir kein
„einig remedium haben, welches der-
„maſſen geſchwinde und ſo gar ſicher
„helffe. Die doſis iſt ein halbes oder
„ein gantzes Quintlein, in Wein, Sup-
„pe oder einem andern liquor genom-
„men. Jſt eine doſis nicht genug, muß
„man die andere, ja auch die dritte, da-
„fern es die Noth erfordert, geben.
„Doch iſt es gut, daß, wenn das Bre-
„chen uͤberhin, nachfolgendes Traͤnck-
„lein oder ein anders zu trincken geord-
„net werde, damit der Magen und Ein-
„geweide wiederum geſtaͤrcket und in
„vorigen Stand geſetzet werde:
| R. aq. ſcabioſ. card. benedict. aa. [...]iij. | Scabioſen- und Coꝛdebenedic. Waſ- ſer iedes 3. Untzen. |
| Confection. de Hia- cintho [...]j. | |
| Corn. Cerv. præp. Corall. rubr. præp. Sal. abſinth. aa. Jj. | praͤparirt Hirſchh. u. rothe Corallen, Wermuthſaltz, von iedem 1. Scrupel. |
| Syrup. flor. tunic. oder abſinth. [...]j. | Nelckenſaft, oder Wermuthſaft, 1 U. |
„Bey gewiſſen Zufaͤllen habe ich den
„Syrup papav. alb. wie auch das lauda-
„num gut befunden.
„Die ſchwaͤrtzlichte Jpecacuan-
„ha wird mit der Flotte/ welche von
„Rio de Janeiro kommt, gebracht. Wir
„erhalten ſie von Liſſabon oder Porto
„in Portugall, und ich halte ſie fuͤr
„diejenige, davon Piſo redet. Sie iſt
„ſchwaͤrtzlich, und geſchmeidiger als die
„gelblichte, viel bitterer und ſtaͤrcker.
„Es iſt wohl wahr, daß man ſie in ge-
„ringer doſi geben kan, allein ſie hilfft
„auch nicht ſowohl, gleichwie die erſte.
„Die weiſſe iſt weder ſo bitter, noch
„ſo runtzlicht, als wie die andern. Die
„allerdickſten Wurtzeln ſind zwey oder
„drey Linien dicke, und die duͤnneſten
„eine. Sie purgiren noch ziemlich,
„und ohne ſie habe ich noch keinmahl die
„rothe Ruhr curiret. Sie koͤmmt glei-
„chergeſtalt aus Braſilien. Piſo ge-
„ſtehet, daß ſie gelinder als die vorher-
„gehenden, auch ein herrlich Gegengift
„ſey.
ES iſt die Contrayerva die Wurtzel
eines Krautes, deſſen Blaͤtter auf der
Erde hinliegen, gruͤne, voller Adern
und Nerven ſind, und wie ein Hertz
auſſehen: in deren Mitten ein Stengel,
gantz ohne Blaͤtter, empor ſteigt. Sie
wird aus Spanien gebracht.
Man ſoll aber ſolche Wurtzeln aus-
ſuchen, die fein friſch, voͤllig, voll lan-
ger Zaſern, knoticht und ſchwer ſind,
von auſſen Kaſtanienbraun, inwendig
weißgrau ſehen, und einen lieblichen
aromatiſchen Geruch haben.
Sie iſt ein maͤchtig alexiterium, das
allerley Gift aufs kraͤftigſte widerſte-
het; deswegen iſt ſie auch von den Spa-
niern Contrayerva/ welches in ihrer
Sprache, ſoviel als Widergift bedeu-
tet, geheiſſen worden.
Jn Peru waͤchſt noch eine Wurtzel,
D 3die
[]Der Spezereyen und Materialien
die dieſer erſten ziemlich gleich, welche
nach dem Ritter Franciſcus Drack/
der ſie zu erſt nach England gebracht,
Drack oder Drackena genennet worden.
So eine herrliche Artzney wider
Gifft dieſe Wurtzel iſt, ſo ein toͤdtlich Gift
ſind im Gegentheil ihre Blaͤtter.
Viele brauchen anietzo die Contra-
yerva mit doppelt ſoviel gleichfalls ge-
puͤlverter Quinquina das Fieber zu
vertreiben, oder doch zum wenigſten deſ-
ſen Anfall eine weile zu verhindern;
andere vermiſchen ſie auf eben ſolche Art
mit der Jpecacuanha und gebrauchen
ſie in der rothen Ruhr/ und Durch-
lauff.
Wir verkauffen ferner die Wurtzel
von einem Kraute, das in Franckreich,Weiſſe Con-
trayerva.
in den Gaͤrten haͤuffig waͤchſt, auch faſt
iederman, unter dem Namen Aſclepias,
bekannt iſt; wird ſonſten von den Sim-Jn der Phar-
macopœa des
Herrn Char-
ras am 141.
Blat ſteht ei-
ne Compoſi-
tion von gar
vielen ingre-
dientien, wel-
cher deswe-
gen der Na-
me lapis Con-
trayervæ gege-
ben worden/
dieweil die Contrayerva das Hauptſtuͤck drunter iſt.
pliciſten Hirundinaria genannt. Dieſe
Wurtzel iſt uͤberaus zarte, weißlicht, und
der Haſelwurtz nicht unaͤhnlich: etliche
nennen ſie die weiſſe Contrayerva/
weil ſie, ihrem Vorgeben nach, gleiche
Kraͤfte haben ſoll. Man muß ſie aber
alſo auſſuchen, daß ſie fein friſch und
voͤllig ſey, auch einen etwas beitzenden
und aromatiſchen Geſchmack habe.
VIperina, von andern Serpentaria und
Serpentina Virginiana, ingleichen Di-
ctamnus, Pulegium und Contrayerva Virgi-
niana, die Virginianiſche Natter- oder
Schlangenwurtz, Virginianiſcher
Diptam/ Poley, und Contrayerva
aus Virginien/ iſt ein Kraut, welches
in Virginien, einer Landſchaft in Weſt-
indien gelegen, waͤchſt, von daher es
die Englaͤnder hohlen, und gar oft wi-
der allerhand Gift gebrauchen, ſeit dem
ſie deſſen herrliche Wirckung in denen
Landen, allwo es waͤchſt, zur Gnuͤge
erfahren, abſonderlich, daß es ſo treff-
lich wider das Gift einer Schlangen
helffe, welche fuͤnff Schuh lang iſt, von
Farbe braun mit gelb vermiſchet, und
lange ſpitzige Zaͤhne, unter dem
Schwantze aber gar ſonderbare Schel-
len hat, und uͤberaus ſchnell fort krie-
chet, auch den Reiſenden gar ſehr gefaͤhr-
lich iſt, die deshalben viel oͤfter von ihr
wuͤrden angefallen und verletzet wer-
den, wo ſie nicht der Thon dieſer Schel-
len, den man von ferne vernim̃t, auf der
Hut zu ſtehen, und den Einwohnern
hierinne nachzuahmen, anmahnete,
welche ihnen rathen, einen langen Stock
bey ſich zu fuͤhren, deſſen eines Ende
aufgeſpalten, in den Spalt aber ein
Stuͤcke Natterwurtz geſtecket iſt, und
hervor raget, damit ſie es der Schlan-
gen, wenn ſie an ſie kom̃t, in den Rachen
ſtoſſen, und ſie toͤdten, oder doch verja-
gen koͤnnen. Weil nun des Landes
Einwohner dieſe Schlange fuͤr ein Ge-
ſchlecht der Nattern halten, dieſe Wur-
tzel aber ihre Biſſe heilet, derowegen iſt
ihr der Name Viperina beygeleget, und
der Zuname Virginiana von ihrem Va-
terlande gegeben worden. Die Spa-
nier haben dieſe Schlange Caſcavel ge-
nennet, von wegen der Schellen, die ſie
unter dem Schwantze hat.
Von dieſem kleinen Gewaͤchſe kan
gantz fuͤglich geſaget werden, daß daſſel-
bige, wegen ſeines aromatiſchen Ge-
ruchs und Geſchmacks, alle die andern,
welche unter die gewuͤrtzhaften Kraͤu-
ter pflegen gezehlet zu werden, uͤber-
treffe.
Es wird aber dieſes Kraut nicht al-
lein aus obgemeldten erkannt, ſondern
auch an der groſſen Menge gantz zarter
Faſen, aus denen es beſtehet, welche
alle mit einander an einem Ner-
ven hangen, und einen ziemlich groſſen
Bart vorſtellen. Uber dieſe gantz be-
ſondere Kraft wider die Schlangen- und
Natter-Biſſe, iſt es auch ſonſten wider
allen Gift vortrefflich gut, ja ſelbſt in
denen allgemeinen Landſeuchen, morbis
epidemiis, deſſen man genugſam verſi-
chert ſeyn kan, nachdem S. M. vornehm-
ſter Medicus, der Herr Arquin, ſie als
eines der vornehmſten Stuͤcke und in-
gredientien zu ſeiner Theriaca reforma-
ta, die in des Herrn CharrasPharma-
copoea Regia Galenico-Chymica beſchrie-
ben ſtehet, genommen hat, welches doch
weder des Theriacs Erfinder, noch ein
einiger von denen neuern Autoribus ie-
mahls beobachtet.
Die Wahl betreffend, ſo ſoll ſie friſch
ſeyn,
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
ſeyn, groß und voͤllig, einen ſtarcken
Geruch, faſt wie Spickenarden oder La-
vendel das Maͤnnlein, haben, man mag
ſie nun vor die Naſe halten, oder ein
wenig davon in den Mund nehmen.
Diejenige, deren Blaͤtter fein gruͤn und
wohl geſaubert ſind, ſoll billich hoch ge-
halten werden, denn weil es ein in allen
Stuͤcken gar kleines Gewaͤchſe iſt, ge-
ſchichts ofte, daß die Helffte daran ver-
dorben, welches durch den Unrath, der
ſich dabey befindet, verurſachet wird:
es ſey nun, daß diejenigen, die es ſamm-
len, ſelbiges nicht fleißig durchleſen, oder
aber, daß dieſes Zeug, weil das Kraut ſo
theuer iſt, mit Fleiß dazu gethan wird.
DJe Rhabarber aus Lepanto iſt
Siehe Fig. 40.die Wurtzel von einem Kraut, von
dem ich weder den Ort, wo es waͤchſt,
noch auch die rechte Geſtalt genau erfah-
ren koͤnnen.
Was die Blumen betrifft, von denen
habe ich einen ziemlichen Theil von ei-
nem guten Freunde verehret bekom-
men.
Dalechampius haͤlt einen langen Diſ-
curs von der Rhabarber, und dem Or-
te, wo ſie herkommt, Tom. II. hiſtor. plan-
tar. pag. 558. allein, er und andere Au-
tores haben alſo unterſchiedlich davon ge-
handelt, daß ich fuͤr beſſer erachtet, nur
dasjenige allhier anzufuͤhren, was ich
erſt kuͤrtzlich davon vernommen; ande-
re moͤgen davon geſchrieben haben, was
ſie wollen. Diß aber iſts, was man
mir den 25. Julius im Jahr 1692. aus
Marſeille berichtet.
„Die Rhabarber kommt aus Per-
„ſien, und ſagen etliche, daß ſie daſelbſt
„wachſe: andre hingegen wollen, daß
„ſie von den Moſcowitiſchen Graͤn-
„tzen komme, doch iſt die gemeinſte Sa-
„ge, ſie wachſe in Perſien. Und ſol-
„ches kommt auch mit dem Bericht
„des Herꝛn Taverniers ziemlicher maſ-
„ſen uͤberein, wenn er in ſeiner Reiſebe-
„ſchreibung anzeiget, die beſte Rhabar-
„ber wachſe in dem Koͤnigreich Bou-
„tan.
Die Wurtzel, erſt neulich aus der Er-
de gezogen, iſt dick und zaſericht, ſieht von
auſſen ſchwaͤrtzlicht, inwendig roͤthlicht,
als ob ſie marmoriret waͤre. Sie trei-
bet lange wollichte Blaͤtter, drauf kom-
men kleine fleiſchfarbichte Bluͤmlein,
als wie Sternlein, und nach dieſen folgt
der Samen.
Man ſuche die Rhabarber aus, wel-
che friſch, und ſoviel immer moͤglich, in
kleinen Stuͤcken iſt, die fein dicht und
ſchwer ſind, einen anziehenden etwas
bittern Geſchmack haben, angenehm
und ein wenig aromatiſch riechen, von
auſſen ſchoͤn gelb, inwendig wie eine
Muſcatnuß ſehen, und dem Waſſer, da-
rein ſie gelegt worden, eine Farbe, faſt
wie Saffran geben. Wann ſie zerbro-
chen wird, ſoll ſie fein friſch und roͤth-
licht ſehen; allein die Verkauffer laſſen
ſolches nicht gerne zu, denn ſie eben ſo
leichte, als die Kaͤuffer koͤnnen betro-
gen werden. Dannenhero muß ihm
ein ieder an ietztgemeldten Zeichen be-
gnuͤgen laſſen, oder ſie an einem Orte,
wo ſie ohnediß ſchon ſchadhaft iſt, auf-
brechen, iedoch ohne weitern Schaden
zu verurſachen, welches gar leichtlich
mit einem ſpitzigen Meſſer oder einer
Packnadel geſchehen kan. Auch muß
man ſich vorſehen, daß die Rhabarber
nicht mit dieſem oder jenem Pulver, de-
ren Namen allhier anzuzeigen nicht
eben noͤthig, angefaͤrbet und wieder zu-
gerichtet ſey, welches gar fuͤglich an dem
gelben Pulver zu erkennen, das einem
an den Haͤnden hangen bleibt, wenn
man ſie reibt.
Der Rhabarber werden gantz ſon-
derbare Eigenſchaften zugeſchrieben,
vornehmlich aber ſoll ſie den Magen
ſtaͤrcken, die Galle gelinde abfuͤhren,
inſonderheit, wenn ihr ein und anderer
ſtimulus zugeſetzet wird. Desgleichen
wird ſie im Durchlauff und rothen
Ruhr ſehr dienlich erachtet, wenn ſie
gekauet, oder nur groͤblich zerſtoſſen in
einem dienlichen liquor genommen wird.
Man braucht ſie gleichfalls die Wuͤr-
mer bey Kindern zu toͤdten. Mit ei-
nem Worte, es iſt ein dermaſſen ſanft und
gelindes remedium, welches allerhand
Leuten, jungen und alten, Schwangern
und Kindern, kan gebrauchet werden.
Wegen dieſer ſeiner ſo herrlichen Be-
ſchaffenheit wird es gar fleißig von den
Medicis verſchrieben, denn ſie wiſſen, daß
nicht
[]Der Spezereyen und Materialien
nicht die geringſte Gefahr dabey zu be-
ſorgen, dagegen ſie zur Gnuͤge verſichert
ſind, daß es ein uͤberaus herrliches Mit-
tel, deshalben es auch zu einem Pfei-
ler in der Artzney gemachet worden. Jch
will noch dieſes, gleich als im vorbeyge-
hen, erinnern, daß obſchon derjenige Ort
an der Rhabarber/ dadurch der Faden
gezogen iſt, noch ſo ſehr verachtet wird,
dennoch, wenn man ein Quintlein da-
von in Roſen- oder Wegbreit-Waſſer
einnimmt, ſolches ein bewaͤhrtes Mittel
wieder den Durchfall ſey.
Die Apothecker heiſſen diß ein Ex-
tractum, wenn mit heiſſem Waſſer aus
der Rhabarber eine gelbe Tinctur gezo-
gen, und dieſe uͤber einem gelinden Feu-
er, bis ſie wie Honig dicke worden, abge-
rauchet wird. Wann es nun gerecht
ſeyn ſoll, dann muß es von guter Rha-
barber bereitet und wohl gekochet ſeyn,
welches alſofort zu erkennen, wenn man
mit dem Finger druͤber hinfaͤhrt: denn,
wo es wohl zugerichtet iſt, ſo bleibet
nichts an dem Finger kleben, und wenn
mans im Waſſer zergehen laͤßt, muß es
eine ſchoͤne Farbe geben, darff auch nicht
brandicht riechen.
Dieſem Rhabarber Extract, deſ-
ſen gar viel Scribenten gedencken, wer-
den gar groſſe Kraͤfte zugeſchrieben, vor
allen aber ſoll es gelinde purgiren, und
den Magen ſtaͤrcken.
Die das Extractum Rhabarbari in Men-
ge machen, koͤnnen aus dem Uberreſt ein
Sal fixum Rha-
barbari.Sal fixum ziehen, dem ebenmaͤßig groſſe
Kraͤfte und ſonderbare Eigenſchaften
zugeſchrieben werden.
Seit etlichen Jahren her hat man in
unſern Gaͤrten die Rhabarberpflan-
tzen haͤuffig geſehen, welche der Herr
Toiſy, Vice-Re in den Jnſeln, aus Weſt-
indien nach Franckreich bringen laſ-
ſen. Ja es giebt Oerter, da dieſe Rha-
barber ſo dicke und der wahrhaften Per-
ſianiſchen dermaſſen aͤhnlich waͤchſt, daß
man ſie mit genauer Noth von einander
unterſcheiden kan. Jch ſelbſt habe zu
Lyon bey der Bruͤcke uͤber die Rhone, an
dem Fluſſe hin, mehr denn eine ſolche
Rhabarber-Wurtzel aus der Erde ge-
zogen, und kan verſichern, daß dieſel-
ben, wenn ſie geſchabet und ausgetrock-
net worden, faſt gar nicht von der rech-
ten Rhabarber unterſchieden waren.
Es geben ihrer viele dieſe RhabarberSiehe Fig. 41.
fuͤr das Rhaponticum aus, von wegen
ihrer groſſen Gleichheit: unter andern
Proſper Alpinus, der ſie aus Jndien nach
Padua gebracht; wiewohl ein ziemli-
cher Unterſchied darzwiſchen. Denn da
die Rhabarber gemeiniglich in runden
Stuͤcken iſt, und inwendig lauter Queer-
ſtriche hat, ſo kommt dagegen die Rha-
pontic in langen Stuͤcken, und ihre Li-
nien lauffen wie lange Strahlen die Laͤn-
ge hin. Weil nun dieſer Unterſchied gar
wenigen bewuſt, derowegen miſchen die-
jenigen, die uns die Rhabarber uͤberſen-
den, gar oftmahls die Rhapontic drun-
ter. Und eben deshalben iſt die orien-
taliſche Rhabarber ſo gar rar. Wer
aber der Rhapontic noͤthig hat, kan
ſolche allezeit unter der Rhabarber fin-
den, ſintemahl wir keinmahl Rhabarber
empfangen, darunter keine Rhapontic
ſolte gemenget ſeyn.
Ohne obgedachte Zeichen kan man die
Rhapontic am ſicherſten von der Rha-
barber durch den Geſchmack unterſchei-
den, maſſen die Rhabarber keinen ſol-
chen Schleim im Munde macht, wie die
Rhapontic.
Die Seltſamkeit der orientaliſchenSiehe Fig. 42.
Rhapontic hat etlichen loſen Leuten
Anlaß gegeben, die Wurtzel des Hippo-
lapathi foliis rotundis Lobelii, welches ihrer
viel in den Gaͤrten ziehen, dafuͤr zu ſub-
ſtituiren, und denen, die ſie nicht kennen,
an ihre ſtatt zu geben: ingleichen noch
eine andere Gattung des Hippolapathi,
deſſen Blaͤtter zwar groß, iedennoch aber
nicht ſo rund ſind, und auf gewiſſen Ge-
birgen gefunden wird. Doch iſt ein groſ-
ſer Unterſchied zwiſchen ihnen, indem die
orientaliſche Rhapontic, auswen-
dig gelb, inwendig roͤthlicht ſieht;
das Hippolapathum dagegen obenher
ſchwaͤrtzlicht und duͤpflicht, faſt wie das
Chagrin Leder, inwendig gelb iſt, ohne
Marmorflecken. Dannenhero, wenn
ſie Leute antreffen, die des Dinges kun-
dig ſeind, und denen ſie dieſe Wurtzel
nicht fuͤr die orientaliſche Rhapontic
aufhaͤngen koͤnnen, ſo geben ſie ihr
den Namen Rhaponticum montanum,
Berg-Rhapontic, oder Rhamonacho-
rum,Muͤnchs-Rhabarber.
DJe Jalappa iſt die Wurtzel eines
Gewaͤchſes, das vier oder fuͤnff Fuß
hoch waͤchſt, und deſſen Blaͤtter den
Blaͤttern der groſſen Hedera oder Ephen
ſehr nahe kommen, ohne daß ſie nicht ſo
dicke ſind. Die Jalappe/ welche wir
verkauffen, ſoll, wie mir der Herꝛ Rouſ-
ſeau geſchrieben, und der P. Plumi-
er ſelbſt geſaget, desjenigen Krautes
Wurtzel ſeyn, welches vor nicht gar zu
langer Zeit aus Neuſpanien gebracht,
und von dem Herren Tournefort alſo iſt
genennet worden: Solanum Mexicanum,
magno flore, ſemine rugoſo, Jalap exiſtima-
tum,Mexicaniſcher Nachtſchatten/
mit groſſen Blumen und runtzlich-
ten Samen/ ſo fuͤr die Jalappe ge-
halten wird.
Der P. Plumier will, es ſey dieſer
Nachtſchatten einer von denenjenigen,
die wir auf Frantzoͤſiſch Belle de nuit nen-
nen, denn er dieſer Gattung, die auf La-
teiniſch Mirabilis Peruviana, zu Teutſch
Schweitzerhoſen/ heißt, gantz und gar
gleich ſiehet. Dieſes Gewaͤchs iſt in den
Gaͤrten ſehr gemeine, und wird deshal-
ben Belle de nuit geheiſſen, weil es nur die
Nacht uͤber bluͤhet.
Vielleicht duͤrfften einige nicht glau-
ben wollen, daß die Jalappe die zer-
brochenen Stuͤcke von der Wurtzel die-
ſes Gewaͤchſes waͤren: allein, weil der
P. Plumier ſelbſt an denenſelbigen Or-
ten geweſen, mir aber ein guter Freund
ein Stuͤcke einer ſolchen Wurtzel gege-
ben, und ich beobachtet, daß ſie blos dar-
inne von der Jalappe unterſchieden,
weil ſie weiſſer und leichter, und mehr
Figuren hatte; welcher Unterſchied
aber ohne Zweiffel von der unterſchied-
lichen Landesgegend herruͤhrete; als
will ich dieſen Punct uneroͤrtert laſſen,
zumahl, da ich nichts mehr davon erfah-
ren koͤnnen, und nur dieſes annoch ſa-
gen, man ſolle dieſelbe Jalappe erweh-
len, welche in groſſen Stuͤcken iſt, und
ſich nicht leichtlich mit bloſſen Haͤnden
zerbrechen, aber wohl im Moͤrſel ſtoſſen
laͤßt; die auch aͤuſſerlich ſchwartzgrau,
innerlich glaͤntzend ſchwartz ſiehet, voll
Hartz iſt, und ziemlich ſcharff und wider-
lich ſchmecket. Endlich gebe man auch
Achtung, daß nicht, wie oftmahls ge-
ſchicht, rad. Eryoniæ, die Stickwurtz,
und andre drunter gemenget.
Die Jalappe, die in Franckreich
verkaufft wird, koͤmmt aus Weſtin-
dien; doch meiſtens aus der Jnſel Ma-
dera, woſelbſt ſie wilde und ungebauet
waͤchſt.
Man erachtet, die Jalappe ſey gut,
die uͤberfluͤßigen Feuchtigkeiten abzu-
fuͤhren; allein, es muß einem ihre Kraft
genau und wohl bekannt ſeyn, denn ſie
uͤberaus ſtarck operiret, vornehmlich,
wenn ſie in ſubſtantia, an und fuͤr ſich
ſelbſt, gegeben, und die doſis, welche alle-
zeit nach der Leibesbeſchaffenheit, Alter
und Vermoͤgen der Perſonen ſoll einge-
richtet werden, nicht vermindert wird:
und um dieſer Urſache willen ſoll man
ſie iederzeit mit der groͤſten Behutſam-
keit gebrauchen.
Die ordentliche doſis iſt von einem
halben Scrupel bis auf ein halbes
Qvintlein, in weiſſem Wein oder andern
tauglichen Saͤften zu nehmen.
Man kauffe bey leibe kein Jalap-
penpulver, als bey ſolchen Kauffleu-
ten, auf die man ſich verlaſſen kan, und
deꝛer Aufrichtigkeit maͤnniglich bekannt
iſt; denn es giebt ihrer, welche keine Ja-
lappe pulveriſiren, ſie ſey denn mit
Stickwurtz vermiſchet, oder vermodert
und wurmſtichicht. Es ſoll auch durch
ein ſeidin Tuch oder Flor geſtaͤubet wer-
den, denn je zaͤrter es iſt, ie mehr Kraft
hat es, und verurſachet deſto weniger
Ungelegenheit.
Ein Paſtetenbecker zu Paris berei-
tet mit dieſem Pulver Purgier-Biſco-Purgir-Bi-
ſcoten.
ten, welche zu allem gut ſeyn ſollen, und
er verthut derſelben, in Wahrheit, ſehr
viel: ob ſolches wegen der guten Wir-
ckung, die man daran verſpuͤret, ge-
ſchicht, oder weil ſie ſo wohlfeil ſind, laſſe
ich an ſeinen Ort geſtellet ſeyn, weil die-
ſes den Herꝛen Medicis und Apotheckern
ehe als mir zu entſcheiden zukommt.
Aus der Jalappenwurtz wird mit
Weingeiſt und gemeinem Waſſer ein
fluͤßiges, weiſſes und klebrichtes Hartz
gezogen, dem Terpentin nicht ungleich:
Ewenn
[]Der Spezereyen und Materialien
wenn es aber trucken worden, ſieht es
dem gemeinen Hartz faſt aͤhnlich. Es
muß wie Scammonienhartz riechen, ab-
ſonderlich, wenn es recht zugerichtet iſt,
denn, wenn es nicht wohl bereitet wor-
den, alsdann iſt das Extractum Jalappæ
drunter gemiſcht, oder man hat es uͤber
dem Feuer getrucknet. Es muß auch
braun ſehen, wie Arcanſon, insgemein
Colophonium genennet. Sonſt ſoll
die recht ſchoͤne Reſina Jalappæ auſſer nur
gemeldten Geruch und Farbe, trucken,
durchſichtig und zarte ſeyn, ſich leicht
zerreiben laſſen, und, wenn ſie zwiſchen
den Fingern zerdruckt woꝛden, wie Aſche
oder als ein graues Pulver ſehen.
Dieſes Hartz wird hoͤher geachtet, als
die Jalappe ſelbſt, weil es eine ſtaͤrckere
Wirckung hat; und dann auch, weil es
beſſer einzunehmen. Die ordentliche
doſis ſind fuͤnff bis ſechs Gran in einem
Eydotter.
Ob nun ſchon dieſes Hartz gar treff-
liche Eigenſchaften hat, dennoch ſoll es
nie ohne Rath rechtſchaffener Medico-
rum gebrauchet werden.
Wenn der Spiritus Vini von dem Ja-
lappenhartz abgezogen, und die Feuch-
tigkeit abgerauchet worden iſt, ſo be-
kommt man einen braunen Extract,
wie Honig dicke, der faſt gleiche Wir-
ckung hat, wie die Reſina, ohne daß er
nicht ſo ſtarck iſt.
DJe Mechoacanna wird auch
weiſſe Rhabarber, Americani-
ſche Scammonea oder Bryonia ge-
nennet, und iſt eine leichte, inn- und aus-
wendig weiſſe Wurtzel, die wir in Schei-
ben zerſchnitten, aus der Provintz Me-
choacan in Neuſpanien, davon ſie
auch den Namen bekommen, erhalten.
Die Jnſel S. Domingo ſoll, nach
des Herrn Frantz Rouſſeau Berichte,
ſo viel Mechoacanna bringen, daß man
in weniger Zeit ein gantzes Schiff damit
belaſten koͤnte.
Wenn dieſe Wurtzel noch in der Erde
ſteckt, ſtoͤſt ſie Stengel hervor, an denen
duͤnne, weißlichte, gruͤne, wie Hertzen
formirte Blaͤtter wachſen, auf welche
die Beeren folgen, die anfangs gruͤne
ſind, bald aber immer roͤther und roͤther
werden, ie mehr ſie nemlich reiffen. Das
Kraut der Mechoacanna kriecht immer
fort, und iſt von der Stickwurtz, wenn
es noch auf dem Stocke, oder auf der
Wurtzel ſtehet, allein am Geſchmack
und Geſtalt der Blaͤtter unterſchieden.
So iſt auch zwiſchen denen zerſchnitte-
nen und getreugten Wurtzeln der Me-
choacanna und Bryonia dieſer ein-
tzige Unterſchied, daß jene faſt gar nicht
riecht oder ſchmeckt, da dieſe hingegen
gantz unertraͤglich bitter iſt.
Man ſoll die Mechoacanna erweh-
len, wenn es feine huͤbſche Scheiben,
innen und auſſen weiß ſind, dagegen die
garſtige, ſchlechte, gering und duͤrre hin-
weg werffen, auch Acht haben, daß kei-
ne Stickwurtz drunter ſey, wiewohl oͤf-
ters geſchicht, wenn die Machoacanna
etwa theuer iſt, als wie im Jahr 1676.
wiewohl man es gar leichtlich mercken
kan, weil die Linien und Striche oder
Circkul in der Mechoacanna viel dich-
ter beyſammen ſtehen, der Geſchmack
auch gantz ſuͤſſe iſt; dahingegen iſt die
Bryonia ſteinicht, und ſchmeckt, wie
gedacht, uͤberaus bitter.
Die Mechoacanna/ gepuͤlvert, und
davon zweymahl ſoviel als von der Ja-
lappa eingenommen, iſt das herrlichſte
Remedium die ſchleimichten und waͤſſe-
richten Feuchtigkeiten abzufuͤhren, des-
gleichen bis dato nicht vor den Tag ge-
kommen. Weil aber ihre Wirckung
nicht ſo ſchnelle, auch nicht ſo heftig iſt,
als wie der Jalappe, dieſerwegen wird
ſie faſt gar nicht mehr gebraucht, weil
ſich die Patienten einbilden, ſie haͤtten
nicht recht purgiret, wenn das remedium
das ſeinige nicht bald und heftig thut.
Ob es nun wohl ein viel gelinder Mit-
tel, weder die Jalappa iſt, dennoch moͤch-
te man es dieſer immer vorziehen, alldie-
weil weniger Gefahr dabey, auch aller-
hand Leuten, jungen und alten, kan ge-
geben werden. Man nimmts, wie das
vorhergehende, fruͤh nuͤchtern, in Wein,
oder etwas anders ein.
Wenn wir die Mechoacanna friſch
haben koͤnten, ſo moͤchten wir wohl fecu-
lam, oder wie es andere nennen, lac Me-
choacannæ, ein weiſſes gantz zartes Pul-
ver
[]
Figure 11. Jalappen Wurtzel. Fig. 43. p. 66 | Figure 12. Mechoacana Wurtzel. Fig. 44. p.67. |
Figure 13. Turbit. Fig. 45. p. 69. | |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
ver oder Mehl, daraus bereiten. Nach-
dem aber wegen Mangel der friſchen
Wurtzel unmoͤglich faͤllt es zuzurichten,
als wird auch unnoͤthig ſeyn, daß man
ſich viel darum bekuͤmmere.
Die Stickwurtz,Bryonia, welcher
auch der Namen Coulevrée und Vitis alba
beygeleget worden, iſt ein gantz bekann-
tes Gewaͤchſe, und alſo nicht noͤthig, viel
davon zu melden, zumahl da deſſelben
bereits alle Scribenten gedacht haben,
auch ſchier alle Gaͤrten und Hecken deſ-
ſen voll ſind. Die friſche Wurtzel die-
ſes Krautes iſt dermaſſen ſtarck und hef-
tig, daß derjenige, der ſie genoſſen, als-
bald, als wie raſend wird, ja wohl gar
in Gefahr des Lebens geraͤth: und des-
halben nennen ſie die Bauern die tolle
Steckruͤbe. Wenn ſie aber getrocknet
worden, hat ſie noch einigen Nutzen in
der Artzney, und wird zu etlichen com-
poſitionen gebrauchet.
Der Herꝛ Mathurin Sebille, ein beruͤhm-
ter Herboriſt, deſſen gleichen wir in viel
hundert Jahren zu Paris nicht gehabt,
hat mich verſichert, daß die Bryonia die
Wilde Steck-
ruͤbe.rechte wilde Steckruͤbe ſey, und man
muͤſſe nur allein das Korn, das in den
trocknen Beeren ſtickt, zur Bereitung
des Theriacs gebrauchen. Auch geben
etliche fuͤr, die Bryonia ſey ein treffli-
ches Mittel wider die Schlangenbiſſe,
darum habe ſie auch den Namen Colu-
brina bekommen, gleich wie ſie deshal-
ben Vitis alba \& nigra genennet worden
ſey, weil ihre Blaͤtter dem Weinlaube
gleichen.
Aus der Bryonia kan man eine Fe-
cula, das iſt ein zartes Pulver und Mehl
machẽ, welches, nachdem es trucken wor-
den, wie Kraftmehl anzuſehen iſt: dieweil
man aber befunden, daß es ein Mittel
von ſchlechten Kraͤften, derohalben wird
es anietzo gar ſelten zugerichtet.
Von der ſchwartzen Stickwurtz.
Es giebt noch eine Gattung der
Stickwurtz, Vitis nigra, oder, wie ande-
re wollen, Unſrer lieben Frauen Sie-
gel genennet: zu Paris heiſſen wir ſie
Racine Vierge. Weil wir aber dieſe bey-
den Wurtzeln nicht zu verkauffen pfle-
gen, die Scribenten auch genug davon
vermelden, deshalben habe ich auch nicht
weitlaͤufftig davon handeln wollen.
Dieſes aber wolte ich noch gedencken,
wenn man die friſche Zaunruͤbe auf die
Contuſiones, wann einer geſtoſſen oder
geſchlagen worden, leget, ſo wird ſie ver-
hindern, daß das Gebluͤte nicht gerinne,
und der Ort braun und blau werde; und
daher hat ſie den Namen radix ad contu-
ſiones bekommen.
DEr Turbit, Lateiniſch Turpethum,
iſt die Wurtzel von einem Kraute,
welches die Baͤume hinan laͤufft, und
Siehe Fig. 45.faſt wie der Eibiſch, Blaͤtter und Blu-
men traͤgt; wie ſolches die Scribenten
vermelden. Unter andern ſagt Garzias
ab Horto im II. Theil ſeines Buches pag.
232. alſo: Turbit ein Kraut, deſſen
Wurtzel mittelmaͤßig dicke und lang iſt,
auch wie der Epheu auf der Erde hin
und her kreucht, hat Blaͤtter und Blu-
men, als wie der Eibiſch; der beſte Theil
daran iſt, was er den Strunck heißt. Er
ſagt auch, das gantze Gewaͤchs habe
nicht den allergeringſten Geſchmack,
und werde an den Seekuͤſten in Cam-
baya, Suratte und andern Gegen-
den in Jndien gefunden. Ferner er-
zehlet er, daß es auch zu Goa wachſe,
doch werde es von daſiges Ortes Medi-
cis nicht geachtet. Allein ich will mich
bey dem, was Garzias davon gedacht,
nicht aufhalten, habe vielmehr fuͤr gut
befunden, allhier anzufuͤhren, was Pau-
lus Hermannus, Medicinæ Doctor und
Demonſtrator in horto Medico-Lugdu-
„nenſi, in ſeinem Buch pag. 78. davon ge-
„dencket, und daſelbſt vermeldet, daß er
„das wahre Turbit an vielen Orten in
„Jndien/ ſonderlich aber in der Jnſel
„Ceylon geſehen. Selbiges ſey ein krie-
„chendes Gewaͤchs, das ſich entweder in
„einander verwirre, oder um die naheſte-
„henden Baͤume ſchlinge. Die in der
„Erde ſteckende Wurtzel triebe fuͤnff bis
„ſechs Schuh lange Rancken hervor, da
„denn die Blaͤtter an mittelmaͤßig dicken
„Stielen, mitten aus denenſelben her-
„aus wuͤchſen. Dieſe Blaͤtter ſeyen den
„Eibiſchblaͤttern gantz gleich, auſſer daß
E 2ſie
[]Der Spezereyen und Materialien
„ſie weiſſer, rauher und ſtachlichter,
„oder vielmehr mit kleinen Spitzen be-
„ſetzt waͤren, darnach folgeten die fleiſch-
„farbenen Blumen, den Glocken der
„Winde nicht ungleich. Und darum
„hat er es auch alſo genennet, Convol-
„vulus Indicus alatus maximus, folio Ibiſco
„non nihil ſimili, Turbith Officinarum, das
„iſt, die groͤſte Jndianiſche Winde,
„deren Stengel gleichſam gefluͤ-
„gelt/ und die Blaͤtter den Eibiſch-
„blaͤttern nicht ſo gar ungleich ſe-
„hen, in den Apothecken Turbit ge-
„nennet. Wann die Blumen abge-
„fallen, hinterbleiben die Samenknoͤ-
„pfe, in denen vier ſchwartze halbrunde
„Koͤrner, wie Pfefferkoͤrner, ſtecken.
Den Turbit ſoll man auſſuchen, der
fein wohl geſaubert, d. i. entzwey geſpal-
ten iſt, und das Hertz daraus genom-
men; der auch nicht bruͤchicht iſt, aus-
wendig grau, inwendig graulicht ſieht;
der fein ſchwer, nicht wurmſtichicht,
und ſo wohl in der Mitten, als an den
Enden reſinos und hartzicht iſt. Hin-
gegen ſoll man den weiſſen und leichten
verwerffen, oder, wenn er ſich leichtlich
zerbrechen laͤßt, oder wurmſtichicht iſt;
desgleichen, wenn er nur an den Enden
hartzicht iſt, welches daher kommt, ent-
weder daß die Jndianer dieſe Wurtzel,
ſo bald ſie dieſelbe aus der Erde gezogen,
zuſammen gekruͤmmet, damit ſich der
Saft nach beyden Enden ziehe, welcher
alsdann, nachdem er eingetreuget, wie
Hartz ausſiehet: oder ſie muͤſſen irgend
in ein Gummi oder flieſſend Hartz geſte-
cket worden ſeyn. Etliche ziehen die
kleinern Stuͤcken des Turbits den groͤſ-
ſern vor, welches ich auch eben nicht ta-
deln will.
Viele nehmen und brauchen die
Thapſia an ſtatt des Turbits, welches
man aber ſtracks mercken kan, und aus
folgenden wird zu erſehen ſeyn.
Der Turbit wird die uͤberleyen
Feuchtigkeiten abzufuͤhren dienlich er-
achtet: doch meiſtens brauchen ihn die
Apothecker, maſſen er zu vielen Galeni-
ſchen compoſitionibus genommen wird.
Man haͤlt dafuͤr, der Name Turbit
komme vom Lateiniſchen Wort turbare
her, weil er eben als wie die Jalappe die
humores turbire und dergeſtalt aus-
fuͤhre.
Aus dem Turbit kan auf gleiche Wei-
ſe, wie aus der Jalappe, ein Hartz und
Extract gemachet werden: weil man
aber ſehr wenig bekommt, deshalben
will ich niemand rathen ſich damit zu
bemuͤhen.
Die weiſſe Thapſia oder der graue
Turbit iſt die Wurtzel eines Gewaͤch-
ſes, das von allen Scribenten beſchrie-
ben wird. Es hat Blaͤtter, wie der
Fenchel, drauf kommen die Kronen oder
Dolden, wie auf der Tille. Die Blu-
men ſind gelb, und der Samen breit,
dem Samen der Ferula guten Theils
aͤhnlich.
Wegen der gar zu heftigen Wiꝛckung
wird dieſes Kraut wenig gebraucht, ſin-
temahl der Saft oder die Milch, ſo dar-
aus laufft, dermaſſen ſcharff iſt, daß ei-
nen die bloſſe Dunſt davon des
Geſichtes berauben kan. Die Wurtzel
wird gleicher geſtalt gar wenig in der
Artzney gebrauchet, ohne von etlichen
Apotheckern, die ſie (wiewohl ziemlich
ungereimt) an ſtatt des rechten Turbits
nehmen, es geſchehe nun aus Unver-
ſtande, und weil ſie es nicht kennen, oder
weil ſie beſſeres Kauffs iſt; da doch kein
geringer Unterſcheid zwiſchen beyden,
indem der Turbit von auſſen roͤthlicht
grau, inwendig aber weißgrau ſiehet,
ſchwer iſt und nicht leichtlich bricht, da
hingegen die Thapſia, welche leichte und
runtzlicht iſt, ſilberfarben ſiehet, auch ei-
nen dermaſſen ſcharffen und brennen-
den Geſchmack hat, daß ſie einem den
Mund aufzeucht, ſonderlich, wenn ſie
noch friſch iſt.
Es giebt ſonſt noch eine Gattung der
Thapſia, die ſchwartze genennt, wel-Schwartze
Thapſia.
che in der Artzney gar nicht gebrauchet
wird: und deshalben will ich auch nichts
davon vermelden, ſondern nur dieſes
gedencken, daß man dieſe beyden Wur-
tzeln, wegen ihrer groſſen Schaͤrffe, gar
fuͤglich unter die heftigſten remedia,
welche hoͤchſtgefaͤhrlich zu gebrauchen,
rechnen koͤnne. Derowegen ſollen die
Apothecker und andere ſich wohl in Acht
nehmen, und dieſe Wurtzel nicht an ſtatt
des wahren Turbits geben.
DEr Arabiſche Coſtus iſt die Wur-
tzel einer dem Hollunder nicht un-
aͤhnlichen Staude, waͤchſt haͤuffig in dem
gluͤckſeligen Arabien, daher ihm auch
ſein Zuname entſtanden.
Man muß die ſchoͤnſten Wurtzeln
ausſuchen, welche ſchwer ſind, auswen-
dig aſchfarben, inwendig roͤthlicht grau
ſehen, die ſich nicht gerne zerbrechen laſ-
ſen, ſtarck riechen, und einen aromati-
ſchen, mit einiger Bitterkeit vermiſch-
ten Geſchmack haben.
Die Wurtzel des Coſtus wird mei-
ſtentheils zum Theriac verbraucht, und
bedarſf keiner fernern Zubereitung,
wenn ſie nur friſch, dicke, vollkommen,
und von dem Schilffe, welcher oftmahls
an den Wurtzeln haͤnget, wie auch von
der Erde und anderm dran befindlichen
Unrathe wohl geſaubert iſt.
Der ſuͤſſe Coſtus iſt eine kleine Wur-
tzel, kommt der Terra merita, was an-
langet die Geſtalt, Farbe und Groͤſſe,
ziemlich nahe. Allein, dieſe Wurtzel
iſt ietziger Zeit ſo gar rar, daß ſie faſt
nicht mehr zu haben. Weil uns nun
dieſes Gewaͤchs eben ſo unbekannt, als
wie der Coſtus amarus, darum mochte ich
auch nichts mehr davon melden.
Der bittere Coſtus wird von etli-
chen Coſtus Indicus, der Jndianiſche ge-
nannt, und iſt eine groſſe, harte dicht- und
glaͤntzende Wurtzel, die viel eher einem
Stuͤcke Holtz, als einer Wurtzel gleichet.
So ſeltſam iſt er nicht, als wie der
vorige, denn er annoch in etlichen alten
Kramlaͤden anzutreffen. Wie aber die
Seltſamkeit einer Wahre dieſem oder
jenem Anlaß giebet, genau nach ſelbiger
zu forſchen, andere aber daher Gelegen-
heit bekommen, etwas anderes dafuͤr
auszugeben, eben alſo iſts auch hier er-
gangen: denn es haben etliche Gebirger
die Wurtzel Agriocynera, die ſie aus Jta-
lien, ſonderlich von Monte S. Angelo,
gebracht, fuͤr den bittern Coſtus ange-
geben, obgleich ein groſſer Unterſchied
zwiſchen beyden, indem die Agriocynera
faſt gar keinen Geſchmack hat, da hin-
gegen der Coſtus, wie ſein Name weiſet,
bitter iſt. Andere, die ſich nicht gerne
wollen betruͤgen laſſen, oder auch ihres
Beutels zu ſchonen pflegen, nehmen an
ſtatt des bittern Coſtus, den Corticem
Winteri, welchen ſie auch Coſtum album,
den weiſſen Coſtus nennen, oder den
Zittwer, oder die Wurtzel von demjeni-
gen Kraute, welches die Botanici Men-
tham hortenſem corymbiferam auf Fran-
tzoͤſiſch Coq de jardin, auf Teutſch Gar-
tenmuͤntze heiſſen, oder auch wohl die
Alantwurtzel, u. ſ. w. Solchem Miß-
brauch und Unterſchleiff vorzukommen,
kan man ſich nur ſchlechter dinges des
bittern Coſtus bedienen, denn dieſer der
beſte iſt, und den Namen Coſtus alleine
verdienet. Wiewohl man auch ſicher-
lich glauben mag, daß alle dieſe unter-
ſchiedenen Gattungen des Coſtus, wel-
che in vorigen Zeiten zu ſehen geweſen,
blos von den unterſchiedlichen Oertern,
da ſie gewachſen, entſtanden ſind, wie
ſolches Charras im Tractat vom The-
riac articul. de Coſto pag. 125. ſehr wohl
angemercket, woſelbſt er ſaget, diß ſey
ſeine Meinung, wie daß aller Coſtus
insgeſammt die Wurtzel einer eintzigen
Pflantze ſey, die doch an unterſchiedli-
chen Orten in der Welt wachſe: koͤnte
dannenhero wohl ſeyn, daß der Coſtus,
der an verſchiedenen Orten eines Lan-
des wachſe, von der unterſchiedlichen
Erde, daraus er ſeine Nahrung ziehet,
auch eine gantz andere Geſtalt, Farbe
und Geſchmack bekomme. Wir ſehen
dieſes an Korn, Wein und allerhand
Gewaͤchſen, welche ebener maſſen nicht
nur ihre Geſtalt, ſondern auch den Ge-
ſchmack und Kraft veraͤndern, ie nach-
dem ſie in feucht- oder trucknen, fett- oder
ſandichten Boden, oder in einem mehr
oder weniger ſteinichten Lande geſtan-
den. Derowegen ſoll man den Arabi-
ſchen Coſtus durchgehends eintzig und
allein zu allen Compoſitionen gebrau-
chen.
DEr Jngber iſt desjenigen Gewaͤch-
ſes Wurtzel, welches von denen Bo-
tanicis alſo genennet wird; Arundo hu-
milis, clavata, radice acri,niedriges Kol-
benrohr, deſſen Wurtzel einen ſcharf-
fen Geſchmack hat.
Dieſe Wurtzel verkriecht ſich nicht
tieff in die Erde, ſondern ſpreitet ſich
oben auf derſelben die laͤnge hin aus,
ſieht an den Enden bald wie eine Hand
oder Pfote, und wird auch deswegen
von den Einwohnern der S. Chriſtof-
fels- und anderer Antillen-Jnſeln
patte du Gingembre,Jngberpfote oder
Zehe genennet.
Wann der Jngber annoch in der Er-
de liegt, dann ſtoͤſt er einen Hauffen
Rohrſtengel von ſich, mit groſſen, lan-
gen gruͤnen Blaͤttern, nach denen die
roͤthlichte mit etwas gruͤn vermiſchte
Bluͤte folget: und zwar waͤchſt aus dem
Stengel eine gruͤne Spitze heraus, die
nicht unfuͤglich mit einer Kolbe zu ver-
gleichen, weswegen ihm auch von den
Lateinern der Name Zingiber flore clava-
to gegeben worden.
Vor dieſem wurde der Jngber aus
Oſtindien zu uns gebracht, ſeit dem er
aber auch in den Antillen-Jnſeln er-
bauet worden, kommt nichts mehr, oder
doch ſehr wenig, daſelbſt her.
Wenn die Americaner den Jngber
aus der Erde gezogen haben, ſo legen
ſie ihn an die Luft und Sonne, damit er
trucken werde, und wenden ihn von Zeit
zu Zeiten um. Wenn ſie aber geſchwin-
der damit fertig ſeyn wollen, alsdann
treugen ſie ihn im Ofen; und ſolchen be-
kommen wir auch unterweilen, wie-
wohl er uͤber die maſſen duͤrre und tru-
cken iſt.
Man ſoll den Jngber auſſuchen, der
fein friſch, trucken, voͤllig und ſchwer-
lich zu brechen iſt, der von auſſen roͤth-
licht grau ſiehet, und inwendig hartzicht
iſt, auch einen hitzigen und beiſſenden
Geſchmack hat; hingegen ſoll man den
Engliſchen wegſchmeiſſen, weil er
weich, faſicht, in- und auswendig weiß,
und mehrmahls wurmſtichicht iſt; eine
herrliche Beſchaffenheit, die ihm gewiß-
lich beyzulegen, denn wenn ihn nicht
die Wuͤrme zerfreſſen, ſo iſt er dennoch
dergeſtalt voll Faſen, daß man ihn un-
moͤglich zu Pulver ſtoſſen kan.
Jn der Artzney wird der Jngber gar
ſelten gebrauchet, hergegen deſto haͤuf-
figer von den Landkramern und Tabu-
lettraͤgern unter den Pfeffer gemiſchet.
Wir aber ſtoſſen ihn zu Pulver, und
heiſſen diß hernach Epice blanche, ſo zu vie-
lerley Sachen, ſonderlich zu Verferti-
gung der vier Spezereyen, pour la compo-
ſition des quatres epices, gebrauchet wird.
Die Americaner machen den erſt
aus der Erde gezogenen Jngber mit
Zucker ein, nachdem ſie ihn zuvor einge-
weichet, damit er nicht allein ſeine mei-
ſte Schaͤrffe verlieren moͤge, ſondern
auch die oberſte Haut fahren laſſe. Wenn
er nun recht und wohl zugerichtet iſt,
alsdann verſenden ſie ihn an viele Orte.
Sie machen auch eine Marmelade da-
raus, ingleichen allerhand truckne Tei-
ge, eben wie wir aus unſern Fruͤchten
und Wurtzeln.
Dieſes eingemachte wird darum ge-
brauchet, weil es ſich uͤber die See fuͤh-
ren laͤßt, auch alten Leuten Waͤrme
mittheilet. Die Jndianer, Holl- und
Englaͤnder/ desgleichen alle Nordi-
ſche Voͤlcker insgeſamt gebrauchen es,
theils ſich zu erwaͤrmen, theils aber die
Daͤuung zu befoͤrdern, nicht weniger
ſich vor Scorbut und Mundfaͤule/
welche nichts ſeltſames auf der See, zu
præſerviren und zu verwahren.
Zerumbeth und Zittwer,Zedoaria,
ſind zwey an Farbe und Geſtalt gantz
unterſchiedene Wurtzeln, welche nichts
deſtoweniger von einem Kraute oder
Gewaͤchſe, deſſen Blaͤtter den Blaͤttern
des Jngbers nicht ſo gar ungleich ſind,
und deswegen auch wilder Jngber ge-
nennet wird, ihren Urſprung haben.
Beyde werden aus Oſtindien und der
Jnſel Laurentius gebracht, woſelbſt
ſie in groſſer Menge wachſen.
Zerumbeth heißt der Wurtzel run-
des Theil, und wir bekommen es, wie
die Jalappe, in Scheiben zerſchnitten:
ſoll aus- und inwendig grau ſehen,
ſchwer
[]
Figure 14. Arabiſche Loſtuswurtz. Fig. 46. p. 73. | Figure 15. Jngber. Fig. 47. p. 75. |
Figure 16. Proſperi Alpini Rapontie. welche wie Journefort verſichern wil, die wahrhafte Rhabarber ſeijn ſol. Fig. 41. p. 64. | Figure 17. Münchs Rhabarber oder Rhaponticum montanum. Fig. 42. p. 64. |
[][]
Figure 18. Veilgenwürtz. F. 49. p. 77. | Figure 19. F. 52. Lürcüma. p. 79. |
Figure 20. Kleiner Galgant. F. 50. p. 79. | Figure 21. Groſſer Galgant. F. 51. p. 80. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
ſchwer ſeyn, und ſich nicht leichtlich zer-
brechen laſſen, noch von Wuͤrmern zer-
freſſen ſeyn: auch ſoll es einen heiſſen
und aromatiſchen Geſchmack haben.
Der Zittwer aber iſt der lange Theil
der Wurtzel, und gleichſam der Fuß oder
das unterſte am Zerumbeth. Soll des
kleinen Fingers lang und dicke ſeyn,
weißroͤthlicht von auſſen, inwendig weiß-
licht, fein voͤllig und ſchwer, uͤbel zu zer-
brechen, auch nicht wurmfreßicht, wel-
chem Ubel er gar ſehr unterworffen: des-
gleichen ſoll er einen heiſſen und aroma-
tiſchen Geſchmack haben, bald wie Ros-
marin.
Jn der Artzney wird Zerumbeth
nicht ſo ſehr gebraucht als wie der Zitt-
wer/ denn dieſer fuͤr ein gutes cordial
und hertzſtaͤrckendes Mittel gehalten
wird, und zugleich wider allen Gift vor-
trefflich dienlich.
Es uͤberlege ſich ja keiner mit dieſen
beyden Wurtzeln, denn es wird ſelten
darnach gefragt, ſo koͤnnen ſie auch nicht
gnugſam vor den Wuͤrmen bewahret
werden.
IRis Florentina, die ſo genannte Veiel-
wurtz/ iſt die Wurtzel eines Gewaͤch-
ſes, deſſen Blaͤtter lang und ſchmal, von
Farbe ſchoͤn gruͤn ſind, wonach weiſſe
Blumen folgen. Der Hertzogin von
Guiſe ehmahliger Leib-Medicus Mo-
rin, ein wackerer und in Erkaͤntniß der
Kraͤuter hocherfahrner Mann hat mich
deſſen verſichert.
Sonſt iſt die Iris Florentina in Franck-
Der Herr Au-
tor geſtehet in
dem Frantzoͤ-
ſiſchen An-
hang aufrich-
tig, daß er
allhier gefeh-
let/ und die
Iris Florentina
denen andern
gar nicht glei-
che/ ſondern
alſo ausſehe,
wie er ſie o-
ben beſchrie-
ben.reich unter dem Namen Flambe, Glayeul,
und Iris noſtras gantz bekannt, waͤchſt
uͤberalle auf den Mauern, an den Fluͤſ-
ſen, und auch in den Gaͤrten, und es
giebt ihrer gar vielerley Arten, wie von
einigen Autoribus berichtet wird. Der
Name Iris ſoll ihr, wie man ſagt, daher
gekommen ſeyn, weil ſie ſo unterſchie-
dene Farben hat, die einiger maſſen den
Farben des Regenbogens, der auf Latei-
niſch Iris genennet wird, aͤhnlich ſehen.
Die Veilgenwurtz ſoll man erweh-
len, welche fein dicke, voͤllig und dichte,
auſſenher weiß, inwendig trucken, und
ſchwerlich zu zerbrechen ſey, darneben
ſuͤßlicht, und wie Veilgen rieche: dage-
gen muß man die geringe und unſau-
bere, die keinen Geruch hat, aus-
werffen, wie nicht weniger die, welche
weich und wurmfreßicht iſt, denn dieſem
Unfall iſt ſie vor andern unterworffen.
Hiebey dienet zu mercken, daß die
friſche Iris auſſer dem, daß ihr ſoviel ab-
gehet, auch einen uͤber alle maſſen haͤß-
lichen Geſchmack habe, ſo daß man ſie
nicht lange im Munde behalten kan,
weil ſie einem den Hals gantz rauhe
macht, welches hingegen an der trucknen
nicht zu ſpuͤren, als welche einen liebli-
chen und nach Veilgen riechenden A-
them macht; um welches willen ſie auch
ſo viel junge Leute kaͤuen und ſtets bey
ſich tragen. Uberdiß gebrauchen ſie
auch die Parſumirer/ ſowohl zum Pu-
der, als zu andern Dingen, dazu ſie noͤ-
thig iſt. Die Faͤrber und andre legen
ſie zu den Stoffen und Tuͤchern, die ſie
gefaͤrbet, und benehmen ihnen damit
den Geruch nach der Farbe. Die Con-
fiturirer geben nicht allein einer gewiſ-
ſen Conſerve, welche Mißbrauchs hal-
ber allhier zu nennen unnoͤthig, damit
einen beſſern Geruch, ſondern ſie uͤber-
ziehen ſie auch ſelbſt, wenn ſie vorher
durch ein ſeiden Tuch geſtaͤubet worden,
mit Zucker, und machen daraus ihre pe-
tites dragées, Zuckerkoͤrner, die wir Nom-
pareilles nennen.
Jm uͤbrigen wird die Veielwurtz,
ohnerachtet ihrer ſo herrlichen Beſchaf-
fenheit, gar wenig zur Artzney gebrau-
chet, ſondeꝛn nur zu etlichen Galeniſchen
compoſitionibus genommen.
Die Apothecker brauchẽ auch von der-
jenigen Iris, die in unſeꝛn Gaͤrten waͤchſt,
den Saft zu ein und andern Dingen, z.
E. zum emplaſtr. diachyl. und dergleichen.
Es wird ingleichen aus dieſem Safte,
wie aus der Stickwurtz, eine fecula oderFecula Irldis.
Mehl gezogen, welches bey nahe von
gleichen Kraͤften iſt. Aus der blauen
Schwertelblumen ziehen wir eine
gruͤne Farbe, Verd d’Iris genannt, de-Verd d’Iris.
ren ſich die Mignaturarbeiter bedienen.
Dieſes Gruͤn wird auf gar vielerley Art
zugerichtet, und koͤnnen die es zu ma-
chen verlangen, ſich in dem Buͤchlein
de la
[]Der Spezereyen und Materialien
de la mignature, Raths erhohlen, denn in
demſelben ſtehet beſchrieben, wie ſo wohl
der Carmin, als auch andere feine Far-
ben zuzurichten.
DEr groͤſſere Galgand/ welchen ei-
nige, wie wohl hoͤchſt unrecht, Aco-
rum verum nennen, iſt die Wurtzel eines
Gewaͤchſes oder Schilffes, deſſen Blaͤt-
ter faſt wie die Schwertlilien-Blaͤtter
ſehen; waͤchſet haͤuffig auf der Jnſel
Java und in China.
Man ſoll aber dieſe Wurtzel erweh-
len, wenn ſie dicke und ſchwer iſt, von
auſſen roͤthlicht, inwendig weißlicht ſie-
het, und einen heiſſen und beiſſenden
Geſchmack hat, der hinten nach etwas
bitter iſt. Dargegen ſoll man die ver-
werffen, die ſchier gar nicht ſchmecket,
welches doch nicht zu vermuthen, ſie
muͤſte denn gar zu alt und zu verlegen
ſeyn. Dieſe Wurtzel hat meines Wiſ-
ſens keinen andern Nutzen, als daß ſie
die Eßigbrauer an ſtatt des kleinern
Galgands zum Eßigmachen gebrau-
chen.
Jſt eine in- und auswendig roͤthlich-
te Wurtzel, eines ſcharffen und aroma-
tiſchen Geſchmacks, die wir aus Oſtin-
dien und China in Stuͤcklein zerſchnit-
ten bekommen. Wenn ſie annoch in
der Erde ſteckt, treibt ſie einen HauffenSiehe Fig. 51
Stengel hervor, wie einen Strauch,
daran die Blaͤtter, die wie Myrtenblaͤt-
ter ſehen, ſitzen.
Den kleinern Galgand ſoll man
ausſuchen, der fein voͤllig iſt, hoch an
Farbe, und einen beiſſenden aromati-
ſchen Geſchmack hat, wenn er gekaͤuet
wird: auch muß man ſich in Acht neh-
men, daß nichts nicht von dem groſſen
drunter gemenget ſey, welches man
ſtracks erkennen kan, dieweil der kleinere
Galgand niemahls dicker iſt, als ein klei-
ner Finger, und eine viel ſchoͤnere Farbe,
nebſt einen weit heiſſern Geſchmack hat,
weder der groͤſſere.
Der kleinere Galgand wird viel-
mehr in der Artzney gebrauchet, weder
der groͤſſere, denn er mehr Kraft und
Tugenden hat. Es brauchen ihn glei-
cher geſtalt die Eßigbrauer.
TErra merita wird von etlichen
Curcuma genennet, ingleichen Jn-
dianiſcher/ Babyloniſcher oder auch
Malabariſcher Saffran, und wil-
der Galgand/ und iſt eine auswendig
und inwendig gelbe Wurtzel, die ziem-
lich groſſe gruͤne Blaͤtter hat. Eben
dieſe Wurtzel traͤgt auch Blumen in
Siehe Fig. 52.Form einer Aehre. Dieſe kleine Wur-
tzel ſieht dem Jngber faſt gleich, und
wird von vielen Orten in Oſtindien/
wie auch aus der Jnſel Laurentius/
in haͤuffiger Menge durch die Compa-
gnie gebracht.
Die Terra merita ſoll man erweh-
len, welche dick, friſch, hartzicht, ſchwer
zu zerbrechen, und wichtig iſt, nicht
wurmſtichicht oder ſtaubicht, ſoviel ſichs
nur thun laͤſt.
Zu Paris giebt es viel Leute, wel-
che rothe Terra merita verlangen:
allein es iſt ein groſſer Jrrthum, ſinte-
mahl nicht zweyerley Gattungen ſind.
Diß iſt wohl wahr, daß die Terra me-
rita, wenn ſie lange gelegen, braun
wird, wie auch das Pulver davon, wenn
ſie geſtoſſen worden, viel roͤther ſiehet,
als wie das Pulver von der friſchen: ja
man findet gantze Stuͤcken, welche ſehr
braun ſehen, wenn ſie zerbrochen wer-
den; ſolches aber kommt daher, daß ſie
mehr oder weniger hartzicht ſind.
Dieſe Wurtzel wird von den Faͤrbern,
Beutlern und Parfumirern gebraucht,
und die Rothgieſſer geben damit dem
Metall eine Goldfarbe; desgleichen faͤr-
ben die Knopfmacher die Hoͤltzer, die ſie
mit Gold und Silber-Faͤden belegen
wollen, damit, auf daß das Holtz nicht
durchſcheine. Die Jndianer brauchen
ſie als wie den Saffran, und faͤrben ih-
ren Reiß und andere Speiſen gelb da-
mit.
Cyperus rotundus,Egyptiſcher oderSiehe Fig. 53.
Flandriſcher/ runder wilder Gal-
gand
[]
Figure 22. Langer wilder Galgant Fig. 53. p. 80. | Figure 23. Runder wilder Galgant. Fig. 54. p. 81. |
Figure 24. Wilder Jngber Fig. 48. p. 75. | |
Figure 25. Fünfffingerkraut. Fig. 56. p. 82. | Figure 26. Wolffsmilch. Fig. 55. p. 81. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
gand/ iſt eine Wurtzel aus lauter Kno-
ten beſtehend, die ſo groß ſind als Pater-
noſterknoͤpfe, ſehen auswendig braun,
inwendig grau, und haben einen anzie-
henden Geſchmack, und ſchier keinen
Geruch, wenn ſie erſt aus der Erde ge-
zogen worden.
Dieſe Wurtzel waͤchſt im Waſſer,
oder langs an den Baͤchen, und treibt
dreyeckigte, veſte, glatte Stengel mit-
ten zwiſchen den langen ſchmalen Blaͤt-
tern hervor; die Blumen ſind klein, und
kommen buͤſchleinweis oben auf dem
Stengel heraus.
Vor dieſen wurde dieſe Wurtzel aus
Flandern und England gebracht, da-
rum ſie auch alſo genennet worden: weil
ſie aber gar ſelten zu Paris gebrauchet
wird, deswegen begnuͤgen wir uns mit
der, die wir aus der Nachbarſchaft, vor-
nehmlich von Eſtampes, bekommen.
Man zerquetſchet dieſe Wurtzel, und
kocht ſie in Weine, trinckt hernach den-
ſelben, wenn er durchgeſeihet worden,
ſo warm, als mans erleiden kan: ſoll
ein ſonderlich Mittel wider die Colica
ſeyn.
Cyperus longus, der lange wilde
Galgand, iſt eine kleine knorrichte
Wurtzel, voll Zaſern, laͤſt ſich ungern
zerbrechen, ſieht auſſen braun, inwen-
dig graulicht, und riecht ſehr annehm-
lich, wenn ſie fein friſch und wohl ge-
trucknet iſt.
Dieſe Wurtzel waͤchſt in Baͤchen und
waͤßrichten Orten, wie auch in Graͤben;
ſtoͤſt gruͤne Blaͤtter von ſich, welche de-
nen Knoblauchsblaͤttern ziemlich nahe
kommen: Stengel und Blaͤtter ſind des
runden Galgands Blaͤttern und Sten-
geln ſehr gleich, ſehen auch gar lieblich.
Man ſoll dieſe Wurtzeln erwehlen,
welche dicke, trucken und weder ſchimm-
licht noch modericht riechen, vielweniger
wurmicht ſind.
Sie hat wohl einigen Nutzen in der
Artzney, iedoch gebrauchen ſie die Par-
fumirer und Handſchuhmacher viel
oͤfter.
Noch dienet zu mercken, daß, wann
man den Cyperus von den Bauern,
die ihn nach Paris zu Kauffe bringen,
erkauffet, es nicht genug ſey, die erſte
Hand voll, die zu oberſt im Sacke liegt,
zu beſchauen, denn dieſe iſt noch wohl tru-
cken; ſondern man muͤſſe fleißig zuſehen,
ob auch alle das uͤbrige alſo beſchaffen.
DJe Wolffsmilch,Eſula, iſt die Rin-
de von einer kleinen roͤthlichten
Wurtzel, welche gantz gruͤne, ſchmale
Blaͤtter, die voll Milch ſind, hat.
Man ſoll dieſe Rinden ausſuchen, die
fein friſch, ſchoͤn, und innen wie auſſen
roͤthlicht ſind, auch, wenn ſie in den
Mund genommen werden, einen ziem-
lich unangenehmen Geſchmack, mit ei-
ner heftigen Schaͤrffe begleitet, haben.
Dieſe kleine Wurtzel oder Rinde wird
gar ſelten zur Artzney gebraucht.
Ehe ſie aber gebrauchet wird, wird
Weineßig drauf gegoſſen, und ihr auf
dieſe Art die Schaͤrffe benommen, wie
ſolches der Herr Charras in ſeiner
Pharmacopœa, ubi de benedicto laxativo,
angemercket.
Es kan auch nach ietztgedachten Au-
toris Anweiſung pag. 138. ein Extract
aus dieſer Wurtzel gemachet werden.
Wenn es nun recht und wohl gemacht
iſt, ſo iſt es ein ſehr ſtarckes Mittel das
Waſſer bey Waſſerſuͤchtigen abzu-
fuͤhren.
Sonſt ſind noch mehr Gattungen
der Eſula, allein wir fuͤhren keine andere,
als deren Wurtzel wir nur erſt beſchrie-
ben.
Obgemeldte Wurtzel hat mich veran-
laſſet, bey dieſer Gelegenheit von einer
andern Wurtzel, welche ihr an Geſtalt
und Farbe ziemlich gleichet, zu handeln.
Die Griechen nennen dieſelbe Penta-
phyllon, die Lateiner Quinquefolium, die
Frantzoſen Quintefeuille, und die Teutſchẽ
Fuͤnfffingerkrautwurtz/ dieweil alle-Siehe Fig. 56.
zeit fuͤnff und fuͤnff Blaͤtter auf dieſer
kleinen Wurtzel beyſammen wachſen.
Sie iſt gantz gemein, und uͤberall in
Gaͤrten und an den Wegen anzutreffen.
Sie wird ſehr wenig zur Artzney ge-
braucht, ſo daß ich ihrer nicht einmahl
gedacht haͤtte, wenn ſie nicht unter die
ingredientien zum Theriac genommen
Fwuͤrde.
[]Der Spezereyen und Materialien
wuͤrde. Wenn ſie nun ſoll gebrauchet
werden, muß man ſie zuvor rein ab-
ſchaben, und den Kern heraus neh-
men, darnach um einen Stock win-
den, damit ſie krumm werde, und alſo
trocknen.
DJß iſt eine geringe Wurtzel, unter-
ſchiedener Laͤnge und Dicke, aus-
wendig roͤthlicht, inwendig weiß, hol-
tzicht und faſicht, ſchmeckt ſuͤſſe, im An-
fang, wenn ſie aber ein wenig im Mun-
de gehalten wird, empfindet man den
ſaporem cauſticum, daß ſie wie Feuer
brennet, bevoraus, wenn ſie noch friſch
iſt.
Aus dieſer Wurtzel wachſen gruͤne,
dicke, klebrichte Blaͤtter, faſt wie die Lein-
blaͤtter, und Fruͤchte, wie die Pfeffer-
koͤrner, welche zu anfangs gruͤne, wenn
ſie aber reiff worden, ſchoͤn roth ſind,
und werden im Lateiniſchen Coccus cni-
dius, auch granum cnidium genennet.
Das Kraut wird gar wenig, hingegen
die Wurtzel deſto oͤfter gebrauchet, ab-
ſonderlich zu Lion und Paris/ allwo
ſie ein Stuͤcklein davon in die mit Fleiß
durchbohrte Ohren ſtecken, um alſo die
ſcharffen Fluͤſſe des Hauptes, welche
auf die Augen fallen, abzuziehen. Hier-
zu aber dienet diejenige, welche aus Lan-
guedoc gebracht wird, viel beſſer, als
die ſo aus Burgund kommt.
Seit etlichen Jahren her hat man ei-
ne Wurtzel zu Paris geſehen, welche
der Thymelaͤa in allen aͤhnlich ſiehet, auſ-
ſer daß ſie viel haͤrter und ſchwaͤrtzer iſt.
Der erſte, der ſie nach Paris gebracht,
war des Koͤnigs Geſandter nach Por-
tugall/Monſieur Amelot, und nach ihm
der Herr Tournefort/ welcher mir
auch das Stuͤcke, welches ich beſitze, ver-
ehret hat. Mich haben ſonſt etliche ver-
ſichert, daß dieſe Wurtzel Rancken trie-
be, an denen die Blaͤtter wie Weinlaub
ſehen; dieſelben kroͤchen die Mauren und
Baͤume hinan.
Und um deswillen haben ſie auch die
Portugieſen, als welche ſie zu erſt aus
Mexico gebracht, Pareira brava genen-
net, welches ſoviel heißt als ein wilder
und unaͤchter Weinſtock.
Seit dem ſie der Herr Amelot nach
Paris gebracht, hat ſie der Herr The-
wardMedicus Facultatis, nebſt andern,
als ein ſpecificum und gantz ſonderliches
Mittel wider den Stein gebraucht. Es
wird fruͤh nuͤchtern, als ein Pulver, in
weiſſem Weine genommen.
Jhre Wahl betreffend, davon hat
mich der Herr Thevard verſichert, daß
die Mexicaniſche weit beſſer ſey, als die
Portugalliſche; und in einem Briefe,
den ich am 16. October 1692. aus Liſſa-
bon empfangen, wird folgendes ange-
mercket: Die Pareira brava, die aus
Jndien und Braſilien kommt, iſt eine
Wurtzel, viel gemeiner als die Jpecacu-
anha, und wird faſt in allen Gaͤrten,
hieſiges Landes, wiewohl in nicht gar zu
groſſer Menge angetroff en. Sie ver-
kauffen das Pfund um 10 Teſtons, welche
ohngefehr fuͤnff Frantzoͤſiſche Pfund be-
tragen. Und dieſes iſt alles, was ich
von dieſer Wurtzel, die nur ohnlaͤngſt in
Franckreich bekannt geworden, habe er-
fahren koͤnnen.
HElleborus albus, auch Veratrum album,
die weiſſe Nieswurtz, waͤchſt auf
dem Gebirge in Dauphine und Bur-
gund/ hat eine weiſſe Wurtzel, die vol-
ler langen Zaſern, von gleicher Farbe,
iſt; und breite Blaͤtter, die anfangs
gruͤn ſind, endlich aber gelb werden, in
Siehe Fig. 59.deren Mitten ein holer Stengel mit
geſternten Blumen empor waͤchſet.
Die Wurtzeln werden allein zu uns
gebracht, und ſollen dicke und ſchoͤn ſeyn,
voll Zaſern, auſſen her gelb, inwendig
weiß; und ſcharff, unangenehme ſchme-
cken. Etliche halten mehr davon, wenn
die Zaſern herabgeriſſen, welches ich
auch eben nicht widerſprechen will, be-
voraus, wenn ſie ſollen zu Pulver geſtoſ-
ſen werden.
Dieſe Wurtzel macht einen nieſen,
wird aber meiſtentheils fuͤr die Pferde,
und raͤudige Schafe gebraucht.
Figure 27. Thymelea. Fig. 57. p. 83. | Figure 28. Pareira Braua. Fig. 58. p. 83. |
Figure 29. Gift heil. Fig. 63. p. 89. Figure 30. Tiſetthüttein. | Figure 31. Gemſen Wurtz. Fig. 61. p. 85. |
Figure 32. Schwartze Nieſwurtz. Fig. 60. p. 85. | Figure 33. Weiſſe Meſwurtz. Fig. 59. p. 83. |
Figure 34. Thora. Fig. 62. p. 90. | |
Figure 35. Meiſterwurtz. Fig. 65. p. 87. | Figure 36. Angelica. Fig. 64. p. 85. |
Elleborus niger, oder Veratrum nigrum,
Siehe Fig. 60.die ſchwartze Nieswurtz, eine braune
Wurtzel, iſt mit kleinen Zaͤſerlein beſe-
tzet, ſieht ſchwartz von auſſen, inwendig
gelb: daraus wachſen gruͤne Stengel
mit gleichfarbichten zackichten Blaͤtteꝛn
und fleiſchfarbenen Blumen, wie Ro-
ſen geſtalt.
Von dieſem Helleboro ſoll man die
ſchoͤnſten Wurtzeln ausſuchen, daran
die Zaͤſerlein noch hangen, und fein ſau-
ber und trucken ſind.
Sie wird nicht eben viel zur Artzeney
gebrauchet, ohne wenn man das Ex-
tract daraus zurichten will: dagegen
brauchen es die Schmiede deſto oͤfter
fuͤr die Pferde.
DOronicum, insgemein Romanum, die
Roͤmiſche Gemswurtz genennet,
iſt eine kleine Wurtzel, die aͤuſſerlich gelb,
inwendig weiß ſiehet, und einen ſuͤßlich-
ten anziehenden Geſchmack, mit etwas
Schleim vermiſchet, hat. Dieſe Wur-
tzel wird von ihren Zaͤſerlein geſaubert,
und von den Gebirgen in Languedoc,
Provence, in der Schweitz und
Teutſchland zu uns gebracht.
Jn der Erde ſiehet dieſe Wurtzel wie
ein Scorpionſchwantz; daraus wach-
ſen breite Blaͤtter, ſchier wie die wilde
Gurcken- oder Wegbreitblaͤtter; dar-
um wird es auch Aconitum pardalianches
Plantaginis folio geheiſſen.
Man ſoll die Gemſenwurtzeln aus-
ſuchen, die fein dicke, nicht gypſicht oder
wurmſtichicht ſind, die fein weiß ſehen,
wenn ſie zerbrochen werden, auch alſo
ſchmecken, wie oben erwaͤhnet.
Dem Menſchen ſoll ſie ein herrliches
Mittel wider den Gift, den er durch den
Mund zu ſich genommen, den vierfuͤſ-
ſigen Thieren hingegen ein toͤdtlich Gift
ſeyn.
DJe Angelica, ſonſt Archangelica,
und Heiligen Geiſtwurtz genen-
net, iſt ein Gewaͤchs, das haͤuffig in
Boͤhmen waͤchſt, daher es auch den Zu-
namen bekommen; desgleichen in
Spanien/ England, Jtalien/ und
Siehe Fig. 64.auch in Franckreich. Die Wurtzel,
welche als eine Nuß groß, und mit einem
Hauffen des halben Fuſſes langen,
ſchwartzen kleinen Wuͤrtzelgen beſetzt iſt,
ſieht der ſchwartzen Nieswurtz nicht ſo
gar unaͤhnlich. Aus dieſer wachſen viel
dicke, hole, rothgruͤne Stengel, auf wel-
che alſofort dunckelgruͤne zerkerbte
Blaͤtter folgen, nach dieſen kommen die
Dolden oder Kronen, mit weiſſen Bluͤm-
lein beſetzet, und der kleine rund und
breite Samen, welcher in England
mit Zucker uͤberzogen wird, desgleichen
auch die Ribben, welche eben als wie die
friſche Wurtzel, mit Zucker eingelegt,
eingemachte
Angelica.und hernach eingemachte Angelica
genennet werden.
Man ſoll die ſchoͤnſt und dickſten
Wurtzeln von der Angelica nehmen,
die fein lang ſind, und inwendig weiß,
auswendig aber gantz dunckel ſehen; die
auch nicht wurmſtichicht ſind, welchem
Unheil ſie gar ſehre unterworffen zu ſeyn
pfleget, wenn ſie nur ein wenig ſchlecht
in Acht genommen wird. Sie muß
auch einen aromatiſchen, mit etwas Bit-
terkeit vermiſchten Geſchmack und Ge-
ruch haben. Die Boͤhmiſche ſoll al-
len den andern vorgezogen werden,
wenn ſie nur zu haben iſt, ſonſt muß man
ſich wohl mit der, die aus Holl- und
England gebracht wird, begnuͤgen
laſſen.
Auch mag man ſich in Acht nehmen,
daß einer nicht an ihre ſtatt die Wurtzeln
des Mei bekomme, denn die Burgun-
dier ſelbige nach Paris zu bringen, und
denen Unwiſſenden fuͤr die Angelica zu
verkauffen gewohnt ſind. Allein, es kan
dieſes gar leichtlich mercken, wer nur ein
wenig in Acht nimmt, daß die rechte An-
gelica der ſchwartzen Nieswurtz ziem-
lich aͤhnlich iſt, das Meum aber eine Wur-
tzel wie Peterſilge hat, die auſſenher
graulicht, inwendig aber weiß iſt, faſt
ohne Geruch; dahingegen die Angeli-
ca ſchwaͤrtzlicht ſieht, und gar lieblich
riecht.
Die herrlichen Tugenden dieſes Krau-
tes, ſonderlich der Wurtzel, haben ihr
den ſo ſchoͤnen Namen zu wege gebracht.
Sie wird fuͤr ein gewiſſes Mittel wieder
den Gift und die Peſt gehalten, und fruͤh
nuͤchtern, wie und auf was Weiſe es ei-
nem nur beliebet, eingenommen, auch
ſonſt gar viel zur Artzeney gebraucht.
IMperatoria, die Meiſterwurtz, iſt die
Wurtzel eines Krautes, deſſen Blaͤt-
ter gruͤn, rauh und zachigt ſind; nach
denenſelben kommen die Umbellen mit
weiſſen Blumen: aus dieſen entſtehet
ein kleiner Samen, der mit dem Maßi-
liſchen Seſelſamen gar groſſe Verwant-
nuͤß hat.
Von der Meiſterwurtz ſoll man die
ſchoͤnſt- und friſcheſten Wurtzeln ausle-
ſen, die ſich nicht ſo leicht zerbrechen laſ-
ſen; die auswendig braun, inwendig
gruͤnlicht ſehen, ſtarck riechen, und einen
aromatiſchen Geſchmack haben. Hier-
naͤchſt ſoll man die, welche auf dem Ge-
birge in Auvergne/Monts d’or, und an-
dern Gebirgen waͤchſt, derjenigen vor-
ziehen, die in unſern Gaͤrten anzutreffen.
Dieſer Wurtzel werden eben derglei-
chen Eigenſchaften, wie der Angelica
beygeleget: daher geben etliche vor, ſie
habe den Namen Imperatoria deswe-
gen bekommen, weil ihre Tugend und
Kraͤfte ſo vortrefflich, und weil ſie ein
Kaͤyſer, der auf Lateiniſch Imperator
heißt, erfunden.
GEntiana, der Entzian/ iſt ein Ge-
waͤchs, das nach dem Koͤnig Gentius,
der ſeine treffliche Wirckung zu erſt ent-
decket, genennet worden iſt. Es waͤchſt
in groſſer Menge um Chabli in Bur-
gund, und an andern feuchten Orten,
ſowohl in nurgemeldetem Burgund, als
anderwaͤrts in Franckreich, wie nicht
weniger auf den Pyrenaͤiſchen und Al-
pen Gebirgen.
Die Wurtzel, welche wir gantz allein,
und ſonſten nichts von dieſem Gewaͤchſe
verkauffen, iſt bisweilen ſo dicke, als ein
Arm, in kleine, des kleinen Fingers oder
Daumens dicke Wuͤrtzelgen zertheilet,
welche gelb ſind, und uͤberaus bitter
ſchmecken. Die Blaͤtter ſehen den We-
gerichblaͤttern einiger maſſen gleich, und
wachſen allezeit zwey und zwey an ie-
dem Knoten des Stengels beyſammen,
ſeind glatt, bleichgruͤn, und von einem
Ende bis zum andern lauffen erhabene
Nerven oder Adern durchhin. Die
Stengel ſind gerade, ſtarck, zwey bis
drey Fuß hoch, und tragen im Junius
gelbe Blumen, welche rund um dieſen
Stengel und uͤber einander, ſtaffelwei-
ſe, zwiſchen den Blaͤttern hervor wach-
ſen. Jede Blume beſtehet aus einem
eintzigen Stuͤck, welches iedoch in fuͤnff
ſehr ſchmale ſpitzige Theile zertheilet iſt.
Der piſtillus oder das Stielgen in der
Mitten (alſo genennet, weil es mehren-
theils als ein kleiner Staͤmpfel oder
Piſtill ausſiehet) bringt eine Capſul
oder Huͤlſe, welche in zwey Theil zer-
ſpringt, in denen ein Hauffen ziemlich
dicke und doch gar platte Koͤrner ſticken,
die im Julius zu ihrer voͤlligen Reiffe
gelangen.
Man ſoll nur die mittelmaͤßig dicken
Wurtzeln erwehlen, die fein friſch und
wohlgetrocknet ſind, denn im treugen
geht ihnen gar viel ab; auch muͤſſen ſie
von den kleinen Wurtzeln und der Erde
beſtmoͤglichſt gereiniget ſeyn. Jnglei-
chen gebet Acht, daß ſie nicht beym Ofen
getreuget, welches ihr ſtracks erkennen
koͤnnet; denn die beym Ofen getreuget
worden, ſehen inwendig ſchwaͤrtzlicht,
die aber an der Luft getrocknet ſind,
goldgelb.
Man haͤlt dafuͤr, dieſe Wurtzel wider-
ſtehe dem Gift, ja ſelbſt der Peſtilentz/
wegen ihrer alexiteriſchen Kraft. Sie
wird ſtarck zum Theriac und andern
dergleichen compoſitionen gebraucht: iſt
auch ein gutes Schweißmittel, das in
febribus intermittentibus mit gutem Nu-
tzen mag gebrauchet werden, und wird
deshalben die Europaͤiſche Quinqui-
na genennet.
Figure 37. F. 66. Entzian. p. 87 | Figure 38. F. 67. Weiſſer Diptam. p. 87. |
Figure 39. F. 86. Weiſſe Eberwůrtz. p. 92. | Figure 40. F. 69. Scwartze Eberwůrtz. p. 92. |
DJe AnthoraGiftheyl, Eiſenhuͤt-
lein/ iſt nach Tourneforts Mei-
nung, ein Gewaͤchs, etwas ſeltſamer
als der Entzian, und eine Gattung der
Wolffswurtz/Aconiti, ſo denenjeni-
gen, die Wolffswurtz gefreſſen zu einem
Gegengifte dienet, darum es auch C.
Bauhinus Aconitum ſalutiferum, die geſun-
de und heilſame Wolffswurtz, und Ant-
Siehe Fig. 63.hora nennet. Seine Wurtzel iſt aus
zwey kurtzen Ruͤben zuſammen geſetzet,
welche trefflich bitter ſchmecken, inwen-
dig fleiſchicht und weiß ſind, auswendig
braun ſehen, und mit einem Hauffen
Zaͤſerlein umgeben ſind. Der Sten-
gel ſteigt etwa zwey Fuß hoch in die Hoͤ-
he, und iſt bis oben an mit vielen Blaͤt-
tern beſetzt, die an Geſtalt und Groͤſſe
den Blaͤttern der Peterſilie faſt gleich
kommen. Zu oberſt auf dem Stengel
wachſen die Blumen in Geſtalt einer
Aehre, ſehen gelb, und faſt wie ein Kopf
mit einem Helm bedeckt. Der Samen,
welcher ſchwartz und runtzlicht iſt,
waͤchſt in Haͤuslein oder Hoͤrnlein zu
fuͤnff und ſechſen beyſaminen.
Die Wurtzel dieſes Gewaͤchſes iſt ein
trefflich Gegengift, und es gebrauchens
die Bauern in den Alpen und Pyrenaͤi-
ſchen Gebirgen wider der tollen Hun-
de Biß/ wie auch die Colica, mit gutem
Nutzen. Jngleichen erachtet man es
fuͤr das allerkraͤftigſte Mittel fuͤr dieje-
nigen, die das Kraut Thora genoſſen.
Dieſe Thora waͤchſt auf den hoͤheſtenThora.
Bergen. Vorgemeldter Autor nennet
ſie Aconitum pardalianches, die ſtrangu-
lirende und toͤdliche Wolffswurtz, wie
auch Thora major, die groͤſſere Thora.
Jhre Wurtzel iſt knortzicht, wie des Tuͤr-Siehe Fig. 6[2].
ckiſchen Hanefuſſes: die Blaͤtter, die
ziemlich rund, veſte, und umher ausge-
zacket ſind, ſtehen auf gar zarten Stie-
len. Die Stengel, welche nicht hoͤher
als 7. oder 8. Zoll, ſind nach oben zu in
viel Zweiglein zertheilet, und mit etli-
chen gelben Blumen beſetzt, die aus vier
Blaͤttlein beſtehen, zwiſchen denen ein
kleiner Knopf hervorraget, ſchier wie
beym Hanefuß, darinne, wenn die Blu-
me vergangen, etliche platte, und des
Ranunculi Samen nicht unaͤhnliche Koͤr-
ner wachſen.
Mit dem Safte dieſes Krautes wer-
den die Pfeile vergiftet, und damit Woͤlf-
fe, Fuͤchſe, und dergleichen Beſtien ge-
ſchoſſen. Beyde Wurtzeln ſind in un-
ſern Laͤden wenig uͤblich, theils, weil ſie
nicht ſehr bekannt, theils auch, weil gar
ſelten darnach gefraget wird, und eben
deswegen ſchafft man ihrer nicht ziwiel
an.
DIctamnus albus,weiſſer Diptam oder
Fraxinella; deſſen Wurtzeln ſind
weiß, viel kleiner als ein kleiner Finger,
ein wenig bitterlich, und eines ziemlich
Siehe Fig. 67.ſtarcken Geruchs. Die Stengel, die zwey
Fuß hoch, ſind roͤthlicht, voll Blaͤtter,
welche, als wie das Eſchenlaub ſehen:
zu oberſt auf den Spitzen wachſen ein
Hauffen groſſe Blumen, in Form einer
Aehren, welche gris de lin farbicht mit
Purpur vermiſcht ſind, beſtehen aus
fuͤnff gar ſpitzigen Blaͤttlein, nebſt et-
lichen langen zuruͤck gebogenen Zaſern,
in deren Mitten ein piſtillus befindlich,
welcher ein Knoͤpflein in fuͤnff Fach abge-
theilet, bringet, darinne ſchwartze, glaͤn-
tzende, langrunde, an dem einen Ende
zugeſpitzte Koͤrner liegen.
Man ſoll die dickſten Wurtzeln aus-
leſen, die inwendig, wie auswendig,
weiß ſehen, wenig Faſen haben, und ſo
ſauber, als immer moͤglich, ſind.
Es findet ſich dieſes Gewaͤchs in den
Waͤldern in Provence und Langue-
doc. Die Wurtzel iſt alexiteria, und
gut wider den Biß giftiger Thiere,
wider die Wuͤrme und Schneiden im
Leibe, treibt auch den Harn, und wird
desgleichen in morbis convulſivis gebrau-
chet. Zwelffer, Charras und andere
unter den heutigen Scribenten, neh-
men das Pulver von dieſer Wurtzel an
ſtatt des Mehls vom Orobo, zu den tro-
chiſcis ſquilliticis.
DJe weiſſe Eberwurtz/Carlina
oder Carolina, von etlichen auch Cha-
mæleon albus und Chardonerette genen-
net, iſt ein Gewaͤchs, deſſen Wurtzel ei-
nes Daumens dicke, auswendig aufge-
borſten und braun, inwendig aber weiß
iſt, und des halben Fuſſes lang, von ſtar-
cken Geruch und annehmlichen Ge-
ſchmack. Die Blaͤtter, welche rund
herum an der Erde liegen, ſind blaß-
gruͤn, ausgeſchweifft, und ſehr zerſchnit-
ten, an beyden Seiten mit Stacheln
verſehen. Mitten zwiſchen dieſen Blaͤt-
tern ſteht die Blume, hart an der Wur-
tzel, ohne Stiel, und iſt vier bis fuͤnff
Zoll breit, wie ein klein Becken geſtalt,
mit einigen ſpitzigen ſchmalen Blaͤttern
gleichſam verbremet. Die Samen,
welche nach den Blumen kommen, ſind
ziemlich lang, und haben oben einen pap-
pum oder Bart.
Man ſoll die friſche Wurtzel wehlen,
welche fein voͤllig und trucken iſt, ſuͤſſe
ſchmeckt und einen aromatiſchen Ge-
ruch hat; auch muß man wohl Achtung
geben, daß man keine andere dafuͤr be-
komme, die ſonſt gar gerne dafuͤr pflegen
eingeſchoben zu werden, bevoraus wenn
jene theuer iſt.
Sie iſt eines von den allerbeſten Mit-
teln, die wir haben, wider die Peſt, und
wird insgemein dafuͤr gehalten, daß ſie
Carln dem Groſſen zu erſt von einem
Engel ſey gezeiget worden, die Solda-
ten, die in ſeinem Lager mit der Peſt be-
fallen waren, damit geſund zu machen,
welches ihr denn hernach den Namen zu
wege gebracht.
Dioſcorides und Bauhinus nennen die
weiſſe Eberwurtz, Carlina acaulos, flore
magno, ohne Stiel, mit einer groſſen
Blume.
Carlina nigra oder Chamæleon niger,Siehe Fig. 69.
die ſchwartze Eberwurtz ſieht der erſt
beſchriebenen in allen gleich, auſſer daß
ſie einen hoͤhern Stengel, und dunckel-
gruͤne Blaͤtter hat. Matthiolus geden-
cket zwar noch einer andern Art, derer
Blumen purperfarben, allein diß iſt ein
gar rar Gewaͤchs, und hat ſchlechten
Nutzen.
Die Kraft der gemeinen Carlina iſt,
dem Gift zu widerſtehen, Schweiß zu
erregen, den Harn zu treiben, die Ver-
ſtopfungen zu eroͤffnen; deshalben ſie
auch in der Peſt, Waſſerſucht,paſſione
hypochondriaca und dergleichen Kranck-
heiten mehr gebrauchet wird. Dieſes
Gewaͤchſe findet ſich auf den Alpen und
Pyrenaͤiſchen Gebiꝛgen, desgleichen in
Auvergne auf dem Mont d’ or, allwo
beyderley Carlina ſo haͤuffig waͤchſt, daß
die Bauern die Wurtzeln und Koͤpfe,
wenn ſie noch jung und zarte ſind, neh-
men und zur Speiſe gebrauchen. Die-
ſe Koͤpfe ſollen ſich, wie etliche vorgeben,
auf und zu thun, nachdem das Wetter
gut oder boͤſe.
Die Wurtzel der ſchwartzen Carlina
iſt allein in dem Stuͤck von der weiſſen
unterſchieden, daß ſie gemeiniglich oben
als wie halb offen, auch nicht ſo ſchwer,
wie dieſe iſt.
VAleriana major, der groſſe Baldri-
an/ von Johann BauhinValeri-
ana major radice odorata,mit der ſtarck-
Siehe Fig. 70.riechenden Wurtzel, genennet, iſt ein
Kraut, deſſen Wurtzeln Daumens dicke,
auſſenher braun und knorricht ſind, als
ob ſie aus lauter Ringen beſtuͤnden; an
den Seiten ſind ſie mit Zaſern beſetzt, und
haben einen ſtarcken aromatiſchen gantz
unangenehmen Geruch. Er ſchießt drey
Fuß hoch gerade in die Hoͤhe, iſt hol und
hat bey iedem Knoten zwey Blaͤtter ge-
gen einander uͤber ſtehend. Die erſten
Blaͤtter ſind gantz, die andern aber an
beyden Seiten gar ſehr zerkerbet, oft-
mahls bis an den Strunck. Die Blu-
men ſind weiß, riechen wie Jaſinin, und
wachſen in Buͤſchlein, oben auf den
Stengeln, ſehen wie kleine Roͤhrlein, die
zu oberſt in fuͤnff Theile zerſpalten, und
laſſen lange platte Samen hinter ſich,
welche oben einen rauchen weiſſen Bart
haben.
Der kleinen Valeriana WurtzelnSiehe Fig. 71.
ſind
[]
Figure 41. Groſſer Baldrian. F. 70. p. 91. | Figure 42. Kleiner Baldrian. F. 71. p. 92. |
Figure 43. Cormentille Wůrtz. F. 73. p. 93. | |
Figure 44. Ratter Wůrtz. F. 74. p. 94. | Figure 45. Bertram. F. 79. p. 97. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
ſind klein und riechen gut: ihre Blaͤtter,
welche eintzeln wachſen, ſind faſt laͤng-
licht rund, iedoch am Ende zugeſpitzt.
Die Stengel, ſo nicht hoͤher, denn einen
Fuß und etliche Zoll, haben bey iedem
Knoten zwey Blaͤtter, welche bis an die
Ribbe hinein gantz ſubtil zerkerbet ſind.
Die Blumen ſind purpurroͤthlicht, der
groͤſſern Valeriana Blumen gleich, ie-
doch gar zart und klein; der Samen des-
gleichen.
Belangend die Wahl dieſer beyden
Wurtzeln, da ſollen ſie fein friſch und
wohl getrucknet ſeyn, auch ſo wenig Zaͤ-
ſerlein haben, als nur moͤglich. Dieſe
Wurtzeln, beſonders die vom groſſen
Baldrian, werden wider Gift und Peſt
gebraucht, desgleichen in lang anhalten-
dem Huſten, Engbruͤſtigkeit/ und der
Waſſerſucht. Einige Autores nennen
dieſe Wurtzel Phu Ponticum.
DJe Baͤrwurtz,Meum, dem die Al-
ten den Zunamen Athamanticum,
von dem Griechiſchen Gebirge Athaman-
the gegeben, iſt eine Wurtzel in der Di-
cke des kleinen Fingers, auswendig
ſchwaͤrtzlicht, inwendig weißlicht, ſcharff
und ein wenig bitter, dabey eines ziem-
Siehe Fig. 72.lich aromatiſchen Geruchs. Die Blaͤt-
ter gleichen den Fenchelblaͤttern, ſind
aber um ein gutes kleiner, vielmehr zer-
kerbet, und weit zaͤrter. Die Stengel,
ſo eines Fuſſes hoch, ſind mit Dolden
oder Kronen beſetzet, deren weiſſe
Bluͤmlein aus fuͤnff kleinen Blaͤttlein
beſtehen, nach welchen zwey braune
Samenkoͤrnlein kommen, die viel dicker,
als der Fenchelſamen ſind, auch viel-
mehr Holkehlen haben. Dieſes hat et-
liche veranlaſſet zu glauben, es ſey das
Meum eine Gattung des Fenchels oder
Dille, daher ſie es auch Fœniculum con-
tortum,zuſammen gedreheten Fen-
chel geheiſſen.
Die Wurtzel des Mei dient wider den
Gift/ und iſt deswegen wohlgethan,
daß ſie zum Theriac genommen wird.
Sie iſt auch ein Schweiß- und Harn-
treibend Mittel.
Alle Baͤrwurtz, die wir verkauffen,
wird von den Bergen in Auvergne und
Burgund, auch von den Alpen und
Pyrenaͤiſchen Gebirgen gebracht.
DJe Tormentille, welche zur Artz-
ney gebraucht, und von Caſpar
BauhinTormentilla ſylveſtris, die wil-
de genennet wird, iſt eine knollichte und
Daumens dicke Wurtzel, ſieht braun
oder roͤthlicht von auſſen, hat einen an-
ziehenden Geſchmack, und iſt mit einigen
Zaͤſerlein umgeben. Die Blaͤtter ſe-
hen dem Fuͤnfffingerkraute gleich, ſind
glatt und glaͤntzend, ſtehen zu ſechs und
ſieben auf einem Stiele. Die Stengel
ſind niedrig, kurtz, aͤſtig, tragen etliche
gelbe Bluͤmlein, mit vier Blaͤttlein,
nach denen ein Knopf zu finden, darin-
ne etliche kleine Samen beyſammen
ſtecken.
Die Tormentille waͤchſt an graſich-
ten und feuchten Orten auf den Alpen
und Pyrenaͤiſchen Gebirgen. Die
Wurtzeln werden zu den alexiteriſchen
compoſitionen genommen, treiben den
Schweiß, und widerſtehen dem Gifte;
werden auch im Durchlauff verord-
net.
Man erwehle die Tormentillwur-
tzel, die fein friſch, trucken, und in war-
men Landen gewachſen iſt, denn ſie beſ-
ſer als die, welche in unſern Gaͤrten
waͤchſt.
Die Biſtorta,Natterwurtz, iſt einSiehe Fig. 74.
Kraut, deſſen Wurtzel Daumens dicke,
gekruͤmmet und in einander verwickelt
iſt, ſieht auswendig braun, inwendig
fleiſchfarben, wird mit haarichten Faſen
umgeben, und hat einen anziehenden
Geſchmack. Die Blaͤtter, die ſchier wie
der Grindwurtz Blaͤtter ſehen, ſind oben
her lichtgruͤn, unten aber meergruͤn.
Der Stengel, der ebenfalls mit etlichen
Blaͤttern beſetzt iſt, die aber kleiner ſind
als die erſten, ſtehet im May in der Bluͤ-
te. Die Bluͤmlein, welche in einer Aeh-
re gantz gedrungen beyſammen ſitzen,
ſind fleiſchfarben, aber ſehr klein, laſſen
iedwe-
[]Der Spezereyen und Materialien
iedwede einen Samen hinter ſich, mit
drey ziemlich ſcharffen Ecken. Caſpar
Bauhin nennet dieſe Sorte biſtorta
major, radice magis intorta, die Natter-
wurtz mit gar ſehr gekruͤmmter
Wurtzel.
Die Schlangen- oder Natter-
wurtz waͤchſt auf den Alpen und Py-
renaͤiſchen Gebirgen, wie auch in Au-
vergne, und anderswo. Sie wird in
ſolchen Zufaͤllen gebrauchet, wo adſtrin-
gentia, anhaltende Dinge noͤthig ſind,
z. E. im Durchlauff und Bruͤchen; ſo
iſt ſie auch ein ſtaͤrckend Mittel, und die-
net wider den Gift.
Man ſoll aber die erwehlen, die da
fein friſch und voͤllig iſt, auſſenher braun,
inwendig roͤthlich ſiehet, und in warmen
Laͤndern gewachſen.
WJr verkauffen insgemein drey
Sorten Oſterluzey, naͤmlich, die
lange/ die runde/ und die kleine. Auch
giebt es noch eine andere Gattung, Ari-
ſtolochia clematites und ſarmentoſa ge-
nennet: weil wir aber mit dieſer nichts
zu thun haben, ſo will ich auch nichts
weiter von ihr gedencken.
Die runde Oſterluzey hat eine run-
de, knollichte und fleiſchichte Wurtzel,
unterſchiedener Groͤſſe und Dicke; denn
etliche haben bis drey Zoll im Durch-
ſchnitt: ſind irregular, d. i. meh-
rentheils unten breit, und voller Bu-
ckel, faſt wie die Erdnuͤſſe. Dieſe Wur-
tzel, die uͤber die maſſen bitter iſt, ſieht in-
wendig gelblicht, auswendig braun, und
hat keinen unangenehmen Geruch; iſt
ſonſt mit einigen ſubtilen Zaͤſerlein ver-
ſehen. Aus dem oberſten Theile ſchieſ-
ſen viel Stengel hervor, welche ſich einen
Fuß hoch in die Hoͤhe erheben: die Blaͤt-
ter ſitzen Wechſelsweiſe daran, ſind ziem-
lich rund, und haben keine Stiele, ſon-
dern umgeben den Stengel mit dem un-
tern Theile, welcher ausgeſchnitten iſt,
und wie zwey runde Ohren ſiehet. Die
Blumen kommen zwiſchen dem Stengel
und Blaͤttern hervor, ſind als wie kleine
gelbe Roͤhrlein mit anderthalb Zoll lan-
gen Strichen bezeichnet, die von der Mit-
ten an creutzweis durcheinander lauffen,
ſie ſind als wie eine Ochſenzunge ausge-
breitet, und ſehen ſchwartzroth, mehr-
mahls gar Rusfarben; haben aber kei-
nen Geruch. Der Samen iſt ſchwartz,
uͤberaus ſubtil und breit, ſchier drey-
eckigt, und liegt in kleinen Haͤuslein ver-
ſchloſſen, welche zu anfangs gruͤn ſind,
hernach aber, wenn ſie zeitig, braun wer-
den, und der Laͤnge nach in ſechs Zellen
abgetheilet werden.
Der langen Oſterluzey Wurtzel
ſieht einem Rettich gleich, iſt aber viel
dicker und laͤnger, fleiſchicht, bruͤchicht,
braun von auſſen, gelblicht innen, ſehr
bitter, und mit etlichen Zaͤſerlein umge-
ben. Sie hat laͤngere Stengel, als die
runde, welche an der Erde liegen, und
die Blaͤtter ſitzen eben alſo dran, eins
ums andre, wie an der vorigen, ſind aber
nicht ſo rund, und haben einen kleinen
Stiel. Die Blumen ſehen bey nahe,
wie die Blumen der runden Oſterluzey,
hingegen ſind die Fruͤchte, wie eine kleine
Birne, welche ebenfalls in ihren Zellen
gantz platte ſchwartze Samen beſchlieſ-
ſen.
Die Oſterluzey, welche Johann
BauhinAriſtolochiam polyrrhizon, die
Oſterluzey mit vielen Wuꝛtzeln nen-
net, und Caſpar Bauhin,Ariſtolochi-
am, dictam Piſtolochia, die Oſterluzey,
welche auch Piſtolochia genennt
wird, iſt unter dieſen Wurtzeln die aller-
kleinſte, und beſtehet aus einer unzehl-
baren Menge ſubtiler gelber Zaͤſerlein,
welche alle an einem faſichten Kopfe
hangen, ſehr bitter ſchmecken, und gar
angenehme riechen. Die Stengel ſind
ſchwanck und zart, liegen an der Erde,
ſind auch ebenmaͤßig wechſelsweiſe mit
kleinen bleichgruͤnen Blaͤttern beſetzt,
die wie ein umgekehrtes Hertz ausſehen.
Zwiſchen den Blaͤttern und StengelnSiehe Fig. 77.
wachſen die Bluͤmlein hervor, welche
zwar der runden ihren Blumen gleich
ſehen, dennoch aber viel kleiner ſind,
von Farbe gelblicht, mit untergemiſch-
ter Rusfarbe: es ſind auch die Fruͤchte
viel kleiner. Und dieſe Oſterluzey ver-
kauffen wir unter dem Titel Ariſtolochia
tenuis, die geringe Oſterluzey, ob esGeringe oder
kleine Oſter-
luzey.
ſchon nicht recht iſt, und das Lateiniſche
Wort tenuis nicht gering, ſondern zart
und ſubtil heißt.
Figure 46. Ruͤnde Oſterluͤceij. F. 75. p. 95. | ||
Figure 47. Aristolochia Clematites. F 78. p. 97. | ||
Figure 48. Lange Oſterlůceij. F. 76. p. 95. | Figure 49. Kleine Oſterlůceij. F. 77. p. 96. | |
Figure 50. Weiſſer Wiederſtoß. F. 81. p. 99. | Figure 51. Rother Wiederſtoß. F. 82. p. 100. | |
Der Ariſtolochia Clematites Wurtzeln
lauffen auf allen Seiten aus, ſind bitter
und haben einen nicht unangenehmen
Geruch. Die Stengel ſind zwey bis
drey Fuß hoch, gerade, veſte, ſtaͤrcker
denn der vorhergehenden, daran die
Blaͤtter gleichermaſſen wechſelsweiſe
ſitzen, welche wie ein umgekehrtes Her-
tze geſtalt und blaßgruͤn ſind, und ziem-
lich lange Stiele haben. Die Blumen,
welche haͤuffig zwiſchen den Blaͤttern
heraus wachſen, ſind bleichgelb, eben
wie die andern formiret, nur daß ſie klei-
ner. Dagegen ſind ihre Fruͤchte um
ein gutes dicker, laͤnglicht rund, und in
ſechs Haͤuslein abgetheilet, voll breite
und ſchier dreyeckigte Samen. Dieſe
Gattung wird bey Caſpar Bauhin
Ariſtolochia Clematites recta genennet.
Alle dieſe Arten der Oſterluzey trifft
man in Provence und Languedoc,
in den Wieſen und Weinbergen an, aus-
genommen die kleine, welche die Buͤ-
ſche, die Olivenfelder und duͤrre ſteinich-
te Huͤgel in ſelbiger Landſchaft liebet,
auch viel ſtaͤrcker und aromatiſcher iſt.
Deswegen haben Rondelet und
Charras allerdings recht, daß ſie an
ſtatt der gemeinen die kleine Oſterluzey
zum Theriac gebrauchen.
Alle Sorten der Oſterluzey vertrei-
ben die Verſtopfungen, und purgiren:
werden immerfort in decoctis, injectio-
nibus, lotionibus und potionibus deter-
ſivis \& vulnerariis, in abfuͤhrenden Cly-
ſtiren und Wundtraͤncken gebrauchet.
Weil die gemeine Oſterluzey in mei-
ner Handlung nicht befindlich: haͤtte ich
ſie nicht beſchrieben, wenn es nicht des-
wegen geſchehen waͤre, damit man den
Unterſchied zwiſchen ihr und der klei-
nern erkennen moͤchte.
Es ſollen aber die Wurtzeln, wenn
man die auslieſet, trucken und fein voll-
kommen ſeyn, vornehmlich die runde
und die lange, denn zuweilen findet man
gantz ausgedoͤrrte, eingeſchrumpfte und
ausgetreugte drunter, daran nichts als
die bloſſe Haut iſt: hingegen iſt die gute
Oſterluzey gar ſchwer, inwendig gelb,
auswendig grau, darneben ſehr dichte.
Die kleinere ſoll feine ſchoͤne Wurtzeln
haben, der ſchwartzen Nieswurtz ihren
nicht ungleich, recht voͤllig und ſo friſch
und trucken, als immer moͤglich. Dieſe
kleinere Oſterluzey wird ſchier zu nichts
als zum Theriac gebraucht.
PYrethrum, der Bertram, iſt eine Wur-
tzel von mittelmaͤßiger Laͤnge, des klei-
nen Fingers dicke, auswendig grau, in-
wendig weißlicht, mit etlichen Zaͤſerlein
beſetzt, ſcharffes und brennenden Ge-
Siehe Fig. 79.ſchmacks. Sie hat kleine gruͤne Blaͤtter,
und leibfarbene Blumen, die ſchier wie
die Tauſendſchoͤngen ſehen.
Man ſoll ſolch Pyrethrum auſſuchen,
welches fein friſch, vollkommen, tru-
cken, uͤbel zu zerbrechen, und von Farbe
und Geſchmack, wie obgedacht, iſt.
Wir bekommen den Bertram uͤber
Marſeille, aus dem Koͤnigreiche Tunis,
woſelbſt er insgemeine waͤchſt. Er wird
zu Stillung des Zahnwehes gar ſehr
gebraucht, da er dann im Munde gehal-
ten wird: hat auch ſonſten andern Nu-
tzen mehr in der Artzney. Man braucht
ihn auch zum Eßigmachen. Es wollen
etliche, der Koͤnig in Egypten Pyrrhus
habe ihm den Namen zu erſt gegeben,
weil er ſeine Kraft zu allererſt entdecket,
denn ſie, wie andere Wurtzeln mehr,
die den Speichel erregen, auswerffen
macht.
Es giebt noch eine andere Gattung
Bertram, auf Frantzoͤſiſch Pied d’ Ale-Pied d’ Ale-
xandre.
xandre genannt, welches eine kleine, des
halben Fuſſes lange Wurtzel iſt, von auſ-
ſen braun und graulicht, inwendig weiß-
licht, und mit einigen Zaͤſerlein verſehen,
darauf ſtehet ein Buſch, wie auf der
Baͤrwurtz. Der Geſchmack iſt ſcharff
und beiſſend, bey nahe wie des Ber-
trams, um welches willen er auch wil-
der Bertram genennet wird. DieſesSiehe Fig. 80.
Gewaͤchs hat gar ſehr kleine gelbgruͤne
Blaͤtter, und bleichrothe Kronen. Wir
bekommen es aus Holland und von
andern Orten her.
Man muß ſolche Wurtzeln auſſuchen,
die fein dicke, wie die vorhergehende ſind;
hingegen die, welche wie Faͤden ſind, weg-
werffen. Dieſe Wurtzel wird, gleich
der vorigen, zum Eßigmachen ge-
braucht.
DJe weiſſe Been-Wurtz/ ſieht der
Bertramwurtzel gleich, iſt auswen-
dig graulicht, inwendig ein wenig weiſ-
ſer, und hat ſchier keinen Geſchmack:
wenn man ſie aber ein klein wenig im
Munde behaͤlt, ſo hinterlaͤßt ſie eine gar
ungemeine Bitterkeit.
Dieſe Wurtzel wird nebſt der folgen-
den von einerley Orten zu uns gebracht;
ihre Blaͤtter ſehen auch bald eben als wie
Siehe Fig. 81.derſelben Blaͤtter aus, ohne daß annoch
unten an einem iedweden vier kleinere
Blaͤttlein gegeneinander uͤber ſtehen,
von gleicher Farbe und Geſtalt. Dar-
zwiſchen ſteiget ein hoher Stengel in die
Hoͤhe, an welchem auch noch einige
Blaͤttgen ſitzen, und ſchuppichte Knoͤ-
pfe, welche, wenn ſie ſich aufgethan,
kleine gelbe Blumen hervor bringen.
Man erwehle die Beenwurtz/ wel-
che dicke, nicht wurmicht, nicht bruͤchig,
und ſo friſch, als immer moͤglich iſt, auch,
wie obgemeldet, ſchmecket. Sie wird
eben dazu gebraucht, dazu man die rothe
brauchet, ja oftmahls eine fuͤr die andere
genommen.
Die rothe Beenwurtz wird, als wie
die Jalappe, in Stuͤcke zerſchnitten,
vom Berge Libanon und andern Or-
ten in Syrien uns uͤberbracht. Sie
hat die Geſtalt einer groſſen Ruͤben,Siehe Fig. 82.
wenn ſie noch in der Erde ſteckt, iſt mit
Zaͤſerlein beſetzet, ſieht auswendig
braun, inwendig roͤthlicht, daraus wach-
ſen lange gruͤne Blaͤtter, die wie des Li-
monii, des vermeinten rothen Beens
Blaͤtter auſſehen, deshalben es auch et-
liche fuͤr das andere Geſchlechte deſſel-
ben halten. Jn Mitte der Blaͤtter er-
heben ſich die Stengel mit rothen Blu-
men, zwey und zwey beyſammen, be-
ſetzt, dieſelben ſehen bald wie kleine Gra-
natenbluͤten, oder wie die Bluͤte des
Pfeffers aus Jamaica.
Man mag die auſſuchen, welche fein
trucken, hoch an der Farbe und friſch
ſind, denn ſie leichtlich verderben: ſie
muͤſſen auch einen anziehenden aroma-
tiſchen Geſchmack haben. Sie werden
nicht eben ſonderlich zur Artzney ge-
braucht, mehrmahls aber nehmen dieje-
nigen, die ihrer noͤthig haben, an ihre
ſtatt, dieweil ſie ſo gar rar iſt, die Wur-
tzel der Angelica, Zittwer, Borragen
und Ochſenzungen, welches aber nur aus
dringender Noth geſchehen ſoll. Dieſe
Wurtzel wird fuͤr ein hertzverwahrend
Mittel wider den Gift gehalten.
ORcanette, die rothe Ochſenzungen-
wurtz, iſt mittelmaͤßig lang und
dicke, auswendig dunckelroth, inwendig
weiß, traͤgt gruͤne rauhe Blaͤtter, gleich
den Ochſenzungenblaͤttern, daher ſie
auch wilde Ochſenzunge genennet
wird. Mitten aus den Blaͤttern ſchießt
ein gerader Stengel hervor, mit kleinen
Blaͤttern und Knoͤpflein, darauf blau-
lichte (bleu mourant) Bluͤmlein, wie
Sternlein ſtehen, beſetzt.
Man erwehle die Anchuſa, welche
friſch, zaͤhe, und doch treuge iſt, aus-
wendig dunckelroth, inwendig weiß ſie-
het, und einen kleinen blauen Kopf hat;
die auch eine huͤbſche rothe Farbe giebt,
wenn man ſie entweder angefeuchtet,
oder alſo trucken auf dem Nagel und der
Hand gerieben hat.
Dieweil aber ſolche Farbe nur auſ-
ſenher an der Wurtzel haftet, darum
nehmen diejenigen, welche Wachs, Fett
und Oel damit faͤrben wollen, die dicken
nicht ſo gerne, als die duͤnnen, mit de-
nen, wenn ſie wohl gereiniget ſind, ſie
uͤberaus ſchoͤn roth zu faͤrben wiſſen,
nur daß keine Feuchtigkeit an denenje-
nigen Dingen, die ſie faͤrben wollen, be-
findlich ſey. Sie waͤchſt in Provence/
deswegen hohlen wir ſie von Marſeille
und Nismes in Languedoc. Sie
wird ſehr oft in der Artzney gebraucht,
und hat ſchier keine andere Eigenſchaf-
ten als die obige.
Figure 52. Spaniſche Sarſaparille. | Figure 53. Sarſaparille von Marignan. F. 87. p. 103 |
Figure 54. Färberröthe. F. 85. p. 101. | Figure 55. Clina Wůrtzel. F. 88. p. 103. |
Figure 56. Gemeine Ochſen Zůngen Wůrtz F. 83. p. 99. | [figure] Figure 57. Orientaliſche Ochſen Zůngen Wůrtzel F. 84. p. 101. |
Figure 58. Wilder Bertram. F. 80. p. 98 | |
Figure 59. Saſel Wůrtz. F. 89. p. 103. | Figure 60. Steingůnderman. F. 90. p. 104 |
Die Orientaliſche oder Conſtanti-
nopolitaniſche Anchuſa iſt einer gar
wunderſamen Natur, ſowohl was ihre
Groͤſſe und Dicke; denn ſie offt ſo ſtarck
als ein Arm; als auch ihre Geſtalt; maſ-
ſen ſie dem Anſehen nach nichts anders
iſt, als ein Buͤndlein lang und breiter
Blaͤtter, die wie dick zuſammengerollter
Tabac anzuſchauen; und endlich die
Vielheit der Farben belanget, unter de-
nen die vornehmſte die dunckelrothe iſt,
auf welche zu etlichen mahlen gar ſchoͤn
violbraun folget: zu oͤberſt aber ſieht ſie
weiß und blaulicht, wie verſchimmlet
aus, welches gleichſam ihre Blume.
Mitten in der Wurtzel befindet ſich der
Kern, welches eine kleine ſubtile Rinde
iſt, ſo lang, als wie die Zimmtroͤhren,
ſieht auswendig gar ſchoͤn roth, inwen-
dig weiß: Dieſe Anchuſa wird ſelten ge-
braucht, ob ſie gleich beſſer iſt als die
unſrige.
GArance, die Faͤrberroͤthe, iſt eines
bekannten Krautes Wurtzel, davon
die Hollaͤnder ſo groſſen Gewinn ziehen,
weil ſie dieſelbige in groſſer Menge an
unterſchiedene Orte, ſonderlich nach
Franckreich verſenden.
Wir bekommen dreyerley Art Roͤthe,
die wir um beſſeren Unterſchieds willen,
Garance en
branches.Garance enbranches, Garance en grappe ou
robbée, und Garance non robbée zu nennen
pflegen. Garance en branches heißt dieje-
nige Roͤthe, davon uns die Wurtzel ohne
die geringſte Bereitung, ſo wie ſie aus
der Erden kommt, iedoch getrocknet, zu-
Garance en
grappe ou rob-
bée.geſendet wird. Garance en grappe ou
robbée iſt diejenige, welche, nachdem die
aͤuſſerſte Haut oder Schale davon abge-
zogen, auf ſonderlichen Muͤhlengroͤblich
zerſtoſſen worden iſt, ſo wie wir ſie fuͤh-
ren. Garance non robbée, heißt, wenn dieGaranec nen
robbée.
gantze Wurtzel, ohne daß das geringſte
davon genommen worden, zu Pulver
gemahlen iſt. Daß derowegen die mit-
telſte Sorte die beſte iſt, welche, wenn ſie
recht beſchaffen, erſt kuͤrtzlich aus den
Ballen oder Tonnen ſoll genommen
ſeyn, und blaßroth ſehen; ie aͤlter ſie
aber wird, ie ſchoͤner und roͤther muß
ſie werden. Die Seelaͤndiſche wird
fuͤr die beſte gehalten. Die Faͤrber brau-
chen die Roͤthe.
DJeſes ſind die langen Faͤden von der
Wurtzel eines Gewaͤchſes, welches
die Mauern und Baͤume hinan kreucht;
deſſen Blaͤtter lang, ſchmal und ſpitzig,
voller Nerven oder Adern, und gruͤn
ſind. Unter den Blaͤttern wachſen klei-
ne Zaͤſerlein, wie die Gaͤblein am Wein-
ſtock, damit hencket es ſich an die Baͤu-
me. Zu oberſt an den Aeſten wachſen
kleine weiſſe Bluͤmlein, wie Sternlein,
daraus entſtehen kleine rothe ſaͤuerliche
Fruͤchte.
Die Sarſaparille waͤchſt haͤuffig in
Spanien und Peru, wie auch in Oſtin-
dien, und liebet feuchte moraſtige Oer-
ter.
Etliche geben vor, die Sarſaparil-
le ſey eben dasjenige Gewaͤchſe, welches
in Franckreich haͤuffig im Wilden
waͤchſt, und Smilax aſpera major, die groͤſ-
ſere Stechwinde, genennet wird.
Dem ſey nun wie ihm ſey, genug, daß
wir drey Sorten der Sarſaparille
verkauffen, die Jndianiſche, die Spa-
niſche/ und die dicke aus Marignan.
Unter dieſen iſt die Spaniſche die ſchoͤn-
ſte und beſte, welche, wenn ſie, wie ſie
ſoll, beſchaffen iſt, als wie lange Faͤden
ſeyn muß, in der Dicke einer Schreib-
feder, von auſſen grau, inwendig weiß,
mit zwey roͤthlichten Adern verſehen;
ſie muß ſich auch leichte ſpalten laſſen,
und alsdann nicht ſtaubicht oder wur-
micht ſeyn: desgleichen muß ſie das
Waſſer, darinne ſie gekocht wird, roth
anfaͤrben. Die Feuchte, gantz duͤnne,
und die voll Haare iſt, ſoll man wegwerf-
fen, wie nicht weniger eine weiſſe Art
Hollaͤndiſcher Sarſaparille, welche
in kleine Buͤndlein gebunden, und an
beyden Enden abgeſchnitten iſt. Es
wollen auch etliche vorgeben, ob ſey die
roͤthlichte Sarſaparille/ welche ge-
meiniglich in langen Gebunden von
G 2Mar-
[]Der Spezereyen und Materialien
Marſeille gebracht wird, nicht ſo gar
gut. Allein, ich fuͤr meine Perſon, will
verſichern, daß ich nicht den geringſten
Unterſchied zwiſchen ihr und der Spa-
Siehe Fig. 87.niſchen finden koͤnnen. Die dicke und
falſche Sarſaparille von Marignan,
welche einige, wiewohl unrecht, die
Moſcowitiſche nennen, ſoll man
ſchlechterdings verwerffen, denn ſie viel
eher zum Feuer anmachen, als zur Artz-
ney dienlich iſt; ſie ſieht auch viel eher
einem Bund Reißig, denn der Sarſa-
parille aͤhnlich.
Die Sarſaparille wird zu vielerley
Traͤncken und zu ſolchen Kranckheiten,
die man gerne verſchwiegen haͤlt, ge-
brauchet, wie auch diejenigen, die ſich
in der Kuͤche zu ſehr uͤberladen, wiede-
rum geſchlanck zu machen.
DJe China/ welche wir Squine, auch
gemeiniglich Eſquine nennen, iſt ei-
ne knorrichte, hoͤckrichte Wurtzel, ſieht
inwendig und auswendig roͤthlicht;
wenn ſie in der Erde ſteckt, treibt ſie
Stengel hervor, welche die Baͤume hin-
ankriechen, und aus denen groſſe, gruͤne,
wie Hertzen formierte Blaͤtter entſprieſ-
ſen; der gantze Stengel iſt voll Stacheln,
wie die Dornen.
Die China, die wir verkauffen,
kommt von mancherley Orten aus Jn-
dien und China, ſowohl uͤber Holl-
und England, als auch uͤber Marſe-
ille; manchmahl rohe, d. i. wie ſie aus
der Erden kommt, meiſtens aber von
der erſten Schale zum Theil geſaubert,
damit ihr die aͤuſſerſten Spitzen koͤnnen
genommen, und ſie um ſoviel theurer
verkauffet werden.
Man ſoll die China erwehlen, wel-
che wichtig und hartzicht iſt, die ſich nicht
wohl ſchneiden laͤßt, und die von der er-
ſten Schale geſaubert, an Farbe aber
roͤthlicht iſt. Dabey muß man Acht ha-
ben, daß ſie nicht von Wuͤrmen zerfreſ-
ſen, oder die Loͤchlein mit Bolus und an-
derer leimichten Erde verſchmieret ſeyn,
welches nur gar zu ofte geſchicht.
Es wird die China ſehr zu Schweiß-
traͤncken gebrauchet, und zu eben ſol-
chen Sachen, als wie die Sarſaparille,
dannenhero wird man gar ſelten eine oh-
ne die andere finden.
Jn den Antillen Jnſeln waͤchſt eine
dicke Wurtzel, welche ihrer etliche fuͤr die
wahrhafte China ausgeben; weil die-
ſes aber ſich nicht behaupten laͤßt, des-
wegen mag der Leſer des P. Tertre Buch
nachſchlagen, der gar fein und weitlaͤuff-
tig davon geſchrieben. Dieweil ieden-
noch ſolche Nachricht gar nichts zu mei-
nem Vorhaben hilfft, darum habe ich ſie
auch allhier nicht anfuͤhren moͤgen.
DJe Haſelwurtz, auf Lateiniſch
Aſarum, Frantzoͤſiſch Cabaret und
Nard ſauvage, iſt eine Wurtzel, die in
Levante an vielen Orten, in Canada,
auch ſelbſt in Franckreich ſehr gemei-
ne iſt, ſonderlich gegen Lyon zu, von
daher wir alles bekommen, was wir da-
von verthun.
Dieſe Wurtzel treibt lange Stengel
hervor, an deren aͤuſſerſten Enden gruͤ-
ne, dicke und wie ein Hertz geſtalte Blaͤt-
ter, nebſt roͤthlichten Blumen, die wie
Roſenknoſpen ſehen, wachſen.
Man ſoll, dafern es moͤglich, die Ori-
entaliſche Haſelwurtz erwehlen, wel-
che feine huͤbſche Wurtzeln hat, die we-
der faſicht noch zerſtoſſen, ſondern innen
und auſſen graulicht ſind, durchdringen-
den Geruchs, und eines ſcharffen mit
etwas Bitterkeit vermiſchten Ge-
ſchmacks. Auch muß man Achtung ge-
ben, daß es nicht die Wurtzeln der Aſa-
rina (von den Kraͤuterweibern Stein-
gundermann genennet) ſind, die wir
oftmahls aus Burgund bekommen:
dieſes aber kan man gar bald gewahr
werden, dieweil das Aſarum kleine grau-
lichte Wurtzeln hat, in der Dicke einer
Schreibefeder, der Aſarina WurtzelnSiehe Fig. 90.
hingegen ſind gar klein und ſchwaͤrtzlicht,
duͤrre, trucken, und ſo voll Haare, daß
man nicht weiß, was es ſeyn ſoll, und
Muͤhe genug giebt, die rechten Wur-
tzeln von dieſen Faſen zu unterſcheiden.
Die Haſelwurtz wird wenig in der
Artzney gebraucht, ſondern meiſtentheils
den
[]Hauptbeſchreibung ’erſten Theils zweytes Buch.
den Pferden wider die Raude, von einer
bis zu zwey Untzen mit ungefeuchteten
Kleyen gegeben, iſt auch ein trefflich Mit-
tel wider dieſen Mangel, dahero anietzo
eine gute Menge verthan wird.
Noch iſt zu mercken, daß die Wurtzeln
des Aſari bey nahe oben auf der Erde
liegen, und nicht gar tieff hinein
gehen: wie auch, daß unter ihnen
einige zu finden, an denen, ohngefehr ei-
nes Schuhes tieff in der Erde, eine Gat-
tung runder Knollen hangen, die von
auſſen gelb ſehen, inwendig aber weiß
ſind; wenn man dieſelben trucket, geht
eine Milch heraus, die wie Feuer brennt.
Jch habe dieſes deswegen hierbey erin-
nern wollen, wil mir nicht wiſſend, daß
ſolches iemahls bekannt geweſen, oder
daß iemand davon geſchrieben haͤtte.
DAs Suͤßholtz/ Frantzoͤſiſch Regliſſe,
Lateiniſch Glycyrrhiza, Liquiritia,
radix dulcis, iſt ein Gewaͤchs, deſſen Blaͤt-
ter klebricht, gruͤn, glaͤntzend und halb-
rund ſind, die Blumen an Farbe den
purpurfarbenen Hyacinthen gleich;
nach dieſen kommen die Schoten, wel-
che zuſammen eine runde Kugel vorſtel-
len, und den Samen beſchloſſen halten.
Das Suͤßholtz, das wir zu Paris
haben, koͤmmt in gantzen Ballen von
unterſchiedenen Orten in Spanien/
vornehmlich aber aus der Gegend um
Bayonna und Saragoſſa, der
Hauptſtadt in Arragonien, woſelbſt es
in uͤberaus groſſer Menge waͤchſt.
Man ſoll das Suͤßholtz erwehlen,
welches dichte und Fingers dicke iſt, aus-
wendig roͤthlicht, inwendig gelb ſiehet,
ſich leicht zerſchneiden laͤßt, und einen
ſuͤſſen angenehmen Geſchmack hat, gleich-
wie das Sarragoßiſche/ welches auch
das beſte, und derohalben billich dem von
Bayonne vorgezogen werden ſoll, denn
daſſelbe ſieht auſſenher ſchwartzgrau, iſt
gar duͤnne und voll Erde, laͤßt ſich auch
nicht wol erhalten. Man muß groſſe Muͤ-
he anwenden, es ſo zu verwahren, daß es
nicht verderbe, denn ſobald dieſe Wahre
nur einmahl angegangen, iſt es nicht an-
ders, als ob es den Brand bekommen,
und wenn ein Stuͤck einmahl an beyden
Enden zu verderben anhebt, ſo wird das
uͤbrige in kurtzen auch verdorben ſeyn:
und dieſes geſchieht vornehmlich, wenn
es im Regen oder in der Kaͤlte gefuͤhret
worden, desgleichen, wenn es im Keller
gelegen hat.
Was das truckne Suͤßholtz betrifftTrucken
Suͤßholtz.
Diejenigen,
welche mit
dem Süß-
holtz han-
deln, will ich
hiermit war-
nen, daß ſie
ſich nicht mit
etwas ver-
wirren/ wel-
ches ſie nicht
recht verſte-
hen oder ken-
nen. Denn es
iſt keine kuͤtzli-
chere Wahre,
als dieſe, da-
zu ſo viel Ver-
ſtand gehoͤ-
rig, ſo wohl
dieſelbe zu
erhalten, als
auch Gewinn
damit zu ma-
chen. Allein
der Umſtaͤnde
ſind ſo viel,
daß ſie etliche
Bogen Pap-
pir erforder-
ten, wenn
man ſie alle
eꝛoͤffnen ſolte.
daſſelbige ſoll gelb und recht trucken ſeyn:
dabey man ſich in Acht zu nehmen hat,
daß es nicht der Ausſchuß derer Ballen
ſey, denn ſolcher insgemein ſchwartz, ver-
ſtockt und nichts nuͤtze iſt.
Der Gebrauch des Suͤßholtzes iſt
alſo bekannt, daß ich mich nicht dabey
aufhalten mag.
Wenn man zwey bis drey Untzen des
trocknen und gepuͤlverten Suͤßholtzes,
mit gleichem Gewichte Schwefelblu-
men vermiſcht, einem Pferde, nachdem
es groß, des Tages zweymahl, unter
Kleyen gemenget, eingiebt, das iſt ein
herrlich Mittel fuͤr die Pferde, daß ſie
nicht daͤmpficht werden, wenn man es
nur bey Zeiten gewahr wird: es ver-
huͤtet auch, daß man dieſe Kranckheit in
etlichen Tagen nicht verſpuͤret, welches
diejenigen, die da Pferde einkauffen,
wohl in Acht nehmen moͤgen. Bey waͤh-
rendem Gebrauch dieſer Artzney muß
man das Pfeꝛd ruhen laſſen, u. ihm ſo we-
nig Heu vorwerffen, als immer ſeyn kan.
Zu Lyon wird uͤberaus viel Suͤßholtz
verthan, dieweil ſich gar viel Leute deſſel-
bigen bedienen.
AUs dem ſuͤſſen Holtze wird mit heiſ-
ſem Waſſer eine gelbe Tinctur gezo-
gen, welche aber ſchwartz wird, wenn
ſie uͤber dem Feuer abgerauchet, und bis
ſie die gehoͤrige Dicke bekommen, einge-
kochet iſt: dieſes nennen wir Suͤß-
holtzſaft, und laſſen ihn aus Holland,
Spanien und von Marſeille kom-
men, in Kuchen von unterſchiedener
Groͤſſe, denn ſie oͤfters vier Untzen, auch
wohl ein halb Pfund wiegen. Wenn
er ſo gut iſt, als er ſeyn ſoll, denn iſt er
auſſen her ſchwartz, inwendig aber glieſ-
ſend ſchwartz, laͤßt ſich leichte zerſchlagen,
G 3und
[]Der Spezereyen und Materialien
und ſchmeckt angenehme: dagegen taug
der gar nichts, welcher weich iſt und roͤth-
licht ſieht, auch wenn er zerſchmiſſen
worden, voll Sand iſt, und dazu bran-
dicht ſchmeckt.
Dieſer Saft wird ſehr gebraucht, die-
jenigen, die mit Catarrhen beladen,
ingleichen die Lungenſuͤchtigen zu cu-
riren; er wird gekaͤuet, als wie der Ta-
bac, oder in einem dienlichen liquor ein-
genommen.
Wir verkauffen ferner noch mehr
Suͤßholtzſaft
von Blois.andere Sorten Suͤßholtzſaft/ z. E.
gelb und weiſſen von Blois/ von
Rheims und Paris/ welches platte
Kuͤchlein ſind, oder runde Stengel, in
der Groͤſſe eines 15. ſols. Der weiſſe
Weiſſer Suͤß-
holtzſaft.Pariſer Suͤßholtzſaft wird von ge-
trocknetem Suͤßholtze, Zucker, Kraft-
mehl und geſtoſſener Veilgenwurtz ge-
macht. Weil aber aller dieſer ſo ge-
nannter Suͤßholtzſaft eigentlich nichts
als Zucker und Gummi iſt, deswegen
will ich auch nichts weiter davon geden-
cken, auſſer, daß man ſich eintzig und al-
leine zu dem ſchwartzen Suͤßholtz-
ſafte halten ſolle, als welcher der aller-
beſte iſt, ſonderlich, wenn er ſo, wie ich
ihn beſchrieben habe, beſchaffen iſt.
Uber obbeſchriebene Wurtzeln ver-
kauffen wir ſonſt noch viele andre mehr,
die wir in unſern Gaͤrten ziehen, als da
iſt, der Aland/ die Poͤonienwurtz/
Maͤnnlein und Weiblein, groß und
klein Aron oder Schlangenwurtz/
Peſtilentzwurtz/ Schweinbrod-
wurtz, Quaͤckengraswurtz, Engel-
ſuͤß, und einen Hauffen andere, die wir
auf allen Fall, und blos deswegen hal-
ten, daß wir mit denen Kraͤuter- und
Wurtzel maͤnnern nichts moͤgen zu thun
haben, und denn, damit wir ſie allzeit
haben koͤnnen. Es giebt auch noch mehr
Wurtzeln, die wir aber, weil ſie zu rar
ſind, nicht verkauffen, z. E. Wurtzel
Membroni Chini, Chini Cattai, in welche
die Sineſer ſo verliebt ſind, und ſie hoͤher
achten, als die Rhabarber; Sandera aus
Pegu, eine roͤthlichte Wurtzel, die die
Jndianer unter die Chocolate thun.
Gingging aus der Tartarey oder
China, davon die Sineſer ſo groß We-
ſen machen. Niſi, eine weiſſe Wur-
tzel, die faſt wie die weiſſe Beenwurtzel
ausſieht, und von den Hollaͤndern dem
Golde gleich verkauffet wird. Die Wur-
tzel Palay aus Canada,Saliunca aus
Neapolis. Mit einem Worte, wir
duͤrfften ihrer noch vielmehr verkauffen,
wenn wir nur ſolche haben koͤnten, die
nicht ſo ſchlechten Profit geben.
ACorus verus, der Calmus/ den wir,
obſchon unrecht, Calamus aromaticus
nennen, iſt ein Schilff, oder eine kno-
tichte Wurtzel, ſieht auſſenher roͤthlicht,
inwendig weiß, iſt mit langen Zaſern be-
ſetzt, leichtes Weſens, und wird deshal-
ben ſtracks wurmſtichigt. Aus dieſer
Wurtzel entſprieſſen lange und ſchmale
gruͤne Blaͤtter, ſamt den Fruͤchten,
die ohngefehr drey Zoll lang, als wie
der lange Pfeffer geſtaltet, und auch ſo
dicke ſind.
Man ſoll den Calmus erleſen, der
recht friſch iſt, und voͤllig, von den Zaͤ-
ſerlein wohl gereiniget, ſchwerlich zu
zerbrechen, eines ſcharffen Geſchmacks,
mit einer lieblichen Bitterkeit vermi-
ſchet, eines angenehmen und ſtarcken
aromatiſchen Geruchs, daher er auch
unter dem Namen Calamus aromaticus,Calamus are
maticus.
wiewohl es gantz unrecht, viel bekanter
iſt, als unter dem Titel Acorus.
Die Wurtzel, welche gemeiniglich des
kleinen Fingers dicke, und ohngefehr ei-
nen halben Schuh lang iſt, wird von
vielen Orten des Koͤnigreichs Polen,
und der Tartarey, wie auch aus der
Jnſel Java, woſelbſt es DiringoDiringo.
heißt, zu uns gebracht.
Bisweilen wird der Calmus in der
Artzney gebraucht, und gehoͤret unter
die ingredientien des Theriacs, dazu er
keiner andern Bereitung von noͤthen
hat, als daß er auserleſen, und von der
Erde und andern mehrmahls dran han-
gendem Unrathe wohl geſaubert ſey:
doch brauchen ihn die Parfunirer noch
weit oͤfter.
Figure 61. Rechter Lalmus. Fig. 93. p. 109. | Figure 62. Lalmus. Fig. 92. p. 107. |
Figure 63. Bucker Rohr. Fig. 94. p. 109. | |
Figure 64. Süßholtz. Fig. 91. p. 105. | Figure 65. Aloe Holtz. Fig. 96. p. 125. |
CAlamus verus, oder beſſer zu ſagen,
amarus, der rechte und bittere Cal-
mus, iſt ein Rohr, wie ein Federkiel
dicke, zwey oder drey Schuh hoch, durch
Knoten abgetheilet, aus denen gruͤne
Blaͤtter und kleine Dolden, mit gelben
Blumen, hervorwachſen.
Dieſes kleine Rohr waͤchſt an vielen
Orten in Levante/ von dannen es un-
terweilen gantz, meiſtentheils aber in
Buͤndlein, die eines halben Fuſſes lang
ſind, nach Marſeille gebracht wird.
Man ſoll dasjenige eꝛwehlen, welches
fein dicke, dazu von ſeinen kleinen Wur-
tzeln und Aeſten wohlgeſaubert, in
Buͤndlein gebunden ſey: ſich auch vor-
ſehen, daß nicht viel Wurtzeln und klei-
ne Reißlein drunter gemiſchet. Von
auſſen ſoll es roͤthlicht grau, inwendig
weiß ſehen, und ein weiſſes Marck ha-
ben, denn, wenn das Rohr zu alt, wird
dieſes gelb und zu Staube, als ob es die
Wuͤrme zerfreſſen: es muß auch kra-
chen, wenn man es zerbricht, und uner-
traͤglich bitter ſchmecken, wenn es in
den Mund genommen wird.
Es wird vornehmlich zum Theriac
gebrauchet, und hat keiner præparation
noͤthig, als daß es alſo ausgeſuchet wer-
de, wie oben angezeiget.
DJe Zuckerrohr/Canna melles, wach-
ſen an gar vielen Orten in Jndien,
Braſilien und in den Antilleninſeln.
Wenn dieſe Rohre in der Erde liegen,
ſtoſſen ſie bey iedweden Knoten ein an-
deres, fuͤnff bis ſechs Schuh hohes Rohr
hervor, welches mit gruͤnen, langen,
ſchmalen und ſcharffen Blaͤttern beſetzet
iſt. Wann das Rohr zur Helffte in die
Hoͤhe gewachſen, ſchießt ein Stengel
hervor, der oben ſpitzig iſt, daran ſitzen
zu oberſt die ſilberweiſſen Blumen in
Geſtalt eines Federbuſches.
Wann nun die Americaner ihre
Felder wohl zugerichtet, alsdann ma-
chen ſie, eben als wie wir auf unſern
Feldern, eines halben Schuhes tieffe
Furchen, darein legen ſie ein Rohr, das
ohngefehr drey Schuh lang iſt, und an
deſſen beyde Enden wiederum zwey an-
dere, creutzweis uͤber einander, und fah-
ren alſo fort, bis ſie die Felder gantz be-
ſtellet. Nach Verlauff ſechs oder ſieben
Monaten, binnen welcher Zeit ihre
Schoſſe zu treiben pflegen, ſchneidet
man ſie ab, und macht den Zucker dar-
aus, wie in folgenden ſoll gemeldet wer-
den.
Dieſe Schoͤßlinge dienen denen Wil-
den Bogen daraus zu machen.
NAchdem die Americaner ihre Zu-
ckerrohre uͤber dem erſten Knoten
abgeſchnitten, ſtreiffeln ſie die Blaͤt-
ter davon ab, und machen Buͤndel
draus, welche ſie nach der Muͤhle brin-
gen, die aus drey Waltzen, von einerley
Staͤrcke, mit gleich dicken eiſernen Plat-
ten beleget, beſtehet. Die mittelſte iſt
um ein gut Theil hoͤher, zu dem Ende,
damit die beyden Baͤume, welche zu
oberſt dadurch gehen, und daran die
Ochſen geſpannet ſind, ohne Hinderung
des Wercks, koͤnnen herum gedrehet
werden. Um dieſe groſſe Waltze gehet
ein Kamm, deſſen Zaͤhne in die Loͤcher,
welche eben deswegen in die andern bey-
den Waltzen gemacht ſind, greiffen, und
dieſelben ſolcher geſtalt herum drehen.
Alſo zerdrucken und zerqvetſchen ſie die
Rohre, daß ſie gantz trucken und ohne
Saft ſind, wenn ſie auf der andern Sei-
te heraus kommen. (Wann ohngefehr
ein Americaner oder ein Frantzoſe, der
die Rohr auf die Muͤhle bringt, einen
Finger darzwiſchen bekommt, muß ihm
alſo fort der Arm abgeſchlagen werden,
oder er wuͤrde, ehe er ſichs verſaͤhe, zer-
malmet ſeyn. Dannenhero, ſo bald je-
mand bey dem Finger erwiſchet wird,
hauet ihm ein anderer den Arm mit dem
Hauer ab, und wird hernach, wenn er
geheilet worden, zum Botſchafft lauf-
fen
[]Der Spezereyen und Materialien
fen gebrauchet.) Der Saft faͤllt in ein
Gefaͤß, das unter der Muͤhlen ſtehet,
laufft darauf in einer kleinen Rinne bis
in den erſten Keſſel, der etwa zwey Ey-
mer haͤlt, und wird in ſelbigem bey ge-
lindem Feuer gewaͤrmet, bis er faſt ſie-
den will, auf daß er den dickſten Schaum
von ſich ſtoſſe. Mit dieſem Schaume
fuͤttern die Americaner ihr Vieh.
Wann nun der Saft recht wohl ge-
ſchaͤumet, und in den andern Keſſel ge-
ſchuͤttet worden, laͤßt man ihn ſieden,
und ſchuͤttet fort fuͤr fort Kalchwaſſer
dazu, darinne Eyer zerſchlagen ſind.
Nachdem er ſolcher geſtalt wohl gereini-
get worden, laͤßt man den Zucker durch
gewiſſe Tuͤcher, welche wie ein ſpitziger
Seihebeutel oder Manica Hippocratis,
formiret iſt, lauffen; und hierauf wird
er in den dritten Keſſel, der insgemein
von Metall iſt, gethan, geſchaͤumet, und
ſo lange geſotten, bis er fleugt. Nach
dieſem ſchuͤtten ſie ihn in den vierten
Keſſel, verſuchen mit dem Schaumloͤffel
oder einem hoͤltzernen Spatel, ob er ſich
koͤrnen will; und dieſes geſchicht, indem
ſie mit dem Schaumloͤffel, durch den Zu-
cker, von der rechten Hand nach der Lin-
cken hin fahren. Wann dann der Zu-
cker ſeine gebuͤhrende Dicke bekommen,
und annoch warm iſt, ſodann wird er in
die Formen gegoſſen, welche unten zu-
geſtopffet ſind. Nach Verflieſſung 24.
Stunden, binnen welcher Zeit der Zu-
cker gemeiniglich geſtehet, tragen die
Schwartzen dieſe Formen in ihre Huͤt-
ten oder Haͤuſer, oͤffnen die Loͤcher, und
durchſtechen den Zucker, ſtellen hierauf
die Formen, uͤber gewiſſe kleine Gefaͤſſe,
die wir auf Frantzoͤſiſch Jarrons nennen,
damit ſie den abrinnenden Syrup auf-
fangen moͤgen. Nachdem nun der Sy-
rup abgelauffen, dann nehmen ſie den
Zucker aus den Formen heraus, und
hauen ihn mit einem Meſſer entzwey.
Solchen entzwey gehauenen Zucker
nennen wir grauen Moſcovad, oderGrauer Mo-
ſcovad.
unzerſchlagenen Zucker aus den Jnſeln,
und muß, wenn er iſt, wie er ſeyn ſoll,
weißlicht grau, trucken und nicht fett
oder ſchmiericht ſeyn, auch ſo wenig, als
moͤglich, brandicht riechen. Dieſer
Muſcovad iſt die baſis und Materie, dar-
aus unterſchiedene Gattungen Zucker,
die wir verkauffen, bereitet werden.
Doch wird er gar wenig gebraucht, ob
es gleich eine gute Wahre iſt, Saͤfte und
rothe Confituren damit zu machen.
DJe Caſſonade, oder Sucre des Iſles at-
teré, zerſchlagner Zucker, iſt grauer
Muſcowad, welcher geſchmoltzen, und
nachdem er wohl gelaͤutert worden,
durch ein Tuch geſeihet, und bis er feder-
leichte worden, geſotten, darauf in die
Formen geſchuͤttet und auf obgedachte
Weiſe verfertiget wird. Wenn der Sy-
rup abgetroffen, wird des Daumens di-
cke Thon, in Waſſer erweichet, darauf
geſtrichen, damit das Waſſer, welches
im Thon iſt, den Zucker durchgehe, und
alle uͤbrige Fettigkeit und Schmutz mit
ſich hinweg nehme. Wann nichts mehr
heraus laufft, und der Thon treuge wor-
den, nimmt man den Zucker aus den
Formen und ſchlaͤgt ihn in drey Stuͤcken,
d. i. man legt das Boden- oder untere
Stuͤcke, auf einen Ort, den mittlern
Theil auf dieſe Seite, und die Spitze
auf die andere: oder beſſer zu ſagen, die
Americaner machen aus einem Zucker-
hute dreyerley Caſſonade, daher man
insgemein in einer Parthey Caſſonade
dreyerley antrift, welche in die Caſſo-
nade vom untern Theil/ von der
Mitten und von der Spitze der Bro-
de abgetheilet wird. Nachdem die
Zuckerbrode alſo zerſchlagen, ſo legen
ſie die Americaner auf groſſe Tuͤcher,
laſſen ſie an der Luft trocknen, und thun
ſie hernach in groſſe Kaͤſten, wie ſie zu
uns kommen. Der beſte Kaſtenzucker
kommt aus Braſilien, und ſoll rechtBraſiliani-
ſche Caſſona-
de.
ſchoͤn weiß ſeyn, trucken und koͤrnicht,
auch wie Violen riechen und ſchmecken.
Auf dieſen folget der, welcher la Cayenne
genannt wird, ſonderlich, wann er von
dem unterſten Theil der Brode gemacht
worden, und weiß und trucken iſt.
Die Caſſonade, bevoraus die Bra-
ſilianiſche, wird ſtarck von den Zucker-
beckern gebraucht, weil ſie ſich nicht
leichtlich candiſiret, auch die Confituren
viel ſchoͤner und dauerhafter davon wer-
den. Etliche ſind der Meinung/ ob ha-
be der alſo zerſtoſſene Zucker den Namen
Caſſonade oder Caſtonade, von den Kaſten,
wie
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
wie die Teutſchen ſagen, in welchen er
kommt, erhalten; ſolches aber darff
nicht von allen verſtanden werden, maſ-
ſen er ſo ſchier in groſſen Faͤſſern, als in
Kaſten kommt.
DEr Sucre à ſept livres wird recht uͤbel
alſo genennet, indem er insgemein
12. Pfund wiegt: wird von grauen Mu-
ſcovad gemacht, welcher gelaͤutert und
zu Bꝛoden formiret woꝛden, auf die Wei-
ſe, wie obgedacht. Nachdem er hernach
einige Tage in der Treugeſtube aufbe-
halten worden, damit er harte genug
werde, wird er in grau oder blau Pap-
pier gewickelt, alſo wie wir ihn zu ſehen
bekommen. Dieſen Zucker zu ſieben
Pfunden unterſcheiden wir ſo wohl, als
alle die andern Sorten, den Koͤniglichen
hiervon ausgenommen, in den weiſſen,
den ſo genannten reſſe, und den fleckich-
ten. Der weiſſe iſt der feinſte, auf die-
ſen folgt der, welcher reßé genennt wird,
und der dritte oder der fleckichte iſt der
gemeinſte, wird alſo genennet, weil er
insgemein braune Flecken an der Spi-
tze hat.
Je weiſſer, ie truckner, veſt- und koͤr-
nichter, wohl getreuget, und klingend
der Zucker iſt, ie hoͤher wird er gehalten.
Der Zucker von 7. Pfund wird mei-
ſtens in den Buͤrgerhaͤuſern verthan,
dieweil er wohlfeiler, auch wie man vor-
giebt, beſſer zu gebrauchen iſt.
Wenn er wieder umgeſchmoltzen und
gelaͤutert worden, werden kleinere Bro-
de zu 2. 3. 4. und 6. Pfund weiß, reßé
und fleckicht, daraus bereitet und auch
auf ſolche Art unterſchieden. Je klei-Kleine Zu-
ckerbrode.
ner dieſe Brode, ie weiſſer und auch theu-
rer ſind ſie. Doch muͤſſen ſie recht wohl
getrucknet ſeyn, ein feines weiſſes, dicht-
und glaͤntzendes Korn haben, und als
wie Glas klingen, wenn man mit dem
Finger dran ſchlaͤgt. Mit dieſem Zucker
werden die weiſſen Syrupe und Confi-
turen bereitet, z. E. Abricoſen ꝛc. oder
er wird zu Verehrungen gebraucht.
SUcre royal hat daher den Namen be-
kommen, weil er ſo weiß iſt: wird aus
den kleinen weiſſen Zuckerhuͤten oder der
Braſilianiſchen Caſſonade, welche ge-
ſchmoltzen, und eben wie die vorigen, zu
Broden gemacht worden iſt, bereitet.
Er muß uͤber alle maſſen weiß ſeyn,
und durchgehends gleich, d. i. oben ſo
ſchoͤn, wie unten, ein feines, veſtes, dicht,
und glaͤntzendes Korn haben, und ſich
dennoch leicht zerſchlagen laſſen, denn
dieſes das eigentliche Kennzeichen des
Zuckers, welcher recht wohl getreuget,
und wie ſichs gebuͤhret, beſchaffen iſt.
Ubrigens verkauffen wir auch eine Sor-
Demy-royal
Zucker.te Zucker, Demy-royal genennet, welches
kleine uͤberaus weiſſe Brode ſind, die in
violblau Pappier gewickelt, aus Hol-
land kommen.
Vor dieſen ſchickten uns die Hollaͤn-
der Zuckerbrode von 18 bis zu 20 Pfund
welche an ſtatt des Pappiers in Pal-
menblaͤtter gewickelt waren, und des
Palm-Zucker.wegen Palmzucker genennet wurden:
war ein weiſſer, fetter, ſehr guter Zu-
cker, der wie Violen ſchmeckte. Wir
hatten ingleichen Maderiſchen Zu-Maderiſcher
Zucker.
cker. Seit dem wir aber den Zucker
aus den Jnſeln bekommen, ſieht man
jene Arten faſt gar nicht mehr.
Jch will mich nicht aufhalten, noch
von der Alten ihrem Zucker, den ſie Ta-
baxir und Saccar Mambu nannten,
oder auch von dem Zucker, Alhaſur
oder Alkaſir genennet, handeln; ſo-
wohl, weil wir dieſe Sorten nicht mehr
bekommen, als auch, weil ſie von den al-
ten Scribenten ſattſam beſchrieben
ſind. Dieſes will ich nur annoch ver-
melden, daß wir viel andere Sorten Zu-
cker mehr haben, welche bloß darinne
unterſchieden ſind, daß ſie mehr oder we-
niger gelaͤutert worden, desgleichen, daß
ſie von unterſchiedenen Orten, woſelbſt
ſie gelaͤutert werden, herkommen: denn
da ſind anietzo die beſten Zucker, welche
zu Diepe und Orleans bereitet wer-
den, da im Gegentheil ehedeſſen der Rou-
aniſche fuͤr den beſten und der am mei-
ſten gelaͤutert, gehalten wurde.
SUcre de la Chypre iſt eine Gattung Muſ-
covad, eben wie die Caſſonade formi-
ret, und aus dem Syrup des Zuckers
von 7. Pfund bereitet. Er ſoll roͤthlicht
grau ſehen, recht trucken ſeyn, und nicht
ſehr brandicht ſchmecken; denn man fin-
det ſolchen, welcher dermaſſen feuchte iſt,
und ſo gar brandicht ſchmeckt, daß er faſt
unmoͤglich zu gebrauchen.
Dieſer Zucker war vor dieſem ſehr im
Gebrauch, und wurde, an ſtatt des Cry-
ſtalli mineralis in die Clyſtire gethan: an-
ietzo aber brauchen ihn die Apothecker
zu ihren Syrupen, weil er beſſers Kauffs
iſt, ſie auch vermeinen, er ſey die Ma-
terie, daraus der Zucker gemachet wer-
de; wie ſolches unterſchiedene Autores
aufgezeichnet. Allein es iſt wider alle
Vernunft, denn es blos ein ſolcher Zu-
cker iſt, der nicht kan weiß und zu Bro-
den gemachet werden. Dieſes ſolten
ſich alle Apothecker geſaget ſeyn laſſen,
und dieſen Zucker nicht ferner gebrau-
chen, denn er taug durchaus nicht, daß
ihn ein Menſch in ſeinen Leib einnehme,
weil er ſo uͤbel ſchmeckt, und alle Sachen,
die ſie damit bereiten, ſtets haͤßlich und
garſtig ſind, ob ſie gleich noch ſo groſſe
Muͤhe daran ſpendiren. Wolten ſie
aber ja ihrer Beutel ſchonen, moͤchten
ſie doch nur den grauen Muſcovad an
jenes Stelle nehmen, ſodann koͤnten ſie
ſchweren, ihre Sachen waͤren mit der-
jenigen Materie zugerichtet, aus welcher
der Zucker gemachet wird. Welche die-
ſen Muſcovad recht wohl zu laͤutern
wiſſen, dieſelben werden damit eben ſo
ſchoͤne rothe Syrupe bereiten koͤnnen,
als wenn ſie den gemeinen Zucker, oder
den Zucker von 7. Pfund dazu genom-
men haͤtten. Die Pfefferkuͤchler und
Oblatenbecker verthun dieſes Zuckers
ſehr viel.
Aller Syrup vom braunen Farin/Syrup.
auf Frantzoͤſiſch Doucette, Mallaſſes und
Syrup de Sucre ſoll noch vielmehr verworf-
fen werden, denn es nur der ſchmierichte
Syrup vom braunen Farin iſt, welcher
niemahls geſtehen wird, auch zu gar
nichts nicht, ſonderlich zur Artzney, ſol-
te angewendet werden. Allein dieſes
beobachten ihrer viele gar ſchlecht, ſon-
dern machen immer zu ihre Syrupe und
Lattwergen damit an, dahero auch kein
Wunder, daß es ſo viel ſolcher Leute gie-
bet, die dergleichen compoſitiones verfer-
tigen, und dennoch dieſe ihre Wahre
ſpottwohlfeil geben. Uberdiß wird ſehr
viel dieſes Syrups oder Malaſſes nach
Holland verſendet, allwo ſie den Ta-
bac mit anſchmieren, oder ihn den ar-
men Leuten, die ihn an ſtatt des Zuckers
gebrauchen, verkauffen. So haben
mich auch etliche berichten wollen, daß
man aus der Doucette oder dem Syrup
ein Aqvavit und Branntwein machen
koͤnne, welches ich aber nicht verſucht:
doch mit dem Moſcovad laͤßt ſichs thun,
und dieſer Branntwein berauſcht ſo
ſehr, als immermehr der Wein.
DEr Zuckerkant wird aus der weiſ-
ſen Braſilianiſchen Caſſonade und
weiſſen Zucker gemacht, welche unter
einander geſchmoltzen, und ſo lange ge-
kochet werden, bis er als groſſe Perlen
ſtehet: alsdann wird er in kuͤpferne
Pfannen geſchuͤttet, in denen kleine
Stoͤcklein liegen, damit ſich der Zucker
dran lege, und cantiſire, welches inner-
halb vierzehen Tagen in der Treugeſtu-
ben geſchicht. Jndeſſen muß das Feu-
er, welches wohl zu mercken, allezeit
gleich erhalten werden. Hernach wird
er aus der Treugeſtube gethan, damit
er voͤllig austrieffe und trockne, darauf
in Buͤchſen gelegt, und zum Gebrauch
aufbehalten.
Man ſoll dieſen Zucker erwehlen,
wenn er fein weiß, trucken, klar und
durchſichtig iſt. Der ſchoͤnſte, den wir
haben, kommt aus Holland, und iſt
das Pfund allezeit um vier bis fuͤnff
Sols theurer, weder der, welcher von
Tours, Orleans/ Paris, oder anders-
wo herkommt.
Dieſer Zucker wird zu Anfeuchtung
der Bruſt, und zu Vertreibung des
Huſtens dienlich erachtet.
DJeſer wird auf gleiche Art, wie der
weiſſe bereitet, nur daß der braune
Muſcovad dazu genommen wird, und
daß er ſo lange kochen muß, bis er ſich
blaͤttert oder ſtaͤubet: drauf wird er in
irdene Geſchirre gethan, denn in dieſen
legt er ſich beſſer an, als in den kupfer-
nen.
Dieſer Zucker iſt ebenfalls zu obge-
nannten Kranckheiten dienlich. Der
recht trucken, recht braun und gewiß
Hollaͤndiſch Gut iſt, iſt der beſte.
DJeſen nennen die Frantzoſen auch
Weiſſer Ger-
ſtenzucker.Sucre d’ orge blanc,weiſſen Gerſten-
Zucker. Es wird naͤmlich der Zucker
ſo lange gekocht, biß er bricht, alsdann
auf einen mit etwas ſuͤſſen Mandeloͤhl
beſtrichenen Marmelſtein ausgegoſſen,
wie ein Teig gewircket, und vermittelſt
eines gewiſſen Jnſtruments nach belie-
ben geformet: auf daß man ſich aber
die Haͤnde nicht verbrenne, werden ſie
mit Kraftmehle gerieben. Dieſer Pe-
nidzucker wird zu Vertreibung des
Huſtens trefflich dienlich erachtet. An-
dere, damit ſie ihn wohlfeiler geben koͤn-
nen, miſchen, wenn er noch wie ein lau-
terer Syrup iſt, ſo viel Kraftmehl drun-
ter, als ſie nur vermoͤgen, bis er ein Teig
wird, aus dem ſie hernachmahls die ge-
wundenen Stengel machen, uñ auftrock-
nen. Allein, man kan ihn ſtracks fuͤr den
andern erkennen, weil er in den Mund
genommen, wie ein Teig oder wie Leim
iſt.
Es giebt noch eine Gattung bruͤchich-
Gerſtenzu-
cker.tes Zuckers, welcher aber gantz unrecht
Sucre d’orge genennet wird, denn es iſt
nichts anders, als die bloſſe Caſſonade,
die in bloſem Waſſer zerlaſſen und wie-
der gekocht werden muß, ſo lange biß ſie
bricht, hernach wird ſie auf einen mit
etwas ſuͤſſen Mandeloͤhle beſtrichenen
Marmor geſchuͤttet, und daraus ſolche
kleine Stuͤcklein, dergleichen wir haben,
formiret.
Es iſt ſehr ſchwer dieſen Zucker zu be-
reiten, ſo wohl was das Kochen betrifft,
als auch, was die Stangen zu machen
belanget, denn man muß genau wiſſen,
wie lange der Zucker kochen muß, auch
muß man ihn hernach hurtig zu Stan-
gen machen koͤnnen, desgleichen Ach-
tung geben, daß er nicht ſchmutzig werde.
Dieſer Zucker muß wie Ambra ſehen,
trucken und friſch gemacht ſeyn, und ſich
nicht an die Zaͤhne hencken. Etliche
Confiturirer pflegen ihn mit Saffran
anzufaͤrben, damit er dergeſtalt eine
ſchoͤnere Farbe bekomme.
Man ſagt, dieſer Zucker ſey gar dien-
lich, den Huſten zu curiren, und ihm ſey
deswegen der Name Gerſtenzucker ge-
geben worden, nicht, als ob Gerſte dazu
komme, ſondern vielmehr, weil er ſo
ſchoͤn, wie Gerſte ſiehet.
DJeſer Zucker wird von weiſſem
wohlgelaͤuterten Zucker gemacht,
welcher ſo lange mit Roſenwaſſer ge-
kocht wird, bis er eine Morſellenconſi-
ſtentz bekommen: hernach werden
Morſellen und Taͤfflein in beliebiger
Groͤſſe daraus bereitet, oder auch wohl
nur kleine Koͤrner, indem er ſo lange ge-
ſchwungen wird, biß er erkaltet und
trucken worden.
Der Roſenzucker iſt anders nichts
als Zucker, dem der Geruch und Eigen-
ſchaft des Roſenwaſſers mitgetheilet
worden, dannenhero er mit gar gutem
Fug denenjenigen kan verordnet wer-
den, welche die Molcken trincken.
Man ſoll aber ſolche Roſenzucker-
taͤfflein nehmen, welche trucken,
und wohl zubereitet ſind, die nicht gar
zu geſchwinde brechen, auch wie Roſen
riechen und ſchmecken. Die Roſen-
zuckerkoͤrner ſollen gleicher geſtalt
weiß und trucken ſeyn, darneben erſt
beſagten Geruch und Geſchmack ha-
ben.
DJe beſten Bruſtkuͤchlein kommen
aus Portugall, und ſind nichts
anders, denn der beſte Puderzucker und
Ambergris, mit Tragantſchleime zu ei-
nem Teig, und hernach zu ſo kleinen
Taͤflein, wie wir ſie haben, gemacht.
Man ſoll dieſelben ausſuchen, die ge-
wiß aus Portugall ſind, oder unter die
zum wenigſten kein Kraftmehl gemi-
ſchet iſt, welches man alſofort daran
vermercken kan, wenn ſie gantz meh-
licht, und gar wenig nach Zucker ſchme-
cken. Sie dienen einen wohlriechen-
den Athem zu machen und zur delicateſſe
und Wolluſt.
ES wuͤrde ein gantzes Buch dazu er-
fodert werden, wenn man alle Arten
des Zuckerwercks, und auf wie vielerley
Weiſe der Zucker verkleidet wird, be-
ſchreiben wolte. Weil aber mein Vor-
haben iſt, in dieſem Capitel allein von
denen mit Zucker uͤberzogenen Sachen
zu handeln, als will ich ſagen, daß die
Nompareille.kleineſte Sorte, auf Frantzoͤſiſch Nompa-
reilles genennet, aus Zucker, oder geſtoſ-
ſener und mit Zucker uͤberzogener Veiel-
wurtzel gemacht werde, welche man
hernach auf allerhand Gebackens, wie
auch auf das Kraftbrod von Rheims
zu ſtreuen pflegt.
Die zweyte Sorte heißt Anis reine,
und iſt anders nichts, als uͤberzogener
Anis, welcher gut iſt die Blaͤhungen zu
ſtillen.
Die dritte iſt le petit Verdun, welcher
nicht gar viel von jenem unterſchieden,
ohne daß er ein wenig mehr mit Zucker
uͤberzogen iſt, und etwas nach Zibet
riecht.
Die andern Gattungen, die auch den
Namen des uͤberzogenen Aniſes fuͤhꝛen,
belangend, dieſelben ſind nichts anders
als Fenchel mit Zucker uͤberzogen,
und werden durch gewiſſe Nummern
unterſchieden, zum Exempel:
No. I. davon ſollen auf 1. Loth gehen 120. St.
Die vier letztern werden les gros Ver-gros Verdun.
duns genennet.
So werden auch mit Zucker uͤberzo-
gen, Berbisbeeren, Himbeeren, Me-
lonenkerne, zerſchnittner Zimmt, wel-
cher hernach Canella de Milan genennet
wird, Pomerantzenſchalen, die wir
alsdann Orangeat heiſſen; der beſte
kommt von Lyon; Piſtazien/Pinien
und Mandeln: diejenigen, von denen
die Schalen abgezogen, werden geſchaͤl-
te Mandeln geheiſſen, welche aber die
Schalen behalten, nennet man glatte
Mandeln/ die aber noch eins ſo groß
und inwendig roth ſind, heiſſen Spa-
niſche Mandeln: Haſelnuͤſſe, und ſo
weiter.
Wer nun ſolch Zuckerwerck verlan-
get, der ſuche ſolches, welches friſch und
wohl bereitet iſt; denn es giebt einige,
die den Royal-Zucker der Confitu-
rirer/ oder teutſch zu ſagen, Kraftmehl
dazu nehmen, damit ſie wohlfeiler ge-
ben koͤnnen: und darum darff ſich nie-
mand verwundern, daß es ſoviel ſchlech-
tes Zuckerwerck und von ſo unterſchie-
denem Preiſe giebet. Es ſoll auch fein
hart und trucken ſeyn; denn es moͤgen
die Confituren noch ſo gut ſeyn, wenn
die Mandeln oder die Fruͤchte, die dazu
gebrauchet worden, nichts nuͤtze gewe-
ſen, ſodann taug alles zuſammen nichts.
Und endlich ſollen ſie an einem trucknen
Orte aufbehalten werden, ſonſt, wenn
ſie im feuchten ſtehen, bekommen ſie ei-
nen garſtigen Geſchmack, und moͤgen
nicht verkauffet werden.
Den Spezereyhaͤndlern, als welche
zugleich Confiturirer ſind, iſt auch ver-
goͤnnet, auſſer die vorgemeldten Sorten
Zuckerwerck, allerhand Confituren,
truckne und feuchte, zu verkauffen, auch
ſelbſt
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils zweytes Buch.
ſelbſt zu verfertigen, oder ſie von andern
Orten, woſelbſt ſie gemacht werden, kom-
men zu laſſen, z. E. Citronenſchalen von
Madera, Pomerantzenſchalen von
Tours, Nuͤſſe von Rouan/ Quittenbaſt
von Orleans, und andern Orten mehr,
auch ſelbige im Groß und eintzeln, als wie
die Zuckerbecker, zu verkauffen. Es iſt
ihnen ferner erlaubet, mit allerley Blu-
men-Zucker und Conſerven, dicken und
duͤnnen, zu handeln, wie nicht weniger
mit allerley Syrupis ſimplicibus und Saͤf-
ten, als da iſt Aepfelſaft, Kirſchſaft,
Quittenſaft, Berbisbeeꝛenſaft, Johañs-
beerenſaft, Granatenſaft, unreiffer
Weinbeerenſaft, Citronen- und Limo-
nenſaft, Pomerantzenſaft, und von an-
dern Fruͤchten mehr. Von Blumen,
der Syrup von leibfarbenen und rothen
Roſen, welchen die Apothecker unter dem
Titel Syrupus Roſarum ſolutivus und de
Roſis ſiccis, verſtecken: (Was dieſe letz-
tern betrifft, da wolte ich den Spezerey-
haͤndlern rathen, daß ſie dieſelben aus
Provence kommen lieſſen, wie inglei-
chen die Conſerven, rothe und weiſſe,
dicke und duͤnne, denn ſie allda am beſten
bereitet werden:) den Syrup von Pfer-
ſichbluͤten, von Violen, von Katzen-
kraut, von Hufflattich, Seeblumen,
und insgeſammt alle andere: iedoch,
mit dem Beding, daß ſie nur ſimplices
ſind, d. i. daß ſie allein von Blumen oder
Fruͤchten und Zucker bereitet worden,
ſonſten gehoͤren ſie, ſobald etwas mehr
dazu kommt, nicht ferner fuͤr die Speze-
reyhaͤndler und Zuckerbecker, ſondern es
iſt der Apothecker ihr Thun.
UBer alle oberzehlte Sachen, welche
mit und aus dem Zucker bereitet wer-
den, ziehet man auch, mit Huͤlffe der
Chymie, und vermittelſt des Salis Am-
moniaci einen ſauern Spiritum heruͤber,
welcher, nachdem er rectificiret worden,
ein treflich aperiens und eroͤffnendes Mit-
tel iſt, zu allerley Kranckheiten dien-
lich, z. E. zum Podagra/ der Waſſer-
ſucht und Durchlauff. Er wird aber
in einem zur Kranckheit dienlichen li-
quor, ſoviel als zu einer angenehmen
Saͤure genug iſt, auf einmahl eingege-
ben, wie dieſes Lemery und andere Chy-
miſche Scribenten gantz wohl lehren.
DJeweil dasjenige Zuckeroͤl/ wel-
ches nach der rectification zuruͤcke
bleibt, ſchwartz und ſtinckend iſt, deswe-
gen hat man darauf geſonnen, wie ein
anderes zuzurichten; welches aber ei-
gentlich zu reden, kein Oel iſt, ſondern
im Keller gefloſſener Zucker, der mit
hartgeſottenen Eyern bereitet wird,
eben als wie das Myrrhenoͤl, davon im
Cap. von der Myrrhe.
Dieſes Oel iſt trefflich dienlich das
Geſichte ſchoͤn zu machen, und curiret
den boͤſen Magen, wenn man es ein-
nimmt.
Weil der Zucker zu erſt aus Jn-
dien kommen, darum haben ihn die
Alten Saccharum oder Sal Indum genen-
net.
Wir handeln auch mit Roͤhren und
Staͤben, ſie moͤgen nun von dieſen oder
jenen Handwerckeꝛn gebrauchet werden,
odeꝛ aber ſonſt unter dem Namen gemei-
ner Roͤhre, Bambuſen, ꝛc. von den
Drechslern und andern Kuͤnſtlern zuge-
richtet, und mit goldnen, ſilbernen, helf-
fenbeinernen, agtſteinernen oder cryſtal-
linen Knoͤpfen gezieret werden, daß man
dieſelben in der Hand tragen koͤnne.
Ende des Buchs von Wurtzeln und Rohren.
DAsjenige/ was wir Holtz zu nennen pflegen, iſt nach des
Englaͤnders Grew Meinung/ nichts anders, als eine un-
nennliche Anzahl kleiner Roͤhrlein und Canaͤle, oder holer
Aederlein, unter denen etliche in die Hoͤhe erhaben, und in
einen vollkommenen Circkel geordnet und geſtellet ſind, die
uͤbrigen/ die erinſertionesnennet, weil ſie zwiſchen die erſten
geſtecket/ gehenà circumferentia ad centrum,von dem auswen-
digen Begriff nach dem Mittelpuncte zu. Sie lauffen creutzweis durch-
einander/ als wie auf demGlobodielineæ longitudinis \& latitudinis,oder wie
die Faͤden des Webers/ welche in die Laͤnge und Breite ausgeſpannet und
mit einander vermenget ſind. Mit der Zeit erhalten ſie ihr Wachsthum
von dem Safte der Erde/ werden hart, und machen ſolcher geſtalt das
corpusder Baͤume, ſind auch haͤrter und ſchwerer, ie mehr oder weniger
ſie geſchloſſen und mit Hartz angefuͤllet ſeyn.
Die Scribenten ſind gar nicht mit einander eins, wo doch eigentlich
das Frantzoͤſiſche WortBoisher entſproſſen. Nicodderivirt es von dem
Griechiſchen [...]όσκον, welcheslignum,Holtz heiſſe: Menage leitet es von
boſceumher, welches vonboſcumoderboſcusherſtammen/ und einen Wald
bedeuten ſoll. Andere wollen gar, daß es vom teutſchen Worte Buſch
herkomme. Weil aber alle dieſedefinitionesund Beſchreibungen dasſub-
jectum,oder die Sache/ davon ich zu handeln geſonnen bin/ durchaus
nichts angehen, deshalben will ich ſagen/ daß wir keine andern Hoͤltzer
verkauffen/ als ſolche/ die zur Artzney, oder Faͤrberey gebrauchet wer-
den, oder auch zur Schreiner- und Tiſchler-Arbeit dienen/ von denen
andern aber nichts gedencken.
UNter allen denen Hoͤltzern,
die wir verkauffen, iſt kein
einiges alſo rar und theuer,
wie das wahrhafte Aloe-
holtz: und dieſes darum,
weil es gar wenig bekannt iſt, auch ein
ieder eine beſondere Gattung Holtz da-
fuͤr ausgiebet. Dannenhero, wenn es
hat ſollen beſchrieben werden, haben die-
jenigen, welche ſich druͤber gemacht, und
es beſchreiben wollen, ſo unterſchieden
davon gehandelt, daß man unmoͤglich
recht eigentlich wiſſen koͤnnen, was es
ſey, keiner aber hat ſo gar wieder die Ver-
nunft geſchrieben, als Furetiere; denn
er ſaget, die Aloe ſey ein groſſer Baum,
acht bis zehen Fuß hoch, und wachſe in
Jndien: ſein Stamm ſey ſo dicke als ein
Schenckel, am Gipffel ſtuͤnden ein Hauf-
fen zackichte Blaͤtter, welche am Ende
breit waͤren, und nach der Spitze zu im-
mer ſchmaͤler wuͤrden, in der Laͤnge hiel-
ten ſie vier Fuß. Die Bluͤte ſey roth
mit gelb vermenget, und gefuͤllet, wie
die
[]Hauptbeſchreibung ’erſten Theils drittes Buch.
die Nelcken, ſaͤſſe an kleinen Zweiglein,
welche nebſt den Blaͤttern, darunter ſie
ſich verſteckten, aus dem Baume heraus
wuͤchſen. Nach der Bluͤte komme die
Frucht, welche rund, wie eine dicke Erb-
ſe, weiß und roth ſey. Aus den Blaͤt-
tern, wenn ſie mit einem Meſſer aufge-
ritzet worden, werde der Saft gezogen,
und in Calebaſſen oder Kuͤrbſen geſamm-
let, da er dann an der Sonne getrocknet,
wie Hartz werde. Es gebe vielerley Gat-
tung Aloeholtz/ darunter das Jndi-
aniſche Agallochum, welches aus Ca-
licut kommt, das beſte. Das allerbeſte
aber ſey ſchwartz und ſcheckicht, voͤllig,
ſchwer, dichte, dick und ſtarck, ziehe ſich
nicht aufs weiſſe, laſſe ſich auch ſchwer-
lich anzuͤnden.
Jch weiß nicht, wo Furetiere ietzt an-
gefuͤhrtes mag hergenommen haben,
denn er vermenget das Gewaͤchſe, von
dem die Aloe kommt, mit dem wahr-
haften Aloeholtz. Andere ſagen, es
kaͤme daher, daß wir kein wahrhaftes
Aloeholtz haͤtten, weil es nirgends als
in dem irdiſchen Paradiſe wuͤchſe, da-
raus man keines habhaft werden koͤnne,
ohne bey groſſen Waſſerfluten. Ande-
re aber geben vor es wuͤchſe nur in der
Wuͤſten, und auf hohen, unerſteiglichen,
auch wegen der Loͤwen, Baͤren, Tyger
und Panterthiere hoͤchſtgefaͤhrlichen
Gebirgen. Und dergleichen Maͤhrlein
giebts noch mehr, welche der Laͤnge nach
zu erzehlen allzu lange fallen duͤrfte.
Jndeſſen will ich vermelden, daß mir
von den Leuten der Abgeſandten aus
Siam/ welche dem ietztregierenden Koͤ-
nige Ludwig dem XIV. dergleichen Holtz,
theils gearbeitet, theils ungearbeitet,
zum Geſchencke mitgebracht, unter an-
dern, eine Gieskanne zuſamt dem Be-
cken, welche in Siam/ nach daſiger Lan-
desart gemacht waren, folgendes davon
kund gethan worden: naͤmlich, es wach-
ſe der Baum des wahrhaften Aloehol-
tzes in Cochinchina, im Koͤnigreich
Lao und China, ſo geſtaltet wie unſere
Siehe Fig. 96.Oelbaͤume, die Blaͤtter ſehen ſchier auch
ſo aus; nach denenſelben komme die
Frucht, die unſern Kirſchen gleiche. Von
Suratte wird des Aloeholtzes die
Menge gebracht, da denn dasjenige, das
am hartzigſten iſt, am hoͤheſten gehalten,
und nach den Stuͤcken, ob ſie groß oder
klein ſind, unterſchieden wird.
Auch dienet zu mercken, daß der
Stamm dieſes Baumes dreyerley Far-
be habe, welches doch nur die unterſchie-
denen Theile deſſelben ſind, wie ſie in der
Maſſa oder Subſtantz des Baumes auf
einander folgen. Das erſte Holtz, ſo
ſich unmittelbar unter der Rinde befin-
det, iſt ſchwartz, ſehr dichte, ſchwer, und
dem Ebenholtze ziemlich gleich; hat we-
gen ſeiner Farbe von den Portugieſen
den Namen Pao d’ Aquila,Adlerholtz,Adlerholtz.
bekommen. Das andere iſt leichte, voll
Adern, ſieht als ob es verbrannt waͤre,
und Tannetfarben aus. Dieſes nennen
wir Calambouc oder das wahrhafteCalambouc-
holtz.
Aloeholtz. Das dritte, der Kern oder
das Hertz, iſt das koͤſtliche Holtz Tam-
bac oder Calambac: Weil es aber ſoCalambac-
holtz.
gar rar und theuer iſt, mir auch noch nie
zu Geſichte kommen, deshalben will ich
nichts davon gedencken, ſondern nur ſa-
gen, daß, wenn man ja des wahrhaf-
tigen Aloeholtzes benoͤthiget waͤre,
moͤge man ſich an das Calambouc-
holtz halten, ob es gleich nicht das beſte,
dieweil das rechte oder das Calam-
bacholtz unmoͤglich anders, als durch
Huͤlffe groſſer Herren zu bekommen.
Man ſoll das Calambouc holtz er-
wehlen, welches tannetfarben und fein
glaͤntzend iſt, auswendig ſo ſchoͤn, wie
ein Jaſpis, inwendig gelblicht weiß ſieht,
und bitter ſchmecket, abſonderlich, wenn
man es ein wenig im Munde gehalten,
daher es auch, und weil ſeine Bitterkeit
der Aloe ihrer gleichet, den Zunamen er-
halten. Es muß ingleichen leichte ſeyn,
und hartzicht, dem faulen Holtze aͤhnlich
ſehen, und einen lieblichen ſuͤßlichten
Geruch von ſich geben, wenn es ver-
brennet wird. So mag man auch dem
andern daſſelbige vorziehen, in welchem
gantze Klumpen Hartz befindlich; doch
muß man Achtung geben, daß ſolches
nicht durch Kunſt darein gebracht.
Dieſes Aloeholtz wird, meines Wiſ-Aloeholtz.
ſens, zu nichts, als zur Artzney ge-
braucht, indem es ſehr aromatiſch iſt.
Was das Adlerholtz betrifft, daſſel-
be iſt in Franckreich wenig braͤuchlich.
Die Jndianer machen allerhand Klei-
nigkeiten daraus, desgleichen ihre Waf-
fen. Jn Franckreich iſt es auch der-
maſſen rar, daß es gar ſchwerlich zu fin-
den, welches dann denenjenigen, die da-
von geſchrieben, und gemeldet haben,
ob ſey
[]Der Spezereyen und Materialien
ob ſey es gantz gemein, ſchlechterdings
zu wider iſt.
Wir haben ſonſt auch, auſſer dem Ca-
lambouc oder dem wahrhaften Aloe-
holtze, noch einen Hauffen andere Sor-
ten, welche eben dieſen Namen fuͤhren.
Allein, weil es unmoͤglich ſeyn wuͤrde,
ſie alle von einander zu unterſcheiden,
deswegen will ich nichts weiter davon
vermelden, als daß man ſie alle zu-
ſammen verwerffen muͤſſe, dieweil es
lauter falſche und dafuͤr eingeſchobene
Hoͤltzer ſind, uͤberdiß auch ihre Geſtalt
und Form gantz unrecht iſt; denn dieſe
fuͤr das rechte Aloeholtz ausgegebenen
Hoͤltzer ſind groſſe Stuͤcken, ſchwer, ſe-
hen bald roͤthlicht, bald gruͤnlicht, u. ſ. f.
hingegen koͤmmt das Calambouc holtz
in platten leichten Stuͤcken, daran es
dann gar leichtlich zu erkennen.
Es geben etliche vor, der Baum desTuya oder
Baum des
Lebens.
Lebens oder Tuya, welcher in dem Koͤ-
niglichen Garten zu Fontainebleau
ſtehet, ſey der Baum des Aloeholtzes,
welches ich aber unwahr zu ſeyn befun-
den: denn ich einen ſolchen Baum drey
gantze Jahr lang gehabt, weil er aber
verderben wolte, zog ich ihn aus der Er-
de: da er nun eine Zeit lang an der Luft
gelegen, vergieng der ſtarcke Geruch und
Geſchmack, den er hatte, als er noch
gruͤn ware, wurde uͤberaus leichte, un-
geſchmack, und inwendig, wie auswen-
dig, lichte.
DJeſes Holtz iſt den Alten eben ſo un-
bekannt geweſen, als wie das Aloe-
holtz. Wir aber kennen es anietzo blos
aus den relationen und Bericht anderer,
darauf iedennoch gar nichts nicht zu
bauen. Jch ſelbſt habe die Wahrheit
zu erkundigen nicht vermocht, was Fleiß
ich auch angewendet, welches dann ver-
urſachet, daß ich nichts anders berichten
werde, als was mir davon kund wor-
den, und darauf anzeigen, was an ſtatt
des Aſpalathi verkaufft werde.
(Jn dem Anhange aber hat unſer
Autor folgendes geſetzt:)
„Nachdem dieſes Cap. bereits ge-
„druckt war, habe ich nachfolgendes da-
„von gefunden:
„Es ſind Stuͤcken Holtz von einem
„Sineſiſchen Baume, der dem klei-
„nen Calambouc ſehr nahe kommt,
„welche dichte, mit ſchwartzbraunen
„oder weißlichten Adern gezieret, har-
„tzicht, viel luckerer und dicker, als die
„vom Aloeholtze, doch nicht ſo dichte
„ſind, einen bitterlichen, fett- und har-
„tzichten Geſchmack haben, auch eben
„nicht ſo gar ſtarck riechen.
„Der Strauch des Aſpalathi iſt ſtach-
„licht, waͤchſt auf den Bergen, und
„wird fuͤr giftig gehalten.
„Bey den Alten werden unterſchie-
„dene Gattungen Aſpalathum beſchrie-
„ben, welche aber nicht mehr zu haben,
„ja man weiß faſt gar nichts mehr da-
„von. Sie gebrauchten dieſes Holtz zu
„Salben, kochten es in Oele, damit ſich
„das Hartz heraus zoͤge, und gebrauch-
„ten hernachmahls daſſelbe Oel.
„Das Holtz wird gleicher geſtalt als
„wie das Aloeholtz geſammlet, doch nur,
„der Sineſer Vorgeben nach, die har-
„tzichten Stuͤcke, und welche ſtarck
„riechen.
Wir verkauffen dreyerley Holtz un-
ter dem Titel Aſpalathum. Das erſte
iſt ſchwaͤrtzlicht, welches ich das wahr-
hafte Adlerholtz zu ſeyn erachte.
Das andere iſt ſo ein wenig bitter,
ſchwer, oͤlicht, voll Adern von allerley
Farben; welche unter einander gemi-
ſchet, machen, daß es roͤthlicht ſcheinet.
Es wird mit einer grauen, dicken und
gantz holprichten Rinde bedecket. Was
die Geſtalt des Baumes, der Blaͤtter,
der Fruͤchte und Bluͤte belanget, des-
gleichen, in welchem Lande es wachſe,
davon habe ich nichts gewiſſes erfahren
koͤnnen, werde derowegen nur vermel-
den, daß dieſes Aſpalathum, es ſey nun
falſch oder wahrhaft, dasjenige ſey,
welches am meiſten von denenjenigen
die ſich gar gut darauf verſtehen wollen,
dafuͤr angenommen werde, und auch
gemeiniglich von uns verkauffet wird.
Das Aſpalathum, ſo ſchwaͤrtzlicht, als
roͤthlicht, wird meiſtentheils zu den tro-
chiſcis Hedychroi verbraucht.
Die dritte Gattung des Aſpalathi iſt
bey uns ſo bekannt und gemeine, als rar
und unbekannt die beyden erſtern ſind.
Und dieſes dritte nennen wir RhodiſerRhodiſer-
holtz.
oder Roſenholtz, weil es wie Roſen
riecht,
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils drittes Buch.
riecht, nicht aber, weil es eine Staude,
die, wie etliche meinen, Roſen traͤgt.
Das Roſenholtz hat eine dunckelgel-
be Farbe, und erſtermeldeten Geruch,
wird von unterſchiedenen Orten aus
Orient zu uns gebracht, vornehmlich
aus der Jnſel Rhodis und Cypern/
daher es auch Rhodiſer- und Cypriſch-
holtz genennet wird, wie wohl der P.
Tertre ſaget, es ſey ein und anderer Un-
terſchied zwiſchen dem Rhodiſer und Cy-
priſchen Holtze. Er redet aber folgen-
der maſſen.
Was wir zu Guadeloupe Roſen-„
holtz heiſſen, iſt eigentlich dasjenige„
Holtz, welches die Einwohner der Jn-„
ſel Martinigo Cypriſchholtz nennen.„
Es iſt mehr als zu gewiß, daß es zwey„
Arten Roſenholtz giebet, die wir unter„
dieſem Namen vermengen, ohne daß„
wir des Cypriſchen gebrauchen, und„
zwar um ſoviel deſto eher, weil beyde„
Baͤume, was die Hoͤhe und Dicke, die„
Rinde, Blaͤtter, Blumen und den Ge-„
ruch betrift, einander ſo gleich ſind, daß„
der meiſte Theil der Einwohner gar„
keinen Unterſchied dazwiſchen macht.„
Doch habe ich in Acht genommen, daß„
etliche curieuſe Leute zu Guadeloupe„
das Holtz, welches die zu Martinigo„
Marmel-
holtz.Roſenholtz heiſſen, Marmelholtz„
zu nennen pflegen, dieweil das Hertz„
von dieſem Holtze weiß, ſchwartz und„
gelb untereinander, wie ein Jaſpis„
ſiehet: und dieſes iſt der eintzige Unter-„
ſchied, den ich bemercken koͤnnen. Der„
Siehe Fig. 97.Baum waͤchſt ſehr hoch und ſchnurge-„
rade, hat lange Blaͤtter, wie der Caſta-„
nienbaum, nur daß ſie viel zaͤher, rau-„
her und weiſſer ſind; traͤgt groſſe Buͤ-„
ſchel weißlichter Blumen, und hernach„
kleine ſchwartze Koͤrner; die allerdick-„
ſten ſind ohngefehr eines Fuſſes ins ge-„
vierdte dicke. Die Rinde des Baumes„
iſt weißlicht, bald wie die Rinde der jun-„
gen Eichen, und ſieht dem Nußholtze,„
wenn es verarbeitet wird, ſo gar aͤhn-„
lich, daß man Muͤhe hat, ſie von einan-„
der zu unterſcheiden. Wenn es gear-„
beitet wird, giebt es einen angenehmen„
Geruch, gegen dem der Roſen Geruch„
gar nichts zu achten. Und ob er gleich„
mit der Zeit vergehet, kommt er doch„
wieder, wenn das Holtz ſtarck gerieben„
wird: es dienet auch zum bauen.„
Man ſoll das Roſenholtz erwehlen,
welches friſch und dunckelgelbe, wie
Roſen riechend, und ſo dicke und gerade,
als immer moͤglich, iſt.
Aus dieſem Holtze werden Paterno-
ſter gemacht; desgleichen wird es, wegen
ſeines angenehmen Geruchs, einiger
maſſen zur Artzney gebraucht, welches
etliche deſtillatores und Waſſerbrenner
veranlaſſet, ein Roſenoͤl daraus zu
verfertigen, daher auch ihrer etliche das
Roſenoͤl ſo wohlfeil geben.
Die Barbierer ſieden die Spaͤne im
Waſſer, das ſie zum Bartputzen ge-
brauchen. Etliche nehmen es zu den
Raucherkertzlein, an ſtatt des weiſſen
Sandels, wenn es vorher zu Pulver
geſtoſſen worden. Die Hollaͤnder diſtil-
liren ein weiſſes ſtarckriechendes Oel
daraus, welches ſie uns uͤberſenden, wir
aber unter dem Titel oleum rhodium anRoſenoͤhl.
andere verkauffen, z. E. an die Parfu-
mirer, und dergleichen Leute, die es als
ein gutes Parfum gebrauchen.
Wenn dieſes Oel noch friſch iſt, iſt es
wie Baumoͤl: wenn es aber alt worden,
wird es dicke und roth, als wie das Oleum
de Cade.
Aus dem Roſenholtze wird vermit-
telſt einer Retorte, ein rother Spiritus,
nebſt einem ſchwartzen ſtinckenden Oele,
ſo gut fuͤr die Schwinden, heruͤber ge-
trieben.
ES giebt dreyerley Gattungen dieſes
Holtzes, von unterſchiedener Farbe,
Geſtalt und Geruch, und kommen doch
alle drey, wie man mich verſichert, von
einem Baume, ſind aber darinne von
einander unterſchieden, daß ſie in unter-
ſchiedenen Laͤndern wachſen.
Der Baum iſt ſo hoch als unſeꝛe Nuß-
baͤume, hat Blaͤtter wie der Maſtix-
baum, drauf folgen die Fruͤchte, die ſo
groß wie unſere Kirſchen, und anfangs
gruͤne ſind, hernach aber werden ſie im-
mer ſchwaͤrtzer, ie mehr ſie zeitigen:
wenn ſie reiff worden, fallen ſie leichtlich
ab, und ſind ungeſchmack.
Der gelbe Sandel wird aus ChinaGelber Sa-n
del.
und Siam, als wie groſſe Scheiter ge-
bracht, die von der Rinde gantz und gar
Jent-
[]Der Spezereyen und Materialien
entbloͤſet ſind: wie denn unſre Frantzo-
ſen, als ſie im Jahr 1686. aus Siam
zuruͤcke kamen, deſſen eine ziemliche
Partie mitbrachten. Man ſoll aber
den erwehlen, der fein ſchwer iſt, gut
riecht, und eine Farbe, wie der Buchs-
baum hat, deswegen er auch den Zuna-
men citrinum, welches gelb als wie Zi-
tronen heißt, bekommen: auch mag
man Acht haben, daß man nicht Zitro-
nenholtz dafuͤr bekomme, denn dieſes
gar ofte dafuͤr eingeſchoben wird.
Dieſer Sandel wird ſtarck in der Artz-
ney gebraucht, ingleichen von den Par-
fumirern.
Jhm kommt der weiſſe Sandel
ziemlich nahe, und wird allein durch den
Geruch und Geſchmack davon unter-
ſchieden. Er wird auch als wie Schei-
ter, von denen die Rinde abgenommen,
aus der Jnſel Tymor gebracht.
Man nehme den, der wichtig, weiß,
und ſo gut riechend iſt, als immer moͤg-
lich. Er wird gemeiniglich nebſt dem
gelben in der Artzney gebraucht.
Den rothen Sandel bringen ſie wie
lange dicke Scheiter aus der Jnſel Ta-
naſſarin und von der Kuͤſte Coro-
mandel.
Erwehlet den, welcher auswendig
ſchwartz, und inwendig braun oder
hochroth ſiehet, ſich auch ſchwerlich ſpal-
ten laͤßt, weil er nicht faſelicht iſt; der
auch keinen Geſchmack hat, und faſt gar
nicht riecht: gebet dabey Achtung, daß
es kein Corallenholtz ſey, welches oft-
mahls dafuͤr gegeben wird, ob es gleich
gantz etwas anders iſt, wie aus nachfol-
genden wird zu erſehen ſeyn.
Der rothe Sandel wird nicht allein
ſamt denen andern beyden insgemein
gebrauchet, ſondern es giebt auch Leute,
die ihn zu Pulver ſtoſſen, und unter die
Salben, die ſie bereiten, miſchen.
Ohne dieſe giebt es auch noch eine Art
Sandel, en taffetas,auf Taffent genen-Sandal en
taffetas.
net, der von Conſtantinopel gebracht
wird: und dieſes iſt Taffent, dem die
Farbe mit Sandelpulver gegeben wor-
den, nachdem man beyde nebſt ein und
andern Sauern im Waſſer ſieden laſſen.
Er dient ſonſt zu nichts als zu boͤſen
Augen, an ſtatt des gruͤnen Taffents,
und ſoll gut gefaͤrbet ſeyn, das iſt, ſo
roth, als immer moͤglich.
DAs Citronenholtz heiſſen die Ame-
ricaner Lichtholtz, weil ſie es zu
Spaͤnen ſchneiden, und ihnen damit
leuchten. Es iſt der Stamm eines dicken
und groſſen Baumes, der insgemein in
den Jnſeln unter dem Wind waͤchſt.
Der Baum iſt lieblich anzuſehen,
maſſen er viel groſſe lange Aeſte hat, wel-
che mit Blaͤttern beſetzt ſind, die den
Lorbeerblaͤttern gleichen, ohne daß ſie
groͤſſer und glaͤntzender: die Bluͤte ſieht
wie die Pomerantzenbluͤt, und riecht wie
Jaſinin, darauf folgen kleine ſchwartze
Fruͤchte, ſo groß wie der Pfeffer. Dieſes
Holtz hat der P. Tertre fuͤr gelben
Sandel gehalten, und ſolches etlichen
Spezereyhaͤndlern zu Rouan, allem
Anſehen nach, Anlaß gegeben, daſſelbi-
ge von der Compagnie zu erhandeln,
und vermeſſentlicher Weiſe fuͤr rechten
gelben Sandel, nicht nur an diejenigen,
die ihn nicht gar wohl kennen, zu ver-
kauffen, ſondern auch an ſolche Leute,
die ihn ohnbeſehen, und entweder blos
auf ihr Wort erkauffet, oder weil ſie
ihnen ein Stuͤck vom Jndianiſchen gel-
ben Sandel vorgewieſen, und dennoch
hernachmahls Citronenholtz oder fal-Falſcher
Sandel.
ſchen Sandel dafuͤr gegeben. Sol-
cher geſtalt verkauffen ſie eine Wahre,
die ihnen gar wenig koſtet, rechtſchaffen
theuer, und betruͤgen alſo diejenigen, die
ſie ihnen abgekaufft, oder denen ſie die-
ſelbige zugeſendet; und dieſe betruͤgen
hinwiederum andere, ſie moͤgen ſie nun
zur Artzney, oder an die Parfumirer,
welche ſich des gelben Sandels zu ihrem
Rauchwerck bedienen, verkauffen. Doch
iſt dieſer Betrug gar leicht zu vermer-
cken, indem der Sandel einen ſuͤßlich-
ten lieblichen Geruch und Geſchmack
hat, auch etwas ſchwer und hartzicht iſt,
da im Gegentheil das Citronenholtz
ſehr ſchwer, dichte und oͤlicht iſt, auch
ziemlich ſtarck nach Citronen riecht, da-
her es dann den Namen bekommen.
Uberdiß wiegen die Sandelhoͤltzer nicht
uͤber 100. Pfund, da hingegen ein Stuͤck
Citronenholtz wohl 1000 Pfund wieget.
Ob gleich aber das Citronholtz zur Artz-
ney
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils drittes Buch.
ney nicht taug, dennoch iſt es zur Schrei-
ner- und Tiſchler-Arbeit gar dienlich,
denn wenn es poliret iſt und hat eine
Zeitlang an der Luft gelegen, alsdann
ſieht es nicht anders, als ob es polirte
Coccusnuß waͤre.
Es wird ingleichen wegen ſeiner Blu-
Jaſminholtz.men, Jaſminholtz genennet. So findet
ſich auch in den Jnſeln noch ein ander
Lichtholtz.Lichtholtz, welches eben ſolche Blaͤt-
ter, Blumen und Fruͤchte traͤgt, als wie
das Zitronenholtz, auſſer daß die Blu-
men viel dicker, breiter und runder ſind:
weil aber dieſes Holtz nicht zu uns ge-
bracht wird, deswegen will ich auch
nichts weiter davon melden. Der P.
Tertre berichtet, es ſey dieſer Baum
gar rar, wachſe nur am Seeſtrande, und
er halte ihn fuͤr eine Gattung Aloeholtz;
welches ich gantz gerne glauben will,
weil wir ſo vielerley Aloeholtz haben.
Er mercket ferner an, daß dieſer Baum
ein ſehr ſtarck riechend Gummi gebe, wel-
ches mehr und beſſer rieche, ie aͤlter der
Baum ſey, und werde von den Wilden
zum Brennen gebrauchet: ſie pflegten
auch die zweyte Rinde zu nehmen, und
den Saft heraus zu ziehen, den ſie als
ein unfehlbar und bewaͤhrtes Mittel
in Entzuͤndungen der Augen gebrauche-
ten.
OHne das Lichtholtz wird noch ein ge-
wiſſes rothes Holtz aus den Jnſeln
unter dem Wind gebracht, dem man
den Namen Corallenholtz gegeben,
weil es wie Corallen ſiehet. Mit die-
ſem Holtze wird der rothe Sandel oft-
mahls verfaͤlſchet, wiewohl es leicht zu
mercken iſt, indem das Corallenholtz
hellroth ſiehet, ziemlich leichte und fla-
dricht iſt: der Sandel hingegen iſt ſatt-
roth und ſehr ſchwer, auch ohne Flaſer.
Die Americaner brauchen das Co-
rallenholtz zu allerhand Arbeit, und
weil vorjetzo die Rohr ſo theuer, dan-
nenhero wird der Sandel nicht mehr
mit dieſem Holtze verfaͤlſchet. Es wach-
ſen auch noch zwey Sorten Holtz in
den Jnſeln, welche gleichergeſtalt Co-
rallenholtz genennet werden, weil ihre
Fruͤchte ſo roth, wie die Corallen ſehen,
auſſer daß ſie recht auf den Keimen ei-
nen ſchwartzen Flecken haben: und dieſe
Fruͤchte verkauffen wir unter dem Titel
rothe oder Americaniſche Erbſen.Rothe oder
Americani-
ſche Erbſen.
Sie ſind uͤberaus bitter, und man ſoll
damit, wenn ſie dem Berichte nach, ei-
nige Zeit in Citronſafte geweichet, Gold
und Silber ſo gut, als mit Borrax loͤten
koͤnnen.
Der P. Tertre meldet, daß es uͤber
die maſſen viel roth Holtz in den Jnſeln
gaͤbe; man treffe allda von zwey zu zwey
Meilen allerley Farben darunter an,
ietzt mehr, dann weniger. Dieſe waͤren
alleſamt voͤllig, wichtig und dichte, dien-
ten gut zu Schreiner-Arbeit, und der
mehrere Theil verderbe nimmermehr.
DAs Lignum Nephriticum wird aus
Neuſpanien gebracht, ſonderlich
aus dem Koͤnigreich Mexico, woſelbſt
es Coult und Tlapalcypatly genen-
net wird: wir aber heiſſen es lignum Ne-
phriticum,Griesholtz, weil es ein be-
waͤhrtes Mittel iſt fuͤr diejenigen, die
mit dem Stein beladen: es dienet auch
Siehe Fig. 99.den Urin zu treiben. Der Baum iſt ſo
groß, als unſere Birnbaͤume, hat Blaͤt-
ter wie die Kichern, iedoch noch kleiner.
Von dieſem Holtze muß die Rinde zu-
ſammt dem Spind, welche weiß und
nichts nuͤtze, abgenommen ſeyn: es muß
ferner bitter ſchmecken und gelbroth ſe-
hen; desgleichen, wenn es nur etliche
Augenblicke in kalten Waſſer gelegen,
dieſem eine himmelblaue Farbe geben,
welches ein ohnfehlbares Kennzeichen
und Merckmahl iſt, daß dieſes Holtz auf-
richtig. An ſeine Statt verkauffen ſie
das rothe Eben- oder Granadillen-
holtz, ſo aber gar bald kan erkennet wer-
den, weil es viel roͤther ſiehet, und das
Waſſer, darein es geleget worden, nur
ein wenig gelb anfaͤrbet, welches auch
ein ander Holtz thut, das in Jndien
und Braſilien waͤchſt, deſſen Namen
J 2ich aber
[]Der Spezereyen und Materialien
ich aber noch nicht erfahren koͤnnen.
Derowegen ſoll alle das Holtz, das fuͤr
das Griesholtz ausgegeben wird, und
doch das Waſſer nicht faͤrbet, verworf-
fen werden.
Die mit dem Stein beladen ſind, ge-
brauchen das Waſſer, darinne dieſes
Holtz eingeweichet worden, zu ihrem
ordentlichen Tranck, miſchen es auch
zuweilen unter den Wein, um ſich da-
durch des Steines und Sandes zu ent-
ledigen. Wer aber die Kraft dieſes
Holtzes erhoͤhen und verſtaͤrcken will,
kan Ruͤbenwaſſer dazu brauchen, und
etwas Wermuthſaltz drein thun, in ie-
des Glas ein halbes Quintlein.
LEntiſcus iſt ein Baum, deſſen Blaͤtter
den Myrtenblaͤttern gleichen; nach
dieſen wachſen die Blumen, welche ei-
nen Hauffen Beeren, traubenweiſe
bringen, die erſtlich gruͤn ſind, und nach
und nach, ie mehr ſie zeitigen, ſchwartz
werden. Nebſt dieſen ſind auch kleine
Huͤlſen dran, voll Saft, daraus werden
kleine fliegende Thierlein erzielet, als
wie in den Scharlachbeeren.
Dieſe Baͤume ſind in Jndien und
Egypten gantz gemeine, abſonderlich
auf der Jnſel Chio, woſelbſt ſie ſo gar
ſorgfaͤltig gewartet, und bewahret wer-
den, daß ſie demjenigen die Hand abhau-
en, wer einen ſolchen Baum umſchlaͤgt,
es geſchehe ſolches mit Fleiß oder nicht,
und ob er gleich der Eigenthumsherr
ſelbſten waͤre: der Baum muͤſte denn
alt ſeyn, und nichts mehr tragen.
Aus dieſem Baume rinnet der Ma-
ſtix, davon ich hernach handeln werde.
Jn Jtalien werden dieſe Baͤume
gleichfalls haͤuffig gebauet. Aus den
Beeren oder Fruͤchten ziehen die Jtalie-
ner ein Oel, auf die Art, als wie wir
aus den Lorberbeeren, und brauchen es
ſowohl, als wie das Holtz und die Blaͤt-
ter, im Durchfall: aber in England/
Teutſchland, Provence und Lan-
guedoc werden Zahnſtocher aus dem
Holtze gemacht.
Man muß dieſes Holtz auſſuchen, wel-
ches friſch iſt, denn es wird gar leichte
wurmſtichigt: es muß auch ſchwer ſeyn,
und ſich nicht gerne zerbrechen laſſen.
Von auſſen muß es grau ſehen, inwen-
dig weiß ſeyn, einen angenehmen Ge-
ſchmack haben, und wenn es moͤglich,
muͤſſen die Blaͤtter noch dran ſeyn. Da-
bey muß man auch Achtung geben, daß
es nicht das Holtz vom Spindelbaume
ſey, als welches ſie nicht ſelten zu ſubſti-
tuiren pflegen: doch dieſes mercket einer
gar leichtlich, dieweil der Lentiſcus viel
ſchwerer iſt, als der Spindelbaum.
DEr Maſtixin lacrymis, wie Thraͤ-
nen oder Zaͤhren, wird deshalben
alſo genennet, dieweil ſie auch Maſtix
aus Hartz, mit zerſtoſſenen Ziegeln ver-
miſchet, machen. Es iſt ein hartzichtes
Gummi, welches bey groſſer Hitze aus
den dickſten Aeſten rinnet, ohne daß
ſie drein geſchnitten; wiewohl ſie es auch
zu weilen zu thun pflegen. Dieſe
Tropfen werden, wenn ſie vom Baume
fallen, in einem mit Steinen ausgeſetz-
ten Graben, unten am Fuſſe des Bau-
mes, aufgefangen.
Man erwehle den Maſtix in feinen
groſſen Tropfen, welcher goldgelb iſt,
und wie weiß Wachs wird, wenn man
ihn ein wenig gekaͤuet. Der beſte
kommt aus Chio/ dann er iſt weit dicker,
weder der, ſo aus Levante uͤber Mar-
ſeille zu uns gebracht wird. Weil wir
aber in Franckreich faſt keinen andern,
als den letztern bekommen, deswegen
ſoll man ihn en ſorte, unſortirt, neh-
men, das iſt, er muß nicht allbereit aus-
geſuchet, und feine groſſe Stuͤcke oder
Zaͤhren ſeyn, auch muß er, wie obge-
meldet, ſehen, darneben ſo viel nur moͤg-
lich, ohne allen Unrath ſeyn.
Der Maſtix wird ſehr zur Artzney
gebraucht, inſonderheit das Zahnweh
zu ſtillen, er kan auch ſonſt noch auf vie-
lerley Weiſe genuͤtzet werden, z. E. Ver-
niß zu machen.
Die Art und Weiſe, wie die Leute
aus Levante den Maſtix uͤberſenden,
iſt eigentlich dieſe: den allerſchlechteſten
legen
[]
Figure 67. Tamariskenholtz. Fig. 101. p. 137. | Figure 68. Maſtivholtz Fig. 100. p. 135. |
Figure 69. Roſenholtz. Fig. 97. p. 129. | |
Figure 70. Sandelholtz. Fig. 98. p. 129. | Figure 71. Griesholtz. Fig. 99. p. 133. |
[][]
Figure 72. Saſſafras. F. 102. p. 137. | Figure 73. Franßoſenholtz. F. 103. p. 139. |
Figure 74. Meon. F. 72. p. 94 | |
Figure 75. Ledern von Libanon. F. 104. p. 141 | Figure 76. Kleine Leder. F. 105. p. 141. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils drittes Buch.
legen ſie zu unterſt an den Boden, her-
nach den beſſeren, und endlich den beſten
oben auf, wollen auch durchaus keinen
ohne den andern verkauffen.
DJß iſt ein Baum von mittelmaͤßi-
ger Groͤſſe, der haͤuffig in Langue-
doc waͤchſt; hat ſehr kleine Blaͤtter,
und traͤgt ſchwaͤrtzliche Fruͤchte, in
Trauben Geſtalt, dieſelben werden an
ſtatt des Gallus zum Faͤrben gebꝛaucht.
Suchet das Tamariskenholtz aus,
an dem die Rinde noch iſt, das auswen-
dig, wie inwendig weiß ſieht, und bey
nahe weder Geſchmack noch Geruch hat.
Dieſes Holtz wird zuſammt der Rin-
de gebraucht, die Miltzbeſchwerung
zu vertreiben; weil es aber etwas zu
beſchwerlich, deshalben werden kleine
Faͤßlein, Schalen und Becherlein,
die hernach den Zunamen von Tama-
risken bekommen, daraus gemacht.
Wer nun mit der Miltzbeſchwerung be-
haftet iſt, fuͤllet dergleichen Faͤßlein mit
gutem Wein, laͤßt ihn eine Zeitlang dar-
inne ſtehen, und braucht ihn alsdann
zum taͤglichen Tranck, trinckt auch den
Wein aus ſolchen Bechern und Scha-
len.
Aus dem Holtze wird ein weiſſes
cryſtallines Saltz gemacht, ſal Tama-
riſci,Tamariskenſaltz genennet/ wel-Tamarisken-
ſaltz.
ches, wenn es recht beſchaffen, weiß ſeyn
muß und kleine Cryſtallen, die nicht ſo
leichtlich in Staub zerfallen. Dieſem
Saltze wird ebenmaͤßig die Kraft, die
Miltz zu heilen, beygelegt.
DEr Saſſafras, Canela/ oder Pa-
vanaholtz iſt ein Baum, der gar
lieblich anzuſehen, und auf Florida
haͤuffig waͤchſt, maſſen daſelbſt gantze
Waͤlder anzutreffen.
Des Baumes Stamm iſt ſchnur ge-
rade, hat zu oͤberſt einen Hauffen Aeſte
mit gruͤnen Blaͤttern beladen, die ſchier
wie Feigenblaͤtter ſehen; dieſe werden
von den Einwohnern zerqvetſcht und
die Wunden damit geheilet.
Man erwehle den Saſſafras, dar-
an die dicke, roͤthlichte und rauhe Rinde
noch ſitzt, denn dieſe iſt der allerbeſte
Theil des Baumes, ſo wohl wegen des
ſcharffen Geſchmacks, als auch wegen
des ſcharffen aromatiſchen Geruchs,
der den Geruch des Baumes weit uͤber-
trifft, ſonderlich, wenn er noch auf der
Wurtzel ſtehet. Daher vermeinten
auch die Spanier, als ſie das erſte mahl
an der Jnſel Florida gelandet, es waͤ-
ren Zimmtbaͤume, weil ſie den ſtarcken
lieblichen Geruch auf zwey Meil weges
empfunden; als ſie aber ausgeſtiegen
und unter den Baͤumen ſtunden, ſahen
ſie ſich zwar in ihrer Hoffnung betro-
gen/ iedoch, nachdem ſie dieſelben genau
examiniret und unterſuchet, urtheilten
ſie gar wohl, daß ſie nicht aller Kraft
entbloͤſet waͤren, brachten ſie deswegen
mit nach Spanien, woſelbſt das Pfund
um 40. Francken verkaufft wurde, nach-
dem es gebraucht, und zur Neapolita-
niſchen Kranckheit ſo trefflich dienlich
befunden ward. Dieſes veranlaſſete
die Spanier wieder nach Florida zu
kehren, von dannen ſie eine ſolche Men-
ge Saſſafras mit zu ruͤcke brachten,
daß er bald darauf ſehr wenig galt: wie
nun der Preiß gefallen, ſo verminderte
ſich auch der Gebrauch; welches in
Franckreich nichts ſeltſames.
Jhrer viele ziehen die Schale des
Baumes dem Holtze und ſtarcken Aeſten
vor, welches auch nicht ohne Urſache ge-
ſchicht, ſintemahl ſie viel ſtaͤrcker riechet,
denn das Holtz. Sie iſt ordentlich leich-
te, aus- und inwendig roͤthlicht, laͤßt
ſich leichtlich zerbrechen, und ſchmeckt
und riecht gar aromatiſch. Daß alſo
die Rinde beſſer iſt als die Wurtzel, und
dieſe beſſer denn das Holtz.
Das Holtz wird zum Gebrauch ge-
ſpalten oder geraſpelt, da es dann der-
maſſen ſtarck riecht, daß ſowohl den Ar-
beitern, als auch denen, die es gebrau-
chen, die Koͤpfe darnach wehe thun, wel-
ches dann ſeinen Credit um ein gutes
verringert hat.
Wer nun dieſes geſpaltenen oder ge-
raſpelten Holtzes von noͤthen hat, mag
J 3zuſe-
[]Der Spezereyen und Materialien
zuſehen, daß es friſch ſey, denn wenn es
lange geſpalten, geraſpelt oder geſtoſſen
gelegen hat, verliehrt es ſeinen Geruch,
und hat keine Kraft. Wie dieſes Holtz
noch theuer war, kochten ihrer viele Fen-
chel in Waſſer, und lieſſen hernach Stuͤ-
cke von der weiſſen Fichte darinne ſieden,
nachdem es aber ſo gar wohlfeil worden,
bemuͤht ſich niemand mehr damit.
GAyac, Gayacan, lignum ſanctum ſive
Indicum,heilig oder Jndia niſches
Holtz, iſt ein Baum, der haͤuffig in Jn-
dien waͤchſt, wie auch in America/ von
dannen alles dasjenige, was wir zu ſe-
hen bekommen, in Geſtalt dicker und
langer Scheiter darunter einige 4. bis
500. Pfund wiegen, gebracht wird.
Der Baum iſt ſo hoch, als unſere
Nußbaͤume, mit gruͤnen, langen oder
runden Blaͤttern belaſtet, nach dem Un-
terſchied des Geſchlechtes, denn er in
Maͤnnlein und Weiblein abgetheilet
wird. Nach den Blaͤttern kommen gan-
tze Buͤſchlein Blumen, die wie Stern-
lein ſehen, davon iedwede einen kleinen
braunen Knopf hat, in Groͤſſe einer Ha-
ſelnuß, darinne eine kleine pomerantzen-
farbichte Frucht ſteckt.
Das Holtz wird in Franckreich zu
Schreiner- und Dreherarbeit ſehr ge-
braucht, inſonderheit aber werden Ku-
geln zum Spielen, Moͤrſel, Staͤmpfel,
Waltzen fuͤr die Paſtetenbecker, und der-
gleichen daraus verfertiget. Die Chi-
rurgi und andere, welche die Venus-
kranckheiten zu curiren auf ſich nehmen,
brauchen die Spaͤne zu Schweißtraͤn-
cken. Man hat bey dieſem Holtze keiner
andern Wahl noͤthig, als nur daß es oh-
ne Spind ſey, welcher ſich gar oft dabey
befindet. Dannenhero ſollten diejeni-
gen, die es ſo, wie ſichs zu ſeyn gebuͤhret,
verlangen, daſſelbe in Stuͤcken kauffen,
und, nachdem das Weiſſe, welches der
Spind iſt, davon gethan worden, das
Holtz, welches ſchwartz, ſchwer, hart
und hartzicht iſt, ſpalten oder raſpeln
laſſen, alsdann kan es, wie obgemeldet,
gebraucht und angewendet werden.
Man muß es nicht alſo machen, wie ih-
rer viel zu thun pflegen, die, an ſtatt,
daß ſie das Frantzoſenholtz ſelbſt ſolten
klein machen, ſelbiges von denenjenigen
erkauffen, welche Spaͤne davon machen,
die ſodann voll Spind und ander un-
nuͤtze Zeug ſind, und deme ohnerachtet,
dennoch, an ſtatt des rechten Holtzes, ge-
brauchet werden: ſondern man ſoll es
fuͤr ſich ſelbſt raſpeln laſſen, und Acht ge-
ben, daß der Spind daraus geleſen wer-
de, auch der Ebenholtzarbeiter oder der
Dreher den Platz, darauf die Spaͤne
fallen, vorher wohl ſaubere, oder ein
Tuch drauf breite.
Aus dem Frantzoſenholtze diſtilliretPhlegma, Spi-
ritus, Oleum
u. Sal Guajaci.
man ein phlegma, ſpiritum und ſchwar-
tzes, dickes, heftig ſtinckendes Oel: was
in der Retorte zuruͤcke bleibt, iſt kohl-
ſchwartz, und wird, nachdem es ausge-
lauget, ein Saltz daraus bereitet: ſo kanReſina und
Extractum
Gnajaci.
man auch ein Hartz oder Magiſterium
davon, wie von der Jalappe, bereiten.
Die Rinde wird gleichfalls zu obge-Rinde vom
Frantzoſen-
holtze.
dachten Kranckheiten gar ſehr gebrau-
chet, und deshalben muß diejenige dazu
ausgeſuchet werden, welche gleich,
ſchwer, uͤbel zu zerbrechen, obenher
grau, inwendig weißlicht iſt, bitter und
unanehmlich ſchmecket.
Es werden groſſe Stuͤcken Gummi
aus Jndien gebracht, welche dem Ar-
canſon dermaſſen gleich ſehen, daß man
eines faſt unmoͤglich von dem andern
unterſcheiden kan: iedoch, wenn jenes
nur ein wenig mit den Fingern gerie-
ben, oder auf gluͤhende Kohlen geleget
wird, giebt es einen gar lieblichen Ge-
ruch von ſich, der den gantzen Ort, da es
verbrennet worden, erfuͤllet, welches
das Arcanſon nicht thut, dann es riecht
nach Terpentin. Es iſt eines der kraͤf-
tigſten Schweißmittel, die man bis an-
hero gefunden hat.
Seit etlichen Jahren her ſind die
Wundaͤrtzte auf die Gedancken gera-
then, es habe der Buchsbaum, dem ſie
den Namen Frantzoͤſiſcher GuayacFrantzoͤſi-
ſcher Guayac.
gegeben, eben die Eigenſchaften, wie
das rechte Guayacum, deshalben auch
nicht die Helffte mehr ſo viel von dieſem,
als ehe deſſen, verbrauchet wird. Allein,
wenn ſie klug waͤren, und das geraſpel-
te Guayacum, darunter kein Spind
nicht, gebraucheten, wuͤrden ſie den
Unterſcheid wohl ſpuͤren. Den Jrrthum
aber
[]
Figure 77. Groſſer Wachholder F. 106. p. 142. | Figure 78. Kleiner Wachholder. F. 107. p. 143. |
Figure 79. Braſilien holtz. F. 108. p. 145. | Figure 80. Jndianiſch holtz. F. 109. p. 145. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils drittes Buch.
aber verurſachet, daß ſie insgemein ſol-
che Spaͤne brauchen, welche voll Unrath
ſind, und ihnen von den Drechslern das
Pfund fuͤr 1. Sols oder 18. Deniers ver-
kaufft werden, da ſie doch mit Recht zu
ſagen, das Auskehricht ihrer Werck-
ſtaͤdte ſind, darunter ſich allerley Holtz
befindet. Wiewohl es dennoch ſeyn
kan, daß das Buchsbaumholtz mit dem
Guayac gleiche Kraͤfte habe.
Das Buchsbaumholtz iſt inBuchsbaum.
Franckreich gantz gemeine, und wird
zu allerhand Arbeit gebraucht. Das
beſte kommt aus Spanien und vielen
Orten in Franckreich, ſonderlich aus
Burgundien und Champagne.
Aus dieſem Holtze wird ein ſpiritusSpiritus und
Oehl vom
Buchsbaum.
und ſchwartzes Oel diſtilliret, welches
man, wie das Oel vom Frantzoſenholtze,
rectificiren kan.
DJeſer Baum waͤchſt wie eine Pyra-
mide unglaublich hoch in die Hoͤhe:
die Aeſte ſind mit kleinen gruͤnen und
ſchmalen Blaͤttern beſetzt, die Fruͤchte
ſehen faſt wie die Tannzapfen.
Aus dem Stamm und dicken Aeſten
des Baumes rinnet bey groſſer Hitze,
von ihm ſelbſt, das weiſſe, klar und durch-
Cedern Gum-
mi oder Ma-
ſtix Manna.ſichtige Hartz, welches wir Cedern
Gummi oder Manna Maſtichina zu nen-
nen pflegen, deſſen die allergroͤſten Baͤu-
me nicht mehr als ſechs Untzen des Ta-
ges geben. Es entſtehen auch an eben
dieſes Baumes Stamme, von der groſ-
ſen Sonnenhitze, kleine Blaͤslein, aus
denen, wenn man ſie aufſticht, ein weiſ-
ſer klarer Saft, wie Waſſer, laͤufft, einesLiquor vel te-
rebinthina Ce-
dri.
ſtarcken durchtringenden Geruchs.
Wenn der Baum nichts mehr von ihm
ſelber giebt, alsdann ritzen ſie ihn auf,
da dann eine ſchmierichte Fettigkeit her-
aus laufft, welche indem ſie den Baum
herab rinnet, geſtehet, und CedernhartzCedernhartz.
genennet wird. Allein es iſt in Franck-
reich eben ſo rar, als was dieſer Baum
ſonſt noch mehr hervor bringt.
Dieſes Hartz, ſo gar ſchoͤn gelb, laͤßt
ſich leichtlich zerreiben, iſt hell und durch-
ſichtig, und hat einen gar angenehmen
Geruch.
DJeſer Baum iſt von unterſchiedli-
cher Hoͤhe, und meiſtentheils krum̃,
hat lange, ſpitzige, ſtets gruͤnende Blaͤt-
ter, ſonderlich zur Winterszeit, nach
denen die Fruͤchte, die wie des Maͤus-
dorns Fruͤchte groß ſind, folgen: dieſe ſe-
hen anfangs gruͤn, werden aber immer
roͤther, ie zeitiger ſie werden.
Aus dem aufgeritzten Stamme
dringt ein ſehr klares durchſichtiges
Wahrhafte
Sandaraca.Hartz, welches die wahrhafte San-
daraca iſt: weil wir es aber gar ſelten
zu ſehen bekommen, deswegen gebrau-
chen wir das Wachholder Gummi da-
fuͤr, von dem hiernechſt.
Durch Huͤlffe des Feuers und einer
Retorte wird aus dem Holtze ein ſchwar-
tzes Oel gezogen, welches, wenn es re-
dificiret worden, oleum Cadæ oder Wach-
holderoͤl mag genennet werden. Al-
lein, weil dieſe Baͤume bey uns nicht gar
zu gemeine, kan man ſich an ſeine ſtatt
des groͤſſern und kleinern Wachholders
bedienen.
Das aufrichtige oleum Cadæ oder Ce-
dria iſt gut fuͤr die Schwinden und
Schuppen/ ingleichen fuͤr die Raude
der Pferde, Ochſen, Schafe und ande-
rer Thiere. Es duͤrften aber dieſe Oele
zu hoch kommen, derowegen braucht
man dafuͤr das klare Pechoͤl, welches
um dieſer Urſache willen ebenfalls oleum
Cadæ genennet wird, inmaſſen aus dem
Cap. vom Pech zu erſehen.
DJeſer Baum, den die Lateiner Iuni-
perus nennen, iſt unterſchiedener
Groͤſſe, nachdem er naͤmlich in dieſem
oder jenem Lande gewachſen.
Er waͤchſet insgemein krumm, undSiehe Fig. 106.
hat zu oberſt viel Aeſte, mit kleinen,
ſchma-
[]Der Spezereyen und Materialien
ſchmalen, ſtechenden, ſtets gruͤnen Blaͤt-
tern beſetzt, nach denen die Beere[n] kom-
men, die wie ein kleiner Kern groß, und
im erſten Jahre gruͤn ſind, im andern
braun, und im dritten, wenn ſie nun
recht zeitig, ſchwartz werden.
Aus dem aufgeritzten Stamme und
ſtarcken Aeſten laufft bey groſſer Hitze die
Sandaraca/ welche uns aus Africa
uͤberbracht wird, woſelbſt dieſe Baͤume
uͤberaus hoch und haͤuffig wachſen. Die-
Sandaraca A-
rabum, Vir-
niß oder
Wachholder-
Gummi.ſe Sandaraca iſt die Arabiſche San-
daraca/ und Vernix, der truckne Ver-
niß.
Die Schweden, Hamburger und
Englaͤnder treiben einen groſſen Han-
del damit.
Wenn ſie zu einem unbegreifflichen
Pulver gemacht worden, wird es ge-
braucht, das Papier, ehe es noch plani-
ret wird, damit zu reiben und zu uͤber-
verniſſen, auf daß es weiß werde, und
nicht durchſchlage, damit auch die Buch-
ſtaben deſto beſſer darauf erſcheinen.
Man braucht es ingleichen zur Mahle-
rey, Verniß daraus zu machen, und
zu andern Dingen mehr. So giebt es
auch einigen Nutzen der Medicin, und
ſoll deshalben dasjenige, welches in ſchoͤ-
nen Tropfen und weiß iſt, dazu ausgele-
ſen werden.
DJeſer iſt bey uns ſo gemeine, daß
niemand ſeyn wird, der ihn nicht
kennen ſolte. Aus dieſes Strauches fri-
ſchen und reiffen Beeren wird erſtlich
Weiſſes
Wachholder-
Oel u. Waſ-
ſer.ein weiſſes ſtarckriechendes Oel, ſamt
einem Waſſer, welches gar gute Tugen-
den hat, gezogen: nach der Diſtillation
kan man das Marck trocknen, und ein
Wachholder-
ſaltz.weiſſes Saltz daraus machen, dieſes
aber in das diſtillirte Waſſer thun; wel-
ches ich iedoch nicht rathen wolte, ſon-
dern, die dieſes Saltz bereiten wollen, ſol-
len ſich viel lieber der getrockneten, als
der ausgeſottenen Beerẽ dazu bedienen;
die Unkoſten werden ſo groß nicht ſeyn.
Aus dem Holtze wird vermittelſt ei-
Spiritus und
Oleum Juni-
peri.ner Retorte ein phlegma, ſpiritus und
ſchwartzes ſtinckendes Oel gezogen:
wenn dieſes rectificiret worden, kan man
es oleum de Cade oder Wachholder-
oͤl nennen. Was in der Retorte zu-
ruͤcke bleibt und kohlſchwartz iſt, daraus
vermag man ein weiſſes Saltz zu berei-
ten. An ſtatt des Holtzes werden gleich-
falls die neuen und friſchen Beeren ge-
braucht, und aus ihnen ein ſchwartzes
ſtinckendes Oel gemacht.
Das Wachholderholtz und Beeren
werden insgemein verbrennet, und die
boͤſe Luft dadurch gereiniget.
Die Teutſchen thun dieſe Koͤrner
in ihre Tuncken, und brauchen ſie als
Theriac, dahero wird auch der Extract
davon, oder das Mus, armer Leute
und Teutſcher Theriac genennet.
Dieſer Extract wird von friſchen zer-Wachholder-
ſaft oder Ex-
tract.
ſtoſſenen Beeren gemacht, welche man
in Waſſer kochen laͤßt und hernach
durchſeihet; das durchgeſeihete aber
darauf bey kleinem Feuer, bis es ho-
nigdicke worden, einkochet: und nun
iſt es ein herrlich Mittel wider den
Gift. Man kan auch den nach der Di-
ſtillation im Kolben zuruͤckgebliebenen
Saft filtriren, und auf gleiche Weiſe da-
mit verfahren, ſo bekommt man eben-
maͤßig einen Extract, der mit allen ihm
zugeſchriebenen Tugenden begabet iſt.
Unſere Wachholderſtraͤuche geben
zwar auch etwas Sandaraca, allein in
ſo geringer Menge, daß es nicht der Muͤhe
werth davon zu reden. Es wollen et-
liche, ob ſey die Rinde des Wachholder-
baums die wahrhafte Rind Bugiæ.
UNter dem Titel Braſilienholtz ver-
kauffen wir vielerley Arten roth
Unterſchiede-
ne Gattun-
gen des Bra-
ſilienholtzes.Holtz, zum faͤrben. Das erſte, welches
am hoͤheſten gehalten, auch am meiſten
verbraucht wird, iſt das Braſilienholtz,
mit dem Zunamen Fernambouc, weil
das allermeiſte aus der Stadt Fernam-
bouc in Braſilien zu uns gebracht
wird. Das andere iſt das Braſilien-
holtz von Japon/ dem die Holl- und
Englaͤnder den Namen SapanholtzSapanholtz.
gegeben; deſſen ſind zweyerley Gattun-
gen, das dicke Sapanholtz oder das
Braſilienholtz von Japon, und das
ſchlechte-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils drittes Buch.
ſchlechtere Braſilienholtz von Ja-
pon/ oder Sapanholtz von Bimaes,
weil es viel ſchlechter iſt. Das dritte iſt
das Braſilienholtz von Lamon.
Das vierte das von S. Martha. Das
fuͤnffte, und geringſte iſt dasjenige, wel-
ches aus den Antillen Jnſeln kommt.
Daß alſo der Unterſchied unter dem Bra-
ſilienholtze blos von den unterſchiedenen
Orten und Laͤndern, in welchen es ge-
wachſen, herruͤhret.
Der Baum dieſes Holtzes iſt dicke und
groß, hat lange Aeſte, welche mit einer
wunderſamen Menge kleiner halbrun-
der und hellglaͤntzender gruͤner Blaͤtter
beladen ſind, nach denen die Bluͤtlein,
den Mayenbluͤmlein gleich, kommen,
ſehen lieblich roth, und riechen uͤberaus
angenehme; daraus entſtehen breite
Fruͤchte mit zwey breiten Kernen, die
wie die Citrullenkerne geſtaltet ſind.
Wenn die Wilden das Holtz, das ſie
uns zuſenden, zurichten wollen, hauen
ſie es glatt an der Erde ab, aͤſten es aus,
und nehmen den dicken Spind davon,
daß es hernach nur ſo dicke wird als ein
Bein, da es doch vorhero als ein Mann
dicke war.
Man ſoll das Braſilienholtz erweh-
len, welches gewiß von Fernambouc
und ſchwer iſt, als wie dicke Scheiter, die
kein Marck oder Kern haben, und ge-
ſund, d. i. ohne Faͤulnuͤß und Spind ſind,
welche auch, wenn ſie zerſtuͤcket worden,
blaß ſehen, hernach aber roth werden,
und zuckerſuͤſſe ſchmecken, wenn man ſie
kauet: uͤberdiß mag man Acht haben,
daß der andern Sorten keine drunter
gemenget ſey, welches aber, weil die an-
dern alle, bis auf das von Japon, ohne
Marck ſind, ſtracks zu erkennen iſt.
Das von Lamon kommt als wie dicke
Scheiter, und kan dahero von dem Fer-
nambouc holtz auch gar leichte unter-
ſchieden werden. Es haben mich ihrer
etliche verſichert, das Braſilienholtz
von Lamon komme aus der Bay al-Braſilien-
holtz aus der
Baya de to-
dos los San-
tos.
ler Heiligen, daſelbſt wachſe es in haͤuf-
figer Menge, werde auch deswegen von
vielen Braſilienholtz aus der Bay
und aller Heiligen Holtz genennet.
Was das geraſpelte Braſilienholtz be-
langet, von dem kan ich keinen beſſern
Bericht geben, als, man kauffe es bey
rechtſchaffenen Leuten, die nicht faͤhig
ſind einen zu betruͤgen.
Das Braſilienholtz wird von den
Schwartzfaͤrbern gebrauchet, man kan
auch, wenn ein wenig Alaun dazu ge-
than wird, die Eyer damit roth faͤrben.
Aus dem Fernambouc wird vermit
telſt eines acidi eine hochrothe Farbe ge-
zogen, und aus derſelben ſoll, wie mir iſt
geſagt worden, Carmin koͤnnen berei-
tet werden, wie von der Conzenille, wel-
ches ich aber nicht verſucht.
Es wird ferner ein fluͤßiges LackLacca liquida.
daraus gemacht, deſſen ſich die Mahler
zur Mignatur bedienen: ingleichen eine
rothe Kreide, welche wir Roſette nennen.
Dieſe wird von Rouaniſchem Weiß ge-
macht, deme, wenn es etliche mahl in die
Braſilienfarbe getuncket wird, eine
Amaranthenfarbe gegeben worden.
Die Roſette iſt eigentlich zu reden, ei-Roſette.
ne Art Stil de grain, denn ſie auf eben
dieſelbe Art zugerichtet wird.
DJeſes Holtz, welches wir insgemein
Campeſchenholtz, oder Holtz
aus Jamaica nennen, iſt das Hertz
von dem Stamme eines groſſen Bau-
mes, welcher haͤuffig in vorgenannten
beyden Jnſeln, desgleichen auf der Jn-
ſel S. Cruz in America waͤchſet, denn
es allda gantze Waͤlder voll giebet.
Die Baͤume ſind groͤſſer oder kleiner,
ie nachdem ſie einen Boden angetroffen.
Wenn ſie noch auf der Wurtzel ſtehen,
haben ſie einen geraden und ſtarcken
Stamm, der mit einer ſehr zarten,
gleich- und glatten, ſilberfarbenen oder
gelben Rinde bedecket iſt; an deſſen
obern Theil ein Aſt befindlich, der mit
langen gruͤnen Blaͤttern, die bald wie
Chagrinleder ſehen, und den Lorber-
blaͤttern gantz aͤhnlich ſind, beladen iſt.
Dieſe Blaͤtter, in den Mund genom-
men, ſchmecken ſo ſtarck nach Wuͤrtz-
naͤglein, daß man ſie ehe fuͤr des Wuͤrtz-
naͤgleinbaumes, als fuͤr eines andern,
Blaͤtter halten ſolte. Deshalben und
wegen dieſes trefflichen Geſchmackes iſt
er der Jndianiſche und Wurtz-Lor-Jndianiſcher
oder Wuͤrtz-
Lorbeer.
beer genennet worden. Nach den
Blaͤttern folgt eine kleine Frucht, wie
Keine
[]Der Spezereyen und Materialien
eine Erbſe groß, die iſt mit einem kleinen
Stielgen, gleichwie die Cubeben, an den
Aſt geheftet, am andern Ende hat ſie ein
kleines Kroͤnlein. Dieſe Frucht ſiehet
tannetbraun, hat einen ſcharffen und
beiſſenden, doch dabey angenehmen Ge-
ſchmack, wie Nelcken, deshalben ſie auch
Naͤgleinkorn genennet wird. Wenn
dieſe Frucht aufgeſchlagen wird, findet
man drey Koͤrner drinnen, die ſchier wie
der Biſamſamen ſehen.
Hierbey iſt zu mercken, daß der Jn-
dianiſche Lorbeerbaum oder der
Baum des Jndianiſchen Holtzes,
ein ſolches Holtz ſey, davon man drey
herrlich gute Wahren nehmen koͤnne,
unter denen die erſte das Holtz, welches,
wenn es ſo beſchaffen, wie es wohl ſeyn
ſoll, das wahrhafte Campeſchenholtz
aus Spanien ſeyn muß, denn daſſelbe
iſt das beſte, und darff nicht verfaulet,
oder durchs Waſſer verderbet ſeyn: es
muß ferner an beyden Enden abgehau-
en ſeyn, nicht abgeſaͤget, als wie das
Holtz von Jamaica/ welches dadurch
von dieſem unterſchieden wird, und uͤber
England uns zukommt. Das Jn-
dianiſche Holtz brauchen die Faͤrber,
Hutmacher und andere, violbraun und
ſchwartz damit zu faͤrben.
Die andere Wahre von dieſem Bau-
me ſind die Blaͤtter/ welche gar fuͤglich
zu alle denen Sachen, dazu das folium
Indum kommt, koͤnnen genommen wer-
den, ſintemahl ſie gar herrliche Tugen-
den haben, und weit mehr Kraft, als
ietztgedachtes Jndianiſches Blatt: dan-
nenhero nehmen es die Americaner zu
den Baͤhungen wider die Gicht und
andere Kranckheiten, die ex cauſa frigida
entſtanden.
Die dritte iſt die Frucht, deren man
ſich eben, als wie die Englaͤnder bedie-
nen koͤnte, denn ſie ein herrliches Ge-
wuͤrtz, und alſo zu vielerley Gebrauch
dienlich. Weil aber dieſe Frucht erſt
vor weniger Zeit iſt bekannt worden,
dieſerwegen fuͤhren wir ſie auch nicht;
iedoch, da ohngefehr vor einem Jahre
unſere Caper den Englaͤndern eine
ziemliche Menge derſelbigen abnah-
men, ſeit dem giebt es wenig Spezerey-
haͤndler, welchen ſie nicht ſolte unter
dem Namen Grain de Girofle,Naͤglein-
korn/ bekannt ſeyn. Man beginnet
es unter die vier Spezereyen zu neh-
men; denn es hat in der Wahrheit die-
ſe Frucht, wenn ſie zerſtoſſen, in dieſe
oder jene Bruͤhe gethan wird, einen ſol-
chen Geſchmack, gleich als ob Naͤglein,
Mußkaten und Zimmet drein gethan
worden waͤren. Doch, ohnerachtet die-
ſer ſo herrlichen Beſchaffenheit, gebrau-
chen es gar wenig Leute, entweder, weil
ihnen die Fꝛucht nicht gnugſam bekannt,
oder aber der Geſchmack nicht anſtaͤndig
iſt. Hingegen brauchen es die Englaͤn-
der haͤuffig und in Menge, eben als
wie die Wilden, die es unter dem Na-
men Melaguetta unter die ChocolateMelaguetta.
thun.
Die Englaͤnder nennen dieſe FruchtPfeffer aus
Jamaica, A-
momi, Fꝛucht
des Jndiani-
ſchen Holtzes,
Naͤgleinkorn.
Pfeffer aus Jamaica, die Hollaͤn-
der Amomi/ wir aber, die Frucht des
Jndianiſchen Holtzes, und insge-
mein, wiewohl es unrecht iſt, Naͤglein-
korn.
Betreffend die Bluͤte, welche dem
Bericht nach, ſehr ſchoͤn ſeyn ſoll, von
der habe ich darum nichts melden wol-
len, weil mir von ihrer Geſtalt und Far-
be nichts bewuſt iſt. Diß eintzige will
ich noch gedencken, wie daß man mich
verſichert habe, es waͤren unter allen
Baͤumen in Oſt- und Weſtindien, das
Lichtholtz oder der falſche Sandel,
und das Jndianiſche Holtz, die zwey
ſchoͤnſten und wohlriechendeſten.
DJeſes Holtz, welches wir insgemein
Fuſtel heiſſen, iſt der Stamm und
Siehe Fig. 110.die Wurtzel eines Strauches, von den
Botanicis Coccygria Theophraſti, auch
Cotinus Plinii genennet. Seine Blaͤtter
ſind gruͤn, und bey nahe gar rund; nach
denenſelben kommt die Bluͤte, die an-
fangs als wie ein dunckelgruͤn Traͤub-
lein ſiehet, ſich aber endlich als ein Fecher
ausbreitet: unter der Wolle ſeiner
Kaͤtzlein finden ſich ſchwartze Koͤrner,
wie ein Hertz geſtaltet. Die Wurtzeln
und der Stamm dieſes Strauches, wel-
che uns die Jtaliener und die aus Pro-
vence, nachdem ſie dieſelben vorher ge-
ſchaͤlet, fuͤr Fuſtelholtz verkauffen, ſollen
gelb und trucken ſeyn, und aus Pro-
vence kommen, denn dieſe beſſer als die
Jta-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils drittes Buch.
Jtalieniſchen. Obgleich dieſes Holtz
auch in Franckreich waͤchſt, dennoch be-
kommen wir es manchmahl aus Holl-
und England in beſſern Preiß, als
wenn wir es aus Provence bringen
laſſen.
Die Schwartzfaͤrber faͤrben abge-
ſchoſſen gelb oder Feuille morte und Coffe-
farb damit: auch brauchen es die Eben-
holtzarbeiter zu weilen.
Wir laſſen auch noch eine Art Gelb-
holtz wie groſſe Scheiter aus Holl- und
England bringen, welches meines be-
halts, keinen andern Namen, als Gelb-
holtz fuͤhret, deſſen ſich erſterwehnte
Leute ebenfalls bedienen: mehr habe
ich ſonſt nichts davon erfahren koͤnnen.
Aus Lothringen kommt ein gewiſ-
ſes Holtz, welches graulicht und ein we-
nig roͤthlicht ſiehet, hart und daneben ſo
etwas ſchwer iſt, mit einer duͤnnen brau-
nen Rinde verſehen: daſſelbe nennen
S. Luzien-
holtz.wir S. Luzienholtz, und wird wegen
ſeines angenehmen Geruchs von den
Ebenholtzarbeitern gebrauchet. Es
muß fein dichte und ohne Knorren ſeyn.
Dieſes Holtz iſt von einer gar beſon-
dern und unvergleichlichen Natur, maſ-
ſen es gantz keinen Spind nicht hat, und
immer ſtaͤrcker riecht, ie aͤlter es wird.
Der Herr Tournefort hat mich ver-
ſichert, das S. Luzienholtz ſey der
Stamm desjenigen Strauches, darauf
der Mahalep wachſe, von dem ich im
Buch von den Samen gehandelt habe.
Es wird auch ein gewiſſes gruͤnlich-
Calambourg-
holtz.tes Holtz, unter dem Namen Calam-
bourg, aus Jndien gebracht, als wie
dicke Scheiter, von ſehr gutem Geruch,
deſſen ſich verſchiedene Handwercker be-
dienen, theils wegen ſeines guten Ge-
ruchs, und denn, weil es zu allerley Ar-
beit bequem iſt, z. E. zu eingelegter Ar-
beit, zu Roſenkraͤntzen und andern Din-
gen. Die Barbierer brauchen es an
ſtatt des Roſenholtzes, und laſſen es in
dem Waſſer, das ſie zum Bartputzen
gebrauchen, ſieden.
Desgleichen ſenden uns die Hollaͤn-
Violbraun
Holtz.der zweyerley Gattung violbraun
Holtz/ wie ſtarcke Scheiter, welche zu
nichts als zu Tiſchlerarbeit dienen. Die-
ſes Holtz aber ſoll fein voll Adern und
Streiffe ſeyn, ſowohl auſſen als innen,
ohne Spind und Faͤulnuͤß, ſo gut als
nur moͤglich. Das dichte violbraune
Holtz heißt Polixanderholtz.
Auſſer dieſem ſenden ſie noch ein an-
deres, einer roͤthlichten Farbe, die ſich
auf violet ziehet, welches ſie Letterhout,
Litternholtz/ wir aber Bois de Chine,Litternholtz,
Sineſiſch Holtz nennen. FuretiereSineſiſch
Holtz.
ſagt, es waͤre nirgends als auf dem ve-
ſten Lande zu Guyanne anzutreffen; wel-
ches ich aber nicht weiß, weil ich nicht
allda geweſen: es dienet ebenfalls zur
Tiſchlerarbeit.
Wir verkauffen ingleichen uͤber obge-
dachte Sorten Holtz auch dreyerley Ar-
ten Ebenholtz; das ſchwartze/ wel-Dreyerley
Ebenholtz.
ches die Hollaͤnder aus der Jnſel Mau-
ritius bringen, und die Alten fuͤr Ad-
lerholtz ausgegeben. Das rothe oder
Granadillenholtz/ und das gruͤne.
Was den Baum anbelanget, der das
ſchwartze Ebenholtz bringt, von dem
geben einige vor, ob ſolte er ſo hoch und
dicke ſeyn, als unſre alten Eichen, ihnen
auch den Kern und Spind nach gleich ſe-
hen, ausgenommen, daß er ſehr ſchwartz,
und derohalben ſo gleiſſend ſey, auch
deswegen alſo hoch geſchaͤtzet werde.
Ferner ſagen ſie, ſeine Blaͤtter gleicheten
den Lorberblaͤttern, und es ſaͤſſe allezeit
zwiſchen zweyen eine Frucht, wie eine
Eichel an einem kurtzen Stiele.
Das ſchwartze Ebenholtz ſoll
pechſchwartz ſeyn, ohne einige Adern und
Spind, auch ſo dichte, als immer ſeyn
kan.
Das rothe ſoll gleichfalls dichte ſeyn,
voll Adern und hoher Farbe. Das gruͤ-
ne muß auch alſo beſchaffen ſeyn; alle
zuſammen aber fein wohl von dem
Spind gereiniget.
Das Ebenholtz dienet zu aller ley
ausgelegter Arbeit. Weil nun in ver-
ſtrichenen Zeiten dieſes Holtzes ſo gar
viel verbraucht wurde, deshalben wur-
den diejenigen, welche Ebenholtz verar-
beiteten, Ebeniſten (ſoll etwa ſoviel ge-
ſagt ſeyn, als Ebenholtzarbeiter) geheiſ-
ſen, und machen eine ziemlich ſtarcke
Zunft. Es verſichern einige, der Spind
vom Ebenholtze in Waſſer geweicht, ha-
be die Kraft die ſchleimichten Feuchtig-
keiten abzufuͤhren, auch heimliche
Kranckheiten zu heilen.
Es kommt ſonſt noch ein graulicht
und wie Anis riechendes Holtz aus Jn-
dien/ wie dicke Scheiter, und wird des-
K 2wegen
[]Der Spezereyen und Materialien
wegen von den Ebeniſten und Tiſchlern
Anis- oder A-
nilholtz.Anis- oder Anilholtz genennet. Auch
verkauffen wir ohne dieſes Holtz, den
Samen davon, unter dem Titel Chi-
neſiſcher Anis/ Siberiſcher Anis/
Anis aus denen Philippiniſchen Jn-
Zingi oder
Jndianiſcher
Anis.ſeln/ Badian/ Zingi, Jndianiſcher
Anis, deſſen Gebrauch im 1. Buch die-
ſes erſten Theils, im Cap. vom Schwartz-
kuͤmmel beſchrieben, die Figur aber un-
ter dem Fuſtelholtze zu beſehen iſt.
Noch findet ſich ein Hauffen andere
Siehe Fig. 111.Hoͤltzer mehr z. E. Sambaranne/ ei-
ne Gattung weiſſer Sandel, das Aca-
jouholtz/ Eiſenholtz, Schlangen-
holtz, Holtz aus den Molucciſchen
Jnſeln, von den Einwohnern Panava
genannt, und noch viele andere, von
welchen ich nichts melden mag, weil
wir ſie nicht fuͤhren, indem ſie uns gar
ſelten zu Handen kommen.
Was das Molucciſche Holtz be-
trifft, davon haben mich etliche bere-
den wollen, es ſey der weiſſe Zimmt,
welches ich aber nicht glauben kan.
Ende des Buchs von Hoͤltzern.
DUrch die Rinden verſtehe ich die erſte/ andere und dritte Decke
oder Uberzug des Stammes von einem Baume, welche wir ſo/
wie ſie von Natur ſind und von den Vegetabilien und Gewaͤch-
ſen abgezogen worden, bekommen/ z. E. die Quinquina, Alraunwurtzel-
rinde, und dergleichen; oder die von der oberſten Haut geſaubert wor-
den, wie der Caneel/ Mutterzimmt/ und ſo weiter. Demnach will ich
dieſes Buch mit dem Baume, der den Caneel traͤgt, anheben/ theils dar-
um, weil er ſo vortreffliche Eigenſchaften hat, theils aber/ weil wir ſo
viel von dieſer andern Rinde vertreiben.
DEr Caneel, von den Alten
Cinnamomum,Zimmt ge-
nennt, iſt die mittelſte Rin-
de von den Aeſten eines
Baumes, der ſo hoch als
wie die Weiden waͤchſt, und deſſen Blaͤt-
ter den Jndianiſchen Blaͤttern der-
maſſen aͤhnlich ſehen, daß niemand zu
anfangs einigen Unterſchied dazwiſchen
machen kan: welches dann ihrer etliche
veranlaſſet zu ſagen, unſer folium Indum
ſey desjenigen Baumes Laub, der den
Caneel traͤgt. Weil nun dieſe Blaͤtter
einander ſo gar aͤhnlich ſehen, daß das
Geſichte ſie nicht vermag zu unterſchei-
den, ſo wird ſolches der Geſchmack deſto
behender verrichten, denn die Caneel-
blaͤtter haben einen dermaſſen lieblichen
Geruch und Geſchmack, daß ſie den
ſchlechten Caneel einiger maſſen uͤber-
treffen. Nach den Blaͤttern kommen
die weiſſen Blumen in Form eines klei-
nen Kelchs, daraus entſtehen an demje-
nigen Orte, woſelbſt ſie an den Aſt ge-
hencket
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils viertes Buch.
hencket ſind, die Beeren, in Geſtalt eines
Olivenkerns, alſo, wie die Figur aus-
Siehe Fig. 112.weiſet, die ich nach dem Original, wel-
ches in des Herrn Tourneforts Haͤn-
den iſt, habe ſtechen laſſen, der auch zu
gleicher Zeit ſo guͤtig geweſen, und mir
vier oder fuͤnff Blaͤtter, die eben die ob-
gedachte Geſtalt und Geſchmack hatten,
verehret hat.
Was den Ort anbetrifft, von dannen
der Caneel kommt, auch wie man den
Baum entrinde, davon habe ich dasjeni-
je, was Tavernier davon aufgezeichnet,
allhier anzufuͤhren fuͤr gut erachtet.
„Der Caneel kommt aus der Jnſel
„Ceylon. Der Baum, der ihn traͤgt,
„kommt unſern Weiden gar ſehr nahe,
„und hat drey Rinden, davon nimmt
„man allein die erſte und andere, von
„welchen dieſe viel beſſer iſt als jene. Die
„dritte wird gar nicht angeruͤhret, denn,
„wenn dieſelbe mit dem Meſſer zer-
„ſchnitten wuͤrde, verduͤrbe der Baum.
„Dannenhero lernt man es, als wie ein
„ander Handwerck, von Jugend auf.
„Der Caneel koſtet die Hollaͤnder weit
„mehr, als man gedencket: denn weil
„der Koͤnig von Zeilon, oder, wie er ge-
„woͤhnlich genennet wird, der Koͤnig
„von Candy, welches der Name der
„Hauptſtadt iſt, der Hollaͤnder abgeſag-
„ter Feind geworden, um weilen ſie
„ihm einſten ihr Wort nicht gehalten,
„darum ſchickt er alle Jahre ſeine Voͤl-
„cker aus, und laͤßt verſuchen, ob ſie die
„Hollaͤnder bey Einſammlung des Ca-
„neels uͤberfallen moͤgen; welches ſie
„dann noͤthiget, funffzehn bis ſechszehn
„hundert gewaffnete Mann zu halten,
„um eine gleiche Anzahl Volck, das den
„Caneel entrindet, zu beſchirmen. Uber-
„diß muͤſſen ſie dieſe Arbeiter das gantze
„Jahr hindurch unterhalten, ohnge-
„rechnet die Beſatzungen, die ſie an vie-
„len Orten der Jnſel unterhalten muͤſ-
„ſen. Dieſe ſo groſſen Unkoſten erhoͤ-
„hen den Preiß des Zimmets um ein
„merckliches, welches ſich doch zur Zeit
„der Portugieſen gantz anders verhiel-
„te; denn dieſe hatten nicht noͤthig, alle
„dieſe Unkoſten aufzuwenden, ſondern
„kunten alles zu Nutze machen. Nun
„waͤchſet an dem Caneelbaum eine
„Frucht, wie eine Olive, wird aber nicht
„gegeſſen: deren ſammleten ſie eine
„Menge, thaten ſie, zuſamt den aͤuſſer-
„ſten Spitzlein der Aeſte, in einen Keſ-
„ſel mit Waſſer, und lieſſen ſie mit ein-
„ander ſieden, bis daß alles Waſſer
„verrauchet. Wann es erkaltet, ſo war
„das oberſte als ein weiſſer Wachsku-
„chen, und am Boden lag der Campher.
„(Allhier verſtoͤßt der Herꝛ Tavernier,
„daß er es Campher nennet, denn der
„Campher kommt aus dem Stamme
„eines Baumes, wie ich in Cap. von
„Gummi erweiſen werde; es iſt nur eine
„dem Campher gleichende Mateꝛie. Das
„Wachs belangend, um daſſelbige habe
„ich nach Liſſabon geſchrieben, allein
„man weiß nichts davon.) Von den
„Wachskuchen machten ſie die Wachs-
„kertzen, deren ſie ſich an hohen Feſten
„unter waͤhrendem Gottesdienſte in der
„Kirchen bedieneten, welche dann, ſo
„bald als nur die Kertzen angeſtecket
„wurden, voll Zimmtgeruch wurde.
„Sie haben derſelben mehrmahls nach
„Liſſabon fuͤr die Koͤnigliche Capelle ge-
„ſendet. Auch bekamen ſie, die Portugi-
„ſen, Zimmet aus den Laͤndern der Ka-
„jas um Cochin: ſeit dem aber die
„Hollaͤnder dieſelben erobert, und ſich
„der Jnſel Ceylon bemaͤchtiget, dabey
„vermercket, daß ihnen der Zimmt, der
„um Cochin wuchſe, Schaden braͤchte,
„weil er nicht ſo gut als der Ceyloniſche,
„und derowegen wohlfeil hin gegeben
„wurde, darum verderbten ſie alle Or-
„te, wo er ſonſt gewachſen: daß ſolcher
„geſtalt keiner mehr zu finden, als nur
„der Ceyloniſche, welcher anietzo gantz
„und gar in ihrer Gewalt iſt. Als die
„Portugiſen dieſe Kuͤſten inne hatten,
„kaufften die Englaͤnder den Caneel von
„ihnen.
Wann nun die Einwohner den
Zimmt geſammlet, ziehen ſie die oberſte
Schale, welche braun und hoͤckericht iſt,
herunter, und laſſen ihn hernachmahls
trocknen, da er dann zuſammenlaufft,
und die Geſtalt, die er hat, annimmt,
wird roͤthlicht, bekommt einen angeneh-
men Geruch, und beiſſenden, aromati-
ſchen, lieblichen Geſchmack. Es haben
mich etliche vergewiſſern wollen, daß
der Caneel dieſe herrlichen Eigenſchaf-
ten nicht ehe, denn nach Verlauff eines
Jahres erhielte, welches ich aber nicht
verſichern kan, weil ich ſelber nicht ge-
wiß bin. Sage immittelſt, man ſolle den
Caneel ausleſen, welcher als wie feine
K 3duͤnne
[]Der Spezereyen und Materialien
duͤnne Rinden iſt, einen beiſſenden, lieb-
lichen und aromatiſchen Geſchmack hat,
und von Farbe ſo hoch, als immer moͤg-
lich, iſt: dagegen ſoll man den dicken, der
wie Holtz ſchmeckt, auswerffen.
Diejenigen, welche gantze Parteyen
Zimmt einkauffen, moͤgen Achtung ge-
ben, daß kein ſolcher Zimmt darunter
gemenget ſey, aus dem die Eſſentz oder
das Oel gezogen iſt, welches doch ſehr
ſchwerlich zu mercken, man muͤſte denn
Stuͤck vor Stuͤck koſten. Dannenhero
kan ich auch keine beſſere Anweiſung ge-
ben, als, daß man den Zimmt bey ſol-
chen Leuten kauffe, die einen nicht be-
truͤgen moͤgen.
Der Caneel/ iſt ſowohl wegen ſeiner
herrlichen Eigenſchaften, als auch ſei-
nes angenehmen Geruchs halber, ſo
ſtarck im Brauch, daß wir wenig feine
Spezereyen haben, welche dermaſſen
haͤuffig vertrieben wuͤrden. Die Hol-
laͤnder ſenden uns auch eine andere
Gattung Caneel zu, das ſind breite di-
cke Rinden, die ſie, den Arabern hier-
inne nachahmend, Darcheni, wir aber
Canella matto.
Siehe Fig. 113.Canelle matte nennen. Dieſer Caneel
iſt die Rinde von dem Stamme und di-
cken Aeſten des Zimmtbaums; allein,
weil es eine Wahre, die nicht viel taug,
eines Theils, weil ſie nicht mag vertrie-
ben werden, und denn, weil ſie weder
Geruch noch Geſchmack hat, es muͤſte
denn ein und ander Stuͤcke das zarte
Haͤutlein annoch haben, in welchem ein
alſo beiſſender aromatiſcher Geſchmack
ſtickt, daß man es ſchier unmoͤglich im
Munde leiden kan: weil auch uͤberdiß
gar wenig dergleichen darunter gefun-
den wird, ſo lohnt es nicht die Muͤhe,
daß man davon rede: zudem verkaufft
niemand dieſen Caneel, denn nur die Ta-
buletkraͤmer.
Von dem Eſcaviſſon, welchen etlicheEſcaviſſon.
fuͤr den geringſten unter dem feinen
Zimmt, andere fuͤr Canela matto, an-
dere aber fuͤr Mutterzimmt halten, will
ich nichts melden, weil doch nachgehends
von einem iedweden der Ordnung nach
ſoll gehandelt werden. Den feinen Ca-
neel uͤberziehen die Zuckerbecker, wenn
ſie ihn vorher in warmen Waſſer gequel-
let, und in gantz kleine Stuͤcklein zer-
ſchnitten, mit Perlenzucker, welches wir
hernachmahls Canelle de Milan nennen,Canelle de Milan.
und unter dieſem Namen verkauffen.
Wir bereiten auch kleine Zeltlein davon,
indem aus Zimmtpulver und Tragant-
ſchleime ein Teig gemachet wird, und
aus dieſem allerhand Figuren, nach be-
lieben. Auf der Jnſel Ceylon machen
die Hollaͤnder den Zimmt, der erſt
kuͤrtzlich von dem Baume abgezogen
worden, mit Zucker ein, welches eine
gute Confection iſt, die ſich wohl uͤber
See fuͤhren laͤßt, allein in dieſen Landen
gar ſelten geſehen wird.
AUs dem Caneele wird vermittelſt ei-
nes oder des andern Zuſatzes und
menſtrui, ein dickes, klares und rothes
Oel uͤber den Helm getrieben, welches
einen dermaſſen ſtarcken und ſcharffen
Geſchmack hat, daß man es kaum auf
die Zunge nehmen kan: dennoch aber
verurſachet der Geſchmack und liebliche
Geruch, daß ſich viel Leute deſſelbigen
bedienen.
Dieweil der Caneel eine Rinde iſt,
welche eben nicht gar zu reich von Oele,
deswegen finden wir uns genoͤthiget, es
aus Holland kommen zu laſſen, zumahl
da allein die Hollaͤnder daſſelbe ſo, wie
es beſchaffen ſeyn ſoll, und um einen
billichen Preiß, verſchaffen koͤnnen.
Solten wir aber unſere Zuflucht zu
demjenigen nehmen muͤſſen, welches un-
ſre Waſſerbrenner und Apothecker in
Franckreich bereiten koͤnnen, wuͤrde es
uns wohl zweymahl hoͤher zu ſtehen
kommen, denn das Hollaͤndiſche: wel-
ches iedennoch bloß von ihrer Nachlaͤßig-
keit herruͤhret, und weil ſie ſich nicht beſ-
ſer auf ihre Profeßion legen. Ein Jrr-
thum aber waͤre es, wenn einer, wie ſie
ausgeſtreuet, glauben wolte, daß uns
die Hollaͤnder keinen guten Caneel zu-
ſendeten, ſondern den beſten fuͤr ſich be-
hielten: es iſt irrig, und vielmehr wahr-
ſcheinlich, daß die Apothecker und deſtil-
latores, die in Holland das Zimmtoͤl
bereiten, keinen andern Caneel dazu
gebrauchen, als wie er aus Zeilon kom̃t,
und wie ſie ihn uns uͤberſenden. Die-
ſen nun legen ſie gantz, und ohne daß ſie
das geringſte dran aͤnderten, in groſſe
mit
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils viertes Buch.
mit kaltem Waſſer erfuͤllte Gefaͤſſe, und
laſſen ihn darinne 24. Stunden lang
liegen, nehmen ihn darauf wiederum
heraus, und legen andern drein, alſo
fortfahrende, bis ſich das Waſſer wohl
und ſchoͤn roth gefaͤrbet; alsdann gieſ-
ſen ſie daſſelbige in groſſe kuͤpferne
Blaſen, und ſchuͤtten eine groſſe Menge
ſpiritus vini dazu, welcher auf eine gar
beſondere Art bereitet worden iſt, gleich-
wie aus folgenden wird zu erſehen ſeyn:
und dieſer Weingeiſt hat die Kraft, das
Waſſer von dem Oel zu ſondern, und
es in die Hoͤhe zu treiben. Es giebt auch
keinen Zimmet, da ein Pfund nicht ſol-
te eine Untze Oel geben, welches dann
demjenigen, welches allhier gemacht
wird, gerade entgegen iſt, wie beym
Lemery kan erſehen werden. Denn
dieſer geſtehet frey, daß vier Pfund gu-
tes Zimmts mit genauer Noth ſechs
Quintlein Oels gegeben. Allein die
Wiſſenſchaft dieſes Oel heraus zu zie-
hen, iſt bey den Hollaͤndern ein Ge-
heimnuͤß, daß ſie auch nicht einmahl die
Namen derjenigen Sachen, die ſie zur
Bereitung des Weinſpiritus gebrau-
chen, wollen wiſſen laſſen. Nichtsde-
ſtoweniger will ich eroͤffnen, was ich von
einer Perſon, welche lange Zeit in Hol-
land dabey gearbeitet, erfahren habe:
dieſe ſagte, daß diejenigen, welche Zimmt-
Naͤglein und andere Gewuͤrtzoͤle berei-
teten, alle Jahre nach der Picardie rei-
ſeten, und daſelbſt eine Anzahl Stuͤck
Weine einkauften: wann ſie nun die-
ſelben erkauffet, oͤffneten ſie den Spund,
ſchuͤtteten eine Bouteille voll von einem
liquore compoſito darein, und lieſſen die
Bouteillen oben auf dem Weine ſtecken,
welche gantz gewiß innerhalb 24. Stun-
den mit dem reinſten und ſubtilſten vom
Wein angefuͤllet waͤren, die naͤhmen ſie
mit ſich hinweg, nach Holland, um ſie
zu ihrem Behuf zu gebrauchen. Diß
aber iſt hierbey als etwas recht wunder-
liches zu bemercken, daß der Wein, da-
rein ſie den liquor geſchuͤttet, und eine
gleiche Quantitaͤt Spiritus herausgezo-
gen, alſo garſtig und ſtinckend wird, daß
man ihn wegſchuͤtten und die Vaſſe ver-
brennen muß, alldieweil kein anderer
Wein wiederum kan drauf gezogen wer-
den. Jch haͤtte dieſe Hiſtorie, die ich
ſelbſt fuͤr ein Maͤhrlein gehalten, hie-
ſelbſt nicht vorgebracht, wann nicht die
Perſon, die mir dieſelbe erzehlet, ein/ auf-
richtiger Menſch waͤre, dem man trau-
en duͤrffte: er ſagte mir uͤberdiß, daß es
etwas rares waͤre, wenn uns die Hol-
laͤnder das Zimmtoͤl, ſo natuͤrlich, wie
ſie es ausgezogen, zuſendeten, ſondern
ſie vermiſcheten es mit einem ſehr wohl
gereinigten und uͤber das Weinſteinſaltz
gezogenen Weingeiſt. Dieſes hat et-
liche Materialiſten zu Paris veranlaſ-
ſet, es nach zu machen, iſt ihnen aber ſo
wohl gelungen, daß ſie, da ſie eine Un-
tze Oels zu haben vermeinten, nicht ein-
mahl eine halbe hatten, welches nicht
wenig betraͤgt, indem es eine der koſt-
barſten Wahren iſt, die wir haben. Doch
iſt noch etwas gutes, daß man die Schel-
merey auf zweyerley Weiſe erkennen
kan. Denn erſtlich, ſo kleine Blaͤslein
in den Flaͤſchlein ſind, zeigen ſelbige an,
daß Feuchtigkeit darinne: hernach-
mahls darff man nur eine Meſſerſpitze
drein tuncken, und ans Licht halten, ſo
wird es alſofort, dafern nur ein wenig
Weingeiſt drunter iſt, Feuer fangen,
welches das reine Oel nicht thut, ſondern
nur verrauchet. Und dieſes reine Oel
kan man mit Fug und Recht die EſſentzEſſentz oder
Quinteſſentz
des Zimmts.
und Quinteſſentz des Zimmets nen-
nen, welche zu allen, dazu ſie erfordert
wird, dienlich iſt. Auch iſt dieſes, ſo
wohl als der Caneel ſelbſten, eine der
trefflichſten Hertzſtaͤrckungen, und diß
die Urſach, warum die Teutſchen, Holl-
und Englaͤnder ſo viel davon verthun.
Ohne das Zimmtoͤl laſſen wir auch
Zimmtwaſſer von Marſeille kom-
men, welches auf unterſchiedliche Arten
zubereitet wird: denn etliche nehmen
nur ſchlecht Waſſer dazu, andere aber
weiſſen oder blancken Wein, oder auch
Roſen- oder Meliſſenwaſſer. Andere
brauchen an ſtatt des Weins Brannt-
wein, und Wein- oder Zimmt-Spiritus,
und ziehen im Marienbade einen weiſ-
ſen truͤben liquor, wie Buttermilch her-
uͤber, der aber, wenn er einige Zeit ge-
ſtanden, ſich klaͤret, und ſo lauter als
Brunnenwaſſer wird. Was dieſes
friſch abgezogene Waſſer ſo tꝛuͤbe macht,
iſt das wenige rectificirte und verduͤnnte
Oel, deſſen Theilgen ſich im Waſſer
durch eine fermentation und Jaͤhrung
dergeſtalt ausgebreitet, daß ſie zwar
nicht moͤgen vermercket werden, doch
aber mit der Zeit ſich wiederum vereini-
gen
[]Der Spezereyen und Materialien
gen und zu Boden fallen: denn dieſes
iſt des Zimmetoͤles Eigenſchaft, daß es
ſich in dieſem liquor als wie kleine Kuͤgel-
gen zu Boden ſetzt.
Das Zimmtwaſſer wird denen zur
Geburt arbeitenden Weibern ſehr ofte
eingegeben, dieweil es ein trefflich ſtaͤr-
ckendes Mittel iſt, das den Magen ſtaͤr-
cket, und die Ausfuͤhrungen befoͤrdert:
man nimmt es ingleichen wider die boͤſe
Luft, und zu Wiederbringung der na-
tuͤrlichen Waͤrme ein.
Es bereiten etliche aus Zucker und
Zimmtwaſſer eine Art kleiner Kuͤchlein,
Elæoſaccha-
rum.ſo die Alten Elæoſaccharum genennet; al-
lein dieſe Kuͤglein ſind nicht ſo gut, als
die vom Zimmtoͤl und geſtoſſenen Zu-
ckerkant gemacht- und wie kleine Pillen
formirten, welche hernach zum Ge-
brauch aufgehebet werden, denn dieſes
Oleoſaccharum mag gar fuͤglich in allen
hertzſtaͤrckenden liquoribus und Saͤften
aufgeloͤſet werden.
Wir laſſen auch Zimmtſyrup von
Montpellier kommen, welcher nichts
anders iſt, als eine Zimmt-tinctur, die
mit Zucker ſo lange, bis ſie als ein Sy-
rup dicke worden, gekochet, und mit ein
wenig Zimmtoͤle angemachet iſt. Die-
ſer Syrup hat ſchier eben die Tugenden,
als wie das Zimmtwaſſer, wenn er in
weiſſem Wein oder einem andern be-
qvemen Safte eingenommen wird.
Uberdis verkauffen wir auch noch ei-
ne Zimmt-Tinctur, deren Kraft und
Staͤrcke durch die zugeſetzten Gewuͤrtze,
als da ſind, Naͤglein, Muſcatblumen,
langer Pfeffer, kleiner Alant, Jngber,
Coriander, Moſch und Ambra, verſtaͤr-
cket werden. Alles dieſes zuſammen
wird groͤblich zerſtoſſen, und in einer
wohlverwahrten Flaſche, mit gutem
Weingeiſt erfuͤllet, in den Hundstagen
an die Sonne geſtellt, und alsdann un-
ter dem Titel rothe Hipprocras-Eſ-roth und
weiſſe Hip-
pocras-Eſ-
ſentz.
ſentz verkaufft. Wenn dieſe Eſſentz un-
ter Wein, darinnen Zucker zerlaſſen,
und darauf durchgeſeihet, und clarifici-
ret worden, geſchuͤttet wird, vermag ſie
denſelben in einen recht guten Hippo-
cras zu verwandeln.
Wer eine weiſſe Hippocras-Eſſentz
zurichten will, darff nur die rothe Eſſentz
im Sande oder im Marienbade diſtilli-
ren. Allein man muß ſie mit gnugſa-
mer Vorſichtigkeit gebrauchen, denn ſie
ſich gar zu ſehr vermehret; wann alſo
mehr, dann ſichs gebuͤhret, genommen
wird, macht ſie den Wein dermaſſen un-
angenehm, daß er nicht kan getruncken
werden.
Hierbey iſt zu mercken, daß wenn die-
ſe Eſſentz recht zugerichtet worden, ſie
beſſer ſey, wenn ſie alt, als wenn ſie noch
friſch iſt; doch muß ſie wohl verwahret
werden, ſonſt verfleucht zu viel. So
kan man auch aus dem Zimmt einenZimmt-Ex-
tract und
Saltz.
Extract und Saltz bereiten, allein, weil
ſie nicht gar zu gebraͤuchlich ſind, dan-
nenhero haben wir auch nichts nicht da-
mit zu thun.
CAſſia lignea iſt ebenfalls die andere
Rinde von dem Stamme und Aeſten
gewiſſer Baͤume, die denen, welche den
Caneel tragen, ziemlich aͤhnlich ſind.
Dieſe Baͤume wachſen unter den an-
dern Zimmttragenden Baͤumen. Und
mit dieſem Zimmt iſt es eben, wie mit
dem andern Zimmt beſchaffen, denn ie
feiner die Rinde, ie ſchoͤner die Farbe, ie
lieblicher, beiſſend- und aromatiſcher er
ſchmeckt, ie hoͤher wird er gehalten. Er
mag aber gleich noch ſo gut ſeyn, den-
noch iſt er gar weit von dem Caneel un-
terſchieden, indem er ein ſchleimichtes
Weſen im Munde hinterlaͤßt, welches
an dem Caneel nicht zu verſpuͤren.
Die Caßia wird ſelten in der Artzney
gebraucht, ſo wuͤrde auch der Vertrieb
gar ſchlecht ſeyn, wenn ſie nicht von ih-
rer vielen an ſtatt des Caneels verkaufft
wuͤrde: welches aber eine purlautere
Betruͤgerey, ſo wohl, weil ein Pfund
Caneel ſo viel koſtet, als vier Pfund
Caßia, als auch, weil dieſe nicht wie je-
ner beſchaffen iſt. Die Caßia wird zum
Theriac genommen, und darff nur, wie
ſie anietzo beſchrieben, ſeyn; da man im
Gegentheil diejenige verwerffen ſoll,
welche wie breite, dicke Rinden iſt, nicht
beſſer als Holtz ſchmeckt, und folglich zu
nichts nicht taug.
Von den Blaͤttern, Bluͤte und Fruͤch-
ten des Mutterzimmts habe ich gar
nichts erfahren koͤnnen.
Figure 81. Näglein Zimmt. Fig. 115. p. 161. | Figure 82. Weiſſer Zimmt. Fig. 114. p. 161. | Figure 83. Zimmt. Fig. 112. p. 153. Figure 84. Wilder Zimmt. Fig. 113. p. 155. |
Figure 85. Alraun. das Weiblent. Fig. 118. p. 168. | Figure 86. Alraun das Männlein. Fig. 117. p. 168. |
DEr weiſſe Zimmt/ den etliche Co-
ſtus albus, Coſtus corticoſus und cor-
ticus, auch Cortex Wintheranus nennen,
weil ihn Wilhelmus Winther zu erſt
Siehe Fig. 114.nach England gebracht, iſt die Rinde
von dem Stamm und Aeſten eines
Baumes, der ſo groß, als bey uns die
Birnbaͤume ſind. Die Aeſte ſind duͤn-
ne, hoch und gerade, uͤber und uͤber mit
Blaͤttern beſetzet, welche den Kellerhals-
Blaͤtteꝛn nicht ungleich ſehẽ, ohne daß ſie
viel zaͤrter und zaͤher, von Farbe meer-
gruͤn ſind, und trefflich angenehme rie-
chen: nach dieſen waͤchſt die runde uͤber-
aus ſchoͤne rothe Frucht. Dieſer Baum
waͤchſt zu S. Domingo auf Guada-
lupa haͤuffig, bevoraus an trucknen und
ſteinichten Orten: auch finden ſich ſei-
ner die Menge auf der Jnſul S. Lau-
rentius oder Madagaſcar, woſelbſt
ſie Fippi genennt werden.
Wir pflegen auch den weiſſen Coſtus
weiſſen Zimmt zu nennen, wegen der
groſſen Gleichfoͤrmigkeit, die er mit der
Canela Matto hat, dann, wann die
Farbe und der Geſchmack nicht thaͤte,
wuͤrden gar wenig Perſonen ſie von ein-
ander ſcheiden koͤnnen. So rar und
ſeltſam dieſe Rinde vor dieſem war, ſo ge-
meine iſt ſie anietzo, welches einige lieder-
liche Leute, die ich nicht nennen mag, ver-
anlaſſet, dieſelbe zu ſtoſſen, und an ſtatt
der Muſcaten, denen ſie am Geſchmacke
ziemlich nahe kommt, unter die vier
Spezereyen zu mengen. Eben dieſe
Rinde iſt es, welche die Apothecker, wie-
wohl gantz ungereimt, fuͤr den Arabi-
ſchen Coſtus, der oben beſchrieben, aus-
geben und gebrauchen, ihm auch des-
Coſtus Indi-
cus.halben den Namen Coſtus Indicus bey-
geleget haben, welches aber wider die
geſunde Vernunft, indem der Jndia-
niſche Coſtus, wie bereits oben ange-
mercket, eine uns bey nahe gantz unbe-
kannte Wurtzel, dieſer aber eine Rinde
iſt, der man gar leicht habhaft werden
kan. Ob nun ſchon dieſer weiſſe Zimmt
einen heiſſen, beiſſenden und gar aroma-
tiſchen Geſchmack hat, und deswegen
mit trefflichen Kraͤften begabet iſt, den-
noch wird er von erfahrnen und recht-
ſchaffenen Leuten nicht viel gebrauchet,
und daher auch wenig zur Artzney ge-
nommen. Nichts deſto minder, und
weil ihrer etliche ſeiner moͤchten benoͤ-
thiget ſeyn, will ich ſagen, daß man den
erwehlen muͤſſe, welcher als wie feine
zarte Rinden iſt, die auſſen und innen
weiß, das iſt, von der oͤberſten Schale,
welche dicke, grau und hoͤckricht iſt, und
ſcharff und beiſſend ſchmecket, gereiniget
ſind, und wie Mußkaten ſchmecken.
Dieſe Rinde wird wider den Schar-
bock uͤberaus dienlich zu ſeyn erachtet.
Auch haben etliche dieſem Coſtus den
Namen Jndianiſche Rinde beygele-Jndianiſche.
Rinde.
get. Bey groſſer Hitze rinnet aus dem
Stamme dieſes Baumes ein ſchwaͤrtz-
lichtes, feiſtes, ſtarckriechendes Gummi,
welches etliche Materialiſten GummiGummi A-
louchi.
Alouchi nennen, und es bald an ſtatt
des Epheugummi, bald fuͤr das Bdelli-
um verkauffen, ſo aber unſchwer zu mer-
cken, indem das Gummi hederæ trucken,
klar und durchſichtig ſeyn ſoll, das Bdel-
lium aber faſt wie das Arabiſche Gum-
mi ſiehet, ohne daß ſichs nicht im Waſ-
ſer aufloͤſen laͤßt: hingegen iſt das Gum-
mi Alouchi klebricht, vielfarbicht und
haͤßlich.
Die Einwohner der Jnſul S. Lau-
rentius, vornehmlich die zu Galembu-
la, brauchen dieſes Gummi Alouchi,
welches ſie Litemanghits zu nennen
pflegen, zu ihrem Rauchwerck, weil ſein
Geruch nicht eben allzu unannehmlich
iſt.
DEr Naͤgleinzimmt, Capelet, Bois de
Crabe, den wir gantz unrecht Naͤg-
Siehe Fig. 115.leinholtz nennen, iſt die andere Schale
von dem Stamme und Aeſten eines
Baumes, deſſen Blaͤtter den Lorbeer-
blaͤttern aͤhnlich genug ſehen. Nach
dieſen kommen ein Hauffen runde, ca-
ſtanienbraune, ſehr leichte Fruͤchte, in
Groͤſſe der Gallaͤpfel, in denen, wenn
ſie zerſchlagen werden, eine gewiſſe Art
LKerne
[]Der Spezereyen und Materialien
Kerne anzutreffen ſind. Dieſe Frucht
hat einen Naͤglein-Geruch und Ge-
ſchmack, welches den Alten Anlaß gege-
Naͤgleinnuß,
Nuß von
Madagaſcar.ben, dieſelbẽ Naͤgleinnuͤſſe oder Nuͤſſe
von Madagaſcar zu nennen, weil die-
ſer Baͤume die Menge auf der Jnſul
Laurentius/ allwo ſie Ravendſora,
und die Frucht Rao-Ravendſora ge-
heiſſen wird, zu finden iſt. Sie wird
auch in Braſilien gefunden, und von
den Portugieſen nach Liſſabon, von
dannen wir ſie insgemein bekommen,
Cravo de
Marenhan.gebracht, und Cravo de Marenhan
genennet.
Das Naͤgleinholtz, oder vielmehr
die Naͤgleinrinde/ weil ſie wie Naͤglein
ſchmeckt und riecht, iſt ietziger Zeit ſo ſehr
im Brauch, daß wenig Tabuletkraͤmer
ſind, die ſie nicht, klein zerſtoſſen, fuͤr ge-
ſtoſſene Naͤglein verkauffen ſolten, und
dahero rechtſchaffenen Handelsleuten
groſſen Schaden thun, weil die geſtoſſe-
nen Naͤglein wohl vier bis fuͤnffmahl ſo
theuer ſind, als dieſe Rinde. Sie ver-
kauffen dieſelbe auch gantz an die Buͤr-
ger und Paſtetenbecker, und bereden ſie,
es ſey die Rinde des Naͤgleinholtzes, wel-
ches doch die Unwahrheit, ſintemahl die
Naͤglein nirgend anders woher, als aus
der Jnſul Ternate kommen, dieſe Rin-
de aber kommt aus Braſilien, und der
Jnſul S. Laurentius oder Mada-
gaſcar.
Weil nun dieſe Rinde ſo vielfaͤltig ge-
brauchet wird, deswegen will ich ſagen,
man ſolle diejenige erwehlen, welche von
der erſten Schale, die insgemein grau
und hoͤckricht iſt, geſaubert worden, tan-
netfarben ſiehet, ſehr zarte iſt, und einen
beiſſenden, ſcharffen aromatiſchen Ge-
ſchmack hat: mit einem Worte, die dem
Geſchmack der Naͤglein, ſo viel nur im-
mer moͤglich, beykomme. Auch mag
man Achtung geben, daß ſie nicht mo-
dricht rieche, oder die Buͤndel mit dicken
Rinden, welche weder Geſchmack noch
Geruch haben, verfaͤlſchet ſeyen, welches
ſich gar ofte zutraͤgt.
Dieſe Rinde wird gar nicht zur Artz-
ney gebraucht, es muͤſte denn von ſol-
chen Leuten geſchehen, die eine Tinctur
mit Brantwein oder Weinſpiritus dar-
aus ziehen, und dieſelbe ungeſcheut un-
ter dem Titel Naͤgleintinctur oder
Eſſentz verkauffen. Die Zuckerbecker
nehmen ſie an ſtatt der Naͤglein, und
machen davon ihre alſo genañten uͤber-
zogenen Naͤglein.
Weil dieſe Wahre in kleinen Koͤrben,
die aus Rohr gemacht, und mit Blaͤt-
tern, welche gar angenehme anzuſehen,
umwickelt ſind, zu uns kommen, als ha-
be fuͤr gut angeſehen, zu vermelden, daß
dieſe Blaͤtter dasjenige ſeyn, welche der
P. PlumierArum hederaceum foliis bi-
ſectis, rigidis, ſcutatis, d. i. Arum mit ſtar-
cken, gefaltenen und geſpaltenen Blaͤt-
tern nennet. Wer mehr davon zu wiſ-
ſen begehret, mag ſeine Zuflucht zu ſei-
nem Buche nehmen, dann er es da-
ſelbſt weitlaͤufftig beſchrieben. Mir aber
beduͤnckte nicht thunlich zu ſeyn, ſeinen
ziemlich langen Diſcurs hier anzufuͤh-
ren, da ohnediß dieſe Blaͤtter nicht den
geringſten Nutzen haben, wir uns auch
deshalben nicht im geringſten drum be-
kuͤmmern.
DJe Quinquina/ China China/
Peruvianiſche oder Fieber-Kin-
de, iſt die aͤuſſerſte Rinde des Stammes
und der Aeſte von verſchiedenen Baͤu-
men, welche haͤuffig in Peru wachſen,
von dannen die Quinquina nach Cadix
und zu uns gebracht wird.
Weil ich niemahls in Peru geweſen,
und dieſemnach von denen Baͤumen,
welche die Quinquina tragen, nichts ge-
wiſſes melden kan, darum nahm ich mei-
ne Zuflucht zu dem Herrn Bernard,
einem koͤniglichen Medico, welcher ein
rechtſchaffener Mann, auch was die
Kenntnuͤß der Simplicium betrifft, ſehr
curieus iſt, der dann ſo gefaͤllig war, und
mir eine Beſchreibung der Quinquina
mittheilete, die ihm der Herr Kinſſot,
ein Medicus zu Rheims, gegeben, wel-
cher ſie von einem ſeiner guten Freun-
de, Namens Gratian, ſo vier und
zwantzig Jahr in Portugall geweſen,
und zu vielen mahlen nach Jndien und
Peru gereiſet, bekommen. Dieſe lau-
tet alſo:
Figure 87. Quͤinquina Fiebr rinde. Fig. 116. p. 165. | Figure 88. Virginianiſche Schlang Natterwuͤrtz. Fig. 34. p. 54. |
Figure 89. Thee Fig. 124. p. 175. | |
Figure 90. Gelb Holtz. Fig. 110. P. 147. | Figure 91. Mechoacara Wuͤrtzel. Fig. 44. p. 67. |
Die Quinquina iſt die Rinde eines
Baumes, der in der Peruvianiſchen
Landſchaft Quito, auf den Bergen
bey der Stadt Loxa waͤchſt. Dieſer
Siehe Fig. 116.Baum iſt bey nahe ſo groß, als ein
Kirſchbaum, hat runde, zackichte Blaͤt-
ter, traͤgt eine lange rundlichte Blume,
daraus entſtehet eine Art Schoten, in
denen ein Kern, wie eine Mandel, platt
und weiß, mit einer gantz geringen
Schale bedecket, zu finden. Die Quin-
quina, die zu unterſt an den Gebirgen
waͤchſt, iſt die dickſte, weil ſie die aller-
meiſte Nahrung aus der Erde zeucht;
ihre Rinde iſt platt, von auſſen weißlicht-
grau, inwendig licht-tannetbraun. Die
oben auf den Bergen waͤchſt, derſelben
Rinde iſt viel zaͤrter, doch iſt ſie rauher,
auswendig viel braͤuner, inwendig einer
gantz hohen Farbe. Die Baͤume aber,
die mitten auf dieſen Gebirgen wachſen,
haben eine noch viel braͤunere aufge-
ſprungene Rinde: doch alle mit einan-
der ſind bitter, wiewohl die unten an den
Bergen wachſen, nicht ſo ſehr, als wie
die andern.
Hieraus nun folget, daß diejenige
Quinquina, die an niedrigen Orten
waͤchſt, die ſchlechteſte ſey, weil ſie mit
allzu viel irdiſchen und waͤßrichten
Theilgen uͤberladen, hergegen ſey die-
jenige, die zu oberſt waͤchſt, viel beſſer;
die allerbeſte aber, die mitten auf den
Bergen waͤchſt, indem ſie weder zu viel,
noch zu wenig Nahrung hat.
Es giebt noch eine Gattung Quin-
quina, welche von dem Berge Potoſi
kommt, und viel braͤuner, aromatiſcher
und bitterer iſt, weder die vorhergehen-
den: ſie iſt aber auch viel rarer.
Die Quinquina ſoll, ohne die andern
Beſchaffenheiten, die man an ihr be-
mercket, ſchwer ſeyn, eines dichten We-
ſens, trucken und derb: ſo muß man
auch Acht haben, daß ſie nicht verfaulet,
oder vom Waſſer durchzogen ſey, oder
ſtaubicht, wenn man ſie zerbricht, oder
voll Unrath und kleiner Stuͤcklein, der-
gleichen ſich gemeiniglich an den Boden
der Cerons, darinne ſie kommt, befindet.
Desgleichen ſoll derjenigen der Vorzug
gelaſſen werden, welche aus kleinen zar-
ten Rinden beſtehet, die auſſenher
ſchwaͤrtzlicht ſind, und hoͤckricht, wie das
Chagrinleder, mit etwas Moos oder
kleinen Blaͤttlein des Farnkrautes be-
ſtreuet, inwendig roͤthlicht, eines gar
bittern unangenehmen Geſchmacks.
Dagegen ſoll man die verwerffen, wel-
che faſicht iſt, wenn ſie zerbrochen wird,
und leibfarben ſiehet, eben ſo wohl als
diejenige, welche zimmtfarben iſt, ob
ſie gleich von denen, die eine ſchlechte
Wiſſenſchaft davon haben, weit hoͤher
geachtet, und denen andern vorgezogen
wird, weil ſie viel beſſeres Kauffs iſt,
denn die ſchwartze. Auch mag man zu-
ſehen, daß keine Spaͤne vom Baume,
die oftmahls an der Rinde behangen
bleiben, darunter gemiſchet ſind.
Dieſe Rinde wurde erſt im Jahr
1650. durch den Cardinal Lugo, ei-
nen Jeſuiten, der ſie ſelbſt aus Peru
gebracht, in Franckreich eingefuͤhret,
und war in ſo groſſem Anſehen, daß man
ſie gegen gleich ſo ſchwer Gold aufwoge:
allein die Menge, welche die Spanier
und wir aus Peru kommen laſſen, hat
ihren Preiß um ein gutes vermindert.
Die Quinquina wird zu Vertrei-
bung der Fieber gebraucht, ſie mag nun
in ſubſtantia oder in infuſo gebrauchet
werden. Weil es aber ein Mittel, das
noch nicht von iederman an- und aufge-
nommen worden, auch nicht, als zu rech-
ter Zeit, mit Nutzen kan gebrauchet
werden, deswegen rathe ich niemand,
es ohne Beyſtand erfahrner Leute zu
gebrauchen.
Die hohe Eigenſchaft, welche die Spa-
nier der Quinquina in Veꝛtreibung des
Fiebers zugeſchrieben, hat verurſachet,
daß ſie ihr ſowohl, als dem Holtze, den
Namen Palo de Calenturas, d. i. Fie-
berholtz, gegeben.
Was die Quinquina, die geſtoſſen
gekaufft wird, betrifft, davon kan ich
keinen beſſern Bericht geben, als daß
man ſie bey rechtſchaffenen Leuten kauf-
fe, und nicht auf den Preiß ſehe; doch
muß ſie durch ein zartes Sieb geſtaͤu-
bet ſeyn.
Aus der Quinquina wird mit diſtil-
lirtem Nußoͤl uͤbern Feuer ein ExtractExtractum
und
gemacht, der ein trefflich febrifugum,
Mittel wider das Fieber iſt, von 12. bis
zu 30. Gran, als Pillen, oder in Wein
zerlaſſen, eingenommen.
Auch kan man ein Sal fixum darausSal Quinqui-
næ.
L 2ziehen,
[]Der Spezereyen und Materialien
ziehen, wenn man ſie verbrennet, wel-
ches ein herrlich aperitivum, und eroͤff-
nend Mittel, uͤberdiß zu viertaͤgigen
Fiebern uͤberaus dienlich iſt: es wird
von 10. bis zu 20. Gran in einem dienli-
chen liquor eingenommen.
Der Herr Bourdelot hat mir eine
Quantitaͤt Quinquina verehret, wel-
che wie Caneel geſtalt, aber viel blaſſer
von Farbe und anfangs ohne Geſchmack
iſt, giebt aber im Augenblick eine ziem-
lich unangenehme Bitterkeit von ſich.
Es hat ſie der Hr. Legros im Jahr 1670.
aus Peru gebracht. Die Jndianer
gieſſen kalt Waſſer auf zwey Gran, und
brauchens alſo. Und mir bedunckt, es
ſey dasjenige, was die Jndianer Falſa-
kaskarina zu nennen pflegen.
DJeſe iſt die Rinde von der Wurtzel
eines Gewaͤchſes, welches in zwey-
erley Geſchlecht, das Maͤnnlein und
Weiblein, abgetheilet wird. Jch will
mich aber nicht lange mit Erzehlung al-
ler der vergeblichen Reden, welche die
Alten von dieſem Gewaͤchſe gefuͤhret,
aufhalten, ſondern nur vermelden, daß
beyderſeits Allraun ſehr ſelten um Pa-
ris gefunden werde, welches denn ver-
urſachet, daß die Apothecker dieſe und die
Blaͤtter vom Venusnabel aus der com-
poſition der Pappelſalbe weglaſſen muͤſ-
ſen; welches aber ein groſſer Fehler,
weil dieſe Salbe ſolcher geſtalt, und ſo
bald die zwey vornehmſten Stuͤcke dar-
aus gelaſſen werden, unmoͤglich diejeni-
gen Kraͤfte, die ihr die Scribenten bey-
legen, haben kan. Denn, an ſtatt daß
ſie kuͤhlen ſolte, welches ihre vornehm-
ſte Tugend, verurſacht ſie vielmehr Hi-
tze, theils, weil obgedachte beyde Ge-
waͤchſe dabey fehlen, theils aber, weil
die Herren Apothecker mehrmahls drey
und vierjaͤhriges unguentum populeum
an ſtatt des friſchen zu verkauffen pfle-
gen, welches doch wider aller Scriben-
ten Meinung laͤufft; denn dieſe ſagen,
der Pappelſalbe Kraft daure nicht uͤber
ein Jahr; wie ſolches aus der Apothe-
ckerkunſt des Herrn Bauderon, uͤber
die der Herr Vernicommentiret hat, zu
erſehen iſt. Er redet aber am 136. Blat
folgender maſſen: „Sie muß alle Jahr
„verneuret werden, ſonſt verliehrt ſie
„mit der Zeit die kuͤhlende Kraft, und
„die Hitze des Fettes uͤberſteiget die Kaͤl-
„te, folglich iſt ſie nichts nutze.„ Sollen
derowegen die Apothecker in Paris und
umliegenden Staͤdten gewarnet ſeyn,
daß ſie forthin ſich nicht mehr unterſte-
hen, dieſe Salbe zu bereiten, weil ihnen
unmoͤglich iſt, dieſelbe der Gebuͤhr nach,
zu verfertigen: ſondern ſie ſollen dieſel-
be von Montpellier kommen laſſen,
woſelbſt ſie unverfaͤlſcht, und auf die
Art, wie die Autores haben wollen, kan
zugerichtet werden. Oder, ſo ſie dieſes
nicht thun wolten, weil ihnen ohne dem
nicht gebuͤhret Wahren kommen zu laſ-
ſen, ſolten ſie dieſe Freyheit denen Spe-
zereyhaͤndlern uͤberlaſſen, die es gantz
gerne thun werden. Dieſes waͤre auch
ein Mittel, daß die Apothecker ihr Ge-
wiſſen nicht beſchweren duͤrfften, dem
gemeinen Beſten aber wuͤrde viel getꝛeu-
licher gedienet werden. Aber wieder
auf die Allraunwurtzel zu kommen,Siehe Fig. 117.
und 118.
dieſe treibt, wenn ſie in der Erde ſteckt,
gruͤne, breite, auf der Erde hinliegende
Blaͤtter, und bringt Fruͤchte, welche an
Groͤſſe und Geſtalt den Coloquinten,
welche noch nicht gereiniget, ſondern
noch ſo, wie ſie am Stocke ſtehen, ſind,
ziemlich nahe kommen. Von dem Un-
terſchiede, welcher zwiſchen dem Maͤnn-
lein und Weiblein iſt, viel zu gedencken,
erachte ich nicht fuͤr dienlich, maſſen ſol-
ches allbereit von vielen Scribenten
verrichtet worden, wir auch von dem
gantzen Gewaͤchſe nichts als die Rinde
verkauffen, welche von ihrem Holtze fein
wohl gereiniget, und ſo friſch, als nur
moͤglich ſeyn ſoll: inwendig muß ſie eine
graue Farbe haben, und auswendig
roͤthlich grau ſehen, auch ihre duͤnne
Schale, die ein wenig holpricht iſt, faſt
wie das Chagrinleder ſiehet, oder als ob
ſie mit Sande beſtreuet waͤre, annoch
haben.
Die Allraunwurtzel hat einigen
Nutzen in der Artzney, denn ſie zu etli-
chen Galeniſchen compoſitionibus genom-
men wird. Bisweilen ſchickt man uns
zugleich
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils viertes Buch.
zugleich mit der Rinde, die Wurtzel, wie
die Jalappe in Stuͤcken zerſchnitten: al-
lein ſie iſt nicht ſo ſehr im Brauch, als
wie die Rinde, weil das Hertz annoch
darinnen, welches nicht mehr Kraft hat,
als ein Stuͤckgen Holtz.
DJß iſt eine Rinde, welche an Farbe
und Geſtalt dem dicken Caneel gar
nahe kommt, ausgenommen, daß ſie
auſſenher ein wenig bleichgelb, inwen-
dig wie eine zerbrochene Mußkatnuß ſie-
het, und dabey einen Hauffen glintzern-
de Fuͤncklein hat. Sie iſt ſehr leicht und
ſchwammicht, faſt ohne Geſchmack und
Geruch. Sie wird aus der Levante
und Tuͤrckey nach Marſeille/ und von
dar zu uns gebracht.
Dieſe Rinde wird ſowohl als der
Chouan zu nichts anders, denn zur Be-
reitung des Carmins gebrauchet, und
darff nicht anders, als wie erwaͤhnet,
beſchaffen ſeyn.
Mich hat iemand verſichern wollen,
der Autour wuͤchſe um Paris/ ja er hat
mir gar eine Rinde gegeben, welche
ſchier eben ſo ſieht; ſie ſchmeckt aber bit-
ter, ſieht eiſenfarbicht, und hat keine
Flittern.
Jch habe durchaus nicht erfahren
koͤnnen, was fuͤr ein Gewaͤchs oder
Baum den Autour trage, kan derowe-
gen auch nichts nicht davon berichten.
LE Liege, Lateiniſch Suber, iſt die aͤuſſer-
ſte Rinde der Baͤume, welche in Spa-
nien, Jtalien, auch in Franckreich,
und ſonderlich in Gaſconien und auf
den Pyrenaͤiſchen Gebirgen, haͤuffig
Siehe Fig. 119.wachſen. Die Blaͤtter dieſer Baͤume
ſind von maͤßiger Groͤſſe, obenher gruͤn,
und unten weißlicht, rund herum aus-
gezackt, worauf die Fruͤchte, wie die Ei-
cheln geſtaltet, folgen.
Wann die Einwohner dieſe Wahre
ſammlen wollen, ſo zerſpalten ſie die
Baͤume von unten bis oben aus, und
ziehen die Rinde, welche das Pantof-
felholtz iſt, herab, legen dieſe hernach
uͤber einander auf einen Hauffen, bis
zu einer gewiſſen Hoͤhe, in ausdruͤcklich
hierzu gemachte und mit Waſſer erfuͤll-
te Graͤben, beſchweren ſie mit Steinen,
und laſſen ſie eine geraume Zeit alſo ſte-
hen: wenn ſichs nun gnugſam geſetzet,
nehmen ſie das aus einem andern Gra-
ben darzu, und legen es oben auf dieſes,
bringen alſo vier Graͤben in einen, laſ-
ſen hierauf das Waſſer ab, trocknen das
Holtz und verſenden es hin und her.
Man erwehle das Pantoffelholtz
in ſchoͤnen Taffeln, die fein dichte, ohne
Knorren und Spalten ſind, von mittel-
maͤßiger Dicke, auſſen und innen gelb-
graulicht, die auch fein dichte ſind, wenn
ſie zerbrochen werden. Dieſes Pan-
toffelholtz nennen wir insgemein
weiſſes oder Frantzoͤſiſches Pantof-Weiſſes Pan-
toffelholtz.
felholtz, weil dieſe Gattung in Gui-
enne, vornehmlich um Bayonne/ zu-
bereitet, und ſchier alles, was wir ſehen,
daher gebracht wird.
Es werden auch noch andere Sorten
Pantoffelholtz von eben dieſen Orten
gebracht, welche wir Spaniſches Pan-Schwartzes
oder Spani-
ſches Pantof-
felholtz.
toffelholtz zu nennen pflegen, und,
wenn es beſchaffen iſt, wie es ſoll, gleich-
falls leichte iſt, auſſenher ſchwartz, und
als ob es verbrannt waͤre, inwendig
gelblicht ſiehet, laͤßt ſich leichtlich zerbre-
chen, iſt nicht loͤchricht, und muß ſo dich-
te ſeyn, als immer moͤglich, denn dieſes
wird viel hoͤher gehalten, als das duͤnne.
Mich hat ein guter Freund verſichert,
es kaͤme allein daher, daß dieſes Pan-
toffelholtz ſo ſchwartz waͤre, weil es in
Seewaſſer geweichet worden.
Sein Gebrauch iſt zu bekannt; des-
halben mag ich mich auch nicht dabey
aufhalten: will alſo nur gedencken, daß
etwas weniges zur Artzney gebrauchet
werde, ſowohl zu Stillung des Blutes,
da es dann gepuͤlvert oder gebrannt in
einem anhaltenden Waſſer genommen
wird, als auch zu Vertreibung der
Milch, wenn man es den ſtillenden
Frauen an den Hals haͤnget. Es iſt auch
das gebrannte Pantoffelholtz, mit ein
wenig friſcher Butter und Bleyſaltze
vermiſchet, gut wieder die goldne Ader.
Die Spanier verbrennen das Pan-
toffelholtz, und bereiten ein uͤberaus
leichtes Schwartz davon, welches wir
Spaniſch
Schwartz.Spaniſch Schwartz nennen, und
wenn es recht gut, ſchwartz, leichte und
ohne Sand und Gries ſeyn muß. Dieſes
Schwartz gebrauchen unterſchiedliche
Handwercker.
Es giebt auch noch einen gantzen
Hauffen Rinden, mit denen wir aber
nichts zu thun haben, als da iſt, die Rin-
Macer, Coru
und Hivou-
rahé.de von dem Baum Macer, Coru/ Hi-
vourahe, und andere dergleichen; aus
der Urſache, weil wir gar wenig davon
haben, ob es gleich herrliche Artzney-
mittel ſind, wie aus des Garzias ab Horto
und Chriſtoph Acoſta ihren hiſtori-
ſchen Beſchreibungen der Jndianiſchen
Spezereyen zu erſehen, dahin der Leſer
mag verwieſen ſeyn.
Hiebey wird erinnert, weil einige
Perſonen den Macer wider den Durch-
lauff verlangen, denn dazu wird er vor-
nehmlich verlanget, daß ihrer etliche an
deſſen Stelle die Macis verkauffen, in
Meinung, es ſey einerley, da es doch
gantz unterſchiedene Dinge ſind, indem
Macer die Rinde eines Baumes, Ma-
cis aber die Decke der Mußkatnuß iſt.
Ende des Buchs von Rinden.
DUrch die Blaͤtter verſtehe ich das allererſte gruͤne/ welches die Ge-
waͤchſe, die wir unter den Geſchlechten der Baͤume, Stauden/
fruticum \& ſuffruticum,und Kraͤuter begreiffen, hervorſtoſſen/ ſobald
nur der Fruͤhling kommt. Will alſo in dieſem Capitel nichts als die
Blaͤtter beſchlieſſen, welche aus den Aeſten der Baͤume und Stengeln der
Kraͤuter entſprieſſen, denn ſonſt kein anderer Theil derſelben dieſen Na-
menfeuilles,das heißt Blaͤtter/ welchen ſie von dem Griechiſchen Worte
φύλλον, und dem Lateiniſchenfolium,herleiten/ fuͤhren ſoll. Einige wol-
len wohl, dieſer Name koͤnne auch etlichen Blumen beygeleget werden,
geſtalt man insgemein Roſenblaͤtter/ Tulipanenblaͤtter, und ſo fort an/
zu ſagen pflegt: weil ich aber dieſer Ordnung zu folgen nicht geſonnen
bin/ derowegen will ich in dieſem Capitel allein von gruͤnen Blaͤttern/ wel-
che aus den Aeſten und Stengeln entſtehen/ nicht aber von farbichten
oder bunten Blaͤttern, die den weſentlichen Theil der Blumen ausmachen,
handeln. Auch werde ich in dieſem Cap. von ſolchen Blaͤttern reden, welche
verarbeitet werden, als da iſt der Tabac, desgleichen von denenjenigen/
daraus einefeculaund zartes Pulver und Saltz gezogen wird/ als wie aus
dem Waid, Kali und andern/ inmaſſen aus folgenden wird zu erſehen ſeyn.
DEr Cretiſche oder Candia-
niſche Diptam iſt ein Ge-
waͤchs, zwey oder drey Fuß
hoch, deſſen Blaͤtter ſo
groß, und faſt eben als wie
die Poleyblaͤtter ſehen, ſind oben und un-
ten wollicht, und ſchmecken lieblich aro-
matiſch: nach ihnen folgen die langen
violblauen Bluͤmlein, auf Art der Aeh-
ren. Dieſes kleine Gewaͤchs, welches
ſehr
[]
Figure 92. Jndianiſches blatt. Fig. 123 p 173. | Figure 93. Amberkraut Fig. 122. p. 173. |
Figure 94. Berg Pol [...] Fig. 121. p. 173. | |
Figure 95. Lretiſcher Diptam. Fig. 120. p. 171 | Figure 96. Pantoftel holtz. Fig. 119. p. 169. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
ſehr lieblich anzuſchauen, waͤchſt haͤuf-
fig in der Jnſel Candien, davon es auch
den Zunamen hat erhalten.
Man ſoll den Diptam erwehlen, wel-
cher friſch iſt, daran die Blaͤtter weiß,
breit, weich und wollicht ſind, und der
einen lieblichen aromatiſchen Geſchmack
hat. Auch ſoll man den Diptam, der
die meiſten blaulichten Bluͤmlein hat,
dem andern vorziehen; hingegen den
wegwerffen, der kleine Blaͤttlein hat, die
nicht wollicht ſind, und darunter mehr
kleine Hoͤltzlein und Spaͤnlein, als Blaͤt-
ter befindlich.
Der Cretiſche Diptam wird eini-
ger maſſen zur Artzney gebraucht, weil
er hitzig und aromatiſch iſt: er wird auch
zum Theriac genommen, dazu er dann
keiner andern Zurichtung von noͤthen
hat, als daß er, wie gemeldet, ausgeſucht,
und von den Reißlein und andern Unra-
the geſaubert werde.
POlium montanum iſt ein Gewaͤchs,
des halben Fuſſes hoch, hat kleine,
dicke, ausgekerbte Blaͤtter, die oben und
unten mit einer goldgelben Wolle bele-
get ſind: die Bluͤmlein, welche ſich wie
Sternlein ausbreiten, ſind goldfarben,
ſehr lieblich anzuſehen.
Dieſes Kraut waͤchſt haͤuffig in Pro-
vence und Languedoc, auf den Ber-
gen und erhabenen Qrten. Man bringt
es uns in Buͤndlein zuſamt demjeni-
gen, welches auf der Ebene und an dem
Wege, ſonderlich an ſandigten und trock-
nen Orten waͤchſt, und von jenem we-
nig unterſchieden iſt, ohne daß es um ein
gut Theil kleiner, auch nicht ſo gar wol-
licht iſt, viel bitterer ſchmeckt, und gantz
weiß ſiehet.
Man ſoll dasjenige erwehlen, wel-
ches erſt neulich geſammlet worden, da-
ran die Bluͤmlein noch ſind, und wel-
ches bitter und gantz unangenehme
ſchmeckt; nicht allein zu unterſchiedli-
chen compoſitionen, ſondern auch zum
Theriac, da es dann keiner andern Be-
reitung benoͤthiget, als daß es, wie ge-
dacht, beſchaffen, ingleichen ſo wenig
weiſſes drunter ſey, als immer moͤglich;
denn dieſes hat weniger Kraft, als je-
nes.
DAs Marum iſt ein niedriges Ge-
waͤchs, gantz lieblich anzuſchauen,
hat gruͤnlichte, ſehr kleine Blaͤttlein, in
Geſtalt eines Spieseiſens, einen bittern
unangenehmen Geſchmack, darum es
auch Marum, quaſi amarum, genennet
worden. Nach den Blaͤttern kommen
die Aehren, faſt wie am Lavendel, da-
raus entſprieſſen die purpurroͤthlichten
ſehr ſtarck riechenden Bluͤmlein.
Es waͤchſtſehr haͤuffig auf den Hieres-
inſeln nahe bey Toulon, von dannen
es, die ſein benoͤthiget ſind, moͤgen kom-
men laſſen.
Man ſoll daſſelbe erwehlen, welches
friſch iſt, einen ſtarcken Geruch hat, und
an dem die Bluͤmlein noch ſitzen; das
auch ſo gruͤne iſt, als nur moͤglich.
Es wird in der Medicin faſt gar nicht
gebraucht, es muͤſte dann zu den tro-
chiſcis hedichroi ſeyn. Allein, weil die-
ſes Kraut bey uns gar rar, dannenhero
nehmen die Apothecker an ſeine Stelle,
den kleinen Majoran, mit dem Zuna-
men Gentille, der edle.
FOlium Indum, Malabatrum,Thama-
lapatra/ das Jndianiſche Blatt,
oder das Blatt von Malabatra, das
ſind die Blaͤtter eines groſſen Baumes,
der insgemein in Jndien, vornehmlich
gegen Cambaya zu, waͤchſt.
Das Jndianiſche Blatt iſt den Al-
ten eben ſo unbekannt geweſen, als vie-
le andere Spezereyen mehr, denn ihrer
etliche geſchrieben, daß es in Jndien
auf unterſchiedenen Pfuͤlen treibend
angetroffen werde. Die beſte Meinung
davon iſt dieſe, daß es naͤmlich die Blaͤt-
ter eines Baumes ſeyen, der ſo groß als
ein
[]Der Spezereyen und Materialien
ein Caſtanienbaum. Nach den Blaͤt-
tern kommen kleine Beeren, bey nahe
wie auf dem Zimmtbaume, doch ſind ſie
viel kleiner. An einigen Blaͤttern fin-
det ſich eine Art kleiner Blaͤslein, in der
Groͤſſe eines Nadelknopfs, welche ihrer
etliche fuͤr die Frucht angeben.
Jch weiß gar nicht, was die Alten
bewogen, dieſes Blatt zum Theriac zu
nehmen, da es faſt weder Geſchmack noch
Geruch hat. Doch will ich eben nicht
ſagen, daß ſie deshalben zu ſchelten, denn
es mag wohl ſeyn, daß dieſes Blat, wenn
es erſt kuͤrtzlich geſammlet worden, Ge-
ſchmack und Geruch genug habe. Al-
lein, was mich betrifft, muß ich geſtehen,
daß ich zwar viel davon geſehen und ver-
kauffet, nie aber befunden, daß es eine
oder andere merckliche Kraft gehabt,
welches iedennoch daher mag gekommen
ſeyn, daß es zu alt geweſen. Dieweil
ich nun nicht wehren kan, daß es ge-
brauchet werde, ſo will ich ſagen, man
ſolle diejenigen Blaͤtter auſſuchen, wel-
che ſchoͤn, breit, gruͤn, und ſo wenig, als
nur moͤglich, zerbrochen ſind.
DEr Thee, den die Sineſer und Ja-
paner Cha oder Tcha nennen, ſind
die Blaͤtter von einer kleinen Staude,
die um Peking und Nanking in ziem-
licher Menge waͤchſt. So waͤchſt auch
der Thee an vielen Orten in Japan;
und dieſer wird nicht nur fuͤr beſſer ge-
halten als jener, ſondern auch wegen
ſeiner Guͤte und Vortrefflichkeit die
Blume vom Cha oder Thee genennet.
Es iſt aber der Thee ein gruͤnes, duͤnnes
Blaͤttlein/ das an dem einem Ende
ſpitzig zulaͤufft, am andern aber in et-
was rund iſt, und umher ausgekerbet:
mitten durch das Blat laufft ein mittel-
maͤßiger Nerve, aus dem ein Hauffen
Siehe Fig. 124.kleine Aederlein entſtehen. Nach die-
ſen Blaͤttern kommen die Knoͤpfe, de-
ren ieder ſo dicke als die Spitze des Fin-
gers iſt, einer gantz ſonderlichen Geſtalt;
darinne ſind zwey oder drey Fruͤchte, die
wie die Arecafruͤchte ſehen, zu befinden,
welche auswendig und inwendig maͤuſe-
fahl, und einen weiſſen Kern, der gar
leichtlich vermodert, in ſich enthalten.
Der Japaniſche Thee iſt von dem
Sineſiſchen nur darinne unterſchie-
den, daß er viel kleinere Blaͤtter hat,
auch weit angenehmer ſchmeckt und
riechet: weil er nun zugleich insgemein
lieblich gruͤne ſiehet, ſo erhoͤhet dieſer be-
ſondere Geruch, Geſchmack und Farbe
ſeinen Werth dermaſſen daß ein Pfund
aufrichtiger Japaniſcher Thee, der ſo
kleine Blaͤtter, und erſterwaͤhnte Farbe
nebſt einem angenehmen Heugeruche
hat, und dabey auch wie Veilgen riecht,
unter 150. bis 200. Francken nicht kan
verſchaffet werden. Daß alſo gar ein
groſſer Unterſcheid zwiſchen dieſem und
dem Chineſiſchen Thee, von welchem der
allerbeſte iederzeit zwey dritte Theile
weniger gilt.
Der Thee, den uns die Hollaͤnder/
Englaͤnder und andere zufuͤhren, das
ſind kleine zuſammen gerollte Blaͤttlein,
wie wir ſie verkauffen; die Art aber und
Weiſe, den Thee zuzurichten, iſt dieſe:
wenn die Chineſer und Japaner den
Thee geſammlet haben, laſſen ſie ihn
beym Feuer trocknen, ſo lauffen die
Blaͤttlein, indem daß ſie trocknen, alſo
zuſammen, wie wir ſie zu ſehen bekom-
men. Andere aber wollen, man wicke-
le ſie in eine Matratze von feinem Cot-
ton, und ſchuͤttele ſie hin und her, bis ſie
ſich erhitzen, ſo dann bekaͤmen ſie dieſe
Figur.
Doch dem ſey wie ihm ſey, ich ſage,
daß die unterſchiedenen Sorten Thee/
ſamt ihrem unterſchiedenen Preiſſe,
darum wir ſie verkauffen, nicht daher
entſtehen, weil wir den guten und
ſchlechten Thee unter einander vermi-
ſchen, wie etwa ein neuer Scribent in
ſeinem Buͤchlein vom Thee, Chocolate
und Coffe gar uͤbel angemercket; ſon-
dern der Geruch, die Guͤte und Schoͤn-
heit deſſelbigen machen und verurſachen
den unterſchiedlichen Preiß, wie nicht
weniger, wenn er in Menge, oder wenn
er nicht wohl zu haben, oder auch, nach-
dem er vertrieben und verthan wird.
Wir wiſſen ja aus der Erfahrung, daß
die Wahren nie wohlfeiler oder theurer
ſind, als wenn ſie haͤuffig vorhanden,
oder wenn ſie mehr oder weniger ver-
trieben werden, nicht aber, weil ſie ge-
miſchet worden. Denn unmoͤglich wird
ein Kauffmann gemengten Thee ver-
kauffen
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
kauffen koͤnnen, bevoraus an ſolche Leu-
te, die ſich gut darauf verſtehen. Uber-
diß verbindet der hohe Preiß, darum der
gute Thee verkauffet wird, die Kauff-
leute, ihn zu geben, wie ſie ihn bekom-
men. Allein Mißbrauch aber vorzu-
kommen, wenn ja irgend etliche ſo un-
redlich handeln wolten, will ich vermel-
den, daß man den Thee, der recht gruͤn,
ſtarckriechend, und, ſo viel als moͤglich,
gantz iſt, erwehlen, iedennoch, wie be-
reits erinnert worden, den Japaniſchen
dem Sineſiſchen vorziehen ſoll.
Bey den Morgenlaͤndern iſt der
Thee ſo ſehr im Brauch, daß es gar we-
nig Leute giebet, die ſich deſſelbigen nicht
bedienen ſolten. So war er auch vor
etlichen Jahren in Franckreich dermaſ-
ſen braͤuchlich, daß wenig vornehme
Leute oder wackere Buͤrger waren, die
ihn nicht gebrauchet haͤtten. Seit dem
aber der Coffe und die Chocolate bekañt
worden, wird er ſchier gar nicht mehr
gebraucht. Was ſeine Tugenden be-
trifft, von denen will ich nichts geden-
cken, ſondern den Leſer an die Buͤcher,
welche die Herren du Four und Blegny da-
von geſchrieben, verweiſen.
Dieſes Capitel habe nicht beſchlieſſen
wollen, ohne von der Blume des
Thees zu handeln: denn es hat mir
eben dieſelbe Perſon, welche mir die
Blaͤtter gegeben, zu einer Zeit auch ei-
ne Art Thee verehret, welche von dem
gemeinen Thee gantz und gar unterſchie-
den. Dieſe iſt ſchwartzbraun, und hat
viel ehe die Form einer Blume, als ei-
nes Blattes: und dieſer Thee, es ſey
nun ein Blatt, oder eine Blume, wird
von den Hollaͤndern alſo hoch geſchaͤtzt,
daß ſie ihn gegen gleiches Gewichte Gold
verkauffen, entweder, weil ſie deſſen gar
wenig haben, oder aber, wegen ſeines
angenehmen Geſchmacks und Geruchs,
den er, ſonderlich, wenn er noch friſch
iſt, hat, und in dieſem Stuͤcke auch den
wahrhaften Japaniſchen uͤbertrift.
Was anlanget, daß etliche vorgeben,
wir haͤtten in Europa den Thee viel
wohlfeiler als in Japan und China,
ſolches ruͤhret daher, daß ihn die Hol-
laͤnder gegen Salbey eintauſchen, in
welche die Sineſer und Japaner ſo
ſehr verliebet ſind: welches auch aller-
dings mit allem Recht geſchicht, maſſen
wir kein eintziges Kraut haben, das mit
ſo herrlichen Tugenden begabet waͤre,
als die kleine krauſſe Salbey, ſie wuͤr-
de auch viel hoͤher geſchaͤtzet werden, wo-
fern ſie nur in Jndien wuͤchſe. Weil
ſie aber bey uns zu gemeine iſt, deshal-
ben achten wir ihrer ſo wenig, als etwa
jenes Lateiniſche Sprichwort: cur mo-
rietur homo, quando creſcit Salvia in hor-
to? Je warum ſolte denn der Menſche
ſterben, wann die Salbey im Garten
waͤchſt? Darff ſich alſo niemand be-
fremden laſſen, wenn die Japaner und
Sineſer den Thee gegen die Salbey ver-
tauſchen.
Auch habe ich nicht unterlaſſen koͤn-
nen, denjenigen Jrrthum, darein der
Autor oberwehnten Buͤchleins gera-
then, zu widerlegen: denn er ſaget am
14. Blat gemeldten Buͤchleins, er habe
einem Kauffmanne, der nach Jndien zu
Segel gehen ſolte, gebeten, daß er ihm
doch den ſchwartzen Theeſamen, aufs
beſte verwahret, mitbringen moͤchte,
ob es vielleicht moͤglich waͤre, denſelben
gleichfalls in Franckreich aufzubrin-
gen. Allein er iſt gar uͤbel berichtet, denn
die Fruͤchte des Thees ſind, als ſchon
geſagt, der Arecafrucht gleichende Fruͤch-
te, in Groͤſſe eines Paternoſterknopfs,
oder noch beſſer zu reden, wie eine zer-
ſpaltene Eichel, welche ſelb dritte mit ei-
ner duͤnnen caſtanienbraunen Schale
bedecket iſt. Jch haͤtte das Gegentheil
nicht gehalten, wenn ich nicht ſelbſt die
Frucht, die mir aus Holland geſendet
worden, in Haͤnden haͤtte, und in dieſer
Meinung, theils durch Gegenhaltung
derjenigen Frucht, welche der Herr
Tournefort beſitzet, beſtaͤtiget, theils
aber von eben dieſem Manne, als einer
Perſon, auf die man ſich verlaſſen kan,
deſſen verſichert worden waͤre.
Obgemeldter Autor mercket auch an,
daß aus dem Thee ein Syrup wider das
Fieber koͤnne bereitet werden, legt ihm
auch treffliche Eigenſchaften bey: die
ihn nun verlangen, moͤgen ihre Zuflucht
zu dem Tractat, den er davon verfer-
tiget hat, nehmen.
LE Sené,Sennet oder die Sennes-
blaͤtter, denen etliche den Namen
des orientaliſchen Blattes gegeben,
ſind die Blaͤtter eines Gewaͤchſes, oder
vielmehr einer Stauden, welche ohnge-
fehr eines Fuſſes hoch iſt, und in Levan-
te, auch ſelbſt in Europa an vielen Or-
ten waͤchſt.
Das Gewaͤchs oder die Staude, ſo
den Sennet traͤgt, treibt, wenn es an-
noch in der Erde ſteckt, Blaͤtter hervor,
die mehr oder weniger gruͤn ſind, und
unterſchiedliche Geſtalt haben, nachdem
ſie naͤmlich einen Geburtsort gehabt,
inmaſſen aus folgenden zu erſehen.
Nach den Blaͤttern kommen kleine pur-
purfarbichte Bluͤmlein, wie Sternlein,
und auf dieſe, die duͤnnen, platten Scho-
Siehe Fig. 125.ten; in beygefuͤgter Figur; darinne be-
finden ſich fuͤnff oder ſechs kleine Sa-
menkoͤrnlein, die ebenmaͤßig platt, und
an dem einen Ende breit, am andern
aber zugeſpitzt ſind. Die Schoten wer-
Sennes-
ſchoͤtlein.den folliculi Sennæ,Sennesſchoͤtlein
geheiſſen.
Dieweil die Sennesblaͤtter in ſo groſ-
ſer Menge verthan werden, und dan-
nenhero bey uns gantz gemeine ſind, des-
halben will ich erinnern, daß wir ſie in
drey Sorten abtheilen, naͤmlich, in die
Siehe Fig. 126.von Palte oder Alexandria/ von Tri-
polis und von Mocca; wie auch, daß
unter dieſen dreyen Gattungen noch vie-
lerley Arten ſich befinden, welches doch
blos von den unterſchiedenen Orten, all-
wo ſie gebrauchet worden, herruͤhret:
wie man dann gar oͤfters ſiehet, daß ein
Gewaͤchſe ſich an Blaͤttern, Blumen
und Fruͤchten veraͤndert, nachdem der
Boden, darinne es erbauet worden, be-
ſchaffen iſt. Dieſemnach ſind die ſchoͤnſt-
und beſten Sennesblaͤtter, welche von
Alexandria kommen, und deswegen
Alexandriniſche genennet werden, in-
Siehe Fig. 127.gleichen, Sennesblaͤtter aus Levan-
te oder de la Palte, weil alle Sennesblaͤt-
ter, die aus Levante und des Groß-Tuͤr-
cken Landen kommen, Zoll, welches auf
Frantzoͤſiſch Palte heißt, bezahlen muͤſſen.
Man ſoll die Sennesblaͤtterde la
Palte auſſuchen, welche fein ſchmal und
nicht gar zu uͤbrig groß, wie ein Spies-
eiſen geſtalt, gelb von Farbe, ſehr ſtarck
riechend, ſanft anzufuͤhlen, und nicht
zerknickt ſind, unter denen auch ſo we-
nig als moͤglich, Stiele und verdorrte
Blaͤtter ſamt anderem Unrath zu befin-
den. Dieſe Beſchreibung der Sennes-
blaͤtter wird ohne Zweiffel denen gar
laͤcherlich vorkommen, welche ſie nicht
eben allzu wohl kennen, ſondern vorge-
ben, die guten Sennesblaͤtter muͤſten
groß, breit und gruͤne ſeyn. Allein das
iſt mein Troſt, daß ich verſichert bin, es
werden diejenigen, die die Sennesblaͤt-
ter genauer kennen, meinem Vorbrin-
gen nicht widerſprechen. Solte aber
auch die groſſe Menge der Sennesblaͤt-
ter, die durch meine Hand gehen, nicht
zulaͤnglich ſeyn, mir eine recht gewiſſe
Kenntnuͤß dererſelben zu verſchaffen, ſo
beſitze ich eine gantze Pflantze, welche
mir von Aleppo zukommen, und dasje-
nige, was ich vorgebracht, beſtaͤtigen
kan.
Der Gebrauch der Sennesblaͤtter
iſt ſo gemeine, daß ohnnoͤthig, mich lan-
ge dabey aufzuhalten, indem doch ieder-
man bekannt, daß ſie ein ſehr gut Pur-
girmittel ſind.
Die andere Sorte, die wir Sennes-
blaͤtter von Tripoli oder Seyde heiſ-
ſen, ſind die gruͤnen Sennesblaͤtter, die
wir auch zuweilen verkauffen, und un-
ter denen ſich, wiewohl gar ſelten, ſolche
befinden, welche denen de la Palte an
Kraͤften ziemlich nahe kommen. Sie
ſind ziemlich rauh, und haben ſchier kei-
nen Geruch, zum Vergelt aber ſind ſie
von unverſtaͤndigen Leuten ihrer gruͤ-
nen Farbe halber gar wohl aufgenom-
men worden. Wiewohl anietzo iſt die-
ſe Gattung bey uns ziemlich rar, ſinte-
mahl in Franckreich verboten worden, ſie
einzufuͤhren: und um deswillen ſind die
Blaͤslein und Stiele um ein gutes theu-
rer, als vor 15. Jahren, weil ſich unter
dieſen Sennesblaͤttern eine groſſe Men-
ge derſelben befunden.
Die dritte Art ſind die von Mocca/
welche die Landkramer Senne de la pique,
ſpitzige Sennesblaͤtter nennen, indem
es lange und ſehr ſchmale Blaͤttlein ſind,
die noch einmahl ſo lang, als die rechten
Sennesblaͤtter aus Levante. Allein
die uͤble Beſchaffenheit dieſer Blaͤtter
ver-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
verurſachet, daß ich nichts davon nicht
ſagen kan, denn daß ſie gaͤntzlich ſollen
verworffen werden, dieweil ſie gar zu
nichts taugen, welches denn auch ver-
wehren ſolte, daß ſie weder eingefuͤhret,
noch von den Kauffleuten verkauffet
werden duͤrfften.
Die Sennesſchoͤtlein belangend,
dererſelbigen gute Beſchaffenheit ſolte
wohl billich die Aertzte verpflichten, ſie
oͤfters als geſchicht, zu gebrauchen; denn
ſie uͤberaus ſanfte purgiren, auch den
Medicamenten bey nahe weder Geruch
noch Geſchmack geben, welches bey den
Blaͤttern gerade das Wiederſpiel, in-
dem ſie einen ſo widerlichen Geſchmack
machen, daß viel Leute, wegen des Ge-
ſchmacks und Geruchs der Sennesblaͤt-
ter, die Artzney zu nehmen verweigern.
Man muß aber diejenigen Sennes-
ſchoͤtlein ausſuchen, welche fein dicke,
groß und gruͤn ſind, in denen auch der
Samen recht voͤllig und dicke iſt, den
Roſinenkernen bey nahe gantz aͤhnlich,
auſſer daß er viel platter. Hingegen
ſollen die ſchwartzen, und die zuriſſenen,
in denen die Kerne ausgedorret, ver-
trocknet und ſchimmlicht, weggeworf-
fen werden, denn ſie ſind durchaus nicht
tuͤchtig, daß ſie ein Menſche zu ſich neh-
me, weil ſie nicht allein zu alt, ſondern
auch zum oͤftern in Seewaſſer geweichet
worden ſind.
Auſſer dieſe Sorten der Sennesblaͤt-
ter und dererſelben Blaͤslein verkauf-
fen wir auch noch den Staub und Un-
rath davon, wiewohl es nicht recht iſt,
denn es iſt den mehrern Theil nichts als
Erde und die Blaͤtter eines Krau-
tes, welches die Tabuletkramer
Ourdon nennen, und entweder ſich
von ungefehr darunter befindet, oder
mit Fleiß unter die Sennesblaͤtter in die
Kuͤſten und Ballen gethan worden iſt.
Dieſes aber ſolte aufs ſchaͤrffſte verbo-
ten werden, nicht nur wegen der uͤbeln
Beſchaffenheit dieſer Blaͤtter, ſondern
auch, weil vielen liederlichen Geſinde da-
durch Anlaß gegeben wird, allerley
Lumperey drunter zu mengen, und der-
geſtalt aus einer Wahre, die nicht werth
iſt, daß man ſie von der Erde aufhebe,
Geld zu machen. Andere verkauffen
an ſtatt des Staubes von Sennesblaͤt-
tern, getrocknete, zerhackt- und zerſtuͤck-
te Wegrichblaͤtter, denen ſie den Na-
men Ourdon geben, und, ihrer Be-
truͤgerey ein deſto beſſeres Anſehen zu
machen, petit Sené,ſchlechte Sennet-
blaͤtter nennen, welches iedennoch
gantz leichtlich zu mercken iſt, denn die
zerſtuͤckten rechten Sennesblaͤtter, ſind
kleine zarte Stuͤcklein, Ourdon dagegen
ſind dickere Stuͤckgen, und die Nerven
des Wegrichs noch daran zu ſpuͤren.
Hier werden mir etliche einwerffen wol-
len, der reine und ſaubere Staub der
Sennesblaͤtter habe eben eine ſo gute
Kraft, als die gantzen Blaͤtter: denen
antworte ich aber, dieweil die Sennes-
blaͤtter, aus ſo gar ſubtilen Theilgen be-
ſtehen, derowegen haben ſie weniger
Kraft, ie mehr ſie zuſtoſſen ſind. Und
darum ſolte auch der Sennesblaͤtter-
ſtaub ausdruͤcklich bey der Handlung
verboten ſeyn, wie ingleichen die Stiele,
welche etliche gebrauchen; eines theils,
weil ſie gar gutes Kauffs, theils aber,
weil ſie viel heftiger purgiren, weder die
Sennesblaͤtter.
Aus den Sennesblaͤttern wird uͤbern
Feuer mit Waſſer ein Extract gemacht,Extractum fo-
liorum Sennæ.
ſo gar ein gutes purgans iſt. Auch kan
man ein Saltz daraus ziehen, welchem
etliche ſehr groſſe Eigenſchaften zulegen,
bevoraus, wenn es zu der infuſion der
Sennesblaͤtter gethan wird, denn durch
ſolches Mittel wuͤrde, ihrem Vorgeben
nach, eine viel groͤſſere Kraft heraus ge-
zogen; und daran irren ſie auch nicht.
Es haben zwar etliche Scribenten ge-
ſchrieben, daß in Jtalien, vornehmlich
in Toſcanen uñ der Genueſiſchen Re-
vier, wie auch in Provence, die Sen-
nesblaͤtter in Menge wuͤchſen: weil ich
aber glaube, daß dieſe Art Sennet, viel-
mehr desjenigẽ Gewaͤchſes Blaͤtter ſind,
welches die Kraͤuterverſtaͤndigen Colu-
tea, Bagnaudier,Schaflinſen heiſſen,
derowegen will ich nichts davon geden-
cken, indem bereits genug Autores da-
von gehandelt haben.
Jn Franckreich findet ſich ein
Kraut, Gratia Dei oder Gratiola,Got-Gratiola.
tes Gnad/ genennet, welches eben ſo
ſtarck purgiret, als wie die Sennesblaͤt-
ter: weil es aber bey uns waͤchſt, dar-
um macht man kein groß Werck davon.
Auch giebt es noch ein ander Kraut,
welches die Simpliciſten Alypum montis
Ceti nennen, weil es auf dem Berge
M 2Cete
[]Der Spezereyen und Materialien
Cete bey Montpellier ſehr haͤuffig
waͤchſt. Dieſes purgiret noch ſtaͤrcker
als die Sennesblaͤtter, und wird von et-
lichen weiſſer Turbit genennet.
DJeſes ſind kleine Kraͤutlein, die uns
von unterſchiedenen Orten gantz
uͤberbracht werden, unter denen die vor-
nehmſten, und die am meiſten geachte-
ten, diejenigen ſind, die aus Canada
gebracht, und deshalben von den Bota-
nicis Adiantum album Canadenſe,weiſſe
Siehe Fig. 128.Steinraute aus Canada betitelt
werden. Das Kraut waͤchſt ohngefehr
eines Fuſſes hoch, der Stengel iſt ſehr
duͤnne, hart und ſchwaͤrtzlicht, daraus
entſprieſſen kleine Zweiglein, mit gruͤ-
nen zackichten Blaͤttlein beladen. Es
waͤchſt auch in Braſilien, und wird
Adiantum Braſilianum geheiſſen. Jn dem
koͤniglichen Garten zu Paris wird die-
ſes Gewaͤchs mit groſſer Sorgfalt, nebſt
einem Hauffen anderer fremden Ge-
waͤchſe erzogen, welche aus vielen Orten
der Welt durch die Herren Fagon und
Tournefort, die beruͤhmteſten Botanicos
unſerer Zeit, darein gebracht ſind wordẽ.
Ohne dieſe Kraͤuter, die uns Cana-
da zuſendet, laſſen wir auch den Sy-
rup davon kommen, welcher wenn er
recht beſchaffen, eine Ambrafarbe und
guten Geſchmack haben ſoll, anbey muß
er wohl und gnugſam gekocht ſeyn, nicht
ſauer oder modricht riechen, ſoviel als
moͤglich klar und helle, und gewiß aus
Canada gebracht ſeyn.
Dieſem Syrup werden gewaltige
Eigenſchaften beygeleget: abſonderlich
ſoll er die Fluͤſſe und andere Bruſtbe-
ſchwerungen vertreiben, auch den klei-
nen Kindern, mit etwas Mandeloͤl ge-
geben, gar dienlich ſeyn.
Gleichfalls laſſen wir, auſſer dieſe
Kraͤuter und Syrup, einen dergleichen
Syrupus Capil-
larium Mon-
ſpelienſium.Syrup von Montpellier kommen, der
von einem Kraute, bey den Botanicis
Adiantum album Monſpelienſe genannt,
Steinraute
von Mont-
pellier. Siehe
Fig. 129.bereitet wird. Dieſer iſt von jenem gar
wenig unterſchieden, ſonderlich, wenn
er recht zugerichtet iſt, das heißt, wenn
er nicht von ſolchem Kraute, das ſchon
einmahl dazu gebrauchet, und wiede-
rum getrocknet worden, gemachet iſt/
welches bey ein und andern Apothecker
zu Montpellier nicht ſelten geſchicht,
aber gar leichte kan gemercket werden,
weil er uͤberaus weiß iſt, und ſchier nicht
anders als zerlaſſener Zucker ſchmeckt,
da hingegen der, welcher recht und ge-
treulich zugerichtet iſt, wie Amber ſie-
het, und ſehr angenehme ſchmecket.
Dieſer Syrup ſoll eben, als wie der
Canadiſche, erwehlet werden: wie ihm
dann auch gleiche Kraͤfte zugerechnet
werden. Man laſſe ihm ingleichen ge-
ſagt ſeyn, und kauffe beyde Sorten die-
ſes Syrups bey redlichen Kauffleuten
und Spezereyhaͤndlern, die ihn ſelbſt
kommen laſſen, denn der, den die meiſten
Apothecker verkauffen, iſt nichts anders,
als ein zuſammen geſetzter Syrup von
den Capillaribus dieſes Landes, dem Adi-
anto nigro, oder Frauenhaar, Politry-Siehe Fig. 130.
131. 132. 133.
cho, Ceterach, und Scolopendria, der
Hirſchzunge. Etliche thun noch die fri-
ſchen Wurtzeln vom Engelſuͤß, Salvia
Vitæ Mauerraute und Suͤßholtz dazu,Siehe Fig. 134.
135.
da dann dieſe Kraͤuter zuſammen den
Syrup roͤthlicht machen, wiewohl eꝛ bey
weitem nicht ſo ſehr, als wie der aus Ca-
nada und von Montpellier vertrieben
wird. Damit aber die Apothecker dieſen
Syrup deſto beſſer nachmachen moͤgẽ, ſo
ziehẽ ſie ein Waſſer aus dieſen Kraͤutern,
und beꝛeiten damit einen Syrup, welcher
weiß iſt, und viel verkauffet wird, ob er
ſchon nicht mehr Kraft, denn zerlaſſener
Zucker hat.
Wir laſſen auch eine duͤnne Conſerve
von den Capillaribus von Montpellier
kommen, wiewohl nur ſelten, dieweil
wenig darnach gefraget wird. Was
die Zubereitung dieſer Syrupe betrifft,
davon habe ich nichts gedacht: wer ſie
aber von den Capillaribus von Canada
oder Montpellier zurichten will, mag
ſich in den Pharmacopœis, die davon han-
deln, umſehen.
Man laſſe ſich auch warnen, und ge-
be Achtung, ob die Capillares, welche et-
liche verkauffen, gewiß von Montpellier
oder aus Canada kommen; denn ihrer
etliche die getrockneten Capillares, die
hie-
[]
Figure 97. Mauerraute. F. 135. p. 184. | Figure 98. Miltz Kraut F. 133. p. 184. | Figure 99. Engelſüs. F. 134. p. 184. | Figure 100. Stanraute aus Lanada F. 128. p. 183. |
Figure 101. Polijtrichum F. 131. p. 184. | Figure 102. Frauenhaar F. 130. p. 184. | Figure 103. Steinraute von Mont-pellier F. 129. p. 183. | Figure 104. Hitſch Zunge F. 132. p. 184. |
Figure 105. Sennes blätter von Mocca. F. 126. p. 179. | Figure 106. Sennes blätter von Alepandria. F. 125. p. 179. | Figure 107. Sennesblätter aus Levante F. 127. p. 179. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
hieherum wachſen, dafuͤr verkauffen,
welches aber aus dem groſſen Unterſchie-
de, der darzwiſchen iſt, ohnſchwer er-
kannt kan werden.
DJe Soldanella oder der Meer-
kohl iſt ein klein Kraut, deſſen Wur-
tzeln gar duͤnne, und die Blaͤtter den
Blaͤttern der Oſterluzey ziemlich aͤhn-
lich ſind, auſſer daß ſie viel kleiner und
dicker: nach dieſen wachſen die purpur-
farbigten Blumen, welche ſchier wie die
Glocken der Winde ſehen. Das Kraut
wird gantz und in Buͤndlein gebunden,
von den Seekuͤſten, an welchen es uͤber-
fluͤßig anzutreffen iſt, zu uns gebracht.
Es wird gar ſelten in der Artzney ge-
braucht, ob es gleich gar dienlich iſt, bey
Waſſerſuͤchtigen das Waſſer abzufuͤh-
ren: daher es auch der Herr Boude-
ron gantz fuͤglich unter ſein Pulver wi-
der die Waſſerſucht genommen, wozu
es keiner andern Wahl bedarff, als daß
es, ſo viel nur immer moͤglich, friſch und
unzerſtoſſen ſey.
Wir verkauffen auch noch ein Kraut,
Wintergruͤn.ohne die Soldanella, Pyrola,Winter-
gruͤn benamſet. Daſſelbige wird dar-
um Pyrola genennet, weil ſeine Blaͤtter
dem Birnbaumlaube einiger maſſen
gleichen: und Wintergruͤn, weil es im
Winter, der Strengigkeit dieſer harten
Jahreszeit ohnerachtet, dennoch ſeine
Gruͤne behaͤlt. An gewiſſen Orten iſt
es gantz gemein, z. E. in Teutſchland
und andern kalten Laͤndern. Weil nun
dieſes Kraͤutlein bey uns dermaſſen rar
iſt, darum haben unſere Kraͤutermaͤn-
ner, die deſſen auch gerne Meiſter ſeyn
wollen, es gantz gemeine gemacht, indem
ſie Birnbaumkerne geſaͤet, und die Blaͤt-
ter, ſo bald ſie nur aus der Erde hervor
gekrochen, an ſtatt der Pyrola verkaufft.
Es iſt auch ſolches, wegen der uͤberaus
groſſen Gleichheit, welche die Pyrola mit
dem Birnbaumlaube hat, ſehr ſchwer-
lich zu bemercken. Damit man aber
dieſen Betrug vermeide, darff man ſie
nur bey aufrichtigen Leuten hohlen:
doch iſt das verdruͤßlichſte, daß ſie nicht
anders als trocken zu haben.
Man giebt vor, das decoctum von
dieſem Kraute ſey ein ſehr ſtarck adſtrin-
gens, ein anhaltend Mittel, diene auch
zu Heilung der Geſchwuͤre, und anderer
Kranckheiten gleicher Art.
Wenn das Wintergruͤn annoch inSiehe Fig. 137.
der Erde iſt, ſo ſtoͤſt es einen Hauffen klei-
ner Stengel von ſich, da an iedweden
derſelben, vorne an der Spitze, ein klein
rundlicht Blat ſitzet, braungruͤner Far-
be. Mitten zwiſchen dieſen Stielen
ſteigt ein Stengel empor, daran zu
oͤberſt viel kleine, weiſſe, wohlriechende
Bluͤmgen entſprieſſen. Das gantze
Gewaͤchs aber iſt kaum eines oder an-
derthalben Fuſſes hoch, und liebet die
mitternaͤchtigen Laͤnder uͤber alle maſ-
ſen, welches auch die Urſache, daß es in
warmen Laͤndern ſo gar ſeltſam iſt, da es
doch in kalten Landen gantz gemeine.
DEr Anil iſt ein kleines Kraut, ohn-
gefehr zwey Fuß hoch, mit runden
Blaͤttern, welche obenher gruͤn und
braͤunlicht ſehen, unten aber ſilberweiß
ſind, und ziemlich dicke: nach dieſen
wachſen die Blumen, welche der Erb-
ſenbluͤte gleichen, und roͤthlicht ſind, dar-
aus entſtehen die langen, als wie Si-
cheln, zuruͤckgebogenen Schoten, die den
kleinen Olivenfarbenen Samen, dem
Ruͤbſamen gar aͤhnlich, beſchlieſſen.
Die Americaner ſaubern das Land
vorher wohl, wenn ſie den Anil ſaͤen
wollen; hernachmahls machen ſie Loͤ-
cher drein, einen Fuß weit von einan-
der, werffen in iedes 10. bis 12. Anilkoͤr-
ner, und bedecken ſie nur ſchlecht hin mit
ein wenig Erde, da dann nach Verlauff
ſechs Wochen, oder zum laͤngſten zweyer
Monate, das Kraut abgeſchnitten, und
der Jndich oder Jndigo daraus gezo-
gen werden kan, wie im folgenden Cap.
zu erſehen. Wird es aber drey Monat
im Lande gelaſſen, ſo bringt es ſeine Blu-
men und Samen. Allein bey dieſem
Kraute hat man eine Art Raupen zu
befuͤrchten, welche etliche mahl auf der
Jnſel S. Chriſtoffel beobachtet wor-
M 3den,
[]Der Spezereyen und Materialien
den, daß ſie in einer Nacht gewachſen,
und alle Hoffnung der Einwohner zu
nichte gemacht. Dieſem Unheil abzu-
helffen, ſchneiden ſie alles Kraut mit ein-
ander geſchwinde ab, und werffen es
ſammt den Raupen in die Faͤſſer: denn,
was ſie wieder von ſich geben, iſt auch
noch gut. Andere aber kommen dieſem
Ubel alſo vor, daß ſie zwiſchen demjeni-
gen, was ſie bereits angefreſſen, und
dem, welches ſie noch nicht beruͤhret,
eine groſſe Scheidung machen. Dieſer
Schade iſt auf der Jnſel Martinigo
noch nie verſpuͤret worden.
DEr Jndich iſt eine Fecula oder gantz
zartes Pulver, welches mit Waſſer
und Baumoͤl allein aus den Blaͤttern
gezogen wird. Und dieſes macht den Un-
terſchied zwiſchen dem Jndich und Jn-
digo/ denn ſie dieſen aus den Blaͤttern
und kleinen Zweiglein bereiten, gleich-
wie aus folgendem wird zu erſehen ſeyn.
Der vollkommenſte Jndich iſt, der
den Zunamen Serquiſſe, von einem
Dorffe gleiches Namens/ welches 24.
Meilen von Suratte/ nahe bey Ama-
dabat liegt, erhalten hat. Er wird
auch um Biana Jndoua und zu
Coſſa, nahe bey Ayra; desgleichen
im Koͤnigreich Golconda gemacht. Die
Hollaͤnder bringen ihn gleichfalls von
Brampour aus Bengalen, welcher
aber der ſchlechteſte unter allen iſt.
Wenn nun die Einwohner ietztge-
dachter Orten das Pulver aus dem
Anil ziehen, und den Jndich bereiten
wollen, ſo ſchneiden ſie dieſes kleine
Kraut mit einer Sichel ab, ſobald nur
die Blaͤtter, wenn man ſie angreifft, zu
brechen beginnen, und nachdem ſie die
Stiele heraus geleſen, legen ſie die Blaͤt-
ter in eine gnugſame Menge Waſſer,
welches in einem Faſſe, das ſie das Ein-
weich-Faß heiſſen, ſtehet, und laſſen ſie
25. bis 30. Stunden lang darinne wei-
chen. Nach derer Verflieſſung drehen
ſie den Han auf, und laſſen das Waſſer,
welches nunmehro eine gruͤnlichte Far-
be, die ſich aufs blaue ziehet, bekommen,
in ein ander Faß, welches ſie das Schla-
gefaß nennen, ablauffen. Jn dieſem
laſſen ſie das Waſſer anderthalb
Stunden lang durch vier ſtarcke Jndia-
ner fort fuͤr fort mit hoͤltzernen Loͤffeln
ſchlagen, welche achtzehen bis zwantzig
Fuß lange Stiele haben, und auf vier
Stuͤcken Eiſen, die ſie chandeliers, Leuch-
ter, heiſſen, ruhen. Damit ſie aber
nicht gar zu viel Leute zu dieſer Arbeit
noͤthig haben, ſo bedienen ſie ſich einer
groſſen ſechseckigten Waltze, an deren
beyden Enden zwey eiſerne Zacken her-
vor gehen, welche in zwey Pfannen,
von gleicher Materie, liegen. An
zweyen Seiten, unten an der Waltze,
ſind ſechs zugeſpitzte Eymer, die zu un-
terſt offen, angehencket, und ein Jndia-
ner beweget dieſe Waltze immerfort, ſo
daß, wenn die Eymer auf dieſer Seite
in die Hoͤhe kommen, die andern wieder
hinab gehen. Dieſes treibt er ſo lange,
bis das Waſſer uͤber und uͤber mit
Schaum bedecket iſt, da ſie dann etwas
weniges Baumoͤl mit einer Feder hin-
ein thun, kaum ein Pfund, in ein Faß,
das 70. Pfund Jndich, ſo wie wir ihn
haben, giebet. Sobald das Oel drein
gethan worden, theilt ſich der Schaum
mitten von einander, uñ laſſen ſich kleine
Klumpen, wie in der geronnenen Milch
ſehen: alsdann hoͤren ſie auf zu ſchla-
gen, damit ſichs ſetzen moͤge. Wenn es
ſich nun gnugſam geſetzet, wird die Roͤh-
re des Schlagefaſſes geoͤffnet, daß das
klare Waſſer ablauffe, und ſie das Pul-
ver, das wie Schlamm am Boden liegt,
heraus nehmen koͤnnen. Wenn es
heraus genommen, wird es in zugeſpitz-
te Saͤcke von Tuch gethan, auf daß
das wenige Waſſer, welches noch etwa
darinne verblieben, vollends abgezogen
werde. Drauf thun ſie es in Kaͤſten,
welche irgend einen halben Zoll hoch
ſind, damit es recht trucken werde, und
ſo dann iſt es der ſo genannte Jndich,
dem allem Anſehen nach, dieſer Name
deswegen gegeben worden iſt, weil er
aus Jndien kommt. Ehedeſſen berei-
teten die Jndianer den Jndich in ſon-
derlich dazu verfertigten und wie ein
Becken formirten Teichen, welche ſie
vorhero mit Kalch, der dem Marmor
an Haͤrte gleichte, zugerichtet hatten,
und brauchten nicht halb ſo viel Vor-
ſichtigkeit dabey, wie heutiges Tages;
entweder weil ſie es nicht ſo gar genau
nahmen,
[]
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
nahmen, oder, weil ſie es ſo gut mach-
ten, als ſie konten.
Man ſey nicht ſo wunderlich, und
glaube, was Matthiolus im Buch uͤbeꝛ
den Dioſcoridem angemercket, als ob
es naͤmlich zweyerley Jndich gebe; der
eine wuͤchſe von ihm ſelbſt, wie ein
Schaum, an dem Jndianiſchen Rohre,
wenn es Knoten gewinnet: der andere
werde von Farbe gemacht, und ſey der
Schaum, der auf den Keſſeln ſchwim-
me, von den Faͤrbern aber geſammlet
und getrocknet werde; und viel derglei-
chen Maͤhrlein mehr, die er davon er-
zehlet. Hingegen erwehle man den
Jndich/ der in platten Stuͤcken iſt, von
rechtmaͤßiger Dicke, die nicht zu weich,
auch nicht zu harte ſind, hoch an der Far-
be, d. i. gantz dunckelviolet, leicht, und
auf dem Waſſer ſchwimmend, daher
Schwim̃en-
der Jndich.auch der Name Inde flottante,ſchwim-
mender Jndich, entſtanden. Wenn
er zerbrochen wird, muͤſſen keine weiſſe
Flecken, wohl aber ſilberhelle Flinterlein
darinne ſeyn. Letzlich muß er auch
kupfricht ſeyn, das iſt, ſeine blaue Far-
be muß ſich in roth verwandeln, wenn
man ihn mit dem Nagel kratzt; auch
ſollen ſo wenig kleine Stuͤcklein drunter
ſeyn, als immer moͤglich.
Wir haben keine eintzige Wahre, die
mehr verfaͤlſchet wird, als wie der Jn-
dich, wenn er ſo theuer iſt als ietzo; allein
ich wuͤrde etliche Boͤgen damit anfuͤllen,
wenn ich alles erzehlen wolte, ſo aber
unnoͤthig: es kan ein ieder aus dem, was
ich anietzo vorgebracht habe, den guten
von dem verfaͤlſchten gar leichtlich un-
terſcheiden.
Ohne den platten Jndich haben
wir auch eine Gattung deſſelben in
Form der Caſtanien, welchen wir
Jndich von Agra zu nennen pflegen,
und ſchier eben ſo gut iſt, als wie der Jn-
dich von Serquiſſe: weil aber ſeine Ge-
ſtalt nicht iederman anſtaͤndig, deshal-
ben bedient ſich ſeiner faſt niemand, als
die Faͤrber. Auch bekommen wir ſonſt
noch einen Hauffen andere Sorten, wel-
che aber blos nach denenjenigen Ortẽ, an
denen ſie gewachſen, von einander un-
terſchieden werden; desgleichen, nach-
dem diejenigen, die ihn bereitet, mehr
oder weniger Behutſamkeit darauf ge-
wendet: und dann, nachdem das Kraut,
daraus er gemachet worden, alt oder
jung geweſen. Denn der Jndich, der
aus denen zu erſt geſammleten Blaͤttern
bereitet worden, iſt weit beſſer, als der
aus denen zum andern mahl abgeleſe-
nen Blaͤttern gemacht worden iſt, und
der andere viel beſſer, denn der dritte.
Je juͤnger nun das Kraut, das dazu ge-
braucht wird, ie ſchoͤner iſt auch der Jn-
dich, als deſſen Blau weit lebhaft- und
glaͤntzender iſt.
Der Jndich wird zum Faͤrben und
von den Waͤſcherinnen zum leinenen
Geraͤthe gebraucht. Die Mahler rei-
ben ihn mit weiß ab, wenn ſie blau da-
mit mahlen wollen; denn wenn ſie ihn
alleine naͤhmen, wuͤrde er gantz ſchwartz
werden, wenn ſie aber gelb drunter
thun, giebt er eine gruͤne Farbe.
Zwar bedienen ſich ſeiner auch etliche
Zuckerbecker und Apothecker, und faͤr-
ben den Zucker damit, darunter ſie ge-
ſtoſſene Veilgenwurtzel gethan haben,
und verkauffen ihn hernach fuͤr Violen-
zucker und Syrup: allein dieſes iſt un-
recht, und kan dem Dinge leichtlich ge-
rathen werden, wenn man nur den
Preiß nicht anſehen, und aufrichtigen
Kauffleuten abkauffen wolte.
DEr Jndigo iſt eben ſowohl eine Fe-
cula und zartes Pulver, welches als
wie der Jndich aus dem Anil gezogen
wird, und allein darinne von dieſem un-
terſchieden iſt, daß er aus dem gantzen
Kraute, das iſt, aus den Blaͤttern und
Stielen, gemacht iſt. Wann wir aber
vielerley Gattungen Jndich haben, ſo
haben wir derer nicht weniger unter
dem Jndigo. Allein, weil ich nur von
denenjenigen zu reden willens bin, die
in der Handlung gangbar, dannenhero
will ich ſagen, daß dieſer der vollkom-
menſte ſey, der den Namen Guatima-Jndigo Gua-
timalo.
lo fuͤhret, und aus Oſtindien kommt,
auch, wenn er recht beſchaffen, leichte
ſeyn muß, nicht gar zu harte, kupfricht,
und auf dem Waſſer ſchwimmend:
kurtz, er muß dem Jndich an Guͤte ſo
nahe kommen, als immer moͤglich iſt.
Die zweyte Gattung Jndigo heißtJndigo von
S. Domingo.
von S. Domingo, und iſt von dem
Guati-
[]Der Spezereyen und Materialien
Guatimalo nichts unterſchieden, als
daß die Farbe nicht ſo friſch und kupf-
richt ſieht.
Die dritte von Jamaica/ kommt aus
England zu uns.
Die vierte iſt der Jndigo aus den
Jnſeln.
Alle dieſe Arten Jndigo ſind beſſer
oder geringer, nachdem ſie rein oder un-
rein ſind. Denn die ihn bereiten, ſind
wohl ſo boshaft, daß ſie Sand und Er-
de drunter mengen; welche Schelme-
rey aber gar bald zu entdecken iſt, die-
weil der Jndigo wie Wachs brennen
muß, da dann der Jndigo verbrennet/
die Erde und Sand aber zuruͤcke bleiben.
Tavernier gedenckt in ſeiner Reiſe nach
Jndien am 102. Blatt, daß der Staub
vom Jndigo alſo ſubtil und durchdrin-
gend ſey, daß diejenigen, die ihn reitern
oder ſieben, vermummt ſeyn, und von
Zeit zu Zeit Molcken trincken muͤſſen.
Solches zu behaupten, und die durch-
dringende Kraft des Jndigo zu erwei-
ſen, vermeldet er, daß er etliche mahl des
Morgens ein Ey bey dieſe Jndigorei-
terer hingeleget, und daſſelbe inwendig
blau befunden habe, wenn er es des
Abends aufgemacht.
JN Franckreich, ſonderlich um Tou-
lon, erbauen wir ein Kraut, das die
Lateiner Iſatis, wir aber Guesde und Paſtel,
die Teutſchen Ward nennen. Aus
dieſem Kraute wird eine Waare gezo-
gen, die mit dem Jndigo einige Ver-
wandtnuͤß hat: nicht zwar, wie ſie zu uns
gebracht wird, denn da iſt ſie wie Erde;
ſondern, weil die Blaͤtter des Waids,
gleichwie des Anils koͤnten zubereitet
werden.
Der Waid iſt eine uͤberaus ſchwere
Waare, und als wie Erde: deſſen bedie-
nen ſich die Faͤrber. Den Waid nun
zu bereiten, werden zu Ende des Hor-
nungs, oder zu Anfang des Mertzen die
jungen Blaͤtter abgeſchnitten, und zu
Hauffen getragen, auf daß ſie uͤber ein-
ander heiß werden, und ſich in ſich ſelbſt
verzehren, deshalben ſie auch mit Waſ-
ſer beſprenget und woͤchentlich zwey-
mahl umgewendet werden. Wenn
dieſe nun wie Erde und trocken worden,
ſo legen ſie dieſelben auf eine Ecke, damit
ſie die Blaͤtter von eben dieſem Kraute,
die es wiederum aufs neue hervorgetrie-
ben hat, gleichfalls dahin bringen koͤn-
nen, die ſie alsdann, und wann ſie die-
ſelben, gleichwie die erſten zugerichtet
haben, unter die erſten mengen; und
ſolcher geſtalt ſchneiden ſie zum dritten
und vierten mahle die friſchen Blaͤtter
ab, ſo daß ſie vom Ende des Hornungs,
bis zum Ende des Septembers den
Waid viermahl abſchneiden, welches
denn die Urſache iſt, warum der Waid ſo
gar uͤbel beſchaffen und voll Erde iſt.
Wann ſie uns aber den Waid, den ſie
zum erſten mahle abgeſchnitten, uͤber-
ſendeten, wuͤrde er weit beſſer ſeyn, als
derjenige iſt, darunter ſie den, der im
September abgeſchnitten worden, ge-
miſchet haben, theils, weil die Blaͤtter
viel haͤrter, theils aber, weil ſie voll
Sand und Kiß ſind, welches der Regen
und die Winde, die um dieſelbe Zeit lang
anzuhalten pflegen, verurſachen.
Die Faͤrber, die dieſe Waare brau-
chen, laſſen den Schaum davon trock-
nen, welcher alsdann dem Jndigo, der
Farbe nach, ziemlich gleich kommt, und
von uns unter dem Namen Floré d’Inde,
Jndichblume verkaufft wird, auch den
Scribenten, die ſich auf die Waaren
nicht verſtanden, als da iſt Dalechamp,
und andere, Anlaß gegeben, daß ſie den-
ſelben Schaum fuͤr rechten Jndich ge-
halten. Jſt alſo aus dieſer Beſchrei-
bung zu erſehen, daß es gar wohl moͤg-
lich waͤre, eine dem Jndigo gantz gleiche
Farbe aus den erſten und jungen Blaͤt-
tern des Waids zu ziehen.
Ohne den Waid laſſen wir auch aus
Picardie ein Kraut bringen, welches
gantz iſt, und von uns und den Faͤrbern
Gaude oder Herbe à jaunir, von den La-
teinern Lutea oder Luteola, zu Teutſch
aber Wau genennet wird.
Ferner laſſen wir fuͤr die Faͤrber ein
Kraut aus Picardie kommen, welches
gruͤne Blaͤtter hat, und von uns Sereque,Sereque oder
Oriſel. Siehe
Fig. 142.
nach dem Arabiſchen Worte Sereth, ge-
nennet wird. Es wird ingleichen herbe
à jaunir, ein Kraut, damit man gelb faͤr-
bet, oder kleiner Ginſt, auch gelbe
Scharte/ und von den Einwohnern
der
[]
Figure 109. Krelskraut. F. 144. p. 193. | Figure 110. Färber baum. F. 143. p. 193. | Figure 111. Scharle F. 142. p. 192. | Figure 112. Wcut. F. 141. p. 192. |
Figure 113. Soldanella. F. 136. p. 185. | Figure 114. Waid F. 140. p. 191. | Figure 115. Wintergrün F. 137. p. 186. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
der Canarien Jnſeln, von dannen das
erſte gekommen, Oriſel geheiſſen.
Uber obgemeldte Kraͤuter ziehen wir
auch aus Portugall, bevorab von ei-
nem Orte und Seehafen, Porto ge-
nannt, eine gewiſſe Waare, welche
nichts anders iſt, als zerſtoſſene Blaͤtter
und junge Zweige eines Baumes, den
Sumach von
Port a Port.
Siehe Fig. 143.wir eben als wie die Araber Sumac
nennen, die Lateiner heiſſen ihn Rhus,
deswegen wir ihn auch zuweilen, wie-
wohl in etwas verſtuͤmmelt, Roux zu
nennen pflegen. (Bey den Teutſchen
heiſt er Gerberbaum oder Faͤrber-
baum.) Dieſe Waare wird von den
Faͤrbern, Cordubanmachern, und Ger-
bern ſehr gebrauchet, und dienet zum
gruͤn faͤrben.
Der beſte Sumach iſt gruͤnlicht und
friſch. Dieſer Waare hat man den Na-
men Port a Port gegeben, weil ſie
meiſtentheils aus ſelbigem Hafen in
Portugall zu uns gebracht wird.
Uberdiß, daß die Faͤrber die zerſtoſſe-
nen Blaͤtter gebrauchen, kan man ſich
auch der Frucht, die wie ein angenehmes
rothes Traͤublein ſiehet, bedienen, den
Durchlauff zu ſtillen, wenn ſie mit
Granatſchalen und Waſſer ein klein
wenig gekochet worden; es iſt ein ſiche-
res und oft probirtes Mittel. Die
Koͤrner aus den Trauben genommen,
und getrocknet, nennen wir Sumach-
ſamen oder Koͤrner, und haben eben
die Eigenſchaft, als wie die in der Trau-
be, wiewohl ſie keine ſo kraͤftige Wir-
ckung haben, weil ſie zu trucken ſind.
Derohalben ſoll man zu Vertreibung
dieſer Kranckheit friſchen Samen neh-
men, denn wenn er aͤlter iſt als ein Jahr,
verliert ſich ſein ſaͤuerlicher Geſchmack
zuſamt der anhaltenden Kraft.
DJe Hollaͤndiſche Orſeille iſt, ſo
viel ich davon erfahren koͤnnen, ein
Teig, der aus der Frucht eines Gewaͤch-
ſes, bey den Botanicis Heliotropium tri-
coccon, von uns Torneſol, auf teutſch
Siehe Fig. 144.Krebskraut, genennet, der Perelle,
einer gewiſſen Erde; davon weiter un-
ten; Kalch und Urin bereitet wird.
Wenn ſie nun dieſe vier Stuͤcke mit ein-
ander vermiſchet, thun ſie dieſelbigen in
kleine Faͤßlein, darein ohngefehr 30.
Pfund gehen: wiewohl von dieſem Tor-
neſol faſt nichts zu uns gelanget, indem
auch von Lyon und aus Auvergne Tor-
neſol kommt, der ſchier eben ſo gut iſt.
Die dieſen Teig bereiten, verkauffen ihn
nicht allezeit weich, ſondern in Form
kleiner viereckter Stuͤcken, welche ſie,
nachdem ſie trucken worden, Torneſol en
pierre oder en pâte,ſteinharte Torneſol,
oder Torneſolbrode heiſſen. Weil
auch in den friſchgemachten Teig, was
man nur will, kan gemenget werden, da-
her unterlaſſen die Hollaͤnder und ande-
re nicht eine gute Menge Sand darun-
ter zu mengen, damit nicht nur das Ge-
wichte vermehret werde, ſondern auch,
daß ſie es beſſern Kauffs geben koͤnnen,
welches dann Urſach iſt, warum der
trockne Torneſol wohlfeiler iſt, als der
weiche.
Dem ſey aber wie ihm wolle, der har-
te Torneſol ſoll recht wohl trocken ſeyn,
und blau, auf violet ſich ziehend, ſehen:
er ſoll auch das Papier, darauf er ge-
rieben worden, blau faͤrben, denn die-
ſer iſt beſſer, als welcher es roth faͤrbet.
Der harte Torneſol wird ebenfalls von
den Faͤrbern, Kartenmahlern, und an-
dern an ſtatt des Jndichs gebraucht.
DEr Torneſol auf Lappen hat ſei-
nen Namen daher erhalten, weil es
nur alte Lumpen, denen man mit den
Beeren des Krebskrautes und dieſem
oder jenem ſauern eine rothe Farbe ge-
geben, dergeſtalt wie wir ihn zu ſehen
bekommen. Dieſer Rothlapp wird
ſehr gebrauchet, und dem Weine eine
rothe Farbe damit gegeben; ſoll dero-
wegen hierzu aufrichtig Hollaͤndiſch
Gut erwehlet werden, der ſehr hoch an
Farbe, recht trucken, nicht ſchmutzig
oder vermodert iſt. Man ſoll ein klein
Stuͤcklein ins Waſſer ſtecken, zu ſehen,
Nob er
[]Der Spezereyen und Materialien
ob er es vielleicht violbraun faͤrbe, denn
welcher dieſes thut, taug nichts.
Wir laſſen ihn auch in Menge aus
Languedoc von der Seite Galargue
kommen: wie denn faſt alles, was wir
verkauffen, allda bereitet wird, weil
nicht allein der Torneſol haͤuffig um
Nimes und Montpellier waͤchſet, ſon-
dern er auch bey nahe eben ſo gut, als
wie der Hollaͤndiſche iſt: er darff nur
wohl bereitet ſeyn, und die waͤßrichten
liquores roth anfaͤrben. Doch ſoll der
Hollaͤndiſche/ als welcher viel beſſer iſt,
denn der zu Galargue und andern Or-
ten in Languedoc bereitet wird, dieſem
allzeit vorgezogen werden.
Hierbey iſt zu erinnern, daß zwar die
Frucht des Krebskrautes blau faͤrbe;
allein, ſo bald nur etwas ſauers dazu
kommt, wird es ſtracks roth. Will dem-
nach iemand wiſſen, ob etwas ſauers in
einer Sache iſt, der darff nur dieſe Tin-
ctur dazu thun, oder das ſaure auf et-
was, das mit dem Safte dieſer Frucht
beſtrichen worden, reiben.
Von der Lioniſchen Orſeille.
Dieſes iſt ein zuſammengeſetzter Teig
von Perelle, lebendigem Kalch und
Urin. Etliche thun noch uͤberdiß eine
Tinctur von Braſilienholtze dazu, ihr
alſo ein beſſeres Anſehen und roͤthere
Farbe zu geben.
Dieſe Orſeille wird gegen Lion zu
und in Auvergne in Menge bereitet,
und ſoll eine hochrothe Farbe haben, die,
wenn ſie aufs Papir geſtrichen wird,
fein friſch ſehe.
Die Faͤrber geben ihren Sachen eine
ſolche Farbe damit: doch duͤrffen ſie al-
lein die Schwartzfaͤrber fuͤhren.
DEr Tabac iſt deshalben alſo be-
namſet worden, weil er auf der Jn-
ſel Tabago haͤuffig und in Menge
waͤchſt. Er wird von etlichen Nicotiana
geheiſſen, weil Nicod, der Frantzoͤſiſche
Geſandte nach Portugall, ihn zu erſt
der Koͤnigin in Franckreich uͤberbracht
hat, daher ihm auch der Name, der Koͤ-
nigin Kraut gegeben worden. Fer-
Siehe Fig. 1[4]6.ner wird er Bugloſſa antarctica genennet,
weil er haͤuffig in den Jnſeln waͤchſt:
desgleichen, das heilige Kraut, von
wegen ſeiner herrlichen Eigenſchaften;
und endlich Petun, welches ſein erſter
und rechter Name iſt, den ihm die Jn-
dianer gegeben.
Wann uns annoch, wie vor 15. Jah-
ren frey ſtuͤnde, Tabac zu verkauffen,
ſo haͤtte ich weitlaͤufftiger davon han-
deln wollen: allein, weil wir keinen an-
dern verkauffen duͤrffen, als den wir bey
der hierzu verordneten Cammer neh-
men muͤſſen, ſo will ich auch nur ſeiner
unterſchiedenen Namen gedencken.
Wir kauffen demnach bey den Pach-
tern des Tabacs zweyerley Sorten Ta-
bac: geſponnenen und pulveriſirten.
Der geſponnene wird vermittelſt un-
terſchiedlicher Namen von einander un-
terſchieden: denn da iſt der Braſilia-
niſche, welcher ſchwartz und Fingers
dicke iſt: der andere à l’andouille genannt,
wird von trucknen und roͤthlichten Blaͤt-
tern gemacht, in der Dicke eines ſtar-
cken Rohrs, oder einer mittelmaͤßigen
Wurſt, daher ihm auch der Zuname ent-
ſtanden: es giebt auch noch einen an-
dern dieſes Namens, der aus Holland
kommt. Der dritte heißt petit briquet,
oder Tabac von Dieppe, welcher gleich-
falls geſponnen, und ohngefehr ſo dicke
iſt, als eines Kindes kleiner Finger: man
hat auch Hollaͤndiſchen petit briquet,
und noch ein Hauffen andere, z. E. Vir-
giniſchen, von Verine/ S. Domingo/
und ſo fort.
Was den pulveriſirtẽ oder Schnupf-
Tobac betrifft, ſo parfumirt, als ohn
Parfum, deſſen giebt es ſo viel Arten, die
ich unmoͤglich alle beſchreiben koͤnte.
Dannenheꝛo will ich nichts davon geden-
cken, ſondern mich vergnuͤgen dasjenige
allhier anzufuͤhren, was der P. Tertre
davon aufgezeichnet hat: naͤmlich, die
Einwohner der Jnſeln erbauen insge-
mein vier Geſchlecht des Petun; das
gruͤne, das Zungen-Petun, das Ama-
zonen-Petun, und das von Verine,
oder das moſchirte. Alle dieſe Arten
nennen die Jndianer ohne Unterſchied
Voly. Das gruͤne Petun iſt das ſchoͤn-
ſte, und hat das beſte Anſehen, denn ſei-
ne Blaͤtter ſind eines guten Fuſſes breit,
und zwey Fuß lang, allein es geht ihm
im
[]
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
im treugen zuviel ab, und giebt nie-
mahls recht viel. Petun à langue, das
Zungen-Petun/ wird alſo genannt,
weil ſeine zwey Fuß lange und der Hand
breite Blaͤtter die Geſtalt einer Zungen
zu haben ſcheinen: Dieſes giebt reichlich,
und geht ihm beym aufhaͤngen nichts
im geringſten ab. Diß ſind die beyden
Sorten, von denen am meiſten verthan
wird. Das Vetun Perine iſt viel klei-
ner, als die zwey vorhergehenden; ſeine
Blaͤtter ſind etwas haͤrter, runtzlicht
und am Ende weit ſpitziger, als die an-
dern. Es giebt am wenigſten, und ver-
liehrt am meiſten auf der Haͤnge, iedoch
wird es am hoͤheſten geachtet, und iſt am
theuerſten, weil nicht allein das Blatt
nach Moſch riecht, ſondern auch der
Rauch, wenn es geſchmaucht wird, ſehr
angenehme iſt, da ſonſten der Rauch von
denen andern faſt iederman unertraͤg-
lich faͤllt. Uberdiß hat man in Acht ge-
nommen, daß eine eintzige Pflantze von
dieſem Petun vier andern Pflantzen ih-
re Eigenſchaft mittheile, alſo daß ſie
gleichfalls fuͤr Petun Verine paßiren
koͤnnen, welches auch in den Jnſeln ge-
meiniglich practiſiret wird, anders duͤrf-
te man ſeinen Conto nicht dabey fin-
den. Das Amazonen-Petun iſt das
geringſte unter allen: ſein Blatt iſt vor-
ne rund, nicht zugeſpitzt, als wie der an-
dern ihre, und die kleinen Ribben, wel-
che auf beyden Seiten des Blattes zu
ſehen ſind, lauffen nicht krumm nach der
Spitze zu, ſondern gehen ſchnurgerade
zwerch durchhin. Dieſes Petun giebt
uͤberaus viel, allein es iſt auch uͤber alle
maſſen ſchaͤdlich, wenn es noch friſch iſt,
ſchmeckt unangenehme, und macht, daß
ſich diejenigen, die es gebrauchen, von
Stund an erbrechen muͤſſen: ie aͤlter es
aber wird, ie beſſer wird es, und nach
Verlauff zweyer Jahren uͤberaus gut.
Obgleich die Art und Weiſe, wie das
Petun zugerichtet und erbauet wird,
den Einwohnern in den Jnſeln bekannt
genug, dennoch will ich zur Vergnuͤ-
gung vieler curieuſer Leute in Europa,
denen ſie noch unbekannt, dieſelbe ſo
kurtz, als mirs wird moͤglich ſeyn, be-
ſchreiben.
Zu erſt wird der Samen geſaͤet, und
mit fuͤnff oder ſechsmahl ſo viel Aſche
vermenget, damit er deſto weitlaͤuffti-
ger koͤnne ausgeſtreuet werden. So
bald er nun beginnet aufzugehen, wird
er alle Morgen mit Laube verdecket, und
alſo vor der Sonnenhitze beſchirmet, die
ihn ſonſten verderben wuͤrde, ehe er die
zum verpflantzen noͤthige Groͤſſe erlan-
get haͤtte. Jmmittelſt wird der Garten,
darinnen er ſoll auferzogen, oder geſam̃-
let werden, zugerichtet, indem man ihn
umpfluͤget, das Gebuͤſche umhauet und
es auf dem Lande verbrennet, welches
gewißlich keine kleine Arbeit. Wenn
aber das Land bereits zugerichtet iſt,
wird es von dem Unkraute aufs beſte ge-
reiniget und geſaubert.
Wann nun der Garten dergeſtalt zu-
gerichtet iſt, alsdann hebt man die
Pflantzen aus, wenn es geregnet, auf
daß ſie deſto eher wieder Wurtzeln ſchla-
gen, und pflantzt ſie alle nach der Linie.
Es wird aber beym pflantzen dieſe Ord-
nung gehalten, daß allezeit zwiſchen
zwey Pflantzen drey Fuß breit Raum
bleibe, und auch ſo viel zwiſchen zwey
Zeilen: ſo daß ein Garte von hundert
Schritten ins Gevierte, zehen tauſend
Pflantzen beherbergen kan. Eine Per-
ſon muß zum wenigſten 3000. Pflan-
tzen warten und in Acht nehmen koͤn-
nen, und damit ihr Brod erbauen, wel-
ches ihm 1000. bis 1500. Stuͤck Petun
bringen moͤgen. Wenn das Petun ge-
pflantzet iſt, ſo muß man ſtets und mit
allem Fleiß trachten zu verhindern, daß
kein Unkraut darunter aufkomme.
Wann dann die Pflantze ietzt bluͤhen
will, haͤlt man ſie gantz kurtz, indem ſie
ohngefehr eines Knies hoch uͤber der Er-
de abgeſchnitten wird. Drauf werden
alle die unterſten Blaͤtter, die auf der
Erde liegen, weggenommen, und nicht
mehr denn zehen oder zwoͤlffe am Sten-
gel gelaſſen, zugleich die jungen Schoͤß-
linge, die es zwiſchen allen Blaͤttern wie-
derum hervor treibt, aller acht Tage
aufs fleißigſte ausgebrochen; Solcher
geſtalt nehmen dieſe 10. oder 12. Blaͤtter
wunder wohl zu, und werden ſo dicke,
als Leder. Will man nun ſehen, ob ſie
zeitig, ſo biegt man ein Blatt, bricht es,
dann iſt es Zeit daſſelbige abzuſchneiden.
Nachdem es abgeſchnitten, laͤßt man es
an der Erde welck werden, und knuͤpft
es mit einem Bande, von Mahot ge-
macht, zuſammen, und hencket es auf
kleine Stangen, doch ſo, daß keine
Pflantze die andere beruͤhre. Alſo laͤſt
N 2man
[]Der Spezereyen und Materialien
man ſie 14. Tage oder drey Wochen an
der Luft trocknen. Wann dieſes ge-
ſchehen, werden alle Blaͤtter von den
Stengeln abgeriſſen, und darauf, nach-
dem die Ribben, die mitten durch die
Blaͤtter hinlauffen, davon gethan wor-
den, mit etwas Seewaſſer beſpritzt, ge-
Siehe Fig. 145.ſponnen und auf die Rollen geſchlagen.
Aus dem Tabac wird vermittelſt des
phlegmatis Vitrioli ein Saft gezogen, wel-
ches ein ſtarckes Brechmittel iſt, auch
dienlich die Schwindẽ und Raude zu hei-
len, wenn man ſich gelinde damit reibt.
Wenn er in eine Retorte gethan wird,
treibt man ein ſchwartzes ſtinckendes
Oel heruͤber, welches faſt eben ſolche
Kraͤfte hat. Desgleichen wird ein Saltz
daraus gemacht, welches ein ſtarckes
Schweißmittel, in einem dienlichen Saf-
te oder Waſſer, von vier bis auf zehen
Gran, genommen.
Es giebt auch ſonſt noch einen Hauf-
fen andere Blaͤtter, die wir ebenfalls
verkauffen duͤrfften, wenn wir ſie nur
Betel.haͤtten, z. E. Betel oder Tambul, wel-
ches die Blaͤtter eines kriechenden Ge-
waͤchſes ſind, davon die Jndianer eine
Gattung Confect, mit Areca und ge-
Coca.brañten Auſterſchalen zurichten. Coca/
ſind Blaͤtter von einem kleinen Baͤum-
lein, den Myrten nicht unaͤhnlich: der-
ſelben bedienen ſich die Abendlaͤnder, als
wie die Morgenlaͤnder des Betels, oder
die Europaͤer des Tabacs. Die Ein-
wohner in Peru brauchen die Cocablaͤt-
ter auf zweyerley Weiſe: einige machen
mit gebrannten Auſterſchalen eine Art
Confect daraus, ſich damit des Hungers
und Durſts auf einen Tag zu erwehren:
andere vermengen ſie mit Tabacsblaͤt-
tern, und machen die Leute damit ſo
dumm, daß ſie tauſenderley naͤrriſche
Haͤndel vornehmen.
Die Alcanna oder Cyprus, welches
die Blaͤtter eines Baͤumleins ſind, das
in Egypten und in der Levante in
Menge waͤchſt, und den Jndianern
Haar und Naͤgel gelb zu faͤrben dienet,
wenn es vorher in Waſſer geweichet
worden, oder in Weineßig, Citronen-
ſaft, Alaunwaſſer, und andere ſaure
Dinge, wenn ſie ſich roth mahlen wol-
len. Die Egypter ziehen ein Oel aus
den Beeren der Alcanna oder des Cy-
prus, welches Cyprusoͤl genennet
wird, und trefflich ſtarck riecht, auch gar
dienlich iſt die Nerven gelinde und
ſchmeidig zu machen. Es haben mich
ihrer viel verſichert, die Alcanna oder
der Cyprus aus Egypten, ſey eben das,
was die Botanici Liguſtrum Ægyptiacum
zu nennen pflegen: und dergleichen
noch mehr. Wobey annoch zu mercken,
daß ob es zwar viele andere Arten Kraͤu-
ter mehr giebt, wir dennoch keine ver-
kauffen, weil wir beſondere Kraͤuterleu-
te haben, die damit umgehen und han-
deln. Allein in andern Staͤdten in
Franckreich ſind die Droguiſten gehal-
ten, ſie zu verkauffen, dieweil es bey ih-
nen keine ſolche Kraͤuterhaͤndler giebet,
welches dann den Apotheckern keine ge-
ringe Muͤhe giebet, wenn ſie bisweilen
nach einer Handvoll friſchen Kraute
drey oder vier Meilen gehen muͤſſen, wie-
wohl ſie dieſes dafuͤr zur Belohnung ha-
ben, daß ſie die Kraͤuter viel beſſer ken-
nen, als die Apothecker zu Paris, wel-
che ſich auf die Kraͤutler verlaſſen, die ih-
nen doch nicht ſelten eines fuͤr das ande-
re geben.
Uber alle dieſe Blaͤtter und was dar-
aus kan gezogen werden, davon ich all-
bereit gehandelt, verkauffen wir auch
noch ein kleines dunckelrothes Koͤrnlein,
in Groͤſſe eines Nadelknopfs, welches
an der Wurtzel der groſſen Bibernell
zu finden iſt, und von den Faͤrbern un-
ter dem Titel Cochenille de graine oder
Sylveſtre,wilde oder koͤrnichte Conze-
nille gebrauchet wird. Was das Kraut
betrifft, daſſelbe iſt ſo gemeine, daß ich
fuͤr unnoͤthig erachtet habe es zu beſchrei-
ben. Es ſoll aber dieſe Conzenille friſch
ſeyn, recht trucken, dick, ſo hoch an der
Farbe, und ſo reine, als nur moͤglich.
Die Kraͤuter, die in Franckreich
wachſen, und zu der Zahl der Materia-
lien gehoͤren, ſind, Scordien, Berg-
muͤntze, Gamanderlein/ Schlaf-
kraͤutlein, weiſſer Andorn/ Stab-
wurtz und Gartencypreß/ groß und
kleine Wermuth/ Miltzkraut/ Beto-
nien/ Bergbenedicten/ Chamillen/
Sinngruͤn/ Flachsſeide/ Hunds-
zunge/ Waſſerdoſten/ Bruchkraut,
Schafgarbe, groß und klein Tau-
ſendguͤldenkraut, Steinklee/ Bey-
fuß oder S. Johannisguͤrtel, Muͤn-
tze, Meliſſe/ Baſilien, Wohlgemuth/
Poley/ Saturey/ Jſop/ Scabioſe/
Quendel, und noch viel andere Kraͤu-
ter
[]
Figure 117. Rechte ſchwa[r]tze Lorallen Fig. 149 p 203 | Figure 118. Gemeine weiſſe Lorallen Fig. 148. p. 202. | Figure 119. Rechte weiſſe Lorallen Fig. 147 p 202 | Figure 120. Rothe Lorallen Fig. 146. p. 202 |
Figure 121. Lorallen moos Fig. 152 p 205 | Figure 122. Coralloides Fig. 151 p. 206. | Figure 123. Falſche ſchwartze Lorallen oder Anti pathes. Fig. 150 p 206. | |
Figure 124. Meerſchwamm Fig. 153. p. 207. | |||
Figure 125. Paneratium Fig. 155. p. 209. | Figure 126. Rothe Meerzwiebel Fig. 154. p. 207. | Figure 127. Meiſſe Meer zwiebel. Fig. 155. p. 208 | |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
ter mehr, von denen ich nichts melden
mag, weil alle Autores, die nur von
Kraͤutern geſchrieben, weitlaͤufftig ge-
nug davon geſchrieben haben, dahin ich
auch den Leſer will verweiſen.
Ob wir nun gleich zu Paris dieſe
Kraͤuter nicht verkauffen, weil wir die
Kraͤuterkramer haben, dennoch ver-
kauffen wir die Saltze davon, ſie moͤgen
nun figirt und eſſentialia, oder fluͤchtig
ſeyn, unter andern das Saltz von Car-
debenedicten/ Wermuth, Beyfuß/
klein Tauſendguͤldenkraut, Meliſſe,
Salbey, Rosmarin/ Wegwarten,
Sauerampfer, Bohnen und vielen
andern Kraͤutern. Kurtz: uns iſt ver-
goͤnnet, alle Salia, die aus Kraͤutern koͤn-
nen gemacht werden, weil ſie zur Chy-
mie gehoͤren, zu verkauffen.
Was aber dererſelben Wahl betrifft,
da kan ich keinen beſſern Rath geben, als
daß man ſie bey rechtſchaffenen Leuten
nehme, die niemand eines an ſtatt des
andern geben, und daß man nicht auf
den Preiß ſehe; denn unmoͤglich koͤnnen
dergleichen Salia alſo wohlfeil gegeben
werden, wie etliche doch thun, und ein
gantzes Pfund wohlfeiler geben, als an-
dere ehrliche Leute eine Untze zu geben
vermoͤgen. Dieſes aber geſchiehet ver-
mittelſt des Salpeters, den ſie drunter
thun, oder des Salis polychreſti, das ſie
zu Pulver ſtoſſen, und in ein Hauffen
Glaͤſer thun, daran ſie allerley Zettel
kleben, ob es gleich nur einerley iſt: daß
man ſich alſo vor denen, die mit Salpe-
ter vermiſchet ſind, wohl zu huͤten hat.
Jedoch kan es einer leichte entdecken,
er darff nur ein wenig auf gluͤhende Koh-
len legen, ſo ziſchet es, wenn es mit Sal-
peter vermenget iſt; auſſer dieſem iſt es
ohne Zuſatz.
ES ſind die Corallen/ wie der Herr
Tournefort will, ein Gewaͤchs, das
im Abgrund der See waͤchſt, und keine
Blaͤtter hat, daran man auch weder
Bluͤte noch Samen bemercken kan; in-
deſſen ſind ſie dennoch, als wie mit einer
Wurtzel an die Klippen veſte angehef-
tet. Sie werden mit einer Rinde be-
decket, welche uͤber und uͤber voller klei-
ner Loͤchlein iſt, die als Sternlein ge-
ſtalt, biß mitten hineingehen. Auch
ſind ſie in Aeſte zertheilet, und man fin-
det Strahlen dran, welche ihre Fibern
und Zaͤſerlein anzudeuten ſcheinen.
Endlich vermehren ſie ſich ohnſtreitig
durch ihren Samen. Dieſes kommet
trefflich mit der Meinung dererjenigen
uͤberein, welche die Corallen unter die
Gewaͤchſe zehlen. Heut zu Tage iſt man
darinnen einig, daß ſie bereits in der
See harte ſind: denn es kan die Weich-
heit der Schale, welche ſonſten ſchluͤ-
pfricht und harte iſt, diejenigen verfuͤhret
haben, welche geſchrieben, es ſey das gan-
tze Gewaͤchſe weich. Dieſe Schale iſt
eine Tartariſche Kruſte, und an den ro-
then Corallen roth, an den weiſſen weiß.
Die Spitzen der Aeſte ſind weich und
rund, wie kleine Kuͤglein, in Groͤſſe der
Johannisbeeren, ordentlich in ſechs
Fach abgetheilet, und mit einem milch-
weiſſen Safte, dergleichen die Geſchlech-
te der Wolfsmilch von ſich geben, er-
fuͤllet. Dieſer Saft iſt fettich, ſcharff
und anziehend, auch verſpuͤret man da-
ran einen Geſchmack wie Pfeffer mit
Caſtanien vermenget, iedoch nur, wenn
ſie annoch weich und friſch ſind; denn
wenn ſie vertrocknet, ſind ſie alleine an-
ziehend. Dieſe kleine Kuͤglein werden
insgemein die Corallenblute genennet,
wiewohl ſie billicher die Samenbehaͤlt-
nuͤſſe dieſes Gewaͤchſes heiſſen moͤchten,
maſſen die neuern Scribenten angemer-
cket, daß dieſer Saft, den ſie vergieſſen,
die Corallenpflantzen, auf denenjenigen
Coͤrpern, darauf er gefallen, erzeuge.
Jch ſelbſt beſitze ein ziemlich groſſes
Stuͤck, welches auf einem Scherben ei-
nes zerbrochenen irdenen Geſchirres,
dergleichen zu Fayenie gemacht wer-
den, gewachſen iſt; will demnach des-
jenigen Corallenzinckens, den man zu
Piſa zeiget, und auf einem Hirnſchedel
ſiehet, nicht gedencken.
Eigentlich ſind nur drey Gattungen
der Corallen, die zur Artzney gebrau-Siehe Fig. 146.
147. 148.
chet werden, die rothen, die wahrhaf-
ten weiſſen, und die roſenrothen oder
leibfarbenen, welche man aber zu den ro-
then rechnen muß. Die rechten weiſ-
ſen Corallen, welche von den rothen
blos durch die Farbe unterſchieden wer-
den, ſind ſehr rar und theuer. An ſtatt
N 3der
[]Der Spezereyen und Materialien
der weiſſen wird insgemein diejenige
Gattung gebrauchet, welche Johann
BauhinCorallum album Officinarum
oculatum, weiſſe geaͤugelte Corallen, in
den Apothecken gebraͤuchlich, genennet
hat, weil ſie mit unterſchiedlichen Loͤch-
lein, als wie die Sorten der Madrepora,
Siehe Fig. 149.uͤberſtreuet ſind. Der ſchwartze Co-
rall,Antipathes genannt, iſt zu nichts
nuͤtze, ſcheinet uͤberdiß eine gantz andere
Natur, denn die anderen, zu haben.
Die Corallen werden in dem Mittel-
meer an der Kuͤſte von Provence, bey
Toulon/ an Capo Creux zwiſchen
Colioure und Roſes, an den Catalo-
niſchen Kuͤſten, in der Enge zwiſchen
Sicilien und Jtalien, gegen Baſtion
de France zu, und an andern Orten
mehr, z. E. an den Kuͤſten von Sar-
dinien, bey der Jnſel Corſica, und ſo
weiter, gefiſchet.
Tavernier meldet, die Corallen
wuͤrden vom Anfang des Aprils, bis zu
Ausgang des Heumonats, gefiſchet.
Dazu werden gemeiniglich 200. Bar-
qven gebrauchet, doch ein Jahr mehr,
das andere weniger. Dieſe werden
langs der Rivier von Genua gebauet,
und ſind uͤberaus leicht, fuͤhren groſſe
Segel, auf daß ſie deſto ſchneller lauf-
fen koͤnnen, und werden ſonſt keine auf
der Mittelſee gefunden, die ſo groſſe Se-
gel fuͤhreten; es vermag ſie auch keine
Galeere einzuhohlen. Jn ieder Bar-
qve befinden ſich ſieben Mann, nebſt ei-
nem Jungen, der ihnen zur Hand gehet.
Dieſe Fiſcherey geſchiehet 25. bis 40.
Meilen vom Lande ab, woſelbſt ſie Klip-
pen anzutreffen vermeinen, begeben
ſich aber aus Furcht vor den Corſaren
nicht gar zu weit in die See, und entge-
hen ihnen, wann ſie derſelben gewahr
werden, durch die Macht ihrer Segel.
Weil die Corallen auf denen tieff in
der See liegenden Klippen wachſen,
dannenhero bedienen ſie ſich folgendes
Handgriffs, damit ſie dieſelben uͤber-
kommen moͤgen. Die Fiſcher binden
zwey Balcken creutzweis uͤbereinander,
und hencken ein groß Stuͤcke Bley dran,
auf daß ſie in den Grund ſincken: vor-
her aber umwickeln ſie die Hoͤltzer mit
verworrenen Hanffe, welchen ſie Dau-
mensdicke, nur liederlich hin zuſammen
gedrehet haben, und machen die Hoͤltzer
an das Vorder- und Hintertheil der
Barque mit zweyen Seilen veſte, laſſen
ſie drauf fallen, indem ſie langs der Klip-
pe hinlauffen. Wann ſich dann der
Hanff in die Corallen verwickelt, ſind
oftmahls fuͤnff oder ſechs Barquen noͤ-
thig, die Balcken heraus zu ziehen. Sol-
te nun, indem ſie eine ſo groſſe Gewalt
gebrauchen, eines von den Seilen reiſ-
ſen, ſo ſind alle Ruderer in Lebensge-
fahr: daß es demnach ein gefaͤhrliches
Handwerck. Jndem ſie aber die Co-
rallen mit ſolcher Gewalt abreiſſen, faͤllt
eben ſo viel in die See, als ſie heraus zie-
hen, und weil am Grunde derſel-
ben alles voll Moraſt und ſumpficht iſt,
verzehren ſich die Corallen von Tag zu
Tage, als wie etwa die Fruͤchte auf der
Erden von den Wuͤrmern verzehret
und benaget werden. Derohalben, ie
eher ſie die Corallen aus dem Schlam-
me ziehen, ie weniger ſind ſie verdorben.
Doch werden ſchier keine, als die rothen
Corallen gebrauchet, ſo wohl zur Artz-
ney, als zu andern Sachen, dazu ſie er-
fodert werden. Unter allen Voͤlckern
ſchaͤtzen die Japaner und andere Na-
tionen ſie am hoͤheſten; allein ſie achten
keine, denn die rothen, und dieſe muͤſſen
dichte, glaͤntzend, uͤberaus roth und ſchoͤ-
ne Aeſte ſeyn: hingegen werden die klei-
nen Stuͤcken, die mit einer tartariſchen
Materie und anderm Unrathe uͤberzo-
gen ſind, verworffen. Jedoch, wenn
ſie ſollen zu Pulver geſtoſſen werden,
liegt eben nichts dran, ob es ſchon nur
kleine Stuͤcklein ſind, wenn ſie nur, wie
obgedacht, beſchaffen.
Man ziehet, vermittelſt eines oder
des andern acidi, eine Tinctur aus den
Corallen, die hernach, bis ſie honigdi-
cke worden, eingekocht, und alsdann,
wiewohl unrecht Corallen-Syrup
oder Corallen-Tinctur genennet, ihr
auch groſſe Kraft und Tugend zugeleget
wird. Welches iedennoch wieder alle
Vernunft, alldieweil die gerechte Co-
rallen-Tinctur ohne Zuthun einiges
ſauern muß bereitet, und die Tinctur
mit geſchmoltzner Butter oder zerlaſſe-
nem weiſſen Wachſe ausgezogen wer-
den. Dieſe wird hernach wiederum mit
Weingeiſt aus dem Schmaltze gezogen,
und abgerauchet, bis ſie zu gebuͤhrender
Dicke und Conſiſtentz gebracht worden.
Und dieſe Tiuctur iſt eine gantz unver-
gleichliche Hertzſtaͤrckung und Blutrei-
nigung
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
nigung. Weil aber gar groſſe Muͤhe
dazu gehoͤret, man auch ſehr wenig be-
kommt, dannenhero rathe ich niemand
ſich damit zu verwirren.
Aus den rothen Corallen wird mit
Magiſterium
und Saltz
von Corallen.Eßig ein Magiſterium und Saltz gezogen,
welche wegen ihrer Eigenſchaften in
ziemlichen Gebrauch ſind. Und endlich
werden noch vielerley andere Sachen
aus den Corallen gemacht, die ich aber
nichts nuͤtze zu ſeyn erachte, als da iſt die
Coralleneſſentz und Spiritus, ſammt
andern mehr, deren gar viel Scriben-
ten gedencken; die auch hoͤher oder ge-
ringer gehalten werden, nachdem naͤm-
lich die Marckſchreyer, aus deren Haͤn-
den ſie kommen, in Anſehen ſind, eben
als wie die unterſchiedenen præparatio-
nes der Perlen. Ambeſten werden ſie
gebrauchet und bereitet, wenn ſie auf
einem Reibeſteine oder Seeſchildkroͤte
zu einem unbegreiflichen Pulver gerie-
ben, und zu kleinen trochiſcis und Kuͤch-
lein formiret werden, die wir hernach
praͤparirte Corallen nennen, undPraͤparirte
Corallen.
uns ihrer, als eines ſehr guten Alcali be-
dienen koͤnnen, moͤgen auch wohl zu al-
len Sachen, dazu ſie noͤthig, gebrauchet
werden.
Belangend die weiſſen Corallen/
dieſe werden ſo wenig in der Medicin ge-
brauchet, daß es nicht die Muͤhe lohnet,
viel davon zu reden. Allein, weil ſie
doch einiger maſſen gebraͤuchlich, dahero
ſoll man die erwehlen, welche ſchoͤn,
weiß, dick, dichte, nicht ſehr loͤchricht,
auch ſo wenig ſchmutzicht, als immer
moͤglich, ſind. Etliche praͤpariren die
Corallen, und gebrauchen ſie, als wie die
rothen.
DJe ſchwartzen Corallen betref-
fend, von denen ſind die rechten der-
maſſen ſeltſam, daß faſt ſchwerlich eini-
ge moͤgen gefunden werden: denn die-
jenigen, die wir zu Geſichte bekommen,
ſind nichts anders, als ein in der See-
verſteintes Gewaͤchſe, welches von etli-
chen Antipathes genennet wird, und gantz
und gar von den wahrhaften Corallen
unterſchieden iſt: ſintemahl es leichte
und dichte iſt, glaͤntzend und ſehr ſchoͤn
ſchwartz, wie Agat, ſiehet auch viel eher
dem Horne, als den Corallen gleich,
welches an den rechten ſchwartzen
Corallen nicht zu befinden, denn dieſe
ſind ſchwer, ſchwartzroth und ſehr rau-
he. Jch habe unmoͤglich mehr als ein
kleines Stuͤcke der rechten antreffen
koͤnnen, ob ich ſchon allen Fleiß ange-
wendet, und daſſelbe iſt ſo dicke, als der
kleine Finger. Von den Antipathes a-
ber, oder den gemeinen ſchwaꝛtzen Coral-
len habe ich ein Stuͤck, ſo bey nahe zwey
Fuß lang iſt, welches bey Baſtion deSiehe Fig. 150.
France gefiſchet, und von dem Herrn
von Sene, welcher einen Antheil an
der Corallenfiſcherey hat, in Franck-
reich gebracht worden.
Was das Corallenaͤhnliche Ge-Siehe Fig. 151.
waͤchsCoralloides belanget, ſolches iſt
nichts anders, als ein unvollkommener
Corall, und alſo auch zu nichts nicht nuͤ-
tze, auſſer, daß er an ſtatt des weiſſen Co-
ralls verkauffet werde, welches man
aber gar leicht erkennen kan, angeſehen
es leichte, dicke, und nicht zur Helfte ge-
formet iſt.
DJe Corallina,Corallenmoos, iſt
ein Gewaͤchs, das in der See an den
Klippen und Muſcheln waͤchſt, und haͤn-
get: insgemein wird es zu den Geſchlech-
ten des Meermooſes gerechnet. Zwar
giebt es unterſchiedliche Gattungen deſ-
ſelben, allein, das von Baſtion de Fran-
ce und andern Orten an dem Mittel-
meer zu uns gebracht wird, iſt eintzig
und allein im Gebrauch. Von Caſpar
Bauhin wird es Muſcus Coralloides
ſquamulis loricatus,ein Corallen aͤhnli-
cher Moos/ wie ein ſchuppichter
Pantzer,Pin. p. 364. Tab. icon. p. 813. ge-
nennet.
Dieſes Moos oder die Corallina wird
etlicher maſſen in der Artzney gebrau-
chet, denn man giebt vor, es habe die
Kraft die Wuͤrme zu toͤdten.
Die Wahl dieſes Mooſes betreffend,
ſo ſoll es gruͤnlicht ſeyn, und ohne kleine
Stuͤcklein, ſoviel als immer moͤglich.
DJeſe ſind eine Art der Schwaͤmme,
welche in der See an den Klippen
hangen.
Jch will mich aber allhier nicht auf-
halten, noch erzehlen, was ein Hauffen
Scribenten von den Meerſchwaͤmmen
gemeldet, daß es naͤmlich Maͤnnlein und
Weiblein drunter gaͤbe, ingleichen, daß
ſie weder ein Gewaͤchs noch Thier waͤ-
ren, ſondern ein Zoophytum, ein Thier-
gewaͤchs oder Thierpflantze, und dergl.
ſondern werde vielmehr ſagen, daß wir
zwey Sorten der Meerſchwaͤmme zu
verkauffen haben; feine, denen die Al-
ten den Namen des Maͤnnleins aufge-
hencket, und ſchlechte, welche ſie die
Weiblein geheiſſen. Die Schwaͤmme,
die wir verkauffen, werden meiſtentheils
aus dem Mittelmeer gebracht, doch iſt
auch in Aſien eine gewiſſe Jnſel, welche
eine groſſe Menge Schwaͤmme lieffert.
Dieſelbe Jnſel heißt Jcaria oder Ni-
caria, allda ſich die Juͤnglinge nicht eher
verheyrathen, bis ſie die Schwaͤmme
aus dem Abgrund und Mittel der See
heraufzuhohlen gelernet. Wann dero-
halben iemand Willens iſt ſeine Tochter
zu verheyrathen, ziehen ſich ein Hauffen
Juͤnglinge nackend aus, und ſtuͤrtzen ſich
ins Meer, da dann derjenige, der am
laͤngſten unter Waſſer bleibt, und die
meiſt- und ſchoͤnſten Schwaͤmme zuruͤ-
cke bringt, die Braut nach Hauſe fuͤhret:
doch muͤſſen ſie dem Großtuͤrcken von
den Schwaͤmmen Tribut erlegen.
Die feinſten Schwaͤmme werden am
hoͤheſten gehalten; ſollen aber fein gelb-
licht ſehen, recht zart und leichte ſeyn,
auch muͤſſen die Loͤchlein klein ſeyn und
dichte beyſammen ſtehen: ingleichen
muͤſſen ſie, ſoviel moͤglich, dichte und nicht
voll Steinlein ſeyn. Was die ſchlech-
ten betrifft; ie naͤher dieſelben den fei-
nen kommen, ie mehr werden ſie geach-
tet.
Der Gebrauch der Schwaͤmme iſt ſo
bekannt, daß unnoͤthig, viel davon zu be-
richten. Man bedient ſich der feinen
Schwaͤmme, wenn ſie in lange Stuͤck-
lein zerſchnitten und in heiſſes Wachs
gelegt, hernach aber wieder ausgepreſ-
ſet worden, und legt ſie in die Wunden,
dieſelben dadurch zu erweitern. Die al-
ſo zugerichteten Schwaͤmme verkauffen
wir an die Wundaͤrtzte und andere, un-
ter dem Titel praͤparirte Schwaͤm-Praͤparirte
Schwaͤmme.
me. Man calcinirt und verbrennt auch
die Schwaͤmme, und gebraucht das Pul-
ver die Zaͤhne damit zu butzen.
Jn den ſchlechten Schwaͤmmen wer-Steine die in
den Schwaͤn-
men gefun-
den werden.
den gewiſſe Steinlein gefunden, ſamt
andern Zeuge, welche geſtoſſen, wider
den Stein gut ſeyn ſollen. Dieſen
Steinen haben etliche den Namen Cy-
ſteolithos gegeben. Auch verſichern ein
und andere Scribenten, daß diejenigen
Steinlein, die in den Schwaͤmmen, wie
Mandeln geſtalt, gefunden werden, zu
Ertoͤdtung der Wuͤrme bey kleinen
Kindern dienlich ſind, wenn ſie gantz
zarte gerieben und in dienlichen Waſ-
ſern eingegeben werden. Sie muͤſſen
aber gerecht ſeyn. Allein davor kan
niemand gut ſeyn, als diejenigen, die
ſie aus den Schwaͤmmen gezogen
haben.
DJeſe Zwiebeln werden uns aus
Spanien uͤberbracht, woſelbſt ſie
haͤuffig wachſen, ſonderlich an den Ufern
der Fluͤſſe. Auch waͤchſt ihrer die Men-
ge in Normandie, bevoraus um El-
beuf, 18. Meilen diſſeits Rohan.
Sie ſind zwar von unterſchiedener
Siehe Fig. 154.Groͤſſe und Farbe, doch die wir insge-
mein zu ſehen bekommen, ſind roth, und
von den Alten das Weiblein genennet
worden: den weiſſen gaben ſie den Na-
men des Maͤnnleins, allein wir bekom-
men ihrer gar wenig zu Geſichte.
Wann ſie in der Erde ſtecken, ſtoſſenSiehe Fig. 155.
ſie breite, gruͤne, lange Blaͤtter hervor,
und weiſſe Blumen, wie Sterne.
Man ſoll die friſchen Zwiebeln aus-
leſen, welche ſchwer, veſte, und fein voͤl-
lig ſind, auch Acht haben, daß ſie nicht
am Kopfe verfaulet; denn dieſem Zu-
fall ſind ſie gar ſehr unterworffen. Sie
werden in den Apothecken gebraucht,
und
[]
Figure 128. Suͤda Fig. 156. p. 209. | Figure 129. Provinsroſen Fig. 158. p. 219. |
Figure 130. Lameelheu Fig. 157. p. 217. | |
Figure 131. Saftran Fig. 159. p. 223. | Figure 132. Saftlor Fig. 160. p. 225. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils fuͤnfftes Buch.
und Meerzwiebel-Honig und Eßig
gemacht, ingleichen diejenigen trochiſci
und Kuͤchlein, die das vornehmſte Stuͤck
zum Theriac ſind: ſie werden auch zu
etlichen Salben und Pflaſtern, der-
gleichen iſt de Althea, diachylum magnum,
und andern mehr genommen. Viel
haben mich verſichert, daß diejenigen
Meerzwiebeln, die man in Norman-
die findet, ich auch ſelbſt geſehen habe,
eben dieſelbigen waͤren, welche die Bota-
Pancratium.
Siehe Fig. 156.nici Pancratium nenneten, ſo ich aber
nicht fuͤr gewiß ſagen will.
Die Meerzwiebeln, abſonderlich das
Hertz, werden fuͤr giftig gehalten; de-
rowegen, wenn man ſie brauchen will,
werden ſie entzwey geſpalten, die trock-
nen Blaͤtter ſamt dem Hertzen wegge-
ſchmiſſen, und das mittelſte an der Luft
getreuget, daraus hernachmahls, wenn
es trucken worden, Honig und Eßig ge-
macht wird. Eben alſo verfaͤhrt man
damit, wenn ſie zum Theriac ſollen ge-
brauchet werden, iedoch werden ſie nicht
an die Luft geleget, ſondern mit Teig
umſchlagen, und im Ofen gebacken, ſon-
derlich, wenn man ſie zu den trochiſcis
haben will: wie ſolches aus unterſchie-
denen Pharmacopœis zu erſehen. Die
Meerzwiebeln ſind ſehr bitter, und ihr
Saft iſt gantz ſchleimicht.
DJe Suda, ein graues Saltz, wird
uns von Alicanten und Cartage-
na in Spanien, als ein Stein, unter-
ſchiedener Groͤſſe, uͤberſendet.
Sie wird aus einem Kraute bereitet,
welches hin und her an der See waͤchſt,
Siehe Fig. 156.und das die Kraͤuterverſtaͤndige Kali,
die Werckleute aber, die es verbrennen,
Marie nennen. Dieſes Kraut ſtoͤſt
einen Stengel, ohngefehr anderthalb
Schuh hoch, hervor, der mit kleinen
ſchmalen Blaͤttlein beſetzet iſt. Es wird
geſaͤet, und wenn es ſeine vollkommene
Groͤſſe erlanget, abgeſchnitten, hernach,
wie bey uns das Heu, getrocknet.
Wann es nun trocken worden, als-
dann machen die Spanier groſſe Gru-
ben in die Erde, wie in den Steingru-
ben, werffen dahinein ein Bund duͤrre
Kraut, das ſie angezuͤndet, und auf die-
ſes mehr andere: wenn dieſe ſich recht
und wohl entzuͤndet, fuͤllen ſie die Gru-
be gantz und gar mit ſolchen Buͤndeln
an, verſtopffen ſie, wenn ſie voll worden,
und laſſens dergeſtalt eine zeitlang bey-
ſammen, damit es nicht allein gantz zu
Aſche werde, ſondern auch zuſammen
backe, und als ein Stein werde, auf die
Weiſe, wie wir es zu ſehen bekommen.
Nach dieſem eroͤffnen ſie das Loch, und
finden das Kraut verbrannt, und als
wie einen harten Stein, den ſie zerſchla-
gen, und gleichwie die Steine aus den
Steingruben herauf hohlen muͤſſen.
Zu Paris verkauffen wir viererley
Suda, welche die Alten Salicornia/
Salicore und Salicota, ingleichenderoſelben
unterſchied-
liche Namen.
Alun Catin,Alumen Catinum genennet,
darunter die erſte und am meiſten ge-
achtete die Suda von Alicanten iſt,
und muß, wenn ſie, wie ſichs gehoͤret,
beſchaffen ſeyn ſoll, trucken und klingend
ſeyn, auſſen und innen gruͤnlicht blau
ſehen, und kleine Loͤchlein, oder Augen
haben, auch wenn man drauf ſpeyet,
und alsdann fuͤr die Naſe haͤlt, nicht im
geringſten nach Seewaſſer oder ſum-
pficht riechen. Man ſoll auch Acht ha-
ben, daß die Steine nicht etwa mit einer
gruͤnlichten Kruſte umgeben, oder vol-
ler Steine ſeyen, denn der erſte Mangel
verurſachet, daß die Leinwand fleckicht
wird, und wohl gar verdirbet: der an-
dere vermehrt das Gewichte, und macht
die Leinwand gleichfalls fleckicht, nach-
dem naͤmlich die Steine, die darinne be-
findlich, und inſonderheit, wenn es Zie-
gelſteine ſind. Nicht weniger mag man
zuſehen, daß die Ballen uneroͤffnet: denn
es giebt Leute, welche die guten Stuͤcken
herausnehmen und ſchlechte dafuͤr hin-
ein legen. Und endlich ſoll man diejeni-
ge der andern vorziehen, welche in klei-
nen Stuͤcken iſt, ſo groß wie die Kieſel-
ſteine, daher auch der Name Cailloti
entſtanden, denn dieſe iſt gemeiniglich
gut, und weniger Gefahr dabey, als wie
bey der, die in groſſen Stuͤcken, oder
gantz zermorſelt iſt.
Die Alicantiſche Suda wird haͤuf-
fig von den Glasmachern zum Glasma-
chen verbraucht, denn ſie die baſis und
das Grundſtuͤcke, ſowohl zum Glaſe,
Oals
[]Der Spezereyen und Materialien
als zu dem feinen Schmeltze iſt, wie aus
folgenden zu erſehen.
Es brauchen ſie ferner die Seiffen-
fieder ſehr, alswelche das Saltz, das ſie
hernach unter die weiſſe und marbrirte
Seiffe thun, daraus ziehen. Noch eine
weit groͤſſere Menge der Spaniſchen
Suda wird zu Paris und in den um-
liegenden Dorffſchaften verthan und
an die Waͤſcherinnen verkauffet, welche
das leinene Geraͤthe damit weiß zu wa-
chen pflegen.
Man ziehet mit Waſſer ein weiſſes
Sal alkali.Saltz aus der Suda, welches Sal kali
oder Alkali genennet wird: denn Al,
ein Arabiſches Wort, bedeutet Saltz,
und Kali, die Suda. Wobey zu mer-
cken, daß ſonſt kein einiges Saltz den Na-
men Sal alkali fuͤhren ſoll: denn obſchon
die ſalia fixa aller und ieder Kraͤuter
gleichfalls ſalia alkalia genennet werden,
geſchiehet es doch mit dieſem Unterſchie-
de, daß man den Namen des Krautes
dazu ſetzet, z. E. Sal alkali abſinth. centaur.
min. und dergleichen mehr. Und darum
ſollen Kauffleute bey denen das Sal alkali
geſuchet wird, durchaus kein anderes,
denn das Saltz von der Suda geben. Es
wendem zwar etliche vor/ das rechte Sal
alkali ſey das Glasſaltz, oder die Glas-
galle, allein dieſe betruͤgen ſich, wie in
folgenden Capitel zu erſehen ſeyn wird.
Sie werden ſich demnach in Acht neh-
men, und es nicht mehr hinfort fuͤr das
Sal alkali verkauffen.
Die andere Gattung iſt die Suda
von Cartagena, welche an Guͤte von
der Alicantiſchen unterſchieden, maſſen
ſie nicht ſo blau, und mehr Kruſte drum
her iſt, die Loͤchlein aber ſind viel kleiner,
und die Ballen weit groͤſſer.
Die dritte Suda, mit dem Zuna-
men von Bourde, ſoll gaͤntzlich ver-
worffen werden, weil ſie zu nichts nicht
tauget, als die Kaͤuffer damit zu betruͤ-
gen: es iſt eine Suda, die recht uͤbel be-
ſchaffen, und gemeiniglich feuchte iſt,
ſchwartz und gruͤnlicht, uͤberaus ſtin-
ckend.
Die vierte iſt die Suda von Cher-
bourg mit dem Zunamen Vareq. Sie
wird aus einem Kraute, das langs der
Kuͤſten von Normandie waͤchſt, berei-
tet, und iſt gleichfalls gar uͤbel beſchaf-
fen, denn ſie gar zu feuchte und voll
Steine iſt, wie Koth ſiehet und riecht.
Dieſe beyde Sorten, zuſammt derjeni-
gen, welche von den Seiffenſiedern
kommt, und ihres Saltzes entbloͤſet iſt,
dienen allein zu Verletzung der Gewiſ-
ſen dererjenigen, die ſie geſtoſſen oder
Stuͤckweiſe verkauffen, denn ſie ſolcher-
geſtalt die armen Waͤſcherinnen, die ſie
gebrauchen, betruͤgen. Weil aber die-
ſe Arten Suda faſt gar kein Saltz bey
ſich haben, deswegen miſchen ſie Kalch
drunter, welches denen, die es ſtoſſen und
vermengen, groſſe Ungelegenheit verur-
ſachet, indem es ihnen die Haut von den
Fingern frißt. Sie mengen ingleichen
tauſenderley andere Dinge drunter,
theils, um das Gewichte alſo zu vermeh-
ren, und dann, damit ſie beſſeres Kauffs
geben koͤnnen, als rechtſchaffene Kauff-
leute, die dergleichen Leichtfertigkeit zu
begehen ſich nicht entſchlieſſen wollen.
Jch vermeine, diß ſolle genug geſaget
ſeyn, die Spezereyhaͤndler von Verfaͤl-
ſchung der Suda und anderer Waaren
abzuhalten, denn ſie ſodann ein frey
Gewiſſen haben, und vielmehr gewin-
nen werden, als wenn ſie ſich auf ſolchen
Miſchmaſch legen, werden auch verur-
ſachen, daß ſie ein ieder um einerley
Preiß verkauffen muͤſſe, und niemand
betruͤge, bevoraus die Waͤſcherinnen,
welche arme Leute ofters kaum das
Geld haben die Suda zu bezahlen, und
noch dazu die meiſte Zeit ihre eigne Sa-
chen verſetzen muͤſſen. Wenn ſie nun
dieſe Wahre, die ihnen ſo viel Muͤhe ge-
koſtet, bis ſie dieſelbige bekommen, ge-
brauchen, finden ſie ſich genoͤthiget, ſie
wegzuſchmeiſſen, und mit groͤſſern Un-
koſten friſche Lauge, gleich als haͤtten ſie
gar keine bereitet gehabt, anzuſtellen,
welches ihnen denn groſſen Schaden
und Kuͤmmernuͤß bringet.
Anderſeits aber muͤſſen diejenigen,
die dieſe Waaren von noͤthen haben, ſich
auch das Geld nicht dauren laſſen, denn
der geringe Preiß, darum man ſie zum
oͤftern verlanget, iſt Schuld und Urſach
an dem Betruge, der dabey vorgehet,
welches doch von keiner ſchlechten Wich-
tigkeit iſt, indem das gemeine Weſen
drunter leidet.
LE Sel de verre, von den Gewercken Sa-
lin und Ecûme de verre,Glasſchaum,
Glasgalle genannt, iſt eine Feiſtigkeit,
die auf dem Glaſe ſtehet, wenn es im
Fluſſe iſt. Dieſer Schaum kommt ſonſt
von nichts als von der Suda oder von
der Aſche, welche die Glasmacher zum
Glasmachen gebrauchen; denn die Kie-
ſelſteine, die ſie dazu nehmen, geben kei-
nen Schaum.
Es ſoll aber die Glasgalle in groſ-
ſen Stuͤcken ſeyn, aus- und inwendig
weiß, ſchwer, und dem Marmor, ſoviel
nur moͤglich, gleich ſehen: hingegen,
welche garſtig, ſchwartz und feuchte iſt,
ſoll verworffen werden.
Die Glasgalle iſt ſonderlich bey
denenjenigen im Brauch, welche den
weiſſen Schmeltz bereiten, mit dem her-
nach die (blau und weiſſen) Geſchirre
von Fayence verglaſuret werden, denn
es hilfft den Sand zu Glaſe machen:
und iſt merckwuͤrdig, daß die Glasgalle
den Glasmachern nicht diene, daherge-
gen die Toͤpfer, welche die obgedachten
Geſchirre verfertigen, derſelben nicht
entrathen koͤnnen.
Wenn der dicke Glasſchaum abge-
nommen, findet ſich noch ein anderer
unter dieſen, daraus allerley Zeug ver-
fertiget wird: wir nennen ihn Suif de
verre,Glasſchmutz.
DUrch dieſes Wort werden die klaren
Glaͤſer und Schmeltze verſtanden,
welche aus der Suda von Alicant und
Sande, mit einander zu Glaſe ge-
Unterſchiede-
ne Arten
Schmeltz-
glas.ſchmoltzen, bereitet worden. Dieſem
Cryſtall giebt man eine Meerwaſſer-
oder Meer-Elſter-Farbe, wenn es mit
Cypriſchen Vitriol oder rothen Kupfer
gefaͤrbet wird: gruͤn wird es mit gelben
Kupfer oder Nadler-Feilſtaub: Pur-
pur, mit Magneſie oder Braunſtein:
roth, wie der Rachen eines Loͤwen, mit
rothen Kupfer und Eiſenroſt: hellroth,
mit rothem Kupfer: fein roth, wie ein
Rubin, mit Gold und eben ſolchem
Kupfer: gelb, mit Eiſenroſt und Meer-
waſſer, dazu etliche noch Queckſilber und
Bley zuſetzen: agat Farben, mit Silber
und Schwefel: gelb wie Ambra, oder
Glascorallen, mit Minie: gruͤn als ein
Schmaragd, mit gelben Kupfer: ame-
thiſtenfarbicht, mit Braunſtein.
Wann dieſe unterſchiedene Glaͤſer
beym Lampenfeuer geſchmoltzen und ge-
blaſen worden, ſo wird daraus, was wir
geblaſen und glaͤntzend Glas nennen,
deſſen ſich hernach die Goldſchmiede und
die Glasmahler bedienen, um es mit de-
nen aus Zinn bereiteten Schmeltzen zu
vermiſchen.
Was ihre Erkenntnuͤß anbetrifft, da
kan niemand, als die damit umgehen,
beſſer wiſſen, ob ſie gut und ſchoͤn, ab-
ſonderlich der rubinrothe, als deſſen Far-
be im Feuer verſchieſſet.
AZur en pierre, oder Schmalte iſt ein
aus Suda von Alicant, gebrannten
Weinſtein, Sand und Saffran berei-
tetes Glas. Dieſem giebt man eine
mehr oder weniger dunckle Farbe, nach-
dem man naͤmlich viel Saffran (wird
Zaffera heiſſen ſollen) dazu thut; wel-
ches auch Urſach iſt, warum wir mehr
und weniger gefaͤrbten Aſur und
Schmeltz haben. Die Teutſchen ſtoſ-
ſen dieſes Glas oder Stein zu Pulver,
und machen daraus, was wir Azur en
poudre,gepuͤlverten Aſur nennen.Gepuͤlverter
Aſur.
Aus dieſem zu Pulver geſtoſſenem Laſur
wird eine Art Schmeltz gemacht, wel-
cher ſchoͤner oder ſchlechter iſt, nachdem
er fein oder hoch an Farbe. Die Hol-
laͤnder uͤberſenden uns blauen
Schmeltz, der zwar uͤberaus blaß ſie-
het, nichts deſtoweniger aber weit hoͤher
geſchaͤtzet wird, auch viel theurer iſt, als
die andern Gattungen des Schmeltzes,
weil er ein gar ſchoͤnes Blau, das dem
Ultramarin ſehr nahe kommt, giebet,
O 2wenn
[]Der Spezereyen und Materialien
wenn es mit Oel gebrauchet wird, daher
ihm der Name Hollaͤndiſch oder ge-
mein Ultramarin gegeben worden.
Dieſes Laſur muß ſandicht und koͤr-
nicht, auch ſo dunckelblau ſeyn, als im-
mer moͤglich. Was aber das Hollaͤn-
diſche Ultramarin betrifft, ie feiner
und blaſſer es iſt, ie hoͤher wird es gehal-
ten, denn ie mehr man es reibet, ie mehr
verliehrt es die Farbe, welche iedennoch
wiederkommt, wenn es gebrauchet
wird.
Das Laſur und die Schmalte brau-
chen die Mahler ſehr, wiewohl keine
Farben ſo ſchwerlich zu gebrauchen ſind,
als wie dieſe, dieweil ſie keinen Coͤrper
haben. Man braucht auch die Schmal-
te, und faͤrbt das Kraftmehl oder die
weiſſe Staͤrcke damit, und macht blaue
Staͤrcke davon.
EMail en tablette, wird auch gemeiner
Jndigo genennet, und iſt unſortirt
und unter einander, hoch von Farbe.
Es wird naͤmlich von Jndigo aus den
Jnſeln und Kraftmehle mit Gummi-
waſſer ein platter Teig gemacht, und
hernach in kleine Taͤfflein von gehoͤriger
Groͤſſe und Dicke zerſchnitten. Dieſer
Jndigo dienet zu Zeichnung der
Schoͤpſe. Allein, diß iſt das verdrieß-
lichſte, daß ihn ihrer etliche denen, die
ſich nicht darauf verſtehen, fuͤr rechten
Jndich verkauffen, welches iedennoch
gar leichte kan gemercket werden, weil
dieſer Jndich zu viereckten dicken Stuͤck-
lein gemachet iſt, gruͤnlicht blau ſiehet,
und wann er ins Waſſer geleget wird,
faͤllt die Schmalte zu Boden, und ſieht
als wie Sand, welches an dem recht gu-
ten niemahls zu ſpuͤren.
DJe Rochetta oder Levantiſche
Aſche, kommt von dem zu Aſche
verbrennten Kraute, auf Frantzoͤſiſch
Roquette, zu Teutſch Raucken genannt,
und wird deshalben Levantiſche Aſche
geheiſſen, weil ſie zu S. Johann von
Acre, 10. Meilen von Jeruſalem und
Tripoli in Syrien bereitet wird. Doch
iſt die erſte die beſte.
Meines wiſſens hat die Rochetta
keinen andern Nutzen, als daß die Seif-
fenſieder und Glasmacher Seiffe und
Glas daraus machen.
Betreffend die Wahl, da iſt wohl nie-
mand, der ſie beſſer erkennen kan, als
dieſe Handwercksleute, nachdem ſie die-
ſelbe vorher gepruͤfet. Die von S.
Johann von Acre kommt in grauen,
die von Tripoli aber in blauen Saͤ-
cken.
Ohne dieſes gemeldte Kraut ver-
brennt man auch, inſonderheit in Lo-
thringen, noch ein ander Kraut, Fougere,
Fahrenkraut genannt, und braucht
die Aſche an ſtatt der Suda, Bouteil-
len daraus zu machen, die man hernach-
mahls de fougere, Flaſchen von Fahren-
kraut heißt.
Wir verkauffen uͤber diß annoch
Aſche in Tonnen, die aus dem Lande
Morvan von Montargis kommt,
und deswegen ſchwartze Aſche oder
Aſche von Morvan genennet wird.
Sie ſoll ſchwartz ſeyn, uñ ſehr ſcharff auf
die Zunge fallen, das iſt, ſie ſoll ſoviel, als
immer moͤglich, ſaltzicht ſeyn. Habet
Acht, daß ſie nicht mit Waſſer angefeuch-
tet. Die Waͤſcherinnen brauchen ſie an
ſtatt der Suda.
Auſſerhalb dieſer Tonnenaſche, giebt
es auch noch Dantziger Aſche: allein
das wenige, das wir davon bekommen,
verdient nicht, daß man viel Worte da-
von mache.
Ferner verkauffen wir le Groiſin, d. i.
zerbrochen und zerſtuͤckt Glas, das wir
von unterſchiedenen Orten kommen laſ-
ſen, damit es wieder umgeſchmeltzet
und andere Glaͤſer daraus gemachet
werden moͤgen.
Ende des Buchs von Blaͤttern.
DJe Blumen ſind die ausgearbeiteten Knoͤpfe/ unterſchiedener
Groͤſſe und Farbe/ welche die Vegetabilien von ſich ſtoſſen/ und
daraus ihre Fruͤchte und ihre Samen entſtehen und wachſen.
Eine Blume aber hat drey Theil, den Kelch oder die Decke/ das Laub-
werck zuſamt dem Boden/ und das Hertz oder die Mitten. Das Wort
Fleurkommt her von dem Griechiſchen Worte φλὼξ und dem Lateini-
ſchenFlosoderflamma,welches eine Flamme bedeutet, dieweil man will/
die Blumen ſtelleten eine Gattung Feuerflammen vor.
Jch aber werde in dieſem Capitel ohne die Blumen dieſer oder jener
Kraͤuter/ die wir verkauffen, auch die Blumen/ oder dererſelben Theile,
ingleichen die Gewaͤchſe, welche in dieſem Wercke keine Stelle haben kun-
ten, indem ſie kein gewiſſesgenusund Geſchlechte hatten, als da iſt Spi-
ckenard/ Thymſeide, und andere mehr, zugleich begreiffen.
SQuinanthe, Stecananthe,
Fleur d’ Eſquinant, ou de Jonc
odorant, Pature de Chameau,
Cameelheu/ Cameel-
ſtroh, iſt die Bluͤte eines
kleinen Kraͤutleins, oder beſſer zu ſagen,
einer gewiſſen Art Binſen, welche in
dem gluͤcklichen Arabien, unten am
Berge Libanon waͤchſt, und von dan-
nen uͤber Marſeille zu uns gebracht
Siehe Fig. 157.wird. Wenn es noch auf dem Stocke
ſtehet, iſt es ohngefehr des Fuſſes hoch,
hat eine knotichte, ſchlechte Wurtzel, mit
kleinen, harten, langen und weiſſen Fa-
ſen beſetzt; aus ieder Wurtzel ſteigen
viel kleine Roͤhrlein, die ebenmaͤßig har-
te ſind, in der Dicke, Figur und Farbe ei-
nes Gerſtenhalms: drauf ſolgen kleine
Bluͤmlein, die uͤber und uͤber rauch ſind,
als wie Sammet, und am Boden leib-
farben ſehen, ſo daß dieſe Bluͤmlein,
wenn ſie in der Bluͤte ſtehen, wunderan-
genehme anzuſchauen. So angeneh-
me nun die Blume dem Geſichte, ſo lieb-
lich iſt ſie dem Geſchmacke, inmaſſen ſie
einen heiſſen, beiſſend- und aromatiſchen
Geſchmack hat.
Die Blumen und Binſen werden
uns von Marſeille iedes abſonderlich,
uͤberſchickt; die Binſen in Buͤndlein, die
Blumen aber, wie ſie geſammlet wor-
den, bald rein, bald ziemlich voll Wuſt.
Deswegen pflegen ſie die Apothecker,
welche gerne ſchoͤne Sachen bereiten, in
einem Tuche zu reinigen, welches aber
eine verdruͤßliche Arbeit iſt. Auch muß
man die friſcheſten, und die am ſchoͤnſten
und fein roth ſehen, erwehlen.
Das Cameelheu hat keinen ſonder-
lichen Nutzen in der Artzney, auſſer daß
es meiſtentheils zum Theriac verbrau-
chet wird. Weil aber die Bluͤte insge-
mein rar iſt, und theuer, deshalben mag
man ſtatt ihrer ſich der Binſen bedienen:
wenn ſie aber nicht gar zu theuer ſind,
und man kan ſie haben, ſoll man die
Binſen nicht dazu nehmen, ſondern die
Bluͤte, denn dieſe vielmehr Kraft hat.
DJe alſo genannten Provins-ro-
ſen ſind ſattrothe Blaͤtter, als ob ſie
von Sammet waͤren, und werden von
Provins, einem Staͤdtlein, achtzehen
Meilen von Paris entlegen, gebracht.
Dieſe Roſen wachſen dermaſſen haͤuffig
um dieſes Staͤdtgen, daß ohnſtreitig der
Boden daſelbſtherum zu Erbau- und
Erziehung dieſer Art Roſen uͤberaus
geſchickt und tuͤchtig ſeyn muß: denn die
Provinsroſen uͤbertreffen an Guͤte und
Anmuth alle die andern, ſie moͤgen auch
herkommen, wo ſie wollen. Diß aber
traͤgt ein gutes zu ihrer Vollkommen-
heit bey, daß die Einwohner deſſelben
Ortes ſie ſo gar geſchicklich aufzutrock-
nen wiſſen, daher ſie auch Geruch und
Farbe viel laͤnger als die andern be-
halten. Man bringt uns aber zweyer-
ley Sorten Roſen von Provins, die
wir vermittelſt unterſchiedener Namen
von einander zu unterſcheiden pflegen,
denn die ſchoͤnſten nennen wir Roſes de la
bonne ou grande ſorte, von der guten
oder feinen Sorte, und die andern de la
moyenne ſorte, von der mittlern oder ge-
ringern Art Roſen. Wann dieſe Ro-
ſen recht vollkommen ſind, muͤſſen ſie
ſchwartzroth, und als wie mit Sammt
bezogen ſehen, wohlriechend, recht tru-
cken, ohne Steine und kleine Blaͤtter,
ſo viel nur moͤglich, auch gewiß von Pro-
vins ſeyn: ſie duͤrffen ingleichen nicht
mit einem oder dem andern Sauern an-
gefaͤrbet ſeyn, welches leichte daran zu
mercken, wenn ſie gar zu hellroth ſehen,
auch die Farbe bald verſchwindet.
Wer mit den Provins-Roſen ſtar-
cken Handel treibet, muß Sorge tragen,
daß ſie an trucknen und wohlverwahr-
ten Orten aufbehalten werdẽ, damit kei-
ne Luft dazu komme; ſie muͤſſen auch
ſtarck zuſam̃en gepꝛeſſet ſeyn, ſodann koͤn-
nẽ ſie in ſolchem Zuſtande ein oder andeꝛt-
halb Jahr lang dauren: nach Verflieſ-
ſung dieſer Zeit verlieren ſie die Farbe
und den Geruch, was man fuͤr Vorſicht
gebrauche, und wachſen Wuͤrme drin-
ne. Etliche legen alt Eiſen dazu, und
trachten dadurch zu verhindern, daß die
Wuͤrme drein gerathen.
Die Provinsroſen werden von
maͤnniglich hochgehalten, weil ſie ſehr
adſtringiren, und zu Staͤrckung der Ner-
ven und anderer geſchwaͤchter Leibes-
theile, ſie ſeyen geqvetſchet oder verren-
cket, ſehr dienlich ſind, wenn man ſie in
Tropfweine oder mit Weinhefen auf-
ſieden laſſen. Zur Artzney werden ſie
ſehr gebraucht, und zu vielen Compoſi-
tionen genommen. Seit dem aber die
Provinsroſen etliche Jahre her ſo theu-
er geweſen, weil ihrer nicht viel geſamm-
let worden, haben ſich die meiſten Apo-
thecker, welche die Provinsroſen zu ver-
kauffen und zu brauchen pflegen, an un-
ſern rothen Roſen, die um Paris und
an andern Orten wachſen, begnuͤgen
laſſen, wiewohl ſolches unrecht iſt: und
eben deswegen werden ietziger Zeit bey
weitem nicht ſo viel Provinsroſen ver-
than, als wie vor dieſem. Die aber et-
was daran gewinnen wollen, haben deſ-
ſen gar ſchlechte Urſache, indem die an-
dern Roſen den rechten Provinsroſen
weder an Guͤte noch an Kraft beykom-
men, moͤgen uͤberdiß auch nicht ſo lange
aufbehalten werden, ohnerachtet dieſe
Leute alle Muͤhe darauf wenden. Die
rechten Provinsroſen werden in Jn-
dien dermaſſen hochgeſchaͤtzet, daß ſie
wohl ehe um gleiches Gewichte Gold
verkauffet worden ſind: ſie muͤſſen ſie
haben, ſie gelten auch was ſie wol-
len.
Auſſerhalb der groſſen Menge derConſerve von
rothen Roſen.
Provinsroſen, die wir verkauffen, laſ-
ſen wir auch daſelbſt her truckne und fluͤſ-
ſige Conſerven und Roſenzucker, wie
auch zuweilen den Syrup und Roſen-
ſaft kommen, weil dieſe Sachen allda
am beſten zugerichtet werden, und darff
nur niemand gedencken, daß dieſer Zu-
cker und Saft daſelbſt nicht weit beſſer
gemacht wuͤrden, als diejenigẽ, welche an
andern Orten und von andern Roſen
bereitet werden. Was die Wahl die-
ſer Conſerven und Syrup betrifft, da
duͤrffen ſie nur zu Provins zugerichtet
ſeyn; man muß auch zuſehen, daß ſie
nicht mit Vitriolſpiritus oder andern
ſauern angeroͤthet werden, welches nur
gar zu oft geſchicht, bevoraus, wenn ſie
zu alt ſind. Dieſe Conſerven werden
ſehr
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſechſtes Buch.
ſehr hoch gehalten, und zwar die fluͤßige
oder feuchte, damit einer eine Purgantz
in boli forma, auf einmahl oder auf einen
Biſſen koͤnne zu ſich nehmen, oder, weil
ſie zu Hertz- und Magen-Staͤrckung
dienlich iſt. Die truckne iſt zu eben
dergleichen Kranckheiten, wie nicht we-
niger die Engbruͤſtigkeit zu vertrei-
ben, und den Durchlauff zu ſtillen. Der
Syrup hat gleiche Kraft, nur daß er das
ſeine mit keiner ſolchen Staͤrcke verrich-
tet.
Sie bringen auch uͤber dieſe eine Con-
ſerve und Zucker von weiſſen Roſen
von Provins, welcher faſt eben ſolche
Kraͤfte, wie der von rothen Roſen, bey-
geleget werden: doch kan ich wohl ſa-
gen, daß ſie nicht ſo haͤuffig verthan
werde.
Wir laſſen noch ferner eine andere
fluͤßige Conſerve von Provins brin-
gen, oder beſſer zu ſagen, einen in Pro-
vinsroſenſafte zerlaſſenen und hernach
bis zu einer Syrupconſiſtentz eingeſot-
tenen Honig: dieſen nennen die Apo-
thecker mel roſatum,Roſenhonig, und
ſoll ſeine gebuͤhrende Dicke haben, gantz
klar, d. i. wohl clarificiret und beſtmoͤg-
lichſt bereitet ſeyn. Er wird faſt zu
nichts anders als zu Gurgelwaſſer und
Beveſtigung des Zahnfleiſches gebrau-
chet, ſonderlich, wenn man ſich ſeiner
nebſt dem Saltzgeiſte zu Reinigung der
Zaͤhne bedienet. Allein, aller Roſen-
honig, den die Apothecker verkauffen,
wird von ihnen ſelbſt, von den Roſen, die
hieherum gewachſen, gemacht, und zum
oͤfftern nicht gnugſam gelaͤutert; ſiehet
demnach viel ehe wie Hefen, als gekoch-
ter Honig aus. Doch hiervon muß
man rechtſchaffene Leute ausſchlieſſen,
denn es ja noch wohl etliche Apothecker,
erfahrne Maͤnner, zu Paris giebet,
welche allezeit das ſchoͤnſt- und beſte neh-
men. Dahingegen ſind ihrer auch, die
ſolche Waaren fuͤhren, welche gar nicht
taugen, daß ſie ein Menſch in ſeinen Leib
nehme, dieweil ſie haͤßliche und unnuͤtze
Dinge dazu gebrauchen, ſie auch dieſel-
ben gar ſelten verkauffen. Dieſem aber
waͤre gantz leichtlich abzuhelffen, wenn
nur das Volck nicht ſo geitzig waͤre, als
es iſt, und die Beſichtigungen, welche al-
le Jahre zu beſtimmter Zeit pflegen ge-
halten zu werden, fein allgemein und
durchgehend waͤren, das heißt, wenn
man dem einen nicht mehr, denn dem
andern nachſaͤhe.
Uber alle dieſe præparata und Sachen,
die von Roſen bereitet werden, verkauf-
fen wir noch weiter, als Confiturirer,
den Syrup von leibfarbenen, oder un-
ſern gemeinen Roſen, wie bereits oben
im XLIX. Cap. des II. Buchs erwehnet
worden. Und dieſer muß mit recht gu-
ter Braſilianiſcher Caſſonade oder weiſ-
ſem Zucker bereitet ſeyn, wenn er, wie
ſichs gebuͤhret, beſchaffen ſeyn ſoll: er
muß auch die gebuͤhrende Dicke, und da-
bey einen guten Geruch und Geſchmack
haben.
Belangend deſſelben Bereitung, ſo
machen ihn etliche per infuſionem, wenn
ſie blos das ſiedend heiſſe Waſſer auf die
Roſen gieſſen; andere aber machen ihn
mit Roſenwaſſer ſelbſt, auf die Weiſe,
wie in den meiſten Buͤchern von der A-
potheckerkunſt gewieſen wird. Weil
auch die Kunſt allerhand Rauchwerck
zu verfertigen einem ieden erlaubet iſt,
deshalben verkauffen wir desgleichen
Roſenwaſſer, das wir bey den Apothe-
ckern und Waſſerbrennern, die es berei-
ten, kauffen. Uns aber iſt nicht vergoͤn-
net einigerley Waaren zuzurichten, ob
es wohl das groͤſte Unrecht von der Welt
iſt, indem es viel beſſer waͤre, daß ein ie-
der ſelbſt bereitete, was er verkauffet,
eines Theils darum, damit er davon
Red und Antwort geben koͤnte; denn
es ſind viel Sachen, deren man keine
rechte Kundſchafft haben kan, ob einer
auch noch ſo verſtaͤndig iſt, und die Sa-
che noch ſo genau unterſuchet; zum
Theil aber, damit ſich keiner auf den an-
dern beruffen koͤnte. Dieſes kan man
bey dem Roſenwaſſer beobachten, denn
es Muͤhe genug ſetzet, will einer dasje-
nige, welches von lauter leibfarbenen
Roſen gemacht iſt, von dem unterſchei-
den, da unter die Roſen Roſenholtz ge-
miſchet iſt. Andere machens noch
ſchlimmer, ſie diſtilliren Brunnenwaſ-
ſer, daß ſie doch beſtehen koͤnnen, und
ſchuͤtten etwas weniges Roſenoͤl dazu:
andere aber nehmen ſich nicht einmahl
die Muͤhe es zu diſtilliren, ſondern ma-
chen auf ſolche Weiſe zu aller und ieder
Zeit Roſenwaſſer um ſelbſt beliebigen
Preiß, welches aber rechtſchaffenẽ Han-
delsleuten groſſes Nachtheil bringt.
Des Roſenwaſſers Gebrauch iſt ie-
derman
[]Der Spezereyen und Materialien
derman gnugſam bekant, daß unnoͤthig
mich lange dabey aufzuhalten, doch
wird es meiſtentheils in Zufaͤllen der
Augen verbrauchet, wie nicht weniger
ſonſt von vielen Leuten, Parfumirern,
Paſtetenbeckern und dergleichen.
Was anlanget, wie das Roſenwaſſer
zu erkennen, da kan ich keine beſſere
Nachricht ertheilen, als dieſe: man neh-
me es bey rechtſchaffenen Leuten, und
nicht bey den Hauſirern, die es von
Haus zu Haus herum tragen, und oͤf-
ters nichts taugliches Zeug verkauffen.
Es ſoll aber einen guten Geruch haben
und nicht brandicht riechen, auch fein
helle ſehen: ingleichen ſoll es aufs laͤng-
ſte vor dem halben Jahre abgezogen,
und das erſte ſeyn; denn dieſes iſt beſſer,
als das hinten nach kommt, wie einem
iedweden, der damit umgehen kan, be-
kannt genug; daß naͤmlich allezeit das
beſte ſey, was von den aromatiſchen
wuͤrtzhaften Kraͤutern zu erſt uͤbergehet,
obgleich ein neuer Autor ſpricht, wenn
man das Roſenwaſſer bereite, ſo gehe zu
erſt das Waſſer, nach dieſem der Spiri-
tus, und dann das Oel heruͤber: denn
es geſchiehet gerade das Widerſpiel, und
gehet das Oel mit ſamt dem wohlrie-
chenden Waſſer flugs zu erſt heruͤber.
Es wird auch ohne das Waſſer ein
Roſenſpiri-
tus.wohlriechender Spiritus aus den Ro-
ſen gezogen, welcher ſich leichtlich ent-
zuͤndet, und zu Staͤrck, und Erfriſchung
des Magens und Hertzens gar dien-
lich iſt.
Desgleichen kan man ein weiſſes ſehr
ſtarck riechend Oel aus den Roſen ziehen.Roſenoͤl.
Allein, weil es ſo unmaͤßig theuer, und
man ſo gar wenig daraus bekommt, die-
ſerwegen verkauffen wir es auch gar ſel-
ten. Es melden etliche Autores; die
Roſen, welche in dem Kolben, oder in
dem Gefaͤß, welches Roſaire genennet
wird, nachdem ſie abgezogen, als ein
Teig zuruͤcke bleiben, ſeyen eben dasje-
nige, was man chapeau oder pain des Ro-
ſes, Roſenhut oder Roſenkuchen zu nen-
nen pflegt, und als eine Staͤrckung ge-
brauchet wird. Jch aber fuͤr meine
Perſon, kan nicht unterlaſſen zu ſagen,
daß dieſe ausgekochten Roſen keine ſon-
derlichen Kraͤfte haben, und daß dieje-
nigen, welche dergleichen Roſenbrod
verlangen, dieſe, daraus allein der Saft
gezogen worden, denen andern vorzie-
hen ſollen; denn es ja die Vernunfft
giebt, daß eine ausgekochte Sache nie ſo
viel Kraͤfte habe, als diejenige, daraus
nur der Saft gezogen; abſonderlich
wenn es Gewuͤrtze ſind. Dieſes mein
Vorbringen wird noch mehr dadurch
beſtaͤtiget, daß man von den ausgekoch-
ten Roſen nie ſo viel fixes Saltz machen
kan, als von denen, daraus nur der Saft
gezogen iſt: dazu braucht es auch groſſe
Muͤhe, bis man ſie trocknet, obgleich ein
Roſenſaltz daraus gezogen werden kan.
Der wenige Gebrauch iſt Urſach, daß
ich nichts weiter davon melde. Kurtz:
aus den Roſen werden ſo vielerley Sa-
chen gezogen, daß ohne dieſelben die Me-
dicin nicht halb ſo bluͤhend waͤre, als
ſie iſt.
DEr Saffran, den die Lateiner we-
gen ſeiner roͤthlichten Farbe Crocus
nennen, iſt ein Faͤslein, oder beſſer zu
ſagen, ein klein Faͤdemlein, das an dem
einen Ende uͤberaus ſchoͤn roth iſt, an
dem andern aber gelb, und wird von vie-
len Orten in Franckreich zu uns ge-
bracht.
Es iſt eine Zwiebel, die den Saff-
ran traͤgt, und gleichet unſern dicken
Schnittlauch; auſſer, daß ſie etwas roͤ-
ther und runder iſt; daraus entſprieſſen
mit langen gruͤnen und ſchmalen Blaͤt-
tern beſetzte Stengel, nach denen waͤchſt
die Blume, von Farbe bleu mourant,
in deren Mitten drey kleine Faͤslein be-
findlich, welche dasjenige ſind, das wir
Saffran zu nennen pflegen.
Der allerbeſte und vollkommenſte
Saffran, der auch am meiſten geach-
tet wird, iſt der von Boiſne und Bois
commun en Gatinois, einer Land-
ſchaft in Poictou/ woſelbſt er mit groͤ-
ſtem Fleiſſe gebauet wird, indem er des
Landes groͤſter Reichthum iſt. Jm
Fruͤhlinge werden die Saffranzwiebeln,
Reihenweiſe, als wie die Reben, des
Fuſſes tieff in die Erde geſetzt, die als-
dann im erſten Jahre nichts nicht, als
Kraut hervorſtoſſen, welches den gan-
tzen Winter hindurch, bis zu Anfang
des Sommers gruͤn bleibet, hernach
ver-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſechſtes Buch.
vergehet es. Das andere Jahr bre-
chen ſie wiederum hervor mit einer blau-
lichten oder gris de lin farbichten Blu-
me, in deren Mitte drey Faͤslein ſtehen,
welche der Saffran ſind. Wann er nun
zum ſammlen tauglich worden, welches
in den September und October faͤllt,
ſodann ſammlet man ihn vor Aufgang
der Sonnen, zieht ihn alſofort zuſamt
der Blume heraus, uñ legt ihn, nachdem
er vorhero wohl geſaubert, auf Flechten,
darunter ein klein Feuer gemacht iſt, da-
mit er trocken werde. Des andern Mor-
gens kehrt man wieder dahin, auch die
andern Blumen, welche aufs neue her-
vorgekommen, einzuſammlen: denn es
iſt verwunderlich, daß dieſe Zwiebeln
alle 24. Stunden friſche Blumen her-
vortreiben. Und alſo fahren ſie taͤglich
fort mit einſammlen und auftrocknen,
bis die Zwiebeln nichts mehr geben.
Es wachſen auch noch mehr Sorten
Saffran in Franckreich: in Ora-
nien, zu Toulouſe/ Angouleſme und
Menilla in Normandie; dieſer letzte
aber iſt der ſchlimmſte unter allen, wie-
wohl auch die drey erſteren weder ſo
ſchoͤn, noch ſo gut ſind, als wie der rech-
te Saffran Gatinois, welcher des-
wegen den andern allen vorzuziehen.
Wenn er nun, wie ſichs gehoͤret, beſchaf-
fen ſeyn ſoll, ſo muͤſſen die Faͤslein fein
lang und breit ſeyn, auch als wie
Sammt und ſchoͤn roth ſehen, einen gu-
ten Geruch haben, auch mit ſo wenig
gelben Blumen, als immer moͤglich,
vermenget ſeyn.
Jn der Medicin wird der Saffran
ſtarck gebraucht, indem er eine der groͤ-
ſten Hertzſtaͤrckungen, die wir haben, iſt.
Auch brauchen ihn unterſchiedene Hand-
wercker, weil er gelb faͤrbet. Die Teut-
ſchen ſamt den Holl- und Englaͤndern
lieben den Saffran Gatinois dermaſſen,
daß ſie alle Jahr eine groſſe Menge deſ-
ſelben in ihre Laͤnder verfuͤhren.
Dieweil auch der Saffran geſtoſſen
verkaufft wird, derowegen mag man ihn
ja nirgend, als bey aufrichtigen Kauff-
leuten erkauffen; denn es giebt derer,
die ſolche Sachen drunter miſchen, die
ſich auch die leichtfertigſten Gemuͤther
nicht einbilden ſolten, da doch ſein vor-
nehmſter Gebrauch iſt, daß man ihn in
Roſenwaſſer weichet, und den Kindern
auch andern, die die Pocken haben, uͤber
die Augen ſtreicht. Es iſt uͤberdiß eine
gar theure Waare, und darum nie-
mand ein Dienſt, wenn er betrogen
wird.
Man uͤberſendet uns ferner eine Gat-Spaniſcher
Saffran.
tung Saffran aus Spanien/ mit
dem aber unmoͤglich etwas anzufangen;
daheꝛ rathe ich auch keinem, ſich damit zu
belegen, denn er gar zu nichts nicht taug.
Und dieſes ruͤhret blos von der Unwiſ-
ſenheit der Spanier her, indem ſie mei-
nen, der Saffran koͤnne anderſt nicht
erhalten werden, man thue dann Oel
dazu.
Die Alten bereiteten Kuͤchlein aus
Saffran, Myrrhen, Roſen, Kraftmehl,
Arabiſchen Gummi und Weine. Alle
dieſe Stuͤcke zu Pulver geſtoſſen wur-
den mit dem Weine zu paſtillis gemachet.
Dieſe paſtillos oder trochiſcos brachten ſie
ehedeſſen aus Syrien, und gebrauch-
ten dieſelben in Zufaͤllen der Augen, des-
gleichen den Harn zu treiben. Den al-
ſo zugerichteten Teig nennten ſie Croco-Crocomagma.
magma, wir aber paſtilles und trochiſques
de Saffran,Saffrankuͤchlein: allein
anietzo iſt dieſes remedium wenig mehr
bekannt und braͤuchlich.
Aus dem Saffran kan zwar ein Ex-Saffran Ex-
tract und
Saltz.
tract und Saltz gemachet werden, allein
ihr hoher Preiß verurſachet, daß keines
nicht bereitet wird.
Was den Saffran aus Oranien
betrifft, deſſen wir am meiſten verkauf-
fen, wenn der Gatinois theuer iſt, der-
ſelbe muß dieſem ſo nahe kommen, als
moͤglich: wiewohl dieſem ungeachtet,
dennoch ein gnugſamer Unterſchied zwi-
ſchen beyden verbleibet, indem er nie-
mahls ſo dicke, noch ſo gut und ſchoͤne iſt,
auch weder die Farbe noch den Geruch
hat, wie jener.
DJß iſt ein gantz gemeines Gewaͤchſe,
ohngefehr zwey Fuß hoch, mit rau-
hen, ſtechenden, laͤnglichten und ausge-
kerbten Blaͤttern verſehen. Zu Ende
eines ieden Aſtes entſtehet ein Dau-
mensdicker, weiſſer, ſchuppichter Knopf,
Pdar-
[]Der Spezereyen und Materialien
daraus ein Hauffen roth und gelbe Fa-
ſen kommen, die wir den wilden oder
Teutſcher
Saffran oder
Safflorblu-
men.teutſchen Saffran, wie auch die Blu-
men des Safflors nennen. Weil
man ſich aber um Paris herum nicht
die Muͤhe nimmt, dieſen Saffran zu
ſammlen, derohalben laſſen wir ihn aus
dem Elſaß, diß und jenſeits, Rheins brin-
gen, denn daſelbſt wird er mit allem
Fleiß gebauet. Er waͤchſt auch haͤuffig
in Provence, ſonderlich in der Gegend
Selon und an andern Orten.
Dieſer Saffrau wird von den Faͤr-
bern gar ſehr gebraucht, wird auch ſpa-
niſch Roth davon gemacht; hingegen hat
er keinen Nutzen in der Artzney, da doch
im Gegentheil der Samen vielfaͤltig ge-
brauchet wird.
Den Samen belangend, denſelben
brauchen die Apothecker, wenn ſie ihn
ausgehuͤlſet, zu den morſulis de Cartha-
mo, denn er dazu die baſis und das Haupt-
ſtuͤcke iſt, davon ſie auch ihren Namen
bekommen haben. Hierzu nun muß
er ausgeleſen werden, und fein friſch,
ſchwer und voll, auch vollkommen ſeyn.
Der ausgehuͤlſete aber muß nur kuͤrtz-
lich von den Huͤlſen geſaubert und fein
trocken, auch gewiß vom wilden Saff-
ran oder Safflor ſeyn, ſintemahl es ih-
rer viel giebt, die an ſtatt des Safflor-
ſamens, zerſchnittene Melonen- und
Kuͤrbskerne verkauffen, welches ieden-
noch ſtracks zu mercken iſt, weil der rech-
te Safflorſamen an dem einen Ende
rund, am andern ſpitzig, und niemahl
ſo weiß iſt, als wie die Melonen- und
Kuͤrbskerne.
MAn uͤberſendet uns ohne den Saff-
lor, noch eine Art wilden Saff-
ran aus Levante/ ſonderlich von Ale-
xandria, welches kleine, uͤber die maſ-
ſen zarte, krauſſe, roͤthlichte Faͤsgen ſind.
Es iſt aber dieſer Saffran gleichfalls
die Blume einer gewiſſen Gattung des
Carthami, und allein darinne von der
erſten Sorte unterſchieden, daß dieſes
Pflantze viel kleiner, denn jenes ſeine
Pflantze iſt. Die Blumen ſoll man er-
wehlen, welche hoher Farbe, das iſt,
ſchoͤn roth ſeyn, als wie Sammet, auch
ſo friſch als moͤglich.
DJe Balauſtien/ ſind die Bluͤten
der wilden Granatbaͤume, die man
insgemein aus Levante bringt. Wir
verkauffen aber zweyerley Arten dieſer
Blumen, die feinen und die gemeinen.
Durch die feinen verſtehen wir diejeni-
gen, daran die Blumen annoch beyſam-
men ſitzen, durch die gemeinen aber,
wenn es nichts als die Blumenknoͤpfe
ſind. Weil nun die feinen Balauſti-
en ein und andern Nutzen in der Artz-
ney haben, indem ſie adſtringiren und an-
halten, derowegen ſoll man ſolche aus-
leſen, die fein friſch und mit ihren Blu-
men, welche, breit, hoch von Farbe, das
iſt, ſchoͤn roth und wie Sammet ſehen
muͤſſen, annoch verſehen ſind; anbey
muß ſo wenig Unrath und Blumen-
knoͤpfe drunter ſeyn, als immer moͤglich.
Dagegen ſollen die gemeinen gaͤntzlich
verworffeu werden, weil ſie nicht zu ver-
kauffen, und aller Kraft entbloͤſet ſind.
Was den zahmen Granatbaum be-
langet, deſſen Bluͤten verkauffen wir
gar nicht, denn man kan ſie nicht ſo lan-
ge erhalten, als wie die wilden. An de-
ren ſtatt aber laſſen wir die Menge Gra-Granat-
aͤpfel.
nataͤpfel aus Provence und Lan-
guedoc bringen, weil es eine Frucht, die
nicht alleine angenehm zu eſſen, ſondern
auch ihren Nutz in der Artzney hat, vor-
nehmlich Syrup davon zu machen.
Weiter verkauffen wir auch Gra-Granat-
ſchalen.
natſchalen/ weil ſie adſtringiren oder
anhalten. Nur ſehe man drauf, daß
ſie wohl getrocknet und nicht verſchim-
melt ſind, denn die meiſten Leute, die die-
ſe Schalen zu verkauffen pflegen, ver-
kauffen nur ſolche Schalen, welche, noch
ehe ſie inwendig ausgeputzt worden, ge-
treuget ſind: wenn ſie nun trocken ſind,
und man will ſie verkauffen, ſo ſind ſie
dermaſſen ſchimmlicht, und ſchmecken ſo
garſtig, daß ſie dem Patienten viel ehe
allen Geſchmack verderben, als daß ſie
ihm zur Labung dienen ſolten.
Figure 133. Granatbaum. F. 162. p. 227. | Figure 134. gefüelte granat-blüten F. 161. p. 227. |
Figure 135. Rainblume. F. 165. p. 230. | Figure 136. Eine ganße blu- me vom Arabiſchen Stöchaskraute. F. 164. p. 229. Figure 137. Arabiſches Stöchaskraut. F. 163. p. 229. |
Figure 138. Spicanard. F. 167. p. 237. | Figure 139. Rosmarin. F. 166. p. 229. |
Wir verkauffen ferner eine trockne
Granaten-Conſerva, welche nichts an-
ders iſt, als geſchmoltzner Zucker, dem
man mit ein wenig Concenille, Cremor
Tartari und Alaune eine Farbe gegeben.
Sie iſt ſehr ſchwerlich zu bereiten, ſo daß
ein Zuckerbecker, wo er ſie nicht wohl zu
arbeiten weiß, niemahls zu ſeinem
Zweck gelangen wird, aus der Urſache,
weil man ein klein wenig Alaune dazu
thun muß. Denn unter allen Mate-
rialien iſt dem Zucker nichts ſo ſehr ent-
gegen als die Alaune, welches dann den
Jrrthum dererjenigen zur Gnuͤge er-
weiſet, die da vorgeben, man brauche
die Alaune, den Zucker dadurch fein zu
machen: und es ſind wuͤrcklich vier Un-
tzen Alaune faͤhig 2000. Pfund Zuckers
am geſtehen zu hindern. Allein wieder
auf unſere Conſerve zu kommen; ſo
mag man gewarnet ſeyn, daß ſich nie-
mand zu ſehr damit belege, ſintemahl
gar ſelten darnach gefraget wird. Uber-
diß, wenn ſie einmahl feuchte worden,
und deshalben nicht mag verkauffet
werden, weiß man nicht, was man da-
mit anfangen ſoll; alldieweil ſie nicht
wiederum kan zugerichtet werden, wel-
ches doch mit andern Conſerven gantz
wohl angehet; blos, weil, wie gedacht,
ein wenig Alaun drunter kommt. Kurtz
zu ſagen, die Alaune thut beym Zucker,
was das Oel bey der Dinte.
DAs Stoͤchaskraut wird mit hoͤch-
ſtem Unrechte das Arabiſche ge-
nennt, indem alles, was wir verkauf-
fen, aus Provence und Languedoc
gebracht wird, denn daſelbſt waͤchſt es
in groſſer Menge.
Es iſt aber Stoͤchas die Blume ei-
nes Krautes, deſſen Blaͤtter ziemlich
Siehe Fig. 164.ſchmal und gruͤnlicht ſind. Die Blu-
men wachſen in Form einer Aehren, in
Dicke der Spitze eines Fingers, daraus
kommen die kleinen Bluͤmlein, welche
blau, faſt wie die Veilgen ſind.
Der Stoͤchas wird meiſtentheils
von Marſeille zu uns uͤberbracht, dann
er in Menge auf den Hieres Jnſeln
waͤchſet, welche ehemahls Stœchades ge-
nennet wurden: ſcheinet alſo, ob habe
er ſeinen Namen daher uͤberkommen.
Es wird gar ſelten zur Artzney ge-
braucht, deswegen verkauffen wir auch
gar wenig. Und eben dieſes iſt Urſach,
daß unſer Stoͤchaskraut guten theils
alt und verjahꝛet, ſchier ohne Geſchmack,
Geruch und Farbe, auch gantz zerſtoſſen
iſt, da es doch ſolte ſchoͤne Aehren und ei-
ne blaue Farbe haben. Die Apothecker
zu Montpellier erhalten die Farbe der
Blumen, indem ſie die Blumen, die ſie
den Bauern abgekauffet, alſofort in
Buͤchern trocknen laſſen, und haben ſol-
cher geſtalt guten Stoͤchas, den ſie alle
Jahr verneuen, weil es bey ihnen eine
gangbare Waare.
Wir verkauffen auch auſſer dem Ara-
biſchen Stoͤchas die Bluͤte der StœchadisStœchas citri-
næ.
citrinæ, der etliche den Namen gelber
Amaranth, auch Rainblume, gege-Siehe Fig. 165.
ben. Allein ſein weniger Gebrauch
machet, daß ich nichts davon gedencken
werde. Dieſes Kraut iſt in Provence
und Languedoc uͤberaus gemeine.
Der Arabiſche Stoͤchas wird in
Spanien dermaſſen groß und dicke, daß
man ihn findet, der wie ein kleiner Fin-
ger lang und dicke iſt; es giebt auch ſol-
chen, der weiſſe Blumen hat.
Der Stoͤchas wird vornehmlich
zum Theriac gebraucht, und hat keines
Ausleſens noͤthig, wenn er nur fein
dicke, friſch und rein iſt, auch violblau
ſiehet.
DEr Rosmarin iſt ein ſo gemeines
Kraut, daß es gantz unnuͤtzlich ſeyn
wuͤrde, wenn ich es lange beſchreiben
wolte: wenn auch nicht ſo unterſchiede-
ne Sachen daraus bereitet wuͤrden, mit
denen wir einen anſehnlichen Handel
treiben, wolte ich gar nichts davon ge-
meldet haben. Will alſo bey dem OelRosmarinoͤl.
den Anfang machen, welches aus ſeinen
Blaͤttern und Blumen gezogen wird,
wenn man einen gantzen Hauffen Ros-
marin in einen ausdruͤcklich hierzu ver-
P 2fer-
[]Der Spezereyen und Materialien
fertigten Kolben thut, und eine gebuͤhr-
liche Menge ſchlecht Waſſer dazu geußt,
hernach Feuer drunter macht, und auf
dieſe Weiſe ein weiſſes klares Oel her-
uͤber treibt, welches uͤberaus durchdrin-
gend iſt, und ſtarck riechet, auch viele
herrlich ſchoͤne Eigenſchaften hat. Die
Koſtbarkeit dieſes Oels, zumahl, weil
man ſo gar wenig bekommt, hat etliche
veranlaſſet, daſſelbige zu verfaͤlſchen,
und ein anders dafuͤr unterzuſchieben.
Wie dann die meiſten, die dieſes Oel zu
verkauffen haben, kein anderes, denn
ein ſolches Rosmarinoͤl verkauffen, dar-
unter ſie Spir. Vin. gethan: oder ſie ver-
kauffen Spicoͤl, Lavendeloͤl und andere
aromatiſche Oele an jenes ſtatt, welches
aber gar bald zu verſpuͤren, denn das
wahrhafte Rosmarinoͤl muß weiß, klar
und durchſcheinend ſeyn, von lieblichem
und durchdringendem Geruch.
Dieſes Oel, das man mit allem Recht
die Eſſentz oder das fuͤnffte Weſen des
Rosmarins nennen koͤnte, hat in der
Medicin einen und den andern Nu-
tzen: doch wird es weit mehr von
den Parfumirern und andern Pri-
vatleuten gebraucht, welche zum Theil
ihre Saͤfte und Waſſer damit anma-
chen, zum Theil aber daſſelbe zu Heilung
der Wunden anwenden, denn es ein
herrlich ſpecificum und koͤſtlicher Bal-
ſam zu dergleichen Schaͤden iſt. Dieſe
treffliche Eigenſchaften haben denen auf
dem Theater ſtehenden Marcktſchrey-
ern und Qvackſalbern Anleitung gege-
ben, daß ſie ihre vornehmſte Waare
daraus bereiten, und ſtets bey ihrer auf-
richtigen Rosmarin-Eſſentz und Oel zu
ſchweren pflegen, ob ſchon dieſe ſo ge-
Falſche Ros-
marineſſentz.ruͤhmte Eſſentz blos aus Terpentinoͤle
und Burgundiſchem Peche, das ſie unter
einander geſchmoltzen, zugerichtet, und
hernachmahls mit der rothen Ochſen-
zungenwurtzel gefaͤrbet iſt. Dieſes ver-
kauffen ſie hernachmahls boshafter
Weiſe fuͤr wahres Rosmarinoͤl, und
ſchneiden dergeſtalt ein ziemlich Stuͤcke
Geld aus einer Waare, die ihnen bey
nahe gar nichts koſtet. Auf ſolche
Weiſe wird der gemeine Mann betro-
gen, inſonderheit, wer ſich dergleichen
Springern vertrauet, und verurſachet,
daß redliche Leute ſo gar wenig verkauf-
fen, daß es auch kaum der Muͤhe werth
iſt dran zu gedencken.
Die andere Waare, die wir aus den
Rosmarinblaͤttern ziehen, iſt das ſo ge-
nannte Eau de la Reine d’ Hongrie, das
Ungriſche Waſſer, von dem man vor-Ungriſch
Waſſer.
giebet, es habe ein Einſiedler einer Un-
griſchen Koͤnigin das Recept dazu gege-
ben. Die groſſen Tugenden, die man
an dieſem Waſſer, oder eigentlich zu re-
den, an dem Weingeiſt, damit die Kraft
der Rosmarinbluͤten ausgezogen wor-
den, verſpuͤret hat; ingleichen, daß an-
fangs von dieſem Waſſer ein ſo groſſes
Weſen gemacht, und es folglich aus der-
maſſen theuer verkauffet wurde: wie es
denn wuͤrcklich ſehr theuer iſt, wenn es,
wie ſichs gebuͤhret, bereitet worden iſt:
dieſes alles hat den mehrern Theil derer-
jenigen, die es gemachet, und noch ma-
chen, veranlaſſet, nach Mittel und We-
gen zu trachten, damit ſie es um einen
wohlfeilen Preiß verlaſſen koͤnten, auch
eine gantze Maas ihnen kaum ſo hoch
zu ſtehen kaͤme, als ſonſten ein halb
Stuͤbgen des andern. Und ſicherlich,
wir haben faſt keine eintzige Waare, da-
bey ſo viel Betrug mit unterlaͤufft, als
wie bey dem Ungriſchen Waſſer, abſon-
derlich, wenn man es von Beaucaire,
Montpellier/ und andern Orten in
Languedoc kommen laͤßt; vor allen
aber, wenn es von gewiſſen Leuten iſt
gemacht worden, die ich doch nicht nen-
nen will. Denn die meiſten, die damit
handeln, und eine Handthierung dar-
aus machen, nehmen ſtatt der wohlge-
reinigten Bluͤten und des recht ſtarcken
Weinſpiritus, Spir. Vin. dephlegmati,
den ſie dazu gebrauchen ſolten, zuweilen
die bloſen Blaͤtter; bisweilen auch, daß
die Blumen annoch dabey; und ſchlech-
ten Branntwein, diſtilliren es hernach
zuſammen, und ziehen einen Spiritum
Vini heruͤber, der einen uͤber die maſſen
ſtarcken Rosmaringeruch hat: oder, da-
mit es noch hurtiger zugehe, ſo diſtilliren
ſie den Branntwein allein, ſchuͤtten her-
nachmahls etwas weniges von dem
weiſſen Rosmarinoͤl dazu, und thun es
darauf in die Glaͤſer von unterſchiede-
ner Groͤſſe, die ſie mit ihrem Pitſchaft
verſiegeln und einen Zettel dran kleben,
mit der ordentlichen Aufſchrift: Verita-
ble Eau de la Reine d’ Hongrie, faite par un
tel à un tel lieu: das heißt, aufrichtiges
Ungriſches Waſſer, durch den und den,
an dem und dem Orte gemacht. Ein
herr-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſechſtes Buch.
herrlich teſtimonium ihre Schelmerey
zu bemaͤnteln. Wenn es noͤthig, mein
Vorbringen zu beſtaͤtigen, darff ich nur
aus des Herrn Verin, Apotheckers zu
Montpellier, Apotheckerkunſt im
Tractat von diſtillirten Waſſern das
829ſte Blat, und aus des Herrn Char-
ras Chymiſcher Apotheckerkunſt
das 632. Blatt anfuͤhren, ſo wird man
ſattſam erſehen, wie daß ich nicht der er-
ſte ſey, der wider dieſe Verfaͤlſcher gere-
det. Jch kan es uͤberdiß ſelbſt bekraͤf-
tigen, als der es zum oͤftern an denen-
ſelben Orten habe machen ſehen. Wo
aber auch dieſes nicht genug, will ich
mich auf rechtſchaffene Kuͤnſtler beruf-
fen, und vernehmen, ob es wohl moͤg-
lich, daß einer dieſes Waſſer um einen
ſolchen Preiß, als wie dieſe Kauffleute
zu Paris, verkauffen koͤnne, und das
Glas noch dazu geben, auch noch daruͤ-
ber den Zoll und die Fracht davon be-
zahlen. Wenn ich ihnen dieſes vorge-
halten, antworteten ſie mir, die Blu-
men koſteten ſie ja nichts, worinne ich
zwar mit ihnen eins bin; allein die groſ-
ſen Unkoſten, die ſie ſo wohl auf die Sam̃-
lung der Blumen, als auch dererſelben
Reinigung, aufwenden muͤſſen, benebſt
der Koſtbarkeit des Weinſpiritus, den
ſie dazu gebrauchen ſolten, dieſe wuͤrden
ſchon verwehren, daß ſie es nicht ſo wohl-
feil hingeben koͤnten; denn ſie wuͤrden
ſich genoͤthiget befinden, eine Maas ſo
theuer zu verkauffen, als ſonſt ſechſe:
man wuͤrde auch nicht ſo einen Hauffen
Ungriſch-Waſſer-Kraͤmer ſehen, und
dem gemeinen Beſten duͤrffte gleichfalls
beſſer gedienet werden. Dannenhero
ſey iederman gewarnet, kauffe es ja nir-
gends, als bey erfahrnen Leuten, die
daſſelbe zu verfaͤlſchen unfaͤhig ſind, und
kehre ſich nicht an den Preiß: denn es
iſt unmoͤglich, daß es, wie ſichs gehoͤret,
ſolte koͤnnen bereitet werden, und dem
ohnerachtet, dermaſſen wohlfeil gege-
ben werden. Ob es nun gleich viel ko-
ſtet, dennoch werden diejenigen, die es
kauffen, mehr Nutzen dabey finden, als
bey dem, das ihnen nicht ſo hoch zu ſte-
hen kommt.
Das aufrechte Ungariſche Waſſer
kan an ſeinem lieblichen und anmuthi-
gen Geruch erkannt werden: es iſt kraͤf-
tig, diejenigen, die der Schlag auch
noch ſo heftig getroffen hat, wieder zu
ſich ſelbſt zu bringen, wenn man es ih-
nen vor die Naſe haͤlt und einfloͤſſet; es
vertreibet auch die boͤſe Luft. Derglei-
chen aber wird man faſt bey denen mei-
ſten in Paris nicht finden, ſondern es
hat einen dermaſſen ſtarcken Geruch,
daran ohnſchwer zu mercken, daß es nur
von den Blaͤttern, nicht aber von den
Blumen gemacht ſey. Damit man
alſo deſto beſſer ſehen moͤge, daß das mei-
ſte nur abgezogener Branntwein ſey,
ſo darff man allein etwas weniges in ei-
nen ſilbernen Loͤffel ſchuͤtten, und auf ei-
nen Teller mit Waſſer ſtellen, und Feu-
er drunter machen, dann wird man ſe-
hen, daß mehr als der vierte Theil Feuch-
tigkeit zuruͤcke bleibe, welches nicht ge-
ſchiehet, wenn es mit dem recht ſtarcken
Weingeiſt bereitet worden iſt. Dieſe
Probe iſt ſehr artig, und kan gleicherge-
ſtalt bey dem Weinſpiritus gebrauchet
werden, wie ich an ſeinem Orte weiſen
will.
Das Ungriſche Waſſer wird ſo ſtarck
gebrauchet, und ſeine Kraͤfte ſind ſo be-
waͤhret, daß ich nichts davon melden
mag, ſondern will den Leſer zu denjeni-
gen Buͤchern verweiſen, die davon han-
deln, wie auch in die Zettel, welche die
Verkaͤuffer des alſo genannten Ungri-
ſchen Waſſers umſonſt ausgeben.
Wir verkauffen auch ohne das Ros-Rosmarin-
bluͤten/ Sa-
men u. Saltz.
marinoͤl und Ungriſche Waſſer die ge-
trockneten Bluͤten, den Samen und das
Saltz vom Rosmarin, wiewohl ſehr
wenig, alldieweil gar ſelten darnach ge-
fragt wird. Nicht weniger den Ros-Rosmarin-
bluͤtenzucker.
marinbluͤten-Zucker oder Conſerve:
was den trocknen betrifft, deſſen wird
wenig verthan.
Ferner laſſen wir aus Languedoc
und Provence Spicoͤl bringen, wel-Spicoͤl.
ches aus den Bluͤten und kleinſten
Blaͤttlein eines Krautes gezogen wird,
das die Kraͤuter-verſtaͤndigen Spica,
Spic,Lavendula mas,Lavendel, dasSiehe Fig. 167.
Maͤnnlein,Nardus Italica,Jtalieni-
ſcher Narden, wie auch Pſeudo-Nar-
dus,falſcher Narden zu neñen pflegen.
Dieſes Kraut iſt in Provence und
Languedoc ſo gemeine, daß es weiter
nichts koſtet, als daß man es hohle. Ob
nun gleich diejenigen, die es bereiten,
wenig Unkoſten aufwenden duͤrffen,
und es auch gutes Kauffes geben, den-
noch koͤnnen ſie das Pfund unter 20. bis
P 325. Sols
[]Der Spezereyen und Materialien
25. Sols nicht geben; wir aber muͤſſen
noch mehr Unkoſten thun, bis 25. aufs
Hundert, und ſolches wegen des leichten
Gewichtes, welches dann den Preiß des
Oeles um die Helffte erhoͤhet. Jndeſ-
ſen ſehen wir zu Paris ihrer viele das
Pfund Spicoͤl um 16. und 18. Sols
verkauffen, und zwar unter dem Na-
men des Spicoͤls von der andern Sorte,
damit ſie dergeſtalt den Betrug verde-
cken moͤgen. Andere machens noch
ſchlimmer, und geben es um die Helffte
wohlfeiler, welches aber daher kommt,
daß ſie nichts als Terpentinoͤl, dem ſie
mit ein wenig Peteroͤle eine Farbe wie
Agtſtein gegeben, verkauffen. Doch iſt
dieſe Schelmerey gar bald zu mercken,
dieweil das Spicoͤl weiß ſeyn muß, eines
ziemlich aromatiſchen Geruchs, und ein-
tzig und allein die Sandaraca aufzuloͤ-
ſen vermoͤgend.
Es iſt dieſes Oel vielerley Leuten dien-
lich, z. E. denen Mahlern, Schmieden
und andern. Auch hat es einigen Nu-
tzen in der Medicin, weil es nicht nur un-
terſchiedene Arten der Schaͤden und
Kranckheiten zu heilen vermag, ſondern
auch, weil es zu vielen Galeniſchen com-
poſitionen genommen wird.
Auch laſſen wir von eben denenſelbenAllerley di-
ſtillirte Oele.
Orten Lavendel-Majoran-Thy-
mian-Salbey- und andere Oele von
aromatiſchen Kraͤutern bringen. Doch
hievon kan ich keine beſſere Kundſchaft
mittheilen, als daß man ſich zu redlichen
Leuten halten ſolle, denn es iſt allzu-
ſchwer, wenn man ſie iemand will ken-
nen lernen, indem eines dem an-
dern an Geruch und Farbe nahe genug
koͤmmt.
DAs Epithymum ſieht faſt wie Haare,
und findet ſich auf unterſchiedlichen
Kraͤutern, z. E. auf dem Thymian, da-
her ihm auch der Name Epithymum,
Teigne de Thym, gekommen. Wir ver-
Venetiani-
ſche, Candia-
niſche, inlaͤn-
diſche Thym-
ſeide.kauffen aber zwey Sorten des Epithymi,
eine aus Candien, die andere von Ve-
nedig. Jene ſind lange braune Faſen,
riechen gar aromatiſch: die andere her-
gegen iſt viel kleiner und zerknickt, riecht
aber ſtaͤrcker denn die erſte. Es giebt
auch ſonſt noch eine andere Sorte deſſel-
ben, welche unſere Kraͤuterleute unter
dem Namen Epitbym de pays,inlaͤndi-
ſche Thymſeide verkauffen; ſoll aber
gaͤntzlich verworffen werden, angeſehen
ſie weder Geruch noch Geſchmack hat,
deſſen die andern dagegen genug haben.
Jndeſſen ſoll das Epithymum, das Vene-
tianiſche, ſowohl, als das aus Candien,
fein friſch und wohlriechend ſeyn, auch
ſo wenig, als moͤglich, zerſtoſſen.
Es wird einiger maſſen in der Artz-
ney gebraucht, und zu unterſchiedenen
Galeniſchen compoſitionen genommen.
Wir verkauffen auch ohne das Epi-
thymum eine Art eines Krautes, welches
wir Cuſcute, Podagre, Goute, und Angure
de lin, die Lateiner Podagra oder Anguria
lini, die Teutſchen Flachsſeiden/ heiſ-
ſen. Dieſes Kraut und das Epithymum
ſind einerley, und allein die Kraͤuter, da-
ran dieſe ſich hencken, Urſache, daß die
Namen veraͤndert werden. Zu deſſen
Bekraͤftigung will ich allhier anfuͤhren,
was dem Herrn Tournefort beliebet
hat mir hievon geſchrieben mitzuthei-
len.
Die Flachsſeide iſt einer ſonderbaren
Natur; entſtehet aus einem ſehr zarten
Samen, welcher gantz duͤnne Faͤden,
wie Haare, hervorbringt, die eben ſo-
wohl, als wie die Wurtzel, gar bald ver-
derben wuͤrden, wofern ſie nicht andere
Kraͤuter nahe bey ſich faͤnden, um welche
ſie ſich ſchlingen, die Stengel und deren
Aeſte genau umfaſſen, und ihre Nah-
rung aus dieſer ihrer Schale ziehen
koͤnten. Sie bringt von einer Zeit zur
andern etliche Blumen, die als wie Kuͤ-
gelgen beyſammenſitzen. Dieſe Bluͤm-
lein ſehen wie kleine Becherlein, ſind
weißlicht, faſt fleiſchfarbicht, in vier
Theil zerſchnitten, davon iedes ein noch
ziemlich rundes haͤutichtes Samenbe-
haͤltnuͤß hinterlaͤßt, mit vier oder fuͤnff
zarten braunen, oder grauen Samen
gefuͤllet, welche eben ſo klein ſind, als
wie der Mohnſamen.
Dieſes Gewaͤchſe waͤchſt auf allerley
Kraͤutern, ohne Unterſchied: wie ich dann
mehr als hundert Sorten habe, an die
es ſich gehencket, und man haͤlt dafuͤr,
daß es, indem es von demjenigen Krau-
te, das
[]
Figure 140. groſſer indianiſcher Rarden Fig. 170. p. 237 | Figure 141. Hirculus Fig. 173. p. 238. | Figure 142. Latiſcher Rarden Fig. 173. p. 238. | Figure 143. Frantzöſiſcher Rarden Fig. 171. p. 237. |
Figure 144. Falſcher Rarden Fig. 172. p. 238. | Figure 145. Kleiner indianiſcher Rarden Fig. 169. p. 277. | Figure 146. Rarden ohne [W]uͤrtzel. | |
Figure 147. Satuͤre[y] voller Th[y]m ſeide Fig. 168. p. 235. | Figure 148. Aml Fig. 138. p. 185. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſechſtes Buch.
te, das es umfaſſet, Nahrung erhaͤlt,
auch zugleich deſſelbigen Kraft uͤber-
komme. Jnsgemein wird die Cuſcuta,
die auf dem Flachſe waͤchſt, gebrauchet,
und eigentlich Cuſcuta,Flachsſeide, ge-
heiſſen: denn die auf dem Thymian
waͤchſt und auch zur Artzney gebraucht
wird, heißt Epithymum,Thymſeide.
Sie hat die Kraft, die Glieder zu ſtaͤr-
cken, der Eingeweide Verſtopfungen
bey Seite zu ſchaffen, und den Harn zu
treiben.
Spicanaꝛd odeꝛ Jndianiſcher Nar-
den, ſo des Fingers lang und dicke
Aehren, uͤber und uͤber mit kleinen, ziem-
lich rauhen, rothen Haaren beſetzt, ent-
ſtehet aus einer kleinen Wurtzel, die ſo
dicke iſt, als ein Federkiel, und der Ber-
tram Wurtzel gar gleich ſiehet, nur daß
ſie nicht ſo lang iſt. Man will, der Spi-
canard wachſe buͤſchlicht, hart uͤber der
Erde, und ſtoſſe einen langen, zarten
Stengel hervor: weil ich ihn aber nie-
mahls auf dem Stocke geſehen, derowe-
gen will ich ihn nur alſo, wie wir ihn zu
verkauffen haben, beſchreiben, wie denn
auch ſeine Geſtalt, zuſamt der Wurtzel
auf dieſe Art geſtochen worden, damit
man ſehen moͤge, daß dieſe Wurtzeln
nicht ſo duͤnne ſind, gleichwie die Auto-
res, die davon handeln, vermelden. Jch
habe dergleichen Stuͤcken, die eben ſo
geſtaltet ſind, und unter dem Spica-
nard, den ich fort fuͤr fort vertreibe, ge-
funden worden.
Wir verkauffen aber drey Sorten
Narden: naͤmlich den Jndianiſchen,
der deshalben alſo genennet wird, weil
er aus Jndien kommt, und von dieſem
giebt es zwey Arten, den groſſen und
den kleinen. Die andere Gattung iſt
der Berg-Narden/ und kom̃t aus dem
Delphinat. Der kleine Jndianiſche
Siehe Fig. 169.Narden ſieht, wie die Figur weiſet, iſt
bitter, und hat einen ſtarcken gar an-
Siehe Fig. 170.genehmen Geruch. Der groſſe iſt ſo
lang und dicke, als ein Finger, kommt
ſonſt dem andern ziemlich nahe, auſſer
daß er insgemein viel braͤuner oder roͤ-
ther iſt; daraus zu ſchlieſſen, daß er
nothwendig entweder muͤſſe gefaͤrbet
ſeyn, oder aber, daß ſolches der Unter-
ſchied des Landes verurſachen muͤſte:
Siehe Fig. 171.denn der im Delphinat waͤchſt, iſt maͤu-
ſefahl, inwendig, als ob er mit roͤthlich-
ten Zweigen beſetzt waͤre, und hat eine
Wurtzel, des kleinen Fingers dicke, wel-
che gedrehet iſt, gleich als ob ſie einmahl
waͤre herum gedrehet worden; ſie iſt
auch mit einen Hauffen Zaͤſerlein umge-
ben.
Der Celtiſche Narden/ das ſindSiehe Fig. 172.
kleine ſchuppichte Wurtzeln, voll ziem-
lich langer Zaͤſerlein, daraus entſte-
hen lange Blaͤtter, welche unten ſchmal,
in der Mitten breit, und oben in etwas
zugeſpitzt ſeyn, gelber auf roth ſich zie-
hender Farbe, wenn ſie trucken ſind,
und alſo, wie wir ſie verkauffen. Mit-
ten aus den Blaͤttern ſteigt ein kleiner
ohngefehr des halben Fuſſes hoher Sten-
gel hervor, an deſſen Ende ein Hauffen
goldgelber kleiner Bluͤmlein, wie kleine
Sternlein ſitzen. Dieſer Narden wird
in Buͤndlein, von unterſchiedenen Or-
ten hergebracht, meiſtens aber von den
Alpen/ von dannen wir ihn uͤber Mar-
ſeille und Rouan bekommen.
Der Celtiſche Narden wird ſchier
zu nichts, denn zum Theriac, gebrauchet,
dazu aber eine lange und beſchwerliche
Zubereitung deſſelben noͤthig iſt. Denn
man muß ihn zuvor eine geraume Zeit
in den Keller legen, damit er feuchte wer-
de, und man die kleinen Wuͤrtzelgen fein
wohl reinigen koͤnne, alldieweil dieſe ein-
tzig und allein unter gemeldte compoſi-
tion kommen.
Auch muß man auf unterſchiedliche
kleine Kraͤutlein, die zwar nicht drunter
gehoͤren, und dennoch gemeiniglich ſich
dabey befinden, Achtung geben, als da
iſt der falſche Narden/Hirculus, undSiehe Fig. 173.
andere mehr.
Man ſoll den kleinen Jndianiſchen
und den Celtiſchen Narden erwehlen,
der ſo friſch iſt, und ſo ſtarck riecht, als
immer moͤglich: hingegen ſoll man den
groſſen Jndianiſchen nur in Erman-
gelung des kleinen gebrauchen; den von
den Gebirgen aber gantz und gar ver-
werffen. Jedoch, weil der kleine Jndia-
niſche Narden ſo gar theuer iſt, dahero
verkauffen wir ſeiner ſehr wenig; wie-
wohl
[]Der Spezereyen und Materialien
wohl dieſes allein daher kommt, daß die
Apothecker, an ſtatt ſie ihn zu dem Syrupo
de Cichorio compoſito und zu andern
Galeniſchen compoſitionen, dazu er von
Rechtswegen kommen muß, gebrau-
chen ſolten, den Zimmt dafuͤr nehmen,
und zur Urſach vorgeben, es hinderte
blos ſein ſtarcker Geruch, daß ſie ihn
nicht gebrauchten: welches ſie aber
ſicherlich nicht ſagen wuͤrden, wenn der
Spicanard wohlfeiler waͤre, als der
Zimmt.
VIſnaga, auch Biſnaga, ſind die Spitz-
lein und Stiele der Dolden oder
Kronen eines Gewaͤchſes, welches haͤuf-
fig in Tuͤrckey waͤchſt, von dannen al-
les, was wir verthun, gebracht wird.
Doch wird es auch in Franckreich gefun-
den und erbauet, meiſtentheils aber nur
in dem koͤniglichen Garten zu Paris.
Von dem gantzen Gewaͤchſe verkauffen
wir nichts als die Stiele, weil die vor-
nehmen Leute es den Tuͤrcken nach-
thun, und ſich dererſelben an ſtatt der
Zahnſtocher bedienen, zumahl, da ſie ei-
nen angenehmen Geſchmack haben.
Was die Wahl dieſer Stiele betrifft,
da braucht es weiter nichts, als daß ſie
fein gantz ſeyn muͤſſen, ſo dicke und gelb-
licht, als nur moͤglich.
WJr verkauffen auch auſſerhalb der
Biſnaga eine gewiſſe violbraune
Blume, die wir aus Provence und
Siehe Fig. 175.Languedoc kommen laſſen: weil ſie
nun blau, und denen getreugten Veil-
gen aͤhnlich ſiehet, deswegen hat man
ihr den Namen Veilgen gegeben, und
um eben dieſer Urſache willen gebrau-
chen ſie die Apothecker zu unterſchiede-
nen compoſitionen, dazu ſie die Mer-
tzenveilgen brauchen ſolten, welches
doch ein grauſamer Schnitzer iſt, wie
Charras in ſeiner Pharmacop. edit. in 4.
pag. 334. ſehr wohl angemercket hat.
Man laſſe ihm dahero nochmahls ge-
ſaget ſeyn, daß dieſe keine rechten Veil-
gen, ſondern desjenigen Gewaͤchſes
Blumen ſind, welches von den Botanicis
Viola tricolor erecta, an Jovis flos Theo-
phraſti, B. Pinac. Viola Martia ſurrectis cau-
liculis Joh. Lobel. Aſſurgens tricolor Dod.
genennet wird. Jm Frantzoͤſiſchen
heißt ſie fleur de la Trinité,Dreyfaltig-
keitsblume, weil ſie, wenn ſie noch
friſch iſt, drey Farben hat, violbraun,
blau und gelb. Weil demnach dieſe
Blumen den rechten Veilgen pflegen
ſubſtituirt zu werden, deswegen moͤgen
die Kauffleute ſich berichten laſſen, und
keine mehr verſchreiben, ſondern ſie viel-
mehr ſamt denen, die eine gelbe Blume
haben, nach Alexandria in Egy-
pten ſenden, woſelbſt ſie von den
Egyptiern gar ſehr geſucht, und in
Waſſer gekocht, als wie Bier gebrauchet
werden; wie auch das Waſſer, welches
nicht ſo gar gut iſt, damit zu verbeſſern;
und denn, weil dieſes decoctum und ab-
geſottene Waſſer die fallende Sucht
curiret, den Lungenkranckheiten wi-
derſtehet, und die Bruſt ſtaͤrcket. Man
koͤnte ſich deſſen bey uns gleicher geſtalt
bey gedachten Zufaͤllen bedienen, allein
es muͤſten auch die Apothecker zu denen-
jenigen compoſitionibus, dazu die Mer-
tzenveilgen erfordert werden, den Vio-
lenſamen nehmen, und nicht die Violen,
die wir verkauffen, denn dieſelben ſind
keine Mertzenviolen.
Von den feuchten und trucknen Veil-
gen-Conſerven oder Zucker und dem
Veilgenſafte will ich nichts gedencken,
es handeln die PharmacopϾ der Herren
Bourdon und Charras zur Gnuͤge
davon, daſelbſthin kan der Leſer ſeine
Zuflucht nehmen. Doch will ich ſagen,
daß der Veilgenſaft ein Syrup ſey, der,
weil er nur blos uͤber dem Feuer aufge-
wallet hat, ſehr ſchwerlich laͤnger als ein
Jahr zu erhalten iſt. Damit man aber
verhindere, daß die Farbe nicht verſchieſ-
ſe, er auch nicht jaͤhre, ſo muß man ihn,
nach dem Exempel derjenigen Confitu-
rirer und Apothecker, die ſich auf ihre
Kunſt recht wohl verſtehen, in kleine
Kruͤge thun, und klein geſtoſſenen Zu-
cker drauf ſtreuen, ſie hernach wohl ver-
ſtopfen, und an einen temperirten Ort,
ohne
[]
Figure 149. Veilgenſtock Fig. 175. p. 239. | Figure 150. Viſnaga Fig. 174. p. 239. | |
Figure 151. Groß uͤ. klein Lacao auͤs den Jnſeln Fig. 196. p. 266. | Figure 152. Lacao Fig. 194. p. 265. | Figure 153. Groß uͤ. kleitt Laraguͤa Fig. 195. 266. |
Figure 154. Muſcatnuͤß, ſo noch mit der Blüte bedecket Fig. 192. p. 261. Figure 154. Muͤſcatnuͤß, das Weiblein Fig. 191. p. 259. | Figure 155. Muͤſcatnuͤß, darauͤs dieſer Stengel mit be[y]den Blättern entffroſſen. | Figure 156. Muͤſcatnuͤß das Männ- lein Fig. 190. p. 259. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſechſtes Buch.
ohne ſie zu bewegen, verſchlieſſen. Durch
dieſes Mittel, und wenn der Saft recht
zubereitet worden, kan man ihn ein
Jahr lang ſo ſchoͤn erhalten, als ob er
erſt gemachet worden waͤre: ich ſelbſt
kan verſichern, daß ich ihn anderthalb
Jahr lang gut erhalten habe. Was
die Conſerven betrifft, damit muß man
ſich wohl in Acht nehmen, abſonderlich
mit der trocknen, denn was die Zucker-
becker verkauffen, iſt meiſtentheils nichts
anders, als Zucker, Violenwurtz und
Jndich: jene giebt ihr den Geruch, und
dieſer die Farbe. Dieſen Betrug aber
verurſachet, daß der rechte Veilgenzu-
cker ziemlich ſchwer zu machen iſt, ſich
nicht lange haͤlt, auch um ein gutes hoͤ-
her zu ſtehen kommt, denn dieſe falſche
Conſerva. Doch ruͤhret es auch guten
theils daher, daß die Leute, die ſolche
Sachen noͤthig haben, ſo gar geitzig ſind,
und wenig darnach fragen, ob ſie ſchon
betrogen werden, wenn ſie nur fein
wohlfeil einkauffen koͤnnen.
Ohne dieſe Sorten der Blumen ver-
kauffen wir auch die getrockneten Blu-
men vom rothen Mohn, Huff lattich,
Katzenfuß, Schafgarbe, Tauſend-
guͤldenkraut/ Mayenbluͤmlein, und
ſo fort. Wiewohl ich bereits in vorher-
gehendem Buche erinnert habe, daß wir
ihrer zu Paris gar wenig verkauffen,
weil es allhier Kraͤuterleute giebt, die ſie
das gantze Jahr uͤber, bald gut, bald
ſchlecht genug, aufzuheben bemuͤhet le-
ben. Jch ſage gut und ſchlecht, denn
es ſind ihrer, die eben ſo viel davon wiſ-
ſen, was Kraͤuter ſind, oder wie und auf
was Weiſe ſie aufzubehalten, alswenn
ich mich wolte mit einer Waare ver-
mengen, von der ich keinen Verſtand
haͤtte: welches uns dann noͤthiget, daß
wir und die Apothecker, ſie das gantze
Jahr hindurch aufzubehalten, beſorget
muͤſſen ſeyn.
Ende des Buchs von Blumen.
JN dieſem Buche will ich alles beſchlieſſen, was nur den Namen ei-
ner Frucht fuͤhren kan; ja alles/ was unmittelbar nach der Bluͤte
aus den Kraͤutern, Stauden und Baͤumen entſtehet. So will
ich auch darunter begriffen haben, alles und iedes/ was daraus kommt,
es ſey nun von ihrer eignen Natur, oder eineExcreſcentzund Auswurff/
z. E. der Miſtel an der Eichel, der Lerchenſchwamm am Lerchenbaum/
und andere mehr: dabey ich dann zugleich von demjenigen, was man
aus dieſen Fruͤchten macht oder ziehet, handeln werde.
Gemeiniglich aber werden die Fruͤchte in zweyerley Geſchlechte
abgetheilet, naͤmlich/ in Fruͤchte mit kleinen Kernen, und in Fruͤchte mit
groſſen Nuͤſſen. Auch ſagt man/ es beſtuͤnden die Fruͤchte aus dreyen
weſentlichen Stuͤcken/ naͤmlich der Haut, die wir auf FrantzoͤſiſchPelure
nennen, demparenchymaoder Fleiſch, und den Fibern oder Faſen. Es
giebt aber auch Fruͤchte/ deren Kerne mit einer Capſel, die den Samen
beſchließt/ bedecket ſind/ andere hergegen haben keine.
DEr weiſſe Pfeffer iſt die
Frucht eines kriechenden
Gewaͤchſes, deſſen Blaͤtter
unſern Johannisbeerblaͤt-
tern durchaus aͤhnlich ſe-
hen; hernach wachſen die kleinen Traͤub-
lein, mit runden Koͤrnern beſetzt, wel-
che zu anfangs gruͤn ſind, und denn,
wenn ſie reiff worden, eine graulichte
Farbe uͤberkommen.
Weil ſich das Pfefferkraut nicht allei-
ne aufrecht erhalten kan, derowegen
pflantzen es die Einwohner derſelbigen
Oerter unten an dieſe oder jene Baͤume,
z. E. an die Areca, Cocus und andere
dergleichen Baͤume. Dieweil aber die-
ſer Pfeffer ſo gar ſelten zu uns kommt,
deshalben halten ihrer viel dafuͤr, daß
es gar keinen weiſſen Pfeffer gebe, ſon-
dern es ſey lauter ſchwartzer Pfeffer,
dem die Haut abgezogen. Allein, gleich-
wie ich ſattſam verſichert worden, daß
es allerdings weiſſen Pfeffer gebe, ob er
gleich viel rarer ſey, als der ſchwartze,
alſo habe ich mich auch verpflichtet er-
achtet, ſolches allhier anzufuͤhren, zu-
Siehe Fig. 176.gleich auch die Figur ſtechen zu laſſen.
Zu mehrern Beweiß, wie naͤmlich Oer-
ter ſeyn, allda der weiſſe Pfeffer zu
finden, kan dienen, daß der Herr Fla-
court, Gouverneur auf der Jnſel Lau-
rentius oder Madagaſcar wohl
ſchwerlich in ſeinem Buche mit aus-
druͤcklichen Worten wuͤrde geſchrieben
„haben, Lalé Vitſie iſt der wahrhafte
„weiſſe Pfeffer/ und waͤchſt auf einem
„Rancken, deſſen Stengel und Blaͤtter
„eben als wie Pfeffer ſchmecken. Es
„waͤchſt in dieſem Lande ſein ſo viel, daß
„auſſerhalb Kriegszeiten, und wenn ei-
„ne rechtſchaffene Frantzoͤſiſche Volck-
„pflantzung allda waͤre, mit der Zeit
„ein groſſes Schiff jaͤhrlich damit koͤnte
„belaſtet werden; denn die Hoͤltzer ſind
„uͤberall, ſonderlich zu Manghabei,
„damit angefuͤllet. Er iſt der Holtz-
„und Turteltauben Nahrung, und
„wird im Auguſt, September und Octo-
„ber zeitig. Ob nun gleich unterſchie-
dene Scribenten, darunter auch Wil-
helm Piſo in der Jndianiſchen Hiſto-
rie, und nach ihm Charras anmer-
cken, daß es keinen weiſſen Pfeffer von
Natur gaͤbe, ſo kan ich doch nicht um-
hin das Gegentheil zu glaͤuben, weil dem
Pfeffer unmoͤglich die Haut kan abgezo-
gen, und er ſo gleich gemachet werden,
wie gleichwohl der weiſſe Pfeffer iſt, den
uns die Hollaͤnder uͤberſenden. So
ſiehet man uͤberdiß die Haut noch dran,
wenn man ihn zerſchlagen hat, welches
denn ein unfehlbares Merckmahl, daß
ſie niemahls davon genommen worden.
Dazu, wenn auch dieſer Pfeffer ſolte ge-
ſchaͤlet worden ſeyn, wuͤrde man den-
noch viel Koͤrner drunter finden, an de-
nen die runtzlichte Haut annoch ſaͤſſe,
denn es iſt eine ausgemachte Sache, daß
unter dem Pfeffer, der in Holland ge-
ſchaͤlet und gebleichet wird, allezeit faſt
der dritte Theil noch mit der runtzlichten
Haut bedecket iſt.
Jhm ſey nun wie ihm wolle, man ſoll
den weiſſen Pfeffer erwehlen, welcher
ſicher und gewiß aus Holland uͤber-
kommen, dabey recht dicke, voͤllig, wich-
tig und mit ſo wenig ſchwartzen Pfeffer-
koͤrnern und Staube, als immer moͤg-
lich, vermiſchet ſey. So mag man auch
Acht haben, daß es kein gebleichter ſey,
welches alſofort zu mercken, wenn man
ihn ein wenig in den Haͤnden reibt, denn
wo er gebleichet iſt, wird ſeine mehlichte
und weiſſe Farbe gar bald in gelb ver-
wandelt werden. Zudem, ſo ſiehet man
auf dem ohngebleichten Coriander-
pfeffer eine Art Striemen, als wie
Ribben, und wenn er geſtoſſen worden,
muß er angenehme grau, auf weiß ſich
ziehend, ſehen.
Wir zerquetſchen und machen den
weiſſen Corianderpfeffer zu einem
groͤblichten Pulver, und gieſſen Ambra-
eſſentz daruͤber; welches alſo zugerich-
tete Pulver ambrirter Pfeffer oderAmbrirter
Pfeffer/ poi-
vre à la Ber-
gerac.
Poivre à la Bergerac genennet, und nur
von vornehmen Leuten gebrauchet
wird.
Figure 157. Weiſer Pfeffer ſo einen Are aa baum Hinanlauͤfft F. 176 | Figure 158. Scwartz er Pfeffer, ſo einen Aoiiay baum hinan laufft F. 177. p. 245. Figure 159. Scwartz Pfefferbl F. j78. p. 245. | Figure 160. Langer Ameriani ſeher Pfeffer F. j82. p. 25j. | |
Figure 161. Cuͤbeben ſo ein Pfeffer bauͤm, de Thevet genant, hin ankriegen F. j79. p. 249. | Figure 162. Schwartzer langer Pfeffer oder Pfeffer auͤs Edhiopien F. j84. p. 252. | Figure 163. Meraxuchitl. F. j83. p. | Figure 164. Langer jndianiſcher Pfeffer. F. j8j. p. 25j. |
Figure 165. Dreÿerleÿ Horten jndianiſchen Pfeffer. | |||
Figure 166. F. j86. p. 252. | Figure 167. F. j86. p. 253. | Figure 168. F. j87. p. 254. | |
DEr ſchwartze Pfeffer iſt gleich-
falls einer kriechenden Pflantze
Frucht: Derſelben Blaͤtter ſind groß,
voll Adern und Striche, auch mit ſieben
ſehr ſtarcken Nerven oder Ribben ver-
ſehen.
Die Holl- und Englaͤnder ſenden
uns drey Sorten ſchwartzen Pfeffer/
welche blos darinne von einander un-
terſchieden, daß ſie nicht an einem Orte
gewachſen ſind. Der erſte und ſchoͤnſte
iſt der von Malabar: der naͤheſte nach
dieſem, der ihm auch ziemlich beykommt,
der von Jamby. Der dritte iſt der ge-
ringſte, trucken und ausgedorrt; kommt
von Balipatam. Ob nun gleich der
von Balipatam der ſchlechteſte unter
allen iſt, dennoch wird er von den Ma-
hometanern am hoͤheſten gehalten:
denn ie kleiner der Pfeffer, ie mehr We-
ſens machen ſie davon, und geben zur
Urſach an, daß der Pfeffer deſto mehr
Koͤrner habe, ie kleiner er ſey, ſey auch
nicht ſo hitzig, als wie der dicke; wel-
ches auch die Urſach iſt, daß die Hollaͤn-
der ſo gar ſelten dergleichen kleinen Pfef-
fer zu uns bringen. So koͤnnen ſie auch
den dicken Malabariſchen Pfeffer
viel wohlfeiler geben, als andere Natio-
nen, ſintemahl ſie ihn niemahls um baar
Geld einkauffen, ſondern ihre mitge-
brachten Waaren, Queckſilber, gantzen
und geriebenen Ziñober, desgleichen zu-
weilen Opium und Cotton, an die Ma-
labaren dafuͤr vertauſchen. Und ob-
ſchon die Englaͤnder dieſen Pfeffer um
baares Geld erkauffen, ſelbigen auch
viel wohlfeiler bekommen als die Hol-
laͤnder, dem ohnerachtet koͤnnen ſie ihn
doch nicht um einen ſo ſchlechten Preiß,
wie dieſe Hollaͤnder geben, als welche
gemeiniglich cento pro cento an ihren
Waaren, die ſie ihnen verkauffen, ge-
winnen, welches zugleich verurſachet,
daß die Englaͤnder mit genauer Noth ei-
nen Ballen Malabariſchen Pfeffer auf
ein Lot, das ſind zehen Ballen ſchwar-
tzes Pfeffers, zugeben koͤnnen: dazu iſt
auch der Pfeffer, den wir aus England
bekommen, nie ſo ſchoͤn, noch ſo dicke,
als der, den wir aus Holland bekom-
men.
Man ſoll aber den ſchwartzen Pfef-
fer erwehlen, welcher recht voͤllig, nicht
zu ſehr eingeſchrumpfen und fein ſchwer
iſt, darunter auch viel weiſſe Koͤrner,
hingegen ſo wenig Staub iſt, als nur
moͤglich. Auch mag man Acht haben,
daß es nicht ſolcher Pfeffer ſey, daraus
der dickſte geleſen, und weiſſer davon ge-
macht worden, welches nicht ſelten ge-
ſchicht, abſonderlich da einige Kauffleu-
te zu Rouan und Paris, als wie in
Holland, die iedoch Ehrenthalben nicht
zu nennen, den Pfeffer zu bleichen an-
gefangen haben: welcher Betrug ieden-
noch ſtracks zu erkennen, alldieweil der
ſchwartze Pfeffer, welcher gebleichet
woꝛden, und aus dem ſie die dickſten Koͤr-
ner heraus geſuchet, im Waſſer nicht zu
Boden faͤllt, ſondern oben auf ſchwim-
met; auch, wenn man ihn mit den Haͤn-
den trucket, gantz leichtlich entzwey
bricht.
Dieweil der allermeiſte Theil des
Pfeffers, ſo weiß, als ſchwartzer, geſtoſ-
ſen verkaufft wird, deshalben ſoll man
ihn nirgends, denn bey redlichen Kauff-
leuten kauffen, maſſen aller Pfeffer, den
die Hauſirer zu verkauffen haben, nichts
anders iſt; was den weiſſen betrifft; als
die Epices d’ Auvergne, oder auch wohl
ſchwartzer Pfeffer, den ſie mit geſtoſſe-
nem Reiſſe weiß gemacht: der ſchwartze
aber iſt nichts anders denn Staub, oder
Brodrinde, oder die Epices d’ Auvergne
griſes, oder auch Paradiskoͤrner; daher
auch dieſe Betruͤger ihren Pfeffer, um
15. bis 16. Sols das Pfund, wohlfeiler
geben koͤnnen, als er ihnen zu ſtehen
koͤmmt, wenn ſie gantze Ballen kauffen.
Allein, ſie thun ehrlichen Leuten, die der-
gleichen Schelmereyen zu veruͤben ſich
nicht entſchlieſſen koͤnnen, groſſen
Schaden.
Der ſchwartze Pfeffer wird nicht an-
ders, als wie der weiſſe, gebraucht, hat
auch wegen ſeiner groſſen Hitze einen
und andern Nutzen in der Artzney, und
wird daher zu unterſchiedenen erwaͤr-
menden Artzneyen, als da iſt der The-
riac und andere, genommen.
Von dem Staub und Unrath des
Pfeffers will ich nichts vermelden, denn
ſie ſind nicht werth, daß ſie ein Menſch
zu ſich nehme, ſo wohl als wie die Epices
Q 2d’ Au-
[]Der Spezereyen und Materialien
d’ Auvergne, die man lieber in die Luft
ſtreuen, als gebrauchen ſolte, auch die-
jenigen noch dazu ſtraffen, die ſie ver-
kauffen, oder gebrauchten, indem ſie
der ſchaͤdlichſt- und gefaͤhrlichſten Sa-
chen eine ſind, die wir haben.
Es ſind auch eben die Epices d’ Auver-
gne und der Pfefferſtaub Schuld und
Urſach, daß zu Paris nicht 1000. Ballen
Pfeffer des Jahrs vertrieben werden,
welche doch ſonſt verthan wuͤrden, da-
fern man dieſe vermaledeyete Waare
nicht kommen lieſſe. Jedoch koͤnten
die Herren Generalpachter dieſem Un-
fug gar wohl vorkommen, und zwar
um zweyerley Urſache willen. Erſtlich
des gemeinen Nutzens halber: fuͤrs an-
dere, wegen des Verluſts, den ſie ſelbſt
dabey leiden. Sie koͤnten aber dem
Dinge gar leichte abhelffen, wenn ſie
nur den Pfeffer, ſo bald er in Franck-
reich ankommen, ſieben lieſſen, und die-
jenigen zu hoher Strafe zoͤgen, welche
dergleichen Waaren kommen lieſſen,
und ſelbige verkaufften, oder auch ge-
brauchen, dabey allen denenjenigen zu
handeln unterſagten, welche auf Rech-
nung und Conto ihrer Fꝛeunde handeln,
das iſt, die ſich fuͤr Großirer ausgeben,
und haben doch nicht das geringſte, das
ihr eigen iſt. Und eben dieſe Commiſ-
ſionarien ſind es, die ſolche Unordnung
anrichten, indem ſie allerley Waaren
empfangen, davon ſie oͤfters kaum eine
einige kennen. Dergeſtalt betruͤgen ſie
das gemeine Weſen, und verhindern ein
Hauffen rechtſchaffener Kauffleute, wel-
che den Eyd, den ſie abgeleget, als ſie
in die Kauffmannsinnung aufgenom-
men worden, nicht brechen wollen, ſich
nicht unterſtehen moͤgen zu handeln,
weil jene die Waaren, die ihnen doch
nicht einmahl zuſtehen, alſo wohlfeil
hingeben, und dennoch daruͤber qvitti-
ret werden, wenn ſie nur denenjenigen,
denen die Waaren zugehoͤren, einen
Schein, von zweyen Kauffleuten ihres
Gelichters, unterſchrieben, er ſey nun
falſch oder recht, zuſamt dem Preiß,
darum ſie die Waaren verkaufft haben,
uͤberſenden. Wenn man aber ſolchen
Kauffleuten das Handwerck legte, wuͤr-
de nicht von ſoviel Banqveroten gehoͤ-
ret werden, als wie ietzo, ihnen ſelbſt
aber koͤnte auf zweyerley Weiſe ein
Dienſt geſchehen. Denn fuͤrs erſte,
wuͤrden ſie niemand mehr betruͤgen:
zum andern, duͤrfften ſie ſich nicht ſo ofte
bemuͤßiget finden, ihre Sachen zuſam-
men zu packen, indem ſie Wechſelbriefe
acceptiren muͤſſen, wollen ſie anderſt
Waaren haben: wann dann die Zah-
lungszeit herbey kommt, muͤſſen ſie ent-
weder zu den Banqvirern und den
Schoͤppen von Jeruſalem ihre Zuflucht
nehmen, oder aber gar Banqverot ſpie-
len, alldieweil es Leute ſind, die mehren-
theils nichts als ihre Briefe, daß ſie in
die Jnnung aufgenommen worden, ha-
ben, ja dieſe noch wohl ſchuldig ſind. Se-
het, alſo wird ietziger Zeit die Handlung
zu Paris getrieben: welchem Unweſen
aber zu ſteuern die Obrigkeit und Vor-
ſtehere unſerer Jnnung erſuchet wer-
den. Von andern Staͤdten will ich
nicht reden, weil mir nicht bewuſt iſt,
wie ſie ſich daſelbſt auffuͤhren.
LEs Epices fines, die feinen Speze-
reyen/ ſind ein Gemenge unterſchie-
dener mit einander vermiſchter Gewuͤr-
tze. Damit nun dem Mißbrauch, der
bey Zuſammenſetzung dieſes Gemen-
ges ſich einſchleichet, moͤge vorgebauet
werden, als habe ich fuͤr gut befunden,
das Recept davon allhier mitzutheilen,
welches iederzeit als gut aufgenommen
worden, dabey ſich auch die Jahrkoͤche
gar wohl befunden haben.
Nehmet derowegen
Von dieſen muß ein iedes Stuͤck ab-
ſonderlich zu Pulver geſtoſſen, und durch
ein zartes Sieb geſtaͤubet, hernach mit
denen andern wohl vermiſchet, und in
wohlverwahrten Geſchirren zum Ge-
brauch verwahret werden.
Wobey zu mercken, daß der meiſte
Theil dererjenigen, die dieſe Spezereyen
zurich-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
zurichten, an ſtatt des Pfeffers Pfef-
ferſtaub, an ſtatt der Naͤglein den Pfef-
fer aus Jamaica oder den Naͤglein-
zimmt, und an ſtatt der Mußcaten den
weiſſen Coſtus nehmen, oder ſonſt eine
gewiſſe Rinde: wiewohl ich nicht erfah-
ren koͤnnen, was es ſey, auſſer, daß ſie
aus Jndien gebracht werde, und der
Canella matto ſo gleich ſehe, daß man
ſie unmoͤglich davon unterſcheiden koͤn-
ne, als durch den Geſchmack, welcher
gantz und gar anders. Denn die-
ſe unbekannte Rinde habe einen ver-
miſchten Geſchmack, wie Saſſafras,
kleiner Galgant und Naͤglein unterein-
ander. Die ſie verkauffen, nennen ſie
Naͤgleinzimmt, Naͤgleinholtz, auch
Zimmtholtz/ und ſagen, es ſey die Rin-
de vom Naͤgleinbaume, welches aber
falſch iſt, und halte ich ſie, meines Orts,
fuͤr die Rinde einer oder der andern Art
Saſſafras. Doch darff man ſich auf
dasjenige, was ich allhier vermelde,
nicht verlaſſen, weil ich deſſen ſelbſt nicht
recht gewiß bin. Dem Jngber zwar
geben ſie keinen Subſtituten, weil er
ohnediß ſpottwohlfeil iſt, iedennoch aber
nehmen ſie alles wurmſtichichte, das ſie
nur finden koͤnnen, dazu, welches, mit
wenigen zu ſagen, viel eher ſolte ins Feu-
er geſchmiſſen, als gebrauchet werden;
und ſagen zu ihrer Entſchuldigung,
man koͤnne es viel eher zu Pulver ſtoſ-
ſen.
DJe Cubeben,poivre à queue ou
muſqué,geſchwaͤntzter oder mo-
ſchirter Pfeffer, ſind kleine Fruͤchte,
dem ſchwartzen Pfeffer dermaſſen aͤhn-
lich, daß, wo ſie nicht ein kleines
Schwaͤntzlein haͤtten, und etwas grauer
als der Pfeffer ſaͤhen, ſie kein Menſch
wuͤrde von einander unterſcheiden koͤn-
nen.
Es waͤchſt dieſe Frucht gleichfalls auf
einer kriechenden Pflantze, deren Blaͤt-
ter laͤnglichtrund und ſchmal ſind, nach
welchen die mit dieſen Fruͤchten belaſtete
Trauben folgen, an die ſie mit kleinen
Stielgen geheftet ſind. Die Jnſel Ja-
va, Maſcaregna und Bourbon brin-
gen die Cubeben in Menge hervor.
Man ſoll aber diejenigen erwehlen,
die fein dicke ſind, fein vollkommen, und
ſo wenig runtzlicht, als nur ſeyn kan.
Die Cubeben werden einiger maſſen
in der Artzney gebraucht, ihres ange-
nehmen Geſchmacks halber, bevoraus,
wenn man ſie im Munde haͤlt, und nicht
kaͤuet: alſo gebrauchet, ſind ſie unver-
gleichlich gut einen lieblichen Athem zu
machen, auch die Verdaͤuung zu befoͤr-
dern.
DJeſer iſt eine kleine runde Frucht, ſo
groß als wie der weiſſe Pfeffer, roͤth-
licht von Farbe, und hat an dem einen
Ende gleichſam ein kleines Kroͤnlein.
Weil aber dieſer Pfeffer wegen ſeiner
Seltſamkeit gar nicht im Gebrauch iſt,
ſo verurſachet ſolches, daß ich nichts da-
von vermelden werde, ſondern nur ſa-
gen, daß er einen lieblichen aromatiſchen
Geſchmack habe. Der Baum der ihn
Siehe Fig. 180.traͤgt, ſieht ſo, wie er in der Figur abge-
bildet iſt.
Die Hollaͤnder haben ietzgedachten
Pfeffer auch Amomi genennet, weil er
nicht nur einige Gleichheit mit dem
Pfeffer aus Jamaica hat, ſondern
auch faſt eben alſo ſchmecket. Weil er
gleichſam rund iſt, darneben einen Naͤg-
lein Geſchmack hat, deswegen iſt er petit
girofle rond,kleine runde Naͤglein, ge-
nennet worden, damit man ihn derge-
ſtalt von der Naͤgleinnuß oder der
Nuß von Madagaſcar unterſchei-
den koͤnne; ſonſt wird er eben als wie
die gemeinen Naͤglein gebraucht.
Jn Braſilien finden ſich Baͤume,
welche kleine Fruͤchte tragen, die ſo groß
ſind, als wie der Pfeffer aus Jamaica,
welches entweder von dem Boden, oder
von der Natur des Baumes herruͤhret.
Dieweil ſie mir aber niemahls zu Ge-
ſichte gekommen, habe ich fuͤr gut erach-
tet, allhier beyzubringen, was mir ein
guter Freund davon berichtet.
Caryophylli Plinii, des Plinius Naͤg-
lein, ſind die runden, ſchwartzbraunen
Q 3Beeren
[]Der Spezereyen und Materialien
Beeren des Americaniſchen Baumes
Canunga/ der beym Hernandez be-
ſchrieben ſtehet. Sie ſind ſo groß, als
wie der Pfeffer, und oben wie ein Na-
bel geſtaltet, und beſchlieſſen in einem
duͤnnen Haͤutlein und ſchwammichten
Weſen oder Fleiſche, zwey kleine ſchwar-
tze Kerne, die mit einem zarten Haͤut-
lein umgeben ſind, und wie Naͤglein
ſchmecken und riechen, wiewohl nicht ſo
gar ſtarck: ſonſt werden ſie Amomum
genennet.
Die Rinde dieſes Baumes wird in
unſern Apothecken Caſſia caryophyllata
genennet, und giebt es dreyerley Gat-
tung dieſer Baͤume, welche aber nur
durch die Groͤſſe ihrer Fruͤchte von ein-
ander unterſchieden werden. Sie ha-
ben einerley Kraft mit den Naͤglein,
auch einen ſolchen Geruch und Ge-
ſchmack. Das Naͤgleinoͤl faͤllt zu Bo-
den, das aber aus dieſen bereitet wird,
ſchwimmet oben auf. Herrmann haͤlt
dafuͤr, dieſe Fruͤchte ſeyen das rechte
Amomum der Alten, wie ſie denn auch
in unſern Apothecken Amomum genennt
werden.
DEr lange Pfeffer iſt die Frucht ei-
nes Gewaͤchſes, welches eben alſo
ſiehet, als wie dasjenige, das den ſchwar-
tzen Pfeffer traͤgt, ausgenommen, daß
es nicht ſo hoch laͤufft, und gemeiniglich
die Geſtalt einer Stauden uͤberkommt,
ſich auch ſelbſt aufrecht erhaͤlt, indem es
gewoͤhnlich einen ſtarcken Stamm hat;
dazu ſind die Blaͤtter viel zarter und klei-
ner, haben auch keine ſo lange Stiele.
Der Oſtindiſche lange Pfeffer,
den wir insgemein zu verkauffen pfle-
gen, iſt eine Frucht, die ſo lang und di-
cke, als eines kleinen Kindes Finger.
Oder deutlicher zu reden, es iſt nichts an-
ders, denn ein Hauffen kleiner Koͤrn-
lein, die von auſſen ſo ein wenig roth,
inwendig ſchwaͤrtzlicht ſind. Jn iedwe-
dem Koͤrnlein ſteckt eine Art Kerne, oder
ein weiſſes Pulver, eines hitzigen und
beiſſenden Geſchmacks, ſind auch der-
maſſen mit einander vereiniget, daß
man ſie unzerbrochen nicht von einan-
der bringen kan: und dieſe alſo zuſam-
men gehaͤuffte Koͤrnlein machen eine
Frucht von obgemeldter Laͤnge und
Dicke.
Die Eng- und Hollaͤnder ſenden
uns dieſes Pfeffers die Menge, der dann,
wann er die erfoderte Beſchaffenheit
haben ſoll, friſch ſeyn muß, fein voͤllig,
dicke, ſchwer, uͤbel zu zerbrechen, nicht
ſchimmlicht, und noch viel weniger voll
Erde oder Staub, welchem Ubel er gar
ſehr unterworffen.
Der lange Pfeffer wird etwas we-
niges in der Artzney gebraucht, und zu
vielen Galeniſchen Artzneyen genom-
men, dazu er keiner andern Bereitung
noͤthig hat, als daß er obbeſchriebener
maſſen ausgeſuchet und mit einem rau-
hen Tuche abgerieben werde, damit die
Erde, die etwa dran iſt, davon komme.
Etliche verordnen ihn eines halben
Quintleins ſchwer, in warmer Bruͤhe
zu nehmen, auch den Saͤugerinnen, da-
mit ſie Milch bekommen.
JN den Americaniſchen Jnſeln be-
findet ſich ein Staudengewaͤchs, deſ-
ſen Blaͤtter den Wegrichblaͤttern nicht
ungleich ſind, und, wie Nicolaus Mo-
nardes berichtet, eine Frucht, die ohn-
gefehr eines Fuſſes lang iſt, traͤget. Dieſe
Frucht beſtehet aus vielen kleinen Koͤrn-
lein, welche haͤuffig um einen langen
Stiel in guter Ordnung ſitzen, und ein-
ander beruͤhren, und alſo die Figur des
langen Pfeffers darſtellen. Gemeldter
Monardes meldet gleichfalls, daß die-
ſe Frucht, wenn ſie noch friſch, gruͤn ſey:
die Sonne aber mache ſie zeitig und
ſchwartz: auch habe ſie mehr Schaͤrffe,
denn der Oſtindiſche lange Pfeffer.
Die Americaner nennen dieſen lan-Siehe Fig. 183.
gen Pfeffer Mecaxuchitl, und thun ihn
unter die Chocalate. Allem Anſehen
nach, hat der Autor des Buͤchleins vom
Thee, Coffee und Chocolate nichts von
dieſer Frucht gehoͤret, weil er ihrer gar
keine Meldung thut.
Dieſer lange Pfeffer iſt vermuthlich
der-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
derjenige, den der P. Plumier unter
dem Namen Saururus Botrytis major, fo-
liis plantaginis verſtehet, welches ſo viel
heißt, der groſſe Eydechſenſchwantz/
ein Baum mit Traͤublein und Weg-
richblaͤttern. Gemeldter Pater mer-
cket an, daß dieſer lange Pfeffer eine
Frucht, oder vielmehr eine Traube, des
halben Fuſſes lang, und zu unterſt vier
oder fuͤnff Linien dicke ſey, werde aber
nach der Spitze zu immer ſchmaͤler, und
ſey mit einem Hauffen Koͤrnern be-
ſchweret, welche ſchier ſo dicke wie die
Senffkoͤrner, u. anfangs ſchwaͤrtzlicht
ſeyen, hernach aber, wenn ſie reiff wor-
den, ſchwartz werden, und einen hitzi-
gen und beiſſenden Geſchmack haben.
Eben dieſer Pater gedencket, daß dieſer
Pfeffer bey den Einwohnern der Jnſeln
gar ſehr gebraͤuchlich ſey, ſo wohl als die
Wurtzel dieſer Pflantze, denn dadurch
curirten ſie ſich von einer Kranckheit, die
ſie Schwachheit des Magens nenneten.
Er mercket uͤberdiß noch an, daß es zwar
verſchiedene Sorten dieſes Gewaͤchſes
in den Jnſeln gebe, die aber nur durch
die Groͤſſe ihrer Blaͤtter von einander
unterſchieden wuͤrden. Dieſes aber zu
entſcheiden duͤrffte gar zu lang fallen,
will dannenhero den Leſer an dasjenige
Buch verweiſen, welches er ohnlaͤngſt
heꝛaus gegeben, denn eꝛ in ſelbigem weit-
laͤufftig genug davon handelt.
AUſſer ietzgedachte zwey Sorten des
langen Pfeffers verkauffen wir auch
noch die dritte Gattung, wiewohl gar
ſelten unter dem Namen des ſchwar-
tzen langen Pfeffers, oder des Moh-
Siehe Fig. 184.ren- und Ethiopiſchen Pfeffers/ wie
auch der Selimskoͤrner. Dieſer Pfef-
fer iſt die Frucht eines an der Erde hin-
kriechenden Stengels, der weder Blaͤt-
ter noch Bluͤte traͤgt, ſondern nur fuͤnff
oder ſechs halbrunde harte Knoͤpfe, die
ſo dicke ſind, als wie die Spitze vom Dau-
men: daraus entſtehen gar viel Scho-
ten, ſo lang als der kleine Finger, und
ſo dicke wie eine Schreibfeder, ſehen auſ-
ſenher braun, inwendig gelblicht. Die-
ſe Schoten werden in Knoten abgethei-
let, in deren iedem eine kleine Bohne
ſteckt, die auswendig ſchwartz, inwen-
dig roͤthlicht iſt, faſt ohn Geſchmack und
Geruch. Dagegen hat die Schote ei-
nen heiſſen, beiſſenden, ſcharffen und
gar aromatiſchen Geſchmack, bevoraus,
wenn man ſie einige Zeit im Munde ge-
halten. Dannenhero und wegen die-
ſer ihrer Schaͤrffe bedienen ſich die
Egypter derſelben zu Vertreibung des
Zahnwehes, eben als wie wir mit der
Bertramwurtzel zu thun pflegen.
Weil aber dieſer Pfeffer in Franck-
reich gar wenig bekant, und ſehr rar iſt,
deswegen will ich auch nichts weiter da-
von reden.
DEr Pfeffer aus Guinea, Gar-
ten-Corall/ den die Americaner
Pfeffer von Mexico/ Tabago, und
Braſilien, ingleichen Spaniſchen/
und rothen langen Jndianiſchen
Pfeffer nennen, wie auch Chilli, Axi,
wir aber Piment,Frantzoͤſiſchen oder
Americaniſchen Pfeffer; dieſer iſt ein
rother Pfeffer, deſſen es drey Sorten
Siehe Fig. 185.giebt. Die erſte, die wir verkauffen,
waͤchſt als wie eine Schote, und iſt ſo
lang und dicke als der Daumen.
Die zweyte iſt weit ſubtiler, waͤchſt
ſchier wie eine Sichel, und iſt gleichſam
voll Buckeln.
Die dritte iſt die kleinſte, und bey na-Siehe Fig. 187.
he gantz rund. Alle dieſe drey Gattun-
gen Pfeffer, wenn ſie noch am Stengel
hangen, ſind anfangs gruͤn, drauf wer-
den ſie gelb und endlich roth.
Doch verkauffen wir allein die erſte
Art dieſes Pfeffers, dieweil die andern zu
ſcharff ſind, und deswegen nur von den
Wilden, die darauf ſehr verleckert ſind,
gebraucht werden.
Der Guineiſche Pfeffer/ den wir
verkauffen, koͤmmt aus Languedoc,
vornemlich von denen um Nimes her-
um gelegenen Doͤrffern, woſelbſt er
haͤuffig gebauet wird. Es iſt auch die-
ſes
[]Der Spezereyen und Materialien
ſes Gewaͤchs anietzo ſo gemein, daß es
wenig Gaͤrten giebt, in denen es nicht ſol-
te zu finden ſeyn: dienet desgleichen zum
Putz der Kramlaͤden.
Die Eßigbrauer brauchen ihn zum
Eßigmachen, und dazu muß er fein friſch
ſeyn, huͤbſche gantze, truckne und ſchoͤne
Schoten haben.
Einige machen dieſen Pfeffer mit Zu-
cker ein, und verfuͤhren ihn uͤber die See.
Die Siammer eſſen ihn rohe, als wie
wir die Ruͤben.
DAs Naͤglein iſt eigentlich zu reden,
eine ausgehaͤrtete Blume gewiſſer
Baͤume, welche ehemahls in den Mo-
lucciſchen Jnſeln gar gemeine waren.
Allein fuͤr etlichen Jahren beſchloſſen
die Hollaͤnder/ weil ſie unmoͤglich ver-
wehren kunten, daß nicht auch die Eng-
laͤnder, Portugiſen, und Wir (die
Frantzoſen) gleichfalls dahin zogen, und
Naͤglein hohleten, alle Baͤume auszu-
rotten, und in die Jnſel Ternate zu ver-
ſetzen: daß alſo nunmehr alle Voͤl-
cker die Naͤglein von ihnen kauffen muͤſ-
ſen, dieweil ſie nirgend anderswo zu ha-
ben ſind.
Was das Laub des Baumes, der die
Naͤglein traͤgt, betrifft, ſo iſt die hierbey
Siehe Fig. 188.geſetzet Figur nach dem Original, welches
der Hr. Tournefort beſitzet, gezeichnet
worden. Die Wurtzel, Stengel und
Blaͤtter, deren Abriß mit dem Buchſta-
ben A. bemercket, ſind von zweyen geſaͤe-
ten Naͤglein erzielet worden, denn ſie
dieſe allhier abgebildete Wurtzel, Sten-
gel und Blaͤtter in kurtzer Zeit hervor
gebracht.
Wenn das Naͤglein beginnet ſich ſe-
hen zu laſſen, denn iſt es lichtgruͤn, her-
nachmahls wird es braunroth, und end-
lich immer braͤuner, ie mehr es zeitiget;
daß alſo die Farbe, nicht, wie etliche
Scribenten meinen, von dem Seewaſ-
ſer, darein die Naͤglein gelegt, und dar-
auf wieder beym Feuer getrocknet wer-
den, entſtehet. Denn die Hollaͤnder
und die Einwohner der Jnſel thun ſonſt
nichts an den Naͤglein, als daß ſie dieſel-
ben mit Stangen von den Baͤumen her-
abſchlagen, und ſie nach dieſem auf dem
freyen Felde an der Sonne treugen laſ-
ſen, alsdann einſchlieſſen und verwah-
ren. Weil nun unmoͤglich iſt, daß nicht
etliche auf den Baͤumen ſolten ſtehen
bleiben, wenn die Leſe vorbey, daher
werden dieſelbigen als ein Daumen di-
cke, und findet ſich in ihnen ein hart und
ſchwartzes Gummi, welches einen an-
genehmen Geruch und ſtarcken aroma-
tiſchen Geſchmack hat: wiewohl ich nie-
mahls keine geſehen, welche dicker, als
ein kleiner Finger geweſen waͤren. Zu-
weilen findet man einige unter den an-
dern Naͤglein, iedoch ſehr ſelten; denn
die Hollaͤnder ſie unter dem NamenMutternaͤg-
lein.
Olou matrix oder Mere de Girofle,Mut-
ternaͤglein, abſonderlich verkauffen.
Und dieſe Naͤglein ſind in der Medicin
unter dem Titel Anthophylli bekannt:
ihr geringer Gebrauch aber verurſa-
chet, daß die Apothecker in Franckreich
kein Werck machen, die andern gemei-
nen Naͤglein dafuͤr zu nehmen und zu
ſubſtituiren; ob es gleich beſſer waͤre,
wenn ſie jene an der andern ſtatt dazu
gebrauchten, wozu ſie erfordert werden,
weil ſie voll uͤberaus ſtarck riechend- und
aromatiſches Gummi ſind, anch uͤber-
diß mit gar beſondern Eigenſchaften be-
gabet, die an den gemeinen Naͤglein
nicht befindlich.
Man hat beobachtet, daß an dem Or-
te, wo die Naͤgleinbaͤume wachſen, kei-
ne anderen Baͤume oder Gewaͤchſe fort-
kommen; daran die uͤbergroſſe Hitze die-
ſer Baͤume Schuld, welche alle Feuch-
tigkeit der Erde verzehret. Auch hat
man in Acht genommen, daß in der gan-
tzen Welt kein eintziger Baum einen
dermaſſen lieblichen Geruch von ſich
ſtreue, als wie die Naͤgleinbaͤume, wenn
die Naͤglein anheben hervor zu brechen.
Die Naͤglein ſoll man erwehlen,
welche fein vollkommen, trucken und
leicht zu zerbrechen ſind, einen auch in
die Finger beiſſen, wer ſie zerreibet: an-
bey muͤſſen ſie braunroth ſehen. So
muß auch der Fuſt, welcher von einigen,
wiewohl gantz ungereimt, den Namen
Antophyllus bekommen, annoch dran
ſeyn. Durch das Wort Fuſt aber ver-
ſtehe ich den kleinen Knopf der oben an
den Naͤglein befindlich und ſehr zarte iſt,
einen heiſſen, beiſſenden und aromati-
ſchen Geſchmack hat, wenn man ihn in
den
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
den Mund nimmt. Dagegen ſoll man
die duͤrren, die ſchwaͤrtzlichten und locke-
ren Naͤglein, die weder Geruch, noch
Geſchmack haben, verwerffen. Auch
mag man ſich in Acht nehmen, daß die
guten Naͤglein mit keinen ſolchen vermi-
ſchet ſind, aus denen allbereit die Tin-
ctur oder das Oel gezogen; wie denn
bisweilen wohl die Helffte ſolcher unnuͤ-
tzen Naͤglein drunter gemenget iſt, wel-
ches in Wahrheit keine geringe Sache,
indem die Naͤglein eine ſo theure Waare
ſind. Allein ich will mich nicht aufhal-
ten, noch alle die Schelmereyen, die mit
dieſer Waare vorgenommen werden,
entdecken, weil es nicht wenig ſchwer
fallen duͤrffte, alle ſolche Betruͤgerey
ſattſam zu eroͤrtern, ich auch dieſelben
denenjenigen lehren moͤchte, die ſie noch
nicht wiſſen; zumahl da die guten Naͤg-
lein an obgedachten Zeichen gar leicht-
lich von den geringen koͤnnen unterſchie-
den werden. Am ſicherſten aber iſts,
wenn man ſie bey ſolchen Leuten kauf-
fet, welche nicht faͤhig ſind, die Waaren
zu verfaͤlſchen, und thut derjenige wohl,
der ſich nicht an den wohlfeilen Preiß
kehret.
Der Gebrauch und Nutzen der Naͤg-
lein iſt zu bekannt, als daß ich mich dabey
aufhalten ſolte, will dannenhero nur
vermelden, daß die herrliche Kraft und
der angenehme Geruch ihnen den Rang
unter denen Cordialibus und Hertzſtaͤr-
ckungen erworben habe.
Die Hollaͤnder machen die annoch
Eingemachte
Naͤglein.gruͤnen Naͤglein ein, und bereiten alſo
ein herrlich Eingemachtes, welches ſie
theils uͤber See verſenden, theils aber
und vielfaͤltig fuͤr alte Leute gebꝛauchen,
die ſich deſſen zu Wiedererſetzung der
natuͤrlichen Waͤrme bedienen. Dieſe
Naͤglein ſollen weich ſeyn, und einen
heiſſen anmuthigen Geſchmack haben;
es ſoll auch nicht zu viel Syrup drauf
ſeyn, ſondern nur ſo viel, als zur Erhal-
tung der Fruͤchte von noͤthen, denn er
ohne diß nicht ſo hoch geachtet wird, als
wie die Frucht.
Sie ziehen auch aus dieſer Frucht ein
Oel, welches goldgelb ſiehet, wenn es
noch friſch iſt, und immer roͤther wird,
wenn es lange ſtehet. Wenn dieſes Oel
aufrichtig ſeyn ſoll, denn muß es ietztge-
meldte Farbe haben, fetticht ſeyn, und
oben auf dem Waſſer ſchwimmen, dazu
muß es auch ſo ſtarck und penetrant
ſchmecken, als immer moͤglich, wie nicht
weniger einen Naͤglein Geſchmack und
Geruch haben. Uberdiß mag man be-
ſorget ſeyn, es bey rechtſchaffenen Leu-
ten zu erkauffen, weil es auf gar unter-
ſchiedene Weiſe kan vermiſchet werden,
welches alsdann gar ſchwerlich zu mer-
cken, indem dieſes Oel einen aus dermaſ-
ſen ſtarcken Geruch hat.
Man kan desgleichen aus den Naͤg-
lein, vermittelſt eines Trinckgeſchirrs u.
einer Wagſchale, mit Feuer ein weiſſes
Oel ziehen; wie ſolches bey dem Herrn
Lemery aufgezeichnet ſtehet. Allein
es duͤrffte die Muͤhe nicht belohnen,
theils, weil man eine geraume Zeit da-
zu anwenden muß, und denn, weil es
doppelt ſo viel koſtet, als das, welches
wir aus Holland bekommen, und weit
beſſer iſt.
Das Naͤgleinoͤl brauchen die Parfu-
mirer gar ſtarck, in der Artzney aber hat
es wenig Nutzen, auſſer daß man vor-
giebet, es ſey ein Univerſal und allge-
meines Mittel wider die Zahnſchmer-
tzen.
Die geſtoſſenen Naͤglein betꝛeffend,
dieſe kauffe man ja bey rechtſchaffenen
ehrlichen Leuten, und frage nicht nach
dem wohlfeilen Kauff; denn es nicht
ſchwer faͤllt, diejenige Rinde, welche,
wiewohl falſch, Naͤgleinholtz gemen-
net wird, und am Geſchmack und Ge-
ruch den Naͤglein nahe kommt, darun-
ter zu miſchen. Die nun dieſes thun,
beruffen ſich auf gewiſſe Scribenten,
welche berichten, daß die Rinde des Naͤg-
leinbaumes wie Zimmt ſehe, und wie
Naͤglein ſchmecke; ſo aber von der
Wahrheit ziemlich weit entfernet iſt,
wie aus dem Cap. vom Naͤglein-
zimmt zu erſehen.
AUſſer ietzbeſchriebenen Naͤglein fin-
det man auch in Holland, iedoch
gar ſelten, eine kleine Frucht, in der Ge-
ſtalt und Groͤſſe eines Gerſtenkorns,
welche zu aͤuſſerſt Spitzen hat, und ſitzen
zu fuͤnff und ſechſen beyſammen an ei-
Rnem
[]Der Spezereyen und Materialien
nem kleinen Stielgen, ſolcher geſtalt, daß
ſie gleichſam eine kleine Krone formiren.
Dieſe Frucht ſieht eiſenfarbicht, und
riecht und ſchmeckt wie Naͤglein. Es
iſt aber in der gantzen Welt nur ein ein-
tziger Baum, der ſie traͤgt: derſelbe be-
findet ſich in Oſtindien, mitten auf der
Jnſel Maßia (Makian) und wird
Thinca Ra-
doi.von den Einwohnern Thinca Radoi,
d. i. Koͤnigs-Naͤglein genennet. Die
Frucht wird von dem Koͤnige dermaſſen
hoch geſchaͤtzet, daß er ſie mit Soldaten
bewachen laͤßt, damit niemand einige
davon bekommen moͤge. Man giebt
auch vor, die andern Baͤume neigeten
ſich gegen dieſen, wenn er bluͤhete, gleich
als ob ſie ihm huldigen und Ehre erwei-
ſen wolten; es fielen ingleichen alle der
andern Bluͤten ab, wenn dieſes ſeine ſich
zu zeigen beginneten. Die Jndianer
reihen dieſe Fruͤchte an Faͤden, und ma-
chen Armbaͤnder davon, die ſie wegen
des angenehmen Geruchs umzuthun
pflegen.
Jch haͤtte gar nichts von dieſem Naͤg-
lein gemeldet, wofern ich nicht verſichert
worden waͤre, daß es ihrer gebe, ob ich
ſie gleich nicht ſelbſt geſehen, oder ie-
mahls anzutreffen vermocht habe, was
Fleiß ich auch dran ſpendiret. Doch hat
mich deſſen eine ſichere Perſon, die ſie in
Holland geſehen, vergewiſſert, auch
Wilhelm Piſo in ſeiner Jndianiſchen
Hiſtorie davon gehandelt, ingleichen
Olaus Wormius in ſeinem Buche
am 203. Bl. ihrer mit folgenden Wor-
ten gedacht:
„Das Koͤnigs-Naͤglein, eine
„Frucht, die meines Behalts, noch nie-
„mand beſchrieben, hat eher die Geſtalt
„einer Blumen, als einer Frucht, und
„iſt ſo lang als ein Gerſtenkorn, auch
„ſchier ſo breit; laͤnglicht und eckigt:
„zur Seiten ſtechen ſechs oder acht Spi-
„tzen hervor, die oben gleichſam ein klei-
„nes Kroͤnlein vorſtellen, und braun ſe-
„hen, als wie Roſt, riechen wie die
„Wuͤrtznaͤglein, und ſchmecken ſcharff,
„gantz und gar als wie dieſe Naͤglein.
„Die Frucht waͤchſt in Oſtindien/ auf
„der Jnſel Makia, und wird von den
„Einwohnern Thinca Radoi genen-
„net, welches bey ihnen ſoviel heißt, als
„ein Koͤnigs Naͤglein.
„Dieſe Naͤglein ſind bey den Jndia-
„nern in hohem Werth, und werden
„gar ſelten zu uns gebracht. Man ſagt,
„es ſey nur ein eintziger Baum in gantz
„Jndien, der dieſe Frucht trage, und
„derſelbige ſtehe mitten in der Jnſel.
„Wenn dieſer Baum bluͤhet, fallen al-
„le der andern gemeinen Wuͤrtz-Naͤ-
„gleinbaͤume Bluͤten ab. Auch beugen
„ſich die uͤbrigen Baͤume gegen dieſem,
„als wolten ſie ihn verehren: wie ſol-
„ches einer, der es geſehen, berichtet
„hat. Der Koͤnig laͤßt dieſen Baum, ſo
„lange er Fruͤchte traͤgt, durch ſeine Tra-
„banten verwahren, damit ſonſt nie-
„mand, als er, dererſelben habhaft wer-
„den moͤge. Dieſes habe ich aus dem
„Munde einer Perſon, die auf der Jn-
„ſel geweſen, und, daß ſie es geſehen, ver-
„ſichert hat. Welches, wenn es wahr,
„gewiß etwas recht wunderbares waͤ-
„re. Sie pflegen die Fruͤchte anzurei-
„hen, auf daß ſie, des lieblichen Geruchs
„halber, wie ein Armband, koͤnnen ge-
„tragen werden.
DJe Mußkatnuß/ auf Lateiniſch
Nux muſcata, myriſtica, aromatica, iſt
eigentlich zu reden, der Kern einer
Frucht, die ſo dicke iſt, als eine gruͤne
welſche Nuß bey uns: werden in zwey
Geſchlecht abgetheilet, in Maͤnnlein,
Mußkatnuͤſſe
Maͤnnlein u.
Weiblein.
Siehe Fig. 190.
und 191.oder lange Mußkatnuͤß, und Weib-
lein oder runde und gemeine Nuͤſſe.
Der Baum, der die Mußkaten traͤgt,
iſt nach Dalechamps Berichte, ſo groß
als ein Pferſichbaum, hat auch ſchier
eben ſolche Blaͤtter, ohne, daß ſie viel
kuͤrtzer und ſchmaͤler ſind, wornach die
Frucht folget, in Groͤſſe einer Nuß oder
Abricoſe. Dieſer Baum, meldet Ta-
vernier/ wird nicht gepflantzet, ſondern
waͤchſt durch Huͤlffe gewiſſer Voͤgel, wel-
che aus den gegen Mittag gelegenen Jn-
ſeln kommen, und die Mußkatnuͤſſe
gantz verſchlucken, dieſelben aber eben
alſo und unverdauet wieder von ſich ge-
ben, da ſie dann mit einer zaͤhen und
ſchleimichten Materie uͤberzogen ſind:
wenn nun dieſe Nuͤſſe auf die Erde fal-
len, ſchlagen ſie die Wurtzeln, und brin-
gen einen Baum hervor, welcher nicht
wuͤchſe
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
wuͤchſe, wenn er wie andere gepflan-
tzet wuͤrde.
Die Mußkatnuß iſt auch eine von
denjenigen Waaren, davon die Hollaͤn-
der alleine Meiſter ſind, maſſen es ſonſt
keine giebet, als auf den Jnſeln Nero/
Lontour, Poulay/ Rosgain, Po-
leron/ Granapuis/ Dame, und auf
der groſſen Jnſel Banda in Aſien;
nicht in Weſtindien, wie zwar ein neu-
er Scribent ſaget; und iſt bewunderns
werth, daß ſo wenig Land dennoch der
gantzen Welt vollauf Mußkatnuͤſſe zu
verſchaffen vermag. Doch iſt es gar
leichtlich zu glauben; denn man muß
wiſſen, daß dieſe Jnſeln dermaſſen voll
ſolcher Baͤume ſind, daß es ſchier un-
glaublich. So liegen uͤberdiß dieſe Jn-
ſeln unter einer ſo herrlichen Himmels-
Gegend, daß dieſe Baͤume fort fuͤr fort
mit Bluͤten und Fruͤchten beladen ſte-
hen, und man ſie des Jahres dreymahl
zu ſammlen pflegt; im April, Auguſt
und December: doch werden diejenigen,
die im April geſammlet worden, hoͤher
denn die andern geſchaͤtzt. Dieſe Ge-
gend iſt auch dermaſſen temperiret, daß
die Maͤnner bis ins 120. Jahr leben,
und ſich um nichts, als um eſſen und
trincken, ſchlaffen und ſpatziren gehen
bekuͤmmern, da indeſſen die Weiber be-
muͤßiget ſind die gruͤne Schale von den
Mußkatnuͤſſen zu reiſſen, die Macis zu
trucknen, und die harte Schale, darin-
nen die Nuß lieget, zu zerbrechen, denn
ſie die vornehmſte Waare des Landes
iſt, und bey nahe alles, wovon ſie das
Leben erhalten.
Dieſemnach ſind die Mußkatnuͤſſe
nichts anders denn der Kern dieſer
Fruͤchte, mit einer harten, duͤnnen und
ſchwaͤrtzlichten Schale bedecket. Uber
dieſer befindet ſich noch eine Decke, wel-
che aber dieſe Schale nur zum Theil um-
huͤllet, und zart und roͤthlich iſt, eines
lieblichen Geruchs und aromatiſchen
Macis, Muß-
katenblumen.
Siehe Fig. 192.wuͤrtzhaften Geſchmacks, die wir Ma-
cis, gemeine Leute aber Mußkaten-
blumen nennen. Nach der Macis folgt
die auswendige gruͤne, zu nichts nicht
dienliche Schale. Dergeſtalt kan man
aus ietzt angefuͤhrten erſehen, daß die
Mußkatnuͤſſe nicht nur zwey (nach
dem Berichte eines neuen Scribenten)
ſondern drey Decken oder Schalen ha-
ben, die innerſte Schale, die Macis, und
die aͤuſſerſte Schale: und diß iſt ſo ge-
wiß, daß iedweder, der ſich nur die Muͤ-
he geben, und eine eingemachte Muß-
katnuß mitten von einander ſchneiden
will, ietztgedachte drey Theile alſobald
finden wird.
Die Baͤume, welche die runden oder
gemeinen Mußkatnuͤſſe tragen, wach-
ſen allein an wohlgebaueten Orten: die
aber die langen tragen, ſtehen im Holtze
und Waͤldern, daher ſie auch von den
Hollaͤndern Maͤnnlein oder wildeWilbe Muß-
katnuͤſſe.
Mußkatnuͤſſe genennet werden. Die-
weil ſie aber gar wenig braͤuchlich ſind,
indem ſie bey nahe weder Geruch noch
Geſchmack haben, derowegen bekom-
men wir ſie ſo gar ſelten zu ſehen. Die
Alten nenneten ſie Azerbes.
Was die gemeinen Mußkatnuͤſſe
betrifft, dieſelben muß man in der Sor-
te, oder unſortirt, d. i. wie ſie aus Hol-
land kommen, erwehlen, doch daß ſie
wohl bebluͤmet ſeyn, ſchwer und dichte,
auſſenher graulicht, innen roͤthlicht, und
als ob ſie marmoriret waͤren ſehen, auch
voller fetticht- und ſchmierichter Feuch-
tigkeit ſind, denn dieſes iſt das Zeichen,
daß ſie friſch ſeyn. Dabey muͤſſen ſie
fein lieblich riechen, wenn ſie geſchaͤlet
oder gerieben werden, und wenn man
ſie in den Mund nimmt, muͤſſen ſie einen
heiſſen und beiſſenden aromatiſchen Ge-
ſchmack haben. Das Loͤchlein belan-
gend, davon iſt der allgemeine irrige
Wahn, daß man glaubet, dieſes verrin-
gere ihre Guͤte; denn es iſt keine eintzige
Mußkate ohne dieſes Loͤchlein, und er-
blickt man es alſofort, ſo bald man das
kleine Haͤutlein, welches, ſo zu ſagen, ihr
Kaͤume iſt, hinweggenommen hat.
Der Gebrauch der Mußcaten iſt zu
bekannt, daß unnoͤthig, mich dabey auf-
zuhalten: nur will ich dieſes gedencken,
daß ſie auch in etwas zur Artzney ge-
brauchet werden; denn, wenn man ſie
mit Zucker zu Pulver geſtoſſen, in war-
men Weine einnimmt, iſt dieſes ein vor-
treffliches Mittel wider die kalten Fluͤſ-
ſe/ und man hat dieſem Pulver den Na-
men poudre Duc,Hertzogspulver, ge-Hertzogs-
Pulver.
geben. Die ordentliche doſis zu einem
Pfund Zucker ſind zwey Untzen Muß-
katnuͤſſe, dazu etliche noch etwas Zimmt
thun. Die Einwohner der Jnſel Ban-
da machen die annoch gruͤnen Mußkat-Eingemachte
Mußkatnuͤſſe
nuͤſſe ein, welche uns hernach die Hol-
R 2laͤn-
[]Der Spezereyen und Materialien
laͤnder/ dann mit, dann ohne Zucker,
und blos mit Zucker beſtreuet, uͤberbrin-
gen.
Dieſe eingemachten Mußkatnuͤſſe
ſind eine der beſten Confituren, maſſen
ſie den Magen vortrefflich ſtaͤrcken, und
bey abgelebten Leuten die natuͤrliche
Waͤrme wiederum erſetzen. Der vor-
nehmſte Nutzen aber iſt, daß ſie uͤber
Meer moͤgen gefuͤhret werden, ſonder-
lich von den Mitternaͤchtigen Voͤlckern,
welche uͤberaus groſſe Liebhaber von
dergleichen eingemachten Sachen ſind.
Sie ſollen aber fein dicke und ſo friſch,
als nur moͤglich, ſeyn, auch nicht mo-
dricht oder rantzicht ſchmecken.
Von dem Mußkatenoͤl/ das wir
aus Holland kommen laſſen, will ich
dieſes vermelden, naͤmlich, man muͤſſe
es gaͤntzlich verwerffen, indem es faſt
nichts anders iſt, als friſche Butter.
Demnach thaͤten die Apothecker und an-
dere, die es von noͤthen haben, weit beſ-
ſer, wenn ſie es ſelbſt bereiteten, als daß
ſie, das wir verkauffen, und aus Hol-
land bringen laſſen, kauffeten; denn
alſo waͤren ſie verſichert, daß ſie gerech-
tes Mußkatoͤl haͤtten, und wuͤrde ih-
nen das Pfund kaum einen Thaler hoͤ-
her zu ſtehen kommen.
Es muß aber das aufrichtige Muß-
katoͤl dicke ſeyn, goldgelbe ſehen, und
einen aromatiſchen Geruch nebſt ei-
nem heiſſen und beiſſenden Geſchmack
haben.
Die Art und Weiſe, wie dieſes Oel
zu bereiten, iſt gantz leichte; denn man
darff die Mußkatnuͤſſe nur groͤblich zer-
ſtoſſen, und in einem haͤrinen Siebe
uͤber ſiedendheiſſes Waſſer ſtellen, und
mit einem doppelten haͤrinen Tuche und
einer Schuͤſſel zudecken. Wann nun
der Boden der Schuͤſſel von der Dunſt
des ſiedenden Waſſers heiß worden,
kehrt man das Tuch auf der Schuͤſſel
um, nimmt mit aller moͤglichen Behut-
ſamkeit die vier Zipfel des Tuchs zuſam-
men, und bindet ſie mit einer Schnure
aufs veſteſte zuſammen. Drauf legt
man die dergeſtalt erwaͤrmeten Nuͤſſe
unter die Preſſe, zwiſchen zwey warme
Bleche, und preßt fein gleich und ſo hur-
tig, als nur ſeyn kan, zu, ſo rinnet ein
Goldgelbes Oel hervor, welches, wie es
in die Schuͤſſel faͤllt, geſtehet. Auch kan
man aus den Mußkaten ein klares ſtaꝛck-
riechendes Oel diſtilliren, welches ebenDiſtillirt
Mußkatenoͤl.
die Tugenden hat, wie das ausgepreßte,
allein es kommt um ein gutes hoͤher.
Das eine und das andere haben treff-
liche Eigenſchaften, ſie moͤgen innerlich
oder aͤuſſerlich gebrauchet werden, ſinte-
mahl ſie den Magen uͤber alle maſſen
ſtaͤrcken.
Was die Macis belanget, welche der
Schale, die die Nuß beſchließt, zur Decke
dienet, dieſelbe ſoll man ausſuchen,
wenn ſie fein breitblaͤttricht, und recht
hoch von Farbe iſt, auch ſo wenig kleine
Stuͤcklein, als immer moͤglich, darun-
ter zu befinden: ſie ſoll ingleichen einen
heiſſen und ſtarcken aromatiſchen Ge-
ſchmack haben. Es verſichern etliche,
daß die Macis, wenn ſie noch gantz
friſch, und erſt neulich von der aͤuſſerſten
Schale entbloͤſet worden, roth, als wie
Scharlach ſehe; ie aͤlter ſie aber werde,
te mehr verliehre ſie die Farbe, und wer-
de endlich gantz weiß.
Man kan aus der Macis ebenfallsMußkatblu-
men Oel.
wie aus den Mußkatnuͤſſen ein Oel preſ-
ſen und diſtilliren. Allein, weil ſie bey-
de viel hoͤher zu ſtehen kommen, als die-
jenigen, die von den Nuͤſſen bereitet wer-
den, deshalben macht man auch ſo we-
nig, ob ſie gleich uͤber die maſſen herr-
liche Eigenſchaften bey ſich fuͤhren.
Was die Rinde, den Stamm und die
Aeſte des Mußkatenbaums betrifft, da
verdient das wenige, das davon verthan
wird, nicht, daß man davon rede; wie-
wohl es ohne diß gar ſelten zu uns ge-
bracht wird. Etliche verkauffen den
weiſſen Coſtus fuͤr Mußkatenbaumrin-
de, daher man ſich wohl in Acht zu neh-
men hat.
CAffé, Coffé, Cahue, Chaube, Caoua, Buna,
Bonca, Bonco, Bunnu, Buna, Bon oder
Elkarie, iſt eines neuen Scribenten Be-
richte zu Folge, die Fꝛucht eines Gewaͤch-
ſes, welches Stengel unſern gemeinen
Bohnen gleichet. Dieweil es aber ei-
ne Perſon, zu der ich gar ein ſchlecht Ver-
trauen trage, als habe mich viel lieber
an das-
[]
Figure 169. Loffee. F. 193. p. 265. | Figure 170. Vanillerr. F. 196. p. 269. | Figure 171. Eine gartze Vantllen Sehote. F. 197. p. 269. |
Figure 172. Acajouy F. 200. p. 271 Figure 173. Acajouy ſamt. ſeitter Frucht. trocken. F. 198. p. 271. Figure 174. Acajouy baum. F. 199. p. 271. | ||
Figure 175. Hermadac[ly]len. F. 204. p. 271 Figure 176. Gewächs, das die Elephanten läuſe trägl. F. 202. p. 271 Figure 177. Elepantenläuſein der Schote. F. 203. p. 271 Figure 178. Elephantenlaus. F. 201. p. 271. | ||
Figure 179. Näglein Würtznäglein. F. 188. p. 255. | Figure 180. Königs Näglei[n]. F. 189. p. 257. | |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
an dasjenige halten wollen, was Bau-
hin, ein beruͤhmter, und bey allen Ge-
lehrten beliebter Autor, davon gedacht,
und gemeldet, daß Bon die Frucht eines
Baumes ſey, deſſen Samen uns aus
Siehe Fig. 193.dem gluͤcklichen Arabien uͤberbracht
werde. Der Baum vergleiche ſich dem
Spindelbaum, Evonymo, die Blaͤtter
ſeyen dicke, und immer gruͤn.
Jn dem von Paris ſechs Meilen ab-
gelegenen Dorffe, Roches en Gati-
nois genannt, hat iemand Coffee in
Schalen geſaͤet, welcher auch Blaͤtter
hervor getrieben die wie die Blaͤtter der
kleinen weiſſen Schminckbohnen ausge-
ſehen, weil aber die Maulwuͤrffe die
Wurtzel gefreſſen, iſt dieſer gute Mann
in ſeinem Vorhaben ungluͤcklich gewe-
ſen.
Man ſoll aber den Coffee erwehlen,
der fein gruͤnlich und friſch, nicht mo-
dricht iſt; die Koͤrner ſollen von mittel-
maͤßiger Groͤſſe ſeyn, ſo wie ſie vom
Baume kommen, und ohne Huͤlſen.
Mit einem Worte, ſo wenig als nur
ſeyn kan, mit trucknen und ausgedoͤrr-
ten Koͤrnern vermenget.
Diejenigen, die ihn von Marſeille
kommen laſſen, oder gantze Ballen kauf-
fen, moͤgen zuſehen, daß die Ballen zu
unterſt nicht feuchte ſeyn, denn ſobald
nur dieſe Waare angangen, verdirbt ſie,
und ſteckt den Uberreſt des Ballens zu-
gleich mit an: daher man darauf wohl
Achtung zu geben hat.
Der Coffee wird ſonſt zu nichts ge-
brauchet, als daß man davon, wenn er
vorher gebrannt worden, ein Getraͤn-
cke mache, dem alsdann mehr oder we-
niger Kraft zugeſchrieben wird, nach-
dem ihn naͤmlich diejenigen, die ihn ge-
brauchen, ſchaͤtzen.
Doch auſſer dem, daß der Coffee ſo
haͤuffig verbrennt und verthan wird, hat
man auch ſeit einigen Jahren her den
Coffee kochen lernen, und ißt ihn an ſtatt
der Erbſen. Welches denn gantz und
gar anders lautet, als das, was der Au-
tor des Tractats vom Thee, Coffee und
Chocolate am 91. Bl. folgender Geſtalt
gemeldet: was das Coffekorn betrifft,
daſſelbe iſt dermaſſen dicht und veſte, daß
man es weder erweichen, noch kochen
kan, man mag es gleich nur einweichen,
oder gar im Waſſer ſieden laſſen. Die-
ſes aber iſt falſch, oder der Coffee muͤſte
ſeit dem 1687ſten Jahre, da er dieſes
Buch verfertiget hat, ſeine Natur ver-
aͤndert haben.
Den gebrannt- und geſtoſſenen Cof-Praͤparirter
Coffee.
fee zu erwehlen und zu erkennen, iſt gar
ſchwer, indem ihn etliche mehr, ande-
re weniger brennen: dahero kan ich auch
keine beſſere Kundſchaft davon mitthei-
len, als daß man ihn bey redlichen Leu-
ten kauffen ſolle; daß er auch ſo friſch,
als moͤglich, bereitet ſey: denn man
ſagt, dem Coffee entgehe die Kraft und
verliehre ſich, wenn er lange bereitet ge-
legen.
DEr Cacaos, von den America-
nern Cacavi genennet, iſt eine
Frucht von unterſchiedlicher Groͤſſe.
Jnsgemein ſind ſie ſo groß, als eine
Mandelkerne, und ſtecken beyſammen
in einer ſonderbaren Huͤlſe: ſind nicht
groͤſſer oder kleiner, denn die Granat-
kerne, und es giebt Huͤlſen, welche 60.
bis 80. Stuͤck beſchlieſſen. Was die Fi-
Siehe Fig 194.gur der Blaͤtter und der gantzen Fruͤch-
te dieſer Baͤume belanget, die iſt allhier
vorgeſtellet, und nach dem Original, das
der Herr Tournefort in Haͤnden hat,
gezeichnet worden. Die Blaͤtter ſind
gruͤn und die Fruͤchte, wenn ſie noch
am Baume ſitzen, ſehr ſchoͤn gelb, und
haben Ribben, wie die Melonen.
Wormius gedencket in ſeinem Buche
am 191. Bl. daß es viererley Cacaos
tragende Baͤume gebe; unter dieſen
wuͤrde der erſte und andere Cacahua-
quahitl, der dritte Xuchicacahua-
quahitl, und der vierte Tlacacahua-
quahitl genennet. Welches denn mit
denen vier Sorten des Cacaos, die wir
verkauffen, ziemlich uͤberein trifft, denn
dieſelben gewiß genug von unterſchiede-
nen Baͤumen kommen. Die erſt undCacao Cata-
gua und Ca-
cao aus de-
nen Jnſeln.
Siehe Fig. 195.
und 196.
beſte Gattung wird klein und groß Ca-
ragua genennet, nach der Provintz
Nicaragua, von dannen dieſe Cacaos
zu uns gebracht worden. Die dritt-
und vierte aber wird klein und groß
Cacao aus den Jnſeln geheiſſen, weil
ſie aus den Americaniſchen Jnſeln
und S. Domingo kommen. Unter
R 3dieſen
[]Der Spezereyen und Materialien
dieſen viererley Cacao wird der groſſe
Caragua am meiſten geachtet, und
meiſtentheils zur Bereitung der Choco-
late verbrauchet, das wenige, das, ſo wie
es zu uns kommt, gegeſſen wird, iſt nicht
der Rede werth. Wann nun dieſer Ca-
cao iſt, wie ſichs gebuͤhret, dann muß er
dicke ſeyn, ſchwer und friſch, auswendig
ſchwaͤrtzlicht, inwendig dunckelroth ſe-
hen, einen guten Geſchmack haben, und
nicht modricht riechen. Der kleine Ca-
ragua muß dem groſſen an Guͤte ſo na-
he kommen, als moͤglich iſt. Je mehr
auch der Cacao aus den Jnſeln/ in-
ſonderheit der groſſe, dem groſſen Cara-
gua beykommt, ie hoͤher wird er geach-
tet. Der kleine aber wird gar ſelten
gebraucht, weil er ſo ſchlecht iſt, und die
Chocolate, die davon verfertiget wird,
nichts im geringſten taug, inmaſſen aus
folgenden wird zu erſehen ſeyn.
Es melden einige Scribenten, der
Cacao ſey in Mexico ſo ſehr gebraͤuch-
lich, daß er der Einwohner vornehmſtes
Getraͤncke ſey, diene ingleichen armen
Leuten ein Allmoſen zu reichen. Uber
obgedachte Cacao wird uns auch aus
den Jnſeln ſolcher Cacao zugeſendet, der
gantz geroͤſtet und zu Kuchen, von unter-Cacao-Ku-
chen.
ſchiedener Groͤſſe, gemachet iſt.
WJr verkauffen gar vielerley Cho-
colate, welche dennoch nichts als
ihre Guͤte und Schoͤnheit von einander
unterſcheidet, oder aber die Spezereyen,
daraus ſie zuſammen geſetzet iſt, oder
auch die Laͤnder, in denen ſie bereitet
worden. Die ſchoͤnſt- und beſte iſt, die
wir allhier zu Paris machen laſſen, oder
auch ſelbſt verfertigen, inſonderheit,
wenn ſie von dem groſſen Caragua ge-
macht worden, und man recht ſchoͤnen
Zucker, den beſten Zimmt, und gute
ſchoͤne Vanilie dazu genommen hat.
Kurtz, wenn ſie aus aufrichtiger Leute
Haͤnden kommt, die ſie wohl zuzurich-
ten wiſſen, und man ſich das Geld nicht
dauern laͤßt: denn unmoͤglich kan die
recht gute Chocolate alſo wohlfeil gege-
ben werden, wie doch die meiſten thun,
und die Chocolate um einen ſo geringen
Preiß hingeben, daß der feine Zucker bey
nahe ſo viel koſtet, als ihre Chocolate.
Man laſſe ihm derowegen geſaget ſeyn,
und brauche keine eintzige von allen de-
nen ſo genannten Chocolaten aus
Jndien, Spanien und Portugall/
oder die zu S. Malo gemachet worden,
unter denen die beyden erſten ſtets fuͤr
die beſten gehalten worden ſind. Anietzo
aber ſey man verſichert, daß die Choco-
late in keiner Stadt in der Welt beſſer
bereitet werde, als zu Paris. Doch
habe ich nicht fuͤr thunlich gehalten, die
gantze compoſition hieher zu ſetzen, weil
ihrer bereits in gedruckten Buͤchern
Meldung geſchehen, in welchen unter-
ſchiedene Manieren die Chocolate zu be-
reiten gefunden werden, davon dann
ein ieder diejenige ergreiffen mag, die
ihm am anſtaͤndigſten iſt. Jndeſſen ſey
man erinnert, und laſſe ſich nicht in die
Gedancken kommen, als ob man die
Blume Orejevalla dazu haben muͤſſe,
wie Blegny in ſeinem Buche gedencket:
denn dieſes iſt eine Sache, die meines er-
achtens blos in der Einbildung beſtehet,
allermaſſen ich, alles angewendten
Fleiſſes ohnerachtet, unmoͤglich erfah-
ren koͤnnen, was es doch ſeyn moͤchte.
So hat auch dieſer Herr Blegny, der
ſich fuͤr den Verfaſſer erſtgedachten
Buͤchleins angiebet, Urſache gnug ge-
habt, zu ſchreiben, wie daß bey den
Spezereyhaͤndlern nichts davon zu ha-
ben ſey, denn er ſelbſt mir keinen Be-
ſcheid davon zu geben wuſte als ich ihn
in Beyſeyn eines rechtſchaffenen Man-
nes befragte, was doch wohl die Blu-
me Orejevalla waͤre, ſondern gab mir
zur Antwort, wenn er ja geſetzt haͤtte,
daß ſie zu der Jndianiſchen oder Ameri-
caniſchen Chocolate muͤſſe genommen
werden, wuͤrde er ſolches etwa in einem
Buche geleſen haben. Was dem
Achiotl betrifft; derſelbe iſt nichts an-
ders, als was wir Roucou zu nennen
pflegen, und wird nicht alſo, wie der Au-
tor berichtet, ſondern auf ſolche Weiſe
bereitet, wie an ſeinem Ort und Stelle
ſoll gewieſen werden. Haͤtte er nun
gewuſt, daß Achiotl der Roucou ſey,
wuͤrden wenig Spezereykraͤmer geweſt
ſeyn, die ihm denſelben nicht haͤtten ge-
ben koͤnnen, er wuͤrde auch nicht geſetzt
haben, daß er bey den Materialiſten
nicht zu finden ſey.
Was er aber durch die Jndiani-
ſchen oder Americaniſchen kleinen
Nuͤſſe verſtehet, weiß ich nicht, habe ihn
auch nicht drum fragen moͤgen, aus
Beyſorge, er duͤrfte mir eben wieder ei-
ne ſolche Antwort geben, als da ich ihn
wegen der Blume Orejevalla befragte.
Jndeſſen will ich gedencken, daß wir un-
ter dem Titel der Jndianiſchen Nuß,
Cocos-Areca- und Mußcat-Nuͤſſe, ſo
Maͤnnlein, als Weiblein, verkauffen.
Doch will ich eben auch nicht ſagen, daß
er die Cacaomandeln, welche unter die
andern zur Chocolate gehoͤrigen Sachen
kommen, dadurch verſtehe, alldieweil
ichs nicht verſichert bin.
DJe Vanilien, ſind nach des Herrn
Rouſſeau Berichte, Schoten,
ohngefehr des halben Fuſſes lang, und ſo
dicke, als der kleine Finger eines Kindes,
hangen an einer Staude, die zwoͤlff bis
funffzehen Fuß hoch iſt, und wie unſre
gemeinen Bohnen muß geſtengelt wer-
den; darum ſie auch zum oͤftern an der
Mauer hin, oder unten an den Stamm
eines Baumes, oder aber an Pfaͤle und
andere dergleichen Dinge, daran ſie ſich
halten kan, gepflantzet wird. Der Sten-
gel iſt rund, voller Knoten, wie die Zu-
ckerrohr: daran hangen, an iedem Kno-
ten oder Gelencke, breite, dicke, Fingers-
lange Blaͤtter, die eben ſo gruͤn ſind als
wie der Stengel, und dem groſſen Weg-
breit nahe genug kommen. Nach die-
ſen folgen die Schoten, die anfangs
gruͤn, und hernach gelb ſind, endlich a-
ber immer braͤuner werden, ie mehr ſie
reiffen. Wenn ſie nun reiff worden,
ſammlen ſie die Leute zu Mexico, Gua-
timalo und S. Domingo ein, binden
ſie mit den Enden zuſammen, und legen
ſie in den Schatten, damit ſie trucken
werden. Nachdem, als ſie trucken wor-
den, und gut aufzuheben ſind, reiben
ſie ſie mit Oele, daß ſie nicht allzutrucken
werden, und zerbrechen; machen 50.
100. bis 150. Stuͤck in ein Paͤcklein, und
uͤberſenden ſie uns. Andere aber, die
ſich mehr um den Profit, als um das Ge-
wiſſen bekuͤmmern, laſſen ſie ſo lang am
Stocke, bis ſie uͤberreiff worden, und auf-
ſpringen: vorher aber ſetzen ſie kleine ir-
dene Geſchirr, oder Becherlein unter die
Gewaͤchſe, den ſchwartzen wohlriechen-
den Balſam, der herausrinnet, aufzu-
fangen. Wann dann nichts mehr her-
auslauft, leſen ſie die Schoten zuſam-
men, und thun an ſtatt des Balſams
kleine Reislein und dergleichen Dinge
drein, naͤhen ſie wieder zu, und machen
Paͤcklein davon, die ſie dergeſtalt zurich-
ten, daß ſie den vorgedachten gantz und
gar gleich ſehen: Dannenhero findet
man zuweilen einige zuſammengenaͤhe-
te drunter, welche ausgedorret und ohn
alle Kraͤfte ſind.
Die groſſen Herren in Mexico lie-
ben dieſes Gewaͤchſe uͤberaus, theils we-
gen des lieblichen Geruchs derer Scho-
ten, und denn, weil ſie dieſelben ſo haͤuf-
fig unter die Chocolate thun. Die an-
dern aber handeln gern damit, weil ſie
ſehr groſſen Gewinn davon ziehen. Und
dieſe ſind die Spanier, die uns dieſe
koͤſtliche Waare zuſenden, der ſie den
Namen Vanilla gegeben, welches dem
Spaniſchen nach eine kleine Scheide
heißt, weil dieſe Schoten, als wie Schei-
den formiret ſind. Sie haben einen
angenehmen Geruch und Geſchmack.
Man erwehle aber diejenigen Vani-
lien, die fein voͤllig, dicke, lang, friſch,
wichtig, nicht runtzlicht oder mit Bal-
ſam angerieben ſind, die auch nicht an
einem feuchten Orte gelegen; denn,
wenn ſie gut, muͤſſen ſie feiſt und ſehr
zaͤhe ſeyn, und dazu angenehme riechen.
Jngleichen mag man ſich in Acht neh-
men, daß ſie fein gleich ſeyn, eine wie die
andere, denn manchmahl ſind mitten
in den Paͤcklein lauter kleine ausgedoͤrr-
te Vanilien, die gar keinen Geruch ha-
ben. Der Samen darinne, der uͤber
alle maſſen klein, muß ſchwaͤrtzlich und
glaͤntzend ſeyn.
Die Vanilien ſind in Franckreich
ſehr gebraͤuchlich, denn ſie werden unter
die Chocolate gethan: andere aber ma-
chen den Tabac damit wohlriechend.
Man wil, daß ſie innerlich gebꝛaucht, den
Magen zu ſtaͤrcken, gar dienlich ſeyen.
Was den Vanilien-Balſam belan-
get, denſelben behalten die Spanier fuͤr
ſich, und kommt gar keiner zu uns.
ACajoux oder Cajous,Anacardia
Antarctica ſind die Fruͤchte, oder beſ-
ſer zu reden, die Samen einer Frucht,
die ſich von gelb aufs rothe ziehet, in
Groͤſſe einer Magdalenenbirne, oder
Siehe Fig. 199.Pomerantze. Der Baum, der dieſe
Fruͤchte traͤgt, ſoll des Herrn Rouſſeau
Sendſchreiben nach, fuͤnff bis ſechs Fuß
hoch ſeyn, mit gelbgruͤnen Blaͤttern be-
ſetzt, welche bey nahe die Figur der
Epheublaͤtter haben. Die Blumen
wachſen buͤſchlicht, ſind klein und leib-
farben, daraus entſtehet die obgedachte
gelbe Frucht, an welcher unten die ande-
re Frucht oder der Samen waͤchſt, in
Siehe Fig. 200.Groͤſſe einer Kaſtanie, und Geſtalt einer
Niere, olivenfarbicht, bevoraus, wenn
ſie noch friſch ſind: inwendig befindet
ſich ein weiſſer Kern, der, wenn er beym
Feuer geweſen, wie wir es mit den Ma-
ronen zu machen pflegen, ein angeneh-
mes Eſſen iſt. So findet ſich auch in
den Acajoux, rund um dem Kern, ein
ſchwartzes brennendes Oel, welches einAcajouxoͤl
treffliches Mittel wider die Huͤneraugen
und rothe Flecken im Geſichte iſt.
Die Americaner ſchneiden die gelbe
Frucht in Stuͤcken, und eſſen ſie, wie wir
die Zitronen, mit Zucker, ſowohl das
Hertz zu erfreuen, als auch ſich ſonſten
zu erfriſchen, maſſen dieſe Frucht gantz
voller Waſſers iſt, welches ziemlich an-
genehme ſchmecket.
Man ſoll die Acajoux erwehlen, wel-
che dicke, friſch und olivenfarbicht ſind,
der Kern aber weiß iſt, denn dieſes ſind
die wahrhaften Kennzeichen, daß ſie
friſch. Hergegen, wenn ſie kaſtanien-
braun ſehen, iſt es ein Zeichen, daß ſie
gar zu reiff und zu verlegen ſind. Jn
Franckreich wird dieſe Frucht zu nichts
anders, denn zu Vertreibung der Huͤ-
neraugen gebraucht.
DJe Anacardia ſind eine Gattung
Bohnen, die uns aus Jndien uͤber-
bracht werden.
Der Baum, der ſie traͤgt, hat gruͤn-
Siehe Fig. 202.lichte, halbrunde Blaͤtter, worauf die
Schoten folgen, die wie unſre groſſen
Siehe Fig. 203.Bohnen (Bauerbohnen) geſtalt ſind;
darinnen befinden ſich ordentlich zwey
Anacardia, welche, wenn ſie halbzeitig,
wie gebrannter Coffee ſehen, und wenn
ſie voͤllig reiff, ſchwartz und glaͤntzend
werden.
Man ſoll aber die Anacardia erleſen,
welche fein voͤllig und trucken ſind, der
Kern aber weiß iſt.
Die gruͤnen Fruͤchte ſollen ein gefaͤhr-
lich Gift ſeyn, die trucknen hingegen
keines weges. Nachdem ſie mit Wein-
eßig zugerichtet worden, geben ſie eine
gute Purgantz, doch ſoll man dieſes
nicht ohne Rath eines rechtſchaffenen
Artztes unternehmen.
Jn den Anacardien findet ſich ein
Oel, wie in den Acajoux, welches der
Sage nach, einerley Wirckung hat.
Die Apothecker bereiten einen Honig
davon, den ſie mel anacardinum nennen.
DJeſes ſind Fruͤchte, wie ein Hertz
formiret, von auſſen roͤthlich, in-
nen weiß, einer geringen Subſtantz, da-
her ſie auch gar leichte vermodern. Sie
werden aus Egypten gebracht, woſelbſt
die Baͤume, die ſie tragen, in Menge
wachſen. Jch habe, aller Bemuͤhung
ungeachtet, dennoch nicht erfahren koͤn-
nnen, wie die Bluͤten und Blaͤtter die-
ſes Baumes geſtaltet waͤren, zweiffle de-
rohalben nicht, man werde ſich verwun-
dern, daß ich die Hermodoctylen Fruͤch-
te genennet, da doch alle Scribenten ſa-
gen, es waͤren Wurtzeln. Allein, ihre
Figur erweiſet das Gegentheil gnug-
ſam, und iſt daher leichte zu ſchlieſſen,
daß es keine Wurtzeln, ſondern Fruͤchte
ſind; uͤberdiß iſt mir im Jahr 1694. von
Marſeille geſchrieben worden, die
Hermodactylen kaͤmen aus Egy-
pten,
[]
Figure 181. Sebeſten Fig. 206. p. 273. | Figure 182. Bruͤſtbeerlein Fig. 205. p. 273. |
Figure 183. Tamarinden Fig. 223. p. 285. | |
Figure 184. Belliriſche Mirobal Fig. 227. p. 286. Figure 185. Aſchenfarbne Mi[-] robal. oder Emblici Fig. 228. p. 286. Figure 186. Schwartz brauͤne Mirobal oder Chepuli Fig. 226. p. 286. Figure 187. Jndianiſche Mirobalan. Fig. 225. p. 286. Figure 188. Gelbe Mirobalanen. Fig. 224. p. 285. | |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
pten/ und waͤren die Fruͤchte eines groſ-
ſen Baumes.
Doch dem ſey wie ihm wolle, man er-
wehle nur ſolche Hermodactylen, welche
friſch, dick und voͤllig, auſſenher roth,
inwendig weiß ſind, dazu auch recht tru-
cken, und ſo viel als moͤglich, ohne Staub.
Mit dieſer Waare darff man ſich nicht
zu ſehr belegen, weil ſie, wie erwaͤhnet,
gar leichtlich verdirbet.
Die Hermodactylen werden oft-
mahls in der Artzney gebraucht, und zu
vielen compoſitionibus Galenicis genom-
men.
DJe Bruſtbeerlein ſind die Fruͤchte
eines Baumes, der in Provence
insgemein waͤchſt, ſonderlich nahe bey
Toulon,en jardin d’ Hieres, woſelbſt ih-
rer eine ſolche Menge wachſen, daß ſchier
alle, die wir verkauffen, von dorther,
uͤber Auriole und Marſeille, kommen.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt mittel-
maͤßiger Hoͤhe, hat gruͤnlichte, zarte und
adrichte Blaͤtter; nach denen wachſen
die Fruͤchte, ſo dicke als die Spitze des
Daumens, ſind anfangs gruͤn, und
werden immer roͤther, ie mehr ſie zeiti-
gen.
Man erwehle die Bruſtbeerlein/
welche friſch, fein dicke und voͤllig, flei-
ſchicht und von der guten Art ſind, die
auch fein wohl getrocknet worden, auf
daß ſie zum mindeſten zwey Jahr lang
koͤnnen erhalten werden. Welches
diejenigen wohl in Acht nehmen moͤch-
ten, die da gantze Kiſten voll kommen
laſſen; denn wenn ſie zu zeitlich einge-
leget worden, erhitzen ſie ſich auf einan-
der, und verfaulen, oder werden
ſchwartz. Desgleichen ſoll man Ach-
tung geben, ob ſie unter wegens nicht
etwa naß worden, oder an einem feuch-
ten Orte verwahret geſtanden: auch
moͤgen diejenigen, die dieſer Waare viel
haben, fleißig und ofte dazu ſehen, ab-
ſonderlich, wenn dieſe Fruͤchte nicht recht
wohl getrocknet ſind, oder aber, wenn ſie
gar zu reiff geſam̃let worden: denn
ohne dergleichen beſondeꝛe Aufſicht ſteht
man in Gefahr, alles zu verliehren.
Merckt man demnach, daß ſie heiß wer-
den wollen, muß man ſie alſofort aus-
balliren, und ein Paar Tage auf dem
Boden liegen laſſen, und ſich ihrer ent-
ſchlagen, wie und um was Preiß man
nur kan, ſonderlich zu Ende des Som-
mers, wenn man mercket, daß der Herbſt
gut ſeyn werde; denn manchmahl ge-
ſchichts, daß ihrer nicht uͤbrig viel wer-
den, und ſie deshalben im Nachwinter
ziemlich aufſchlagen.
Auch laſſe ihm einer geſaget ſeyn, und
packe ſeine Kiſten bey leibe nicht aus,
wenn die Fꝛuͤchte recht und wohl getreu-
get, und ſonſt wohl conditioniret ſeyn;
ſie halten ſich viel beſſer, wenn ſie nicht
an die Luft kommen, ſondern an einem
beqvemen Orte verwahret werden.
Der Bruſtbeeren Gebrauch und
Nutzen iſt in Franckreich dermaſſen
bekannt, daß unnoͤthig, viel davon zu
gedencken.
DJe Sebeſten ſind ſchwaͤrtzlichte
Fruͤchte, die uns aus Orient und
der Gegend Saide uͤber Marſeille zu-
gefuͤhret werden.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt ſo hoch,
als unſre fruchtbare Baͤume, hat gruͤne
Blaͤtter, bey nahe wie der Pflaumen-
baum, nur daß ſie ein wenig runder ſind.
Die Bluͤten ſind weißlicht, in Form der
Sterne, daraus entſtehet die Frucht,
die ſo dicke iſt, als vorne der kleine Fin-
ger, und vermittelſt des kleinen Kelch-
leins, den wir daran zu ſehen bekom-
men, an dem Aſte hanget.
Man erwehle die Sebeſten, welche
friſch ſind, fein voͤllig und fleiſchicht, die
auſſenher ſchwartzbraun ſehen, und ihre
weiſſen Huͤtgen annoch haben, denn die-
ſes iſt das eigentliche Zeichen, daß ſie
friſch, und weder gewaſchen noch abge-
rieben ſind. Das Fleiſch ſoll ſuͤſſe und
ſchleimicht ſeyn, braunroth und weich-
lich: dagegen ſoll man diejenigen ver-
werffen, welche ſchwartz und gleiſſend
ſeyn, aufgeblaſen, und meiſtens ohne
Huͤtlein, den dieſes bezeichnet, daß ſie
gewaſchen ſind; desgleichen die kleinen,
die hart- und roͤthlichten.
Die Art, und wie man die Sebeſten
aufbehaͤlt, iſt derjenigen allerdings
gleich, von der ich bey den Bruſtbeeren
gehandelt habe, es kommen auch ihre
Eigenſchaften dermaſſen mit einander
uͤberein, daß ſchier niemahls eine ohne
die andere gebrauchet werden. Die
Egyptier ziehen einen Leim aus dieſen
Alexandrini-
ſcher Vogel-
leim.Fruͤchten, welcher Alexandriniſcher
Vogelleim genennet wird: doch weil
er nicht bis zu uns kommt, dannenhero
bedienen wir uns deſſen, der in Franck-
reich gemacht, und alſo bereitet wird.
Gemeiner
Vogelleim.Man legt die mittlere, zarte gruͤne Rin-
de der Stechpalmen in Tonnen, und
laͤßt ſie im Keller verfaulen; drauf ſtoͤßt
man ſie ſo lange im Moͤrſel, bis alles zu
Mues worden: wenn es nun wohl un-
tereinander geruͤhret und mit Waſſer
ausgewaſchen iſt, dann thun ſie es in
Faͤſſer, und verſenden es hin und her.
Die Wahl des Vogelleims betref-
fend, die iſt dieſe: er ſoll gruͤnlicht ſe-
hen, nicht gar zu ſehre ſtincken; ſo ſoll
auch ſo wenig Waſſer dabey ſeyn, als
nur moͤglich.
Dieſer Leim, wenn er mit Oele wohl
durchwircket worden, wird gebrauchet,
Vogel und dergleichen Thiere zu fangen.
Man kan ihn lange Zeit im Keller gut
erhalten; es muß aber ſtets Waſſer
oben drauf ſeyn.
DJe Datteln ſind Fruͤchte, deren
wir dreyerley Sorten verkauffen.
Die beſten wachſen und kommen aus
dem Koͤnigreiche Tunis. Es kommen
zwar ihrer auch von Salee/ allein ſie
ſind duͤrre und mager, und von den Tu-
netaniſchen, welche fett und fleiſchicht
ſind, gar ſehr unterſchieden. Man
bringt uns ihrer auch aus Provence/
welche ſehr wohl zu verkauffen, maſſen
ſie dicke und fleiſchicht ſind, ſehen von
auſſen gelblicht, inwendig weiß. Wenn
ſie aber nicht recht in Acht genommen
werden, gerathen die Wuͤrme drein,
ſie ſchrumpfen zuſammen, und werden
duͤrre, daß ſie hernachmahls gar nicht
dienen, daß ſie ein Menſch zu ſich neh-
me, welches alsdann denen, die ſich da-
mit uͤberleget, ein groſſer Schaden iſt.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt der
Palmbaum/ der in der gantzen Welt
alſo bekannt, daß es nicht noth mich da-
bey aufzuhalten, wie nicht weniger bey
der Fabel, da man erzehlet, des Palm-
baums Weiblein trage nichts, dafern
nicht das Maͤnnlein ihm gegenuͤber ſte-
he, und die Blaͤtter einander beruͤhre-
ten. Es iſt nicht wahr: denn es giebt
die Menge Palmbaͤume, welche allein
im Felde ſtehen, und dennoch mit Fruͤch-
ten gantz beladen ſind.
Man erwehle aber die Datteln, wel-
che friſch, fein voͤllig und fleiſchicht ſind,
von auſſen goldgelb, inwendig weiß ſe-
hen, und einen ſuͤſſen, zuckerhaften, gantz
angenehmen Geſchmack haben. Die
Tunetaniſchen Datteln ſind, wie ge-
dacht, weit beſſer und eher zu erhalten,
weder die, ſo von Salee und aus Pro-
vence kommen.
Die Datteln oder die Fruͤchte des
Palmbaums ſind ſo gemeine, daß ſie
mehr denn zwey Millionen Seelen zur
Nahrung dienen. Bey uns aber wer-
den ſie nur, nebſt den Bruſtbeeren und
Sebeſten, zu Bruſttraͤncken gebrauchet.
Einige eſſen ſie, als wie andere Fruͤchte:
ſie werden auch etlicher maſſen zur Artz-
ney und ein und andern Galeniſchen
compoſitionen genommen, z. E. zum
diaphœnix, und andern.
DAs Palmoͤl/ Oel von Senega,
oder auch Pumicin, iſt ein ſchmierich-
ter dicker Saft, wie Butter, von Farbe
blaßgelb, und riecht wie Veilgen, oder
Veilwurtz, abſonderlich, wenn es friſch
und aufrichtig iſt.
Dieſes Oel wird aus den Kernen ei-
ner Frucht, die ſo groß als ein Ey iſt, und
in langen Buͤſcheln waͤchſt, entweder ge-
ſotten oder gepreſſet. Dergleichen
Buͤſchel tragen unterweilen bis zu 100.
Stuͤck.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt ein Ge-
ſchlecht des Palmbaums, welcher insge-
mein in Africa waͤchſt, bevoraus zu
Senega; ingleichen in Braſilien.
Die Africaner ziehen das Oel dar-
aus, eben auf die Art, als wie die Leute
zu Calviſſon in Languedoc das Lor-
beeroͤl machen, und brauchen es zum
Eſſen, wie die Butter. Das alte ver-
brennen ſie in den Lampen.
Man erwehle das Palmoͤl, welches
friſch iſt, und gut riecht, ſuͤſſe wie Butter
ſchmeckt, und ſo hoch an der Farbe iſt, als
immer ſeyn kan: denn ſo bald es begin-
net alt zu werden, wird es ſtinckicht und
weiß. Dieſe weiſſe Farbe, die es uͤber-
kommt, wenn es alt wird, hat einige
veranlaſſet zu glauben, daß es auch weiſ-
ſes Palmoͤl gebe. Desgleichen mag
man ſich in Acht nehmen, daß es kein
Miſchmaſch ſey, von Wachs, Baumoͤl,
geſtoſſener Veielwurtz und Curcuma,
dergleichen bey gewiſſen Kauffleuten,
die ich doch deswegen nicht nennen will,
nur gar zu ofte ſich findet; denn ſie es
geſchickt genug wiſſen nachzumachen.
Wiewohl der Betrug iſt leichtlich zu
entdecken, indem das gerechte Palmoͤl
ſeine Farbe ſtracks verliehret, wenn es
an die Luft geſtellet wird, welches hinge-
gen dem nachgemachten nicht wieder-
faͤhret. Uberdiß nimmt auch das Palmoͤl
ſeine Farbe wieder an, wofern es etwa
dieſelbige verlohren, wenn man es nur
bey gelindem Feuer ſchmeltzen laͤßt: die-
ſes geſchicht dagegen bey dem vermiſcht
und nachgemachten nicht.
Jn Franckreich wird dieſes Oel zu
Stillung der Gicht, und Curirung der
kalten Fluͤſſe gebrauchet.
DJe Cocosnuͤſſe haben unterſchied-
liche Geſtalt und Groͤſſe, wie ſie
denn in der Figur beym Palmbaum ab-
gebildet, und nach denen Originalien, die
ich in Haͤnden habe, geſtochen ſind. Die-
ſe Cocosnuͤſſe ſind zu allerley dienlich,
z. E. zu Trinckſchalen, Tobacksbuͤchſen,
Paternoſtern, und dergleichen. Diepe
iſt in Europa der Ort, woſelbſt dieſe
Gattung Fruͤchte, ſowohl, als wie das
Helffenbein, am beſten verarbeitet wer-
den. Jch mag mich aber nicht aufhal-
ten, und die Baͤume beſchreiben, welche
ſie tragen, ſondern will allein geden-
cken, daß es unterſchiedene Geſchlechte
Siehe Fig. 214.der Palmbaͤume ſeyen: weil ihrer auch
bey vielen Scribenten Meldung ge-
ſchicht, deshalben will ich lieber gar da-
von ſtille ſchweigen.
Diejenigen Cocosnuͤſſe/ mit denen
wir einen ziemlich ſtarcken Handel trei-
ben, ſind die mittlere Art, und werden
aus den Antilleninſeln gebracht, die-
weil ſie zu Tobacksbuͤchſen und Pater-
noſtern dienen. Was die dicken Cocos-
nuͤſſe belanget, dieſelben geben in Afri-
ca, Arabia/ und vielen andern Orten,
einen dermaſſen groſſen Nutzen, daß ſie
alleine mehr denn 200. Millionen See-
len erhalten und ernaͤhren. Was oben-
her, als wie faſicht iſt, dienet Tuch und
Seile daraus zu machen: die Schale zu
Trinckgeſchirren, Loͤffeln und anderem
Geraͤthe: die Spaͤne zu Dinte: der
Kern zum Oele, und der Saft, der ſich
darinne befindet, wenn ſie noch friſch
ſind, iſt gut zu Ernaͤhr- und Aufferzie-
hung der Kinder, auch erwachſenen Leu-
ten den Durſt zu loͤſchen, indem er gar
ſuͤſſe und angenehme. Mit einem Wor-
te, es iſt dieſe Nuß die groͤſſeſte, aber auch
die nutzbarſte in der gantzen Welt, wel-
che ſattſam zu beſchreiben, etliche Boͤ-
gen Papier nicht zureichen duͤrfften.
Es giebt auſſer dieſe noch eine Gat-
tung Cocosnuͤſſe, welche aber viel ra-
rer ſind, und von Caſpar Bauhinus
Nux Indica ad venena celebrata genennet
wird, ingleichen Nux Maldiva, die Mal-Siehe Fig. 215.
diviſche oder Jndianiſche Nuß, wel-
che vortrefflich wider den Gift dienet.
Jch beſitze eine, die von den andern gantz
nicht unterſchieden, ohne daß ſie laͤnger
und ſpitziger iſt, die Schale auch viel
braͤuner ſiehet. Jhre herrlichen Tu-
genden und Kraͤfte machen ſie dermaſ-
ſen rar und theuer. Beſiehe davon
den Herrn Dalechamp/ welcher der
Laͤnge nach davon gehandelt.
DJe Kraͤhenaͤuglein/Nuces vomi-
cæ, ſind runde platte Kerne. Sie
laſſen ſich wie Sammt anfuͤhlen, und
ſehen obenher maͤuſefahl; wenn man
S 2ſie von
[]Der Spezereyen und Materialien
ſie von einander bricht, ſehen ſie wie
Horn, werden ſie aber zerſpalten, ſo
giebt es allerhand Farben, gelb, weiß,
braun, u. ſ. f. Dieſe Nuͤſſe ſind, nach ein
und des andern Berichte, die Kerne einer
Frucht, welche ſo groß iſt als der Reinet-
tenapfel, und wachſen in Egypten an
vielen Orten, auf einer Staude; denn
von daher kommen die Kraͤhenaugen,
die wir verkauffen. Mehr habe ich nicht
davon erfahren koͤnnen, ob ich gleich
groſſen Fleiß darauf gewendet. Jeden-
noch hat mir eine gar aufrichtige Per-
ſon den Gefallen erwieſen, und einen
Lateiniſchen Bericht zukommen laſſen,
dabey verſichert, daß er denſelbigen von
einem Manuſcript Herrn Paul Herr-
manns/Medici und Botanici zu Leyden
in Holland, der ſie ſelbſt mit Augen ge-
ſehen, abgeſchrieben habe. Ermeldter
Bericht kommt mit demjenigen, was
ich nur allererſt berichtet, ziemlich uͤber-
ein, ausgenommen, daß er ſaget, ſie
wuͤchſen auf der Jnſel Ceylon. Wie-
wohl dieſes thut nichts zur Sache, ſinte-
mahl es nicht verhindert, daß ſie nicht
auch in Egypten wachſen ſolten, indem
ja maͤnniglich bekannt, daß einerley
Fruͤchte an unterſchiedenen Orten
wachſen koͤnnen. Er gedencket auch
noch einer andern Sorte Kraͤhenau-
gen, die auf der Jnſel Tymor wuͤchſen,
und wohl viermahl kleiner waͤren, dann
die Ceyloniſchen: das Gewaͤchſe wuͤrde
Lignum colubrinum,Schlangenholtz
geheiſſen. Jm Teutſchen moͤchte dieſer
Bericht alſo lauten:
„Das Schlangenholtz iſt die hol-
„tzichte Wurtzel eines Baums auf der
„Jnſel Tymor, welche eines Arms dicke
„iſt: beſchlieſſet unter der Schale, die
„braun und wie Rus ſiehet, auch hin
„und her mit weiſſen Tuͤpfeln bezeich-
„net iſt, ein veſtes, dichtes und ſchweres
„Holtz, das einen ſehr bittern Ge-
„ſchmack, aber gar keinen Geruch hat.
„Sein Kennzeichen und eigentliches
„Merckmahl iſt, daß es ein Baum mit
„fuͤnffblaͤttrichten Blumen, der Nuͤſſe
„traͤgt, in denen die vielen Kerne, die ſo
„rund ſind als ein Teller, in einem
„Schleime verwickelt liegen. Er waͤchſt
„auf der Jnſel Tymor: feine Nuͤſſe
„werden insgemein Nuces vomicæ,
„Kraͤhenaͤuglein, genennet, und ſind
„mit einem heftig ſtinckenden Schleim
„umgeben.
„Wegen dieſes ſo gar bittern Ge-
„ſchmacks wird es unter die hitzigen und
„wider das Fieber dienenden Artzney-
„mittel gerechnet. Je aͤlter aber das
„Holtz, je beſſer iſt es zu gebrauchen;
„denn wenn es noch friſch, erreget es,
„von wegen des uͤber alle maſſen bitte-
„ren Geſchmacks, nicht ſelten, Brechen
„und Hertzensbangigkeit, wird auch
„fuͤr ein Gift gehalten. Jm uͤbrigen
„iſt es ein gantz ſonderbares Harntrei-
„bendes Mittel.
„Es giebt ſonſt noch eine Gattung
„Schlangenholtz/ das Ceyloniſche
„genannt, welches einerley Kennzeichen
„mit dem Tymoriſchen traͤgt; allein die
„Nuͤſſe, die es bringt, ſind viermahl
„groͤſſer als diejenigen, die in den Apo-
„thecken gemeiniglich unter dem Titel
„Nuces vomicæ zu finden, und die Kerne
„der Ceyloniſchen Fruͤchte ſind. Die
„Fruͤchte von dieſer Art ſind auch viel
„groͤſſer; insgemein wie die Pomeran-
„tzen. Das Holtz wird den Schweiß
„und den Harn zu treiben gebraucht.„
Dem ſey aber wie ihm wolle, ich will
dieſes annoch hierbey gedencken, daß die
Kraͤhenaͤuglein/ die wir verkauffen/
gelblicht ſeyn muͤſſen, dicke, friſch, und
ſoviel als nur moͤglich, ohne Unrath.
Man braucht ſie zu Ertoͤdtung der vier-
fuͤßigen Thiere, denn ſie ihnen ein toͤdtli-
ches Gift ſind. Weil aber dieſe Kerne
uͤberaus harte, und ſich ſehr ſchwerlich
ſtoſſen laſſen, deshalben muß man ſie
vorhero raſpeln, oder uͤbern Feuer ein
wenig roͤſten, ſo laſſen ſie ſich gantz ger-
ne puͤlvern. Sie ſind, der gemeinen
Sage nach, dem Menſchen nicht ſchaͤd-
lich, welches ich aber nicht verſuchet, und
derowegen auch nicht weiß.
COcculæ Levanticæ, dieſe haben mir
eben, als wie die Hermodactylen,
Kraͤhenaͤuglein, und etliche andere Spe-
zereyen mehr, nicht geringe Bemuͤhung
verurſachet, womit ich nicht wenig Zeit
verderbet. Habe mich derowegen blos
an dasjenige zu halten genoͤthiget be-
funden, was Dalechamp im II. Buch,
am
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
am 577. Blat, folgender maſſen davon
vermeldet: Cordus ſaget, in Egy-
pten wachſe der tolle Nachtſchatten
haͤuffig, und daher bringe man uns die
Fruͤchte, welche die Apothecker Culi
di Levante, den orientaliſchen Nacht-
ſchatten/ nennen: denn Cuculus ſoll ſo
viel ſeyn, als Cacubalus, welches eben ſo-
viel als Solanum,Nachtſchatten iſt,
und di Levante heißt aus Orient. Ehe
ſie es aber zu uns bringen, laſſen ſie bey-
des den Kern, der inwendig ſteckt, und
das Fleiſch, das voll Saft, und unter
der Schale iſt, trocken werden.
Jhm ſey nun wie ihm ſey; die Toll-
koͤrner, die wir verkauffen, ſind kleine
Fruͤchte, wie ein Paternoſterknopf,
halbrund, und beynahe, wie eine kleine
Niere formiret. Dieſe Fruͤchte, die
auſſenher roͤthlicht, ſind mit einem Stiel-
gen von gleicher Farbe, an das Gewaͤch-
ſe, das ſie traͤget, angeheftet. Jnwen-
dig, in der Frucht, befindet ſich ein klei-
ner Kern, welcher in viel Stuͤck zerfaͤllt,
und ſehr geſchwinde vermodert, welches
denn die Urſache iſt, daß die meiſten
Cocques de Levante leer ſind; und ſolches
hat, dem Anſehen nach, den Alten Ge-
legenheit gegeben, ſie Cocque, das iſt, ei-
ne Schale zu nennen, denn es bleibt
wuͤrcklich nichts uͤbrig, als eine leichte
und ledige Schale, bevoraus, wenn ſie
alt ſind.
Dieſe Fruͤchte oder Schalen muß ei-
ner erwehlen, welche fein ſchwer und
friſch, ſehr hoch an Farbe, fein dicke und
ohn allen Unrath ſind.
Jhr Gebrauch iſt, daß ſie wider das
Ungeziefer dienlich erachtet werden, und
braucht man ſie gemeiniglich mit und
nebſt dem Lauskraute. Es melden etli-
che Scribenten, daß die Fiſche davon
gleichſam truncken wuͤrden, und man ſie
alsdann mit den Haͤnden fangen koͤnte.
Sonſt giebt es noch eine Frucht, Faga-
ra Avicennæ genannt, die dieſer ſehr gleich
ſiehet, ſo daß niemand, wer der auch waͤ-
re, einigen Unterſchied darzwiſchen fin-
den koͤnne, wo nicht die kleine gruͤnlich-
te Schale thaͤte, mit der ſie zur Helfte
bedeckt iſt. Zwar finden ſich ihrer un-
terſchiedene Sorten, allein, weil wir gar
nicht damit zu handeln pflegen, deshal-
ben will ich lieber davon ſtille ſchweigen.
Die Figur beſiehe bey den Datteln:
Fig. 218.
DJe Caßia, auch Flos Siliquæ genañt,
iſt eine Gattung Fruͤchte, von un-
terſchiedener Dicke und Laͤnge, welche
an den Aeſten unterſchiedlicher Baͤume
hangen. Die Caßia aus Levante iſt
die vornehmſte, und wird am meiſten
geachtet. Sie waͤchſt an gar vielen Or-
ten in Levante, von daher wird ſie uͤber
Marſeille gebracht. Die Figur des
Baumes iſt Fig. 219. vorgeſtellet. Die
Blaͤtter ſind gruͤn, die Blume gelb.
Man ſoll die Levantiſche Caßia er-
wehlen, welche friſch iſt, und feine lange
Roͤhren hat, die fein ſchwer, und nicht
hol ſind, auch tannetfarben ſehen; de-
ren Rinde, wenn ſie zerbrochen worden,
zart und inwendig weiß iſt, mit einem
ſchwartzen, wie Sammt gleiſſendem
Marck, und kleinen, harten, weiſſen, wie
ein Hertz formirten Kernen erfuͤllet.
Dieſes Marck oder Pulpa, muß ſuͤſſe, als
wie Zucker ſchmecken, nicht ſauer oder
modricht riechen, ſich auch gerne von
der Rinde abſondern und ausziehen laſ-
ſen. Ferner muß man Acht haben, daß
dieſe Caßia nicht eckigt, das iſt, nicht
knortzicht oder krumm ſey, ſondern
durchgehends gleich, nicht klingend, und
ſo zuckerſuͤſſe, als nur immer moͤglich:
desgleichen ſollen auch die kleinſten Stuͤ-
cken eines Fuſſes lang ſeyn.
Es geben einige vor, das eigentliche
Merck- und Kennzeichen der Levanti-
niſchen Caßia beſtehe in der Erhoͤ-
hung, welche die Laͤnge hin an den Roͤh-
ren zu ſehen; welches aber keine allge-
meine Regel, denn ſich dergleichen eben-
falls zuweilen an den Caßiaroͤhren/
die aus den Jnſeln kommen, befinden.
Das beſte Zeichen, das ich dran finde, iſt
dieſes, man laſſe ſie von Marſeille brin-
gen; denn durch dieſen Weg kommt ſie
nirgend anders her, als aus Levante
und Egypten.
DJe Egyptiſche Caßia iſt eine der
vorhergehenden gantz aͤhnliche
Frucht, auſſer daß ſie viel zaͤrter und
kleiner.
Der Baum, der ſie traͤgt, waͤchſt
uͤbermaͤßig dicke: wie es dann deren
giebt, die ſo dicke ſind, als irgend ein
Baum in Franckreich. Sonſten iſt er
in keinem Stuͤcke von jenem unterſchie-
den, auſſerhalb daß ſeine Blaͤtter um ein
gutes kleiner ſind. Jn Egypten giebt
es eine ſolche Menge dieſer Baͤume, daß
die Caßia, die drauf waͤchſt, faſt umſonſt
hingegeben wird, ſonderlich zu groß
Cairo.
Die Egyptiſche Caßia ſoll man
gleich, als wie die Levantiſche, ausleſen,
doch muß ſie einem zwiſchen den Fingern
zerbrechen, wenn man ſie ſaubern will.
Jm Orient und in Egypten wird
die noch gruͤne Caßia mit Zucker einge-
macht, und zu Eroͤffnung des Leibes ge-
brauchet, maſſen es dazu ein gar beque-
mes Mittel iſt, das ſich auch gantz wohl
einnehmen laͤßt.
Die eingemachte Caßia aber mußEingemachte
Caßia.
friſch ſeyn, und der Syrup oder Saft
recht und wohl gekocht, nicht modricht
oder ſauer. Zu Paris bedienen ſich ih-
rer ein und andere Perſonen, als wie in
Levante, den Leib zu oͤffnen.
JN Braſilien wachſen Baͤume, deren
Blaͤtter, Bluͤten und Fruͤchte eben al-
ſo, als wie die Figur weiſet, ſehen. Die
Caßia/ welche die Baͤume tragen, iſt
dermaſſen dicke, daß ich nimmermehr
geglaubet haͤtte, es gebe ſo gar dicke Caſ-
ſia, wenn ich nicht bey dem Herrn
Tournefort, ein Stuͤcke, anderthalben
Fuß lang und einer Fauſt dicke, geſehen.
Weil aber dieſe Caßia ſehr ſelten ge-
braucht wird, deshalben will ich nur ſa-
gen, daß diejenige Caßia, die wir am
meiſten verbrauchen, aus den Ameri-
caniſchen Jnſeln komme.
DJe Caßia aus den Jnſeln, die
wir vorietzo zu Paris verkauffen,
iſt eine Frucht, von gleicher Natur, wie
die vorigen, und beſtehet der Unterſchied
zwiſchen ihnen blos darinne, daß ſie
nicht an einerley Orte gewachſen.
Die Antillen-Jnſeln ſind mit dieſen
Baͤumen ſo gar angefuͤllet, daß dieſe
Caßia mehr nichts koſtet, als die Muͤhe
dieſelbige einzuſammlen. Solches iſt
der Bootsleute Profit, als welche ſie
mit herausbringen, ſo dienet ſie auch
zum Schiffsballaſte, denn ſie den untern
Theil der Schiffe und Waarenraum
viel lieber mit Caßia anfuͤllen, als daß
ſie ſich der Steine und dergleichen unnuͤ-
tzer Dinge dazu bedienen ſolten. Da-
her iſt dieſe Caßia insgemein ſchmutzig,
und als wie mit Zucker uͤberzogen, oder
voller Wuſt und Unrath, der ſich in den
Schiffen befindet.
Man erwehle dieſe Caßia, wenn ſie
der Levantiſchen an Eigenſchaften gantz
nahe kommt.
Welche die Caßia von Rochelle/
Nantes oder Dieppe bringen laſſen,
moͤgen an ihre Factoren die Ordre ſtel-
len, daß dieſelbe friſch ſey, und mit kei-
ner verlegenen vermiſchet, welches ſon-
ſten ofte geſchicht; die auch nicht vergra-
ben geweſen, oder lange unter der Erde
und in Kellern aufbehalten worden;
ingleichen, daß diejenigen, die ſie in die
Faͤſſer legen, ſie mit allem Fleiß der Laͤn-
ge nach darein thun ſollen, zu verhuͤten,
daß ſie nicht zerbreche, und auch, daß
man die Faͤſſer erſparen moͤge.
Der Gebrauch der Caßia iſt ſo be-
kañt, daß ich mich nicht dabey aufhalten
darff. Dieſes aber will ich erinnern,
daß es beſſer ſey, wenn ſie in infuſo ge-
brauchet wird, d. i. wenn man Wein
oder etwas anders drauf gegoſſen, als
wenn man ſie in ſubſtantia, an und fuͤr
ſich ſelbſten, gebrauchen wolte. Denn
weil die ausgezogene Caßia nichts an-
ders als ein Leim iſt, duͤrffte ſie mehr
Schaden, als Nutzen bringen, ſonder-
lich,
[]
Figure 189. Laſſia aus den Jnſeln. F. 222. p. 283. | Figure 190. Braſilianiſche Laſſia. F. 221. p. 283. Figure 191. Laſſia aus Egÿpten. F. 220. p. 283. | |
Figure 192. Laſſia aus Levante. F. 219. p. 281. | ||
Figure 193. Palm baum der die Früchte lrögt daraus das Palmölgemacht wird. F. 209. p. 275. Figure 194. Frucht des Pahnbaums auf der Fn- ſel Leilan. F. 210. p. 276 Figure 195. Tollkörner. F. 217. p. 287. Figure 196. Lange Locos. F. 213 p. 277. | Figure 197. dicke Locosmiſſem ihren Schalen. F. 211. p. 275 Figure 198. Krähen Auge. F. 216. p 218. Figure 199. Baum der die Locosnüſſeträgt. F. 214. p. 277. Figure 200. Fagara F. 218. p. 281. | Figure 201. Palm baum der dattelnträgt. F 207. p 275. Figure 202. Locosnüſſe [von unt]erſchiedener Dicke auſſer [i]hren Schalen F. 212. p. 277. Figure 203. Maldiniſche Nuß. F. 215. p 278. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
lich, wenn ſie lange ausgezogen gelegen,
oder von verdorbener Caßia bereitet
worden iſt. Will zugleich, als im vor-
beygehen, jederman gewarnet haben,
daß ja niemand dergleichẽ Caßia bey den
meiſten Apotheckern kauffe; denn viele,
wenn ſie die Caßia ausgezogen, laſſen
dieſelbe mit Zucker ſieden, und machen
ſie alſo recht ein, auf daß ſie dergeſtalt
dieſelbige zu aller Zeit fertig haben koͤn-
nen, welches aber ein graͤulicher Betrug
iſt, indem dieſe im Zucker gekochte Caßia
gar wenig koſtet, und eigentlich zu re-
den, blos eine confectio und Eingemach-
tes iſt, welches viel ehe erhitzet als erfri-
ſchet, da es doch purgiren ſolte. Darum
ſoll man keine ausgezogene Caßia weder
bey Spezereyhaͤndlern, noch Apothe-
ckern kauffen ſondern ſie in ſeinem Bey-
ſeyn ausziehen laſſen; nicht zwar, daß
man befuͤrchten muͤſſe, die Spezerey-
haͤndler moͤchten mit Zucker eingeſotte-
ne Caßia verkauffen, denn ſie dieſes
Stuͤckgen nie im Gebrauch haben, ſon-
dern, weil ſie die laͤngſt ausgezogene Caſ-
ſia fuͤr friſche verkauffen duͤrfften.
Die Caßia iſt in Franckreich ſo we-
nig braͤuchlich, daß auſſer die compoſi-
tiones, dazu ſie genommen wird, keine
hundert Pf. des Jahres verthan werden.
DJe Tamarinden ſind ſaͤuerliche
Fruͤchte, welche uns aus Levante/
bald als wie Trauben, bald aber von
den Kaͤmmen abgenommen, und ohne
dieſelben, uͤberbracht werden.
Der Baum, der ſie bringt, hat gantz
kleine Blaͤtter, nach welchen die weiſſen
Bluͤten, den Pomerantzenbluͤten nicht
ungleich, kommen: aus dieſen entſtehen
die Schote, welche zu anfangs gruͤn ſind,
und braun werden, wenn ſie zeitig wor-
den, da ſie dann die Einwohner alſo trau-
benweiſe einſam̃len, und ein wenig trock-
nen laſſen, ehe ſie dieſelbẽ zu uns ſenden.
Man ſoll aber die Tamarinden er-
wehlen, welche feiſte und friſch ſind,
ſchwartz wie Agat ſehen, und einen lieb-
lichen ſaͤuerlichen Geſchmack haben; die
auch nicht im Keller gelegen, welches
gar leichtlich daran zu erkennen, wenn
ſie gar zu feuchte ſind, und nach dem
Keller riechen, ingleichen, wenn die
Kerne geqvollen haben. Sie muͤſſen
auch nicht mit Syrup, Zucker und
Weineßig angemacht, und verfaͤlſchet
ſeyn. Zur Artzney werden ſie oft ge-
braucht, dieweil ſie eine kuͤhlende und
purgirende Kraft haben.
Die Tamarindenbaͤume wachſen zu
Senega ſehr haͤuffig: dererſelben Fruͤch-
te machen die Neger zu Kuchen, wenn
ſie zuvor die Kerne und das faſichte We-
ſen heraus gethan, und bedienen ſich ih-
rer gemeiniglich zu Loͤſchung des Dur-
ſtes. Dieſe Tamarindenkuchen ſind
roͤthlicht, und in Franckreich ſehr rar.
Man richtet die Tamarinden eben
als wie die Caßia zu, und bereitet davon,
mit Zucker, eine Gattung Eingemachtes,
welches in Warheit nicht unangenehm:
deſſelben koͤnte man ſich auch in Franck-
reich, als wie die Jndianer, bedienen.
MIrobalani citrini, die gelben Miro-
balanen/ ſind Fruͤchte, die in Jn-
dien, an vielen Orten, ſonderlich zu Ba-
tacala und Goa auf gewiſſen Baͤu-
men wachſen, deren Blaͤtter ſo, wie die
[Siehe]Fig. 224.Figur weiſet, ſehen. Wenn dieſe Fruͤch-
te reiff ſind, vergleichen ſie ſich unſern
Mirabellpflaumen, und beſchlieſſen ei-
nen Stein, darinne ein Kern ſteckt, den
weiſſen Pinien nicht unaͤhnlich.
Die Jndianer machen dieſe Fruͤchte,
wenn ſie noch gruͤn ſind, ein, als wie wir
die Pflaumen, und bedienen ſich derer-
ſelben zu Eroͤffnung des Leibes. Die
Portugieſen und Hollaͤnder bringen
ſie eingemacht zu uns, die man alsdann
eben zu ſolchem Ende gebꝛauchen koͤnnte.
Meiſtentheils aber werden ſie getreugt
zu uns gebracht, und von den Apothe-
ckern zu den Galeniſchen compoſitionen
gebrauchet, wenn ſie den Kern zuvor her-
aus genommen.
Die gelben Mirobalanen ſollen
gelbroth ſehen, lang und voͤllig, gleich-
ſam aus eitel Ribben zuſammen geſetzet,
anbey auch wichtig ſeyn, und ſchwerlich
zu zer-
[]Der Spezereyen und Materialien
zu zerbrechen, eines anziehenden unan-
genehmen Geſchmacks. Jngleichen
mag man Achtung geben, daß es keine
Belleriſche und ſchwartzbraune Miro-
balanen ſeyn, welche gar oͤfters an jener
Stelle gegeben werden; wie ſolches aus
folgendem zu erſehen.
DJeſe ſind laͤnglichte Fruͤchte, ſo dicke
als eines Kindes Fingerſpitze, auſ-
ſen und innen ſchwartz, ohne Kern, und
ſehr harte; werden aus Jndien ge-
bracht, woſelbſt ſie in Menge wachſen,
und daher ihren Namen bekommen ha-
ben.
Der Baum, der ſie traͤgt, hat Blaͤt-
ter, wie die Weiden, nach denen kom-
men die Fruͤchte, in Geſtalt und Groͤſſe
der Spaniſchen Oliven, ſind anfangs
gruͤn, werden aber immer braͤuner, ie
mehr ſie zeitigen, und endlich ſchwartz
und trucken; ſo daß ſie gantz harte und
ſchwartz ſind, wenn ſie zu uns gebracht
werden.
Man muß dieſe Mirobalanen erweh-
len, welche fein voͤllig, trucken und
ſchwartz, auch ſo ſchwer, als moͤglich
ſind, und einen anziehenden ſaͤuerlichen
Geſchmack haben.
DJe Mirobalani Chepuli, oder Quibus,
ſind den gelben nicht unaͤhnlich, aus-
genommen, daß ſie dicker, ſchwaͤrtzer
und laͤnger.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt ſo hoch,
als wie ein Birnbaum, und hat Blaͤt-
ter, als wie der Pfirſichbaum, ſamt roͤth-
lichten Bluͤten, wie Sternen geſtaltet.
Dieſe Art waͤchſt um Decan und in
Bengalen ohne Wartung.
Man muß aber diejenigen ausleſen,
welche fein voͤllig, nicht runtzlicht, und
ſo ſchwartz, als moͤglich, ſind, die auch
inwendig holtzicht ſcheinen, und braun
ſehen, anbey einen anziehenden bitter-
lichen Geſchmack haben.
MIrobalani Bellirici ſind kleine Fruͤchte,
wie eine Mußkatnuß groß, ſehen
auswendig gelbroth, inwendig gelblicht;
in denen befindet ſich ein Stein, mit ei-
nem Kern, der nicht die geringſte Kraft
hat.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt groß, und
hat Blaͤtter, wie der Lorbeerbaum. Die
Fruͤchte haͤngen an den Aeſten, als wie
kleine gelbe Kuͤrbſe.
Dieſe Mirobalanen ſollen fein voͤllig
und friſch ſeyn, denn ſie leichtlich wurm-
ſtichicht werden, weil ſie gar eine gerin-
ge Subſtantz und Weſen haben, auch
ſollen ſie eine hohe Farbe haben, gantz
dichte, uñ eines anziehenden Geſchmacks
ſeyn, ſo viel als nur moͤglich.
MIrobalani Emblici, das ſind ſchwaͤrtz-
lichte Fruͤchte, ſehen ſchier wie das
Chagrinleder, ſind wie ein Gallapfel
dicke, und ſpringen leichtlich in vier
Theil, zumahl, wenn ſie ein wenig dicke
und offen ſind. Darum ſind auch faſt
alle, die wir zu ſehen bekommen, entzwey
und geviertheilet.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt ſo hoch
als ein Palmbaum; ſeine Blaͤtter ſind
dem Fahrenkraute nicht unaͤhnlich.
Man erkieſe diejenigen, unter denen
nicht viel Steine oder anderer ſonſt da-
bey befindlicher Unrath ſey, ſondern die
fein fleiſchicht, und ſo ſchwartz, als im-
mer moͤglich, ſind.
Die Jndianer brauchen dieſe Miro-
balanen weder roh noch eingemacht,
wie ſie mit denen andern zu thun pfle-
gen, es ſey dann, wenn ſie noch gruͤne
ſind, das Hertz zu erfriſchen, dieweil ſie
ſaͤuerlich ſchmecken. Hingegen brau-
chen
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
chen ſie dieſelbigen, wie bey uns die Cor-
dubanmacher den Sumach, das Leder
gruͤn zu faͤrben, und Dinte davon zu
machen.
Es haben einige behaupten wollen,
die Mirobalanen wuͤchſen alle auf ei-
nerley Baͤumen: ſolches aber iſt von
der Wahrheit weit entfernet, gleichwie
wir allbereit geſehen. Und ob ſie gleich
alle zuſammen in Jndien wachſen, ſo
ſind ſie doch mehr als 50. Meilen von
einander entfernet.
Die gelben, welche die Jndianer
Arare nennen, fuͤhren die Galle ab.
Die Jndianiſchen, welche die ge-
meinen Leute Rezanuale, ſamt den
Belliriſchen, die ſie Gotin heiſſen, fuͤh-
ren die ſchwartze Galle aus.
Die Embliſchen, Annuale/ und die
Chepuli,Areca bey ihnen genannt, fuͤh-
ren den Schleim ab.
Dieſe fuͤnff Sorten der Mirobala-
nen werden ſehr oft in den Apothecken
gebraucht, und haben alsdann keines
weitern ausleſens noͤthig, wenn ſie
nur, wie oben beſchrieben, beſchaffen,
und die Steine herausgenommen
ſind.
DJeſer Fruͤchte giebt es zweyerley,
halbrunde, und andere, die wie eine
Egyptiſche Flamm- oder Spitzſeule oder
Pyramide formiret ſind. Sie ſehen,
bevoraus inwendig, einer zerbrochnen
Mußkatnuß durchaus aͤhnlich, und wer-
den von unterſchiedlichen Orten aus
Jndien zu uns gebracht. Weil wir
aber wegen ihrer Seltſamkeit nicht da-
mit handeln, deshalben will ich auch
nichts weiter davon vermelden.
Der Arecabaum ſteht bey dem Pfef-
fer abgebildet. Siehe Fig. 176.
DJe Coloquinte iſt eine Frucht, ſo
groß als der Reinettenapfel auf ei-
nem kriechenden Gewaͤchſe, deſſen gruͤ-
ne Blaͤtter den Gurckenblaͤttern ziem-
lich nahe kommen. Wenn dieſe Frucht
noch auf dem Stocke ſteht, iſt ſie wie un-
ſere Kuͤrbſe gefaͤrbet, und waͤchſt an etli-
chen Orten in Levante gantz haͤuffig:
von daher werden uns die Coloquinten
gebracht, nachdem vorher die gelbe
Schale davon abgenommen worden.
Es muͤſſen aber die Coloquintenaͤp-
fel ſchoͤn weiß ſehen, leichte und rund
ſeyn, nicht garſtig, oder zerbrochen.
Diejenigen, die Coloquinten von
Marſeille oder anderswoher kommen
laſſen, moͤgen ihren Correſpondenten ja
fleißig anbefehlen, daß ſie dieſelbigen
wohl in Acht nehmen laſſen, damit ſie
nicht zerſtoſſen werden, und die Kerne
aus einander fallen: ſonſt, wenn ſie nicht
wohl verwahret ſeyn, werden dieſelben,
die da vermeinten, ſie haͤtten 100. Pfund
ſchoͤne Coloquinten, deren kaum 40.
Pfund finden, das uͤbrige ſind Kerne,
die zu nichts dienen, als daß man ſie weg-
ſchuͤtte; ſo aber kein kleiner Schaden.
Die Coloquinte iſt eine dermaſſen
bittere und ſtarckpurgirende Sache, der-
gleichen es keine mehr in der Artzney
giebt. Derowegen mag man ſie ja mit
der groͤſten Behutſamkeit gebrauchen,
und vor allen Dingen, als ſchon erweh-
net, die Kerne wegſchmeiſſen.
Dieſe Kerne werden von den Zucker-
beckern mit Zucker uͤberzogen, und ein
Confect davon gemacht: dieſes verkauf-
fen ſie die Kinder, auch wohl Erwachſe-
ne, damit zu betruͤgen und zu vexiren.
Einige Apothecker aber ſtoſſen und mi-
ſchen ſie unter die Compoſitiones purgan-
tes, vornehmlich unter das lenitivum
commune, welches aber ein abſcheulicher
Betrug und ſchaͤndliches Mittel iſt.
Was die Landſtreicher betrifft, die wiſ-
ſen nicht einmahl, was Coloquinten
brauchen heißt, denn ſie ſich nur allein
der Kerne bedienen.
PIgnons d’ Inde,Treibkoͤrner ſind klei-
ne gelblichte Kerne, ſo dicke als eine
Erbſe, iedoch viel laͤnger, eines unange-
nehmen Geſchmacks, der mit einer hef-
Ttigen
[]Der Spezereyen und Materialien
tigen Schaͤrffe begleitet wird. Dieſe
kleinen Kerne ſind alle mit einander mit
einem weiſſen uͤberaus duͤnnen Haͤut-
lein und einer kleinen, harten und gnug-
ſam dicken Schale bedecket, welche des-
halben gar leichtlich zerbricht. Dieſe
kleinen Fruͤchte wachſen in einer drey-
eckigten Schale oder Huͤlſe, darinnen
mehrentheils drey Stuͤck beyſammen
gefunden werden. Das Gewaͤchs, das
dieſe Frucht bringt, wird in Herr-
manns Buche, welches er Paradiſus Ba-
tavus tituliret, alſo genennet. Ricinus
arbor, fructu glabro, Grana tiglia officinis
dicto:der Baum Ricinus/ oder
Wunderbaum/ mit glatten Fruͤch-
ten, in den ApotheckenGrana tiglia
genennet.
Die Geſtalt des Gewaͤchſes, der Blaͤt-
ter und Bluͤten iſt mir unbekannt, doch
halte ich dafuͤr, daß es eben dasjenige
Siehe Fig. 230.Gewaͤchſe ſey, welches ich ſtechen laſſen.
Es muͤſſen aber dieſe Treibkoͤrner
friſch ſeyn, und fein ſchwer, auch keine
ledige Huͤlſen, oder andere Dinge, die
nicht dazu gehoͤren, darunter zu finden
ſeyn. Desgleichen mag man Achtung
geben, daß es die rechten ſind, weil etli-
che an ihre Statt die Fruͤchte der Palma
Chriſti, der kleinern Sorte des Wun-
derbaums zu geben pflegen, welches
gar ſchwerlich zu erkennen, wenn zu-
mahl die Palma Chriſti nicht ſcheckicht iſt:
denn, wenn ſie ſcheckicht, kan einer, der
ſie nur ein wenig kennet, unmoͤglich da-
mit betrogen werden: wenn ſie aber die
Farbe der groͤſſern Treibkoͤrner haben,
ſo kan man ſie mit genauer Noth von
einander unterſcheiden.
Die Treibkoͤrner werden zum pur-
giren gebraucht, und ſind wuͤrcklich ei-
nes von denen ſtaͤrckſten purgantibus, des-
halben ſie mit der groͤſten Behutſam-
keit muͤſſen gebraucht, und niemand,
als den ſtaͤrckſten Leuten gegeben wer-
den. Die doſin belangend, da nimmt
man 1. 2. bis 3. Stuͤck, nach Beſchaffen-
heit der Perſon. Jhrer etliche wollen
verſichern, daß alleine das in dieſem
Korne befindliche kleine Haͤutlein die
Kraft zu purgiren habe, welches ich
aber, als deſſen ungewiß, zu bekraͤftigen
mich nicht unterſtehe.
Ohne die Pignons d’ Inde, die wir recht
uͤbel die kleinern Treibkoͤrner nennen,
verkauffen wir auch eine Sorte ſolcher
Koͤrner, Pignons aus der BarbareyDicke Treib-
koͤrner aus
der Barba-
rey.
genannt, ingleichen die dicken Pignons
oder Treibkoͤrner aus Jndien und
America/ welche Caſpar Bauhinus
Ricinus Americanus, ſemine nigro,Ame-
ricaniſchen Ricinus mit ſchwartzen
Samen nennet.
Es giebt auch noch zwey Sorten der
Jndianiſchen Treibkoͤrner, damitJndianiſche
Treibkoͤrner.
wir aber nichts zu thun haben, weil ſie
ſo gar rar ſind. Die erſten ſind Kerne,
wie eine Haſelnuß dick und geſtalt, uͤber
die maſſen weiß, und mit einer bunten,
roth und graulichten Schale bedecket.
Dieſer Koͤrner wachſen dreye beyſam-
men in einer dreyeckigten Huͤlſe. Das
Gewaͤchs, das ſie traͤgt, heißt Ricinus fru-
ctu maximo,Ricinus mit der groͤſten
Frucht.
Die andern ſind kleine laͤnglichteKleine Jndia-
niſche Treib-
koͤrner.
Koͤrner, ſo dicke wie ein Nadelkopf, ge-
ſprenckelt, ſchier wie die Palma Chriſti:
wachſen drey und drey beyſammen in
einer dreyeckigten Huͤlſe, die ſo groß als
eine Erbſe iſt. Dieſe kleinen Huͤlſen ſe-
hen gantz anders, als die Huͤlſen der an-
dern Treibkoͤrner; denn, was ihnen zur
Huͤlſe oder Dicke dienet, das ſind fuͤnff
kleine, wie Sammt glieſſende gruͤne
Blaͤttlein, welche zuſammen eine ſolche
Figur machen. Das Gewaͤchs, das die-
ſe kleinen Koͤrner traͤgt, hat Blaͤtter, die
dem Cretiſchen Diptam gantz aͤhnlich ſe-
hen, ohne, daß ſie gruͤnlicht ſind, dahin-
gegen des Diptams Blaͤtter weißlicht ſe-
hen. Allein dieſe kleinen Koͤrner ſind
uͤberaus ſeltſam. Das Gewaͤchs koͤnte
man etwa nennen, Ricinus Indicus fructu
minimo,Jndianiſcher Ricinus mit
der aller kleinſten Frucht.
Was die groß und kleine Palma Chri-Palma Chriſti
und Spring-
koͤrner.
ſti betrifft, desgleichen die Springkoͤr-
ner, von denen will ich nichts gedencken,
weil auſſer dieſem gar viel Scribenten
davon geſchrieben haben, und uͤberdiß
niemand von rechtſchaffenen Leuten
damit handelt. Siehe Fig. 231. und
folgende bis Fig. 239.
DJe Pinien,Pignons blancs, ſind klei-
ne laͤnglichte, halbrunde Kerne, ei-
nes ſuͤſſen Geſchmacks, daher ſie auch
Suͤſſe Pinien.ſuͤſſe Pinien geneñet werden, mit einem
duͤnnen, geringen roͤthlichten Haͤutlein
und einer ſehr harten Schale uͤberzogen.
Dieſe Schalen ſamt ihren Kernen be-
finden ſich in den Fichten-Zapfen oder
Aepfeln, Pommes des Pins, und werden
deswegen Pignons, Pignolas oder auch
Pignolas.Amandes du fruit du Pin,Kerne aus den
Fichtenaͤpfeln und Pinien geheiſſen.
Siehe Fig. 240. und 241.
Die Pinien, die wir verkauffen, kom-
men aus Catalonien, ingleichen aus
Provence oder Languedoc uñ andern
Orten in Franckreich. Damit man aber
die Pinien aus den Aepfeln nehmen koͤn-
ne, werden ſie in heiſſe Oefen und aufs
Feuer geworffen, bis ſie aufboͤrſten: her-
nach zerſtoſſen ſie die Nuͤſſe oder Kerne,
nehmen die Pinien heraus, und verſen-
den ſie hin und her.
Man ſoll die Pinien erwehlen, welche
weiß, friſch und fein dicke ſind, und un-
ter denen ſo wenig Schalen, als nur
moͤglich, zu finden, ſie muͤſſen auch einen
guten Geſchmack haben: mit einem
Worte, ſie muͤſſen weder oͤlicht ſeyn,
noch modricht riechen. Es vermelden
etliche, daß die duͤnnen Haͤutlein ſie gut
erhielten, denen ich auch nicht wider-
ſprechen kan; wiewohl ich niemahls eine
beſondere Wirckung davon verſpuͤret:
doch kan man ſchon zu frieden ſeyn, weil
dieſe Haͤutlein ihnen nichts ſchaden wer-
den, wenn ſie ihnen ja nichts helffen ſol-
ten: ſelbige koͤnnen uͤberdiß keinen groſ-
ſen Abgang verurſachen, indem ſie uͤber
alle maſſen leichte ſind, iedennoch hin-
dern ſie, daß diejenigen, die dieſes nicht
wiſſen, die Pinien nicht kauffen.
Die Pinien werden ſehr gebrauchet,
ſonderlich in der Faſten, und allerley ap-
petitliche Bißlein damit zugerichtet.
Die Zuckerbecker uͤberziehen ſie mit Zu-
cker, wenn ſie vorher eine Zeitlang in
Kleyen gelegen, damit ſich die Fettigkeit
daraus ziehe. Es wird auch ein OelPinienoͤl.
daraus gemacht, welches eben dazu die-
net und ſolche Wirckung hat, als wie
das Mandeloͤl, bevorab, wenn es von
friſchen Pinien bereitet iſt. Sie wer-
den auch bisweilen den Canarienvoͤgeln
zu freſſen gegeben. Die Kuchen, dar-
aus das Oel geſchlagen worden, ſind
gut die Haͤnde zu waſchen.
DJe Beennuͤßlein, eine dreyeckigte
Frucht, von unterſchiedlicher Far-
be, denn es graue und weiſſe giebet, iſt ſo
dicke als eine Haſelnuß: darinne befin-
det ſich ein Kern, der einen ſuͤſſen und
ziemlich unangenehmen Geſchmack hat.
Der Baum, der dieſe Fruͤchte traͤgt,
iſt in Europa ziemlich rar. Die Figur
aber von demjenigen gezeichnet worden,
der in des Cardinal Farneſe Garten
befindlich.
Man muß die Been erwehlen, welche
friſch ſind, und deren Kerne weiß, ſo
ſchwer und dicke, als immer moͤglich.
Die Beennuͤßlein werden zu nichts
anders gebrauchet, das ich wuͤſte, als
daß man Oel daraus ſchlaͤgt, welches
gar beſondere Eigenſchaften hat. Denn
erſtlich iſt es ohne Geruch und Ge-
ſchmack, wird auch nie ſtinckicht; dar-
um gebrauchen es die Parfumirer und
andere haͤuffig, und ziehen damit den
Geruch aus den Jeſminblumen, Pome-
rantzenbluͤten, Tuberoſen, und derglei-
chen. Solches mit dem Geruch beſag-
ter Blumen imprægnirt und erfuͤllte
Oel wird hernachmahls Jaſmineſſentz,
Pomerantzeneſſentz, u. ſ. f. geheiſſen.
Jedoch nehmen diejenigen, die ſolche
Oele bereiten, vor andern aber die Par-
fumirer mehrentheils, an ſtatt des
Beenoͤls, weil es zu theuer, das bloſe
Mandeloͤl, oder auch wohl gar nur
Baumoͤl, damit ſie dieſelben fein wohl-
feil geben koͤnnen. Von ihren Berei-
tungen will ich nichts vermelden, wohl
aber den Leſer in des Herrn Barbe/ ei-
nes Parfumirers, erſt neulich heraus
gegebenes Buͤchlein weiſen, welches
weitlaͤufftig gnug von dieſer Materie
handelt; wenigſtens nach meinem Be-
duͤncken, denn ich mich hierauf wenig
T 2ver-
[]Der Spezereyen und Materialien
verſtehe. Wiewohl ich dennoch dabey
erinnern will, daß wenig oder gar nichts
davon zu halten ſey, wofern die Art
und Weiſe allerhand Parfumir- und
Raͤucherwerck zu machen, nicht beſſer
iſt als die Beſchreibung der Spezereyen,
welche er ſich unterſtanden hinzuzufuͤ-
gen: denn alles, was er von den Waa-
ren, die wir verkauffen, geſchrieben, iſt
falſch, ſo daß er beſſer gethan, wenn er
ſchlechter dings allein von denenjenigen
Dingen, die ſeine Profeßion angehen,
nicht aber von ſolchen Sachen gehan-
delt haͤtte, davon er keinen Verſtand
hat: wie er denn ſolche Dinge vorge-
bracht, die weder geweſen ſind, noch ie-
mahls werden ſeyn; ſonderlich, was an-
langet den Ambergries, it. den Moſch,
Zibet, Benzoin, Storax, Peruviani-
ſchen Balſam, Mahalep, welchen er
ziemlich ungereimt, Macanet nennet,
das Ungriſche Waſſer, und dergleichen
mehr.
DJe Piſtazien oder welſche Pim-
pernuͤßlein/ die ſo dicke und geſtal-
tet wie gruͤne Mandeln ſind, werden
von unterſchiedlichen Orten aus Per-
ſien, und anders woher aus Aſien/ mei-
ſtens aber aus der Stadt Malaver ge-
bracht.
Der Baum, der ſie traͤgt, iſt ſo hoch,
als wie bey uns die jungen Nußbaͤume,
und hat bey nahe gantz runde Blaͤtter,
nach denen die Fruͤchte, als wie Trau-
ben, beyſammen wachſend, folgen, wel-
ches gar anmuthig anzuſehen, indem
ſie gruͤne, mit roth vermenget, ſind. Un-
ter der Schale befindet ſich eine weiſſe
harte Huͤlſe, die den Kern beſchließt,
welcher auſſenher gruͤn und roth, in-
wendig aber gantz gruͤn iſt, und einen
ſuͤſſen angenehmen Geſchmack hat.
Man erwehle die Piſtazien/ welche
annoch in der Schale ſtecken, friſch,
ſchwer und fein voll ſind: kurtz zu ſagen,
da drey Pfund mit Schalen ein Pfund
ausgehuͤlſete oder Kerne geben koͤnnen.
Was die aufgeſchlagenen anbetrift,
die ſollen ebenfalls friſch ſeyn, von auf-ausgehuͤlſete
Piſtazien.
ſen huͤbſch gruͤn und roth, inwendig aber
gantz gruͤn ſehen, nicht oͤlicht oder mo-
dricht ſchmecken, erſt kuͤrtzlich aufgeſchla-
gen, und ſo wenig, als moͤglich, zerſtoſ-
ſen ſeyn. Jhre Dicke belangend, da
liebt einer die dicken, ein anderer die klei-
nen, inſonderheit die Zuckerbecker, denn
dieſe erſparen die Muͤhe und duͤrffen ſie
nicht erſt zerſchneiden, wenn ſie dieſelben
mit Zucker uͤberziehen, und die alſo ge-
nannten uͤberzogenen Piſtazien da-Uberzogene
Piſtazien.
von machen wollen. Sie werden auch
ſonſt zu allerhand Leckerbißlein genom-
men.
Jn der Artzney braucht man die Pi-
ſtazien ſehr ſelten, und allein zu etlichen
Galeniſchen compoſitionen, denn ſie gar
dienlich ſind, alte verlebte Leute wieder
munter zu machen.
Man kan zwar auch Oel aus den Pi-
ſtazien machen; weil es aber gar wenig
im Gebrauch, deshalben will ich davon
ſchweigen.
WJr verkauffen insgemein zweyer-
ley Mandeln bittere und ſuͤſſe.
Die Baͤume, die ſie tragen, ſind ſo
gemeine, daß ich nichts davon geden-
cken mag, ſondern werde nur vermel-
den, wie daß die Mandeln, ſo bittere,
als ſuͤſſe, von gar vielen Orten kom-
men, z. E. aus Provence, Langue-
doc/ oder Barbarey/ und von Chi-
non im Touraine: doch werden die in
der Grafſchaft Venaiß in bey Avignon
wachſen, unter allen am meiſten ge-
achtet, weil ſie gemeiniglich breit ſind,
und ſchoͤn von Farbe, das iſt auſſenher
roͤthlicht, und inwendig weiß, und ha-
hen einen ſuͤſſen Geſchmack: dagegen ſind
die von Chinon und aus der Barba-
rey kommende, klein, und ſchier gantz
rund. Derowegen ſollen diejenigen, die
der Mandeln noͤthig haben, ietztge-
meldter Urſache halber, die Mandeln,
die aus nurerwehnter Grafſchaft ge-
bracht werden, allen denen andern vor-
ziehen; liegt auch nichts dran, wie ſie
kom-
[]
Figure 204. beennüßleitt ſchale. | Figure 205. beennüßlein. F. 243. p. 295. | Figure 206. Zweig vom beennüßlein baum. F. 242. p. 295. | Figure 207. Piſlazien. Fig. 244. p. 296. |
Figure 208. Mandeht. F. 245. p. 296. | |||
Figure 209. Ricinus. F. 230. p. 291. Figure 210. Groſſeindianiſche Treibkor- ner in der Schale. F. 236. Figure 211. Jndianiſche Treibkönter inder Schale. F. 231. p. 291. Figure 212. Groſſe indiantſche Treibkörner auſſer der Schale F. 237. Figure 213. Jndianiſche Treibkörner auſſer der Schale. F. 232. Figure 214. Kleine Jndianiſche Treib- körner. F. 233. Figure 215. Hülſe der ſo genañ- ten Palma Chriſti oder des Samens vom Wund er baum F. 238. Figure 216. Treibkömer aus der bar bareÿin der Schale. F. 234. Figure 217. Treibkörner auſ der Batba- reijauſſer der Schale F. 235. Figure 218. Erſtesblatt des Ricinus. Figure 219. Sammdes wunder- baums. F. 239. Figure 220. Pinien F. 241. p. 293. Figure 221. Pinienapfel. F. 240. | Figure 222. Loloquinten. F. 229. p. 289. | ||
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
kommen, wenn ſie nur, wie gemeldet,
beſchaffen ſind. Die aber gantze Ton-
nen, Kiſten und Ballen nehmen, dieſel-
ben moͤgen Achtung geben, daß ſie
durchgehends gut; denn es giebt ſowohl
zu Lyon, als zu Paris, gewiſſe Kauff-
leute, welche dieſes Gut dergeſtalt zuzu-
richten wiſſen, daß man in Gefahr ſte-
het, betrogen zu werden, wenn es
nicht auf allen Seiten und uͤberalle
wohl und genau beſehen wird.
Was den Gebrauch der ſuͤſſen Man-
deln belanget, derſelbe iſt ſo groß, und
iedermann alſo bekannt, daß es unnoͤ-
thig, viel davon zu gedencken. Dero-
halben will ich alleine von dem Oele,
das daraus geſchlagen wird, handeln,
indem es wegen des haͤuffigen Ge-
brauchs eine Waare von groſſer Wich-
tigkeit iſt.
Ohne die aufgeſchlagenen Mandeln,
welche man uns von obberuͤhrten Or-
ten bringet, verkauffen wir auch Man-Mandeln in
Schalen.
deln in Schalen, denen man den Na-
men duͤnnſchaͤlichte Mandeln gege-
ben, und welche gantz unrecht Floren-
tiner Mandeln genennet werden, weil
alle, die wir verkauffen, aus Langue-
doc und Provence kommen.
Dieſe Mandeln muͤſſen zart ſeyn,
wenn ſie recht gut ſeyn ſollen, und ſich
ſtracks mit den Fingern zerbrechen laſ-
ſen. Ubrigens werden ſie allein auf
groſſer Herren Taffeln gebraucht.
DAs ſuͤſſe Mandeloͤl wird auf un-
terſchiedene Art bereitet. Etliche
ziehen die Mandeln ab, andere ſtoſſen
ſie, ſo wie ſie dieſelben bekommen; an-
dere zerquetſchen ſie nur, und reiben ſie
durch ein ſtarck haͤrin Sieb. Einige neh-
men gute Mandeln, andere nur ſchlech-
te. Kurtz, ein ieder macht es nach ſei-
nem Verſtande, und nachdem er ein Ge-
wiſſen hat. Damit aber dem groſſen
Betruge, der mit dieſem Oele getrieben
wird, moͤge vorgebauet, auch denenje-
nigen, die es nicht zu machen wiſſen, eine
Muͤhe erſparet werden, ſo will ich die
Art und Weiſe, wie es zu bereiten, anher
ſetzen.
Nehmet derowegen anderthalb
Pfund geſchaͤlte ſuͤſſe Mandeln, die fein
trucken und friſch ſind, weder oͤlicht, noch
modricht oder ſtinckend, thut ſie in einen
feinen reinen Moͤrſel, und reibet ſie
durch ein ſtarck haͤrin Tuch, wenn ihr ſie
zerqvetſchet habt: drauf ſchuͤttet ſie auf
ein gedoppelt haͤrin Tuch, und legt ſie
unter die Preſſe zwiſchen zwey Platten
von Zinn, oder polirten Stahl, oder
Kupfer, oder weiſſen Blech, preſſet fein
gelinde und gleich, ſonſt moͤchte das
Tuch zerreiſſen, und die Preſſe zerſprin-
gen. Wenn ihr nun, wie ſichs gebuͤh-
ret, verfahren habt, werdet ihr ein ſuͤſ-
ſes Oel bekommen, welches treffliche
Tugenden hat, und faſt ohne Hefen iſt.
Dieſes aber geht mit ungeſchaͤlten
Mandeln, oder welche gar zu Brey ge-
ſtoſſen worden, nicht an.
Man muß ſich ſehr wohl in Acht neh-
men, wann man das Mandeloͤl auf die
Art, wie das Diarium pharmacevticum
lehret, bereiten will, und zwar um zwey-
erley Urſachen willen. Denn erſtlich
geben die Mandeln kein Oel, wenn ſie
aus dem warmen Waſſer kommen, ob
ſie gleich an die Luft geleget worden ſind.
Zum andern wuͤrde man mehr Tuch da-
bey zerreiſſen, als wohl ein Weber ver-
fertigen koͤnte. Nicht weniger, wann
daſelbſt geſaget wird, man muͤſſe die bit-
tern Mandeln im Marienbade aufwaͤr-
men, wenn man das Oel davon verlan-
gete, da weiß ich nicht, was fuͤr ein Un-
terſchied oder groͤſſere Beſchwerlichkeit
ſich eraͤugnen ſolte, wenn man das Oel
von bittern Mandeln auf die Art, wie
das ſuͤſſe Mandeloͤl, machen wolte.
Jch bin verſichert, daß ein ieder, der
dieſes Capitel leſen wird, dieſe Art nicht
ſoll verachten, und dieſes wegen unter-
ſchiedener Urſachen. Weil es naͤmlich,
fuͤrs erſte, nicht ſo viel Muͤhe braucht:
zum andern, ehe fertig wird: drittens,
wenig Hefen giebt: und endlich, weil
mir nicht bewuſt, daß iemand dieſer Art
erwehnet haͤtte.
Auf eben dieſe Weiſe kan man auchBitter Man-
deloͤl.
das bittre Mandeloͤl bereiten, inglei-
chen das Oel von Haſelnuͤſſen, groſſen
Nuͤſſen, Beennuͤßlein, Pinien, Treib-
koͤrnern, welches wir Huile de Figuier d’en-
fer, das Oel vom hoͤlliſchen Feigen-Oel vom hoͤl-
liſchen Fei-
genbaum.
baum zu nennen pflegen, und gar ſehr
von denen Wilden zu Toͤdtung des Ge-
T 3wuͤrms
[]Der Spezereyen und Materialien
wuͤrms gebrauchet wird: wie auch von
der Palma Chriſti, weiſſen Mohn, den
vier kuͤhlenden Samen, Hanff, Lein,
und vielen andern Fruͤchten oder Sa-
men mehr, aus denen man ein ausge-
preſtes und ohne Feuer bereitetes Oel zu
machen belieben traͤgt.
Von der Wahl dieſer Oele kan ich kei-
ne beſſere Nachricht geben, als daß man
ſie bey rechtſchaffenen Leuten, die nicht
faͤhig ſind einen zu betruͤgen, kauffe, und
nicht bey den Umlaͤuffern oder Tabulet-
traͤgern; inſonderheit das ſuͤſſe Man-
deloͤl, welches ſie hauſiren tragen; denn
es iſt von verfaulten verdorbenen Man-
deln gemacht, oder von Stuͤcken, die die
Zuckerbecker nicht gebrauchen, und der-
geſtalt nicht werth, daß es ein Menſch
in ſeinen Leib nehme, dieweil es garſtig
iſt, und als ob es gebraten waͤre,
ſchmeckt! indem die Stuͤcken vorher in
der Treugeſtube gelegen. Und derglei-
chen Betrug geht noch mehr vor.
Man ſendet uns auch von unterſchied-
lichen Orten auſſer dem ohne Feuer be-
reiteten Mandeloͤl, ein Oel in Stuͤcken
von unterſchiedlichen Gewichte, welches
durch Feuer bereitet iſt, und zu nichts
als zum brennen taug.
Das ſuͤſſe und ohne Feuer bereitete
Mandeloͤl wird zu vielen Kranckheiten,
wo man Linderung noͤthig hat, gebrau-
chet; es werden auch ein und andere
Theile des Leibes damit gerieben: doch
wird es mehrentheils den neugebohrnen
Kindlein eingegeben.
Die Kuchen (Kleyen) von geſchaͤltenMandelku-
chen oder
Kleyen.
ſuͤſſen Mandeln dienen die Haͤnde damit
zu waſchen, und vom Schmutz zu reini-
gen.
Die bittern Mandeln brauchen kei-
nes ausleſens, wenn ſie nur ſo hoch von
Farbe, breit, nicht zerbrochen, und ſo
friſch, als moͤglich, ſind: dabey in Acht
zu nehmen, daß ſie nicht mit ſuͤſſen Man-
deln vermiſchet, welches nur zu ofte ge-
ſchicht, abſonderlich, wenn die bittern
theuer ſind.
Die bittern Mandeln werden von
den Zuckerbeckern gebrauchet, und die
alſo genannten bittern Mandel-Bi-Bittere Man-
del-Biſcoten.
ſcoten davon bereitet. Es werden auch
Kuchen daraus gemacht, die Haͤnde zu
waſchen, und Oel daraus geſchlagen,
wie ſchon gedacht, welches trefflich gut
zum Ohrenzwang, wenn es mit ein we-
nig Aquavit oder Weinſpiritus vermi-
ſchet worden. Die bittern Mandel-
kleyen ſind ſehr dienlich, den Schmutz
von den Haͤnden zu bringen, und ma-
chen die Haͤnde weiſſer, als die ſuͤſſen
Mandelkleyen.
DJe ſuͤſſen und ſauern Citronen
ſind gantz gemeine und maͤnniglich
bekannte Fruͤchte, daher ich auch nur
dieſes gedencken will, daß diejenigen, die
wir verkauffen, von S. Rennes in der
Genueſiſchen Revier, von Nizza und
Manton/ ſo ein kleines, dem Hertzog
von Savoyen zuſtaͤndiges Staͤdtlein,
kommen, und von dannen zu Waſſer
und Lande nach Marſeille, Lyon,
Rouan, und alsdann auch nach Paris
gebracht werden.
Jn allen dieſen Staͤdten, Nizza aus-
genommen, werden die Zitronen nicht
verkaufft, als mit Bewilligung des
Stadtraths, und dieſes geſchicht des
Jahrs zweymahl, im May und im
September, bisweilen auch dreymahl,
nachdem es viel, oder wenig gegeben.
Wann nun die Zitronen ſollen ver-
kaufft werden, oder der und jener
Kauffmann verlangt ihrer von einem
Buͤrger zu erhandeln, ſo ſuchen ſie die
Meckler ſelbſt aus, und nehmen keine,
die nicht ihr rechtes Maas hat, oder
durch den ausdruͤcklich hierzu gemach-
ten eiſernen Ring gehet, denn die da-
durch gehen, werden ausgeſchoſſen, und
dienen ſonſt zu nichts, als daß der Saft
daraus gedrucket werde, den man nach
Avignon und Lyon zum Behuf der
Schoͤnfaͤrber verfuͤhret.
Was die Wahl der ſuͤſſen und ſau-
ern Zitronen betrifft, da iſt unnoͤthig,
daß ich mich lange dabey aufhalte, in-
dem dieſe Waare gar zu kenntlich iſt.
WJr verkauffen zweyerley Zitron-
oͤl, das gemeine und Eſſenza di Ce-
Zitron-
Eſſentz.dro, oder Zitroneſſentz. Das eine,
das am hoͤheſten gehalten wird, fuͤhret
den Namen des Zitronoͤls, oder der Zi-
troneſſentz, und wird auf zweyerley Art
bereitet: Naͤmlich von Citronſchalen,
davon das Weiſſe weggeſchnitten wor-
den, oder von abgeriebenen Zitronen,
daraus man dann, vermittelſt des Feu-
ers und eines Kolbens, ein weiſſes ſtarck-
riechendes Oel ziehet, welches dem ſuͤſſen
Mandeloͤle gantz gleich ſieht, auſſer daß
es nicht ſo dicke iſt. Das andere und ge-
meine Zitronenoͤl ſieht gruͤnlicht, und iſt
klar, riecht gut, und wird ebenfalls mit
Huͤlffe eines Kolbens, aus den dicken
Hefen, die in den Faͤſſern, darinnen man
den Zitronenſaft ſich ſetzen laſſen, be-
findlich ſind. Es geben aber 50. Pfund
dieſer Hefen gemeiniglich drey Pfund
lauteres Oel, mehr oder weniger, nach-
dem die Citronen gut oder ſchlecht ge-
weſen.
Die Parfumirer brauchen die Citro-
nenoͤle, wegen ihres guten Geruchs, vor
allen aber die Zitroneneſſentz.
Belangend den Zitronenſaft,Aigre
de Cedre, das iſt ein Saft, der aus einer
gewiſſen Gattung halbreiffer Zitronen,
welche von Bourgaire bey S. Ren-
nes gebracht werden, bereitet und hin
und her verfuͤhret wird. Er iſt auch bey
den Parfumirern und andern Leuten,
die ſich deſſen bedienen, gebraͤuchlich.
SJe ſenden uns von Madera kleine
Citronen, von unterſchiedlicher
Groͤſſe, immer eine dicker, denn die an-
dere, mit Zucker eingemacht, trucken
oder feuchte, ſo ein ſehr angenehmes Eſ-
ſen, muͤſſen aber, wenn ſie recht gut ſeyn
ſollen, wohl eingelegt, zarte, gruͤn und
friſch ſeyn.
So werden auch auſſer dieſe Citro-
nen, uͤberzogene oder truckene Citron-
ſchalen von Madera gebracht, und
muͤſſen, ſollen ſie die gehoͤrige Beſchaf-
fenheit haben, friſch ſeyn, duͤnne Schnit-
gen, hell und durchſcheinend, und oben-
her gantz gruͤn ſehen, unten aber, als
ob ſie mit Eis beleget: ſie muͤſſen inglei-
chen recht trucken ſeyn, und nicht ge-
ſprenckelt, oder voller ſchwartzen Fle-
cken, welches von der Feuchtigkeit her-
ruͤhret, die ſie an ſich ziehen, wenn ſie
alt werden.
Die Citronſchalen ſind ſehr gebraͤuch-
lich, denn ſie ein gutes Eſſen ſind. Es
giebt auch Zitronat, welches einge-
machte in Stuͤcken zerſchnittene Citron-
ſchalen ſind.
Die Tuͤrcken bereiten ihren Sor-
bait von Zucker und Zitronſafte: der
beſte aber kommt von Alexandrien.
Aus gelaͤutertem Zitronſafte und fei-
nen Zucker wird der Citronen- und von
denen Apotheckern der Limonenſyrup
gemacht, welcher in Waſſer zerlaſſen,
zur Erquickung und Durſt zu loͤſchen ge-
braucht wird.
Was anlanget den Zitronenſaft, der
zu Paris verkaufft wird, denſelben mag
man nur gaͤntzlich verwerffen, weil er
blos von verfaulten Zitronen gemacht
worden iſt. Derowegen thun diejeni-
gen, die ihn noͤthig haben, weit beſſer,
daß ſie ihn ſelbſt machen, als ſchon berei-
tet kauffen.
DJe Pomerantzen, ſaure und ſuͤſ-
ſe, kommen von Nizza, Aſiouta,
Grace, aus den Hieresinſeln und von
Genua/ aus Portugall, den Ameri-
caniſchen Jnſeln, und gar aus China.
Doch kommen die allermeiſten, die wir
anietzo ſehen, aus Provence, woſelbſt
ſie ohne Unterſchied und ohne die gering-
ſte Verordnung verkaufft werden.
Die Pomerantzen ſind ſo gemeine,
als wie die Zitronen, und darum will
ich auch nichts nicht davon vermelden.
Wenn die Pomerantzen geſchaͤlet
und ausgenommen ſind, werden ſie al-
ſo gantz mit Zucker eingemacht, und das
nennen wir gantze/ oder eingemachte
Pomerantzenſchalen. Die beſten wer-
den zu Tours gemacht, denn ſie uͤber-
aus helle und durchſcheinend, auch hoch
von Farbe ſind.
Wir laſſen ingleichen Pomerantzen-
ſchalen von Lion kommen, welche in
ſchmale Stuͤcklein zerſchnitten ſind,
Orangeat.und nennen ſie Orangeat: wenn ſie
aber mit Zucker uͤberzogen, werden ſie
Orangeat en dragée,uͤberzogen, genen-
net.
Auſſer dem ſtarcken Handel, den wir
mit ſuͤß- und ſauern Pomerantzen, auch
Bigarades treiben, verkauffen wir glei-
Eingemachte
Pomeran-
tzenbluͤten.chergeſtalt eingemachte Pomeran-
tzenbluͤten, die wir aus Jtalien brin-
gen laſſen; ferner das diſtillirte Waſſer,
Aqua Namphæ
oder Pome-
rantzenbluͤt-
waſſer.aqua Namphæ,Pomerantzenbluͤtwaſ-
ſer genannt, welches ebenfalls aus Pro-
vence kommt, und von den Parfumi-
rern ſamt andern, welche dieſes oder je-
nes wohlriechend machen wollen, ge-
brauchet wird. Wenn es recht beſchaf-
fen ſeyn ſoll, ſo muß es bitter ſchmecken,
lieblich und angenehme riechen, auch
eben in dieſem Jahr gemacht ſeyn, denn
ſobald es uͤber ein Jahr alt wird, ent-
gehet ihm der Geruch. Die die Pome-
rantzenbluͤten diſtilliren, ziehen auch ein
uͤberaus ſtarckriechendes Oel daraus,
Neroli.dem die Parfumirer den Namen Ne-
roli gegeben: das beſte wird zu Rom/
und nach dieſem in Provence gemacht.
Doch mag man ſicherlich glauben, daß
dieſes ein bloſer irriger Wahn der Al-
ten, indem das Neroli zu Paris eben
ſo leichte, ja noch beſſer als in Jtalien
und Provence verfertiget werden kan.
Die Urſach iſt dieſe, weil es in Jtalien
und Provence viel heiſſer iſt, als in un-
ſerer Gegend, und daher die Sonne den
Geruch viel ehe zerſtreuet. Wiewohl
noch dieſer Unterſchied verbleibet, daß
man allhier, zu Paris, viel weniger be-
reiten kan, weder in jenen heiſſen Laͤn-
dern: denn man muß wiſſen, daß der
Geruch der Blumen allein von der
Sonnenhitze und dem Thaue entſtehe,
und ſolchergeſtalt in Jtalien und Pro-
vence viel koͤnne diſtilliret werden; das
heiſt, wenn die Blumen zu Paris ihre
Kraft nur einen Monat haben, ſo haben
ſie dieſelbe in Provence zweyfaͤltig, in
Jtalien aber dreymahl ſo ſtarck, weil
ihnen die Sonne ſo nahe.
Aus Provence ſenden ſie uns einPomeran-
tzenoͤl.
Oel, welches mit Waſſer aus den Po-
merantzenſchalen, davon das Weiſſe ab-
geſchnitten iſt, uͤber den Helm getrieben
wird, und einen gantz lieblichen Geruch
hat. Auch ſenden ſie uns noch eine an-
dere Gattung Oel, welches wir buile debuile de petit
grain.
petit grain (Oel von kleinen Korn) zu
nennen pflegen: daſſelbe wird von klei-
nen Pomerantzen bereitet, die ſie mit
einer ſattſamen Menge Waſſer, darin-
ne dieſe Pomerantzen ein fuͤnff oder ſechs
Tage geweichet haben, im Kolben diſtil-
liren. Das Oel ſieht goldgelb, und hat
einen ſtarcken guten Geruch.
Die Pomerantzenoͤle ſind ein treff-
liches Mittel wider die Wuͤrme der klei-
nen Kinder; wie auch das Waſſer, das
zur Bereitung des Oels gebraucht
wird. Daher bringen die Parfumirer
aus Provence deſſelbigen gar viel zu
unterſchiedenen Leuten, um ſolches den
Kindern einzugeben. Das meiſte wird
zu Grace/ Biot, drey Meilen von Gra-
ce, Canette und zu Nizza gemacht.
Zur Nachricht dienet, daß alle dieſe
Oele, die aus Provence kommen, ver-
faͤlſchet ſind, und einen Zuſatz von Been-
oder ſuͤſſem Mandeloͤle bekommen ha-
ben. Derowegen kauffe man ſie ja nir-
gends, als bey rechtſchaffenen Handels-
leuten, und ſehe nicht auf den wohlfei-
len Preiß, abſonderlich, wenn ſie zu
Toͤdtung der Wuͤrme bey jungen Kin-
dern dienen ſollen.
Wir verkauffen ferner die kleinen
Pomerantzen an die Paternoſter- und
Roſenkraͤntzemacher. Die Abgaͤnge
von dieſen Pomerantzen mit gleichem
Theile getrockneter Zitronſchalen und
andern Spezereyen mit einander zu
Pulver geſtoſſen, davon wird ein hertz-
ſtaͤrckend und univerſal Pulver bereitet,Univerſal,
Pulver.
welches auch zu vielerley Kranckheiten
der Pferde uͤberaus gut iſt, wie ſolches
aus des Herrn Soleyſels vollkomme-
nem Hufſchmid pag. 44. 45. weitlaͤufftig
zu erſehen, denn es darinne nebſt andern
dieſen Thieren gar dienlichen und nuͤtz-
lichen Huͤlffsmitteln der Laͤnge nach be-
ſchrieben ſtehet. Die Herren Apothe-
cker wollen von dergleichen remediis und
Artzneyen nichts wiſſen, ſagen, es ſey
fuͤr ſie
[]
Figure 223. Ananas. F. 251. p. 305. [figure] | ||
Figure 224. Apfel aus Sina. F. 250. p. 304. | Figure 225. Saure Pomeranßen. F. 248. p. 303. | Figure 226. Bigarates. F. 249. p. 303. |
Figure 227. Süſſe Pomeranßen F. 247. p. 301. | Figure 228. Litronen. F. 246. p. 299. [figure] | |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
fuͤr ſie zu geringe: weil aber der Koͤnig
will, und verlanget, daß dem gemeinen
Beſten auf alle Weiſe gedienet werde,
dannenhero iſt ſchlechter dings noͤthig,
daß die Spezereyhaͤndler dieſelben fuͤh-
ren und zu verkauffen haben, damit die-
jenigen, die ihrer benoͤthiget ſind, ſie alle-
zeit bey ihnen finden koͤnnen, im Fall
ſie die Apothecker nicht machen und
ſelbſt verkauffen wollen, denn einmahl
iſts vonnoͤthen, daß ſie jemand bereite
und verkauffe.
DJe Ananas kan man, gleichwie der
P. Tertre gethan, mit allem Rech-
te die Koͤnigin der Fruͤchte nennen, maſ-
ſen ſie die ſchoͤnſte und beſte unter allen
auf dem Erdboden iſt. Denn eben da-
rum hat ihr, ohne allen Zweiffel, der
Koͤnig aller Koͤnige eine Krone zum ei-
gentlichen Kennzeichen ihrer koͤniglichen
Hoheit aufs Haupt geſetzt, welche nach
dem Hinfall der Mutter eine junge Koͤ-
nigin erzeuget, die derſelben in allen ih-
ren unvergleichlichen qualitæten und Be-
ſchaffenheiten nachartet. Zwar finden
ſich noch andere junge Sproͤßlinge un-
ten an der Frucht, wie auch zu unterſt
an dem Stengel, welche gleichfalls und
in wenigerer Zeit, auch viel geſchwinder
als diejenigen, die ihr an ſtatt der Krone
dienen, Ananaſſen bringen, allein es
iſt auch gewiß, daß die Fruͤchte von die-
ſen (den Kronpuͤſchen) unvergleichlich
ſchoͤner ſind, als der andern ihre.
Dieſe Frucht waͤchſt auf einem run-
den Stengel, welcher zwey Zoll dicke,
und anderthalb Schuh hoch iſt, und mit-
ten aus dem Gewaͤchſe, eben als wie die
Artiſchocken mitten aus ihren Blaͤttern,
hervorſteiget. Die Blaͤtter, die ohnge-
fehr drey Fuß lang, und vier Finger
breit, ſehen als ob ſie aus eitel kleinen
Roͤhrlein beſtuͤnden, ſind am Rande mit
lauter ſtechenden Spitzlein beſetzet, und
endigen ſich mit einer Spitze, die als wie
eine Nadel ſticht.
Zu anfangs iſt dieſe Frucht nicht di-
cker als eine Fauſt, und der Buſch, oder
die Krone, die ſie auf dem Haupte traͤgt,
feuerroth. Aus ieder Schuppe der
Frucht, welche wohl an Geſtalt, aber
nicht dem Weſen nach, einem Fichten-
apfel gleichet, entſtehet eine kleine pur-
purfarbichte Blume, welche vergeher
und abfaͤllt, wenn die Frucht zunimmt.
Unſere Leute theilen ſie in drey Ge-
ſchlechter ab, zu denen alle die andern
koͤnnen gerechnet werden; denn da iſt
die weiſſe Ananas/ das Zuckerbrod
oder der Zuckerhut, und der Reinet-
tenapfel.
Die erſte Art haͤlt bisweilen acht bis
zehen Zoll im Durchſchnitt, und 15. bis
16. in der Hoͤhe. Das Fleiſch iſt weiß
und faſicht, die Schale aber wird recht
goldgelb. Wenn ſie zeitig, dunſtet ſie
einen uͤberaus angenehmen Geruch von
ſich, der ſchier wie unſre Quitten riecht,
doch aber viel lieblicher iſt. Allein, ob
ſie ſchon weit dicker und ſchwerer iſt denn
die andern, dennoch iſt ihr Geſchmack
bey weiten nicht ſo herrlich, ſie ſelbſt
auch deshalben nicht ſo hoch geachtet,
weil ſie die Zaͤhne ſtumpf, und das Zahn-
fleiſch viel eher, denn die andern, bluten
macht.
Die zweyte fuͤhret ihren Namen
wegen der Geſtalt, indem ſie gerade wie
ein Zuckerhut ausſiehet. Sie hat et-
was laͤngere und ſchmaͤlere Blaͤtter,
denn die vorhergehende, wird aber nicht
ſo gelb. Jhr Geſchmack iſt zwar beſſer,
iedennoch machet ſie ebenfalls das
Zahnfleiſch dererjenigen, die zu viel da-
von genieſſen, bluten. Jn dieſer habe
ich eine Art Samen gefunden, dem
Kreſſenſamen gleich: wiewohl es eine ge-
meine Sage, die Ananaſſen truͤgen nie-
mahls keinen Samen.
Die dritte Art iſt die kleinſte, aber
auch die koͤſtlichſte, und deswegen Pomme
de Reinette genennet worden, weil ſie
dieſes als eigen hat, daß ſie ſchier wie die-
ſer Apfel ſchmeckt und riecht. Sie
macht auch die Zaͤhne nicht ſtumpf, noch
das Zahnfleiſch bluten, man muͤſte dann
gar zu unmaͤßig viel davon genieſſen.
Diß iſt alſo, was ſie eignes haben. Alle
zuſammen aber wachſen auf einerley
Art, tragen alle mit einander einen
Buſch, Blaͤtter oder Krone auf der
Spitze oder dem Haupte, und haben ei-
ne Schale, die wie ein Fichtenapfel ſie-
het, iedoch ſich aufheben und abſchaͤlen
laͤßt, als wie die Schale der Melonen.
Und obgleich das Fleiſch, der einen ſo
Uwohl
[]Der Spezereyen und Materialien
wohl als der andern, faſicht iſt, zergehet
es doch wie Waſſer in dem Munde,
iſt dabey ſo ſchmackhaft, daß ichs nicht
beſſer auszudruͤcken weiß, als wenn ich
ſage, es ſchmecke wie Pfirſchen, Aepfel,
Quitten und Mußkaten untereinander.
Jhrer etliche, die ihr die Eigenſchaft,
daß ſie naͤmlich das Zahnfleiſch bluten,
und diejenigen, die zu viel, oder ehe ſie
noch recht zeitig worden, davon gegeſſen,
rauſchig macht, benehmen wollen, loͤſen
zuvor die Schale davon ab, und ſchnei-
den ſie zu Stuͤcken, laſſen ſie hernach ei-
ne Zeit lang in Spaniſchen Weine wei-
chen, ſo verliehrt die Ananas nicht al-
lein ihre Schaͤdlichkeit, ſondern ſie thei-
let auch dem Weine einen lieblichen Ge-
ruch und Geſchmack mit.
Aus dem Safte wird Wein gemacht,
der faſt ſo gut iſt als der Malvaſier, und
berauſchet ſo ſehr als etwa der ſtaͤrckſte
Frantzoͤſiſche Wein. Wenn man die-
ſen Wein laͤnger denn drey Wochen auf-
behaͤlt, ſo ſteht er auf, und ſcheinet, als
waͤre er gar verdorben; allein, habt
nur noch ſo lange Gedult, er wird wie-
der ſo gut, ja viel ſtaͤrcker und koͤſtlicher
werden. Wird er nun maͤßiglich ge-
brauchet, ſo erfriſchet er das Hertz, er-
muntert die ermatteten Lebensgeiſter,
ſtillet die Bloͤdigkeit des Magens, iſt
gut wider die Verſtopfung des Harns,
und ein Gegengift und Artzney fuͤr die-
jenigen, welche das Manyocwaſſer ge-
ſoffen: ſchwangere Weiber aber ſollen
ſich deſſen enthalten, auch nicht zu viel
von der Frucht genieſſen, es duͤrffte ih-
nen ſonſt gar bald unrichtig gehen.
Anietzo verkauffen wir zu Paris ein-
gemachte Ananas/ welche aus den
Jnſeln kommen, und ein treffliches
Eſſen ſind, inſonderheit, wenn ſie recht
gut zugerichtet. Sie dienen bey alten
Perſonen die Waͤrme zu erſetzen.
DJe Baumwolle oder der Cotton
iſt eine weiche, weiſſe Wolle, in ei-
ner braunen Schale befindlich, welche
auf einem Strauche, gleich den Dorn-
hecken, waͤchſt.
Alſo aber redet der P. Tertre davon:
„Jm Anfang, als unſre Jnſeln von
„den Frantzoſen bewohnet wurden, ha-
„be ich Leute geſehen, welche ihren gan-
„tzen Wohnungsplatz mit Cottonbaͤu-
„men anfuͤlleten, in Hoffnung, es wuͤr-
„de ihnen dieſer Handel ſtattlichen Nu-
„tzen bringen. Weil aber die meiſten
„Handelsleute ſich nicht damit belegen
„mochten, weil ſie zu groſſen Platz ge-
„braucht, wenig wieget, und Feuers
„halber gar gefaͤhrlich iſt, als wurden ſie
„genoͤthiget, dieſelben wieder auszurot-
„ten, und keine als an den Graͤntzen ih-
„rer Wohnungen ſtehen zu laſſen.„
Dieſes Baͤumlein waͤchſt wie eine
Hecke, die Aeſte breiten ſich weit aus,
und ſind uͤber und uͤber mit Blaͤttern be-
laden, die etwas kleiner ſind, als des
Egyptiſchen Feigenbaums Blaͤtter, ſe-
hen auch ſchier eben alſo aus. Es treibt
einen Hauffen ſchoͤne gelbe Blumen
hervor, die viel groͤſſer ſind, als die Blu-
men der Manthe muſquée,die Frauen-
muͤntze. Der Boden an dieſen Blu-
men iſt purpurroth, und dergleichen
Striemen lauffen inwendig durch die-
ſelbe hin. Jn der Mitten erſcheinet ein
laͤnglichter Knopf, welcher mit der Zeit
ſo groß wird, als ein Taubeney: wenn
er nun reiff worden iſt, wird er ſchwartz,
und theilt ſich von oben herab in drey
Theil, da dann die ſchneeweiſſe Baum-
wolle hervor blicket. Jn dieſem Flocken,
der von der Waͤrme auflauft, und als
ein Huͤnerey dicke wird, ſtecken ſieben
ſchwartze Koͤrner, welche ſo dicke ſind,
wie die Feigbohnen oder Lupinen, und
hencken beyſammen, ſehen inwendig
weiß, ſind oͤlicht und ſchmecken gut.
Die Baumwolle waͤchſt haͤuffig in
den Jnſeln, denn die Wilden wenden
groſſe Muͤhe auf ihre Erbauung, als
auf eine Sache, die ihnen gar zu nuͤtzlich
iſt, indem ſie ihre Betten davon berei-
ten. An der Blume des Cottons ha-
be ich etwas beobachtet, welches die
Scribenten entweder gar nicht gewuſt,
oder doch zum wenigſten nicht beſchrie-
ben haben: naͤmlich, dieſe Blumen,
wenn ſie in die Blaͤtter ihres Baumes
gewickelt und auf gluͤhenden Kohlen ge-
braten worden, geben ein roͤthlicht zaͤhes
Oel von ſich, welches in wenig Zeit alle
Schaͤden heilet. Jch habe es mehr-
mahls mit gutem Nutzen verſucht. Der
Samen dieſer Stauden berauſchet die
Papa-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
Papageyen, iſt aber auch gut zu Blut-
ſtuͤrtzungen und wider den Gift.
Wir verkauffen allerhand Sorten
Cotton, welche blos nach dem Lande,
darinne ſie gewachſen, unterſchieden
werden, ingleichen, durch die Art der
Bereitung. Die erſte Sorte heiſt Cotton
Baumwolle.en laine,Baumwolle, ſo wie ſie aus
der Schale kommt, und aus der man
nur die Koͤrner geſuchet. Dieſe koͤmmt
aus Cypern/ von S. Johann von
Acre und von Smirna. Die andern
Geſponnene
Baumwolle.Sorten ſind geſponnen, und unter den-
ſelben die beſten die Cottons d’ once, wel-
che nach dem Loth verkaufft werden, und
kommen von Damaſco: ferner die
Cottone von Jeruſalem/ die wir Ba-
zac nennen. Sonſt giebt es auch noch
mehr andere Gattungen Cotton, als da
ſind demy bazac, von Rama/moins bazac,
geringere, von Beledin, Gadezel/
Payas de Monteſin/ Cotton Jo-
ſeph und Genequin. Der aufrichti-
ge Bazac oder Cotton von Jeruſalem
ſoll recht weiß, fein dichte, gantz trucken,
wohl geſponnen, und ſo gleich, als im-
mer moͤglich, ſeyn. Was den Cotton
en laine, die Baumwolle/ betrifft, ie
weiſſer dieſelbe iſt, und ie laͤnger und lin-
der, ie hoͤher wird ſie gehalten. Wer
gantze Ballen kaufft, mag zuſehen, daß
keine vermoderte oder verfaulte darun-
ter ſey, weil ſie etwa naß oder mit Waſ-
ſer angefeuchtet worden iſt.
Aus dem ſchwartzen Samen, der ſich
unter der Baumwolle befindet, kan
man ein Oel bereiten, welches gar ein
herrlich und unvergleichlich Mittel zu
Heilung und Veꝛtreibung der Kupfer-
flecken des Geſichtes iſt, ingleichen das
Antlitz ſchoͤn zu machen: es hat nicht
weniger eben eine ſolche Wirckung, als
wie das Oel aus den Cocosnuͤſſen/Cocosnußoͤl.
wenn man es, wie die Wilden, ſonder-
lich die auf der Jnſel Aſſomption/ zu
thun pflegen, uͤber dem Feuer zergehen
laſſen: aus dieſer Jnſel werden faſt alle
Cocosnuͤſſe gebracht, die wir verkauf-
fen.
DJe Houatte iſt eine Gattung
Wolle, die in den Schoten desjeni-
gen Gewaͤchſes ſich befindet, welches bey
den Botanicis Apocynum Cynocrambe,
Siehe Fig. 255.Hundskohl, genennet wird.
Nahe bey Alexandria in Egypten
waͤchſt dieſes Gewaͤchs in Menge, ſon-
derlich aber an moraſtigen Oertern;
und von daher kommt die Houatte, die
wir verkauffen. Sie dienet ſonſt zu
nichts, als vornehmer Leute Roͤcke zu
fuͤttern.
Wir verkauffen auch Flachs, Hanff,
rohe und ungehechelt, ſo wie ihn die Sei-
Garn von
Guibray.ler von uns erkauffen. Jt. Garn von
Guibray/ welches aus dem Wercke ge-
ſponnen und in Straͤnge geſchlagen
worden, zuvor aber in Waſſer und Aſche
geſotten iſt, damit die Spaltzen davon
kommen, wenn es alsdann mit Lauge
gewaſchen, gebleichet und recht weiß
worden, bringt oder ſendet man es zu
uns. Und dieſes thun die Normander
in dem Flecken la Chapelle Moſche, wo-
ſelbſt bey nahe alles dieſes Garn gema-
chet wird. Den Zunamen Guibray
hat es daher bekommen, weil ſie ehe deſ-
ſen keines zu uns bꝛachten oder ſendeten,
ſondern alles auf dem Marckte zu Gui-
bray verkauffeten.
Die Wachszieher brauchen dieſes
Garn ſehr zu Wachsſtoͤcken, Wachs-
lichtern und Fackeln auf die Armleuch-
ter.
Was die Dochte betrifft, die zu PontGarn zu
Dochten.
Sainte Mexane gemacht werden, die-
ſelben werden aus haͤnffinen Wercke
lincks geſponnen, hernach auf Kneuel,
zu 13. und 14. Untzen ſchwer gewunden,
und zu Dochten in die Fackeln auf
Wandleuchter gebrauchet.
Wir verkauffen auch Lunte/ die von
eben ſolchem Wercke bereitet wird, und
iſt kein Unterſchied darunter, als daß die-
ſe wie andere gemeine Seile geſponnen
wird, hernach nimmt man drey Faͤden
zuſammen, und uͤberſpinnet ſie mit
Hanffe, ſo, daß dieſe drey Faͤden nur wie
einer ſcheinen; darauf wird ſie in Waſ-
ſer mit Potaſche geſotten, auf daß ſie die
gehoͤrige Farbe uͤberkomme: wenn ſie
nach dieſem trucken worden, uͤberſen-
den ſie uns dieſelbe in Gebunden von
unterſchiedener Groͤſſe und Dicke.
Ferner verkauffen wir Bindfaden
von Rouan und Troyes: der eine
U 2wird
[]Der Spezereyen und Materialien
wird in kleinen Paͤcklein, der andere
aber auf Rollen zu uns gebracht, und
braucht keines ausleſens, wenn er nur
fein trucken und wohl geſponnen, das
iſt, fein dichte, und ſo duͤnne, als moͤg-
lich iſt: auch muß man Acht haben, daß
er inwendig gleichergeſtalt fein huͤbſch
ſey, beſonders der Rouaniſche, welcher
inwendig ſelten ſo gut iſt, als auswen-
dig.
Es iſt uns desgleichen vergoͤnnet, uͤ-
ber alle dieſe Waaren, die aus Flachs
und Hanff gemachet werden, auch aller-
hand Papier zu verkauffen; und deſſen
giebt es gar vielerley Sorten, naͤmlich,
das Papier von Auvergne, Limoge
und andern Orten: groß- und kleines,
Herren und Frauenzimmer Papier,
welches wir von Rouan bekommen.
ZU Paris verkauffen wir dreyerley
Oliven, welche allein die Groͤſſe von
einander unterſcheidet, und die Laͤnder,
daher ſie kommen. Die Veroneſiſchen
werden am meiſten geachtet, und ſind
ebenfalls dreyerley, le gros \& petit moule,
die groſſen und kleinen, und les ſemences,
die Samoliven: hiernaͤchſt folgen die
Spaniſchen, und drittens die aus Pro-
vence, welche den Zunamen Picholine
oder Pauline fuͤhren, nicht aber von
Lucca, denn daher kommen keine.
Der Baum, der die Oliven traͤgt,
Siehe Fig. 256.iſt gemeiniglich kleine, und die Geſtalt, wie
die Figur weiſet. Die Blaͤtter ſind dicke
und gruͤnlicht, die Blumen weiß, und die
Fruͤchte anfangs gruͤn, werden aber,
wenn ſie zeitig worden, roͤthlichtgruͤn.
Jch will mich aber nicht aufhalten, noch
vermelden, was fuͤr allerley Sachen
aus dem Holtze des Oelbaumes verfer-
tiget werden, ſondern nur von dem Oele
handeln, das aus den Oliven gezogen
wird, desgleichen von der Art und Wei-
ſe, wie ſie eingeleget werden, und der-
geſtalt zum verſpeiſen aufzubehaltẽ ſind.
Sobald demnach die Bauern ſehen,
daß die Oliven zum ſammlen und ein-
legen taugen, welches im Heu- und
Brachmonat geſchicht, ſammlen ſie die-
ſelbigen, und bringen ſie in die Staͤdte
zu verkauffen, als wie etwa die Kirſchen,
da ſie dann diejenigen, die ſie einmachen
wollen, ſobald ſie dieſelben nur bekom-
men haben, alſofort in friſches Waſſer
ſchuͤtten, und einige Zeit darinne liegen
laſſen: hernachmahls nehmen ſie dieſel-
bigen wiederum heraus, und ſchmeiſſen
ſie in eine Lauge, die von Suda und
Aſche von verbrannten Olivenkernen,
oder von Kalche gemacht iſt. Wenn ſie
nun in dieſer eine Zeitlang gelegen, neh-
men ſie ſie wieder heraus, und legen ſie
in Faͤßlein, von unterſchiedener Groͤſſe,
welche ſie mit Saltzwaſſer anfuͤllen, und
noch dazu etwas von einer gewiſſen Eſ-
ſentz, von Zimmt, Naͤglein, Coriander,
Fenchel und andern Gewuͤrtzen bereitet,
dazuthun. Und in der Wiſſenſchaft die-
ſe Eſſentz recht zuzurichten, beſtehet die
gantze Kunſt Oliven einzulegen; darum
halten ſie auch dieſelbige ſo geheim.
Was die Wahlder Oliven, ſonder-
lich der Veroneſiſchen, betrifft, ſo ſol-
len ſie fein friſch und aufrichtig gut ſeyn,
harte und mit Bruͤhe wohl verſehen,
denn ſonſten, ſo bald ihnen die Bruͤhe
entgehet, werden ſie weich und ſchwartz,
und dienen, mit einem Worte, nicht zum
Verkauff: welches gewißlich eine Sache
von keiner geringen Wichtigkeit, indem
es eine Frucht, die ziemlich theuer iſt.
Die Spaniſchen Oliven belangend,
dieſe ſind ſo groß als ein Taubeney, blaß-
gruͤn, und ſchmecken bitter, welches
nicht jederman anſtaͤndig. Hingegen
werden die Oliven, die aus Proven-
ce kommen, bevoraus die Picholines,
fuͤr die beſten gehalten; weil die Herren
Picholini von S. Gemas ſie beſſer
einzulegen wiſſen, als alle die andern;
woran man auch nicht irret, alldieweil
die Picholines die ſchoͤnſt- und beſten
Oliven ſind, und insgemein viel gruͤner
ſehen, auch beſſer ſchmecken, weder die
Paulines und andere Oliven aus
Provence.
Der Gebrauch der Oliven iſt der;
man iſſet ſie an ſtatt des Salates: wo-
bey diß in Acht zu nehmen, daß ſich nie-
mand damit, ohne zur Winterszeit, ver-
ſehe; denn ſo bald die Faſten kommt, ißt
man ſchier keine mehr, daher diejenigen,
die ihrer annoch haben, ſelbige um die
Helffte wohlfeiler hingeben muͤſſen, als
ſie ihnen ſelbſt zu ſtehen kommen.
AUſſer dieſem treiben wir auch einen
ſtarcken Handel mit Oele, das wir
aus denen Oliven machen, welches Oel
ſo noͤthig iſt zu unſerm Leben, daß ich
mich erkuͤhne, es dem Brod und Weine
an die Seite zu ſtellen. Die Art und
Weiſe aber, wie das Baumoͤl zu ma-
chen, iſt von der Weiſe das Mandeloͤl zu
bereiten, gar wenig unterſchieden, denn
es braucht keiner andern Arbeit ein
recht gutes Oel zu machen, als daß man
die Oliven ſammle, wenn ſie beginnen
roth zu werden, oder, welches eben ſo
viel, wenn ſie vollkommen reiff wor-
den, welches im December und Jenner
geſchicht, und ſie hernach auf ausdruͤck-
lich hierzu verfertigten Muͤhlen preſſet
oder ſchlaͤgt, da dann alſofort das ſuͤſſe
Oel heraus laufft, ſo uͤberaus lieblich
riecht und ſchmecket. Dieſes iſt das
Oel, das wir Jungfernoͤl zu nennen
pflegen, und wird am hoͤheſten gehalten,
wenn es von Graſſe, Aix/ Aramont/
Nice, und einigen andern Orten ge-
kommen. Allein, weil die friſch geſam̃-
leten Oliven bey weitem nicht ſo viel Oel
geben, als wenn ſie eine Weile auf dem
Boden gelegen, deshalben laſſen ſie die-
jenigen, die gerne fein viel Oel haͤtten,
roͤſten, und preſſen ſie hernach erſt: daſ-
ſelbe Oel aber riecht und ſchmeckt gar
unangenehme. Andere, die noch mehr
haben wollen, ſchuͤtten ſiedend heiſſes
Waſſer auf die ruͤckſtelligen Dreſter,
und preſſen ſie darauf noch eines ſo
ſtarck: dieſes alſo bereitete Oel pflegen
wir gemeines Oel zu nennen, und iſt
an der Guͤte von dem andern wenig un-
terſchieden, auſſer, daß es von dieſem
oder jenem Orte koͤmmt. Das beſte
gemeine Oel wird von Oneglia, Ge-
nua/ und andern Orten in Jtalien
und Provence gebracht, das ſchlechteſte
aber koͤmmt aus Spanien/ ſonderlich
aber aus Majorca und Portugall.
Was bey der Wahl dieſer Oele zu
beobachten, daſſelbe iſt ſo bekannt, daß
unnoͤthig, mich damit aufzuhalten. Die
Kauffleute aber, die ſie in gantzen Par-
teien kauffen, dieſelben moͤgen zuſehen,
mit wem ſie zu thun haben; denn es iſt
eine Waare, mit welcher ſoviel Betrug
getrieben wird, daß ich Muͤhe genug ha-
ben duͤrffte, wenn ich alles entdecken wol-
te, abſonderlich, ſeit dem wir zu Paris
deꝛgleichen Oelhaͤndler haben, die es nicht
groß achten, wenn ſie iemand betruͤgen,
oder ihre Mitbruͤder zu Grunde richten
moͤgen, dafern ſie nur einigen Profit
dabey machen koͤnnen.
Das Baumoͤl iſt dergeſtalt gebraͤuch-
lich, daß wir gar keine Waare mehr ha-
ben, die alſo haͤuffig verthan wird, weil
niemand deſſen entrathen kan, ſelbſt in
der Artzney; maſſen es das Haupt- und
Grundſtuͤck iſt zu den oleis compoſitis, ce-
ratis, balſamis, emplaſtris und unguentis.
Uber alle die herrlichen Dienſte, die
man von dieſem Oel erhalten mag, iſt es
auch, welches zu erinnern ich nicht um-
hin kan, ein herrlicher Wundbalſam,
wenn es mit Wein zerſchlagen worden:
denn auf dieſe Weiſe bediente ſich der
Samariter im Evangelio des Weins
und Oels, denjenigen, den er auf der
Straſſe verwundet angetroffen, zu hei-
len; ſo gebrauchen auch noch heut zu
Tage dieſes Mittel Arme und Reiche.
Es dienet das Baumoͤl auch zum bren-
nen: wiewohl es nur in Kirchen und
von vermoͤgenden Leuten gebrauchet
wird, weil es nicht ſo haͤßlich ſtincket, als
wie die andern Sorten Oel. So waͤh-
ret es auch viel laͤnger: nur die Theu-
rung macht, daß es von armen Leuten
nicht gebrauchet wird, es muͤſte das an-
dere Oel auch, wie anietzo, zu theuer
ſeyn.
Auſſer dieſem handeln wir auch ſtarck
mit Nußoͤle, das wir aus Burgund,
Touraine und von Orleans bringen
laſſen, und viel verthan wird, weil die
Mahler, und andere Handwercker, wel-
che ſeiner noͤthig haben, z. E. Buch- und
Kupferdrucker, ſamt andern, es gar
ſehr gebrauchen. Uberdiß bedienen ſich
ihrer viele deſſen als eines natuͤrlichen
Balſams, zu Heilung der Wunden,
nicht weniger zum Backen und Braten.
Solte es aber zum Brennen gebraucht
werden, wuͤrde man wenig erſparen,
dieweil es gar zu geſchwinde wegbren-
net, und dazu zu lauter Rus und Koh-
len wird.
Noch ferner treiben wir einen ſehr
groſſen Handel mit Colſa- oder dicken
U 3Steck-
[]Der Spezereyen und Materialien
Steckruͤben-Oel, welches wir aus Flan-
dern kommen laſſen; wie auch mit ge-
meinem Ruͤb oͤle, das wir aus Cham-
pagne und Normandie bekommen;
ingleichen mit Hanff- oder Camillen-
und Leinoͤl, das wir ebenfalls aus Flan-
dern und anderwaͤrtsher bekommen,
ſonderlich, wenn der Fiſchthran zu
theuer iſt.
Jch muß auch allhier berichten, weſ-
ſen ſich die Lichtzieher zum Nachtheil un-
ſerer Profeßion unterſtanden haben,
und wie ſie ſich noch immer fort bearbei-
ten, es dahin zu bringen, damit ſie ſolche
Sachen verkauffen moͤgen, die zu fuͤh-
ren ihnen nicht gebuͤhret. Nun haben
ſie zweyerley Zuͤnfte unter ſich: die
Lichtzieher, welche Lichter ziehen und
verkauffen duͤrffen; und diejenigen Kra-
mer, welche allerhand Waaren, die bey
Pfennigen verkaufft werden, verkauf-
fen. Sie aber laſſen ſich auch Oelhaͤnd-
ler ſchelten, und geben vor, daß ihre Vor-
fahren in der poſſeß geweſen, und zu
Paris Lein-Hanff- und Ruͤboͤl gemacht
und verkauffet haͤtten. Allein ſolcher
ihr Vorwand iſt auf kein eintzig recht-
maͤßiges Geſetze gegruͤndet, und die, de-
ren ſie ſich bedienen wollen, ſind offen-
bahrlich falſch. Die Klage, welche unſre
Geſchworne vor dem Parlament wider
dergleichen ihnen nicht gebuͤhrende Ti-
tel erhaben, iſt angenommen worden;
braucht es alſo keiner Weitlaͤufftigkeit.
Und geſetzt, daß es zu Paris derglei-
chen Oelhaͤndler gegeben, welche her-
nach ſamt den Lichtziehern in eine Zunft
oder Jnnung derjenigen Handwercker,
die ſolche Sachen, die ſie ſelbſt verferti-
gen, verkauffen duͤrffen, gebracht wor-
den, ſo folget hieraus doch noch nicht,
daß ſie deswegen die Freyheit haͤtten
Waaren zu verkauffen: denn es nie-
mand als den Kauffleuten zuſtehet, wel-
che Waaren kommen laſſen, und da-
durch die Handlung unterhalten. Dan-
nenhero kan man auch mit Beſtande
der Wahrheit ſagen, daß dieſe Lichtzie-
her gar keine Macht haben Oel zu ver-
kauffen, es ſey welcherley es wolle, all-
dieweil ſie anietzo keines ſelbſt bereiten,
viel weniger damit gehandelt haben,
oder handeln koͤnnen.
Dieſer Schluß gruͤndet ſich auf den
Abſchied, den der General Lieutenant
der Policey im Jahr 1674. gegeben, als
wir gleichfalls einen Proceß mit den
Lichtziehern, wegen des Baumoͤls und
anderer Materialien fuͤhreten, die ſie,
kraft obberuͤhrter Rechte, zu verkauffen
berechtigt zu ſeyn, vorgaben. Auch
will ich anfuͤhren, was ſich gleicher ge-
ſtalt auf andere Oele deuten laͤßt, des-
gleichen auf die angemaſte Qvalitaͤt der
Oelhaͤndler: denn dieſe wurde dazu-
mahl fuͤr wahr und eine ausgemachte
Sache gehalten, indem die Falſchheit
derer Rechte, darauf ſie ſich gruͤndeten,
noch nicht offenbar worden war.
„Wir erkennen, mit gut befinden des
„Hofes, daß das Recht, allerley Oele,
„mit eingeſchloſſen das Baumoͤl, zu ver-
„fertigen ihnen, den Lichtziehern, kraft
„ihrer Statuten, im Jahr 1396. zuge-
„ſtanden, gar keine Folge mache. Zu-
„mahlen, da das Recht, als ein Hand-
„wercker zu arbeiten, und die Freyheit,
„gleich als ein Kauffmann zu verkauf-
„fen, gantz und gar unterſchiedene Din-
„ge ſind. Wie nun ordentlich ein Hand-
„wercksmann nichts nicht verkauffen
„darff, als was er ſelbſten verfertiget,
„alſo wird das Recht etwas zu bereiten,
„ihme, dem Handwercksmann, nicht die
„Freyheit geben, icht was zu verkauf-
„fen, das er nicht verfertiget hat. So
„haben auch die Zeiten einen gar groſ-
„ſen Unterſchied eingefuͤhret, von Zeit
„derſelben Statuten an, und ſeit dem
„daß die Oelkramerinnung mit der
„Lichtzieherzunft vereinbaret worden.
„Es mag wohl ſeyn, daß zur Zeit dieſer
„Statuten, die Wiſſenſchaft Oel zu be-
„reiten allein in feinen Staͤdten bekañt
„geweſen, und die um Paris liegenden
„Oerter, als noch nicht ſattſam mit
„Volck beſetzt, Samen gnug nach Pa-
„ris geliefert, damit er zum Theil an und
„fuͤr ſich ſelbſt verkauffet, theils aber
„Oel daraus gemachet werden koͤnte.
„allein, ſeit gemeldeter Vereinigung,
„und eine geraume Zeit bereits zuvor,
„iſt gewißlich kein Oel mehr in Paris ge-
„machet worden, vielweniger aber hat
„man, wegen der dabey ſich eraͤugnen-
„den Unmoͤglichkeit, Baumoͤl allda ge-
„macht. Daß dieſemnach die Freyheit
„Baumoͤl zu verkauffen, durch vorge-
„dachte Statuten zugeſtanden, eine den
„Oelkramern gantz unnuͤtze Freyheit
„ware, und den Lichtziehern noch viel
„weniger nuͤtze, als deren keiner iemahls
ſich
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
„ſich bemuͤhet Oel zu machen. Es haͤt-
„ten nur die Lichtzieher die Briefe von
„ihrer Vereinigung auch anfuͤhꝛen koͤn-
„nen, gleichwie ſie die Statuta de anno
„1396. angefuͤhret, ſo wuͤrde ſichs ge-
„wieſen haben, daß die rationes dieſer
„Vereinigung nicht zureicheten, ihnen
„den Verkauff des Baumoͤls zu veꝛgoͤn-
„nen.„ Es iſt auch ein Urthel, dieſem
Berichte gleichlautend, ergangen.
Dennoch hat man, welches faſt un-
glaublich, nach dieſem erfahren muͤſſen,
wie dieſe Leute einen Gebrauch, oder
vielmehr einen Mißbrauch, beym Ver-
kauff der andern Oele einzufuͤhren ver-
mocht, und zwar nicht allein unter ih-
nen ſelbſt, ſondern auch unter den Spe-
zereyhaͤndlern, denen ſie Geſetze aufzu-
buͤrden gewuſt, da ſie doch vielmehr von
den Kauffleuten ſolten Geſetze empfan-
gen, indem ſie von dieſen faſt taͤglich mit
allerley Seiffe, Baum wolle und andern
dergleichen Waaren, die ſie zu ihrer
Handthierung von noͤthen haben, oder
eintzeln verkauffen, verſehen werden.
Denn, ohnerachtet ihnen alle dieſe Sa-
chen nach dem Gewichte verkauffet wer-
den, wie ſie denn dieſelben gleichfalls
ſelbſt alſo verkauffen, es ſey nun eintzeln,
oder wenn ſie vorher dieſelben zugerich-
tet haben, ſo wollen ſie doch durchaus
das Oel nicht anderſt verkauffen, als
nach dem Maas, koͤnnen auch nicht lei-
den, daß es die Spezereyhaͤndler auf an-
dere Weiſe verkauffen. Jch habe nie-
mahls begreiffen koͤnnen, aus was Ur-
ſache ſolches geſchehe, allein ich weiß aus
der Erfahrung, daß das gemeine Weſen
nicht wenig darunter leide, ſich auch ie-
derman heftig uͤber dieſe Gewohnheit
beſchwere, anbey ſolches der Bosheit
oder der Nachlaͤßigkeit des Verkaͤuffers
zuſchreibe, als welcher gar leichtlich dem
Kaͤuffer geben koͤnte, wenn er ſich nur
des Gewichtes bedienete; da es hinge-
gen unmoͤglich anders ſeyn kan, oder
dieſer muß bey dem Meſſen bevortheilet
werden. Denn es iſt ja in Wahrheit
augenſcheinlich und offenbar, daß das
Oel, als ein von Natur fett- und kle-
brichtes Weſen, ſich an die Gefaͤſſe, die
es enthalten, haͤnge, und allezeit ein
ziemlicher Theil deſſelben darinne ver-
bleibe, inſonderheit, wenn es von der
Kaͤlte oder anderer Beſchaffenheit des
Wetters, auch wohl wegen ſeiner eige-
nen Natur, geſtehet, gelieffert, und nicht
abrinnen kan. Wie ich dann unzehliche
mahl beobachtet, daß den Leuten un-
moͤglich ſoviel Oel, als ſie verlanget, kun-
te gegeben werden, wenn man die von
den Lichtziehern eingefuͤhrete Maaſe ge-
brauchet, die Leute zu betruͤgen: dahin-
gegen nichts ſo billich iſt, als wenn das
Oel, alles und iedes, wie wir es mit dem
Baumoͤle und etlichen andern zu ma-
chen pflegen, nach dem Gewichte ver-
kauffet wird, es ſey hernach zu welcher
Zeit es wolle, der Kaͤuffer habe ein ledi-
ges Gefaͤß oder nicht. Denn, wennTara heißt,
wenn man
das Gefaͤß in
die eine, und
eben ſo viel
Gewichte in
die andere
Wagſchale
leget, bis ſie
wagrecht ſte-
hen.
man die Tara von dem Gefaͤß abgezoge,
thut man darauf ſoviel Oel, als der Kaͤuf-
fer begehret, ohne den allergeringſten
Abgang, drein, und ſolcher Geſtalt wird
dem gemeinen Weſen viel beſſer gedie-
net, ſo duͤrffen auch die Spezereyhaͤnd-
ler ihr Gewiſſen nicht alſo beflecken, als
wenn ſie dreyviertheil Pfund ſtatt eines
gantzen geben. Dieſes iſt gewiß und
wahrhaftig: maſſen ich eine Beſcheini-
gung in Haͤnden habe, welche mehr denn
100. Kauffleute, alte und junge, deren
Aufrichtigkeit maͤnniglich bekannt, ei-
genhaͤndig unterſchrieben, und darinne
mit einander bekennen, wie ſie, wider
ihren Willen, die Leute betruͤgen muͤ-
ſten, weil ihnen nicht frey ſtehe, ſich des
Gewichtes zu gebrauchen, indem es den
Spezereyhaͤndlern ofters mit Gewalt
von den Lichtziehern weggenommen
wuͤrde, damit ſie den Gebrauch, oder
beſſer zu ſagen den Mißbrauch der
Maaſe moͤchten in die Hoͤhe bringen.
Welchem Unfug abzuhelffen die Obrig-
keit ſchuldigſter maſſen erſuchet und ge-
beten wird. Denn es liegt dem gemei-
nen Weſen hieran eben ſo viel, ja noch
mehr, als wann das Nußoͤl und andere,
die zur Artzney, oder auch wohl gar
zum Eſſen gebrauchet werden, vermi-
ſchet, oder mit einem haͤßlichen Ge-
ſchmack und unertraͤglichen Geſtanck
nach Fiſchthran veꝛgiftet befunden wer-
den, vor allen aber das Hollaͤndiſche:
wie denn auch ſonſten, blos wegen der
Maaſe, vielerley koſtbare Arbeit, als
da iſt, Buch- und Kupferdruckerarbeit,
Mahlerey, und dergleichen zu ſchanden
gehen muͤſſen.
DAs Baumoͤl wird nicht allein zu
allerhand Sachen, dazu es noͤthig,
ingleichen zu allerley Speiſen, wie auch
zur Artzney, in ſo groſſer Menge ver-
verbrauchet, ſondern es iſt gleichfalls
der Grund und das Hauptſtuͤck zu un-
terſchiedlichen Gattungen der Seiffe/
die wir verkauffen. Wiewohl ich nur
die guten Sorten verſtehe, unter denen
die beſte und meiſt geachtete die von
Alicanten iſt; die andere, die von Car-
thagena/ die dritte, die rechte Maßili-
ſche/ die vierte die Gayette, und die
fuͤnffte, die von Toulon, die wir, wie-
wohl unrecht, Genueſer Seiffe zu nen-
nen pflegen. Es iſt aber die Seiffe
ein zuſammen geſetztes Weſen von
Baumoͤl, Kraftmehl, Kalchwaſſer und
Lauge von der Suda, welches alles mit
einander gekocht, und hernach zu Ta-
feln oder Broden und Kugeln, in ſolcher
Geſtalt und Form, wie wir ſie zu ſehen
kriegen, gemachet wird.
Was die Marbrirung belanget, da-
von kan ich nichts nicht melden, denn
es der Seiffenſieder arcanum und Ge-
heimnuͤß iſt. Doch hat man mir geſa-
get, ſie thaͤten Vitriol, bis zur Roͤthe ge-
brannt, dazu, auch wohl Scheidewaſſer.
Allein, weil ich nichts gewiſſes davon
weiß, darum mag ich auch nichts davon
melden.
Die Wahl der Seiffe iſt dieſe: ſie
ſoll trucken ſeyn, fein marmoriret, und
gewiß von dem Orte her, deſſen Namen
ſie fuͤhret, das iſt, die fuͤr Alicantiſche
verkaufft wird, ſoll auch gewiß von Ali-
canten ſeyn, und alſo auch die anderen.
Die Weiſſe und die Gayette betreffend,
dieſe ſollen die Parfumirer der andern
vorziehen, und ihre Seiffenkugeln da-
von machen: weil aber die Gayette
zu rar, deshalben gebrauchen ſie die
von Toulon, oder ſonſt eine gewiſſe
Art harter und weiſſer Seiffe.
Die Seiffe von Toulon ſoll tru-
cken ſeyn, weiß, und ein klein wenig
blaulicht, ſich fein gleich zerſchneiden laſ-
ſen, dabey glieſſen und angenehme rie-
chen, auch ſo wenig ſchmiericht ſeyn, als
nur moͤglich iſt. Was die marbrirte
belanget, da wird diejenige, welche an
den Seiten roth, inwendig fein ſchoͤn
marbriret iſt, am meiſten geachtet, weil
ſie recht wohl gearbeitet, und derowegen
deſto beſſer zu gebrauchen, auch viel eher
kan verkauffet werden.
Die Eigenſchaften der Seiffe ſind be-
kañt genug. Jedennoch weil ihrer wenig
ſich einbilden duͤrften, daß ſie auch eini-
gen Nutzen in der Artzney habe; als
will ich denenſelben wenigſtens dieſes
eroͤffnen, daß ſie von etlichen in Wein-
geiſt (Spirit. Vini) zerlaſſen, und mit gu-
tem Nutzen wider die kalten Fluͤſſe ge-
brauchet werde: desgleichen, daß man
ein Pflaſter, Emplaſtrum de Sapone,
Seiffenpflaſter, genannt, davon be-
reite, welches nach dem Berichte eini-
ger Scribenten, vortreffliche Tugenden
hat.
Ohne dieſe ietzgemeldte Sorten Seif-
fe, wird auch zu Rouan eine Gattung
derſelbigen von Flambart (das iſt das
Fett, das bey den Jahrkoͤchen und Trai-
teurs an den Keſſeln hangen bleibt) ge-
macht: weil es aber eine haͤßliche Seif-
fe, deshalben will ich nichts davon ver-
melden, auſſer, daß ſie gantz und gar
verboten werden ſolte, indem ſie zu
nichts nicht taug, als die armen Leute
damit zu betruͤgen, ſie mag nun weiß
ſeyn oder fleckicht.
Wir verkauffen ferner eine fluͤßige
oder weiche Seiffe, und nennen dieſelbe
ſchwartze Seiffe: dieſe kommt von
Abbeville, und wird von Brennoͤlhe-
fen, Bleyaſche, oder mit Kalchwaſſer
bereitet. Dieweil ſie aber gar braun
ſiehet: derowegen laſſen wir aus Hol-
land Seiffe kommen, die ſo gruͤn ſiehet,
als wie Epheu, weil ſie an ſtatt des
Brennoͤls, das Hanffoͤl, welches gruͤn
iſt, dazu gebrauchen.
Die ſchwartze Seiffe von Abbe-
ville oder von Amiens, die in kleinen
Faͤßlein, welche wir Quartalen nennen,
gebracht wird, gebrauchen die Hutma-
cher und andere ſehr haͤuffig.
Etliche brauchen die Hollaͤndiſche
gruͤne weiche Seiffe, und reiben den Fe-
bricitanten die Fusſohlen damit, vorge-
bend, dieſe vertreibe es: iſt auch nicht
gantz und gar zu verwerffen, denn ich
ſelbſten Perſonen kenne, denen auf ſol-
che Weiſe geholffen worden. Allein,
weil
[]
Figure 229. Sibeben Fig. 259. p. 326. | Figure 230. Fig. 258. p. 322 | Figure 231. Lappern Fig. 257. p. 322. | Figure 232. Oliven Fig. 256. p. 311. |
Figure 233. Haſelnüſſe Fig. 262. p. 342. | Figure 234. Maronen Fig. 263. p. 342. | Figure 235. Feigen Fig. 261. p. 339. | Figure 236. Lorinthen Fig. 260. p. 325. |
Figure 237. Zweig vom bauͤmvollen Hauͤm Fig. 252. p. 307. | Figure 238. Sauͤmwollen Fruͤcht Fig. 253. p. 307. Figure 239. Hauͤmwollen Samen Fig. 254. p. 307. | Figure 240. Houͤatte Fig. 255. p. 309. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
weil ſie ſo ſeltſam, und man keine brin-
gen laͤßt, derohalben muß man ſich
an der von Abbeville begnuͤgen laſ-
ſen.
DJe Cappern ſind Blumenknoͤpfe,
welche an der Kuͤſte von Toulon
und an andern Orten in Provence
wachſen, denn daher kommen faſt alle
Cappern, die wir verkauffen. Wie-
wohl wir ihrer auch aus der Jnſel Ma-
jorca bekommen, gleich wie aus fol-
genden zu erſehen iſt.
Wir verkauffen zwar vielerley Cap-
pern/ die dennoch nur alleine durch die
Groͤſſe von einander unterſchieden wer-
den, und nicht nach den Laͤndern, deren
Namen ſie fuͤhren: denn es iſt ausge-
macht, daß alle Cappern, ausgenom-
men die von Majorca/ von Toulon
kommen. Sie ſolten derowegen viel-
mehr den Namen Frantzoͤſiſche Cap-
pern, oder Cappern von Toulon fuͤh-
ren, an ſtatt daß ſie, wie bisher allezeit,
Cappern von Nizza oder Genua ge-
nennet worden.
Wann nun die Cappern zum ſamm-
len taugen, muͤſſen ſie innerhalb vier
und zwantzig Stunden geſam̃let wer-
den; ſonſt wo man ſie nicht gerade zur
Zeit, da ſie noch Knoͤpfe ſind, einſamm-
let, thun ſie ſich auf, und moͤgen alsdann
weder mit Saltz, noch mit Weineßig
eingeleget werden. Wenn denn die
Bauern die Cappern abgeleſen, laſſen
ſie dieſelben, noch ehe ſie eingeleget wer-
den, durch unterſchiedene Siebe, deren
immer eines groͤſſere Loͤcher hat, als das
andere, lauffen, und machen alſo aller-
hand Cappern, die dennoch alle zuſam̃en
auf einer eintzigen Staude gewachſen.
Je kleiner nun die Cappern ſind, und
mehr Stiele dran, ie hoͤher werden ſie
geachtet.
Was die Cappern von Majorca
belanget, dieſelben ſind kleine eingeſaltz-
ne Cappern, deren wir zu Friedenszei-
ten ziemlich viel verthun.
Zu Lyon wird noch eine Gattung
Cappern verſpeiſet, welche Sauvagine,
wilde/ genennet werden. Sie ſind
breit gedruckt, eingeſaltzen, und ſo groß
als ein Denier/ und kommen von Ale-
xandria. Allein, weil allhier gar ſel-
ten darnach gefraget wird, deshalben
laſſen wir ihrer auch gar wenig bringen.
Wir verkauffen uͤberdiß noch zwey
andere Sorten mit Weineßig eingeleg-
ter Blumen, davon die eine Capucine,
die andere Genette heißt. Die Ge-Siehe Fig. 258.
waͤchſe ſind dermaſſen bekannt, daß ich
fuͤr unnoͤthig gehalten, davon zu han-
deln.
DJe Lorbeeren ſind Fruͤchte, ſo di-
cke als die Spitze des Daumens,
und anfangs gruͤn, werden aber immer
braͤuner, ie mehr ſie zeitigen. Dieſe
Beeren ſind eben ſo bekannt, als wie
der Baum, der ſie traͤgt, deswegen ich
auch nicht viel davon vermelden wollen,
ſondern nur gedencken, daß die Lor-
beeren fein friſch und neu ſeyn ſollen,
wohl trucken, recht vollkommen, und ſo
ſchwaͤrtzlicht, als immer ſeyn kan. Auch
habe man Acht, daß ſie nicht wurmſti-
chicht ſind, welches gar leichte zu geſchehẽ
pflegt, wofern ſie nur ein wenig ſchlecht
in Acht genommen werden.
OLeum laurinum, das Lorbeeroͤl,
wird aus den friſchen Lorbeern, die
man im Waſſer ſieden laſſen, gezogen;
wenn es dann erkaltet, wird es in Faͤß-
lein gethan, und hin und her verſendet.
Das Lorbeeroͤl, das wir verkauf-
fen, kommt aus Languedoc und Pro-
vence/ ſonderlich von einem nahe bey
Montpellier gelegenem Orte Caluiſ-
ſon, von dannen wir das allerbeſte uͤber-
kommen: denn das aus Provence taug
gar nichts, ſintemahl es nichts anders
iſt, als Schmeer und Terpentin, mit
Gruͤnſpan oder Nachtſchatten angefaͤr-
bet. Solte derohalben gantz und gar
verboten ſeyn, und denenjenigen, die es
Xberei-
[]Der Spezereyen und Materialien
bereiten, unterſaget werden, daſſelbe
fernerhin zu machen und zu verkauffen.
Man ſolte auch kein anderes gebrau-
chen, als das aus Languedoc gebracht
wird, weil es das beſte unter allen, da-
fern es nur die erforderte Beſchaffen-
heit hat, das iſt, wenn es friſch, wohlrie-
chend, koͤrnicht, gnugſam dicke und gelb-
gruͤn iſt: dagegen ſoll man dasjenige
verwerffen, welches gruͤn, gantz dichte
und doch dabey fluͤßig iſt, auch gantz an-
ders als Lorbeeroͤl riecht, wie das aus
Provence, oder das zu Lion, Rouan
und Paris von ſolchen Leuten gemacht
wird, die weder auf Ehre noch Gewiſſen
ſehen, und deren Betruͤgerey, die ſie
bey dieſer Waare veruͤben, dermaſſen
groß iſt, daß ich ſie kaum mit groſſer
Muͤhe allhier duͤrfte erzehlen koͤnnen.
Derowegen will ich die Obrigkeit noch-
mahls gebeten haben, daß ſie doch den
Geſchwornen bey unſerer Jnnung
auflegen wolte, auf dergleichen Miß-
brauch, der bey dieſem Oele vorgehet,
Acht zu haben, wie nicht weniger auf
viele andere Schelmereyen, die bey allen
unſern ſo unterſchiedenen Waaren mit
unterlauffen: inmaſſen ſolches in gegen-
waͤrtigem Wercke zur Gnuͤge kan erſe-
hen werden. Dieſem aber koͤnte gar
leichte abgeholffen werden, wenn nur
die Herren Geſchworne ſich die ſchlechte
Muͤhe nehmen wolten, und verwehren,
daß nicht ſoviel Leute, ohne Erlaubnuͤß,
allerhand Waaren zurichten duͤrften,
ſondern was recht und billich iſt, beob-
achten muͤſten: ſie ſelbſt aber ſolten die-
ſes auch fein in Acht nehmen, und der-
geſtalt denenjenigen ein gut Exempel ge-
ben, die unter ihrer Aufſicht ſtehen, mit-
hin bey aller Gelegenheit erweiſen, daß
ſie das gemeine Beſte ihrem eignen Nu-
tzen vorzoͤgen. Allem Mißbrauch aber
vorzubeugen, duͤrfften ſie nur die Waa-
ren unter der Hand kauffen laſſen, und
beſehen, ob ſie gebuͤhrend beſchaffen waͤ-
ren. Jch verſtehe aber ſolche Waaren,
welche nachgemachet oder gar verfaͤl-
ſchet ſind, z. E. wenn ſie an ſtatt des
Scammonienhartzes Glaspech ver-
kauffen, fuͤr das Gummi vom Guajac
Galipot, fuͤr Benzoin Schmierpech, Ar-
canſon fuͤr das Gummi Elemi, gruͤn ge-
faͤrbtes Schmeer fuͤr Lorbeeroͤl, Curcu-
ma fuͤr Saffran, gekochten Honig und
geſtoſſene Wurtzeln fuͤr Theriac: mit ei-
nem Worte, alle dergleichen Waaren,
welche mit Fleiß gemachet ſind um die
Leute damit zu betruͤgen, und daß ſie
wohlfeiler verkauffen koͤnnen, als ihre
Cameraden. Was aber die Simplicia
und einfachen Waaren betrifft, da iſt
unmoͤglich, daß ſich nicht iederzeit etliche
mangelhafte darunter befinden ſolten,
es ſey nun, weil ſie leichtlich anlauffen,
als wie die Rhabarber, das ſuͤſſe Holtz,
und andere mehr; oder aber, weil ſie
gerne wurmſtichicht werden. Es waͤre
demnach gut, daß zu denen hierzu ver-
ordneten feine verſtaͤndige Kauffleute
genommen wuͤrden, welche die gerech-
ten Materialien von den verfaͤlſchten,
und die Spezereyen von ſolchen Din-
gen, die keine Spezereyen ſind, zu unter-
ſcheiden wuͤſten. Dargegen muͤſte man
keine ſolche Leute mehr zu Geſchwornen
erwehlen, welche ſich nur auf Butter,
Kaͤſe und andere gemeine Waaren ver-
ſtehen: vielweniger aber ſolte dieſer
oder jener vorgezogen werden, das iſt ſo
viel geſagt, man ſolte fein nach dem Re-
giſter oder Ordnung, wie ſie eingeſchrie-
ben worden, gehen, denn es giebt ja
noch wohl ein und andre Spezerey-
haͤndler, die zum wenigſten eben ſo wuͤr-
dig ſind dieſes Amt auf ſich zu nehmen,
als dieſe eingebildete Spezereykramer.
Zum andern ſolten kuͤnftighin nicht al-
lerley unverſtaͤndige ungeſchickte Leute
in die Spezereyhaͤndler-Jnnung, weil
in deren Macht alle zum Leben noͤthige
Dinge ſtehen, an- und aufgenommen
werden. Dergleichen unverſtaͤndige
Kauffleute und ignoranten aber koͤnte
man fuͤglich den Urſprung und die Qvel-
le alles Miſchmaſches und aller unge-
reimten Dinge nennen, dieweil ſie mei-
ſtentheils eine Waare an ſtatt der an-
dern verkauffen, und Gift vom Gegen-
gift nicht wiſſen zu unterſcheiden. Wel-
chem Unfug aber durchaus muß abge-
holffen werden, indem dem gemeinen
Beſten zu viel dran gelegen. Denn
kurtz zu ſagen, es iſt die Quelle alles Gif-
tes; welches durch den Betrug, der taͤg-
lich begangen wird, ohnſchwer zu erwei-
ſen ſtuͤnde.
Das Lorbeeroͤl wiꝛd zu Zertheilung
der kalten Fluͤſſe gebrauchet, auch etli-
cher maſſen ſonſt in der Artzneykunſt
angewendet, uñ zu unterſchiedenen Ga-
leniſchen compoſitionen genommen: das
meiſte aber gebrauchen die Hufſchmiede.
DJe Zibeben, welche auch Damaſce-
niſche Roſinen genennet werden,
ſind platte Roſinen, ſo lang und dicke als
die Spitze des Daumens, und werden
von Damaſco, der Hauptſtadt in Sy-
rien, in halbrunden Schachteln, Buſtes
genannt, zu uns gebracht.
Man ſoll dieſe Roſinen erwehlen,
welche friſch, fein dicke und vollkommen;
und dabey Acht haben, daß es nicht Ca-
labriſche, oder breitgequetſchte Jubis-
roſinen ſeyn, die mit Fleiß in ſolche Ro-
ſinſchachteln geleget worden, welches
von gar vielen Spezereykramern und
Apotheckern geſchicht, die ihnen keine
groſſe Schwierigkeit machen, wenn ſie
eine Sache an ſtatt der andern verkauf-
fen koͤnnen. Dieſes aber kan einer gar
leichtlich mercken, wer nur ein wenig
weiß, was es iſt; denn die Zibeben ſind
dicke, groß, fett, trucken und veſte, ha-
ben insgemein zwey Kerne, und einen
wunderlichen faſt widerlichen Ge-
ſchmack: dagegen ſind die Calabriſchen
fett und weich, ſchmecken zuckricht, als
wie die Jubisroſinen. Uberdiß kan
man auch gar balde ſehen, ob ſie mit
Fleiß darein geleget worden, oder aber
gar nicht geruͤhret und noch ſo ſind, wie
ſie von Damaſco kommen.
Dieſe Roſinen werden oͤfters zu-
ſammt den Bruſtbeeren, Sebeſten und
Datteln zu Bruſttraͤncken gebraucht.
Weil ich nicht habe erfahren koͤnnen,
wie ſie dieſe Roſinen, bevor ſie in die
Schachteln gethan werden, zurichten,
darum kan ich auch nichts weiter davon
vermelden, als daß ich berichtet worden,
es waͤren dieſelben dermaſſen dicke, daß
es Trauben gaͤbe zu 24 Pfunden ſchwer:
welches gar wohl ſeyn kan, denn wir in
Provence gleichfalls Trauben haben,
die bis 12. Pfund wiegen.
DJe Corinthen ſind kleine Roſinen,
von unterſchiedener Farbe, indem
es ſchwartze, rothe und weiſſe giebet,
welche insgemein ſo dicke ſind, als wie die
Johannsbeeren.
Der Stock, der ſie traͤgt, iſt niedrig,
mit dicken, gar ſehr zerkerbten Blaͤttern
beſetzet, waͤchſt haͤuffig und in Menge
auf einer uͤberaus groſſen und gerau-
men Ebene hinter dem Schloß zu Zan-
ten in Griechenland. Dieſer Platz iſt
rund umher mit Bergen und Huͤgeln
umgeben, und in zwey Weingaͤrten, da-
rinnen ein Hauffen Cupreſſen, Oliven-
baͤume und Luſthaͤuſer ſtehen, abgethei-
let, welche nebſt der Fortreſſe und dem
Berge Diſcoppo in einer uͤber alle
maſſen angenehmen Gegend liegen.
Wenn dieſe kleine Roſinlein reiff ſind,
welches im Auguſt geſchicht, ſo ſam̃len
ſie die Leute, beeren ſie ab, und machen
hernachmahls Bette in die Erde, damit
ſie dieſelben trocknen koͤnnen. Nach-
dem ſie nun trucken worden, bringen ſie
ſie nach der Stadt, und ſchuͤtten ſie durch
ein Loch in groſſe Haͤuſer, die ſie Serra-
glio nennen, da ſie dann durch ihr Ge-
wichte dermaſſen veſte zuſammen fal-
len, daß ſie die Eigenthumsherren mit
eiſernen Jnſtrumenten von einander
zerren muͤſſen. Drauf ſchlagen ſie die-
ſelben in Tonnen oder Ballen, von un-
terſchiedenem Gewichte, und laſſen ſie
von hierzu beſtellten Leuten mit Fuͤſſen,
die ſie deshalben mit Oele beſtreichen,
eintreten, ſo werden ſie dermaſſen veſte,
wie wir ſehen.
Bisweilen werden ſolche Roſinen
von Cephalonia uns uͤberbracht, in-
gleichen von Natoligo oder Anatoli-
go, Meſſalonga, Patraſſo, Lepan-
to und Corinthen, davon ſie ihren Zu-
namen bekommen.
Zu Zanten haben die Engliſchen
ein Kauffhaus oder Comptoir, wel-
ches durch einen Conſul und ſechs Kauff-
leute, der Handlung wegen, beſtellet
wird, welches ihnen kein geringes ein-
traͤgt, maſſen ſie in einem Jahr mehr
Corinthen verthun, als das uͤbrige gan-
tze Europa.
Die Hollaͤnder halten allda einen
Conſul und zwey Kauffleute: die Fran-
tzoſen aber haben nur einen Commiſſa-
X 2rium,
[]Der Spezereyen und Materialien
rium, welcher alles zuſammen iſt, Con-
ſul und Kauffmann.
Die Einwohner zu Zante glauben
noch bis dato, daß die Europaͤer die Tuͤ-
cher mit dieſen Roſinen faͤrbeten, und
meinen nicht, daß ſie gegeſſen werden.
Dieſe kleine Roſinen ſind der Orten
ſo gemeine, daß der Centner nicht hoͤher,
als um drey Pfund verkaufft wird; hin-
gegẽ muß man den Venetianeꝛn, auch ſo-
viel fuͤr die freye Ausfuhr bezahlen, und
kan deswegẽ den Centner unter 9. bis 10.
Pfund zu Marſeille nicht haben: wie-
wohl der Preiß bisweilen ziemlich aͤn-
dert, nachdem naͤmlich die Leſe gut ge-
weſen, und wenig Gefahr zur See.
Wann die See frey iſt, ſo bringen ſie
die Hollaͤnder haͤuffig nach Bour-
deaux, Rochelle, Nantes, und
Rouan/ von dannen kan man ſie viel
wohlfeiler haben, als von Marſeille.
Man ſoll die Corinthen erwehlen,
welche neu, klein, und in groſſen Klum-
pen ſind, das iſt, die abgebeeret, und
nicht mit Honig beſtrichen ſind: ſo muß
man auch Acht haben, daß der Ballen
umher nicht weiß ſehe, und folglich von
Muͤlben angefreſſen ſey: ingleichen, daß
es keine Spaniſche Roſinlein ſeyn.
Sie halten ſich zwey oder drey Jahr,
wenn ſie nur nicht ſehr geruͤhret wer-
den, oder zu viel Luft bekommen.
DJeſes ſind Roſinen, welche wir aus
Provence kommen laſſen, bevor-
aus von Roqvevarre uñ von Ouriol.
Wenn ſie zeitig, werden die Trauben
abgeleſen, und in warme Lauge von
Suda eingeweichet, hernach auf Hor-
den gelegt, und an der Sonne getrock-
net, da ſie dann einmahl uͤber das ande-
re umgewendet werden muͤſſen, damit
ſie fein zugleich trucknen. Wenn ſie
nun trucken worden, werden ſie in klei-
ne weiſſe Faͤßlein geleget, auf die Weiſe,
wie wir ſie zu ſehen bekommen: und
muͤſſen alsdann, wann ſie gebuͤhrend
beſchaffen, friſch und trucken ſeyn, ſchoͤ-
ne Trauben, die nicht ſchmutzig oder ab-
gebeeret ſind, ſo wenig als moͤglich iſt:
auch muͤſſen ſie klar und glaͤntzend ſeyn,
und zuckerſuͤſſe ſchmecken.
Ohne dieſe bekommen wir noch eine
Gattung Roſinen, die wir Picardans,
die Picardiſchen, zu nennen pflegen;
ſelbige ſind viel kleiner, trucken und duͤr-
re, kurtz zu ſagen, weit geringer als die
Jubis.
Wir verkauffen auch ferner Calabri-
ſche Roſinen/ welche fett ſind und gar
gut ſchmecken. Jngleichen die Marro-
quins, welches ſchwartze Roſinen ſind:
raiſins d’arc au ciel, weil ſie wie ein Re-
genbogen ſehen: ſie kommen aus Spa-
nien, und wird Spaniſcher Wein da-
raus gemacht: Es ſind truckne, roth
und blaulichte Roſinen, von ſehr gutem
Geſchmack: Spaniſche Roſinen/ wel-
che klein, und ein wenig groͤſſer ſind, als
die Corinthen; und noch andere Sor-
ten mehr.
Wir treiben gleichfalls einen ſtarckenAllerhand
Weine.
Handel mit allerhand Weinen, z. E. mit
Spaniſchen/ Alicanten, S. Lau-
rent/ Frontignan/ Coſte-rotie, Thin/
Hermitage/ Barbatanne oder aus
Languedoc/ und ſo fort. So verthun
wir auch ohne die Weine nicht viel weni-
ger Branntwein, den wir von Co-Bꝛanntwein,
oder Aquavit.
gnac/ Blois/ Saumur und ander-
waͤrts herkommen laſſen. Es giebt aber
vielerley Branntwein, naͤmlich, von
Wein, Bier, Apfel- oder Birnmoſt,
von Zucker und von Korn. Allein weil
ich nicht geſinnet bin, als nur blos von
demjenigen, der von Weine gemacht
wird, zu handeln, zumahl da die uͤbrigen,
ihrer ſchlechten Beſchaffenheit halber,
verboten ſind, ſo will ich erinnern, daß
man den erwehlen ſolle, welcher weiß,
und klar iſt, einen guten Geſchmack hat,
und die Probe haͤlt, das iſt, wenn er in
ein Glas gegoſſen wird, muß ſich ein klei-
ner weiſſer Schaum erheben, und einen
Zirckel machen, wenn er vergehet, wel-
ches auf Frantzoͤſiſch chapelet, das Kaͤpp-
lein oder der Krantz genennet wird;
denn wenn er nicht gut gemacht iſt, oder
zuviel Feuchtigkeit bey ſich hat, ſo wird
ſich dieſer Kreis nicht zur Helffte zeigen.
Die andre Probe iſt dieſe, man tuncket
einen Finger in den Branntwein, und
haͤlt ihn ans Feuer, faͤngt er, ſo iſt er
gut.
Jch will mich nicht lange aufhalten,
noch von der Art und Weiſe, wie der
Brannt-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
Branntwein gemacht wird, viel Wor-
te machen, denn es eine Sache, die be-
kannt genug iſt; ſo weiß auch ein ieder-
mann, daß er von Weine, er ſey aufge-
ſtanden oder nicht, gediſtilliret wird.
Der Branntwein wird ietziger Zeit
dermaſſen haͤuffig verbrauchet, daß wir
bey nahe keine einige Waare haben, die
in ſo groſſer Menge verthan wird, unge-
achtet alle diejenigen, die ihn trincken, al-
lerhand Unfug und loſe Haͤndel treiben,
weil es die Leute zugeben, die ihn verlaſ-
ſen, und ihre Schencken ſtets offen hal-
ten, daß man ſie mit allem Rechte der
Spitzbuben Herberge nennen moͤchte.
Welches ihnen nicht wenig Spezerey-
kraͤmer ſolten geſaget ſeyn laſſen; wie-
wohl ich ſie lieber Branntweinſchencken
nennen wolte, indem ſie Tag und Nacht
zu ſauffen geben; und moͤchten ſich nicht
mit ſolchem liederlichen Thun verwir-
ren: das heißt ſo viel, ſie ſolten nicht zu-
laſſen, daß ſo ein Hauffen liederlich Ge-
ſinde mit Brod, oder auch zuweilen mit
anderm Eſſen in ihre Laͤden kaͤme, Aqua-
vit, Hypotheque und Ratafia auf
einem umgeſtuͤrtzten Faſſe, oder auch
wohl gar an einem ausdruͤcklich fuͤr ſie
aufgeſchlagenen Tiſche zu trincken. Jn-
deſſen nun die Commiſſarien nebſt der
Wache bemuͤhet ſind, damit die Laͤden,
ſo bald die Glocke zehen geſchlagen, ge-
ſchloſſen, auch an Sonn- und Feſttagen
unter waͤhrendem Gottesdienſte zuge-
halten werden, haben dieſe Kraͤmer der-
gleichen Saͤuffer gnug bey ſich im Hau-
ſe, die hernachmahls halb berauſchet,
zum Theil auch gar beſoffen, von ihnen
gehen; welches aber Schuld und die ein-
tzige Urſache iſt, daß ſo viel Mord und
Todtſchlag zu Paris geſchiehet, und
man eine ſolche Menge blinder Leute
ſiehet.
Uber dieſes wird auch der Brannt-
wein zur Artzney gebraucht; denn er
ſtaͤrcket die Nerven: ingleichen wird er
zu andern Sachen mehr genommen.
Von dem Branntwein ziehen wir
ein geiſtiges Waſſer, aquam ſpirituoſam,
ab, welches klar und durchſichtig iſt, und
wird Eſprit de Vin, Spiritus vini,Wein-Spiritus Vini.
geiſt genennet. Wenn dieſer die gehoͤ-
rige Beſchaffenheit hat, iſt er fein weiß,
und verbrennet ohne Hinterlaſſung der
geringſten Feuchtigkeit, wenn man ihn
anzuͤndet. Damit man nun erfahre,
ob eꝛ auch ohne phlegma und Waſſer ſey,
ſo darff man nur etwas weniges in ei-
nen eiſernen oder ſilbernen Loͤffel gieſ-
ſen, und auf einen Teller mit Waſſer
ſtellen; verbrennet dann der Spiritus, bis
alles trocken, und das Pulver, das drein
geſchuͤttet worden, geht zugleich mit
auf, ſo iſt es ein ohnfehlbares Zeichen,
daß er iſt, wie er ſeyn ſoll, und mag zu
allerhand Dingen, dazu der Weingeiſt
erfordert wird, gebrauchet werden.
Der Spiritus Vini hat ſo herrliche Ei-
genſchafften, daß einer kaum glauben
ſolte, was fuͤr Kraͤfte er hat, und iſt zu
vielerley dienlich.
Wir handeln auch allhier gar ſtarck
mit Eßig und Agreſt oder unreiffen
Weinbeerſaft, und verſenden den erſten,
welchen wir von Orleans und ander-
waͤrts her bekommen, in fremde Lan-
de: dieſen aber haben wir deshalben zu
verkauffen, weil er einiger maſſen in der
Artzney gebrauchet wird, und die Spe-
zereyhaͤndler gehalten ſind ihn zu fuͤh-
ren, weil er zu Reinigung des Wachſes
vortrefflich dienet.
ES iſt der roth- und weiſſe Tartarus eine
Art Stein, der ſich in den teutſchen
Foudres,
Stuͤckfaͤſſer
ſind Faſſe/ die
bis 1000.
Pipen hal-
ten.Stuͤckfaͤſſern; foudres auf Frantzoͤſiſch
genennt; oder in andern roth und weiſ-
ſen Weinfaſſen anhaͤnget, und wird,
nach ſeiner Dicke, oder nach den Landen,
von dannen er gekommen, benennet.
Der teutſche Weinſtein, iſt der ſchoͤn-
ſte, und auch der dickſte, denn er viel laͤn-
ger in dieſen Faſſen verblieben, ſoll auch
deshalben den Namen des roth- und
weiſſen Weinſteins fuͤhren; muß
aber, wenn er anderſt recht beſchaffen,
dicke ſeyn, und leichtlich brechen, auſſen-
her weiß, inwendig glaͤntzend ſeyn, und
ſo viel moͤglich, ohne Erde: der rothe
ſoll dem weiſſen ſo nahe als immer ſeyn
kan, kommen. Der andere iſt der, den
wir aus der Gegend Provence und
Languedoc bekommen, und kommt
dem Rheiniſchen ziemlich bey. Den drit-
ten nennen wir la Gravelle de Lyon, undGravelle de
Lyon
X 3iſt in
[]Der Spezereyen und Materialien
iſt in keinem Stuͤcke von dem Pariſer
unterſchieden, als daß er dicker und hoͤ-
her von Farbe.
Der Tartarus und die Gravelle dienen
fuͤr die Faͤrber/ und Muͤntzer, denn er
das Silber auszuhellen, wie auch zu vie-
len chymiſchen operationibus gar dienlich
iſt, gleichwie aus nachfolgenden zu er-
ſehen. Der weiſſe, weil er viel beſſer
iſt, ſoll dem rothen vorgezogen werden.
DEr Cremor und die Cryſtalli Tartari
ſind weiß- oder rother Weinſtein,
welcher zerſtoſſen, und vermittelſt ſie-
dend heiſſen Waſſers und eines Seihe-
beutels im Keller zu ſolchen kleinen Cry-
ſtallen, wie wir ſie ſehen, gemachet wor-
den iſt.
Der allerbeſte Cremor Tartari wird
von Montpellier gebracht, woſelbſt er,
wie nicht weniger um Nimes herum,
in groſſer Menge bereitet wird; wie-
wohl der letzte nicht ſo ſchoͤn iſt, als der
erſte.
Wenn er vollkommen gut ſeyn ſoll,
muͤſſen die Cryſtallen ſchoͤn weiß und
durchſichtig ſeyn, auch nicht viel kleine
braune Koͤrner darunter befindlich.
Der Cremor Tartari wird zur Artzney
gebraucht, ſonderlich zu purgirenden
Traͤncken; muß aber zuvor zerſtoſſen
werden, denn er zergeht gar uͤbel. Doch
gebrauchen ihn die Schoͤnfaͤrber und
Zuckerbecker weit mehr.
DAs Sal vegetabile oder der Tartarus
ſolubilis wird aus dem Cremore und
Sale Tartari, untereinander geſchmol-
tzen, bereitet, und zu einem Saltze ge-
macht, ſo wie wir es zu ſehen kriegen,
und muß, alsdann, wann es die gehoͤri-
ge Beſchaffenheit haben ſoll, recht weiß
ſeyn, trucken, und aufrichtig bereitet:
welches die allerbeſte Kundſchaft iſt, die
man davon haben kan, wie auch von
allen denen Waaren, die man nachma-
chen kan, denn dieſelben wird nie-
mand kennen, als die ſie fabriciret ha-
ben.
Etliche cryſtalliſiren dieſes Saltz, das
iſt, ehe ſie es treugen, ſtellen ſie es in ei-
nen Keller, welches zwar ſeine Guͤte
nicht vermehret, doch aber verurſachet,
daß es deſto eher kan verkauffet werden.
Der Gebrauch dieſes Saltzes iſt erſt
neulich aufkommen, und wie man mich
verſichert, die Erfindung Bruder An-
ges, eines Carmeliters, der es ſolcher-
geſtalt in Schwang bracht, daß es an-
jetzo in faſt unglaublicher Menge ver-
than wird. Welches ich auch ſelbſt be-
zeugen kan, als der ihm alle Jahre mehr
denn 12. Centner rothen Weinſtein,
und mehr als 1000. Pfund Cremor Tar-
tari verkauffe. Es machens zwar viel
andere nach, haben es aber nie ſo ſchoͤn,
wie er, zurichten koͤnnen.
Dieſes Saltz wird zu vielerley
Kranckheiten dienlich erachtet, und
purgiret uͤberaus gelinde, wenn es eines
Quentleins ſchwer in Waſſer oder Ger-
ſtentranck genommen wird.
TArtarus chalybeatus, martiatus, Cry-
ſtalli tartari chalybeati, ſind Wein-
ſtein und Eiſenroſt, welche mit heiſſem
Waſſer in einen eiſernen Keſſel gekochet,
und hernach zu Cryſtallen gemacht
werden. Dieſe Cryſtallen werden eini-
ger maſſen in der Artzney gebraucht,
denn ſie ein treffliches Mittel wider die
Melancholey, und das viertaͤgige Fieber
ſind. Die doſis iſt von 15. bis auf 40.
Gran in einem zur Kranckheit dienli-
chem liquor.
Die ſchoͤnſten Cryſtalli Tartari chaly-
beati ſind die, welche ſchoͤn weiß ſind, und
ſich doch aufs graue ziehen. Wer ſich
aber nicht die Muͤhe nehmen, und Cry-
ſtallen machen will, der mag ein grau-
lichtes Pulver daraus machen, denn es
eben die Kraft hat, welche die Cryſtallen
haben.
WJrd aus dem Sale vegetabili und der
Tinctura Martis bereitet, welche mit
einander getrucknet, und zu einem
braͤunlichen Pulver gemachet werden.
Es iſt ein gut Mittel fuͤr Waſſerſuͤch-
tige Leute, und treibt den Harn: die
doſis iſt 10. Gran, bis auf ein halb
Quintlein.
DEr erbrechen machende Wein-
ſtein/ wird aus dem Cremor tartari
und dem Glaſe oder der Leber des Spies-
glaſes bereitet, welche in Waſſer gethan,
und hernach zu Cryſtallen oder einem
weißgraulichten Pulver gemachet wer-
den. Wenn er recht und getreulich be-
reitet worden, iſt er ein Brechmittel, das
ietziger Zeit gar ſehr gebraͤuchlich iſt,
denn es fein gelinde brechen macht. Die
doſis iſt von 3. bis auf 4. Gran, in einem
gehoͤrigen liquor, oder in eine eingemach-
te Kirſche an ſtatt des Kerns gethan, oder
auch in einer tꝛucknen oder feuchten Con-
ſerva. Jch kenne gewiſſe Leute, welche den
Tartarum emetic. mit Sale ammoniaco zu-
richten, und er iſt zu demjenigen, deſſen
nur erſt gedacht worden, ſehr gut und
dienlich. Andere bereiten ihn mit Urin,
damit er deſtoweniger zerflieſſe; und
wieder andere machen ihn mit dem Sale
vegetabili. Doch liegt daran nichts,
wenn er nur recht gut iſt, und zu obigen
dienet.
WAs man Weinſtein diſtilliren
heißt, geſchicht alſo: es werden
zwey dritte Theile einer irdenen verlu-
tirten Retorte von Beauvais mit zer-
ſtoſſenem rothen oder weiſſen Weinſtein
angefuͤllet, und ſodann durch das Feuer
ein phlegma, das iſt ein weiſſes unge-
ſchmackes Waſſer, welches wegzuſchuͤt-
ten, heruͤbergetrieben. Wann dieſes
heruͤber, ſo folget ein roͤthlicht Waſſer,
Weinſtein-
ſpiritus.welches der Weinſteinſpiritus, Spiritus
Tartari, und endlich ein ſchwartz, ſtin-
ckend und ſehr dickes Oel, das wir buile
Schwartzes
Weinſteinoͤl.noire de tartre ou par la cornue, ſchwartzes
Weinſteinoͤl, oder aus der Retorte zu
nennen pflegen. Das in der Retorte
hinterſtellige iſt ſo ſchwartz als eine Koh-
le, daraus wird, wenn es calciniret und
weiß gebrennet worden, ein weiſſes
Saltz gezogen, welches das wahrhafte
Weinſtein-
ſaltz.Sal tartari iſt. Der Spiritus tartari rectifi-
catus, der mehr als einmahl uͤbergezoge-
ne Weinſteingeiſt, iſt trefflich dienlich
wider die fallende Sucht/ Laͤhmung
der Glieder, Engbruͤſtigkeit, und
den Scharbock. Die doſis iſt ein Quint-
lein bis auf dreye in dienlichen Saͤften.
Das ſchwartze Weinſteinoͤl, ſo wie es
aus der Retorte kommt, iſt ein unver-
gleichlich Mittel fuͤr die Schwinden
und obgemeldte Kranckheiten: allein,
weil es ſo gar heftig ſtincket, deswegen
muß es zuvor und ehe man es brauchet,
uͤber trocknen Thon rectificiret werden.
Das Weinſteinſaltz wird gar ſtarck
zu Bereitung des Salis vegetabilis, wie
auch in der Medicin zu Ausziehung der
Tinctur aus den Vegetabilien gebrau-
chet, ingleichen das weiſſe Weinſtein-
oͤl,oleum tartari per deliquium genannt,
zu verfertigen, gleichwie in folgenden
wird zu erſehen ſeyn.
Es moͤchten aber die meiſten unter
denenjenigen, die das Weinſteinſaltz von
noͤthen haben, ihnen nicht vornehmen
den Weinſtein zu diſtilliren, weil weder
der Spiritus, noch das Oel ſo ſonderlich
gebrauchet wird. Dahero, wer ſich
nicht ſoviel Muͤhe geben will, mag den
rothen Weinſtein bey einem guten
Kohlfeuer calciniren, ſo daß er allezeit
zwey Untzen in Papier oder Deuten
thue; wann er dann calciniret iſt, bis er
weiß geworden, alsdann wird er wieder
aus dem Feuer heraus genommen, und
das Saltz, welches ſich cryſtalliſiren laͤßt,
heraus gezogen, in ein wohlverwahrtes
Glas gethan, und zum Gebrauche auf-
behalten.
Das rechte fixe Weinſteinſaltz oder
Sal
[]Der Spezereyen und Materialien
Sal alkali Tartari muß weiß ſeyn, trucken,
am Geſchmack beitzend und ein wenig
bitter; es muß auch nicht ſpritzeln, wenn
es auf gluͤhende Kohlen geleget wird.
Ein Hauffen Chymiſten, bevoraus
die auf den Straſſen herum lauffen, ver-
kauffen ein weiſſes mit Salpeter zuge-
richtetes Weinſteinſaltz, welches denen,
die ſich nicht darauf verſtehen, trefflich
in die Augen faͤllt, indem es uͤberaus
weiß iſt, und in groſſen Stuͤcken; allein
der Nutzen iſt deſto geringer: uͤberdiß
laͤßt ſichs nicht gut aufbehalten. Und
alſo verkauffen ſie eine Waare, die ſie
wenig gnug koſtet, uͤberaus theuer: doch
iſt der Betrug gar leichte zu mercken, all-
dieweil es uͤber dem Feuer ſpritzelt, wel-
ches hergegen das rechte nicht thut.
Aus dem wahrhaften Weinſteinſal-
tze, wenn es in einen Keller geſetzet wor-
den, bekommt man ein klares weiſſes
Oleum tartari
per doliquium.Oel, welches oleum tartari per deliquium,
im Keller gefloſſenes Weinſteinoͤl, wie-
wohl ziemlich ungereimt, genennet
wird, denn es nichts anders iſt, als ein
Keller zerfloſſenes Saltz, ſo zu vielen
Sachen gut.
Die dieſes Oel bereiten wollen, koͤn-
nen ſich des calcinirten Weinſteins be-
dienen, und ſelbigen im Keller in einer
Blaſe aufhaͤngen: das Oel wird eben ſo
ſchoͤn und klar ſeyn, als wenn es vom
Saltze bereitet worden waͤre. Zu Pa-
ris hat eine gewiſſe Dame ein Geheim-
nuͤß, dieſes Saltz ohne Zuthun einiger
Feuchtigkeit abzuſuͤſſen, und gebrauchet
es das Geſichte damit abzureiben, ohne
daß ſie davon Runtzeln bekomme.
Etliche, die dieſes Oel fein geſchwinde
haben wollen, loͤſen das Weinſteinſaltz
in Waſſer auf, und verkauffen dieſes
Waſſer fuͤr wahrhaftes Weinſteinoͤl,
welches ich aber nicht gut ſprechen kan,
weil es nicht alleine roͤthlicht ſiehet, ſon-
dern auch, weil man es nicht ſo gerade
treffen kan, als wie der Keller; das iſt,
es gehoͤret Feuchtigkeit dazu, bis man es
aufloͤſe. Jndeſſen koͤnnen ſie es doch,
vermittelſt dieſes Griffs fein wohlfeil
geben.
TInctura Tartari wird vom Weinſtein
bereitet, welcher in der heftigſten
Glut geſtanden, und hernach in ſpiritu
vini tartariſato aufgeloͤſet worden iſt:
dieſes wird hingeſtellt, damit ſichs ſetzen
moͤge, und darauf abgegoſſen, und in
einem wohlverwahrten Glaſe aufbe-
halten. Wann nun dieſe Tinctur iſt,
wie ſie ſeyn ſoll, ſo muß ſie roth ſehen,
und getreulich bereitet worden ſeyn. Sie
wird dann und wann in der Artzney ge-
braucht, abſonderlich wider den Schar-
bock und als eine Blutreinigung. Die
doſis iſt von 10. bis auf 30. Tropfen.
Hierbey kan man mercken, daß dieſe
Weinſteintinctur, ie roͤther ie voll-
kommener ſey: doch iſt das verdruͤß-
lichſte, daß dieſe ſchoͤne Farbe nach und
nach vergehet, wenn ſie aͤlter wird.
MAgiſterium Tartari oder Tartarus vi-
triolatus wird aus dem Weinſtein-
ſaltze oder im Keller gefloſſenem Wein-
ſteinoͤle und recht gutem Vitriolſpiritus
gemacht; welche unter einander gemi-
ſchet, und auf dem Sande getrocknet
werden, bis ſie zu einem ſchneeweiſen
Saltze geworden: denn alſo muß es ſe-
hen, wenn es gut ſeyn ſoll, auch dabey
ſo trucken und ſo leichte ſeyn, als immer
moͤglich. Auch mag man Acht haben,
daß es kein Cremor tartari ſey, mit Vi-
triolgeiſt aufgeſotten, wie gar ofte ge-
ſchicht: deme aber ohngeachtet, wird
das Pfund dennoch zu 15. und 16. Fran-
cken verkaufft, eben als ob es recht und
nach den Regeln der Kunſt bereitet wor-
den waͤre. Andere, die es noch ſchlim-
mer machen, und blos darum, damit ſie
das Pfund fuͤr 6. bis 7. Francken geben
koͤnnen, richten ihn mit figirten Salpe-
ter, oder mit den mineraliſchen Cry-
ſtallen zu. Jedoch kan jener, der naͤm-
lich mit dem Cremor iſt bereitet worden,
gar leichte an den harten Koͤrnern, die
gemeiniglich darunter ſind, erkannt
werden: der andere aber daran, daß er
im Feuer ſpritzelt, und leichte von ſich
ſelbſt zerfleußt.
Der Tartarus vitriolatus wird in der
Artzney
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
Artzney gebraucht, indem er ein herr-
lich aperiens, eroͤffnend Mittel, auch zu
allerhand Kranckheiten gut iſt. Man
muß ihn aber, welches wohl zu mercken,
in einem ſehr wohlverwahrten Glaſe
aufbehalten, denn er zerfleußt gerne.
DAs Sal volatile tartari wird aus den
Hefen von weiſſem Weine gezogen,
welche zuvor ausgedruckt, und an der
Sonne oder anderswo getreuget wor-
den. Dieſe werden hernachmahls in ei-
ne Retorte gethan, und bey einem
Gradfeuer diſtilliret. Doch kan ich nicht
beſſer thun, als daß ich den Leſer zu dem
verweiſe, was der Herr Charras in ſei-
ner koͤniglichen, Galeniſch- und Chymi-
ſchen Apotheckerkunſt, die er im Jahr
1676. drucken laſſen, davon gemeldet
hat: denn ich ſelbſt dabey geweſen, als
er in ſeinem Curſu Anno 1675. dieſes
Saltz ohne eintzigen Zuſatz, auf chymi-
ſche Art, aus den ausgedruckten und
gedoͤrrten weiſſen Weinhefen gezogen,
zum groͤſten Vergnuͤgen der ſaͤmtlichen
Anweſenden, welche insgeſammt ge-
ſtunden, daß ſie dergleichen præparation
weder in dem koͤniglichen Garten, noch
anderswo geſehen, auch kein einiger chy-
miſcher Scribent dieſelbe gelehret oder
ihrer Erwaͤhnung gethan. Dieweil mir
nun bewuſt, daß diejenigen, denen das
fluͤchtige Weinſteinſaltz gantz unbekannt
geweſen, in ihrem Anno 1675. herausge-
gebenen Buche, allein von ihrem figir-
ten Weinſteinſaltze gehandelt, und jenes
nicht ehe in ihre neuen Editiones mit ein-
geruͤcket, als nachdem des Erfinders
Buch herausgekommen, ob ſie ſich ſchon
noch ſo ſehr bemuͤhet ihre præparationen
zu verkleiden; ſo haben ſie auch nichts
gewiſſes davon ſchreiben koͤnnen, oder
das mit deme, was der Autor von der
præparation und rectification deſſelbigen
uns mitgetheilet, uͤbereinkaͤme.
Das fluͤchtige Weinſteinſaltz iſt
zwar von Natur ein ſtarck diaphoreticum
und ſchweißtreibende Artzney: doch hat
es noch dieſes beſonder, daß es zugleich
ein aperitivum und diureticum iſt, eroͤff-
net, und den Harn ſtarck treibet. Man
giebt es von 6. bis auf 15. Gran ſchwer
ein, in gutem Weine und andern liquo-
ribus.
LA cendre gravelée, die Pottaſche,
wird von getrockneten und gebrann-
ten Weinhefen bereitet, und muß, wenn
ſie gut ſeyn ſoll, wie ein Stein und friſch
gemacht ſeyn, weiß und gruͤn ſehen, ſal-
tzicht und bitter ſchmecken.
Die Pottaſche wird von den Faͤr-
bern und andern Leuten gebraucht. Die
beſte iſt, die wir aus Burgund bringen
laſſen, weil ſie von guten Weinhefen
gemacht iſt, und weit mehr gilt, als die
unſere Eßigbrauer verfertigen.
Weil die Pottaſche von calcinirten
Weinhefen gemacht iſt, deswegen kan
man mit warmen Waſſer ein Saltz her-
ausziehen, welches ſchier eben die Tu-
genden, wie das Sal tartari hat, auſſer,
daß es corroſiviſcher und etzender iſt, als
jenes; eben alſo iſt auch das oleum per
deliquium, das man davon macht, und
im Keller flieſſen laͤßt.
Es iſt auch gebraͤuchlich, aus der
Pottaſche und lebendigem Kalch ein
Saltz zu ziehen, welches, nachdem man
es in einem guten Schmeltztiegel flieſſen
laſſen, auf einen Stein oder in ein Be-
cken gegoſſen, und wenn es erkaltet, in
kleine Stuͤcken zerſchnitten, darauf aber
in ein wohlverſtopftes Glas gethan
wird. Und dieſes ſind die rechten Cau-Cauteriſir-
ſteine.
teriſirſteine/ welche unterſchiedene Au-
tores beſchrieben haben, bey denen man
ſich Raths erhohlen mag. Dannenhe-
ro ſolte man alle ſolche Steine verwerf-
fen, welche etliche Kauffleute und Ta-
bulettraͤger zu verkauffen haben, denn
ſie ſind nichts anders als Seiffe und
Sublimat, oder anderer Miſchmaſch,
daraus ſie kleine Kuͤchlein, in Krebsau-
gen Geſtalt und Groͤſſe, formiren. Ob
ich aber gleich geſaget, daß dieſe Cauteri-
ſirſteine ſollen verworffen werden, den-
noch thun ſie das ihre noch ſo ziemlich,
wiewohl viel langſamer, als die erſten.
Es werden auch Cauteriſirſteine aus
Pottaſche, Eichenholtzaſche, Alaune und
ungeleſchtem Kalche verfertiget, und
daraus, nachdem alles mit Waſſer,
uͤbern Feuer, unter einander gemiſchet
Cauteres de
Velours.worden, cauteria gemacht, und cauteres
de velours, Sammt-cauteria genennet,
weil ſie gantz gelinde und ſanfte operi-
ren. Etliche thun annoch das Saltz
von Krautſtruͤncken dazu.
Die Pottaſche, die von Lyon
kommt, halten einige hoͤher, als alle die
andere: ich aber fuͤr mein Theil ſage,
daß eine iede Art Pottaſche gut ſeyn kan,
wenn ſie nur von gutem Weinſtein be-
reitet worden iſt.
Wir laſſen auch ohne dieſe, eine Gat-
tung Pottaſche von Dantzig/ des-
gleichen aus Moſcau bringen, die wir
Potaſſe oder Vedaſſe zu nennen pflegen,Potaſſe oder
Vedaſſe.
und an die Faͤrber verkauffen. Dieſelbe
ſieht unſerer Pottaſche ſehr gleich, ſo daß
ich erachte, daß nur die unterſchiedenen
Laͤnder den Unterſchied darzwiſchen
machen.
VOn Franckfurt/ Maͤyntz und
Strasburg laſſen wir eine Gat-
tung Schwartz, als wie Steine, oder
wie Staub und Pulver, kommen, wel-
ches von Weinhefen gemacht wird, die
man verbrennet und darauf in Waſſer
ſchuͤttet: wenn ſie hernach trucken wor-
den, werden ſie auf ausdruͤcklich hierzu
gemachte Muͤhlen gebracht, und ver-
brannte Beine, verbrannt Helffenbein,
auch wohl gar Pfirſichkerne dazu ge-
than: nachdem nun alles fein zarte zer-
rieben und unter einander gemiſchet
worden, wird uns dieſes vollkommen
gute Teutſche Schwartz uͤberſendet.
Welches nun feuchte, und doch nicht mit
Waſſer genetzet iſt, ſchoͤn gleichſſend
ſchwartz ſiehet, ſanfte anzufuͤhlen, leich-
te zu zerbrechen, ohne glaͤntzende Koͤr-
ner, ſo viel als moͤglich, und mit Helffen-
beine bereitet iſt, daſſelbige iſt beſſer, als
das mit Beinen oder Pfirſichkernen zu-
gerichtet worden: es muͤſſen auch recht
gute Hefen dazu genommen worden
ſeyn, denn davon bekommt es die Guͤte.
Daß demnach zu Paris dieſes Schwaꝛtz
eben ſo gut koͤnte gemachet werden, als
wie in Teutſchland, wenn ſie nur auch
ſo gute Hefen dazu naͤhmen. Es wird
auch ohne dieſes teutſche Schwartz, der-
gleichen zu Troyes/ Orlcans, ja ſelbſtSchwartz
von Troyes
und andern
Orten.
zu Paris gemacht, und darum hat es
ſo vielerley Namen, weil ihm ein ieder
den Namen desjenigen Ortes, woſelbſt
es bereitet worden, beyleget. Gewiſſe
Perſonen haben mich verſichert, daß die
Teutſchen Weinſtein dazu nehmen, ſo
auch nicht uͤbel gethan. Jhm ſey aber
wie ihm wolle, ich will mehr nicht ſagen,
als daß es niemand denn die Kupfer-
drucker gebrauchen.
DJe Feigen ſind Fruͤchte, welche al-
lerhand Farben haben, maſſen es
gruͤne, violbraune, weiſſe und andere
Arten mehr giebet: wir aber verkauffen
keine, als die violbraunen und die gemei-
nen.
Wenn die Feigen reiff, ſo ſammlen
ſie die Leute in Provence ein, und laſſen
ſie auf Flechten treugen, thun ſie her-
nach in Koͤrbe von Palmblaͤttern ge-
macht, oder in Kiſten und Schachteln
mit Lorbeerblaͤttern und Anisſamen.
Der Feigen aus Provence haben wir
drey Sorten: namentlich, die violbrau-
nen, die Maßiliſchen in kleinen Koͤrben,
und die dicken, die auch ſonſt fette Fei-
gen heiſſen. Die Violbraunen ſollen
groß, trucken und friſch ſeyn: die Maßi-
liſchen klein, weiß, trucken, nicht zaͤhe,
als wie Leder, und in kleine bunte Koͤrbe
geleget: die fetten aber muͤſſen recht
groß ſeyn, und den Maßiliſchen, ſoviel
als moͤglich, an Guͤte beykommen.
Die Feigen, welche in groſſen Koͤr-
ben ebenmaͤßig aus Provence, wie
auch aus Spanien kommen, ſind viel
geringer, als die in kleinen Koͤrben, maſ-
ſen ſie viel haͤrter ſind, und eine weit
zaͤhere Haut haben.
Der Gebrauch der Feigen iſt ſo be-
kannt, daß unnoͤthig, mich dabey aufzu-
halten; nur will ich gedencken, daß ſie
eini-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
einiger maſſen zur Artzney gebrauchet
werden, indem man ſie zu Bruſttraͤn-
cken brauchet, desgleichen wenn man
mucilagines, Schleim, machen will.
Die fetten roͤſtet man uͤber Feuer,
und ſteckt ſie in den Mund, das Zahn-
weh dadurch zu ſtillen: wiewohl man
auch andere Feigen an ihre Stelle neh-
men kan.
WJr handeln uͤberdiß auch ziemlich
ſtarck mit Brunellen oder Pflau-
men von Brugnole/ die wir aus Pro-
vence bringen laſſen, ſonderlich von
Aubagne und Brugnole; ſo ein Staͤdt-
lein nahe bey S. Maximin gelegen;
davon ſie den Namen bekommen.
Dieſe Pflaumen werden in laͤnglich-
ten Kaͤſtlein gebracht: ſonſt aber und
insgemein in Einmachebuͤchſen, wel-
che mit gar zierlich ausgeſchnittenem
Papiere beleget ſind.
Wenn die Brunellen, wie ſichs ge-
hoͤret, ſeyn ſollen, ſo muͤſſen ſie trucken,
gelblicht und fleiſchicht ſeyn, wenn auch
das Papier, damit ſie bedecket ſind, fein
trucken iſt, ſo iſt es ein unfehlbares Zei-
chen, daß ſie gut ſind und keinen Schaden
gelitten haben.
Weiter verkauffen wir auch Pflau-
men und kleine Pflaͤumlein: z. E. groſſe
und kleine Cathrinen-Pflaumen, und
kleine ſchwartze von Damas und S.
Julien, die wir von S. Maure, Chinon
und andern Orten in Touraine brin-
gen laſſen. Ferner verkauffen wir gar
viel gedoͤrrete Pflaumen, welche laͤng-
licht ſind, und von Bourdeaux kom-
men. So giebt es auch noch viel mehr
andere Gattungen, z. E. die von Mont-
mirel, von Padriguon, Kaͤyſer-
pflaumen, und viele andere, ingleichen,
uͤberhaupt, alle andere Arten getrockne-
ter Fruͤchte, die wir hie und daher kom-
men laſſen, vor allen aber von Tours;
denn da ſind, geſchaͤlte und gedoͤrrte
Aepfel, Kirſchen in Buͤſchlein, und der-
gleichen noch mehr, die in der Faſtenzeit
pflegen geſpeiſet zu werden. Die Wahl
dieſer Fruͤchte iſt dieſe: ſie muͤſſen friſch,
und wenn ſie in Buͤchſen und Schach-
teln liegen, oben wie unten ſeyn. Der
Gebrauch iſt ſo bekannt, daß ich billich
davon ſchweige.
Auch verkauffen wir in der Faſtenzeit
und ſonſten das gantze Jahr hindurch,
Haſelnuͤſſe, die wir aus ProvenceHaſelnuͤſſe.
Siehe Fig. 262.
bringen laſſen: dererſelben giebt es
zweyerley, Lacadieres und gemeine. Je-
ne ſind dicke und gelblicht, ſehen den klei-
nen Nuͤſſen nicht im gerinſten gleich,
muͤſſen auch friſch ſeyn, die Kerne aber
gut ſchmecken und ein weiſſes Fleiſch ha-
ben.
Die Haſelnuͤſſe werden nicht allein
in der Faſtenzeit verbrauchet, denn ſie
unter die ſo genannten quatre MendiantsQuatre Men-
diants.
gehoͤren, das ſind Feigen, Roſinen,
Mandeln und Haſelnuͤſſe, welche in glei-
chem Gewichte untereinander gemenget
werden: wiewohl dieſes gar ſelten ge-
ſchicht, indem diejenigen, die ſie haben,
von dieſen oder jenen mehr oder weni-
ger dazu nehmen, nachdem ſie naͤmlich
theuer ſind: ſondern ſie werden auch
mit Zucker uͤberzogen. Es wird inglei-
chen Oel daraus gemacht, welches mit
dem kleinen Nußoͤle gleiche Kraft hat,
und die Haare gut erhaͤlt.
DJe Maronen ſind Fruͤchte/ mit
denen wir einen ziemlich ſtarcken
Handel treiben, ſowohl als mit den
Kaſtanien aus Limoge. Weil aber
dieſe Fruͤchte allzugemein, dahero will
ich nichts mehr davon vermelden, als
daß die beſten Maronen um Lyon,
und in Vivarets wachſen, welche dann,
wenn ſie recht gut ſind, dicke, friſch, veſte
und gleichſam Aſchfarben ſeyn muͤſſen,
weder verfaulet, noch vermodert, oder
auf einander verbrannt: denn ſobald
ſie heiß werden, hat man Muͤhe ſie zu
erhalten, oder ihrer loß zu werden. De-
rohalben muß man, ſobald ein Ballen
angekommen, das Stroh und uͤbrigen
Umſchlag herunter reiſſen, und ihnen
Luft geben.
Was die Kaſtanien belanget, dieſe
muͤſſen den Maronen einiger maſſen
Y 2gleich
[]Der Spezereyen und Materialien
gleich kommen, wiewohl ſie viel kleiner,
heller und roͤthlichter ſind.
Die Maronen ſamt den Kaſtanien,
werden, wie iederman bewuſt, zum Eſ-
ſen gebraucht. Auch werden die Ma-
ronen etlicher maſſen zur Artzney ge-
nommen, denn ſie ſehr ſtarck ſtopfen.
Die Zuckerbecker uͤberziehen ſie mit Zu-
cker, und nennen ſie hernachmahls Ma-Marons gla-
cez.
rons glacez, weil ſie ſehen, als ob ſie mit
Eiſe uͤberzogen waͤren.
DJe Eiche iſt ein in der gantzen Welt
bekannter Baum, theils, weil er ſo
gar lange dauert, theils aber, weil man
ein und andern Nutzen von ihm erhaͤlt,
gleichwie aus folgenden wird zu erſehen
ſeyn.
Es ſtellet dieſer Baum die Tugend,
die Staͤrcke, die Beſtaͤndigkeit und die
Langwierigkeit vor, daher er auch von
den Alten dem Jupiter gewidmet wor-
den. Etliche wollen, er ſey des Nuß-
und Oelbaums Todfeind, weil ſie ohne
ihren Verderb nicht lange bey ihm ſte-
hen koͤnnen.
Das erſte und betrachtens wuͤrdige,
das wir von der Eiche nehmen, iſt der
Siehe Fig. 265.Miſtel, welches eine excreſcentz oder
Auswuchs iſt, ſo ſich zu oberſt auf dem
Baume angehencket befindet. Dieſes
Gewaͤchs ſcheinet etwas auſſerordentli-
ches zu ſeyn, dieweil nicht uͤberall die Ei-
chen Miſtel tragen, und giebt es ihrer,
ſo viel mir wiſſend, nur wenige, welche
denenjenigen, die zwiſchen Rom und
Loretto, nahe bey dem Staͤdtlein Fol-
ligni, welches der halbe Weg iſt, in die-
ſem Stuͤcke gleich waͤren; denn daſelbſt
giebt es Eichen, die dergeſtalt mit Miſtel
belaſtet ſind, daß eine eintzige gar gerne
einen gantzen Karn voll geben koͤnte.
Dieſer Auswuchs hat eine Geſtalt,
als wie die Aeſte eines Baumes, iſt eines
dichten und ſchweren Weſens, und ſieht
auſſenher braunroth, inwendig weiß-
gelb, und gleichſam als wie eine Sonne.
Dieſe dermaſſen harten und dichten
Aeſte treibẽ einen Hauffen kleiner Zwei-
ge, welche ſich in einander verwickeln:
daraus entſtehen viel laͤnglichte, dicke,
halbrunde, blaßgruͤne Blaͤtter, ſamt
kleinen weiſſen Beeren, die unſern weiſ-
ſen Johannsbeeren gantz gleich ſehen,
und eine ſchleimichte Feuchtigkeit ent-
halten, aus welcher unſere Vorfahren
Leim gemacht. Der Miſtel mit ſeinen
Blaͤttern beladen, erhaͤlt ſich allzeit
gruͤn, das Wetter mag gleich noch ſo boͤ-
ſe ſeyn.
Man ſoll den Miſtel auſſuchen, wel-
cher dicke, ſchwer und fein voͤllig iſt: und
an der dunckeln Farbe, wie auch der
Sonne inwendig, kan man erkennen,
ob er gerecht ſey. Das gewiſſeſte Kenn-
zeichen aber iſt, wenn man ihn kauffet,
daß er noch an einem Stuͤck Eiche han-
get, oder, man halte den erkaufften Mi-
ſtel gegen denjenigen, den man bereits
hat, und man weiß, daß er gerecht ſey.
Dem Eichenmiſtel werden gar viel
Kraͤfte zugeſchrieben, ſo daß ihn die Al-
ten hoch verehret und fuͤr heilig gehal-
ten, eben als wie den Baum, der ihn ge-
tragen. Julius Caͤſar und Plinius
berichten, daß die Druiden unter dieſen
Baͤumen ſich verſammlet haͤtten: ſelbi-
ge befanden ſich in der Gegend, die wir
heut zu Tage la Ville de Dreux nennen,
nahe bey Chartres, woraus zu erſehen,
daß es auch in Franckreich Eichen gege-
ben, welche Miſtel getragen.
Der Miſtel eingenommen, wird fuͤr
ein herrlich Mittel wider die Laͤhmung
der Glieder, den Schlag, und fallen-
de Sucht gehalten. Um ſolcher ſeiner
vortrefflichen Tugenden willen, welche
alle hier zu erzehlen gar lang fallen
duͤrffte, haben die Jtaliener ein ziemlich
weitlaͤufftiges Buch, unter dem Titel,
Holtz des heiligen Creutzes, ausge-
hen laſſen.
Das andere, das wir von der EicheEngelſuͤß
von Eichen.
Polypodium
quernum.
Siehe Fig. 266.
nehmen, iſt ein klein Kraͤutlein, welches
wir Engelſuͤß nennen, und demjenigen
gleich ſiehet, das auf den Mauern
waͤchſt. Dieſes Kraͤutlein entſtehet an
denenjenigen Orten der Eichen/ wo ſie
ſich gabeln, und zwar vermittelſt ein
klein wenig Erde, die ſich allda befindet,
oder auch wohl von verfaultem Waſſer:
es waͤchſt ingleichen unten an den Staͤm-
men dieſer Baͤume.
Dieſes Engelſuͤß wird gar ſelten zu
uns gebracht, wiewohl es nicht gut iſt;
denn
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
denn dieſes iſt weit beſſer, als das, ſo auf
den alten Mauern waͤchſt, und von de-
nen um Paris gelegenen Orten zu uns
gebracht wird.
Man erwehle demnach das Engel-
ſuͤß/ welches friſch, fein voͤllig, trucken,
leicht zu zerbrechen, auswendig grau,
inwendig gruͤnlicht iſt, und zuckerſuͤſſe
ſchmecket, und ziehe das Eichene dem an-
dern vor: welches man iedoch nicht
mercken kan, man ſammle es denn ſel-
ber, oder laſſe es von Leuten ſammlen,
denen zu trauen iſt.
DJe Eiche traͤgt ohne das Engelſuͤß,
Eicheln, welche ihre Fruͤchte ſind:
von denen koͤnnen einige, wie ſie ſich
ruͤhmen, Oel machen, und verkauffen
es auch. Weil mir aber ſolches bis an-
hero nicht gelingen wollen, als will ich
lieber davon ſchweigen, und nur dieſes
vermelden, daß alles Eicheloͤl/ welches
die Leute aus Provence zu uns brin-
gen, nichts anders ſey, denn Been- oder
Nußoͤl, mit dem ſie die Eicheln abgezo-
gen: koͤnne derowegen durchaus nicht
Eicheloͤl heiſſen. Lemery hat in ſeiner
Chymie weitlaͤufftig genug davon ge-
ſchrieben, dahin dann der Leſer ſeine Zu-
flucht nehmen mag.
Die groſſe Seltſamkeit des wahrhaf-
ten Eicheloͤls iſt Urſach, daß ihm eben,
als wie dem wahren Talckoͤle, ſo gar
groſſe Eigenſchafften beygeleget wer-
den. Man kan zwar wohl vermittelſt
einer Retorte ein rechtes Oel aus den
Eicheln ziehen, allein daſſelbe iſt ſchwartz
und riecht haͤßlich.
Ohne das Oel, das man aus denEichenmoos.
Siehe Fig. 267.
Eicheln ziehet, bringet die Eiche auch ei-
ne Art Moos, Uſnea,Eichenmoos ge-
nannt, daraus allerley Haarpuder, z.
E. de Chypre, Franchipane, la Mareſchalle,Poudre de Chy-
pre, de Franchi-
pane, \&c.
und andere mehr bereitet werden, und
wir von Montpellier bringen laſſen.
Die wahrhafte Beſchreibung, auf was
Weiſe dieſe Haarpuder zu machen, iſt
mir unbekannt, daher ich den Leſer zu
denenjenigen weiſen muß, die ſich genau
darauf verſtehen, oder aber, er mag ſich
an des Herren Barbe Beſchreibung
halten, welche in einem kleinen Buͤch-
lein, zu Lyon gedruckt, zu finden ſind,
dawider ich nichts ſagen kan, weil ich
nicht weiß, ob ſie juſt ſind.
Sonſt giebt es noch ein Hauffen an-Andre Sor-
ten Haarpu-
der.
dere Sorten Puder, die mit Ambra,
Veilgenwurtz, Roſen, Pomerantzenbluͤ-
ten und dergleichen angemachet ſind,
welche ebenfalls in obangezogenen
Buͤchlein beſchrieben ſtehen, darinne
dann der Leſer ſich erſehen kan.
DJe Gallaͤpfel ſind die Fruͤchte ei-
nes beſondern Geſchlechts der Ei-
chen, welches haͤuffig in Levante waͤchſt,
vornehmlich um Aleppo und Tripoli
herum; und werden bey uns Gallaͤ-
pfel von Aleppo und Tripoli genen-
net. Wir bekommen ſie auch von
Smirna. Es waͤchſt ihrer auch die
Menge in Franckreich, abſonderlich
in Provence und Gaſcogne, doch ſind
ſie weit ſchlechter als die Levantiſchen,
denn ſie insgemein roͤthlicht, leichte, und
durch und durch dichte ſind: dahingegen
ſind die Levantiſchen ſtachlicht, (und wer-
den deswegen ſtachlichte Gallaͤpfel
genennet) ſchwer, ſchwaͤrtzlicht, gruͤn-
licht oder weißlicht. Der Unterſchied
zwiſchen dieſen Fruͤchten verurſachet,
daß ſie auch zu unterſchiedenen Dingen
gebraucht und angewendet werden:
denn die von Aleppo und Tripoli die-
nen zum ſchwartzfaͤrben, desgleichen zu
ſchwartz und gruͤner Dinte; mit den weiſ-
ſen wird die Leinwand, mit dem gerin-
gen aber oder mit den Frantzoͤſiſchen die
ſeidenen Zeuge gefaͤrbet.
Die Gallaͤpfel werden auch einiger
maſſen zur Artzney gebraucht, denn ſie
ſehr anhalten. Sie werden auch ausgele-
ſen, damit man diejenigen, welche
ſchwartze oder weiſſe verlangen, vergnuͤ-
gen koͤnne: die ſie aber unſortirt begeh-
ren, moͤgen Achtung geben, daß die klei-
nern, die nicht gar zu dicke, nicht heraus
geſuchet worden. Was diejenigen be-
trifft, die ſie ballenweiſe kauffen, dieſel-
Y 3ben
[]Der Spezereyen und Materialien
ben muͤſſen auf die Einballirung ſehen:
denn die von Aleppo kommen, ſind in
langen ſchmalen Ballen, die von Tri-
poli aber in kurtzen und dicken, und das
Tuch, das drum geſchlagen, iſt insge-
mein ſtreifficht. Dieſes melde ich des-
wegen, weil die von Tripoli weit gerin-
ger ſind, denn die von Aleppo. Auch
mag man ſich vorſehen, daß ſie nicht voll
Staub und Unrath ſind, denn wir ſchier
keine Waare haben, darunter ſo viel
Wuſt und Unflath von Eichen zu fin-
den.
Jn Tuͤrckey waͤchſt auf einer Gat-
tung Eichen eine Frucht, in Groͤſſe einer
kleinen Nuß, welche die Tuͤrcken Baz-
gendge nennen; deren Figur bey denenSiehe Fig. 271.
Eicheln zu beſehen. Jn Levante, ſon-
derlich zu Aleppo nehmen ſie 100.
Pfund Conzenille, die ſie Cormeti nen-
nen, 50. Quintlein Bazgendge, und 50.
Quintlein Weinſtein: dieſes alles ſtoſ-
ſen ſie zu Pulver, und machen einen
wunderſchoͤnen Scharlach daraus. Al-
lein in Franckreich iſt dieſe Frucht uͤber-
aus rar, und wird deshalben gar nicht
gebrauchet, ja wann auch ſchon zuwei-
len die Bazgendge unter dem Gallus
ſich befindet, wird ſie dennoch ausge-
worffen, dieweil man ſie nicht kennet.
AGaricus, der Lerchenſchwamm, iſt
ein Auswurff oder excreſcentz, ſo an
den Staͤmmen und dicken Aeſten unter-
ſchiedener Baͤume zu befinden, ſonder-
lich an dem Lerchenbaum, auf Fran-
tzoͤſiſch Melaſſe, im Latein Larix genannt;
wie auch an etlichen Eichen. Doch iſt
der erſte der beſte, und muß weiß, leicht
und zart ſeyn, bitter ſchmecken, ſich in-
gleichen leichtlich zerbrechen laſſen. Die
Alten nenneten dieſe Art das Weiblein:
dann der, welchen ſie das Maͤnnlein
nenneten, iſt insgemein ſchwer, gelblicht
und holtzicht, ſoll dannenhero durchaus
nicht zur Artzney gebrauchet werden.
Alſo nun ſage ich, der gute Agaricus muͤſ-
ſe, wie erſt gedacht, beſchaffen ſeyn, und
wahrhaftig aus Levante/ ſintemahl er
weit vollkommener iſt, als der, den uns
die Savoyer aus Savoyen und dem
Delphinat bringen. Auch bringen ſie
ihn aus Holland; allein der iſt mit der
Raſpel uͤberfahren, und mit Kreide
weiß gemacht, ſoll dannenhero ebenfalls
ausgeworffen werden, und kan man
ihn an ſeiner weiſſen Farbe, wenigem
Gewichte, und daß er ſich gerne zerrei-
ben laͤßt, erkennen. Hingegen brau-
chen ihn die Faͤrber deſto haͤuffiger zum
ſchwartzfaͤrben, wie dann, welches gar
wenigen duͤrffte bewuſt ſeyn, wir nicht
gar zu viel Waaren haben, es moͤgen
gleich Samen, Wurtzeln, Hoͤltzer, Rin-
den, Blaͤtter, Blumen, Gummata, Saͤf-
te, Thiere oder derſelben Theile, Foßili-
en, oder ſolche Sachen, die aus der Erde
gegraben werden, ja auch Chymiſche
Dinge ſeyn, derer ſich die Faͤrber nicht
ſolten wiſſen zu bedienen: welches auch
Urſach iſt, daß eine ſo gꝛoſſe Menge Waa-
ren nach Franckreich gebracht wird.
Waͤre ſonſt niemand, der mehr Mate-
rialien verthaͤte, als die zur Artzney ge-
brauchet werden, wuͤrde ein eintziger
Materialiſte alle Medicos, Apothecker
und Wundaͤrtzte, ſamt allen andern, die
ſich drein mengen, zur Gnuͤge verſehen
koͤnnen, und ſolches ohne ſonderbare
groſſe Bemuͤhung.
Der Agaricus von Eichen ſieht
insgemein roͤthlich und iſt ſchwer: die-
weil er demnach wenig taug, derohal-
ben mag ich auch gar nichts von ihm
vermelden.
DJeweil der Agaricus unter dieſe
Compoſition kommt, welche wir
nebſt der de Hyacintho und Alkermes,
dem Theriac und Mithridat von Mont-
pellier bringen laſſen, als habe fuͤr gut
erachtet, allhier davon zu handeln, an-
bey auch die Beſchreibung, welche fuͤr
die richtigſte gehalten wird, und aus der
Pharmacopœa des Herrn Charras ge-
nommen iſt, mit anzufuͤhren. Dieſes
aber ſoll nicht hindern, daß ein anderer
denen Buͤchern, die von der Apothecker-
kunſt handeln, oder denen Verordnun-
gen der Stadt Paris und anderer feinen
Staͤdte
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
Staͤdte folgen duͤrffe, ſondern es ſteht
einem ieden frey, dem zu folgen, welches
ihm am leichteſten vorkommt. Wiewohl
ich blos von denen Materialien, die da-
zu kommen, reden werde, die Bereitung
aber und derſelben Art und Weiſe, wie
ſie in den Pharmacopœis beſchrieben, laſ-
ſen will, in welchen ſich diejenigen, wel-
che ſie zurichten wollen, Raths erhohlen
koͤnnen. Derowegen nehmet
Aus allen dieſen Stuͤcken wird nach
der Kunſt ein Electuarium liquidum, oder
eine weichliche Lattwerge gemacht, ſo
ſich ſehr lange halten kan, wann ſie nur
wohl und getreulich bereitet worden iſt.
Jhrer etliche halten mehr von dieſer
compoſition, wenn ſie alt, als wenn ſie
noch friſch iſt, welches ich aber nicht
gaͤntzlich gut ſprechen kan, bevoraus,
wenn ſie aͤlter als zehen Jahr worden.
Die Confectio, ſoll ſie anders gut ſeyn,
muß ſchwartz und glaͤntzend ſehen, ge-
treulich und recht nach der Kunſt zuge-
richtet, auch bis zu gehoͤriger Conſiſtentz
und Dicke eingekochet ſeyn. Wegen
ihrer vortrefflichen Tugenden, die man
ihr beyleget, wird ſie gar ofte in der Artz-
ney gebraucht, wie ſolches aus unter-
ſchiednen Pharmacopoeis zu erſehen.
Jch muß hierbey die Pariſer Kauff-
leute erinnern, daß ſie doch weder dieſe,
noch andere Confectiones, bey niemand
als bey redlichen und verſtaͤndigen Han-
delsleuten erkauffen wolten; indem ein
gar zu groſſer Betrug damit getrieben
wird, inſonderheit von denenjenigen,
die das Pfund von dieſer Confection um
15. bis 20. Sols geben, da ſie doch, wenn
ſie nach den vorgeſchriebenen Regeln
bereitet wird, 45. und 50. Sols zu ſte-
hen kommt.
Allein, es muß ſich niemand verwun-
dern, wer dieſes Capitel in dieſem Buche
erblicket: denn ob ich wohl weiß, daß
das zwiſchen den Spezereyhaͤndlern
und Apotheckern aufgerichtete Regle-
ment und Ordnung jenen nur vergoͤn-
net Theriac und Mithridat, zuſamt der
Confectio Alkermes und der de Hyacin-
tho, die wir unter dem Namen der vier
groſſen GaleniſchenCompoſitionen ver-Die vier
groſſen Com-
poſitiones.
ſtehen, zu verkauffen. Jedennoch, weil
es mit dieſer Confectio Hamech eine glei-
che Bewanntnuͤß hat, als wie mit denen
andern, indem ſie aus ſo vielen Mate-
rialien, als irgend eine der andern, zu-
ſammen geſetzet iſt, wie ſie auch, vermoͤ-
ge der Taxa und Ordnung S. Majeſt.
darinne ſie nebſt andern Spezereyen
und Materialien ausdruͤcklich geſetzt
und begriffen wird, von denenjenigen
Orten, allwo man ſie zum Behuf der
Handlung, die damit getrieben wird,
verfertiget, moͤgen kommen laſſen, ſo
habe ich mich verbunden erachtet, davon
zu handeln.
Wir verkauffen auch ohne den Ler-Allerhand
Wurtzeln u.
Zwiebeln.
chenſchwamm, getreugte Morcheln,
und Schwaͤmme, die wir aus Proven-
ce und Languedoc bringen laſſen, Tu-
beroſen und Jonquilienzwiebeln, Ra-
nunculn und andere Wurtzeln, welche
wir aus Jtalien und Provence, auch
wohl gar von Conſtantinopel kom-
men laſſen, eingemachte Stendelwurtz,
Judasoͤhrlein/ ein ſchwammichtes,Judasoͤhr-
lein.
leichtes
[]Der Spezereyen und Materialien
leichtes Gewaͤchs oder excreſcentz, und
zaͤhe wie Leder, ſiehet wie ein kleines
Ohr, deshalben es auch alſo benamſet
worden, hat eine veraͤnderliche Farbe,
naͤmlich roth, wie Sammt, und ſchwaͤrtz-
licht, und wird an den alten Hollunder-
ſtaͤmmen, ehe ſie beginnen Blaͤtter zu
kriegen, gefunden. Weil aber weni-
gen bekannt iſt, was es eigentlich ſey, des-
halben habe ich fuͤr dienlich gehalten, fol-
gendes aus dem Lateiniſchen uͤberſetzt,
hier anzufuͤhren.
Auriculæ Judæ,Judasoͤhrlein, ſind
ein ſchwammichtes haͤutichtes Gewaͤchs,
leichte, und zaͤhe, als wie Leder: ſind
untenher aſchgrau, oben ſchwaͤrtzlicht,
haben einen waͤßrichten Geſchmack und
keinen Geruch. Auricula wird es genen-
net, weil es wie ein Ohr geſtaltet iſt.
Es waͤchſt an den uralten Hollunder-
ſtraͤuchen, bevor ſie Blaͤtter bekommen.
Der Geſchmack bemercket eine kuͤhlende
und anziehende Kraft. Die Wundaͤrtzte
brauchen es bey Entzuͤndung des Halſes
und Zaͤpfleins, denn es wird zu aller-
hand Entzuͤndungen trefflich dienlich be-
funden. Jnnerlich wird es ſelten ge-
braucht, wiewohl ihrer etliche dafuͤr hal-
ten, daß es eine blutſtillende und das
Gebluͤte dickmachende Kraft habe. Zu
Rouan kochen ſie es in Waſſer und Eſ-
ſig, und brauchen es zum Ausgurgeln
der boͤſen Haͤlſe.
Uber alle dieſe Gewaͤchſe und Excreſ-
centien laſſen wir auch eine gewiſſe graue
Erde, in Geſtalt kleiner Schuppen, von
S. Flour in Auvergne bringen, und
Perelle.nennen ſie la Perelle, welche die Leute in
Auvergne von den Felſen abſcharren.
Dieſe Erde wird gleichſam von dem
Winde erziehlet, und hervorgebracht,
denn er dieſelbe auf die Klippen fuͤhret,
allda ſie von dem Regen befeuchtet, und
von der Sonne calciniret wird. Es
verſehen ſich aber dieſe Bergleute mit
eiſernen Jnſtrumenten, damit ſie die
Erde abkratzen koͤnnen, und einem leder-
nen Schurtz, an deſſen zweyen Ecken
Pech iſt, damit es an den Felſen moͤge
veſte gemachet werden, wenn ſie die Er-
de abkratzen wollen.
Man ſoll die Perelle erwehlen, wel-
che, als wie feine ſchoͤne Schuppen ſie-
het, dabey, ſoviel nur moͤglich, grau und
trucken, weder grumplicht, noch ſonſt
voll Unrath iſt. Sie wird zur Berei-
tung der Orſeille gebraucht, allermaſſen
im Cap. vom Torneſol iſt angemercket
worden. Sobald dieſe Erde abgekratzet
iſt, ſobald waͤchſt wiederum andere, die
nicht dicker iſt, denn ein Ortsthaler oder
Achtgroſchenſtuͤck.
Wir verkauffen auch ein gewiſſes
Kraut, welches wir Presle, die BotaniciPresle.
aber Queue de Cheval, Equiſetum, nen-
nen, zu teutſch heißt es Katzenzagel,
Schachtelhalm; deſſen bedienen ſich
die Helffenbeindreher, auch andere, die
in Holtz arbeiten, und poliren ihre Ar-
beit damit, wenn ſie zuvor die Haut des
Seehundes dazu gebrauchet. Wobey
zu mercken, daß la Perelle und Presle
nicht ein Ding ſey, indem dieſes ein
Kraut, jenes aber eine Erde iſt.
Wir koͤnten auch noch viel mehr an-
dere Fruͤchte verkauffen, wenn dieſelben
nur bey uns gemeine waͤren; als da
ſind, die Betelfrucht, Bananas, Fau-
fel oder Areca, Fagora, die Frucht An-
da, beym Piſo/ Boulduc, beſchrie-
ben, und andere mehr. Es giebt ihrer
aber auch, die wir nicht einmahl zu ver-
kauffen begehren, weil ſie gar zu gemei-
ne ſind, z. E. Birnen, Aepfel, und der-
gleichen Fruͤchte, welche fuͤr die Obſtkraͤ-
mer, und nicht fuͤr die Spezereyhaͤndler
gehoͤren, denn fuͤr dieſe ſind ſie zu gerin-
ge, eben ſowohl als alle andere Eßwaa-
ren, welche eintzeln und nach dem klei-
nen Gewichte, wie auch nach dem Maa-
ſe verkauffet werden; und waͤre gewiß-
lich eine Schande, wenn Kauffleute ſol-
che ſchlechte Sachen verkauffen wolten,
hingegen aber ihre Gewoͤlber von koͤſtli-
chen Waaren entbloͤſeten, ob ſie gleich
an dieſen mehr gewinnen koͤnten, als an
jenen geringſchaͤtzigen Dingen, die uͤber-
diß nicht einmahl fuͤr ſie gehoͤren. Die-
ſes aber kommt blos daher, daß die al-
lermeiſten aufgenommen werden, ob ſie
ſchon, wie bereits erwaͤhnet, weder Ver-
ſtand, noch Geſchicke dazu haben; fin-
den ſich demnach genoͤthiget, nur ſolche
Sachen, die ſie kennen, zu verkauffen.
Welches dann den Auslaͤndern Gele-
genheit und Anlaß giebet, die Pariſi-
ſchen Kauffleute gantz geringe zu achten,
und
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils ſiebendes Buch.
und ſie in keine Betrachtung zu ziehen;
wie ſie doch wohl thun wuͤrden, dafern
ſich dieſe nicht mit etwas anders vermen-
geten, ſondern nur dergleichen Waaren
fuͤhreten, von denen ich in gegenwaͤrti-
gem Buche gehandelt habe.
Ende des Buchs von Fruͤchten.
DJeGummatawerden in waͤßrichte und hartzichte abgetheilet, und
durch jene dieſelbigen verſtanden, welche ſich in Waſſer/ Wein und
andern dergleichen Saͤften aufloͤſen laſſen/ wie z. E. Manna/
Gummi Gutta und andere mehr: durch dieſe aber verſtehe allein dieje-
nigen, welche mit Oel muͤſſen aufgeloͤſet werden/ als da iſt, Gummi
Elemy, Tacamahaca/ und ſo fort an: inmaſſen aus folgenden wird zu er-
ſehen ſeyn. Zu dieſen zweyen Sorten der Gummen ſetzen etliche annoch
die dritte, die ſie irregular zu nennen pflegen, weil es ihrem Vorgeben
nach, Muͤhe giebet, wenn man ſie mit waͤßrichten oder oͤlichtenliquori-
busaufloͤſen ſoll; dergleichen iſt die Myrrhe und die Benzoe.
Koͤnnen aber die Samen/ Wurtzeln, Hoͤltzer, Rinden, Bluͤten, Blaͤt-
ter und Fruͤchte ſo gar ſchwerlich von einander unterſchieden werden/ es
ſey dann, daß einer eine vollkommene Kenntnuͤß dererſelben beſitze/ und
ſtets damit zu thun habe/ ſo giebt es bey den Gummen, es ſeyen gleich
waͤßrichte oder hartzichte, nicht geringere Schwierigkeit. Weil dann
die Erkenntnuͤß dererſelben dermaſſen ſchwer iſt, veranlaſſet ſolches ih-
rer viele, daß ſie faſt allen Gummen/ es geſchehe aus Unverſtande/ oder
aus Bosheit, gewiſſeSubſtituten ſetzen, und etwas anders dafuͤr zu geben
pflegen, wie von mir in folgenden wird erwieſen werden.
Das WortGomme,Gummi/ will man vom LateiniſchenGummi,oder
dem Griechiſchen Κόμμι, herleiten/ und daß ſie der ſchleimichte Saft/
der aus den Baͤumen dringet/ und gleichſam das Fett dererſelben ſeyn.
NAchdem die Kinder Jſrael
wunderſamer Weiſe durchs
rothe Meer gegangen, und
von ihren Feinden befreyet
waren, verurſachte der
Hunger, der ſie in der Wuͤſten druͤckete,
daß ſie wider Moſen murreten. Wie
aber dieſer getreue Diener des HErrn
ſein Gebet verrichtete, unterließ GOtt
nicht ihnen zu Eſſen zu geben, indem er
noch ſelben Tages eine groſſe Menge
Wachteln kommen, und des Morgens
drauf das Manna auf die Erde fallen
lieſſe, auch damit die viertzig Jahr uͤber,
Zſo lan-
[]Der Spezereyen und Materialien
ſo lange naͤmlich die Hebraͤer in der Wuͤ-
ſten verharreten, anhielt. Das Volck
ſtund anfangs beſtuͤrtzt, wie es ſahe, daß
die Erde uͤber und uͤber gleichſam wie
mit Korne, das ihnen zur Zeit unbe-
kannt war, bedecket lag: und lehret uns
die Schrift, daß ſie, als die da nicht wu-
ſten, was es war, fuͤr Verwunderung
aufgeſchrien, Man hu, was iſt das? Allein
Moſes lehrete ſie, daß GOtt vom Him-
mel es ihnen ſendete, und befahl, daß ſie
alle Morgen vor der Sonnen Aufgang
kommen, und dieſe goͤttliche Speiſe
ſammlen ſolten, dieweil es keine Zeit
mehr ſey, das Manna zu ſammlen,
wenn der Tag ein wenig hoch worden,
denn es kurtz darauf, nach dem die Son-
ne aufgegangen, zerſchmoltze. Auch
gebot ihnen Moſes, nichts davon aufzu-
heben, bis auf den andern Tag, und ſag-
te, damit ſie den Sabbath deſto heiliger
beobachten koͤnten, moͤchten ſie des
Tags vorher fuͤr zwey Tage ſammlen,
denn es wuͤrde nicht verderben, was ſie
fuͤr den Sabbath geſammlet haͤtten, wie
dasjenige, welches ſie ſonſten bis auf den
andern Tag aufbehalten wolten. Die-
ſes iſt gantz gewiß, und keine Schwierig-
keit dabey, allermaſſen es der heilige
Text im 16. Cap. des IIten Buches Moſe
ausdruͤcklich bezeuget.
Dennoch aber kommen die Ausleger,
ſo Chriſten, als Juden, das Manna be-
treffend, in vielen Stuͤcken gar nicht mit
einander uͤberein.
Bald anfangs entzweyen ſie ſich uͤber
der Etymologie, und dem Namen des
Manna: und wollen etliche, es komme
von den Ebraͤiſchen Worten, Man hu,
her, welche die Juͤden geſprochen, da ſie
die Erde mit kleinen weiſſen Koͤrnern be-
decket erſehen, ſo die Nacht hindurch ge-
fallen waren. Jmmittelſt ſind andere,
und unter denen auch Buxtorff, wel-
che ſagen, Manna bedeute ſoviel als ei-
ne bereitete Speiſe: als wolten ſie ſa-
gen, eine Speiſe, welche GOtt ſelbſt fuͤr
ſein Volck zugerichtet.
Noch viel weniger eins ſind ſie wegen
der Natur der Sache ſelbſt. Denn vie-
le behaupten die Manna ſey eben die
Manna, deren man ſich in der Artzney
zum purgiren bedienet, das iſt, ein li-
quor und Saft, welcher wie der Thau
faͤllt, und als wie kleine Koͤrnlein, dem
Corianderſamen nicht ungleich, zuſam-
menfrieret: welcher Meinung Kaͤyſer
Carls des Vten Leibmedicus, Vale-
ſius, geweſen. Der ſehr gelehrte Jeſuit,
Cornelius a Lapide gedencket in ſei-
nem Commentar. uͤber das II. Buch Mo-
ſe, daß er in Polen kleine Koͤrner, als
wie Hirſekoͤrner geſehen, welche ein
wenig laͤnglicht und roͤthlicht geweſen,
und bey heitern Naͤchten im Heu- und
Brachmonat zu fallen pflegten: daß er
auch einen Brey oder Mus davon ge-
geſſen habe, der eben alſo geſchmecket, ob
waͤre er von Heidekorn gemacht gewe-
ſen. Welches gleichfalls einer von mei-
nen guten Freunden bekraͤftiget, der ſich
geraume Zeit in Polen, und ſonderlich
gegen Schleſien zu, aufgehalten, wo-
ſelbſt dieſer Thau in groſſer Menge faͤllt.
Jch ſelbſt kan verſichern, daß ich auch
im obern Delphinat/ unten am Ber-
ge Genevre dergleichen Manna die
Menge, fruͤh um vier Uhr, geſehen, die
ich erſtlich fuͤr Reiff gehalten; nachdem
ich ſie aber gekoſtet, erkannte ich an dem
zuckerſuͤſſen Geſchmack, daß es Thau
ſey, demjenigen gleich, deſſen die heilige
Schrifft gedencket, denn ſo bald die Son-
ne aufgieng, zerſchmoltze er.
Hingegen ſagen diejenigen, welche
erachten, daß das Manna, damit GOtt
die Juͤden in der Wuͤſte ernaͤhret, nicht
von derſelbigen Art geweſen, die man
zur Artzney brauchet; dann, alles was
purgire, mache den Menſchen matt und
ſchwach, gaͤbe aber keine Nahrung. De-
nen antwortet Voßius auf dieſen Ein-
wurff: die Manna in der Wuͤſten ſey
von der Manna, die man zur Artzney
braucht, nicht der Natur nach, ſondern
nur was die accidentia und zufaͤllige
Dinge belanget, unterſchieden geweſen.
Dieſer Unterſchied aber ſey von der Zu-
richtung entſtanden, welche die Engel
gemacht haͤtten, indem ſie dieſen Thau
gehaͤrtet und gekoͤrnet, und dadurch die
Duͤnſte, mit denen die gemeine Manna
erfuͤllet ſey, davon abgeſondert, damit
ein dichtes Brod und Mus, gleich als
wie aus dem Thau, der im Heu- und
Brachmonat in Polen faͤllt, daraus be-
reitet werden konte. Hernachmahls
kan der ſtetige Gebrauch einer Artzney
gar wohl verhindern, daß dieſelbige ihre
ordentliche Wirckung nicht thue. Hat
man nicht Leute geſehen, welche ſich von
dem heftigſten Gifte genaͤhret, weil ſie
denſel-
[]
Figure 241. Manna von Brianſon Fig. 273. p. 361. Figure 242. Flüſſige Manna Fig. 274. p. 363. | Figure 243. Manna auͤs Lalabrien Fig. 272. p. 358. [figure] | |
Figure 244. Schlechter Galluͤs Fig. 269. p. 345. Figure 245. Galluͤs von Brodeauͤy Fig. 270. p. 345. | Figure 246. Galluͤs von Aleppo Fig. 268. p. 345. | Figure 247. Eichenmiſtel Fig. 265. p. 365. Figure 248. Eiche Fig. 264. p. 343. Figure 249. Eichenmoos Fig. 267. p. 346. Figure 250. Fig. 271. p. 348. Figure 251. Engelſüß Fig. 266. p. 344. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
denſelben oft zu gebrauchen gewohnet
waren? So thut ja auch der Wein den
Krancken auf dem Lande, die ihn nie-
mahls zu trincken bekommen, ſo viel
gutes, den Patienten aber, die ihn im-
merfort genieſſen, iſt er ſchaͤdlich genug.
Welches dann den Valeſius zu ſagen
bewogen, es ſey kein Zweiffel, daß das
Manna in der Wuͤſten die Juden im
Anfange werde haben purgiret, indem
ſie doch viele boͤſe Feuchtigkeiten von
dem Knoblauch und Zwiebeln, die ſie
zu ihrer gewoͤhnlichen Nahrung ge-
braucht, wuͤrden geſammlet haben:
nach dieſem aber, und da die Manna
nichts mehr auszufuͤhren gefunden,
haͤtte ſie ihnen zur Nahrung gedienet,
bevoraus, da ſie von den Engeln zube-
reitet worden; wie denn im LXXVIII.
Pſalm, im 25. 26. und 27ſten Vers,
ausdruͤcklich ſtehet: Der HErr gebot
den Wolcken droben, und thaͤt auf die
Thuͤre des Himmels. Und ließ das
Mann auf ſie regnen, zu eſſen, und gab
ihnen Speiſe die Fuͤlle. Daß alſo dieſe
Auslegung allerdings gar gut mit dem
Hebraͤiſchen Worte Mann uͤberein zu
kommen ſcheinet, als welches eine berei-
tete Speiſe bedeutet, wie aus dem 31.
Vers des XVI. Cap. im II. Buch Moſe
kan geſchloſſen werden, woſelbſt ſtehet,
das Manna in der Wuͤſten habe ge-
ſchmeckt, wie Semmelmehl mit Honig
vermiſchet.
Was ferner die Dicke und Groͤſſe die-
ſer Mannakoͤrner betrifft, da kommen
ſie alle mit einander uͤberein, daß ſie
weiß geweſen, und ſo dicke, wie Corian-
derſamen; iſt auch hieran nicht zu zweif-
feln, maſſen die Schrifft im XVI. Cap.
des II. Buchs Moſe dieſe Gleichheit ei-
gentlich genug andeutet. Allein, wann
die Schrifft das Manna mit dem Cori-
anderſamen vergleichet, iſt ſolches, nach
dem Juͤdiſchen Talmud, von der runden
Geſtalt, nicht von der Farbe zu verſte-
hen, ſintemahl die Corianderkoͤrner
nicht weiß ſind: daher auch der Sama-
ritaniſche Ausleger, an ſtatt, daß er ſa-
gen ſolte, wie Coriander, ſetzet, wie
Reiskoͤrner.
Endlich ſagt man auch insgemein,
das Manna habe einen Geſchmack ge-
habt, wie ihn ein ieder, der es genoſſen,
nur gewuͤnſchet haͤtte: und dieſe Mei-
nung gruͤndet ſich auf den 20ſten Vers
des XVI den Cap. des Buchs der Weis-
heit, woſelbſt geſagt wird, es haͤtte ſich
nach eines ieglichen Geſchmack beque-
met. Allein, es koͤnte dieſes auch wohl
bedeuten, daß obgleich der Geſchmack
bey den Menſchen ſo gar ſehr unterſchie-
den, dennoch ein ieder unter den Juͤden
daſſelbe nach ſeinem Geſchmack befun-
den haͤtte. Denn, wenn das Manna
einen Wachtelgeſchmack gehabt, wie es
die Juͤden verlangten, warum waͤren
ſie denn ſein uͤberdruͤßig worden? ſie
haͤtten ſich gewißlich nicht gegen Moſe
uͤber den langen Gebrauch dieſer Spei-
ſe beklaget, wie ſie nach dem XXI. Cap.
des III. Buchs Moſe thaten. Und iſt
merckwurdig daß Auguſtmus, welcher
im 8. Cap. ſeines 118 den Sendſchrei-
bens gelehret, daß das Manna dieſe Ei-
genſchafft gehabt, daß alle Juͤden deſſel-
bigen Geſchmack daran gefunden, da-
von ſie zu eſſen ſich geſehnet, im. Buch
Retractation cap. 21. dieſen Satz geaͤndert,
und geſaget, daß allein die frommen
Juͤden dieſen ſo unterſchiedenen Ge-
ſchmack, nach ihrem Verlangen, ein-
pfunden. Doch ſcheinen dieſe anderen
Gedancken dieſes heiligen Mannes mit
den Worten des Apoſtels Pauli 1. Co-
rinth. 10. nicht vollkommentlich uͤberein
zu treffen: denn dieſer ſagt, daß alle
Jſraeliten einerley Speiſe gegeſſen.
Geſetzt nun, es ſey wahr, das Manna
habe allerley Geſchmack annehmen koͤn-
nen, ſo muß man dennoch ſagen, wie
es auch etliche auslegen, daß ſolches von
der unterſchiedlichen Zurichtung herge-
ruͤhret, wie auch, nachdem die Juͤden
ſich bemuͤhet daſſelbe zuzurichten.
DAs, was wir Manna zu nennen
pflegen, und unter dieſem Titel ver-
kauffen, iſt ein weiſſer cryſtalliner Saft,
welcher von den Eſchen, auf Frantzoͤ-
ſiſch Freſnes domeſtiques \& ſauvages, von
den Jtalienern Fraxini und Orni ge-
nannt, ohne Schnitt, und von ihm
ſelbſt, theils aber auch, wenn man in die
Baͤume geſchnitten, abrinnet. Jetztge-Siehe Fig. 271.
meldte Baͤume wachſen haͤuffig in Ca-
Z 2labri-
[]Der Spezereyen und Materialien
labrien und Sicilien, doch vornehmlich
zu Gallipoli auf dem Berge S. An-
gelo/ und zu Tolfa, von dannen ſchier
alle Manna, welche wir verkauffen,
gebracht wird.
Wir verkauffen aber vielerley Man-
na unter dem Titel der Calabriſchen.
Die erſte und beſte iſt die Manna vom
Berge S. Angelo: doch iſt das ver-
druͤßlichſte, daß ſie insgemein ſchmiericht
iſt, und wird deshalben von den Leuten,
die ſich nicht drauf verſtehen, wenig be-
gehret.
Die andere iſt die aus Sizilien und
insgemein weiß, trucken und in Toͤpfen,
iedoch auch mehrentheils voll Feigen
und Maronen.
Die dritte und ſchlechteſte iſt die von
Tolfa/ die wir, obſchon unrecht, Man-
na von Brianſon nennen: ſie iſt tru-
cken, bleich, ſandicht und ſehr zerbroͤ-
ckelt.
Diß ſind alſo mit wenigen, die drey
Sorten Manna, die wir verkauffen,
und die in Franckreich und zu Paris
ordentlich geſehen werden: daß man
alſo alle die Fabeln, welche ſowohl alte
als neue Scribenten von dem Urſprunge
der Manna, und denen Orten, wo ſie,
ihrem Vorgeben nach, wachſen ſoll, zu
erzehlen wiſſen, nicht glauben darff:
denn es iſt gewiß genug, daß alle Arten
der Manna, die wir vertreiben, von ob-
benamten Orten kommen. Was aber
die Geſtalt und Figuren, die ſich an der
Manna, die wir verthun, befinden, da
ſage ich, daß diejenige Manna, welche
wie Tropfen oder Zaͤhren ſiehet, am mei-
ſten geachtet werde, ſowohl, weil ſie
viel weiſſer, und auch wohlgeſchmackter
iſt, auch nicht garſtig, und ſich dahero
wohl verkauffen laͤßt. Weil nun auch
Manna von einer auſſerordentlichen
Dicke und Laͤnge ſich findet, hat ſolches
einem und dem andern Anlaß gegeben,
zu ſagen, ſie ſey verfaͤlſchet, welches ich
ihnen zu Gefallen mit geglaubet haͤtte,
dafern ich mich der Wahrheit nicht beſ-
ſer erkundiget.
Dieſemnach kan man ihm zur Nach-
richt dienen laſſen, daß es allerdings na-
tuͤrliche Manna in Tropfen gebe;
daß ſelbige aber ſo groß, ſo dicke und ſo
lang ſind, verurſachet, daß die Einwoh-
ner ſelbiger Orten, wenn ſie den Stam̃
oder die dicken Aeſte der Eſchenbaͤume
aufgeritzet, Strohhalmen oder Reißlein
von Holtz in die Ritzen ſtecken, daran
lauft die Manna herab, gerinnet und
wird zu laͤngern oder dickern Tropfen,
nachdem naͤmlich die Haͤlmlein oder
Hoͤltzlein lang geweſen, und der Baum
viel oder wenig Saft gegeben. Es iſt die-
ſes gantz gewiß, maſſen ich einen ſolchen
Mannatropfen oder Thraͤne habe, wel-
che des halben Fuſſes lang und ſo dicke iſt,
als eines Kindes Fauſt; ſie haftet an ei-
nem Halme. Auch habe ich andere klei-
ne Stuͤcken mehr an kleinern Stroh-
halmen.
Hier moͤchte man mir einwerffen,
eben dieſes ſey das Zeichen, daß ſie, die
Manna, nachgemachet, und auf die
Hoͤltzlein und Haͤlmlein geleget worden,
damit ſie eine ſolche Geſtalt uͤberkaͤme:
doch ich gebe zur Antwort, daß ich es von
einer glaubwuͤrdigen Perſon vernom-
men; zudem ſo iſt es ja natuͤrlich und
ſo thulich, daß niemand verſtaͤndiges
daran zweifeln wird, da uͤberdiß unmoͤg-
lich iſt, daß man ſo ſchoͤne Manna, als
wir zu verkauffen haben, bereiten moͤge.
Dieſes will ich wohl ſagen, daß mich
ihrer etliche verſichern wollen, wie daß
die Juden zu Livorno dermaſſen abge-
richtet waͤren, und die Manna derge-
ſtalt zuzurichten und nachzumachen wuͤ-
ſten, daß ſie bey nahe eben ſo ſchoͤn ſey,
als diejenige, welche natuͤrlicher Weiſe
aus den Baͤumen rinnet. Jch kan auch
verſichern, daß ich ihrer ſelbſt verfertiget
habe, allein, ſie iſt ſchwer, gantz bleich,
und von den andern Sorten, die wir
verkauffen, gantz und gar unterſchieden,
wiewohl ſolches auch von meiner Uner-
fahrenheit herruͤhren koͤnte.
Jmmittelſt will ich vermelden, daß
die Manna in gedachten Laͤndern, im
Monat Junius, Julius und Auguſt ge-
ſammlet werde, und daß das Wetter
nothwendig ſchoͤn und trucken ſeyn muͤſ-
ſe. Denn ſo bald es regnet oder feuchte
Wetter iſt, faͤllt die Manna/ welche oh-
nedem fluͤßig, wenn ſie aus dem Baume
kommt, und die Sonne ſie nicht ſtracks
dicke macht, herab und verdirbet. Die-
ſer Unfall, der der Manna begegnet, iſt
Urſach, daß die Manna bald theuer,
bald wohlfeiler iſt, nachdem naͤmlich die
Jahre trucken oder feuchte geweſen.
Man erwehle demnach die Manna,
es moͤgen groſſe oder kleine Stuͤcken
ſeyn,
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
ſeyn, welche friſch, trucken, leichte, weiß
und etwas roͤthlicht ſind, eines angeneh-
men Geſchmacks, darunter nicht viel
kleine Broͤcklein, oder Feigen und Ma-
ronen befindlich; in den Stuͤcken muß
eine Art Syrup ſeyn, wenn ſie zerbro-
chen worden, denn dieſer das eigentliche
Zeichen, daß die Manna friſch; ſo bald
aber die Manna beginnet alt zu werden,
vertrocknet er, und hinterlaͤßt eine Hoͤle,
in welcher kleine Spitzlein zu finden,
gleich ob ſie, die Manna, ſublimiret wor-
den waͤre. Dannenhero ſoll man, ſo
viel einem moͤglich, dergleichen garſtige
und haͤßliche Manna verwerffen, weil
es lauter verlegen Gut iſt, darunter zum
oͤftern dergleichen Dinge anzutreffen,
welche kein Menſch zu ſich nehmen kan.
Wer es zu erfahren verlanget, darff ſie
nur ſchmeltzen, ſodann wird er erſehen,
ob es nicht wahr ſey, was ich gemeldet.
Ein Jrrthum aber iſts, ohngeachtet er
ziemlich eingeriſſen, daß dieſe Manna
viel ſtaͤrcker purgiren ſolle: doch, ſie ha-
ben recht, wofern die Manna, wenn ſie
verlegen und voll Unrath iſt, eine purgi-
rende Kraft uͤberkommt. Jch aber
dencke, ſie duͤrfften ſich haͤßlich betruͤgen;
auch daß ſich niemand dieſes falſchen
Vorwandes bediene, als diejenigen, die
ſich damit uͤberleget, damit ſie ihrer deſto
eher quit werden koͤnnen. Und dieſes
hat, allem Anſehen nach, Anlaß gege-
ben, daß diejenigen, durch derer Haͤnde
ſie gehet; redliche Kauffleute hiervon
ausgeſchloſſen; unter die tropfichte fri-
ſche Manna ſo viel ſchmierichte, haͤßliche
und zerbroͤckelte Manna miſchen, nur
daß ſie dieſelbe wohlfeiler geben koͤnnen,
und dennoch groͤſſern Profit dabey ma-
chen moͤgen. Welches dann die damit
handeln, bewegen ſolte, ſie von Livor-
no bringen zu laſſen, woſelbſthin ſie
jaͤhrlich durch des Groshertzogs von
Toſcana Galeeren oder andere Gele-
genheit in Kiſten und Tonnen gebracht
wird, nachdem ihrer viel geſammlet
worden: oder ſie moͤchten ſie von Mar-
ſeille kommen, und bey redlichen Leu-
ten einkauffen laſſen. Denn es iſt aus-
gemacht, daß die Manna/ ie mehr ſie
durch die Haͤnde geht; bevorab durch
die Haͤnde einiger gewiſſer Perſonen, die
doch anietzo zu nennen nicht eben noͤ-
thig; ie mehr und mehr ſie mit gemeiner
Manna, oder auch wohl gar mit Maro-
nen vermenget werde. Dadurch aber
wird ihre Guͤte nicht ein wenig veraͤn-
dert, und kein kleiner Abgang verur-
ſachet.
Was den Gebrauch und Nutzen der
Manna belanget derſelbe iſt ſo bekannt,
und gedencken deſſen ſo viele Scribenten,
daß es faſt unnuͤtzlich, mich dabey aufzu-
halten. Nichts deſtominder will ich er-
innern, daß es eines der ſtaͤrckſten und
doch dabey gelinden Purgantien ſey, die
wir haben moͤgen, deſſen man ſich mit
der groͤſten Sicherheit bedienen koͤnne.
Es wird ein ſaurer Spiritus aus derSpiritus \&
aqua ſpirituo-
ſa Mannæ.
Manna diſtilliret, welcher zu allerley
Bruſtbeſchwerungen dienlich iſt. Auch
kan man ein ſpirituoͤſes Waſſer uͤber den
Helm treiben, welches alles, was das
beſte an der Manna iſt, enthaͤlt, und ein
trefflich Schweißmittel, beyneben ein
herrlich ſpecificum wider alle abwech-
ſelnde Fieber iſt.
Sonſt haben mich etliche berichtet
und verſichern wollen, man koͤnne aus
der Manna ein diſſolvens und aufloͤſend
Waſſer bereiten, welches auch das Gold
aufzuloͤſen vermoͤgend ſey. Jch aber
kan es nicht fuͤr gewiß ſagen, dieweil ich
es nicht verſucht habe.
DJeſe iſt eine truckne weiſſe Manna,
derjenigen, welche Manne de la Tolfe
genennet wird, durchaus gleich. Weil
ſie aber gar nicht im Brauch, auch von
uns nicht verkauffet wird, dannenhero
will ich nichts nicht davon melden. Sie
Siehe Fig. 273.rinnet aus den dicken Aeſten der Ler-
chenbaͤume/ und wird deshalben Man-
na laricea geheiſſen: findet ſich in groſ-
ſer Menge im obern Delphinat/ ſon-
derlich um Brianſon, und hat daher
den Zunamen erhalten.
Ohne die Manna von Brianſon
giebt es auch noch andre Sorten Man-
na, darunter die Manna maſtichina aus
Levante und Syrien die rareſte und
meiſt geachtete iſt. Dieſe kommt der
Calabriſchen an Farbe ſehr nahe, und
iſt koͤrnicht, wie der Maſtix, daher dann
ihr Zuname entſtanden. Sie rinnet
Z 3aus
[]Der Spezereyen und Materialien
aus den Cedern auf dem Berg Liba-
non, wie ich bereits im Cap. von Cedern
angemercket habe.
Dieſe Manna iſt in Franckreich
uͤberaus rar, und habe ich ihrer ohnge-
fehr vier Untzen, die, wie ich verſichert
worden bin, aufrichtig iſt, und obbe-
meldete Geſtalt und Farbe hat, nebſt ei-
nem bittern, und ziemlich unangeneh-
men Hartzgeſchmacke: welches dann
nicht mit des Herrn Fuchſius Berich-
te uͤbereintrifft, wenn er gemeldet, daß
ſie die Bauern am Berge Libanon zur
Speiſe gebrauchten. Doch es kan die-
ſer Unterſchied auch wohl daher ruͤhren,
daß ſie zu alt worden, oder aber, weil ſie
die Landesgegend verwechſelt hat.
Es ſind noch mehr Arten der Man-
na, z. E. die Africaniſche, welche die
Africaner an ſtatt des Zuckers und Ho-
nigs gebrauchen. Die Mexicaner ha-
ben auch eine Manna, welche ſie, gleich
als wie wir den Kaͤſe, eſſen. Und in
Perſien giebt es Manna, die ſo dicke
als wie die Maronen. Allein, weil die-
ſe Arten nicht zu uns kommen, derowe-
gen will ich auch nichts weiter davon
gedencken.
DJe fluͤßige Manna/Manna liquida
und Tereniabin genannt, iſt eine fluͤſ-
ſige, weiſſe, klebichte Manna, die als wie
weiſſer Honig ſiehet. Sie findet ſich
auf gewiſſen Gewaͤchſen, die mit hell-
Siehe Fig. 274.gruͤnen Blaͤttern welche ſo groß ſind, als
die Blaͤtter des Hartriegels oder der
Rainweide, mit roͤthlichten Doꝛnen und
Blumen, aus denen die Schoten, wie
an der Colutea,Schaflinſen, entſtehen,
beſetzt ſind, und in groſſer Menge in
Perſien um Aleppo und Gros Cairo
wachſen. Daſelbſthin wird ſie alle
Marcktage in Toͤpfen gebracht, und an
die Einwohner zu Cairo verkauffet, die
ſich alsdann ihrer bedienen, eben als
wie wir der Calabriſchen Manna.
Dieſer Saft iſt in Franckreich eben-
falls gar ſehr rar. Jm Jahr 1683. aber
verehrete mir ein guter Freund, der in
Tuͤrckey geweſen, etwa vier Untzen, die
ich auch noch aufbehalte, und dazumahl,
wie er ſie mir gabe, als oben gemeldet,
beſchaffen war: gleichwie aber die Zeit
alles verderbet, alſo hat ſich ihre Farbe
in grau verwandelt. Oben drauf be-
findet ſich ein braunrother Syrup, von
gar guter Conſiſtentz: was aber am
merckwuͤrdigſten, iſt, daß ſein ſuͤſſer, zu-
ckerhafter und angenehmer Geſchmack
nicht im geringſten ſich veraͤndert hat
oder ſauer worden.
Jm groͤſſern Aſien findet ſich gleich-
falls auf ein und andern Baͤumen, den
Eichen nicht ungleich, eine fluͤßige
Manna: ſonderlich aber um Ormus,
in welche Stadt ſie dieſelbe in Bockfellen
bringen, und viel nach Jndien verhan-
deln, ja gar bis nach Goa verſenden.
Dieſe Manna hat zwar eben eine ſolche
Geſtalt und Farbe, als wie die vorige,
ſie haͤlt ſich aber nicht ſo lange.
Jch ſolte demnach vermeinen, daß ich
meine Gedancken wegen der natuͤrlichen
Manna, und derjenigen, die aus den
Baͤumen rinnet, ſattſam eroͤffnet. Des-
halben ſey man erinnert, und glaube
ferner nicht, daß diejenige Manna, die
wir verkauffen, vom Himmel falle: ſie
ſolte ingleichen nicht ferner himmliſches
Honig genennet werden, ſondern viel-
mehr Eſchen-Gummi, oder nach dem
Namen der Baͤume, die ſie tragen. Und
dieſes wird daher noch mehr erwieſen,
dieweil das himmliſche Manna, wie
oben erwehnet, an der Sonne zerſchmol-
tze, dieſes hingegen, das wir verkauffen,
wird davon hart und trucken.
GUmmi Gutta, Gutta Gamba, Gamboi-
dea, Gamandora, Gutta gemu, Gutta
gemau oder Gummi Peruanum, iſt ein
Gummi, welches aus dem Stamme ei-
nes kriechenden Gewaͤchſes rinnet. Die-
ſes Gewaͤchs iſt einer gantz ſonderbaren
Natur, indem es weder Blaͤtter noch
Fruͤchte hat, ſondern nur eine Anzahl
Aeſte, wie aus der Figur zu erſehen.
Die Siammer und Cochinchine-
ſer ritzen den Stamm dieſes Gewaͤchſes
auf, ſo lauft ein Saft, der eben nicht
ſo gar dicke iſt, heraus, wird aber, wenn
er einige Zeit an der Luft gelaſſen wor-
den,
[]
Figure 252. Buͤmmi von Senega. Fig. 277. pag. 369. | Figure 253. Arabiſches Buͤmmi Fig. 276 pag. 365. |
Figure 254. Lampher Fig. 279. pag. 371. | |
Figure 255. Buͤmmi Tragant. Fig. 278. p. 371. | Figure 256. Buͤmmi Buͤtta Fig. 275. p. 364. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
den, gelb und dicke. Hierauf knaͤten ihn
dieſe Leute, wie einen Teig, und ma-
chen Stuͤcken draus, die als die tuͤrcki-
ſchen Turbante ſehen, auf die Art, wie
wir ſie zu Geſichte kriegen. Die Bau-
ern um Odia oder Jndia, welches die
Hauptſtadt in Siam iſt, bringen ihn
nach der Stadt zu kauffe, wie etwa bey
uns die Bauern die Butter und andere
Eßwaaren. Was ich anietzo vorge-
bracht, iſt mir von einem Siamiſchen
Dollmetſcher, dem ich eine ziemliche
Partey abgekaufft, erzehlet worden.
Nach dieſem habe ich folgendes erfah-
ren:
„Das Gummi Gutti iſt ein gum-
„moſiſch und hartzicht Weſen, hart und
„gelb, und wird von einem Sineſiſchen
„Baume, bey den Jndianern Code-
„lampulli oder Cantopili, auch Can-
„na Ghorca genennt, geſammlet. Es
„wird in Waſſer zerlaſſen, hernach
„uͤberm Feuer zu einem Klumpen ge-
„macht, und hat einen ſcharffen eckel-
„haften Geſchmack, und gar keinen Ge-
„ruch. Der Baum traͤgt rothe Aep-
„fel. Die aus der aufgeritzten Rinde
„hervordringenden Tropfen werden in
„Gefaͤſſen aufgefangen, und darauf in
„Schaf- oder anderer Thiere Maͤgen
„gethan, und auf ſolche Art in einem
„Stuͤck zu uns gebracht. Den aufge-
„ſammleten Saft laſſen die Jndianer
„in Waſſer zergehen, filtriren und in-
„ſpißiren ihn: oder ſie laſſen ihn durch
„ein Tuch lauffen und machen ihn dicke:
„und geben ihm hernach eine cylindri-
„ſche Form oder eine andere, nach ihrem
„belieben. Er wird mit Zitronſafte
„corrigiret.„
„Es iſt hitzig, und fuͤhrt den Schleim
„und uͤberfluͤßige Feuchtigkeiten ab.
„Wird von 10. bis auf 16. Gran ſchwer
„gegeben, kan auch zu Pulver geſtoſſen
„gebrauchet werden: doch wird es mei-
„ſtentheils mit etwas anders, z. E. mit
„Jalappen ꝛc. vermiſchet und gegeben.
„Es wird ingleichen mit Eßig corrigi-
„ret, und dergeſtalt ein Extract daraus
„gemacht, welcher gar fuͤglich auf 10.
„Gran kan gegeben werden.
Dem ſey nun wie ihm wolle; man er-
wehle nur dasjenige Gummi Gutti,
welches trucken, hoch von Farbe, und
wie ein Tulband, oder anderer Geſtalt
formiret iſt. Die Geſtalt oder Form
thut nichts zur Sache, wenn es nur
ſonſt, wie erſt erinnert, beſchaffen, auch
nicht ſandicht iſt, wann man es zer-
bricht. Es muß ingleichen kein rothes,
klares und durchſichtiges Gummi dar-
inne ſtecken, welches zwar der recht ſchoͤ-
nen Aloe Succotrina gantz aͤhnlich ſie-
het, und dennoch, ohnerachtet dieſer ſei-
ner Schoͤnheit, verhindert, daß die Gut-
te nicht kan verkauffet werden, dieweil
es nicht allein gantz etwas anders iſt,
ſondern auch keine ſo ſchoͤne Farbe
giebet.
Es wird in etwas zur Artzney ge-
braucht, denn es ein heftig purgirend
Artzneymittel iſt, das ohne ſonderbare
Vorſicht und Rath erfahrner Leute
nicht ſoll gebrauchet werden; welches
ſich recht wohl zu dem ſchicket, was Me-
ſue davon berichtet, daß man es naͤm-
lich von vier bis auf ſieben Quintlein
gebrauchen koͤnne. Allein dieſes iſt ein
ziemlich grober Schnitzer, und ſteht
Lebensgefahr darauf.
Sonſt wird es zur Mignaturarbeit
gebrauchet, und gelb damit gemacht:
reibt man es mit Jndigo ab, ſo giebt es
eine ſchoͤne grasgruͤne Farbe, welche
vorietzo an ſtatt des Saftgruͤns ge-
braucht wird.
DAs Arabiſche Gummi/ welches
auch Thebaicum, Saracenicum und
Achantinum genennet wird, wie nicht
weniger das Gummi von der Egy-
ptiſchen Acacia oder Schoten-Dorn,
welches der Name des Baumes, der es
giebet; iſt ein weißlicht Gummi, in
Siehe Fig. 276.kleinen Tropfen. Es rinnet aus kleinen
ſtachlichten Baͤumlein, deren Blaͤtlein
dermaſſen klein ſind, daß man ſie gar
ſchwerlich zu zehlen vermag: wachſen
haͤuffig in dem gluͤcklichen Arabien/
daher auch das Gummi ſeinen Zuna-
men bekommen.
Dieſes Gummi wird uͤber Marſeille
nach Franckreich gebracht. Seit dem a-
ber das Gum̃i von Senega zu uns ge-
bracht worden, iſt das wahrhafte Arabi-
ſche Gummi ſo gar ſeltſam worden, daß
mans ietzo ſchier nicht mehr antrifft.
Man erwehle dasjenige, welches,
weiß, hell und durchſichtig, recht trucken,
und ſo viel nur moͤglich, in kleinen
Tropfen iſt, abſonderlich, ſo es zum
Theriac kommen ſoll, denn dazu wird
es am meiſten gebrauchet. Desglei-
chen wird es mit gutem Nutzen zu vie-
lerley Zufaͤllen der Lunge gebrauchet,
wie auch den ſcharffen Huſten zu lin-
dern: daher es ihrer viele zur baſi und
zum Grundſtuͤck ihres Suͤßholtzſaftes
machen, welches aber unrecht: nicht
zwar wegen ſeiner uͤbeln Beſchaffen-
heit, oder daß es ſich nicht dazu ſchicken
ſolte, ſondern vielmehr deswegen, weil
ſie dergeſtalt aus einer Sache, die ihnen
nicht ſo ſonderlich viel koſtet, gar zu viel
Geld ſchneiden; und dann, weil ſie wohl
gar an ſtatt des rechten Arabiſchen
Gummi nur das Gummi von Senega
dazu nehmen.
DAs Gummi von Turis iſt anders
nichts als rechtes Arabiſches Gum-
mi, welches bey Regenwetter von den
Baͤumen gefallen, und nachdem es auf-
geleſen, und in Eſcaphas geleget worden,
alſo nach Marſeille gebracht wird.
Darunter findet man Stuͤcken, deren
eines allein oftmahls mehr denn fuͤnff
Centner wiegt: welches blos daher ruͤh-
ret, daß es in den Schiffen, die es brin-
gen, eingeſchloſſen und zuſammenge-
preſſet gelegen.
Man erwehlet aber daſſelbe, welches
trucken, ſauber, helle und durchſichtig
iſt, darunter auch ſoviel weiſſes, als im-
mer moͤglich, ſich befindet.
Zu Lyon brauchen es die Seidenfaͤr-
ber haͤuffig.
Jn dem Anhange ſeines Buches
ſetzt der Autor dieſes:
Ob ich gleich gemeldet, daß das Gum-
mi von Turis Arabiſches Gummi ſey,
welches bey Regenwetter von den Baͤu-
men gefallen, ſo hat mich dennoch ein
guter Freund bereden wollen, es ſey
nicht dieſes, ſondern ein roͤthlichtes
Gummi, welches aus Egypten uͤber-
bracht werde.
DJeſes hat den Namen daher bekom-
men, weil es ſich zuſammenkruͤm̃t,
indem es von den Baͤumen faͤllt, und
die Geſtalt eines Wuͤrmleins behaͤlt:
ſonſt iſt es Arabiſches Gummi oder
Gummi von Senega.
Man ſoll es auſſuchen, daß es weiß,
hell und durchſichtig ſey, wie kleine
Wuͤrmlein geſtalt, trucken und gewiß
aus Arabien/ ſonderlich, wenn es zum
Theriac ſoll genommen werden, denn
dazu wird es vornehmlich gebraucht.
Hierbey will ich erinnern, daß dieſe
wurmhafte Geſtalt eine bloſe Mumme-
rey ſey, denn, wenn es nur erſtgemeldte
Farbe hat, mag es zu allem, dazu es er-
fodert wird, gebrauchet werden.
DJß iſt weiſſes Arabiſches Gummi
oder Gummi von Senega, welches
in ein wenig Waſſer zerlaſſen und wie-
derum zu einem Teige gemachet wor-
den, nachdem man es auf einem mit Oel
beſtrichenen Steine ausgebreitet, und
ſo dicke, als beliebig, gemacht hat: wenn
es nun etwas trucken worden, oder eine
ſolche Conſiſtentz, als wie der Flandri-
ſche Leim, bekommen hat, ſo ſchneiden
ſie es in Stuͤcken, wie es ihnen gefaͤllt,
und laſſen es voͤllig trocknen.
Dieſes Gummi dienet zum Haar-
kraͤuſeln oder friſiren, wird deshalben
Friſirgummi genennt, und Engli-
ſches Gummi, weil es die Englaͤnder
zum erſten gemacht.
DAs Gummi von Senega/ das
wir insgemein Arabiſches Gummi
zu nennen pflegen, und biß auf dieſe
Stunde in unſern Laͤden zu verkauffen
haben,
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
haben, iſt ein Gummi, ſo aus dem
Stamm und ſtaͤrckſten Aeſten unterſchie-
Siehe Fig. 277.dener Baͤume rinnet, die mit Stacheln,
kleinen ſtetsgruͤnenden Blaͤttlein und
weiſſen Blumen, aus denen gelbe Fruͤch-
te, ſchier wie unſere Feigen, entſtehen,
beſetzet ſind. Dieſe Baͤume wachſen
an vielen Orten in Africa/ ſonderlich an
der Kuͤſte Guinea und Braſiliens,
von dannen es durch die Schwartzen
oder durch die weiſſen Leute, die von dem
Gebirge kommen, auf dem Ruͤcken,
oder auch auf Kameelen, in Koͤrben von
Palmblaͤttern, oder in Ochſenhaͤuten,
denenjenigen nach Senega uͤberbracht
wird, welche von wegen der Frantzoͤſiſch-
Weſtindiſchen Compagnie ſich daſelbſt
aufhalten, die es alsdann geꝛeiniget nach
dieſem oder jenem von unſern Hafen, z.
E. nach Nantes, Rouan und andere
Oerter verſenden, von dannen wir es
hernachmahls abhohlen.
Dieſes Gummi muß unſortirt, oder
noch nicht ausgeleſen ſeyn, recht trucken,
und ſo weiß, als moͤglich.
Der Gebrauch dieſer Waare iſt ſo be-
kannt, daß ich nichts davon melden
mag.
Die Urſach aber, warum ſchier gar
kein weiſſes mehr unter demjenigen, das
zu uns gebracht wird, ſich befindet, iſt
dieſe, weil es die Wilden zum eſſen auf-
behalten.
SEnega iſt der Wohnplatz der
Koͤnigl. Africaniſchen Compagnie,
dreyßig Meilen von Capo Verde ent-
legen. Der Fluß heißt Niger. Drey
Meilen in deſſen Munde liegt die Ve-
ſtung der Jnſel S. Ludwigs, das
Hauptmagazin bemeldeter Compa-
gnie, woſelbſt ſie Handlung treibt, und
ihre Barquen auf gedachten Fluß Ni-
ger 300. Meilen aufwaͤrts ſendet. Und
koͤnte man noch hoͤher kommen, wo nicht
ein Felſen, welcher quer uͤber dem Stro-
me liegt, und einen Waſſerfall macht,
der den Frantzoſen allererſt im Jahr
1686. bekannt worden, nachdem ihn
der Herr Chambonneau perſoͤnlich
entdecket, das Ziel ſetzte. Er fieng ſeine
Reiſe in erwehntem Jahre mit Anfang
des Julius an, da die Waſſer begunten zu
wachſen, und der Fluß ſchiffbar ward;
reiſete quer durch das Koͤnigreich Brac-
que/ ſonſt Houalle genannt, und be-
ſahe die Wuͤſte, welches ein ſehr groſſer,
oͤder, und ungebaueter Strich Landes
iſt, und in die 30. Meilen von der Woh-
nung ablieget, woſelbſt der Gummi-
handel mit den Mohren auf der Bar-
bariſchen Kuͤſte getrieben wird, denn da-
hin bringen ſie es auf Kameelen oder
Ochſen. Von da durchzog er dieſes
Koͤnigreich Bracque, welches auf die
40. Meilen von der Wohnung entlegen
iſt, und beſchloß ſeine Reiſe bey der Stadt
Angone. Er kam in das Koͤnigreich
Foudre, deſſen Koͤnig ſich Sirati nen-
net. Dieſes Reich iſt ſehr lang, denn
es wohl 200. Meilen begreifft, und iſt
noch von niemand, als von gemeldtem
Herrn Chambonneau durchreiſet
worden, obgleich ſolches wider des Koͤni-
ges Willen geſchahe. Es iſt geſchehen
im Jahr 1690. Er begab ſich darein, un-
geachtet aller Furcht und Ungemach, ſo
er zu uͤberſtehen hatte, ob auch ſchon al-
len Negern verboten war, ihm Lebens-
mittel zu uͤberlaſſen: er durchzog es,
und kam in das Koͤnigreich Galand/
deſſen Koͤnig Toucamache hieß, der
ihn ſehr wohl empfieng, deshalben er
ihm hernachmahls Barquen zuſendete,
und die Handlung in ſelbem Lande an-
ſtellete.
Das Koͤnigreich Bracque giebt
Haͤute und Gummi, welches aus der
Barbarey von den Mohren dahin ge-
bracht wird: hingegen hat es wenig
Helffenbein und Sclaven. Das Koͤ-
nigreich Foudre giebt gleichfalls Haͤu-
te und Gummi, ſehr viel Helffenbein,
Tabac und gewirckten Cotton; allein
die Compagnie handelt nicht damit.
Das Koͤnigreich Galgand, allwo
der Waſſerfall iſt, treibt groſſen Han-
del mit Sclaven, Helffenbein, und ge-
arbeitetem Golde, welches alles iſt, das
A adie
[]Der Spezereyen und Materialien
die Frantzoͤſiſche Compagnie zu Sene-
ga daraus ziehet.
Von Coré oder Cabo Verd, woſelbſt
die Compagnie eine Veſtung hat, ziehet
ſie eben dergleichen Sachen, iedoch kein
Gummi: dagegen deſto mehr Wachs,
welches aber insgemein voll Erde iſt, ſo
von den Schwartzen drunter gemiſchet
worden: deswegen wird es zuvor in
dem Wohnplatz umgeſchmoltzen, ehe es
nach Franckreich verſendet wird.
DJeſes ſammlen die Bauern von al-
lerhand Baͤumen, als da ſind Ae-
pfel-Kirſch- und andere Baͤume, und
bringen es uns nach Paris.
Man erwehle aber, das fein trucken
iſt, denn es gerne weich, und mehren-
theils in einem eintzigen Klumpen ge-
bracht wird: auch muß es ſo weiß ſeyn,
als nur moͤglich. Es gebrauchens die
Hutmacher und andere.
GUmmi Tragacanthæ, ſo von uns auch
Adragan genennet wird, iſt ein weiſ-
ſes Gummi, als wie kleine Wuͤrmlein
zuſammen gekruͤmmet.
Die Staude, welche es giebt, iſt klein
und ſtachlicht, hat weißlichtgruͤne, gantz
kleine Blaͤttlein. Die Marſeiller nen-
nen es barbe de renard und rame de bouc,
Fuchsbart, Bocksdorn.
Das Gummi rinnet aus dem aufge-
ritzten Stamm und Aeſten dieſer kleinen
Stauden, welche haͤuffig in Syrien/
vornehmlich um Aleppo herum, waͤch-
ſet, daher man auch allezeit Gallaͤpfel
oder Maſtix drunter finden wird.
Man nehme es unſortirt, das heißt,
das weiſſe muß nicht bereits heraus ge-
ſuchet worden ſeyn, denn ſie gar ofters
drey Sorten davon zu machen pflegen;
eine, welches eitel kleine Stuͤckgen, und
folglich der ſchoͤnſte Tragant iſt. Die
andere Sorte ſieht weißgrau; und die
dritte roͤthlicht oder ſchwaͤrtzlicht, voll
Unrath. Darum mag man zuſehen,
daß man ihn von Marſeille oder aus
England bekomme, doch daß er, ſoviel
nur moͤglich weiß, und ohne Wuſt und
roͤthlichte Stuͤcker ſey.
Dieſes Gummi, und ſonderlich das
weiſſe, wird von unterſchiedenen Hand-
wercken gar ſehr gebraucht. Das
ſchwartze aber verbrauchen bey nahe al-
lein die Kuͤrſchner.
DEr Campher iſt ein leichtverbrenn-
liches Gummi, eines durchdringen-
den Geruchs, verfleugt bald in der Luft,
indem es aus Schwefel und fluͤchtigem
Saltze beſtehet: es rinnet aus dem
Stamm und dickſten Aeſten vieler groſ-
Siehe Fig. 279.ſer Baͤume, deren Blaͤtter alſo auſſe-
hen, wie ſie im Kupfer abgebildet ſind,
und ich das Original davon, welches mir
der Herr Tournefort verehret, in Haͤn-
den habe. Dieſe Baͤume wachſen in
Menge auf der Jnſel Borneo und an
andern Ort n in Aſien/ wie auch in
Sina.
Das Gummi, ſo wie es aus dem Bau-
me dringt, und aus dem Lande kommt,
Roher Cam-
pher.wird Camphor brutto,roher Campher
genennet, der dann, wann er gebuͤhr-
lich beſchaffen, in kleinen Stuͤcken ſeyn
muß, die ſich nicht zerbroͤckeln laſſen, und,
wenn er gekoͤrnet worden, wie ein weiſ-
ſes Saltz ſehen, und obgedachten Geruch
haben muß. Uberdiß ſoll er, ſoviel als
moͤglich, fein trucken und nicht ſchmu-
tzicht ſeyn.
Man findet zu Rouan/ ja ſelbſt zu
Paris/ gar oftmahls rohen Campher,
von dannen er nach Holland gebracht
wird, damit er allda gelaͤutert werde,
weil man ſich niemahls bemuͤhen wol-
len, und ihn ſelbſt zurichten, es ſey nun,
daß es an der Wiſſenſchaft gefehlet, oder
weil man nicht die Muͤhe, die doch gerin-
ge, nehmen mag. Nur weiß ich nicht,
was doch immermehr unſere Chymiſten
gedacht haben, daß kein eintziger unter
ihnen
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
ihnen die Art und Weiſe, wie der Cam-
pher zu laͤutern oder zu reinigen, in ſei-
nem Buche aufgezeichnet: wahrſchein-
lich haben ſie es nicht gewuſt, oder mit
Fleiß nichts davon melden wollen. Wie-
wohl ich nimmermehr glauben kan, daß
ſie, wofern ſie etwas darum gewuſt haͤt-
ten, ſolches nicht ſolten kund gemachet
haben, vielweniger aber gemeldet, der
Campher rinne aus einem Baume, ſo
wie wir ihn verkauffen; welches doch
weit genug von der Wahrheit entfer-
net iſt, indem der rohe Campher, wie
er aus dem Baume gedrungen, in Stuͤ-
cken von unterſchiedlicher Groͤſſe iſt, die
dem weiſſen Saltze gantz und gar aͤhn-
lich ſehen, und ziemlich ſchmutzig ſind:
da hingegen der, den wir verkauffen,
weiß, klar und durchſichtig iſt, in Form
der Topfſtuͤrtzen, welches denn genug-
ſam zu erkennen giebt, daß er zugerichtet
worden, und nicht ſey, wie er vom
Baume gekommen. Zudem, ſo habe
ich ſelbſt beyde Sorten, den rohen und
den ich ſelbſt gelaͤutert: bin auch bereit,
iederman, der es verlanget, die Wahr-
heit dieſer Sache ſehen zu laſſen. Da-
mit man aber deſſen noch gewiſſer ſeyn
moͤge, als will ich hiemit die Art und
Weiſe, wie der Campher zu laͤutern, be-
kannt machen, und offenbaren, welche
mir von keinem Menſchen iſt geſaget
worden, ſondern ich ſelbſt ausgearbeitet
und erfunden habe.
Man laͤutert demnach den Cam-
pher, oder reiniget ihn, indem man ihn
in eine Retorte oder ein anderes Subli-
mirgefaͤß thut, wenn er vorher zerſtoſ-
ſen worden; fuͤllet die Helfte deſſelbigen
mit dieſem Pulver an, und verſtopfet es
darauf nur ſchlecht hin. Hernach ſetzt
man es auf ein klein Feuer, ſo erhebt
ſich das ſubtilſte vom Campher alſobald,
und henckt ſich oben an. Wann alſo die
ſublimation zu Ende, findet man einen
ſchoͤnen, weiſſen, durchſichtigen Cam-
pher/ der dicker oder duͤnner iſt, nach-
dem naͤmlich viel roher Campher dazu
genommen worden. Nach der ſublima-
tion bleibt das Caput mortuum, welches
nichts mehr nuͤtze, am Boden zuruͤcke.
Auch findet ſich bey dem gelaͤuterten
Campher ein uͤberaus weiſſer Campher
in gantz kleinen Koͤrnern, welcher wie
es ſcheinet, nicht wie der andere, zuſam-
men wachſen koͤnnen. Dieweil nun der
rohe Campher bey uns nicht ſeltſam,
ſo waͤre eben nicht mehr noͤthig, daß ſel-
biger unumgaͤnglich durch der Hollaͤn-
der Haͤnde gehen muͤſte: auch duͤrften
wir uns nicht ferner genoͤthiget befin-
den, unſere Zuflucht zu ihnen zu neh-
men, wenn wir gereinigten Campher
verlangen, es ſey zur Artzney, oder
fuͤr andere Leute, die ihn brauchen, z. E.
Feuerwerck zu machen, oder andere
Dinge, dazu er erfodert wird. Jch kan
auch nicht unterlaſſen zu berichten, daß
mich ein guter Freund wegen Laͤute-
rung des Camphers verſichert, wie daß
man von den Hollaͤndern 100. Pfund
gelaͤuterten Campher fuͤr 100. Pfund
rohen Campher bekomme, wenn man
ihnen 25. Francken zugiebet. Jch fuͤr
mein Theil geſtehe, daß ich nicht wiſſe,
wie ſie es thun koͤnnen, habe auch, ohn-
geachtet ich mich ſehr darum bemuͤhet,
nichts davon erfahren koͤnnen.
Dem aber ſey wie ihm wolle, ich ſa-
ge, daß man den Campher erwehlen
ſolle, welcher am weiſſeſten und klaͤrſten,
der auch, ſo wenig immer ſeyn kan,
fleckigt oder zerbroͤckelt ſey: obgleich die
kleinen Stuͤcken eben ſo ſchoͤn und gut zu
gebrauchen ſind, als die groſſen. Dem
Autor des Dictionarii Pharmacevtici darff
niemand glauben, wenn er angemer-
cket, daß der Campher, weil er ſo gar rar
und theuer, verfaͤlſchet werde. Allein,
ich frage ihn, was es doch wohl fuͤr Ma-
terialien ſeyen, die einer ſo reinen Sa-
che, als der Campher iſt, koͤnten zuge-
ſetzet werden? Mag demnach dieſer zu-
gleich mit denen andern hinſtreichen;
denn dieſer iſt es nicht alleine, ſondern es
ſind bey nahe alle Capitel deſſelbigen
Buches, welche von Materialien han-
deln, falſch. Derohalben darff man
ihm auch keinen Glauben zuſtellen,
wann er ſpricht, der Campher uͤber-
komme ſeine weiſſe Farbe, wenn er ge-
kocht, und an der Sonne, oder durch des
Feuers Hitze gereiniget wuͤrde. Recht
aber hat er, wenn er gemeldet, es kaͤme
der auf ſolche Weiſe gereinigte Cam-
pher gar ſelten zu uns, denn ich gaͤntzlich
glaube, daß weder er, noch iemahls ein
einiger Menſch dergleichen beym Feuer
oder an der Sonnen gekochten Cam-
pher geſehen. Noch weniger aber iſt
ihm Glauben zu geben, wenn er geden-
cket, man erkenne den Campher, wenn
A a 2man
[]Der Spezereyen und Materialien
man ihn auf ein warmes Brod, das
nur allererſt aus dem Ofen gekommen,
legte: dann, wann er nur roͤſtere, ſo ſey
er verfaͤlſchet, wo er aber zergienge, waͤ-
re er gut. Was die letztere Probe be-
trifft, dieſelbe iſt richtig: denn ie mehr
der Campher gelaͤutert iſt, ie geſchwin-
der zerfleußt er. Ob er aber gleich nicht
ſo gar geſchwinde zergehet, kommt die-
ſes doch nicht daher, daß er, wie gedacht,
verfaͤlſchet worden, ſondern, daß er nicht
ſattſam gereiniget iſt.
Was die Tugenden des Camphers,
und ſeine Kraft betrifft, von denen will
ich nichts gedencken, dieweil gemeldter
Autor zur Gnuͤge davon gehandelt hat,
und dem kan ich nicht widerſprechen,
weil ich von dem, was ich nicht verſtehe,
auch nichts nicht ſagen kan. Uberlaſſe
ſolches den Herren Medicis, und will nur
annoch gedencken, daß wir mit dem
Salpetergeiſt ein amberfarbenes OelCampheroͤl.
aus dem Campher ziehen, welches
wider die Faͤulung der Beine trefflich
dienlich iſt. Lemery hat ſehr ſchoͤn da-Er ſoll auch
fuͤrs Fieber
gut ſeyn,
wenn er in
Scharlach genaͤhet, und an den Hals gehenckt wird.
von geſchrieben, und zu dem mag man
ſeine Zuflucht nehmen.
DEr wohlriechende Aſand, oder
die Benzoe iſt ein Gummi, welches
aus dem Stamme und den dickſten
Aeſten eines groſſen Baumes dringet,
wenn dieſelbigen aufgeritzet worden.
Siehe Fig. 280.Die Blaͤtter ſehen, wie ſie abgebildet,
und die Baͤume wachſen haͤuffig in Co-
chinchina/ ſonderlich in den Waͤldern,
der Koͤnigreiche Lao und Siam: dar-
um brachten auch die Leute der Siami-
ſchen Geſandten deſſen ſo viel mit nach
Paris, allda es ſpottwohlfeil verkaufft
wurde.
Man erwehle die Benzoeen larmes,
in Tropfen, oder die tropfichte, die auſ-
Tropfichte
Benzoe.ſenher goldgelb, inwendig weiß iſt, mit
vielen hellen, weiſſen und rothen Aeder-
lein durchzogen; die ſich gerne zerbre-
chen laͤßt, darneben keinen Geſchmack,
wohl aber einen ſuͤſſen lieblichen und
wuͤrtzhaften Geruch hat.
Dieſe Beſchreibung der Benzoe
wird denen meiſten nicht anſtaͤndig ſeyn,
welche ſie niemahls ſo, wie ſie aus dem
Baume gefloſſen, und an ſeiner Rinde
hanget, geſehen haben, indem man zu
Paris einen gantzen Hauffen aller-
hand Sorten derſelben zu Geſichte be-
kommt, darunter die erſte Benjoin en lar-
mes,der tropfichte Aſand genennet
wird, ob es gleich nur ein einiges Stuͤcke
iſt, das insgemein klar und durchſichtig
iſt, roͤthlicht und mit weiſſen Tropfen, in
Geſtalt zerknirſchter Mandeln, vermi-
ſchet, deswegen ſie auch Benzoë amygda-
loides, Mandelbenzoe, genennet wor-
den, und ſoll oberwehnten Geruch und
Geſchmack haben, auch ſo viel als moͤg-
lich, ohne Unflat ſeyn.
Die zweyte Gattung heiſſen wir Ben-
join en ſorte,unſortirte Benzoe, undUnſortirte
Benzoe.
ſoll, wenn ſie recht beſchaffen, fein ſau-
ber ſeyn, von gutem Geruch, voll weiſ-
ſer Tropfen, fein hartzicht, und ſo viel
moͤglich, ohne Staub. Die aber
ſchwartz, voll Erde und ohne Geruch iſt,
muß gaͤntzlich verworffen werden, denn
es ein von vielen unter einander ge-
ſchmoltzenen Gummen gekuͤnſtelter
Aſand iſt.
Was die Farbe betrifft, die iſt gantz
gemeine, maſſen man grauen und
ſchwartzen darunter findet; thut aber
nichts zur Sache, wenn er nur ſonſten,
wie oben gemeldet, beſchaffen iſt.
Dieſe Spezerey hat viel Namen,
denn ſie wird Aſa dulcis, Ben judaicum,
Benivinum, de Boninas, und ſo fort, ge-
heiſſen, und wollen einige, ſie rinne nur
aus jungen Baͤumen.
Aus der Benzoe werden, vermittelſt
einer papiernen Deute, uͤbern Feuer flo-Flores Ben-
zoës.
res oder Blumen gemacht, welche weiß
ſind, ſehr angenehme riechen, und den
Engbruͤſtigen dienlich ſind: ſie muͤſſen
auch friſch bereitet, und leichte ſeyn, da-
bey einen lieblichen Geruch von ſich ge-
ben. Was im Topfe zuruͤcke bleibt,
daraus kan man ein Oel ziehen, das ei-Oleum Ber-
zoes.
nen trefflichen Wundbalſam giebt.
Figure 257. Rother Storay bauͤm ſo an einer Mauͤer hinan kreuͤcht. Fig. 281. p. 377. | Figure 258. Wohl Riechender Aſand Fig. 280. p. 375. |
Figure 259. Galbanum Fig. 284. p 385. | |
Figure 260. Mürrhe Fig. 282. p. 381. | Figure 261. Teuͤffelsdreck. Fig. 283. p. 383. |
DEr rothe Storax oder Jndiani-
ſche Weyrauch, deſſen wir uns
insgemein bedienen, iſt ein Hartz, wel-
ches aus dem Stamme und ſtaͤrckſten
Aeſten eines Baumes tringet, der von
Siehe Fig. 281.mittelmaͤßiger Hoͤhe iſt. Die Blaͤtter
deſſelben gleichen dem Quittenlaube,
auſſer daß ſie etwas kleiner ſind. Die
Fruͤchte ſind ſo groß, als wie die Haſel-
nuͤſſe, darinne ſteckt ein weiſſer oͤlichter
Kern, deſſen Geruch dem Storaxgeru-
che gantz und gar gleich iſt. Weil auch
zuweilen und von ohngefehr etwas
Storax in dieſen zerbrochenen Schalen
gefunden wird, deshalben haben ihrer
viele vermeinet, der Storax kaͤme aus
dieſen Schalen.
Dieſes Gummi wird uͤber Marſeil-
le/ von vielen Orten aus Syrien und
Levante/ allwo dieſe Baͤume hauffen-
weiſe wachſen, zu uns gebracht.
Man erwehle aber diejenigen Stuͤ-
cken, welche roͤthlicht, fett und weich ſind,
und angenehme riechen: verwerffe hin-
gegen, welches trucken, voller Reißlein
und andern Unrath iſt, und wie Styrax li-
quida riechet; desgleichen die Storax-Storaxku-
chen.
kuchen, und den Storax, der wie Ku-
geln oder Maronen formiret iſt, indem
es nichts anders iſt, als Storax liquida und
Reißlein vom rechten Storax, und an-
deren geringen Materialien unter ein-
ander gemiſchet: wie auch den, der wie
Staub iſt, als welcher nichts iſt, denn die
Saͤgeſpaͤne vom Holtze.
Der Storax wird oft zur Artzney
gebraucht, doch mehrentheils von den
Parfumirern, und andern Leuten, die
ihn an ſtatt des Weyrauchs gebrau-
chen.
Es wird auch ein Hartz aus dem
Storax gezogen, wie in der Pharmaco-
pœa des Herrn Charraspag. 297. ge-
lehret wird, dahin man ſeine Zuflucht
nehmen kan. Es ſoll vortreffliche Kraͤfte
haben.
STorax calamitæ, en larmes, der tro-
pfichte Storax, den wir von Mar-
ſeille und aus Holland bekommen, iſt
eine roͤthlichte Maſſa, mit weiſſen
Tropfen erfuͤllet, welche auch zuweilen
von einander abgeſondert ſind: das heißt
ſo viel, es iſt inwendig durch und durch
voll weiſſer Tropfen, und ſieht auſſen-
her roͤthlicht, iſt mittelmaͤßiger Conſi-
ſtentz, und hat einen ſehr lieblichen Ge-
ruch, der dem Peruvianiſchen Balſam
ziemlich nahe kommt.
Man leſe den tropfichten Storax
aus, wenn die Tropfen weiß und nicht
beyſammen ſind; der obgedachte Far-
be und Geruch hat, recht trucken, nicht
an den Fingern klebend, auch ſo wenig,
als moͤglich, bitter iſt.
Dieſe Spezerey wird gar wenig ge-
braucht. Denn die meiſten nehmen
den ordinari Storax dafuͤr, eines theils,
weil er zu theuer, und dann, weil er ih-
rem Vorgeben nach, eben ſo viel Kraft
haben ſoll: welches ich zwar nicht in
Abrede ſeyn will, doch muß ich dieſes
dabey erinnern, daß man ſein Gewiſſen
nicht beſchweren, und niemahls eines
fuͤr das andre geben ſolle. Jm uͤbrigen
haben diejenigen Materialien, daraus
er zuſammen geſetzet iſt, zum wenigſten
eben ſo viel Kraft, als der rechte Storax.
Man wird ſich gewiß genug verwun-
dern, daß ich geſaget, der Storax en larmes,
ſey von vielen Stuͤcken zuſammengeſe-
tzet; dann ihrer viele ſtehen in den Ge-
dancken, daß er natuͤrlich ſey, ohnerach-
tet Charras in ſeiner Apotheckerkunſt
pag. 296. vermeldet, er hielte dafuͤr, es
ſey ein zuſammengemiſchtes Weſen.
Doch wuͤrde ich mich ſolches nimmer-
mehr unterfangen haben, wofern ich es
nicht ſelbſt im Jahr 1692. den 30. Julii
verſucht und Storax bereitet haͤtte, der
eben ſo ſchoͤn und brauchbar war, als der
aus Holland und von Marſeille
kommt: den ich auch unterſchiedlichen
verſtaͤndigen Kauffleuten gewieſen, wel-
che insgeſammt befunden, daß er alle die
Beſchaffenheiten habe, die ſich an dem-
jenigen, der von obberuͤhrten Orten ge-
bracht wird, befinden muͤſſe. Zudem,
ſo bin ich iederzeit bereitet, ihn in Ge-
genwart derer, die es nicht glauben koͤn-
nen, zu verfertigen.
Es wird aber dieſe compoſition des-
wegen Storax calamitæ geheiſſen, weil er,
der Sage nach, ehedeſſen aus Pamphi-
lia in Federkielen und Roͤhrlein, welche
bey den Lateinern calami heiſſen, ge-
bracht wurde.
DEr fluͤßige Storax wird aus vier
Stuͤcken, welche untereinander ge-
ſchmoltzen werden, gemacht: naͤmlich
aus Storax, Galipot, Oel und Wein,
welche ſo lange mit Waſſer geſchlagen
werden, bis ſie die Conſiſtentz und Dicke
einer Salben uͤberkommen, welche
grau, und ſchier wie die Toͤpfererde oder
Thon ſiehet.
Man nehme aber den fluͤßigen Sto-
rax/ welcher maͤuſefahl ſiehet, wie Sto-
rax riechet, und eine feine Conſiſtentz
hat, auch nicht voll Wuſt und Feuchtig-
keiſt iſt und gewiß aus Holland kom-
men.
Er wird zur Artzney gebraucht, ſon-
derlich aber zu einer Salbe, die ſeinen
Namen fuͤhret, indem er die baſis und
das vornehmſte Stuͤcke dazu iſt. Die-
ſe Salbe wird gar ſehr in den Spitalen,
abſonderlich im Hotel de Dieu zu Paris
gebrauchet, und der Scharbock, Krebs
und Wunden gluͤcklich damit geheilet.
Er kommt auch zu etlichen Galeniſchen
Artzneyen, und wird gleichfalls von den
Parfumirern und andern zu den ſo ge-
nannten pots pourris (welche ein Gemen-
ge von allerhand Spezereyen ſind) ge-
brauchet: doch meiſtens von denen, wel-
che die Storaxmaſſa und Kugeln berei-
ten.
Der fluͤßige Storax kan lange Zeit
im Keller gut erhalten werden, wenn
man nur Sorge traͤgt daß immerfort
Waſſer drauf geſchuͤttet werde.
PAſtilles à bruler, die Raucherkertz-
lein oder Rauchtaͤfflein werden
von Storax und Benzoe gemacht, wel-
che uͤber gelindem Feuer, ſo hurtig als
moͤglich iſt, zuſammengeſchmoltzen wer-
den: hernach formirt man, nach belie-
ben, allerhand Taͤfflein draus.
Dieſe Paſtilli, eine zwar ſchlechte com-
poſition, ſind dennoch gut, wenn ſie nur
von guten Sachen bereitet werden. Et-
liche thun Moſch, Amber und Zibet da-
zu. Mit einem Worte, man kan ſie
gut oder ſchlecht machen, nachdem man
naͤmlich Gewuͤrtze dazu nimmt.
Andere hingegen, die nur gemeine
Kertzlein machen, nehmen allerley Lum-
perey dazu, fluͤßigen Storax, Roſen-
holtz, Ladanum und Kohlen von wei-
chem Holtze, damit ſie ſchwartz werden,
und Feuer halten. Dieſen koͤnte man,
als wie dem Galipot, den Namen
Encens de village, Dorff- oder Bauren-
weyrauch, beylegen.
Charras beſchreibt in ſeiner Chymie
pag. 1057. dreyerley Sorten ſolcher Pa-
ſtillen, welche aber blos durch die Spe-
zereyen, aus denen ſie beſtehen, von ein-
ander unterſchieden werden. Allein,
es duͤrfte zu lange werden, wenn ich ſie
alle beſchreiben wolte: wer ſie beliebet
nachzumachen, kan ſich in demſelben
Buche darnach umſehen. Sonſt fuͤh-
ren ſie den Titel trochiſci odorati auch
Aviculæ Cypriæ, Oyſelets de Chypre.
AUſſerhalb der Jungfermilch, wel-
che von der Silbergloͤt gemachet
wird, kan man auch eine andere berei-
ten, wenn man die Benzoe und Storax
in Weingeiſte aufloͤſet. Dieſer bedie-
nen ſich die Chirurgi und Barbirer, we-
gen ihres angenehmen Geruchs. Es
wird aber die Tinctur der Benzoe und
vom Storax darum Jungfernmilch
genennet, dieweil ſie das Waſſer, wenn
man ein wenig drein ſchuͤttet, ſo weiß
als Milch machet. Die eine feinere
Jungfermilch bereiten wollen, dieſel-
ben nehmen den Balſam en coques, in
Schalen, und den tropfichten Storax,
dazu ſie wohl gar Moſch, Ambra und
Zibet
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
Zibet zu thun pflegen. Etliche dage-
gen, die ſich nicht groß um den Geruch
bekuͤmmern, thun Myrrhe drunter,
weil dieſelbe, wie ſie ſagen, gut ſeyn ſoll,
die Kupferflecken im Geſichte zu vertrei-
ben.
Allein dieſe Milch muß recht ſchoͤn
roth und klar ſeyn, und ſtarck, iedoch
nicht nach dem Weinſpiritus riechen.
DJe Myrrhe iſt ein Hartz, rinnet
aus dem aufgeritzten Stamme ei-
nes ſtachlichten kleinen Baͤumgens, wie
helle durchſichtige Tropfen, welche weiß
ſind, und dunckelroth, wenn ſie aͤl-
ter werden.
Dieſe kleinen Baͤumlein, deren Blaͤt-
ter dem Ulmenlaube gleich ſehen, wach-
ſen in Menge in dem gluͤcklichen Ara-
bien, in Egypten und Africa, ſonder-
lich bey den Trogloditen/ daher auch
ihr Zuname entſtanden: wie ſie denn
um gleicher Urſache willen die Abyßi-
niſche Myrrhe genennet wird, weil ih-
rer gar viel in Abyßinien und des Prie-
ſter Johannis Lande geſammlet
wird.
Man ſoll aber dieſelbige Myrrhe er-
wehlen, welche als wie ſchoͤne goldgelbe
Tropfen, hell und durchſichtig iſt, ſich
leicht zerdruͤcken laͤßt, und leichte iſt, an-
bey einen bittern Geſchmack und einen
ſtarcken ziemlich unangenehmen Ge-
ruch hat: denn alſo muß die rechte
Stacte in
Tropfen.Myrrhe oder Stacte in Tropfen ſe-
hen.
Dagegen darff man nicht glauben,
wenn ein neuer Scribente vorgiebt/ er
muͤſte geſtehen, daß alle die Myrrhe,
welche die Spezereyhaͤndler verkauffen,
nicht wie ſichs gebuͤhre, beſchaffen ſey.
Es muß demnach nie keine gute Myrrhe
geweſen ſeyn, denn ſie die Spezerey-
haͤndler von langen Zeiten her verkauf-
fet haben; das wenige aber, das die
Apothecker verkauffen, kaum der Rede
werth iſt. Dazu kauffen ja die Apothe-
cker alle die Myrrhe, die ſie wiederum
verkauffen, ſamt allen denen andern
Spezereyen, die ſie zu ihren Sachen
noͤthig haben, bey den Spezereyhaͤnd-
lern, welches iederman zur Gnuͤge be-
kannt iſt, und wenig Muͤhe brauchte,
es zu beweiſen.
Weil aber dieſer Myrrhe gar wenig
zu finden, deshalben muß man mit der-
jenigen zu frieden ſeyn, welche in klei-
nen Stuͤcklein, oder als wie dicke rothe
Tropfen iſt, welche helle und durchſchei-
nend ſind; die, wenn man ſie zerbricht,
inwendig kleine weiſſe rothe Striemen
hat, gleich als ob ſie mit dem Nagel
waͤre geritzet worden: daher auch der
Name Myrrhe onglée, gekommen: inglei-Myrrhe onglée.
chen muß ein weiſſer ſchmierichter Saft
darinne ſeyn, welcher die von den Alten
ſo hochgeruͤhmte Stacte iſt. Und die-
ſe Gattung mag zu den allerbeſten com-
poſitionibus genommen werden, denn ſie
mit allen denenjenigen herrlichen Be-
ſchaffenheiten, die ihr die Scribenten
beylegen, ausgeruͤſtet iſt.
Auch iſt zu mercken, daß wir die Myr-
rhe unſortiret in ledernen Ballen, zu
vier bis fuͤnffhundert Pfund ſchwer, von
Marſeille bekommen. Allein, darun-
ter befindet ſich nicht wenig Unrath,
Baumrinden und ander unnuͤtze Zeug;
und dieſes geſchieht gar oͤfters. Nicht
weniger wird die beſte heraus geſucht,
inſonderheit, wenn ſie in ſolcher Leute
Haͤnde gerathen, welche die Waaren
auszuleſen gewohnt ſind. Und die-
ſes mag, allem Anſehen nach, unſern
Autor zu ſagen bewogen haben, daß bey
den Spezereyhaͤndlern keine gute Myr-
rhe zu finden waͤre; denn er wuͤrde ſol-
ches gewißlich nicht gethan haben, wenn
ihm ſo viele rechtſchaffene Kauffleute
waͤren bekannt geweſen, welche ſie laſ-
ſen, wie ſie aus dem Lande kommt, und
noch nicht ausgeleſen worden iſt.
Die Myrrhe wird ſehr ſtarck zur Artz-
ney gebraucht, denn ſie vortrefflich die-
net die Wunden zu heilen: auch iſt ſie
eine der vornehmſten Spezereyen, deren
man ſich zu Balſamirung der Coͤrper
groſſer Herren bedienet.
Aus der Myrrhe wird vermittelſt
hartgeſottener Eyer, aus denen das
Gelbe genommen worden, ein ſonder-
licher liquor gemacht, gleichwie aus der
Chymie des Herrn Lemery zu erſehen,
welcher oleum Myrrhæ per deliquium,imJm Keller
gefloßnes
Myrthenoͤl.
Keller gefloſſenes Myrrhenoͤl ge-
nennet wird, und die Flecken des Ange-
ſichts
[]Der Spezereyen und Materialien
ſichts in kurtzer Zeit vertreiben ſoll. So
wird auch, vermittelſt einer Retorte, ein
Spiritus, ole-
um \& Tinctu-
ra Myrrhæ.ſtinckend Oel und Spiritus, desgleichen
mit Weinſpiritus eine herꝛliche Tinctur
daraus gezogen, wie ſolches erſtgemeld-
ter Lemeryp. 737. und Charrasp. 711.
und 761. gelehret, dahin allenfalls der
Leſer mag gewieſen ſeyn.
DJe Stacte oder fluͤßige Myrrhe
iſt, was unſerm Heylande von den
Weiſen verehret wurde, und die Alten
Stacte/ Myrrha Stacte zu nennen
pflegten, deren Geruch uͤber alle maſſen
angenehme war, gleichwie in der dritten
Lection des Amts der Jungfrau Maria
ausdruͤcklich angemercket ſtehet: quaſi
myrrha electa dedi ſuavitatem odoris,
mein Geruch war ſo lieblich, wie der aus-
erleſenen Myrrhen. Es war aber ein
fett- und oͤlichter Saft, der ſich in der
erſt friſch von den Baͤumen herabgefal-
lenen Myrrhe befande, desgleichen ſol-
che Myrrhe, die von ſich ſelbſten aus den
jungen Baͤumen, ohne daß man ſie auf-
geritzet, hervorgedrungen. Allein,
weil dieſe koſtbare Waare uns anietzo
gantz und gar unbekannt iſt, deswegen
haben ſich ihrer etliche befliſſen, eine der-
gleichen Art Myrrhe nachzukuͤnſteln,
indem ſie die Myrrhe in Oel zergehen
laſſen, und ſie hernachmahls MyrrhamStacte unguen-
taria.
unguentariam,Myrrhenſalbe nennen.
Andere laſſen ſie wieder dicke werden,
und heiſſen ſie Myrrham artificialem,ge-Gekuͤnſtelie
Myrrhe.
kuͤnſtelte Myrrhen.
Die Rinde und das Holtz des Myr-
rhenbaͤumleins werden zwar gleich-
falls in etwas gebrauchet, doch habe ich
niemahls erfahren koͤnnen, wozu ſie gut
waͤren.
ASa foetida iſt ein Gummi, welches bey
groſſer Hitze aus dem Stamme eines
Siehe Fig. 283kleinen Baͤumleins dringet, deſſen Blaͤt-
ter dem Rautenkraute gar aͤhnlich ſe-
hen; waͤchſet haͤuffig in Jndien/ ſon-
derlich um die Stadt Utard/ woſelbſt
es Hingt genennet wird. Es wird auch
aus Perſien gebracht, desgleichen aus
Aſſyrien und Lybien. Wie einige
Scribenten berichten, ſo dringet der
Teuffelsdreck aus einem Baͤumlein,
deſſen Blaͤtter als wie Ruͤbenkraut ſe-
hen.
Die Einwohner ritzen dieſe Baͤum-
lein oder Stauden bis in die Wurtzel
hinunter auf, ſo dringet ein weiſſes, auf
roth ſich ziehendes Gummi heraus, wel-
ches heftig ſtinckt, und deshalben auf
teutſch Teuffelsdreck genennet wird.
Dieſe Aſa muß in gantzen Klumpen
ausgeleſen werden, welche voll weiſſe
Tropfen und trucken ſind: wenn ſie erſt
aufgebrochen worden, muͤſſen ſie weiß-
gelb ſehen, bald aber ſchoͤn roth werden,
und ſchier als wie veielblau; der Geruch
muß auch nicht gar zu unertraͤglich ſeyn.
Dagegen ſoll man diejenige auswerffen,
welche ſchmutzig und garſtig iſt, voll Eꝛde
und Rohr, darinne ſie gekommen: in-
gleichen wenn ſie ſchwer iſt, einen uner-
traͤglichen uͤbeln Geruch hat. Uberdiß
mag man ſich in Acht nehmen, daß es
auch die rechte Aſa ſey, und nicht etwa
andere Sachen, die man ſehr gerne da-
fuͤr pflegt einzuſchieben: wie dann im
Junio, im Jahr 1692. geſchahe, da mir
ihrer zweye ein Stuͤck Galipot madré oder
gemeinen Weyrauch, ohngefehr 5. bis
600. Pfund ſchwer abkaufften, und ihn
noch in demſelben Monate wiederum
an gar viele Spezereyhaͤndler, Apothe-
cker, Hufſchmiede und andere Leute, das
Pfund zu 30. bis 40. Sols verkaufften,
da ich ihnen doch den Centner um 20.
Pfund gelaſſen hatte.
Sie wird gar ſelten zur Artzney, ſon-
dern meiſtentheils von den Hufſchmie-
den gebrauchet.
Sie hat vielerley Namen bekom-Unterſchiede-
ne Namen
des Teuffels-
drecks.
men, z. E. Succus oder liquor Syriacus,
Succus Mediæ, Stercus diaboli.
Der allermeiſte Theil des Teuffels-
drecks, den wir in Franckreich haben,
kommt von Londen/ dahin er in groſ-
ſen irdenen Geſchirren gebracht wird,
die von eben ſolcher Art und Groͤſſe ſind,
als diejenigen, die wir annoch zu Paris
haben, und in denen man uns das Ter-
pentinoͤl
[]
Figure 262. Opopanax. Fig. 286. p. 387. | Figure 263. Sagapenum Fig. 285. p. 385. |
Figure 264. Drachen Bluͤth auͤs den Lanarien Jnſeln Fig. 289. p. 389. | |
Figure 265. Gummi Amoniacum Fig. 287. p. 387. | Figure 266. Jndianiſches Drachen Bluͤth. Fig. 288. p. 389. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
pentinoͤl aus Provence gebracht. Die-
ſer Aſa und anderer Waaren giebt es in
Londen unterweilen ſo viel, daß man
gantze groſſe, uͤberaus lange Packhaͤuſer
damit voll angepfropfet ſiehet. Allein,
ſie, die Englaͤnder/ ſenden uns keine
Aſa in ſolchen Geſchirren, ſondern thun
ſie in Tonnen, welche unterſchiedliches
Gewichte haben, und mit eiſernen Reif-
fen beleget ſind, dergleichen wir zu Pa-
ris gar oft zu ſehen bekommen; hinge-
gen, was uͤber Marſeille kommt, wird
in Koͤrben von Palmblaͤttern uͤber-
ſendet.
Dieweil die Aſa fœtida in Tropfen ſo
wenig gebrauchet wird, deshalben lohnt
es nicht die Muͤhe, daß ich viel davon
melde: denn die Schmiede, welche ſie
faſt eintzig und allein gebrauchen, blei-
ben dermaſſen veſte auf ihrem Wahn
beſtehen, daß, ob man ihnen auch gleich
die tropfichte Aſa um die Helffte wohl-
feiler geben wolte, ſie dennoch dieſelbe
nicht begehren, blos und alleine darum,
ſagen ſie, weil ſie nicht gewohnet waͤren
dieſe Gattung zu gebrauchen. Was
aber den Gebrauch zur Artzney betrifft,
da rathe ich iedweden, der ſie noͤthig hat,
daß er die in Tropfen der andern vorzie-
he, denn ſie iſt weit ſchoͤner und reiner.
DJß iſt ein Gummi, welches aus der
Wurtzel eines Gewaͤchſes flieſſet, ſo
von den Kraͤuterverſtaͤndigen Ferula
Galbanifera,die das Galbanum brin-
gende Ferula genennet wird. Seine
Siehe Fig. 284.Blaͤtter ſehen, wie die Figur weiſet, als
welche ich nach dem Original, das in
meinen Haͤnden, und mir von dem
Herrn Tournefort verehret worden,
gezeichnet iſt. Zu oberſt auf dem Sten-
gel wachſen die platten Samen, ſo groß
und dicke, wie die Linſen, wie man in
dem gemeinen Galbanum, darinne ſie
gar oft befindlich, ſehen kan. Das Ge-
waͤchs waͤchſt haͤuffig in Syrien, dem
gluͤcklichen Arabien und Jndien.
Von Marſeille wird zweyerley
Galbanum zu uns gebracht, in
Tropfen und in Stuͤcken. Das er-
ſtere ſoll man erleſen, wenn es lauter
ſchoͤne Tropfen ſind, die inwendig gelb-
licht, auswendig goldgelb ſehen, und ei-
nen bittern ſtarcken Geruch haben. Das
in Stuͤcken muß trucken ſeyn, fein rei-
ne, voll weiſſer Tropfen, und ſo wenig
ſtinckend, als moͤglich.
SAgapenum oder Serapinum, auf Fran-
tzoͤſiſch Gomme Seraphin genannt, weil
es bey nahe wie Tannen riecht, rinnet
Siehe Fig. 285.aus dem Stengel eines Gewaͤchſes, deſ-
ſen Blaͤtter ſehr klein ſind, und die Sa-
men dem Samen des Galbani ſehr nahe
kommen, auſſer, daß ſie um ein gutes
kleiner ſind. Es waͤchſt in Perſien in
Menge, und wird von daher zu uns ge-
bracht.
Man erwehle aber dasjenige, welches
feine ſchoͤne Tropfen hat, welche helle
und durchſcheinend ſind, die einen ſtar-
cken Geruch, faſt als wie Tannen, ha-
ben, auch fein weiß, und ſo viel nur moͤg-
lich, ohne Unrath ſind.
Es wird gleichfalls ziemlich ſtarck von
den Apotheckern zu vielen Galeniſchen
Artzneyen gebraucht.
Charras hat in ſeinem Buche ge-
meldet, und mich deſſen perſoͤnlich ver-
ſichert, daß er im Jahr 1650. auf dem
Marckte zu Beaucaire ein Kiſtlein
Sagapanum geſehen, welches inwen-
dig ſo weiß als Milch geweſen: geſtehet
auch, daß er es nicht wuͤrde dafuͤr er-
kannt haben, dafern es nicht der ſtarcke
Geruch verrathen.
Der Daͤniſche Medicus, Wormius,
ſagt in ſeinem Buche, daß es wider die
ſchwere Noth und Schlag ein gantz
unvergleichlich Mittel waͤre. Jch aber
habe aus der Erfahrung, daß es eng-
bruͤſtigen Leuten vortrefflich dienlich
ſey, wenn es einer Erbſe groß in eine
eingemachte Kirſche, an ſtatt des Kerns,
gethan, Abends vorm ſchlaffengehen,
ingleichen des Morgens beym aufſte-
hen, genommen wird.
DJeſes iſt ein Gummi, welches, eini-
ger Scribenten Berichte zu Folge,
aus einer Pflantze, rinnet die zu den Ge-
ſchlechten der Ferula gerechnet, und Pa-
nax Heracleum genennet wird. Dieſelbe
waͤchſt gantz haͤuffig in Boͤotia/ der
Griechiſchen Landſchaft Phocis und in
Siehe Fig. 286.Macedonien: ihre Blaͤtter ſind rauch,
und ſchier wie die Feigenblaͤtter geſtalt,
auf beyden Seiten in fuͤnff Theile zer-
ſpalten. Der Stengel iſt ſehr hoch und
ziemlich wollicht, bringt zu alleroberſt
einen groſſen Straus gelber Blumen,
und nach dieſen den Samen, welcher
einen auf die Zunge brennet, anbey ſehr
ſtarck riechet. Die Wurtzeln ſind weiß,
in etwas bitter, mit einer ziemlich dicken
Schale bedecket. Aus der aufgeritzten
Pflantze rinnet das fluͤßige Opopa-
nax, welches anfangs weiß iſt, wird aber
bald drauf harte, und nach und nach
goldgelbe.
Man bringet zweyerley Opopanax
zu uns von Marſeille, in Tropfen, und
in breiten, oder auf andere Art geform-
ten Stuͤcken.
Jenes mag man erwehlen, wenn die
Tropfen recht ſchoͤne ſind, inwendig
weiß, auſſenher weiß und goldfarbicht,
eines ſtarcken Geruchs und bitteren Ge-
ſchmacks, und recht trucken, darunter
auch ſo wenig kleine Broͤcklein, als moͤg-
lich, zu befinden.
Die Stuͤcken ſollen voll Tropfen
ſeyn, auch dem tropfichten an Farbe
und Geruch, ſo nahe als nur ſeyn kan,
kommen.
Was das breitgedruckte betrifft, wel-Breites oder
der Compa-
gnie Opopa-
nax.
ches auch der Compagnie Opopanax
genennet wird, daſſelbe verkauffen lie-
derliche Leute fuͤr das Opopanax in
Tropfen/ ob es gleich ſtracks zu erken-
nen, indem das gerechte als wie kleine
runde Tropfen, das andere aber platt
iſt, und ſo breit und dicke als ein Dau-
men. Welches ich deſto mehr verſichern
kan, weil ich dergleichen ſelbſt gemacht,
und auch noch habe. Derowegen ſoll
es gaͤntzlich verworffen werden, denn es
nichts anders iſt, als ein geringes mit
Opopanax vermiſchtes Gummi, deſ-
ſen Namen ich aber mit Willen ver-
ſchweige.
Das Opopanax hat einen dermaſ-
ſen ſtarcken Geruch, daß, als ich im Au-
guſt 1691. eine Kuͤſte voll von Marſeil-
le bekommen und eroͤffnet hatte, unſe-
rer zehen, die dabey waren, ein ſo hefti-
ges Kopfweh bekamen, daß wir bey vier
Stunden lang kaum zu bleiben wuſten;
welches ſich diejenigen, die es friſch be-
kommen, zur Nachricht moͤgen die-
nen laſſen: denn, wenn es aͤlter wird,
vergeht ſo wohl der ſtarcke Geruch, als
auch die weiſſe Farbe, und wird hinge-
gen gantz dunckelroth.
Es koͤmmt dem Sagapeno an Kraͤften
gleich, und iſt gut zu Heilung der Wun-
den; zu welchem Ende es ſo wohl, als
das Sagapenum, Ammoniac und Bdel-
lium, unter das Emplaſtrum divinum ge-
nommen wird.
DJeſes iſt ein Gummi, das als wie
weiſſe Tropfen aus den abgeſchnit-
tenen Aeſten und aufgeritzten Wurtzeln
einer Pflantze tropfet, die zu den Ge-
ſchlechten der Ferula gehoͤret, und in
Siehe Fig. 287.dem ſandichten Lybien haͤuffig waͤchſt,
bevoraus um die Gegend, wo vordeſſen
der Tempel des Jupiter Ammons ge-
ſtanden, daher es auch ſeinen Namen
bekommen hat.
Es wird in gar dicken Stuͤcken zu uns
gebracht, daran inwendig und auswen-
dig gar viel weiſſe Tropfen zu befinden,
und hat einen angenehmen Geruch, ein
wenig wie Opopanax.
Man ſoll dieſes Gummi erwehlen,
wenn es feine ſchoͤne Tropfen hat, wel-
che trucken, weiß und rund, von Ge-
ſchmacke bitter und ziemlich unange-
nehme ſchmecken: die Stuͤcken aber
muͤſſen gantz voll Tropfen, und ſo reine,
als moͤglich, ſeyn: denn es gerne voll
Unreinigkeit zu ſeyn pfleget, und ab-
ſonder-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
ſonderlich voll Samen, der wie des Gal-
bani Samen ſiehet.
Es wird, als wie das vorige, zu gar
viel remediis topicis gebraucht.
Mævius in Dictionario Pharmacevtico,
dahin ich den Leſer will gewieſen haben,
legt ihm gar ſonderbare Tugenden zu.
Es wird auch ein Oel und Spiritus da-Oel und Spi-
ritus vom
Gummi Am-
moniaco.
von diſtilliret, und abgezogen, die gleich-
falls gantz vortreffliche Kraͤfte haben,
wie erſtgemeldter Autor angemercket
hat.
DAs Jndianiſche Drachenblut,
ein Gummi, troͤpfelt aus dem
Stamme vieler Baͤume, deren Blaͤtter,
als wie die Degenklingen ſehen, eines
halben Fuſſes breit, und von Farbe gruͤn
ſind: unter denen wachſen die runden
Fruͤchte, die ſo groß, als wie bey uns die
Kirſchen, und anfangs gelb ſind, werden
darauf roth, und wenn ſie recht zeitig,
ſehr ſchoͤn blau. Wann man ihnen die
oberſte Haut abziehet, ſo erſcheinet eine
Drachengeſtalt, welche ihm auch den
Namen Drachenblut zu wege ge-
bracht, ob es gleich etwas ungereimtes
iſt; indem es das Gummi und Hartz
von einem Baume, nicht aber das Blut
eines Drachen iſt, wie ihrer viele annoch
vermeinen.
Die Einwohner derſelben Oerter ri-
tzen die Staͤmme auf, ſo laufft alſobald
ein fluͤßiger blutrother Saft heraus, der
ſtracks von der Sonnen harte gemacht
und zu kleinen Tropfen formiret wird,
die ſich gleich zerreiben laſſen, und ſehr
ſchoͤn roth ſind. Wann dieſer erſte
Saft ausgetroffen, folgt ihm ein ande-
rer, welcher uns ſonſten in der Groͤſſe ei-
nes Taubeneyes, in eben dieſes Bau-
mes Blaͤtter gewickelt, zugefuͤhret wur-
de: anietzo aber kommt er in eben ſol-
chen Blaͤttern, in der Laͤnge und Dicke
des kleinen Fingers, bisweilen auch in
der Form und Groͤſſe der Sebeſten.
Man ſoll das Drachenblut in klei-Drachenblut
als kleine
Tropfen.
nen Tropfen erwehlen, die fein helle
und durchſichtig, auch leichtlich zu zer-
reiben ſind, und deren Pulver purpur-
roth iſt. Dieſes erſtere Drachenblut
iſt in Franckreich uͤberaus rar, und
man ſiehet faſt kein anderes, als wel-
ches in kleinen Stuͤcken Rohr roheDrachenblut
in Rohr oder
Schilff.
kommt, und ebenfalls trucken und zer-
brechlich ſeyn, das Pulver auch wie das
erſte ſehen muß: ingleichen muß es, auf
Papier, oder auf einen genetzten Wetz-
ſtein, oder ein warm gemachtes Glas
geſtrichen, einen ſehr ſchoͤnen rothen
Strich nach ſich laſſen: daher man es
auch vor dieſem zum Glasmahlen ge-
braucht.
DJeſes iſt ebenmaͤßig ein Gummi,
welches von dem Stamme und
ſtarcken Aeſten zweyer gantz unterſchie-
denen Baͤume herabrinnet, wenn ſie
vorhero aufgeritzet worden. Der eine
hat Blaͤtter, wie ein Birnbaum, iedoch
ein wenig laͤnger, und Bluͤten, die wie
Neſtelſtifte ſehen, und gar ſchoͤn roth
ſind. Des anderen Laub gleichet dem
Kirſchlaub. Die Fruͤchte ſind gelb, und
voller Ribben, ſo groß als ein Huͤner-
ey, darinne befindet ſich eine Nuß, wie
eine Mußkate, welche einen Kern von
gleicher Form und Farbe beſchlieſſet.
Dieſer Baͤume waͤchſt die Menge in
den Canariſchen Jnſeln, ſonderlich
auf der Jnſel Porto Santo und S.
Laurentius/ allwo dieſe Baͤume Rha
genennet werden, welches Blut bedeu-
tet, die Fruͤchte aber heiſſen ſie Mafou-
tra oder Voafoutra.
Aus den Kernen bereiten die Ein-
wohner ein Oel, damit ſie allerhand
Brandſchaͤden zu heilen wiſſen, in-
gleichen die Roſe und andere Kranckhei-
ten, die von Hitze entſtehen.
Dieſe Jnſulaner ritzen den Stamm
auf, ſo lauft das rothe Gummi heraus:
davon machen ſie hernachmahls Baͤlle
von unterſchiedener Groͤſſe. Weil aber
unter dieſes Drachenblut allerhand
Lumperey gemenget wird, deshalben
will ſich niemand damit belegen, ob es
wohl noch gut genug iſt.
Etliche machen dieſes Drachenblut
mit Waſſer weich, und thun es darauf
B b 2in
[]Der Spezereyen und Materialien
in Stuͤcklein Rohr, eben auf die Weiſe,
als wie das aus den Canariſchen Jn-
ſeln.
Obgemeldte Voͤlcker ſchmeltzen dieſes
Gummi, und legen kleine weiſſe, leichte
Stoͤcklein drein; wenn ſie ſich nun gnug-
ſam voll Gummi gezogen, nehmen ſie
dieſelbigen wieder heraus, und laſſen ſie
trucken werden: damit reiben oder ſto-
chern ſie hernach die Zaͤhne, und nen-
Bois de Palile.nen dieſe Hoͤltzlein Bois de la Palile. Der-
gleichen Stoͤcklein bringt die Jndiani-
ſche Compagnie gemeiniglich mit her-
aus.
Auch iſt noch zu mercken, was etwa
mag Gelegenheit gegeben haben, daß
dieſes Gummi Drachenblut iſt genen-
net worden: naͤmlich, es nennen die
Einwohner den Baum, der dieſes Gum-
mi giebt, Draco. Da nun das Gum-
mi eine rothe Farbe hat, und dazu un-
ter der oberſten Schale der Frucht eine
Drachengeſtalt erſcheinet, hat ſolches
zuſammen verurſachet, daß man dieſes
Gummi Drachenblut genennet, da es
doch billicher das Blut des Baumes
Draco heiſſen ſollte.
DJe Hollaͤnder uͤberſenden uns eine
Gattung Drachenblut, in Geſtalt
breiter Kuchen, welche eine uͤberaus
dunckelrothe Farbe haben, und auswen-
dig und inwendig glaͤntzend ſind, und
ziemlich bruͤchig: wenn man es kratzet,
ſieht es noch roth genug; wird es ver-
brennet, ſo riecht es wie Spaniſch
Wachs.
Es iſt aber nichts anders, als rechtes
Drachenblut, nur daß es mit zweyen
andern Gummen vermiſchet worden,
deren Namen ich verſchweige. Daß
dieſes gantz gewiß, kan man aus ſeiner
viereckigten Figur erſehen, und wie es,
annoch heiß, auf die Palmblaͤtter ge-
ſchuͤttet worden. Uberdiß habe ich es
ſelbſt nachgemacht, und bewahre daſſel-
bige auch noch.
Auſſer dieſem bekommen wir noch ei-
ne Art Drachenblut aus Holland/
welches nichts anders iſt als Arabiſches
Gummi oder Gummi von Senega, mit
Fernambouc gefaͤrbet. Derowegen
laſſe man ihm dieſes zur Nachricht die-
nen, und gebrauche die beyden letzteren
Sorten gar nicht; denn ſie ſind nichts
anders, als ein und anderes Gummi, die
weder die Farbe noch den Geruch des
Drachenblutes, wohl aber eine gantz
widrige Beſchaffenheit haben.
JSt ein weiſſes Hartz, das ſich nach
dem gruͤnen ziehet, oder gruͤnlicht ſie-
het. Es rinnet aus den Ritzen, die man
Siehe Fig. 290.in den Stamm und dickſte Aeſte eines
Baumes gemacht, welcher von mittel-
maͤßiger Hoͤhe iſt, und lange ſchmale
Blaͤtter hat, die weißgruͤn, und oben
wie unten, als ob ſie verſilbert waͤren,
ſehen. Die Bluͤte entſtehet aus einem
kleinen Kelch, der wie die Blaͤtter gefaͤr-
bet iſt. Die Fruͤchte haben die Geſtalt
und Farben der Oliven: daher auch die-
ſe Baͤume wilde Oelbaͤume genennet
worden.
Jn dem ſpaniſchen Jndien finden
ſich dieſe Baͤume in Menge, und von da-
her wird dieſes Gummi zu uns gebracht,
als wie Kuchen, von zwey bis zu drey
Pfund ſchwer, in Jndianiſche Rohr-
blaͤtter gewickelt, deswegen es auch
Gummi Elemy im Rohr betiteltGummi Ele-
my in Rohr.
wird.
Man erwehle dasjenige, welches tru-
cken, nichts deſtoweniger aber weichlicht
iſt, weiß und gruͤnlicht ſiehet, und einen
ſuͤſſen, ziemlich lieblichen Geruch hat:
auch gebe man Acht, daß es nicht Gali-
pot in ſchlechtem Spicoͤl gewaſchen ſey,
welches nur gar zu oft geſchicht. Doch
dieſes kan gar bald gemercket werden,
theils, weil es gar zu weiß, und dann,
weil es ſehr uͤbel, wie Terpentin riecht:
ſo iſt es auch allezeit in ſolche Blaͤtter ge-
wickelt, dergleichen man an den Koͤrben
des Naͤgleinholtzes zu ſehen bekommt.
Das alſo verfaͤlſchte Gummi ElemyFalſches
Gummi Ele-
my.
nennen diejenigen, die es verfertigen,
Gummy Elemy aus America, und
bedie-
[]
Figure 267. Epheuͤſtrauͤch der einen Lorberbauͤm hinan läuͤfft. Figure 268. Epheuͤ guͤmmi Fig. 292. p. 395. | Figure 269. Gummi Elemy. Fig. 290. p. 391. |
Figure 270. Gummi Carannæ Fig 293. p. 395. | Figure 271. Gummi Tacamacha Fig. 291. p. 393. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
bedienen ſich dieſes ſaubern Vorwan-
des, ihre Schelmerey dadurch zu ver-
maͤnteln.
Das aufrichtige Gummi Elemy, das
wir aus Holland oder von Marſeille
bekommen, iſt ein natuͤrlicher Wund-
balſam, deshalben es auch unter den
balſamum Arcæi genommen wird.
Jn den Americaniſchen Jnſuln fin-
det ſich ein Baum, deſſen Holtz weiß iſt,
und die Blaͤtter den Lorbeerblaͤttern
gleich ſehen, ohne, daß ſie um ein gut
Theil groͤſſer ſind. Dieſer Baum iſt
dermaſſen voll Hartz, daß man ihrer fin-
det, die bis 50. Pfund weiſſes Gummi
geben, welches dem Galipot durchaus
aͤhnlich iſt, nur daß es nicht ſo heftig
ſtincket. Weil aber dieſes Hartz den
Handelsleuten noch gar wenig bekannt
iſt, ob es gleich bey uns gantz gemeine,
dannenhero verkaufft es ein ieder, ſo gut
er kan: einige fuͤr das Gummi Elemy,
andere fuͤr Gummi Anime, und noch
andere fuͤr Tacamahaca. Allein man
Americani-
ſcher Galipot.moͤchte es viel eher Americaniſchen
Galipot nennen, indem ſein Geruch
und Geſtalt dem Galipot dergeſtalt bey-
kommt, daß es gewißlich Muͤhe giebt, ſie
von einander zu unterſcheiden.
Dieſes Hartz kommt in Faͤſſern von
unterſchiedenem Gewichte, und iſt in
groſſe Blaͤtter eingewickelt, deren Na-
men ich bisanhero nicht habe erfahren
koͤnnen.
Sonſt verkauffen wir noch zwey
Sorten des Gummi Elemy, von de-
nen das eine dem Hartzpeche ſo aͤhnlich
ſiehet, daß kein Menſch einigen Unter-
ſchied darunter zu machen vermoͤchte,
wenn nicht der liebliche aromatiſche
Geruch thaͤte, und daß es allezeit mit
ſolchen Blaͤttern, als wie das Naͤglein-
holtz umwickelt iſt. Die andere Gat-
tung des Gummi Elemy ſieht aſchgrau,
und zieht ſich aufs braune, und kommt
in dicken, trucknen und leicht zerbrech-
lichen Stuͤcken. Weil mir aber un-
moͤglich geweſen zu erfahren, was doch
nur dieſe beyden Sorten dieſes Gummi
Elemy ſeyn moͤchten, deshalben will
ich lieber gar nichts weiter davon geden-
cken, ſondern nur vermelden, wie daß
ich gaͤntzlich glaube, daß es gutes und
verdorbenes Gummi Elemy ſeye, das
man in ziemlicher Menge umgeſchmol-
tzen und wieder umgeſotten haben wird.
Wiewohl ich auch dieſes fuͤr keine
Wahrheit auszugeben begehre, dieweil
ichs ſelbſten nicht recht weiß.
TAcamahaca iſt ein fluͤßiges durch-
ſichtiges Hartz; rinnet aus dem
Stamme gar dicker Baͤume, deren die
Menge in Neuſpanien waͤchſt, wie
auch auf der Jnſul Madagaſcar, wo-
ſelbſt ſie Harame genennet werden: ſie
ſehen unſern Pappelbaͤumen gleich
genug.
Dieſe Baͤume ſind mit gruͤnen, den
Buchsbaumblaͤttern nicht unaͤhnlichen
Laube beſetzet, nach welchem die rothen
Fruͤchte folgen, die ſo dicke ſind als unſre
gruͤnen Nuͤſſe, in denen ein wohlriechen-
des balſamiſches Hartz befindlich iſt.
Die Einwohner ſelbiger Jnſeln ritzen
den Baum auf, daraus dringet alsdann
ein weiſſer heller Saft, welcher ſtracks
darauf, ſo bald er nur herabgefallen, er-
hartet. Deſſen bedienen ſich die Leute
wider die kalten Fluͤſſe, wie ingleichen zu
Stillung der Zahnwehtagen; vor-
nehmlich aber ihre Schiffe und Gefaͤſe
damit zu verpichen. Aus dem Holtze
machen ſie Breter.
Die auf der Jnſel S. Laurentius
hatten die Gewohnheit, daß ſie das erſte
Hartz, welches von ſich ſelbſt, und ohne
daß ſie in den Baum geſchnitten, heraus
gefloſſen, in kleine halb von einander ge-
ſpaltene Kuͤrbſe thaten, und ein groſſes
Blatt, als wie ein Palmblatt, oben dꝛauf
legten: welches dann etliche Scriben-
ten unter dem Namen Tacamahaca ſub-Tacamahaca
ſublimis, oder
en coque.
limis verſtehen. Daſſelbe aber muß,
wenn es, wie ſichs gebuͤhret, beſchaffen
ſeyn ſoll, trucken und roͤthlicht ſeyn, und
durchſichtig; gut riechen, faſt wie La-
vendel, und bitterlich ſchmecken. Wir
pflegen es Tacamabaca en coque,in Scha-
len, zu nennen.
Was aber aus den Ritzen, die in denTacamahaca
in Stuͤcken
und in Tro-
pfen.
Baum gemachet worden ſind, abrin-
net, das wird in Stuͤcken zu uns ge-
bracht, bisweilen auch in Tropfen Ge-
ſtalt, ſchier wie der Jndianiſche Wey-
B b 3rauch,
[]Der Spezereyen und Materialien
rauch, und man ſoll es erwehlen, wenn
fein viel ſchoͤne Tropfen drunter ſind,
es auch fein ſauber und trucken iſt, dazu
dem erſtern, was den Geruch betrifft,
ſo nahe kommt, als immer moͤglich.
LA Gomme de Lierre, Gummi Hederæ,
das Epheugummi iſt ein fluͤßiges
Hartz, welches im herabrinnen harte
wird.
Dieſes Gummi waͤchſt haͤuffig in Jn-
dien/ Jtalien, Provence und Lan-
guedoc/ auf den groſſen Epheuſtraͤu-
chern/ welche die Baͤume und Mauern
hinan kriechen.
Als ich im Jahr 1680. zu Montpel-
lier in dem koͤniglichen Garten herum-
ſpatzirte, wurde ich eines groſſen Epheu-
Siehe Fig. 292.ſtrauchs gewahr, der an einem Lorber-
baum hinauf gelauffen: an deſſen
Hauptzweige, gantz oben, ſaſſe ein Stuͤ-
cke Gummi, ſo dicke als eine Fauſt. Die-
ſes verlangte ich von des damahligen
Cantzlers, des Herrn Chiconneau
Sohne, der es mir auch geben lies. Sol-
ches, nachdem ichs wohl examiniret, be-
fand ich als wie einen Leim, roth von Far-
be, eines ſtarcken durchdringenden und
ſattſam uͤbeln Geruchs. Nachdem ich
es aber eine Zeitlang verwahret, wurde
es trucken, ließ ſich leichtlich zerreiben,
und ſahe Tannetfarben aus, eben alſo,
als wie das aus Jndien uͤber Mar-
ſeille zu uns kommt.
Man leſe dasjenige aus, welches fein
trucken und durchſichtig iſt, anbey einen
balſamiſchen Geruch hat, und nehme
ſich in Acht, daß es nicht das Gummi
Alouchi ſey, welches oftmahls dafuͤr
eingeſchoben wird, abſonderlich, wenn
jenes theuer iſt.
Es wird zu Wegnehmung der Haare
dienlich erachtet, wie auch zu Heilung
der Wunden.
JSt ein Gummi, welches aus den
Staͤmmen ſehr vieler, dem Palm-
baum gantz aͤhnlicher Baͤume rinnet,
welche in Neuſpanien befunden wer-
den.
Dieſes Gummi wird uns in ſolchen
Rohrblaͤttern, deren oben gedacht, uͤber-
ſendet, und muß, wenn es gebuͤhrend
beſchaffen, ſo weich, als wie ein halbge-
kochtes Pflaſter ſeyn, graulichter und
auf weiß ſich ziehender Farbe, eines an-
genehmen, ziemlich aromatiſchen Ge-
ruchs.
Es melden einige Scribenten, daß es
auch weiſſe Caranna gebe, welches ich
gantz gerne glaube, denn ſie alſo ſehen
kan, wenn ſie erſt kuͤrtzlich vom Baume
kommt. Wann ſie demnach die obbe-
ſchriebene Farbe hat, ruͤhret ſelbige nir-
gend anders her, als von ihrem Alter.
Dannenhero ſoll ſie auch um ſoviel deſto
hoͤher gehalten werden, ie weiſſer man
ſie findet: dagegen muͤſſen alle die har-
ten Gummen verworffen werden, die
man an ihre Statt geſtellet hat, wenn
ſie zu theuer iſt, ob ſie auch ſchon eine
gleiche Farbe haͤtten.
Wann dieſes Gummi in Form eines
Pflaſters aufs Haupt geleget wird, ſtil-
let es recht wunderſam deſſelben und ſei-
ner Suturen oder Naͤthe Schmertzen:
denn es hat ſolche Kraft, daß man zu
ſagen pflegt, was die Tacamahaca nicht
vermag zu heilen, daſſelbe heilet die
Caranna.
Aus dieſem Gummi bereiten dieAmericani-
ſcher Balſam.
Americaner einen Balſam, der zu Hei-
lung der Wunden und zur goldnen
Ader gar dienlich iſt, auf folgende Art.
Sie nehmen
Und daraus bereiten ſie den Balſam
ſolcher
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
ſolcher Geſtalt. Sie laſſen die Gum-
mata und Hartze uͤbern Feuer zerge-
hen, und ruͤhren hernach die Pulver
drein.
DAs Bdellium iſt ein Gummi, wel-
ches die Alten ſo gar auf unter-
ſchiedliche Weiſe beſchrieben haben.
Denn etliche ſagen, es flieſſe aus dem
Stamme eines ſtachlichten Baumes,
deſſen Blaͤtter dem Eichenlaube gleich
waͤren, die Fruͤchte wie die Feigen, von
ziemlichen guten Geſchmack. Andre
wollen, daß er demjenigen Baume gleich
ſey, der die Myrrhen giebt, und daß die-
ſe Baͤume ſehr haͤuffig in der Landſchaft
Bactriana, dem gluͤcklichen Ara-
bien und in Jndien wuͤchſen. Und die-
ſes iſt dem Anſehen nach, dasjenige
Bdellium/ das man uns anietzo von
Marſeille uͤberſendet, und in der That
nichts anders iſt, als das Gummi
Alouchi/ ob es ſchon von ihrer etlichen
fuͤr das wahrhafte Bdellium gehalten
wird. Jch aber will nur dieſes ſagen,
daß dasjenige, das auch in der Handlung
und von allen verſtaͤndigen Kauffleuten
dafuͤr erkannt und aufgenommen wer-
de, das Gummi ſey, welches vor acht-
zehen oder zwantzig Jahren unter dem
Gummi von Senega gefunden, und
den Faͤrbern bekannt wurde, weil es
nicht, als wie das andere, zergienge.
Dannenhero examinirten es ein und
andere Perſonen, und erkannten es fuͤr
das wahrhafte Bdellium. Allein,
ſeit der Zeit, daß ſeine Tugend bekannt
worden, findet man ſehr wenig mehr
darunter, und kaum fuͤnff Untzen in ei-
nem Stuͤcke, das fuͤnff Centner ſchwer
iſt.
Man ſoll das Bdellium erwehlen,
welches in hellen und durchſichtigen
Stuͤcklein iſt, die von auſſen grau und
roͤthlicht, inwendig wie der Engliſche
Leim auſſehen, und ihre Farbe veraͤn-
dern, wann man mit der Zunge druͤber
hin faͤhret.
Doch darff man ſich weder an die
Farbe, noch an die Geſtalt kehren, in-
dem dieſelbe nicht einerley iſt: iedennoch
iſt die ſchoͤnſte insgemein laͤnglicht, als
wie ein Ohrgehencke.
Groͤſtentheils wird es zum Mithri-
dat, Emplaſtro divino und andern Gale-
niſchen Artzneyen gebraucht.
SArcocolla, der Fleiſchleim/ iſt ein
Gummi, das aus einem kleinen ſtach-
Siehe Fig. 295.lichten Baͤumlein rinnet, deſſen Blaͤt-
ter den Sennesblaͤttern, de la Palthe ge-
nannt, gleich ſehen, und von Farbe weiß-
gelblicht ſind.
Es melden faſt alle Scribenten, daß
dieſe Baͤumlein in Perſien wachſen:
mir aber haben dennoch zwey gute
Freunde den 25. des Brachmonats
1692. aus Marſilien folgendes uͤber-
ſchrieben.
„Der Fleiſchleim iſt ein Gummi, wel-
„ches im wuͤſten Arabien geſammlet
„wird: der Baum iſt klein, und ſehr
„ſtachlicht.
Es ſoll aber der Fleiſchleim wie Tro-
pfen oder koͤrnicht erwehlet werden, an
Farbe weiß ſeyn, doch daß ſie ſich nach
gelb oder roth ziehen, an Geſchmack,
als wie Zucker, mit einer ziemlichen un-
angenehmen Bitterkeit begleitet.
Dieſes Gummi iſt einer wunderſa-
men Natur, denn es von ihm ſelbſt, und
ohne Schnitt aus den Baͤumen drin-
get, als wie Thraͤnen, welche allerley
Groͤſſe und Farbe haben, inmaſſen es
weiſſe, gelbe und rothe giebet, die wenn
ſie trucken worden, ſich dergeſtalt koͤr-
nen, wie wir ſie von Marſeille/ und zu
Geſichte bekommen.
Sonſt findet ſich noch eine Gattung
des Fleiſchleimes, in Geſtalt einer
braunen Maſſa, welche einem vermiſch-
ten Weſen nicht ungleich ſiehet: doch
halte ich dafuͤr, daß es zwar Fleiſchleim
ſey, der aber auf der See oder auf an-
dere Weiſe Schaden genommen, und
auch deswegen gantz und gar ausge-
worffen werden ſoll, ſowohl als wie der-
jenige, deſſen kleine Koͤrner braun ſind,
und mit tauſenderley Unreinigkeit er-
fuͤllet, dann dieſem Unfall iſt er gar ſehr
unterworffen.
Jm uͤbrigen iſt dieſes Gummi vor-
trefflich gut zu Wunden: und eben des-
wegen hat es auch den Griechiſchen Na-
men Sarcocolla, welches ſoviel heißt, als
Fleiſchleim, uͤberkommen.
DJß iſt ein Gummi, welches zwiſchen
dicken und ſtachlichten Blaͤttern, ſo
die Geſtalt eines Baumes haben, her-
abrinnet: dieſelben befinden ſich in
Menge in Lybien, und auf dem Berge
Atlas in Africa.
Die Alten haben vielerley Dinge von
der Natur des Euphorbii, und wie es ge-
ſammlet werde, aufgeſchrieben. Etli-
che ſagen, es rinne aus den Ritzen, die
mit langen und an der Spitze mit Ei-
ſen beſchlagenen Stangen darein gema-
chet wuͤrden, damit man den Geruch,
welcher uͤber alle maſſen ſchaͤdlich ſeyn
ſoll, nicht empfinden duͤrffe. Sobald
nun dieſe Blaͤtter aufgeritzet worden,
ſo lauffe alſofort ein milchweiſſer Saft
heraus, welcher in Schafsmaͤgen, die die
Einwohner ausdruͤcklich zu dieſem Ende
darunter geſtellet, aufgefangen werde.
Andere aber vermeinen, es ſey der dick-
gemachte Saft einer gruͤnen Frucht,
welche ſo groß und geſtaltet ſey, als wie
die Gurcken. Allein, wer es ſo viel
mahl geſehen, und handthieret hat wie
ich, wird bald erkennen, daß es kein dick-
gemachter Saft, ſondern das Gummi
eines Baumes ſey. Zudem, ſo habe ich
ein Blatt von dieſem Gewaͤchſe, welches
ſo lang und ſo dicke iſt als der Mittelfin-
ger an der Hand, und vierecket: an ie-
der Ecke ſitzen ein Hauffen kleine ſehr
ſpitzige Stacheln, und unter dieſen das
Euphorbium, welches ſonder Schnitt
hervorgedrungen, gleichwie aus der Fi-
Siehe Fig. 297.gur mit A. bezeichnet, zu erſehen.
Man erwehle aber das Euphorbium,
welches feine friſche Tropfen hat, die
goldgelb ſehen, und mit ſo wenig klei-
nen Broͤcklein, als nur ſeyn kan, ver-
menget, anbey recht trucken und ſauber
ſind.
Unter dem Euphorbio befinden ſich
ein Hauffen kleiner Koͤrner, die wie Klee
ausſehen, oder noch beſſer zu ſagen, wie
die Fruͤchte des Spindelbaums, Pfaf-
fenmuͤtzlein; ſind ſehr leichte, und an
Farbe dem Coriander gleich: inwendig
liegt ein klein Korn, wie ein Nadel-
knopf, das ſoll, wie man mich verſichert
hat, des Euphorbii Samen ſeyn.
Dieſe Spezerey iſt in der Artzney
ſehr wenig braͤuchlich, wegen ihrer uͤber-
maͤßigen Hitze, und allzu groſſen
Schaͤrffe: dagegen wird ſie vielfaͤltig
von den Schmieden gebraucht, weil ſie
trefflich gut iſt wider die Raude und
Schaͤbigkeit der Pferde.
Die Africaner brauchen dieſes
Gummi auch innerlich: allein ſie wa-
ſchen es vorher mit Portulacwaſſer, ihm
dergeſtalt die Schaͤrffe zu benehmen.
Das Euphorbium iſt dermaſſen gefaͤhr-
lich zu ſtoſſen, daß, wann diejenigen, die
es zu ſtoſſen willens ſind, nicht alle er-
ſinnliche Vorſichtigkeit gebrauchen; es
ſanfte ſtoſſen, den Moͤrſer oben mit Oel
oder Waſſer beſtreichen, und alſo das
ſubtilſte zuruͤcke halten, ihn auch mit ei-
nem ſonderlich dazu verfertigten Felle
bedecken, und die Naſenloͤcher mit
Baumwolle verſtopfen; ſie in Gefahr
ſtehen, ſo lange zu nieſen und zu raͤu-
ſpern, bis das Blut nachgehet, und da-
bey die heftigſten Schmertzen auszuſte-
hen.
Dannenhero duͤrffen diejenigen, wel-
che viel Euphorbium haben, ſo wie es
aus dem Lande kommt, daſſelbe nur ſanf-
te durch ein bedecktes Sieb ſtaͤuben laſ-
ſen: denn weil dieſe Waare ohnediß voll
kleines Zeugs und Staubes iſt, als ha-
ben ſie nicht noͤthig, es ſtoſſen zu laſſen,
damit ſie das Pulver davon bekommen.
Was das Euphorbium vitrificatum iſt,
deſſen Mævius gedencket, weiß ich nicht.
OLibanum, auch Encens mâle, Olibanum
maſculinum genennet, iſt ein Gum-
mi, welches aus den Ritzen der Staͤm-
me gar vieler Baͤume flieſſet, welche in
dem gelobten Lande und dem gluͤck-
lichen Arabien zu befinden ſind, allda
ſie in haͤuffiger Menge wachſen, abſon-
derlich am Berge Libanon, dah er es
auch
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
auch den Namen Thus Libani,Wey-
rauch vom Berge Libanon uͤber-
kommen hat, weil es die Heyden ihre
Goͤtzen zu beraͤuchern und zu weihen ge-
brauchet. Es wird aus Arabien uͤber
das rothe Meer, nach Egypten, fol-
gends nach Cairo, von da nach Alexan-
dria/ und endlich zu Schiffe nach
Marſeille gebracht.
Es berichten einige, daß, wann der
Stamm der Weyrauchtꝛagenden Baͤu-
me aufgeritzet worden, und ſie nun zu
flieſſen beginnen, niemand vergoͤnnet
ſey den Weyrauch zu ſam̃len, als einer
gewiſſen Familie, welche fuͤr heilig ge-
halten wird.
Man mag den Weyrauch erwehlen,
wenn die Tropfen ſchoͤn weiß und etwas
gelblicht ſehen, und den Speichel weiß
machen, als wie Milch, wenn man ſie
gekaͤuet hat, dazu auch, wenn ſie bitter
und unangenehme ſchmecken. Hinge-
gen ſoll man denſelbigen verwerffen,
darunter viel Staub und ein Hauffen
Maronen und Feigen, desgleichen kleine
gelblichte Tropfen befindlich ſind, wel-
ches ſich gar ofte zutraͤgt.
Er kommt unter viel Galeniſche und
Chymiſche Artzneyen, vornehmlich aber
wird er zu den Oſterlichtern gebraucht,
desgleichen zu Stillung der Zahn-
ſchmertzen/ ob dieſes gleich hoͤchſt un-
recht iſt; dann indem er die Schmertzen
ſtillet, verderbt er die zu nechſt ſtehenden
Zaͤhne zugleich: welches ich dennoch fuͤr
gewiß auszugeben nicht getraue, weil
ich es nicht verſucht habe.
DJeſes iſt nichts andeꝛs, als eine Gat-
tung Weyrauch in kleinen Tropfen
oder Stuͤcken, die aber uͤberaus voll Un-
rath ſind, ſieht roͤthlicht und ſchmecket
etwas bitter. Die Jndianiſche Com-
pagnie hat ihn nach Franckreich ge-
bracht, deshalben er auch der Compa-
gnie Weyrauch, desgleichen Jndia-Jndianiſcher,
Weyrauch.
niſcher Weyrauch und Olibanum
genennet wird.
Er wird zu nichts gebraucht, als nur
den guten nachzumachen, wird auch von
etlichen gantz faͤlſchlich fuͤr Bdellium
verkaufft.
SJnd kleine, runde, klare und durch-
ſichtige Koͤrner, die ſich unter dem
Weyrauch befinden, und zu eben ſol-
chen Sachen, dazu der Weyrauch
kommt, genommen werden.
DEr iſt nichts anders, als das kleine
Zeug vom Weyrauch, welches auf
gleiche Weiſe, wie das Arcanſon, ver-
brannt und Rauchſchwartz oder Rus
davon bereitet wird. Seit dem man
aber erkennet, daß der Weyrauch mehr
Kraͤfte habe, wenn er gantz iſt, als wenn
er verbrennet worden, daher gebraucht
man dieſe Waare gar nicht mehr.
Wer mehr davon zu wiſſen begehrt,
der ſchlage den Pliniuspag. 737. nach,
woſelbſt von dieſen, wie auch von der
Myrrhe, weitlaͤufftig genug gehandelt
worden iſt.
DAs Gummi Copal, das wir Co-
pal aus Orient, oder das Orien-
taliſche Copal nennen, iſt ein klares
durchſichtiges gelbes Hartz, welches von
nicht gar zu hohen Baͤumen herabrin-
Siehe Fig. 299.net, die mit gruͤnen, und alſo, wie die Fi-
gur weiſet, formirten Blaͤttern verſehen
ſind; die lichtbraunen Fruͤchte gleichen
unſern Gurcken, in denen ein trefflich
wohlgeſchmacktes Mehl verborgen
ſteckt.
Von dieſem Hartze erwehle man die
ſchoͤnen und recht goldgelben Stuͤcken,
dadurch man das Licht erblicken kan;
C cdie
[]Der Spezereyen und Materialien
die Stuͤcken moͤgen gleich noch ſo dicke
ſeyn; auch muͤſſen ſie ſich nicht allein
mit den Fingern, ſondern auch zwiſchen
den Zaͤhnen leichtlich zerdruͤcken laſſen,
und einen guten Geruch, faſt wie Wey-
rauch, von ſich geben.
Dieſes Hartz wird gar ſelten nach
Franckreich gebracht, deshalben auch
ſein Gebrauch, und wie es anzuwenden,
ſo gar unbekannt iſt, ob es ſchon in Jn-
dien und Neuſpanien gnugſam genu-
tzet wird. An ſeine ſtatt aber bringen
ſie uns aus den Americaniſchen Jn-
Americani-
ſches Copal.ſeln ein ander Gummi Copal, wel-
ches etliche, wiewohl unrecht, Carabe
nennen.
Es rinnet dieſes Gummi, von ihm
ſelbſt, aus den Staͤmmen und Aeſten
gar groſſer Baͤume, die unſern ſchwar-
tzen Pappelbaͤumen nicht unaͤhnlich ſe-
hen, und haͤuffig auf den Bergen in den
Antillen Jnſeln wachſen, von dannen
es durch die Schlag- und Platzregen,
welche an den Baͤumen, von denen die-
ſes Gummi natuͤrlicher Weiſe herabge-
fallen, hingelauffen, an die Ufer der
Fluͤſſe gefuͤhret wird.
Man ſoll es aber unſortirt erweh-
len, d. i. ſo wie es von Nantes und
Rochelle gebracht worden iſt: doch ſoll
das weiſſe dem roͤthlichten, dem ſchwar-
tzen und erdfahlen vorgezogen werden.
Es wird ein Verniß, mit Weinſpiri-
tus, daraus gemacht: auch wird es an
ſtatt der rechten Carabe verkauffet, wel-
ches aber unbillich iſt, weil es nicht nur
derſelben gantz und gar nicht gleichet,
ſondern auch bey weitem nicht ſo ſehre
ſtincket, wenn es angezuͤndet wird, und
dieſemnach auch nicht ſo kraͤftig iſt, die
Duͤnſte zu zertheilen.
DJeſes iſt eine Waare, darum man
bisanher genug geſtritten, indem es
einige fuͤr das Gummi Lacca, andere
aber fuͤr Myrrhen, Benzoe oder Terra
merita gehalten.
Allein es hat der Herr Briſſot, ein
Medicus aus Paris, bey ſeiner Zuruͤck-
kunft aus Weſtindien, ein Gummi mit
vier unterſchiedenen Farben nach
Franckreich mitgebracht, unter denen
die erſte wie Agtſtein, die andere wie
Arcanſon, und die nach dieſer, als wie
Horn geſehen, an welcher hernach ein
trucknes weiſſes Gummi hienge, wel-
Gummi Ani-
mæches wir unter dem Titel Gummi Ani-
maͤ verkauffen.
Viel werden zwar meinen Worten
keinen Glauben geben, obgleich Da-
lechamp und andere auch davon ge-
handelt haben; jedoch bin ich bereit der
Sache Wahrheit mit einem Stuͤcke von
ſolchem Gummi, das einer Fauſt dicke iſt,
und ich beſitze, zu erweiſen, denn daran
ſind alle dieſe vier Arten Gummi an ein-
ander gleichſam gefuͤget, zu ſehen.
Der Baum, der dieſe vier Gummen
traͤgt, iſt nicht allzuhoch, und hat Blaͤt-
ter, wie die Myrtenbaͤume, waͤchſt haͤuf-
fig in Africa/ Braſilia, und auf der
S. Chriſtophels Jnſel, von dannen
mein Stuͤck hergekommen, ſo mir den
31. Julius 1686. von einem guten
Freunde verehret worden, der es von ei-
ner vornehmen Perſon, zu welcher er
von dem Gouverneur der gemeldten Jn-
ſel geſendet worden, erhalten hat.
Dasjenige, das dem Agtſteine glei-
chet, zerſchmiltzet, wenn es angezuͤndet
oder verbrannt wird, und riecht wie
Gummi Lacca.
Das andere und ſchwartze zerſchmiltzt
ebenfalls, riecht aber viel anmuthiger.
Das dritte aber, das wie Horn ſie-
het, hat faſt gar keinen Geruch, ſowohl
als das vierte, welches das Gummi Ani-
maͤ iſt.
Sehet alſo, was das wahrhafte
Cancamum ſey. Die deſſen habhaft
werden koͤnnen, moͤgen es, in Oel zer-
laſſen, zu Heilung der Wunden gebrau-
chen. Zu Stillung der Zahnſchmer-
tzen wird es ſo, wie es von dem Baume
kommt, aufgeleget.
Weil aber wir zu Paris nur allein
das Gummi Animaͤ zu ſehen bekom̃en,
deswegen ſoll man daſſelbe ausſuchen,
welches weiß und trucken iſt, ſich leicht
zerreiben laͤßt, einen guten Geruch hat,
und ſo viel als moͤglich, weder gypſicht,
noch mit den andern Gummen vermi-
ſchet iſt: denn obgleich dieſe an Kraͤften
nicht von jenem unterſchieden, dennoch
hindern
[]
Figure 272. Euphorbium Fig. 297 p. 399. | Figure 273. Sarcocolla oder Fleiſchlein. Fig. 295. p. 397. |
Figure 274. B. dellium Fig 294. p. 397. | Figure 275. Euphorbium Fig 296. p. 399. Figure 276. Samen des Euphorbu |
Figure 277. Gummi Copal Fig. 299. p. 401. | Figure 278. Cancamum Fig. 300. p. 403. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
hindern ſie den Verkauff, ſonderlich,
wenn es Leute ſind, die nicht wiſſen, auf
was fuͤr Art und Weiſe es von dem
Baume fleußt.
Dieſes Gummi wird ſelten zur Artz-
ney gebraucht, ob es gleich mit herrli-
chen Kraͤften begabet, und ein natuͤrli-
cher Balſam iſt.
Etliche geben das Gummi Animaͤ/
wiewohl gantz irrig, fuͤr das Gummi
Elemy aus, ungeachtet kein geringer
Unterſchied darzwiſchen, indem das G.
Animaͤ weiß und trucken, das Elemy
dagegen ſchmiericht iſt, und gruͤnlicht
weiß ſiehet.
Das wie Arcanſon ſiehet, wird von
einigen Myrrha Animaͤ genennet.Myrrha ani-
mæ.
Die Africaner brauchen dieſes Gummi
an ſtatt des Weyrauchs.
DJe natuͤrliche Lacca/ oder die
Lacca auf Stoͤcklein iſt ein roͤth-
lich, hartes, hell- und durchſichtiges
Gummi, welches an kleinen Stoͤcklein
und Bißlein Rohr hangend, in der Laͤn-
ge und Dicke eines Fingers, aus dem
Koͤnigreiche Pegu, woſelbſt es in Men-
ge zu finden, zu uns gebracht wird.
Von dieſem Gummi berichtet der
Dieſer Rouſ-
ſeau war ein
Kauffmann
zu Paris:
nachdem er
aber durch
den Brand,
welcher den
groſſen Saal
des Palaſtes
verzehrete, in
Grund ver-
derbet wor-
den, ſich alſo
nebſt ſeinem
Weibe und
fuͤnff Kindern
in das groͤſte
Armuth ge-
ſetzet ſahe,
ward er
Raths, Sie-
gelwachs zu
machen, und
zwar auf die
Art und Wei-
ſe, wie eꝛ es in
Jndien berei-
ten ſehen.
Solches Sie-
gelwachs zei-
gete die Frau
von Lon-
gueville, ei-
ne ſehr gut-
thaͤtige Da-
me, dem Koͤ-
nig Ludwig
XIII. und da
es bey Hofe
eingefuͤhret
wurde, ver-
that er deſſen
ſo viel, daß er
in weniger,
als JahresHerr Rouſſeau; welcher ſich eine ge-
raume Zeit in Jndien/ und ſonderlich
in Perſien und Pegu aufgehalten auch
allda das Gummi Lacca zuzurichten er-
lernet; wie daß es in ſelbiger Gegend
viel Ungeziefer gebe, unſern gemeinen
Fliegen gantz und gar aͤhnlich, welche,
als wie bey uns die Bienen, den Thau
auf den Baͤumen ſammleten: wenn ſie
nun ſich damit angefuͤllet, legten ſie ih-
re Buͤrde auf alles, was ihnen vorkaͤ-
me, ab. Dahero pflegten die Leute an
denenſelbigen Orten einen Hauffen klei-
ne Zweige von Baͤumen, oder andere
Hoͤltzlein und Stuͤcklein Rohr zu neh-
men, ſteckten dieſelben nur ein klein we-
nig in die Erde, etwa ſo, wie wir die
Erbſen zu ſtengeln pflegen, da dann die-
ſe Thierlein alſobald darauf kroͤchen,
und ſich ihrer Laſt entledigten. Wenn
ſie nun dieſelbe abgeleget, ſich ſelbſt aber
darinne begraben, ſodann waͤren ge-
meldte Leute bemuͤhet, und lieſſen, ver-
mittelſt beſonderer Schleuſen, Waſſer
druͤber her lauffen: wann denn hernach
die Sonne drauf geſchienen, wuͤrde es
trucken, und dermaſſen harte, als wie
wir es zu ſehen bekommen.
Es iſt auch ohnedem gar leichtlich und
wohl zu erkennen, daß das Gummi nicht
aus dieſen Hoͤltzlein, an denen es han-
get, gefloſſen, weil nicht die geringſte
Spur zu finden, daß es daraus gelauffen
koͤnte ſeyn. Die Schoͤnheit und Guͤte
dieſes Gummi entſtehet aus der Men-Zeit, mehr
denn 50000.
Pfund ge-
wanne. Er
gab dieſem
Wachſe den
Namen
Spaniſch
Wachs/ es
alſo von der
geſchmoltz-
nen und mit
Vermeillon
gefaͤrbten
Lacca, der-
gleichen man
ehedeſſen ſa-
he, und den
Namen Po
tugiſiſch
Wachs fuͤh-
rete, zu un-
terſcheiden.
ge derer darinne ſteckenden Fliegen. Wie
dann der Herr Rouſſeau verſichert,
daß der Hintertheil dieſer Fliegen, in
Weinſpiritus geleget, demſelben eine ſo
ſchoͤne rothe Farbe mittheile, als man
ſich kaum einbilden ſolte: und dieſe Hin-
tertheile der Fliegen koͤnte man mit beſ-
ſerm Rechte das Conzenillenthierlein
nennen, weder die Conzenille Miſteca,
davon oben.
Wann nun dieſes Gummi ſeine
Vollkommenheit erlanget hat, ſo ziehen
ſie die mit Lacc belaſtete Stoͤcklein wie-
der aus der Erde heraus, und behalten
ſie auf, zum Theil die Farbe daraus zu
ziehen, zum Theil aber ſie an andere
Nationen zu verhandeln, ſonderlich an
die Hollaͤnder, von denen wir hernach
bekommen, was wir Lacca an Stoͤck-Lacca an
Stoͤcklein
oder Rohr
hangend.
lein oder Roͤhrlein hangend zu nen-
nen pflegen.
Man ſoll aber dieſes Gummi erweh-
len, wenn es fein hell und durchſichtig
iſt, und fein bald zergehet; wenn auch
nicht viel Stoͤcklein, ſchwartzes Gummi
oder anderer Unrath darunter zu befin-
den, welches doch ſehr ofte zu geſchehen
pflegt: ſo muß es auch den Speichel faͤr-
ben, wenn es gekauet wird, und mit
Waſſer und etwas ſauern gekocht, ei-
ne ſchoͤne rothe Farbe geben. Aus die-
ſer Tinctur verfertigen die Jndianer die
rothe Farbe, die wir auf denen in Jn-
dien gefaͤrbten Tuͤchern erſehen, und im
Waſſer nicht ausgehet. Eben damit
faͤrben die Morgenlaͤnder das Saffi-
anleder, und die Jndianer das ſo ge-
nannte Jndianiſche Wachs, wie aus
folgendem zu erſehen ſeyn wird. Die
Holl- und Englaͤnder bereiten Schar-
lach draus.
Wann die Holl- und Englaͤnder
C c 2das
[]Der Spezereyen und Materialien
das beſte aus der Lacca ziehen wollen,
laſſen ſie dieſelbe auf einer Muͤhle nur
durchlauffen; was nun durch den Beu-
tel faͤllt, behalten ſie zur Farbe: aus
dem Uberreſt, den ſie uns uͤberſenden,
und das ſchlechte iſt, und jenem, haben
ſie vermittelſt eines oder des andern ſau-
ern, die Tinctur herausgezogen, ohne
daß ſie ihm ſeine Geſtalt und Form ge-
nommen: hernach laſſen ſie es wieder
trucken werden, und thun es in Ballen,
die ſie uns uͤberſenden. Dieſes nennen
Granulirte
oder koͤrnich-
te Lacca.wir granulirte oder koͤrnichte Lacca,
welche fein bald zergehen, und der Lac-
ca auf Stoͤcklein, ſo viel immer moͤglich,
an Guͤte gleich kommen muß.
Wann obbemeldte Nationen die
Platte Lacca.platte Lacca zurichten wollen, neh-
men ſie die Lacca, wie ſie von den Roh-
ren kommt, laſſen ſie zergehen, und ſchuͤt-
ten ſie darauf auf einen Marmorſtein,
und machen ſie ſo breit und duͤnne, als
wie wir ſie zu ſehen bekommen. Ob
ſie uns auch ſchon zweyerley ſolche Lac-
ca zuſchicken, ruͤhret dieſes doch allein
daher, daß die Lacca ſchoͤner oder gerin-
ger geweſen. Uber dieſe aber giebet es
noch eine dritte Sorte, welche ſchwaͤrtz-
licht iſt, allein die Urſache iſt, daß ſie die
Tinctur bereits herausgezogen. Und
vor einigen Jahren brachten die Eng-
laͤnder eine groſſe Menge recht ſchoͤner
Lacca nach Franckreich, dieſelbe ſahe
wie Ohren aus und bekame deshalben
Ohren Lacca.den Namen Gomme en oreilles,Ohren
Gummi: ſeit dem aber hat man ſie
nicht weiter geſehen.
Was endlich die Wahl der Laccgum-
men betrift, ſo iſt wohl das vornehmſte
Zeichen ihrer Guͤte, wenn ſie fein bald
zergehen: denn alles Lacc, das nicht
ſtracks zerflieſſet, dienet zu nichts als
wegzuſchmeiſſen, bevoraus, wenn es
zum Spaniſchen Wachs, wozu es doch
ſonderlich gebrauchet wird, ſoll genom-
men werden. Die platte Lacca be-
langend, dieſelbe ſoll glaͤntzend ſeyn, hell
und durchſichtig, nicht gruͤnlicht, ſo hoch
an der Farbe, und ſo duͤnne, als immer
ſeyn kan. Die nach dieſer ſoll bey nahe,
gleichwie die erſtere beſchaffen ſeyn. Die
dritte, aus der die Farbe gezogen, und
die deswegen zu nichts nicht taug, als
zum Spaniſchen Wachſe, die muß nicht
verbrannt ſeyn, auch fein bald zergehen.
Unter der koͤrnichten aber ſolche Lacca
zu ſuchen, die ſtracks zergehet, duͤrffte
ſchier gar ein Fehler ſeyn, denn es nur
von ohngefehr kommt, wenn man ihrer
darunter antrifft. Derowegen laſſen
ſie die Siegelwachsmacher klein mah-
len, weil ſie ſich ſonſt nicht ſchmeltzen
laͤßt.
Dieſes wird aus Gummi Lacca berei-
tet, welches geſchmoltzen, und mit etwas
Vermeillon oder Zinnober angefaͤrbet,
hernach zu runden oder platten Stan-
gen gemachet iſt, ſo wie wir es ſehen.
Man ſoll aber dieſes Wachs ausleſen,
welches fein wohl flieſſet, fein dichte, und
ohne braune flecken und Reißſprey, da-
neben ſo hoch an Farbe ſey, ſoviel nur
moͤglich. Es wird zu nichts anders, als
zum Briefverſiegeln, gebrauchet: und
dieſes ſoll den Namen, aufrichtiges Sie-
gelwachs, fuͤhren. Das andere, wel-
ches diejenigen, die damit umgehen und
handeln, zu Paris verkauffen, iſt meh-
rentheils nichts anders, als koͤrnichte
Lacca, welche gemahlen und mit zer-
ſchmoltzenem Hartze incorporiret und
vermiſchet, und hernach mit blanc de
Seve und Vermiellon gefaͤrbet iſt, und al-
ſo verkauffet wird. Weil aber dieſes
Wachs eine haͤßliche Farbe hat, indem
ſie nicht gnug Vermeillon drunter thun,
deshalben nehmen ſie ſchoͤn roth gefaͤrb-
tes Laccgummi, ſtecken ihre haͤßlicheEs giebt auch
ohne das ro-
the Siegel-
wachs noch
ander gefaͤrb-
tes, z. E.
ſchwartzes/ ſo
mit Rus, gel-
bes, mit ge-
riebenen O-
perment ge-
faͤrbet, und
dergleichen
noch mehr.
So thun
auch etliche
etwas Zibet
darunter, da-
mit es einen
guten Geruch
bekomme.
Wachsſtangen drein, halten ſie darauf
zum Feuer und rollen ſie hernach, ma-
chen alſo und auf dieſe Weiſe Wachs,
das auſſenher gar ſchoͤn, das iſt, roth und
glaͤntzend ſiehet. Allein, der Betrug iſt
leichte zu entdecken, denn man im bre-
chen bald ſehen wird, daß das inwendi-
ge ſich zu dem auswendigen nicht ſchicke:
man wuͤrde uͤberdiß das Papier viel eher
zerreiſſen, als das Wachs davon und
herabbringen. Jch wuͤrde nicht zum
Ende kommen, wenn ich recht gruͤndlich
wolte von dem Siegelwachſe handeln,
welches, obwohl faͤlſchlich, fuͤr Spani-
ſches Siegelwachs ausgegeben
wird, da es doch die Spanier niemahls
gemacht haben, auch nicht einmahl wiſ-
ſen, was es iſt, denn ſie ſich nur gewiſ-
ſer kleiner Maſſen zum ſiegeln bedienen.
DEr Balſam aus Judea, den wir
insgemein Opobalſamum,Egypti-
ſchen Balſam, desgleichen Balſam
von groß Cairo zu nennen pflegen,
derſelbe iſt ein fluͤßiges weiſſes Hartz,
welches im Sommer aus dem Stamme
eines kleinen Baͤumleins rinnet, deſſen
Siehe Fig. 301.Blaͤtter den Rautenblaͤttern nicht un-
aͤhnlich ſehen: die weiſſen Bluͤmlein ſind
wie Sternlein formiret, aus deren Mit-
ten kleine Beerlein entſtehen, die an dem
einen Ende zugeſpitzt ſind, und ein klei-
nes Korn beſchlieſſen.
Dieſe kleine Frucht, Carpobalſamum,
Balſamfrucht genañt, haͤnget an klei-
nen Stielgen an den Aeſten, und iſt an-
fangs gruͤne, wird aber immer braͤuner,
ie mehr es zeitiget.
Sonſt war Jericho der eintzige Ort,
allwo der wahrhafte Balſam wuch-
ſe: ſeit dem aber der Tuͤrcke das gelob-
te Land unter ſeine Gewalt gebracht,
hat er die Balſambaͤumlein in ſeinen
Garten zu Materra bey groß Cairo
verſetzen laſſen, woſelbſt ſie, ſo lange der
Balſam laufft, von einem Truppen
Janitſcharen bewachet werden.
Ein guter Freund, der zu groß
Cairo geweſen, hat mich verſichert, daß
man dieſe Baͤumlein nicht anders, als
uͤber die Mauern des damit verſchloſſe-
nen Gartens ſehen koͤnte, dann der Ein-
tritt wuͤrde den Chriſten verwehret.
Den Balſam ſelbſt an der Stelle zu er-
halten, iſt faſt ohnmoͤglich, es ſey dann
durch Vermittelung der Geſandten an
die Pforte, die der groſſe Herr damit zu
beſchencken pflegt, oder durch Huͤlffe der
Janitſcharen, die den Garten bewahren.
Welches dann zu erkennen giebt, daß
der Balſam/ der von etlichen Marckt-
ſchreyern verkauffet wird, nichts als nur
weiſſer Peruvianiſcher Balſam ſey, den
ſie mit dem ſtaͤrckſten Weinſpiritus, oder
ein und andern diſtillirten Oele zugerich-
tet haben.
Doch bisweilen findet er ſich in groſſer
Herren Inventariis: wie dann im Jahr
1687. faſt vierzehn Untzen bey der Frau
von Villefarin/ in zweyen blechernen
Flaſchen, wie er von Cairo kommt, ge-
funden, und an eine Perſon verkaufft
wurde, die mir ihn ſehen lieſſe. Wir
befanden ihn gantz harte, goldgelb von
Farbe, und wie Citronen riechend. Nach
dieſem hat mir ein guter Freund eine Un-
tze gegeben, die er ſelber von Cairo mit
gebracht, woſelbſt er ſie von einem Baſ-
ſa von Adrianopel bekommen: derſel-
be iſt ſo ziemlich dicke, bald wie der Ter-
pentin von Chio, und hat obgemeldten
Geruch: denn dieſer iſt das eigentliche
Kennzeichen ſeiner Guͤte.
CArpobalſamum ſind, wie ſchon erwaͤh-
net, die kleinen Beeren des Bal-
ſambaͤumleins, welche, wenn ſie ge-
buͤhrend beſchaffen ſeyn ſollen, friſch
ſeyn, und einen gewuͤrtzhaften Ge-
ſchmack nebſt einem annehmlichen Ge-
ruch haben muͤſſen, abſonderlich, wenn
ſie noch neu ſind. Sie werden etwas
weniges zur Artzney gebraucht, iedoch
nur meiſtentheils zum Theriac, da ſie
dann keiner andern Bereitung von noͤ-
then haben, wenn ſie nur, wie erſt ge-
meldet, ausgeleſen, und von den ledigen
Huͤlſen, Stielen und wurmſtichichten
Beeren geſaubert werden.
XYlobalſamum ſind der Stamm und
die von Blaͤttern und Fruͤchten ent-
bloͤſeten Aeſte des Balſambaͤumleins,
die uns in kleinen Buͤndlein von Cairo
nach Marſeille uͤberſendet werden.
Und dieſes koͤmmt daher, daß man die
Balſambaͤumlein alle Jahre, als wie
bey uns die Weinſtoͤcke, beſchneidet;
die Tuͤrcken aber wollen lieber etwas
draus loͤſen, als ſie verbrennen.
Man ſoll das Balſamholtz erweh-
len, wenn es kleine Ruͤthlein voller Kno-
ten ſind, mit einer roͤthlichten Rinde
uͤberzogẽ: das Holtz muß inwendig weiß
C c 3ſehen/
[]Der Spezereyen und Materialien
ſehen, ſehr hartzigt und aromatiſch ſeyn.
Es wird mehrentheils zu den trochiſcis
hedichroi gebraucht, dazu es keiner
andern Zubereitung von noͤthen hat,
als daß es nur alſo beſchaffen ſey, wie
ietzt gemeldet worden.
DJe Tuͤrcken, welche alle Jahr nach
Mecha wallfahrten, bringen einen
ſonderlichen trocknen und weiſſen Bal-
ſam mit, der der Geſtalt nach dem weiß-
gebrannten Vitriol nicht ungleich ſiehet,
inſonderheit, wenn er zu alt worden.
Diejenige Perſon, die mich mit ohn-
gefehr einer halben Untze verehret hat,
verſichert, daß er ſelbſt ihn zu Mecha
fluͤßig gekauffet, und daß ihn der Seege-
ruch alſo veraͤndere, wie ich oben erin-
nert. Auch hat mich eben dieſe Perſon
vergewiſſert, daß man aus dieſem Bal-
ſam eben ſo gute Schmincke, wie aus
dem Juͤdiſchen Balſam bereiten koͤn-
ne.
WJr verkauffen zu Paris dreyerley
Balſam, unter dem Titel des Bal-
ſams aus Peru: einen weiſſen, der
Balſam vom Schnitt genennet, den
in Schalen, der truckne Balſam, und
den ſchwartzen, der gewaſchne betitelt.
Der erſte iſt eine weiſſe Feuchtigkeit, dem
Bijon, deſſen ich im Cap. vom Terpen-
tin gedencken werde, in allem gleich. Er
tropfet aus dem Stamm und dickſten
Aeſten gewiſſer Baͤumlein, deren Blaͤt-
Siehe Fig. 302.ter, gleichwie die Figur weiſet, geſpaltet
ſind, und in Neuſpanien und Peru in
Menge wachſen. Der andere, der
Balſam in Schalen, oder der harte
Balſam, der aus den abgehauenen
Aeſten rinnet, daran man allerhand
Gefaͤſſe haͤnget, die Milch, welche dar-
aus, eben als wie bey uns das helle
Waſſer aus dem Weinſtock, dringet,
darinne aufzufangen: wann dieſe voll,
ſetzen ſie andre drunter, und fahren fer-
ner alſo fort, bis daß die Baͤume nichts
mehr ſchwitzen. Drauf ſtellt man die-
ſe Gefaͤſſe etliche Tage an warme Orte,
damit dieſe Milch gerinne, und ihre Far-
be veraͤndere. Der dritte und ſchwar-
tze Balſam wird von der Rinde, den
Aeſten und Blaͤttern dieſer Baͤumlein,
welche in Waſſer gekocht werden, berei-
tet: wenn ſelbige nun eine zeitlang ge-
ſotten, nimmt man ſie vom Feuer hin-
weg, und ſammlet die oben drauf
ſchwimmende ſchwartzbraune Feiſtig-
keit zuſammen. Und dieſe nennen wir
den ſchwartzen Peruaniſchen Bal-
ſam.
Der erſte, der aus den Aeſten triefft, iſt
der harte Balſam: wann der vollkom-
men gut ſeyn ſoll, ſo muß er roͤthlicht
ſehen, wohl riechen, und ſo trucken, als
nur moͤglich, ſeyn. Es bedienen ſich
ſeiner gar viel Privatleute, nicht allein
zur Artzney, ſondern ſie machen auch
Jungfermilch daraus, welche viel ſtaͤr-
cker riecht, als die von der Benzoe und
Storax gemachet wird. Mich haben
etliche verſichern wollen, der Balſam
in Schalen ſey aus Benzoe, Storax
und Peruvianiſchen Balſam zuſam-
men geſetzet, welches ich zwar zu unter-
ſchiedenen mahlen unterſuchet aber
unwahr befunden. Doch dem ſey wie
ihm wolle, ich will indeſſen gedencken,
wie daß der Balſam desCommandeurs
de Perne, von dieſem trucknen Balſam
und andern Spezereyen bereitet werde,
will ihn auch ſeiner vortrefflichen Tu-
genden halber iederman bekannt und
gemein machen.
Wenn die Aeſte nicht mehr trieffen,
reiſſet man den Stamm ſelbſt auf, ſo
rinnet eine klare milchweiſſe Feuchtig-
keit heraus, welche wir weiſſen Bal-
ſam oder Balſam vom Schnitt zu
nennen pflegen. Derſelbe muß fein
weiß ſeyn, und dem Juͤdiſchen Balſam
ſo nahe als moͤglich, kommen, wenn er
anders recht gut ſeyn ſoll. Dieſer Bal-
ſam wird meines wiſſens, blos und al-
lein zu Wunden gebraucht, oder an ſtatt
des wahrhaften Opobalſami verkauffet,
ob gleich ein ziemlich groſſer Unterſchied
zwiſchen beyden, indem das wahrhafte
Opobalſamum einen Citronengeruch
hat, welcher hingegen an dem weiſſen
Peru-
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
Peruvianiſchen Balſam nicht zu ver-
ſpuͤren. Man muß auch zuſehen, daß
er nicht ſchmiericht, oder wohl gar nur
Bijon ſey, denn ſie ſehr ſchwerlich vor
einander zu erkennen. Der kuͤrtzeſte
Weg iſt, daß man ihn von redlichen Leu-
ten erhandele. Dieſer Balſam wird
nicht ſo ſehr gebraucht, dagegen der
ſchwartze deſto oͤfter, theils wegen ſei-
nes angenehmen Geruchs, theils aber
weil er zu den Wunden gar vortrefflich
dienlich iſt. Derowegen brauchen ihn
auch Privatleute zu friſchen Wunden,
desgleichen die Parfumirer, alldieweil
er gar ein ſchoͤnes Rauchwerck giebt.
Wann er nun, wie ſichs gebuͤhret, ſeyn
ſoll, ſo muß er dicke ſeyn, ſchwaͤrtzlicht
ſehen, und einen angenehmen Geruch
haben: dabey hat man ſich vorzu ſehen,
daß er nicht, wie zum oͤftern geſchicht,
mit ſuͤſſem Mandeloͤle vermiſchet ſey.
Dieſen Betrug aber kan man leichtlich
entdecken, wenn man nur ein klein we-
nig auf Papier thut; denn wenn er
roͤthlicht ſieht, und leichtlich herablaufft,
iſt es ein Zeichen, daß er einigen Zuſatz
bekommen: da hingegen, wenn er rein
iſt, wird er ſchwartz und dicke ſeyn. Auch
haben mich einige verſichern wollen, die
Portugieſen richteten dieſen Balſam
von unterſchiedenen aromatiſchen Oe-
len und Spezereyen zu, und verkauff-
ten ihn hernachmahls an die Hollaͤn-
der, von denen wir ihn zum oͤftern
kauffen. Die Species waͤren folgen-
de.
Nehmet
Die Spezereyen duͤrffen nur groͤblich
zerſtoſſen werden: drauf laſſet den Ter-
pentin, Galipot, Gummi Elemy und
Beenoͤl unter einander zergehen, und
wenn ſie zergangen, ſo ruͤhret die Pul-
ver drein. Wenn nun der Teig fer-
tig, alsdann thut ihn in eine glaͤſerne
Retorte, jedoch, daß der dritte Theil le-
dig bleibe: nachdem ihr ſie wohl verlu-
tiret und getrocknet, ſo ſtellt ſie in den
Sand, und es wird zu erſt ein klares
Waſſer heruͤber gehen, nach dieſem einOel und Waſ-
ſer vom
ſchwartzen
Balſam.
goldgelbes Oel, und endlich ein ſchwar-
tzer Balſam, welcher, nach einiger Mei-
nung, derjenige iſt, den wir unter dem
Titel des ſchwartzen Peruvianiſchen
Balſams verkauffen.
Das Waſſer, eingenommen, iſt treff-
lich gut fuͤr diejenigen, die mit der fal-
lenden Sucht, Gliederzuͤcken/ Bloͤ-
digkeit des Magens und Blehun-
gen beladen ſind.
Das Oel dient wider den Schlag/
fuͤr verletzte Nerven und andere Glie-
derkranckheiten/ wenn man ſich da-
mit reibt.
Der Balſam aber kom̃t dem Perua-
niſchen an Kraͤften bey.
Nehmet
Dieſes alles miteinander zerſtoſſen,
und in eine wohlverwahrte Flaſche oder
ander Glas gethan, und die Hundstage
hindurch an die Sonne gehangen: nach
verfloſſener dieſer Zeit, druckt man alles
durch ein Tuch, und gebraucht es zu
nachfolgenden Zufaͤllen.
Die Tugenden und Kraͤfte des
Balſams de Perne, wie ſolche
der Herꝛ Bimodan in Ori-
ginal gegeben.
Erſtlich iſt weder Schuß, noch
Hieb, noch Stoß, es muͤſte denn die
Wunde toͤdlich ſeyn, welcher nicht in
acht Tagen ſolte koͤnnen geheilet wer-
den, wenn man dieſen Balſam in die
Wunden ſpritzet, oder mit einer Feder,
oder etwas Carpy hineinſchmieret: ie-
doch muß man die Wunde auch ſelbſt mit
dieſem Balſam verbinden, weiter hat
man nichts von noͤthen. Denn, wenn
man die Wunde ſtracks mit dem Bal-
ſam verbindet, ſo eitert ſie nicht: wird
ſie aber mit den gewoͤhnlichen Mitteln
verbunden, ſo giebt ſie alle Tage Eiter.
Dergeſtalt braucht man weder Meiſel,
noch Pflaſter, wenn man den Balſam
drauf legt: das erſtemahl zwar verur-
ſacht er heftige Schmertzen, allein die-
ſes waͤhꝛet kaum ſo lange, als ein Ave Ma-
ria, hernach fuͤhlt man weiter nichts.
Wider die Colica iſt dieſer Balſam
unvergleichlich: nehmet derowegen ein
klein wenig Claret, ein Paar Finger-
huͤte voll, und thut vier oder fuͤnff Tro-
pfen dieſes Balſams drein: dieſe werden
den Wein truͤbe machen, ruͤhrt es aber
nur um, und verſchluckt es, es hilft au-
genblicklich.
Wider das Podagra iſt es ein allge-
meines Mittel: man ſtreicht es blos mit
einer Feder oder ein wenig Baumwolle
auf den ſchmertzhaften Ort.
Wider das Zahnwehe hilft es gantz
wunderſam, wenn man ein wenig
Baumwolle in dieſen Balſam getun-
cket, auf den wehthuenden Zahn leget.
Es heilet alle Geſchwuͤre/ ſelbſt den
Krebs und krebsartige Schaͤden.
Es iſt ein ſicheres Mittel wider aller
giftigen Thiere und toller Hunde
Biſſe.
Auch verhindert er, daß man von Bo-
cken oder Blattern nicht gezeichnet
werde, wenn man ſie naͤmlich, indem ſie
hervorkriechen, damit reibet: denn er
trocknet ſie aus, daß ſie nicht zum Eitern
kommen, dadurch ſonſten die Gruben
verurſachet werden.
Jngleichen iſt er ein herrliches Mit-
tel fuͤr die goldne Ader, wenn man
dieſelbe, ehe man ſich zu Bette leget, da-
mit reibt.
Nicht weniger wunderbar iſt er,
wenn einer braun und blau geſchla-
gen worden: man darff ſich nur damit
reiben.
Wider den Frieſel dient er gleichfalls
recht unvergleichlich, und muß man al-
lein fuͤnff oder ſechs Tropfen mit vier
oder fuͤnff Loͤffeln warmer Suppe hinab-
ſchlucken.
Fuͤr das Augenweh iſt er gut, wenn
man ihn mit einer Feder drauf ſtreicht.
Uberdiß iſt er auch ein uͤber alle maſ-
ſen herrliches Mittel fuͤr das Magen-
weh; man nehme ihn, wenn man das
Fieber hat, in einer Suppe: ohne die-
ſes, in Weine ein. Es reiniget den Ma-
gen, und machet Appetit.
Dieſer Balſam muß niemahls ge-
waͤrmet, ſondern allezeit kalt aufgele-
get werden; da er dann, ſobald er aufge-
leget worden iſt, eintrocknet.
Er dienet nicht nur den Weibern die
Zeit zu erregen, ſondern auch die Blut-
ſtuͤrtzungen bey ihnen zu ſtillen, wenn
ſie fuͤnff bis ſechs Tropfen in Suppe oder
Wein einnehmen.
Wenn man den Balſam aus der Fla-
ſche nimmt, ſoll man dieſelbe alſobald
hinwiederum verſtopfen, damit er nicht
verrieche.
Jſt dann eine Wunde bereits mit ei-
nem ſonſt gewoͤhnlichen Mittel verbun-
den, und man wolte dieſen Balſam ge-
brauchen, ſo ſoll die Wunde vorher mit
warmen Weine ausgewaſchen, und ſo-
dann erſt der Balſam appliciret werden:
ſie wird zwar gewiß genug, doch nicht
ſobald heilen.
Dieſer Balſam heilet auch alle Fi-
ſteln/ ſie moͤgen gleich an dieſem oder
an jenem Orte ſich befinden, und noch
ſo alt ſeyn.
Er iſt auch ſehr gut wider den Durch-
fall und rothe Ruhr, fuͤnff bis ſechs
Tropfen
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
Tropfen in blancken Wein, oder drey
oder vier Loͤffel Suppe genommen.
Desgleichen iſt er ſehr dienlich, wenn
ein Pferd vernagelt iſt, denn man
darff nur einen oder zwey Tropfen die-
ſes Balſams in das Loch, daraus der Na-
gel gezogen worden, fallen laſſen; es hei-
let augenblicks.
MAn bringet zweyerley Gattung die-
ſes Balſams zu uns, den einen als
ein klares, den andern als ein dickes Oel:
welches aber blos von der Zeit, wenn
ſie naͤmlich vom Baume gefloſſen, her-
ruͤhret; dann der, welcher ſtracks aus
Siehe Fig. 303.dem Baume, deſſen Figur beſiehe, her-
vordringet, ſobald nur drein geſchnitten
worden, iſt ein klar und weiſſes Oel, das
wie Hartz riecht, worauf der andere,
welcher ein wenig goldgelbe iſt, und di-
cker, folget, hat auch eben deswegen den
Titel eines Balſams empfangen. Die-
ſer Balſam wird insgemein aus Por-
tugall in irdenen Flaſchen uͤberbracht,
welche oben zugeſpitzet ſind: in denenſel-
bigen befindet ſich ein Hauffen Feuchtig-
keit, welches aber Schaden thut, und
den Balſam weiß machet, als wie Mol-
cken, daß er nicht wohl kan verkauffet
werden. Dannenhero muß man wohl
drauf Achtung geben, wie nicht weni-
ger zuſehen, ob auch irgend viel Koth
und Unflat darinne iſt.
Die Wilden haben kein beſſeres Mit-
tel zu allerhand Wunden, als ihr Colo-
cai; denn alſo nennen ſie dieſen Balſam,
die Braſilianer aber Copaiba, die
Portugallier Gamelo, und wir Copau,
Copaif oder auch Campaif. Und es iſt
wuͤrcklich eines der herrlichſten Wund-
mittel, welche bisanhero gefunden wor-
den, inſonderheit, wenn er pur iſt, und
nicht vermenget, oder auch, wenn nichts
von ſeiner Feuchtigkeit, das iſt, von dem-
jenigen Waſſer dabey iſt, welches, wenn
der Balſam aus dem Baume fließt, zu-
gleich mit heraus laufft.
Die Wilden haben die Kraͤfte dieſes
Balſams von den Schweinen, die auf
den Jnſeln ſind, erlernet. Denn ſo bald
dieſe Thiere ſich verwundet befinden,
lauffen ſie an dieſe Baͤume, und hauen
mit ihren Waffen in die Staͤmme, rei-
ben den Balſam, der heraus laufft, in
die Wuuden, und fahren damit fort, bis
ſie gaͤntzlich heil worden. Dieſes hat
mir der Herr Rouſſeau aus S. Do-
mingo berichtet. Das Holtz dieſes
Baumes betreffend, mit demſelben faͤr-
ben ſie roth, als wie mit dem Braſilien-
holtze.
DJeſer iſt ein Hartz, das aus dem
Stamme gar vieler Baͤume, durch
die Ritzen, die man darein gemacht, her-
vordringet.
Dieſe Baͤume haben Blaͤtter, bey
nahe wie der Baum, darauf das Jo-
hannsbrod waͤchſt, und finden ſich in
groſſer Menge in einer gewiſſen Land-
ſchaft in Neuſpanien, zwiſchen Car-
tagena und Nombre de Dios.
Die Einwohner der Orten hencken
kleine Gefaͤſſe, aus ſchwartzem Wachſe
des Landes gemacht, unten an die Baͤu-
me. Wann nun der Saft herabgefal-
len, wird er haͤrtlich, und uͤberkommt
die Geſtalt und Conſiſtentz des Flandri-
ſchen Leimes, der erſt neulich gemachet
worden iſt.
Dieſer Balſam iſt in Franckreich
uͤberaus rar; doch wer ihn noͤthig hat,
kan ihn aus England bringen laſſen,
denn daſelbſt findet man ihn gemei-
niglich.
Man erwehle den Balſam, welcher
friſch iſt, von lieblichen durchdringenden
Geruch, der dem Geruch des Juͤdiſchen
Balſams ſehr nahe kommt: denn, wann
er alt worden, bekommt er die Conſi-
ſtentz des trocknen Balſams.
Es werden ihm im uͤbrigen alle Ei-
genſchaften der andern Balſame beyge-
leget: diß aber hat er als etwas eignes,
daß er kein Brechen erreget, wenn man
ihn einnimmt.
DJeſer kommt dem Balſam von
Tolu an Farbe und Geſtalt ziem-
lich nahe, allein er hat einen weit ange-
nehmern Geruch.
Er wird, als wie das Lorbeeroͤl, aus
kleinen runden Fꝛuͤchten gezogen, welche
Traͤubleinweiſe auf einem Geſchlecht
der Baͤume wachſen, deren Blaͤtter ſehr
groß und breit, obenher gantz gruͤn, un-
ten aber nur gruͤnlicht ſehen; ſie wachſen
in Weſtindien, ſonderlich auf der Jnſel
S. Domingo.
Dieſer Balſam iſt in Franckreich der-
maſſen rar, daß man ſchier gar keinen zu
ſehen bekommt.
DEr Liquidambar iſt ein fluͤßiges
Hartz, klar und roͤthlicht, rinnet
aus dem Stamme ſtarcker und groſſer
Siehe Fig. 306.Baͤume, deren Blaͤtter den Epheublaͤt-
tern ziemlich gleich ſind, und haͤuffig in
Neuſpanien, allwo ſie Oſocotl ge-
nennet werden, wachſen.
Die Jndianer ritzen die dicht- und
dicke Rinde dieſer Baͤume auf, da dann
ſofort das Hartz heraus fleußt; wann
ſie nun deſſen eine gute Menge haben,
ſenden ſie es nach Spanien, allda es in
Faͤßlein, wie bey uns der Terpentin, ver-
kaufft wird. So gemein es aber vor
dem in Franckreich war, ſo rar iſt es
anietzo.
Dieweil es gantz fuͤglich aus Spa-
nien zu bekommen, derowegen erkieſe
man ſolches, das fein klar iſt, und gut
riecht, faſt wie Ambra; denn darum iſt
es auch liquidambar, welches eben ſo viel
als fluͤßiger Ambar heißt, genennet wor-
den: ſo muß es auch goldgelbe ſehen,
denn wenn es altworden, iſt es dicke und
roth.
Es iſt ein gantz unvergleichlicher
Balſam zu Wunden und Fiſteln am
Hintern.
Wir verkauffen aber zweyerley Li-
quidamber: der eine iſt als ein klares
Oel, und wird auch deswegen Liqui-
damberoͤl genennet: der andere iſt ein
Oel, das ſo dicke iſt als wie Terpentin,
und derohalben Liquidamberbalſam be-
titelt worden. Doch ruͤhret dieſer Un-
terſchied allein daher, daß ſie nicht zu ei-
ner Zeit aus dem Baume getroffen:
denn der zu erſt herausdringt, iſt allzeit
klaͤrer, und darum dem andern billich
vorzuziehen. Weil aber dieſer Liqui-
damber gar zu rar iſt, dieſerwegen
braucht man an ſeine ſtatt das Johan-Johannsoͤl.
nisblumenoͤl, welches von den Blu-
men dieſes Krautes, in Baumoͤl gethan,
und an die Sonne geſtellet, bereitet
wird. Dieſe Blumen geben dem Oele
eine ſehr ſchoͤne rothe Farbe, dazu etliche,
und zwar mit gutem Fug und Rechte,
annoch feinen Terpentin, ja auch Saf-
ran thun. Je aͤlter das Oel, ie kraͤfti-
ger iſt es, und koͤnte man es gantz wohl
einen wahrhaften Balſam nennen, der
doch nicht koſtbar iſt, indem die Blumen
ſehr wohlfeil ſind. Dieſes aber muß
dabey in Acht genommen werden, wenn
das Oel eine ſchoͤne rothe Farbe bekom-
men ſoll, daß man allein die ſchoͤnen gel-
ben Bluͤmlein darein thue, ſonſt wird
das gruͤne verhindern, daß es nicht ſo
ſchoͤn roth wird.
Man macht ſonſt auch noch ein blau-Camillenoͤl.
es Oel von den Camillenblumen, und
verfaͤhrt damit auf obgedachte Weiſe,
allein es hat bey weitem nicht die Tu-
genden, die das erſte hat.
DEr Terpentin iſt ein klarer durch-
ſichtiger liquor, oder Saft, welcher
aus den aufgeritzten Staͤmmen und Ae-
ſten unterſchiedener Baͤume rinnet;
gleichwie aus folgenden zu erſehen.
Wir verkauffen aber gemeiniglich
dreyerley Terpentin/ den von Chio,
den von Bois de Pilatre- und den von
Bourdeaux. Es finden ſich zwar noch
mehr Sorten in den meiſten Kramlaͤ-
den,
[]
Figure 279. Peruvianiſcherbalſam F. 302. p. 411. | Figure 280. Tolutaniſcher balſam. F. 304. p. 417. | Figure 281. Liquidambra. F. 306. p. 419. |
Figure 282. Neuer balſam. F. 305. p. 419. | Figure 283. Lopaÿra balſam. F. 303. p. 417. | |
Figure 284. Weÿrauch. F. 298. p. 399. | Figure 285. Füdiſcherbalſam. F. 301. p. 409. | Figure 286. Fanitſcharen wathtbeym balſam ſtrauche. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
den, allein dieſes entſtehet nirgend an-
ders her, als daß ihm falſche Namen ge-
geben worden, oder weil man ſie ver-
faͤlſchet hat, wie ich gleich ietzo berichten
werde.
Der erſte und auch der theuerſte Ter-
pentin iſt der aus Chio: rinnet aus
dem Stamm und ſtarcken Aeſten eines
Baumes von mittelmaͤßiger Hoͤhe, der
Terpentinbaum genannt, welcher
haͤuffig in der Jnſel Chio/ Cypern/
Spanien, und auch in Franckreich
waͤchſt. Dieſe Baͤume treiben gruͤne
Blaͤtter; Bluͤte und Fruͤchte ſehen wie
Siehe Fig. 307.die Figurweiſet. Der Fruͤchte giebt es
zweyerley: die einen ſind ſo dicke, wie
die Haſelnuͤſſe, und ſehen wie die Piſta-
zien; die andern ſehen den Wachhol-
derbeeren gleich. Allein, weil wir we-
der mit dieſen noch mit jenen zu handeln
pflegen, derohalben will ich den Leſer
zu denenjenigen Buͤchern weiſen,, wel-
che deren Meldung thun. Was nun
den Terpentin von Chio betrift, der-
ſelbe ſoll eine dichte Conſiſtentz haben,
bey nahe weder Geſchmack noch Ge-
ruch, eine weiſſe Farbe, die ſich doch aufs
gruͤne ziehet, und ſo wenig als moͤglich,
an den Haͤnden und Fingern kleben
bleibt. Dabey ſoll man Achtung ge-
ben, daß es kein Terpentin aus dem
Holtze bey Pilatre ſey, den man praͤ-
pariret, das iſt, kochen und bis zur Helf-
te eintrucknen laͤßt; denn dieſen ver-
kauffen ihrer etliche, wiewohl faͤlſchlich,
fuͤr den aufrechten Terpentin aus Chio.
Jedoch iſt ſolches ohnſchwer aus dem
ſtarcken Geruch zu mercken, und daß er
an den Zaͤhnen behangen bleibt, dane-
ben bitter ſchmeckt, und wohlfeil iſt, da
wir dagegen das Pfund des rechten
Terpentins aus Chio unter 6. bis 7.
Francken aufs mindeſte, nicht ſchaffen
koͤnnen.
Darum auch, und weil dieſer Ter-
pentin ſo gar theuer iſt, wird er wenig
zur Artzney gebrauchet, und das weni-
ge, das davon verthan wird, verdient
kaum, daß man davon rede. Ja wenn
nicht annoch einige curieuſe Leute und
rechtſchaffene Apothecker waͤren, wel-
che den Theriac machen, oder ihn auch
andere Privatperſonen nicht gebrauche-
ten, ſo glaube ich, daß man die Muͤhe
nicht mehr nehme, und ihn bringen lieſ-
ſe. Doch ruͤhret dieſes zum Theil da-
her, weil es Leute giebet, die den Ter-
pentin aus dem Holtze bey Pilatre
und Foreſt an dieſes Stelle verkauffen,
dafuͤr man ſich alſo zu huͤten hat.
Die andere Gattung des Terpentins
iſt der de bois de Pilatre,aus dem Hol-
tze bey Pilatre/ welchen wir unter dem
falſchen Namen des Venediſchen Ter-
pentins verkauffen, und abſonderlich
bey groſſer Hitze aus den Lerchen-Fich-Siehe Fig. 308.
und 309.
ten- und Tannenbaͤumen, ohne daß ſie
aufgeritzet worden, rinnet. Dieſer
Terpentin, oder vielmehr, natuͤrliche
Balſam, wird von den Leuten im Lyo-
niſchen Gebiete Bijon genennet: Wie-Bijon.
wohl das wenige, das ſie uns davon
uͤberſenden, kaum der Rede werth iſt.
Allein daran iſt unſere Unwiſſenheit
Schuld und Urſache, indem ſie ihn uns
fuͤr weiſſen Peruvianiſchen Balſam
verkauffen. Jedoch, was die Kraft
und Tugend betrifft, da wird einer wohl
nicht betrogen, denn ich verſichern kan,
daß der wahrhafte Bijon oder Terpen-
rin, der ohne Schnitt herausgelauffen,
eben ſoviel Kraft habe, als der weiſſe
Peruvianiſche Balſam. Welches denn
des Herrn Furetiere Berichte ſchnur-
ſtracks entgegen laͤuft, als welcher ge-
meldet, der Bijon ſey eine Waare, wel-
che die Apothecker an ſtatt des Terpen-
tins einzuſchieben pflegten; ſo aber ein
ziemlicher Schnitzer. Sie habens beſ-
ſer gelernet: denn erſtlich koſter ein
Pfund des rechten Bijon mehr als ſechs
Untzen Terpentin: zum andern bin ich
ſicher, daß ſehr wenig Apothecker, ja
wohl gar Spezereyhaͤndler in Paris
wiſſen, was es iſt. Drittens halte ich
dafuͤr, daß wenn iemand zehen Pfund
Bijon noͤthig haͤtte, er Muͤhe genug ha-
ben duͤrfte, bis er ſie gefunden, da er
hingegen wohl 5000. Pfund Terpentin
antreffen ſolte.
Allein, wieder auf unſern alſo ge-
nannten Venediſchen Terpentin zu
kommen; von dem will ich annoch ver-
melden, daß die Bizeards, welches ar-
me Leute ſind, die ſich in dem Holtze
bey Pilatre und in den Gebirgen auf-
halten, und die Baͤume, wenn ſie ſehen,
daß ſie nichts mehr geben, aufreiſſen,
da dann ein Saft, wie klar Waſſer her-
aus laufft, welcher gelblicht weiß ſiehet,
und wenn er aͤlter worden, dicke wird,
und eine Citronenfarbe uͤberkommt.
D d 2Wann
[]Der Spezereyen und Materialien
Wann ſie nun den Terpentin geſamm-
let, welches des Jahres zweymahl ge-
ſchicht, im Fruͤhling und im Herbſte, ſo
bringen ſie ihn in Tonnen und Bocks-
haͤuten nach Lyon, und verkauffen ihn
den Spezereyhaͤndlern, von denen
wir ihn hernach erhandeln. Derohal-
ben laſſe man ſich berichten, und glaube
nicht, daß dasjenige, was wir unter
dem Titel des Venediſchen Terpen-
tins verkauffen, ſolcher ſey und daher
komme: ſo ſoll man ihn auch fernerhin
Feiner Ter-
pentin.nicht mehr alſo nennen, ſondern feinen
Terpentin aus dem Holtze bey Pi-
latre/ oder von Lyon.
Doch dem ſey wie ihm wolle, man
erwehle nur dieſen Terpentin, der ſo
klar und ſo weiß ſey, als immer ſeyn kan,
und nehme ſich in Acht, daß eꝛ nicht nach-
gemacht, oder Terpentinoͤl dazu gethan
worden ſey; welches man iedoch gantz
leichtlich an Geruch, Farbe und der Con-
ſiſtentz vermercken kan: oder aber, man
tuncket ein Stuͤcklein Papier drein, und
zuͤndet es an, ſo giebt es eine ſchwartze
ſtinckende Flamme, wenn er mit dieſem
Oele vermehret worden, da hingegen,
wann ſie ihn gelaſſen, wie er von Na-
tur iſt, als wie Hartz riecht, und nicht ſo
geſchwinde weglodert. Auch kan man
es erkennen, wenn man einen Tropfen
auf den Nagel thut, denn wo er rein iſt,
bleibt er darauf ſtehen, wo er aber ver-
miſchet iſt, zerfließt er.
Es iſt dieſer Terpentin, wegen ſeiner
herrlichen Eigenſchaften, nicht allein zu
vielen dienlich, ſondern es gebrauchen
ihn auch allerley Handwercker, doch
vornehmlich diejenigen, welche Verniß
machen.
Die dritte Gattung des Terpentins
iſt der gemeine, deme der Name Ter-
pentin von Bayonne oder von Bour-
deaux/ gegeben worden. Er iſt weiß,
und ſo dicke, wie Honig; wird ſolcher
geſtalt bereitet, als wie in dem Berichte
ſtehet, der mir von Dax zugeſchicket
worden, denn von dieſem Orte kommt
ſchier aller Terpentin, den wir verkauf-
fen, uͤber Bourdeaux, Nantes und
Rouan. Dieſer Terpentin aber rin-
net nicht aus den Fichten und Tannen,
wie zwar ihrer viele vermeinen; ſon-
dern er wird von einem weiſſen und
harten Hartz bereitet, das wir Galipot
zu nennen pflegen, die Bergleute aber
Barras.
Was nun den aufrichtigen Vene-
tianiſchen und Cypriſchen Terpen-
tin betrifft, zuſamt dem, der von Piſa
kommt, von denenſelben bekommen
wir gar keinen zu ſehen, dann der, den
wir unter dem Namen des Venediſchen
verkauffen, iſt nur Terpentin aus dem
Holtze bey Pilatre/ etliche Meilen von
Lyon gelegen. Dem Cypriſchen
wird der von Chio ſubſtituiret, und
dem von Piſa derjenige, der aus Fran-
che Comte kommt, ingleichen der ge-
meine/ unter den Terpentinoͤl geruͤhret
worden und etwas weniges Gruͤnſpan,
damit er einen gruͤnlichten Blick bekom-
me: wiewohl es ziemlich ungereimt
heraus kommt. Denn erſtlich iſt der
aufrichtige Piſiſche Terpentin weiß-
gelblicht. Zum andern verderbt dieſer
nachgemachte Terpentin alle Sachen,
damit er vermiſchet wird, und dieſes
wegen des Terpentinoͤls, welches ſich
nicht zu allen und ieden Dingen ſchicket.
Und drittens, weil er gruͤnlicht ſiehet, da
doch im Gegentheil der Piſaniſche gelb-
licht iſt.
Es wird aber ſchier an keinem Orte
ſo viel falſcher Terpentin gemacht, als
wie zu Rouan: daher auch alle Tabu-
letkramer daſelbſt hin ziehen, und dieſe
liederliche Waare kauffen, welche ſie
hernachmahls den Apotheckern und an-
dern Leuten auf dem Lande, die ſich eben
ſo genau nicht darauf verſtehen, fuͤr
aufrichtigen Venediſchen Terpentin
verhandeln. Treffen ſie aber verſtaͤn-
dige Apothecker an, ſo ſagen ſie, es ſey
freylich kein rechter Venediſcher, doch
kaͤme er von Piſa. Und dieſe abgefeim-
ten Betruͤger; darunter ich doch die-
jenigen nicht will mit begriffen haben,
welche etwa ohngefehr noch ehrlich ſeyn
moͤchten; nennen dieſen Terpentin und
alle Spezereyen, ſo wohl einfache als
zuſammengeſetzte; ob ſie ſchon wiſſen,
daß ſie nachgemachet ſind, und ſie dieſel-
ben entweder bereits gemiſcht gekauffet,
oder aber ſie ſelbſt verfaͤlſchet; la Gourre,Gourre.
und diejenigen, die ſie verkauffen,
Gourreurs.
Was die compoſitiones Pharmacevticas
betrifft, dieſelben heiſſen ſie Bernetz/ da-Bernez.
mit die Apothecker, denen es gehoͤret, ſie
zu viſitiren, nicht verſtehen moͤgen, was
es
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
es fuͤr ein Gemenge ſey. Auf daß aber
die Apothecker in den kleinen Staͤdten
ſie nicht ertappen koͤnnen, ſo iſt das ihr
erſtes, daß ſie ſich, ſobald als ſie in die
Staͤdte kommen, nach dem Wirthshau-
ſe machen, und ihr alſo genanntes Per-
nez in eine Kammer tragen, hernach
dann laſſen ſie die Simplicia von den Apo-
theckern, die oftmahls auch, nach dem
Sprichworte, fuͤnffe laſſen gerade ſeyn,
beſchauen. Denn verſichert, dieſe Ta-
buletkramer ſind alſo abgerichtet, und
ohne Widerrede, dermaſſen durchtrie-
bene Gaͤſte, daß zu verwundern, wie die-
ſe Leute, die doch nur in dem wilden
Walde erzogen, weit mehr wiſſen, als,
wenn ich anderſt alſo reden darff, alle
redliche Kauffleute: verſtehe aber von
der Bosheit. Welche ſchoͤne Wiſſen-
ſchaft ſie von etwa zwey oder drey Kauff-
leuten, dergleichen es in allen groſſen
Staͤdten, als da iſt, Paris, Lyon,
Rouan, und andere mehr, giebet, erler-
net haben.
Dieſem Unheil aber vorzubauen, daß
naͤmlich weder Patienten, noch Hand-
wercker betrogen wuͤrden, damit auch
die Apothecker ihre Sachen durchſuchen
koͤnten, ſolten dieſe alſofort bey jener ih-
rem Eintritt in die Staͤdte, Flecken und
Doͤrffer, die Unterſuchung anſtellen,
und nicht zugeben, daß ſie vorher in den
Gaſthoͤfen ihre Sachen ablegen duͤrff-
ten.
Vermeine alſo, daß ich von dieſen Ta-
buletkramern genug geſaget, um zu ver-
huͤten, daß das gemeine Weſen nicht
betrogen werde, ſowohl auch, daß die-
ſer Tabulettraͤger ſelbſteigenes beſtes da-
durch befoͤrdert werde. Anderſeits ſol-
ten die Apothecker, Wundaͤrtzte und an-
dere dergleichen Leute betrachten, was
groſſe Muͤhe und haͤuffige Unkoſten dieſe
armen Leute aufwenden muͤſſen, dahe-
ro, weil man alles aufs wohlfeilſte von
ihnen haben will, zu dergleichen Betruͤ-
gerey genoͤthiget werden. Dieſem Un-
fug aber koͤnte noch ferner geſteuert wer-
den, wenn ſie von denenjenigen einen
Schein bringen muͤſten, denen ſie ihre
Waaren abgekaufft, und wenn ſie die-
ſelben nicht anders, als in Buͤchſen und
Packetlein, von unterſchiedlichem Ge-
wichte, verkauffen duͤrfften, welche noch
uͤberdiß von dem Verkaͤuffer muͤſten ver-
ſiegelt ſeyn. Jch halte dafuͤr, es ſolte
eines der groͤſten Liebeswercke ſeyn, die
man thun koͤnte: denn es iſt mehr denn
zu gewiß, daß eben ſoviel Leute von de-
nen haͤßlichen Materialien, die ihnen
eingegeben werden, als vielleicht durch
Kranckheit ſterben, welches man auch
in gegenwaͤrtigem Wercke zur Gnuͤge
bemercken koͤnnen.
WJr veꝛkauffen zweyerley Barras,
den einen unter dem Namen Ga-
lipot/ oder weiſſer Weyrauch, den
andern unter dem Titel Encens marbré,
oder wie die Leute aus Provence ſpre-
chen, madré,fleckicht- oder ſcheckich-
ter Weyrauch: daß ſie alſo nur durch
die Farbe von einander unterſchieden
werden. Der erſte und weiſſe, iſt ein
Hartz, welches aus den Fichten, durch
die darein gemachte Ritzen dringet, und
deshalben auch den Namen Fichten-
gummi oder Fichtenhartz bekommen
hat. Wenn es bey ſchoͤnem Wetter
herabfleußt, ſo iſt es ſauber und weiß:
dafern es aber im herabrinnen etwas
von der Rinde antrifft, wird es garſtig,
und zuweilen durch und durch marbri-
ret und geſcheckt. Und um dieſer Mar-
brirung willen, ſonderlich, wenn der
Galipot ſonſten ſchoͤne iſt, verkauffen
ihn die Tabuletkramer fuͤr Benzoin, da
er doch nicht ein wenig davon unter-
ſchieden, indem die Benzoe einen lieb-
lichen Geruch hat, der Galipot hinge-
gen uͤberaus ſehr ſtincket: darum er
auch gemeiner Weyrauch und Bau-
renweyrauch iſt tituliret worden.Baurenwey-
rauch.
Jhm ſey nun wie ihm ſey, es iſt der Ga-
lipot eine Waare, die vielerley Nutzen
hat, und die baſis und das Grundſtuͤcke
aller hiernechſt beſchriebenen Waaren
iſt: derohalben ſoll man den Galipot
erwehlen, der fein ſauber, weiß, und ſo
trucken, als moͤglich, ſey. Allein man
braucht ihn auch, auſſer dieſem, noch,
wiewohl es hoͤchſt unbillich, um ihn un-
ter das Wachs zu miſchen; welches be-
reits eine geraume Zeit iſt practiſiret
worden.
Der fleckichte hat meines Behalts, kei-
nen andern Nutzen, als daß er an ſtatt
D d 3der
[]Der Spezereyen und Materialien
der Benzoe verkaufft werde, alldieweil
er ihr dermaſſen gleich ſiehet, daß, wo
nicht der Geruch thaͤte, es Muͤhe genug
geben duͤrffte, wenn man ihn davon
unterſcheiden ſolte.
Der weiſſe Galipot wird geſchmol-
tzen und darnach in gantze und halbe
Bariques gethan, welches Stuͤcken
ſind, die 350. bis 700. Pfund wiegen.
Nach dieſem wird es uns, unter dem
Schlechter
oder gemei-
ner Terpen-
tin.Titel, ſchlechter oder gemeiner Ter-
pentin zugeſendet, und muß ſo klar als
moͤglich, auch nicht voll Waſſer ſeyn.
Gleichwie aber der Terpentin ein
Hartz iſt, welches bald mehr, bald we-
niger klar und lauter iſt, alſo findet ſich
iezuweilen in den Tonnen, darinne die-
ſe Waare gebracht wird, bis zu 50.
Pfund Terpentin, der ſo klar iſt wie
Waſſer, und oben auf ſchwimmt: den-
ſelben verkauffen etliche fuͤr Venediſchen
Terpentin, mag aber an der roͤthlichten
Farbe gar bald erkennet werden.
Der gemeine Terpentin wird gar
ſehr von den Buchdruckern zu ihrer
Farbe gebraucht: desgleichen von den
Schmieden, und zur Bereitung des
Schlechter
Verniß.ſchlechten Verniſſes, welcher alſo verfer-
tiget wird: man laͤſt den gemeinen Ter-
pentin in Terpentinoͤle zergehen; doch
ſoll es an abgelegenen Orten, wegen
Feuersgefahr, geſchehen.
Der Terpentin wird in groſſen Kol-
ben diſtilliret, ſo gehet zu erſt ein Waſſer,
hernach ein weiſſes, und denn ein rothes
Oel heruͤber, welches letztere ein rechter
natuͤrlicher Balſam iſt, ſowohl zu Wun-
den, als zu erfrornen Gliedern dienlich.
Weil aber dieſes weiſſe und rothe Oel
gar wenig im Brauch iſt, dahero pfle-
gen wir auch nicht damit zu handeln.
Jm Gegentheil und gleichſam zum Ver-
gelt vertreiben wir eine bedenckliche
Menge Oels, das aus dem Galipot,
der nur erſtlich aus dem Baume ge-
lauffen, uͤber den Helm getrieben, und
in dem Walde bey Cuges, vier Meilen
von Marſeille, und in den Einoͤden bey
Bourdeaux ſehr haͤuffig bereitet wird.
Wir nennen und verkauffen es mit und
Eſſentia, ſpiri-
tus und oleum
terebinthinæ.unter dem Titel oleum æthereum, ſpiri-
tus und eſſentia terebinthinæ. Aus dem
in Kolben hinterſtelligen wird ein tru-
cken Pech bereitet, welches wir Arcan-
ſon und ſchwartzes Pech zu nennen
pflegen.
Das Terpentinoͤl, welches gut zu
verkauffen, und zu allerhand Sachen
dienlich ſeyn ſoll, muß klar ſeyn, und
weiß, wie Waſſer, eines ſtarcken durch-
tringenden Geruchs. Es iſt aber auch
eine Waare, die ſich uͤbel aufbehalten
laͤßt, weil ihr ſo gar viel abgehet, und
groſſe Gefahr, Feuers halber, dabey iſt:
daß demnach wenig Profit davon zu ge-
warten, ſonderlich wer es in gantzen
verkaufft; daher es auch ihrer viele
nicht einmahl fuͤhren moͤgen. Es wird
ingleichen von vielen andern Leuten, z.
E. von Mahlern, Schmieden und ſo
fort, gebraucht. Auch iſt es ein natuͤr-
licher Balſam zu allen friſchen Wun-
den dienlich.
Mich haben etliche verſicheꝛn wollen,
das Terpentinoͤl, welches von Mar-
ſeille in weiſſen blechernen Flaſchen ge-
bracht wird, ſey mit denen wie Gewuͤr-
tze riechenden Kraͤutern, als da iſt, Thy-
mian, Rosmarin, Lavendel, und der-
gleichen, abgezogen worden, und werde
deshalben huile des herbes, Kraͤuteroͤl,Kraͤuteroͤl.
genennet. Alleine dieſes iſt mir nie-
mahls, ohnerachtet ich gar viel Briefe
von Marſeille erhalten, nicht bekraͤfti-
get worden; vielmehr hat man mich
vergewiſſert, es werde von Galipot ge-
macht.
Den Galipot laͤßt man mit ein klein
wenig Terpentinoͤl und gemeinem Ter-Weiſſes oder
Burgundi-
ſches Pech.
pentin zergehen; das nennen wir her-
nach poix graſſe, und poix blanche de Bour-
gogne,ſchmierichtes und weiſſes
Burgundiſches Pech, dieweil, der
ſage nach, das beſte zu S. Nicolaus
in Lothringen gemachet wird. Heut
zu Tage aber kommt das beſte aus Hol-
land und von Straßburg/ daher laſ-
ſen wir es bringen. Wobey zu mercken,
daß es nur incognito und verſtohlner
Weiſe komme, denn wo man diejenigen,
die es bringen, ertappet, werden ſie ſo
fort geſtraft, dieweil es eine contreban-
de und verbotene Waare: und dennoch
thun die Hollaͤnder, als ob man ihrer
in Franckreich nicht entrathen koͤnte.
Wahr iſts, daß es viel vollkommener:
iedennoch aber wird es auch hier und da
in Franckreich bereitet, welches dem
Hollaͤndiſchen dermaſſen beykommt,
daß man es mit genauer Noth davon
unterſcheiden kan.
Jch vermeine, diß ſey die Urſache,
warum
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
warum dieſes Pech (poix graſſe) das wir
in Franckreich bereiten, ſtaͤrcker von
Geruch ſey, nicht aber dicke gnug, und
viel weiſſer, denn das Strasburgiſche,
weil wir zu viel Oel und ſchlechten Ter-
pentin drunter thun: ja ich halte dafuͤr,
daß die Hollaͤnder nichts anders, als
was wir Galipot zu neñen pflegen, dazu
gebrauchen. Wiewohl es auch von der
ſo unterſchiedenen Gegend der Laͤnder
herruͤhren kan. Doch ihm ſey, wie
ihm wolle, noch dieſes will ich vermel-
den, daß man dieſes Pech erwehlen ſolle,
welches aufrichtig Hollaͤndiſch Gut iſt,
und ſo gelblicht, als moͤglich, ſiehet, das
auch nicht voller Waſſer, auch nicht zu
fluͤßig iſt. Jn der Artzney wird es etli-
cher maſſen gebraucht, denn es ein ſtarck
anziehend Mittel, wiewohl auch ein gar
beſchwerlich Pflaſter iſt: denn ſo er nur
eine kleine weile auf dem Fleiſche oder
auf der Haut gelegen, muß man es
durchaus drauf liegen laſſen, oder we-
nigſtens mit Oele herabbringen.
Man bereitet auch mit dem Galipot,
wenn er bis zu einer gewiſſen Conſiſtentz
und Dicke gekochet worden, was wir
Hartzpech.poix reſine,Hartzpech zu nennen pfle-
gen; jedoch iſt das, was wir verkauf-
fen, allein von ſolchem Galipot gemacht,
der unter den Baͤumen zuſammen ge-
ſuchet worden, und kurtz zu ſagen, gar-
ſtig und haͤßlich iſt. Wann es nun ge-
ſchmoltzen, wird es in Faͤſſer geſchuͤttet,
und ſolche groſſe Stuͤcken oder Taffeln,
wie wir ſie ſehen, bis zu 150. Pfund
ſchwer daraus gemacht. Das ſchoͤnſte
kommt aus Burgund und von Bour-
deaux, und muß, wenn es recht ſchoͤn
ſeyn ſoll, trucken, gelblicht, und ſoviel
nur moͤglich, ohne Waſſer und ohne
Sand ſeyn.
Jhrer viele brauchen dieſes Hartz-
pech, als da ſind die Blech- und Ku-
pferſchmiede, denn ſie ohne daſſelbe un-
moͤglich verzinnen koͤnnen. Auch hat
es ſeinen Nutzen in der Artzney, und
wird zu allerhand Salben und Pfla-
ſtern genommen. Man bereitet auch
uͤberdiß von dem Galipot, welchen man
ſo lange kochen laͤßt, biß er ſchier gar ver-
Arcanſon o-
der trucken
Pech.brennet, was wir Arcanſon und bray ſec
heiſſen; obgleich alles, was wir verkauf-
fen, und von Bayonne und Bour-
deaux kommt, nichts anders iſt, als was
im Kolben zuruͤcke blieben, nachdem das
Oel davon abgezogen worden. Dieſes
Pech aber ſoll trucken, durchſichtig und
ſoviel als moͤglich, dunckel an der Far-
be ſeyn.
Arcanſon/ welches wir unrecht Co-
lophonium zu nennen pflegen, hat auch
einigen wenigen Nutzen in der Artzney:
meiſtentheils aber wird es von unter-
ſchiedlichen Handwercken, die ſich ſein
bedienen, verbrauchet.
Wenn es noch warm, ſchuͤttet man
es in geziemende Menge Theer, damit
es eine ſchwartze Farbe uͤberkomme:
hernach wird es von uns Poix noire,
ſchwartz Pech geheiſſen, und zweyer-Schwartz
Pech.
ley Arten deſſelben verkaufft, die aber
nur darinne, daß ſie hart oder weich,
unterſchieden ſind.
Das beſte und vollkommen gute
ſchwartze Pech kommt eben ſowohl, als
wie der Theer, aus Norwegen und
Schweden/ vornehmlich aber von
Stockholm: dieſes, wenn es gebuͤh-
rend beſchaffen ſeyn ſoll, muß gleiſſend
ſchwartz ſeyn, wenn es in die Sonne ge-
ſtellet wird, und mit wenigen zu mel-
den, dem Judenpeche, ſoviel nur immer
ſeyn kan, gleich kommen. Es wird auch
zuweilen in Franckreich dergleichen
Pech zugerichtet, allein, man ſage was
man will, es iſt doch niemahls ſo ſchoͤn,
als wie das Stockholmiſche.
Dieſes ſchwartze Pech iſt wegen
ſeiner herrlichen Eigenſchafften ſehr
ſtarck im Gebrauch, denn es dienet nicht
alleine die Schiffe zu calfatern oder zu
verpichen, ſondern es wird auch von un-
terſchiedenen Profeßionsverwandten
gebrauchet, z. E. von Goldſchmieden.
Auch hat es ſeinen Nutzen in der Medi-
cin; iedoch das wenige, das davon ge-
brauchet wird, iſt kaum der Rede werth.
Aus dieſem Pech wird ein roͤthlicht
Oel uͤber den Helm getrieben, welches
ſo wohl wegen ſeiner Vortrefflichkeit,
als auch ſeiner herrlichen Eigenſchaff-
ten halber Pechoͤl und PechbalſamPechoͤl und
Pechbalſam.
genennet worden. Und es iſt ſicherlich
ein guter Balſam, deſſen Tugenden, wie
man ſaget, des natuͤrlichen Balſams
Kraͤften gleich ſind.
Es wird auch geſchmoltzen, und Lun-
te darein getaucht, welche man hernach-
mahls waltzet und kalt werden laͤßt:
dieſe verkaufften wir unter den Namen
bougie noire, und wurde ehedeſſen diebougie noire.
Schu-
[]Der Spezereyen und Materialien
Schuhe zu ſchwaͤrtzen gebrauchet: ſeit
dem aber ein Satz von ſchwartzem
Wachs erdacht worden, weiß man von
jener gar nichts mehr.
Auch giebt es auſſer dieſem noch eine
Sorte Pech, deme unſere Vorfahren
den Namen Zopiſſa beygeleget, und ei-
gentlich iſt, was die Seeleute Goudron,
Schiffpech
oder Zopiſſa.Schiffpech, nennen, denn ſie es ihre
Schiffe zu verpichen, gebrauchen. Dieſe
Zopiſſa wird von ſchwartzem Pech und
Hartzpech, Schmeer und Theer, unter
einander geſchmoltzen, bereitet. Und
dieſes iſt, wie einige vorgeben, das wahr-
hafte Schiffpech, welches die Apothe-
cker unter diejenigen compoſitiones, dazu
es erfordert wird, nehmen ſollen: ich
aber weiß es nicht. Wohl aber iſt mir
bewuſt, daß ſie ſich nicht bemuͤhen, und
dasjenige, das von den Schiffen abge-
kratzet wird, zu ihren Sachen nehmen,
ſondern ſie bedienen ſich nur des gemei-
nen ſchwartzen Pechs.
TArc, Goudron, Bray liquide,fluͤßiges
Pech, iſt ein klarer feiſter Saft, wel-
cher aus dem Stamme der alten Fich-
ten rinnet. Wenn man nun will, daß
ſie gar eingehen ſollen, ſo reiſſen ſie die
Schweden und Norweger auf, und
ziehen die Rinde rund herum ab, ſo ge-
ben dieſe Fichten an ſtatt des weiſſen Ga-
lipots oder Hartzes, einen ſchwartzen
Saft, welches der Theer iſt: allein, ſo
bald der Saft, der gleichſam die Seele
des Baums iſt, heraus gelauffen, ſtirbt
der Baum, und dient zu nichts mehr,
als zum verbrennen.
Man ſey nicht ſo artig, und glaube,
wann ein und andere Scribenten ange-
mercket, als ob der Theer gemachet wer-
de, indem man die Fichten verbrennet:
denn aller Theer, den wir verkauffen,
wird auf obgemeldte Weiſe bereitet,
und nicht, wenn ſie die Fichten verbren-
nen.
Das klare, das ſich oben auf dem
Theer befindet, wird gantz unrecht ole-
Oleum de Ca-
de oder Pech-
oͤl.um de Cade oder Pechoͤl genennet. Der
Theer iſt bey den Seeleuten und
Schmieden ſehr gebraͤuchlich, ſowohl
zum zeichnen, als auch fuͤr die Raude
der Schoͤpſe und anderer Thiere. Er-
wehlet aber den, der natuͤrlich und ſau-
ber iſt, nicht aber von Oelhefen und
ſchwartzem Pech bereitet; er muß auch
gewiß von Stockholm gekommen
ſeyn.
Wir verkauffen dieſes klare Oel un-
ter dem Namen das falſche oleum de Ca-
de, um es dergeſtalt von dem wahrhaf-
ten, und das auf die Weiſe, als oben im
Cap. vom Wachholder erwehnet, berei-
tet wird, zu unterſcheiden.
Von dem Hartz oder Arcanſon wird
eine Gattung Schwartz bereitet, wel-
ches wir noir de fumée,Kuͤhnrus nen-Kuͤhnrus.
nen, und zweyerley fuͤhren, gepuͤlvert,
und in Stuͤcken. Jenes wird Metzen-
weiſe verkauffet, oder in kleinen langen
Faͤßlein, das andere nach dem Gewich-
te. Es wird von unterſchiedenen Hand-
werckeꝛn, die ſeiner noͤthig haben, gebrau-
chet.
Dieſe Waare iſt, wie alles das an-
dere, ſo von dem Peche gemacht wird,
uͤberaus faͤhig Feuer zu fangen, denn,
wenn es einmahl angangen, hat man
groſſe Muͤhe es zu loͤſchen. Welches
dann den Spezereyhaͤndlern zur Nach-
richt dienen mag, daß ſie ihren Jungen
nicht zuviel vertrauen, noch dieſelben
dergleichen Waaren aus den Gewoͤlben
hohlen laſſen. Auch, wenn man Platz
genug bey ſeiner Wohnung hat, ſollen
alle dieſe Waaren von den andern abge-
ſondert und in einem wohlverwahrtem
Gewoͤlbe aufbehalten werden, damit,
wenn ja durch Ungluͤck Feuer drein ge-
riethe, doch die andern Waaren nicht
zugleich verderben. Jſt aber einmahl
Feuer drein gekommen, ſo darff man
kein Waſſer nehmen es zu daͤmpfen, ſon-
dern es muß vielmehr mit feuchten Ha-
dern oder Saͤgſpaͤnen erſticket werden.
Das meiſte Schwartz, das wir ver-
kauffen, wird von den kleinen Klumpen
des Hartzpeches und Arcanſons ge-
macht: denn, wenn es geſchmoltzen und
nur ein wenig vom Wuſt gereiniget
worden, ſo fuͤllet man eiſerne Haͤfen da-
mit an, und ſteckt drauf Feuer drein,
unter einem Camin oder einem andern
Orte, der mit Tuͤchern verwahret wor-
den, um ſolcher Geſtalt den Rus zu fan-
gen: wann dann, was in den Haͤfen
war,
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils achtes Buch.
war, verzehret iſt, wird anders drein
gethan, und dergeſtalt fortgefahren, bis
man gnug Rus hat. Endlich wird er
in Tonnen und andere Gefaͤſſe zum Ge-
brauch eingeſchlagen.
DAs rechte Colophonium wird von
dem feinen Terpentin gemacht,
welcher ſo lange im Waſſer gekochet
worden, bis er eine dichte Conſiſtentz und
Weſen uͤberkommen, und durch dieſes
Mittel zum tragen bequem gemachet
worden iſt. Man laſſe ſich aber nicht
ferner bereden, ob ſey unſer braunes
Arcanſon, welches zu unterſchiedenen
Sachen gebrauchet wird, das Colo-
phonium; man ſoll es auch hinfort
nicht weiter alſo nennen. Wann nun
der Terpentin, ſo bald er aus dem Waſ-
ſer gezogen iſt, harte worden, und bricht,
ſo erkennt man hieran, daß er genug-
ſam gekochet hat. Dieſe alſo zuberei-
tete Materie wird von den Apotheckern
gekochter Terpentin genennet, dar-Gekochter
Terpentin.
aus ſie, wenn er noch warm iſt, Pillen
machen, und ſelbige in geſtoſſenem Suͤſ-
ſenholtze weltzen, oder mit Goldblaͤttlein
uͤberziehen: hernach nennen ſie dieſel-
ben Terpentinpillen, und werden zuTerpentin-
pillen.
Curirung der Veneriſchen Kranckhei-
ten gebrauchet. Weil auch das Colo-
phonium, es ſey gantz, oder zu Pillen
gemacht, ohne eintzigen Zuſatz iſt, des-
halben duͤrffen es die Spezereyhaͤndler,
eben als wie die Apothecker verkauffen.
WJr verkauffen ſechſerley Verniß,
Trucknender
Verniß.naͤmlich, den trucknenden/ wel-
cher von Spicoͤl, feinem Terpentin, und
Sandaraca unter einander geſchmol-
tzen, verfertiget wird. Der andere und
Venediſcher,
oder weiſſer
Verniß.weiſſe, der Venediſche genannt, iſt von
Terpentinoͤl, feinem Terpentin und
Maſtix, gleichfalls unter einander ge-
ſchmoltzen, bereitet. Der dritte, der
Verniß von
Weinſpiri-
tus.Verniß vom Weinſpiritus, wird
von Sandaraca, weiſſer Carabe, Gum-
mi Elemy und Maſtix gemacht. Der
Goldverniß.vierte, der Goldverniß/ von Leinoͤl,
Sandaraca, Aloe, Gummi Gutti und
Goldgloͤte. Der fuͤnffte, der Verniß
Chineſiſcher
Verniß.auf Metall/ oder der Chineſiſche/ von
Gummi Lacc, Colophonio, Maſtixkoͤr-
nern und Weingeiſt. Der ſechſte iſt der
Gemeinergemeine Verniß/ und nichts anders,
als gemeiner Terpentin in Terpentin-Verniß.
oͤle zerlaſſen, wie ich bereits oben im
Cap. vom Terpentin erwehnet habe.
Es giebt auch ſonſt noch einen Ver-
niß, welchen etliche Muͤnche zurichten:
allein, weil wir nichts damit zu thun
haben, ſo will ich auch nichts davon ver-
melden.
Was aber die Art und Weiſe den
Verniß zuzurichten betrifft, und inſon-
derheit, wieviel man von iedwedem dazu
nehmen muͤſſe, da macht es ein ieder nach
ſeinem Gutduͤncken. Nur iſt dabey zu
beobachten, daß man mit dem Feuer be-
hutſam umgehen, auch allezeit die ſchoͤn-
ſten Sachen dazu nehmen muͤſſe. Denn
man kan den Verniß nie ſchoͤn genug
machen.
Ende des Buchs von Gummen.
DAs Wort Saft bedeutet das fluͤßige Weſen/ aus welchem die Ge-
waͤchſe meiſtentheils beſtehen/ und welches den andern Theilen
mitgetheilet wird/ damit es ihnen zur Nahrung und fernerm
Wachsthum dienen moͤge. Daß alſo der Saft in den Gewaͤchſen eben
das/ was in den Thieren das Blut iſt. Es heiſt auchSuccus,der Saft,
ein dickerliquor,der aus den Kraͤutern und andern Gewaͤchſen/ oder de-
roſelben Theilen gezogen/ hernachmahls durch Huͤlffe der Sonnen oder
des Feuers zu flieſſenden oder dickenElectuariisundExtracten gemacht, und
folglich in Stand geſetzet wird/ daß er ſich eine geraume Zeit halten koͤn-
ne. Doch werde ich allhier von den fluͤßigen und duͤnnen Saͤften nicht
handeln, ſondern allein von denenjenigen, welche gearbeitet und zube-
reitet worden ſind, und demnach ein Stuͤcke von unſerer Handlung aus-
machen. Will derowegen bey demScammonioanheben, weil es der theu-
erſte unter allen Saͤften iſt/ und welcher unter allen am meiſten gebrau-
chet wird/ dabey aber auch viel Betrug mit unterlauffet.
DAs Scammonium iſt der
dickgemachte Saft von der
Siehe Fig. 310.Wurtzel eines Gewaͤchſes,
welches die Baͤume und
Waͤnde hinanlaufft, und
gruͤne Blaͤtter hat, die wie ein Hertz
auſſehen, worauf die weiſſen Glocken-
blumen folgen. Dieſe Geſtalt der Blu-
men hat Anlaß gegeben, daß einige ge-
ſchrieben, es ſey das Gewaͤchſe des Scam-
monii das fuͤnffte Geſchlecht der Winde.
Dem aber ſey wie ihm wolle, das
Scammonium/ das wir verkauffen,
iſt der uͤbern Feuer dickgemachte Saft,
der aus der Wurtzel erſtgemeldter
Pflantze gepreſſet worden.
Die Pflantze waͤchſt in haͤuffiger Men-
ge an vielen Orten in Levante, vor-
naͤhmlich aber um Aleppo und S. Jo-
hann von Acre/ denn von dannen wird
das beſte Scammonium gebracht;
welches, wenn es recht vollkommen ſeyn
ſoll, gewiß von Aleppo ſeyn muß, leich-
te, grau, zarte und ſtracks zu brechen,
und hartzicht: wenn man es mit den
Naͤgeln kratzet, muß das Pulver grau
ſehen, und einen bittern Geſchmack nebſt
einem wunderlichen gantz unangeneh-
men Geruch haben. Hingegen ſoll man
das ſchwere, hart und ſchwaͤrtzlichte ver-
werffen.
Diejenigen, welche groſſe Parteyen
oder gantze Saͤcke voll Scammonium
von Aleppo kauffen, moͤgen zuſehen,
daß ſie inwendig wie auswendig beſchaf-
fen ſey: denn ich kan ſelbſt bezeugen, daß
ich unter dieſem Scammonio Kohlen,
Holtz und andere dergleichen Dinge ge-
funden; uͤberdiß war es in der Mitten
gantz verbrannt, und nicht mehr als
drey Daumen dicke recht gut Scammo-
nium drumher. Befinde mich dannen-
hero genoͤthiget zu glauben, daß die
Leute aus Levante mit Fleiß Klumpen
von
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils neundtes Buch.
von ſolchem verbranten Scammonio ma-
chen, das noch dazu inwendig voll Koh-
len, Steine, und anderer unnuͤtzen Din-
ge ſteckt, die entweder von ohngefehr
drein gerathen, oder aber von dieſen boͤ-
ſen Leuten, die es bereiten, mit Willen
drunter gemenget, und hernach mit dem
Teig von gutem Scammonium uͤber zo-
gen worden, auf eben die Art, als wie
unſere Siegelwachsmacher das ſchlech-
te ſo genannte Spaniſche Siegelwachs
bekleiden, wovon im Cap. vom Jndiani-
ſchen Wachs Erwaͤhnung geſchehen:
wenn ſie dieſelben hernach beym Ofen,
oder an der Sonne trocknen laſſen, thun
ſie dieſelbigen in lederne Beutel, ſo wie
wir ſie zu ſehen bekommen.
Aus dieſer Beſchreibung iſt leicht zu
erſehen, daß das Scammonium nicht
an der Sonne gemacht worden iſt, ob
es gleich ihrer viele vermeinen; indem
wir es mehrmahls gantz verbrannt zu
ſeyn befinden, mich auch ein guter Fꝛeund
und Wundartzt zu Montpellier/ der
ſich eine gute Zeit zu Aleppo aufgehal-
ten, alles deſſen, was ich oben gemel-
det, verſichert hat, und uͤberdiß annoch
berichtet, daß die Bauern, die dieſe
Waare zurichteten, ſelbige nach Alep-
po zu Kauff braͤchten, eben als wie un-
ſere Bauern ihre Sachen zu uns brin-
gen.
Aus dem Scammonio von Aleppo
wird nach Anleitung des Herrn Leme-
ry, mit Weinſpiritus ein Hartz gezogen,
welches weit kraͤftiger iſt als das Scam-
monium ſelbſt: weil aber dieſes Hartz
ſo gar theuer iſt, dahero wird auch ſein
wenig verthan, ſo gar, daß es kaum die
Rede verlohnet. Hingegen wird das
Scammonium deſto mehr ver-
braucht, und koͤnte mit gutem Fug und
Rechte ein Pfeiler der Medicin genen-
net werden. Weil es auch eines der
ſtaͤrckſten Purgantzien iſt, deshalben
richten es die meiſten unter den Verſtaͤn-
digen auf allerhand Arten zu, damit
ihm ſeine Schaͤdlichkeit benommen wer-
de, und nennen es hernachmahls dia-Diagrydium
grydium, auch Scammonium diagrydium.
Einige richten es mit Schwefeldampfe
zu; andere ſtoſſen es mit lebendigem
Schwefel. Wieder andere laſſen es in
einer Quitte backen. Die beſte præpa-
ration unter allen iſt dieſe: man loͤſe es
mit Weingeiſt auf, und bereite das
Hartz, gleichwie ich allbereit gemeldet
habe.
Seit einigen Jahren her pflegt man
das geſtoſſene Scammonium in
Branntwein aufzuloͤſen, und zuͤndet
es hernachmahls an; wenn es nun ge-
brannt, bis das Feuer von ſich ſelbſt er-
loſchen, laͤſt man den liquor, ſo bald nur
die Flamme ausgangen, durch ein zar-
tes Tuͤchlein lauffen, und gießt ihn in
ein Glas, bedient ſich hernach deſſelben,
als einer guten Purgantz, fruͤh Mor-
gens, ein oder zwey Loͤffel voll davon
genommen: und dieſes heiſſen wir Sy-
rupum de Scammonio,Scammonien-
ſyrup.
Aus Scammonio von Aleppo, Cremor
tartari, und einem diaphoretico wird
ein graues Pulver bereitet, und pulvisPulvis Corna-
chinus ſ. de
tribus.
de tribus oder Cornachinus genennet.
Der Herr Lemery hat es weitlaͤufftig
beſchrieben, den beſiehe.
OHne das Scammonium von A-
leppo und aus Levante verkauf-
fen wir auch noch, ob es gleich gantz un-
gereimt iſt, ein ſchwartzes, ſchwer und
weiches Scammonium, welches voll
Steine, Schneckenſchalen und andern
Unrath iſt: mit einem Worte, es iſt dem
Scammonio von Aleppo gantz und gar
zu wider. Solte derohalben gaͤntzlich
verworffen werden, zuſammt dem grau-
en, ziemlich leicht- und zarten Scammo-
nio, welches ſich ſtracks zerreiben laͤßt,
weil es nichts anders iſt, als Hartzpech,
darein man einige heftig operirende Din-
ge gemenget, damit es ſeine Farbe ver-
aͤndern, und deſto beſſer verkauffet wer-
den moͤge. Diejenigen aber, die der-
gleichen ſchaͤdliche Sachen zurichten,
und ſolche Schelmereyen ausſinnen,
muͤſſen in Wahrheit ehr- und gewiſſen-
loſe Leute ſeyn, und zwar um zweyer-
ley Urſache willen. Erſtlich, weil die-
ſes Mengſel, wie ich nur erſt erwieſen,
ſo gar uͤbel beſchaffen. Zum andern,
weil ein ſo groſſer Unterſchied zwiſchen
dieſem Hartzpeche, von welchem das
E e 2Pfund
[]Der Spezereyen und Materialien
Pfund insgemein zwey Sols koſtet,
und dem alſo genannten Scammonio,
das ſie von 40. Sols bis zu 10. Francken
verkauffen, nachdem ſich naͤmlich dieje-
nigen, die das Scammonium von ih-
nen begehren, drauf verſtehen. Dieſe
abſcheuliche Leichtfertigkeit zu beſchoͤni-
gen, haben ſie ihm den Namen Jndia-
niſches Scammonium oder Scam-
monium der Compagnie gegeben. Ge-
wißlich eine treffliche Ehre, die ſie den
Herren von der Compagnie erzeigen;
maſſen es das Anſehen gewinnet, als
ob dieſe Betruͤger diejenigen Fehler,
welche in Franckreich mit ſo uͤbel be-
ſchaffenen Materialien begangen wer-
den, jenen rechtſchaffenen ehrlichen
Leuten aufbuͤrden wolten.
Ja ich erachte mich verbunden, dieſe
Betruͤgerey zu eroͤffnen, und zu melden,
daß der mehrere Theil der alſo verfaͤlſch-
ten Waaren, von denenjenigen, die ſie
verkauffen, ſelbſt gemachet ſey; kan die-
ſes auch mit dem Exempel dererjenigen,
die das Arcanſon fuͤr Frantzoſenholtz-
gummi verkauffen, erweiſen. Woraus
man zur Gnuͤge abnehmen kan, daß die
Herren von der Compagnie ihre Waa-
ren nicht anders, als wie ſie dieſelben be-
kommen, verkauffen; denn alles Gua-
jacum, das durch ihre Vermittelung
gekommen iſt, und annoch kommt, iſt
gut; allein, die es ihnen abgekaufft,
verfaͤlſchen es mit dem Arcanſon, nur
damit ſie deſto beſſern Profit damit ma-
chen moͤgen. Wenn aber auch, zu al-
lem Ungluͤck, dieſe Herren ſelbſt waͤren
betrogen worden, ſo gebuͤhrte ſichs, daß
diejenigen, welche die Waaren von ih-
nen kauffen, fein Achtung gaͤben, und
ſie ihnen laſſen ſolten, damit ſie ein an-
der mahl ſich beſſer in Acht naͤhmen,
wenn ſie erſehen, daß ſie betrogen wor-
den ſind. Jch vermeine, daß ich genug
geſaget, wie man den Betrug, der bey
den Materialien vorgehet, mercken
und zugleich erkennen ſolle, was wohl
die armen Patienten ausſtehen muͤſſen,
und wie die Medici in ihrem Abſehen
gehindert werden.
Jch geſtehe gantz gerne, daß ich nim-
mermehr geglaubet, daß Leute ſo bos-
haft ſeyn koͤnten, dafern ich nicht ſelbſt
eine ziemliche Menge dieſes haͤßlichen
Scammonii verkauffen ſehen, und wenn
ich nichts mehr davon in Haͤnden haͤtte,
welches ich bereits eine geraume Zeit
aufbehalten, und denenjenigen zeigen
kan, die es nicht glauben wollen. So
will ich auch noch zum Uberfluß einen
Schein allhier zugleich mit anfuͤhren,
den der Herr von Tour, ein Medicus zu
Montpellier, dieſes Scammonii halber
von ſich geſtellet, und dadurch die Schaͤd-
lichkeit dieſer liederlichen Materie um ſo
viel deſto mehr erweiſen.
„Mir iſt es begegnet, daß als ich eine
„halbe Untze einer Materie, die man
„mir fuͤr Scammonium verkaufft, praͤ-
„pariret hatte, der Syrup davon, nach
„geſchehener Praͤparation, bey nahe
„grasgruͤn ſahe; welches mir die Ge-
„dancken machte, es muͤſſe giftig gewe-
„ſen ſeyn: welches mir auch die Erfah-
„rung beſtaͤtigte. Denn als ich einem
„kleinen Hunde davon gegeben, lieff
„ihm der Leib auf, und ward fuͤnff oder
„ſechs Tage drauf ſehr kranck, ohne daß
„es ihn purgiret haͤtte.
De la Tour, Medicus
zu Montpellier.
Welches gewißlich eine Sache, darob
ſich deſto mehr zu verwundern, dieweil
die ordentliche Wirckung des Scammo-
niums purgirend iſt.
DAs Opium, von den Tuͤrcken
Amphion.Amphion genennet, iſt ein weiſſer
Saft, als wie Milch, welcher aus den
Koͤpfen des ſchwartzen Mohns trief-
fet, wenn man dieſelben aufgeritzet hat.
Nachdem er hervorgedrungen, wird er
dicke, und ſeine weiſſe Farbe veraͤndert
ſich in braun. Das aufrechte Opium
aber, das ſind kleine Tropfen, als wie
der Maſtix, ohne daß ihre Farbe viel
dunckler. Und diß iſt nun das wahrhaf-
te Opium, deſſen ſich die Tuͤrcken ſo ſehr
bedienen, und eine oder zwey Tage ohne
einige andere Nahrung leben koͤnnen:
welches ihnen dann eine groſſe Huͤlffe.
Wann ſie aber in Streit gehen wollen,
brauchen ſie es gantz uͤbermaͤßig; da-
durch werden ſie aller Vernunft berau-
bet, daß ſie als wie blind drauf gehen,
und ſich um keine Gefahr bekuͤmmern.
Figure 287. Stachlichter Mohn. Fig. 313. p. 441. | Figure 288. Schwartzer Mohn. Fig. 311. p. 441. | Figure 289. Weiſſer Mohn. Fig. 312. p 441. |
Figure 290. Fichte. Fig. 308. p. 422. | Figure 291. Tanne. Fig. 309. p. 422. | Figure 292. Terpentin-bauͤm. Fig. 307. p. 421. |
Es giebt noch ferner eine Gattung
Opium, welches aus den Haͤuptern des
Siehe Fig. 311.ſchwartzen Mohns, ohne daß man ſie
aufgeritzet, herablaͤufft, und im herab-
fallen gerinnet, da es dann von der Son-
nenhitze braun gemachet wird. Die-
ſer dicke Saft ſolte noch eher denn der
vorige, den Namen Opium fuͤhren, wel-
cher von dem Griechiſchen Wort ὀπὸς
oder ὄπιον, welches einen Saft bedeutet,
herſtammet. Und uͤber dieſe iſt noch
eine dritte Sorte, die aus den aufgeritz-
Siehe Fig. 312.ten weiſſen Mohnhaͤuptern gezogen
wird, welcher Saft alsdann eben, als
wie der aus den ſchwartzen Mohnkoͤ-
pfen, dicke wird. Die Tuͤrcken nennen
Maslach der
Tuͤrcken.ihn Maslach. Weil aber dieſe drey
Sorten nicht bis zu uns gelangen, des-
halben will ich auch nichts weiter davon
erwaͤhnen, ſondern vielmehr weiſen, daß
dasjenige, was wir Opium zu nennen,
und dafuͤr zu verkauffen pflegen, und ei-
ne ſchwaͤrtzlichte Maſſa iſt, die uns die
Tuͤrcken und die Leute aus Levante zu-
ſenden, nichts anders ſey als ein ausge-
preßter Saft, aus den Koͤpfen und
Blaͤttern des Mohns, welcher hernach
beym Feuer die Dicke eines Extracts be-
kommen: aus dieſem machen ſie heꝛnach-
mahls Kuchen, von unterſchiedener
Groͤſſe, und umwickeln ſie mit Mohn-
blaͤttern, damit ſie dieſelben deſto beſſer
fortbringen koͤnnen. Dieſes Opium
braucht keine groſſe Koſten.
Oftmahls ziehen die Tuͤrcken den
Saft aus einem Kraute, Glaucium
Siehe Fig. 313.ſtachlichter Mohn genannt, ſo dem
gehoͤrnten Mohn ziemlich gleich ſie-
het; und miſchen ihn unter den andern
Mohnſaft, daraus ſie hernachmahls ei-
ne Maſſa machen. Daß aber das Opi-
um, das wir verkauffen, nichts anders,
als ein ausgepreſter Saft, iſt gantz ge-
wiß, und weiſet der wohlfeile Preiß, da-
rum es verkauffet wird, zur Gnuͤge, daß
es ein bloſer Miſchmaſch ſey, keines we-
ges aber ein Saft, der von ihm ſelbſt,
und von Natur herab gefloſſen. Selbſt
unſere Vorfahren, weil ſie nicht ge-
zweiffelt, daß das Opium, ſo wie wir
es verkauffen, nichts anders als ein
ausgepreſter Saft ſey, haben ihm des-
Meconium.wegen den Namen Meconium gege-
ben.
Jch habe zwar allen Fleiß angewen-
det, daß ich ein weiſſes Opium finden
moͤchte, deſſen von einigen neuen Scri-
benten gedacht wird; allein ich kan nicht
glauben, daß ſie es einmahl geſehen, oder
daß es iemahls dergleichen gegeben haͤt-
te: denn es iſt wohl wahr, daß das Opi-
um als wie Milch aus den Mohnhaͤu-
ptern rinne, es wird aber nicht harte, be-
vor es die Farbe veraͤndert. Derowe-
gen haben ſie nur von hoͤren ſagen, daß
es weiſſes Opium gebe, oder ſie
haben ſolches von andern vernommen,
die es gleicher geſtalt nur ſagen gehoͤrt,
oder ſie haben ſichs nur eingebildet, und
uns dennoch uͤberreden wollen, ob gebe
es Materialien, die doch niemahls in
rerum natura geweſen, noch iemahls
ſeyn werden. Wider dieſe und derglei-
chen Fehler und Jrrthuͤmer zu ſchrei-
ben, habe ich meiner Schuldigkeit zu
ſeyn erachtet, damit doch iederman die
Wahrheit kund und offenbar wuͤrde,
wie auch, daß dieſe Scribenten nichts
nicht geſchrieben, als was ihnen andere
berichtet und vorgeſchwatzt. Beſſer
waͤre es geweſen, ſie haͤtten von nichts
anders gehandelt, als was ihres Thuns
ware, noch ſich bemuͤhet, ſolche Dinge
zu beſchreiben, davon ſie nicht die gering-
ſte Wiſſenſchafft haben: zum wenigſten
zeigen ihre Schrifften, daß ſie dieſelbi-
gen nicht einmahl kennen.
Es iſt mir leid, daß meine Feder alſo
ſpitzig ſeyn ſoll: allein, es iſt doch die
lautere Wahrheit, daß ihre Schrifften
an alle dieſem Unheil Schuld und Urſa-
che ſind, und weit dienlicher geweſen
waͤre, wenn dieſelben niemahls an das
Taglicht gekommen, verſtehe, in ſo weit
ſie die Materialien angehen.
Was das ſchwartze und harte,
gelblicht und weiche Opium anbe-
trifft, da haben ſie recht: doch iſt es nichts
neues: denn man wird keine Kiſte oder
Baril Opium finden, darinne man
nicht auch ſchwartzes oder gelbes, hart
und weiches Opium antreffen ſolte. Da-
zu iſt ja bekannt genug, daß ein ſolcher
dicker Saft, ie aͤlter er wird, ie truckner
und ſchwaͤrtzer werde. Findet ſich dem-
nach gelber drunter, ſo iſt diß die Schuld,
daß er nicht genugſam gekocht und ge-
trocknet worden. Wann ſie aber ſa-
gen, der weiſſe kaͤme von Gros Cairo,
allein die Tuͤrcken behielten ihn fuͤr ſich;
ſo habe mich deswegen mit Leuten be-
fraget/ welche ſich lange daſelbſt aufge-
E e 3hal-
[]Der Spezereyen und Materialien
halten, ja ich habe auch Briefe, welche
erweiſen, daß alle das Opium, das man
zu Cairo ſiehet, und deſſen ſich die Tuͤr-
cken bedienen, braun ſey.
Des Herrn Furetiere Einfall taug
auch nicht, wenn er ſaget, das Opium
werde alſo gemacht. Man ſtieſſe den
Saft in einem alten Moͤrſel, und formie-
re daraus, nachdem er trucken worden,
trochiſcos oder kleine Kuͤchlein. Es ſind
die rechten kleinen Kuͤchlein, indem es
gemeiniglich Klumpen, einer Fauſt di-
cke. Endlich will ich mich auch nicht
laͤnger aufhalten, noch diejenigen luſti-
gen Hiſtoͤrgen beſchreiben, welche alte
und neue Scribenten von dieſer Mate-
rie erdacht, vielweniger mich um ſeine
Beſchaffenheit, ob es naͤmlich kalt oder
hitzig ſey, bekuͤmmern: nur dieſes ge-
denckende, daß man das Opium, oder
vielmehr das Maconium/ ſo man zu
uns ſendet, erwehlen muͤſſe, welches recht
trucken, recht dichte, und fein ſchwaͤrtz-
licht iſt, und einen Geruch hat, der einen
gantz Schlafftruncken machet. Auch
muß es nicht gruͤmplicht ſeyn, oder kle-
bricht, vielweniger in einem Stuͤcke:
denn ie beſſer es beſchaffen, ie beſſer laͤßt
es ſich verkauffen.
Das Opium wird ſehr wenig zur
Artzney gebraucht, hingegen der Ex-
tract, der mit Regenwaſſer und Wein-
geiſt davon bereitet wird, deſto mehr.
Dieſer Extract, wenn er, wie Charras
und Lemery lehren, recht und wohl zu-
gerichtet, iſt dasjenige, was wir und
die Apothecker Laudanum zu nennen pfle-
gen. Es giebt auch noch ein ander
Laudanum opiatum, welches vom Lauda-
no, Extracto Croci, Magiſterio perlarum
orientalium, oleo caryophyllorum, Carabe,
Moſcho \& Ambra gryſea zuſammen ge-
ſetzt, und ein weichliches Electuarium dar-
aus verfertiget wird. Alldieweil es aber
ein Stuͤck der Apotheckerkunſt, deshal-
ben handeln wir gar nicht damit.
Das Laudanum ſimplex und das Opium
ſind zwey ſolche Sachen, die man mit der
allergroͤſten Behutſamkeit gebrauchen
muß, ſintemahl es die gefaͤhrlichſten
Mittel. Derowegen ſoll man ſich ih-
rer ohne Rath verſtaͤndiger Leute nie
bedienen, bevoraus des Laudani, ob es
ſchon getreulich und von erfahrnen Leu-
ten bereitet worden iſt: welches auch
alles iſt, was ich davon kund thun kan.
Nichts deſto minder ſoll es fein glaͤntzend
ſchwartz, und bis zur gehoͤrigen Conſi-
ſtentz eingekochet ſeyn.
Zu Paris bereiten ihrer etliche einenPariſer Opi-
um.
Extract von dem Safte, der aus den
ſchwartz- und weiſſen Mohnkoͤpfen, die
um Aubervilliers in ſattſamer Men-
ge wachſen, und nennen daſſelbige Opi-
um und Diacodium ſimplex, um es der-
geſtalt vom Diacodio compoſito, deſſen
bey gar vielen Scribenten Meldung ge-
ſchicht, zu unterſcheiden. Dieſes Opi-
um aber hat bey weiten keine ſo ſtarcke
Wirckung, als das wir von Marſeille
bekommen.
Was den Syrupum diacodii, oder den
weiß- und rothen Mohnſaft betrifft,
davon werde ich nichts vermelden, ſon-
dern den Leſer zu denenjenigen Buͤ-
chern, die von der Apotheckerkunſt ge-
ſchrieben ſind, verweiſen.
DJe Aloe iſt ein Gewaͤchs, welches
kleiner bleibet oder groͤſſer wird, ie
nachdem es einen Boden angetroffen:
welches denn einige zu ſagen veranlaſſet
hat, daß es Aloen gebe, die ſo hoch waͤ-
ren, als bey uns die groͤſt- und ſtaͤrckſten
Baͤume. Wiewohl ſie auch nicht
gaͤntzlich unrecht haben, allermaſſen in
Spanien/ ſonderlich in dem Gebirge
Sierra morena uͤberaus hohe Aloen
gefunden werden deren Blaͤtter ſo dicke,
hart und ſtachlicht ſind, daß es einige
drunter giebet, mit denen ein Menſche
koͤnte entzwey geſaͤget werden. Mit-
ten zwiſchen dieſen Blaͤttern ſteigetSiehe Fig. 314.
nach Anweiſung der Figur, ein Stengel
hervor, der einen weiſſen, leichten und
halbrunden Samen bringt.
Allhier aber will ich nicht ſtehen blei-
ben, und erzehlen, was gar viel Scri-
benten von dem Aloegewaͤchs berichten;
daß es naͤmlich alle hundert Jahre ein-
mahl bluͤhe, und die Blumen mit groſ-
ſem Geraͤuſche hervorbraͤchen: denn
dieſes alles iſt falſch, und haben wir ſie
zu unſern Zeiten, im koͤniglichen Gar-
ten zu Paris/ vielfaͤltig bluͤhen ſehen,
die dennoch niemahls einiges Geraͤuſch
gemacht;
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils neundtes Buch.
gemacht; wenigſtens, wo ſie ja eines
erreget, iſt es ſo geringe geweſen, daß
man es naͤhrlich beobachten koͤnnen:
ſolte mir auch ein leichtes ſeyn, dieſes
mein Vorbringen durch diejenigen La-
teiniſchen Worte, die in der Beſchrei-
bung deſſelbigen Gartens am 8ten Blat
im Cap. von der Aloe ſtehen, zu behaup-
ten. Sie lauten alſo: floruit in horto
Regio, Anno 1663. \& 1664. quod ignotum
fuerat hactenus Lutetiæ, idque nullo ſtrepi-
tu, nulla ſubitanea caulis eruptione, ut per-
peram multi fabulantur. „Jm Jahr
„1663. und 1664. hat ſie, die Aloe, im
„koͤniglichen Garten gebluͤhet, welches
„bisher zu Paris etwas gantz unge-
„woͤhnliches: und zwar ohn alles Ge-
„raͤuſche, oder, daß der Stengel jaͤhling
„hervor gebrochen waͤre, wie doch ihrer
„viele gar ungereimt davon fabuliren.
Hingegen will ich vermelden, wie daß
ſich ihrer viele verwundern duͤrfften,
wenn ich geſaget, die Aloe braͤchte ihre
Fruͤchte par trochets, d. i. wenn fuͤnff und
ſechs, oder noch mehr Fruͤchte auf ei-
nem Buͤſchlein beyſammen hangen,
Siehe Fig. 315.gleichwie die Figur weiſet. Allein, ich
haͤtte dieſes nicht gethan, wo mir nicht
der Herr Tournefort einige gegeben
haͤtte, die er ſelbſt von dieſem Gewaͤch-
ſe geſammlet. So hat er auch eine
Spitze von A-
loe gemacht.roͤthlichte Spitze, ohngefehr einer hal-
ben Elle lang und vier Finger breit,
welche von der Seide, die aus dieſem Ge-
waͤchſe bereitet wird, gemachet iſt.
Dieſe Beſchreibung der Aloe klingt
gantz anders, als welche Furetiere ge-
geben, wenn er den Baum des Aloe-
holtzes mit dem Aloegewaͤchs verwirret,
da ſie doch dergeſtalt von einander un-
terſchieden ſind, als ich bereits oben im
Cap. vom Aloeholtz angemercket habe.
Dem ſey aber wie ihm wolle, vorietzo
will ich gedencken, daß wir dreyerley
Aloe verkauffen, nachdem ſie naͤmlich
reine oder unreine iſt, oder aber, nach-
dem ſie an dieſem oder jenem Orte be-
reitet worden, oder auch, nachdem das
Gewaͤchſe, davon ſie gemacht worden,
beſchaffen geweſen. Die vollkommen-
ſte Aloe unter allen iſt die, welche wir
Aloe Ciccotrina oder Succotrina nennen,
es ſey nun gleich ein ſuccus concretus, wie
die Lateiner reden, ein zuſammen ge-
lauffener geronnener Saft, oder, weil
die beſte aus der Jnſel Succotra
koͤmmt. Die Einwohner dieſer Jnſel
ziehen den Saft aus der Wurtzel, und
gieſſen ihn, wenn er ſich geſetzet hat, ab
und in ein Gefaͤß, das im Feuer beſtehen
kan: wenn ſie ihn alsdann gekochet, bis
er als ein Extract dicke geworden, thun
ſie ihn in gantz duͤnne Blaſen, damit ſie
ihn fortbringen koͤnnen, und er ſich ſo
lange, als ihnen beliebig, halten moͤge.
Man ſoll aber die Socoteriſche A-
loe erwehlen, welche ſich zerreiben laͤßt,
leichte iſt, hell und durchſichtig, an Far-
be als ein ſchoͤnes Glas vom Antimonio;
das Pulver, welches man davon abge-
kratzt, muß ſchoͤn goldgelbe ſehen: an-
bey muß ſie bitter ſchmecken, und ſchier
gar keinen Geruch haben, auch nicht
voll Blaſen ſeyn.
Sie wird ziemlich ſtarck in der Artz-
ney gebraucht, indem es ein trefflich
purgans: derowegen ſoll es auch nur
eintzig und alleine innerlich gebrauchet
werden: desgleichen zu den beyden Ex-
tracten, die von uns und den Apothe-
ckern Aloë roſata und violata genennetAloë voſata,
violata.
wird, und alſo bereitet werden: man
loͤſet recht ſchoͤne Socoteriſche Aloe in
Roſen- oder Veilgenſafte auf, filtrirt
hernachmahls die ſolution, oder das Auf-
geloͤſete, und ſetzt dieſes entweder an die
Sonne, oder auf eine kleine Glut, da-
mit es die Conſiſtentz eines Extracts
uͤberkomme: nach dieſem macht man
Pillen draus, denen einige den Namen
pilules gourmandes,Freßpillen, Franck-Franckfurter
Pillen, Freß-
pillen.
furterpillen/ ja wohl gar Angelicapil-
len/ gegeben, da dieſes doch wider alle
Vernunft, und die wahrhaften Ange-
lican- oder Engliſche Pillen aus gar vie-
len zuſammen vermiſchten Stuͤcken,
darunter zwar die Aloe das vornehmſte
iſt, zuſammengeſetzet werden.
SEit etlichen Jahren her ſendet man
uns aus den Americaniſchen Jn-
ſeln einen dicken Saft, den unſre Leute
aus der Wurtzel und den Blaͤttern der
Americaniſchen Aloe ziehen.
Dieſe Aloe wird in Kuͤrbſen, von un-
terſchiedlicher Groͤſſe, zu uns gebracht,
denn ſie von zwey bis hundert Pfund
wie-
[]Der Spezereyen und Materialien
wiegen, ja noch druͤber, welches iedoch
etwas auſſerordentliches iſt, ich aber mit
einem ſolchen Aloekuͤrbis erweiſen kan,
der 102. Pfund wieget. Dem ſey, wie
ihm ſey, man erwehle nur die Aloe/
wenn ſie leberfarben ſiehet, denn daher
hat ſie den Zunamen hepatica bekom-
men, dieweil das Griechiſche Wort He-
par ſo viel bedeutet als Leber; die auch
recht trucken ſey, und ſo wenig als moͤg-
lich, ſtincke. Denn man findet ihrer,
welche ſchmiericht iſt, und zweyerley
Farbe hat, caſtanienbꝛaun und ſchwartz,
iſt anbey glaͤntzend, und ſtinckt dermaſ-
ſen, daß man es ſchier unmoͤglich ertra-
gen kan: welches, wie man mich berich-
tet, daher kommen ſoll, daß ſie von den
Blaͤttern dieſes Gewaͤchſes bereitet
worden. Welches auch gar wohl ſeyn
kan, alldieweil dieſe Blaͤtter, wenn ſie
zerbrochen oder zerſchnitten werden, ſo
ſehr ſtincken, daß man ſie bey nahe nicht
einmahl vor die Naſe bringen kan. Da-
gegen iſt die, ſo von der Wurtzel bereitet
worden, hierinne gantz und gar von je-
ner unterſchieden, denn ſie hat faſt gar
keinen Geruch, iſt aber im Gegentheil
deſto bitterer.
Dieſe Aloe ſolte billich nicht zur Artz-
ney genommen, ſondern allein fuͤr die
Pferde gebrauchet werden, weil ſie doch
noch beſſer iſt als die Pferde Aloe,
Aloë Caballina, von der ich hernach reden
werde.
Was die unterſchiedenen Farben be-
trifft, die ſich an dieſer Aloe befinden,
dieſelben ſind ihr an ihrer Beſchaffen-
heit nicht im geringſten nachtheilig, weil
ſelbige nur daher entſtehen, daß ſie in
der Mitten nicht ſo trucken iſt, wie auſ-
ſenher, dieweil die Luft nicht gnugſam
dazu gekonnt, ſie auch noch gantz warm
in die Kuͤrbſe iſt geſchuͤttet worden, da
ſich denn die Waͤrme inwendig concen-
triret oder zuſammengezogen, und ihr
dieſe ſchwaͤrtzlichte Farbe gegeben; wel-
ches ingleichen auch die Urſache iſt, daß
ſie ſo weich und klebricht.
Die dritte Sorte der Aloe iſt die,
welche ſchwartz, trucken, und ſchier oh-
ne allen Geruch iſt; wird von uns AloëAloë Caballi-
na.
Caballina genennet, weil ſie gemeiniglich
in Koͤrben von Palmblaͤttern oder Bin-
tzen, von den Lateinern Caballino be-
namſet, gebracht wird: oder weil ſie,
nach anderer Meinung, blos fuͤr die
Pferde ſoll gebrauchet werden. Doch
iſt dieſes ein ziemlich grober Schnitzer;
denn ſie dienet weder fuͤr die Menſchen,
noch fuͤr die Pferde, weil ſie nichts als
eitel Unrath iſt, oder beſſer zu ſagen, ver-
brannt Zeug, welches weder Kraft
noch Macht hat, und darum billich ſol-
te verworffen werden. Ja man ſolte
den Kauffleuten nicht nur dieſe, ſondern
auch andere dergleichen ſchaͤndliche
Waaren zu fuͤhren und zu verkauffen
verbieten, abſonderlich, wenn ſelbige
zur Artzney ſollen gebrauchet werden.
HYpociſtis, im Frantzoͤſiſchen Hypochiſte
genannt, iſt ein dicker Saft, den man
aus einer Art Beyſchoͤßlingen machet,
welche aus der Wurtzel eines Strau-
ches, Ciſtos benamſet, herauswachſen.
Dieſer Strauch iſt in Provence und
Languedoc gar ſehr gemein, und wir
laſſen allen Succum hypociſtidis, den wir
verkauffen, daher bringen.
Der Herr Charras, und der ihn ſo
wacker ausgeſchrieben, Maͤvius/ ha-
ben beydes die Figur und die Farbe die-
ſer Nebenſchoſſen, alſo wohl beſchrieben,
wie ingleichen den Strauch, der ſie brin-
get, daß ich nicht fuͤr dienlich erachtet,
dieſes Cap. zu vergroͤſſern, ſondern ha-
Siehe Fig. 316.be mich begnuͤgen laſſen, die Figur, die
ich nach dem Originale ſtechen laſſen,Siehe Fig. 316.
hierbey zu ſetzen.
Dieſen Saft nun muß man erkieſen,
der da fein wohl gekocht, das iſt, friſch
ſey, glaͤntzend ſchwartz, gar wenig ver-
brannt, und ſo viel nur moͤglich, eines
anziehenden Geſchmacks, auch gewiß
von Hypociſtide bereitet. Jch ſage nicht
ohn Urſache, daß man den erwehlen
muͤſſe, der gantz gewiß vom Hypociſtide
bereitet worden, denn Maͤvius ſaget,
die Apothecker, welche die Leute zu be-
truͤgen pflegten, gebrauchten insge-
mein den an der Sonne getreugten
Saft der Bocksbartwurtzel dafuͤr. Al-
lein, ich dencke immer, er habe ihnen in
dieſem Stuͤcke ein wenig zu viel gethan,
denn
[]
Figure 293. Trutſche Acatia oder Schlehen dorn F. 318. p. 452. Figure 294. Rechte Acatia. F. 317. p. 449. | Figure 295. Hypocustis. F. 316 p. 448. |
Figure 296. Scam̃oneum. F. 310. p. 435. | |
Figure 297. Verſianiſche Aloe. p. 455. | Figure 298. Americaniſche Aloe. F. 314. p. 444. Figure 299. Aloe Frucht F. 325. p. 445. |
[][]Hauptbeſchreibung erſten Theils neundtes Buch.
denn ich verſichert bin, daß die Apothe-
cker hieran wohl niemahls gedacht, und
zwar um dreyerley Urſache willen.
Vors erſte iſt dieſer Saft ein Extract,
den wir ſpottwohlfeil ſchaffen koͤnnen,
nicht nur, weil dieſe Beyſproſſen in
Provence ſehr gemeine ſind, ſondern
auch ſehr viel Saft geben. Die ande-
re Urſache iſt, daß der Extract der Bocks-
bartwurtzel um ein gutes hoͤher kommt,
als der aufrechte Succus hypociſtidis.
Drittens, muß dieſes nur aus einer
bloſen Einbildung herruͤhren, dieweil
der Herr Charras, deſſen Buch er ſo
redlich ausgeſchrieben, davon gar nichts
erwaͤhnet, ſondern vielmehr eine gantz
widrige Meinung gehaͤget hat, erſtan-
gefuͤhrter Urſachen wegen, welches auch
die Wahrheit iſt.
Dieſemnach darff man nicht ferner
glauben, daß der Succus hypociſtidis ver-
faͤlſchet werde, vielmehr kan man ver-
ſichert ſeyn, daß derjenige Saft, den
die Apothecker gebrauchen, eben alſo
ſey, wie wir ihn an dieſelbigen verkauf-
fen. Dieſes aber iſt wahr, daß diejeni-
gen, die den Theriac bereiten, ihn um-
ſchmeltzen, damit die Erde und anderes
unnuͤtzes Weſen, das ſich darinne befin-
den moͤchte, davon komme, denn die
Leute in Provence und Languedoc/
die ihn bereiten, geben nicht ſo gar ge-
naue Achtung drauf, meiſtentheils da-
rum, weil man ihn faſt umſonſt von ih-
nen haben will, und denn, weil ſie ihn
in ſo groſſer Menge bereiten.
Es wird aber dieſer Saft nicht nur
zum Theriac genommen, ſondern er
wird auch von ihrer etlichen an ſtatt des
Succi acaciæ veræ gebrauchet, theils, weil
er wohlfeiler iſt, theils aber, weil ſie
vorgeben, er habe eben ſolche Kraͤfte.
Er kommt ingleichen unter das Pflaſter
des Priors von Chabriere, welches Re-
cept der Koͤnig public machen laſſen.
DJeſes iſt ein dicker Saft, nach ein
und anderer Scribenten Berichte,
von den Fruͤchten derjenigen Baͤume,
die das Arabiſche Gummi geben, ge-
macht: welcher Baͤume auch in dem
Siehe Fig. 317.Buch von Gummi abgebildet zu erſehen
ſeyn. Weil ich aber deſſen nicht ver-
ſichert bin, ſo werde mich begnuͤgen laſ-
ſen zu ſagen, daß dieſer Saft von der
rechten Acacia, ein dicker und zu einer
gantz dichten Conſiſtentz gebrachter
Saft ſey, und komme aus Levante,
in Geſtalt runder Baͤlle, verſchiedner
Groͤſſe, in ſehr zarte Blaͤtter gewickelt,
damit er nicht zerflieſſe, und auch beſſer
fortzu bringen ſey.
Man erwehle den rechten Acaci-
enſaft, welcher wohl gekocht iſt, und
Tannetfarben, d. i. braunroth, ſiehet,
und ein wenig roͤthlicht, welches ſich
nicht wohl zu dem Berichte ein und an-
derer Scribenten ſchicket, welche ein-
haͤllig ſagen: indem es einer aus dem
andern geſchrieben: es muͤſſe der Succus
Acaciæ veræ, wenn er recht gut ſeyn ſol-
te, gar ſchoͤn- und zwar ziemlich hoch-
roth ſehen. Nun habe ich nicht wenig
ſolchen Saft geſehen, und unter Haͤn-
den gehabt, alleine niemahls einigen ge-
funden, der dergleichen hohe Farbe ge-
habt haͤtte. Und darum werde ich auch
ſagen, daß diejenigen, ſo ſein beduͤrffen,
den tannetfarbenen dem andern vorzie-
hen ſollen: denn erſtlich iſt es ein Zei-
chen, wann er dieſe Farbe hat, daß er
wohl gekocht ſey. Vors andere, daß er
aus denen recht zeitigen Fruͤchten gezo-
gen worden: und deswegen muß er fein
dichte und glaͤntzend ſeyn, dabey einen
anziehenden in etwas unangenehmen
Geſchmack haben.
Allein, dieſer Saft wird ſo wenig ge-
braucht, daß, wo er nicht unter den The-
riac genommen wuͤrde, der ſchlechte
Vertrieb kaum der Rede werth waͤre.
Die ihn nun zu dieſer weitlaͤuftigen
compoſition von noͤthen haben, brauchen
ihn zuweilen nur ſo, wie wir ihn ver-
kauffen, blos, daß ſie die Blaſen, darein
er gewickelt iſt, herabziehen: andere
aber machen mit ſonderlichen Formen
allerhand Figuren draus, welches zwar
der Sache ein feines Anſehen macht, im
uͤbrigen aber keine einige Kraft zu geben
vermag.
Auſſer dieſem Acacienſaft, von dem
ich bisanher gehandelt, verkauffen wir
auch noch einen andern, wiewohl gar
F fſelten,
[]Der Spezereyen und Materialien
ſelten, Succus Acaciæ Germanicæ genannt,
der aus den Schlehen gezogen und her-
nach gekochet worden iſt, bis er die Con-
ſiſtentz eines hart und veſten Extracts
uͤberkommen: drauf wird er in Blaſen
gethan, wie der Egyptiſche Acacien-
ſaft/ dem er auch an Geſtalt gleichet,
nicht aber an der Farbe: denn der Suc-
cus Acaciæ veræ ſieht braunroth, wie ich
oben gemeldet habe, der Succus Acaciæ
Germanicæ aber ſo ſchwartz, als wie der
friſche Suͤßholtzſaft.
WAs die Jndianer Achiotl und
Urucu/ die Hollaͤnder aber Or-
lean nennen, wird im Frantzoͤſiſchen
Roucou geheiſſen, und iſt eine Fecula oder
zartes Pulver, welches die Einwohner
der Jnſeln unter dem Wind und S.
Domingo, aus einem kleinen Korn be-
reiten, das in einer Huͤlſe ſteckt, deren
Siehe Fig. 319.Geſtalt ich nach demjenigen Stuͤcke, das
in meinen Haͤnden iſt, zeichnen und mit
dem Buchſtaben A bemercken laſſen.
Das Baͤumlein, das den Roucou
traͤgt, ſtoͤſt, nach des P. Tertre Berich-
te, aus ſeiner Wurtzel einen Hauffen
Zweige hervor, welche ſich wiederum in
viel kleinere Aeſte zertheilen, und alſo
eine Staude formiren. Seine Blaͤtter
ſehen bey nahe als wie die Blaͤtter des
Spaniſchen Holders, und es bringt
zweymahl des Jahres ein Hauffen
Buͤſchlein weiſſer mit roth vermengter
Blumen, welche der Geſtalt nach, bald
wie die Blumen der ſchwartzen Nies-
wurtz ſehen. Dieſe Blumen ſind gantz
voll kleiner gelber Zaͤſerlein mit rothen
Zuͤnglein beſetzet. Wann die Blumen
abgefallen, alsdann kommen die caſta-
nienbraunen Knoͤpfe hervor, welche
uͤber und uͤber mit kleinen und zarten
braunen Spitzlein oder Stacheln verſe-
hen ſind, die aber gar nicht ſtechen.
Wann dieſe zeitig worden, ſo finden ſich
in der Mitte zwey gedoppelte Kerne,
welche um und um mit einem hochro-
then glaͤntzenden Safte, den die Wilden
Roucou nennen, umgeben ſind. Mit
dieſer Farbe mahlen ſich die Jndianer/
wenn ſie verreiſen wollen; doch muͤſſen
ſie dieſelbe zuvor mit einem gewiſſen
Oele, welches ſie ausdruͤcklich hierzu
von einem und dem andern Samen be-
reiten, aufloͤſen.
Die Europaͤer machen es in einem
Moͤrſel mit Leinoͤl an, und daraus, nach-
dem ſie es genugſam geſtoſſen, eine
Maſſa, die ſie nach Franckreich ver-
ſenden, woſelbſt es gebraucht, und das
Wachs, wenn es zu blaß iſt, gelb damit
gefaͤrbet wird. Man braucht es auch
die Chocolate zu faͤrben. Einige be-
gnuͤgen ſich, wenn ſie es nur in einem
Moͤrſel ohne Oel geſtoſſen, und machen
hernachmahls gleichfalls eine Maſſa
oder Taͤflein draus, welche, wenn ſie in
Urin zerlaſſen, eine rothe Farbe geben,
die ſo gut als die beſte Europaͤiſche Farbe
faͤrbet. Sie iſt auch ohne diß eine ſehr
gute Waare. Jm uͤbrigen iſt dieſes
Baͤumlein eben dasjenige, deſſen Sca-
liger gedencket, und es arborem finium
regundorum, einen Baum der die Graͤn-
tzen bezeichnet, oder den Graͤntzbaum/
nennet.
Dieſer Bericht lautet gantz anders,
denn des Hrn. Frantz Rouſſeau ſeiner,
welcher mir geſchrieben, daß es ein
Baum ſey, acht oder neun Fuß hoch,
deſſen Blaͤtter dem Pfirſichlaube ſchier
gleich ſaͤhen; nach dieſen wuͤchſen die
Schoten, die faſt wie unſre Kaſtanien-
ſchalen ſaͤhen, und um und um mit klei-
nen Dornen oder Spitzlein beſetzet waͤ-
ren. Jnwendig befinde ſich ein kleines
Korn, welches im Moͤrſel oder auf ei-
nem Steine zerquetſchet und darauf in
ein mit Waſſer angefuͤlltes Geſchirr ge-
leget wuͤrde. Mit einem Worte, der
Roucou wird in den Jnſeln eben als
wie bey uns das Staͤrckmehl gemacht:
doch nicht auf ſolche Art wie Maͤvius
beſchreibet, ſondern wie es unſere
Staͤrckmacher bereiten: hernach wenn
es zu Klumpen gemacht, und getrucknet
worden iſt, wird es zu uns gebracht.
Dieſer letztere Bericht iſt viel richti-
ger, denn der erſte, dieweil die Huͤlſen,
die ich beſitze, allerdings alſo ſehen, wie
in dem Briefe des Herrn Rouſſeau
vermeldet worden. Uberdiß iſt an dem
Roucou, den wir verkauffen, zumahl
wenn er, wie er ſoll, beſchaffen iſt, gar
leicht zu mercken, daß er nicht mit Oele
angemachet ſey, dieweil der gute Geruch
des gerechten Roucou ſattſam erwei-
ſet,
[]Hauptbeſchreibung erſten Theils neundtes Buch.
ſet, daß er nicht gemiſchet worden.
Auch laſſe man ſich eines beſſern be-
richten, und glaube nicht, daß der
Achiotl auf ſolche Weiſe bereitet wer-
de, wie Blegnypag. 222. meldet, daß
naͤmlich der Achiotl ein dicker Saft ſey,
den man aus der Frucht des Americani-
ſchen fruchtbaren Baumes Achiotl
ziehe. Denn, wann dieſes Korn aus
der Huͤlſe genommen, wuͤrde es geſtoſſen
und der Saft heraus gepreßt, den man
darauf an einen warmen Ort ſetze und
die Feuchtigkeit verrauchen laſſe: wenn
er nun als ein Teig dicke worden, wuͤr-
den kleine Klumpen in unterſchiedener
Form daraus gemacht, die dann, wann
ſie gantz und gar ausgetrocknet, eigent-
lich das ſo genannte Achiotl waͤren.
Allein, es iſt nichts gewiſſers, als daß
der Roucou oder Achiotl, gleichwie
die Staͤrcke bereitet wird; denn un-
moͤglich kan der Saft herausgepreſſet
werden, weil die Materie, daraus der
Roucou gemacht wird, ein roͤthlicht
faſichtes Weſen iſt, ſo an den Koͤrnern
in der Huͤlſe hanget, und ſich nicht davon
abſondern laͤßt, als mit Waſſer, wenn
man auf ſolche Weiſe damit verfaͤhret,
als wie die Staͤrckmacher, die das Mehl,
das noch in denen Kleyen, welche auf
Frantzoͤſiſch Recoupe heiſſen, davon ab-
zuſondern, und Staͤrcke daraus zu ma-
chen wiſſen. Und darum iſt es kein Saft,
der aus den Kernen gepreſſet worden,
wie obgemeldter Autor vorgiebt.
Dem ſey aber wie ihm ſey, man muß
den Roucou ausſuchen, der wie Violen
oder Veilgenwurtzel riecht, und gewiß
aus Cayenne gebracht iſt: denn dieſes
die eintzige unter allen Americani-
ſchen Jnſeln, woſelbſt der beſte und
truckenſte Roucou gemacht wird; der
muß auch an Farbe ſo hoch als moͤglich
ſeyn. Der alſo bereitete Roucou ſoll
Achiotl.den Namen Achiotl fuͤhren: denn der-
jenige, den wir verkauffen, iſt insgemein
und meiſtentheils feuchte und garſtig,
ſchimmlicht, und riecht nach dem Keller:
in Summa, er taug durchgehends nicht
zum Einnehmen, und ſoll weder zur
Chocolate, noch fuͤr Krancke gebrauchet
werden, ob ihn gleich Blegny dazu re-
commendiret, ich ihm auch eben nicht
widerſprechen will, indem ichs nicht
verſucht habe.
Den Roucou brauchen die Faͤrber
ſehr viel. Auch wird das Wachs gelb
damit gemachet, wenn man ihn in ein
wenig Nußoͤl zerlaſſen, unter das ge-
ſchmoltzene Wachs geſchuͤttet hat. Das
uͤbelſte aber iſt, daß dieſe Farbe nicht
lange dauert, ſondern an der Luft ver-
ſchieſſet.
Vor etlichen Jahren ſendeten ſie uns
aus den Jnſeln, und auch aus Holland,
Roucou in kleinen Klumpen, in Ge-
ſtalt und Groͤſſe eines Thalers, welcher
alle gehoͤrige Beſchaffenheiten hatte,
und gar gut innerlich zu brauchen war;
dagegen iſt der, den wir anietzo haben,
in groſſen viereckten Stuͤcken, wie die
Maßiliſche Seiffe, oder als wie runde
Kuchen, und bisweilen ſo haͤßlich und
ſtinckend, daß man ihn kaum anruͤhren
kan.
Die Americaniſchen Cannibalen
warten des Baumes, der den Roucou
traͤgt, mit der groͤſten Sorgfalt, in An-
ſehung des groſſen Nutzens, den ſie da-
von ziehen. Denn erſtlich zieren ſie ih-
re Gaͤrten damit aus, und ſetzen ihn
vor ihre Huͤtten und Wohnungen. Vors
andere, iſt dieſes Holtz dermaſſen harte,
daß ſie Feuer damit aufſchlagen koͤnnen,
als wie wir mit den Feuer- und Flinten-
ſteinen. Zum dritten machen ſie Seile
und Tuch aus der Schale. Viertens
thun ſie die Wurtzel und Blaͤtter in ihre
Suppen, davon bekommen ſie einen gu-
ten Geſchmack, und eine Farbe wie
Saffran. Der fuͤnffte Nutzen beſtehet
in den Koͤrnern, daraus ſie den Roucou
bereiten, mit dem ſie ſich nicht allein
und ſonderlich an ihren Feſttagen zu
mahlen pflegen, nachdem ſie ihn vorher
in Carapaoͤl zergehen laſſen, ſondern
ſie tauſchen auch andere Waaren, deren
ſie beduͤrfftig, dafuͤr ein.
Der Roucou giebt mir auch Anlaß
und Gelegenheit von dem Creutzbee-
ren-Extract oder Safte zu handeln,
den wir recht ungeſchickt, Blaſengruͤn
zu nennen gewohnet ſind. Es iſt aber
dieſer Extract der Saft, der aus den
Creutzbeeren, die in den Hoͤltzern gantz
gemeine ſind, gezogen worden. Wann
nun dieſer Saft aus den Beeren gezo-
gen iſt, wird er mit blancken Weine und
etwas Alaune vermiſchet, in Schweins-
blaſen geſchuͤttet und aufgehaͤnget, da-
mit die Feuchtigkeit durch die Luft da-
von getrieben, und er zu einem Extracte
F f 2werde,
[]Der Spezereyen und Materialien
werde, der endlich, wenn er alt worden,
ſteinharte wird. Es gebrauchen ihn
die Miniaturarbeiter: in der Artzney
aber hat er keinen Nutzen. Wann er
nun recht ſchoͤn iſt, ſo muß er friſch und
wohl bereitet ſeyn, und eine ſchoͤne gruͤ-
ne Farbe geben, wenn er auf weiß Pa-
pier geſtrichen wird. Allein ſeit eini-
gen Jahren her, und nachdem man ge-
lernet, daß das Gummi Gutt und der
Jndich ein viel ſchoͤners Gruͤn geben,
wird es nicht mehr ſo viel gebraucht.
Hieraus iſt demnach leicht abzuneh-
men, daß dieſes Gruͤn gantz ungereimt
Blaſengruͤn genennet werde, weil es
der bloſe Saft der Creutzbeeren iſt, wel-
cher dicke gemachet worden: nicht aber
aus den Blaſen ein und anderer Thiere
bereitet wird, wie etliche vermeinen.
Wer derohalben dieſes Gruͤn berei-
ten will, mag Acht haben, daß er die
rechten Creutzbeeren bekomme, denn
die meiſten Bauern, welche ſie uns brin-
gen, pflegen an ſtatt der Creutzbeeren,
die ſie Bourge-Epine nennen, und um die
Weinleſe nach Paris bꝛingen, zu geben.
Aus dieſen Beeren machen die Apothe-
cker den Creutzbeerenſaft, den ſie gemei-
niglich Syrupum rhamni cathartici zu nen-
nen pflegen, und ein unvergleichlich
Mittel wider die Waſſerſucht iſt, daher
er auch den Namen ſyrupus hydragogus,
Waſſerabfuͤhrender Syrup bekom-
men: denn hydor heißt nach dem Grie-
chiſchen Waſſer. Die Saͤmiſchgerber
faͤrben das Saͤmiſche Leder gruͤn mit
dieſem Safte: und die das gruͤne Pa-
pier machen, brauchen ihn anietzo an
ſtatt des Gruͤnſpans, dieweil er nicht ſo
viel als dieſer koſtet.
Sonſt giebt es noch ein Hauffen
Extracta, ſolida und fluida, dicke und duͤn-
ne, die wir alle verkauffen duͤrfften, wenn
man ſie nur bey uns ſuchte. Durch
liquida verſtehe diejenigen, welche ſo lan-
ge muͤſſen gekochet werden, bis ſie, als
wie eine Lattwerge dicke worden, z. E.
Extractum hellebori nigri, pæoniæ, cucu-
meris ſylveſtris, das die Apothecker Elate-
rium nennen, und wenn es noch friſch
oder neu, ſehr ſchaͤdlich iſt: wie denn al-
le gute Autores ſagen, man ſolle es nicht
gebrauchen, es ſey denn gar alt, und
ſehr glaͤntzend ſchwartz, wenn mans ans
Licht haͤlt, und ſchmecke dabey ſehr bit-
ter. Desgleichen wird aus dieſen Fruͤch-
ten eine Fecula gemacht, und Elaterium
album genennet. Und andere derglei-
chen Extracte noch mehr.
Was die ſolida betrift, welche die
ſind, die ſich forttragen laſſen, z. E. der
Suͤßholtzſaft oder der Succus hypociſti-
dis, da finden ſich ihrer gleichfalls noch
gar viel, die wir ebenmaͤßig verkauffen
duͤrfften, wenn ſie uns nur auch ſo ge-
meine waͤren, z. E. das Lycium aus Jn-
dien und Candien, ſamt andern mehr.
Ende des Erſten Theils von Vegetabilien.
ES verhindert weder die Herrſchafft/ die GOtt der HERR
dem Menſchen uͤber alle Thiere verliehen/ noch auch die
Herrlichkeit der Gaben/ die Er, der grundguͤtige Schoͤpfer/
ihm vor allem andern/ ſo das Leben hat/ mitgetheilet/
daß die Naturkuͤndiger/ welche von Thieren geſchrieben,
ſich nicht ſelbſt auch/ zum wenigſten, was anlanget den Leib,
unter deren Zahl zugleich ſolten begriffen haben. Die Er-
fahrung, welche vielenMedicisdie trefflichen Wirckungen und Kraft der
Theile/ ja auch derExcrementen eines todten oder annoch lebendigen Men-
ſchen gelehret, hat ſie gleichfalls dahin gebracht, daß ſie viel ehe zu die-
ſen ihre Zuflucht genommen/ als zu ſolchen Dingen, welche von den
Thieren kommen/ und wohl gar Beſchreibungen und beſondere Zuberei-
tungen der Theile vom Menſchen aufgeſetzet/ wie ſie etwa vermeinet/
daß ſie es verdienten. Bis endlich der meiſte Theil der Scribenten/ wel-
che von Thieren/ und ſolchen/ die davon zum Behuff und Nutzen der
Artzneykunſt moͤgen bereitet werden/ gehandelt/ insgemein mit Beſchrei-
bung des gantzen Menſchen, oder doch von deſſelbigen Theilen, und ehe
nichts von andern Thieren gemeldet haben, als bis ſie deroſelben Beherr-
ſcher beſchrieben. Welches mich dann gleicher geſtalt verbunden ihnen
hierinne zu folgen, und was ich geſonnen von den Thieren zu vermelden,
bis zu Ende derjenigen Sachen zu verſparen/ welche denſelbigen angehen/
der ihr Herr und Meiſter iſt/ und nach belieben mit ihnen ſchalten und
walten kan.
Jch ſetze aber beyſeit das groſſe Licht und die Erkenntnuͤß, welche
GOtt dem Menſchen/ ſeinen Leib betreffend, geſchencket hat/ daß er
naͤmlich an ſich ſelbſt/ oder einem Coͤrper ſeines gleichen/ er ſey nun lebend
oder todt/ etwas finden koͤnne, dadurch er ſeine Kranck- und Schwach-
heiten zu vertreiben/ oder doch aufs wenigſte dieſelben zu lindern und zu
mildern vermoͤge/ wie nicht weniger ſeines Lebens Tage erhalten und
verlaͤngern koͤnne. Damit ich aber mich deſto genauer an diejenigen
Sachen/ deren mein Verſtand faͤhig, halten/ und meinem Vorſatz zu
Folge/ allein an ſolche Dinge binden moͤge/ welche die Thiere, Gewaͤch-
ſe und Mineralien eigentlich und inſonderheit dem Spezereyweſen dar-
reichen/ als habe fuͤr gut erachtet, von der Mumie den Anfang zu ma-
chen/ denn dieſe doch alle Theile des menſchlichen Leibes in ſich enthaͤlt.
UNter allen Ehrenbezeugun-
gen, welche das Alterthum
den Leuten erwieſen, iſt die
Begraͤbnuͤß iederzeit fuͤr die
groͤſte gehalten worden:
denn durch dieſe letzte und loͤbliche Er-
kenntlichkeit wolten ſie das Gedaͤchtnuͤß
dererjenigen beehren und erhalten, de-
rer Thaten und Verdienſte ſie, Zeit ih-
res Lebens, beliebet und belobet ge-
F f 3macht,
[]Der Spezereyen und Materialien
macht, und vermeinten alſo, bey dieſem
Liebesdienſte Troſt fuͤr die Hinterbliebe-
nen, und Friede und Ruhe fuͤr die Ver-
ſtorbenen zu finden.
Die Verwunderungs wuͤrdigen
Egyptiſchen Pyramiden und Flamm-
ſeulen, deren ich unten gedencken will;
die mit ſo groſſem Fleiß ausgegrabenen
und ausgehauenen Obeliſci und Spitz-
ſeulen, Mauſolea und herrliche Begraͤb-
nuͤſſe, mit einem Worte, alle die praͤch-
tigen und koſtbaren Monumenta und
Epitaphia, Denck- und Ehrenmahle, die
in der gantzen Welt zerſtreuet ſind, be-
zeugen gnugſam und zu gewiß von die-
ſer ſo loͤblichen Zuneigung der Alten ge-
gen ihre Todten.
Dieweil es aber ſtets allerley Nati-
onen und Religionen gegeben, ſo haben
auch dieſe ihre beſonderen Gewohnhei-
ten bey Ausuͤbung dieſer letzten Schul-
digkeit gehabt.
Und zwar haben ſich alle Elemente
in den Raub der Verſtorbenen gethei-
let, und die Erde iſt nicht faͤhig gehal-
ten worden, daß ſie mit dieſem beygeſetz-
ten alleine beladen wuͤrde.
So weiſen uns die Geſchichte, daß das
Feuer die Todencoͤrper der Griechen/
der Roͤmer/ der Gallier/ der Teut-
ſchen/ und noch viel anderer Voͤlcker
mehr verbrennet und verzehret; daß die
zu Colchis ihre Toden an die Luft und
an die Aeſte der Baͤume gehaͤnget; auch
daß die alten abgelebten Nordlaͤnder
ihre Begraͤbnuͤß in dem Abgrunde der
See, gleichwie die Mohren in den Fluͤſ-
ſen gefunden: und daß die Voͤlcker des
kalten Scythenlandes in den Schnee
begraben worden. Allein die alleraͤl-
teſte Art zu begraben iſt dieſe geweſen,
daß man die Coͤrper in die Erde ver-
ſcharret und vergraben, welches denn
auch zu glauben verurſachet, es ſey un-
ſer erſter Vatter gleichfalls auf dieſe
Weiſe begraben worden.
Die Chriſten haben von den Juden
gelernet die Toden zu begraben, und
machten die Graͤber an unterirdiſchen
und abgelegenen Orten, welche ſie Cata-
combas nenneten, insgemein Cœmeteria,
als wolten ſie ſagen, Schlafkammern,
welcher Name auch noch heut bey Tage
ihnen verbleibet. Ehe und bevor ſie aber
die Leichname begruben, balſamirten
ſie dieſelbigen, auf eine ſo beſondere als
wunderſame Weiſe, welche wir alſofort
betrachten wollen.
Die erſte Art zu balſamiren war die
koſtbarſte, und koſtete ein Talent Silber,
welches zu ſelbiger Zeit ohngefehr 850.
Pfund oder zweyhundert und etliche
achtzig Thaler unſers Geldes machte:
anietzo aber wuͤrde es 1000. Pfund oder
uͤber dreyhundert und funffzig Thaler
betragen.
Es gehoͤrete aber dieſe Art zu balſa-
miren nur fuͤr vornehme Perſonen.
Und dazu wurden dreyerley Leute ge-
brauchet, einer, der Zeichner genannt,
bezeichnete diejenigen Orte am gantzen
Leibe, welche muſten geoͤffnet und die
Eingeweide heraus gezogen werden:
der Zerſchneider/ welcher ein Meſſer,
aus einem Mohrenlaͤndiſchen Steine
gemacht, hatte, ſchnitte ſoviel Fleiſch
hinweg, als noͤthig war, und die Geſe-
tze vergoͤnneten, und lieff darauf, ſo
ſtarck er lauffen konte, davon, weil die
Gewohnheit des Landes mit ſich brach-
te, daß die Befreundte und Hausgenoſ-
ſen ihn mit Steinen verfolgeten, ihm al-
les uͤbels an den Hals wuͤnſcheten, und
als den leichtfertigſten liederlichſten Bu-
ben tractireten. Nachdem dieſes ver-
richtet, traten die Balſamirer, welche
fuͤr geheiligte Leute gehalten wurden,
ein, ihr Amt zu verrichten; da dann et-
liche die obern Eingeweide, bis auf das
Hertz und Lunge heraus zunehmen be-
gunten, die andern aber den Leib zu rei-
nigen, den ſie alsdann mit Palmen-
weine, oder andern gewuͤrtzhaften Saͤf-
ten auswuſchen: hernach wuſchen ſie
den Leib gantzer vier Wochen hindurch
mit Balſam, Cederngummi, oder Hartz,
und fuͤlleten ihn mit Pulver, von Myr-
rhen, Aloe, Jndianiſchen Narden, Ju-
denpech und andern dergleichen Sachen
bereitet, aus; doch nahmen ſie keinen
Weyrauch, den wir heut zu Tage Oli-
banum zu nennen pflegen, nicht dazu,
es ſey nun, daß ſie gar zu groſſe Ehrer-
bietung gegen dieſe Spezerey haͤgeten,
oder aber, weil ſie zu theuer ware.
Was den Kopff anbetraff, da bedien-
ten ſie ſich gewiſſer Eiſen, welche ſie in
die Naſenloͤcher ſtieſſen, und damit al-
le Subſtantz des Hirns herauszogen:
nach dem ſpritzten ſie koͤſtliche gewuͤrtz-
hafte Saͤfte hinein.
Die andere Art zu balſamiren galt
ein
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ein halb Talent, und war fuͤr mittlere
Standesperſonen beſtimmet, dabey
man ſich begnuͤgen lieſſe, daß man dem
Verſtorbenen Waſſer in den Hintern
ſpritzte, oder ein decoctum von Kraͤu-
tern und Spezereyen und Cedernoͤl:
hernach ward der alſo zubereitete Coͤr-
per gantzer ſechs und ſechzig Tage lang
in Saltz geleget. Wann dieſes vorbey,
ward er wieder heraus genommen, und
das Loch geoͤffnet, damit die Eingewei-
de, welche nunmehro faſt gantz zerfreſ-
ſen und zergangen waren, herausgehen
konten. Nachdem nun ſolches alles ver-
richtet, wurde der Leib in zarte Lein-
wand-Binden, die mit Myrrhen und
Judenpech getraͤncket waren, gewickelt,
und der Zeichner, den ſie Scribam nenne-
ten, uͤberdeckte alles mit einer gemahlten
Leinwand, auf welche die Ceremonien
und Gebraͤuche ihrer Religion, ein
Hauffen hieroglyphiſche Figuren, zu-
ſamt den Thieren, die der Verſtorbene
am liebſten gehabt, abgebildet ſtunden.
Das vornehmſte Thier, und das ſie am
meiſten zu verehren pflegten, war der
Kaͤfer, nicht allein wegen ſeiner wun-
derſamen Geburt, ſondern auch von we-
gen der Gleichheit, die dieſes Ungezie-
fer, ihrem Vorgeben nach, mit der Son-
ne haben ſolte. Und gewiß, ſo haͤßlich
auch dieſes kleine Thierlein iſt, indem es
mehrentheils im Kothe ſtecket, dennoch
hat es einen recht wunderbaren inner-
lichen Trieb ſein Geſchlechte zu vermeh-
ren, und zu erhalten. Denn dieſes
Thierlein zeuget ſich ſelbſten, ohne
Huͤlffe eines Weibleins, und wenn das
Maͤnnlein hecken will, ſo ſucht es ihm ei-
nen Kuͤhfladen: wenn es den gefunden,
macht es eine runde Kugel davon, in
Geſtalt einer Weltkugel, hernach wal-
tzet es dieſelbe mit ſeinen Fuͤßgen von
Morgen gegen Abend zu, er aber kehrt
ſich gegen Morgen, und ahmet alſo der
Bewegung der Weltkugel nach, indem
als denn die Kugel von Morgen gegen
Abend zu lauffen muß, auf eine gantz
andere und widrige Art, als die Ster-
ne zu lauffen pflegen. Wann es dann
dergeſtalt ſeine Kugel genug gewaltzet
hat, verſteckt es dieſelbe in die Erde, und
laͤßt ſie vier Wochen lang darinne, in
welcher Zeit der Mond den Thierkreis
durchlauft, und binnen dieſer Zeit zeu-
get und erzielt es die Kaͤferlein in dieſer
Kugel. Am neun und zwantzigſten Ta-
ge, an dem die Conjunction der Sonnen
und des Monden geſchicht, wie denn
auch alles an dieſem Tage hervorkom̃t,
waltzet dieſes Thierlein ſeine Kugel ins
Waſſer; darinne zergeht ſie, und die
Kaͤferlein kriechen heraus. Und eben
darum hat man unter dieſem Denck-
und Sinnebilde die Geburt und die
Vaͤter vorgeſtellt, weil dieſes kleine Ge-
wuͤrme einen Vater, aber keine Mut-
ter hat. Sie bilden auch die Welt da-
runter vor, von wegen der Kugel, die
ſie machen und herum waltzen; und die
Mannsbilder, weil es lauter Maͤnnlein
unter den Kaͤfern giebt. Es werden
zwar gar viel Arten der Kaͤfer gefun-
den, doch diejenigen, welche die Egypter
am meiſten verehren, waren die, welche
einen Kopf, wie einen Katzenkopf hat-
ten, mit etlichen Baͤrten, welches ihnen
zu glauben Anlaß gegeben, daß dieſe
Thiere einige Gleichheit mit der Sonne
haͤtten: zumahl, da dieſe Wuͤrmlein an-
noch 30. kleine Klauen, wie Finger ha-
ben, welche die 30. Tage vorſtellen, die
die Sonne alle Monate zubringt, wenn
ſie die Zeichen des Thierkreiſes durch-
laufft.
Die andern hieroglyphiſchen Zeichen
und Bilder zu erklaͤren wuͤrde allzulan-
ge fallen, es kan ſie ein iedweder bey dem
P. Kircher nachſehen.
Die dritte Art zu balſamiren war
fuͤr arme Leute, und wurde mit Pech
und Judenhartz, untereinander vermi-
ſchet, gemacht, oder die Coͤrper wurden
mit Kalch oder andern wohlfeilen Din-
gen ausgetrucknet: unterweilen ge-
brauchten ſie auch Egyptiſches Na-
trum, Saltz, Honig und Wachs dazu.
Desgleichen lieſſen ſie die Leichen in Oele
kochen, damit alle Feuchtigkeit verzeh-
ret wuͤrde, als welche die Urſache der
Verfaulung iſt: oder, mit Erlaubnuͤß
und nach Anmerckung eines Gelehrten
unſerer Zeit zu reden, der Anfang der
Verweſung iſt eine feuchte Waͤrme, wel-
che ſich in das Fleiſch einſchleichet, wann
deſſen Theilgen von einander getrennet
und andere fremde Coͤrper, die ſich in
die Raͤumlein, von der Waͤrme eroͤff-
net und locker gemacht, ſetzen und ſie
einnehmen, mit ihnen vermiſchet wor-
den. Die Luft aber, welche warm und
feuchte, iſt insgemein dasjenige, das die
Coͤrper
[]Der Spezereyen und Materialien
Coͤrper auf, und von einander trennet,
daher auch das ſicherſte Mittel, wenn
man ſie zu erhalten begehret, iſt, daß man
verhuͤte, damit keine Luft dazu komme.
Hierzu kommt noch, daß die Luft, die
wir beym athemhohlen einziehen, mit
einer unnennlichen Menge kleiner
Wuͤrmlein erfuͤllet iſt, die man nicht
einmahl ſehen kan, weil ſie ſo gar kleine
ſind. Dieſe kleinen Wuͤrmlein hencken
ſich an das Fleiſch, und zernagen es, und
weil ſie ſich gantz leichtlich vermehren,
iſt die Luft zu zeiten gantz und gar mit
ihnen angefuͤllet, abſonderlich zu Peſt-
zeiten, oder wann andere anſteckende
Seuchen im Schwang gehen. So hat
man auch durch die Vergroͤſſerungsglaͤ-
ſer in Acht genommen, daß, was der
Krebs genennet wird, nichts anders ſey,
als eine unzehliche Menge gantz kleiner
Wuͤrmlein, welche das Fleiſch, als wie
die Muͤlben den Kaͤſe zernagen. Da-
mit nun das Fleiſch verwahret werde,
muß man dieſe Wuͤrmlein davon aus-
zuſchlieſſen trachten, welches vermit-
telſt des Honigs, Oels, Weingeiſts und
anderer Saͤfte geſchehen mag, denn die-
ſelben verwickeln und bedecken dieſes Ge-
wuͤrme, und toͤdten es.
Allein der Egypter Vorwitz erſtreck-
te ſich noch weiter: denn, indem ſie ge-
gen ihꝛe abgelebeten Freunde gar zu groſ-
ſe Ehrerbietung haͤgeten, und ſich nicht
entſchlieſſen konten, dieſelben zu begra-
ben, mithin dererſelben Anſchauens ſich
zu berauben, verſuchten ſie ein Mittel
zu erfinden, durch deſſen Huͤlffe ſie die-
ſelbigen ſtets bey ſich und vor Augen ha-
ben moͤchten, das iſt, daß ſie eben ſo ehr-
bar, wie ihre verſtorbenen Freunde le-
ben, und ſich nach deroſelben Auffuͤh-
rung auch richten koͤnnten.
Derowegen, wenn iem and von ihren
Befreunden verſturbe, richteten ſie
dererſelben Leichname dermaſſen artig
zu, und truckneten ſie dergeſtalt auf, daß
dieſe Coͤrper, denen marmorſteinernen
Bildſeulen an Haͤrte gleicheten, und
Gabaras/
dafuͤr man
Mumie ſa-
gen ſoll, iſt
nach unter-
ſchiedlicher
Scribenten
Meinung,
ein Perſiſch
Wort, undnenneten ſie auf ihre Sprache Gaba-
ras, welches Wort eben ſo viel als
Mumie bedeutet. Sie wendeten hier-
bey die groͤſte Geſchicklichkeit an, ſo daß
man niemahls etwas ungeſtaltes dar-
an zu ſehen bekommen: bemahleten
ihnen das Geſichte mit allerhand Far-
ben, auch wohl gar mit Golde, wenn
ſie ſelbige vorhero ausgenommen undbedeutet ei-
nen mit aller-
hand Speze-
reyen, ſon-
derlich aber
mit Juͤdi-
ſchem Peche
eingebalſa-
mirten Coͤr-
per.
balſamiret, die Arme creutzweis uͤber
einander geleget, und ſie hernach mit
feiner Leinwand umwickelt hatten, wel-
che mit aromatiſchen Gummen zuge-
richtet war: hernach legten ſie ihnen
ein Tuch uͤber das Haupt, wie einen
Weiberſchleyer, der zu beyden SeitenMomie
aber ſoll man
nicht ſpre-
chen, wie an-
dere Autores
ſchreiben, die
es von denen
Woͤrtern
Cinnamo-
mum, Carda-
momum, oder
Amomum
herleiten,
weil die Mu-
mien, ihren
Gedancken
nach, damit
zugerichtet
geweſen.
Beſiehe Fig.
322. it. 323. 324.
bis auf die Bruſt, und hinten bis auf die
Schultern herab hienge. Noch hatten ſie
ein zuſammen gerolltes Tuch unter das
Kinn geleget, welches dazu dienete, daß
es die Wangen zuſammen druckte und
die Kinnbacken zuſammen hielte, damit
ſie nicht herabfielen: ſo daß, wer ſie ge-
ſehen, ſelbige viel eher fuͤr ſchlaffende,
als todte anſehen ſollen.
Wenn ſie aber durch Kranckheit ver-
ſtellet worden waren, dann legten ſie
dem Verſtorbenen eine Larve von Pap-
pe oder gemahlter Leinwand, die ihm
gleich ſahe, uͤber das Geſichte: hinge-
gen, wenn die Perſon nicht enſtellet
war, lieſſen ſie das Geſichte ſamt den
Ohren frey und bemahlten ſie mit aller-
hand Farben.
Wann nun die Todten dergeſtalt
ausgeputzet waren, verſchloſſen ſie die-
ſelben in glaͤſerne Kaſten, die ausdruͤck-
lich dazu, nach der Groͤſſe der Perſon
verfertiget waren, und ſtelleten ſie dar-
auf in die alleroͤberſten Gemaͤcher ihrer
Haͤuſer. Alsdann waren es die koſtbar-
ſten Pfaͤnder, und eine ſolche Verſiche-
rung ihrer Treu und Glaubens, daß
wenn iemand unter ihnen Geld von
noͤthen hatte, er kein beſſer Pfand aus-
lieffern konte, als dieſe ſeiner Vorfah-
ren balſamirten und im Glas liegenden
Coͤrper, es war auch derjenige, der auf
dergleichen Verpfaͤndung Geld ausleh-
nete, wegen Wiedererſtattung deſſelben
gantz unbeſorget; denn wenn der
Schuldner, das entlehnte Geld nicht
wiedererſetzen, und ſein verſetztes zuruͤ-
cke nehmen kunte, wurde er fuͤr unehr-
lich gehalten: welches ihn denn unver-
meidlich dazu anhielte, daß er entweder
Mittel ausfinden muſte, ſeine verſetzten
Vorfahren zu beſtimmter Zeit wieder
einzuloͤſen, oder aber gewaͤrtig zu ſeyn,
daß ihn ein iedweder aufs aͤuſſerſte
ſchimpfte und ausſchaͤndete.
Sie gebrauchten auch dieſe Toden-
coͤrper zu weit hoͤhern Dingen; maſſen
ſie kein Feſt begiengen, daß ſienicht dieſe
Coͤrper
[]
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Coͤrper herzu bringen lieſſen, damit ſie
nicht vergeſſen moͤchten, daß ſie auch
ſterben muͤſten, und dieſen Bildern der-
mahleins ebenfalls wuͤrden gleich und
aͤhnlich werden.
Eben dieſe Egyptier wendeten noch
ſehr viel andere Unkoſten auf die Erhal-
tung ihrer Todencoͤrper: denn nach-
dem ſie dieſelben balſamiret, und nichts
deſto minder mit den koͤſtlichſten Spe-
zereyen ausgetrucknet, bewickelten ſie
dieſelben mit groſſen Tuͤchern von zar-
ter Leinwand uͤber und uͤber; hernechſt
uͤberwunden ſie ſie oftmahls mit mehr
denn 200. Ellen Band, ſo daß man
nichts davon, als das Geſichte, iezuwei-
len auch wohl nichts davon zu ſehen be-
kame. Ehe denn ſie ſie aber einſchar-
reten, waren ſie beſorget, daß ihnen die
Naͤgel an Haͤnden uñ Fuͤſſen mit Alkan-
nen Blaͤttern gefaͤrbet wurden. Wann
ſie nun dergeſtalt beſchicket waren, wur-
den ſie in die Todenkiſten von koͤſtlichen
Holtze, welche ihnen die Verſtorbenen
ſelbſt machen laſſen, verſchloſſen, und
mit ihnen zugleich das Goͤtzenbild, das
ſie in ihrem Leben angebetet.
Dieſe Goͤtzenbilder oder Pagoden
waren von Gold und Silber, oder von
einem andern Metalle, doch meiſten-
theils von der Erde des Landes ge-
macht, mit allerhand Bilderzeichen,
welche des Verſtorbenen Stand und
Beſchaffenheit, die Koſten der Balſa-
mirung und die Zeit derſelben, wie auch
die Stadt, daraus er buͤrtig, bemercke-
ten.
Wann hernach die Todenkiſten zu-
geſchlagen waren, wurden ſie mit groſ-
ſer Pracht nach denenjenigen Orten
hingebracht, welche ſie ſich gleicher ge-
ſtalt bey ihrem Leben erbauen laſſen,
welches noch heut zu Tage an den Egy-
Siehe Fig. 326.ptiſchen Pyramiden zu erſehen, die
zwey oder drey Meilen weit von Gros
Cairo ſtehen. Von dieſen melden die
Geſchichtſchreiber, daß Chamis, ein
Egyptiſcher Koͤnig, eine ſolche Pyrami-
de erbauen laſſen, dazu hundert tau-
ſend Mann gantzer fuͤnff und zwantzig
Jahre lang waͤren gebrauchet worden:
ſie war viereckt, in der Tieffe ohngefehr
funffzehn Fuß: die Geſichtslinie auf
iedweder Seite hielt am Grunde acht
hundert Schuhe in der Breite, und
auch ſo viel in der Hoͤhe; inwendig war
eine ewigbrennende Lampe.
Hieraus kan man abnehmen, was
fuͤr Sorge dieſe Voͤlcker vor ihre Toden
getragen, und darff niemand ferner
glauben, daß diejenigen Mumien, die
uns uͤberbracht werden, wahrhafte
Mumien ſeyen; denn man wuͤrde ſich
nimmermehr ſo viel Muͤhe machen,
und ſie hernach ſo wohlfeil hingeben;
ſondern es ſind mit Pech uͤberzogene
Coͤrper, gleichwie wir hiernechſt erſehen
werden.
Uber dieſe dafuͤr ausgegebenen Mu-
mien, und die nur erſtermeldeten, findet
ſich noch eine andere Gattung, naͤmlich
die aus Libien, welche die weiſſenWeiſſe Mu-
mien.
Mumien genennet werden. Dieſe
ſind nichts anders, als die Coͤrper derer-
jenigen, die im Meer ertruncken, her-
nach an dem Lybiſchen Seeſtrande ans
Land geworffen, und von dem uͤber alle
maſſen heiſſen Sande begraben und
ausgetrocknet worden ſind: dergeſtalt,
daß die ſtaͤrckſten Perſonen, wenn ſie
nur einige wenige Zeit allda gelegen,
kaum dreyßig Pfund waͤgen, und ewig
koͤnnen aufbehalten werden. Zu Pa-
ris auf der Straſſen S. Croix de la
Bretonnerie ſiehet man eine in der
Raritaͤtenkammer des Herrn Bou-
det/ welcher des Herrn Boudets, des
koͤniglichen Medici Sohn iſt.
Allein dieſe Mumien ſind nicht im
Gebrauch, theils weil ſie zu rar, theils
aber, weil ſie von aller Kraft entbloͤſet,
und nichts anders ſind, als ein Perga-
ment auf die Beine geleimet.
Sehet alſo, was die weiſſen Mu-
mien ſeyn, welcher Name ihnen doch
keines weges mit Rechte zukommt, all-
dieweil der Name Mumie einen Coͤrper
bedeutet, der mit allerhand Gewuͤꝛtz und
Spezereyen einbalſamiret und vor der
Verweſung verwahret worden iſt: wel-
ches aber an dieſen ausgedoͤrrten Coͤr-
pern nicht zu befinden. Derowegen
darff man auch nicht glauben, daß die
Mumien, die wir zu verkauffen haben,
ſolche im Waſſer erſoffene, und im San-
de ausgetreugte Coͤrper ſind.
Nunmehr wollen wir die Schelme-Falſche Mu-
mien.
rey der Juden/ die ſie mit den Mumi-
en begehen, und hernach auch den Be-
trug, den die Chriſten damit zu veruͤben
G gpflegen,
[]Der Spezereyen und Materialien
pflegen, betrachten. Sage demnach,
daß diejenigen Mumien/ die man von
Alexandria in Egypten, von Vene-
dig, ja auch von Lyon zu uns bringt,
nichts anders ſind, als tode Coͤrper,
auf unterſchiedene Art verſtorbener
Leute, aus denen, ſie moͤgen begraben
geweſt ſeyn oder nicht, das Eingewei-
de zuſamt dem Hirn ausgenommen,
und ſie darauf mit Pulver von Myr-
rhen, Roßaloe, Judenhartz, ſchwar-
tzem Pech und andern Gummi wieder-
um angefuͤllet, und in haͤßliche grobe
Leinwand, die in ietztgemeldtes Zeug
eingetauchet iſt, eingehuͤllet worden.
Alſo bereitet, werden ſie in einen Ofen
geſchoben, damit alle Feuchtigkeit da-
von abkomme, und hierauf, wenn ſie
recht wohl getreuget, zu uns geſendet,
und denenjenigen fuͤr wahrhafte Mu-
mien verkaufft, welche ſich nicht drauf
verſtehen, oder nicht vernommen ha-
ben, wie ſorgfaͤltig die Egyptier ge-
weſen, ihre Toden zu begraben, und
daß ſie nichts geſparet, damit ſie derer-
ſelben Gedaͤchtnuͤß erhalten, nicht aber
einen Handel damit treiben moͤchten.
Zu mehrerer Beglaubigung dieſes mei-
nes Vorbringens will ich anietzo an-
fuͤhren, was der Herr Guy de la Fontaine,
ein koͤniglicher Medicus, und nach ihm
Ambroſius Pareus davon berichten.
Als ietzgemeldter Herr de la Fontaine
zu Alexandria in Egypten ſagen hoͤr-
te, daß ein Jude in ſelbiger Stadt ſich
aufhielt, welcher ein recht Handwerck
und Handlung mit den Mumien trie-
be, reitzte ihn die Begierde dieſes mit
Augen anzuſehen, daß er ſich nach des
ermeldten Judens Behauſung verfuͤg-
te: wie er nun denſelben angetroffen,
bat er ihn, daß er doch ſeine Waare,
oder die zu Mumien gemachte Coͤrper
wolte ſehen laſſen, woruͤber zwar der
Jude zu anfangs ein und andere
Schwuͤrigkeit machte, doch endlich ſein
Magazin eroͤffnete, und ihm ein Hauf-
fen ſchichtweis uͤber einander gelegte
Coͤrper zeigete. Nachdem er dieſe eine
Viertheils Stunde lang beſchauet hat-
te, fragte er den Juden, was er denn
fuͤr Coͤrper und Spezereyen dazu ge-
brauchte, worauf dieſer antwortete, die
Coͤrper betreffend, da nehme er, die er
nur bekommen koͤnte, und fragte we-
nig darnach, weſſen ſie waͤren, wenn
ſie nur tod waͤren, bekuͤmmerte ſich auch
nichts darum, ob ſie an einer gemeinen
Kranckheit, oder an einer anſteckenden
Seuche geſtorben waͤren. Die Spe-
zereyen aber anlangend, die waͤren ein
Gemenge von allerhand alten und ver-
legenen Spezereyen, damit richtete er
dieſe Coͤrper zu, welche er hernach,
wenn ſie im Ofen getreuget worden,
nach Europa verſendete: muͤſte ſich ver-
wundern, wie doch die Chriſten ſo groſ-
ſe Liebhaber von dergleichen Wuſt und
Unrath ſeyn koͤnten.
Dieſes lautet in Wahrheit anders,
als was die alten Medici davon geglau-
bet, wenn ſie die Mumien verordnet.
Dieweil ich aber viel zu wenig bin, al-
len Mißbrauch zu verwehren, es auch
noch Leute giebt, die ſie zu gebrauchen
Beliebung tragen, als will ich ihnen
ſagen, daß ſie diejenigen erwehlen ſol-
len, welche fein ſauber, glaͤntzend, huͤbſch
ſchwartz, ohne Bein und Staub ſind,
gut riechen, und nicht wie Pech ſtincken,
wenn ſie angezuͤndet werden.
Man erachtet ſie gut zu allerhand
Quetſuren, auch dienlich zu verwehren,
daß das Gebluͤte im Leibe nicht gerinne:
doch meiſtentheils verbraucht man ſie
zum Fiſchfang.
Ein und andere Scribenten geben
vor, es ſey das Fett mit dem Judenhartz
vermiſchet, welches aus den Saͤrgen
hervordringet, das Aſphaltum und die
wahre Mumie: andere aber ſagen,
daß es alſo zugerichtetes Fleiſch ſey,
welches durch die Bosheit eines Juͤdi-
ſchen Artztes in Gebrauch gekommen,
denn er geſchrieben, das alſo zubereite-
te und eingebalſamete Fleiſch ſey zu vie-
len Zufaͤllen gut, und inſonderheit zu
oberwaͤhnten.
Man hat auch ein und anderer Gat-
tung Hartz den Namen Mumia zuge-
leget, z. E. dem Juͤdiſchen, und welche
natuͤrlicher Weiſe in Arabien und an-
dern heiſſen Laͤndern aus den Bergen
rinnen: allein es reimet ſich nicht wohl
dazu, indem es, ſo zu reden, ein lauter
Fett- und klebrichter, ſtinckender Saft
iſt, der in dem Eingeweide der Erde er-
zeuget wird.
AUſſerhalb der Mumie, die ſich in un-
ſern Laͤden befindet, verkauffen wir
auch Menſchenfett, das wir von un-
terſchiedenen Orten bringen laſſen.
Weil aber bekannt, daß zu Paris der
Scharffrichter es einem ieden, der es be-
noͤthiget iſt, verkauffet, dannenhero
verkauffen die Spezereyhaͤndler und
Apothecker gar wenig. Jedennoch
ſolte dasjenige, das wir verkauffen, und
mit aromatiſchen Kraͤutern zugerich-
tet wird, ohnſtreitig beſſer ſeyn, als
welches aus den Haͤnden des Nachrich-
ters kommt.
Man haͤlt dafuͤr, das Menſchenfett
ſey trefflich gut wider die Stoͤckfluͤſſe,
und andere von Erkaͤltung herruͤhren-
de Kranckheiten.
Auch verkauffen wir, ohne das
Menſchenfett, annoch das fluͤchtige und
fixe Saltz vom Menſchenblute und dem
Hirnſchedel, dem Haar und Urin, ſamt
vielen andern auf Chymiſche Weiſe be-
reiteten Artzneyen mehr, welche in des
Herrn Charras ſeiner koͤniglichen
Galeniſch-Chymiſchen Apotheckerkunſt
am 771. Blat zu finden ſind: und da-
hin koͤnnen diejenigen, welche dieſe præ-
parationes zu wiſſen ein Verlangen tra-
gen, ſich verfuͤgen, ingleichen zu andern
Scribenten mehr, die ihrer Meldung
thun.
Die Wahl dieſer Dinge kan man ei-
nem ſehr ſchwerlich erklaͤren. Die beſt-
und ſicherſte Art ſie zu erkennen iſt, daß
man ſie bey rechtſchaffenen ehrlichen
Leuten kauffe, und nicht auf den wohl-
feilen Preis ſehe, denn auch dem Ver-
ſtaͤndigſten kan eines fuͤr das andere ge-
geben werden, indem niemand dafuͤr
ſtehen mag, als diejenigen, die ſie berei-
tet haben, vornehmlich die Oele, die
uͤber den Helm getrieben werden.
Jn England/ ſonderlich zu Lon-
den, verkauffen die Spezereyhaͤndler
auch Todenkoͤpfe, an denen ein klein
gruͤnlichtes Moos befindlich iſt, dem
man den Namen Uſnea gegeben, von
wegen ſeiner groſſen Gleichheit, die es
mit dem auf den Eichen wachſenden
Mooſe oder Uſnea hat. Der Herr
Charras/ welcher ſich geraume Zeit
in England aufgehalten, hat deſſen eine
gute Menge geſehen: dannenhero will
ich allhier mit anfuͤhren, was ihm be-
liebet hat mir davon mit zu theilen.
Die Uſnea iſt ein Auswuchs oder ex-
creſcentia, einem gruͤnlichten Mooſe
gleich, welches auswendig und inwen-
dig in den Hirnſchedeln der Gehenckten,
die man ſehr lange am Galgen gelaſſen,
entſtehet, und zwey oder drey Linien
hoch waͤchſt. Es beginnet aber als-
dann zu wachſen, wenn das fleiſchichte
Haͤutlein verfaulet und von dem Ge-
witter verzehret worden iſt, und dem-
nach den Hirnſchedel verlaſſen hat:
wenn nun die noch uͤbrige Feuchtig-
keit, die der Kopf, gewoͤhnlicher maſſen,
zur Nahrung der Haare und des Bar-
tes herzufuͤhret, kein Fleiſch mehr fin-
det, in dem ſie ihr Werck verrichten
koͤnte, ſo zeuget ſich alsdann dieſes
Moos, als wie das Haar, und hencket
ſich aufs veſteſte an den Schedel, eben
als wie das Moos an die Klippen und
Steine. Die Engliſchen Materiali-
ſten laſſen dieſe Koͤpfe aus Jrrland
bringen, allwo man gewohnt iſt die ge-
henckten ſo lange am Galgen zu laſſen,
bis ſie ſtuͤckweiſe herunter fallen.
Man ſiehet auch zu Londen in den
Laͤden gewiſſer Spezereyhaͤndler ſolche
Koͤpfe, entweder gantz, oder nur zum
Theil mit dieſem gruͤnen Moos bede-
cket, unter andern Waaren zugleich mit
aufgeſetzt, welches ich ſonſt nirgendwo
geſehen. Man darff ſich aber nicht
uͤber das Wachſen dieſes Mooſes auf
den Koͤpfen der Gehenckten verwun-
dern, denn man ja gar oft erfahren
hat, daß die Haare am Haupte, Bart
und andern Theilen des menſchlichen
Leibes, auch nach dem Tode gewachſen,
ſo lange die Theile, die ſie tragen, beſte-
hen, und ihnen Nahrung geben koͤnnen:
welches gleichfalls, nach einiger Erach-
ten, mit den Naͤgeln und Zaͤhnen ge-
ſchehen ſoll. Eben dieſe Spezerey-
G g 2haͤnd-
[]Der Spezereyen und Materialien
haͤndler uͤberſenden dieſe mit Moos be-
wachſenen Koͤpfe in fremde Lande, ſon-
derlich nach Teutſchland, damit es moͤ-
ge zu dem unguento ſympathetico oder
conſtellato Crollii gebrauchet werden,
welches er in ſeiner koͤniglichen Chymie
beſchrieben und trefflich herausgeſtrie-
chen hat, als ein vortreffliches Mittel
wider die fallende Sucht. Sie ver-
kauffen aber nur die ledigen Koͤpfe, in-
dem das Hirn, die Augen/ und alles
was weich und verderblich iſt, von dem
Wetter verzehret worden. Man koͤn-
te zwar auch wohl dem Hirnſchedel von
dieſen Koͤpfen einige Kraft zuſchreiben,
weil ſie zumahl von erhenckten genom-
men werden, allein man darff auch
ſicherlich glauben, daß die Hitze des
Sommers, und die Kaͤlte des Winters,
den allermeiſten Theil daraus getrie-
ben hat.
Dagegen ſolte der Hirnſchedel von
neulich erhenckten, davon das fleiſchlich-
te Haͤutlein herabgezogen, und das
Hirn, ſamt allem was noch mehr da-
rinne enthalten iſt, herausgenommen
worden, und darauf wohl abgewaſchen,
getrucknet, und mit einer Saͤge von
dem untern Theile abgeſondert iſt, um
ein merckliches beſſer ſeyn: und der-
gleichen verkauffen die Materialiſten
unter dem Titel des Menſchenhirnſche-
dels.
DAs Einhorn iſt ein Thier, welches
uns die Naturkuͤndiger unter der
Geſtalt eines Pfeꝛdes daꝛſtellen, das mit-
ten auf der Stirne ein zwey oder drey
Ellen langes und ſchlangenweis gedre-
hetes Horn habe. Allein, weil man
bis auf dieſe Stunde die wahre Be-
ſchaffenheit der Sache nicht zu erfah-
ren vermocht hat, darum will ich ver-
melden, daß dasjenige, was wir unter
dem Namen des Horns vom Einhorn
verkauffen, das Horn von einem Fiſche
ſey, welchen die Eislaͤnder Narwall
nennen, inmaſſen unten in dem Capitel
von dieſem Fiſche wird zu vernehmen
ſeyn.
Ehedeſſen wurde dieſes Horn, wegen
ſeiner vortrefflichen Eigenſchaften, die
ihm von den Vorfahren beygeleget
worden, ſehr ſtarck gebrauchet, und ſon-
derlich wider den Gift, daher es auch
von groſſen Herren ſo werth gehalten,
und eben um dieſer Urſache willen ge-
gen gleich ſo ſchweres Gold verkauffet
ward. Welcher Jrrthum alſo einge-
niſtelt, daß es noch anietzo Leute gie-
bet, die ſich ſolches dermaſſen veſte einge-
bildet, daß ſie es haben muͤſſen, ſolte es
auch noch ſo theuer ſeyn.
Ambroſius Pareus meldet in ſeinem
kleinen Tractaͤtlein, welches er vom
Einhorn geſchrieben, daß ſich in dem
gluͤcklichen Arabien wilde Eſel befaͤn-
den, welche Camphur genennet wuͤr-Camphurs.
Siehe Fig. 329.
den, und ein Horn vor der Stirne fuͤh-
reten, mit dem ſie ſich gegen die Buͤffel
beſchuͤtzeten: die Jndianer aber ge-
brauchten daſſelbe zu allerhand Kranck-
heiten, vornehmlich aber wider die gif-
tigen. So befaͤnde ſich auch noch ein
ander Thier in Arabien, welches die
Einwohner Piraſſoupi nenneten:Piraſſoupi.
Siehe Fig. 330.
daſſelbe habe zwey lange, gerade
und geſchlaͤngelte Hoͤrner, deren
ſich die Araber bedieneten, wenn ſie
von giftigen Thieren verwundet oder
gebiſſen worden waͤren: ſie legten ſie
auch ſechs oder ſieben Stunden lang in
ihr Trinckwaſſer, ſich dergeſtalt zu præ-
ſerviren. Er meldet ferner, daß dieſes
Thier ſo hoch ſey, wie ein Mauleſel,
auch einen ſolchen Kopf habe, der Leib
ſey zotticht, wie ein Baͤr, ſehe etwas
hoͤher als goldgelb, und habe geſpalte-
ne Klauen, als wie ein Hirſch.
Jonſtonius gedenckt in ſeinemSiehe Fig. 331.
Thierbuche, daß es noch mehr Arten
des Einhorns gebe, dahin kan der Le-
ſer ſeine Zuflucht nehmen.
DAs Bezoarthier/ von den Jndi-
anern Pazan genennet, iſt ein
Thier, das in ſeinem Magen oder in der
Blaſe einen Stein zeuget, der gleichen
Namen
[]
Figure 301. Einhorn. F. 327. p. 471. | Figure 302. Camphur. F. 329. p. 472. |
Figure 303. Einhorn. F. 328. p. 471. | |
Figure 304. Einhornbeijm Jon- ſtonius. F. 331. p. 472. | Figure 305. Pirassoipi. F. 330. p. 472. |
Figure 306. Thierdas den Bezoar giebet. F. 332. p. 471. | |
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Namen fuͤhret. Dieſem ſchreibt man
gar unvergleichliche Kraͤfte zu, und
eben deswegen iſt er vor dieſem uͤber-
aus hoch gehalten, auch ſehr theuer ver-
kaufft worden. Wie dann noch heut
zu Tage derjenige, welcher recht orien-
tal, und wie er ſoll, beſchaffen iſt, gleich-
falls gar theuer iſt, theils, weil es Muͤ-
he ſetzet, einen natuͤrlichen anzutreffen,
ſeit dem ein und andere Perſon hinter
die Kunſt gerathen, wie er nachzuma-
chen; als auch, weil dieſe Thiere nicht
eben gar zu viel Steine bringen, und
es ihrer ſehr viel giebt, die gar keine ha-
ben. Zu dem, ſo kommt er weit her,
und muß ſchweren Zoll geben, daß er
noch eins ſo hoch wuͤrde zu ſtehen kom-
men, wenn ihn die Morgenlaͤnder nicht
auch wie andere feine Waaren, z. E.
Moſch, und dergleichen, unerkannt
durchzubringen, oder ſich mit den Zoll-
bedienten zu verſtehen wuͤſten. Wegen
ſeiner Natur, Geſtalt, und dem eigent-
lichen Kennzeichen ſeiner Guͤte iſt man
eben ſo wenig, als wegen anderer Spe-
zereyen einig.
Tavernier vermeldet im II. Theil
ſeiner Reiſebeſchreibung nach folgendes
vom Bezoar.
Der Bezoar kommt aus einer
Landſchafft des Koͤnigreichs Golcon-
da, gegen Nordoſten gelegen, und fin-
det ſich unter dem Miſte in dem Leibe
der Ziegen, welche ein gewiſſes Kraut
zu freſſen pflegen, deſſen Namen ich
aber vergeſſen. Dieſes Kraut treibt
kleine Knoſpen, um welche, wie auch
um die Spitzen der Zweige, ſich der
Bezoar in dem Bauche der Ziegen an-
legt, und die Geſtalt der Knoſpen und
Spitzen der Zweige annimmt, daher es
auch kommt, daß ſo viel und unter-
ſchiedene Figuren darunter gefunden
werden. Wenn die Bauern den Zie-
gen die Baͤuche befuͤhlen, wiſſen ſie,
wie viel dieſelben Steine bey ſich ha-
ben, und verkauffen ſie alsdann, nach-
dem derer viel ſind. Damit ſie es aber
erfahren moͤgen, ſtecken ſie beyde Haͤn-
de den Ziegen unter den Bauch, klopfen
an den Wanſt, der Laͤnge nach zu bey-
den Seiten, damit ſich dergeſtalt alles in
die Mitte des Bauches zuſammen be-
gebe, ſo dann koͤnnen ſie gewiß zehlen
und fuͤhlen, wie viel der Steine drinne
ſind.
Die Raritaͤt des Bezoars beſtehet
in der Groͤſſe, obgleich der kleine nicht
geringere Kraͤfte hat, denn der dicke.
Man wird auch oftmahls in dieſem
Stuͤcke betrogen, indem es Leute giebt,
die den Bezoar mit einem Teige, aus
Gummi und einer andern, dem Bezoar
an der Farbe gantz und gar gleichen
Materie gemacht, zu vergroͤſſern wiſ-
ſen, Dieſen Betrug aber kan man vor-
nehmlich auf zweyerley Weiſe erken-
[nen]. Fuͤrs erſte, muß man den Bezoar
waͤgen, und eine zeitlang in laulichtem
Waſſer weichen laſſen: aͤndert nun das
Waſſer ſeine Farbe nicht im geringſten,
und der Bezoar verliehrt auch nichts
von ſeinem Gewichte, ſo iſt er unver-
faͤlſcht. Der andere Weg iſt dieſer, man
haͤlt ein ſpitzig und gluͤhendes Eiſen an
den Bezoar; wenn das Eiſen drein
gehet und ihn braun machet, dann iſt
es ein Zeichen, daß er vermiſchet wor-
den, und nicht natuͤrlich ſey. Ubrigens,
ie groͤſſer der Bezoar/ ie theurer iſt er,
und ſteiget nach Proportion, gleichwie
die Diamanten. Denn, wenn fuͤnff
oder ſechs Bezoarſteine eine Untze waͤ-
gen, wird dieſelbe fuͤnff bis ſechs Thaler
gelten, iſt es aber ein Bezoarſtein von
einer Untzen, duͤrffte er wohl hundert
Francken, oder etliche und dreyßig Tha-
ler gelten. Jch habe einen von 4¼ Untz
bis fuͤr 2000. Pfund verkaufft.
Auch war ich begierig, mich von alle
dem, was von dem Bezoar zu wiſſen
ſtehet, vollkommen unterrichten zu
laſſen, und hatte allbereit unterſchiede-
ne Reiſen nach Golconda gethan,
denn allda wird er am meiſten verhan-
delt, kunte aber nicht erfahren, in wel-
chem Theil des Leibes die Ziegen den
Stein ſtecken haͤtten. Allein auf mei-
ner fuͤnfften Reiſe wurden mir einige
Particulirperſonen, die bey der Engli-
ſchen und Hollaͤndiſchen Compagnie in
Dienſten ſtunden, und fuͤr ſich nicht
handeln durfften, verbunden, weil ich
zu wege brachte, daß ſie fuͤr ohngefehr
6000. Rupien Bezoar verkauffen kun-
ten. Dieſe Leute wolten mir ihre Er-
kenntlichkeit bezeugen, und eine Ver-
ehrung thun, welche ich aber ausſchlu-
ge, und zu ihnen ſagte, wie daß ich nie-
G g 3mahls
[]Der Spezereyen und Materialien
mahls von einigen Menſchen wegen
der Dienſte, die ich ihm erweiſen koͤn-
nen, etwas genommen. Doch gab
ich ihnen zu verſtehen, wie ich ihnen in
kuͤnfftiger Zeit noch weiter dienen koͤn-
te, ſie wuͤrden mich aber auch ihrer ſeits
verbindlich machen, wenn ſie mir drey
oder vier Bezoar Geiſen verſchaffen
wolten, verſprach ihnen dabey, ſie ih-
nen zu bezahlen, was ſie koſten wuͤrden.
Uber dieſem Begehren, das ich an ſie
that, ſchienen ſie ſehr betroffen zu ſeyn,
und gaben mir zur Antwort, das Ver-
bot ſey ſo ſcharff, daß derjenige, der ſich
unterſtuͤnde dergleichen Ziegen aus
dem Lande zu fuͤhren, und daruͤber be-
treten wuͤrde, ohnfehlbar ſterben muͤ-
ſte. Jch ſahe wohl, daß es ihnen nahe
gieng, denn eines theils fuͤrchteten ſie
ſich vor der Strafe, andern theils aber
beſorgeten ſie, ich moͤchte ihnen an ei-
nem andern Kauffe hinderlich ſeyn, wel-
ches ihnen groſſen Schaden bringen
duͤrffte, angeſehen die guten Leute dem
Koͤnige 6000. alte Pagoden, welche
45000. Pfund, oder 15000. Thaler
unſerer Muͤntze betragen, Pacht erle-
gen muͤſſen, ſie moͤgen nun etwas ver-
kauffen oder nicht. Ohngefehr vier-
zehn Tage drauf, da ich ſchon nicht
mehr dran gedachte, kam jemand drey
Stund vor Tage, und klopfte an meine
Thuͤr. So bald als ſie in meine Kam-
mer getreten, da ich noch auf dem Bet-
te lag, fragten ſie mich, ob alle meine
Leute Auslaͤnder waͤren? Weil ich nun
keinen eintzigen aus der Stadt hatte,
ſondern eitel Perſianer, ſagte ich wie-
der ſie, ſie waͤren allezuſammen Frem-
de, worauf ſie, ohne drauf zu antwor-
ten, hinweg giengen. Eine Stunde
hernach kamen ſie wieder, und brach-
ten ſechs Ziegen, die ich mit Vergnuͤgen
betrachtete. Es ſind in Wahrheit, ſehr
ſchoͤne Thiere, ziemlich hoch, und haben
ein Haar, wie Seide. Alsbald dieſe
Geiſen allezuſammen in meinem Saa-
le waren, nahm der aͤlteſte unter den
drey Kauffleuten, die mir die Ziegen ge-
bracht hatten, das Wort, machte mir
ein Compliment, und ſagte, weil ich
dasjenige Geſchencke nicht annehmen
wollen, das ſie mir neulich zu verehren
geſonnen geweſen, um willen ich ihnen
dazu verholffen, daß ſie eine ſo groſſe
Party Bezoar verkauffet haͤtten, ſo
ſolte ich zum wenigſten dieſe ſechs Gei-
ſen nicht ausſchlagen, die ſie mir hiemit
von Hertzen gern und willigſt verehre-
ten. Allein ich wolte ſie nicht als ein
bloſes Geſchencke annehmen, ſondern
fragte, was ſie wohl werth waͤren, und
wurde, nachdem ſie viel Schwierigkeit
ſolches zu ſagen, gemacht, ziemlich be-
ſtuͤrtzt, meinete auch, ſie ſpotteten mei-
ner, als ſie ſagten, daß eine von dieſen
Ziegen, die ſie mir zugleich wieſen, drey,
die zwey folgenden vier, und die uͤbri-
gen dreye 4¾ Roupien werth waͤren.
Jch befragte ſie wegen der Urſache,
warum unter dieſen Ziegen die einen
theuerer waͤren, als die andern, und mu-
ſte vernehmen, daß die einen nur einen
Bezoar im Leibe haͤtten, die andern
aber haͤtten derer zwey, drey oder viere,
welches ſie mir auch zur Stunde ſehen
lieſſen, da ſie auf obgemeldte Weiſe den
Ziegen an die Waͤnſte klopften. Sie
hatten zuſammen 17. Bezoarſteine und
einen halben, als eine halbe Haſelnuß
groß. Jnwendig war es, wie weicher
Ziegenkoth, indem die Bezoarſteine/
wie bereits erwaͤhnet, in dem Miſte, der
in dem Bauche der Geiſen iſt, zu wach-
ſen pflegen. Einige ſagten mir, der
Bezoar wuͤchſe gegen der Leber zu, an-
dere aber behaupteten, daß es um die
Gegend des Hertzens geſchehe, allein
die eigentliche Wahrheit habe ich nie
erfahren koͤnnen.
Es giebt ſowohl in Orient/ als in
Occident/ ſehr viel Bezoarſteine/
die von Kuͤhen kommen, unter wel-Kuh-Bezoar.
chen ſolche zu finden, die 17. und 18. Un-
tzen waͤgen, maſſen ich ſelbſt einen ge-
habt, den der Großhertzog von Toſcana
bekommen. Allein von dieſem Bezoar
wird kein groß Weſen gemacht, indem
ſechs Gran von jenem mehr thun als
dreyßig von dieſem.
Der Bezoar aber, der nach einigerAffen-Bezoar.
Beduͤncken, von den Affen kommt, iſt
ſo ſtarck, daß zwey Gran davon eben ſo-
viel verrichten, als ſechs Gran von dem
Bezoar von Ziegen. Allein er iſt ſehr
ſeltſam, und dieſer Affen finden ſich in-
ſonderheit auf der Jnſel Makaſſer.
Der Stein iſt rund, da doch der andere
allerley Figuren hat, nachdem er naͤm-
lich nach den Knoſpen oder Spitzlein
der
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
der Zweige, die die Geiſſen freſſen, for-
miret worden iſt. Weil dann dieſe Stei-
ne viel rarer ſind, als die andern, ſo
ſind ſie auch um ſoviel theurer, und
werden mehr geſucht; und wenn man
einen findet, der ſo groß iſt als eine Ha-
ſelnuß, muß er mehrmahls hundert
Thaler gelten. Die Portugiſen halten
unter allen Voͤlckeꝛn am meiſten auf die-
ſen Stein, weil ſie ſich ſtets vor einander
in Acht zu nehmen haben, u. ſich befuͤrch-
ten, ihr Feind werde ihnen vergeben.
Allein, ich kan dem Herrn Taver-
nier unmoͤglich Beyfall geben; denn,
wenn er ſoviel Bezoartragende Thiere
geſehen, wie er vermeldet, wuͤrde er ja
auſſer Zweiffel eines haben ſtechen laſ-
ſen, als wie das Biſamthier: habe mich
dannenhero lieber an den Bericht des
Herrn Renou halten wollen, welcher
in ſeinem Buch am 451. Bl. folgendes
gemeldet: Es iſt ein uͤberaus behendes
Thier, welches nach ſeinem Gefallen
von Stein zu Stein zu ſpringen pflegt,
dabey ſehr grauſam, und toͤdtet die Jn-
dianiſchen Jaͤger oftermahls, wenn ſie
es zu heftig draͤngen. Seine Klauen
ſind geſpalten, gerade wie der Ziegen,
die Schenckel ſind dicke genug, der
Schwantz kurtz und krumm gebogen,
der Leib zotticht, wie ein Bock; ieden-
noch iſt das Haar weit kuͤrtzer, und Aſch-
grau, ein wenig roͤthlicht, oder, es ſie-
het vielmehr wie ein Rehe, am Bauche.
Der Kopf iſt wie der Kopf eines Bocks
geſtalt, und mit zwey Hoͤrnern gewaff-
net, welche gantz ſchwartz ſind, unten
hol und zuruͤckgekehret, liegen faſt auf
dem Ruͤcken, da ſie dann, indem ſie na-
he zuſammen gehen, einen ſtumpfen
Winckel machen. Daß ſolches die
Wahrheit, kan ich ſelbſt bezeugen, und
um ſoviel deſto mehr verſichern, dieweil
ich deren zweye zu Coubert auf des
Marſchalls de Vitri Schloſſe geſehen,
auch die Fuͤſſe zuſamt den Hoͤrnern und
der Haut des Thiers gefunden, welche
durchgehends mit dem Berichte des
Herrn Renou uͤbereinkamen. Was
die Haut betrifft, die iſt nach aller Ver-
ſtaͤndigen Gedancken, eine der groͤſten
Raritaͤten, die man in langer Zeit in
Franckreich geſehen hat.
Dieſe Haut, im Kupfer mit A be-
zeichnet, iſt ſo dicke, wie ein Gaͤn-
ſeey, auſſenher mit rauhen, kurtzen und
tannetfarbenen Haaren verſehen.
Wann dieſe entzwey geſchnitten wor-
den, findet ſich eine Schale drunter,
welche zart iſt und braun ſiehet, und ei-
ne andere, weiſſe und harte Schale be-
decket, in welcher der Stein, den man
Bezoar betitelt hat, liegt. Dieſes iſt
demnach alle demjenigen, was die Au-
tores davon geſchrieben, gantz und gar
entgegen; ich aber wuͤrde mich nicht
unterſtanden haben, etwas ſolches vor-
zubringen, dafern ich nicht das Origi-
nal in Haͤnden haͤtte, woraus zur Gnuͤ-
ge erhellet, daß in dem Bauch eines ie-
den Thieres mehr nicht deñ ein eintziger
Stein gefunden werde, und diß von we-
gen der Dicke dieſer Haut. Allem An-
ſehen nach iſt auch das die Urſache, wa-
rum der Bezoar ſo gar theuer iſt, weil
naͤmlich eine groſſe Menge dieſer Thie-
re ſonder Steine gefunden werden.
Dem ſey aber wie ihm ſey, der ori-
entaliſche Bezoar muß gleiſſend ſeyn,Bisweilen
findet ſich
orientaliſchet
Bezoar mit
Goldflin-
terlein/ wel-
cher alle dem
andern vor-
zuziehen iſt.
gut und faſt als wie Ambra riechen,
ſanft anzufuͤhlen, und wenn er auf Pa-
pier, das mit Bleyweiß beſtrichen iſt,
gerieben wird, muß er daſſelbe gelb faͤr-
ben: auch muß er unzerbrochen, und
ohne uͤbelgeſtalte Stuͤcklein ſeyn, ſoviel
nur immer moͤglich. Desgleichen muß
man Acht haben, daß kein nachgemach-
ter unter den guten gemiſchet ſey, be-
voraus, wenn man eine groſſe Quan-
titaͤt kauffet: denn ie gleiſſender, dicht,
dick und runder er iſt, ie hoͤher wird er
gehalten. Was aber die Geſtalt be-
trifft, dieſelbige hilfft nichts zum medi-
ciniſchen Gebrauch, eben als wie die
Farbe, indem es gar zu vielerley Arten
giebet, runde, lange, gekruͤmmte, hoͤck-
richte, dichte, ſandichte, weiſſe, gelbe
und graue. Die vornehmſte Farbe,
die am meiſten gefunden wird, iſt die
Olivenfarbe.
Vor dieſem wurde der Bezoar hauf-
fig gebrauchet, anietzo aber weiß man
bey nahe gar nicht mehr, was es iſt;
entweder, weil die Zeiten ſo elende wer-
den, oder aber, weil er zu theuer iſt;
oder, weil er aus der Mode gekommen,
ob es gleich eine vortreffliche Artzney iſt,
die ſowohl das Hertz vor boͤſer Luft ver-
wahret, als auch denenjenigen, welche
mit den Bocken, und andern giftigen
und
[]Der Spezereyen und Materialien
und peſtilentzialiſchen Kranckheiten be-
haftet ſind, ſehr dienet. Er wird auch
wider den Schwindel trefflich gut
und dienlich erachtet, desgleichen wider
die ſchwere Noth und Hertzklopfen/
die gelbe Sucht, Colica/ rothe Ruhr
und den Stein: nicht weniger wider
die Wuͤrme/ giftige Fieber und Gift;
wie auch zu Befoͤrderung der Ge-
burt. Die doſis iſt von vier bis auf
ſechs und zwoͤlff Gran, geſtoſſen, in ei-
nem zur Kranckheit dienlichen liquor
genommen. Die herrlichen Tugen-
den dieſes Steines haben verurſachet,
daß ihn die Ebraͤer Bel Zaard, das iſt,
einen Meiſter oder Bezwinger des Gif-
tes genennet.
Der Occidentaliſche Bezoar iſt
darinne von dem Orientaliſchen unter-
ſchieden, daß er gemeiniglich viel dicker
iſt, indem er oftermahls ſo dicke als ein
kleines Huͤnerey gefunden wird. So
hat er auch unterſchiedene Farben, doch
meiſtentheils iſt er weiß und graulicht.
Er iſt zwar eben als wie der vorige for-
miret, und wie Blaͤttlein oder Schup-
pen auf einander geleget, doch ſind die-
ſe Schuppen weit dicker, und wenn er
zerbrochen worden, ſieht er nicht an-
ders aus, als wenn er ſublimiret waͤre;
denn inwendig erblicket man ein Hauf-
fen kleine Spitzlein, als wie am Bley-
ſaltze: auſſenher aber iſt er glatt, und
ſehr dichte, von Farbe roͤthlicht grau.
Dieſer Bezoar wird auch aus Pe-
ru gebracht, woſelbſt es Ziegen, Hirſche
und andere Bezoar tragende Thiere
mehr giebet: weil man ſie aber gar ſel-
ten in den Baͤuchen dieſer Thiere findet,
deshalben ſind ſie auch in Franckreich
ſo gar rar. Er hat gleichfalls einen
lieblichen, und faſt ſtaͤrckern Geruch
denn der Orientaliſche. Dieweil dann
dieſer Bezoar ſo gar ſeltſam iſt, dero-
wegen machen ihn die Hollaͤnder und
andere Voͤlcker nach, aus einem grau-
en Teige, den ſie zu runden Ballen
machen, ſo dicke als ihnen beliebig: wie
ich denn verſichern kan, daß ich einen
geſehen, der ſo groß als eine Kugel, die
man zum Mailleſpiel gebrauchet, und
in eine vergoldete Schale veſte gema-
chet war, daß er ſich nicht bewegen
kunte, und dergeſtalt von dem Getraͤn-
cke, das man dareingieſſen wolte, be-
decket wurde, welches dann ein wenig
ſtehen bliebe, ehe man es truncke.
DAs Biſamthier kommt einem Re-
he an Farbe und Geſtalt ſo ziemlich
nahe, ohne daß es einen viel laͤngern
Leib hat, wie an dem Felle zu erſehen,
welches ich zu Rouan bey dem Herrn
Roudeau geſehen. Jn den Koͤnig-
reichen Tunquin und Boutan giebt
es dieſer Thiere die Menge.
Was wir aber Moſch/ oder Biſam
zu nennen pflegen, ſolches iſt verdorben
Blut, welches ſich unten an dem Bau-
che dieſes Thierleins, wie ein Geſchwuͤ-
re zuſammen ſetzet: wenn es denn zei-
tig worden, gehet dieſes Thier, von der
Natur dazu angetrieben, an einen
Baum, und reibt ſich ſo lange gegen
denſelben, bis es aufgehet; alsdann
uͤberkommt dieſes Blut, von der Son-
ne getrocknet, den ſo ſtarcken und ziem-
lich unangenehmen Geruch, welchen es
haben muß, wenn es rein ſeyn ſoll, und
noch nicht in Holland oder anderer Or-
ten durch der Juden und anderer Leute
Haͤnde gegangen iſt, welche es mit Er-
de, gedoͤrrten Blute und anderem Lum-
penzeuge zu verfaͤlſchen gewohnet ſind.
Darum darff niemand glauben, daß
es die Nieren dieſes Thieres ſind, wie
ihrer etliche vorgeben; noch auch, daß
diſes Thier ſich ſelbſt caſtrire, wenn es
verfolget wird, indem ihm wohl bewuſt,
daß man es alleine wegen ſeiner Geilen
zu fahen trachte. Dieſes aber kommt
daher, daß diejenigen, die es in die Bla-
ſen thun, dieſelben in Geſtalt der Nie-
ren zurichten. Andere wollen, der Bi-
ſam ſey das geronnene Gebluͤte, wel-
ches uͤber den gantzen Leib zuſammen-
gelauffen, nachdem es mit Pruͤgeln
wohl zuſchlagen worden: drauf wuͤrde
es in Stuͤcke ſeines Fells gethan, wel-
che ſie als wie Nieren zuſchnitten und
zuſammen naͤheten. Allein, weil mir
dieſe beyde Arten des Urſprungs des
Biſams
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Biſams gar zu wunderlich geſchienen,
als erachtete ich dienlich zu ſeyn, das-
jenige hieher zu ſetzen, was Tavernier
im II. Buche ſeiner Jndianiſchen Reiſe-
beſchreibung davon vermeldet, damit
hernach der Leſer diejenige Partey er-
wehlen moͤchte, welche ihm am anſtaͤn-
digſten.
Der beſte und meiſte Biſam kommt
aus dem Koͤnigreiche Boutan, von
dannen wird er nach Patua, der
Hauptftadt in Bengalen gebracht, und
an die Einwohner deſſelben Landes ver-
kauffet. Aller Biſam, der nach Per-
ſien verhandelt wird, kommt daher,
und alle Biſamhaͤndler ſehen lieber, daß
ihr ihnen Agtſtein und Corallen dafuͤr
gebet, als wenn ihr ihnen Gold oder
Silber bringet, denn ſie halten jene
zwey Dinge uͤberaus hoch.
Wann nun das Thier getoͤdtet iſt,
ſchneiden ſie ihm die Blatter aus, wel-
che unten an dem Bauche in der Groͤſ-
ſe eines Eyes zu ſehen, und naͤher an den
Geburtsgliedern, weder an dem Na-
bel liegt. Drauf ziehen ſie den darin-
ne befindlichen Biſam heraus, welcher
dazumahl als wie gelieffert Blut ſiehet.
Wenn ihn die Bauern verfaͤlſchen wol-
len, thun ſie die Leber und das Blut,
untereinander gehacket, an ſtatt des Bi-
ſams, den ſie heraus genommen, da-
hinein. Dieſe Vermiſchung zeuget,
binnen zwey oder drey Jahren, eine ge-
wiſſe Art kleiner Thierlein in den Blat-
tern, welche den guten Biſam verzeh-
ren, ſo daß, wann ſie eroͤffnet worden,
groſſer Abgang daran verſpuͤret wird.
Andere hingegen, wenn ſie die Blaſen
geoͤffnet, und ſoviel Biſam, als ſie nur
koͤnnen, heraus genommen haben, oh-
ne daß man es ſo gar ſonderlich mercken
koͤnne, thun an deſſen ſtatt kleine Stuͤck-
lein Bley hinein, damit er deſto ſchwe-
rer waͤge. Doch vertragen die Kauff-
leute, die ihn kauffen, und in fremde
Lande fuͤhren, dieſen Betrug lieber, als
den andern, weil keine ſolche Thierlein
darinne wachſen. Noch viel ſchwer-
licher aber iſt der Betrug zu entdecken,
wenn ſie aus dem Felle des Thieres klei-
ne Beutel machen, die ſie mit Faͤden
oder Riemlein von derſelben Haut
uͤberaus geſchicklich zu naͤhen wiſſen,
und den wahrhaften Blaſen gantz und
gar gleich ſehen. Denn dieſe Beutel
fuͤllen ſie mit dem, was ſie aus den
rechten Blattern gezogen, und der be-
truͤglichen Vermiſchung, die ſie noch da-
zu thun wollen, an, welches dann die
Kauffleute ſchwerlich erkennen moͤgen.
Es iſt gewiß, daß, wenn ſie die Blat-
tern, ſo bald ſie dieſelben hinwegge-
ſchnitten, zubaͤnden, und ihm alſo kei-
ne Luft gaͤben, oder dem Geruche nicht
Raum lieſſen etwas von ſeiner Kraft
zu verliehren, und nichts davon verfloͤ-
ge, indeſſen ſie davon nehmen, was ſie
wollen, ſo wuͤrde es geſchehen, daß das
Blut darnach gienge, wenn jemand
dieſe Blattern vor die Naſe hielte, die-
weil der Geruch uͤber die maſſen heftig
iſt, welcher nothwendig temperiret und
gemaͤßiget werden muß, ſo fern er an-
genehme werden, und dem Gehirn
nichts ſchaden ſoll. Der Geꝛuch des Thie-
res, das ich mit nach Paꝛis gebꝛacht, waꝛ
dermaſſen ſtarck, daß ich es unmoͤglich in
den Gemaͤchern behalten konte, denn er
ſtieg jederman in den Kopf, ſo daß ich
es in die Niederlage muſte hencken laſ-
ſen, allwo endlich meine Leute die Bla-
ſe herabgeſchnitten; dem ungeachtet
behielte doch das Fell ſtets etwas vom
Geruch. Dieſes Thier wird nicht eher,
als ohngefaͤhr um den 56ſten Grad ge-
funden, unter dem 60ſten aber hat es
ihrer eine groſſe Menge, indem das
Land voll Waldung iſt. Auch iſt es ge-
wiß, daß dieſe Thiere im Hornung und
Mertz; nachdem ſie in dem Lande, wo-
ſelbſt ſie ſich aufhalten, wegen des
Schnees, der allda haͤuffig und zu zehen
bis zwoͤlff Schuh tieff faͤllt, groſſen
Hunger erlitten; von der Mittagsſei-
te bis auf 44. und 45. Grad herab kom-
men, das Getreide und den jungen Reiß
abzufreſſen: und zu dieſer Zeit warten
ihnen die Bauern auf dem Wege auf,
legen ihnen Schleiffen, uñ toͤdten ſie mit
Pfeilen und Pruͤgeln. Es haben mich
etliche von ihnen verſichert, daß ſie ſo
mager, und fuͤr Hunger, den ſie erlit-
ten, ſo kraftlos waͤren, daß ſich ihrer
viele im lauffen fangen lieſſen. Es
muß aber eine recht entſetzliche Menge
dieſer Thiere geben, indem ein iedes
nur eine Blatter hat, darunter die dick-
ſte nicht groͤſſer iſt denn ein Huͤnerey,
auch nicht mehr denn ein Loth Biſam
H hgeben
[]Der Spezereyen und Materialien
geben kan: oftmahls muß man wohl
drey und vier Blattern haben, ehe
man eine Untze Biſam bekommt.
Der Koͤnig von Boutan/ befuͤrch-
tend, es moͤchte der Betrug, der mit
dem Biſam getrieben wird, der Hand-
lung ſchaden bringen, zumahl da man
ihn auch von Tunpuin und Cochin-
china bekommt, ob er gleich viel theu-
rer iſt, weil er allda nicht ſo haͤuffig zu
haben: dieſer Koͤnig, ſage ich, aus Bey-
ſorge, es duͤrffte dieſe verfaͤlſchte Waa-
re die Handlung in ſeinem Reiche in
ſchlechten Credit ſetzen, befahl vor eini-
ger Zeit, daß keine Blattern mehr nach
Boutan, woſelbſt er reſidiret, zugenaͤ-
het, ſondern offen ſolten gebracht, und
mit ſeinem Siegel verſiegelt werden.
Die ich gekauffet, waren alle von dieſer
Art: doch aller des Koͤniges Vorſichtig-
keit unerachtet, oͤffnen die Bauern die
Blattern fein ſaͤuberlich, und thun, wie
ich bereits erwaͤhnet, kleine Stuͤcklein
Bley hinein, welches die Kauffleute
auch nicht achten, indem das Bley, wie
ich gleichfalls angemercket, den Biſam
nicht verderbet, ſondern nur am Ge-
wichte Schaden thut. So weit Ta-
vernier.
Man muß den Biſam erwehlen,
welcher fein trucken, und das Haͤutlein,
darein er gewickelt, fein zarte iſt: denn
es giebt derer, an denen mehr Haut
und Haare ſind, als Waare darinne iſt.
Es ſollen auch gar wenig Haare an der
Haut ſeyn, und die Haut muß braun
ſehen, denn dieſes iſt das Zeichen der ge-
rechten Biſamblaſen oder Nieren
aus Tunquin/ welcher weit hoͤher ge-
halten wird, und viel beſſer iſt, als der
Bengaliſche, der in Blaſen mit weiſ-
ſen Haaren gewickelt iſt. Der Biſam
ohne Umſchlag ſoll auserleſen wer-
den, wenn er recht trucken und tannet-
braun von Farbe iſt, einen unertraͤg-
lich ſtarcken Geruch und bittern Ge-
ſchmack hat: wenn er ohne ſchwartze
und harte Broͤcklein iſt, ſo viel nur im-
mer moͤglich: und wenn er aufs Feuer
gelegt, brennet und verzehret wird.
Wiewohl dieſe Regel nicht allemahl zu-
trifft, und nur bey demjenigen Biſam
gilt, der mit Erde vermenget iſt: denn
welcher mit Blute vermiſchet worden,
an demſelben ſchafft das Feuer nichts.
Andere wollen, der gute Biſam muͤſſe
eine Fettigkeit von ſich geben, wenn
man ihn zwiſchen den Fingern druͤcket.
Weil es dann eine Waare, die gar
ſchwerlich zu erkennen iſt, ſo daß auch
wohl die Verſtaͤndigſten damit ſind be-
trogen worden, als hat ſolches ihrer
vielen Anlaß und Gelegenheit gegeben,
denſelben zu vermiſchen. Und eben
darum darff man ſich nicht an den
wohlfeilen Preiß kehren, ſondern man
ſoll ihn bey rechtſchaffenen Kauffleuten
erkauffen, und alle den Biſam ver-
werffen, den die Hauſirer mit und ohne
Blaſen zu verkauffen haben, weil es
nichts als Unflat iſt. Sie geben aber
zu beſſerer Beſchoͤnigung ihrer Betruͤ-
gerey vor, und bereden die Leute, wel-
che ihn von ihnen kauffen, daß ſie ihn
deshalben ſo gutes Kauffes geben koͤn-
ten, weil ſie ihn ſelbſt mit aus dem Lan-
de gebracht, und keinen Zoll, der in
Wahrheit ſehr wichtig iſt, davon gege-
ben: oder aber, ſie waͤren Matroſen,
und haͤtten ihn von ihren Capitainen
ſtatt der Beſoldung bekommen: oder
wiſſen ſich durch Anfuͤhrung anderer
Urſachen, ihrer liederlichen Waaren
dermaſſen meiſterlich zu entſchlagen,
daß ſie mehr Waaren um 20. Sols hin-
geben, als ein redlicher Handelsmann
kaum um 20. Pfund verlaſſen koͤnte:
und dennoch ziehen ſie bey dieſem
ſchlechten Preiſſe einen groſſen Ge-
winn. Dahero ſage ich, daß derjenige
Biſam, der mit Erde vermenget iſt, gar
leichtlich moͤge erkennet werden, wenn
man ihn nur auf eine gluͤhende Kohle
leget, denn ſo bleibt die Erde uͤber, wenn
welche drunter: hingegen, wann er mit
Blute vermiſchet iſt, verbleibet nur
ein wenig Aſche oder graulicht Pulver
uͤbrig, und dieſer ſoll eben ſo wohl ver-
worffen werden, als wie der, deſſen Ge-
ruch gar zu lieblich iſt, denn dieſen gu-
ten Geruch bekommt er nirgend an-
ders her, als wenn er mit einer oder
der andern Materie verſetzet worden
iſt, dadurch ſeine Theilgen von einan-
der geſondert werden.
Der Biſam wird wenig zur Artzney
gebraucht, weil er den Frauensperſo-
nen ſo gar zu wider, hingegen brauchen
ihn die Parfumirer deſto mehr. Doch
wird ſein auch bey weitem nicht mehr
ſo viel
[]
Figure 307. Zibet katz. F. 335. p. 485. |
Figure 308. Roucou Staude F. 320. p. 451. Figure 309. Schwartze, die den Koucou [m]achen. Figure 310. Roucou Schote F. 329. p. 452. |
Figure 311. Hiſam oder Muſcus Thier F. 334. p. 479. |
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ſoviel verthan, als wie vor dieſem, in-
dem die koͤſtlichen Rauchwercke nicht
mehr ſo ſehr im Schwange ſind.
Die Lateiner haben dem Biſam-
thiere vielerley Namen gegeben, zum
Exempel: Moſchus, Moſchius, Moſchi
capreolus, Dorcas Moſchi, Gazella Indica,
weil unſere Vorfahren das Thier, das
den Biſam giebt, Gazella genennet.
Diejenigen, die aus den America-
niſchen Jnſeln kommen, bringen uns
die Nieren von kleinen Thierlein mit,
welche die Americaner Piloris oder
Biſamratten zu nennen pflegen, die-
weil ſie unſern Ratten gantz aͤhnlich ſe-
hen, auſſer daß ſie viel groͤſſer ſind. Sie
verkauffen dieſe Nieren fuͤr die Nieren
vom Biſamthier, an diejenigen, die ſich
nicht darauf verſtehen: alleine, ſie ſind
gantz leichtlich zu erkennen, dieweil ſie
ſo lang und dicke ſind als eines kleinen
Kindes Finger.
Nach des P. Tertre Berichte haben
die Piloris oder Biſamratten die Ge-Piloris oder
Biſamratten.
ſtalt unſerer Ratten, ſind aber ſo ent-
ſetzlich groß, daß viere von unſern Rat-
ten nicht ſo ſchwer ſind, als ein Piloris.
Am Bauche ſind ſie weiß, auf dem Ruͤ-
cken aber ſchwartz, und riechen dermaſ-
ſen ſtarck nach Biſam, daß ſie die Luft
in der gantzen Gegend, wo ſie ſich auf-
halten, mit dem lieblichſten Geruche
erfuͤllen. Sie niſteln gerne in den Kel-
lern, allein ſie hecken nicht ſo ſtarck als
wie die andern Ratten. Die Einwoh-
ner auf Martinigo eſſen ſie, muͤſſen ſie
aber abgezogen, eine gantze Nacht uͤber
an der Luft hangen laſſen, ja ſelbſt die
erſte Bruͤhe wegſchuͤtten, damit ſie ih-
nen den allzuſtarcken Geruch benehmen
moͤgen.
Dieſe Ratten befinden ſich von Na-
tur auf der Jnſel Martinigo/ hinge-
gen keine anderen gemeinen, auſſer ſeit
einigen Jahren her, und nachdem die
Jnſel durch die Schiffe iſt beſuchet wor-
den.
DEr Zibet/la Civette, iſt ein ſchmie-
richter dicker Saft, befindet ſich in
dem Saͤcklein, welches ein Thier unter
dem Schwantze, nahe bey dem Hintern
hat. Das Thier ſieht wie eine Spani-
ſche oder Cypriſche Katze, iſt aber viel
wilder, und frißt trefflich gerne Fleiſch:
im Frantzoͤſiſchen fuͤhrt es gleichfalls
den Namen Civette, auf Teutſch aber
wird es eine Zibetkatze genennet, und
iſt in China/ wie auch in Oſt- und
Weſtindien/ ja ſelbſt in Holland, ſehr
gemein.
Die Scribenten ſind wegen der Na-
tur dieſes Thieres, und deſſen, was wir
von ihm nehmen, nicht wenig uneins.
Dieweil aber nicht zu meinem Zwecke
dienet, ſolches alles und iedes, was ſie
geſchrieben, allhier zu wiederhohlen,
als will ich alleine vermelden, was ich
mit einer Zibetkatze/ die ich ein gantzes
Jahr uͤber lebendig erhalten, vorge-
nommen habe. Sie war aus China,
von einem unter des Siamiſchen Ge-
ſandten Gefolge mitgebracht, und ei-
nem meiner guten Freunde verehret
worden, der ſie hernach im Jahr 1688.
mir geſchenckt. Als ich nun dieſes
Thier etliche Tage lang bewahret hat-
te, ward ich gewahr, daß die Mauer
und das Gitter, darinne es beſchloſſen
war, uͤber und uͤber voll dicker, ſchmie-
richter und gantz brauner Feuchtigkeit
waren, welche ſtarck und unannehm-
lich roche, daher ich dieſes Thier, die
Zeit uͤber, da ich es aufhielte, aller zwey
Tage, wiewohl nicht ſonder Muͤhe und
Gefahr, reinigen lieſſe, denn ihm dieſes
einigen Schmertzen verurſachte, zum
wenigſten ward es ſcheu gemacht. Wie
ich nun zwey Monate dergeſtalt mit
ihm verfahren, brachte ich bey nahe
anderthalb Untzen zuſammen, bin aber
verſichert, wenn alle dabey noͤthige Fuͤr-
ſichtigkeit waͤre angewendet worden,
und man haͤtte dem Thiere das reiben
koͤnnen verwehren, es haͤtte moͤgen viel-
mehr geſammlet werden. Allein ich
unterließ eines mit dem andern, weil
die Farbe dieſer Materie, denenjenigen,
welchen ich ſie zeigete, nicht anſtaͤndig
ware, ob ſie ſchon eben alſo ſtarck roche,
und wenigſtens eben ſo gut ware, als die
man uns aus Holland ſendet.
Und darum hat man keine Urſache
zu glauben, daß der Zibet dieſes Thie-
res Miſt oder Schweiß ſey, wie ihrer
etliche geglaubet haben, auch wohl gar
geſchrieben, daß es keinen Zibet von ſich
gebe, wenn es nicht wacker zerblaͤuet
werde: ie zorniger es nun wuͤrde, ie
mehr Zibet gaͤbe es unter dem Bauche
und zwiſchen den Beinen von ſich, wel-
ches aber der Wahrheit entgegen iſt, wie
aus demjenigen, was ich davon erzeh-
let, abzunehmen. Was die weiſſe Far-
Hollaͤndiſcher
Zibet.be betrifft, welche der Hollaͤndiſche
Zibet hat, dieſelbe entſtehet daher, daß
ſie, die Hollaͤnder/ welche ſehr ſtarck
damit zu handeln pflegen, dieſe Thiere
mit Milch und Eyerdottern fuͤttern.
Wir bekommen auch, ohne den Hol-
Braſiliani-
ſcher Zibet,
oder Zibet
aus Guinea.laͤndiſchen/ Zibet aus Braſilien/
welcher braun ſiehet, und an Farbe und
Geruch demjenigen, den ich von meiner
Zibetkatze uͤberkommen, gantz und gar
gleich iſt: man koͤnte ihm den Namen
Braſilianiſcher Zibet, oder Zibet aus
Guinea, geben.
Es giebt ingleichen noch eine dritte
Occidentali-
ſcher Zibet.Sorte, der Occidentaliſche Zibet ge-
nennet, von dem ich aber nichts nicht
melden will, weil er gar zu gemeine iſt,
und ſich in dieſes Capitel durchaus nicht
ſchicket, den Leſer aber will ich zu den
vielen Scribenten weiſen, die davon ge-
ſchrieben haben.
Man ſoll den Zibet erwehlen, wel-
cher friſch iſt, und eine gute Conſiſtentz
hat, das iſt, der weder zu harte noch zu
weich iſt, weiß von Farbe, und eines
ſtarcken unangenehmen Geruchs. Die-
ſe Waare kan man eben ſo ſchwerlich
erkennen, als wie den Biſam. Daher
ſind die Hollaͤnder ſo ſorgfaͤltig, und
kleben kleine in ihrer Sprache bedruck-
te oder geſchriebene Zettel an die Zibet-
toͤpfe, zu mehrer Beglaubigung, daß er
pur und unverfaͤlſchet, auch ſo ſey, wie
er aus den Saͤcklein der Zibetkatzen
gekommen. Allein der ſicherſte Weg
iſt der; man erkauffe ihn bey redlichen
Leuten, und kehre ſich weder an die
Zettel, noch an die Farbe, weil er wohl
eine Goldfarbe haben, und dennoch gut
ſeyn kan: denn, wenn man ihn nur ei-
ne kleine Zeit aufbehaͤlt, ob auch gleich
die Toͤpfe niemahls waͤren eroͤffnet wor-
den, dennoch wird der oberſte, ſo weiß
als er immer war, gelb und goldfar-
ben werden, daß er allezeit braͤuner
wird, ie aͤlter er wird.
Jhrer viel wollen behaupten, daß,
wenn man ein Papier mit Zibet be-
ſtriche, und dem unerachtet, doch noch
drauf ſchreiben koͤnne, ſey ſolches ein
ohnfehlbares Zeichen, daß der Zibet na-
tuͤrlich: welches ich aber vielmahls
verſuchet, und unwahr befunden habe.
Dehero muß man nicht alleine Sorge
tragen, daß man ihn von aufrichtigen
Leuten kauffe, ſondern man ſoll auch
Achtung geben, ob er, wenn man ihn
aufbehaͤlt, nicht etwa ſchimmle oder
ſonſten verderbe: denn wenn er vermi-
ſchet iſt, wird er oben und unten
ſchimmlicht werden, inſonderheit, wenn
er nicht dichte auf einander gedrucket
iſt, ſondern hier und da Raum dazwi-
ſchen geblieben; er bekommt auch ei-
nen haͤßlichen Geruch. Wann dieſes
denenjenigen wiederfaͤhret, die ihn ver-
faͤlſchet haben, und er dienet nicht zu
verkauffen, weil er eine ſo garſtige Far-
be hat, und gantz anders riechet als Zie-
bet, ſo faͤrben ſie ihn mit einer oder
andern Materie an, und vertreiben ihn
unter dem Titel des Zibets aus Gui-
nea. Solches aber mag an der roͤth-
lichten Farbe, die ſie ihm insgemein zu
geben pflegen, ſtracks erkennet werden,
auch, wenn man denen auf Hollaͤndiſch
oder Frantzoͤſiſch gedruckten Zetteln, die
ſie dran kleiben, nicht trauet, denn die-
ſe dienen zu nichts, als zu Bedeckung
ihrer Betruͤgerey, ingleichen, daß ſie
aus einer Untze ſolcher Waare wohl
20. oder 22. Pfund loͤſen moͤgen, da ſie
ihnen doch nicht 40. Sols gekoſtet.
Den Zibet braucht man ſehr ſelten
zur Artzney, hauptſaͤchlich aber dienet
er den Zuckerbeckern und Parfumi-
rern, welche vielerley Dinge damit
wohlriechend zu machen wiſſen. Doch
muß man dieſe Waare mit ſonderba-
rer Maͤßigkeit anwenden, denn wo
man der Sache nur ein klein wenig zu
viel thut, wird man an ſtatt des liebli-
chen Geruchs, alles mit einander ver-
ſtaͤnckern.
Figure 312. Biber geil. F. 337. p. 490. Figure 313. Biber F. 336. p. 489. |
Figure 314. Elend. F. 338. p. 495. Figure 315. Elend, das die Jäger verfolgel und mit der fallenden Surht befallen iſt. |
Figure 316. Elephant. F. 339. p. 499. Figure 317. Nashorn. F. 341. p. 501. |
DEr Biber auf Frantzoͤſiſch Caſtor
und Biévre, Lateiniſch, Caſtor und
Fiber genannt, iſt ein vierfuͤßig Thier,
welches unter die Amphibia, unter die-
jenigen Thiere gerechnet wird, welche
beydes im Waſſer und auf dem Lande
leben. Auf dem Lande naͤhrt er ſich von
allerhand Fruͤchten, Blaͤttern und Rin-
den dieſer oder jener Baͤume, ſonderlich
der Weiden, in Fluͤſſen aber lebt er von
Fiſchen und Krebſen, die er ertappen
kan. Und dieſe ſo unterſchiedliche Nah-
rung iſt auch Urſache, daß ſein hinte-
rer Theil, bis an die Rippen zu, einen
Fiſchgeſchmack hat, und deswegen an
Faſttagen dafuͤr pfleget gegeſſen zu wer-
den; das uͤbrige ſchmeckt wie Fleiſch,
welches man nicht brauchen darff, ohne
wenn es erlaubt iſt Fleiſch zu eſſen.
Der Biber hat ſchier einen Kopf,
als wie ein Murmelthier, doch iſt er
groͤſſer, und nach der Groͤſſe ſeines Lei-
bes wohl proportioniret. Der Leib iſt
dicke, und faſt ſo gros als ein halojaͤh-
rig Schwein. Er iſt mit veſten und
ziemlich groſſen Zaͤhnen gewaffnet, un-
ter denen die vorderſten hauend ſind.
Der Hals iſt des halben Fuſſes lang,
der Leib anderthalb oder zwey Fuͤſſe, der
Bauch ziemlich groß, die Fuͤſſe kurtz, in-
ſonderheit die voͤrderſten. Die voͤrdern
Pfoten ſehen wie Dachsfuͤſſe, die hin-
tern wie Schwanepfoten. Sein Fell
iſt uͤber und uͤber mit ſehr zarten Haa-
ren bedecket, darunter die einen viel laͤn-
ger ſind, denn die andern: dieſe ſehen
oben als wie Fiſchotterhaare, untenher
aber graulicht, und kommen zum Vor-
ſchein, wenn man die laͤngſten ausgezo-
gen hat, und nur das feine weiche ſte-
hen laſſen, das zu den Caſtorhuͤten ge-
nommen wird.
Alle Biber haben platte, und zu-
nechſt an der Wurtzel hol ausgeſchweiff-
te Schwaͤntze, vier Finger breit, einen
Zoll dicke, und eine halbe Elle lang:
er hat die Geſtalt und die Farbe der
Schollen, und wird durch ſtarcke Ge-
lencke, welche bis in die Spitze mit ein-
ander verbunden ſind, unterhalten.
Dieweil der Biber wegen ſeiner ſtar-
cken Zaͤhne gar fuͤrchterlich iſt, ſo ſchei-
net es, daß ihm die Natur deswegen ſei-
nen Schwantz dergeſtalt ausgeſchweif-
fet hat, damit man ihn dabey fahen und
binden moͤge, ſich alſo ſeiner verſichern,
und ihn, wohin man wolle, fuͤhren koͤn-
ne. Der Schwantz der Frantzoͤſiſchen
Biber iſt gantz und gar ohne Haar; al-
lein, ich habe ein Fell von einem Dan-
tziger Biber in meinen Haͤnden, zu-
ſamt dem gantzen Schwantze, den mir
ein guter Freund verkaufft hat, deſſen
Haar bedeckt den Schwantz beym An-
fange wohl vier bis fuͤnff Zoll weit, das
uͤbrige iſt ohne Haar.
Jch bin zwar keines weges geſonnen
mich mit den Herren der Koͤniglichen
Academie der Wiſſenſchaften, welche
vor einigen Jahren in einem Biber/
den ſie zerleget, zwiſchen den Huͤften
und Schenckeln die kleinen Geburts-
geilen, mit denen zur Erzielung noͤthi-
gen Gefaͤſſen begleitet, entdecket; wegen
dererſelben Exiſtentz, und ob ſie auch in
Wahrheit allda zu befinden, mich in ei-
nen Streit einzulaſſen: iedennoch aber,
weil ich niemahls geſehen, daß dieſe
kleinen Geburtsgeilen unter die Ma-
terialien waͤren gerechnet worden, ich
auch niemahlen etwas anders fuͤr das
Bibergeil verkauffet habe, als denje-
nigen Theil dieſes Thiers, welchen die
Vorfahren Fibri teſtes, die Geilen des
Bibers zu nennen pflegten, unbekuͤm-
mert, ob es wahrhafte Geburtsgeilen
waͤren oder nicht, indem mir nichts dar-
an gelegen; darum will ich allhier eine
recht und genaue Beſchreibung deſſel-
ben mittheilen, welche mir auch um ſo
viel noͤthiger zu ſeyn beduncket, alldie-
weil mir kein einiger Theil von einem
Thiere bekannt iſt, der ſo ſehr verfaͤlſchet
wuͤrde, als wie dieſer.
Man heiſſet demnach Caſtoreum, dasCaſtoreum.
Siehe Fig. 337.
Bibergeil/ das fleiſchichte Weſen wel-
ches zu unterſt in zweyen nicht gar zu
groſſen, einander gieichenden und un-
terſchiedenen Saͤcklein aufbehalten
wird; welche Saͤcklein eines dem an-
dern zur Seite liegt, und von einem
ihnen beyden gemeinen, etwas groͤſſern
Saͤcklein bedecket werden. Dieſes
Saͤcklein, ſo dem Thiere unter dem Ge-
H h 3ſaͤſſe
[]Der Spezereyen und Materialien
ſaͤſſe, zwiſchen den Schenckeln ange-
heftet iſt, wird von der gemeinen Haut,
welche den gantzen Bauch uͤberziehet,
verdecket. Jene aber ſehen von auſſen,
wie zwey Eber- oder wilde Schweins-
geilen aus, und man kan ſie, ob ſie gleich
inwendig liegen, dennoch durch die
Haut unterſcheiden, ja gar mit der
Hand fuͤhlen, wiewohl ſie nicht, als wie
bey andern Thieren, herabhengen.
Wann nun das erſte rauhe Haͤutlein
zerſchnitten worden, findet man das
erſte gemeine Saͤcklein, und in dieſem
die zwey von einander geſonderten bey-
den kleineren, welche, eines wie das an-
dere, die Materie, das Bibergeil ge-
nannt, enthalten, und beyde zuſam-
men die zwey rechten Geilen des Thie-
res vorſtellen.
Man pflegt dieſe zwey Saͤcklein, in
dem Stande, wie man ſie antrifft, zu
binden, und in den Rauch zu hangen,
ſie auch allda ſo lange zu laſſen, bis ſie
recht und wohl getreuget, und die da-
rinne befindliche Materie gantz harte
worden, das aͤuſſere Saͤcklein aber eine
braune Farbe bekommen hat.
Wenn hierauf die inneren Saͤcklein
eroͤffnet werden, ſo findet man zu un-
terſt an einem iedweden ein fleiſchichtes
und dichtes Weſen, das ſich zu Pulver
ſtoſſen laͤßt, an Farbe dem Camele glei-
chet, und mit uͤberaus zarten Faͤslein
und Haͤutlein durchzogen und durch-
ſchnitten iſt, auch einen uͤberalle maſ-
ſen ſtarcken Geruch hat. Jn einem ie-
den von dieſen beyden kleinern Saͤcklein,
ein wenig uͤber der fleiſchichten Mate-
rie, iſt noch ein abſonderliches Saͤcklein
oder Beutel befindlich, welcher aber
viel kleiner iſt, und an dem vorigen han-
get, von welchen er auch umſchloſſen
wird. Dieſer enthaͤlt eine ſchmierichte
Feuchtigkeit, die eben als wie das uͤbri-
ge, einen ſehr ſtarcken Geruch hat, und
wenn ſie friſch iſt, als wie ein ſchoͤner
Honig ſiehet, der geſtehen will; wenn
ſie aber alt wird, nimmt ſie die Farbe
und die Dicke des Unſchlits an.
Dieſes ſind alſo die eigentlichen
Kennzeichen des Bibergeils/ wie wir
es verkauffen, es mag nun zum Theri-
ac oder Mithridat, oder zu andern fuͤr
Hauptſchmertzen und Mutterkranck-
heiten dienlichen Artzneyen genommen
werden: und kan ich verſichern, daß ſie
gewiß und wahrhaftig ſind, weil ich
ſelbſt viel Bibergeil gekauffet habe, auch
verſichert bin, daß mir kein eintziger
Verſtaͤndiger in dieſem Stuͤcke wider-
ſprechen wird. Jch kan auch mit deſto
groͤſſerer Gewißheit davon reden, die-
weil mich der Herr Charras/ welcher
vor dieſem an der Rhone, und um die
Gegend, wo man von Zeit zu Zeit eini-
ge dieſer Thiere faͤhet, gewohnet, ver-
ſichert und bekraͤfftiget hat, daß er da-
mahls die Saͤcklein eines Bibers, wel-
che erſt kuͤrtzlich aus dem Leibe des Thie-
res gezogen waren, von einer jungen
Baͤurin gekaufft haͤtte: dieſe haͤtten
eine Fleiſchfarbe gehabt, und auch wie
Fleiſch geſehen, und eine ziemliche
Schuͤſſel angefuͤllet. Ob auch gleich
das Maͤgdlein, die ſie zu verkauffen ge-
habt, ſie nicht bey ihrem rechten Na-
men nennen wollen, haͤtte er ſie den-
noch ſtracks an ihrem ſtarcken Geruch
erkannt; als er ſie nun erkauffet, und
oben zuſammen gebunden, damit er ſie
in den Rauch haͤngen koͤnte, haͤtten ſie
als wie zwey Geilen geſehen, welche
Geſtalt ſie auch behalten, nachdem ſie
recht trucken worden, da ſie dann vier-
zehn Untzen gewogen. Wie er ſie hier-
auf eroͤffnet, haͤtte er alle die inwendi-
gen Theile alſo beſchaffen gefunden, wie
ich ſie oben beſchrieben. Uberdiß ver-
ſicherte er mich annoch, daß als er eini-
ge Zeit nach dieſem von einem Bauer
einen lebendigen Biber verlanget, haͤt-
te ihm dieſer, etliche Tage drauf, einen
in einem Faſſe gebracht, der eben ſo, wie
ich ihn beſchrieben, ausgeſehen, ſonder-
lich aber um die Saͤcklein, welche eben
an demjenigen Orte gelegen, wo ſie im
Eber liegen, und ſo dicke geweſen, daß
er ſie nicht mit der Hand umfaſſen moͤ-
gen.
Weil denn die Biber von unter-
ſchiedlicher Groͤſſe ſind, ſo kommen
auch die Beutel mit derſelben uͤberein,
dahero kommts, wenn man ſie trucken
kaufft, daß ihrer gefunden werden, die
vier, ſechs, acht und zwoͤlff Untzen, ei-
nige auch ſechszehn Untzen waͤgen.
Dieſe Thiere nehmen insgemein ih-
re Zuflucht zu denen groſſen Loͤchern
und Hoͤhlen, die ſie unter den Ufern der
groſſen Fluͤſſe in Franckreich, der Rhone,
Jſere
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Jſere und Oiſe finden, allda ſie auch bis-
weilen gefangen werden. Allein in der
Elbe, und in andern groſſen Fluͤſſen in
Teutſchland und Polen/ vor allen
aber in der groſſen Rivier in Canada
werden ihrer viel gefangen.
Die Theurung des Bibergeils, und
der Geitz gewiſſer loſer Leute bringt
dieſelben dazu, daß ſie alles verſuchet,
ob ſie es nachzumachen vermoͤchten.
Sie machen aber ein Gemenge von
rechten Bibergeilpulver und einigen
Gummen, die zu nennen unnoͤthig,
damit fuͤllen ſie die Beutel, darinne die
Geilen von Laͤmmern oder jungen Zie-
gen gelegen, an, binden und hengen ſie
einige Zeit in den Rauch, und verkauf-
fen dieſelben, wenn ſie harte genug
worden, denenjenigen, die es nicht wohl
zu unterſcheiden wiſſen, fuͤr aufrichti-
ges Bibergeil. Allein dieſer Betrug
mag gar leichtlich erkannt werden;
man ſchneide nur die Saͤcklein auf, und
ſehe nach obbemelden Zeichen, unter
denen das vornehmſte, daß man hier
weder Faſen, noch Haͤutlein durchein-
ander gezogen finden wird; wie auch,
daß man das gerechte Bibergeil ſtoſſen
und durch ein Florſieb ſtaͤuben kan, da
dann die kleinen Haͤutlein auf dem
Flore zuruͤcke bleiben; die Gummen
aber koͤnnen nicht hindurch fallen, ſon-
dern bleiben drauf, ſonder Haͤutlein,
in einem Klumpen beliegen.
Jch ſetze beyſeit, was gar viel beruͤhm-
te Scribenten vom Biber geſchrieben,
daß er naͤmlich, wenn er ſich von denen
Jaͤgern verfolget ſiehet, mit den Zaͤh-
nen die Geilen abbeiſſe, oder ausreiſſe,
und ſie ihnen zu ſeiner Rantzion hin-
werffe; denn es iſt ihm eben ſo unmoͤg-
lich ſeinen Leib bis zu denenſelbigen hin
zu beugen, daß er ſie mit den Zaͤhnen
erreichen koͤnte, als unmoͤglich dieſes ei-
nem Eber fallen wuͤrde: uͤberdiß, kan
er ſich auch gar leichte ins Waſſer ſtuͤr-
tzen, weil er ſich nicht zu weit vom Ufer
entfernet.
Das Bibergeil wird auf unterſchie-
dene Art zugerichtet oder praͤpariret,
und wider die Haupt- und Mutter-
Kranckheiten trefflich geruͤhmet, es
mag nun innerlich oder aͤuſſerlich ge-
brauchet werden. Den ſchmierichten
Saft braucht man zu Salben und zur
Bereitung des Bibergeiloͤls.
Jn der Academie derer Wiſſenſchaf-
ten iſt ein Biber zerſchnitten oder ana-
tomiret worden, welcher drey und einen
halben Fuß lang geweſen, von der
Schnautze an bis zum Ende des
Schwantzes gerechnet. Wo er am brei-
teſten, war er zwoͤlff Zoll breit, und wu-
ge uͤber dreyßig Pfund. Seine Farbe
war braun und glaͤntzend, ohngefehr
wie die Farbe an der Minoriten Klei-
dung: das laͤngſte Haar war andert-
halb Zoll lang, und ſo zart wie das
Haupthaar eines Menſchen, das kuͤr-
tzeſte einen Zoll, und ſo gelinde als wie
Pflaumfedern. Die Ohren waren
rund und ſehr kurtz, inwendig ohne
Haar, auswendig aber rauch. Er hat-
te vier hauende Zaͤhne, als wie die Eich-
hoͤrnlein, Ratten und andere Thiere,
welche zu beiſſen und zu nagen gewoh-
net ſind: die unterſten waaren laͤnger
denn acht Zoll, und die oͤberſten, welche
uͤber die andern hervorrageten, ſtunden
jenen nicht gerade entgegen, ſondern
waren alſo geſetzet, daß er als wie mit
einer Scheere ſchneiden koͤnnen, wenn
er ſie gegen einander gerieben: vornen
an der Spitze waren ſie uͤber die Maas
ſcharff, und ſchneidend und gleichſam
als eine Scheere zugeſchliffen: inwen-
dig ſahen ſie weiß, auswendig lichtroth
und faſt ſo gelb, als wie Safflor. Er
hatte ferner 16. Backenzaͤhne, achte auf
ieder Seite. Die hinterſten Zaͤhen wa-
ren wie die Gaͤnspfoten, mit einer Haut
zuſammengehencket; die vorderſten
aber ohne Haut, wie die Murmelthier-
leinpfoten, deren ſie ſich, als wie die
Eichhoͤrnlein, an ſtatt der Haͤnde bedie-
nen. Die Naͤgel waren krum, und
hol, wie eine Schreibefeder. Der
Schwantz dieſes Thiers hat mehr von
der Natur eines Fiſches, denn eines
Landthieres, desgleichen auch die hin-
tern Fuͤſſe, welche auch eben alſo ſchme-
cken. Er war mit Schupen bedeckt,
welche ſo dicke als ein Pergament, und
anderthalbe Linie lang und ſechsecket,
doch irregular, welche das Haͤutlein,
das ſie zuſammenhielte, machten oder
formirten: lang war er eilff Zoll, und
laͤnglichtrund, als wie ein Ey, an der
Wurtzel vier Zoll, und in der Mitten
fuͤnff Zoll breit, und das Thier bedien-
te ſich deſſelben, nebſt den Hinterfuͤſ-
ſen
[]Der Spezereyen und Materialien
ſen zum ſchwimmen. Auch dient er
ihm fuͤr einen Staͤmfpel oder Blaͤuel
den Zeug veſte zu ſchlagen, den er zu ſei-
nem Bau, der mehrmahls zwey und
drey Stockwerck hoch iſt, von noͤthen
hat.
Die Geilen hiengen nicht an dem
Ruͤckgrade, wie Matthiolus/ Ama-
tus Luſitanus, und Rondelet ver-
melden, ſondern waren an den Seiten-
theilen des Huͤfftgebeines, um die Ge-
gend der Huͤffte, verborgen; kunten
ſo wenig, als die Ruthe, von auſſen ge-
ſehen, noch ausgeſchnitten werden, be-
vor das Thier getoͤdtet worden. Er
hatte vier groſſe Beutel, unten an dem
Schamgebein gelegen, von denen die
zwey oberen als eine Birne, oder wie
ein weit ausgeſperrtes V ſahen, und in
einander giengen: ihre innere Haut
war fleiſchicht und aſchgrau, mit vielen
weiſſen Linien durchſtriemet, und ge-
faltet, als wie die Schoͤpsmaͤgen, und
zwey Zoll breit. Jn denenſelbigen be-
fand ſich noch etwas von einer grau-
licht, und ſtinckenden Materie, welche
das Bibergeil iſt, davon man ſo viel re-
dens macht.
Das Bibergeil ſoll man erwehlen,
welches gewiß von Dantzig kommen,
denn es viel dicker iſt, und weit ſtaͤrcker
riecht, als das aus Canada; welches
insgemein trucken, haͤßlich, und bey
nahe ſonder Geruch iſt; und wenn die
Nieren dicke, ſchwer und fleiſchicht ſind.
Dagegen mag man wohl Acht geben,
daß ſie nicht mit Honig oder andern un-
nuͤtzen Weſen, wie obgemeldet, erfuͤl-
let ſind, welches doch bald zu mercken,
weil die alſo ausgeſtopften Nieren auf-
geblaſen ſind, gantz dichte und gleiſſend:
ſo tringt auch der fluͤßige ſtinckende Ho-
nig hervor, wenn man ſie nur ein we-
nig druͤcket. Hingegen ſind die andern
ſchwer und harte, und man befindet ſie,
wenn ſie aufgeſchnitten worden, voller
kleiner Faͤden, ingleichen, daß ſie einen
ſtarcken durchtringenden Geruch ha-
ben.
Was die Biberhaare betrifft, da-
raus die Huͤte gemachet werden, dieſel-
ben ſind eine der ſchoͤnſten und beſten
Waaren in Franckreich: muͤſſen ei-
nen ſchweren Zoll bezahlen. Weil nun
die Felle, daran die Haare noch ſitzen,Biberfelle.
ein Stuͤck unſerer Handlung ſind, de-
rowegen muß man ſie folgender Geſtalt
auſſuchen: naͤmlich, an denen magern
Bibern muͤſſen die Haare lang und ſo
weich als Seide ſeyn, die fetten aber
muͤſſen ebenfalls ein lindes Haar, wie
Seide, haben: die Felle aber muͤſſen ſo
weich ſeyn, als die Haſenfelle, welche
erſt kuͤrtzlich geſchoſſen worden. Jedoch
wird der fette Biber hoͤher geachtet als
der magere.
DAs Elend iſt ein wildes Thier, das
ſich gemeiniglich in kalten Landen
aufhaͤlt, vor allen aber in Schweden,
Norwegen, Canada und andern der-
gleichen Orten. Es iſt ſo hoch, als wie
ein Kutſchpferd, oder als ein groſſer
Ochſe, hat einen ſehr dicken Kopf, glaͤn-
tzende Augen, und traͤgt ein Geweih,
wie die Dammhirſche, die Schenckel ſind
hoch und rahn, die Fuͤſſe ſchwartz und
geſpalten, wie eines Ochſens oder einer
Kuhe: das Haar iſt ziemlich ſanft, und
ſchwartzgelb. Nun will ich zwar bey
demjenigen allen, was die Scribenten
von dieſem Thiere gemeldet haben, mich
nicht aufhalten, iedennoch aber will ich
nur dieſes gedencken, daß ihm der Name
Elend, von denen Teutſchen, bey de-
nen das Wort Elend, ſoviel als bey de-
nen Frantzoſen das Wort miſere heißt,
gegeben worden ſey, zum Theil, weil es
nur an unbewohnten Oertern, in Hoͤl-
tzern, und dergleichen Orten ſich auf-
haͤlt, theils aber, weil es der fallenden
Sucht ſo gar ſehre unterworffen iſt.
So bald es nun von dieſem Ubel uͤber-
fallen wird, pflegt es den lincken Fuß
in das lincke Ohr zu ſtecken, und ſich auf
dieſe Weiſe von dieſem Elend zu befrey-
en. Welches dann denen Alten Anlaß
gegeben, zu glauben, daß die Klaue oder
das Horn vom lincken Fuſſe dieſes
Thiers ein ſpecificum und ſonderbares
gantz gewiſſes Mittel wider die ſchwere
Noth und fallende Sucht, welche die
Frantzoſen das heilige oder das S. Jo-
hannis
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
hannis Ubel zu nennen pflegen, ſey.
Man hat mir aus Stockholm
nachfolgendes, wie naͤmlich die Elende
gejagt und getoͤdtet wuͤrden, uͤberſchrie-
ben.
Das Elend iſt ein Thier, ohngefehr
acht oder neun Fuß hoch: Kopf und
Ohren gleichen einem Eſel, die Laͤuffe
einem Hirſche, das Gehoͤrn aber ſiehet
ſo, wie ich es habe ſtechen laſſen, doch
iſt es viel breiter. Wenn ſie es fahen
wollen, thun ſich vier Litthauer zu-
ſammen, und gehen in das Holtz, ein
ieder mit einem guten Sebel, Feuer-
rohr, Bajonet und dickem Seile geruͤ-
ſtet: iedweder traͤgt noch uͤberdiß eine
Leiter drey Fuß hoch, damit ſie auf die
Baͤume ſteigen koͤnnen, wenn ſie den
Schnee drunter weggefegt. Alſo lie-
gen und lauren ſie, ohne das geringſte
Geraͤuſche zu machen. So bald ſie die
Elende entdecken, welche allezeit in
ungerader Zahl aufzuſtehen pflegen,
5. 7. 9. 11. 13. 15. 17. 19. bis zu 21.
Stuͤck, und kaum, daß ſie aus ihrem
Lager gekommen, alſofort von der fal-
lenden Sucht angegriffen werden, ſo
giebt ein iedweder von den vier lauren-
den dem Thiere ſtracks einen Schuß,
nicht in den Leib, ſondern in die Wei-
chen oder in die zaͤrteſten Theile, und ſe-
hen zu, daß ſie ihm ein oder das andere
Glied entzwey ſchieſſen moͤgen; drauf
ſteigen ſie herab, und binden das Thier
mit ihren Stricken an allen vieren zu-
ſammen: indeſſen ſich nun das Thier
abmattet, bemuͤhen ſie ſich ihm den lin-
cken Fuß abzuhauen, welcher voll gruͤ-
nes Mooſes worden, indem ſich das
Thier abgeſchlagen. Wann ſie denn
den Fuß abgehauen, laſſen ſie das Thier
liegen, und hohlen die Bauern mit Wa-
gen und Ochſen herbey, das Thier,
welches ſie oftmahls annoch lebend
finden, hinweg zu fuͤhren: iſt es noch
nicht todt, ſo ſchlagen ſie ihm den Kopf
mit Aexten ein, ziehen es ab, und ma-
chen Paſteten draus, denn ſie leben von
dem Fleiſche dieſes Thieres, welches ein
herrlich gut Eſſen iſt. Dabey aber
muͤſſen ſie Achtung geben, daß die an-
dern Elende nicht dazu kommen, mitt-
lerweile ſie eines toͤdten, denn groſſe
Gefahr dabey: deswegen ſchieſſen ſie
fort fuͤr fort, oder machen ſonſt ein
groß Getuͤmmel, oder ſteigen wieder
auf die Baͤume, und halten ihr Gewehr
allzeit fertig. Auch iſt zu mercken, daß
wann denen Thieren, welche die fallen-
de Sucht haben, ſo viel Zeit gelaſſen
wird, daß ſie ihren Fuß in das Maul
nehmen, und hernach ins Ohr ſtecken
moͤgen, ſie ſich alſofort wiederum er-
heben, einen Sprung uͤber den andern
thun, und ſo wuͤtend ſind, daß ſie alles
umbringen ſolten, was ſie nur erreichen
koͤnten.
Die Haare auf dem Ruͤcken des Elen-
des ſehen maͤuſefahl.
Die Elende in Canada ſind Zwit-
ter und viel kleiner denn die Litthaui-
ſchen und Schwediſchen.
Jn der Artzney wird von dem gan-
tzen Thiere mehr nicht, denn der lincke
Hinterfuß gebraucht, weil er, wie ge-
dacht, denenjenigen ſo trefflich dienen
ſoll, welche mit obbemeldten Kranck-
heiten beladen; und deswegen moͤgen
dieſelben, die eine Elendsklaue noͤthig
haben, Sorge tragen, daß ſie auch auf-
richtig ſey, und nicht etwa ein Fuß
von einen andern ihm gleichenden Thie-
re, welches iedoch gar ſchwerlich zu
mercken, wofern nicht wenigſtens der
Schenckel nebſt der Haut noch dran
ſitzet, daß man es dergeſtalt an denen
Haaren erkennen mag und ſehen, daß
es der lincke Hinterfuß. Desgleichen
habe man Acht, daß er nicht von Wuͤr-
mern zerfreſſen, welches ſehr ofte ge-
ſchicht, wenn er alt wird: dahingegen
ſoll die Klaue gewichtig, ſchwartz, glaͤn-
tzend und gantz dichte ſeyn. Dieſe Klaue,
oder das Horn davon, iſt bey denen
Apotheckern einiger maſſen gebraͤuch-
lich, nicht nur zu denenjenigen Artzney-
en, die wieder obbenannte Kranckhei-
ten dienen, ſondern auch zu etlichen an-
dern, dazu es erfodert wird. Etliche
geben fuͤr, es habe ſeine Ruthe eben die-
ſelbe Kraft, die der Fuß hat, dem die
Lateiner den Namen Ungula Alcis ge-
geben. Andere heiſſen das Elend das
groſſe Thier/ nicht ſowohl, weil es das
hoͤheſte unter allen Thieren, ſondern
weil es das ſchnelleſte iſt im lauffen, und
wegen ſeiner Staͤrcke ſchier nicht zu baͤn-
digen, indem es alles, was ihm begeg-
net, zerbricht und niederſtoͤßt.
Aus der Haut dieſes Thiers wird al-
lerhand Zeug gemacht, Handſchuhe,
und dergleichen.
DEr Elephante iſt ein Thier, das
alle Thiere, die auf Erden leben,
an Hoͤhe und Dicke uͤbertrifft. Er hat
gnugſam Verſtand und Geſchicklichkeit,
iſt auch gar gelehrig. Er iſt mit einem
fleiſchichten Ruͤſſel, der voller Spann-
adern, bewaffnet, und dieſer die-
net ihm in vielen Stuͤcken, an ſtatt der
Arm und Haͤnde: ſo weiß er auch ſeinen
Leib dermaſſen zu ſtrecken, und zu bie-
gen, daß er durch eine Thuͤre aus und
einkommen kan, ob ſie ſchon etliche Fuß
niedriger iſt denn ſein Leib, wenn ſie
nur zu ſeiner Dicke weit genug iſt. Jch
dencke nicht, daß es noͤthig ſeyn werde,
dieſes Thier genauer zu beſchreiben, weil
man es doch in denen meiſten groſſen
Staͤdten in Franckreich mehrmahls
geſehen hat: nur will ich dieſes erin-
nern, daß man dieſe Thiere aus Oſtin-
dien/ und ſonderlich aus den Lan-
den des groſſen Mogols kommen
laſſe: daß es Maͤnnlein und Weiblein
gebe, und daß allein die Maͤnnlein mit
den groſſen Zaͤhnen bewaffnet ſeyen,
welche ihnen zu hinterſt in dem untern
Kieffel eingeſetzet ſtehen; denn die
Weiblein haben keine: auch daß die
Zaͤhne das wahre Elffenbein ſeyn, da-
raus ſoviel ſchoͤne Sachen, und ein Hauf-
fen Artzneymittel bereitet werden, ſamt
andern Dingen noch mehr, die etwa
im Leben noͤthig ſind.
Jch werde mich auch nicht lange auf-
halten, noch alle diejenigen Reden, ſo
falſche, als wahrhafte, welche die Al-
ten vom Elephanten gefuͤhret, allhier
anfuͤhren, oder aber erzehlen, wie hoch
ſie an vielen Orten gehalten werden,
dieweil bereits ſoviel Geſchichtſchreiber
davon gehandelt, und es gar zu lange
waͤhren duͤrffte, auch uͤberdiß zu mei-
nem Vorhaben gar nichts dienet. Nur
dieſes will ich melden, daß kein eintziges
Geſchlechte der Thiere alſo lange lebe,
ingleichen, daß das Helffenbein viel ra-
rer ſeyn wuͤrde, als es nicht iſt, dafern
nicht die Elephanten von denen Men-
ſchen, oder auch von denen fliegenden
Drachen, derer es zweyerley Arten gie-
bet, umgebracht wuͤrden.
Von dieſen zweyerley Drachen re-
det Pareus alſo: dieſe Drachen ſchlin-Drachen,
welche die
Elephanten
umbringen.
gen ſich denen Elephanten um die Bei-
ne, ſtecken ihnen hernachmahls die
Koͤpfe in die Naſenloͤcher, ſtoſſen ihnen
die Augen aus, ſtechen ſie, und ſaugen
ihnen das Blut aus, ſo lange bis ſie ſter-
ben.
Das Helffenbein/ von den Latei-
nern Ebur genannt, ſind die Zaͤhne, oder
vielmehr die Waffen der Maͤnnlein
unter denen Elephanten. Das beſte
und weiſſeſte kommt aus Angola/
Ceilan und andern Orten in Jndien.
Der Helffenbeinhandel iſt in Franck-Es giebt auch
eine Gattung
Elffenbein/
welche gruͤn-
licht iſt/ und
nicht die ge-
ringſte.
reich nicht wenig betraͤchtlich, bevor-
aus, wenn es recht gut und gebuͤhrend
beſchaffen iſt, denn nicht nur allerley
artige Sachen daraus verfertiget wer-
den/ ſondern es wird auch zur Artzney
und andern Dingen angewendet. Aus
dem Helffenbein wiꝛd ein Geiſt und fluͤch-
tiges Saltz durch die Retorte getrieben,Spiritus \& Sal
volatile Ebo-
ris.
welches letztere in Hertz- und Haupt-
kranckheiten hoch gehalten wird.
Das geraſpelte Helffenbein wird
ſamt dem Hirſchhorn zu anhaltenden
Traͤncken gar oft gebraucht. Weil nun
dieſe Waare wenig gilt, indem ſie die
Helffenbeinarbeiter faſt umſonſt hinge-
ben, deshalben wird ſie auch nicht ver-
faͤlſchet.
Le noire d’Ivoire iſt Elffenbein, wel-
ches bis es ſchwartz worden, gebrannt
wird, hernach zieht mans Blaͤtterweis
heraus, reibt es mit Waſſer gantz zar-
te, und macht kleine platte Kuͤchlein
oder trochiſcos draus, welche zum mah-
len gebrauchet und noir d’ivoire,Elffen-
beinſchwartz, ingleichen noir de velours,Noir de ve-
lour.
Sammtſchwartz genennet werden.
Wenn es ſeyn ſoll, wie es ſich gehoͤret,
ſo muß es recht wohl abgerieben und
zarte ſeyn, muß ſich ſtracks zerreiben
laſſen.
Die Apothecker, und andere, welche
das Elffenbein diſtilliren, koͤnten das
gebrannte Helffenbein, an ſtatt daß es
die meiſten wegzuſchmeiſſen pflegen,
reiben und zu kleinen Kuͤchlein machen
laſſen,
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
laſſen, auf die Art, wie ich allererſt er-
waͤhnet, und ſolches hernachmahls de-
nenjenigen verkauffen, die das ſchwartze
Helffenbein noͤthig haben: oder aber,
ſie koͤnten es wieder in die Kohlen legen,
damit es ſeine weiſſe Farbe wieder uͤber-
kaͤme, da es dann hernach von uns Spode,
oder Ivoire brulé,gebrannt Helffenbein,
genennet wird.
Das Spodium, oder das Elffenbein,
welches weiß gebrennet oder calciniret
worden, iſt Elffenbein, welches aus-
druͤcklich darum gebrennet worden, da-
mit es zur Artzney, dazu es erfordert
wird, koͤnne gebrauchet werden.
Das beſte Spodium iſt inwendig und
auswendig weiß, gewichtig, leicht zu
zerbrechen, in feinen huͤbſchen Split-
tern, darunter ſo wenig klein Zeug und
Unrath, als nur ſeyn kan, befindlich iſt.
Das Spodium wird auf einem Mar-
mor oder anderem Steine gerieben und
zu trochiſcis gemacht, die wir hernach
zu Kuͤchlein gemachtes oder praͤparir-
tes Helffenbein zu nennen pflegen.
Jhm werden eben dergleichen Kraͤfte
beygeleget, als wie denen Corallen und
andern Alcalibus.
Die Alten verbrannten auch Rohr-
ſtaͤbe, und nenneten die alſo zu Aſche ge-
machten Rohre, gerade wie das Helffen-
Antiſpodium.bein, Spodium, auch Antiſpodium.
Das Nashorn iſt ein vierfuͤßiges
Thier, in der Groͤſſe eines Ochſens: deſ-
ſen Leib vergleicht ſich an Geſtalt einem
wilden Eber. Es iſt wegen des Horns,
das es auf der Naſe traͤgt, alſo genen-
net worden, und daſſelbe iſt ſchwartz, ei-
ner Elle lang, und als wie eine Pyra-
mide formiret: die Spitze ſtehet in die
Hoͤhe, und iſt hinterwaͤrts gekehret.
Mitten auf dem Ruͤcken hat es noch ein
ander Horn, von gleicher Farbe und
Haͤrte, deſſen Spitze ebenfalls hinter
ſich gekehret; iſt aber nicht laͤnger denn
einer Hand lang. Der Leib dieſes
Thieres iſt uͤber und uͤber mit ſtarcken
Schuppen bedecket und bewaffnet, und
ob es gleich viel kleiner iſt, dennoch
kaͤmpfet es mit dem Elephanten, und
uͤberwindet ihn zuweilen, theils, weil
es von Natur ſo ſtarck, daß es den Leib
des Elephanten zu ertragen vermoͤchte,
wenn er auf das Thier fallen wolte,
theils aber, weil es nicht aufhoͤret mit
dem Horne, das es auf der Naſe hat, zu
fechten, als bis es den Bauch ſeines
Feindes mit dem Horne, das es auf dem
Ruͤcken traͤgt, durchbohret hat.
Das Nashorn iſt ſo zahm, wenn
man es nicht aufreitzet, daß es ſich al-
lenthalben begreiffen laͤßt, ſo gar, daß
man ihm die Hand in den Hals ſtecken
und es bey der Zunge faſſen kan; ob
gleich die Alten das Gegentheil geſchrie-
ben, und gemeldet haben, es ſey der-
maſſen wilde, daß man ihm nicht zu na-
he kommen duͤrffte. Welchem Vorge-
ben ich auch nicht zu wiederſprechen
vermocht, wann mich nicht ein guter
Freund, der in England eines geſehen,
deſſen, was ich erſt gedacht, verſichert
haͤtte.
Man ſchreibet dieſen Hoͤrnern, ei-
nem wie dem andern, eine gleiche Kraft,
als wie dem Einhorne zu, es mag nun
an und fuͤr ſich ſelbſt, in ſubſtantia, ge-
raſpelt, oder aber in Traͤncken, von ei-
nem bis zu zwey und drey Scrupel
ſchwer gegeben werden, oder aber, man
mag ſich Schaͤlgen daraus drehen, und
den Wein, bevor man ihn trincket, ei-
ne Weile darinne ſtehen laſſen: oder,
man kan ſich ſeiner als eines Trinckge-
ſchirres, ordentlich bedienen, in der
Meinung, daß dergleichen Schalen al-
len Wirckungen des Giftes wiederſte-
hen.
Die Klauen und das Blut des Na-
ſenhorns ſind bey den Jndianern
dermaſſen hochgeſchaͤtzt, daß ſie faſt kein
beſſer Mittel zur Vertreibung giftiger
Kranckheiten haben: ſie bedienen ſich
aber dererſelben, als wie wir des Theri-
acs und anderer Artzneyen wieder den
Gift. Aus der Haut machen ſie Kuͤraſ-
ſe, und bedecken ſich damit, wenn ſie
gegen den Feind ziehen wollen.
DAs Cameel iſt eines von denenje-
nigen Thieren, welche man dome-
ſtica zu nennen pfleget, und gantz zahm.
Es giebt ihrer die Menge durch gantz
Africa/ abſonderlich in der Barbarey,
in Lybien/ und in dem wuͤſten Getu-
lien: ſo haben auch die Araber ſonſt
keinen groͤſſern Reichthum. Die aus
Africa ſind unter allen denen andern
die beſten, weil ſie gantzer ſechs bis ſie-
ben Wochen keine Gerſte freſſen, auch
zehen bis zwoͤlff Tage lang ungegeſſen
und ungetruncken bleiben koͤnnen.
Das Weiblein traͤgt eilff Monate: ſo-
bald das Junge geworffen worden, bie-
get man ihm alle viere unter den Bauch
zuſammen, legt ihm eine Decke uͤber den
Ruͤcken, rund herum mit Steinen be-
ſchweret, daß es in 20. Tagen nicht auf-
zuſtehen vermag. Wann ſie nun alt
genug worden, werden ſie, als wie bey
uns die Pferde gebraucht.
Wenn die Cameele mit den Cara-
vanen oder ins Feld ziehen muͤſſen, ſo
ſingt ihr Fuͤhrer, oder pfeifft, ſoviel
ihm immer moͤglich, denn ie mehr man
dieſe Thiere erluſtiget, ie beſſer gehen ſie:
man bedarff auch keiner andern War-
tung fuͤr ſie, als daß man ihnen unter-
weilen mit einem kleinen Ruͤthlein den
Staub aus dem Felle und von dem
Ruͤcken klopfe, und Stroh oder Tep-
pichte unter die Fuͤſſe breite, wenn ſie
auf glatten Boden gehen ſollen, damit
ſie ſich nicht zerſprengen oder zerreiſſen;
welches ſonſten gar leichte angehet.
Wenn ſie abgeladen, werden ſie auf
die Felder und in die Weide getrieben,
da ſie dann das Gras, Dornen und die
Aeſte von den Baͤumen abfreſſen, und
die gantze Nacht hindurch wiederkaͤuen,
was ſie des Tages uͤber eingefreſſen.
Es giebt aber drey Geſchlechte der
Hegin.Cameele. Diejenigen, welche Hegin
genennet werden, ſind die dickſten und
groͤſſeſten, und tragen biß tauſend
Bechet.Pfund. Die zweyte Sorte wiꝛd Bechet
genennet, und haben zwey Hocker auf
dem Ruͤcken, welche man allebeyde be-
laden kan: ſind uͤberdiß bequem zum
reiten, allein es giebt ihrer nirgends
denn in Aſien. Die dritte Gattung
heiſſen ſie Dromedarien: ſind ſehrDromeda-
rien.
klein, und zart, und dienen nur zum
reiten. Sie ſind ſo geſchwind, daß ſie
in einem Tage 35. bis 40. Meilen lauf-
fen, und dergeſtalt acht bis zehn Tage,
in der Wuͤſten, bey gar wenigem Fut-
ter aushalten koͤnnen. Wann man
ſie beladen will, darff man ſie nur mit
einer Spiesruthe bey den Knien und
am Halſe beruͤhren, ſo fallen ſie ſtracks
zur Erde/ und bleiben in ſolchem Stan-
de, bis ſie beladen: wiederkaͤuen ſtets,
und ſchreyen, wenn ſie noch jung ſind.
Wenn ſie vermercken, daß ſie beladen,
und der Huͤter nimmt ihnen den Ring
ab, an welchen ein Strick gebunden, da-
mit ſie, als mit einem Zaume, geleitet
werden, ſo erheben ſie ſich alſobald zu-
ſamt der Laſt. Die Cameele leiden
Hunger und Durſt gedultig, und wer-
den aller drey Tage aufs hoͤchſte getraͤn-
cket: andere ſagen, daß ſie das Waſſer
ſehr lange im Magen behalten koͤnten,
ſich damit zu erfriſchen, und dieſes ver-
mittelſt eines groſſen Schlauches, den
ſie haben, um welchen rund herum eine
ziemliche Anzahl Saͤcklein, zwiſchen
ſeinen Haͤuten ſtecken, in welchen, allem
Vermuthen nach, das Waſſer von die-
ſen Thieren aufbehalten wuͤrde; wel-
ches denn auch einige veranlaſſet zu ſa-
gen, daß die Tuͤrcken, wenn ſie mit ei-
ner Caravana, oder nach Mecha reiſen
wolten, und aber an Waſſer Mangel
litten, die Cameele toͤdteten, damit ſie
das Waſſer, welches ſie in ihren Waͤn-
ſten haͤtten, zu trincken bekaͤmen.
Und dieſe ſind die Thiere, deren HaarCameelhaar.
zu uns gebracht wird, und auch derſel-
ben Namen fuͤhret, daraus gar ſchoͤne
Zeuge gemachet werden. Das beſte
iſt, das vom Rumpfe kommt, und unter
dem gar wenig weiſſes iſt.
Kuͤrtzlich: das Cameel iſt das aller-
zahmeſte Thier, welches ſeinem Herrn
ſehr wenig koſten macht, und doch viel
Nutzen ſchaffet.
Das natuͤrlicheSal Armoniacum,Das natuͤtli-
che Salmiac
oder vielmehr Sal Ammoniacum, iſt ein
Saltz
[]
Figure 318. Lamel. F. 341. p. 503. Figure 319. Natürlich Sal miac F. 342. p. 505. Figure 320. Durchbunſt bereitet Salmiac. F. 343. |
Figure 321. Hirſch. F. 346. p. 515. Figure 322. Ochſe. F. 344. p. 509. Figure 323. Widder. F. 345. p. 511. |
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
zerg ehet
leichtlich an
der Luft.
Siehe Fig. 342.Saltz, welches innen und auſſen weiß
iſt, und einen ſaltzichten Geſchmack hat,
faſt wie das gemeine Saltz, ohne daß
es ein wenig ſchaͤrffer iſt. Vor dieſem
wurde es aus Arabien gebracht, oder
aus Lybien; anietzo aber ſieht man es
uͤberaus ſelten. Dahero haben die
Venediger und Hollaͤnder auf Mit-
tel und Wege geſonnen, wie ſie ein
Saltz bereiten moͤchten, das dieſem an
Kraͤften gleich kaͤme, worinne ſie auch
weit gluͤcklicher geweſen, als da ſie ihm
die Geſtalt zu geben verſuchet, denn
dieſe iſt an dem natuͤrlichen Sale Ammo-
niaco gantz und gar von der Geſtalt des
durch Kunſt bereiteten unterſchieden,
wie aus dem Verfolg dieſes Diſcurſes
wird zu erſehen ſeyn.
Wenn die Tuͤrcken oder andere
Voͤlcker in Aſia und Africa auf den
Streiff gehen, oder mit den Carava-
nen reiſen, und ihre Cameele durch die
Wuͤſte gehend, den Urin in den Sand
lauffen laſſen, wird er, ſo bald die Son-
ne drauf ſcheinet, ſtracks trucken, und
zu einer ſolchen Maſſa, dergleichen ich
zu beſchreiben geſonnen bin. Und ich
kan verſichern, daß dem alſo ſey, weil
ich das Stuͤcke, das mir der Herr Tour-
nefort den 6. Mertz im Jahr 1693.
verehret, unterſuchet habe. Jch hebe
daſſelbige auf als eine groſſe Raritaͤt,
indem man es nicht mehr, oder doch
ſehr ſelten zu ſehen bekommt. Dieſes
Saltz iſt eryſtalliſiret, das iſt, obenauf
ſcheinet es wie kleine Spitzlein, derglei-
chen auf dem gereinigten Salpeter zu
erſehen, untenher aber iſt es hol, und
noch etwas Sand daran: woraus zu
ſchlieſſen, daß dieſes Saltz, durch Bey-
huͤlffe der Sonne, von ſelbſten ſich ſub-
limiret und aufgeſtiegen, und aus dem
heiſſen Sande ſich erhaben. Die Alten
haben alle mit einander einerley Mei-
nung gehaͤget, und geſagt, daß es na-
tuͤrliches Sal Ammoniacum gebe, und
daß daſſelbe in dem ſandigten Lybien
gefunden wuͤrde: es entſtuͤnde aus dem
Urine der Cameele, welche nach dem
Tempel des Jupiter Ammons, davon
ihm auch der Name gekommen, zoͤgen.
Andre aber wollen, das Wort Ammo-
niacum komme von dem Griechiſchen
Worte Ammos (ἄμμος) her, welches
ſo viel als Sand bedeutet, und man
muͤſſe nicht Armoniacum ſagen, gleich
wie es insgemein genennet wird. Es
findet ſich ſonſten noch ein ander natuͤr-Noch eine an-
dere Gattung
natuͤrlichen
Salmiacs.
liches Sal Ammoniacum oder Ammonia-
le, oder beſſer zu reden, ein gekuͤnſteltes,
welches eben auf ſolche Art, als wie bey
uns der Salpeter gemachet, und aus
einer gewiſſen Gattung Erde, oder aus
einem ſaltzichten Schaume, der zwiſchen
Labour/ Tanaſſeri und zu Therhint,
aus denen Hoͤlen und Ritzen der Fel-
ſen, hervortringt, gezogen wird. Allein,
weil dieſe beyden Saltze uns unbekannt
ſind, und ſehr ſelten gefunden werden,
dannenhero muͤſſen wir uns an demje-
nigen begnuͤgen laſſen, das wir von
Venedig und aus Holland bekom-
men, darunter das letztere bey nahe al-
leine zu Paris geſehen wird, abſonder-
lich zu Friedenszeiten.
Das Sal Ammoniacum, oder vielmehrVor dieſen
brachte man
von Venedig
und aus Hol-
land Salmi-
ac, als wie
Zuckerhuͤte,
der ungleich
ſchoͤner war,
als der, den
wir anietzt zu
ſehen bekom-
men.
Siehe Fig. 343.
Acrimoniacum, oder nach anderer Mei-
nung, Acrimoniale, iſt eine Maſſa von
allerhand Farben, wie eine Topfſtuͤr-
tze geſtalt, welche die Venetianer und
Hollaͤnder/ zu folge nicht weniger
Scribenten Berichte, aus Menſchen-
und Thierpiſſe, gemeinem Saltze, und
Ofenruſe bereiten, und vermittelſt ei-
nes ſublimir Gefaͤſſes, dergleichen Ku-
chen verfertigen, wie wir ſie zu ſehen
bekommen.
Desgleichen haben mich einige ver-
ſichern wollen, es wuͤrde auch dieſes
Saltz aus allerley Blute gemacht, wel-
ches ich aber fuͤr gewiß nicht ausgeben
kan, weil ichs niemahlen machen ſehen.
Doch ihm ſey, wie ihm wolle, das
recht gute Sal ammoniacum ſoll weiß,
klar und durchſichtig ſeyn, und wenn
mans zerbricht, wie eitel kleine Spitz-
lein ſehen: es ſoll auch, ſoviel nur im-
mer moͤglich, trucken, auch nicht ſchmu-
tzicht ſeyn; zerſtoſſen, ſoll es grau, oder
gantz ſchwartz ſehen, anbey ſo durchſich-
tig ſeyn, wie eine ſechs ellen dicke Mau-
er, welches von der Gewalt des Feu-
ers herruͤhret, denn dieſes die groͤbſten
und irdiſchen Theilgen des Gemenges,
daraus es gezogen worden, zugleich mit
in die Hoͤhe getrieben hat. Und eben
dieſes iſt die Urſache, warum wir ſol-
J i 3ches
[]Der Spezereyen und Materialien
ches unter dem andern zu ſehen bekom-
men, an welchen bald oben, bald auch
wohl inwendig, eine ſchwartze und dem
Ofenruſe nicht unaͤhnliche, garſtige Ma-
terie, wie zwey Thaler dicke, ſich befin-
det, welche Unvollkommenheit doch nir-
gend anders her entſtehet, als von dem
Geitze und dem wohlfeilen Preiſſe, da-
rum es die Arbeiter machen muͤſſen,
deshalben ſie dann das Feuer dermaſ-
ſen vermehren, daß ſie, ſo es in ihrem
Vermoͤgen ſtuͤnde, gerne alles mit ein-
ander aufſteigen lieſſen, blos zu dem
Ende, damit ſie einen geringen Profit
an einer Waare haben koͤnten, die ſie
faſt umſonſt hinzugeben genoͤthiget
werden. Mich wundert in Wahrheit
nichts ſo ſehr, als daß ich ſehen muß,
wie diejenigen, die dieſe Waare berei-
ten, ſelbige ſo wohlfeil zu geben vermoͤ-
gen, da es doch weit beſſer waͤre, daß ſie
dieſelbe recht und gut zurichteten, und
deſto theurer verkauffeten, als daß man
ein Pfund von dieſem Saltze fuͤr 16.
bis 18. Sols bekommt, welches her-
nach, wenn es umgeſchmoltzen und ge-
reiniget worden iſt, wohl mehr als 50.
Sols koſtet, indem ihm mehr als die
Helfte abgehet.
Der Gebrauch dieſes Saltzes iſt in
Franckreich nicht geringe, weil nicht
nur allerley Chymiſche Sachen, zur
Artzney hochnoͤthig, daraus bereitet
werden, ſondern auch, weil es von al-
lerhand Handwerckern, Faͤrbern, Gold-
ſchmieden, Schmeltzern, Nadlern,
Schmieden und andern gebrauchet
wird. Es iſt ſo ſcharff und etzend, daß,
wenn es in Scheidewaſſer oder Salpe-
tergeiſt zerlaſſen worden iſt, es auch das
Gold vermag aufzuloͤſen, welches we-
der dieſer noch jenes ohne dieſen Zuſatz
zu thun vermoͤgend ſind.
Das zu einem unbegreifflichen Pul-
ver geſtoſſene Sal ammoniacum, iſt ein
unfehlbares Mittel wider die Flecken
der Augen, dieſelben bey Pferden und
andern dergleichen Thieren hinweg zu
bringen, wenn man es ihnen mit einem
Federkiel in die Augen blaͤſet. Es
duͤrffte auch dem Menſchen nicht weni-
ger dienlich ſeyn, wofern nicht die all-
zuheftige Gewalt und die allzugroſſen
Schmertzen, die es verurſachet, thaͤten.
Derowegen will ich niemand rathen,
daß er ſich deſſen bediene, weil andere
Mittel zur gnuͤge vorhanden, die faſt
eben dergleichen Wirckung haben, auſ-
ſer, daß ſie das ihrige mit keiner ſolchen
Heftigkeit verrichten, als da iſt der Zu-
ckerkant, zu einem unbegreifflichen
Pulver zerſtoſſen; Roſen oder Weg-
breitwaſſer, darinne ein wenig weiſſer
Vitriol, Zuckerkant und Aloe Succo-
trina zerlaſſen worden, oder auch das
diſtillirte Waſſer von Tauſendſchoͤn-
gen, welche bey uns auf den Wieſen
und in Gaͤrten insgemeine wachſen.
Dieſes Waſſer iſt ein gantz unfehlbar
Mittel, nur daß die Wirckung faſt eben
ſo heftig iſt als das Salis ammoniaci, doch
gehen die Schmertzen, ſo bald es aufge-
leget worden, auch uͤberhin.
Aus dem Sale Ammoniaco werden
unterſchiedene chymiſche Sachen berei-
tet, die wir gemeiniglich aus Holland
kommen laſſen, theils, weil ſie die Hol-
laͤnder am beſten zurichten, theils aber,
weil ſie dieſelben viel wohlfeiler, als un-
ſere Laboranten, geben koͤnnen, es ſey
nun, daß es ihnen an tauglichen Ma-
terialien fehlet, oder daß ſie nicht ſo ge-
ſchickt ſind, als jene. So koͤnte ich auch
hierbey, wie bey allen andern præpara-
tis erinnern, daß diejenigen, die wir von
andern Orten bekommen, weit ſchoͤner
und viel wohlfeiler ſind, als welche all-
hier zu Paris gemachet werden, gleich-
wie in dem gantzen Wercke wird zu er-
ſehen werden.
Die erſte præparation des Salis Ammo-
niaci iſt deſſen Reiniguug, ſo vermittelſt
des Feuers, Waſſers und Loͤſchpapirs
geſchicht. Wenn es hernachmahls tru-
cken und ein gantz weiſſes Saltz worden,
iſt es ein treffliches Schweiß- und Harn-
treibendes Mittel, widerſtehet der
Faͤulung, dienet zum viertaͤgigen Fie-
ber, dem kalten Brand, und fuͤr die Au-
gen zum Augenwaſſer. Die doſis iſt
von acht bis auf vier und zwantzig
Gran, in einer warmen Suppe, oder
andern gehoͤrigen liquoribus. Man
macht auch aus dem Salmiac Blu-
men, mit Huͤlffe des verpufften gemei-
nen Saltzes, oder der Feilſpaͤne und ei-
nes Sublimirgefaͤſſes, und bereitet auf
ſolche
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ſolche Weiſe weiſſe Blumen daraus, die
als wie Mehl ſehen. Dieſe Blumen
haben eine viel ſtaͤrckere Wirckung, we-
der das gereinigte Sal ammoniacum, und
werden auch deswegen in weit geringe-
rer doſi verordnet, zum hoͤchſten auf
15. Gran.
Aus dem Sale ammoniaco wird mit
Weinſteinſaltze, lebendigen Kalche,
Aſche von eichenem Holtze ein fluͤchti-
ger, ſehr ſtinckender und penetranter
Spiritus, durch eine wohlverlutirte
Retorte, an welche ein gleichfalls wohl
verlutirter groſſer Recipiente geleget
worden, getrieben, der den ſtaͤrckſten
Mann zu Boden werffen kan, ſo bald
man ihn nur vor die Naſe bringt; in-
ſonderheit, wenn das phlegma recht
wohl davon gebracht worden, ſo wie
wir ihn aus Holland bringen laſſen.
Dieſer Spiritus iſt ein trefflich remedium,
das diejenigen wieder zu ſich ſelbſten
bringen kan, die vom Schlag, der
ſchweren Noth und Schlaffſucht betrof-
fen: doch auſſer dieſen hat er noch ſehr
vielerley andern Nutzen, wie aus des
Herrn Charras Chymiſcher Apothe-
ckerkunſt p. 859. zu erſehen, woſelbſt er
von ſeinen Tugenden weitlaͤufftig han-
delt, wie auch von allen andern præpa-
ratis, die aus dem Sale ammoniaco koͤn-
nen gemachet werden, dahin mag der
Leſer ſeine Zuflucht nehmen, wie nicht
weniger zu andern Buͤchern, die von
der Chymie geſchrieben worden, z. E.
von Glaſern/ Lemery und andern.
Aus dem Salmiac wird mit Bolus
ein ſaurer Spiritus uͤber den Helm gezo-
gen, welcher eines der ſtaͤrckſten diſſol-
ventium und aufloͤſender Dinge iſt, die
wir haben; denn er dienet nicht allein
Gold und andere Metalle aufzuloͤſen,
ſondern er gehoͤret auch unter die ange-
nehmſten acida, und iſt derohalben zu
Stillung der Hitze in Fiebern, wie auch
den Harn zu treiben gar dienlich, wenn
er in einem gehoͤrigen liquor, den man
damit angenehm ſaͤuerlich gemacht
hat, oder aber von ſechs bis auf dreyßig
Tropfen eingenommen wird.
Der Salmiac kan mit Eyerſchalen
und lebendigen Kalch im Feuer ſigiret
werden, denn ſo wird es eine helle und
durchſichtige Maſſa, wie ein Cryſtall, ſo
ein ſehr gut Cauſticum und Etzung giebt,
doch zerfließt es gar leichte. Dannen-
hero muͤſſen es diejenigen, die es auf-
heben wollen, in eine wohlverſtopfte
glaͤſerne Flaſche thun, daß keine Luft
dazukomme. Dieſen alſo figirten und
gefloſſenen Salmiac nennen ihrer et-
liche, wiewohl gantz ungereimt, oleumOleum Salis
Ammoniaci.
Salis Ammoniaci, und viele brauchen es
zur Wiederweckung des lauffenden
Mercurs oder Queckſilbers.
DEr Ochſe, das Rind, der Widder
und der Hirſch ſind ſo bekannte
Thiere, daß es gantz unnuͤtzlich ſeyn wuͤr-
de, wenn ich ſie beſchreiben wolte: auch
haͤtte ich gar nicht davon gehandelt,
wenn man nicht ein und andere nutzba-
re Stuͤcke von ihnen naͤhme, welche mit
in unſere Handlung gehoͤren.
Bisweilen findet man in der Gall-
blaſe der Ochſen einen Stein, der die
Geſtalt und die Farbe eines Eydotters
hat, weich iſt, und gantz ſchuppicht, als
wie der Bezoar, daher ihm auch der
Name Ochſen-Bezoar oder Gallen-
ſtein iſt zugeleget worden. Wenn die-
ſer Stein gebuͤhrend beſchaffen ſeyn ſoll,
ſo muß er hoch von Farbe und recht tru-
cken ſeyn, denn wenn er friſch aus dem
Thiere genommen worden, geht ihm
beym trocknen zuviel ab, und verurſacht
dem Kaͤuffer Schaden und Verluſt, in-
dem dieſer Stein ziemlich theuer ver-
kaufft wird, bevoraus, wenn er aus ſol-
cher Leute Haͤnden kommt, die da ver-
ſtehen, was er werth iſt.
Er wird meiſtentheils zur Migna-
turarbeit verbrauchet, denn man be-
dient ſich ſeiner als wie des Gummi
Gutti. Auch werden ihm des Bezoars
Tugen-
[]Der Spezereyen und Materialien
Tugenden zugeſchrieben: allein, weil
dieſer Stein nicht aus der Ferne kommt,
deshalben wird er nicht ſo hoch geach-
tet, als wie der orientaliſche Bezoar.
Man findet gleichfals bisweilen in
dem Hertzen der Ochſen einen Knor-
pel, als wie im Hirſche; demſelben hat
man den Namen Ochſenhertzcreutz ge-
geben, und wird manchmahl an ſtatt
des Hirſchhertzcreutzes in der Artzney
gebraucht, wiewohl es ein wenig ziem-
lich ungereimt herauskommt.
Die Ochſenbeine werden verbrannt,
und eine Gattung Schwartz daraus be-
reitet, welches nach dem es zarte gerie-
ben woꝛden, dasjenige iſt, was wir Bein-
ſchwartz zu nennen pflegen. Es muß
aber zarte, glaͤntzend und wohl gerieben
ſeyn, ſich auch alsbald zerdruͤcken laſſen:
man braucht es zum mahlen.
Aus den Knorpeln und Nerven der
Ochſen, welche gantz und gar im Waſ-
ſer zerkochet worden, wird Leim ge-
macht, welcher in Formen geſchuͤttet,
zu Blaͤttern geſchnitten, und getruck-
net wird: wenn er trucken worden,
wird er Ochſenleim genennet, deſſen wir
in Franckreich keine geringe Menge
vertreiben, inſonderheit, wenn er in
England und Franckreich bereitet
worden iſt.
Der Engliſche Leim ſoll gut gekocht
und wohl getrocknet, auch hell und
durchſichtig, braunroth, und nicht voll
Sand oder ſonſt haͤßlich ſeyn, ſo muß er
ſich auch ſtracks mit der Fauſt zerſchla-
gen laſſen: er muß ingleichen fein dichte
und ſo ſauber ſeyn, als immer moͤglich.
Dagegen ſoll man den verwerffen, wel-
cher, wenn er zergangen, uͤber alle maſ-
ſen ſtincket, desgleichen alle diejenigen
Sorten Leim, die zu Paris und dahe-
rum gemachet worden, denn ſie nicht
halb ſo hoch von denen Handwercksleu-
ten geachtet werden, als wie derjenige
Leim, den wir aus England bekom-
men.
Der Flandriſche Leim ſoll gleicherge-
ſtalt trucken und wohl gekocht ſeyn, klarLeim. Etliche
gebrauchen
zur Berei-
tung dieſes
Leimes die
Abſchnitzlein
von Elend-
und Hirſch-
haͤuten, nie-
mahls aber
von Schaf-
fellen.
und durchſcheinend, roth und auf braun
ſich ziehend, denn der gar zu roth iſt,
wird nicht fuͤr ſo gut gehalten; ob es
gleich ſcheinet, als waͤre er beſſer zu ver-
kauffen; alldieweil er nicht ſo gut ge-
kochet iſt. Dieſen Leim brauchen die
Hutmacher, und verbrauchen mehr
von dieſem, als vom Engliſchen. Er
dienet auch zu den Waſſerfarben.
Die Herren der Frantzoͤſiſchen Oſt-
indiſchen Compagnie ſenden uns, inſon-
derheit nach Rouan, eine uͤberaus
groſſe Menge Ochſenhaͤute aus Bar-Ochſenhaͤute
aus der Bar-
barey.
barey, mit denen die Kauffleute zu be-
meldten Rouan einen trefflich ſtarcken
Handel treiben. Zu Paris aber ver-
kauffen wir ihrer gar wenig. Der meiſte
Theil dererſelben koͤmmt von Senega,
mit dem Gummi und Goldſtaube: al-
lein, wenn es der Compagnie nicht um
die Haͤute zu thun waͤre, derentwegen
ſie auch dahin ziehen, wuͤrden ſie ſich
wohl nicht die Muͤhe nehmen, das
Gummi von dar nach Franckreich zu
fuͤhren.
Weil nun die Spezereyhaͤndler de-
nen Gerbern wohl drey Jahr lang
borgen muͤſſen; und aber einer nicht
bezahlen koͤnte, oder verſtuͤrbe, ſo ſtehet
ihnen frey, deſſelben Gruben eroͤffnen
zu laſſen, und ihre Waaren wiederum
zuruͤck zu nehmen.
Wir moͤgen auch allerhand Leder
verkauffen; darunter das beſte iſt, wel-
ches am Schnitt gantz weiß, und dabey
aufrichtig Hungariſch Gut iſt, wel-Hungariſch
Leder.
ches auch weit beſſer iſt, als das in
Franckreich bereitet wird: ingleichen
Engliſche Kalbfelle und andere Felle
ohne Haar, die wir von dieſen und je-
nen Orten kommen laſſen; wie nicht
weniger Haar und Flocken, bereitet
und unbereitet.
Uber alle dieſe Waaren, welche von
Ochſen genommen werden, verkauffen
wir auch noch gar viel Unſchlit, das
wir aus Jrrland bringen laſſen, und
wenn es gebuͤhrend beſchaffen ſeyn ſoll,
friſch und weiß ſeyn muß.
DEr Widder oder Hammel iſt ein
Thier, von dem nicht weniger dem
Menſchen noͤthige Dinge genommen
werden, denn vom Ochſen: doch, was
am
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
am meiſten gebrauchet wird, iſt die Fet-
tigkeit der ungewaſchenen Wolle.
Dieſe nennen die LateinerOeſypus
humida, und iſt eine Gattung Fett, wel-
che man auf dem Waſſer treibend fin-
det, und an der Wolle der Schaafe und
Schoͤpſe, ſonderlich die zwiſchen den
Schenckeln u. am Halſe behangen bleibt.
Die nun die Wolle waſchen, pflegen
dieſes Fett zu ſammlen, und es durch
ein altes Tuch zu druͤcken, thun es her-
nach in kleine Faͤßlein, und verſenden
es hin und her.
Die Landſchaft Berry, Beauſſe/
und die Normandie, ſind die Orte,
von dannen man uns dieſe Waare
mehrentheils zuſendet: allein der
ſchlechte Gebrauch verurſachet, daß gar
wenig vertrieben wird.
Man ſoll aber dasjenige erwehlen,
welches fein friſch iſt, nicht zu dicke,
auch nicht zu duͤnne; denn ie aͤlter es
wird, ie haͤrter wird es, und endlich mit
der Zeit dermaſſen harte, als wie wohl
ausgetrocknete Seiffe. Es muß auch
ſein Geruch noch zu ertragen ſeyn: denn
etliches ſtinckt ſo gar ſehr, daß einer
kaum dazu nahen kan. Die Farbe
muß maͤuſefahl ſeyn; und endlich muß
auch ſo wenig Wuſt und garſtiges We-
ſen drunter ſeyn, ſo viel nur immer
moͤglich.
Auch dienet zu mercken, daß dieſes
Fett, ſo ſtinckend es nur iſt, den Geſtanck
verliehre, wenn es eine ziemlich lange
Zeit aufbehalten worden, und einen
angenehmen Geruch uͤberkomme, faſt
wie Ambra. Dieſes aber habe ich
nicht von hoͤren ſagen: denn ich beſitze
ſelbſt ein Stuͤcke, welches, wie ich ietzt
vermeldet habe, beſchaffen iſt.
Dieſes Fett hat einigen wenigen Nu-
tzen in der Artzney, und kommt zu etli-
chen Galeniſchen compoſitionen.
Oftmahls verordnen die Medici, de-
nenjenigen, welche angelauffene Haͤlſe
haben, dergleichen fette Wolle mit Li-
lien und Camillenoͤle, und ſonderlich
die ſchwartze, welche man von der Keh-
le und zwiſchen den Schlaͤgeln der
Hammel nimmt, als woſelbſt ſich die-
ſes Fett befindet: deswegen koͤnnen die-
jenigen, die ſolche Wolle nicht bekom-
men koͤnnen, ſich dieſes Fettes, mit Li-
lien und Camillenoͤle unter einander
geſchmoltzen, bedienen.
Wir treiben einen ziemlich ſtarcken
Handel mit Wolle, und unter andern
mit Perſianiſcher: da dann die beſte
iſt, welche ſanft, und ſo viel moͤglich,
ohne lange Haare iſt.
Von Vigogna, gantz feine von Se-
govia/dito feine, Soria Segoviana,
de los Rios/ ordinar Soria, Sege-
wens Segovia/ Segewenſe, ſchlech-
te Segovianiſche und Caſeres, Mo-
line, Caſtelliſche/ Florettonnes von
Segovia/dito gemeine, aus Navar-
ra/ Arragon/ Cabeſa del buri und
Extrematura/ feine Albaßin, ge-
ringe Campo/ Seviliſche, von Ma-
laga und aus Portugal.
Gewaſchene Segoviſche, Soria
Segoviana, ungewaſchene Sego-
viſche/ Moline und Caſtelliſche, Al-
baßin und Navarriſche.
Von Roſtock und Greiffswalde,
Stralſund und Anklam, Neu-
marck und Weidecker/ Stettin,
Thoren/ Dantzig und Colberg, aus
Preuſſen, Luͤneburg und Bremen:
Polniſche Laͤmmerwolle/ dito von
Thoren/ Polniſche Sommerwolle,
ungebundene von Halberſtadt, feine
graue, blaulichte ordinar vom Rhein/
dito gebundene, eine Art, Kiſte ge-
nannt, Schaͤrwolle von Muͤhlhauſen,
dito vom Rhein,dito von Wißmar/
Baͤyeriſche Wolle, Jrrlaͤndiſchedito.
Es giebt noch ferner Wolle aus Ber-
ry und andern Landſchaften in Franck-
reich: und endlich Rifflard, welches
die allerlaͤngſte Wolle iſt, die auf denen
unbereiteten Schaffellen zu befinden,
und fuͤr die Buchdruͤcker dienet, welche
ihre Ballen, mit denen ſie die Drucker-
farbe aufzutragen pflegen, damit aus-
ſtopfen.
Die Schaf- und Ziegenfelle, wenn
ſie wohl zugerichtet ſind, dienen zum
Pergament; die Kalbfelle aber zum
gantz feinen Pergament.
Es wird auch, ohne den Wollhan-
del und den Handel mit der Feiſtigkeit
von ungewaſchener Wolle, ein ſtarcker
Handel mit Schoͤpſen Unſchlit gefuͤhret,
welches wir von unterſchiedenen Orten
herbringen laſſen, ſonderlich aber aus
Holland, weil es das beſte: nach die-
ſem kommt das vom Platze, das iſt das-
jenige, welches unſere Fleiſchhauer zu
Paris verkauffen: allein, wir haben
damit nichts zu thun.
Das Maͤrckiſche oder das Hollaͤn-Schoͤpſen-
unſchlitt.
diſche Schoͤpſenunſchlit muß ſchnee-
weiß ſehen, und lauter Schoͤpſenun-
ſchlit ſeyn, denn wenn Rindsunſchlit
drunter gemiſchet worden, ſieht es gelb-
licht.
DEr Hirſch iſt ein in der gantzen
Welt allzubekanntes Thier, das al-
lerdings unnuͤtzlich ſeyn wuͤꝛde, wenn ich
ihn beſchreiben wolte. Dannenhero
will ich nur allein vermelden, daß wir
kein eintziges Thier von ſo gar langem
Leben haben, welches an dem Gehoͤrn
eines Hirſchen, das in dem Schloß zu
Amboiſe aufbehalten wird, abzuneh-
men iſt, denn daſſelbige iſt von einer
gantz entſetzlichen Laͤnge, und bezeuget
ein ſehr hohes Alter. Unſre Geſchicht-
ſchreiber gedencken, daß Koͤnig Carl
derVIte in dem Walde zu Senlis ei-
nen Hirſch gefaͤllet, welcher ein gold-
nes Halsband umgehabt, auf dem die-
ſe Lateiniſche Worte geſtanden, hoc Cæ-
ſar me donavit, Caͤſar hat mich damit
begabet.
So giebt es auch kein ander Thier
mehr, von welchem ſo vielerley Artzney-
mittel und andere im Leben noͤthige
Dinge koͤnnen genommen werden, als
wie vom Hirſche.
Das allererſte, das man vom Hir-
ſche nehmen kan, iſt das Waſſer, wel-
ches aus den Hirſchkolben gezogen,
Hirſchkolben-
waſſer.und insgemein Hirſchkolbenwaſſer
genennet wird. Daſſelbige iſt ein un-
vergleichlich Mittel zu Befoͤrderung
der Geburt, und wider die hitzigen Fie-
ber. Doch wer dieſes Waſſers benoͤ-
thiget iſt, mag ihm rathen laſſen, und
es bey rechtſchaffenen Leuten kauffen,
denn es iſt ein gar rares Waſſer, theils,
weil es nicht gar zu ofte gebrauchet
wird, theils aber, weil es gar ſchwer-
lich zu haben.
Das Gehoͤrn wird geraſpelt, und
die Spaͤne, eben als wie die vom Elffen-
bein zu anhaltenden Traͤncken gebrau-
chet: es wird auch Gallrede davon ge-
macht, mit dem Titel Hirſchgallrede.
Dieſe Spaͤne muͤſſen friſch und aufrich-
tig ſeyn, denn es giebt Leute, welche ge-
raſpelte Ochſenbeine dafuͤr verkauffen;
ſolches kan jedoch ein ieder ſtracks ver-
mercken, wer nur ein wenig weiß, was
Hirſchhorn iſt. Die beſte Kundſchaft,
die ich davon ertheilen kan, iſt dieſe:
man kauffe ſie bey redlichen Leuten, oder
laſſe ſie ſelbſt raſpeln.
Aus dem Hirſchhorn wird ein SpiritusSpiritus, Sal
volatile, und
oleum vom
Hirſchhorn.
und Sal volatile durch die Retorte getrie-
ben, welche zu Hertz- und Haupt-
Kranckheiten vortrefflich dienlich erach-
tet werden. Jngleichen ein ſchwartzes
Oel, welches rectificiret werden kan,
und ein unfehlbares Mittel wieder die
Schwinden iſt. Was in der Retorte
zuruͤcke bleibt, iſt ſchwartz, und kan mit
Waſſer abgerieben, folglich eine Art
ſchwartz daraus zugerichtet werden,Hirſchhorn
ſchwartz.
welches faſt ſo ſchoͤn, als wie das vom
Elffenbein. So kan auch dieſes ſchwar-
tze Horn wieder weiß gebrennet werden,
und giebt hernachmahls eben ſolchen
Nutzen, wie das gebrannte Helffen-Praͤparirt
Hirſchhorn.
bein, und koͤnte gleichfalls Spodium ge-
nennet, und zu kleinen trochiſcis, gema-
chet werden: es hat auch eben ſolche
Kraͤfte.
Das Bein oder der im Hertzen be-
findliche Knorpel, deme der Name
Hirſchhertzbein, oder HirſchcreutzHirſchereutz.
gegeben worden, iſt eine treffliche Hertz-
verwahrende Artzney, und kommt des-
wegen auch unter die confection de hya-
cintho. Sie muͤſſen aber nicht gar zu
dicke und weiß, und gewiß aus dem Her-
tzen des Hirſches genommen ſeyn, denn
etliche verkauffen die Beine aus dem
Hertzen des Ochſens dafuͤr, iſt auch kein
Unterſchied dazwiſchen, als daß die vom
Ochſen
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Ochſen viel dicker und nicht ſo dreyeckigt
ſeyn.
Wir verkauffen auch uͤberdiß das
Hirſchmarck, welches zu kalten Fluͤſſen
gar dienlich erachtet wird, ſonderlich,
wenn es mit ein wenig Weingeiſt zer-
laſſen worden. Das gerechte Hirſch-
marck ſiehet weiß und goldgelb, und ſoll
ſo, wie es von dem Hirſche kommt, ge-
brauchet werden.
Das Hirſchunſchlit hat bey nahe
gleiche Tugend, doch ſo kraͤftig iſt es
nicht. Es ſoll aber reine, und mit kei-
nem Rind- oder Schoͤpſen-Unſchlit
vermiſchet ſeyn. Es ſoll auch eben ſol-
che Eigenſchafften haben, als wie das
weiſſe Wachs.
Die Hirſchruthe wird fuͤr ein gutHirſchruth,
Blaſe und
Thraͤnen.
Harntreibend Mittel ausgegeben. Die
Blaſe, auf den Kopf eines Menſchen,
der den Erbgrind hat, geleget, heilet
ihn von Grund aus. Die Thraͤnen,
welche in den Augenwinckeln hart
und trocken worden, werden dem Be-
zoar gleich geſchaͤtzt. Kurtz: es iſt der
Hirſch/ wie bereits ein und anderer
gemeldet, eine gantze Welt voll Artzney/
Nutzen und Vortheil fuͤr den Men-
ſchen. Von der Haut und Fleiſch mag
ich nichts gedencken, als daß jene zu
allerhand Sachen, zu Handſchuhen,
und dergleichen diene; das andere aber
koͤnne auf groſſer Herren Tafeln, als ein
koͤſtliches Gerichte, aufgeſetzet werden.
DEr Bock iſt ein Thier, welches
gleicher geſtalt in Franckreich,
Jtalien/ Cypern, Candia/ und an
andern Orten mehr, bekannt genug iſt.
Die vornehmſte Waare aber, die wir
von den Boͤcken oder Ziegen bekom-
men, und verkauffen, iſt eine beſondere
Fettigkeit, die ſich an den Baͤrten die-
ſer Thiere, und bevoraus dererſelben
befindet, welche ſich von den Blaͤt-
tern eines Baͤumleins ernaͤhren, das
in warmen Laͤndern ſehr gemeine iſt,
und von denen Kraͤuterverſtaͤndigen Ci-
ſtus Ledon genennet wird. Seine Blaͤt-
ter ſind lang und ziemlich ſchmal,
rauch, ſehr klebricht, dunckelgruͤn, und
gruͤnen das gantze Jahr hindurch.
Die Einwohner ſelbiger Orten ſam̃-
len dieſe Fettigkeit mit hoͤltzernen Jn-
ſtrumenten, wie Kaͤmme geſtalt, und
machen hernach, ob ſie gleich insgemein
voll Haare und andern Unrath iſt, ein
eintziges Stuͤcke oder auch etliche Klum-
pen daraus, von unterſchiedenem Ge-
wichte, dergleichen man vor dieſem zu
ſehen bekame, und natuͤrliches Lada-
Natuͤrlich La-
danum, oder
Bart Lada-
num.num oder Labdanum, auch Bart La-
danum genennet wurde. Allein, ſeit
dem die Einwohner dieſer Jnſeln ver-
mercket, daß in dieſer Feiſtigkeit ein ſuͤſ-
ſer lieblicher Geruch verborgen, dieſel-
be auch nicht wenig geachtet wuͤrde,
wenn ſie von aller dabey befindlichen
Unreinigkeit geſaubert worden, ſo neh-
men ſie ſich die Muͤhe, laſſen ſie zerge-
hen, und druͤcken ſie durch ein Tuch, da-
mit nicht nur die Unreinigkeit davon
komme, ſondern ſie auch einen beſſern
Geruch erhalte. Wenn ſie es nun
dergeſtalt gereiniget, alsdann wickeln
ſie es in gantz zarte Blaſen, auf die Art,
wie wir es zu ſehen kriegen, und wird
hernach fluͤßiges Ladanum oderFluͤßiges La-
danum oder
ſchwartzer
Balſam.
ſchwartzer Balſam genennet. Dieſe
alſo bereitete Feiſtigkeit iſt in England,
wegen ihres angenehmen Geruchs,
uͤberaus im Gebrauch: dahingegen das
wenige, das in Franckreich davon ver-
than wird, nicht verdienet, daß man ſei-
ner gedencke; vielleicht, weil es zu
theuer, oder aber, weil es ſo wenig be-
kannt iſt.
Was von dieſem fluͤßigen Ladano zu-
ruͤcke bleibt, daraus machen ſie Rollen,
die ſie auf die Art, als wie die aufge-
wundenen Wachsſtoͤcke aufzuwickeln
wiſſen, und werden aufgerolltesLa-Aufgerolltes
Ladanum.
danum geheiſſen.
Das natuͤrliche Ladanum, oder das
Bart Ladanum, ſol ſo ſtarck riechen, und
ſo ſauber ſeyn, als nur immer moͤglich.
Das fluͤßige muß eine dichte Conſiſtentz
haben, und ſo ſchwartz, als wie Agat ſe-
hen, ſuͤß und lieblich riechen, faſt wie
Ambra, welches auch etlichen Kauff-
leuten Anlaß gegeben, das fluͤßige oder
weiche Ladanum fuͤr ſchwartzen Am-
ber zu verkauffen. Das aufgerollte
K k 2aber
[]Der Spezereyen und Materialien
aber betreffend, daſſelbige ſoll wegge-
ſchmiſſen werden, indem es nichts an-
ders iſt als Erde und Sand, welches an
der Schwere und denen haͤuffig glintzen-
den Flinterlein zu erkennen: dennoch
wird es gar ſtarck gebrauchet, weil es
wohlfeil iſt, und ſich leicht ſtoſſen laͤßt.
Die Parfumirer brauchen dieſes La-
danum ſo wohl zu den gemeinen Rau-
cherkertzlein, als auch zu denen ſo ge-
nannten Pots-pourris. Wenn dieſes
Ladanum nun fein huͤbſch aufgerollet
iſt, und kleine Kuchen, ſo ſoll es demje-
nigen vorgezogen werden, welches wie
groſſe Klumpen iſt, denn es laͤßt ſich
beſſer verkauffen.
Auſſer dieſe unterſchiedene Sorten
Bocksblut.Ladanum wird auch das Bocksblut
zugerichtet oder praͤpariret, und eine
Artzney daraus gemacht. Allein, wenn
dieſes Blut dieſelben Tugenden haben
ſoll, die ihm unſre Vorfahren beygele-
get, ſo muß das Thier eine geraume
Zeit mit lauter gewuͤrtzhaften aroma-
tiſchen und ſteinbrechenden Kraͤutern
gefuͤttert worden ſeyn, darff auch nicht
aͤlter als drey oder vier Jahr ſeyn.
Wann es dann abgekehlet, behaͤlt man
nur das mittelſte Blut auf, das iſt, das
Blut, das zu erſt herauslaufft, das wird
weggeſchuͤttet, denn es iſt zu waͤßrig,
das hernach kommt, behaͤlt man auf,
das letzte aber wird wiederum wegge-
ſchuͤttet, weil es gar zu grob und dicke
iſt.
Hierauf wird das Blut in eine irde-
ne Schuͤſſel geſchuͤttet, mit einem zar-
ten Tuche bedecket, damit nichts unrei-
nes darein fallen koͤnne, und alsdann
in die Sonne oder in den Schatten ge-
ſtellet: wann es nun recht trucken,
wird es in ein glaͤſern oder irden Ge-
ſchirre gethan, und zum Gebrauch auf-
gehebet. Jnsgemein wird das Bocks-
blut im Monat Julius praͤpariret, zu
welcher Zeit dieſe Thiere ihre Nahrung
von lauter guten und aromatiſchen
Kraͤutern haben koͤnnen.
Von Helmont will, daß, wenn man
den Bock bey den Hoͤrnern aufgehen-
cket, und die hintern Fuͤſſe nach dem
Kopffe zu gezogen, ſchneide man ihm in
ſolcher Poſitur die Hoden ab, fange
das herablauffende Blut auf, und laſſe
es trucken werden, welches dann ſtein-
hart werde, und nicht ſo wohl zu zer-
ſtoſſen ſey, ſey auch gantz und gar von
demjenigen, das aus der Kehle gelauf-
fen, unterſchieden: dabey verſichert er,
daß ein Quintlein davon eingenommen,
das Seitenſtechen, ohne Aderlaſſen, un-
fehlbar heile und curire. Das gemei-
ne Bocksblut wird ſehr dienlich erach-
tet den Stein zu zermalmen, wenn man
das eine oder das andere in etwas, das
ſich zur Kranckheit ſchicket, einnimt.
Wir bekommen aus Auvergne und
der Gegend um Lyon und Nevers
gar viel Bock- und Ziegen-Unſchlitt,Bocks- und
Ziegen-Unſch-
litt.
weil es doch einigen Nutzen in der
Artzney hat, bevoraus das Bocks-
unſchlit, als welches noch dazu fuͤr al-
lerley Handwercksleute dienet, die es
gebrauchen. Es ſoll aber trucken ſeyn,
auſſen und innen weiß ſehen, und man
mag Achtung geben, daß es mit keinem
Schoͤpſenunſchlit vermiſchet ſey, wie-
wohl dieſes gar ſchwerlich zu vermer-
cken. Dannenhero muß man es nur
bey ſolchen Leuten kauffen, die einen zu
betruͤgen nicht gewohnet ſind.
Die Bockshaͤute werden gebrauchet,
Wein, Baumoͤl, Terpentin und ande-
re dergleichen Dinge darinne zu verfuͤh-
ren. Die Morgenlaͤnder bedienen ſich
derſelben auch, wenn ſie uͤber die Fluͤſſe
ſchwimmen wollen, desgleichen die
Floͤſſen, darauf ſie ihre Waaren uͤber
den Euphrat und andere Fluͤſſe in
Oſtindien fuͤhren, uͤber Waſſer zu hal-
ten.
Die Leute in Levante richten uͤber-
diß die Bockshaͤute, Ziegen- und Ham-
melfelle zu, gerben ſie, und geben ih-
nen mit Lacca auf Stoͤcklein und an-
dern Dingen, eine ſchoͤne lebhafte rothe
Farbe; und dann nennen wir ſie Mar-Marroquin
oder Saffian.
roquin de Levante,Levantiſchen Cor-
duan oder Saffian/ und fuͤhren einen
gar ſtarcken Handel damit, weil er in
Franckreich zu ſehr vielen Sachen in
groſſer Menge verbrauchet wird.
Der aufrichtige Saffian muß recht
ſchoͤn
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ſchoͤn ſcharlachroth ſehen, ſanft anzu-
fuͤhlen ſeyn, und ein ſchoͤn Korn haben,
ziemlich gut riechen, und knarren, wenn
man ihn reibt.
Er wird zwar wohl auch zu Mar-
ſeille und zu Paris gemacht: allein, er
ſieht nicht ſo ſchoͤn roth, haͤlt auch nicht
Schwartzer
Corduan.alſo lange. Was den ſchwartzen Cor-
duan betrifft, da kommt der allerbeſte
aus der Barbarey, und iſt viel ſchoͤner
und ſchwaͤrtzer, hat auch ein weit ſchoͤ-
neres Korn, als der, welcher zu Rouan
gearbeitet, und Peaux fraiches, friſche
Felle, genennet wird, und mag man
mir ſagen, was man will, er iſt doch
nicht ſo gut, noch ſo ſchoͤn, als wie der
aus der Barbarey.
Die Bockhaͤute, die wir zu Paris
haben, in denen Oelaus Provence ge-
bracht wird, verkauffen wir gewiſſen
Leuten, die ſie zu allerhand Gebrauch
zurichten.
Es vermeinen etliche, der Frantzoͤ-
ſiſche Name Bouc komme vom Teutſchen
Bock, oder vom Jtalieniſchen Becco
her: die Lateiner nennen ihn Hircus.
DEr Steinbock oder der wilde
Bock iſt ein Thier, das in Franck-
reich wenig bekannt, deſto mehr aber
in der Schweitz. Derowegen habe
ich fuͤr dienlich erachtet, dasjenige all-
hier anzufuͤhren, was Peter Bellon
Mans in ſeiner Reiſebeſchreibung am
14. Blatte, folgender Geſtalt davon
vermeldet hat.
Weil es keine Woͤlffe auf der Jnſel
Candia giebet, dannenhero laſſen die
Leute ihr Vieh gantz ſicher und ohne
Furcht des Nachts uͤber auf dem Felde,
und ſonderlich die Schafe und Haͤm-
mel. Koͤnnen nun die Einwohner jun-
ge Steinboͤcke, derer es eine groſſe Men-
ge giebt, in den Gebirgen herumir-
rend antreffen, ſo ziehen ſie dieſelben
bey den zahmen Ziegen zugleich mit
auf, und machen ſie gleichfalls zahm.
Die wilden aber gehoͤren dem, der ſie
faͤhet oder toͤdtet. Jhre Groͤffe uͤber-
trifft die gebuͤhrende Groͤſſe und Dicke
der zahmen Ziegen nicht: doch haben
ſie wohl eben ſoviel Fleiſch, als ein groſ-
ſer Hirſch, ſind auch mit dergleichen
gelblichten und kurtzen Haar bedecket,
nicht wie die Ziegen. Die Maͤnnlein
haben einen groſſen braunen Bart,
welches eine Sache, die ſonſt an keinem
Thiere mehr, das Hirſchhaar hat, zu
befinden. Wenn ſie alt worden, wer-
den ſie grau, und haben einen ſchwar-
tzen Streiffen uͤber den Ruͤckgrad. Wir
haben ihrer auch in unſern Gebirgen,
bevoraus an jaͤhen und unerſteiglichen
Orten. Zu verwundern iſt es, daß ein
ſo kleines Thier dermaſſen ſchwere Hoͤr-
ner tragen kan, wie ich dann ein Paar
habe, die zwey Ellen lang ſind. Dieſe
haben ſo viel Qveerſtriche oder Linien,
oder Ringe, ſo viel Jahre die Boͤcke oder
Ziegen alt ſind. So habe ich auch be-
funden, daß es ihrer zweyerley Ge-
ſchlechte giebt, welches ich auch mit de-
nen Hoͤrnern, die ich aus Cypern und
Creta bringen laſſen, und dem Herrn
Landvogt des Lyoniſchen Gebirges ver-
ehret habe, erwieſen. Unterſchiedliche
mahl habe ich die Vergnuͤgung gehabt,
und ſie mit Griechiſchen Hunden hetzen
ſehen. Auf denen allerhoͤheſten Ge-
birgen in Candia/ und ſonderlich um
das Gebirge Spacchia und Madera,
giebt es Bauern, welche ſo gute Bogen-
ſchuͤtzen ſind, daß ſie die Boͤcke, auf fuͤnff
und zwantzig Schritte weit, mit ihren
Pfeilen treffen koͤnnen. Sie nehmen
aber die Weiblein, welche ſie aufgezo-
gen und zahm gemacht haben, und bin-
den dieſelben hier oder dort in dem Ge-
birge an, wo etwan die Maͤnnlein ihren
Lauff zu haben pflegen. Drauf macht
ſich der Schuͤtze auf die Seite, und ver-
birgt ſich hinter das Geſtraͤuche, dem
Wind entgegen, weil er wohl weiß, daß
der Steinbock einen dermaſſen ſcharf-
fen Geruch hat, daß er ihn auch auf
hundert Schritte riechen wuͤrde. Wann
dann das Maͤnnlein das Weiblein auf
dem Lauffe findet, ſteht es ſtille, und der
Bauer drucket ſeinen Bogen ab. Fuͤgt
ſichs, daß der Steinbock nur ſchlecht
verwundet, oder das Eiſen ihm im Lei-
be ſtecken geblieben, ſo weiß er ihm ſelbſt
meiſterlich zu helffen: denn er geht nur
K k 3hin
[]Der Spezereyen und Materialien
hin und ſuchet das Diptamkraut, wel-
ches an den Felſen in Candia han-
get, frißt es und heilt ſich durch dieſes
Mittel gar behende.
Die Schweitzer jagen dieſe Thiere
nicht alleine darum, weil ſie dieſelben
Steinbocks-
Blut.eſſen, ſondern auch, damit ſie das Blut
davon bekommen moͤgen, welches ſie
eben als wie das obgedachte zurichten
und doͤrren, und hernachmahls wider
den Stein gebrauchen, ſintemahl es
weit mehr Kraft hat, denn das gemeine
Bocksblut, und inſonderheit, wenn er
Steinbrech, und andere Kraͤuter, die
mit der Kraft den Stein abzutreiben,
begabet ſind, gefreſſen hat.
Die Wahl betreffend, ſo iſt ſchon ge-
nug, wenn es nur aufrecht iſt, das heißt,
wenn es gewiß und wahrhaftig das
Blut vom Steinbocke, und wohl praͤ-
pariret iſt.
JN denen Gebirgen, und ſonderlich
im Pyrenaͤiſchen/ findet ſich eine
Art wilder Ziegen, denen man den Na-
men Tſard, Chamois,Gems, gegeben.
Wir handeln ſtarck mit denen Haͤuten,
nachdem ſie mit Oel bereitet worden
ſind; denn man bedient ſich ihrer zu al-
lerhand Sachen.
Die Gems iſt ein ſehr wildes Thier,
das nirgend lieber iſt, als auf den hoͤhe-
ſten Felſen und Gebirgen: daher es
auch die Lateiner Rupicapra genennet
haben. Es naͤhret ſich ofters mit eitel
Roͤmiſcher Gemſenwurtz.
Zuweilen wird in der Blaſe dieſer
Thiere ein Stein gefunden, von aller-
ley Farbe und unterſchiedener Groͤſſe,
und wird der teutſche Bezoar genen-
net, weil ihme von den Teutſchen
eben die Kraft, als wie dem orientali-
ſchen Bezoar beygeleget wird.
Die Gems iſt ſo groß als eine Ziege,
hat ſehr kleine, ſchwartze, vorwaͤrts ge-
bogene, gantz ſpitzige Hoͤrnlein, die es
ſich oftmahls ſelbſt in die hintern Beine
ſtoͤſt, wenn es ſich kratzen will; da es
dann entweder ſterben, oder aber ein
Stuͤcke mit heraus reiſſen muß. Der
Schwantz iſt ohngefehr drey Zoll lang.
Es hat groſſe Augen, und geht allzeit
auf der Spitze der Fuͤſſe. Das Haar
iſt gelbroth, und uͤber den Ruͤcken hin
laufft ein Strich.
DEr Chagrin iſt die Haut von ei-
nem Thiere, welches in Tuͤrckey
und in Polen gar ſehr gemeine iſt, und
wird von denen Tuͤrcken und Polen, als
wie bey uns die Mauleſel gebrauchet,
die Bagage zu tragen. Wenn es um-
gefallen iſt, ſo ziehen ſie ihm die Haut
vom Hintertheile ab, und ſpannen ſie
an der Luft aus, nachdem ſie dieſelbe
vorhero, wenn ſie noch feuchte iſt, uͤber
und uͤber mit Senffkoͤrnern beſtreuet
haben. Solchergeſtalt wird ſie viel Ta-
ge lang im Wind und Wetter gelaſſen,
hernach aber nehmen ſie dieſelbe, uñ ger-
ben ſie: wenn ſie nun zugerichtet wor-
den, uͤberſenden ſie ſie uns. Dieſe Haͤu-
te ſind uͤber die maſſen harte, wenn ſie
trucken ſind, und gantz weich, wenn ſie
im Waſſer geweichet worden. Es ſoll
aber wie man ſagt, und mich verſichert
hat, daher kommen, daß ſie naͤmlich ſo
gar harte ſind, dieweil das Thier ſtets
auf dem Hintern ſitzt und lieget. Aus
Tuͤrckey wird zweyerley Chagrin ge-
bracht, grauer, der am meiſten geach-
tet wird, und weiſſer oder ſchmutziger,
welcher geringer.
Die Chagrinhaͤute ſoll man erweh-
len, welche aus Tuͤrckey und von Con-
ſtantinopel kommen, denn dieſe viel
hoͤher geſchaͤtzet werden, als die von
Algir und Tripolis. Auch werden ih-
rer aus Polen gebracht, ſollen aber
ausgeworffen werden, weil ſie zu tru-
cken ſind, und die Alaune nicht anneh-
men, wenn man ſie faͤrben will. Des-
gleichen ſoll man die groͤſten ausſuchen,
und die ſchoͤnſten, die fein gleich ſind,
und ein klein rund wohlgeſtaltes Korn,
aber wenig Spiegel haben: denn ob-
ſchon
[]
Figure 324. ChagrinFig. 349. p. 523. | Figure 325. GemsFig. 348. p. 523. |
Figure 326. ErderocodilFig. 365. p. 571. | |
Figure 327. Bock, welcher Liſtuͤskrauͤt friſt Fig. 347. p. 517. | Figure 328. Steinbock Fig. 348. p. 521. |
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ſchon diejenigen, welche ungleich ſind,
und groſſe Koͤrner haben, ſich eben ſo
gut gebrauchen laſſen, ſind ſie doch nicht
ſo leichtlich zu verkauffen.
Mit dem Chagrin werden Buͤcher,
die man ſtets gebrauchet, uͤberzogen,
wie ingleichen und ſonderlich Uhrge-
haͤuſe, und andere Geraͤthe, z. E.
Schreibzeuge, Schreibtafeln und der-
gleichen.
Der Chagrin wird nach belieben,
gefaͤrbet, und dahero ſieht man ſchwar-
tzen, rothen und gruͤnen Chagrin. Al-
lein der beſte und theuerſte iſt der rothe,
denn er iſt mit Vermeillon und Car-
min zugerichtet. Den aufrechten Cha-
grin aber erkennet man vor den zu Cha-
grin gemachten Corduan daran, daß er
ſich nicht abzeucht.
Uber alle diejenigen Theile der vier-
fuͤßigen Thiere, die wir zu verkauffen
Baͤren-
ſchmaltz.pflegen, verkauffen wir auch noch Baͤ-
renſchmaltz/ das wir aus denen
Schweitzergebirgen/ aus Savoy-
en und aus Canada bringen laſſen.
Es ſoll aber friſch geſchmoltzen ſeyn,
graulicht und klebricht, eines ſtarcken
haͤßlichen Geruchs, nicht zu harte, auch
nicht zu weich. Denn welches weiß-
licht und harte iſt, daſſelbe ſoll man ver-
werffen, dieweil es mit Unſchlit ver-
miſchet iſt. Dieſes Schmaltz iſt ein voll-
kommen herrlich Mittel wider die kal-
ten Fluͤſſe: ſo haͤlt man es auch fuͤr das
Podagra gar dienlich, wenn man den
ſchmertzhaften Ort damit reibet: in-
gleichen ſoll es die Haare wachſen ma-
chen, ſonderlich wenn man pulveriſirte
Bienen drunter miſchet und Nußoͤl.
Auch wird es etwas weniges in der
Artzney gebraucht, und zu unterſchied-
lichen Galeniſchen compoſitionen, als da
iſt mundificans de apio \&c gebrauchet.
Baͤrenunſchlit laſſen wir gar ſel-
ten bringen, weil es in Franckreich
nicht ſehr gebraͤuchlich, und nur fuͤr
diejenigen dienet, die nicht gerne viel
Geld fuͤr das Schmaltz geben wollen.
Wir verkauffen auch Dachsfett/Dachsfett.
weil es ein gar herrlich Mittel iſt wider
die Nierenbeſchwerung und Huͤfftweh:
ingleichen Pinſel von Dachshaaren fuͤr
die Mahler.
Getreugte Wolffsleber und Daͤr-Wolffsleber.
me, welche denenjenigen dienlich ſeyn
ſollen, die mit Leberkranckheiten und
der Colica beladen ſind.
Noch weiter verkauffen wir Fuchs-Fuchs-
ſchmaltz und
Lunge.
ſchmaltz und die getreugte Lunge:
das Schmaltz, weil es vortrefflich gut
iſt wider den Ohrenzwang, wie auch,
daß man denenjenigen, welche die
ſchwere Noth bekommen, die Glieder
damit reibe. Die getrucknete und ge-
puͤlverte Lunge aber dienet fuͤr die Lun-
genſuͤchtigen und die einen kurtzen
Athem haben.
Jngleichen Haſenlaab, welches fuͤrHaſenlaab.
eine Artzney wider den Gift ausgege-
ben wird, und das geronnene Gebluͤte
im Leibe zertheilen ſoll.
Auſſer dieſen verkauffen wir auch
wilde Schweinszaͤhne/ Schincken
von Maͤyntz, Bayonne/ Anjou, wie
auch, die um Paris herum gemacht
werden. Bologneſer und Provence
Wuͤrſte/ Parmeſan und Planzentini-
ſchen Kaͤſe/ welcher in der Normandie
nachgemachet wird, Gaſconiſchen
Rocfort genannt, oder von Rovergue,
Auvergne, Gruyere, Vachelin, Bern,
Roche, Hollaͤndiſchen, und viele andere
Sorten Kaͤſe mehr, die wir von dieſen
und jenen Orten bringen laſſen.
Uber diß handeln wir auch ſtarck mit
geſaltzner Butter, die wir aus Holland,
England, Jrrland, Bretagne, von La-
mion und Jſigny aus der Normandie
kommen laſſen, denn daher wird die
allermeiſte Butter gebracht, die wir zu
Paris verthun.
Dieſe ſind alſo alle diejenigen Theile
von vierfuͤßigen Thieren, damit wir zu
handeln pflegen. Ob nun ihre Anzahl
geringe iſt, dennoch bringen ſie keinen
ſchlechten Nutzen, nehmen viel Geld hin-
weg, und bezahlen bey der Ein- und
Ausfuhr nicht wenig Zoll. Thaͤte
aber nicht der ſo ſtarcke Handel, und
beſtuͤnde nicht der meiſten Pariſiſchen
Speze-
[]Der Spezereyen und Materialien
Spezereyhaͤndler ihr Thun faſt alleine
darinne, duͤrffte ich vielleicht nicht, wie
der Titel dieſes Wercks verſpricht, da-
von gehandelt und geredet haben.
DEr Strauß iſt ein Vogel, der kur-
tze Fluͤgel hat, welche wegen ihrer
Federn ſehr hoch geſchaͤtzet werden, in-
dem ſie zum Zierrath auf die Huͤte,
Betten, und Thronhimmel dienen.
Die Strauſſen werden in Africa ge-
jaget, und ſind in Peru alſo gemeine,
daß ſie bey gantzen Schaaren gehen, als
wie das Vieh. Die Wilden eſſen das
Fleiſch, und ihre Eyer ſind gut, doch
ſchwerlich zu verdauen. Die Weiblein
ſind uͤber und uͤber grau, ſchwartz und
weiß geſcheckt: die Maͤnnlein ſchwartz
und weiß, und werden weit hoͤher ge-
halten, weil ihre Federn viel breiter und
beſſer ſtaffiret ſind, die Spitzen daran
weit dicker, und die Pflaumen viel zaͤr-
ter. Es ſind uͤberaus geſchwinde Voͤ-
gel, werden mit Hunden gehetzet, als
wie die Haſen, und im Lauffe gefangen.
Der Strauß bedient ſich ſeiner Fluͤ-
gel nicht zum fliegen, ſondern ſich im
lauffen fortzuhelffen, wenn ihm nur der
Wind fuͤget, denn als dann dienen ſie
ihm, gleichwie die Segel einem Schif-
fe. Wann der Strauß mercket, daß
ſeine Eyer ausgebruͤtet ſind, ſo bricht er
ſie entzwey; die verfaulen dann, und
waͤchſt eine Menge Wuͤrmer darinne,
davon ernaͤhren ſich die Jungen: wie
ſolches der P. Acaret in der Beſchrei-
bung Peru bezeuget. Ein gleiches hat
vor dieſem Ælianus vermeldet. Man
hat auch um das Haupt der guten
Hoffnung ſo groſſe Strauſſeneyer ge-
ſehen, daß ſieben Mann an einem gnug
zu eſſen gehabt. Jn der Academie
derer Wiſſenſchafften ſind viel
Strauſſen zerleget worden, unter de-
nen der groͤſte, vom Kopf an bis auf die
Erde, ſieben und einen halben Fuß hoch
geweſen. Der Strauß hat laͤnglicht-
runde Augen, als wie der Menſch, und
groſſe Augbraumen; das oberſte Au-
genlied iſt beweglich, wieder die Ge-
wohnheit der andern Voͤgel, mit noch
einem Augenliede inwendig, derglei-
chen die meiſten Thiere haben. Der
Schnabel iſt kurtz und rund, die Zun-
ge klein und angeheftet, wie bey den
Fiſchen; die Schenckel ſind dicke, flei-
ſchicht, und ohne Federn, mit einer weiſ-
ſen Haut uͤberzogen, die etwas roͤthlicht
ſieht, und mit Runtzeln durchzogen iſt,
welche ein Gegitter vorſtellen, dazwi-
ſchen man bey den Maͤnnlein einen
Finger ſtecken kan. Die Beine ſind
vorneher mit groſſen Schuppen, als
wie mit Tafeln bedeckt, die Fuͤſſe geſpal-
ten, und beſtehen nur aus zwey Zaͤhen,
die ſehr groß und gleichfalls mit Schup-
pen bedecket. An den groſſen Zaͤhen
haben ſie Klauen, nicht aber an den
kleinern. Sie haben nicht wie die an-
dern Voͤgel, unterſchiedene Arten Fe-
dern, weiche und wollichte oder Pflaum-
federn, die ihnen an ſtatt des Beltzes
dienen, und harte und ſteiffe, zum flie-
gen; ſondern des Strauſſen Federn
ſind alle mit einander weich und ausge-
faſelt, als wie die Pflaumfedern, und
dienen ihm weder zum fliegen, noch zur
Decke: der Kiel ſteht gerade mitten in
der Feder, darum auch die Egyptier
die Gerechtigkeit unter dem Bilde einer
Strauſſenfeder vorgeſtellet. Die Haut
am Halſe ſieht wie angelauffen Fleiſch,
iſt mit weiſſen zarten und glaͤntzenden
Pflaumfederlein bedecket, ſo aber gar
duͤnne geſaͤet, und viel ehe wie Haar,
als wie Federn ſehen. Der Leib hin-
gegen wird mit weiſſen, grauen und
ſchwartzen Federn bedeckt; denn die
anders ſehen, ſind gefaͤrbet. Die groſ-
ſen in den Fluͤgeln und im Schwan-
tze, ſind insgemein weiß, auf dieſe fol-
gen ſchwartze, am Bauche aber und
auf dem Ruͤcken ſind ſie weiß oder
ſchwartz. An den Seiten, wie auch an
den Schenckeln und unter den Fluͤ-
geln hat er gar keine Federn. Am En-
de eines ieden Fluͤgels hat er gleichſam
wie zwey Sporen, des Daumens lang,
hol und als wie Horn, ſehen faſt aus,
als wie die Stacheln der Stachel-
ſchweine. Jnwendig befanden ſich
fuͤnff diaphragmata und Unterſchiede,
welche den Leib in fuͤnff Theil zertheil-
ten,
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ten, von denen viere von oben gerade
herab giengen, das fuͤnffte aber lieff
qveer durch die Maͤgen, welche alle voll
Gras, Heu, Gerſte, Bohnen, Beine
und Kieſelſteine, darunter einer wie ein
Huͤnerey groß war, gefuͤllet waren.
Auch fand man bis 70. Stuͤck Doubles,
meiſtentheils abgenuͤtzet und verzehret,
wahrſcheinlich, mehr durch das ſtete an
einander reiben, als daß ſie waͤren zer-
freſſen worden. Allein, man ſoll auch
wiſſen, daß die Strauſſen das Eiſen,
eben zu dem Ende wie andere Vogel
die Steinlein, hinabſchlucken, damit es
naͤmlich ihre Nahrung zerreiben helffe,
nicht daß ſie ſich davon ernaͤhren, oder
es verdauen ſolten, als wie die Alten ge-
glaubet, denn ſie ſterben, wenn ſie deſ-
ſen zu viel verſchlucket. Von etlichen
werden ſie Cerf-oyſeau,Hirſch-Vogel,
auf Lateiniſch, Struthio-camelus genen-
net.
Von dieſen groſſen Vogeln verkauf-
fen wir nichts als die Federn, die Eyer,
und das Fett.
DEr Adler iſt ebenmaͤßig ein groſſer
Vogel, welcher einen langen,
ſchwaͤrtzlichten krummen Schnabel hat.
Die Beine ſind gelb, mit Schuppen be-
leget, die Federn vielfarbig oder bunt.
Dieſer Vogel findet ſich an unterſchie-
denen Orten in Europa, und auch in
Provence haͤuffig.
Von dem gantzen Vogel verkauffen
wir gar nichts, als nur einen gewiſſen
Stein, der in dem Eingange des Loches,
darein der Adler ſein Neſt machet, be-
findlich iſt, um ſeine Jungen fuͤr dem
Donner und Ungewitter dadurch zu be-
ſchirmen. Dieſen Stein haben uns die
Pilgramme von S. Jago aus Galli-
cien uͤberbracht. Diejenigen Adlerſtei-
ne aber werden am hoͤheſten gehalten,
welche platt ſind, ſchwaͤrtzlicht, voll
Narben, wie das Chagrinleder, und
hellklingend, das iſt, wenn man ſie fuͤr
die Ohren haͤlt und ſchuͤttelt, muͤſſen ſie
einen Laut geben, welches von dem
harten oder weichen Steine herkoͤmt,
der darinne ſteckt. Dieſem Steine wer-
den groſſe Kraͤfte zugeſchrieben, denn er
ſoll verhelffen, daß die Frauen gluͤcklich
entbunden werden, auch verhindern,
daß ſie nicht fallen, weil ſie ſchwanger
gehen. Etliche ſagen auch, die Adler
hohleten dieſe Steine aus Jndien/ da-
mit ſie ihre Jungen ausbruͤten koͤnten.
DEr Geyer iſt ein Raubvogel, der
nur von Todenkoͤrpern und Aeſern
lebt; an Geſtalt kommt er dem Adler
ziemlich bey, ja einige wollen gar, daß
er ein Geſchlechte deſſelben ſey. Von
dieſem Thiere verkauffen wir nichts
mehr, als nur das Schmaltz, welchesGeyerfett
und Fell.
wider die Zufaͤlle der Nerven trefflich
dienlich erachtet wird. Die Haut des
Geyers iſt vortrefflich ſchoͤn, und wird
deshalben von einem und dem andern
geſuchet.
DJe Fregatte iſt ein Vogel, welchen
die Jndianer wegen ſeines ſchnel-
len Flugs alſo nennen. Der Leib die-
ſes Vogels iſt nicht dicker denn der Leib
eines Huns, alleine der Magen iſt uͤber-
aus fleiſchicht. Alle Federn des Maͤnn-
leins ſind Rabenſchwartz: der Hals iſt
nicht zu lang, der Kopf klein. Er hat
zwey groſſe ſchwartze Augen, und ein
ſo ſcharffes Geſichte, als wie der Adler.
Der Schnabel iſt ziemlich dicke, gantz
ſchwartz, ſechs bis ſieben Zoll lang und
durchaus gerade, doch iſt der obere Theil
am Ende ein klein wenig, wie ein Ha-
ken, gebogen. Er hat gantz kurtze
Pfoten, und zwey Klauen, wie der
Geyer, ſind aber gantz ſchwartz. Seine
Fluͤgel ſind ſo entſetzlich groß, daß bis-
L lweilen
[]Der Spezereyen und Materialien
weilen von dem Ende des einen bis zu
dem Ende des andern, ſechs bis ſieben
Fuß ſind: und dieſes hat ſeine Urſach;
denn dieſe Fluͤgel ſind ihm hoͤchſt noͤthig,
weil er ſich unter weilen mehr denn
300. Meilen vom Lande entfernet. Er
hat groſſe Muͤhe, bis er ſich von den
Aeſten erheben kan, wenn er aber ein-
mahl im Flug iſt, ſo ſieht man, wie
er die Luft mit gantz ſanftem Flug
zerſchneidet, denn er haͤlt die Fluͤgel aus-
gebreitet, und bewegt ſie faſt gar nicht,
oder beweget ſich etwa. Wenn ihm
der Regen oder der ungeſtuͤmme Wind
ungelegen faͤllt, ſo braviꝛt er den Wol-
cken, ſchwingt ſich in die mittlere Ge-
gend der Luft, und entzeucht ſich dem
Geſichte der Menſchen. Allein, ob er
gleich noch ſo hoch geſtiegen, dennoch
merckt er genau auf denjenigen Ort,
wo die Dorades die fliegenden Fiſche
jagen, und ſtuͤrtzt ſich als ein Blitz aus
der Luft herab, nicht zwar bis auf das
Waſſer, ſonſt er Muͤhe haben wuͤrde
ſich wiederum zu erheben; ſondern,
wenn er etwa noch zehen bis zwoͤlff
Ellen davon iſt, nimmt er einen groſſen
Umſchweiff, und kommt gleichſam un-
vermerckt, immer tieffer herunter, bis
er der See gantz gleich flieget, da er
dann die kleinen Fiſche im Waſſer mit
dem Schnabel oder Klauen, zuweilen
auch mit beyden zugleich, erwiſchet.
Das Maͤnnlein hat nicht allein ei-
nen groſſen rothen Kamm auf dem
Kopfe, als wie ein Hahn, ſondern auch
unter der Gurgel: wiewohl ſolcher nur
an den Alten zu ſehen iſt. Die Weib-
lein haben keine, hingegen ſind ihre Fe-
dern viel weiſſer, ſonderlich am Bau-
che.
Gleichwie aber in Europa die Rei-
ger ihre gewiſſen Oerter und Winckel in
den Hoͤltzern haben, die ihnen zur Zu-
flucht dienen, woſelbſt ſie ſich verſamm-
len, zur Ruhe begeben, ſich aufhalten
und ihr Geſchlechte vermehren; eben
alſo haben auch dieſe Voͤgel eine kleine
Jnſel bey Guadalupa, eine geraume
Zeit zur Wohnung eingehabt, dahin
alle Fregatten daherum zuſammen ge-
kommen, die Nacht uͤber allda zu ru-
hen, oder bey bequemen Wetter zu ni-
ſten. Dieſe kleine Jnſel wurde das
Fregatten Jnſelgen genennet, fuͤhret
auch dieſen Namen annoch, obgleich die
Voͤgel den Ort geaͤndert: denn im Jahr
1643. und 1644. wurden ſie dermaſſen
heftig gejaget, daß ſie aus Noth dieſe
Jnſel verlaſſen muſten.
Der P. Tertre ein Predigermoͤnch,
von der Bruͤderſchafft des Heiligen
Ludwigs, und Apoſtoliſcher Mißiona-
rius nach den Antillen Jnſeln, ließ
ſich durch die vortheilhaften Reden, die
man ihm von dem Oele, das aus den
Fregatten koͤnte gezogen werden, bewe-
gen, und ſie das letzte mahl jagen, be-
kam ihrer auch durch Huͤlffe drey oder
vier Perſonen, in weniger als zwey
Stunden Zeit, uͤber hundert Stuͤck.
Die groſſen ertappten ſie auf den Ae-
ſten, oder auf dem Neſte, denn weil ſie
groſſe Muͤhe haben, bis ſie recht in Flug
kommen, hatten dieſe Leute Zeit ſie mit
ihren Pikenlangen Stangen zwiſchen
die Fittige zu ſchmeiſſen, da ſie dann
ſtracks, wie halb tod blieben. Es ent-
flohe kein eintziger, der ſich nicht zuvor
gebrochen, und zwey oder drey halb
verdauete Fiſche, als wie Haͤringe, von
ſich gegeben haͤtte: und dieſes zwar, wie
er vermuthete, darum, damit ſie deſto
behender davon fliehen moͤchten.
Das Oel oder das Schmaltz von die-Fregatten-
ſchmaltz.
ſen Voͤgeln iſt ein vollkommen gutes
Mittel wieder das Huͤftweh, und alle
andere Zufaͤlle, die von Erkaͤltung ent-
ſtehen. Es wird in gantz Jndien da-
von, als von einer unſchaͤtzbaren Sa-
che, groß Weſen gemacht.
DJe Vogelneſter, welche die Siam-
mer vor etlichen Jahren mit nach
Franckreich brachten, ſind der Spei-
chel oder Auswurff gewiſſer Voͤgel,
Eisvoͤgel genannt, welche in Franck-
reich/ ſonderlich in der Normandie,
gantz gemeine. Die Frantzoͤſiſchen
Eisvoͤgel halten ſich fleißig an der
See und um die Moraſte auf, haben
die Groͤſſe einer Schwalbe oder Wach-
tel:
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
tel: Federn und Schnabel ſind vielfar-
bicht, gruͤn, roth und blau. Dieſe Voͤ-
gel haben allerhand Namen, z. E. Al-
Siehe Fig. 354.cyon-Martinet, Martinet peſcheur, S.
Martinsvogel, oder auch Drapier. Sie
bauen ihre Neſter gemeiniglich ins
Schilff, oder auf die Felſen. Wann
die Jndianiſchen Eisvoͤgel, vor-
nehmlich an der Kuͤſte des Koͤnigreichs
Cambaya, ſich begatten, laſſen ſie einen
weiſſen Schaum aus dem Schnabel ge-
hen, aus welchem ſie ihr Neſt, in Groͤſſe
eines Theeſchaͤlgens, machen, darein
ihre Eyer legen und die Jungen aus-
hecken. Dieſe Neſter ſind weiß, und
etwas gelblicht, feſt und trucken, und
haben keinen ſonderlichen Geſchmack,
ſondern ſchmecken faſt wie Nudeln.
Die Chineſer ſind dermaſſen auf die-
ſe Vogelneſter verliebt, daß ſchier un-
glaublich iſt, was fuͤr eine Menge der-
ſelben nach Peking, der Hauptſtadt in
China, gebracht wird, woſelbſt das
Hundert insgemein 50. Tahers gilt,
das iſt nach unſrer Muͤntze 600. Pfund
oder 200. Thaler. Sie legen ihnen
treffliche Eigenſchafften zu, denn auſſer
dem, daß ſie dieſelben ſtets zum verſpei-
ſen brauchen, und mit Gefluͤgel und
Jngber kochen laſſen, ſo achten ſie ſie
auch gut fuͤr die Magenkranckheiten,
und denen, die uͤber Mattigkeit klagen,
dienlich.
Vor dieſem waren uns dieſe Neſter
unbekannt, und man glaubte, ſie waͤ-
ren aus dem Schaume des Meeres er-
bauet: ſeit dem ſie aber die Siammer
zu uns gebracht, ſind ſie ziemlich ge-
mein worden.
Sonſt ſind auch noch einige andere
Stuͤck von Vogeln, die wir verkauffen,
und einen nicht geringen Handel damit
fuͤhren, denn da ſind die Schwanenfe-
dern und Kielen, die Federn undSiehe Fig. 355.
Siehe Fig. 356.
Pflaumfedern von Gaͤnſen, und an-
derm Gefluͤgel, welche wir aus Gaſco-
gne, Normandie und der Landſchafft
Nivers bringen laſſen: ingleichen
Schwalbenſteine, dann dieſe VoͤgelSchwalben-
ſtein.
Siehe Fig. 357.
vornehmlich des Sommers in Franck-
reich ſehr gemeine ſeyn. Dieſe Stei-
ne braucht man als wie die kleinen
Krebsſteine, wenn einem ein Staͤublein
oder ſonſt etwas ins Auge gefallen.
DJe Cantharides ſind Fliegen, welche
die Bauersleute um Paris herum
zu uns bringen, und ſich haͤuffig auf den
Eſchenbaͤumen, Roſenſtoͤcken und
Siehe Fig. 358.dem Getraide befinden. Dieſe Fliegen
haben gruͤne glaͤntzende Fluͤgel, die we-
gen der ſchoͤnen laſurblauen Farbe,
welche unter dem goldgelben hervor-
ſticht, gar ſchoͤn anzuſehen, dagegen
aber ſind ſie ſehr giftig und ſtincken
Jtalieniſche
Cantharides.heftig. Jn Jtalien giebt es eine Art
dicker Spaniſcher Fliegen, ſo aber in
Franckreich nicht gebraͤuchlich ſind.
Man muß die Spaniſchen Fliegen
erwehlen, welche friſch, trucken und
fein gantz ſind, dann ſo bald ſie zwey
oder drey Jahr alt werden, verzehren
ſie ſich in ſich ſelbſt und werden zu eitel
Staube.
Die Spaniſchen Fliegen werden
aͤuſſerlich gebrauchet, denn ſie ſind ein
ſtarckes Veſicatorium und Mittel zum
Blaſenziehen: daher ſie auch die Apo-
thecker zum Grundſtuͤcke desjenigen
Pflaſters machen, welches zum Bla-
ſenziehen gebrauchet wird. Die
Schmiede brauchen ſie gleichfalls ſehr
offte, zur Raude und andern Kranck-
heiten der Pferde, dazu ſie trefflich die-
nen. Allein ſie ſind eines von den
ſtaͤrckſten Giften, und ſoll der innerli-
che Gebrauch durchaus verboten ſeyn,
denn man darff denen nicht trauen,
welche vorgeben, daß ſie auch innerlich
koͤnten gebrauchet werden, wenn nur
die Fluͤgel, der Kopf und die Beine da-
von gethan wuͤrden. Deswegen ſol-
ten ſie auch die Spezereyhaͤndler und
Apothecker nicht einem ieden, und den
ſie nicht wohl kennen, verkauffen; oder
aber, ſie muͤſſen gewiß wiſſen, daß ſie
nur aͤuſſerlich gebrauchet werden. So
ſollen ſie auch beſorget ſeyn, und, zu Fol-
ge des koͤniglichen Befehls, ſich von den
Kaͤuffern, eben als wie wegen ande-
rer Gifte, die in dieſem Buche ſollen
bemercket werden, Zettel oder Scheine
geben laſſen.
DJe Bienen oder Honigfliegen ſind
kleine Thierlein, deren Natur und
Klugheit eben ſo verwunderbarlich, als
noͤthig ihre Arbeit iſt; denn ſie geben
uns Honig und Wachs, mit denen wir
eine ſtarcke Handlung treiben. Die-
weil ich aber niemahlen ſelbſt Bienen
gehalten, ſo habe mich auf einen guten
Freund verlaſſen muͤſſen, welcher viel
Jahre lang damit umgangen, und ge-
handelt hat, der dann belieben gehabt
mir alles, was er nur dabey beobach-
ten koͤnnen, zu geben, auf daß ich es mit
demjenigen, was die Scribenten davon
gemeldet, conferiren und vergleichen
moͤchte.
Einige unter denen Naturkuͤndigern
geben vor, daß die Bienen ihren Ur-
ſprung von todten Loͤwen und Ochſen
naͤhmen, und daß an ſtatt der Wuͤrme,
welche aus denen Coͤrpern der andern
Thiere zu wachſen pflegen, aus denen
Coͤrpern der Loͤwen und Ochſen Bie-
nen herfuͤr kaͤmen.
Allein dieſe Geburt oder Urſprung
ſcheinet mir um ſo viel mehr von der
Wahrheit entfernet zu ſeyn, weil eine
gewiſſe Perſon dasjenige/ was der Poet
Virgilius im IV. Buch vom Ackerbau
davon geſchrieben, auf die Probe ge-
ſtellet und nichts dergleichen gefunden.
Der gantze Handel ſteht in einem ge-
druckten Buͤchlein, welches einem
Dorffprieſter zugeſchrieben wird, wel-
cher allda am 14. Blat alſo redet.
Mir bedunckte, der Virgilius ſey ein
Autor, der Anſehens genug haͤtte, ei-
ne, allem Vermuthen nach, nicht ſo gar
unglaubliche Sache zu beſtaͤtigen, und
verdiente noch wohl, daß ich ſie auf ſein
Wort, auf die Probe fuͤhrete. Jch
that ſolches auch, zu allem Ungluͤck,
und gedachte nicht anders, oder ich wuͤr-
de das gantze Dorff inficiren und anſte-
cken. Denn ich ließ einen jungen Stier,
bina cornua ferens, der zwey Hoͤrner hat-
te, todſchlagen, und demſelben, bis er
ſtarb, viel tauſend Streiche mit Pruͤ-
geln geben. An ſtatt des Begraͤbnuͤſ-
ſes ward er zerſtuͤcket, ſamt ſeinen bey-
den Hoͤrnern in ein hoͤltzern Vaß gele-
get, welches vier Loͤcher hatte, nach de-
nen vier Winden, damit die vielen
Millionen Bienen, nach des Virgilius
Worten, heraus kriechen koͤnten. Der
Koͤnig entſprieſſet aus dem Magen,
und die faulen Bienen (Afterbienen
oder Threnen,) aus dem untern Leibe.
Die Koͤnige bekriegen einander zu Waſ-
ſer und zu Lande, ſtellen ihre Kriegs-
heere in Schlachtordnung, beſchencken
die Oberſten und Hauptleute, ſtraffen
die nachlaͤßigen, laſſen ſie durch die Ru-
then lauffen, die Diebe laſſen ſie wip-
pen: und was dergleichen Poſſen mehr
ſind, welche ihrer viel geglaͤubet haben,
und noch feſte darauf verbleiben. Al-
lein, an ſtatt, daß etliche tauſend Bie-
nenſchwaͤrme aus dem Leibe dieſes
Thiers herfuͤr kommen ſolten, krochen
eine gantz unzehliche Menge dicker
Wuͤrme herfuͤr, und entſtund ein ſol-
cher heftiger Geſtanck, daß ich vermein-
te, er wuͤrde die gantze Gegend vergif-
ten, denn er war dermaſſen heftig, daß
iederman glaubete, das Land wuͤrde von
der Peſtilentz angegriffen werden.
Dieſes ſind alſo zwey ziemlich wie-
drige Meinungen, welche zu entſchei-
den ich viel zu unvermoͤgend bin: will
derowegen viel lieber eine und andere
Anmerckungen, welche ſich auf die taͤgli-
che Erfahrung gruͤnden, allhier anfuͤh-
ren Diejenigen aber, welche mehꝛ davon
zu wiſſen begehren, koͤnnen den Grenade
leſen, oder auch das Buͤchlein, das ob-
gedachter Dorffprieſter verfertiget hat,
oder ein ander kleines Buͤchlein, das
erſt kuͤrtzlich zu Paris heraus gekom-
men, und alſo heißt: Tractaͤtlein von
Bienen, worinne beſchrieben ſtehet,
auf was fuͤr Art und Weiſe man die
Bienen warten ſoll, und was dabey in
Acht zu nehmen, auch wie man, durch
Sammlung des Honigs und des Wach-
ſes, einen groſſen Gewinn davon ziehen
ſolle.
Die Erzielung derer Bienen hat das-
jenige zu ihrem Anfange, woraus ſie
gezeuget werden, und eine Gattung ei-
nes kleinen weiſſen Sames iſt, welcher
unten
[]
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
unten an dem Boden der kleinen Haͤus-
lein oder Kelchlein derer Honigkuchen
lieget, die ſie in denen Bienenkoͤrben
oder Stoͤcken machen und bauen, und
allezeit am Boden der Stoͤcke anheben,
da wo die Handhabe feſte gemachet iſt.
Dieſer Same wird vermittelſt der na-
tuͤrlichen Waͤrme derer Bienen dicke,
und zu einem weiſſen Wurm, der zu
Anfang ſeiner Bildung in keinem eini-
gen Stuͤcke einer Fliege gleichet; wenn
aber ein Monat vorbey, wird er als
wie eine Fliege, behaͤlt dennoch die Far-
be des Wurms annoch, bis er nach und
nach die rechte Geſtalt uͤberkommt,
ſchwartz wird, und aus ſeinem Haͤus-
lein herfuͤrkriecht. Und alſo hebt ſich
die Erzielung der Bienen an, ſo viel ich
abmercken koͤnnen, vom Hornung an
bis zu Ende des Octobers, dergeſtalt,
daß wann die Stoͤcke bey guter und be-
qvemer Witterung angefuͤllet worden,
ſie im May oder im Junius ſchwaͤr-
men; doch die im Maymonat ge-
ſchwaͤrmet haben, werden hoͤher gehal-
ten, als die ſpaten, denn die Zeit iſt da-
zumahl anmuthiger und die Hitze nicht
ſo groß, dahingegen die im Junius ge-
ſchwaͤrmet, nicht ſowohl fortkommen
koͤnnen, indem ſie gemeiniglich die groͤ-
ſte Hitze und Duͤrre uͤberfaͤllt, ſie auch
offtmahls nicht Zeug genug finden koͤn-
nen, ſich damit zu verwahren, oder mit
ſattſamen Vorrath auf einen langen
Winter zu verſehen.
Habe ich durch gantz ſonderbare
Bemuͤhung und ungewoͤhnlichen Fleiß
nachfolgendes beobachtet: denn ich viel
Zeit, ja gantze Stunden des Tages uͤber
bey denen Bienenkoͤrben zugebracht,
damit ich meine Begierde vergnuͤgen,
und ſie arbeiten ſehen moͤchte; wozu
ich etliche hoͤltzerne Stoͤcke, mit glaͤſer-
nen Leiſten, gebrauchet.
Wann dann der Winter zu Ende ge-
het, und es wird gelinde, wie zuweilen
geſchicht, und die Luft beginnet ſich von
der groͤſten Kaͤlte zu reinigen, etwa um
den Horuung, ſo kriechen ſie aus denen
Stoͤcken herfuͤr, ziehen zu Felde, und
bringen allerley Wachs, weißlichtes,
gelblichtes, citronengelbes und roͤthlich-
tes: dieſes haͤnget als wie Linſen an ih-
ren hinterſten Fuͤßgen, von dem ſie ſich,
ſobald ſie in ihr Gehaͤuſe kommen, aufs
ſorgfaͤltigſte entledigen, und ihre Zel-
len und Bruthaͤuslein davon bauen.
Dieſe bauen ſie ſechseckigt, und machen
ſie noch duͤnner, als den feinſt- oder zar-
teſten Talck, und beynahe auch alſo
durchſichtig. Und dieſes ſind die Loͤch-
lein, oder Hoͤhlen, darein ſie den Sa-
men legen, aus welchen die Bienen
werden, und mit Honig angefuͤllet ſind,
wenn die jungen Bienen ausgekrochen,
und ſie alſo ledig worden.
Die Bienen nehmen das Wachs von
allen Blumen, ausgenommen von Ro-
ſen, Pomerantzenbluͤhe, Erbſen und
Tauſendſchoͤn. Sie bringen auch eine
Art purperfarbichtes Wachs, welches
eben ſo gut ſiegelt, als wie das weiche
Wachs, das wir zum ſiegeln auf Holtz
oder zu Gerichtsſiegeln gebrauchen:
mit dieſem Wachſe verkleiben ſie die Loͤ-
cher, die in denen geflochtenen Koͤrben
ſind, verſtopfen die Fugen an denen
hoͤltzernen Stoͤcken; dergleichen ich
mich bediene, und die von zwey Stuͤ-
cken gemachet ſind; damit kein Licht
hineinfalle. Sie koͤnnen dieſe zwey
Stuͤcke mit ihrem purperfarbenen
Wachſe (Vorſtoß, Stopfwachs) der-
maſſen feſte verſtreichen, daß ſie ſo feſte
halten, als ob ſie von Menſchenhaͤnden
waͤren verkuͤttet worden. Dieſes
Wachs hat einen viel ſtaͤrckern und
gantz andern Geruch, als das, welches
geſchmoltzen und zu Kuchen gemachet
iſt.
Die bequemſte Zeit im Jahre, den
Honig zuſammlen, iſt der Monat April
und May. Sobald demnach der Tag
anbricht, und es iſt ſchoͤn und heiter
Wetter, fliegen ſie, die Bienen/ aus,
ins Feld, den Thau, der in ſelbiger Zeit
haͤuffiger faͤllt, weder im gantzen Jah-
re, einzuſammlen: ſie kehren/ ſo ge-
ſchwinde ihnen nur moͤglich, wiederum
zuruͤcke nach ihren Stoͤcken, damit ſie
den Thau, den ſie von den Kraͤutern
des Feldes eingeſogen und abgelecket,
und in ihrem Leibe haben, in obbeſchrie-
bene Loͤchlein oder Kelchlein wieder von
ſich geben moͤgen, und zwar auf die Art,
L l 3als
[]Der Spezereyen und Materialien
als wie die Tauben ihre Jungen fuͤt-
tern. Wenn ſie nun ein Loͤchlein mit
dem Thaue angefuͤllet, verſtopfen und
verſiegeln ſie es gleichſam mit einem
gantz zarten waͤchſenen Haͤutlein, auf-
daß nichts herauslauffe und verderbe.
Zu dem Ende des Junius und Ju-
lius, wenn der Thau nicht mehr ſo haͤuf-
fig faͤllt, als wie im April und May,
faͤllt doch noch bisweilen des Morgens
etwas Thau, den dieſe Bienen eben als
wie den andern einzuſammlen nicht we-
niger bemuͤhet ſind. Es geſchiehet
aber auch oftmahls (wiewohl zum
Schaden des Korns und anderer Feld-
fruͤchte) daß gewiſſe kleine Reiffe und
Regen fallen, welche ſich an die Nuß-
baͤume und das Getraide legen, und
dieſelben verderben, denen Bienen ie-
dennoch zu ihrem ſammlen und Honig-
machen gar dienlich ſind. Wann auch
gleich ihre Erndtezeit vorbey iſt, laſſen
ſie doch nicht ab zu arbeiten, indem ſie
Wachs eintragen, welches ſie von aller-
hand Blumen, davon aber obgemeldete
ausgeſchloſſen ſind, einſammlen.
Merckwuͤrdig iſts, daß wenn ſie
ſchwaͤrmen, und die Jungen, aus wel-
chen der Schwarm beſtehet, nur aus
dem Stocke ſind, dieſelben gleichſam ei-
ne ſchwartze Wolcke von Fliegen vor-
ſtellen, welche dann dieſe oder jene Ge-
ſtalt bekommt, nachdem naͤmlich die
Bienen auf einen Hauffen, wie ein
ſtreitendes Kriegsheer herausziehen.
Sie hencken ſich zuſammen, und folgen
der vornehmſten unter ihnen, welche
laͤnger iſt, als die andern, und iederzeit
gar kurtze, nicht ſo gar lange Fluͤgel hat,
wie die andern, und roͤthlicht ſiehet.
Wann ſie dieſe verliehren, werden ſie
irre, und dieſer Zufall bringet den Ei-
genthumsherrn kurtz drauf in Verluſt.
Sobald der Schwarm herausgeflogen,
hencken ſie ſich insgemein in den Schat-
ten eines Aſtes, als anderswo an: da
muß man ſie dann, alsbald ſie ſich nur
geſetzet/ aufs behendeſte zuruͤck bringen,
und in einen Stock faſſen, auf daß ſie
nicht durchgehen; denn wo man ſie un-
eingefaſſet laͤßt, bis die Sonne auf ſie
ſcheinet, werden ſie munter und fliegen
davon: wann ſie aber in dem Stocke
ſind, iſt es beſſer, daß man ihn aus der
Sonne ſetze, damit das friſche Wachs
von der Sonnenhitze nicht zerſchmel-
tze.
Es dienet ferner zu mercken, daß ihr
Wachs gantzer drey Jahr, zu Erzie-
lung der jungen Bienen gut und taug-
lich bleibe. So kan man auch das Al-
ter des Wachſes an der Farbe ſtracks
erkennen, im erſten Jahre iſt es weiß-
licht, im andern wird es gelb, und im
dritten braun. Wird es aͤlter, ſo wird
es ſchwartz, unfruchtbar und untaug-
lich; die Bienen legen auch weder Brut
noch Honig drein.
Auch iſt nichts ungereimtes, wenn
man unter den Stock, der geſchwaͤrmet
hat, andere Stoͤcke ſtellet, und weiſſe
Taffeln, von Gyps, denn dieſe Farbe
fuͤr andern mercklich. Jch habe mich
doch nicht ſo wohl dabey befunden, als
wenn ich Breter drunter gelegt.
Jch habe Bienen gehabt, die ich vom
Ende des Winters, bis es wiederum
ſchoͤn Wetterworden, fuͤttern muͤſſen,
weil ſie nicht genug Honig zu ihrer Zeh-
rung eingetragen: Dieſelben aber fun-
den ſich hernachmahls beſſer, denn die
andern. Je dicker der Schwarm, ie
eher wird der Stock voll Wachs und
Honig, iſt auch um ein gut Theil beſſer,
und giebt im folgenden Jahre fruͤhzei-
tig.
Weil es auch faule Bienen giebet,
ſo werden dieſelben von den ſtaͤrckern
und arbeitſamern, gegen den Winter
ausgetrieben oder getoͤdtet.
Jm October hoͤren ſie auf Brut zu
ſetzen, und heben nicht ehe wieder an,
als bis auch die Erde aufs neue beginnt
zu treiben, und Laub und Gras hervor-
bringt, welches im Februar zu geſche-
hen pflegt.
Oben habe ich gedacht, daß ich Stoͤ-
cke haͤtte von zwey Stuͤcken zuſammen-
geſetzt: dieſe ſind wie ein Vaͤßlein oder
Zuckerhut formiret, und in der Mitten
entzwey geſchnitten; damit nun die
Bienen nicht ſterben, muß man ſie alle
Jahr zeideln, und dieſes Jahr den einen
Theil hinweg nehmen, im folgenden
den andern, nachdem ſie voll ſind, und
an ſtatt der vollen ledige hinſtellen, da-
mit die Bienen darinne arbeiten koͤn-
nen: und dieſes heißt man zeideln oder
ſchneiden. Bisweilen triffts zu: wie
ich ſie dann unterſchiedene mahl zwey-
mahl
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
mahl geſchnitten, und an die Stelle der
beyden vollen Theile zwey ledige hinge-
ſetzt, ſo auch gut angangen: wiewohl
es gar ſelten in dieſer Gegend angehet,
alldieweil ſie zu trucken iſt. Denn die
Bienen ſind gewißlich gerne um das
Waſſer, und waͤſſrichte Oerter, weil ſie
viel Waſſer zum Wachsmachen ge-
brauchen.
Einsmahls war ich mit vielen guten
Freunden bey einem koͤniglichen Be-
dienten, der in ſeinem Garten zu Argen-
teuil Bienen hatte, und in demſelben
war ein Teich: nach dieſem flogen ſie
unaufhoͤrlich, und trugen Waſſer in ih-
re Stoͤcke. Jch befragte ihn deswe-
gen und was ſeine Gedancken davon
waͤren, da ſagte er zu mir, daß dieſes
eine Sache waͤre, die er allezeit in Acht
genommen, ſeit dem er Bienen gehal-
ten.
Es muß auch kein Raum, oder ledi-
ge Loͤcher, weder unten noch oben, in
den Stoͤcken gelaſſen werden, ſonſt
kriechen die Schmetterlinge oder Zwey-
falter, die im Julius und Auguſt erzie-
let werden, hinein, legen ihre Eyergen
darein, und erzeugen dicke, kurtze, har-
te Wuͤrme, welche ein Gewebe, wie
Spinnengewebe, ſpinnen, und die Ge-
wercke zuſammenhaͤngen, und den
Brand drein bringen: alsdann gehen
kaum zwey oder drey Tage vorbey, ſo
verlaſſen die Bienen den Stock, und
weichen daraus, wenn ſie ihn vorher
gantz ausgeleeret. Dieſe Wuͤrme, ob
ihrer gleich noch ſo wenig waͤren, ver-
mehren ſich doch dergeſtalt, daß in we-
niger als fuͤnff oder ſechs Tage Zeit,
man keine Untze Wachs, das die Bie-
nen zuſammen getragen, daraus be-
kommen kan, ſondern die Wuͤrme legen
ihre Eyer, und formiren die harten
Schalen darinne, welche dann nebſt
dem Geſpinſte, das ſie darinne geſpon-
nen, lauter Klumpen in dem Stocke
machen.
Weiter iſt auch zu mercken, daß es
unter den Bienen Muͤßiggaͤnger ge-
be, welche entweder gar nicht, oder doch
ſelten zu Felde ziehen, auch ſchier nie-
mahlen des Vormittages, ſondern nur
um vier Uhr aus dem Stocke kommen:
hingegen verzehren ſie, was die andern
geſammlet, und die guten Bienen toͤd-
ten dieſe Faullentzer, ſoviel ſie nur koͤn-
nen, im Auguſt. Dieſe ſind viel ſchwaͤr-
tzer und dicker, denn die andern, haben
keinen Stachel, damit ſie ſtechen koͤnten,
ſondern, wenn man ſie hinten druͤckt,
erſcheinen zwey kleine Hoͤrnlein, wie
durchſichtige Haͤutlein, welche zu aͤuſ-
ſerſt gelb ſind.
Jn Polen und Moßkau bauen
die Bienen in die Stoͤcke der alten Baͤu-
me, daher dieſe Voͤlcker, ohne den groſ-
ſen Nutzen, den ſie von den Bienen
ziehen, indem ſie ſich faſt eintzig und al-
lein vom Honig erhalten muͤſſen, auch
noch dieſen Vortheil haben, daß ſich die
Bienen ſelbſt, und ohne Handanlegung,
warten, welches aber bey unſern nicht
angehet.
Es erzehlet Muͤnſter und Guyon
eine wunderbare Geſchichte. Ein
Bauer war in dem Moßkowitiſchen
Walde in einen ſolchen Baum, in wel-
chen die Bienen Honig getragen, und
er das Wachs geſuchet, gefallen: da er
nun nicht konte herauskommen, weil
die Hoͤle des Baumes zu tieff und zu
weit, kommt ein Baͤr, aus GOttes
Schickung, dahin, ſich an dem Jmmen-
honig zu erſaͤttigen; der Bauer aber
ergreifft das Thier bey dem einen Hin-
terfuſſe, und wird dergeſtalt der Ge-
fahr, in dieſem Baume umzukommen,
entriſſen.
JN Franckreich bekommt man drey-
erley Honig zu ſehen, den wir von
unterſchiedenen Orten bringen laſſen,
als erſtlich den weiſſen, der ohne Feuer
aus dem Wachſe gezogen worden, und
von etlichen Jungferhonig genennet
wird, theils, weil er von ihm ſelbſt her-
aus fleußt, theils aber, weil er aus dem
jaͤhrigen und gantz friſchen Honigfla-
den gezogen worden iſt. Wann man
nun dieſes Honig haben will, ſodann
zerſchneidet oder zerbricht man die Ge-
wercke, oder legt ſie auf Flechten von
Weiden, die uͤber ein ſauber irden oder
hoͤltzern Gefaͤß gelegt ſind: der Honig,
der herabrinnet, iſt trefflich koͤſtlich, ſieht
hell
[]Der Spezereyen und Materialien
hell und weiß, geſtehet in weniger Zeit,
und wird hart und koͤrnicht. Die an-
dere Sorte wird aus allerley Gewuͤrcke
oder Roos gemacht, das man in einen
Sack von Bindfaden ſtecket, wenn es
vorher wohl abgeputzet worden, und
vermittelſt einer Preſſe ein weiſſes Ho-
nig heraus treibet, welches aber von
dem erſtern gantz und gar unterſchieden
iſt, weil es nicht allein nicht ſo weiß iſt,
ſondern auch nicht ſo lieblich ſchmecket.
Das dritte iſt gelb, und wird aus alle
dem uͤbrigen Noos gezogen, welches
man mit ein wenig Waſſer in einem
Keſſel uͤbers Feuer geſtellet hat: drauf
ſchuͤttet man es in einen Sack, und
preſſet es aus; was heraus laufft, iſt ein
gelbes Honig, welches ſchoͤner oder ge-
ringer iſt, nachdem es wenig Hitze be-
kommen, denn wo es zu heiß worden,
ſieht es nicht ſo ſchoͤn gelb, ſondern
braungelb, und riecht haͤßlich. Auch
ſagt man, der Honig ſey nicht ſo gar gut
und ſchoͤn, wann zu viel Waſſer drun-
ter gegoſſen worden.
Der ſchoͤnſte Honig, und der am
meiſten geachtet wird, kommt aus
Languedoc, und iſt weiß, inſonderheit
der von Corbiere/ einem kleinen Dorf-
fe, drey Meilen diſſeits Narbonne/
welches der Ort iſt, da der ſchoͤnſte Ho-
Weiſſer Ho-
nig von Nar-
bonne.nig herkommt, der insgemein Honig
von Narbonne genennet wird, ſo aber
falſch iſt, indem man in Narbonne
nicht einmahl weiß, was Honig von
Narbonne ſeyn ſoll, wohl aber von
Corbiere: doch dieſer Zuname iſt ihm
deswegen gegeben worden, weil Nar-
bonne eine groſſe Stadt und beſſer be-
kannt iſt, als Corbiere, welches nur ein
Doͤrfflein.
Der gerechte Honig von Corbiere
oder Narbonne, wann er ſeyn ſoll, wie
ſichs gebuͤhret, muß friſch und neu ſeyn,
dicke, koͤrnicht, und dem Royal-Zucker
gantz und gar gleich, eines ſuͤſſen und et-
was beiſſenden Geſchmacks, und eines
lieblichen gewuͤrtzhaften Geruchs.
Nach dieſem kommt der von andern Or-
Weiſſer Ho-
nig aus Pro-
vence.ten in Languedoc und Provence, iſt
aber gar ſehr von dem von Corbiere
unterſchieden, ſowohl, weil er niemahls
ſo ſehr weiß iſt, als auch, weil er nie ſo
lieblich ſchmeckt, auch nicht den Ros-
maringeruch hat, er muͤſte ihn denn
durch Kunſt bekommen haben, welches
gar ofte zu geſchehen pflegt, und an der
Menge der Rosmarinbluͤten mag er-
kennet werden, welche in dem weiſſen
Honig aus Provence und Langue-
doc gemiſchet worden ſind: wie ich
dann ſelbſten ſolche Tonnen geſehen, in
denen, am Boden, ein Klumpen ſol-
cher Blumen, wie ein Ey dicke gelegen,
welche ausdruͤcklich deswegen darein
geleget waren, damit der Honig dieſen
Geruch und Geſchmack uͤberkommen,
und fuͤr rechten Honig von Corbiere
oder Narbonne durchgehen moͤchte.
Der dritte und letzte iſt der weiſſe Ho-
nig/ der innerhalb 20. bis 30. Meilen
um Paris herum faͤllt, und den Na-
men Landhonig bekommen hat. Zu-Weiſſer Land-
Honig.
weilen trifft man ihn ſo vollkommen
gut an, daß er dem von Corbier, auſſer
dem Geruch und Geſchmack, nicht im
geringſten weichet: welches auch gar
wohl zu glauben iſt, alldieweil der Ge-
ſchmack und Geruch des Honiges blos
von der Guͤte der Blumen, davon ſich
die Biene ernaͤhret, herruͤhret. Da nun
Languedoc und Provence warme
Landſchafften ſind, und folglich voller
wuͤrtzhafter Blumen und Kraͤuter, als
da iſt, Thymian, Rosmarin, Stoͤchas
und andere, ſo muß nothwendig auch
der Honig viel beſſer ſeyn, und einen
angenehmen Geruch haben: dahero
wird er auch weit mehr geſucht, und
vornehmlich zu Bruſttraͤncken genom-
men. Wiewohl der Landhonig eben
auch dazu gebrauchet wird, desgleichen
zu andern Sachen und Confituren, an
ſtatt des Zuckers, oder wird in der Fa-
ſtenzeit verſpeiſet.
Was den gelben Honig betrifft, daGelber Honig
aus Cham-
pagne.
iſt der beſte, den man zu Paris ſiehet,
und der am meiſten verlanget wird, der
aus Champagne kommt, und muß,
wenn er recht gut ſeyn ſoll, friſch, und
weder zu dicke noch zu duͤnne ſeyn, gold-
gelbe, fein koͤrnicht, und nicht voll
Wachs, welcher Fehler von der uͤbeln
Zubereitung entſtehet: wenn im uͤbri-
gen der Geruch gut iſt, und der Honig
gewiß aus Champagne, wird er viel
eher verkaufft, und iſt weit beſſer, als
alle die andern Sorten, die wir hier
und daher kommen laſſen, z. E. aus
Touraine/ Picardie, und ſonderlich
aus
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
aus der Normandie welcher ſtinckend
und roͤthlicht iſt, auch nicht wohl mag
verkauffet werden, ob er ſchon mehr
purgiret, als alle die andern Arten. Der
Honig aus der Normandie iſt gar
leichtlich zu erkennen, ſo wohl an der
Farbe, und Geruch, als auch, daß er ge-
meiniglich in Fett-Toͤpfen gebracht
wird, die wir Talevanes, ingleichen
Buttertoͤpfe zu nennen pflegen, weil
wir die Butter von Jſigny in der Nor-
mandie gelegen, in ſolchen Toͤpfen brin-
gen laſſen. Dieſes Honig dienet fuͤr
die Apothecker zu ihrem Honig und
Saͤfften, z. E. zum Veilgenſaft, See-
blumenſaft, und andern.
Der Gebrauch des gelben Honigs
iſt dermaſſen gemeine, abſonderlich zu
Paris, daß wohl niemand zu finden,
dem ſeine Kraft und Wirckung unbe-
kannt, deswegen ich auch nichts davon
gedencken, iedennoch aber ſagen will,
daß ſo bekannt auch der Gebrauch deſ-
ſelben ſey, ſo wenig wiſſe man ihn recht
anzuwenden: denn die meiſten, die den
Honig ſchmeltzen, ſchaͤumen ihn ſo lan-
ge, als er Blaſen wirfft, welches man
dennoch nicht thun ſolte, weil er bis auf
den letzten Tropfen ſchaumet; ſondern
man muß ihn nur zergehen, oder ein-
mahl aufwallen laſſen, hernach vom
Feuer abheben, und wenn er halb und
halb erkaltet, durch ein Tuch gieſſen,
und dann gebrauchen. Er wird, auſſer
dem ordentlichen Gebrauch, von den
Spezereyhaͤndlern zu dem ſo genann-
ten Spezerey- oder Zuckerbrod gebrau-
chet, deſſen in Franckreich ſehr viel ver-
than wird, ſonderlich aber zu Rheims,
woſelbſt das beſte gemacht wird, weil
der Honig in Champagne beſſer iſt, ſie
auch Spezereyen, Pfeffer und andere
mehr, darunter thun, wie ingleichen
Citron- und Pomerantzenſchalen, und
uͤberſtreuen es hernach mit denen gantz
kleinen Zuckerkoͤrnern, Nompareilles ge-
nannt.
Uber diß diſtilliren wir auch aus dem
Honig ein Waſſer, Geiſt, und Oel,Honigwaſſer,
Spiritus
und Oel.
welche alle mit einander die Haare
wachſen machen, und die Flecken des
Geſichts vertreiben ſollen. Dem wohl-
rectificirten Honigſpiritus wird die
Kraft das Gold und Bley aufzuloͤſen
beygeleget. Aus dem Honig, welcher
verjohren, kan man auch Eßig machen:
allein, weil er gar wenig gebrauchet
wird, deshalben will ich niemand ra-
then, ſich damit zu verwirren, ſowohl
als wie mit dem Oel und Saltze vom
Honig, denn er giebt uͤberaus wenig.
WJr fuͤhren auch noch uͤberdiß einen
ſtarcken Handel mit weiſſen und
gelben Wachſe. Das erſte Wachs/
das man bekommt, iſt das gelbe, und
wird alſo gemacht: man nimmt das,
was man von den Flechten und aus
den Saͤcken, die unter der Preſſe ge-
legen, genommen hat, und thut es in
groſſe Keſſel, mit ſoviel Waſſer, als da-
zu genug iſt; wann dann alles zergan-
gen iſt, laͤßt mans durch ein Tuch lauf-
fen, und legt dieſes auch hernach noch
unter die Preſſe, damit alles Wachs
herauskomme. Wann das Wachs alles
herausgelauffen, ſich geſetzet hat, und
annoch warm iſt, nimmt man den
Schaum mit einem angefeuchteten Zie-
gelſteine oder einem Stuͤcke Holtz ab.
Das abgeſchaumte und erkaltete
Wachs wird aus den Geſchirren, in
die es geſchuͤttet worden, damit es zu
Kuchen oder Scheiben werde, heraus-
genommen, und wenn ſich, wie oft-
mahls geſchicht, Bodenſatz daran befin-
det, wird ſolcher mit einem Meſſer oder
abſonderlich hierzu verfertigtem Jn-
ſtrumente herunter geſchnitten. Be-
vor aber das heiſſe Wachs in die For-
men geſchuͤttet wird, welche von Holtz,
Kupfer oder einem andern Metalle ge-
macht ſeyn moͤgen, ſo muß man ſie mit
Honig, oder Baum- und Nußoͤl beſtrei-
chen, oder auch mit Waſſer, damit das
Wachs nicht daran hangen bleibe. Jh-
rer etliche brauchen zu beſſerer Reini-
gung des Wachſes roͤmiſchen oder an-
dern Vitriol, ich aber habe nichts beſ-
ſers erſinnen moͤgen, als daß man es
wohl ſchmeltze und reinige.
Was wir Wachs heiſſen, iſt eigent-
lich zu reden, dasjenige, das den Honig
in den Stoͤcken enthaͤlt, und auf den
M mFlech-
[]Der Spezereyen und Materialien
Flechten und in den Saͤcken zuruͤcke
bleibet, wenn man, als ſchon gedacht,
das Honig heraus ziehet.
Polen/ die Barbarey/ Bretagne,
Champagne, und andere Gegenden
in Franckreich verſehen uns haͤuffig
mit gelben Wachſe, doch liegt nichts
dran, von was Orten es auch komme,
wenn es nur, wie ſichs gebuͤhret, recht
gut beſchaffen, und nichts drunter ge-
than worden iſt: wiewohl das Dan-
tziger Wachs/ das aus Bretagne
und Champagne, fuͤr das beſte gehal-
ten wird. Man ſoll aber das gelbe
Wachs erwehlen, welches hoch an der
Farbe, von gutem Geruch, und leicht-
lich zu zerbrechen iſt, auch nicht an den
Zaͤhnen behangen bleibet: desgleichen
muß man Acht haben, daß nicht zuviel
Wuſt am Boden ſey, das iſt, es ſoll
recht wohl gereiniget ſeyn, und oben
wie unten ſehen: nicht weniger mag
man zuſchauen, abſonderlich, wenn es
dicke Wachsſcheiben ſind, als wie die
Dantziger, daß kein Waſſer, oder Stei-
ne, oder Erde in der Mitten ſtecke.
Kurtz: es muß ſo ſeyn, wie es von Na-
tur iſt, weder mit Hartz, Galipot oder
Pech vermiſchet, noch auch mit Terra
merita oder Roucou angefaͤrbet.
Das gelbe Wachs dienet zu vieler-
ley, zu Wachskertzen, duͤnnem Zug
und zu andern Sachen mehr. Es wird
auch ſtarck zur Artzney gebraucht, denn
es den Pflaſtern und Salben ihre
gebuͤhrende Dicke giebet. Desgleichen
wird es von vielen Handwercksleuten
zu allerhand Sachen, dazu ſie es noͤthig
haben, gebrauchet. Nichtweniger wer-
den die Pergamente damit beſiegelt, auf
welchen Privilegia und Freyheiten,
oder andere dergleichen Dinge geſchrie-
ben ſtehen. Doch wollen etliche, das
gelbe Wachs ſchicke ſich durchaus nicht
zur Artzney.
Aus dem gelben Wachs wird vermit-
telſt Erde, Bolus und andern derglei-
chen Dingen, die keinen Geſchmack ha-
ben, oder auch mit eichener Aſche, ein
Wachsoͤl
oder Butter.weiſſes dickes Oel heruͤber getrieben,
welches gantz und gar wie Butter ſie-
het, und deswegen auch den Namen
Wachsbutter bekommen hat: daſſel-
be aber muß weiß ſehen, und wie
Wachs riechen. Aus dieſer Wachs-
butter, wenn ſie mit geſtoſſenem Bo-
lus oder Kalch incorporiret worden iſt,
wird aus einer glaͤſernen Retorte, in
Sand geſtellt, ein klares und helles Oel,
wie Waſſer, gezogen, welches einen an-
genehmen Geruch hat. Die Butter
und das Oel vom Wachſe ſollen gut zu
denen Froſtbeulen ſeyn, inſonderheit,
wenn ſie aufgeſprungen; wie auch zu
andern dergleichen Kranckheiten mehr.
Was in dem leinenen Sacke, wenn
das Wachs ausgepreſſet worden, zu-
ruͤcke bleibt, und anders nichts als tode
Bienen und anderer Unflat iſt, das
brauchen die Schmiede ſehr ſtarck, und
wird von uns Marc des mouches, Bienen-
dreſter, genennet.
Jn den Bienenſtoͤcken befindet
ſich auch noch eine Gattung rothes
Wachſes, welches von etlichen Jung-
feꝛnwachs,Propolis,Voꝛſtoß Stopf-
wachs/ Bienenhartz genennet wird,
und iſt daſſelbige Wachs, damit die Jm-
men die Ritzen und Loͤcher in den
Stoͤcken zu verkuͤtten und zu verſtopfen
pflegen, damit keine Luft dadurch gehe:
iemehr nun Loͤcher und Spalten in ei-
nem Stocke ſind, iemehr wird auch ſol-
ches Stopfwachs daran zu befindenPropolis
Stopfwachs.
ſeyn. Dieſes Wachs wurde vor dieſem
ſehr gebrauchet, anietzo aber weiß man
ſchier nicht mehr, was es iſt, ob es gleich
ein herrliches remedium iſt fuͤr die Zu-
faͤlle der Nerven.
Das weiſſe Wachs wird von dem
gelben bereitet, wenn daſſelbe geſchmol-
tzen und im Waſſer gekoͤrnet, oder zu
kleinen Broͤcklein gemachet worden iſt.
Hernach wird es auf Tuͤcher, welche anJn Langue-
doc wird das
Wachs nicht
gekoͤrnet, ſon-
dern ſie ma-
chen es uͤber-
aus duͤnne,
und in Ge-
ſtalt der Zu-
ckerhuͤte, die
ſie hernach-
mahls an die
Sonne ſtel-
len, und oft
mit friſchen
Waſſer be-
ſpritzen, da-
mit ſie nicht
von der hefti-
gen Soñenhi-
tze zerflieſſen.
Haken aufgehencket ſind, geleget, und
Tag und Nacht, vom April an, bis zu
Ende des Octobers an der freyen Luft
gelaſſen. Wobey zu mercken, daß das
Wachs, wenn es zwey oder drey Tage
auf den Tuͤchern gelegen hat, zu drey
oder viermahlen wieder umgeſchmol-
tzen wird, nachdem es ſchoͤn Wetter iſt,
und es viel Thau giebet, die Sonne auch
heiß ſcheinet. Wann es dann recht
weiß worden, wird es abermahls in
groſſen Keſſeln geſchmoltzen, und dar-
auf mit einem ſonderlich dazu verfertig-
ten Gefaͤß von weiſſen Bleche ausge-
goſſen,
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
goſſen, das heißt ſo viel, es wird auf eine
Tafel geſchuͤttet, in welcher ein Hauf-
fen runde Loͤcher ſind, in Form der klei-
nen runden weiſſen Wachsſcheiben,
darein vorher friſch Waſſer gegoſſen
worden, damit das Wachs nicht an dem
Holtze behangen bleibe. Nach dieſem
wird es abermahls noch ein Paar Tage
und Naͤchte auf die Tuͤcher geleget, da-
mit es noch durchſcheinender und tru-
cken werde.
Das Wachs aus Bretagne laͤßt
ſich am allerbeſten und am fuͤglichſten
bleichen. Wenn es denn recht ſchoͤne
weiß iſt, als wie insgemein das von
Chateau-Gontier, einer Stadt, acht
Meilen von Angers gelegen, woſelbſt,
wie man ſagt, die beſte Bleiche in gantz
Franckreich ſeyn ſoll, und iſt, ſo muß es
ſchoͤn weiß, hell und durchſichtig ſeyn,
feine dicke Scheiben, die, wenn man ſie
zerbricht, nicht garſtig ſchmecken, noch
an den Zaͤhnen bekleben bleiben: denn
ſodann iſt es mit nichts nicht vermi-
ſchet.
Von dieſem ſchoͤnen Wachſe werden
auch ſchoͤne Sachen gemacht, Kertzen,
duͤnner Zug, Fackeln, Bilder und an-
dere dergleichen Wachsarbeit.
Man mag ſich aber auch vorſehen,
daß es kein verlegenes weiſſes Wachs
ſey, welches wieder angerichtet und
umgeſchmoltzen, indeſſen aber ſtets mit
einem Spatel umgeruͤhret, und darauf
ins Waſſer geſchuͤttet, und zu Scheiben
gemachet worden iſt. Doch kan man
ſolches gar leichtlich erkennen, weil die-
ſes alſo zugerichtete Wachs niemahls
recht helle, ſondern allezeit matt ſiehet,
auch ſo bald es geſchmoltzen und verar-
beitet worden, zur Stunde ſo gelb als
Urin wird. Dieſes wiederfaͤhrt dem
andern nicht; Dieſes iſt auch die Urſa-
che, warum einige Kauffleute das weiſ-
ſe Wachs wohlfeiler geben, denn die
andern.
Nach dem Wachſe von Chateau
Gontier folgt das von Angers, drit-
tens, das von Mans/ und viertens,
das Hollaͤndiſche, welches wir gemei-
niglich in Kiſten zu vier bis fuͤnff Cent-
nern ſchwer, bekommen, darunter das
vornehmſte iſt, welches wir koͤniglich
Wachs aus Holland zu heiſſen pfle-
gen: die fuͤnffte Gattung iſt das von
Amboiſe, die ſechſte von Chaumont,
nahe bey Troyes, die ſiebende und letz-
te iſt das von Rouan/ alldieweil ſie gar
zuviel Schmaltz unter das weiſſe Wachs
thun: denn es iſt beſſer oder ſchlechter,
nachdem ſie naͤmlich mehr oder weniger
Bockunſchlit oder Ziegen- und Schoͤp-
ſenfett darunter gemenget. Jm uͤbri-
gen giebt es ſehr wenig Orte, an denen
nicht allerhand Arten weiß Wachs be-
reitet wuͤrde, ausgenommen zu Anjou/
daher es auch am theuerſten iſt, und
nur zu ſchoͤner Arbeit dienlich gehalten
wird.
Nicht allein aber muß man trachten
ſchoͤn Wachs zu haben, ſondern man
ſoll auch zuſehen, daß die Dachte in
den Kertzen und Wachslichtern von
reiner Baumwolle; die aber zu dem
gezogenen Wachſe, das man in Buͤch-
ſen thut, oder aufwindet, von Garn
von Guibray, zum Venediſchen Wachs-
ſtock aus Coͤllniſchen Garn oder auch
von Garn von Guibray, und zu den
Wachslampen von Cotton gemachet
ſeyn: den die zu denen letzteren von Gar-
ne bereitet werden, brennen nicht lange,
ſondern loͤſchen bald aus. Die Wachs-
fackeln, es ſeyen nun weiſſe oder gelbe,
ſollen weiſſe Dachte haben, denn ſie
ſind viel beſſer, auch ehender zu ver-
kauffen. Wir machen auch noch uͤber-
diß Schneiderlichtlein, welche die
Schneider zum verwaͤchſen gebrau-
chen.
Uber alle dieſe Sachen, die aus dem
weiſſen Wachſe gemachet und bereitet
werden, laſſen wir es auch noch ſchmel-
tzen, und machen es vermittelſt eines
Feimloͤffels oder einer Handvoll Ru-
then, in kaltem Waſſer, zu gantz kleinen
Koͤrnern, und pflegen es hernachmahls
granuliret oder gekoͤrnet Wachs zuGekoͤrnet
oder granu-
liret Wachs.
nennen. Dieſes Wachs dienet zu nichts
anders, denn zu Pomaden und
Schmincke fuͤrs Frauenzimmer, wenn
Wallrath, Borrax, Venediſcher Talck
und andere dergleichen Dinge darunter
geruͤhret werden.
Das allermeiſte granirte Wachs,
das wir verkauffen, iſt auch allhier ge-
macht, indem der wenige Gebrauch
nicht lohnet, daß man es anderswoher
bringen laſſe.
Das weiche rothe Wachs wird
von weiſſem Wachs und gewaſchenen
Terpentin, unter einander geſchmol-
tzen, bereitet, und mit Vermeillon oder
Orcanette angefaͤrbet. Es muß aber
eine geziemende Conſiſtentz haben, ſchoͤn
roth und ſauber zubereitet ſeyn, ſoll es
anders die gebuͤhrende Beſchaffenheit
haben. Die Commiſſarien und Be-
amten brauchen es zum ſiegeln.
Das gruͤne Wachs wird eben auf
dieſe Art zugerichtet, nur daß es mit
Gruͤnſpan gefaͤrbet iſt. Es wird zu
den Huͤneraugen oder Leichdornen ge-
brauchet: es brauchens auch die Land-
leute, als wie das rothe, und machen
die Spitzen und Enden der Kertzen und
Fackeln damit gruͤn und roth.
Wir machen auch Wachs, die Feder-
betten damit zu waͤchſen, von weiſſen
oder gelben Wachſe, mit Terpentin ge-
ſchmoltzen, oder mit weichen Peche, das
hernach in gewiſſen blechernen Foꝛmen,
wie ein Becher geſtalt, zu Kuchen gefor-
met wird. Die Tapetenmacher brau-
chen es.
Zu dem ſo verkauffen wir noch einen
Hauffen andere Wachsarbeit, Bilder,
Fruͤchte, und ſo fort an, von allerhand
Farben; ſolches alles aber iſt gut oder
ſchlecht, nachdem naͤmlich der Wachs-
bereiter ein ehrlicher Mann und guter
Arbeiter iſt.
Es giebt an vielen Orten in Oſt- und
Weſt-Jndien kleine Bienen, welche
ihre Stoͤcke in die holen Baͤume bauen,
gleichwie in der Figur zu erſehen. SieSiehe Fig. 359.
machen aber ihr Honig in kleinen
Haͤuslein von ſchwartzem Wachſe, in
der Groͤſſe und Geſtalt der Taubeneyer.
Das Honig iſt ſehr lieblich, und hat eine
Farbe wie der Ambra. Das Wachs
brauchen die Jndianer zu Kertzen, und
den Balſam von Tolu von dem Bau-
me damit aufzufangen, gleichwie ich
bereits oben berichtet habe.
Einige Scribenten vermelden, daß
es ein Thier gebe, welches wie eine Katze
geſtalt ſey, und von den Jndianern
Heirat oder das Honigthier genen-
net werde: daſſelbe ſteige mehrmahls
auf dieſe Baͤume, und freſſe allen Ho-
nig auf. Das wunderbareſte aber ſey,
daß zwar das Thier die Honigkuchen
mit ſeinen Pfoten heraus ziehe, den
Bienen aber kein Leid zufuͤge, die ihm
dagegen gleichfalls nichts zu leide thun,
weil ſie keinen Stachel haben, als wie
die unſern.
Dieſes Wachs war vor dieſem in
Spanien uͤberaus im Gebrauch, auch
einiger maſſen in Franckreich: anietzo
aber weiß man nicht mehr, was es
iſt, denn es iſt eine der rareſten Speze-
reyen.
DEr Amber iſt die koͤſtlichſte und al-
lertheuerſte Waare, die wir in
Franckreich haben, zugleich aber auch
eine Spezerey, die am wenigſten be-
kannt iſt, um deren Urſprung man
ſich heftig gezancket. Denn ſo ich alles
vorbringen wolte, was die Scribenten
davon geſchrieben, haͤtte ich Materie
genug ein gantzes Buch davon zu ver-
fertigen. Allein, damit ich niemand
nicht Unrecht thun moͤge, auch nicht
wiederhohlen duͤrffe, was ſo viele Auto-
res aufgezeichnet, als will ich ſagen, daß
der Ambra/ den wir von ſehr vielen
Orten kommen laſſen, und inſonderheit
von Liſſabon/ nichts anders ſey, als
ein Klumpen Gewircke der Bienen,
welcher von den Steinklippen
herab ins Meergefallen, oder auch
durch die Gewalt der Wellen und
des Windes, oder ſonſt auf eine an-
dere Art herabgeriſſen worden.
Dieſes honigvolle Gewircke wird in der
See, entweder durch die Eigenſchafft
des Seewaſſers, oder durch die Kraft
der Sonne, flieſſend und ſchwimmend
gemacht, welches ſich denn gar oft zu-
traͤgt.
Viel werden ſich verwundern, daß
ich vorgeben duͤrffen, der Ambra, deſ-
ſen Natur bis ietzo ſo gar wenig be-
kannt, ſey nichts anders als Wachs:
allein,
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
allein, ich wuͤrde ſolches wohl nicht ge-
than haben, wann mich nicht ein gu-
ter Freund verſichert haͤtte, daß er ein
Stuͤcke geſehen, welches zur Helfte
Ambra, zur Helfte aber Wachs gewe-
ſen. So bekraͤftiget auch dieſes mein
Vorgeben der Herr Monconnys,
Lieutenant General zu Lyon, welcher
in ſeiner Reisbeſchreibung gedencket,
wie daß er in England vernommen,
der Ambra ſey Honig und Wachs,
welches die Bienen in Jndien, am Ge-
ſtade des Meeres, an die Steinklippen
legten. Wann nun dieſe Honiggewer-
cke von der Sonne zerſchmeltzeten, loͤſe-
ten ſie ſich ab, und fielen in die See, wel-
che ſie alsdann durch ihr ſtetes bewegen
vollend vollkommen machte. Auch
habe man ein groſſes Stuͤcke Amber
entzwey gebrochen, welches ſeine gaͤntz-
liche Vollkommenheit noch nicht muſte
bekommen haben, und mitten in dem-
ſelben das Gewircke zuſammt dem Ho-
nig annoch beyſammen angetroffen.
Zu mehrerer Beglaubigung darff man
nur den Ambra mit dem ſpiritu vini tar-
tariſato aufloͤſen, ſo bleibt endlich eine
dem Honig gleichende Materie uͤbrig.
Damit ich aber noch ferner erwei-
ſen moͤge, daß der Ambra nichts an-
ders ſeyn koͤnne, als Wachs, weil er zu-
weilen in ſo groſſer Quantitaͤt und
Schwere gefunden wird, nicht zwar
als wie Stuͤcken zu 300. Pfunden
ſchwer, doch aber zu dreyßig und vier-
tzig Pfunden, ſo will ich auch anfuͤhren,
was der Herr Tavernier im II. Buch
ſeiner Reisbeſchreibung am 145. Blat,
nachfolgender maſſen davon vermel-
det.
Man weiß noch nicht recht, wie oder
wo er formiret und bereitet werde:
doch ſcheinets, daß es nirgend anders,
denn in der Oſtſee geſchehe, ob er gleich
iezuweilen bey England und andern
Kuͤſten in unſern Europa auch gefun-
den worden. Die groͤſte Menge findet
ſich auf der Kuͤſte von Melinda/ ſon-
derlich am Munde der Fluͤſſe, und unter
dieſen vornehmlich am Munde des
Fluſſes di Sena. Wann der Gou-
verneur von Moſambiqve zu Ende
der drey Jahre, da ſich ſeine Verwal-
tung geendiget, nach Goa zuruͤcke
kommt, bringt er gemeiniglich fuͤr
300000. Pardos grauen Amber mit.Pardos iſt
eine Muͤntze,
welche 20.
Sols oder 8.
Groſchen
gilt.
Jm Jahr 1627. fuhr ein Portugeſiſch
Schiff von Goa nach den Manillen-
Jnſeln: als es aber durch die Enge bey
Malacca kommen, wurde es von ei-
nem Sturme uͤberfallen, welcher etliche
Tag und Naͤchte anhielt: der Himmel
war ſtets bedecket, und dem Steuer-
mann unmoͤglich die Hoͤhe zu nehmen.
Jndeſſen begunte der Reiß und andere
Eßwaaren zu fehlen, da berathſchlag-
ten ſie, ob ſie die in dem Schiffe befind-
lichen Schwartzen wolten in die See
ſchmeiſſen, und alſo das Proviant fuͤr
die weiſſen Leute aufbehalten, welches
ſie auch bey nahe vollſtrecket haͤtten, als
eines Morgens ſich ihnen die Sonne
zeigete, und eine Jnſel entdeckete, der
ſie nahe genug waren, und dennoch erſt
des andern Tages dabey vor Ancker
kommen kunten, dieweil die See hoch
gieng, und der Wind ihnen zu wider
war. Auf dieſem Schiffe war ein
Frantzos, Namens Morin Renau,
ſamt ſeinem Bruder, welche, da ſie zu
Lande waren, einen Fluß fanden, bey
deſſen Munde ſie nebſt zweyen Portu-
gifiſchen Corporalen und einem Ser-
geanten baden wolten. Von dieſen
beyden Corporalen erſahe der eine im
baden, einen groſſen Klumpen, nahe
am Strande ſchwimmen, welchen er
fuͤr ein Stuͤck von einem ſchwammich-
ten Steine hielte, nachdem er ſich dazu
gemacht, ließ ihn alſo ohn bedencken
fahren, wie ingleichen ſeine vier Came-
raden, welche ihn ebenfalls beſehen und
betaſtet, und doch nicht gewuſt, was es
ſeyn moͤchte. Als aber dieſer Corpo-
ral wiederum aufs Schiff gekommen,
dachte er die gantze Nacht an den Klum-
pen, deſſen Beſchaffenheit er nicht er-
gruͤnden koͤnnen, und, da er vom Am-
bra ſchwatzen hoͤren, kam ihm ein, es
koͤnte wohl ein Stuͤck deſſelben ſeyn,
fand ſich auch darinne nicht betrogen.
Denn des Tages drauf nahm er einen
Sack, ließ ſich ohnbewuſt ſeiner Came-
raden ans Land ſetzen, und gieng nach
dem Fluß, als ob er ſich noch einmahl
baden wolte, fand das Stuͤcke Ambra
und brachte es gantz heimlich ins Schiff,
allwo er es in eine Kiſte legte. Doch
konte er ſich nicht enthalten, die Sache
noch denſelben Abend dem Morin Re-
M m 3nau
[]Der Spezereyen und Materialien
nau zu vertrauen, welcher anfangs
nicht glauben wolte, daß es ein Stuͤck
Ambra waͤre: nachdem er es aber wohl
betrachtet, glaubte er endlich ſelbſt, daß
der Corporal nicht unrecht haͤtte. Die-
ſer bote dem Morin, auf gerathe wohl,
das Stuͤcke Amber vor zwey Chineſiſche
Goldklumpen an, deren iedes 600.
Pfund oder 200. Thaler unſerer Muͤn-
tze betraͤget; allein Morin war hals-
ſtarrig, und wolte ihm nicht mehr denn
eines davor geben, dannenhero ließ es
der andere auch gut ſeyn, und behielt
alſo das Stuͤck in ſeinem Kaſten. We-
nig Tage drauf, es ſey nun, daß Morin
aus Verdruß, daß er das Stuͤck Ambra
fuͤr dasjenige, was er dafuͤr geboten,
nicht haben koͤnnen, ſich etwas mochte
davon haben verlauten laſſen, oder daß
die Sache auf andere Weiſe ausgekom-
men, breitete ſich das Geſchrey auf dem
gantzen Schiffe aus, der Corporal haͤt-
te ein ziemlich groſſes Stuͤck Ambra in
ſeiner Kiſten, welches er ohngefehr in
einem Fluſſe derſelben Jnſel gefunden,
als die Portugiſen dabey vor Ancker ge-
legen, derowegen wolten die Soldaten
und Bootsleute ihren Theil auch da-
von haben. Morin Renaud, von ei-
ner kleinen Nachgier getrieben, hetzte
ſie immer weiter an, und unterrichtete
ſie, wie ſie es angreiffen muͤſten. Sie
ſagten demnach zu dem Corporal, weil
ſie alle ſeine Spiesgeſellen waͤren und
einerley Gefahr unterworffen, ſo waͤre
auch billich, daß ſie gleichfalls alle mit
einander an denenjenigen Guͤtern, die
ihnen das Gluͤcke zuſchantzete, Theil
haͤtten, da zumahl er nicht der eintzige
waͤre, und dieſes Stuͤcke Ambra alleine
entdecket, muͤſte derowegen daſſelbe un-
ter alle im Schiffe ausgetheilet wer-
den. Der Corporal verthaidigte ſich
ſeines theils beſtmoͤglichſt, und weil ſich
etliche fanden, die ſeine Seite hielten, in
Hoffnung, es wuͤrde groͤſſere Stuͤcken
ſetzen, wenn ihrer weniger dazu waͤren,
ſo kamen ſie mit Worten immer hefti-
ger zuſammen, daß es ſich ſchon zum
Aufſtand anließ, als der Capitain des
Schiffes denſelben im Augenblick durch
ſeinen guten Verſtand zu ſtillen wuſte.
Denn er ſtellete den Soldaten und
Matroſen vor, weil dieſes Stuͤcke Am-
bra, welches er in ihrer Gegenwart
waͤgen ließ, und 33. Pfund ſchwer be-
funden ward, ein ſonderbares rares
Stuͤck, und wohl werth, daß ſelbiges
dem Koͤnige uͤberreichet wuͤrde, als waͤ-
re es ſchade, wenn es in ſo einen Hauf-
fen kleiner Stuͤcklein ſolte zerbrochen
werden: ſie wuͤrden beſſer zukommen,
wenn es bis nach Goa aufbehalten
wuͤrde, daſelbſt werde es der Vice-Roy,
dem es koͤnte praͤſentiret werden, ohn-
fehlbar reichlich bezahlen, und derge-
ſtalt koͤnte ein ieder wohl etwas meh-
rers bekommen. Dieſer des Capitains
ausgeſonnener Vorſchlag wurde von
allen beliebet, und ſie verfolgten ihre
Reiſe nach den Manillen Jnſeln; nach
ihrer Ruͤckkunft aber ward das Stuͤcke
Ambra dem Vice-Roy uͤberbracht.
Dieſem hatte der Capitain bereits vor-
her berichtet, was vorgegangen, und
ſie redeten mit einander ab, wie ſie den
Ambra uͤberkommen moͤchten, ohne
daß es dem Vice-Roy das geringſte ko-
ſtete. Derowegen wurde denenjenigen,
die es dem Vice-Roy im Namen der
Soldaten und Matroſen uͤberbracht,
dafuͤr gedancket, und der Vice-Roy
ſagte wieder ſie, daß er ihnen wegen ei-
nes ſo trefflichen Geſchenckes hohen
Danck wuͤſte, und wuͤrde ſelbiges dem
Koͤnige uͤberſenden, welches dazumahl
Philippus IV. ware, dem Portugall
annoch unterthaͤnig war. Alſo fehle-
ten alle und iede, die an dem grauen
Amberſtuͤcke wolten Theil haben, in
ihrer Hoffnung, denn ſie weder von
dem Stadthalter, noch von dem Koͤnige
das geringſte empfiengen.
Jch will auch noch nur mit wenig
Worten eines andern Stuͤck Ambers
gedencken, welches 44. Pfund gewogen.
Daſſelbe fand ein Seelaͤnder, der aus
einem der beſten Geſchlechte zu Middel-
burg entſproſſen, und von wegen der
Hollaͤndiſchen Compagnie auf der Jn-
ſel Mauritius/ welche oſtwerts der
Jnſel Laurentius commandirte, im
Jahr 1646. oder 1647. in der Rivir,
und uͤberſendete es der Compagnie.
Wie aber dieſe Leute immerzu ihre Fein-
de haben, ſich auch ein Zeichen an dem
Amber befand, als ob ein Stuͤck davon
gebrochen, ſo wurde der Commandeur
beſchuldiget, als haͤtte er die Helfte da-
von genommen, deshalben er ſich aber
zu
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
zu Batavia rechtfertigte. Allein weil
der Verdacht in denen meiſten Gemuͤ-
thern verbliebe, und der Commandeur
ſahe, daß man ihm keine andere Char-
ge geben wolte, reiſete er mit eben dem-
ſelben Schiff, darauf ich (Tavernier)
mich befande, wieder zuruͤck nach See-
land.
Dem ſey nun wie ihm wolle, den Am-
ber/ welchen einige orientaliſches Suc-
cinum nennen, ſoll man erwehlen, wenn
es feine ſchoͤne Stuͤcken ſind, auſſenher
grau, inwendig aber grau mit ſchwar-
tzen Tuͤpfeln bezeichnet, eines angeneh-
men, lieblichen und recht aromatiſchen
Geruchs: dagegen ſoll man denjenigen
verwerffen, welcher weichlich, unflaͤtig,
inwendig und auswendig verſchim-
melt und mit einer Rinde uͤberzogen iſt,
Die eigentti-
che Urſache/
und warum
ſich zu weilen
Papageyen-
ſchnaͤbel dar-
inne befin-
den, iſt, daß
dieſe Voͤgel ſo
gar verleckert
darauf ſind.auch voll Papageyen Schnaͤbel ſteckt,
welche zu der Zeit, da ſie ſich mauſen,
und der Amber noch weich iſt, darein
gerathen; oder der ſonſt voll liederlich
Zeug iſt, dergleichen ſich nur gar zu of-
te darunter befindet.
Der graue Amber dient fuͤr die
Parfumirer, und viel andere Leute, die
ſich ſeiner, um des guten Geruchs wil-
len bedienen.
Er hat zwar auch einigen Nutzen in
der Artzney; allein, weil ſein Geruch
den Weibsperſonen zu wieder iſt, dan-
nenhero wird er ſehr wenig gebrau-
chet.
Weil demnach der graue Amber
eine ſo uͤberaus theure Waare iſt, dero-
wegen moͤgen diejenigen, die deſſen ei-
ne gute Parthey einkauffen, ſich in Acht
nehmen, daß nichts anders drunter ge-
menget, oder aber er wohl gar nachge-
machet ſey.
Aus dem Amber ziehet man mit
Weingeiſt, Moſch und ein klein wenig
Zibet, eine ſehr ſtarckriechende Eſſentz,
derer man ſich, eben als wie des Am-
bers, zu vielerley bedienet, ſonderlich
aber die Zuckerbecker, Parfumirer, und
andere dergleichen mehr.
Die aufrichtige Ambereſſentz muß
von recht gutem Amber bereitet wor-
den ſeyn. Die aus Holland und Por-
tugall kommt, wird hoͤher geachtet,
als die, welche in Franckreich gemacht
wird, weil ſie viel angenehmer iſt, in-
dem gar wenig Biſam und Zibet dazu
gethan wird, ſie auch nicht ſo ſehr nach
Branntwein riecht.
Wir verkauffen auch, ohne den grau-
en Amber, noch eine Sorte, weiſſerWeiſſer Am-
ber.
Amber genannt, welcher allein von
Standesperſonen gebrauchet, und zu
Erquickung des Hertzens, auch zur Er-
ſetzung der natuͤrlichen Waͤrme in einer
Suppe genommen wird.
Es giebt ingleichen noch eine dritte
Art Ambra, welche eben ſo ſchwartz alsSchwartzer
Amber oder
Fuchsamber.
wie das fluͤßige Ladanum ſiehet, und
von etlichen den Namen Fuchsamber
bekommen hat, weil er ihrem Vorge-
ben nach, dieſe Farbe daher uͤberkom-
men haben ſoll, weil er einige Zeit in
dem Magen gewiſſer Fiſche gelegen, die
ihn hernachmahls wieder von ſich gege-
ben: welches ich aber nicht verſichern
kan, dieweil ichs nicht geſehen.
Der ſchwartze Amber wird iezu-
weilen von den Parfumirern gebrau-
chet, denn er nicht allein einen liebli-
chen Geruch hat, ſondern auch ein gut
Theil wohlfeiler iſt als der graue.
Dieſe drey Sorten des Ambers fin-
den ſich uͤberalle an dem Seeſtrand,
doch koͤmmt die groͤſte Menge aus dem
Archipelago, indem durch die Erdbeben,
den dieſelbige Gegend unterworffen
iſt, alle Bienenſtoͤcke von den Felſen
herab in die See geſtuͤrtzet werden.
Wann man den Amber, Biſam und
Zibet gebrauchen will, muß man ihn
klein reiben und ein wenig Zucker drun-
ter mengen.
Uber dieſe drey Sorten Amber, da-
von ich ietzt gehandelt, naͤmlich, ſchwartz,
weiß und grau; giebt es auch noch die
vierte, welches insgemein kleine runde
Ballen ſind, und von uns Ambra von
Bayonne genennet werden. Allein,
weil er gemeiniglich nachgemachet iſt,
deshalben muß man ihn entzweyſchnei-
den, und zuſehen, ob er auch inwendig
vollkommen gut ſey, und dem grauen,
von dem vorher geſaget worden, an Guͤ-
te gleich komme.
DJe Natter iſt ein Geſchlechte der
Schlangen, die ſich in Franckreich
in gar groſſer Menge finden, ſonderlich
aber in Poictou/ von daher wir faſt
alle Vipern/ die wir zu Paris verkauf-
fen, kommen laſſen.
So ſehr ſich iederman ehedeſſen vor
dieſen Thieren ſcheuete, ſo gemeine ſind
ſie anietzo, indem es wenig vornehme
Perſonen giebet, die ſie nicht, als ein
herrliches Gerichte und gantz beſonde-
res Mittel wieder allerhand Gebrechen
genuͤſſen ſolten, inmaſſen aus dem Bu-
che des Herren Charras/ das er davon
geſchrieben, zu erſehen iſt, denn er in
demſelben alles angemercket und ver-
meldet hat, was nur von dieſen Thie-
ren kan erinnert werden; zu dieſem kan
der Leſer ſeine Zuflucht nehmen. Jch
aber will nur dieſes ſagen, daß man
naͤmlich diejenigen Vipern erwehlen
ſolle, welche dicke, munter, und erſt
kuͤrtzlich gefangen ſind, auch daß man
beſorget ſeyn muͤſſe, ſie an ſolche Orte
zu ſtellen, die weder zu kalt, noch zu
warm ſind, denn gar zu groſſe Kaͤlte
und allzuheftige Hitze ihnen ſehr zu wi-
der. Auch muß man ſie nach ihrer An-
kunft fein balde aus der Kiſte nehmen,
und die todten davon thun, derer ſich
gar oftmahls etliche drunter befinden.
Drauf muß man ſie in ein mit Kleyen
oder Moos erfuͤlltes Vaß thun, nicht
zwar, als ob es ihnen, wie etliche waͤh-
nen, zur Nahrung dienen ſolte; denn
ſobald ſie gefangen ſind, eſſen ſie nichts
mehr, ſondern leben blos von der Luft,
zum oͤftern ſechs Monate. Jngleichen
mag man mercken, daß man ſie nicht
beym Schwantze faſſen muͤſſe, oder,
wenn mans noch beſſer machen will,
mit einer Zange; denn ſobald ſich die-
ſes Thier gedruͤckt fuͤhlet, beiſſet es in al-
les, was ihm vorkommt: weil nun ihr
Biß uͤber die maſſen gefaͤhrlich iſt, ja
gar toͤdlich, deshalben hat man ſich wohl
in Acht zu nehmen. Auch muß man
ſie an ſolche Oerter ſtellen, dahin nie-
mand nicht kommt, als der mit ihnen
umzugehen weiß; und Acht haben, daß
ſie nicht aus dem Kaſten kriechen; denn
wenn dieſe Thiere in ein Haus gerathen
ſolten, wuͤrde man, ohne die Muͤhe ſie
wieder zu finden, ſonſt auch noch in
groſſe Gefahr gerathen, abſonderlich
wo Kinder ſind.
Wir laſſen auch getreugte VipernGetreugte
Vipern.
Siehe Fig. 361.
aus Poictou bringen, welche, wenn
ſie, wie ſichs gebuͤhret, beſchaffen ſeyn
ſollen, ſchwer muͤſſen ſeyn, dicke, lang,
fein friſch, und erſt neulich getoͤdtet:
ſonſt verzehren ſie die Wuͤrme gar bald,
nachdem ſie ſind getoͤdtet worden, der-
geſtalt, daß nichts nicht davon uͤbrig
bleibet, als die Graͤte. Auch gebe man
Achtung, daß bey einem ieden Buͤnd-
lein, darinne gemeiniglich ein Dutzt
ſind, das Hertz zuſamt der Leber, weilSiehe Fig. 362.
es die beſten Theile dieſer Thiere, ſich
befinden: am Gewichte muͤſſen ſie drey
und eine halbe Untze halten, denn vier
Untzen ſchwer findet man ſie ſelten.
Es muͤſſen gleichfalls keine ſelbſtgeſtor-
bene drunter ſeyn, welches gar leicht zu
mercken, alldieweil ſie viel ſchwaͤrtzer
ſind.
Es wollen etliche vorgeben, daß es
Leute gebe, die an ſtatt der Vipern,
Ottern verkaufften: doch vermag ich
dieſes nicht zu bejahen, weil ich es zu
Poitiers niemahls geſehen.
Wir laſſen auch ſehr viel Vipernpul-Vipernpul-
ver.
ver kommen: allein, wer deſſen benoͤ-
thiget iſt, mag ſich nicht an den wohlfei-
len Preiß kehren, denn es faſt keine ei-
nige Materie giebet, die mehr verfaͤl-
ſchet wird. Darum ſoll man es bey
rechtſchaffenen Leuten kauffen, oder
ſelbſt machen, welches gantz leichte iſt,
indem es nur von getrockneten Vipern,
in denen Hertz und Leber befindlich, und
welche zu Pulver geſtoſſen, und durch
ein zartes Sieb geſtaͤubet werden, be-
reitet wird.
Die trucknen und geſtoſſenen Vipeꝛn
werden von etlichen Thierbezoar ge-Thierbezoar.
nennet, weil, ihrem Vorgeben nach,
dieſes Pulver, bevoraus, wenn das
Hertz und die Leber darunter gemiſchet
worden ſind, eben ſo viel Kraft hat, als
der Bezoar von demjenigen Thiere,
davon ich oben gehandelt.
Wir bekommen auch von PoitiersFluͤchtiges u.
figirtes Saltz,
das fluͤchtige und figirte Saltz von Vi-
pern;
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Schmaltz
und Oel von
Vipern.pern, das Schmaltz, und ein roͤthlich-
tes Oel, vermittelſt einer Retorte ge-
macht, deren Kraft und Tugend, eine
nach der andern, in dem Buche, das
Charras davon geſchrieben hat, erſe-
hen koͤnnen werden.
Wann man verwehren will, daß die
getreugten Vipern, ſamt ihren Hertz
und Lebern nicht ſollen von den Wuͤr-
men gefreſſen werden, darff man ſie
nur mit Queckſilber oder Wermuth in
wohlverwahrte Gefaͤſſe legen.
Uber alle dieſe obermeldte und von
den Vipern bereitete Sachen laſſen
wir auch noch aus Jtalien/ abſonder-
Vipernkuͤch-
lein von Pa-
dua.
Siehe Fig. 363.
und 364.lich von Padua, desgleichen von
Montpellier ein compoſitum und aus
vielen zuſammen geſetztes Stuͤcke brin-
gen, welches von Vipernpulver, oder
von Vipern gemachet worden, ſo man
mit Dille in Waſſer geſotten, und her-
nach mit Diptamwurtz oder Brod-
krume, zu Pulver geſtoſſen. Daraus
werden mit Mußkatoͤle oder Jndia-
niſchen oder Peruaniſchen Balſam
gantz duͤnne zarte Taͤflein gemacht, in
der Groͤſſe eines XXX. Sols oder halben
Thalers, denen man den Namen tro-
chiſci oder paſtilli de Viperis,Viperu-Die Vipern-
kuͤchlein von
Padua ſind
gelb, die von
Montpel-
lier aber
ſchwartz, weil
jene mit Muß-
katenoͤle, dieſe
dagegen mit
Peruviani-
ſchem Valſam
bereitet wer-
den.
kuͤchlein/ gegeben. Dieſe verkauffen
wir an die Apothecker, oder andere Leu-
te, welche Theriac machen wollen, die-
weil ſie eines der vornehmſten Stuͤcke
dazu ſind. Wenn dieſe Kuͤchlein der
Gebuͤhr nach beſchaffen ſeyn ſollen,
muͤſſen ſie friſch und getreulich zuberei-
tet ſeyn: iedoch ſollen diejenigen, wel-
che mit der Diptamwurtz bereitet ſind,
denen, die mit Brodkrume gemacht
worden, von rechtswegen vorgezogen
werden, ob ſolches ſchon wider die Mei-
nung der Alten laͤufft.
DEr Theriac wird von den aus-
erleſenſten Spezereyen zuſammen
geſetzet, welche praͤpariret, pulveriſiret,
und mit Honig zu einem Opiat, oder
feuchten und weichen Lattwerge gema-
chet werden, allermaſſen aus nachfol-
genden wird zu erſehen ſeyn.
Der Theriac hat ſeinen Namen
von den Vipern bekommen, welche die
Griechen Θήρια, theria, zu nennen pfle-
gen, und iſt vom Andromachus dem
aͤltern, der aus Candien gebuͤrtig, und
des Nero Leibartzt war, zuſammen ge-
ſetzet worden.
Die Venetianer haben ſeit etlich
hundert Jahren her den Ruhm erhal-
ten, daß ſie alleine die rechte Art und
Weiſe den Theriac zu machen haͤtten:
iedennoch aber richten vorietzo die Apo-
thecker zu Montpellier deſſelben eine
ſo groſſe Menge zu, daß man in Paris
gantze Faͤſſer voll Theriac zu ſehen be-
kommt, welcher dermaſſen wohlfeil hin-
gegeben wird, daß ein Pfund weiſſes
Honiges mehr koſtet, als dieſer ſo ge-
nannte Theriac. Waͤre mir nun er-
laubet, alle die Betruͤgereyen, die bey
der Bereitung dieſes antidoti und Gift-
artzney vorgehen, offenbar zu machen,
bin ich verſichert, daß die Obrigkeit nicht
unterlaſſen duͤrffte ſolchem Mißbrauch
zu ſteuern, ſo wohl was den Theriac
betrifft, der zu Beaucaire, Guibray
und auf andern Jahrmaͤrckten ver-
kauffet wird, als auch, den man zu Pa-
ris das Pfund um 18. Sols verkauffet.
Und dennoch haben die Veꝛkauffer groſ-
ſen Profit dabey, indem es nichts an-
ders iſt, als zerlaſſener gelber Honig, in
welchen ſie einen Hauffen haͤßliche, ver-
faulte, verdorbene, und von Wuͤrmen
zerfreſſene Wurtzeln geruͤhret. Auf
daß er ſich aber deſto beſſer verkauffen
laſſe, derowegen bekleiben ſie die irdene
Geſchirre mit einem Papier, darauf
ein Paar Vipern ſtehen, die einen mit
Lilien gekroͤnten Kreis machen, welcher
dieſen Titel beſchlieſſet und umgiebt,
feiner Venediſcher Theriac, ob er
gleich zu Orleans oder zu Paris ver-
fertigt worden iſt.
Den Theriac von Montpellier be-
langend, von dem kan ich verſichern,
als der ihn ſelbſt etliche mahl allda be-
reitet, daß er mit allem nur moͤglichen
Fleiſſe gemachet ſey. Allein, weil die-
ſe Waare muß auf die Maͤrckte gefuͤh-
ret werden, woſelbſt das Pfund um acht
oder zehen Sols gegeben wird, und der-
jenige, der ihn bereitet, erſiehet, daß
ihm das Pfund auf 38. bis 40. Sols
zu ſtehen kommt, die geringern Unko-
N nſten
[]Der Spezereyen und Materialien
ſten ungerechnet, wie auch die lange
Zeit, die zu dieſem Wercke gehoͤret, ſo
unterlaͤßt er nicht den Theriac mit einer
ziemlichen Menge gekochten Honig zu
vermiſchen; daß alſo diejenigen, wel-
che vermeinen, ſie haͤtten ſechs Pfund
Theriac, nicht mehr als eines haben.
Dergleichen Theriacs fabricitantẽ wer-
den von rechtſchaffenen Apotheckern,
zum Schimpf und aus Poſſen, Mu-
ſtardirer oder Muſtardhaͤndler genen-
net.
Von dem Venediſchen Theriac kan
ich nichts nicht melden, weil ich nicht ei-
gentlich weiß, wie er aus ihren Haͤnden
kommt. Damit einer aber nicht moͤge
betrogen werden, deshalben kan er ſich
desjenigen Theriacs gebrauchen, wel-
chen unterſchiedliche wackere Leute zu
Paris recht wohl und gluͤcklich berei-
tet haben, als da iſt, der aͤltere Herr
Charras, der Herr Geoffroy/ Joſ-
ſon/ Bouldouc und Rouviere, wel-
chen ich mit allem nur erſinnlichen Fleiſ-
ſe habe machen ſehen. So kan ich auch
mit Wahrheit verſichern, daß ich ſelbſt
im Mertzen des 1688ſten Jahres eine
nicht geringe Quantitaͤt deſſelbigen ver-
fertiget habe, und dazu kein eintziges an-
deres Stuͤcke genommen, als die ſchoͤnſt-
und feinſten Spezereyen, dergleichen
man iemahls geſehen: zumahl, da es
ohnediß ein Meiſterſtuͤcke ſeyn ſolte.
Dieweil wir aber alle ſterblich ſind, ſo
werden diejenigen, die ihn verkauffen,
hier nechſt bey die wahrhafte diſpoſition
finden, damit ſie die rechte Zuſammen-
ſetzung erlernen, und ihn ſelbſt nach den
Regeln der Kunſt bereiten moͤgen: wel-
ches ich wohl nicht wuͤrde gethan ha-
ben, wenn der Herr Charras in ſei-
nem kleinen Tractaͤtlein vom Theriac,
und andere, die Namen auf Frantzoͤ-
ſiſch hinzugeſetzet. Gemeldtes Buͤch-
lein fuͤhret dieſen Titel: Beſchreibung
der Natur und Beſchaffenheit der-
jenigen Thiere, Kraͤuter und Mine-
ralien/ welche zu dem Theriac des
Andromachus genommen wer-
den.
Nehmet
Meerzwiebelkuͤchlein.
Vipernkuͤchlein.
oder:
wie es Charras haben will:
Nehmet
Die Art und Weiſe, wie dieſe dreyer-
ley Kuͤchlein zu bereiten, findet man in
allen Diſpenſatoriis, z. E. in der Pharma-
copœa Pariſina, Bauderoni, Charras, und
andern mehr.
Nehmet
Ob nun gleich der Theriac des An-
dromachus ſeit vielen hundert Jahren
her, durchgehends gut befunden wor-
den, auch noch heut bey Tage von einem
und dem andern gut erachtet wird, ſo
hat doch die uͤbergroſſe Anzahl derer da-
zu kommenden und dazu gehoͤrigen
Stuͤcken, und die ſchlechte Kraft etli-
cher unter denenſelben, den Herrn
Aquin, des Koͤnigs vornehmſten Medi-
cum, dahin gebracht, daß er, was uͤber-
fluͤßig war, davon gethan, und hinzu ge-
N n 2ſetzet,
[]Der Spezereyen und Materialien
ſetzet, was etwa mangeln moͤchte. Jch
aber habe meiner Schuldigkeit zu ſeyn
erachtet, diejenige Beſchreibung hieher
zu ſetzen, welche er dem Herrn Charras
gegeben, damit er dieſelbe ſeiner Koͤnig-
lichen Galeniſchen Apotheckerkunſt ein-
verleiben moͤchte.
Was die Kraͤfte und Eigenſchaften
des Theriacs betrift, bey denenſelben
will ich mich nicht aufhalten, weil es
Autores genug giebet, die ſie beſchrei-
ben, man auch die Menge ſolcher ge-
druckter Zettel zu Paris ſiehet, welche
von Venedig und von Montpellier
kommen, auf den der Gebrauch deſſel-
ben beſchrieben ſtehet: ſo giebt es auch
Apothecker, welche, indem ſie den The-
riac verthun, dergleichen Zettel mit
auszugeben pflegen.
Jn unterſchiedenen Diſpenſatoriis fin-
Theriaca Dia-
teſſaron.det ſich eine dritte Art Theriac,Diateſ-
ſaron benamſet, weil er von vier Stuͤ-
cken zuſammengeſetzet iſt, namentlich,
von Entzian/ runder Oſterluzey/
Lorbeern und Myrrhen/ welche mit
einander zu Pulver geſtoſſen, und her-
nach mit weiſſem Honig und Wachhol-
derbeerenſafte vermiſchet, und zu einem
Opiat oder feuchten Lattwerge gema-
chet werden. Ob nun gleich dieſer
Theriac nur aus wenig Stuͤcken beſte-
het, auch wenig taug, nichts deſtomin-
der hat er noch ziemliche Kraͤfte, und iſt
ſehr gut fuͤr allerhand Vieh. Jhrer
Theriac fuͤr
arme Leute/
oder Teut-
ſcher Theriac.etliche haben ihm den Namen armer
Leute Theriac, und Teutſcher Theriac
gegeben.
Von Montpellier ſenden ſie uns zu-
ſamt dem Theriac, ein alſo genanntes
Theriacaliſches Waſſer, alldieweil der
Theriac das vornehmſte und Grund-
ſtuͤcke darinne iſt, es auch einiger maſſen
ihm an Kraͤften gleich kommt, darum
es denn verdienet, daß man genau und
wohl zuſehe, damit man es bey niemand
anders, als bey verſtaͤndigen und auf-
richtigen Leuten kauffe, dergleichen der
Herr Pelerin der aͤltere iſt, vor dieſen
mein Lehrherr, ein Apothecker zu
Montpellier, deſſen Artzneyen ſo voll-
kommen gut, als getreulich bereitet
wurden; ſie waren auch alſo beruffen,
daß man zu Bemerckung ihrer Guͤte
nur ſagen durffte, ſie waͤren auf Pele-
rins Art und Weiſe zubereitet.
Nehmet
Alle dieſe Stuͤcke muͤſſen auserleſen
ſeyn, und dergeſtalt praͤpariret werden,
wie des Herrn Bauderons Apothe-
ckerkunſt pag. 756. lehret, hernach wird
ein klares, ſtarckriechendes, theriacali-
ſches Giftwaſſer davon in einem Kol-
ben abgezogen. Allein, nachdem der
Herr Pelerin, deſſen ich oben erweh-
net, erwogen, daß der Weineßig, Ci-
tronſaft und Agreſt nicht tuͤchtig waͤ-
ren die Kraft und Tugend der Gewuͤr-
tze bey der Diſtillation aufzuloͤſen, und
mit ſich heruͤber zu nehmen, als hat er
dieſes Recept gantz gerne fahren laſſen,
und demjenigen gefolget, das der Herr
Charras in ſeiner Apotheckerkunſt am
1030. Blat geſetzet, weil es ihm viel beſ-
ſer geſchienen; das alte aber wolte er
zum theriacaliſchen oder Gifteßig ge-
brauchen.
Nehmet
Alle dieſe Sachen muͤſſen auf die Art
zugerichtet werden, wie der Herꝛ Char-
ras ſelbſten lehret, und ſodann aus ei-
nem Kolben das Waſſer abgezogen
werden, welches viel ſtaͤrcker riecht und
weit kraͤftiger iſt, ſich auch viel beſſer
aufbehalten laͤßt, denn das vorherge-
hende.
Man kan ſich deſſelben gantz fuͤglich
wider allen Gift bedienen. Die doſis
iſt von einem Quintlein bis auf ein hal-
bes Loth, in einem dienlichen liquore.
Man giebt es auch bisweilen alleine,
iedoch in weit geringerer doſi.
Der Herr Charras meldet gleich-
falls, daß es Leute gebe, welche ein the-
riacaliſches Waſſer von Theriac ma-
chen, den ſie in gleichen Theilen Wein-
geiſt und diſtillirtem Weineßig aufgeloͤ-
ſet und zergehen laſſen.
So koͤnte man auch zu frieden ſeyn,
wenn man augenblicklich ein gutes the-
riacaliſches Waſſer haben muͤſte, uñ den
Theriac nur in Weinſpiritus zergehen
laſſen, bevoraus zum aͤuſſerlichen Ge-
brauch; oder aber in recht ſtarcken
Weineßig, wenn man einen Gifteßig
haben wolte, der zum riechen und wie-
der die boͤſe Luft dienen koͤnte, damit
man auch die Pulſe und die Haͤnde, die
Schlaͤffe und die Naſenloͤcher beſtrei-
chen koͤnte.
Zu anfangs, als der Orvietan in
Franckreich bekannt wurde, lieſſen
wir ihn von Rom und von andern Or-
ten in Jtalien bringen, z. E. von Or-
vieta, daher er auch ſeinen Namen be-
kommen; allein, ſeit dem der Herr
Contugi nach Paris gekommen, und
unter dem Fuͤrwand einer koͤniglichen
Vergoͤnſtigung, ſich alleine zum Herrn
daruͤber machen wollen, ſo haben die
Droguiſten denſelben Handel faͤhren
laſſen, entweder aus allzugroſſer
Furcht, oder auch, weil der Vertreib
nicht eben gar zu ſtarck war. Hernach-
mahls aber erfuhren ſie, daß Seine
Majeſtaͤt, als ſie dem Contugi das
Privilegium und Freyheit, den Orvie-
tan in Paris zu vertreiben und zu ver-
kauffen, ertheilet, nicht geſonnen gewe-
ſen, denen Spezereyhaͤndlern zu ver-
wehren, daß ſie ihn auch anderswoher
kommen lieſſen, noch den Apotheckern,
denſelben zu bereiten, damit Franck-
reich eines ſo bewaͤhrten und hoͤchſt
nuͤtzlichen Artzneymittels nicht berau-
bet wuͤrde; zumahl mehr denn zu ge-
wiß waͤre, daß ohnerachtet aller Vor-
ſichtigkeit, die Contugi zur Bereitung
dieſes Gegengiftes angewendet, er den-
noch denſelben nicht ſo, wie in Jtalien,
zurichten koͤnnen, dieweil die in groſſer
Anzahl dazu gehoͤrigen Stuͤcke in
Franckreich die Kraͤfte nicht haben, als
wie in Jtalien/ welches ein warmes
Land, in dem die Kraͤuter und Wur-
tzeln viel groͤſſere Kraft haben. Als end-
lich Contugi ſamt ſeiner Frauen ver-
ſtorben, war ich zwar willens, die wahr-
hafte Beſchreibung deſſelben an den
Tag zu legen, ſamt vielen andern Re-
cepten mehr, die ich hier und da, wo ich
geweſen, zuſammengetragen. Allein,
der Diebſtahl, dadurch mir ein gutes
Theil meiner geſchriebenen Nachrich-
ten entwendet worden, deswegen auch
der Proceß annoch fuͤr Gerichte ſchwe-
bet, hat ſolches mein Vorhaben zuruͤ-
cke geſetzt, mich aber in unmaͤßige Un-
koſten gebracht, die ich auf den Druck
dieſes Buches verwenden muͤſſen, nach-
dem ich bereits gantzer 16. bis 18. Jahr
es mich nichts geringes koſten laſſen, da-
mit ich eine gantz beſondere Kaͤnntnuͤß
und Wiſſenſchaft der ſeltſamſten Ma-
terialien erlangen, und alle nur moͤgli-
che Erfahrung in dieſem Stuͤcke erhal-
ten moͤchte, die ſowohl zu meiner Pro-
feßion, als auch zu Verfertigung dieſes
Wercks, mir dienen koͤnte.
Nehmet
STincus marinus iſt ein Thier, das ſo-
wohl auf dem Lande, als in dem Waſ-
ſer leben kan: an Geſtalt kommt es ei-
ner Eydechſe ziemlich nahe. Dieſes
Thier iſt ohngefehr einen halben Fuß
lang, und haͤlt einen Zoll im Durch-
ſchnitt, hat eine ſpitzige Schnautze, mit
Schuppen bedeckt, kleine helle Augen,
und einen bis an die Ohren aufgeſchlitz-
ten Rachen, wenn es anders Ohren
hat, zuſamt einen Hauffen weiß und ro-
ther kleiner Zaͤhne. Es gehet auf vier
Fuͤſſen, die ohngefehr eines Daumens
hoch ſind, und den Affenpfoten ſehr
gleich ſehen. Es iſt mit runden Schup-
pen bedecket, welche gantz anders ſehen,
als die es auf dem Kopfe hat, denn die-
ſelben ſind lang und breit, die aber auf
dem Ruͤcken ſind grau mit einem brau-
nen Raͤndlein; die am Bauche ſilber-
farben. Der Leib wird nach dem
Schwantze zu, immer ſchmaͤler, als
wie die Vipern.
Dieſer Thiere giebt es in dem Egy-
ptiſchen Fluſſe Nilus die Menge, von
daher bekommen wir ſie uͤber Mar-
ſeille/ doch ohne Eingeweide und das
Spitzlein vom Schwantze.
Man muß die Dicken erwehlen, wel-
che lang und breit, ſchwer und trucken,
gantz und ſo wenig als nur ſeyn kan,
von Wuͤrmen zerfreſſen ſind, denn die-
ſem Unfall ſind ſie gar ſehr unterworf-
fen.
Sie dienen, wie man ſagt, vor die al-
ten Maͤnner, dieſelben aufzumuntern;
werden auch unter den Mithridat ge-
nommen.
Der P. Tertre vermeldet, daß er
nicht allein zu Guadalupa, ſondern
auch in den andern Jnſeln wahrhaf-
te Stincos geſehen, welche denenjenigen,
die aus Egypten gebracht werden,
durchaus gleich geweſen. Es iſt aber
ein Geſchlechte der Eydechſen, welche
von den Einwohnern der Jnſel Gua-
dalupa Mabouya genennet werden,
in andern Jnſeln heiſſen ſie Landhech-
te, aus was Urſache, weiß ich nicht:
doch ich glaube, daß ſie vielmehr Land-
bratſpieß ſagen wollen, weil dieſes Thier
ſich faſt ſtets auf dem Lande aufhaͤlt,
und, wann ihm die Beine abgeſchnit-
ten worden, ehe einem Bratſpieß
(broche) als einem Hechte (brochet) glei-
chet, wie gleichwohl der Herr Roche-
fort zu melden Belieben gehabt, indem
er ſich nach dem Namen, den man die-
ſem Thiere gegeben, richten wollen, und
ſo kuͤhn, als faͤlſchlich hingeſchrieben,
daß es eben die Geſtalt, Haut und Kopf,
wie unſere Hechte habe. Dieſe Thiere
ſind viel fleiſchichter, denn die andern
Eydechſen, haben einen dickern
Schwantz,
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Schwantz, und die Beine oder Pfoten
ſind dermaſſen kurtz, daß ſie gantz auf
der Erde hinkriechen. Die Haut iſt
uͤber und uͤber mit unzehlichen kleinen
Schuppen bedecket, als wie die Schlan-
genbaͤlge, ſind aber gelb, ſilberweiß und
glaͤntzend, als ob ſie mit Oele beſchmie-
ret waͤren. Jhr Fleiſch iſt gut wider
alles Gift, und dienet zu den Wunden
von vergifteten Pfeilen, nur muß man
ſie maͤßig gebrauchen, weil ſie die Feuch-
tigkeiten mehr verzehren, als die andern
Eydechſen.
Nehmet
Die Art und Weiſe, wie der Mithri-
dat zuzurichten, iſt in keinem Stuͤcke
von der Weiſe, wie der Theriac zu berei-
ten, unterſchieden, dannenhero will ich
auch nichts davon vermelden, ohne,
daß ihrer viele, welche ſchlechten The-
riac zu verkauffen pflegen, denſelbigen
Mithridat nennen, und unter dieſem
Namen verkauffen, vorgebende, daß
dieſe compoſition viel weniger koſte als
der Theriac, welches aber nicht wahr
iſt, und brauchen ſie dieſen Vorwand
blos ihre Schelmerey damit zu bemaͤn-
teln.
Was die trochiſcos cyphios betrifft,
dieſelben lehret die Pharmacopoea des
Herrn Bauderons und Charras zu
verfertigen.
DJe Seidenwuͤrme ſind ein klein
Gewuͤrme, deſſen Urſprung recht
verwunderlich, ſo wohl als ihre Geſtalt
und Veraͤnderungen, die ſich mit dieſen
Thierlein begeben. Es haben viele
davon geſchrieben, und unter dieſen der
Herr Jſnard/ welcher in einem kleinen
Tractaͤtlein, das er von den Seiden-
wuͤrmen verfertiget hat, ihre Geburt
am 254. Blat nachfolgender maſſen be-
ſchreibet: zur Zeit, wenn die Maulbeer-
blaͤtter geſammlet werden, welches 14.
Tage, nachdem ſie ausgeſchlagen, zu
geſchehen pflegt, zu Anfang des Fruͤh-
lings, nimmt man eine Kuh, die bald
kalben will, fuͤttert ſie mit eitel Maul-
beerlaube, und giebt ihr ſonſt nichts an-
ders zu freſſen, weder Gras, noch Heu,
noch Stroh, oder Frucht, bis daß ſie ge-
kalbet hat; und dergeſtalt verfaͤhrt
man noch acht Tage druͤber. Nach die-
ſen laͤßt man die Kuh und das Kalb an-
noch etliche Tage mit lauter Maulbeer-
blaͤttern fuͤttern, ſchlachtet darauf das
Kalb, wenn es mit Maulbeerblaͤttern
und Milch von der Kuh genugſam iſt
gefuͤttert worden, und hauet es in Stuͤ-
cken, bis auf die Hoͤrner und Klauen,
ſchuͤttet hernach das Fleiſch, Beine,
Haut und Eingeweide, alles unter ein-
ander in einen hoͤltzernen Trog, und
ſtellet es zu oberſt auf das Haus, bis es
verfaulet. Daraus entſtehen dann
kleine Wuͤrmlein, welche man mit
Maulbeerblaͤttern zuſammenlieſet,
und ſie hernachmahls auf eben ſolche
Art erziehet, als wie die andern, die aus
dem Samen entſproſſen ſind. So ſind
auch die Seidenwuͤrme, welche aus
dem Kalbfleiſch erzeuget werden, un-
vergleichlich fruchtſamer, denn die an-
dern: dahero werden diejenigen, die
ſtarck damit handeln, nicht unterlaſſen,
aller zehn oder zwoͤlff Jahr, auf dieſe
Art, Seidenwuͤrme anzuſchaffen.
Bey der Wart- und Auferziehung
dieſer Thierlein giebt es dermaſſen viel
zu beobachten, und genau in Acht zu
nehmen, daß es gar zu verdruͤßlich fal-
len duͤrfte, wenn man ſich bey dieſem
Stuͤcke alleine aufhalten wolte: da es
ohnediß meine Handlung gar nichts an-
gehet, der Herr Jſnard auch ein gan-
tzes Buch davon geſchrieben hat, zudem
diejenigen ihre Zuflucht nehmen moͤgen,
die mehr davon zu wiſſen begehren.
Dieſe kleinen Thierlein verſchaffen
uns eine gar koſtbare Waare, darein
ſich vor dieſem nur vornehme Leute klei-
deten. Es giebt aber gar vielerley
Seide/ weiſſe, gelbe und andere, wel-
che ſich auf den kleinen Eyergen be-
findet, die ſo dicke und wie Taubeney-
er geſtaltet, und vermittelſt eines beſon-
dern Haſpels im warmen Waſſer abge-
wunden, und heꝛnach mit alleꝛhand Ma-
terialien nach Belieben gefaͤrbet wird.
Jch will mich abermahls nicht lange
aufhalten, noch alle die unterſchiedenen
Sorten der Seide, die wir hier und
daher kommen laſſen, beſchreiben, ſon-
dern nur vermelden, daß diejenige Sei-
de, die zur Artzney gebrauchet wird, die
natuͤrliche Seide/ oder ſo wie ſie von
Natur iſt, ſeyn muͤſſe, das iſt, entweder
noch auf denen Eyergen, oder aber,
wenn ſie abgeſponnen doch in kein war-
mes noch Waſſer gekommen iſt: dieſe
wurde von den Alten rohe Seide/Rohe Seide.
ſoye crûe, ſoye grege, ſoye en mataſſe, ge-
nennet.
Dieſe Seide/ wenn ſie zu Pulver ge-
machet worden, welches aber ſo gar
leichte nicht iſt, kommt unter etliche
compoſitiones, als da iſt, confectio Al-
kermes, de Hyacintho, und andere.
Auch bedient man ſich der ſcharlachro-
then Seide, und giebt ſie den ſchwan-
gern Frauen, wenn ſelbige gefallen,
und an ſtatt der Scharlachbeeren ein.
Es wollen etliche Scribenten, die Sei-
de habe die Kraft das Hertz zu erfri-
ſchen, die Lebensgeiſter zu ſtaͤrcken, und
das Gebluͤte zu reinigen.
Die aber die Seidenwuͤrmereyergen
gebrauchen wollen, muͤſſen ſie noch, ehe
ſie dieſelbigen puͤlvern, entzwey ſchnei-
den, und den darinne ſteckenden Wurm,
der bisweilen noch gantz, bisweilen aber
ſchon verfaulet iſt, herausnehmen, zu-
ſamt dem erſten Haͤutlein, das ihn um-
giebet, als welches nicht taug, daß es
ein Menſch zu ſich nehme. Die aber
noch beſſer thun wollen, dieſelben ge-
brauchen
[]
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
brauchen nur die abgewundene Seide,
indem der Uberreſt nichts als nur Flo-
cken und Pergament iſt. Die Seide
kan man alſo zu Pulver machen; man
zerſchneidet ſie ſo klein, bis daß ſie durch
ein Sieb gehet: denn wer ſie ſtoſſen
wolte, wuͤrde lange zubringen muͤſſen,
duͤrfte ihm auch wohl die Helfte davon
fliegen.
Zu der confectio Alkermes und de
Hyacintho ſoll die carmeſinfarbene Sei-
de der andern durchgehends vorgezogen
werden, obgleich alle Scribenten rohe
Seide und ungefaͤrbte haben wollen.
Wir verkauffen auch ſonſt noch ein
Hauffen andere kriechende Thiere, als
da ſind, Blutegeln, welche in dem Gra-
ben zu Gentilli/ nahe bey Paris ge-
funden, von den Wundaͤrtzten gebrau-
chet, und an unterſchiedene Theile des
Leibes pflegen angeſetzt zu werden, ab-
ſonderlich, wo keine Laskoͤpfe haften
koͤnnen. Es giebt zwar unterſchiedli-
che Arten dieſer Blutſauger/ doch ſind
die kleinſten die beſten, welche einen klei-
nen Kopf haben, und einen roͤthlichten
Bauch, den Ruͤcken mit gruͤnen und
goldgelben Striechen bezeichnet: und
dieſe befinden ſich in klaren flieſſenden
Waſſern. Die andern ſoll man ver-
werffen, als giftig; diejenigen naͤmlich,
die einen dicken gruͤnen Kopf haben,
und wie die Feuerwuͤrme glaͤntzen, die
blaue Streiffen haben und ſich in ſum-
pfichten Waſſern aufhalten: denn an
ſtatt, daß ſie dem Patienten Huͤlffe
ſchaffen ſollen, verurſachen ſie Entzuͤn-
dungen, Geſchwuͤre, Fieber, boͤſe
Schweeren, die zuweilen unheilbar
ſind.
Wenn man ſie erhalten will, muß
man ſie ſtets im Waſſer halten, und
daſſelbige von Zeit zu Zeit erfriſchen:
etliche thun auch Sand und Erde drein.
Wir verkauffen ferner, das Pulver,
fluͤchtige Saltz und Oel von Kroͤten,
wie auch den Stein, der in dem Kopfe
der groſſen und alten gefunden wird,
und den Namen Crapaudine,Kroͤten-
Kroͤtenſtein.ſtein uͤberkommen hat. Die Alten ha-
ben ihm groſſe Kraͤfte zugeſchrieben:
inſonderheit aber hat der Herr Char-
ras in ſeiner Chymiſchen Apothecker-
kunſt p. 794. davon gehandelt, dahin
ich diejenigen weiſen will, die weitere
Nachricht davon verlangen. Es rech-
nen etliche den Kroͤtenſtein unter die
Edelſteine, nicht allein, weil er ſo gar
ſelten gefunden wird, ſondern auch,
weil er mit ſo trefflichen Tugenden be-
gabet iſt, und faͤhig, allerley Gifte zu
widerſtehen. Der weiſſe wird am
hoͤheſten geachtet, obgleich derjenige,
welcher eine andere Farbe hat, nicht ge-
ringere Kraͤfte haben mag. An die
Stelle des Kroͤtenſteins ſtellt man oder
giebt dafuͤr ein rundes oder ein laͤng-
lichtes Steinlein, das an vielen Orten
in Europa/ und auch in Franckreich
ſelbſt gefunden wird, inmaſſen weiter
unten zu erſehen.
Uberdiß verkauffen wir auch dasSaltz/ Oel
und Pulver
von Keller-
eſeln.
fluͤchtige Saltz, Oel und Pulver von
Kellerſchaben/ welchen der Herr
Charras eben ſo groſſe Eigenſchaften
zugeſchrieben, als wie dem fluͤchtigen
Saltz von Spaniſchen Fliegen, Regen-
wuͤrmen und Ameiſen, wie ſolches in
ſeiner Chymiſchen Apotheckerkunſt kan
geſehen werden. Nicht weniger Scor-Scorpionoͤl
gemeines
und von vie-
len Stuͤcken
zuſammen
geſetztes.
pionoͤl, gemeines und mit andern Sa-
chen vermiſchtes, welches wir aus Pro-
vence und Languedoc bringen laſſen,
und wohlfeiler geben koͤnnen, als das
die Apothecker zu Paris bereiten. Zu-
dem, ſo iſt es auch viel beſſer, weil es in
ſelbigen Landſchaften viel Scorpionen
giebet, auch die Kraͤuter, davon das
Scorpionoͤl des Matthiolus zu-
ſammen geſetzet wird, viel groͤſſre Kraͤf-
te haben, alldieweil das Land viel waͤr-
mer iſt. Das erſte wird das gemeine
oder ſchlechte genennet, indem es blos
von Scorpionen und bittern Mandel-
oͤle bereitet wird. Das andere heißt,
Matthioli oleum ſcorpionum compoſitum.
Dieſe aber ſind die Sachen, die dazu
kommen: Scorpionen, alt Baumoͤl,
Johannskraut mit Blaͤttern, Blumen
und Samen, Gamanderlein, Berg-
muͤntze, Cardebenedicten, Scordien,
klein Tauſendguͤldenkraut, Eiſenkraut,
Cretiſcher Diptam, Zittwer, weiſſer
Diptam, Entzian, Tormentille, runde
Oſterluzey, Storaxtropfen, Benzoe,
Wachholderbeeren, Schwartzkuͤmmel,
feiner Zimmt, Cameelheu, wilder Gal-
gant, weiſſer Sandel, Rhabarber,
Myrrhe, Aloe, Jndianiſcher Narden,
Saffran, Theriac, Mithridat und blan-
O ocker
[]Der Spezereyen und Materialien
cker Wein: von allen dieſen Stuͤcken
wird ein Oel bereitet, und von iedwe-
den ſo viel dazu genommen, als wie
Matthiolus in ſeinem 6 ten Buche
vom Gifte weiſet, und Bauderon in
ſeiner Apotheckerkunſt, und Charras;
zu denen koͤnnen diejenigen, die es berei-
ten wollen, ihre Zuflucht nehmen.
Es iſt dieſes Oel gewißlich eines von
den ſchwereſten Stuͤcken der Apothe-
ckerkunſt, von wegen derer ſo unter-
ſchiedenen Sachen, die man dazu neh-
men muß, wie auch, daß man ſo gar
ſchwerlich lebendige Scorpionen aus
Provence und Languedoc bekommen
kan: daher kommt auch dasjenige, das
zu Paris gemachet wird, wie bereits
erwehnet, viel hoͤher zu ſtehen, als das
wir von Montpellier und andern
Orten bringen laſſen.
Das Scorpionoͤl, abſonderlich die-
ſes compoſitum, iſt mit trefflichen Eigen-
ſchaften begabet, wie ſolches der Herr
Charras in ſeiner Apotheckerkunſt
pag. 457. angemercket, und am beſten
und ohne groſſen Umſchweiff beſchrie-
ben hat.
DEr Wallfiſch iſt der groͤſte unter
allen Fiſchen, die ſich in der Nord-
ſee aufhalten: wie man dann im Jahr
1658. zu Paris das Gerippe von einem
Wallfiſch geſehen, an welchem der Hirn-
ſchedel 16. oder 17. Fuß gehabt, und
4600. Pfund gewogen, die Kiefel, ſo 10.
Fuß weit von einander geſtanden, und
14. Fuß lang geweſen, wugen ein ieder
1100. Pfund. Die Floßfedern, wel-
che als wie Haͤnde ſahen, und 12. Schuh
lang waren, wugen iedwede 600.
Pfund. Die Ribben 13½ Fuß lang,
wugen eine iede 24. Pfund. Der Ruͤck-
grad war vom Kopfe an bis in die Spi-
tze des Schwantzes 54. Fuß lang, die er-
ſten Gelencke 50. Pf. ſchwer, und die an-
dern nach Proportion im̃er leichter. Al-
lein ich werde mich nicht aufhalten, und
alles dasjenige, was dieſes Thier betrift,
oder auf was Art und Weiſe es gefan-
gen werde, beſchreiben, weil ſolches all-
bereit von ſehr viel Geſchichtſchreibern
geſchehen iſt; ſondern ich will allhier
nur anfuͤhren, was mir ein guter
Freund, der es ſelbſt geſehen, davon er-
zehlet hat. Zu London ſtrandete im
Jahr 1671. im November ein junger
Wallfiſch, welcher mit der Flut die
Temſe hinauf, bis an die Bruͤcke geſtie-
gen war; als nun die Flut wiedrum zu-
ruͤcke gieng, blieb er auf dem Sande
ſitzen, kam doch herunter bis nach
Greenwich/ woſelbſt er, ehe er ſtarb,
aus Mangel des Waſſes, zwey oder
drey mahl wie ein Ochſe bruͤllete. Er
war 55. koͤnigliche Schuh lang, die
Scham ohngefehr fuͤnff oder ſechs Zoll,
und allernechſt beym Kopfe, zwey oder
drey queer Finger davon, hatte er zwey
Zitzen, wie eine ſaͤugende Frau. Jch
begab mich ſelb 25. mit einer Laterne
auf die Zunge, woſelbſt einer aus der
Geſellſchaft ein Piſtol loͤſete, welches
einen ſolchen Knall gab, als ob es in
einer wohlverwahreten Kainmer ge-
ſchehen waͤre. Die Haut ſahe bald als
wie das Fell eines Elephanten. Auf
dem Ruͤcken kunte man 20. Schritte, in
der Laͤnge hin, gehen. Auch ſagte man,
daß vor 24. Jahren ſich eben derglei-
chen begeben haͤtte.
Hiernechſt will ich vermelden, daß esSiehe Fig. 367.
und 368.
zwey Geſchlechte der Wallfiſche gebe,
von den das eine Cachalot, das ande-
re aber Baleine genannt wird, und
von jenem darinne unterſchieden iſt,
daß jenes, des Cachalots Rachen mit
kleinen breiten Zaͤhnen beſetzet iſt, und
keine Baͤrte, fanons, hat, da hingegenFanons de ba-
leine, wird der
Bart genen-
net, welcher
dem Thiere zu
beyden Sei-
ten des Ra-
chens herab-
hanget, dar-
aus, wenn er
gebuͤhrend
zugerichtet
worden, aller-
hand Sachen
verfertiget
werden.
die Baleine alleine ſolche Baͤrte hat.
Von dem Specke dieſer Thiere wird der
Wallfiſchthran gemacht, mit dem
wir, ſonderlich zu Friedenszeiten, gar
ſtarck zu handeln pflegen, indem er in
Franckreich ſehr gebrauchet wird, ſo
wohl zum brennen, als auch zu andern
Dingen, dabey man ſeiner nicht entra-
then kan, vor andern zu Reinigung des
Schwefels und zur Bereitung ein und
anderer Gattung Leder, dazu er noth-
wendig muß gebrauchet werden.
Zu Paris aber ſiehet man zweyer-
ley Fiſchthran/ darunter der beſte iſt,
welchen wir huile de grande baye nennen,
und von unſern Frantzoſen, ſo bald ſie
nur
[]
Figure 331. Cachalot, oder Wallfiſch, das Männlein Fig. 367. p. 580 |
Figure 332. Wallfiſch das WeibleinFig. 368. p. 580. |
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
nur den Speck vom Wallfiſche geſchnit-
ten, bereitet wird. Und daher koͤmmt
es auch, daß der Frantzoͤſiſche Fiſch-
thran nicht ſo uͤbel ſtinckt, als wie der
Hollaͤndiſche, alldieweil die Hollaͤn-
der den Thran nicht alſofort bereiten,
ſobald ſie den Speck vom Wallfiſche ab-
genommen haben, ſondern ihn erſt in
Holland zu machen pflegen. Daher
ſoll man auch den Frantzoͤſiſchen dem
Hollaͤndiſchen vorziehen, dieſen aber
daran erkennen, daß er zwar roth und
ſtinckend, iedennoch aber klar und ohne
Hefen iſt. Der Wallfiſchthran
kommt meiſtentheils aus der Eisſee,
inſonderheit der Hollaͤndiſche: denn
dieſes iſt der Ort, an welchem ſich die
allermeiſten Wallfiſche aufhalten.
Le blanc de Baleine, der Wallrath/
welchen alle alte und neue Scribenten
den Samen oder die Natur des Wall-
fiſches genannt haben und noch nennen,
iſt das Gehirn von einem gewiſſen Ge-
ſchlechte der Wallfiſche, welche die
GaſconierByaris, und die von S. Jo-
hann de LuzCachalot nennen. Die-
ſes Thier wird, nach einiger Meinung,
das Wallfiſchmaͤnnlein/ und von den
Lateinern Orca genennet; iſt ohnge-
fehr 25. Fuß lang, und zwoͤlffe hoch:
iedweder von ſeinen Zaͤhnen wieget ein
Pfund, daraus kan man allerley Sa-
chen verfertigen.
Dieſe Thiere ſind auf der Kuͤſte von
Gallizien/ bey Cabo Finis Terraͤ/
ſehr gemeine; wie auch in Norwegen.
Jm Jahr 1688. ward einer von einem
Spaniſchen Schiffe gefangen, und nach
S. Sebaſtian gebracht: aus deſſen
Kopfe wurden 24. Barill Gehirn ge-
zogen, und von dem Leibe 96. Baril
oder Tonnen Speck geſchnitten. De-
rohalben darf man hinfort nicht mehr
glauben, daß der Wallrath etwas an-
ders als des Wallfiſches Gehirne ſey;
wie ich denn dieſes um ſoviel deſto ge-
wiſſer ſagen kan, weil ich es habe be-
reiten ſehen, und auch ſelbſt bereitet, wie
folget.
Der Wallrath wird insgemeine zu
Bayonne gemacht, wie auch zu S.
Jean de Luz; in Franckreich aber
iſt dieſe Bereitung etwas alſo rares,
daß vorietzo nicht mehr als zwey Per-
ſonen zu S. Jean de Luz im Leben,
welche es recht wohl zuzurichten wiſſen,
und unter dieſen iſt der Herr Johann
von Haraneder Monſequir.
Diejenigen nun, die damit umgehen,
nehmen das Gehirne, laſſens uͤber ei-
nem kleinen Feuer zerſchmeltzen, und
ſchuͤtten es hernach in ſolche Formen,
welche als wie diejenigen, darein man
den Zucker ſchuͤttet, gemachet ſind:
wann es dann erkaltet, und das Oel
herausgetroffen, nehmen ſie es heraus,
ſchmeltzens auf ein neues, und verfah-
ren dergeſtalt ſo lange fort, bis es recht
wohl gereiniget und ſchneeweiß worden
iſt. Darauf zerſchneiden ſie es mit ei-
nem ſonderlich dazu gemachten Meſſer,
daß es zu Schuppen werde, ſo wie wir
es zu ſehen bekommen. Weil es dann
eine Waare von keiner geringen Wich-
tigkeit, des hohen Preiſſes halber, dero-
wegen will vermelden, daß man das-
jenige erwehlen ſolle, welches feine ſchoͤ-
ne Schuppen, die helle und durchſichtig
ſind, und einen wildentzenden Geruch
haben: wobey in Acht zu nehmen, daß
es keinen Zuſatz von weiſſem Wachſe
bekommen habe, welches nur gar zu
ofte geſchicht, iedennoch gar bald kan
gemercket werden, ſo wohl an dem
Wachsgeruch/ als auch, weil es gar zu
ſehr zerbroͤckelt und die Farbe gar
matt iſt.
Jngleichen dienet zu mercken, daß es
allezeit von dem Gehirne muͤſſe bereitet
werden; denn welches vom Fette ge-
machet worden iſt, wird leichtlich gelb:
und daher kommts, daß man Wall-
rath hat, welcher ſtracks gelb wird, ſo
er an die Luft kommt.
Wir haben auch keine einige Waa-
re, welche die Luft ſo gar uͤbel vertragen
kan, als wie der Wallrath/ dannen-
hero ſoll man beſorget ſeyn, und ihn
in Glaͤſern aufbehalten, oder in den
Tonnen, darinne er kommt, und ſie
wohl verſtopfen, damit keine Luft da-
zu komme, und dieſe Waare nicht gelb
werde.
Der Wallrath wird von dem
Frauenzimmer zur Schmincke ge-
braucht, wie auch zu den Teigen, damit
ſie ſich die Haͤnde zu waſchen pflegen.
O o 2Es
[]Der Spezereyen und Materialien
Er wird gleichfalls, wiewohl ſehr we-
nig, zur Artzney gebrauchet, ſo daß es
kaum der Muͤhe werth, daß man da-
von rede.
WAs im Frantzoͤſiſchen Colle de poiſſon,
auf Lateiniſch gluten alkanak, auf
Griechiſch Ichthyocolla, auf Arabiſch
Alkanna, und auf Teutſch Fiſchleim/
Hauſenblaſe genennet wird, daſſelbi-
ge ſind die ſchleimichten Theile eines Fi-
ſches, deſſen Ruͤcken gantz voller weiſſer
Schuppen iſt, welche ſehr ſtachlicht und
in ſehr zierlicher Ordnung an einander
geſtellet ſind. Gemeiniglich wird er in
der Moßkowitiſchen See gefunden,
und deshalben wird auch alle Hauſen-
blaſe/ die wir aus Holland bekom-
men, von Archangel dahin uͤberbracht,
denn dieſes iſt die Stadt, in welcher der
ſo beruͤhmte Marckt von Archangel ge-
halten wird. Jhrer etliche, die von dem
Fiſche, von dem der Fiſchleim gemachet
wird, geſchrieben haben, und unter die-
ſen Rondelet/ vermelden, daß er keine
Graͤten habe, daher er auch der Fiſch
ohne Graͤten iſt benennet worden;
und geben vor, daß er keine Stacheln
habe, welches aber unwahr, alldieweil
ſein Ruͤcken dermaſſen damit verſehen
iſt, daß ihn kein Fiſch, er ſey ſo groß er
nur wolle, zu beiſſen getrauet, indem
ſeine, obſchon ſehr kleine Schuppen,
dennoch uͤberaus ſtachlicht ſind, und
Siehe Fig. 369.eben alſo ſehen, wie ſie die Figur darſtel-
let, die ich nach dem Originale ſtechen
laſſen, das ich in Haͤnden habe. Die
Alten haben auch geſaget, daß es ein
Fiſch, und dem Geſchlechte nach, ein
Wallfiſch ſey, weil er des Wallfiſches
und Delphins Natur und Groͤſſe ha-
be, indem ſein Kopf uͤberaus dicke,
ſchwer und breit ſey, der Rachen weit
und offen ſtehend, am oberſten Kieffel
aber etwas langes, als wie ein Bart,
herabhange. Das Fleiſch iſt klebricht,
und weich, folglich ohngeſchmack, wenn
es nicht eine Zeit vorher, ehe denn es
verſpeiſet wird, im Saltze gelegen hat.
Was die Art und Weiſe dieſen Leim
zu machen betrifft, da nehmen die
Moßkowiter die ſpannadrichten
Theile dieſes Fiſches, welche, nachdem
ſie geſotten worden, dem ſchleimichten
Weſen, das an dem Felle des Kabe-
liaues befindlich iſt, gleichet, und laſſen
ſie bis zur gebuͤhrenden Dicke einſieden:
hernach breiten ſie die Materie auf ſon-
derlich dazu verfertigte Jnſtrumente
aus, damit ſie ſo duͤnne werde als ein
Blatt Papier, und machen daraus,
nachdem ſie trucken worden, ſolche Stuͤ-
cklein, von der Groͤſſe und Dicke, wie
wir ſie zu ſehen bekommen.
Faſt aller Fiſchleim/ den wir aus
Holland kommen laſſen, iſt an Faͤden
gereihet und wie ein halber Mond zu-
ſammen gebogen: ſoll er aber ſeyn, wie
ſichs gebuͤhret, ſo muß er weiß, hell und
durchſichtig ſeyn, ohne Geruch, und ſo
wenig, als moͤglich, mit anderem Zeuge
ausgeſtopfet; denn es giebet ſolchen,
ſonderlich, der an ſtarcken Schnuͤren
haͤnget, welcher mit gelben, trucknem
und duͤrren, bisweilen heftig ſtincken-
dem Leime ausgeſtopfet und angefuͤllet
iſt. Daher auch diejenigen, die ihn
noͤthig haben, ſich lieber an den halten,
welcher an kleinen Schnuͤren hanget,
und da ein Stuͤck eine oder anderthalbe
Untze wieget, weil er nicht ſo leichtlich
ausgeſtopfet iſt: welches nun wohl
nicht ſo gar uneben iſt, doch aber iſt es
auch keine allgemeine Regel, und finden
ſich unter den kleinern ſo wohl als un-
ter den groͤſſern, mangelhafte Stuͤcke.
Darff man derohalben weder auf die
Geſtalt, noch auf die Dicke ſehen, ſon-
dern man muß Achtung geben, daß er
ſey, wie oben gemeldet, welches man
auch ſtracks erkennen kan, wenn man
ihn entzwey bricht, und vor die Naſe
haͤlt, zu erfahren, ob er nicht etwa uͤbel
rieche. Was diejenigen belanget, die
gantze Faͤſſer voll kauffen, die muͤſſen
nicht nur ein Dutzt dieſer Schnuͤre, ſon-
dern alle mit einander durchſehen, und
das um ſo viel deſto mehr, weil es eine
Waare, da allezeit die gute mit mangel-
hafter vermenget iſt. Doch iſt ein Faß
mehr denn das andere mit ſolchen aus-
geſtopften Schnuͤꝛen uͤberladen, welches
aber nichts geringes, indem es eine
ziemlich theure Waare iſt. Auch muß
ſie in wohlverwahrten Behaͤltnuͤſſen
auf-
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
aufgehoben werden, weil ihr die Luft
nicht wenig Schaden zufuͤgen kan.
Von dieſem Leime wird zwar in
Franckreich ſehr viel verbrauchet, doch
nicht zur Artzney, denn das wenige, das
damit verthan wird, iſt nicht werth, daß
man dran gedencke, und wenn es nicht
noch zum Emplaſtro diachylon genom-
men wuͤrde, glaube ich, daß alle Apo-
thecker in Paris zuſammen, das gantze
Jahr hindurch nicht ein Pfund verthaͤ-
ten; im Gegentheil wird er von den
Weinhaͤndlern und Weinſchencken de-
ſto haͤuffiger gebrauchet, denn dieſe
machen ihre Weine damit klar, darauf
die Alten nicht wohl zu ſprechen geweſt,
wiewohl ſonder Urſach. Es iſt ein gar
zu veſt eingewurtzelter Jrrthum, wenn
die meiſten Leute glauben, der Fiſchleim
ſey eine toͤdtliche Materie, da doch ge-
wiß, daß er nicht die geringſte uͤbele Be-
ſchaffenheit habe, der Fiſch auch, von
dem er herkommt, eine der vornehm-
ſten Speiſen der Moßkowiter ſey,
und ein recht herrliches Eſſen, wenn er
nicht gar zu ſuͤßlicht ſchmeckte. Dieſer
Leim aber hat keine andere Eigenſchaft,
was den Wein angehet, als daß er, ſo
bald er nur in den truͤben Wein ge-
worffen wird, ſich als wie eine Haut
daruͤber ausbreitet, zu Boden faͤllt, und
alle Hefen mit ſich zu Grunde reiſſet,
welches nicht allein ſehr vielen Leuten
aus der Erfahrung bewuſt, ſondern
man darff nur in die Faͤſſer ſehen, dar-
ein er gethan worden iſt, ſo wird man
ihn mit den Hefen vermiſchet finden.
Wann demnach die Weinſchencken ih-
re Weine mit nichts anders vermiſche-
ten, wuͤrde man nicht ſo viel von Pati-
enten und jaͤhen Todesfaͤllen hoͤren
muͤſſen. Auſſer dieſen gebrauchen ihn
auch die Seidenwircker, und geben den
Baͤndern und andern ſeidenen Zeugen
den Glantz damit: desgleichen die mit
Gold und Silber durchzogene feine
Leinwand weiß zu machen. So iſt er
auch das vornehmſte Stuͤcke derjenigen
compoſition, davon die feinen Orienta-
liſchen nachgemachten Perlen bereitet
werden. Den Namen Leim hat man
ihm gegeben, weil wir bey nahe keine
Materie haben, Porzellan und die fei-
nen Geſchirre von Faͤyence zu leimen,
als dieſen in Branntwein oder Wein-
geiſt erweichten Fiſchleim. Etliche
weichen ihn nur in bloſes Waſſer ein,
und brauchen ihn das Geſichte und die
Haͤnde damit zu waſchen und ſchoͤn zu
machen.
Wir bekommen auch eine Art Fiſch-
leim aus England, Holland und von
andern Orten her, welcher als wie klei-
ne Buͤchl ein zuſammen gewickelt iſt,
wird aber in Franckreich gar wenig
gebrauchet, weil er nicht gerne zergehet,
auch niemahls recht weiß iſt. Ein und
andere Perſonen haben mich verſichern
wollen, es wuͤrde dieſer Leim aus dem
Uberreſt des erſtern bereitet: andere
aber geben vor, er wuͤrde von dem ſchlei-
michten Theilen des Fiſches gemachet,
den die Scribenten Silurus, die Frantzo-
ſen Etourgeon nennen, und bey ihnen
ſehr rar iſt: im Teutſchen heißt er
Wels. Zuweilen findet er ſich dochSiehe Fig. 370.
auch in den Fluͤſſen in Franckreich/
allein in Anſehung dieſes Nutzens, und
weil er ſo gar rar iſt, auch ſehr dicke und
wohlgeſchmack, verkauffen ihn diejeni-
gen, die ihn fangen, um drey bis vier
hundert Pfund.
DEr von den Jslaͤndern alſo ge-
nannte Narwall, von andern
Rhoar, und von uns See-Einhorn/
iſt ein groſſer Fiſch, welchen etliche fuͤr
ein Geſchlechte der Wallfiſche halten,
und haͤlt ſich in der Eis- und Nordſee
auf, inſonderheit langs der Js- und
Siehe Fig. 371.Gronlaͤndiſchen Kuͤſte. Dieſes Meer-
wunder traͤgt auf der Spitze ſeiner Na-
ſen, ein ſchweres, weiſſes, glaͤntzendes
und ſchlangenweiſe gedrehetes Horn,
dergleichen eines zu S. Denis in
Franckreich zu ſehen iſt. Man findet
ſie auch, von unterſchiedenen Gewicht
und Groͤſſe in den Cabineten und
Kunſtkammern der Liebhaber natuͤrli-
cher Seltenheiten, dergleichen eine iſt
des Herrn Morin/ der verſtorbenen
Mademoiſelle von Guiſe Medici, wel-
ches ich geſehen und in Haͤnden gehabt,
auch zeichnen laſſen. So hat mir auch
der Herr Charras geſaget, daß er eins
O o 3gehabt
[]Der Spezereyen und Materialien
gehabt haͤtte, welches viel laͤnger und
dicker geweſen waͤre, als das zu S. De-
nis. Und dieſes ſind die Stuͤcken von
dieſem Horne, welche wir zu Paris/
eben als wie anderswo, fuͤr das wahr-
hafte Einhorn verkauffen, deme von ih-
rer vielen gar groſſe Eigenſchaften zu-
geſchrieben werden, welche zu wider-
ſprechen, ich mich nicht unterſtehe, weil
ich es nicht verſucht habe, auch keine Ge-
legenheit gefunden, ſattſame Proben
davon zu nehmen.
Es findet ſich auch noch ein anderer
Fiſch, dem der Name See-Einhorn
iſt beygeleget worden, welcher ſich an
unterſchiedenen Orten aufhaͤlt. Der
Herr Dumantel berichtet, daß er in
dem Fluſſe der Jnſel Tortuga, nahe
bey S. Domingo, im Jahr 1644. ei-
nen ſolchen Fiſch von ungeheurer Groͤſ-
ſe geſehen. Dieſes See-Einhorn/
vermeldet er, verfolgte eine Carague/
oder einen andern Fiſch von mittelmaͤßi-
ger Groͤſſe, mit ſolchem Ungeſtuͤm, daß
er nicht beobachtend, wie er mehr Waſ-
ſers zum ſchwimmen noͤthig haͤtte, mit
dem halben Leibe aufs trockne und auf
eine groſſe Sandbanck gerieth, von dar
er nicht wieder in die Tieffe gelangen
konte, ſondern ward von den Ein-
Siehe Fig. 373.wohnern tod geſchlagen. Er hatte ſechs
groſſe Floßfedern, welche am Ende
ſchier wie die Ruder an den Galeren
ſahen: zwey derſelben ſtunden, wo die
Ohren zu ſitzen pflegen, die andern viere
aber zur Seiten am Bauche, in gleicher
Weite von einander. Der gantze obe-
re Theil ſeines Leibes war mit groſſen
Schuppen bedecket, die ſo breit waren,
als ein Stuͤcke von 58. Sols, und gantz
blau, ſchienen gleich als ob ſie mit ſilber-
nen Flittern beſetzet waͤren. Hinten
am Halſe ſtunden ſie weit enger bey-
ſammen, und waren braun, als ob er
ein Halsband umgehabt. Die Schup-
pen am Bauche ſahen gelbe. Der
Kopf war ein wenig dicker, als ein Roß-
kopf, auch ſchier alſo geſtalt. Dieſer,
der Kopf, war mit Haaren bedeckt und
mit einer braunen harten Haut uͤberzo-
gen; und gleichwie das Einhorn ſein
Horn auf der Stirne traͤgt, alſo hatte
auch dieſes See-Einhorn ein uͤber alle
maſſen ſchoͤnes Horn vor dem Kopfe,
welches neun und einen halben Schuh
lang war. Es war vollkommen gera-
de, und von der Stirne an, da es ſeinen
Anfang nahme, wurde es immer duͤn-
ner, bis es alſo ſpitzig ward, daß es auch
die haͤrteſten Dinge damit durchſtoſſen
koͤnnen. Das dicke Ende, das am Kopfe
ſtund, hielt ſechs zehen Zoll im Umfang:
von da an war dieſes wunderbarliche
Horn bis auf zwey Drittheil ſeiner Laͤn-
ge, wie eine Kelterſchraube geſtalt, oder
beſſer zu ſagen, Wellenweis, und wie
eine gedrehete Saͤule, auſſer daß die
Holkehlen gegen das Ende zu, immer
ſchlechter wurden, bis ſie ſich endlich
gantz und gar in einer angenehmen Ebe-
ne verlohren, welche ſich zwey Zoll uͤber
dem vierten Schuh endigte. Dieſes
gantze untere Theil war mit einer aſch-
farbenen Haut uͤberzogen, welche uͤber
und uͤber mit ſanften kurtzen Haͤrlein,
als wie mit Sammet, von abgeſchoſſe-
ner gelber Farbe, bedecket, darunter
aber ware es ſo weiß als Elffenbein.
Belangend das andere Theil, welches
gantz blos erſchien, daſſelbe war von Na-
tur ſpiegelglatt und glaͤntzendſchwartz,
mit etlichen weiß- und gelben ſehr zar-
ten Strichlein durchzogen, und dermaſ-
ſen veſte, daß man mit ſchwerer Muͤhe
ein wenig zartes Pulver, mit einer gu-
ten Feile, herabbringen kunte. Er hat-
te keine erhabene Ohren, ſondern zwey
groſſe Fiſchohren, wie die andern Fiſche.
Die Augen waren ſo groß, als wie Huͤ-
nereyer. Der Augapfel, welche Him-
melblau, mit gelb gezieret, war mit ei-
nem hochrothen Ringe umgeben, auf
den ein anderer heller, und wie ein Cry-
ſtall glaͤntzender folgete. Das Maul
war ziemlich weit aufgeſpalten, und
voller Zaͤhne, unter denen die erſten und
vorderſten ſcharff und ſpitzig waren, die
hinterſten aber, in beyden Kieffeln,
breit, und wie kleine Buckel erhaben.
Die Zunge war von rechter Laͤnge und
Dicke, mit einer rauhen zinnoberrothen
Haut uͤberzogen. Jm uͤbrigen hatte
dieſer ſeltzame Fiſch noch etwas auf ſei-
nem Kopfe, als wie eine Krone, welche
ohngefehr zwey Zoll hoch uͤber der
Haut hervorꝛagete, laͤnglicht rund war,
und ſpitzige Enden hatte. Mehr als
dreyhundert Perſonen haben von die-
ſem Fiſche gegeſſen, und ihn uͤberaus
delicat und niedlich befunden. Das
Fleiſch
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Fleiſch war mit weiſſem Fette, gleich
als mit Specke, durchwachſen, und
wenn es gekocht wurde, loͤſete es ſich
als wie Schuppen von einander, gleich-
wie der friſche Kabeliau; doch war es
viel ſchmackhafter.
Die dieſen Fiſch lebendig geſehen, und
ihm den Ruͤckgrad mit Hebebaͤumen
entzwey geſchlagen, ſagten, wie heftig
er ſich bemuͤhet haͤtte, ſie mit ſeinem
Horne zu durchſtoſſen, welches er mit
unvergleichlicher Geſchicklichkeit und
Behendigkeit gedrehet und gewendet, ſo
daß er ſie alle ſpieſſen koͤnnen, wofern
er Waſſers genug gehabt, und ſich zu
erhalten und nur ein wenig fort zu
ſchwimmen vermocht. Als man ihn
ausgenommen, ſahe man wohl, daß er
ſich vom Raube genaͤhret, denn man
fand ſehr viel Fiſchſchuppen in ſeinem
Leibe.
Die abgezogene rare Haut von die-
ſem ſeltſamen Fiſche, ſonderlich der
Kopf und das dran veſt gemachte
Horn, ſind faſt zwey Jahr lang in dem
Wachthaus der Jnſel aufgehencket blie-
ben, bis der Herr Vaſſeur/ welcher auf
derſelben Jnſel Gouverneur war, dem
Herrn Trancarts, einem Edelmann
aus Saintonge/ der ihn beſucht hatte,
einen Gefallen erweiſen wollen, und
ihm dieſes Horn verehret. Als ich
aber mich ſamt dieſem Edelmanne, der
dieſes koſtbare Stuͤck und Seltenheit in
einem langen Kaſten fuͤhrete, auf ein
Schiff von Vlißingen begeben, gieng
unſer Schiff nahe bey Fayal/ einer
von den Azores Jnſeln, zu Grunde, ſo
daß wir alle unſere Sachen und Waa-
ren verlohren: der Edelmann aber be-
klagte vor allen ſeinen Kaſten.
Demnach darff niemand ferner
glauben, daß dasjenige, was wir Frau-
tzoſen Licorne, die Lateiner Unicornu, die
Griechen Monoceros, die Teutſchen aber
Einhorn nennen, das Horn von einem
Landthiere ſey, deſſen im alten Teſta-
mente gedacht wird; oder ein Horn
von einem dererjenigen Thiere, welche
bey dem Cap. von Einhoͤrnern abgebil-
det zu erſehen ſind: ſondern es iſt nichts
anders denn das Horn vom Narwall.
Was die Wahl belanget, da darff es
nur fein ſchoͤn weiß ſeyn: die, welche
am allerhoͤheſten, dickſten und ſchwer-
ſten ſind, am meiſten glaͤntzen, und wel-
che die meiſten Zuͤge haben, dieſelben
werden auch am hoͤheſten gehalten und
am meiſten geſchaͤtzet. Vor dieſem
aber waren ſie alſo rar, daß Andreas
Rock, ein Florentiniſcher Medicus, ei-
nem Pabſte eines um 4500. Pfund
oder 1500. Thaler verkauffet: herge-
gen anietzo findet man ſie hauptſchoͤn,
und ſind doch um ein gut Theil wohl-
feiler.
DEr Nil/ Niger, und andere Fluͤſ-
ſe in Africa bringen uns ein Thier,
welches einem Ochſen ſehr aͤhnlich ſie-
het, und ich allhier zu beſchreiben fuͤr
gar dienlich erachtet habe, dieweil wir
die Zaͤhne davon verkauffen.
Dieſes Thier ſiehet einem Pferde
nicht im geringſten gleich, ſondern viel-
mehr wie ein Ochſe: die Fuͤſſe ſind wie
Baͤrentatzen. Es iſt dreyzehen Schuhe
lang, und vier und einen halben breit:
der Bauch mehr platt als rund: die
Schenckel haben drey Schuh im Um-
fang, der Fuß iſt einen Schuh breit, und
iede Klaue hat gleichſam drey Zaͤhen.
Der Kopf iſt zwey und einen halben
Schuh breit, drey Schuhe lang, neun
Schuh im Umfang, und ſcheinet, gegen
den Leib zu rechnen, gar zu dicke. Der
Rachen iſt eines Schuhes lang, die Na-
ſe fleiſchicht und zuruͤck gebogen, die Au-
gen ſind klein, einen Zoll breit, und
zwey lang: die Ohren klein und kurtz,
nur drey Zoll lang. Uber den gantzen
Leib iſt es ſehr fett; die Klauen ſind in
vier Theil zerſpalten, und ſehen ſchier
wie die Ochſenklauen: der Schwantz
ſieht wie der Schwantz eines Baͤren.
Die Naſenloͤcher lauffen krumm, und
ſind dritthalb Zoll tief: die Schnautze
iſt wie einer Loͤwinn oder einer Katzen
Schnautze, und rauch, ob es gleich auf
dem gantzen uͤbrigen Leibe kein eintzi-
ges Haͤrlein hat. Sechs Zaͤhne hat es
im untern Kieffel, darunter die zwey
aͤuſſerſten des halben Schuhes lang
ſind,
[]Der Spezereyen und Materialien
ſind, und dritthalb Zoll breit, und eines
halben Fuſſes dicke. Auf ieder Seite
hat es auch ſieben kurtze, aber gar dicke
Backenzaͤhne. Eben ſo viel hat es ih-
rer im Oberkieffel, den es eben als wie
das Crocodil, beweget. Die Zaͤhne
ſind ſo hart als wie ein Feuerſtein, und
geben Funcken, wenn man mit einem
Meſſer drauf ſchlaͤgt: welches dann die
Meinung der Alten beſtaͤtiget, welche
geglaubet, dieſes Thier ſpeye Feuer aus,
wenn es die Zaͤhne auf einander reibt.
Oftmahls ſteigt es aus dem Nil her-
aus aufs Land, und gehet, wenn es ſich
mit Korne angefuͤllet, ruͤcklings wie-
derum ins Waſſer, und betreugt alſo
die Bauern mit den Jaͤgern, daß ſie ſei-
ne Spur nicht finden koͤnnen. Es iſt
nicht weniger ſchaͤdlich, als der Croco-
dil. Wenn es zu fett worden, reibt es
ſich gegen ein Rohr, bis es ihm eine
Ader geoͤffnet, die er hernach mit
Schlamme wiederum verſtopft, nach-
dem es ſich von einer gnugſamen Men-
ge Blutes entlediget hat.
Die Mohren eſſen, nach Cluſius
Berichte, das Fleiſch, denn dieſer ver-
meldet, daß der Capitain von der Ha-
gen ſolches in Guinea/ nahe bey Cabo
Lopez Gonſalves geſehen, auch in
der Stadt Libetto ſehr viel Seepferde-
koͤpfe angetroffen, aus welchen ſein
Volck die Zaͤhne, von ungemeiner Groͤſ-
ſe, geriſſen. Dieſe haͤngen die Egy-
ptier an den Leib/ wider die goldne
Ader, oder tragen einen Ring von ſol-
chen Zaͤhnen. Die Schwartzen ge-
brauchen ſie auch wider andere Kranck-
heiten.
Peter von den Brock erzehlet, daß
er auf ſeiner Reiſe nach Angola/ auf
dem Landen Lavango/ vier Seepfer-
de weiden ſehen, welche als wie groſſe
Buͤffel ausgeſehen, ihre Haut waͤre
ſchier ſo glaͤntzend geweſen als wie der
Kaninchen, die Koͤpfe wie die Roßkoͤ-
pfe, die Ohren kurtz, die Naſenloͤcher
weit, und haͤtten zwey krumme Zaͤhne
im Rachen gehabt, wie die Hauer, kur-
tze Schenckel, Fuͤſſe wie Huflattichblaͤt-
ter geſtalt, und haͤtten gewiehert wie die
Pferde. Bey Erblickung der Ma-
troſen haͤtten ſie geſtutzt, und waͤren her-
nach gantz gemachſam wieder nach der
See zugegangen. Bisweilen haͤtten ſie
die Naſe uͤber das Waſſer erhaben, al-
lein gleich wieder untergetauchet, ſobald
ſie nur die Bootsleute verſpuͤret, daß
ſie demnach kein eintziges toͤdten koͤnnen,
ob ſie es auch gleich noch ſo liſtig ange-
gangen.
Von dem gantzen Thiere bekommen
wir in Franckreich nichts, denn nur die
Zaͤhne zu ſehen, aus denen, wegen ih-
rer Groͤſſe und Haͤrte, ſolche Zaͤhne ge-
machet werden, dergleichen man denen-
jenigen einzuſetzen pflegt, welche Man-
gel daran haben.
Dieſe Zaͤhne brauchen keines wei-
tern ausleſens, wenn ſie ſchoͤn weiß
und aufrichtig Gut ſind.
Es wird auch noch ein ander Thier
bey vielen Scribenten beſchrieben ge-
funden, und eben als wie dieſes Hippo-Siehe Fig. 374.
potamus,Seepferd genennet: iſt aber,
ſoviel ich wuͤſte, weder zur Artzney, noch
ſonſt zu etwas anders dienlich: und die-
ſes iſt auch die Urſache, warum ich nichts
davon vermelden werde. Matthio-
lus aber ſagte pag. 189. daß die Aſche von
dieſem Seepferde mit Laspech und an-
derm Fette vermiſchet, das Haar wach-
ſen mache.
LAmantin, Vache marine, Manati, die
Seekuh, oder das Seekalb iſt, nach
des P. Tertre Berichte, in Europa
ein gantz unbekannter Fiſch. Er iſt oft-
mahls bis 15. und 16. Fuß lang; der
Leib ſieben oder acht Fuß in der Runde.
Er hat ein Ochſenmaul, und Hundsau-
gen, ein ſehr ſchwaches Geſichte und
gar keine Ohren; an deren Stelle aber
zwey kleine Loͤchlein, darein man mit
genauer Noth den kleinen Finger ſtecken
koͤnte. Durch dieſe Loͤcher hoͤret er den-
noch ſo ſcharf, daß die Bloͤdigkeit des
Geſichtes durch die Schaͤrffe des Ge-
hoͤrs zur Gnuͤge erſetzet wird. Unter
dem Kopfe hat es zwey kleine Pfoten,
wie Haͤnde, und an ieder vier kleine Fin-
ger mit Naͤgeln, daher es auch von den
Spa-
[]
Figure 333. Seekuͤh oder Seekalb Fig. 375. p. 591. |
Figure 334. Seekäl berfang Fig. 376. p. 593. |
Figure 335. Seeſchildkröte Fig. 377. p. 595. |
Figure 336. Seehuͤnd Fig. 378. p. 603. |
Figure 337. Fig. 380. p. 603. Roussette |
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
SpaniernManaty, das iſt, der Fiſch
mit Haͤnden betitelt worden. Von
dem Nabel an wird es auf einmahl und
jaͤhling kleiner, ſo daß der uͤbrige Leib,
von dieſem Theile an zu rechnen, den
Schwantz ausmachet, der die Form ei-
ner Ofenſchauffel hat. Er iſt andert-
halben Fuß breit, und fuͤnff bis ſechs
Zoll dicke, auch mit eben einer ſolchen
Haut, als wie der Leib, uͤberzogen, und
eitel Fett und Nerven. Dieſer Fiſch
hat keine Schuppen, wie die andern
Fiſche, ſondern er iſt mit Leder bekleidet,
welches dicker iſt, als Ochſenleder; Die-
ſe Haut oder Leder ſieht als wie brau-
ner Schieferſtein, und iſt gantz ſpaͤrlich
mit braunen Haaren, den Wolffshaa-
ren nicht ungleich, beſetzet. Sein Fleiſch
ſchmeckt wie Kalbfleiſch, allein es iſt viel
haͤrter, und an vielen Orten mit drey
oder vier Finger dicken Specke bedecket,
damit man ſpicken, und alles machen
kan, was man ſonſt mit dem ſchweinen
Specke zu machen pflegt. Dieſer Speck
iſt trefflich koͤſtlich. Viele ſchmeltzen
das Schmeer heraus, und eſſen es an
ſtatt der Butter auf Brod geſtrichen.
Wann das Fleiſch dieſes Thieres einge-
ſaltzen wird, verliehrt es viel von ſeinem
Geſchmack, und wird ſo harte, wie Holtz:
wiewohl ich dafuͤr halte, daß dieſes von
dem Saltze des Landes herruͤhre, als
welches uͤberaus ſcharff und beitzend iſt.
Jn dem Kopfe dieſes Thieres wer-
den vier Steine, zwey groſſe und zwey
kleine gefunden, welche die Kraft, den
Blaſenſtein zu zertheilen und den Gries
aus den Nieren zu treiben, haben ſol-
len. Allein ich weiß nicht, ob dieſes
Mittel zu gebrauchen iſt, abſonderlich,
weil es Erbrechen erreget, und dem Ma-
gen zuviel Gewalt anthut.
Die Nahrung dieſes Fiſches iſt ein
kleines Kraut, das im Meere waͤchſt,
und er, als wie die Ochſen das Gras
auf der Wieſe, abweidet: hernach, wenn
er ſatt worden, ſucht er ſuͤß Waſſer, und
traͤnckt ſich des Tages zweymahl.
Wann er ſich dann geſaͤttiget, entſchlaͤft
er, und haͤlt die Schnautze uͤber dem
Waſſer, welches ihn den Fiſchern von
weitem entdecket, die alſofort nach ihm
zu eilen, und auf folgende Art zu ertap-
pen wiſſen.
Jhrer drey oder viere ſetzen ſich in
ein klein Canoes, welches ein kleiner
Nachen iſt, aus einem holen Baume
in einem Stuͤcke gehauen, und in Form
einer Chalupe. Der Fuͤhrer iſt hinten
im Canoes und beweget ſein Ruder im
Waſſer lincks und rechts, regieret der-
geſtalt nicht allein das Canot, ſondern
treibt es auch ſo geſchwinde fort, als ob
es von einem kleinen Winde und mit
halben Segeln fortgetrieben wuͤrde.
Der Harponirer das iſt der das Thier
ſchießt, ſteht aufgericht vorne im Ca-
noes, auf einem Brete, eine Stange
oder Stock, wie eine Pique, in der
Hand haltend, an deſſen Spitze der Har-
pon oder eiſerne Wurfpfeil geſtecket iſt.
Der dritte befindet ſich mitten in dem
Schifflein, und legt die Leine, die an
den Harpon veſte gemachet iſt, zu rechte,
damit er ſie koͤnne fahren oder ſchieſſen
laſſen, wenn das Thier getroffen wor-
den.
Alle zuſammen ſind ſtockſtille, denn
dieſes Thier hat ein dermaſſen ſcharffes
Gehoͤre, daß ein eintziges Wort, oder
das geringſte Anſchlagen des Waſſers
an das Schiffgen, faͤhig iſt das Thier
fliehen, und der Fiſcher ihre Hoffnung
zu ſchanden zu machen. Es iſt eine
rechte Luſt zu ſehen, wie dem Harponi-
rer das Hertz im Leibe klopfet, aus
Furcht, das Thier moͤchte ihm entwi-
ſchen, dabey er ſich dann immerzu ein-
bildet, ſein Fuͤhrer wende nicht die
Helffte ſeiner Kraͤfte an, ob dieſer gleich
alles thut, was ſeine Arme vermoͤgen,
und ſeine Augen nie von der Stange
abwendet, mit deren Spitze ihm der
Harponirer den Weg zeiget, den er
halten muß, wenn er an das Thier, wel-
ches ſchlaffend ihrer erwartet, gelangen
ſoll.
Wann nun der Kahn noch drey oder
vier Schritte davon iſt, ſo thut der Har-
ponirer den Wurff, aus allen Leibes-
kraͤften, und ſchießt dem Thier den Har-
pon zum wenigſten einen halben Fuß
tieff in den Leib. Die Stange faͤllt ins
Waſſer, der Harpon aber verbleibt in
dem Thiere ſtecken, welches alsdann
ſchon halb gefangen iſt. Und nunmehr
verſammlet es, dieweil es ſich heftig
verwundet befindet, alle ſeine Kraͤffte,
und legt ſie zu ſeiner Rettung an: es
ſpringt in die Hoͤhe, wie ein entriſſen
P pPferd,
[]Der Spezereyen und Materialien
Pferd, zertheilt die Wellen, wie der Ad-
ler die Luft, und macht die See uͤberall,
wo es durchſtreicht, weiß und ſchau-
mend. Es gedenckt ſich von ſeinem
Feinde zu entfernen, den es doch allent-
halben mit ſich ſchleppet, ſo daß man den
Harponirer fuͤr den Neptunus anſe-
hen moͤchte, der gleichſam im Triumph
von dieſen Thieren gezogen wird. End-
lich aber, und nachdem es ſein Ungluͤck
uͤberall hinter ſich her geſchleppet, an-
bey einen guten Theil ſeines Blutes
verlohren, entgehen ihm die Kraͤfte, der
Athem mangelt ihm, und es muß ohn-
maͤchtig und gezwungen, auf einmahl
anhalten, um ein wenig auszuruhen.
Allein es haͤlt nicht ſo balde ſtille, ſo zie-
het der Harponirer ſeine Leine zu ſich,
naͤhert ihm abermahls, und ſchießt es
mit der andern Harpon viel hefftiger,
denn vorhin. Nach dieſem andern
Schuß oder Stoß ſpannet zwar das
Thier ſeine noch uͤbrige wenige Kraͤfte
an; allein, es iſt bald darauf mit ihm
aus, und die Fiſcher ziehen es gemaͤch-
lich an das Geſtade der erſten Jnſel, oder
nehmen es in ihre Schuyte, wo ſie an-
ders groß genug dazu iſt.
Das Weiblein bringt zwey Junge,
welche ihm uͤberalle folgen. Unter dem
Bauche hat es zwey Zitzen, mit denen
es die Jungen in der See ſaͤuget, als
wie auf dem Lande eine Kuh ihr Kalb.
Faͤngt man die Mutter, ſo hat man die
Jungen auch gewiß, denn ſie riechen
ihre Mutter, und ſchwimmen ſo lange
um den Kahn herum, bis man ſie auch
ihres Ungluͤcks theilhaftig macht.
Die Einwohner dieſes Landes ernaͤh-
ren ſich meiſtentheils mit dem Fleiſche
dieſes Thieres; auch werden jaͤhrlich
gantze Schiffe voll vom veſten Lande
und den umliegenden Jnſeln nach
Guadalupa, S. Chriſtoffel/ Mar-
tinigo und andere angelegene Jnſeln
gebracht und das Pfund um anderthalb
Pfund Tabac verkaufft.
DJe Figur der Schildkroͤte/ ſagt
der P. Tertre, die ich allhier mit-
theile, iſt ſo nett und eigen gemacht,
daß ich nur die Zeit verderben wuͤrde,
wenn ich mich mit der Beſchreibung ih-
rer Geſtalt lang aufhalten wolte. Dan-
nenhero will ich nur berichten, was ei-
gentlich die Schildkroͤten in den Jn-
ſeln an ſich haben, dadurch ſie von den
Europaͤiſchen unterſchieden werden.
Von allen dieſen drey Gattungen
oder Arten der Schildkroͤten kan man
gantz fuͤglich ſagen, daß es rechte dumme
Thiere ſind, ſchwer, taub und ohne Ge-
hirn, denn in dem gantzen Kopfe, der
doch ſo dicke iſt als ein Kalbskopf, findet
ſich das Hirn nicht groͤſſer als eine klei-
ne Bohne: Dagegen haben ſie ein treff-
liches Geſichte, und eine ungemeine
Groͤſſe; wie dann das unterſte Schild
oftmahls allein fuͤnff Schuhe lang und
viere breit iſt. Jhr Fleiſch, bevoraus
derſelbigen, welche la Franche genen-
net wird, ſieht dem Rindfleiſche der-
maſſen aͤhnlich, daß einer ein Stuͤcke
Fleiſch von einer Schildkroͤte, bey ein
Stuͤcke Rindfleiſch geleget, kaum an-
ders wird davon unterſcheiden koͤnnen,
als durch das Fett, welches gelbgruͤn
ſiehet. Unter dieſen Schildkroͤten, ver-
ſtehe die Franches/ befinden ſich welche,
die eine gantze Tonne Fleiſch geben,
wenn alle Gebeine heraus genommen
worden ſind, den Kopf, Hals, Pfoten,
Schwantz, Gedaͤrme und Eyer unge-
rechnet, als von denen wol dreyßig Per-
ſonen auch noch eine gute Mahlzeit hal-
ten koͤnnen. Uberdiß bekommt man
ſo viel und uͤberfluͤßiges Fett davon, daß
man gar gerne 15. oder zwantzig Kan-
nen Oel machen kan, welches ſo gelb
wie Gold ſiehet, und vortrefflich gut iſt,
Gebackens und allerhand Tuncken da-
mit zu machen; doch muß es friſch ſeyn:
denn wenn es zu alt worden, dient es
allein zum brennen in die Lampen. Das
Fleiſch der Schildkroͤten iſt mit ſo viel
Lebensgeiſtern erfuͤllet, daß es ſich des
Morgens annoch ruͤhret, wenn ſie
gleich Abends vorher zerhauen wor-
den.
Jch bin eine geraume Zeit der Mei-
nung geweſen, als ob die Schildkroͤten
in dieſen Quartiren drey Hertzen haͤt-
ten,
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ten, weil oben aus dem Hertzen, welches
ſo groß iſt als eines Menſchen Hertz, ein
ſehr groſſer Pulsaderſtamm entſprieſ-
ſet, an deſſen beyden Seiten gleichſam
zwey andere Hertzen angehencket ſind,
die ſo dicke als wie ein Huͤnerey, und
von eben der Geſtalt und Weſen, gleich-
wie das erſtere: allein, ich habe hernach-
mahls meine Gedancken geaͤndert, und
glaube nunmehro veſtiglich, daß es nur
die Hertzoͤhrlein ſind. Doch iſts ge-
wiß, daß, wenn alles fein ordentlich auf
eine Tafel geleget wird, ſolches eine Li-
lie vorſtelle; woraus denn ein gar vor-
theilhafter Schluß von dem Zunehmen
unſerer Frantzoͤſiſchen Colonien und
Volckpflantzungen in America koͤnte
gemachet werden, alldieweil die goͤtt-
liche Vorſehung, welche nichts umſonſt
gemachet hat, eine Lilie an das Hertz
desjenigeu Thieres gepflantzet, welches
das Sinnbild dieſes Landes iſt.
Dieſe iſt von der erſtern in dieſem
Stuͤcke unterſchieden, daß ſie einen viel
groͤſſern Kopf, gegen den Leib zu rech-
nen, hat, als alle die andern Schild-
kroͤten. Sie iſt auch viel boͤſer, und
wehrt ſich mit dem Rachen und den
Pfoten, wann man ſie angreiffen und
umkehren will. Jedennoch wird ſie we-
nig geachtet, ob ſie gleich unter allen
dieſen dreyen Geſchlechten die groͤſſeſte
iſt, weil ihr Fleiſch ſchwartz iſt, ſeehaftig
riechet, und gar uͤbel ſchmecket. Das Oel,
welches daraus gezogen wird, iſt ſcharf,
und verderbet die Tuncken, darein es
gethan wird, und deswegen wird es
auch nicht, als in Ermangelung des
andern, gegeſſen. Doch iſt es nicht gantz
und gar undienlich, ſondern man ge-
braucht es zum brennen in die Lampen.
Diejenigen, welche ſie bey der Jnſel der
Crocodilen oder Caiman fangen, pfle-
gen die Schildkroͤte la Franche darun-
ter zu mengen, damit ſie deſto beſſer ver-
kauffen moͤgen, allein ſie theilt ihm ih-
ren haͤßlichen Geſchmack mit.
Wenn der Kaouanne das groſſe
Schild abgenommen, und die Knorpel
beginnen zu faulen, ſo loͤſen ſich bald
darauf acht groſſe Blaͤtter oben ab, wel-
che viel groͤſſer ſind, als die von der
Schildkroͤte Caret, ſind aber viel zaͤrter,
und ſchwartz und weiß marbriret. Die
groſſen Spiegel werden damit beleget,
und iſt gewiß, wofern ſie dicker waͤren,
daß ſie den Schilden der Caret wuͤrden
gleich gehalten werden.
Dieſe iſt die kleineſte unter den drey
Geſchlechtern derer Schildkroͤten: das
Fleiſch iſt zwar nicht ſo gut, als das
Fleiſch von der Franche/ iedennoch
aber iſt es beſſer als das von der
Kaouanne. Das Oel iſt ein treflichesOel von der
Caret.
Mittel zu Staͤrckung der Nerven, zum
Huͤftweh, und zu allerley kalten Fluͤſ-
ſen. So kenne ich auch Leute, die ſich
deſſen in Zufaͤllen der Nieren, von uͤber-
nehmen entſtanden, erſprießlich bedie-
net haben.
Was ſie aber am meiſten ſchaͤtzbar
macht, iſt das Schild, das ſie oben auf
dem Ruͤcken traͤgt, davon ein Pfund bis
zu ſechs Francken verkauffet wird. Al-
les, was man von dieſer Schildkroͤte
nimmt, beſtehet in dreyzehen Blaͤttern,
acht platten, und fuͤnffen, die wie ein
Eſelsruͤcken gebogen ſind.
Unter den acht platten Schilden ſind
vier groſſe, welche bis einen Schuh hoch
und ſieben Zoll breit, ſeyn muͤſſen. Die
ſchoͤnſten aber muͤſſen dicke ſeyn, klar,
durchſichtig, wie Spiesglas ſehen, und
weiß und braun, wie der Minoriten
Kleidung, jaſpiret. Es giebt Schild-
kroͤten von dieſer Art, welche bis zu
ſechs Pfund Blaͤtter auf dem Ruͤcken
haben: daraus werden Kaͤmme und an-
dere kleine Sachen verfertiget, die dann
uͤberaus ſchoͤne, aber auch fein theuer
ſind. Dieſes aber iſt die Art und Wei-
ſe, wie die Blaͤtter von der groſſen
Schale, welche eigentlich die Wohnung
der Caret iſt, herabzubringen: nach-
dem man alles Fleiſch herausgenom-
men, wird Feuer drunter gemacht, ſo-
dann laſſen ſich dieſe Blaͤtter, wenn ſie
die Waͤrme empfinden, gar fuͤglich mit
der Spitze eines Meſſers abloͤſen.
Das Oel, das aus dem Schmeer und
Fett dieſer Schildkroͤten bereitet wird,
iſt hitzig, und wird von den Wilden und
Frantzoͤſiſchen Einwohnern hochgehal-
ten, indem ſie ſich deſſen wider das
Huͤfftweh, Podagra, Krampf und Laͤh-
mung der Glieder zu bedienen wiſſen.
Die Schildkroͤten werden auf drey-
erley Weiſe gefangen, wenn ſie ſich be-
gatten, mit dem Harpon, und wenn ſie
aufs Land kommen.
Die Schildkroͤten gatten ſich vom
Anfang des Mertzens bis mitten in den
May. Alle Umſtaͤnde, die dabey vor-
gehen, laſſe ich mit Willen aus, und ſa-
ge nur, daß es auf dem Waſſer geſchehe,
dergeſtalt, daß ſie gar leichtlich koͤnnen
entdecket werden. Alsdann fallen ge-
ſchwind zwey oder drey Mann in ein
Kahn, fahren ihnen behende nach, und
kommen gantz leichtlich an ſie. Drauf
legen ſie ihnen eine Schlinge um den
Hals, oder an eine Pfote, oder ergreif-
fen ſie, im Fall ſie keinen Strick bey ſich
haben, mit der Hand, oben beym Hal-
ſe, wo ſich die Schale endiget. Bis-
weilen bekommt man ſie allebeyde, ins-
gemein aber entwiſchet das Weiblein.
Allein die Maͤnnlein ſind um dieſelbe
Zeit mager und harte, hingegen die
Weiblein ſehr fett.
Die Jagt der Schildkroͤten mit
dem Harpon geſchicht auf eben die Art,
wie ſie die Seekaͤlber zu jagen pflegen,
ausgenommen, daß an ſtatt des Har-
pons, unten in die Stange, welche
Varre genennt wird, ein viereckter ſehr
ſpitziger Nagel, des halben Fingers
lang, geſchlagen, und an dieſen die Lei-
ne feſte gemachet wird. Wenn nun
die Varre oder die Stange der Schild-
kroͤte auf den Buckel geworffen wird,
tringet der Nagel bis in die Helfte der
Schale, die aus lauter Bein beſtehet,
hinein, und haͤlt darinne, als ob er in
eine Eiche geſchlagen waͤre. Die Schild-
kroͤte ſo ſich getroffen empfindet, wendet
eben ſoviel Kraͤfte an, als wie der La-
mantin, und der ſo ſie geſchoſſen, und
Varreur genennet wird, gleichen Fleiß.
Nun ſagen wohl etliche, der Schildkroͤ-
te entgiengen die Kraͤfte, von wegen des
vergoſſenen Blutes; dieſelben aber wiſ-
ſen nicht, daß ſie keinen einigen Tro-
pfen Bluts aus dem verwundeten Or-
te, ehe und bevor der Nagel herausge-
zogen worden, vergieſſet.
Vom April an bis auf den Auguſt-
monat kommen die Schildkroͤten zu
Lande: dann um dieſelbige Zeit befin-
den ſie ſich ihres Wachsthums halber,
und wegen der groſſen Menge Eyer, de-
rer zuweilen bis auf 2000. ſind, be-
ſchweret, und alſo von Natur genoͤthi-
get, daß ſie ohnverzuͤglich bey der Nacht
die See verlaſſen, und einen Ort am
Strande ausſuchen muͤſſen, an dem ſie
ſich ihrer Buͤrde, wenigſtens zum Theil,
entledigen moͤgen. Wenn ſie nun ei-
nen Ort ausgefunden, der zu ihrem
Vorhaben dienlich und beqvem, und
iederzeit ſandicht iſt, ſo laſſen ſie es die-
ſelbe Nacht dabey bewenden, daß ſie
den Platz erkundiget, kehren gantz ge-
machſam zuruͤcke nach der See, und
verſchieben das uͤbrige auf die folgende
Nacht, oder auch auf eine andere; den
Tag uͤber weiden ſie in dem Graſe an
den Steinklippen, und ſchwimmen hin
und her, ſonder Zweiffel, damit ſie ſich
von demjenigen Orte, dahin ſie legen
wollen, nicht allzuweit entfernen moͤ-
gen.
Wann dann die Sonne wiederum
will zu Ruͤſte gehen, laſſen ſie ſich gantz
oben auf den Wellen ſehen, und ſchau-
en auf allen Ecken um, gleich als ob ſie
ſich einiger Nachſtellung befuͤrchteten.
Wann ſie nun iemand am Strande ge-
wahr werden, denn ſie ein uͤberaus
ſcharffes Geſichte haben, ſuchen ſie alſo-
fort einen ſicherern Ort. Mercken ſie
aber niemand, ſo kommen ſie bey der
Nacht aufs Land, und nachdem ſie ſich
uͤberall wohl umgeſehen, heben ſie an
zu arbeiten, und mit den Vorderpfoten
ein rundes Loch zu graben, welches ſie
eines Fuſſes breit und anderthalb
Schuh tieff machen. Darauf ſetzen
ſie ſich druͤber, und legen auf einmahl,
hintereinander, zwey oder drey hun-
dert Eyer, welche ſo groß und rund ſind,
als wie ein Spielball. Die Schale dieſer
Eyer iſt zaͤhe, wie ein feuchtes Perga-
ment: das weiſſe kan niemahls gar
gekochet werden, ob ſchon das gelbe
leichtlich harte wird. Die Schildkroͤte
verharret laͤnger als eine Stunde uͤber
dem legen, und zu ſolcher Zeit koͤnte ein
geladener Wagen uͤber ſie hinfahren,
ohne daß ſie von der Stelle weichen
wuͤrde. Nachdem ſie nun ihr Werck
vollbracht, verſtopft ſie das Loch ſo ge-
ſchicklich, und ſcharret ſo viel Sand
drum herum, daß einer alle Muͤhe hat
die
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
die Eyer zu finden. Wann dieſes ge-
ſchehen, ſo verlaͤßt ſie dieſelbigen, und
kehret wieder nach der See. Die Eyer
aber werden dergeſtalt in dem Sande,
darinne ſie ſechs Wochen liegen, ausge-
bruͤtet: nach deren Verlauff kriechen
die kleinen Schildkroͤten, die ſo groß ſind
als die Wachteln, aus, und fliehen ge-
rade nach der See, ob ihnen ſchon nie-
mand den Weg dahin weiſet. Be-
kommt man ſie aber, ehe ſie noch dahin
gelangen, werden ſie mit Haut und
Haar zugerichtet, denn ſie geben ein
delicates Eſſen.
Die Requiem und andere groſſe Fi-
ſche mehr bekriegen ſie gantz grauſam-
lich, und freſſen bey nahe ſo viel, als
nur in die See kommen, und denn iſt
die gemeine Sage der Einwohner, daß
das gantze Land damit bedeckt ſeyn
wuͤrde, wenn gleich von iedem Satze
mehr nicht denn zwey davon kommen
ſolten. Die nun entwiſchen, begeben
ſich in die ſaltzichten Seen und Mora-
ſte, unter die Klippen, und unter die
Wurtzeln der Paretuvierbaͤume/
welche als wie Boͤgen und dermaſſen
in einander geſchlungen ſeyn, daß die
groſſen Raubfiſche ihnen nicht zukom-
men koͤnnen: allda verbleiben ſie, bis
ſie entweder zu entfliehen, oder ſich
ſelbſt zu beſchuͤtzen vermoͤgend ſind. Sie
kommen niemahls aufs Land, auſſer
bey der Nacht, und wenn der Mond
untergangen. Am haͤuffigſten aber
kommen ſie zu Lande, wenn es regnet,
donnert und blitzt.
Wenn ſie aufs Land gekommen, ſo
ſenden unſre Frantzoſen ihre Leute
uͤberallehin, wo ſich gute Sandbaͤncke
befinden, hernach wird das Fleiſch un-
ter ſie gleich ausgetheilet. Andere aber
thun ſich zu ſechſen oder ſieben zuſam-
men, ruͤſten ein Canoe aus, welches ze-
hen, zwoͤlff, bis funffzehn Vaͤſſer, auch
wohl drey oder vier Tonnen zu tragen
vermag, und ſuchen die Sandbaͤncke,
welche am meiſten von den Schild-
kroͤten beſuchet werden; hernach thei-
len ſie die Nacht in vier Theil, und ein
ieder haͤlt den vierten Theil hindurch
Wache, und gehet langs der Banck auf
und ab. Finden ſie eine Schildkroͤte,
ſo kehren ſie dieſelbe um und auf den
Ruͤcken, und laſſen ſie alſo bis an den
Morgen liegen, unbeſorget, daß ſie ſich
wieder umkehren werde. Einige ſagen,
daß ſie ſeuftzeten und weineten, wenn ſie
ſolcher geſtalt umgewendet worden:
daß ſie ſeuftzen, mag wohl wahr ſeyn,
was aber die Thraͤnen betrifft, die ſind
nichts anders als eine gewiſſe Feuchtig-
keit, die ihnen aus den Augen rinnet,
und man fuͤr Zaͤhren angeſehen hat.
Begiebt ſichs, daß etwa eine Schild-
kroͤte ſo groß waͤre, daß ein Mann mit
ihr nicht koͤnte zu rechte kommen, ſo
bringt er ſie doch ſtracks zu paaren,
wann er ſie nur ein vier oder fuͤnffmahl
mit ſeinem Kolben auf die Schnautze
ſchmeißt. Wer ſich eine Luſt will
machen, der ſetzt ſich ihr auf dem Ruͤ-
cken, haͤlt ihr die Augen mit den Fingern
zu, und leitet ſie, wohin es ihm belie-
bet: wann es aber auch ſchon zehen
Meilen tief ins Land hinein waͤre, wird
ſie doch, wenn man ſie frey laͤßt, ihren
Weg gerade nach der See zu nehmen, ob
man ſie auch ſchon hundert mahl um-
drehete. Ein iedweder giebt ſeinen An-
theil zu Saltze, damit das Fleiſch ein-
geſaltzet wird; bey der Wiederkehr aber
wird das Fleiſch unter ſie gleich ausge-
theilet, doch bleibt ein Loos vor denje-
nigen, dem der Fang zuſtehet.
Die Caret kommt ſiebenzehn Tage
vorher, ehe ſie ihre Eyer legt, und be-
ſichtiget das Land: ſo daß, wann einer
einen Zug oder Gang derſelben ange-
troffen, und keine Eyer gefunden hat,
er nur den ſiebenzehenden Tag hernach
wieder dahin gehen darff, ſo wird er ſie
unfehlbar erwiſchen.
Die Caret iſt eben ſo boͤſe als die
Kaouanne; ſie beißt haͤrter, und haͤlt
recht hartnaͤckicht: denn als ich eines
Tages eine lebendige wolte nach unſe-
rer Huͤtte tragen laſſen, und ſie an bey-
de Hinterfuͤſſe uͤber einen Hebebaum,
den zwey von unſern Knechten auf der
Achſel trugen, aufgehencket hatte, biſſe
ſie den einen in die Hinterbacken, daß
er erſchroͤcklich zu ſchreyen begunte, ſo
daß iederman von den Hausleuten
zulieffe, auf ſie ſchlug und ſie brennete,
ſich auch bemuͤheten ihr den Rachen mit
eiſernen Staͤben aufzubrechen; al-
lein ſie ließ das, was ſie einmahl gefaſ-
ſet, nicht wieder gehen, bis man ihr den
Hals abgeſtochen.
DJeſer iſt ein ziemlich dicker Fiſch,
der ſich an unterſchiedlichen Orten
aufhaͤlt, ſonderlich aber um Spanien
und Bayonne. Von dieſem Fiſche ver-
kauffen wir nichts, als die Haut, welche
diejenigen, die in Holtz arbeiten, gar
ſehr gebrauchen, indem ſie trefflich wohl
zum poliren dienet. Die rechten See-
hundehaͤute, wenn ſie ſchoͤn ſeyn ſollen,
muͤſſen groß und breit ſeyn, die Koͤrner
darauf rauh, nicht zu groß, noch zu
klein; ſo muͤſſen auch die Ohren und
Floßfedern annoch dran ſeyn.
Man bringt uns ingleichen von la
Hogue, in der niedern Normandie ge-
legen, die Haut von einem Fiſche, der
dem Seehunde ziemlich aͤhnlich iſt, und
Siehe Fig. 379.den Namen Doucette oder Boſette bekom-
men hat; und dieſer Haut bedienen ſich
die Handwercksleute, als wie der Haut
vom Seehunde, obſchon kein geringer
Unterſchied dazwiſchen iſt, indem die
Haut des Seehundes uͤber die maſſen
rauch iſt, dieſe dagegen nur ein wenig.
Es iſt uͤberdiß die Haut des Seehun-
des allezeit braun, der Rouſſetten
aber von allerhand Farben, auch viel
kleiner, und iederzeit auf dem Ruͤcken
wie mit kleinen Sternlein beſetzt, daher
ſie auch zu Paris ſehr wenig, und faſt
nirgends als in Auvergne gebrauchet
werden.
Es gebrauchen auch dieſe beyde Haͤu-
te, ohne diejenigen Handwercker, die in
Holtz arbeiten, noch andere mehr, als
da ſind, Scheidenmacher, und derglei-
chen.
Wir verkauffen auch noch eine an-
dere Fiſchhaut, welche, nach einiger
Beduncken eine Gattung Rets ſeyn ſoll,
die aber in Franckreich, England und
an andern Orten blos zu Meſſergriffen
gebrauchet werden.
DEr Thunnfiſch/ den die Lateiner
Thunnus, auch Thynnus nennen,
iſt ein ziemlich groſſer, dicker und groß-
baͤuchichter Fiſch. Er befindet ſich
haͤuffig in der Mittellaͤndiſchen See,
ſonderlich in der Gegend um Proven-
ce/ bey S. Tropez und Nizza/ von
welchen Orten alle derjenige kommt,
den wir verkauffen. Er wird zwar
auch in Spanien gefangen, allein der
kommt nicht bis zu uns.
Er wird im September und October
gefangen; bey welcher Fiſcherey ſo vie-
lerley ſonderliche Sachen vorgehen, daß
ſie die Fiſcher den Fremden ſehen laſſen:
denn dieſes iſt die Zeit, da ſie aus dem
groſſen Weltmeere kommen, und nach
der Mittelſee, von dar aber, als wie die
Anchovies, nach Levante zu, ſtreichen.
Allein, ich will alle beſondere Umſtaͤnde
dieſer Fiſcherey bey ſeite ſetzen, und
melden, daß die Leute in Provence/
wenn nun der September herbey ge-
kommen iſt, groſſe Netze in die See
werffen, welche aus Stricken von Bin-
Siehe Fig. 381.ſen, die ſie Madrague nennen, gema-
chet, und dergeſtalt zugerichtet ſind,
daß ſie gleichſam in Kammern und be-
ſondere Zimmer abgetheilet, unter de-
nen das erſte das groͤſte iſt, damit die
Thunnfiſche, wenn ſie aus dem groͤſſern
in die kleinern gegangen, nicht wieder
zuruͤcke koͤnnen. Wann dann das
Netze voll iſt, oder die Fiſcher haben
der Fiſche genug, welches in gar weni-
ger Zeit geſchicht, entweder, weil es ih-
rer ſo gar viel giebet, oder aber, weil die
andern, wenn nur einer in das Netz ge-
gangen, demſelben, wie die Schaafe zu
thun pflegen, alle mit einander folgen.
Sobald das Netz aus der See gezogen,
ſtehen die Fiſche gleich ab, weil ſie nicht
auſſer dem Waſſer leben koͤnnen: drauf
werden ſie an die Luft gehangen, aus-
genommen, und ihnen der Kopf abge-
ſchnitten. Hernach, wenn ſie in Stuͤ-
cken zerſchnitten worden, werden ſie auf
groſſen eiſernen Roſten gebraten, in Oel
geroͤſtet, und endlich, wenn ſie mit Saltz,
Pfeffer, Naͤglein, und etlichen Lorbeer-
blaͤttern abgewuͤrtzet, alſo gekocht und
zum Eſſen bereitet worden, mit
Baum-
[]
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Baumoͤl und Eßig in kleine Faͤßlein ein-
gelegt, und an unterſchiedene Oerter
verſendet, woſelbſt er wegen dieſer Zu-
richtung Thon oder Thonine marine ge-
heiſſen wird.
Wir zu Paris verkauffen zweyerley
Thunnfiſch, welcher doch nur darinne
unterſchieden iſt, daß aus dem einen die
Graͤten ſamt dem Ruͤckgrate genom̃en
worden, und deshalben ausgegraͤte-
ter Thunnfiſch, oder Thunnfiſch ohne
Graͤten genennet wird, und iſt insge-
mein in kleine weiſſe hoͤltzerne Faͤßlein
geleget, die oben weit und unten enge
ſind: der andere, aus dem die Graͤten
nicht genommen ſind, liegt in runden
Faͤßlein.
Beyderley Thunnfiſch ſoll man er-
wehlen, der da friſch ſey und harte, mit
gutem Baumoͤl eingeleget, und an dem
das Fleiſch ſo weiß, wie Kalbfleiſch ſey.
Der Thunnfiſch iſt in Europa ſehr
gebraͤuchlich, wie auch an andern Or-
ten, weil er nicht nur zum Eſſen bereit
und fertig iſt, ſondern auch, weil er als
wie Kalbfleiſch ſchmecket.
Mit dem Thunnfiſch wird noch ein
andrer Fiſch zugleich gefangen, welchen
die Leute in Provence Jmperador,Jmperador
und Delphi-
nen.
den Kaͤyſer nennen. So ſiehet man
auch Delphinen dabey, deren allezeit
zwey und zwey beyſammen ſchwim-
men: weil nun dieſe gewohnet ſind, al-
le beyde zugleich in die Hoͤhe zu ſprin-
gen, ſo entgehen ſie aus dem Netze, und
laſſen ſich nicht fangen, und muß man
ſich verwundern, daß ſie ſogleich, einer
nach dem andern aus dem Waſſer ſprin-
gen, und in einem Augenblicke in die
See fallen, gleich als ob ſie zuſammen
gebunden waͤren.
WJr verkauffen desgleichen, ohne
den Thunnfiſch, Anchois/ die wir
eben von denſelben Orten, daher der
Thunnfiſch kommt, bringen laſſen.
Weil wir denn einen groſſen Handel
damit treiben, derowegen ſoll man die
erwehlen, welche fein klein ſind, friſch,
auſſenher weiß, inwendig roͤthlicht, und
fein derb, die auch einen runden Ruͤ-
cken haben: denn man ſagt, die dicken
und platten waͤren die Sardellen. Die
Bruͤhe muß auch, wenn man die Faͤß-
lein eroͤffnet gut ſchmecken, und nicht
uͤbel riechen.
Die Anchovis werden an unter-
ſchiedlichen Orten gefangen, in der
Genueſiſchen Rivier/ in Catalonien/
zu Nizza, Cannes/ bey Antibes/
Saint Tropez und andern Orten in
Provence. Solches aber geſchicht al-
leine bey der Nacht, und allezeit im
May, Junius und Julius, denn in
dieſen Monaten kommen ſie aus der
groſſen Weltſee, und ziehen in die Mit-
telſee, und gegen den Morgen.
Wenn ſie auf den Anchoviesfang
ausgehen, und eine rechte Menge der-
ſelben fangen wollen, ſo machen ſie vor-
ne auf das Schiff ein Feuer, auf einen
eiſernen Roſt, und fahen alſo die Fiſche,
welche dem Scheine folgen. Diß aber
iſt betrachtens werth, daß die Anchois/
welche vermittelſt des Feuers gefangen
werden, nicht ſo gut ſind, noch ſo derb,
laſſen ſich auch nicht ſo wohl aufbehal-
ten, als wie diejenigen, welche man oh-
ne Feuer faͤhet. Nach verrichtetem
Zuge werden ihnen die Koͤpfe abgeriſ-
ſen, damit man ſie vor den Sardellen
erkennen moͤge, denn an dieſen werden
ſie gelaſſen: auch werden zugleich die
Gedaͤrme heraus gezogen, damit ſie
nicht verderben, nicht aber deswegen,
wie Furetiere meinet, weil ſie die Gal-
le im Kopfe haben. Was die Art und
Weiſe ihrer Zurichtung betrifft, da
thut man weiter nichts an, als daß man
ſie fein ordentlich in kleine Faͤßlein le-
get, von denen die groͤſten zum hoͤchſten
fuͤnff oder ſechs und zwantzig Pfund
waͤgen, und eine ſattſame Menge Saltz
dazu thut. Wir laſſen wohl auch trock-
ne Sardellen kommen, iedoch gar ſel-Trockne Sar-
dellen.
ten; denn weil ihrer gar wenig verthan
werden, auch ein ſehr ſchlechter Ge-
ſchmack an dieſem kleinen Fiſche befun-
den wird, deshalben laſſen diejenigen,
welche ſie einmahl verſchrieben, keine
mehr zum andern mahle kommen.
Als ich zu Royan/ welches ein klei-
nes Staͤdtlein in Xaintonge iſt, mich
aufhielte, woſelbſt es die meiſten Sar-
dellen
[]Der Spezereyen und Materialien
dellen giebt, ob ihrer ſchon in Jtalien
und Provence gleichfalls nicht wenig
zu finden, haben mich etliche Fiſcher ver-
ſichert, daß dieſe Fiſche niemahln an-
ders als Truppenweiſe zoͤgen, und von
ihrem Koͤnige und Oberſten, gleichwie
die Bienen, gefuͤhret wuͤrden.
MArſouin oder Meerſchwein, iſt ein
groſſer, gar ſehr bekannter Fiſch,
der viel gebrauchet wird, indem er ein
recht herrliches Eſſen, und darum auch
unter die koͤniglichen Fiſche gezehlet
worden iſt. Von dieſem Fiſche ver-
kauffen wir dennoch allein das Fett,
oder das gewuͤrtzte und ungewuͤrtzte
Oel, welches nichts anders iſt, als das
geſchmoltzene Fett, deſſen Geſtanck mit
ein und anderem Gewuͤrtz in einen an-
genehmen Geruch verwandelt worden.
Dieſem Fett und Oel wird die Kraft zu-
geſchrieben, daß es die kalten Fluͤſſe zer-
theilen ſoll. Einige Apothecker berei-
ten von dem Meerſchwein, vermittelſt
einer Retorte, unterſchiedene Sachen,
denen gleichergeſtalt unterſchiedliche Ei-
genſchaften beygeleget werden.
WAs die Lateiner Oſſa ſepiæ nennen,
das iſt der Ruͤcken eines Fiſches,
der im Ocean, wie auch in dem mittel-
laͤndiſchen Meere gantz gemeine iſt.
Dieſe Fiſche haben eine ſonderliche Ein-
bildungskraft, und gantz wunderſame
Natur. Sie werden in Franckreich
in unterſchiedenen Staͤdten gegeſſen, zu
Lyon, Bourdeaux, Rochelle/ Nan-
tes/ und anderswo mehr. Die Bei-
ne dieſes Fiſches haben nicht einerley
Groͤſſe, iedennoch ſind die groͤſten nicht
groͤſſer denn ein halber Schuh: ſie ſind
weiß, und auf der einen Seite harte,
an der andern aber gantz zarte, daher
ſie auch von den Goldſchmieden zu For-
men gebrauchet werden. Etliche aber
bꝛauchen ſie die Zaͤhne damit zu ſaubeꝛn,
doch meiſtentheils werden ſie von den
Goldſchmieden, und von denenjenigen
verbrauchet, welche das ſo genannte
Venediſche Lack machen.
DEr Soldat/ ſagt der P. Tertre/
iſt ein Geſchlecht der kleinen Kreb-
ſe, drey oder aufs hoͤchſte vier Zoll lang:
die Helfte ſeines Leibes gleichet der See-
heuſchrecke, doch iſt er mit einer etwas
haͤrtlichen Schale bedecket. Er hat
vier Fuͤſſe, als wie die Krabben oder
Taſchenkrebſe, und zwey Scheeren, von
denen die eine kaum ſo groß iſt als der an-
dern Fuͤſſe einer; die andere aber iſt
breiter als ein Zoll, und rund, kneip-
pet uͤber alle maſſen ſcharff, und ver-
ſchließt das gantze Loch der Schnecken-
ſchale, darinne er wohnet. Der uͤbri-
ge gantze Leib, ſo nichts anders als eine
Gattung mit Blut erfuͤllter Wuͤrſte,
daran die Haut ziemlich rauh, und dicke,
iſt nicht dicker als ein Finger, und halb
ſo lang oder noch etwas laͤnger. Zu
hinterſt hat er einen kleinen Schwantz,
der aus drey kleinen Naͤgeln oder
Schulpen beſtehet, gleich als der
Schwantz der Seeſchildkroͤte. Dieſe
gantze Helfte des Leibes ſteckt voll Tau-
maly/ welches ein oͤhlichtes Weſen, der-
gleichen auch in den Schalen der Krab-
ben zu befinden: allein, dieſes iſt roth,
und zergehet oder zerfließt als ein Oel,Balſam oder
Oel vom Sol-
dat.
wenn es zum Feuer oder an die Sonne
geſtellet wird, und iſt ein herrlicher Bal-
ſam zu friſchen Wunden, den ich ſelbſt
an viel Perſonen mit gantz gluͤcklichem
Erfolg probiret und verſuchet habe.
Die Einwohner halten uͤberaus viel
drauf, und iſt kein eintziger unter ihnen,
der ſich nicht damit verſehen ſolte.
Alle Jahr ziehen ſie einmahl herab
an den Seeſtrand, nicht weiß ich, ob ſie
ſich allda baden, oder ob ſie die Eyergen
abſchuͤtteln, als wie die Krebſe thun:
wohl
[]
Figure 339. Meerſchwein Fig. 374. p. 607. |
Figure 340. Hlackfiſch Fig. 375. p. 607. |
Figure 341. Soldat Fig. 384 p. 607. |
Figure 342. Krebs Fig. 388 p. 611. Figure 343. Huͤmmer Fig. 387. p. 611. |
[][]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
wohl aber weiß ich, daß ſolches darum
geſchehe, damit ſie ihre Haͤuſer veraͤn-
dern moͤgen, denn ihnen die Natur, die
ſie um das Hintertheil gantz nackend
geſchaffen hat, ſtracks bey ihrer Ge-
burt einen innerlichen Trieb einge-
pflantzet, daß ſie ſich nach einer Woh-
nung umthun. Daher, ſo bald ſie nur
auf die Welt gekommen, ſuchet ihm ein
ieder alſofort ein Schneckenhaͤuslein,
das ſich zu ſeiner Groͤſſe ſchicke: darein
ſtoͤſt er den Hintern, und packt es auf,
und kehret alſo mit eines andern Haut
und Schale bekleidet und verwahrt,
ſamt den andern, wie die Soldaten,
nach den Gebirgen wiederum zuruͤcke,
niſten in den Klippen und holen Baͤu-
men, als wie die Krabben, und leben,
eben wie dieſe, von Blaͤttern, faulen
Holtze und verfaulten Fruͤchten, zuwei-
len auch von den Manzenillenaͤpfeln.
Und daher kommts, daß ſie ſo hoͤchſt ge-
faͤhrlich ſind, ob ſie ſchon die Einwohner
zu eſſen pflegen, und hoch halten. Jch
ſelbſt vermeinte einsmahls, ich wuͤrde
die Seele druͤber ausblaſen muͤſſen, als
ich ihrer ein Paar auf dem Lande, un-
ter den Manzenillenbaͤumen/ gegeſ-
ſen hatte.
Jnzwiſchen nehmen unſere Solda-
ten in dem Gebirge zu, und die Scha-
len, die ohne dem eigentlich vor ſie nicht
gemachet waren beginnen ſie zu druͤ-
cken, und den Hinterleib dermaſſen
einzuklemmen, daß ſie abermahls ge-
noͤthiget werden, an den Strand herab
zu kommen und ihre Behauſung zu ver-
aͤndern. Diejenigen, welche in acht ge-
nommen, was bey dieſer Veraͤnderung
pflegt fuͤrzugehen, werden nebſt mir
aufrichtig bekennen muͤſſen, daß es ei-
ne recht groſſe Luſt ſey, wenn man ih-
nen zuſiehet: denn ſie halten bey allen
Schneckenhaͤuslein, die ſie antreffen,
ſtille, verlaſſen ſo fort das alte, wenn ſie
eines gefunden, das ihnen anſtaͤndig zu
ſeyn beduncket, und ſtoſſen das Hinter-
theil ihres Leibes darein, ſo daß es ſchei-
net, die Luft muͤſſe ihnen ſonderlich zu
wider ſeyn, oder ſie ſchaͤmen ſich ihrer
Bloͤſe.
Ariſtoteles hat gemeldet, die Thiere
kaͤmpfeten nur um die Nahrung mit
einander, und wegen des Begattens,
haͤtte er aber wiſſen ſollen, was dieſe
Thiere zu thun pflegen, wuͤrde er ge-
wißlich noch dazu geſetzet haben, und
auch um das Quartir oder die Woh-
nung. Denn ſo ofte als ihrer zwey zu ei-
ner Zeit ſich entbloͤſet, und in ein Schne-
ckenhaͤuslein kriechen wollen, beiſſen
und ſchlagen ſie ſich ſo lange, bis der
ſchwaͤchere dem ſtaͤrckern weichen und
das Haͤuslein uͤberlaſſen muß; der
dann, ſobald er ſich nur damit beklei-
det, drey oder viermahl am Strande
herum laͤuft: dafern ihm aber daſſelbe
nicht anſtaͤndig iſt, verlaͤßt ers, und ſu-
chet ein anders. Sie aͤndern oftmahls
wohl fuͤnff und ſechsmahl, ehe ſie eines
antreffen, daß ihnen recht anſtehet.
Jn ihrer Schale haben ſie einen hal-
ben Loͤffel voll klares Waſſer, welches
ein allgemeines Mittel iſt wider die
Blaſen und Beulen, welche von dem
Waſſer oder der Milch, die von den
Manzenillenbaͤumen einem auf die
Haut getroͤpfelt, auflauffen.
Wenn man einen anfaſſet, laͤßt er
ſeinen Unwillen ſpuͤren, und ſchreyet
gleichſam gre, gre, gre, verſucht auch
den, der ihn haͤlt, mit ſeiner groſſen
Scheere zu ertappen, und laͤßt ſich ehe
erſchlagen, ehe er gehen lieſſe, was er
einmahl angepackt. Mich erwiſchte
einſten ein ſolcher Soldat vornen beym
Finger, und machte mir bey zwey
Stunden lang unertraͤgliche Schmer-
tzen. Nach der Zeit hat man mich ge-
gelernet, daß man nur die Schale heiß
machen duͤrffte, ſo lieſſen ſie nicht allein
gehen, ſondern verlieſſen auch ihre Be-
hauſung, und trachteten zu entflie-
hen.
Sobald die Einwohner dieſen Fiſch
gefangen, ziehen ſie ihm einen Faden
durch den Kopf und hencken ihn an die
Sonne, und fangen das Oel auf, das
herauslaͤufft, welches ſo dicke iſt als
Butter, und uͤberaus heftig ſtinckt.
Mit dieſem Oele lauft zugleich ein roͤth-
lichtes Waſſer herab, welches verhin-
dert, daß das Oel nicht rantzicht werde.
Es iſt trefflich gut fuͤr die Fluͤſſe, und ver-
treibet ſie dermaſſen geſchwinde, daß die-
jenigen, die deſſen Kraft empfunden, ſol-
ches viel ehe einem Wunderwerck als
menſchlicher Huͤlffe zugeſchrieben. Die
Wilden, welche mit dieſer Kranckheit
ſehr geplaget ſind, brauchen keine andere
Q qArtzney,
[]Der Spezereyen und Materialien
Artzney, welches denn verurſachet, daß
ſie dieſes Oel alſo theuer verkauffen,
und daſſelbe in Franckreich ſo gar ſelt-
ſam iſt.
Jhrer etliche haben mich vergewiſ-
ſern wollen, der Soldat habe die Ge-
ſtalt des Fiſches Eperlan; allein weil
ihn der Ehrw. P. Tertre/ ſo genau be-
ſchrieben, und ſolches auch der P. Plu-
mier bekraͤftiget hat, als habe ich beſſer
zu ſeyn erachtet, wenn ich vielmehr die-
ſen folgete, als jenen Leuten, die es nur
von hoͤren ſagen haben; doch habe ich
niemahls eine Schale, oder das Fett
und Oele bekommen moͤgen, ob ich mich
gleich ſehr darum bemuͤhet.
ES vermeldet der P. Tertre, daß es
zweyerley Gattung der Krebſe,
die man insgemein Hummer zu nen-
nen pfleget, gebe, welche blos darinne
von einander unterſchieden, daß die ei-
nen zwey groſſe Scheeren haben, viel
laͤnger und brciter, denn’ eine Hand,
auch weit ſtaͤrcker denn der Krabben ih-
re: dahingegen die andern gar keine
Scheeren haben, ſondern nur zwey
groſſe emporſtehende Baͤrte, Fuͤſſe wie
die andern Krabben und eines Armes
lang. Jch glaube gaͤntzlich, daß es die-
ſelben ſind, die wir auf Frantzoͤſiſch Pan
de marine nennen. Sie wachſen uͤber-
maͤßig groß, und es giebt ihrer, die bey
nahe drey Fuß lang ſind. Jhr Fleiſch
iſt weiß und ſaftiger, denn das Fleiſch
der Krabben, allein viel haͤrter und
ſchwerlich zu verdauen: wird mit Pfef-
fer und Zitronſafte gegeſſen.
Sie werden des Nachts bey Fackeln
gefangen, an ſteinichten Orten, wenn
das Meer abgelaufen, und kleine Pfuͤ-
tzen und Graͤben voll Waſſer gelaſſen
hat, da ſucht man ſie zuſammen, und
ſticht ſie, oder haut ſie auch wohl mit ei-
nem Saͤbel von einander.
Von dieſen Seekrebſen oder Hum-
mern wird nichts zur Artzney ge-
braucht, als die groſſen ſchwaͤrtzlichten
Scheeren, welche von etlichen, und ſon-
Chelæ Can-
crorum.derlich in England,Chelæ Cancrorum
genennet werden.
Von den Flußkrebſen verkauffen
wir ordentlicher Weiſe allein die klei-
nen weiſſen Steine, wie ein Auge for-
miret, daher auch ihr Name entſtan-
den, ob es ſich ſchon nicht gar zu wohl
reimet, weil es nichts als kleine Stein-
lein ſind, die man in den Koͤpfen oder
Siehe Fig. 388.Naſen der groſſen Bachkrebſe findet.
Dieſe Steine, welche von den mei-
ſten Oculi Cancrorum,Krebsaugen,
genennet werden, werden faſt allein im
May und Junius gefunden, denn um
dieſelbe Zeit werffen die Krebſe ihre
Schalen ab.
Die Krebsſteine/ die wir verkauf-
fen, kommen aus Holland. Wolte
man nun dem Medico des Polniſchen
Abgeſandten glauben, der ſonſten ein
rechtſchaffener und gelehrter Mann iſt,
ſo hat derſelbe mich verſichert, daß das-
jenige, was wir unter dem Namen der
Krebsaugen zu verkauffen haben,
nichts anders waͤre, als eine gewaſchene
weiſſe Erde, welche zu ſolchen kleinen
Kuͤchlein gemachet, und mit einem aus-
druͤcklich hierzu verfertigtem Jnſtru-
mente geſtaͤmpfelt wuͤrden, damit auf
dieſe Art das kleine Gruͤblein drein ge-
bracht moͤchte werden, hernach wuͤr-
den ſie im Ofen gebacken und zu uns ge-
ſendet. Zu mehrerer Beſcheinigung
ſeines Vorgebens, vermeldete er, daß
zwey Perſonen in Amſterdam waͤ-
ren, welche nichts anders thaͤten, als
dieſe kleine Steine nachmachen, wel-
ches ich dennoch durch Briefe nicht er-
fahren koͤnnen, ob ich gleich groſſen
Fleiß darauf gewendet.
Endlich moͤchte wohl was dran ſeyn,
indem doch unmoͤglich in Holland,
und an andern Orten ſo viel Krebſe
duͤrfften gefunden werden, aus den
man eine ſolche Menge dieſer Steine
ziehen koͤnte, als nur allein in Holland
verthan werden, maſſen ſchier kein ein-
tziger Hollaͤnder zu finden iſt, der ſie
nicht gebrauchen und immerfort im
Munde haben ſolte, ohne was noch zur
Artzney, wie auch in Franckreich und
an andern Orten davon verbrauchet
wird. Ja ich habe ſelbſt geſehen, daß
die Krebsaugen zu Paris ſo wohlfeil
geweſen, daß man nicht mehr als 20.
und 22. Sols fuͤr das Pfund gegeben.
Anders
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
Anders Theils aber kan ich auch nicht
wohl glauben, daß die Hollaͤnder, als
welche ſonſten klug und witzig genug
ſind, ſo einfaͤltig ſeyn ſolten, und fort
fuͤr fort eine Artzney gebrauchen, die
doch nur bloſe Erde waͤre. Weil ich
dann dieſes Dinges nicht recht kundig
werden koͤnnen, als will ich es den Ver-
ſtaͤndigern zu entſcheiden uͤberlaſſen,
indeſſen aber ſagen, daß ſie fein weiß
ſeyn ſollen, und ſo groß, als immer moͤg-
lich. Anietzo werden ſie ſtarck gebrau-
chet und ſehr hoch gehalten, abſonder-
lich, ſeit dem man verſpuͤret, daß ſie ein
kraͤftiges Alcali, und vermoͤgend ſind
das Erbrechen zu ſtillen: iedoch ſoll
man ſie nicht ehe gebrauchen, als bis
ſie gantz zarte gerieben worden, ſodann
nimmt man ſie, ohngefehr eines halben
Quintleins ſchwer, in warmer Bruͤhe
oder in einem andern tauglichen liquor
ein. Die allerkleinſten thut man in
die Augen, wenn etwas hineingefallen.
So hat auch der Herr Charras wieder
mich geſaget, wie daß er aus den Krebs-
ſteinen viel fluͤchtiges Saltzes und eine
Tinctur gezogen habe, erwehnet auch
derſelbigen in ſeiner Apotheckerkunſt
p. 797. welches ihm auch gantz gerne
glaube, maſſen er kein ſolcher Mann iſt,
der etwas fuͤrzugeben pfleget, das ſich
doch anders befinden duͤrffte. Wie-
wohl dieſes mit demjenigen, was obge-
dachter Medicus geſaget, nicht aller-
dings uͤbereinkommt; ſintemahl aus
der Erfahrung bekannt, daß Erde, die
keinen Geſchmack hat, als wie die weiſ-
ſe Hollaͤndiſche, weder Oel noch Saltz
geben kan. Zudem, wenn dieſe Krebs-
augen auf gluͤhende Kohlen geleget
werden, werden ſie ſchwartz und ver-
brennen, wie alle andere Beine.
Wir verkauffen auch, auſſer die
Krebsſteine, die Aſche von Krebſen,Krebsaſche.
welche mit leichter Muͤhe kan bereitet
werden; wenn man naͤmlich die Krebſe
in einem Topfe, der im Feuer aushaͤlt,
verbrennet: dieſelbige muß gelb ſehen,
und wohl zugerichtet ſeyn, weil die, wel-
che ſchwartz iſt, nichts taug, indem ſie
gar zu ſehr gebrannt iſt. Sie wird
aber wenig zur Artzney gebraucht, ohne
zu etlichen Galeniſchen compoſitionen,
z. E. zum Emplaſtr. mundificatio de apio,
welches der Laͤnge nach in der Pharma-
copœa des Herrn Verny, Apotheckers
zu Montpellier, mit dem zu ſprechen ich
mehrmahls die Ehre gehabt, beſchrie-
ben ſtehet. Er hat auch uͤber des Herrn
Bauderons, Apotheckers zu Macon,
commentiret.
BOutarc iſt der Rogen eines Fi-
ſches, den die Leute in Provence/
Muge oder Mujon nennen, und der
ſich haͤuffig in der Mittellaͤndiſchen
See antreffen laͤßt. Der allerbeſte
kommt von Tunis aus der Barbarey,
doch wird er auch zu Martegue, acht
Meilen von Marſeille/ gemacht. Der
am meiſten geachtet wird, ſieht roͤth-
licht, und wird an Faſttagen mit
Baumoͤl und Citronen geſpeiſet.
Der Caviaro, den wir aus Jtalien
kommen laſſen, derſelbe wird in Le-
vante an vielen Orten zubereitet, und
iſt ebenfalls der Rogen, oder die Eyer-
gen eines Fiſches, und wie etliche wol-
len, des Stoͤrs, welches ich doch nicht
ſo eigentlich bejahen kan. Will dem-
nach nur ſagen, daß er in Jtalien ſehr
ſtarck, in Franckreich aber ſehr wenig
gegeſſen werde, weil er eben als wie der
Boutare, und ſonderlich zu Paris
nicht ſo uͤbrig bekannt iſt.
DJeſer Fiſch wird von den Spani-
ern Phiburon, von den Hol-
laͤndern Hay/ und von den Frantzoſen
Requiem genennet, weil er die Men-
ſchen frißt, und dadurch verurſachet,
daß man ihrenthalben das Requiem an-
ſtimmen muß. Er ſieht gantz und gar
wie der Seehund.
Es iſt das allergefreßigſte Thier auf
der gantzen Welt: denn es iſt alles gut
Q q 2und
[]Der Spezereyen und Materialien
und tauglich, ob es auch gleich ein Stuͤ-
cke Holtz waͤre, wofern es nur mit ein
wenig Fette beſtrichen iſt. Er verſchlin-
get alles ungekaͤuet, iſt grauſam, ver-
wegen, und ſchießt bisweilen ans Ge-
ſtade, daß er auf der Droͤgte liegen
bleibt, nur damit er die voruͤbergehen-
den verſchlingen moͤge. Zuweilen beiſ-
ſen ſie in die Ruder, aus Verdruß, daß
ſie den Leuten im Canoe nicht beykom-
men koͤnnen.
Jn ſeinem Kopfe wird zwey oder
drey Loͤffel voll weiſſes Hirns gefunden,
welches ein gar vortrefliches Mittel
wider das Podagra iſt, wenn es ge-
trucknet, zu Pulver geſtoſſen, und in
blancken Weine eingenommen wird.
Aus ſeiner Leber wird Brennoͤl ge-
macht.
Der P. Tertre fuͤhrt einen langen
Diſcurs von dieſem Thiere, dahin ich
den Leſer will gewieſen haben. Etliche
nennen dieſen Fiſch Tubero, und andere,
den Fiſch mit zweyhundert Zaͤhnen:
er iſt ſo grauſam, daß er einem Men-
ſchen auf einen Biß den Schenckel ab-
beiſſen kan.
Uber alle dieſe Thiere, und deren
Theile, die wir bisanhero beſchrieben
haben, verkauffen wir auch, wiewohl
ſehr ſelten, die Beine von den Koͤpfen
der Tuberonen, der Crocodilen,
der Karpfen, Paͤrſche, und Plateis/
nebſt den Hechtzaͤhnen. Endlich iſt
auch den Spezereyhaͤndlern unverweh-
ret, allerhand Sorten geſaltzener Fiſche
bringen zu laſſen, und ſie ins groß oder
eintzeln zu verkauffen.
DJe Perlen ſind kleine runde oder
knortzichte Coͤrper, welche ſowohl
in Orient/ als in Occident in der See
gefunden werden. Es giebt aber ſehr
vielerley Arten der Perlen/ welche hoͤ-
her oder geringer geſchaͤtzet werden,
nachdem ſie naͤmlich groß und rund
ſind, ein ſchoͤnes Waſſer haben, und an
dieſem oder jenem Orte gefiſchet wer-
den: inmaſſen dieſes aus nachfolgen-
dem Diſcurs wird zu vernehmen ſeyn.
Weil auch der Herr Tavernier auf ſei-
nen Reiſen gar fleißig darnach gefor-
ſchet, deswegen habe ich den Leſer in
ſein Buch nicht weiſen, ſondern viel lie-
ber allhier erzehlen wollen, was er fol-
gender Geſtalt daon aufgezeichnet hat.
Es giebt ſowohl in dem morgen-als
abendlaͤndiſchen Meere Perlen: Und
ob ich ſchon in America nicht geweſen
bin, will ich doch dem Leſer zu Gefal-
len, und auch, damit von dieſer Ma-
terie nichts ausgelaſſen werde, alle Oer-
ter erzehlen, an den es Perlenfiſche-
reyen giebet, und bey den orientaliſchen
anheben.
Erſtlich iſt eine Perlenfiſcherey um
die Gegend der Jnſel Bahren im Per-
ſiſchen Seebuſen. Dieſe gehoͤrt dem
Koͤnige in Perſien, und hat eine gute
Feſtung, in welcher er eine Beſatzung
von dreyhundert Mann unterhaͤlt.
Das Waſſer, das auf dieſer Jnſel und
an dem Perſiſchen Seeſtrande getrun-
cken wird, iſt als wie geſaltzen, und
ſchmeckt haͤßlich; es koͤnnens auch nur
allein die Jnnlaͤndiſchen trincken. Den
Fremden aber koſtets genug, wenn ſie
gutes haben wollen, denn man muß
daſſelbe in der See, bey nahe ein bis
zwey Meilen vom Lande ab, ſchoͤpfen.
Die es nun hohlen, deren muͤſſen fuͤnff
bis ſechſe in einer Barcke ſeyn, und ei-
ner oder zwo muͤſſen ſich ins Meer hin-
ablaſſen, mit einer oder zwo Flaſchen,
die ſie am Guͤrtel hangen haben, und
dieſelben mit Waſſer anfuͤllen, und da-
rauf wohl verſtopfen: denn ohngefehr
zwey oder drey Fuß vom Grunde des
Meeres iſt das Waſſer ſuͤſſe und treflich
gut zum trincken. Wann dann dieje-
nigen, die ſich in den Grund der See
hinabgelaſſen, das Waſſer geſchoͤpfet,
und an dem Seile ziehen, welches an
einen Mann, der im Schiffe geblieben,
angebunden iſt, ſo geben ſie das Zeichen,
daß ſie ihre Geſellen wiederum herauf
ziehen ſollen.
Als die Portugieſen Ormus und
Maskata annoch beſaſſen, muſte ein
iedes Fiſcherſchifflein einen Paß von ih-
nen nehmen, welcher fuͤnff Abaßis ko-
ſtete, ſie aber hielten iederzeit viel Bri-
gantinen, diejenigen in Grund zu boh-
ren, die keinen Paß von ihnen nehmen
wolten. Seit dem aber die Portugi-
ſen
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ſen nicht mehr ſo maͤchtig auf dem Gol-
ſo ſind, auch die Araber Maskate
wiederum eingenommen, zahlet ein
ieder, der auf die Fiſcherey ausgehet,
dem Koͤnige in Perſien funffzehn Abaſ-
ſis, er mag nun viel oder wenig fangen.
Auch giebt der Kauffmann dem Koͤnige
etwas weniges von tauſend Auſtern.
Die andere Perlenfiſcherey iſt gerade
gegen Bahren uͤber, an der Kuͤſte des
gluͤcklichen Arabiens/ nahe bey der
Stadt Catifa/ welche nebſt dem gan-
tzen umliegenden Lande einem Arabi-
ſchen Fuͤrſten zuſtehet. Alle Perlen,
die an dieſen Orten gefiſchet werden,
werden meiſtentheils nach Jndien ver-
kaufft, denn die Jndianer ſind nicht ſo
eigenſinnig wie wir, es gehet dorten al-
les leichtlich mit durch, die eckigten ſo
wohl als die runden, und wird alles
nach ſeinem Werthe los. So werden
auch Perlen nach Balſara gefuͤhret.
Die nach Perſien und Moßkau ge-
hen, werden zu Bander Congo/ zwey
Meilen von Ormus, verkaufft. An
allen dieſen obgedachten Orten, und an-
derswo in Aſien, lieben ſie das Waſ-
ſer, das ſich in etwas aufs gelbe ziehet,
und zwar eben ſo ſehr, als ein weiſſes,
denn ſie ſprechen, daß die Perlen, deren
Waſſer ein wenig vergoldet iſt, allezeit
lebhaft verblieben, und ſich niemahls
nicht aͤnderten; die weiſſen hingegen
dauerten nicht dreyßig Jahr, alsdann
verloͤhren ſie ihre Lebhaftigkeit, und
naͤhmen von der Hitze des Landes, und
dem Schweiß der Leute, eine garſtige
gelbe Farbe an.
Bevor ich aus dem Meerbuſen, bey
Ormus ſcheide, will ich diejenige ver-
wunderns wuͤrdige Perle, welche der A-
rabiſche Fuͤrſte, der den Poꝛtugiſen Mas-
kata abgenommen, beſitzet, etwas weit-
laͤufftiger beſchreiben, weder ich in mei-
ner Perſiſchen Reiſebeſchꝛeibung gethan
habe. Er lies ſich dazumahl Jmenect,
Fuͤrſt von Maskate nennen, da er zuvor
Aceph Ben Ali/ Fuͤrſt von Norenwar
geheiſſen. Es iſt zwar nur eine kleine
Landſchaft, allein die allerbeſte im gan-
tzen gluͤcklichen Arabien. Denn da-
ſelbſt waͤchſt alles, was zu des Menſchen
Leben noͤthig iſt, und inſonderheit die
ſchoͤnſten Fruͤchte, und bevoraus gar
herrliche Trauben, aus denen man ei-
nen recht guten Wein ſolte machen koͤn-
nen. Und dieſer iſt derjenige Fuͤrſte,
welcher die allerſchoͤnſte Perle in der
gantzen Welt hat, nicht zwar wegen ih-
rer Groͤſſe, maſſen ſie nicht mehr als
zwoͤlff Karat waͤget, auch nicht um ih-
rer vollkommenen Runde willen, ſon-
dern, weil ſie dermaſſen durchſichtig iſt,
daß man bey nahe den Tag dadurch er-
blicken kan. Wie nun der Meerbuſen
gegen Ormus uͤber kaum zwoͤlff Mei-
len breit iſt, von dem gluͤcklichen Ara-
bien an bis an die Perſiſche Kuͤſte, und
die Araber mit den Perſianern Friede
hatten, ſo beſuchte der Fuͤrſt von Mas-
kate den Chan von Ormus, der ihn aufs
praͤchtigſte bewirthete, auch die Holl-
und Englaͤnder, nebſt einigen Frantzo-
ſen, unter denen ich mich zugleich befan-
de, zu dieſem Panquet mit einlude. Zu
Ende des Gaſtgebots zoge der Fuͤrſte
dieſe Perle aus einem kleinen Beutel,
den er am Halſe hangen hatte, hervor,
und wieſe ſie den Chan zuſamt der gan-
tzen Geſellſchaft. Der Chan wolte ſie
vor den Koͤnig in Perſien zum Praͤſent
erkauffen, und bot ihm bis zwey tau-
ſend Tomans drauf: allein er wolte ſie
nicht laſſen. Hernach bin ich mit einem
Banianiſchen Kauffmanne uͤber die
See gereiſet, den der Groſſe Mogul an
dieſen Fuͤrſten abgeſchickt, und ihm vier
tauſend Thaler bieten laſſen, die er aber
nicht annehmen wollen. Aus dieſer
Begebenheit kan man zur Gnuͤge erſe-
hen, daß einer nicht allemahl, was ſchoͤn
iſt, nach Europa fuͤhren darff, ſondern
vielmehr aus Europa nach Aſien, als
wie ich gethan habe, weil allda viel auf
Edelgeſtein und Perlen gehalten wird,
wenn dieſelben von einer ungewoͤhnli-
chen Schoͤnheit ſind: nur in China
und Japan fragt man nichts im gering-
ſten darnach.
Es iſt noch ein anderer Ort im Ori-
ent, woſelbſt es eine Perlenfiſcherey
hat, und zwar in der See, welche einen
groſſen Flecken auf der Jnſel Ceylon,
Manaar genannt, beſpielet. Dieſe
Perlen ſind wohl die allerſchoͤnſten,
was das Waſſer anbelangt, und die
Runde, vor allen andern, allein man
findet ihrer gar ſelten, welche mehr als
drey oder vier Karat waͤgen ſolten.
Endlich giebt es auch an der Japa-
Q q 3niſchen
[]Der Spezereyen und Materialien
niſchen Kuͤſte Perlen von ſehr ſchoͤ-
nem Waſſer und ziemlicher Groͤſſe, al-
lein ſie ſind gar hoͤckricht, und werden
auch nicht gefiſchet, weil die Japaner
nichts nicht auf Edelgeſteine halten.
Ob auch gleich die Perlen, die um
Bahren und bey Catifa gefunden
werden, ſich ein wenig aufs gelbe zie-
hen, dennoch werden ſie ſo hoch geſchaͤ-
tzet, als die von Manaar/ wie allbereit
erinnert worden: und man ſagt im
gantzen Orient, daß ſie zeitig oder recht
reiff waͤren, und die Farbe niemahls
aͤnderten.
Nun komme ich zu den Perlen-
fiſchereyen im Occident/ welche ſich
alle in dem groſſen Golf von Mexico/
langs der Kuͤſte von Neuſpanien befin-
den, und ſind an der Zahl fuͤnffe, wel-
che von Morgen gegen Abend zu auf
einander folgen.
Die erſte liegt langs der Jnſel Cu-
bagua/ hat nur drey Meilen im Be-
zirck, und liegt ohngefehr fuͤnff Mei-
len vom feſten Lande ab. Sie liegt
auf zehn und einen halben Grad der
Nordlichen Breite, und 160. Meilen
von S. Domingo auf der Jnſel Hiſpa-
niola. Das Land iſt trefflich unfrucht-
bar, und hat an allem und ieden Man-
gel, inſonderheit aber an Waſſer, wel-
ches die Einwohner von dem veſten
Lande hohlen muͤſſen. Dieſe Jnſel iſt
im gantzen Occident beruffen, weil die
allermeiſten Perlen daſelbſt gefiſchet
werden, obwohl die groͤſſeſten nicht
uͤber fuͤnff Karat waͤgen.
Die zweyte Perlenfiſcherey iſt bey
der Jnſel Margarita, oder der Per-
leninſel, eine Meile von Cubagua, wel-
che ſie an der Groͤſſe uͤbertrifft. Sie
bringt alles, was zu des Lebens Noth-
durft gehoͤret, fehlet ihr auch nicht, als
wie der Jnſel Cubagua, an Waſſer,
welches aus dem Fluß Cumana, nahe
bey der Stadt Neu Cadix, gehohlet
werden muß. Dieſe Fiſcherey iſt zwar
unter den fuͤnff Americaniſchen Per-
lenfiſchereyen nicht die reichſte, ieden-
noch wird ſie vor die vornehmſte gehal-
ten, weil die Perlen/ die allda gefun-
den werden, viel vollkommener ſind,
denn die andern, ſowohl was das Waſ-
ſer, als auch die Groͤſſe anbetrifft. Von
dieſen letztern habe ich eine in Haͤnden
gehabt, welche wie eine Birne geſtalt
war, und ein ſchoͤnes Waſſer hatte:
ſie wug 55. Karat, und ich verkauffte
ſie dem Cha-Eſt-Chan, des groſſen
Mogols Oheim.
Es werden ſich ihrer viel verwun-
dern, daß man die Perlen aus Europa
nach dem Orient verfuͤhret, von da-
her ſie doch in Menge kommen. Al-
lein man muß wiſſen, daß keine ſo ſchwe-
re Perlen in den orientaliſchen Fiſche-
reyen, als wie in den occidentaliſchen
gefunden werden. Dazu bezahlen die
Koͤnige und groſſe Herren daſelbſt weit
beſſer, als in Europa, nicht allein die
Perlen, ſondern auch andere Juweelen,
wenn ſie nur etwas ſonderlich ſchoͤ-
nes an ſich haben; doch werden die Dia-
manten hievon ausgenommen.
Die dritte Perlenfiſcherey iſt zu Co-
mogota, gantz nahe am feſten Lande.
Die vierte im Fluſſe la Hache/ langs
an derſelben Kuͤſte hin.
Die fuͤnffte iſt bey S. Martha/ ſech-
tzig Meilen vom erſtgenannten Fluß.
Dieſe drey Fiſchereyen bringen insge-
geſamt ſchwere Perlen, allein ſie ſind
gemeiniglich ungeſtalt, und haben ein
bleyfarbichtes Waſſer.
Was endlich die Schottiſchen Per-
len belanget, ingleichen die, welche in
Bayern in einem Fluſſe gefunden wer-
den, dieſelben kommen gar in keine Ver-
gleichung mit denen oriental- und occi-
dentaliſchen, obſchon Halsbaͤnder zu
tauſend Thalern, und druͤber, daraus
verfertiget werden.
Vielleicht, daß auch noch keiner von
denenjenigen, welche vor mir die Per-
len beſchrieben haben, angemercket hat,
daß vor einigen Jahren eine Perlen-
fiſcherey an einem gewiſſen Orte auf
der Japaniſchen Kuͤſte iſt entdecket wor-
den, davon ich auch etliche geſehen ha-
be, welche die Hollaͤnder mit heraus
gebracht. Sie haben ein ſehr ſchoͤnes
Waſſer, und man findet auch groſſe
drunter, ſo aber alle mit einander eckigt
ſind. Die Japaner machen kein
Werck von den Perlen, ſonſt, wenn
ſie ein wenig begierig darnach waͤren,
koͤnte man doch wohl einige Baͤncke ent-
decken, auf den noch ſchoͤnere duͤrften
angetroffen werden.
Ehe denn ich aber dieſes Capitel be-
ſchlieſſe,
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ſchlieſſe, will ich noch etwas recht merck-
wuͤrdiges anfuͤhren, den Unterſchied der
Perlen und ihres Waſſers betreffend,
indem einige ſehr weiß ſind, andere aber
ſich aufs gelbe ziehen, und wieder an-
dere aufs ſchwartze, welche gar bleyhaft
ſehen. Was dieſe letztern anlanget, die-
ſelben werden nur alleine in America
gefunden, und kommt blos von der Be-
ſchaffenheit des Grundes her, welcher
allhier mehr ſchlammicht iſt, als im
Orient. Einsmahls fanden ſich nach
Zuruͤckkunft der Spaniſchen Gallio-
nen unter derjenigen Schiffsladung,
bey welcher der ſo beruͤhmte Juwelirer
Jardin auch einen Theil hatte, ſechs
vollkommen runde Perlen, die aber ſo
ſchwartz waren, als ein Gagat, und ei-
ne in die andere gerechnet, zwoͤlff Karat
wugen. Er gab ſie mir zwar nebſt
noch mehr andern Dingen, daß ich ſie
mit nach Orient nehmen ſolte, und zu-
ſehen, ob ich ihrer los werden koͤnte;
allein ich brachte ſie ihm wieder mit zu-
ruͤcke, weil ſie niemand gefallen wolten.
Was die gelblichten betrifft, ſo kommt
dieſes daher, daß die Fiſcher die Perlen-
muſcheln hauffen weiſe verkauffen, die
Kauffleute aber bisweilen vierzehen
Tage und laͤnger warten, bis ſie ſich ſel-
ber oͤffnen, damit ſie die Perlen heraus
nehmen koͤnnen, da dann einige von
dieſen Muſcheln ihr Waſſer gehen laſ-
ſen, verderben und werden ſtinckend:
das Perlein aber wird dadurch ange-
ſteckt und gelb, welches gantz gewiß iſt,
denn in allen Muſcheln, die ihr Waſſer
behalten, ſind die Perlen weiß. Oder
aber, man wartet darum ſo lange, bis
ſich die Muſcheln ſelbſt aufthun, weilen
ſonſt die Perlen Schaden moͤchten neh-
men und zerſprenget werden, wenn
man die Perlenauſtern, als wie die an-
dern, mit Gewalt aufmachen wolte.
Die Auſtern aus der Enge bey Ma-
naar oͤffnen ſich, natuͤrlicher Weiſe,
fuͤnff oder ſechs Tage eher, dann die aus
dem Perſianiſchen Golfo, dieweil die
Hitze zu Manaar viel groͤſſer iſt, indem
es unter dem zehenden Grad der Nor-
derbreite liegt, als auf der Jnſel Bah-
ren, die ohngefehr auf 27. Graden liegt.
Und aus dieſer Urſachen finden ſich gar
wenig gelbe unter denen, die von Ma-
naar kommen. Endlich habe ich auch
beobachtet, daß alle Orientaliſche Voͤl-
cker der weiſſen Farbe halber mit uns
einig ſind, denn ſie lieben die weiſſeſten
Perlen, die weiſſeſten Diamanten, das
weiſſeſte Brod, und das weiſſeſte Frau-
enzimmer gantz ungemein.
JCh weiß ſehr wohl, daß die meiſten
glauben, die Perlen wuͤrden, nach
dem Zeugnuͤß etlicher alter Scriben-
ten, die der Sache nicht recht kundig ge-
weſen, von dem Thau des Himmels er-
zielet, und daß mehr nicht als eine eintzi-
ge Perle in einer Auſter befindlich waͤ-
re: allein die Erfahrung bezeuget das
Gegentheil. Denn was das erſte anbe-
trifft, ſo kommt die Auſter gar nie vom
Grunde des Meeres, und dahin kan der
Thau nicht tringen, wie man dann oft-
mahls wohl zwoͤlff Klafftern tieff unter-
tauchen muß; davon wir bald ein meh-
rers vernehmen wollen. Vor das an-
dere aber iſt gewiß, daß bis zu ſechs und
ſieben Perlen in einer einigen Muſchel
gefunden werden: wie ich dann eine in
Haͤnden habe, in welcher wohl zehen
Stuͤck waren, die nunmehr ſolten for-
miret werden. Das iſt wahr, daß ſie
nicht alle von einer Groͤſſe ſind, indem
ſie in den Muſcheln, gleich als die Eyer
in dem Leibe der Huͤner gezeuget wer-
den. Gleichwie nun das groͤſte Ey ſich
am erſten nach dem Ausgange begiebet,
und am erſten hervor tringet, die klei-
nern aber annoch zuruͤcke bleiben, bis
ſie voͤllig formiret worden; eben alſo
kommt auch die groͤſte Perle zu aller-
erſt hervor, indeſſen die andern und
kleinern, die ihre Vollkommenheit noch
nicht erhalten, unter der Auſter, am
Grunde der Schale, liegen bleiben, bis
ſie die Groͤſſe erlanget, die ihnen die Na-
tur mittheilen kan. Doch darff man
auch darum nicht gleich ſagen, daß in
allen Muſcheln Perlen zu finden waͤ-
ren;
[]Der Spezereyen und Materialien
ren, ſintemahl ihrer viele geoͤffnet wer-
den, in denen nicht eine gefunden wird.
Jm uͤbrigen muß man ſich auch nicht
einbilden, ob ſey es ein ſo herrlich Thun
um die Perlenfiſcher: denn, wenn dieſe
armen Leute etwas anders vorzuneh-
men wuͤſten, wuͤrden ſie gewißlich dieſe
Fiſcherey, welche bloͤslich verhin-
dert, daß ſie nicht gar Hungers
ſterben, alſofort verlaſſen. Jn der
Perſianiſchen Reiſebeſchreibung habe
ich erinnert, daß das Land von Balſa-
ra an bis an das Cap von Jaſque,
diß- und jenſeits des Perſiſchen Seebu-
ſens, gantz und gar nichts trage. Das
Volck iſt allda ſo arm, und lebet ſo elen-
diglich, daß es weder Brod noch Reiß zu
ſehen bekommt, ſondern nur mit Dat-
teln und geſaltzenen Fiſchen ſein Leben
erhalten muß: ſo reiſet man auch wohl
zwantzig Meilen zu Lande, ehe man ein
Kraͤutlein zu ſehen bekommt.
Jm Orient geſchiehet die Fiſcherey
des Jahres zweymahl, erſtlich im Mertz
und April, und hernach im Auguſt und
September: der Handel aber waͤhret
vom Junius bis in den November.
Doch geſchicht dieſe Fiſcherey nicht alle
Jahr: denn diejenigen, welche fiſchen
laſſen, wollen zuvor wiſſen, ob ſie auch
ihre Rechnung dabey finden moͤchten.
Damit ſie nun nicht zu kurtz kommen,
dannenhero ſenden ſie ſieben oder acht
Nachen auf die Baͤncke, woſelbſt gefi-
ſchet wird, von denen iedweder ein tau-
ſend Auſtern zuruͤcke bringt. Dieſel-
ben oͤffnen ſie, und wenn in iedem tau-
ſend Auſtern nicht fuͤr fuͤnff Fanos Per-
len gefunden werden, welches nach un-
ſerm Gelde einen halben Thaler be-
traͤgt, ſo iſt es ein Zeichen, daß die Fiſche-
rey nicht gut ſeyn werde, und die armen
Leute koͤnten die Unkoſten, die ſie drauf
wenden muͤſſen, nicht wieder daraus be-
kommen: denn ſie nehmen, ſowohl zu
ihrer Ausruͤſtung, als auch zu ihrem
Unterhalt, Geld auf, gegen drey und
vier vom hundert des Monats. Wann
derohalben das tauſend Auſtern nicht
fuͤr fuͤnff Fanos Perlen geben, ſo fiſchen
ſie daſſelbige Jahr nicht. Die Kauff-
leute aber muͤſſen die Auſtern auf gera-
the wohl kauffen, und ſich mit dem, was
ſie darinne finden, begnuͤgen laſſen.
Demnach iſt es ein groſſes Gluͤck fuͤr ſie,
wenn ſie groſſe Perlen finden: welches
iedoch gar ſelten geſchicht, abſonderlich
zu Manaar/ woſelbſt es, wie oben be-
reits erwaͤhnet, gar nichts groſſes gie-
bet, ſondern nur meiſtentheils Lot-
perlen/ die zum pulveriſiren dienen.
Unterweilen befinden ſich einige drun-
ter von einem halben und gantzen
Gran: ein groß Gluͤcke aber iſts, wann
etliche von zwey und drey Gran dabey.
Es giebt Jahre, da das tauſend Auſtern
bis zu ſieben Fanos gilt, und der Fang
ſich auf 100000. Piaſter, und druͤber
belauft. Weil die Portugiſen annoch
Herren uͤber Manaar waren, nahmen
ſie von iedem Schiffe ein gewiſſes: ſeit
dem ſie aber von den Hollaͤndern ih-
nen abgenommen iſt, ziehen dieſe von
iedwedem Taucher acht, auch zuweilen
wohl neun Piaſter: welches ihnen in
den beſten Jahren bis 17200. Realen
eingetragen. Die Urſach aber, und
warum die Portugiſen dergleichen Tri-
but von dieſen armen Leuten nahmen,
welches die Hollaͤnder auch noch bis da-
to thun, iſt dieſe, weil ſie dieſelben wi-
der ihre Feinde, die Malabaren be-
ſchuͤtzen muͤſſen, welche mit ihren be-
waffneten Schiffen kommen, und dieſe
Fiſcher zu fahen und zu Sclaven zu
machen trachten. So lange nun die
Fiſcherey waͤhret, ſo lange halten die
Hollaͤnder zwey oder drey geruͤſtete
Barquen in See, um dieſelbige Gegend,
und verſchaffen alſo, daß ſie in Friede
fiſchen koͤnnen. Dieſe Fiſcher ſind der
mehrere Theil Goͤtzendiener, wiewohl
es auch Mahometaner drunter giebet;
iedoch dieſe haben ihꝛe beſonderen Schif-
fe, und mengen ſich nicht unter jene:
die Hollaͤnder nehmen von dieſen mehr
als von jenen: denn auſſer dem, daß ſie
eben ſoviel zahlen muͤſſen als die Hey-
den, muͤſſen ſie auch noch einen gantzen
Tag fuͤr die Hollaͤnder fiſchen, welchen
Tag dieſe wollen.
Je mehr Regen des Jahres faͤllt, ie
beſſer iſt der Perlenfang. Zwar haben
ſich viel eingebildet, daß die Perlen viel
weiſſer waͤren, wenn die Auſtern fein
tieff am Grunde ſich befaͤnden, dieweil
daſelbſt das Waſſer nicht alſo heiß ſey,
und die Sonne nicht bis dahin und auf
den Grund der See zu treffen vermoͤge:
allein dieſen Jrrthum muß man fah-
ren
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ren laſſen. Man fiſchet von vier bis
zu zwoͤlff Klafftern tieff, auf ſolchen
Baͤncken, darauf ſich zuweilen gegen
dritthalb hundert Barquen befinden.
Auf den meiſten iſt nur ein Taucher,
auf den groͤſten aber ſind ihrer zwey.
Dieſe Barqven fahren alle Tage vor
der Sonnen Aufgang vom Strande
ab, mit einem Landwinde, der niemahls
mangelt, und bis um zehen Uhr vormit-
tage anhaͤlt. Nachmittage kehren ſie
wieder mit einer Seeluft zuruͤcke, wel-
che auf den Landwind folget, und un-
fehlbar allezeit gegen eilff oder zwoͤlff
Uhr entſtehet, ſobald nur der andere
aufhoͤret. Die Baͤncke, darauf ſie
fiſchen, liegen fuͤnff oder ſechs Meilen
in der See, und wenn ſie drauf ſind, ſo
verfahren ſie auf folgende Weiſe mit
dem fiſchen.
Sie binden den Tauchern einen
Strick unter die Arme, welchen dieje-
nigen, die im Schiffe verbleiben, bey
dem einen Ende veſt halten. Jene ha-
ben einen groſſen Stein von achtzehn
bis zu zwantzig Pfund an der groſſen
Zaͤhe hencken, welchen die im Schiffe
gleichergeſtalt halten. So hat der Tau-
cher auch ein Netz, als wie einen Sack,
ſo obenher an einen Reiffen veſte gema-
chet iſt, damit es ſtets offen verbleibe,
und dieſes iſt gleichergeſtalt angebun-
den. Alsdann ſenckt er ſich in die See,
machet den Stein, durch deſſen Schwe-
re er gar bald auf den Grund gelanget,
geſchwinde los, und die in der Barque
ziehen ihn wiederum hinauf. So lan-
ge der Taucher den Athem halten kan,
thut er Auſtern in das Netze: wenn er
aber vermercket, daß es nicht laͤnger gut
thun will, ſo ziehet er an dem Stricke,
der ihm unter die Arme gebunden iſt,
zum Zeichen, daß ſie ihn wiederum her-
auf ziehen ſollen, welches dañ von denen
in der Barque aufs behendeſte verrich-
tet wird. Die von Manaar ſind ge-
ſchickter zu dieſer Fiſcherey, als die Fi-
ſcher von Bahren und Catifa, denn ſie
klemmen die Naſe nicht ein, ſtecken auch
keine Baumwolle in die Ohren, damit
das Waſſer nicht hinein tringen koͤnne,
als wie die im Perſiſchen Seebuſem
thun.
Nachdem ſie den Taucher wieder ins
Schiff genommen, ziehen ſie auch das
Netz mit den Muſcheln herauf: indeſ-
ſen verlaufft ohngefehr eine Viertheil-
ſtunde, bis ſie die Auſtern heraus ge-
nommen haben, und der Taucher wie-
der zu Athem gekommen, alsdann keh-
ret er abermahls nach dem Grunde der
See, wie zuvor, und treibet dieſes in
zehen oder zwoͤlff Stunden etliche mahl,
darnach kehrt er wieder zu Lande. Die-
jenigen nun, welche Geld benoͤthigt
ſind, verkauffen alſofort, was ſie ge-
fiſchet: die aber noch zu leben haben, be-
halten ihre Auſtern, bis die Fiſcherey
ein Ende hat, und laſſen ſie uneroͤffnet
liegen, denn wenn ſie anheben zu ver-
derben, thun ſie ſich ſelbſt auf. Es giebt
Schalen drunter, die wohl viermahl
ſo groß ſind als unſre Auſterſchalen zu
Rouan: das Fleiſch aber, welches, wie
gedacht, garſtig und ungeſchmack, wird
weggeworffen und nicht gegeſſen.
Zum Beſchluß dieſer Erzehlung die-
net zu mercken, daß die Perlen in gantz
Europa nach dem Karat verkauffet
werden. Diß iſt ein Gewichte von vier
Gran, als wie das Diamantgewichte.
Jn Perſien aber wiegt man ſie mit
Abas, welches ein Achttheil weniger
iſt als ein Karat. Jn Jndien, bevor-
aus in den Laͤndern des Groſſen Mo-
gols/ und der Koͤnige von Golconda
und Viſapour werden ſie mit Ratis
ausgewogen, ſo gleicher geſtalt ein Acht-
theil weniger iſt denn ein Karat.
Goa war ehemahls der Platz, wo-
ſelbſt die groͤſte Handlung im gantzen
Aſien getrieben wurde, was anlanget
die Diamanten, Rubinen, Sapphiren,
Topaſen und andere Edelgeſteine. Alle
Graͤber und Kauffleute kamen dahin,
daß ſie daſelbſt verkauffen moͤchten,
was ſie ſchoͤnes aus den Gruben mitge-
bracht, dieweil ſie an ſelbigem Orte alle
Freyheit zu handeln hatten; dahinge-
gen muſten ſie in ihrem Lande den Koͤni-
gen und Fuͤrſten alles, was ſie ihnen ge-
zeiget, um einen ſelbſt beliebigen Preiß
uͤberlaſſen. So war auch der groͤſte
Perlenhandel zu Goa, ſo wohl mit de-
nen, die aus der Jnſel Bahren und
dem Perſiſchen Seebuſen gekommen,
als auch, welche in der Enge bey Ma-
naar/ auf der Kuͤſte von Ceylon ge-
fiſchet, oder auch aus America gebꝛacht
worden. Man muß demnach wiſſen,
R rdaß
[]Der Spezereyen und Materialien
daß die Portugiſen zu Goa, und in
allen andern Orten, welche ſie in Jn-
dien beſitzen, etwas beſonders haben,
desgleichen man an keinem Orte, wo
Perlen verkauffet werden, finden wird,
weder in Aſien/ noch in America, noch
in Europa. Von Africa ſage ich
nichts, denn allda iſt dieſe Waare gantz
unbekannt, und in dieſem Theile der
Welt ſind die Weiber mit einem Stuͤcke
Cryſtall, an ſtatt der Juwelen vergnuͤ-
get und zufrieden, oder aber mit etlichen
falſchen Corallkoͤrnern, oder mit Agt-
ſtein, davon ſie Hals- und Armbaͤnder
machen, und dieſelbe um die Arme und
Beine legen.
Und alſo verkauffen die Portugiſen
uͤberalle in Jndien/ wo ſie zu befehlen
haben, die Perlen/ nach einem gewiſ-
ſen Gewichte, welches ſie Cingos nen-
nen: ſie hergegen kauffen ſie von den
Handelsleuten nach dem Karat, Aboes
und Ratis, nachdem ſie naͤmlich hier
oder dorther gebracht werden.
Diejenigen Perlen, die wir verkauf-
fen, werden Lotperlen genennet,
auch Perlen zum ſtoſſen und puͤlvern
Perlenſamen.und reiben, ingleichen Perlenſamen/
nicht als ob ſie andere hervorbringen
koͤnten, ſondern, weil ſie ſo klein ſind.
Sie muͤſſen aber, ſollen ſie gebuͤhrend
beſchaffen ſeyn, hell und klar, und ori-
ental ſeyn: dagegen ſoll man die, wel-
che matt und blaß ſehen, und voll Un-
reinigkeit ſind, verwerffen. Nun finden
ſich ſo vielerley Perlenſamen, daß ich
ſie nicht alle wuͤrde beſchreiben koͤnnen:
dieweil aber keine anderen zur Artzney
ſollen genommen werden, als diejeni-
gen, welche oriental ſind; derowegen
ſoll man alle die andern verwerffen, in-
ſonderheit die kleinen runden, die als
wie Mehl ſehen, und insgemein Schot-
tiſche oder Bruſſelſche Perlen genen-Schottiſche
oder Bruͤſſel-
ſche Perlen.
net, weil ſie nur Glas ſind. Jm uͤbri-
gen liegt an der Groͤſſe nichts, wenn
ſie nur ein ſchoͤnes Waſſer haben, und
gewiß oriental ſind.
Die Perlen werden zu den hertzſtaͤr-
ckenden Traͤncklein und andern Artz-
neyen gebraucht und genommen, doch
muͤſſen ſie gantz zarte gerieben ſeyn.
Das Frauenzimmer braucht ſie auch,
und ſchmincket ſich damit.
Aus den Orientaliſchen PerlenMagiſterium,
Saltz und
Oel von den
Perlen/ auch
andere præ-
parationes
mehr.
wird vermittelſt eines oder des andern
Sauern oder andern liquoribus und
Saͤften, ein Perlenſaltz/ wie auch ein
Magiſterium gemacht, und denenſelben
gar groſſe Eigenſchafften zugeſchrieben.
Weil nun beyde ſehr koſtbare Waaren
ſind, dannenhero moͤgen diejenigen, die
ihrer benoͤthiget, dieſelben nirgends,
als bey rechtſchaffenen Leuten kauffen.
Das Perlenoͤl betreffend, daſſelbige iſt
nichts anders, als das im Keller gefloſ-
ſene Perlenſaltz, dem man den Namen
Perlenoͤl, und im Keller gefloſſenes
Perlenoͤl, per deliquium, gegeben. Es
giebt auch ſonſt noch ein Hauffen ande-
re, in der bloſſen Einbildung beſtehende
Zubereitungen und præparationes der
Perlen, Arcana, Flores, Spiritus, Eſſen-
tzen, Tincturen, und dergleichen mehr,
welche aber viel ehe, die Narren ums
Geld zu ſchnaͤutzen taugen, als daß ſie
einige Huͤlffe leiſten ſolten. Die aller-
beſte Bereitung der Perlen iſt, wenn ſie
wohl gerieben werden.
WJr verkauffen zu Paris gar groſſe
Auſterſchalen, welche auswendig
grau und rauh ſind, inwendig aber
weiß, und ſo etwas gruͤnlicht, denen
man, wiewohl mit hoͤchſtem Unrecht,
den Titel Perlenmutter/ beygeleget:
und zwar nicht deswegen, als ob die
Perlen in ihnen gezeuget wuͤrden, wie
doch ihrer viele glauben, ſondern, weil
ſie inwendig die Farbe und Waſſer wie
die Orientaliſchen Perlen haben, wie
auch auswendig, wenn man ſie mit
Scheidewaſſer abgeputzt.
Aus dieſen Schalen wird allerhand
gemacht, viele aber praͤpariren und
reiben ſie klein, machen hernachmahls
trochiſcos und Kuͤchlein draus, die ſie
alsdann fuͤr praͤparirte Perlen ver-
kauffen.
Figure 344. Falſche Zahnſchnecke. F. 396. p. 630. Figure 345. Falſche Zahnſchnecke. F. 395. p. 630. Figure 346. Rechte Zahnſchnecke. F. 394. p. 629. | Figure 347. Porzellanſchnecken. F. 393. p. 630. | Figure 348. Salſche Perlenmutter F. 392. p. 627. | Figure 349. Rechte Perlenmutter Schale. F. 392. p. 627. Figure 350. Seine Perlen F. 390. p. 625. |
Figure 351. Jndianiſche Muſchelſchalendeckel. F. 402. p. 633. Figure 352. Nerita. F. 401. p. 632. Figure 353. Solen. F. 403. p. 633. | Figure 354. Kleine Meernabel. F. 399 p. 631. Figure 355. Groß F. 400. p. 631. | Figure 356. Falſche Purpurſchttecke. F. 398. p. 629. Figure 357. Rechte Purpurſchttecke F. 397. p. 629. | |
WAs wir Porcelaines en coquillage, und
die LateinerConcha venerea nen-
nen, das ſind kleine weiſſe Schnecken-
haͤuslein, die uns von unterſchiedlichen
Orten, aus Oſt- und Weſtindien
uͤberbracht werden, und als wie Pater-
noſter angereihet oder angehencket ſind;
ſo daß in einem Paquet, darinne viel
dergleichen Gehencke liegen, mehr als
tauſend dergleichen Schneckenhaͤuslein
befindlich ſind. Die Siammer,
Arouarger und die Einwohner in
Neuſpanien bedienen ſich dieſer klei-
nen Schneckenſchalen, als wie wir der
Muͤntze. Dieſe Haͤuslein haben in
der Artzney keinen andern Nutzen, als
daß ſie zu ein und andern Galeniſchen
Artzneyen genommen werden, und
man braucht ſie, wenn ſie zuvor, als
wie die Perlen, wohl abgerieben wor-
den ſind.
Was ihre Wahl betrifft, da muß
man die kleineſt- und weiſſeſten ausle-
ſen.
Es giebt zwar noch mehr Schnecken-
ſchalen, welche auch Porzellanſchne-
cken genennet, und von Jonſton ſehr
wohl beſchrieben werden: allein, weil
man keine andere gebrauchen ſoll, als
welche bey den Perlen abgebildet zu ſe-Siehe Fig. 393.
hen ſind, ſo habe ich auch nicht noͤthig
der andern Beſchreibung hieher zu ſe-
tzen.
DJe wahrhafte Zahnſchnecke/Den-
talium, und nicht Dentalis, wie ei-
nige wollen, iſt ein kleines Roͤhrlein,
ohngefehr drey Zoll lang, an dem einen
Ende dicke, am andern aber duͤnne, und
wie ein Hundszahn geſtalt. Dieſes
Roͤhrlein ſiehet weißlicht gruͤn, und
glaͤntzet, iſt mit Strichen beſetzet, die
von dem einen Ende bis zum andern
lauffen: es iſt hol, leichte, und ſo dicke,
wie ein Federkiel, am obern Ende, und
wird von da an immer ſpitziger.
Die wahrhaften Zahnſchnecken
ſind dermaſſen rar, daß ſie noch von nie-
mand beſchrieben worden. Dafern
auch der Herr Tournefort mir nicht
eine verehret haͤtte, deren Figur nebſt
andern Schneckenarten bey den Per-
Siehe Fig. 394.len abgezeichnet ſtehen, wuͤrde ich ſie
mit Stillſchweigen haben muͤſſen uͤber-
gehen, und allein mit den Herren
Renou/ Schroͤder und andern ſagen,
daß das kleine hole Roͤhrlein, von un-
terſchiedenen Farben, welches insge-
mein an dem Seeſtrande gefunden, undSiehe Fig. 395.
in den Laͤden verkauffet wird, das wahr-
hafte Dentalium ſey, ſo die Apothecker,
obſchon wieder die Billichkeit, zu etli-
chen Galeniſchen compoſitionen zu neh-
men pflegen, als da iſt unguentum citri-
num, \&c. Wiewohl ich dennoch ſagen
duͤrffte, daß ſie deswegen eben nicht zu
ſchelten, dieweil ſie bisanher keine rech-
te Kundſchaft davon gehabt, und ſie
auch gar ſeltſam zu haben.
Jhrer etliche nehmen auch an ſtatt
der wahrhaften Zahnſchnecken, das
Bein von dem Kopfe eines Seefiſches,Siehe Fig. 396.
deſſen Namen ich ſo eigentlich nicht er-
fahren koͤnnen. Dieſes Bein iſt aus-
und inwendig weiß, und rund umher
ausgezackt, kommt an Geſtalt und
Groͤſſe den Kellereſeln durchaus gleich.
Seine Kraͤſte belangend, ſo ſoll es ein
treffliches Alkali ſeyn, wenn es fein klar
gerieben worden.
DJe wahrhaften Entalia ſind eben ſo
unbekannt, als wie die vorherge-
henden, dieweil die Apothecker, an ſtatt
der rechten Purperſchnecken, allezeit
ein holes Roͤhrlein gebraucht, von un-
terſchiedener Farbe und Geſtalt, wie-
wohl ſie niemahls dicker ſind, als eine
Federkiele. Dieſe kleine Roͤhrlein be-
R r 2finden
[]Der Spezereyen und Materialien
finden ſich auf dem Grunde der See
und auf den Klippen, ietzt eintzeln, dann
viel beyſammen, und dienen dem klei-
nen Seegewuͤrm zur Zuflucht. Einige
Scribenten, und unter dieſen der be-
ruͤhmte Medicus zu Montpellier/
Rondelet/ haben dieſen kleinen Roͤhr-
lein den Namen tubuli marini gegeben.
Jch aber werde mich nicht aufhalten,
noch den langen Diſcurs, den Renou
in ſeinem Buche davon fuͤhret, allhier
beyfuͤgen, ſondern will nur vermelden,
daß die wahrhaften Entalia wie der Herꝛ
Tournefort/ ein Mann, der was
Kraͤuter und Schnecken betrifft, eine
vortreffliche Wiſſenſchafft beſitzt, ver-
meinet, eine gantz andere Gattung der
Roͤhrlein ſeyen, welche im Meere wach-
ſen. Ein ſolches Roͤhrlein iſt ohnge-
fehr anderthalben Zoll lang, oben ſo
dicke als eine ſtarcke Federkiele, unten
aber wie eine kleinere Kiele, hol, an dem
einen Ende breit, am andern enge, mit
kleinen Holkehlen verſehen, die von ei-
nem Ende bis zum andern reichen. Die
Farbe iſt zwar allezeit weiß, iedoch mit
dieſem Unterſchiede, daß die einen gar
blaß, die andern gruͤnlicht, und ſo fort,
ausſehen.
Die Wahl dieſer Roͤhrlein iſt von der
Wahl derer andern in keinem Stuͤcke
unterſchieden, wenn ſie nur recht und
echt ſind. Die Eigenſchafften treffen
mit der Zahnſchnecken ihren uͤberein.
WAs wir Nombril marin, und die La-
teiner Umbilicus marinus heiſſen, iſt
der Deckel einer Seeſchnecken oder Mu-
ſchelſchale, und in der Mittellaͤndi-
ſchen See gemeine genug. Rondelet
giebt ihm den Titel Cochlea cælata. Die-
ſer Deckel iſt an dem Fiſche, der in der
Schale wohnet, veſte gemacht, ſo daß
dieß Thier, wenn es ſich tieff in ſein
Haus hinein begiebet, den Deckel nach
ſich ziehet, und das Loch der Schale oder
die Oeffnung dermaſſen genau ver-
ſchließt, daß kein Troͤpflein Seewaſſers
hinein zu tringen vermag. Rondelet
ſagt zwar gar recht, daß der rechte
Meernabel eine Schneckenſchale, und
von dieſem Deckel gantz und gar un-
trrſchieden waͤre, beſchreibet auch dieſel-
bige im 38. und 39. Cap. ſeines Buchs:
allein der Gebrauch ſpricht vor den De-
ckel, den man auch nehmen ſoll, wenn
der Meernabel verordnet worden. Es
iſt aber der Meernabel von unterſchie-
dener Groͤſſe: doch die wir gemeiniglich
zu ſehen bekommen, ſind nicht groͤſſer,
denn ein Denier, und ſo dicke wie ein
Thaler, wiewohl man auch viel groͤßre
findet: wie denn der Herr Tournefort
einige hat, die bis ein halbes Pfund waͤ-
gen, welches ich ſchwerlich ſollte geglau-
bet haben, wo ichs nicht ſelbſt geſehen,
dann die groͤſten, die ich finden koͤnnen,
waren nur eines Daumensbreite groß.
Dieſe Deckel werden darum Meerna-
bel genennet, weil ſie einem Menſchen-
Nabel ſo gar aͤhnlich ſehen, und allezeit
halben theils platt und bunt ſind: doch
giebt es ihrer auch, an denen die platte
Seite gantz weiß iſt: meiſtentheils aber
ſind ſie braun und ſchwartz durch einan-
der, welches gar ſchoͤn, und wie ein
Jaſpis ſiehet. Die runde und auswen-
dige Seite iſt weiß mit roth vermiſchet;
doch ſind dieſe kleinen Meernabel nicht
ſo gar rar. Andere nehmen an ihre
Stelle die Schale einer Schnecken, Ne-Siehe Fig. 401.
rita genannt, davon mir der Herr
Tournefort nachfolgenden Bericht
mitgetheilet hat.
Die Beſchreibung der Nerita iſt beyNerita.
alten und neuen Scribenten gar ſehr
verwirret. Diejenige, welche Ron-
delet fuͤr die Nerita Daͤlia haͤlt,
iſt ein Geſchlechte der Meerſchnecken,
ſo in der Mittellaͤndiſchen See be-
findlich, welche die Wellen zuſamt den
Solen auf den Sand herauswerffen.
Dieſe Schnecke iſt ſo groß als wie eine
Landſchnecke, und ſiehet faſt eben alſo
aus; allein ſie iſt viel dicker, und glat-
ter, inwendig insgemein roͤthlicht: aus-
wendig hat ſie mancherley Farben.
Rondelet verſichert, daß dieſelbe Art,
von welcher er redet, ſchwartz getuͤpfelt
ſey: allein dieſe Gattung iſt rar. Jch
habe etliche gantz weiſſe geſehen; ande-
re waren aſchenfarben, wieder andere
braunlicht oder graulicht, und zogen
ſich
[]Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ſich aufs Gelbe, mit etlichen durchlauf-
fenden weiſſen oder rothen breiten
Streifen, welche mit braunen Strichen
durchſchnitten, oder mit etlichen Pun-
cten, die wie ein umgekehrtes V ſahen,
beſetzet waren. Bellonius im II. Buch
von Waſſerthieren pag. 427. redet von
einer, welche des Rondelets/ der Ge-
ſtalt nach, ſehr gleich kommt, allein er
beſchreibet ihre Farbe nicht, verſichert
dennoch, daß ſie zu Paris Virlis/ und
in Bretagne Bigouret oder Bigou-
reau genennet werde.
Ein und andere Apothecker vermen-
gen auch, auſſerhalb der Nerita, mit
dem Meernabel ein Kraͤutlein, deſſen
Blaͤtter rund und dicke ſind, welches
die Alten Cotyledon, ingleichen Capillus
Veneris, Venusnabel, geheiſſen, weil
ſeine Blaͤtter einige Gleichheit mit der
Geſtalt eines Nabels haben. Dieſes
Gewaͤchs iſt rar genug zu Paris/ allein
in Languedoc gantz gemeine, wie denn
allda faſt kein Haus zu befinden, auf
deſſen Dache es nicht ſtehen ſolte. Dan-
nenhero moͤgen ſich diejenigen, die des
Meernabels von noͤthen haben, allein
an den Deckel des obbeſchriebenen
Fiſches halten.
BLatta Byzantina, auch Unguis odoratus
genannt, iſt gleichfalls der Deckel
einer Muſchelſchale, welche die Latei-
ner Conchylium nennen, hat unterſchie-
dene Groͤſſe, und ſiehet an Geſtalt den
Klauen dieſes oder jenes Thieres gleich.
Sie iſt zart, von Farbe braun, ver-
brennt leichtlich, und riecht gar unan-
genehme, bey nahe wie Horn, welches
ſich doch nicht wohl zu ihrem Namen
ſchicket: ſo weiß ich auch nicht, warum
es die Alten wohlriechende Klauen ge-
nennet, maſſen ſie gar keine Gleichheit
mit den Klauen hat, es muͤſten denn
dieſes oder jenes Thieres Krallen oder
Klauen ſeyn: zudem ſo ſtinckt ſie auch
ſehr heftig, und ſolte doch einen liebli-
chen Geruch haben. Dioſcorides
nennt dieſen Deckel Onguis und Onyx,
und ſagt, dieſer Deckel ſieht als wie der
Deckel der Purpurſchnecke. Welche
ſich in Oſtindien/ in den Seen, darin-
ne der Narden waͤchſet, finden laſſen,
riechen ſehr angenehme, dieweil der
Fiſch, der ſie traͤgt, ſich davon naͤhret.
Gemeldter Autor ziehet die aus dem ro-
then Meere kommen, denenjenigen vor,
die in der Babyloniſchen Gegend ge-
funden werden, denn dieſelben ſind
ſchwartz und ſehr klein. Zu ſeiner Zeit
ward einer wie der andere an ſtatt des
Rauchwercks verbrannt, weil, wie ge-
meldet, ſein Geruch mit dem Geruche
des Bibergeils uͤbereinkommt, welches
dann mein Vorgeben beſtaͤrcket, weil
beyder, des Bibergeils und dieſes De-
ckels Geruch unangenehme iſt. Da-
hero ſolte er auch billich nicht mehr
wohlriechende Klaue, ſondern ſchlecht
weg Blatta Byzantina genennet werden.
Weil aber dieſer Deckel ſehr ſeltſam iſt,
deshalben nehmen die meiſten an ſeine
Stelle, die Solen/ ſo Maͤnnlein, als
Weiblein, deren Beſchreibung alſo
gleich erfolget.
DJe Solen ſind Muſcheln, aus
zwey Stuͤcken beſtehend, welche
an dem einen Ende vermittelſt eines Ge-
lencks zuſammengefuͤget, und vier oder
fuͤnff Zoll lang, und ſieben oder acht
Linien breit ſind, ausgehoͤlet, als wie
eine Rinne, auswendig erhaben, zarte
und an dem einen Ende vierecket.
Wenn ſie noch beyſammen hangen, ſe-
hen ſie wie ein klein Kaͤſtlein, oder als
wie ein Meſſer- und Loͤffelfutter.
Rondelet nennet die Solen, derer
Schalen blaulicht ſehen, oder als wie
Schieferſtein, die Maͤnnlein, worinne
er dem Apulejus gefolget: die Weib-
lein heißt er diejenigen, derer Schalen
R r 3weiß
[]Der Spezereyen und Materialien
weiß oder braͤunlicht ſehen, und insge-
meine kleiner ſind denn der andern.
Beyderley Geſchlecht ſind in der Mit-
tellaͤndiſchen See gar ſehr gemeine,
wie ich dann ihrer ſelbſt auf dem San-
de bey den Hieres-Jnſeln und am
Strande bey Martigues in Proven-
ce, desgleichen in Languedoc/ an der
Kuͤſte von Peraut und Cete aufgele-
ſen. So findet man auch noch eine
Gattung Solen an der Kuͤſte der Nor-
mandie, deren weiſſe Schalen ſich auf
Purpur ziehen; ſind aber weit dicker,
als die in der Mittelſee, ſieben Zoll
lang, und uͤber einen breit.
Wir verkauffen auch uͤber ober-
wehnte Schneckenſchalen, ingleichen
Calcinirte
Auſterſcha-
len.calcinirte und zu Kuͤchlein gemachte
Auſterſchalen: doch iſt bey dieſen tro-
chiſcis zu mercken, daß man ſie nicht
kan gantz erhalten, ſondern ſie zerfal-
len als wie Kalch. Die alſo gebrann-
ten Auſterſchalen geben einen guten
Kalch, wie denn die Hollaͤnder ſich
keines andern bedienen. Ettmuͤller
ein Teutſcher Medicus, gedenckt in ſei-
nem Buche von Thieren pag. 400. daß
die gebrennten Auſtern ſehr gut waͤren
die Peſtbeulen zu heilen, wenn ſie dar-
auf geleget wuͤrden: auch ſagt er, daß
man ſich des Fiſches dazu bedienen
koͤnne. Noch hat er angemercket, daß
man ſich ihrer an ſtatt der Perlen ge-
brauchen koͤnte, welches ich aber nicht
gut ſprechen kan; nicht zwar darum,
als ob ſie nicht eben ſolche Kraft haben
koͤnten, ſondern, weil zwiſchen dem
Werthe ein ſo gar groſſer Unterſchied
iſt. Derowegen ſoll man auch weder
von dieſen, noch von den andern allen,
niemahls eines fuͤr das andere geben,
ob ſie ſchon einerley Kraft und Preiß
haͤtten, denn es gebuͤhret den Kauff-
leuten nicht eines an ſtatt des andern
zu geben. Sonſten giebt es auch noch
uͤber obgedachte Schneckenſchalen viele
andere mehr, davon ich aber nichts
vermelden will. Erſtlich, weil ſie nicht
im Gebrauch: vors andere, weil ich ſie
nicht kenne: und zum dritten, weil der
Herr Tournefort/ der eine vollkom-
mene Wiſſenſchaft dieſer edlen und an-
genehmen Curioſitaͤt beſitzet, in kurtzen
genaue Kenntnuͤß derſelben heraus zu
geben willens iſt, welches ihm auch
um ſo viel leichter ſeyn wird, weil er ſie
nicht alleine ſehr wohl kennet, ſondern
auch ihrer eine ziemliche Anzahl, die
ſich uͤber 3000. Stuͤck erſtrecket, beſitzet,
davon man gantz fuͤglich ſagen mag, daß
man in dieſer groſſen Anzahl Muſcheln
die Augen der Natur bewundern kan.
Ende des Zweyten Theils
von Thieren.
DUrch das WortFoſſileverſtehe ich uͤberhaupt/ alles dasjeni-
ge/ was in dem Eingeweide der Erden anzutreffen iſt/ als
da ſind Metallen, halbe Metallen, Mineralien, Hartze, Stei-
ne und Erden. Weil nun von den Metallen der Anfang ſoll
gemachet werden, ſo will ich auch zuvor vermelden/ was das
Wort Metall bedeute, naͤmlich/ einen harten Coͤrper, der durchaus ei-
nerley Subſtantz und Weſen hat/ im Feuer flieſſet/ von dem Hammer ſich
ſtrecken und dehnen laͤßt/ auch von den Mineralien/ Hartzen/ Steinen
und Erden unterſchieden iſt/ gleichwie aus folgenden wird zu erſehen
ſeyn. Es giebet zwar vielerley Meinungen wegen der Anzahl der Me-
tallen/ indem etliche wollen, es waͤren ihrer neune/ andere aber ſagen
nur von achten/ oder ſiebenen/ oder ſechſen: denn nach ihrem Bedun-
cken/ ſind das Queckſilber/ das Zinn/ Wißmuth und Gies-Ertz ebenfalls
Metalle. Weil aber dieſer ihre Meinung gar ſchlecht gegruͤndet iſt/ indem
das Zinn/ Wißmuth und Giesertz durch Kunſt bereitete Dinge ſind/
deswegen werde ich es mit denen halten, welche erachten/ daß ihrer nur
ſieben/ und ſo viel ſind als Planeten und Tage in der Woche, mit denen
ſie auch/ dem Namen nach/ uͤbereinkommen/ naͤmlich/ ☉ das Gold mit
der Sonne/ und dem Sonntage/ ☽ das Silber mit dem Mond und
Montage/ ♂ das Eiſen mit dem Mars und Dienſtage/ ☿ das Queckſil-
ber mit dem Mercurius und der Mittwoche/ ♃ das Zinn mit dem Jupi-
ter und Donnerſtage/ ♀ das Kupfer mit der Venus und dem Freytage/
♄ das Bley mit dem Saturnus und dem Sonnabend. Nun wollen
wohl einige behaupten/ Mercurius ſey nur ein Halb-Metall; allein ich
befinde fuͤr gut/ an dieſem Orte nichts davon zu gedencken/ ſondern
weiſe den Leſer in das Cap. vom Queckſilber/ damit ich mit dem Golde/
als dem ſchoͤnſten unter den Metallen, anfahen moͤge.
DAs Gold/ welches gelb und
weich iſt, laͤßt ſich haͤm-
mern, und iſt unter den
andern Metallen das edel-
ſte, reineſte, koͤſtlichſte und
ſchwerſte. Es wird daſſelbe von gar
vielen Orten in der Welt zu uns ge-
bracht: doch das allermeiſte kommt
aus den Goldgruben zu Carauaya in
Peru, und Voldivia in Chili/ denn
es allda ſo gemeine iſt, daß ſie es, als
wie wir das Zinn, Kupffer und Eiſen
gebrau-
[]Der Spezereyen und Materialien
gebrauchen. Ob aber gleich das Land
ſo vortrefflich iſt, und, ſoviel uns be-
kannt, vor allen Laͤndern an Golde
das reichſte, ſo ſind dennoch die Leute in
demſelben blutarm, dieweil die Lebens-
mittel uͤber die maſſen theuer. Es giebt
zwar noch viel Orte, woſelbſt auch
Gold gefunden wird, iedoch kommt das
meiſte aus Peru, indem es daſelbſt ins-
gemein gefunden, und mit wenigerer
Muͤhe und Koſten gelaͤutert wird.
Africa/ Aſia, und Europa brin-
gen das Gold auf viererley Weiſe her-
vor. Erſtlich in Stuͤcken, von unter-
ſchiedener Groͤſſe, welches dermaſſen
weich und reine iſt, daß man darein, wie
in das Wachs, was man nur will, mit
einem Petſchaft druͤcken kan. Dieſes
Jungfern-
gold.natuͤrliche Gold wird Jungfrauen-
gold geheiſſen.
Das zweyte iſt koͤrnicht, das dritte
im Stein, und das vierte wie Sand
Unterſchiede-
ne Arten
Gold.oder Flittern. Dieſe letztern drey Ar-
ten werden um ſolche Gegenden gemei-
niglich gefunden, wo bey groſſen
Schlag-Regen die Waſſerſtroͤme durch-
geriſſen, ingleichen am Grunde der
Fluͤſſe, ſonderlich dererjenigen, welche
uͤber Goldadern hingelauffen, welcher
Art die Fluͤſſe Datzin und Daguira
in Africa ſind, woſelbſt die Schwar-
tzen nichts anders thun, als das Gold
am Grunde der Stroͤme ſuchen. Das
meiſte Gold, das wir in Franckreich
zu ſehen bekommen, kommt aus Peru/
daher es mit den Spaniſchen Gallio-
nen nach Cadix gebracht wird. Die
Herren der Frantzoͤſiſchen Compagnie
laſſen auch Gold von Senega bringen,
Or an aurilles.welches Or en aurillet genennet wird, da-
rum/ weil es von den Schwartzen iſt
verarbeitet worden, die es aus dem Koͤ-
nigreiche Gualate/ welches an das
Reich Tombut ſtoͤſt, zu hohlen pflegen.
Auch bringen die Hollaͤnder aus Su-
matra/ und andern Jndianiſchen Or-
ten, Gold zugleich mit dem Pfeffer und
andern Waaren heraus.
Es giebt uͤber dieſe noch eine Gat-
tung Gold, Alchymiſtiſch oder Chy-Chymiſches
Gold.
miſches Gold genennet, von dem ich
aber, weil es mir unbekannt, nichts
vermelden werde: uͤberlaſſe es denen-
jenigen, welche Zeit haben ſich damit
zu verwirren, und ihrer Geſchlechter
und Familien Verderben und Unter-
gang in einem Wercke ſuchen, dabey
doch die lautere Unmoͤglichkeit iſt, und
will nur dieſes gedencken, daß man dem
Golde, weil es unter allen Metallen
das ſchoͤnſte iſt, deswegen den Namen
des Koͤniges derer Metallen beygelegetKoͤnig unter
den Metallen.
habe; und daß man, mit Huͤlfe der Chy-
mie, oder der Feuerkuͤnſtlerey (wie ſie
einige nennen) allerhand gar nuͤtzliche
Dinge, zu des Menſchen Leben dienlich,
aus demſelben ziehe und bereite. Die
allererſte Bereitung, die mit dem Gol-Unterſchiede-
ne Arten das
Gold zu laͤu-
tern.
de vorgenommen wird, iſt die Reini-
gung oder Laͤuterung deſſelben, und ge-
ſchicht auf viererley Weiſe. Erſtlich,
durchs Antimonium oder Spiesglas,
welches die allerbeſte Art: hernach mit
der Capelle: drittens mit Scheidewaſ-
ſer, und viertens durchs cementiren.
Cupellirt Gold nennt man, welches
mit Bley, ausgelaugter oder auch
Bein-Aſche iſt gelaͤutert worden, der-
gleichen die Goldſchlager zu ihren Gold-
blaͤttlein gebrauchen. Das durchs
Scheidewaſſer gegangen, heißt geſchie-
den Gold: und viertens, cementiret
Gold heißt daſſelbige, welches vermit-
telſt eines Teiges von Ziegelſteinen, ge-
meinem Saltze, Salmiac, Steinſaltze
und Urin bereitet, gereiniget worden.
Es giebt zwar noch eine, und die fuͤnffte
Art das Gold mit Queckſilber zu laͤu-
tern, allein dieſe Sachen alle allhier
anzufuͤhren duͤrffte zu lange werden;
daher mag man ſeine Zuflucht zu den
vielen Chymiſchen Buͤchern, die davon
handeln, nehmen.
REgulus auri heißt das durchs Spies-
glas gegoſſene Gold, welches her-
nach in einen metallenen Giespuckel,
oder in einen Moͤrſel geſchuͤttet worden,
der eben alſo geſchmieret und gewaͤrmet
iſt, als wie derjenige, darein das Spies-
glas ſelbſt geſchuͤttet wird. Es iſt aber
dieſe operation gar wenig im Gebrauch,
weil
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
weil ſie zu koſtbar; und gehoͤret nur vor
curieuſe Leute, welche ſie blos und allein
zur Vergnuͤgung ihrer Begierde, wie
auch ein vollkommen feines Gold zu ha-
ben, vornehmen.
BLaͤttgengold nennen wir das cu-
pellirte Gold, welches vermittelſt
eines Pergaments oder Ochſengedaͤr-
me, ſo die Kuͤnſtler in FranckreichBau-
druche zu nennen pflegen, und Hammer-
ſchlaͤgen zu uͤberaus zarten und leichten
Blaͤttlein gemachet worden iſt.
Es iſt etwas recht verwunderliches,
daß ein Goldſchlager, aus einer Untze
Gold 1600. Blaͤttlein ſchlagen kan, de-
ren ein iedes 37. Linien ins gevierte
haͤlt. Und der Herr Furetiere ſagt,
daß man das Gold 159092. mahl klei-
ner machen kan, denn das gantze Stuͤ-
cke geweſen: ein Dratzieher aber 65192.
mahl.
Zu Paris findet man fuͤnfferley
Blaͤttleingold bey den Goldſchlaͤgern,
darunter das ſchoͤnſte und ſtaͤrckſte iſt,
welches ſie den Degenſchmieden ver-
kauffen, die damit die Damaſcener Klin-
gen vergolden.
Die andere Sorte brauchen die
Schloͤſſer und Waffenſchmiede, allerley
Eiſenwerck und Gewehr damit zu ver-
golden; welches aber bey nahe nicht
mehr gebraͤuchlich. Die dritte Gat-
tung wird zum Buͤcher vergolden an-
gewendet. Die vierte dient fuͤr dieje-
nigen, welche auf Holtz vergolden/ und
fuͤr die Mahler. Die fuͤnffte und letzte
wird zur Artzney verbraucht, und von
den Apotheckern unter allerhand Pul-
ver und confectiones gemiſchet, und
zwar nicht allein zum Zierrath, ſon-
dern auch ihnen einige mehrere Kraft
zu geben.
Man zerreibet die Goldblaͤttlein,
oder aber die Abgaͤnge, welche die Gold-
ſchlager in Franckreichbracteole nen-
nen, mit weiſſem Honig, und thut ſie
darauf in kleine Muſchelſchalen, daher
es den Namen Muſchelgold oderMuſchelgold
oder Gold-
pulver.
Goldpulver bekommen hat: dieſes
alſo zubereitete Gold iſt zur Mignatur-
arbeit ſehr dienlich.
AUrum fulminans oder Crocus Solis iſt
gekoͤrnet Gold, im aqua regis aufge-
loͤſet, und hernach mit Weinſteinoͤl,
welches in die ſolution oder das aufge-
loͤſete getroͤpfelt worden, wiederum
niedergeſchlagen iſt. Das aufgetrock-
nete Pulver iſt weit ſtaͤrcker, und zuͤn-
det viel eher, denn das Buͤchſenpulver.
So iſt auch dieſes dergeſtalt zubereitete
Gold ein vortreffliches Schweißmittel
und Artzney fuͤr diejenigen, welche die
Pocken haben, und wird von zwey
Gran bis auf ſechſe gegeben: es ſtillet
ingleichen das Erbrechen, und wider-
ſtehet der allzuheftigen Wirckung des
Queckſilbers.
MAn calciniret das Gold mit Queck-
ſilber und Salmiac, und nennt es
hernachmahls Goldpulver oder
amalgamiret Gold. Es dienet fuͤr
die Goldarbeiter, weil es ſich leichtlich
auftragen laͤßt. Etliche laſſen den
Salmiac davon, und brauchen den
Mercur alleine.
So giebt es auch ſonſt noch vielerley
præparationes des Goldes, Tincturen,
Extracte, das ſo genannte Aurum po-
tabile. Allein, weil ſie nicht uͤberalle
guͤltig ſind, deswegen will ich nichts
mehr als dieſes ſagen, es ſey des Gol-
des vornehmſte Kraft und Eigenſchaft,
daß es ſeinem Beſitzer alle Arten der
Vollkommenheit zu wege zu bringen
vermoͤge.
UNter dieſem Namen, wird nach dem
erachten des Herrn Morin/ Do-
ctors in der Medicin zu Montpellier,
verſtanden ein metalliſches Mineral,
welches mit Schwefel und Erde ver-
menget: dieſe abſorbire und verſchlin-
ge die metalliſchen Theilgen, welche ſich
abloͤſen, jener aber fuͤhre diejenigen
Theilgen, welche, weil ſie gar zu ſubtil
und mercurialiſch, und daher weniger
fixe ſind, ſich leichtlich erheben und ſub-
limiren, mit ſich hinweg, daß alſo nichts
zuruͤcke bleibe, als ein vitrificirtes, nichts
nuͤtziges corpus, welches auf Frantzoͤ-
Letier.ſiſch Letier genennet wird.
Ob nun gleich dieſes unvollkommene
Mineral im ſchmeltzen nichts nicht gie-
bet, was man ihm auch fuͤr Fluß zuſetzt,
dennoch wird es von allen wahren
Alchymiſten aufs eifrigſte aufgeſuchet,
und alle dem andern vorgezogen, dar-
aus man die Metalle bringt/ und von
ihrer etlichen, wiewohl nur improprie,
auch Marcaſita genennet wird; da ſie
es doch in der Wahrheit iſt; denn weil
die principia noch nicht ſo gar genau
verbunden ſind, iſt es auch eben nicht
zu ſchwer ſie zu ſcheiden, und folglich zu
ihren Verrichtungen anzuweiſen und
zu vermehren.
Dieſer Urſach halber werffen ſie die
Bergleute zuſammt dem Quartz hin-
weg, welche doch um ſo viel beſſer iſt,
ie weniger Schwefel und Erde ſie bey
ſich hat.
Man kan ſich leichte einbilden, wenn
ich ſage, daß ein iedes Metall ſeine Mar-
caſit habe, daß dieſe gleichſam deſſelben
Samen ſey, wie auch daß ſie um ſo viel
weiter von der eigentlichen Benen-
nung der Marcaſite entfernet ſey, oder
um ſoviel weniger dieſen Namen ver-
diene, ie mehr ſie fermentire und gleich-
ſam jaͤhre, und der Vollkommenheit
des Metalles gleich komme.
Nichts deſto minder aber dienet zu
mercken, daß wir gemeiniglich mehr
nicht als drey Sorten Marcaſit zu
verkauffen pflegen, naͤmlich, Gold-
Silber- und Kupfer Marcaſit. Die
Gold-Marcaſit ſieht insgemein wie
kleine runde Kugeln, iſt ſehr ſchwer, und
laͤßt ſich nicht leichtlich zerbrechen. Die
Silber-Marcaſit ſiehet ſchier eben al-
ſo aus, nur daß ſie nicht ſo ſehr gefaͤrbet
iſt. Die Kupfer-Marcaſit iſt rund,
lang, und mehrmahls hoͤckricht, in Groͤſ-
ſe eines Ballens. Dieſe Marcaſit iſt
zwar ſehr harte, wenn man ſie aber an
einem feuchten Orte liegen laͤßt, ſo
durchtringt und durchzieht ſie die Naͤſſe,
und verwandelt ſie in eitel Vitriol; daß
demnach nichts draus wird.
Wenn man die Kupfer-Marcaſit
in Stuͤcken bricht, es ſey nun die runde,
à rognon, auf Frantzoͤſiſch, oder die
lange à boudin, benamſet, ſo ſieht ſie in-
wendig goldgelbe und als wie lauter
Nadeln und Spitzen, die gleichſam eine
Sonne vorbilden. Dieſes waͤren alſo
die Beſchreibungen derer drey Marca-
ſiten, welche man insgemein gebrau-
chet: denn was die andern betrifft, die
Eiſen-Zinn- und Bley-Marcaſit, von
denen habe ich noch nichts eigentliches
erfahren koͤnnen. Doch giebet es et-
liche, welche vorgeben, der Magnet ſey
die Eiſenmarcaſit, der Bißmuth des
Zinns, und der Zinck des Bleyes: an-
dere aber ſagen, daß Zinn und Bley
einerley, und nur an der Farbe von ein-
ander unterſchieden waͤren, und gruͤn-
den ſich darauf, daß die Alten das Zinn
weiſſes Bley, und das Bley ſchwartzes
Bley genennet. Alſo gebe es nur
zweyerley Marcaſit; welcher Mei-
nung ich bey nahe beypflichten wolte,
indem mir unmoͤglich gefallen, eine
Zinnmarcaſit zu finden, wie ich auch
unten erinnern werde. Wieder an-
dere, zum Exempel, Furetiere, geben
vor, die Eiſenmarcaſit diene zu Vergla-
ſuͤrung der toͤpfernen Gefaͤſſe, worin-
nen er aber fehlet: denn die Materie,
damit die Toͤpfe glaſuͤret werden, nen-
nen wir plumbum minerale oder Alqui-
foux, und zwar mit Rechte, alldieweil
aus dieſem das Mullenbley gemacht
wird, und es folglich Bleyertz, und kei-
ne Marcaſita iſt.
Auch iſt zu mercken, daß ich zwar
wohl geſaget habe, es wuͤrden nur
dreyerley Arten Marcaſit von uns ver-
kauffet; alleine, es ſind wenig recht-
ſchaf-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
ſchaffene Materialgewoͤlbe, in denen
nicht annoch unterſchiedene andere
Sorten Marcaſite anzutreffen waͤren,
vierecket, platt, ſchwartz, grau, gelb,
und ſo fort. Dieſes aber ruͤhret da-
her, daß alles, was man nicht kennet,
und nur fuͤr ein Mineral gehalten wird,
ſtracks eine Marcaſit heiſſen muß, da
doch oftmahls weder der Kaͤuffer noch
der Verkaͤuffer wiſſen, was Marcaſita
iſt: dadurch werden dann diejenigen,
die damit zu thun haben, betrogen, und
ihre Arbeit iſt vergebens.
Jch beſitze eine weiſſe Marcaſit mit
Goldadern durchzogen, die aus den
Jnſeln gebracht worden iſt, und man
hat mich verſichert, daß es wahrhaftig
Goldertz ſey.
DAs Silber/ welches die Spanier
in Peru Plata nennen, iſt, nach
dem Golde, das ſchoͤnſte und vollkom-
menſte Metall. Es iſt weiß und ge-
ſchmeidig, denn es laͤßt ſich ziehen und
ausdehnen, und faͤllt gut in die Augen.
Die beruffenſten Silbergruben ſind
bey Rio de la Plata, beym Silberfluß/
und zu Potochi in Peru/ welche im Jahr
1545. entdecket worden. Die Gegend
daſelbſt herum heiſt Potoſi, und iſt ein
Berg im freyen Felde, der ſchier als wie
ein Zuckerhut ſiehet, und untenher im
Bezirck eine Meile hat, oben aber iſt er
eine Viertheil Meile breit. Es giebt
noch andere Silbergruben mehr, in
Jndien/ Europa/ und auch in Franck-
reich.
Das Silber aus den Gruben wird
mit dem Mercur oder Queckſilber ge-
reiniget, und es ſind Jahre geweſen, da
man 3000. Quintalen des feineſt- und
reinſten Silbers aus den Minen be-
kommen, dazu dann ein ſechs oder ſie-
ben tauſend Quintalen Queckſilbers
gebrauchet worden: denn iemehr es
damit gereiniget wird, ie beſſer iſt es.
Weil auch das Silber ein ſehr rei-
nes Metall iſt, abſonderlich, wenn es
recht und wohl gelaͤutert worden, des-
halben wird es zu verſchiedenen Chy-
miſchen operationibus und Arbeit ge-
brauchet, darunter die purificatio und
Reinigung die erſte iſt.
DJß iſt Silber, das in geſchmoltzen
Bley gethan worden, da dann
durch Huͤlffe des Feuers und einer ver-
borgenen Eigenſchafft das Bley eben
dasjenige beym Silber verrichtet, was
das Eyweiß beym Zucker thut. Wann
es nun wohl gelaͤutert iſt, ſo wird es gra-
nuliret oder gekoͤrnet, auf bekannte
Weiſe, und iſt alsdann recht gereiniget,
weiß und glaͤntzend, wenn es anders iſt,
wie ſichs gebuͤhret. Das cupellirte
Silber wird zu ein und anderer Chymi-
ſchen Arbeit gebrauchet, gleichwie aus
folgenden zu erſehen.
DJe Cryſtallen oder der Vitriol
vom Silber werden aus dem cu-
pellirten Silber gezogen, welches in
Salpeterſpiritus ſolviret worden iſt.
Denn wenn die Feuchtigkeit bey nahe
alle abgerauchet, ſo laͤßt man die Cry-
ſtallen anſchieſſen, die dann, wenn ſie
auf Fleiſch appliciret werden, eine gleiche
Wirckung haben, als wie der Lapis in-
fernalis.
LApis infernalis, der hoͤlliſche Stein,
wird er tituliret, von wegen ſeiner
brennenden und etzenden Eigenſchaft
und Wirckung, wie auch wegen der
ſchwartzen Farbe, und wird aus cupel-
lirten Silber bereitet, welches in Sal-
S s 2peter-
[]Der Spezereyen und Materialien
peterſpiritus aufgeloͤſet, uͤbern Feuer
abgerauchet, und darauf in eine wohl-
geſchmierte und gewaͤrmte Forme ge-
ſchuͤttet worden iſt, worinne es erkal-
tet, geſtehet und als ein Stein wird,
in Geſtalt der Giesforme, darein man
es geſchuͤttet hat.
Von dieſem Steine ſoll man die klei-
nen Stuͤcken erwehlen, die des Fingers
lang, trucken, und dichte ſind, von Far-
be braun und etwas eiſenfarbicht, die
auch weder die Finger, noch das Pa-
pier angreiffen, ſie muͤſten denn naß ge-
machet worden ſeyn; die auch, an die
Luft geleget, nicht leichtlich zerflieſſen,
dennoch aber alſofort zu brennen anhe-
ben, wenn man ſie nur ein klein wenig
angefeuchtet hat: und dieſes ſind die ge-
wiſſeſten Kennzeichen, daß der lapis in-
fernalis von cupellirtem Silber bereitet.
Dagegen ſoll man denjenigen verwerf-
fen, welcher gruͤn iſt, uñ das Papier, dar-
ein er gewickelt iſt, gruͤn faͤrbet, auch an
der Luft gar balde feuchte wird und zer-
fleußt, denn er iſt von Kupfer gemacht.
Andere nehmen das Silber von ſilbernẽ
Geſchirren oder von alten ausgebrann-
ten Spitzen dazu; allein dieſer lapis haͤlt
ſich nicht ſo wohl, als wie der, welcher
von cupellirtem Silber zugerichtet wor-
den iſt. Einige bꝛauchen auch wohl falſche
Geldſtuͤcken: hingegen kan er dem von
feinen Silber an der Guͤte gar nicht
gleich kommen. Die Chirurgi und
Wundaͤrtzte brauchen dieſen Stein viel-
faͤltig, und bedienen ſich deſſelben das
todte und wilde Fleiſch dadurch weg zu
bringen und weg zu beitzen, allein, man
muß wohl und genau Achtung geben,
daß das geſunde und friſche Fleiſch nicht
zugleich mit angegriffen werde, denn
der Stein wuͤrde daſſelbige ohnfehlbar
nebenſt dem andern verbrennen, und
dem Patienten unleidliche Schmertzen
verurſachen, inſonderheit, wenn der
Ort naß waͤre.
Dieſer Stein hat auch dieſe Eigen-
ſchaft, daß, wenn man damit auf Mar-
mor mahlet, er ſich einfrißt, ſo daß die
Figur/ welche man auſſen drauf gezeich-
net, auch inwendig zu ſehen iſt, wenn
man ihn zerſchneidet; es geht auch nie-
mahls aus: und dieſes zu verrichten,
darff man nur, als wie mit einem Grif-
fel drauf hinfahren. Seine Farbe iſt
ſchwartz.
DJe Tinctur des Monden iſt eine
ſolutio Lunæ in ſpiritu Nitri, daraus
hernach das Silber mit Saltzwaſſer ge-
ſchlagen worden. Auf dieſes wird als
denn Weinſpiritus, mit fluͤchtigem
Weinſtein- und Urinſaltze geſchaͤrfft, ge-
goſſen, und auf ſolche Weiſe eine him-
melblaue Tinctur herausgezogen, wel-
che gar vortreflich wieder die fallende
Sucht, Laͤhmung der Glieder und den
Schlag, wie auch zu andern Kranck-
heiten oder Zufaͤllen des Hirns dienet
und recommendiret wird. Die doſis iſt
von ſechs bis auf funffzehn und ſechs-
zehn Tropfen.
DAs Eiſen, von den Chymiſten
Mars genennet, weil es ihrem Vor-
geben nach, von demſelben Geſtirn ſei-
nen Einfluß bekommen ſoll, iſt unter al-
len Metallen das haͤrteſt- und trucken-
ſte, und laͤßt ſich am alleruͤbelſten ſchmel-
tzen. Es beſtehet aus Erde, Saltz und
einem uͤbel digerirten und gereinigten
Schwefel, daher es auch dem Roſte un-
terworffen. Jn Spanien, Teutſch-
land und Schweden giebt es wohl
auch Eiſengruben, doch fehlt gar viel,
daß ſie ſo reich ſeyn ſolten, als wie die
Frantzoͤſiſchen. Unter dieſen ſind die
beſten in Champagne/ Lothringen/
und in Normandie/ wiewohl ihrer
auch in Burgund, Berry und andern
Provintzen zu finden ſind. Zuweilen
trifft man das Ertz nur einen eintzigen
Zoll tieff in der Erde an, bisweilen aber
liegt es einen, zwey, drey, vier und
ſechs Fuß tieff. Dieſes Ertz findet man
in unterſchiedlicher Geſtalt; denn bald
ſiehet es, wie bey uns die Erdaͤpfel, bald
aber
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
aber wie Sand. Allein, ich will mich
nicht aufhalten, und beſchreiben, wie
und auf was Weiſe die Berggeher mit
ihrer Haſel- oder Wuͤnſchelruthe dieſes
Ertz zu finden wiſſen; denn der Abt
von Vallemont hat nur vor weniger
Zeit ein nettes Buͤchlein davon heraus-
gegeben.
WEnn das Eiſen aus der Grube ge-
kommen, wird es in flieſſendem
Waſſer gewaſchen, damit die Erde da-
von gebracht werde: drauf tragen ſie
das gewaſchene Ertz in die groſſen Oe-
fen, und legen es auf Kieſelſteine oder
Erdenkloͤſe und Kohlen, ſo wird dieſes
Ertz, vermittelſt zweyer hoͤltzernen oder
ledernen Blasbaͤlge, welche vom Waſ-
ſer getrieben werden, als wie geſchmol-
tzen Bley. Wenn denn die Schlacken,
die wie Glas ſehen, nachdem ſie kalt
worden, herabgenommen worden, hal-
ten ſie die Baͤlge an, und oͤffnen das
Loch, das unten im Ofen iſt, mit einer
eiſernen Stange, ſo laufft es alſofort,
als wie ein feuriger Strom heraus, und
faͤllt in die Loͤcher oder Kammern, wel-
che als wie die Giesformen der Gold-
ſchmiede gemachet, und ſechs, ſieben bis
acht Fuß lang, auch bis auf einen Fuß
dicke ſind. Das in dieſe Kammern ge-
floſſene Eiſen nennen die Schmiede
Gaͤnſe. Wenn ſie Canonkugeln, Moͤr-
ſel, Gewichte, Platten zu Caminen und
andere Sachen aus dieſen Gaͤnſen, oder
beſſer zu reden, aus dieſem gegoſſenen
Eiſen machen wollen, ſo faſſen ſie das
geſchmoltzene Metall mit groſſen eiſer-
nen Loͤffeln, und ſchuͤtten es in die For-
men, die entweder in den Sand ge-
macht, oder auch aus gegoſſenem Eiſen
ſind.
Noch ſtehet zu mercken, daß, ie fei-
ner die Sachen ſeyn ſollen, ie laͤnger
muͤſſe das Eiſen im Fluſſe ſtehen, denn,
wenn man nur grobe Arbeit zu verfer-
tigen hat, bleibt die Materie nur zwoͤlff
Stunden im Feuer, zu feiner Arbeit
aber gehoͤren funffzehn bis achtzehn
Stunden. Das Frantzoͤſiſche gegoſſe-
ne Eiſen laͤßt ſich nicht feilen, ſondern
wird mit Fett und Schmergel polirt
und helle gemacht; allein dazu gehoͤ-
ren gute ſtarcke Arme: das Teutſche
dagegen und andere Gattung des Ei-
ſens vertragen die Feile.
WEnn ſie nun das Eiſen zu rechten
Eiſen machen wollen, ſo nehmen
ſie ein ſolch Stuͤcke gegoſſen Eiſen, und
bringen es in den Laͤuterofen, welcher
platt auf der Erde iſt, und in der Mit-
ten ein Loch hat, daraus die geſchmol-
tzene Materie nach und nach ablaufft.
Dieſes Metall wird bey Kohlen ge-
ſchmoltzen, und durch Huͤlffe zweyer
groſſer Blaſebaͤlge, welche gleicher ge-
ſtalt vom Waſſer getrieben werden,
nachdem die Materie bald ſchmiltzet.
Derjenige, der es fein machet, ruͤhrt es
mit einer eiſernen Stange wohl um,
denn ie mehr es umgeruͤhret wird, ie
geſchmeidiger und beſſer wird es. Nach
dieſem wird die Materie mit ſtarcken
Zangen auf den Ambos gebracht, und
daſelbſt aller Unrath, das iſt, Erde und
ander Zeug, das nicht dazu gehoͤret, und
annoch dran verblieben iſt, mit dem
groſſen Hammer herabgeſchlagen. So-
dann iſt das Eiſen fertig, und darff nicht
mehr geſchmoltzen werden; ſo vertraͤgt
es auch nunmehr das feilen. Will
man es zu Staͤben und andern Sachen
haben, ſo nimmt man die Maſſe, welche
die Schmiede in Franckreich Pieſſe nen-
nen, und bringt ſie in eine andre
Schmiede, in den Gluͤ-Ofen. Wann
nun dieſe Maſſe von den Kohlen und
beyden Baͤlgen, welche von zweyen
Knechten gezogen werden, wohl erhi-
tzet, und gluͤend worden, wird ſie auf
den Ambos gebracht, und mit dem
groſſen hoͤltzernen Hammer, der unten
mit Eiſen beſchlagen, nach des Ham-
merſchmieds belieben, lang und duͤnne
S s 3geſchla-
[]Der Spezereyen und Materialien
geſchlagen. Auch iſt zu mercken, als
eine Sache von Wichtigkeit, naͤmlich,
weil der Hammerſchmied allein die eine
Helffte der Maſſe oder des Stuͤcks zu
Stangen ſchmieden kan, denn er ſie bey
dem einen Ende halten und ſie deswe-
gen ins Waſſer ſtecken muß, damit er
das andere Ende auch ſchmieden koͤnne,
daß dieſes die Urſach ſey, warum das
Frantzoͤſiſche Eiſen ſo ſchieffricht iſt und
zerſpringet, deme doch leichtlich abzu-
helffen waͤre, wenn ſie es von ſich ſelbſt
erkalten lieſſen. Man moͤchte mir zwar
einwenden, es kaͤme eigentlich nicht da-
her, daß das Eiſen ſo bruͤchig und ſprin-
gend wuͤrde, weil es ins Waſſer geſte-
cket worden, ſondern die Schuld laͤge
im Ertz, und ob es wohl oder nicht recht
umgeruͤhret worden, ich will es auch
eben nicht laͤugnen, iedennoch heiſt es
nach dem Sprichworte, mal ſur mal n’ eſt
pas ſanté: weil man es nun ſo leichtlich
verhuͤten kan, deshalben iſt es beſſer,
man verfahre auf oberwehnte Weiſe.
Und dieſes iſt die Art das Stangeneiſen
zu verfertigen.
DJe Staͤbe werden aus dem Stan-
geneiſen gemacht, wenn es in ei-
nem beſondern Ofen ergluͤet, und durch
ſtaͤhlerne Raͤder, dergeſtalt zerſchnitten
worden, wie wir es zu ſehen bekommen.
Den Drat betreffend, derſelbe wird
aus dem Stabeiſen bereitet, welche
eben als wie das duͤnne Wachs durch
kleine Loͤcher gezogen werden. Man
hebt bey dem groͤſſern an und hoͤrt bey
den kleinen auf, ſo muß es immer duͤn-
ner und duͤnner werden.
DJeſes wird aus Stangeneiſen ge-
macht, welches gegluͤet und darauf
alſo duͤnne geſchlagen worden: und es
giebt deſſen zwey Sorten, groſſes und
kleines. Uber dieſes wird auch noch
mit kleinen Haͤmmern das, was die
Frantzoſen fer noir heiſſen, daraus ge-
macht. Jn Teutſchland aber wird
annoch abſonderlich das weiſſe Blech
bereitet, welches allerley Handwercker
gebrauchen. Es wird naͤmlich das fei-
ne geſchmeidige Eiſen zu duͤnnen Ble-
chen geſchlagen, und dieſe hernach mit
Zinn uͤberzogen, dazu ſie, wie etliche
ſagen, Scheidewaſſer gebrauchen ſol-
len. Um Nivers herum wird zwar
wohl auch weiß Blech gemacht, allein
es iſt nicht ſo gut, als wie das Teutſche,
denn es roſtet, welches das Teutſche
nicht thut, ſondern iſt noch dazu viel hel-
ler und weiſſer.
Wir fuͤhren auch eine gar ſtarcke
Handlung nicht nur mit Eiſen, Stahl
und andern Metallen, rohen und un-
gearbeiteten, ſondern auch mit aller-
hand verarbeiteten Eiſen und Stahl,
ſamt andern Dingen mehr, die fuͤr die
Eiſenhaͤndler zu Paris gehoͤren: denn
man muß wiſſen, daß dieſe Leute keine
beſondere Zunft oder Corpus machen,
ſondern alle mit einander entweder
Spezereyhaͤndler oder Kramer ſind,
und dieſe Handlung beyden gemein
ſey.
DEr Stahl iſt Eiſen, das oftmahl
geſchmoltzen, und entweder nur in
ſchlechten, oder aber in einem aus vielen
Stuͤcken zuſammengeſetzten Waſſer,
gehaͤrtet worden: gleichwie aus fol-
genden zu erſehen.
Teutſchland uͤberſendet uns den
beſten Stahl, welcher Acier de Carme
genannt wird, nach einer Stadt in
Teutſchland (*) Kerment/ woſelbſt(*) oder viel-
leicht in
Steyer-
marck.
der allerbeſte Stahl gemachet wird.
Dieſe Gattung Stahl wird auch Stahl
mit dem doppelten Marck genennet,
und allein zu feinen Sachen gebrau-
chet, als da ſind, Scheermeſſer, Lanzet-
ten, und dergleichen Chirurgiſche Jn-
ſtrumente: desgleichen Zieheiſen fuͤr
die Dratzieher, und Grabſtichel fuͤr die
Kupfer-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
Kupferſtecher, und ſo fort an. Die
zweyte Sorte wird Stahl mit der Roſe
genennet, nicht allein, weil inwendig
gleichſam wie eine Roſe, als wie ein
Rebhuͤnerauge gefaͤrbet, erſcheinet,
ſondern auch, weil die laͤnglichten, aus
Fichtenholtze gemachten Faͤßlein mit
einer Roſe bezeichnet ſind. Dieſer Stahl
kommt in gar kleinen Stangen, welche
einen oder zwey Fuß lang, und eines
halben Zolls breit ſind.
Wir fuͤhren ingleichen Ungariſchen
Stahl, Jtalieniſchen und Piamon-
teſiſchen/ zuſamt noch ein Hauffen an-
derer Sorten mehr, die in Franck-
reich gemachet werden, als da iſt der
Stahl von Vienne und Rive im
Delphinat/ Clamecy/ in Auvergne
und S. Diſier in Champagne: ſo
wird auch zu Nevers und Charite
Stahl gemacht, und gemeiner Stahl
genennet.
Es dienet zu mercken, daß in gantz
Europa kein Stahl an Guͤte demjeni-
gen beykomme, der zu Kerment ge-
machet wird; ſelbſt unter 150. Gru-
ben, welche die Teutſchen haben, ſind
keine, auſſer die zu Kerment/ welche
recht guten Stahl geben: denn ſie wiſ-
ſen allda aufs genaueſte, wieviel ſie
Huͤttenrauch, Realgar, Operment,
Sublimat, Spiesglas, weiß Kupfer-
waſſer und andere dergleichen Dinge
nehmen muͤſſen, wenn ſie das Waſſer
zum Haͤrten zurichten wollen. Und
dieſes iſt mit wenig Worten die Urſache,
warum allein in Teutſchland recht
guter Stahl kan zubereitet werden,
auch warum unterſchiedene, die ihn
nachzumachen unternommen, zu
Grunde gangen. Was die Haͤrte des
gemeinen Stahls betrifft, dazu ge-
braucht man insgemein kein anderes,
als ſchlechtes Waſſer.
Sonſt ſahe man auch Damaſceni-
ſchen Stahl/ der uͤberaus gut war,
und wofern man dem Herrn Furetiere
Glauben zuſtellen will, ſeine Haͤrte
von der Luft erhalten, indem ihn einer
zu Pferde, in vollem rennen, ſtets her-
um ſchwingen muͤſſen. Er meldet auch,
daß er alſo gehaͤrtet wuͤrde; man zoͤge
die Schneide uͤber ein naſſes Gemſenfell
hinweg, eben als ob man es zerſchnei-
den wolte.
Der recht gute Stahl muß bruͤchicht
ſeyn, von feinem Korn, und ſo weiß,
als immer ſeyn kan. Was die Geſtalt
belanget, da giebet es allerhand Arten,
doch meiſtentheils kommt er in Stan-
gen oder viereckten Stuͤcken.
Der Stahl wird zu allerhand Holtz
und Eiſen ſchneidenden Jnſtrumenten
gebraucht. Durch Huͤlffe der Chymie
werden allerhand Sachen daraus gezo-
gen, wie aus nachfolgendem zu erſehen.
Die Stahlfeilſpaͤne betreffend, die-
ſelben haben ihren Nutzen in der Artz-
ney: die beſten, und die gewiß wie ſie
von Natur ſind, ſind die Nadlerfeilſpaͤ-
ne. Wer ſie probiren will, der halte
ſie nur uͤber ein brennend Licht, wel-
che denn nur halb verbrennen, und bla-
ſen, dieſelbigen ſind mit Eiſen ver-
miſcht.
DEr eroͤfnende Eiſenſaffran wird
von Eiſen oder Stahl auf dreyer-
ley Weiſe bereitet. Erſtlich, wenn
man eiſerne Bleche in den Thau legt.
Zum andern/ wenn man die Eiſenfei-
le mit gemeinen, oder auch mit Honig-
waſſer beſprenget, ſo bekommt man
eine Zeit hernach, einen braunen Roſt
davon. Dieſe Bereitungen des Martis
oder des Eiſens ſind zwar langweilig,
iedoch zu unten benannten Kranckhei-
ten uͤber die maſſen vortraͤglich. Weil
aber, wie geſagt, dieſe zwey Bereitun-
gen des Eiſenſaffrans eine gar lange
Arbeit erfordern, und eine gar haͤßliche
Farbe haben, derowegen halte man ſich
lieber an die dritte Art dieſen Saffran
zuzurichten, welches auf dieſe Weiſe ge-
ſchicht: man nimmt ein Stuͤck Stahl,
laͤßt es in einer Schmiede oder Schloͤſſer-
Eſſe wohl ergluͤen, und vermittelſt einer
Schwefelroͤhre, die man dran haͤlt, flieſ-
ſen und zu Pulver werden. Hierauf
wird dieſer geſchmoltzene Stahl mit
Schwefel in einen Schmeltztiegel ge-
than, und im Reverbirfeuer zu einem
gar
[]Der Spezereyen und Materialien
gar ſchoͤnen rothen Pulver gemacht.
Andere brauchen nur gemeine Eiſen-
ſpaͤne an ſtatt der Stahlfeilſpaͤne.
Dieſer eroͤffnende Eiſenſaffran
wird insgemein Crocus Martis aperitivus
genennet, und iſt ein recht herrliches
Mittel wider die Waſſerſucht, und den
Jungfern von der weiſſen Farbe zu helf-
fen gar dienlich.
Die doſis iſt von zehn zu viertzig
Gran, in ein oder anderer Lattwerge,
Zucker oder Taͤfflein, oder wie der Herr
Lemery haben will, mit einem oder
dem andern purgante.
CRocus Martis adſtringens iſt eine von
oberwehnten Stahl- oder Eiſenbe-
reitungen, und wird von Stahl berei-
tet, der vorher mehr als einmahl mit
Eßig abgewaſchen, und in einen
Schmeltztiegel geworffen worden iſt,
darinne er innerhalb fuͤnff oder ſechs
Stunden, vermittelſt der heftigſten cal-
cination in ein rothes Pulver verwan-
delt wird, welches iedennoch bey wei-
tem nicht ſo ſchoͤne iſt, als wie das vo-
rige.
Dieſer Saffran wird zu Verſtellung
des Blutens gebrauchet, es entgehe ei-
nem nun gleich von unten oder von
oben. Er wird in gleichem Gewichte,
als wie der vorhergehende gebraucht,
und in dieſem oder jenem zur Kranck-
heit dienlichem liquore genommen.
Die Alten haben dieſen beyden præ-
parationibus, wie auch andern mehr, we-
gen ihrer roͤthlichten Farbe, den Na-
men Saffran gegeben.
ES giebt zweyerley Saltz vom Ei-
ſen oder Mars; das beſte aber iſt,
welches von Vitriol und Weinſpiritus,
zuſammen in eine eiſerne Pfanne ge-
ſchuͤttet, bereitet wird: wenn es dann
ein drey oder vier Wochen geſtanden,
findet ſich am Boden ein graulichtes
Saltz, welches man trucken werden
laͤßt, und zum Gebrauche aufbehaͤlt.
Das andere Saltz vom Mars wird ge-
machet, wenn man Stahlfeile in diſtil-
lirten Eßig ſchuͤttet, und eben alſo da-
mit verfaͤhret, als ob man Bleyſaltz be-
reiten wolte, gleichwie aus folgenden
kan erſehen werden. Das erſtere iſt ein
trefflich Mittel wider allerley Ver-
ſtopfungen, und wird von vier bis auf
zwoͤlf Gran, auf einmahl, in einem zur
Kranckheit dienlichen Safte oder Waſ-
ſer gegeben. Was die Wahl betrifft,
da ſoll das weiſſeſte und trockenſte vor
das beſte gehalten werden.
DAs im Keller gefloſſene Saltz vom
Stahl wird Stahloͤl genennet; iſt
aber eigentlich nicht recht. Etliche ge-
brauchen es eben als wie das Saltz, nur
daß ſie ſolchs in groͤſſerer Menge ge-
ben.
AUs dem Stahle werden auch Cry-
ſtallen bereitet, wenn man naͤmlich
Stahlfeil ins Waſſer thut, und recht
guten Vitriolſpiritus dazu ſchuͤttet.
Hernach werden im Keller die gruͤnlich-
ten Cryſtallen daraus gezogen, die man,
wenn ſie trucken worden, gleich alſo, als
wie das Saltz und Oel gebrauchen kan:
doch muͤſſen ſie in viel geringerer doſi ge-
geben werden, weil ſie gar zu ſcharff
ſind. Etliche geben vor, daß man aus
dieſen Cryſtallen vermittelſt einer Re-
torte einen Vitriolſpiritus ziehen koͤn-
ne: allein, weil er ziemlich ſchwach iſt,
dannenhero wolte ich keinem rathen,
ſich damit zu verwirren.
MAn ziehet aus dem Eiſenroſt oder
Feilſpaͤnen, mit Weinſtein und ſie-
dendheiſſem Waſſer, eine ſchwaͤrtzlichte
Tinctur, welche, nachdem ſie bis zur
Honigdicke abgerauchet worden, Tin-
ctura oder Syrupus Martis genennet wird.
Andere laſſen faſt alle Feuchtigkeit ver-
Tinctura Mar-
tis coagulata.rauchen, das wird hernach bey uns Tin-
ctura Martis coagulata genennet.
Dieſen Stahl-Tincturen oder Sy-
rupen wird eine eroͤffnende Kraft beyge-
leget. Die doſis und wieviel auf ein-
mahl davon zu geben, iſt unterſchied-
lich, denn ie dicker der Saft, ie weniger
nimmt man davon: alſo koͤnte ordent-
lich vor einmahl ein Quintlein bis eine
halbe Untze genug ſeyn.
MAn ziehet auch aus dem Eiſenroſt,
mit Tropfwein, oder Quittenſaft,
und andern anziehenden Saͤften, eine
Tinctur oder Syrup, oder Extract,
dem eine anhaltende Kraft zugeſchrie-
ben wird. Die doſis richtet ſich gleich-
falls nach der Dicke der Tinctur; or-
dentlich aber werden zehen Gran bis
auf ein halb Quintlein, in einem oder
dem andern anhaltenden Safte genom-
men.
DEr Schweistreibende Mars
wird von Eiſenroſte, mit gleichen
Theilen Salmiac vermiſchet, gemacht,
und daraus in einem Sublimir-Gefaͤſ-
ſe flores oder Blumen bereitet, die man
in Waſſer zergehen laͤßt, und darauf
mit Weinſteinoͤle niederſchlaͤget. Das
Pulver treuget man, und wird hernach
mit obgeſetztem Titel benennet, obgleich
die Schweistreibende Kraft, die er vom
Salmiac bekommen koͤnnen, nicht gar
zu groß iſt, indem das Waſſer faſt alles
wiederum hinweggenommen.
DAsjenige, was Argentum vivum,
Mercurius crudus, Mercurius currens,
Hydrargyrum, Argentum aqueum, Aqua
argenti, Protheus naturæ, Sal fugitivum,
Spiritus mineralis,Queckſilber/ roher/
auch lauffender Mercur, waͤßricht
Silber, Silberwaſſer/ Protheus der
Natur/ fluͤchtiges Saltz/ minera-
liſcher Spiritus geneñet wird, iſt nach
des Hn. Charras beduncken, ein metall-
und mineraliſcher Saft, welcher einer
gantz fluͤchtigen Natur, in den Berg-
wercken befindlich, und wie man glau-
bet, aus einer weiſſen Erde und ſeinem
eignen innerlichen Mercur, den die
Weiſen oder Philoſophi fuͤr eines von
ihren principiis halten, und eben der-
gleichen, was ihr Saltz und Schwefel
iſt, zuſammen beſtehet. Etliche, und
darunter auch ietztgemeldter Autor, ſa-
gen, daß der Mercurius nicht ſey un-
ter die Metalle gerechnet worden, ſon-
dern man habe ihm den Titel, Semime-
tallum, Halb-Metall, gegeben, dieweil
er weder harte ſey, noch ſich haͤmmern
laſſe, welches doch die wahrhaften Me-
talle vertragen: nichts deſtominder
fuͤgt er ſich gar leichtlich bey alle die
andern, und inſonderheit bey das Gold,
welches er gar ofte mit andern vereini-
gen hilfft. Die Silberfarbe, und daß
er ſich ſo gar leichtlich beweget, ſind Ur-
ſach, warum er Argentum vivum, leben-
diges Silber genennet worden iſt; ſo
hat ihm auch eben dieſe ſeine Farbe und
Fluͤßigkeit den Griechiſchen Namen Hy-
drargyrum, welches eben ſo viel heißt, als
waͤßricht Silber oder Silberwaſſer, zu
wege gebracht. Mercurius wird er
tituliret, von wegen der Gleichheit, die
T ter mit
[]Der Spezereyen und Materialien
er mit dem Planeten dieſes Namens
fuͤhret. Man koͤnte ihn auch deswegen
alſo nennen, dieweil er in Veraͤnderung
der Geſtalt, welche die Heyden dem
Mercur, einem ihrer Goͤtzen, zuge-
ſchrieben, gar aͤhnlich iſt. Wie er denn
noch uͤberdiß ietzt angefuͤhrter Urſache
halber, wie auch wegen der unterſchie-
denen Farben, die man ihm geben kan,
Aqua Prothei, und um ſeiner Fluͤchtigkeit
und Fluͤßigkeit willen, den Titel Sal fu-
gitivum, fluͤchtiges Saltz, bekommen
hat.
Das Queckſilber wird auf unter-
ſchiedene Art in den Schachten gefun-
den, bald in ſeinem eignen Ertz ver-
ſchloſſen, bald aber alſo fluͤßig und rin-
nend, wie wir es zu ſehen bekommen,
und weil es auch natuͤrliches Queckſil-
ber giebet, ſo haben etliche demſelben
Jungfer-
Mercurius.den Namen Jungfrauen-Queckſil-
ber gegeben. Bisweilen findet man
es auch zwiſchen der Erde, und dem Ge-
ſtein, auch oftmahls, daß es allbereit zu
Zinober worden, gleichwie im nachfol-
genden kan erſehen werden. Diejeni-
gen, die das Queckſilber aus den
Schachten, oder beſſer zu reden, aus
den Orten, woſelbſt es befindlich iſt,
hervorziehen, gebrauchen groſſe eiſerne
Retorten, um ſelbiges von ſeinem Ertz,
und andern harten Coͤrpern, daran es
hanget, abzuſondern und zu ſcheiden,
und machen es durch Huͤlffe des Feuers
und kalten Waſſers alſo fluͤßig, wie es
Queckſilber-
ertz.ordentlicher Weiſe iſt. Das Queck-
ſilberertz ſieht dem Spiesglas aus
Poictou dermaſſen aͤhnlich, daß ſie kein
Menſch ſolte von einander unterſchei-
den koͤnnen, wenn nicht die Spitzlein
thaͤten, welche etwas weiſſer ſind. Wird
es rinnend oder lauffend in der Erde
angetroffen, ſo thun die Sclaven, die es
heraus bringen, mehr nichts, als daß
ſie es durch eine Gemſenhaut oder Le-
der druͤcken, damit die Unreinigkeiten
davon abkommen.
Es werden bey nahe mehr nicht denn
nur zwey Oerter in Europa ſeyn, wo-
ſelbſt das Queckſilber gefunden wird,
naͤmlich, Hungarn und Spanien,
davon das Hungriſche nach Wien und
von dar nach Holland gefuͤhret wird,
daher wir es hernachmahls kommen
laſſen. Das Spaniſche aber wird nach
Peru gebracht, um allda, wie ſchon er-
waͤhnet, zur Scheidung des Goldes
vom Silber zu dienen. Jedoch kommt
alle das Queckfilber oder Mercurius,
das wir von Marſeille ziehen, aus
den Queckſilberbergwercken in Friaul/
den Venetianern zuſtaͤndig.
Ein guter Freund, der die Oerter,
daraus der Mercurius gehohlet wird,
beſichtiget, hat mich verſichert, daß ſie
dermaſſen tieff waͤren, daß man fuͤnff
Stunden Zeit zum Einfahren haben
muͤſte.
Vor dieſem war der Spaniſche
Mercurius in Franckreich gemeine
genug, weil er auf Silber, welches nur
ein klein wenig erwarmet, gebracht,
die Kraft hatte, daſſelbige anzuroͤthen,
und ihm eine wunderſchoͤne Farbe zu
geben. Dieſe, nach einiger Alchymi-
ſten Gutduͤncken, ſo hohe Eigenſchaft,
die doch im Grunde gar nichts iſt, und
die Beſchwerlichkeit daſſelbe zu ietziger
Zeit zu bekommen, indem der Koͤnig in
Spanien ausdruͤcklich verboten daſſel-
bige in andere Laͤnder zu verfuͤhren,
ſind Urſache, daß es anietzo ſo ſehr ge-
ſuchet wird, als wie der natuͤrliche Zi-
nober. Es haben zwar etliche unter
den neuern Scribenten geſchrieben,
daß der Mercurius auch in Jndien/
Polen, Teutſchland/ und ſelbſt in
Franckreich gefunden wuͤrde, welches
auch vielleicht wahr ſeyn mag; ieden-
noch aber habe ich die rechte Wahrheit
der Sache nicht entdecken koͤnnen, ob
ich ſchon allen moͤglichſten Fleiß ange-
wendet habe. Das iſt wohl gewiß, daß
man vor weniger Zeit in der Norman-
die, zwiſchen S. Lo und Charenton/
in der Parochie la Chapelleen juge, in
der Herrſchaft Menildo/ einen Zino-
bergang gefunden, allein man hat ihn
wegen der groſſen Unkoſten, die man
drauf wenden muͤſſen/ wiederum ge-
ſtopft. Der Herr Lemery meldet, daß
der Mercurius gemeiniglich in ſolchen
Bergen ſich finden laſſe, welche mit weiſ-
ſen und als wie Kalch ſo zarten Steinen
bedecket ſind. Die Kraͤuter, die auf
dergleichen Bergen wachſen, ſind viel
gruͤner und weit groͤſſer denn andere,
die Baͤume hingegen, welche nahe an
der Queckſilberader ſtehen, bringen ſel-
ten Bluͤten und Fruͤchte, es brechen
auch
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
auch ihre Blaͤtter viel ſpaͤter hervor als
an andern Orten.
Eine Anzeigung iſts, daß man einen
Queckſilbergang entdecken koͤnne, wenn
im Monat April und May, an beſon-
dern Orten, dicke Duͤnſte und Nebel
aufſteigen, welche aber wegen ihrer
Schwere nicht allzuhoch ſteigen: dan-
nenhero macht man ſich an ſolche Orte
und ſuchet das Metall, inſonderheit
aber, wenn ſie ohngefehr gegen Mitter-
nacht zu liegen, denn man glaͤubet, der
Stollen muͤſſe recht reich ſeyn. Auch
findet man um dieſe Gaͤnge viel Waſ-
ſer.
Wem etwas mehr vom Golde, Sil-
ber und Queckſilber zu wiſſen beliebet,
der leſe den Acoſta und den Jndiani-
ſchen Mercur/ darinnen iſt weitlaͤuff-
tig genug davon gehandelt.
Jhm ſey nun wie ihm ſey, man er-
wehle nur das Queckſilber, welches
weiß, lauffend, rein und ſauber, wie
auch fein lebendig iſt, und ein ſchoͤnes
Waſſer hat: dagegen verwerffe man
dasjenige, welches, wenn es in ein ku-
pfern Gefaͤß, Wage oder anderes Ge-
ſchirr geſchuͤttet worden, bleyfarbicht
ſcheinet, das iſt, wenn es braun ſiehet,
und ſich als wie Fett dehnet und ziehet,
oder auch an den Fingern behangen
bleibt, wenn man es ruͤhret, und zu ei-
tel Kuͤgelgen wird: welches in Wahr-
heit nichts geringes iſt, indem das mei-
ſte Queckſilber von den Spiegelma-
chern, Goldarbeitern, Degenſchmie-
den, Vergoldern, und andern verthan
wird, deren Arbeit alle zu ſchanden ge-
hen duͤrffte, wenn nur ein eintzig Pfund
Bley unter ein bouillon Queckſilber ge-
rathen, es ſey nun aus Zufall, oder aus
Schelmerey geſchehen.
Auſſer obberuͤhrte Beſchaffenheiten,
die das Queckſilber haben muß, kan man
es auch probiren, wenn man nur ein
wenig davon in einen ſilbernen Loͤffel
ſchuͤttet, und uͤber dem Feuer verrau-
chen laͤßt; denn wenn ein gelber Flecken
zuruͤcke bleibt, iſt es ein Zeichen, daß er
recht natuͤrlich ſey: bleibt aber im Ge-
gentheil ein ſchwartzer Fleck, ſo iſt die-
ſes ein Merckmahl, daß es mit Bley
vermiſchet worden.
Das Queckſilber iſt eine dermaſſen
ſchwere Materie, daß, wie Furetiere da-
von meldet, ein Cubiſcher Fuß deſſel-
ben 947. Pfund waͤge, da doch ein ſol-
cher Fuß Waſſer aus der Seine nicht
mehr denn 70. Pfund betrage. Das
iſt ſoviel geſagt, ein Gefaͤß, das 35. Kan-
nen, Pariſer Maas, Waſſers aus der
Seine halten kan, kan auch 947. Pfund
Queckſilber faſſen. Jſt nun das Queck-
ſilber ſo uͤberaus ſchwer, ſo iſt es auch
nicht weniger ſtarck, ſintemahl ein ei-
ſern Gewichte von 50. Pfunden, wenn
es in ein bouillon Queckſilber, welches
insgemein, wie es aus Holland koͤmt,
160. bis 180. Pfund ſchwer iſt, geleget
wird, nicht tieffer darein ſincket, als ei-
ne Untze, die man drein geleget. Wel-
ches ich nicht geglaubet, wenn ich es
nicht ſelbſt verſucht haͤtte.
Die Eigenſchaften des Queckſilbers
betreffend, dieſelben ſind groͤſſer, denn
man ſich wohl einbilden ſolte; wie denn
etliche vorgeben, daß ein einig Quint-
lein Queckſilber eben ſo groſſe Kraft ha-
be, als wenn man es in groſſer Men-
ge nehmen lieſſe; und wenn es ja zu-
weilen in groſſer doſi verordnet wuͤrde,
ſonderlich in der Colica, welche die
Darmverwickelung oder Miſerere mei
genennt wird, geſchehe ſolches doch blos
darum, damit es deſto geſchwinder
durchgehen, und die Gedaͤrme, durch
ſein groſſes Gewichte, aus einander
bringen moͤge.
Es iſt ingleichen etwas recht ver-
wunderliches, daß man den Mercur
allezeit ſeine vorige Geſtalt, und zwar
ohne ſonderlichen Verluſt und Abgang,
wiedergeben kan, man mag ihn auch
verſtellet haben, wie man nur wolle.
Der Daͤniſche Chymicus Borrichius
gedencket in ſeiner Chymie, daß der
Mercur/ welchen er ein gantzes Jahr
hindurch gemartert, und auf vielerley
Weiſe verkehret haͤtte, dennoch ſeine
erſtere Geſtalt, vermittelſt des Wein-
ſteinſaltzes, mitten in den Flammen,
wiederum angenommen. Weil dann
der Mercurius in allen Koͤnigreichen,
und beſonders in Franckreich/ ſo gar
haͤuffig verthan und verbrauchet wird,
dannenhero haben die Hollaͤnder den
Preiß aufs Pfund, um zwey Sols
Hollaͤndiſcher Wehrung, erhoͤhet, wel-
ches faſt drey Sols, nach unſerm Gel-
de, betraͤgt: weil auch dieſe Waare
T t 2ſchon
[]Der Spezereyen und Materialien
ſchon lange gangbar geweſen, deshal-
ben wird das Pfund nicht unter 36.
Sols verkaufft. Die groſſe Anzahl
der Tugenden und Kraͤfte, welche die-
ſem Halb-Metalle beygeleget werden,
ſtelle ich beyſeits, ſintemahl dieſelben
von ſehr vielen Scribenten ſattſam be-
ſchrieben worden ſind, ſo mag ich auch
nicht entſcheiden, ob es hitzig oder kalt
ſey, iedennoch aber will ich ſagen, daß
es aͤuſſerlich von Natur alſo kalt ſey, daß
einer die Hand unmoͤglich eine Vier-
theilſtunde in einem bouillon Queckſil-
bers halten koͤnne; und dabey erin-
nern, daß ein Jrrthum ſey, wenn man
glauben wolte, welches doch alle neuere
Scribenten angemercket, daß ſich die
Hollaͤnder die Muͤhe naͤhmen, und das
Queckſilber zu Zinober macheten, da-
mit ſie es hernach hin und her verſen-
den koͤnten; und dieſes um dreyerley
Urſache willen. Erſtlich, weil es ſich
gantz wohl in Schafsfellen oder Leder
fortbringen laͤßt, welche veſte zuſam-
men gebunden, und in hoͤltzernen Kiſten
oder Faͤſſern, die man, ſo weit ſie noch
ledig ſind, mit Kleyen oder Saͤgeſpaͤ-
nen, oder mit geſchnittenem Strohe
(Heckerling) ausfuͤllet, verwahret
werden. Zum andern, wenn wir den
Zinober wiederum in lebendigen Mer-
cur verwandeln ſolten, koͤnten wir ihn
um den Preiß nicht hingeben, darum
wir ihn doch verkauffen: Zudem, ſo
wird alle der Mercurius, welcher in
Holland zu Zinober gemacht worden
iſt, in Franckreich und uͤberalle, wieder
gerieben und dergeſtalt verbraucht. Es
muͤſte dann iemand ſo begierig ſeyn,
und um einen recht reinen und ſaubern
Mercur zu haben, ſich die Muͤhe geben,
und ihn aufs neue belebt machen. Und
dieſes iſt ſo gewiß, daß da wir jaͤhrlich
wohl tauſend Pfund Queckſilber und
eben ſoviel geriebenen Zinober bringen
laſſen, wir dagegen zum hoͤchſten ein
50. Pfund Zinober verſchreiben. Und
wenn ja drittens die Hollaͤnder Belie-
ben haͤtten ihn alſo zuzurichten, damit
er ſich deſto beſſer fortbringen laſſe, ſo
figiren und machen ſie ihn mit einer gar
geringen Sache ſtehend, thun ihn in
allerhand Gefaͤſſe, auch wohl nur in
Papier, und ſenden ihn denenjenigen
uͤber, die das Geheimnuͤß beſitzen, wie
er ohne Unkoſten wieder lauffend zu
machen iſt.
DEr mineraliſche Zinober iſt ein
rothes, ſchwer und glaͤntzendes Ge-
ſtein, welches an unterſchiedlichen Or-
ten in der Welt gefunden wird: doch iſt
der Spaniſche der beſte und ſchaͤtzbar-
ſte.
Jch habe groſſe Muͤhe gehabt, bis
ich den rechten Namen desjenigen Or-
tes erfahren koͤnnen, woſelbſt der Zino-
ber gegraben wird. Denn ob mich
gleich eine hochverdiente Perſon verſi-
chern wollen, weil ſie ihn ſelbſt geſehen
und auch geſammlet, daß der allerbeſte
in Andaluſien/ auf dem Grund und
Boden der Kloſterleute S. Hierony-
mi, gefunden werde, und daß man da-
ruͤber gienge, als wie auf andern Stei-
nen; habe ich doch nicht gar wohl glau-
ben koͤnnen, daß dieſes ſo eine ſchlechte
Sache waͤre, und deswegen von dem
Herrn Charras mich unterrichten zu
laſſen vor noͤthig befunden, welcher mir
denn auch zu verſtehen gegeben, daß in
dem Gebirge Sierra morena gar groſ-
ſe Zinober Bergwercke waͤren, allda
der Koͤnig von Spanien, auf eigne Ko-
ſten, ſehr viel Arbeiter hielte, die das
Queckſilber, das nach Peru geſandt
wird, herausziehen muͤſten. Weil mir
nun dieſe Erzehlung weit richtiger zu
ſeyn bedunckte, ſo halte ich auch ſicher-
lich dafuͤr, daß die groͤſte Menge des
Zinobers, den man vor dieſem allhier
geſehen, und auch noch heut zu Tage zu
ſehen bekommt; wiewohl gar ſelten;
aus dieſem Gebirge Sierra morena
gekommen ſey, auch daß der ſchlechte
Preiß, um welchen er damahls hinge-
geben wurde, uns gnugſam zu erken-
nen gebe, daß es nicht ſchwer oder koſt-
bar geweſen, den Zinober aus ſeinen
Adern zu gewinnen. Welches auch
einiger maſſen dem Gutachten ober-
wehnter Perſon zu ſtatten kommen
koͤnte,
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
koͤnte, indem ſie mich verſicherte, daß er
ſo gemeine waͤre, als die Steine, und
weiter nichts, als nur die Muͤhe ihn zu
ſammlen, koſtete.
Man ſoll den mineraliſchen Zino-
ber erwehlen, welcher hoch an der Far-
be, und ſo glaͤntzend und ohne Geſtein,
als immer moͤglich ſey. Seit dem der
Spaniſche Zinober in Franckreich
alſo ſeltſam worden, hat man ſo vieler-
ley Arten deſſelben geſehen, daß ich
Muͤhe gnug haben duͤrffte, wo ich ſie
alle beſchreiben wolte. Wegen dieſer
ſo groſſen Seltſamkeit ſieht und hoͤrt
man faſt nichts, als nach wahrhafti-
gen Spaniſchen Zinober fragen. Die-
weil auch diejenigen, die ihn verkauf-
fen, ihnen keinen Scrupel und Gewiſ-
ſen machen, wenn ſie ſchon eines fuͤr das
andere hingeben, darum geben ſie den
von S. Lo dafuͤr, ob er gleich nicht ein
wenig von jenem unterſchieden iſt, in-
dem der Spaniſche glaͤntzend roth, der
von S. Lo aber gar matt ſiehet, und
noch dazu weit weniger Queckſilber bey
ſich fuͤhret, unerachtet einige mir ent-
gegen behaupten wollen, daß ein Pfund
Zinober von S. Lo eben ſo wohl vier-
zehn Untzen Mercurius gebe, als wie
der Spaniſche: welches ich auch nicht
wiederreden will, weil ich es nicht zur
Probe gefuͤhret.
Das Zinoberbergwerck, welches in
der Parochie de la Chapelle en jugé, gefun-
den worden, ſteht in einer loſen Erde,
da man ſtets graben muß, und nie-
mahls ſchuͤrffen kan. Sie iſt voll klei-
ner, doch ſonder groſſe Waſſeradern.
Zu erſt iſt ſie mit einer Ockerfarbe an-
gefaͤrbet, welche ſich auch ſehr veſte an
die Haͤnde legt, wenn man die Erde da-
zwiſchen reibet, drauf folgen allerhand
und unterſchiedene Anbruͤche, und un-
ter andern ein gelber Ocher, den Mar-
caſiten gleich, mit einer weiſſen Erde
bedecket, welche ſie die Seiffe der Adern
nennen, und nicht an den Fingern kle-
ben bleibt. Ohngefehr auf funffzig
Fuß tieff, findet man ein blaues hartes
Geſtein, und zwey oder drey Fuß tieff
den Zinober im Geſtein, das anfangs
etwas braun iſt, und Staffeln- oder
Banckweiſe liegt, die Banck zu zwan-
tzig und dreyßig Fuß in die Laͤnge, und
vier bis fuͤnff Fuß dicke. Gantz in der
Mitten ſtickt der Vermillon/ als ein
hellglaͤntzendes Pulver.
Der Spaniſche mineraliſche Zi-
nober/ ob er gleich vielfaͤltig geſuchet
wird, hat dennoch, ſoviel mir bewuſt,
keinen andern Nutzen, als daß ſie den
Mercur heraus ziehen, aus welchen die
recht erfahrnen Alchymiſten, wie ſie vor-
geben, rothguͤlden Ertz, ja ſelbſten Gold
machen koͤnnen, wenn ſie ihn figiren
und die Farbe geben; denn dem Ge-
wichte nach gleichet er dem Golde. Le-
mery ſagt, der natuͤrliche oder minera-
liſche Zinober ſey ein vermiſchtes Queck-
ſilber mit Schwefel, die ſich durch Huͤlf-
fe der unterirdiſchen Waͤrme, mit ei-
nander ſublimiret haͤtten, welches bey
nahe auf die Art und Weiſe, als wie
wir mit dem durch Kunſt bereiteten Zi-
nober verfahren, geſchehe.
Furetiere hat in ſeinem Buche an-
gemercket, daß es einen mineraliſchen
Zinober gebe, welches ein gantz rother,
ſchwerer, doch nicht allzuharter Stein
ſey, dem Blutſtein gleich; derſelbe ent-
halte Queckſilber in ſich, ſo von ihm
ſelbſt und ohne Feuer heraus troͤpfle.
Er meldet ferner, daß dieſer Zinober
in Krain gefunden wuͤrde, und mit der
Alten ihrem Minio einerley, dabey aber
giftig ſey. Sagt auch, das Wort Zi-
nober kaͤme vom Griechiſchen Worte
ϰινάβρα her, welches einen Bocks- oder
ſonſt einen unertraͤglichen Geſtanck be-
deutet: denn, wenn ſie den gegrabenen
Zinober aus der Erde hervor ziehen, ſoll
er, wie Matthiolus berichtet, einen
alſo wunderlichen Geruch von ſich laſ-
ſen, daß ſie die Naſe verſtopfen, und das
Geſichte verdecken muͤſſen, damit ſie
nicht dadurch vergiftet werden. Von
dieſer letztern Gattung des Zinobers
haͤtte ich wohl nichts gedacht, wenn ich
nicht glaubte, daß er falſch waͤre: und
wenn Matthiolus und Furetiere
nicht bereits verſtorben waͤren, wolte
ich ihnen in dieſem Capitel, eben als
wie in vielen andern, unter die Augen
ſagen, daß ſie von ſolchen Sachen ge-
ſchrieben haͤtten, die ſie doch niemahls
geſehen, und die wider die Vernunfft
ſtreiten; und endlich, damit ich es de-
nenjenigen ausreden moͤchte, welche
T t 3glau-
[]Der Spezereyen und Materialien
glauben duͤrfften, daß es dergleichen
mineraliſchen Zinober gebe, aus dem
das Queckſilber natuͤrlicher Weiſe ab-
tropfte.
DEr durch Kunſt zubereitete Zi-
nober iſt ein Gemenge von Queck-
ſilber und Schwefel, welches hernach-
mahls ſublimiret und zu einem Steine
gemachet worden iſt, auf die Art,
wie wir es zu ſehen bekommen. Jn
Holland iſt wegen Feuersgefahr und
des Schwefelsgeſtanck halber nach-
druͤcklich verboten worden, dergleichen
Zinober in den Staͤdten zu machen: er
wird dannenhero alleine auf den Doͤrf-
fern gemacht.
Man ſoll dieſen Zinober auſſuchen,
welcher feine ſchoͤne Spitzen oder Stri-
che hat, anbey ſo hoch als moͤglich, an der
Farbe iſt.
Der Gebrauch dieſes Zinobers be-
ſtehet, wie bereits erinnert, darinne,
daß diejenigen, welche ein reines und
ſauberes Queckſilber verlangen, ſowohl
zur Mercurial Panacee, als auch zu al-
lerhand anderer Arbeit, dazu der revi-
vificirte Mercurius aus dem Zinober
erfodert wird, daſſelbe daraus bereiten
koͤnnen.
Auch wird dieſer als ein Stein zu-
gerichtete Zinober einiger maſſen von
den Mahlern gebraucht, wenn ſie ihn
zuvorher abgerieben, alldieweil er ein
weit lebhafter Roth giebet, denn derje-
nige, welcher bereits gerieben aus Hol-
land kommt; doch iſt diß das verdruͤß-
lichſte, daß es ſo groſſe Muͤhe ſetzt, bis
er wiederum trucken worden. Er hat
desgleichen bey der Artzney ſeinen Nu-
tzen, und wird nicht nur zum raͤuchern,
ſondern auch zu andern aͤuſſerlichen
und innerlichen Artzneyen gebrauchet.
Nichts deſtominder aber will ich ſagen,
daß der Zinober faſt gar nicht innerlich
gebrauchet werde, es ſey denn fuͤr die
Pferde, um die alſo genannten Zinober-
pillen daraus zu machen.
Aller Zinober, ſo geriebener als un-
geriebener, kommt aus Holland/ und
iſt zu verwundern, daß diejenigen, die
ihn machen, Stuͤcken zu drey bis vier
hundert Pfunden bereiten koͤnnen; und
dieſes ohne ſonderbare Muͤhe, denn ſie
ſetzen fuͤnff und zwantzig Pfund Ma-
terie, das iſt, Queckſilber und Schwefel
ein, und wenn ſie dieſe aufgetrieben
oder ſublimiret, ſetzen ſie aufs neue fuͤnff
und zwantzig Pfund ein, und fahren
alſo fort, bis das Gefaͤß voll worden;
und eben darum iſt auch der wie einWoher es
komme/ daß
der Zinober
ſchichtweis
auf einander
liegt.
Stein bereitete Zinober, den wir zu
ſehen bekommen, ſtets Schicht- oder
Bettweiſe anzuſehen.
Es ſetzen aber die Hollaͤndiſchen
Bauern und andere, die den Zinober be-
reiten, insgemein 100. Pfund Schwe-
fel auf 300. Pfund Mercur, und weil
ſie niemahls mehr als ohngefehr 25.
Pfund auf einmahl einſetzen, ſo haben
ſie einen ſonderlichen Stock, welcher zu
Verſtopfung des Loches, das oben im
Gefaͤß iſt, dienet, dennoch aber bis auf
den Boden hinab reicht: indem nun
allezeit, wenn 25. Pfund ſich ſublimi-
ret und aufgeſtiegen ſind, eine Haut
entſtehet, ſo zerſtoſſen ſie dieſelbige mit
dem gedachten Stocke, damit ſie andere
Materie eintragen, und zugleich zuſe-
hen moͤgen, ob das Gefaͤſſe voll ſey.
Das gantze Geheimnuͤß dieſen Zino-
ber zu bereiten, beſtehet eintzig und al-
lein in der Vermiſch- und Zurichtung
der Erde, daraus die Gefaͤſſe oder Toͤpfe
zur Zinoberbereitung verfertiget wer-
den: denn wenn ein ſolches Gefaͤß, we-
gen der Menge, die ſie darinne bereiten,
zerberſten ſolte, wuͤrde es ihnen groſſen
Schaden bringen, ja ſie ſtuͤnden in Ge-
fahr, alles mit einander zu verliehren.
Was den Vermillon betrifft, der-
ſelbe iſt nichts anders, als ſolcher wie
ein Stein zubereiteter Zinober, der
mit gemeinem Waſſer, oder aber mit
Seewaſſer abgerieben worden.
Wir bekommen aber zweyerley
Vermillon aus Holland, rothen undVermillon.
blaſſen, welches iedoch alleine daher
kommt, daß er mehr oder weniger ge-
rieben worden: denn ie mehr er gerie-
ben iſt, ie feiner iſt er, ie blaͤſſer er iſt,
ie mehr wird er geachtet, ſonderlich von
denen-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
denenjenigen, die ihn gebrauchen, und
das Spaniſche Wachs damit faͤrben.
Man ſoll aber den Vermillon er-
wehlen, der wohl gerieben ſey, trucken
und ſoviel moͤglich, ohne Erde, anbey
recht rein und ſauber.
Die Hollaͤnder muͤſſen nothwen-
dig Bleyertz und andere trucknende Sa-
chen unter den Vermillon miſchen,
denn der als ein Stein zubereitete Zi-
nober, wie ich bereits erinnert habe,
trucknet ſo gar ſchwerlich, wenn er ge-
rieben wird, welches doch derjenige, den
ſie allbereit gerieben uns uͤberſenden,
nicht thut.
Jn Franckreich wird der Vermil-
lon uͤberaus gebrauchet, ſowohl von
den Spaniſchen oder Siegel-Wachs-
machern, als auch von den Mahlern,
wiewohl er auch ſonſt noch zu vielen an-
dern Sachen mehr angewendet wird.
Man laſſe ſich warnen, und brauche
bey Leibe nicht den geriebenen und mit
dieſem oder jenem Fette vermiſchten Zi-
nober, das Geſichte zu ſchmincken, gleich-
wie der Herr Charras ſehr wohl ange-
mercket hat: denn es iſt eine gefaͤhrliche
Schmincke, und duͤrfften allerhand ver-
druͤßliche Zufaͤlle zuſchlagen. An ſei-
ne Statt hingegen koͤnte man den ſo ge-
nannten Spaniſchen Vermillon ge-
brauchen, denn deſſen mag man ſich
mit aller Sicherheit gebrauchen, indem
er blos vom Saffran aus Levante oder
Saffranum bereitet iſt.
Aus dem Zinober oder VermillonMercurius
aus dem Zi-
nober.
ziehet man durchs Feuer und mit
Stahlfeile oder ungeloͤſchtem Kalche,
in eine Retorte gethan, ein uͤberaus
reines Queckſilber, das zu allerley Sa-
chen gut iſt, dazu ſonſt das Queckſilber
von noͤthen. Weil aber dieſer Mercu-
rius gar zu theuer, nicht allein wegen
der Unkoſten, ſondern auch des Abgangs
halber; derowegen bedienen ſich dieje-
nigen, die des Queckſilbers benoͤthiget
ſind, es muͤſten denn gar curieuſe Leute
ſeyn, des Hollaͤndiſchen.
Was die Wahl dieſes Mercurs be-
trifft, ſo muß er uͤber die maſſen weiß
und recht lebendig ſeyn.
DJeſen bekommen wir aus Hol-
land/ oder von Venedig, und
wird von gemeinen oder aufs neu beleb-
ten Mercurius, Salpeterſpiritus, weiß
gebrenntem Vitriol und verpufften
Meerſaltze gemacht: hernach wird es
zu einer weiſſen und glaͤntzenden Maſſa
ſublimiret und aufgetrieben.
Den Sublimat/ es mag Hollaͤndi-
ſcher oder Venediſcher ſeyn, ſoll man
auſſuchen, der fein weiß und glaͤntzend,
auch ſoviel als moͤglich, nicht zu ſchwer,
auch nicht zu dicke iſt. Dagegen ſoll
man, ſoviel man kan, den Smirniſchen
verwerffen, welcher ſchwer und voller
Spiegel iſt, denn er ſoll, wie man ſagt,
mit Arſenic bereitet ſeyn; welches ich
dennoch nicht fuͤr gewiß ausgeben kan,
weil ichs ſelbſten nicht gewiß weiß. Al-
les was ich davon ſagen kan, iſt dieſes,
man troͤpfle nur ein wenig Weinſteinoͤl
darauf, oder reibe ihn mit Weinſtein-
ſaltze: wird er alsdann gelb, ſo iſt es ein
unfehlbares Zeichen, daß er von Mer-
eurius gemacht, und wie er ſoll beſchaf-
fen ſey: dahingegen, wenn er ſchwartz
wird, es bedeutet, daß er uͤbel beſchaf-
fen und deshalben ſolle verworffen
werden.
Der corroſiviſche und etzende Sub-
limat wird von allerley Leuten ge-
brauchet; als da ſind Wundaͤrtzte,
Goldſchmiede, Hufſchmiede und der-
gleichen. Jedennoch aber muß er mit
der groͤſten Vorſicht gebrauchet werden,
denn es eines der aͤrgſten Gifte iſt:
auch ſolten es die Kauffleute, die es
fuͤhren, niemand, als ſolchen Leuten
geben, die es zu ihrem Thun und Ar-
beit noͤthig haben, geſtalt denn dieſes
die koͤniglichen Befehle vermoͤgen, in
welchen allen Kauffleuten ausdruͤcklich
unterſaget iſt, keinem Menſchen, als
den Herren und Meiſtern, Gift zu
verkauffen; und verordnet, daß ſie ſich
von denenjenigen, die es kauffen, einen
Schein geben laſſen ſollen, und verneh-
men, was ſie damit machen wollen;
ingleichen, daß die Kauffleute ſelbſt es
unter ihrem Beſchluß und eigner Ver-
wah-
[]Der Spezereyen und Materialien
wahrung halten, und niemand, denn
ſie ſelbſt, etwas davon weggeben ſolle.
Jch verhoffe nicht, daß jemand dieſe
Erinnerung uͤbel aufnehmen werde,
als welche auf die allgemeine Sicher-
heit gerichtet iſt.
DEr ſuͤſſe oder verſuͤſſte Subli-
mat oder Mercurius/Mercurius
dulcis, dulcificatus, auch Aquila alba, der
weiſſe Adler/ genannt, wird vom cor-
roſiviſchen Sublimat und rohen Mer-
cur zubereitet, welche durchs Feuer und
mit Huͤlffe einer glaͤſernen Retorte, zu
einer weiſſen Maſſe, die voll kleiner
Spitzlein oder Striemlein iſt, gemachet
werden.
Das Sublimatum dulce oder der Mer-
curius dulcis, muß weiß und glaͤntzend
ſeyn, voll kleiner harter Spieſſe, und
darf durchaus keinen Geſchmack haben,
wenn man es auf die Zunge nimmt.
Wenn es gepuͤlvert worden, muß es
weiß und ein wenig gelblicht ſehen.
Man ſey auch gewarnet, und habe ja
wohl Acht, daß es zum wenigſten drey-
mahl edulcoriret worden ſey: denn da-
fern dieſe Waare nicht die gehoͤrige Be-
ſchaffenheit hat, das heiſt, wenn ſie nicht
gantz und gar ohne Geſchmack iſt, ſolte
ſie allerhand verdruͤßliche Zufaͤlle erre-
gen koͤnnen. Die ihn aus Holland brin-
gen laſſen, moͤgen nicht zuviel auf ſeine
Schoͤnheit ſehen, welche ihm die Hol-
laͤnder zu geben wiſſen, ſondern viel-
mehr darauf, ob er auch ohne Ge-
ſchmack ſey: denn ich kan verſichern,
daß ich dergleichen aus Holland bekom-
men habe, welcher groß Ungluͤck anrich-
ten duͤrffen, wofern ich nicht genaue
Acht gegeben haͤtte. Diß aber kam
nirgend anders her, als daß er nur ein
einiges mahl ſublimiret oder verſuͤſſet
worden ware.
Wenn der abgeſuͤſſete Sublimat
recht wohl zugerichtet iſt, denn iſt er ein
vortrefflich und herrliches Mittel zu
den geheimen Kranckheiten, wie auch
zu Ertoͤdtung der Wuͤrme, abſonder-
lich bey jungen Kindern. Die doſis iſt
gemeiniglich von zwey bis auf zehen
Gran, in einem bolo oder Biſſen ge-
nommen, es ſey nun mit einer oder der
andern purgirenden Artzney oder aber
in einer Conſerve.
ALſo nennen wir ein ausgeſuͤßtes
Sublimat, welches von revivificir-
ten Mercurius aus Zinober bereitet,
und bis auf achtmahl dulcificiret oder
ſublimiret worden iſt. Jch aber will
mich bey dieſem Stuͤcke nicht lange auf-
halten, dieweil die Directores des Hoſpi-
tals fuͤr die beſchaͤdigten Soldaten ei-
nen Zettel drucken laſſen, in welchem
der Laͤnge nach davon gehandelt wird,
ſondern will nur ſagen, daß dieſes reme-
dium ſehr geſuchet und hoch gehalten
werde, eines Theils, weil es noch etwas
neues iſt, und dann, weil es ein Univer-
ſal zu obgedachten Kranckheiten ſeyn
ſoll. Man ſchreibet ihm auch ſo viel
andere Tugenden und Kraͤfte zu, daß
es deshalben Panacæa genennet wor-
den, welches eben ſo viel heißt, als ein
univerſal remedium, und allgemeine
Artzney wider alle und iede Kranckhei-
ten. Gemeiniglich wird dieſe Artzney
in Tragantpillen verſtecket, welche,
wenn ſie trucken worden, weder an der
Groͤſſe, noch an der Farbe von dem uͤber-
zogenen Coriander unterſchieden ſind.
DEr weiſſe Praͤcipitat iſt Queckſil-
ber, das in Salpeterſpiritus auf-
geloͤſet, und mit Saltz als ein weiſſes
Pulver niedergeſchlagen worden. Die-
ſes Pulver iſt hernach, wenn es wohl
ausgewaſchen worden, was wir weiſ-
ſen Praͤcipitat von Queckſilber zu
nennen pflegen, um ihn alſo von denen
zweyen
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
zweyen andern Praͤcipitaten zu unter-
ſcheiden, von denen der eine aus corroſi-
viſchem Sublimat bereitet wird, wel-
cher in einem mit Salmiac zugerichte-
ten Waſſer zerlaſſen, nach dieſen mit
darein geſchuͤtteten Weinſteinoͤle zu ei-
nem weiſſen Pulver niedergeſchlagen,
und darauf gleichwie der vorige gewa-
ſchen und getreuget wird. Der dritte
wird ebenfalls vom corroſiviſchen Sub-
limat gemacht, welcher geſtoſſen und in
warm Waſſer geſchuͤttet wird, ſodann
bekommt man ein weiſſes Pulver da-
raus, welches nachdem es gleicher ge-
ſtalt gewaſchen und aufgetrocknet wor-
den iſt, eben dergleichen Eigenſchafften
hat, als wie die andern, naͤmlich, die
Salivation und Geifferung zu erwecken,
oder aber mit Fett und Pomade vermi-
ſchet, die Schwinden und Raude zu
vertreiben.
Weil aber dieſe Praͤcipitaten, und
uͤberhaupt alles was vom Queckſilber
kommt, die heftigſten Mittel ſind, da-
bey eine und die andere Gefahr zu be-
ſorgen ſtehet, dannenhero ſoll man ſie
ohne die groͤſte Vorſichtigkeit und Rath
erfahrner Leute niemahls gebrauchen.
Wann nun der weiſſe Praͤcipitat
vom Queckſilber recht gut ſeyn ſoll, ſo
muß er weiß, ſchwer und getreulich
zubereitet ſeyn, welches man daran er-
kennen kan, wenn man nur etwas we-
niges davon auf eine gluͤhende Kohle
leget, denn es iſt das Zeichen ſeiner Guͤ-
te, wenn er gar verfleugt: dahingegen,
wenn er auf der Kohle liegen bleibet,
oder aber Bley davon herablaͤuffet, ſol-
ches eine unfehlbare Probe iſt, daß es
nichts anders als Bleyweiß oder ein
ander Weiß, z. E. Rouaniſches oder der-
gleichen ſey.
Was den vom Sublimat bereiteten
Praͤcipitat betrifft, derſelbe ſoll auch
aus dermaſſen weiß ſeyn, und um ein
gutes leichter, denn der vom Mercur
gemacht iſt; welches doch etwas unge-
meines zu ſeyn ſcheinet, indem alles,
was vom Mercurius kommt, ſchwer iſt.
Daher verlangen ihn auch diejenigen
nicht, die ſich nicht darauf verſtehen, ob
er ſchon eben ſo ſchoͤn und ſo gut iſt, als
der, welcher mit dem Queckſilber berei-
tet wird.
DEr rothe Praͤcipitat iſt in Sal-
petergeiſt aufgeloͤſter Mercurius,
welcher darauf ſo lange im Feuer gehal-
ten wird, bis er ſo roth und glaͤntzend
worden, als wie er aus Holland uͤber-
kommt. Was die rothen Praͤcipitate
betrifft, welche von den Kuͤnſtlern in
Paris und in andern Staͤdten verfer-
tiget werden, ſo giebt es unter denenſel-
bigen faſt eben ſo viel und gantz unter-
ſchiedene Farben, als Leute ihn bereiten,
und ſind ihrer gar wenig, die ihn als
wie die Hollaͤnder zurichten koͤnnen.
Deswegen ſind auch die meiſten rothen
Praͤcipitate, welche die Apothecker zu
verkauffen haben, bald roth, bald Po-
merantzenfarben, niemahls aber glaͤn-
tzend; ſie muͤſten ihn denn bey Mate-
rialiſten, die ihn aus Holland bringen
laſſen, gekauffet haben. Jch will zwar
nicht ſagen, daß er nicht eben ſo gut ſey,
iedennoch aber laͤßt er ſich nicht ſo gut
verkauffen.
Sonſt giebt es noch zweyerley rothen
Praͤcipitat, einer iſt Roſenfarben, wel-ger Praͤcipi-
tat.
ches alleine daher kommt, daß man den
im Salpetergeiſt aufgeloͤſeten Mercu-
rius nicht zum Feuer gebracht, ſondern
warmen Urin drauf geſchuͤttet hat, da
dann alſofort der Roſenrothe Praͤc-
pitat niederfaͤllt; welcher, wenn er
ausgewaſchen worden, vortrefflich gut
iſt wider die Wuͤrme, den Scharbock
und Kraͤtze: man kan ihn auch ſonſten
eben als wie denjenigen, der vom Feuer
roth worden, gebrauchen. Der dritte
rothe Praͤcipitat wird von Sublimat,
in warmen Waſſer zerlaſſen, bereitet,
und daruͤber Weinſteinoͤl geſchuͤttet.
Der Herr Lemery ſagt, daß dieſe Be-
reitung des Sublimats der rechte ro-Rechter ro-
ther Praͤci-
pitat.
the Praͤcipitat waͤre, doch ſey er nicht
ſo ſtarck, noch ſo heftig, als der vom
Queckſilber gemacht wird. Die bey-
den letzten Praͤcipitate ſind wenig im
Brauch, dieweil man ſich nur des er-
ſteren bedienet, der aber, wenn er gut
ſeyn ſoll, getreulich muß bereitet ſeyn;
U udabey
[]Der Spezereyen und Materialien
dabey man auch wohl zuzuſehen hat,
daß kein Bleyertz drunter gemiſchet
ſey, welches iedennoch leichtlich zu mer-
cken, wenn man ein Stuͤcke Gold damit
reibet: denn wenn daſſelbe weiß wird,
ſo iſt er gut, und vom Mercur gemacht.
Dahingegen, wenn es ſchwartz wird, iſt
es ein Zeichen, daß er Bley haͤlt, und
damit vermenget iſt. Auch darff man
ihn nur aufs Feuer bringen, wenn er
denn verfleugt, iſt es ein gut Zeichen.
Nichts deſtominder ſage ich, daß man
dem Hollaͤndiſchen den Vorzug laſſen
muͤſſe, weil er nicht allein viel ſchoͤner
iſt, und darum auch deſto beſſer zu ver-
kauffen; ſondern auch, weil wir ihn
um ein gutes wohlfeiler laſſen koͤnnen,
ſonderlich zu Friedenszeiten, als denje-
nigen, welcher in Franckreich kan berei-
tet werden.
ALſo wird ein rother Praͤcipitat vom
Queckſilber genannt, auf dem man
Weinſpiritus abbrennen laſſen, und die-
ſes zum ſechſten mahle wiederhohlet
hat. Dieſes iſt das Arcanum Coralli-
num und der rothe Praͤcipitat, den man
innerlich gebrauchen kan, indem ihn
der Weinſpiritus verſuͤſſet, und die groͤ-
ſte Schaͤdlichkeit benommen hat.
DEr gelbe Praͤcipitat oder das
Turpethum minerale, wird
von revivificirtem Mercurius aus
dem Zinober bereitet, welcher
mit Vitriolgeiſt aufgeloͤſet, und
hernachmahls mit laulichtem Waſſer
zu einem gelben Pulver niedergeſchla-
gen worden iſt: wenn dieſes hierauf
wohl ausgewaſchen und getrocknet
worden, gebraucht man es als ein ſehr
ſtarck Purgir- und Brechmittel. Man
macht auch einen gelben Praͤcipitat/
wenn man zerſtoſſenen Sublimat in
warmen Waſſer zergehen laͤßt, und
Kalchwaſſer dazu gieſſet, als dann kan
das gelbe Pulver, welches ſich am Bo-
den findet, wenn es gleicher geſtalt ge-
waſchen und getrocknet worden, fuͤr ei-
nen gelben Praͤcipitat oder minerali-
ſchen Turbit mitgehen. Lemery ſa-
get, daß dieſe ſolution oder dieſes gelbe
Waſſer Aqua phagedæna oder ad ulceraAqua phage-
dæna vera.
genennet wuͤrde, weil es zur Vertreib-
und Heilung der Geſchwuͤre ſehr dien-
lich ſey: es gebrauchen auch daſſelbe
die Wundaͤrtzte zum oͤftern, und abſon-
derlich in den Spitalen. Allein die
ordentliche Aqua phagedæna wird von
Kalckwaſſer, darinne ein wenig Subli-
mat zerlaſſen worden, bereitet.
DJeſer wird vom Mercurius und
Kupfer zubereitet, welche in Sal-
niterſpiritus aufgeloͤſet, und darauf
mit diſtillirtem Weineßig zu einem gruͤ-
nen Pulver ſind praͤcipitiret worden,
welches man brauchet, wenn man oben
und unten zugleich purgiren will. So
ſoll es auch, wie ihrer etliche vorgeben,
ein ſpecificum und gantz ſonderbares
Mittel wider die Venus-Kranckheiten
ſeyn. Diejenigen, die dieſes Pulver
verfertigen, finden auch ein gelbes Pul-
ver dabey, welches dem mineraliſchen
Turbit ziemlich aͤhnlich ſiehet.
Es dienet zu mercken, daß dieſes præ-
paratum mehrere Schaͤrffe und Kraft
bekomme, ie mehr man ihm Kupfer
zuſetzet. Allein dieſer Praͤcipitat iſt
wenig gebraͤuchlich und bekannt gewe-
ſen, ehe und bevor der Herr Faveur,
Koͤniglicher Deſtillator zu Montpel-
lier eine Beſchreibung davon heraus-
gegeben.
DAs Oel, oder beſſer zu ſagen der li-
quor Mercurii, iſt Queckſilber in Vi-
trioloͤle aufgeloͤſet, und durchs Feuer
zu einer weiſſen Maſſe gemacht. Dieſe
Maſſe, in Keller geſetzt, zergeht leicht-
lich, und wird zu Waſſer. Auch kan
man ein anders, weit ſuͤſſeres Oel aus
dem Mercur bereiten, wenn man das
Queckſilber in Weinſpiritus diſſolviret,
und dieſes mag mit groͤſſerer Sicherheit
gebrauchet werden. Man kan es des-
gleichen mit verſuͤßtem Sublimat und
Salmiac zurichten, oder an ſtatt des
Salmiacs Bleyſaltz, oder aber an die-
ſes Stelle Zuckerkant nehmen, auch
noch viele andere Sorten mehr ma-
chen, deren die Autores alle voll ſind.
DAs Zinn/ welches unſre Vorfah-
ren weiſſes Bley genennet haben,
iſt ein weiſſes Metall, das nicht ſo har-
te iſt, als wie das Silber, iedoch viel
haͤrter denn das Bley. Es haben etli-
che dem Zinne den Namen des Jupi-
ters beygeleget, dieweil es, ihrem Vor-
geben nach den Einfluß von dieſer fal-
ſchen Gottheit bekommt: ſie ſagen
auch, daß es aus zweyerley Materie
formiret werde, aus Silber und Bley,
indem in den Zinnſtollen nicht ſelten
Silber und Bley gefunden wird, wie
ingleichen Diamanten, welche an dem
Geſteine hangen, daraus das Zinn gezo-
gen wird. Dieſe ſind bereits von Na-
tur poliret, vierecket und ſpitzig, und
werden von unterſchiedener Groͤſſe, zu-
weilen als eine Nuß groß, gefunden, doch
nicht ſo harte, als wie die gerechten Dia-
manten, haben auch keine ſolche Ver-
tieffung wie die andern. Auch will man
ſagen, daß es aus Erde, unreinem
Schwefel, metalliſchen Saltze und ei-
nem Mercur beſtehe, welcher weit rei-
ner ſey, und beſſer gekocht und digeriret,
denn der Mercurius des Bleyes; ſey
auch des Silbers und des Goldes Feind,
und gebe Muͤhe, bis man es wieder da-
von abſondern koͤnne, wenn es ſich ein-
mahl mit ihnen vermiſchet habe.
Das meiſte Zinn, das wir in Franck-
reich zu ſehen bekommen, empfangen
wir aus England, als Mulden, von
unterſchiedenem Gewichte, inſonder-
heit aber aus der Provintz Cornwall;
ſo giebt es auch Jnſeln bey England,
welche dermaſſen reich von Zinne ſind,
daß ſie deswegen deſſelbigen Namen
fuͤhren. Jn Paris haben wir im uͤbri-
gen dreyerley Zinn/ das geſchlagene,
das klingende, und das gemeine.
Das geſchlagene Zinn, welches das
ſchoͤnſte und beſte, iſt das Engliſche/
wie es aus den Schachten kommt.
Damit es aber koͤnne verarbeitet wer-
den, wird etwas Bißmuth und Kupfer
zugeſetzt, damit ſichs reinigen moͤge.
Et ain ſonnant, das klingende Zinn/
wird vom Engliſchen bereitet, welches
mit ſchlechtem Zinn verringert worden
iſt. Weil nun das klingende Zinn aus
Bißmuth und Kupfer zuſammen ge-
ſetzet iſt, daher geſchichts, welches der
Herr Lemery gar fein angemercket,
daß dieſe aus ſtarren und bruͤchigen
Theilgen beſtehende Materien, wenn
ſie mit dem Zinn vereiniget worden
ſind, deſſelbigen Theilgen verſtaͤrcken,
und dieſes Metall weit haͤrter, veſter
und dichter machen, um welcher Urſach
willen es auch klingend oder thoͤnend
wird. Denn nothwendig muß eine
klingende Materie aus ſolchen ſteiffen
und dergeſtalt geordneten Theilgen zu-
ſammen geſetzet ſeyn, daß dieſelbigen,
wenn drauf geſchlagen wird, ſich bewe-
gen und erſchuͤttern, indem ſie wider
einander ſtoſſen, welches an dem reinen
Zinne, weil es weich iſt, und ſich biegen
laͤßt, nicht zu verſpuͤren. Das ge-
meine Zinn wird auch vom Engliſchen
zugerichtet, unter welches ſie Bley mit
gelben Kupfer legiret, gethan. Wenn
man nun wiſſen will, wie fein das Zinn
ſey, ſo nimmt man weiſſe Kreide, der-
gleichen bey Tonnerre in Burgund
gefunden wird, macht aus derſelben
U u 2eine
[]Der Spezereyen und Materialien
eine Gießforme, und gießt das geſchmol-
Dieſes iſt der
Zinngieſſer
groͤſte Wiſſen-
ſchafft/ das
Zinn durch
dieſe Probe
zu erkennen.tzene Zinn darein, und durch dieſes
Mittel erkennen die Zinngieſſer die Guͤ-
te des Zinnes, und ſolches zwar an den
kleinen Strahlen, die ſich drauf ſehen
laſſen. Oder aber ſie gieſſen Mußque-
tenkugelformen voll Zinn, und halten
alsdann das leichteſte fuͤr das beſte. Es
melden einige Scribenten, daß das
Zinn oder das weiſſe Bley an ſandich-
ten Orten und in vertrockneten oder
verſiegenen Fluͤſſen gantz oben in der
Erde gefunden werde, als wie Koͤrner
geſtalt, welche dann von den Leuten ge-
waſchen, geſchmoltzen und in Formen
gegoſſen werden, damit das Zinn die
Geſtalt bekommen moͤge, in welcher
wir es zu ſehen kriegen. Uber alle
denjenigen Nutzen, den wir davon er-
halten, werden auch noch allerley Chy-
miſche Sachen daraus bereitet, gleich-
wie aus folgenden zu erſehen.
Wir bekommen auch bisweilen aus
Teutſchland Zinn/ allein es iſt nichts
dran, und blos der Uberſchuß von dem-
jenigen Zinne, mit dem ſie das Blech
verzinnet haben. So wird auch iezu-
weilen aus Lothringen Zinn ge-
bracht.
ETain en feuille,Zinn das wie Blaͤt-
ter ſieht/ iſt geſchlagen Zinn, wel-
ches die Hollaͤnder auf einer Seite mit
einem Verniß, nach ihrem Gefallen,
uͤberziehen: und daher kommt es, daß
ſie uns gelbes, rothes, ſchwartzes, weiſ-
ſes, aurorfarbenes, und dergleichen
mehr uͤberſenden.
Man muß aber dieſes Zinn erweh-
len, wenn es fein an einem Stuͤcke oder
gantz, wohl geverniſſet, und ſoviel moͤg-
lich, fein ſauber aufgerollet iſt. Die
Hollaͤnder ſenden es uns in kleinen
Buͤchſen und Schachteln, in denen ins-
gemein ein Groß, das iſt zwoͤlff Dutzent
Blaͤtter liegen. Vor dieſem war es
ſtarck im Gebrauch, alldieweil ſich die
Wachszieher deſſelben bedieneten, und
es um die Fackeln und andere Wachs-
arbeit legten, anietzo aber braucht man
es nicht mehr, als daß man die Wapen
damit beleget, wenn vornehme Leute
geſtorben.
DAs Zinn macht man auf zweyer-
ley Weiſe zu Pulver: naͤmlich,
entweder mit zerſtoſſenen Kohlen, oder
mit Kreide, auf die Art, welche im Cap.
vom Bley ſoll gewieſen werden. Die-
jenigen, die in Zinn arbeiten, verbren-
nen es, an ſtatt daß ſie es zum Pulver
machen ſolten, das iſt, ſie calciniren es,
und machen ein graulichtes Pulver
draus, welches wir und die Zinngieſſer
unter dem Titel der Zinnaſche verkauf-
fen. Sie reiben ihre Haͤmmer damit,
andere aber poliren die Spiegel damit.
Wer dieſe Aſche gantz weiß haben will,
der calcinire ſie ſo lange, bis ſie ſchoͤn ge-
nug worden, welches auf dieſe Weiſe
Zinnkalch,
Spaniſch
Weiß, oder
bezoardicum
joviale.calcinirte Zinn, von denen Chymicis Ce-
ruſſa und Calx Stanni,Zinnkalch/ von
andern aber Spaniſch Weiß/ oder
auch Bezoardicum Joviale genennet wird.
Es berichten einige Scribenten, daß
man das Zinn mit Urine koͤnne zu ei-
nem Kalche machen, denn der Urin ar-
beite oder zerfreſſe daſſelbige, eben als
wie der Eßig das Bley. Dieſes alſo
calcinirte Zinn, welches die Chymici auf
allerhand Weiſe zu Nutze zu machen
wiſſen, wird auch von den Toͤpfern,
die die blau und weiſſen Geſchirre ma-
chen, gebraucht, und die irdenen Geſchir-
re damit gevirniſſet oder verglaſuret.
Wobey dennoch dieſes zu mercken iſt,
daß dieſer Kalch den Toͤpfern nicht die-
ne, wenn er nicht ein gantzes Jahr uͤber
im Wind und Wetter geſtanden, und
alſo von der Luft noch einmahl calcini-
ret worden; allein da muß man Ach-
tung geben, daß er nicht voll Unflat
oder ſonſten unrein werde, ſonſt wuͤrde
es eitel Flecken auf den Geſchirren
ſetzen.
DAs Zinnſaltz kommt vom calcinir-
ten Zinn, darauf man diſtillirten
Eßig gegoſſen, und mit Huͤlffe des Feu-
ers und eines kuͤhlen Ortes ein weiſſes
Saltz heraus gezogen, in Geſtalt klei-
ner Cryſtallen, deren man ſich fuͤr die
Schwinden bedienet, und ſie mit unter
die Pomade miſcht. Es muß aber
trucken, leichte und weiß ſeyn, und wie
kleine Spitzlein ſehen.
MAn ziehet aus dem Zinn mit Sal-
miac in einem Sublimirgefaͤſſe
weiſſe Blumen: andere aber nehmen
an ſtatt des Salmiacs gelaͤuterten Sal-
peter. Aus dieſen floribus kan man
hernach mit dem fluͤchtigen Salmiac-
geiſte, oder auch mit Weinſteinoͤle das
Magiſterium Stanni bereiten, welches,
wenn es mit Waſſer ausgeſuͤſſet, gewa-
ſchen und getrocknet worden iſt, zur
Schmincke dienen kan. So koͤnnen
auch die Blumen, eben als wie das Ma-
giſterium gebrauchet werden.
DJeſes iſt, was LemeryDiaphoreti-
cum Joviale, ein aus dem Zinn be-
reitetes Schweißtreibendes Mit-
tel nennet, oder das Antihecticum Po-
terii, des Poterius Mittel wieder die
Schwind- und Lungenſucht, und wird
von feinem Engliſchen Zinn und dem
Koͤnig von: Spiesglas mit Eiſen zu-
ſammengeſchmoltzen, bereitet, hernach
mit Salpeter vollends verfertiget, und
zu unterſchiedenen mahlen ausgewa-
ſchen. Davon bekommt man alsdann
ein Pulver, welches zu Leberkranckhei-
ten, hitzigen und giftigen Fiebern, Blat-
tern und andern Zufaͤllen mehr gebrau-
chet werden kan: wie ſolches alles ober-
meldeter Lemery gelehret hat.
OB ich gleich alle erdenckliche Muͤhe
angewendet, damit ich entdecken
moͤchte, daß es Et ain de glace naturel, na-
tuͤrlichen Bißmuth gaͤbe, dennoch habe
ich es unmoͤglich erforſchen koͤnnen, ſin-
temahl alle, die ich entweder durch
Briefe, oder auch muͤndlich darum be-
fraget, einhellig berichtet haben, daß es
keinen andern Wißmuth gebe, als den
wir verkauffen, welcher aber durch
Kunſt bereitet iſt, gleichwie im folgen-
den Capitel zu erſehen. Jedennoch
mag ich nicht fuͤr gewiß ausgeben, daß
gar keiner zu finden waͤre, ſondern, weil
ich noch nichts davon zu erfahren ver-
mocht, kan ich denenjenigẽ eben ſo wenig
widerſprechen, welche geſchrieben, der
Bißmuth ſey eine ſchwefelhafte Mar-
caſit, die in den Zinngruben gefunden
werde, ſowohl als denenſelben, welche
vorgegeben, daß es ein mineraliſcher
Coͤrper, auf die Art wie ein Halbme-
tall ſey, und beſtehe aus dem erſten We-
ſen des annoch unzeitigen Zinnes, mel-
den auch dabey, daß es von Natur ſehr
harte ſey, gewichtig, bruͤchig, von gro-
ben Korn, poliret, weiß und glaͤntzend.
Ferner ſagen ſie, es hieſſe deswegen im
Frantzoͤſiſchen Et ain de glace, dieweil es
zerbrochen einen gantzen Hauffen ſpie-
gelgleicher hellpolirter Coͤrper weiſe.
Sie nennen es auch Marcaſite par excel-
lence, den vortrefflichſten Marcaſit,
weil es die andern alle an Guͤte und der
weiſſen Farbe weit uͤbertrifft: geben
uͤber dieſes annoch vor, es enthielte ein
arſenicaliſch Gift in ſich, ſey darum ge-
faͤhrlich zu gebrauchen. Dem aber ohn-
U u 3er-
[]Der Spezereyen und Materialien
erachtet, bin ich ſicher, daß alle diejeni-
gen, die dergeſtalt davon gehandelt oder
geſchrieben haben, nicht anders gemei-
net haben, als daß der Bißmuth, den
wir verkauffen, natuͤrlich ſey.
DAs Et ain de glace, von etlichen Biß-
muth genennet, iſt ein Gemenge
von Zinn, Weinſtein und Salpeter,
aus welchen vermittelſt des Feuers, in
einem Schmeltztiegel, Bißmuth ge-
machet wird, der uͤberaus weiß und
rein, auch viel ſchoͤner und weiſſer iſt,
als der, welchen wir aus England
uͤberkommen. Dieſer Unterſchied aber
ruͤhret allein daher, daß die Englaͤnder,
wie man mir berichtet, Kupfer darun-
ter thun, damit er den rothlichen Blick
bekomme, den er hat.
Dem Bißmuth koͤnte man mit al-
lem Fug den Titel eines Koͤniges vom
Zinne geben, weil er in der Wahrheit
nichts anders iſt. Denn es iſt gewiß,
und ſtehet zu erweiſen, daß der Biß-
muth, den wir verkauffen, durch
Kunſt bereitet ſey, und kan man gantz
wohl ſehen, das es ein geſchmoltznes
Metall, ſo hernach in einem zuvor ge-
waͤrmten und eingeſchmirten Moͤrſel
geſchuͤttet worden, gleichwie man etwa
mit den andern Koͤnigen zu verfah-
ren pfleget. Uberdiß habe ich ſelbſt
dergleichen Bißmuth verfertiget, kan
es auch allezeit denenjenigen, die mir
nicht glauben wollen, ſehen laſſen.
Man ſoll aber den Bißmuth oder
den Koͤnig vom Zinne erwehlen, wel-
cher feine breite weiſſe Schuppen hat,
und ſich leichtlich zerſchlagen laͤßt, dar-
gegen denſelben verwerffen, deſſen
Schuppen klein ſind, und der mit einem
Worte, dem Koͤnig vom Spiesglaſe
aͤhnlich ſiehet, wie ingleichen denjeni-
gen, welcher, wenn er zerſchlagen wor-
den, halb groſſe, halb kleine Schuppen
zeiget, und dabey eine dunckle Farbe
hat.
Der Bißmuth dienet fuͤr die Zinn-
gieſſer, die ihn ietziger Zeit an ſtatt des
Spiesglaſes gebrauchen, wiewohl auch
durch Huͤlffe der Chymie Blumen undBlumen oder
Magiſterium
vom Wiß-
muth.
das Magiſterium oder der weiſſe Praͤci-
pitat daraus gemachet werden.
DJeſes wird von etlichen, wiewohl
gar unrecht, blanc d’Eſpagne oder
de Perles,Spaniſches oder Perlen-
weiß/ geheiſſen, und iſt von Bißmuth
gemacht, welches in Salpeterſpiritus
aufgeloͤſet, und mit ein klein wenig
Meerſaltz als ein weiſſes Pulver nie-
dergeſchlagen worden, ſo hernach mit
klarem Waſſer wohl ausgewaſchen und
getrocknet wird.
Es ſind Paruckenmacher, die das Ma-
giſterium vom Bißmuth nehmen, und
den rothen Haaren mit demſelben eine
blonde Farbe geben, welches aber nicht
recht iſt: es wird auch der Betrug gar
balde offenbar, weil die Farbe nicht lan-
ge dauert, ſonderlich, wenn man eine
ſolche Parucke im Regenwetter traͤgt.
Es wird auch unterweilen das Ma-
giſterium vom Bißmuth gebrauchet,
das Geſichte dadurch weiß zu machen,
und unter die Pomaden geruͤhret, oder
aber mit Lilien- und Bohnen-Waſſer
zertrieben. Desgleichen iſt es auch wi-
der die Raude und Kraͤtze gut, denn es
verzehret die Saͤure oder Saltzigkeit,
als den Zunder dieſer Kranckheit, wie
ſolches der Herr Lemery vermeinet.
Allein, man laſſe ſich zugleich warnen,
und uͤberlege ſich ja nicht mit dieſem
Magiſterio, denn wenn es alt wird, ver-
kehret ſich ſeine weiſſe Farbe in die gelbe,
und mag alsdann nicht mehr verkauf-
fet werden.
Man ſoll es aber bey redlichen Leu-
ten kauffen, denn es laͤufft groſſer Be-
trug mit unter, und kan niemand da-
von Red und Antwort geben, denn der
es bereitet hat. Eben deswegen darff
man auch nicht auf den wohlfeilen
Preiß ſehen.
DJe Schmeltze ſind aus Zinn,
Sand und Alicantiſcher Suda be-
reitete Glaͤſer, denen mit unterſchiede-
nen Metallen auch unterſchiedene Far-
ben gegeben, gleichwie aus folgenden
wird zu erſehen ſeyn.
Sie kommen von Venedig und aus
Holland, in kleinen platten Stuͤcken,
von unterſchiedener Groͤſſe, auch mit
allerley Zeichen bemercket, indem etli-
che mit dem Namen JEſus bezeichnet
ſind, andere mit einer Syrene, Affen,
Sonne, und dergleichen: welche Zei-
chen alleine von den Meiſtern, die ſie
bereitet haben, herruͤhren.
Der erſte Schmeltz iſt weiß/ und
die baſis und das Grundſtuͤck aller an-
dern Schmeltze; wird von calcinirtem
Zinn oder Zinnaſche, Sand und Suda
bereitet, welche, nachdem ſie eine hefti-
ge Hitze ausgeſtanden, zu Klumpen ge-
macht werden, die, wenn ſie erkaltet,
ſteinharte ſind. Mit dieſem Schmel-
tze werden die Geſchirre von Fayence
verglaſuret, denn man braucht das cal-
cinirte Zinn, welches ein gantzes Jahr
lang im Wetter geſtanden, nicht mehr
dazu, weil es eine gar zu langweilige
Arbeit. Es wird auch dieſer Schmeltz
von den Schmeltzarbeitern, Gold-
ſchmieden und andern gebraucht. Be-
treffende die Wahl und das Ausleſen,
da kan niemand erkennen, ob er gut und
ſchoͤne ſey, als diejenigen, die ihn ge-
brauchen. Was aber die weiſſe Farbe
anlanget, dieſelbe iſt ſchoͤner oder
ſchlechter, nachdem das Zinn, damit es
bereitet worden, fein geweſen iſt.
Der andere iſt Gris de lin/ und zieht
ſich faſt auf Schieferfarbe, wird von
weiſſem Schmeltz, mit Laſur oder
Schmeltze gefaͤrbet, bereitet.
Der dritte iſt Himmelblau/ und
von weiſſem Schmeltz, der mit Kupfer
oder Roͤmiſchen Vitriol gefaͤrbet wor-
den gemacht.
Der vierte iſt Leibfarben/ von weiſ-
ſem Schmeltz und Braunſtein zuge-
richtet.
Der fuͤnffte iſt Gelb/ von weiſſem
Schmeltz mit Eiſenroſte gefaͤrbet.
Der ſechſte, ſo gruͤne iſt, wird mit
Nadlerfeile oder anderm gelben Kupfer
oder Meßing bereitet.
Der ſiebende, der blaue/ den die
Schmeltzbereiter Faux-lapis, den fal-Der falſche
Stein.
ſchen Stein zu nennen pflegen, wird
von weiſſem Schmeltz mit Zaffera ge-
faͤrbet, gemacht. Es werden auch al-
len dieſen Schmeltzen ſelbſt noch vieler-
ley Farben mehr gegeben, oder, aus
einer Farbe werden viel gemacht, wenn
man naͤmlich mehr oder weniger Me-
tall zuſetzet.
DAs Kupfer iſt ein Metall, wel-
ches in Europa, an unterſchiedli-
chen Orten, vornehmlich aber in
Schweden und Daͤnemarck, gefun-
den wird, von dannen uns auch faſt al-
les, das wir verkauffen, uͤberbracht
wird. Das Kupfer kommt aus den
Bergwercken als wie Kies und Geſtein,
bey nahe wie das Eiſen, und wird, nach-
dem es gewaſchen und von der Erde,
mit welcher es vermiſchet iſt, gereini-
get worden, in die Formen, welche al-
lerhand Geſtalt haben, geſchuͤttet oder
gelaſſen. Damit aber recht Kupfer
draus werde, wird es zum zweyten
mahle geſchmoltzen, und wenn es genug
gereiniget worden, laſſen ſie es in die
Formen lauffen, die ſie in den Sand ge-
macht, und machen ſolche uͤbelgeſtalte
Platten oder Scheiben draus, als wie
das Kupfer de roſette iſt. Wenn man
aber das Kupfer zurichten will, daß es
ſich treiben laſſe, ſo wird es zum drit-
ten mahle geſchmoltzen, und Scheiben
daraus gemacht, welche zwey Zoll dicke
ſind, und im Diameter oder Durch-
ſchnitt ohngefehr funffzehn Zoll halten.
Dieſe Scheiben werden entweder gantz,
oder in vier Theil zerhauen, ins Feuer
gelegt, und Platten daraus gemacht,
aus dieſen aber Keſſel und ander der-
gleichen Geraͤthe verfertiget, welches
ohne
[]Der Spezereyen und Materialien
ohne ſonderbare Muͤhe mit gewiſſen
Staͤmpfeln, die das Waſſer treibet,
verrichtet wird; denn dieſe Platten
oder Bleche werden von einem Manne
zu Keſſeln gemacht, der ſie mit den Bei-
nen, die mit Schaffellen umgeben
ſind, drehet, und ihnen nach Belieben
die Forme giebet, dazu er doch die Haͤn-
de bey nahe gar nicht gebrauchet. Es
iſt das Kupfer, ehe und bevor es ge-
ſchmoltzen worden, ein hartes und truck-
nes Metall, wenn es aber recht ge-
ſchmoltzen worden, laͤßt ſichs dehnen,
und ſchier eben ſo gut, als wie das Sil-
ber, und Gold ſchlagen. Etliche nen-
nen das Kupfer Venus, weil ſie glau-
ben, dieſer Planete verleihe dieſem Me-
talle ſeinen Einfluß. Mit Huͤlffe der
Chymie werden vielerley nuͤtzliche und
noͤthige Sachen, zu allerhand Ge-
brauch, aus dem Kupfer gezogen,
gleichwie aus folgenden kan erſehen
werden.
DJeſes wird von Roͤslein-Kupfer
oder altem rothen Kupfer bereitet,
welches geſchmoltzen und vermittelſt
des rechten Gallmeyſteines gelb gema-
chet worden iſt: das meiſte wird in
Teutſchland und in Flandern verfer-
tiget. Man ſchlaͤgt dieſes Kupfer und
machet Blaͤttlein draus, die ſo dicke ſind
Auripeau,
Clinquant,
Knittergold/
Klingklang.als wie Papier, und Auripeau, Clinquant,
Knittergold/ Klingklang genennet
werden. Dieſe aber werden noch ein-
mahl geſchlagen, und uͤberaus duͤnne
gemacht und in papierne Buͤchlein ge-
leget, das heiſſen wir hernachmahls
Teutſches
Gold.Teutſches Gold, oder geſchlagen
Metall. Dieſes Gold wird gerieben
und zu Metall gemacht, welches eine
beſſere oder ſchlechtere Farbe hat, nach-
dem es viel Hitze ausſtehen muͤſſen.
Nach dieſem wird es noch einmahl ge-
rieben, und wenn es zu einem unbe-
greifflichen Pulver worden, unter dem
Titel teutſches Goldpulver verkaufft.
Andre thun dieſes Pulver in kleine
Muſchelſchalen, und nennen es Mu-
ſchelgold.
Das Muſchelgold von Augſpurg,
welches eine Stadt in Teutſchland, und
den Namen einer Perſon, die Auguſta
geheiſſen, fuͤhret, wird am meiſten ge-
achtet. Was aber die Wahl dieſes
Teutſchen Goldes anbelanget, es moͤ-
gen nun Blaͤttlein, oder Pulver, oder
das Muſchelgold ſeyn, ſo wird daſſelbi-
ge, welches an Farbe das ſchoͤnſte und
feinſte iſt, iederzeit fuͤr das beſte gehal-
ten. Was das Metall betrifft, daſſel-
be wird in Paris gemacht.
Das Teutſche Gold dient fuͤr die
Mahler, und inſonderheit zur Migna-
turarbeit. Des Metalles koͤnten ſie
ſich zwar auch bedienen, allein es wird
mehrentheils zu Uberziehung der Bil-
der von Gyps und anderer Materie
verbraucht.
Aus dem gelben Kupfer oder Meſ-
ſing werden nicht alleine obgemeldte
Sachen bereitet, ſondern man hat mir
auch berichtet, daß die Venetianer das-
jenige davon verfertigten, was wir
Purpurine zu nennen pflegen, damit vorPurpurine.
dieſem die Kutſchen vergoldet wurden.
So wird auch aus dem gelben Kupfer
ein ſolches Glas verfertiget, welchen die
Schmeltzarbeiter den Titel AvanturineDurch Kunſt
bereitete A.
vanturine.
ertheilet; denn man ſaget, dieſer Name
ſey ihm deswegen gegeben worden, weil
das Werck unverſehens und ungefehr
erfunden worden, indem etwas Feil-
ſtaub von Meßing in einen Glasofen ge-
fallen. Und dieſes Glas iſt gantz voll
Goldflitterlein.
Es giebt auch noch eine andere Art
der Avanturine, welche von Natur anNatuͤrliche
Avanturine.
vielen Orten in Franckreich gefunden,
und von vielen Leuten gebrauchet wird.
So bin ich auch berichtet worden, der
Kupferſtaub auf Papier geſtreuet, ſey
gleichfalls eine Gattung Avanturine.
POmpholyx, auch weiſſer Gallmey/
weiſſer Nicht und Ertzblumen/
unrecht aber Metallaſche genannt, iſt
dasjenige, was an dem Deckel des
Schmeltz-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
Schmeltztiegels und an den Zangen
der Schmeltzer, wenn ſie das Meßing
ſchmeltzen, behangen bleibt; denn es
iſt mehr als zu gewiß, daß weder die
Glockenſpeiſe, noch das Metall, noch
der Potin,(*) den wahrhaften Nicht ge-
be, ſondern allein das Meßing, obſchon
die meiſten Scribenten das erſtere ge-
glaubet, da doch natuͤrlicher Weiſe
nichts anders iſt als der Meßing oder
das gelbe Kupfer, das den weiſſen Gall-
mey oder den Pompholyx giebet.
Ob aber gleich der Pompholyx gar
leichtlich mag gefunden werden, iſt den-
noch faſt keine einige Waare mehr ſo
unbekannt, und hieran die Unwiſſen-
heit oder die Nachlaͤßigkeit der Apothe-
cker eintzig und alleine Schuld, indem
die meiſten vermeinen, die Tutia und
der Pompholyx ſeyen ein thun, daher
ſie auch die Tutia ſtets an dieſes ſtatt
gebrauchen.
Der ſchoͤnſte Pompholyx kommt
aus Holland/ iſt aber deswegen nichts
beſſer, ſondern nur ſauberer zuſammen
geleſen.
Man ſoll aber den Pompholyx er-
wehlen, der fein weiß, und leichte iſt, ſich
leichtlich zerreiben laͤßt, und ſauber iſt:
ob es Hollaͤndiſcher oder Frantzoͤſiſcher
ſey, daran liegt nichts, wenn er nur
fein weiß ſiehet.
Die Glockengieſſer koͤnnen wohl et-
was weniges davon ſammlen, allein
die geringe Menge, und weil er uͤberdiß
nicht gar zu ſauber iſt, verdient nicht,
daß ſich jemand bemuͤhe und darnach
frage.
Der Glockengieſſer, bey dem ich den
Pompholyx machen ſehen, verſichert
mich, daß er ihn niemahls verkauffete,
ohne an etliche gewiſſe Perſonen, wel-
che kaͤmen und ein Quintlein deſſelbigen
begehreten, um ſolches in einem Trunck
Wein wider das Fieber einzunehmen,
ſagte mir auch fuͤr gantz gewiß, daß es
ein unfehlbares Mittel waͤre, welches
alle Fieber vertriebe, ſo ich aber nicht
probiret, auch niemand rathen will,
daß er es ohne die groͤſte Vorſichtigkeit
gebrauche, denn mir der Mann geſtun-
de, daß es uͤber alle maſſen heftig und
ſtarck waͤre.
ÆS uſtum,gebrannt Kupfer kom̃t
vom rothen Kupfer, welches man
in kleine Stuͤcklein zerhauen, mit
Schwefel und etwas Meerſaltz, in ei-
nem Schmeltztiegel, ſtratificiret, und in
ein ſtarckes Kohlenfeuer geſetzet hat.
Wenn nun der Schwefel verbrannt,
nimmt man das Kupfer aus, welches
auſſen oder obenher grau ſiehet, wie Ei-
ſen, inwendig aber roͤthlich grau und
glaͤntzend, dabey ſehr bruͤchig iſt.
Wann es beſchaffen ſeyn ſoll, wie
ſichs gehoͤret, dann muß es nicht gar zu
dicke ſeyn, oberwaͤhnte Farbe haben,
und ſo roth, als wie Zinober werden,
wenn man es wieder einander reibt,
welches iedennoch nicht geſchicht, wenn
man nicht zum wenigſten etwas Saltz
dazu gethan hat: und dieſes iſt der Hol-
laͤnder Geheimnuͤß und die Urſache, wa-
rum ſie es viel ſchoͤner machen, als wir
in Franckreich.
Das Æs uſtum hat einigen Nutzen in
der Artzney, als ein detergens und rei-
nigend Mittel. Es laſſen aber diejeni-
gen, die ſich deſſen bedienen wollen, daſ-
ſelbe bis neunmahl gluͤend werden, und
loͤſchen es ein iedes mahl in Leinoͤl ab:
hernach, wenn ſie es zu Pulver gema-
chet, gebrauchen ſie es das wilde Fleiſch
damit weg zu beitzen, und nennen das
auf ſolche Art bereitete Æs uſtum,Ku-Kupfer-
Saffran.
pfer-Saffran/Crocus Cupri.
DJeſer iſt eine Gattung gruͤner
Marcaſit, und den am Kupferertz
befindlichen Schlacken gleich, alleine,
meines wiſſens, zu nichts nicht nuͤtze.
VErdet, Verd de gris, rouillure de Cuivre
Gruͤnſpan/ Kupferroſt/ wird
von rothen Kupferblechen gemachet,
welche mit Weintreſtern, die mit gutem
Weine angefeuchtet worden, zugleich
in groſſe irdene Geſchirre uͤbereinan-
der oder ſchichtweiſe geleget und ſtratifi-
ciret werden, das heißt, man legt eine
gute Handvoll Treſter auf den Boden
des Geſchirres, und auf dieſe etliche
Stuͤcken Blech, hernach wiederum Tre-
ſter und darauf Kupfer, und faͤhret al-
ſo fort, bis das Geſchirre angefuͤllet iſt,
welches man in einen Keller ſetzt, und
nach Verlauff etlicher Tage die Bleche
heraus nimmt, die alsdann voll gruͤ-
nes Roſtes ſind, den die Lateiner Ærugo
nennen; wenn ſie nun den Roſt davon
abgeſchabt, legen ſie dieſe Platten aber-
mahl in die Geſchirre mit Weintre-
ſtern, und verfahren dergeſtalt und ſo
lange fort, bis das Kupfer entweder
gar verzehret, oder doch dermaſſen duͤn-
ne worden, daß es ſich unter den Gruͤn-
ſpan mengen laͤßt, welches ſich gar ofte
zutraͤgt. Die meiſten unter denenje-
nigen, die vom Gruͤnſpan geſchrieben,
ſagen, daß er mit Weineßig bereitet
werde, welches aber nicht wahr iſt, in-
dem auch der beſte Wein hierzu nicht
taug; hingegen iſt diß die Wahrheit,
daß ſchier kein anderer Wein, denn der
aus Languedoc ſich zum Gruͤn-
ſpanbereiten ſchicke. Dannenhero
wird der allermeiſte Gruͤnſpan/ der in
Franckreich und auch in andern Laͤn-
dern verthan wird, in und um Mont-
pellier verfertiget, und iſt eine Waare,
dabey es ſchwer herzugehen pfleget,
wenn man ſie machen will, daß ſie recht
gerathen ſoll, ob es gleich das Anſehen
hat, als ſey nichts leichters. Denn wenn
man nur im geringſten fehlet, und er
wird ſchmutzig, ſo verdirbt er, und wird
ſchwartz, man wird ihn auch hernach
nicht wieder zuſammen bringen koͤn-
nen. Wann ich nicht waͤre beſtohlen
worden, ſo haͤtte ich die rechte Art und
Weiſe, wie der Gruͤnſpan gemachet
wird, auch wie ich ihn zu Montpellier
machen geſehen, ſamt allen dazu ge-
hoͤrigen Umſtaͤnden, kund thun wollen:
da ich aber zu dieſem mahle ſolches nicht
vermag zu leiſten, kan es doch, mit der
Huͤlffe GOttes, bey der andern Her-
ausgebung dieſes Wercks geſchehen, da-
fern ich nur wiederum dahinter kom-
men ſolte.
Es vermelden auch etliche Autores,
daß man gleichergeſtalt Grunſpan be-
reiten koͤnne, wenn man Kupferbleche,
Saltz, Schwefel und Weinſtein in ei-
nen Schmeltztiegel zuſammen thaͤte;
denn wenn es calciniret und kalt wor-
den, wuͤrden dieſe Bleche in den ſchoͤn-
ſten Gruͤnſpan verkehret ſeyn. Allein,
geſetzt, daß alle dieſe und dergleichen Be-
reitungen wahr waͤren, ſo ſind ſie doch
ietziger Zeit faſt gar nicht mehr ge-
braͤuchlich, weil aller Gruͤnſpan/ den
wir verkauffen, auf obbemeldte Weiſe
gemacht und fabriciret wird.
Wir bekommen aber zweyerley
Grunſpan von Montpellier, gepuͤl-
verten und in gantzen Stuͤcken; der muß
dann, wenn er die gehoͤrige Beſchaf-
fenheit haben ſoll, trucken ſeyn, recht
ſchoͤn dunckelgruͤn, und ſo viel nur im-
mer moͤglich, ohne Flecken. Allein es
iſt eine Waare, daran wenig zu ge-
winnen iſt, hingegen deſto mehr einzu-
buͤſſen, als ſonſt bey irgend einer Spe-
zerey; denn es muͤſſen diejenigen, die
ihn bereiten, ſolche Sachen darunter
thun, die zu nennen eben nicht noͤthig,
und muͤſſen ihn dermaſſen anfeuchten,
daß die Kauffleute, die ihn bekommen,
nur gar zu viel daran verliehren, weil
ihm ſo viel abgehet, die Haut nicht ein-
mahl mit gerechnet, welche doch eben-
falls von den Kramern fuͤr Gruͤnſpan
angerechnet wird. Beſſer waͤre es,
daß ihn, die ihn gebrauchen, theurer be-
zahleten, und er auch waͤre, wie er ſeyn
ſoll: denn ich will wetten, daß nicht ein
eintziges Stuͤck Gruͤnſpan von fuͤnff
und zwantzig Pfunden, dergleichen man
uns von Montpellier uͤberſendet, zu
finden iſt, an welchen, wenn es trucken
worden, nicht mehr als der dritte Theil
abgehen ſolte, daß alſo der Gruͤnſpan/
der annoch weich nur 20. Sols gekoſtet
hat, auf 28. Sols zu ſtehen kommt,
wenn er recht trucken worden iſt.
Jedennoch aber iſt der Gruͤnſpan ei-
ne von denjenigen Waaren, die gar
ſehr haͤuffig verbrauchet werden, und
faſt unglaublich, was fuͤr eine Menge
deſſelben verthan wird, nicht zwar zur
Artzeney, ſondern von den Faͤrbern,
Kuͤrſchnern, Muͤtzenmachern, Schmie-
den und Mahlern. Man muß aber
hierbey zugleich mit mercken, daß man
den Gruͤnſpan allein mit Oele abge-
rieben, nicht gebrauchen koͤnne, ſondern
man muͤſſe Bleyweiß drunter miſchen,
wenn man damit mahlen will, denn
ſonſten wird er ſchwartz und nicht gruͤn
faͤrben. Was im uͤbrigen des Gruͤn-
ſpans Eigenſchafften betrifft, ſo wird
er zur Verzehrung und Wegnehmung
des wilden Fleiſches gar dienlich erach-
tet. Die Apothecker nehmen ihn un-
ter etliche Salben und Pflaſter, als da
iſt das Unguentum Ægyptiacum, Apoſto-
lorum, Emplaſtrum divinum und andre
mehr. Die das gruͤne Papier machen,
bedienen ſich auch des Gruͤnſpans, und
des weiſſen Weinſteins, damit ſie ihm
dieſe Farbe geben moͤgen: ſeit einiger
Zeit aber gebrauchen ſie an ſeiner
Stelle den Creutzbeerſaft.
Die Apothecker und andere, die ſei-
ner noͤthig haben, und ihn unter dieſe
oder jene Artzney oder andere Sachen
thun muͤſſen, koͤnten ihn, an ſtatt daß
ſie ihn zerſtoſſen, in Eßig zergehen, und
durch ein haͤrin Sieb lauffen laſſen, ſo
wuͤrden ſie durch dieſes Mittel aller Un-
gelegenheit, die ſie beym ſtoſſen des
Gruͤnſpans erdulten muͤſſen, entuͤbri-
get ſeyn.
DEr cryſtalliſirte Gruͤnſpan/ oder
die Gruͤnſpancryſtallen/ oder
aber, wie die Kauffleute und Mahler
zu reden pflegen, das calcinirte oder
cryſtalliſirte Gruͤn, iſt Gruͤnſpan,
der in Eßig iſt zerlaſſen, hernach filtri-
ret, abgerauchet, und im Keller zu Cry-
ſtallen gemachet worden. Dieſe Cry-
ſtallen haben einigen wenigen Nutzen
in der Artzney, um das wilde Fleiſch hin-
wegzubringen. Die Mahler aber
mahlen gruͤn damit, und brauchen ihn
inſonderheit zur Mignaturarbeit.
Alle die Cryſtallen, die wir zu Paris
verkauffen, kommen aus Holland/
oder aber von Lyon/ und werden blos
durch die Farbe von dem Zuckerkant
unterſchieden, ſonderlich, wenn dieſer
auch an Stoͤcklein ſitzt. Wann er nun
ſeyn ſoll, wie ſichs gebuͤhret, ſo muͤſſen
die Cryſtallen ſchoͤn, hell und durchſich-
tig ſeyn, recht trucken, und ohne Holtz,
ſo viel als immer moͤglich. Hierbey
kan man mercken, daß dieſe Cryſtallen,
welche die Apothecker bereiten, nur im
Keller gemachet ſind, dahingegen die-
jenigen, welche wir kommen laſſen, eben
auf die Art und Weiſe, als wie der Zu-
ckerkant zugerichtet ſollen ſeyn, maſſen
mir ſolches ein und andere Perſonen
fuͤr gewiß berichtet haben.
Was die Kauffleute dazu gebracht,
daß ſie dieſe Cryſtallen calcinirtes oder
diſtillirtes Gruͤn genennet haben, weiß
ich nicht, denn es weder calcinirt noch
diſtilliret iſt, ſondern wird vielmehr auf
ietztgemeldte Weiſe verfertiget.
Auch kan man Gruͤnſpancryſtal-
len machen, wenn man gekoͤrntes
Kupfer in Salmiacſpiritus aufloͤſet,
hernach bis zum Haͤutlein abrauchet,
und darauf in den Keller zum anſchieſ-
ſen ſetzt. Will einer dieſe Cryſtallen
zu einem liquor oder Waſſer machen,
der bringe ſie nur wieder in den Keller,
ſo werden ſie daſelbſt gar bald wieder-
um zu Waſſer werden; welcher liquor
hernachmahls von den Apotheckern und
Chymiſten liquor Cupri ſive Veneris, in-Liquor vel
cryſtalli ve-
neris.
gleichen Vitrioliſche Cryſtallen der
Venus oder des Kupfers genennet
wird.
DAs Berggruͤn oder Hungariſche
Gruͤn iſt als ein gruͤnlichtes Pul-
ver, wie kleine Sandkoͤrner, und findet
ſich in dem Gebirge bey Kernhauſen
in Hungarn/ welches ſich von Preß-
burg bis in Polen erſtreckt. Es wird
X x 2auch
[]Der Spezereyen und Materialien
auch in den Maͤhriſchen Gebirgen
gefunden. Andere geben fuͤr, dis ſey,
was die Alten Flores æris,Kupferblu-
men/ genennet, welche daher entſtehen,
wenn man auf das noch gluͤhende Roͤs-
lein Kupfer, ſo wie es aus dem Ofen
kommt, Waſſer, oder vielmehr Wein
ſchuͤttet. Dieſe Blumen werden mit
andern Kupferplatten, die man druͤber
haͤlt oder ſtellet, aufgefangen, denn ſie
ſich als wie kleine Sandkoͤrnlein dran
hangen; und ſolches geſchicht vermit-
telſt des Dampfes, der davon auffaͤhret,
wenn man Waſſer oder Wein uͤber die-
ſes heiſſe Kupfer geußt, welches auch die
Urſache iſt, warum das Kupfer, das
wir haben, alſo ungleich und voll kleine
Figuren iſt. Andere haben mich ver-
ſichern wollen, das Meergruͤn werde
bey nahe eben auf die Art, als wie der
Gruͤnſpan, von Kupferblechen, die man
in Weine diſſolviret, bereitet und ge-
macht. Weil ich aber nichts weiter da-
von zu erfahren vermocht, derohalben
will ich ſagen, daß man es erwehlen
muͤſſe, wenn es trucken, fein koͤrnicht
und wie Sand iſt, denn dieſes iſt das ei-
gentliche Merck- und Kennzeichen des
natuͤrlichen Berggruͤns, und unter-
ſcheidet es von dem nachgemachten, wel-
ches etliche von geſtoſſenem Gruͤnſpan,
darunter ſie ein wenig Weiß vermi-
ſchen, zurichten.
Das Berggruͤn wird allein zur
Mahlerey gebraucht/ abſonderlich,
wenn man Grasgruͤn mahlen will, wie
denn faſt alle gruͤne Gemaͤhlde in den
Gaͤrten von Berggruͤn gemachet wer-
den.
Dieweil das Berggruͤn eine ziem-
lich theure Waare iſt, und von unter-
ſchiedenen Orten kommt, deshalben
giebt es ſo vielerley Sorten und ſo un-
terſchiedliche Preiſſe deſſelben. Und
eben darum moͤgen diejenigen, die ſeiner
benoͤthiget ſind, nicht auf den guten
Kauff ſehen, ſondern ob es auch obbe-
ſchriebene Beſchaffenheiten habe.
Brontz iſt, nach dem Berichte des
Herrn Furetiere/ ein Gemenge
von unterſchiedlichen Metallen, darun-
ter das Kupfer, mit einem Theil Zinn
geſchmoltzen, das vornehmſte. Etli-
che, die etwas erſparen wollen, ſetzen
Bley dazu, weil man kein Kupfer im
Reverberirofen ſchmeltzen kan, das
nicht durch und durch voll kleiner Loͤch-
lein, als ein Schwamm ſolte befunden
werden. Es giebt auch noch eine Gat-
tung zuſammengeſetztes Kupfer, wel-
Metall.ches Metall genennet wird, da es doch
in der That nichts anders iſt als Brontz,
und man giebt ihm den Namen, nach-
dem mehr oder weniger Zinn dazu ge-
than worden, welches zwoͤlff bis fuͤnff
und zwantzig Pfund auf den Centner
betraͤgt. Der Auswurff vom Brontz
Diphryges.wird Diphryges genennet, und iſt etli-
cher maſſen in der Medicin gebraͤuch-
lich. Die Blumen vom Brontz ent-
ſtehen, wenn man reines Waſſer auf
geſchmoltzen Brontz ſchuͤttet, denn,
wenn es in den Rinnen hinlaͤufft, haͤn-
get man eine eiſerne Platte uͤber den
Dampf, ſo gerinnet es und wird zu
kleinen Koͤrnern, wie Hirſenkoͤrner,
welche glaͤntzend und roth ſind, und die-
ſe werden flores oder Blumen von
Brontz geheiſſen. Was davon ab-Blumen und
Schlacken
vom Glocken-
ſpeis.
ſpringet, indem es geſchlagen und ge-
arbeitet wird, daſſelbe nennen ſie
Schuppen oder Schlacken vom Brontz.
Brontz und Metall gebrauchen
wir, und verfertigen Bilder, Glocken,
Moͤrſer und dergleichen Dinge daraus.
Das beſte Metall ſieht weiß, und klingt
wie Silber. Doch wenn die Tutia,
deren Beſchreibung nechſtfolgend beſie-
he, nicht geweſen, haͤtte ich gar nichts
vom Brontz gemeldet.
DJe Tutia, mit dem Zunamen von
Alexandria/ auch Spodium Græ-
corum genannt, iſt eine metalliſche Art,
wie Schuppen, oder Rinnen gemachet
und formiret, von verſchiedener Groͤſ-
ſe und Dicke, die inwendig gleich und
eben,
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
eben, auswendig aber als wie das Cha-
grinleder geſtaltet, und uͤber und uͤber
mit Koͤrnern, die ſo groß wie die Nadel-
knoͤpfe, beſetzt ſind, welches die Vorfah-
ren veranlaſſet, daß ſie es das traubich-
te Spodium oder Tutia botritis ge-
heiſſen. Die Tutia, die wir in Franck-
reich verkauffen, kommt aus Teutſch-
land, woſelbſt ſie von Meßing und Me-
tall bereitet wird.
Man darff forthin gar nicht mehr
glauben, ob es gleich bey nahe alle alte
und neue Scribenten angemercket, daß
naͤmlich die Tutia vom gelben Kupfer
ihren Urſprung habe, und mit dem
Pompholyx zugleich entſtehe: denn ſol-
ches iſt falſch, und die Tutia haͤnget ſich
an die erdenen Waltzen, welche aus-
druͤcklich und eben darum in die Ofen
der Rothgieſſer gehencket oder aufgeſtel-
let werden, damit der Dampf vom Me-
tall, als wie der Rus im Camin, zu-
ruͤckgehalten werde. Dergeſtalt und
vermittelſt dieſer Waltzen wird der
Rauch aufgehalten und zu einer Scha-
le, nach Geſtalt der Waltzen, ſo wie
wir ſie zu ſehen bekommen. Und die-
ſes iſt ſo gewiß, daß wer nur unter der
Tutia nachſuchen will, wird ſolche Stuͤ-
cken drunter finden, die noch an der Erde
hangen. Nicht aber haͤuffet ſie ſich
unten im Ofen und deſſen Umfang,
oder wird ſo dicke, wie ſie ingemein iſt.
So bezeuget auch uͤberdiß die Tutia
ſelbſt, daß dieſes ein bloſes Vorgeben
ſey, indem ſie alle mit einander wie Rin-
nen gemacht und allezeit halbrund iſt.
Die ſie bereiten, nennen dieſe Weiſe die
Tutia zu machen, brazer la Tutie.
Die Tutia ſoll in feinen dicken Stu-
cken oder Schalen ſeyn, und koͤrnicht,
auswendig fein ſchoͤn mausfahl, und in-
wendig weißgelblicht ſehen, ſich uͤbel
zerbrechen laſſen, und ſoviel als moͤg-
lich, ohne kleine Stuͤcklein und Unrath
ſeyn. Sie hat, ſoviel als mir bewuſt,
in der Medicin keinen Nutzen, wird
auch nicht gebrauchet, bevor ſie gantz
zarte gerieben worden. Andere bren-
nen ſie, und machen, wenn ſie dieſelbe
gewaſchen, kleine Kuͤchlein draus, de-
ren ſie ſich wider die Zufaͤlle der Au-
gen bedienen, und ſie entweder mit fri-
ſcher Butter vermiſchen, oder aber in
Roſen- und Wegbreitwaſſer zertrei-
ben. Die recht wohl praͤparirte Tutia
in friſche Butter geruͤhret, iſt ein recht
herrliches und ſicheres Mittel wider die
goldne Ader. Auch ſoll man diejenige,
die von Orleans kommt, der andernTutia von
Orleans.
vorziehen, weil ſie entweder beſſer zu-
gerichtet iſt, oder aber, weil ſie zu allen
Zeiten uͤblich und gebraͤuchlich gewe-
ſen.
CHalcitis oder Colchotar iſt Vitriol,
der von der Natur, durch das unter-
irdiſche Feuer rubificiret und roth ge-
brennet worden iſt, woraus denn er-
folget, daß Chalcitis ein roͤthlichter
Stein ſey. Doch werde ich mich nicht
aufhalten, noch alles dasjenige allhier
anfuͤhren, was unſre Vorfahren von
denen unterſchiedenen Veraͤnderungen,
denẽ der Chalcitis unterworffen, vermel-
det haben; vielweniger bin ich willens
Miſi, Melante-
ria und Sori.zu erklaͤren, was Miſi/ Melanteria,
und Sori heiſſet, indem ich unmoͤglich
habe erfahren koͤnnen, was es ſey, und
wo dieſe drey letzten Dinge gefunden
wuͤrden. Matthiolus ſagt zwar in
ſeinem Buche uͤber den Dioſcorides
pag. 729. daß Miſi hart und dem Golde
gleich ſey, glaͤntze wie ein Stern, und
werde in Cypern gefunden. Der Me-
lanteria gebe es zweyerley, von denen
die eine beym Eingange der Kupfer-
bergwercke ſich befinde, und als ein
Saltz wachſe: die andere finde man zu
oberſt in dieſen Bergwercken, als wie
einen harten Stein zuſammengewach-
ſen. So will er auch, daß diejenige
die beſte Melanteria ſey, welche ſau-
ber und nette, fein dichte und ſchwefel-
gelbe ſey, und ſtracks ſchwartz werde, ſo
bald nur ein Tropfen Waſſer darauf
gefallen. Sori/ ſpricht er, ſey ſchwartz,
loͤchricht, und eines anziehenden Ge-
ſchmacks, rieche ſehr haͤßlich, und wer-
de ſehr viel in Egypten/ Libyen/
Spanien und Cypern gefunden. Pli-
nius dagegen meldet das Widerſpiel,
und ſaget, Chalcitis, Miſy, Sory und
X x 3Me-
[]Der Spezereyen und Materialien
Melanteria ſey nur einerley, und veraͤn-
dere ſich blos mit der Zeit, das eine in
das andere; aus dem Chalcitis werde
Miſy, aus dieſem Melanteria, und dieſe
verwandele ſich in das Sory, welches ich
dennoch nicht beobachten koͤnnen: denn
ob ich gleich ein Stuͤcke davon laͤnger als
achtzehn Jahr gehabt, habe ich doch
niemahls in acht nehmen koͤnnen, daß
es ſich entweder an der Farbe oder Na-
tur veraͤndert haͤtte, wiewohl ich genau
drauf gemercket. Das aber iſt wahr,
daß es Chalcitis giebet, da an einem
Stuͤcke unterſchiedene Farben befind-
lich ſind: dieweil ich aber ſo lange
Zeit uͤber nicht die geringſte Veraͤnde-
rung wahrgenommen, dannenhero
glaube ich gaͤntzlich, daß er natuͤrlicher
Weiſe alſo ſehe.
Jhm ſey nun wie ihm wolle, man
erwehle nur den Chalcitis in feinen ſchoͤ-
nen Stuͤcken, welche braunroth ſehen,
und als wie Vitriol ſchmecken, auch
ſtracks zergehen, wenn ſie ins Waſſer ge-
leget werden, dabey eine glaͤntzende Ku-
pferfarbe haben, wenn ſie zerſchlagen
worden.
Der natuͤrliche Chalcitis und Colcho-
tar wird uns von unterſchiedlichen Or-
ten zugefuͤhret, z. E. aus Schweden
und Teutſchland. Es iſt eine Sache,
die in der Artzney ſehr wenig braͤuchlich
iſt, weil ſie ſo ſeltſam; doch duͤrffte ſie
noch viel weniger gebrauchet werden,
dafern ſie nicht unter den Theriac ge-
nommen wuͤrde. Die Seltſamkeit und
die Koſtbarkeit dieſes Steines hat viele
veranlaſſet, ihn nachzumachen, und
dahin zu trachten, wie ſie ein und an-
deres dafuͤr einſchieben moͤchten, als da
iſt das Chalcanthum, oder der roth ge-
brennte Vitriol, der weiß gebrennte
Vitriol, der Gallmey, weil er ihm ſo
gar aͤhnlich ſiehet, und andere derglei-
chen Dinge mehr: welches dann ver-
urſachet, daß diejenigen, die den wahr-
haften Chalcitis noͤthig haben, ſich fein
zu aufrichtigen Leuten halten muͤſ-
ſen, und ihnen das Geld nicht dauern
laſſen.
DEr Roͤmiſche Vitriol iſt, wie alle
die andern Gattungen des Vi-
triols oder Couperoſes und Comproſes, eine
Art Cryſtallen, welche man mit Waſſer
aus einer gewiſſen Sorte Marcaſite
ziehet, welche ſich in den Kupferberg-
wercken befindet, und von den Alten
Pyrites und Quis genennet worden iſt.
Dergleichen Pyrites findet man in der
Thonerde bey Paßi, eine Meile von
Paris, daraus allerhand gemachet
wird; wie man dann mich verſichert
hat, daß ein gewiſſer Abt ſein Univerſale
daraus bereite. Auch wird der Pyrites,
aus dem man den Roͤmiſchen Vitriol
ziehet, in Jtalien/ an vielen Orten ge-
funden. Wenn ſie nun aus dieſer
Marcaſit den Vitriol machen wollen,
ſo wird ſie einige Monate an die freye
Luft und ins Wetter geleget, damit die
Luft hinein zu tringen vermoͤge, und
ſie ſich ſolcher Geſtalt calcinire, und in
einen gruͤnlichten Kalch verwandele.
Wann dann der Pyrites im Stande iſt,
daß er ſich handthieren laͤßt, ſo ſchmeiſ-
ſen ſie ihn ins Waſſer, hernach wird er
mit Huͤlffe des Feuers und vermittelſt
hoͤltzerner Kaſten, zu ſolchen Cryſtallen
gemacht, dergleichen wir aus Jtalien
uͤberkommen. Kurtz zu ſagen, alle
Arten des Vitriols werden als wie A-
laune in England, und der Salpeter
in Franckreich bereitet, es entſtehet auch
der Unterſchied zwiſchen ihnen blos von
denen Orten, woſelbſt die Bergwercke
befindlich ſind, wie ingleichen, daß eini-
ge Arten derſelben Kupfer, andere aber
Eiſen bey ſich fuͤhren. Diejenigen,
welche Kupfer halten, ſind der Cypri-
ſche und Teutſche Vitriol. Eiſen
aber fuͤhret der Roͤmiſche, der Piſi-
ſche und der Engliſche.
Dieſe ſo unterſchiedene Beſchaffen-
heit iſt Urſach, daß der Teutſche und der
Cypriſche Vitriol eine mit Speichel an-
gefeuchtete Meſſerklinge anroͤthen, wel-
ches hingegen der Roͤmiſch, der Piſiſche
und der Engliſche nicht thut, ſondern
laſſen die Farbe des Meſſers unveraͤn-
dert. Weil auch der Piſiſche und Engli-
ſche Vitriol nicht mehr faͤrben, denn der
Roͤmiſche, ſo hat dieſes einigen Leuten,
die
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
die doch zu nennen nicht eben noͤthig,
Gelegenheit und Anlaß gegeben, den
Roͤmiſchen Vitriol vermittelſt des Eng-
liſchen nachzumachen, welches ſie zu
Wercke richten, indem ſie dieſen Vitriol
ein wenig waſchen, und etliche Tage
an der Luft ſtehen laſſen, damit ſich ſei-
ne gruͤne Farbe in grau verkehre, wel-
ches man jedennoch gantz leichtlich mer-
cken kan, dieweil der Roͤmiſche Vitriol
eitel dicke, lange Stuͤcken iſt, Seladon-
gruͤn ſiehet, ſchwerlich zergehet, und,
wenn er zerſchlagen worden, durchſich-
tig iſt, als wie Glas, davon er auch ſei-
nen Namen bekommen haben ſoll:
wiewohl andere wollen, es ſtecke in dem
Worte VITRIOLUM ein beſonder
Geheimnuͤß, und bedeute ein ieder
Buchſtabe ein gantzes Wort, und ſolle
ſoviel heiſſen, Viſitando Interiora Terræ,
Rectificando Invenies Occultum Lapi-
dem Veram Medicinam.
Der wahrhafte Roͤmiſche Vitriol
wird ietziger Zeit gar ſehr geſuchet, zum
Theil, weil er ſo ſeltſam, zum Theil aber,
weil er ſich trefflich zu dem alſo ge-
nannten ſympathetiſchen Pulver ſchi-
cket, denn dieſes nichts anders iſt, als
Roͤmiſcher Vitriol, welcher in den
Hundstagen bey heitern Wetter in die
Sonnenhitze geſtellet worden iſt, und
hernach, wenn er durch die Hitze der
Sonnen ſchneeweiß calciniret, zu al-
lerhand Wunden und Stillung des
Blutens gebrauchet wird. Etliche neh-
men auch Tragant unter den Vitriol.
So bringt man uns ingleichen aus
Jtalien noch eine Sorte Vitriol, der
dem Roͤmiſchen ſehr nahe kommt, oh-
ne daß er viel gruͤner und in kleinen
Stuͤcken iſt: denſelben nennen wir Vi-
triol von Piſa/ und wird von den Faͤr-
bern gebrauchet.
Der dritte Eiſenhaltige Vitriol, der
auch gantz gemeine, und folglich nicht
theuer, iſt der Engliſche Vitriol, undEngliſcher
Vitriol.
wird von den Faͤrbern, Huͤtern und
andern, die ſchwartz faͤrben, vielfaͤltig
gebraucht, und man ſagt, das ſey die
Urſache, warum er ſchwartz faͤrbe, weil
er naͤmlich vom Eiſen participire: andre
aber geben vor, es verurſache ſolches
das alte Eiſen, welches diejenigen, die
damit umgehen, drein ſchmeiſſen, wenn
er zerlaſſen worden iſt.
Wenn der Engliſche Vitriol/ wie
ſichs gehoͤret, ſeyn ſoll, ſo muß er tru-
cken, hellgruͤn und durchſichtig ſeyn,
auch ſo wenig klein Zeug und weiſſe
Stuͤckgen ſich darunter befinden, als
immer moͤglich iſt.
WAs ich auch fuͤr Bemuͤhung ange-
wendet, um zu erfahren, was doch
der Cypriſche Vitriol, den wir zu ver-
kauffen haben, eigentlich ſeyn moͤchte,
ſo habe doch ſolches unmoͤglich entde-
cken koͤnnen. Die Alten, auch einige
neuere Scribenten, haben zwar vorge-
geben, daß dieſer Vitriol mit einem
blauen Waſſer, daß man in Cypern/
davon er auch den Namen bekommen,
an unterirdiſchen Orten finde, bereitet
werde. Und ein anderer wohlverdien-
ter redlicher Mann hat mich verſichert,
daß der Cypriſche Vitriol von Roͤslein
Kupfer, in Vitriolſpiritus aufgeloͤſet,
und wiederum cryſtalliſiret, gemachet
werde. Noch ein anderer aber hat
mir fuͤr gewiß berichtet, der Cypriſche
Vitriol wuͤrde von dem Teutſchen Vi-
triol verfertiget. Allein, weil ich nicht
weiß, zu welcher unter dieſen dreyen
Partheyen ich mich halten ſoll, als will
ich ſagen, daß man zweyerley Cypri-
ſchen Vitriol zu uns bringe: der eine
iſt in dicken Stuͤcken, den nennen wir
der Compagnie Cypriſchen Vitriol/Der Compa-
gnie Cypri-
ſcher Vitriol.
weil ihn insgemein die Herren von der
Jndianiſchen Compagnie nach Franck-
reich bringen. Der andere iſt der zer-
ſchlagene Vitriol, denn er mit allem
Fleiß in kleine Stuͤcklein zerſchlagen
worden, und ſo ſpitzig als wie Diaman-
ten iſt, damit er eines Theils ein deſto
ſchoͤneres Anſehen gewinne, andern
Theils aber auch ſich beſſer verkauffen
laſſe.
Den Cypriſchen oder Ungriſchen
Vitriol ſoll man erwehlen, der ſchoͤn
Himmelblau ſiehet, inſonderheit, wenn
er zerſchlagen worden iſt: denn weil es
eine
[]Der Spezereyen und Materialien
eine Waare, welche die Luft gar leicht-
lich durchtringet, ſo bekommt ſie meh-
rentheils auſſenher eine gruͤnlichte Far-
be, welches doch ſeine Beſchaffenheit
nicht im geringſten vermindert; denn
man darff ihn nur an die Zunge brin-
gen, ſo wird ihm auch die allergeringſte
Naͤſſe ſeine vorige Farbe wiedergeben,
ihm dieſen Blick benehmen, und erwei-
ſen, daß nichts daran, als nur die oͤbere
Flaͤche verderbet worden. Es haben
mir auch etliche geſaget, daß man einen
dermaſſen durchtringenden Spiritus
aus dem Cypriſchen Vitriole bereiten
koͤnne, der alle Glaͤſer zuſtieſſe, wenn
ſie auch gleich noch ſo dicke waͤren; doch
ſey er ein allgemeines Mittel zu aller-
hand friſchen Wunden, und das Blut
zu ſtillen, wann er mit gleichem Theile
Waſſers uͤbergeleget wuͤrde. Welches
nicht ſo gar unwahrſcheinlich, indem
wir keine Materie mehr haben, die der-
maſſen an- und zuſammen ziehend waͤ-
re, oder das Bluten eher ſtillete, als
wie der Cypriſche Vitriol.
Dieſen Vitriol gebrauchen gleicher
Geſtalt viel Handwercksleute, wie in-
gleichen viel andere Leute, die ihn ſtets
bey ſich fuͤhren, und die Buckeln und
Beulen im Geſichte damit zu vertrei-
ben ſuchen. So wird er auch an ſtatt
des Roͤmiſchen zum ſympathetiſchen
Pulver gebraucht.
DEr Teutſche Vitriol ſieht gruͤn-
lichtblau, iſt hell und durchſichtig,
und wird zu Goßlar in Sachſen ge-
macht, deswegen ihn auch etliche bey
uns Couproſe d’ Allemagne, Vitriol oder
Goßlariſch
oder Saͤch-
ſiſch Kupfer-
waſſer.Comproſe de Goslar oder de Saxe zu nen-
nen pflegen. Dieſes Kupferwaſſer
ſoll man erwehlen, wenn es in feinen
groſſen Stuͤcken iſt, die hell und durch-
ſichtig ſind, und wenn es fein trucken,
auch ſo viel moͤglich, ohne klein Zeug iſt.
Der Teutſche Vitriol wird ſtarck
zur Artzney gebraucht, das heißt, die
meiſten Chymici machen allerhand Sa-
chen draus, gleichwie aus folgenden
wird zu erſehen ſeyn: es bedienen ſich
auch deſſen die Faͤrber.
Jm Fall der Noth kan er eben als
das Cypriſche Kupferwaſſer zur Blut-
ſtillung gebrauchet werden, allein er
iſt nicht ſo kraͤftig.
DEr weiſſe Vitriol/ den wir aus
Teutſchland bekommen, wird
von Goßlariſchen Vitriol, deſſen ich nur
allererſt erwaͤhnet, gemacht; denn die-
ſer wird ſo lange calciniret, bis er weiß
worden, hernach ſchuͤtten ſie ihn ins
Waſſer, und filtriren ihn. Wann er
dann beginnet zu gerinnen, und zuſam-
men zu lauffen, ſo machen die Teutſchen
viertzig bis funffzigpfuͤndige Stuͤcken
daraus, in der Geſtalt und Form, wie
wir ſie zu ſehen bekommen. Demnach
darff man nicht glauben, wenn ein
neuer Scribente meldet, daß der weiſſe
Vitriol um und bey den Quellen ge-
funden werde, und das allerreineſte
metalliſche Weſen ſey.
Dieſes Kupferwaſſer ſoll man er-
wehlen, wenn es fein veſte iſt, recht
weiß, und ſo viel als moͤglich, wie feiner
Zucker ſiehet. Auch dienet zu wiſſen,
daß man den weiſſen Vitriol nicht an
der Luft laſſen muͤſſe, denn ſo bald ihn
die Luft angehet, ſobald wird er gelb,
und laͤßt ſich nicht wohl verkauffen.
Er wird in etwas in der Artzney ge-
braucht, denn etliche thun ihn mit
Veielwurtz und Aloe Succotrin in Ro-
ſen- oder Wegbreit-Waſſer, und ver-
treiben damit boͤſe Augen. Die Mah-
ler brauchen ihn, wenn er zuvor calci-
niret worden, unter ihre Farben, da-
mit ſie deſto hurtiger trucknen. Doch
wird er meiſtentheils von den Schmie-
den verbrauchet.
Es werden auch Cryſtallen aus die-
ſem Vitriol mit Vitriolſpiritus berei-
tet, welche hernachmahls Gilla VitrioliGilla Vitrioli.
oder Brechvitriol genennet werden;
denn
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
denn wann man davon zwoͤlff Gran bis
auf ein Quintlein ſchwer mit etwas
Suppe einnimt, erregen ſie ein ſanftes
Brechen.
AUs dem Teutſchen oder Engliſchen
Kupferwaſſer, welches man, bis es
weiß worden, calciniret hat, wird mit
Huͤlffe des Feuers und einer Retorte,
ein Waſſer oder phlegma, Spiritus und
Oel gezogen. Weil aber dieſes eine gar
zu langweilige Arbeit, und ſehr be-
ſchwerlich iſt, derohalben will ich nie-
mand rathen ſich damit zu verwirren.
Dazu iſt der Vitriolſpiritus und Oel,
den unſre Apothecker und Deſtillatores
bereiten, bey weiten nicht ſo gut, auch
nicht ſo wohlfeil, als die wir aus Holl-
und England bekommen. Man be-
liebe aber zu mercken, daß dasjenige,
was wir, die Apothecker und Deſtillato-
resVitrioloͤl zu nennen pflegen, ein
bloſſer wohl dephlegmatiſirter Spiritus
ſey: und man muß in dieſem Capitel
eben wie in den andern allen, verſtehen,
daß das Oel fett ſeyn, und auf dem
Waſſer oben ſchwimmen muͤſſe, wel-
ches doch das Vitrioloͤl nicht thut, ſon-
dern es vermiſcht ſich gantz leichtlich mit
den waͤſſrichten liquoribus.
Was Vitriolſpiritus heißt, das iſt
derſelbe liquor und Feuchtigkeit, ſo un-
mittelbar auf das phlegma folget, und
muß, wenn er gut ſeyn ſoll, ſo klar, als
wie Waſſer ſeyn, fein ſaͤuerlich ſchme-
cken, und das weiſſe Papier ſchwartz
faͤrben, wenn er darauf geſtrichen und
ans Feuer gehalten wird. Dieſer
Spiritus wird ſehr oft zur Artzney ge-
braucht, hat auch noch mehr andern
Nutzen, dazu er erfodert wird. Der
wohl dephlegmatiſirte Vitriolſpiritus
wird Oel von uns genennet, wiewohl
es eigentlich nicht recht iſt, und muß
dunckel ſehen, einen durchtringend und
brennenden Geſchmack haben, ſo gar,
daß man ihn unmoͤglich auf der Zunge
erdulten kan. Jrrig aber iſts, wenn
etliche meinen, man duͤrffe die ſauern
Spiritus nicht verſtopfen, weil ſelbige,
ihrem Vorgeben nach, nicht verfliegen
ſollen, welches zwar auch wohl wahr
iſt, alleine, laſſet nur einen ſolchen recht
wohl dephlegmatiſirten Vitriolgeiſt in
einer offnen Flaſche ſtehen, wie bald
wird ſich die Luft drein ſchleichen, Maas
und Gewichte vermehren, ihn aber end-
lich ſo ungeſchmack, als wie Waſſer,
machen.
Das Vitrioloͤl iſt ein heftig ſtarckes
Etzmittel, dannenhero wird es auch zu
Aufloͤſung der Metallen gebraucht.
Man kan es ingleichen in eben den
Kranckheiten, in welchen der Spiritus
gebrauchet wird, einnehmen und ge-
brauchen, nur daß man bey weiten
nicht ſoviel auf einmahl nehmen darff,
weil es viel kraͤftiger und ſtaͤrcker iſt.
Den Vitriolſpiritus ſoll man nie-
mand anders, als aufrichtigen Leuten
abkauffen; denn es giebt ihrer, welche
Vitriolgeiſt machen, und Scheidewaſ-
ſer drunter thun, deswegen ſie es auch
alſo wohlfeil hingeben koͤnnen. Und
dieſer mit Scheidewaſſer bereitete Vi-
triolgeiſt wird Spiritus Vitrioli philoſo-
phicus genennet, darum man dann wohl
Acht darauf zu geben hat.
Was das Phlegma oder das Waſſer
vom Vitriol betrifft, davon ich oben ge-
meldet, daſſelbe iſt zu nichts nicht nutze,
weil es ohne allen Schmack iſt. Je-
dennoch gebrauchen es etliche, und wa-
ſchen die Augen damit.
Es gedencket der Herr Lemery/ daß
man zu obbeſchriebenen operationibus
und Arbeit den Engliſchen Vitriol neh-
men ſolle, alldieweil er nicht ſo ſcharff
als wie der Teutſche: nichts deſtomin-
der gebrauchen faſt alle diejenigen, die
mit dem Vitriol umgehen, den Teut-
ſchen zu ihrer Arbeit, welches ich aber
denenſelben zu entſcheiden uͤberlaſſe, die
hierzu geſchickter ſind als ich. Was
nach der Diſtillation in der Retorte zu-
ruͤcke bleibt, iſt eine roͤthlichte Erde,
welche von den ChymicisToden-
kopf,Caput mortuum Vitrioli, Colcho-Colchotar.
tar Vitrioli, Vitriolum rubefactum genen-
net wird, daraus man mit Waſſer,
beym Feuer, ein Saltz ziehen kan, wel-
ches Vitriolſaltz geheiſſen wird, und
eben als wie die Gilla kan gebrauchet
werden, auſſer daß man es in viel ge-
ringerem Gewichte giebet. Dieſes
Y yVi-
[]Der Spezereyen und Materialien
Vitriolſaltz.Vitriolſaltz ſoll weiß und getreulich
bereitet ſeyn, denn es giebet etliche, die
an ſtatt des Saltzes die Gilla Vitrioli,
oder gruͤn Vitriol, das weiß gebrennet
worden iſt, verkauffen.
Der Colchotar wird einiger maſſen
in der Artzney gebraucht, denn etliche
nehmen ihn an ſtatt des Chalcitis, weil
er wohlfeiler und doch eben ſo gut iſt.
So thun ihn auch etliche Apothecker
unter das Palmpflaſter, damit nicht al-
lein das Pflaſter davon roth werde, ſon-
dern auch, damit ſie ſich nach dem Ver-
langen einiger Wundaͤrtzte bequemen
moͤgen, welche gerne wollen, daß der
gemeine Mann nicht mercke, daß es
Palmpflaſter ſey; und eben zu ſolchem
Ende, damit ſie es deſto beſſer verſte-
cken koͤnnen, haben ſie dieſem Pflaſter
den Namen diachalciteos gegeben.
Von dem Colchotar, gebrannter
Alaune, Zuckerkant, Urin und Roſen-
waſſer wird ein Waſſer zugerichtet, wel-
ches uͤberaus anziehend iſt, und ein
treffliches Mittel das Blut zu ſtillen,
wie ſolches der Herr Lemery angezei-
get, zu dem der Leſer ſeine Zuflucht neh-
men kan.
Es giebt ſonſt noch ein dergleichen
Aqua ſtyptica des Herrn Faveur, wel-
ches beym Charras beſchrieben ſtehet.
Auch dienet zu mercken, daß der Col-
chotar gantz ungereimt Chalcanthum ge-
nennet werde, denn das Wort Chalcan-
thum bedeutet nichts anders als Vi-
triol.
Des Crollius mediciniſcher Stein
wird von Engliſchen und weiſſen
Kupferwaſſer, Alaune, weiſſer Suda
oder Egyptiſchen Natron, gemeinen
Saltze, Weinſteinſaltz, Wermuthſaltz,
Beyfußſaltz, Wegwartſaltz, Wegbreit-
ſaltz, Waſſerpfefferſaltz, Bleyweiß, Ori-
entaliſchen Bolus, Myrrhen, Weg-
rauch und Roſeneßig gemacht. Alle
dieſe Stuͤcke werden auf die Weiſe mit
einander verſetzet, wie Crollius am
442. Blatte gewieſen, und daraus mit
Huͤlffe des Feuers ein roͤthlichter Stein
gemacht, der groſſe Kraͤfte hat, welche
gleichergeſtalt bey nur erwaͤhntem Au-
tor beſchrieben ſtehen, die aber der
Laͤnge nach allhier zu erzehlen zu ver-
druͤßlich fallen duͤrffte. Weil dieſer
Stein nicht von geringer Wichtigkeit,
theils weil er Geld koſtet, und denn, weil
die meiſten Leute dieſen Stein gar nicht
kennen, ſo geben die meiſten Apothecker
den Mediciniſchen Stein dafuͤr, wel-
cher bey denen Herren Charras und
Lemery beſchrieben ſtehet, denn ſie ihn
um ein gutes wohlfeiler geben koͤnnen,
als diejenigen, welche allein den rechten
Stein des Crollius verkauffen, indem
derſelbe Mediciniſche Stein aus eitel
wohlfeilen Dingen bereitet wird, gleich-
wie aus folgenden zu erſehen.
DEr Herr Charras hat in ſeiner
Apotheckerkunſt pag. 1041. einen
Mediciniſchen Stein beſchrieben, wel-
cher von Cypriſchen Vitriol, Salniter,
Bleyweiß, Alaune, Bolus, Glasſaltz,
Salmiac, und gemeinen Eßig zuſam-
men geſetzet wird. Lemery aber be-
reitet den ſeinigen von Colchotar oder
rothem Vitriol, Gloͤte, Alaune, Bolus,
Salniter, Salmiac und Eßig. Aus
dieſen beyden Beſchreibungen kan man
zur gnuͤge ſehen, daß zwiſchen dieſen
und des Crollius Mediciniſchem Stei-
ne kein geringer Unterſchied ſey, daher
man ſich auch nicht wundern darff,
wenn dieſer oder jener unter den
Kauffleuten und Apotheckern ihn
wohlfeiler als andere giebet.
LApis mirabilis wird wegen ſeiner vor-
trefflichen Eigenſchaften alſo genen-
net, denn er abſonderlich zu den Flecken
und andern Zufaͤllen der Augen der
Pferde dienet.
Dieſer Stein wird alſo gemacht:
man
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
man thut eine Menge weiſſen Vitriol
oder Galitzenſtein, in einen irrdenen Ha-
fen mit Alaune, Bolus, Gloͤte und ge-
meinem Waſſer, auf die Art, wie in des
Herrn Soleyſels Buche pag. 86. be-
ſchrieben ſtehet, zu dem diejenigen, die
deſſen noͤthig haben, ihre Zuflucht moͤ-
gen nehmen, damit ſie ſowohl die doſin,
und wieviel von iedweden zu nehmen,
als auch die herrlichen Tugenden, wel-
che dieſer Autor dem Steine beygelegt,
und um deren willen er dieſen Namen
fuͤhret, erſehen moͤgen.
Seine Wahl betreffend, da bedarff
es keines weitern Auſſuchens, wenn er
anders wohl und getreulich bereitet
worden iſt.
MOndique von etlichen auch Quis und
Pyrites,Feuerſtein, genennet, iſt
eine Art Kupfer-Marcaſit, daraus
man den Vitriol machet. Sie iſt
ſchwer, ſieht maͤuſefahl, und iſt voll gel-
ber glaͤntzender Flecken.
Jn Franckreich giebt es ihrer die
Menge, und koͤnte noch mehr aus dem
lettichten Boden zu Paßi bey Paris
gezogen werden.
Es darff aber niemand wunder neh-
men, daß ich den Vitriol Comproſe ge-
nennet habe, denn ob es ſchon unrecht
iſt, ſo nennen ihn dennoch die Kauffleu-
te alſo. Wer ihn aber bey ſeinem rech-
ten und eigentlichen Namen nennen
will, der ſage Couperoſe, welches von dem
Lateiniſchen Worte Cuprum, oder von
Cupri roſa, welches eben ſoviel heißt als
Roͤslein Kupfer, herſtammet.
Wir verkauffen auch meßingenen
Drat, welcher von gelben Kupfer, als
wie der eiſerne, auf der Ziehebanck ge-
zogen wird.
WJr haben dreyerley Arten aus der
Erde gegrabenes Bley, welche al-
lein darinne von einander unterſchie-
den ſind, daß ſie mehr oder weniger in
dem Eingeweide der Erden gekochet
worden. Das erſte, welches die wenigſte
Hitze empfangen, und folglich das
ſchwerſte iſt, fuͤhret den Namen Plomb
mineral,Bleyertz, denn aus dieſem wird
das Mullenbley bereitet.
Von etlichen wird es Alquifoux ge-
nennet, und iſt ein ſchweres Metall, das
ſich leichtlich zu Pulver machen, dahin-
gegen ſchwerlich ſchmeltzen laͤßt. Es
wird in Stuͤcken von unterſchiedener
Groͤſſe aus den Schachten gezogen, bis-
weilen rein und ſauber, zuweilen aber
mit einer Gattung Geſtein vermiſchet,
welches dem Marmor aͤhnlich iſt, und
von denenjenigen, die ſich auf die Mine-
ralien verſtehen, la Gangue genennet
wird.
Wenn dieſes Bley zerſchlagen wor-
den, ſiehet es wie glaͤntzende Schuppen,
iſt weiß und auf ſchwartz ſich ziehend,
bey nahe als wie die Spießlein des
Spiesglaſes.
Die Englaͤnder ſchmeltzen es, und
ſchuͤtten es in Formen, damit derglei-
chen groſſe und ſchwere Stuͤcken draus
werden, welche man Mullen nennet,
und wir zu ſehen bekommen. Dieſes
Bleyertz wird in Franckreich eintzig
und allein von den Toͤpfern verbrau-
chet, die es ſtoſſen, und ihre Toͤpfe gruͤn
damit glaſuͤren.
Ob es nun ſchon eine Waare von kei-
ner ſonderbaren Wichtigkeit iſt, den-
noch haben wir faſt keine mehr, auf
welche man ſo genaue Achtung zu ge-
ben haͤtte: denn wo ſich ein ander Me-
tall drunter befaͤnde, wie wohl ehe ge-
ſchicht, wuͤrde es alle Arbeit der Toͤpfer
verderben, welches den Verkaͤuffern
ein und andere Ungelegenheit zuziehen
duͤrffte. Dannenhero muß man ihnen
keinen Alquifoux verkauffen, bevor
man ihnen ein Stuͤck nach dem andern
gezeiget, und ſich ein Scheinlein druͤber
geben laſſen, daß ſie zu frieden, und man
dergeſtalt den Proceß vermeiden moͤge.
Wenn nun das Bleyertz gut ſeyn
ſoll, ſo muß es in groſſen Stuͤcken ſeyn,
gewichtig und ſchoͤne Schuppen haben,
Y y 2welche
[]Der Spezereyen und Materialien
welche glaͤntzend und gleichſam fetticht
ſeyn, das heißt, es muß ſich gelinde an-
greiffen laſſen. Kurtz, es muß dem
Wißmuth ſo nahe kommen, als nur
immer moͤglich iſt. Das aber voll Kies,
Stein und Staub iſt, ſoll man auswerf-
fen, denn es taug eben ſo wohl zu nichts,
als wie dasjenige, welches mit der an-
dern Art Bleyertz vermiſchet iſt; wie ich
denn bald erweiſen werde.
Die zweyte Art des Bleyertzes iſt
nicht ſo gewichtig, iedoch viel haͤrter, als
das vorige. Wenn es zerſchlagen wor-
den, ſieht es maͤuſefahl und hat ein gar
ſproͤde Korn, obenher aber iſt es gantz
linde, und ſiehet etlicher maſſen der
ſchwartzen Kreide aͤhnlich: woraus zu
ſchlieſſen, daß es nicht gnugſame Hitze
gehabt, dadurch es haͤtte koͤnnen in
ſchwartz Bley verwandelt werden.
Das Bleyertz, das alſo beſchaffen, ſoll
gaͤntzlich verworffen werden, denn es
zu gar nichts nicht nutze, iedennoch
oͤfters unter dem Alquifoux befindlich
iſt, und den Handwercksleuten nicht
wenig Haͤndel macht, denn es eben ſo
wenig im Feuer zerſchmeltzet, als wie
der Marmor, und machet ihnen ihre
Arbeit nur zu nichte. Allein, ob ich
gleich anietzo geſaget, man ſolle dieſes
Bleyertz ſchlechter Dinge verwerffen,
ſo hab ich dennoch fuͤr dienlich erachtet,
allhier zu vermelden, daß es einige un-
ter den Alchymiſten gbee, welche der-
gleichen Bley aufſuchen, und das Bley
daraus bringen wollen, weil es ihrem
Vorgeben nach, viel linder und viel
veſter ſeyn ſoll, als das gemeine. An-
dere aber vermeinen, es halte etwas
weniges Silber, welches ich aber un-
entſcheidet laſſe. Jedennoch will ich
niemand rathen ſich damit zu belegen,
alldieweil es gar wenig gebrauchet
wird.
Jm Gegentheil iſt die dritte Art des
Bley-Ertzes deſto gebraͤuchlicher, und
dasjenige, was wir ſchwartz Bley-
Bleyertz.ertz/ Bleyertz und Kreide zu nennen
pflegen, dieweil das Vollkommenſte
zum Zeichnen dienet. Die Alten ha-
ben es Bleyglantz und Waſſerbley
genennet, und vorgegeben, es wuͤrde
aus dem Abgrund des Meeres heraus
gehohlet. Die Fremden nennen es
Potelot.
Wir haben zweyerley ſolche Mine de
Plomb, oder Waſſerbley, das feine, und
das gemeine. Wenn das feine recht
vollkommen, und wie ſichs gebuͤhret,
beſchaffen ſeyn ſoll, ſo muß es leichte
ſeyn, ſchwartz, wie etwa das Silber,
glaͤntzend, nicht zu harte, auch nicht zu
weich, und muß ſich entzwey ſaͤgen laſ-
ſen: wann es dann zerſchnitten wor-
den, muß es dichte und nicht gruͤmplicht
ſeyn, auch ein dichtes und feines Korn
haben. Es ſoll ingleichen in mittelmaͤſ-
ſigen Stuͤcken ſeyn, das iſt, die fein lang
und wohlgemacht ſind, und ſich wohl
ſchneiden laſſen, denn aus dem man fei-
ne lange Stiffte machen kan, daſſelbe
wird am hoͤheſten gehalten. So hat
auch das Bleyertz, das dergeſtalt be-
ſchaffen iſt, keinen geſetzten Preiß, ſon-
dern der Verkaͤuffer kan es verkauffen,
wie er nur ſelber will, indem es von
Baumeiſtern, und andern, die es zum
reiſſen gebrauchen, ſehr verlanget wird.
Es kommt insgemein aus England,
das gemeine aber wird aus Holland
gebracht, und dienet zu nichts, als die
Platten damit zu reiben, oder fuͤr die
Keſſelflicker, welche das alte Eiſen damit
beſchmieren, damit es fuͤr neues gehen
moͤge, welches aber ſtracks zu erkennen
iſt; denn man darff nur Waſſer drauf
ſchuͤtten, oder mit den Fingern druͤber
hinfahren, ſo wird es das Waſſer bald
davon bringen, wenn es, das Eiſen, da-
mit beſchmieret iſt, oder es wird euch
die Finger beſudeln; dann man hat
keine Waare, die das Waſſer ſo ſehr
ſcheuet, als das Waſſerbley.
Was uͤbrigens das gemeine Waſ-
ſerbley belanget, da liegt nichts dran,
ob es hart oder weich, grob oder fein ſey,
wenn es nur in Stuͤcken iſt, und nicht
voll Eiſenſchlacken, Stein und klein
Zeug. Das von Eiſenſchlacken berei-
tet iſt, daſſelbe kan man alſofort, wenn
es zerbrochen wird, erkennen: denn,
wenn ſich Roſt darinne befindet, wel-
ches eine harte und eiſenhafte Materie
iſt, die wir auf Frantzoͤſiſch Machefer heiſ-
ſen, ſo dient es zu nichts. Dieſes aber
kan man nicht mercken, ohne, wenn
man es zerbricht, denn alles was in
das Waſſerbley faͤllt, wird dergeſtalt
damit verwickelt, daß man es durch
das bloſe Anſchauen von dem ſchwar-
tzen
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
tzen Bleyertz nicht vermag zu unter-
ſcheiden.
Was das zu Pulver gemachte Waſ-
ſerbley betrifft, daſſelbe erkauffe man
ja allein bey redlichen Leuten, weil ſich
gar leichtlich ſolche Sachen drunter mi-
ſchen laſſen, die ich allhier zu nennen un-
noͤthig erachte. Etliche ſtreichen es
zwar auf die Hand, um zu erfahren, ob
es auch fein ſchwartz wie Silber ſehe,
allein die Probe iſt nicht richtig.
Der Herr Morin, ein Medicus, der
ſich vortrefflich wohl auf die Minera-
lien verſtehet, hat mir berichtet, wie daß
es in Franckreich/ bevoraus in Au-
vergne/ einen Hauffen Bleygruben ge-
be, daraus auch wohl alle dieſe drey Ar-
ten Bley koͤnten gewonnen werden:
und man kan deſſen verſichert ſeyn, die-
weil er ein ſolcher Mann iſt, der nicht
leichtlich etwas ſaget, was nicht wahr
ſeyn ſolte.
ALſo wird genennet das Bleyertz,
wenn es geſchmoltzen, von Geſtein
und anderer Unreinigkeit geſaubert,
und hernachmahls, wenn es recht ge-
reiniget worden; welches geſchicht, in-
dem ſie es entweder ſchaͤumen, oder aber
Unſchlit und ander Fett darauf werf-
fen; in ſonderliche Formen geſchuͤttet
wird, damit es, wie ich allbereit erwaͤh-
net habe, zu ſolchen Stuͤcken, Mullen
genannt, werde, welche unterſchieden
Gewichte und Dicke haben.
Das dergeſtalt geſchmoltzene Bley
muß, wenn es gebuͤhrend beſchaffen
ſeyn ſoll, linde ſeyn, muß ſich zerſchnei-
den und biegen laſſen, anbey ſo weiß
und glaͤntzend ſeyn, als immer moͤglich.
Wir nutzen das Bley auf vielerley
Weiſe, denn es nicht allein unterſchie-
dene Handwercker gebrauchen, ſondern
es werden auch allerhand chymiſche
Sachen daraus gemacht, welches dann
verurſachet, daß das Bley, ſowohl in
Europa/ als auch an vielen andern
Orten in der Welt in ſo groſſer Menge
verthan wird.
DJe erſte operation und Handlung,
die mit dem Bleye vorgenommen
wird, iſt das pulveriſiren: nicht zwar
auf ſolche Weiſe, als wie viele Apothe-
cker thun, welche es, damit ſie es zu
Pulver machen moͤgen, feilen, und im
Moͤrſel ſtoſſen laſſen; oder aber, wie
andere vermeinen, daß man geſchmol-
tzen Bley, welches in runde mit Weiß
beſchmierte Buͤchſen gethan wird, da-
zu gebrauche, denn es belohnet nicht die
Muͤhe. Vielmehr laſſe man das Bley
in einem irdenen oder eiſernen Gefaͤſſe
flieſſen, ſchuͤtte alsdann geſtoſſene Koh-
len darein, und ruͤhre es fort fuͤr fort
um. Auf dieſe Art kan man viel ehe
tauſend Pfund Bley zu Pulver ma-
chen, als eine Untze im Moͤrſel, oder
zehen Pfund in einer Buͤchſe. Will
man es reinigen, das heißt, die Kohlen
davon bringen, ſo darff man es nur mit
Waſſer waſchen, und treuge werden
laſſen. Es wird aber ſehr ſelten ge-
braucht, auſſerhalb, daß es den Toͤ-
pfern, als wie das Bleyertz, die Ge-
ſchirre zu verglaſuren dienet.
Doch wird auch etwas weniges da-
von in der Artzney gebraucht, ſonder-
lich, wenn es unbegreifflich oder gantz
zarte iſt, denn es kommt zu etlichen Sal-
ben, als da iſt Pompholyx, und andere
mehr. Diejenigen, welche das Bley
reinigen, oder Muſqueten Kugeln und
Schrot daraus machen, ſenden uns den
Schaum, welchen wir den Toͤpfern
verkauffen, und Bleyſchaum oder
Bleyaſche zu nennen pflegen.
DJeſes nennen die Lateinerplum-
bum uſtum, und wird von bleyer-
nen Platten, die aus dem Mullenbley
gemachet worden ſind, bereitet; denn,
Y y 3wenn
[]Der Spezereyen und Materialien
wenn ſie mit Schwefel zuſammen in ei-
nen Topf gethan werden, ſo bekommt
man durch Huͤlffe des Feuers ein brau-
nes Pulver daraus.
Das gebrannte oder calcinirte
Bley wird einiger maſſen zur Artzney
gebrauchet, dieweil es austrocknet, und
zu etlichen Salben und Pflaſtern
kommt. Seine Wahl betreffend, da
iſt nichts mehr noͤthig, als daß es recht
und wohl gebrennet und fein ſauber ſey.
Etliche waſchen es, damit der Schmutz
davon komme, wie auch der Schwefel,
der etwa dabey moͤchte verblieben ſeyn.
MIne de Plomb rouge, die wir auch Mi-
nium zu nennen pflegen, kommt
vom Alquifoux oder Bleyertz, welches
zu Pulver gemacht, calciniret und in
ein rothes Pulver verwandelt worden
iſt, auf die Art, wie wir es zu ſehen be-
kommen. Es iſt ein Jrrthum, wenn
man glaubet, daß die Minie/ die wir
aus England bringen laſſen, von
Mullenbley gemachet ſey, denn der
wohlfeile Preiß, darum ſie uns gelaſ-
ſen wird, giebt ſattſam zu erkennen,
daß ſie nur von dem Bley, wie es aus
den Schachten kommt, bereitet ſey.
Uberdiß wird auch das Mullenbley vom
Feuer niemahls ſo gar roth, als wie das
Bleyertz, ob man ihm gleich auch noch
ſo ſtarckes Feuer giebt.
Man ſoll aber die Minie erwehlen,
welche eine hohe Farbe hat, und ſo viel
als moͤglich, eitel Pulver und ohne Un-
rath iſt. Dabey muß man Acht haben,
daß ſie nicht gewaſchen ſey, welches
man gar leichtlich an der weißlichten
Farbe, ingleichen, daß ſie insgemein
voll kleiner Klumpen iſt, erkennen kan.
Man kan auch mit Kalch oder Feil-
ſtaub einen Mercur aus der Minie zie-Mercurius
aus dem
Bley.
hen, allein die geringe Menge deſſelben
iſt kaum der Rede werth.
Die Minie wird etlicher maſſen in
der Artzney gebraucht, weil ſie austrock-
net und etlichen Salben und Pflaſtern
die behoͤrige Dicke giebet. Die Mah-
ler gebrauchen ſie gleichfalls und mah-
len roth damit, miſchen ſie auch unter
andere Farben, damit ſie deſto eher tru-
cken werden. Die Toͤpfer glaſiren die
irdenen Gefaͤſſe damit und machen ſie
roth, und brauchen ſie eben als wie das
Bleyertz oder ander Bley: es gebrau-
chen ſie auch noch andere Handwercker
mehr.
DJeſes wird von Mullenbley ge-
macht, welches zu Blaͤttern ge-
ſchlagen, und als wie Papier zuſam-
men gerollet worden, doch ſo, daß es
nicht auf einander trifft. Dieſes der-
geſtalt aufgerollte Bley wird in Toͤpfe,
mit Eßig gefuͤllet, auf kleine Staͤblein
gelegt. Wenn ſie nun voll ſind, wer-
den ſie dermaſſen veſte verſtopfet, daß
keine Luft nicht dazu kommen kan, und
darauf in Miſt verſcharret, in welchen
man ſie in die vier Wochen ſtehen laͤßt.
Nach deren Verlauff eroͤffnet man die-
ſe Toͤpfe, und findet, daß das Bley dar-
inne gantz und gar bruͤchig worden,
und weiß wie das Schieferweiß, iſt.
Wenn man denn dieſe bleyernen Blaͤt-
ter heraus genommen, bricht man ſie
in Stuͤcken, und legt ſie an die Sonne,
damit ſie trocken werden.
Man muß das Schieferweiß er-
wehlen, welches zarte, aus- und inwen-
dig weiß iſt, und feine ſchoͤne Schiefer
hat, unter denen keine ſchwartze befind-
lich, oder anderer Unrath und klein
Zeug, ſo wenig als nur moͤglich.
Meines wiſſens dienet es alleine fuͤr
die Mahler, wenn es mit Oel oder mit
Waſſer abgerieben worden, denn es
das allerſchoͤnſte Weiß iſt, das wir ha-
ben koͤnnen, ſo auch ſehr lang beſtaͤndig
bleibt, alleine zum Vergelt iſt es ſehr
gefaͤhrlich zu ſtoſſen und zu reiben.
DJe rechte Ceruſſa oder der Bley-
kalch iſt vom Schieferweiß ge-
macht, welches mit Waſſer abgerieben,
und in Formen gethan worden, damit
es zu kleinen Stuͤcken werde, die man
trucknen laͤßt und in blau Papier ein-
wickelt, auf die Art, wie ſie es uns uͤber-
ſenden. Und dieſe alſo bereitete Ceruſ-
Bleykalch.ſa kan man Bleykalch nennen; nicht
aber, was wir ietziger Zeit aus Hol-
land bekommen, als welches faſt nichts
anders iſt, als Kreide, wie ich gleich ie-
tzo beſchreiben werde.
Die rechte Ceruſſa belegen wir mit
dem Titel die Venediſche, dieweil ſie
die Venetianer zu erſt gemacht. Nach-
dem aber dieſelbe ſehr theuer und des-
halben ſehr rar worden, derowegen laſ-
ſen wir allein die Hollaͤndiſche brin-
gen, denn ſie von den Mahlern eben ſo
hoch geachtet wird, als wie die Venetia-
niſche, ob es gleich nicht wohl gethan
iſt, indem die Hollaͤndiſche mit Oel oder
Waſſer abgerieben, ein Weiß iſt, das
nicht gar lange haͤlt, und ſolches wegen
der Kreide, die darunter iſt; dieſes aber
wiederfaͤhret der Venediſchen nicht.
Man koͤnte dieſer Weiſſe gantz wohl
entrathen, und damit von denenjeni-
gen, die es reiben muͤſſen, alle Gefahr
und Kranckheiten, ja oftmahls den Tod
ſelbſt abwenden.
Die ſie zur Artzney noͤthig haben,
oder das Bleyſaltz daraus bereiten
wollen, ſolten ſich billich des gerechten
Venediſchen Bleyweiſſes dazu bedie-
nen, ſo wuͤrde auch ihre Arbeit deſto beſ-
ſer gerathen. Sie duͤrffen auch an ſtatt
der gantzen Stuͤcken nur das zerriebene
Bleyweiß nehmen, und ſich deſſen zu
allen Sachen gebrauchen. Dabey
aber iſt zu mercken, daß ſie dieſes Weiß
bey niemand als bey redlichen Leuten
erkauffen muͤſſen, denn keiner kan da-
vor ſtehen, oder Red und Antwort ge-
ben, als der es ſelbſt gerieben hat: doch
iſt das veritable Bleyweiß uͤber alle
maſſen weiß, linde und zart, laͤßt ſich
auch gerne zerreiben.
So dienet auch zu wiſſen, daß die
Hollaͤnder zur Bereitung der Ceruſſa
ſich blos des Staubes bedienen, welcher
von dem zerbrochenen Schieferweiß
entſtehet. Weil aber dieſer Staub zu
einer ſo groſſen Menge Bleyweiß, das
in Franckreich und an andern Orten
verbrauchet wird, nicht zureichen wuͤr-
de, ſie auch daſſelbe nicht alſo wohlfeil
geben koͤnten, derohalben mengen ſie
eine Gattung weiſſer Kreide drunter.
Was das Engliſche Bleyweiß be-
trifft, daſſelbige iſt noch ſchlechter, als
das Hollaͤndiſche, dieweil ſie noch mehr
von dieſem Weiß darunter miſchen; es
iſt auch uͤberdiß nicht einmahl ſo ſchoͤn.
Die das Bleyweiß reiben und die
Cerufſa davon machen, haben beſonde-
re Muͤhlen dazu, hernach machen ſie
einen Teig daraus mit Waſſer, und
thun denſelben in gewiſſe Formen, da-
mit er zu ſolchen Stuͤcken werde. Sie
muß demnach, wenn ſie anders gebuͤh-
rend beſchaffen ſeyn ſoll, uͤberaus weiß,
linde und trucken ſeyn, ſich leicht zerrei-
ben laſſen, auch weder zerbrochen, noch
voll kleiner Stuͤcklein ſeyn, ſo viel ſichs
nur thun laͤßt; abſonderlich, wenn ſie
ſoll verkauffet werden. Die aber nicht
veſte genug iſt, ſondern dermaſſen
weich, daß ſie im brechen zerfaͤllt, die-
ſelbe ſoll man verwerffen, denn ſie iſt
eingepacket worden, bevor ſie recht tru-
cken war, oder aber, ſie iſt feuchte wor-
den.
DAs iſt Bleyweiß, welches gantz ge-
machſam beym Feuer roth gema-
chet worden. Allein, weil der Sandyx
oder die rothe Ceruſſa nichts anders
iſt als eine Art der Minie, dannenhero
wird ſie gar ſelten gebraucht. Etliche
unter den neuen Scribenten haben
zwar geſchrieben, daß die rothe Minie
von der Ceruſſa, durchs Feuer angeroͤ-
thet, bereitet werde. Dieſes aber iſt in
Wahr-
[]Der Spezereyen und Materialien
Wahrheit falſch, und dieſe Leute haben
es nur von hoͤren ſagen, indem die Ce-
ruſſa aus Holland/ die Minie aber
aus England gebracht wird: dazu iſt
jene allzeit theurer als dieſes.
WJr laſſen dreyerley Maſſicot aus
Holland bringen; weiſſen, gel-
ben und goldgelben. Dieſe ſo unter-
ſchiedene Farben entſtehen von dem
Grad des Feuers, welches man dem zer-
broͤckelten Bleyweiß, das zur Berei-
tung des Maßicots gebrauchet wird,
gegeben hat. Ob man nun gleich der
erſten Gattung des Maßicots/ das iſt,
dem, der das wenigſte Feuer ausgeſtan-
den, den Namen weiſſer Maßicot
beygeleget, ſo folgt doch darum noch
nicht, daß er weiß ſeyn muͤſſe, ſondern
er muß gelblicht ſeyn. Der andere iſt
gelb, und hat mehr Hitze ausgeſtanden,
denn der erſte. Der dritte aber, der
goldgelbe/ hat noch mehr als dieſer
vertragen muͤſſen. Man koͤnte auch ei-
ne vierte Art zurichten, wenn man den
Maßicot ſo lange calciniren lieſſe, bis
er roth wuͤrde, welches denn ein wahr-
hafter Sandyx, oder rothe Ceruſſa, oder
gemeiner Vermillion waͤre. Was ih-
re Wahl und ausleſen betrifft, ſo muͤſ-
ſen ſie gewichtig ſeyn, als ein unbegreiff-
lich Pulver, und hoch an der Farbe, zu
folge des Namens, den ſie fuͤhren, und
aufrecht. Deshalben mag man ſich zu
rechtſchaffenen Leuten halten.
Sie ſind ſonſt zu nichts nuͤtze, als zur
Mahlerey.
DJe natuͤrliche Gloͤte, welcher die
Alten den Namen Molybdæna er-
theilet, iſt eine Gattung eines metalli-
ſchen Minerals, wie Schuppen formi-
ret und ſo dicke und geſtalt als wie das
Schieferweiß, roͤthlicht von Farbe, und
leichtlich zu zerbrechen. Es wird in
den Bleygaͤngen gefunden. Weil aber
dieſe Gloͤte nur wenigen bekannt, dazu
auch gar ſelten gefunden wird, dannen-
hero gebraucht man nur die durch Kunſt
verfertigte Gloͤte, davon in folgendem
Capitel.
DJe Gloͤte, die wir verkauffen, heißt
man gantz unrecht, Gold- und Sil-
ber-Gloͤt, dieweil die Alten, und auch
wohl neuere Scribenten vorgeben, es
werde dieſe Gloͤt zur Reinigung des
Goldes und Silbers gebrauchet: wel-
ches iedoch wieder alle Vernunfft, in-
dem die Gloͤt, die wir aus Polen/
England und andern Orten, z. E. aus
Teutſchland, Schweden und Daͤne-
marck bekommen, das Bley iſt, wel-
ches ſie gebrauchet, das Kupfer, das
aus den Stollen gekommen, fein und
zu Garkupfer zu machen. Wiewohl
ich doch darum nicht laͤugnen will, daß
diejenigen, welche Gold und Silber
ſcheiden, ſolches nicht auch mit der Gloͤ-
te verrichten koͤnten. Allein dieſelbe
Gloͤt wird nirgend verkaufft, ſondern
die Muͤntzer ſchmeltzen ſie wieder um,
und machen ſie wieder zu Bley, damit
ſie es ein andermahl mehr gebrauchen
koͤnnen, auch das wenige Gold und
Silber, das noch darinne ſtecken duͤrff-
te, heraus bekommen moͤgen. Dan-
nenhero laſſe man ihm dienen, und
glaube nicht ferner, daß unſere Gloͤte
zum Gold- und Silberſcheiden gedienet
habe: und eben deshalben ſoll ſie auch
forthin nicht mehr Gold- und Silber-
gloͤt heiſſen, ſondern blos den Namen
Gloͤte fuͤhren. Auch darffman nicht
vermeinen, wie etwa einige Scriben-
ten geſchrieben haben, die Gloͤte ſey der
Rauch vom Bley, welchen es bey der
Scheidung des Gold und Silbers von
ſich
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
ſich geſtoſſen, und daß ſie gleichſam ein
Rus ſey, der ſich an den Camin des
Ofens angehencket, und andere der-
gleichen fabelhafte Erzehlungen mehr,
derer die Buͤcher von der Gloͤte voll
ſind. Man muß auch nicht waͤhnen, ob
ſey zwiſchen der Gloͤte, welche gelbroth
ſiehet, und derjenigen, welche weiſſer
iſt, ein Unterſchied; keines weges: denn
dieſer entſtehet alleine von der Gewalt
des Feuers, die das Bley beym ſchmel-
tzen ausſtehen muͤſſen.
Man ſoll aber die Gloͤte erwehlen,
welche eine hohe Farbe hat, und gewiß
von Dantzig iſt, denn dieſelbe iſt weit
ſchoͤner als die Engliſche/ indem nicht
ſoviel Erde drunter zu befinden: ſie hat
auch eine viel ſchoͤnere Farbe. Man
ſoll auch diejenige, welche in kleinen
Stuͤcken und zerbroͤckelt iſt, derſelbigen
vorziehen, welche aus lauter groſſen
Stuͤcken beſtehet, denn ſie iſt beſſer cal-
ciniret, und hat eine weit lebhaftere
Farbe: laͤßt ſich auch deswegen in den
fettichten liquoribus, die man dazu ge-
brauchet, viel beſſer und leichter auf-
loͤſen.
Dieſe Waare iſt in Franckreich haͤuf-
fig im Gebrauch, denn es wird ihrer
ziemlich viel zur Artzney verthan, in-
dem ſie das Grundſtuͤck, oder beſſer zu
ſagen, das Corpus der meiſten Pflaſter
und eines guten Theils der Salben
iſt. Die Toͤpfer gebrauchen ſie in
Menge, und geben den Geſchirren da-
mit eine gelbe Farbe. Faͤrber, Kuͤrſch-
ner, Mahler und Wachstuchmacher
bedienen ſich derſelben gleichfalls, wie-
wohl gantz unrecht, indem die Gloͤte ein
Gift iſt, wie ſolches ein Hauffen Scri-
benten gar fein angemercket, und auch
unſchwer zu glauben iſt, indem die Er-
fahrung und Vernunft uns weiſet, daß
unſere Gloͤt mit einander nichts anders
ſey, als Bley, mit dem Wuſt und Schla-
cken des Kupfers vermiſchet.
DAs Bleyſaltz oder der Bleyzu-
cker iſt von Schieferweiß oder auf-
richtigen Venediſchen Bleyweiß und
diſtillirten Eßig bereitet, welche mit ein-
ander infundiret, filtriret, evaporiret,
und dergeſtalt zu einer leichten, weiſſen
und ſpießichten Maſſa gemachet wor-
den, die ſuͤſſe und zuckerhaft, doch wi-
derlich ſchmeckt.
Der meiſte Theil dererjenigen, die
das Bleyſaltz zurichten, bedienen ſich
dazu des Hollaͤndiſchen Bleyweiſſes,
dergleichen wir verkauffen, und koͤnnen
dannenhero daſſelbige nicht ſo wohlfeil
geben, als wie die, welche das Schiefer-
weiß oder die Venediſche Ceruſſa dazu
nehmen, denn die Hollaͤndiſche Ceruſſa
iſt, wie ſchon erinnert, nur eitel Kreide,
die gar kein Saltz nicht giebt. Ein
gleiches wiederfaͤhret denen, welche das
gepuͤlverte Bley, Minie oder Gloͤt dazu
gebrauchen, denn weil dieſe drey letztern
Dinge nicht ſo ſehr aufgeſchloſſen ſind,
deswegen koͤnnen ſie auch nicht ſo viel
Saltz geben.
Man ſoll den Bleyzucker oder das
Bleyſaltz erwehlen, welches obermeld-
ten Geſchmack habe, weiß, leichte, glaͤn-
tzend und ſpiesſicht ſey; und welches
das recht gute Wegbreitwaſſer ſo truͤbe,
wie Molcken macht: dieſes experiment
kan zu zweyerley dienen, naͤmlich, zu
erfahren, ob das Bleyſaltz oder der
Bleyzucker gebuͤhrend beſchaffen, und
ob das Wegbreitwaſſer richtig ſey.
Das Bleyſaltz dienet zur Kuͤhlung/
und mag innerlich und aͤuſſerlich ge-
brauchet werden, daher wird es zu
Stillung des Durchlauffs gar dienlich
erachtet, wie auch zu boͤſen Haͤlſen,
wenn es in Wegbreit-Waſſer, von
zwey bis auf vier Granſchwer einge-
nommen wird.
Die meiſten, die dieſes Saltz bereiten,
machen es ſchwer und graulicht, wel-
ches aber nirgend anders herruͤhret, als
daß ſie es nicht genugſam gereiniget
oder mit gutem Eßig zugerichtet haben:
denn wenn dieſes Saltz ſchoͤn leichte
werden ſoll, muß man es zum allerwe-
nigſten viermahl reinigen, und gemein
Waſſer und diſtillirten Eßig dazu ge-
brauchen, gleichwie der Herr Lemery
recht und wohl erinnert hat. Jch will
mich zwar nicht aufhalten, noch ent-
ſcheiden, ob dasjenige, was wir Bley-
Z zſaltz
[]Der Spezereyen und Materialien
ſaltz zu nennen pflegen, auch das wahr-
hafte Saltz des Bleyes ſey, doch will
ich ſagen, daß uns die Erfahrung lehret,
es ſey nur das Saltz vom Eßig, welches
die Kraft und Beſchaffenheit des Bley-
es uͤberkommen, die ihm dann auch den
ſuͤſſen zuckerhaften Geſchmack zu wege
bringen: will auch zugleich gedencken,
daß erſtermeldter Autor eine Diſputa-
tion davon geſchrieben, zu welcher der
Leſer ſeine Zuflucht nehmen mag.
DEr Balſamus oder das Oleum Saturni
heißt Bleyſaltz, in Terpentinoͤl zer-
laſſen. Andere aber begnuͤgen ſich, daß
ſie das Bleyſaltz in den Keller ſetzen,
bis es zu Waſſer worden. Allein der
erſte ſoll dieſem letztern billig vorgezo-
gen werden, denn er weit dienlicher iſt
die Geſchwuͤre reine zu halten und zu-
zuheilen, auch der Faͤulung zu wider-
ſtehen.
Andere bereiten das Bleyoͤl/ indem
ſie den ſpiritum ardentem Saturni aus
dem Bleye ziehen, welches alſo ge-
ſchicht; ſie fuͤllen zwey Drittheile einer
Retorte mit Bleyſaltze an, und ziehen
durch Huͤlffe des Feuers einen Spiri-
tus heraus, welcher Feuer faͤngt, als
wie der Branntwein. Weil nun die-
ſes Oel ſo heftig ſtarck nicht iſt, als wie
dasjenige, das mit dem Terpentinoͤle
gemachet worden, dannenhero braucht
man es zu Saͤuberung der Augen, ſon-
derlich der Pferde und anderer Thiere.
Der Spiritus Saturni iſt ein trefflichesSpiritus Sa-
turni.
Mittel wieder die Faͤulung der Saͤfte
oder der Feuchtigkeiten des Leibes.
DJeſes wird von recht gutem Bley-
ſaltze gemacht, welches in diſtillir-
ten und mit Waſſer vermengtem Eßig
zerlaſſen worden iſt, hernach wird mit
Weinſteinoͤle ein ſchneeweiſſes Pulver
daraus gefaͤllt, welches nachdem es
trocken worden und vorher gewaſchen
iſt, zu Vertreibung der Schwinden die-
net, wenn es unter Pomade gemiſchet
wird. Man kan ſich der imprægnatio Sa-
turni, das iſt, des Eßiges und Waſſers,
darinne der Saturnus zerlaſſen wor-
den, eben als wie der Jungfermilch be-
dienen, nicht zwar ſo blos alleine, ſon-
dern man muß etliche Tropfen davon
ins Waſſer fallen laſſen, damit es weiß
werde, und auch die Kraft habe die
Entzuͤndungen zu ſtillen, und die Hitz-
blattern im Geſichte zu vertreiben.
Obgleich dieſes Magiſterium Saturni
ein uͤber die maſſen weiſſes Pulver iſt,
dennoch ſoll man es eben ſo wenig, als
alle die andern weiſſen Pulver von Me-
tallen gebrauchen, weil ſie die Haut,
an ſtatt dieſelbe weiß zu machen, ſchwaͤr-
tzen.
DEr Eßig vom Bley oder Acetum
Saturni iſt von diſtillirtem Eßig ge-
macht, der auf Bleyweiß oder andere
aus dem Bleye gemachte Sachen ge-
goſſen und in digeſtion geſetzet worden.
Man braucht ihn zu Vertreibung der
Schwinden, oder vermiſcht ihn mit Ro-
ſenoͤl, und macht eine ſonderliche Sal-
be davon, die wir Butyrum Saturni,
Bleybutter/ zu nennen pflegen.
ES gehet mit dem Zinck gerade als
wie mit dem Wißmuth, denn es
wahrſcheinlich und gewiß iſt, daß es na-
tuͤrlichen Zinck giebet, welchen die
Teutſchen Beauter/ und die Hollaͤn-
der Speauter zu nennen pflegen.
Dieſen Mineraliſchen Zinck findet man
in groſſer Menge zu Goßlar in Sach-
ſen/
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
ſen/ daher wir den Teutſchen Vitriol
bekommen. Jn Franckreich iſt er zu
ietziger Zeit trefflich rar, und wird dan-
nenhero von unterſchiedlichen Leuten
gar ſehr geſucht.
Dieſes Metall iſt eine Art Bleyertz,
doch iſt es haͤrter, weiſſer und glaͤntzen-
der. Mich haben etliche verſichern wol-
len, daß der Zinck in groſſen dicken und
viereckten Stuͤcken, wie wir ſie verkauf-
fen, mineraliſcher Zinck ſey, welcher ge-
ſchmoltzen, gereiniget, und hernach-
mahls in Giesformen geſchuͤttet wor-
den, auf ſolche Art wie wir ihn zu ſehen
bekommen: welches ich auch gantz ger-
ne glauben will, weil mir unmoͤglich
geweſen Zinck/ nach der Anweiſung
des Herrn Charras/ aus Arſenic oder
Huͤttenrauch, Weinſtein und Salpe-
ter zu bereiten. Doch dem ſey, wie
ihm wolle, der Zinck, den etliche, wie-
wohl ziemlich ungereimt, Spiesglas,
das Weiblein, nennen, muß weiß ſeyn,
feine ſchoͤne Schuppen haben, nicht
ſproͤde und doch ſchwerlich zu zerbre-
chen: denn ie mehr Feuer er ausgeſtan-
den, und ie ſchoͤner und breiter die
Schuppen ſind, ie hoͤher wird er von
den Handwercksleuten, die ihn gebrau-
chen, geachtet, vor allen aber von den
Schmeltzern. Solches aber kan man
an den kleinen Sternlein erkennen, wel-
che darauf erſcheinen, abſonderlich,
wenn er umgeſchmoltzen und zu kleinen
Barren gemachet worden iſt.
Der Zinck iſt anietzo trefflich im Ge-
brauch, ſeit dem die Zinngieſſer verſpuͤ-
ret, daß er viel tauglicher ſey, das Zinn
zu reinigen, als die Nadlerfeile und das
Hartzpech. Dagegen iſt es irrig, wenn
man glaubet, daß der Zinck deshalben
unter das Zinn gethan werde, damit
er deſſen Gewichte vermehre; denn auf
einen Guß von fuͤnff bis ſechs hundert
Pfund Zinn ſetzen ſie nicht mehr, als
ein eintziges Pfund Zinck; und iſt et-
was recht verwunderliches, daß der
Zinck die Kraft, das Zinn zu laͤutern
und weiß zu machen, und eben eine ſol-
che Wirckung, als wie das Bley auf
Gold, Silber und Kupfer, hat.
Der Zinck dienet fuͤr die Schmeltzer,
und fuͤr diejenigen, welche Lot berei-
ten: allein man muß zuſehen, daß er
auch recht gut ſey, ſonſt duͤrffte er alles
mit einander verderben. Er dienet
gleichfalls dem Kupfer eine Farbe zu
geben, bevoraus, wenn er mit der Ter-
ra merita vermenget worden iſt, und
verrichtet eben dasjenige bey dem Ku-
pfer, was der Huͤttenrauch thut, wenn
man dem Kupfer die Silberfarbe geben
will, oder der Gallmey, der das rothe
Kupfer gelb machet, und der Hunga-
riſche Vitriol, der das Eiſen wie Kupfer
faͤrbet, welches in der Hiſtorie der
Londiſchen Societaͤtpag. 349. ange-
mercket ſtehet.
Ende des Erſten Buchs von den
Foßilien.
UNter dem Worte Mineral wird alles verſtanden, was etwas
von Ertz in ſich haͤlt/ oder in den Ertzgruben waͤchſt/ oder
durch dieſelben gegangen iſt.
Man haͤlt auch dafuͤr, daß die Mineralien dichte veſte
Coͤrper ſind/ die von denen Duͤnſten und Daͤmpfen/ welche in
der Erde verſchloſſen liegen/ generiret und erzeuget werden/ eben als wie
dieMeteorain der Luft. Andre aber wollen, daß es ſehr ſchwache Coͤr-
per waͤren/ welche in der Erde gefunden wuͤrden, woſelbſt ſie durch eine
coagulationund zuſammengerinnen erzeuget und durch einen Zuſatz em-
pfindlicher Theilgen vermehret worden/ und oftmahls die Materie ge-
ben, aus welcher mit der Zeit das Metall formiret wird. Dannenhero
will auch ich unter dieſem Namen alles begreiffen/ was nur einiger maſ-
ſen vom Metallparticipiret/ und allein in dieſem Stuͤcke davon unterſchie-
den iſt/ daß es den Hammer nicht vertraͤget/ und es etliche darunter gie-
bet/ die ſich nicht einmahl ſchmeltzen laſſen; als da iſt der Magnet/ und
dergleichen noch mehr. Will alſo bey dem Spiesglaſe anheben/ alldie-
weil es dem Metall am naͤheſten kommt/ auch nicht davon unterſchieden
iſt, ohne daß es ſich weder ziehen noch dehnen laͤßt.
Furetiere vermeldet, daß das Spiesglas ein Mineral ſey/ welches
der Natur der Metallen ſehr beykomme; und andere glauben gar/ daß
es aller andern Dingeprincipiaund Anfang in ihm enthalte/ dieweil es ſich
in allen Ertzgruben finden laͤßt/ vornehmlich aber in den Silber- und
Bley-Stollen/ und beſtehe aus zweyerley Schwefel; deren einer metal-
liſch ſey/ und an Reinigkeit und Farbe dem Goldſchwefel gantz gleich
komme/ der andere aber ſey irdiſch und verbrennlich, beynahe/ wie der
gemeine Schwefel; und dann aus einem ruſigen und uͤbeldigerirten Mer-
cur/ der etwas von der Natur des Bleyes an ſich habe, wie auch ein we-
nig irdiſches Saltzes. Er ſagt auch/ das Spiesglas ſey vor demXIIIden
Jahrhundert nicht weiter bekannt geweſen/ als daß man es zur Schmin-
cke gebraucht. Um ſelbe Zeit aber habe der Moͤnch/ Baſilius Valen-
tinus, ein Buͤchlein geſchrieben, das er den Triumphwagen des Spies-
glaſes betitelt/ und darinne erwieſen/ daß es eine Artzney wider alle
Kranckheiten ſey. Drey hundert Jahr hernach brachte es Paracelſus
wieder in Schwang, allein im Jahr 1566. wurde es durch einen Befehl
des Parlaments verdammet und zu gebrauchen verboten/ auch im Jahr
1609. ein Medicus/ Beſnier/ der dawider gehandelt, aus der Facultaͤt
geſtoſſen. Jm Jahr 1637. ward esautoritate publica,unter die purgiren-
den
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
den Artzneymittel auf- und angenommen. Jm Jahr 1650. ward der
Arreſt/ im Jahr 1566. gegeben/ aufgehoben/ und die Facultaͤt ſetzte es/ auf
gut befinden des Matthiolus, in demAntidotario,das auf ihre Verord-
nung im Jahr 1637. gedruckt wurde, unter die purgiren den Artzneyen. Und
endlich ließ ſie im Jahr 1668. am 2. May einen Befehl ergehen/ darinnen
allen Doctoren der Artzney Erlaubnuͤß gegeben wurde/ ſich deſſen zu be-
dienen, allen andern aber unterſaget/ daſſelbe ohne ihren Vorbewuſt zu ge-
brauchen.
Das WortAntimoineſoll daher entſtanden ſeyn: es habe naͤmlich
ein Teutſcher Moͤnch, eben der Baſilius Valentinus, welcher den Stein
der Weiſen ſuchte/ den SchweinenAntimoniumoder Spiesglas/ das
er gebrauchet, die Metalle deſto ehender in Fluß zu bringen, vorgeworf-
fen und beobachtet, daß die Schweine/ die davon gefreſſen, uͤberaus
heftig purgiret/ darauf aber viel fetter geworden: dieſes habe ihn auf
die Gedancken gebracht, es wuͤrden ſich vielleicht ſeine Mitbruͤder glei-
chergeſtalt beſſer befinden/ wenn er ſie eben auf dieſe Art purgirete. Al-
lein die Probe lieff gar ſchlecht ab, denn ſie ſturben alle. Dieſes ver-
urſachete, daß man dieſes MineralAntimoinenennete, gleich als ob man
ſagen wolte,contraire aux Moines,den Moͤnchen zuwider.
Das Spiesglas, wie es aus dem Stollen gezogen wird, iſt ein Stein/
unterſchiedener Groͤſſe, und dem Bleyertz der Geſtalt nach, ziemlich aͤhn-
lich/ auſſer/ daß es viel leichter und haͤrter iſt: daher es auch von etlichen,
wegen ſolcher Gleichheit, ſchwartzes Bley/ oder Bley-Marcaſit iſt ge-
nennet worden; von andern wird es der Wolff und Saturnus der Wei-
ſen genennet, weil es alle Metalle/ bis auf das Gold/ frißt und verzeh-
ret. Es iſt auch Protheus genennet worden/ weil es im Feuer aller-
hand Farben annimmt. Sein gemeineſter Name iſtAntimonium minerale,
Spiesglasertz/ und bey den VerſtaͤndigſtenAntimonium crudum,rohes
Spiesglas, weil es noch niemahls im Feuer geweſen iſt.
VOr dieſem war Hungarn
eintzig und allein die Ge-
gend, allwo Spiesglas-
gruben gefunden wurden,
anietzo aber, und ſeit dem
man auch in Franckreich dergleichen
Gruben entdecket hat, kommt gar kei-
nes mehr daher. Das beſt- und ſchoͤn-
ſte Antimonium koͤmmt aus den Gru-
ben in Poictou und Bretagne.
Dieſes Spiesglas findet ſich bis-
weilen gantz ſauber und nette, zuweilen
aber voller Felſen oder Geſtein, welches
die ſich auf die Mineralien verſtehen,
Gangue zu nennen pflegen: etliches da-
runter ſieht wie lauter Spieſſe, ein ande-
res aber ſiehet matt und ſchwartzgrau.
Zur Artzney wird dieſes Spiesglas
nicht gebrauchet, wenn es nicht zum we-
nigſten geſchmoltzen worden iſt, wie aus
folgendem Cap. zu erſehen. Die Alchy-
miſten aber gebrauchen es zu allerhand
geheimen operationen.
Man erwehle das Spiesglasertz,
wenn es fein reine iſt, das iſt ſoviel; es
muß, ſoviel nur moͤglich, ohne Geſtein
ſeyn; und liegt nichts dran, wo es auch
herkomme, wenn es nur ſauber und
nette iſt. Wiewohl dennoch etliche vor-
geben wollen, das aus Auvergne fuͤh-
re mehr Schwefel bey ſich.
Die Leute von des Siammiſchen Ab-Spiesglas
aus Siam.
geſandten Gefolge brachten auch eine
groſſe Menge Spiesglas mit ſich, deſ-
ſen Gebrauch aber bis dato annoch un-
bekannt. Daſſelbe war weiß und klein-
ſpießicht, und ſoviel ich mercken koͤn-
nen, eben dazu dienlich, wozu das
Frantzoͤſiſche Spiesglas gebrau-
chet wird. Von dem Hungariſchen
Spiesglaſe kan ich nichts ſagen, weil
ichs nie geſehen habe.
DAs geſchmoltzne Spiesglas nen-
nen wir, obſchon gantz unrecht,
rohes Antimonium, denn es iſt bereits
im Feuer geweſen, damit es zu ſolchen
Kegeln, und ſo ſpießicht werde, gleich-
wie wir es zu ſehen bekommen. Wann
diejenigen, die mit dem Ertz umgehen,
das Spiesglas ſchmeltzen wollen, ſo
naͤhmen ſie zwey irdene Toͤpfe, und
fuͤllen den einen mit geſtoſſenem Spies-
glasertz gantz an, den ledigen aber ſetzen
ſie mitten in eine groſſe Glut, und be-
decken ihn mit einem Eiſen, das ſchier
wie ein Schaumloͤffel ſiehet; auf dieſes
ſtuͤrtzen ſie den gefuͤllten Topf, und
wenn ſie beyde mit Feuer umgeben ſind,
ſchmeltzet das Antimonium, laufft
durch die Loͤcher, und faͤllt in den ledi-
gen Topf, da es dann zu ſolchen Stuͤ-
cken wird, dergleichen uns zu Geſichte
kommen.
Dieſe Gattung des Schaumloͤffels,
oder die durchloͤcherte Platte, welche
zwiſchen die Toͤpfe geleget wird, dienet
dazu, daß das Geſteine, das bey dem
Spiesglas ſich befindet, zuruͤcke bleiben
muß. Wann dann das Spiesglas
zerſchmoltzen, nimmt man es vom Feu-
er, und verſendet es dahin, da es ver-
langet worden, wenn man es vorher
erkuͤhlen laſſen, und die Toͤpfe zerſchla-
gen hat.
Vor dieſen bekam man in Franck-
reich Hungariſch Spiesglas zu ſe-
hen, in Stuͤcken zu drey und vier Pfun-
den, von Farbe gelb, auf Gold ſich zie-
hend, daran die Spieſſe in einander ver-
wirret waren, auf einem ſilberweiſſen
Grunde. Daſſelbe Spiesglas wird in
den Bergwercken, die nach Preß-
burg/ der Hauptſtadt in Nieder-Hun-
garn, gehoͤren, gefunden, woſelbſt es
geſchmoltzen und dergeſtalt formiret
wird, wie man es dazumahl zu ſehen
bekame. Anietzo aber iſt es dermaſſen
rar worden, daß man es bey nahe gar
nicht mehr finden kan. Die dergleichen
Antimonium verarbeitet haben, ha-
ben mich verſichert, daß es ſich viel beſ-
ſer zu denenjenigen Sachen ſchicke, die
wir aus dem Frantzoͤſiſchen Spiesglaſe
machen; ſo koͤnne man auch aus iedem
Pfunde deſſelben zwey Untzen Queck-
ſilber ziehen, welches weit ſchoͤner ſey,
denn das Spaniſche.
Wir haben zwar vielerley Arten
Spiesglas in Franckreich, alleine
dieſelben ſind blos darinne von einan-
der unterſchieden, daß ſie die Leute beſ-
ſer oder weniger zu ſchmeltzen und zu
reinigen gewuſt. Das beſte Spies-
glas/ nach dem Ungriſchen, iſt dasje-
nige, welches wir von Saumur/ in
Anjou gelegen, bekommen, dahin es,
allbereit geſchmoltzen, aus Poictou ge-
bracht wird.
Es muß aber das AntimoniumSpiesglas
aus Poictou.
aus Poictou feine, ſchoͤne, gerade, lan-
ge, weiſſe, breite und glaͤntzende Spieſ-
ſe haben, leichte ſeyn, und ſich alſofort
zerſchlagen laſſen: auch muß es gar we-
nig halbgeſchmoltzen Spiesglas bey
ſich haben, welches, als wie Schlacken,
ſich oben auf den Kegeln befindet, und
der Fuß oder der Kopf des Spiesglaſes
geheiſſen wird. Dergleichen Mangel
findet ſich an dem Spiesglaſe aus
Poictou bey nahe gar nicht, denn ſie
wiſſen es gar zu wohl zu ſchmeltzen.
Und dieſes Antimonium ſoll man zu
aller unten beſchriebenen Arbeit und
opetationen nehmen, und gebrauchen,
denn es haͤlt weniger Schwefel, und
giebt in kurtzer Zeit viel Koͤnig. ManSpiesglas
aus Bre-
tagne.
ſendet uns wohl auch aus Bretagne
eine Gattung Spiesglas/ welches
kleine, ſehr reine Spieslein hat, und zu
eben den Sachen, dazu das Spies-
glas aus Poictou gebraucht wird,
gantz fuͤglich koͤnte genommen werden;
alleine, weil es noch nicht gar zu ſehr
bekannt iſt, derowegen mag man ſich
nur an das Spiesglas aus Poictou
halten.
Die dritte Art kommt aus Auverg-
ne, und iſt, mit wenigen zu ſagen, zu
gar nichts nutze, bis etwa die Leute, die
es bereiten, daſſelbe werden beſſer
ſchmeltzen und reinigen lernen. Denn
alles Antimonium, das aus Auver-Spiesglas
aus Auver-
gne.
gne kommt, iſt uͤber die maſſen harte,
voller Schlacken und kleinſpießicht, gelb
und blaulicht, welches gnugſam zu er-
kennen giebet, daß es nicht zur Helfte
gerei-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
gereiniget ſey, noch ſeines ſtinckenden
boͤsartigen Schwefels beraubet wor-
den: es macht auch denen, die es verar-
beiten wollen, gar groſſe Muͤhe.
Auſſerhalb der groſſen Anzahl der
chymiſchen Medicamenten, die aus dem
Spiesglaſe bereitet werden, bedienen
ſich auch deſſelben gar viele Hand-
wercksleute, damit ſie ſowohl die Me-
talle deſto beſſer ſchmeltzen, als auch den
Koͤnig davon verfertigen moͤgen: ab-
ſonderlich in England, dahin wir ihn
in gantzen Partheien ſenden, damit er
unter das Zinn gethan, und dieſes da-
durch haͤrter, weiſſer und klingender
werde. Doch ſeit etlichen Jahren her
brauchen ihn die Englaͤnder nicht mehr
ſo ſtarck, indem ſie an ſtatt des Spies-
glaskoͤniges, Wißmuth dazu nehmen.
Die Schrifftgieſſer gebrauchen das
Spiesglas auch, das Bley dadurch
haͤrter zu machen.
Das geſchmoltzne Antimonium mit
Sarſaparill, China und Frantzoſen-
holtze abgekocht, iſt ein gantz ſicheres
und gewiſſes Mittel wider ſolche
Kranckheiten, die man nicht gerne
offenbaret. So ſehr man ſich nun
vor dieſem vor dem Spiesglaſe gefuͤrch-
tet, eben ſo ſehre wird es zu ietziger Zeit
gebrauchet. Wenn man es aber
brauchen will, ſo ſchlaͤgt man es zu klei-
nen Stuͤcken, oder ſtoͤßt es nur groͤblich
zu Pulver, thut es in ein Stuͤcklein
Leinwat, und laͤßt es mit denen andern
Sachen kochen. Etliche gebrauchen
das Spiesglas/ und geben es den
Pferden, an ſtatt der Leber des Spies-
glaſes; denn ſie ſagen, es habe eben die-
ſelbe Wirckung.
Jch werde mich nicht aufhalten,
noch mich bekuͤmmern, ob es zweyerley
Antimonium/ ein Maͤnnlein, und ein
Weiblein, gebe, wie zwar ein und an-
dere Scribenten vorgeben, und ſpre-
chen, das Maͤnnlein ſey viel groͤber, ſan-
dicht, ſteinicht, nicht ſo ſchwer, und folg-
lich auch nicht ſo kraͤftig denn das Weib-
lein, welches ſchwer und glaͤntzend ſey,
laſſe ſich auch ehe zerreiben: denn ich
habe gleichwohl auch nicht wenig mit
Spiesglas zu thun gehabt, und viel ver-
kauffet, dennoch aber, auſſerhalb der
Reinigung, keinen Unterſchied daran
verſpuͤren koͤnnen. Wenn es demnach
nur gebuͤhrend beſchaffen iſt, ſo kan man
eines wie das andere gebrauchen, und
wird alſo ſchwerlich zweyerley Spies-
glas geben.
DEr gemeine Koͤnig des Spies-
glaſes/ das iſt, dazu kein Eiſen ge-
kommen, wird von Spiesglas gemacht,
welches mit Salpeter und Weinſtein
zuſammen geſchmoltzen, und in einen
kleinen mit Fett geſchmierten Moͤrſel
geſchuͤttet worden iſt; hernach wird der
Regulus durch Hammerſchlaͤge zu Bo-
den gefaͤllt, und muß, wenn er ſchoͤn
ſeyn ſoll, feine ſchoͤne Schuppen haben,
die gantz und gar dem Wißmuth aͤhnlich
ſehen. Wenn dieſer Koͤnig nicht gleich
das erſte mahl ſchoͤne genug iſt, kan man
ihn wieder umſchmeltzen, und mit ein
wenig Salpeter reinigen. Je oͤfter er
aber geſchmoltzen wird, ie mehr geht
ihm zwar ab, allein er wird auch deſto
ſchoͤner.
Aus dieſem Koͤnig werden kleine Be-
cher, Pillen, und andere Chymiſche
Dinge bereitet, immaſſen aus nachfol-
genden wird zu erſehen ſeyn.
DEr Martialiſche Spiesglaskoͤ-
nig wird von Spiesglas, Salpe-
ter und Hufnaͤgeln oder kleinen Naͤgeln
bereitet, welche unter einander ge-
ſchmoltzen, und durch Huͤlffe des Feu-
ers, wenn man auf obermeldte Weiſe
und eben als wie mit dem vorigen ver-
faͤhret, zum Koͤnige gemachet werden.
Dieſer Koͤnig muß gleich als wie der
vorhergehende ſeyn, wenn er ſchoͤn ſeyn
ſoll, und muß noch dazu einen Stern
oben auf haben. Doch will ich mich
mit Erzehlung derer Fabeln, welche die
Alten von dieſem Sterne und ſeinem
Ur-
[]Der Spezereyen und Materialien
Urſprunge erdichtet, nicht aufhalten,
ſondern nur ſagen, daß er nirgend an-
ders herkomme, als von dem ſtarcken
Feuer, das dieſer Koͤnig ausſtehen muͤſ-
ſen: denn ie heftiger die Glut geweſen,
ie ſchoͤner und groͤſſer wird der Stern.
Man gebrauchet dieſen Koͤnig, wenn
man einen Purgir- oder vielmehr einen
Brechwein machen will, doch ſoll man
Becher aus
Spiesglas.den Wein, den man in dieſen Becher-
lein hat ſtehen laſſen, zuvor zwey oder
dreymahl wegſchuͤtten, er moͤchte ſonſt
ein und andere Zufaͤlle erwecken.
Dieweil diejenigen, die dergleichen
Becherlein benoͤthiget ſind, viel Muͤhe
haben, bis ſie ihren Zweck erhalten, de-
rowegen moͤchten ſie ſich nur zu einem
Rothgieſſer verfuͤgen, der wuͤrde ſie ih-
nen in beliebiger Form und Groͤſſe, und
dazu gantz wohlfeil verfertigen, ohne
daß er ſich um die Formen bekuͤmmern
ſolte, dergleichen ihrer viele haben, wel-
che aber groſſe Muͤhe und Schaden
bringen; ja oftmahls muß man es
gantz und gar unterwegen laſſen, die-
weil man dieſe Becherlein nie ohne Loͤ-
cher und andere Maͤngel verfertigen
kan. Man kan auch dieſe Leute dieJmmerwaͤh-
rende Pillen.
immerwaͤhrenden Pillen machen
laſſen, oder man kan ſie ſelbſt in einer
Muſquetenkugelforme gieſſen, denn es
etwas gantz leichtes iſt.
Dieſe Pillen dienen fuͤr diejenigen,
welche mit dem Miſerere beladen ſind;
hernachmahls wenn ſie wieder aus dem
Leibe gekommen, waͤſcht man ſie ab,
und kan ſich ihrer immerfort gebrau-
chen, wie ſie denn auch daher ihren Na-
men bekommen haben. Man kan in-
gleichen auf dieſe Pillen Wein gieſſen,
wie auf den Koͤnig, und zwoͤlff Stun-
den im Kalten ſtehen laſſen; ſolches ſoll
alsdenn, der Sage nach, fuͤr ſtarcke
Leute eine herrliche Artzney ſeyn.
VItrum Antimonii oder Antimonium vi-
trificatum, iſt Spiesglas welchem alle
ſein Schwefel genommen worden, denn
dieſer ein toͤdliches Gift iſt. Deshalben
ſoll man es auch unter einem Camin zu-
richten, damit die Ausduͤnſtung und
Dampf vermieden werde, hernach-
mahls wird es vitrificiret und in einem
Schmeltztiegel geſchmoltzen, bis es wie
ein Oel wird, und darauf auf einen
warm gemachten Marmorſtein ge-
ſchuͤttet, damit es alſo werde, wie wir
es zu ſehen bekommen, und uns aus
Holland uͤberſendet wird.
Allein es iſt eine ſolche Arbeit, dazu
ich niemand rathen will, nicht nur we-
gen der dabey befindlichen Gefahr und
Muͤhe, ſondern auch, weil wir es nicht
ſo wohlfeil geben koͤnnen, als wie die
Hollaͤnder.
Dieſes Glas ſoll man erwehlen,
wenn es platt und ſchoͤn roth iſt, hell
und durchſichtig, wenn auch, ſoviel als
moͤglich, weder kleine noch groſſe dicke,
ſchwartze oder graue Stuͤcken ſich drun-
ter befinden. Man hat mir berichtet,
daß die Hollaͤnder wohl die Helfte
zerſtoſſen Glas in den Fluß ſchuͤtteten,
damit ſie ihm die ſchwartze Farbe beneh-
men und oberwehnte ſchoͤne Farbe ge-
ben moͤchten, welches ich aber nicht
weiß. Man kan auch das Antimo-
nium in eine Rothgieſſerforme ſchuͤt-
ten, und Becherlein draus machen laſ-
ſen, da man es ſonſten auf einen Mar-
morſtein ausgießt: doch dieſes gehoͤret
nur fuͤr curieuſe Leute, denn es wird
wenig darnach gefragt. Das Glas
vom Antimonium braucht man zum
erbrechen. Die Apothecker richten ei-
nen Brech-Syrup und Wein damit
zu.
EPar Antimonii wird unrecht Crocus
Metallorum genennet, und wird von
Spiesglas und Salpeter gemacht, wel-
che mit einander vermenget werden,
hernach wird die Materie, vermittelſt
einer gluͤenden Kohle zu einem Steine
gemacht, ſo wie wir ihn zu ſehen bekom-
men.
Man ſoll die Leber des Spiesgla-
ſes erwehlen, wenn es feine ſchoͤne,
glaͤn-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
glaͤntzende, geſternte, dichte und zarte
Stuͤcken ſind, die ein roͤthlichtes Pul-
ver, wie Saffran geben, wenn man ſie
kratzet, oder zu Pulver ſtoͤßt: daher hat
es auch den Namen Crocus Metallorum
bekommen, und Epar Antimonii wird
es genennet, weil die Stuͤcken wie Le-
ber ſehen.
Dieſe Leber iſt ein univerſal und all-
gemeines Mittel vor allerley Kranck-
heiten der Pferde, ſonderlich aber dient
ſie dieſelben zu purgiren und leibig zu
machen, wenn ſie ihnen bis auf zwey
Untzen ſchwer mit angefeuchteten Kley-
en gegeben wird, wie ſolches der Herr
Soleyſel in ſeinem vollkommenen
Hufſchmid gelehret. Zur Artzney wird
ſie zwar auch in etwas gebraucht,
allein das wenige, das davon ver-
brauchet wird, iſt kaum der Rede werth.
Hingegen wird ſie fuͤr die Pferde in de-
ſto groͤſſerer Menge gebrauchet, und
zwar unter obgedachten Namen, und
Kaͤyſerlich
Pulver.auch unter dem Titel des kaͤyſerlichen
Pulvers.
Dieſe operation und Arbeit ſcheinet
zwar noch ſo leichte zu ſeyn, doch gehet
ſie nicht allzeit wohl von ſtatten, abſon-
derlich, wenn man kein gut Spiesglas
und Salpeter hat, oder, wenn dieſer
voll Saltz iſt, wie ſichs denn ofte begiebt.
Dannenhero, und ehe man das Werck
angehet, ſoll man den Salpeter trock-
nen, und ſich des Spiesglaſes aus
Poictou dazu bedienen, nicht aber das
Spiesglas aus Auvergne nehmen,
weil es gar zu viel Schwefel fuͤhret, und
auch nicht allzuwohl gereiniget iſt.
Wenn es nun eine Weile unter einan-
der geruͤhret an der Luft geſtanden hat,
ſo traͤgt man einen guten Theil davon
ein in einen eiſernen Tiegel oder Topf,
der unter einem Camin ſtehet, und legt
Feuer drein, ſo entſtehet ein groſſes Ge-
raͤuſche, welches die Chymici die Ver-
puffung nennen. Wenn dieſes vor-
uͤber, und das Gefaͤſſe kalt worden, ſon-
dert man die weiſſen Schlacken oder
den Schaum, davon, und der Boden
erſcheinet wie ein Stein, auf obbeſchrie-
bene Weiſe. Hierzu darff man aber
keinen metallenen Moͤrſer brauchen, er
moͤchte zerſpringen, wie denn zuweilen
geſchicht, wenn man mit dem Feuer
nicht vorſichtig gnug umgehet. Da-
gegen iſt auch nichts nicht in der
Welt, das die Schorſteine reiner
feget, als wie dieſe Arbeit, nur haͤnge
man wegen des Dampfes ein Tuch vor
das Camin. An offnen Orten aber
ſoll man es nicht machen, oder allerley
Poſituren dabey vorſtellen, denn das
iſt eine recht naͤrriſche Art. Jch ſelbſt
habe geſehen, daß ſie eben dergleichen
Materie aufs neue genommen, und
auch eben alſo damit umgangen ſind,
es ward aber bey weitem nicht ſo ſchoͤn/
ja es mißriethe gantz und gar. Dan-
nenhero ſollen diejenigen, die des Pul-
vers von noͤthen haben, drauf ſehen,
daß es fein ſchoͤn roth ſey, und nicht von
demjenigen, welches ſich oben und zur
Seiten des Gefaͤſſes, wie kleine, duͤnne,
braune Schuppen anleget, oder aber
gar mißrathen iſt; welches auch die
Urſache iſt, daß es einer immer wohl-
feiler giebet, denn der andere, darauf
man alſo Acht zu geben hat.
Die einen Saffran der Metallen/Saffran der
Metallen.
Crocus Metallorum, haben wollen, muͤſ-
ſen ihn mit gleichen Theilen Spiesglas
und gereinigten Salpeters bereiten,
hernach zu einem Pulver machen, und
oftmahls mit warmen Waſſer auswa-
ſchen, damit ſowohl der zuruͤck gebliebe-
ne Salpeter davon komme, als auch,
daß er eine etwas ſtaͤrckere emetiſche
oder Brechen erregende Kraft uͤber-
komme. Je mehr er nun Brechen er-
regen ſoll, ie mehr Salpeter thut man
dazu. Doch geht ihm zuviel ab, und
er kommt alsdann viel hoͤher zu ſtehen:
dieſes darff man aber nicht achten, weil
dieſe Waare, die nach dem kleinen Ge-
wichte verkauffet wird, die Unkoſten
und dabey gehabte Muͤhe gar wohl be-
lohnet.
Dem Kaͤyſerlichen Pulver oder der
Leber vom Spiesglas giebt man eine
Farbe, die einem nur beliebet, und nach-
dem man ſie bereitet und Salpeter da-
zu genommen hat: dann ſie wird eher
tannetfarben als leberfarben ſehen,
wenn der Salpeter ſchlecht geweſen, als
wenn man gelaͤuterten Salpeter dazu
genommen hat. Wirfft man aber de-
crepitirt Saltz dazu, d. i. welches getrock-
net und halb calciniret worden, ſo lan-
ge, bis es nicht mehr kniſtert, ſo wird
es eine gar ſchoͤne rothe Farbe, faſt wie
A a aein
[]Der Spezereyen und Materialien
ein Opal, und die Geſtalt einer Mar-
caſite uͤberkommen, daher es auch den
Rubin des
Spiesglaſes.Namen Magneſia Opalina und Rubin
des Spiesglaſes erhalten hat.
Etliche gebrauchen die weiſſen Schla-
cken, und geben ſie den Pferden ein,
oder laugen das Saltz und Salpeter
draus, welcher gleichfalls ein treffliches
Mittel fuͤr die Pferde iſt, und nennen
es Sal polychreſtum, ein Saltz, das zu
vielen Dingen nuͤtzlich iſt, wie auch Re-
medium univerſale und generale. Den
gewaſchenen und ungewaſchenen Cro-Brechwein.
cus metallorum gebraucht man zum
Brechwein, wenn man dieſen Saffran
oder die Leber des Spiesglaſes in Wein
legt, und vier und zwantzig Stunden
drauf ſtehen laͤßt.
DIaphoreticum Antimonii, Antimoni-
um diaphoreticum, Spiesglaskalch
iſt von Spiesglas aus Poictou und ge-
laͤutertem Salpeter gemacht, welche
man mit einander vermiſchet hat, und
durch Huͤlffe des Feuers und mit lau-
lichtem Waſſer ein weiſſes Pulver be-
reitet, welches, wenn es faſt trocken
worden, zu kleinen Kuͤchlein gemachet
wird, die man hernachmahls recht wohl
trucken werden laͤßt, und zum Ge-
brauch aufhebt. Dieſe Artzney wird
bisweilen zu giftigen Fiebern ge-
braucht, daher es auch ihrer etliche in
der Peſt und andern anſteckenden Seu-
chen verordnen, weil es den Schweiß
erreget, und den Gift austreibet. Viele
aber haben wenig Glauben daran, und
ſagen, es koͤnne keine Kraft haben, weil
es nichts ſey als eine Gattung Kreide,
welches mir dennoch unbewuſt iſt, und
dannenhero den Herren Medicis uͤber-
laſſen wird. Weil nun die Herren, die
dergleichen Gedancken haͤgen, allerhand
Dinge dafuͤr einſchieben, die ihm ein
redlicher Menſch kaum einbilden ſolte,
als da iſt, blanc de Seve, Bleyweiß und
dergleichen, darum mag man wohl und
genaue Acht drauf haben: denn ich
weiß keine Probe, dabey es zu erken-
nen, als daß das rechte Antimonium dia-
phoreticum uͤberaus weiß ſeyn muß,
linde anzufuͤhlen, ſtracks zu zerreiben,
ohne Geſchmack und Geruch, denn es iſt
gantz und gar ungeſchmack. Etliche
verſtaͤndige Maͤnner haben mich verſi-
chert, daß des Antimonii diaphoretici
Wirckung ſich mit der Zeit veraͤndere,
denn da es, friſch gemacht, ein ſudori-
ferum ſey, wuͤrde es ein vomitorium,
wenn es alt worden, welches ich aber
nicht verſuchet habe. Doch ihm ſey,
wie ihm ſey, das friſch bereitete ſoll dem
alten iederzeit vorgezogen werden.
Aus dem Waſſer, damit es ausge-
waſchen worden, koͤnte man zwar zwey-
erley Saltz bekommen, allein, weil man
gar wenig heraus bringen kan, deshal-
ben rathe ich keinem, daß er ſich darum
bemuͤhe.
FLores Antimonii ſind nichts anders
denn Antimonium, welches in den
uͤber einander geſetzten Toͤpfen, Aludel
genannt, verbrennet worden, da dann
das Feuer einen Dampf in die Hoͤhe
treibt, welcher hernach in dieſen Toͤ-
pfen, als ein weiſſes Pulver befunden
wird, welches man darauf mit einer
Feder zuſammen ſtreichet. Wenn man
eine Retorte dazu gebrauchet, ſo be-
kommt man rothe Blumen.
Dieſe Spiesglasblumen werden
widerdie ſchwere Noth und Wechſelfie-
ber dienlich erachtet. Die doſis iſt von
zwey bis auf zehen Gran, und die ro-
then werden von zwey bis auf vier
Gran gegeben, weil ſie ſtaͤrcker ſind,
und werden in ein oder andern Zucker,
Taͤflein oder Suppe genommen. Jch
will hier im vorbeygehen erinnern, daß
alle die Chymiſchen Artzneyen niemahls
ohne Rath eꝛfahrner Leute ſollen gebꝛau-
chet werden, und man die vielen Quack-
ſalber nicht achten ſolle, denn ſie mehr
Leute ums Leben bringen, als wohl
kaum bey einer Armee umkommen:
denn obgleich alle dergleichen Artz-
neyen mit gar herrlichen Kraͤften be-
gabet
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
gabet ſind, wenn ſie zu gehoͤriger Zeit
gebrauchet und an gebuͤhrenden Orten
angewendet werden, dennoch ſind ſie
auch hoͤchſtſchaͤdlich, wenn man ſie zu
unrechter Zeit und ohne Verſtand ein-
nimmt.
BUtyrum und Cinnabaris Antimonii
kommen von einer Materie, indem
blos der Grad des Feuers den Unter-
ſchied zwiſchen ihnen zu wege bringt.
Dieſe Materie aber iſt anders nichts,
als Antimonium und corroſiviſcher
Sublimat, die man mit einander ver-
miſchet, und in eine Retorte gethan hat.
Zu erſt geht ein helles Oel heruͤber,
darauf folgt ein anderes, ſo dicke als
Wachs, und wenn man wohl damit
umgehet, ſiehet es wie weiſſer Zucker-
kant. Das dritte, das durch die Ge-
walt des Feuers hervorgetrieben wird,
iſt eine roͤthlichte Materie, wie kleine
Spieslein, und dem mineraliſchen Zi-
nober gantz gleich, denn eben deswegen
iſt ſie alſo genennet worden.
Die Butter des Spiesglaſes iſt
ein ſehr ſtarck cauſticum, brennende oder
aͤtzende Sache, doch wird ſie meiſten-
theils zu Verfertigung des Engliſchen
Pulvers gebraucht, wie in folgenden
kan erſehen werden. Der Zinober
aber iſt ein ſchweißtreibend Mittel, und
wird deshalben in den Pocken von
ſechs bis zu funffzehen Gran verord-
net.
Man ſoll die Spiesglasbutter er-
wehlen, welche fein weiß iſt, und durch-
aus dem Zuckerkant gleich ſiehet, anbey
nicht ſehr zerfloſſen iſt; das iſt, ſie ſoll,
ſo viel moͤglich, trucken ſeyn, und in ei-
ner wohlverwahrten Flaſche aufbehal-
ten werden.
Den Zinober aber ſoll man erkieſen,
welcher in feinen ſchoͤnen Stuͤcken, ſpie-
ſicht und roth iſt, ſo viel als immer ſeyn
kan: den ſchwaͤrtzlichen aber ſoll man
verwerffen.
PUlvis Algarot, emeticus oder angelicus
iſt ein weiſſes Pulver, das von der
Butter des Spiesglaſes bereitet wird,
welche man geſchmeltzet und in laulicht
Waſſer geſchuͤttet hat: das Pulver
wird zu mehrmahlen gewaſchen, ge-
trucknet, in ein Glas gethan und zum
Gebrauch aufgehebt.
Dieſes Pulver iſt ein treffliches pur-
gans; wird von zwey bis auf acht Gran
auf einmahl eingegeben, in einer Sup-
pe oder andern liquor; und ſoll fein
weiß, und von dem oleo glaciali oder
der Butter des Spiesglaſes bereitet
ſeyn, das iſt, von derjenigen Butter,
die mit dem Koͤnige bereitet worden iſt,
gleichwie aus folgenden zu erſehen.
Denn wenn dieſes Brechpulver von der
aus rohem Spiesglaſe verfertigten
Butter gemachet wird, ſo ſiehet es um
ein gut Theil weniger weiß, als dasje-
nige, welches von dem Koͤnige gema-
chet worden.
DAs mineraliſche Bezoarpulver
wird von der Spiesglasbutter ge-
macht, welche mit dem Salpeterſpiri-
tus praͤpariret, und dergeſtalt in ein
weiſſes Pulver verwandelt worden iſt.
Es werden ihm eben ſolche Kraͤfte, als
wie dem diaphoretico zugeſchrieben, da-
her es auch die meiſten dafuͤr einſchie-
ben, worauf aber Acht zu haben. Auf
einmahl giebt man acht bis zwantzig
Gran.
DAs dem Eis gleichende Oel oder
Butter des Spiesglaſes wird
von dem Regulo Antimonii und Subli-
mato corroſivo gemacht, welche, als
wie die vorigen, durchs Feuer zu ei-
nem dicken Oele gemachet worden ſind.
Wenn das Oel heruͤber, muß man das
Feuer verſtaͤrcken, den Recipienten hin-
wegnehmen, und einen andern vorle-
gen, in welchem kalt Waſſer iſt, ſo geht
der lauffende Mercurius auch heruͤber,
welcher ſehr ſchoͤn und gut iſt.
Dieſes Oel iſt ein ſtarckes cauſticum,
und verzehret das unnuͤtze wilde Fleiſch.
Es ſoll auch aus dieſem Oele das Pul-
ver Algarot und das mineraliſche Bezo-
ardiſche Pulver bereitet werden.
DJeſes wird von geſtoſſenem Spies-
glaſe, Saltzſpiritus und dem aͤtzen-
den Vitrioloͤl bereitet, indem aus die-
ſen Stuͤcken zuſammen, durchs Feuer,
ein weißlichter liquor gezogen wird, den
man zum Gebrauch verwahren ſoll.
Man gebraucht ihn aber zur Faͤulung
der Beine, denn es iſt ein trefflich eſcha-
roticum, welches auch zum Krebs und
Reinigung alter Schaͤden dienet.
Dieſer liquor iſt eigentlich zu reden,
kein Oel, denn er iſt nicht fett. Auch
kan man noch einen andern dergleichen
liquor mit Spiesglas und Zuckerkant
bereiten.
TInctura Antimonii wird von Wein-
ſteinſaltze und Spiesglaſe, welche
zuſammen geſchmeltzet worden, ge-
macht; denn daraus ziehet man mit
Weinſpiritus eine rothe Tinctur, wel-
che wider den Scharbock und aufſtei-
gende Duͤnſte der Weiber ſehr gut iſt:
auch vertreibet ſie die Kraͤtze. Die do-
ſis iſt vier bis zwantzig Tropfen.
DJeſer Praͤcipitat iſt von gantz zart
geſtoſſenem Spiesglaſe und Aqua
Regis gemacht, wenn ſolche mit einan-
der vermiſchet, und in ein mit Waſſer er-
fuͤlltes irdenes Becken ausgeſchuͤttet
werden: hernach muß man das Pul-
ver, das am Boden liegt, auswaſchen.
Dieſes iſt nun eigentlich Sulphur Anti-
monii, der Schwefel vom Spiesgla-
ſe, der gleichwie der gemeine Schwefel
Feuer faͤngt. Man braucht es wider
den Schlag und Laͤhmung der Glieder,
und giebt auf einmahl zwey bis auf
zwoͤlff Gran ein, in einem zur Kranck-
heit dienlichen liquor.
Ohne dieſen Schwefel des Spiesgla-
ſes giebt es noch einen andern, Sulphur
GuͤldiſcherAntimonii auratum, der guͤldiſche
Spiesglas-Schweſel genennet,Spiesglas-
Schwefel.
welcher aus den Schlacken des gemei-
nen Koͤniges vom Spiesglas, dazu kein
Eiſen gekommen, bereitet wird, indem
man ſie in Waſſer zergehen laſſen; her-
nach filtrirt und faͤllt man das Pulver
mit Eßig, ſo bekommt man ein rothes
Pulver, deſſen man ſich, wenn es ge-
trocknet worden, zum erbrechen bedie-
net. Die doſis iſt von vier bis auf ſechs
Gran, in einer Suppe oder Pille. Man
mag ſich aber nicht verwundern, daß ich
von Chymiſchen Sachen nichts weiter
vermelden werde, denn es iſt den Kauff-
leuten nicht erlaubet, dergleichen zu ver-
fertigen. Uberdiß haben die Herren
Charras und Lemery weitlaͤufftig ge-
nug davon geſchrieben.
AImant, der Magnet/ iſt nach einiger
Scribenten Berichte, ein ſchwartzer
mineraliſcher Stein, welcher gar wun-
derſame Eigenſchaften hat: unter an-
dern ziehet er das Eiſen an ſich, und
kehret ſeine Polos gegen Mitternacht
und Mittag, ja er verleihet auch dem
Eiſen, das ihn beruͤhret, eine gleichmaͤſ-
ſige Kraft. Man findet ihn in allen
Ertzgruben, ſonderlich aber in Kupfer-
und Eiſenwercken, denn er hat etwas
von ihrer Natur an ſich. Der gute
Magnet iſt ſehr dichte, wenig poros
und loͤchricht, auch nicht ſo gar ſchwer,
einerley Weſens, und waſſerfarbicht,
oder glaͤntzend ſchwartz, zuweilen auch
Pfirſichbluͤhfarben, oder dunckelblau,
oder zieht ſich aufs rothe. Die Kraft
die der Magnet dem Eiſen mitgethei-
let, vergeht, wenn man ſeine Geſtalt
veraͤndert, es geſchehe nun mit einem
Hammer oder blos mit den Fingern,
wenn man zum Exempel, eine gerade
Nadel krumm beuget, oder eine krum-
me gerade macht, wie ſolches der Pater
Franciſcus Maria Grimaldi in ſei-
ner Phyſica berichtet. Man ſoll aber
den Magnet an einem trucknen Orte,
in Scharlach gewickelt, aufbehalten:
doch am allerbeſten erhaͤlt man ihn bey
ſeinen Kraͤften, wenn man ihn armiren
laͤßt, und bey ſeinem æquator, juſt in der
Mitten, an einer Geigenſeite aufhaͤn-
get, damit er ſich gegen den Mittag keh-
ren koͤnne. Die Polos findet man,
wenn man ein Stuͤcke von einer Naͤhe-
nadel dran haͤlt, denn die beyden Orte,
dahin beyde Ende der Nadel gerichtet
ſind, dieſelben ſind die Poli. Man ſagt,
der Magnet mache diejenigen naͤrriſch,
welche ihn eingenommen haben; die
Artzney dawider oder das Gegengift
ſey Gold oder ein Schmaragd. Mat-
thiolus meldet, das Dimocrates
von Alexandria den Tempel der Ar-
ſinoe mit Magnetſteinen woͤlben laſſen,
damit ihr Bildnuͤß, welches von puren
Eiſen war, in der Luft moͤchte behan-
gen bleiben, dergleichen man auch das
gemeine Volck von dem Grabe des Ma-
homets bereden will: allein es ſind
Fabeln. Gaſſendus und P. Four-
mier wollen das Wort Aimant von der
Liebe, die der Magnet zu dem Eiſen und
den Polis traͤgt, herleiten, quia nihil A-
mantius, quam attrahere \& retinere, weil
doch nichts lieblichers iſt, als an ſich zie-
hen und behalten. Menage fuͤhret
es von Adamante her, welches der Abla-
tivus caſus des Wortes Adamas iſt, und
in eben dieſer Bedeutung gebrauchet
worden. Jm Lateiniſchen wird er
Magnes, lapis Lydius und Heracleus ge-
nennet, weil er zu Heraclea einer
Stadt in Magneſia, ſo ein Theil von
Lydien iſt, gefunden wurde: oder
aber nach einem Schaͤfer, der Magnes
geheiſſen, und ihn zu erſt auf dem Ber-
ge Jda mit der Spitze ſeines Schaͤfer-
ſtocks erfunden und entdecket, welches
Nicander bezeuget. Er wird inglei-
chen Herculeus betitelt, weil er diejeni-
gen Wege zeiget, uͤber welche Hercules
zum Schutzgott und Wegweiſer beſtel-
let war; wie er denn um dieſer Urſach
willen beym Euripides alſo genennet
wird. Man heißt ihn auch Sideritis,
weil er das Eiſen an ſich zeucht, welches
die Griechen Sideros zu nennen pflegen;
und auf alt Frantzoͤſiſch Calamite.
So hat man auch ohne dieſen eineMagnet von
Chartres in
Beauſſe.
Art Magnet im Jahr 1691. oben auf
dem Kirchthurme zu Chartres gefun-
den, von welchem der Abt Vallemont
einen Tractat verfertiget hat, und in
demſelben durch angeſtellte Experimenta
gewieſen, daß er das Eiſen an ſich ziehe,
ſeine Polos nach Norden und Suͤden keh-
re, und gleichfalls, wie der gemeine
Magnet, auch davon abweiche. Zu
wuͤntſchen waͤre, daß dergleichen Mag-
net fein ofte gefunden wuͤrde, und man
ſolte unter den Ruinen der alten ver-
ſtoͤrten Gebaͤue darnach ſuchen: dann
es iſt gewiß, daß er eine gantz ungewoͤhn-
liche Kraft hat, maſſen mir der Herr
Vallemont einen gezeiget, welcher
in Wahrheit ein nicht geringes Gewich-
te hub. Jch wolte wohl noch mehr von
dieſem Magnet vermelden, wenn er
nur gemeine waͤre, ſo aber iſt er treff-
lich rar, und wird mit dem groͤſten
Fleiſſe aufgeſuchet, ſeit dem er dem Koͤ-
nige iſt praͤſentiret worden. Weil dann
A a a 3der
[]Der Spezereyen und Materialien
der von Vallemont dieſen Magnet
beſchrieben, und gewieſen, wie die Na-
tur denſelbigen zu oͤberſt auf dem Glo-
ckenthurme zu Chartres erzeuget, als
mag der Leſer ſeine Zuflucht dahin neh-
men, und alles, was er nachdenckliches
davon hat angefuͤhret, ſelbſt nachſehen.
Es giebt noch ferner eine dritte Art
des Magnetſteins/ wiewohl ſehr ſel-
ten, den wir Calamite blanche, oder
Weiſſer Ma-
gnet.Aimant blanc, den weiſſen Magnet zu
nennen pflegen. Uber dieſe aber iſt noch
die vierte Art, welche gantz gemeine,
auch ſchier nichts anders iſt als Eiſen-
ſchlacken, ſo wie wir ihn insgemein ver-
kauffen; dieweil der wahrhaft ſchwar-
tze Magnet aus Ethiopien wegen ſei-
ner vortrefflichen Eigenſchaften gar
ſehr begehret wird, und man ſeiner
nicht wohl entrathen kan, inſonderheit
diejenigen, welche zur See reiſen, denn
er zeiget allezeit nach Norden, und wei-
ſet den Steuerleuten, wo ſie ſich befin-
den. Den weiſſen Magnet betreffend,
ſo verurſachet deſſen Seltſamkeit, und
die trefflich groſſen Tugenden, die man
ihm beyleget, doch aber allhier anzufuͤh-
ren nicht noͤthig ſind, daß er uͤberaus
geſuchet, und von den meiſten la Marne,
die weiſſe Erde, die an dem gemeinem
Magnete hanget, dafuͤr eingeſchoben
wird: dergeſtalt verkauffen ſie eine Sa-
che, die, kurtz zu ſagen, gar nichts taug,
uͤber die maſſen theuer; welches man
dennoch gar balde mercken kan, alldie-
weil der weiſſe Magnet graulicht
weiß, und ſchwer iſt, und ebenfalls als
wie der ſchwartze Ethiopiſche das Eiſen
an ſich zeucht. Dieſes alles aber be-
findet ſich gar nicht an demjenigen, den
etliche verkauffen: ſo giebt auch der
wohlfeile Preiß, darum ſie ihn hinge-
ben, ſattſam zu erkennen, daß er nicht
aufrichtig ſey. Derowegen muͤſſen
wir vergnuͤgt, und mit demjenigen zu
frieden ſeyn, den wir hie und daher
bringen laſſen, ſonderlich aus Auver-
gne/ und ihn denenſelbigen verkauffen,
die mit Muͤhe und Noth ein Pfund um
viertzig Sols bezahlen wollen, und folg-
lich ihn noch weniger um eine ſo groſſe
Summe, dafuͤr der rechte ſchwartze
Mohriſche verkauffet wird, bezahlen
duͤrfften, denn fuͤr dieſen bekommt man
manchmahl eben ſo ſchwer Gold.
Ob ich nun gleich den Magnet, den
wir verkauffen, nicht loben kan, den-
noch befindet ſich unterweilen etwas
gutes drunter, wiewohl ſo ſelten, daß
man auch unter tauſend Pfunden
kaum zehen Pfund guten findet. Da-
mit aber, dieſem ohnerachtet, ein Mit-
tel moͤchte getroffen werden, ſo koͤnten
diejenigen, die ihn zur Artzney noͤthig
haben, endlich noch mit dem vergnuͤget
ſeyn, der ſich unter demjenigen, den wir
verkauffen, befindet, und kleine Na-
deln aufzuheben, auch den Feilſtaub zu
bewegen vermag, wenn man ihn, den
Teller unberuͤhret, unten herum fuͤhrt,
oder wenn man Eiſenfeile drauf wirfft,
dann wann ſich dieſelbe in die Hoͤhe rich-
tet, und an dem Magnet behangen
bleibt, iſt es ein Zeichen, daß noch et-
was gutes drunter ſey, welches zu dem
alſo genannten Emplaſtro divino koͤnte
genommen werden, denn dazu wird er
am meiſten gebraucht.
PIerre calamine ou calaminaire, lapis cala-
minaris, Cadmia,Gallmey oder
Galmeyſtein, iſt ein Mineral, deſſen
man zwey Sorten hat, grauen und ro-
then.
Der erſte und graue, kommt an Ge-
ſtalt dem Bolus ziemlich nahe, ausge-
nommen, daß er viel haͤrter iſt, und wird
in Teutſchland und in England/ um
die Bleybergwercke, wie auch nahe bey
Luͤttig/ gefunden.
Die andere Art, welche roth iſt, iſt
gleichfalls als ein Stein, welcher roͤth-
licht und mit weiſſen Adern durchſtri-
chen, hart und ſchwer, und voll harter
runder Koͤrner iſt, die ſo groß ſind als
wie die Pfefferkoͤrner. Dieſe Steine
wachſen in Menge in Berry/ nahe bey
Bourge und Saumur, denn daſelbſt
giebt es gantze Bruͤche dieſer Steine,
die dermaſſen wohlfeil ſind, daß es wei-
ter nichts als ſie heraus zuziehen koſtet.
Sie kommen zwar auch von andern
Orten her, allein, weil die aus Berry
eben
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
eben ſo gut ſind, darum iſt nicht noͤthig,
daß wir ſie anderwerts herbringen laſ-
ſen.
Dieſer Stein wird etwas weniges
zur Artzney gebraucht, denn er kommt
zu etlichen Galeniſchen Sachen, und ſoll
deswegen auf einem Marmorſteine
praͤpariret und mit Roſenwaſſer zu
Kuͤchlein gemachet ſeyn, welche die Apo-
thecker praͤparirten Gallmey zu nen-Praͤparirter
Gallmey.
nen pflegen.
Was den erſtern betrifft, derſelbe
wird wenig in der Medicin gebraucht,
ob es gleich der rechte iſt: ſondeꝛn er wird
meiſtentheils verbrauchet, wenn man
das rothe Kupfer in gelbes, ſo ſie Meſ-
ſing zu nennen pflegen, verwandeln
will.
DEr Blutſtein/ den wir gemeinig-
lich Feret d’ Eſpagne nennen, iſt ein
Mineral, welches roͤthlicht, hart und
ſchwer iſt, voll langer, ſpitziger, gefaͤhr-
licher Spieſſe, inſonderheit, wenn man
ſich darein ſticht.
Dieſer Stein wird von vielen Orten
zu uns gebracht, und iſt kein Eiſen-
ſchacht, da er ſich nicht ſolte antreffen
laſſen. Man ſoll aber den Blutſtein
erwehlen, welcher hoch an Farbe iſt,
und ſchoͤne Spieſe hat, auch dem Zino-
ber ſo nahe kommt, als immer moͤglich
iſt.
Dieſes Mineral hat ſeinen Nutzen in
der Artzney, und ſaget Charras in ſei-
ner Chymiſchen Apotheckerkunſt am
823. Blat ſelbſt, daß man daraus, mit
Salmiac, durch eine Retorte, Blumen
treibe, welche wie Saffran ſehen und
Aromatiſche
Blumen der
Weiſen.riechen, und daher Flores aromatici Phi-
loſophorum, die aromatiſchen Blumen
der Weiſen betitelt werden: ingleichen
einen ſauern Spiritum martialem, und
mit Weinſpiritus eine Tinctur aus
den Blumen, welche insgeſamt gar
herrliche Tugenden haben, wie nur er-
waͤhnter Autor vermeldet, zu dem ich
auch den Leſer will gewieſen haben.
Man ſagt, dieſer Stein ſey einer der
trefflichſten Blutſtillungen, und davon
der Name Hæmatites entſtanden, die-
weil das Griechiſche Wort Hæma Blut
heißt, und Blutſtein/ weil er wie Blut
ſiehet, Feret aber, weil er in den Eiſen-
gruben gefunden wird.
Wenn dieſer Stein, als wie der Ma-
gnet, gerieben worden, wird er unter
etliche Galeniſche compoſitiones ge-
than: ſo bedienen ſich auch ſeiner dieje-
nigen, welche mit den Metallen und
dem Goldmachen umgehen.
Die Vergolder und die Goldſchmiede
gebrauchen ihn desgleichen, und poli-
ren damit das Blaͤttgengold, welches
ſie auf allerley Arbeit von Silber, Ku-
pfer, Eiſen, Holtz, oder etwas anders,
geleget.
Es giebt uͤberdiß noch eine Gattung
Sanguine, oder Blutſtein/ welcher zum
Zeichnen gebrauchet, und von uns ro-
the Kreide/ (Roͤtelſtein) genennetRoͤtelſtein.
wird: er ſieht dem Feret d’ Eſpagne ziem-
lich aͤhnlich, doch iſt er nicht ſpieſicht,
ſondern wie Erde.
Dergleichen Blutſtein oder Kreide
wird uns aus England uͤberbracht,
und unter ſelbiger iſt die beſte, welche
etwas zarte und linde iſt, die ſich auch
leichtlich ſaͤgen, oder zu Griffeln und
Stiften zerſchneiden laͤßt: die ſchlechte-
re iſt harte, ſandicht, ſchwer zu zerſchnei-
den, und ſoll, mit einem Worte, gar
verworffen werden.
DEr Spaniſche Schmergel iſt
ein Mineral, voller Geſtein und
durchhinlauffender Goldaͤderlein, und
wird in den Goldgruben in Peru, auch
anderswo gefunden. Weil er nun
nichts anders iſt als eine Marcaſit, oder
ein harter Stein, wie Marmor, mit
Goldadern durchzogẽ, welches ihm auch
die Hochachtung dererjenigen, die den
Stein der Weiſen ſuchen, zu wege ge-
bracht, dannenhero wird er anietzo der-
maſſen verlangt, daß wer ſein viel haͤtte,
ſolches um gleich ſo ſchwer Gold verkauf-
fen koͤnte. Dieweil dann dieſe Marcaſite
ſehr
[]Der Spezereyen und Materialien
ſehr viel Gold bey ſich fuͤhret, deshalben
hat der Koͤnig in Spanien verboten ſie
aus dem Lande zu fuͤhren, welches alſo
die Urſache iſt, warum man ſie zu ietzi-
ger Zeit ſo gar ſelten zu ſehen bekommt.
Jn der Artzney hat ſie keinen Nutzen,
obgleich Maͤvius ſaget, daß ſie corro-
ſiviſch und etzend ſey.
Es giebt ferner noch zwey Arten
Rother
Schmergel.Schmergel, von welchen die eine roth
ſiehet, und in den Schwediſchen Ku-
pferbergwercken, wie auch an andern
Orten zu finden iſt. Dieſen verkauf-
fen etliche fuͤr den Spaniſchen, welches
man aber gar leichtlich vermercken kan,
denn er ſieht gantz matt, iſt dichte, hart
und ziemlich ſchoͤne roth, hat aber durch-
aus keine Goldaͤderlein.
Der dritte iſt der ſchlechte, deſſen ſich
vor allen andern die Waffen- und Meſ-
ſerſchmiede, und uͤberhaupt alle diejeni-
gen, die in Stahl und Eiſen arbeiten,
bedienen, denn die ſonſt nichts, als den
geſtoſſenen Schmergel haben, damit
ſie poliren koͤnnen: ſo werden auch die
ſtaͤhlernen Spiegel, und noch ein Hauf-
fen andere Sachen mehr, ingleichen die
Steine damit poliret und geſchliffen.
Der Schmergel wird uns von vie-
len Orten, allwo es Eiſen giebet, zuge-
fuͤhrt, auch ſelbſt aus England, denn
es iſt ſonſt niemand, als die Englaͤnder,
der ſich die Muͤhe nehme, ihn zu Pulver
zu machen; und ſolches verrichten ſie
vermittelſt ſonderlicher Muͤhlen, die zu
ſonſt nichts, denn zur Pulveriſirung
dieſes und anderer Steine gleicher Art,
dienlich ſind: denn der gemeine
Schmergel iſt ſo harte, daß, wer ihn
in einen Moͤrſel ſelbſt ſtoſſen, oder ſtoſ-
ſen laſſen wolte, Loͤcher in den Staͤmpfel
machen wuͤrde, darein man den Dau-
men legen koͤnte. Weil aber dieſes
Mineral, und inſonderheit das geſtoſſe-
ne, gar ſtarck gebrauchet wird, deswe-
gen ſoll man es erwehlen, wenn es fein
zarte iſt, als wie reiner feiner Pfeffer,
und das in Stuͤcken, welche die hoͤheſte
Farbe und wenig Geſtein bey ſich ha-
ben.
Der Schmergel ſchneidet das
Glas, als wie der Diamant, doch dieſen
greifft er nicht an, gleichwie die andern
Edelſteine. Man ſaget, wenn er mit
Bley und Eiſen geſchmoltzen wuͤrde,
vermehre er das Gewichte, mache ſie
harte und roth, welches ich aber nicht
verſuchet habe. Man vermiſcht ihn
auch mit dem Golde aus Madaga-
ſcar, welches weich und blas iſt: doch
dieſes iſt die andere Sorte, die man aus
den Kupferſtollen bringt.
Man braucht ihn ingleichen den
Marmor zu ſchneiden, und giebt vor,
daß er in Branntwein oder Weinſpiri-
tus zu einem unbegreifflichen Pulver
werde, welches ich doch ebenfalls nicht
probiret. Was von den Muͤhlen
der Edelgeſteinſchneider herabfaͤllt, und
als wie Koth oder Schlamm iſt, daraus
werden Kugeln gemacht, und unter
dem Namen Schmergelaſche ver-Schmergel-
aſche.
kauffet.
MAgalaiſe, Meganaiſe, Magne oder
Magneſe,Magneſie und Braun-
ſtein genannt, iſt ein Mineral, das dem
Spiesglas ziemlich beykommt, auſſer-
halb, daß es viel zaͤrter iſt, als wie ein
Schmaltz zerbricht, und an ſtatt der
Fuͤncklein nur kleine Flinterlein hat.
Es giebt zwey Arten Braunſtein,
grauen und ſchwartzen; der graue iſt
ſehr ſeltſam, und dannenhero wenig
braͤuchlich: der ſchwartze aber wird
ſehr gebraucht, nicht nur von den
Schmeltzbereitern und Toͤpfern, ſon-
dern auch von den Glasmachern, wel-
che mit einem kleinen Stuͤcklein Ma-
gneſie ihr Glas reinigen und weiß ma-
chen; denn wo ſie zu viel drein thaͤten,
wuͤrde es blau und purpurfarbicht wer-
den.
Wir laſſen die Magneſie von unter-
ſchiedenen Orten aus Piemont brin-
gen, woſelbſt ſie in den Bruͤchen, als
groſſe Stuͤcke von verſchiedener Dicke
und Geſtalt gefunden wird. Die Wahl
betreffend, ſo muß ſie zarte ſeyn, und
ſoviel als moͤglich, ohne Geſtein und
klein Zeug.
Man darff nicht glauben, was Fure-
tiere
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
tiere ſagt, daß der Braunſtein, die
Zaffera, zuſamt dem Perigueux ein
Ding ſey; wie ich denn ſolches in dem
Cap. von der Zaffera berichtet habe.
PErigueur oder Perigueux iſt ein Mine-
ral oder Stein, ſchwartz, als wie ei-
ne Kohle, ſchwer und hart, und deswe-
gen ſehr ſchwerlich zu zerſtoſſen.
Die Schmeltzbereiter und Toͤpfer be-
dienen ſich deſſen, und braucht keines
weitern Ausleſens, als daß er rein und
ſauber ſey, denn, wenn nur das gering-
ſte von einem andern Mineral darun-
ter waͤre, koͤnte es alles miteinander
verderben. Dannenhero moͤgen die-
jenigen, die es an dieſe Handwercksleu-
te verkauffen, eben die Vorſicht gebrau-
chen, deren oben beym Bleye iſt erwaͤh-
net worden.
Der Perigueux, den wir zu Paris
verkauffen, komt aus dem Delphinat,
und aus Auvergne.
Die Zaffera iſt ein Mineral, welches
von den Holl- und Englaͤndern
aus Jndien/ ſonderlich aus Suratte
gebracht wird.
Die allermeiſte Zaffera/ die wir ha-
ben, wird uns als ein aſchgraues Pul-
ver zugeſendet, daran man nichts er-
kennen kan: derowegen muͤſſen wir es
auch durch die Handwercksleute probi-
ren laſſen, um zu erfahren ob ſie damit
zu frieden, und ob es gebuͤhrend be-
ſchaffen ſey.
Wir verkauffen aber zweyerley
Zaffera, die feine, und die ſchlechte.
Durch die feine wird gemeiniglich dieje-
nige verſtanden, welche wie ein Stein
iſt, und eine blaulichte Farbe hat, wie
etwa die Rebhuͤner Augen: durch die
gemeine oder durch die ſchlechte verſte-
hen wir dieſelbige, welche uns geſtoſſen
uͤberſendet wird, und oftmahls dermaſ-
ſen ſchlecht iſt, daß ſie zu gar nichts taug.
Die gepuͤlverte Zaffera muß nothwen-
dig mit Gangue oder Geſtein vermiſchet
ſeyn, denn ſie iſt uͤber die maſſen ſchwer-
da doch die noch in Stuͤcken iſt, um ein
gut Theil leichter iſt.
Die Zaffera wird von den Toͤpfern,
welche die feinen Geſchirre machen,
und von den Glasmachern ſtarck ge-
brauchet, und damit den Glaͤſern und
Geſchirren eine blaue Farbe gegeben.
Auch faͤrben ſie das calcinirte Zinn da-
mit/ und bereiten davon den ſo genann-
ten falſchen Stein,faux lapis, gleich-
wie im Cap. von Schmeltz iſt erinnert
worden. Es wird ingleichen das Glas
damit gefaͤrbet, wenn man Laſur ma-
chen will, wie ich auch bereits erwaͤhnet
habe. So koͤnnen auch die Sapphire
daraus verfertiget werden, daher es
dann den Namen Saphre bekommen.
RUſma/ ein Mineral, kommt an
Geſtalt und Farbe den Eiſenſchla-
cken gleich, und findet ſich in groſſer
Menge in Galatia/ ſo heut zu Tage
Chiancare genennet wird. Mit die-
ſem Mineral machen die Tuͤrcken die
Haar ausfallen, und gebrauchen es,
groß und klein, ſehr ſtarck: daher auch
der Großtuͤrck jaͤhrlich mehr als 30000.
Ducaten von dieſem Minerale ziehet.
Doch dieſes die Haar ausfallen-ma-
chende Mittel iſt in Franckreich wenig
gebraͤuchlich, ob es gleich, im Fall es be-
kannt waͤre, gewiß genug dem Kalch
und Operment duͤrffte vorgezogen wer-
den, weil es ſtaͤrcker iſt, und folglich auch
mehr Kraft hat, und dennoch keine Ge-
fahr dabey zu beſorgen ſtehet.
ORpin und Orpiment,Operment, iſt
ein Mineral, welches ſich insge-
mein in den Kupferbergwercken finden
laͤßt, als wie Steine, von unterſchiede-
ner Groͤſſe, Geſtalt und Farbe; denn
es giebt goldgelbe, gelbrothe und gelb-
gruͤne, auch zuweilen bey nahe gantz
rothe. Dieſe letztere Farbe entſtehet
daher, wenn es in dem Eingeweide der
Erde und in den Kupferſtollen mehr
oder weniger Hitze empfangen hat.
Das Operment fuͤhrt nicht ſelten et-
was weniges Gold bey ſich, daher ſich
die Handwercksleute bemuͤhen daſſelbe
auf bekannte Weiſe davon zu ſcheiden.
Des gelben Operments giebt es
vielerley: daher uns auch die Holl- und
Englaͤnder daſſelbige unter allerhand
Geſtalt und Farbe zuſenden. Allein
das ſchoͤnſte, und das am meiſten geſu-
chet wird, iſt dasjenige, welches in fei-
nen groſſen Stuͤcken iſt, und glaͤntzen-
de, goldgelbe Schiefer hat, ſich auch
leichtlich ſchiefert, das iſt, welches ſich
als zarte, wie Gold glaͤntzende Schie-
fer oder Schuppen aufheben laͤßt.
Zum andern iſt auch das gelbe
Operment in groſſen Stuͤcken zur
Helfte roth, zur Helfte gelb, oder mit
rothen Adern durchſtrichen, und man
ſoll dasjenige durchaus verwerffen, wel-
ches kleine gruͤnlichte Steine ſind, denn
es nur die bloſſe Erde iſt: wie inglei-
chen, welches eitel Staub iſt.
Das Operment wird von allerley
Leuten gebraucht, ſonderlich zu Rou-
an/ woſelbſt ſie das Holtz damit gelb
faͤrben, daraus ſie Kaͤmme machen, und
hernach fuͤr Buchsbaum verkauffen.
Die Schmiede brauchen es gleichfalls
zu dieſem und jenem. Es iſt ein hefti-
ges Gift, und ſoll deswegen keinem, als
wer es zu ſeiner Handthierung von noͤ-
then hat, oder wem es der koͤnigliche
Befehl zu laſſen vergoͤnnet, verkauffet
werden. Die Mahler brauchen es
gleichergeſtalt, wenn ſie es abgerieben.
Das natuͤrliche rothe Operment
ſolte billicher Sandaraca Græcorum, die
Griechiſche Sandaraca genennet
werden, weder die nachfolgenden, wie
doch die meiſten Scribenten thun, denn
aus dieſem wird das durch die Kunſt be-
reitete rothe Operment verfertiget, wie
ich alſofort erweiſen werde.
DAs rothe Operment, ſo wir ins-
gemein rothen Arſenic zu nennen
pflegen, iſt, wie der Herr Morin, ein
Medicus von Montpellier, mich berich-
tet hat, von gelbem Operment, wie
ſolches aus der Grube kommt, bereitet
und gemacht: denn es wuͤrde daſſelbe
ſo lange ans Feuer gelegt, bis es eine
rothe Farbe bekommen; hierauf thue
man es in einen Schmeltztiegel mit
Lein- oder Nußoͤl; ſchuͤtte, ſobald dieſes
verrauchet, wiederum anders dazu, und
verfahre auf dieſe Weiſe ſo lange, bis
das Operment vitrificiret worden, und
in die Formen koͤnne geſchuͤttet werden,
damit es zu ſolchen Stuͤcken oder Stei-
nen werde, wie wir zu ſehen bekommen.
Weil mir nun dieſe Art daſſelbige zuzu-
richten, ziemlich thunlich ſchiene, ſo ver-
ſuchte ich es auch: allein es wolte mir
nicht gelingen, indem das Operment
calciniret und weiß ward, als wie Gyps,
da es doch roth werden ſolte. Jeden-
noch aber will ich darum nicht ſagen,
daß es eine Sache ſey, die ſich thun lieſſe,
weil es mir nicht angegangen, denn ich
glaube doch, daß der Herr Morin viel
zu aufrichtig ſey, als daß er etwas ſagen
ſolte, deſſen er nicht gewiß waͤre.
Es ſey nun wie ihm ſey, man erweh-
le das Operment oder den rothen
Huͤttenrauch, in groſſen, ſchweren
und glaͤntzenden Stuͤcken, der auch ſo-
viel als moͤglich, eine hohe Farbe hat.
Das rothe Operment wird faſt gar
nicht, als von den Mahlern gebrau-
chet, die ſich deſſen bedienen, und Feuil-
le mort, verſchoſſen gelb, damit mahlen,
wenn ſie ihn vorhero wohl abgerieben.
DEr natuͤrliche weiſſe Arſenic iſt ein
weiſſes Mineral, welches dem ge-
meinen und durch Kunſt bereiteten
Huͤttenrauche gantz aͤhnlich ſiehet, oh-
ne, daß es viel weiſſer und glaͤntzender,
und nicht ſo ſchiefricht iſt. Dieſen Ar-
ſenic findet man auch in den Kupfer-
bergwercken, und iſt ein gewiſſes Zei-
chen, daß die Bergleute Kupfer finden
werden, wenn ſie dergleichen Arſenic
antreffen. Gemeiniglich aber befin-
det es ſich in den Klunſen, wo das Ge-
ſtein und die Erde zuſammentreffen; ſo
finden ſich auch zuweilen gantz loſe
Stuͤcken in der trucknen Thonerde.
Allein dieſer Arſenic iſt gantz unbe-
kannt und wenig braͤuchlich.
WJewohl ich allen Fleiß angewen-
det habe, damit ich entdecken moͤch-
te, was doch der weiſſe Arſenic ſey, den
wir verkauffen, dennoch habe ich es un-
moͤglich erfahren koͤnnen; muß dan-
nenhero, auch wider meinen Willen,
als wie die andern ſagen, der Arſenic
ſey von Operment und gemeinem Sal-
tze gemacht, welche mit einander aufge-
fuͤhret oder ſublimiret worden. Alleine
dieſe Gedancken ſcheinen mir dermaſſen
von der Wahrheit entfernet zu ſeyn,
daß ich nicht glauben kan, dafern der
Arſenic aus Saltz und Operment be-
ſtuͤnde, daß ihn die Hollaͤnder um den
Preiß laſſen koͤnten, dafuͤr ſie ihn uns
geben; denn der Arſenic gilt zu Paris,
in Friedenszeiten, mehr nicht als zehen
Pfund der Centner, woraus abzuneh-
men, daß ein Pfund demjenigen, der
ihn bereitet, nicht hoͤher, denn zwey
Liards muͤſſe zuſtehen kommen. Die-
weil ich aber dieſes nicht vermag zu ent-
ſcheiden, ſo will ich ſagen, daß man den-
ſelben erwehlen ſolle, welcher in groſſen
Stuͤcken iſt, die in- und auswendig
weiß ſind. Der meiſte Arſenic, den
wir aus Holland bekommen, iſt oben-
her blas, und durchſichtig, wie Glas,
wenn man ihn zuſchlagen hat, welches
die Alten veranlaſſet, daß ſie ihn cry-Cryſtalliner
Arſenic.
ſtallinen Arſenic genennet, welcher
von dieſen und jenen geſuchet, von an-
dern aber verworffen wird: das heißt,
die einen halten mehr auf denjenigen,
welcher blos iſt, andre aber achten den
cryſtallinen weit hoͤher.
Jn der Medicin wird der Huͤtten-
rauch zu ein und anderer Arbeit ge-
brauchet, wie ſolches aus folgenden
zu erſehen.
Man laſſe ihm dieſes geſaget ſeyn,
daß der Huͤttenrauch ein gefaͤhrliches
Gift ſey, und verkauffe ihn dahero bey
leibe niemand, als denen man ihn laſſen
muß, z. E. Faͤrbern, Schmieden und
dergleichen.
DEr Regulus Arſenici wird von Arſe-
nic, Pottaſche und Seiffe gemacht,
welche man in einen Schmeltztiegel
thut, und vermittelſt des Feuers und ei-
nes eingeſchmierten Giespuckels oder
eines Moͤrſels, einen Koͤnig heraus
bringet, welcher aber bey weiten nicht
ſo heftig iſt, als wie der Arſenic ſelbſten.
Auf die Schlacken des Koͤnigs vom
Huͤttenrauch in Waſſer gekocht und
durchgegoſſen, wird Eßig geſchuͤttet,
und ein gelbes Pulver heraus geſchla-
gen, welches man den Schwefel des Ar-Schwefel
des Arſenics.
ſenics nennet, und eine weit heftigere
Wirckung hat als der Arſenic ſelbſt.
DJeſes iſt Arſenic, Salpeter und
Schwefel, welche man in einen
Moͤrſel znſammen thut, und, wie beym
Croco metallorum geſchiehet, Feuer
drein ſteckt. Wenn es verpuffet hat
und alles verbrannt iſt, und kalt wor-
den, ſtoͤſt man die Maſſa zu Pulver,
thut ſie abermahls in einen Schmeltz-
tiegel, und laͤßt ſie calciniren. Wer
dieſes Arſenicum zu Waſſer machen
will, darff es nur etliche Tage in einen
Keller ſtellen.
Mankanauch aus dem Huͤttenrauch,
mit Beyhuͤlfe des Sublimats eine But-
Butter vom
Arſenic.ter oder corroſiviſches Oel ziehen, wel-
ches ein ſehr ſtarckes cauſticum vom Arſe-
nic uñ eſcharoticum iſt. Allein, weil alles,
was vom Arſenic gemachet wird, ſehr
ſchaͤdlich iſt, deshalben ſoll man ſich auch
deſſelben niemahls ohne Rath erfahr-
ner Leute und mit der groͤſten Behut-
ſamkeit bedienen.
Das Arſenicum wird mit gebrann-
ten Seeſaltze ſublimiret, und mit dieſem
Sublimate, der Sage nach, der Vene-
tianiſche Sublimat verfaͤlſchet, wie-Falſcher
Sublimat.
wohl ich ſolches nicht gewiß verſichern
kan, weil ich ſelbſt deſſen nicht gewiß bin,
es auch allbereit im Cap. vom corroſi-
viſchen Sublimate angemercket habe.
DEr Arſenicaliſche ſo genannte
Magnet wird von Spiesglas aus
Poictou, Schwefel und cryſtallinen
Arſenic bereitet, welche zu Pulver ge-
ſtoſſen und in ein Gefaͤß gethan werden,
das im Feuer beſtehen kan, damit alles
zu einer ſolchen durchſichtigen Maſſe ge-
machet werde, gleichwie der arſenicali-
ſche Magnet ſeyn ſoll.
Man ſagt, er ſey ein ſehr gelindes
cauſticum, welches iedoch ſein Thun fein
behende verrichtet. So wird er auch
unter das Emplaſtrum Magneticum An-
geli Salæ genommen, welches in vielen
Buͤchern, die von der Apotheckerkunſt
handeln, z. E. des Herren Zwoͤlffers
und Charras/ beſchrieben ſtehet.
SAl Gemmæ iſt ein natuͤrlich Saltz, und
deshalben alſo genennet worden, weil
es eben ſo helle und durchſichtig iſt, als
ein Edelſtein, der von den Lateinern
Gemma betitelt wird. Dieſes Saltz
befindet ſich natuͤrlicher Weiſe in dem
Eingeweide der Erde, an vielen Orten
in Europa/ vornehmlich in Polen
und Catalonien. Weil ich aber die
Oerter nicht eigentlich weiß, und alſo
mein Vorgeben nicht beſtaͤtigen kan, ſo
habe dienlich erachtet, hieher zu ſetzen,
was der Herr Perou/Med. D. und der
Facultaͤt zu Montpellier Mitglied, ge-
ſchrieben und eigenhaͤndig unterzeich-
net mir davon mitzutheilen belieben ge-
tragen. Er meldet demnach, daß als
er im Mertz des 1674ſten Jahres mit
dem Cardinal Janſon von Fourbin in
Polen geweſen, ſey ſeiner Eminentz ei-
ne Luſt angekommen, die Saltzgruben
zu Miliske bey Krakau zu beſichti-
gen; habe derowegen einen eignen
Seſſel dazu verfertigen laſſen, darauf
er hinunter fahren koͤnte, und er, der
Herr Perou/ als Leib-Medicus, wolte
auch nicht davon bleiben. Alſo muſten
etliche von ſeiner Eminentz Pagen und
Laquaien die Machine probiren, und
einige angezuͤndete Fackeln mit ſich hin-
unter nehmen, dieſe unterirdiſche un-
maͤßig tieffe Oerter damit zu erleuchten,
da ihnen dann das Salve Regina, welches
die Kinder in dem Dorffe zu ſingen pfle-
gen, indem man hinabfaͤhret, einen hef-
tigen Schauer einjagete. Als nach einer
halben Stunde die Machine wiederum
heraufgekommen, fuhr S. Eminentz
ſelbſt ein, und ward darunten von den
aͤlteſten Einwohnern dieſer Orte, die
ſich nebſt ihrem Hausgeſinde daſelbſt
aufhalten, daher ſie auch im Geſichte
gantz
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
gantz blaß und bleich ſehen, empfangen.
Dieſe armen Leute verehreten S. Emi-
nentz mit Roſenkraͤntzen und Cruci-
fixen, welche er dem Herrn Perou uͤber-
reichete, damit er ſich der Beſchaffen-
heit dieſer Materie erkundigen moͤchte,
der auch die Zunge dran hielt, und ge-
gen S. Eminentz ſagte, daß es Saltz
ſey, und eben einen ſolchen Geſchmack
haͤtte, als wie dasjenige, das die Ma-
terialiſten Sal Gemmæ nenneten. Jn-
zwiſchen fuͤhreten ſie S. Eminentz da-
hin, woſelbſt die Arbeiter dieſe ſaltzichte
Materie, mit Schlaͤgel und Eiſen, auf
die Weiſe, wie in den Steinbruͤchen
die Steine, losarbeiteten. Dieſe Ar-
beiter finden auch in den Adern eine
Art Saltz, welches weit durchſichtiger
iſt, und ſauberer denn das andere: daſ-
ſelbe ſondern ſie von dem andern, wel-
ches die Polen und andere Nordiſche
Voͤlcker in der Kuͤche und auf der Tafel
brauchen, ab; daraus der Herr Perou
abnahme, daß die Sachen, damit ſie
ſeine Eminentz verehret, aus dieſem
reinern und am Geſch[mack] viel ſchaͤrf-
fern Saltze bereitet waren, und daß
dieſes das wahrhafte Sal Gemmæ ſey,
deſſen ſich die Schoͤnfaͤrber bedienen.
Was das Cataloniſche Stein-
ſaltz betrifft, von demſelben hat mir
der Herr Tournefort nachfolgendes,
geſchrieben, gegeben, denn er an ſelbi-
gen Orten geweſen. Jn dem Gebir-
ge bey Cordona, einer ziemlich groſ-
Viererley
Steinſaltz in
Catalonien.ſen Stadt in Catalonien/ findet man
viererley Saltz. Das erſte und das
gemeinſte, iſt das gegrabene, welches
weiß, und dem Meerſaltze aͤhnlich ge-
nug iſt, allein es iſt nicht koͤrnicht, ſon-
dern wird zu groſſen viereckten Stuͤcken,
den Bruchſtuͤcken in den Steinbruͤchen
gleich, gehauen. Das andere hat eine
eiſengraue Farbe, oder als wie Schie-
fer, und iſt alleine darinne von dem ge-
grabenen unterſchieden, daß es mit et-
was ſchwaͤrtzlichter Erde vermiſchet iſt.
Das dritte iſt roth, und ſieht wie Ro-
ſenzucker, iſt auch von dem andern gar
nicht unterſchieden, auſſer daß ſich Bo-
lus und Eiſenroſt darunter befindet.
Das vierte iſt das Sal Gemmæ, das rech-
te Steinſaltz, welches unter allen am
reinſten, und ſo helle iſt als ein Cryſtall.
Alle dieſe Arten Saltz liegen in dieſem
Gebirge ſchichtweis uͤber einander, ſind
zum Gebrauch ſehr dienlich, und durch-
gehen das Fleiſch beſſer als das Meer-
ſaltz, weil ſie nicht ſo fix ſind, und dem
Salpeter beykommen. Dieſes Stein-
ſaltz laͤßt ſich leicht arbeiten, und es
werden Kaͤſtlein, Creutze, Paternoſter
und andere dergleichen kleine Sachen
draus gemacht. Nichts aber kommt
der einen Grube in dieſem Gebirge an
Schoͤnheit gleich, denn ſie uͤber und uͤber
mit allerhand Figuren, die das geſchmol-
tzene Saltz formiret hat, uͤberzogen iſt.
Es ſagen auch die Leute, daß das Saltz
an dieſen Orten wiederum anwachſe,
und daß die Gruften, welche man ledig
gemacht, wieder voll friſches Saltz wuͤr-
den: allein dieſer Bericht erfordert ei-
ne mehrere Gewißheit, wird auch nur
auf anderer Leute ſagen vorgebracht.
Von allen obbeſchriebenen Arten
des Steinſaltzes verkauffen wir kein
anderes, denn das uns in groſſen, hel-
len und durchſichtigen Stuͤcken uͤber-
bracht wird, und fuͤr die Faͤrber dienet.
Es hat dieſes Saltz eine wunderſame
Natur, denn es gluͤhet und ſchmiltzt im
Feuer, wie das Eiſen, und kniſtert gar
wenig, hergegen zerfleußt es ſtracks an
der Luft. Es muß in groſſen Stuͤcken
ſeyn, die ſich leichte zerſchlagen laſſen,
und ſodann in kleine, viereckte, hell- und
durchſichtige Stuͤckgen zerſpringen.
Wiewohl ich nun geſaget, daß dieſes
Saltz ſehr leicht zerflieſſe, nichts deſto
weniger kan man es waſchen, wenn es
ſchmutzig iſt, denn es laͤßt ſchier gar
nichts im Waſſer gehen, und wird alſo-
fort wieder trucken.
Das Sal Gemmæ, welches etliche auchSal Gemma.
Sal foſſile, gegraben Saltz, nennen, wird
von unterſchiedenen Orten zu uns ge-
bracht: die groͤſte Menge aber kommt
aus Polen. Fouretiere meldet nebſt
andern, daß es aus Jndien komme, und
daß allda ein Koͤnigreich ſey, Danſal
genannt, welches eben ſo viel bedeute,
als Saltzland/ in welchem alle Jahr
ſechshundert Cameele damit belaſtet
wuͤrden, und daß ſie es im Mohren-
lande an ſtatt des Geldes gebrauche-
ten. Jch will mich nicht aufhalten
und ſagen, daß Plimus und andere
vermelden, wie daß in der Stadt Car-
rhos, in Arabien, die Haͤuſer von ſol-
B b b 3chem
[]Der Spezereyen und Materialien
chem Saltze gebauet wuͤrden, dazu ſie
an ſtatt des Kalches nur Waſſer ge-
braucheten: kan auch nicht glauben,
wie etliche vorgeben, daß das Sal Gem-
mæ dasjenige ſey, welches das See-
waſſer ſaltzicht machet, und andere der-
gleichen Dinge mehr, deren ich verſi-
chert bin, und die auch wider die Ver-
nunft zu lauffen ſcheinen.
Doch kan ich nicht umhin allhier zu
erinnern, daß dieſes Saltz auf ſolche
Weiſe in den Gruben wachſe, gleichwie
des Herrn Tourneforts gewachſenes
Stuͤcke gegraben Saltz, welches faſt ſo
weiß wie Zucker, uͤber zwey Fuß hoch,
und in Geſtalt eines Baͤumleins auf ei-
nem Strunck von Marſiliſchen Seſel
gewaſchen, auch ohne Wiederrede, ei-
nes der curieuſeſten Stuͤcke in Europa
iſt.
DAs See- oder Meerſaltz ſind Cry-
ſtallen, die aus dem Seewaſſer,
durch Huͤlffe der Sonnenhitze als wie
viereckte Koͤrner gemachet worden ſind,
wie ſolches der Herr Carteſius ange-
zeiget. Was ſeinen Urſprung anbe-
langet, da wollen einige, daß es von dem
gegrabenen Saltze oder dem Sal gemmæ
entſprieſſe; allein ich kan dieſes nicht
entſcheiden, will dannenhero nur ſagen,
daß das Meer- oder Seeſaltz/ deſſen
wir uns bedienen, und aus dem ein und
andere Chymiſche Sachen bereitet wer-
den, von Brouage und anderwerts
herkomme, habe auch dienlich erachtet,
hieſelbſt anzufuͤhren, was der Herr Le-
merypag. 345. davon berichtet hat.
Das Meerſaltz wird in den Saltz-
pfuͤlen bey Rochelle gemacht, wel-
ches ſolche Oerter ſind, die viel niedri-
ger als die See ſeyn muͤſſen, und wer-
den von Thonerde zugerichtet; ſonſt
koͤnten ſie das Saltzwaſſer, das man
drein lauffen laͤßt, nicht halten: und da-
rum ſind nicht alle Gegenden an der
See zu ſolchen Pfuͤlen tauglich.
Wann man nun verſpuͤret, daß es
beginnet heiß zu werden, welches ins-
gemein gegen den May geſchicht, ſo
ſchoͤpft man das Waſſer, welches zu
dem Ende den Winter uͤber drein gelaſ-
ſen worden, damit man ſie erhalten koͤn-
nen, heraus, oͤffnet die Schleuſen, und
laͤßt ſoviel Waſſer, als man nur will, hin-
einlauffen. Dieſes wird durch ein hauf-
fen und unterſchiedene Canaͤle geleitet,
in denen es ſich reiniget und erhitzet:
drauf bringt man es in die platten und
ebengemachten Plaͤtze, darinne geſtehet
oder gerinnet es. Doch wird es nur
bey groſſer Hitze bereitet, denn die Son-
ne muß zuvor ein Theil der Feuchtig-
keit vertreiben, hernach folgt mehren-
theils auf die groͤſte Hitze ein kleines
Luͤftlein, ſonderlich um die See herum,
durch deſſen Kuͤhlung wird das Saltz
dicke und zu Cryſtallen gemacht.
Wenn es aber in dieſer Zeit nur ein
Paar Stunden regnet, ſo koͤnnen ſie in
vierzehn Tagen kein Saltz bereiten,
weil ſie die Pfuͤle rein machen, und al-
les Waſſer daraus bringen muͤſſen, da-
mit ſie anderes drein laſſen koͤnnen:
wenn es alſo nur ein eintziges mahl in
vierzehn Tagen regnete, ſo koͤnten ſie
auf dieſe Weiſe keinmahl Saltz ma-
chen.
Uber obbeſchriebenes Meerſaltz hatWeiſſes Saltz
aus der Nor-
mandie.
man auch noch das weiſſe Saltz aus
Normandie/ welches ſie mit Waſſer
aus einer gewiſſen Gattung Leimen
oder Sand, den die See im Sommer
auswirfft, und auf den die Sonne ge-
ſchienen, bereiten. Wenn denn das
Waſſer Saltz genug haͤlt, welches ſie
daran erkennen, wenn ein Ey darein
geworffen wird, und daſſelbe ſchwim-
met: denn dieſes ein Zeichen, daß das
Waſſer Saltz genug halte, nnd keines
mehr zu ſolviren vermoͤge; wie denn
auch iederman bekannt, daß das Waſ-
ſer nicht mehr Saltz oder Zucker an-
nimmt, als es vertragen kan: alsdann
laſſen ſie das Waſſer durch Stroh lauf-
fen, und wenn es helle genug worden,
uͤber dem Feuer ſo lange kochen, bis es
ein Haͤutlein uͤberkommt, hernach wird
es in Koͤrbe geſchuͤttet, damit es alſo
werde, wie wir es zu ſehen bekommen.
Je beſſer das Saltz gearbeitet wird, ie
weiſſer und gelinder iſt es, auch ſonſt
gar fein beſchaffen. Dieſes aber hat
es von
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
es von der Natur beſonders, daß es
ſtets weichlich iſt, und immer unge-
ſchmacker wird, ie aͤlter es wird. Es
giebt zwar noch mehr Sorten Saltz in
Saltz aus Lo-
thringen undFranckreich, als da iſt, das Lothringi-
ſche/ welches aus Saltzwaſſer, das ſie
auf heiſſe Bleche geſchuͤttet, bereitetFranche
Comte.
wird, das aus Franche Comte und an-
dere mehr, allein ich werde nichts da-
von vermelden, weil ich nicht damit han-
dele.
WEnn man das Seeſaltz reinigen
will, ſo laͤßt man es im Waſſer zer-
gehen, und gießt es durch ein Fließpa-
pier, hernachmahls raucht man alle
Feuchtigkeit in einem irdenen Becken
davon ab, ſo hinterbleibt ein weiſſes
Saltz, welches aber viel weiſſer wird,
wenn man nicht alle Feuchtigkeit ver-
rauchen, ſondern einen Theil derſelben
dabey laͤßt, damit es an einem kuͤhlen
Orte zu Cryſtallen anſchieſſen koͤnne:
und alsdann wird man am Boden des
Geſchirres das reineſte Saltz finden.
Nach dieſen kan man noch einen Theil
des Saltzwaſſers abdampfen laſſen,
und das Gefaͤs in den Keller ſetzen, da-
mit abermahls Cryſtallen werden, auch
dergeſtalt mit abrauchen und cryſtalli-
ſiren fortfahren, bis man endlich das
uͤbrige Waſſer gaͤntzlich abrauchet,
denn nunmehr wird ſich nichts weiter
cryſtalliſiren. Die Urſach iſt, daß das
uͤbrige Saltz, voll hartzichter Schmie-
rigkeit iſt, welche verhindert, daß es
nicht ferner zu Cryſtallen werden kan.
Diejenigen, die dieſes Saltz zu ſolchen
Broden oder Huͤten, als wie den Zu-
cker, machen wollen, koͤnnen es in die
Formen ſchuͤtten, wenn es ein etwas
dickes Haͤutlein bekommen hat, her-
nach, wenn es geſtanden, traͤgt man
es in eine Stube und laͤßt es trocken
werden. Dieſes dergeſtalt getreugte
Saltz ſieht bald als wie der demy-royal
Zucker.
Sal decrepitatum nennt man dasGebrannt
Saltz.
Meerſaltz, welches calciniret worden,
und zu allerhand Gebrauch dienet.
DEr Saltzſpiritus iſt ein Spiritus,
der eine gelbe Farbe hat, beynahe
wie der Agtſtein, und wird durch eine
Retorte im Feuer aus dem getreugten
Meerſaltze, mit duͤrrem Thon vermi-
ſchet, getrieben. Der gute Saltzſpiri-
tus kommt insgemein aus England/
und muß, wenn er, wie ſichs gebuͤhret,
beſchaffen ſeyn ſoll, wohl dephlegmatus,
das iſt, recht wohl und getreulich berei-
tet und zugerichtet ſeyn. Jch mag
aber alles dasjenige, was bey dem
Saltzſpiritus zu beobachten, allhier
nicht anfuͤhren, es hat der Herr Leme-
ry weitlaͤufftig genug davon geſchrie-
ben: doch will ich ſagen, daß der Saltz-
ſpiritus fuͤr diejenigen, die mit Bruͤchen
beladen, vortrefflich dienlich ſey, maſſen
ſolches aus des P. Cabriere Geheim-
nuͤß, welches der Koͤnig kund und be-
kannt machen laſſen, ſattſam erhellet.
Auch dienet er fuͤr diejenigen, die der
Schlag geruͤhret, wenn man ihn ent-
weder allein, oder aber mit ein wenig
Waſſer vermiſchet, ihnen eingiebt. Er
wird ingleichen mit clarificirten und
gelaͤuterten Roſenhonig vermenget,
und die Zaͤhne damit reine gemacht.
Wem er zu ſcharff iſt, der kan ihn ſuͤſſerVerſuͤßter
Saltzſpiri-
tus.
machen, wenn er, wie beym Baſilio Va
lentino ſtehet, eben ſoviel Weinſpiritus
dazu ſchuͤttet, und drey Tage in einem
geringen Sandfeuer digeriren laͤßt:
und dann kan man den alſo verſuͤſten
Saltzſpiritus in weit groͤſſerer Menge
gebrauchen, denn er iſt nicht ſo ſcharff
und aͤtzend, als wie der erſtere. Was
nun die doſin betrifft, und wieviel auf
einmahl einzunehmen, ſo ſchuͤttet man
in die liquores, ſoviel zu einer angeneh-
men Saͤure von noͤthen iſt. Nun ha-
be ich zwar geſaget, der gute Saltzſpiri-
tus komme aus England, dieſes aber
hindert nicht, daß er in Franckreich
nicht eben ſo gut ſolte koͤnnen gemachet
werden, allein er kommt auch hoͤher zu
ſtehen.
DEr Salpeter, den die Chymici den
Drachen, den Hoͤllenhund, das
hoͤlliſche Saltz zu nennen pflegen, iſt ein
durch Kunſt bereitetes Saltz, welches
aus allerhand Materialien gezogen
wird, z. E. aus alten Steinen, daher
er auch den Namen bekommen, aus
Erde, aus Aſche, ja gar aus Tauben-
miſte. Jch will mich aber bey den
vielerley Arten, wie der Salpeter be-
reitet wird, nicht aufhalten, indem die
Londiſche Societaͤt ein groſſes Buch
ausgehen laſſen, man auch an vielen
Orten in Franckreich ihn machen ſe-
hen kan, wie dann deſſen zu Paris im
Arſenal oder Zeughauſe eine groſſe
Menge bereitet, und mit ſechſerley Na-
men von einander unterſchieden wird.
Salpeter de
Houſſage.Denn da iſt der Salpeter de Houſſage,
welcher von abgekratzten Mauerwerck
bereitet wird, und durch Eßig gehen
Aus Erde be-
reiteter Sal-
peter.
Gemeiner
Salpeter
oder vom er-
ſten Waſſer.muß: der zweyte iſt der aus Erde berei-
tete Salpeter, ſo aber zu fuͤhren ver-
boten: der dritte iſt der gemeine, und
aus Stein und Aſche gemacht, wird
von den Salpeterſiedern Salpeter
vom erſten Waſſer, oder zum erſten
mahl gekochter Salpeter genennet.
Gereinigter
Salpeter.Der vierte iſt der gereinigte Salpeter,
oder vom zweyten Waſſer. Der fuͤnffte
heißt Salpeter vom dritten Waſſer,
oder zum dritten mahl gekochter Sal-
peter. Der ſechſte iſt der ſchoͤnſte und
feinſte, welcher nicht gern im Waſſer
zergehet, und wird von dem Salpeter
vom dritten Waſſer zugerichtet, und
ohne die geringſte Feuchtigkeit ge-
ſchmoltzen: wenn er drauf wieder kalt
worden, ſchuͤttet man ihn in Waſſer,
und verſendet ihn auf die Graͤntzen.
Dieſem Salpeter geht weiter nichts
mehr ab, man mag ihn auch hinlegen,
wohin man wolle, allein er wird gar
nicht verkaufft.
Alſo ſind alle Sorten des Salpeters
ſchlechter oder ſchoͤner, nachdem ſie
mehr oder weniger gereiniget oder ge-
laͤutert worden: ſind auch, dafern ſie
nur gut und wohl beſchaffen, zu allerley
dienlich; ſo kan man auch das beſte dar-
aus ziehen, gleichwie in nachfolgenden
zu erſehen.
Endlich werden auch gantze Parthei-
en Salpeter, uͤber die in Europa
durch Kunſt bereitete Arten deſſelben,
aus Jndien gebracht, zuweilen rohe,
zuweilen gelaͤutert, welches dann ein
ſehr ſchoͤner und trefflich reiner Salpe-
ter iſt. Auch giebt es noch mehr ande-
re Sorten Salpeter/ welche natuͤr-
lich ſind, das iſt, die man an den Felſen
und alten Gemaͤuer, natuͤrlicher Weiſe,
wie kleine Cryſtallen, angehencket fin-
det, und von den Alten Aphronitrum ge-Aphronitrum.
nennet worden. Jn Egypten wird
er aus dem Nilwaſſer bereitet, eben als
wie das Saltz zu Brouage und Ro-
chelle: und diß iſt der Salpeter, aus
Nilwaſſer bereitet, der fuͤr 20. Jahren
in Franckreich gantz gemeine geweſen,
und den Waͤſcherinnen unter dem Ti-
tel weiſſe Suda,Natrum und Anatrum,
ſpottwohlfeil verkauffet wurde.
Wir haben ſchier keine Waare, wel-
che den alten und neuen Scribenten
mehr zu ſchaffen gegeben, denn das
Egyptiſche Natrum, ob es gleich ſoEgyptiſches
Natrum.
gemein, als etwas auf der Welt gewe-
ſen, wie denn allein in Paris mehr
denn zehen Millionen Pfund verthan
werden, ohne was die Fleiſchhauer zu
Einſaltzung ihrer Haͤute verbrauchten;
darum auch dieſe weiſſe Suda oder
Egyptiſches Natrum gar verboten,
und deswegen dermaſſen rar worden
iſt, daß es zu ietziger Zeit dem Silber
gleich verkauffet wird, wie dann auch
den Kauffleuten bey hoͤchſter Strafe
unterſaget iſt, es zu verkauffen. Dero-
halben darff man nicht glauben, daß
das Egyptiſche Natrum oder die weiſſe
Suda entweder natuͤrlicher Borras
ſey, oder aber ein Saltz, das natuͤrlicher
Weiſe, wie eine graulicht- und dichte
Maſſa aus der Erden gezogen worden;
obgleich dieſe beyde Vergleichungen der
Wahrheit naͤher kommen, weder der-
jenigen ihre, welche vorgegeben haben,
und geſchrieben, das Anatrum ſey ein
fluͤchtiges Saltz, und der Schaum des
Glasgemenges, welchen man aus den
Glasoͤfen bekommt, und grau, weiß,
braun und blaulicht ſiehet, und zum
Glasmachen gar nicht dienet, auch ſonſt
zu nichts
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
zu nichts nicht nutz iſt, als daß er den
Schafen oder Tauben gegeben werde.
Es kan nichts ungereimters ſeyn; denn
das wahrhafte Glasſaltz iſt annoch alſo
gemeine, daß wir das Pfund um vier
oder fuͤnff Sols verkauffen, dahinge-
gen die weiſſe Suda nicht zu haben, was
man auch dafuͤr geben wolte, und die-
ſes wegen obangefuͤhrter Urſache. So
wiꝛd auch uͤberdiß die Glasgalle oder das
Glalsſaltz nicht fuͤr das Vieh gebrau-
chet, ſondern die Toͤpfer bedienen ſich
ihrer, den Sand, daraus ſie das Weiß
machen, damit ſie die feinen Geſchirre
verglaſuͤren, deſto geſchwinder zu
ſchmeltzen: ja es iſt ein ſolcher Unter-
ſchied zwiſchen der Glasgalle und dem
Anatrum, als wie zwiſchen Tag und
Nacht, indem die Stuͤcken der Glas-
galle wie Kuchen oder vierecket ſind,
uͤberaus ſchwer, und kurtz zu ſagen,
dem Marmor gantz aͤhnlich, werden
auch an der Luft nicht im geringſten
feuchte. Das Natrum dagegen iſt ein
weiſſes Saltz, und groſſe cryſtalliſirte
Stuͤcke, ſo gleichfalls ſchwer, ſaltzicht
ſchmecket und ſtinckt; dem unerachtet
gebrauchten es die armen Leute zur ſel-
bigen Zeit, da es zum waſchen gebrau-
chet wurde, an ſtatt des Saltzes: es zer-
ſchmiltzt auch dermaſſen leichtlich an
der Luft, daß es in gar kurtzer Zeit zu
lauter Waſſer wird. Das Egyptiſche
Natrum wird einiger maſſen in der
Artzney gebraucht, denn es eines von
denen Stuͤcken iſt, die zu dem Stein des
Crollius genommen werden; dannen-
hero moͤgen ſich diejenigen, die es noͤthig
haben, wohl vorſehen, und an ſeine
ſtatt nicht das Glasſaltz nehmen, weil
es nicht wenig von jenem unterſchieden,
jenes auch ein reines Saltz, dieſes aber
ein bloſer Schaum iſt.
Allein, weil die letztern Gattungen
des Salpeters bey uns nicht gebraͤuch-
lich ſind, dieweil wir ſo gar wenig da-
von haben, uns auch keines andern,
denn des durch Kunſt bereiteten Salpe-
ters bedienen, als will ich ſagen, daß
man denjenigen erwehlen ſolle, welcher
gut, und wie ſichs gebuͤhret, bereitet iſt,
der auch allezeit trucken, und ſoviel moͤg-
lich, ohne Saltz ſey. Damit man aber
ſeiner Guͤte verſichert ſeyn moͤchte, ſo
ſolten die Einwohner in- und um Pa-
ris den Salpeter im Arſenal erkauffen,
denn dieſelben Leute koͤnnen einen nicht
betruͤgen; und nicht bey ſolchen Leuten,
die ihn hauſiren tragen, dazumahl es
gar verboten iſt, ihn von ſolchen Kerlen
zu erkauffen, weil ſie mehrentheils un-
nuͤtze Zeug zu verkauffen pflegen.
Der gemeine ſoll recht weiß ſeyn, tru-
cken, und ſo wenig als nur ſeyn kan, mit
Saltze beſchweret: ie truckner und weiſ-
ſer der gelaͤuterte Salpeter iſt, ie ſchoͤ-
ner, breiter und laͤnger auch die
Cryſtallen ſind, ie hoͤher wird er gehal-
ten.
Der Gebrauch des Salpeters iſt
uͤberaus groß, weil nicht nur eine un-
maͤßige groſſe Menge deſſelben zum
Pulver verbrauchet wird, ſondern auch,
weil ihn gar vielerley Handwercksleute
gebrauchen, und noch uͤberdiß aller-
hand Chymiſche Dinge daraus bereitet
werden. Darum und von wegen die-
ſes ſo groſſen Gebrauchs iſt den Spe-
zereyhaͤndlern unterſaget worden, ihn
zu verkauffen: ſo duͤrffen auch diejeni-
gen, die ihn in und um Paris benoͤthigt
ſind, keinen andern gebrauchen, als den
ſie im Arſenal gekauffet haben, und
zwar bey Straffe der Confiſcir- oder
Wegnehmung und Erlegung zehen
Francken fuͤr iedes Pfund, das man
antrifft. Jngleichen iſt verboten, das
Salpeterſaltz zu gebrauchen, welches,
wie etliche ſagen, das Jucken und Beiſ-
ſen der Haut vertreiben und ſtillen ſoll,
welches auch Lemery verſichert.
SAlniter nennt man den geſchmol-
tzenen Salpeter, welcher geſchmol-
tzen in eine Pfanne geſchuͤttet, und ſol-
chergeſtalt zu drey oder vier Finger di-
cken Stuͤcken gemachet worden iſt.
Der auf dieſe Weiſe bereitete Sal-
niter aber wird wenig, hingegen der
Salpeter deſto mehr gebraucht, wenn
er geſchmoltzen worden, und man ein
wenig Schwefelblumen drauf geworf-
C c cen
[]Der Spezereyen und Materialien
fen hat, welches wir hernachmahls
mineraliſchen Cryſtall zu nennen
pflegen.
Der Salniter oder Salpeter wird
mit Kohlen figiret, und man haͤlt da-
fuͤr, daß der alſo figirte Salpeter eben
die Kraft habe, als wie das Weinſtein-
ſaltz, auch daß man, gleichwie aus die-
ſem, mit Weinſpiritus eine rothe Tin-
ctur ziehen koͤnne.
AUs dem Salpeter de Houſſage
oder anderem wird vermittelſt ei-
ner Retorte, trocknen Thon, und Feu-
er, ein heftig ſtarcker Spiritus gezo-
gen, der zu allen Dingen, wozu er er-
fodert wird, gut iſt.
Der Spiritus Nitri, wenn er, wie ſichs
gehoͤret, ſeyn ſoll, muß helle, als wie
Waſſer ſeyn, und ſtetig dampfen, wenn
er aufgemachet wird, wobey man ſich
vorzuſehen hat, daß es kein Scheide-
waſſer ſey, welches etliche loſe Leute ver-
kauffen, ſo man iedennoch gar balde
mercken kan, nicht alleine bey demjeni-
gen, was ich nur ietzo erſt gemeldet ha-
be, ſondern auch daran, weil ſie das
Pfund kaum um vier Francken oder
hundert Sols geben koͤnnen.
Der wenige Gebrauch, oder viel-
mehr der Geitz der Handwercksleute iſt
Schuld, daß wir ſehr wenig aus Hol-
land bringen laſſen, dannenhero ſind
auch alle diejenigen Sachen, welche
doch mit dem Salpeterſpiritus ſolten
gemacht und zubereitet werden, nur
mit Scheidewaſſer zugerichtet, und da-
rum niemahls recht gut, noch wohl be-
reitet.
Dieweil der Salpeterſpiritus ein
ſo ſtarckes corroſiv iſt, deswegen wird er
innerlich ſehr ſelten gebrauchet. ManVerſuͤßter
Salpeter-
ſpiritus.
kan ihn zwar wohl mit gleich ſoviel
Weinſpiritus edulcoriren, oder verſuͤſ-
ſen und gelinder machen, allein es iſt die-
ſes dabey zu beobachten, daß man das
gelindeſte Feuer dazu gebrauchen muͤſſe,
denn dieſe beyde mit einander vermiſch-
te Spiritus brudeln dergeſtalt, als ob
ſie uͤber einer groſſen Glut ſtuͤnden:
auch muß man ſich vor dem Dampfe
huͤten, denn er iſt ſehr ſchaͤdlich. Wenn
nun dieſe beyde vermiſchte Spiritus
klar worden, haͤlt man ſie fuͤr ein treff-
lich gutes Mittel wider die Colica, die
von Blaͤhungen, oder vom Nierenweh
entſtehet. Die doſis iſt vier bis auf acht
Tropfen in einem dienlichen Saft oder
Waſſer. Wenn man Salmiac in dem
Salpetorſpiritus zergehen laͤßt, wird es
ein treffliches Waſſer das Gold aufzuloͤ-
ſen, und darum auch Aqua regis, dasAqua regis.
koͤnigliche Waſſer genennet, weil es
naͤmlich das Gold, als den Koͤnig der
Metalle, aufzuloͤſen vermag.
SCheidewaſſer nennt man einen
gewiſſen Spiritus, der aus Sal-
peter und Teutſchen oder Engliſchen
weißgebrannten Vitriol, vermittelſt
truckner Erde oder Thon und einer Re-
torte, durchs Feuer gezogen worden iſt.
Das Scheidewaſſer, welches we-
gen ſeiner Macht und Staͤrcke Aqua
fortis, auf Frantzoͤſiſch l’Eau forte genen-
net wird, ob es gleich nicht ſo heftig
ſtarck iſt, als wie der Salpeterſpiritus,
wird von vielen Kuͤnſtlern und Hand-
wercksleuten gebrauchet, z. E. von
Muͤntzern, von Goldſchmieden, von Ku-
pferſtechern, von Degenſchmieden und
vielen andern mehr; ingleichen von
den Schoͤnfaͤrbern.
Das beſte Scheidewaſſer aber, das
wir in Franckreich haben, kommt aus
Holland/ nicht zwar, als ob man es in
Franckreich nicht eben ſo gut verferti-
gen koͤnte, ſondern darum, weil ſie das
phlegma nur zur Helfte abtreiben, da-
mit ſie es fein wohlfeil geben koͤnnen.
Das Scheidewaſſer probiret man
alſo: man ſchuͤttet etliche Tropfen da-
von auf ein Holtz, und legt zwey oder
drey Doubles drauf, wenn ſie denn
das Scheidewaſſer beweget und fort-
ſtoͤßt, ſo iſt es ein Zeichen ſeiner Guͤte;
dage-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
dagegen, wenn es nur den Schmutz da-
von wegnimmt, und ſie nicht forttrei-
bet, ſo iſt es ſchwach und mit dem phleg-
ma vermiſchet.
Es wird auch noch ein ander Waſſer
mit Scheidewaſſer von Kupferabgaͤn-
gen bereitet, ſo eine blaue Farbe hat,
und von den Schmieden gebrauchet
wird, wiewohl ſie ſich auch deſſen, wel-
ches die Silberarbeiter zurichten, bedie-
nen, oder aber, damit ſie es noch eher
bereiten moͤgen, ſo kauffen ſie das phleg-
ma vom Vitriol oder Vitriolſpiritus,
mit Scheidewaſſer gemacht, dem ſie den
Namen Eau ſeconde, das andere WaſſerEau ſeconde.
gegeben.
Es darff niemand beſorgen, daß man
andere Spiritus an ſtatt des Scheide-
waſſers verkauffe, denn es ſind keine
wohlfeilere zu haben, und derowegen
kan einer verſichert ſeyn, daß es gut
ſey, und wie ſichs gehoͤret, wenn es nur
auch recht diſtilliret iſt.
DJe mineraliſchen Cryſtallen/
welche von etlichen Sal anodynum
Sal prunellæ.oder minerale, Sal und lapis Prunellæ ge-
nennet werden, ſind gelaͤuterter Salpe-
ter, welcher in einem feinen reinen eiſer-
nen Hafen oder Keſſel iſt geſchmoltzen
worden. Wenn er denn im Fluß ſte-
het, ſo ſchuͤttet man ein wenig Schwe-
felblumen drauf, und wenn die Mate-
rie wohl gefloſſen, und der Schwefel ab-
gebrannt, es auch noch einige Zeit ge-
ſtanden hat, ſo ziehet man den Schaum
auf die Seite, und nimmt den lautern
Salpeter mit einem eiſernen Loͤffel, der
gleichfalls fein reine ſeyn ſoll, heraus,
und ſchuͤttet ihn in eine eiſerne Pfanne,
damit er ſo kleine und wie Kuͤchlein
werde, gleichwie wir ihn zu ſehen be-
kommen. Wir laſſen den minerali-
ſchen Cryſtall aus Holland bringen,
der zwar ſehr weiß und gut iſt; weil ſie
ihn aber als wie kleine dicke Kuchen uns
zuſenden, deshalben vertreiben wir gar
wenig, denn er kan allein nach dem Ge-
wichte, und an diejenigen, die ihn ge-
brauchen, verkauffet werden.
Man ſoll den mineraliſchen Cry-
ſtall erwehlen, welcher fein weiß, friſch
gemacht und klein iſt, bevoraus, wenn
man ihn eintzeln oder Pfennigweis ver-
kauffen will; wie auch trucken und nicht
zerfreſſẽ, ſo wenig als nuꝛ ſeyn kan. Auch
ſoll man den, der von gelaͤutertem Sal-
peter gemacht iſt, dem, der von ſchlech-
ten zubereitet worden, vorziehen, wel-
ches man denn an der ſchoͤnen weiſſen
Farbe, und wenn er ſich wohl haͤlt, gar
leichtlich abnehmen kan. Jrrig aber
iſts, wenn man glauben will, was ein
neuer Scribente angemercket, daß die
Leute, die den mineraliſchen Cryſtall
auf den Straſſen zu verkauffen pfle-
gen, denſelben mit Alaune verfaͤlſche-
ten; denn er irret ſich, welches ich doch
mit der ihm gebuͤhrenden Ehrerbie-
tung will geſaget haben, oder aber, er
iſt uͤbel berichtet worden, ſintemahl es
faſt eben ſo unmoͤglich iſt, Alaune in den
Salpeter zu bringen (weil ſie alſofort,
ſobald ſie nur drein geworffen, zu
Schaume wird) ſo wenig als moͤglich
iſt, ſie unter den Zucker zu miſchen, ob-
ſchon ein und andere berichtet haben,
man thue die Alaune unter den Zucker,
damit man ihn weiß machen koͤnne.
Mehr als zu gewiß aber iſts, daß dieje-
nigen, die dieſen Cryſtall fein wohlfeil
geben wollen, ſich des ſchlechten oder
gemeinen Salpeters dazu bedienen,
welchen ſie eben ſo weiß machen, wenn
ſie ihn zweymahl ſchmeltzen, ſonderlich,
wenn ſie ihr Handwerck recht verſtehen,
als ob er von gelaͤutertem Salpeter
bereitet worden waͤre. Der Unter-
ſchied zwiſchen beyden beſtehet darinne,
daß er ſich nicht ſo gut auf behalten laͤßt,
welches demjenigen, den man von de-
nen Hauſirern kaufft, nur gar zu ofte
wiederfaͤhret, und daher denen, die ſich
zu ſehr damit belegen, groſſen Schaden
verurſachet. Man darff ihn auch in
kein Papier einwickeln, denn weil das
Papier, gleich als ein Schwamm voll
kleiner Loͤchlein iſt, ſo ziehet es die Feuch-
tigkeit an ſich und netzet den Cryſtall,
macht alſo, daß er nicht kan verkauffet
werden. Auch muß man ihn an truck-
nen Orten halten, dieweil die Feuchtig-
keit und der Staub dieſer Waare ſon-
derlich zu wider ſind. Die groͤſte Kund-
C c c 2ſchaft
[]Der Spezereyen und Materialien
ſchaft, die ich davon ertheilen kan, iſt
dieſe, man laſſe ihn in ſeiner Gegenwart
bereiten.
Der mineraliſche Cryſtall oder die
Salpeterkuͤchlein werden viel zur
Artzney gebraucht, und ſind dermaſſen
Mode und gaͤnge, daß an ſtatt des
braunen Zuckers, deſſen man ſich vor
dieſem bedienete, nichts anders als die-
ſer Cryſtall gebrauchet wird. Man
ſagt, der Name Sal prunellæ ſey ihm
deswegen gegeben worden, weil er zur
Heilung der boͤſen Haͤlſe und der Braͤu-
ne, die von etlichen pruna oder prunella
genennet wird, trefflich dienlich iſt.
Andere aber ſagen, das ſey die Urſache,
weil das Sal eſſentiale, das man aus den
Prunellen ziehet, bey nahe wie der
mineraliſche Cryſtall ausſiehet: oder
aber, weil man es in hitzigen Fiebern,
die einer Kohle, welche auf Lateiniſch
pruna genennet wird, verglichen wer-
den, gebrauchet. Andere dagegen
meinen, es ſey nur darum geſchehen,
weil ihm die Teutſchen die Geſtalt einer
Prunelle geben.
SAl polychreſtum, das Saltz, ſo zu vie-
lerley dienlich, iſt wegen ſeiner herr-
lichen Tugenden alſo genennet worden,
und wird von gelaͤuterten Salpeter
und Hollaͤndiſchen Schwefel bereitet,
die man mit einander zu Pulver ſtoͤßt,
und bey einem kleinen Feuer ein ſchnee-
weiſſes, ſehr hartes Saltz daraus verfer-
tiget.
Dieſe Art und Weiſe es zuzurichten
iſt gantz anders, als alle der andern Au-
torum, die davon geſchrieben haben:
denn ſie befehlen insgeſamt, man ſolle
einen Schmeltztiegel laſſen gluͤend wer-
den, und das Feuer drey oder vier
Stunden drum herum erhalten. Nun
will ich zwar nicht ſagen, daß dieſe
Weiſe nicht gut ſey, alleine, weil er un-
moͤglich kan verkauffet werden, dieweil
er ſchwer iſt und ſcheckicht ſiehet, ſo ver-
urſachet ſolches, daß man ihn nicht kan
los werden. Dannenhero glaube ich,
daß meine Weiſe denen andern noch
wohl vorzuziehen ſey, indem man mit
ein Paar gluͤenden Kohlen, in einer
Stunde, ein weiſſes, ſehr leichtes Saltz
bereiten kan, welches auch im uͤbrigen
gebuͤhrend beſchaffen ſeyn wird, ſich
wohl verkauffen laͤßt, und viel weniger
koſtet, als das erſtgemeldte. Dieweil
ich dann aller der andern Art und Wei-
ſe das Sal polychreſtum zuzurichten re-
futire und verwerffe, derohalben iſts
noͤthig, daß ich vermeldte, wie man
verfahren muͤſſe, wenn es gerathen ſoll.
Nehmet demnach gleiche Theile Schwe-
fel und feines Salpeters, und wenn ihr
einen unglaſirten Topf warm werden
laſſen, und denſelben auf vier oder fuͤnff
gluͤende Kohlen geſtellet habt, ſo daß
der Boden deſſelben roth werden kan,
alsdann ſchuͤttet einen Loͤffel voll des
vermiſchten Schwefels und Salpeters
drein: wenn es nun verpuffet hat, ſo
traget einen andern Loͤffel voll von eben
dieſer Materie aufs neue ein, ſo lange,
bis alles zuſammen verbrannt iſt. Her-
nach nehmet den Topf vom Feuer, und
zerſchlaget ihn, wenn er kalt worden,
ſo werdet ihr das Sal polychreſtum dar-
inne finden, weiß und leichte, das ſich
wohl wird verkauffen laſſen. Man
mag mir ſicherlich glauben, was ich ge-
ſagt habe, denn allein die heftige Ge-
walt des Feuers zwingt es in eine ſo klei-
ne und ſchwere Maſſa. Die aber ein
noch reiner und ſchoͤner Sal polychre-
ſtum verlangen, moͤgen es in Waſſer
zergehen laſſen, und hernachmahls,
wenn es filtrirt und abgerauchet wor-
den, bis er ein Haͤutlein uͤberkommen,
in den Keller oder an einen andern
kuͤhlen Ort hinſetzen, damit es zu Cry-
ſtallen anſchieſſe. Wenn es dann tru-
cken worden, muͤſſen es kleine, nicht
gar zu dicke, breite Stuͤcklein ſeyn, die
wie Diamanten glaͤntzen, und helle,
weiß und veſte ſind, das heißt ſo viel, ſie
muͤſſen ſich nicht ſtracks zerbrechen laſ-
ſen: denn wenn ſie flugs zerbrechen,
iſt es ein Zeichen, daß ſie nicht gar zu gut
bereitet ſind.
Dieſes cryſtalliſirte Sal polychreſtumSal polychre-
ſtum cryſtalli-
ſatum.
ſoll man viel eher gebrauchen, weder
das erſte, ob ſelbiges gleich noch ſo gut
bereitet worden, denn es kan nicht wohl
anders ſeyn, als daß noch etwas
Schwefel darinne ſtecke, welcher ihm
einen
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
einen haͤßlichen Geſchmack und uͤble
Beſchaffenheit giebet.
Mit dieſer Waare treiben die Tabu-
letkraͤmer einen groſſen Betrug, denn
ſie tragen nichts anders in ihren Tabu-
leten und Kaſten herum, als Salpeter,
den ſie geſchmoltzen und zu einem Stein
gemachet haben. Dieſe Betruͤgerey
aber iſt leicht zu mercken, weil das wahr-
hafte Sal polychreſtum im Feuer nicht
ziſchet, ſondern gluͤend wird, da hinge-
gen das falſche brennet und wie der
Salpeter ſpritzelt. Man kan es auch
an der ſehr weiſſen Farbe, ingleichen,
wenn ſie es gar zu wohlfeil geben, ab-
nehmen.
Das Sal polychreſtum en roche,als ein
Stein, das iſt, wie es aus den Toͤpfen
kommt, oder das cryſtalliſirte, ward
vor einigen Jahren ſtarck zur Artzney
gebraucht, nachdem aber dieſelbe Mo-
de abgekommen, wird es gar ſelten ge-
braucht. Daß alſo dieſes Saltz unter
diejenigen Sachen gehoͤret, welche,
wenn ſie noch etwas neues ſind, vor-
treffliche Kraͤfte haben, ſobald ſie aber
aus der Mode kommen, ſcheinets, als
ob auch die Kraͤfte zugleich mit vergien-
gen, oder beſſer zu reden, es kommt da-
her, daß die Frantzoſen die Neuigkei-
ten ſo ſehre lieben.
Man hat auch dieſem Saltze den Na-
men Sulphur fuſibile und Nitrum fixumSulphur fuſibi-
le, oder Ni-
trum fixatum.
gegeben, inmaſſen beym Penoto à Porta
der Laͤnge nach beſchrieben ſtehet, da-
raus zu ſchlieſſen, daß dieſes Saltz nicht
eben ſo etwas neues ſey, und man es
vorlaͤngſt unter dem Titel Nitrum fixum
gekennet.
SAl antifebrile, oder das Saltz wi-
der das Fieber/ beſtehet aus gelaͤu-
terten Salpeter, Schwefelblumen und
diſtillirten Urin, welche man zuſam-
men vermiſchet, und damit auf die Wei-
ſe verfaͤhret, wie in Glaſers Chymie
pag. 223. beſchrieben ſtehet, dahin ſich der
Leſer wenden mag. Dieſes Sal antife-
brile oder febrifugum iſt ein herrliches
Mittel wider die Fieber, ſtracks beym
Anfange, oder wenn ſie verdoppelt wer-
den. Man nimmt es von acht bis auf
dreyßig Gran ein, in dienlichen Waſ-
ſern oder Saͤften.
DJeſes iſt Salpeter, den man in Vi-
triolgeiſt zergehen laͤßt, hernach
praͤpariret, und eben dergleichen Kraͤf-
te zuſchreibet, als dem Tartaro vitriola-
to. Er muß weiß ſeyn, leichte und klein
ſpießicht, als wie das Spiesglas.
Man ziehet auch mit Huͤlfe des
Weinſteins eine Gattung Butter da-
heraus. Die Art und Weiſe, wie die-
ſe Butter/ welche den Zunamen vom
Salpeter/ oder den Namen Johann
Fabers Stein fuͤhret, zu bereiten, ſte-
het in der Chymie des Herrn Charras
beſchrieben, dahin der Leſer ſeine Zu-
flucht nehmen kan.
DEr natuͤrliche Borras/ dem die
Alten den Namen Chryſocolla ge-
geben, iſt ein mineraliſches Saltz, in
Geſtalt des gemeinen Steinſaltzes, und
wird an unterſchiedenen Orten in Per-
ſien in der Erde, und am Grunde eines
Fluſſes in dem Gebirge Purbeth in der
Landſchaft Radziaribron, welche ſich
bis an die weiſſe Tartarey erſtrecket, ge-
funden. Wenn nun dieſes Mineral
aus der Erde gezogen worden, wird es
an die freye Luft geleget, damit es gleich-
ſam ein rothes Schmeer uͤberkomme,
ſo ihm zur Nahrung dienet, und verhin-
dert, das es die Luft nicht calciniren
kan. Wenn er dann iſt, wie er ſeyn
ſoll, alsdann ſenden ihn die Perſianer
insgemein nach Amadabat/ von da-
her ihn die Englaͤnder und Hollaͤn-
der nebſt uns kommen laſſen. Bey uns
C c c 3wird
[]Der Spezereyen und Materialien
Natuͤrlicher
oder roher
Borras.wird derſelbe Borrax naturel, brutte, gras,
natuͤrlicher/ roher und feiſter Bor-
rax genennt, und von ein und andern
Handwercksleuten als wie der gelaͤuter-
te Borrax gebraucht.
Wir bekommen auch noch eine ande-
re Sorte Borras/ von jenein allein in
dieſem Stuͤcke unterſchieden, daß er viel
truckner iſt und grau ſiehet, welches ie-
doch blos daher kommt, daß er zu lan-
ge an der Luft gelegen hat, und ſeine
roͤthlichte Fettigkeit, damit er uͤberzo-
gen war, vertreuget, er aber dem En-
gliſchen Vitriol, das lange an der Luft
gelegen, gleich worden iſt. Weil nun
dieſe zwey Arten Borras dann und
wann begehret werden, dannenhero
moͤgen diejenigen, die ihn kauffen oder
bringen laſſen, drauf ſehen, daß er nicht
voll Steine, oder andre nicht drunter
gehoͤrige Dinge ſey, welches doch gar
ofte geſchicht. Diß iſt der Borras,
fett oder trucken, den die Venediger
und Hollaͤnder laͤutern, und denſelben
unter dem Titel gereinigter oder ge-
laͤuterter Borras uns zuſenden.
Die Alten haben ſich nicht betrogen,
wenn ſie geſaget, daß es natuͤrlichen
Borras gebe, der ſo gruͤn ſehe, als wie
Lauch: ſo hat auch Agricola ſehr wohl
erinnert, daß es eine Gattung gegrabe-
nen Salniter gebe, der ſo dicke und har-Nitrum fos-
ſile.
te waͤre, als wie der Stein, aus dem
ſie zu Venedig den Borras machten.
Dagegen hat er trefflich verſtoſſen,
wenn er an ermeldtem Orte ſpricht,
man gebrauche ietziger Zeit faſt keinen
andern Borras, als den durch Kunſt
bereiteten, der vom Urine junger Kin-
der, denen man Wein zu trincken gege-
ben, gemachet ſey, welcher ſolange in
einem meßingenen Moͤrſel geſtoſſen
wuͤrde, bis er ſo dicke als eine Salbe ge-
worden: bisweilen ſchuͤtte man auch
Roſt von Eiſen, bisweilen aber Salpe-
ter dazu. Allein ſolches iſt nur gar zu
weit von der Wahrheit entfernet, maſ-
ſen der Borras von gereinigten und
cryſtalliſirten Borras bereitet wird.
DJeweil der natuͤrliche Borras al-
lerhand Farben hat, und bald
gruͤn, bald gelb ſiehet, ſo ſind die Ve-
netianer/ als die erſten, die den Bor-
ras in Schwang gebracht, nachdem ſie
geſehen, daß er ſich nicht wohl gebrau-
chen lieſſe, wenn er annoch fett waͤre,
darauf bedacht geweſen, ob ſie ihn laͤu-
tern koͤnten, wenn ſie ihn in Waſſer zer-
gehen lieſſen, filtrirten und cryſtalliſir-
ten. Damit er aber zu Cryſtallen wuͤr-
de, ſo gebrauchten ſie Baumwollene
Stricke, an die ſich die Borrascryſtal-
len hiengen, als wie die Cryſtallen des
Gruͤnſpans oder des Zuckerkants an
das Holtz.
Andere, die ſich keiner ſolchen Stri-
cke bedienen, machten den Borras zu
kleinen Stuͤcklein, in Geſtalt und Figur
eines Neſtelſtifts: weil aber dieſer Bor-
ras einen gruͤnlichten Blick hatte, dan-
nenhero haben ſich die Hollaͤnder be-
muͤhet, wie ſie ihn weiſſer machen und
in ſo groſſe Stuͤcken bringen moͤchten,
dergleichen wir zu ſehen bekommen, da-
mit er ſich deſto beſſer verkauffen lieſſe;
welches ſie auch zu wege gebracht.
Man ſoll den Borras/ es ſey nun
Venetianiſcher oder Hollaͤndiſcher, er-
wehlen, welcher klar und durchſchei-
nend, und bey nahe ohne allen Ge-
ſchmack iſt, dabey Acht haben, daß kei-
ne Engliſche Alaune drunter gemenget,
welches ſehr ſchwerlich zu mercken, da-
fern ſie die Alaune in einen weiſſen
Saft, der aber zu nennen mir nicht an-
ſtehet, getuncket und hernach etliche Ta-
ge an der Luft liegen laſſen, damit ſie ei-
nen ſolchen matten Blick, gleichwie der
Borras gemeiniglich hat, uͤberkomme:
doch kan man die Schelmerey leichtlich
vermercken, weil dieſe Alaune die Me-
talle nicht alleine nicht angreifft, ſon-
dern auch nicht ſo ſehr aufſchwillet,
wenn ſie auf Kohlen geleget wird, als
wie der Borrax: ſo iſt ſie auch nicht ſo
weiß, noch ſo leichte, daraus man dann
abnehmen kan, daß niemand den Bor-
ras gruͤndlich erkennen moͤge, als nur
die Handwercksleute und das Feuer.
Der gereinigte Borras wird von
vielen Handwercksleuten zum loͤten
und
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
und ſchmeltzen der Metalle gebrauchet,
auch thun ihn ihrer etliche unter dieje-
nigen Sachen, daraus ſie hernach-
mahls Schmincke bereiten. Er wird
desgleichen etlicher maſſen in der Medi-
cin gebraucht, denn er kommt unter das
unguentum citrinum.
DJe Alaune iſt eine Art gegraben
Saltz, und wird in Europa/ an
vielen Orten, ſonderlich in Jtalien,
England und Franckreich/ gleich als
ein Stein von unterſchiedener Groͤſſe
und Geſtalt gefunden. Wenn die
Alaune aus den Bruͤchen herausgezo-
gen worden, und zwar eben auf ſolche
Weiſe, wie die Steine zu Montmar-
tre brechen, ſo werden dieſelben Steine
in ſonderlich hierzu verfertigten Oefen,
gleichwie der Kalch, gebrannt; wenn
ſie nun calciniret ſind, ſo ziehet man das
Saltz, welches die Alaune iſt, mit Waſ-
ſer heraus, und verfaͤhret damit gerade,
als wie man hier den Salpeter macht.
Mich hat zwar eine gewiſſe Perſon in
Beyſeyn eines wackern Mannes ver-
ſichern wollen, daß man kein Waſſer
zum Alaunmachen brauchete, ſondern
an deſſen Stelle Urin dazu nehme: al-
lein, weil es eine Perſon, die in der Welt
nicht gar zu wohl bekannt, ich ihm auch
nicht Glauben zuſtellen koͤnnen, als ha-
be viel lieber mit dem Matthiolus es
halten wollen, der es ſelbſt mit Augen
geſehen, und in ſeinem Buche uͤber den
Dioſcorides am 733. Blatt davon ge-
ſchrieben hat, dahin dann der Leſer ſoll
verwieſen ſeyn.
Wir verkauffen ordentlich ſechſerley
Alaune, Feder-Alaune, Roͤmiſche, Eng-
liſche, Luͤttigiſche, gebrannte und Zu-
ckeralaun. Was aber die runde, die
fluͤßige und ſchwartze betrifft, da weiß ich
nicht, was es ſeyn ſoll.
FEderalaun iſt ein Mineral, das in
Negroponte gefunden wird, und
ſoll, nach etlicher Leute vorgeben, der
Stein ſeyn, dem die Vorfahren den
Namen Amianthus gegeben. Dieweil
ich aber der Sache nicht gewiß bin, als
will ich ſagen, der Feder-Alaun/ den
wir verkauffen, ſey eine Art eines fel-
ſichten Steines, von unterſchiedlichen
Farben, doch meiſtentheils weiß und
gruͤnlicht, an Geſtalt dem Venediſchen
Talck nicht ungleich, ohne daß er nicht
ſo gruͤn und gleiſſend iſt, ſich auch nicht
ſchuppenweis aufheben laͤßt, ſondern
als wie weiſſe bunte Faͤden iſt, als wie
das rauche an einer Feder, daher er auch
den Namen bekommen. Und eben
darum iſt der mehrere Theil der Feder-
alaune lauter kleine Faͤden, und wenig
ſteinichtes drunter, oder das zum ſpin-
nen und zu ewigen Dochten dienlich
waͤre. Die Federalaune, welcher von
Alumen ſoiſſi-
le.etlichen der Namen Alumen ſciſſile gege-
ben wird, ſchaft wenig Nutzen der Artz-
ney, und wird zu ietziger Zeit, ſeit dem
die Kunſt dieſelbige zu ſpinnen verloh-
ren gangen, faſt gar nicht mehr ge-
braucht. Das Tuch, das aus der Fe-
deralaune bereitet wurde, durffte man
nur, wenn es ſchmutzig worden, ins
Feuer werffen, ſo ward es wiederum
ſchneeweiß herausgezogen. Derglei-
chen Tuch, von dieſem Mineral ge-
macht, gebrauchten vor Alters die Roͤ-
mer, die Aſche der Kaͤyſerlichen Coͤrper
zu erhalten, und von der Aſche der
wuͤrtzhaften Hoͤltzer, die ſie zur Ver-
brennung dererſelbigen gebraucheten,
abzuſondern. Und heut bey Tage ge-
brauchen auch noch ihrer etliche den Fe-
deralaun an ſtatt der Baumwolle, undEwigwaͤh-
rende Dochte.
machen Dochte davon: dazu aber muß
er lang und fein linde ſeyn. Es iſt dieſe
Alaune ein maͤchtiges corroſif, denn
man mag es auf den Leib legen, wohin
man will, ſo macht es Blaſen, und er-
regt ein unertraͤgliches jucken, dawider,
meines wiſſens, kein ander Mittel iſt,
als daß man denſelben Theil mit
Baumoͤl reibe, ſo hoͤret das jucken von
ſtund an auf.
Wir haben auch ohne die Federalau-
ne ei-
[]Der Spezereyen und Materialien
ne einen gewiſſen mineraliſchen ſchwe-
ren Stein zu verkauffen, der weiß und
faſicht iſt, und/ kurtz zu ſagen, der Feder-
alaune gantz und gar aͤhnlich ſiehet,
auch eben alſo unverbrennlich iſt, wel-
ches dann Anlaß gegeben, daß man ihn
nach dem Griechiſchen Wort Asbeſton,
welches unverbrennlich heißt, und cor-
rupté auf Frantzoͤſiſch Asbeſtes nennet.
Dieſer mineraliſche Stein wird in
Franckreich, an vielen Orten gefun-
den, vornehmlich aber in der Graf-
ſchaft Foye in Gaſconien/ woſelbſt es
Steinbruͤche giebet, in denen man Stei-
ne von entſetzlicher Groͤſſe findet, daraus
man gar ſchoͤne Faͤden machen, und aus
dieſen Tuch bereiten kan, welches, als
wie das von der Federalaune, im Feuer
weiß wird. Desgleichen werden in
Franckreich/ inſonderheit auf dem
Pyrenaͤiſchen Gebirge, in dem Cam-
paniſchen Thale, bey den Mar-
morbruͤchen, drey Meilen von Grippe,
uͤber dieſen Asbeſt, auch gewiſſe Kraͤu-
ter gefunden, die ohngefehr zwey Fuß
hoch ſind, und gantz ſilberweiſſe Sten-
gel und Blaͤtter, den Neſſelblaͤttern
nicht ungleich, haben, nur daß ſie unten-
her weiß ſind, oben aber braungruͤn,
und als wie Chagrinleder. Von die-Plinius hat
ſich demnach
nicht betre-
gen, wenn er
meldet, daß
es unver-
brennlichen
Flachs gaͤbe,
ob es gleich
Matthio-
lus im Capit.
vom Amianth
fuͤr eine Fa-
bel halten
will.
ſen weiſſen Stengeln, wenn ſie wie der
Hanff, im Waſſer geroͤſtet worden, be-
kommt man eine Gattung langer und
breiter Faͤden, daraus man gleicher
Geſtalt gar ſchoͤne Leinwand wircken
koͤnte, welche, eben als wie die Feder-
alaune, dem Feuer widerſtehen wuͤrde,
doch duͤrffte ſie nicht ſo weiß werden. Zu
mercken dienet, daß wenn man dieſen
Flachs zum Feuer bringt, er zur Stun-
de roth und ſchwartz werde, ſonderlich
aber vom Lichte. Man wird zwar die-
ſem meinem Vorbringen keinen Glau-
ben zuſtellen, iedennoch, da ich deſſen
ſelbſt habe, und denen, die mir ſolches
nicht glauben koͤnnen, ſehen laſſen kan,
die Perſon auch, die ihn an ſelbigen Or-
ten ſelbſt geſammlet, annoch beym Le-
ben und ein glaubwuͤrdiger Mann iſt,
als habe fuͤr gut befunden, maͤnniglich
kund zu machen, daß die Federalaune
und der Asbeſt nicht alleine im Feuer
beſtehen moͤgen.
Dieſes unverbrennliche Gewaͤchſe
koͤnte ebenfalls Asbeſton genennet wer-
den, und die Faͤden unverbrennlicher
Flachs, dieweil ſie lang, breit und linde
ſind, als wie der Flachs.
DJe Roͤmiſche Alaune, welche
auch die Alaune von Civitaveo-
chia genennet wird, weil der meiſte
Theil derſelben um dieſe Stadt gema-
chet wird, iſt eine Gattung Alaune, als
wie mittelmaͤßige Steine, die auſſenher
roͤthlicht, inwendig klar und durchſich-
tig ſind, von ſauern unangenehmen Ge-
ſchmack. Dieſe Alaune iſt roͤthlicht,
weil auch die Minera oder der Stein,
daraus ſie gemachet wird, roͤthlicht iſt.
Man ſoll die Roͤmiſche Alaune er-
wehlen, die es auch in der That iſt, und
aus- und inwendig roͤthlicht ſiehet, denn
ſie auch wohl die Engliſche oder Luͤtti-
giſche Alaune mit Braunroth anroͤ-
then. Dieſelbe Betruͤgerey aber kan
man gar bald erkennen, denn wenn ſie
nicht inwendig wie auswendig, roth iſt,
ſo iſt diß bereits ein Zeichen, daß ſie
nachgemacht. Es ſoll auch, ſoviel nur
moͤglich, kein klein Zeug drunter ſeyn,
welches iedoch niemand, als denenjeni-
gen hinderlich iſt, die ſie eintzeln verkauf-
fen: denn ſonſt liegt nichts dran, wenn
ſie nur im uͤbrigen fein ſauber und rein
iſt.
Die Faͤrber und Gerber brauchen
die Roͤmiſche Alaune haͤuffig, wie nicht
weniger, die die Perlen nachmachen,
allein dazu muß ſie recht ſehr vollkom-
men ſeyn.
DJe Engliſche Alaune/ welche die
Alten Alumen Rochæ, Alumen al-
bum und glaciale genennet, iſt eine klare
durchſichtige Alaune, als wie Cryſtall,
die uͤberſendet man uns aus England,
wie Steine, in unterſchiedener Geſtalt
und
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
und Groͤſſe; wie es denn Stuͤcken giebt,
die ſo dicke ſind als ein Mann, bisweilen
klar und weiß, wie ein Cryſtall, zuwei-
len aber bunt und ſchwaͤrtzlicht, und
feuchte. Mit wenigen, das Alumen
glaciale iſt ſchoͤner oder ſchlechter, nach-
dem es mehr oder weniger gereiniget
worden.
Weil dieſe Alaune von vielen Hand-
werckern, die ſie noͤthig haben, gebrau-
chet wird, unter andern von Muͤntzern
und Faͤrbern, auch allerhand zur Artz-
ney draus præpariret und zugerichtet
wird, wie hernach folget, deshalben ſoll
man diejenige erwehlen, welche weiß,
hell und durchſichtig iſt, recht trucken
und ſoviel als immer moͤglich, ohne
Staub und Bodenſatz. Auch muß
man Acht haben, daß es keine Alaune
Alaune von
Luͤttich oder
von Me-
zieres.von Luͤttig oder von Mezieres ſey,
denn dieſe nur darinne von jener unter-
ſchieden, daß ſie etwas ſchmutzichter iſt,
und daher fuͤr die Faͤrber nicht dienet,
ſie muͤſten dann keine rechte Engliſche
haben koͤnnen.
Vor kurtzer Zeit haben wir auch ei-
ne gruͤnlichte Alaune geſehen, wel-
che aus einem Steine gemacht wird, den
man aus dem Steinbruch unweit Soiſ-
ſons in der Picardie ziehet; weil aber
dieſe Art bishero nicht gebraͤuchlich ge-
weſen, indem ſie nicht allein gar uͤbel
beſchaffen, ſondern auch ihre Kraft und
Wirckung noch nicht genug bekannt iſt,
dannenhero will ich auch nichts weiter
davon gedencken.
Aus der Alaune wird ein klares ſau-
res Waſſer uͤber den Helm getrieben,
welches wir Alaunwaſſer nennen, und
in die Augen gethan wird: nach dem
Waſſer geht der ſaure Spiritus her-
uͤber, den man in anhaltenden und drey-
taͤgigen Fiebern gebrauchen kan; auch
dient er zu den kleinen Geſchwuͤren im
Munde: auf einmahl werden vier bis
acht Tropfen genommen. Was im
Gefaͤß zuruͤcke bleibt, iſt eine weiſſe leich-
te Maſſa, die wir gebrannte Alaune
nennen. Weil aber das Waſſer und
der Spiritus von der Alaune ſo wenigGebrannte
Alaune.
braͤuchlich, ſo bemuͤhen ſich, die der ge-
brannten Alaune noͤthig haben, nicht
mit dem diſtilliren, ſondern legen das
Alumen glaciale in ein Gefaͤs, und ſtel-
len ſie mitten in ein gutes Feuer; wenn
es denn gantz weiß worden, und leichte,
ſo nehmen ſie es heraus und heben es
zum Gebrauch auf. Die calcinirte oder
verbrannte Alaune muß leichte ſeyn, uñ
ſich ſtracks zerreiben laſſen, das iſt, man
muß ſie alſofort zu Pulver machen koͤn-
nen, dabey muß man Acht haben, daß
es nicht Alaune ſey, die man durch ein
ſeiden Sieb geſtaͤubet, und hernach-Verfaͤlſchte
gebrannte
Alaune.
mahls in einen wohlverwahrten Sack
gethan, damit es als ein Stein oder zu
Stuͤcken werde. Dieſen Betrug aber
kan man leicht erkennen, weil dieſe fal-
ſche Alaune haͤßlich iſt, und uͤberaus
weiß, gypſicht, und von Geſchmack
ſauer.
Die rechte gebrannte Alaune dienet
zu Wegbringung des wilden Fleiſches;
vornehme Leute aber legen ſie in Saͤck-
lein unter die Achſeln und Fusſohlen,
den Schweiß derſelbigen zu vertreiben,
die Alaune aber muß uͤber alle maſſen
zarte ſeyn.
ALumen Saccharinum,die Zucker-
alaune, wird darum alſo genennet,
weil ſie als wie Zucker ſiehet: ſie wird
von der wie Eis geſtalten Alaune, Ro-
ſenwaſſer und Eyweis gemacht, welche
mit einander gekochet werden; wenn
es nun genug gekochet hat, und zu ei-
nem Teige worden iſt, formiret man ſie
nach belieben, da ſie dann, wenn ſie er-
kaltet, ſteinharte wird.
Dieſe Alaune wiꝛd unter die Schmin-
cke gethan und gebrauchet.
Es giebt noch andre Sorten der
Alaune/ als da iſt ein weiſſer durchſchei-
nender Stein, dem Berg-Cryſtall bey
nahe gleich, dem man den Namen Alu-Alumen Sca-
jolæ.
men Scajolæ oder lapis ſpecularis,Frauen-
eis, und Miroir d’aſne,Eſelsſpiegel
gegeben: derſelbe befindet ſich unter
dem Quis in den Steinbruͤchen bey
Paßi. Wenn er gebrennt und calci-
niret wird, ſo giebt er wohl ein ſehr ſchoͤ-
nes Weis, das verdruͤßlichſte aber iſt,
daß es gypſicht iſt. Vor weniger Zeit
D d dward
[]Der Spezereyen und Materialien
ward eine groſſe Menge dieſer Alaune
in der leimichten Erde zu Paßi unter
dem Quis, deſſen ich nur erſt Erwehnung
gethan, gefunden. Andere brauchen
noch eine andere Gattung des Frauen-
eiſes, welches wir Gyps zu nennen pfle-
gen. So hat man auch der Suda den
Alumen cati-
num.Namen Alumen catinum gegeben, gleich-
wie ich an ſeinem Orte erinnert habe.
Etliche geben fuͤr, das Wort Alumen
komme von dem Lateiniſchen Worte
Lumen her, welches ſoviel als Licht heißt,
alldieweil die Alaune den Farben das
Licht oder den Glantz giebet, und man
ohne Alaune bey nahe weder faͤrben
noch illuminiren kan.
Ende des Zweyten Buchs von Mineralien.
DAs Wort Hartz bedeutet eigentlich eine leicht entzuͤndliche/
fette und ſchmierichte Materie, von unterſchiedlicher Farbe
und Conſiſtentz/ die ſich innerhalb der Erde/ oder auch uͤber
und oben auf derſelbigen befindet/ oder auch auf dem Waſſer
ſchwimmend angetroffen wird. Und dieſes iſt die Urſache/
warum wir ſo vielerley Hartz haben, hart und weiche/ auch fluͤßige wie
Oel. Dicke Hartze/ die wir verkauffen/ ſind der Agtſtein, der Gagat/
das Judenpech, das Piſſaſphaltum/ der ſchwartze Stein und der Schwe-
fel. Die weichen ſind Maltha und das Hartz von Colao/ Surinam und
Copalhartz. Fluͤßige ſind die Jtalieniſche Naphtha und das Peteroͤl/
welche alleſamt hiernaͤchſt nach einander beſchrieben zu finden ſind.
AMbre jaune,gelber Amber, den
die Alten Succinum und Cara-
be, Agt- oder Birnſtein zu nen-
nen pflegen, iſt ein Hartz von
unterſchiedener Farbe, denn es weiſ-
ſen und gelben giebt. Dieſes Hartz iſt
in ſeinem centro oder Geburtsort fluͤſ-
fig, ie weiter es aber davon entfernet
wird, ie haͤrter wird es, und alſo, wie
wir es haben. Jndem dieſes Hartz her-
vortringet und ſich auf dem flieſſenden
Waſſer ausbreitet, reißt es alles mit
ſich, was es nur antrifft, welches ver-
urſachet, daß wir ſo vielerley Dinge,
die nicht darein gehoͤren, unter unſerer
Carabe finden: weil auch dieſes Hartz
nicht auf einmahl harte wird, ſo gera-
then ein Hauffen Thierlein drein, und
ſterben
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
ſterben darinne. Der meiſte Agtſtein,
den wir zu ſehen bekommen, wird in ge-
wiſſen kleinen Fluͤſſen, am Baltiſchen
Meer, im Hertzoglichen Pommern/
an den Ufern gefunden: auch findet
man ihn in dein Sande, der von dem
Winde dahin gefuͤhret worden iſt, und
dieſe Waare traͤgt dem Churfuͤrſten
von Brandenburg nichts geringes ein;
denn von denenjenigen Orten, allwo
der Agtſtein gefunden wird, ziehet er
des Jahres mehr denn 20000. Thaler,
die Unkoſten, welche die Pachter auf die
Unterhaltung derjenigen Leute, welche
verwehren, daß ihn niemand wegneh-
me, aufwenden muͤſſen, ungerechnet:
daß demnach der Agtſtein mehr als
100000. Thaler traͤgt.
Dieſes, was ich anietzo vermeldet ha-
be, duͤrffte denenjenigen doch wohl frem-
de deuchten, welche nicht wiſſen, wie
ſehr gebraͤuchlich der Agtſtein in Chi-
na/ unter den Wilden, und ſelbſt in
Europa ſey: doch wird er mehrern-
theils in Oeſterreich, Teutſchland
und Polen, und um Venedig her-
um vertrieben, denn an dieſem letzten
Orte haben ihn die Venediger in
Schwang gebracht, ſo daß wenig Leu-
te in der Lombardey und langs dem
Po hin zu finden, welche nicht eine
Schnure Agtſteinkoͤrner um den Hals
tragen ſolten, denn ſie glauben, der Agt-
ſtein ſey vor die boͤſen Haͤlſe gut, wel-
chem Unfall ſie, wegen des boͤſen Waſ-
ſers, das ſie trincken, gar ſehr unter-
worffen ſind. So melden auch die Hi-
ſtorien, daß die Roͤmer dermaſſen viel
darauf gehalten, daß Nero eine groſſe
Menge deſſelbigen dahin bringen laſſen.
Es iſt aber ſchier kein Ort, als Polen
und Nieder Hungarn, allwo der Agt-
ſtein beſſer verarbeitet und theurer ver-
kauffet wird, denn wenn dieſe Voͤlcker
ein recht groſſes Stuͤcke Agtſtein, ohne
Fehler und Mangel gefunden, halten
ſie es ſo hoch als Gold, ja ſie ziehen es
demſelben vor, und wenn iemand ein
Stuͤcke von einer rechten oder auſſeror-
dentlichen Groͤſſe hat, kan er es faſt ſo
theuer, als er nur will, los werden,
denn dieſe Leute lieben den Agtſtein
dergeſtalt, daß ihnen nichts ſchoͤners zu
ſeyn beduncket. Jn Franckreich aber
wird er ſchon ſo hoch nicht geachtet, wie-
wohl es doch auch nicht ſo gar lange iſt,
daß alle vornehme Perſonen derglei-
chen Halsbaͤnder trugen: anietzo aber
iſt er ſo gemeine, daß ihn niemand als
nur die Maͤgde tragen. Auch hat er,
auſſer dem, daß Schmincke daraus be-
reitet wird, in der Artzney ſeinen Nu-
tzen, denn er wird nicht allein gerieben,
ſondern es werden auch eine Tinctur,
Spiritus, fluͤchtiges Saltz und ein Oel
daraus gezogen, nicht weniger mit
Weinſpiritus ein Verniß daraus ge-
macht.
Der Agtſtein muß hell und klar
ſeyn, und Spreu an ſich ziehen, denn
daher iſt der Name Carabe entſtanden,Carabe.
welches in Perſiſcher Sprache ſoviel
heißt, als ziehe Spreu an dich: er muß
auch weiß ſeyn, wenn man etwas dar-
aus will arbeiten laſſen, oder wenn
man ihn reiben will. Wenn er aber
durchs Feuer gehen ſoll, ſodann liegt
nichts daran, was fuͤr Farbe er habe,
wenn es nur aufrechte Carabe iſt, denn
es ſind etliche, welche das Americani-
ſche Gummi Copal, davon oben, an
ſtatt des Agtſteins verkauffen, welches
aber unſchwer zu mercken, indem das
Gummi Copal in Stuͤcken iſt, die ſo dicke
ſind und wie das Arabiſche Gummi ge-
ſtaltet, dahingegen die Carabe insge-
mein dicke Stuͤckgen ſind, welche oft-
mahls mit einer beſondern Haut uͤber-
zogen ſind, welche ihnen an ſtatt der
Mutter dienet. Es ſtinckt uͤberdiß der
Agtſtein heftig, wenn er beym Lichte
angezuͤndet wird, und auſſer dieſem zieht
er auch das Stroh an ſich, welches das
Gummi Copal nicht thut. Mich ha-
ben etliche bereden wollen, man koͤnte
den Agtſtein mit Terpentin und Cot-Falſche Cara-
be.
ton, oder aber mit dem gelben von Ey-
ern und Arabiſchen Gummi nachma-
chen, allein ich glaube, daß die dafuͤr
ausgegebene Carabe gar wenig gelten
duͤrffte, und iſt derohalben nicht zu be-
fuͤrchten, daß ſie von dergleichen Sachen
nachgemachet werde.
Man reibt die Carabe auf einemTrochiſei de
Carabe.
Steine, und macht kleine Kuͤchlein
draus, welche in der Artzney ihren Nu-
tzen haben, und inſonderheit gar dien-
lich ſind den Durchlauff, das Blutaus-
werffen, und andere dergleichen Kranck-
heiten zu ſtillen. Es wird fuͤr einmahl
D d d 2von
[]Der Spezereyen und Materialien
von zehen bis auf dreyßig Gran einge-
geben, in einem zur Kranckheit dienli-
chen Safte oder Waſſer.
Aus dem geriebenen Agtſteine wird
auch eine gelbe Tinctur mit Weinſpiri-
tus gezogen, welche trefflich herrliche
Tugenden oder Kraͤfte hat, abſonder-
lich aber dienet ſie wider den Schlag,
Laͤhmung der Glieder und die fallende
Sucht, wenn man zehen Tropfen davon
bis auf ein Quintlein, in einem taug-
lichen liquor einnimmt. Etliche zerlaſ-
ſen gereinigten Campher in dieſer Tin-
ctur, und bereiten daraus, was der
Herr SoleyſelBalſamum ardens, denBalſamum
ardens.
brennenden Balſam nennet, und ſa-
get, daß es ein Mittel ſey zu den Wun-
den, auch wenn man braun und blau
geſchlagen, ingleichen wider die kalten
Fluͤſſe, und diene fuͤr Menſchen und
Vieh, wie er denn ſolches in ſeinem Bu-
che am 274. und 275ſten Blate beſchrie-
ben, dahin der Leſer ſeine Zuflucht neh-
men kan.
AUs dem Agtſtein, der groͤblich zer-
ſtoſſen worden, ziehet man vermit-
telſt einer glaͤſernen oder irdenen Netor-
te einen roͤthlichten Spiritus, und ein
gruͤnlicht ſtinckendes Oel.
Der Spiritus iſt ein vortrefflich er-
oͤffnendes Mittel, und gut wider den
Scharbock: er wird von zehen bis auf
24. Tropfen genommen.
Was das Oel betrifft, daſſelbe hat
ſchier keinen andern Nutzen, als daß es
zu Vertreibung der Duͤnſte gebrauchet
wird, wenn man es bey ſich traͤgt, und
die Gelencke an der Hand und die Naſe
von Zeit zu Zeit gelinde damit reibet
Oleum Succi-
ni rectifica-
tum.oder ſtreicht. Will man es aber ſchoͤn
helle und klar haben, ſo darff man es
nur mit Erde und Sand vermengen,
und aufs neue uͤbertreiben.
Wer das fluͤchtige Saltz, den Spi-Sal volatile,
ſpiritus \& ole-
um Sucoini.
ritus und das Oel vom Agtſtein weiß
haben will, darff nur eine glaͤſerne Re-
torte und Sandfeuer dazu gebrauchen,
ſo wird er drey ſchoͤne Sachen bereiten,
die mit herrlichen Tugenden verſehen,
und zu oberwaͤhnter Kranckheiten Ver-
treibung gar dienlich werden ſeyn. Jſt
das fluͤchtige Saltz noch nicht ſchoͤne ge-
nug, ſo thue man es in eine kleine Phiole
und fuͤhre es uͤber einem gantz gelinden
Feuer nochmahls auf, trage aber auch
wohl Sorge, daß es ſtets wohl verſto-
pfet ſey, denn es iſt eine Waare, wel-
che ſich gar bald an der Luft verliehret
und zerſtreuet wird. Was in der Re-
torte zuruͤcke blieben, iſt ein ſehr ſchoͤnes
Schwartz, glaͤntzet und ſieht als wie Ju-
denpech.
GEſt oder Iayet, der Gagat, wel-
chen man mit allem Rechte ſchwar-
tze Carabe, oder Agtſtein nennen moͤch-
te, iſt gleichfalls eine Gattung Hartz,
und findet ſich in der Erde, iedoch nicht
ſo gar nahe am Waſſer. Es iſt aber
der Gagat ein ſehr hartes, ſchwartzes
und glaͤntzendes Hartz, das in Europa,
an vielen Orten, ſowohl in Teutſch-
land und in Schweden/ als auch in
Franckreich und Jrrland gefunden
wird. Jn Franckreich wird der mei-
ſte Gagat zwiſchen S. Beaume und
Toulon gefunden: in Jrrland aber
iſt er ſo gemeine, daß man oftmahls ſie-
het, wie er mitten durch die Klippen
und Felſen hinlaͤufft. Einige Scriben-
ten meinen, der Gagat ſey gelber Am-
ber oder Agtſtein, aus dem das Oel
durch das unterirdiſche Feuer gezogen
worden, und von dieſem komme die
Naphtha und das Peteroͤl her, welches
auch nicht eben ſo gar wider die Ver-
nunft iſt.
Von dem Gagat wird eben ſowohl,
als wie von dem Agtſtein allerley
Schmuck bereitet, zur Artzney aber
wird er ſchier gar nicht gebrauchet, oh-
ne wenn das Oel daraus getrieben wer-
den ſoll, welches gleichergeſtalt wieder
diejenigen Kranckheiten dienet, dafuͤr
das Agtſteinoͤl gut iſt.
Seine Wahl betreffend, da darff er
nur fein hart, und ſchoͤn glaͤntzend
ſchwartz ſeyn.
ASphaltum, das Judenpech/ iſt ein
Hartz, welches auf dem Waſſer des-
jenigen Sees ſchwimmet, wo ehemahls
Sodom und Gomorrha geſtanden. Den
Namen Asphaltum hat es von dem Lacu
Asphaltite bekommen, welches ſoviel be-
deutet, als ein Meer der Sicherheit,
denn es iſt uͤberaus ſtarck, und alles
was man drauf wirfft, ſchwimmet: es
wird auch das todte Meer genennet,
weil es weder Fiſche noch andere leben-
dige Thiere ernaͤhret, indem es uͤber alle
maſſen ſaltzicht und bitter iſt, auch einen
ſtinckenden Geruch hat. Dagegen und
zum Vergelt findet ſich allda die Menge
dieſes Hartzes, welches als wie Fett
oben drauf ſchwimmet. Die an denen-
ſelben Orten wohnende Araber ziehen
guten Nutzen davon, und bedienen ſich
ſeiner ihre Schiffe damit zu calfatern
und zu verpichen. Zu bewundern iſts,
wenn der See zuviel mit Peche beſchwe-
ret iſt, daß ſich ein groſſer Geſtanck in die
Luft erhebet, der die Einwohner daher-
um bemuͤßiget, daſſelbige zu ſammlen
und ans Land zu bringen, auch iſt der
Geſtanck alſo groß, daß die uͤber den See
hinfliegende Voͤgel darein fallen, und
verurſachet, daß die Leute der Orten
nicht gar zu lange leben.
Das Juͤdiſche Hartz,bitume de Ju-
dée oder Aſphaltum ſieht dem ſchoͤnen
ſchwartzen Stockholmer Peche dermaſ-
ſen aͤhnlich, daß kein Menſch einigen
Unterſchied darzwiſchen wuͤrde zu ma-
chen wiſſen, wofern der heftige Geſtanck
des Pechs nicht thaͤte, und das Juden-
hartz nicht etwas haͤrter waͤre. Welche
groſſe Gleichheit den Propheten Eſras
veranlaſſet, daß er es Pech genennet,
allermaſſen aus dem 10. Vers des IV.
Cap. im IV. Buche zu erſehen, da er
ſpricht: Du boͤſes Volck, ſey eingedenck,
was ich Sodom und Gomorrha gethan
habe, derer Land in Pech- und Aſchen-
hauffen liegt.
Das Judenhartz oder Pech wird
gebrauchet, wenn man das ſchoͤne glaͤn-
tzende Chineſiſche Schwartz zurichten
will: auch wird es etwas weniges in
der Artzney gebraucht, indem es unter
die Stuͤcken, die zum Theriac genom-
men werden, gehoͤret, da es denn keiner
andern Zubereitung noͤthig hat, als
daß es aufrichtig ſey, fein glaͤntzend
ſchwartz und ohne Geruch: dabey muß
man Achtung geben, daß kein ſchwartz
Pech, gekuͤnſteltes Piſſaſphaltum genen-Gekuͤnſteltes
Piſſaſphal-
tum.
net, drunter gemiſchet ſey, welches doch
ohnſchwer zu erkennen iſt, indem dieſes
gekuͤnſtelte Pech gar haͤßlich ſchwartz
ſiehet und ſtincket. Man irret, wenn
man glaubet, was etliche Autores auf-
gezeichnet, und unter dieſen auch Fure-
tiere, welcher meldet, daß kein Juden-
pech mehr herausgebracht werde; was
aber die Apothecker zu verkauffen pfleg-
ten, ſey ein Gemenge von Pech und Pe-
teroͤl. Allein, dieſes iſt ſo weit von der
Vernunft entfernet, daß ich nicht den-
cke, es werde unter den Apotheckern der-
gleichen Betruͤger und unverſtaͤndige
Leute geben, die einen ſolchen Miſch-
maſch zurichten ſolten, indem wir ja das
Judenpech wohlfeil genug geben. Es
waͤre beſſer, daß er und viele andere ge-
ſchwiegen haͤtten, die ſich unterfangen
von Materialien zu ſchreiben, darauf
ſie ſich doch eben ſo wenig verſtehen, als
wenn ſie Hochteutſch reden ſollen. Das
iſt aber die Urſache ſo vieler ſchrecklicher
Fehler geweſen, und iſt es auch noch heut
zu Tage, daß eines an ſtatt des andern
gegeben wird, welches doch des Koͤniges
hohe Perſon und den gemeinen Nutzen
angehet.
DJe Steinkohlen ſind eine Gat-
tung Hartz, derer ſich die Schloͤſſer
und Schmiede bedienen, das Eiſen heiß
zu machen. Die Engliſchen werden
fuͤr die beſten gehalten, wiewohl einige
verſichern, daß die in Auvergne gegra-
ben werden, ihnen nichts im geringſten
nachgeben. Es iſt eine Waare, die in
Franckreich haͤuffig verthan wird, wie
wir dann einen ſtarcken Handel damit
D d d 3trei-
[]Der Spezereyen und Materialien
treiben. Die beſten ſollen ſeyn, die nicht
gar zu ſchweflicht ſind, die ſehr heiß ma-
chen, und lange im Feuer dauern. Es
wollen auch etliche fuͤr gewiß ausgeben,
daß die Steinkohlen der Uberreſt vom
Peteroͤle ſeyn, das in dem Eingeweide
oder innerſten der Erde zubereitet wer-
de, welches auch wahrſcheinlich genug
iſt, indem man ein Oel aus denen Stein-Steinkohlen-
oͤl.
kohlen ziehen kan, welches dem Peter-
oͤle gantz und gar gleich iſt.
TErre Ampelite, oder Pierre noir, der
ſchwartze Stein, iſt ein trucken
Hartz, voll Schwefel, das ſich leichtlich
zerſtoſſen und ſchuppenweiſe aufheben
laͤßt, und wird in Franckreich an vielen
Orten in der Erde gefunden. Wir
haben zwey Sorten dieſes ſchwartzen
Steines; der eine iſt zart und weich, der
andere aber hart; die laſſen wir bey
Alenſon, in der Landſchaft Nimes ge-
legen, herbringen. Der Bruch darin-
ne dieſe Steine gebrochen werden, ſtehet
einem Dorffprieſter zu, welcher alle
Jahre vier bis fuͤnff hundert Thaler
davon einnimmt. Dieſer Bruch iſt
40. bis 50. Fuß tieff, und ob es gleich
eine gantz wohlfeile Waare iſt, dennoch
wird ſehr viel davon vertrieben. Sie
muß aber, ſoll ſie anders gut ſeyn, friſch
aus der Grube gezogen ſeyn, denn wenn
ſie alt worden, wird ſie zu eitel Staub
und Salpeter: ſie muß uͤberdiß auch
leichte ſeyn, weder zu harte noch zu
weich, und recht trucken. Dieſem Stei-
ne haben etliche den Namen Ampelitis,
Weinbergerde gegeben, weil er denen
Wuͤrmern, die in die Weinberge gera-
then, ſteuert und ſie toͤdtet: ſie wird auch
Pharmacitis genennet, weil ſie zur Artz-
ney kan gebrauchet werden.
DEr lebendige Schwefel iſt eine
fette Erde, die ſich leichlich entzuͤn-
det, und indem ſie brennet, einen
Schwefelgeruch von ſich ſtreuet. Sie
wird aus Sizilien und anderswoher
zu uns gebracht.
Den lebendigen Schwefel/ wel-
cher darum alſo genennet wird, weil
man ihn, ſo wie er aus der Erde kommt,
gebrauchet und verkaufft, den ſoll man
erwehlen, wenn er fein zarte iſt, und
ſich gerne zerbrechen laͤßt, wenn er dich-
te iſt und gelinde, auswendig und in-
wendig glaͤntzend und Maͤusfahl ſiehet,
deswegen er auch von etlichen grauer
Schwefel genennet wird. Er muß des-
gleichen ohne Kiß und Sand, auch ſo-
viel moͤglich, ohne klein Zeug und Stuͤck-
lein ſeyn.
Dieſer Schwefel wird wenig ge-
braucht, es ſey dann zu einigen beſon-
dern operationen und Galeniſchen Artz-
neyen, dazu er genommen wird. Von
den Weinſchencken wird er oͤfter ge-
brauchet, denn dieſe bedienen ſich ſeiner
mit Schwefelblumen, Zucker, Anis,
Zimmt, Mußkaten, Naͤglein und an-
dern dergleichen Sachen, die Weinfaͤſ-
ſer damit zu ſchwefeln oder Einſchlag
zu geben, auf daß ſich der Wein deſto
beſſer verfuͤhren laſſe und nicht verder-
be.
Einige Apothecker brauchen ihn, ſtoſ-
ſen ihn mit dem Scammonio, und nen-
nen es hernachmahls praͤparirt Scam-
monium und Diagrydium, koͤnnen es
auch wohlfeiler geben, als ihre Nach-
barn, welche alle Muͤhe dran ſpendiren,
damit ſie es, wie ſichs gebuͤhret, zurich-
ten moͤgen; welches aber ſehr uͤbel ge-
than iſt.
DEr mineraliſche Schwefel iſt ein
hartes Hartz, voll Erde, gelber
Farbe und ziemlich glaͤntzend, eines
ſchwefelhaften ſtinckenden Geruchs,
laͤßt ſich leichtlich ſchmeltzen und ver-
brennen, und iſt ſchoͤner oder geringer,
nach-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
nachdem es naͤmlich mit Unreinigkei-
ten erfuͤllet, oder aber in den Gruben
angetroffen worden iſt. Er kommt aus
dem Berg Veſuvius.
Dieſer Schwefel wird zwar gar we-
nig geſuchet, weil er nicht viel nutzt, ie-
dennoch aber fragen ein und andere
darnach, die ihn noͤhig haben, derowe-
gen ſollen die Stuͤcken fein ſchoͤn gold-
gelb und glaͤntzend ſeyn, und ſoviel moͤg-
lich ohne Erde und klein Zeug.
Was ſeinen Nutz und Beſchaffenheit
belanget, davon weiß ich nichts mehr, als
daß er denjenigen Nutzen und die Be-
ſchaffenheit habe, wie die Schwefelroͤh-
ren, welche nichts anders ſind, als die-
ſer gereinigte Schwefel, wie ſolches aus
folgendem Cap. wird zu erſehen ſeyn.
DJe Schwefelroͤhren werden von
dem mineraliſchen Schwefel ge-
macht, und ſehen gelb, ſind geſchmol-
tzen, und vermittelſt des gerechten
Wallfiſchthrans und beſonderer For-
men ſolcher geſtalt zugerichtet, gleichwie
wir ſie zu ſehen bekommen. Es iſt die-
ſer Schwefel beſſer oder ſchlechter, nach-
dem er wohl gereiniget worden, und er
von dieſem oder jenem Orte gekommen,
woſelbſt ſie ihn reinigen. Wie dann
der Hollaͤndiſche weit ſchoͤner iſt, als
der von Venedig oder von Marſeille,
welches die drey Orte ſind, daher wir
den Schwefel bekommen, und allwo er
gereiniget wird. Die Herren im Ar-
ſenal laſſen wohl auch eine Menge be-
reiten, allein ſie gebrauchen ihn ſelber.
Man ſoll die Schwefelroͤhren aus-
ſuchen, welche gewiß aus Holland ge-
bracht worden, und dicke und lang ſind,
nicht zwar als ob ſie beſſer waͤren, ſon-
dern weil man ſie beſſer verkauffen kan;
dabey muͤſſen ſie goldgelb ſehen, leichte
ſeyn, und leichtlich brechen, auch
wenn man ſie in die Hand nimmt und
vors Ohr haͤlt, kniſtern, rauſchen
und zerfallen: wenn er zerfallen iſt,
ſoll er als wie Cryſtallen ſehen.
Dieſes ſind die eigentlichen Zeichen des
Hollaͤndiſchen Schwefels/ oder des
Venediſchen: den von Marſeille ſoll
man gaͤntzlich verwerffen, denn es ſind
insgemein kleine und dicke uͤbelgeſtalte
Roͤhren, und ſiehet graulicht, weil es
faſt lauter Erde. Nichts deſtominder
kan ich ſagen, daß die Marſeiller, ſeit
dem in zwey oder drey Jahren kein
Schwefel mehr aus Holland gekom-
men, ſich ſo lange bemuͤhet, bis ſie ein
Mittel gefunden, den Schwefel faſt
eben ſo gut, als beyde obgemeldte zu-
zurichten, wie denn auch ietzo die Ver-
ſtaͤndigſten damit koͤnnen betrogen wer-
den. Und es iſt allerdings die Wahr-
heit, daß wir unſere Zuflucht nicht zu
den Auslaͤndern nehmen duͤrfften, noch
uns dazu um unſer eigen Geld ausla-
chen laſſen, wenn wir nur die Muͤhe neh-
men und arbeiten wolten: Franck-
reich bringt ja alles hervor, was man
nur wuͤntſchen mag, ohne daß man noͤ-
thig habe weit darnach zu lauffen. Daß
wir aber in Unwiſſenheit gelebet, ruͤh-
ret daher, daß ſich niemahls ein Kauff-
mann unterſtanden hat zu erforſchen
und zu beſchreiben, wo dieſe oder jene
Waare herkomme, oder wie und auf
was Weiſe ſie bereitet werde. Weil
auch iederzeit nur Medici und einige
Apothecker und andere Particulir-Per-
ſonen, die ſich aber auf die Handlung
nicht verſtanden, gereiſet, und die Feder
zur Hand genommen haben, ſo iſt es ge-
ſchehen, daß die Fremden, und inſonder-
heit die Hollaͤnder, ſich dieſe unſere Nach-
laͤßigkeit und Unverſtand trefflich zu
Nutze gemacht, welches wir aber mit
GOttes Huͤlffe ferner nicht thun wol-
len; ich wenigſtens fuͤr meine Perſon,
will mich dergeſtalt auffuͤhren, daß mei-
ne Cameraden mir folgen ſollen, damit
ſie aller Muͤhe und Gefahr koͤnnen ent-
uͤbriget ſeyn, und keine Waaren von
weiten her duͤrffen bringen laſſen, die
wir ſelbſt in Franckreich verſchaffen koͤn-
nen, zum wenigſten um eben ſo guten
Preiß; damit auch der gemeine Mann
nicht weiter dergeſtalt betrogen werde,
gleichwie man in gegenwaͤrtigen gan-
tzen Wercke erſehen kan. Jch kan zwar,
ohne Aufdeckung der Fehler unſerer
Vorfahren, nicht erweiſen, was ich an-
ietzo vorgebracht, doch ſoll mich GOtt
davor behuͤten, daß ich etwa Ubels von
ihnen reden wolte, denn von Todten
muß
[]Der Spezereyen und Materialien
muß man nichts boͤſes reden; ſie koͤn-
nen ſich nicht mehr verantworten. Da-
gegen kan ich nicht umhin, ſondern muß
derer Lebenden, wenn ihrer vorhanden,
die da koͤnnen Red und Antwort geben,
ihre Unachtſamkeit an Tag legen, oder,
wenn ich anderſt ſo reden darff, den Un-
verſtand etlicher neuer Scribenten
offenbaren, welche dergleichen Unwahr-
heiten, die Materialien betreffend, hin-
geſchrieben, welche doch nie geweſen,
noch iemahls ſeyn werden, da ſie doch
viel beſſer gethan haͤtten, wenn ſie gar
nichts davon gemeldet haͤtten, als daß
ſie ſolche Dinge geſchrieben, die ſie we-
der geſehen noch verſtanden, und da-
durch verurſachet haben, daß jederman
in Unwiſſenheit lebet, ſelbſt unterſchied-
liche wackere Maͤnner, die nach ihnen
geſchrieben, als da iſt der Herr Furetie-
re/ der ſie fuͤr verſtaͤndige Leute gehal-
ten, und in gleiche Jrthuͤmer verfallen
ſind.
Jch waͤre nimmermehr ſo kuͤhne ge-
weſen, dasjenige, was ich gemeldet, hie-
her zu ſetzen, wenn ich nicht den Beweiß
in Haͤnden haͤtte, und was ich geſchrie-
ben, einem ieden vor die Augen legen
koͤnte. Wir kehren demnach wieder zu
unſeren neuen Scribenten, welche ſa-
gen, daß die Schwefelroͤhren, oder der
gemeine Schwefel, den ſie Schwefel in
Magdaleonibus heiſſen, von lebendigen
Schwefel gemacht ſey. Jſt wohl ge-
geben: und wuͤrde eben ſoviel ſeyn, als
wenn ich Zinn zu Bley machen wolte,
denn der lebendige Schwefel iſt viel
theurer als die Roͤhren, ob jener ſchon
natuͤrlich, und dieſe mit Muͤhe bereitet
worden ſind. Haͤtten nun dieſe Her-
ren ihn fein genau durchforſchet, und
ſich die Muͤhe genommen, ihn zu ſchmel-
tzen und zu laͤutern, ſo wuͤrden ſie wohl
geſehen haben, ob ſie ihn alſo zuzurich-
ten vermocht, wie ſie doch ſagen, daß
er wuͤrde, nachdem er gelaͤutert wor-
den: ſo aber haben ſie ſehr wohl gethan,
denn ſie ſonſt demjenigen gleich geweſen
waͤren, der einem Mohren den Kopf
wuſch und ihn weiß machen wolte.
Dem aber ohnerachtet, ſind wir ihnen
ſowohl als den Verſtorbenen, allen
Danck ſchuldig, denn es iſt kein Buch
ſo ſchlecht, in welchem man nicht etwas
gutes finden ſolte: diß aber befinde ich
unrecht, daß ſie von Dingen geſchrieben,
deren ſie keine Kenntnuͤß gehabt. Die-
ſemnach darff man nicht ferner glau-
ben, daß der gelbe oder gemeine Schwe-
fel, oder die Schwefelroͤhren von leben-
digen Schwefel gemacht ſey, ſondern
er wird vom mineraliſchen Schwefel
bereitet, denn dieſer iſt von Natur gelb.
Wer es nicht glauben kan, demſelben
will ich den natuͤrlichen, zuſamt dem-
jenigen, den ich gemacht habe, ſehen
laſſen, ihn auch in ſeiner Gegenwart
machen, denn es meine groͤſte Freude iſt,
wenn ich iemand dergleichen Jrrthum
benehmen, hingegen die Wahrheit er-
weiſen kan, und dieſes weder um Geld
noch Gewinſts willen.
Es giebt noch mehr Sorten Schwe-
fel durch Kunſt bereitet, wie ich auch
bereits erinnert habe; ſolches aber ruͤh-
ret blos von den unterſchiedenen Laͤn-
dern und Formen her, darinne er ge-
goſſen worden, wie auch von der unter-
ſchiedlichen Bereitung: denn alſo iſt
der gruͤne Schwefel von Marſeille inGruͤnerer
Schwefel
von Mar-
ſeille.
kleinen dicken Roͤhren, welchen man
auch, der Sage nach, beſſer zum diſtil-
liren brauchen kan, gleichwie aus fol-
genden zu erſehen.
So giebt es auch ohne die zwey Ar-
ten des natuͤrlichen Schwefels, deſſen
wir uns insgemein bedienen, noch zwey
andere, allein ſie ſind bey uns nicht gar
zu gemeine, weil ſie nicht nur von fer-
ne kommen, ſondern auch nicht in der
Menge zu haben ſind.
Der erſte und ſchoͤnſte iſt der Schwe-Schwefel
von Quito.
fel von Quito, welcher goldfarbicht,
und wie die gelbe Carabe geſtalt iſt, und
wird haͤuffig um die Goldgruben gefun-
den.
Der zweyte kommt von Nicara-Schwefel von
Nicaragua.
gua/ und iſt als eine gelblichte Maſſa,
demjenigen durchaus gleich, den man
vor einigen Jahren in einem Hauffen
Erde, welcher bey den S. Martins-Schwefel von
S. Martin
zu Paris.
thore umgegraben wurde, gefunden
ward, wie ein und andere Perſonen
bezeugen koͤnnen, die ihn ſelbſt aufgele-
ſen.
Der dritte iſt der Schweitzeriſche,Schweitzeri-
ſcher Schwe-
fel.
und dem von Ouito ziemlich aͤhnlich;
anderer mehr zu geſchweigen, denn wir
nicht damit handeln.
Der Gebrauch der Schwefelroͤh-
ren
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
ren iſt maͤnniglich alſo bekannt, daß ich
nichts davon gedencken mag, als daß er
auch zum Stuͤckpulver genommen wer-
de; deswegen moͤgen diejenigen, die ihn
in groſſen Partheyen ins Arſenal ver-
kauffen, anſagen, ob er etwa ſchad- oder
mangelhaft, denn mit groſſen Herren
iſt nicht gut ſchertzen: und eben darum,
weil ſo groſſe Gefahr dabey, die Ober-
aufſeher des Arſenals ihn auch ſelbſt
bringen, und an unterſchiedlichen Or-
ten, z. E. zu Etonne, reinigen laſſen,
deshalben lieffern die Spezereyhaͤndler
keinen mehr. Die Paretkramer ma-
chen die zarten Leinwanten, in Franck-
reichGazes genannt, damit weiß, des-
gleichen noch andere ihre Arbeit, denn
es iſt nichts auf der Welt, das die Wolle
weiſſer machet, als der Schwefel, dage-
gen ſchwaͤrtzet er das Silber gar ſehr.
Zur Artzney wird er gleichergeſtalt
einiger maſſen gebraucht, nicht nur zu
ein und anderen Artzeneyen, ſondern es
werden auch ein Hauffen Chymiſcher
Sachen daraus verfertiget, inmaſſen
aus folgenden zu erſehen.
Es iſt eines der kraͤftigſten Mittel wi-
der die Kraͤtze, allein man muß wiſſen
ihn recht zu gebrauchen, ſonſten verhin-
dert er, daß ſie nicht recht ausſchlagen
kan, und verurſachet allerhand Zufaͤlle,
ja wohl gar den Tod.
DJe Schwefelblumen ſind Schwe-
fel, der in gewiſſen, ausdruͤcklich
hierzu verfertigten Toͤpfen verbrannt,
und zu ſolchen Blumen gemachet wor-
den iſt, dergleichen wir zu ſehen bekom-
men. Die ſchoͤnſt- und beſten Schwe-
felblumen kommen aus Holland, je-
doch anietzo, und ſeit dem man ſie auch
zu Marſeille/ Rouan und ſelbſt in
Paris bereitet, gar ſelten. Die rech-
ten Hollaͤndiſchen Schwefelblu-
men werden uns, als wie der Stil de
grain, in Kuchen gebracht, und ſind ſehr
leichte, laſſen ſich uͤbel zerreiben, und
ſind mehr weiß als gelb. Allein, weil
der Geitz allenthalben regieret, der
Krieg auch ie mehr und mehr uͤberhand
genommen, ſehen wir ſie nicht mehr, ſo
daß anietzo die Marſiliſchen Schwe-
felblumen die ſchoͤnſten ſind, welche
dennoch, und ob ſie auch gleich noch ſo
ſchoͤne, den Hollaͤndiſchen nicht bey-
kommen, als welche, wenn ſie, wie ſichs
gebuͤhret, beſchaffen ſind, uͤber die maſ-
ſen fein ſeyn, das iſt, als ein unbegreiff-
liches, gantz zartes und leichtes Pulver,
dabey goldgelb ſehen, und ziemlich lieb-
lich ſchmecken.
Die dritte Gattung, ſind die zu Rou-
an bereitet werden, und insgemein
weißlicht gelb: ſind aber nichts anders,
denn Schwefel, der durch ein heftiges
Feuer aufgetrieben, und mit recht fein
geſtoſſenem Mehle oder Kraftmehl ver-
miſchet worden, deswegen ſie auch ſol-
len verworffen werden, ſowohl als alle
diejenigen, welche ein Hauffen Leute in
Paris von Haus zu Haus herumtra-
gen, und lauter Staub von Hollaͤndi-
ſchen Schwefel iſt, der geſtoſſen uñ durch
ein gantz zartes taffetes Sieb geſtaͤubet
worden. Andere aber reiben ihn,
gleichwie man vor dieſen zu Charen-
ton thate, damit er deſto feiner werde.
Damit nun allen dergleichen Betruge
vorgebauet werden moͤge, ob man ihn
ſchon ſonſten auch gar leichtlich entde-
cken kan, ſo ſey diß eine Hauptregel fuͤr
diejenigen, die ſie, verſtehe die Schwe-
felblumen, noͤthig haben, und ein ge-
wiſſes Zeichen, daß ſie verfaͤlſchet und
nicht nach den Regeln der Kunſt berei-
tet worden, wenn ſie das Pfund um
7. oder 8. Sols bekommen koͤnnen, und
der Schwefel koſtet doch 4. Sols: es iſt
unmoͤglich recht gute Schwefelblu-
men, in dicken, leichten, eryſtallinen
und goldgelben Stuͤcken, wie ſie ſeyn
ſollen, zu bereiten, daß ein Pfund nicht
zum wenigſten 30. Sols koſten ſolte, da
doch der Centner Schwefel mehr nicht
als 15. Francken koſtet.
Deswegen laſſe man ihm geſaget
ſeyn, und ziehe die Hollaͤndiſchen
Schwefelblumen allen andern vor;
nach dieſen nehme man die Marſili-
ſchen. Hingegen verwerffet die von
Rouan und Paris gaͤntzlich, denn ſie,
naͤmlich die falſchen, die die Hauſirer
herum tragen, ſind nicht werth, daß ſie
iemand gebrauchen ſoll.
Die aufrichtig bereiteten Schwe-
E e efel-
[]Der Spezereyen und Materialien
felblumen ſind ein natuͤrlicher Bal-
ſam fuͤr die Lunge, und mit ſo vielen
herrlichen Eigenſchaften verſehen, daß
ich nicht wuͤrde zum Ende kommen,
wenn ich ſie alle beſchreiben wolte.
Man macht auch zuweilen die
Schwefelblumen auf eine andeꝛe Aꝛt,
und thut figirten Salpeter oder das Sal
polychreſtum dazu: und dieſes iſt die
Weiſe, weñ wir ſie weiß machen wollen.
Allein es wird wenig darnach gefraget,
welches auch verurſachet, daß ſie gar ſel-
ten bereitet werden, ob ſie gleich herr-
lich ſchoͤne Kraͤfte haben, auch ſich weit
beſſer dann die andern einnehmen laſ-
ſen.
DAs Schwefelſaltz kan man auf
vielerley Weiſe zurichten: doch ſoll
man allezeit den leichteſten Weg erweh-
len, inſonderheit, wenn er von denen an-
dern wenig oder gar nicht unterſchieden
iſt; denn es iſt eine allgemeine Regel,
daß man ſich uͤber keine Muͤhe beſchwe-
ren ſolle, wenn man etwas dem gemei-
nen Beſten nuͤtz- und erſpriesliches ver-
richten kan. Und derowegen ſoll auch
dieſes Saltz dergeſtalt bereitet werden,
als wie der Herr Charras in ſeiner
Apotheckerkunſt p. 887. gelehret hat,
dahin dann der Leſer mag gewieſen
ſeyn. Es beſtehet aus gelaͤutertem
Salpeter und Schwefelſpiritus, dar-
aus man vermittelſt einer Retorte, im
Sandfeuer, eine weiſſe Maſſa bekommt,
welche recht herrliche Tugenden bey ſich
fuͤhret. Auch kan man es mit dem Sale
polychreſto, ſo wie daſſelbe aus dem Tie-
gel kommt, und ſonſt auf allerhand Ar-
ten zubereiten, welche man in den Buͤ-
chern, die von der Chymie handeln, fin-
den kan: iedennoch aber mag man ſich
immer an dieſe Bereitung halten, um
ſo viel mehr, weil ſie ſich gar leichtlich
practiſiren laͤßt, und von einem Man-
ne beſchrieben worden iſt, der ſie gewiß-
lich nicht wuͤrde ans Licht geſtellet ha-
ben, wenn er ſie nicht ſelbſt vorher pro-
biret und verſuchet haͤtte.
Das Schwefelſaltz wird zu Maͤſ-
ſigung der Fieberhitze, in ordentlichem
Getraͤncke zerlaſſen, ſehr ſtarck gebrau-
chet, doch hat es kein gewiſſes Maas
oder Gewichte, denn man kan ſoviel
drein thun, bis es eine angenehme
Saͤure uͤberkommen.
DJe Schwefelmilch wird von
Schwefelblumen und Weinſtein-
ſaltze bereitet, welche mit einander ge-
kocht, und mit diſtillirten Eßig zu einem
weiſſen Pulver niedergeſchlagen wer-
den, welches, wenn es trucken worden,
eine weiſſe Farbe haben muß, und wird
fuͤr die Lunge und fuͤr die Engbruͤſtigen
gar dienlich erachtet.
DEr Swefelgeiſt iſt ein liquor, den
man mit Huͤlffe des Feuers, und
vermittelſt ſonderlicher Toͤpfe aus dem
gruͤnen Schwefel ziehet, gleichwie der
Herr Charras, Lemery, und andere
mehr gezeiget, die ihm auch zweyerley
Namen gegeben, nachdem er naͤmlich
eine Farbe hat und ohne phlegma iſt.
Denn er heißt Schwefelſpiritus,
wenn er iſt, wie er aus den Toͤpfen
kommt; da er dann, wann er gebuͤh-
rend beſchaffen, ſo klar wie Waſſer ſeyn,
angenehme ſaͤuerlich ſchmecken, und das
blaue Papier, darauf er geſtrichen
wird, roth anfaͤrben muß. Allein die
beſte Proba iſt, wenn man ihn bey recht-
ſchaffenen ehrlichen Leuten kaufft. DerSchwefeloͤl
oder rectifi-
cirter Schwe-
felſpiritus.
andere iſt der, dem die uͤberfluͤßige
Waͤſſrigkeit oder das phlegma benom-
men worden, und der eine goldgelbe
Farbe uͤberkommen hat, der auch uͤber
alle maſſen ſtarck iſt, ſo daß man ihn
nicht
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
nicht auf der Zunge leiden kan. Die-
ſem liquor hat man, ob es ſchon eigent-
lich nicht recht iſt, den Namen Schwe-
feloͤl, ertheilet.
Vor einigen Jahren hatte ſich ein
bleßirter Soldat auf das Schwefeloͤl-
machen geleget, welches er auch von La-
den zu Laden herum trug: derſelbe
brachte zu Zeiten etwas recht gutes;
weil er aber ein wenig zu liederlich war,
und ein Glas Wein mehr liebte, als
was er mit gutem Gewiſſen erwarbe,
ſo verkauffte er unterweilen denenjeni-
gen, die es nicht kenneten, und ſonder-
lich den Weinſchencken, die deſſen eine
gute Menge verbrauchen, ſolch Oel,
welches nichts anders war, als Eßig, mit
Vitriolwaſſer oder phlegma vermiſchet.
Dannenhero, ſey man gewarnet,
und kauffe ja niemahls den Schwefel-
ſpiritus bey jemand anders als bey red-
lichen Leuten, und gebe Acht, daß er
nicht nachgemachet ſey, entweder mit
Vitriolſpiritus, oder vielmehr das
phlegma, und Eßig, oder mit Waſſer,
darein man etliche Tropfen Scheide-
waſſer getroͤpfelt hat, wie einige ſolche
liederliche Tropfen und Hauſirer zu
thun pflegen, ſehe dabey nicht auf den
Preiß, und erkauffe ihn bey bekannten
und rechtſchaffenen Leuten.
Vor weniger Zeit hat man entdecket,
daß nichts nicht als der Schwefelſpiri-
tus oder vielmehr das Schwefeloͤl dem
Peridot den Glantz geben koͤnne, gleich-
wie im Buch von Edelſteinen wird zu
erſehen ſeyn. Man faͤrbet auch die
Blumen damit, welche wir immortelles,
unvergaͤngliche, oder Amaranthen zu
nennen pflegen.
DEr Schwefelbalſam wird auf
zweyerley Weiſe bereitet: erſtlich,
mit gruͤnem Anisoͤl und aufrichtigen
Schwefelblumen, die man mit einan-
der zergehen laͤßt, und hernachmahls
Mit Anisoͤl
zugerichteter
Schwefel-
balſam.Balſamum ſulphuris aniſatum, den mit
Anisoͤl zugerichteten Schwefelbalſam
benennet, ihm auch groſſe Kraft zu-
ſchreibet/ gleichwie aus folgenden wird
zu erſehen ſeyn.
Charras ſagt in ſeinem Buche pag.
470. daß einige glaubeten, die Kraͤfte
dieſes Balſams kaͤmen denen Kraͤften
des natuͤrlichen Balſams ziemlich bey,
dieweil er gleichergeſtalt erwaͤrme und
ſittiglich trockne, und vor der Faͤulung
bewahre: ſo iſt er auch wider alle Zu-
faͤlle der Bruſt, und abſonderlich wider
den Huſten, Engbruͤſtigkeit und Lun-
gengeſchwuͤre beruͤhmet. Er dienet
desgleichen wider die Bloͤdigkeit des
Magens und Unverdaͤulichkeit, bringet
den Appetit wieder, und ſtillet die Ble-
hungen und alle Arten der Colica. Jn-
gleichen wird er gelobet, daß er wider
die Peſt, morbos epidemicos und Land-
Seuchen, Veneriſche Kranckheiten, an-
haltende und nachlaſſende Fieber, auch
wider die fallende Sucht dienlich ſey.
Man nimmt ihn in einem oder dem an-
dern dienlichen liquore ein, von 3. bis
auf 10. und 12. Gran. So kan man
ihn auch auf den Nabel ſtreichen, wenn
man einen ſchwachen Magen oder die
Colica hat.
Das diſtillirte Anisoͤl koͤnte wohl
auch zur Bereitung dieſes Balſams ge-
brauchet werden, alleine, weil es fluͤch-
tig iſt, und daher viel mehr verflieget
als das gruͤne, man auch das Glas
nimmermehr ſo wohl verſtopfen koͤnte,
daß der Balſam nicht ſolte einen ziem-
lichen Abgang an der Quantitaͤt leiden,
deshalben brauchet man das ausge-
preßte Oel dazu.
Der andere iſt der gemeine Schwe-
felbalſam/ und wird mit Nußoͤl, das
ohne Feuer iſt bereitet worden, von
Schwefelblumen, Weinſteinſaltz, und
weiſſen Wein, unter einander vermi-
ſchet, gemacht, und hat gar feine Ei-
genſchaften, denn er iſt gut die rohe un-
verdauliche Materie, die ſich in dieſen
oder jenen Theil des Leibes geſetzet hat, zu
digeriren, zu zerſtreuen uñ zu zertheilen:
man ſchmieret ſich auch aͤuſſerlich da-
mit, und er iſt das Grundſtuͤck des
Schwefelpflaſters.
Etliche nehmen an ſtatt des Nußoͤls,
ſuͤſſe Mandeloͤl, weiß Mohnoͤl, und Ter-
pentinoͤl zur Bereitung dieſes Bal-
ſams, welche Veraͤnderung dennoch ſei-
ne Wirckung nicht verhindert; kan al-
ſo ein ieder nach ſeinem Belieben damit
E e e 2ver-
[]Der Spezereyen und Materialien
verfahren. Etliche thun auch Myr-
rhen, Aloe, Saffran und dergleichen
dazu.
Von Neapolis bringt man uns,
auſſerhalb des Schwefels, eine Erde
oder gelben Stein, welchen der Berg
Neapolitani-
ſches Gelb.Etna auswirfft, und wir Neapolita-
niſches Gelb zu nennen pflegen; daſ-
ſelbe wird von den Mahlern ge-
braucht.
Dieſe Erde iſt ſehr rar, und wenn
ſie gebuͤhrend beſchaffen ſeyn ſoll, ſo
muß ſie ſandicht ſeyn, und ſo hoch an
Farbe, als nur moͤglich. Dieſe Erde
iſt ein in der Erde gekochter Schwefel,
und deswegen alſo trucken, daß ſie ſich
zerreiben laͤßt.
DJe Naphtha/ oder Bitume limo-
neux, iſt ein Hartz oder Leimen, der
ſich in Europa an vielen Orten finden
laͤßt, und der Name Maltha iſt ihm
zu voͤrderſt von einem Hartze gegeben
worden, welches bey Comagena in
Sorien gefunden wird. Plinius
meldet, daß dieſes Hartz dermaſſen kle-
bricht ſey, daß es ſich an alles hencke,
was es nur antrifft: und daher ſoll
auch der Name Maltha entſtanden
ſeyn, denn man erzehlet, daß es den
von dem Lucullus belagerten Samo-
ſatenern trefflich zu ſtatten gekommen,
ſintemahl, ſobald nur ein Soldat von
dieſem Leimen beruͤhret worden, habe
es alſobald in deſſen Waffen hinein ge-
brannt, und ſey nicht eher zu loͤſchen
geweſen, bis man Erde drauf geworf-
fen: denn alles Hartzes Eigenſchaft iſt,
ie mehr man Waſſer drauf geußt, ie
mehr entzuͤndet es ſich. So findet ſich
auch eine Gattung Hartz nahe bey Ra-
guſa in Griechenland, welches wie
Pech riecht, und eben alſo gebrauchet
wird: u. dieſem hat man den Titel Mal-
Natuͤrliches
Piſſaſphal-
tum oder
Erdpech.tha und natuͤrliches Piſſaſphaltum
oder Erdpech gegeben. Weil aber
beyde Sorten der Maltha uns unbe-
kannt, wir auch ſie in Franckreich nicht
zu ſehen bekommen, deshalben will ich
nur von derjenigen, die man in Au-
vergne findet, handeln.
Das Hartz aus Auvergne iſt eine
Gattung Pech, eines ziemlich haͤßlichen
Geruchs, und wird zwiſchen Clar-
mont/ Montferrant und Rion/ an
einem Orte, Puis de Pege, und zwar
in ſo groſſer Menge gefunden, daß es aus
der Erden herausquillt, welches denen
vorbeygehenden groſſe Ungelegen-
heit verurſachet, denn es ſich der-
maſſen veſte ihnen an die Fuͤſſe henget,
daß ſie mit Muͤhe und Noth von dem
Platze wegkommen koͤnnen, ofters muͤſ-
ſen die Reiſenden die Schuhe im Stiche
laſſen. Dieſe herrliche Waare nun
laſſen einige Tabuletkraͤmer trucken
werden, und verkauffen ſie hernach
den Spezereykraͤmern, Apotheckern
und andern, die ſich nicht ſonderlich auf
die Materialien verſtehen, fuͤr wahr-
haften Judenleim, ob es ſchon gantz
leichtlich an dem haͤßlichen Geſchmacke
mag erkennet werden, da im Gegen-
theil das rechte Judenpech faſt gar nicht
riecht: deswegen und um dieſes ſtin-
ckenden Geruchs willen haben es etliche
Aſa fœtida und Teufelsdreck genennet.
Es giebt zwar noch eine gar groſſe
Menge anderer Arten Hartz, die aus der
Erde kommen, allein, weil wir damit
nicht handeln, indem wir ſie nicht ha-
ben, deshalben will ich auch davon gar
nichts gedencken.
DJeſe iſt ein Oel, das unterſchiedene
Farben hat, und aus einem Felſen
rinnet, der in dem Thale Montfeſtin/
im Hertzogthum Modena lieget. Die-
ſes Oel iſt nur vor einigen Jahren,
durch einen, Namens Roque Foura/
der in dem Staͤdtlein Pra/ bey Brian-
ſon im Oberdelphinat gebohren und
wohnhaft war, bekannt gemachet wor-
den, und von demſelben habe ich auch
folgenden Bericht bekommen; ſo hat
er mir auch unterſchiedliche Sorten
Naphtha
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
Naphtha verkauffet, die ich auch an-
noch habe.
Die Naphtha aus Jtalien oder
von Montfeſtin, kommt aus einem
Felſen, der in einem Gebirge liegt, da-
hin ſie durch die unterirdiſchen Adern ge-
leitet worden, und wird als ein Oel,
das unterſchiedliche Farben hat, ver-
mittelſt gewiſſer Canaͤle und Keſſel, die
es von einander ſondern, geſammlet:
oder beſſer zu reden, der Hertzog von
Sara und Darce/ und Marquis
Orpia im Hertzogthum Modena,
dem ermeldter Felſen zuſtehet, hat ku-
pferne Rinnen oder Roͤhren machen
laſſen, welche ſolchergeſtalt geleget ſind,
daß ſie das Oel unmittelbar empfangen,
welches hernach vermittelſt dieſer Roͤh-
ren in die kupfernen Keſſel faͤllt, und
darinne aufgefangen wird. Dieſes Oel
veraͤndert die Farbe, nachdem es mehr
oder weniger von der Sonne entfernet
iſt; denn, welches an der Seite, die die
Sonne beſcheinet, hervorkommt, iſt
Naphtha von
unterſchiede-
ner Farbe.weiß wie Waſſer, und wird fuͤr das
beſte gehalten; das an der andern Seite
aber iſt roth/ als wie Wein; das auf
dieſes folget, iſt gelb, nach dieſem kommt
das gruͤne, und endlich das an der an-
dern Seite des Felſens, dem Weiſſen
gegen uͤber, iſt ſchwartz.
Die weiſſe Naphtha/ welche wir
auch das weiſſe Peteroͤl zu nennen
pflegen, nicht allein, weil es weiß, klar
und ſchoͤn iſt, ſondern auch, weil es ſich
mit keiner eintzigen Sache auf der Welt
vermiſchen laͤßt, indem es viel leichter
iſt, als alles dasjenige, das man drun-
ter miſchen will, und allzeit oben auf
ſchwimmet; wie ingleichen ſeines ſtar-
cken und durchtringenden Geruchs hal-
ber, der ſich dem Schwefelgeruch ver-
gleichet, und es uͤberaus fluͤchtig macht,
und daß es Feuer faſſet, welches denen-
jenigen zur Nachricht dienen kan, die es
verkauffen, damit ſie ſich als wie mit dem
Pulver wohl in Acht nehmen moͤgen.
Die herrlichen Eigenſchaften dieſes
Oels ſind Urſache, daß ich nichts weiter
davon vermelden, ſondern den Leſer
auf diejenigen Zettel weiſen werde, die
obgemeldter Roque Foura drucken
laſſen, daſelbſthin koͤnnen diejeni-
gen, die ſie zu wiſſen verlangen, ihre
Zuflucht nehmen. Was die rothe,
gelbe und gruͤne Naphtha betrifft, die
werden ſo wenig gebraucht, daß wir ſie
auch nicht einmahl zu Geſichte bekom-
men: uͤberdiß vermiſchen ſie die Jtalie-
ner mit der ſchwartzen, bevor ſie die-
ſelbe zu uns ſenden. Und eben darum
iſt das Peteroͤl, das wir aus Jtalien
bekommen, hellroth und gelblicht, da
es doch dicke und ſchwartz ſeyn ſolte, ſo
wie es aus dem Felſen tringet; und hat
einen annoch ertraͤglichen Schwefel-
geruch. Weil dieſes Oel ziemlich theu-
er iſt, deswegen ſchieben etliche ein ver-
faͤlſches Peteroͤl dafuͤr ein, gleichwie aus
folgenden wird zu erſehen ſeyn.
DAs Peteroͤl/ oder das ſchwartze
Oel von Gabian iſt ein fluͤßiges
Hartz, welches aus der Erde hervor trin-
get, und durch die unterirdiſchen Canaͤle
uͤber das Waſſer eines kleinen Fluͤß-
leins, nahe bey dem Doͤrfflein Gabian
in dem Bißthum Bezieres in Lan-
guedoc gelegen, ſich ergieſſet. Vor
dieſem war dieſes Oel alſo gemein und
uͤbrig, daß man nicht viel darnach frag-
te, denn man kunte in einem Tage eine
ziemliche Menge deſſelbigen ſammlen,
anietzo aber wird es nur alle Morgen
geſchoͤpft, und der Ort, wo man es
ſammlet, iſt mit Mauren umgeben, und
wird von einem Manne bewahret.
Man hat mich berichtet, daß der Bi-
ſchoff von Bezieres groß Einkommen
davon haͤtte, doch ietzo bey weiten nicht
ſo viel, als wie vor dieſem.
Dieſes Oel ſoll eine mittelmaͤßige
Conſiſtentz und Dicke haben, nebſt einem
ſtarcken durchtringenden Geruch und
ſchwartzer Farbe.
Man nehme ſich in Acht, daß es kein
dickes Terpentinoͤl ſey/ welches mit
Theer und ſchwartzem Peche gefaͤrbet
worden. Die beſte Kundſchafft, die ich
davon mitzutheilen vermag, iſt dieſe,
man kauffe es bey redlichen Leuten, die
nicht faͤhig ſind eines ſtatt des andern
E e e 3zu
[]Der Spezereyen und Materialien
zu verkauffen, und kehre ſich nicht an
den wohlfeilen Kauff.
Das ſchwartze Peteroͤl aus Jta-
lien oder das von Gabian wird wenig
zur Artzney gebraucht, das meiſte ver-
thun die Schmiede und Feuerwercker.
Es giebt auch noch andere Sorten
Peteroͤl, oder Hartz, die an vielen Or-Allerhand
Arten Hartz.
ten und Enden in der Welt gefunden
werden, als da iſt, das Hartz von Ca-
lao/ Surinam und Copal; weil wir
aber deren keines haben, auch nicht da-
mit handeln, deshalben will ich auch
nichts davon vermelden.
DJe Sineſiſche Dinte iſt ein harter
dichter Teig, den die Sineſer/ nach
dem Berichte etlicher Scribenten, aus
einer ſchwartzen, hartzichten Erde ma-
chen, die ſie zu Pulver ſtoſſen und mit
Tragant einen Teig bereiten, aus die-
ſem aber kleine Stuͤcklein formiren, die
ſie, nachdem ſie einige Chineſiſche Buch-
ſtaben und Zeichen drein getruckt, truck-
nen laſſen, und verkauffen, ſo wie wir
ſie zu Geſichte bekommen. Weil ich
aber nicht eigentlich erfahren koͤnnen,
woraus ſie beſtehe, als will ich ſagen,
daß man diejenige erwehlen muͤſſe, wel-
che aufrichtig Chineſiſch Gut iſt, denn
dieſelbe weit beſſer, als die, welche in
Holland gemacht wird, welches man
auch unſchwer mercken kan, indem die
Hollaͤndiſche kleine platte, graulicht
ſchwartze Stuͤcklein, hingegen die Chi-
neſiſche in kleinen viereckten, des Fin-
gers langen und dicken Stuͤcklein oder
Kuchen iſt, und ſo ſchwartz ſiehet, als
Gagat.
Die Chineſiſche Dinte dienet zum
ſchreiben auf die Landcharten; kurtz, ſie
wird von denenjenigen, die etwas mit
ſchwartz zeichnen wollen, gebrauchet,
denn es iſt eine Dinte, die man bey ſich
fuͤhren kan.
DAs Stuͤckpulver wird von Salpe-
ter, Schwefel und Kohlen, aus
Weiden oder andern leichten Holtze ge-
brannt, und mit Eßig zuſammengeſetzt,
und vermittelſt beſonderer Siebe oder
loͤcherichten Jnſtrumente ſo grob und
ſo klar, als man nur will, gemachet.
Doch will ich mich nicht lange dabey
aufhalten, denn mir die rechte Weiſe,
wie es gemachet wird, unbekannt iſt,
wiewohl ich auch keinem Kauffmanne
rathen will, daß er es verkauffe, wenn
es nicht ſein eigentliches Thun und
Handlung iſt, weil zuviel Gefahr da-
bey.
Ende des Buchs von Hartzen.
DUrch das Wort Stein verſtehe ich einen harten und dichten
Coͤrper/ der ſich weder im Feuer ſchmeltzen/ noch unter dem
Hammer ausdehnen laͤßt, und mit der Zeit in der Erde for-
miret wird/ und ein Geſchlechte der Mineralien iſt.
Jch werde aber dieſes Capitel in zwey Claſſen abtheilen,
und in denenſelben die Edlen und gemeinen Steine vorſtellen. Durch die
Edelſteine verſtehe ich diejenigen, welche theuer ſind/ entweder weil ſie
gar rar und ſeltſam, oder weil ſie aus der Ferne kommen, anbey ſehr harte,
klein und glaͤntzend ſind: durch die gemeinen aber verſtehe dieſelben, die
bey uns gantz gemeine und unwerth ſind.
So will ich demnach bey dem Hyacinthe anheben/ welcher unter allen
denenjenigen, die wir verkauffen/ der ſchoͤnſte iſt/ von dem wir auch den
meiſten Nutzen ziehen. Doch dieſes muß man wiſſen/ daß ich allein von
denen/ die wir verkauffen/ geſonnen bin zu handeln/ und nicht von den
Steinen/ welche die Juwelirer und Edelgeſteinſchneider verkauffen/
denn darauf verſtehe ich mich nicht.
DEr Hyacinth/ den man zur
Artzney gebraucht, iſt ein
Stein, deſſen es drey Sor-
ten giebet, naͤmlich einen
weiß und roͤthlichten,
welches ein kleiner Stein iſt, in der
Groͤſſe und Geſtalt eines mittelmaͤßigen
Saltzkorns, ziemlich zarte, von obge-
dachter Farbe, daher er auch den Na-
men uͤberkommen hat.
Der andere iſt auswendig und in-
wendig roͤthlicht, von Natur wie ein
Diamant geſchnitten, und wird gemei-
niglich in Polen/ Boͤhmen und Schle-
ſien, auch in Jtalien gefunden. Es
giebt auch zuweilen weiſſe Hyacinthe
unter die rothen, gelben und andere
vermiſchet. Allein, weil dieſe und der-
gleichen Arten des Hyacinthes nur von
ſolchen Apotheckern und Tabuletkra-
mern gebrauchet werden, die entweder
wohlfeil einzukauffen ſuchen, oder aber
die andern gar nicht kennen, derowegen
ſollen ſie gaͤntzlich verworffen werden,
denn ſie ſind nur Sand und Kies; wie
auch eine andere Gattung falſcher Hya-
cinthen, welches kleine Steinlein ſind,
in Groͤſſe eines Nadelknopfs, roth und
glaͤntzend. Dieſe werden ſehr oft in
Franckreich gefunden, vornehmlich in
Auvergne/ und wir pflegen ſie JargonsJargons.
grobe oder falſche Hyacinthe zu nennen.
Die nun der Hyacinthen zu derjeni-
gen compoſition, die ihren Namen fuͤh-
ret,
[]Der Spezereyen und Materialien
ret, noͤthig haben, dieſelben ſollen auch
keine andere, als die weiß und roͤthlichten
dazu gebrauchen, denn dieſe ſind die
rechten, und oriental, und brauchen,
wenn ſie zur Artzney kommen ſollen,
keiner andern Zubereitung, als daß ſie
zu einem zarten unbegreifflichen Pul-
ver muͤſſen gerieben werden.
DJeſe iſt eine fluͤßige oder feuchte
Hertzſtaͤrckende Lattwerge, von
Hyacinthen, rothen Corallen, orienta-
liſchen Bolus, Siegelerde, von iedem 9.
Loth, Kermesberen, Cꝛetiſchen Diptam,
Tormentillwurtz, geſchaͤlten Citronker-
nen, Saffran, auserleſener Myrrhe,
Provinsroſen, Sandal, Hirſchhertz-
creutzen, geraſpelten Hirſchhorn und
Helffenbein, Sauerampfer- und Por-
tulac-Samen, eines ieden 2. Quintlein
und 2. Scrupel, rothen Sapphir,
Schmaragd, Topas, feinen Perlen,
roher Seide, Gold- und Silberblaͤttlein,
von ieden 16. Scrupel, ſo 5. Quintlein
und 1. Scrupel machen, Moſch und
Ambra von ieden 40. Gran, oder ein
halb Quintlein und zehen Gran. Alle
dieſe Stuͤcke werden geſtoſſen, und die
Steine auf einem Porphir oder Reibe-
ſteine wohl untereinander gerieben, und
daraus, mit Limonen oder Nelckenſy-
rup eine feuchte Lattwerge gemacht,
gleichwie in des Herren Charras und
Bauderons Apotheckerkunſt ange-
mercket iſt, woſelbſt ſie diejenigen, die ſie
zu machen verlangen, finden koͤnnen.
Es ſoll aber dieſe Confectio von rech-
ter Dicke ſeyn, friſch und getreulich be-
reitet, roth als wie Vermillon und auf
gelb ſich ziehend. Doch ſollen, die die-
ſe confection bereiten, den Moſch
und Ambra, ohne Gutbefinden recht-
ſchaffener Medicorum, nicht drein thun,
denn der meiſte Theil dererjenigen, die
ſie verlangen, wollen ſie ohne Moſch
und Ambra haben, weil dieſe beyde
Stuͤcke dem Weibesvolcke gar ſehr zu
wider ſind; oder, wenn ſie ja dieſelbe
damit zurichten, ſollen ſie ſelbige abſon-
derlich thun, das iſt, ſie ſollen ſie mit
und ohne Moſch haben.
Die Confectio de Hyacintho, nach den
Regeln der Kunſt gemacht, wird in der
Medicin gar ſehr gebraucht, wegen ih-
rer vortrefflichen Tugenden, denn ſie
ſtaͤrcket das Hertze, widerſtehet dem
Gifte, und ihr werden eben dergleichen
Kraͤfte beygelegt, als wie der Alkermes
Confection, wie ſie denn auch auf eben
dieſelbe Art gebrauchet wird. Jn dem
Lioniſchen Gebirge/ in Provence
und Languedoc brauchen ſie dieſe
Confection ſo ofte, daß wenig Leute ſind,
die nicht ſolten ein Buͤchslein mit die-
ſer oder der Alkermes Confection bey
ſich fuͤhren, und alle Morgen, ſobald ſie
nur aufgeſtanden, etwas davon zu ſich
nehmen.
Weil dieſe Confection ſo theuer iſt,
und dennoch ſo ſtarck vertrieben wird,
hat ſolches einen Hauffen liederlicher
Leute veranlaſſet, ſie auf eine ſolche laͤ-
ſterliche Weiſe zu verfaͤlſchen, daß ich
auch nicht einmahl ſagen mag, womit
ſie es verrichten, denn etliche nehmen
blos gekochten Honig dazu, geſtoſſenen
Bolus, Myrrhen und Kupferblaͤtter:
andere aber, die noch ein wenig gewiſ-
ſenhafter ſind, nehmen Saffran, der
in Orange waͤchſt, auch wohl nur Saff-
ranum und Safflor: und deshalben
ſind auch alle dieſe Tabulettraͤger be-
flieſſen dieſe Confectionen und Theriac
herum zu tragen, denn ohne dieſe drey
Stuͤcke wuͤrden ſie es den andern
ſchwerlich gleich thun koͤnnen. So giebt
es auch faſt keine andere Confectiones,
davon ſie einen Gewinn ziehen moͤgen,
als dieſe, und den erhalten ſie gantz leich-
te, indem ſie eine Sache, die ſie bey na-
he gar nichts koſtet, alſo theuer verkauf-
fen, da indeſſen ein ehrlicher Mann, der
alle Muͤhe angewendet, damit er ſie ge-
buͤhrend zurichte und bey ihrer Farbe
erhalte, (welches gewißlich nichts leich-
tes iſt, bevoraus, wenn aus Verſehen
oder ſonſten einig Eiſen drein geſtecket
worden, oder wenn man ſchwartze
Sapphire dazu genommen hat) aller
Muͤhe und Unkoſten ungeachtet, ſie den-
noch verderben ſehen muß, da indeſſen
dieſe Leute, duͤrffte lieber Schelme ſa-
gen, viel eher etliche und mehr Pfund
verthun, als ein ehrlicher Mann, und
dieſes allein darum, weil ſie dieſelben ſo
wohl-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
wohfeil hingeben. Dieſes dencke ich, kan
von dieſer und der Alkermes Confection,
wie auch vom Theriac, genug geſaget
ſeyn, um dadurch zu verhindern, daß
ſie niemand von dieſen Hauſirern, oder
auch wohl von Kramern, die derglei-
chen Handel treiben, erkauffe, denn es
gehet gar ſchwer zu, wenn man ſie er-
kennen will, indem diejenigen, die dieſe
Sachen zurichten, nicht die ungeſchick-
teſten ſind, und gehoͤret eine groͤſſere
Wiſſenſchaft dazu, wenn man ein ſchoͤn
Stuͤck von haͤßlichen Materialien ver-
fertigen ſoll, als wenn man etwas gu-
tes mit guten Sachen zurichtet. Jch
ſelbſt kan verſichern, daß ich dergleichen
Hyacintheonfectiones geſehen, und un-
ter den Haͤnden gehabt habe, durch die
auch der geſchickteſte Menſch ſolte betro-
gen worden ſeyn. Demnach iſt die be-
ſte Wiſſenſchafft oder Kundſchafft, die
ich davon ertheilen kan, dieſe; man muß
ſie bey redlichen Leuten erkauffen, und
nicht auf den Preiß ſehen.
DJe Topaſen/ die zur Artzney ge-
brauchet werden, ſind Steine von
unterſchiedener Groͤſſe, uͤberaus ſchwer,
hell und durchſichtig, und den Spie-
geln, die ſich in dem Gyps von Mont-
martre befinden, durchaus aͤhnlich.
Man haͤlt dafuͤr, daß dieſe Steine in
Oſt- und Weſtindien/ in Boͤhmen
und Teutſchland gefunden wuͤrden.
Der Topas zur Artzney braucht kei-
ner weitern Zubereitung, als daß er,
gleichwie der Hyacinth, und andre hier-
naͤchſt folgende Edelſteine, mit Roſen-
waſſer abgerieben werde.
DEr Schmaragd iſt ein gruͤnlich-
ter Stein, welcher an unterſchied-
lichen Orten in Ethiopien, Egypten
und Perſien, auch Oſt- und Weſtin-
dien gefunden wird.
Die Schmaragden, welche am hoͤ-
heſten geachtet werden, ſind diejenigen,
die man Prima zu nennen pflegt, weil
ſie insgemein rein und ſauber ſind, das
iſt, ſie ſind ſehr ſchoͤn gruͤn auf blau, ohne
Marmor und Stein. Es ſcheinet, als
ob die Schmaragden in den Eiſen-
ſchachten gefunden wuͤrden, denn ich
habe etliche, an denen annoch Eiſen
haͤnget.
Man hat in Acht genommen, daß der
Schmaragd ſeine gruͤne Farbe in den
Bergwercken uͤberkomme, ie mehr er
naͤmlich zu ſeiner Vollkommenheit ge-
langet, gleich als wie die Fruͤchte auf
den Baͤumen: iedoch will ich es nicht
fuͤr gewiß ausgeben, weil ich es nicht
ſelbſt geſehen habe.
WJr verkauffen zweyerley Sorten
Sapphir/ rothe und ſchwaͤrtz-
lichte. Es ſind aber dieſelben kleine
Steinlein, wie Nadelknoͤpfe groß, uͤber
die maſſen harte und folglich ſehr ſchwer
zu reiben. Die rothen, welche insge-
mein eine Farbe, wie der Wein haben,
ſollen zur Artzney gebrauchet werden,
denn was die ſchwaͤrtzlichten betrifft,
dieſelben ſind viel eher den Eiſenſchla-
cken, als einem Edelſteine aͤhnlich, und
machen die Hyacinth-Confection
ſchwartz, wenn man ſie dazu nimmt.
Jhrer etliche ſchieben an ſtatt der
rothen orientaliſchen Sapphire dieje-
nigen kleinen Steinlein ein, welche in
Holland gantz gemeine ſind, und von
uns Vermeil genennet werden, oder
kleine Granaten; dannenhero muß
man wohl drauf Achtung geben: wie-
wohl es ohnſchwer zu mercken iſt, denn
die wahrhaften Sapphire ſind ſehr
ſchoͤn roth, klar und durchſichtig, da-
hingegen die Vermeils dunckelroth
und ſehr veſte ſind.
DJe Rubinen ſind gleichergeſtalt
kleine roͤthlichte Steinlein, welche
uns aus Jndien geſendet werden, und
in der Artzney ſehr wenig gebraͤuchlich
ſind: dahero will ich auch ſowohl von
dieſen, als von vielen andern, die wir
ebenmaͤßig verkauffen koͤnten, wenn ſie
nur abgiengen, nichts gedencken; ihre
Namen findet man beſſer unten. So
habe ich auch dieſen Theil nur allein mit
den fuͤnff Sorten der Edelſteine oder de-
ren Stuͤcken, welche in der Artzney eini-
gen Nutzen haben, vergroͤſſeꝛn wollẽ, den
Leſer aber in dasjenige Buch verweiſen,
der vollkommene Juwelirer, oder Be-
ſchreibung der Edelſteine genannt, wel-
ches Anſelmus Boetius Boot, Kaͤy-
ſer Rudolphs II. Leib-Medicus, verfer-
tiget, ingleichen zu dem Jndianiſchen
Mercurius des Herrn Roſnel, wo-
ſelbſt der Laͤnge nach davon gehandelt
wird.
Die Edelſteine, die wir auſſer obbe-
ſchriebene haben, ſind Diamanten
von Alenſon, Amethiſten aus Au-
vergne und von Carthagena, Gira-
ſol, Peridot, Agat/ Berill, Sardo-
nich/ Corallin/ Granat,Malachites,
ingleichen allerhand Arten Marmor/
Florentiner Stein, und ſo fort an.
Weil ich nun einen gar groſſen Unter-
ſchied zwiſchen den Steinen, die wir
verkauffen, und zwiſchen den feinen
Steinen, die die Edelſteinſchneider ge-
brauchen, befinde, als wolte ich rathen,
daß diejenigen, welche die Confectionem
de Hyacintho bereiten wollen, viel ehe
die Abgaͤnge von den feinen Steinen
erkauffen moͤchten, als ſich an die Stei-
ne halten, die wir zu verkauffen pflegen,
denn ich glaube gaͤntzlich, daß ſie gar
ſchlechte Kraͤfte haben duͤrfften, und
daß ſie nichts als ein purer Felſen ſeyn;
welches mir doch niemand uͤbel deuten
wird. Jch bin derjenigen Meinung,
welche ſagen, daß alle geriebene Edel-
ſteine keine andere Kraft haben, als die
Saͤure zu abſorbiren uñ zu verſchlucken.
DEr Laſurſtein/ insgemein Lapis
lazuli, von andern aber cyaneus und
ſtellatus genannt, iſt ein ſchwerer, him-
melblauer Stein, voller Felſen, und
noch oͤfter mit Kupferadern, welche alte
und neue Scribenten fuͤr Gold anſe-
hen, verſetzet. Die groͤſte Menge die-
ſes Steines, die wir haben, kommt aus
Perſien und Jndien, und wird, nach
einiger Berichte, in den Goldgruben,
deſſen Marcaſit er iſt, gefunden.
Dem ſey nun wie ihm ſey, gewiß iſts,
daß dieſer Stein, gerade als wie bey uns
die Steine aus den Steinbruͤchen, ge-
brochen und gezogen werde; welches
auch die Urſach iſt, daß wir dieſen Stein
in ſo unterſchiedener Groͤſſe und Dicke
bekommen. Wenn der Lapis Lazuli
vollkommen, und zum Ultramarin/
dazu er am meiſten verbrauchet wird,
oder auch zu andern Sachen dienlich
ſeyn ſoll, ſo muß er ſchwer ſeyn, dun-
ckelblau, gleichwie ſchoͤner Jndich, und,
ſo viel immer moͤglich, ohne Schwefel-
und Kupferadern. Desgleichen muß
man zuſehen, daß er nicht mit Baumoͤl
gerieben worden, damit er fein dunckel-
blau, und als ein Tuͤrckis erſcheine.
Doch dieſen Betrug kan man gar leicht-
lich mercken, dieweil der rechte Laſur-
ſtein inwendig mehr als auswendig,
blau, als wie ein Tuͤrckis ſiehet. So ſoll
man auch denſelbigen verwerffen, der
voller Geſtein und ſo genannte Gold-
aͤdergen iſt, denn wenn man ihn brennt,
und das Ultramarin davon bereiten
will, ſtinckt er uͤber die maſſen ſehr, wie
Schwefel, welches dann ein Zeichen iſt,
daß er kein Gold, ſondern Kupfer hal-
te: oder wenn man ihn durch eine Pa-
ſta oder Teig treibet, den Stein davon
zu bringen, findet ſich ein groſſer Ab-
gang, welches in Wahrheit nichts ge-
ringes, indem dieſe Waare gar zu
theuer iſt. Es iſt ingleichen ein groſſer
Fehler, wenn man glaubet, was etliche
aufgezeichnet, daß naͤmlich der gute
Stein im Feuer am Gewichte zunaͤhme.
Das
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
Das iſt wohl wahr, ie beſſer der Stein,
ie weniger gehet ihm ab, ſo trifft man
auch wohl bisweilen dergleichen Stein
an, dem ſo wenig abgehet, daß es kaum
der Muͤhe lohnet daran zu gedencken.
Allein, ob er gleich noch ſo gut waͤre, den-
noch gehet ihm allzeit etwas ab, an
ſtatt, daß ihm zugehen ſolte. Man
muß ihn auch, als wie das Ultramarin,
ins Feuer legen, und zuſehen, ob er gut
ſey, denn der gute Laſurſtein muß die
Farbe nicht veraͤndern, wenn er gegluͤet
worden.
Dieſe Nachricht von der Wahl des
Laſurſteins lautet gantz anders, als der
Bericht aller dererjenigen, die davon ge-
ſchrieben haben, und ſagen, ie mehr
der Stein mit gelben oder goldnen Ae-
derlein erfuͤllet ſey, ie hoͤher ſey er zu
ſchaͤtzen, welches ich aber falſch zu ſeyn
hiermit erklaͤre, denn ie mehr ſich der-
gleichen darinne befinden, ie weniger
wird er geachtet, und ſonderlich von de-
nenjenigen, welche wiſſen, was es iſt,
wie auch von denen, die das Ultramarin
draus machen wollen. Desgleichen
ſoll man Acht haben, daß es nicht der
gruͤnlichte, in Franckreich gantz gemei-Frantzoͤſt-
ſcher Laſu
ſtein,
ne lapis lazuli ſey, deſſen genug bey Tou-
lon gefunden wird, oder aber der fal-
ſche, aus Zinn und Zaffera bereitet, wie
oben im Cap. vom Schmeltz erinnert
worden.
Der lapis lazuli wird etlicher maſſen
zur Artzney gebraucht, und zu einigen
Galeniſchen Artzneyen, zur Confectio
Alkermes, und andern genommen.
Es giebt Autores, welche dieſem Stei-
ne trefflich groſſe Tugenden zuſchrei-
ben, und unter andern Mævius, dem der
Leſer nachgehen mag. Andere melden,
der Lapis lazuli und Armenius ſeyen ei-
nerley, welches aber in folgenden Cap.
wird falſch befunden werden.
DJß iſt eigentlich zu reden, ein Praͤ-
cipitat, den man aus dem Laſur-
ſtein, vermittelſt eines Teigs oder Pa-
ſta von Schmierpech und gelben
Wachs, Leinoͤl, und andern derglei-
chen Dingen gemacht, bereitet. Es
gedencken etliche, ob ſey dieſes Praͤei-
pitat deswegen mit dem Titel Ultra-
marin beleget worden, weil das aller-
erſte in der Jnſel Cypern verfertiget
worden iſt. Andere aber vermeinen,
es werde deshalben alſo genennet, weil
ſeine blaulichte Farbe viel ſchoͤner denn
des Meeres Farbe ſey. Mich hat ein
guter Freund verſichert, daß das erſte
Ultramarin in England/ von einem
Bedienten der Jndianiſchen Compa-
gnie bereitet worden; weil ſie aber mit
einander in Zwiſt gerathen, habe er ſich
nicht beſſer zu raͤchen gewuſt, als wann
er dieſes Geheimnuͤß andern mehr ent-
deckete. Doch dem ſey wie ihm wolle,
erwehlet nur daſſelbe Ultramarin,
welches hoch an der Farbe, und wohl
gerieben ſey, ſo alsdann zu erkennen,
wenn man es zwiſchen die Zaͤhne
bringt, denn wenn es ſandicht iſt, deu-
tet ſolches an, daß es nicht recht gerie-
ben: will man aber ſehen, ob es etwa
verfaͤlſchet ſey, dann darff man nur ein
klein wenig davon in einen Schmeltztie-
gel legen und gluͤen laſſen, wo es als-
dann die Farbe nicht aͤndert, ſo iſt es
rein, denn dafern etwas drunter gemi-
ſchet worden iſt, bekommt es ſchwartze
Flecken. Es wird zur Oelfarbe und
Mignaturarbeit gebraucht.
Die Weiſe, wie das Ultramarin zu-
zurichten, findet man in denen Buͤchern
beſchrieben, die ich allhier zu wiederhoh-
len anſtehe. Dieſes will ich annoch
erinnern, daß diejenigen, die es berei-
ten, wohl viererley Sorten davon ver-
fertigen, welches blos und allein von
dem oftmahligen waſchen herruͤhret,
wie denn das erſte beſſer iſt als das
letzte.
DEr Armeniſche Stein iſt ein klei-
ner Stein, ſo groß als eine Bley-
kugel, auswendig und inwendig gruͤn-
licht blau, mit kleinen weiſſen und glaͤn-
F f f 2tzenden
[]Der Spezereyen und Materialien
tzenden Steinlein verſetzt, welche ſich als
wie Geſtein oder kleine Diamanten er-
heben.
Dieſem Steine werden treffliche
Kraͤfte zugeſchrieben, denn er ſoll gut
ſeyn wider die ſchwere Noth, Melancho-
ley, und dergleichen. Er iſt eines von
denen Stuͤcken, die zu den Pillen ge-
nommen werden, welche den Zunamen
vom Armeniſchen Steine bekommen
haben, gleichwie bey vielen Scriben-
ten, die davon gehandelt, kan erſehen
werden. Weil aber dieſer Gebrauch
von keiner groſſen Wichtigkeit iſt, als
will ich ſagen, daß dieſer Stein, nachdem
er gerieben und gewaſchen; damit das
Geſtein, und die kleinen Flinterlein, die
wie Goldſtaͤublein ſchimmern, da es
doch nur Sand iſt, davon kommen
moͤgen; hernach getrocknet worden iſt,
uns unter den Titel cendre verte und
Aſchgruͤn,
Bergblau.Vert de terre, gruͤne Aſche und Berg-
blau zugeſendet, auch gar ſehr zu der
Mahlerey gebrauchet werde, abſonder-
lich von denjenigen, die das Berggruͤn
damit zu vermehren wiſſen, indem ſie
Pfund auf Pfund ſetzen, und derge-
ſtalt den Preiß vermindern, damit ſie
es wohlfeiler geben koͤnnen, als dieſel-
bigen, die ſich mit dergleichen Betruge
nicht behelffen koͤnnen: welches auch
gar ſchwerlich zu mercken iſt. Dan-
nenhero mag man ja das Berggruͤn
nirgend anders als bey redlichen Kauff-
leuten erkauffen, und wenn es derge-
ſtalt beſchaffen iſt, gleichwie ich oben
erinnert habe. Es muß uͤberdiß nicht
ſchmiericht ſeyn, wenn man etwas da-
von auf Papier ſtreicht, ſondern als
wie Sand, welches denn ein Zeichen
ſeyn kan, daß es mit der gruͤnen Aſche
nicht vermiſchet.
Wir verkauffen ſonſt auch noch mehr
Sorten der gruͤnen Aſche, welche aber
nur, nachdem ſie auf dieſe oder jene Art
bereitet worden, von einander unter-
ſchieden ſind, oder nachdem viel von dem
zarten, eben als wie vom Ultramarin,
davon genommen worden. Jm uͤbri-
gen ſoll die ſchoͤne gruͤne Aſche trucken,
gantz fein und hoch an Farbe ſeyn. Sie
dient zur Mahlerey.
CEndre blëue, die blaue Aſche/ iſt
eine compoſition oder geriebener
Stein, ſo wir aus England oder von
Rouan bekommen, dahin ſie von den
Schweden/ Hamburgern und Daͤ-
nen gebracht worden iſt. Die aller-
meiſte blaue Aſche kommt von Dantzig
in Polen/ wie andere Mahlerfarben
mehr, ſelbſt der Zinck und Bißmuth.
Weil aber dieſes ein Handel, der nur
gar wenigen bekannt iſt, deswegen koͤn-
nen diejenigen, die dergleichen Waaren
von Dantzig bringen laſſen, dieſelben
um ein gutes wohlfeiler geben, denn die,
welche ſie aus England, oder von Rou-
an bekommen. Jch habe zwar allen
Fleiß drauf gewendet, damit ich erfah-
ren moͤchte, was doch nur die blaue
Aſche ſey, und bin von etlichen ver-
ſichert worden, daß es eine gewiſſe com-
poſition ſey, die zu Rouan bereitet wuͤr-
de: weil aber diejenigen, die es zurich-
ten, gar geheim damit thun, deshalben
habe ich auch nicht vermocht zu erfah-
ren, wovon ſie gemachet werde.
Die blaue Aſche ſoll fein ſeyn, hoch
an Farbe, ſo trucken und dem Ultra-
marin ſo gleich, als immer moͤglich. Sie
wird ebenfalls zur Mahlerey ge-
braucht.
DJe vielerley Sorten des Jaſpis,
die es giebet, ſind Urſach, daß ich
nur von demjenigen reden werde, wel-
chen wir verkauffen, und gruͤn iſt: doch
wuͤrde ich auch nichts davon gemeldet
haben, dafern er nicht etwas weniges
in der Artzney gebrauchet wuͤrde. Weil
denn der gruͤne Jaſpis alſo theuer iſt,
und durch allerhand Glaͤſer, die man
dafuͤr einzuſchieben pfleget, kan verfaͤl-
ſchet werden, deswegen ſoll man denje-
nigen erwehlen, welcher recht ſchoͤn
dunckelgruͤn iſt und glaͤntzend, voll ro-
ther Puncten, als wie Blutstropfen,
es muß
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
es muß auch eine Nadelſpitze, mit wel-
cher man druͤber hin faͤhret, nicht das
geringſte Rißgen machen, denn dieſes iſt
das Merck- und Kennzeichen, daß er ge-
wißlich oriental. Es melden etliche,
der gruͤne Jaſpis ſey gut wider die
ſchwere Noth, und eine treffliche Hertz-
ſtaͤrckung. Er wird auch, als wie die
andern Edelſteine praͤpariret.
DJß iſt ein gruͤnlichter Stein, der ſich
aufs graue ziehet, uͤberaus harte
und rar iſt. Zur Artzney wird er gar
wenig gebraucht, allein gar oft zu aller-
hand Sachen, welche dann ſehr hoch ge-
ſchaͤtzet werden, weil er ſich ſehr ſchwer-
lich arbeiten laͤßt. Die Tuͤrcken und
Polen brauchen ihn mehrmahls zu
Meſſer-Hauer- und Sebelhefften, die
ſie hernachmahls mit Golde belegen.
Der ſchoͤnſte iſt der Orientaliſche.
DEr Griesſtein iſt ein graulichter
Stein, mit etwas blau vermiſchet,
ſo daß er ordentlich grau und blaulicht,
fett und ſchmiericht iſt, als wie der Ve-
nediſche Talck.
Dieſer Stein wird von einigen wider
den Sand und Gries ſehr dienlich er-
achtet, daher iſt er auch ſo rar, und wird
ſehr geſuchet, und eben darum, weil er
die Kraft hat, diejenigen, die mit dem
Stein oder Gries in den Nieren bela-
den ſind, zu curiren, haben ſie ihm den
Namen Lapis Nephriticus gegeben, denn
Nephros bedeutet im Griechiſchen eine
Niere.
Die Raritaͤt und der Werth dieſes
Steins hat ein und andere veranlaſſet,
daß ſie eine gewiſſe Art Marmor, welche
gruͤn iſt und Malachites heißt, dafuͤr ein-
ſchieben, und bilden ihn wie einen Vo-
gelkopf: denn die Alten haben geglaͤu-
bet, daß der wahrhafte Griesſtein wie
ein Vogelkopf oder Papageyenſchna-
bel ſehe.
Der wahrhafte Griesſtein kommt
aus Neuſpanien: wer aber mehr da-
von zu wiſſen verlanget, derſelbe leſe des
Herrn Wormius weitlaͤufftigen Tra-
ctat, welchen er davon geſchrieben, denn
er zu lang iſt, wenn ich ihn allhier an-
fuͤhren ſolte.
DEr Venediſche Talck iſt eine Gat-
tung eines gruͤnlichten Steines,
der gleichſam aus eitel Schuppen beſte-
het, und ſcheinet, als ob er fett waͤre,
wenn man ihn mit den Haͤnden reidet,
da er doch gantz trucken und ſchwer iſt.
Der ſchoͤnſte iſt der, welcher in den
Bruͤchen bey Venedig gefunden wird,
daher er auch der Venediſche Talck
betitelt worden. Er wird desgleichen
in Teutſchland und in den Alpen
haͤuffig gefunden. Der allerſchoͤnſte iſt
gleich als wie dicke Steine, gruͤnlicht
weiß und glaͤntzend: wenn dieſe zerbro-
chen werden, glaͤntzen ſie wie Silber,
wenn ſie aber zu kleinen Blaͤttern zer-
ſchlagen werden, muͤſſen dieſelben recht
ſehr weiß ſeyn, hell und durchſichtig.
Man habe Acht, daß er durchgehends
gleich ſchoͤne ſey, denn der, welcher als
wie dicke Steine ſiehet, iſt mehrmahls
gar ſchlecht und uͤbel beſchaffen, und in-
wendig voll gelb- und roͤthlichter A-
dern, und einer beſondern Erde, daher
er mangelhaft wird, daß man ihn nicht
verkauffen kan: zuweilen befindet ſich
auch wohl ſolcher drunter, der gelb und
roͤthlicht ſiehet, da er doch gruͤnlicht
weiß ſeyn ſollte. Dannenhero ſoll der-
jenige hoch geachtet werden, welcher
nur als wie mittelmaͤßige Stuͤcke iſt,
und durchs Geſichte mag erkannt wer-
den.
Der Talck wird von vornehmen
Frauenzimmer ſehr verlanget, und
Schmincke davon gemacht. Weil es
F f f 3aber
[]Der Spezereyen und Materialien
aber ein Stein, der ſich gar ſchwerlich
pulveriſiren, ja nicht einmahl calciniren
laͤßt, dannenhero iſt man anietzo ſchon
vergnuͤget, wenn man ihn mit einer
Seehundehaut raſpelt, und durch ein
Seiden oder Taffet Sieb ſchlaͤgt, her-
nach bedienen ſie ſich ſeiner, wozu ſie ihn
noͤthig haben. Und um deswillen wird
auch kein anderer Talck mehr gebraucht,
als wenn es ſo ziemlich groſſe Stuͤcken
ſind, die man halten kan.
Die Alten, und ſonderlich die Ara-
ber haben geglaubet, man koͤnne ein
ſolch Remedium aus dem Talcke brin-
gen, dadurch der Leib immerfort in ei-
nem guten Stande erhalten wuͤrde,
deshalben ſie auch dieſem Steine den
Namen Talck gegeben, welches ſo viel
heißt, als eine ſtets gleiche Beſchaffen-
heit, welche den Leib bey guter Geſund-
heit erhaͤlt. Daher iſt auch allem An-
ſehen nach der gemeine Wahn entſtan-
den, das Talckoͤl betreffend, daß ihm
ſo gar groſſes Lob und ſonderbare Kraͤf-
te beygeleget werden. Und dieſer Jrr-
thum war vor dieſem dermaſſen groß,
wie er denn noch heut bey Tage iſt, daß
wenn einer das Geheimnuͤß erfinden
ſolte, ohne Zuſatz einiges Saltzes ein
Oel aus dem Talck zu ziehen, derſelbe
verſichert ſeyn koͤnte, daß er ſolches um
gleich ſo ſchwer Gold, ja ich wolte ſchier
ſagen, zwantzigmahl ſo theuer los wer-
den koͤnte. Allein mir beduncket, dieſe
Hochachtung und hohe Eigenſchaften
tuͤhren eintzig und alleine daher, weil
ſie unmoͤglich auszufinden ſind; und
eben deswegen will ich auch nichts wei-
ter davon vermelden, ſondern nur erin-
nern, daß einige Perſonen, die ihnen
ſelbſten ſchmeicheln, daß ſie es bereiten
koͤnten, verſichern, daß nichts ſo gut und
tauglich ſey die Haut weiß zu machen,
und die Runtzeln im Geſichte zu vertrei-
ben, kurtz zu ſagen, alte Leute wieder
jung zu machen, als wie dieſes Oel.
Aus Perſien und Moſcau bringtRother oder
blaͤtterichter
Talck.
man uns noch eine Gattung Talck, der
rothe genannt, weil er roͤthlicht ſiehet,
und blaͤttricht, weil man ihn gar leicht-
lich, als wie duͤnne Blaͤttlein, nach Be-
lieben, kan aufheben. Dieſer rothe
oder blaͤttrichte Talck dienet, meines
wiſſens, zu nichts anders, als fuͤr die
Religioſen, Nonnen und andere, welche
kleine Bilder und Agnus DEI damit zu
uͤberziehen pflegen, und nicht den Ve-
nediſchen Talck dazu gebrauchen, wie
gleichwohl etliche Scribenten geſchrie-
ben haben. Weil nun dieſer Talck
ſonſt zu nichts anders, als zu dergleichen
Arbeit gebrauchet wird, dannenhero
mag man ſich mit keinem andern, als
welcher aus feinen groſſen Blaͤttern be-
ſtehet, belegen, an dem auch die gantz
zarten Blaͤttlein, wenn man ſie aufge-
hebet, weiß, hell und gantz durchſichtig
ſind. Es wird ſchier keine Waare mehr
ſo ſehr geſucht, als wie der recht ſchoͤne
Talck, indem er ſchwerlich ſo, wie er ſeyn
ſoll, zu finden iſt. So iſt auch der Talck
dermaſſen ſchwer zu kennen, daß ich nie-
mand, als denenjenigen, die ihn gebrau-
chen, ſich damit zu belegen, rathen will.
Findet man aber keinen, der, ſo wie ſichs
gebuͤhret, beſchaffen iſt, alsdann iſt der
ſchwartze, wenn er dicke iſt, und ſich
in gantz zarte Blaͤttlein zertheilen laͤßt,
der beſte.
DJe Kreide von Brianſon (Fran-
tzoͤſiſche Kreide) iſt eine Art Stein,
deſſen Natur mit dem Talck faſt uͤber-
einkommt, ausgenommen, daß er nicht
ſo ſchiefricht, obwohl viel haͤrter iſt.
Es giebt aber zweyerley dergleichen
Kreide, weiſſe und gruͤne.
Dieſe Kreide wird von niemand, das
ich wuͤſte, als von den Schneidern ge-
braucht, an ſtatt der weiſſen Kreide, die
Zeuge damit zu zeichnen, oder auch
Flecke aus den Kleidern zu machen.
Und um deswillen haben etliche die gruͤ-
ne lieber, andere dagegen ziehen dieſer
die weiſſe voꝛ, welche als wie gantz ſchlech-
ter Talck ausſiehet.
Sie brauchet auch keines weitern
ausleſens, als nur, daß ſie aufrichtig ſey
und ohne kleine Stuͤcken, auch daß es
kein anderer ſchwerer, harter, gruͤnlich-
ter, nichts nuͤtzer Stein ſey, welchen
die Lateiner lapis ſciſſilis, die Teutſchen
Schieferweiß zu nennen pflegen.
Der Zuname von Brianſon iſt ihr
des-
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
deswegen gegeben worden, weil man
vorgiebet, dieſe werde in denen um Bri-
anſon/ im obern Delphinat/ gelege-
nen Steinbruͤchen gefunden.
SPalt, der Spalt iſt ein ſchiefrichter
glaͤntzender Stein, dem Gypſe gleich,
auſſer daß er viel weiſſer. Dieſe Steine
findet man in Teutſchland haͤuffig, und
ſonderlich um Augſpurg. Jn Eng-
land finden ſich derer auch, ſind aber
nicht ſo gut. Unter dem Weyrauch
giebet es ihrer gleichfalls genug, zum
Zeichen, daß er auch an denenſelbigen
Orten, von welchen der Weyrauch her-
gebꝛacht wird, zu finden und anzutreffen
ſey. Er muß langſpieſicht ſeyn, und
zarte, ſo daß man mit dem Nagel ein
Pulver herabkratzen kan, welches mit
dem Engliſchen, weil er zu harte, nicht
angehet.
DEr Judenſtein hat unterſchiedene
Geſtalt und Groͤſſe, insgemein aber
ſiehet er und iſt ſo groß als eine Olive,
mit kleinen Strichen beſetzt, welche
von einem Ende bis zum andern gehen:
bisweilen iſt er gantz dichte.
Dieſer Stein iſt insgemein gantz
grau, unterweilen aber grau und roͤth-
licht, und gleiſſend, gleich als wie unſere
kleine Kieslinge, darum ich ihn auch
fuͤr eine Gattung dererſelben halte.
Dergleichen Steine werden uns von
unterſchiedlichen Orten des Juͤdiſchen
Landes zugefuͤhret, deſſen Namen ſie
auch fuͤhren, und werden insgemein
Syriſcher o-
der Phoͤnizi-
ſcher Stein.Syriſche oder Phoͤniziſche Steine
genennet.
Ob es gleich das Anſehen hat, daß die-
ſer Stein als ein Kiesling ſey, dennoch
iſt er uͤberaus harte, und laͤßt ſich nicht
leichtlich zerreiben, ob es wohl einige
Autores ſagen: wenn er zerſchlagen
worden, ſieht er inwendig grau und
glaͤntzend.
Der Herr Charras ſagt in ſeinerSaltz vom
Judenſtein.
Chymie am 81. Blatt, wenn dieſer
Stein mit Schwefel gebrennet wuͤrde,
ſo koͤnte man mit diſtillirten Eßig, Saltz-
und Honigſpiritus ein Saltz daraus
ziehen, welches den Stein zu zermal-
men unvergleichlich diene: dahin koͤn-
nen dann diejenigen, die es zu bereiten
geſinnet ſind, ihre Zuflucht nehmen.
BElemnites, den man gantz faͤlſchlich
Luchsſtein nennet, iſt ein Geſchlecht
der Steine oder Kieslinge, wie eine Py-
ramide formiret. Die Alten haben
ihn Belemnites genennet, weil er an Ge-
ſtalt einen Pfeil vorſtellet: andere aber
heiſſen ihn Dactylus Idæus, weil er auf
dem Berge Jda gefunden wird, und wie
ein Finger ſiehet. Andere wiederum
ſagen, er ſey darum Lapis Lyncis genen-
net worden, weil ſie geglaubet, er wer-
de aus dem Urine der Luchſen formiret.
Er iſt viel haͤrter denn der Juden-
ſtein, dem aber ohnerachtet, werden
ihm gleiche Kraͤfte beygeleget: auch
hat der Herr Charras mir geſaget, daß
man ihn eben alſo præpariren und zu-
richten, und auf gleiche Weiſe gebrau-
chen koͤnne.
Dieſer Stein zerſchlagen, ſieht in-
wendig in der Hoͤle aus wie Horn, und
in dieſer befindet ſich eine graue truckne
Erde, ſonder Geſchmack, die folglich
zu nichts nicht nutze ſeyn kan. Jn der
Spitze des Steins erſcheinet eine Ge-
ſtalt der Sonne.
Um Paris herum werden dieſe Stei-
ne in Menge gefunden, wenn man die
Erde, bevoraus die ſandichte, umgraͤbet
oder durchſticht.
DJeſer iſt ein ſchwerer, ſilbergrauer,
glaͤntzender Stein, der dem Gries-
ſtein ziemlich aͤhnlich ſiehet, und insge-
mein um Bononien herum, davon er
auch den Namen bekommen hat, gefun-
den wird.
Er dienet zu nichts anders, als daß
man ihn calciniret und einen Phoſpho-
rum draus machet, von welchem der
Herr Lemery zu Ende ſeines Buchs
von der Chymie einen ſehr langen Diſ-
curs gehalten, der auch der Wahrheit
aͤhnlicher und geſchickter zu ſeyn ſchei-
net, als alle diejenigen, die zuvor davon
ſind geſchrieben worden, wiewohl auch
Wormius gleichfalls eine ſehr lange
Rede davon hat, zu demſelben moͤgen
diejenigen, die den Phoſphorus nachma-
chen wollen, ſich verfuͤgen.
Der Bononiſche Stein iſt noch zur
Zeit nicht gar zu ſehr bekannt, derhal-
ben verkauffen wir auch gar wenig,
doch koͤnte ſichs mit der Zeit wohl ſchi-
cken.
Einige tituliren dieſen calcinirtenAllerley Titel
des Phos-
phorus.
Stein Spongiam Solis aut Lunæ,Son-
nen- oder Monden-Schwamm, den
leuchtenden Stein/ den Luciferſtein/
des Caßiolanusſtein, ingleichen den
Phoſphorus des P. Kirchers.
PIerres de ponce,Bimsſteine/ zu La-
tein Pumex, ſind Steine, die aller-
hand Farbe, Figur und Gewichte ha-
ben, denn es giebt graue, leichte, ſchwe-
re, dicke, kleine, runde und platte. Sie
ſind beſſer oder ſchlechter, nachdem ſie
geſuchet werden, denn etliche halten
mehr auf die weiſſen, andere auf die
grauen, oder auf die leichten: wieder
andere haben die ſchweren lieber:
nichts deſtominder ſage ich, daß die di-
cken und die leichten die beſten ſind, ſon-
derlich fuͤr die Pergamentmacher und
Bildhauer in Marmor, welche ihrer
nicht wenig verthun. Die kleinen wer-
den faſt alleine von den Zinngieſſern
verbraucht, welche ſie zu Pulver ſtoſſen.
Die platten Bimsſteine gebrauchen
nur die Weißgerber. Mit einem Wor-
te, die Bimsſteine haben ſo vielerley
Nutzen, daß wir faſt keine Waare ha-
ben, von welcher mehr verthan wuͤrde,
dieweil ſie ſo vielerley Handwerckern
dienen. Was die Artzney betrifft, da
verdient das wenige, das dazu verbrau-
chet wird, nicht die Rede, denn ſie wer-
den blos calciniret und gerieben, und mit
dem Pulver die Zaͤhne weiß gemacht.
Was die Natur des Bimsſteins
anbelanget, und was er eigentlich ſey,
habe ich unmoͤglich recht erfahren koͤn-
nen: dannenhero muß ich mir begnuͤ-
gen laſſen und anfuͤhren, was ſoviel
Scribenten davon gemeldet haben,
naͤmlich, daß es ein Stein ſey, der aus
dem Berg Veſuvius oder Etna kaͤme,
daraus er durch die Gewalt des Win-
des in die See geſchmiſſen worden, und
alsdann oben auf dem Waſſer ſchwim-
mend angetroffen und geſammlet wuͤr-
de. Andere aber ſagen, daß ſie von
den durch das unterirdiſche Feuer aus-
gebrannten Felſen entſtuͤnden. Dem
ſey nun wie ihm wolle, gewiß iſt, daß
der Bimsſtein ein calcinirter und ver-
brannter Stein iſt, weil er leichte, loͤch-
richt und ſchwammicht iſt, in der See
gelegen hat oder ſonſten von Natur
ſaltzicht iſt, denn alle Bimsſteine, die
wir verkauffen, ſchmecken ſaltzicht oder
ſumpficht, und ſind durch und durch
voll kleiner Spieslein.
ADlerſteine werden weiſſe Steine
genennet, welche in der Mitten hol
ſind, und einen ſteinichten oder thonich-
ten Kern beſchlieſſen, der ein Geraͤu-
ſche machet, wenn man den Stein ſchuͤt-
telt.
Jnsgemein findet man vier Sorten,
welche ohne Unterſchied im Lateiniſchen
Ætites genennet werden, der Kern aber
wird Callimus geheiſſen. Die erſte Sor-
te iſt braun, und langrund, ordentli-
cher Weiſe zwey bis drey Zoll lang und
einen halben breit, und holpricht, laͤßt
ſich aber gar fein poliren. Der ande-
re iſt ein wenig kleiner denn dieſer, und
es ſcheinet, als ob er par couches, ſchicht-
weiſe, formiret ſey, und vom Eiſen
participire, denn er als wie die Eiſen-
Marcaſit mit Ocher bedecket iſt. Die
dritte Gattung iſt holpricht, und ſieht,
als ob ſie aus eitel glaͤntzenden Kieslin-
gen, unterſchiedener Dicke, zuſammen
geſetzet ſey. Unter denenſelben ſind ei-
nige braun, andere aber roͤthlicht, noch
andere gleichſam durchſichtig: doch alle
ſind von der Natur aufs veſteſte zuſam-
men gekuͤttet und veꝛbunden, auch findet
man oftmahls in der Hoͤle nichts denn
nur ein wenig Sand. Die vierte Art
iſt weiß, wie Aſche, und enthaͤlt Thon
oder Mergel in ſich Dieſe kommt aus
Teutſchland. Die erſte und andere
Art wird in dem Abgrund bey Cado
Vincente in Portugall, und in dem
Gebirge bey Trevour im Fuͤrſtenthum
Dombes gefunden; denn man glaubt
nicht mehr, daß ſie in dem Neſte des Ad-
lers anzutreffen. Zu wuͤnſchen waͤre,
daß die Kraͤfte, die dem Adlerſteine
beygeleget werden, gewiß und wahr-
haftig waͤren: denn es verſichern die
Seribenten, daß der Adlerſtein/ einer
Frauen, die zur Geburt arbeitet, ans
dicke Bein gebunden, die Geburt befoͤr-
dere, hingegen Mißfall verhuͤte, wenn
man ihn ihr an den Arm gebunden hat.
Geſtoſſen und unter ein Cerot oder
Wachspflaſter gemiſchet, und aufs
Haupt geleget, ſoll er die Anfaͤlle der
ſchweren Noth vermindern. Auch
ſagt man, daß der Thon oder Mergel,
der ſich inwendig in der Hoͤle befindet,
ein ſchweißtreibendes Mittel ſey, und
den Durchlauff ſtille.
Nun duͤrffte wohl einem und dem an-
dern wunderlich vorkommen, daß ich
oben im Andern Theil, im Cap. vom
Adler gemeldet, wie daß wir Steine
verkaufften, welche die Adler in den Ein-
gang des Loches zu ihrem Neſte legten,
ihre Jungen dadurch vor dem Donner
und Gewitter zu verwahren; allein
daſſelbe iſt geſchehen, weil ich der Sa-
chen wahrer Beſchaffenheit nicht recht
kundig bin geweſen: doch heut zu Tage
iſt die beſte Meinung, daß dieſe Steine,
die wir unter dem Titel des Adlerſteins
verkauffen, nichts anders ſind, als ich
hier angezeiget habe.
CRapaudine, auf Lateiniſch Bufonites
und Batrachites genannt, iſt ein
Stein, der im Gebirge und in den Fel-
dern gefunden wird. Sonſt glaubte
man, er wuͤrde in den Koͤpfen der alten
Kroͤten gefunden, oder ſie gaͤben ihn
von ſich, wenn man ſie auf ein rothes
Tuch ſetzete. Allein Boot und andere,
die dieſe Sache genauer unterſuchet, ver-
ſichern, daß dieſer Stein in der Erde ge-
bildet werde. Man ſiehet insgemein
zweyerley Gattungen deſſelben, die
runden und die langen. Die runden
haben die Geſtalt einer kleinen Muͤtze,
ſind im Umfang rund, innen tieff, aus-
wendig erhaben, uͤber und uͤber poliret,
und unten ohngefehr des halben Zolles
breit. Man findet ihrer, welche gantz
dunckelgrau ſind, und ſich aufs blaue
ziehen, andere aber ziehen ſich nach dem
gelben, doch beyde ſind am untern Thei-
le nicht ſo gar gefaͤrbet. Die langen
ſind oͤfters eines Zolles lang, und vier
oder fuͤnff Linien breit, an beyden En-
den rundlich, und unten her ausgehoͤ-
let, als wie eine Rinne oder Trog. Es
giebet ihrer auch, welche mehr oder we-
niger dunckelgrau ſind, und mit einigen
roͤthlichten Flecken gleichſam maꝛbriret,
dabey ſo glatt, als wie die runden.
Die Kroͤtenſteine/ abſonderlich die
runden, werden oftmahls in Ringe ge-
ſetzt, alleine mehr zum Zierrath, als
wegen der Kraͤfte, die ihnen beygeleget
werden, denn deren iſt man nicht ver-
ſichert, bevoraus, wenn man vorgiebet,
daß ſie die Entzuͤndung und Geſchwulſt
des Bienenſtichs und anderer Thiere
tilgen ſollen. Wie dann auch falſch iſt,
daß ſie die Farbe veraͤndern und ſchwi-
G g gtzen
[]Der Spezereyen und Materialien
tzen ſollen, wenn man ſie an ein Gefaͤſſe
haͤlt, darinne Gift iſt. Und obgleich
Boot ſammt andern ſaget, daß der
Kroͤtenſtein in der Erde gefunden
werde, deshalben will ich doch nicht
eben ſtreiten, als ſolte er nicht auch in
den Koͤpfen der alten Kroͤten moͤgen ge-
funden werden; diß aber iſt gewiß, daß
diejenigen, die wir verkauffen, nicht von
dieſen Thieren kommen, ſondern in der
Erde gefunden werden, gleichwie ich
nur erſt angezeiget habe. Dieſe Be-
ſchreibung des Kroͤtenſteins, der aus
der Erde kommt, ingleichen des Adler-
ſteins, hat der Herr Tournefort mir
mitgetheilet, welches ein Mann iſt, dem
ſicherlich zu trauen.
LApis Amiantus iſt ein Stein, der oben
und unten ſchwartzgruͤn ſiehet, und
ziemlich ſchwer, auch, wenn er zerſchla-
gen worden, dem Federweiß gantz aͤhn-
lich iſt, denn er laͤßt ſich als wie weißgruͤ-
ne Faͤden aufheben, oder beſſer zu ſagen,
dieſe Faͤden haben eine Farbe, als wie
Horn. Dieſer Stein verbrennet nicht;
daß alſo die Alten nicht geirret, wenn ſie
geſchrieben, der Amiant und das Feder-
weiß ſeyen einerley. Jedennoch aber
iſt noch einig er Unterſchied zwiſchen ih-
nen, indem das Federweiß lange Faͤden
hat, da hingegen die Faͤden des Amiants
gar kurtz ſind; zudem ſo iſt das Feder-
weiß oben und unten, oder beſſer zu re-
den, an den Enden nicht alſo gefaͤrbet,
als wie der Amiant. Dem aber ſey wie
ihm wolle, dieſer Stein wird aus der
Tuͤrckey gebracht, denn alles, was
wir daher bekommen, kommt von
Conſtantinopel. Von ſeiner Wahl
und Gebrauch weiß ich nichts.
DEr Cobalt iſt ein roͤthlichter Stein,
hart, gewichtig, und als wie Koͤr-
ner, die ſo groß ſind, als wie bey uns
die Erbſen: derſelben hencken viel bey-
ſammen, an einer Mutter, gleichwie
das Spiesglasertz. Dieſer Cobalt
wird gemeiniglich in den Silberſchaͤch-
ten gefunden, und iſt der Bergleute
Peſt, und ein gefaͤhrliches Gift; denn
wenn es ohngefehr ins Waſſer gefal-
len, darinne die Haͤuer gehen muͤſſen,
bekommen ſie die Beine voll Geſchwuͤ-
re. Jm uͤbrigen iſt dieſer Cobalt von
demjenigen, welchen etliche Autores
Gallmey nennen, gaͤntzlich unterſchie-
den, denn ſie ſich ziemlich betrogen ha-
ben; wie ſolches der Augenſchein klaͤr-
lich bezeuget.
Sein Gebrauch iſt mir unbekannt,
und ſeine Seltſamkeit verurſachet, daß
er gar wenig verlanget wird.
OSteocolla oder der Stein zu zerbro-
chenen Beinen iſt ein ſandichter
Stein, und loͤchricht, als wie ein Bein:
deſſen haben wir zwey Sorten, die
ſchwere, ſandichte, ungleiche und ziem-
lich runde, und die leichte, welche auch
nicht ſo gar holpricht iſt. Die Oſteocolla
wird an gar vielen Orten in Teutſch-
land gefunden, und Beinbruch genen-
net, abſonderlich aber um Speyer/
Heydelberg und Arnſtad. Man ſagt,
daß dieſer Stein die zerbrochnen Beine
wieder zu ergaͤntzen vermoͤge, wenn er
eingenommen oder aͤuſſerlich uͤber den
Bruch geleget werde.
Jm uͤbrigen verkauffen wir noch vie-
lerley Steine, z. E. den Stein von Aſ-
ſo/ der als wie Marmor ſieht, den
Serpentin- und Blutſtein/ ſo eine
Gattung Marmor, mit rothen Flecken,
daher er auch den Namen Blutſtein be-
kommen hat, und weil man vorgiebt,
er ſtille
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
er ſtille das Bluten. Der Sternſtein/
der ſich im Eßig bewegen ſoll, den Am-
monites oder Hornſtein, den Sonnen-
ſtein/ Bergcryſtall, Cryſtall aus
Madagaſ[ca]r, und noch mehr andere
dergleichen, deren bey den Scribenten
Meldung geſchicht.
Ende des Buchs von Steinen.
JN dieſem Buche werde ich nicht alleine diejenigen Erden dar-
ſtellen/ welche in der Artzney einigen Nutzen haben, ſondern
auch dieſelbigen/ derer ſich die Mahler bedienen/ mit einem
Worte/ alles was zarte iſt/ und ſich zerreiben laͤßt, und um
deswillen nicht kunte unter die Steine gezehlet werden Auch
will ich darinne alle Sachen begreiffen, die man aus den Erden ziehet/
das iſt/ ſolche Dinge/ die einen Theil unſerer Handlung ausmachen.
Unter ihre Zahl habe ich dieterram Catechu,den Cachou geſetzt/ nicht ſo
wohl, weil er als wie Erde ſiehet/ ſondern, weil die meiſten wollen/ daß
er eine Erde ſey/ wie er denn auch dieſen Namen fuͤhret; davon in fol-
gendem Capitel.
NAch dem Berichte des
Herrn CaenMed. Doct.
Facultat. Pariſ. und wie der-
ſelbe einen ſeiner guten
Freunde verſichert hat, ſo
iſt der Cachou eine Erde, die in Le-
vante gefunden, und daſelbſt Maſ-
quiqui genennet wird. Sie findet ſich
auf denen hoͤheſten Bergen, auf wel-
chen die Cedern wachſen, denn unter
dieſer Wurtzeln befindet ſich dieſe Erde,
die an ſich ſelbſt ſehr harte iſt, und wie
ein Klumpen. Damit nun die Algon-
quaner, welche ſie ſammlen, nichts da-
von verliehren moͤgen, weil ſie gar ſan-
dicht iſt, deswegen machen ſie dieſelbe
mit Fließwaſſer gantz fluͤßig, und her-
nach zu einem Teige, den ſie ſo lange an
der Sonne trocknen laſſen, bis er ſo har-
te wird, wie er iſt. Dieſe Algonqua-
ner fuͤhren ihn ſtets bey ſich, und ge-
brauchen ihn wider das Magenweh,
und legen ihn, als wie eine Salbe auf.
Ob nun wohl dieſe Beſchreibung des
Cachou der Wahrheit nicht eben gar
zu aͤhnlich zu ſeyn ſcheinet, indem es
faſt nicht das Anſehen hat, daß der Ca-
chou eine Erde ſey, iedennoch, weil
G g g 2derje-
[]Der Spezereyen und Materialien
derjenige, der dieſelbe dem Herrn Caen
gegeben, ſolches betheuert hat, ſie auch
von den Lateinern terra Japonica genen-
net wird, ſo fand ich mich gemuͤßiget,
ſie unter die Zahl der Erden zu ſetzen,
und denenjenigen die Entſcheidung zu
uͤberlaſſen, was ſie eigentlich ſey, die ih-
rer beſſere Kundſchaft haben, damit ich
ſagen koͤnne, man ſolle den Cachou er-
wehlen, welcher auſſenher roth und
tannetbraun ſehe, inwendig aber licht-
roth ſey, ſo glaͤntzend und ſoviel nur ſeyn
kan, nicht verbrannt.
Dieweil aber der Cachou eine Sa-
che iſt, die ziemlich bitter und unange-
nehme ſchmecket, ſobald man ſie nur in
den Mund genommen hat, deswegen
wird ſie zu einem ſubtilen Pulver ge-
macht, und Ambra drunter gethan,
hernach ein Teig davon gemacht, und
Praͤparirter
Cachou.aus dieſem kleine Koͤrnlein, welche an
Farbe und Geſtalt dem Maͤuskoth
gleich ſehen. Je kleiner nun dieſe ſind,
ie hoͤher werden ſie geachtet.
Der Nutzen des Cachou/ gantz oder
zugerichtet, iſt, daß er den Magen ſtaͤrcke
und den Athem angenehme mache: mit
einem Worte, er iſt eine der beſten Sa-
chen, die wir haben, die aber heut zu
Tage wenig im Gebrauch, und zwar
nur ſeit daß der Thee und Coffee ſo ge-
meine worden, obgleich der Cachou
weit mehrere Kraͤfte hat, als dieſe bey-
de letztere.
Weil dann der Cachou einen gar
unangenehmen Geſchmack hat, inſon-
derheit zu anfangs, wenn man ihn in
den Mund genommen, deshalben ver-
miſchen ihrer etliche den Ambra auch
mit Zucker.
Die Japoniſche Erde oder Cate-
chu iſt ein gummoſiſch, hartzicht und
hartes Weſen, brauner und dunckel-
ſchwartzer abgeſchoſſener Farbe, ſo aus
den Arecafruͤchten und den unzeitigen
Schalen eines Jndianiſchen Baumes
Catechu genannt, gepreſſet und durch
des Feuers Hitze zu einer Maſſe gema-
chet wird, ſchmeckt zu erſt herbe und
haͤrtlich, hernach ſuͤß und angenehme,
riecht gar nichts oder doch ſehr wenig.
Was ihre Kraͤffte betrifft, ſo iſt ſie
temperiret, denn der ſuͤſſe Geſchmack
verbleibt eine Weile, der herbe aber ver-
gehet ſtracks: bitter iſt ſie, weil ſie aus
unreiffen Fruͤchten bereitet wird. Sie
dienet in den Zufaͤllen der Lunge, Hu-
ſten und Heiſerkeit, wie auch die Fluͤſ-
ſe des Hauptes zu vertrocknen; zu ſol-
chem Ende werden Pillen aus dieſer
Maſſa gemacht, wenn ſie vorher in
Waſſer zerlaſſen, und Suͤßholtzſaft,
Ambra und Moſch dazu gethan wor-
den. Sie werden ſo lang im Munde
gehalten, bis ſie zergehen.
Alſo aber wird die Japoniſche Er-
de bereitet: ſie kochen die Areca Fruͤch-
te, und kochen das abgekochte bis es als
Honig dicke worden: damit nun dieſes
ſchwartze decoctum einen lieblichen Ge-
ſchmack bekomme, ſo nehmen ſie un-
geloͤſchten Kalch, kochen ihn gleicherge-
ſtalt und vermiſchen es mit dem erſtern.
Drauf kochen ſie die ſchwartze Rinde
der Acaſtæ nigræ auch ab, und ſchuͤtten
das gekochte zu dem vorigen. Endlich ko-
chen ſie auch das Suͤßholtz und ſchuͤtten
es gleichfalls dazu, laſſen es hernach ſo
lange kochen, bis eine Maſſe draus wird,
aus welcher ſie nach dieſem ihren Ca-
chou verfertigen.
Dieweil mir aber dieſe Beſchreibung
des Cachou gar zu dunckel ſchiene, als
habe ich dienlich erachtet eine andere Be-
ſchreibung deſſelbigen allhier mit zuthei-
len, welche der Herr Boudelot/ des
Koͤnigs Rath und ordentlicher Medi-
cus, mir zu geben Belieben getragen.
Catechu iſt ein Saft der aus Japan
zu uns gebracht wird, meiſtentheils kug-
licht und dicke, braun von Farbe, und
bekommt ſeinen Urſprung von dem
Safte eines Baumes, der mit etlichen
Pulvern vermiſchet, und in der Artzney
oft und vielfaͤltig mit groſſen Nutzen ge-
brauchet wird. Diß iſt die Beſchrei-
bung, welche Hagedorn in ſeinem Bu-
che, tractatus phyſico-medicus de terra
Catechu ſive terra Japonica in vulgus ſic
dicta, zu Jena in 8. 1679. gedruckt, gege-
ben hat.
Er lencket ſich ſehr auf die Seite derer-
jenigen, welche vermeinen, der Cachou
ſey keine einfache mineraliſche Erde, ſon-
dern ein aus dem Arecaſaft, Suͤßholtz-
extract und Callmus zuſammengeſetz-
ter Saft. Es thun auch etliche das
Korn Bangua noch hinzu, von wel-
chen Cluſius im Buche von Gewuͤr-
tzen im 54. Cap. handelt.
Gleichwie es aber zweyerley Gat-
tung Areca giebet, die eine ſind roͤthlicht
mit kleinen weißlichten Aederlein ver-
ſetzet, die andere ſo etwas ſchwaͤrtzlicht,
welche einem den Hals bꝛaunroth anfaͤꝛ-
ben, uñ rauſchicht machen, alſo wiꝛd auch
zweyerley Cachou bereitet: der erſte
und gemeinſte iſt roͤthlicht, und zieht
ſich nach dem ſchwartzen, iſt mit kleinen
weißlichten Strichen verſehen, und viel
dichter und gewichtiger denn der ande-
re, welcher nicht ſo ſchwartz, weit
ſchwammichter und blaſſer iſt. Oder
aber, es muͤſte dieſer Unterſchied daher
kommen, daß zu dem einen mehr Are-
caſaft, als zu dem andern genommen
worden, und daß der ſchwaͤrtzeſte und
ſchwereſte der friſcheſte waͤre, welcher
letztern Meinung der Autor auch ſelbſt
iſt.
Jhm ſey nun wie ihm wolle/ gewiß
iſts, daß der Cachou ſeinen groſſen
Nutzen in der Artzney haben moͤchte.
Ehe und bevor ihn Garzias ab Hor-
to beſchrieben, war er in Europa
gantz unbekannt.
Der Herr Boudelot ſaget gantz
recht, daß der Cachou einen groſſen
Nutzen in der Artzney haben koͤnne, in-
dem mehr denn zu gewiß, daß wir keine
eintzige Materie von ſo herrlicher Be-
ſchaffenheit haben: doch dieſem allen
unerachtet, ſo kan auch wohl der uͤble
Geſchmack, welchen man ſtracks em-
pfindet, ſobald man ihn in den Mund
genommen hat, oder aber, weil der
meiſte, welcher verkaufft wird, ſchad-
und mangelhaft iſt, dem doch gar leich-
te zu rathen, wenn man ihn nur er-
wehlet, wie oben erinnert worden,
vielleicht die Urſach ſeyn, warum er ſo
gar wenig bekannt iſt und gebrauchet
wird.
DJe Siegelerde oder die geſiegel-
te Erde iſt eine Gattung des weiſ-
ſen und etwas roͤthlichten Bolus, den
man in Waſſer erweichet, und hernach-
mahls kleine halbrunde und Daumens
dicke Kuͤchlein daraus formiret hat, auf
welchen allerhand Characteres und Zei-
chen zu erſehen. Der Unterſchied der
Figur, der Farbe und des Siegels macht
mich ſchlieſſen, daß ſie ein ieder nach ſei-
nem Kopfe und Gutduͤncken mache,
und daß es vielleicht nichts anders ſey,
als eine fette anhaltende Erde, mehr
oder weniger gefaͤrbet, und zu ſolchen
Kuͤchlein gemacht, dergleichen wir zu ſe-
hen bekommen. Die Hiſtoͤrgen, ſie
moͤgen meinethalben wahr oder nur
Fabeln ſeyn, welche die Alten von die-
ſer Siegelerde und ihrem Geburtsor-
te erzehlen, ingleichen, was fuͤr Cere-
monien und Gebraͤuche dabey vorge-
nommen wuͤrden, wenn ſie ſie ſammle-
ten, mag ich nicht anfuͤhren, noch viel-
weniger vermelden, daß ſie der Groß-
tuͤrck eintzig und allein mit ſeinem Sie-
gel bezeichne, ſondern will ſagen, weil ich
doch den Gebrauch derſelben weder lo-
ben, noch verſprechen kan, daß die Sie-
gelerde, welche am meiſten gebrauchet,
und fuͤr die beſte gehalten wird, als wie
kleine roͤthlichte Kuͤchlein ſey, die nicht
ſandicht, und ſoviel moͤglich anziehend
ſind.
Zur Artzney wird ſie oͤfters ge-
braucht, und hat wegen ihrer anhalten-
den Kraft, ſehr groſſen Nutzen. Sie
kommt auch zum Theriac, und bedarff
hierzu keiner andern Bereitung, als
daß ſie aufrichtig ſey, und zum wenig-
ſten ſo, wie oben beſchrieben.
Was die Lemniſche Erde betrifft,
von derſelben ſagt man, daß ſie gleich-
falls eine geſiegelte Erde ſey, und wie ſie
aus der Erde hervor gezogen worden,
ohne daß ſie im geringſten praͤpariret
waͤre.
HAben wir vielerley Arten Siegel-
erde, ſo haben wir auch nicht viel we-
niger Sorten Bolus/ unter denen der-
jenige der beſte iſt, dem man den Zuna-
men aus Levante oder Armenten ge-
geben, er mag nun vor dieſem aus der-
G g g 3ſelben
[]Der Spezereyen und Materialien
ſelben Gegend ſeyn hergebracht wor-
den, oder dieſen Namen aus der Urſache
bekommen haben, damit man ihn deſto
beſſer verkauffen koͤnne. Weil ich aber
niemahlen ihn geſehen habe, aller der-
jenige aber, der in unterſchiedenen Or-
ten verkauffet wird, in Franckreich zu
finden iſt, ſo will ich ſagen, daß derſelbe
am meiſten geachtet werde, der aus der
Gegend um Blois und Saumur oder
aus Burgund gebracht wird, darun-
ter allerhand Farben befindlich ſind,
grau roth und gelb. Dieſer, der gelbe,
wird am hoͤheſten geſchaͤtzet, weil er am
erſten fuͤr den Levantiſchen durchgehen
kan, auch uͤberdiß die Vergolder ſich deſ-
ſen am meiſten bedienen.
Alleine, weil es viel zu koſtbar den
Bolus von Blois und Saumur
bringen zu laſſen, deswegen ziehen wir
ihm denjenigen vor, den uns die Bau-
ern von Baville, und andern Orten
um Paris herum, bringen, ihn auch
um ein gutes wohlfeiler verkauffen, als
den wir kommen laſſen. Es muß aber
aller Bolus/ wenn er gebuͤhrend be-
ſchaffen ſeyn ſoll, ſanfft oder linde anzu-
fuͤhlen ſeyn, nicht ſandicht, glaͤntzend
und anziehend, das iſt, man muß ihn
kaum wieder von der Zunge, oder den
Lippen abbringen koͤnnen, wenn man
ihn einmahl dran gebracht. Darum
aber werden alle Sorten des Bolus ge-
brauchet, weil ſie ſehr anhalten, oder
anziehen. Die den Bolus aus den
Bruͤchen heraus langen, waſchen ihn,
damit der grobe Kies davon komme,
hernach machen ſie einen Teig davon,
und aus dieſem platte Stuͤcklein, des
Fingers lang und dicke, die wir Brouilla-Brouillamini.
mini oder Boluskugeln zu nennen
pflegen.
DEr gelbe und rothe Ocker iſt einer-
ley. Von Natur iſt er gelb, wird
aber im Reverberirofen roth gemacht,
dann man ihn eben darum dahinein
leget, damit er von des Feuers Hitze
roth werde. Die Frantzoͤſiſchen guten
Ochergruben liegen alle mit einander
in Berry, und unter andern eine an
einem Orte, S. George ſur la Pree/
am Fluß Ucher, zwey Meilen von
Vierzon in Berry/ woſelbſt man ihn
als wie die Steinkohlen aus den Gru-
ben zeucht. Dieſer Ocker wird 150.
bis 200. Fuß tieff in der Erde gefunden,
allein nicht dicker denn vier bis ſechs
Zoll. Unter dem Ocker liegt ein weiſ-
ſer Sand, eben als wie zu Eſtampes,
oben aber und uͤber dem Ocker eine gel-
be thonichte Erde, die zu nichts taug.
Es kommt auch gelb- und rother
Ocker aus England/ von einem Orte,
Rue genannt, welcher viel brauner iſt,
als der Frantzoͤſiſche, weil er von Na-
tur trucken iſt, indem er aus einer ſtei-
nichten Erde kommt, die auf ſonderli-
chen Muͤhlen gemahlen wird, da hinge-
gen der aus Berty recht natuͤrlich und
viel fetter iſt, auch vielmehr aufſchwil-
let, und beſſer zur Oelfarbe taug, wel-
ches die Hollaͤnder ſelbſt bekraͤftigen, all-
dieweil ſie den Engliſchen Ocker nicht
brauchen koͤnnen, wofern ſie nicht die
Helfte des Berriſchen drunter thun.
Der gelb- und rothe Ocker wird
zum mahlen gebraucht; derjenige aber
am meiſten geachtet, welcher trucken
und zart iſt, ſich leicht zerreiben laͤßt,
und eine hohe Farbe, und wenig Sand
bey ſich hat.
Wir bekommen auch eine Gattung
rothen Ocker aus England den wir
insgemein Bergroth nennen, und
wird zur Mahlerey gebraucht. Das
Braunroth aber, welches recht tru-Braunroth,
Potée.
cken iſt, wird Potée genennet, und die
Spiegelglaͤſer damit poliret.
WJr verkauffen zweyerley Art die-
ſes Gruͤns, das von Verona, wel-
ches uns von Verona in Jtalien uͤber-
bracht wird, davon es auch den Namen
bekommen, und das gemeine.
Das Veroneſiſche muß ſteinicht
ſeyn,
[]Hauptbeſchreibung dritter Theil.
ſeyn, und ſo gruͤn, als nur ſeyn kan, da-
bey man in Acht zu nehmen hat, daß
keine Erde drunter.
Das gemeine muß auch recht ſchoͤ-
ne ſeyn, und dem Veroneſiſchen ſo na-
he, als nur moͤglich, kommen.
DJe Coͤllniſche Erde ſieht dem Um-
bra gantz und gar gleich, auſſer daß
ſie viel brauner iſt. Sie wird zur Mah-
lerey gebrauchet. Man ſoll aber die-
jenige erwehlen, welche zart und rein
iſt, ſich leicht zerbrechen laͤßt, und unter
der ſo wenig klein Zeug iſt, als immer
moͤglich.
DJß iſt ein Stein von unterſchiede-
ner Dicke, und kommt aus Egy-
pten und von andern Orten in Levan-
te.
Man ſoll dasjenige Umbra erweh-
len, welches zart iſt, in groſſen Stuͤ-
cken, braun und auf roth ſich ziehend,
denn dieſes iſt beſſer denn das graue.
Es wird gleichfalls zum mahlen ge-
braucht. Vorher aber, und ehe es ge-
rieben wird, wird es gebrannt, es mag
nun zur Oelfarbe, oder von den Beut-
lern gebrauchet werden. Wenn es ge-
brannt wird, wird es roͤthlicht.
Den Rauch mag man vermeiden,
denn er ſtinckt heftig, und iſt ſehr ſchaͤd-
lich.
DEs Tripels/ auch Alana genannt,
giebet es zwey Sorten in Franck-
reich: einer wird bey Poligny in Nie-
der Bretagne nahe bey Rennes/ der
andere aber zu Menna in Auvergne,
ohnweit Rion/ gegraben.
Der aus Bretagne wird hoͤher ge-
halten, und iſt viel beſſer, auch fuͤr die
Steinſchneider, Goldſchmiede, Keſſel-
macher, und ſonſt zu allerhand Arbeit
weit dienlicher, und wird aus einem
Berge 10. bis 30. Fuß tieff herausge-
graben. Er liegt allda ſchichtweis, des
Fuſſes dicke, mehr oder weniger, uñ wird
nach Redon gebracht, daſelbſt einge-
ſchiffet, und nach Nantes gefuͤhret.
Dagegen wird der aus Auvergne
viel geringer gehalten, weil er fuͤr ob-
gedachte Leute nicht dienet, denn er nicht
alleine gar zu klar iſt, ſondern er faͤllt
auch, wenn er trucken worden, aus
einander, wie die Blaͤtter in einem Bu-
che. Man braucht ihn auch blos die
Gefaͤſſe damit helle zu machen. Dieſer
wird faſt gantz oben auf der Erde ge-
funden.
Man ſagt, der Tripel ſey ein Stein,
der in der Erde von den Schwefeladern,
die unter ihn hin gebrennet haben, leich-
te gemachet worden iſt, und die Kraft
bekommen hat, daß er das Kupfer weiß,
hell und ſauber machen kan.
Jn Jtalien und an andern Orten
giebt es auch dergleichen Tripelgruben:
allein, weil dieſe Waare nicht viel gilt,
und wenig davon verbrauchet wird, da-
hero fragt man gar ſelten darnach, und
weil wir ihrer in Franckreich genug
haben, ſo iſt unnoͤthig, daß man ſie an-
derwaͤrts herbringen laſſe.
DAs Jndianiſche Roth oder die
Perſiſche Erde/ die wir gantz un-
recht Engliſch Roth zu nennen pfle-
gen/ iſt eine ziemlich theure Waare, ſon-
derlich diejenige, welche als wie kleine,
nicht allzuharte Steine iſt, und eine ho-
he Farbe hat. Die Schuſter brauchen
dieſes Roth, wenn ſie es mit Eyweis
einge-
[]Der Spezereyen und Materialien Hauptbeſchr. dritter Theil.
eingeruͤhret, und faͤrben die Abſaͤtze an
den Schuhen damit.
Wir verkauffen auch ſonſt noch viel
andere Sorten Erde mehr, ſo wie ſie
aus den Bruͤchen kommen, als da iſt
Marne, oder
weiſſer Bo-
lus.la Marne, welche etliche unter dem Ti-
tel weiſſer Bolus verkauffen.
Andere aber ſind gewaſchen, z. E. das
Weiß von Rouan/le blanc de Seve
und von Port Neuilli/ die Kreide
aus Champagne/ und andere, die
wir gar nicht verkauffen, weil wir ſie
nicht wiſſen wieder zu bekommen, als da
Smectis.iſt Smectis, welches eine Art Thon, fett,
klebricht und ſchwer iſt, bald gelb, bald
ſchwaͤrtzlicht. Dieſe Erde wird in
England von den Wollenkaͤmmern
ſehr gebraucht, die ihr den Namen So-
leterd gegeben; weil ſie auch faſt eben
dasjenige verrichtet, was die Seiffe
thut, deswegen wird ſie von den Latei-
nern terra ſaponaria,Seiffenerde, ge-
nennet. Ferner die Mexicaniſche
Erde/ welches eine uͤber alle maſſen
weiſſe Erde iſt, und von den Mexica-
nern zum bleichen gebrauchet wird; in
der Artzney aber an ſtatt des Bleyweiſ-
ſes. Sie poliren auch das Silber da-
mit.
Der Mergel, welches eine Art Ge-
ſtein, und bald als wie die Kreide aus
Champagne ſiehet.
Das Steinmarck/Lithomarga, im
Frantzoͤſiſchen Moëlle de pierre genannt,
ingleichen Agaricus mineralis und Lac Lu-
næ. Dieſer Stein befindet ſich in den
Klunſen und Ritzen der Steinfelſen in
Teutſchland; die ſo unterſchiedene
Benennung aber hat er um des willen
bekommen, weil er uͤber die maſſen weiß
iſt, und leichtlich zu zerreiben, dieſe weiſ-
ſe Farbe aber nirgends anders her-
kommt, als daß er durch die metalliſchen
Duͤnſte calciniret worden.
So giebt es auch noch vielerley Erde,Allerhand
Arten Erde.
als da iſt die terra Erethria, Samia, Chia,
Seluſia, Cymolia, arenoſa und noch ein
Hauffen andere, derer bey den Scri-
benten Meldung geſchicht.
Wir handeln desgleichen mit Ta-Tabacks-
pfeiffen.
backspfeiffen/ Hollaͤndiſchen/ und
welche zu Rouan gemachet werden.
Die rechten Hollaͤndiſchen ſind lang
und ſehr ſchoͤn, hingegen die von Rou-
an ſind kurtz, und aus einer graulich-
ten haͤßlichen Erde bereitet. Doch will
ich mich nicht dabey aufhalten, oder ſie
weitlaͤufftig beſchreiben, weil es eine
Waare, die bekannt genug iſt, und kei-
nes fernern ausleſens bedarff, als daß
man ſich in Acht nehme, daß ſie nicht
zerbrochen ſeyn, und ein iedes Groß
zwoͤlff Dutzt halte.
Was die præparation oder BereitungPraͤpartrung
der Steine
und Erden.
der Steine und der Erden anbelangt,
dieſelbe geſchicht auf zweyerley Weiſe;
wenn man ſie auf einem Porphyrſtei-
ne reibet, oder in einer Seeſchulpe, z.
E. Perlen, Hyacinthen, Topaſen,
Schmaragden, Sapphiren, Eorallen,
den Magnet, Gallmey, Tutia, und an-
dere mehr: oder aber, ſie werden mit
Waſſer in einem Moͤrſel geſtoſſen, da-
mit man das zarteſte davon bekomme,
z. E. von der Gloͤte, Bleyweiß und Mi-
nie. Jene werden mit Roſenwaſſer
abgerieben, und hernach als kleine
Kuͤchlein aufgeſetzt, die andern aber
werden, als wie der Bleyzucker zu Taͤf-
lein gemacht, wenn ſie aus dem Waſſer
gekommen.
Ende des Dritten und letzten
Theils.
AUſſerhalb der Ungariſchen
und Spaniſchen Queckſil-
berbeꝛgwercke, giebt es auch
dergleichen in Friaul, wel-
che Landſchaft den Vene-
tianern zuſtaͤndig iſt: und von dannen
wird zu ietziger Zeit, uͤber Marſeille,
ſchier das meiſte Queckſilber uͤberbracht,
welches wir zu verkauffen pflegen.
Dieſe Bergwercke in Friaul, liegen
etwan anderthalbe Tagereiſe von Caͤrn-
ten, gegen Norden zu. Die Grube,
darein wir fuhren, iſt die reichſte und
groͤſſeſte unter allen, uͤber ſechs hundert
Fuß in der Teuffe. Dahinunter kommt
man, mit ſchwerer Muͤhe auf den Lei-
tern oder Fahrten, welche ſchnurgera-
de auf ſtehen: doch findet man in dem
einen Schachte, in gemeſſener Weite,
Breter in die Quere gelegt, darauf man
raſten kan. Als wir nun gantz in der
Teuffe waren, ſahen wir das Ertz, wel-
ches ſie mit Hauen gewinnen muͤſſen,
dieweil es ſo harte iſt, als wie Stein.
Es ſiehet leberfarben aus, oder als wie
Crocus Metallorum. Jnwendig in den
Stuͤcken befindet ſich eine weiche Erde,
und in derſelben iſt der Mercurius in Ge-
ſtalt gantz kleiner Broͤcklein und Kuͤglein
zu erſehen. So finden ſich auch dabey
runde Steine, wie Kieslinge, von aller-
hand Form, ſehen ſchier aus, als wie die
Klumpen Haare, dergleichen ich zu
mehrenmahlen in England, aus dem
Wanſte der Ochſen nehmen ſehen. Es
wird aber das Queckſilber auf folgende
Weiſe ausgezogen. Sie nehmen die
Erde, welche in der Teuffe der Gruben
gewonnen, und in Koͤrben herauf und
zu Tage gefoͤrdert worden, und ſchuͤtten
ſie in ein Sieb mit einem meßingenen
Dratboden, der ſo weit iſt, daß man den
kleinen Finger dadurch ſtoſſen kan. Dar-
inne bringen ſie dieſelbe Erde in ein
Baͤchlein, und waſchen ſie ſo lange, bis
nichts nicht mehr hindurch will. Die-
jenige Erde nun, welche nicht durchge-
het, wird auf einen Hauffen beſonders
geſchuͤttet, die aber durchgegangen iſt,
wird in das Loch G bey der erſten Figur,Siehe Fig. 1.
geſchuͤttet, daraus nimmt ſie ein ande-
rer Mann, ſchuͤttet ſie in ein ander Sieb,
und aus dieſen noch in zehen oder zwoͤlff
andere, deren eines immer enger iſt, als
das andere. Oftmahls wird bereits
Queckſilber in dem erſten Loche gefun-
den, aus welchen der andere Mann die
Erde hat genommen: wo aber die Sie-
be am engſten ſind, daſelbſt ſindet es ſich
in weit groͤſſerer Menge. Die Erde,
welche beſonders iſt geſchuͤttet worden,
ſtampfen ſie gantz klein, oder kleinen ſie,
nach Bergmanns Art zu reden, und
fangen aufs neue wieder damit an. Die
gantz zarte Erde, der Schlich genannt,
welche zuruͤcke bleibet, und aus der ſie
kein Queckſilber mehr im Waſſer brin-
gen moͤgen, wird in eiſerne Retorten
geſchuͤttet, Vorlagen vorgelegt und lu-
tiret, darein treibet alsdann des Feuers
Macht das Queckſilber. Der Beam-
te, welcher die Aufſicht druͤber hat, nahm
in unſern Anweſen unterſchiedene ab,
und zeigete ſie uns, da ich dann bey allen
H h hbeob-
[]Des Autoris Anmerckungen
beobachtete, daß zu erſt der vollkomme-
ne und lauffende Mercuꝛius vorankam,
darauf folgete ein ſchwartzer Staub,
wann der gefeuchtet ward, war es eben
ſo gutes Queckſilber, als wie das vorige.
Das Caput mortuum, oder den zuruͤck-
gebliebenen Reſt kleinen ſie wiederum,
und verfahren damit, wie zuvor, bis
daß kein Queckſilber mehr heraus zu
bringen. Damit ich aber dieſe Arbeit
deſto deutlicher vorſtellen moͤge, habe ich
zu ſolchem Ende die Figur N. 1. ſtechen laſ-
ſen, damit mans um ſoviel genauer
ſehen koͤnne, und die Erklaͤrung hierbey
geſetzt. A bedeutet das Waſſer, C B iſt
der Lauff, darinne das Waſſer fort
laͤufft, D G E H F I ſind die Canaͤle oder
Rinnen, in denen es beſtaͤndig aus dem
Lauffe ablaufft, D E F ſind drey Siebe,
deren draͤterne Boͤden einer immer en-
ger iſt als der andere; G iſt der Ort, da-
hin die Erde geſchuͤttet wird, welche
durch das Sieb D gegangen, und dar-
aus ſie der andere Mann heraus nim̃t:
was nun durch das Sieb E gehet, wird
zu H geſchuͤttet, und ſolcher geſtalt fer-
ner fortgefahren. K L M iſt die Truͤbe,
oder das truͤbe Waſſer, welches derge-
ſtalt mit des Queckſilbers Kraft ange-
fuͤllet iſt, daß es die Kraͤtze und eiternde
Geſchwuͤre heilet.
Auf dieſe Weiſe wird das Queckſil-
ber, welches ſie das gemeine Queckſilber
zu nennen pflegen, ausgezogen. Dann,
was Mercurius virgineus und Jungfrau-
en Queckſilber geheiſſen wird, findet ſich
allbereits gediegen in dem Ertze, daraus
es durchs waſchen gebracht wird: Und
ſie halten vielmehr auf dieſes, als auf
das andere. Jch fragete etliche Be-
dienten, ob es dann eine ſonderbare
Kraft haͤtte: die gaben mir zum Be-
ſcheid, wann das Gold mit dergleichen
Queckſilber amalgamiret und in eine
Maſſa gebracht, hernach aber ins Feuer
geſtellet wuͤrde, ſo fuͤhrete dieſer Mercu-
rius alles Gold mit ſich davon, welches
der andere nicht zu thun vermoͤchte.
Des gemeinen Queckſilbers findet
ſich weit mehr, als wohl des Jungfraͤu-
lichen: dann aus der Rechnung, ſo die
Beamten dem Kaͤyſer uͤbergeben, war
zu erſehen, daß unter ſechs mahl hun-
dert und fuͤnff und neuntzig tauſend
drey hundert und vier und dreyßig
Pfund Queckſilber, welche im Jahr
1661. 1662. und 1663. gegraben wor-
den, 667666. Pfund gemein Queckſilber,
und nur 27668. Pfund jungfraͤulichs
ſich befunden.
Die Machinen und Zeuge, deren ſie
bey dieſen Bergwercken brauchen, ſind
recht unvergleichlich: wie ich denn mein
Lebetage keine ſo gar groſſen Raͤder
geſehen habe, welche alle durch das Waſ-
ſer getrieben werden, das ſie ohne ſon-
derliche Koſten, von einem drey Meilen
davon entlegenen Berge, darauf gelei-
tet. Das Waſſer aber, das aus den
Schachten, vermittelſt 52. Perſonen,
26. auf ieder Seite, gezogen wird, treibt
noch andere Raͤder, die zu dieſem und
jenem Gebrauche dienen muͤſſen.
Die Arbeiter bekommen mehr nicht,
als einen Julier des Tages zum Lohn:
koͤnnen aber bey dieſer Arbeit nicht lang
aushalten. Dann, obgleich keiner nicht
uͤber ſechs Stunden unter der Erde blei-
bet, werden ſie dannoch alleſamt con-
tract, und ſterben an der Lungenſucht,
einer eher, der andere ſpaͤter.
Wir ſahen daſelbſt einen ſolchen Ar-
beiter, der etwan vor einem halben Jah-
re dazu gekommen, der war ſo voller
Queckſilber, daß er kaum ein Stuͤcke
Kupfer in den Mund genommen, oder
es auch wohl nur mit den Fingern rei-
ben durffte, ſo ward es ſo weiß als wie
Silber, oder, als ob es mit dem Queck-
ſilber ſelbſt gerieben worden waͤre. Er
war dermaſſen contract, daß er kein halb-
volles Glas, unverſchuͤttet, zum Mun-
de bringen kunte. Hernach erfuhr ich
in Venedig, daß diejenigen, die mit dem
Spiegel machen umgehen, ebenfalls
der Gicht gar unterworffen waͤren. Be-
obachtet habe ich gantz nicht, daß die
Leute haͤtten ſchwartze Zaͤhne gehabt, ſo
daß wir vielleicht dem Queckſilber un-
verdienter Weiſe beymeſſen, als ob es
die Zaͤhne verderbete, wann es in den
Venuskranckheiten gebrauchet wird.
Es iſt zwar wahr, daß ich an dieſem Orte
hierauf nicht Acht gegeben; alleine,
weil doch ſchwartze Zaͤhne an dieſen Or-
ten etwas ſeltſames ſind, ſo wuͤrde ich
ſie ohn Zweiffel, auch in Acht genom-
men haben, dafern es ihrer daſelbſt haͤt-
te gegeben.
Pierre de Porc, der Schweineſtein, den
die Hollaͤnder Pedro de Porco zu nennen
pflegen, und die Portugieſen, welche
dergleichen Steine zu erſt in Europa ge-
bracht, Pedro de Vaſſar, oder Piedra de
Puerco, iſt eine Art Bezoar, ſo in der Gal-
le der oſtindiſchen wilden Schweine an-
zutreffen. Der Schweinſtein, oder
Schweinbezoar, iſt insgemein ſo dick als
eine Haſelnuß, oder, wie die Spitze an
dem Finger, unterſchiedener Geſtalt
und Farbe. Doch ſeine gemeinſte Far-
be ſieht wie die Touloniſche Seiffe, das
iſt weiß und etwas gruͤnlicht, dabey iſt er
gar linde anzufuͤhlen.
Wiewohl nun dieſe Steine trefflich
ſeltſam ſind, dannoch habe ich deren
zwey Stuͤck, die ich in meinem Cabinet
verwahrlich aufbehalte, um ſie denen-
jenigen zu zeigen, die ſie gerne moͤchten
kennen lernen.
Wie rar aber dieſer Stein, ſolte man
ſich nicht einbilden koͤnnen, und dennoch
iſt nichts nicht gewiſſeꝛs, als daß auch bey
dem ſtaͤrckeſten Verkauff der Jndiani-
ſchen Waaren zu Amſterdam und Liſſa-
bon ſich niemahls uͤber drey oder vier
ſolcher Steine nicht befinden. Wie
dann im Jahr 1694. bey ſo ſchwerer und
koſtbarer Ladung unterſchiedener Schif-
fe, die in dem Februar. von Batavia ab-
gegangen, und welche uͤber zwey Mil-
lionen betrugen, mehr nicht, als zwey
Sauſteine ſind mit uͤberbracht worden,
inmaſſen ſolches ihre Cargaiſon oder ge-
druckte Waaren-Liſte bezeuget.
Die Jndianer nennen dieſe Steine,
auf ihre Sprache, Meſtica de ſoho, und
halten ungemein viel drauf, wegen ihrer
Kraft wider den Gift: ja die Leute im
Koͤnigreich Malacca, woſelbſt ſie insge-
mein zu finden, wollen ſie gar dem ori-
entaliſchen Bezoar vorziehen, unerach-
tet derſelbige in den uͤbrigen Theilen
Jndiens fuͤr das allerherrlichſte Mittel
wider den Gift gehalten wird, derglei-
chen nur in der Welt zu haben.
Der Schweinſtein findet ſich gar ſel-
ten bey den Hollaͤndiſchen Materiali-
ſten, und bey uns iſt er noch viel ſeltſa-
mer, entweder, weil er in Jndien ſelbſt
ſo rar, oder aber, weil ihn die Jndianer
lieber fuͤr ſich behalten, nicht allein, als
ein dermaſſen kraͤftiges Verwahrungs-
mittel wider den Gift, ſondern auch als
eine allgemeine und unfehlbare Artz-
ney wider diejenige Kranckheit, welche
ſie Mordoxi heiſſen, ſo von verderbter
Galle kommt, und ihnen eben ſo gefaͤhr-
lich iſt, als wie bey uns in Europa die
Peſt.
Wann die Schweinſteine nach Hol-
land uͤberkommen, werden ſie gemei-
niglich um hundert, bis hundert und
dreyßig Thaler, auch wohl noch hoͤher
verkaufft. Allein die reichen Kauffleu-
te, denen alle ihre Kraft und Wirckung
wohl bekannt, verwahren ſie als einen
koſtbaren Schatz, und machen entweder
ein Preſent davon an groſſe Herren,
oder bedienen ſich ihrer ſelbſt auf den
Nothfall. Sie ſchlieſſen ſie in ein run-
des goldnes durchloͤchertes Buͤchslein
ein, welches an einer goldnen Kette han-
get, damit man es brauchen koͤnne,
wenn man will.
Unterſchiedene anſehnliche Leute und
Familien in Amſterdam, im Hag und
an andern Orten in Holland, verwah-
ren dieſen Stein, ſchon viele Jahre, von
Kind zu Kindeskind, und ihre guten
Freunde und Bekannten nehmen als-
dann im Nothfall ihre Zuflucht zu ih-
nen, abſonderlich, wann ihre Kinder
die Pocken haben.
Sonſt werden ihm auch noch viel an-
dre Kraft und Tugenden mehr beyge-
legt, wider Fieber und bey nahe alle Be-
ſchwerungen der Weiber: und die Jn-
dianiſchen haben ein ſolches Vertrauen
darauf, daß ſie glauben, ſie erhielten al-
ſofort eine ſonderliche Linderung ihrer
Schmertzen, ſobald ſie ihn nur koͤnnen
anruͤhren: allein die ſchwangern ge-
trauen ſich nicht ihn zu gebrauchen, aus
Beyſorge, es moͤchte ihnen unrichtig ge-
hen.
Wann man dieſen Stein gebrauchen
will, wird er einige Augenblicke in ein
Glas mit Waſſer oder Wein gehangen:
ſo theilet er demſelben ſeine Kraft und
Tugend mit, und machet es ein wenig
bitter, doch nicht unangenehm. Die-
ſes trincket man fruͤh nuͤchtern, und em-
pfindet alle oben angeruͤhrte Huͤlffe.
Man kan ihn auch zu aller Stund
H h h 2und
[]Des Autoris Anmerckungen
und Zeiten brauchen, wann mans hoch-
noͤthig hat.
Auſſer oberwaͤhnten Schweineſteine,
giebt es noch zwey andere, welche ins-
Siehe Fig. 3.gemein, die Malacciſchen Steine ge-
nennet werden, dieweil dieſelbigen ſon-
ſten ſchier an keinem Orte dieſes Koͤnig-
reiches zu befinden. Die meiſten ver-
mengen den Schweineſtein mit dem
Malacciſchen, weil ſie einander ſo gar
aͤhnlich ſehen, welches ich auch mit de-
nenjenigen, die ich beſitze, erweiſen kan,
als welche nur durch die Groͤſſe von ein-
ander unterſchieden ſind, und mehr
Schiefer haben, weder der Bezoar und
andre. Dieſe Steine werden ebenfalls,
iedoch ſehr ſelten, in der Galle und dem
Magen der Jndianiſchen Stachel-
ſchweine gefunden.
Der Malacciſche Stein oder der Jn-
dianiſche Stachelſchweinſtein, wird
gleicher Geſtalt, als wie der Schweine-
ſtein, in dem Koͤnigreich Malacca und
an andern Orten in Jndien, gar ofters
zu einem Preſent und Geſchenck fuͤr
groſſe Herren gebraucht, oder auch fuͤr
die Geſandten auslaͤndiſcher Fuͤrſten.
Garcias ab Horto meldet in ſeinen Ge-
ſchichten, daß zu ſeiner Zeit der Portu-
gieſiſche Viceroy in Jndien einen ſol-
chen Stein verwahret, der ihm von dem
Koͤnige in Malacca war verehret wor-
den, woraus leicht abzunehmen, wie
hoch die Jndianer dieſe Steine halten
muͤſſen.
Der andere Malacciſche Stein wird
in dem Kopfe dieſer Thiere gefunden,
und gedencket deſſen der Herr Taver-
nier in ſeinem zweyten Buche. Dieweil
ich ihn aber noch niemahls nicht geſe-
hen, deswegen mag ich auch nichts wei-
ter davon melden.
Von dieſem Steine will ich allhier
nichts nicht mehr anfuͤhren, dieweil ich
im Cap. vom Orientaliſchen Bezoar
weitlaͤufftig gnug davon gehandelt ha-
be, ohne daß ich noch vermelde, wie ich,
ſeit dem mein Buch gedruckt iſt worden,
zwey ſolche Steine wiederum gefun-
Siehe Fig. 4.den, welche wie eine kleine Nuß gꝛoß ſind,
und ſchwaͤrtzlicht ſehen. Kurtz, die zwey
Schweineſteine, die zwey Affenſteine
und der Malacciſche Stein, die ich beſi-
tze, ſind einige von den rareſten und
koſtbarſten Seltſamkeiten, die in Euro-
pa, inſonderheit unter gleichen Dingen/
zu befinden.
Jm Cap. vom Ambra p. 551. habe ich
zwar gemeldet, man ſolle denjenigen
Amber verwerffen, welcher inwendig
und auswendig gleichſam vermodert
ſcheinet. Allein es hat mich der Herr
le Boiteux, ein galanter Parfumirer und
aufrichtiger Mann, des Gegentheils
verſichert, und daß das eigentliche
Merck und Zeichen eines guten Am-
bers ſey, wann er grau ſaͤhe, und kleine
Tuͤpfel, als wie Rebhuͤneraugen haͤtte;
der auch auswendig, wie inwendig,
gleichſam gebluͤmelt waͤre; das iſt, wann
der Amber als wie modricht und
ſchimmlicht ſiehet, ſo iſt er fuͤr den aller-
beſten zu erachten. Weil nun dieſer
Freund ſich ungemeine wohl auf die
Parfum verſteht und lange damit um-
gegangen iſt, dannenhero kan man
ſicher ſeinem Urtheil folgen und das
meinige hintanſetzen. Dieweil ich nun
mit dem Capitel vom Ambra zu thun
habe, ſo habe auch dienlich gehalten,
wann ich hierbey anfuͤgete, wie daß die
Herren Directores der Oſtindiſchen
Compagnie in den vereinigten Provin-
tzen im Jahr 1694. ein gantz vollkom-
men ſchoͤnes Stuͤcke Ambra, von 182.
Pfunden oder 2912. Untzen bekommen,
welches das koͤſtlichſt- und koſtbarſte
Amberſtuͤcke iſt, dergleichen iemahls iſt
zu ſehen geweſen. Damit ich aber auch
erweiſen moͤge, daß der Amber von dem
Wachs entſprieſſe, ſo will ich hier an-
fuͤhren, was ich aus dem Journal des Sça-
vans habe ausgezogen.
Die Naturkuͤndiger reden gar unter-
ſchiedlich von dem Amber, und ihre
Meinungen von dem Urſprunge, der
Natur und den Eigenſchaften deſſelben
ſind trefflich unterſchieden. Einige
ſprechen, der Amber ſey nichts anders,
als der Samen vom Wallfiſche, Sperma
Ceti: andere halten ihn fuͤr einen Meer-
ſchaum, welcher nach und nach gleich-
ſam zeitiget und harte wird. Andere
wollen mit dem Cardano behaupten, daß
es der
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
es der Schaum von Meerkaͤlbern ſey:
und noch andere geben mit Serapione
vor, es ſey ein Balſam, der in gewiſſen
Felſen und Klippen erzielet wuͤrde, und
von da herab in die See fiele. Einige
aber verſichern mit Ferdinando Lopez,
daß es zuſammen geſammleter Miſt ſey
von etlichen Voͤgeln, welche lauter
wohlriechende Kraͤuter zu freſſen pfleg-
ten, die in den Maldiviſchen Jnſeln
wuͤchſen: und endlich wollen ein und
andere haben, es ſey eine Fettigkeit der
Erde, die rinne aus gewiſſen Adern in
die See, und werde unvermerckter
Weiſe hart.
Allein dieſe Meinungen insgeſamt
ſind auf gar ſchlechte Muthmaſſungen
gegruͤndet, dadurch aber ſolche Dinge
mit einander verwirret werden, welche
eine gantz unterſchiedene Natur und
unterſchiedene Beſchaffenheiten haben.
Dann ob ſchon alle Arten Amber ſich in
der See befinden, und von deſſen Flut
und Wellen in die Fluͤſſe getrieben wer-
den duͤrfften, ſo erkennen iedoch Kuͤnſt-
ler mehr als zu bald, wann ſie dieſelben
unter ihre Haͤnde nehmen, daß ihre
Materie durchaus nicht die angegebene
ſey, und die Medici gebrauchen ſie in
ſolchen Faͤllen, daraus gantz leichtlich
zu urtheilen, daß ſie aus gantz unter-
ſchiedenen Dingen beſtehen muͤſſen.
Auf daß nun nichts nicht unter ein-
ander geworffen werde, ſo muß man
die zwey Sorten Ambra, den grauen
naͤmlich, und den weiſſen, wohl von ein-
ander unterſcheiden. Der erſtere fin-
det ſich an unterſchiedlichen Orten in
dem groſſen Weltmeere, z. E. an den
Kuͤſten von Moſcau und Rußland,
hauptſaͤchlich aber in den Fluͤſſen des
Jndianiſchen Meeres. Dieſer graue
Ambra iſt dunckel, von lieblich und ſuͤß-
lichten Geruch, und zerſchmiltzet leicht-
lich auch von geringer Waͤrme: er hat,
ohne einige ſonderliche Zurichtung, ſo
wie er aus der See genommen, ſo herr-
liche Kraft und Wirckung, daß er das
Hertze ſtaͤrcket, desgleichen Kopf und
Magen, nicht weniger die Lebensgei-
ſter erfriſchet, und ſelbſt den Samen
kraͤftiger und fruchtbar macht.
Keine beſſere und vernuͤnftigere Mei-
nung finde ich nicht, als diejenige, welche
gewiß beſtaͤtiget, der Ambergris ſey
nichts anders, als ein zuſammengeſetz-
tes Weſen aus Wachs und Honig, ſo
von den Bienen auf den Baͤumen zu-
ſammen getragen wird, deren die Moſ-
cowitiſchen Kuͤſten voll ſind, oder aber
in den Felsloͤchern am Ufer des indiani-
ſchen Meers, und dieſe Materie werde
von der Sonne gekocht, nicht aber voͤllig
ausgearbeitet, und ſodann entweder
durch ſtarcke Winde, oder vom hohen
Waſſer, oder wegen eigenen ſtarcken
Gewichtes abgeloͤſet, und falle in das
Meer, allwo ſie endlich ihre gaͤntzliche
Vollkommenheit erhalte, zum Theil
durch die Wellen des Meers, zum Theil
durch den darinne befindlichen Saltzſpi-
ritum. Und die Erfahrung giebets,
wann man Wachs und den beſten Ho-
nig nimmt, ſtellet ſie zuſammen eine
Zeitlang in digeſtionem und beſtaͤndige
gelinde Waͤrme, daß man daraus ein
Elixir und Eſſentz bereiten und ziehen
koͤnne, die nicht alleine einen trefflich an-
genehmen Geruch, ſondern auch ſolche
Kraft und Tugend haben, welche der
Kraft und Wirckung des Ambergris
bey nahe gantz gleich kommen. Jch
zweiffle auch gar nicht, daß dergleichen
Elixir weit koͤſtlicher werden ſolte, koͤnte
man des Jndianiſchen Honigs darzu
habhaftig werden, oder doch des Moſ-
cowitiſchen, dieweil die Bienen allda
viel beſſere, wohlriechendere und aroma-
tiſche Blumen finden.
So ſind uͤberdiß iezuweilen gar groſſe
Stuͤcken Ambergris gefunden worden,
die noch nicht ihre gaͤntzliche Vollkom-
menheit erhalten hatten: dann, wann
man ſie zerbrochen, hat man noch mit-
ten drinne Honigwaben, Wachs und
Honig, angetroffen.
Und endlich wann der Ambragris
mit ſpiritu vini tartariſato aufgeloͤſet wird,
ſo hinterbleibet allezeit eine dicke, dem
Honig gleichende Materie.
Die drey Sorten des Balſams aus
Peru will ich allhier nicht wiederum an-
fuͤhren, als davon in meinem Buche
p. 411. ſeqq. weitlaͤuftig genug iſt abgehan-
delt worden, da mag man nachſehen.
Jedennoch will ich noch erinnern, wie
daß von allen dreyen ſchier keiner nicht ſo
H h h 3ſehr
[]Des Autoris Anmerckungen
ſehr im Brauch, als wie der ſchwartze,
ſowohl, weil er gar ſehr kraͤftig iſt, als
auch um ſeines ſtarcken und angeneh-
men Geruchs willen. Den Baum,
der dieſe Balſame giebet, nennen die
Jndianer im Neu-Spanien, Xiliogo-
mor alito.
Er wird auf dreyerley Art und Wei-
ſe gebrauchet, erſtlich eingenommen,
hernach auf den ſchmertzhaften Ort
aͤuſſerlich aufgeſtrichen, wie ſonſten ei-
ne Salbe, und dann auch unter andere
Compoſitiones und Medicamenten ge-
miſchet.
Zum erſten, wann fruͤh morgens in
dem gelben von einem Ey, oder in ei-
nem Loͤffel warmer Bruͤhe, oder in
Wein, vier bis fuͤnff Tropfen einge-
nommen werden, ſo dienet er Leuten,
die mit kurtzen Athem belaͤſtigt, oder mit
Schmertzen in der Blaſe beladen ſind:
er ſtillet die langwierigen Schmertzen
des Magens, und giebet den Lungen-
und ſchwindſuͤchtigen ſtattliche Linde-
rung. Fuͤr die Gebreſten der Leber iſt
er vortrefflich, oͤffnet derſelben Verſto-
pfung, und macht und erhaͤlt eine gute
Farbe im Geſicht, er macht auch guten
Athem. Die taͤglichen Fieber vertrei-
bet er, fuͤnff oder ſechs Tropfen davon
eingenommen, wie allbereit erwaͤhnet,
eine halbe Stunde zuvor, ehe dann es
kommt, und den Ruͤckgrad zugleich ein
wenig damit geſtrichen. So hat er
endlich auch, innerlich gebraucht, die
Kraft die Winde und Blaͤhungen zu
zertreiben, der boͤſen Luft und dem Gift
zu widerſtehen, und die edlen Lebens-
theile zu erhalten. Er iſt uͤberdiß ein
bewaͤhrtes und unfehlbar Mittel wider
die Peſt und die rothe Ruhr.
Die andere Art dieſen Balſam zu
gebrauchen, iſt unter der Geſtalt einer
Salbe. Und da iſt er durchgehends gut
zu allerhand friſchen Wunden, ſie moͤ-
gen ſeyn an welchem Theile des Leibes
ſie nur wollen, inſonderheit am Kopfe,
nur daß der Hirnſchedel nicht beſchaͤdigt
ſey: dann er erfriſchet und heilet ſie
ſtracks bey dem erſten Verbande, wann
er warm in die Wunde geſtrichen, und
ein Bauſch und Band angeleget wird,
ſo da verhindert, daß keine Luft nicht
darzu komme. Auch iſt er trefflich gut
zu ſolchen Wunden, bey denen die Ouet-
furen verwehren, daß ſie nicht koͤnnen
zuſammen heilen: dann er heilet ſie
ſchnell, und verſchaffet, daß ſie bald zu-
ſammen halten, wann es noͤthig iſt.
Vor allen andern Medicamenten heilet
und reiniget er die alten krebsartigen
Schaͤden, heilet die Wunden der Ner-
ven und der Gelencke, abſonderlich im
Huͤftweh, und zertheilet alle Haͤrte und
Geſchwulſt, ſo etwa noch zuruͤcke blie-
ben. Er ſtillet alle Schmertzen/ die
von Erkaͤltung her entſtanden, wenn
der ſchmertzhafte Ort damit geſtrichen
und gerieben wird. Auch nimmt er
alle Geſchwulſt hinweg, die etwan durch
Kaͤlte verurſachet, und ſtaͤrcket alle und
iede Theile des Leibes, die damit gerie-
ben werden. Auch ſtaͤrckt und erhaͤlt
er das Gehirn in guten Stande, und
zertheilet alle ſchaͤdliche Feuchtigkeiten
zuſamt den Schmertzen, die es irgend
treffen, wann man die Schlaͤfe und das
Hintertheil vom Haupte damit reibet.
Die Laͤhmung der Glieder curiret er,
wann man den Kopf, das Genick, den
Ruͤckgrad und den preßhaften Theil
oder Glied damit einſalbet. Er ſtaͤr-
cket den Magen, wann man denſelbigen
mit dieſem Balſam ſtreicht und reibet,
und er zertheilet die Blaͤhungen und
Winde in demſelben, eroͤffnet ingleichen
alle deſſen Verſtopfungen. Die Miltz
erweichet er, wann er warm auf den
ſchmertzhaften Ort geſtrichen wird:
auch ſtillet er die Steinſchmertzen, be-
nebſt dem Bauchwehe; abſonderlich,
wann er mit warmen Brode aufgele-
get wird. So ſtillet er auch die Schmer-
tzen der Zaͤhne, wann man ſich hinter
den Ohren, auf der Seite, wo der
Schmertz iſt, ſtreichet, vertreibet auch
das Kneippen und Reiſſen im Leibe, bey
Kindern und alten Leuten: nicht weni-
ger die Colic, ſo von Winden und Gries
entſtanden, wann man ihn auf den
Nabel ſtreicht und wohl einreibt. Er
heilet desgleichen die Zittermaͤhler und
Flechten, die Roſe, und andere ſolche Zu-
faͤlle, wann man ſie damit ſtreicht. Die
Weibsperſonen haben an ihm ein herr-
liches Huͤlffsmittel in allerhand ihnen
aufſtoſſenden Kranckheiten und Be-
ſchwerungen, denen ſie von Natur un-
terworffen ſind.
Dabey dienet zu mercken, daß dieſer
Balſam
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
Balſam warm gemacht ſeyn muͤſſe,
man mag ihn auch gebrauchen, wann
und wozu man will, und das muß ge-
ſchehen, entweder in dem Gefaͤſe, daraus
man ihn will lauffen laſſen, oder aber,
wann ſolches bereits geſchehen, auf ei-
nem Teller, oder in einem Loͤffel.
Alle dieſe Kraft und Tugenden ha-
ben beyde Balſame, der ſchwartze und
der weiſſe. Der weiſſe hat zwar kei-
nen ſo ſtarcken und angenehmen Ge-
ruch, iſt aber weit koͤſtlicher, rarer und
kraͤftiger, indem er recht natuͤrlich iſt
und von der Sonne aus dem Baum er-
zwungen. So iſt uͤberdiß der weiſſe
ein durchgehend gutes und unvergleich-
liches Mittel wider die Flecke und Nar-
ben, ſo nach den Pocken im Geſicht und
ſonſt zuruͤcke bleiben, oder die etwan von
einer andern Kranckheit kommen, wann
dieſer weiſſe Balſam mit Eyweiß, oder
nur mit klaren Waſſer zertrieben wird.
Alles dieſes iſt aus eines Arabiſchen Me-
dici gedruckten Zettel gezogen, und das
allermeiſte bey Gelegenheit probirt und
gut befunden worden.
Vorietzo bringt man uns, auſſerhalb
des Peruvianiſchen Balſams, von denen-
jenigen Orten, derer ich in meinem Bu-
che pag. 411. erwaͤhnet, noch einen, un-
ter dem Titel Balſam von Copaiva,
doch werde weiter nichts, als nur von
ſeiner Eigenſchaft, gedencken. Seine
Kraft iſt unvergleichlich, und er kan in
einer Apothecke ſtatt aller anderer von
Menſchen zubereiteter Artzneymittel
dienen. Dann er reſolvirt und digeriret,
und ſtaͤrcket, weil er warm und trocken
iſt, wann man des Morgens nur ein
paar Tropfen davon nimmt, vertrei-
bet die Engbruͤſtigkeit und Unverdau-
lichkeit des Magens, wann er laulicht
gemacht und der Magen damit gerie-
ben wird, oͤffnet die Verſtopfungen,
durch Kaͤlte verurſachet, wann man
den Kopf und Hals wohl damit ſtreicht,
ſtaͤrckt das Gehirn, und verwahret vor
Schlag und Ohnmachten. Auch hat
er eine ſonderliche Kraft wider giftger
Thiere Biß und Wunden: wie dann die
Thiere ſelbſt, die ſich verletzt empfinden,
ſich zu dieſem Baume finden, in die
Rinde beiſſen, und das benoͤthigte Mit-
tel zur Geneſung dadurch erhalten.
Dieſe Baͤume wachſen an unterſchie-
denen Orten in Braſilien, naͤmlich um
den Fluß, Rio de Janeiro genannt, zu
Sanct Vincentz, und zu Pernambuc:
iedannoch iſt er allda nicht in ſolcher
Menge anzutreffen, als wie in dem Lan-
de des heiligen Geiſtes. Die Leute von
Copaigba nennen die andere Sorte Oel
von Copaigba; das ſind gleichergeſtalt
gar groſſe aſchengraue Baͤume, doch iſt
ihr Laub annoch weit groͤſſer. Wann
der Stamm bis auf den Kern geboh-
ret worden, ſo ſammlen ſie eine groſſe
Menge Saft davon: der wird nach den
Baum Copaigba genennt: wann er
dann aufhoͤret zu lauffen, und ſie ver-
ſtopfen das Loch etwan acht Tage lang,
auch etwas laͤnger, und eroͤffnen es her-
nachmahls wieder, ſo laufft er eben ſo
haͤuffig heraus, gleichwie zuvor, und
riecht ſo gut, als wie der Balſam, doch
iſt er nicht ſo koͤſtlich, wie der erſte, hat
aber dannoch eben eine ſo gute medicina-
liſche Kraft.
Das Gewaͤchs, oder die Wurtzel, wel-
che die Japaner Niſi, die Wilden Canna,
und die Chineſer Ging-ging, auch Nim-
ging zu nennen pflegen, iſt ein kleines
weißlichtes Wuͤrtzelgen, der Wurtzel
vom Diptam oder weiſſen Behen
durchgehends gleich. Dieweil nun die-
ſe Wurtzel gar wenig bekannt iſt, ſo will
ich zuvoͤrderſt allhier anfuͤhren, was
mir S. Koͤnigl. Maj. und des Herrn
Cantzlers Medicus ordinarius, der Herr
Bourdelot, geſchrieben davon mitgethei-
let.
Ging-ging iſt ein Gewaͤchs, welchesSiehe Fig. 5.
die Chineſer deswegen alſo nennen, die-
weil es die Geſtalt eines Menſchen hat,
der die Beine von einander ſperret.
Denn ſie nennen einen Menſchen Ging.
Jhre Wurtzel kommt der Mandragora,
Allraunenwurtzel ziemlich nahe, iſt
aber viel kleiner, und ihre Blaͤtter be-
zeugen, daß ſie zu einem gantz andern
Geſchlecht gehoͤre. Der Pater Martini,
weil er die Wurtzel nur geſehen, hat ſie
in ſeinem Chineſiſchen Atlas zu einer
Sorte der Allraunenwurtzel gemacht:
allein, er iſt in dieſen Jrꝛthum verfallen,
weil er die Blaͤtter nicht hat koͤnnen zu
ſehen
[]Des Autoris Anmerckungen
ſehen bekommen, wie er es dann ſelbſt
geſtehet. Dieſe Wurtzel wird gelblicht,
wann ſie vertrocknet, hat ſchier keine
Faͤden und Faſen, dadurch ſie die Nah-
rung an ſich ziehen koͤnte, und iſt mit ei-
nem Hauffen kleiner ſchwartzen Adern
durchzogen, als ob man ſoviel zarte Li-
nien mit Dinte drein gemachet haͤtte.
Wann ſie gekauet wird, ſchmeckt ſie un-
angenehm, wegen ihrer Suͤßigkeit mit
etwas bittern vermiſcht. Sie vermeh-
ret die Lebensgeiſter gewaltig, wiewohl
auf einmahl uͤber ein Paar Scrupel
nicht genommen werden darff. Wird
mehr davon gebraucht, ſo giebet ſie de-
nen ſchwachen neue Kraͤfte, und erwe-
cket eine liebliche Waͤrme in dem Leibe.
Sie wird mehrentheils gebrauchet,
wann ſie iſt durchs Marienbad (Balne-
um maris) gegangen, und da giebet ſie ei-
nen recht angenehmen Geruch, als wie
ſonſt andere aromatiſche oder wuͤrtzhaf-
te Dinge. Diejenigen, die eine ſtarcke
und hitzige Natur haben, lauffen Le-
bensgefahr, wann ſie dieſelbige zu ſtarck
gebrauchen, dann ſie erreget eine allzu
groſſe Aufwallung der Lebensgeiſter.
Allein fuͤr ſchwache Perſonen und abge-
mattete iſt ſie gantz unvergleichlich, wie
auch fuͤr ſolche, die lange kranck gelegen,
oder auf andere Weiſe von Kraͤften
kommen ſind. Die Lebensgeiſter er-
ſetzet ſie dergeſtalt bey ſchon ſterbenden,
daß ſie noch Zeit erhalten ſich anderer
Mittel zu bedienen und die Geſundheit
wieder zu erhalten. Sie wird um drey-
mahl ſo viel Geld verkaufft, als ſie
ſchwer iſt.
Jm Cabinet der Societaͤt zu Londen.
Die Wurtzel Niſi iſt gleichſam eine
Panacea bey den Chineſern, in Franck-
reich aber, wie auch in Holland nicht ſo
gar bekannt, und wegen ihrer Seltſam-
keit wird ſie uͤber alle maſſen theuer ver-
kauffet. Die ich zuletzt aus Holland
kommen laſſen, davon hat mich die Un-
tze 25. Pfund in Amſterdam gekoſtet,
und iſt daſelbſt auch nur in einem eini-
gen Laden anzutreffen. Wann dieſe
Wurtzel annoch in der Erde ſtickt, trei-
bet ſie einen Stengel etwan eines Fuſ-
ſes hoch, der iſt ſo dicke, als ein Stroh-
halm, und aus demſelben kommen die
Blaͤtter, die ſchier als wie das Veilgen-
kraut auſſehen: hernach folgen die Blu-
menknoͤpfe, die ſehen roth, wann ſie ſich
aber aufgethan, kommen weiſſe Blu-
men heraus, die beſtehen aus ſechs
Blaͤttlein, drey und drey beyſammen.
Das Siamiſche Tagebuch, wann es
von der Wurtzel Niſi redet, berichtet,
daß Ginſeng eine kleine Wurtzel ſey, wel-
che in der Chineſiſchen Landſchaft Houn-
lamſoutchouan und Couli: ſonſt iſt ſie nir-
gends in der Welt mehr anzutreffen.
Jhre vornehmſte Tugend iſt das Ge-
bluͤt zu reinigen, und die verlohrnen
Kraͤfte wieder zu erſetzen. Man gieſſet
Waſſer in eine Schale, und laͤſſets ei-
nen Wall thun; darein werden als-
dann die Ginſeng Wurtzeln gethan, in
kleine Stuͤcken zerſchnitten; darauf
wird die Schale zugedeckt, und derge-
ſtalt das Waſſer auf den Wurtzeln ei-
nige Zeitlang ſtehen gelaſſen: iſt es nun
laulicht worden, ſo wird es davon abge-
truncken, fruͤhe morgens, ehe man et-
was genoſſen hat. Die Wurtzeln hebt
man auf, und laͤſſet Abends noch ein-
mahl Waſſer ſieden, doch thut man nicht
mehr als die Helffte davon in die Scha-
le, legt die Ginſeng drein, decket die Scha-
le zu, und wann es gnugſam verkuͤhlet,
trincket man es. Hernach laͤſt man die
Ginſeng wieder an der Sonne trucken
werden, und wann es beliebig, kan man
noch einmahl Wein darauf gieſſen, und
gebrauchen. Die Proportion, und
wie viel Wurtzel man auf einmahl neh-
men muß, wird nach dem Alter der
Perſon eingerichtet, die ſie gebrauchen
ſoll. Dann zu zehen bis zwantzig Jah-
ren nehmen ſie die Helffte ſo ſchwer, als
ein und ein halber Soang thut: von
dreyßig bis ſiebentzig und druͤber, ein
Mayon ſchwer: druͤber nehmen ſie nie-
mahlen nicht.
Die Vogelneſter werden inſonder-
heit in Cochinchina gefunden: die die-
nen trefflich zu Bruͤhen, und ſind gar
geſund, wann Ginſeng drunter gethan
wird. Sie nehmen ein Hun, deſſen
Fleiſch und Beine fein ſchwartz ſind,
und machen es wohl rein. Hernach
nehmen ſie Vogelneſter, die laſſen ſie in
Waſſer weichen und reiſſen ſie zu kleinen
Bißlein: Auch ſchneiden ſie Ginſeng
in kleine Stuͤcklein, ſtecken alles mit ein-
ander in das Hun, und naͤhen das Loch
zu. Nach dieſem legen ſie das Hun in
ein
[]über ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
ein bedecktes Geſchirr von Porcellan,
ſtellen daſſelbige in einen Keſſel voll
Waſſer, und laſſen es ſo lange ſieden, bis
daß das Hun gar gekochet iſt: und end-
lich ſtellen ſie den Keſſel in die gluͤhen-
den Kohlen und die heiſſe Aſche, die gan-
tze Nacht hindurch. Des Tages drauf
verzehren ſie das Hun, zuſamt der Gin-
ſeng und den Vogelneſtern, ohne Saltz
und Eßig, oder, wie es bey uns heiſt, un-
geſaltzen, ungeſchmaltzen: wann ſie
nun alles rein aufgezehret haben, halten
ſie ſich fein waꝛm, und bekommen zuwei-
len einen Schweiß.
Sie pflegen auch Reiß mit Waſſer ge-
kocht, und mit Vogelneſtern und Gin-
ſeng, auf obige Weiſe zugerichtet, zu ge-
nieſſen. Das thun ſie bey anbrechen-
dem Tage, und wann es moͤglich, raſten
ſie darauf.
Dieweil ich in meinem erſten Buche
allzuwenig vom Agtſteine vermeldet,
als habe nicht undienlich erachtet, hie-
ſelbſten anzufuͤhren, was ich ſeit dem
davon erfahren koͤnnen.
Die Carabe, oder der Agtſtein, wird,
wie gedacht, ordentlicher Weiſe, nir-
gend anders als in dem Balthiſchen
Meere, auf der Preußiſchen Kuͤſte und
Strande gefunden. Wann da gewiſſe
Winde wehen, ſo wird er auf den
Strand geworffen: und die Einwoh-
ner ſammlen ihn im groͤſten Sturme,
aus Beyſorge, die See moͤchte ihn wie-
derum zuruͤcke reiſſen. Es finden ſich
aber Stuͤcken in verſchiedener Geſtalt
und Groͤſſe, und was das allerwunder-
ſamſte, und das den Naturkuͤndigern
hauptſchwer faͤllt zu ergruͤbeln, iſt, daß
bisweilen ſolche Stuͤcken Agtſtein ge-
funden werden, in deren Mitten Blaͤt-
ter von Baͤumen, Splitter, Spinnen,
Fliegen, Ameiſen und ander Geſchmeiſ-
ſe zu erſehen, ſo doch ſonſt nur auf dem
Lande zu leben pfleget. Und derglei-
chen Stuͤcken, darinne ſolche Dinge be-
graben liegen, halten nicht nur heut zu
tage die Liebhaber hoch, und ſehen ſie
als die groͤſſeſten Seltſamkeiten an: ſon-
dern ſchon Martialis zu ſeiner Zeit hat ein
Epigramma gemacht auf eine Ameiſe, die
man ihm in einem ſolchen Stuͤcke ſehen
laſſen.
Und gewiß, es iſt eine ſolche Sache,
die nicht ſo leichtlich zu erklaͤren, wie
naͤmlich Spreu und Splitter, auch Ge-
wuͤrme, welche, weil ſie allzu leicht, be-
ſtaͤndig auf dem Waſſer ſchwimmen, in
die Agtſteinſtuͤcken moͤgen gerathen, die
dannoch allezeit aus dem Abgrunde des
Meers heraus gezogen werden. Bis-
anhero haben die Philoſophi noch keine
recht taugliche Urſache angeben koͤnnen,
ſondern haben vermeinet, ſie muͤſſe eben
ſo verborgen ſeyn, als wie diejenige Ei-
genſchaft des Agtſteins, wann er Stroh
und Spalten an ſich ziehet und aufhe-
bet. Nichts deſto minder wollen wir
verſuchen, ob wir ſowohl auf des einen,
wie auf des andern Grund und Ur-
ſprung kommen koͤnnen.
Diejenigen, die das Balthiſche Meer,
oder die Oſtſee beſchiffet, haben ange-
mercket, daß auf der Preußiſchen Kuͤſte
gar groſſe Stranden ſind, von welchen
einige mehr, andere weniger uͤberſtroͤ-
met werden: allein, an der Schwedi-
ſchen Seite giebet es hohe Sandberge,
und erhabene Oerter, an deren Ufer
gantze Waͤlder von Pappelbaͤumen und
Fichten ſich befinden, welche alle Som-
mer eine groſſe Menge Hartz und Gum-
mi von ſich geben.
Dieſes voraus geſetzt, ſo iſt gar leicht-
lich zu erachten, daß eine groſſe Menge
dieſer klebrichten und zaͤhen Materie
muß an den Aeſten hangen bleiben, wel-
che im Winter vom Schnee bedeckt, und
von der Kaͤlte hart und ſproͤde wird ge-
macht: wann dann die Aeſte von dem
Wind geſchuͤttelt werden, reiſſen ſie die-
ſelben ab und fuͤhren ſie ins Meer: ſo-
dann faͤllt ſie, von wegen ihrer Schwe-
re, zu Grunde, wird nach und nach als
gleichſam ausgekocht, und durch die be-
ſtaͤndige Bewegung des Saltzgeiſtes
von der See gehaͤrtet: daher kommt
endlich der Agtſtein, deſſen Natur wir
gegenwaͤrtig unterſuchen. Wann nun
das Meer ſich ungewoͤhnlich aufruͤh-
riſch erzeiget, und der Wind treibet die
J i iWel-
[]Des Autoris Anmerckungen
Wellen von der Schwediſchen Seite
nach der Preußiſchen, ſo muß nothwen-
dig der Agtſtein dieſer Bewegung fol-
gen, und den Fiſchern Anlaß geben, ſich
dieſes Sturms zu ihrem Vortheil zu be-
dienen und ſich zu bereichern.
Dieſerhalben muß derjenige Ort in
der Oſtſee, allwo es den meiſten Agtſtein
giebet/ weit tieffer liegen, als wie dieſe
Baͤume, an der Schwediſchen Sei-
te: wann nun die See nicht ſo gar grau-
ſam tieff daſelbſten waͤre, ſo wuͤrde auſ-
ſer allen Zweiffel, immerfort eine ſehr
groſſe Menge deſſelben allda anzutreffen
ſeyn, und duͤrfften nicht ſo lange war-
ten, als wie auf den Preußiſchen Kuͤ-
ſten, bis ihnen der Wind darzu behuͤlff-
lich waͤre.
Daraus aber folget dennoch nicht,
ob ſolten gar keine Stuͤcken Agtſtein an
andern Orten dieſer See gefunden wer-
den, auch wohl gar in dem groſſen Meer
oder Ocean, als mit welchen es zuſam-
menhanget, dann wann die See dermaſ-
ſen unruhig iſt, kan ſie ja leichtlich
ein und ander Stuͤck mit wegfuͤhren
und an gantz entlegene Strandorte trei-
ben: doch kan ſolches nicht ſo gar ofte,
noch in ſo groſſer Menge geſchehen, wie
auf den Preußiſchen Kuͤſten.
Sonſt iſt dabey nicht die geringſte
Schwierigkeit zu finden, wie Fliegen,
und Muͤcken, Ameiſen und ander Ge-
ſchmeiſſe mitten in den Agtſtein hinein
gerathen moͤgen. Dann wann ein der-
gleichen Thierlein auf den Zweigen ſol-
cher Baͤume herum laufft, und ohnge-
fehr an einen Tropfen dieſer klebrichten
Materie geraͤth, wann ſie aus der Rin-
de dringet, und alsdann noch gantz weich
iſt, muß es geſchwinde kleben bleiben,
dieweil es keine Kraft ſich los zu wickeln
hat, und wird ſodann von andern Tro-
pfen, welche auf den erſten folgen, und
immer groͤſſer und groͤſſer werden, und
ſich rund herum anlegen, gleichſam be-
graben. Wann nun dergleichen Stuͤck,
in deſſen Mitten ein Gewuͤrme zu befin-
den, herunter in das Meer faͤllt, gleich-
wie wir allbereits gemeldet haben, ſo
wird daſſelbige darinne voͤllig zugerich-
tet und gantz hart gemacht: geſchiehet
es alsdann, daß es an dieſes oder jenes
Ufer angetrieben wird, und geraͤth
in der Fiſcher Haͤnde, ſo ſetzet es Ver-
wunderung genug bey denen, die die
Sache nicht verſtehen.
Wir wollen nunmehro auf die Ei-
genſchaft des Agtſteins kommen, daß
er naͤmlich die Spreu aufhebt und an
ſich zeucht, und beſehen, was die Philo-
ſophi davon gedencken moͤgen. Des
Ariſtotelis Nachfolger ſprechen, daß die-
ſe Eigenſchaft von einer Qualitate oc-
culta, von einer gantz verborgenen Be-
ſchaffenheit, die drinnen ſteckt, herruͤh-
rete, und daß er gleichſam eine groͤſſere
Sympathie und Zuneigung gegen das
Stroh oder Spreu haͤtte, als gegen et-
was anders. Allein, was heiſſet dann
erſtlich dieſe Facultas attractrix und Kraft
die Spreu anzuziehen? Jſt es dann
nicht eben ſo viel als eine Macht und
Vermoͤgen daſſelbige an ſich zu ziehen?
Will man nun ſagen, der Agtſtein zie-
het die Spreu an ſich, weil ers zu thun
vermag, das iſt noch lange nicht genug
geſagt: ſondern vielmehr, wie man in
Schulen pflegt zu reden, ein Ding mit
eben demſelbigen Dinge erklaͤren wol-
len: idem per idem.
2. Will man aber ſprechen, der Agt-
ſtein fuͤhre aus verborgener Beſchaffen-
heit gleichſam eine heimliche Liebe zu
der Spreu: ſo heiſſen dieſe duncklen
Worte ſoviel, die Urſache ſey verborgen,
und unerkannt: dann qualitas occulta,
eine verborgene Beſchaffenheit, oder
eine ſolche Beſchaffenheit, die man nicht
erkennen kan, oder erkennet hat, ſind
wohl einerley.
3. Jſts nicht wahr, daß der Agtſtein
ſolte gegen die Spreu eine groͤſſere Zu-
neigung haben, als gegen irgend etwas
anders. Dann wann er gerieben wird,
ſo ziehet er alles an ſich, wann es nur
leichte iſt, es ſey Spreu oder Papier.
Wie ich mich dann ſelbſt bey unſerer
Verſammlung deſſen bedienet, und ei-
ne Magnetnadel angezogen habe, ſie
auch auf ihrer Spitze herum drehen ge-
macht, eben als ob man ihr einen Ma-
gnetſtein vorgehalten.
4. Dieweil auch eben dergleichen Ei-
genſchaft ſich am Agat, im Gummi,
Glas, Siegelwachs, und meiſten Edel-
ſteinen findet, ſo muß man nothwendig
um eine ſolche Haupturſach umſehen,
welche ſich zu allen Dingen, zu einem,
als wie zu dem andern, ſchicken kan.
Dannenhero wolte ich lieber ſagen,
in dieſen Coͤrpern ſey eine uͤberalle maſ-
ſen ſubtile Materie vorhanden, wel-
che, weil ſie alſo zart, nimmermehr oh-
ne einige Bewegung ſey, und, da ſie
gerne ſich aus ihren Loͤchlein und Haͤus-
lein wolte heraus machen, alſofort von
der widerſtrebenden Luft, die drum her-
um iſt, zuruͤck geſtoſſen wuͤrde. Da
folgt dann, wann dieſe Coͤrper nun ge-
rieben werden, daß die Bewegung der
darin enthaltenen Materie zugleich ver-
mehret werde, daß ſie die Macht und
Kraft bekomme, die widerſtrebende
Luft zu gewaͤltigen, und ſich ein wenig
rund herum auszubreiten: wann dann
dieſe Bewegung nach und nach ſich ver-
mindert, wird ſie von der Luft auf ein
neues zuruͤcke getrieben, und muß ſich
wiederum in ihre Loͤchlein machen, dar-
aus ſie gekommen, ſonſt duͤrffte ſie ſich
nicht ſo gar wohl und bequem darein lo-
giren koͤnnen. Kan aber dieſe Materie
nicht wieder dahin kehren, und wird
folglich von der Luft zuruͤcke gejaget, ſo
muͤſſen dergleichen leichte Dinge, die ihr
unterwegs begegnen, nothwendig die-
ſer ihrer Bewegung folgen, und dero-
halben ſich dem Agtſtein, oder andern
Coͤrpern nahen, dahinein dieſe ſubtile
Materie gerne wieder kehren will.
Und dieſe Erklaͤrung ſcheinet der
Wahrheit um ſoviel aͤhnlicher zu ſeyn,
dieweil uns die Erfahrung lehret, wie
daß der Agtſtein, auch kein anderer Coͤr-
per, ſo ihm zu vergleichen, gar keine
Kraft etwas an ſich zu ziehen, haben,
wofern nicht die in ihren Loͤchlein ent-
haltene Materie, durchs reiben iſt
erregt und in die Bewegung gebracht
worden. Jch meines Orts halte dieſe
Meinung fuͤr beſſer weder dererjenigen,
welche wollen, daß dieſe Coͤrper, ein
und andere von ihren ſelbeigenen und
zugehoͤrigen Theilgen gehen lieſſen,
wann ſie gerieben wuͤrden, und dieſe
Theilgen, ſollen ihren Gedancken nach,
fettig ſeyn, daheꝛ ſie ſich gantz leichtlich an
dieſelbigen Dinge, die ihnen aufſtoſſen,
haͤngen, uñ ſie mit ſich fortreiſſen koͤnten.
Wer aber ſolte ihm Fett und Schmutz
bey den Edelſteinen einbilden, und in-
ſonderheit beym Glaſe, welches aus
Aſche und Sand bereitet wird, welche
in der heftigſten Glut erſt flieſſen muͤſ-
ſen.
Wider obenangefuͤhrte Meinung,
der wir auch gern beypflichten, koͤnte
man zwar eines und das andere ein-
wenden, und fuͤrs erſte fragen, warum
dann dieſe Materie, die aus dem Agt-
ſteine und andern dergleichen Coͤrpern
heraus kommt, wann dieſelbigen gerie-
ben werden, bey ihrem Ausgange,
Spreu und Papier nicht von ſich ſtoſſe,
gleichwie ſie dieſelbigen bey der Ruͤck-
kehr forttreibet und mit zeucht? Dar-
auf iſt aber gar leicht zu antworten,
wie daß dieſe Materie, wann ſie ſich her-
aus begiebet, gleichſam eitel kleine Faͤ-
den mache, welche ſehr richtig zuſam-
men geordnet werden, und dannenhero
durch die Loͤchlein dererjenigen Dinge,
welche ihnen aufſtoſſen, einen freyen
Durchgang finden: wann ſie aber zu-
ruͤcke kehret, halten ſie keine ſo gerade
Linie mehr, und koͤnnen derowegen
nicht wiederum durch dieſelben Oerter
zuruͤcke kehren, zum Theil weil ſie von
der Luft gebrochen und in Unordnung
gebracht werden, zum Theil weil die
Loͤchlein in dieſen leichten Dingen meiſt
alle mit einander von der Materie, wel-
che annoch immerfort aus dem Agtſtei-
ne herauskommt und gleichfalls da-
durch ſteichen will, erfuͤllet ſind, daher
auch nothwendig die zuruͤckkehrende
Materie an dererſelben dichte Theile
treffen und anſtoſſen muß. Daraus
erfolget dann, daß dieſe Dinge muͤſſen
ſich dem Agtſteine naͤher machen, und
an demſelbigen behangen bleiben, ſo
lange ſie die Luft, welche der zuruͤcke
kehrenden Materie beſtaͤndig folget,
daran erhaͤlt.
Endlich fragt ſichs auch, ob der Agt-
ſtein unter die Gummata, oder unter die
Reſinen zu rechnen, und dafuͤr zu halten
ſey? worauf aber gleichergeſtalt gantz
leichtlich zu antworten. Dann, weil
die erſten im Waſſer bald zergehen, die
Reſinen hingegen anders nicht, als an
dem Feuer ſchmeltzen, ſo muß auch, dem
Anſehen nach, der Agtſtein, als welcher
nur am Feuer ſchmeltzet, nothwendig
unter die Reſinen geſtellet werden, noch
viel eher als unter die Gummata. Ob-
gleich Kerckringius ein ſehr artiges Secre-
tum hat den Agtſtein gantz auf eine an-
dere Weiſe und ohne Feuer, weich zu
machen. Dann er machet als wie ei-
J i i 2nen
[]Des Autoris Anmerckungen
nen Teig daraus, und weiß demſelbi-
gen, nach eigenem Gefallen, eine Ge-
ſtalt zu geben: und er hat auf ſolche
Art eine unzeitige Geburt mitten in ei-
nen Klumpen Agtſtein eingeſchloſſen,
welcher auch ſeit vielen Jahren her zu
Utrecht verwahrt und aufbehalten
wird. Dieſe Weiſe tode Coͤrper gut zu
erhalten, iſt wohl die allerſchoͤnſte, als
bishero mag erfunden worden ſeyn:
dann, auſſer dem, daß ſie von aller Faͤu-
lung unverletzet bleiben, hat man noch
die Vergnuͤgung alle Zuͤge dran, durch
den dicken Agtſtein zu betrachten, die-
weil derſelbige hell und durchſichtig iſt.
Weil ich mich bey dem Capitel vom
Agtſtein aufhalte, wird nicht undien-
lich ſeyn die Art und Weiſe den Agtſtein
nachzukuͤnſteln, bekannt zu machen:
dieſe hat mir eine gewiſſe Perſon mit-
getheilet, welche ihn gemacht will ha-
ben. Jch fuͤr mein Theil habe es nie-
mahls verſucht.
Laſſet Terpenthin in einem verzinn-
ten Geſchirr mit etwas Baumwolle
kochen, und ruͤhret ihn ofte und wohl
um, bis er ſo dick iſt worden, als wie
Brey. Alsdann gieſſet ihn aus, wor-
ein ihr wollt, und ſetzet ihn acht Tage
lang in die Sonne, ſo wird er hart und
durchſichtig werden. Daraus koͤnnt
ihr Paternoſter, Meſſerhefte, und an-
dere dergleichen Dinge mehr, verferti-
gen laſſen.
Nehmt ſechzehen Eyerdotter, ſchla-
get ſie wohl mit einem Loͤffel; und neh-
met hernach zwey Untzen Arabiſches
Gummi, und eine Untze Kirſchhartz,
ſtoſſet es zuſammen klein zu Pulver,
und miſchet es unter die Eyerdotter;
das Gumm und Hartz laſſet wohl zer-
gehen, und ſchuͤttet es mit einander in
ein verzinnt Geſchirr, ſetzets acht Tage
in die Sonne, ſo wird es harte werden
und durchſichtig, als wie Glas, und
wann mans reibet, ſo ziehet es die
Spreu an ſich, gleichwie die anderen
Agtſteine.
Der Caphe iſt eine Gattung Boh-
nen, die in Arabien, um Mecha herum,
wachſen. Jhre Figur iſt ovalrund, und
ihre Dicke als wie die gemeinen Oliven.
Der Vertrieb dererſelben iſt dermaſſen
ſtarck in Tuͤrckey, daß allein der Zoll,
den der Großtuͤrck drauf geleget hat, ſich
auf eine nahmhafte Summa belauffet.
Sie machen einen Tranck davon, deſ-
ſen man ſich nunmehro auch in Europa
zu bedienen pfleget, und in Paris wird
derſelbige in unterſchiedlichen Laͤden
verkaufft. Die Araber bereiten ihn
auf zweyerley Weiſe, entweder allein
von dem Korne, oder aber von dem
Korne mit der Schale zugleich. Der
von dem Korne oder Kerne allein gema-
chet wird, iſt nicht ſo kraͤftig, als wie der
von dem Kern und Schale, dann ſie ha-
ben dabey angemerckt, wie daß von die-
ſen beyden Saͤften, einer kuͤhle, der an-
dere erhitze. Sie laſſen dieſe Frucht
uͤberm Feuer roͤſten, ſtoſſen ſie hernach
zu Pulver, und laſſen es einen Tag lang
mit dem drauf gegoſſenen heiſſen Waſ-
ſer ſtehen. Die Tuͤrcken laſſen das
Waſſer ſieden, werffen hernach das Pul-
ver drein, und laſſens noch einmahl auf-
ſieden, bis daß es nicht mehr bitter
ſchmeckt, als wie es ſchmecken wuͤrde,
wann es nicht recht ausgeſotten haͤtte.
Die es noch wohlgeſchmackter haben
wollen, miſchen eine gewiſſe Menge
Zucker, etwas Zimmt, und ein wenig
Naͤglein drunter, das macht ihm einen
lieblichern Geſchmack und viel nahrhaf-
ter. Jn Tuͤrckey wird er eben ſo ſtarck
gebraucht, als wie bey uns der Wein in
den Weinhaͤuſern: ja die aͤrmſten Leu-
te trincken ihn zum wenigſten zwey bis
dreymahl des Tages: und das iſt eine
ſolche Sache, die in dieſem Lande ein
Mann der Frauen ſchaffen muß.
Durchgehends ſtehen ſie in den Ge-
dancken, dieſes Getraͤnck erwaͤrme und
ſtaͤrcke den Magen, und es ſey ein gar
vortreffliches Mittel die Verſtopfungen
in dem Gedaͤrme zu heben, es diene auch
wider die kalten Fluͤſſe, ſo auf Miltz und
Leber fallen. So hat ingleichen die Er-
fahrung in England, Schweden und
Daͤnnemarck vielfaͤltig erwieſen, daß
der Caphe nicht weniger gut ſey wider
die Catarrhen und Fluͤſſe, ſo die Bruſt
beſchweren, in verhaltener weiblichen
Blume und Urin, fuͤr hitziges Gebluͤte
und bey verlohrnen Kraͤften, nichts
minder,
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
minder, wider die Winde und Blaͤhun-
gen, wider die Waſſerſucht und haͤuffi-
ge Galle, verderbtes Gebluͤte und ver-
lohrnen Appetit.
Williſius haͤlt ihn vor allen hoch we-
gen ſeiner Kraft das Kopfweh zu ver-
treiben, und hat ſich ſeiner ſo oft, und
mit ſo gutem Erfolg dazu bedienet, daß
er geſtehet, wider dergleichen Beſchwe-
rung gebrauche er kein ander Mittel.
Er ſchlaͤget die Duͤnſte nieder, die ſon-
ſten in das Haupt zu ſteigen pflegen, und
erſetzet den Schlaf auf ſolche Weiſe, daß
einer, welcher alle Abende ein Glas voll
zu ſich nimmt, viel Naͤchte hinter ein-
ander, ohne ſeine Beſchwerung, wird
wachen koͤnnen. Alle dieſe verwun-
derſame Wirckungen ſchreibet Williſius
der Kraft dieſer Fruͤchte zu, als deren
Schale warm im erſten Grad und tro-
cken in dem andern iſt. Der Kern hin-
gegen iſt nur temperirt. Und dennoch
trocknet er allezeit, dahero kommt es
auch, daß diejenigen, die ihn gar zu
haͤuffig brauchen, mager werden.
Wann nun der Mißbrauch ſchaͤdlich iſt,
ſo weiſet hingegen die Erfahrung, daß
dieſer Tranck, fruͤh nuͤchtern und zu
rechter Zeit, mit etwas Zucker gebrau-
chet, der Geſundheit gar vortraͤglich iſt.
Der von der Schlange, welche die
Portugieſen Cobra de Capelos nennen
Brillen-
ſchlange heiſt
ſie darum,
dieweil auf
dieſer ihrer
Muͤtze eine
Figur wie ei-
ne Brille ſich
zeiget.(in Teutſchen wird ſie die Brillenſchlan-
ge genannt) findet ſich in dem Kopfe ei-
ner Schlange, welche darum ſo genennt
iſt worden, weil ſie auf dem Kopfe et-
was erhabenes fuͤhret, das als wie eine
Muͤtze ſieht. Man ſagt, es ſey nichts
beſſers noch vortrefflichers wider den
Stich und Biß vergifter Thiere. Dann,
wann er auf die Wunde geleget wird, ſo
haͤnget er ſich veſte dran, und ziehet das
Gift heraus. Hat er ſich vollgezogen,
ſo faͤllt er von ſich ſelbſten ab, weil er kei-
ne Macht mehr hat: wird er aber in
Milch geworffen, legt er darinne das
angezogene Gift von ſich, und bekommt
ſeine vorige Kraft wieder. Der P. Kir-
cher meldet, wie er ſolches eine geraume
Zeit nicht glauben wollen, unerachtet
gar viel Scribenten, denen gar wohl
Glauben zuzuſtellen, es fuͤr eine gantz
gewiſſe Sache angegeben: bis daß er
endlich durch die Erfahrung und ange-
ſtellte Probe deſſen uͤberzeugt ſeyn muͤſ-
ſen, die er in Gegenwart vieler Perſo-
nen an einem Hunde, der von einer Ot-
ter ſey gebiſſen worden, habe angeſtellt.
Dieſe Begebenheit wird durch einen
Bericht beſtaͤtiget, welcher dem Her-
tzog von Braunſchweig und Luͤneburg
Johann Friedrichen, ſey zugeſendet
worden, als welchem alle Gelehrten von
demjenigen, was ſie neues erfahren,
Nachricht ertheilet, nicht nur weil er ein
groſſer Liebhaber ſolcher Dinge, ſon-
dern auch in den allermeiſten Wiſſen-
ſchaften vortrefflich wohl erfahren iſt ge-
weſen. Tachenius meldet in einem
Schreiben an ermeldten Printz, wie
daß er einen ſolchen Stein, den ein Arme-
nier nach Venedig gebracht, geſehen, und
deſſen Kraft probiren wollen, habe des-
halben einen Hund von einer Otter in
den Schenckel beiſſen laſſen: eine halbe
Stunde drauf, als man aus dem Win-
ſeln des Hundes, und daß ihm das Bein
ſtarck aufgelauffen, verſpuͤret, der Gift
wuͤrde ſich nunmehro durch die Adern
ausgebreitet haben, und ihm die groſſen
Schmertzen verurſachen, habe der Graf
Schlick, bey dem dieſe Probe angeſtellet
worden, den Stein auf die Wunde ge-
halten, der ſich in dem Augenblick ſo veſte
dran gehangen, daß man ihn nicht her-
unter reiſſen moͤgen, das Thier habe
auch zu winſeln nachgelaſſen. Er waͤ-
re zwey Stunden lang dran hangen
blieben, nach deren Verlauff er von ſich
ſelbſten abgefallen, da habe man ihn in
Milch geleget, welche er dergeſtalt ver-
giftet, daß ein Hund, der davon geſof-
fen, in ſelbiger Nacht geſtorben.
Man legte ihn noch einmahl auf die
Wunde, und er bliebe auch noch daran
behangen, fiel aber eine halbe Stunde
drauf herunter; und da er in andere
Milch geleget worden, ward dieſelbige
nicht ſo ſtarck dadurch vergiftet. Dann,
da dieſer Bericht geſchrieben worden,
waren allbereits drey Tage verſtrichen,
da ein Hund dieſe Milch geſoffen, der
dannoch noch lebete, und wie ſie verhoff-
ten, beym Leben bleiben wuͤrde.
Als er das dritte mahl aufgeleget wur-
de, wolte er gar nicht dran kleben blei-
ben, dieweil kein Gift nicht mehr vor-
handen.
Tachenius fuͤget hinzu, dieſer Stein
ſey rund, ſchwartz, und ſo groß als ein
Sol, aber viermahl ſo dicke geweſen:
es habe auch der Armenier gemeldet,
wie daß eꝛ nicht nur gleichergeſtalt raſen-
der Hunde und aller andern giftigen
Thiere Biſſe zu heilen vermoͤchte, ſon-
dern ſey auch noch darzu ein gantz un-
fehlbares Mittel wider die Peſt.
Es giebet aber zweyerley Schlan-
genſteine, natuͤrliche und nachgekuͤnſtel-
te: jene werden in dem Kopfe einer groſ-
ſen dicken Schlange gefunden, welche
auf der Kuͤſte von Melinde nicht ſeltſam
iſt. Dieweil ich aber keinen einigen na-
tuͤrlichen Schlangenſtein antreffen koͤn-
nen, ſo will ich allhier anfuͤhren, was Ta-
vernier davon veꝛmeldet, welcher der ein-
tzige iſt, der am weitlaͤufftigſten von die-
ſem Steine geſchrieben.
Es giebet einen Stein, der wird
Stein von der gehaubeten Schlange ge-
nennet. Dieſe iſt eine Schlangenart,
welche in der That hinten an dem Ko-
pfe, als wie eine herunter hangende
Haube oder Kappe hat: und hinter die-
ſer Haube findet ſich der Stein, der zum
wenigſten ſo groß iſt, als ein Huͤnerey.
Dieſe Steine werden bey keinen an-
dern Schlangen nicht gefunden, ohne
die zum mindeſten zwey Fuß lang ſind.
Wofern ſie nun mit dem Thier zugleich
anwachſen, ſo muß es wuͤrcklich ziemlich
groſſe geben, indem in Aſien und in Afri-
ca ſolche Schlangen gefunden werden,
die bis auf fuͤnff und zwantzig Fuß lang
ſind, dergleichen die geweſen, deren Fell
zu Batavia verwahrlich aufbehalten
wird, und ein achtzehenjaͤhriges Weibs-
bild eingeſchlucket hatte.
Jetztgemeldeter Autor ſpricht auch,
dieſer Stein ſey gar nicht hart; dann
wann er gegen einen andern Stein ge-
rieben wuͤrde, ſo gaͤbe er einen gewiſſen
Schleim: wann dieſer mit Waſſer zer-
trieben, und von einer Perſon einge-
truncken wuͤrde, welche Gift im Leibe
haͤtte, haͤtte er die Kraft denſelbigen im
Augenblick heraus zu treiben. Man
koͤnte dieſe Steine anders nicht bekom-
men, als durch Vermittelung der Por-
tugieſiſchen Soldaten und Matroſen,
die von Mozambique zuruͤcke kaͤmen.
Jm uͤbrigen iſt dieſer Stein nicht von
derjenigen Art, die ich allhier weitlaͤuff-
tig zu beſchreiben vorgenommen, ſon-
dern es iſt derjenige, davon ſo viel Ge-
ſchrey und Weſens unter den Leuten iſt
gemachet worden, dem man auch ſoviel
und ſonderliche Kraͤfte beygeleget, und
den die allermeiſten fuͤr natuͤrlich hal-
ten, ob er gleich nur gemachet iſt, gleich-
wie ich in nachgehenden erweiſen werde.
Nachdem ich nun die Schaͤtzbarkeit
dieſes Steines, und die unterſchiedenen
Meinungen von demſelbigen gewieſen,
ſo muß ich ſagen, daß man durchaus
nicht glauben duͤrffe, als ob dieſer Stein
natuͤrlich ſey; ſondern, er ſey nur nach-
gemachet und gekuͤnſtelt. Dieſes zu er-
weiſen, will ich hieſelbſt erzehlen, wor-
aus er zuſammen geſetzet iſt, damit ihn
ein ieder, deme es beliebig, machen koͤn-
ne: wie ich dann ihrer mehr als einen
bey mir verwahre. Derowegen neh-
met von dem Frantzoͤſiſchen Bezoar ani-
mali eine Untze, Pulver von Kroͤten
von Krebſen, ſo alle-
ſamt im Julius iſt bereitet worden, von
ieden eine halbe Untze,
Siegelerde die mit der Wurtzel von der
Scorzonera, (Haberwurtz) und Con-
trayervaiſt ab-
gekochet und zubereitet oder praͤpariret
worden, eine Untze, gegraben Einhorn
eine Untze. Aus dieſen allen machet
Kuͤchlein in Groͤſſe und Dicke eines
Pfennigs, groͤſſer oder kleiner, nach-
dem es gefaͤllig, laſſet ſie im Schatten
trocknen, und hebet ſie auf, bis ihr deren
noͤthig habt. Die Jndianer machen
ſie insgemein ſo groß und dicke, als ein
Frantzoͤſiſcher Liard oder Double iſt.
Das waͤre alſo der gar beruffene
Schlangenſtein.
Auſſer obangefuͤhrete beyde Nach-
richten hat Tavernier annoch folgendes
davon vermeldet.
Endlich will ich auch noch des Schlan-
genſteins gedencken, welcher bey nahe
ſo groß iſt, als ein Frantzoͤſiſcher Double,
und deren einige in etwas laͤnglicht rund
oder oval ſind, in der Mitten dicke, und
an dem Rande duͤnne. Die Jndianer
ſprechen, er werde auf den Koͤpfen ge-
wiſſer Schlangen formiret: ich aber
wolte viel eher glauben, daß ihnen ihre
Goͤtzenpfaffen ſolches glauben machen,
und daß dieſer Stein vielmehr aus ein
und andern Materialien von ihnen zu-
ſam-
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
ſammengeſetzet und bereitet werde.
Dem ſey nun wie ihm wolle, er hat
dennoch eine ſonderliche und vortreff-
liche Kraft den Gift auszuziehen, wann
jemand von einem oder andern giftigen
Thiere iſt gebiſſen worden. Wofern
das Glied, darein der Biß gegangen,
nicht wund iſt, ſo muß ein Schnitt dar-
ein gemachet werden, daß das Blut her-
aus gehe; wann dann der Stein dar-
auf geleget wird, ſo faͤllt der Stein nicht
eher ab, als bis der Gift alle mit einan-
der ausgezogen, welches ſich darum he-
rum zuſammen zeucht. Will man
ihn wieder davon ſaubern, ſo nimmt
man Weibermilch, oder in deren Er-
mangelung, nur Kuhmilch; wann er
dann zehen bis zwoͤlff Stunden drinn
gelegen, ſo bekommt die Milch, welche
alles Gift an ſich zeucht, eine Farbe, wie
Geſchwuͤre. Als ich eines Tages bey
dem Ertzbiſchoff von Goa des Mittags
zur Mahlzeit war, fuͤhrete er mich in
ſein Raritaͤten-Cabinet, in dem er aller-
hand rare und curieuſe Dinge hatte.
Unter andern zeigete er mir einen ſol-
chen Stein, und da er mir von deſſen
Kraft und Tugend allerley erzehlet,
verſicherte er mich, daß er ihn nur vor
wenig Tagen probiret haͤtte, worauf
er mir denſelbigen verehrete. Als er
auf der Jnſel Salſette, auf welcher
Goa lieget, zoge, und ſich auf ein Land-
gut begeben wolte, wurde einer von
denen, die ſeinen Pallekin, oder Trage-
ſeſſel trugen, welche Leute ſchier gantz
nackend ſind, von einer Schlange ge-
biſſen, und zu gleicher Zeit durch dieſen
Stein geheilet. Jch habe ihrer unter-
ſchiedliche gekauffet, iedoch hat niemand
nicht dieſelben zu verkauffen, als die
Braminen, daher ich urtheile, daß ſie
dieſelbigen auch machen. Man bedie-
net ſich zweyerley Art zu probiren, ob
dieſer Schlangenſtein gut ſey, und kein
Betrug dahinter. Dann erſtlich, nimmt
man ihn in den Mund: iſt nun der
Stein gerecht und gut, ſo faͤhrt er in
die Hoͤhe, und haͤnget ſich ſtracks an den
Gaumen an. Fuͤrs andre legt man
ihn in ein Glas voll Waſſer, da dann daſ-
ſelbe alſobald, in Fall der Stein unver-
faͤlſchet iſt, anhebt als wie zu ſieden, und
kleine Blaſen ſteigen von dem Steine,
der auf dem Grunde liegt, bis oben auf
das Waſſer in die Hoͤhe.
Die Jndianer nehmen dieſen Stein
nicht ohne Urſache unter diejenigen Din-
ge, aus denen ſie den Schlangenſtein be-
reiten wollen. Dieweil er nun ein ſol-
ches Material iſt, welches eben nicht ſo
gar bekannt, und von wenig Scriben-
ten beſchrieben wird, deshalben will
ich hier anfuͤhren, was Wormius in
ſeinem Muſæo davon berichtet, damitSiehe Fig. 7.
ihn die Herren Medici auch gebrauchen
koͤnnen.
Cornu foſſile, das gegrabene Horn
oder Einhorn, welches beym Geſnero
Ceratites, Hornſtein, beym Cluſio Ebur
foſſile, gegraben Einhorn, beym Cæſal-
pino Lapis Arabicus, der Arabiſche Stein,
und bey andern dens Elephanti petrefa-
ctus, verſteinter oder zu Stein gewor-
dener Elephantenzahn genennet wird,
desgleichen Lithomarga alba, weiſſes
Steinmarck; welche unterſchiedliche
Benennungen es von wegen ſeiner
mancherley Geſtalt, unter der wir es zu
ſehen bekommen, bey den Scribenten
erhalten hat.
Dieſes hat mit andern Arten Oſteo-
colla, des Beinleims oder Beinwelle, ei-
ne gar groſſe Verwandtſchaft: daher es
auch von ihrer etlichen unter die weichen
Steine gerechnet wird. Es iſt aber ein
ſteinichtes Weſen, ſo an Farbe, Glaͤtte
und Geſtalt bisweilen einem Horne
ziemlich aͤhnlich kommt: zuweilen iſt es
haͤrter, zuweilen weicher, mit einer har-
ten, gelblichten, ſchwartzen oder aſchfar-
benen Rinde uͤberzogen, das Marck iſt
weich, weiß, leicht, zerbrechlich, dicht
und ohne Loͤchlein, anziehend, austrock-
nend, und haͤnget ſich veſt an die Zunge,
hat auch einen angenehmen Geruch.
Es wird ſowohl in Jtalien, als auch in
Teutſchland gefunden, bey Elbingero-
de im Hartz, bey Heydelberg und Hil-
desheim, in Maͤhren, Schleſien und in
Sachſen.
Die Materie, auch auf was Weiſe es
erzielet werde, beſchreibet Anshelmus
Boëtius â Boot mit folgenden Worten:
Jch erachte, daß die allermeiſte Materie
zur Erzielung dieſer Hoͤrner ſey ein
Mergel
[]Des Autoris Anmerckungen
Mergel oder eine und andere Art deſſel-
ben: wann dieſe von dem unterirdiſchen
und eine zu Stein machende Kraft fuͤh-
renden Waſſer angefeuchtet worden, ſo
zergeht ſie, und laͤufft, in Geſtalt einer
Milch, durch die Hoͤlen der Erde. Wird
nun von der darum befindlichen Erde
der molckigte Theil des Waſſers ver-
ſchlucket, oder laͤufft hinweg, ſo muß der
dickere Theil geſtehen: iſt dann alle
Feuchtigkeit verdampfet, ſo waͤchſt er
zuſammen, und nimmt die Geſtalt ei-
nes Steins oder eines Horns an, oder
wird auch wohl nur zu einem Mergel,
wofern der Saft keine gnugſame Kraft
zum Stein zu machen hat gefuͤhret.
Und dieſes iſt die Urſache, warum man
bald kleinere, bald ſo gar dicke Stuͤcken
zu Geſicht bekommt. Geraͤth aber
dieſe milchhaftige Feuchtigkeit nicht in
eine Hoͤle, ſondern faͤllt auf ein Stuͤcke
Holtz, das fuͤr Alter verdorret und ver-
rottet iſt, und dringet in deſſen leicht
und locker Corpus hinein, ſo verrauchet
der duͤnnere Theil vom Waſſer, der di-
ckere aber bleibt zuruͤcke, dadurch wird
das Holtz veraͤndert, und alle deſſen
Theile ihr gleich gemacht, iedoch auf
ſolche Weiſe, daß man erkennen kan,
was fuͤr eine Art Holtz es geweſen; iſt
auch wohl bisweilen der Geruch noch
dran zu ſpuͤren. Was nun dem Holtze
dergeſtalt begegnet, eben daſſelbige wie-
derfaͤhret auch den Hirſchhoͤrnern und
Elephantenzaͤhnen, ingleichen andern
Theilen der vierfuͤßigen Thiere, wann
ſie in dergleichen Orte gerathen.
Dieſe Gedancken ſcheinen der Wahr-
heit ziemlich nahe zu kommen. Dann
endlich erhalten ſolche Hoͤrner eben der-
gleichen Kraft, als wie dem Mergel,
dem Bolus und der Siegelerde zuge-
ſchrieben wird. Was andere von den
Einhoͤrnern, ſo durch die Suͤndflut hier
und dortenhin verfuͤhret worden ſollen
ſeyn, desgleichen von dem flieſſenden
Erdpeche, dem Agtſteine und verrotteten
Steinen philoſophiren, hat wenig, oder
auch gar nichts wahrſcheinliches.
Es wird aber zu allen und ieden hitzi-
gen Kranckheiten dienlich erachtet, zur
Peſt, hitzigen Fiebern, Gift, ſo gut als
wie die Terra Lemnia: es ſtaͤrcket das
Hertz und verwahret daſſelbige vor al-
lem Anſtoß: wird es eines Quintleins
ſchwer, in einem darzu bequemen Waſ-
ſer, oder auch in Weine genommen,
ſo treibt es durch den Schweiß alles,
was im Leibe ſchaͤdliches iſt, mit Macht
heraus: eines Scrupels ſchwer mit ei-
nem dienlichen Waſſer gebrauchet, dient
wider die Ohnmacht, Hertzensangſt
und pochen, auch andere Gebrechen:
wie ingleichen wider das boͤſe Weſen der
Kinder. Sie wollen haben, daß es die
Wuͤrmer toͤdte, den Durchlauff, Blut-
ſtuͤrtzungen der Weiber, Naſenbluten
und goldnen Aderfluß ſtille, und fuͤr
trieffende Augen diene, wann es mit
Milch zu einem gantz zarten Pulver ge-
rieben und in die Augen getroͤpfelt wer-
de. Auch hat man in Acht genommen,
daß es, vermittelſt ſeiner austrocknen-
den anziehenden Kraft die Wunden
ſchlieſſe und zur Narben bringe, des-
gleichen die Schwinden vertreibe und
gut ſey, wann man ſich verbrennet hat.
Alleine es haben ihrer etliche, die ei-
nen nicht geringen Unterſchied daran
betrachtet, gar recht und wohl geſchloſ-
ſen, wie daß dergleichen Kraft und
Wirckung nicht durchgehends allen
Sorten moͤge zugeleget werden.
Dann, wie ſie an Geſtalt, Urſprung,
Natur und Weſen von einander unter-
ſchieden, alſo haben ſie auch nicht alle
einerley Tugenden und Kraft.
Die ſteinhart ſind, ohne Geruch und
Marck, haben bey nahe keine andere,
als eine austrocknende Kraft. Wie ich
dann ein dergleichen Stuͤck beſitze, wel-
ches ſo hart iſt wie ein Stein, dicht und
ſchwer, und ſiehet als wie Eſchenholtz:
dann es beſtehet aus Adern, Streiffen
und eitel Blaͤttern, iſt auch voller Kno-
ten und Loͤcher, wo Knoten geſeſſen, ſo
daß die aͤuſſerliche Geſtalt dem Eſchen-
baume gleichet; deshalben ich es auch
lieber unter die gemeinen Hoͤltzer, ſo zu
Steine worden, als unter die gegrabe-
nen Hoͤrner rechnen wolte. Anziehend
iſt es nicht, hat auch gantz keinen Ge-
ruch.
Welche ſich bald puͤlvern laſſen, an
die Zunge fallen und weich ſind, dieſel-
ben haben oberwaͤhnte Kraft und Tu-
genden; inſonderheit, welche angeneh-
me riechen: die werden zu dergleichen
Beſchwerungen, dabey das Hertze lei-
den muß, gar ſonderlich geruͤhmt: dann
man
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
man beobachtet, wie ſie daſſelbe ſtaͤr-
cken und verwahren. Sind ſie, bevor
ſie veraͤndert worden, von einem Hir-
ſche, Elephanten, Eſchenbaume, Nuß-
baume, oder andern dergleichen etwas,
das dem Gifte widerſtehet, geweſen,
dann haben ſie eine ungemeine Kraft
den Gift zu bezwingen und auszutrei-
ben, um ſoviel ſtaͤrcker aber, wann an-
noch der Geruch des Baumes, oder
was es ſonſt zuvor geweſen, dran zu ver-
ſpuͤren. Und iſt alsdann gantz glaub-
lich, es werden dieſes verwandelten
Coͤrpers Qualitaͤten zuruͤcke blieben,
und ſeine Kraͤfte, welche in der gantz
ſubtilen Materie vorhanden, nicht ver-
ſchwunden, ſondern durch den Zugang
dieſer neuen unterirdiſchen Materie
um ein groſſes vermehret worden ſeyn.
Jch habe unterſchiedliche ſolche Stuͤ-
cken. Eines, des Armes ſtarck, drey
Zoll in der Laͤnge, und zwey und einen
halben im Umfang, davon iſt die Scha-
le abgeriſſen, ſo daß das ſchneeweiſſe
Weſen zuruͤck geblieben: wie es dann
die Haͤnde weiß machet. Es lauffen
nach der Laͤnge drauf hin einige blau
und braune Striche, im uͤbrigen iſt es
dichte, doch dabey loͤchericht, und haͤngt
ſich an die Zunge, ſieht als wie ein Stuͤ-
cke Hirſchhorn, und wieget fuͤnff Untzen:
ich erachte, daß es unter die guten Sor-
ten gehoͤre.
Ein anderes iſt aſchgrau, viel dichter,
iedoch weich und wohlriechend, ſiehet
auch als wie Hirſchhorn, und iſt ſtarck
anziehend vom Geſchmack.
Das dritte iſt braun, die auswendige
Schale ſchwaͤrtzlicht, etwas haͤrter als
das andere, doch laͤſt ſichs mit dem Meſ-
ſer ſchaben; es iſt leicht, anziehend, nicht
alſo leichte zu zerreiben, wie das andere,
und ſiehet wie gebranntes Helffenbein.
Noch ein anderes iſt braun, iedoch
mit ſchwartzen, weiſſen und gelben
Strichen gezeichnet, die Fibern oder Fa-
ſen dran lauffen nach der Laͤnge hin;
ſonſt iſt es eines Fingers lang, fuͤnff
Quentlein ſchwer, gar bruͤchig und ſan-
dig, ſiehet als wie eine Schindel, riecht
nicht unangenehm, iſt ſtarck anziehend,
daher ich es auch unter die guten Sor-
ten der gegrabenen Hoͤrner rechne.
Das gegrabene Einhorn giebt mir
Gelegenheit von einer weiſſen Erde zu
reden, welche auf einem Huͤgel, in der
Herrſchaft Moſcau, Churfuͤrſtlich
Saͤchſiſchen Gebiets, gefunden wird;
die gebrauchen die Einwohner, und
machen Brod daraus, wann ſie es mit
Mehle vermiſchen. Dergleichen iſt
auch bey Girone in Catalonien zu fin-
den. Dieſe weiſſe Erde wird daſelbſt
Medulla Saxorum, Steinmarck genen-
net. Wobey zu mercken, daß ſie nicht
alle ſolche Erde zum Brod backen neh-
men, ſondern nur gewiſſe kleine Klum-
pen und Kuͤglein, die ſo weiß ſind als
Mehl, und aus der Erde heraus kom-
men, ſobald dieſelbe von der Sonne iſt
durchwaͤrmet worden.
Um Rom herum wird eine Gat-
tung Erde gefunden, die ſchmeckt ſaͤuer-
lich und ſiehet weiß und etwas gelblicht,
dienet vortrefflich hitzige Fieber zu cu-
riren. Der oberſte oder vornehmſte Me-
dicus des Papſts, Phariſiani, hat ihr den
Titel Oxipetra Romanorum Phariſiani, ge-
geben, dieweil er in dieſer Erde die Kraft
der Fieber Hitze zu benehmen, hat er-
funden.
Bisanhero haben alle und iede Ma-Siehe Fig. 8.
terialiſten, ich auch ſelbſt, an ſtatt der
Britannica die Wurtzel der Biſtorta oder
Natterwurtzel/ wiewohl unrecht, ver-
kauffet, indem die meiſten Autores ge-
ſchrieben, die Britannica ſey nichts nicht
anders, als Biſtorta; wiewohl andere
Cyclamen, das Schweinbrod, Tormen-
tillam, die Tormentillwurtzel, Betoni-
cam, die Betonie, Plantaginem aquaticam,
den Waſſerwegerich, und andere noch
was anders, dafuͤr ausgegeben. Allein
es hat mir einer von meinen guten
Freunden ein kleines Lateiniſches Buͤch-
lein gezeiget, ſo in Holland, unter dem
Titel Britannica antiquorum vera, ge-
druckt iſt worden, darinne gewieſen
wird, daß die Britannica nichts anders ſey
als Radix Lapathi ſylveſtris, oder Hydro-
lapathi nigri, die Wurtzel der wilden
Grindwurtz, oder der ſchwartzen Grind-
wurtz, die im Waſſer, oder ſonſt an
feuchten Orten waͤchſt, daher ſie auch in-
ſonderheit den letzteren lateiniſchen Ti-
tel uͤberkommen.
Jm uͤbrigen ſind dieſer Wurtzel gar
beſondere Kraft und Tugend zugeleget
worden, die ich auch willig hieher ſetzen
will; indem doch oberwaͤhntes Buͤch-
lein nicht bey iederman bekannt. Dann
ſie wird ausgegeben als ein gantz ſonder-
bares und recht eigentliches Mittel wi-
der den Scharbock; ſie ſoll das Zahn-
fleiſch, wie nicht weniger die Zaͤhne veſte
machen: denen Zufaͤllen der Nerven
abhelffen, und dem Gifte widerſtehen,
die Hagerkeit vertꝛeiben, desgleichen den
Durchlauff, welches insgemein die Zu-
faͤlle beym Scorbute ſind: auch wil man,
daß ſie uͤber dieſes auch annoch die Maſt-
koͤrner und goldne Ader, die Waſſer-
ſucht und Braͤune, die rothe Ruhr und
Durchfall, das Seitenſtechen und viele
andere Kranckheiten mehr curire, habe
desgleichen noch einen andern Hauffen
ſonderlicher Kraft und Tugenden, davon
in ob erwaͤhntem Buͤchlein Meldung ge-
ſchehen. Was endlich ihren Gebrauch
anbetrifft, der iſt unterſchiedlich, dann
ſie wird als ein Pulver, oder als ein Ex-
tract genommen: doch gemeiniglich laͤſt
man ſie in Waſſer kochen, es ſey in ge-
meinen oder in diſtillirten, und trinckt
daſſelbige; kuͤrtzlich, man gebrauchet
ſie, wie die Medici verordnen.
Das Journal des Sçavans gedencket ei-
ner kleinen Wurtzel, von ſaltzigtem Ge-
ſchmack und rother Farbe, die wachſe
auf der Kuͤſte von Coromandel, zwi-
ſchen Penna und Caliaturas, deren be-
dienen ſich die Jndianer zum Scharlach
faͤrben. Es kommt ihrer wohl auch
von Papaculi, unweit Maſſulipatnam:
allein die Jndianer achten ſie nicht ſo
hoch, als wie die vorige, dieweil ſie eine
gar zu helle Farbe hat. Jch fuͤr mein
Theil, muß geſtehen, daß ich ſie eben ſo
wenig geſehen, als wie die Ronas, welche
ich mit dieſer fuͤr einerley halte.
Bisanhero hat jederman geglaubet,
das Chineſiſche Porcelain wuͤrde von
kleinen Seemuſcheln bereitet, welche
im Frantzoͤſiſchen insgemein Porcellaine
en coquillage, Porcellanmuſcheln ge-
nennet werden, oder aus andern der-
gleichen, und aus klar geriebenen Eyer-
ſchalen, die ſie funffzig Jahr lang in der
Erde vergraben liegen laſſen: und das
ſey das Erbgut, welches die Chineſer
ihren Kindern zu verlaſſen pflegten. Al-
lein, vorietzo kan man ſich eines beſſeren
bereden laſſen: dann auch mich ein
Freund, der in China geweſen, verſi-
chert, daß es nichts anders waͤre, als ei-
ne Gattung Erde, als wie Sand, die
werde in der Provintz Nanking gefun-
den, um den Fluß Poyant: wann ſie
nun wolten Porcellan verfertigen, ſo
ſiebten ſie dieſe Erde durch, und mach-
ten mit Waſſer aus dem Dorffe Sincte-
ſimo allerhand Gefaͤſe draus, von ſol-
cher Form und Groͤſſe, als beliebig.
Dieſelben lieſſen ſie hernach im Schat-
ten oder an der Sonne trocknen, mahl-
ten ſie darauf mit Jndigo, Gruͤnſpan,
oder andern Farben, und ſtellten ſie in
wohl verwahrte Oefen, darinne ſie vier-
zehen Tage lang beſtaͤndig Feuer unter-
hielten: nach 14. Tagen drauf, nachdem
ſie das Feuer abgehen laſſen, kaͤme der
Vorſteher des Handwercks, oͤffnete den
Ofen, und naͤhme den fuͤnfften Theil
davon fuͤr den Kaͤyſer von China oder
Japan, als welches die beyden Oerter
ſind, allwo das aufrechte Porcellan
gemachet wird. Zu mehrerer Bekraͤf-
tigung dieſes Vorbringens, kan man
nur das Journal des Sçavans am 2. Au-
guſt, Montags 1666. durchleſen, als
welches alles obangefuͤhrete beſtaͤtiget,
auſſer, daß darinne gemeldet wird, die
Mahlerey, welcher ſich die Chineſer und
Japaner zum Porcellan bedieneten, ſey
ein Geheimnuͤß unter ihnen, ſo ſie nur
ihren Kindern und naͤheſten Anver-
wandten lehreten, auch daß das Waſſer
im Dorffe Sincteſimo, deſſen oben auch
erwaͤhnet worden, alleine zu Verferti-
gung des Porcellans tuͤchtig waͤre, ſonſt
taugte kein ander Waſſer, weder in Chi-
na noch in Japan, hierzu nicht.
Die Moxa iſt das rauche, oder die
Wolle von den zaͤrteſten Stengeln und
Blaͤttern des breitblaͤttrichten Beyfuſ-
ſes, welche getrocknet und zwiſchen den
Haͤnden gerieben werden, damit das
Holtz davon komme, zuſamt den Faͤden
und andern Faſen. Die Wolle nun,
welche ſich davon abſondert, iſt die wahr-
hafte Moxa, die den Gelehrten bisanher
ſoviel zu ſchaffen hat gemacht.
Die Chineſer, Japaner, und auch die
Englaͤnder nehmen dieſe Wolle, und
machen Stricklein, als wie Dochte, und
bedienen ſich dererſelben zu Vertrei-
bung des Podagra: ſie brennen das
wehthuende Glied damit, nachdem ſie
es zuvor mit Speichel haben gerieben;
und man ſagt, wie daß es gantz und gar
keine Schmertzen verurſache, weil dieſe
Wolle ſolche Tugend haben ſoll, wel-
ches ich aber nicht verſichern kan, dieweil
ichs nicht verſuchet habe.
Dieſe Stricklein werden insgemein
ſo dicke gemacht, als ein Federkiel: doch
iſt mir nicht bewuſt, daß es in Franck-
reich auch gebraͤuchlich waͤre. Wolte
GOtt, daß es gewiß waͤre, es ſolte gewiß
das einige Mittel ſeyn, daß uns von die-
ſer Beſchwerung befreyen koͤnte.
Wer es noͤthig hat, mag es verſuchen,
dann es giebet in Franckreich eben ſo
wohl Beyfuß, als wie in China.
Jn meinem Buche, im Articul von
den Naͤglein, pag. 259. habe ich gemeldet,
daß ich die koͤniglichen Naͤglein annoch
nie geſehen; was ich aber davon ge-
ſchrieben, ſey andrer Leute Unterricht:
allein nunmehr kan ich verſichern, daß
ich deren viere habe, die mir der Herr
Surian, Medicinæ Doctor, gegeben. Es
iſt dieſes Naͤglein weit kleiner, weder die
gemeinen, auch gantz und gar von ſol-
chen unterſchieden: es waͤgen auch die-
ſe viere, die ich habe, noch nicht einen
Gran, und haben dennoch einen viel
lieblichern und aromatiſchern Ge-
ſchmack. Damit ich ſie nun deſto beſ-
ſer moͤchte lernen erkennen, deshalben
Siehe Fig. 9.habe ich ſie auch mit auf die Platte ſe-
tzen laſſen: und waͤre zu wuͤnſchen, daß
wir dergleichen Naͤglein haben moͤch-
ten. Der Hollaͤndiſchen koͤnten wir ſo-
dann gar leicht vergeſſen.
Die Beſchreibung des Chineſiſchen
Aniſes, ſo am 49ſten Blatte zu befinden,
iſt zwar gantz richtig, allein, was die Fi-
gur anbetrifft, die ich aus dem Bauhino
habe genommen, und unter das Fuſtel-
Siehe Fig. 11.holtz ſtechen laſſen, dieſelbige iſt falſch.
Dann, da ich erſt vor weniger Zeit eine
andere gefunden, ſo iſt dieſelbige und die
Figur des Bauhini, als wie Tag und
Nacht unterſchieden: dann dieſe ſiehet
als wie ein Raͤdlein am Sporen, hin-
gegen jene ſo, wie die beygeſetzte FigurSiehe Fig. 10.
ausweiſet. Wann wir dieſen Anis ha-
ben ſolten, ſo koͤnten wir denjenigen gar
leichtlich miſſen, den wir zu verkauf-
fen pflegen: und wolte ich fuͤr mein
Theil lieber ein Pfund ſolchen Anis,
als zehen Pfund andern haben, inſon-
derheit weil der Samen einen weit ſtaͤr-
ckern Geſchmack und Geruch hat.
Die Cauris oder Kauris ſind kleine
Schneckenhaͤuslein, ſo aus den Maldi-
viſchen Jnſeln kommen, und werden
von uns, in unſerer Sprache Porcellaine
en coquillage, auf Teutſch aber/ Schlan-
genkoͤpflein genennet. Jn Guinea und
an andern Orten, wo die Leute unbeklei-
det gehen, werden dieſe Cauris meiſt ge-
brauchet und die Laͤtze, damit ſie ihre
Bloͤſe verhaͤngen, damit uͤberzogen.
Das iſt ein Metall, weit beſſer als
das Bley, allein geringer als das Zinn,
und in China, Japan, Cochinchina und
dem Koͤnigreiche Siam gantz gemein.
Daher verfertigen auch die Morgenlaͤn-
der allerhand Geraͤthe daraus, decken
ihre Haͤuſer damit, und die Theebuͤch-
ſen, die wir bekommen, ſind auch von
Calin.
Der allerbeſte Jndig iſt, der den Ti-
tel Indigo Guari- oder Gati-malo, auch
Gonti-malle fuͤhret, nach der Stadt
Gonti-malle, woſelbſt er verfertiget
wird. Bey derſelbigen laden ihn die
Spaniſchen Schiffe, uñ fuͤhren ihn nach
Cadix und an andre Orte. Jn meinem
Buche pag. 188. im Capitel vom Jndigo,Das Wort
Oriental iſt/
aus Verſe-
hen/ an ſtatt
Occidental
geſetzet wor-
den.
habe ich vermeldet, er kaͤme aus Oſtin-
dien (des Indes Orientales) ſo aber nicht
wahr iſt: dann die Stadt Gontimalle
liegt in Weſtindien (aux Indes Occidenta-
les) in der Provintz Honduras, welche
an die Landſchaft Florida, ſo voller Thaͤ-
ler iſt, ſtoͤſſet. Er wird zu S. Domin-
go verkaufft. Die Einwohner zu S.
Domingo koͤnnen in vier Tagen nach
Honduras kommen, dieweil der Wind
in dieſer Gegend ſtets beſtaͤndig oſtlich
K k k 2iſt:
[]Des Autoris Anmerckungen
iſt: wann ſie aber zuruͤck nach S. Do-
mingo wollen, ſo muͤſſen ſie wegen der
widerwaͤrtigen Winde, drey bis vier
Monate Zeit dazu haben. Was uͤbri-
gens den Jndigo ſelbſt anbetrifft, davon
habe ich auf oben angezognen Blatte
ſattſam gehandelt: iedennoch will ich
hier nochmahln wiederhohlen, wie daß
des guten Jndigo eigentliches Merck-
und Kennzeichen ſey, wann er, wie
Wachs, im Feuer brennet, und nichts
nicht, als nur Aſche uͤbrig bleibt.
Dieſe Eſſentz wird aus den Schalen
der Citronaten, Poncires genannt, und
der groſſen Citronen bereitet, welche
auf Bergamottenbirnbaͤume gepfropft
oder oculiret ſind. Es iſt dieſe Eſſentz
weit lieblicher, als wie die von den Pon-
cires bereitet wird. Was ihre Wahl
betrifft, da kauffe man ſie bey redlichen
Kauffleuten. Dann, weil ſie eine koſt-
bare Waare, wird ſie ſehr gern verfaͤl-
ſchet, oder man giebt an ſtatt der Ber-
gamotten Eſſentz die Eſſenza di Cedro.
Sie wird gebraucht, Tabac und an-
dere Sachen damit wohlriechend zu ma-
chen.
Die Eſſenza di Limonetti iſt mit dieſer
einerley. Die Limonetto iſt eine liebliche
Frucht, daher iſt auch die Eſſentz davon
gar ſchwach. Gemeiniglich wird ſie
in Portugall oder zu Rom bereitet.
Die Roͤmiſche ſieht weiß, die Portugie-
ſiſche aber gelblicht, und ſchier ein wenig
als wie die vom Ambra.
Die Tragea des heiligen Rochus wird
deshalben alſo genannt, dieweil ſie
ein gantz unfehlbares Mittel wider die
Peſtilentz abgiebet. Eigentlich aber
iſt ſie nichts anders, als mit Zucker
uͤberzogener Wachholderbeerenſamen.
Ein gewiſſer Medicus zu Montpellier
will haben, daß dieſe Tragea auf fol-
gende Weiſe zugerichtet wuͤrde.
Nehmet zwey Untzen von der Contra-
yerva-Wurtzel, vier Untzen Scorzonera-
Wurtzel, und eben ſoviel Angelica-Wur-
tzel, alle mit einander wohl getrocknet,
und eine Untze Saffran. Dieſes alles
ſtoſſet unter einander recht wohl zu Pul-
ver; ſchuͤttet es alsdann in einen groſ-
ſen glaͤſernen Kolben, und gieſſet darauf
ein Maas Limonenſaft, ein Maas blan-
cken Wein, und etwan ein Noͤſel Scor-
zonerenwaſſer. Legt einen blinden
Helm drauf, und laſt es zweymahl vier
und zwantzig Stunden mit einander
weichen, hernach legt einen andern
Helm mit einem Schnabel dran, und di-
ſtilliret es aus dem Marienbade.
Von dieſem Waſſer nehmet vier
Pfund, gieſſet ſolches in eine groſſe Vor-
lage, und thut vier Untzen recht gut Ot-
ternpulver darzu, vier Untzen im Schat-
ten getrockneter und geſtoſſener Rauten-
blaͤtter, und zwey Untzen guten Schwe-
felgeiſt. Thut alles in ein Recontrirgefaͤſſe
verlutiret die Fugen wohl, und laſſets
vier Tage lang in der Sonne circuliren,
ſodann eroͤffnet das Gefaͤß, und laſſet
das Waſſer durch grau Loͤſchpapier fil-
triren und lauffen.
Hierauf nehmet vier Pfund Wach-
holderbeerkerne, ſo auf nachgeſetzte
Weiſe praͤpariret worden, ſchuͤttet die-
ſelben in eine groſſe Vorlage, gieſſet von
dieſem Waſſer ſoviel drauf, daß es uͤber
die Kerne gehet, und laſſet ſie im Bade
ſo lange digeriren, bis daß ſie wohl ge-
quollen, hernach gieſſet das Waſſer
gantz maͤhlig davon ab, nehmt eure
Kerne heraus, und trocknet ſie mit klein
geſtoſſenen Royal-Zucker, dafern ihr die
Tragea recht gut und nach der Kunſt,
wie ſichs gebuͤhrt, bereiten wollt.
Kraft und Tugend der Tragea Sancti
Rochi. Sie machet nicht ſo gar viel
Hitze, als wie die Grana vitæ \& ſanitatis,
die Lebens und Geſundheitskoͤrner: in-
deſſen wird ſie doch eben zu derglei-
chen Beſchwerungen mit gantz gutem
Erfolg verordnet.
Nehmet ſoviel als ihr wollt, von den
gemeinen Wachholderbeeren, die fein
recht zeitig ſind, rein ausgeleſen und im
Schatten getrocknet, waſchet ſie mit
Brunnenwaſſer, reibet ſie alsdann
gantz gelinde zwiſchen den Haͤnden, da-
mit aller Staub und Unrath davon
komme. Wann ſie dann fein ſauber
ſind, ſo legt ſie in die Sonne, bis daß
ſie trocken werden, und wann ſie trocken
find, ſo ſchuͤttet ſie in ein glaſuͤꝛt Geſchirꝛ,
gieſſet
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
gieſſet darauf Angelica oder Scorzone-
renwaſſer, oder von Cardebenedicten,
oder Scabioſen, ſoviel, bis es uͤber eure
Beeren gehet, laſſet ſie vier und zwan-
tzig Stunden lang darinne weichen, da-
mit ihnen das wenige bittere vergehe,
das ſie haben, und dennoch ihre Bezoar-
diſche Kraft nicht vernichtiget werde.
Wann dieſes geſchehen, ſo koͤnnt ihr ſie
ein wenig, und dazu gantz gelinde, zwi-
ſchen den Haͤnden reiben, damit ihr ſie
nicht zerdruͤcket: gieſſet das Waſſer
weg, und trocknet ſie in der Sonne.
Der Kummer, welchen die allermei-
ſten Droguiſten und Apothecker ma-
chen, wann man das Bezoar animale bey
ihnen begehret, will mir glauben ma-
chen, es ſey gar noͤthig, ſie zu belehren,
was dann das Bezoar animale ſey. Jch
will ihnen derowegen melden, daß, was
wir Bezoar animale zu nennen pflegen,
ſey
Bezoar Orientale, der Oſtindiſche Be-
zoar, Bezoar Occidentale, der Weſtindi-
ſche Bezoar, Lapis porcinus, der Schwei-
neſtein, Lapis Malaccenſis, der Stein von
Malacca, Lapis Fellis, der Gallblaſen-
ſtein, Bezoar Simiarum, der Affenbezoar,
Pulvis ex epate \& corde Viperarum, das
Pulver von Natterhertzen und Lebern,
welchem ich den Titel Bezoard de France,
Frantzoͤſiſcher Bezoar, gegeben, Pulvis
ex carnibus Viperarum, Pulver von Ot-
ternfleiſch, Oleum Viperarum, Otternoͤl,
Oleum Scorpionum \& Matthioli, das ge-
meine Scorpionoͤl, und wie es Mat-
thiolus zurichten lernen. Uber dieſes
haben einige dem Theriac, Mithridat,
und Orvietan, den Titel Bezoardicum
compoſitum beygeleget, und auch endlich
die Wachholderbeeren Bezoardicum ve-
getabile genennet, indem ſie vorgegeben,
daß alles und iedes, was nur vermoͤchte
dem Gifte zu widerſtehen, koͤnte Bezoar-
dicum betitelt werden. Es moͤgen
dannenhero die Herren Medici hinfort
fein mit Fleiß in ihren Recepten deutlich
erklaͤren, was ſie verlangen, und dem
Patienten am beſten zukommet. Weiter
mag ich nichts von allen Sorten Be-
zoar vermelden, indem ich von einem
iedweden an gehoͤrigen Orte gnugſam
vermeldet habe.
Das iſt ein roͤthlicht, klar und durch-
ſichtiges Gummi, dem Gummi Taurico
nicht gar ungleich, und moͤchte auch
wohl alſo gebrauchet werden koͤnnen,
wann es nur bey uns recht bekannt waͤ-
re. Es kommt aus den Jnſeln und rin-
net von den Baͤumen, welche die Aca-
jou tragen, eben als wie das Hartz von
Kirſch- und andern Baͤumen.
Dieſe waͤchſt in den Jnſeln, und iſt
der Chinawurtzel nicht unaͤhnlich.
Das decoctum und geſottene Waſſer von
dieſer Wurtzel brauchen die America-
ner zum Zucker laͤutern, an ſtatt des
Sublimats und Arſenics, deſſen ſie ſich
dazu bedienten, bevor ihnen dieſe Wur-
tzel iſt bekannt geworden. Jch haͤtte
wohl nimmermehr nicht glauben ſollen,
daß die Americaner den Sublimat und
Arſenic hierzu gebrauchten, wann der
Herr Surian mich deſſen nicht verſi-
chert haͤtte.
Dieſes iſt ein roͤthlichtes Oel, welches
aus gewiſſen Wuͤrmern gezogen und be-
reitet wird, die ſich in dem feuchten Hol-
tze einer Art der Palmenbaͤume aufhal-
ten. Dieſe Wuͤrmer ſind anders nichts,
als kleine Klumpen Fett, welches fuͤr
das Lendenweh und einſchrumpfen der
Nerven ſehr dienlich iſt. Es wird uns
auch aus den Jnſeln das Anoli-Oel
gebracht, welches trefflich gut iſt zu den
Haaren, dieſelbigen wachſend und kraus
zu machen, auch allerhand Geſchwuͤr
und Beulen zu vertreiben. Dieweil
aber der Herr Surian eine General Hi-
ſtorie ans Licht zu ſtellen Sinnes iſt,
dannenhero will ich allhier weiter
nichts davon gedencken, ſowohl als wie
von denen uͤbrigen Dingen, deren Na-
men in meinem Catalogo befindlich
ſind.
Die Anolis ſind eine Gattung Ey-
dechſen, die in den Jnſeln wohl be-
kannt.
Jn meinem Buche, pag. 773. im Ca-
pitel von dieſem Saltze, habe ich weit-
K k k 3laͤuff-
[]Des Autoris Anmerckungen
laͤufftig genug davon gehandelt, und die
Art daſſelbige zu bereiten gewieſen, wie
ingleichen, woran das rechte vom ver-
faͤlſchten zu erkennen. Alldieweil aber
von Tag zu Tage die Betruͤgereyen, ſo
mit dergleichen Waaren vorgenom-
men werden, an den Tag kommen, ſo
achte mich verpflichtet, dergleichen Be-
trug zu entdecken, welcher mit dieſem
Saltze vorgenommen wird, indem ein
und andere Waſſerbrenner, ohne Be-
ſorgung der Strafe, und ungeſcheut, in
Paris den Uberreſt vom Scheidewaſſer
an ſtatt dieſes Saltzes an die Spezerey-
haͤndler, Apothecker, Barbirer und an-
dere verkauffen; welches eine ſchaͤdliche
Betruͤgerey, welcher billig ſolte vorge-
bauet werden. Allein, weil ſolches
ſchwerlich zu erkennen, und ich gantz
uͤberdruͤßig bin dergleichen lieder-
liches Thun bekannt zu machen, ſo
erſuche ich alle diejenigen, welche das Sal
polychreſtum nebſt andern Waaren,
welche nur zu oft verfaͤlſchet werden,
daß ſie dieſelbigen doch ja bey niemand,
als bey ehrlichen Kauffleuten nehmen
wolten.
Die Chymiſchen Scribenten, welche
von der Leber des Spießglaſes (Epar
Antimonii auf Lateiniſch genannt) ge-
handelt, haben uns berichtet, daß man
zu deren Zubereitung ſolch Spiesglas
nehmen muͤſſe, welches fein klein ſpieſ-
ſicht ſey: und ich habe es gleichergeſtalt
gemeldet. Nachdem aber habe ich in
Acht genommen, daß das Antimonium
minerale, das iſt, dasjenige Spießglas,
wie es aus der Grube und Erde kommt,
eine weit ſchoͤnere Leber giebet, als wie
das geſchmoltzene und ſpießichte; allein
ſie kommt auch um ein gut Theil hoͤher
zu ſtehen. Dannenhero mag das An-
timonium minerale mehr fuͤr curieuſe
Leute dienen, und fuͤr ſolche, welche zu
ihrem eigenen Nutzen lieber recht gute
Waare verlangen. Jſt dieſe Leber recht
und wohl zubereitet, ſo iſt ſie glaͤntzend,
und das Pulver davon ſiehet gar ſchoͤn
roth; nur muß man nicht in einigem
Puncte fehlen, und inſonderheit recht
trocknen Salpeter und recht ſchoͤn aus-
geſuchtes Spießglas dazu nehmen. Jch
wuͤrde dieſes nimmermehr erwaͤhnet
haben, wofern ich nicht ſo oftmahls
Antimonii Epar mit dem Antimonio mi-
nerali gemacht haͤtte: und ich habe auch
deren noch in meiner Verwahrung, die
ich einem ieden zeigen kan, der es nicht
glauben will, bin auch erboͤthig ſie zu
praͤpariren, dafern es ſolte noͤthig ſeyn.
Auf ſolche Weiſe darff man auch nicht
fuͤrchten, daß ſie werde als wie Ham-
merſchlag ausſehen, dergleichen man-
chen Laboranten wiederfaͤhret, die aber
eben nicht zu nennen.
Dieweil ich vergeſſen habe in meinem
Buche von dem gelben Arſenic, Realgal,
Reiſgar oder Arſenic jaune, zu handeln,
bekomme ich Anlaß, ſolches an dieſem
Orte zu thun.
Realgal iſt ein gelber Stein, dem weiſ-
ſen Arſenic durch und durch aͤhnlich, nur
daß die Farbe einen Unterſchied darzwi-
ſchen macht; welches auch die Urſach iſt,
deshalben es Arſenicum flavum, gelber
Arſenic genennet worden. Jch mei-
nes Orts, habe eben ſo wenig erfahren
koͤnnen, was dieſes ſey, als, was der
weiſſe Arſenic ſey; iedoch iſt leichtlich
zu erachten, es muͤſſe aus einem und dem
andern beſtehen und gemachet ſeyn.
Jm uͤbrigen iſt der gelbe Arſenic oder
Realgal ſehr wenig bey den Chirurgis und
Schmieden braͤuchlich: wird auch ſon-
ſten ſo ſelten gebrauchet, daß eher tau-
ſend Pfund vom weiſſen Arſenic ver-
than werden, als zehen Pfund vom
gelben. Dieſes will ich nur noch obenhin
beruͤhren, wie daß der gelbe Arſenic ein
eben ſo gefaͤhrliches Gift ſey, als wie der
weiſſe, dannenhero moͤgen diejenigen, die
ihn veꝛkauffen, wohl zuſehen, wem ſie ihn
geben. Was ſeine Wahl betrifft, da darff
er nur eine feine ſchoͤne Farbe haben, fein
glaͤntzend und in groſſen Stuͤcken ſeyn:
dann, das kleine Zeug begehrt niemand.
Dieſes iſt eben dasjenige Gummi
oder Hartz, von dem ich in meinem Bu-
che, pag. 393. unter dem Namen des
Americaniſchen Galipots gehandelt
habe. Dieſes Gummi kommt aus ei-
nem groſſen Baume, den ich bereits be-
ſchrie-
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
ſchrieben, und der von den Americanern
der Gummibaum genennet wird, all-
dieweil er eine ſo gar haͤuffige Menge
Gummi giebt: welches auch mich ver-
anlaſſet, daß ich dieſes Hartz oder Gum-
mi, Gomme de Gommier des Isles d’Ame-
rique, Gummi vom Gummibaum in
den Americaniſchen Jnſeln betitelt ha-
be. Weil ich nun allbereits zur Gnuͤge
davon habe gehandelt, ſo werde hier
nichts mehr vermelden, auſſer, daß ſei-
ne Blaͤtter, deren Namen mir noch
nicht bewuſt, wie ich daſelbſt erinnert,
gar groſſe und breite Blaͤtter eines
Baumes ſind, welcher Cachibou genen-
net wird, deren ſich die Americaner und
Wilden zu allerhand Dingen bedienen:
inſonderheit aber legen ſie dieſelbigen
in die Koͤrbe, ſo ſie zu den Gewuͤrtzen
brauchen; dadurch zu verhindern, da-
mit kein Waſſer nicht drein dringen
moͤge. Auch mag man ſich warnen
laſſen, und kein ſolches Gummi an ſtatt
des ſpaniſch indianiſchen Gummi Elemi
erkauffen; dann das rechte iſt gruͤn-
licht, weichlicht und wohlriechend, die-
ſer Galipot aber weiß und trucken, da-
bey ziemlich aromatiſch. Es giebt auch
ohne dieſes Gummi, das Hartz von die-
ſem Baume, das iſt hell und durchſich-
tig, und ſehr ſchoͤn, allein in Franckreich
unbekannt.
Jn meinem Buche pag. 38. habe ich
gemeldet, wie daß die feine Venediſche
Lacca ein Teig ſey, ſo von dem weichen
in den Schupen des Kuttel- oder Black-
fiſches (Oſſa Sepiæ) bereitet wuͤrden.
Allein der Herr Langlois, welcher wohl
der geſchickteſte Mann iſt in Bereitung
dieſer koͤſtlichen Waare, hat mir geſtan-
den, daß er nichts anders brauchte, als
die Conzenille, wann er die Lacca ma-
chen wolte. Kurtz, wann er aus der
Conzenille Meſteca den beſten Carmin
heraus gezogen, ſo machte er aus dem
Uberreſt noch Lacca. Daher iſt auch
kein Wunder, wann die feine Lacca des
Herrn Langlois die Venediſche in allen
uͤbertrifft, und ihm alleine haben wirs
zu dancken, daß wir der Venediſchen
entrathen koͤnnen.
Auch habe ich in meinem Buche pag.
447. erinnert, daß man die Aloëhepatica,
die in Kuͤrbſen kommt, gantz und gar
aus der Medicin verwerffen ſolle, von
wegen ihres haͤßlichen Geſtancks. Man
mag ſie aber noch um ſoviel mehr ver-
werffen, dieweil es meiſtentheils nichts
andeꝛs iſt als ein Gemenge von alleꝛhand
Gummi, ſo ſie in Aloeſafte zergehen laſ-
ſen. Die meiſte dieſer Art Aloe kommt
aus den Jnſeln, und iſt darum von ih-
rer etlichen Aloe aus Barbados betitelt
worden.
Dieſer iſt gantz und gar von demjeni-
gen unterſchieden, den wir gemeiniglich
verkauffen, dann er iſt nicht ſo roth, ſon-
dern vielmehr gruͤnlicht, wie halb ge-
brannter Vitriol. Er wird nunmeh-
ro an unterſchiedlichen Orten in Franck-
reich verkauffet, zu Paris, Rouan und
anderswo, an ſtatt des andern und
wahrhaften.
Es darff ſich niemand nicht verwun-
dern, daß ich allhier nichts von der Con-
zenille Meſteca melde, indem ich wei-
ter nichts gewiſſes davon habe erfah-
ren koͤnnen, als was mir der Herr Rouſ-
ſeau davon geſchrieben mitgetheilet hat.
Nun muͤſſen wir erwarten, bis der
Ehrw. P. Plumier von ſeiner Reiſe wird
zuruͤck gekommen ſeyn, da wir dann
vernehmen werden, ob er dasjenige,
was er davon ausgegeben, wird beſtaͤ-
tigen koͤnnen, oder ob des Herrn Rouſ-
ſeau Bericht wahrhaftig iſt. Weil
dann nun dieſer der einige Articul in
meinem Buche iſt, welcher angefochten
worden, als erſuche ich alle diejenigen,
denen etwas gewiſſers davon bewuſt,
mir zu berichten, ob naͤmlich die Con-
zenille Meſteca ein Thierlein oder ein
Samen ſey, ſowohl damit es moͤge koͤn-
nen zu iedermans Wiſſenſchaft gelan-
gen, als auch, damit ich erfahren moͤge,
was dann dieſe theure und koſtbare
Waare ſey.
Jn einem ohnlaͤngſt herausgekom-
menen Buche wird gemeldet, das
Wort Cochenilla bedeute einen grauen
Wurm, der aus Jndien kommt. Die-
ſes aber kan nicht gar wohl beſtehen,
weil Cocquenilla oder Cochenilla ein
Spa-
[]Des Autoris Anmerckungen
Spaniſches Wort iſt, welches nichts
anders bedeutet, als ein kleines Korn:
dann es ſtammet von dem Griechiſchen
Worte Coccus her, welches ſo viel heiſt,
als ein Korn. Eben ſo wenig kan auch ge-
ſaget werden, daß es aus Jndien komme:
dann das wuͤrde ſoviel heiſſen, die Con-
zenille Meſteca wuͤchſe in allen beyden
Jndien, da doch dieſelbige nirgend an-
ders her, als aus Neu-Spanien kommt.
Dieſer Autor betreugt ſich gleich-
falls, wann er die Cochenilla Campe-
ſchana und Sylveſtre einerley zu ſeyn ver-
meinet: davon ich doch nichts ferner
ſagen mag, indem ich weitlaͤufftig gnug
davon in dem Capitel von der Conzenil-
la Meſteca gehandelt habe.
„Die Liebhaber koͤnten ſich in dem
„Tractaͤtlein von der Conzenille, wel-
„ches fuͤr etlichen Jahren Lateiniſch
„und Teutſch iſt heraus gekommen,
„umſehen, ſodann duͤrfften ſie den Her-
„ren Pomet und den Ehrw. P. Plumier
„noch wohl entſcheiden moͤgen, und ſa-
„gen, ob dieſelbige unter die Gewuͤrme,
„oder unter die Geſaͤme zu rechnen und
„zu ſtellen ſey.
Es giebt ſo vielerley Sorten natuͤr-
lichen Zinobers, daß es Muͤhe genug ſe-
tzen wuͤrde, wann ich ſie alle mit einan-
der ſolte beſchreiben. Daher will ich
nur ſagen, daß es ohne diejenigen, da-
von ich in meinem Buche gehandelt,
auch noch Zinober aus Kaͤrnten, aus
Armenien, und S. Chriſtophel gebe, wel-
che aber insgeſammt viel geringer, als
der Spaniſche. Darum moͤgen, die die-
ſer theuren Waare noͤthig haben, nur
bey dem Spaniſchen verbleiben, wann
er diejenigen Zeichen hat, die im 27.
Capit. pag. 663. ſind beſchrieben worden,
und keines wegs die andern, als viel
ſchlechtere, gebrauchen.
Man wird geſehen haben, daß ich in
meinem Buche ſowohl als alle andere
vor mir, gar keinen Unterſchied zwi-
ſchen dem Namphawaſſer und zwiſchen
Orangebluͤtenwaſſer gemachet habe.
Und dannoch iſt ein gar groſſer Unter-
ſchied zwiſchen dieſen beyden, indem das
eine von denen Orangebluͤten gemachet
wird, ſo wie ſie von dem Baume gebro-
chen werden: hingegen des Nampha-
waſſer wird alleine aus den weiſſen
Blaͤtterlein der Pomerantzenbluͤten
verfertiget. Deshalben iſt auch das
Namphawaſſer viel lieblicher und an-
genehmer, als das gemeine Pomeran-
tzenbluͤtenwaſſer, und darum auch viel
theurer.
Weil in den Jahren 1693. und 1694.
das Getreide ſo gar theuer geweſen, hat
ſolches uns genoͤthiget, daß wir aus
Holland haben muͤſſen Kraftmehl oder
Staͤrcke kom̃en laſſen, dieweil das zu Pa-
ris ſo uͤbertheuer war. Doch deſſen un-
erachtet ward es dannoch dem Hollaͤn-
diſchen weit vorgezogen, dieweil dieſes
in gar groſſen Stuͤcken war, welche alſo
fort in eitel kleine Broͤcklein zerfielen, ſo
bald mans nur anruͤhrete, es war dabey
ſpreißicht und hart; hingegen iſt das
Pariſiſche iſt weiß und zart, bald
zu zerreiben, und giebt nur mittel-
maͤßige Brocken, inſonderheit, wann
es an der Sonne getrocknet worden.
Dieſe Nachricht kan zu beſſerer Beſtaͤr-
ckung deſſen dienen, was ich vermeldet
habe, wie daß naͤmlich das Pariſer
Kraftmehl alles andere an Guͤte und
Schoͤnheit uͤbertreffe.
Die Floresæris ſind eine Waare, wel-
che in Franckreich dermaſſen unbe-
kannt, daß ich gewiß gar nichts davon
erwaͤhnet haͤtte, wann ſie nicht in der
letzteren Apothecker-Taxa zu befinden
waͤren, bin auch verſichert, daß bey allen
Apotheckern im gantzen Koͤnigreiche kei-
ne anzutreffen, die alſo beſchaffen,
gleichwie ſie Matthiolus verlanget, kan
ingleichen nicht begreiffen, was doch
diejenigen darzu veranlaſſet, welche die
erſtere Taxa reformiren und verbeſſern
wollen, die iedoch in Gegenwart des
General Lieutenants von der Policey,
vierer Medicorum von der Facultaͤt, und
ſo vieler Apothecker aufgeſetzt iſt wor-
den, darinnen nicht die geringſte Mel-
dung der Kupferblumen, der Gruͤn-
ſpanblumen, des Oels vom Kramkuͤm-
mel
[]uͤber ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
mel geſchehen, auch noch anderer unbe-
kannten Materialien, die auf einen ſo
hohen Preiß geſetzet ſind, daß zwey
Pfund dererſelben nicht ſo viel koſten,
als ſie eine eintzige Untze geſetzet haben:
z. E. Pottaſche die Untze auf 15. Sols,
oder einen Orts Thaler, u. ſ. f. welchem
dennoch zu begegnen hoch von Noͤthen,
indem das gemeine Weſen dabey zu viel
leidet, nicht weniger dererjenigen ihr
Gewiſſen, die dergleichen um ſolchen
Preiß verlaſſen. Allein wieder auf die
Kupferblumen zu kommen: Matthio-
lus ſpricht in ſeinem Buche pag. 707. daß
es kleine Kuͤglein waͤren, die von dem
Kupfer aufgetrieben wuͤrden, wann es
geſchmeltzet wuͤrde, und zwar vermit-
telſt drauf geſchuͤtteten kalten Waſſers.
Jch meines Orts erachte, die Koſten
duͤrfften den ſchlechten Nutzen ziemlich
uͤberſteigen, habe ſie auch deshalben
niemahls nicht machen moͤgen, ſondern
uͤberlaſſe dieſe Arbeit lieber denenjeni-
gen, die ihrer noͤthig haben. Will aber
einer mehr davon wiſſen, der kan ſich
im Matthiolo auf obangezogenen Blat-
te darnach umſehen.
Was die Gruͤnſpanblumen ſeyn ſol-
len, weiß ich nicht; habe mich wohl bey
ſolchen Perſonen deswegen befraget,
die darum wiſſen ſolten, alleine nichts
erfahren koͤnnen, ſo wenig als vom
Oleo Cumini minoris, es muͤſte dann das
Oel vom Seſel, Ammi oder andern der-
gleichen Samen ſeyn.
Von dieſem habe ich in meinem er-
ſten Buche weitlaͤufftig genug gehan-
delt, will dannenhero nichts nicht all-
hier vermelden, auf was fuͤr Art und
Weiſe dieſelben zuzurichten, wann
man ſie will aufheben, noch auch von
dem Paſtel, oder dem darinn enthaltenen
Pulver, welches ohnedem in der Medi-
ein gar unbekannt. Die Portugieſen,
Spanier, ingleichen die Einwohner in
Languedoc, Provence und andern Or-
ten, welche dieſe Waare zu ſammlen
pflegen, laſſen ſie mit ſonderlichen Fleiß
durch Weineßig gehen, damit die un-
zehlbare Anzahl der gantz kleinen, faſt
unbegreifflichen Wuͤrmlein davon ſter-
ben, und legen ſie hernachmahls an die
Sonne, bis daß ſie wiederum recht tro-
cken worden. Sonſt, wann ſie den
Weineißig nicht wohl empfunden, be-
vor daß ſie getreuget werden, ſo kommt
eine gantz unglaubliche Menge kleiner
Wuͤrmer oder Muͤcken heraus. Daher
kommt es auch, daß die meiſten Schar-
lachkoͤrner, die wir zu veꝛkauffen haben,
ledige und durchloͤcherte Huͤlſen und
Schalen ſind: welches auch geſchiehet,
wann ſie zu alt werden, indem der dar-
inne befindliche Paſtel (ſo wie gedacht,
nichts anders iſt, als eitel kleine Wuͤrm-
lein) ſich ſelbſt verzehret, und zu weiſſen
Staube, darauf aber gar zu nichts
nicht wird. Und das ſind die beyden
Maͤngel, davon die Scharlachkoͤrner
ſchadhaft werden und zum Verkauff
undienlich: einer, wann ſie nicht gebuͤh-
rend und wohl zugerichtet ſind, der an-
dere, wann ſie gar zu ſehr alt worden.
Hierbey iſt auch zu mercken, wie daß ich
im Articul von dieſem Pulver gemeldet,
daß man dasjenige auswerffen muͤſſe,
welches feuchte und zu ſtarck nach Eßig
riecht, und das iſt auch recht, um erſt an-
gefuͤhrter Urſachen willen: doch muß
man ihm zugleich geſagt ſeyn laſſen, daß
alles ſolches Pulver nothwendig muͤſſe
mit Eßig beſpritzet werden, damit die
Wuͤrmer davon ſterben, dann ſie ſich
ſonſten in Muͤcken verwandeln wuͤr-
den. Dem aber unerachtet, muß es
recht trocken ſeyn und gar wenig nach
Eßig riechen, das iſt alsdann ein Zei-
chen, daß es nicht zuviel Eßig hat be-
kommen, und uͤber dem Feuer wohl ge-
trocknet worden iſt, alldieweil ſie dieſes
Pulver weder mit Eßig anfeuchten,
noch an der Sonne trocknen, als wie
die Scharlachkoͤrner, ſondern ſie ma-
chen es uͤber einem Kohlfeuer trocken,
und ruͤhren es beſtaͤndig um, ſo hurtig,
als es immermehr ſeyn kan. Weil
ich dann bey dem Capitel von dem
Scharlach bin, ſo muß ich auch etwas
von dem Jrrthume melden, wann ſie
dieſe kleinen Huͤlſen Koͤrner nennen;
da es doch nur kleine Blaͤslein ſind, wel-
che auf den Blaͤttern und der Rinde ei-
nes in hieſigen Landen gar zu wohl be-
kannten Strauches zu entſtehen pfle-
gen: zu deſto beſſerer Bekraͤftigung
will ich allhier anfuͤhren, was mir der
Herr premier Medecin am 22. Decembr.
1694. davon hat zugeſchrieben. Der
L l lKer-
[]Des Autoris Anmerckungen
Kermes iſt durchaus kein Korn, ſondern
die Schale eines kleinen Wuͤrmleins,
welches dieſelbige wachſen machet,
wann es die Rinde der Steineiche (Ilex)
ſticht, und ſich in den Saft, der daraus
laufft, verwickelt, als wie die Wuͤrmer,
welche die Gallaͤpfel auf den Steinei-
chen, und die Eichaͤpfel auf den Eichen-
laube zu verurſachen pflegen. Der Sa-
men oder die Frucht dieſes Strauches
iſt auch kein Kermes, ſondern eine Ei-
chel, als wie an andern ſeines gleichen:
und dieſes iſt unwiderſprechlich wahr.
Dannenhero ſolte man die Kermeskoͤr-
ner nicht mehr Koͤrner, ſondern Huͤlſen
oder Blaͤslein nennen.
Jn meinem Buche, im Cap. von
Krebſen, pag. 613. habe ich vermeldet, wie
ich nicht erfahren koͤnnen, was eigent-
lich die Krebsſteine ſeyn moͤchten. Nun
aber kan ich gewiß verſichern, daß dasje-
nige, was wir unter dem Titel, Oculi
Cancri, Krebsaugen, zu verkauffen pfle-
gen, nichts anders ſey, als Steine, ſo in
den Koͤpfen der Krebſe in Oſtindien ge-
funden werden: dann daher bringen
ſie die Hollaͤnder. Es darff ſich auch
niemand uͤber die gewaltige Menge de-
rerſelbigen, die wir zu ſehen bekommen,
ſo ſehr verwundern, indem ſich zu gewiſ-
ſer Zeit ihrer eine ſo abſcheuliche Menge,
an dem Ufer der Fluͤſſe, und auch am
Seeſtrande ſelbſten, finden laͤſt, daß ſie
alsdann ſo haͤuffig zu haben, als wie
Sand, und man ſie handvoll weiſe auf-
leſen kan: welches daher kommt, daß
die Krebſe in daſiger Gegend dieſer Art
Stein ſehr unterworffen ſind, welche ſie
dann in December und Jenner, um
welche Zeit der groͤſte Sommer in Jn-
dien iſt, gemeiniglich ablegen. Dieſes
zu erweiſen, hat mir der Herr Surian,
ein Medicus zu Marſeille, gewiß verſi-
chert, daß er in den Jnſeln, durch ſeinen
Sclaven, in einem Tage mehr als 50.
Pfund aufſammlen laſſen. Der groͤſte
Unterſcheid aber zwiſchen denen Oſt-
und Weſtindianiſchen Krebsſteinen,
beſtehet alleine darinne, daß die letzteren
viel dicker ſind.
Le Zainc en gros pains iſt uns ſeit eini-
gen Jahren her aus Holl- und England
zugeſendet worden, und anders nichts,
als was die Teutſchen Bauter, die Hol-
laͤnder aber Spauter zu nennen pflegen.
Dieſer Zinck wird aus dem geſchmoltze-
nen Marcaſit oder Zinck-Ertz bereitet.
Dem ſey nun wie ihm ſey, es iſt derſelbi-
ge den Handwercksleuten, z. E. den
Zinngieſſern, Rothgieſſern und andern
ihres gleichen, uͤber alle maſſen hinder-
lich: dann, da ſie den Zinck in kleinen
Stuͤcken und Stangen gar wohl ge-
brauchen koͤnnen, denſelbigen auch noͤ-
thig haben, ſo iſt dieſer ihnen deſto ſchaͤd-
licher, indem er ihre Arbeit alle mit ein-
ander verderbet. Deshalben moͤgen
ſich die Kauffleute warnen laſſen, und
ihn weder verſchreiben, noch einkauffen
und wiederum verkauffen, dieweil er
gar zu nichts nicht taug, als etwan fuͤr
diejenigen, die mit dem Lapide Philoſo-
phorum umgehen, und denſelbigen auf-
ſuchen; dann dieſe Leute ſind recht ſehr
darauf erpicht. Es iſt uͤberdiß dieſer
Zinck dermaſſen ſchlecht, daß bey dem
ſchmeltzen ein ſtinckender und ſehr ge-
faͤhrlicher Schwefel davon fleucht, ſo
daß, wann ihr ein Pfund ſolches Zincks
in einen Schmeltztiegel einſetzet, ihr
kaum ein halbes Pfund wiederum be-
kommet: dazu iſt er auch gar uͤbel zu
ſchmeltzen.
Jch habe zwar in meinem Buche,
im Cap. vom Wallrathe, pag. 583. ge-
meldet, daß der Wallrath, welcher gar
unrecht ſperma Ceti oder Nature de Ba-
leine, Samen des Wallfiſches, genennet
wird, wenig in der Medicin gebraͤuch-
lich ſey. Allein die Teutſchen brauchen
ihn vielfaͤltig und mit gutem Erfolg, in
mancherley Kranckheiten, z. E. im Sei-
tenſtechen und andern deſſen gleichen.
Schrœderus und andere Teutſche Scri-
benten handeln weitlaͤufftig gnug da-
von.
Der Pockenſtein iſt eine Gattung
gruͤnlichter Kieſelſteine, voller kleiner
Huͤbel, die gleicher geſtalt gruͤnlicht
ausſehen, ſind aber viel heller, und ſte-
hen drauf als wie Pocken, daher ihm
auch, allem Anſehen nach, ſein Name
worden,
[]über ein und andere Gewaͤchſe, Thiere ꝛc.
worden. Andere wollen, er habe ihn
wegen ſeiner Kraft und Tugend, die
man ihm beygelegt, bekommen, indem
er ungemein gut ſeyn ſoll und verhin-
dern, daß man keine Narben und Gru-
ben nicht bekomme. Jhm ſey nun wie
ihm ſey, es iſt ein ſehr rarer Stein, wel-
cher gar hoch gehalten wird. Sonſt
habe ich auch noch viel andere Steine,
von allerhand Geſtalt und Farben, z. E.
den Schneckenſtein, Lapis Conchites, den
Sternſtein, Aſtroites, den Muſchelſtein,
Oſtracites, das Cꝛeutz aus dem Wallfiſch-
kopfe, Lapis Crucis ex cranio Balænæ, das
Ammonshorn, Cornu Ammonis, den
Regenbogenſtein, Lapis Iris, deren Wor-
mius und andere Scribenten gedencken,
ich aber weiter nichts davon vermelden
mag, indem ſie wenig gebrauchet wer-
den.
Jn meinem Buche pag. 369. habe ich
angemercket, wie daß uns die weiſſen
und ſchwartzen Leute aus dem Gebirge
dieſes Gummi zufuͤhreten, und weiter
habe ich nichts davon gedacht. Nach-
dem ich aber die Reiſebeſchreibung des
Herrn le Maire geleſen, ſo erachte nicht
undienlich hieher zu ſetzen, was er von
dieſer Waare pag. 67. vermeldet hat.
Das Arabiſche Gummi bekommen
wir von den Mohren. Sie ſammlen
es in den Wuͤſteneyen des innern Ly-
biens: Es waͤchſet an den Baͤumen, die
es geben, als wie das Kirſch- und Pflau-
menbaumhartz in Franckreich. Sie
kommen und bringen es zu Kauff, vier
oder ſechs Wochen zuvor, ehe dann ſich
der Fluß Niger zu ergieſſen pfleget.
Dafuͤr tauſchen ſie blaues Tuch und
Leinwand, auch ein wenig Eiſen; und
kommen fuͤnff bis ſechs hundert Meilen
Land einwarts, bringen einer ein halb
Quintel ſolch Gummi, der andere mehr
oder weniger. Sie kommen fadennackt
auf ihren Cameelen und Ochſen, auf
denen ſie auch oͤfters ihre andern Waa-
ren herbey zu bringen pflegen. Die
anſehnlichſten unter ihnen haben eine
Art von Maͤnteln mit Fellen gefuͤttert,
bald wie die langen Roͤcke unſerer Can-
toren. Die andern haben weiter nichts,
als ein Stuͤcke beſchmutztes Fell, damit
ſie ihre Bloͤſe bedecken. Sie erhalten
ſich blos von Milch und dieſem Gum-
mi, welches ſie darinne zergehen laſſen.
Wir ſind gewohnet, ihnen zum Theil
Unterhalt zu geben, wann ſie zu han-
deln kommen, und kauffen ihnen ihre
Ochſen ab, ſie damit zu erhalten; iedoch
ſtechen ſie dieſelben ſelbſt, dann ſonſten
wuͤrden ſie ſie durchaus nicht eſſen, und
es ſind gewiſſe Leute unter ihnen hierzu
beſtellt. Ob ſie nun gleich ſehr viel Vieh
haben, dennoch eſſen ſie es ſelten, ſie muͤ-
ſten denn ſehen, daß es von Kranckheit
oder Alters halber fallen wolte.
Man hat unbeſchreibliche Muͤhe mit
ihnen zu handeln, dann entweder man
wird von ihnen betrogen oder doch be-
ſchimpfet. Weil iedennoch der Han-
del am Geſtade des Fluſſes geſchiehet, ſo
koͤnnen ſie leichtlich nicht betriegen,
dann wann man die Waare von ihnen
bekommen, wird dieſelbige alſobald in
die Fahrzeuge gebracht. Der Handel
geſchicht im Maͤy und im Junius, dreyſ-
ſig Meilen unterhalb der Wohnung.
Wann der Handel geſchehen, ſo wer-
den ſie euch tauſend unnuͤtze Worte zu-
ſchreyen: und wann ſie einen Frantzo-
ſen, oder einen andern Weiſſen ertap-
pen, den ſchmeiſſen ſie todt, und das we-
gen einiger Haͤndel, die vor zwantzig
Jahren vorgegangen; Vor ein Paar
Monaten erhaſchten ſie einen Bots-
knecht, der das Arabiſche verſtehet, und
dem der Capitain von der Compagnie
nach Arguin geſendet hatte; fuͤr denſel-
bigen begehren ſie nicht mehr als funff-
tzig Sclaven zur Ausloͤſung.
ABrus Alpini ſind kleine rothe Erbſen,
welche aus America gebracht wer-
den.
Aldabac iſt ein Gummi, das ſich bis-
weilen unter dem rothen Hartz de la
Caline befindet.
Alcebram iſt die Schale oder Rinde
von der Eſula Wurtzel.
Amurca iſt, was im Frantzoͤſiſchen
Oelhefen genennet wird.
Anthera ſind das gelbe in den Roſen.
Arnabo iſt Zittwer.
Adarca iſt ein ſaltziger Schaum, der
nicht mehr im Gebrauch.
Aquila alba iſt der Mercurius dulcis.
Arbor ſancti Thomæ oder Arbor ſancta
iſt der Macer-Baum.
Arbor Dianæ iſt eine Chymiſche Ar-
beit, die der Herr l’ Emery beſchrieben
hat.
Anjubin ſind groſſe dicke Trauben,
welche von Frontignan gebracht und
fuͤr Damas-Trauben verkaufft weꝛden.
Antigorium iſt das Laſurblau oder
ſchlechtes Blau, deren ſich die Porcellan-
toͤpfer bedienen, und ihre Geſchirre da-
mit mahlen.
Aſſourou iſt das Jndianiſche Holtz.
Balſamum Guileadenſe, iſt nach einiger
Gedancken der Jndianiſche Balſam.
Balſamum ſancti Spiritus, Pernambuc-
canum, fluvii Januarii, ſancti Vincenti, ſan-
cti Dominici, de Handures vel Hondures,
iſt der Copaivabalſam.
Beringi oder Berungi ſind nach einiger
Meinung, die Cubeben, oder, wie an-
dere wollen, der Rauckenſamen.
Bdegar iſt der Weißdorn.
Biſter iſt der harte glaͤntzende Ruß
aus den Feuermaͤuern, deſſen ſich die
Mahler bedienen.
Bouchet iſt Hippocras von Waſſer.
Bellerici oder Belliculi ſind Meer-
nabel.
Blatta byzantia heiſt auch Unguis ado-
ratus.
Bois de Caleatour, Caleaturholtz, iſt
eine Gattung Braſilienholtz.
Bois de Lettre, Letterholtz, iſt ein har-
tes, rothlichtes Holtz, davon die Wilden
ihre Boͤgen machen.
Bois petrifié, Holtz das zu Steine wor-
den, iſt das Lignum S. Macarii.
Cire de Guinée, Guineiſch Wachs, iſt
rothlicht Wachs, in Franckreich nicht
gar ſehr bekannt.
Cyperus Nili, iſt ein Riet, deſſen inwen-
diges vor Zeiten an ſtatt des Papiers ge-
brauchet wurde, daher es auch Papyrus
genennet worden: von dem kommt der
Name Papier her.
Cyphi Thymiama ſind die Trochiſci
Cyphi.
Eau de Mille-fleurs, Tauſendbluͤmlein-
waſſer, iſt das deſtillirte Waſſer vom
Pferdemiſt, nach dem Berichte des
Herrn Surian.
Ecume de ver ou de verrerie, Glas-
ſchaum, Glasgalle, iſt das Saltz vom
Glaſe.
Eſſence de Cocai, iſt Spiritus Vini alco-
holiſatus, darinnen Balſamum de Tolu
und de Copaiva zerlaſſen worden.
Fiel de Verre, Glasgalle, iſt das Saltz
vom Glaſe.
Fruit ou grand Gorganne des Isles, eine
in den Frantzoͤſiſchen Jnſeln bekannte
Frucht.
Fuſt de Gerofle des Hollandois, iſt was
im Frantzoͤſiſchen tête de Gerofle genen-
net wird, der Knopf an den Wuͤrtznel-
cken.
Gip heiſt ſoviel als Gips.
Gith iſt die Nigella Romana, der
Schwartzkuͤmmel.
Huile de Canelle ſauvage, iſt das
Oel von der Canella matta oder von der
Cafſia lignea.
Hirculus iſt eine Gattung des Nardi
celtici.
Hydrargyrum heiſt Queckſilber.
Huile petit Cumain, beſiehe in dieſem
Anhange.
Indigo lauro iſt der Jndigo aus den
Frantzoͤſiſchen Jnſeln.
Ichthiocolla, heiſt die Hauſenblaſe,
Fiſchleim.
Laſerpitium geben einige fuͤr Benzoe
an.
Laudanum liquidum iſt der weiche Ex-
tract vom Opio.
Mekin iſt Jngber.
Mellade iſt Tereniabin.
Nouga, weiß und roth, iſt ein Teig
von Honig und Mandeln.
Narcapthum heiſt bey einigen Wey-
rauch, bey andern Storax, bey andern
Benzoe, auch noch wohl etwas anders.
Piment des Hollandois iſt die Wuͤrtz-
naͤgleinbluͤte.
Racine d’Epecoanne und Radix Ipeca-
cuanhæ iſt einerley.
Tendrune heiſt Glasſaltz.
Tourvu d’Alican, iſt ein Teig faſt auf
ſolche Art, wie die Nouga und kommt
aus Spanien.
UNs, Sr. Koͤnigl. Maj. Staats- und Geheimden-Raths, auch Oberſten Leib-
Medico, iſt berichtet worden, welcher geſtalt diejenigen Materialien, welche
Herr POMET, Specereyhaͤndler und Materialiſt in Paris, in dem Koͤniglichen
Garten, waͤhrenden Lectionen, die verwichene Tage darinne ſind gehalten wor-
den, bringen und zeigen laſſen, ihrer Menge und Schoͤnheit wegen, bey jeder-
man, der ſie geſehen, Vergnuͤgen erwecket und ihnen ein Verlangen machet, ſich
derentwegen eigentlich unterrichten zu laſſen, und zu dem Ende in obgedachten
Herrn Pomet Behauſung dieſelbigen nochmahlen zu beſehen. Weil wir dann
unſerer Pflicht erachtet, ihm ſeines Eyffers halber, den er fuͤr das gemeine Beſte
haͤget, freye Macht zu ertheilen und Erlaubnuͤß ſeine Materialien iedweden vor-
zulegen, der ſich bey ihm angeben wird, und ſeines guten Willens ſich bedienen
will, mithin die Materiam Medicam recht gruͤndlich kennen lernen; alldieweil eine
vollkommene Erkenntnuͤß von derſelben denenjenigen hoch noͤthig iſt, die ſich zur
Medicin anſchicken wollen. Haben wir zu Urkund deſſen gegenwaͤrtige Conceſſion
eigenhaͤndig unterſchrieben und unſer Wapen vorſetzen laſſen. Gegeben zu
Trianon, als ſich der Koͤnig da befand, den 8. Auguſt 1694.
UnterzeichnetFAGON.
DJeweil ich bey der Demonſtration aller Materialien geweſen, welche Herr
Pomet dieſes Jahr im Koͤniglichen Garten gehalten, als kan ich verſichern,
daß dem gemeinen Weſen kein groͤſſerer Nutzen zuwachſen mag, als durch in
Druck-Gebung dieſes Buches. Gelehrten Leuten wird es Vergnuͤgen geben, die
Unwiſſenden aber unterrichten. Jch fuͤr mein Theil muß ſicherlich geſtehen,
daß dieſe neue Erfindung mich ungemein geruͤhret. Gegeben zu Paris den 30.
Decembr. 1694.
UnterzeichnetDE SAINT-YON.
ENDE.