Anton Ulrich
Herzog von Braunschweig
Die durchleuchtige Syrerinn Aramena

Der Erste Theil

Vor-Ansprache zum Edlen Leser
Vor-Ansprache zum Edlen Leser.

Wann wahr ist / wie es nicht kan geläugnet werden /daß in dieser sterblichkeit nichtes bässer sei / als die Seele in ihren ursprung senden / GOtt das höchste Gut recht erkennen / und demselben durch Tugend sich gleichförmig machen: so müssen / unter allen Schriftarten / die bästen seyn / die uns zur Gottes erkentnis füren / und zur Tugend anweisen. Beides verrichten / die Historien oder Geschichtschriften: denen wir auch eher und mehr / als den blossen Lehrschriften / gläuben. Dann / da lernen wir den allweißen /gerechten / gütigen / allmächtigen und warhaften GOtt / aus seinen werken / aus der wunderbaren Regirung / aus denen über die Tyrannen und Boshaftigen verhängten Straffen / aus beschirm- und belohnung der Gottliebenden und Tugendhaften / und aus der erfüllung seiner Verheisungen / erkennen. Wir lernen auch daraus / die Tugend lieben und die Laster hassen: weil wir lesen / wie es mit beiden endlich wol und übel abzulaufen pflege. Wir lernen das Ubel dulten: weil wir an den Beispielen sehen / daß viel tausend andere auch eben das erlitten / und das ende davon erlebet. Es sind auch keine bässere Staats-Lehrschriften / als die Geschichtbücher. Die Welt / ist eine Spiel-büne / da immer ein Traur- und Freud-ge mischtes Schauspiel vorgestellet wird: nur daß / von zeit zu zeit / andere Personen auftretten. Was ist /(predigt der allerweiseste Staatsfürst /) das geschehen ist? eben das / so hernach geschehen wird. Geschihet auch etwas / davon man sagen möchte: Sihe das ist neu! dann es ist zuvor auch geschehen / in den zeiten /die vor uns gewesen sind. Es geschihet nichts neues unter der Sonne. Ist dannenhero eine grosse torheit /daß man (wie er fortpredigt /) nicht gedenket / wann man auf diesen Staat-Schauplatz seine person zu spielen auftritt / wie es zuvor einem andern gerahten ist. Mancher würde einen Krieg / eine verfolgung / oder sonst eine Atheistische Statistenhandlung / in der geburt erstecken / wann er die Historien fleissig läse /und daraus lernte / wie an Pharao / Jerobeam / Ahab /Julianus und andere / vor ihme / in eben dergleichen vorhaben / den Kopf zerlaufen.

Die Geschichten in ihrer angebornen ordnung / mit benennung der personen / zeit und orte / beschreiben /ist die gemeinste art der Geschichtschriften / welche man Annales oder Jahrbücher zu nennen pfleget: deren die erste von Mose / dem heerfürsten des volks Gottes / geschrieben worden. Es ward auch diese art Schriften / nämlich das Geschichtschreiben / nach der zeit sehr hochgehalten: also daß hohe Staatshäupter /auch dapfere helden und kriegsfürsten / sich nicht gescheuet / ihre eigene oder auch frömde thaten aufzuzeichnen und in eine Historie zu bringen. Diß thäten die zween stiftere der Römischen Monarchie und erste Käysere / Julius und Augustus: deren jeder seine eigene Kriegszüge / (wovon des ersten sein Buch vom Gallischen Krieg noch vorhanden ist /) in ihrer Muttersprache ja so trefflich beschrieben / als löblich sie dieselben verrichtet haben.

Es sind aber sonsten noch zwo arten der Geschichtschriften / deren eine man ein Geschichtgedicht / die andere eine Gedichtgeschicht nennen möchte. Die Gedichtgeschicht-Schriften / behalten zwar die warhafte Historie mit ihren haupt-umständen / dichten aber mehr neben umstände hinzu / und erzehlen die sachen nicht in der ordnung / wie sie sich zugetragen. Auf diese art wurde bei den Heiden die allererste und ältste Historie / und zwar vom Homerus dem Fürsten der heidnischen kunstdichtere / zu zeiten des Profeten Elias / poetisch und in gebundener rede geschrieben /und in deren beiden theilen / in der Ilias der Trojanische krieg / in der Odyssea aber die grosse weltreise des Griechischen Helden Ulysses / beschrieben. Diß Buch hat der grosse Alexander so wehrt geschätzet /daß er es tag und nacht bei sich gefüret / und als er /im Persischen kriegszug / ein köstliches güldenes mit edelsteinen verseztes schatzkästlein gebeuret / die Homerus-Schriften / als sein liebstes und edelstes kleinod / darein geleger. Diesem hat nachgeamet / der zweite Poetenfürst Virgilius Maro: dessen Eneis / die Begegnise des Trojerfürsten Eneas / in einer unvergleichlichen Gedichtschrift gleichfalls poetisch vorstellig machet: und als er / vom tod übereilet / solche nicht in die verlangte vollkommenheit einrichten können / auch dannenhero das schöne werk / durch lezte willens-verordnung / dem Feuer vermachet / hat Käyser Augustus / durch offentlichen lob-ausspruch (welches herrliche Carmen die gelehrte welt noch mit verwunderung liset /) diesen lezten willen aufgehoben /und diß geistfeuer von der leichfakel errettet. Ist eine unvergleichliche Ehee / von einem höchsten und löblichsten Monarchen der welt / dem kunstfleisse eines Poeten angethan: unserem jetzigem unartigem welt-alter zur beschamung / da mancher Großhans nicht allein die feder in der Poesy zu füren sich schämet /sondern auch diese edle kunst an andern verlachet und verachtet. Der grosse Augustus hat nicht allein / besagter massen / seinen Maro nach dem tode mit versen beehret / sondern auch / neben seinem geheimsten Raht dem Mecänas / ihn so reichlich beschenket / daß er einen Schatz von 225000 Cronen hinterlassen. Wie dann auch dieses Käysers schwester / die Prinzessin Octavia / als sie ihn die 26 verse / die er von ihrem sohne / dem Marcellus / dem sechsten Buch seiner Eneis eingerücket / ablesen hören / vor trauer-freuden in eine onmacht dahin gesunken / und ihme nachmals / für jeden vers / dritthalbhundert Cronen zahlen lassen.

Die Dritte art der Geschichtschriften / die Geschichtgedichte / tragen entweder eine warhaftige Geschicht unter dem fürhang erdichteter Namen verborgen / sind in ihren umständen anderst geordnet / als sie sich begeben / und ihre Historie ist mit andern umständen vermehret / die sich war-scheinlich begeben können: oder es sind ganz-erdichtete Historien / welche der Verfasser erfunden / seinen verstand und sich in der Sprache / darinn er schreibet / zu üben / auch andere / durch lehr-hafte beispiele / von lastern ab-und zur Tugend anzumahnen. Dergleichen Geschicht-mähren / sind zweifelsfrei weit nützlicher / als die warhafte Geschichtschriften: dann sie haben die freiheit / unter der decke die warheit zu reden / und alles mit-einzufüren / was zu des Dichters gutem absehen und zur erbauung dienet; da man hingegen / in warhaften Historien / nicht allein die warheit nit allemal schreiben / noch die handlungen beurteilen darf / sondern auch nit alles darinn findet / womit man gern den verstand üben und zur tugendliebe bereden wolte. Ist derhalben torheit / solche Geschichtgedichte darum verwerfen wollen / weil sie nicht beschreiben / was sich in der that begeben hat. Dann / ob es schon in den Jahrbüchern nicht zu finden ist / daß die beschriebene Geschichten / zu selbiger zeit und an solchen orten mit so-genannten personen / sich zugetragen: so sind es doch begebenheiten / die einmal und irgendwo mögen geschehen seyn / oder noch geschehen möchten. Dergleichen Historien / sind zu allen zeiten geschrieben / auch in H. Schrift die Bücher von Tobia und Judith für solche gehalten worden. Bei den Griechen / sind berümt: des Eustathius / Ismene; des Achilles Tatius / Leucippe; des Sophisten Longus /Dafnis; und unter den Christgläubigen / des Heliodorus Bischofs zu Trica in Thessalien / Charielia. In Latein / haben dem Virgilius / jedoch in ungebundener rede / nachgeamet / Apulejus / mit seiner Psyche; Barclajus / in der trefflichen Argenis; und der verfasser des schönen Ormunds. Zu unsern zeiten / haben die gelehrtste federn sich gleichsam in einen wettstreit eingelassen / welche die andere in dieser art Schriften überkünstlen könte. Hispanien / hat uns die schöne Diana / und Frankreich durch den Herrn von Urfe die Astrea / geboren. Der Englische Ritter Sidney / und der wälsche Ritter Biondi / haben durch die sinnreichste Arcadia und angeneme Eromena / ihre namen unter die gestirne gesetzet. Italien und Frankreich /prangen annoch mit soviel dergleichen Büchern / daß man bei der mänge sich arm sihet / indem die wahl schmerzet / welchem man solle den vorzug geben.

Teutschland hat endlich auch angefangen / mit solchen Schriften seine Sprache auszuzieren: worzu der Freiherr von Kuffstein / der dapfere Kriegsobriste Dietrich von Werder / und unser Teutscher Homerus /indem sie die Spanische Diana / des Tasso Gottfried und die Argenis künstlich geteutschet / das erste Vorspiel gegeben. Aber zu zeigen / daß auch Teutschland grosse geister habe / die etwas aus eigenem gehirn herfür bringen können / haben die zween teure Palmgenossen / der Vielgekörnte (besagter Obrister von Werder /) die Dianea / und der Sinnreiche (Herr von Hohberg /) die Proserpina und den Ottbert / ihre eigene Sinnbruten / so preisbar an das tagliecht gestellet /daß sie nicht allein denen ausländischen die wage halten / sondern auch vielen derselben fürwägen können.

Es sind / dieser art Historien / vor allen anderen Schriften / ein recht-adelicher und darbei hochnützlicher zeitvertreib / sowol für den / der sie schreibet /als für den / der sie liset: wie dann auch die jenigen /so dergleichen geschrieben / meist entweder vorneine Stands- und sonsten adeliche personen / oder doch leute gewesen / die mit solchen personen kundschaft gepflogen haben. Bücher / die vom Schul- Glaubens-und Rechtsgezänke handeln / gehören für die jenigen /welche hiervon beruff machen. So werden auch / ordentliche Zeitgeschichtbücher / zwar mit nutzen / jedoch zuweiln mit eckel gelesen. Aber diese Geschichtgedichte und Gedichtgeschichten (von derer zahl aber / die Amadifische und andere aufschneiderische albere Pedantische fabelbruten und mißgeburten / ausgeschlossen werden /) vermälen den nutzen mit der Belustigung / tragen güldene Aepfel in silbernen Schalen auf / und versüssen die bittere aloe der warheit mit dem honig der angedichteten umstände. Sie sind Gärten / in welchen / auf den Geschichtstämmen / die Früchte der Staats- und Tugendlehren / mitten unter den Blumenbeeten angenemer Gedichte / herfürwachsen und zeitigen. Ja sie sind rechte Hof- und Adels-Schulen / die das Gemüte / den Verstand und die Sitten recht adelich ausformen / und schöne Hofreden in den mund legen. Sie lehren / durch vorstellung des unbestands menschlichen glückwesens / der liebes- und lebensgefärden / der gestrafften tyranney und untugend / der vernichtigten anschläge / und anderer eitelkeiten / wie man das gemüte / von den gemeinen meinungen des adel-pöbels läutern / und hingegen mit Tugend und der wahren Weißheit adeln müsse.

Wann nun / dergleichen Bücher / der Adel mit nutzen liset / warum solte er sie nit auch mit ruhin schreiben können? Und wer soll sie auch bässer für den Adel schreiben / als ein person / die den Adel beides im geblüt und im gemüte träget? Wer / von der weise zu regiren / weißlich schreiben kan: der weiß zweifelsfrei auch wol zu regiren / oder zur löblichen regirung zu helfen. Ja / er lernet solches im lehren / und schreibet ihm selber ins herze / was er auf das papier schreibet. Solte eine Stands- oder Adelsperson / die feder allein auf dem hute füren / und sich schämen /dieselbe auch in die hand zu fassen? Ist dann nicht /der verstand und dessen vielwissenheit / das bäste stuck des Menschen / die feder aber / sowol als der mund / des verstandes dolmetscherm? So muß folgen / daß eine Stands- oder Adelsperson auch in gesellschaft nicht verständig reden müsse / wann sie nicht verständig schreiben darf. Wer verstand hat / soll solchen / der welt zu nutzen und ihm selber zu ruhm /herfür leuchten lassen. Nun sollen die Edlen / als die grösten unter den Menschen / auch die Bästen / und folgbar die Verständigsten seyn; und wann sie es sind / sollen sie sich als solche der Welt zeigen: welches nicht anderst geschehen kan / als durch reden und schreiben.

Daß die zween erste Römische Monarchen und Käysere / Julius und Augustus / (wie beym Suetonius zu lesen /) ingleichen vor- und nach ihren zeiten viel Römische Staatsfürsten und kriegshelden / Bücher geschrieben / ist zuvor berüret / und könte mit vielen beispielen erwiesen werden. Solte nun heut dergleichen Personen eine Schande seyn / was damals / da fast die klügste welt / weil welt ist / gelebet / ein ruhm und ehre gewesen? Solte man nicht / mit dem gelehrten König Alfonso zu Neapels / von einem kunsthässigen Edelgebornen / der also urteilen darf / aufruffen: Diß sei / nicht eines Menschen / sondern eines Ochsens stimme? Und solte man / einen solchen Richter / nicht mit Midas ohren krönen? Wer ein gutes Buch schreibet / der schreibt seinen namen in das Buch der Ewigkeit: da hingegen die namen derer /die sich / zum hochleuchtenden Sternenflug / nicht mit kunstfedern beflügeln mögen / nirgend als in ihrer Genealogie zu finden ist / oder doch ihrer in den Historien nit bässer / als des Midas / erwehnet wird. Soll die adeliche Belustigung allein im Reiten / Fechten / Tanzen / Jagen / Trinken / Spielen / und dergleichen Eitelkeiten / bestehen? Ist nicht das Gemüte und die himmlische Seele edler / als der irdische körper? So muß dann auch die Verstands-belustigung adelicher seyn / als die leibes ergetzung. Man mag zwar um diese sich annemen: aber jene soll man darbei nicht unterlassen.

Wir Teutschen lassen uns / in Italien und Frankreich / zu adelichen Leibs-übungen anweisen: warum lernen wir nit auch / von dem beispiel dieser Nationen / die löbliche kunstliebe und verstands übung? Haben dann / die Päpste unserer zeit Urbanus VIII und Alexander VII, auch sonst viel Cardinäle / Bischofe /Fürsten und Magnaten / sich des Bücherschreibens geschämet? Pranget nicht / Hispanien / mit seinem Savedra? Italien / mit den Schriften des Grafen Pallavicini / des Venedischen Ratsherrn Johann Franz Loredano? Frankreich / mit dem Bischof Bellay / mit den Herren von Bartas / Thou / Balsac / Charron / Pibrac und Scuderi? Engelland / mit besagtem Ritter Sidney und dem Grafen von Verulam? Worzu nutzet unser Reisen in diese Länder / wann wir allein die Eitelkeit / und nicht auch die Kunstliebe / ihnen ablernen wollen? Wollen wir Teutsche zu unserer voreltern Barbarey und wildheit wiederkehren / deren fäuste /wie Hieronymus von ihnen schreibet / am schaft des Spisses erkru et / und zum schreiben untüchtig worden? deren dapferkeit die ganze welt durchsieget /aber mit ihnen gestorben / weil sie allein den degen /und nicht zugleich den Schreibgriffel / ergriffen?

Der allerlöblichste Käyser Maximilian der erste diß namens / welcher / als ein Teutscher Apollo / in einer faust zugleich schwerd und feder gefüret / und die Künstinnen / insonderheit die Fräulinn Historie / in Teutschland einberuffen / hat nach dem fürbild obbelobter seiner beiden ersten Reichsvorfahrere / seine Lebensgeschichten selber in eine Gedichtgeschicht /unter dem namen des Blank-Königs / verfasset: welche / als ein sonderbares kleinod des Erzhauses / annoch vorhanden ist. Gleich huntert jahre nach seinem tod / hat in Teutschland der allerlöblichste Fruchtbringende Palm-Orden zu grünen angefangen: in welchem / nun von 50 jahren her / viele Fürstliche und Gräfliche / auch andere Stands / und adeliche Personen sich befunden / die zu Teutscher Nation und ihrem eigenen unsterblichen ruhme / die Kunstwelt und unsere Sprache mit vielen fürtrefflichen Schriften bereichert. Solche sind / im Fürstenstande / aus den häusern Anhalt / Braunsweig / Hessen und Mekelnburg / der Nehrende / Unveränderliche / Befreiende /Siegprangende / Kitzliche / Wolgenannte / Füttrende und Gefällige; im Grafen- und Herrnstande / der Unglückseelige / Kunstliebende / Kühne / Sinnreiche /Grünende und Vollziehende: im Adelstande / der Vielgekörnte / Feste / Unverdrossene / Friedfärtige /Geheime / Fördrende / Gleichgefärbte / Erwachsende /Gebrauchte / Behütende / Hülfreiche / Entleibende /Vollziehende und Ordentliche: welche alle / als der hohe Raht des Teutschen Parnassus / ihre Verstands-haabe so rümlich bewäret / daß andere / die allein auf Eitelkeit und Staatisterey bedacht sind / und den Kunstfleiß / dessen sie nicht fähig / verachten / sich selbst mit einbildung mehrerer klugheit zu beschmeicheln nicht ursach haben.

Jeztbenannte helden und Edle Geister / haben /nach dem vorsatze allerlöblichst-gedachter Fruchtbringenden Gesellschaft / ihre Schriften in unserer Teutschen Haupt- und Helden-Sprache / verfasset: hierinn dem fürbilde / nicht allein der alten Griechen und Römer / sondern auch der heutigen Italiäner /Franzosen und anderer Nationen nachamend / welche ihren Kunstfleiß zu ausübung und aufname ihrer Muttersprache / und nicht frömder Sprachen / anzuwenden pflegen. Es ist an sich selbst lächerlich / daß wir Teutsche mit grossem unkosten / frömde Sprachen zu erlernen / ausreisen / und unsere eigene edle Sprache zu haus verunachtsamen: da doch die Frömden uns diese Ehre hinwiederum nicht anthun / und wird man nicht allein keinen Wälschen oder Franzosen / an stat seiner Muttersprache / teutsch reden hören / sondern auch ihrer keiner wird mit sich anderst / als in selbiger seiner Sprache / reden lassen / oder eher eine dritte Sprache / wie in Gesandschaften zu geschehen pfleget / hierzu erwehlen. Thun nun diß die Frömden / mit ihren unvollkommenen Stümpel-Sprachen: was hat dann unsere Teutsche Sprache / die doch eine Welthaupt-Sprache ist / und von Babel mit ausgegangen /verschuldet / daß wir sie zum Pöbel verbannen / und lieber den Frömden nachparlen? Und wird dannenhero auch billich dem Irrwahn etlicher Schul-gelehrten in Teutschland widersprochen / die dem Teutschen Sprache fleiß / und auch-gute Teutsche Schrifften / allein darum verachten / weil sie nicht in latein geschrieben sind.

Zu Käysers Augusti und in den nächstfolgenden zeiten / war die Griechische Sprache / wie jezt unter den Teutsch-Römischen Augusten die Latinische / die Schul-Sprache / in deren die Künste geschrieben waren / und erlernet musten werden. Haben aber / um deß willen / die Römer ihre Sprache verunachtsamet und unter die dank geschoben? Haben nicht / Cicero und andere Römische Redner / allein in Latein offentliche Reden gehalten und Sendbriefe geschrieben? Sind nicht die Römische Historien / sind nicht auch ihre Staatssatzungen und Rechtsbedenken / in der Römischen Sprache geschrieben worden? Haben sie nicht alle Kunst- und Lehrschriften / aus andern / in die Lateinische Sprache übergetragen? Würde nicht dazumal für einen Fantasten seyn gescholten worden /wer zum Cicero / Virgilius / Livius / Seneca / Tacitus und anderen treffachen Schriftverfassern / gesaget hätte: Eure Schriften taugen nichts / weil ihr nicht Griechisch / sondern nur Latein / schreibet? Hätten Augustus und seine Reichsnachfolgere ihr Latein nicht erhoben: es würde jezt wol nicht die allgemeine Welt-Sprache seyn. Warum soll es dann unrecht und verächtlich seyn / wann wir Teutsche / nachdem die Römische Käyser würde an unsere Nation gelanget /ebendas mit unserer Sprache thun / was die Römer /unter ihren Augusten / mit ihrer Sprache gethan haben? Das Latein muß freylich bei uns / wie bei den Römern das Griechische / gelernet: aber darbei unser Teutsch so wenig / als von ihnen ihr Latein / verworfen / sondern vielmehr gleich demselben erhoben und zur aufname gefördert werden. Es ist aber insonderheit bei den Geschicht- und Tugendlehrschriften vonnöten / daß dieselben in der Muttersprache geschrieben werden: damit auch das Frauenzimmer / und andere / die nicht in Schulen aufgewachsen / solche zu ihrer erbauung lesen können.

Die edle Poesy und Dichtkunst / mit deren / vor anderen Schriften / die Gedichtgeschichten und Geschichtgedichte pflegen untermängt- und gleich als mit perlenreihen gestickt zu werden / hat heut zu tag mit dem Teutschen Sprachfleiß einerley widrigen Gestirn-einfluß / und muß sich gleichfalls von dünkelwitzigen Zoilen übel ausrichten lassen / welche dieses schöne Fräulin zu dem Gelehrten-pöbel verweisen /und nicht würdig achten / daß sie von hoher und adelicher hand zum Ehrenthron gefüret werde. Es schmerzet diese Dame billig / so eine zeit erlebt zu haben: zumal wann sie sich erinnert / wie sie in den vorzeiten so hoch beehret worden. Alexander der grosse Weltbezwinger hat sich nicht geschämet / die von den abschreibern verfälschte verse des Homerus / mit eben der hand / welche von sovielen überwundenen völkern angebetet worden / zu entfehlern. Von Käyser Augusto ist zuvor erwehnt worden / wie er / und zwar einem Poeten zu ehren / poetisiret: massen auch von ihme bekant ist / daß er ein Traurspiel vom Ajax in gebundene rede zu fassen angefangen / aber solches /weil ihm frömde Gedichte bässer als seine eigene gefielen / wieder aus der Schreibtafel gelöschet / und nachmals hiervon zu scherzen pflegte / sein Ajax habe sich mit einem Schwamm erstochen. Wie seine Reichsnachfolgere diese kunst geliebet und geübet /davon wäre ein grosses Register vor augen zu legen.

Aber wir wollen mit den gedanken weiter zurücke und zwar in die alte Gotteskirche wandern / und daselbst die Dichtkunst / durch die hand der Gottesheiligen / verhimmelt sehen. Mose / der Mann Gottes /auch Fürst und Heerfürer des volks Gottes / ist zugleich der Poeten Fürst und Vorgänger / als der erste Kunstdichter: wie seine zwei schöne Lieder / und der neunzigste von den Psalmen Davids / welcher ihme durch die Uberschrift zugeschrieben wird / bezeugen können. Sein und der Debora beispiel / welche auch dieses volks heerfürstin und zugleich eine Kunstdichterinn gewesen / dienet zum beweiß / daß der Heldenmut und Dichtergeist gern in einem gehirn beisammen wohnen / und dieser jenem wol anstehe. Es ist kein wunder / daß zu unserer zeit der Dichtgeist aus vielen Hochfürstlichen Prinzessinnen und anderen Stands-Frauenpersonen so herrlich herfür flammet: weil selbiger auch bei der Gott-erwählten Hebreischen Nation / nicht allein in dieser Debora / sondern auch in der Miriam des Mose schwester / in der Hanna / in der heldin Judith / ja auch in der vom heiligsten Gottes geisterfüllten Gottes-Mutter / der höchstgewürdigten Maria / gebrennet / wovon ihre himmlische Lob- und Danklieder reden. Was sollen wir lagen von David /dein Mann lieblich mit Psalmen Israel / dem Hebreischen Apollo? Wieviel schöne Lieder hat er / erstlich als Schäfer auf der weide bei Bethlehem / und hernach als König in der hofburg Zion / welcher Berg sein Parnaß gewesen / gedichtet und in seine Harffe gesungen? Ja er hat zu Jerusalem einen Dichter-Orden gestiftet / in welchem Assaph / Korah / Heman / Ethan /Jedithun und andere Poeten / derer 288 gezehlet werden / miteinander in die wette gesungen. Was sein sohn Salomo für ein trefflicher Poet gewesen / weisen die schönsten Eclogen seines hohen Brautliedes. Die Könige Josafat und Hiskia / der fürstliche Profet Esaias / die fromme Männer Syrach / Tobias und Zacharias / und die drey Hof-Fürsten zu Babel / tratten auch in diese Poeten-gesellschaft: und hat in diesen letzeren / das Geistfeuer / mitten in feuerofen gebrennet. Daß man aber im volk Israel / nicht allein Psalmen zur Ehre Gottes / sondern auch andere Lieder poetisiret / ist abzumerken aus dem schönen Klaglied /womit David seinen herzfreund Jonathan und dessen vattern zu grab gesungen / wie auch aus des Profeten Jeremia recht-poetischen Klagliedern: und ist kein zweifel / es werden unter den 1005 Liedern des Königs Salomo / auch viele gewesen seyn / die er seinen weibern zu lieb und lob verfasset.

Ist nun sovielen heiligen leuten / grossen Königen und Fürsten / insonderheit dem Salomo / unter allen Königen dem reichsten / weisesten und geehrtisten /das Poetisiren keine schande gewesen: was torheit ist es dann / wann heut zu tag ein Midaskopf / sich mit seinem urteil übereilend / diese edle und von sovielen hohen händen geadelte Kunst / einer hohen und adelichen hand übel-anständig achtet? Zumal / da auch zu unsern zeiten / oberwehnete Päpste und andere ausländische Stands- und Adelspersonen / insonderheit in unsrem Teutschland soviele Fürstliche und Edle Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft / ihre übrige zeitweile mit diesem Kunstfleiß zu adeln sich nicht geschämet? So ein Ubelrichter muß erstlich erweisen /daß er weiser und verständiger als Salomo sei / wann er demselben vorrücken darf / daß er / seinem Königlichen Ehr-ansehen zu nachteil / ein Poet gewesen sei. Daß aber ungesalzene Reimenleimer und abgeschmacke Tropfen / ihre albere und oftmals schändliche mißgeburten mit dem Ehrnamen der Poesy betiteln dörfen / solches kan dieser edelsten Fräulinn so wenig zu schimpf gereichen / als einem Menschen die torheit eines Affen / der seine kleider angezogen. Die Arzneikunst wird darum nicht verachtet / weil es Marktschreyer gibet / die sich deren mit ungrund berümen. Die Käyser-würde wurde zu Rudolphs I zeiten darum nicht geringer / weil der Müller Tile Colup sich für den Käyser ausgegeben.

Was bisher gesaget ist / das ist gegenwärtiger Aramena zu ehren geschrieben: bei deren sich alles das befindet / was den Geschichtschriften und Geschichtgedichten zu Lob geredt worden. Sie hat eine hohe hand zur gebärerinn / und der Edle leser / ihre höchste fürtrefflichkeit erkennend / wird bekennen müssen /daß sie billiger Minerva als Aramena heisen solte: weil es scheinet / sie habe ein Jovis-hirn zum mutterleibe gehabt. Sie ist / nicht im Schulstaub / sondern zu Hof erwachsen. Sie ist auch nicht mit gesellschaft des Pöbels bestäubet: sondern redet höchsthöflich und recht-fürstlich / von Fürstlichen Geschichten. Sie öffnet eine Gedult Schule: mit erzehlung ihrer Verfolgungen und Unglücksfälle. Sie weiset einen Schauplatz / der Tugend und Lastere / und darauf-ergangener Göttlicher belohn- und abstraffungen. Sie stellet auf / einen Hof- und Welt Spiegel / darinn die / so sich selber nicht kennen / ihre Gestalt ersehen können. Sie setzet einen Staats-Lehrstul / und lässt von demselben reden / die beispiele der jenigen / die viel anschläge ersonnen / aber nichts damit gewonnen haben. Sie solte wol die Teutsche Minerva heisen: weil ihr Schmuck nicht / wie anderer solcher Prinzessinnen / von andern Nationen entlehnet und hergeholet / sondern in Teutschland / und zwar zierlicht- teutsch / verfärtigt worden. Sie hat aber Aramena heisen müssen: weil sie eine Syrerinn / auch meist mit Syrern und deren Nachbaren vergesellschaftet ist. Und weil sie zu der zeit gelebet / da der Patriarch Jacob sich in Mesopotamien befunden / auch derselbe ihr verwandt ist: als hat sie / ihn und seine befreundte /mit in ihre gesellschaft genommen. Sie redet auch billig Teutsch: weil sie nicht allein mit Teutschen Fürsten viel umgegangen / sondern auch eine derselben endlich zum Gemal bekommen.

Die Begierde der Verstand- und Sprach-übung /auch das gemüte mit einem edlen und nützlichen zeitvertreib zu belustigen / hat dieses Geschichtgedichte zur welt geboren. Damit aber hierdurch nicht allein der Kunst- und Tugendliebenden ihre erbauliche Ergetzlichkeit / sondern auch Gottes Ehre / gefördert werden möchte: als sind die Morgenlande zum Schauplatz dieser Historie erwehlet / und die Biblische Geschichten selbiger zeit / auch durch deren veranlassung die anweise und bekehrung der Heiden zum wahren Gottesdienst / mit eingerücket worden. Solchergestalt wird / auch diese edle Belustigung / wie wir dann bei allen unsern thun uns Gottes erinnern sollen / zur Göttlichen Ehre verwendet. Die Geschichtbücher der H. Schrift / füren hin und wieder die Heidnische Historien mit ein / und reden von den Egyptischen / Philistischen / Syrischen / Babylonischen / Griechischen und anderen Königen: ist es demnach auch erlaubet / daß man in heidnischen Geschichtschriften / gleichfalls der Historien Heil. Schrift mit erwehne. Zudem / weil Gott und Satan auf Erden zugleich ihr Reich und Kirche haben / so muß folgbar eine Geschichtschrift von beiden Reichen und Kirchen zugleich reden: welches um soviel unsträfflicher geschihet / wann die Erzehlung auf jenes Reichs erbauung und dieses zerstörung / wie dißorts / und also auf Gottes Ehre hinauslaufet: massen auch unsere Durchleuchtigste Syrerinn / vom Heidentum / zur wahren Gottes-erkäntnis bekehret worden.

Und obwol dieses eine erdichtete Historie ist: so ist doch zu allen / und insonderheit bei Jacobs / seiner Eltern und Kinder leb-zeiten / viel dergleichen fürgegangen. Man kriegte / man tyrannisirte / man machte freundschaft / man hassete / betroge und unterdruckte einander. Unter den geliebten Prinzessinnen / werden in dergleichen Schriften zuweiln Königreiche und Länder / welche ihre werber zu haben pflegen / oder sonst Tugenden / Künste / Aemter / Güter und andere sachen / die man verlanget / verstanden: sind es also nicht allemal Liebesgeschichten / dafür man sie ansihet. GOtt selber vergleicht zum öftern / durch den mund seiner Profeten / sein volk einer Braut und Bulschaft / und die beide Königreiche Juda und Israel /zweien weibern / die er geliebet: derer Namen er auch ändert / und die eine Ahala / die andere Ahaliba nennet.

An den hierinn beschriebenen Lastern / hat niemand ursach / sich zu ärgern: weil / wie gesagt / der Satan überall mit regiret / und daher kein ort oder zeit ist / da sich nicht auch bosheiten begeben / die dann in die Historie (massen auch in H. Schrift geschehen /) mit einlaufen. Wer von einem laster liset / findet /in erfolg der Geschichte / auch dessen Straffe: deren er sich ebenfalls zu versehen hat / wann auch er selbigem laster sich ergeben wolte. Man kan / ohne Füllerey / den Wein trinken / und des Eisens / sonder damit zu morden / sich gebrauchen. Auf einer Wiese / wachsen giftige und gesunde Blumen durcheinander. Aramena wünschet Bienen / und keine Spinnen: die da Honig / und nit Gift / bei ihr zu holen kommen. Auf welchen fall sie um soviel mehr eilen wird / dem Edlen Leser ihre noch-hinterstellige Schönheit auch zu zeigen / und / das in diesem Ersten Theil eingewirrete Rätsel ihrer Geschichte / in den folgenden Büchern wieder zu entwickelen.

Das Erste Buch
Geburt der Syrischen Aramenen

Es ist aller welt bekannt / wasmassen das mächtige Königreich Syrien / von dem König Kemuel / in den flor und wolstand gesetzet worden / darinn es unter seiner löblichen regirung geblühet. Er war des berümten Fürstens von Mesopotamien / des Nahors / dritter sohn: ein so tugendhafter dapferer Herr / daß er auf der welt nicht würde seines gleichen gehabt haben /wann ihme nicht der Himmel / in seinem Ehestand /von der Assyrischen Prinzessin Ziparis / einem einigen Sohn hätte lassen gebohren werden: welchem die natur / als [58] ihr volkommestes werk / ganz unvergleichlich hervorgebracht. Dieser fürtreffliche Herr / der sich Aramenes nannte / sezte nach seines H. Vattern tod die Syrische kron auf / nachdem er vorher / bei dessen leben / tausend proben seiner dapferkeit in unterschiedenen kriegen gewiesen / also / daß ihm schild und helm sowol als kron und zepter anständig waren. Er heuratete zu des Königs von Gerar schwester / der Philistina: die ihme / erst nach zehen jahren / als er eben sieghaft aus dem Armenischen kriege wiedergekehret / einen sohn gebohrn. Aber das kind kostete der mutter das leben / massen sie / etliche tage nach der geburt / die welt gesegnete / und dem kleinen Prinzen / die grosse hoffnung des reiches / die erziehung ihres gemahls und ihrer schwester der Prinzessin Andagone / hinterliesse. Diese name denselben / auf bewilligung des Königs / mit sich nach Gerar / alda er erzogen wurde / aber / nach erreichtem zehenden jahr / die grosse hoffnung / so er von sich gemachet / mit dem leben geendet. Wie besagte geburt-leidfreude dem König widerfuhre / kame ich eben an seinen hof. Und weil ich mich rühmen kan / daß ich mit ihme einen großvatter / nämlich den Fürsten Nahor / gehabt / wiewol mein geschlecht nicht von dessen fürnemster frauen / sondern von einer andern entsprossen: als wurde ich von dem König mit sonderbaren gnaden angesehen. Ich bin auch / von der zeit an bis in sein ende / bei ihm verblieben: und mag ich wol sagen /daß ich stäts der nächste üm diesen herrn gewesen /und also die innerste gedanken seines herzens erfahren habe.

Nachdem nun die tugendhafte Königin Philistina von ganz Syrien etliche jahre betrauret worden / ermahneten die Fürsten und Stände des reiches den König einhällig / ihnen wieder eine Königin zu geben / und [59] zwar eine solche / die den getroffenen Armenischen frieden erhalten möchte. Demnach zoge er nach Ninive / alda der weise Arius / des Königs Armatrites von Babel bruder regirte: welcher / mit einer Armenischen Prinzessin / zwo töchter / die Naphtis / und die wunderschöne Philominde / gezeuget hatte: welche jüngere Prinzessin / von vielen ausländischen Fürsten / wegen ihrer unvergleichlichen schönheit bedienet wurde. Weil kein Prinz vorhanden / und dannenhero die ältere Prinzessin des reiches Erbin war / und ihr künftiger gemahl durch sie König zu Ninive werden solte: als schickte der König von Babel seinen jüngsten sohn / den Bel Ochus / üm diese Erbprinzessin zu werben / um also die Ninivitische Cron bei der Babylonischen beständig zuerhalten. Dieser Assyrische Prinz ware / vor unserer ankunft / schon etliche monden daselbst gewesen. An statt aber der Naphtis aufzuwarten / hatte er sich dermassen in die Philominde verliebet / daß er sie fast keinen augenblick verlassen konte. Er muste aber dieses feur heimlich halten /damit der König Arius ihr H. Vatter / und die ihm von seinem H. Vatter zugegebene / solches nicht merken möchten.

Mein König wurde / von den Niniviten / mit aller ehrbezeugung entfangen / und befande bald von der Prinzessin Philominde schönheit sich dermassen gerühret / daß er sie gleich in seinem herzen zur Syrischen Königin erwehlet. Doch wolte er / bevor er bey ihren H. Vatter öffentliche anwerbung thäte / von ihr selbsten erstlich vernehmen / ob sie ihn lieben könte: weil er keine / die ihm aus gehorsam oder Staats-ursachen das jawort gäbe / sondern eine / die eine herzliche liebe zu ihm sezte / zur gemahlin verlangte. Es fiele ihm aber gar nicht schwer / in der Prinzessin herzen ein liebesfeur anzuzünden: [60] dann seine seltne tugend / hoher verstand / und angenehmes wesen so liebwürdig waren / daß er auch ohne Kron ihr hätte gefallen müssen. Der eiversüchtige Bel Ochus / spürete diesen gefärlichen und beliebten mitbuhler am ersten / und wolte schier rasend darüber werden: allermeist / da er sich so gar ohne macht sahe / dessen glück zu hintern. Die Prinzessin wurde / mit gutachten aller stände und freudiger einwilligung ihres H. Vattern / an meinen König versprochen: welcher darüber so seelig / als Bel Ochus unseelig / sich schätzete. Dieser liesse hierauf seine liebe / die er bis daher heimlich gehalten / alle welt spüren / und dorfte / aus angebornem hochmut / die Prinzessin meinem König öffentlich bestreiten / auch in gegenwart ihrer ihme fürsagen: er solte sie / weil er leben würde / nicht ruhig besitzen. Diese freche worte beantwortete Aramenes mit aller höflichkeit / sagende: man müste seiner jugend viel zu gut halten / und würde / wann er die zurück geleget / die wahre vernunft sich hingegen bei ihme einstellen. Hierbei gabe er ihm die lehre /daß er durch ein ungereimtes drauen sich nicht verächtlich machen solte / massen ein pochen ohne macht nur ein gelächter zuwegen brächte.

Dieses hönisch-halten verdrosse den hochmütigen Prinzen erst am allermeisten / und schwure er / an ihnen beiden sich zurächen. Diß ward von der Philominde in scherz also beantwortet: wañ er das thun wollte / so müste er mit ihrer schwester das reich Ninive heuraten; sodann würde es ihm seine rache auszuführen / an macht nicht fehlen. Diese worte machten in seinem herzen den daß vollends wurzeln: welcher hernach ganz unversönlich worden / und so grosses elend in Syrien angerichtet. Von dem tage an /hielte sich der Prinz Bel Ochus zu der Naphtis / verachtete hingegen ihre schwester aufs [61] äuserste / und schritte also von einer übermaß zur anderen. Dann /da er zuvor nicht gewust hatte / wie er die Philominde ganz bedienen solte / sahe er sie jezt kaum über achsel an / und entzog sich nicht / schimpflich von ihr und ihrem Aramenes zu reden: den er aber doch solches nicht hören liesse / in beisorge / von diesem großmütigen Herrn wiederum einen hönischen verweis zu lösen. Nicht lang hernach zoge der König Aramenes / mit seiner geliebten Philominde / von Ninive hinweg: da dann Bel Ochus / wiewol er gegen der Philominde sich einer verachtung angenommen /dannoch beim abschied seine herzens-entfindung nicht bergen kunte / die ihn so verzweifelt machete /daß er fast zu rasen begunte / und deswegen auf ein landgut sich begeben muste / üm sich nicht aller welt den jenigen zuzeigen / der er ware. Nachdem er daselbst allgemach von der raserey sich entwickelt /kehrte er wieder an den Ninivitischen hof: der dann /in abwesenheit der Philominde / ihme die Prinzessin Naphtis nun angenehmer machete / also daß er üm sie bei dem Arius anhielte / und bald darauf das beilager vollzoge. Wir bekamen in Syrien diese zeitungen: worüber unsere Königin sich höchlich erfreuete / in hoffnung / der Prinz würde nun nicht mehr an seine alte einfälle gedenken / sondern die ungereimte liebe /die er zu ihr getragen / wegen ihrer schwester in eine schwägerliche freundschaft verwandlen.

Unlang hernach starbt der König Armatrites zu Babel / und bald darauf der älteste Prinz Xerxes: nicht ohne vermutung / daß sie gift bekommen. Bel Ochus sahe sich nun König von Babel und Erben von Ninive: welches den Ninivitischen Fürsten sehr misfiele / in betrachtung / daß sie also / nach dem tod ihres Königs Arius / unter das Assyrische joch dermaleins gerahten [62] würden. Wie sie dann deswegen den Bel Ochus / vor seiner abreise in sein Königreich /nötigten / sich dahin zu verschreiben / daß das andere kind / so ihme die Naphtis gebähren würde / für den Erben des Ninivitischen reiches erkant werden / und künftig über sie regiren solte. Sobald nun Bel Ochus die Assyrische Kron aufgesetzet / wurde ich von meinem König nach Babel gesendet / ihme zu seiner regirung glück zu wünschen. Man entfinge mich / aber so schlecht und schimpflich / daß ich gnug spüren konte / es wäre dem Bel Ochus noch nicht sein alter groll vergangen / und hörete ich von vielen kriegs-zurüstungen / da doch der König nirgend keinen feind hatte. Ich besorgte nicht vergebens / es dörfte uns gelten: bemühete mich demnach / meine abfärtigung bald zubekommen. Ich wurde aber immer von einer zeit zur anderen aufgehalten / auch so wol verhütet und in acht genommen / daß ich keine post von allem dem /das daselbst vorginge / meinem König zufärtigen kunte.

Endlich / wie es ganz ruchbar in Babel worden /daß der König Syrien bekriegen wolte / und man kein geheimnüs davon mehr machete / liesse Bel Ochus mich ziehen / und waren beim abschied / dieses seine worte: Sage deinem König / daß ich bald bei ihme seyn / und die macht ihme zeigen wil / die man haben muß / wann man rache üben wil. Ich beantwortete dieses / wie mir gebührete / und meines Königes ansehen es erforderte. Als ich mit der zeitung von diesem kriege in Damasco angelanget / befande ich / daß schon alles aus ganz Mesopotamien / Syrien und den ümligenden landschaften dahin geflüchtet war / und ware alles in grösten schrecken: weil man in keiner verfassung stunde / und an nichtes weniger / als an diesen krieg gedacht hatte. Also ware aller muht schon dahin / ehe der feind noch ankame. [63] Und ob wol der dapfere Aramenes / durch sein beispiel / allen Syrischen und Mesopotamischen Fürsten ein herz machete: so waren sie doch so übereilt; daß die nötige zurüstungen zum kriege / weil sie bisher in sicherem frieden gesessen / unmüglich geschehen können. Wie unglücklich nun für uns dieser krieg abgelaufen /achte ich nicht nötig weitläufig zuerzehlen. E. Maj. eigene völker / die damals / wegen der schwägerschaft mit dem Assyrischen hause / dem Bel Ochus waren zuhülfe gekommen / werden wol berichtet haben / wie es in Syrien zugegangen; wie ein ort nach dem anderen sich ergabe; wie unser König nach Gerar / zu seinen schwager den König Abimelech / entflohe; und wie unsere Königin heimlich in des feindes land schutz suchen / und bei ihrer schwester / der Königin Naphtis / die ganze zeit des ersten krieges über / sich aufhalten müssen. Zum unglücke starb auch der Arius / ihr H. Vatter / eben üm selbige zeit: daß also alle unglücks-arten gleichsam zusammen schwuren / diese Königliche personen auf das äuserste zu verfolgen.

Der tugendhafte Abimelech liesse sich unsers Königs elenden zustand sehr zu herzen gehen / und bote ihm alle müglichste hülfe an. Die ansprach beider Könige geschahe zu Ascalon / alda eben üm diese zeit /der mächtige König der Teutschen / der Marsius / mit einigen völkern / aus seinem entfernten Celten-lande angekommen war / sein altes recht wider das Assyrische haus auszuführen. Dann einer seiner vorfahren /der des Königs Ninus bruder gewesen / ware von der berümten Semiramis verjaget worden: welches dieser Marsius zurächen vermeinete. Die ungemeine tugend des Aramenes bewoge diesen ausländischen König so sehr / daß er ihm welche von seinen guten völkeren /unter führung [64] des Fürsten Trebetes / des Herzogens der Golen / zukommen liesse: die neben den Philistern / die der wackere Ahusath / des Königs von Gerar bruder / führete / und den man den Fürsten von Caphtor nennte / gegen Syrien anzogen / und uns /dieses verlorne Reich wieder einzunemen / mit unbeschreiblicher dapferkeit behülflich waren. Die Assyrier / unter dem Prinzen Mamellus / der des Belochus vatters brudersohn ist / zogen uns / unfern vom fluß Amana / mit grosser menge entgegen / und lieferten uns eine schlacht: die wol eine der denkwürdigsten seyn wird / so in Syrien jemals vorgegangen. Ich kan von den unbeschreiblichen thaten des Königs am bästen zeugen / die er an den tag verrichtet / weil ich alles selbst angesehen: und kan wol sagen / daß er damals mehr einem gotte als menschen sich verglichen. Der sieg bliebe unser / nach langem widerstande / und raumeten die Assyrier das feld: worauf wir über den fluß Amana giengen / und die hauptstatt Damasco belägerten.

In wärender dieser belagerung / wurde der gute König mit der gegenwart seiner einzig-geliebten Philominde wieder erfreuet: welche als sie / unsern guten fortgang in Syrien / zu Babel vernommen / durch viele gefärliche anschläge heimlich weggekommen / und /ohne daß der Bel Ochus jemals von ihrer zu- oder abreise etwas inn geworden / glücklich wieder in Syrien angelanget ware. Es würde mir unmüglich fallen / zu beschreiben die vergnügung / die sie beiderseits /nach so vieler gefahr / einander wieder sehend / bei sich entfunden. Ein jeder mag sich das leicht fürbilden / wann ich sage / daß diese beide das verliebteste paar Eheleute gewesen / die jemals gelebet; daß ihrer beider leib ein herz und eine seele beschlossen; und daß eines wollen des andern begehren [65] gehren / und was dem einem zuwider / auch dem andern misfållig gewesen. Der K \nig trachtete um soviel mehr / seine K \nigliche haubtstatt wieder zu erobern / üm seiner Philominde eine ruhigere wonung / als sie im lager hatte / zu verschaffen. Demnach liesse er alsobald einen Sturm vornemen / und ware keiner von hohen oder niedrigen / der nicht mit freudigem muht mit angelauffen: weil es zu vergnügung dieser schönen K \nigin geschahe / die von allen menschen geliebet und gleichsam angebetet wurde. Also brachte ihre liebste gegenwart uns die eroberung dieser mächtigen Statt zuwegen / und setzete dem Aramenes zum andern mal die Syrische Kron auf sein haubt / welche hierdurch ihme wieder zu theil worden.

Der Prinz Mamellus / verstärkete sich inzwischen von neuem mit Assyrischen völkern: und ob er schon mit einer von des K \nigs Aramenes Basen verheuratet ware / so hat er doch / ungeacht dieser verwandschaft / seines Königs angelegenheit fleissig beobachtet. Er lage damals bei Hierapolis / alda er sich von tag zu tag stärkete / und auf Damasco wieder anziehen wolte. Dieses zuverhüten / muste der Fürst von Caphtor mit seinen untergebenen Philistern ihm entgegen gehen. Der Trebetes / mit den dapferen Teutschen / zoge in Mesopotamien / die alda bedrangte Fürsten wieder zubefreyen. Aber der K \nig / neben den Syrern / die täglich aus dem Assyrischen joche zu uns überliefen / bliebe in der haubtstatt des reiches /bis er absehen m \chte / daß seine gegenwart wieder im feld n \tig wäre.

Wir genossen aber dieses sieges nicht lange / und das falsche glůck / welches eine kleine zeit uns seine gůte gewiesen / verwandelte solche so pl \tzlich wieder in ein neues wüten / daß es uns in kurzen den garaus machete. [66] Dann der Fürst von Caphtor / als er sich zu mutig an die Assyrier gewaget / wurde von dem Mamellus gefangen / und gleich nach Babel dem K \nig Bel Ochus zugesendet. Dieser ward höchlich erfreut / seinen feind zu sehen / welcher ihm so grossen abbruch gethan: und von ungemeinem eifer getrieben / erdachte er eine List / die Philister aus Syrien zubringen. E. Mai. werden sich erinnern / daß er dem König der Philister / weil er die innigste brůderliche liebe zwischen ihm und dem edlen Ahusath erfahren /entbotten: wie daß er diesem seinem gefangnen bruder den schmälichsten tod / den man erdenken könte /wolte anthun lassen / wann nicht alsofort er / der Abimelech / sein Volk aus Syrien zuruck beruffen / und dem Aramenes ferneren beistand versagen würde; und solte er ja sich nit lang bedenken / wann er seines bruders leben fristen wolte. Dieses grausame drohen /hatte erwünschte wirkung bei dem K \nig von Gerar: massen derselbe / seinen bruder zuerretten / den guten König von Syrien verliesse / seine völker abforderte /und damit / als er zuvor einen ewigen frieden dem K \nig von Babel geschworen / den Prinzen Ahusath wieder loß bekame. Dieses brachte in Syrien eine unverhoffte änderung / und Bel Ochus / diese gelegenheit in acht zu nehmen / kame selbst mit einem grossen heer angezogen. Inmittels machte Mamellus dem Trebetes so viel zu thun / daß der sich zu schwach befande / alleine was nützliches mehr auszurichten: zumal er auch von dem grossen Marsius keine hülfe mehr zu hoffen hatte / als welcher selber / in den krieg mit dem K \nig von Basan so verwickelt ware / daß er seine macht beisammen behalten muste.

Der unglückselige / wiewol unverzagte K \nig Aramenes / sahe sich nun in äuserster noht: hielte aber für [67] das bäste / keine belagerung zu erwarten / sondern dem König von Assyrien entgegen zugehen / und auf eine schlacht sein letztes heil zu wagen. Demnach brachte er allen Syrischen adel zusammen / die ihr gut und blut bei ihme aufzusetzen entschlossen waren /und zoge damit gegen den Phrat zu / seinen mächtigen feind mit unerschrockenem muht erwartend. Seine liebste Philominde / die grob schwanger war / liesse er zu Reblate / alda sich des Mamellus gemahlin aufhielte: welche heimlich / wider ihres herrn wissen /diese gute Königin aufname / und ihr / die so ein måchtiges reich beherschet / aus erbarmen ein kleines räumlein in ihrem haus verg \nnete. Der abschied /den der K \nig von ihr name / bei welchem ich und die Fůrstin von Naema die Calaride / damals noch ihre jungfrau / zugegen waren / hätte einen felsen zu mitleiden mögen bewegen: und beklagete er / in allen seinen ungemach nichtes mehr / als daß sie / weil sie ihn geliebet / nun so unglückselig werden můssen. Sie hingegen betraurete am meisten / daß sie an dem elend ihres herrn ursach wäre / weil ihrentwegen die verbitterung bei dem König von Assyrien erstlich angegangen. Als sie nun endlich scheiden musten /mochte es der guten K \nigin wol ahnen / daß sie zum letzten mahl mit ihrem gemahl redte: demnach verlore sie alle standhaftigkeit / die sie noch bisher in allem ihren unglůck behalten hatte / und der Calaride in die arme fallend / wurde sie aller sinne beraubet / also daß wir sie in langer zeit nicht wieder aufbringen konten. Endlich / wie ihr geist wiederkommen / wandte sie ihre schöne åuglein auf ihren herrn / sagende: Nemt von mir hiemit an die letzte gute nacht / weil ich wol spůre / wir werden uns nicht wieder sehen; und diese unglückselige frucht / die ich trage / befehle ich hier unsrem Thebah / dieselbe fůr aller [68] feinde gewalt zu schützen / wann mein K \nig und ich nicht mehr seyn werden. Aramenes fiele ihr üm den hals /und er / der sonsten die standhaftigkeit selber war /benetzete ihre wangen so ůberflůssig mit seinen zåhren / daß wir anderen wilde thiere håtten seyn müssen / wann wir nicht zu gleichmäsigem mitleiden wären bewogen worden. Dahero kan ich auch nicht sagen /was weiters bei diesem traurigen abschied fůrgeloffen: dann ich so auser mir selber ware / daß ich nichtes mehr sahe noch hörete.

Wir zogen nun dem K \nig von Assyrien / wie gesagt entgegen / und Trebetes hatte gnug mit dem Mamellus zuschaffen / daß er denselben im gebirg aufhielte / damit er uns nicht konte in den růcken gehen. Darauf wurde die unglückliche schlacht gehalten /darinn Aramenes / der edelste K \nig von der welt /sein leben lassen muste. Dann / nachdem er / mit unbeschreiblicher dapferkeit / bis in den andern tag /dem Bel Ochus den sieg strittig gemachet / und in die gröste gefahren sich gestürzet hatte / wurde er endlich so vielfältig verwundet / daß er / ganz ausgemattet /sich aus dem streit fůhren liesse. Wir brachten ihn in eine schåferhůtte / da er noch zwo stunden gelebet: in welcher zeit sein einziges gespräch von seiner gemahlin war / und muste ich ihme mit einem eide angeloben / daß ich / nach seinem tode / die K \nigin nicht verlassen / und / wann sie mit einer lebendigen frucht niderkommen würde / solche für des Bel Ochus wüten schůtzen / und dermaleins / wann sie erwachsen wåre / ihr zum vätterlichen thron verhelfen wolte. Hiemit /nachdem er einem Diamant-ring abgezogen / und mir zum stäten andenken verehret / sturbe dieser unvergleichliche Herr in meinen armen / feine edle seele von sich gebend / die viel eines bässeren glůckes auf dieser welt wåre [69] wůrdig gewesen / wann das verdienst glückselig machen könte. Durch diesen tod nun /ward Syrien zum andern mal verlohren / und alle Syrische Fůrsten sucheten zuflucht bei des Mamellus gemalin / daß sie / als ihre wase / bei ihrem herrn sich ihrer annehmen solte.

Ich führete meines Königs k \rper mit mir gen Reblate / und kame eben dahin / als die Königin ihres gemals tod erfahren / und eine Prinzessin zur welt geboren hatte. Weil sie nun / gleich nach der genesung /zum sterben sich bereitete / nachdem schrecken / betrůbnůs / und soviel ausgestandenes elend / neben der schweren geburt / sie ganz abgemattet: als liesse sie mich noch für sich kommen / und wolte ihres herrn abschied zuvor aus meinem munde vernemen. Es ware ihr dann sehr tröstlich / als ich sagte / wie sein einiges verlangen nach ihr gewesen wäre. Demnach sprache sie / mit sterbenden munde: Wolan / liebster Aramenes! ich komme zu dir / dein verlangen zuerfůllen. Hiemit losche sie aus / als ein licht / und erwiese solche vergnügung in ihrem tode / daß man ihr diesem sanften wechsel nicht misg \nnen kunte. Des Mamellus gemalin / name nun der kleinen hinterbliebenen Prinzessin / die ihre Fr. Mutter / nach dem K \nig /Aramena genannt hatte / fleissig an / und wuste niemand von ihrer geburt / als sie / Calaride / etliche frauen / und ich: dann es wurde solche gar geheim gehalten / damit der König von Babel es nicht erfahren /und an diesem unschuldigen kinde seine wut üben m \chte. Es kame aber / das geschrei von des Königs und der K \nigin tod / bald ůberall aus der ånge; und wolte man sagen / der Bel Ochus habe üm die K \nigin sich sehr betrübet: wie er dann ihnen nachgehends / zu Damasco / ein treffliches begråbnis und Ehrengedächtnüs / von dem kostbarsten Marmor / aufrichten[70] lassen. Mamellus hatte unterdessen den Trebetes / auf dem Seirischen gefilde / gånzlich in die flucht geschlagen / und damit alles unter Assyrien gebracht /daß also Bel Ochus sich einen herrn dieses reiches sahe. Dieser / zur vergeltung der treuen dienste / die ihme Mamellus erwiesen / machte ihn zum Statthalter in Syrien und Mesopotamien: und behielten alle Syrische Fůrsten zwar ihre güter / wurden aber / von der zeit an / mit grossen schatzungen beleget / also / daß ihnen das Babylonische joch unerträglich fiele.

Wie nun der König Bel Ochus solche grausame that verůbet / und sich wieder nach Babel gewendet /offenbarete die Tharasile ihrem gemahl Mamellus /die geburt der kleinen Aramena: der dann hierůber in nicht geringe sorgen geriete / weil er wol zuvor sahe /was für unruhe / dieses überbliebnen kind von dem K \niglichen Syrischen geblůte / dermaleins dem Bel Ochus erwecken wůrde. Also wuste er nicht / wozu er sich entschliessen solte: weil er / sie töden zu lassen /vom mitleiden behintert wurde; doch auch / sonder gefahr / sie nicht beim leben erhalten kunte. Also geriete er endlich auf die gedanken / sie in dem tempel der Diana nach Ninive zugeben / und damit allem unheil fůrzukommen. Demnach wehlete er mich aus / als der ich / nach meines K \nigs tode / stäts bei ihm geblieben war / und die kleine Prinzessin nicht verlassen wolte / daß ich die Aramena heimlich dahin überbringen solte. Ich wurde ůber diesem fürnemen höchlich bestůrzt und betrübet / durfte aber doch mich dem Statthalter nicht widersetzen. Gleichwol entschlossen / dieses zu verwehren / sagte ich dem Mamellus zu /was ich doch nit zuhalten gedachte / und name mir vor / eher die Prinzessin an einen anderen ort heimlich zu fůhren / als in diesen tempel / da sie [71] nachgehends in ewigkeit nicht wieder ausgelassen / und also des Königs Aramenes begehren nicht würde könen erfůllet werden.

Wie ich nun damit ůmginge / schickete der Himmel ein anderes mittel / daß nämlich Mamellus eilig nach Chaldea in sein vatterland reisen muste / alda er mit seinem ältesten bruder / dem Fürsten Bildat / etwas n \tiges zu thun hatte / und die Tharasile mit sich name / in vermutung / daß sie ůber ein jahr ausbleiben wůrden: in welcher zeit / Calaride und ich / die Aramena nach Ninive bringen solten. Nun hatte Tharasile eine tochter / namens Milcaride / die ein viertel jahr älter war / als die Aramena: dieselbige / entschlossen wir uns / für diese in den tempel zugeben. Demnach gebrauchten wir uns der list / und schaffeten / weil wir im haus allein zubefehlen hatten / der Tharasile bediente nach und nach ab / die bei der kleinen Milcaride waren hinterlassen worden / und namen an ihrer statt andere an / so die beide kinder nicht kenneten und der Aramena / als wåre sie Milcaride gewesen / aufwarten musten. Die Milcaride hingegen nennten wir Aramena / mit deren wir fortreiseten / und sie der Oberpriesterin zu Ninive / der Celie / die des Mamellus schwester ist / von ihres bruders wegen / überantworteten. Wir zogen von dar nach Ur / dem Mamellus von unserer verrichtung bericht zugeben. Dieser Herr wurde hierůber so ruhig / daß er / meinem angewandten fleis nie in vergessen zustellen / mir angelobte. Hierauf reiseten sie gen Babel / dem K \nig aufzuwarten: da dann die Königin Naphtis herzlich froh wurde / von ihrer verstorbenen schwester leuten welche zu sehen. Und weil sie aus dem gerůchte vernommen /daß die Philominde schwanger gewesen / und man ihr gesaget / wie eine kleine Aramena in des Statthalters[72] haus erzogen wurde / mächte sie deswegen grosse verträulichkeit mit der Tharasile / vermeinend / von ihr zu erfahren / ob ihre schwester diese Aramena geboren hätte. Aber diese / als eine der listigsten frauen von der welt / wolte sich gegen die Königin in keinerlei weise heraus lassen / sondern sagete: diese Aramena wåre ihre tochter / und zwar die einige / so sie håtte / weil ihre andere tochter gestorben; und führe sie den namen / von dem K \nig in Syrien / ihrem vettern. Von der K \nigin Philominde aber / thåte sie versicherung / wie daß an ihr / als sie gestorben / kein einiges kennzeichen / als ob sie schwanger wäre / sich ereignet habe. Also brachte sie der Naphtis alles aus dem sinn / und sandte Mamellus / die Calaride und mich / nachdem wir etliche tage mit zu Babel gewesen / nach Damasco fůr-aus: dadurch zuverhůten / daß wir der Königin Naphtis / was wir von der Aramena geburt wusten / nicht offenbaren m \gten; wiewol ich /solches zu thun / nit willens gewesen / weil ich es damals zu meinem vorhaben undienlich erachtet.

Wie endlich Mamellus mit seiner gemalin in Syrien wieder ankame / funden sie ihre vermeinete tochter so artig und schön / daß sie sich h \chlich an ihr ergetzeten: und ward sie von ihnen nicht mehr Milcaride /sondern Aramena genannt / um dadurch zu bestätigen / was sie zu Babel ausgesaget hatten. Dis ware ein gutes vorzeichen des künftigen glückes dieser Prinzessin / daß sie so wunderbarer weise ihren rechten namen behalten muste. Solcher gestalt nun erwuchse Aramena / als des Statthalters von Syrien tochter /sowol mit ůbertrefflichem geist / als mit verwunderbarer sch \nheit dermassen gezieret / daß ganz Syrien von ihr zu sagen wuste: worüber ihre eingebildete Eltern recht stolz wurden. Die Fůrstin Calaride aber /welche den Fürsten Zophar [73] von Naema inmittels geheuratet / ergetzete sich heimlich neben mir / über dieses hinterbliebene kind vom K \niglichen Syrischen Stammen / und preisete den gerechten himmel / der noch diese unschuldige Prinzessin so wunderbarer weise erhalten / und das Aramenische blut nicht gånzlich vergehen lassen.

Als sie das dreyzehende jahr ihres alters erreichet /kame sie / mit ihren vermeinten Eltern und der Calaride / nach Ninive: da dann die Statthalterin sie bei ihres gemals schwester / der Oberpriesterin / auf deren inståndiges begehren / im tempel der Diana bleiben liesse / so lang sie in Ninive sich aufhielten. Die Celia / (also heist die Oberpriesterin /) erfuhre von ihrem bruder / der ihr nichtes verschwiege / daß die andere Aramena die Prinzessin von Syrien wäre /welche er ihr / als ein kind / hingesandt håtte. Diese nun wolte / ihres bruders tochter / auch zu diesem heiligen stand bereden / und brachte es so weit / daß / als Mamellus und Tharasile sie wieder haben wolten /Aramena der Diana sich bereits verlobet hatte / und also / mit gewalt aus dem tempel genommen / mit wiederwillen nach Syrien zurůck reisete. Ich bekůmmerte mich sehr / über dieser der Aramena entschliessung / und bemühete mich / ihr solches vorhaben aus dem sinn zu bringen: sie erwiese aber so eine standhaftigkeit / daß sie nie von keiner heurat hören wolte.

Mein gnådigster Prinz Hemor / wird noch wol wissen / wie måchtig sie / als zu Reblate üm sie bei dem Mamellus ansuchung geschehen / wegen dieses ihres gelübdes sich widersetzet. Ich gestehe / daß ich an meinem orte stark abwehren halfe: weil meinem vornemen damals zuwider schiene / daß ein fr \mder Prinz diese Prinzessin bekommen solte / der schon ein K \nigreich zuhoffen hatte; weil der nicht so eiferig sich bemůhen wůrde / der [74] Prinzessin auf ihren våtterlichen thron zuverhelfen / als einer / der / durch erlangung ihrer person / auch ein so grosses K \nigreich zu beherrschen bekommen könte. Mein wille war / sie einem Syrischen Fürsten zu erwerben: damit die kron bei einem einheimischen verbleiben möchte. Doch funde ich / bei diesen meinem fürsatz grossen widerstand: dañ der ehrneid und die eifersucht unter den Syrischen Fürsten so groß war / daß keiner dem andern wider die Assyrier wůrde beistand geleistet haben; zudem die meisten / mit Assyrischen und Chaldeischen geschlechten verheuratet und befreundet waren. Also geriete ich endlich auf diesen einfall /nachdem ich vernommen / welcher gestalt die sachen hier in Canaan stunden / zu dieser heurat eiferigst zu rahten: wie ichs dann auch so weit brachte / daß die Prinzessin dem Prinzen E. Maj. H. Sohne versprochen worden. Und ob wol Aramena in ihrem vorsatz noch standhaft beharret / ihr der Dianen gethanes gelübde nicht zubrechen: so wirb sie doch selber solches fůr ungültig erkennen / wann sie erfåhret / wer sie ist /auch wie sie / ihrer Durchleuchtigen Elteren leztem willen zugehorchen / und / den thron ihrer våtter zubesteigen / verbunden sey.

Hierzu nun / gnådigster König! k \nnen E. Maj. diesem edlen blut verhelfen / wann sie / nach vollzogener heurat mit dem Prinzen / aller welt ihre geburt offenbaren / und mit macht sie wieder in ihr reich einsetzen. Dieses wird leicht zuthun seyn: massen die Syrische Fürsten nicht sobald ihrer Erbprinzessin namen werden h \ren / so wird ihre begierde aufwachen / das Assyrische joch vom halse zu werfen / und dem Prinzen Hemor / als den Gemal ihrer Erbköniginn / zu ihrem K \nig zuerwehlen. Es wird auch / die vollziehung dieser heurat / allen besorglichen ehr-eifer unter den Syrischen Fürsten [75] aufheben / wann sie nicht eher / als erst nachgehends / hievon etwas erfahren. Weswegen dann Aramena selber / wer sie ist /noch nicht wissen muß / damit sie nicht dieses fůrhaben hintern möge. E. Maj. lasse ich nun h \chstvernůnftig ferner erwägen / ob dieses nicht das mittel sei / dadurch E. Maj. die Fůrstin Ahalibama / der Prinz Hemor die Aramena und mit ihr das reich Syrien / die Seirische Fürsten aber die hoffnung / von ihrem geblůt Cananitische Könige zu sehen / gewiß erlangen können.


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Hiemit schwiege der alte Thebah / und sagte der K \nig: Ihr habet soviel verwunderung als freude / mit diesem eurem bericht / bei mir erwecket / und finde ich euren raht so heilsam / daß ich / deme zu folgen /entschlossen bin / wofern mein Hemor gleiches sinnes mit uns ist. Können wol (antwortete dieser Prinz) E. Maj. daran zweifelen / daß des Thebah fürschlag mir solte angenem seyn / der mir die h \chste glückseligkeit wird zu wege bringen? Ja / gnädigster K \nig! ich verlasse gutwillig alles recht an dieses reich / wann ich Syrien / mit Aramenen besitzung / darfür erwarten darf. Das sey dir / mein sohn / (sagte der K \nig) hiermit verheisen / und ich willige in deine heurat willigst ein / wann ich kan versichert seyn / du werdest ebenfalls meine vermålung mit der Fůrstin von Seir gut befinden. Hemor / aus heftiger liebe zu der Prinzessin Aramena getrieben / kunte bei dieser bewantnůs nicht anders thun / als seiner frau mutter sache verlassen /üm seine eigene zu beförderen; und gabe solches / mit kindlicher ehrerbietung / dem K \nig zuverstehen /dabei bittend / daß er ihme / seinen bisher-erwiesenen eifer in dieser sache / verzeihen mögte. Hiemit ümarmete der K \nig seinem sohn / und wurden an beiden seiten alle misverstände aufgehoben. [76] Nach diesem hielte der König hierüber noch fernere unterredung / worzu er auch den Thahas beruffen lassen: und ward endlich beschlossen / mit dem ersten nach Salem zureisen / und daselbst im geheimen raht hiervon weiter zu ratschlagen / wie man es am fůglichsten könte werkstellig machen: und bis dahin solte der Seirische Abgesandte aufgehalten werden. Thebah / h \chst erfreuet / daß der anfang so glůcklich gewesen / hatte gute hoffnung zum fortgang / und unterliesse nichtes herbei zubringen / was er / diese sache zubef \rderen /fůr nützlich erkennen kunte.

Es schiede hierauf der K \nig / welcher zuvor unwillig / verwirrt und ůbel zu frieden anzusehen gewesen / freudig / ruhig und vergnůgt von dem Prinzen /und kunte kein mensch die ursach dieser pl \tzlichen verånderung ergrůnden. Vatter und Sohn / ob schon ungeliebet / waren so wol zufrieden / daß es jederman verspůrete / auch Aramena und Ahalibama solches erfuhren: die dann / daß dieses ihnen schådlich seyn wurde / leichtlich urtheilen kunten / und daher in neuer angst schwebeten. Ahalibama / die von der Calaride / nicht allein des Seirischen Gesandten ankunft / sondern auch dessen gewerbe / erfahren / vermutete gleich / es wůrde der K \nig etwas beschlossen haben / so ihm in seiner liebe k \nte zum besten kommen. Weil sie wusten / daß Thebah dabei gewesen / vermeinte Calaride von ihm etwas zu erfahren. Aber dieser verbarge vor ihr / was er dem König entdecket: weil sie wegen ihres Ehgemals gar zu gut Assyrisch ware / und diesem grossen anschlag håtte verrahten m \gen. Demnach erdachte er eine list / sie zuverfůhren / und sagte: wie daß der K \nig halb entschlossen sey / die Ahalibama nach Seir zuschicken; m \gte er also wůnschen / daß sie sich mit dem ersten wieder stark machete / üm des [77] K \niges gutes fůrnemen nicht zuhinteren / welches gar leicht wieder rückgängig werden k \nte.

Mit dieser list brachte er zu wege / daß die hoffnungvolle Ahalibama folgenden tags wieder aus dem bette sich machete / und / in allen der Calaride raht folgend / die der listige Thebah dazu angestiftet / liesse sie vom K \nig erlaubnüs begehren / frische luft zu schöpfen / und ein wenig lust wandeln zugehen: welches dann / dem verliebten Beor / eine hocherfreuliche zeitung ware. Die schöne Aramena wolte ihr gesellschaft leisten / als welche fast keinen augenblick mehr von ihr leben kunte. Es wurden ihnen Elon und Japhim / mit allen hofbedienten / sie zu bedienen / zugeordnet / und gienge die spazirfart nach den grossen platz / welcher / einer von den lustigsten üm Thanac /nahe für der statt lage / und das Königsfeld genannt wurde. Das frůlingswetter ware so angenem an selbigem tag / daß alles frauenzimmer aus Thanac auf diesem anger sich einfunde: vornemlich deswegen / daß sie diese schönheiten sehen möchten / welche ihren König und Prinzen gefangen hielten. Diese beide håtten gern ihre Geliebten an diesen ort begleitet / wann es der stand des K \nigs und die gesundheit des Prinzen zugelassen: doch thäten sie solches mit ihren verliebten gedanken / wiewol selbige bei beiden Damen wenig platz funden. Dieselben hatten ihr gespråch von dem Fůrsten Elieser / welchen zusehen / die Ahalibama ein so herzliches verlangen bezeugete / daß die verschmitzte Astale ein Mittel aussonne / bei diesem spazirgang solches erfüllet zu verschaffen. Ihr listiger raht / ware dieser. Sie wuste / an welchem ort das haus war / da der Elieser inn lage / welches ihr als sie aus der statt gegangen / einer von den Sichemiten gezeiget hatte. Demnach unterrichtete sie die Fůrstin /wann sie wieder [78] in die statt käme / solte sie / als wann sie můd wåre / an der ersten hausthür niedersitzen /und das etliche mal also treiben / bis sie vor Eliesers thür kommen wůrden: da sie dann gleich also verfahren / und ihr dann weiters von ihr rahten lassen solte. Ahalibama vergasse nicht / mit Aramenen solches ins werk zu stellen: und sonderte sich / aus ehrerbietung /das mansvolk etwas von ihnen ab / üm in ihrem gespråche sie nicht zu hintern. Wie sie nun solcher gestalt bis an Eliesers haus gelanget / und daselbst sich niderliessen / begabe sich die wacht etwas von der thür hinweg / ihnen platz zu machen. Aber Astale stiesse beherzt die thür auf / den anderen winkend /die ihr dann eiligst folgeten.

Ahalibama / von herzlichem verlangen getrieben /floge mehr / als daß sie gienge / und von der Aramena begleitet / kame sie zu ihrem Elieser in die kammer: der ihm solche besuchung im geringsten nicht vermutet hatte / und daher mit heftiger bestůrzung überfallen wurde. Ach mein Elieser! ach himlische Ahalibama! rieffen sie beide zugleich: indem er sie mit seinen schwachen armen ümfassete / und sie ihm mit gleicher liebkosung begegnete. Indem aber kame Elon / mit Japhin und den anderen / auch hernach: die dann hierůber so erschrocken waren / daß sonderlich anfangs Elon nicht wuste / was er sagen solte. Endlich doch redete er die Fůrstin an / und bate / daß sie sich von dannen begeben m \chte: weil solche freiheit ihr / als seines K \nigs versprochener braut / nicht wol anstünde. Die Fürstin von Seir bliebe ganz beschämet / als sie den Elon dieses vorbringen h \rete / und den Elieser verlassend / sagte sie zu ihm: Wir håtten schier vergessen / daß wir gefangene sind; und můssen wir darüm unseren willen jetzt zwingen lernen / auch mehr im herzen / als in den gebården / unsere gemůts bewegung [79] auslassen. Er / der nicht wuste / ob dieses /so ihm damals wiederfuhre / ein traum oder eine wahre geschichte wäre / weidete einig und allein an seiner Fůrstin seine ermunterte augen: als Elon / dieselbe bei der hand fassend / sie fast befehlsweis bate /ihm zufolgen. Demnach / von dem Prinzen hinweggehend / sagte sie: versichert euch mein Elieser! ich will bis in den tod die eure verbleiben. Gute nacht! nemt eure gesundheit in acht / an der mein leben hanget. Ach liebste Fürstin! (rieffe er ihr nach /) wie seelig bin ich / solchen trost / in meinem jetzigen zustand /aus eurem sch \nsten munde zu vernehmen. Bleibet nur also eurem Elieser beståndig / der seine liebe gegen euch auch im tode sol bewahren. Hiermit sahe er ihr hinten nach / weil Elon also mit ihr eilete / daß sie ihme nichtes ferner antworten kunte. Er verbliebe aber ůber dieser kurzen besuchung so hoch vergnůget / daß er von dem an neue kräfte begunte zu bekommen / und dieses grosse liebeszeichen seiner schönen Ahalibama nicht gnug bewundern kunte.

Diese der Fůrstin unvermutete that hatte den ganzen hof in lårmen gebracht / und ware Elon sehr beångstiget / weil es ihm grosse ungnade beim K \nig erwecken kunte / daß er die Fürstin nicht båsser bewahret: dannenhero er alle hofdiener hoch ersuchete /es ja fůr dem K \nig heimlich zu halten. Es kunte aber dennoch nicht verschwiegen bleiben / weil ihrer zuviel waren die es gesehen / und dem K \nig gleich fürbrachten: welcher dann heftig darüber sich erzürnete. Ahalibama hingegen / als sie nur den Elieser einmal wieder gesehen / ware so vergnügt und wol zufrieden / daß sie Elons bezeugende angst und des Königs vermutlichen zorn nur belachete / und ganz wolgemuht in des statthalters hause wieder ankame.

[80] [82]Aramenen ware zum theil / wiewol sehr unvolkommen / der Ahalibama lebenslauf bekannt worden. Weil sie nun hiervon eigentlichere nachricht wünschete / als erinnerte sie / mit der ihr-gewönlichen holdseligkeit / selbigen nachmittag / die Fůrstin ihres versprechens: welche dann / weil sie nichtes liebers / als von ihrem wehrten Elieser / reden hörete / der Astale anbefohle / alles / was sich mit ihr in Seir und Canaan denkwürdiges begeben / zu erzehlen. Diese / nachdem sie ihre schöne zuh \rerin zum aufmerken ganz bereit sahe / thåte folgende erzehlung von der

Geschichte der Ahalibama
Geschichte der Ahalibama.

Die herkunft meiner Fürstin betreffend / so wissen sie / gnädige Prinzessin / daß sie des regirenden Fürsten von Seir / des Ana / und der Prinzessin von Chaldea Poliphide tochter / diese aber dero H. Vatters schwester ist / und also die ehre hat / nahe an sie verwandt zu seyn. Ihr H. Vatter wurde / auf gut befinden seiner sechs brüder / Regent in Seir / ungeacht er nicht der älteste ist. Nachdem er sich an das Assyrische haus verheuratet / gebahre ihm diese leutselige Prinzessin /meine Fürsten Ahalibama und ihren bruder den Fůrsten Dison zu Dedan: beide wol recht zum spielballen dem unbeständigen glůcke / welches von ihrer zarten jugend an bis jetzo nicht ermüdet / sie zuverfolgen und zubetrüben. Die kindheit verbrachte meine Fůrstin / in gesellschaft ihres bruders und der Fůrstin Timna / ihres vatters schwester / (welche doch an jahren nicht ålter als sie ist /) in unschuldiger ruhe.

Nachdem sie das achtzehende jahr erreichet / fienge das unglůck an / ihr zu weisen / welche grosse verfolgungen sie noch solte ausstehen. Dann / wie zur selbigen zeit [82] ihre Eltern mit ihr nach ihres vatters brudern den Sobal reiseten / fůgte es sich also / daß die Fürsten von Canaan / der Elieser und Ephron / daselbst waren: welche beide wackere herren von jederman /wegen ihrer sonderbaren geschicklichkeit / also geliebet wurden / wie solches ihre seltene verdienste erforderten; und waren sie unlängst aus dem Medischen kriege wieder zu haus gekommen / in welchem sie merkliche proben ihrer dapferkeit sehen lassen. Dem Fůrsten Elieser kame / gleich im ersten anblick / der Fürstin Ahalibama schönheit so volkommen für / daß ihr glanz ihme das innerste seines herzens rührte / uñ ihn ihr aufzuwarten reitzete. Sie / die alle seine höflichkeiten / als ein zeichen seiner geschicklichkeit aufname / war noch viel zu unschuldig / zu unterscheiden / was aus blosser höflichkeit / oder aus anreitzung einer gemütsbewegung / so man Liebe nennt / herrůhre: dannenhero vermerkete sie nicht / daß sie durch ihre unschuldige freiheit / mit der sie ihm begegnete /ihm gelegenheit gabe / den liebesgift einzusaugen /und gute hoffnung ihrer gegenliebe zu fassen. Er erzeugete ihr tausend kleine dienste / und machte sich wegen seines lustigen geistes so beliebt / daß / wie sie wieder abscheiden musten / Ahalibama so betrůbt als er verliebt verbliebe.

Unter anderen gespråchen / die er beim abschied mit ihr hielte / ware auch dieses. Er fragte: ob er auch hoffen dörfe / daß sie sich zu Dedan zu zeiten seiner erinnern werde? Ihre antwort ware: wie daß sie seiner guten gesellschaft nimmermehr vergessen wůrde. Diese worte / (sagte er / ihr zugleich wider ihren willen die hand kůssend /) werden allein in meiner jetzigen traurigkeit mich trösten: und dörfte ich gewiß hoffen / ståts ein råumlein in der schönen Ahalibama herzen zubesitzen / wůrde ich mich den glůckseligsten von der welt achten. [83] Sie kunte ihm hierauf / weil sie ihrer Fr. Mutter nach den wagen folgen muste / nicht antworten. Als er sie dahinein hube / stiesse sie unversehens ihr selber einen seidenen blumenstraus vom haubt ab / welchen er eiligst aufname / und sagete: weil er von ihr käme / båte er ům die verlaubnis / selbigen zu behalten und ihr nicht wieder zugeben. Nachdem sie solchen etliche mal wieder gefordert /und seine hartnäckigkeit sahe / die doch mit solcher artigen h \flichkeit ihr solchen verweigerte / daß sie nicht darüber zůrnen kunte / ůberliesse sie ihm denselben gutwillig / und sagte im scherz: wenn sie ihn einst wieder sehen würde / so wolte sie einen besseren dafür forderen. Welchen er dann zu geben / begierig versprochen.

Als sie zu Dedan wieder angelanget / erzehlte sie der Timna / als ihrer vertrautesten freundin / alle die wortwechselung / so sie mit dem Elieser gehabt. Diese / so zwar nicht ålter als sie / aber auf dergleichen händel viel scharfsinniger war / und alles genäuer betrachtete / verwiese der Fürstin Ahalibama /daß sie sich so frey angestellet: welche dann so besorgt darůber wurde / zumal als jene hiervon anlaß name / ihrer zu spotten / daß sie ihr selber drům feind wurde. Bevor ich aber weiter fortfahre / zu erzehlen /was in dieser angehenden liebe sich zugetragen / muß ich zuvor meldung thun / von dem zustande der Canaanitischen Fürsten und ihrer herkunft: weil sonsten / meine gnädige Prinzessin / das folgende nit wol verstehen würde.

Der König von Kiriath Arba / der Esron / hatte zur gemalin die Prinzessin von Salem / die Axa: die ihm den jetzigen K \nig Ephron / den Fůrsten Beri / und die Prinzessin Jerode geboren. Nach Esrons tode /heuratete sie den Sichem / K \nig von Canaan: aus welcher Ehe der Beor gezeuget worden. Der Fürst Beri / des [84] Eliesers und Ephrons H. Vatter / lebete mit dem K \nig Ephron seinem bruder in grosser strittigkeit / weil derselbe als ein geitziger herr ihme wenig zuwillen ware / und ihm von seinen vätterlichen antheil nicht / so viel er forderte / wolte zukommen lassen: daher dieser Fůrst in grosser dürftigkeit zu Bersaba bei dem Hebreer-Fürsten Isaac gewohnet / und durch heurat mit der Fůrstin von Seir / die des Ana und der Königin von Kiriath-Arba schwester war /endlich ein wenig wieder empor kame / und durch vermittelung der K \nigin einen freyen zutritt bei hof erlangte. Diese vertraulichkeit ward nachgehends durch eine ehr-eifersucht völlig wieder gestöret / als der Fůrst Beri männliche erben bekame / sein bruder aber / der König / eine unfruchtbare Ehe hatte / als welchem die K \nigin nur eine tochter die Prinzessin Coricide geboren: und ob er gleich viele nebenweiber hatte / konte er dennoch mit keiner einen sohn zeugen. Dieses erweckte in seinen neidischen herzen einen grausamen haß gegen seinem bruder / wegen dessen söhne des Eliesers und Ephrons / die einmal seinen thron erben solten: welchen er ihme auf tausenderlei arten zuerkennen gabe.

Ungeachtet aber dieses der vätter misverstandes /entstunde zwischen ihren kindern eine liebe / indem die Prinzessin Coricide und der Fürst Ephron von kindheit auf nicht voneinander seyn kunten: und wuchse dieses liebesfeur also mit den jahren / daß das ganze land solches merken kunte. Der Fůrst Beri / in hoffnung / hierdurch allen haß aus seines bruders herzen zubringen / gabe demselbigen einsmals die liebe seines sohns zu verstehen: erweckete aber damit solche ungnade / daß der K \nig den Elieser und Ephron weder sehen noch h \ren mochte / und muste darum ihr H. Vatter sie auf das [85] gebirge Seir schicken. Er selber aber / entflohe zu seinen stiefbruder / dem König Beor / welcher ihme alle liebkosungen erzeigete / weil er froh war / daß diese beide brůder sich getrennet: dann er lebete / mit dem K \nig von Kiriath Arba / in todfeindschaft / welches dem Beri zum besten kame /und ihme gunst bei dem Beor erweckete. Wiewol nun dieses nur eine schein-gunst ware / massen den guten Fůrsten mit wenigem an die hand gegangen wurde /und er / wann er etwas haben wolte / des K \nigs hofbediente darům feiren muste: so ware ihm doch dieses leichter zu ertragen / als was er von seinen rechten bruder erlitten hatte. Nachdem er lang üm eine beförderung angehalten / brachte der Fürst Elon ihm endlich zu wegen / daß er statthalter zu Thapuah wurde: deme er dafůr zusagen můssen / seiner söhne einen mit des Elons tochter / der Melistea / zu verheuraten. Um des willen / liesse er / von seinen schwager dem Sobal / die Fůrsten seine söhne wieder abfordern.

Der Fürst Elieser / der nun schon in seine Ahalibama sich verschauet / kunte zu seines vatters meinung sich unmöglich entschliessen: demnach name er einen ůmweg nach Dedan / und liese Ephron nach Thapuah voranreisen. Als er aber an unsern hof kame / fassete die Fůrstin Ahalibama den fürsatz / anderst als das erstemal mit ihm ümzugehen: damit er / wann er etwan eine ůbele meinung von ihr gefasset / dieselbige durch ihr jetziges verhalten verlieren m \chte. Demnach stellete sie sich gar erbar geg? ihm an: uñ ob er wol /diese änderung vermerkend / sich sehr um gelegenheit bemühte / mit ihr allein zu reden / name sie sich doch so in acht / daß er etliche tage zu dieser ansprache nicht gelangen kunte. Endlich aber funde sich hierzu eine bequeme zeit / die er / ehe sie dessen sich versehen / in acht name / und eines abends ihrer [86] wartete /als sie aus ihrer fraumutter gemach nach ihrem zimmer eine wendelstiege hinauf gehen wolte: da er ihr die hand bote / sie vollends dahin zu fůhren; welches sie / wolte sie anderst nicht fůr gar zu unh \flich angesehen seyn / geschehen lassen muste.

Nachdem er sie nun in ihr zimmer und an ein fenster gefůhret / beklagte er sich / daß er so unglůcklich wäre / und noch niemaln / seit er da gewesen / die gelegenheit haben können / mit ihr zu reden / und sie seiner gehorsamsten dienste zu versichern; auch daß sie / seit dem er die ehre gehabt / sie bei den Fůrsten Sobal zu sehen / sich sehr veråndert håtte. Meine Fůrstin / als sie ihm seine erste höflichkeit gebürlich beantwortet / fragte kaltsinnig: worinn dann ihre ånderung bestůnde? ob sie häßlicher oder ungeschickter worden wäre? Er antwortete: Es ist keines von diesen / schönste Fůrstin! Ich gläube auch nicht / daß sie dieses anderer ursache wegen / als die warheit von mir zuvernemen / gefraget. Ich befinde sie ja so schön und vollkommen / als das erste mal / da ich mich in ihrem dienste zu sterben gånzlich verlobet. Aber die schönste augen / so auf dem erdboden leuchten / lassen mich nicht anderst schliessen / als daß eine grosse verånderung gegen mich müsse vorgegangen seyn /die mich zu den unglůckseligsten menschen von der welt machen wird. Es wůrde mir leid seyn / (sagte sie hinwiederum) wann ich mich damals anderst als jezt erwiesen: wiewol ich vermeine / meinem vettern der schuldigkeit nach begegnet zuhaben. Ist aber damals meine gebůhr nicht in acht genommen worden / so soll es in künftig ersetzet werden / und bitte ich / alles meinem unverstand zuzuschreiben. Sie sahe zwar wol / daß ihme mit ihrer ernsthaften höflichkeit nicht gedienet war: jedoch name sie ihr gånzlich fůr / ihm gar keine hoffnung zu machen / und [87] erwartete mit grossem verlangen / daß diese unterredung m \gte gest \ret werden. Er aber wolte sich weiter erklåren / und sagte: Ihre ånderung bestünde darinn / daß sie ihre gethane zusage ihm nicht gehalten hätte. Als sie sich aber keiner zusage erinnern kunte / fuhre er fort / und erwehnte / welcher gestalt sie ihme versprochen /ihres treuen dieners nicht zu vergessen: deme zuwider / er verspůren můsse / daß seitdeme sie nimmer an ihn gedacht habe. Sie antwortete: wie daß sie ihm wenig mit ihrem andenken nutzen könte. O nein / sagte er hierwider / die schöne Ahalibama muß nicht nach dem ihrigen von meinem sinn urtheilen. Dann ob ich schon besorgen muß / daß sie an mich zu gedenken wenig achtet: so ist doch hergegen mein gemůt niemals in höherer vergnůgung / als wann es mit den gedanken bei der schönen Ahalibama schwebet. Dieses brachte er mit solcher gemütsbewegung fůr / daß sie nicht wuste / was sie so bald antworten solte. Endlich halfe die Timna ihr aus dieser noht / welche dazu kame / und den inhalt ihres gespråchs verånderte.

Am folgenden morgen / sandte er meiner Fůrstin einen köstlichen Diamanten straus / mit etlichen reimen auf bast geschrieben / welche ich zu gedåchtnis gefasset / und lauteten dieselben also:


Vormals war dieser Straus von weicher zarter seiden:

nun aber ist er stein.

Soll dieß ein zeichen seyn /

daß man muß gleiche hårt von eurem herzen leiden?


Ich weiß nicht / ob meine Fůrstin dieses angenommen håtte / wann es ihr von ihm oder seinem bedienten wäre selber geliefert worden. Es war aber / eine stunde vor ihrem erwachen / mir eingelanget / und hatte es die Timna bei mir ersehen. Diese begunte meine Fůrstin / wegen ihres spåten schlaffes / anzusticheln /und sagte: Sie [88] würde gewis / im ersten theil der nacht / gar zu viel an das gepflogene abendgespråche gedacht haben! Woriñ sie auch wol nicht unwahr redete / ob es gleich Ahalibama nicht gestunde. Sie wolte auch diese gabe lang nicht annemen / wie sehr sie auch Timna darum bate. Endlich aber / auf unser starkes zusprechen / name sie den Straus zwar zu sich /wolte ihn aber nicht anstecken / sondern legte ihn hinweg / und schriebe etliche reimen / die ihr eben einfielen / unter des Eliesers verse / dieses inhalts:


Der / so diese weiche blumen hat in harten stein verkehrt /

wird mein herze auch verhårten / wann er gar zu viel begehrt.


Dieses ist nicht dein ernst! sagte Timna; name damit den griffel / und setzte noch diesen reim hinzu:


Doch / wann seine treu die liebe hårtet / wird er noch erhört.


Du bist sein guter anwalt! sagte meine Fůrstin / als sie diesen reim gelesen: und giengen wir damit in der Prinzessin Poliphide gemach. Als sie daselbst den Elieser fürfunden / dankete sie ihm fůr sein kleinot /und erwehnte darneben / wie daß sie sich wol erinnern k \nte / daß sie einst gesagt / sie wolte einen Straus wieder fordern: weil aber das noch nicht geschehen /håtte sie ihn billig nicht annemen sollen. Er beantwortete dieses gar ernsthaft und etwas betrůbt / sagende: Sie liesse die straffe auf seine vermessenheit gnugsam ergehen / weil sie diesen Straus zutragen nicht einmal würdigte; und sey seine gehabte furcht / die er ihr in seinen reimen angedeutet / nur gar zu wahr / daß nåmlich ihr herz die härte eines steins an sich hätte. Weil sie dieses nicht ernstlich / sondern im scherz / aufnemen wolte / fragte sie: Wie er sich das von ihr einbilden könte / weil ja kein mensch mit einem steinernen herzen zu leben vermöchte? Aber wol mit einem unbarmherzigen! (fiel er ihr in die [89] rede /) das sich nicht an die marter kehret / die man seinetwegen ausstehet. Wann ich sähe / (widerredete sie /) daß einer von meinetwegen einige marter erdulten solte / wolte ich keine můhe sparen / ihme linderung zu schaffen. Warüm darf ich dann (fragte er /) nit auch diese güte hoffen? Weil ich nicht sehe / (gab sie zur antwort /) daß sie euch so gar n \tig ist. Darf ich mich (sagte er hierwider) kůnlich erklären / daß ich dieser güte åuserst benötiget sey?

Indem / als meine Fůrstin dieses solte beantworten / halfe ihre fraumutter ihr davon ab / die zu uns kame / und dieses gespräch verst \rete. Sie zwar / konte dessen inhalt fast errahten: wie dann nichtes eher sich kentlich machet / als die liebe / weil dieselbe ein so helles licht ist / daß man / wie sehr man auch darům beflissen ist / es nicht verbergen kan. Ich weiß nicht /ob es ohne vorgedanken geschehen / oder ob es die Fürstin Timna mit fleis gethan / daß sie nachgehends über der malzeit von dem Straus sprachete / und meine Fürstin eine undankbare und unerkentliche schalte. Einmal / als die Prinzessin ihre fraumutter solches h \rte / fragte sie: worauf dieses geredt wåre? Nachdem sie es erfahren / befahle sie der Ahalibama /ihn bringen zulassen und anzustecken. Der jenige / so ihn aus meiner Fürstin zimmer holen muste / brachte den zettel mit / auf welchen die dreierlei verse geschrieben waren / und zůndete Ahalibama wie ein feuer an / als sie den erblickete. Die Prinzessin aber lase ihn laut ab / und vermehrete damit sowol des Eliesers als ihrer tochter errötung / also / daß es alle anwesende bei der malzeit verspüren konten. Ahalibama sagte / sich in etwas zu entschuldigen: sie håtte den lezten reim nicht geschrieben / sondern das sey von der fůrwitzigen Timna geschehen: welches Elieser mit den [90] augen beantwortete. Die Prinzessin aber wurde hierauf etwas still / und gabe den Straus ihrer tochter / ihn anzustecken. Hierbei sagte Elieser: Er erfreue sich zwar ůber der jetzigen glůckseligkeit seines Strauses / sey aber unglůcklich / daß er solche mehr dem befehl ihrer fraumutter / als ihrer eigenen gütigkeit / zuzuschreiben habe.

Nachdem die alte Prinzessin dieses h \flich beantwortet / und die malzeit bald darnach aufgehoben worden / bliebe Elieser bei ihr allein / und brachte ihr / seine zu ihrer tochter tragende liebe / mit so ehrerbietigsten worten für / daß sie seine freiheit und dieses anbringen nicht übel aufnemen konte: dann sein gutes haus / da er so grosse hoffnung zur Kron im land Canaan hatte / neben seiner annemlichen person und sonderbaren geschicklichkeit / waren gnugsame anreitzungen / solches nicht auszuschlagen. Wie sie ihme demnach zimliche hoffnung gemacht / kame ihr Gemal Ana eben auch vom jagen wieder: welcher hierum begrüsset / mit freuden seinen willen darein gabe / wofern der Fůrst Beri zuvörderst / und dann auch der K \nig von Canaan dessen halbbruder / es zulassen würden. Meine Fürstin ware hierauf leicht zugewinnen: dañ Eliesers wesen ihr sehr wolgefiele /und seine beständige liebe bewegte sie / daß / was ihre Eltern gern sahen / ihm zuversprechen. Hierum nennte er sich den glůckseligsten menschen der welt /und sobald ihme seine heftige liebe / seine Ahalibama zuverlassen / zulassen kunte / reisete er / nach dieser erlangten zusage / als der vergnügteste verliebter /von Dedan hinweg / bei seinem H. Vatter das ůbrige seiner glückseligkeit zu suchen und zuerlangen.

Als er nach Thapuah kommen / funde er die sachen alda so beschaffen / daß er von seiner liebe noch nichtes melden durfte. Dann sein H. Vatter und dessen bruder [91] waren sehr hart an einander geraten / wegen des Elons tochter / die der Beri dem Ephron einnötigen / dieser aber seine liebe zu der Prinzessin Coricide nicht verlassen wolte. Weil demnach der Fůrst Beri von natur etwas furchtsam / eigennůtzig und unbeständig ist / (welche namen er / ungeachtet er des Edlen Eliesers vatter ist / wol verdienet /) als trachtete er nach nichtes mehr in der welt / als wie er möchte bei dem K \nige Beor seinem halbbruder sich fåst setzen: das dann ohne den Fürsten Elon nicht geschehen kunte / weil er so hoch am bret ware. Also wolte er nun sein versprechen auf alle weis halten / und in hoffnung / der Elieser wůrde ihm hierin gehorsamer seyn / mutete er ihm an / die Melistea zu heuraten. Elieser / seines H. Vattern gemüt wol kennend / daß er keinen gånzlichen abschlag vertragen würde / gabe ihm eine zweifelhaftige antwort: welcher aber doch /weil er darinn keine erklårung nach seinem willen fande / hierůber so betrübt und unlustig wurde / daß er schier verzweifeln wolte. Elieser aber offenbarte dem Ephron alles / wie es mit der Ahalibama und ihm stünde: der dann / zwar zu herzlichen mitleiden bewogen wurde / aber keinen raht zu geben fähig war / weil er an gleicher seuche krank lage. Demnach verzehrte dieses anligen Eliesern dermassen / daß er mit einem hitzigen fieber niederkame / und fast alle ärzte an seinem leben verzweifelten.

Die götter aber schicketen ein so unvermutetes mittel in den weg / welches / wie alle hoffnung verloren schiene / ihn an leib und gemůte genesen machete. Dann sein treuer bruder / sich aus einer falschen einbildung beredend / seine håftige liebe zu der Prinzessin von Kiriath Arba werde ihm ůbel belohnet / entschlosse sich / aus grausamer rache wider diese eingebildete untreu / die [92] Melistea zu heuraten: welches den Beri ruhig / den Elieser gesund / und die Melistea /als welche den Ephron innigst liebte / neben ihrem H. Vatter / h \chst vergnügete. Und ob wol Elon lieber den Elieser zum schwiegersohn gehabt / als der ein Königreich zu hoffen hatte: so wolte er dennoch seiner gemalin und tochter nicht widersprechen / als er die dem Ephron geneigt befunde. Der verliebte Elieser name hierbei die gelegenheit in acht / seine liebe auch zu offenbaren: die dann der Fůrst Beri erfreuet anh \rete / und diese reiche braut seinem sohne / um seines eigenen nutzens willen / sehr gern g \nnete. Weil er nun / auf Elons wolneigung bauend / nicht vermutete /daß ihme dieses am Sichemitischen hof wůrde abgeschlagen werden / ordnete er / auf inståndiges anhalten des verliebten Eliesers / einen gesandten nach Dedan ab: der dann meiner Fůrstin treffliche geschenke mitbrachte / und uns allerseits hoch erfreuete / weil wir so lang unwissend gelebet hatten / wie es dem Elieser ergehen m \chte. Also wurde beschlossen / die Hochzeit der Ahalibama zu Thapuah anzustellen /dahin sie alle Seirische Fůrsten begleiten wolten: und wurde eben dieser Ezer / der ein halbbruder des Ana /und jetzt auch hier zu Thanac Gesandter ist / zu dem Beri hinwiederům abgeschicket / mit demselbigen /dieser heurat wegen / alles abzureden.

Der Fürst Beri zoge hierauf / mit seinen beiden s \hnen / nach Sichem: vermeinend / ohne müh / von dem König zu erlangen / was er suchete / weil er den Elon an der hand hatte. Aber er wurde in seiner einbildung sehr betrogen: dann der Beor / aus allerhand herfürgesucheten ursachen / wolte nicht einwilligen /daß sein sohn die Ahalibama freyen solte. Es vermeinte dieser Tyrann zu hinteren / auf was weise er nur könte / daß Elieser und [93] Ephron gar nicht möchten heuraten: damit er / am Königreich Kiriath Arba / der nåchste bleiben m \gte. Wie nun also des Beri bemůhungen bei dem K \nig ůmsonst waren / gienge er zum Elon / und vermeinte / durch ihn bei hof noch etwas zu erhalten. Dieser versprach ihme mehr / als er auszurichten gewillet war. Dann er selber mit daran schuld hatte / daß der K \nig diese heurat Eliesers nicht zugeben wolte: weil sein geitziges gemůt und der grosse eigennutz ihn trieben / solches nicht gern zusehen. Er befahrete / wann Elieser in ein so måchtiges haus heuraten solte / ihme mögten seine anschlåge und grosse einbildungen zu wasser werden / die er hatte in seinen sinn gefasset / dermaleins den Ephron /seinen schwiegersohn / König zu Kiriath Arba zusehen.

Wie nun der Fůrst Beri von einer zeit zur andern zu Sichem vergeblich aufgehalten wurde / und endlich merkete / wo es recht bewandt war / gienge er eines tags zum Elon / erzeigte sich etwas ungedultig / und in meinung / daß er diesen Fůrsten damit desto eher bewegen m \gte / ihm eine gute abfårtigung vom König zu erlangen / wann er die heurat Ephrons mit seiner tochter auch wůrde zweifelhaftig machen /sagte er wider ihn: So ferne der K \nig bedenken trůge / seinen willen darein zu geben / daß sein åltester sohn heuratete / so k \nte er viel weniger die verehlichung Ephrons mit der Melistea geschehen lassen. Der listige Elon antwortete: Er solte nur heimlich /ohne des Königs vorbewust / die hochzeit Ephrons zu Thapuah lassen fůr sich gehen; er wolte es schon bei seinen herrn helfen verantworten. Hierauf fragte Beri: warům er dann nit auch die hochzeit seines åltesten sohns beim K \nig entschuldigen k \nte? es wåre ja einerlei verbrechen / und also auch einerlei vergebung zu hoffen. Hierwider wuste Elon nichts anders [94] einzuwenden / als daß er ihm gånzlich widerriete / sich mit dem Seirischen hause zubefreunden: dann sein König / auf den fall / ihm nimmer wieder hold werden würde. Dieses verdrosse den Beri dermassen / daß er in unmut sagte: Er spůre wol / wie man es mit ihm meine / und wie er bei der nasen ümgeführet wůrde. Demnach wolte er hiemit / die heurat seines sohnes Ephron mit der Melistea / ungültig erkläret haben /wann sein åltester sohn die Ahalibama nicht haben solte. Diese rede name Elon so unwillig auf / daß er ihm drohete / sich an ihm deswegen zu rächen: und schieden sie also todfeinde von einander.

Des Beri beide s \hne / feireten hierauf nicht / ihren H. Vatter in dieser meinung zuerhalten / und immer mehr zuverhetzen / sagende: Er solte nun selber betrachten / ob der König Beor ihn und ihr haus nicht auszurotten gedåchte / weil er diese heurat keiner andern ursach wegen hinterte / als daß er sie erben / und den stam der Hethiter / der auf ihnen bestůnde / untergehen sehen wolte? und ob sie nicht båsser thäten /wann sie in ihr vatterland sich wieder begäben / und den K \nig Ephron seinen rechten bruder anfleheten /daß er sie in schutz nemen mögte / bey dem die alten misverståndnise wol könten abgethan werden? Der Beri name dieses einraten seiner s \hne willig an /massen er auch fůr sich nichtes nutzlichers ersahe. Als er nun von Sichem unverrichter sachen wieder weggezogen / sandte er alsbald von Thapuah nach Hebron zu dem K \nig seinem bruder / schriebe dabei gar beweglich an seine schwester die Prinzessin Jerode /welche des K \nigs herz in ihren händen hatte / und bate / daß der K \nig ihn in dieser noht nicht lassen /sondern den schimpf seines hauses verwehren / und die alten fürgegangene dinge vergessen m \gte. Des[95] Beri gemalin schriebe zugleich an die Königin ihre schwester / und wurde am hof zu Hebron alles dieses gar wol aufgenommen: allermeist darům / daß der K \nig hierdurch sich an dem Beor zurächen suchete. Weil es nun auch die Jerode riehte / der er in allen dingen folgete / als ware die antwort / welche des Beri abgeschickter zu růck brachte / bässer und gewünschter / als sie ihnen jemals einbilden k \nnen: dann der K \nig nicht allein seinen binder freundlich ersuchete /wieder zu ihm zu kommen / sondern auch sich anerbote / die Fürstin Ahalibama vom gebirge Seir / mit dem grösten pracht / der nur wůrde erdenklich seyn /nach Hebron bringen zulassen. Er versprache auch /die Prinzessin Coricide seine tochter an einen seiner söhne zuverheuraten: damit ihr geschlecht / wider das böse fůrnemen der Heviter / unter denen Beor das haubt war / m \chte erhalten werden.

Wer war / nach dieser zeitung / fr \licher als Beri /glückseliger als Elieser / und vergnügter als Ephron? welcher lezte / mit seiner Prinzessin beståndigkeit so unverhofft wieder erquicket / der tochter Elons / die er niemals geliebet / üm so viel eher vergasse. Als nun Ezer / der Seirische abgesandte / den der Beri bisher bei sich behalten / mit guter abfårtigung nach Dedan wieder angekommen war / erzehlte er uns alles dieses / was ich jezt berichtet / nach der långe / und kame gleich darauf ein gesandter vom K \nig zu Hebron /der unsere Fürstin abholen solte. Wie nun alle m \glichste zurůstung zu diesem beilager gemachet war /und fast alle Seirische Fürsten / die Ahalibama ins land Canaan zu begleiten / sich versamlet hatten / reiseten wir mit grossem pracht von Dedan hinweg / und zwar in zweyen heeren / zu bässerer bequemlichkeit /wegen der nachtlagere: da dann in dem v \rdersten haufen der edle Dison / meiner Fůrstin [96] H. bruder sich mit befande. Als wir aber an dem steinigten Arabien daherreiseten / wolte das unglůck / daß ein grosses heer Arabischer rauber auf die v \rdersten stiesse / die unsere reise ausgekundschaftet / und gute beute zu machen verhoffeten. Wiewol nun die unsern / weil der Fůrst Dison dabei ware / sich lang widersetzeten / und sich nicht ergeben wolten: so musten sie doch endlich der månge weichen / und sich gefangen geben; welches wir im andern haufen / weil wir zuspat nachricht davon bekamen / nicht verhintern kunten.

Wie diese zeitung uns alle bestürzt gemacht / ist leichtlich zuermessen: zumal der Ana und Poliphide ihren einigen sohn / Ahalibama ihren so geliebten bruder / und alle Seirische Fůrsten die kron ihres hauses / in schwerer dienstbarkeit unter den wilden raubern wissen musten; und wir dabei noch in sorgen stunden / daß uns allen ein gleichmäsiges unglück begegnen k \nte. Wir sandten folgends etliche der unseren in alle Arabische benachbarte \rter / wegen des Fůrsten Disons sich zu erkundigen / ob derselbige etwan irgendwo verkauft / oder sonst auszufragen seyn m \gte. Wir aber namen einen umschweif / und wandten uns nach dem todten Meer: daher die rauber /so auch auf uns gelauret / unser verfehleten / und wir sicher fůrbei kamen. Gleichwie nun dieser unfall alle unsre freude aufgehoben hatte / also fanden wir die selbige auch zu Hebron verbittert. Dann der Fůrst Elieser / als ihm das geschrei von unserem unglück zu ohren gekommen / und zwar mit dem zusatze / daß seine Fůrstin auch mit gefangen worden / hatte / mehr von verzweiflung als vernůnftigem schluß getrieben /das vornemen gefasset / seine Ahalibama zu erlösen /und nicht abzulassen / er håtte sie dann gefunden. Also ware er / mit seinem bruder und vielen Canaaniten / uns entgegen [97] gezogen: da er dann / weil wir ůmhin gereiset / des wegs verfehlet / und uns auf der reise nicht angetroffen. Der König Ephron aber entfienge uns mit grosser höflichkeit / und die K \nigin ward h \chst erfreuet / ihre vettern die Seirische Fürsten zusehen. Beri ebenfals erkennte die wahl seines sohnes vor billig / die er an der schönen Ahalibama verübet. Die Prinzessin Coricide und meine Fůrstin / machten bald grosse freundschaft zusammen / die dadurch vermehret wurde / weil sie zween brüder liebeten. Mann sandte nun auf alle strassen den Fůrsten Elieser und Ephron leute nach / die unsere ankunft ihnen berichten solten: und war der Fůrstin Ahalibama sorgfalt nicht gering / daß ihme ihrentwegen etwas widriges widerfahren mögte.

Aber / indeme man also in sorg? lebte / verkehrte sich das glückrad zu Hebron dermassen / daß alles das unglůck / so bis jetzo dauret / und ganz endlos scheinet / ausgehecket wurde. Die Prinzessin Jerode /welche eine von den b \sesten und hochmütigsten weibern der welt ist / liebete ihres bruders tochter / die Coricide / mit einer so ungemeinen fürsorge fůr ihr wolergehen / daß sie sich damit dieser schönen und tugendhaften Prinzessin sehr ůberdrůssig machte: und hatte sie ihr damit soviel herzenleid verursachet / daß man einen eigenen tag davon gnug wůrde zuerzehlen haben. Es fienge ihr an zu misfallen / daß eine Fůrstin aus dem geschlecht der K \nigin / welcher sie todfeind war / dermaleinst hoffnung haben solte / K \nigin von Kiriath Arba zu werden: da hingegen ihres bruders tochter nur Fůrstin von Canaan werden wůrde. Demnach lage sie dem K \nig ihrem bruder in den ohren /er solte des Beri åltstem sohn seine tochter / und die Ahalibama dem jüngsten geben. Wofern sie aber beiderseits aus beståndiger liebe dahin nicht m \chten [98] zu bringen seyn / solte der K \nig den Elieser an halten /seine erstgeburt seinem bruder zu ůbergeben: damit Ephron / kůnftig nach des K \nigs tode / als der Coricide gemal / K \nig werden m \gte. Dieses gefiele dem König gar wol: massen er auch nichts mehr wůnschen kunte / als daß sein kind nach ihme seinen K \niglichen thron mitbesitzen solte. Demnach redete er hiervon mit seinem bruder: welcher / weil er sehr eigennützig / alles dieses gut befunde / und es ihme gleich viel seyn liesse / welches von seinen kindern dermaleins die kron aufsetzen wůrde / wann nur er dabei ruhe und gute tage hätte. Coricide erfuhre solches von der Jerode: die dann h \chstbekůmmert nicht unterliesse / meiner Fürstin solches zuklagen. Beide überlegten wol / was hiervon entstehen / und wie die Seirische Fürsten / daß sie Elieser heuratete / nicht zugeben: Hingegen / wann er / seines rechts und anwart zur Hebronischen krone sich nicht begäbe / Jerode nicht ruhen wůrde / bis sie alles ůber einen haufen geworfen.

Zu solchen besorglichem zustande / kame Elieser und Ephron wieder nach Hebron an: da dann die freude unaussprechlich war / als Elieser und meine Fůrstin einander wieder zusehen bekamen. Die herzliche liebe / die sie beiderseits / in gegenwart der ganzen gesellschaft / \ffentlich erwiesen / gabe dem K \nig und der Jerode gnugsam zu erkennen / daß dieselben schwerlich / für die Coricide und den Ephron / einander verlassen wůrden. Demnach gedachten sie das andere mittel zuergreifen / und dem Ephron zur erstgeburt zuverhelfen. Weil nun / Elieser so wol als Ephron / in ihrer liebstinnen augen eine sonderbare traurigkeit verspüreten / verlangten sie gelegenheit / einander allein zusprechen. Als sie nun einsmals der gesellschaft sich entlediget / begabe sich jeder [99] mit seiner Dame auf ein ort / und Elieser begunte seine Fürstin also anzureden: wann ich nicht / schöne Ahalibama /den verlust eures bruders wůste / würde ich mir seltsame gedanken machen můssen / ůber eure jetzige traurigkeit; zumal ich mir die hochmütige einbildung gefasset / daß meine gegenwart euch freude solte erwecket haben. Ach mein Elieser! (antwortete sie /) zweifelt nur im geringsten nicht / daß eure liebe gegenwart mir nicht solte angenem seyn. Meine traurigkeit / die ihr mir angemerkt / rühret zwar mit her / von dem verlust meines bruders. Aber es ist noch was anders / so jezt die meiste betrübnis bei mir verursachet. Als er hierauf sie ganz bestůrzt und begierig ansahe /sagte sie ferner: Ihr werdet mich můssen verlassen /mein Elieser! oder wider euer eigene wolfart handelen. O ihr g \tter! (fiele er ihr in die rede) wie ist dieses zuverstehen? Wollet ihr wol (fragte sie /) eine kron fahren lassen / ům meinet willen? Alle reiche der welt (antwortete er /) schåtze ich gering / wann ich Ahalibama habe. Wollet ihr aber (fuhr sie fort) euer recht zur krone fahren lassen / ům allein mich zu behalten? Kein verlust in der welt / (sagte er hinwiederüm / unwissend / worauf sie zielte /) wird mir zuschwer fallen / meine sch \nste Ahalibama zu gewinnen. Hierauf erzehlte sie ihm alles was ihr Coricide von des K \nigs und seiner schwester anschlåge gesaget: worůber er sehr bestůrzt wurde / weil er wol zuvor sahe / was daraus entstehen wůrde.

Indem kame Ephron mit seiner Prinzessin auch zu ihnen / die dann von gleichen dingen geredet hatten /und sagte Ephron: Schaue doch / mein bruder / wie uns das unglůck verfolget! Man wil mir die Prinzessin Coricide ohne thron nicht geben; den ich aber / ohne leichtsinnigkeit / von dir nicht begehren kan. Und ich[100] (sprache Elieser /) wolte dir mein recht zur kron herzlich gern abtreten / wann ich nur nicht dadurch die hoffnung verlieren muste / meine Ahalibama zu ůberkommen. Ich liebe euch (sagte Coricide zu Ephron) ohne kron / und bin nicht gewillet / durch unrechtmåsige mittel zu dieser würde zu gelangen. Ich liebe euch (redete Ahalibama zum Elieser /) ebenfalls ohne kron / und wil lieber mit euch ins elend ziehen / als dieser wegen euch verlassen. Ach himlische Ahalibama! (sagte der verliebte Elieser /) wie seelig ist mein stand / mitten in diesen verfolgungen meines glůckes! dem ich ja trotz bieten kan / nun ich eurer herzlichen liebe so gewiß versichert bin. Gleichmåsige liebesbezeugung / erwiesen einander Coricide und Ephron: und sind diese reden von meiner Fürstin mir nachmals erzehlet worden.

Nach diesem wurde der Jerode und des Königs unglückseliger anschlag fürgenommen / und allen theilen angebracht: da dann die Fürsten von Seir sich hart entgegen setzeten / und die Ahalibama anderst nicht dem Elieser / als künftigem kron-erben / überlassen wolten. Elieser thate zwar sein möglichstes / bald seinen Vatter / bald den K \nig / bald auch die Seirische Fürsten zubegůten: aber alles war vergebens. Also wurde dieser gute Fürst / der sich fast schon in dem port seiner liebe gesehen / wieder mitten unter die gefärlichste wellen verschlagen: in welchen er wůrde haben untergehen müssen / wann ihn nicht die beståndige liebe seiner Fůrstin erhalten håtte. Jerode war /bei aller dieser unruhe / die vergnůgteste: weil es ihr eine unbeschreibliche freude brachte / daß die Seirische Fürsten also beschimpfet wurden. Weil nun Elieser sein recht zur krone nit abtreten wolte / als brachte sie beim K \nig zu wegen / daß die heurat der Coricide mit dem Ephron ganz růckgångig [101] wurde. Diß verursachte ein solches unwesen in Hebron / daß die eingebildete hochzeitfreude in lauter trauren verkehret wurde. Der Fürst Beri / wie er solchen ausgang ersahe / da ihm die Seirische Fůrsten auf den leib drungen /und sich harter worte vernemen liessen / wolte es gern anderst gesehen haben / und vermeinte / seinem bruder zu bewegen / daß er seine meinung åndern solte: der aber immer hartnäckichter wurde / und ihm so ůbel begegnete / daß er an allem verzweifelte.

In dieser åusersten noht / quälete den Elieser am meisten / daß seiner Ahalibama dieser schimpf in seinem vatterland widerfahren solte / und daß die jenige / die er über alles ehrete / so wenig ehre von den seinigen entfienge. Er besorgete / sie wůrde derentwegen / wie sie billig thun können / auch ihre liebe in eine verachtung verwenden. Aber er fande sie so grosmütig / daß sie nicht die unschuldigen unter die schuldigen vermengte. Ich weiß gar wol / (sagte sie öfters zu ihm /) daß es euch ein unerträgliches leiden ist / üm daß man mir allhier dergestalt begegnet. Ihr erdultet aber hierunter / weil ihr mich liebet / ja so grossen unlust: und můste ich undankbar zu nennen seyn / wann ich über das / was ihr meinetwegen ausstehet / euch noch einige unerkentlichkeit erweisen wolte. Mit diesen und dergleichen worten richtete sie ihn immer wieder auf / wann er wegen seines zustandes verzweiflen wolte. Endlich / als die Fürsten von Seir des K \nigs halsstarrigkeit sahen / entschlossen sie sich /mit der Ahalibama davon zuziehen / und diesen schimpf durch einen krieg zuråchen. Elieser aber gabe der Poliphide so gute worte / daß sie / seinen kläglichen bitten gehör gebend / ihr vorname / mit Ahalibama nach Sichem zureisen: üm durch vermittelung der K \nigin Atis / als ihrer nahen befreundtin / den K \nig Beor zu bereden / [102] daßer dem Elieser etwas einraumen m \chte / damit er Ahalibama heuraten k \nte.

Diese unglůckselige reise wurde / sobald sie beschlossen / ins werk gestellet / und wuste der Beri zwar wol darům / stellete sich aber / als wäre ihm davon nichtes gesagt worden. Mitterweil zoge der Fůrst Ana / neben allen seinen vetteren / unwillig wieder von Hebron hinweg: welches der König / von seiner schwester angereitzet / wenig achtete. Elieser aber schwebte in h \chster furcht und hoffnung / wie unsere reise nach Sichem ablaufen wůrde: und zehlte er zu Bersaba / dahin sich sein H. Vatter begeben hatte /alle stunden und tage / bis er von seinem Waffentråger / den er mit nach Sichem geschicket / post erlangen mochte. Die Königin Atis / entfienge die Prinzessin ihre wase / und die Fůrstin deren tochter / gar höflich: und nachdem sie alles / was die Poliphide suchete / verstanden hatte / erbote sie sich / bei ihrem herrn alles / was ihr m \glich seyn wůrde / auszubringen; wiewol sie wuste / daß der K \nig mit dem Beri übel zufrieden wåre. Als sie nun eine glückliche stunde angetroffen / da der Beor wol zusprechen ware / brachte sie ihr gewerbe an / und führte so viele dem reich und allgemeiner ruhe angelegene ursachen ein / daß sie endlich das jawort erhielte. Hiernächst begunte sie meiner Fůrstin sch \nheit dermassen heraus zu preisen / daß der K \nig / der sie noch nicht gesehen hatte / sie anzusprechen begierig wurde. Die gute Königin brachte des Königs entschliessung / die für den Elieser so gewůnscht ware / der Prinzessin ihrer wasen vor ohren; worůber Ahalibama von pl \tzlicher freude so errötete / daß Atis sie darüm anlachete / und scherzweis zu ihr sagte: Es liesse sich das liebesfeur nicht bergen / solte es auch durch die wangen herfůr flammen. Ahalibama beantwortete [103] dieses mit vermehrung ihrer r \te / und wurde ihnen damit angemeldet /wie daß der K \nig kåme / sie zubesuchen.

Ich ware / neben der Prinzessin und meiner Fürstin anderen bedienten / mit im gemach / als der König hinein kame: kan also wol sagen / daß / als er / nach begrüssung der Poliphide / zu meiner Fůrstin sich kehrete / sie anzusprechen / er ganz bestürzt worden /und mit unverwandten augen sie betrachtet. Ich muß gestehen / (sagte er / nach anderen abgelegten h \flichkeiten / zur Poliphide /) daß mein vetter glůcklich ist /von einer solchen schönheit geliebt zu werden / und verdienet sie warlich einen thron: daher er billig sein recht zu solchem nicht vergeben können / als ohne dessen hoffnung er ihrer nicht wůrdig wäre. E. Maj. urtheil von meiner tochter / (antwortete die Prinzessin /) ist fůr sie gar zu vorteilhaftig / und wird sie neben dem Fürsten Elieser sich ůberseelig schätzen / wann sie E. Maj. in ihren schutz nemen / und durch dero gůte ihre vorhabende Ehe wollen bef \rdern helfen. Ich habe ja (antwortete der König /) durch die Königin /allbereit versprechen lassen / daß ich mit allem friedlich bin / und ernenne ich hiemit den Elieser zum Statthalter von Thanac / welches land ich ihme / dieser sch \nen Fürstin halber / übergiebe / und ihm frei stelle / zu mir zu kommen / wann es ihm belieben wird. Solches sagend / schauete er die Ahalibama unaufhörlich an: die dann / wegen ihres vergnügten gemütes / doppelte sch \nheit herfür glånzen liesse / und sowol mit gebården / als ihre fraumutter mit worten /dem K \nig für diese gnädige anerbietung dankete.

Dem Elieser wurde dieses gleich nach Bersaba berichtet / der sich nicht säumete / bald bei uns zu seyn: wiewol seinen H. Vatter / als einen wunderlichen kopf / es verdrosse / daß sein sohn sein gehabtes amt zu[104] Thanac solte bekommen; dem er auch schuld gabe /daß er seinetwegen solches verlassen / und nach Hebron gezogen wåre / da er nun zu Bersaba in einem schlechten zustande sich wieder befunde. Der Beor entfienge ihn gar freundlich / und ihm zuweisen / wie er sein wort zu haltengesonnen / muste Elon ihm die herrschaft Thanac einraumen / und wurde sein und der Ahalibama beilager ůber ein monat angesetzet / auch selbiges in Sichem mit allem pracht zu halten / die anstalt anbefohlen. Inzwischen befanden beide verliebte sich höchst vergnůgt / und vermeinten nun aller sorgen los zu seyn: unwissend / daß selbige tage die lezten vor ihrer ruhe seyn würden.

Aber der K \nig / der / je \fter er meine Fürstin sahe / je mehr das liebes gift in sich gesogen / ward bei dieser ruhe des Eliesers immer unruhiger. Und weil er von natur sehr leichtfårtig ist / als klagete er sein geiles schåndliches anligen / dem Mizrah / dem priester des gottes Berith: von welchem er zuvor schon vernommen hatte / wie daß in Lybien / von dar derselbe neulich angekommen / der gebrauch wäre /daß der K \nig / alle bräute seiner unterthanen / im tempel / die erste nacht für der hochzeit / beschlaffen dorfte. Diesen gebrauch nun wolte er / meist üm Ahalibama willen / auch in seinem land einfůhren / und mit ihr anfahen: befragte sich derhalben bei dem Mizrah / ob er dessen auch mit einer freien auslåndischen Fůrstin befugt wäre? Dieser / nach art der h \flinge /die in allen ja-knechte seyn wollen / erlaubte solches dem König: und ward abgeredet / damit Ahalibama sich nicht widersetzen m \gte / daß man ihr hiervon nicht den geringsten vorschmack geben / noch jemand hierum wissen lassen solte. Inzwischen zoge die Prinzessin Poliphide von Sichem hinweg / weil sie zeitung [105] vom Ana bekame / wie daß er / der bisher zu Jericho in der nåhe sich aufgehalten / wegen hoherangelegenheit eiligst wieder nach dem gebirge Seir reisen můste / und sie gern mit sich haben wolte. Demnach verliesse sie ihre tochter daselbst / ja so vergnüget /alssehr ihr der verlust ihres sohns noch immer zu herzen gienge.

Der tag kame nun heran / an welchem dem verliebten Elieser seine Ahalibama solte angetrauet werden. Diese unschuldige Fürstin gienge / den abend zuvor /von der Königin / allen Sichemitischen frauen und ihren jungfrauen / begleitet / nach des gottes Berith tempel / als sie zuvor / die gewönliche zeit / sich versperret innen gehalten. Nachdem der Mizrah sie entfangen / und die gebråuchliche, opfer verrichtet /wurde sie neben zweyen dirnen / unter denen ich die eine war / in einer kleinen Capelle / die nacht über daselbst zubleiben / allein gelassen. Sie wolte sich / aus verborgenem antrieb / nicht abkleiden / setzete sich auf das bereitete bettenider / und sprachete mit uns bis üm mitternacht / von ihrer keuschen liebe / die sie zu dem Elieser truge. Endlich gienge unversehens die thür auf / und wurde die erschrockene Ahalibama von dem Mizrah / welcher eine kleine lampe truge / und dem K \nig damit vorleuchtete / also angeredet: Sch \ne Fůrstin! ihr werdet euch nicht widersetzen /den gesetzen des landes gemås / dem König eine gunst zu erweisen / deren er von euch berechtiget ist. Hiemit winkete er mir und meiner gespielin / daß wir uns solten beiseits begeben. Mir aber war unmüglich /solches zu thun: und indem sahe ich / daß Ahalibama mit beiden armen den König von sich stiesse / ihme auf ein fenster gesimse entsprunge / und aus demselbigen sich beherzt hinab auf die gassen warfe. Ich folgete ihr blind nach / und mir meine gespielin: kamen wir also alle dreye [106] [108]ohne schaden auf den boden und liefen / beim schein des mondes / vom tempel hintan /so weit und eilends wir kunten.

Wir traffen zu glůck den Elieser mit seinen bedienten auf der gassen an: welcher / weil ihm das herz etwas widriges mochte gesagt haben / nicht in seinem gemach bleiben k \nnen / und gegen den tempel ausgegangen ware. Er stunde still / und sahe mit verwunderung unserem laufen zu / an welchem er erstlich nit glaubte antheil zu haben. Aber ô ihr götter! wie gros war seine bestürzung / als er seine Fürstin erkennte /die / ihn gleichfalls ersehend / mit diesen worten ihm in die arme fiele: Ach! rettet die ehre eurer Ahalibama! Hiemit / weil sie so heftig gelaufen / auch schrecken und entsetzen dazu kame / bliebe sie ganz onmächtig ligen: und fehlete es nicht viel / daß es dem Elieser / wegen so unvermuteter begegnis / nicht eben so ergangen wåre. Weil ich vor entsetzung eben so wenig sprechen kunte / deutete ich nur / man solte uns in ein haus bringen. Als dieses geschahe / und wir uns alda såmtlich etwas erholet / auch Ahalibama wieder zu ihr selbst gekommen war / erfuhre Elieser / wie es uns im tempel ergangen: das ihn dann in solche bestůrzung brachte / daß er nicht unbillig sein grausames verhängnis anklagete. Er wuste in dieser noht keinen raht zuergreifen / weil er den König viel zu mächtig / tyrannisch und leichtfärtig kennte / als daß er / nach dieser saubern that / sich zu ihm etwas gutes håtte versehen k \nnen. Also hielte er die eiligste flucht für das båste / worzu Ahalibama sich gern verstunde / weil sie doch nun bei dem König für sich und ihren Elieser keine sicherheit mehr sahe. Sie stunden nur noch an / wohin sie sich wenden wolten. Zu Thapuah / waren sie nicht sicher. Bei den Fürsten Beri konten sie / wegen [108] des Königs von Hebron /nicht wol bleiben. Anderswohin / da sie heimlich leben m \gten / sich fůhren zu lassen / wolte meiner Fürstin grosmut nicht zulassen. Endlich nach langem ratschlagen / dazwischen fast der morgen anbrache /ward beschlossen / sie wolten nach dem gebirge Seir reisen: und solte Elieser dem Krieg in Assyrien solang nachziehen / bis der himmel fůr sie eine bässere zeit schicken würde.

Hierauf raffeten wir / in geschwinder eile / alles zusammen / was Elieser an geld und kleinodien bei sich hatte / und begaben uns aus der stadt. Weil wir das schnelle reiten wol gewohnet hatten / sahen wir uns mit abend auser Beors gebiete / und verblieben die nacht in des K \nigs von Salem lande. Der Beor / wie wir nachmals vernommen / nachdem ihme sein böses fůrhaben also ůbel gelungen / hinterbliebe in heftiger entzündung seiner begierde / und besorgend / meine Fůrstin m \gte zu schaden gekommen seyn / sandte er ihr gleich etliche von des Berith Priestern nach: welche aber / zu guten glůck / uns nicht fanden / weil sie uns auf dem Königlichen schloß gesuchet. Am morgen ware in ganz Sichem eine allgemeine bestůrzung /als / an stat des erwarteten hochzeitfestes / braut und bråutigam nirgend zu sehen waren. Niemand kunte die ursach dieser flucht ergründen / und hielte der K \nig es so geheim für seiner gemalin / daß die nichtes weniger argwåhnte / als das / was geschehen war. Nachdem wir zu Thapuah vergebens gesuchet worden / verfolgete man uns nicht weiter / und konten wir also sicher durch das land Canaan kommen.

Elieser beklagete / mit den erbärmlichsten wesen von der welt / seine Ahalibama / daß die seiner liebe wegen in ein solches ungemach gesetzet worden. Sie hingegen [109] versicherte ihn / wie daß sie immer beståndiger in ihrer liebe wůrde / je mehr verfolgungen sie deswegen ausstehen můste. Ich erinnere mich eines Lieds / das sie dazumal / ihm zu trost / erfunden und gesungen / welches meines behalts also lautete:


Ich bin getreu.

Kein elend kan mich scheiden

von dir / mein ander ich.

Liebst du mich / als ich dich:

so sag ich ohne reu /

solt ich drum alles leiden:

Ich bleib getreu.


Ich bin getreu!

wolt auch der himmel brechen /

und manchen sturm und straus

drum auf mich schütten aus;

sag ich doch ohne scheu:

nichts kan mein herze schwächen /

Ich bleib getreu.


Ich bin getreu!

weil ich dein keusches lieben /

acht' höher als die welt /

als ehre / glück und gelt.

Ich sage dieses frei:

nie soll mich was betrüben /

bleibst du getreu.


Diese treue versicherungen ihrer beständigkeit / richteten ihn dermassen auf / daß er sich für den seeligsten menschen von der welt hielte. Sie liesse gegen ihm niemals einige traurigkeit blicken / damit er nicht mögte betrůbt werden: ob sie schon / wann sie bei mir allein war / ihre milde zåhren ůber ihren zustand vergossen / weil sie ihr leicht einbilden kunte / wie unangenem ihr Elieser denen Fůrsten von Seir seyn wůrde / und wie viel ungemach sie noch / dieser liebe wegen / ehe sie zu ihrem ziel gelangen m \gte / wurden erdulten můssen.

[110] Der himmel machte uns die lezte sorge nur all zu bald fůhlen / und waren wir nicht so seelig / daß uns die erste eingetroffen wåre / und wir einiges leiden in Seir ausstehen dörfen. Dann / als wir an die wüsten Paran kamen / überfiele uns unvermutlich ein grosses heer råuber / die viele gefangene frauenpersonen bei sich hatten. Und ob wol Elieser sein leben dapfer wagete / seine Ahalibama zu schützen / so ware es doch vergebens: und muste er sehen / wie sie meine Fürstin bunden / und unter der zahl der anderen frauen /neben uns beiden / forttrieben. Ihn selber aber / und die bei sich habende mannspersonen / schlossen sie in die eisen / üm für slaven sie zu verkaufen. Ich würde mich zulang aufhalten / alles klagen und winselen zu beschreiben / das wir ůber diesen grossen unfall billig ausstiessen: massen ich auch noch so viel zu sagen habe / daß ich / üm meiner durchleuchtigen zuh \rerin nicht verdrůslich zu werden / mich der kůrze muß befleissigen. Weil die räuber die Fůrstin sehr sch \n befanden / als gedachten sie eine grosse beute aus ihr zu machen / und dieselbe / samt dem andern frauenzimmer / die alle aus den benachbarten orten geraubet waren / in Canaan an einen grossen herrn zu verkaufen. Demnach theilten sie ihren raub / und wůrfelten darum / wer von ihnen die Ahalibama haben solte: da dann das glůck auf einen Heviter fiele / der aus Odollam bürtig war / und vormals dem Beor als ein hirte gedienet hatte / aber wegen untreu / des landes verwiesen war / und darum auf das rauben sich begeben hatte. Demnach ward er entschlossen / mit seiner schönen slavin nach Sichem zu gehen / und dieselbe dem König / als ein angenemes geschenke / zu verehren. Nachdem nun Ahalibama mich und meine gespielin ausgebetten / daß wir bei ihr gelassen wurden /muste sie von ihrem Elieser scheiden: [111] der dann / bei diesem abschiede / mehr todt als lebendig war / und seine augen für sich reden liesse / weil diese unmenschen ihme ein mehrers nicht vergonten.

Wir wusten damals noch nicht / wohin wir solten /bis wir Sichem erblickten: das dann / der trostlosen Ahalibama / ihr elend noch grösser machete / allermeist da sie von ihrem rauber erfuhre / daß er sie fůr den K \nig bestimmet håtte. Du Beor ware eben im tempel / als wir ankamen. Unser Heviter / so Aser hiesse / stellte sich für den hof des tempels / uns mit verdecktem angesicht / nach gebrauch des landes /hinter sich fůhrend: da dann eine grosse menge volks sich hierbey samlete / theils die schöne slavin / von deren Aser so viel sagte / zu sehen; theils ůber seine verwegenheit / daß er es wagete / dem König unter augen zu kommen / da ihm doch das land bei lebensstraffe verboten worden / sich zu verwundern. Er wolte aber die Ahalibama niemand zeigen / bis der K \nig sie gesehen hätte. Man kan gedenken / wie wenig meine Fůrstin nach dieser ansprache verlanget: die fast fůr angst onmåchtig wurde / als sie den K \nig ankommen sahe. Aser fiele demselben zu fus / ehe er sich dessen versahe / und bate üm gnade / zugleich sein geschenke ihm darstellend. Beor / der wegen noch frischen verlustes der Ahalibama in seinem gemüt unruhig und übel zu frieden ware / entfienge den Aser mit grausamen angesicht / und hiese ihn gefangen setzen. Und weil die Königin ihm auf dem fus nachfolgete / wolte er die slavinnen nicht sehen / sondern befahle seinem Kämmerer / der über das frauenzimmer bestellet war / daß er uns verwahren solte. Dieser Kämmerer / der die Ahalibama zuvor nie gesehen hatte / kannte sie nicht / als er uns in das haus gebracht / da der König viele schöne jungfrauen aufbewahren liesse: die daselbst / [112] etliche monate lang / auf das köstlichste gesalbet und zubereitet / nachgehends dem K \nig zu seiner lust zugeführet / und folgends /in einem andern haus / den kebsweibern zugesellet wurden. Isbothsar (also hiese dieser Kämmerer /) weil er meine Fůrstin so sch \n fande / liesse sie herrlicher als alle die andere bedienen / und růhmte sie zum öftern gegen den K \nig: Der aber / weil ihme Ahalibama noch stets im sinn schwebete / solches nicht gros beachtete. Gleichwol befahle er dem Isbothsar / ihrer wol zu pflegen: bis ihme / zu seiner zeit / diese ihm gerůhmte slavin zusehen / belieben würde. Also wuste Beor nicht / daß er die / welche er vor alle welt verlangte / in seiner gewalt hatte / belohnete auch dem Aser seinen guten dienst gar ůbel: massen er ihn aufhenken liesse / den er doch / wann er gewust / was er ihme gebracht / grosse verehrung und gnade wůrde erwiesen haben. Dergestalt verliefen nun etliche monate / inner welchen meine Fůrstin diese verdrüsliche bedienung erleiden muste. Weil wir auch im geringsten nichtes von dem Elieser erfuhren / als gienge ihr die ser kummer / neben ihrem gefängnis-elend / dermassen zu herzen / daß sie ganz abname / und fast keinem menschen mehr ånlich sahe. Dieses / so mich betrůbte / ware ihr eine grosse freude: weil sie hoffete / der tod wůrde bald mit ihr ende machen / als der allein aus bevorstehender schande sie reissen kunte. Sie wůrde auch solchen gewiß bef \rdert haben / wann sie nicht /ům Eliesers willen / ihrer selbst geschonet und meiner bitte håtte gehör gegeben. Die hoffnung / daß ihr Elieser sie noch erretten wůrde / und die unwissenheit /darin der K \nig wegen ihrer person schwebete /machten ihr das leben noch ertråglich / und liessen sie nicht gar in ihrem unglůck versinken.

Ich muß nun auch erzehlen / wo unser Elieser geblieben / [113] den wir / als meine Fůrstin von dem Aser weggefůhret wurde / bei den andern raubern in der wůsten Paran verlassen. Er wurde / nach vielem ůmherschleppen / an einem Kaufmann in Kiriath Sepher verkaufet: der mit ihme in Canaan reisend / nach Bersaba kame. Weil er nun daselbst seinem Vatter sich kund gabe / als wurde er von seiner dienstbarkeit befreyet: in welchem fall er glůckseeliger als wir gewesen. So sehr aber in Bersaba alle leute / ůber diese seine unvermutete und seltsame wiederkunft / sich verwunderten / so besorget wurde der Beri / daß der K \nig von Hebron / als welchem nun Elieser ganz verhasst ware / auch ihme deswegen noch aufsetziger werden würde. Demnach wolte er ihn nicht ům sich haben / sondern gabe ihm mit diesen worten den abschied: weil er sein glůck hätte ohn ihn suchen können / als solte er nun auch sehen / wo er mit dem unglůck bleiben mögte. Dieser verschmach / würde zur andern zeit den Elieser sehr geschmerzet haben. Jetzund aber / da ihm nichtes als das andenken seiner Ahalibama bewegen kunte / galte ihm alles gleich: und zoge er also mit seinem getreuen bruder davon /unwissend / wohin er sich wenden solte / daß er etwas von seiner verlornen Ahalibama erfahren m \gte. Als aber Ephron ungefähr / unter anderen gesprächen /ihm erzehlete / wie der alte Aser mit einem schönen frauengeschenke zu Sichem so ůbel bestanden / und zur vergeltung wåre aufgehenket worden: sagte ihm alsobald das herz / dieser Aser würde etwan die Ahalibama nach Sichem verkaufet haben. Demnach beschlossen sie / miteinander nach Sichem zu reisen /und daselbst sich unbekannt aufzuhalten: worzu sie dann leichtlich gelangeten / weil sie viele heimliche freunde in der stadt hatten / deren treue sie versichert waren.

[114] Als sie nun ein zeitlang zu Sichem sich befunden /brachten sie durch listige bemühungen den Isbothsar auf ihre seite / daß er / von etlichen stattlichen ihm-verehrten kleinodien geblendet / ihnen versprache / sie zu des Asers slavin zufůhren / für deren brüder sie sich ausgaben. Es waren beide Fürsten diesem kämmerer unbekannt / weil er erst neulich in dienst gekommen / und aus Sidon bůrtig ware. Dieser nun fůhrte sie / eines morgens in aller frůhe / in den garten / welcher rund umher eine hohe mauer hat / und zu der jungfrauen ergetzlichkeit angeleget ist: dahinein /wie auch in das ganze haus / keine mannsperson /auser die kåmmerlinge / kommen durfte. Nachdem er sie in einer schattichten låube verstecket / weckete er mich / und kündigte mir an / wie daß die brůder der Alceste / (welchen namen Ahalibama an sich genommen hatte /) in den garten von ihm heimlich wåren eingelassen worden / und ihre schwester zu sprechen verlangeten. Ob ich nun wol erstlich auf den Dison wehlte / kame mir doch folgends in den sinn / wiedaß diese / weil ihrer zween wären / die Fürsten von Canaan seyn würden. Demnach liefe ich hocherfreut zu meiner Fürstin: die dann wol niemals fr \her / als dißmal / aus dem bette gekommen. Und zwischen furcht und hoffnung schwebend / ob es Dison ihr bruder /oder Elieser ihr liebster / oder alle beide seyn m \gten / kleidete sie sich eiligst an / und folgte dem Isbothsar: kame also das erste mal in den garten / den sie zuvor / aus unmut / niemals besehen wollen.

Der erfreute Elieser liesse ihr nicht lange zeit / sich nach ihnen ůmzusehen: massen er / so bald er sie in der låube erblicket / und den Isbothsar / (welcher bei der thůr des gartens / damit keine von den andern jungfrauen uns ůberrauschen m \gte / auf der hut zurück geblieben /) etwas [115] von uns entfernet sahe / ihr zu fůssen fiele / und ihre hand zum munde führend /sagte er: Ach himlische Ahalibama! so sehe ich euch nun wieder? Sie / von freuden bestůrzet / küssete / an statt ihn aufzurichten / den Elieser oben auf das haubt; und als sie nachgehends sich was båsser besonnen / und er wieder von der erden aufgestanden war / sagte sie zu ihm: Ist es möglich / Elieser! daß ihr es seit / den ich vor mir sehe? ist es möglich / daß ihr an diesen ort habt kommen k \nnen? Die liebe (antwortete er /) kan das unmöglich-scheinende m \glich machen; und es ist nichtes so schwer in der welt / das einem liebenden nicht leicht ankomme. Hierauf / nachdem sie den Ephron auch entfangen /setzeten sie sich zusammen nieder / und erzehleten einander / alles was ihnen seit ihrer erbärmlichen scheidung begegnet. Darauf redeten sie von ihrer unglückseligen liebe / die ihnen soviel trübsal machete /und durch so grosse Widerwårtigkeiten verfolget wurde. Es kunte aber diese zusammensprache / die von leid und freud gemångt war / zu nichtes gewisses dienen / daß sie håtten einen schluß fassen k \nnen /was sie vornemen solten: sondern / nach geschworner ewiger beständigkeit / schieden sie das mal also wieder von einander / weil der aufsteigende tag ihnen diese freude aufkůndete. Also wurden sie vom Isbothsar / nachdem der ihnen versprochen / sie \fters dergestalt einzulassen / wieder hinaus gefůhret. Meine Fůrstin aber / bliebe ůber dieser unvermuteten ergetzung so wol zu frieden / daß sie anfienge / etwas ruhiger ihr elend zu ertragen / weil der ihr nun trost konte zu bringen / an dem ihr leben hienge.

Als nun die Fůrsten uachgehends öfter / durch diese gelegenheit / zu uns kamen / und mit uns des Beors leichtsinniges gemůt betrachteten / was der bereits der [116] Ahalibama d \rfen zumuten / und wie er jezt dazu so viel mehr befugt und begierig seyn wůrde: da wurde endlich unter ihnen beschlossen / daß Ephron auf das gebirg reisen / und den Seirischen Fürsten der Ahalibama gefärlichen zustand berichten solte / damit dieselbige bey zeit es an den K \nig Beor gelangen lassen / sie wieder abfordern / und von dieser schimpflichen dienstbarkeit mit ihrem ansehen und billigem begehren befreyen m \chten. Sie håtten wol lieber gewolt /daß Isbothsar / wie er leicht thun k \nnen / unsere entfůhrung zugelassen håtte. Sie dorften ihm aber solches nicht zumuten / weil er ni ermehr darein wůrde gewilliget haben / als der dem König die sch \ne slavin selber so gerůhmet / und deswegen schwere rechenschaft von ihrem verlust håtte geben můssen. Wie er dann auch vom Elieser und Ephron starke eidschwůre genommen / daß sie ihm / auser dieser anspracht / weiter nichtes ansinnen solten.

Nachdem nun der Fůrst Ephron / seinen geliebten bruder zu gefallen / die abgeredte reise angetreten /warteten sie mit unaussprechlichem verlangen / von einer zeit zur andern / auf seine wiederkunft. Als sie aber in etlichen monaten keine nachricht von ihme bekommen / fiengen sie an zu sorgen / daß es nit glůcklich um ihm stehen müste. Inzwischen verlieffe die zeit / also daß nur noch drei wochen übrig waren /nach verfliessung derer / meine Fürstin die reihe traffe / zum K \nig geführet zu werden; da sie die gröste schmach von der welt zu erleiden / muste gewertig seyn. Elieser wurde hierůber sehr kleinlaut; und Ahalibama war sehr beångstigt / daß ihr keusches herz /darzu verdammet seyn solte / den lüsten des Beors zum opfer zu dienen. Dieses nun zuverhůten / nachdem sie alle hoffnung einiger menschlichen hülfe verloren / ergriffe sie das grausame mittel / ihr ehre [117] durch selbst-eigene raubung ihres lebens zubewaren. Wie beherzt sie aber hierzu ware / so unmůglich fiele ihr doch / dem Elieser davon etwas zu offenbaren / bis auf den lezten morgen / da sie den abend zum Beor gehen solte / und er zu ihr in den garten kame / etwan einen ewigen abschied von ihr zu nemen.

Dazumal fassete sie heimlich ein messer / und zum tode nun standhaft entschlossen / sagte sie zu ihm: Ihr sehet / mein Elieser! wozu es mit nur gekommen / und daß / meine ehre zu retten / kein mittel als der tod mehr übrig ist. Weil ich dann weiß / daß ihr eines so edlen gemütes seit / mich lieber todt und bei ehren als lebend und entehret zu sehen: als habe ich auch den tod zu meiner einigen ruh erkiesen wollen. Ich weiß /daß ihr zu einer anderen zeit das wort Sterben nicht wůrdet erdulten können / wann mein unglůck nicht so hoch gestiegen wåre / und mein leben euch noch tr \stlich seyn könte. Nunmehr aber / da ich euer nicht lebendig seyn kan / hoffe ich / ihr werdet mir nicht misg \nnen / solche im tode zubleiben / sondern mir erlauben / mein leben und ehre / nach der unschuld und reinigkeit / darin ich euch unverrückt geliebet /euch aufzuopfern. Ihr werdet mir den ruhm gönnnen /daß ich euch meinen leib unverletzt bewaret: ůber den ihr ein herr seyn sollen / wann der hi el nicht unser eheliches fůrnemen gehintert. So nemt dann hin / was euch allein gehöret! die götter lassen euch nach meinem absterben vergnügter seyn / als ihr in meinem leben gewesen. Hiemit fiel sie ihm ům den hals / und wolte ihr zugleich das messer in die brust stossen /um in seinen armen zu sterben. Elieser aber / ungeacht seiner traurigkeit / hatte auf ihr thun genaue achtung gegeben: der begriffe ihr die hand / und verwehrete ihr beginnen. Was / Elieser! (sagte sie hierauf /etwas entrüstet /) [118] ist diß ein zeichen eurer liebe / daß ihr mir diese lezte und einzige ruhe misg \nnt: damit wolte sie sich wieder von ihm reissen / um ihr grausames fůrnemen zu vollziehen. Er aber bate sie so inståndig / seine ursachen erstlich zu vernemen / warům er hieran sie hinterte: daß sie endlich seinen überredungen beyfall gabe / und das messer ihr gutes willens nemen liesse.

Hierauf sagte er zu ihr: Ich erkenne ganz wol / tugendvollkommene Ahalibama! unser unglůck ist also hoch gestiegen / daß fast nichtes als der tod noch ůbrig ist / uns heraus zu reissen. Dennoch aber můssen wir die hoffnung nicht eher verlassen / bis alles / was wir zu erlangung unsers heils thun können / angewendet worden. Verziehet demnach bis zu allerletzt / eure ehre durch ein solches mittel zu retten; und wann ich unterdessen kein anders mittel finde euch zu erl \sen / wil ich in eure grosmůtige entschliessung einwilligen.

Hierauf erzehlte er ihr / daß er in diesen dreien wochen / da sie an ihrem heil angefangen zuverzagen /sich mit seinen freunden heimlich beredet: welche sich mit ihme verschworen / nachdem er ihnen der Fürstin gefärlichen zustand entdecket / des Beors leichtfårtigkeit zu hintertreiben / zu errettung der ehre einer so unschuldigen Fürstin / ihr leben zu wagen /und diesen abend das haus / darin sie aufgehalten wůrde / zustürmen. Wůrde ihr vornemen / wie sie doch nicht hoffeten / mislingen / und sie zum König kommen / stůnde ihr ja noch allemal frey / ihre ehre durch den tod zuretten: da er ihr dann gewiß in die andere welt folgen wolte. Ich bewillige alles / was ihr begehret / (versetzte ihm meine Fürstin) ohne allein euren tod nicht. Lasset mich / liebster Elieser / in euch noch ein zeitlang auf der welt bleiben; weil ich kein sch \nere gedåchtnůs / als euch / zu rücke lassen kan. So lang ihr [119] lebet / werde ich nicht vergessen seyn; dann / wer euch sehen wird / wird gleich sagen: Dieser ist es / üm welches willen Ahalibama ihr leben aufgeopfert / damit sie ihrer ehre und seiner liebe getreu verbliebe. O unbarmherzige freundin! (rieffe Elieser) welche grausamkeit ist dieser gleich / die ihr an mir verůben wollet? Worinn mein leben bestehet /das soll dem tode übergeben werden / und der schatten des lebens sol auf der welt bleiben: dieß ist wider die natur. Ach nein! ich wil mit euch sterben / liebste Fürstin! ob mir schon der himmel verwehret / mit euch zuleben. Darum / sch \nste Ahalibama! forderet nichtes von meiner liebe / als was sie thun kan. Kan ich euch nicht retten / und můsset ihr beim tode eure einige zuflucht suchen / so erlaubet mir dergleichen: oder ich muß am ende meines lebens euch ungehorsam werden / da sonst euer wollen in meinem leben mein einiger leitstern allemal gewesen ist. Mit diesen und dergleichen reden bewegte er sie / daß sie auch in seinen tod willigte. Ihrer keines wolte den anfang ma chen / abschied zu nemen: bis endlich Isbothsar mir rieffe / und / das sie m \gten von einander gehen / anmahnete. Ich wůrde mich vergeblich bemühen / diesen kläglichen abschied zubeschreiben: weil der mich selbsten also bewegte / daß ich fůr threnen und wehemut nichtes sahe noch h \rete. Das lezte ware / daß er sie ermahnete ihr keinen gewalt anzuthun / bis alle menschliche hůlfe aus seyn wůrde: und sie hingegen begehrete von ihm / er solte sein leben so lang erhalten / bis er ihren gewissen tod erfahren håtte. Und hiemit schieden sie / mehr todt als lebendig / von einander.

Der verzweifelte Fůrst / sein gefårliches fůrnemen werkstellig zu machen / berieffe seine verschworne: die dann alle in einem \den gebäu eines verfallenen tempels [120] sich versammelten / und alda alles bereit hielten / was sie zu ihren anschlag dienlich erachteten. Das grausame verhångnis wolte aber dieses des getreuen Eliesers fürnemen nicht beseeligen / und schickete eine unvermutete hinternis in den weg / die alles růckgängig machete. Es hatte der K \nig dieses gemåuer dem Oberpriester dem Mizrah geschenket: welcher die steine zu dem tempel des Berith / selbigen an einem orte / allwo er verfallen / auszubessern / gebrauchen wolte. Dieser kame eben dahin mit etlichen bauleuten / als Elieser mit den anderen daselbst ware /und von ihren anschlag sich beredeten. Ihre åmsigkeit machte / daß sie den Mizrah nicht sahen: welcher / als ein schlauer gast / bald mutmassete / diese leute würden nicht umsonst dahin gekommen seyn; zumal die waffen / gewehr und werfleitern / die sie bei sich hatten / ihn zweifeln machte / ob sie nicht etwan eine verräterei vorhaben m \gten. Demnach gienge er zum König / ihme anzumelden / was er gesehen. Beor sandte alsobald seine wacht dahin / diese leute aufzuheben: die dann / weil sie viel stårker waren / den guten Fůrsten mit allen den seinigen gefangen namen / und sie fůr den König brachten. Dieser erkannte alsbald den Elieser / und ward höchstbegierig / aus seinem munde etwas von der Ahalibama zuerfahren: dannenhero er ihn gar eiferig befragte. Er kunte aber nichtes anders aus ihme bringen / als daß er / ům desto eher den tod zufinden / ihm bekante / wie er hätte den Beor und das ganze K \nigliche haus umbringen wollen / um deß willen / was der K \nig vor der zeit an seiner versprochenen braut / der Fůrstin von Seir / in des Berith tempel wider alle billigkeit verůben d \rfen. Von der Ahalibama aber verschwiege Elieser alles / um seinem mitbuler nicht selbst die fr \liche post von ihrem da-seyn zubringen.

[121] Wie dieses den K \nig ergrimmt gemacht / ist leichtlich zuermessen: dann er zugleich eine so gefärliche verbündnüs wider sein leben vername / seinen mitbuler so unvermutet zu sehen bekame / und nun leiden muste / daß der ganze hof erfuhre / was er mit der Ahalibama in des Berith tempel begehen wollen /und seither so heimlich gehalten hatte. Er geriete hierob so gar aus sich selber / daß er auf der stelle wolte den Elieser niedersåbelen lassen. Als er aber sich bedachte / daß er von ihme / wohin die Ahalibama sich verloren / noch würde erfahren können / auch seine råhte ihm zusprachen / diesen handel mehrers zu überlegen: liesse er den Elieser in ein hartes gefängnüs bringen / und seine mitgefangene alle absonderlich verwahren. Es erscholle bald durch die ganze stadt / wie daß der statthalter von Thapuah gefangen wåre: da es dann auch fůr unsern kåmmerer den Isbothsar kame. Dieser wolte schier verzweiflen / daß wir ihn also betrogen hatten: weil er in sorgen stunde / er m \gte / wann man alles erfůhrr / beim Beor in ungnade kommen. Er ginge zu meiner Fürstin / die eben mit mir allein war / und rückete ihr mit den ungedultigsten worten von der welt für / daß sie den Elieser fůr ihren bruder ausgeben d \rfen / der doch nun fůr den Statthalter von Thapuah erkant / und / wegen einiger verråterei wider den König / wäre in haft genommen worden. Die schon mehr als halbtodte Fůrstin / wurde über dieser zeitung vollends ganz verzweifelt / und sahe mich / sonder dem Isbothsar zu antworten / mit solchen augen an / die von ihrem tode zeugeten. Wie wir wieder alleine waren / wolte sie ihr fůrnemen / sich zu entleiben / werkstellig machen /weil ja nun alle rettung aus wäre. Ich aber verwehrete ihr solches / und riehte / sie solte lieber ihre grausamkeit an den K \nig / als an ihr [122] selbst / verůben / und diesen tyrannen das leben nemend / ihren Elieser vom tod erretten.

Wie sie sich nun dazu bereden lassen / und die gew \nliche stunde angekommen war / darin die jungfrauen dem K \nig zugefůhret wurden / holete sie der Isbothsar ab: deme sie mit solcher standhaftigkeit folgete / daß ich mich noch darůber verwundere / wann ich daran gedenke. Die angst hatte ihren wangen eine angeneme r \te eingejaget / und ihre augen vom billigen eifer angezündet / feuerten dermassen wider den Beor / daß sie nie sch \ner noch majestetischer ausgesehen. Sie truge auch das messer verborgen mit sich /welches zu einer so grossen that gewidmet war. Wie sie in die K \nigliche schlaffkammer kame / funde sie den Beor auf einem teppig sitzen. Weil ihr das gesicht verdecket ware / fragte der König den Isbothsar: ob diese die schöne slavin wåre / die er ihm so lang gerühmet? Nachdem nun der kämmerer solches bejahet /liesse er sie beisammen / und ginge hinaus. Der K \nig hube meiner Fůrstin den flor vom gesicht / um ihre sch \nheit zu sehen. Als er nun sie gleich erkennte / rieffe er / so bestürzet als erfreuet: Sehe ich nicht die schöne Ahalibama? Ja / Beor / (antwortete sie) die sihest du / und eben mit der entschliessung / wie das erste mal / deinem unkeuschen zumuten sich zu wider setzen. Er / voller liebe / achtete diese worte wenig /und seine viehische begierde zu erfůllen / wolte er sie zu bette n \tigen. Sie aber fiele ihn damit wie eine Lewin an / und gabe ihm mit dem messer eine wunde: doch nicht mit solcher kraft / daß sie t \dlich håtte werden können. Beor hube sobald an zu schreien /daß man ihm solte zu hůlfe kommen. Also kamen die kämmerlinge gelaufen: die dann ihren verwundeten König also blutig funden. Weil nun Ahalibama sahe /daß sie den [123] Beor nicht t \dten k \nnen / stiesse sie ihr das messer selbst in die brust: doch wurde sie begriffen / daß es nicht ganz hinein gienge / und brachte man sie in ein zimmer; Worauf gleich die ärzte geholet wurden / nach ihr und des K \niges wunden zu sehen. Das geschrei hievon liefe alsobald durch alle gassen / und erfuhre es die K \nigin Atis nicht zum lezten: welche / ungeachtet seines leichtfårtigen lebens / ihren Gemal liebete / und deswegen eiligst zugelaufen kame / zu dessen wunden zu sehen. Alles geriete hierůber in unordnung und bestůrzung / und die gute K \nigin merkete allzuwol / was fürgegangen: Da auch Beor nicht mehr bergen kunte / wie sehr er die Fürstin von Seir liebete. Dieses verursachte in ihrem herzen eine bittere traurigkeit. Sie stellete sich anfånglich / als ob sie um nichtes wůste: um desto mehr von allem zu gründen. Ich wurde / von meiner Fůrstin / zu ihrer bedienung erbeten / und also von dem Isbothsar ihr zugebracht: da ich sie dann / was ihre wunden betraffe / in erträglichem zustand gefunden.

Man hätte sollen vermeinen / der K \nig w \rde /nach dieser gewalttåtigkeit der Ahalibama / alle liebe gegen ihr in einen haß verwandelet haben. Aber / zum widerspiel / er wurde immer verliebter / so gar / daß er auch keine heimlichkeit davon mehr machete / sondern es so klärlich an den tag gabe / daß jedermann bei hof davon sprachete. Als nun des K \nigs wunden ihn etliche tage der kammer hüten gemacht hatten /war sein erster ausgang zu der Ahalibama / die er /nach h \flicher begrüssung / also anredte: Ich komme nicht / schöne F \rstin von Seir! mich ůber euch zubeschweren / wegen der lezten begebenheit; dann die wunden / die damals ich von euch entfangen / sind nicht zuvergleichen mit denen / die ihr mir fürlängst in mein herz geschlagen. Ich bin [124] vielmehr darum hier / euch um vergebung zu bitten / daß ich nicht / eurem stand und verdienst gemås / euch schicklicher bedienet / und daß ich euch nicht auf bessere art / meine willfärigkeit euer diener zu seyn / zuverstehen gegeben. Versichert euch aber / daß / nun ich euch so grosmütig befunden / ich auch gleichergestalt hinwiederum mit euch verfahren wil. Und ich bitte euch /stellet nur eur gemůte zu frieden: euch sol bei mir nichtes widerfahren / das euch zu einiger gewalttåtigkeit treibe. Meine Fürstin wandte / zeit wåhrender seiner Rede / ihre augen nicht von der wand ab / und wůrdigte den K \nig nicht eins / ihn anzusehen. Er aber liesse nicht nach / ihr zu liebkosen / und ihr ihre traurigkeit abzufragen / bis sie endlich sagte: Ich weiß nicht / warum ich um das gefragt werde / was man doch so wol weiß / als ich selber. Ich bin hier zu Sichem in schutz genommen worden / aber meine beschützere / seind meine verfolgere: und ich solte mich nicht beklagen? Man hat mir / als einer Fůrstin / erschreckliche dinge angemutet: und ich soll mich nicht beschweren? Man hat mir den Fürsten Elieser geben wollen / den ich nun in schweren banden weiß: und ich soll mich nicht bekümmern? Hiermit brachen ihr die zähren heraus / daß sie nichtes mehr reden kunte. Der König antwortete: Es solte ihr der einmal-versprochene schutz gehalten werden / sie solte nur an das fůrgegangene nicht mehr gedenken. Was den Elieser anlange / so brächten den seine unthaten in das gefängnus: dann er ja selbst bekennet / was für eine verräterei er wider sein leben fůrgehabt.

Ich weiß / (sagte hierauf meine Fůrstin) daß der Fůrst Elieser so unschuldig hieran ist / als schuldig er / bloß aus treuer liebe gegen mir / sich gemachet hat. Man lasse nur die mitgefangene befragen: sie werden alle gestehen / [125] daß Elieser keinen andern anschlag /als auf mich / gehabt / und das seine tugend ihn gereitzet / mich aus einem so schåndlichen ort zubringen / da ich wider meinen stand / und wider meinen sinn /aufbehalten wurde. Ich begehre auch nicht zu leben /wo dem Elieser solte das geringste widerfahren. Der unwürdige Elieser / (antwortete der verliebte Beor) hat eine solche liebe nicht verdienet; und er muß sterben / weil er den tod mehr als zu wol verschuldet. So sterbe ich mit ihm! (sagte sie das band von ihren wunden abreissend) und wil ich dannoch die seine bis in tod verbleiben / wann auch alles uns wolte entgegen leben. Der König / hierob sehr bestürzt / wandte grossen fleis an / sie zu trösten / und befahle im hinweggehen dem wundarzt / sie wieder zu verbinden. Sie aber litte es nicht / und wehrete sich mit aller macht /beståndig dabei verharrend / wann Elieser ihrentwegen solte sterben / nach ihm keine stunde zu leben. Dieser handel verursachte sehr unruhige gedanken bei dem Beor / und ward er bald an-bald abgetrieben /dem Elieser das leben zu schenken.

Bald hernach kame auch die K \nigin / meine Fůrstin zubesuchen: bey deren erhielte sie soviel / daß sie um Eliesers erlösung beim K \nig anhielte / und durch vermittelung der rähte es so weit brachte / daß die jenigen / welche bei dem Elieser gewesen / abgehöret wurden. Weil nun diese den anschlag / den der Fůrst auf uns gehabt / entdeckten / und damit seine schuld geringer macheten: als erklårte sich der K \nig / um der Ahalibama zuwilfahren / den Elieser los zu lassen; worůber / zwischen ihme und der K \nigin /der erste streit entstanden. Dañ / weil diese sich noch nichtes wolte merken lassen / haß sie um des K \nigs liebe wisse / als dankete sie ihm / in gegenwart aller fürnemsten K \niglichen bedienten / fůr des [126] Eliesers befreyung / mit solchen worten: Sie wäre erfreuet /daß der König ihr zu lieb den Fürsten wieder los geben / und die heurat zwischen ihme und ihrer wasen bef \rderen wolte. Auf diese lezte worte / errötete der K \nig / und gabe ungestůmlich zur antwort: was er thåte / das geschähe der Ahalibama wegen / welche viel zu edel wåre / daß Elieser sie zu heuraten ihme ferner einigen gedanken machen dörfte. Hiemit gabe ein wort das andere / und war das ende derselben /daß die gute Atis mit thrånen von ihm hinweg gienge. Sie gienge aber von dar gleich nach unserer Fürstin /und brachte ihr die zeitung / von des Eliesers freiheit; sagte aber dabei / wessen der König sich gegen ihr heraus gelassen: mit den anhang / sie wolle nicht hoffen / daß ihr gemüte durch dieses beginnen des Königs / würde zur wankelmütigkeit können gebracht werden.

Als Ahalibama sie dessen genug versichert / und um ferneren beistand angeflehet / kame der König auch hinein / und sehr ůbel zufrieden sich anstellend /sagte er zu der Fůrstin: Ihr werdet / sch \ne Ahalibama / ja nun zu frieden seyn? Elieser ist bereits seiner haft erlassen. Ich wolte (antwortete sie) wenn es jezt in meinen verm \gen stünde / daß ich dafür E. Maj. auf den kniehen danken kunte. Doch ich thue solches in meinem herzen / und versichere E. Maj. daß der Fůrst Elieser und ich nimmermehr in vergeß werden stellen / was grosse gnade wir von E. Maj. entpfangen. Ich begehre von ihm keinen dank / (sagte der König) weil ich hierin einig und allein auf euch sehe: und werde ich erfreuet seyn / wann ihr aus dieser that k \nnet erkennen / wie hoch ich euch liebe / daß ich auch etwas wider mich selber thue / indem ich einen so verdrůslichen feind aus meinen handen lasse. Meine Fürstin bedachte sich etwas / was sie auf diese [127] gefårliche reden antworten solte: die sie gleichwol nicht so hart widerreden mochte / um ihrem Elieser nicht damit zuschaden. Aber die K \nigin bename ihr diese můhe /und sagte zum K \nig: Diese liebe / deren E. Maj. meine base versichern / ist ihr so unangenem / als bewust ihr ist / daß sie einig und allein mir zugeh \ret. E. Maj. erinnern sich / mit was bedinge die Assyrier mich E. Maj. gegeben: nämlich / daß ich Königin in Canaan allein bleiben solle. Diese edele Fůrstin als ein Kebsweib zuhalten / ist ihrem stande und tugend so ungemåß / daß E. Maj. an so was ungereimtes nicht gedenken / sondern vielmehr / der billigkeit nach / dem Fůrsten Elieser seine versprochene braut wiedergeben / und damit ihr Königliches wort und zusage / mir so wol als ihnen / halten werden. Dieses freie reden setzte den K \nig gänzlich aus aller gedult /daß er höchst-ergrimmet zu ihr sagte: wann sie keine K \nigs-tochter wåre / wolte er ihr zeigen / wie ihr ihre freiheit bekommen solte. Damit hiese er sie in ihr gemach gehen: welches die K \nigin zwar thun muste / aber / weil sie einmal in den harnisch geraten / etliche harte drauworte auszuschůtten nicht unterlassen kunte / und damit noch alles årger machete.

Dieses nun setzte den ganzen hof in einen grossen lerm / und muste der Fürst Elieser ohne saumnüs das reich raumen / und / des Beors gebiete nicht wieder zuberühren / sich verpflichten. Seiner Ahalibama /kunte er / wie sehr er sich auch darum bemühete /nichtes zu-entbieten lassen: weil sie dermassen bewahret wurde / daß ein solches unmůglich fiele. Also muste er / seine Fürstin in solchen raub-klauen hinterlassend / von uns scheiden. Er wuste keine bessere reise zu thun / als nach dem gebirge Seir: um alda von seinem verlornen bruder etwas zu erfahren / und dem Ana von seiner tochter zustand eiligst [128] zuberichten. Es begegneten ihm aber ganz unvermutlich / aus dieser reise / des Ana gesandten / und sein bruder Ephron: worüber grosse freude bei ihnen allerseits entstunde. Ephron erzehlte seinem bruder viele widerwärtigkeiten / die ihm begegnet / seither sie voneinander gewesen. Elieser ward hierauf entschlossen / unbekant nach Sichem mit zu reisen / und / als ein diener der Seirischen gesandten / die gelegenheit abzusehen /wie er seine Fürstin sprechen m \gte. Ephron beschlosse ingleichen / seinem bruder in slaven-gestalt gesellschaft zu leisten. Diese tracht verånderte sie dermassen / daß sie fast einander selber nicht kanten.

Die ankunft dieser abgesandten in Sichem / setzete den K \nig in neue unruh: dann er wol gedachte / sie würden die Fůrstin wieder begehren. Nun konte er damals so wenig / sie ziehen zu lassen / als sie zur K \nigin zu machen / sich entschliessen / weil die wahre vernunft noch bei ihm herschete / und ihn zurück zoge. Aber denen abgesandten zu zeigen / wie angenem sie ihm wåren / entpfienge er sie nicht allein selber auf das prächtigste / sondern auch / als sie meine Fůrstin besuchen wolten / begleitete er sie selber zu ihr: da er dann / bis zu ihrem abtritt im gemach bliebe / damit Ahalibama nichtes heimliches reden k \nte. Wie sie nun mit aller macht darauf drungen /daß die Fůrstin ihnen m \gte wieder gegeben werden /triebe endlich die unmåsige liebe den K \nig dahin /daß er sich entschlosse / die Ahalibama zu ehlichen und zur Königin zu machen. Dieses gabe er denen abgesandten zuverstehen / und hielte damit ihre abreise auf / bis er gesandten nach Seir abgeordnet und öffentlich um die Ahalibama werben lassen. Hierdurch wurde meiner Fůrstin zustand ganz verånderet / indem die / auf welche sie ihre hoffnung gesetzet / sie wůrden zu [129] ihrer erlösung behülflich seyn / nunmehr sie zu dieser heurat zu ůberreden begunten. Sie muste auch befahren / daß die Seirische Fůrsten dieses auch zugeben / und die zusage / die sie zuvor dem Elieser gethan / nicht ansehen würden.

Dieser entschluß nun ward bald überall ruchbar /und widersprache es die Königin Atis \ffentlich: als welcher / wie vor-erwehnet / der K \nig du zusage gethan hatte / neben ihr oder in ihrem leben keine rechte gemahlin anzunemen. Der verliebte König aber achtete ihr drauen nicht gros / weil ihme wissend war / daß der König Bel Ochus von Babel / ihr herr bruder / in den krieg mit dem König von Bactra und Ophir sich so weit eingelassen / daß er ihme ihrentwegen keinen krieg anmuten wůrde. Demnach fuhre er fort / alle zurůstungen zu dieser ungereimten heurat zu machen. Inzwischen kame auch der Prinz Hemor / der in Chaldea erzogen worden / wieder zu hause: welcher dieser heurat / wegen seiner fraumutter / sich \ffentlich widersetzete / und unwillig zum König von Assyrien zoge / dieses unrecht dem K \nig zu klagen / welches man dessen schwester / als seiner Fr. Mutter zufůgete. Es half aber dieses eben so wenig / und ward meine Fůrstin bereits als K \nigin gehalten / und von den mächtigsten des reiches besuchet / die um ihre gnade sich bewurben / und alle die seite der guten K \nigin Atis verliessen: das dann der Ahalibama ja so unertråglich ware / als die schwach / in der sie vorher leben müssen. Der verliebte Beor / ware fast täglich bei ihr: deme sie zwar wenig liebe erwiese / und allemal die Atis und den Elieser vorschůtzte / welche ihr verwehreten / des Königs liebe anzunemen. Aber dieses kunte des Königs liebes-feur nicht ausleschen: massen er immer verliebter wurde / und / mit der h \chsten ungedult [130] von der welt / seiner abgesandten wiederkunft vom gebirge Seir erwartete.

Der Fůrst Elieser / lebete unterdessen in dem betrůbtesten zustand / als einer seyn mochte. Dann /weil bei einer heftigen liebe in gemein eine kleine eiversucht sich findet / als quålete ihn dieselbige auch nicht wenig / da er von des Beors heurat reden hörete. Er besorgete / der hohe stand m \gte seine Fůrstin endlich blenden / und sie unbeståndig machen: allermeist da ein falsches geschrei ausbrache / wie daß bis alles mit der Ahalibama h \chster zufriedenheit geschåhe. Er wolte auch ganz verzweiflen / als er keine gelegenheit / mich zu sprechen / ergreifen kunte: weil wir allzufleissig von den Königlichen bedienten bewachet wurden. Endlich aber gabe ihm Ephron den raht / daß er an einem morgen in der frůhe / da der hof noch nicht voller leute / fůr der Fürstin gemach gehen / und / als wann er von den Seirischen gesandten etwas anzubringen håtte / sich bei der Ahalibama anmelden lassen solte. Dieses wagte er / und die Königliche bedienten / die kein bedenken trugen / diesen slaven einzulassen / führeten ihn zu mir: da ich ihn dann ganz nicht erkennet. Dann die verstellung seiner kleider / die verschneidung seines haares / und die wenige vermutung ihn so nahe zu wissen / ihn so gar verbargen / daß ich / ob er schon lang mit mir geredet / dennoch nichtes gemerket. Weil er nun zu meiner Fůrstin wolte / als brachte ich ihn zu ihr hinein: die dann / als begierig / einen von den Seirischen leuten zu sprechen / ihme willig geh \r gabe. Sie dachte aber ja so wenig / daß unter diesen slaven-kleide ihr Elieser verborgen ware / als eifersüchtig derselbige wurde / seine Fürstin so freyen gemütes zu sehen. Er ůberreichte ihr aber / ohne ein wort zu sprechen / einen brief / den sie alsbald eröffnete / und [131] höchst erfreuet wurde / als sie darinn Eliesers hand gefunden. Es waren aber etliche verse / welche / weil sie mir meine Fürstin nachmals zu lesen gegeben / mir noch im gedächtnüs haften / und also lauten:


So hat doch / Kron und Thron / die Treu noch endlich ůberwunden /

und stolzer pracht die macht der wahren liebe abgelegt.

So hat nun ganz der glanz die schönen augen zu gebunden /

daß sie daher nicht mehr belieben / was sie vor gehågt.

So lohnt und hält die welt. Das Elend mus man billig fliehen /

und suchen freud fůr leid / die ruhe fůr das ungemach.

Wañ rosen weit und breit in ihren scharfen dörnern blühen /

bricht man sie ganz zum kranz: so folgt der pracht dem leiden nach.

Doch fürcht' ich / wie die Ros' uns ohne dornen bald vergehet:

also die stolze ruh auch ohne tugend nicht bestehet.


Nach überlesung dieser zeilen / merkte sie wol /worauf er zielete. Weil sie aber diesen verdacht nicht verdiente / als konte es ihr auch nicht solcher gestalt das herze růhren / wie ihme Elieser wol eingebildet. Sie fragte den slaven / wer ihme diese schrift gegeben? Dieser / (gab er zur antwort / mit verånderter stimme /) der diese reimen gemachet. Wie? ist er dann hier? fragte sie / ganz erfreuet. Ja / (antwortete er /) und vieleicht nåher / als man wol vermeinet. Hierauf sahe sie ihn recht an / und erkante ihres Eliesers betrübte augen / die er unverwandt zu ihr kehrete / und den eingebildeten wankelmut ihr absehen wolte. Sie kame hierüber dermassen aus sich selber / das sie ihn in ihre armen einzuschliessen nicht unterlassen konte; und bitterlich weinend ihn ihrentwegen in solcher unziemlichen kleidung zu sehen / gabe sie ihm damit gnug zu erkennen / daß er von ihr eine falsche einbildung gefasset / und sie noch die beståndige Ahalibama [132] wäre. Darf ich wol / (fragte er h \chst vergnůget /zu unterschiedenen malen /) meine Ahalibama noch beständig wissen? Wie k \nnet ihr / (fragte sie hingegen) daran zweifelen / und mit was hab ich solche gedanken bei euch verursachet? Mit der m \glichkeit! (antwortete er /) dann eine K \nigin werden / und zu so hoher Wůrde gelangen können / seind solche dinge / die des elenden Eliesers wol m \gen vergessen machen. Kein glůck / so hoch es auch immer seyn mag /(gab sie zur antwort /) noch einiges unglück / wie erschrecklich es auch aussehen kan / sol mich von der treue / die ich euch geschworen / abbringen. Und wåre jezt die zeit gelegen / und unser zustand litte es / euch euren übelgegründeten argwahn zuverweisen: ich wolte euch gnugsam sehen lassen / wie sehr ihr mich hiermit beleidiget. Aber unser grausames elend quälet uns beiderseits so ůberflůssig / daß wir unser leiden mit diesem Unlust nicht noch weiter vermehren d \rfen. Nachdem er nun ihr seinen argwahn abgebeten /und sie einander ewige treue nochmals geschworen /dorfte Elieser / um verdacht zuverhůten / nicht långer bei uns bleiben. Die Fůrstin befande sich / nach dieser unvermuteten besuchung / zwar etwas ruhig: aber es mehrete auch ihre sorgen / was daraus entstehen k \nte / wann Elieser verrahten wůrde. Dannenhero sie mit grosser furcht ihme sein daseyn vergönnete: und wolte sie / so lieb sie ihn auch hatte / dennoch sich nicht dazu verstehen / daß er sie von dannen entfůhren mögte / bis sie ihrer eltern meinung und willen vernommen håtte.

In solchem kamen auch die Abgesandten von Seir wieder: welche aber / fůr den K \nig / keine gewůnschete antwort zurück brachten / weil die Fürsten von Seir in gesamt des Beors begehren abgeschlagen / und ihnen den K \nig von Assyrien nicht zuwider machen[133] wolten. Wer war hierüber ungedultiger / als der König? der aber / um zu weisen / wie wenig er diesen abschlag achtete / das beilager ansetzete / und / wider aller seiner leute einrahten / damit nicht länger verziehen wolte. Die gesandten von Seir / die er so lang aufgehalten hatte / musten eiligst wieder abreisen / damit sie seinem vorhaben keine hinternůs machen k \nten. Der Ahalibama weinen / dråuen / und bitten / halfe auch lauter nichtes hierwider / und sahe sie kein anders mittel / ihrem Elieser getreu zubleiben / als die flucht. Demnach erlaubte sie ihm / alles zuthun / was er k \nte / damit sie durch ihn davon und nach Dedan kommen m \gte. Es war nur noch acht tage dahin / da das beilager solte fortgehen: als den König unversehens eine hitzige krankheit befiele / die so heftig in geschwinder eile zuname / daß es all gefårlich mit ihm stunde.

Weil dieses zimliche unordnung auf dem schlosse verursachete / als gabe man so genau nicht acht auf unser thun und lassen: daß also / in dieser bequemen zeit / unsere flucht vorgenommen wurde; worzu dann die Königin Atis auch mit behůlflich ware / und selbst heimlich nach Babel davon wolte. Wie sie uns demnach viele kleinodien und geld zur reise geschenket /sind wir mit ihr bei nacht / als alles vorher dazu bereitet worden / durch den garten glücklich entkommen. Weil die K \nigin nach Debes in ihres sohnes land /das den Prinzen von seinem H. Vatter gegeben war /die folgende nacht kame / namen wir alda abschied von ihr / da sie dann sich sehr weichherzig erwiese /und die augen mit thränen füllend / sagte sie zu meiner Fürstin: Ich bin wol unglůcklich / daß ich / nach so lang ruhig-genossener Ehe / nun fast beim ende so viele bitterkeit erleben muß; daß ich gezwungen werde / dieses K \nigreich zu verlassen / [134] und in Assyrien schutz zu suchen. Und dieses schmerzet mich am meisten / daß die ursache meinem gemal allein zuzuschreiben ist. Euch aber / vollkommene Fürstin! gebe der himmel gutes nach eurem verdienst / und belohne das mitleiden / so ihr meinetwegen bezeuget / mit tausendfältiger glůckseligkeit. Hiemit / als ihr Ahalibama nochmals teur versichert / das sie niemals ihre stelle betreten / sondern ihrem Elieser treu verbleiben wolte / schieden sie von einander / und gabe die K \nigin meiner Fůrstin etliche weiber mit auf den weg /damit sie mögte um so viel bequemer bedienet seyn /weil sie nur mich und noch eine jungfrau bei sich hatte.

Die reise ginge bis nach Jericho eiligst fort / weil wir des Beors nachsetzen musten befaren. Wie wir aber über den Jordan gekommen / reiseten wir etwas gemacher. Es war auch / wegen des spaten herbstwetters / von dem vielen regen das gewåsser aller orten so angelaufen / daß wir weite umwege suchen musten. Wir gingen nach Rabbat in der Moabiter land / um den sichersten weg zu nemen: damit wir nicht wieder /wie ehmals / in der Araber hände geraten m \gten. Wir traffen alda ganz unverhoffet an / die Prinzessin Poliphide meiner Fürstin fraumutter / die dahin / nebenst anderen Seirischen Fürstinnen und benachbartem frauenzimmer / auf das grosse fest des gottes Chamos gekommen war / und eben wieder nach dem gebirge reisen wolte. Diese zusammenkunft ware so angenem / als unvermutet / und entfinge die gute Prinzessin ihre tochter mit solchen freuden / daß alle anschauende sich derselben musten teilhaftig machen. Wir erfuhren alda alles / was sich mit dem wiedergefundenen Fůrsten Dison und ihr / gnådigste Prinzessin / zu Dedan begeben / und wie nachgehends dieser Fůrst bei entfůrung [135] der K \nigin von Saba / zu Rabbat wieder verloren worden. Als hierauf meine Fůrstin ihrer fraumutter alles erzehlet / wie es ihr ergangen / und was ihr wille wåre / nämlich nach Dedan mit ihr zureisen: wolte solches die Poliphide nicht für rahtsam erkennen / sondern meinte / der Fürst Elieser solte an seinem Herr Vatter nach Bersaba schreiben / und den ersuchen / ob er nicht mit der Ahalibama zu ihme kommen / und alda sie heuraten dörfte? Elieser wolte hier ungern an / weil ihme sein herz zusagete / was hieraus entstehen wůrde. Wie aber die Prinzessin darauf beharrete / und / daß er unmůglich mit ihrer tochter in Seir reisen k \nte / sonder die ursach zu sagen /ihn versicherte: als musten sie es ihnen auch gefallen lassen. Elieser name die reise auf sich / als sie fast den ganzen winter zu Rabbat blieben waren: mittlerweile Ephron bei ihnen verharret / und die Prinzessin mit ihrer tochter zu Rabbat seiner wiederkunft erwartete.

Nachdem nun Elieser nach Bersaba gekommen /funde er seinen Herr Vatter nicht daselbst / welcher zu Hebron beim K \nig war; seine fraumutter aber entfinge ihn mit herzlichen freuden. Er erfuhre / was in Sichem nach ihrer flucht sich begeben. Man hatte dem K \nig dieselbige viele tage / wegen der noch anhaltenden unpåßlichkeit / verhelet. Endlich aber / wie er gar zu oft nach seiner Fůrstin gefraget / ware ihre und der Königin flucht ausgebrochen: das ihn dann so hart angefochten / daß er noch der zeit nicht wieder vom lager aufgestanden. Es wurden / auf seinen befehl /weit und breit welche ausgeschicket / seine verlorne braut zu suchen: und hat er deme / der sie wiederbringen wůrde / ein Fůrstentum zu schenken versprochen. Den Fürsten Elieser berichtete seine fraumutter auch ferner / wie zu Hebron [136] sich alles veråndert: wie die Königin ihre schwester gestorben / die Prinzessin Jerode sich an den Fürsten Suevus / den statthalter der Amoriter / verheuratet / und der K \nig / seit seiner boshaftigen schwester abschied / viel erträglicher mit ihnen verfahret. Elieser h \rete dieses für seine person sehr gerne / und fassete den schluß / weil sein Herr Vatter wiederzukommen verzoge / selbst nach Hebron zureisen / und alda seine sache zu treiben.

Seine unvermutete dahinkunft / machte alle leute aufmerkend. Und weil er das lezte mal / vom K \nig so wol / als von seinem Herr Vatter / mit unfried geschieden / wurde er von beiden nicht zum freundlichsten angesehen. Dannoch aber wuste er / durch seine klugheit / es also zu schlichten / daß er v \llige vergebung vom K \nig erlangete / und derselbige / dem Beor zu trotze / als mit welchem er nun wieder /wegen eines grånzstrittes / in neuen zweispalt geraten / zuliesse / daß die Ahalibama nach Hebron kåme. Diese gute zeitung / brachte der hocherfreute Elieser uns nach Rabbat zurůcke. Weil aber / unter der zeit /die Prinzessin Poliphide schwerlich erkranket / wolte meine Fůrstin ihre fraumutter nicht eher verlassen /bis es mit ihr wieder båsser geworden: das sich dann bis in den herbst hinein verzoge. Endlich reiseten wir zum andern mal gen Hebron / verhoffende / ein bässeres glůck / als das erste mal / alda zu erleben. Es hatte sich aber / wie wir hinkamen / mit der beeden brüder freundschaft schon wieder geändert: massen Beri nicht mehr da war / sondern es mit dem K \nig verscherzet hatte. Sie waren in eine harte wort wechselung geraten / wegen der nachfolge des reiches: da Beri / etwas zu unbesonnen / sich der regirungshändel anmassen wollen / und auch dem K \nig hatte ins gesicht [137] gesaget: Er håtte ja keine Erben / darum müste er billig auf des landes bestes mit zu sehen. Diß hatte den König so sehr verdrossen / daß es nicht allein sie als unfreunde voneinander scheiden machete / sondern auch die entschliessung bei ihm erwecket / wieder zuheuraten / um dem Elieser und Ephron die hoffnung zur kron zubenemen.

Man kan nun leicht erachten / wie wilkommen wir waren: allermeist Elieser und sein bruder / da der lezte / wegen der liebe zu des K \nigs tochter / auch nicht wol angesehen war. Weil demnach meiner Fůrstin es nicht rahtsam schiene / långer alda zubleiben / alwo sie ihres gleichen nicht hatte / zumal die Prinzessin Corieide mit der Jerode hinweg gezogen; weil sie auch sahe / daß der K \nig anfinge / mehr mit ihr umzugehen / als ihr lieb war: als reiseten sie nach Bersaba / funden es aber daselbst nicht båsser / als sie es zu Hebron gelassen. Meine Fůrstin ward von dem Beri sehr kaltsinnig entfangen / und gabe er mit allem thun an tag / daß er sie lieber weit von sich gesehen håtte. Die tugendhafte fraumutter des Eliesers / ersezte allein diese des Beri grosse unbesonenheit mit ihrer leutseligkeit. Elieser aber wolte schier verzweiflen /als er an allen orten so viele hindernüsen seiner liebe /allermeist in seines vatters haus / funde: und wuste er nicht / wie er gegen seiner geliebte Ahalibama dieses solte entschuldigen / welche seinethalben so grosses ungemach erleiden muste.

Weil aber alles unglück auf einmal auf dieses geliebte paar zustůrmen wolte / als muste der K \nig Ephron sich auch / gleich seinem stiefbruder / in die Ahalibama verlieben: und / so wol wegen ihrer schönheit / als dem Beor / dem Beri / und den Elieser einen verdruß zumachen / entschlosse er sich sie zu heuraten. Deswegen sandte er den Fürsten Mamre / seinen Vetter / nach [138] Bersaba / und liesse dem Beri befehlen /diese Fůrstin nach Hebron zubringen / weil er sie ihm zur braut ausersehen hätte. Wie dieses uns allerseits eine fr \mde bestůrzung gebracht / ist leichtlich zu denken / und wůrde ich etwas vergeblichs beginnen /wann ich das weheklagen fůrstellen wolte / so dieses unglückselige paar hierůber gefůhret. Beri / sich stellend / als wolte er seinen bruder in allem gehorsamen / liesse dem K \nig wieder sagen / er wolte / neben der Fürstin / mit dem ersten bei ihme seyn: mir welchem bescheid der Mamre wieder abgezogen. Beri aber /von rache und geitz getrieben / liesse / sobald es nacht geworden / alles sein gut / was er in der eile fortbringen kunte / auf die camele und wägen laden / und liesse / durch seine gemalin / meiner Fürstin ansagen /sie mögte sich zum reisen färtig halten. Also zogen wir die nacht / unwissend wohin / von Bersaba hinweg / den Elieser und Ephron zurůck lassend / die der Beri nicht mit haben wolte. Wir vermuteten anfangs nichts anders / als daß es nach Hebron gålte: merketen aber / bei anbrechendem tag / daß wir nach Sichem gingen; massen wir uns in des Beors gebiete sahen / auch den abend spat die statt erreicheten.

Diese unerhörte leicht sinnigkeit des Beri / der seines eigenen sohnes braut / um eitelen gewinnes willen / verkaufete / stiege meiner Fürstin also zu sinne / daß sie aller ehrerbietung vergasse / die sie ihm noch bisher als vattern geleistet / und ihn ungescheut einen verräter und betrieger nennte. Beri håtte dadurch billig zum zorn sollen gereitzet werden: aber er achtete es alles nicht / sondern hielte sie nur hönisch. Als er nun dem K \nig anmelden lassen / wiedaß er die Ahalibama brächte / wurde eine so allgemeine freude am hofe / das auch der K \nig / noch den spaten abend /sie sehen wolte. Er entfinge sie im [139] hofe des schlosses / dahin er zeit wärender ihrer abwesenheit nie gekommen war / und vergabe dem Beri nicht allein alles /was zwischen ihnen widerliches fůrgegangen / sondern er schenkete ihm auch das fůrstentum Thapuah /da ehmals er / und nachgehends Elieser / waren Stathaltere gewesen. Dergestalt sahe sich nun meine gute Fürstin in ihrer alten noht: und ob sie wol sich so widerspenstig / als ihr m \glich war / gegen den K \nig bezeugete / auch nichts als klagen und weinen triebe /so bliebe der K \nig dennoch verliebet / und wurde die Thoris / des Fürsten Elons gemalin / ihr als der künftigen K \nigin aufzuwarten / zu gegeben / die auch solches amt diesen winter hindurch verwaltet hat. Der Beor zoge fůr etliche wochen nach Salem zu / den K \nig Melchisedech des vorhabens / alda die heurat mit meiner Fürstin zu vollziehen: weil er sich / in seinem eigenen lande / dessen nicht unterfangen wolte /wegen befahrenden aufstandes / indem alles volk der K \nigin Atis / seiner gemalin / sich noch sehr zugethan befindet. Also haben sie / gnådigste Prinzessin / vernommen / was sie zu wissen begehret. Sie sehen annoch meine Fůrstin in dieser qual / und haben selbst diese tage ůber erlebet / welcher gestalt der getreue Fůrst Elieser und dessen bruder in des K \nigs haft geraten. Sie wissen / was meiner Fůrstin / als auch sie auf der reise nach Salem begriffen gewesen /unterwegs begegnet. Der gütige himmel verleihe einmal gewünschte änderung / daß endlich das unglůck m \ge ermüden / ein so keusches paar / das in so rechtmäsiger liebe lebet / so grausamlich zu verfolgen.


[140] Hiemit hörte die getreue Astale auf zu reden / und liesse die schöne Aramena ganz verwunderend / die dann zu der Fůrstin von Seir sagte: wann ich alles /was dir / liebste schwester / (dann also hatten sie einander zunennen sich verglichen) von deiner jugend auf wiederfahren / recht erwåge / kan ich fast nicht finden / wie es müglich ist / daß ein weibsbild / denen man sonst weniger starkmütigkeit als den mannspersonen zuschreibet / ohne verlierung ihres lebens / oder ihrer gesundheit und natůrlicher sch \ne / so viel unglück auszustehen f \hig seyn kan. Ich meines theils /wie mich bedunket / wůrde unter solchem last erligen / und nicht so standhaft verbleiben können. Ich muß zwar bekennen / daß mir die g \tter mein theil auch zugemessen / und daß ich in meiner noch wenigen lebenszeit viele trůbsal ausgestanden: von solchen leiden aber / als dich betroffen / weiß ich nichtes / glaube auch nicht / daß ich so viel ertragen könte. Ach Aramena! (antwortete Ahalibama seufzend /) ich hätte auch wol ehe dessen in Seir nicht vermeinet / wann jemand mir zuvor im geist geweissaget / was ich leiden sollen / daß es mir müglich gewesen wäre / solches auszustehen. Allein die erfahrung hat es nachgehends an mir gewiesen / daß wir schwache Creaturen auch stark werden müssen / um unser unglůck wol zu tragen. Wie oft habe ich den tod gesuchet / da der vor mir geflohen! und wie manchesmal habe ich gewůnschet / das wenige meiner sch \nheit zuverlieren / um in des Beors augen abscheulich zu werden! das mir doch kein gram noch schrecken k \nnen zuwege bringen. Beor ist so wenig wehrt / (gabe Aramena zur antwort) deine sch \nheit zubesitzen / als wenig du seinetwegen dich derselbigen berauben / und damit den Elieser betrůben sollest. Ich aber / als die ich von keiner liebe weiß / m \chte gern / [141] in den augen des Hemors und aller welt / für die hässlichste person gehalten werden / um ungehintert / meinem gelübde nach /der Dianen zu dienen. Da sey der himmel für / (sagte Ahalibama) daß dein wunderschein solte der welt entzogen werden / und wůrde der natur selber damit unrecht geschehen / daß ihr meisterstuck nicht båsser in acht genommen worden. Ach du sp \tterin (antwortete Aramena) warum fůhrest du solche reden gegen mich / von denen du ja weist / daß sie mir so wenig behagen. Ich sehe an dir so viel schönes / daß um mich die natur sich nicht grämen dörfte / wann ich schon nicht mehr auf der welt wåre. Wann dir (gabe Ahalibama zur antwort) deine wundersch \ne zu so vielen leiden solte dienen / als viel mir das wenige feine / so man an mir befunden / geschadet hat / müste ich deiner meinung beifallen. Nun aber kenne ich den himmel viel zu gerecht an / als daß er solches zulassen solte.

Mit dergleichen reden / brachten diese beide Prinzessinnen den abend hin: da inmittels der K \nig übel zufrieden war / daß sein mitbuler die ehre erlanget /von der Ahalibama besuchet zu werden; welches er ihme zu so grossem schimpf zoge / weil ganz Thanac hiedurch ihre zu ihm tragende verachtung erkennet /daß er die ganze nacht dafür nicht schlaffen kunte. Endlich ersonne er ein grausames mittel / des Eliesers los zu werden. Dann / da er etliche tage vorher den ärzten befohlen / für des Eliesers leben ihme rechenschaft zu geben / bliese ihm nun die eifersucht ein /durch eben die ärzte seinen tod zubef \rdern. Demnach liesse er in aller frůhe den arzt zu sich fordern / der von neuem auf den Elieser war bestellet worden / und gebote ihm / ein langsames gift unvermerkt dem fůrsten beizubringen / daran er sterben můste / ohne daß man merken m \gte / daß solches durch ein gewaltsames [142] mittel geschehen / gelobete ihm auch dafůr eine trefliche ja k \nigliche vergeltung. Der arzt name nicht lange bedenkzeit / sondern versprache gleich /des K \nigs begehren zuerfüllen / und sezte damit dieses grausame gemüte in ruhe: dann er nachgehends mindere widerwertigkeit befahrete / wann zu erst die gr \ste hinterung / den zweck seiner liebe zuerreichen /hinweg geschafft worden wåre. Inzwischen entschuldigte Elon sein versehen / mit so grossen leidwesen /daß der K \nig äuserlich es ihm vergabe. Elieser aber ward von dem an so stark bewachet / daß er das geringste nicht mehr erfahren kunte / was in Thanac fůrginge.

Es fiele aber / eben um diese zeit / ein grosses fest ein / welches die einwohner von Thanac järlich / zu anfang des frülings / der Sonne zu ehren feiren. Der König wolte vor seiner abreise / auf inständiges anhalten des statthalters Japhim / selbiges auch mithalten / und nachgehends nach Salem mit der Ahalibama reisen / um alda dem Seirischen gesandten / der abrede gemås / die er mit dem alten Thebah genommen /seine abfårtigung zugeben / weil die gesundheit der Fůrstin es zuliesse / diese reise zu übernemen. Der Prinz Hemor ware auch so weit wieder genesen / daß er eine sånfte zubrauchen ihme getrauete / und mit dem Seirischen gesandten dieser fürnemen Handelung / daran ihme so viel gelegen / mit beiwohnen wolte.

Als demnach der tag dieses grossen festes erschiene / da vom ganzen lande des Thanakischen gebietes die fůrnemsten sich in die stadt versamlet hatten / und alle gassen auf das herrlichste mit tapeten und blumgehången ausgezieret waren: begabe sich der König mit der gesamten hofstat / auch dem Seirischen gesandten / in zierlicher ordnung / nach den tempel. Die Ahalibama [143] und Aramena / von allem fürnemen Frauenzimmer begleitet / wurden auch dahin gebracht: die dann mit ihrer sch \nheit aller menschen augen dermassen an sich zogen / daß schier das volk von seiner andacht gezogen wurde / und diesen irdischen g \ttinnen ihre geheime andacht opferten. Der Beor grüssete sie mit einer majeståtischen freundlichkeit / als sie vor ihm fůrbei giengen. Ahalibama wolte im tempel nicht die oberstelle über die Aramena nemen / weil die eine Chaldeische Prinzessin ware. Der Elon aber gienge zu ihr / auf befehl des Königs /und beredte sie hierzu aus diesem grunde / wie daß sie / nicht als eine Fůrstin von Seir / sondern als eine bestimte Königin von Canaan zugegen wåre. Die kaltsinnigkeit / mit welcher die Fůrstin dieses angehöret /machte dem K \nig spůren / wie sehr ihr solches zuwider wåre. Doch thäte sie des K \nigs willen / gabe aber dem Seirischen gesandten durch ihr anschauen zu erkennen / wie gern sie widersprechen m \chte.

Wie nun alle opfer abgeschlachtet / und die ůblichen gebråuche verrichtet waren / n \tigten die åltesten der statt den König zum gastmal / welches in schönen hierzu aufgerüsteten lauberhütten / nicht weir von dem tempel auf einen weiten platze mitten in der stadt / auf das pråchtigste angerichtet war: dahin dann die ganze gesellschaft sich begeben / auser dem gesandten von Seir / der / aus gewissem bedenken / dieser freude nicht beiwonen wolte. Es beliebte dem K \nig /daß Ahalibama die stelle oben am tisch nemen muste / und begabe er sich ihr zur seiten / zu Aramena sagend: Ihr werdet mir / schöne Prinzessin / erlauben /daß ich dergestalt mit der Fürstin von Seir handele /als welche ich zur K \nigin von Canaan erwehlet; und kan ich euch nicht anderst / wegen der liebe meines sohnes / als eine tochter halten / [144] unter welchem namen ihr mir auch herzlich lieb seyn sollet. Hiermit / ihre antwort nicht erwartend / zoge er die Prinzessin bei sich: die dann ganz traurig wurde / den K \nig also reden zu h \ren / weil solches wider seine erste zusage liefe / und wuste sie nicht / daß sie diese ånderung dem alten Thebah zudanken håtte. Es sahen aber / in wärender dieser malzeit / beide Prinzessinnen zum öftern einander betrůbt an / und wären gern dieser ehre ůberhoben gewesen: Da hingegen der Beor so wol zufrieden war / daß er fast keinen augenblick versaumete / mit Ahalibama von seiner liebe zu reden. Er liesse sich gegen ihr nichtes merken / daß er ihre ansprache bei Eliesern erfahren håtte: um ihre widrige reden /die darauf erfolgen mügen / zu vermeiden.

Weil das volk haufenweis um die tafel herum stunde / ihren K \nig zu sehen / sagte einer zu dem andern: Diese sch \ne Fůrstin von Seir ist es / welche unsere Königin wird werden. Solches h \rte sowol der K \nig / als Ahalibama; und weil sie deswegen die farbe veränderte / lächelte er / ihr also zusprechend: Diese leute erkennen und loben meine wahl / sch \ne Ahalibama / und tragen begierde / die kron auf eurem haubte zu sehen. So muß dann (antwortete Ahalibama) ihr verlangen gr \sser darnach seyn / als das meinige. Sprechet nicht so / liebste Fürstin / (wiederredte Beor) und folget vielmehr der vernünftigen billigkeit. Hiermit sahe er sie so verliebt als ernstlich an: Dannenhero sie / ohne zu antworten / nur seufzete / und die augen für sich nieder schluge. Beor aber geriete hierůber in tiefe gedanken / und bekame den Elieser wieder in den sinn / dem er seine todtenmalzeit / unter dieser gasterei / zubereiten lassen. Dann der arzt hatte inzwischen das gift dem Fürsten beigebracht / und liesse / nach verrichtung solcher that / unter [145] den andern Königlichen bedienten / bei der aufwartung sich sehen. Wie ihn dann der Beor bald erblickte / auch /seine begierden nicht zwingend / an die tafel riefe /und sich heimlich dessen / was er verrichtet / erkundigte. Sein hierauf erscheinendes fr \liches aussehen /gabe aller welt zu erkennen / daß man ihm eine gute post müsse gebracht haben. Der Ahalibama aber fienge das herz an zu schlagen / daß sie nicht wuste / wie ihr geschahe / und muste sie / wider ihren willen / ohn unterlaß den K \nig anschauen: den dann sein b \ses gewissen etliche mal die farbe änderen machte / und war er zwar fr \lich / aber mit vermischter Unruhe. Als endlich die tafel aufgehoben worden / begaben sie sich auf einen platz / da die junge mannschaft von Thanac allerhand spiele und kurzweile von wettlaufen / ringen / springen und dergleichen angestellet / denen sie dann zu sahen. Der König hatte über seine gewonheit getrunken / also daß der Wein / ihm zu kopf steigend / ihn sonders lustig machete: daher er einen tanz mit Ahalibama anfienge / der in unterschiedlichen reihen bestunde; und muste diese gute Fürstin / so schwer ihr auch das herz war / ihr dannoch alles gefallen lassen.

Wie nun dieses bis gegen nacht gewäret / und es an dem war / daß die gesellschaft von einander wolte: da liesse sich von weiten eine musik von allerhand trompeten-arten hören. Der K \nig vermeinte / es wůrde diese unvermutete lust der Statthalter von Thanac haben angestellet / die immer näher kame / und jedermann zum aufmerken triebe. Nach dem man ihnen platz gemachet / erschienen zuerst dreissig vermummete personen / die auf Cymbeln / pauken und kleinen trompeten spieleten / in weis und grün gekleidet. Diesem folgeten fůnfzig kleine knaben / mit blumen bekrånzet: welche statliches [146] [148]zuckerwerk in silbernen k \rben trugen. Nachgehends kamen vier und zwanzig Ritter / auf das herrlichste nach art der Egyptier gekleidet; und zulezt wieder eine musik von fl \ten und harfen / die diesen aufzug schlossen. Die viele fakeln /welche neben her getragen wurden / weil es schon nacht war / erleuchteten den ganzen platz / als wäre es Sonnenschein gewesen. Nachdem die knaben sich an beiden seiten gestellet / fiengen die 24 Ritter nach Assyrischer art einen tanz an: da sie nach dem tact / mit ihren in hånden tragenden pfeilen / einer auf des andern schild schlugen / welches dann einen gar angenemen wol einstimmigen laut verursachete.

Nachdem der tanz zum ende war / trugen die Rittere die becken mit den zuckerwerk / welche sie den knaben abnamen / vor den K \nig und das frauenzimmer. Indem sie nun solche håufig austeileten / bůckete derselbige / der zu Aramenen kame / sich etwas nåher / und sagte heimlich zu ihr: Schöne Prinzessin! wollet ihr dem Tharsis folgen? es ist alles bereit / und ihr könnet befreiet werden. Kaum hatte Aramena dieses /so erfreuet als bestůrzt / angeh \rt / da sahe sie / die Ahalibama einem Ritter auf die arme springen / und zugleich im augenblick alle schwerder der Rittere bloß werden. Demnach bedachte sie sich auch nicht långer / und liesse sich eben also durch den Tharsis hinweg zucken. Astale und der Aramena vertrauteste jungfrau / folgeten ihnen zu fus nach / weil sie bei ihren Prinzessinnen bleiben wolten. Diese unvermutete begebnis sezte alles in verwirrung und unbeschreiblichen schrecken / also daß diese verkleidete zeit genug hatten / mit ihrer sch \nen beute durch das volk zukommen. Ob wol der K \nig rieffe / man solte die Ahalibama retten / so waren doch alle seine bediente so beschäftigt / seine eigene person wider diese vermummete [148] zu beschützen / und das andere hin und wieder laufende und schreyende frauenzimmer in sicherheit zubringen / daß in solcher unordnung nicht geschahe / was der König wolte. Also muste ganz Thanac ansehen / wie man mitten unter ihnen diesen raub begienge. Und weil man / bei solcher nachtfinstere / freund und feind nit voreinander erkennen kunte / als wůrgeten sie sich einander selber / worzu der häufige eingesoffene wein bef \rderlich war: hatten also die anderen raum und zeit gnug / mit ihrer beute hinweg zu kommen.

Sie såumeten sich nicht / nach den ort / wo der Fürst Elieser bewachet wurde / sich zu begeben: den sie bald / ohne harten widerstand / neben andern ihren hin und wieder vertheilten gefangenen mitgesellen /befreyeten. Weil sie ihn sehr schwach fand? / brachten sie ihn auf der Ahalibama und Aramena wagen / und eileten damit zum thor hinaus / welches einige von ihnen hatten offen gehalten. Es ware aber Ephron /der die Ahalibama / gleich wie Tharsis die Aramena /entführet. Beide erfreute Prinzessinnen befanden sich so verstůrzt ůber ihr unverhofftes glück / daß sie es fast nicht für wahr halten kunten: wurden aber doch /durch die gegenwart des Eliesers / Ephrons und Tharsis / dessen versichert. Elieser / so schwach er war /achtete sich doch vergnůgt / daß er in den armen seiner Ahalibama ruhen kunte / und dieselbige aus des Beors gewalt erlediget sahe. Es fragte aber keines das andere / wie dieses zugegangen: weil das n \tige eilen ihre gedanken nur auf die flucht gewendet. Der mond hube an gar helle zu scheinen: dannenhero kamen sie geschwind fort / also daß sie des andern tags sich bei Bethera nicht weit vom Jordan sahen / wohin sie auch ehmals die Ahalibama zu bringen beschlossen hatten. Wegen müdigkeit / verzogen sie etwas [149] daselbst / und ratschlagten / was ferner zu thun wäre. Weil aber Elieser sehr unpåßlich sich befunde / als wurde er gleich zu bette gebracht / und stellete sich der getreue arzt / der vormals mit dem Ephron aus Thanac geflohen ware / bei ihm wieder ein / h \chst erfreut / seinen herrn befreit zu sehen / und mittelte ihm alsbald etliche herzstårkungen: die dann die mattigkeit ihm in etwas benamen / und die angst vertrieben.

Ahalibama bliebe keinen augenblick von Eliesern: welches ihme dann zu grossem trost gereichete. Als nun Aramena neben dem Tharsis und Ephron sich auch um sein bette befunden / sahe der so erfreuet- als kranker Fůrst diese gesellschaft nacheinander an / und brache endlich in diese worte heraus: Ist es můglich /daß ich jezt kan krank seyn / da ich so viele ursachen habe / mich zuerfreuen? Ist mein vergnügter geist nicht stark genug / dem schwachen leib aufzuhelfen? Ich bin so unglückselig / daß ich meines glůckes nicht geniessen kan. Ich bin frei worden / und bleibe doch der gefangene meiner schmerzen. Ich bin krånker / als ich seit dieser meiner verwundung jemals gewesen. Ach was ist anders hiervon zu schliessen / als daß der himmel unser feind verbleibet / und daß das unglück nur die verfolgungen abwechselt / damit es uns belegen wil. Diese seine worte wurden von der betrůbten Ahalibama mit thränen begleitet. Der arzt aber ob ihn wol kein gutes bei dem handel dunkete / liesse dennoch sich nichtes merken / sondern sagte: Es sey nicht zubewundern / das sich der Fürst Elieser jezt ůbeler als fůrhin auf befůnde / weil die so schleunige änderung seines zustandes / und das eilige nacht-reisen /leichtlich solche zufålle mitfůhren und erwecken könte; Er hoffe / wann etliche stunden fürbei / und man den arzeneyen zu wirken zeit lasse / es werde sich [150] bald anderst äuseren. Mit diesen reden / machte er die Fůrstin von Seir wiederum einigen trost schöpfen.

Die schöne Aramena bezeugete hierauf ihr verlangen / grůndlich zu wissen / welcher gestalt der Tharsis und Ephron ihre befreiung gewirket. Demnach / sie zu vergnügen / finge der Fürst von Sepharvaim an / die geschichte folgender gestalt zu erzehlen. Ich habe billig ursach / sch \ne Prinzessin! (sagte er / sich gegen die Aramena wendend /) um vergebung zu bitten / daß ich den befehl / welchen ich zu Canon vor etlichen wochen entfinge / nicht so glůcklich als eiferig fortgesetzet / und euch nicht eher aus des Prinzen von Sichem handen befreiet. Allein weil mein unglück erstmals an deme schuldig war / was jezt mein erlangtes glück ersetzet / als wird dieses lezte das erste entschuldigen können. Ich hatte keinen fleis gesparet /sobald ich von Canon hinweg zoge / aus der landschaft Jarmut fůnfzig mann Amoriter zu dingen / die mir zu meinem anschlag / euch zu befreien / solten dienlich seyn. Mit diesen und noch zwanzig Syrern /meinen unterthanen aus dem lande Sepharvaim / eilete ich nach dem gebirge Gilboa um dem Prinzen von Sichem aufzupassen. Ich wurde ihn neben euch unfehlbar / wie der Fürst Ephron mich nach dem berichtet /angetroffen haben / wann nicht einer meiner ausgesandten knechte mich von den rechten weg abgefůhret / und nach einem dorf / Engamim genant / über das gebirg hinůber gebracht håtte: alda ich / euch /sch \nste Prinzessin / zu finden / den ganzen tag vergeblich geharret. Gegen nacht wurde mir angesaget /wie daß man im walde frauenzimmer fahren gesehen. Ich gedachte alsobald / es würde meine Prinzessin seyn: setzte also / unangesehen es ganz finster war /mit den meinigen in den wald hinein. Ich ertappete auch einen wagen [151] mit frauenzimmer: die aber bald meinen begangenen irrtum mich erkennen machten /indem ich so wol aus ihrem geschrei vername / daß unter ihnen Aramena sich nicht fünde / als auch aus der abwesenheit Hemors endlich schliessen konte /wie daß ich des wegs verfehlet. Weil nun dieser angriff nicht weit von einer schäferhütten geschehen /und in dem getümmel etliche bediente dieser fr \mden / sich zur gegenwehr stellend / von den meinigen verwundet worden: liesse ich diese erschrockene Damen in die hütte bringen / welche dann / wegen der verwundung eines alten mannes / der bei ihnen war / sich sehr klåglichen gebårdeten / und mich zu mitleiden bewegeten. Ich entschuldigte / daß ich / gegen meinen fůrsatz / ihnen dieses ungemach zugezogen / indem ich eine andere Dame gesuchet. Ich bote ihnen auch meine dienste an / und bate / sie solten nur er \ffnen /worinn ich ihnen dienen k \nte. Dieses stellte sie ein wenig wieder zu ruhe: allermeist / als sie auch den alten nicht tödlich verwundet zu seyn befunden. Sie baten mich folgends / ich m \chte sie hieher nach Bethera begleiten lassen: worin ich ihnen alsobald wilfahret / und ihnen so viele meiner leute / als ich entraten kunte / mit auf den weg gegeben.

Ich sahe mich nun in meinem anschlag v \llig betrogen; und mein unglůck tausendmal verfluchend / das mich euren ersten und so angenemen befehl / sch \ne Aramena / nicht vollziehen lassen / name ich mir für /mich nach Debes zu wenden / alda ich euch mit dem Prinzen Hemor angekommen zu seyn vermutete. Wie ich aber nicht weit von Thanac ware / erfuhre ich /daß ihr daselbst neben den verwundeten Prinzen und gegenwärtiger Fürstin / euch befůndet. Man erzehlte mir / wiewol sehr undeutlich / was die Fůrsten Elieser und Ephron [152] ausgerichtet. Demnach / alles eigentlicher zu erfahren / begabe ich mich heimlich in die stadt /und kehrete daselbst bei einem reichen kaufmann ein /dem ich unbekant ware. Es fiele mir unmüglich / euch etwas sagen zulassen / weil ihr niemals alleine gelassen wurdet. Endlich gewanne ich / einen diener von meiner wasen der Calaride / auf meine seiten: bei dem ich / eine andere ursache / warum ich unbekant in Thanac seyn wolte / fůrwendend / soviel erhielte / daß er mir alles / was in eurem haus geschahe / erzehlete. In einer nacht / brachte er den Fůrsten Ephron und gegenwårtigen wundarzt in mein haus / sie daselbst für dem nachsuchen des Königs zu verbergen: dann er ware dem arzt etwas befreundet. Also bekame ich gelegenheit / mit diesem edlen Fůrsten kundschaft zu machen / und redte mit ihm ab / wie wir beiderseits Prinzessinnen samt dem Fůrsten Elieser erl \sen wolten. Zu dem ende reisete Ephron in das fůrstentum Thapua / um von seinen alten treuen bekanten heimlich eine gute anzahl aufzubringen; und ich brachte auch unvermerkt noch etliche meiner leute in die stadt.

Hierauf verglichen wir uns dieses anschlags: welchen glücklich zu vollziehen / uns das gestrige fest anlaß gabe / von welchem wir wusten / daß es der König mit euch allen besuchen wurde. Wir ůberredten unsers wirtes sohne / der mehr geld als verstand hatte / daß er diese mummerei / dem K \nig zu ehren / anstellen solte. Dieser ehrsůchtige geck liesse ihm dieses nicht zweimal sagen / sondern wendete alles daran / was er vermochte. Er halfe auch dieß unser vorhaben heimlich halten / damit es nachgehends desto herrlicher herfůr brechen m \chte. Weil er uns / als seine ratgebere / alles ordnen liesse / als namen wir unsere leute dazu an / und schaffete er die fünfzig knaben. Wir machten ihn auch zum fürnemsten [153] unter den vier und zwanzig Rittern: da wir dann mit grosser můhe und gedult ihm beibringen musten / wie er tanzen solte. Alle die andere aber / neben denen von der musik und den fakelträgern / waren auf unserer seite /und wusten / was wir fůrhatten: die es auch so glůcklich ins werk gestellet / wie es am tag ist. An der belohnung aber / welche unsers wirtes sohn von dem König für seine erfindung bekommen wird / begehre ich keinen antheil zu haben.

Es solte mir doch leid seyn / (sagte Aramena) wann er dieser wegen zu unglůcke kåme / und ihm seine freigebigkeit so übel gelingen solte. Hierauf dankete sie den Tharsis nochmals sehr hoch / fůr den dienst /den er ihr erwiesen. Ahalibama sagte gleichfalls zu Ephron: Er habe hierinn abermals die probe einer ungemeinen brůderlichen liebe blicken lassen / und damit ewigen ruhm zum dank verdienet. Weil sie unter wårenden diesen gespråchen merketen / daß Elieser einschlummerte / liessen sie ihn allein / und begaben sich in ihre gemåcher: willens / auch selber diesen nachmittag nachzuholen / was sie die vorige nacht versaumet hatten.

Indem aber Aramena sich auf ein ruhbette lagern wolte / sahe sie zwei frömde Damen in ihr gemach eintreten: die ihr gleich erstes anblicks nit unbekant fůrkamen. Bald erkennte sie die eine / fůr Ardelise /des K \nigs von Hemath tochter. Weil sie nun dieselbe für gewiß todt zu seyn vermeinet / als ůberfiele sie / bei dieser unvermuteten ansichtigung / mehr schrecken als freude: dannenhero sie etwas zurůck tratte /und mit ihren gebärden / wie bestürzt sie wäre / genugsam erwiese. Ardelise hingegen trate fort / bis sie dieser ihrer freundin so nahe kame / daß sie dieselbe umarmen kunte / zu deren sie zugleich sagte: Wie nun / Aramena! kennest du deine [154] Ardelise nicht mehr? Ach Ardelise! (antwortete die erfreute Aramena) ist es müglich / das du lebest? Ja / liebste freundin / (wiederholte die andere) du sihest mich noch unter den lebenden / und zwar neben dieser Prinzessin mit der hoffnung / deines schutzes zugeniessen. Aramena fragte hierauf nach dem namen ihrer gespielin / und erfuhre / daß es Amorite / des Teutschen Fürsten Suevus tochter und die vermeinte Königin von Hemath wåre. Nachdem sie hierauf auch diese Prinzessin gegrůsset / wandte sie sich wieder zu Ardelise / und konte ihre verwunderung noch nicht gar bezwingen /sie lebendig zuwissen. Ardelise versprache / ihr bei gelegener zeit alles zu erzehlen / und bate sie daneben / daß sie ja keinem menschen ihren und der Amorite stand offenbaren wolte / weil daran ihr leben hinge. Doch berichtete sie vor dißmal / wie daß der Fůrst von Sepharvaim sie bei Engamin ůberfallen / und nachgehends / als er seinen irrtum erkant / daß er an ihrer person gefehlet / sie beide mit ihren leuten hieher nach Bethera führen lassen. Sie wolten ihren weg nach Mesopotamien långst fortgesetzet haben / wann sie nicht auf die genesung ihres fůhrers / der bei des Tharsis einfall verwundet worden / hätten warten můssen. So mangelte es ihnen auch an reise-mitteln /also daß sie nicht wüsten fortzukommen / wann das glück ihnen nicht håtte die Aramena zugeschicket /welche sie hierinnen nicht lassen würde.

Alle meine haabe (antwortete die grosmůtige Aramena) ist zu euren diensten / und hoffe ich euch auch eine gefårtin abzugeben: dann ich den edlen Tharsis zu bereden vermeine / daß er mich vollends gar nach Ninive in der Diana tempel geleite / damit ich einmal den zweck erreiche / von welchem bisher mich so viele widerwärtigkeiten zurůcke gezogen. Wann du aber nur / (sagte [155] Ardelise) den rechten fůhrer bekommen hast. Wie so? (fragte Aramena) solte ich dem Tharsis nicht trauen d \rfen? Merkest du dann nicht /(erwiederte die Prinzessin von Hemath) daß Tharsis dich liebet? Woher komt dir dieser wahn / (fragte Aramena hinwiederum) da ich hiervon das geringste nie gespůret? Und wie solte er auch hierzu kommen /da er ja gesehen / wie ich den Prinzen von Sichem so veråchtlich gehalten: der doch vor ihme / wann ich einen menschen lieben könte / billig zu wehlen wåre. Es ist gleichwol nicht anderst / wiederholete Ardelise) und hat es mir sein waffentråger der Hadat gesaget /der uns hieher bringen můssen / mit dem ich ongefår ůber nennung deines namens in kundschaft geraten. Du hast dich demnach wol fůrzusehen: massen ich ihn beschreiben h \ren / daß er sehr frech und übermütig /ja ůbermåsig kühn seyn soll. Du machest mir angst mit diesen reden / Ardelise! (sagte hierauf Aramena) doch wil ich hoffen / es sei nur Hadats einbildung gewesen; und es werden ja die g \tter mich so hoch nit straffen / daß ich mit dieser neuen marter solte beleget werden.

Unter solchen gespråchen / trate Tharsis zu ihnen in das zimmer / und diese beide Damen fůr diejenigen / welche er für etlichen wochen an stat Aramenen angetroffen / erkennend / grüssete er sie gar freundlich. Aramena / seinem frage-fůrwitz vorzukommen / sagte ihm: Wie daß sie so glůckhaft wåre geworden / zwo von ihren alten bekantinnen anzutreffen. Der Fůrst aber fragte gar nicht / wer die beide wåren oder wie sie hiesen: weil er um nichtes anders / als um Aramena / sich anname / deren sch \nheit ihn je mehr und mehr meisterte. Er meldete der Prinzessin fůr dißmal an / wie daß das abendessen bereitet wåre / und fragte / ob ihr gefiele zu [156] befehlen / daß man es herein brächte? Sie / nachdem sie dem Fůrsten fůr diese můhewaltung h \flich gedanket / sagte wider ihm: Er lasse ihre person ihme gar zu angelegen seyn; Sie wůrde ihm aber ewig verbunden bleiben / wann er zu allen den guten diensten / ihr noch diesen erwiese / und nåchsten tags nach Ninive sie begleiten liesse. Ich bin (sagte sie) eine geheiligte jungfrau in der Diana tempel daselbst / und muß auser demselben viel zu grosse angst erdulten / weil ich des Hemors so wol als meiner Eltern verfolgung aller orten zu fürchten habe /und also nicht eher sicher seyn kan / bis ich in dem schutz der g \ttin mich wissen werde. Tharsis wurde /indem sie also redete / bald roht / bald bleich / und antwortete so unordentlich / daß sie ihn nicht verstehen kunte: woraus sie dann erkennte / das Ardelise wahr geredet. Demnach wolte sie ihrem begehren nicht weiter nachsetzen / damit sie nicht eine antwort von ihm h \ren müste / die ihr seine ihr-unangeneme meinung deutlicher erklären m \chte. Ihre unruh aber zu verbergen / sagte sie: Sie m \chte gern mit der Fůrstin von Seir und diesen ihren zwo bekantinnen alleine speisen / weil sie noch sehr müd wäre. Der verliebte Tharsis gienge hierauf wieder von ihr / und liesse durch etliche slaven das abendessen hinein bringen / welches auf das statlichste zubereitet war. Inzwischen kame Ahalibama auch hinein / deren dann Aramena ihre beide gäste fůrstellete / und derselben stand und namen ihr heimlich offenbarete / weil Ardelise und Amorite dessen zufrieden waren. Diese beide Prinzessinnen / beschaueten die sch \ne Fůrstin von Seir / als von deren sie so viel gutes geh \ret / mit grosser begierde / wurden auch von ihr hinwiederum mit bezeugung grosser leutseligkeit entfangen. Weil aber Aramena / wegen der erkanten liebe des Fürsten von Sepharvaim / in [157] neue unruhe gesetzet war; Ahalibama / indem ihr Elieser so heftig erkrankte / über ihrer freiheit auch nicht volkommen fr \lich seyn kunte; Ardelise und Amorite aber / wegen ihres unvergnůgten zustandes / traurig waren: als wurde die malzeit in aller stille verrichtet.

Nachdem die aufgehoben worden / und die Prinzessinnen von der slaven aufwartungen sich befreiet sahen / entdeckete Aramena ihre neue sorge der Fürstin von Seir / und bezeugete ihre beängstigung / um daß sie nirgend aus wuste / weil sie des Tharsis hůlfe / in den tempel der Diana zu gelangen / sich nicht gebrauchen k \nte. Ahalibama als sie sich auf ein anderes besonnen / bote ihr des Fůrsten Ephrons dienste an: den sie auch alsobald in ihr zimmer holen liesse /und mit ihme hierüber / auch wegen ihrer eigenen reise nach Seir / sich beredete. Ephron fande auf Aramenen seite grosse beschwerlichkeit / woferne sie ihr nicht gefallen liesse / mit nach Seir zu gehen: dahin sie morgendes tages / ungeachtet des Eliesers schwerer unpåßlichkeit / weil ein längerer verzug in Bethera fůr sie zu gefärlich / miteinander fortzureisen entschlossen wären. Wofern aber die Prinzessin von Chaldea diesen schluß mit fassen würde / wåren sie måchtig genug / dem Tharsis sich zu widersetzen /wann der ihre reise hintern wolte. Diese antwort Ephrons brachte Ahalibama der Aramenen gleich zurücke: die dann lange nicht hierzu sich wolte bereden lassen / weil sie sich fůr der Ahalibama fraumutter fůrchtete / als die niemals ihre entschliessung / in der Diana tempel zu gehen / ihres bruders wegen / billigen wollen. Doch muste sie endlich denen von Ahalibama eingefůhreten wichtigen ursachen weichen / und zu dieser reise sich bequemen.

Der verliebte Tharsis / so von dieser entschliessung [158] nichts wuste / quälte sich die ganze nacht hindurch /wie er es in seiner liebe anschlagen solte: bei deren er so viele hinternůsen nicht vermutet hatte / weil ihme vorher unbewust gewesen / daß Aramena sich der Dianen verlobet. Weil er aber mit länge der zeit hoffen kunte / daß diese Prinzessin von ihrer abg \ttin ab-und ihr der reine gottesdienst / den seine K \nigin / die Delbois von Ninive / fast mit ihrem ganzen hofe /wiewol heimlich / angenommen hatte / beizubringen seyn m \chte: als fiele ihm endlich dieser entschluß bei / weil er ihr von seiner liebe noch nichtes gesaget /dieselbige gegen ihr zuverbergen / und sie allein zu bereden / daß er sie nach seiner K \nigin / die jezt auf der reise nach Damasco begriffen war / bringen d \rfte; da er dann nach und nach ein mehrers von ihr zu erlangen verhoffete. Wie nun der tag angebrochen /liesse er sich bei Aramena anmelden: die gleich im werk war / von Ardelise und Amorite / als welche ihren weg nach Mesopotamien nun fortsetzen wolten /abschied zu nemen / gleichwol ihm diese besuchung nicht abschlagen konte. Sie sagte ihm sobald sie ihn ansichtig worden: Sie håtte ihre meinung geåndert /sie wolte ihm die mühe nicht machen / mit ihr nach Ninive zuziehen / sondern die Fůrstin von Seir begleiten. Hierauf dankete sie ihm nochmals / fůr alle die grosse bemůhungen / die er ihrentwegen ůbernommen. Tharsis kunte sich so wol nicht verstellen / daß seine gemüts-bestůrzung über diesem unvermuteten anbringen nicht wåre hervorgetretten. Doch erholete er sich bald wieder / und finge an / alles herfür zu suchen / was ihn kräftig důnkete / sie zubereden / nach seiner K \nigin zu kommen. Die gefårliche reise nach Seir / die ferne von Dedan bis Ninive / und tausend andere einwůrfe / brachte er ihr fůr / daß sie sich fast bereden lassen: wann nicht Damasco [159] vor sie / wegen ihrer eltern / gar zu gefårlich wäre erachtet worden.

Sie stunde noch an / was sie thun wolte / als Ephron mit der Ahalibama ganz erschrocken zu ihr kamen / und diese unverhoffte zeitung brachten: der Fůrst von Thapua / der Beri / wäre in die stadt gekommen. Dieserwegen nun hielten sie vor h \chst n \tig / hinweg zu eilen / bevor der Beri ihr daseyn erfuhre: massen sie aus seinen vorigen thaten wol kunten schliessen /was sie sich würden zu ihm zu versehen haben. Demnach machten sie / zu ihren aufbruch / alles fårtig. Als sie aber den Elieser eben auf den wagen heben wolten / Tharsis unschlůssig war / wie der Aramena reise zu verhindern wåre / und diese Prinzessin eiligst etliche kleinodien der Ardelise zuwurfe / deren sich auf der reise zubedienen: da wurde unvermutlich ihr haus von den bůrgern der stadt berennet / und sahen sie sich allenhalben gefangen / daß sie unmůglich davon kommen kunten. Der erhizte Tharsis entschlosse also fort /mit gewalt durchzubrechen: rieffe demnach den seinigen zu / welche drausen mit auf der gassen hielten /sie solten zur wehr greifen. Als er nun sich / neben der Aramena / auf einen wagen gesetzet / liesse er das thor \ffnen / und rannte also mit ihr durch das volk: da er dann alles / was sich ihm entgegen stellete / niedergesäbelt. Ephron wolte zwar / mit der Ahalibama /dergleichen thun: aber sie vermochte nicht ihren Elieser zuverlassen.

Indem sie nun so unschlüssig als beångstigt hierüber verweilten / sahen sie die Beri / von vielen soldaten begleitet / in ihr zimmer / darin sie noch beisammen waren / ankommen. Ahalibama ginge ihm unerschrocken entgegen / und sagte: welcher gestalt sol ich den fůrsten Beri entfangen? als einen Vatter meines Eliesers / oder [160] als dessen verfolgern? Als meinen freund und beschützer / oder als meinen årgsten feind / der mir das erst-abgeworfene joch der dienstbarkeit wieder anwerfen wil? Die Fürstin Ahalibama (antwortete Beri) wird mich vor ihren und meines K \nigs gehorsamen diener erkennen / der nichtes als seines bruders und herrn båstes suchet / dessen gnade er aller anderer freundschaft / sie habe namen wie sie wolle / vorziehet; der zu dem ende hieher kommet /des Eliesers und Ephrons bubenstücke abzustraffen /und seinem K \nig seine entführte braut wieder zuzuführen. Ach Beri / (sagte Ahalibama / mit augen voller thränen) ist es m \glich / daß ein vatter so reden kan / und das so wenig grosmut in euch wohnet? Sehet doch an / ich bitte euch darum / den armen Elieser / und habet doch mit diesem eurem sohn ein mitleiden. Er ist / (antwortete Beri / die augen von ihm wendend) so unwůrdig meiner erbarmung / daß ich ihn auch nicht einmal fůr meinen sohn mehr halten kan. Er ist so unglücklich / (gabe sie entrůstet zur antwort) euer sohn zu seyn / als ihr unwürdig seit / sein vatter zu heisen: und darf man sich gar nicht darüber verwundern / was ihr jezt beginnet / weil der geitz euch schon einmal dazu getrieben / eures sohnes verlobte braut einem unzůchtigen K \nig zuverkaufen. Diese worte (antwortete Beri /) sollen dem teuer werden / der sie verursachet. Damit befahle er / daß man den Elieser und Ephron in ein gefångnůs werfen / und sie als die gr \ste verråtere des reichs / wie solche buben / die den tod verschuldet / halten solte. Dieses bewegte die sonst-grosmůtige Ahalibama / mit einen fusfall den unbarmherzigen Beri um gütigern entschluß zu bitten: der aber von nichtes h \ren wolte. Also triebe sie die heftige liebe / daß sie zu Eliesern nochmals liefe / und ihn so vest in ihre arme einschlosse / [161] daß man sie lange nicht von ihm bringen kunte. Endlich geschahe solches mit gewalt / und schieden sie beide onmåchtig von einander: er aus grosser mattigkeit / und sie wegen innerster bekůmmernůs.

Indem kame die Prinzessin Aramena auch wieder zu ihnen / welche durch die bůrger von Bethera dem Tharsis ware abgenommen worden: der aber fůr seine person sich durch geschlagen / und mit seinen bei sich habenden davon gekommen ware. Der Beri erfreuete sich über ihre wiederkunft zum h \chsten / weil er zu Thapua des Prinzen Hemors liebe gegen ihr erfahren /und durch dieses glůck sich bei vatter und sohn kunte beliebet machen. Demnach grůssete er sie gar h \flich: die aber ganz aus sich selber ware / und bate / daß man sie bei der Ahalibama allein lassen m \chte. Solches ward ihr vergönnet. Aber mit der trostlosen Fůrstin von Seir hatte man genug zuthun / sie wieder aufzubringen: das doch zu nichtes halfe / als ihre qual ihr um so viel empfindlicher zu machen. Der Beri kunte dem himmel nicht genug für sein erlangtes glück danken / das ihme der Landpfleger von Bethera zuwege gebracht. Dann dieser hatte / die ankunft der beiden s \hne des Beri mit der Ahalibama / erfahren /und solches gleich dem Beri nach Thapua zu wissen gemacht: der alsofort den schluß gefasset / sie anzuhalten / und ihre weitere flucht zuhintern. Weil ihme demnach alles also nach wunsch gelungen / schickte er unverlångt einen ab / an den König seinen bruder: diese erfreuliche zeitung ihme anzukünden / und seinen befehl einzuholen / wohin er die Prinzessinnen solte bringen lassen. Der bote kame am dritten tag wieder; und zwar von Salem / allwo er den K \nig und Prinzen angetroffen / die dahin von Thanac gekommen waren. Sie kunten die freude des Sichemitischen[162] hofes nicht gnugsam beschreiben / die sie ob dieser wieder erlangung der Prinzessinnen gesch \pfet: da sie zuvor / dieses verlustes wegen / schier von sinnen kommen wollen. Der K \nig liesse den Beri bitten /unsäumig zu ihme nach Salem zu kommen / und den dank / den er ihme fůr diesen guten dienst schuldig /selbsten abzuholen. Also musten die Prinzessinnen /zu dieser betrübten reise / sich gefast halten. Weil Salem nicht weit vom Jordan lage / alda bei Ennon eine sichere überfart ware / als wolten Ardelise und Amorite mit dahin reisen.

Kaum ware die sonne wieder herfür gebrochen / da verursachete das gerassel der wägen / und das toben der pferde / daß sie alle an ihre unglückselige abreise gedenken musten. Also sahe Ahalibama kein mittel mehr / des Beors erzürntes angesicht zuentfliehen; noch Aramena die gelegenheit / des verliebten Hemors anwerbungen zuentkommen / und die tausend vorwůrfe der Calaride und des alten Thebah zu vermeiden. Demnach ergaben sie sich gedultig darein /was ihr unglůcksstern ihnen nun wieder bestimmet hatte / und gingen beide an das fenster / um alles /was auf der gassen fůrginge / anzusehen. Dazumal kame eben der unglůcklichen Ahalibama ihr Elieser in die augen / den sie neben seinem bruder auf einem wagen mit angeschlossenen hånden und fůssen / und mit so erblasseten angesicht / daß er mehr einem todten als lebendigen änlich ware / sitzen sahe. O ihr g \tter! (rieffe sie /) k \nnet ihr dieses unrecht zulassen / und diese tyrannei erdulten? Damit wendete sie das angesicht hinweg / um ihren Fürsten in so schimpflicher gestalt nicht långer zusehen: ward aber bald wieder anders sinnes / und sahe sich um nach ihme /funde ihn doch nicht mehr / weil er schon fortgeführet worden. Deswegen nun liesse sie ihren thrånen den[163] lauf / die von so vielen angstklagen begleitet / ihr die wangen herabschossen / daß es erbårmlich zusehen war. Beri funde sie in solchem zustande: gegen deme sie dann ganz keine ehrerbietung mehr zeigete / sondern ihme die årgsten worte gabe / so ihre grosse ungedult nur aussinnen mochte. Also ward sie zu wagen gebracht / da Aramena / Ardelise und Amorite sich bei ihr setzeten / die anderen aber ihnen nachfolgeten. Sie wurden von einer starken wacht des Beri und des Landpflegers von Bethera begleitet / damit nicht wieder ein anschlag auf sie gemachet werden kunte. Der Beri bliebe selbst nahe vor dem wagen / um seine edele beute nicht zuverlieren / die ihme am Sichemitischen hofe glůckselig machen solte: und schätzete er solches h \her / als das wolergehen seiner eigenen kinder / welches er hintan setzete / und unterdruckte / um das seine empor zu heben.

[164]
Das Zweyte Buch
Geschichte des Apries und der Amorite
Geschichte des Apries und der Amorite.

Als die streitbare v \lker / die Celten und Teutschen /[169] unter dem tapfern K \nig Marsius / in Canaan kamen /und mit unbeschreiblichem glůcke / die K \nigreiche Basan / Moab / und des landes der Amoriter / sich bemåchtiget: wurde ihm der König Jobat von Hemath /mein herr vatter / auch dienstbar / also daß er von dem König in Syrien / unter dessen schutz er vor diesem gesessen / sich unter den Marsius begabe. Zu beståtigung des bundes / vermålte er sich an eine teutsche Fürstin / die Sonna / die dem K \nig Marsius nahe befreundet / und des berümten Fürstin Suevus schwester war: von der seind meinem herr vatter /zwei s \hne und ich / gebohren worden. Der jůngste von diesen ware Apries / und der ältere heiset Bileam: zu welchem ich / wegen seines unartigen gemůtes / ja so grossen widerwillen trage / als herzlich ich den andern liebete. Dieser truge auch / von kindheit auf / ein gleichmåsiges herze gegen mich: also daß wir wol eine seele in beiden leibern gehabt / und nie von einander seyn k \nnen / so oft wir gelegenheit gehabt /einander zu sehen.

Wie nun Jobat nach nichtes mehr trachtete / als diese beide s \hne von jugend auf wol zu erziehen: als wurde Bileam nach den K \nig Melchisedech geschicket / alda in der hohen schul zu Kiriat Sepher erzogen zu werden. Apries kame / auf inståndiges begehren unserer fraumutter bruder / an den K \niglichen hof nach Basan / und hatte die gelegenheit / neben dem jungen Prinzen Marsius / und dem Daces des K \nigs vettern / alles zu lernen / was einen Fürsten zu wissen wol anstehet. Dieser hof / war dazumal einer von den berümtesten / und die Prinzessin Mirina des K \nigstochter / neben gegenwårtiger Amorite / des Fůrsten Suevus tochter / die er mit Ogire der lezten Amoritischen Prinzessin gezeuget / waren daselbst die zwei gepriesene [170] sch \nheiten / welche ganz Basan anbetete. Der Amorite herr vatter / so zu Hesbon und Hazezon Thamar statthalter war / muste immer bei dem K \nig Marsius zu Basan seyn: welcher ihn so wehrt hielte /daß er auch im willen hatte / den Prinzen seinen sohn dermaleins an die Amorite zu verheuraten. Dieser gunst genosse auch Apries / dem der K \nig um des Suevus willen alle gnade erwiese. Weil nun dem fürbilde des K \nigs der ganze hof folgete / als sahe sich mein bruder / nicht allein beim K \nig und der Königin / beim K \niglichen Prinzen und der Prinzessin /in gnaden / sondern auch von allen anderen geliebet.

Er mochte damals / wie er nach hof kame / etwan fůnfzehn jahre haben / und ware für ein mannsbild ůbersch \n von der natur geschaffen. Das aber an ihm merkwürdig / so gleichete er so sehr der Amorite /daß man sie beide eher für geschwistern halten können / als ihn und mich / die wir einander nichts änlich sahen. Dieses / neben anderen verborgenen anreitzungen / verursachete / daß Apries sich immer zur Amorite hielte / alles mit derselben in raht stellete / bei allen begebenheiten ihr aufwartete / und eine so fåste freundschaft mit ihr machete / daß die nachgehends nichts / als die daraus entstandene liebe / verändern kunte. Amorite / ob sie wol mit ihm gleiches alters /ware doch viel ståmmiger / und wuste / als von kindheit auf an einem so grossen hof erzogen / meinem bruder viele lehren und unterricht zu geben. Dieses räumte ihr fast eine mütterliche macht ůber ihn ein: daher sie gewohnte / mehr eine treue sorgsalt für ihn /als einige hochachtung seiner person / zu hegen; und gedachte sie damals an nichtes weniger / als an die liebe / mit der sie nachgehends an ihn verknüpfet worden.

[171] Ihr muste / wie gesagt / der K \nigliche Prinz Marsius, auf befehl des K \nigs seines herrn vattern / aufwarten: das dann vor sie eine vorteilhafte sache ware /weil dieser junge Herr / neben seinen hohen stand / an geschicklichkeit und tugend wenig seines gleichen hatte; daher er auch / bei der Amorite / nicht unbillig in betrachtung gekommen. Weil er aber bei lebzeiten seines herr vattern nicht heuraten wolte / zudeme auch eines viel zu kriegerischen gemůtes war / als daß er /bevor er sich in kriegen versuchet / an das heuraten hätte denken sollen: als war diese liebe nicht von den håftigsten / auch nicht so fåst gestellet / daß man darum die Amorite / als kůnstige K \nigin von Basan /solte angesehen haben; sondern es beruhete alles noch auf dem erfolg der zeit / und bestunde in grosser ungewißheit.

Nachdem nun mein bruder eine gute zeit sich zu Basan befunden / wurde einsmals von dem Prinzen Marsius / auf seines herr vattern geburtstag / ein grosses Fest angestellet: zu welchem uns der Kqnig auch einladen liesse / und kamen wir hin gen Basan / diesen freuden beizuwohnen. Die vergnůgung / die ich und Apries einander wieder sehend entfunden / ist leicht zuermessen / wann man sich fůrbildet / daß niemaln geschwistere / wie wir / einander geliebet. Ich hatte dazumal am ersten das glück / die Amorite zu sehen: welche dann sich gleich auch gegen mir so gůtig erwiese / daß ich sie lieben muste / allermeist wie ich die grosse vertråuligkeit warname / mit der sie meinen bruder begegnete. Ich muß aber ein wenig beschreiben / welcher gestalt des K \nigs geburtstag gefeiret worden: weil etwas darbei fůrgegangen / das zu meiner erzehlung gehöret.

Es ware auf dem lustigen berg Hermon / ein ebenes weites wiesenfeld zubereitet / welches rund umher mit [172] Cypressen bewachsen / tausend schritte in die långe /und eben so viel in die breite hatte. An dem einen ende / nahe vor einen dicken wald / ward ein gerůste für die K \nigliche personen und das frauenzimmer aufgerichtet. An diesem ort begaben wir uns / nach verrichtetem Gottesdienst / welchen wir / in dem darbei gelegenen walde / nach sitte der Teutschen begangen hatten: da die Druyden / als unsere priester / fůr das leben ihres K \nigs viele opfer geschlachtet. Nachdem der K \nig Marsius / mein herr vatter / und der König von Ammon / welcher neben seiner hofstatt auch zu dieser lust geladen worden / auf die eine seite des gerůstes sich begeben / und die drei Königinnen die andere hälfte der bůhne eingenommen hatten: setzete sich / unter ihnen eine staffel niedriger / die junge Prinzessin Mirina zwischen die Amorite und mich ein / da mir zur andern hand die Prinzessin von Ammon kame / und darauf alles das andere frauenzimmer folgete. Die beide seiten dieser weiten Aue wurden von vielen tausend personen / die da zusehen wolten / bekleidet.

Nachdem wir nun alle dergestalt uns gelagert / erschalleten von weiten die trommeten: welche endlich nåher kamen / und den aufzug des Prinzen Daces auffůhreten. Dieser ware gekleidet nach art seiner landsleute / wie sie in ihrem lande sich tragen: welches dann mehr wild als zierlich aussahe / diesen herrn aber dennoch nicht verunzierte / als deme alles wol anstunde. Er lenkete seinen wagen / auf dem er sasse /mit so guter art / daß jedermann ihn priese; und folgeten ihm / auch auf wägen / zw \lfe von den edelen aus Basan / die gleich ihme gekleidet / und ihrem fůhrer an guten wesen nichtes nachgaben. Wie nun diese etliche mal im kreis umher gefahren / und sich endlich an die eine seiten gestellet / kam der andere haufe: welchen der Prinz von Ammon fürete / [173] und mit seinen bei sich habenden Ammoniten in Egyptischer kleidung erschiene. Hierauf fürete den dritten haufen mein bruder / der dann / wegen seiner sch \nheit / aller augen an sich lockete. Er war wie eine Gorgonierin gekleidet / welche kriegerische weiber seyn sollen: man hätte ihn aber eher fůr eine Venus angelehnt /solche holdseligkeit liesse er blicken. Zwölfe von den jůngsten und schönsten edelen aus Basan / begleiteten ihn in ebenmåsiger tracht. Als er fůr uns fürbei fuhre /grůssete er das frauenzimmer mit so guter art / daß er viele zuruffungen / um gutes glůck zu haben / von uns allen entfinge. Als nun dieser auch platz gemachet /kame der lezte aufzug des Prinzen Marsius: der wegen der vielen diamanten und anderer edelsteine / mit welchen er bezieret / solchen glanz von sich gabe / daß er die augen blendete. Aber sein majestätisches wesen schiene unter diesem pracht so herrlich herfür / daß man ihn auch / ohne diesen grossen schmuck / håtte bewundern müssen. Er erschiene mit den seinigen /als Assyrier: als wolte er damit seinem herrn vatter vorbedeuten / wie ihn verlange / die Assyrische kron einmal aufzusetzen.

Nach diesen ginge der luststreit an / da zween und zween gegen einander rennten / und mit wurfpfeilen einer auf des anderen schild traffe: da dann der gewanne / welcher von seinen pfeilen die meisten anzubringen vermochte. Die schilde waren also zugerichtet / daß die pfeile gar leicht konten darin stecken bleiben. Es ist aber solches nicht so leicht zu vollbringen / als zu erzehlen: massen die hurtigste geschwindigkeit dazu erfordert wird / und müssen sie den zügel /mit dem sie die pferde regiren / in eben der hand führen / auf welchen ihnen die schilde ligen / da sie dann leichtlich durch einen unfůrsichtigen ruck alles versehen und verderben k \nnen. Prinz Marsius [174] und mein bruder / waren die ersten / die auf einander rennten: denen aber das glůck gar unterschiedlich fugete. Dann der Prinz von Basan brachte zu dreyen malen / da sie gegen einander fuhren / einen pfeil in des Apries schild: Dieser aber fehlete / weil der Prinz / ob er schon nach dessen schild sehr wol zielete / in diesem ritterspiel so wol unterrichtet war / daß er sich meisterlich wenden / und des Apries wurfe ausweichen kunte. Hierauf rennte einer von des Marsius leuten mit meinen bruder / und eine Gorgonierin mit dem Prinzen: worauf die übrige alle ihren rand auch verrichtet. Prinz Marsius bracht alle seine pfeile wol an /und behielte hingegen seinen schild ganz frei: da alle die andern / zeichen ihres verlustes auf den ihrigen fůhreten / und fůrnemlich mein unglůckseliger bruder seinen schild mit den meisten pfeilen bestecket zeigete.

Die junge Prinzessin Mirina / welche sehr kriegerischer natur / sagte zu der Amorite / als sie des Apries unglůck sahe: Ich sehe / daß Apries der weiber ehre ůbel verfechtet / ich håtte es bässer wollen machen /als er. Amorite antwortete ihr: Apries wåre noch ein junger herr / und noch nicht so geübt / wie die anderen; habe sonsten ja so fein und zierlich das seinige gethan. Diese schutzworte bewegten mich / der gutherzigen Amorite zu danken, daß sie meines armen bruders sich so wol angenommen. Mirina kunte gleichwol / ihn zu verachten / nicht ermüden / unangesehen ich als seine schwester dabei ware: dañ ihre jugend und freies gemůt ihr allen zwang bename. Sie machte es aber soviel / das sie und Amorite deswegen ein starkes wortwechseln begunten. Der Prinz Daces /und Baalis des K \nigs von Ammon sohn / singen damit ihr rennen auch an: und wil ich mich bei denen nicht lang aufhalten / dann keiner vom [175] andern einigen vorteil gewonnen. Kurz! allein der Prinz Marsius brachte seinen schild unverlezt davon: daher er auch den preis erhielte / welchen die K \nigin seine stieffraumutter aufgesetzet hatte / das dann ein ůbersch \nes kostbares kleinod ware.

Mitlerweile nun / als nach endigung dieses luststreites / der K \nig dem Prinzen ansagen liesse / an die bühne zu kommen / und den preis von der Königin zu entfangen / besahen die Damen / so zu nåchst um die Königin sassen / das kleinod / und solches hochpreisend / sprache eine zur andern / daß selbiges der Prinzessin Amorite gewiß wůrde zu teil werden: welches sie dann auch selber ihr einbildete / weil bei dergleichen Ritterfesten gebråuchlich / den gewinst einer Dame zu geben. Der Prinz aber / nachdem er das kleinod von der K \nigin Hand entfangen / welches mit verwandelung und unruhe seines gesichtes geschahe / dessen ursach doch niemand ergrůnden kunte / ginge er uns sämtlich geschwind fůrbei / und begabe sich nach den andern Rittern / ohne an die Amorite zu gedenken. Sie err \tete hierüber / und ich kunte nicht lassen / sie anzusehen: Jederman wurde still / und niemand wuste / was er hiervon solte urteilen.

Die anderen Prinzen und Ritter kamen indem zu uns / und wie der Apries sich zur Amorite gesellet / ja so beschåmet ůber seinem unglück / als sie war über der erwiesenen kaltsinnigkeit des Prinzen / sagte er zu ihr: wie ungleich gehet es doch in der welt daher! Mir hat das gluck nichtes gegeben / da ich es doch båsser wolte anwenden / als der Prinz Marsius. Als hierauf Amorite fragte / wie er das meinete? sagte er ferner: daß sie es haben sollen / wann er gewonnen håtte. Mirina solches h \rend / sagte: Der himmel hätte ihn fůr dieser freigebigkeit bewaret / massen der gewinn noch gar weit von [176] ihme gewesen. Diese worte verh \neten den Apries dermassen / daß er ganz betrůbt wurde. Amorite aber / die sich seiner wolte annemen / sagte zu der Mirina: hat der Prinz von Hemath heute nicht so viel glůck gehabt / wie der Prinz von Basan / so erweiset er dennoch wol so viel höflichkeit. Die Prinzessin seine schwester wurde hierdurch erzürnet / rieffe dem Daces / und befahle ihm / daß er ihren bruder seiner gebůr solte erinnern: der solches eiligst ins werk stellete / den Prinzen lang suchete / und endlich im holz von allen abgesondert fande / da er sich mit einen anderen schluge: welcher mit unter seinem aufzug gewesen. Dieses antreffen machte ihn so bestůrzt / als den Prinzen ungedultig / weil er dadurch sich gehintert sahe / wider seinen gegenpart ferner seine sache auszufůhren. Er hielte aber ein / und sagte zu diesem / mit dem er sich geschlagen: Sie wolten ihren streit bis zu einer bequemern zeit versparen / inmittels gåbe er ihm sein Fůrstliches wort / ihn nicht zu melden / und solte er alle sicherheit an seines herrn vattern hofe haben.

Hierauf wandte er sich zum Daces / und h \rete an /was der ihme / seiner erwiesenen unhöflichkeit halber / zu sagen hatte. Wie er nun seinen fehler erkant / bereuete er solchen heftig / und eilete geschwind zurůcke: nachdem er den Daces beschworen / niemanden das zu sagen / was er im wald gesehen. Sobald er angekommen / überreichte er der Amorite das kleinod mit den h \flichsten worten von der welt. Sie / ob ihr zwar die vorige kaltsinnigkeit sehr verschmachete /also daß sie es anfangs gar nicht annemen wolte /muste es doch endlich thun / weil alle K \nigliche personen zugegen waren / und sonderlich ihre Fraumutter ihr winkete / den Prinzen nicht zubeschimpfen. Apries inmittels erblassete ganz hierüber / welches aus eiversucht geschehen / die ihme selber dazumal [177] noch unbekant ware. Weil auch Mirina nicht aufh \ren kunte /von seiner ungeschicklichkeit zu reden / und den Daces antriebe / ihn damit zuverhonen; wurde er aus ungedult bewogen / dem Daces zu antworten: Er hoffete in einem ernstlichen gefechte sich glůcklicher und geschickter zu zeigen / als er in diesem lustkampfe sich erwiesen. Hierauf fielen von beiden seiten so viel stichelworte / daß sie heimlich sich beredeten / bei erster gelegenheit einander / ohne einiges menschen wissen / mit dem degen ein genügen zu thun.

Wie wir nun wieder in Basan eingelanget / und dieses freudenfest mit einem herrlichen gastmal sich geendet / welches der K \nig Marsius etliche tage wären liesse / stelleten der junge Marsius und sein widerpart / wie auch der Daces und Apries / ins werk / wessen sie sich zusa en verglichen; und wuste unser keines davon / was diese hitzige junge leute mit einander für hatten. Wiewol sie nun einen verborgenen ort im walde darzu erwehlet / so schickte es doch der himmel / daß / in wårendem ihrem gefechte / von des K \nigs hofleuten etliche darzu kamen: die diese junge herren gleich von einander brachten / und den handel in ganz Basan ruchtbar macheten. Wir waren eben ingesamt bei dem K \nig / als einer diese zeitung brachte: und kan man gedenken / weil man noch nicht wuste / ob sie wieder voneinander wåren / wie der Marsius sich entsetzete / seinen einigen sohn / den er so herzlich liebete / in dieser gefahr zu wissen; und wie zornig er worden über den andern / der diese kůnheit begehen d \rfen / wider den K \niglichen Kronprinzen sich also einzulassen. Mein herr vatter / liesse mehr zorn und ungnade / als sorgfalt / fůr den Apries spůren. Der Fürst Trebetes / des Daces herr vatter / wolte stracks sich aufmachen / seinen sohn um diese verwegenheit abzustraffen. [178] Amorite erwiese grosse angst / die man billig fůr den Prinz Marsius ausdeuten muste: wiewol Apries auch sein anteil mit dabei hatte. Wie mir zu mut gewesen / kan ich nicht beschreiben / weil ich selbst nicht wuste / was ich thåte.

Mirina allein ware die kaltsinnigste: ob wol es sich hernach auswiese / daß sie am meisten hierunter begriffen war. Dann / mit wenigem dieses hiebei in meine erzehlung zu růcken / so ware der Prinz Ingerman / des Königs Marsius bruders sohn / der jenige /mit welchem der Prinz Marsius sich geschlagen. Dieser junge herr ware / für etlicher zeit / aus den Teutschen Landen angekommen / unbekant des Marsius hof zubesuchen: dann er daselbst / wegen der todfeindschaft / die zwischen dem Bojus seinem herr vatter / und dessen brudern dem Marsius ware / sich nicht kundt geben d \rfen. Also wuste niemand / wer er wäre / auser Mirina / die ihn sowol / als er sie / liebete. Sie waren aber in ihrem thun so heimlich / das niemand etwas davon innen worden / als der Prinz Marsius. Dieser / von grosmut getrieben / wolte nicht leiden / daß seine schwester mit deme in verträulichkeit leben solte / dessen vatter der Bojus ihrem hause so viel zu wider gethan / und den K \nig Marsius aus seinem vatterlande verjagt hatte. Demnach so wolte er dieses verwehren / und den Ingerman dahin bringen /ihren hof zuverlassen. Als aber der sich dessen weigerte / der Prinz Marsius hätte sich dann zuvor mit ihme geschlagen / und ihm also ein genügen gethan fůr den schimpf / den er von ihme / durch den verweis / wegen der liebe zu seiner schwester / entfangen: als verwilligte ihm solches der edele Prinz / und kame eben den tag / als das lustrennen gehalten wurde / mit dem Ingerman zusammen; der den gewinst davon zubringen ihm eingebildet / [179] und mit dieser erlangten ehre nachgehends Basan zu verlassen / entschlossen ware. Wie ihme aber dieses gefehlet / wurde er so unwillig und hitzig / daß er gleich an den Prinzen das begehrete / was er unlångst bei ihm gesuchet: das dann dieser tapfere herr ihm auch nicht länger versagen wolte. Weil aber Daces dazumal solches gestöret / als waren sie besagter massen wieder zusammen kommen / und hatten beiderseits / ungeachtet ihrer jugend / da jeder von ihnen kaum das zwanzigste jahr erreichet / so tapfer gefochten / daß sie / wann man nicht wäre darzu gekommen / einander würden aufgerieben haben. Es hatte auch mein bruder / der neben ihnen mit dem Daces ihm zuschaffen gemacht / weil er zum meisten beleidiget war / sich so wol gehalten /daß Daces selber nachmals / als sie wieder vertragen waren / ihn darum preisen muste.

Wie sie aber nun / auf befehl des K \nigs / von einander gebracht worden / da Trebetes / wie gesagt /selbst zu ihnen hinaus geeilet: musten sie alle viere vor den K \nig kommen. Es wurde ihnen von allen seiten ein verweis gegeben / und wolte Marsius mit gewalt wissen / wer der unbekante wåre: weil er aus diesem kampf wol vermutete / daß er was fůrnemeres seyn müste / als er fürstellete. Prinz Marsius wolte /aus angeborner grosmut / ihn nicht verraten. Er selber aber / von einer ungedultigen wut getrieben / bekante dem K \nig freywillig / wie daß er seines bruders und todfeindes sohn wäre: womit er eine solche bestůrzung bei allen erwecket / daß die umstehende nicht wusten / was sie sagen solten; worbey Mirina ohn unterlaß die farbe geåndert. Der König Marsius liesse seinen sohn / neben dem Suevus und Trebetes / in sein geheimes zimmer kommen: mit denen er ůberlegte / wie er sich hierin zu verhalten håtte. Weil [180] der Prinz Marsius / des Ingermans liebe zu der Mirina verschweigend und eine andere ursach ihres streites vorwendend / den K \nig heftig bate / desselben zuverschonen / und ihn seinem herr vatter dem K \nig Bojus wieder zuzuschicken: als fielen Suevus und Trebetes dieser bitte bei / und muste Ingerman darauf vor den K \nig kommen.

Nachdem die Prinzen in seiner gegenwart sich vertragen / befahle der K \nig / man solte den Ingerman bis an die gränzen seines reiches begleiten / und liesse durch ihn seinem bruder sagen: Er m \chte mit den seinigen auch so h \flich verfahren / wann dermaleins das glůck ihm einige derselben in seine hånde liefern wůrde. Mirina hatte keine gelegenheit / ihn fůr seiner abreise zusehen / dorfte auch nicht ihren bruder darum befragen / weil der alle gelegenheit meidete / mit ihr hievon zureden. Apries und Daces waren durch ihre eltern nun auch wieder verglichen / und verwiese man es dem Daces gar hoch / als man die ursach ihres streites innen wurde / daß er des K \nigs von Hemath sohne also begegnen d \rfen: Da hingegen mein bruder ein allgemeines lob erwarbe / wegen seines wolverhaltens / also daß ihme dieses zu mehrer ehre gereichete / als wann er den sieg in dem luststreit davon gebracht håtte.

Amorite und ich waren mit den Apries allein dieserwegen nicht zufrieden / daß er sein leben / daran mir so viel gelegen / und über welches ich / wie ůber alles sein thun / herrschen wolte / also in die schanze geschlagen. Dessen ungeachtet / bezeugete er uns /wie daß er mit deme / was vorgegangen / noch nicht zufrieden sey / und nicht eher in seinem gemůte zur ruhe kommen wůrde / bis er sich bei einem anderen lust streite geschickter erwiesen hätte: damit die Prinzessin Mirina nicht mehr ursach [181] haben m \gte / seiner zu spotten. Ich scherzete hierüber mit ihme / wie daß er der Mirina reden nur darum so entfindlich můsse aufgenommen haben / weil er sie liebete. Amorite aber thåte das wort für ihn: Mirina sey nicht für ihn /und sie m \chte auch ihn mit einem so wilden gemůte nicht beschlagen wissen. Er selbst / ob er schon / mit den höchsten ehrerbietungen von der welt / der Mirina gedachte / erwehnte jedoch / wie daß er sich ganz frei wisse von dieser gemůtsregung / die man liebe neñet.

Amorite liesse ihr solches wol gefallen / und vermanete ihn / ståts bei solcher meinung zu verharren /und nimmermehr sich einem solchen joche zu unterwerfen / das nur unruhe mit sich fůhrete. Die Prinzessin Amorite (sagte hierauf mein bruder / die farbe etwas ånderend /) wird diese unruhe / aus der erfahrung / noch båsser beschreiben lernen / weil der Prinz Marsius zweifelsfrei ursach dazu gibet. Der Prinz (antwortete sie /) erweiset in seiner liebe / die er mir erzeiget / so wenig unruhe / daß ich meyne / ich habe ebenfalls nicht n \tig / von derselbigen geplagt zu werden. Ursach dessen ist beiderseits / (wandte er wieder ein /) daß der Prinz raht weiß zu seinem anligen / und die sch \ne Amorite versichert ist / daß keine würdiger / als sie / eines so grossen Prinzen herze besitzet: dannenhero sie beide ohne sorgen lieben. Ich weiß nicht / was ich wert bin / (antwortete sie) kan auch nicht sagen / ob es der himmel also versehen / daß ich dermaleins dem Prinz Marsius zu teil werde. Dieses aber finde ich wol in mir / daß ich mit ja so freiem gemüte abstehen wolte / des Prinzen liebe anzunemen / wann meine eltern es mir anbefählen /als ich jezt solches aus ihrem geheis verrichte.

Diese und dergleichen kleine wortwechselung fůhre ich allhier zu dem ende ein / weil ich dieselbige damals [182] wol in acht name / und daraus abmerkete eine sonderbare verborgene zuneigung / die Amorite und Apries gegen einander trugen: welches sie zwar selbst noch nicht wusten / allermeist die Amorite / die an nichtes weniger gedachte / als dergestalt meinen bruder zu lieben. Apries hingegen liebete sie zwar herzlich: dennoch hatte selbiger zeit die vernunft bei ihme noch die oberhand / also daß er die unmůglichkeit und ihr bästes mehr betrachtete. Dann er wuste wol / wie daß er / als der jüngste Prinz in Reiche Hemath /keine hoffnung haben kunte / eine so grosse Prinzessin zu überkommen / (massen der Suevus so måchtig als der Amoriter K \nig war /) und diese Prinzessin /in vermålung mit dem Prinz Marsius / der mächtigsten K \niginnen der welt eine werden wůrde: welches er ihr / aus heftiger zuneigung / willigst g \nnete /zumal er auch / wegen noch-grůner jugend / an seine selbst eigene verheuratung noch nicht gedachte. Dannenhero unterliesse er niemaln / alles das beizubringen und zu thun / was er zu erhaltung und nehrung des Prinzen liebe dienlich erachtete. Wann Prinz Marsius zu ihr kame / entwiche mein bruder alsobald / um ihme nicht hinterlich zu seyn. Ware sie ausgespaziret / meldete er es dem Prinzen an / und zeigete ihm den weg / der ihn zu ihr fůhrete. H \rete er bei hof widerlich von dieser liebe und wahl des Prinzen reden / als wol zuweilen von etlichen geschahe / die der Amorite dieses glůck nicht g \nnten / widerredte er solches /und erwiese das gegenspiel. Wie gesagt / er stellete sich in allen also an / daß man ihn eher fůr des Prinzen Marsius vertrautesten in seiner liebe / als fůr seinen mitbuler / ansehen k \nnen. Dieser Prinz begunte auch meinen bruder immer wehrter zu halten / also daß nåchst dem Daces / er keinen so sehr als ihn liebete.

[183] Wie wir nun Basan wieder verlassen / und der K \nig mein herr vatter / auf des Suevus begehren /dem Apries noch ein zeitlang an des Marsius Hof zubleiben erlaubet hatte / kamen wir nach Hemath /eben um die zeit / wie dein herr vetter / liebste Aramena / mit dir uns besuchete: da deine geliebte gegenwart mir den kummer stillete / den ich / meinen bruder / und die Amorite nicht bei mir sehend / geschöpfet hatte; welchen ich sonsten damit tr \stete / wann ich von Basan alle wochen zeitung bekame / wie es ihnen daselbst erginge. Und ob wol um diese zeit Bileam / mein ältester bruder / bei uns ware / kunte dennoch der des geliebten Apries abwesenheit mich nicht vergessen machen.

Apries behielte inzwischen noch immer die begierde / sich in einem lust-streit fårtiger als das erstemal zu erweisen / dannenhero er sich auch tåglich darinn geůbet. Endlich stellete er ganz heimlich / daß niemand als Amorite wissenschaft davon hatte / auf der Mirina geburtstag / ein dergleichen rennspiel an: welches dem hofe um so viel angenemer und ansehnlicher fůrkame / weil man zuvor nichtes davon geh \ret hatte. Aber Daces beeiverte des Apries beginnen / weil er /wiewol ganz heimlich / die Mirina liebete / und also ohne eiversucht nicht sehen kunte / daß jemand anders / als er / dieser Prinzessin solche ehre erzeigete. Der junge Marsius war einer von den zuseheren: Aber Daces führte die andern rittere / so wider den Apries und dessen bei sich habende rennen solten. Cimber ein vetter des K \nigs / neben dem Tubal / (welcher der Amorite auch aufwartete / und sie so heftig als heimlich liebete /) waren die fürere vor dem dritten und vierten haufen.

Wie sie gekleidet / und was alles darbei vorgegangen / achte ich unnötig zu beschreiben. Genug wird es [184] seyn / wann ich dieses berichte / daß mein bruder den volkommenen sieg davon gebracht / und den preis /welchen er selber aufgesetzet / wieder gewinnend /solchen der Prinzessin Mirina ůberliefert. Es war aber selbiges ein k \stlicher wagen mit vier schönen Egyptischen pferden bespannet / und behånget mit einer statlichen Sidonischen decke / die mit perlen durchwirket. Jedermann bewunderte diese freigebigkeit /und Mirina erkennte sich dafür ihme hoch verbunden. Amorite sagte zu ihr: Der Prinz von Hemath dörfte nun nicht mehr gewårtig seyn / ihre verlachung zu erdulten. Dieses verh \nte sie zwar etwas; doch liesse sie sich das nit hintern / dem Apries nach als vor /wegen der ihr-erwiesenen ehre / hoch zu danken. Niemand achtete sich nun in seinem sinne glůcklicher /als Apries / das er sich auf so gute weise an der Mirina gerochen; und lobete der K \nig neben dem ganzen hof ihn dermassen / daß seine ehrsucht sich völlig konte vergnůget sehen. Weil es damals eben in der schönsten jares zeit ware / als hatte er noch ůberdas in lauberhůtten / dem frauenzimmer und ritteren / eine herrliche abendmalzeit zu richten lassen: deren der ganze hof / auser den K \nig und der Königin / beiwohnete. Nach geendeter malzeit / welches alles von des Apries freigebigkeit allein gezeuget worden / fingen sie auf der wiesen allerhand lustspiele an.

Unter anderen kame der mutigen Mirina in den sinn / ihren wagen / den ihr der Apries geschenket / zu versuchen: und wolte sie selber die pferde regiren / unangesehen dieselbigen sehr wild waren. Amorite muste /neben noch etlichen Damen / soviele nämlich der wagen auf einmal tragen kunte / sich darauf begeben. Anfangs / liesse sich dieses führen gar wol an. Als sie aber / denen ohne das-mutigen pferden / immer mehr zusprache / [185] huben selbige an zu laufen / also daß ihre schwache arme die zůgel nicht mehr halten kunten. Also ward endlich der wagen umgeworfen / mit nicht geringer gefahr der Prinzessinnen. Alle anwesende liefen eiligst hinzu / denen Damen in dieser noht bei zuspringen. Weil Amorite recht auf das gesicht gestůrzet war / und daher ganz sinnlos lage / gedachte mein bruder weder an die Mirina / dieselbe zu retten /noch an den Prinz Marsius / ihme die sorgfalt für seine Prinzessin zu ůberlassen / sondern eilete nur /der Amorite beizuspringen / und erwiese über ihren unglück eine solche traurigkeit / daß schwerlich ein verliebter sich håtte anderst anstellen k \nnen. Daces hingegen war beschåftig / die Mirina unter den wilden pferden wegzubringen: die aber ganz munter war /und über diesen handel lachete.

Weil nun Amorite allein hůlfe von n \ten hatte / als hatten sie sich alle um dieselbe versamlet. Der junge Marsius sahe das kleinod / welches er ehmals der Amorite gegeben / auf der erde ligen / so ihr ware abgefallen. Indem er aber solches aufheben wolte / kame ihm Cimber zuvor / der aus ehrerbietung solches verrichtete. Dieser / als er sich darnach gebůcket / wurde gewar / daß das kleinod zerbrochen / und ein bildnis heraus gefallen war / welches in dem kleinod verborgen gelegen. Kaum hatte er solches ersehen / da erkennte er solches / und wurde darob so bestůrzt als erfreuet. Er brachte dem Prinzen das kleinod / das bildnis aber behielte er in der hand / und wolte es nicht von sich geben. Weil aber der junge Marsius solches merkete / wurde er begierig / dieses bild zu sehen /zumal ihme Cimbers gebården etwas verändert fůrka men / und forderte es von demselben. Cimber aber weigerte sich / solches zu weisen / und sagte heimlich zu den Prinzen: wann sie beide allein seyn wůrden /solte er [186] schon erfahren / wie es mit diesem bildnis beschaffen wåre. Der junge Marsius aber wolte damit nicht friedlich seyn / sondern forderte es mit mehrerer heftigkeit: also daß Cimber / aus gehorsam / solches herfür geben muste.

Der junge Marsius erstutzete / das Bildnis einer Dame / so sch \n / als ihm die tage des lebens kein weibsbild vor augen gekommen / und um das gemälde / mit Assyrischen buchstaben / diese worte ersehend /die er laut herlase: Delbois Erbprinzessin von Ninive / Tochter des Königs BelOchus von Assyrien. Diese erkentnis seiner heftigsten feindin / machte ihn ihr sch \nes bild nicht hassen / sondern es erzeugte vielmehr ihr wunderschein in seinem gemůte eine hochhaltung / die mehr als gemein ware. Er fůhlete einen verborgenen streit in ihme / was er mit diesem bilde beginnen solte. Er sahe / daß Cimber sich auf alle weise vermerken liese / wie hoch ihme daran gelegen wåre / dasselbe zu haben. So wuste er auch /daß es der Amorite eigentlich zustůnde / deren er es /wiewol unwissend / geschenkt hatte. Gleichwol kunte er es beiden nicht wiedergeben / weil es ihm selber so überaus wol gefiele. In wårendem diesem selbstreit /ermunterte sich Amorite wieder. Weil sie aber / von der ausgestandenen onmacht / noch sehr schwach war / als wurde sie gleich nach Basan geführet / und dieser wegen die lust aufgehebet: wiewol man vor dem K \nig und Fůrsten Suevus heimlich hielte / was beiden Prinzessinnen begegnet.

Am folgenden tag nach dieser begebenheit / besuchete der junge Marsius die Amorite / und brachte ihr das kleinod wieder. Weil aber vorher mein bruder ihr alles erzehlet / was sich damit zugetragen / als forderte sie auch das bildnis / so darinn gewesen / dasselbe zu beschauen. [187] Der Prinz err \tete hierüber / und den Cimber ansehend / der mit ihm war hinein gekommen / sagte er: Mein vatter hatte vordessen dieses bildnis durch eine sonderbare begebenheit verloren / das ihme zugeh \ret; habe ich es also dem rechten herrn wieder gegeben / zumal nicht schicklich erachtend / daß eine sch \nheit der anderen bildnis tragen solte. So werde ich dann euch / mein vetter / (sagte Amorite zu den Cimber /) darum begrüssen müssen / daß ihr mir erlaubet / diese sch \nheit zu sehen / die ich so lang unwissend besessen. Hiermit name Cimber das gemålde herfůr / und solches der Amorite zeigend / berichtete er nach der länge / welcher gestalt er am Ninivitischen hofe / in einem ritterspiel / dieses bildnis / so zum preis aufgesetzet gewesen / gewonnen / nachgehends aber durch räubere wieder verloren håtte: Da aber /durch wunderliche schickung / dieses kleinod hernach an einen Arabischen kaufmann müste geraten seyn /der es der K \nigin Salamis verkaufet. Amorite beschauete diese schönheit mit ja so grosser verwunderung / als mit sonderbarer aufmerkung solches Prinz Marsius thäte: den man / von dem tage an / immer trauriger und in gedanken gehen / und seine angeborne munterheit in eine so fr \mde tiefsinnigkeit verkehrt sahe / daß der ganze hof solche änderung vermerkete.

Weil die liebe des K \nigs gegen diesen einigen sohn übergros war / und ihme also dessen treuerwesen nit lang konte verborgen bleiben / als merkete er solche veränderung nicht unter den lezten / und bemühete sich sehr / die ursach zu ergründen. Er wuste / daß keiner bei ihm sich mehr vermochte / als der Daces /und dessen vatter Trebetes / der seiner mutter bruder war / und deme er sein ganzes herz pflegte zu offenbaren. Diese nun musten des Prinzen gemüt ergründen / was ihme eigentlich [188] anligen möchte. Sie hatten aber nicht gleiches glůck: dann der sohn hierinnen viel mehr ausrichtete / als der vatter / und dieses von dem Prinzen brachte / wie daß er aus der Prinzessin von Assyrien ersehenem bilde diese unruhe gesch \pfet. Doch befahle er ihm / dem König allein dieses beizubringen / wiedaß seine můssige tage ihn jezt so traurig macheten / und m \chte solches sich bald verlieren / wann ihme / seiner belustigung nach / seine zeit in kriegesverrichtungen hinzubringen / erlaubet wůrde. Mein bruder / welcher nun ganz der Amorite ergeben war / erfuhre dieses zeitlich durch fleissiges nachforschen / und berichtete dessen diese Prinzessin: welche dann / von der zeit an / mit den jungen Marsius kaltsinniger umzugehen begunte / und aus angeborner grosmut kein solches herze zu besitzen begehrete / welches sich einer anderen schönheit lieber aufopfern wolte.

Nun hatte inzwischen der krieg / zwischen dem K \nig BelOchus von Assyrien / und dem K \nig Marsius von Basan / sich aufs neue wieder angesponnen: Da dieser lezte / sein altes recht an die Assyrische kron suchend / ein grosses heer auf die beine brachte /und dasselbige unter seinen schwager dem Fůrsten Trebetes nach Assyrien fortsandte. Das anhalten des Prinzen Marsius war bei seinem herrn vatter so inståndig / daß er endlich mitzuziehen erlaubnüs bekame; da ihn dann der König dem Trebetes auf sein leib und leben anbefahle. Die einwilligung ward um soviel leichter erhalten / weil er sich bereden lassen zu glauben / die verspůrte traurigkeit des Prinzen seines sohns rühre daher / daß es bisher ihme an kriegsůbungen ermangelt. Die angeborne tapferkeit des Apries munterte selbigen auch auf / diesen krieg mit zu besuchen. Als er aber bei meinem herr vattern darum anhielte / wolte der ganz nicht einwilligen / aus [189] ursachen / weil er fůr dem Assyrischen König sich fürchtete / als von dem er allbereit einmal / bei der lezten veränderung des Syrischen reiches / abgewichen war /und sich besorgete / es d \rfte / imfall die Babylonier obsiegeten / eines mit dem andern an ihm gerochen werden. Mein bruder / deme die jugend und der muht diese betrachtung nicht gabe / bliebe mit h \chsten schmerzen zurůcke / und sahe / nicht ohne edlen neid / die gesamte junge ritterschaft von Basan hinweg ziehen / da er allein zurůck bleiben muste. Er hatte oft in willen / heimlich mit fort zu gehen / wann nicht der Suevus und die Amorite ihn davon håtten abgehalten. Des Prinzen Marsius abschied / den er von der Amorite name / ware an seiner und ihrer seite gleich kaltsinnig. Hingegen wolte der Daces schier fůr unmut sterben / als er die Mirina verlassen / und seinen vermeinten mitbuler den Apries bei ihr hinterlassen muste. Der Fůrst Tubal / liesse dißmal zu erst seine liebe gegen Amorite blicken / die er beim abschied ihr ziemlich deutlich zuvernemen gabe: Die aber / ob solcher entdeckung / ihren unwillen ihme nicht kunte verspüren lassen / weil sie gleich hinweg zogen.

Es eråugete sich aber nicht lang hernach eine gute gelegenheit / dabei der Apries auch seinen heldenmut erweisen kunte. Dann die Amoriter in Hazezon Thamar / begunten wider den König aufrürisch zu werden: welcher den Suevus ihren statthalter mit einem kriegesheer hinsendete / diese meineidige abzustraffen. Mein bruder / der den Suevus nie verliesse / war mit unter diesen v \lkern / und sahe ihn Amorite so vergnügt als betrůbt hinweg ziehen: weil sie / ob seiner zufriedenheit und aus diesem zug entstehenden ehre froh ware / anderwärts aber seine abwesenheit und die gefahr / darin [190] er schweben wůrde / nicht ohne bewegung des gemütes ertragen kunte. Mein herr vatter / der hierein seinen willen gegeben / machte uns ståts wissend / wie es ihm erginge / und kan man erachten / mit was unbeschreiblichen freuden ich sein wolverhalten / und welcher gestalt er etliche mal dem Suevus sein leben errettet / auch sonst viel dapfere thaten in diesem feldzug verübet / allemal vernommen habe. Der krieg wårete ungefähr ein halbes jahr / und liefe so glůcklich auf des Suevus seiten ab / daß er sieghaft nach Basan wiederkehrte.

Der Amorite freude / ihren herrn vatter wieder zusehen / und daß sie dessen leben dem Apries zu danken håtte / ware übermåsig / und finge sie von dem tage an / den Apries h \her zu achten / also daß /neben der wolneigung / auch eine verehrung seiner person und geschicklichkeiten bei ihr entstunde: um die er seinerseits mit einer so ehrerbietigen liebe geworben / daß sie solche nicht anderst als wol aufnemen kunte. Doch liebeten sie einander / ohne eins dem andern etwas hiervon zu sagen / indem sie alles /was von der liebe herrůrete / den wirkungen der freundschaft zugemessen.

Der Krieg wider die Babylonier / ginge immittels auch glůcklich fort: bis endlich die traurige post kame / wie daß der Prinz Marsius in einer schlacht / neben dem Daces / Cimber / Tubal und andern edelsten rittern / geblieben wåre. Diese zeitung stůrzte den alten K \nig Marsius in so unbeschreibliche kümmernůs /daß er von dem tage an bettlågerig wurde / und auch von selbigen lager nicht wieder aufstunde. Amorite beklagete diesen edlen prinzen ebenfalls von herzen. Und Apries / der neben deme / was die welt an diesem tugendliebenden herren verloren / auch das anteil seiner Amorite hierbei erwågete / liesse sich gegen ihr vernemen: Der himmel håtte [191] den Marsius darum von der welt genommen / weil er nicht gnugsam seine liebe / wie er billig gesolt / der Prinzessin Amorite erwiesen. Er betaurete hierbei zum h \chsten / daß dieser tod die Amorite nicht zu der Würde gelangen lassen / deren sie so fůrwürdig gewesen. Hiergegen bezeugete ihm Amorite / wie daß sie dieserwegen sich gar nicht betrübe / massen ihr gemüt so kronensüchtig nicht wåre. Der edle Marsius hätte nur leben mögen: sie wolte nicht darum gezürnet haben / wann er schon einer andern vor ihr dermaleinst die Kron von Basan aufgeseht håtte. So künte man dann wol / (sagte Apries / sie ganz verliebt anschauend) die hoffnung haben / ohne besitzung einer Krone die Amorite begehren zu d \rfen? Wann man (antwortete sie / etwas errötet) allein die K \nige lieben k \nte / so würde es elend um die anderen stehen / denen oftmals mehr das glůck /als die würdigkeit / die Kronen versaget. Hiemit sahen sie einander an / und ohne sich ferner hierůber zu erklären / bezeugeten sie gnugsam ihre zusammen tragende neigung. Apries finge von der Zeit an / ihr mit mehrerer åmsigkeit aufzuwarten / und entfunde in seinem herzen / bei der allgemeinen traurigkeit des hofes / eine innerliche vergnůgung: wiewol er / in herzlicher beklagung des todes des Prinzen Marsius /den andern gesellschaft leistete.

Es wurde aber das allgemeine leidwesen des hofes verdoppelt / durch den tod des K \nigs Marsius: welcher den schmerzlichen verlust seines so tugendhaften sohnes nicht ertragen kunte / und daher / seinem trauren den freien lauf lassend / endlich von demselbigen unterdrucket wurde. Er ernennete aber / vor einem ende / den Suevus zum statthalter seiner lande / und zum vormund seiner tochter / der Prinzessin Mirina: welche man nicht [192] eher zur K \nigin krönen solte / bis sie sich an einen Teutschen Fürsten würde verheuratet haben / damit diese ererbete Königreiche nicht in fr \mde hånde wieder geraten m \chten. Um deß willen hatte er auch in allen verordnungen / was die regirungs-sachen betroffen / die K \nigin seine gemalin vorbei gegangen: als welche er / wegen ihrer ankunft /indem sie eine Erbprinzessin aus Basan / und allen anderen unter das teutsche joch gebrachten K \nigen befreundet war / für verdåchtig hielte.

Der Amorite herr vatter / der kluge Suevus / kame dem lezten willen des grossen Marsius in allem nach /und regirte sich und das land so weißlich / daß niemand anders / als die K \nigin Salamis / seinen stand beunruhigen k \nnen. Diese verdrosse es / daß Suevus / als ein Teutscher / nach ihres herrn tod die oberste gewalt in Basan haben solte. Demnach machte sie heimlich einen bund mit dem K \nig der Philister /dem K \nig von Ammon / auch mit den grossen herren in Moab und auf der Amoriter gebirge: welche sämtlich sich fůr die Salamis erklärten / und nicht allein dieselbe in der stadt Edrei / dahin sie gewichen war /zur regentin erwehlten / sondern auch / alle Teutschen auszurotten / sich zusammen verschwuren. Der Fürst Trebetes / welcher / nachdem er seines Königs tod erfahren / auch weil er so eine unruh besorgete / den von den Assyrern (die mit den Buctrianern hatten krieg bekommen) ihme angetragenen frieden oder vielmehr waffen-stillstand / auf etliche jahre gemachet hatte / funde bei seiner růkkunft alles veråndert: so gar / daß sie ihn nicht wolten in das reich lassen /sondern ihm aller orten den paß verlegten. Weil er nun / als statthalter in Moab / dahin seinen weg name / um sich bei seiner hoheit zu erhalten: sahe der Suevus sich ganz allein / und muste / wegen der grossen macht seiner [193] feinde / sich befahren / daß es fůr ihn und seine landsleute endlich einen schlechten ausgang nemen wůrde.

Dieses besorgte unglůck / wurde noch durch ein grosses hausleiden vermehret / indem ihm seine gemalin die Prinzessin Ogire / der Amorite frau mutter /durch den tod genommen wurde. Dieser schmerzliche verlust ginge so sehr dem Suevus / als der hinterlassenen tochter / zu herzen. Er befande endlich für gut /daß Amorite in wårender dieser innerlichen unruhe /zu uns nach Hemath sich verwandelte: weil er sie an einem orte / da alle umstände einen langwůrigen Krieg droheten / nicht länger lassen wolte. Apries håtte keinen liebern ort als diesen / zu der Amorite aufenthaltung / erwůnschen k \nnen. Doch verwehrte ihm die ehre / sie zu uns zu begleiten: weil er / in dieser gefärlichen zeit / den Suevus nicht verlassen wolte / sondern ihme bis in den tod getreue dienste zu leisten entschlůssig ware.

Mit was freuden ich die Amorite entfangen / ist leichtlich zuvermuten: massen ihre erste kentnis zu Basan mich ihr so ergeben gelassen / daß ich von der zeit an sie innigst geliebet / und dannenhero mit der h \chsten vergnügung ihre gesellschaft wieder anname. Sie ersetzete alles das bei mir / was sonst meines liebsten brudern abwesenheit verursachen m \gen: von deme wir dan öfters zeitung bekamen / wie es ihme in Basan erginge. Wir erfuhren endlich mit nicht geringer bekůmmernis / daß der Suevus sich nach Hazezon Thamar begeben müssen / und das ganze Basan bereits der Salamis gehorchete. Mein herr vatter / der von grossem nachdenken und sehr furchtsam war /wolte meinen bruder nicht länger bei dem unglůckhaften Suevus wissen / weil er den schutz von der K \nigin Salamis suchete. Der Suevus kunte ihn auch nicht aufhalten / zumal er / bei so [194] gestalten sachen / meines herrn vattern begehren für billig erkante. Also kame Apries wieder zu uns / so vergnügt / seiner Amorite gegenwart wieder zugeniessen / als traurig er war /wegen des unglůcklichen zustandes ihres vatterlandes. Sie fingen daselbst wieder an / auf die weise / wie sie fůr diesem gewohnet / miteinander umzugehen. Ich /weil ich meines bruders vergnügung so hoch als mein Leben schåtzete / bef \rderte / so viel mir můglich /die liebe / die Amorite ihm erwiese / und ware zu beiden teilen unterhändlerin: wie sie dann beiderseits mir mehr / als einander selber / von ihren gemůtsregungen vertraueten.

Nachdem wir dergestalt eine gute zeit unser leben ruhig zugebracht / und eines tags Amorite und ich zusammen im garten waren / kame Apries zu uns / so verwirret und aus sich selber / daß wir beide es ihm leichtlich anmerken kunten. Ich bringe (hube er an zu reden) der Prinzessin Amorite gute zeitung: der Prinz Marsius / den man bisher fůr todt gehalten / ist wieder lebendig worden. Hierauf sahe er mit unverwandten augen seine Prinzessin an / um aus ihrem gesicht abzunemen / wie sie diesen bericht aufnemen würde. Sie zeigte sich voller freuden / und dankete dem himmel für die erhaltung dieses so edlen lebens. Er hat / mit unbeschreiblicher dapferkeit / (fuhre Apries fort zu erzehlen) sein land wieder einzunemen / bereits den anfang gemacher / und ist die K \nigin Salamis neben der Mirina schon in der flucht begriffen. Wie man sagen wil / so gehet sie nach Ophir zu ihrem schwager: ihrem stiefsohn sein reich / das sie wider ihn nicht behaupten kan / gutwillig ůberlassend. Sie thut wol / (antwortete Amorite) daß sie ihr ungegründetes recht abstehet / ehe des Marsius gerechte waffen sie dazu zwingen. Ich zweifele nun ganz nicht / (sagte[195] Apries weiter /) der himmel habe alles dieses so geschicket / damit die Prinzessin Amorite / ihrer würde nach / K \nigin von Basan werde. Diese worte machten sie ein wenig bestürzet / also daß sie nicht gleich dieselbigen beantwortete. Und indem kame der K \nig dazu / welcher dann unsere fernere unterredung gest \ret.

Wie unruhig hierüber der eifersůchtige Apries wurde / kan ich nicht beschreiben. Er bildete ihm gänzlich ein / der junge K \nig Marsius werde für ihm leichtlich den fůrzug bekommen. Weil er nun alles /was ihme auf dem herzen lage / mir zu klagen pflegte / als erfuhre ich diese seine einbildung gar bald: welche ich der Amorite entdeckte / und bei derselben hierüber auch mehr unruhe spürete / als ich vermutet håtte. Dann / ob sie wol meinen Bruder herzlich liebete / so sahen wir doch allerseits wenig gelegenheit dazu / daß der Suevus ihr herr vatter diese heurat zugeben wůrde / weil er anderweit hoffen kunte / den mächtigsten K \nig in Asien / der zudem auch sein landsman war / zum schwiegersohn zu bekommen. Sie gestunde mir frei / daß / wann der K \nig Marsius sie zur ehe begehren wůrde / k \nte sie unmüglich das ausschlagen / wann sie nicht von der ganzen erbaren welt wolte für t \richt und sinnlos gehalten werden. Hiebei aber versicherte sie mich / wie daß sie nicht glåubete / daß Marsius ihrer begehren wůrde / da er für diesem schon mehr andacht von einem gemahlten Bild / als von ihr gemachet; und sie wolte / auf den fall / keinen in der welt dem Apries fürziehen. Ich fande diese ihre erklärung so billig / daß ich solche nicht im geringsten widersprechen kunte. Doch sagte ich dieses nicht alles dergestalt meinem bruder wieder / um seine traurigkeit nicht zu mehren / sondern tr \stete ihn vielmehr / daß er sich nichtes zubefahren hätte.

[196] Es verliefe solcher gestalt noch einige zeit / bis endlich der Suevus zu uns sandte / um seine tochter wieder bei sich zu haben. Ich war neben dem Apries eben bei ihr / als der Sesostris / welcher ein alter kämmerer bei der Ogire gewesen war / und jezt mit uns auf der reise ist / angemeldet wurde: da ich dann Amorite ganz erblasset sahe. Der betrübte Apries leistete ihr / in verånderung der farbe / treulich gesellschaft / und wurde voll neuer unruhe / als Sesostris das gewerb anbrachte / daß man nämlich ihm seine Amorite nemen wolte. Die unmüglichkeit / sie da zu behalten / machte seine pein um so viel grösser; und wåre er gar vergangen unter dieser liebesqual / wann ich nicht das bäste gethan und ihme trost eingesprochen hätte. Meine frau mutter wolte ihrem bruder die Amorite selbst wiederbringen / und weil ich durch diese gelegenheit auch mit kame / versprache ich dem Apries / wie ich seiner allemal im båsten gedenken wolte. Den abschied / den sie von einander namen /vermag ich nicht zu beschreiben / weil ich ohne das noch viel zu sagen habe. Man kan sich den leichtlich einbilden / wann man dabei die umstände betrachtet.

Wir zogen nun von Hemath ja so betrůbt hinweg /als ångstig wir den Apries hinterliessen: der dann /nach unserm abreisen / mit der gesellschaft seines ältesten bruders sich behelfen muste / der aus dem Königreich Ammon um diese zeit wieder zu hause war gekommen. Es ware aber Amorite / die ganze reise ůber / gar schwermütig: das mir dann alles lieb ware /weil ich solches zu meines brudern vorteil ausdeutete. Der junge K \nig Marsius entfienge uns zu Basan mit der h \chsten höflichkeit von der welt / wie ingleichen der Daces / der gleich als sein vetter wieder lebendig worden war. Dieser / weil er des K \nigs vertrautester war / als regirte er und [197] dessen herr vatter fast den ganzen hof: daher des Suevus macht nicht mehr so gros war / als sie bei des alten Marsius zeiten gewesen; doch ware er noch in gutem ansehen / und wurde von jederman geehret. Es ware aber der Marsius / seit daß er von Basan ab gewesen / soviel ansehnlicher von person und männlicher geworden / daß wir ihn fast nicht mehr kanten. Es hatte auch die Amorite an schönheit mehr zu- als abgenommen / also daß der ganze hof und sonderlich des Marsius leute sie hoch preiseten. Es thåte auch der K \nig so schön zu ihr /daß mir rechtschaffen bange fůr meinen armen bruder wurde.

Eines tages / als ich hiervon mit der Amorite unterredung hielte / und den gewissen verlust meines bruders betrachtend / wenn er sie verlieren würde / die thrånen nicht halten kunte: meldete man unversehens der Amorite an / der K \nig kåme / sie zu besuchen. Ich wolte mich vor dem König nicht sehen lassen /weil ich geweinet: verbarge mich also hinter ein zeltbette / alda mich niemand sehen / ich aber alles warnemen kunte / was fůrliefe. Wie der K \nig hinein getretten / und sie begrůsset / hube er an von allerhand vorgegangenen sachen mit ihr zu reden: bis er endlich auf das gespräche ůber dem bildnis der sch \nen Delbois von Assyrien kame / so der Cimber gewonnen /und das so unvermutlich gefunden worden. Hierauf erzehlte er / wie er nachgehends diese Prinzessin gesehen / und sie noch ungleich sch \ner als die abbildung gefunden. Weil er unter diesen reden oft seufzete / und die farbe ånderte / als fragte Amorite ganz freimütig / und dabei lächlend: ob sie nicht wůrde wahr reden / wann sie sagte / daß diese Assyrische Prinzessin den König von Basan håtte verliebt gemacht? Er beantwortete dieses mit einem seufzer / und sahe darbei die Amorite [198] gar sehnlich an / gleich als wann er von ihr erlaubnis begehren wollen / daß er die Assyrische Prinzessin lieben dörfte. Sie / so gutenteils solches merkete / wolte hierin / so viel můglich / dem König ihr freies gemüt weisen / und sagte: Der K \nig håtte nicht ursach / eine so edele liebe ihr zu verschweigen; massen sie dieselbige so rechtmäsig befünde / daß sie bei allem / was ihr zum heiligsten wäre / beteure / wie daß sie von grund des herzens diese sch \ne Delbois zur Königin von Basan m \gte kr \nen sehen.

Marsius wurde durch diese antwort ganz aus sich selber gebracht / fiele auf ein knie nieder / der Amorite hand fassend / welche er zum mund fůhrete / ehe sie solches wehren konte / und sie also anredete: Grosmůtige Prinzessin! der himmel sei mein zeuge / mit was unruhe des herzens ich euch gestehen muß / was ihr jezt erraten habt. Ich liebe die Delbois / unangesehen meiner pflicht / die mich euch zu lieben verbindet. Ja ich liebe diese schöne feindin meines landes /und muß euch selber meine undankbarkeit und untreu bekennen. Ja / Amorite! ich weiß / was ihr würdig seit; ich weiß / was ich dem befehl meines herr vattern schuldig bin. Allein erkennet / was die unbändige liebe vermag / und verzeihet mir mein verbrechen. Ich bin euer nicht wehrt / edele Prinzessin! und der himmel hat den Daces ausersehen / ihn euer teilhaftig zu machen. Liebet diesen Fürsten / den ich liebe als mich selber / und seit versichert / daß ihme nichtes als die Krone mangelt / euch zubesitzen: ich wil aber / weil ein leben in mir ist / ihme solches mit anderen gůtern ůberflůssig ergånzen.

Wie erfreut und betrübt ich zugleich ůber dieser des K \nigs rede worden / kan ich nicht beschreiben. Ich horchete aber mit höchstem verlangen nach der Amorite antwort / welche / als sie den König zu unterschiedenen [199] malen gebeten aufzustehen / und solches endlich erhalten / also sagte: E. Maj. wahl ist so rechtmåssig / und ihr wille so gar an nichtes gebunden / daß sie / ohne diese überflůssige worte einiger entschuldigung / mir diese liebe wol entdecken dörfen. E. Maj. seind mir nichtes schuldig / als dieses / daß ich ja so frei in meinem lieben kůnftig möge gelassen werden / als ich E. Maj. von allem / was sie / die sch \ne Delbois zulieben / hinterlich dünken m \chte /frei erkenne. Und so willig ich in diese billige verwechselung der Amorite mit der sch \nen Delbois /mich finden kan / so wenig trage ich hingegen verlangen / den K \nig Marsius mit dem Daces zuverwechseln. Diese reden / so den K \nig ganz vergnügt solten machen / mehreten nur seine unruhe / indem er ob der Amorite edlem gemůte so verwundert / als ihr verbunden bliebe; und wie ich ihn von gebården sahe /wurde mir nicht wenig bange / er m \chte von neuem anheben / die Amorite zulieben. Er nennte sie tausendmal die jenige / so ihm allein sein leben erhielte /und welche er / wo nicht so hoch / als die Delbois /dennoch höher als die welt lieben můste. Wann er zwei gemalinnen haben d \rfen / welches wider der Teutschen weise ist / håtte ich sorgen müssen / es würde Amorite dem Apries damals seyn genommen worden. Nach diesem bate der König sie gar hoch /daß sie die liebe / die er ihr vertrauet / keinem menschen offenbaren wolte: welches sie ihme auch zuschwure. Weil ich aber / sonder dieses mit zu verschw \ren / zuh \rete / darf ich / ohne verletzung des gewissens / solches hier wol offenbaren. Des Daces wurde nicht mehr erwehnet / weil Amorite davon nicht h \ren wollen.

Als endlich Marsius sie verlassen / kame ich aus meinem verborgenen winkel wieder herfür / und sie herzlich umfassend / bate ich sie mit den beweglichsten worten / [200] die meine freundschaft mit dem Apries aussinnen kunte / daß sie deme nun beståndig verbleiben wolte: welches sie mir mit aller freudigkeit angelobete / und konte ich gar nicht spůren / daß ihr des Marsius verlust schmerzlich gefallen wäre. Ich thåte es / mit bewilligung der Amorite / meinem bruder gleich zuwissen: deme es dann die erfreulichste zeitung von der welt war. Meine fraumutter / die bisher bei den Suevus ihrem herrn bruder sich aufgehalten /wolte nun wieder mit mir nach Hemath reisen: befiele aber unvermutlich mit einen schlagfluß / das sie nach zwölf stunden todt war. Dieses / setzete den ganzen hof in ein neues leidwesen. Ich aber / weil ich einen so grossen verlust erlitten / wolte die Amorite nun ferner nicht verlassen / zumal es zu Hemath nun nicht mehr fůr mich seyn mochte. Ich erlangte von meinem herr vatter / was ich gesuchet: und vermochte also /allein der lieben Amorite gegenwart / meine schmerzen zu lindern. Wir waren von der zeit an stäts beieinander / und gabe der Apries / wiewol abwesend /immer den dritten mann in unserer gesellschaft: deme ich auch bei der Amorite / zu bef \rderung seiner liebe / so gut dienete / als wann er selber wåre zur stelle gewesen.

Nun von dem tage an / da der K \nig so offenherzig / seine liebe zu der Assyrischen Prinzessin / der Amorite entdecket / ginge er viel freier mit ihr um als zuvor / und machte daher jedermann von ihme glauben / als ob er sie liebete. Daces / welcher der Mirina anfinge zu vergessen / wartete der Amorite fleissig auf: sie aber erwiese ihm so wenig gefålligkeit / daß ich darum nichtes fůr meinen bruder fůrchten dorfte.

Einsmals / wie ich neben der Amorite im schloßgarten abends spaziren ginge / funden wir bei einem brunnen / [201] der rund umher mit dicken schattichten båumen besetzet ware / den K \nig ganz allein sitzen. Er schlieffe / als wir warnamen / und hatte der sch \nen Prinzessin Delbois bildnüs für sich auf des brunnen rande ligen. Amorite / vom fůrwitz getrieben / schliche hinzu / und name unvermerkt dasselbige hinweg: um nachgehends ihre lust damit zu haben / und es nicht eher dem Marsius wieder zu geben / bis er sich wol darum geångstiget hätte. Wir waren kaum hinweg / da erwachete der verliebte K \nig / und seinen verlust also fort spůrend / suchete er seine Delbois mit den schmerzlichsten gebården von der welt / und erwiese solche ungedult / daß wir / die wir uns hinter die båume verborgen / daraus seine heftige liebe gnugsam abnemen kunten. Daces kame zu dieser unruhe des K \nigs: dem er dann gleich sein leiden klagete.

Nachdem er viele verzweifelte worte gegen den himmel ausgeschůttet / wolte Amorite ihn nicht långer in dieser qual lassen / sondern liesse sich sehen / das bildnis der Prinzessin vor die brust angeheft tragende. Marsius ganz verst \ret / wolte anfangs sein anligen uns verheelen. Daces aber / als freier von sinnen /sprache uns gleich darum zu / ob wir nicht einer Prinzessin bildnis / so und so gefasset / gefunden håtten. Indem Amorite nein sagte / erblickte es der K \nig /und daher so erfreut als etwas beschämt / sagte er låchlend zu der Amorite: Schöne Prinzessin! Es ziemet sich nicht / daß zwo sonnen beisammen diesen hof erleuchten; es mögte ihr schein zu sehr brennen und blenden. Darum wird mir bässer anstehen / diese sch \nheit bei mir zu tragen als euch / du ihr keiner mehreren zierde bedürfet. E. Maj. sorgen gewiß /(antwortete sie / ihme zugleich das bild überreichend /) daß ich / wie der mond / wann der der [202] [204]sonne zu nahe kommet / m \chte den schein dieser sch \nsten verdunkelen. Es ist billig / das ich dieses edele licht seinem rechten besitzer wieder zustelle / der allein unter allen sterblichen würdig ist / diesen wunderschein zubesitzen. Ach Amorite! (sagte der König /und hube an zu seufzen /) weder ich noch einiger sterblicher ist würdig / dieses zu hoffen; und was ich davon darf erwarten / bestehet allein in besitzung dieser bildnis / und ist aller lohn meiner liebe / die todte anschaung ihrer unvergleichlichen sch \nheit.

Als nun Amorite dieses damit beantwortet / daß die zeit alles båssern k \nte; fragte sie ihn / um den Cimber / dem erstlich dieses bild zugeh \ret / und welcher gestalt der K \nig solches von ihme bekommen? Der edele Cimber / (gabe Marsius zur antwort /) hat an seinem ende mich zum erben dieses teuren schatzes gemacht / und die / welche er mir in seinem leben nicht abtreten wollen / überliesse er mir im tode: wiewol das recht / so er an ihr gehabt / hierin bestanden /daß er diese wundersch \ne ohne ihr wissen geliebet /darin ich ihn auch bis in den tod wol nachfolgen werde. Jezt erinnere ich mich (sagte Daces /) des unglückseligen Tubals / dem ein gleichmåsiges verhängnüs / wie dem Cimber / das leben kürzete / und der mir gleicher weise der schönen Amorite bildnüs ůberlassen / das er von seiner brust abname / und mir / als seinen wertesten schatz / anvertraute. Hiemit name Daces der Amorite bildnis herfur / und zeigete ihr dasselbe: wolte es ihr aber / auf ihr begehren /nicht wieder geben / wiewol sie sich gar unwillig darüber bezeugete. Endlich / als sie seine hartnäckigkeit sahe / sagte sie zu ihm: Sie könte ihm zwar nicht wehren / ihr bildnüs zu tragen; aber das wolte sie wol verhintern / daß er solche gunst von ihrem freien willen nimmermehr [204] erlangen solte. Dergestalt fårtigte sie ihm ab: der nichts destoweniger fortfuhre / ihr aufzuwarten.

In der zeit / da wir also zu Basan lebeten / kame der Prinz Baalis von Ammon dahin / welcher sich in des Königs schutz begabe: weil er in dem lezten krieg / als Marsius / in wiedereroberung seines landes / den König von Ammon ůberzoge / des K \nigs von Basan seite gehalten / und daher von seinem herr vatter /neben seiner schwester der Ammonide / die dann auch von Rabbat gewichen / und nach Tirus zu ihrer mutter bruder sich begeben wolte / verfolget wurde. Dieser Prinz / der mich ehedessen zu Basan gesehen / hatte etwas an mir gefunden / so ihm gefiele: dannenhero er mir aufzuwarten begunte / und diese angehende liebe nicht so heimlich halten kunte / daß es nicht bald der ganze hof gemerket. Dieses erscholle auch bald nach Hemath / und der K \nig mein herr vatter wurde dessen verståndigt: der dann hiervon gelegenheit name /mich von seinem schwager dem Fůrsten Suevus wieder abzufordern / weil er einen solchen Fůrsten nicht wolte zum tochtermann haben / der nicht wol mit seinem vatter stunde. Er wandte aber eine andere ursach ein / warum er mich wieder wolte bei sich haben /nåmlich die einsamkeit nach feiner gemalin tod / die ihm unerträglich würde / und seine bekůmmernis mehrete: und hierinn / hoffe er / durch meine gegenwart linderung zu erlangen.

Wie schmerzlich es mich ankame / von der Amorite zu scheiden / kan ich nicht beschreiben. Es muste uns wol recht beiderseits ahnen / wie unglůcklich wir einander wieder würden zu sehen bekommen: dann wir bei diesem abscheide betrübter waren / als wir jemaln gewesen / wann wir von einander gemust. Der Prinz Baalis funde auch sein teil in unserm leiden / der mich sehr [205] ungern von Basan hinweg reisen sahe. Wie ich nach Hemath gekommen / funde ich den König sehr veråndert: dann ihm der tod meiner fraumutter so zu herzen gegangen / daß er nach der zeit fast immer bettlågerig gewesen. Apries / ob er mich wol herzlich gern wieder sahe / håtte doch lieber gewolt / daß ich bei seiner Amorite geblieben wäre / als bei welcher er mich seiner liebe sehr nůtzlich erkennet. Ich hatte aber der Amorite bildnůs / in lebens länge auf ein tuch gemahlt / mit gebracht / welches ich an ihrer stat ståts fůr augen hatte / und meinem armen bruder damit nicht wenig vergnügung machten: wie er dann /in ansichtigung dieses bildes / etliche stunden hinbringen / und ganz auser sich selber kommen kunte. Es bestunde hierin seine und meine einige vergnügung / und handelten unsere gespråche allezeit von ihr: da wir wechselsweis einander alles dessen erinnerten / was uns jemals bei und mit dieser schönen Prinzessin begegnet war.

Wir reiseten / nicht lang hiernach / in Syrien / mit unsers H. Vattern schwester / der K \nigin der Bactrianer / welche / ihn zubesuchen / nachdem der waffen stillstand zwischen den Assyrern und ihnen auf etliche zeit getroffen worden / den weiten weg heraus gekommen war: da wir / liebste Aramena! zu Damascus / dem Prinzen Mamellus deinem herrn vatter zusprachen / und da du zur gnüge sehen kuntest / wie Apries und ich einander liebeten. Weil wir aber daselbst etliche monat verblieben / und von dar ferner nach Sidon zogen / die K \nigin Naema unsere andere base zubesuchen: als muß ich inmittels nach Basan wieder kehren / und erzehlen / was daselbst fůrgegangen / und wie das grausame verhängnis den anfang unseres hernach ausgestandenen elends gemacht.

[206] Der Amorite herr vatter / welcher allmålig mit der zeit den verlust seiner gemalin verschmerzet hatte /bekame nun wieder freiers-gedanken / und warfe mit bewilligung des K \nigs Marsius / und auf gut befinden seiner rähte / sein absehen auf eine Prinzessin vom hause Sichem: damit / durch diese heurat / die Teutschen mit Canaan den bund erneurten / den sie fůr långst bei des alten Marsius zeiten gemachet / und der durch vielerlei ursachen sehr wankend geworden war. Dieses ins werk zu setzen / hielten sie fůr die bäste person / die Prinzessin Jerode / welche der beiden mächtigsten K \nige in Canaan schwester / und wegen ihres hohen verstandes zu Basan in solchen ruff war / daß der Suevus es mit ihr wol zu treffen vermeinte. Demnach begabe er sich selber nach Kiriath Arba / zu dem K \nig Ephron / und wie er die Jerode / die ungefär sechs und funzig jahre mochte alt seyn / also / wie sie ihm beschrieben worden / gefunden / und die versicherung ihrer gunst von ihr erhalten / wurde sie / auf sein ansuchen / ihme von dem König ihrem herrn bruder zugesaget / und darauf gleich das beilager vollzogen.

Die Prinzessin Corycide / des Königs von Hebron tochter / welche von der Jerode erzogen worden / wiewol die schülerin / die meisterin / was die wahre tugend belanget / weit ůberstiegen / begabe sich mit ihrer wasen ins land Basan: weil zu Kiriath Arba /nach der Jerode abzug / kein frauenzimmer mehr war /auch diese spitzsündige Fůrstin ihre nifte aus sonderlichen ursachen mit sich haben wolte. Der König und der gesamte hof von Basan / entfingen des Suevus gemalin / und die sch \ne Prinzessin von Canaan / aufs höflichste. Amorite erwiese gleichfalls ihrer neuen fraumutter alle ehrerbietung / und entfunde gleich in ihrem herzen eine zuneigung [207] zur Corycide: die nachgehends in eine verbůndliche freundschaft sich verkehret / und ja so gros war / als die furcht für der Jerode / von der ihr / nicht ohne ursach / viel böses ahnete.

Diese Fürstin / deren boshaftiges gemůte der schönen Ahalibama gnug bekant ist / wie ich dann weiß /daß sie warhafte proben davon entfunden / name gleich durch ihre meistergriffe das edele gemüt des Suevus also ein / daß er nichtes thäte / als was sie wolte. Aus liebe und hochachtung / folgete er ihr in allen dingen: wurde also der / welcher bisher / wegen seines verstandes / ganz Basan und die angränzende K \nigreiche regiret / jetzund von einem boshaftigen weib regiret. Ihre natur liesse sich / wie sie geartet /zum ersten aus / über die tugendhafte Amorite: welcher sch \nheit / weil sie vermutete / ihre niste Corycide / die sie sehr liebete / werde von derselben ůbertroffen / sie mit solchem hass anfienge zu beneiden /daß sie solches kaum bergen kunte. Es verdrosse sie auch / wann ihr gemal mit seiner tochter redete: hube also an / mit vatter und kind zu eiferen / und entfunde es desto unertråglicher / je weniger sie sich dessen dorfte merken lassen. Sie ware wol so listig / daß sie die beisorge fassete / ihre macht wůrde sehr bei dem Suevus fallen / wann er spůrete / wie feind sie seiner tochter wåre.

Sie ginge aber damit um / die Corycide an den Marsius zu verheuraten: damit sie ihr geblüt / und ihres bruders tochter / den sie damals hoch geliebet /m \gte auf einen der måchtigsten throne verhelfen. Sie bekame auch daher neue ursach / die Amorite zu hassen: weil sie spürete / daß der K \nig gar vertraulich mit ihr umginge / und der allgemeinen sage von der liebe des K \nigs zu dieser Prinzessin glaubete; welches sie dann eiferigst zu verhintern strebete. Daces gabe ihr zu diesem ihrem [208] anschlag gute bef \rderung /indem seine aufwartung bei der Amorite nicht so heimlich war / daß ihre listige aufmerkung solche nicht håtte spůren sollen. Demnach suchete sie gelegenheit / ihn durch verheisung ihrer guten beförderung aufzumuntern / daß er bei dem Suevus um die Prinzessin anhalten solte: welches er aber ohne deren selbst eigene bewilligung nicht thun wolte / weil er viel zu grosmůtig war / die Amorite aus zwang ihrer eltern zubesitzen / wann er die nicht aus ihrem eigenen freien willen könte bekommen. Jerode aber achtete hierinnen wenig / was ihrer stieftochter lieb oder leid seyn wůrde / sondern brachte mit so guter art ihrem herren an / wie nützlich ihnen ins gesamt seyn wůrde / wann nicht allein der Daces die Amorite /sondern auch Marsius die Corycide heuraten wůrde /daß er sich alles sehr wol gefallen liesse. Diesem nun nachzukommen / befahle Suevus seiner tochter / des Daces liebesbezeigungen anzunemen / unterliesse auch nicht / im geheimen raht / die heurat mit der Corycide / dem K \nig fürzuschlagen.

Die arme Amorite / welche / als eine gehorsame tochter / dem Suevus nicht widersprechen / dabei aber / als eine beståndige liebhaberin des Apries / denselbigen unmůglich verlassen kunte / befunde sich in der gr \sten angst / darinn sie ihr lebtag geschwebet: allermeist weil sie mich / als eine abnemerin ihres leides /nicht bei sich hatte / und kein mittel sahe / zugleich den Suevus und meinen bruder zuvergnůgen. Also verbrachte sie etliche tage / in diesem schweren anligen / mit grosser kůmmernis: inner welchen der Daces sie weniger besuchete / als er sonst gewohnet war /auch viel unruhiger und ja so traurig als sie aussahe /daß sie merklich solches spüren kunte.

[209] Wie sie demnach eines tags in den königlichen garten / von ihren bedienten abgesondert / ihr elend zu beweinen / sich ganz allein begabe: h \rte sie / nahe bei ihr hinter der hecken / zweene mit einander reden /und ersahe / sich dahin kehrend / weil wegen des angehenden frůlings das buschwerk noch nicht gar dick war / den Prinzen Daces und seinen waffenträger. Weil sie nun des Prinzen traurigkeit vorher wargenommen / als gabe sie acht auf seine worte / ob sie etwan daraus deren ursach erfahren könte / und hörete den Daces also von ihr reden: Wie er nåmlich / auf des K \nigs Marsius befehl / ihr bisher aufwarten můssen; welches er auch willig gethan / sowol weil er die Prinzessin Mirina für todt gehalten / als weil er vermeinet / die Amorite würde seine liebe gütig aufgenommen haben. Nun er aber verstanden / daß Mirina in teutschland bei dem K \nig Bojus noch lebe /wüste er nicht / wie er den befehl des Trebetes seines herrn vattern ablehnen solte / der ihn bei dem Suevus um die Amorite anhalten heise.

Diese reden des Daces / waren der Amorite so angenem zu h \ren / daß sie sich nicht enthalten kunte /sich von ihme sehen zu lassen; und ihm freudiger und freundlicher / als jemaln / begegnende / liesse sie ihm nicht zeit / sie anzureden / sondern sagte zu ihm: Ich verneme / Prinz Daces / daß uns ein gleichmäsiges verhängnüs / dem befehl unserer eltern nicht zu gehorsamen / antreibet: indem euch das andenken der Prinzessin Mirina zu rücke hält / mich aber eine andere verborgene ursach hintert / dem Trebetes und Suevus zu gehorchen. Wollet ihr nun eure und meine ruhe bef \rdern / so machet es offenbar / daß ihr mich nicht liebet: damit werdet ihr viel eher meine freundschaft erlangen / als durch ferneren zwang / der so wol mein als euer tod seyn würde. Diese [210] worte sezten den Daces in ungemeine verwirrung und beschämung /daß er nicht wuste / was er antworten solte.

Indem er aber in solcher höchsten unruh schwebete / kame der Suevus ihr herr vatter dazu; der dann / den Daces bei seiner tochter antreffend / und dabei dessen bestůrzung warnemend / mit låchlen zu ihm sagte: Daces d \rfe nicht über seine zukunft sich entsetzen /er wäre nicht gewillt / sein begehren zu verhintern /sondern vielmehr dasselbige zubef \rdern. Hatten nun zuvor der Amorite reden den Daces stumm gemachet /so vermehrte / dieses gespräch des Suevus / noch vielmehr seine erstaunung / also / daß er / ohne zu antworten / die Amorite ansahe; welche dann hierinnen die beherzteste war / und ihren herr vatter also anredete: Ich habe bisher / weil ich des Prinzen Daces willen nicht gewust / verhelen müssen / daß unsere vertråulichkeit / die wir bisher mit einander gepflogen / nicht die liebe zum zweck gehabt / als wol die meisten sich eingebildet; sondern nur aus der ursache geschehen ist / damit der König Marsius mögte in dem guten wahn erhalten werden / welchen er von unserer verehligung geheget. Nun aber unsere eltern diese unsere gestellte liebe gemerket / und eine ernstliche daraus machen wollen: kan ich nicht länger dazu schweigen / sondern muß bekennen / daß Daces nicht der Amorite ehegemal werden kan / weil er fůrlängst an einen anderen ort sich verbündlich gemachet / das ihn an mich zu gedenken hintert. Und wann etwan mein herr vatter diesen meinen worten nicht wolte glauben zumessen /so wird der Prinz Daces es selber alhier gestehen k \nnen.

Hiemit / als sie den Suevus und Daces gegrůsset /begabe sie sich von ihnen nach der Prinzessin Corycide / welche sie sahe in einem andern gange auf sie zu kommen / [211] und liesse diese beide so bestůrzt / daß Daces so wenig wuste / wie er sich hievon solte auswickeln / als schmerzlich es den Suevus fiele / ein solches zu vernemen. Wie ihre unterredung abgelaufen / erwiese sich gnugsam daraus / daß / von dem tag an / der Suevus und Trebetes unfreunde wurden. Dann dieser fiele seinem sohn bei / als er von ihm erfahren /wie seine sachen mit der Amorite stunden. Jener aber zoge es ihm zum grossen schimpf an / daß man mit seiner tochter so gescherzet: und hierzu ward er von der Jerode aufgemuntert / die es schmerzlich verdrosse / daß der K \nig die Corycide nicht vermålen wolte. Demnach / auf ihren antrieb / begehrte der Suevus seine erlassung von hof: zumal auch ihre ehr-eifersucht nicht leiden kunte / daß ihr herr nicht so viel zu Basan / als der Trebetes / regirte. Und ob wol der K \nig den Suevus ungern ziehen liesse / kunte er es ihm doch nicht verwehren. Jedermann gabe der Jerode die schuld / welche bei allen so grossen haß auf sich hatte geladen / als sehr der gute Suevus sie liebete. Amorite / ob sie wol hierdurch um so viel weiter von uns kame / weil ihr herr vatter nach Hesbon in der Amoriter land sich wolte begeben so war sie doch fr \lich / wann sie an die ursach gedachte / die sie von Basan triebe; und meinte sie allen verfolgungen in ihrer liebe entgangen zu seyn / nun der himmel so wunderbarer weise sie von dem Daces errettet hatte. Dieser Prinz / name von ihr den verbündlichsten abschied: wiewol die scham ihn nie verliesse / wann er an seine freie erklärung gedachte / die sie angeh \ret. Sie brachte von Basan das lob mit hinweg / als die großmütigste tugendhafteste Prinzessin / so jemals die welt gesehen.

Wir erfuhren zu Damascus ihre abreise / und mein bruder wurde nicht wenig erfreuet / als er seine Prinzessin [212] von dem Marsius und Daces geschieden wuste. Dann ob ihme schon bekant war / wie es mit ihrem gemůte beschaffen: so hatte er doch in ståter furcht gelebet / der Amorite sch \nheit würde ihme diesen gefårlichen mitbuler machen. Wir kamen aber / nicht lang nach diesem erlangten bericht / wieder nach haus zu unserm herrn vatter. Weil derselbige eben auf der jagt war / also daß wir ihn den tag nicht zu sehen bekamen: als bliebe mein bruder / sobald wir von der Königin der Bactrianer kunten abko en / bei mir in meinem zimmer. Wir vermisseten daselbst / mit höchster bestůrzung / der Amorite bildnůs. Auf beschehene nachfrage / erfuhren wir von einem diener / wie daß der K \nig unlångst in mein gemach gekommen /und der Amorite bildnůs ansichtig worden: welches er über eine stunde lang immer angeschauet / nach etlichen tagen in sein gemach holen / und daselbst bei seinem bette aufstellen lassen. Wir wurden über diesem bericht hoch erfreuet: weil wir hoffeten / der K \nig wůrde desto eher des Apries liebe gegen diese Prinzessin gut heisen / je mehr zuneigung er zu ihr erwiese.

Wie wir folgenden tag zum K \nig gekommen /fragte er mich: ob ich auch erfahren hätte / daß er mein zimmer beraubet? Damit name er mich bei der hand / und fürete mich fůr das bild / ferner fragend: Ob es auch der Amorite ånlich? ob sie so schön sey /als sie gemalet? und ob ich wol sagen könte / daß sie seiner verstorbenen gemalin gleiche? Ich striche hierauf unschuldiger weise ihr lob dermassen heraus / daß der K \nig grosses vergnügen darob bezeugete. Ich muste / von dem tag an / allezeit von der Amorite reden / und meinem herr vatter mit ihren geschichten die zeit kůrzen. Apries / als ein verliebter / begunte endlich dieses genauer / als ich / zu betrachten / [213] und geriete in die furcht / er håtte einen mitbuller an seinem vatter bekommen. Anfangs wolte ich ihm zwar diese einbildung benemen: wie ich aber / von dem an / des K \nigs wesen etwas mehr beobachtete und bedachte / funde ich / daß Apries wahr geurteilet. Allgemach aber liesse sich des K \nigs liebe so deutlich blicken / daß es nicht allein mein bruder und ich /sondern auch der ganze hof / vermerkete. Dieses brachte uns nun neue sorgen / und bename dem verliebten Apries alle hoffnung / seine liebe entdecken zu dörfen / deren gewůnschte endschaft er bei dieser neuen hinternüs nicht absehen kunte.

Mitlerweile wir nun also lebeten / ergienge es der guten Amorite zu Hesbon nicht ruhiger: die so viel verfolgungen von der Jerode muste ausstehen / daß /wann ich die alle solte erzehlen / ich einen eigenen tag dazu haben müste. Die tugendhafte Corycide war ihre einige ergetzlichkeit / welche nichtes von ihrer mumen bosheit an sich hatte. Der Suevus sahe / mit sonderer vergnügung an / die liebe / so zwischen diesen beiden Prinzessinnen entstanden: gleichwie ihm hingegen schmerzlich misfiele / daß seine gemalin gegen seiner tochter so übel gesinnet ware. Er hatte es schon lassen zu weit kommen / also daß er ihr nun nichtes mehr einreden dorfte: muste also die gedult das båste thun / welche ihn viel ůbersehen machte. Wie aber sie dabei die st \lzeste frau war / so leben mochte / und voll gefårlicher anschläge: also lage sie ihrem herrn tåglich in den ohren / er solte sich zum König ůber Hesbon und ůber das Amoriter gebirge machen / indem ihme die gelegenheit hierzu sich selber zeigete / weil er sowol bei den Amoriteren beliebt / als måchtig gnug wåre / dem Marsius sich zu widersetzen. Wie ihme aber dieses ein greul war / also widersprache er [214] es ihr jedesmal / und sagte einsten /mehr um ihrer los zu werden / als aus fůrsatz / wie sie ihn gar hiemit quålete: worzu dann ihme nützen würde / den namen eines K \nigs anzunemen? Da er ja keine kinder hätte / als die Amorite / welche sich nach seinem tode bei der K \niglichen hoheit nit würde erhalten können?

Diese worte stiegen ihr sehr zu kopf / weil sie die ausdeutete / als zielte er hiemit auf ihr alter. Sie begunte auch / von der zeit an / auf ihn eiversüchtig zu werden / und mit ihres eigenen bruders tochter / der Corycide / ihn zu verargwåhnen. Solches verursachte in ihrer boshaftigen seele die tolle einbildung / als würde sie endlich der Suevus verstossen / und die Corycide heuraten: weil er / als ein Teutscher / sie nicht beide kunte zur ehe haben. Diese gedanken schmiedeten lauter rache und boshaftige wut in ihrem herzen /welche auch bald an tag kame / wie ich gleich erzehlen wil.

Es ginge aber bald hernach etwas fůr / so die Jerode in ihrer einbildung vollkommen stärkete. Dann wie sie der Corycide einsmals im garten / da sie selbige bei der Amorite gefunden / hart verwiese / daß sie mit dieser so vertråulich lebete / und hierbey so unartige worte gefůhret / das Corycide zum weinen bewogen wurde: kame unversehens der Suevus dazu / sprache sie zu frieden / weil er die ursach ihres zorns nicht wuste / und name die Corycide bei der hand / sie freundlich anlachend. Jerode aus eiversucht getrieben / kunte diese ihres herrn liebkosungen nicht mit ansehen / sondern ginge von ihnen. Als ihr Corycide aus ehrerbietung folgen wolte / hielte sie der Suevus auf /und redete über eine stunde mit ihr von allerhand dingen / die ihr zu Kiriath Arba ehmaln begegnet; Letzlich befohle er ihr seine tochter an / mit bitte / die allemal bei seiner gemalin in gnaden erhalten zu [215] helfen. Als hierüber ihme so wol als ihr die threnen in die augen stiegen / sagte er ferner zu ihr: Sie hätte / wie er spůrete / gar ein mitleidiges gemüte / die g \tter müsten es ihr lassen wolergehen. Hiermit kůssete er die Corycide auf die stirne / und kame indem Amorite dazu: welche er mit der andern hand fassete / und sie vermahnete / Corycide als ihre schwester zu lieben; die ihme dann solches willig versprochen.

Jerode sahe dieses alles in einem verborgenen gange mit an / welches ihr dann schier das herz abstiesse. Sie bildete ihr nun nur gar zu gewiß ein / daß ihr herr die Corycide liebe / und daß dessen tochter auch wissenschaft darum habe. Dem hieraus besorglichen unheil nun fůrzukommen / war ihre entschliessung / daß Amorite und Corycide durch gift solten aus dem weg geraumt werden. Sie liesse / zu dem ende /zwei tage hernach / einen verschmizten knaben / dessen treue sie versichert zu seyn vermeinte / in ihr zimmer kommen / stellte ihm den gift zu / und befahle ihm / wie er sich damit verhalten solte. Es schickete es aber der himmel also / daß / indem der knab noch hierüber zu werk war / der Suevus zu ihr in das gemach trate. Ihrer beider entfärben machte ihn etwas b \ses mutmassen: doch liesse er sich dessen nicht merken. Als er aber wieder in seinem gemach war /muste also fort der knab zu ihm kommen / den er ernstlich befragte: was von ihm seine gemalin gewolt håtte? Nach langem ausreden / und auf hartes bedrohen des Fůrsten / kame dieses erschreckliche mordstůck heraus: das dann den tugendhaften Suevus so sehr an das herz stiesse / daß er aller seiner standhaftigkeit von n \ten hatte / unter diesem unglück nicht zu erligen. Der knab wurde gleich hinweg geschaft / daß nachmals niemand erfahren / wo er geblieben; und muste Sesostris zum [216] Suevus kommen: mit dem er sich beredete / wessen er in diesem gefårlichen handel sich entschliessen solte.

Amorite und Corycide / an nichtes weniger / als an das unglück / so ihnen vorstünde / gedenkend / gingen selbigen abend / neben dem Suevus und der Jerode /zur malzeit. Jerode zeigete sich ja so vergnügt / als ihr herr unruhig / und erwiese sich / gegen ihre vermeinte mitbulerin und stieftochter / leutseliger / als sie jemals zu Hesbon gethan hatte: weil sie ohnzweifel hoffete /es würde der lezte abend seyn / da sie diese beiden sehen würde / indem sie das gift / in den trinkbecher der beiden Prinzessinnen / von dem knabtn / der den mundschenken pflage aufzuwarten / zubereitet achtete. Der gute Suevus verwandte von der Amorite / die ganze malzeit ůber / kein auge: welches sie / ohne an dessen ursache zu denken / wol in acht name / und es blos seiner våtterlichen liebe zuschriebe / indem sie wol wuste / daß er das harte verfahren der Jerode gegen ihr gemerket / ob er wol niemaln sich dieserwegen gegen ihr heraus gelassen / sondern allezeit fůr den leuten sich angestellet / als wann er alles thun seiner gemalin h \chst billigte / und mit allen ihren verfahren wol zu frieden wåre.

Der Fürst Suevus wolte seine gemalin / wegen dieser erschrecklichen that / nicht \ffentlich zu schanden machen / sondern stellete es also an / daß die beide Prinzessinnen / ohne verletzung der Jerode guten namens / errettet wurden. Nachdem die malzeit geendet war / liesse er die Corycide und Amorite heimlich / da es bereits finster / in sein gemach kommen: da sie bei ihme den Sesostris gefunden / der die thür versperren muste / daß niemand zu ihnen kommen mochte. Hierauf sagte er zur Amorite: wie daß ihn eine verborgene ursach / die sie nie zu wissen begehren solten / veranlasset / sie beide hinweg [217] zu senden: und håtte er den hof des K \nigs von Hemath darzu ausersehen / dessen tochter ihr so gute gesellschaft leisten wůrde / daß sie Hesbon leichtlich vergessen k \nte. Corycide stellte er zu belieben / entweder seine tochter dahin zu begleiten / oder nach Kiriath Arba zu ihrem herrn vatter wieder zu kehren: wie er dann zu beiden teilen anstalt gemacht hatte. Amorite finge hierauf an / heftig zu weinen / wiewol ihr nichtes lieber ware / als zu uns zu kommen: dann es ihr gar schmerzlich fiele / einer stiefmutter wegen / (welche / und keine andere / ursach dieser ihres herrn vattern entschliessung sie ersinnen konte /) ihr våtterliches haus zu raumen. Suevus aber versicherte sie mit einen eidschwur / als er diese ihre einbildung merkete / daß seine gemalin nichtes darum wuste / und wolte er auch nicht / daß sie es erfahren solte. Er vermahnte sie auch / sich eiligst auf den weg zu machen / wie dann schon alles zu ihrer abreise bestellt wåre: mit der versicherung / daß ihr verweilen ihnen unsäglich schaden würde.

Corycide begunte hierauf zu fragen / warum sie von ihrer mumen so pl \tzlich solte geschieden werden? Suevus wolte ihr nichts anders sagen / als daß die erhaltung ihres lebens darauf stünde / Hesbon zuverlassen. Also muste sie endlich diesem Prinzen / den sie als einen vatter geliebet / gehorchen. Sie erwehlte aber / mit nach Hemath zu reisen: teils weil sie die Amorite nicht verlassen / teils weil sie keine beliebung truge / in Canaan wiederzukehren. So unvermutlich aber der Amorite dieses abreisen fůrkame / und so bestürzt sie billig hierüber worden / so erfreut begunte sie hierbei sich des Apries zu erinnern. Und als sie ihren herrn vatter / wegen ihres abscheidens / wehmůtig sahe / wolte sie / so verwirret sie war / diese gelegenheit nicht versäumen / des Apries liebe [218] dem Suevus zuvor zuentdecken: der dann dieselbige nach ihren wunsch aufname / und seinen willen darein gabe / wofern der K \nig mein herr vatter einwilligen wolte. Dieses milderte die bestůrzung der Amorite mit nicht geringer vergnůgung: also daß man sagen kunte / sie sey ja so unruhig als ruhig von Hesbon hinweg gezogen. Sie folgete nun dem Sesostris / ihrem fürer / ohne ferner sich zu bekůmmeren / warum sie ihr vatterland verliessen: welches ihr auch gar leicht fůrkame / weil Corycide sie begleitete / und weil die reise nach uns zu ginge. Etliche der beiden Prinzessinnen getreusten Dirnen / waren ihre reisgefärten / und zogen sie noch vor tags von Hesbon hinweg: als zuvor der edle Suevus seine tochter zu tausentmalen abgesegnet hatte.

Die angeneme Ardelise war nun im werk begriffen /ihre erzehlung zuvollfůhren: als sie in ein dorf kamen / Bethaula genannt / alda sie zu mittag ablegen solten. Also musten diese gute Prinzessinnen von dem Beri sich bedienen lassen: der doch / weil er wuste / wie verhasset er der Ahalibama wäre / sie beisammen allein / und mit k \stlicher bewirtung bedienen liesse: dessen aber die Prinzessinnen wenig geachtet / und sich mehr mit betrachtung ihres elends gespeiset. Wie sie nun so eilig abgesessen / als ihre begierde / die erzehlung der Amorite lebensgeschichte enden zu h \ren / erforderte / sezten sie sich in einem garten / der hinter dem hause war / zusammen: alda Ardelise folgen den inhalts zu reden fortfuhre.

Ich weis nicht / ob ich standhaft genug seyn werde /das ůbrige von meines armen bruders begegnisen fůrzubringen: das so erbårmlich ist / daß die erinnerung dessen mein herz in tausend threnen schwimmen machet. Man wird demnach mir verzeihen / wann der schmerze mir solte hinterlich seyn / alles / was ich noch zusagen [219] habe / nach würde vorzubringen. Die unglůckselige reise der Amorite und Corycide hatte nun ihren fortgang erreichet / und truge sie der weg durch Basan: alda sie den K \nig Marsius verreiset zuseyn erfuhren / und folgends ůber Hypon / eine stadt /meinem herrn vatter zugeh \rig / die reise fortsetzeten. Ehe sie aber von dar fortrucketen / schickete Sesostris jemanden nach Hemath voraus / und thåte mit einem schreiben dem K \nig ihre ankunft zu wissen. Weil mein bruder und ich hievon nichtes innen worden / als kunten wir uns beiderseits nicht gnugsam über die grosse zurůstungen verwundern / die auf dem schlosse gemacht wurden: und erschiene des K \nigs vergnügung und freude in allem seinem wesen so deutlich /daß wir so klar dieselbige erkennen / als wenig die ursache ergrůnden k \nten. Die gemåcher / darinn meine fraumutter bei ihren lebzeiten gewohnet / wurden mit den herrlichsten Sidonischen decken bekleidet / und alle grosse des reichs aufgebotten / in Hemath zu erscheinen.

Mit diesen / wie auch mit meinem bruder und mir /zoge er an dem tag / als Amorite ankommen solte / ihr entgegen: und meine freude gr \sser zu machen / weil er wuste / wie sehr ich die Amorite liebete / wolte er mir nicht sagen / wem wir entfangen solten. Aber O Himmel! wie zugleich bestůrzt und erfreut wurde Apries und ich / als wir die Amorite erblicketen: die der K \nig / wiewol Corycide oben an ginge / zu erst entfinge / und eben wie er mit mir umzugehen pflegte /aufs freundlichste umarmete. Hierauf wurde mir erlaubet / diese Prinzessin zuentfangen: das dann von mir /ohne ein wort zu sagen / geschahe. Auch Apries / bei so unvermuteten ansichtigung seiner Amorite an nichts als an die darob entfindende vergnügung gedenkend / fiele ihr zu füssen / [220] und vermochte / ausser nennung ihres namens / nichtes fürzubringen. Amorite aber / als die zu dieser entfahung sich bässer vorbereitet hatte / hube ihn mit fr \lichen gebärden auf / und gabe / so wol mir als ihme / mit den verbindlichsten worten zu verstehen / daß sie noch die ehmalige Amorite wäre.

Der K \nig / nachdem er auch der Corycide alle höflichkeit erwiesen / setzete sich neben uns vieren in einen wagen / und versicherte die beide ankommende Prinzessinnen gar hoch / wie angenem ihm ihre ankunft wäre: das dann dem armen Apries gnug zu erkennen gabe / wie sein vatter sein mitbuler worden wäre. Amorite / die hievon nichtes wuste / zeigte in allem ihre vergnügung / uns zu sehen. Weil sie aber /an dem Apries so wol als an mir / eine unruhe verspürete / verlangete sie sehr / uns allein zu sprechen: welche begierde dann bei uns auch nicht geringer war /allermeist weil wir uns über ihre so unvermutete ankunft nicht gnug verwundern kunten. Es hatte aber der Suevus an meinen herrn vatter geschrieben / wie daß er ihme / als seinem schwager / seine einige tochter hiemit anvertraue / mit bitte / derselben zu verg \nnen / daß sie bei seiner tochter verharren d \rfte: weil eine gewisse und hochdringende ursach ihm verwehrete /sie länger bei sich zu behalten. Der K \nig fragte weiter nicht nach den ursachen / und war so vergnügt ůber dieser Prinzessin anwesenheit / daß ihme alle dieselben gleichviel galten.

Sobald nun Amorite und Corycide von dem König selber in die vor sie zubereitete gemåcher meiner fraumutter / selbige zu bewohnen / eingeleitet worden /und er sie verlassen hatte: fingen wir beiderseits an /einander zu fragen / was uns also zusammen geführt. Ich mutmassete aus der Amorite bericht / den sie mir von ihrer [221] schleunigen abreise von Hesbon thåte / daß ohnzweifel der K \nig mein herr vatter bei den Suevus um sie habe werbung thun lassen: welches sie dann /als ich ihr / wie es mir mit ihrer bildnůs ergangen / erzehlet / selbst zu glauben anfinge / und daher in nicht geringe unruhe und angst gesetzet wurde. Apries / so bald er vom K \nig abkommen kunte / verfůgete sich auch zu uns / und wie er aus unseren worten und gebården urtheilete / wovon wir spracheten / name er ebenfalls eine betrübte stellung an sich / und seine Amorite ganz verliebt anschauend / sagte er zu ihr: Ach liebste Prinzessin! wie grausam ist mein verhångnis / das mir verbeut / mich über die gegenwart meiner Amorite zuerfreuen! Und wie unglůckselig ist mein zustand / (wandte sie hingegen ein /) daß ich /durch so unvermutete zeitung / der ruhe beraubet werde / die ich mir zu Hemath nie eingebildet. Sie unterhielten einander lange zeit mit dem gespråche von diesem gefårlichen handel: da Amorite / ihres herrn vattern lezte worte / wiedaß nåmlich ihm des Apries liebe nicht zuwider wåre / betrachtend / noch einen muht fassete. Auch ich unterliesse nicht / ihnen beiderseits mehr hoffnung zu machen / als ich selber hatte: massen mein herze mir wol zusagete / des Königs liebe wůrde durch der Amorite gegenwart eher gef \rdert als gemindet worden.

Die folgende tage nach ihrer ankunft / besuchete sie der K \nig täglich / und wuchse von ihrer anschauung sein liebesfeur je mehr und mehr / also daß man an gewißheit desselbigen gar nicht zweifeln dorfte. Weil er mehrernteils den Apries oder mich bei ihr funde /als kunte er lang nicht gelegenheit haben / ihr seine liebe allein fůrzutragen / zumal sie auch solches zu vermeiden sich beflisse. Endlich eines tages / als ich bei der Prinzessin Corycide / und Apries in des K \nigs geschäften begriffen [222] war / name er die zeit in acht / die Amorite allein anzutreffen. Das gespräche /so er mit ihr gefüret / weitläufig zu erzehlen / achte ich nicht fůr n \tig: massen die Fürstin von Seir ihr leicht einbilden kan / was Jobat werde geredet haben /wann sie des Beors liebes-ansprache sich erinnert. Das ende desselben ware / daß er ihren schluß erwartete / ob er um sie bei dem Suevus ihrem herr vatter und bei dem K \nig Marsius d \rfte werben lassen? Wie ich hierauf zu ihr kame / fande ich sie so betrübt / daß ich gleich ihr anligen erriete. Apries funde uns in dieser bestürzung / welcher zwar die versicherung hatte / daß er von der Amorite geliebet würde; doch sagte sie ihm dabei: Sie wůrde den Suevus gehorchen und den König heuraten müssen / wann der es ihr geb \te.

Weil demnach meines armen bruders übrige hoffnung einig und allein auf dessen entschliessung bestunde / als name Amorite ihr für / aufs beweglichste an ihren herrn vatter zuschreiben / und deme die geschicklichkeiten meines bruders / ihre wechsel liebe /und die treue dienste / die er stäts ihrem haus erwiesen / also fůrzulegen / daß er m \gte bewogen werden /sie wieder von uns abzufordern / und in des Königs begehren nicht einzuwilligen. Nadop / einer von der Prinzessin Corycide treusten slaven / wurde nach Hesbon zu reisen ausersehen: welchen diese Prinzessin /weil sie die Amorite heftig liebete / uns gern hierzu erlaubete; wie sie dann allezeit mit in unserm raht war / ob sie wol in dieser beschwerlichen sache mehr wůnschen als hůlfe beibringen kunte.

Sobald aber dieser abgeschickte hinweg war / drunge mein herr vatter auf antwort bei der Amorite. Und weil er wuste / wie vertraute freundinnen wir waren /gebrauchte [223] er mich dazu / die Amorite zu seiner liebe zubereden: das dann so untreulich von mir verrichtet wurde / daß er keine schlimmere hierzu auswehlen können. Ich sagte ihm endlich: Ich verspürete wol so viel / daß Amorite schon müste anderswo verlobet seyn. Hiermit merkte ich eine so heftige eiversucht in des K \nigs gemüt / daß er in allem der Amorite thun und lassen genauer beobachtete / und endlich merkete / wie daß Apries und sie gar wol zusammen stůnden. Aus diesen zweifel nun zu kommen / so ordnete er /die entschliessung der Amorite nicht erwartend / seinen gesandten nach Hesbon und Basan ab / die um sie bei dem Suevus und Marsius werben solten. Den Apries aber von ihr zuentfernen / hiese er ihn nach Salem reisen / und den Bileam alda suchen: ob wol jederman wuste / daß der in Bactra den Krieg verfolgete / dahin er mit unserer mume / der K \nigin-selbiges landes /gezogen war. Wie sehr dieses scheiden den Apries geschmerzet / kan man gedenken. Amorite kunte sich auch nicht also zwingen / daß man ihr den gram nicht hatte angemerket; und waren Corycide und ich ihr einiger trost / mit denen sie allein ihr leiden ůberleget.

Sie ginge aber doch anbei mit dem K \nig so bescheiden um / daß er nicht fůglich sich über sie beklagen kunte. Dann ob er wol keine anzeig einiger gegenliebe von ihr entfinge / so h \rete sie dennoch so gedultig seine liebkosungen an / daß er ihre weise mehr für ein zeichen ihrer bl \digkeit / als einiger anderen liebesneigung / hielte. Dannoch argwänte er endlich / daß Apries ihr můste beliebter seyn / als er: massen Amorite oftmals in anh \rung seines namens err \tete / und von dem Apries nie reden kunte / daß sie nicht eine scheinbarliche veränderung håtte blicken lassen. Deswegen / um sich båsser [224] seiner vermutung zu vergewissern / kame er eines tags zu der Amorite / und sich betrůbt anstellend / brachte er ihr die zeitung / sein sohn Apries wåre auf der reise nach Salem gestorben. Dieser unversehene bericht / setzte Amorite in solchen schrecken und verwirrung / daß sie unmüglich solche verbergen kunte / sondern mit etlichen klagworten völlig herfůr brache: wornach ihr alle kräfte entsunken / und sie in die arme einer ihrer dirnen onmåchtig niederfiele / auch durch ihrer bedienten handreichung gleich zu bette gebracht wurde.

Als man sie endlich / in gegenwart des Königs /wieder zu ihr selber gebracht / und er / nunmehr ihre liebe zu seinen sohn gnug erkennend / sie fragte: warum ihr dieser todesfall so sehr zu herzen ginge? und sie dem todten Apries nicht mehr damit zu schaden vermeinte / offenbarte sie ihm ihre liebe. Eben damals kame ich zu ihr ins gemach / und erschracke häftig / sie also im bette zu finden. Als sie aber mir mit kläglicher stimme zurieffe / mein bruder wåre todt: geriete ich in eben den stand / darein diese zeitung zuvor sie gesetzet hatte. Ich wurde halb todt in mein zimmer getragen: alda ich / durch hůlfe der arzte /mich letzlich wieder erholete. Der K \nig besuchete mich alsobald / und brachte eben das aus mir / was ihm Amorite bekennet: das ihn dann in solchen zorn wider den armen Apries setzete / daß er von dem an beschlosse / ihn aus seinen reiche zu bannen. Ich erfuhre / wie der K \nig hinweg ware / von seinen leuten / daß mein bruder nicht todt wäre; welches ich dann /h \chst erfreuet / der Amorite sagen liesse: die aber dadurch / so wol als ich / aus den schmerzen in neue furcht gesetzet wurde / und allzuspat mit mir bereuete / daß wir uns so weit gegen den K \nig heraus gelassen hatten.

Etliche wenig tage nach dieser begebenheit / kame[225] Apries wieder zu haus / unwissend / was fürgegangen. Der K \nig liesse ihn stracks in sein gemach kommen / da er / mit unfreundlichem angesichte / ihm also zuredete: Hast du auch dich untersiehen d \rfen / Amorite zu lieben / nachdem dir wissend ware / was ich zu ihr fůr gedanken trage? Diese unvermutete frage /sezte meinen bruder in die h \chste bestürzung / und wuste er nicht / was er dem König antworten solte. Selbiger sahe ihn nun nicht mehr / als ein vatter / sondern als sein mitbuler an / und gebote ihm / (nachdem er von ihm verstanden / daß sein ältester sohn Bileam nicht mehr zu Salem / sondern in dem Bactrianischen krieg wåre / dahin er die Prinzessin von Salem entführet /) daß er gleich sich färtig machen solte / diesen krieg auch zu besuchen. Es wurde ihm kaum erlaubet / etliche tage zu Hemath zu bleiben / daß er sich zu dieser weiten reise rüsten m \chte. Er fande gelegenheit / mit mir zu reden: da ich dann / so erfreut über seiner lebenden wiederkunft / als betrübt über seinen zustand / ihm alles erzehlte / wie der K \nig seine liebe erfahren hätte.

Mein herr vatter ginge unterdessen zu der Amorite /die er / nach entdeckung ihrer liebe / etliche tage unbesucht gelassen / und nicht wissend / daß sie des Apries leben erfahren / sagte er zu ihr: Der gluckseelige Apries / den eure sch \ne augen beweinet / ist wieder lebendig worden. Wofern ihr aber seinen tod nicht bald warhaftig beweinen wollet / so můsset ihr weniger gunst dem sohne / und mehr gewogenheit dem vatter erzeigen. Amorite / die den betrug des K \nigs so hoch entfunden / daß sie ihn nicht mehr so ehrerbietig / als für hin / anschauen kunte / und diese worte auch mit höchstem verdrus anh \rete / gabe ihm grosmůtig zur antwort: Ich habe billig des Apries tod beweinet / weil ich ihn liebe. Diese gunst [226] werde ich auch nimmermehr von ihm wenden / er mag lebendig oder todt seyn. Wollen E. Maj. mehr gewogenheit von mir fordern / so müssen sie dieselbige nicht / durch ablegung ihrer natürlichen liebe / zu erlangen suchen: dann ich schwerlich einen sohnsm \rder ohne haß wurde anschauen können. Ich bin nicht allein sein vatter / (antwortete der Jobat) sondern auch sein K \nig: und solte er in seiner unrechtmåsigen liebe fortfahren / so wurde ich ihn / nicht als einen sohn zu lieben / sondern als einen ungehorsamen unterthanen abzustraffen / befuget seyn. Sind dann E. Maj. sein K \nig / (gabe sie zur antwort) so sind sie dennoch nicht der meinige / und werde ich mich vielmehr nach des K \nigs von Basan und meines herr vattern willen richten: von denen ich nicht hoffe / daß sie mir wehren solten / in meiner rechtmåsigen zuneigung zu verharren. Hiermit liesse sie den K \nig stehen / und begabe sich in der Corycide gemach: die sie in gesellschaft des Nadop antraffe / welcher eben von Hesbon wieder gekommen war. Sie verbarge ihre entrüstung /und zeigte allein ein verlangen / von Hesbon etwas neues zu vernemen. Dieser erzehlte ihr ausfürlich /wie er zu Hesbon den Suevus und die Jerode in gutem zustand gefunden / und wie erfreut der Suevus worden wåre / als er zeitung von seiner tochter bekommen. Er håtte ihren brief heimlich / und zwar nicht ohne bewegung gelesen. Weil er aber etliche tage hingehen lassen / ohne sich zu entschliessen / als wären inzwischen des K \nigs von Hemath gesandten angekommen: nach deren anbringen / er sich entschlossen / selber nach Hemath zu reisen; wie er dann mit dem ehsten angelangen wůrde / mitlerweile Jerode eine reise ins land Canaan zu ihren bruder zu thun beschlossen hätte. Hierauf vertraute er / den beiden Prinzessinnen / der Jerode [227] gehabten b \sen fůrsatz: welches die ursach wäre / daß sie nach Hemath gekommen. Er machte damit die Amorite und Corycide so bestůrzt /daß sie sich ůber so unerh \rte bosheit nicht gnug verwundern kunten: dann ihnen der Sesostris bisher davon noch nichtes entdecket / und hatte es der Nadop von des Suevus vertrautestem Kåmmerling heimlich erfahren.

Sie vernamen hierauf ferner von ihme / wie die Jerode geargwönet / als Amorite und Corycide den folgenden tag allenthalben gemisset worden / der Suevus unterhielte dir Corycide heimlich / neben der Amorite / auf seiner schl \sser einem / um ihrer unziemlich zu geniessen: welchen wahn sie ihme dann gnug zuerkennen gegeben / weil sie nie erfahren k \nnen / wohin die Prinzessinnen gekommen; bis sie es / durch der abgesandten von Hemath ankunft / gewar worden. Den darüber gesch \pften unwillen / håtte Suevus mit seiner gewönlichen sanftmut ihr wieder benommen /und vorgewendet / wie daß ihme selbst die ursach verborgen wåre / die sie von Hesbon hinweg getrieben. Dann er liesse sich nie merken / daß er von ihrer bosheit etwas wisse: weil er / als ein friedliebender herr /sein eigen haus / und die in seinen armen schlieffe /nicht beschimpfen wolte / sondern hoffete / Jerode würde sich noch åndern / wenn sie die ursach ihres hasses nicht mehr fůr augen håtte. Jerode hingegen hätte sich angestellet / als wann sie mit allem friedlich wäre: gleichwol aber / von dem tag an / alsobald ihre reise nach Hebron beschlossen; ungeacht es / wegen der winterszeit / beschwerlich zu reisen ware. Hieraus nun vermutete man / sie habe gemerket / daß ihr herr um ihre b \se that wůste; und sie wolle bei ihrem bruder sich rahts oder schutzes erholen.

Als Nadop solcher gestalt seine erzehlung vollendet / [228] bliebe Amorite zwischen furcht und hoffnung /was sie zu ihres herr vattern ankunft sich zu versehen hätte. Ich kame indem zu ihr / voller thrånen / weil ich meinen armen bruder / der / wie gesagt / bei mir gewesen / auf befehl des K \nigs verlassen / und ihn in sein gemach / das ihme zur gefångnis dienen solte /hinfůhren sehen muste. Amorite wiese sich in diesem wesen die standhafteste / mich versicherend / daß sie dem Apries wolte beståndig bleiben / wann ihr herr vatter / als sie hoffete / ihre rechtmäsige zuneigung billigen würde: wie sie dann ihr die gewisse einbildung machete / daß die ankunft ihres herrn vattern gut für dem Apries seyn wůrde. Der Jobat aber ware voller zorn über meinen armen bruder / und stunde lang bei sich selber an / wie er sich an ihm und Amorite råchen solte. Endlich bliebe es bei dem schluß / daß er das reich raumen / und seinem bruder in den Bactrianischen krieg folgen solte: da er doch sonsten / sich für der Assyrischen macht fürchtend / nicht gern gesehen / daß sich Bileam in diesen krieg wider den K \nig von Babel begeben. Nun aber machte ihn die liebe ganz blind / daß er nichts / als diese / zu befördern trachtete. Mein bruder durfte / vor seinen abzug /weder mich / noch viel weniger die Amorite / sprechen: und wurden wir so genau in acht genommen /daß wir ihm auch nichtes zuentbieten konten.

Wenige zeit hierauf / kame der Fürst Suevus mit unseren gesandten zugleich an / und liesse mein herr vatter nichtes ermangeln / ihn aufs herzlichste zu entfangen. Amorite erfreuete sich ebenfalls gar sehr /ihren herr vatter zu sehen: der dann seine herzliche liebe gegen ihr in allem gnugsam spůren liesse. Wiewol er nun mit ihr und dem Apries es gern hätte anderst sehen m \gen: so erwoge er jedoch / als ein verståndiger herr / daß niemals mit des Königs willen diese verheuratung wůrde fortgehen [229] k \nnen; und befande er ratsamer / daß er seine einige tochter dahin bereden solte / K \nigin von Hemath zu werden / als den Apries zu ehlichen. Dieses war die eigentliche ursach seiner dahinkunft: deswegen er auch keine antwort von sich geben wollen / bis er die Amorite selber gesprochen hätte. Die abgeschickten nach Basan brachten von dem Trebetes / welcher in abwesenheit des K \nigs Marsius regirte / die antwort zurůcke: wie daß die Teutschen gar gern / eine ihrer Prinzessinnen /auf den thron von Hemath sehen würden. Mein herr vatter / mit dieser erklärung wol zu frieden / lage nun auch dem Suevus an / in diese heurat einzuwilligen: welcher seiner tochter sagen liesse / wie daß er sie allein sprechen wolte.

Sie befunde sich eben damals / als ihr dieses angemeldet wurde / in gesellschaft des Apries: welcher heimlich / mit des K \nigs seines herr vattern gesandten / nach Hemath zu růcke gekommen war / und durch meine vermittelung seine Amorite hatte zu sehen bekommen. Sie gabe ihm / in meiner gegenwart / die versicherung / wie daß sie ihr můglichstes thun wolte / den Suevus ihren herr vatter dahin zu bereden / daß sie ihn allein lieben / und keinen andern wehlen d \rfte. Ich begabe mich mit dem Apries / als der Prinz Suevus zu der Amorite kame / in ein neben zimmer; da wir alle worte / so sie mit einander wechselten /anhören kunten: und ware dem armen Apries nicht anderst zu mute / als hätte er damals / von seinem leben oder tode / das lezte endurteil anh \ren sollen.

Amorite! (finge Suevus an zu reden) darf ich von deiner tugend / die sich allemal spůren lassen / wol die hoffnung sch \pfen / daß du jetzund solche erweisen / und dein båstes und meine ruhe zubef \rdern /dein vergnůgen [230] hintansetzen werdest? Der himmel weiß / wie herzlich ich dich liebe / und wie schmerzlich es mir fället / dir deine bitte nicht zu gewären / da du meine erlaubnůs hast begehret / den edelen Apries zu lieben. Ich erkenne ja so wol / als du / dieses herrn seltene tugend / und habe noch nicht vergessen / was er mir ehmals fůr wolthaten erwiesen / und wie ich ihme alles schuldig bin. Allein / das verhängnüs ist eurer liebe zu wieder! Der K \nig Jobat / sein herr vatter / wird nimmermehr zulassen / daß Apries dich besitze. Ohne dieses Königs willen / darf Apries an dich nicht gedenken; und ist sein vermögen schlecht / dich deinem stande gemäs zu erhalten. Erh \re deswegen meine bitte / weil ich dir die deinige wider meinen willen abschlagen muß. Nim den thron an / den dir der himmel zeiget; und g \nne deinem vatter diese freude / sein einziges kind K \nigin von Hemath zu sehen. Verst \rest du damit deine vergnügung / so bauest du doch dardurch meine ruhe: und Apries ist viel zu tugendhaft / daß er nicht lieber dich seinem vatter g \nnen / als dich elend machen solte.

Mitlerweil der Suevus also redete / sahe ich meinen armen bruder an / der unbeweglich bliebe / und ganz erblasset auf seiner Amorite erklårung wartete / die ihrem herr vatter also antwortete: Ich bin ja schuldig /meines herr vattern befehl und willen mich in allem zu unterwerfen. Wann ich aber von der vätterlichen liebe diese wůrkung hoffen darf / daß sie eine tochter vergnůgt wünschen werde: so unterstehe ich mich nochmals / demůtigst zu bitten / daß ich mein herz dem Prinzen Apries lassen dörfe. Das elend / welches ich wegen seiner armut mit ihme ausstehen werde /wird mir lieber und angenemer seyn / als die K \nigliche Wůrde. Ein zufriedenes gemüt / achtet nicht den åuserlichen schein des glůckes. Ich [231] wil bei dem Apries mich niemals über meinen zustand beklagen: aber bei dem K \nig / wurde ich nie gnug mein elend beweinen.

Hierauf wandten sie zu beiden teilen viele ursachen ein / dadurch jedes seinen willen zu erlangen vermeinte. Doch endlich muste Amorite sich ergeben / weil ihrem herr vatter die gedult anhube zu vergehen / und er sich vernemen liesse: Er wůrde sie nicht mehr fůr sein kind halten k \nnen / wann sie sich weigerte / den König zu ehlichen. Wolan dann! (sagte sie hierauf /) weil ich nicht / ohne verletzung der tugend / den namen einer tochter verlieren kan / so wil ich den namen einer beståndigen liebhaberin verlassen / zugleich aber auch aller zufriedenheit und vergnügung absagen / die ich auf der welt erwarten k \nnen. Hiemit ergosse sich über ihre wangen ein heisser thränen bach; da dann Suevus / welchen ebenfalls schmerzete / seine tochter so betrübt zu sehen / sie umarmete /und sagte: Der himmel wůrde es ihr lassen wol ergehen / fůr diesen gehorsam / den sie ihm erwiese. Also verliesse er sie / dem verliebten König seine antwort und das jawort zu bringen. Sie bate ihn aber beim abschied / er wolte doch verwehren / daß der König noch etliche tage sie zu sehen verschieben m \chte: weil ihr unmůglich fiele / in so geschwinder eile ihre sinne zusammen zubringen / und in diese entschliessung sich gebůrlich einzurichten.

Mein armer bruder / mehr todt als lebendig / wuste nicht / nach angehörtem diesen schlusse / wo er ware /und folgete mir aus dem zimmer auf dem fuß nach /als ich / die Amorite nun allein wissend / wieder zu ihr ginge. Keines von uns dreien / vermochte anfangs den mund aufzuthun. Weil Amorite wol vermutete /wir würden alles mit angehört haben / wie sie dann solches aus unseren [232] gesichte leichtlich abname / als ware auch sie erbl \det zu reden. Ich muste endlich die erste seyn / so sprechend wurde: da dann meine worte auf eine klage hinaus liefen. Ich kunte nicht umhin /ihr fůrzurucken / daß sie also meinen liebsten bruder verlassen. Sie beantwortete dieses erstlich mit ihren thrånen; endlich aber ůberwande sie den schmerzen /und sagte zu mir: Ich lasse dich selbst urteilen / liebste Ardelise! ob du / wann du wärest in meiner stelle gewesen / håttest anderst verfahren k \nnen. Mehre derhalben mein leiden nicht / mit deinem bezeugenden unwillen: sondern hilf mir vielmehr den Prinzen Apries ůberreden / diese schickung unseres verhängnisses gedultig zu ertragen. Ach Amorite! (finge hierauf der halbtodte Apries an zu reden /) so wollet ihr mich verlassen? Hiemit fiele er ihr zu fuß / und umfassete ihre kniehe. Sie aber risse sich von ihm los / und als sie /so viel můglich / die thrånen verschlucket / sagte sie: Ich verlasse euch nicht / Prinz von Hemath / sondern mein glůck verlåsset mich. Und weil ich wol befahre /ihr werdet der Amorite nicht so bald / wie ihr müsset /vergessen können: so beschw \re ich euch bei dem himmel! begebet euch mit ehstem von hinnen / und beunruhiget / mit eurer mir gar zu lieben gegenwart /nicht ferner mein gemůte / da ich euch nicht mehr sehen darf. Gehabt euch wol / mein Prinz! und beklaget mehr / in diesem zustande / die unglůckselige Amorite / als daß ihr sie dieserwegen anklagen woltet.

In erwehnung dieser lezten worte / umarmete sie meinen bruder / der onmåchtig bei mir niedersunke. Sie aber wandte sich zu mir im hinaus gehen / sagende: Habe acht / Ardelise / auf deinen bruder / und verschaffe / zu sein- und meiner ruhe / daß er mit dem ersten hinweg komme. Ich konte dieses / für schmerzen und wehmut / [233] nicht beantworten. Wie nun Amorite hinweg ware / bemůhete ich mich / mit hůlfe einer meiner getreuen dirnen / den Apries zu recht zu bringen: der endlich / nach vielen angewandten mitteln /die augen wieder empor schluge. Nachdem er seine Amorite allenthalben vergebens gesuchet / růckete er mir / nachdem er sich båsser besonnen / gar schmerzlich fůr / warum ich ihn nicht hätte sterben lassen? Weil ich ihme nun eine kammer eingeraumet / da er mit seinem Waffenträger sich verborgen aufhielte /daß kein mensch / als Amorite / Corycide / ich und eine von meinen dirnen / wissenschaft davon hatten: als hielte er sich nach diesem immer heimlich daselbst auf. Und wiewol ich für ihn nützlicher erkante / wann er Hemath und folgends seine Amorite verliesse: so dorfte ich dennoch nie etwas solches zu ihm sagen /weil er ohnedas mich immer bate / ihn sterben zu lassen / das er dann gewiß hoffete. Er bekame auch ein hitziges fieber / das von tag zu tag zuname: und wolte er keine arzneien darwider brauchen / deren ich zwar auch wenig / ihme zu reichen / in meinem verm \gen hatte.

Amorite bereitete sich nun / den K \nig / wo nicht zu lieben / dennoch zu heuraten / und stellete sich also gegen ihm an / daß Jobat sich überseelig und vergnůgt schätzete. Und ob wol Amorite den innerlichen gram nicht so sehr bergen kunte / daß man den nicht an ihr gespůret hätte: so hoffete doch der K \nig / es würde / nach dem beilager / sich solches alles åndern und enden. Selbiges wolte er auf das pråchtigste gehalten haben / und wurden überaus grosse zurůstungen gemachet: wie dann der Fürst Suevus / ihr herr vatter / auch darbei seyn wolte. Wiewol ich auch oftermalen die Amorite bate / den armen Apries zu besuchen / so kunte ich doch solches nie nicht erlangen. Daher endlich die gråmnis / meinen [234] liebsten bruder also elend zu sehen / auch bei mir so sehr ůberhand name / daß ich gleichfalls bettlågerig wurde / und dem schmerzen / der bisher allein mein gemůt eingenommen / auch meinen leib unterwerfen muste. Amorite besuchete mich fleissig / in dieser meiner krankheit /und war fast keinen augenblick von mir. Weil aber meine schwachheit immer gr \sser wurde / deren ursach Amorite wol erkennte: als zoge sie ihr solches dermassen zu herzen / daß sie endlich / auf mein inständiges flehen und bitten / den Apries zu sehen versprache; welches ich ihme gleich / durch meine dirne /zu wissen thåte.

Wie nun alles dazu abgeredet war / kame er / so krank er ware / zu mir in die kammer / alda er seine Amorite für fůnde: die ihme anfangs verwiese / daß er so wenig grosmut in diesem unglück blicken liesse; folgends aber ihme / nicht allein befohle zu leben /sondern auch zuliesse / auf mein åuserstes bitten / daß er sie ferners lieben m \chte. Dergestalt besucheten sie einander in meiner kammer zum \ftern / und brachte meines bruders vergnügung mir meine verlorne gesundheit auch allgemach wieder. Weil ich nun den Apries ůber alles in der welt liebete / als liesse ich nicht nach / bis ich die Amorite dahin beredet / daß sie ihre erste dem Apries versprochene treue zu halten gelobte / und ihm freistellete / sie von dannen zu entfůhren. Ich bekenne / es war viel / das sich diese Prinzessin hierzu erklåret. Aber mein stätiges anflehen /und die unendliche liebe zu meinen bruder / machete sie solchen schluß fassen. Weil ich mich von ihrem glück und unglůck nicht scheiden wolte / als ward ich entschlossen / Hemath mit ihnen zuverlassen. Wir erwehlten / nach langem überlegen / das land Mesopotamien zu unserem aufenthalt: da wir unsern stand unter die alda wonende schäfere verbergen / und in vergnůgter ruhe unser [235] leben hinbringen wolten / bis der himmel uns dermaleins gůnstiger anblicken würde. Dieser entschluß ware wol gut / aber übel zu vollziehen: weil der winter vorhanden / und in Mesopotamien man wegen ergiessung der wassere nit so wol und geschwind reisen konte / als uns vonn \ten wäre / wir auch nur noch sechs wochen bis zum angestellten beilager vor uns hatten.

Ich benennete endlich ein mittel / das mir wol unser unglůck in den sinn gabe / ob ich es wol damals vor eine beförderung unserer ruhe hielte. Es hatte mein herr vatter / bei lebzeiten meiner fraumutter / eine beischlåferin gehabt / Laodice genannt: welche beim K \nig in ungnade geraten / doch bei hof und unter andern seinen kebsweibern noch gedultet wurde. Sie war sehr verschlagen / und darbei mir wol gewogen /wegen vieler wolneigung / die ich ihr ehmals bei meiner fraumutter erwiesen. Diese liesse sich dazu ůberreden / daß sie / nach des K \nigs trauung mit der Amorite / an ihrer stat des nachts beim K \nig zu bette gehen wolte. Wir wusten / daß der K \nig vor tags wieder aufzustehen pflegte / und hoffeten also / daß er diesen betrug so bald nicht würde gewar werden: mitlerweile wir uns zu unserer flucht růsten konten. Wir beschlossen darneben / daß Apries / weil er nun ganz wieder gesund / solte anstalt machen / wie er uns mit dem ersten füglich fortbringen m \chte. Wiewol nun Amorite diesen anschlag fůr so gefårlich / als unbillig / hielte / liesse sie ihr doch gefallen / was mein bruder und ich hierinn vor gut achteten / und sagte: Sie hätte einmal ihr leben und sich selbsten uns ůbergeben /darum stünde es bei uns / mit ihr vorzunemen / was uns gefiele. Ich muß aber bekennen / daß meines bruders und meine vergnůgung bei ihr eine traurigkeit erweckete; und fühlete sie eine unruhe in ihrem gewissen / [236] die ihr fast unertråglicher wurde / als alles ihr voriges leiden. Es verhångte aber der himmel / daß ich / von liebe gegen den Apries geblendet / die Amorite durch unsere freundschaft dahin verleitete / daß sie / der liebe folgend / neben uns alles hintan setzete / was wir billiger hätten beobachten sollen.

Der nunmehr so vergnůgte als verliebte Apries /wolte / nach diesen entschluß / nicht länger in Hemath verbleiben / sondern / alles zu unserer reise nach Mesopotamien fårtig zu verschaffen / sich aufmachen. Also name er abschied von seiner Amorite / und vermanete sie bittlich / ihm ja beständig zuverbleiben /und nicht ihr herz / gleich wie die hand / dem König antrauen zu lassen. Traget dessen (antwortete sie seufzend) keine sorge / und seit versichert / daß ich euch werde treu verbleiben. Aber verzeihet mir / wann ich euch diese versicherung / ohne mich dafůr zu entsetzen / nicht geben kan: dann ich sorge / wir laden hiermit des himmels zorn auf uns / indem wir unsere eltern also betriegen. Wie / Amorite! (fiele ich ihr allhier in die rede /) achtest du dann fůr eine sünde /deme beständig zu verbleiben / dem du dein herz fůrlängst gegeben? Womit betriegen wir unsere eltern? was wir dem K \nig rauben / das hat dem Apries eher zugeh \ret / als dem Jobat. Hat dann der König die macht / dich aus seines sohns herzen zureissen? Und ist auch Suevus befugt / dich dem zu nemen /dem er vorher dich zu geben bewilliget. Deine grůnde (erwiderte Amorite låchlend) sind nicht so stark / als meine eigene liebe: ohne welche ich jene schwerlich annemen würde. Nun aber versichere ich euch / liebster Prinz! (sagte sie ferner / sich zu meinem bruder kehrend /) daß ich euch alle macht überlasse / mit meinem leben zu schalten / wie es euch gefållet. Hiermit umarmete sie ihn / und er schiede [237] von ihr / sich vor den glůckseligsten der welt achtend / dankete mir wol tausentmal / daß ich ihme zu dieser glůckseligkeit verholfen / und entfahle mir ferner seine angelegenheiten.

Nach seinem abzug / růsteten wir uns zum beilager. Je näher aber die zeit heran kame / je gr \sser wurde der Amorite unruhe / und machte sie mir oft mit ihren zweifelhaften reden gar bange: indem sie diese falsche trauung nicht über sich nemen / sondern vorher sich entführen lassen wolte. Also hatte ich aller beredsamkeit vonn \ten / sie beståndig zu erhalten. Weil die zeit / hinweg zu fliehen / noch nicht angekommen ware / inzwischen die neue verheuratete bei uns anfangs wenig gesehen / auch gar eingezogen gehalten /und selten von ihren månneren besucht werden: als kunte kein bequemers mittel / den K \nig zu betriegen und ihn sicher zu machen / als eben dieses / erdacht werden. Ich bekame endlich auch die Prinzessin Corycide auf meine seite / die mir die Amorite ůberreden halfe / daß sie bei diesem schluß verbliebe.

Wie nun der tag des beilagers angekommen /schmücketen wir die Amorite mit dem K \niglichen schmuck aufs herrlichste heraus. Sie aber / ob sie gleich wuste / daß sie des Königs gemalin nicht werden solte / ginge dennoch mit furcht und zittern in den tempel / des gottes Wothan / den die Teutschen (wiewol in ihrem land ohne tempel /) anbeten / und deme meine verstorbene fraumutter in unserem lande diesen dienst und altar gestiftet hatte. Als nun der Druyde sie fragte / ob sie den K \nig zum gemal haben wolte? erblassete sie / und wolte nichts darauf sagen. Solches aber wurde nicht beachtet / sondern ihre trauung mit dem K \nig fortgesetzet. So bald sie folgends zu mir allein kommen kunte / klagete sie mir ihre unruhe /die sie ůber diese betriegliche [238] trauung in ihrem herzen fůhlete. Ich aber / sie zu beruhigen / bedienete mich dessen / daß sie stillgeschwiegen / und des K \nigs gemalin zu werden nicht ja gesagt hätte.

Auf den abend solte nun / nach gewonheit des landes / die Amorite von dem Suevus zu bette gebracht werden. Dieser gienge / bevor sie umgekleidet wurde /zu ihr in ihr zimmer / umarmte sie herzlich / und bezeugete ihr / wie gern er wünschen m \gte / daß dem himmel gefallen håtte / sie / an stat dem K \nig / dem Prinzen Apries zu bette zubringen: dann er wol spůrete / wie sehr ihr diese heurat zuwider war. Sie aber beantwortete dieses nur mit seufzen / und durfte ihrem herr vatter nicht er \ffnen / wie sie / seinem wunsche nach / dem Prinzen Apries auch eigen verbliebe. Wie er sie nun wieder verlassen / kleideten wir in eile die Laodice in ihre kleider / und verhůlleten sie / wie gebråuchlich / mit einen schleier: Die denn der Suevus /in meinung / es wåre seine tochter / dem K \nig zu bette brachte. Amorite aber ånderte ihre gew \nliche schlafståtte / und bliebe / von der zeit an / des nachts bei mir: damit niemand von unseren leuten den betrug merken möchte. Es ginge alles glůcklich und wol von statten / also daß der K \nig / der Suevus / und der ganze hof / nicht anders vermeinten / als daß Amorite mit dem König verheuratet wåre: wie sie dann auch jedermann als die K \nigin ehrete. Nach endung der angestellten ritterspiele / zoge der Suevus wieder nach haus / der hoffnung lebend / es würde doch die zeit endlich seiner tochter herz mehr zu dem König neigen / und nach und nach die liebe zu dem Apries ausleschen. Mein herr vatter hielte sich nun fůr den glückseligsten der welt / in der eingebildeten besitzung seiner Amorite / und die weise des landes in acht nemend / besuchete er sie [239] nicht viel bei tag: daß also Amorite wenig beschwerung von ihm hatte / weil Laodice ihre stelle bei nacht verwaltete.

Mein verliebter bruder seumte inzwischen nicht /zu enfůhrung seiner Amorite anstalt zu machen. Und wie er endlich alles zu unserer reise färtig hatte / kame er heimlich wieder zu uns / etwan zehen tage nach dem hochzeitfest: da wir ihn / sobald die nacht angetreten / durch den garten einliessen. Also kame er mit seiner geliebten Amorite / nach allem vergnůgen / in einem gemache zu sprechen / und erzehlte den anschlag / wie er uns wolte hinweg bringen. Mitlerweile wir aber also / in h \chster stille und zufriedenheit /bei einander waren / und Laodice / ihrer gewonheit nach / beim K \nig sich befunde / zündete sich ungefähr vor des K \nig kammer ein feuer an / so gleich um sich frasse / und in der kammer alles in flammen brachte. Der K \nig / von dem dampf erwachend /sprang alsobald aus dem bette / wie auch die Laodice: welche / in dieser angst / ihr gesicht zu verbergen vegasse. Weil sie fůr rauch und dampf nirgend auskonten / als rieffen sie um hůlfe: da dann die k \nigliche wacht zugelaufen kame / und zum K \nig in die kammer drunge. Mein herr vatter sorgte nur vor seine Amorite / befahle deswegen / man solte die Königin erstlich retten. Wie aber die wacht nach ihr sich umsahe / und dannenhero um die beångstigte Laodice sich nicht annemen wolten rieffe ihnen der K \nig zu /wiedaß diese seine gemalin wåre. Wie er aber nåher hinzu trate / und den augenschein anderst fande / erschracke er sehr / und fragte sie / wie sie in seine kammer gekommen wåre? Laodice / vom schrecken ganz betäubet / konte sich in der eile auf keine ausrede besinnen: fiele allein zu des Königs füssen / und bat um gnade. Der K \nig wuste sich anfangs [240] hieraus gar nicht zu finden: und weil zumal das um sich fressende feuer kein langes gespråch zuliesse / begabe er sich von dannen in ein anderes gemach / alda er die Laodice fůr sich kommen liesse. Auf sein scharfes befragen / bekannte sie ihm den ganzen handel dieses betrugs: darbei vermeldend / daß ich und mein bruder die Amorite hierzu beredt hätten; und wäre Apries iezt eben im werk begriffen / die Amorite hinweg zu führen.

Alles was zorn / verachtung / entsetzen / eiversucht / und entdeckter betrug in einem gemüt kan zu wege bringen / das zůndete sich zugleich in dem K \nig an /daß er schier wäre unsinnig worden. Er wuste lang nicht / was er thäte oder thun solte. Endlich erwischete er die arme Laodice bei den haren / ůbergabe sie der wacht / und befahle / daß sie die wol bewahren /auch uns alsobald gefånglich annemen solten. Dieser befehl ward ohn verzug zu werk gerichtet / und befahreten wir nichtes weniger / als diß unser bevorstehendes unglück: als wir ein starkes gepolter für unserer thür höreten / dieselbe / weil sie verschlossen / bald aufgerannt und die wacht hinein brechen sahen. Wir errieten gleich / daß wir verraten wären. Amorite / die in dieser todesangst nur für den Apries sorgete / fiele ihm halb todt um den hals / und sagte zu ihm: Ach mein Prinz! nun sehet ihr die früchte unsers anschlages. Die onmacht liesse sie ein mehrers nicht reden /und wurde er damit aus ihren armen gerissen / auch wir alle / mehr todt als lebendig / voneinander getrennet / und in besondere kammern bis an den morgen verschlossen; Apries aber / auf befehl seines ergrimmten mitbulers / in einen tiefen kerker geworfen.

Wie wir das übrige der nacht hinbrachten / ist leichtlich zu ermessen. Es kame der morgen so bald nicht herfür / da muste ich vor den K \nig kommen. Wie ich nun [241] mit zittern und ängsten in das gemach getretten / und des K \nigs grimmiges angesicht erblickend / schier onmächtig nieder gesunken war: da begunte mein herr vatter / nachdem er mich eine weile angesehen / in erschrecklichen worten allen seinen grimm über mich auszugiessen. Ich thåte ihm einen demůtigen fusfall / und bate mit threnen / sich zu erinnern / daß ich vormals sein liebes kind gewesen / und mir um deß willen die gnad zu erweisen / und mein vorbringen in gedult anzuh \ren. Er aber / der mich darum nicht holen lassen / stiesse mich von sich / und zeigete mir die Laodice: welche mich in seiner gegenwart ůberzeugete / daß ich alles dieses betrugs eine anfångerin gewesen wåre. Wie ich nun alles dieses mit stillschweigen gestunde / verfluchte mich der K \nig dermassen / daß ich anhube / mir selber feind zu werden / und mit ångstigen worten zu sterben wünschete. Da solst du verråterin zeitig zu gelangen! sagte der K \nig / und befahle damit / mich wieder wegzuführen. Und ob ich wol fur meinen armen bruder bate / mit bekantnis / daß ich allein an allem diesem schuldig wäre: so kunte ich doch nichtes ausrichten. Der K \nig liesse gleich den grossen raht neben den Druyden des Wothans versammlen / daß sie hierůber sprechen solten: die dann uns einhälliglich zum tode verdammeten / daß nåmlich Laodice alsobald im gefängnůs / Apries und Amorite in dem vorhofe des tempels enthaubtet / ich aber / als die ich (da die liebe die andern noch teils entschuldigte /) die meiste straffe verdienet håtte / solte / zur versůhnung des hierdurch beleidigten gottes Wothan / ihme zum brandopfer geschlachtet werden. Nach eröffnung dieses urteiles / beliebte dem K \nig / solches zu milderen: indem er die Amorite / ob sie ihn gleich so verächtlich betrogen / nicht kunte t \den lassen; sondern / [242] sich vergnügend / daß er ihr ihr liebstes durch den tod nemen würde / wolte er sie / nach unserer hinrichtung / ihrem herr vatter mit der Corycide wieder zuschicken. Aber an den Apries und mir / truge er kein bedenken / alles vollziehen zu lassen / was der raht und die Druyden geurteilt hatten. Und alles dieses / was ůber uns beschlossen war / wurde uns in die gefångnis zeitlich berichtet.

Als nun der schreckliche tag angekommen / da wurde / in gegenwart vieler tausend menschen / die von allen benachbarten orten / auch aus der ferne /diese hinrichtung anzuschauen / nach Hemath sich versammlet hatten / erstlich Amorite / in begleitung der Corycide / welche sie nicht verlassen wolte / vor des Wothans tempel geführet. Sie sahe / im hinfüren /niemand an / weil sie sich selbst für strafbar hielte /sondern lehnete sich auf die Corycide / deren wangen und brust mit ihren heissen zähren befeuchtende. Nachdem nun alda der Fůrst Jona das von Hemath /der von wegen des Königs alda zu gericht saffe / ihr die Kron und den K \niglichen mantel / den sie bisher betrůglich getragen / abnemen lassen: erschiene der arme Apries mit gebundenen hånden auf der andern seite des tempels. Dieser / weil er vernommen / daß seine Amorite nicht sterben solte / gebärdete sich gar freudig; und weil er mit ihr reden dorfte / sagte er zu ihr: Gute nacht / liebste Prinzessin! ich bin nicht wert gewesen der liebe und beståndigkeit / die ihr mir erwiesen / darum schicket mir der himmel dergestalt mein ende. Doch sterbe ich vergnůgt / weil ich / um meiner Amorite willen / darf mein blut vergiessen. Hiermit wandte er sich zum volk / und bate um vergebung / daß er sie also betrogen / indem er darzu geholfen / daß sie eine so unvergleichliche K \nigin / als die Prinzessin [243] Amorite wåre / nicht bekommen hätten. Und als er indeme mich durch die Druyden nach dem tempel fůhren sahe / fassete er die augen voll wasser /und sagte gar erbårmlich: Ach liebste schwester! meinetwegen erleidet ihr diese schmach. Vergebet mir /daß ich euch so tief in mein elend mit verwickelt / und nemet hiermit von mir die lezte gute nacht. Hierauf wandte er sich nochmals gegen seine Prinzessin / die er onmåchtig sahe in der Corycide armen ligen; schluge deswegen die augen gen himmel / und wolte noch etwas sagen. Er wurde aber von den henkersbuben sortgefüret / die sein edeles haubt ihm abschlugen /und dasselbige / wie der grausame K \nig befohlen hatte / der armen Amorite fůr die fůsse warfen.

Vergönnet mir / werte zuhörerinnen! daß ich allhier in etwas meine erzelung abbreche. Hiermit verstummete Ardelise / und kunte sich der vielfältigen thränen nicht erwehren / die auch die Aramena und Ahalibama wehmůtig machten. Amorite aber / welche sich auf der Ardelise schulter gelänet / vergosse nicht einen einzigen zåhren / sondern ganz erblasset / sagte sie / wiewol mit halb zerbrochenen worten: Also starb dieser edele Prinz! Und ich / da ich zuvor onmåchtig gewesen / ermunterte mich wieder / als der unglückselige hieb geschahe; und dieses liebe haubt fůr meinen fůssen ligen sehend / fiele ich auf dasselbige / und /gleich als hätte ich seinen ausfahrenden geist wollen in mich ziehen / ware ich lang nicht von seinem munde zu bringen / bis man diese lezte grausamkeit noch erwiese / und mir mit gewalt dieses ůbrige von meinem Apries hinweg raubete / das sie neben dem leib auf einen altar verbrannten. Wie gern wåre ich darauf auch zur schlachtbank gegangen / wann es mir so gut hätte werden m \gen. Allein / der [244] [246]himmel liesse mich leben / um meine qual desto mehr mich fühlen zu machen. Weil bei den opfern / die dem Wothan geschehen / niemand als die priester gegenwårtig seyn d \rfen / als fürete man mich nach deme vom tempel wieder hinweg / und ware meine Ardelise schon in denselbigen hinein gebracht / daß ich ihr also nicht einmal gute nacht sagen kunte. Welcher gestalt ich auf den wagen gesetzet worden / der mich / neben der Corycide und etlichen meinen bedienten / in begleitung des guten alten Sesostris / wieder solte nach der Amoriter gebirge füren / kan ich wol nicht sagen: dann ich fůr wehmut und entsetzen fast schon todt war / und erhielte man mich allein mit kräftigen wassern / daß ich nicht unterwegs in der meinigen armen verschiede. Welcher gestalt aber Ardelise dem tod entgangen / und wie ich durch ihre wiedererlangung merklich getr \stet worden / wird sie selber am bästen erzehlen k \nnen.

Mich hatte nun (fienge hierauf Ardelise wieder an /als sie ihre zåhren abgetrocknet /) die traurigkeit und wehmut so aus mich selber gebracht / daß ich fast nichtes mehr entfunden / und liesse ich mich in den tempel hinein schleppen / alda ich solte geschlachtet werden / welchen die priester gleich hinter mir zusperreten. Ich ware nit lang darinnen / da h \rte man ein gepolter für der pforte / und wurde endlich die thůr aufgebrochen: da der Prinz Baalis von Ammon /mit vielen gewaffneten / hinein drange / und mich erretten wolte. Die priester / so wol als das volk verwehreten dieses sein fůrnemen / und nachdem er für mein leben und befreiung eiferigst gefochten / wurde er doch ůbermänget / also daß er sich muste lassen gefangen nemen. Ich entfunde nun bei allen anderen schmerzen / auch dieses guten Prinzen unglůck / das er meinetwegen hatte auf sich geladen.

[246] Wie nun diese unruhe wieder gestillet war / brachten mich die Druyden in ein gew \lbe / da ich mit vielen wassern und salben bestrichen / und nachmals den ganzen tag allein gelassen worden. Wie mir in solcher einsamkeit zu mut gewesen / kan man leichtlich erachten. Gegen die nacht aber / kamen zu mir zwei Druyden / neben dem treuen waffenträger meines armen bruders / die mir / da ich den tod erwartet /meine befreiung ankůndigten / und hastig mit mir forteileten. Ich wurde / ohne daß ich wuste / wie mir geschahe / auf einen wagen gebracht / da meiner eine von meinen dirnen wartete: mit welcher ich / neben dem waffentråger / die ganze nacht fuhre / und den folgenden abends zu Camon die Amorite fürfunde. Unser bewilkommen / bestunde in vergiessung tausend thrånen; und erfuhre ich alda von meines bruders waffentråger / wie daß er durch geld die zwei Druyden auf seine seite gebracht / welche sich / mich vom tode zuerretten / gewinnen lassen. Dieses hatte er auf befehl seines herrn gethan / der ihn / den morgen fůr seiner hinrichtung / ernstlich zugeredet / sein můglichstes anzuwenden / daß ich m \chte erl \set / und zu seiner Amorite heimlich gebracht werden. Diese treue sorgfalt meines lieben bruders / machte meine wunde noch grösser / und stiesse mir derentwegen ein hitziges fieber zu / daß wir zu Camon bleiben musten: alwo dann niemand / auser Amorite / Corycide und etliche wenige / mein daseyn wusten.

Mitlerweile ich also krank darnieder lage / beschlosse Amorite / wann ich wieder wůrde genesen seyn / mit mir nach Mesopotamien zu gehen / und alda die ůbrige zeit ihres lebens des Apries tod zu beweinen: dann sie sich nicht allein scheuete / ihrem herr vatter unter augen zukommen / sondern auch /nach diesem erlebten unglůcke / [247] nichts als die einsamkeit suchete. Sesostris und meines bruders waffentråger / neben zweien dirnen / solten uns auf dieser reise begleiten. Corycide aber / die da zeitung erlangete /wie daß ihr herr vatter zu Hebron schwerlich krank läge / kunte ihr eigenes båstes nicht verabsäumen /wie ungern sie auch uns verliesse / und muste sich in Canaan wieder begeben: welcher wegen sie dann von uns abschied name / ja so betrůbt ůber unsern zustand / als unwillig / daß sie uns verlassen muste. Die bedienten der Amorite namen also ihren weg alleine nach der Amoriter gebirge / unwissend / was ihre Prinzessin zu thun gewillet war / als welche ihre fůrhabende reise gar heimlich hielte / damit sie nicht an derselben von ihren herr vatter verhintert würde.

In wårender dieser zeit / kamest du / liebste Aramena! mit dem Prinzen von Sichem / nach Camon: und weil wir uns so heimlich hielten / kunte ich dich nicht sprechen / wie sehr ich es auch wünschete / sondern muste dich lassen wieder hinweg ziehen / ohne meinen zustand dir zu eröffnen / da ich wuste / wie du mich als todt beweinen würdest. Etliche wenig tage nach deinem wegreisen / als ich so weit wieder genesen war / daß ich mich durfte auf den weg begeben /reiseten wir auch von Camon ab. Weil wir aber / um nicht verkundschaftet zu werden / den richtigen weg nach Haran nicht nemen dorften sondern weit umziehen musten / als kamen wir auf Engamin zu: da der Tharsis von Sepharvaim uns unversehens ůberfiele /vermeinend / daß wir die Aramena bei uns håtten /und unser Sesostris / als er sich wehren wolte /schwerlich verwundet wurde / den wir nachgehends zu Bethera heilen lassen. Nun gehen wir in eurem geleite nach Ennon: da wir ůber den Jordan fahren / und dann ferners unsere reise fortsetzen [248] werden. Diß ist es nun / was ihr habt zu wissen verlanget. Ich weiß /man wird müssen gestehen / daß der Amorite und mein unglück das gröste ist / so jemals ein mensch entfunden: dann wir beide das liebste / so wir auf der welt gehabt / neben unserer ehre / wůrde / und allem menschlichen schutz / so erbärmlich verloren haben.


* * *


Mich betrübet von herzen / (sagte hierauf Aramena) euer beider zustand / daß ihr so einen unwiederbringlichen verlust erlitten / und anjezt / als verlassene Wåisen / das elend in der welt bauen můsset. Was die Prinzessin Amorite betrifft / (ersetzte Ahalibama /) so kan ich deren elend nicht gnug betrachten /oder nach der gr \sse beschreiben. Ardelise aber / ob sie wol auch viel an dem Apries verloren / weiß dannoch den Prinzen Baalis von Ammon im leben / und tritt anjezo in Mesopotamien einen solchen vergnügten lebensstand an / der aller königlichen wůrde fürgehet. Wolten die götter / daß es mir so gut werden könte / neben meinen Elieser mein leben in diesen schäferstande zuzubringen! wie gutwillig wolte ich doch / dem Beor / sein Canaan und allen Königlichen pracht ůberlassen. Ardelise seufzete hierüber / weil sie der Ahalibama nicht widersprechen wolte. Aramena aber sagte: Ich war lang in diesem Mesopotamien / das so zwei liebe Prinzessinnen bald bewirten soll. Und weil ich mit meinen beiden basen / des Fürsten Labans t \chtern / viel umgegangen / als kan ich sie versichern / daß sie an deren gesellschaft gute vergnůgung entfinden wurde. Selbige beide Fůrstinnen leben / gleich anderen hirtinnen / bei den heerden /und erhalten damit die weise / so unser grosvatter /der Fůrst Bethuel / eingefůrt: welcher der erste gewesen / so ihm die feldlust [249] also zu nutz gemachet / daß er das landleben dem pracht in den schl \ssern und städten fůrgezogen. Man hat uns gar viel gutes (antwortete Amorite) von diesen sch \nen Fůrstlichen Schåferinnen fürgesetzet: deren gesellschaft uns um so viel lieber seyn soll / weil sie die ehre haben / der sch \nen Prinzessin von Chaldea nahe wasen zuseyn.

Nachdem Aramena dieses höflich beantwortet / erinnerte sich Ahalibama der Corycide: fragte demnach / wie lang es wäre / daß sie von Camon hinweg gezogen? Als sie nun erfahren / daß es ongefår ein monat seyn m \gte / wünschete sie sehr / dieses dem Ephron wissend zu machen. Als sie aber ihre Astale deswegen wolte abfärtigen / erfuhre sie / daß Elieser und Ephron bereits von Bethaula wieder hinweg und füraus nach Salem gefůhrt worden wåren. Da werden sie (sagte die betrübte Fürstin von Seir) des tyrannischen Beri triumf vorankündigen sollen! Darauf fragte sie gar sorgfältig nach ihres Eliesers zustand: bekame aber die gew \nliche antwort / daß er sich noch sehr schwach befände.

Indem wurde den Prinzessinnen / von des Fürsten Beri wegen / angedeutet / wie daß es zeit wåre / fort zureisen. Diese worte waren ihnen allerseits wie ein donnerschlag: weil darbei Aramena und Ahalibama sich von neuem erinnerten / wohin sie gefůret wurden; Amorite und Ardelise aber / daß sie von jenen beiden ihren abschied nemen musten / weil sie nicht mit nach Salem reisen / sondern zu Ennon verbleiben wolten /um alda ůber den Jordan zu gehen. Demnach sagten Aramena und Ardelise einander tausend gute nacht; doch mehr im herzen / als mit dem munde. Diese lezte dankete auch nochmals der sch \nen Aramena / fůr die reichen kleinodien / womit sie / zu fortsetzung ihrer weiten [250] reise nach Mesopotamien / ihnen ausgeholfen hatte. Ahalibama und Amorite namen auch den treuherzigsten abscheid voneinander / weil sie sich in ihrem leidwesen so gleich befunden. Der bekümmerten Fůrstin von Seir wurde das herz dermassen schwer / daß sie schon ihren Elieser / wie Amorite ihren Apries / todt beweinete.

Als nun Ahalibama und Aramena / mit der Astale und Tirza / zu wagen gesessen / fuhren sie nach Ennon zu / und folgeten ihnen Ardelise und Amorite mit ihren leuten allmälig nach: die dann von niemand / wer sie wären / befraget wurden / weil Aramena solche vor ihre alte bekantinnen / aus Syrien / ausgegeben. Wiewol auch der Fůrst Beri / wegen der Ahalibama / seinen kopf so voll sůsser gedanken hatte / daß er sonst um nichtes daneben sich bekümmern kunte. Wie sie Ennon sich genåhert / grůsseten diese vier Prinzessinnen einander nochmals mit den augen / und wünscheten Aramena und Ahalibama sich wol tausentmal mit auf die fåhre / als sie / von einem Hůgel herab / die Amorite und Ardelise sahen über den Jordan fahren. Sobald diese ihnen aus den augen gekommen / da erblicketen sie Salem / welches im thal für ihnen lage / und gleich darauf h \rten sie von denen /die um den wagen ritten / daß die K \nige von Canaan und Salem ihnen entgegen kåmen.

Der verliebte Beor / ware mit dem tugendliebenden Melchisedech auf einen wagen gesessen / welchen der ganze hof von Sichem und Salem umringete: die dann / den Fůrsten Beri ersehend / ihn alle in ihren herzen verachteten / daß er solche leichtsinnigkeit an seinen eigenen kindern / um gewinns willen / erwiese. Beor aber hatte andere gedanken für seinen bruder / welchen er mit [251] beiden armen umfinge / und ihn lang an die brust druckend / sagte er zu ihm: Du gibest mir mein leben von neuem wieder; was soll ich dir / mein bruder / hingegen erweisen? Beri / der noch niemals solche liebkosungen von dem K \nig entfangen /wurde hierůber ganz freudig und hochmůtig in seinen gedanken / und antwortete: E. Maj. haben so viel gelegenheit / ihrem knecht gutes zu erweisen / daß ich keine besondere gnade auswehlen wil / mich allein überseelig schätzend / daß ich meines Königs aufrůrer zu gebůrlicher straffe lieferen / auch die Königin und Prinzessin von Canaan E. Maj. hiemit wieder zufüren kan.

Hierauf entfinge der Beor seine Ahalibama / mit bezeugung innigster freude und liebe. Wiewol ein kleiner unwille sich zugleich bei ihm spüren liesse /und ihn zu ihr sagen machte: Ob ich zwar nicht hoffen wil / daß die Fürstin von Seir mit schuldig sei gewesen an den frevel / den man in meiner gegenwart an ihrer entfürung zu Thanac begangen / so erweisen doch eure gebärden / daß diese wiederkunft euch betrübe. Versichert euch aber / sch \nste Ahalibama! daß ihr an kein ort der welt könnet hinkommen / da euch mehr ehre und gutes wiederfahren soll / als bei mir / der ich euch / neben meinem herzen / fürlängst mein Kron und Zepter zu eigen habe bestimmet. Ahalibama schluge zu diesen reden ihre betrübte augen nieder / und ward folgends / neben Aramenen / vom K \nig Melchisedech gar freundlich entfangen: welcher durch gebärden gnugsam an den tag gabe / daß diese Prinzessinnen also gegen ihren willen gewalt leiden musten. Folgends umringten den wagen / der beiden Fürstinnen hinterlassene bediente: grosse freude zeigend / daß sie ihr herrschaft wieder bekommen.

Wie sie nun in des Melchisedech schloß angelanget / [252] kamen ihnen die beide sch \ne Prinzessinnen von Gerar / des Melchisedechs schwester t \chter / mit der Fürstin Calaride und der Thoris / entgegen / welche die Ahalibama und Aramena in ihre gemåcher / die gar königlich ausgezieret waren / begleiteten. Die wunderschöne Coelidiane / und die angeneme Jaelinde / gewonnen alsobald dieser beyden ankommenden Fůrstinnen ihre herzen / mit ihrer gew \nlichen leutseligkeit: wie dann selbiger zwo schwestern gegenwart dieser ihr leiden um ein gutes linderte. Aramena und Coelidiane betrachteten einander / zwar ohne eiversucht / mit unendlicher verwunderung. Ob wol Ahalibama auch trefflich schön war / so hatte doch nicht allein der gram und die traurigkeit sie etwas verändert /sondern es war auch Aramena eines viel durchdringendern glanzes / und konte mit ihrer holdseeligen majestet viel eher / als Ahalibama / eine liebe und ehrerbietung erwecken: dann diese war eines sanfmütigern und etwas traurigen wesens / doch konte sie mit ihren scheine die leute mächtig gewinnen und an sich ziehen. Calaride / die bisher ihre Aramena fůr schöner als die Coelidiane gehalten / wuste jezt nicht zu entscheiden / da sie ihr beide zugleich vor augen waren /welcher der preis gebůrete: wie dann alle / so um sie waren / bald der einen / bald der andern den vorzug in ihrem herzen gaben. Man betrachtete aber darneben auch die liebreiche Ahalibama / welche jederman / als kůnftige K \nigin von Canaan / ansahe / und dafůr erkennen muste. Weil es aber allbereit spater abend war / als ward / von beiden niften des K \nigs zu Salem /bald wieder abtritt genommen.

Als nun Aramena bei der Calaride und dem Thebah sich allein sahe / fingen diese an / sich höchlich ůber sie zu beschweren / daß sie sich also von dem Ephron gutwillig [253] entfüren lassen: denn sie wusten nichts von dem Fůrsten von Sepharvaim / daß der dabei gewesen wåre. Sie gaben ihr zu verstehen / wie sie hierdurch sich in so übele nachrede gesetzet; und m \gte sie nur bedenken / wie ihr herr vatter und frau mutter sich betrůben würden / wann sie dieses erfahren solten. Aramena hörete alle diese fürrückungen gedultig an / und sagte / zu ihrer entschuldigung: Die welt m \chte von ihrem thun ein urteil fällen / als sie wolte / so wůsten doch die götter ihr gemüt / und daß alles / was unrecht scheine / dem himmel zu ehren geschehe; der auch / unter so vielen und harten versuchungen / ihren eiver ihme würde wol gefallen lassen.

Indem wurde der Prinz Hemor angemeldet / welcher ihr aufwarten wolte / und sich darneben entschuldigen liesse / daß er / auf verbot der årzte / sie nicht im felde entfangen d \rfen. Diese besuchung ware ihr zwar äusserst zuwider: sie konte ihm aber solche nicht verweigern. Und ob sie gleich mit der spaten abendzeit sich wolte entschuldigen lassen / so widersprache doch solches der alte Thebah / und muste sie dessen raht und willen folgen / und dem Prinzen zu kommen erlauben. Dieser verliebte herr / der erst von seinen wunden aufgestanden / hatte sich auf das herrlichste geschmůcket / um in seiner Prinzessin augen angenem zu erscheinen / und war so erfreut / sie wieder in seiner gewalt zu wissen / daß er seine vergnůgung vielfåltig spůren liesse.

Sch \nste Prinzessin! (redte er sie an) ihr werdet mir verg \nnen / den göttern für eure wiederkunft zu danken: weil euch nicht unbekant / wie viel mir an derselbigen gelegen ist. Ich achte auch unn \tig / euch zu bezeugen / wie eure entfürung mich geschmerzet: dann ihr allbereit wol wisset / wie inbrünstig ich euch liebe. Der [254] himmel hat aber selber erwiesen / daß ihm diese eure entweichung zuwider sey: darum fůrete er euch wieder an den ort / da ihr nach euren wůrden angebetet / und in eurer schöne bewunderet werdet. Erkennet demnach die himmelische schickung / und widersetzet euch nicht mehr derselben. Nemet an meine treue liebe / die der himmel billiget / und bestätiget mir die glückseligkeit / die eure eltern mir bestimmet. Prinz von Sichem! (sagt sie hierauf) ihr wisset selber /wie ich euch dieses kan beantworten. Mehr als tausentmal habet ihr von mir gehöret / daß ich dem himmel verlobet bin. Mehr als tausentmal habe ich euch zugeschworen / daß ich keinem mann kan zuteil werden / weil ich der Diana gehöre. Und wo ihr nicht euch dem himmel zuwider machen wollet / so höret einmal auf / mich zu verfolgen. Ich versichere euch nochmals / Prinz Hemor! nimmermehr werde ich euretwegen mein gelůbde brechen. Und solte mich auch die ganze welt verlassen / so habe ich doch bei mir selber so viel macht / die eurem unbilligen begehren sich wird widersetzen k \nnen.

Ach liebste Prinzessin! (sagte er hierwider / sie ganz verliebt anschauend /) ist dann diese grausamkeit bei euch unendlich? und wollet ihr nimmermehr der billigkeit geh \r geben? Meine entschliessung ist so billig / (gabe sie zur antwort) daß ich die nicht eher åndern wil / bis daß ich aufh \ren werde / g \tter zu glauben. Und dieselben ruffe ich zu meinem beistand an / daß sie mich einmal aus euren unbilligen banden befreien wollen. Dieses sagend / finge sie an milde thrånen zu vergiessen: worüber Hemor ganz verzweifelt wurde / weil er wuste / daß er solche verursachete / und gleichwol / wegen seiner heftigen liebe / nicht anderst verfahren konte. Deswegen brache er dieses gespräche schleunig ab / und [255] verfůgte sich wiederum nach seinem gemach: alda er / die ganze nacht hindurch / mit betrachtung seines zustandes sich gequälet. Doch machete er ihm selbst gute hoffnung / daß die Prinzessin sinn åndern möchte / wann sie durch das band der ehe an ihn verknüpfet seyn wůrde; zu welchem er / wegen der von ihren vermeinten eltern erlangten einwilligung / kůnlich schreiten d \rfte.

Am folgenden morgen erfuhre die Fürstin von Seir / welche wegen der sorge für ihren Elieser kein auge die ganze nacht geschlossen / wiedaß dieser ihr geliebter Prinz in grosser schwachheit und todesgefahr schwebete / und neben seinem bruder in ein b \ses gefängnis wåre geworfen worden. Demnach ergabe sie sich ganz dem schmerzlichen weheklagen / und ware noch in dieser traurigen ůbung begriffen / als die Prinzessin Coelidiane zu ihr hinein kame: mitlerweile Jaelinde / ihre schwester / der Aramenen gleiche aufwartung erwiese. Coelidiane vermutete / als ob der Ahalibama leiden / durch den unlust / so sie zu dem Beor trüge / davon dem hofe zu Salem das gerůchte schon långst die ganze geschicht geoffenbaret / verursachet wůrde: bemühete sich deswegen / sie zufrieden zusprechen. Ahalibama hörete den angenemen trost dieser Prinzessin gar willig an / klagete ihr ferner alles ihr leiden / das sie wegen Eliesers unpåßlichkeit ausstunde / und bate sie um ihren guten beistand.

Coelidiane versprache ihr / mit gutwilligem herzen / neben dem König Melchisedech ihrem Vettern es dahin zu vermittelen / daß er des Fürsten Beri s \hne auf das schloß legen liesse: und wolte sie alsdann schon verordnung thun / daß Elieser wol solte gepflegt und in acht genommen werden. Der Ahalibama waren diese worte so tr \stlich / daß sie der Coelidiane zu tausendmal dankete. Diese / ihr versprechen ins werk zu richten / [256] ginge gleich nach dem König von Salem / (bei dem sie / weil er sie wegen ihrer tugend ůberaus liebete / freien zutritt hatte /) und berichtete ihm den ůblen und unbilligen zustand der Prinzen von Canaan. Melchisedech / der solches gar nicht billigen konte / liesse gleich dem K \nig Beor entbieten: wiedaß er nicht könte gedulten / daß zween Prinzen / die ihme von můtterlicher seite so nahe verwandt / so übel bei ihm gehalten würden; möchte ihn demnach der Beor nicht verdenken / wann er sie in seinem schlosse båsser wůrde bewirten lassen / ihn gleichwol versicherend / daß sie seine gefangene verbleiben solten.

Der Beor war eben bei seinem sohn und dem Fůrsten Beri / als ihme des K \nigs von Salem begehren angebracht ward: welches er nicht abschlagen wolte / sondern gleich bewilligte. Dann er wuste / daß der Melchisedech in seinem lande / ungeacht er ihm järliche schatzung geben muste / und sein lehenman war / zu gebieten hatte / was ihm gefiele. So wuste er sich auch versichert / daß sein mitbuler es nicht lang mehr machen würde: auf welchen fall er des Ephrons beginnen nach Eliesers tode nicht so hoch betrachtete / daß er / ihn abzustraffen / begehren solte. Auch seinem bruder dem Beri zu erweisen / wie erkentlich er gegen ihm wäre / gabe er ihm den Ephron wieder /und erliesse demselben alles sein verbrechen. Beri /aus sonderbarer grosmut / wolte solches lang nicht annemen: Hemor aber / der sich an dieser grausamkeit billig ärgerte / sprache ihm so lange zu / daß er endlich zu deme sich bereden liesse / was ihme von selbsten / der natur nach / nicht unangenem seyn sollen. Also wurde befohlen / die Fůrsten auf das schloß zu bringen / und den Ephron auf freien fus zu stellen. Bey vollziehung dessen / konte Ephron seinen schwachen bruder [257] kaum so lang verlassen / bis er seinem herrn vattern / und fürnemlich dem König / für seine freiheit gedanket: und gleich hierauf / begabe er sich wieder zum Elieser; bei dem er lieber gefangen / als ohne ihn frei seyn wolte.

Mit demselben hube es nun an / sich zum ende zu nåhern / und gaben des Melchisedechs årzte / die ihn hierauf besucheten / ganz keine hoffnung / daß er könte davon kommen. Wie nun der eiversüchtige König ůber dieser zeitung nicht wenig ruhe entfunde /also verůbete er anderwerts die grausamkeit / daß der armen Ahalibama gånzlich versaget wurde / ihren Elieser zubesuchen: dann er befahrete / sie m \gte etwas merken von dem beigebrachten gift / und also ihren haß gegen ihm verdoppelen. Zwar verhålete man ihr auch / so viel müglich / daß es so gar schlecht mit ihm stůnde: aber ihr herz war der verräter / welches ihr sagete / wie es dem Elieser erginge. Der eigennützige Beri wolte kaum einmal in diesem elenden zustande seinen sohn besuchen / sondern sagte öffentlich: Der gerechte himmel straffe des Eliesers verbrechen / da des K \nigs gůtigkeit ihm ůbersehen wollen. Er richtete aber mit dieser angenommenen hårtigkeit nichtes anders aus / als daß er sich bei jedermann in verachtung sezte: wiewol der König sein bruder es gnådig aufname / und ihm versicherung thåte / daß er alles / was er nur begehren wůrde / von ihm erlangen solte.

Aber die Gottfůrchtende Coelidiane / als sie den tugendhaften Elieser / von deme sie so viel gutes ihr lebtage geh \ret / in so betrůbtem zustand wuste /finge sie an / mehr für seiner seele als des leibes gesundheit zu sorgen. Sie name ihr aus gutem antriebe fůr / ihn heimlich zu besuchen / und sich zu bemůhen / ob sie ihn / von den heidentum ab / auf den rechten glauben und zur seeligen erkäntnis [258] des wahren Gottes bringen möchte: Damit / wann er ja zeitlich sterben můste / er dennoch nicht ewig stůrbe. Dieses ihr fürhaben offenbarte sie niemanden / als den Melchisedech: der dann solchen ihren guten eiver h \chlich růmete / aber für gut befunde / daß es heimlich geschähe; weil er dem Beor verspreechen müssen / den Elieser also bewachen zu lassen / daß niemand unangemeldet ihn besuchen m \chte. Deswegen gabe er ihr den haubtschlůssel / daß sie bei abend / durch einen heimlichen gang / ohne von der wacht gesehen zu werden / zu ihm kommen konte.

Ephron / der allein bei seinem bruder war / erschracke anfangs sehr / als er diese thůr aufgehen sahe. Nachgehends / als er die schönheit / die zu ihm hinein trate / ersehen / ward er h \chst bestůrzet / und hielte sie anfangs vor die Prinzessin Aramena. Coelidiane aber bename ihm gar bald diese meinung / als sie sich ihm zu erkennen gab / daß sie eine nifte des K \nigs von Salem / und deswegen zu ihm gekommen wäre / des Prinzen Eliesers zustand recht zu erfahren /der weit schlimmer wäre / als sie und ihr herr vetter es wůnschen m \chten. Der kranke Elieser hörete diese worte auf seinen bette / und weil er diese unvermutete gůtigkeit der Prinzessin von Gerar hoch bewunderte /als antwortete er ihr selber / wiewol mit schwacher stimme: Wie daß ihn dieses glück viel zu unwůrdig fůnde / und er gar nicht verdiene / einer so hohen Prinzessin vorsorge zu geniessen. Der Prinz von Canaan (sagte Coelidiane / nachdem sie sich bei sein bette niedergesetzet /) ist eines viel mehrern wůrdig /und wünsche ich ihn also zufrieden / wie es ihm ewig ersprieslich seyn wird. Mein zustand ist so elend /(sagte Elieser) daß ich nicht vermute / dem Beor lang mehr im wege zu gehen.

[259] Ich beklage von herzen (antwortete die Prinzessin /) daß eine so treffliche jugend sobald von der welt scheiden sol. Ich weis aber nicht / ob dieses allein /mein Prinz! euren zustand erbärmlich machet. Vielleicht ist der / wegen anderer umstände / noch elender / als ihr selbst vermeinet: und wäre höchst zu beklagen / auch ewig schade / wann eine so edle Seele nicht / mit der rechten klarheit erleuchtet / abscheiden solte. Elieser / der diese worte nicht verstunde / antwortete: wie daß ihme unwissend / was vor ein liecht seiner seele verborgen sey / und ersuche er sie / ihme ein solches båsser zu erklåren. Weil nun Coelidiane / ihren zweck / bei seinen so schwachen zustande / durch viel umschweife zu suchen / für gefärlich hielte / als růckte sie etwas nåher zum bette / und finge also an mit ihm zu reden. Die eigentliche ursach / darum ich euch / Prinz Elieser! zubesuchen erkůnet / ist diese /weil ich / da man mir eure todschwachheit und lebensgefahr berichtet / nicht unterlassen können / eurer seele diesen schuldigen dienst zu thun / und euch zu erklåren / welcher gestalt ihr den Gott / der euch erschaffen / erkennen / und ihme die seele / so er euch gegeben / wieder überreichen můsset.

Als sie nun merkete / daß er ihr fleissig zuh \rete /fuhre sie also fort zu reden: Ihr Cananiter stecket in einem tieffen irrtum / daß ihr euch so viele götter einbildet / und auch das onmächtige holz / stein und kalk anbetet; Hingegen den lebendigen Gott verlasset / der allein geehret seyn wil. Es lehret euch ja die Natur /daß alles / was in der welt ist / nicht von sich selbst entstanden / sondern von etwas seinen anfang haben můsse. Dieses nun / von deme alles seinen anfang hat / muß ja ein so mächtiges wesen seyn / das aus sich selbst bestehet / und von keinem anfang weis: und dasselbe muß allein angebetet werden. Dieses wesen und den einigen Gott / ruffet [260] mit mir an / daß er euch erleuchten wolle: damit ihr ihn erkennet / und euch von den geschöpfen zu den sch \pfer wendet / der eure seele euch gegeben / und nach eurem tode dieselbige wieder zu sich abfordern wird. Dieser Gott hat / im anfang der zeit / etliche seiner erschaffenen geister /wegen ihrer hoffart / von seinen angesicht verstossen: welche hernach die menschen von der erkentnis ihres schöpfers abgefůret / sich folgends selbst für g \tter ausgegeben / und die blinde menschen dahin verleitet / auch ihre eigene verstorbene freunde als g \tter zu ehren. Diese finsternis ward ůber sie verhänget / weil sie von dem wahren lichte waren abgewichen. In diesen irrtum stecken nun die meiste menschen / und sind derer gar wenig mehr / die noch von dem rechten Gott eine reine erkentnis haben. Doch hat seine grosse güte noch allemal etliche glåubige ůbrig behalten / die seines namens gedåchtnis auf dem erdboden erhalten. Durch Hebers nachko en aus Chaldea / ist dieser rechte glaube in unser land fortgepflanzet worden: und kommen die K \nige zu Salem von den Sem her /der des reinen wahren Gottesdienstes gepflogen. Wir haben den berümten Fůrsten von Heber / dem Abraham / viel zu danken / daß wir noch vor euch Canaanitern in diesem lichte leben / und daß fast das ganze Philister land auch diesen wahren Gott erkennet. Dieser ist es / der eure seele zu sich in das paradeis der heiligen füren wird / wann ihr ihn erkennet / und ihn /wie er es dann ist / für euren schöpfer achtet und anbetet.

Indem Coelidiane also redete / ward des Eliesers herz dermassen gerüret / daß er einen freuden-eiver in sich fühlete / diesen wahren Gott recht zu erkennen. Wie er nun alles wol betrachtet / schrye er laut auf /bei dieser seiner schwachheit: O Gott der Prinzessin von Gerar! [261] laß dich auch von mir erkennen. O du einiger Gott! leite / füre und růre mein herz / daß ich dich finden möge. Diese worte erfreueten die Coelidiane dermassen / daß ihr die thränen über die wangen herab schossen. Sie fuhre aber fort / ihme alles weiter zuerklåren / und ihn vornemlich auf den trost von dem verheisenen weibessamen zu füren: daß nämlich ihme / durch dessen kůnftigen verdient / jetzo im glauben alle seine schulden und mångel / deren kein mensch vor Gott ermangle / verziehen wåren. Sie brachte ihn endlich so weit / daß er gänzlich zu dem waren licht gelangete / und durch diese erleuchtung eine unbeschreibliche freudigkeit in seinem herzen entfunde. Nun werde ich ruhig sterben / (sagte er hierauf) weil meine seele eine so gute herberge zu erwarten hat: und wann mein tod nicht eine person betrübete / die ich jederzeit innigst geliebet / und die mich vor herzenleid nicht wird ůberleben können / so wolte ich jezt ůber den verzug des todes klagen. Ich weiß /(antwortete Coelidiane /) wie ihr mit der Fürstin von Seir stehet. Ich kan euch aber versichern / daß / wann sie den Gott / den ihr nunmehr angenommen / auch wird erkennen / so kan euer tod / ob sie denselben erleben müste / sie zwar betrůbt / aber nicht verzagt machen: dann wir / in allen trůbsalen / innerlich also getr \stet werden / daß uns alles mit unserem Gott leicht ankommet; von welcher ruhe / die G \tzendienere nichtes wissen.

Nachdem sie diß gespräche noch etwas erlängert /und die nacht schon zimlich weit eingebrochen war /verliesse sie ihn / als sie ihm versprochen / den folgenden abend wieder zu kommen / bei den Ephron /(dessen herz nicht weniger / als des Eliesers / gerüret worden /) und begabe sich wieder nach ihrem gemach. Daselbst dankete sie Gott auf den kniehen / für die gute verrichtung / und [262] legte sich darauf bei ihrer schwester / die bereits schlieffe / zu bette. Es hatte aber / eben wie sie einschlaffen wolte / die Jaelinde einen schweren traum: von dem sie erwachete / und in den armen ihrer schwester hůlfe suchete. Coelidiane fragte sie / was ihr anligen wåre? und bekame von der erschrockenen Prinzessin zur antwort: Es habe ihr getråumet / wie der Prinz Cimber eine ihr-erkentliche sehr sch \ne weibsperson gefůret; und wie sie darnach gesehen / hätte sie ein unbekanter mensch um den leib gefasset / und wåre mit ihr davon geflohen / darüber sie in schrecken erwachet / und also aufgefahren. Coelidiane sagte ihr hierauf: es kämen ihr gewiß solche tråume daher in den sinn / weil sie ståts an den teutschen Fürsten gedåchte. Es wåre ihr aber zu rahten /daß sie doch ihre begierden bässer zwingen lerne /und ihren unzeitigen gedanken nit also raum gebe. Ach Coelidiane! (sprache hierauf Jaelinde /) ihr spůret an euch selber / wie schwer es fället / an das / so man liebet / nicht zu gedenken / und bin ich versichert /daß euch der Prinz Abimelech nicht weniger / als mir der Cimber / in den gedanken schwebe. Wann ich schon zuweilen (antwortete Coelidiane) des Prinzen der Philister mich erinnere / so geschicht solches mit bässeren fug / als euer andenken an den Cimber. Abimelech hat mir nicht allein seine liebe erwiesen / sondern es ist auch des K \nigs wille / daß wir uns ehlichen sollen. Dieses aber k \nnet ihr von den Cimber nicht sagen: der euch / daß er euch liebe / niemals bezeuget; mit dem ihr auch niemals im gespråche gewesen / als was ihr euch selber verfůget. So hånget dann dieser törichten krankheit nicht ferner nach / sondern lasset euch vielmehr die wahre vernunft auf einen båssern weg leiten. Hiemit schlieffe Coelidiane zu: Jaelinde aber liesse ihren gedanken den freien lauf /[263] und stellete sich ihren Cimber für / wie sie ihn ehmals zu Jebus gesehen; daher sie / bis gegen den morgen /schlaflos verbliebe.

Hatte aber diese gute Prinzessin dieserwegen eine unruhige nacht / so ware des Königes Beor / des Prinzen Hemor / der Ahalibama und Aramena schlaffenszeit nicht viel ruhiger. Dann der König verlangte mit schmerzen seines mitbulers tod zu vernemen. Der verliebte Hemor wolte / durch die heurat / seiner Aramena gelübde ungůltig machen. Ahalibama beweinete ihren Elieser / und Aramena ihre verlorne freiheit.

Als aber der tag wieder herfůr gebrochen / wurde beiden Königen zugleich angemeldet / wiedaß gesandten an sie angekommen wåren: nämlich der Fürst Sobal von Seir in person / an den Beor / und der Fůrst Arsas von Cale / der K \nigin von Ninive Oberkåmmerer / an den Melchisedech abgeordnet. Beor bestürzete nicht wenig über dieser zeitung / weil er nicht er raten kunte / was des Sobals ankunft bedeuten m \chte: der des Eliesers mutterbruder / und nächst dem Ana der måchtigste Fůrst auf dem gebirge Seir war. Melchisedech thåte die verordnung / daß der Fůrst von Seir / so wol als der von Ninive / in pråchtige lusthäuser / die nahe um das schloß waren / eingeleget wurden. Auf begehren des Beors und Hemors /wurde niemand / als das frauenzimmer / zu ihren Prinzessinnen eingelassen: dann ihre sorge viel zugroß war / nochmals ihre liebsten zu verlieren. Es kame auch der Sobal dem Beor verdåchtig für / und Hemor befahrete sich / die K \nigin Delbois von Ninive würde etwan seiner Aramenen wollen behůlflich seyn / ihr in der Diana tempel zuverhelfen: deswegen thät er fůrsorge / daß keiner von den Niniviten sie sehen noch sprechen solte. Der Fürst Beri wurde dem Sobal entgegen [264] gesandt / ihn zu entfangen; und des K \nigs Melchisedech Oberkåmmerer der Jarah / verrichtete dieses bei dem Arsas. Thahas aber und Thebah vergassen nicht / den K \nig zu erinneren / daß er in des Sobals gegenwart richtig machen solte / was sie wegen Aramenen / die wiedereroberung des K \nigreichs Syrien betreffend / zu Thanac beschlossen hatten: das dann dem Ezer / als vorigen Seirischen gesandten / noch nicht war entdecket worden / weil man darüber / wie dieses schwere wesen einzurichten /noch nicht geheimen raht gehalten hatte.

Es fůgete sich aber alles selbsten / nach ihrem wunsch und verlangen. Der Fürst Sobal / wie er selbigen nachmittag bei dem König von Sichem gehör erlanget / brachte demselbigen fůr / was massen die Fürsten von Seir / seine brüder / in einen schweren streit mit Esau dem Fůrsten von Edom gerahten wären: der / wie es schiene / auch die Assyrische macht auf seine seite ziehen d \rfte. Sie hätten deswegen eiligen beistand und schutz von dem K \nig in Canaan / als ihrem alten bundsverwandten / begehren wollen: nicht zweifelend / S. Maj. wůrde ihnen gern beistehen. Diß vertrauen sch \pften sie um so viel mehr / weil der König Beor ohne das / in der liebe zur Ahalibama / erwiese / daß er dem hause Seir gewogen wåre: welche heurat sie hiemit bewilligten / wofern der König sie mit volk und geld zu diesem krieg versehen wolte. Die freude des K \niges von Canaan /über diesem anbringen / ware so übermåsig groß /daß er gleich / und sonder mit seinen råhten sich deswegen zu unterreden / alle seine macht ihnen anbote. Und ob wol nachgehends / im geheimen raht / diese sache sowol / als des Hemors fürhaben auf Syrien /reifer überleget wurde / auch der Elon und Beri / die beide [265] des Esau Fůrstens von Edom schwiegervätter waren / dem K \nig abrieten / seine macht nicht aus dem lande zu geben / da sie ihm selber nützen k \nten / wann er den krieg in Syrien fůr seines sohnes braut anheben wolte: so vermochte doch soches widerreden nichtes / und ward beschlossen / die sache auf diesem wege / den das glůck selber wiese / anzugreifen.

Der Schluß ware / die Fürsten von Seir solten mit einem ansehnlichen stucke gelds und sechzig tausend mann zu fus / auch zwanzig tausend streitwägen / versehen / darbei noch ein grosses kriegsheer geworben /und mit demselben der Prinz Hemor in Syrien gesendet werden. Es wurden auch Elon und Aner / welcher letzere des Prinzen Hemors statthalter über seine ämter war / ernennet / in geheim nach Hierapolis zu reisen / und den Syrischen Fürsten / die alda ihre versamlungen hielten / ihrer Erbprinzessin wiederfindung anzukündigen / und daneben / wegen ihrer verheuratung mit dem Hemor / ihme diesen Prinzen zum K \nig fůrzuschlagen. Thebah / der mit im geheimen raht gesessen / versprache / nach vollzogener heurat des Prinzens mit Aramena / auch an seinem orte nicht zu feiren / sondern dahin sich zu bemůhen / wie er die Syrer von dem Babylonischen joch abwendig machen m \ge.

Also wurde folgenden tags dem fürsten Sobal die gewůrige antwort beståtiget / daß man nåmlich den Fürsten von Seir beispringen wolte. Es ward hierbei auch das beilager des K \nigs mit der Ahalibama / und des Hemors mit der Aramena / ůber vierzehn tage angesetzet: inzwischen sie sich / nach gebrauch der Cananiter / innenhalten / und mit balsamiren / auch anderem gew \nlichen ausschmůcken / diese zeit zubringen musten. Ware nun der K \nig hierůber vergnůgt /so ware der [266] Fůrst Sobal nicht weniger zufrieden / als er die dem hause Seir so vorteilige fůrschlåge vername / daß nämlich der Ahalibama kinder dermaleins die anwart zur Canaanitischen Krone haben solten /wiewol man ihm die ursach nicht gesagt / warum Hemor sich seines rechtes an Canaan begeben wolte: weil Aramenen geburt nicht eher solte offenbar werden / bis man in Syrien mit den Fürsten eins worden /und der krieg angegangen wäre. Weil Sobal sich entschlosse / mitlerweile zu Salem zu verbleiben / und dem hochzeitfest beizuwohnen: als sandte er den Ezer eiligst wieder nach Seir / dem Ana und den anderen Fürsten die entschliessung des Beors anzukündigen. Im ůbrigen triebe er gar eifrig an / daß eiligst in Canaan die werbungen angestellet würden / weil / wie er sagte / beim verzug gefahr wäre.

Der abgesandte von der K \nigin zu Ninive / truge nun auch / am andern morgen nach seiner ankunft /dem Melchisedech sein anbringen fůr: welches nicht /wie das vorige / von kriegerischen dingen handelte /sondern einen gottseeligen und geistlichen zweck hatte. Dann diese gottliebende K \nigin thåte / durch den Arsas / dem König von Salem heimlich zuwissen / daß sie noch beständig in ihrem angenommenen glauben verharre: wiewol sie noch nicht fůr den leuten sich kunt geben d \rfte. Hiernächst bate dieser Ninivite / im namen seiner Königin / um ein buch / Jezirah genannt / so der Fůrst Abraham geschrieben / und dem vorigen K \nig Melchisedech gegeben hatte /welches von vielen hohen und geheimen dingen handelte: von demselben håtte seine K \nigin gehöret /und wåre verlangig / inzwischen sie sich zu Damasco aufhalten wůrde / selbiges zu durchlesen.

Melchisedech vername dieses anbringen mit grosser vergnügung / weil er die Königin in seinem herzen gar [267] hoch verehrete / und bote dem Arsas alles an /was in seinem verm \gen seyn wůrde / diese unvergleichliche K \nigin damit zu vergnügen. Er sagte ihm darbei / wiedaß des Abrahams schrift wol wůrdig wäre / fůr so hohe erleuchtete augen zukommen; und wůrde die K \nigin noch viele klarheit aus demselben sch \pfen k \nnen. Nåchst dem fragte er ihn / um der K \nigin zustand / und um ihre regirung: mit bezeugung / wie er von herzen wünsche / dieselbe einmal in person zu kennen / von der ihme das gerůchte so viele wunderdinge gemeldet. Meine Königin (antwortete der Fürst Arsas) tråget ebenfals eine sonderbare begierde / den K \nig von Salem / und den Fůrsten von Heber den Isaac / zu sehen. Sie hat zwar / hierzu zu gelangen / jetzund etwas hoffnung / da sie in der nähe zu Damasco / dahin ihr herr vatter der K \nig von Assyrien sie beschieden / etwas verharren wird / und dörfte sie noch wol diesen sommer das land Canaan besuchen. Gott lasse mich (sagte der K \nig) diese glůckseligkeit erleben / über welche ich keine in der welt zu begehren wüste. Ihre regirung belangend / (ersetzte der Arsas) so schåtzen wir Niniviter uns überseelig / von einer solchen K \nigin beherrschet zu werden: massen gerechtigkeit und güte alle ihre verrichtungen begleiten / und ihre zarte jugend leuchtet von so unvergleichlichem verstand / daß keine ihres geschlechtes mit ihr zu vergleichen stehet. Gott hat euer land sonderlich lieb / (sagte der K \nig von Salem) daß er euch einen solchen schatz gegeben. Es wird aber der K \nigin Delbois nötig seyn / diesen ihren erleuchteten verstand wol zu gebrauchen in der sache /da ihr / durch die angemutete heurat mit ihrem bruder / jezt beschwerlichkeit verursachet wird. Wie dann /wol zu keinem andern ende / der K \nig ihr herr vatter sie nach Damasco kommen [268] lassen / als diese unbillige heurat zu vollziehen. Eben diese sorge hat sie auch: (antwortete der Fůrst Arsas /) doch tr \stet sie sich ihres bruders standhaftigkeit / als deme selber / wegen des rechten glaubens / den er auch heimlich angenommen / diese heurat zuwider ist. So sind auch die Ninivitische stände sehr dagegen / die ihr åuserstes werden anwenden / solches zu verhintern. Mich nimt wunder / (sagte Melchisedech /) daß die K \nigin sich dazu entschlossen / ihr reich zu verlassen: da sie in Ninive mehr håtte zu sagen gehabt / als in Damasco /und in ihrem eigenen reiche mächtiger wůrde gewesen seyn / dem Bel Ochus sich zu widersetzen / als in Syrien / da ich nicht absehen kan / wie sie es wird anschlagen k \nnen. Es seind unterschiedene dringende ursachen gewesen / (gabe Arsas zur antwort /) die die K \nigin aus ihren reiche getrieben: unter denen diese nicht die geringste ist / daß sie den Ninivitischen Fürsten damit ihr ehrsüchtiges beginnen abschneiden wollen / welche / durch erlangung ihrer person / zu ihrer Krone zu gelangen / in die wette sterben.

Nachdem der K \nig von Salem noch ein und anders mit ihme von dieser unvergleichlichen K \nigin geredet / brachte der Fůrst Arsas folgends sein eigenes gewerbe an / wie nämlich feine gemalin eine erbschaft zu Kiriath Sepher zu forderen håtte / dazu er den König um hülflichen beistand ersuchete: welches er ihm ganz willig verhiesse. Endlich bate Arsas auch noch um dieses / daß er dörfte überhoben bleiben /den K \nig von Canaan anzusprechen: weil der seiner K \nigin vatters schwester so unbillig beschimpfet. Melchisedech versprache / auch dieses vor ihn zu vermitteln; und bezeugete daneben sein misfallen über dieses K \nigs unrechtmäsiger liebe zu der Ahalibama. Er beklagte / daß [269] sein haus zu vollziehung dieser heurat dienen můste / und fürte zugleich an die ursach / warum der Beor Salem hierzu erwehlet: welche war /daß er der Canaaniter aufstand befahrete / die der K \nigin Atis noch sehr gewogen waren; und weil er zu deme erfahren / daß sein bruder der König von Kiriath Arba einen anschlag auf die Ahalibama gehabt /sie zu entfüren. Diese sorgen und gefahr ihme zu benemen / håtte er dieses sein schloß / das zwar ohnedas unter sein des Beors gebiete geh \ret / zu solchem beilager erwehlet.

Als hierauf der Fürst Arsas seinen abtritt wieder vom König nemen wolte / mit vermelden / wiedaß er den beiden Prinzessinnen von Gerar einen grus anzubringen hätte / wolte der K \nig ihn selber nach der Coelidiane zimmer begleiten: die / neben ihrer schwester / den Fůrsten von Cale auf das höflichste entfinge / und muste er in seinem herzen gestehen / daß er /nächst seiner K \nigin / nie was schöners als Coelidiane gesehen. Melchisedech / der wol merkete / daß Arsas seine nifte mit verwunderung ansahe / fragte ihn / ob er nicht eine gleichheit / zwischen seiner Königin und der Coelidiane / finden k \nte? Worauf Arsas den K \nig versicherte / daß er nie gr \ssere gleichheit gefunden. Aber Coelidiane bestritte solches gar h \flich / sagende: Er wůrde der sch \nen Königin Delbois das h \chste unrecht anthun / wann er sie mit ihr vergleichen wolte; sie begehre auch hierinn den vorzug der K \nigin von Ninive nicht zu bestreiten /und wůnsche allein / in ihrer unvergleichlichen tugend und liebe zu Gott / ihr ånlich zu werden. Arsas beantwortete dieses / wie es sich gebürte / und schiede so vergnůgt für dißmal von ihnen / als zufrieden er den K \nig und die Prinzessinnen / wegen seiner guten geschicklichkeiten / hinterliesse. Sie bezeugten aber ihr verlangen / [270] seine gemalin zu kennen: von welcher er versprache / daß sie folgenden tags kommen solte /ihnen aufzuwarten.

Sobald Coelidiane und Jaelinde wieder allein waren / begaben sie sich nach ihren wehrten gåsten /von denen sie kaum einen augenblick mehr seyn kunten. Und weil Coelidiane den vorigen abend / da sie nochmals beim Elieser heimlich gewesen / wol gespüret hatte / wiedaß er es nicht lang mehr treiben wůrde: als wolte sie allgemach / der Ahalibama / die todesgefahr ihres geliebten Fůrsten anbringen. Weil sie nun dieselbige ganz allein mit der Aramena funde / als hube sie an von der flüchtigkeit des menschlichen lebens zu reden: darbei einfůrend / wie ein wunderlich ding es wåre / daß / ungeachtet das sterben so gemein / dennoch du tod eines freundes einem jeden so unvermutlich vorkäme / als wäre es etwas sonderliches /das sich nicht tåglich begåbe. Ahalibama erriete bald aus diesen reden / es werde damit auf ihren Elieser gezielet: hube derhalben pl \tzlich an / ihn als todt zu beklagen und zu beweinen. Coelidiane aber versicherte sie mit vielen beteurungen / daß er nicht todt wåre: doch wolte sie ihr dabei nicht verheelen / wiedaß er in einem schlechten zustand sich befinde / und / wo Gott nicht sonderlich hülfe / schwerlich davon kommen wůrde. Dieser bericht růrte der Ahalibama das herz nicht weniger / als håtte sie bereits seinen tod erfahren. Sie wünschete in dieser noht mehrers nicht / als daß sie ihn nur noch einmal sehen dörfte. Der schmerz name ihr gemůte dermassen ein / daß sie in Aramenen armen niedersunke: die der Astale gleich rieffe / und mit deren hůlfe sie auf ihr bette brachte. Nachdem sie alda wieder zu sich selber gekommen /winselte sie ohne unterlaß über den Elieser / und verlangte allein / ihm noch die lezte gute nacht zu [271] sagen. Coelidiane wurde hierdurch so weichmütig / daß sie ihr versprache / sie den abend zu ihm zu bringen. Nachdem sie hierauf / um sie ein wenig ruhen zu lassen / von ihr in der Aramena gemach gegangen /wolte sie / um dieser Prinzessin die zeit zu vertreiben / sie in den schloßgarten fůhren. Weil aber vor ihren gemächern die wacht sich befunde / die zwar zu ihrer bedienung dazuseyn fůrgabe / in der that aber / fleissige acht auf sie zuhalten / dahin gesetzet war: als mochte Aramena hierum / bei dem Hemor / auch kein erlaubnis bitten lassen / zumaln sie ohnedas sich so wol auf nicht befande / der gartenluft geniessen zu d \rfen.

Wie sie demnach die zeit mit allerhand gespräch kůrzeten / kamen sie unter andern auf den Ophirischen und Bactrianischen krieg; da Coelidiane fragte: Ob man in Syrien nichtes gewust von dem frieden /den der K \nig von Assyrien mit den Bactrianern machen wolte? Bey dieser frage errötete sie / daß Aramena solches warname / und daher scherzweis sagte: Es müste / die sch \ne Prinzessin von Gerar / gewiß ihr anteil mit in diesem krieg haben. Jaelinde bekråftigte solches mit ihrem lachen / und mit dieser antwort: Coelidiane håtte freilich jemand in diesem kriege / der ihr also die r \te abjagete. Diese sch \ne Prinzessin wandte dargegen ein: wiedaß sie / roht zu werden / eben keine ursach wůste / weil sonsten die r \te von einer sache / die man wolte geheim halten / herrüre. Nun wåre aber ja das gespråche von ihr und dem Prinzen der Philister fast weltgemein / also daß sie sich dafůr nicht mehr entfårben dörfte. Doch gestůnde sie / wiedaß / indem sie nach diesem kriege / darinn ihr auser diesen Prinzen niemand / dem sie gewogen /bekant wåre / gefraget / weiß nicht warum / ihr diese r \te ausgetreten wåre. Ich habe in Syrien nicht anderst geh \ret / (sagte [272] Aramena) als daß der friede schon geschlossen sey: und hat / dieser weltberümte Prinz der Philister / seinen tapfern namen in diesem kriege so bekant gemacht / daß der König von Assyrien ihme allein das ganze land der Bactrianer zu danken hat.

Ich bin ihme (antwortete Coelidiane) nicht weniger danksagung schuldig / daß er mir meine jetzige freiheit wieder gegeben hat. Ich h \rete gestern (thäte Aramena hinzu) von hiesigen leuten sagen / daß meine Prinzessin erst vor wenig zeit hier wieder angekommen / und bisher in Bactra gewesen wäre. Weil mir aber die umstånde nicht wissend / möchte ich die wol von der schönen Coelidiane selber erzehlen h \ren. Es ist deme also / (antwortete Coelidiane) und bin ich erst vor einem monat mit grosser gefahr wieder angekommen. Wann meiner Prinzessin hiervon die umstände zu wissen beliebet / wil ich gerne hieriñ gehorsamen / und solche erzehlen. Wann ich meiner Prinzessin (sagte Aramena hingegen) diese bemühung machen darf / so möchte ich wol auch so glücklich seyn /ihren ganzen lebenslauf zu wissen: weil ich versichert bin / daß wir unsere zeit nicht båsser anwenden k \nnen. Ich bin in allem schuldig / (sagte Coelidiane) meiner Prinzessin gefållig zu leben. Hierauf bedachte sie sich ein wenig / und finge endlich an / die Aramena mit dieser erzehlung zu vergnůgen.

Die geschicht der Coelidiane
Die geschicht der Coelidiane.

Damit ich alles / was ich zu berichten habe / deutlich m \ge fürbringen / muß ich erstlich sagen / was sich vor unserer zeit begeben / und aus was ursachen meine schwester und ich alhier sind erzogen worden. Unser herr vatter der Fürst Ahusath von Caphtor / des K \nigs der Philister herrbruder / verheuratete sich mit der Saradine / [273] des K \nigs von Salem schwester / und zwar eben um die zeit / als die fr \mden völker / die Teutschen / unter dem K \nig Marsius / gleich einer Wasserflut / in Asien kamen: da / wie aller welt bekant / die Philister mit ihnen in einen bund traten /und / durch meinen herr vatter / dem K \nig von Babel ganz Syrien abnamen / und seinem rechten herrn /dem unvergleichlichen Aramenes / wieder zustelleten. Meine fraumutter hielte sich / in wärendem diesem krieg / zu Byblis in Syrien auf: alda sie bei einem wegen der sternkunst berümten Chaldeer / der sich daselbst niedergelassen / wohnete / und nach etlicher zeit die unglůckliche post bekame / wiedaß ihr gemal von den Assyriern gefangen worden. Hierüber geriete sie / als billig / in grosse traurigkeit: allermeist / wie ihr das gerüchte offenbarete / wiedaß der Ahusath auf keine andere weise seine freiheit wieder solte erlangen / als wann der K \nig sein bruder Syrien verlassen wůrde.

Besagter Chaldeer aber tr \stete sie zum båsten /und sagte ihr alles zuvor / wie es ergehen: daß nåmlich der Ahusath wieder los kommen / Syrien aber dadurch verloren gehen wůrde. Er sezte ferner hinzu /wiedaß Saradine zwei t \chter wůrde gebåren / deren unglůcklicher lebenslauf ersetzen solte / was Ahusath jezt Syrien für schaden zufůgete. Doch / wo ihn seine wissenschaft nicht betriege / so k \nte es nicht anderst seyn / als daß eine seiner t \chter endlich Syrische K \nigin werden würde. Diese profezeiung beachtete meine fraumutter desto mehr / weil sonst alles eintraffe / was dieser Chaldeer bis zu unser beider geburt geweissaget. Dann / ihr gemal kame wieder los / Syrien ginge darůber verloren; und wie sie nachdem in der Philister land wieder angekommen / wurde sie zweimal schwanger / und gebare erstlich mich / und ein jahr hernach die Jaelinde. Also wurde [274] bei ihr die furcht sehr groß / diese zwei t \chtere wůrden / des Chaldeers aussage nach / viel unglůcks in der welt erleben můssen. Deswegen / als sie sterben wolte / bate sie ihren gemal / uns beide / nach ihren tod / zu ihrem bruder dem König Melchisedech zu senden / daß wir bei deme m \chten erzogen werden: weil sie verhoffte /seine Gottesfurcht / und gute weise / kinder zu erziehen / würde uns in unserem angedrohetem unglůcke zum bästen ko en.

Dieses ihr begehren erfüllte nachmals unser herr vatter / und kamen wir also hieher ins Königreich Salem / wie ich das fünfte / und Jaelinde kaum das vierte jahr erreichet hatte. Der König liebte uns / als seine eigene kinder / und liesse nichts an guter zucht ermangelen. Es ware auch zur selbigen zeit / wie jetzo zu Kiriath Sepher / eine hohe schule zu Salem / (welche die haubtstadt des reiches ist / vier und zwånzig meilen von hier gelegen / und ist dieses schloß nach jener stadt genennet /) alda / fast von allen orten her /die vorneme herren ihre kinder auferziehen liessen. Unter diesen waren / Hiarbas der Prinz aus Egypten /Bileam der Prinz von Hemath / Aran ein Fůrst von Seir: und diese waren die ersten / so auch zum längsten in Salem sich aufhielten. Hiarbas ware / wegen seiner sonderbaren geschicklichkeit und grossen tugend / bei jederman sehr beliebet: hingegen die beide andere / wegen ihres lasterhaften gemütes / sehr verhasset. Woraus dann abzunemen / daß nicht allemal die gute zucht glücklich wirke / wann ihr die natur nicht zu hülf kommet.

Es fügte sich aber / zu meinem unglůck / daß der Prinz von Hemath bald anfangs eine zuneigung gegen mir gefasset / gleich wie ich hingegen einen sonderbaren haß wider ihn bei mir entfunde: und name dieses an beiden teilen also zu / daß jederman leichtlich vermerkete / wie [275] wir gegeneinander gesinnt wåren. Der K \nig selber merkte solches / der diesem Prinzen /wegen seiner üblen natur / gleichfals nicht hold ware: daß also / in dieser liebe / vor ihn wenig hoffnung erschiene / indem ich / sowol als alle die meinigen /ihme nie kein gutes auge verliehen. Er liesse sich aber solches nicht abschrecken: wie er dann / in allem seinem thun / unerträglich kühn ware.

Inzwischen kame der Prinz Abimelech an unsern hof / den sein herr vatter von Babel wieder abfordern lassen: alda er von jugend auf erzogen worden / und zu geisel gedienet hatte / daß der Philister K \nig sich nicht wieder in einen krieg wider den Bel Ochus einmischen solte. Er muste / auf befehl seines herr vattern / eine weile bei uns verbleiben / um den rechten Gottesdienst wieder volk \mlich zu erlernen / dessen ihn die Babylonische gebråuche etwas vergessen gemacht. Dieser nun / machte sich / durch seinen hohen verstand / gute geschicklichkeit und edles gemůte / alsobald beliebt / und waren wir allerseits fro / einen so wackern vettern bei uns zu haben. In allen ritterspielen und männlichen übungen / erwiese er sich also /daß er seines gleichen bei uns nicht funde: wiewol der Prinz Hiarbas / in etlichen dingen ihm nicht ungleich ware. Er war daneben eines so reifen urteiles / daß ihn der K \nig / wie er recht sein gemüt erforschet / in den wichtigsten händeln mit zu raht zoge / und bei erkennung seiner so vollkommenen natur ihn dermassen liebgewann / daß er in allen briefen / die er mit dem K \nig der Philister wechselte / diesen seinen sohn nicht gnug erheben und preisen konte.

Dem K \nig Abimelech gefiele dieses lob des Prinzen sehr wol / und schriebe er an den Melchisedech hinwieder / daß er nichtes h \herwünsche / als seinen sohn künftig mit einer von seinen des Melchisedech basen verheuratet [276] zu sehen. Weil mein herr vatter solches auch sehr verlangete / als liesse er mit freuden zu / daß wir viel miteinander umgingen / und gabe ihm selbst alle gelegenheit an die hand / meine gegenwart zu haben: insonderheit / da er merkete / daß er mehr bei mir / als bei meiner schwester / kundschaft suchete. Seine angeborne ehrerbietung gegen das frauenzimmer / machte ihn anfangs ganz stumm / daß er mir seine liebe nicht entdecken dorfte: von der er doch /wie mein herr vatter genug mutmassen konte / an den K \nig seinen herr vatter bald muste geschrieben haben / weil derselbe in allen briefen davon gedachte /und nun auch absonderlich auf mich wehlete / daß er mich gern einmal zu einer schwiegertochter haben wolte / weil ihme mein gemůt wäre gerümet worden; welches rümen wir von niemand anders / als von dem Prinzen Abimelech / geschehen zu seyn / schliessen kunten.

Auf solche weise lebten wir ein zeitlang / da uns die gesellschaft des Prinzen der Philister die angenemste von der welt war. Er hatte seiner liebe sich noch gar nichtes merken lassen: als ich ihn eines tags im garten gar tiefsinnig allein sitzen fande. Er hatte einen zedel fůr sich ligen / auf welchen er mit dem griffel etwas schriebe. Weil ich nun gewohnt war /frei mit ihm umzugehen / als beschliche ich ihn / und kam von hinten hinzu / ihm den zedel aus der hand nemend. Er erschrack ůber alle massen / ward auch ganz err \tet / wie er seine arbeit in meinen händen sahe / und entschuldigte sich / daß diese zeilen viel zu unwůrdig wåren / vor meine augen zu kommen: mich sehr bittend / sie ihme ungelesen wieder zu geben. Ich aber / dadurch noch begieriger gemacht / lase / und fande diese worte:


[277]

O himlisch bild / du zierde dieser erden!

jezt da ich dich nicht seh / kan es mir leichter werden /

ohn deinen hellen glanz / dich bässer zu betrachten.

Er hat bei dir geblendet mein gesicht /

daß ich / dich sehend / sahe nicht /

wie hoch du bist zu achten.


Die himmelsschön / die alle länder ehren;

der schwarzen augen licht / die lieb und furcht gehären;

der stirne schnee-gewolb; die rosen helle wangen;

des munds rubin; die k \nigliche brust;

das silber-haar / der winde lust /

an dir ich sehe prangen.


Der hohe geist / der diesen bau regiret /

ist von der weißheit selbst und tugend ausgezieret:

daß auch der klügste muß vor ihm verehrend schweigen.

Ich sehe schon / wie du dich machst bekant /

wie seelig sich schäzt dieses land /

das soll dein Zepter beugen.


Ich weiß / es wird die welt mit mir gestehen /

wann sie / was ich von dir jezt schreibe / solte sehen /

daß wir – – –


Hier hatte er wollen fortschreiben / wann er von mir nicht wåre verstöret worden. Wie ich nun hieraus / wegen der schwarzen augen und des weissen haares / ersehen / daß er mich gemeinet / ob er wol sonst allzuviel zu meinem vorteil geredet hatte / bliebe ich etwas beschämt / und sagte: Ich müste gestehen / daß er die person sehr erhoben / von der ihme diese reimen zu machen beliebet. Nicht so hoch / (antwortete er mir /) mag diese himlische person von einen sterblichen erhaben werden / daß es nicht noch viel zu wenig wäre: dann ihre würde erstrecket sich so gar über alle beredsamkeit / daß sie keine zunge oder feder gnug aussprechen kan. Mein vetter ist gar zu gut auf der seite / die er anzunemen erwehlet [278] hat / (gab ich zur antwort) und m \chte vieleicht nicht alle welt ein so vorteilhaftes urteil / als er / davon fållen.

Als er mir hierauf antworten wolte / kam der K \nig darzu / und fragte / was wir miteinander spracheten? Ich zeigete ihm gleich Abimelechs reimen. Er / als er sie gelesen / lachete / und sagte: Abimelech müste seine arbeit zum ende machen. Wie nun der Prinz solches noch etwas in bedenken zoge / weil er vieleicht mich mit seiner gar zu öffentlichen bekentnůs zubeleidigen fůrchtete / name Melchisedech ihme den griffel aus der hand / und setzete selbst diesen vers hinzu:


Daß wir / mit diesem lob / Coelidiane meinen.


Er machte den Prinzen / als er ihm den reim gezeiget /ganz err \tet / also daß er fast keine gebärde zu fassen wuste. Diß gefiele dem K \nig nicht ůbel / und sagte er zu ihm: Ihr dürfet / mein sohn! eure gedanken so gar nicht verhelen / weil wir solche gut heissen; und ist mir von herzen lieb / daß ich euren und eures herr vatters sinn dem meinigen so änlich finde. Und ihr /liebste tochter! (sagte er ferner / sich zu mir wendend /) werdet diesem Prinzen also begegnen / wie seine verdienste und euer glück es begehren.

Ich ward über diesen worten ja so beschåmet / als Abimelech. Weil sich aber der K \nig sonderlich mit uns erlustigen wolte / hiesse er ihn vollends diesen satz ausdichten / das er dann also verrichtete:


Dann sie ist ja der höchsten schönheit preis:

die wahre tugend gleicher weis

aus ihr wir sehen scheinen.


Nach verfärtigung dieser reimen stellte er das gedichte dem König wieder zu: der es mir gabe / und zugleich befahle / mit einem par zeilen darauf zu antworten. Ich / [279] die ich seinem befehl jederzeit gehorsamet / verrichtete solches in folgendem satze:


Ob sonst / dein scharfer sinn / kan alles völlig kennen:

so schleust du doch von mir / viel anderst / als es ist.

Wie komt das? soll man dich drum unverständig nennen?

O nein! die ursach war / daß du so höflich bist.


Diese kurze antwort gefiele dem König sehr wol / und Abimelech růmete sie über die massen: wiewol er nicht gestehen wolte / daß er in seinen versen was unrechtes geurteilet. Melchisedech begehrte hierauf / wir solten uns stäts also zusammen üben / und ihme alsdann die erfundene gedichte sehen lassen: welches wir nach der zeit fleissig in acht namen. Unsere freundschaft wuchse also von tag zu tag / also daß wir so verträulich / als schwester und brüder leben mögen /miteinander umgingen. Meiner schwester erzeigte er auch grosse freundschaft: dennoch konte ich / vor ihr /in allen dingen bei ihm einen vorzug spůren. Wir gewoneten also beisammen zuseyn / daß fast nie eines ohne das andere gefunden wurde.

Weil nun diese unsere keusche liebe nicht mehr heimlich war / sondern hof-kündig wurde / als war der Prinz von Hemath / der eine weile von uns gewesen /und bei seinem herr vatter sich aufgehalten hatte /auch nicht der lezte von denen / die es erfuhren / und geriete deshalben in eine grosse eiversucht gegen den Abimelech. Weil bei ihme der hochmut so heftig als die liebe war / gedachte er keines wegs dem Prinzen der Philister zu weichen. Es konte ihm auch der Zutritt bei hof nicht verwehret werden / weil er von einem vornemen haus war. Also hatte er freiheit genug / vielfältig um mich zu seyn / und mich mit seiner verdieslichen liebe zu plagen: die mir nun noch viel widriger wurde / als ich den unterscheid [280] zwischen beiden Prinzen sahe / und wie so gar ungleich sie mit mir lebeten. Dann Abimelech / dessen liebe von mir und ganz Salem gebilliget wurde / ging so ehrerbietig mit mir um / daß ich fast nie das wort Liebe aus seinen mund h \rete: da er mich doch sonst mit den angenemsten gespråchen unterhielte / und in allen seinen handlungen seine liebe sehen lies.

Es rürete zwar dieses / daß er in seinen reden so behutsam war / grossen teils daher / weil ich mich oft gegen ihm über die unbescheidenheit Bileams beklagte: das er dann so wol zu ohren fassete / daß er sich tåglich bässer in acht name / mich nicht auf solche weise zu beleidigen. Mir gefiele auch seine verhältnis / daß er mich also fůrchtete / so überwol / daß ich ihm hierdurch immer gewogener wurde: dann ich dorfte frei mit ihm umgehen / und wuste alle seine gedanken / ob sie mir gleich sein mund so deutlich nicht sagete. Ich dorfte also nicht h \ren / was mir der wolstand zu dulten nicht erlaubete: wiewol es auch mit uns nicht viel zu bedeuten gehabt / indem es unsere eltern und verwandten gut hiessen. Bileam hingegen war so frech / mir ohne unterlas mit seinem leiden ein leiden zu machen / daß ich ihm oft sehr unhöflich begegnete: in der hoffnung / er würde desto eher von mir ablassen. Es ware aber hiemit nichtes geschaffet: er blieb bei seiner weise / sich und mich zu quälen. Und hierzu suchete er noch mehr gelegenheit / als er meiner gunst gegen den Abimelech inne worden: dem er auf allerhand weise hinterlich war / alleine bei mir zu seyn / also daß sie deswegen oft an einander geraten wären / wann ich es nicht immer verhůtet hätte.

Sonderlich wåre es einsmals bald übel ausgeschlagen / als der Prinz der Philister im schloßgarten sich bei mir befunde. Als wir einer nachtigall mit sonderbarer [281] vernůgung zuhöreten / kame Bileam dazu / und wolte dem Abimelech / wie er ihn so stille bei mir sitzen sahe / einen h \nischen stich geben / ihn schimpflich fragend: Ob man die gute geschicklichkeit eines jungen ritters daran erkennen k \nte / wann man dem frauenzimmer mit seinen stummen gedanken die zeit vertriebe? Es wäre wol mancher mehr damit gedienet /(antwortete Abimelech /) wann der jenige / so sie mit ungeschickten gesprächen unterhalten wolte / still schwiege / als daß er mit unnůtzen geplär ihre zarte ohren beunruhigte. Wie mich dann bedůnkt / die Prinzessin Coelidiane wäre auch wol zu frieden / wann wir beide schwiegen / um ihr die vergnůgung nicht zunemen / der nachtigall gesängen zuzuh \ren. Eines so liederlichen vogels stimme / (sagte Bileam hingegen /) wird mich niemals einige gelegenheit versäumen machen / meine Prinzessin mit gesprächen zu unterhalten. Lasset mich deswegen eure stelle vertretten / und h \ret ihr anderswo ungehintert eurer nachtigalle zu / so lang ihr wollet. Wann ich nicht (antwortete Abimelech / den diese reden beleidiget hatten /) der Prinzessin Coelidiane aus gebürender ehrerbietung schonete / so wolte ich weisen / wie man so höfliche reden beantworten müsse. Wann ihr aber ein so erfahrner hofmann seit / so sparet solche worte / bis wir allein sind / so sollen sie nach gebür beantwortet werden. Im ůbrigen seit versichert / daß ich meinen platz keinem in der welt / am wenigsten aber dem Bileam von Hemath / ůberlassen werde.

Ich sahe wol / das dieses gespräch in die länge kein gut thun wůrde / trate deswegen dazwischen / und beschwerete mich hoch / das der Bileam meiner gegenwart so wenig geschonet / und name den Abimelech bei der hand / sagende: Lasst uns von diesem ungestůmen hinweg [282] gehen / und einen anderen ort suchen /da wir der nachtigall gesang ungehintert zuh \ren m \gen! Diese worte verdrossen ihn heftig: wir aber liessen ihn stehen. Doch befahrete ich mich / sie m \chten hierůber nachgehends an einander kommen /sagte es demnach gleich dem König: der dann alsofort nach ihnen sandte / um ihrer personen versichert zu seyn. Wir erfuhren aber / daß sie schon aneinander gewesen / und der Bileam etliche wunden entfangen hatte. Melchisedech verwiese ihnen beiderseits diesen handel gar hoch / insonderheit dem Bileam / als er Abimelechs entschuldigung vernommen. Ihn besucheten nachgehends / weder der König / noch wir andere / als er etliche tage der kammer hüten muste: um ihme zuzeigen / wie wir uns beleidigt / befånden. Dieses verdrosse den hoffårtigen Prinzen dermassen / daß er /in den Assyrischen krieg / den damals die Könige BelOchus und Marsius mit einander füreten / hinweg zuziehen / ihm vorname: wiewol sich solches von einem monat zum andern verschobe. Abimelech håtte diesem krieg auch gern beigewonet / zwar aus anderem antrieb: wann er von seinem herrn vatter håtte erlaubnůs bekommen k \nnen.

Nach diesem begabe es sich / daß Abimelech mit dem Ahusath / der mit ihme von jugend auf erzogen /und der nach meinem herr vattern genennet worden /auf den berg Morija / alda die opfere zu geschehen pflagen / spaziren ginge / (wie er oft zu thun gewonet war /) zweifelsohn / sich mit ihme von unserer liebe zubesprechen. Sie waren kaum in das dicke gebüsche / das diesen berg umgiebet / gekommen / da traffen sie etliche personen an / die sich wider eine grosse anzal rauber wehreten / und so dapfer fochten / daß Abimelech straks eine zuneigung zu diesem unbekanten frömden in ihm entfunde / und nebst [283] dem Ahusath sich grosmůtig entschlosse / demselben beizuspringen. Selbige waren solcher hůlfe eben zum höchsten benötiget / weil der lange streit wider so ungleiche menge sie so abgemattet / daß sie nicht mehr / ohne Abimelechs hůlfe / hätten bestehen k \nnen. Also wurden durch diese dapfere Prinzen / die rauber teils erlegee / teils verjaget / und dadurch die frömden errettet: welche sie sehr verwundet mit sich nach Salem namen.

Selbige wurden von den K \nig / weil sie hohe personen waren / sehr wol entfangen: dann es waren darunter zween teutsche Fůrsten / deren der fürnemste sich Cimber / der andere Tubal nennte / beide dem K \nig von Basan nahe verwandt; und der dritte ware der Fürst Eliphas von Theman / der in seiner kindheit mit dem Abimelech zu Ur erzogen worden / und also die alte kundschaft hier wieder erneurete. Aller dreier ihre geschicklichkeit / machte ihnen den ganzen hof zu freunde: und weil sie sehr verwundet / musten sie eine gute zeit zu ihrer wiedergenesung hinbringen. Abimelech und Cimber machten eine verträuliche freundschaft mit einander: weil der letzere dem ersten / wegen seines lebens rettung / so hoch verbunden /jener aber diesen ihm von sinne ganz änlich befande: daher sie fast nie voneinander bleiben kunten. Als sie nun an ihren wunden wieder geheilet waren / hielte sie der K \nig noch ein zeitlang auf / der den Cimber ebenfalls hoch zu lieben anfinge / und sich belustigte /von ihm die Teutsche sprache in etwas zu erlernen / in deren übung er eine sonderbare vergnügung funde. Weil nun Cimber sich entschlosse / noch etwas bei uns zuverbleiben / schickete er den Tubal hinweg in seinen geschäften.

Unser hof ware nun / durch die gegenwart dieser Fürsten / sehr erfr \licht: indem sie fast tåglich etwas neues [284] anstelleten / dem K \nig die zeit zu vertreiben /und dem frauenzimmer sich gefällig zu machen. Unter andern fingen sie ein lustiges wagen-rennspiel an: da ich / auf befehl des Königs / den preis muste aufsetzen. Abimelech und Cimber / als sie gegen einander rennten / wolten aus h \flichkeit keiner gegen dem andern einen vorteil haben / bl \sseten / liessen also mit fleis einander ihre schilde. Als aber Cimber merkete /daß Abimelech sowol als er keinen ernst gebrauchte /bemůhete er sich beim dritten rennen / einen vorteil über seinen freund im verlieren zu erlangen: machte also / durch seine geschicklichkeit / daß / wie Abimelech seine pfeile auf des Cimbers schild nicht anzubringen sich hütete / er dennoch etliche pfeile auf seinen schild auffinge / und also den sieg dem Abimelech zuweg brachte. Der junge Prinz Hiarbas aus Egypten / rannte hierauf mit dem Eliphas / und Bileam mit den Aran: da sie alle es sehr wol macheten / wie auch die edelleute / so nach ihnen rannten. Bileam allein / legte grossen schimpf ein: Dann / weil er in seinen ersten rennen mit dem Hiarbas ware gleich worden / muste er mit diesem Prinzen noch einmal lassen laufen: da er es dann versahe / und im werfen nicht allein den schild verlore / sondern auch gar aus den wagen fiele. Niemand in der ganzen gesellschaft enthielte sich hierüber des lachens / weil jederman ihme dieses unglück g \nnete. Er muste überdas mit neid ansehen / wie ich seinem mitbuler den preis gabe: der ihn zwar lang nicht wolte annemen / mit fürwand / der Cimber hätte solchen gewonnen / indem er mit so grosser kunst verloren. Meine schwester /legte diesen streit bei / indem sie dem Cimber den zierdank zu erkante.

Ich håtte aber bald vergessen / die ursach dieses luststreites anzufůren. Der Prinz von Egypten hielte sein [285] abzugs-fest / welchen der K \nig von Ophir / dessen schwestersohn er war abfordern lassen / um ihn bei seiner regirung / weil er keinen sohn hatte / zu gebrauchen: deme zu ehren Abimelech dieses renn-spiel angestellet. Selbiger Prinz machte / wegen seiner annemlichkeit / den K \nig und uns alle klagen / daß wir seine gesellschaft missen solten; und hinterliesse er eine so gute nachrede / daß noch diesen tag / von dem Hiarbas in Salem viel geredet wird. Weil aber Bileam so unglůcklich gewesen / als machete der scherzhafte Abimelech hierüber diese reimen:


Den eine Nachtigall nicht bringen kunt zum schweigen /

weil bei der schönsten er sein wort viel edler hielt:

hat fug / daß er nit recht im rennen hat gezielt /

weil er so höflich ist / vor ihr sich tief zu neigen.


Diese reimen gefielen der ganzen gesellschaft / die bei mir im gemach war. Cimber vermehrte unsre hierůber / habende kurzweil / indem er meiner schwester / zur danksagung wegen zu-erkennung des zierdankes /diese reimen ersonne und übergabe:


Wie komt ihr doch hierzu / den zierdank mir zu geben?

da ich / nicht lust noch zier in dieses spiel gebracht.

Der / der so zierlich fiel / hat wol mit recht gedacht /

er d \rfte nur allein nach dieser Ehre streben.


Diese reimen kamen gleich überall hin / und als Bileam erfuhre / daß wir also über ihn unsere possen gehabt / verdrosse es ihm so sehr / daß er / sich an dem Abimelech und Cimber meuchelmörderischer weise zu råchen / ihme aus erbosetem gemůte fürname. Unter anderen seinen helfern / gebrauchete er sich vornemlich des Arans / der stäts sein guter freund gewesen. Mit diesem und der übrigen rotte stellete er es an / daß sie einsmals den Abimelech / Cimber und Eliphas / die sich [286] nichts böses versahen / und im feld allein spazirten / feindlich überfielen / und / wäre es ohne derselbigen unbeschreibliche Dapferkeit gewesen / sie gewiß erleget hätten. Sie beschützeten aber ihr leben dermassen / daß viele des Bileams leute auf dem platz blieben: bis ihnen aus der stadt / darinn es rüchtig worden / vom König hülfe zukame. Diese funden den Abimelech auf der erden ligen / und den dapfern Cimber ůber ihm stehen / der da verwehrete / daß die feinde dieses vorteils sich bedienend ihn nicht todt machen kunten. Wie sie nun endlich des Bileams haufen verjaget / wurden diese Helden / alle drei sehr verwundt / in Salem gebracht. Bileam aber und Aran machten sich davon: weil sie / nach dieser verübten unthat / die ihnen so übel geraten / nicht länger daselbst bleiben dorften.

Unser kummer / den wir hierüber erlitten / ist nicht zu beschreiben: welcher auch nicht eher gelindert worden / biß wir eigentlich wusten / daß sie auser lebensgefahr wåren. Sie hůteten etliche wochen des bettes: in welcher zeit meine schwester und ich sie fleissig besucheten. Ich wieche fast niemals von Abimelech / ihm alle handreichung erstattende: der sich dann immer entfärbete / so oft ich hinein kame / und mir fůr die gnade / (wie er es nennte /) so ich ihme mit meiner besuchung anthåte / mit den zierlichsten worten dankete. Sie wurden von allen / die von diesem ungleichen streit geh \ret / sehr gerůmet / wie es ihre hohe tugenden verdieneten. Abimelechs und Cimbers freundschaft ward hierzwischen immer gr \sser / also daß fast keiner ohn den andern seyn kunte.

Nicht lang hernach / als sie kaum wieder gesund worden / forderte der König der Philister seinen sohn wieder ab: da dann der ganze hof um seinen abschied trauerte / [287] und konte der K \nig den jenigen ohne betrübnůs nicht hinweg ziehen sehen / den er also hoch liebete. Cimber und Eliphas namen / nicht gar lang hernach / auch ihren abschied / und ward also unser hof ganz leer / daß wir von keiner lust mehr wusten /die uns bisher ihre gegenwart verursachet. Weil Abimelech von seinem thun mir fleissige nachricht gabe /als erfuhre ich / wiedaß er dem krieg unter dem Fůrsten von Edom nachz \ge / der wider den statthalter in Basan die v \lker des K \nigs der Philister fůrete: dann die witwe des Marsius / die K \nigin Salamis / bekriegte den Suevus / und wolte / als eine geborne Prinzessin aus Basan / die regirung haben. Ob nun zwar dieser kriegszug wider seines freundes des Cimbers landsleute ergienge / so fochte er dennoch dapfer und redlich / und hielte sich so wol / daß sein gerůch te weit und breit erschallete: das dann meinem herr vatter und mir auch nicht unannemlich zu hören ware.

Lange zeit hernach kame er wieder zu uns / als er vom K \nig in Assyrien / auf sein inständiges anhalten / verheisung erlanget hatte / daß er ihn ferner in kriegesdiensten gebrauchen wolte. Wir funden / bei dieser anderen zusammenkunft / beiderseits einander noch unveråndert wieder / und sch \pften eines vom andern grosse bergnügung. Er hielte sich aber diesesmal nicht lang bei uns auf / und konte ihn der K \nig kaum zu etlichen wochen bereden: die er dann / wie er mir sagte / blos meine gegenwart zu geniessen / bei uns zubrachte. Ich fande ihn einsmals auf dem berg Sion /der mit in der stadt Salem begrieffen ist / unter einem schattichten baum schlaffen / und nicht weit von ihm eine schrift ligen / die ich dieses innhalts ablase:


[288]

Zu vieles glück / ist unbequem zu tragen.

Ich fühle wol / wie ihre huld mich drückt:

ich bin mit der / als einem netz / bestrickt.

Ich darf mir selbst nicht / was mich quålet / klagen.

Wol dem / der sich weiß frei von solchen plagen!

Wann sonst ein leid hat unser herz berückt /

so wird die angst zum himmel hingeschickt:

nun aber muß in mir mich alles nagen.

Worüber kan ich billig mich beschweren?

Daß man mich liebt? Wie? Wil ich dann den haß?

Nein! ihre gunst / doch nicht in ůbermaß:

Zu viele lieb / möcht meine treu verzehren.

Mein herz ist hin: drum hab ich nichtes mehr /

als daß die lieb mit freundschaft ich verehr.


Diese reimen machten mir anfangs allerhand frömde gedanken: da ich vermutete / mein Abimelech hatte sie auf sich und eine Dame gemachet / die ihm ihre gunst erzeiget / deren er / um meinetwillen / mit gleicher gegengunst nicht wilfahren können. Wie ich ihn aber / als er erwacht / hierüber zur rede gestellet / erklårte er sich dergestalt: wie daß er dieses gedicht nicht selber gemachet / sondern nur am Babylonischen hofe abgeschrieben hatte / da es einer seiner guten freunde verfårtiget. Er muste es mir ůberlassen: da ich es nachgehends auswendig gelernet. Weil aber nun / wie gesagt / der Prinz Abimelech nach Babel eilete / als musten wir von einander scheiden: da ich ihm versprache / wie daß ich / mit meinen seufzern zu Gott fůr sein wolergehen / ståts bei ihm seyn wolte.

Kurz darnach / wie er hinweg war / kamen abgesandten von Hemath an / die um mich / von des K \nigs Jobat wegen / fůr den Prinzen Bileam die werbung ablegten. Wir erfuhren von ihnen / daß dieser Prinz / wie er unsern hof verlassen / nach dem K \nigreich Ammon gezogen wåre: alda er dem König Hanon wider die [289] Teutschen / und lezlich wider den jungen K \nig Marsius / zu kriege gedienet hatte /nunmehr aber sich wieder zu Hemath besünde. Der König Melchisedech aber / liesse ihnen zur antwort wissen: wie daß ich bereits an den Prinzen der Philister verlobt wåre / und also des Jobats sohne nicht zu theil werden könte; der zudeme sich nicht also bei uns verhalten håtte / daß wir beliebung tragen k \nten /seine befreundung zu wünschen. Mit dieser abschlägigen antwort / reiseten sie wieder nach Hemath ab: und lebete ich nach deme in zimlicher ruhe und zufriedenheit / an nichts weniger / als an das / so mir vorstunde / gedenkende.

Im vergangnen jahr / begabe ich mich neben meiner schwester hieher / wie wir alle sommer zuthun pflegten / weil dieses schloß / wegen der nåhe des Jordans /gar annemlich und lustreich ist: Der König aber bliebe dißmal zu Jebus / weil er viele geschäfte hatte / die ihm nicht zuliessen / hieher zu kommen. Wir waren aber kaum etliche tage hier gewesen / da begabe es sich an einem abend / daß wir / als wir nahe hierbei in einem lustigen thal spaziren gingen / einen wagen mit vielen reisenden ersahen / der nicht weit von uns seinen weg fůrbei name. Dieser als er gerad gegen uns ůber gekommen / brache entzwei / und machte also das aufhabende frauenzimmer heraus steigen: da dann eine unter ihnen / welcher alle die anderen grosse ehre erwiesen / im fallen des wagens ein bein gebrochen /worůber die anderen sich über die massen beängstigt und betrübt anstelleten. Ich / aus mitleiden bewogen /ginge neben meiner schwester und meinen leuten zu diesen fr \mden / beklagte ihren unfall / und bote ihnen das schloß an / daselbst einzukehren und nach ihrem entfangenen schaden sehen zu lassen. Die alte Dame / welche dieses unglück erlitten / kunte [290] mir für schmerzen nicht viel antworten: von ihren leuten aber / wurde mein anbot willigst angenommen. Ich erfuhre von ihnen / daß es die K \nigin der Bactrianer wåre /welche / wieder von Hemath kommend / in ihr land reisen wolte. Diese kåntnis von der mumen des Bileams / machte meine fürsorge für sie nicht verringern: weil ich damals noch nicht wuste / wie lieb ihr dieser vetter ware. Als sie auf das schloß gekommen / und nach ihrem schaden gesehen wurde / befunden die wundärzte den also / daß ein monat verliefe / ehe sie ihre reise fortsetzen kunte. In dieser zeit machete sie /wie ich nachgehends gewar wurde / einen anschlag mit dem Bileam: der heimlich in verstellter kleidung /weil er / da seine gesandten eine solche abschlägige antwort bekommen / sich von mir nicht wolte sehen lassen / in ihr hieher kame / mich in Bactra zu entfüren. Weil mir dieses unglück bestimmet war / als muste sich alles darzu schicken. Als die K \nigin Clotis fortreisen wolte / und ich ihr bis auf eine kleine Insel / die im Jordan liget / das geleit gabe: liesse ich mich durch ihr vielfåltiges bitten ůberreden / mit nach Pniel zugehen / und hinterliesse ich alle meine leute auf der Insel / als gesonnen / in zweien tagen wieder bei ihnen zu seyn.

Als wir nach Pniel gekommen / gabe sich Bileam mir zu erkennen / mich so sehr mit seiner gegenwart /als durch sein unvermutetes anbringen / erschreckend. Es fehlte nicht viel / ich wäre gar vor schrecken gestorben. Wiewol ich mich widersetzen wolte / so muste ich dennoch mit fortreisen: und halfen mir meine thrånen nirgend zu / als bei diesem böswicht freude zu erwecken / daß er mich also in seine gewalt gebracht hatte. Die K \nigin wolte zwar / auf dieser verdruß-reise / mich zu frieden sprechen: Ich aber war so ungedultig ůber diesem betrug / [291] daß weder sie noch Bileam ein einiges gutes wort von mir erlangeten. Nach zweien monaten kamen wir in die haubtstatt Bactra / da Oxyartes der König mich herrlich entfinge. Dieser wolte / neben den andern / mich zwingen /den Bileam zu heuraten. Mir ward fůrgeschwatzet /wiedaß er / nach seinem tode / den Bileam zum erben hinterlassen wolte / weil er keine kinder hatte. Dann Merotas / der sohn von seiner einzigen tochter / die den König von Tyrus gehabt / ware zu Hebron umgekommen. Und weil der K \nig von Tyrus / nachdem des Oxyartes tochter gestorben / sich mit der K \niglichen wittib von Elam / die des BelOchus schwester war / wieder vermälet: als ware dieser K \nig seinem schwiegersohn deswegen so gehässig / daß er von den beiden Prinzessinnen / die seiner tochter kinder und des Merotas schwestern waren / keine zur erbin machen wolte. Alle diese betrachtungen nun / die mir die K \nigin oftmals zu gemůte füren wolte / konten mich nicht bewegen / den lasterhaften Bileam zu lieben /und des tugendvolkommenen Abimelechs zuvergessen: sondern ich widersetzte mich immerfort / daß sie wol sahen / es wůrde viel zeit darzu gehören / eh ich mich gewinnen liesse.

Es kame aber bald darauf / von dem ståts-anhaltenden krieg mit den Assyriern / die zeitung nach hof /daß sie über den fluß Sarangis gegangen / und ein fästes schloß eingenommen hätten. Bileam ward vom K \nig mit frischen v \lkern gleich abgefärtiget / und war meine freude unaussprechlich / als ich erfure /daß mein Prinz die Assyrischen v \lker fůrete. Ich pochete \ffentlich auf denselbigen / und hoffete gänzlich / durch ihn wieder erledigt zu werden. Täglich hörete ich von dieses Prinzen unvergleichlichen thaten / und war ich die einige / die sich darob freuete / da sonst sein name allen Bactrianern [292] furcht einjagete. Abimelech siegete mit so geschwindem fortgang / daß er endlich den Oxyartes in seiner eigenen haubtstatt belagerte. Bileam befande sich dazumal / von einen teil der Assyrischen v \lker / die der junge Ahasath fürete /so umschlossen / daß er dem K \nig keine hülfe senden kunte. Der Prinz ångstigte die stadt dermassen /daß sie sich endlich ergeben und den Abimelech sieghaft einlassen muste.

Ich stunde an einem fenster / als dieser vortreffliche held seinen einzug hielte. Er kennete mich gleich /und zwar um soviel leichter / weil er bereits vorher meine gewaltsame entfůrung vernommen. Wie er mich demnach auf das höflichste gegrüsset / kame er /sobald er nur konte / zu mir in das zimmer. Unser beiderseits freude ist nicht zu beschreiben: daß nåmlich ich wieder frei war / und er mich erlöset hatte. Er beklagte so wol mein ausgestandenes ungemach / als er sich nun hingegen mit mir über meiner freiheit ergetzete: seine h \chste vergnůgung darneben bezeugend /daß er mir diesen dienst thun k \nnen / deren ewig-verbundenen diener sich nennte. Weil aber sein damaliges amt ihm nicht die zeit verg \nnte / ein mehrers mit mir zu reden / als brache er bald ab: damit er /nach dieser grossen eroberung / alle nötige anstalt machen möchte. Oxyartes ward zwar gefangen genommen / dennoch königlich gehalten: weil Abimelech eines viel zu edlen gemůtes war / als daß er diesem K \nig sein unglůck solte vermehret haben. Derselbe aber konte diß ünglůck so übel vertragen / daß er / am vierten tag nach eroberung der stadt / den geist aufgabe. Der Prinz tr \stete hierauf die alte K \nigin /so gut es sich wolte thun lassen / und raumete ihr ein schloß ein / da sie ruhig leben / und vom krieg keine beschwerung fůrchten dorfte. Nun war er ferner auf nichtes mehr [293] bedacht / als wie er mich in sicherheit brächte. Und ob er wol nichtes höher wůnschete / als mich meinem betrübten vetter / dem K \nig Melchisedech / selbst zu ůberbringen: so ware doch solches der zeit unmůglich / weil er den krieg weiter verfolgen muste.

Gleichwol begleitete er mich mit allem seinem volke bis an den fluß Moscus / der schon ins Königreich Elam gehöret: alda er einen ganz treuherzigen abschied von mir name. Als ich ihm nochmals höchlich fůr meine erl \sung dankete / und ihm darneben bezeugete / daß sie mir von keinem menschen in der welt angenemer / als von ihm / wiederfahren können: versicherte er mich / daß ihme dieses glück noch viel angenemer begegnet / und wünschete mir darneben tausend gutes / mich versicherend / daß ich in allen begebenheiten von ihm verspůren solte / wie bereitwillig er wäre / auch sein leben fůr mich in die schanze zu schlagen. Damit name er meine hand / die er ganz inbrünstig küssete: welches ich dann beim abschied / und weil ich ihm so hoch verbunden / geschehen liesse; wiewol er sich sonst dergleichen freiheit nicht anmassete. Er seufzete gar sehr / als er mich sahe auf den wagen steigen / und hinweg fahren. Weil ich schon in freundes land war / auch von des reichsstatthalters in Elam kammerherren begleitet wurde; und weil der König Melchisedech mir / von des Königs von Canaan v \lkern / leute entgegen gesendet: als thåte ich diese weite reise bis ins land Canaan ganz sicher / da ich von nichtes beschwerde entfande /als von dem b \sen wetter / weil es noch winter ware. Man kan leichtlich sich einbilden / wie ich den König mit meiner wiederkunft erfreuet / den ich hier zu Salem wieder angetroffen: da nun das glück / mit ankunft und kentnüs der sch \nen Aramena / mir die freude verzweifachet.


[294] * * *


Also endete die schöne C \lidiane ihre rede / und Aramena sagte hierauf: Gewißlich / wehrte Prinzessin! ich muß bekennen daß unter allen liebesgeschichten / die mir bis heute zu ohren gekommen / mir noch keine bässer gefallen / noch meinem sinne / dafern ich zum lieben erkoren / gleichförmiger wäre / als die liebe des Prinzen der Philister. Ich habe gar keine torheiten darinn vernommen / die sonst den verliebten anhangen; und gläube / dieses můsse die bäste und stårkeste liebe seyn / die von unruhe / ůbergrossem verlangen / sorge und gråmen unbegleitet ist. Dann wie kan das heisen / einem andern gutes g \nnen /wann man soviel beschwerlichkeit von ihm fordert /oder selber entfinden muß: welche qual man dann /aus liebe zu der geliebten person / sich noch eins so groß fürmalet / damit dieselbe solcher auch mit teilhaftig werde. Ich kan nicht wissen / (antwortete C \lidiane låchlend /) ob der Prinz Abimelech dieser unruhe und qual / die die verliebten sonst bei sich entfinden / so gar befreiet sei gewesen. Ich weiß auch nicht / ob ich es solte wünschen: weil mir / durch dergleichen merkzeichen / seine liebe desto gewisser seyn kan. Doch muß ich versichern / daß er sich åuserst bemůhet / mir dergleichen nicht sehen zu lassen: weil er / wie ich schliessen kan / befůrchtet / daß ich es nicht wol vertragen m \chte. Wie es mir aus der erzehlung vorgekommen / (wandte Aramena hingegen ein /) so bedünket mich / er sei solcher torheit befreiet gewesen. Hätte er aber / der sch \nen C \lidiane zu gefallen / dieselbe verhelet: ist er deswegen doch zu rümen /weil er sie nicht mit dergleichen verdrieslichkeit beschweren wollen.

Ich kan nicht sagen / wie es komt / daß ich ein so gutes herz zu diesem Prinzen habe / da ich ihn doch nicht gesehen. [295] Was würde meine schöne Prinzessin alsdann erst thun / (sagte C \lidiane /) wann sie ihn persönlich sehen solte: mir dörfte schier angst werden / ich bekåme eine gefärliche mitbulerin. Das hat keine gefahr / (antwortete Aramena /) wir können ihm beide ohne eiversucht gut seyn: die Prinzessin von Caphtor / als seine verlobte; und ich / als ihre freundin. Aber weil ich nun seines gemütes so gute wissenschaft habe / wolte ich auch gern die beschreibung der person anh \ren: weil ich nicht besorgen darf / der C \lidiane damit beschwerlich zuseyn. Seine gestalt und person betreffend / (sagte Cölidiane) ist mir noch keine wackerer als die seinige vorgekommen: wann nicht der Teutsche Cimber ihm etlicher massen die wage hält. Doch sind sie beide ungleicher schönheit /wann man anderst einen mann sch \n nennen darf. Der Abimelech ist bräunlich; hat lange braune haare / die ihm in grossen wolken über die schultern fallen; grosse schwarze augen / mit denen er sehr liebreich aussihet; eine etwas erhobene nase / und einen gar schönen mund. Sein ganzes wesen / ist so majestetisch /als gütig. Er ist mittelmäsiger länge / und so wackerer gebården / daß alles ihm ůberaus wol anstehet. Wůrde ich der Prinzessin Aramena fürtrefflicher schönheit keine verkleinerung anthun / d \rfte ich schier sagen /ich fände eine gleichheit in ihrem und dieses Prinzens angesichte.

Den Cimber betreffend / so ist derselbe sehr lang von person. Sein haar / ist licht von farbe; und seine ganze gestalt ist gar angenem. Seine grosse offenbare augen / fůren die helleste farbe des himmels / und schiessen ein solches feuer von sich / daß man den hohen scharfsinnigen geist sattsam daraus kan erkennen. Er ist von wesen sehr liebreich und freundlich: dabei aber erwecket er in [296] denen / die ihn sehen / soviel furcht als liebe / und kan man aus seinem gesichte und allen gebärden eine hohe geburt urteilen.

Warlich / meine Prinzessin! (sagte Aramena hierauf / låchlend) ich spüre sattsam / das sie eine eiversucht auf mich geworfen: weil sie mir / nicht allein den Prinzen der Philister / sondern auch den Prinzen aus Teutschland beschreibet. Nimmermehr wäre Cimber von Abimelechs verlobtin so wacker abgebildet worden / wann sie nicht begehrete / jemand in ihn verliebt zu machen. Weil ich aber des Cimbers wandel noch nicht also kenne / und / wie ich vernommen /denselbigen allbereit todt achten muß: als wehle ich doch auf den Abimelech / zumal mir derselbige sol änlich sehen. Hiervor bin ich der sch \nen Aramenen h \chlich verbunden / (antwortete C \lidiane /) und deute es billig auf ihre h \flichkeit / daß sie / was ich liebe / rümen wil; wiewol sie sonst / wann sie den edlen Cimber sehen solte / deme / was ich von ihm gesagt / beifall geben würde. Aber wie bekümmert bin ich über der leidigen zeitung / daß er todt seyn solle. Ach! solte das gewiß seyn? (hube hierauf Jaelinde / ganz erblasset / an zu reden /) das der Prinz Cimber gestorben? Ich weiß nit anderst / (sagte Aramena /) als daß er / in dem lezten kriege zwischen den K \nigen von Assyrien und Basan / in der schlacht geblieben. O nein! (antwortete Jaelinde / und name hierauf wieder ein freudigeres wesen an) so ist er Gott lob noch im leben: dann er / nachdem dieser krieg schon lang geendet war / bei uns zu Salem gewesen ist / und habe ich neulich noch jemand gesprochen / der ihn gesehen. Es ist mir so viel lieber / (sagte Aramena) weil ich sehe / wie beliebt allhier dieser Prinz ist: und kan es leichtlich seyn / daß ihn ein gleichmåsiges glůck beim leben erhalten / wie den jungen König [297] Marsius /welchen man in selbiger schlacht auch fälschlich todt gesaget.

Als sie noch in diesem gespräche begriffen waren /kame unversehens der König Beor zu ihnen / deme sein sohn / von etlichen wenigen bedienten begleitet /nachfolgete. Dieser K \nig suchete in der Aramena zimmer seine Ahalibama: wie er aber / nach abgelegten höflichkeiten / um sie fragete / und von der Thoris / die eben von ihr gekommen war / verstanden / daß sie wachete / liesse er den Hemor bei den dreien Prinzessinnen / und ginge nach der Ahalibama kammer. Er fande sie so blass und betrübt / daß er zu ihr sagte: Ist es wol müglich / liebste Ahalibama / daß ihr / um mir mein glück / so ich jezt euch wieder sehend geniesse / zu misg \nnen / eure wangen mit so bleicher farbe bekleiden / und den glanz eurer funklenden augen / dem die sonne weichen muß / dem erdboden entziehen wollet? Es wäre kein wunder / (antwortete Ahalibama /) wann E. Maj. meinen innerlichen schmerzen durch die åuserliche anzeigungen erkenneten / dann mein herz billige ursach hat / mit solcher angst umschlossen zu seyn / daß es auch kein wunder wåre / wann ich noch ůbler aussähe / ja gar fůr elend stürbe. Aber sagt mir / (fragte der Beor /) was leides widerfäret euch / meine sch \ne Ahalibama! um also sehr zu trauren? Das wissen E. Maj. båsser / (antwortete sie /) als ich es sagen kan.

Ich kan mir nimmermehr einbilden / (wiederholete der K \nig /) daß eine so grosse ungleichheit unserer gemůter seyn solte / daß ihr gegen mir in so grossen haß / als in grosse liebe ich gegen euch / geraten wåret. Ich finde ja nicht / was euer leid anders verursachen solte / als meine liebe: die ja aber eure ehre /und nicht euer verderben suchet. Ich bin wol zubeklagen / daß ich euch [298] dadurch so oft in zweifelhaftige gedanken gesetzet: so gar / daß ihr / nur um mich nicht zu vergnůgen / keine ungelegenheit noch gefahr gescheuet / euch lieber in dieselbige / als in meine arme / zu begeben. Bedenket doch / Fůrstin von Seir! wie saur ihr mir und euch das leben nun etliche jahre gemachet / blos um eures Eliesers willen / und denselben nicht zuverlassen. E. Maj. (brache sie mit ungedult heraus /) machen / mit ihrer halsstarrigkeit / mich am allerunglückseligsten. Dann ich eher den tod / als mich zu åndern / erwehlen werde. Ich weiß ja nicht /wie es kommet / daß ich keine ungnade erlangen kan /da ich es doch E. Maj. so grob gemachet / in dem ich / alles andern zugeschweigen / in dieser lezten flucht genug erwiesen / daß ich keine Kron achte / und mit dem Elieser lieber betteln / als mit dem Beor regiren /lieber mit jenem sterben / als mit diesem leben wolle.

Diese worte gingen dem Beor an das herz: jedoch /weil er den jenigen / der sie verursachete / in todeszügen wuste / als kunten sie ihn nicht zu sehr erzürnen. Weil er nun hierzu still schwiege / als fuhre Ahalibama also fort / zu reden: E. Maj. bedenken nun / wie vergeblich sie sich bei mir bemühen: die ich mir in der warheit eher die ärgste marter / als k \niglichen schmuck / werde anlegen lassen. Man mag mich bewahren / wie man will: so soll dannoch mein geist /sich frei zu machen / wol einen ausgang finden / den ihr niemand verwehren soll / sobald sie ihren Elieser nicht mehr auf der welt haben wird / den sie / E. Maj. grausamkeit halber / verlieren muß. Diese worte / jagten dem König beides eine schamröte ab / weil er sich an des Eliesers tode schuldig wuste; und zugleich eine furcht / wegen der Ahalibama lebens. Demnach wolte er sie nicht weiter ärgern / ihr anzukündigen / wie er entschlossen sei / sie in vierzehn tagen [299] zu heuraten /und daß die Fůrsten von Seir damit einig wären. Er entschlosse hergegen / solches zu versparen / bis sie ihres Eliesers tod beweinet hätte / und sagte ihr demnach ferner nur dieses: Bedenket doch / Ahalibama! was ihr sprechet? Hiemit / weil sie fůr weinen nichtes mehr antworten kunte / begabe sich Beor von ihr: ja so übel zufrieden / als betrübet er sie verliesse.

Weil inzwischen der abend herzu nahete / da Ahalibama / durch der C \lidiane verhelfung / ihren wehrten Elieser zu sehen verhoffete: als wurde ihr verlangen nach ihme immer grösser / je nåher es auf die zeit kame. Und ob sie wol zuweilen bei ihr selber anstunde / ob es nicht würde bässer seyn / für sein und ihre ruhe / daß sie einander nicht schaueten: so stiesse doch ihre liebe solchen einwurf bald wieder um / und geriete sie auf den schluß / daß ihr unm \glich wäre /diese besuchung / wie schmerzlich sie auch seyn würde / zu unterlassen. C \lidiane anderes teils erinnerte sich ebenmåsiig ihres versprechens / wolte aber zuvor den Elieser allein sprechen: um zu vernemen /wie es mit ihm stünde. Sie traffe ihn aber in gar schlechtem zustande an: dann er allbereit mit dem tod range / und seinem bekümmerten bruder in den armen lage. Als er sie aber ersehen / liesse er gleich den Ephron fahren / und sagte / als sie dem bette genähert / mit matter stimme: Wehrte Prinzessin! ich sterbe /und mit dem trost / daß euer Gott mir wird gnådig seyn. Dieser Gott / (antwortete sie) wird auch euren gläubigen geist ohne trost nicht lassen: und bin ich versichert / daß ihr / bei aller eurer angst / grosse ruhe in eurem herzen empfindet. Meine ruhe wåre vollkommen / (gabe er zur wiederantwort /) wann ich die / so ich allein geliebet / noch einmal sehen / und also zu gleich ihr und allen weltlichen dingen gute nacht geben möchte. Dann Ahalibama – – – – [300] Hier verstummete er vor mattigkeit. C \lidiane aber sagte ihm: Wann er es begehrte / solte seine Ahalibama zu ihm kommen. Hierauf winkete er ihr mit dem haubt / und sahe mit seinen sterbenden augen so munter aus / daß C \lidiane nicht länger såumen wolte / die Fůrstin von Seir zu diesem betrůbten abschiede zu holen.

Diese beångstigte liebhaberin / hörete nicht so bald ihre kammerthůr öffnen / da fing ihr das herz an zu schlagen / und sagte ihr zu / wie es mit dem Elieser beschaffen seyn würde. Sie erhube sich deswegen eiligst von ihrem ruhbettlein / auf welches sie sich angekleidet geworfen hatte / und liefe der C \lidiane entgegen: die dann / sie anschauend / die thränen nicht halten kunte. Um des willen Ahalibama gleich zu schreien begunte: O wehe! mein Elieser ist gewiß todt! Coelidiane aber ermanete sie / nicht so laut zu seyn / und ihr zu folgen. Wie sie nun / fast mehr todt als lebendig / fůr des Eliesers bette gekommen / erweckte sie mit ihrer gegenware in ihm eine neue kraft / also daß er seine indem-brechende augen zu ihr kehrete / und beide arme nach ihr ausstreckete / sie zu umfangen. Ahalibama liesse sich ganz kraftlos auf sein angesichte nieder / und benetzete es mit ihren thrånen. Elieser aber / wie er durch diese süsse begrůssung vermerkete / daß sein herz solche freude nicht mehr ertragen kůnte / und daß es bald mit ihme ausseyn wůrde / hube sie mit seinen fast erstorbenen armen wieder auf / da Coelidiane und Astale sie völlig wieder in die höhe brachten.

Als sie sich folgends auf sein bette gesetzet / sagte er zu ihr: Liebste Ahalibama! der himmel vergelte euch die treue / die ihr mir bis jezt erzeiget. Unwürdig bin ich zwar eurer liebe gewesen / aber nicht unerkentlich. Und [301] weil ich sterben muß / so wird der wahre Gott euch zeitlich und ewig vergelten / was ihr mir gutes erwiesen. Ach mein Elieser! (rieffe sie hierauf /) wollet ihr mich dann in diesem meinem elende verlassen? Wåre es Gottes wille / (sagte er hingegen) wolte ich gern bei euch geblieben seyn. Ich wil dannoch (wiederholete sie) euch nicht lassen / sondern euch auch im tode folgen. Wil der gram mich so bald nicht t \den / so soll ein geschwinderes mittel unsere seelen wieder zusammen bringen. Als sie hierauf erbärmlich wehklagete / bedachte er sich eine weile /und begunte hierauf sie wieder also anzureden: Liebstes herz! ihr werdet mir / vor meinem sterben / zwei dinge versprechen / und zuschw \ren / daß ihr es halten wollet. Wie sie dieses sein begehrn erfüllet / sagte er ferner: Das erste / so ich an euch begehre / ist dieses / daß ihr durch kein gewalttåtiges mittel jemals mir folgen wollet; das andere / daß ihr den wahren Gott der C \lidiane anbeten und verehren wollet.

Hiemit ůberfiele ihn eine so plötzliche onmacht /daß er nichtes mehr vorbringen kunte. Als sie ihn nun vor todt hielten / brachte C \lidiane und Astale die Ahalibama von ihm hinweg: welche dann nicht als mit gewalt von ihm sich abreissen liesse / und so erbärmlich schrye / daß auch davon der sterbende Elieser noch einmal die augen wieder aufschluge / und die C \lidiane ansahe / welche bei ihm stunde / und betete. Euch befehle ich (sagte er zu ihr / mit sterbender stimme /) meine Ahalibama / meine Seele aber eurem Gotte. Hiemit endete sich sein leben / und losche er aus / wie ein licht: da dann von stund an der gift ausbrache / und er zu schwellen anfinge. Einer von des Melchisedechs årzten / der diese nacht bei ihm gewachet / und nachmals / als die Prinzessinnen hinweg waren / ihn besehen / sagte öffentlich [302] [304]aus: Es wiese sich nun / daß er håtte gift bekommen. C \lidiane /dem lezten befehl des Eliesers nachzuleben / sahe sich gleich um nach der Ahalibama / die in der Astale armen onmåchtig lage / und schier kein lebenszeichen mehr von sich gabe. Ephron / wie bekůmmert er auch ware ůber dem tod seines bruders / unterliesse doch nicht / der Ahalibama eiligst beizuspringen / und wendeten sie allen můglichen fleiß an / sie wieder aufzubringen: wie sie dann endlich wieder zu sich selber kame / und mit gewalt aus der kammer nach ihren gemach gefüret wurde / da C \lidiane die übrige zeit der nacht bei ihr bliebe / und nun nach nichtes mehr trachtete / als des Eliesers bitte an der Ahalibama zuvollziehen. Sie befande aber noch nicht zeit zu seyn /ihr von diesem hohen werke fürzutragen / weil sie nicht in solchem zustand ware / hievor etwas einzunemen oder zu verstehen.

Am folgenden morgen / kame das gerüchte von diesem todesfall gleich ůberall aus / und Beri / als er es h \rete / kunte seine natur nicht so gar zwingen / daß nicht seine bekůmmernüs sich håtte spüren lassen. Der K \nig Beor / in seinem gemůte hierüber hoch erfreuet / stellete sich doch an / als wann er den Elieser betraurete / und kame selber zu dem Fürsten von Thapua / auch folgends zu den Fürsten Sobal / ihnen das leid zu klagen. Hemor betrübte sich herzlich ůber dieses edlen Prinzen tod / den auch der ganze hof beklagete; allermeist aber Ephron / welcher seines entseelten bruders leiche nicht verlassen håtte / wann nicht der K \nig Beor den Melchisedech bitten lassen / die verordnung zu thun / daß niemand mehr zu der leiche mögte gelassen werden: dann er besorgete / man wůrde den gift an dem k \rper vermercken.

Aramena hatte nicht so bald diesen todesfall vernommen / [304] da eilete sie gleich zu der Ahalibama. Diese / so noch bisher kein wort gesprochen / als sie diese ihre freundin ersehen / schluge die hände ineinander / und sagte zu ihr: Wundert dich nicht / Aramena / daß ich noch lebe? Nein / gar nicht / liebste Schwester! (antwortete diese /) weil ich deiner grosmut wol versichert bin. Ach! die erhålt mich nicht bei leben / (sagte Ahalibama hinwieder /) sondern mein gelůbde / mein all zu unbedachtsamer schwur / da ich dem Elieser versprochen / durch kein gewalttåtiges mittel ihme zu folgen / und der Coelidiane Gott anzubeten. Das erste (antwortete Aramena hinwieder /) ist billig / daß du ihm das haltest. Das andere aber /nåmlich die Götter zu verleugnen / und einen irrigen Wahn anzunemen / wird dir nie in den sinn kommen /ob du es gleich gelobet hast. Ach Elieser! liebster Elieser! (schrye hierauf Ahalibama /) was bewog dich immermehr hierzu / mir diese freude nicht zu g \nnen /dich in deinem tode zu begleiten? hast du nicht ehmals selber in deinem leben mich dazu vermanet? wie bist du nun / mein elend auf die h \chste stuffe zu setzen / in deinem tode so verändert worden? O ihr götter! warum gab eure grausamkeit ihme dieses in den sinn? vieleicht deswegen / damit ihr mich desto mehr und härter quålen m \chtet? Ihr habet gewonnen / unbarmherzige g \tter! dann ärger hättet ihr mich nicht straffen k \nnen.

Hiemit ůberfiele sie wieder eine onmacht / daß Aramena um hůlfe ruffen muste. Weil die Thoris alles / wie es ihr erginge / dem K \nig sagen liesse / als ware der nicht wenig um sie besorget. Doch wolte er sie nicht besuchen / bis die wunde etwas geschlossen seyn m \chte; und harrete er also etliche tage / ehe er zu ihr kame. Elon aber / welchen sehr schmerzete /daß der Fürst Beri / sein [305] abgesagter feind / und dessen sohn der Ephron / wieder in des K \nigs gnade waren /wolte zum wenigsten den Ephron bei dem Beor wieder schwarz machen. Demnach offenbarte er ihm / wie daß Ahalibama bei dem sterbenden Elieser gewesen wåre: worzu ihr die Prinzessin von Gerar verholfen /und Ephron auch mit darum gewust håtte. Der argwånische K \nig erschracke sehr / daß zu Salem so heimliche winkel wåren / da die Prinzessinnen vor seiner wacht also verborgen fürbei kommen k \nten. Demnach befahle er nochmals ernstlich / daß die beide Prinzessinnen mögten wol in acht genommen werden. Damit auch dem Ephron alle gelegenheit / der Ahalibama zu dienen / benommen seyn m \chte / verordnete er / daß selbiger / unter dem feldhaubtmann dem Fůrsten Akan von Bethel / die v \lker nach Seir fůren / die er wider den Esau Fůrsten von Edom schicken wolte: welches dann Ephron nicht abschlagen durfte / unangesehen Esau sein schwager war. Ihm ward auch anbefolen / daß er / sobald die leichbegängnůs seines bruders vorbei seyn wůrde / bei musterung der v \lker sich alda zu befinden / nach Sichem abreisen solte.

Der verliebte Hemor / der nie einige gelegenheit versaumte / seine Prinzessin zu sehen / verfügte sich an einen morgen / in ihr zimmer. Sie ware eben von der Fůrstin von Seir gekommen / deren betrübten zustand sie also mit beweinet hatte / daß man es ihr gnugsam an ihren zarten augen ansehen kunte. Demnach sagte er zu ihr / unter anderen gespråchen: Mich nimt wunder / sch \ne Aramena! daß ihr so mitleidig eine verliebte beklagen k \nnet / da ihr doch so wenig die liebe erkennet. Eurem urteil nach solte ich meynen / daß Ahalibama nichtes habe verloren: und dannoch wird ihr leiden von euren [306] schönen augen beweinet. Ob ich schon nicht begehre / (antwortete sie) die liebe zu erkennen: so kan ich doch wol einer freundin verlornen liebhaber aus mitleiden beweinen. Auser dem versichere ich euch / Prinz Hemor! daß mir meine lebtage keiner solcher gestalt absterben wird / den ich beweinen solte. Ich gläube solches wol / (wandte Hemor dargegen ein /) daß die grausame Aramena über meinen tod sich eher erfreuen / als betrüben wůrde. Prinz von Sichem! (gabe sie zur antwort) ich will nicht / daß ihr mich fůr die jenige ansehet / die euren tod wünschen oder begehren solte. Ihr seit der welt noch viel nůtze / wann ihr nur selber eure zeit wol anlegen wollet / und dieselbige nicht so vergeblich bei mir verderbet.

Als er dieses wieder beantworten / und sie ferner mit seiner liebe plagen wolte / kame Jaelinde dazu /und sagte: Ob der Prinzessin Aramena nun gefiele / in den schloßgarten zu gehen / die K \nige hätten es bewilliget. Hemor / der wol sahe / wie der Aramena misfiele / daß er dieses geh \ret / wolte die h \flichkeit gebrauchen / ihr an dieser vorgenommenen lust nicht hinterlich zu seyn: name also seinen abtritt / ob er wol gern sie in den garten begleitet hätte. Er thåte damit der Aramena einen so angenemen gefallen / daß solches an ihrem gesichte gnugsam zu spůren ware. Sobald er hinweg ware / name sie freudig die Jaelinde bei der hand / die ihr dahin wolte gesellschaft leisten: mitlerweile Coelidiane bei der Casbiane / des Fürsten Arsas von Ninive gemalin / sich befande / welche /wegen einer zugestossenen unpäßlichkeit / nicht gen hof kommen k \nnen. Calaride als ihre nahe verwandtin / leistete ihr auch gesellschaft: daß also Aramena und Jaelinde niemand / als etliche jungfrauen und die K \nigliche wacht bei sich hatten; die [307] aber / aus ehrerbietung / den Prinzessinnen von weiten folgeten / und ihnen alle freiheit liessen.

Aramena ergetzete sich nicht wenig in diesem garten / der sehr prächtig und annemlich angebauet ware. Es ware früling / da die sch \ne baum-blüte / und die mancherlei fårbige blumen / den augen alle ergetzlichkeit gaben. Es entfinge sie zuvörderst ein sanfter wind / der ihnen den sůssen odem der Citronenblüte entgegen fürete / und sie auf das lieblichste damit anhauchete. Sie gingen erstlich durch die blumen beete / die mit vielerlei blumen-arten in die wette prangeten. In mitte dieses blumfeldes ware ein grosser runder teich /da das wasser mehr als arms-dick / aus einem wallfischkopf / etliche ellen hoch in die luft getrieben wurde / und mit einem starken und lautplatschrenden regen hinwieder in den teich herunter fiele: worbei / in diesem hellen krystall / die fische in grosser menge lustig spieleten. Nach diesem \ffneten sich ihnen die spazir-gånge: die / ungeachtet der grossen breite /dennoch an beiden seiten / die båum-gipfel so hoch in die luft schicketen / daß kein schein der sonne den boden jemals erreichete. Die stämme der båume waren so schlank und gerad aufgewachsen / daß man unten allenthalben durch- und in die neben gänge schauen kunte: welches dann den augen die angenemste entfernungen vorstellete. An jedem ende eines spazirganges / stunde ein springbrunn / der mit seinem gesausel die spaireznde ergetzte / und die luft erfrischete.

In diesen gängen / verbrachten die beide Prinzessinnen eine gute zeitweile / und kamen indeß wieder auf den Cimber zu reden: von deme Jaelinde so beweglich sprachete / daß Aramena leichtlich ihre liebe zu demselben erkennen kunte. Demnach begunte sie dieser guten Prinzessin zu jammern / weil sie aus der Amorite geschichte [308] sich noch wol erinnerte / wie daß Cimber in die Königin von Ninive gebrannt wäre. Sie wolte gleichwol einen versuch thun / ob sie damit zu anderen gedanken m \chte gebracht werden / und sagte zu ihr: Ich bedenke jetzund / wehrte Prinzessin! was der weise Chaldeer ehmals zu Biblis von glücke geweissaget / und vermute / die profezeiung von der Königin in Syrien werde die angeneme Jaelinde treffen. Der himmel k \nte es schicken / daß der verloren-vermeinte Prinz Aramenes / des lezten Königs von Syrien sohn / wieder vor den tag käme: massen das geschrei / als solte er noch verhanden seyn / anjezt in Syrien sehr groß ist / und k \nte der / durch die heurat mit meiner Prinzessin / diese worte wahr machen. Ach nein / schönste Prinzessin! (antwortete Jaelinde seufzend) kein wiedergefundener Prinz aus Syrien ist fůr mich bestimmet / und glåube ich sicherer / daß mich treffen wird / was dieser Chaldeer von der kinder Ahusaths unglücklichem leben geprofezeiet hat / massen ich schon viele plagen bei mir entfinde.

Diese plagen (wandte Aramena ein) werden meines vermutens von den jenigen seyn / deren wir uns selber entheben können / wann wir uns nur ein wenig wollen gewalt anthun. Ach nein / Prinzessin! (sagte Jaelinde) das jenige / so ich entfinde / kan ich aus eigener macht nicht von mir treiben / wie gern ich auch wolte; und die bande die mich fåsseln / sind viel zu stark /als daß ich sie solte aufl \sen können. Hat dann etwan (fragte Aramena / und finge damit an zu lachen) der sch \ne Cimber schuld daran / daß meine Prinzessin solche unruhe in sich entfindet? Diese frage machte Jaelinde ganz err \ten / doch antwortete sie: Ach liebste Prinzessin! es ist mehr als zu gut errahten / und ich fühle wol in mir / daß ich an den Cimber nicht so unentfindlich / als an andere personen / [309] gedenken kan. Hat aber dieser Prinz / (fuhre Aramena fort zu fragen) anzeigungen einiger liebe meiner Prinzessin gegeben? Nicht so viel / (antwortete Jaelinde) als ich wol gewünschet: doch ware er mir sehr gewogen. Mich tr \stet zuweilen des Chaldeers aussage / die einer von uns beiden schwestern die Syrische Kron versprochen hat: welche Cimber / als ein herr von glůck und grossem mute / eher zu erlangen hoffen kan / als Abimelech / der ohne des dereinst sein våtterliches reich zuerwarten hat.

Aramena / die / als unerfahren in der liebe / nicht wuste / wie grosse schmerzen man den verliebten damit anthut / wann man ihnen alle hoffnung in ihrer liebe benimmet / wolte aus guter meinung sie warnen / und sagte: Ich weiß gewiß / daß dieser teutsche held bereits an einen hohen orte liebet / und zwar die sch \nste person / so jezt mag in der welt seyn. So müste er / (antwortete Jaelinde ganz bestürzet /) die sch \ne Aramena lieben. Meine Prinzessin vergebe mir / (antwortete Aramena) dieses lob komt mir nicht zu / und wo C \lidiane und Jaelinde bekant sind / wird man Aramenen nicht den preis der sch \nheit geben. Liebet er etwan (fragte sie ferner ganz unruhig) meine schwester? Nein! (antwortete Aramena) er liebet die Delbois / die sch \ne Königin von Ninive. Hiemit wurde der Jaelinde nicht anderst zu mut / als wäre ihr das herz heraus gerissen worden / und kunte sie kein wort antworten. Aramena aber fuhre fort / sich zubemůhen / ihr diese vergebliche liebe aus dem sinn zubringen.

Indem sie aber mit ihr redete / name sie in acht /daß etliche person in den nebengängen spazirten /welche öfters ihnen begegneten / und die Aramena genau ansahen. Es bedunkete sie / als solte sie dieselben kennen: [310] und als sie / im fůrbei-gehen / sich nach ihnen umsahe / funde sie dieselben auch also thun. Weil jene aus Aramenen gesichte abnamen / sie můsse etwas an ihnen merken / winkete ihr einer mit dem haubt / wurfe einen stab in den gang / darinn die Prinzessinnen gingen / und zeigete mit den gebärden an / daß Aramena selbigen aufnemen solte. Sie unterliesse nicht / als sie daselbst wieder fürbei kamen /solches zu thun / und hube den stab auf / als håtte sie es ungefär gethan. Indem sie aber mittlerweile nach diesen frömden umschauete / ward sie gewar / daß sie gar erfreut sich erwiesen / und in die hånde klopfeten.

Das verlangen / dieses rätsel aufzul \sen / triebe sie desto eher wieder aus dem garten: worzu auch die betrübte Jaelinde gar willig sich finden liesse / um diesem gespråch ein ende zu machen; dann sie ihren kummer / ob der neu-erfarnen zeitung / fast nicht mehr verdrucken kunte. Nachdem sie die Aramena in ihr zimmer begleitet / verliesse sie dieselbe / und gienge / ihren traurigen gedanken nachzuhängen: die in kurzen sie also ausmårgelten / daß ihre sch \ne nicht wenig schaden darůber erlitte. Aramena aber sahe sich nicht sobald allein / da name sie ihren stab herfůr: welchen sie aller orten besichtigte / und endlich befunde / daß er sich aufschrauben liesse. Wie sie ihn nun er \ffnet / zoge sie einen aufgerolleten zedel herfůr; den sie begierig entwickelte / und folgende worte darinnen funde.

Briane und Zimene / deine alte schwestern / sind von der Ehrwürdigen Celie aus dem Tempel an dich abgefärtiget / deiner befreiung halber sich mit dir zu unterreden. Diese nacht werden sie / in eben der kleidung / darin du sie heut im garten gesehen vor der Fürstin von Seir fenster / [311] welches auf den garten hinaus gehet / aufwarten / und durch wurfleitern versuchen / näher zu dir zu kommen. Zu dem ende haben sie alles schon bei sich bereitet / und sind ferner der grossen Diana hülfe / zu fortsetzung ihres anschlags /erwärtig.

O gerechte g \ttin! (sagte hierauf die erfreute Aramena) wie unverhofft schickest du mir deine hülfe zu! und wie augenscheinlich sehe ich nun / daß ich nicht von dir verlassen bin! Hierauf ginge sie nach der Fůrstin von Seir gemach / selbige ihrer freude mit-teilhaft zu machen. Vor demselben fande sie die Astale stehen / bei der sie anfragte / was ihre Fürstin machete? Ich habe zwar befehl / (antwortete Astale) alle andere ankommende mit dem schlaff meiner Fürstin abzuweisen. Die Prinzessin von Chaldea aber ist hierunter nicht begriffen / und werden sie meine Fůrstin in einer gesellschaft antreffen / die vieleicht für ihrer beider freiheit sorget.

Hiemit ward Aramena eingelassen: welche den Fürsten Ephron / neben noch einem andern / den sie nicht kante / fůr der Ahalibama bette stehen funde. Diese zween bestůrzeten anfangs / jemand in der kammer zu sehen / da der Astale so hart befohlen worden /niemand einzulassen. Wie aber Ahalibama sahe / daß es ihre Aramena war / sagte sie zu den anderen / sie dörften sich für derselben nicht scheuen; und bate damit die Prinzessin / sich auf ihr bette nieder zusetzen. Nachdem solches beschehen / sagte Ahalibama ferner zu ihr: Du findest mich hier / liebste schwester! in gesellschaft zweier personen / die fůr meine freiheit sorgen. Mein bruder Ephron ist dir bereits bekant. Dieser aber / ist der haubtmann Demas / der uns bewachet: der vom gebirge Seir bürtig / und vor diesem meinem herr vattern zu Dedan gedienet [312] hat. Ich bin von jederman verlassen: nur allein diese beide jammert mein zustand. Der ehrliche Demas hat bei dem Fůrsten von Ninive / der sich jezt hier aufhält / zu wege gebracht / daß er hülfe mit anlegen wil / mich heimlich von hier und zu seiner Königin nach Damascus zu bringen. Von derselben werde ich versichert /daß sie mich gern in ihren schutz nemen wird: sowol wegen ihrer berümten gůtigkeit / als auch wegen des anteils / so sie dabei hat / da sie den schimpf / so der K \nigin Atis / ihres vettern schwester / erwiesen worden / nicht bässer rächen kan / als wann sie mich wider den Beor beschützet. Ohne diese hülfe / wäre ich verloren gewesen: nun aber hoffe ich dem Tyrannen zu entgehen / und bei der Königin von Ninive meinen Elieser ruhiger zu beweinen.

Durch diese zeitung / ward Aramena innigst erfreuet. Sie wolte aber die ihr im garten zugestossene begebenheit für den andern nicht erzehlen / sondern hielte damit ein / biß sie bei der Ahalibama allein seyn wůrde. Selbige unterredete sich noch eine weile mit dem Ephron und Demas / von den mitteln / aus dieser gefängnis los zu kommen. Endlich an der Aramena angelegenheit gedenkend / fragte sie den Demas: Ob dann diese gute Prinzessin nicht auch /wie sie / durch ihre hülfe davon kommen künte? Durch unsere hülfe wol / (antwortete Demas) aber nicht durch des Arsas beistand: dann derselbige die heurat dieser Prinzessin mit den Prinzen von Canaan gar sehr billiget / auch seine gemalin Casbiane stark darüber eifert / daß sich meine gnådige Prinzessin so sehr dem willen ihrer eltern und anverwandten widersetzet. Wann mir der mirleidige Demas wil beistehen / (antwortete Aramena /) so wird der himmel mir schon ein mittel zuweisen / zu entkommen / wann schon alle meine [313] anverwandten mir entgegen wären. Demas erbote sich hierauf / ihr nach m \glichkeit zu dienen. Ephron name damit abschied von der Ahalibama / die ihme mit heissen zåhren gute nacht gabe /weil sie ihn / wegen seiner schleunigen abreise nach Sichem / nicht wieder zu sehen vermutete. Demas fürete diesen Prinzen heimlich durch den verborgenen gang / durch welchen sie hinein gekommen waren /wieder hinaus / daß niemand von der wacht vor dem zimmer das geringste davon gewar wurde.

Die beide Prinzessinnen / blieben also allein beieinander. Aramena vermeldete der Ahalibama / was ihr im garten begegnet: und funde dieselbe ganz willig / die beide jungfrauen der Diana / durch ihr vorgeschlagenes mittel in ihre kammer einzulassen. Wie Aramena demnach / mit unbeschreiblichen verlangen /der nacht erwartet / auch der Fürstin Calaride und ihren andern leuten angedeutet hatte / wiedaß sie wolte bei der fürstin von Seir schlaffen: gabe sie acht am fenster / das nach den garten hinaus ginge / und kunte sich nicht ein zweiglein vom wind bewegen /daß sie nicht meinete / es kämen die / auf welche sie wartete. Nach einer guten weile / als der mond ein wenig aufgegangen war / erblickete sie dieselben /und hustete / um von ihme gehöret zu werden. Sie /der Aramena ebenfalls warnemend / kamen nåher unter das fenster / und wurfen eine strickleiter an dasselbe hinauf: welche Aramena bei dem einen haken auffinge / und an das fenster fest machete.

Sie kamen also beide glücklich hinauf / und erkennete Aramena alsobald / bei der klarheit des lichtes /die Briane und Zimene / fiele ihnen hoch erfreuet um den hals / und fůrete sie für der Ahalibama bette. Sihe / liebste schwester! (sagte sie zu derselbigen /) zwo von [314] meinen båsten freundinnen / die ich in Ninive gehabt / und die der himmel zu meiner hůlfe herschicket. Briane und Zimene grüsseten die Fůrstin von Seir aufs h \flichste / und als sie sich / auf bitte der Aramena / gesetzet / sahe diese Prinzessin sie sehr verwundert an / und brache endlich in diese worte herans. Wie Briane! wie Zimene! seind das eurem orden geziemende kleidungen / darinn ihr allhier erscheinet? und ist es müglich / daß ihr die jenigen seit / vor die ich euch erkenne? Ja / liebste schwester! (antwortete Briane /) deinetwegen sihest du uns in dieser frömden gestalt; und gebůret uns nicht / diese mannliche kleidung zu tragen / so solst du bedencken / daß wir dich auch in einen weltlichen schmuck finden / der sich für eine geheiligte jungfrau der Diana übel schicket. Ach Briane! (antwortete Aramena seufzend /) unsere grosse G \ttin sey mein zeuge / wie schmerzlich es mir fället / in solcher gestalt vor dir zu erscheinen. Wann du aber mittel weist / mich zu erretten / so halte mich nicht länger auf / mir solche zu entdecken. Meine base / die Fůrstin von Seir / darf dir nicht verdåchtig seyn: dann ich sie fůr meine herzensfreundin achte; zudem /daß unser beider glück und unglůck uns ganz gleich machet.

Ich wil (sagte Briane) die ursache / warum wir hier sind / mit kurzem berichten. Als unsere Oberpriesterin / die hochwůrdige Celia / zu ende dieses winters /von dem Prinzen Mamellus deinem herrvattern erfuhre / daß er dich an den Hemor von Canaan verlobet / und daß er dich / mit anfang des frülings / in das K \nigreich Sichem / deine hochzeit zu vollziehen /schicken wůrde: ginge es ihr sehr zu herzen / daß ihr bruder so hartnåckig den tempel entehrete / und deinem so heiligem beginnen sich also widersetzen durfte. Demnach ward sie rätig / den [315] ausspruch unserer Diana deinetwegen einzuholen / ob du nämlich / deinem gelübde gemås / zu uns in den tempel wieder kommen / und dem heurat-zwange entgehen würdest? Der ausspruch / den sie bekame / ware dieses innhalts:


Aramena wird entgehen Hemors seiner liebesmacht:

Wann sie / einem ritter gleich / sich aus Canaan erhebet.

Sende zwo also verkleidt dorthin / wo sie jezund lebet.

Doch daß sie beständig bleibe / muß man fleissig haben acht.


Diesen lezten vers sagte die vermeinte g \ttin mit solchem ungestům / daß ihr bild davon zitterte / und der ganze tempel erbebete. Die Celia wurde gleich darauf schlůssig / die Zimene und mich abzusenden: mit dem befehl / dich zu erst in Syrien / nachgehends in Canaan zu suchen / deinen zustand zu erforschen / und můglichst dich mit nach Ninive zurůck zu bringen. Weil eben damals die K \nigin von Ninive / nach Syrien ihre reise anstellete: als gaben wir uns fůr edelleute / unter ihren bedienten / mit auf den weg / und seind dergestalt unvermerkt hieher gekommen.

Niemand kante uns von allen unseren reisgefärten /als Zimenen bruder / der des Fürsten Arsas hofmeister ist. Weil nun dieser der K \nigin abgesandter / von Choce / welches auf der Amoriter gebirge liget / zu dem K \nig von Salem reisete / und wir daselbst erfuhren / daß du allbereit aus Syrien hinweg wårest: folgeten wir dem Arsas hieher / und erfuhren bei unserer ankunft alsobald / wie es dir erginge / und wie růmlich du dich dem Hemor widersetzet. Wir bedienten uns besagten hofmeisters des Fürsten Arsas / welcher uns im garten die gelegenheit wiese / in dieses fenster zu kommen. Nachdem wir uns erkundiget /daß in diesem gemach die Fürstin von Seir deine nahe verwandtin wonete / bekamen [316] wir hoffnung / dich allhier sprechen zu k \nnen / und machten dir solches durch den stock zu wissen. Heute liessen wir uns im garten verschliessen / um diese nacht dich zu sehen. Weil nun der Zimene bruder uns allen beistand verspricht / so hoffen wir / in verstellter kleidung dich mit hinweg zu bringen / und zwar solcher gestalt. Wir haben erfahren / daß der K \nig von Canaan und der Prinz Hemor in zehen tagen ihre hochzeiten mit euch anstellen wollen: da die Bråute / wie wir vernemen /nach landsgebrauch drei tage vorher von niemanden besuchet werden / sondern sich ganz eingezogen und verborgen halten můssen. Zu selbiger zeit / können wir mit dir durch dieses fenster unvermerkt entkommen / und etliche tagreisen von Salem hinweg seyn /ehe daß es jemand innen werde. Zimenen bruder wil uns begleiten: und wann nur dein entschluß mit unserem fürhaben einstimmet / hoffe ich gewiß / daß unser anschlag uns nicht fehlen solle.

Ich bin zu allem willig und bereit: (antwortete Aramena /) zumal ihr / auf befehl meiner Oberpriesterin /dieses alles fůrgenommen. Es hat euch wol der himmel zu rechter zeit hergefůret / da ich nun fast alle hoffnung verloren hatte / meine gelübde anderst / als durch den tod / zu erhalten. Hierauf / nachdem sie die Aramena von allem / wie es ihren anderen ordensschwestern erginge / berichtet hatten / begaben sie sich wieder durch das fenster hinunter in den garten: alda sie sich verstecketen / bis am morgen der garten wiederge \ffnet wurde / da sie unvermerkt hinaus kommen kunten.

Sobald es tag worden / liesse der König Beor den geheimen raht wieder versamlen: da dann beschlossen wurde / des Fůrsten Eliesers begråbnis anzustellen /und beiden Prinzessinnen anzukůndigen / daß sie zu ihrem [317] hochzeitfest sich bereit machen solten. Das b \se gewissen liesse dem Beor nicht zu / seine Fürstin / vor dieser ankůndigung / zu besuchen: dann er fürchtete / sie m \chte ihm abmerken / daß er an des Eliesers tode schuldig war. Hemor ingleichem / der sich leichtlich konte einbilden / wie schmerzlich Aramena diese gewaltthåtigkeit entfinden würde / wolte sie nicht wieder sehen / bis auf den gewůnschten tag /da er rechtmäsig ihrer sch \nheit zu geniessen / und die früchte seiner liebe einzusamlen / verhoffete.

Der Fůrst Sobal von Seir aber / ginge zu Ahalibama: die ihn / als ihren und ihres verstorbenen Eliesers nahen vettern / sehr gern bei sich sahe. Sie hörete aber von ihme / zu vergr \sserung ihres leidens / wiedaß ihr herr vetter und die såmtliche Fürsten von Seir anders sinnes worden / und nun so sehr ihre heurat mit dem Beor billigten / als sie fůrhin derselben widersprochen. Die hoffnung aber ihrer erlösung verursachete /daß sie nicht viel dagegen redete. Mit gleich-grosser gedult h \rte sie nachgehends an das anbringen der königlichen rähte / von dem schluß wegen ihres beilagers. Der Beor wurde / mit dem bericht von dieser ihrer bässern zufriedenheit / hoch erfreuet. Er hielte solches vor eine wůrkung des todes von Eliesern / und lobte sich nun selber um diese mordthat: nicht zweiflend / Ahalibama wůrde forthin immer auf bässere gedanken kommen. Aramena machte ebenfalls nicht viel wunders mit den råhten / und liesse sie also dem Hemor eine getråumte vergnůgung zurůcke bringen. Nåchst diesen verliebten / ware niemand fr \her / als der alte Thebah und die Calaride: weil sie hierdurch ihr anvertrautes pfand båst versorget achteten.

C \lidiane und Jaelinde kamen folgends / auf befehl [318] des K \nigs Melchisedech / auch zu ihnen / sie in das verordnete zimmer einzubegleiten / da sie bis an den tag ihrer hochzeit verborgen bleiben solten. Weil der gebrauch in Canaan so fest und unverrůckt gehalten wurde / daß / auser ihren wenigen bedienten / die sie selber auszuwehlen pflegten / kein mensche zu den Bräuten kommen durfte: als betrübte sich C \lidiane nicht wenig / daß ihr also die gelegenheit entzogen wurde / die Ahalibama / wie sie dem Elieser versprochen / im rechten Gottesdienst zu unterrichten. Doch hoffete sie / solches nachgehends / wann Ahalibama K \nigin von Canaan seyn wůrde / ins werk zu setzen. Diese verånderung der gemåcher aber / kame der Aramena sehr ungelegen: weil ihr dadurch von neuem alle hoffnung entzogen wurde / durch den garten zu entkommen. Das zimmer / da sie bleiben solten / sahe zwar auch in den garten: war aber mit starken eisernen gittern für den fenstern verwahret / daß ihr recht angst wurde / und aller muht entfiele. Tirza und Astale / neben noch zweien jungfrauen / liessen sich mit ihnen versperren. Der König ordnete eine starke wacht / unter aufsicht des haubtmanns Demas / für das zimmer: damit er seiner sch \nen beute versichert seyn / und ihm seine Ahalibama nicht wieder entgehen m \chte.

Der getreue Fůrst Ephron aber / säumete inzwischen nicht / sowol den Fůrsten Arsas zu erinnern /daß er zu der Ahalibama flucht beförderlich seyn wolte / als auch den Demas zu ermahnen / daß er an seinem fleiß nichtes solte erwinden lassen. Dieser treuer landsman der Fůrstin von Seir / gabe den raht /man solte sie mit dem ehisten bei nacht heraus bringen / und in des Arsas behausung bei seiner gemalin verborgen halten / bis derselbe nach Damascus wieder abreisen würde: der dann seine reise etwas eher und vor dem angestellten hochzeitfest [319] fortzusetzen gewillet war / damit sie allbereit weit hinweg wåren / wann man sie zu Salem missen würde.

Dieses gefiele ihnen allen wol / und suchete Demas hierauf gelegenheit / solches der Fürstin von Seir kund zu machen. Wie nun folgenden tags / des Prinzen Eliesers leichbegångnüs gehalten wurde / deren die K \nige und der ganze Hof beigewonet / verfůgte sich Demas in den garten / der Ahalibama die botschaft zuzubringen. Als er aber nach ihrem fenster eilete / funde er daselbst zween jünglinge / welche nach eben demselbigen fenster hinauf schaueten / und mit steinen hinan wurfen / um sich kund zu geben. Indem er hierüber bestůrzet stunde / ward er von ihnen ersehen: die dann von dannen eileten / und sich plötzlich aus seinem gesichte verloren. Als er nun sich wieder allein sahe / näherte er sich dem fenster / und gabe unterschiedenen laut von sich / in hoffnung / gehöret zu werden. Er bemühete sich aber vergeblich / muste also endlich ablassen / und sich entschliessen / selbige nacht mit einer wurfleiter wieder zu kommen.

Die trostlose Ahalibama befande sich unterdessen /wegen der leichbegångnüs des Eliesers / in betrůbtem zustand: und hatte Aramena neben den vier jungfrauen mit ihr soviel zu thun / daß sie nicht beobachten kunten / was inzwischen im garten fürginge. Sie verharreten also in stätigem wehklagen / bis die nacht einfiele. Aramena wolte nun eben sich zu ruhe begeben / als sie am fenster klopfen hörete. Sie vermutete /es wůrden ihre mitschwestern seyn / liefe darum eiligst nach dem fenster: befande aber / in er \ffnung desselben / daß es der Demas wåre. Ahalibama / so matt sie ware / liesse sich / so bald sie hiervon verno en / aus dem bette schleppen / um von ihrer erlösung etwas zu vernemen.

[320] Indem nun der getreue Damas ihr den ganzen anschlag umständlich berichtete / merkte sie / daß Aramena in tiefen gedanken stunde. Auf ihre anfrage / um die ursach dessen / sagte Aramena: wann nicht Casbiane mit dir nach Damascus reisete / wolte ich es wagen / dich dahin in verstellten kleidern zu begleiten; dann ich nicht absehe / wie Briane und Zimene mit mir allein wollen fortkommen. Zudeme erinnere ich mich / daß Zimenen bruder bei dem Fůrsten Tharsis von Sepharvaim zu Camon gewesen / und wol von demselben / mich ihme zu liefern / bestellet seyn m \chte. Ahalibama bedachte sich hierauf eine weile /und sagte endlich zu dem Demas: woltet ihr wol /mein freund / dieser guten Prinzessin auch so wol /wie mir / dienen? Als Damas sie dessen versichert /sagte sie ferner: Die Prinzessin Aramena darf sich nicht frei von der Casbiane noch von jemand anderem sehen lassen / damit sie nicht ihren eltern verraten werde. Demnach wil sie in mannskleidern sich mit mir davon machen / und trauet eurer verschwiegenheit / daß ihr sie nicht entdecken werdet.

Indem hörte Demas jemand im garten reden / und sagte: O weh! ich sorge / wir sind verraten. Damit stiege er eiligst die wurfleiter hinunter / und zoge von leder / entschlossen / eher sein leben als seine freiheit zu verlieren. Er fande die zween jünglinge / die ihme den mittag zuvor begegnet waren: die aber / ihn mit blossem gewehr ersehend / davon flohen. Weil Aramena beim mondschein solches von oben mit warname / als vermutete sie / daß es ihre beide bekantinnen seyn wůrden. Demnach rieffe sie / sowol den Demas /als den andern beiden / mit namen: da dann diese still stunden / und dem Demas sich so weit zuerkennen gaben / wie daß sie wegen der Prinzessin da wåren. Weil nun ein vorhaben [321] sie zusammen dahin gebracht /und Aramena nochmals der Briane rieffe / zu ihr heran zu steigen: als kame dieselbe / auf der Prinzessin begehren. Diese bename ihr alle furcht wegen des Demas / und sagte ihr von ihrem vorhaben / mit nach Damascus zugehen: welches Briane sehr gut befunde.

Indem sie nun ferner hiervon sich unterredeten /und Demas unterrichtet worden / wer die zwo andere personen wåren: machte er sich ans fenster / um zu versuchen / ob sich die gitter ausheben liessen. Nachdem er befunden / daß ein solches wol geschehen kunte / schiede er wieder hinweg / mit dem vorsatze /sobald můglich wieder zu kommen / und etliche treue diener mit zubringen / die ihme handreichung thun möchten. Er versprache auch nochmals der Aramena mit einem eide / daß er niemanden ihre flucht offenbaren wolte: auch Zimenen bruder selbst solte betrogen werden / und nicht anderst wissen / als daß ihre befreiung mislungen wåre; vor deme sie in mannskleidern sich wol kunte sehen lassen / weil er sie von gesicht nicht sonderlich kante. Wie nun Briane und ihre gespielin mit dem Demas also bekant worden / fragte er sie / wo sie aus dem garten kämen? Als er erfuhre /wie daß sie die nacht darinn verblieben / name er sie mit an den ihme-bewusten ort: da er sich mit ihnen /an seiner wurfleiter / ůber die mauer hinab liesse; durch welches mittel sie / in des Fürsten von Ninive wohnung / unvermerkt wiederkehrten.

Am folgenden tag muste Ephron nach Sichem abreisen / wie gern er auch vorher / das ende dieses anschlags von der Ahalibama befreiung / mit abgesehen hätte: und schiede er ganz betrůbt von Salem / allwo er einen so edlen und lieben bruder verloren / und dessen einige geliebte so unruhig hinterlassen muste. Auch die verwirrungen [322] seiner eigenen sachen / neben dem andenken an seine Corycide / liesse ihm hierneben keine ruhe / und hatte er wenig hoffnung / sich jemals vergnügt zu sehen. Hingegen befande sein vatter / der Fürst von Thapua / sich desto vergnügter in seinem gemüte / da er sich bei dem K \nig so wol gelitten sahe: von dem er / zur vergeltung / die stadt Lachis bekommen hatte / welche ihme soviel / als das fürstentum Thapua / einbrachte. Man redete nun zu Salem von nichtes / als lauter freudenfesten. Es wurden keine kosten gesparet / diese zwei K \nigliche beilager auf das ansehnlichste zu haltẽ: und solte alle lust / so nur zu erdenken ware / hervor gesuchet werden / um die widerspänstige bråute womit zu ergetzen.

Diese \ffentliche zurüstungen aber / hinterten nicht die heimlichen / sondern beförderten vielmehr dieselbigen: weil man durch jene erinnert wurde / in diesen nit saumselig zu seyn. Wie nun alles bereitet / was Demas zu seinem vorhaben dienlich befunde / und die nacht so finster war / als er sie wůnschen m \gen: ginge er / als er seinem unterhaubtmann die wacht vor der Prinzessinnen gemach anbefohlen / mit etlichen getreuen dienern des Fůrsten von Ninive / unter denen sich dann auch Briane und Zimene mit befunden /nach dem schloßgarten. Nachdem er / durch die mitgebrachte werkzeuge / die ihme gar wol dieneten / die gitter los gemachet / kame er durch das fenster hinein zu den Prinzessinnen / in begleitung der Briane und Zimene / die die kleider fůr die Aramena trugen. Nunmehr (sagte er zu ihnen) hoffe ich zu erlangen / was ich / aus eiver ihnen zu dienen / mir vorgenommen: und müssen wir jezt keine zeit versäumen / uns alsobald von hinnen und daselbst hin zu begeben / wo der Fürst Arsas der Fürstin von Seir bereits erwartet.

[323] Aramena begabe sich hierauf eiligst in ein neben zimmer / mit der Briane / Zimene und Tirza / und verkleidete sich alda in einen Assyrischen langen rock /den sie mit einer gewirkten binde aufgůrtete. Ihr braunes haar / weil es von natur in locken fiele / lösete sie allein herunter; und den schmuck mit dem sie ihr haubt bedecket hatte / schenkete sie den Demas /einen Babylonischen bund dafür aufsetzend. Sie gůrtete auch ein schwert an die seite / womit sie sich so geschicklich wuste anzustellen / als wenn sie lang einen ritter abgegeben hätte. Wie sie nun damit fårtig war / kame sie zu der Ahalibama wieder hinein / welche sie fast selber anfånglich nicht mehr kante: so gar hatte sie diese kleidung verwandelt. Hierauf verzogen sie nicht långer / aus dem fenster zu steigen: nachdem sie zuvor die zwo jungfrauen / welche sie hinterlassen musten / wol unterrichtet / wie sie sich nach ihrem wegseyn verhalten / und täglich die speisen von der wacht annemen solten / als wann sie noch zur stelle wåren. Sie liessen auch zwei schreiben / eines an den K \nig Beor / das andere an den Prinzen Hemor / auf dem tische ligen / deren innhalt also lautete:

Schreiben der Ahalibama an den König Beor.

Demnach mir die götter / das einige so ich geliebet /durch den tod genommen / scheinet es / als wolten sie aufhören / mich ferner zu verfolgen: indem ihre unvermutete hülfe mir meine erlösung so erwünscht verfüget / da ich fast alle hoffnung verloren hatte / E. Maj. gewaltthätigkeit [324] [326]zu entgehen. Ich sage E. Maj. dieses jezt nicht zum ersten mal / daß ich die ehre / so sie mir anthun wolten / für eine last / und ihre liebe für eine qual achte und ansehe. Man wird demnach /wegen meiner flucht / mich nicht verdenken: von deren ich wünsche / daß sie E. Maj. gemüte heilen /und bei dero wirken möge / eine rechtmäsige liebe gegen die Königin Atis / und eine billige verachtung gegen die unglückselige

Ahalibama.

Schreiben der Aramena an den Prinzen Hemor.

Eure gewaltthätigkeit zwinget mich / Salem zu verlassen: daselbst ihr mich bisher / gegen alle billigkeit /wie euere gefangenin gehalten. Ich habe dieses mittel ergriffen / um mein gelübde nicht zu brechen / das ich / ehe ihr mich gesehen / zu meiner göttin abgeleget. Ihr werdet leichtlich meiner vergessen können / wann ihr euch täglich fürstellet / daß ich euch nie geliebet; daß ich an euch die liebe gehasset; und daß / auser dem namen einer freundin / nichtes übrig habe /womit sie euch vergnügen könte / die von eurem zwang erlösete

Aramena.


Nachdem die Prinzessinnen mit den ihrigen hinunter gestiegen / musten sie solang in einer läube verziehen / bis [326] Demas mit seinen gehülfen die gitter wieder vor die fenster einhängete. Weil dieses sich eine zimliche weile verzog / als ware inmittels der Prinzessinnen angst unendlich: indem sie mit dicker finsternis sich umgeben befanden / und verraten zu werden sich besorgeten. Zu vermehrung ihrer furcht / trate endlich auch der mond herfür / und fienge an gar hell zu scheinen. Bei diesem liecht sahe Astale von weiten sich jemand bewegen / darüber sie sehr erschracke /und es den Prinzessinnen anzeigete: die dann / mit ihr / etliche schatten gehen sahen. Ahalibama / die ståts an ihren Elieser gedachte / vermeinte / es wäre sein geist / der sie suchete. Aramena aber / konte nichtes daraus machen. Als sie solches dem Demas gezeiget /der eben zu ihnen kame / und mit seinen gittern färtig war: hielte der vor das båste / daß sie so lang in der sommerläube verborgen blieben / bis sie innen wůrden / ob iemand im garten wåre. Die schatten kamen ihnen nun immer nåher / und wiese es sich endlich aus / daß es eine frauenperson neben einem priester ware /denen etliche dirnen folgeten / die fůr der hütte nahe fůrbei gingen. Weil ihr der mond gerad in das gesicht schiene / als kunten sie dieser fr \mdin vortrefliche sch \nheit erkennen / die gar keine gemeine person fůrstellete. Wie es ihnen fůrkame / so schiene ihr haar schwarz / die augen blau zu seyn. Ihre kleidung aber ware ganz frömd und ihnen unbekant; gleichwol ihre gestalt so schön und die gebärden so majestetisch /daß Aramena wol håtte wissen mögen / wer sie wäre. Sie gingen aber immer fort / und verloren sich letzlich ihnen aus dem gesichte.

Demas kunte sich hierbei nicht gnug verwundern /wie dieses zuginge / da der garten ja verschlossen war / daß niemand durch das thor kommen mochte. Er[327] kunte auch / ob er schon viel jahre in Canaan aller orten bekant worden / sich nicht besinnen / solche person jemals gesehen zu haben. Als sie nun ohne gefahr herfůrtreten und sich fort machen kunten / stiegen sie glücklich über die garten maur hinaus / von dar sie / ůber eine wiese / nach dem hause des Fürsten von Ninive zugingen. Ahalibama und Aramena spracheten unterwegs / wie diese letzere sich nennen solte: die dann endlich des Fürstens von Seir des Disons /namen anname / und beschlosse / sich für der Ahalibama ritter auszugeben / der ihr von jugend auf gedienet håtte. Es ware ihr dieses gar leicht zuthun / weil Arsas und Casbiane / ob schon diese ihr verwandt war / sie niemals in Syrien gesehen hatten.

Dieser Fürst und seine gemalin / entfienge die Fůrstin von Seir heimlich in hinterhofe: weil er solches vor seinen bedienten / aus furcht / daß es auskommen m \chte / nit wagen wolte. Nachdem er sie in ein zimmer gefůret / da sie bis zur abreise verborgen bleiben kunte / versicherte er sie nochmals / wiedaß er ihr nach aller m \glichkeit dienen wolte: wofür sie ihnen beiden zu tausendmalen dankete / und sich glůckselig nennte / daß sie in einer so berůmten K \nigin schutz gelangen solte / von deren vollkommenheiten ihr das gerůchte so viel annemliches berichtet hätte. Ihr ritter Dison / bliebe auch verborgen bei ihr in einem neben zimmer: und weil Briane und Zimene mit ihm eines geschlechtes waren / als leisteten sie ihme gesellschaft / und danketen der grossen Diana /daß der anfang zu Aramenen befreiung also glůcklich ware gemacht worden.

[328]
Das Dritte Buch
Geschichte der Aramena - und beschreibung des Dianen-Tempels zu Ninive
Geschichte der Aramena / und beschreibung des Dianen-Tempels zu Ninive

Ob ich wol jezt nicht anderst als Dison reden solte /so muß ich dennoch / um mich verståndlich zu machen / die abgelegte Aramena wieder fürstellen. Zwar darf ich meinen zuhörern / wegen meiner geburt / keinen unterricht geben: weil solche ihnen bereits bekant ist. Meine kindheit habe ich / ohne denkwůrdige sachen und ruhig / in Syrien zugebracht: da mein unglück wolte / daß jederman mehr an mir sahe / als ich in der that besitze / und als mir an meinen fürhaben genutzet. Wie ich ungefär das dreizehende jahr erreichet / fůgete es der himmel also / daß der statthalter von Syrien mein herr vatter / neben der fraumutter und mir / nach Ninive reisen muste / dahin ihn der König Bel Ochus von Assyrien [334] beschieden hatte. Weil die Oberpriesterin daselbst / die Celia / meines herr vattern schwester ist / als besuchete meine fraumutter dieselbe im tempel / und name mich mit dahin: da ich dann der Oberpriesterin so wol anstunde / daß sie meine fraumutter bate / ihr die vergnügung zu gönnen / daß sie mich / inzwischen wir zu Ninive bleiben wůrden / in ihrem tempel bei sich behalten möchte. Meine fraumutter verwilligte ihr solches gar gerne: nicht befahrende / daß sie mich nachgehends so schwerlich wieder heraus bekommen wůrde. Dergestalt kame ich nun in diesen tempel: den ich zuvor vollkomlich beschreiben will / ehe ich von meinen begebenheiten etwas mehrers erzehle.

Es hat diesen prächtigen tempel die Assyrische K \nigin Semiramis erbauet zu ehren der schwester ihres gemals des K \nigs Ninus / der unvergleichlichen Dianen. Diese ist die ålteste tochter des Jupiter Belus gewesen / eine so keusche Prinzessin / und so sonderbar mit tugenden bezieret / daß die g \tter sie unter ihre zahl und zur unsterblichkeit haben aufgenommen. Die herrlichkeit dieses gebäudes ist so groß / daß wol nirgend seines gleichen zu finden seyn wird. Dann ob wol die Semiramis mehr kostbare gebåude aufgefüret / als den tempel zu Hierapolis in Syrien /und die pråchtige mauren zu Babel: so kommen doch dieselben diesem nicht bei / und wer diesen bau gesehen / wird můssen gestehen / daß ihme nichts in der welt k \nne verglichen werden.

Der rechte Tempel / darinn die göttin wohnet / ist von weissem hellpolirten marmor in die runde aufgefüret: dannenhero / wann die sonne ihre stralen darauf wirfet / niemand ihn für klarheit anschauen kan. Inwendig stehet das bildnus der g \ttin von golde / in lebensgrösse und in der eigentlichen gestalt / wie sie sich [335] in Assyrien sehen lassen. Auf dem haupt hat sie einen unerschåtzbaren Diamant / der wie ein halber mond geschnitten ist. Der fus / darauf das bild stehet /ist von einem herrlichen Topas / dessengleichen an gr \sse wol niemals einer aus Ophir gekommen. Der Altar ist mit golde dick überzogen / und ůberall mit edelsteinen besetzet. Die innere wände dieses tempels / sind von krystallscheiben sehr künstlich in einander gefůget; und in den grösten feldern derselbigen / sihet man die gesetzte der Göttin in Assyrischer sprache eingeschnitten. Von oben fället der tag durch ein rundes fenster hinein; und ist der boden mit blauem marmor beleget / so helle / daß man alles / gleich wie in einem spiegelglase / darinn sehen kan.

Diesen tempel umgibet ein viereckichtes gebåude /jedoch auf allen seiten sehr weit davon abgelegen: wie es dann auch von schwarzem marmor aufgefüret ist /um desto mehr / auch an der farbe / von den innern tempel unterschieden zu seyn. In dem ersten teile gegen morgen / wonet die heilige Oberpriesterin / und ist die Dafne die erste gewesen. Diese hatte bei der g \ttin Diana gedienet / und also sie / nach deren tode / von dem K \nig Osiris aus Egypten / der sonst Apollo geheissen / der auch der Diana bruder war / geliebet worden / hat sie / dieser liebe zu entgehen / sich in diesen tempel begeben: da die göttin / nach ihren tode / sie auch unsterblich gemachet. Die jetzige Oberpriesterin / deiner fraumutter und meines herr vattern schwester / wird höher als eine Königin geehret: und warten ihr zw \lf jungfrauen auf / die nåchst ihr die fůrnemsten sind / und bei ihr ihre wonung haben. In dem gebåude gegen mittag / werden aufbehalten die opfere von silber / gold und edelgesteinen / die von allen potentaten in der welt dahin geschenket werden: und ist dieses ein so kostbarer schatz / [336] daß er für unerschåtzlich gehalten wird. Das dritte gebåude gegen abend / ist das heilige Bad / darinn aus kostbaren brunnen die wasser zusammen geleitet werden: und muß insonderheit die Oberpriesterin / wann sie in den innern tempel gehen wil / darinnen baden. Der vierte ort gegen mitternacht / ist auch ein Tempel / inwendig von herrlichen marmor aufgefůret: darinn stehen zwölf altare / da der göttin alle monden auf einen derselben geopfert wird. Es sind hierbei auch die opferkammern / da die thiere geschlachtet werden. Zw \lf jungfrauen / die sie die Opfer Nymfen nennen / wonen daselbst / und sind an wůrde die dritten nach der heiligen Oberpriesterinn.

Diese vier Königliche gebåude umgibet der heilige Wald / darinn von allerhand wild die månge herum gehet / welches alles der G \ttin gewidmet ist. Dieser hayn hat in umkreis vier meilen / und ist auf der einen seite ein hoher berg / der den wald halb umfånget. Auf der andern seite stadt-warts / umfliesset ihn der schiffreiche fluß Hidekel: von dessen strom / etliche arme mitten durch den wald geleitet sind / daß es also ihnen nirgend an wasser manglet. Um diesen wald stehen zwei huntert gebåude fůr die jungfrauen / die ihr gelůbde der g \ttin Diana gethan: und wonen allemal zwo beisammen / die ihre eigene lustgårten hinter den håusern haben. Der berg / ist oben mit einer hohen mauer umgeben. Gegen der stadt / da der fluß fůrbeilaufet / stehet auch eine mauer / und gehet eine grosse steineren brücke ůber den strom / die an beiden enden auch ein kostbares gebåude hat. In dem einen /das nach dem walde sich strecket / wonen die weiber /die den heiligen jungfrauen handreichung thun. In dem andern aber / das nach der stadt siehet / sind die wächter des tempels / welche jedermänniglich [337] den zugang verwehren müssen / damit kein mannsbild hinein komme.

Die Oberpriesterin / tråget sich weiß / mit fliegenden haaren und einem Lorbeerkranz auf dem haubte: des festtages aber / gehet sie in purpur / welches mit perlen gesticket ist. Die zw \lf jungfrauen / die nach ihr die nächsten / sind in himmelblau gekleidet. Die andern zw \lfe / die bei den opfern aufwarten / tragen rohte kleidungen. Die übrigen / deren bei meiner zeit zweihuntert waren / gehen alle weiß in fliegenden haaren / mit bogen und köchern versehen. Tåglich gehen sie einmal in den Opfertempel / der gegen mitternacht liget. In den heiligen tempel / kommet nur die Oberpriesterin / mit ihren zwölf jungfrauen / alle neumonden; die andern alle aber / jårlich nur einmal: und wird der g \ttin / in diesem tempel / kein anderes opfer / als kostbares rauchwerk / gebracht. Ihr stand bringet mit / daß sie der Diana die ewige keuschheit geloben /nichtes essen / als was ihre hand selber fänget / einmal des tags im åusern tempel erscheinen / alda ihr gebet zu verrichten / und oben auf dem berg / in den nåchten wann der mond nicht scheinet / ein brennendes feuer erhalten. Die Niniviten verschaffen ihnen wildbret die månge / also daß niemals ein mangel daran zu spüren ist. Sie werden auch sonst mit brod und getrånke aus der stadt versehen / und haben darneben trefliche fischereien / die ihnen so wol zur lust /als zur narung / dienen k \nnen.

Was sonderbare vergnügung ich in diesem tempel entfunden / kan ich nicht gnugsam beschreiben. Ich gewonete auch in dem jahr / da ich der Celia aufgewartet / dieses schönen lebens so sehr / daß ich / so wol aus eigener neigung / als aus beredung einer jungfrauen / die sich auch Aramena nennet / und von der die Oberpriesterin [338] sehr viel hålt / mir fürname /mein leben bei ihnen zuzubringen. Aramena / welche wuste / wie sehr diese meine entschliessung der Celie gefallen wůrde / liesse mir in geheim ein weisses kleid machen: und wie sie mich damit / als eine heilige jungfrau / angekleidet / muste ich mich also der Celia sehen lassen. Sie hatte ja grosse freude / mich also zu sehen: noch mehr aber ward sie erfreuet / als meine namentrågerin ihr mein fůrnemen entdeckete. Sie bliebe hierüber anfangs bestürzet / und sahe mich genau an; endlich schluge sie die augen gen himmel / und sagte: O gerechter himmel / wie wunderbar bist du doch in allen deinen schickungen? Hiermit name sie mich bei der hand / und weil dieses im wald fürginge / setzete sie sich an einen baum / und fragte mich: ob ich diesen schluß von mir selbsten aus eigener bewegung gefasset / oder ob ich hierzu wåre beredet worden / und ob es ihr bruder oder meine fraumutter mit wüsten? Wie ich nun nein gesaget / und sie teuer versichert / daß niemand als mein freier wille mich hierzu antriebe / sagte sie: meine entschliessung wåre so l \blich / daß sie hoffen wolte / meine eltern würden es gern zulassen. Weil ich aber noch jung wäre / und in die länge mehr verdruß als ergetzlichkeit in dieser lebensart finden möchte / so solte ich es noch eine weile mit ansehen: den nachgehends / auf einmal-gethanes gelůbde / keine wiederkehr seyn könte.

In dem sie also redete / kame ein starker hirsch /den etliche jungfrauen lang verfolget hatten / auf uns zu gerannt; und weil er erboset war / legete er sein geh \rne ein / um uns zu spiessen. Ich stellete mich gleich mit meinem bogen und pfeil für die Celia / und schosse diesen hirsch so glücklich durch die brust /daß er straks niederfiele / und seine kůnheit mit dem leben verlore. Diese that [339] name Celia also auf / als wåre sie noch so groß gewesen / nennte mich ihre lebens beschůtzerinn / gewanne / von dem tage an /mich noch lieber als zuvor / und unterrichtete mich fleissig in allem / was den heiligen orden betreffen mag. Als nun meine eltern ihre sachen in Ninive verrichtet / und wieder nach Syrien abreisen wolten /weigerte ich mich mit ihnen zu reisen / und lage der Oberpriesterin sehr an / daß sie mich wolte bei ihr behalten. Sie hörte dieses mein begehren gar gewürig an / und als meine fraumutter zu ihr kame / (dannn meinen herr vatter durfte sie nicht sprechen / als in gesellschaft des Königs / welcher / wie alle gekr \nte häubter / die freiheit hat / in den tempel mit seinen leuten zu kommen /) liesse sie mich in meiner heiligen tracht ihr vor augen fůren.

Anfangs name dieselbe dieses gar wol auf / weil sie ihr einbildete / ich hätte nur zur ergetzlichkeit mich also umgekleidet. Nachgehends aber / wie die Celia sie allein an ein fenster zoge / und ihr meine entschliessung offenbarete / erschracke sie nicht anderst /als håtte sie das gr \ste unglůck von der welt erfahren /und wolte ganz nicht hierzu einwilligen. Alles mein bitten und flehen / kunte sie nicht erweichen: und wandte sie fůr / daß ich ihre einzige freude wäre / die sie håtte / und würde sie mich ja so gern todt als in diesem tempel wissen / weil einer so wol als der andere mich ihr auf ewig raubete. Meine thrånen sprachen hierauf für mich / und funde ich mein fürnemen so rechtmäsig / daß ich fůrchtete / der g \tter zorn auf mich zu laden / wann ich meinen schluß änderte. Celia ebenfalls wolte mich keineswegs erlassen / und sagte: es laufe wider ihre pflicht / der g \ttin eine jungfrau zu nemen. Weil die ehrerbietung / so man den Oderpriesterinnen erweiset / sehr groß ist / als durfte meine fraumutter wider mich keinen gewalt gebrauchen: [340] [342]daher sie / für ungedult / ihre thränen nicht halten kunte. Indem kame Aramena zu uns hinein / um der Oberpriesterin etwas anzubringen / da dann meine fraumutter diese worte heraus stiesse: Ach! um dieser Prinzessin willen / muß ich jezt solches unglůck / zur billigen straffe / erfahren. Weder Aramena noch ich /kunten diese worte verstehen: und bei ihr / die nie gewust / wes standes sie gewesen / und also unvermutlich erfuhre / daß sie eine Prinzessin wäre / ward dadurch ein tiefes nachdenken erwecket.

Meine fraumutter begriffe sich aber gleich wieder /nachdem sie dieses gesprochen; und weil sie alda nichtes ausrichten kunte / als schobe sie es auf meinen herrn vatter / und name also einen unlustigen abschied. Ich vermutete nun wol / mein herr vatter wůrde sich hierbei gleich-ungedultig anstellen. Wie wir dann / als die Celia sich bei hof hierum erkundiget / erfuhren / daß er hierůber sehr ůbel zusprechen gewesen / und dem König Bel Ochus angelegen / ihm seine tochter wieder zu verschaffen. Weil nun der König ihn sehr liebet / als hatte er sich erboten / selber in den tempel zu kommen und mich wieder los zu machen. Ich gabe es / nach diesem erlangten bericht /auf das bitten / und fiele der Celia zu füssen / sie anflehend / mich ja nicht fahren zu lassen. Sie / die solches auch nicht im willen hatte / stunde hierauf etwas in gedanken / und sagte endlich: Ihr wåre ein mittel eingefallen / mich behalten zu können; nämlich /wann ich mein gelůbde ablegen wolte / alsdann würde niemand mehr einige gerechte ansprache zu meiner person haben. Wer ware erfreuter / als ich / als ich dieses vernommen? Und dankete ich wol tausendmal der g \ttin / daß sie mich wůrdigte / in ihren dienst aufgenommen zu werden.

[342] Demnach / keine zeit zu versåumen / wurde ich gleich folgenden tags in die heilige bäder gefůret. Nachgehends begleiteten sie mich / mit grossem pracht / nach dem innern heiligen tempel der g \ttin /den ich vorhin noch nie gesehen hatte: daselbst muste ich mein gelübde verrichten / und ewige keuschheit der Oberpriesterin angeloben. Darauf wurde ich von ihren zw \lf jungfrauen umgekleidet: dann sie hatten mich in weltlicher kleidung / die ich zu dem ende angezogen / dahin gefůret; und verbranten sie selbige /zum zeichen / daß ich hinf \ro die nicht mehr gebrauchen solte. Wie nun alles verrichtet war / muste ich die nacht im tempel verbleiben / und mein erstes opfer verrichten / welches im båsten weirauch bestunde. Folgenden morgens holete mich die Oberpriesterin wieder heraus / und wiese mir meine wonung an / die ich bei gegenwårtiger Briane bekame / von welcher Celia sonderlich viel hålt: und muste sie mich ferner /in allen geheimnisen unsers glaubens und ordens /fleissig unterrichten. In wärender zeit aber / daß sie solches mit mir also verrichteten / hatte Celia der wacht vor dem: tempel gebieten lassen / ihr nichtes in dreien tagen anzumelden / wann es auch selbst vom König wäre: damit wir nit mochten behintert werden.

Wie aber nun alles verrichtet war / da erfuhren wir / wiedaß der K \nig von Assyrien / neben der Königin und dem ganzen hof / kommen wolte / die Celia zu besuchen. Sie / als sie dem König wieder sagen lassen / er solte wilkommen seyn / liesse uns alle versammlen fůr den vorhof ihres palastes: Aramena aber muste sich hinter die lezten verbergen. Wie nun Bel Ochus neben dem ganzen hof ankame / ersahe ich gleich meinen herr vatter: der aber mich / unter so vielen ůbereingekleideten jungfrauen / nicht finden noch warnemen kunte. Wie [343] nun die Celia den König / die Königin / die unvergleichliche Prinzessin Delbois ihre tochter / die jetziger zeit in Ninive regiret / und ihren bruder / entfangen hatte / fůrete sie die Königliche personen in einen saal: inmittels die junge Prinzessin bei uns verbliebe / und mit unseren jungfrauen schwåtzete. Bel Ochus brachte sein gewerde der Celia gleich an / und rieffe den Mamellus dazu / sagende: Thut nun / mein vetter / selbst das eurige bei eurer schwester! ich habe bereits den anfang gemacht. Wie nun mein herr vatter / ihme mich wieder einzuhändigen / die Celia inståndig gebeten / bekame er zur antwort: Es sei schon zu spat / ich hätte schon mein gelůbde abgeleget. Hierauf begehrte er mich zu sprechen: welches Celia zuliesse / und wurde ich demnach in den saal zu kommen beruffen.

Als ich nun / mit furcht und zittern / für meinen herr vatter kame / sahe er mich mit zornigen gebärden an / dorfte aber seinen unwillen an dem orte wider mich nicht ausschůtten / sondern ůberwand sich / und mich bei der hand fassend / zoge er mich an eine seite / und sagte zu mir: Wie habe ich das um dich verschuldet / Aramena / daß du also mich verlassen wollen? Gedenke nur nicht / das dein gelůbde gůltig sei: und so lang mir die augen offen stehen / werde ich nicht dulten / daß du hier verbleibest. Bedenke dich noch / ob du mit mir wilst von hinnen scheiden / und erwåge wol / daß ich dein vatter bin / der dir dieses gebietet. Hiemit schwiege er still / um zu h \ren / was ich hierauf sagen würde. Ich aber / als in meinem herzen gewiß versichert / daß ich recht gethan håtte /gabe ihm zur antwort: Wiedaß ich mich sehr betrůbte / so unschuldiger weise meinen herr vatter zubeleidigen; und m \chte er wol versichert seyn / daß / wann es nicht die grosse Diana anginge / die ich dadurch[344] hoch erzürnen würde / ich alle eignen vergnügung /um mich ein gehorsames kind zu erweisen / hintan setzen wolle. Nun müste ich aber den g \ttern mehr gehorchen / als den menschen: weswegen ich ihn demütig båte / daß er doch nicht der g \tter zorn auf sich laden wolte / in verweigerung eines dinges / das so l \blich und den g \ttern wolgefällig wäre. Diese antwort hörete er nicht einmal gar zum ende / sondern liesse mich stehen / ginge / ehe man es warname / aus dem saal hinaus / und verlore sich aus der ganzen gesellschaft.

Die K \nigin Naphtis bemůhete sich hierauf auch sehr / mich los zu machen / und mich genau betrachtend / sagte sie zu der Perseis ihrer kammerjungfrauen / daß es niemand h \rete: Ach wie gleich sihet dieses kind / meinem guten schwager / dem unglückseeligen König von Syrien! Hiermit kůssete sie mich / die augen voll thrånen habende / und fragte mich ganz beweglich: Ob ich dann meiner fraumutter / die meinetwegen krank worden / keine hoffnung ůbrig lassen wolte / mich wieder zu bekommen? Celia / die indem zu uns kame / ůberhobe mich der mühe / dieses zu beantworten / sagende: Man m \chte mich doch nicht långer so vergeblich plagen! dann wann ich gleich selber meinen sinn åndern wolte / wůrde sie es doch nimmer zugeben können / daß ich mein gelůbde bråche. Hierauf liesse die K \nigin ab / mir hierum zuzureden / weil sie so grosse standhaftigkeit an mir befunden. Der König / als er sein gebet im vorhof des tempels verrichtet / begabe sich wieder von dannen. Die K \nigin aber verzoge noch etwas / und ergetzete sich die Prinzessin Delbois immittels mit uns andern im jagen / da sie ihre geschicklichkeit trefflich spůren liesse. Sie verblieben bei uns / bis auf den abend / da sie dem K \nig nach der stadt folgeten: worauf wir uns sämtlich nach unseren [345] wonungen begaben / und legte ich mich gleich neben der Briane zur ruhe / weil wir vom jagen sehr ermüdet waren.

Ich war aber noch im ersten schlaf / als mich Briane weckete / und aufmerken hiesse / was sich vor unserer kammer vernemen liesse. Mir finge hierüber das herz gleich an zu klopfen / und sagte mir zuvor / wie es mir ergehen wůrde. Indem gienge unsere kammertür auf / und ich erkante bei der klarheit etlicher ihrer fakeln / meinen vatter und dessen leute. Ich konte /vor schrecken / nicht ruffen: indem er zweien weibern / die er mitgebracht / befahle / mich in die bei sich habende r \cke anzukleiden. Wie dieses hastig verrichtet war / namen mich ihrer zween auf die arme / und eileten mit mir davon: die Briane an das bette angebunden hinterlassend / damit sie hierbei keinen auflauf machen m \chte. Als meine entfůrere mit mir einen guten sprung bis an den strom gelanget / wartete daselbst auf uns ein schiff: auf welches wir uns setzeten / und damit den strom hinab fuhren / daß es niemand von der wacht gewar wurde. Ich wolte zwar ruffen: aber meines herrn vattern bedrohen verwehrte mir solches. Wie wir nun weit genug ůber die brůcke hinaus waren / stiessen wir zu lande: da ein wagen / der hierzu bestellt ware / uns nach dem k \niglichen palast fůrete. Der K \nig / so hierum wissenschaft hatte / erfreuete sich sehr über meines herr vattern vergnůgung / daß dessen anschlag seinen fortgang erreichet: welcher / als er aus der Celia saal von uns gegangen /sich eigentlich meiner wonung erkündiget hatte / und die nacht heimlich da geblieben war / um aus zu grosser liebe diesen frevel an mir zu verüben. Sein und meiner fraumutter zůrnen und schelten kunte mich nun nicht so sehr betrüben / als daß ich mich aus dem orte meiner [346] ruhe entfüret sahe / und meine heilige kleidung wieder ablegen můssen. Ich thäte auch nichtes / als weinen / und die g \ttin um hülfe anflehen: die doch damals noch nicht zeit zu seyn befunde / daß ich solte befreiet werden / und zweifelsohne meine beståndigkeit průfen wollen.

Am folgenden morgen / zoge Mamellus mit mir und allen den unsrigen von Ninive hinweg: ein bewegliches schreiben an seine schwester die Celia hinterlassend / darinn er sie um vergebung bate / daß seine vätterliche liebe ihm diesen raub håtte begehen machen. Er schenkete auch ein grosses stuck goldes /zur auss \nung / in den tempel. Aber Celia / hierüber h \chst unwillig / wolte das geschenke nicht annemen /sondern beschwerte sich sehr hierüber bei den Ninivitischen stånden und der regirung: die zwar / ihr vergnůgung zu schaffen / an den Mamellus schreiben liessen / aber doch die sache nicht zu eiferig trieben /weil jederman ihme / als einem vatter / recht gabe /daß er diese gewalt ůber sein kind gebrauchet.

Also kame ich nun in Syrien wieder an / ganz übel zufrieden / und betrübet / daß ich keine gelegenheit absehen kunte / mich von der fleissigen aufsicht der meinigen zu entziehen / und mich heimlich davon zu machen: zumal weil sie / um mein (ihrer meinung nach) ungültiges gelůbde zu vernichten / mich mit gewalt verheuraten wolten. Zu dem ende zogen sie mit mir nach dem K \nig von Hemath: da der Prinz Bileam / des Königs åltster sohn / eben von Salem /da er erzogen worden / zu haus gekommen war. Wann nun gleich dieser herr der geschickteste Fürst von der welt wäre gewesen / so würde ich dennoch seinetwegen mein gelůbde nicht gebrochen haben. Nun aber befunde sich in allem / bei ihme / das widerspiel / zu meinem grossen glůcke. Wie dann solches [347] meinen herr vatter bewegete / daß er bedenken truge / mich also in eine verdrůsliche ehe zu verkaufen; so ware auch der alte Thebah / der mich von jugend auf mit erzogen / dieser heurat mit dem Bileam sehr zuwider: daß ich also dieser ersten verfolgung abkame und los wurde.

Nach langer zeit / die ich zu Damascus betrůbt zugebracht / erhobe sich der Krieg zwischen den Assyriern und dem König von Basan. Weil mein herr vatter / mit einer grossen heersmacht der Syrer und Mesopotamier / dem K \nig zu hůlfkame / als zogen wir mit ihme bis nach Haran in Mesopotamien: alda meine fraumutter / ihrem herrn desto nåher zu seyn / weil das feldlager der Assyrier am Phrat bei Acraba stunde / bei ihrem bruder dem alten Fürsten Laban / verbliebe; dessen beliebtes schåferleben / so er von seinen herr vatter geerbet / von ihme und seinen kindern getrieben wurde. Die verständige Lea und schöne Rahel / seine t \chter / vertrieben mir alda die zeit mit sonderbarer vergnügung. Sein jůngster sohn Bethuel /ware bei dem vatter: der ålteste aber / der Nahor /welcher ihm lang vorhero geboren worden / und wol der anderen vatter håtte seyn können / befande sich mit sonderbarem ruhm in diesem Assyrischen kriege. Weil wir in der angenemsten zeit des jahrs hinkamen /muß ich gestehen / daß ich mich sehr in dieses feldleben verliebet: zumal ich es einiger massen ånlich befunde der weise / deren ich im tempel zu Ninive gewonet ware. Ich kleidete mich / der Lea und Rahel zu gefallen / in ihre schäfertracht / und ware tåglich bei ihren ergetzlichkeiten: also / daß ich meine betrübnůs teils verlore / und ein ruhigeres wesen anname. Dieses an mir zu merken / ware meiner fraumutter die h \chste freude: wiewol sie in dem fall gar einen falschen wahn von mir [348] hegete / indem sie vermeinte / ich hätte mich ganz meines gethanen gelůbdes begeben. Mein vetter / der edele Jacob Fůrst von Heber / zierete mit seiner gegenwart das Mesopotamische gefilde /und wartete seiner wasen der Rabel auf / welche zu heuraten / er aus Canaan dahin gereiset. Ob er wol fůr uns allen sehr alt war / wie dann bei dem geschlechte der Hebreer gew \nlich ist: so sahe man doch nicht allein ihme solches nicht an / sondern er war auch so annemlich / und mit ihme so wol umzugehen / daß ich unmüglich in so angenemer gesellschaft unvergnůgt seyn kunte.

Der junge Bethuel / hatte eine zuneigung zu mir bekommen: wiewol er sein leiden bergen muste / und auf keinerlei weise mich zu erlangen hoffen kunte /weil es nicht wahr-scheinbar ware / daß meine Elteren mich des Fůrsten Labans sohne / und zwar den jůngsten / der wie ein schåfer lebete / und den nichtes als seine tugend und gute person konte beliebt machen / ůberlassen würden. Er suchete aber / meine gunst zu erlangen / nennte sich meinen schåfer / und erwiese mir tausend kleine dienste: die ich von ihme /als von meinem vettern / wol aufname / niemals aber daran gedachte / daß die törichte liebe darunter verborgen wåre. Sein guter verstand / måchte mich seine gesellschaft ståts begehren / und wuchse meine freundschaft zu ihme / und seine liebe zu mir / von tag zu tag: also daß ich / nåchst seinen schwestern / niemand hatte / mit dem ich vertråulicher umginge. Ich war in mir selbst fr \lich / daß ich einen so guten freund bekommen / dessen dienste ich einmal nützlich gebrauchen k \nte. Der alte Thebah merkete zeitlich /daß mich der Bethuel liebete / wurde auch / weiß nicht aus was ursache / froh darůber / und suchete dessen liebe zu bef \rdern: da er doch / meines bedůnkens / vielmehr derselbigen [349] håtte steuren sollen / als aus welcher mir kein glückentstehen kunte / das ich sonst / seiner einbildung nach / durch heuraten erlangen sollen. Er lobete mir jederzeit den Bethuel ůber die massen; das ich dann gern h \rete / weil ich ihm selber sehr gewogen ware: womit ich ihm aber die hoffnung machete / daß meine zuneigung aus einer liebe entstůnde.

Name aber er solches so fr \lich auf / so verspůrete hingegen meine fraumutter mit grossem unlust / daß Bethuel mich bedienete / und so gütig von mir aufgenommen wurde. Ihre ehrsucht / die nur K \nige zu ihrer tochter auswårtern haben wolte / kunte diesen armen Fůrsten nicht unter solcher zahl wissen. Und ob er gleich ihres bruders sohn ware / so g \nnte sie ihm doch nicht ihre einzige tochter. Nachdem sie nun ein zeitlang unserem leben zugesehen / liesse sie mich eines tags allein zu sich kommen / und fragte mich: wie es um den Bethuel und mich stünde? Ich / die ich ihre einbildung nicht warname / antwortete unschuldiger weise: wiedaß er mir gar lieb wäre / und ich seine gesellschaft sehr angenem fånde. Dieses stårkete sie noch mehr in ihrem wahn / also daß sie / von ungedult err \tet / zu mir sagte: Ich solte von nun an seine gesellschaft meiden / oder ihr zorn wider mich wůrde auf das h \chste steigen. Dieser unvermutete befehl machte mich ganz bestůrzet: weil ich nicht absehen kunte / was es ihr oder mir fůr nachteil bringen k \nte / wann Bethuel mein freund wäre.

Nachdem ich sie verlassen / kame Lea zu mir: und weil ich gegen ihr nichtes in meinem herzen verborgen hielte / als klagete ich ihr den herben befehl / den ich diese stunde entfangen hatte. Ich brachte es ihr unschuldiger weise dergestalt fůr / daß sie nicht anderst schliessen konte / als liebte ich ihren bruder. Weil nun derselbige sein leiden [350] ihr fürlångst entdecket / da sie ihme doch immer wegen der unmüglichkeit davon abgeraten / als wurde sie sehr fr \lich / mich dieses befehls halber so betrůbt zu sehen / und brache heraus in diese worte: Ist es müglich / liebste Prinzessin! daß mein unwůrdiger bruder so viel gnade hoffen / und dieses hohe glůck vermuten darf / seine künheit werde so gar gůtig aufgenommen? Welche kůnheit begehet er dann? (fragte ich hinwiederum /) oder worinn erweise ich mich gegen ihme anderst / als er würdig ist? Hålt dann das (sagte Lea ferner) die Pinzessin von Chaldea fůr zugelassen / daß ein armer Fůrst von Haran seine gedanken so weit ůber sich erheben dörfen? Und ist es nicht zu bewundern / daß der glůckseelige Bethuel seine küne liebe nicht soll haben vergeblich angewendet?

Hiemit erkante ich / in was fůr einem wahn die Lea schwebete. Ich wurde sehr unruhig / dieses zuvernemen / das ich so gar nicht vermutet hatte. Mir kame damit auf einmal alles in den sinn / was zwischen dem Bethuel und mir fůrgegangen: da ich dann meiner unschuld selber feind wurde / durch deren verleitung ich ihme zu dieser einbildung anlaß gegeben. Wie ich nun lang stillgeschwiegen / und damit der Lea nicht wenig unruhe erwecket / sagte ich ihr endlich: Ich wolle nimmermehr hoffen / daß Bethuel andere gedanken zu mir / als zu seinen schwestern / zu haben ihm erlaubet. Dann wann das seyn solte / můste ich mich unglůckhaft schåtzen / daß ich meine wahl so ůbel angewendet / da ich gewiß gemeinet / an ihm einen wahren freund zu haben. Wie unvermutet dieses der Lea ware / von mir zu h \ren / da sie sich viel ein anders eingebildet hatte / kan man leichtlich ermessen. Es ware ihr herzlich leid / daß sie so unbedachtsam ihren bruder verraten hatte. Sie versicherte mich / als [351] wir hierauf uns gegen einander hierůber deutlicher heraus gelassen / daß ihr bruder niemanden als ihr jemals seine liebe entdecket / und dieselbe ohne hoffnung geheget. Sie selber wolte nie mit einigem wort dessen gegen mir gedacht haben / wann sie nicht / aus blinder liebe zu ihrem bruder / meine worte also gedeutet håtte. Ich bate sie folgends / ihn hiervon abzubringen / und muste sie mir zuschwören / ihrem bruder nichtes von unserem gespråcht zu sagen: gleichwie auch ich / daß ich hiervon wůste / mich niemals wůrde merken lassen.

Indem kame Bethuel selber darzu: das mir dann eine r \te abjagete / die einigen widerwillen mit sich fůrete / wiewol ich solchen / so viel mir můglich / verbarge. Weil er vertråulich mit mir umzugehen gewonet war / als name er nicht in acht / daß ich die farbe verändert / sondern bate mich / ob ich mit meiner gegenwart ihre schäfergesellschaft beehren wolte? Dann die Rahel hatte eine spazirlust angestellet / nach dem dorfe Ballatha / da der weg / immer am wasser / in lustigen wiesen hinginge: wie wir dann daselbst uns vielmal ergetzet hatten. Ich entschuldigte mich gegen dem Bethuel / daß ich dißmal mich nicht wol auf be fůnde / und demnach allein in meinem zimmer zu bleiben verlangete. Ich bate ihn zugleich / daß er die gesellschaft meinetwegen nicht verlassen wolte. Ich sprache auch der Lea zu / und machete / daß sie mit den anderen hinginge.

Wie ich nun mich allein sahe / stellete ich mir diese abenteur recht für augen / und kunte nun finden /warum meine fraumutter an mich einen solchen befehl gethan: dessen sie / wann sie mein herz recht gekant /nicht würde haben nötig gehabt. Ich wuste nun nicht /wie ich mich hiebei solte recht anstellen / daß meine fraumutter ihre einbildung verlieren / und der Bethuel nicht merken [352] m \chte / daß jemand von seiner liebe wisse. Dann auf solchen fall / wäre ich gezwungen gewesen / ihme meine freundschaft zu entziehen: die ich ihm aber gern lassen wolte / weil ich seine tugend hoch schåtzete / und einmal ihn fůr meinen freund erwehlet hatte. Mit diesen unschlůssigen gedanken verliefen etliche tage / in denen ich / soviel müglich / des Bethuels gesellschaft flohe: doch dergestalt / daß er daraus nichtes wiederliches urteilen kunte.

Es begabe sich wenig zeit hernach / daß der Laban / als er seine schafe scheren lassen / allen seinen hirten ein grosses gastmal machete: da dann auch wir alle erscheinen und mit fr \lich seyn musten. Nach dem essen stelleten die schåfere einen tanz an / auf einem lustigen anger / der rund umher mit båumen bewachsen war / und befunde sich alda gar eine grosse gesellschaft: da wir / den ganzen abend / mit allerhand ergetzlichkeit zubrachten. Weil wir öfters unsere plåtze und stellen verånderten / als kame ich einsmals an einen baum zu sitzen zwischen zwei schåferinnen /die mir teils nicht sonderlich bekant / teils auch von so schlechtem gespräche waren / daß ich in solchen keine vergnůgung finden kunte: dannenhero ware meine ergetzung das stillschweigen. Wie ich nun also sasse / dem tanze zu sehend / h \rete ich den Thebah hinter mir reden; und als ich nach ihme mich umgesehen / erblickte ich ihn und den Bethuel / den ich schon lang aus der gesellschaft gemisset hatte. Ich sahe /daß sie / die rücken zu mir kehrend / an meinem baum sassen / und eiferig mit einander spracheten.

Ihr můsset / mein Fürst! (hörete ich den Thebah sagen) nicht solche einbildung haben: dann ich wil euch versichern / daß Aramena entweder eure liebe nicht weiß / oder derselbigen nicht entgegen ist. Ach wehrter Thebah! [353] (antwortete Bethuel und seufzete) ich muß vermuten / wiedaß diese Prinzessin meine liebe merket: und solte dem also seyn / wäre ich der unseligste mensch von der welt. Als der Thebah ihn fragte / warum er sich deswegen für einen solchen achte? sagte er ferner: Wie? solte diese grosse Prinzessin /die mich mit ihrer unschuldigen freundschaft so hoch ehret / meinen frevel wissen / daß ich sie lieben darf /und nit darob zürnen? Sie / die nur für K \nige bestimmet ist / solte sie meinen betrüg mir jemals vergeben k \nnen? Nein / Thebah! wann ich meiner vermutung recht innen werde / so bin ich des todes / und tausendfåltig strafbar / daß ich diese liebe nicht heimlicher gehalten / die mit meinem willen ihr niemals håtte sollen kund werden. Ich habe schon gnug damit begangen / daß ich solches feuer meinem eigenen herzen zu wissen gemacht. Und håttet ihr es nicht von der Lea erfahren / deren ich allein mein herz geoffenbaret / wůrdet ihr nie den Bethuel so frevelhaft erkant haben. Hoffet / mein Fůrst! (gabe Thebah zur antwort) und seit versichert / ich wil euch dienen. Habt ihr keine kron: Aramena kan euch eine erlangen. Ich wil mich jezt nicht weiter erklåren / massen es noch nicht zeit ist / davon zu reden. Beharret ihr in eurer liebe / und lasset nur mich machen. Hiermit kamen andere darzu / daß sie dieses gespräche einstellen musten; und forderte mich indem auch einer zum tanze /daß ich also von dieser stelle kame.

Weil ich nun also vernommen / wie die Lea dem Thebah diese liebe ihres bruders entdecket / da ich sie doch so sehr gebeten / es geheim zu halten; kunte ich nicht unterlassen / im fürbeigehen ihr zuzuruffen: Sie wåre treflich geheim gewesen! Dieses brachte ich mit so einer gebårde fůr / daß mein unwille genug daraus zu spüren ware. Weil sie mich nun sehr liebete / als machte ihr dieses [354] nicht wenig unruhe: und suchete sie den ganzen abend gelegenheit / mit mir zu reden /wiewol vergeblich / weil ich stäts nahe bei ihrer fraumutter bliebe / und die ganze zeit ůber meinen platz alda behielte.

Ich name mir aber ein sonderbares mittel fůr / den Bethuel von seiner liebe abzubringen / und doch seine freundin zu verbleiben. Wie ich demnach / des folgenden tags / gelegenheit ůberkommen / heimlich ihn zu sprechen / daß es meine fraumutter nicht gewar wurde / fragte ich unter anderen gesprächen: Ob er auch wol wüste / was die gesetze einer wahren freundschaft mit sich fůreten? Wie er nun geantwortet. Ja / er vermeine / daß ihm solches nicht unbekant sey; sagte ich ferner: So wäre er desto strafbarer / das er wissentlich sündigte. Er fragte mich / gar bestůrzt: wie ich das verstůnde? Worauf ich mich also erklärte: Ihr wisset etwas von mir / Bethuel / das ihr / unserer freundschaft gemäs / mir nicht håttet verschweigen sollen; allermeist / da es zu meinen grossen nutzen dienet /daß ich davon kentnis habe. Wie nun Bethuel / ohne antworten / mir verwundert zuh \rete / fuhre ich zu reden also fort: Ihr zeiget euch bestůrzet / mein vetter! daß ich euer geheimnis weis / davon ihr gestern abends beim tanz mit dem Thebah gesprochen. Ihr hättet mich billig warnen sollen / daß ich mich fůr den Thebah möchte fůrsehen / der solche dinge / die mir nit wol anstehen / sich unterfånget mit mir fürzunemen. Daß ihr mich liebet / Bethuel / anderst als ihr sollet / das ist euer unglůck / darin ihr mehr zu beklagen als zu bestraffen seit. Daß aber andere mit hierum wissen sollen / und zwar solcher gestalt / daß sie eure dinge bef \rdern wollen: solches schmerzet mich sehr /und hätte ich mich zu eurer freundschaft viel eines andern versehen.

[355] Hiemit schwiege ich still / und Bethuel erblassete dermassen / daß ich muste besorgen / er würde bei mir niedersinken. Wie wir nun eine gute weile einander angesehen / brache er endlich in diese worte heraus: Wie bin ich doch so unglückselig / daß dieses /was mit meinem willen niemals ein mensch erfahren sollen / die jenige hat můssen inne werden / die ich zum h \chsten damit beleidige. Ich neme / O grosse Prinzessin! himmel und erde zu zeugen / daß mein liebe kein anders ziel / als den tod / und keinen andern zweck gehabt / als stets sonder hoffnung zu brennen. Hat Thebah mich eines andern wollen ůberreden / so habe ich mir doch darum nie einige einbildung gemachet. Da nun meiner Prinzessin / wider meinen vorsatz / meine schulde bekant worden: sehe ich mich nun in den unseligsten stand gesetzet / darin ein mensch leben mag. Nein / mein vetter! (sagte ich hierauf) dieses sol die freundschaft bei mir nicht aufheben / wofern ihr nicht selber euch deren woller verlustig machen. Ich weiß auch ein mittel / dadurch ich fůr diese beleidigung kan völlig ausges \net werden. Als er hierauf mich eiferigst bate / ihme dieses mittel kund zu machen / und dabei angelobete / in allem mir seinen gehorsam zu erweisen; fragte ich ihn etliche male: ob ich mich dessen zu ihm unfehlbar zu versehen håtte? Er versicherte mich mit vielen eidschwůren /daß ich ihme nichtes so schweres von der welt auflegen könte / das er mir zu liebe nicht verrichten wolte /wann er nur dadurch bei mir in die vorige gunst wieder gelangen möchte.

Ihr müsset (sagte ich hierauf /) mich heimlich von hinnen entfůren! Dieses unvermutete ansinnen / machte ihn ganz sprachlos: und merkete ich wol / daß seine t \richte liebe ihn anfangs glauben machete / als ob dieses mein begehren derselben zu statten kåme. Wie er [356] aber folgends ihme mein gemůt fůrbildete / kunte er dessen sich nicht bereden. Inzwischen sahe er mich begierig an / aus der folge meiner rede ein mehrers zu schliessen. Ihr schweiget still / mein vetter! (fuhre ich fort /) und bereuet schon / daß ihr mir mehr versprochen / als ihr halten k \nnet. Wenn mein stillschweigen / (fiele er mir ins wort /) diese ausdeutung solte bekommen / wůrde mir zu nahe geschehen. Ich bin bereit / ohne einige betrachtung / meiner Prinzessin befehl auszurichten. Man nenne mir nur den ort /dahin sie begehren: mein fleiß / sol meinen gehorsam zeigen. Der ort / da ich zu seyn verlange / (gabe ich zur antwort /) ist der Dianen tempel zu Ninive: aus deme mich meine eltern / wider g \tt- und menschliche rechte / mit gewalt entfüret haben. Alles vorige entsetzen ware fůr nichtes zu rechnen / gegen der bestürzung / die hierauf den Bethuel überfallen.

Er hatte sich noch nicht wieder erholet / als Lea zu uns kame: die an uns beiden wol warname / daß etwas sonderliches zwischen uns můste fůrgegangen seyn. Sie hatte mich / seit des vorigen abends / da ich ihr den verweis gegeben / nicht wieder gesprochen: kame also deswegen / sich bei mir zu erkundigen / wie ich es gemeinet håtte? Weil ich die sache nun zum ende treiben wolte / sagte ich zu ihr: dein bruder und ich haben ursach / uns über dich zu beschweren / daß du seine schwachheit dem Thebah geoffenbaret. Doch wenn wir künftig mehrere verschwiegenheit von dir hoffen d \rfen / so sol des vorigen nicht mehr gedacht werden. Wir nemen dich / mit diesem bedinge / in unserm raht. Man kan gedenken / wie dieses die Lea in verwunderung brachte / da sie auf einmal so viel erfure. Sie hatte / aus liebe zu ihren bruder / wider sein wissen / mit dem Thebah hiervon geredet / und kunte nicht ergrůnden / woher ich das erfahren [357] hätte. Noch vielweniger kunte sie sich darein finden / daß ich / in ihres bruders gegenwart / von dessen liebe so frei redete / und sie zur verschwiegenheit anmanete. Also kame sie auf eben die gedanken / die etwan zuvor ihr bruder gehabt / als ich ihme meine entfůrung angebracht / daß wir nåmlich unserer liebe halber einig seyn wůrden. Demnach antwortete sie gar freudig: Sie hoffe / diß / was sie dem Thebah geoffenbaret / werde eher bef \rderlich seyn / daß wir sie in unseren raht mit einnemen / als daß wir sie heraus stossen.

Dein bruder (sagte ich hierauf) hat mir die zusage gethan / mich in der Diana tempel nach Ninive zu fůren: und traue ich deiner freundschaft zu / du werdest deine hůlfe hierbei mit anwenden. Lea / ohne zu antworten / sahe ihren bruder an / und dieser sie hinwiederum / beide voll h \chster bestůrzung. Ich aber drunge darauf / daß ich sein gegebenes wort wolte erfůllet wissen: welches er mir dann endlich versprochen. Dieses geschahe aber mit solcher betrübnůs /daß er / um nicht mehr schwachheit mich sehen zu lassen / von mir ginge. Lea bliebe zwar bei mir / aber aus ihr selber: also daß ich in langer weile von ihr kein wort bringen kunte. Endlich aber / als sie sich wieder erholet / finge sie an / alle ersinnliche grůnde mir beizubringen / um mich auf andere meinung zu lenken. Sie dorfte gar sagen / wie daß der dienst von Dianen ein vergebliches werk wåre: welches ich ihr aus freundschaft zu gut hielte / aber mit solchem ernst ihr das gegenteil behaubtete / daß sie wol sahe / ich wůrde auf keinerlei weise davon zu bringen seyn.

Ich verlangte nun sehr / den Bethuel wieder zu sprechen und seine zusage erfüllet zu sehen: kunte aber in etlichen tagen nicht dazu gelangen. Als ich nun schon an seiner hülfe verzaget / liesse er eines abends gar spate / [358] durch meine jungfrau die Tirza /sich bei mir anmelden. Als ich ihn kommen lassen /funde ich ihn so verfallen im gesicht / und so vergrämet / daß er ihm fast selber nicht mehr ånlich sahe. Prinzessin! (sagte er zu mir) es ist alles zu der reise bestellet. Ich hab kaufleute hier in Haran angetroffen /die nach Ninive wollen / und ihre frauen mit sich nemen: unter denselben ist eine meine gar gute freundin / die alles heimlich zu halten / und gute bequemlichkeit zu verschaffen / versprochen hat. Ich dankete ihm / ganz erfreut / fůr diese gute vorsorge: und redeten wir ferner mit einander ab / daß seine beide schwestern erlaubnůs bitten solten / mit mir nach Dabusa zu reisen / da ein markt gehalten wurde; von dar ich dann unvermerkter / als von Haran / hinweg kommen kunte. Diß alles ginge glücklich von statten / und macheten wir uns auf den weg: da niemand / als Lea /Bethu el und Tirza / mein vornemen wusten. Er sonderte sich unterwegs allmal von der gesellschaft ab /und vermiede alle gelegenheit / mit mir zu reden /damit ich sein klagen nicht vernemen d \rfte / machete doch unterdessen alles zu meinen fůrhaben färtig: wodurch ich / ihme noch geneigter zu werden / bewogen wurde / weil ich sahe / wie er / wider sich selber / mir so treulich dienete.

In Dabusa fiele es mir nun nicht schwer / hinweg zu kommen / weil ich keinen aufseher hatte. Lea verliesse mich zwar mit der höchsten betrübnüs: sie ware aber doch so gefållig / daß sie sich meinem festen fůrnemen nicht mehr widersetzete / sondern dasselbe åmsig bef \rdern halfe. Wie nun alle bereitschaft gemacht ware / kame mit frůhem morgen der bestellte wagen: da des Bethuels bekantin / eine kramerin aus Haran / mich abholete / als noch niemand im ganzen hause / auser mir / der Lea und Tirza / wach ware. Bethuel liesse sich nirgend [359] sehen. Als ich von der Lea einen beweglichen abschied genommen / welcher ihrerseits mit vielen thränen befeuchtet worden / reisete ich fort mit der Tirza / in begleitung aller der anderen kaufleute / und kame / nach sechs tagreisen / glücklich nach Ninive: da / auf mein begehren / die kramerin mich zum statthalter des reichs / dem Fürsten Peldas von Sepharvaim / bringen muste. Ehe sie aber von mir ihren abschied name / gabe sie mir ein schreiben vom Bethuel: welches er ihr / mit dem defehl /mir es nicht eher zuzustellen / bis ich würde in Ninive angekommen seyn / eingehändigt hatte. Im selbigen /name er von wir den allerbetrůbtesten abschied / und hatte solchen / weil er ein guter dichter war / in diese reimen verfasset / die ich / aus mitleiden / in mein gedächtnis geschrieben / also:


Aramena! gute nacht! dieses selber dir zu sagen /

wůrd von neuem dich erzůrnen: drum so ni es schriftlich an;

weil ich doch / fůr liebesschmerzẽ / nun nicht ferner schweigẽ kan.

Hat mein lieben dich betrübt: wollest jetzund mich beklagen /

daß ich / ohne trost und ruh / ewig muß mein leiden tragen.

Gönne / bis ans end der erden / ja bis an der sternen bahn

diese worte auszubreiten: daß es ganz um mich gethan.

Aramena ist dahin / sie hat sich der welt entschlagen:

weil ja niemand wůrdig war / ihre schone anzubeten.

Traurt / ihr felder / wålder / auen / die ihr ihren glanz gesehn.

Ach! es ist um eure zierde / und um meine ruh / geschehn.

Nichtes bleibt nur übrig mehr / als ins todtental zu treten:

da allein wird sich verlieren meines schweren leidens macht.

Gute nacht / du lust und freude! Aramena! gute nacht!


Ich solte mich wol entsehen / diese reimen fürzubringen / die für meinen orden eines so widrigen inhalts seind. Aber weil es die lezte der liebeserfolgungen / die ich von dem Bethuel ausgestanden / habe ichs hierbei nicht unerwehnt lassen wollen: zumal dieser Fürst / der mich so bescheidenlich geliebet / und in seinem lezten dienste / [360] den er mir geleistet / wider sich selbst gehandelt / wol verdienet / daß ich mich seiner klagen erinnere / und einiges mitleiden darůber bezeuge.

Als ich nun zu dem Fůrsten von Sepharvaim gekommen / welcher statthalter in Ninive war / und von wegen der K \nigin Naphtis die regirung fürete / bewunderte der meine unvermutete ankunft gar sehr; allermeist wie er vername / was mich dahin getrieben. Hemire seine gemalin / die meiner fraumutter nahe befreundet / sahe nicht gern / daß wider ihren willen ich in den tempel wolte. Nachdem es aber / (weil ich /als der ganze regirungsraht beisammen war / mich hierum anmelden lassen /) gleich ůberall in Ninive erschollen / wiedaß ich wiedergekommen wäre / in der Diana tempel zu gehen: als dorfte sie sich \ffentlich meinem fůrsatze nicht widersetzen; zumal ihr gemal /als die h \chste obrigkeit / recht verschaffen / und die heilige gesetze nicht schwächen musse. Sie unterliesse aber nicht / heimlich sich zu bemůhen / wie sie mich wieder in meines herrn vatters hånde bringen möchte: welcher / zu meinem unglück / eben zu Ur der haubtstadt in Chaldea / bei seinem ältesten bruder den Prinzen Bildat / sich befande. Demnach schriebe sie ihm eiligst / weil Ur nur zehen meilen von Ninive liget / welches vorhabens ich zu Ninive angelanget wäre. Er seumte sich nicht / mit dem Bildat heimlich nach Ninive zu kommen: da er mit der Hemire abrede name / wie er ohne emp \rung des volkes meiner habhaft wolte werden.

Die Celia wartete nun meiner mit ja so grossem verlangen / als viel begierde ich hatte und erwiese /bei ihr zu seyn. Nachdem der Fůrst von Sepharvaim mich etliche tage aufgehalten / mit ståtiger vertr \stung / wiedaß er mich ehist mit grossem pracht selber in den tempel [361] begleiten wolte: wandte er endlich eine eilige reise nach Babel für / daselbsthin / nach getroffenen frieden mit den Teutschen / der Bel Ochus zurück gekommen war; hatte also / zumal der krieg mit dem Könige der Bactrianeren angehen solte /diese reise einen schein der notwendigkeit. Die Hemire name er mit sich / um allen verdacht zu vermeiden /daß sie um das / was mir begegnen solte / wissenschaft trůgen. Der unterstatthalter / der Fürst von Cale / des hiesigen Arsas herr vatter / wurde zwar von ihm befehligt / mich folgenden tags nach dem tempel zu begleiten. Aber mein herr vatter und dessen bruder /kamen in aller frühe vor tags in das haus / darinn ich war / namen mich mit gewalt heraus / und brachten mich aus Ninive / daß niemand von dem volk es innen wurde.

Diese abermalige hinterung meines gerechten fürnemens / ginge mir also zu herzen / daß ich nicht zu trösten war / und fast der ehrerbietung vergasse / die ich meinem herr vatter schuldig bin. Auch hielte mich derselbe nach diesem so hart / daß ich / gleich der årgsten ůbeltäterin / bewachet wurde. Er liesse seinen bruder zu Ur / und brachte mich nach Haran zurůcke: da sie alle / wegen meiner flucht / in grosse bekümmernůs geraten waren / und sich um soviel mehr erfreueten / als sie mich wieder sahen. Von der Lea erfuhre ich / wiedaß niemand sie in verdacht hielte / daß sie meiner flucht mitwisserin gewesen. Doch klagte sie mir darneben / was massen ihr armer bruder heimlich hinweg gezogen: wohin / das wäre niemanden bewust; auser daß sie besorge / seine verzweifelung würde ihn den tod suchen machen.

Lang nach dieser zeit / zoge meine fraumutter mit mir auf das gebirge Seir nach Dedan zu deinem herrn vatter / liebste Ahalibama! da ich ein wahres bildnüs der [362] ehrwürdigen Celia an deiner fraumutter fürfunde /also daß ich ganz vergnügt darüber wurde. Diese Prinzessin hube auch an / mich also zu lieben / daß sie mir \fters bekante: sie halte mich ihren kindern gleich / und solte ich die stelle ihres verlornen sohns des Disons vertreten. Weil sie auch nun sehr andåchtig / als kunte ich frei ihr meinen zustand klagen / daß ich also unbilliger weise von der Dianen dienst abgehalten werde. Ich merkete wol an ihr / daß sie solches nicht billigte: wiewol sie doch allemal meiner eltern meinung dabei hielte / und alles ihr beginnen mit ihrer zu mir tragenden liebe entschuldigte. Wir blieben eine geraume zeit auf dem gebirge / weil mein herr vatter auch hernach kame / und von wegen des Königs von Assyrien mit den Seirischen Fürsten etwas wichtiges zu handeln hatte. Ich hörete daselbst von allen deinen verfolgungen / die du wegen deiner liebe hie im lande Canaan anstehen mustest. Die gesamten Fürsten deine verwandten / wie auch mein herr vatter / håtten gern gesehen / daß du / liebste schwester! den König Beor geehlichet hättest: ob sie wol / aus furcht fůr dem König von Assyrien / ihren willen \ffentlich nicht wolten darein geben. Ich vermute auch wol / eben dieses sey die ursach gewesen / warum deine fraumutter /wie du bei ihr zu Rabbath gewesen / dich nicht mit nach Dedan zurück fůren wollen.

Es hielten sich aber damals auch zu Dedan auf /des Sobals kinder / als der junge Ebal / und die angeneme Mehetabeel; mit welchen beiden es mir fast eben so erginge / als in Mesopotamien mit der Lea und dem Bethuel: dann ich wurde mit der schwester freundschaft beseeliger / und mit des brudern liebe gequålet. Dieser Ebal / war der artigste mensch von gemůte / als einer seyn mochte. Er war auch so grosmutig / daß man ihn [363] fast hoffärtig schelten können /wann er nicht sonsten mit so vielen tugenden / die dieses laster unterdruckten / wäre begabet gewesen. Weil er keine hoffnung in seiner liebe sahe / hůtete er sich auf das allermüglichste / daß kein mensch sein anligen erfůre: damit ihme solches nicht zum schimpf gereichen m \chte / daß er nach etwas vergebliches gestrebet. Demnach offenbarete sein mund niemanden /was er innerlich fůhlete. Seine seufzer aber und seine augen / thåten mir nur allzuviel kund / was ich nicht zu wissen begehrete: dann Bethuel hatte mich so klug gemachet / daß ich nun wol urteilen konte / was aus freundschaft oder liebe herrürete.

Der alte Thebah / war gleich hierbei mit seinen verfolgungen fårtig / und schienen sie ihm alle gleich zu seyn / wann er nur zum mann mir verhelfen möchte. Weil er alle freiheit bei mir hatte / sahe er eines tags die gelegenheit ab / als ich auf der jagt zwischen ihn und den Ebal einritte / und wir beide einen hirschen /der uns entgegen kame / mit einem pfeil zugleich / zu einer zeit / und fast an einer stelle fälleten. Wolte der himmel! (sagte Thebah hierzu /) daß euer beider sinnen so gleichf \rmig in allen wåren / als sie hierinn gewesen! doch wird es allein bei meiner Prinzessin stehen: dann / wegen des Fürsten von Seir / ich mich schier für versichert achte. Diese worte jagten / so wol dem Ebal als mir / eine röte ab; und wie ich eben dem Thebah wolte antworten / kame mir Ebal zuvor / und sagte zu ihm: Woher seit ihr ein ergrůnder meiner gedanken? ich zweifele / ob ihr dieselben recht wisset. Einmal ist dieses gewiß / daß ihr euch meiner vertreulichkeit nicht berůmen könnet. Hiemit rannte er von uns hinweg / und bliebe ich damit von ihme so vergnůget / als von des Thebah beginnen erzůrnet: deme ich dann mein misfallen hierüber genugsam [364] zu spůren gabe. Aber er achtete solches wenig / und sagte mir zur antwort: ich kennete nicht mein eigen båstes / noch die kraft seiner vorsorge / die er vor mich billig tragen müste.

Sobald nachmals Ebal mit mir allein zu sprechen kame / entschuldigte er sich aufs höchste / wiedaß er dem alten Thebah nie anlaß zu dergleichen reden gegeben; und wolte er sich ja so wol rechtfårtigen / als sehr ihn seine augen anklageten. Ich beantwortete ihm seine åuserliche verstellung / mit den worten: wiedaß ich wol gewonet wåre / dergleichen scherzreden von dem Thebah zu h \ren. Doch m \chte ich wůnschen /(sagte ich /) er håtte war geredet / daß nämlich unsere sinnen sich in allem gleichf \rmig befänden. Wie so /schönste Prinzessin? fragte Ebal / ganz erfreuet und auser sich selber. Darum / (antwortete ich /) daß ich alsdann versichert wäre / dermaleins durch eure hůlfe in der Dianen tempel nach Ninive zu kommen / von der man mich schon zweimal unbilliger weise entfůret hat. Nimmermehr (gabe Ebal nun / ganz verwirret /zur antwort) werde ich die welt so hoch beleidigen /derselben ihren sch \nsten glanz zu entziehen. Auser diesem / biete ich ganz willigst der Prinzessin von Chaldea meine dienste an: in jenem stuck aber / muß ich billig mich ungehorsam weisen. Mir mag aber sonsten (sagte ich hinwider /) kein angenemer dienst widerfahren: hat also der Thebah in seinen wunsch /und ich in meiner hoffnung / gar weit gefehlet.

Hiermit kamen etliche andere dazu / die dieses gespräch verstöreten. Er aber åuserte sich meiner von der zeit an je mehr und mehr / und verbarge / soviel müglich / seine traurigkeit: mit der ihn oft seine schwester vexirte / baß er ganz unwillig wurde. Weil dieselbe von tag zu [365] tag zuname / als gabe Mehetabeel um soviel genauere acht auf sein thun / um endlich die ursach seines leidens zu ergrůnden. Eines tags fande sie ihn im garten / da er in eine baumrinde etwas schriebe. Als sie ihme lang zugesehen / kame auch ich dazu / und zeigete sie mir ihren bruder von fernen. Selbiger gienge endlich hinweg / ohne uns zu sehen /und hinterliesse seiner schwester die begierde / zu sehen / was er in den baum geschrieben. Sie eilete mit mir dahin / und wir lasen diese reimen:


So will ich doch nicht sprechen:

solt gleich der himmel brechen.

mein reden nůtzet nicht.

Sie soll mir niemals hören /

den hochmut ihr zu mehren /

was meinem sinn gebricht.


K \nt' ich selbst meinem herzen

verbergen meine schmerzen /

ich wolt es lassen nicht.

Gar wolt ich mich bemůhen /

selbst aus mir selbst zu ziehen /

was meinem sinn gebricht.


Ob ich im herzen leide:

doch soll sie diese freude

hierdurch geniessen nicht /

daß meine qual mich triebe /

zu sagen / daß ich liebe /

und was dem sinn gebricht.


Mein bruder (finge Mehetabeel hierauf an) ist sehr hochmütig verliebet / daß er lieber leiden wil / als seine qual offenbaren. Er thut wol / (antwortete ich /) daß er seine plage nicht anderen mitteilet / sondern die für sich selber behält. Wer mag aber wol (fragte sie) diese geliebte seyn? Die recte warheit dir zu sagen / (gabe ich ihr zu antwort /) so gläube ich nicht anderst / als daß ich es bin: dann ich / dieses zu glåuben / viele anzeigungen [366] habe. Doch wirst du ihme niemals sagen / daß ich seine liebe merke: weil er noch trauriger werden möchte / daß das jenige / so er wil so gar geheim gehalten haben / ist entdecket worden. Wer weiß aber / (antwortete sie /) ob er nicht gern wolte / daß du es wüstest? daß nur er es dir nicht sagen d \rfte. Was solte ihm das helfen? (wandte ich darwider ein /) Ihm ist ja mein gelůbde wol bekant /und er selber setzet in seinen reimen / daß ihm keine hoffnung ůbrig seie. Hierauf redeten wir miteinander ab / wie wir uns hiebei anstellen wolten: dann sie ware / in keinem ding / meinen fürhaben entgegen /weil sie allzuwol wuste / daß mein gelůbde sich nimmer brechen liesse. Also verharreten wir beiderseits in unserer verstellung / da keines den andern sagete /was es wuste oder merkete.

Inzwischen bekame mein herr vatter von Babel befehl / ehe er wieder nacht Syrien kehrte / eine gesandschaft in Egypten abzufordern / und von dem K \nig Pharao Uchoreus / des Osiris und der Isis bildnüs abholen zu lassen / welchen zu ehren der König / in Damasus / zwei tempel erbauet / da die bildnise solten hinein gesetzet und verehret werden. Mein herr vatter gehorchte alsobald diesem befehl: da dann zu Dedan und aller orten auf dem gebirge Seir / da die Isis und Osiris solten herdurch gefůret werden / grosse zurüstungen geschahen / dieselben auf das herrlichste zu entfangen und einzuholen. Ich ward aber unpåßlich /als die gesandten aus Egypten mit den bildnisen zurůcke kamen: denen dann alle Fůrsten von Seir fůr Dedan entgegen zogen.

Dazumal fande dein herr vatter / ganz unverhofft /deinen bruder den Dison / unter den Egyptiern: welche zeitung gleich nach Dedan erschallete / und daselbst / insonderheit bei deiner fraumutter / die eben bei mir war / [367] eine unbeschreibliche freude erweckete. Wir begleiteten / ihre vergnügung / mit unsren glůckwünschungen: und ward dieser einiger sohn /den sie so lang fůr verloren gehalten / mit solcher bewegung des gemůtes von ihr entfangen / daß man sie fast onmächtig aus seinen armen tragen muste. Gantz Seir hatte anteil an dieser freude. Ich / weil ich /wegen noch-anhaltender schwachheit / ihn nicht sehen konte / liesse ihn mir von der Mehetabeel beschreiben: die dann seine wackerheit nicht gnug mir fürmalen kunte. Ich erfuhre auch von ihr / wiedaß er wäre ein priester der Isis in Egypten worden: wiewol man nicht zweifele / er wůrde diesen orden wieder ablegen. Ich wünschete / unwissend warum / daß er m \chte beståndig verbleiben. Ich erhielte auch meinen wunsch: dann / etliche tage nach seiner ankunft / kame seine fraumutter zu mir / und klagete mir / daß ihr sohn ganz hartnäckicht darauf bestůnde / der Isis priester zu bleiben; und wolte er mit den andern Egyptischen pfaffen wieder fortziehen / und sich in der Isis tempel zu Damascus begeben. Sie sagte / wie sehr ihr herr auf ihn erzürnet wäre: und sie selber gehube sich hierbei gar ůbel / daß ihre freude so kurze zeit gedauret hatte.

Ich entfande hierob so grosse vergnůgung / daß ich sie kaum fůr deiner fraumutter verbergen kunte: und was ganz Seir betrůbete / das war mein h \chste freude. Die gesandten zogen mit den g \tter bildern wieder hinweg / zugleich den Dison mit sich davon fürend. Deine fraumutter ware nicht zu tr \sten / und dein herr vatter voller zorn / daß er dieses beginnen seines sohnes nicht verwehren k \nnen Mein herr vatter sprache ihn zufrieden / indem er ihm riete / er solte heimlich seinem sohn etliche månner nachschicken / die ihn mit list entfůrten / und wieder zu ihm bråchten. Diesen anschlag setzte der [368] Ana ins werk / und zwar so heimlich / daß unser keines etwas hiervon innen wurde. Es glückte ihme auch nach seinem begehren: massen der Dison unversehens wieder nach Dedan kame / und wuste ich nicht anderst / als daß solches mit seinem eigenen willen geschehen wåre. Ich verůbelte ihm diese unbeståndigkeit gar hoch / und name mir fůr /ihm solches fůrzurucken / sobald mir meine gesundheit / ihn zu sehen / zulassen wůrde.

Wenig tage waren verstrichen / als mein herr vatter einsmals zu mir kame / und nach vielen umreden mir anbrachte / wiedaß er und der Ana beschlossen håtten / mich an den Dison zu verheuraten. Ich weigerte mich gleich / diesen schluß einzugehen / und sagte: Ich wolte in allem eine gehorsame tochter seyn / auser in dem / was wider die götter liese. Es sei allbereit gewalts genug / die man mir anthäte / indem man mich von dem tempel abhielte: dieses wůrde nun gar zuviel seyn / wann man mich ůberdas zum heuraten zwingen wolte. Alles dieses / so ich weitlåufig und mit vielen thrånen fürbrachte / dienete mir nirgendzu / als daß mein herr vatter nur desto zorniger und härter mir gebote / seinem befehl nachzuko en / und sagte er dar bei: Ich solte ihm zutrauen / daß er es wol dahin bringen wolte; und d \rfte ich mir nicht einbilden / durch list von Dedan zu ko en / wie ich zu Haran gethan: dann er mich fleissig genug bewachen lassen / und meiner person sich recht versichern wolte. Hiemit ginge er von mir / und kame bald darauf meine fraumutter / welche mir eben dergleichen fürbrachte / und eben so wenig durch meine thrånen sich erweichen liesse ja fast noch hårters sinnes ware / als der herr vatter. Es bliebe auf ihrer seite bei dem schluß / daß ich den Dison ehlichen solte; auf meiner seite aber bei dem fürsatze / eher zu sterben / als der Diana treubrůchig zu werden.

[369] Diese harte verfolgung nun / dergleichen ich fůrhin nicht versuchet / weil meine eltern wegen des heuratens es mir noch niemals so nahe gebracht hatten /stiesse mir sehr an das herze: und sahe ich kein mittel in der welt / wie ich k \nte hiervon erl \set werden / als / wann ich den Dison darzu brächte / daß der / in erkennung der unm \glichkeit / selber von dieser heurat abstůnde. Demnach ůberredte ich die Mehetabeel /daß sie / mit deinem bruder zu reden / gelegenheit suchen / ihme so wol sein als mein gelübde fůrhalten /und ihn / von dieser heurat abzustehen / bitten solte. Diese / als sie bei ihm mein aufgetragenes gewerbe abgeleget / kame ganz fr \lich wieder zu mir / und brachte mir diese gute zeitung / wiedaß Dison in sei nem gelůbde ja so beständig als ich verbliebe; daß er mit gewalt von dem bilde der Isis wåre entfůret worden; daß er seinem herr vatter / meine angetragene heurat / ebenfalls abgeschlagen; daß er schon einmal wieder auf dem weg gewesen wåre / davon zu fliehen / weswegen er auch jezt gefangen gehalten wurde; und daß er die Isis inståndig anruffe / mich hiervon zu erretten: und solte ich gleichfalls meine Diana anflehen / daß keine Göttin ihn nicht verlassen m \chte. Man kan gedenken / wie / dieses edlen Fůrsten entschliessung zu h \ren / mir eine freude war / und gewanne ich ihn deswegen so lieb / weil ich ihn meinem sinn so ånlich befunde / daß ich oftermals wůnschete / er m \gte mit mir eines geschlechtes seyn / damit wir unsere lebenszeit ståts mit einander zubringen k \nten. Ich ertruge nach diesem den zwang meiner eltern mit einen viel ruhigern gemůte / weil ich den Dison nicht für meinen mitverfolger halten dorfte.

Unser beiderseits eltern aber verharreten in ihrem schluß / ihre ungehorsame kinder zusammen zu bringen. Weil wir einander noch nie gesehen hatten / als wolte [370] meine fraumutter / ich solte mit ihr den Dison besuchen. Wie ich aber dieses vorher von der Mehetabeel erfahren / liesse ich den Dison bitten / sich krank zu stellen / damit er nicht d \rfte zu mir kommen: und ich widersezte mich ernstlich / ihn zu besuchen / mit fůrwand / daß solches sich nicht gezieme / und dem Dison båsser als mir zu thun anstehen k \nte. Hiemit läneten wir es an beiden teilen ab / und war die ursach / daß wir also unsere zusammensprache scheueten /diese / weil wir besorgeten / wir würden unsere eltern erzůrnen / wann wir in ihrer gegenwart anderst / als sie es begehreten / miteinander geredet hätten. Als sie aber nun lang sich vergeblich bemüheten / uns auf ihre meinung zu bringen / wurde der Ana endlich ungedultig / und setzete einen tag unserer hochzeit an /da wir solten mit gewalt zusammen getrauet werden: wie dann alle Seirische Fůrsten nach Dedan kamen /unserem hochzeitfest beizuwonen.

Die gottsfůrchtige Poliphide / deine fraumutter /ware hierinn unser beider einiger trost: die von ihrem gewissen überzeuget wurde / wiedaß es sůnde wåre /uns also zu zwingen. Sie vertrauete mir demnach / als sie mich eines tags gar kläglich gebärden sahe / wiedaß sie fůrhabens wåre / dem Dison ihrem sohn heimlich davon zu helfen: weil sie spůrete / daß doch er so wenig als ich unsere gelůbde verlassen wolten. Ich dankete ihr hievor mit meinen thränen / und lage ihr inståndig an / daß sie gleiche güte gegen mir fůrkehren / und mich in der Diana tempel zu ihrer schwester verhelfen wolte. Dieses aber schluge sie mir rund ab /fürwendend / sie håtte über anderer leute kinder die macht nicht / die ihr die g \tter über ihre eigene verliehen: also dorfte ich ihr dieses nicht mehr anmuten. Der junge Ebal inzwischen / der nicht ohne eiversucht und schmerzen warname / was bei uns [371] fůrginge /kunte nicht långer zu Dedan verbleiben / sondern zoge hinweg / ohne einigen abschied von mir zu nemen: weil er sich befahrete / wie er der Mehetabeel vertrauet / er m \gte von seiner liebe sich etwas merken lassen / und nicht so vollkommen ein meister seiner worte bleiben / als er vorhin bei mir gewesen war. Es hatte auch seine schwester nicht eher / als dißmal /aus ihme sein leiden erfahren.

Als aber nun / zu des Disons flucht / alles bereitet war / fůrete ihn eines abends die Mehetabeel / in weibskleider verstellet / zu mir in die kammer: und solte er / unter dieser verstellung / mit der Poliphide nach Moab reisen / die jårlich das fest des gottes Chamos daselbst besuchete. Nachdem wir einander gegrůsset / sagte ich zu ihme: Ich m \chte wůnschen /mein vetter / daß die jenige / die zu dieser eurer verstellung unschuldige ursache gegeben / auch so nahe bei ihrer erl \sung wåre / und der hoffnung mit euch gen \sse / sich bald an dem ort zusehen / da sie stäts in gedanken lebet. Ich verhoffe aber / die grosse Diana werde mich auch endlich erh \ren / gleichwie die Isis sich euer angenommen. Tugendhafte Aramena! (antwortete er mir /) der himmel soll mein zeuge seyn / wie mich dieses in meiner jetzigen glůckseeligkeit betrůbet / daß ich zu erlösung der vollkommensten Prinzessin der welt so gar nicht dienen kan / und daß ich / ohne sie in ruhe zu wissen /derselbigen nun allein geniessen muß. Versichert euch / mein vetter! (sagte ich hinwider /) daß ich euch eure ruhe von herzen g \nne / und gewiß verhoffe / bald eine gleichmåsige glůckseeligkeit zu erlangen.

Als wir / nach diesen und anderen reden / einander umfasset / und gute nacht gewůnschet / reisete dein bruder / also verstellet / mit seiner fraumutter hinweg / und [372] hatte niemand einigen argwahn auf die Poliphide: weil dieselbige so meisterlich den Dison vorher verbergen lassen / daß man zu Dedan ihn schon gemisset / ehe noch ihre reise nach Rabbath fortginge. Der Ana war hierob so ergrimmet / daß er schwure /er wolte seinen sohn dem Moloch opfern / wann er ihn würde wieder bekommen: Also waren die Seirische Fürsten vergeblich nach Dedan gekommen / und durch des Bräutgams flucht die hochzeit aufgehoben: welches meine eltern auch nicht wenig verh \nete.

Wir zogen bald darauf / durch Canaan / (allwo wir dem alten Isaac und der Rebecca meiner mutter schwester zusprachen) wieder in Syrien / da mein herr vatter sich gar sehr / wiewol vergeblich / bemühete /zu Damascus in der Isis tempel von den Dison etwas zu erfahren: dann die priester daselbst seine anwesenheit so standhaft laugneten / und vermutlich verheeleten / daß er nichtes ausrichten kunte. Ich bliebe aber daselbst nicht lang unangefochten / indem die K \nigin der Bactrianer von Hemath zu uns kame / und ihres bruders sohn den Prinzen Apries / und seine schwester die Prinzessin Ardelise bei sich hatte. Dann diese K \nigin wolte gleich / besagten ihren vettern /mit mir verheuraten: worzu der Thebah / seiner gewonheit nach / gar meisterlich halse. Weil ich aber die Ardelise gar wol kante / als erfuhre ich von ihr /daß ihr bruder bereits anderswo liebete: da ich ihr hingegen meinen zustand vertrauet. Dieses verursachete unter uns eine so feste freundschaft / daß jederman gläubete / als hätten wir einander geliebet. Ich liesse auch den Thebah mit fleiß in diesem wahn /damit er aufhörete / mich ferner zu verfolgen: welches dann uns manche kurzweil machete / daß wir also den alten Thebah betriegen kunten.

[373] Dieses wärete also hin bis in den früling nächstverwichenen jahrs / da uns die K \nigin der Bactrianer wieder verlassen. Der Thebah sahe wol / daß der Apries nicht solche liebe beim abschied mir erzeigte / als er wol ihme eingebildet: demnach ward er sinns / weil er doch nie ermůden kunte / an meiner verheuratung zu arbeiten / er wolte den Elihu den Fürsten von Ram / der gar ein wackerer verständiger herr ist / in dieses spiel fůren / und ausfüren machen / was mit dem Bethuel / Ebal / Dison und Apries vergebens war fürgenommen worden. Weil er nun bei meinem herr vattern sich viel vermochte / als überredte er denselbigen leichtlich / daß er vergangenen herbst in Mesopotamien nach Acraba reisete. Meine fraumutter hat an diesem ort ein landgut / und wächset alda treflicher wein: daher wir selber / uns zu ergetzen / der weinlese beiwohnen wolten. Es liget dieses Acraba nahe bei dem Fůrstentum Bus / in welchem der Elihu / und zwar zu Ram / nur ein feldwegs von Acraba / sich aushielte. Ich thate diese reise mit freuden / weil ich also dem tempel der Diana etwas näher kame / und die angeneme gesellschaft der Lea und Rahel wieder zu geniessen verhoffete. Mein herr vatter aber liesse mir so wenig freiheit / daß mir bald meine eingebildete vergnůgung wieder verschwunde: dann ich wurde aller orten so hart bewachet / daß ich auch nie keine gelegenheit absehen kunte / nur mit der Tirza allein zu reden / weil allemal viele personen um uns blieben /die von meinen eltern befehl hatten / meiner zu hůten /und auf alles mein thun acht zu geben.

Weil in selbiger gegend fast alle Mesopotamische und Syrische Fürsten ihre weinberge haben / als war die gesellschaft alda sehr groß. Der Elihu verzoge nicht / sich mit uns bekant zu machen: zumal er allbereit vorher [374] zu Babel um meinen herr vattern gewesen ware. Seine geschicklichkeit erwarbe ihm bald unser aller wolneigung: wie dann auch ich ihn in allem so sittsam und verståndig befunde / daß ich mir seine gesellschaft sonders belieben liesse. Dem Thebah ware dieses eine sonderbare freude / und vermeinte er nun gånzlich / daß ich dem Elihu můste zu teil werden. Er wolte aber seine gedanken hierinn heimlicher füren /als er vordessen gethan: womit er mehr verderbet als gut gemachet hatte. Also sagte er mir nichtes / und liesse mich mit dem Elihu so frei umgehen / als ich selber wolte.

Dieser Fůrst lude uns einsmals zu gaste auf sein kelterhaus / welches mitten in seinen weinberg gebauet war. Viele Syrische Fůrsten und Fürstinnen kamen daselbst zusammen: da den abend / auf einer breiten wiesen / welche der Phrate umfliesset / das gesamt frauenzimmer spaziren ginge. Weil der Elihu sich zu mir gesellete / kamen wir / unter andern gesprächen / von den torheiten der liebe zu reden. Ich behaubtete / daß es gar eine nårrische sache um die liebe wäre / massen alle ihre wirckungen töricht schienen. Er bekråftigte meine meinung / setzete aber doch hinzu: wiedaß auch er dieser krankheit / ob er gleich alle ihre torheiten wol erkennete / unterworfen sei / und an einem ort lieben müsse / da er nichtes zu hoffen håtte. Ich bestürzete hierůber / vermeinend /ich wůrde hierinn an ihm einen Bethuel oder Ebal finden. Er aber / als der gar vertråulich mit mir lebete /halfe mir bald aus meinen irrigen wahn / indem er mir entdeckete / wiedaß er in die Rahel gebrant sei: von der er aber nie etwas zu hoffen hätte / weil sie von ihren eltern fůrlängst an den Jacob versprochen wäre. Weil er dieses mit einiger bewegung fůrbrachte / taurete es mich sehr / einen solchen Fůrsten / von so vielen tugenden / [375] den / mit solcher qual beleget zu wissen. Ich suchete auch / ihn davon abzubringen / ihm alle ersinnliche gründe für haltend / die eines andern ihn ůberreden m \chten: Er aber beantwortete alles das / so ich ihm fůrhielte / allein mit vielen seufzen. Dieses bewoge mich / seiner in scherze zu spotten / und machte ich etliche reimen auf seinen zustand: da er selber mir die verse stellen hulfe. Also beschrieben wir einen verliebten menschen / in diesen zeilen:


Die liebe ist ein trieb / daß wir uns selber hassen /

gesundheit / witz und ruh gutwillig fahren lassen.

Sie ist ein gift dem leib / ein tod für unsren geist:

daß beides geist und leib nicht seine werk erweist.

Wir hassen uns so sehr / daß wir auch gerne stůrben /

wann wir der liebe zweck dadurch gewiß erwürben.

Selbst zehren wir uns ab. Wir wollen t \richt seyn.

Wir wollen unsre ruh / fůr unlust / stellen ein.

Wie blaß und gar verstellt / wie mager und verfallen /

wird unser angesicht. Ein wüten und ein wallen

von schrecken / eiversucht / von furcht / von qual und schmerz

durchwandret unsren leib / und presset unser herz.

Der freie geist ist hin. Er dienet seinen feinden.

Er liebet / was ihn plagt. Er wůnscht / sich zu befreunden /

mit kummer und mit pein. Diß bringt die lieb uns bei.

Muß man dann nicht gestehn / daß sie voll torheit sei?


Als ich dieses / nachdem es gesetzet / laut hergelesen / sahe inzwischen der Elihu jemanden nicht weit von uns / der ihme unbekant war / und mich ohne unterlaß anschauete. Er wurde dadurch bewogen / scherzend zu mir zu sagen: Was gilt es / Prinzessin! wir haben in diesen reimen die abbildung von jenem fr \mden gemacht / der mit so verliebten gebården die sch \nheit der Aramena betrachtet? Hiemit sahe ich nach ihme / und befunde / was der Elihu berichtet: massen dieser fr \mde so aus sich selber mich betrachtete / daß er eher mehr einem steinernen bilde / als einem menschen / ånlich sahe. Sein ansehen [376] und gute gestalt / neben der unkentlichkeit dieses menschen /macheten mich begierig / zu wissen / wer er seyn m \chte. Als wir in unserem spazirgang für ihn über gehen musten / grüssete er mich mit einer tiefen vergnügung / und wolte Elihu mich ůberreden / daß er ihn sagen h \ren: O unvergleichliche wundersch \ne! welches ich aber nur für seinen scherz hielte: wiewol es sich hernach erwiese / daß Elihu wahrgeredet. Des folgenden abends / gingen wir an eben selbigen ort: da uns der fr \mde wieder zu gesicht kame / und zwar in eben solcher stellung / wie das erstemal. Weil nun meine begierde zuname / zu wissen / wer er wäre /fragte ich hierum jemanden / mit dem ich ihn reden gesehen: der mir aber keinen andern bescheid zu geben wuste / als daß dieser frömde / mit etlichen bedienten und einer frauenperson / vor wenig tagen in Acraba angekommen / und hätte er ebenfalls gleich jetzo nach meinen namen gefraget / und grosse frende erwiesen / als er erfahren / wer ich wåre.

Elihu und ich / hatten hierüber unsern scherz: wiewol ich gleich dabei mir weissagete / ich wůrde davon noch müssen ungemach anstehen. Als ich eben seiner / etliche tage hernach / in meinem zimmer gedachte /kame ein geschrei aus / es hätte die Königin von Ninive kriegsvolk nach Acraba geschicket / den Prinzen von Sichem zu verfolgen / der eine ihrer kammerjungfrauen von Ninive entfüret; dieser Prinz wäre auch gefunden worden / und die jungfrau mit den Niniviten wieder hinweg gezogen. Mein herr vatter / der den Niniviten zu ihrem nachsuchen verholfen / weil die Königin / die solches anihn begehret / des Bel Ochus wachter war / wolte nichts desto weniger dem Prinzen von Sichem alle h \flichkeit erweisen. Weil wir nun vernommen / daß er ihn auf unser haus bringen wůrde / ihn daselbst zu bewirten / als [377] ginge ich an ein fenster stehen / den Hemoz ko en zu sehen. Ich wurde gewar / zu meiner bestůrzung / daß es eben der fr \mde war /den ich beim spazirgehen gesehen: und indem ich mich alles dessen / was wir uns von ihm eingebildet /eriñerte / vermehrte solches meine verwunderung / die ich ohnedas ůber dieser fr \mden begebenheit geschöpfet.

Der Prinz Hemor zeigte sich zwar etwas beschämet / daß er sich als einen entfůrer der jungfrauen muste ansehen lassen: doch entschuldigte er sich damit / daß es mit ihrem guten willen geschehen. Sonsten erwiese er alsobald eine sonderbare vergnůgung / um meinen herr vatter zu seyn: der ihn zu meiner fraumutter fůrete / dieselbe anzusprechen. Weil auch ich mich daselbst befande / als ånderte er / mich ersehend / zu vielen malen die farbe / und begrüssete mich mit so sonderbarer art / daß nicht allein ich / sondern auch alle anwesende / die warheit von seiner liebe urteilen konten. Elihu bescherzete mich gleich hierůber; wiewol es mir nicht låcherlich ware: dann aus vorhergehenden dingen konte ich leichtlich mir die rechnung machen / wie meine eltern hierbei sich anstellen würden. Auch der alte Thebah ware / wider seinen gebrauch / hierůber sehr unlustig. Dann / ob er gleich den Hemor / wegen seines grossen standes und der guten geschicklichkeit / nicht tadelen kunte: so zoge er dennoch den Elihu ihme weit für / und wolte / mit seinen beredungen / mich lieber an diesen als an jenen knüpfen; wie er dann / verm \g seiner habenden freiheit / bei mir ab- und zugehen / mich vermahnete /den Hemor nicht anzunemen / sonderen meine gunst dem Elihu zu lassen. Wie willig ich ihme nun das erste versprache / so unn \tig achtete ich / ihm das an dere zu beantworten. Doch liesse ich ihn gern in dem wahn / daß ich den Elihu liebete: damit er nicht auf den Hemor gerahten möchte.

[378] Dieser Prinz nun machte mir seine liebe bald kund / und offenbarete sich auf so manche art und weise /daß man in ganz Acraba davon redete. Meine fraumutter hatte noch nie einen gewůnschtern schwiegersohn nach ihrem sinn gesehen: daher es nicht viel mühe brauchte / bei ihr so wol als nach gehends bei meinem herr vatter gute hoffnung für seine liebe zu erlangen. Ich aber erwiese ihm hingegen nur desto heftiger / wie unmůglich ich zu seiner liebe wůrde zu bringen seyn / und name alle seine aufwartungen mit solchem widersinn an: daß / wann nicht der himmel /hierdurch mich also sehr zu verfolgen / hätte beschlossen gehabt / der Prinz leichtlich wůrde abgeschrecket seyn worden / seine zeit bei mir zu verlieren.

Er begleitete uns nach Damascus / dahin wir wieder abreiseten: sowol / weil die weinlese nun geendet / und es gegen den winter ginge; als auch wegen des Elihu / den sie mit mir in gar zu naher verståndnüs stehend achteten / und deswegen in verdacht hatten. Ich verliesse auch diesen Fürsten ungern / und ermahnete ihn / wie auch der Thebah thate / wiewol nicht aus gleichem fůrhaben / er m \chte doch mit dem ersten in Syrien kommen / mich zu besuchen. Weil nun / wie gesagt / der Hemor nicht abliesse / mich mit seiner liebe zu verfolgen / und ich weder die ehrerbietung des Bethuels / noch die verschwiegenheit des Ebals / noch des Disons gleichheit im gelübde / an diesem verliebten befande / als ware er mir auch mit seiner liebe der allerunertråglichste. Er wolte mich durch seine fleissige bedienung / und nicht durch die zusage meiner eltern / erwerben: liesse derowegen nichtes unversuchet / was er nur immermehr ersinnen konte / mich zu gewinnen. Es verliefen damit etliche monate / wiewol fůr ihn ganz vergeblich: weil mein fůrsatz so unbeweglich [379] bliebe / daß er mit allem nichtes ausrichtete.

Meine eltern / die / auf sein eigenes bitten / dieses also stille mit angesehen / wurden dessen endlich überdrüssig. Sie wolten / weil sie mich nicht h \her noch bässer anbringen kunten / als wann ich dereinst Königin von Canaan würde / gleichwol dieses glück nicht aus hånden gehen lassen. Demnach / befahrende / die ungedult m \chte des Prinzen liebe endlich überwägen / und ihn finn-åndern wachen / geboten sie mir / gleichwie sie zu Dedan mit dem Dison gethan / ich solte den Hemor heuraten. So vergeblich nun vor diesem mein flehen und bitten gewesen / so wenig kunte ich auch jezt ausrichten. Und ob ich wol zu vielen malen dem Hemor in die augen sagte / Ich wolte lieber sterben / als ihn ehlichen: so ware doch alles um sonst / und richtete ich damit mehrers nicht aus / als daß man von einer zeit zur andern verzoge / die heurat zu vollziehen / ob ich endlich noch mit guten willen darzu zubringen seyn m \chte. Mein herr vatter hielte dafür / der Oberpriesterin / seiner schwester / einwilligung wůrde hierbei viel thun / und mich eher zum gehorsam bewegen: reisete deswegen nach Ninive / von dannen er mit der Celia erdichtetem jawort wieder zurück kame. Daß aber dieselbe damit nicht friedlich gewesen / hat ihre jetzige abschickung an mich genugsam dargethan: ob man schon dazumal ein anders vorgegeben.

Sobald nun der früling begunte herfür zubrechen /da wurde ohne långern verzug meine abreise aus Syrien angestellet. Und weil zu Damascus / der Königin von Ninive / wie auch der K \nigin von Tyrus / ankunft vermutet wurde / als kunte mein herr vatter und fraumutter mich nicht in Canaan begleiten. Demnach[380] trugen sie dem Thebah und der Fůrstin Calaride auf /mich nach Debes zu bringen / dahin die reise gehen solte / weil selbiges Fürstentum dem Prinzen Hemor zugeh \rte: welcher nicht wolte / daß ich nach Sichem kåme / weil er damals mit seinem herr vatter / wegen der verstossung seiner fraumutter / in übelvernemen stunde. Daß aber meine eltern nicht gleich zu Damasco die hochzeit wolten vollzogen haben / halte ich dafür / sei dieses die ursach gewesen / weil sie vermuteten / wie übel ich mich gebården wůrde: da es dann bei allen Syrischen Fůrsten ihnen eine b \se nachrede hätte erwecken können / um daß sie also ihr einziges kind in einen ihr widrigen ehestand gen \tigt. Ich schiede von Damasco so traurig hinweg / daß ich fast nicht wuste / was ich thåte. Der alte Thebah vermeinte mich zu frieden zu sprechen / und sagte mir viel vor /von des Hemors vollkommenheit und tugend: Aber solches gereichete zu mehrung meiner qual / indem ich von ihm diese wankelmütigkeit erleben muste /daß er / der zuvor des Hemors liebe widersprochen /nun auch dieselbige mitbilligte.

Zu Camon / traffe ich des statthalters von Ninive sohn den Tharsis an / welcher bei der Königin Delbois in diensten ist / und dazumal von Ninive kommend / nach Damasco reisete. Ich hatte ihn vorher nie gesehen / weil er der zeit im krieg ware / als ich unter seines vattern schutz / wie ich von Haran flohe / mich begeben. Weil er / meiner fraumutter wegen / mir befreundet / als gabe ich ihm geh \r in meinem zimmer: da er dann / aus meinen thrånen / meinen zustand wol abnemen kunte. Weil ich nun spůrete / daß er erbärmnis mit mir hatte / als wolte ich sein mitleiden noch h \her treiben. Ich růckete ihm fůr / wiedaß sein vatter allein an allem meinem unglůck schuldig wåre / weil er mich zu Ninive nicht båsser [381] wider meine eltern beschůtzen m \gen. Dieses ginge ihm so sehr zu herzen /daß seine grosmut ihn triebe / seine dienste mir gleich anzubieten. Ich bate ihn so beweglich / als mir müglich war / daß er mich von dem Hemor befreien wolte: worzu er sich gleich willigst erklärte / und mir gewiß versprache / im gebirge Gilboa unterwegs mir vorzuwarten / und dem Hemor mich zu entfůren / auch hierzu eiligst alle behörige anstalt zu machen. Diese hoffnung / erlöset zu werden / machte mich / die folgende tage meiner reise / ruhiger aussehen: woraus Hemor grosse vergnůgung sch \pfete. Er wolte aber bei Ennon nicht über den Jordan fahren / weil er erfahren / daß sein herr vatter daselbst sich befånde. Demnach reiseten wir über den see Cinereth: da ich dann von dem edlen Elieser und Ephron unwissend errettet wurde / welche die Fůrstin von Seir zu befreien vermeinten; ich aber bildete mir ein / es wåre der Tharsis / der mir die versprochene hůlfe leistete.

Wie ich nachgehends durch den Piream ihnen wieder abgenommen / und nach Thanac eingebracht / von dar durch den Tharsis aufs neue nach Bethera entfůret / aber neben dir / liebste schwester! von dem Fürsten Beri wieder verrahten und hieher nach Salem geliefert worden: solches hastu alles mit erlitten und angesehen. Ich habe nichtes mehr ůbrig zu sagen / als dieses / daß ich / wie der Tharsis mich leztmals aus Bethera davon brachte / ich wol mit ihm hätte davon und dem Beri entkommen können. Er gabe mir aber daselbst so frech und deutlich seine liebe zu verstehen / daß ich lieber bei dir bleiben und deine abenteuren mit erleben / als ferner mich ihme vertrauen wollen. Demnach sprunge ich / ehe er sich dessen versahe / vom pferd herab; und indem ich denen / die uns verfolgeten /entgegen eilete / wurde es mir [382] nicht schwer / ihme zu entgehen: massen er die flucht nemen muste / weil er wol sahe / daß er wider die anderen alleine nicht bestehen konte. Alles mein ausgestandenes leiden nun achte ich gering / wann nur endlich die gütige Diana mir beistehen wil / daß ich in ihren tempel / sie ruhig zu bedienen / gelangen m \ge. Und hierzu habe ich jezt noch grössere hoffnung / da ich der grossen g \ttin die Ahalibama zur dienerin erworben / welche unsern tempel mit ihrer angenemen gegenwart zum h \chsten zieren wird: wie dann auch unsere Oberpriesterin grosse vergnůgung entfangen wird / wann sie also ihrer schwester tochter wird stäts bei sich haben k \nnen.


* * *


Ja / liebste Aramena! (sagte hierauf Ahalibama /) du hast in mir solchen lust zu diesem leben erwecket /daß ich von nun an der grossen Diana angelobe / ihre dienerin zu werden / und mit dir und deinen gespielinnen meine lebenszeit in ihrem tempel / da so süsse ruhe zu finden ist / hinzubringen. Briane und Zimene höreten diese entschliessung der Fürstin von Seir mit ja so grossem vergnügen an / als Aramena. Als sie aber noch davon redeten / tratte der Fürst von Cale und dessen gemalin zu ihnen in das gemach: welche von hof gekommen waren / und in gesellschaft des K \nigs Melchisedech und der fürtrefflichen C \lidiane den tag verbracht hatten. Ahalibama fragte gleich: ob die Fůrstin Casbiane morgen noch ihre reise fortsetzen wolte? Aber selbige vertr \stete sie auf den nåchsten tag hernach / weil sie vom K \nig zu Salem /beim opfer des folgenden tags zu / erscheinen / neben ihren gemal eingeladen wäre. Der Fürstin von Seir machte dieses einige unruhe / aus besorgung / sie möchte / durch ferneren verzug / dem Beor wieder in die hånde geraten. Aber der Arsas sprache ihr [383] einen muht ein / und thåte ihr die versicherung / daß übermorgen vor tags unfehlbar ihre reise mit seiner gemalin für sich gehen solte: da dann ja noch fůnf tage zurück wären / ehe ihre verschliessung zum ende liefe /und man ihrer flucht innen werden kůnte. Als sie hierauf ihr dieses gefallen lassen / und Arsas neben seiner gemalin ihr eine ruhige nacht gewůnschet / und fůr seine person / weil er nach verrichtetem opfer seine reise nach Kiriath-Sepher fortsetzen wolte / von ihr abschied genommen hatte: bereitete sich dieser fůrst und seine Casbiane zu dem morgigen opfer / welches der K \nig Melchisedech angestellet / um dem Arsas dessen rechte weise zu zeigen / damit er seine K \ni gin darinn unterrichten möchte.

Als demnach die nacht fürbei / und kaum der morgen herfür gebrochen / da kame des K \nigs von Salem oberkämmerer der Jarah: welcher den Arsas und die Casbiane / auf des Königs wagen / zum opfer abholen solte. Weil er sie schon hierzu bereit funde /als fuhren sie sobald miteinander dahin / nach einem berge / der auserhalb des schlosses unferne vom Jordan gelegen war. Der K \nig Melchisech hatte / neben den beiden Prinzessinnen und der hofstatt von Salem /sich daselbst bereits eingefunden. Wie nun der K \nig den Arsas und dessen gemalin gegrůsset / sagte er zu ihnen: Gesegnet seit ihr dem herrn / der himmel und erden besitzet! damit fürete er sie zu dem altar / und wie sie ingesamt alda niedergekniehet / hube die gemeine an / einen lobgesang zu singen / welchen die Prinzessin C \lidiane ehmals verfasset hatte / in diesen reimen:


Ihr v \lker / auf! lobsinget unsrem Gott /

dem herren aller welt:

der uns in aller noht

und fårlichkeit erhält:

[384]

der alles hat / was ist / zum nutzen uns gegeben;

in dessen milder hand wir schweben / weben / leben.


Er hat die welt / diß wundergrosse haus /

wie es jezt sichtbar ist /

für uns geschmůcket aus

nur in sechs tage-frist.

Die erde / luft und feur / die wasser an der festen /

erschuff der grosse Gott / zu unsrem nutz und bästen.


Das paradeis / gab er dem menschen ein:

woselbst die h \chste lust /

der unschuld heller schein /

ganz völlig war bewust.

Des leibes edler stand / die ruh der keuschen seelen /

ernehrte dieser ort. Es muste nichtes fehlen.


Der Lucifer / der allersch \nste geist /

von hochmut angefůllt

verlore allermeist

den glanz / der ihn umhůllt.

Gott stieß ihn von sich hin. Sein fall / die menschen fällte /

als er mit list und neid zu ihnen sich gesellte.


Ob solcher fall uns schon die ruhe nam:

doch Gottes liebeshuld

hinwieder zu uns kam /

und deckte unsre schuld /

verhieß uns våtterlich den edlen weibessamen /

der wiederbringen soll der huld-verlornen namen.


Als ferner doch die sünden-volle welt

im argen wurde alt /

verließ was Gott gefållt /

ward in der andacht kalt:

Hat sie zwar Gottes zorn gestrafft mit wasserwogen:

Doch schiene bald darauf / sein sch \ner gnadenbogen.


Die vier par leut / die sein zorn ůbrig lies /

nam er in seine hut /

und sie recht unterwies /

was wåre recht und gut.

Sie musten fruchtbar seyn: die erde zu beerben.

Er schwur / die welt nicht mehr durch wasser zu verderben.


[385]

Doch blieb die welt in fůnden so verkehrt /

daß in des Sch \pfers ehr /

die ihm allein geh \rt /

sie menschen stellten her /

zu göttern wurfen auf. Doch seine gůt zu weisen /

lies er nicht alle welt in diesen irrtum reisen.


Er låst des liecht von seinem reinen schein

noch leuchten auf der erd.

Es soll noch allzeit seyn

ein auserwehlte heerd /

die diesen Gott recht ehrt / der Gott allein zu nennen /

ohn welchen wir kein gut / noch einen herren / kennen:


Drum auf mit uns / ihr seelen / die ihr ehrt

den grossen wunder-Gott!

Sein lob werd ståts gemehrt

von uns / bis in den tod.

Er ist allein der herr. Er ist allein zu loben.

So hoch der himmel ist / soll seyn sein nam erhoben.


Hierauf liesse der K \nig die opfer verrichten / welche bestunden in einer dreijãrigen ziege / einer dreijårigen kuh / einem dreijårigen widder / einer turteltaube / und einer jungen taube: die dann alle geschlachtet / und nachgehends auf den altar angezůndet worden. Mitlerweile nun von den priestern / die der König in seinem dienst hatte / dieses verrichtet wurde / erklärte Melchisedech dem Arsas umständlich / was durch alles dieses angedeutet wůrde: wie nämlich die thiere ihr blut zu dem ende vergiessen můsten / daß die menschen sich dabei erinnern m \chten / wie sie Gott eine allgemeine versönung für ihre sünde schuldig wären. Es habe dem H \chsten / von der welt anfang her / dieser gebrauch / als ein ihme recht angenemer gottesdienst / wolgefallen: und wolle er also /durch vorbildung der kůnftigen erl \sung / angeruffen und verehret seyn. Wie nun das opfer geendet war /und sie såmtlich alda vor dem herrn [386] angebetet hatten /name der K \nig den Arsas mit auf seinen wagen /welches auch Cölidiane und Jaelinde mit der Casbiane verrichteten: worauf sie also miteinander auf das schloß fuhren.

Melchisedech fůrete daselbst den Fůrsten in sein geheimes zimmer / und ůberreichte ihm etliche geschenke für seine K \nigin / die er ihr zu bezeugung seiner freundschaft schickete. Das buch Jezirah ware mit unter diesen geschenken / wie auch des Henochs und des Noa gesetze: welche auf güldene tafeln gegraben und mit edelsteinen eingefasset waren. Arsas entfinge solche mit grosser ehrerbietung / und suchete darauf an / um seine erlassung. Der K \nig erteilte ihme dieselbige / sagend: Er k \nne leichtlich ermessen / daß der Fůrst darum von Salem also hinweg eilete / weil das hochzeitfest des K \nigs Beor mit der Fůrstin von Seir für der thür wåre / deme er freilich nicht wol beiwonen könte. Hiernächst bezeugte er /wie sehr es ihn schmerze / daß sein haus zu etwas dienen můste / welches der K \nigin Delbois billigen schmerzen verursache. Doch hängte er die entschuldigung hinan / wiedaß er / als unter den König von Canaan geh \rig / keine macht habe / sich seinem willen zu widersetzen / sondern es alles / wie es ginge / geschehen lassen můsse. Der kluge Arsas / ungeacht er den König also reden h \rete / wolte dannoch weder den Demas noch sich selber verrahten / mit entdeckung / daß bereits die Ahalibama auf dem weg wåre /dem Beor zu entgehen. Er dankete ihm allein fůr alle seine gute bezeigungen / und nachdem er sich nochmals ihme zu gnaden befohlen / name er auch abschied von den beiden Prinzessinnen. Weil er alda seine gemalin fande / als vermanete er sie heimlich /ihre reise nach Damasco folgenden tags ja gewiß fortzusetzen / und begabe sich damit auf den weg nach[387] Kiriath Sepher: bei allen / die ihn in Salem gekant /ein gutes lob hinterlassend.

Casbiane wolte sich der kurzen zeit / die ihr in Salem zuverbleiben noch ůbrig ware / bei den beiden Prinzessinnen von Caphtor wol bedienen: liesse sich demnach von der Jaelinde (weil C \lidiane / wegen eines sonderbaren fürfalles / sich entschuldigte /) allenthalben umher fůren / alles / was sehwürdig / in augenschein zu nemen / damit sie ihrer K \nigin von allem völligen bericht geben könte. Also wurde ihr von der Prinzessin / im herumfůren / erzehlet / wiedaß dieses Salem von des vorigen K \nigs schwester / der K \nigin von Canaan / der fraumutter des K \nigs Beor und des K \nigs Ephron / wåre erbauet worden: welche / zum andenken ihres vatterlandes / es Salem genennet / und nach ihrem tode / ihres bruders sohne dem Melchisedech / und nicht ihren eigenen kindern /es vermachet håtte. Dann weil die s \hne in ihrem leben schon streiten wollen / weme es vor den andern gebüre / als habe sie / solchen zank aufzuheben / dieses mittel ergriffen: und wäre also dieses schloß dem K \nig von Salem zu teil worden / ob es gleich im Königreich Sichem gelegen wäre.

Alles / was die Assyrier in ihrer baukunst erfunden / liesse in diesem schlosse sich bewunderen. Natur und fleiß machten es feste: gleichwie es / durch die gegend angenem / und durch den pracht der zimmer herrlich / erschiene. Es lage auf einer klippen / welche rund umher sehr tief ausgehauen ware / und breite wassergråben hatte. Die Königin hatte fruchtbare erden / zu behuf des gartens / mit grossen kosten hinein füren / und also den felsichten grund bedecken lassen. An der åusern mauer / rund um das schloß /stunden sch \ne sommerhäuser / die ůber die mauer hinab in das angenemste thal und in [388] eine breite grůne ebene sahen: wie dann in zweien derselben / der Fůrst Sobal und der Fůrst Arsas ihre wonungen hatten. Das schloß an ihm selbsten / lage auf der \bersten klippen etwas erhobener: also daß man / aus den gemåchern /weit umher sehen / und ůber etliche meilen den Jordan beobachten kunte. Alle zimmer und såle waren gew \lbet / mit dem reinesten marmor / und hatte jedes gemach einen springbrunn: das dann im sommer die wonungen so kůhl machete / daß man fast von keiner hitze wuste. Der boden ware mit den herrlichst-gewirkten decken überall bekleidet / und mit helfenbeinernen bånken besetzet. Und weil es sonderlich zu einem sommerhause bereitet / als waren lauter blumen und früchte in die teppiche so kůnstlich gewirket / daß sie wie natürlich schienen. Ein grosser saal teilete das haus in zwei plåtze oder hofsitze: deren einen der K \nig von Canaan / den andern der Melchisedech mit den Prinzessinnen bewonete. In diesem saal ware /oben am gew \lbe / das himmlische gestirne abgebildet / wie solches Abraham der Fůrst von Heber entworfen hatte.

Casbiane besahe dieses alles mit sonderbarem vergnůgen / und muste bekennen / ob sie wol viel prächtige gebäude in Assyrien gesehen / daß an zierlichkeit dieses Salem den preiß erhielte. Als sie das zimmer fůrbei gingen / in welchem Aramena und Ahalibama bewachet worden / fanden sie die Königliche wacht dafůr stehen / und berichtete Jaelinde die Fůrstin von Ninive / wiebaß allhier die beide bråute sich befänden. Sie aber / als die es was die Ahalibama betraffe /viel båsser wuste / konte kaum ihre gebården so wol bergen / daß die nicht fast etwas verrahten hätte. Um aber die Jaelinde von diesem gespråche zu bringen /die von des K \nigs Beor heurat viel fürbringen wolte / fragte sie Casbiane: [389] Wie es doch käme / daß der K \nig von Salem nicht auch einmal an das heuraten gedächte? zumal es ja schad wåre / daß dieser edle stamm mit ihm abgehen solte.

Ach meine Fůrstin! (sagte Jaelinde seufzend /) unser vetter hat bereits einen sohn gehabt / der neben seiner mutter gar erbårmlich ums leben gekommen: weswegen seither der König nicht wieder heuraten wollen. Meine Königin ist so begierig / (sagte Casbiane /) von allem / was den König von Salem angehet / eigentliche nachricht zu haben / daß ich weiß /ich wůrde ihr keine h \here vergnügung geben / als wann ich ihr dieses mit umstånden erzehlen k \nte. Was mir davon wissend / (antwortete Jaelinde /) ist so wenig und verwirret mir erzehlt worden / daß ich ganz nit tůchtig bin / einige umstände darbei zu berichten: dann ich kaum das siebende jahr erreichet hatte / als dieses unglůck fürginge. Ich weiß nichtes mehr davon / als daß der Prinz Adonisedech / neben seiner fraumutter / auf dem schlosse Sion verbronnen / und daß man meine schwester und mich mit grosser gefahr aus dem brand errettet. Man hat mir / wie gesagt / nie etwas umständlichers berichten wollen: weil der K \nig gar nicht vertragen kan / daß man davon redet. Ich weiß auch nicht einmal zu sagen / von was fůr einem hause die K \nigin gewesen: weil der K \nig /aus mir-verborgnen ursachen / solches gar heimlich hålt.

Casbiane / muste mit dieser nachricht zufrieden seyn. Indem sie fortgingen / kamen sie in einen langen gang / da / unter andern auszierungen / schwarze tafeln von agat an beiden seiten hingen / die eine schrift in sich hielten. Diese tafeln / (sagte Jaelinde /) sind gedåchtnise von allen denen Fůrstin / die zu Salem studiret haben: [390] und hat jeder einen spruch hierinn hinterlassen / darbei der König sich ihrer erinnert. Wie daß sie nicht vielmehr (sagte Casbiane) ihre bildnise hierein gegeben haben? Dieses (gabe Jaelinde zur antwort) ist wider unsern gottesdienst: massen hiervon alle abg \ttereien erstlich entstanden sind. Casbiane wurde hierauf begierig / etliche der schriften zu lesen; tratte also näher hinzu / und fande auf einer tafel folgendes:


Wann / aus der Tugendlieb / die Eiversucht entstehet /

so ist sie wol verg \nnt.

Ein Neid / der ohne haß nur auf die nachfolg gehet /

mit lobe wird gekr \nt.


Der Prinz aus Egypten / (sagte Jaelinde) hat diesen reim allhier hinterlassen. Aber die nächstfolgende zeilen sind von einem Teutschen Fürsten / nåmlich von dem edlen Cimber / geschrieben worden. Sie lase dieselben hierauf der Casbiane fůr / welche also lauteten:


Wer eigentlich die wahre freundschaft nehret:

dient seinem freund / ohn ansehn / ohn gewinn.

wird eigne ruh dadurch schon abgezehret:

man gibet eh sich / als den freund / dahin.


In warheit / (sagte Casbiane) diesen möchte ich zum freunde haben: dann man deren wenige / wie sie hier beschrieben werden / in der welt finden wird. Solte dieser Cimber einmal verliebt werden / so würde / meines bedůnkens / kein heftigerer liebhaber jemals gewesen seyn. Jaelinde beseufzete dieses /ohne darauf zu antworten / und entfunde bei sich die gröste eiversucht / wann sie bedachte / daß der Casbiane ihre Königin diese liebe des Cimbers / wie sie von der Aramena erfahren / zu hoffen hätte. Sie dorfte aber diese Fürstin hierum nicht befragen / aus besorgung / sie möchte mehr hören / als sie zu wissen verlangte. Sie kamen nun fürter zu den andern [391] tafeln /und funde Casbiane eine schrift / dieses lauts:


Wer auf den Anfang siht / von wannen er entsprossen /

und auch sein End erwegt:

der wird zu keiner lust / die wider Gott / gereget;

er folget unverdrossen

dem Tugendpfade nach / der von der erden fůhrt /

die nur den leib / doch nie den himmelsgeist / berürt.


Dieses hat (sagte Jaelinde) der Prinz der Philister allhier hinterlassen; und das beistehende / der Fůrst von Theman / welches also lautet:


Was hilft mir gut und geld? wann ich in meinem sinn

nicht recht vergnůget bin.

Wann ich mit müh nach ehr / nach pracht und wollust hasche:

was fang ich? staub und asche;

es ist nur schn \der wind. Ein selbst zufriedner sinn /

der schwindet nimmer hin.


Dieses folgende / (fuhre Jaelinde fort zu reden) ist von dem Prinzen von Hemath hieher beigetragen worden:


Wer bleibt mit dem vergnügt / was er bereits erworben:

hat schlechten muht / und ist ihm selber abgestorben.


Wer hat dann (fragte Casbiane) das hierauf-folgende geschrieben? Der Fürst Aran von Seir / (antwortete Jaelinde /) ein mensch von so kleiner tugend / als grosser boßheit. Sein reim / ward dieses lauts gefunden:


Viel leichter ist / die ganze welt zu zwingen /

als sein gemůt recht in den zwang zu bringen.


Er hat wol wahr geurteilet: (verfolgete Jaelinde /) massen er solches mit seinem eigenen beispiel genug erwiesen.

Als Casbiane noch mehrere nachfolgende reimen besehen wolte / kame der Fůrst Sobal von Seir daselbsthin / [392] der bei dem K \nig Beor gewesen war: deswegen sie / in einen andern gang / der nach der Prinzessinnen zimmer fůrete / sich eilig hinweg begaben. Dann Casbiane vermiede mit fleiß / den Fůrsten von Seir zu sprechen: weil sie die Assyrische seite halten muste / deren die Fůrsten von Seir / wegen der dem Beor bewilligter heurat mit der Ahalibama / zuwider waren. Es ware aber eben essenszeit: daher Jaelinde die Casbiane zur malzeit fürere / da die Cqlidiane /neben der Calaride und Thoris / sich auch einfunden. Diese alle beredten sich miteinander / den nachmittag spaziren zu fahren / nach Ennon / allwo der Melchisedech auch sonderbare gebråuche eines gottesdienstes /mit baden im Jordan / hatte angestellet. Weil sie nun zu wagen dahin fahren / zu schiffe aber wiederkehren wolten / als wurde hierzu alle anstalt gemacht: und kamen sie also / in geschwinder eile / nach Ennon /alda sie so lange sich aufhielten / bis die abendr \te am himmel erschiene.

C \lidiane hatte der gesellschaft / mit ihren angenemen gesprächen / die zeit dermassen gekůrzet / daß sie wol noch spåter an die růkkehr wůrden gedacht haben / wann sie nicht befahren můssen / das schloß möchte gesperret werden. Deswegen sezten sie sich allzusammen auf zween kåhne / und fuhren also wieder auf Salem zu. Die viele nachtigallen / die an beiden seiten des users / auf den schattichten båumen /bei untergang der sonne sich hören liessen / machten sie vor aufmerken ganz verstummen: dann sie sich mehr ergetzeten / dieser freien luftmusik zuzuhören /als selber gespråche anzufahen.

Nachdem sie beim garten wieder angelanget / auch C \lidiane und Jaelinde bereits ausgetretten waren, wolte Calaride ihnen folgen: bliebe aber mit dem rock an einem nagel des schiffes behangen / also daß sie fallen [393] muste / und damit den kahn umzoge / daß alle die andere ins wasser fielen. Ihr schrecken war um soviel grösser / weil der andere kahn noch weit zurůck ware. Doch kame / auf ihr geschrei / der gärtner / so eben im garten ware / ihnen zu hůlfe: und weil das wasser nicht tief / sprunge er / neben etlichen von den Edelleuten / die sie bei sich gehabt / in den fluß hinein / und brachten zu erst die Thoris / nachgehends etliche von den jungfrauen / und letzlich die Calaride heraus. Casbiane wurde allein noch gemisset: worůber beide Prinzessinnen sich sonders bekümmert erwiesen. Als nun der gärtner nochmals hinein gesprungen / funde er sie unter dem schiffe / da sie sich fest an ein holz mit beiden hånden hielte. Sie wurde / ohne anzeig einiges lebens / heraus gebracht / und stůrzete ihr das wasser häufig aus mund und ohren. Die Prinzessin / weil es nicht weit von dar nach der Fůrstin von Cale behausung war / liesse dieselbe dorthin tragen / und ginge selber mit / inzwischen eiligst nach des K \nigs von Salem leibarzte sendend / daß der m \chte der Furstin zu hůlfe kommen.

Das grosse geråusche / so sie macheten / als sie dergestalt in das haus kamen / neben dem geheule von der Casbiane bedienten / erscholle gleich bis in das zimmer / da Ahalibama und ihr ritter Dison sich verborgen aufhielten: die dann grosse angst entfunden /wegen der vermutung / daß sie verrahten seyn m \chten / gleichwol keinen raht wusten / was sie beginnen solten. Der beherzte Tirzis wolte sich hinaus wagen /um nachricht einzuholen. Brianes aber und Zimenes /die eben zugegen waren / erboten sich hierzu / als die es mit minderer gefahr verrichten kunten. Diese nun erfuhren bald das unglück / so Casbiane betroffen: welches sie der Ahalibama und dem Dison berichteten / und damit zwar ihre [394] [396]gefassete einbildung stilleten /aber ihre sorge nicht ringerten; weil sie leichtlich absehen kunten / daß dieses ihrer abreise hinternis bringen wůrde. Sie schicketen aber von zeit zu zeit den Brianes und Zimenes ab / um zu erfahren / wie es mit der Casbiane stůnde: die dann vernamen / wiedaß es gar schlecht mit ihr beschaffen / und die sprache sich noch nicht wieder bei ihr eingestellet. Dergleichen berichte bekamen sie die ganze nacht herr durch: daher sie / fůr angst / kein auge zuschlossen. Der folgende morgen fande die Fůrstin noch im vorigen zustande /und wurde sie von den beiden Prinzessinnen wieder besuchet / die bei antretender nacht sie verlassen hatten. Sie kunten aber wenig bei ihr ausrichten / weil so gar kein zeichen einiges verstandes sich bei ihr wolte blicken lassen: daher sie mit thrånen von ihr gingen /und dieses unglück höchlich beklageten.

Der haubtmann Demas geriete hierüber auch in nicht-geringe beisorge / der Ahalibama flucht möchte hierdurch verrahten werden: die er dann / neben der Prinzessin Aramena / in grossen ångsten zu seyn /leichtlich ermessen kunte. Demnach begabe er sich heimlich in das haus / verhoffende / den Brianes oder Zimenes anzutreffen / und mit ihnen hierüber sich zu unterreden. Als er sie bald gefunden / und niemand auf sie acht hatte / liesse er sich von ihnen zur Fůrstin von Seir fůren: die dann / neben der Aramena / innigst erfreuet wurden / in dieser ihrer angst ihn zu sehen. Ach Demas! (sagte sie zu ihme /) wie wil dieses ablaufen? Ich sorge / des himmels grausamkeit und mein unglück / werde euren fleiß und mühe vergebens machen. Gnådige Fůrstin! (antwortete Demas /) sie fassen nur einen guten muht! Sie sitzen alhier sicher und verborgen genug / niemand wird sie ausspåhen. Solten auch gleich die tage [396] ihrer verschliessung verlaufen / bevor sei von hinnen kommen k \nten / so finde ich doch darum fůr sie die gefahr nicht gr \sser: dann der K \nig Beor wird sie eher auf allen strassen / als hier in einem hause / suchen und verfolgen lassen. Mit dergleichen worten / sprache er sie wieder zu frieden.

Wie sie aber hiervon noch redeten / brachte ihnen Zimenes die fr \liche post / wiedaß Casbiane nun wieder redete / und hie årzte hoffnung macheten / daß es mit ihr sonder gefahr seyn wůrde. Wie demnach Ahalibama versichert worden / daß niemand bei dieser Fürstin wåre / ginge sie durch einen verborgenen gang heimlich zu ihr / sie zu besuchen. Casbiane erwiese ihr mehr sorge / die sie ihrentwegen truge / als um ihren eigenen zufall / und versprache ihr / sich so stark zu machen / als ihr immer würde müglich seyn; um / mit dem ersten / ihre reise nach Damascus fortzusetzen. Weil sie aber wol vermutete / daß solches schwerlich vor acht tagen geschehen würde: als befohle sie ihrer kammerjungfrauen / die allein um der Ahalibama da-seyn wuste / ja fleissige acht zu haben /daß solches ferner geheim verbleiben m \chte. Nachdem sie hierauf die Casbiane wieder verlassen / entschlosse sie sich / in gedult der zeit abzuwarten: wie ingleichem der vermeinte Dison / dem lauf des glůcks und der schickung des himmels dieses ferner muste anbefohlen seyn lassen.

Der verliebte König von Canaan aber / der nur noch etliche tage biß zu seiner eingebildeten vergnůgung zehlete / begabe sich mit spatem abend ganz allein in den schloßgarten: da er seinen verliebten gedanken ein zeitlang geh \r gabe / und letzlich einen knaben vor seiner Fürstin fenster kommen liesse / wo er sie vermutete / der ihr zu ihren folgendes lied in eine harfe singen muste:


[397]

Angeneme Einsamkeit /

finstre wålder / büsche-schatten /

båch' und brunnen / bunte matten /

und ihr felder weit und breit!

euch ist lange kund gewesen /

meiner liebe heftigkeit:

ihr genesen /

nach so langem trauerstand /

machet mir doch einst bekandt.


Sage an / du důstrer Håyn!

werd ich noch mehr leiden můssen?

oder meiner lieb geniessen?

Du sprichst: Ja / es soll so seyn.

Ihr / ihr thrånen dieser erden /

meiner thrånen vorbild-schein!

soll ich werden

bald erquickt nach meiner qual?

Ja! rufft euer gegenhall.


Lasset ihr dann dieses zu /

solchen trost bei euch zu fassen:

ey so wird dann gleicher massen

meine schöne / meine ruh /

mir mit solchem trost erscheinen.

Ja mein sinn der sagt mir nu /

daß mein weinen

soll in freude seyn verwandt:

sie kr \nt meinen liebesstand.


Indem dieses der knab mit gar annemlicher stimm sunge / schauete der K \nig gegen dem fenster hinauf /ob er erwittern möchte / daß seine Ahalibama zugeh \ret. Weil das wetter gar still ware / als vername er /daß jemand lachete: welches dann die beide hinterlassene dirnen waren / die sich gar viel davon einbildeten / daß ein so grosser K \nig ihnen dergestalt aufwartete. Weil die verliebten alles zu ihrem bästen deuten /als tr \stete sich auch der Beor mit den gedanken / daß dieses lachen seiner [398] Ahalibama / fůr ihn ein gutes zeichen wäre. Er begabe sich hierauf / weil die nacht anfingen daher zu dunklen / wiederum aus dem garten: da seine bediente / neben des Melchisedechs schloßhaubtmann / für der thůr seiner warteten / und ihn wieder hinaus begleiteten.

Dieser haubtmann hatte befehl von der Prinzessin C \lidiane / sobald es nacht seyn wůrde / den priester Sephar / mit bei sich habenden personen / zu ihr /durch den garten / einzulassen. Als er nun daselbst an der thür etwan eine stunde gewartet / sahe er den Sephar / neben einem ansehnlichen ritter und zweien frauenpersonen / ankommen. Nachdem er sie hatte eingelassen / sagte ihm der Sephar / wiedaß er in etlichen stunden wieder zu růcke kommen würde: worauf er mit denen bei sich habenden fortginge / die er /durch den garten / an die andere seite des schlosses fůrete. Sie fanden daselbst einen felsen ausgehauen /dessen thůr sich bei ihrer ankunft öffnete: da sie / von der Prinzessin Cölidiane und noch einer andern hohen dame / die der Sephar / drei tage vorher / und zwar eben in der nacht / als Ahalibama und Aramena entkommen waren / zu ihr gebracht hatte / entfangen wurden.

Wiewol Cölidiane dieselbe sonders sch \n befunden / so erweckete doch in ihr eine neue verwunderung /die ansichtigung der jůngsten unter diesen beiden neu-ankommenden: welche zwar klein von person / aber dabei so voll majeståt ware / daß es ihr gar nicht schwer fiele / sich für die Prinzessin Amesses aus Egypten darzugeben / dafür sie auch geehret und entfangen worden. Hierauf entfingen sie einander / Cölidiane / diese Prinzessin / und den / der mit ihr gekommen / so der Armizar Prinz aus Ophir ware; dieser seine schwester / die Prinzessin Indaride / welche er bei der C \lidiane gefunden; und [399] selbige hinwiederum / mit bezeugung sonderbarer zuneigung / die Prinzessin aus Egypten.

Ich weiß in warheit nicht / (begunte Cölidiane die Amesses anzureden /) wie ich mich in mein jetziges glück finden soll / so fůrneme königliche personen zu bedienen: zumal bei solchen umstånden / da / wegen begehrter geheimhaltung / ich mich behintert sihe /ihrem hohen stande gemäs ihnen einige ehre zu erweisen. Meine sch \ne Prinzessin (gabe Amesses zur antwort) erzeiget mir so viel gutes / indem sie dergestalt mich heimlich hier in Salem aufnemen wollen / daß ich um nichts anders willen ein bässeres glůck verlange / als / einmal wegen dieser wolthat mich vollkomlich zu rächen. Darf ich aber nicht (fragte Cölidiane) dem K \nig dieses glück entdecken / daß ihme Gott also unvermutet so vorneme gäste bescheret? Wir hoffen / (sagte der Prinz von Ophir /) daß der Prinzessin von Caphtor gütigkeit werde so gros seyn / uns für ihre gåste allein zu behalten. Dann dieser Prinzessin leben und wolfart hånget daran / daß wir aller orten m \gen heimlich verbleiben. Auch meine schwester wird der grosse verlust / den sie erlitten / ohne zweifel auch alle grosse gesellschaft meiden und sie gesonnen machen / sich lieber in der stille aufzuhalten. Ich habe bereits (sagte die so angeneme als betrübte Indaride /) hierum die Prinzessin C \lidiane gebeten; und sie hat mir versprochen / mir allhier geheimen aufenthalt zu g \nnen: wiewol ich nicht hoffe / daß solcher lang wåren werde / massen mein tod nicht ferne mehr seyn wird / mich alles jammers zu entledigen. Weil ich zum teil (sagte C \lidiane hierauf) der Prinzessin von Ophir unglück weiß / kan ich zwar um ihre betrůbnůs sie nicht verdenken / aber wol ihre ungedultige verzweifelung schelten. Ein grosmůtiges herz muß niemals den tod [400] um seiner ruhe willen suchen / sondern in gedult leiden / was und wie lang es Gott haben wil. Ach meine Prinzessin! (antwortete Indaride seufzend /) wem diese vollkommenheit manglet / der wird ohne straffe dergleichen ungedult erzeigen d \rfen.

Hiemit wandte sich Cölidiane zu dem Prinzen von Ophir / deme sie seine bitte gewårend versprache / ihr daseyn solte geheim gehalten werden / weil sie es also begehreten. Hiernächst fůrete sie ihre gäste in ein gew \lbtes zimmer: welches / ob es wol unter der erden war / dennoch an keinem einigen dinge mangel hatte /und so k \niglich ausgeziert ware / daß Indaride und Amesses alle bequemlichkeit daselbst funden: wiewol die C \lidiane dünkete / daß solches für diese grosse Prinzessinnen viel zu schlecht wåre / und dannenhero sich nochmals entschuldigte / daß sie in geheim nicht båsser k \nten bedienet werden. Als auch die alte frau / die mit der Prinzessin Amesses gekommen und ihre wartfrau ware / den Sephar fragte: Ob sie an diesen ort geheim bleiben k \nten? gabe ihr der zur antwort /und berichtete: wiedaß kein mensch auf dem schloß /auser der C \lidiane geheimsten bedienten / jemals an diesen ort komme; und daß die Prinzessin sonsten diese gew \lber / arzneien und k \stliche wasser darinn zu brennen / gebrauchet / nun aber / wegen ankunft dieser fr \mden / sie also hätte zurichten lassen.

Wie nun Sephar hiermit ihr alle furcht vertrieben hatte / ginge er zu der Prinzessin Cölidiane / welcher er heimlich anmeldete / wiedaß der Prinz von Ophir noch vor tags wieder hinweg gedächte. Diese Prinzessin fragte hierauf den Armizar: Ob er dann sobald die Prinzessin Amesses verlassen k \nte? dann der Sephar hätte ihr sein weg-eilen jetzund berichtet. Ich weiß die [401] Prinzessin von Egypten (antwortete der Prinz) nunmehr in so sicherem schutz / daß sie / solchen zu erhalten / meiner gegenwart nicht långer nötig hat: mir aber wil obligen / ohne verweilung dahin bedacht zu seyn / daß / da sie meinetwegen in Egypten ein reich verlassen / ihr in Ophir ein anders verschaffet werde. Ich bin sonsten (sagte C \lidiane) des Hiarbas gute freundin jederzeit gewesen: allein in diesem handel muß ich der billigkeit beifallen / und wůnschen / daß Ophir an seinen rechten K \nig wiederkehre. Ich wůnsche / (erwiederte Amesses /) daß die gewogenheit / welche die Prinzessin C \lidiane dem bruder erwiesen / nunmehr auch auf die schwester / und folgbar auf diesen Prinzen / als mit deme mir das glůck und unglück gemein ist / fallen m \ge. Ich werde (antwortete C \lidiane) mich ihrer aller dienerin erkennen. Weil ich aber so kurze zeit die ehre haben soll / den Prinzen Armizar zu sehen / als m \chte ich wol zuvor etwas umståndlicher die ursachen wissen / die so grosse personen zu mir gefüret: dann ich von dem Sephar nur gar unvollkommen erfahren / was in Egypten und Ophir mit ihnen sich zugetragen.

Es ist billig / (sagte Indaride zu ihren bruder /) daß ihr hierinn die Prinzessin C \lidiane vergn \get: zumal ihr auch mir diese erzehlung noch schuldig seit / als die ich in Ophir wenig von eurem zustand erfahren. Ich erbiete mich / zu gehorsamen: (sagte der Prinz /) besorge aber / die nacht m \chte hierzu unbequem und eine unh \flichkeit seyn / die Prinzessin C \lidiane mit unseren håndeln von der ruhe abzuhalten. Ich achte keinen schlaf / (wandte C \lidiane hierwieder ein /) gegen dieser vergnügung. Weil ich auch den tag über / um verdacht zu meiden / meinen Prinzessinnen wenig werde aufwarten k \nnen / als muß ich notwendig mich der nacht-zeit [402] bedienen: wiewol mit der besorgung / daß mein fürwitz ihnen fůr dißmal ungelegenheit verursachen / und nicht allein ihre ruhe st \ren / sondern auch / mit dem Prinzen / von seinem abschiede sich in geheim zu bereden / behinterlich seyn werde. Wir haben keine geheimnise / (sagte Amesses /) die unsere gůtige beschützerin nicht solte mitwissen d \rfen. Und was die ruhe betrifft / (sezte Indaride hinzu) finde ich dieselbe mehr in der gesellschaft / als im allein-seyn. Ihr werdet demnach / mein bruder /diese übrige zeit bei eurer Prinzessin nicht bässer anwenden, können / als wann ihr uns euer beider liebs-und lebenslauf fürtraget. Armizar / der Prinzessinnen begehren ein genügen zu thun / hube hierauf an /nachdem sie alle sich gesetzet / ihnen folgender massen zu erzehlen:

Die geschichte des Armizars und der Amesses
Die geschichte des Armizars und der Amesses.

Ich befinde / in erinnerung alles dessen / was ich zu sagen habe / daß mir gar ein schweres amt aufgetragen worden: indem ich gehalten bin / sowol von denen / die meiner Prinzessin das leben gegeben / als von meiner stiefmutter / nicht das båste zu sagen. Ich m \chte auch wünschen / daß die ganze welt solches nicht mit mir wůste / und ich überhoben seyn k \nte /ohne erwehnung derselben / die begehrte geschichte zu erzehlen. Wo aber eines ohn das andere übel zu verstehen seyn wůrde / als muß man mir nicht verargen / wann ich der warheit blind folge / und diesen lehrsatz / daß man der seinigen mångel zudecken /und von hohen gekr \nten håubtern nicht böses reden solle / etwas aus den augen setze.

Mein vatterland ist Ophir / und entspringen wir von dem Eber aus Chaldea / dessen enkel vom Jaketan / der Ophir / erster König alda gewesen. Mein herr vatter / [403] der grosse Jaziz / der wegen der vielen kriege den zunamen des grossen bekommen / verheuratete sich mit einer Prinzessin aus Meden / des Pharnus schwester / welcher der lezte K \nig in selbigem reiche gewesen: von derselben bin ich geboren worden. Weil sie aber bald die welt gesegnete / als schritte mein herr vatter zur andern ehe / und name des lezten K \ nigs von Basan tochter / die Rehuma / die jůngste unter dreien schwestern: und diß geschahe / als selbiges land in stiller ruhe fasse / und man noch nichtes von der Teutschen ankunft h \rete / welche nachgehends dieses reich unter sich brachten und auch noch besitzen.

Diese Rehuma / eine der listigsten frauen von der welt / ware darbei so voll hochmuts / daß sie nicht leiden wolte / daß ich dermaleins ihr K \nig werden /und daß ihre kůnstige kinder unter meinem gebot leben solten. Demnach hielte sie es fůr keine sůnde /auf mittel zu gedenken / wie ich m \chte aus dem weg geråumet werden: allermeist / wie sie sich schwanger fülete. Ja / sie kunte mich nicht so lang dulten / bis sie såhe / ob sie auch einen sohn gebåren würde: sondern / ehe noch ihre geburt-zeit heran nahete / muste ich mein vatterland råumen. Doch das verhångnis / so alles regiret / verwehrete ihr / daß sie mich nicht / wie sie leichtlich hätte thun k \nnen / t \den liesse / sondern sich begnügte / daß ich in Ophirfür todt gehalten / und von meiner wartfrauen heimlich im Bactrianischen lande / da sie zu haus gehörte / auferzogen würde. So listig nun diese Königin sonst ware / so sehr betroge sie sich hierinnen / daß sie meiner wartfrauen trauete. Dann / ob wol dieselbige aus furcht versprache / ihr in allem zu gehorchen / so thåte sie doch nachgehends das widerspiel / und fůrete mich hinab in Egypten zu der K \nigin Nergade / die meines herr vattern [404] schwester und des K \nigs Uchoreus gemalin ware. Ich wurde alda / von der K \nigin / mit freuden aufgenommen / auch sehr lieb und wehrt gehalten. Weil ich kaum zwei jahre auf mir hatte / als liesse sie mich mit allem fleiß / bei ihren zwei s \hnen / den Prinzen Amosis und Hiarbas / erziehen: vorhabens / wann ich wůrde erwachsen seyn / dem K \nig Jaziz ihrem bruder mich wieder zuzuschicken / und darbei / wie ihn seine gemalin um diesen sohn bringen wollen / berichten zu lassen. Sie hielte aber meine geburt heimlich: damit Rehuma nicht neue list erdenken m \chte / meinen tod zu befördern. Im K \nigreich Ophir / wurde ich nun fůr todt beweinet / und kame Rehuma mit gegenwärtiger Prinzessin Indaride nieder: die dann meinen verlust nicht wieder ersetzet /weil die von Ophir lieber einen jungen Prinzen gehabt håtten. Meiner stiefmutter widerfuhre nachmals zu gerechter strafe / daß sie kein lebendiges kind mehr auf die welt brachte. Als aber nach diesem ein jahr verloffen / da gebare die K \nigin Nergade dem Pharao eine tochter / welche die Prinzessin Amesses hier zugegen ist. Sie ware kaum etliche stunden alt / da machte man bereits zwischen ihr und mir eine heurat / und hatte ich mich so sonderbar freudig angestellet / als ich die neugeborne Amesses zu sehen bekommen / daß die K \nigin daraus unsere kůnftige liebe ihr selber weissagete. Ich gewann die Amesses alsobald in der wiegen so lieb / daß ich weinete / wann man mich von ihr bringen wolte: woran dann ihre eltern grosse freude hatten.

Dergestalt verstriche unsere kindheit / und hatte ich das glůck / alles / was man mich lehrete und worzu man mich anwiese / wol zu fassen: welches dann die zuneigung des K \nigs und der K \nigin gegen mir vermehrete. Bei dem Prinzen Hiarbas aber erweckte solches [405] eine eifersucht / der sich von kindheit auf mit mir nicht vergleichen kunte: und weil die jugend hitzig ist / als pflagen wir an beiden teilen einander wenig nachzugeben. Der Pharao ward hierdurch bewogen / diesen Prinzen in Canaan nach Salem zu schicken / daß er alda m \chte erzogen werden. Aber der åltste Prinz Amosis / welcher sehr friedfertig / liesse mir gern den fůrzug in den ritterlichen ůbungen /die wir zusammen lerneten. Ich aber / ob ich schon damals noch nicht wuste / wer ich wåre / und mich fůr einen bruder der beiden anderen Prinzen hielte / liebete jedoch die Prinzessin Amesses heftiger / als mich dünkte / daß man ein schwester lieben konte / und truge viel mehr ehrerbietung gegen ihr / als gegen ihre brůder / da ich sie mir doch gleich nahe verwandt achtete.

Einesmals / als wir im frůling des Nilus grosses fest begingen / da der sich über ganz Egypten ergiesset / waren wir nach Noph von den priestern der Isis zu gast geladen: dahin dann der ganze k \nigliche hof erschiene. Weil nun einer unter den priestern in der sternkunst (wie sie dann fast alle diese wissenschaft haben / und solche von den Hebreer-Fürsten dem Abraham erlernet /) und in der deutkunst / sonders erfahren war: als begabe es sich / daß der K \nig begehrete / dieser priester solte einem jeden unter uns in die hand schauen / und von unsern künftigen abenteuren etwas verkůndigen. Er wolte lang nicht daran: weil er schon mehr als zuviel aus der Prinzessin und meinem gesichte urteilete / was uns begegnen wůrde. Als aber der K \nig darauf drunge / sagte er einem jeden etwas aus der hand: doch mit so dunkelen worten / daß man es nicht alles deutlich begreifen kunte. Wie er nun zu mir kame / und ich ihme meine hand gewiesen / bestůrzete er sehr / und sagte endlich [406] nur dieses: Ich würde dermaleinst / als ein priester der Isis / sterben. Die Prinzessin Amesses / die zu nächst darbei stunde / und es mit anhörete / ward hierob ganz entfårbet /gleichwie auch ich errötete / welches der K \nigin anlaß gabe / uns zu fragen: warum wir hierůber uns also entsetzeten? Amesses wolte nichtes antworten. Ich aber / der ich freier reden dorfte / sagte: wiedaß mir die ehre / ein priester der Isis zu werden / darum schwer ankommen würde / weil ich alsdann nicht mehr so viel um die Amesses seyn könte. Und eben dieses (sagte hierauf die Königin) hat vielleicht meiner tochter entfärbung verursachet. E. Maj. haben es errahten / (antwortete die unschuldige Prinzessin /) und muß ich bekennen / daß es mir schwer fallen wůrde / den Armizar nicht stäts um mich zu haben. Dieses gefiele der K \nigin gar wol / und wůnschete sie nichtes lieber / als diese liebe jederzeit bei uns zu ernehren: dadurch sie / ihre tochter dereinst zur K \nigin in Ophir zu machen / verhoffete.

Dergestalt verliefe noch etliche zeit / da endlich ein krieg mit den Arabern / die im lande Chus wohnen /und Moren sind / entstunde. Der Prinz Amosis zoge selber mit zu feld / unter des K \nigs feldherrn dem berůmten Epha / einem Fůrsten aus Midian: den der K \nig darum liebte / weil er von dem Hebreer Abraham entsprossen ist / der sein eltervatter gewesen. Ich bekame / bei diesen grossen feldzug / auch meine verrichtung / und hatte das glück / daß der feldherr mit mir wol zufrieden war. Weil wir bis in das andere jahr zu feld waren / als lernete ich in der zeit den krieg mit so gutem fortgang / daß mir der Epha ein teil der Egyptischen v \lker anvertraute: da ich dann den K \nig Scheba neben seiner tochter der schönen Danede / in der stadt Naphis / gefangen bekame. Ich kan von dieser m \rin [407] wol sagen / daß sie die sch \ne geheisen: dann ich nie in ihrer landsart etwas angenemers gesehen / und war ihre bildung so vollkommen /daß die schwarze farbe ihr keinen nachteil bringen kunte.

Dieser glückliche streich / brachte beiden K \nigreichen den frieden wieder. Dann / als die herren von Nebajoth / Saba / Arabien und Hevila / die bisher sich in diesen krieg nicht eingemischet und stille gesessen / erfuhren / daß der König von Chus gefangen worden: merketen sie wol / daß unsere macht ihnen würde schaden bringen / wann sie ferner unseren glůcklichen waffen also zuschauen wolten. Demnach schlugen sie sich alle zusammen / und wolten entweder den König Scheba wieder los haben / oder Egypten überziehen. Weil nun die Egyptischen priester /die gar viel gelten / zum frieden rieten / den wir nunmehr mit allen denen bedingnisen / die wir nur verlangen mochten / erlangen kunten: als vergnügte sich Pharao / daß er / was er vor dem krieg an den Chusiten zu suchen gehabt / von ihnen erhielte / und gabe er ihnen dargegen ihren König wieder.

Mit was fůr ehre und großpracht ich in der k \niglichen haubtstadt Tanis entfangen wurde / will ich nicht beschreiben: und hatte das gerůchte / von meinen wenigen thaten / ein mehrers ausgebreitet / als ich würdig war. Amosis erhebte selbst meinen ruhm dermassen / wie auch der Epha / daß ich ursach hatte / mit meinem glůcke mich vergnůgt zu achten. Die K \nigin / welche nun mich in dem stand sahe / daß ich mich meinem herr vatter mit ehren zeigen dorfte / wolte mir nicht långer verschweigen / wer ich wåre: erzehlte mir demnach alles / in gegenwart der sch \nen Amesses /wie es mit meiner geburt beschaffen. Die ehre / mich zur Krone von Ophir geboren zu wissen / machte mich nun nicht geringe einbildung [408] fassen: und die liebe zu der Egyptischen Prinzessin feurete damit sich so heftig an / daß ich solche nicht verbergen kunte. Die ståtige beiwonung von unserer kindheit auf / hatte unser beider gemüter also aneinander geknůpfet / daß Amesses / ohne daß ich / nach art anderer verliebten /mich darum ångstiglich bemůhet / meine liebe gütig aufname: und solches um soviel mehr / weil der K \nig / sowol als die K \nigin / ihr anbefohlen /meine aufwartung willig anzunemen. Also sahe ich mich nun auf der h \chsten staffel der glückseligkeit /da ich mich eines so grossen reiches kron-erben nennen / auch ohne eifersucht und sorge die angeneme Amesses lieben kunte; und zweifele ich fast / ob jemals ein glückseliger liebhaber gewesen / der also ohne müh und gram zu dem zwecke gelanget / darnach andere wol ihre lebtage sich vergeblich bemůhen.

Wie aber dieser sonderbaren glůckseligkeit kein sterblicher wůrdig war / also liesse mich der himmel auch bald darauf inne werden / wie ihme so leicht sei /eine abwechselung in unseren zustand einzuschalten: indem er verschaffete / daß ich / der ich so vollkommen glückhaft gewesen / die h \chsten proben der widerwertigkeit anstehen und erfahren muste. Es wolte eben der K \nig seine abgesandten nach Ophir abordnen / dem K \nig meinem herr vatter seines sohnes wesen und leben zu hinterbringen: als gesandte von Ophir zu uns kamen / bei dem Pharao etwas anzubringen. Wir befanden uns dazumal nicht in der haubtstadt des reiches / sonderen in der stadt Says /als diese botschaft von Ophir ankame: deswegen allein der Pharao nach Tanis reisete / und mich bei der K \nig n liesse. Weil nun die entdeckung meiner person bei hof nicht kůndig war / als erfuhren die von Ophir nichtes von dem sohn ihres Königs / und[409] brachten dem Pharao ihr gewerbe an: wiedaß ihr König Jaziz / weil ihme der himmel keine månnliche erben gegeben / einen von den Egyptischen Prinzen an sohnes statt annemen wolte / der seine tochter Indaride ehlichen / und nach seinem tode K \nig von Ophir werden solte. Und hierzu ernennten sie den Prinzen Hiarbas / von deme sie in Canaan viel gutes vernommen hatten.

Dieses unverhoffte anmuten meines herr vattern /kame dem Pharao gewünscht für / und vergasse er auf einmal / wer ich ware / und was mir von rechts wegen gebůrete: weil er / mit dieser gelegenheit / seinen jůngsten sohn zu einen so måchtigen K \nig machen kunte. Demnach versprache er denen abgesandten alsobald / seinen jüngsten sohn ihrem K \nig zuzusenden / und wandte grossen fleiß an / daß sie von mir ja nichtes erfahren m \chten: massen er sie auch deswegen so eiligst / als möglich / wieder abfårtigte. Er wuste aber nun nicht / was er mit mir anfahen solte: und in seinem gewissen wol befindend / wie grosses unrecht er mir anthåte / kunte er sich nicht dazu verstehen / sich von mir sehen zu lassen. Also verstrichen etliche wochen / daß wir musten zu Says verbleiben / ehe wir einigen befehl oder nachricht von hof bekamen. Die Königin / welche ebenfalls begierig ware / zu erfahren / wie es ihrem herrn erginge / und was die gesandte von ihrem bruder aus Ophir gewolt hatten / bezeugte mir zum \ftern ihre verwunderung ůber des Pharao beginnen / daß er uns nicht wieder nach Tanis holen liesse / da er sonst fast keinen tag ohne sie seyn kunte. Ich konte ebenfalls mich hieraus nicht finden. Weil ich aber noch keines unglücks gewonet war / als anete mir auch nichts widriges: und ware ich / wegen der glůckseeligkeit / meine Prinzessin stäts bei mir sehend und ihrer gesellschaft geniessend / [410] so wol zu frieden / daß ich wenig an andere dinge gedachte.

Endlich aber bekame die Königin befehl / alleine nach Tanis zu kommen: die Prinzessin aber / wie auch der Prinz und ich / musten zu Says zurůcke bleiben. Der Pharao entdeckte der K \nigin sein anligen: wiewol er dazumal noch im zweifel schwebete / und bald / von seinem b \sen gewissen gequälet / mich meinem herr vattern offenbaren / bald dem Hiarbas die Ophirische Kron zuwenden wolte. Nergade / von mütterlicher liebe geblendet / sprache alsofort ihrem gemal einen muht ein / dieses glůck ja nicht zu verschlagen /sondern mit beiden händen anzunemen. Wie nun sein vatterherz ihn leichtlich hierzu bewegete / als ware nur die frage / wo man dann mit mir bleiben solte. Dieses auszudenken / fiele ihnen zimlich schwer: allermeist / weil sie meinen muht wol kanten / der mich unmůglich zu diesem unrecht wůrde schweigen lassen. Und wolten sie gleich schon zuweilen auf meinen tod wehlen / so schluge ihnen doch solches aus den gedancken / die erinnerung / daß ihre tochter mich liebete: welche nicht verschweigen wůrde / wer ich gewesen. Demnach bereueten sie wol tausendmal / daß sie mir gesaget / wer ich wåre / und daß sie selber / zu der Prinzessin und meiner liebe / so grosse bef \rderung gethan hatten. Nergade wolte / man solte den Hiarbas für den Prinzen von Ophir ausgeben / und mich hingegen zum Hiarbas machen: sie mussen aber befahren / daß alsdann die Rehuma / wider diesen ihren vermeinten stiefsohn / viel gefårliches schmieden wůrde / und k \nte er dann auch auf die weise die Indaride nicht heuraten / welche doch allein seinen thron befestigen kunte. In dieser ungewißheit verharreten sie eine gute zeitweile / bis sie endlich beschlossen / die Prinzessin erstlich von mir [411] zu nemen: und solte inzwischen ich zu Says mit einer starken wacht verhütet werden / damit ich nicht hiervon ungefär etwas innen würde / und heimlich davon nach Ophir ginge.

Ich ware eben bei der Amesses im gemach / mit ihr höchstvergnügt überlegend / wie ihr dereinst zu mut seyn wůrde / wann sie in ein so weit entferntes land /als Ophir wåre / mit mir hinweg reisen solte. Ich h \rete damals / aus ihrem holdseeligen munde / die antwort: wiedaß ihr die ganze welt nicht zu weit seyn solte / dieselbe durchzureisen / wann es mit ihrem Armizar geschehen könte. Indem tratte Petosiris / des K \nigs oberkåmmerer / zu uns ins gemach: worüber wir uns beide erfreueten / weil wir hoffeten / vom K \nig etwas erwůnschtes zu vernemen. Wie aber die Prinzessin ihme freudig entgegen kame / sagte er / mit ernstlichen gebärden: ich m \chte in mein zimmer kommen / er håtte mir etwas anzudeuten; immittels müste die Prinzessin sich gefasst halten / nach Tanis zu reisen. Sie fragte gleich: Ob ich ihr dann nicht gesellschaft leisten wůrde? Er wolte ihr aber keinen fernern bericht geben: und ware es schon also angeordnet / daß / sobald ich in meinem gemach wåre / die Prinzessin mit ihrem bruder hinweg reisen muste. Ihre angst fůr mich / ware nicht geringer / als meine unruhe: und zeigte ich dem Petosiris mein verlangen / von ihm zu vernemen / was er von des K \nigs wegen mir anzubringen håtte. Weil derselbige mich ståts geliebet / als konte er mir mein gefängnis nicht ohne thränen ankůndigen. Ich muß gestehen / daß bei damaliger meiner unwissenheit / es mich nicht wenig befr \mdete / an dem ort mich gefangen zu sehen / da man mich jederzeit so hoch geliebet. Mein gewissen klagete mich um nichtes an / und argw \hnete ich auf die Rehuma / ob [412] die etwan hierunter wirken m \chte: ich kunte aber auch dieses nicht fůr möglich absehen.

Weil mir nun Petosiris nichtes mehr sagen wolte /als liesse ich dem Pharao vermelden: Ich verlangete zu vernemen / was ihn dazu bewege / mit einem Kronprinzen also zu handeln. Hiemit gabe ich mich in die gedult / und entfunde nichtes schmerzlicher / als die abwesenheit meiner Prinzessin. Indem ich ferner tausenderlei ursachen ůberdachte / die mich möchten in diese gefängnis gebracht haben / fiele mir endlich ein: ob ich etwan einen mitbuler bekommen håtte /dem der Pharao geneigter als mir worden wåre. Aber hierwider tr \stete mich der K \nigin beståndigkeit /von der ich glaubte / daß sie mein wort beim K \nig reden würde. Wie nun die Prinzessin nach Tanis gekommen / verheelte man ihr / was beschlossen war /und kunte sie nicht erfahren / wo ich geblieben wåre: sie spůrete aber aus des K \nigs und der K \nigin unruhe so viel / daß etwas besonderes müste fůrgegangen seyn. Der Prinz Amosis / der mich sehr liebete /kunte ebenfalls hievon nichtes erforschen. Also gebare dieses unwesen am ganzen hofe viel wunderliche urteile: da doch keiner erriete / was es eigentlich wåre.

Der Epha / welcher vor allen grossen bei hof um meine geburt und liebe zur Prinzessin wuste / hatte sich von ihrer schönheit also einnemen lassen / daß er sie fůrlångst liebgewonnen. Er spielete aber damit so geheim / weil er an mir / als der ich ihme wegen meiner geburt sehr weit überlegen war / einen gar zu gefärlichen mitbuler hatte / daß niemand das geringste hiervon gemerket. Nun aber meine abwesenheit ihme einen freiern zutritt bei der Prinzessin zuliesse / als wuchse dardurch auch seine liebe: so gar / daß er einsmals die künheit name / solche der Amesses zu entdecken. Diese grosmütige Prinzessin erzůrnete [413] sich so sehr hierüber / daß sie gleich hinginge / solches der K \nigin zu klagen: gegen der sie dann nicht allein über den Epha sich höchst beschwerete / sondern auch ihre betrübnis über meine so lange abwesenheit hervor stiesse. Die K \nigin aber wolte ihr von mir nichtes sagen / und gebote ihr dabei: Sie solte dem Epha mit aller h \flichkeit begegnen; und ob zwar ihr wille nicht sei / seine liebe anzunemen / so müste sie dennoch nicht so hart mit ihme verfahren / daß er bewogen würde / von ihrem hofe abzugehen / da der K \nig seine dienste unmůglich missen k \nte.

Die arme Amesses / fande in diesem befehl wenig vergnügung. Der Epha aber / als deme sie gedreuet /sich über ihn zu beschweren / hatte bei dem K \nig fürgebauet / und seine erlassung begehret: weil er besorgte / wann der K \nig innen wůrde / wohin ihn seine freche gedanken verleitet / er wůrde grosse ungnade und beschimpfung zu erwarten haben. Dieses kame nun dem Pharao so fr \md für / daß er nicht wuste / was er gedenken solte. Weil er den Epha sehr liebete / als kunte er sich nicht entschliessen / ihme den begehrten abschied zu geben: hingegen wolte er durchaus wissen / was ihn bewege / solches zu verlangen. Epha sagte: Er håtte sich gegen den K \nig versůndiget / und befünde sich so schwach / daß er von seinem verbrechen nicht abstehen k \nte / es sei dann daß der König ihm zuliesse / Egyptenland auf ewig zu räumen. Weil Epha dem Pharao ein mehrers nicht sagen wolte / als ward er ganz unruhig / und entdeckte solches der K \nigin: die ihm hierauf / des Epha liebe zu der Prinzessin / offenbarete. Dieses würde zur andern zeit den König sehr beleidigt haben: jetzund aber / da er mein verderben auf alle weise suchete / ware ihm solches die gewünschteste zeitung / als deren er zu seinem vorhaben sich bedienen kunte.

[414] Als er folgends mit etlichen priestern der Isis / die seinen geheimen raht machen / sich unterredet / was mit mir fůrzunemen wåre? gefiele der schluß: ich můste den heiligen orden der Isis annemen / und ihr mit priester werden; und ob ich solches mit gutem willen nicht thun wolte / k \nten leichtlich mittel /mich hierzu zu zwingen / erfunden werden. Weil dieses insonderheit der Orgas riete / so der Isis Oberpriester / und in sehr hohem ansehen beim Pharao ware: als wurde seinem raht gleich gefolget / und anbei die arme Prinzessin verdammet / den Epha zu ehlichen /welchen der K \nig / auf seinen todesfall / zum statthalter des reiches benennen wolte / daß er seinem sohn dem Prinzen Amosis / als einem herrn von gar zu frommer natur / und der sich eher zu einem geistlichen als regenten schickte / die regirung füren hälfe. Die Königin / so allemal mit im raht sasse / billigte dieses alles / im meinung / daß man auf solche weise mit mir aufs leidlichste verfahren wůrde / weil die priester nächst dem König im reich die gr \sten wåren. Sonsten hatte sie allemal heftig widersprochen / wann die stimmen im raht auf meinen tod gezielet: weil noch so weit / einige wolgunst gegen ihres brudern sohn / bei ihr ůbrig geblieben ware. Die Prinzessin Amesses / die hiervon nichtes wuste / zwunge sich indessen / soviel ihr můglich / dem Epha ihren haß zu bergen / und wolte hierinn ihrer fraumutter gehorchen / ob es ihr schon schmerz entfindlich fiele.

Der K \nig aber wolte nun ins werk richten / was er ihme fůrgenommen: liesse demnach den Epha nächsten tags in sein zimmer holen / und kůndigte ihm an /wie er ihme seine tochter zur ehe geben wolte. Epha /der dieses glůck nimmermehr vermutet / warf sich für den K \nig auf die kniehe / und wuste nicht / ob ihm diese freude warhaftig [415] begegnete / oder ob ihme nur also tråumete. Pharao aber name ihn bei der hand /und fürete ihn zu der Amesses: die gleichfalls nicht wenig sich entsetzte / den K \nig ihren vatter in solcher begleitung ankommen zu sehen. Ich gebe dir /Amesses! (sagte er gleich zu ihr /) den Epha zu einen gemal: weil Armizar dich verlassen / und den dienst der heiligen g \tter fůr dich und sein reich erwehlet. Er ist ein priester der Isis geworden: und weil dadurch das band zurissen / so dich an ihn verbunden / als nimm an seiner stat den Epha von mir an; und versehe ich mich zu dir / daß dein gehorsam hierinn / wie allemal / sich erweisen werde. Die halbtodte Amesses /kunte hierauf kein wort antworten / und vername auf einmal gar zu viel ůbels / als daß ihr gemüte solchem widerstehen k \nnen. Die treue liebe / mit der sie mir so unschuldiger weise zugethan gewesen / und welche sie so plötzlich von mir verachtet zu seyn erfuhre /kunte sie so geschwind nicht verlassen / daß Epha etwas fůr sich hätte hoffen dörfen. Der schmerze nun /samt dem verdruß / daß ihr / diesen vermessenen zu lieben / anbefohlen worden / ginge ihr also zu herzen /daß die sprache zurůck bliebe / und sie / ganz aus sich selber / ihren herr vatter ansahe.

Pharao / der solches vorher von ihr wol vermuten k \nnen / fuhre fort gegen ihr / und sagte: Mich wundert nicht / daß dich des Prinzen von Ophir beginnen bestürzt machet; ich selber habe mich anfangs nicht darein finden k \nnen. Nun aber kanst du mein misfallen / das ich hierüber getragen / mir nicht bässer benemen / noch auch an seiner verachtung dich vollkommener råchen / als wann du den Epha dir zum gemal erkiesest: welcher deiner liebe würdig ist / weil ich ihn nach mir zum fůrnemsten im reich ernenne / und er deine schöne nach würde erkennet und ehret. Unter diesen des Pharao reden / [416] erholete sich Amesses wieder / und bate ihren herr vatter: daß ihr ein wenig zeit / sich wol zu bedenken / m \chte gelassen werden; und solle er inzwischen glåuben / daß sie ståts seine gehorsame tochter seyn wůrde. Mit dieser kurzen antwort / war der K \nig / sowol als der Epha / h \chst vergnüget. Sobald sie aber von ihr gegangen / liesse Amesses ihren schmerzen den vollen lauf / warfe sich auf ein bette / und schůttete alles wider meine unbeståndigkeit aus / was ihr die wut nur in den sinn gabe. Sie ware gar nicht zu tr \sten / und erlitte in ihrem herzen die gr \ste marter: welches sich nicht entschliessen kunte / einen zwar nunmehr feindseligen freund aus-und hingegen einen liebenden feind einzulassen; indem die liebe zu mir in einen haß / und der haß zu den Epha in liebe / sich verwandeln solte.

In solcher angst brachte sie etliche tage hin: da die K \nigin / des Königs betrug meisterlich bef \rderend /ja so grossen unwillen / als er / ůber meine unbeståndigkeit zeigete / und die Amesses dahin zu ůberreden trachtete / aus rache den Epha zu heuraten. Sie erhielte es auch endlich / daß sie ihr jawort von sich gabe /und dem Epha / auf ihrer eltern begehren / die ehe versprache. Ob nun zwar ihr gehorsam sie hierzu triebe / und ihre grosmut / um aller welt dadurch zu weisen / daß sie sich um mich und meinen vermeinten wankelsinn nicht betrůbe: so wolte dannoch ihr innerlicher schmerze sich nicht also verbergen oder unterdrůcken lassen / daß nicht der leib ausstehen müssen /was der muht ůberwunden hatte. Es befiele sie eine gefårliche krankheit / die länger anhielte / als anfangs die ärzte vermutet. In solcher zeit litte sie des Epha besuchungen ganz gedultig: und ob sie ihn gleich nicht liebete / so ůberwand sie sich dennoch / aus gehorsam gegen ihren Eltern / seine liebesversicherungen [417] anzuh \ren / und ihn fůr ihren kůnftigen gemal zu erkennen.

Es ist aber nun zeit / daß ich berichte / wie es mir zu Says inzwischen ergangen. Ich lebete also / aller dinge unwissend / in meinem gefängnis / als eines tags der ehrwürdige Orgas zu mir kame / ůber dessen ankunft ich mich so sehr verwunderte / als erfreuete: weil ich eines teils nit aussinnen kunte / was ihn zu mir fůrete; anders teils aber begierig ware / wie es zu hof und fůrnemlich mit meiner Prinzessin stůnde / von ihm zu vernemen. Anfangs wolte er mir nichtes melden / sich gar bekůmmert anstellend. Endlich aber /wie ich so hart darauf drunge / von ihm die ursach meiner gefångnis zu wissen / und ihm sagte / wie mir wol bekant wäre / daß ihme von des K \nigs thun und anschlågen nichtes verborgen seyn k \nte: brache er heraus / und benennte die ursach dieser seiner ansprache / daß der K \nig ihme befohlen / mir eine zeitung anzubringen / die vermutlich mich sehr befrömden wůrde. Ich gabe zur antwort: Es wäre mir nun schon so viel fr \mdes widerfahren / daß ich nichtes wůste /das eine noch gr \ssere befr \mdung bei mir erwecken k \nte. So wisset dann / (fuhre er fort /) daß die Pinzessin Amesses verheuratet worden.

Wann ich noch mich erinnere / wie bei anh \rung dieser worte mir zu mut worden / verliere ich fast alle sinnlichkeit / und weiß nicht zu sagen / wie ich mich hierauf gebärdet: dann ich darůber ganz von mir selber kame. Nachdem ich / durch meine bediente / in den stand / von dem Orgas mein unglůck weiter zu vernemen / wieder gesetzet worden / erzehlte er mir: wie Epha um die Prinzessin beim K \nig angehalten /wie Amesses ebenfalls in ihn sich verliebt bezeiget /und wie der K \nig / seiner tochter belieben hierinn zu erfüllen / die heurat vollziehen / [418] und mich inzwischen in haft nemen lassen / damit ich dieser ehe mich nicht widersetzen könte. Keine worte důnkten mich damals zu hart / der unbeståndigen Amesses ihre untreu fürzurucken. Und ob es wol mir ganz unmüglich fůrkame / daß ihre tugend / die ich vermeinte so wol erkennt und geprüfet zu haben / diese leichtsinnigkeit begehen k \nnen: so brachte doch der Orgas alles so scheinbarlich für / daß ich es glauben muste. Ich betrachtete hierneben auch die undankbarkeit des K \nigs / die vergessenheit der K \nigin / und des Epha verlorne ehrerbietung: und sahe ich mich mit so vielem elende von allen orten / wo ich mich nur hinwendete / belagert / daß auch wol ein standhafterer sinn /als der meinige / håtte unterligen mögen.

Es vergingen viel tage / in welchen Orgas / mir ein mehreres / insonderheit das jenige / worum er eigentlich ausgesendet war / fůrzubringen / nåmlich mich zum priestertum zu bereden / bedenken truge: dann ich so voller schmerzen ware / daß er mich / alles anzuh \ren / für untůchtig erkante. Und ob ich schon ihme / als dem Oberpriester / deme man königliche ehre erweiset / mit m \glichster höflichkeit begegnete: so triebe mich doch zum öftern die ungedult / daß ich harte worte wider ihn und den König heraus stiesse /wann er diesen entschuldigen oder mich trösten wolte. Ich nennte den Pharao ungescheut einen verråter / der mir das entzogen / was mir allein geh \ret hatte. Ich dråuete auch \ffentlich / daß ich mich zu råchen nicht vergessen wolte / so lang in mir ein warmer blutstropfe seyn wůrde.

Mein elend / das ich in solcher zeit ausstunde /recht zu beschreiben / würde mir unmůglich fallen. Mich schmerzete am meisten / daß Amesses aus eigenem willen zu dieser heurat geschritten wäre: und solte es mich nicht so [419] sehr verdrossen haben / wann ich nur hätte wissen mögen / daß sie durch zwang dazu gebracht worden. Gedachte ich dann an mein gefångnis / das ich in solcher zeit můssen ausstehen /um dem Epha seine vergnůgung nicht zu beunruhigen: so wolte ich schier rasend werden / und dråuete dem glůckhaften Epha / daß er diese seine vergnůgung mir nicht lange ruhig besitzen solte. Betrachtete ich ihn aber hinwieder / als meiner Prinzessin gemal /die ich / ihn beleidigend / auch betrůben wůrde: so spůrte ich diese wut in meinem herzen wieder verleschen. Also fůreten Amesses und ich / beiderseits übel betrogen / einerlei leidwesen: da sie meine unbeståndigkeit / ich aber ihre untreu / beklagete. Man hielte uns aber beiderseits so eingeschlossen / daß wir nichtes von allem diesem betrug erfahren konten.

Mein kummer hatte mich so unachtsam gemacht /daß ich nicht einmal warname / wiedaß ich noch / als zuvor / gefangen gehalten wurde: und spůrete solches allererst / wie ich / nach wiedererlangten leibeskråften / die ich von bekůmmernüs ganz verloren gehabt / den schluß fassete / das undankbare Egypten zu verlassen / und nach Ophir zu reisen. Weil mich nun die wacht nicht auslassen wolte / als beschwerete ich mich darůber gegen den Orgas: der aber einen K \niglichen befehl aufzeigete / daß es mit mir also muste gehalten werden. Dieses mehrete nun meine ungedult / und machte mich auf mittel denken / wie ich los kommen m \chte. Orgas kame nun wieder öfters zu mir / und begunte nach und nach von dem vergnůgten leben der priester in der Isis tempel mir fürzuschwatzen: und wuste ich anfangs nicht / wohin ich solches deuten solte. Er sagte mir letzlich: wie er schwerlich glåube /daß der K \nig mich jemals wieder los lassen würde; weil er zu sehr meine rache befürchte. [420] Er sagte ferner: Es stehe mir ein weg offen / diesen beschwerlichen banden zu entgehen / wann ich mich dazu entschliessen wolte. Wie er mich nun begierig aufmerken sahe / berichtete er mich weitläuftig: wie die Isispriester in ihrem gesetze die freiheit håtten / jederman in ihren geistlichen orden aufzunemen / der sich dazu geneigt finden liesse; und k \nte ihnen der König eine solche person nicht fůrenthalten. Daferne mich nun nach meiner freiheit verlangte / so k \nte ich durch ein so vergnůgtes mittel dazu gelangen: und wolte er mich dessen versichern / daß ich / wann ich die süssigkeit ihres lebens nur einmal kostete / dieselbe nachmals nicht um alle kronen der welt zu vertauschen begehren wůrde. Er erinnerte mich dabei / was einer aus ihren priestern mir vordessen aus der hand geweissagt. Kurz! er ermůdete nicht / alle ersinnliche gründe herbei zu bringen / die mich überreden möchten / ein Isis priester zu werden.

Ob ich nun wol im herzen keine regung fülete / ein geistliches leben anzunemen / auch mein gemüte noch viel zu verwirret war / eine ruhe zu erwehlen: so name ich mich doch åuserlich an / als liesse ich mir seine vorschläge gefallen / weil ich dadurch aus meinen verdrießlichen banden zu entwischen verhoffete. Also betroge ich den Orgas / oder vielmehr den König / von dem ich so erschrecklich ware hintergangen worden /mit gleicher list / und ergriffe eben dieses mittel / so sie / mich ewig gefangen zu halten / ersonnen hatten /aus ihren hånden zu entgehen. Wie nun Orgas meine enschliessung gleich nach hof berichtete / wurde der Pharao neben der Nergade damit h \chst erfreuet: und verordnete er alsobald / daß ich nach Noph in den tempel / so heimlich / daß niemand etwas davon innen werden möchte / solte gebracht werden. Weil sie mir traueten / daß ich diesen [421] orden anzunemen recht entschlossen wåre / als reisete Orgas mit mir von Says heimlich hinweg / ohne sonderliche fůrsorge fůr meine person / und kamen wir nach Noph / ehe ich noch eine gelegenheit / zu entrinnen / absehen kunte.

Daselbst aber traffe ich ungefår einen meiner alten bekanten den Migdol an / welchen in geheim zu sprechen / ich einsmals / als Orgas in dem tempel war /gelegenheit bekame. Diesem klagete ich meinen zustand / wie elend es mir erginge / und was ich zu thun entschlossen wåre. Ich erfuhre von ihm hinwider /wiedaß der Prinzessin Amesses beilager mit dem Epha noch nicht vollzogen wåre / und daß sie gar krank danider låge. Diese unverhoffte zeitung / machte mich die augen \ffnen / daß ich allhand den betrug / damit sie umgingen / merkete / und wurde mein fast erstorbenes herz halb wieder lebendig: dann ich kunte hieraus abnemen / meine Amesses můsse von betrůbnis krank ligen / daß sie mich zu verlassen wäre gezwungen worden. Demnach entschlosse ich mich um so viel begieriger / meine freiheit zu suchen / um / des Epha beilager noch zu hintertreiben / und dieser betriegerei zu entgehen. Also redete ich mit dem Migdol ab / in der nacht mich davon zu machen: worzu er mir seinen beistand versprache. Unser schluß ware / daß ich nach Raemses gehen wolte / da die bůrger mir sonderlich gewogen waren: und weil sie / wegen des statthalters des Pythons unerträglicher regirung /leichtlich zu einem aufstand kunten beweget werden /als hatte ich die hoffnung / daselbst viel gutes auszurichten.

Unser anschlag glůckte uns nach wunsch und willen / und kame ich auf einem pferd / welches Migdol bestellet / mit ihme davon / als der Orgas sich dessen zum wenigsten versahe: da wir dann nacht und tag fortreiseten / bis [422] wir Raemses erreicheten. Weil mich fast ganz Egypten für ihres Pharao sohn hielten / und folgbar die leute der stadt mich für ihren Prinzen erkennten / als namen sie mich mit grossem frolocken auf: zumal sie bisher / wegen meiner abwesenheit / da niemand gewust / wo ich geblieben wåre / in sorgen gestanden. Der statthalter Python ware zu meinem glücke nicht anheimig: deswegen fiele mir um soviel leichter / mein vorhaben werkstellig zu machen. Ich liesse gleich die åltesten der stadt zu mir kommen /und offenbarete denen / wie es mir erginge / wie nämlich mein herr vatter der Pharao mich zwingen wolte /ein Isis-priester zu werden. Demnach wolte ich mich hiemit in ihren schutz begeben / der hoffnung und zuversicht lebend / sie wůrden ein solches nicht zulassen: zumal ich meinem vatterland noch viel nützlichere dienste zu erweisen vermeinte / als wann ich fůr ihnen den g \ttern räucherte. Die von Raemses / denen mein ungemach sehr das herz rürete / erboten sich alsobald / mir zu dienen / auch ihr gut und blut bei mir aufzusetzen: wie sie dann gleich mich zu ihren herrn aufwurfen / und mir die heersmacht des Pythons untergaben. Ich gebrauchete mich dieses glůckes so bescheidenlich / daß ihre gunst gegen mir je mehr und mehr zuname. Diese zeitung erscholle bald nach Tanis / und wurde der König dardurch in übergrossen schrecken gesetzet: welcher straks dem Epha befehl erteilete / Raemses wieder zum gehorsam zu bringen /und sich meiner person zu bemächtigen. Orgas hatte aller seiner klugheit vonn \ten / des K \nigs zorn zu entgehen / und seine nachlåssigkeit zu entschuldigen. Aber niemand ware fröher / als der Prinz Amosis / der mich sehr liebete / und meinetwegen bis dahin in grossen sorgen gestanden ware.

Die bestürzung und verwirrung über dieser plötzlichen [423] änderung / verursachete / daß man sich nicht in acht name / für der Prinzessin Amesses dieses zu verbergen: und kan man gedenken / wie ihr zu mut worden / als sie hörete / baß ich ein herr in Raemses worden / da sie mich in der Isis tempel zu seyn gewiß vermutet. Der beschämte Epha hatte den muht nicht / der Prinzessin zuzusprechen: weil er besorgen muste /daß ihr nun seine betriegerei wäre bewust worden. Unser beider gemüter waren hierdurch zwar etwas ruhiger worden: doch wuste sie noch nicht / ob ich ganz an dieser verlassung unschuldig wåre; und ich / kunte mich auch noch nicht allerdings in ihre verlobung mit dem Epha richten. Ich suchete zwar oft gelegenheit /an sie zu schreiben / kunte aber hierzu keinen sicheren weg finden: dann ob mir wol der Prinz ihr bruder sehr gewogen war / so durfte ich jedoch mich auf ihn nicht verlassen / weil ich besorgen muste / er würde die geheimheit hierbei / wie es vonn \ten / nicht in acht nemen. Inzwischen entbote ich dem K \nig: Ich wolle wissen / warum ich so lange müssen gefangen sitzen /und was ihn darzu bewogen / aus mir einen priester der Isis zu machen? da ihme ja wol bekant wåre / wie der himmel mich zu anderen verrichtungen håtte lassen geboren werden.

Ich erfuhre in Raemses / wiedaß der Prinz Hiarbas fürlångst von Salem nach Ophir wåre abgefordert worden / um / selbiges reich dereinst zu erben. Also wurde meinem sinne noch klårer / was der K \nig mit mir fůrhätte: und hielte ich es darum für kein unrecht /mich auf alle weise zu råchen / da ich so hoch ware beleidiget worden. Also brachte ich in geschwinder eile volk zusammen / und fielen mir alle umligende stådte zu / samt dem ganzen lande Gosen: daß ich also mich måchtig genug sahe / des Epha ankommender macht zu widerstehen. [424] Dieser nun / als ein erfahrner kriegsmann / von dem ich auch den krieg gelernet hatte / schåtzete mich nicht so hoch / als sehr ich mich beursacht achtete / gegen ihn behutsam zu gehen. Weil ich aber auf meiner seite eine gerechte sache wuste / als erwartete ich seiner mit freudiger standhaftigkeit. Meine rede nicht gar zu weitlåuftig zu machen / wil ich nur dieses sagen / daß es endlich zu einer haubtschlacht kame / da das glůck den sieg auf meiner seite verliehe: daß ich also das feld erhielte / und den Epha zwunge / sich bis nach Says zurück zu ziehen. Ich verfolgete aber meinen sieg / und von liebe getrieben / liesse ich den Epha fahren / als den ich mit den seinigen so abgemattet wuste / daß er sobald sich nicht wieder erholen wůrde / und ginge gerad auf Tanis zu: welches ich belagerte / in hoffnung / dardurch den K \nig zu båssern gedanken zu bringen /und meine Prinzessin wieder zu erlangen.

Weil der Pharao dieser meiner entschliessung sich nicht versehen / als brachte ihn der schrecken alsobald auf die gedanken / von dannen zu entfliehen: wurde also die anstalt gemachet / mit dem ganzen hof / die folgende nacht / sich aus der stadt nach Says zu begeben / dahin frische v \lker schon im anzug waren / den Epha zu verstårken. Ich erfuhre diese flucht / setzete ihnen deswegen eiligst nach mit einem grossen hausen der meinigen / und ertapte den wagen der Prinzessin: die ich / neben ihrer leibwacht / unwissend was ich fůr sch \ne beute bekommen / gefangen name / und ferneres nachjagen einstellete / weil ich von der nacht ůberfallen wurde. Als ich nun im lager wieder angekommen / ersahe ich / beim schein der fakeln / meine Amesses unter den gefangenen. Ich kan wol nicht sagen / was freude und bestůrzung mich zugleich überfallen. Ich warfe mich [425] alsobald zu ihren füssen /welche ich umfassete: und vermochte kein einiges wort herfůr zubringen. Sie aber / ob sie wol / wie sie mir nachgehends bekante / mich zusehen erfreuet war / achtete ihrem zustande geziemender / mich als ihres vatters feind zu halten. Demnach risse sie sich von mir los / und sagete: wiedaß solche bezeigungen sich nicht gebůreten / da sie meine gefangene wåre. Die meisten von den umstehenden / kunten sich nicht darein finden / bruder und schwester / dafür sie uns hielten / also miteinander reden zu h \ren.

Weil ich mich bald wieder erholete / und den leuten ihre einbildung / daran dißmal meine wolfart hienge /nicht benemen wolte: als befahle ich / man solte die Prinzessin in ein gezelt füren. Ich ginge hierauf zu ihr ganz allein / um / aus ihrem schönen mund das urteil entweder meines todes oder meines lebens anzuh \ren. Von eiversucht getrieben / kunte ich mich nicht enthalten / ihr anfangs ihre untreu und unbeståndigkeit fürzurücken / zu ihr sagende: Ach Prinzessin! wie ist diese ansprache so unterschieden von dem lezten abschiede / den wir zu Says voneinander namen! wer hätte mir damals sagen sollen / daß ich die Amesses nicht wieder mit solchem gemüte / sondern also gar veråndert und dem glůckseligen Epha zugethan / antreffen wůrde? Ich weiß nicht / (gabe sie mir zur antwort /) ob Amesses sich so verändert / wie der Prinz Armizar: der so wol gegen die götter / als gegen den menschen / sich so unbeständig erweiset / daß ich zweifeln muß / ob noch in ihme der alte tugendgeist zu finden sei. Wie so / Amesses? (fragte ich sie / ganz bestůrzet /) welcher unbeständigkeit bin ich dann zu bezůchtigen? Habt ihr mich nicht erstlich verlassen /Armizar! (antwortete sie /) und die entschliessung gefasset / der Isis priester zu werden? Habet ihr nicht[426] diese meinung wieder geändert / und euch fůrgenommen / den Pharao / der euch erzogen / um kron und thron zu bringen? Müsset ihr nicht selbst gestehen /daß ich betrogen und Isis hintergangen worden? daß Pharao / seine sorgfalt / an einen undankbaren verwendet?

Ach liebste Amesses! (sagte ich hierwider /) niemals ist mir dieses in den sinn gekommen / der Isis priester zu werden: und der himmel weiß / daß mein herz mit recht einiger untreu nit kan beschuldiget werden. Hierauf erzehlte ich ihr alles / wie es mir zu Says ergangen: das ihr dann / mehr als zu klar / meine unschuld erwiese. Als ich sie überdas berichtete / wie Pharao mir die unbilligkeit erwiese / und den Hiarbas als Erbprinzen nach Ophir geschickt håtte; kunte sie ihre eltern nicht ferner entschuldigen / und die augen mit thrånen füllend / sahe sie mich ganz mitleidig an /und sagte: Ihr sehet / Armizar! wie nahe mir eure feinde verwandt sind / und wie mich das recht der natur zwinget / ihrem willen zu folgen / und eure gerechte sache zu verlassen. Pharao thut euch unrecht: aber er bleibet dannoch mein vatter. Und ob ich euch gleich dem Epha tausendmal in meinem herzen vorziehe / so muß ich doch – – – Ach grausame! (fiele ich ihr allhier in die rede /) höret auf / mir mein leztes urteil zu sprechen. Ich habe schon genug / daß ich weiß / ihr wollet eher der unbilligkeit / als dem rechte / beitretten. Ihr könnet auch eure zuneigung / mit dem willen eures vatters / nicht rechtfårtigen. Hierauf beteurete sie mir hoch / daß sie den Epha nicht aus liebe / sondern allein aus gehorsam gegen ihre eltern / ehlichen wůrde.

Hiermit endete sich unsere erste zusammen sprache: da ich dann das übrige der nacht in gröster unruhe hinbrachte / weil ich bei mir unschlůssig war / was ich mit der Amesses nun ferner fůrnemen solte. Ihre besitzung / [427] war der vornemste zweck / darnach ich zielete. Weil ich des halben K \nigreichs meister war /als hoffete ich den K \nig zur billigkeit zu vermögen /wann ich / fůr die Prinzessin / ihme sein abgenommenes land wieder friedlich abtråtte. Demnach begabe ich mich folgenden tags wieder zu der Prinzessin / ihr mein vorhaben zu eröffnen. Sie aber wolte mir ihre gedanken / ob sie gleich mit den meinigen gleichf \rmig waren / nicht entdecken / und sagte allein: Ich hätte macht zu thun / was ich wolte; sie k \nte jezt an nichtes / als an ihre freiheit / gedenken. Weil ich nun sahe / daß es ihr nicht zuwider wäre / schickete ich einen herold an den Pharao nach Says ab / der dem K \nig den frieden anbieten / und zugleich die Prinzessin fůr mich zur ehe begehren solte. Mitlerweile nun dieser ausen war / speiseten wir uns beiderseits mit hoffnung / der K \nig wůrde dieses gern eingehen: und bei solcher hoffnung / name die Prinzessin gůtig auf / daß ich sie von meiner liebe unterhalten dorfte /und verhielte mir nichtes von aller der marter / die sie meinetwegen ausgestanden / als sie mich unbeständig gegläubet. Und ob sie wol darbei mich immer bate /sie an ihre eltern wieder zu ůberlassen: so spürete ich doch soviel / daß mein ungehorsam hierinn sie nicht beleidigte.

Nachdem ich lange und mit schmerzen auf des K \nigs erklårung gewartet / kame endlich der herold wieder / und brachte mir keinen andern bescheid / als daß Pharao mit funfzigtausend mann mir entgegen kåme / und selber mir die antwort bringen wolte /wem er seine tochter bestimmet håtte. Wolan dann! (sagte ich / in gegenwart der Prinzessin /) weil der Pharao seine tochter mir wieder abzunemen kommet /so wil ich sie bis in den tod beschůtzen: dann er hat sie mir eher als den Epha zugesaget / und sein versprechen unbillig geschwåchet. [428] Hiemit entschlosse ich mich / dem K \nig entgegen zu gehen / und liesse die Prinzessin wol bewahret auf ein stetes bergschloß füren / das nicht weit von Tanis gelegen ist. Die grosse liebe meiner soldaten / die sie zu mir trugen / und meine unschuld / machte / daß sie weder die gefahr beachteten / noch auch ihren eigenen König in person zu bestreiten sich scheueten / ob schon des Pharao macht viel grösser war / als die meinige. Also kame es wieder zu einem haubttreffen / da der sieg lang zweifelhaft ware: endlich aber fiele er auf des K \nigs seite / und muste ich mit den meinigen das feld räumen. Weil in wärendem gefechte / von den K \nigischen ware ausgebreitet worden / wiedaß ich ein Prinz von Ophir / und nicht aus Egypten wäre: als wurde hierdurch der eifer und die zuneigung der meinigen so gar gemindert / daß sich die meisten zu den Pharao schlugen / und ich kaum tausend mann bei mir behielte.

Mit diesen begabe ich mich in eile zu růcke nach dem schloß / alda ich die Prinzessin gelassen: in meinung / sie von dar nach Raemses / und folgends weiter nach Ophir zu füren. Ich wurde aber von dem Pharao so geschwind verfolget / daß ich mit der Prinzessin nicht hinweg kommen konte / sondern mich belågern lassen muste. Weil nun der ort ůberaus fest war /und keinen mangel an lebensmitteln hatte / als entschlosse ich / bis auf den lezten mann mich zu wehren / und stunde also eine lange belågerung aus. Ich hatte aber hierbei die vergnügung / meine Amesses immer zu sehen: ob wol / an ihrer seite / wenig ruhe sich hierbei funde / weil sie in stäter angst für meine person schwebete. Sie lage mir auch mit unaufhörlichem bitten in den ohren / daß ich sie ihrem herr vatter wieder zuschicken solte.

Als sie aber meine halsstarrigkeit sahe / gedachte sie [429] auf mittel und wege / wie sie mir ohne mein wissen dienen möchte. Demnach sandte sie heimlich jemanden zu dem Pharao / der ihme anmelden muste: wofern sie meiner freiheit versichert wåre / so wolte sie dem Pharao das schloß aufgeben. Dieses thåte sie aus guter meinung: weil sie hochvernůnftig wol ermessen kunte / daß ich in die länge nicht wůrde ausdauren k \nnen. Pharao name dieses anerbieten willigst an / und liesse seiner tochter meine freiheit versprechen / wann sie ihr wort halten wůrde: dann er selber ware nun müde worden / diese belägerung auszufüren. Hierauf beredte die gute Prinzessin gegenwärtigen Sephar / der damals mein waffenträger war /auf ihre seite / und ihme offenbarend / was sie zu meinem båsten gehandelt / brachte sie durch ihn die Königischen in das schloß / und machete also der belågerung ein ende.

Ich vermutete nichtes weniger / als dieses / und ware ganz sicher / als ich die feinde mir auf dem hals sahe. Mitlerweile sie alle mauren und thore besetzeten / sagte mir Amesses / was sie gethan / und wolte / daß ich mit ihr zum König mich verfůgen solte / bei deme sie meine freiheit erhalten håtte. Ich muß bekennen /daß ich / so lieb mir die Prinzessin ware / ganz ungedultig hierůber wurde: und bildete ich mir fůr gewis ein / sie hätte dieses alles / aus haß gegen mir / und aus liebe zu dem Epha / fůrgenommen. Wie ich nun diesen glůcklichen mitbuler ankommen sahe / ginge ich voller wut und eifer auf ihn los / und rieffe ihm zu: Er solte ankommen / mir jetzund die Prinzessin von Egypten das lezte mal zu bestreiten. Er / der in der warheit grosmütig ist / wolte mir diesen angetragenen kampf nicht versagen / und stellete sich dapfer zur gegenwehr. Weil ich aber mehr wut als fůrsichtigkeit gebrauchete / als verursachete ich [430] damit / daß wir beiderseits in geschwinder eile viele wunden bekamen. Das zulaufende volk / brachte uns mit grosser mühe voneinander / als Epha sowol als ich / von dem vielen verlornen blute / schon begunten onmächtig zu werden.

Die Prinzessin / die unseren streit nit verhintern kunte / hatte inzwischen zu ihrem herrn vatter sich begeben: und ware ihr erstes wort / daß sie ihn seines versprechens erinnerte / mir meine freiheit zu schenken. Pharao aber / der nun erlanget / was er verlanget / hielte nicht fůr n \tig / sich ferners zu verheelen /sondern sagte der Amesses in die augen / wiedaß ich sterben můste. Hiemit sahe sie / wiewol zu spat / was sie ausgewirket / und ware nicht zu trösten: so gar /daß man sie bewachen muste / weil sie ihr selber leid anthun wolte. Der Epha und ich / lagen inzwischen an unseren entfangenen wunden danieder: welches den Pharao verursachete / noch etliche tage alda zu verharren. Mein unfall / ward inzwischen überall kund: daher alle die jenigen / so bisher meine seite gehalten / sich gutwillig an den K \nig ergaben. Also brachte die eroberung dieses schlosses / den Egyptern den frieden wieder: und wurde Raemses / zur straffe ihrer untreu / geschleiffet.

Als endlich Epha und ich das reisen wieder vertragen kunten / brachte man uns nach Tanis / alda ich vername / wiedaß die rache des K \nigs mit nichts anders / als durch mein blut / k \nte befriediget werden. Amosis / der mir noch nie seine gunst entzogen / bemůhete sich vergebens / mich zu befreien. Die K \nigin / wolte mich zum priester haben: Orgas / bate ebenfals darum. Amesses aber vergasse aller ehrerbietung gegen ihrem herrvattern / und bote sich an / fůr mich zu sterben / wann der K \nig ja durch blut můste ausges \net werden. [431] Epha / unangesehen ich sein mitbuler ware / bate gleichfalls für mein leben. Sephar mein waffenträger / der so unschuldig / neben der Prinzessin / mich in dieses unglůck gestürzet / begabe sich aus verzweifelung hinweg: welcher / nach vielen wunderbaren abenteuren / endlich alhier des Königs Melchisedech priester worden. Wie mir damals zu mut war / kan man leichtlich gedenken / da ich den Epha fůr glückhaft und meine Prinzessin fůr unbeståndig halten muste: und machte mir dieses letzere die meisten gedanken / da ich sonst wegen dessen /was mir fůrstunde / wenig sorge truge / auch nichtes lieber / als den tod / verlangen und wůnschen konte. So sehr nun derselbige beim K \nig beschlossen war /so mächtig ware dennoch der K \nigin und des Orgas fůrbitte: also daß ich endlich ein Isis-priester zu werden verurteilet wurde; und solte an eben den tag / da man mich \ffentlich einfůren wůrde / die trauung des Epha mit der Prinzessin zugleich fürgenommen werden.

Amesses wurde hierum nicht von neuem befraget /ob gleich die umstände / ihre erste zusage gegen den Epha / wol nichtig machen kunten. Sie erfuhre auch wenig von allem dem / was über mich beschlossen worden: so gar / daß sie / meinen tod noch besorgend / auf mittel gedachte / mich zu erl \sen. Ihr bruder ware ihr zu ihrem fůrhaben sehr behülflich; und von dem Migdol bedienet / brachte sie es dahin / daß sie bei nacht in mein gefängnis kame / und mir meine freiheit ankündigte. Ich erschracke nicht wenig / die Prinzessin so unvermutet bei mir zu sehen. Ihre reden waren / daß sie mich antriebe / die gelegenheit in acht zu nemen / und mich eilends davon zu machen: dann ihr bruder hatte leute und pferde bestellet / die mich hinweg bringen solten. Ich aber wolte mich keineswegs hierzu verstehen / und [432] sie / ganz aus mir selber /anschauend / sagte ich zu ihr: Wie nun / grausame Amesses! so habt ihr noch gr \ssere marter / als den tod / fůr mich ersonnen? weil ihr vieleicht erfindet /daß derselbige mir von meinem elend gar zu geschwinde abhelfen würde? Amesses beantworte dieses erstlich mit einem starken thrånenbach / der ihr so häufig aus den augen drunge / daß sie kein wort zu sagen vermochte. Endlich aber brache sie in diese worte heraus: Ach Armizar! wie grosses unrecht thut ihr mir / also von mir urteilend? Ich liebe euch / Prinz von Ophir / und wünsche eure ruhe h \her / als mein leben. Hat mein voriges thun euch meine liebe nicht k \nnen bezeugen / so erkennet doch solche nun aus dieser meiner lezten that / da ich / meinem herrn vatter zuwider handelend / euch zu befreien hieher komme.

O elende freiheit / (rieffe ich /) die mir bitterer als der tod seyn wird! Was hilft mich mein leben wann Amesses nicht für mich lebet? Lasset mich lieber sterben / als des Epha glück erleben! Ihr můsset leben /mein Armizar! (sagte sie /) wofern euch der Amesses leben lieb ist. Und ich bitte euch um unserer liebe willen: g \nnet mir doch / daß die person euch wieder befreie / die euch in diese bande gebracht hat. Wann ihr mir wollet versprechen / (antwortete ich /) den Epha nicht zu lieben / so wil ich die angetragene freiheit annemen. Ich habe bereits meinen sinn euch geoffenbaret / (wiederholete sie /) daß ich euch liebe: daraus k \nnet ihr leichtlich ermessen / daß ich fůr den Epha nichtes übrig habe / als – – – Allhier verstummete sie / und ich rieffe: Fahret nur fort zu sagen. / O grausame! daß ihr für den Epha nichtes übrig habet / als die Amesses selber. Mein kindlicher gehorsam (fuhre sie fort /) wird mich zwar dazu zwingen / mich dem Epha zu geben: aber versichert euch / Armizar / er [433] soll meiner nicht lang geniessen / dann ich bald zu sterben gedenke. So lasset mich erstlich sterben / (sagte ich /) weil ich ja alles verloren / was ich auf der welt gehabt. Lebet / lebet / edeler Prinz! (wiederholete sie /) und bemåchtiget euch des thrones / den die meinigen euch unrechtmäsiger weise zu entziehen gedenken.

Nach vieler solcher wortwechselung / und als ich beständig dabei verharrete / lieber zu sterben / als ohne hoffnung ihrer liebe mich frei zu machen / zoge sie einen dolch herfůr / und hielte den an ihre brust /sagende: Wann ihr dann / Prinz von Ophir / die freiheit von mir nicht annemen wollet / so entfanget doch das blut der jenigen / die an allem eurem vorigen und jetzigen unglück schuldig ist; welches sie euch hier mit / zur aussönung dessen / was sie euch zuwider gethan / aufopfert. Hiemit hätte sie ihr selber gewalt angethan / wann ich ihr nicht håtte zugeruffen: Ich wolte gern frei werden / nach ihrem begehren. Wie ich demnach zugelassen / daß mir meine bande abgel \set wurden / sagte ich ferner zu ihr: Ihr wollet / grausame Prinzessin / daß ich leben soll / da ihr doch fůr meine liebe mir keine hoffnung übrig lasset. Lebet und hoffet / (antwortete sie /) und thut / was ihr verm \get /mich von dem Epha zu befreien! Diese worte stiesse sie gar geschwind heraus / und begleitete dieselben mit einer entfärbung: also daß ich ihre gemütsbewegung daraus sattsam spůren konte. Weil sie mich nicht eher verlassen wolte / bis ich mit denen jenigen hinweg wäre / die mich aus der stadt / und wohin ich reisen wolte / bringen solten: als folgete ich alsofort ihrem willen / und sahe mich auser Tanis / ehe ich noch recht begreifen konte / wie mir geschehen wåre.

Ich kunte nun nicht ersinnen / was ich fürnemen solte / der ich mich sonder macht und gewalt sahe /dem König [434] die Prinzessin abzufordern / und dem Epha dieselbe ferner zu bestreiten. Ich fülete zwar zum öftern eine anreitzung / nach Ophir zu gehen /und selbiges mein vätterliches reich zu besprechen: aber unmüglich fiele es mir / meine Prinzessin hinter mir zu verlassen: zumal weil ihre lezte worte mich aufmunterten / noch zu hoffen / und dahin zu trachten / wie ich ihrem befehl / sie von den Epha zu befreien /nachkommen m \chte. Auser sie heimlich zu entfüren /sahe ich nun hierzu kein mittel: ob ich aber dazu gelangen / oder auch ihren sinn dahin lenken würde /deswegen stunde ich in grossem zweifel. Jedoch bei so verzweifeltem zustand / wolte ich nichtes unversucht lassen. Demnach begabe ich mich / mit denen jenigen / die mich befreiet / und deren treue ich wol versichert war / heimlich wieder nach Tanis: in welcher grossen stadt ich / wegen mänge der leute / wol ein jahr verborgen bleiben wolte / ehe ein mensch mein da-seyn erfahren solte.

Mittlerweil ich nun an meinem anschlag arbeitete /befande der Pharao durch meine flucht sich in neue furcht gesetzet: weil er besorgte / ich würde nun wieder eine unruh im reich anstiften / oder doch nach Ophir gehen / und seinem sohn dem Prinzen Hiarbas das reich bestreiten. Dannenhero liesse er mich / aller orten / fleissig suchen. Weil auch der Epha / auf die vollziehung seiner heurat mit der Amesses / inständig drunge / als wurde ein tag zum beilager angestellet: da die Prinzessin / solches noch länger aufzuschieben / sich vergeblich bemůhete. Demnach thäte sie nichts anders / als unaufhörlich weinen: muste also der sonst glückhafte Epha dieses leiden ausstehen / daß er diejenige / die ihn glückseelig machete / in unglück setzen würde.

Ich erfuhre alles dieses / was bei hof fůrginge: welches [435] mich dann / mein fürhaben zu f \rdern / desto ämsiger machete. Wie ich nun / zu entfürung der Prinzessin / alle bereitschaft gemacht / kame ich / durch hůlfe des Prinzen Amosis / heimlich zu ihr in ihr zimmer: und diß geschahe den abend vorher / da den andern tag ihre reise nach Noph / um daselbst in der Isis tempel ihre trauung zu vollziehen / fůrsich gehen solte. Weil sie nichtes hiervon gewust / als erschracke sie so heftig / mich bei ihr zu sehen / daß sie schier überlaut geruffen / und also allen anschlag entdecket håtte. Ich funde sie von gram und weinen so verstellet / daß / wann ihre sch \nheit nicht so vollkommen in mein herz gebildet wäre / ich die Amesses in der Amesses fast nicht mehr erkant hätte. Weil keine zeit zu versäumen ware / als sagte ich ihr kůrzlich: Ich håtte /ihrem befehl zu folgen / ein mittel ersonnen / welches sie von dem Epha befreien k \nte. Sie hörete mich gedultig an / als begierig zu vernemen / was ich dann ausgesonnen håtte. Wie sie aber die flucht nennen h \rete / und daß sie sich von mir solte nach Ophir entfüren lassen / wolte sie ganz nicht daran / sondern rückete mir für: Wie ich so wenig einbildung von ihrer tugend hätte / daß ich ihr ein solches anmuten d \rfte. Sie sagte ferner: sie håtte vermeinet / ich wůrde ihr gift oder einen dolch gebracht haben; welches sie lieber annemen wolte / als dieses mittel / welches fůr ihren guten namen gar zu gefårlich wåre. Alles mein und ihres bruders zusprechen kunte sie von ihrer meinung nicht abbringen / und wolte ich die ungedult mich ůbermeistern lassen / sie mit gewalt zu entfüren. Sie vermerkte solches aus ein- und anderen ungedultigen worten / wurde darüber ganz unwillig /und entwieche / ehe ich mich dessen versahe / aus ihrem in ihrer fraumutter gemach: mich so aus mich selber hinterlassend / daß ich / wann Amosis [436] mich nicht hätte angetrieben / von dar nicht würde hinweg zu bringen gewesen seyn.

Ich setzete nun alles auf die höchste verzweifelung / und weder kron noch thron mehr achtend / kame mir in den sinn / ein Isis-priester zu werden. Ich begabe mich noch die nacht auf den weg / und meldete mich zu Noph bei dem Orgas an: der wol h \chlich sich entsetzete / mich zu sehen; noch mehr aber in verwunderung geriete / als er hörete / wozu ich mich entschlossen håtte. So wol der eifer um seine g \ttin / als die liebe zu seinem K \nig / von dem er versichert war /wie ihn dieses mein fürnemen h \chst erfreuen / und er dadurch von aller furcht ganz befreiet werden wůrde /triebe ihn an / mein begehren gleich zu erfüllen. Und ob wol sonsten ein jeder / in der stadt Phatures / im dienst der G \ttin muß recht unterrichtet werden / ehe er zu Noph eingefüret wird / und sein gelůbde ableget / welches dann lange zeit erfordert: so wolte ich doch nicht länger warten / sondern war gewillet / den tag /wann Amesses wůrde im tempel getrauet werden /mein gelůbde zu thun / und also mich / wie ein opfer /fůr ihren augen hinzugeben. Ich verlangte auch / um deß willen / bis dahin heimlich zu bleiben: welches der Orgas mir alles zuliesse. Also wurde in eil ein priesterliches kleid verfårtiget / welches ich bei der einfürung anziehen solte. Und wiewol der priester eine gewisse zahl ist / so wurde doch ich über dieselbige eingenommen / bis daß einer stůrbe: da ich dann in die rechte ordnung kommen solte.

Wie nun der ganze K \nigliche hof nach Noph sich verwandlet / und der grausame tag erschienen war /darinn ich meine Prinzessin auf ewig verlieren solte: da kamen sie såmtlich mit grossem pracht in den tempel der Isis. Ich / der ich aus einem verborgenen ort alles mit [437] ansehen kunte / erblickete bald die Amesses in königlichem schmucke: dabei aber so erblasset und bestůrzet / daß ich innerlich deswegen eine / wiewol grausame / freude entfunde. Sie ward von zweien kammerherren mehr getragen als gefüret: und sahe sie stäts nach der erden / gleich als hätte sie gewünschet /darein zu vesinken. Wie sie an den thron kame / da sie neben dem Epha / bis die opfer geschlachtet würden / sitzen solte / fiele sie auf den stul / ohne jemanden im tempel einige ehrerbietung zu erweisen / ganz kaltsinnig nieder. Folgends bliebe sie in den tiefsten gedanken sitzend / und gabe auf nichtes acht: verglieche sich also in allem einer leiche / die man daselbst begraben solte. Ich kunte mich ůber ihre stränge tugend nicht gnug verwundern / welche sie zu dieser marter gebracht hatte: und rückete ich ihr in meinem sinn zum \ftern fůr / daß sie / diesen gang zu thun /gar wol hätte k \nnen ůberhoben bleiben / wann sie nur meiner liebe folgen wollen.

Als aber alles volk nun im tempel versammlet war /und eben die opfer angehen solten / da begleitete mich die gesamte schaar der priester / von den Orgas gefüret / in den tempel: da dann jederman mich ersehend bestůrzet wurde / und der name Armizar überall erschallete. Ich / der ich kein aug von meiner Prinzessin abwandte / sahe / daß die nennung meines namens sie aufmerkend machete. Als sie / nach langen umhersehen / mich gefunden / schrye sie ůberlaut: Ach Armizar! und fiele damit zurücke / ihren jungfrauen ganz onmächtig in die arme. Epha / der neben ihr sasse /erschracke höchlich hierůber: inzwischen jederman zulieffe / der Prinzessin beizuspringen. Ich hätte solches mit verrichtet / wann ich meinen begierden folgen d \rfen. Indem sie aber noch mit ihr zu thun hatten / tratte der Orgas zu dem gleichfalls bestürzten [438] Pharao / und endeckete ihm meine entschliessung: der dann / voller freuden hierüber / allen haß vergasse /und mich zu vielen malen umarmete. Aber diese liebkosungen wurden von mir so kaltsinnig angenommen / daß alle anwesende wol sahen / was ich in meinem gemüt litte. Wie nun unterdessen die Prinzessin wieder zu sich selber gekommen / solte meine einfůrung ihrer vertrauung / als ein heiliges werk / vorgehen. Ich liesse alles geschehen / was man mit mir fůrname /ohn einiges widerstreben: weswegen allen denen / die mich ehmals im krieg gesehen / die thränen in die augen schossen / und jederman ein mitleiden ůber meinen zustand erwiese.

Ich hatte nun die priesterliche kleidung angezogen /und sasse bereits auf den kniehen / dem Oberpriester den Eid abzulegen / als von dem orte her / da die K \nigin fasse / ein unversehenes geråusche entstunde. Diß gabe mir ursach / nach ihr hinzusehen: und wurde ich gewar / daß sie in den armen des K \nigs wie todt lage. Alle anwesende drangen hinzu / zu vernemen /was ihr geschehen: und die Prinzessin ihre tochter stiege gleichfals von idrem thron herunter / ihrer fraumutter beizuspringen. Weil nun hierdurch alles in unordnung geriete / als verliesse auch der Orgas seinen platz / um zu sehen / was mit der K \nigin vorginge. Es hatte aber ein schlagfluß die Königin gerüret / daß alle årzte / die zugegen waren / ihren eiligsten tod ankündigten. Sie hatte kurz vorher in sich selber gesprochen / welches eine ihrer frauen gehöret: O wie handeln wir mit dem Armizar! worauf sie gleich sprachlos dahin gesunken. Der Pharao / welcher sie überaus liebete / hielte seine sterbende gemalin in seinen armen. Die Prinzessin aber / weil sie hierdurch gelegenheit ůberkame / ohne scheu zu klagen / zwunge sich nicht mehr in ihrem leidwesen / sondern stellete sich sehr [439] kläglich an: das dann sowol ihrer fraumutter als ihr eigener zustand verursachete.

Nachdem man viele vergebliche mittel angewendet / starbe die K \nigin in den armen ihres gemals: und wurde hierüber das allgemeine wehklagen und der schrecken so groß / daß man ferner / weder an des Epha trauung / noch an meine einweihung / gedachte. Die leiche / welche der K \nig und die Prinzessin nicht verliessen / wurde nächst am tempel in des Oberpriesters wonung gebracht: damit nicht jederman die K \nigin todt und den Pharao klagen sehen m \chte. Der Orgas befale / daß ich und die andere priester in unsere verordnete wonungen uns begeben solten. Es ware überall / im tempel und in der stadt / ein unbeschreiblicher schrecken / und kame es jederman sehr frömd für / daß dieses freudenfest in so grosses trauren verwandelt worden. Wie mir hiebei zu mut wurde / weiß ich selber nicht zu melden: doch funde ich mehr ruhe als angst hierüber in meinem gemůte / weil ich die Prinzessin an den Epha noch nicht getrauet wuste / und also noch hoffen kunte.

Der Pharao ware gar nicht zu tr \sten / in diesem so pl \tzlichen verlust seiner Nergade. Und Epha / der dadurch seine glůckseligkeit verz \gert sahe / dorfte sich nicht unterstehen / den K \nig zu bitten / daß er mit der Prinzessin / bevor die grosse traur ein wenig fůrbei wåre / beilager halten m \chte. Alle gedanken des K \nigs gingen nun dahin / wie er seine liebe gegen der Nergade mit einer überaus pråchtigen begräbnis erweisen m \chte. Er liesse demnach / nahe für dem tempel der Isis / eine herrliche pyramide und begråbnis aufbauen / dergleichen an grösse und sch \nheit fürhin in Egypten nicht gesehen worden: und solte / wann dieser bau färtig / die leichbestätigung [440] mit grossem pracht geschehen. Orgas immittels /der nicht unbillig besorgete / ich m \chte / weil ich mein gelůbde noch nicht vollzogen / wieder anders sinnes werden / liesse mich fleissig bewachen / daß ich nicht vom tempel entko en möchte. Er wolte auch etliche mal die gebräuche mit mir vollziehen: ich aber wandte allemal soviel darwider ein / daß es sich von einer zeit zur andern verzoge. Indessen fiele auch ein krieg mit den Libyern ein: da dann Epha zu feld gehen muste / derselben kriegesflut / die sich gar gefårlich anliesse / zu steuren. Man hielte es vor mir so heimlich / daß die Prinzessin noch nicht dem Epha beigelegt wäre / daß ich solches oft für allbereit geschehen achtete.

Wie nun endlich der Nergade begråbnis färtig wor den / da musten alle die grossen aus ganz Egypten sich in Noph versammelen / dieser besenknis beizuwonen. Es solte aber / der Königin zu ehren / der göttin Isis ihr grosses opfer gehalten werden / welches der K \nig Osymandias fůr jaren angeordnet: und bestunde solches darinn / daß einer von ihren priestern /mit grossem geprånge / in ihrem tempel lebendig begraben / und ihr also aufgeopfert wurde. Weil nun dieses gar selten sich begabe / massen es bei des Pharao Uchoreus zeiten niemals geschehen: als wurde ganz Egypten begierig / diese seltene gebråuche anzusehen. Wie nun der grosse festtag erschienen / da wurde die leiche der Nergade / von dem K \nig / dem Prinzen / der Prinzessin / und von dem ganzen hofe /in den tempel begleitet: da Orgas und wir såmtliche priester sie entfingen / und für der g \ttin Isis bild niedersetzeten. Ich hatte / seit daß die Königin gestorben / die Prinzessin nicht wieder gesehen: die mir nun in ihren trauerkleidern viel sch \ner / als ehmals in ihrem königlichen brautschmuck / fůrkame. Ich wuste nicht /ob ich [441] sie / als des Epha gemalin / oder als die alte Amesses / anschauen solte. Indem merkete ich / daß sie nach mir sich umsahe. Sobald sie mich ins gesicht bekommen / schluge sie die augen gen himmel / und hielte folgends ein tuch dafür / ihre thrånen / die sie wegen der Königin durfte fliessen lassen / abzutrocknen.

Als nun das opfergepränge anginge / da wurden wir priestere / in unseren sieben ordnungen / rund um den altar gestellet. Nach etlichen gesängen / wurfe Orgas das los über uns: da dann mich die reihe vor allen traffe / daß ich das grosse opfer werden solte. Die andåchtigsten unter unserem haufen / wolten mir diese ehre bestreiten / vorgebend: weil ich noch nicht mein gelůbde abgeleget / so k \nte ich hierzu nicht gelangen. Ich aber / als der ich des lebens müd ware / wolte mich hiervon nicht verdrången lassen: und bekame ich beifall von den ältsten priestern / die am meisten in den geheimnisen des gottesdienstes erfahren waren /daß ich ohne streit der Isis opfer werden künte. Als dieses bis für den K \nig erschollen / zeigte der sich sehr ruhig darüber: Amesses aber erschracke so heftig / daß ich die erblassung ihres gesichtes / von dem orte / da ich stunde / absehen kunte. Man fürete mich hierauf an einen besondern ort: da ich zum opfer bereitet /auch mit blumen und kråutern ausgezieret wurde. Man brachte einen grossen ochsen / der auf dem haubt einen blumenkranz und ein blumengehänge am hals truge: welchen ich bei den hörnern fassen / und also wieder in den tempel gehen muste.

Mein erstes / so ich thäte / war dieses / daß ich nach der Prinzessin mich umsahe. Es ware aber derselbigen eine onmacht zugestossen / daß man sie aus den tempel bringen müssen. Dann weil sie mich nun in todesgefahr wuste / kunte sie ihre zuneigung nicht ferner bergen. [442] [444]Weil sie ihr vorstellete / daß um ihretwillen mir dieses alles begegnete / als kame die erbarmung und das mitleiden zu ihrer herzlichen liebe: daher sie ihr weheklagen offentlich ohne zwang fürete / und weder den König noch den Epha betrachtend /alle welt ihre zu mir tragende liebe sehen liesse. Die gebråuche gingen immittels mit mir fort / und als die priester viel wesens mit mir getrieben / schlachteten sie den ochsen auf den altar: ich aber wurde in ein wolriechendes tuch ganz eingewickelt / auf ein bette /so mit stattlichen wolriechenden kråuteren angefůllet war / gebunden / und damit in ein gruft hinunter gelassen / welche sie oben mit einer eisernen thür versperreten. Ich solte darinnen verhungern / und also /den eingefürten gesetzen gemäs / ein opfer der Isis werden. Nach diesem / und wie alles volk mit grosser ehrerbietung solches angesehen / ward auch der K \nigin begräbnis verrichtet. Hierauf wurde sieben tage lang der Isis fest gefeiret: da jederman zu meinem grabe wallfarten ginge / mich als einen geheiligten der Isis zu verehren und anzubeten.

Ich lage nun in dieser finstern gruft / die sonst der Isis priestern zur begräbnis dienete / keine andere gedanken habend / als zu sterben: und muß ich gestehen / daß das natürliche entsetzen fůr dem tode bei mir nicht ausenbliebe / da ich mich so nahe bei meinem lebens-ende sahe. Doch wůnschete ich nichtes anders / als daß der tod sich nur bald einstellen m \chte: als welchen nichtes grausamer / als der verzug / machet. Wie ich nun etwan zween tage also lebendig begraben gelegen / erblickte ich unversehens ein licht / das die gruft erleuchtete. Weil ich gebunden war / und auf dem růcken lage / kunte ich nicht um mich sehen: doch kamen mir endlich die jenigen / welche die lampe trugen / die dieses licht verursachete / [444] so nahe /daß ich den Prinzen Amosis / den Migdol / und den priester / der ehmals aus meiner hand / wiedaß ich ein priester der Isis sterben würde / gewarsaget hatte / ersehen kunte. Der Prinz Amosis fiele mir gleich um den hals / inzwischen der priester und der Migdol mich los macheten. Nachdem solches geschehen / und ich nicht begreifen kunte / ob dieses / was ich sahe /wahr wåre / oder ob mir träumete / sagte Amosis zu mir: Ich solte gutes muts seyn / ich wåre erlöset. Hierauf erzehlte er mir / wie gegenwårtiger priester seinem und seiner schwester bitten gehör gegeben / und zu dieser meiner befreiung hůlfliche hand mit angeleget. Ich erfuhre folgends von dem priester / wiedaß diese gruft einen verborgenen gang håtte / der in das weite feld hinaus fürete. Hierbei liesse die Prinzessin mich /durch alles was mir auf der welt zum liebsten wäre /bitten / ich solte in mein vatterland reisen / alda mein vätterliches reich einzunemen und mich kund zu geben: bei allen g \ttern mir versprechend / daß sie inzwischen den Epha nicht ehlichen / auch mir nicht wehren wolte / sie aus Egypten mit gewaffneter hand abzufordern.

Ich erfuhre dieser gestalt auf einmal so viel neues /daß ich anfangs in meine bestürzung mich noch mehr vertieffete. Endlich aber / wie ich dem Amosis fůr diese meine so unverhoffte befreiung / ja wiederbelebung / dank gesaget / und mich verpflichtet / der Prinzessin befehl nachzukommen / liesse ich mich / von dem priester und den Migdol / aus dieser gruft hinaus fůren. Weil Migdol bei mir bleiben wolte / als machten wir uns zusammen auf den weg / und namen die beschwerliche reise fůr uns / nach Ophir zu gehen: nachdem ich zuvor dem Amosis / meine sache bei der Prinzessin / nochmals auf das båste anbefohlen: dann ich ware nun verliebter / als noch jemals [445] zuvor: weil die fast erloschene hoffnung / gleich als aus der asche / wieder herfür zu blicken begunte.

Mitlerweile ich nun aus dem land war / finge der Pharao an / seine tochter mehr zu liebkosen / als er vordessen gethan / und geriete endlich gar in den wahnsinn / sie zu heuraten: welches er für keine sünde hielte / das exempel des Osiris und der Isis anfürend /von welchen etliche sagen wollen / sie seien einander eben so nahe befreundet gewesen. Der tugendhaften Amesses aber / ware dieses ein grosser greul / und spürete sie mit åuserstem unmute / daß des Pharao unrechtmäsige liebe von tag zu tag zuname. Epha war nicht der lezte / der hiervon in Libyen geruch bekame: und muste er solches um soviel mehr glåuben / weil er / als er nach glůcklich vollendeten kriege wieder nach haus kommen wolte / von hof ernstlichen befehl kame / in Libyen zu bleiben. Ich ware schon bis in Arabien gelanget / als der Prinz Amosis / durch einen eigenen bedienten / mir dieses zuentbieten liesse: welches dann verursachete / daß ich auf die wiederkehr / und in dieser noht meiner Prinzessin / mit hintansetzung aller meiner andern angelegenheiten / beizustehen /bedacht wurde. Um aber keinem menschen einigen argwahn von mir einzuråumen / kame ich / mit hůlfe des vorbenennten Isis-priesters / durch den verborgenen gang / wieder in die gruft / die ehmals meine begråbnis gewesen. Die Prinzessin / damit sie gelegenheit / mich zu sprechen / erlangen m \chte / liesse sich / nach landesgebrauch / mit fürwand einer andacht /etliche tage in das angebåude des tempels verschliessen: da ich dann aus der gruft / wann sonst niemand im tempel ware / zu ihr hinauf steigen konte. Der priester / der um unsere sachen wuste / hatte auch ihr einen schlüssel gegeben / dessen sie sich bedienen mochte / wann sie wolte in den tempel [446] gehen: und ware niemand als ihre wartfrau bei ihr / als bei nacht wir dergestalt zusammen kamen.

Wer jemals geliebet / wird sich leichtlich k \nnen einbilden / wovon diese unsere zusammensprache gehandelt habe. Meine erzelung in die änge zu bringen /wil ich allein sagen / daß ich die Prinzessin / wiewol mit grosser můhe / endlich dahin ůberredet / daß sie /ihres vatters unbilliger liebe zu entgehen / mir die erlaubnis gabe / sie aus Egypten zu entfüren. Zu dieser entschliessung wurde sie / mehr durch verzweifelung /als liebe / bewogen. Dann / um liebe willen / wolte sie ehmals / wie ich erzehlet / hiervon nichtes h \ren: nun aber / da sie in der h \chsten angst von der welt schwebete / sahe sie kein anders mittel als entweder zu sterben / oder zu entfliehen / wann sie des Pharao ansinnen entgehen wolte. Demnach erwelete sie das lezte von diesen beiden: zumal sie auch / meiner beståndigen liebe ein solches schuldig zu seyn / selber erkante. Ich wurde / nach diesem ihrem entschluß /der vergnügteste von der welt; und erinnerte ich sie hierauf dessen / was sie bei unserem ersten abschiede zu Says zu mir gesaget: es solte nåmlich ihr die welt nicht zu weit seyn / wann sie dieselbige nur mit mir durchreisen wůrde. Wir beschlossen / um sicherheit willen / mit den Assyrischen gesandten fortzugehen: welche damals von dem K \nig Bel Ochus angekommen waren / die bildnise des Osiris und der Isis nach Syrien abzuholen.

Weil wir dieserwegen etliche male / um alles recht abzureden / bei nacht zusammen kamen / als ertappete uns das lezte mal ein junger priester im tempel / der bei der Isis bilde die nacht wachete. Dieser / als er alles / wie wir zusammen kåmen / in geheim mit abgesehen / verschlosse das loch / dadurch ich allemal aus der gruft in den schmalen gang / der mich aufs feld fürete / gelangen [447] kunte. Ich hatte mit der Prinzessin abgeredet / die folgende nacht leute und pferde /durch hülfe ihres bruders des Prinzen Amosis / der von allem mitwissenschaft hatte / herbei zu schaffen /und sie also nach Baalzephon zu entfüren / da die bediente der Assyrischen gesandten lagen. Ich kunte aber / weil mir der junge priester den eingang verschlossen / zu bestimter zeit nicht in die gruft kommen: worůber ich dann heftig erschracke / als befahrend / unser anschlag wäre verraten und offenbar worden. Die Prinzessin aber / als sie den priester / der sie im tempel wieder belauret / deswegen besprochen und mit guten worten und geschenken auf ihre seite beredet / kame neben dieser gegenwårtigen frauen durch die wieder-er \ffnete gruft zu mir / als ich eben / wie besagt / in gr \sten sorgen mich befande. Wie nun der Prinz Amosis alda abschied von uns genommen /machten wir uns auf den weg nach Baalzephon zu gehen. Also kamen wir glůcklich und sicher aus Egypten hinweg: da Amesses / als lange wir mit den Assyrischen gesandten reiseten / sich männlicher kleidung bedienet.

Nachdem wir dieselben in der Moabiter lande verlassen / wandten wir uns gegen morgen / und kamen /nach langem reisen / in das K \nigreich Elam: da ich mit der Prinzessin in der stadt Hahla verharren muste / weil sie sehr unpåßlich wurde / und nicht weiter fort kunte. Ich erfuhre aber alda / daß der König von Elam / der tapfere Amraphel / krieg fůrete mit meinem herrn vatter / und der K \nig von Assyrien / als dessen mutter bruder / sich in diesen krieg mit eingemischet: welcher dann auch mit dem König der Bactrianer kriegete / durch welches land ich reisen muste / wann ich nach Ophir wolte. Weil ich nun ůberdas sowol der Ophirischen sprache als des landes unberichtet war /als bote sich [448] der getreue Migdol an / als welcher aus Ophir bürtig ware / die reise über sich zu nemen / und dem Jaziz / meinem herr vattern / meinen zustand zu er \ffnen. Es verliefe viel zeit / daß er nit wieder kame. Weil nun inzwischen es mit der Amesses sich båsserte / als beredete ich sie / wiewol mit grosser můhe / daß sie / um frische luft zu sch \pfen / und ihre traurigkeit in etwas zu mildern / sich herfür- und mit dem Elamitischen frauenzimmer bekant machete. Dann ob sie wol mich herzlich liebete / und mir \fters beteurete / daß sie kein ungemach in der welt achte /um nur bei mir zu seyn: so stiege ihr doch mehrmals zu sinne / ihr so gar verånderter zustand / und daß sie aus ihrem vatterland so heimlich entfliehen můssen /davon die ursache den wenigsten bekant ware; dannenhero sie / von b \ser nachrede / sich nicht befreiet achten kunte. Weil sie nun / auf mein bitten / unterweilen die gesellschaften besuchet / als breitete sich das gerüchte von ihrer sch \nheit bald ůberall aus /also daß / in ganz Hahla und den umligenden orten /die sch \ne ausländerin gepriesen wurde.

Ein Elamitischer Fůrst / namens Sadrach / der fürnemste nach dem König und seinem vatter dem reichsstatthalter / hatte / nicht weit von Hahla / am fluß Pison / ein lusthaus / welches sonderlich sch \n erbauet war. Dorthin fůreten uns etliche Elamitische damen / die bei uns in Hahla woneten: da dieser herr die Amesses so sch \n befande / daß sie ihn ganz verliebt machete. Dannenhero begunte er nachgehends /dieser sch \nen ausländerin / wie man sie daselbst nennte / öffentlich aufzuwarten / und liesse seiner liebe den zaum dermassen schiessen / daß er ohne sie nicht leben kunte. Als er aber ihre strångheit spürete /und dahero für seine liebe wenig hoffnung sahe / erkrankte er aus verzweifletem verlangen: [449] weswegen der reichsstatthalter selber / der Amesses wolneigung für seinen sohn zu gewinnen / bei ihr sich bemůhete /auch mir deswegen freundlich zusprache / als der ich mich ihren bruder nennte. Diese verfolgung triebe uns aus Elam / und musten wir heimlich bei nacht uns davon machen: da wir dann / den weg in das K \nigreich Bactra für unsicher achtend / wieder zu růcke gingen. Weil eben der winter einfiele / als ware es gar beschwerlich reisen: dannenhero ich mit meiner Prinzessin / als die solcher unruhe nicht gewonet / nicht wol fortzukommen wuste; die ich doch auch / wegen ihrer schönheit / an keinem orte sicher lassen kunte.

Wir verblieben in einer kleinen stadt an den Mesopotamischen gränzen / Colorina genant / und waren ganz unschlüssig / was wir weiter fůrnemen wolten: als der himmel gegenwärtige meine Prinzessin C \lidiane dorthin fůrete / welche von des K \nigs von Salem leuten / aus Bactra zurůcke kommend / daselbst durch nach ihrem vatterland begleitet wurde. Ich traffe auch alda unversehens den Sephar hier zugegen an: der dann / mich lebendig sehend / fůr grosser freude schier sterben wollen. Ich er \ffnete demselben meinen zustand / wie ich nicht wüste / wo ich mit der Amesses hin solte: die ich / bevor sie in sicherheit wåre / nicht verlassen / und doch / wegen unserer wolfart / die reise nach Ophir nicht länger verschieben k \nte. Er gabe mir gleich den raht / ich solte / die Prinzessin von Egypten / seiner Prinzessin der sch \nen Cölidiane zufüren: mit versicherung / daß sie an keinem orte in der welt vergnůgter / als zu Salem /würde leben können. Die Amesses name diesen raht mit freuden an: massen sie herzlich verlangete / nach so vielem ausgestandenen ungemach / sich einmal /wieder bei ihres gleichen und in ruhe zu sehen. Offentlich aber und bekant [450] in Salem zu leben / hielten wir für bedenklich: weil der König von Canaan mit dem Pharao in bündnis stunde / und wir besorgeten /weil es gar zu nahe bei Egypten / es würde der Amesses da-seyn nicht verschwiegen bleiben. Wir wolten nun / durch den Sephar / bei der Prinzessin uns heimlich anmelden lassen: aber wir verschoben solches /als wir den Mesan / den kammerherrn des Elamitischen statthalters / bei ihr sahen / der die Amesses in Elam oft gesehen / und wir demnach fůr ihme uns verbergen musten; zumal er / wie uns Sephar berichtete /von seines jungen herrn liebe und der flucht der sch \nen auslånderin / viel geredet.

Als nun die sch \ne C \lidiane fortreisete / und der Elamite sie bis ůber den Jordan geleitete / bliebe der Sephar mit dem troß zurůcke: mit deme wir / allemal eine tagreise spåter / ihnen nachzogen. Zu Jabes /wurden wir von der Amesses abermaliger unpåßlichkeit angehalten: da der Sephar uns bei einem seiner verwandten zur herberge brachte / auch uns einen guten arzt verschaffete. Doch musten wir daselbst über einen monden zubringen / ehe die Prinzessin wieder genesen konte. Nun m \gen es ungefår ein par wochen seyn / seit daß wir uns / hieher zu kommen /wieder auf den weg begeben. Weil der getreue Sephar uns nicht verlassen wollen / als hatten wir an ihme einen lieben reisgefärten.

Es widerfuhre uns aber auf diesem weg in einem wald eine unvermutete begebnis / die meine schwester zu uns und mit hieher brachte. Wir ersahen etliche weibesbilder / die / auf uns zukommend / uns gar ängstig fragten: Ob wir nicht / auf unserm wege / eine dame hätten angetroffen? Sie redeten so zerbrochen Syrisch / daß wir sie daran / sowol auch an ihrer frömden kleidung / für auslåndisch erkennen musten. Nachdem wir [451] sie mit Nein abgefårtiget / liefen sie wieder von uns / und begegnete uns wiederum einer zu pferd / welcher gegen uns eben dieselbige frage thäte. Weil dieser etwas verståndlicher redete / als fragte ich hinwiederum: wen sie dann verloren håtten /und woher sie kämen? Er wolte mir aber anders nichtes entdecken / als daß sie aus Ophir kåmen. Dieses machte mich nun noch begieriger / ein mehrers zu erforschen / und von meinem vatterlande etwas neues zu erfahren. Ich erbote mich / ihme die verlorne person in diesen walde suchen zu helfen / und brachte damit zuwegen / daß er sich zu mir gesellete. Ich fragte ihn /als wir fortritten / um den Ophirischen zustand: und erfuhre von ihm / daß der König Jaziz mein herr vatter todt wåre / und der Hiarbas die regirung angenommen håtte.

Diese zeitung ginge mir sehr zu herzen / indem mir dadurch das geblüte gerůret / und zugleich die begierde / dem Hiarbas meine Kron zu bestreiten / ergr \ssert wurde. Als ich ferner nach der Prinzessin Indaride fragte / ob Hiarbas dieselbe geheuratet? finge er heftig an zu seufzen / und sagte: Ach die teure Prinzessin! wisset ihr etwan / wo sie zu finden ist? ach! so verheelet es doch dem jenigen nicht / der ihr so treulich aufgewartet. Aus diesen reden vermerkete ich / daß meine schwester die verlorne dame seyn müste / welche er suchete: deswegen ich mir noch mehr angelegen seyn liesse / sie zu finden. Ich erfuhre endlich von ihme / wiedaß sie es wåre / und daß eine verzweifelung sie von ihnen abgebracht hätte / nachdem sie den tod des K \nigs Antraphel von Elam erfahren / den sie inbrůnstig geliebet. Dieses ginge mir sehr nahe / und wandten wir so grossen fleiß an / daß wir letzlich die betrübte Indaride antraffen / als sie eben im werk begriffen war / sich in einen bach zu stůrzen. Wir [452] verwehreten ihr dieses m \rdliche beginnen: sie aber / als sie den Ascadates erkant / welcher ihr kåmmerer in Ophir gewesen / verwiese sie ihme h \chlich / daß er sie nicht wolte sterben lassen. Wir sprachen ihr zu /daß sie solchen verzweifelten gedanken nicht raum geben solte. Weil sie gut Syrisch redte / als gab ich mich ihr fůr ihren bruder zu erkennen: da sie dann /ungeacht ihrer grossen traurigkeit / sich sehr erfreuete / einen so nahen blutsverwandten bei ihr zu sehen. Meine Prinzessin / gabe sich ihr hierauf auch zu erkennen.

Nachdem wir in gesamt ihr zugeredet / mit uns nach Salem zu kommen / willigte sie darein: und funden sich damit ihre dirnen auch wieder herbei / welche sie zuvor gesuchet hatten. Ich vername von ihr unterwegs / die ursachen ihrer verzweifelung / samt dem rechten zustand in Ophir: und muß ich bekennen / daß solche mächtig genug seien / einem die lust zu leben zu benemen. Der Sephar aber / in dessen hause wir hier zu Salem heimlich eingekehret / erwiese mit so starken gründen / daß man ihm selber das leben nicht nemen d \rfe / daß Indaride sich bewegen lassen / mit der Amesses / ihren schutz bei der unvergleichlichen C \lidiane zu suchen. Sie kame drei tage eher hieher als wir: weil meine Amesses / wegen abermaliger schwachheit / etwas spåter eingelanget; die nun /neben mir / der Prinzessin von Caphtor sch \nen dank saget / daß sie ihren schutz den verlassenen nicht versagen wollen.

Sie urteile nun / hochwehrte Prinzessin / ob die Amesses / so wol als ich / nicht befugt sei / um unsere geheimhaltung zu bitten / und ob nicht / die entdeckung unserer personen / uns so wol in Ophir als in Egypten schaden könte? Ich bin gewillet / mit den Ascadates die reise nach meinem reiche alsobald fůrzunemen / weil ich von [453] dem Migdol nicht erfahre / wo er geblieben sei. Ich eile von hinnen / um die Elamitische v \lker / wo m \glich / noch auf den gränzen des reiches anzutreffen / und sie zu bereden / daß sie /beides den tod ihres K \nigs Amraphel zu rächen / und mein reich dem Hiarbas abzunemen / mir beistehen wollen.


* * *


Also endete der Prinz Armizar / die erzehlung seiner geschichte. C \lidiane / nachdem sie ihm hierfür gedanket / erwiese nicht allein ein grosses mitleiden ůber der Prinzessin Amesses unglück / sondern versprache auch / ihr so wol als der Prinzessin von Ophir / nach m \glichkeit zu dienen. Sie versicherte sie darbei / an der person des Königs Melchisedech / eines so tugendhaften gemůtes / daß er / wann er schon dieser Prinzessinnen anwesenheit erfahren solte / weder dem K \nig von Canaan / noch sonst einigen menschen / zu ihrem schaden / solches offenbaren würde. Doch wolte sie es ihme / sowol als allen anderen menschen / so lang verschweigen / bis sie von ihnen selbst / sie ihme bekant zu machen / um dadurch ihnen bässere bequemlichkeit zu verschaffen / erlaubnis erlangen würde.

Der Prinz von Ophir schickete sich hierauf zum abschied: und weil C \lidiane ihme nicht hinterlich seyn wolte / als name sie die Indaride bei der hand / und begabe sich mit derselben in ein nebenzimmer: da dann der verliebte Armizar / seiner betrübten Prinzessin gute nacht zu sagen / raum gewunne. Ob nun wol dieselbe sich schon lang hierzu geschicket / auch zu erlangung ihrer ruhe / nichtes dienlicher erkante: so kunte sie doch ihre angst und bekümmernis nicht verbergen / die ihr / das andenken der gefärlichkeit von ihres Armizars beginnen / verursachete. Sie besorgete / weil sie / die meistezeit [454] ihres lebens / und absonderlich dieser liebe wegen / viel widerwärtigkeiten gehabt / es wůrde der grausame schluß des himmels ůber sie noch mehr ůbels beschlossen haben. In dieser betrachtung / stellete sie sich so betrůbt an / daß Armizar selbst zur wehmütigkeit bewogen wurde: und hatte er aller seiner beredsamkeit vonnöten / ihr einen trost einzusprechen. Wie sie nun einander ewiger wechsel-treue und beståndigkeit versichert und zur letze umarmet hatten / ginge der Armizar / ganz verst \ret und aus sich selber / nach den andern beiden Prinzessinnen / und name abschied von denselben /der Cölidiane nochmals seine Prinzessin anbefehlend. Die Indaride wůnschete ihrem bruder tausendfältiges glůck zu seinem vorhaben / welches auch von der C \lidiane beschahe. Hierauf ginge er / von dem Sephar begleitet / wieder / durch den garten / aus dem schlosse / und begabe sich nach dessen behausung /um des folgenden tags seine reise anzustellen. Cölidiane name bald darauf auch abtritt von ihren gästen /weil es schon bald morgen wolte werden: und muste sie aller behutsamkeit sich bedienen / diese bewirtung geheim zu halten. Wie sie dann ihrer eigenen schwester hiervon nichtes sagte / sondern eine andere ursach ihres ausenbleibens derselben fůrbrachte / und sich neben sie schlaffen legte.

Jaelinde aber stunde mit dem tag auf / und schickte einen von ihren kämmerern nach der Fůrstin Casbiane / ihren zustand zu erfahren: der dann die gewůnschte post zurůck brachte / wiedaß die Fůrstin wol geruhet /und grosse bässerung diese nacht entfunden hätte. Sie machte sich demnach auf / diese ihre freundin zu besuchen / spazirte / wie sie alle morgen zu thun gewonet war / in den garten / und begabe sich von dannen nach der Fürstin von Cale behausung. Ihr begegnete unterwegs / [455] auf der breiten wiesen / der Prinz Hemor: der ihr gleich die hand bote / sie nach der Casbiane zu füren. Weil nun die Prinzessin sich nicht zuvor anmelden lassen / und man ihrer / in so früher morgenzeit / sich nicht versehen hatte: als befunde sich Ahalibama / mit ihrem ritter Dison / eben bei der Casbiane / wie Hemor und Jaelinde ankamen. Zu allem glůck / ersahe sie noch im vor-saal / der Casbiane kammerjungfrau: welche dann eiligst hinein liefe /und die Fürstin von Seir / sich zu verbergen / warnete. Selbige hatte kaum so viel zeit / durch eine hintertür hinweg zu kommen. Der Dison / so ihr folgete / ward von dem Hemor / wiewol nur von hinten / noch gesehen: der aber seine Aramena allhier nicht suchete /sondern auf dem schloß sicher verwahret achtete.

Weil Hemor die Fůrstin von Cale vorher nie gesehen / als begrůssete er sie mit grosser ehrerbietung /und bezeugete ihr / sowol sein mitleiden ůber ihr unglück / als seine freude ůber ihre genesung. Weil sie ihm auch für eine verwandtin von seiner Aramena ware beschrieben worden / als bemůhete er sich um soviel mehr / sich ihr gefållig zu erweisen: zumal auch sie ihme mit aller höflichkeit hinwieder begegnete. Es hatte aber dieser gefärlicher überfall sie so bestürzt gemacht / daß sie sich lang nicht erholen kunte. Jaelinde merkte dieses / vermutete aber / daß solches deswegen geschåhe / weil sie / sowol als der Fürst Arsas ihr gemal / die gesellschaft der Sichemiten zu vermeiden trachtete: dieserwegen raunete sie ihr heimlich ins ohr / wiedaß der Prinz von ungefår mitgekommen wåre / und håtte sie es ihm nicht versagen können / als er / sie hieher zu begleiten / sich angeboten. Casbiane aber / um der Prinzessin zu erweisen / daß ihr des Prinzen anwesenheit nicht zuwider wäre /sagte zu ihm / unter anderen gespråchen: Es sei ihr die h \chste freude / vor ihrer [456] abreise den Prinzen noch zu sehen / der sich mit ihrer nahen basen verheuraten würde. Sie bate auch zum scheine / daß er ihr einigen befehl an der Aramena eltern auftragen wolte / zu denen sie bald kommen würde.

Hemor bezeugte hierauf sein verlangen / daß Casbiane dem hochzeitfest möchte beiwohnen k \nnen: welches sie aber / sowol mit ihrer unpäßlichkeit als der eiligstnötigen abreise / entschuldigte. Hemor låchelte hierüber / sagende: Wann des K \nigs beilager mit der Fürstin von Seir nicht zugleich mit angesetzet wåre / so wůrde wol der Prinzessin Casbiane unpäßlichkeit und abreis-eile so groß nicht seyn. Sie beantwortete solches mit stillschweigen / um nicht weiters zu berůren / worvon so gefårlich zu reden ware. Als die Prinzessin / bald hernach / ihren abtritt von der Fürstin wieder name / bate sie der Hemor / daß sie seine person denen Syrischen Fürsten aufs båste befehlen wolte. Damit fůrete er die Jaelinde nach dem schloßgarten: welche er / um ihr in ihren freien gedanken nicht hinterlich zu seyn / alda allein liesse / und /sich zu ergetzen / mit des Königs von Canaan und Salem bedienten auf die jagt sich begabe.

Der Dison / ware neben der Fürstin von Seir / über diesem zufall / in ein solches entsetzen gerahten / daß sie / schon verrahten zu seyn / sich befůrchteten. Und ob wol Casbiane der Ahalibama sagen liesse / daß der Hemor nichtes von ihrem da-seyn gemerket / so ware sie doch also furchtsam worden / daß sie kaum mehr aus ihrem zimmer gehen wolte / und mit der h \chsten ungedult verlangete / ehist von Salem hinweg zu reisen: worzu sie aber eher keine hoffnung hatte / als wann Casbiane völlig wůrde genesen seyn. Wie sie nun also / ihren betrübten zustand erwågend / mit dem Dison am fenster [457] stunde / kame ihr in die augen ein gebåude / welches ganz allein in einem thal lage /und rund umher mit båumen umgeben war. Als sie es lang betrachtet / fragte sie / ob niemand wůste / was dieses wäre? Brianes sagte alsofort unbedachtsam: wiedaß alda der Prinz Elieser begraben låge. Dieser bericht risse ihr von neuem ihre wunden auf / daß sie alles ihres erlittenen verlustes sich erinnerte. Doch hielte sie es / bei allen schmerzen / für ihre vergnůgung / den ort zu sehen / da ihres Eliesers leichnam lage: wie sie dann / mit dessen andenken / am fenster etliche stunden hinbrachte / daß Dison sich vergeblich bemühete / sie davon hinweg zu bringen.

Endlich fiele ihr ein / wiedaß ihre pflicht erfordere /dem Elieser ein todtenopfer zu thun / nach weise derer / die auf dem gebirge Seir wonen: welche die meinung haben / daß die todten nicht eher ruhen k \nnen / bis ein solches opfer verrichtet wäre. Wie sie nun hierum sich lange gequälet / entdeckete sie ihre betrübte begierde: da man aber die unmůglichkeit dargegen anfürete / und daß solches anderst nicht / als mit der gefahr / wieder in des Beors gewalt zu gerahten / geschehen k \nte. Der schöne Dison sagte ihr / unter an dern: Elieser wůrde schon mit ihrem guten willen zufrieden seyn / und lieber sehen / daß sie dieses opfer einstellete / als daß sie dadurch sich wieder in vorige gefahr stůrzen solte. Ob nun zwar bei ihr die furcht sehr groß war / sie auch alle die gründe fůr gůltig hielte / die ihr / sie abzumanen / fůrgebracht wurden: so ware dannoch die liebe in ihr so mächtig / daß sie darauf bestunde / in der nacht heimlich sich dahin zu begeben. Dem Demas / der durch hülfe der Casbiane kammerjungfrauen mit ihr zu sprechen kame / entdeckte sie dieses ihr gefårliches fůrhaben / und bate /daß er ihr hierzu wolte beförderlich seyn.

[458] Dieser bemühete sich erstlich gar sehr / wiewol vergebens / sie hiervon abzubringen. Als er aber ihre beståndigkeit sahe / bote er ihr seine dienste hierzu an / ginge hin / und verschaffete ihr zypressen und andere kråuter / die bei dergleichen opfern gebrauchet wurden. Sobald es nacht worden / stellete er sich bei der Fůrstin wieder ein / die mit schmerzlichem verlangen seiner wartete. Sie hatte ihr fürnemen der Casbiane anzeigen lassen / auch die anderern mit aufgesprochen / sie dahin zu begleiten: unter denen dann Dison der furchtsameste war / daß es etwan ůbel ablaufen möchte. Sie musten sich aber in ein schiff setzen / welches Demas zu dem ende heimlich dahin füren lassen: auf demselben kamen sie ůber den breiten graben / und gingen folgends / beim schein des mondes / so lange fort / bis sie des Eliesers grab erreicheten. Dieses war ehmals eines Königs von Sichem grab gewesen / der es dahin bauen lassen / und sehr k \stlich aufgefüret. Von ausen stunden / auf einem durchbrochenen felsen / fůnf dreieckichte hohe spitz-seulen oder pyramiden /von denen die mitlere fůr den andern hervorragete. Es ware um den felsen an vier ecken ausgehauen / und inwendig gar tief / daß man viel staffeln hinunter steigen muste / ehe man zu dem grab kame.

Die verkleidete Aramena / als eine geheiligte jungfrau der Diana / wolte und durfte sich nicht verunreinigen bei den todten: verbliebe deswegen / neben dem Brianes / Zimenes und Tirzis / oben fůr der höle. Ahalibama aber / von der Astale und dem Demas begleitet / stiege hinab. Sie funde ihren Elieser / bei brennung vieler lampen / auf einen roste ligen / eingewunden in starke balsamirte tücher. Neben ihm stunde ein krug / darinn sein herz und eingeweide aufbewahret wurde. Wann Astale und der Demas sie nit begriffen hätte / würde sie [459] gerad auf den k \rper niedergefallen seyn. Als sie / nach vielen vergossenen thrånen / sich etwas erholet / kniehete sie bei der leiche nieder / und verrichtete ihr gebet: worauf sie / dem todten zu ehren / das opfer anstellete.

Mitlerweile sie diese traurige letz-ehre dem Elieser erwiese / hatten droben Dison / Brianes / Zimenes und Tirzis in die vier eingänge des felsen sich verteilet /um aufsicht zu haben / wann etwan jemand dahin kommen solte. Es ware dergestalt fast eine stunde verlaufen / als die verstellte Prinzessin ein geråusche nahe bei ihr in den büschen vername / und bald darauf zwo personen sahe herfůr reiten / welche / als sie von den pferden abgestiegen / sich nicht weit von dem felsen gerad gegen ihr über setzeten. Weil ihnen der mond in das gesichte schiene / als liesse sich der eine fůr einen ansehnlichen ritter / der andere aber fůr einen priester erkennen: und zwar für eben denselbigen / der fůr etlichen tagen / neben einer fr \mden weibsperson / sich bei nacht im garten sehen lassen. Wie sie nun damals begierig gewesen / solche frömde zu kennen / also ward die begierde nun bei ihr erneuret / und machte sie aufhorchen: ob sie etwan etwas reden und dadurch sich kund geben möchten.

Sie hatte nicht fehl gedacht / und hörete bald den einen also sagen: Ach Sephar! wozu läst es mein verhångnis mit mir kommen / daß ich nun fliehen muß /dessen ich ungewonet bin. Man muß sich (antwortete der andere /) der zeit und anderer umstände bedienen /und wird das dem grossen Armizar nicht schimpflich seyn / daß er jezt vor dem Prinzen von Sichem geflohen: weil / ganz Egypten und Morenland / von dessen herzhaftigkeit zeugen können. Es scheinet (sagte der erste wieder) der grausame himmel wolle allenthalben hinterung in mein vorhaben einschieben: weil mir nun auch dieses [460] noch begegnen müssen / meine reise zu behintern. Wie kame es aber / (fragte der andere /) daß mein Prinz von dem Hemor gesehen wurde?

Als ich (hube der erste an zu erzehlen /) mit dem Ascadates heute frůh von euch abschied name / um meine reise fortzusetzen / begegnete uns um mittag in dem walde / der nahe hierbei liget / und sich / wie ihr wisset / auf etliche meilen erstrecket / der Prinz Hemor / von allen Sichemitischen herren begleitet /welcher jagens halber dahin gekommen war. Wie ich die mänge der leute sahe / rante ich mit dem Ascadates fort: damit nicht einer unter so vielen / mich ersehend / einige kentnis von mir haben / und also mich verrahten m \gte. Wie ich aber spůren kunte / so wurde der Hemor meiner gewar / und durch mir-unwissende ursachen getrieben / sandte er mir von den seinigen etliche nach / die mich anhalten solten. Die geschwindigkeit unserer pferde dienete uns / ihr beginnen lange vergeblich zu machen. Wie mich aber in die långe verdrosse / mich also verfolgen zu lassen /wandte ich mich um in geschwinder eile / und mein gesichte so gut verbergend als ich kunte / zoge ich von leder / und hiesse meine verfolgere damit von ihrem fůrnemen abstehen. Sie rieffen aber alle einer dem andern zu: man solte den Tharsis fahen! und grieffen mich damit sämtlich an. Ich wůrde auch /wann ich nicht eine gerechte sache gehabt / und der Ascadates mir nicht treulich beigestanden wäre /wegen der månge haben erligen můssen. Sie entfunden aber alle dergestalt meinen arm / daß mir keiner mehr nahen dörfte / und sie sich / viel todte hinterlassend / in die flucht begeben musten.

Hemor dieses von weiten sehend / befande sich durch der seinigen niderlage sehr verh \net / und sandte seinen waffentråger zu mir / der mir sagen muste: Ich m \chte [461] es mit seinem herrn selbst versuchen / als welcher begierig wåre / der seinigen tod an mir zu rächen. Weil ich nun nicht gewonet / dergleichen ausfoderung abzuschlagen / als setzete ich alles hintan /was mir bedenklich seyn k \nnen / und ritte / mit dem waffentråger / dem Hemor zu. Als ich ihme aber etwas näher gekommen / sahe ich bei dem Prinzen von Canaan jemand reiten / den ich zu kennen vermeinete. Ich fragte den waffenträger: ob dieser / der bei seinem herrn ritte / nicht der Elamite Mesan wäre? Als der solches mit ja beantwortet / ånderte ich meinen schluß / und befunde unratsam / dem Mesan mein gesicht sehen zu lassen / als welcher daraus der Prinzessin nahe anwesenheit auch vermuten wůrde. Demnach wandte ich mein pferd / und sägte zu dem waffentråger: Er solte seinem herrn vermelden / wiedaß eine unumgångliche noht mich triebe / sein begehren jezt nicht zu erfůllen; ich z \ge aber hin / ein grosses reich einzunemen / da dann / wie ich hoffete / dergleichen thaten von mir solten kůndig werden / daß er nicht ursach haben solte / diese verweigerung des kampfs vor einige feigheit auszudeuten. Hiemit rennte ich fort / der antwort unerwartet. Und ob wol Hemor mit den seinigen bis gegen den abend mich verfolgete / so kunten sie mich dennoch nicht einholen: und alle die jenigen / welche mir zu nahe kamen / entfunden meinen säbel dermassen / daß solches den andern zum schrecken und zur warnung dienete / mich nicht so gar eifrig zu verfolgen. Endlich funde ich ein dickes gebůsche / da ich mich mit dem Ascadates leichtlich verbergen kunte. Als sie mich darinn verloren / ritte ich wieder zu euch / mein Sephar / und liesse den Ascadates acht haben / wann der Hemor wieder in Salem würde eingelangt seyn: da ich ihn / bei diesem grabe mich zu suchen / [462] bestellet / und nun seiner wiederkunft mit schmerzen erwarte.

Allem ansehen nach (antwortete Sephar) hat man meinen Prinzen für den Tharsis angesehen / von deme ich h \ren sagen / daß er soll die Prinzessin von Chaldea lieben / welche ihm der Hernor zu einer braut hat auserwehlet: und ist es doch all verwundersam / daß so was unvermutliches des Prinzen reise behintern můssen. Indeme sie noch spracheten / kame einer eiligst zu ihnen gerannt / der in fr \mder sprache zu dem Armizar sagte: der Hemor wůrde bald hieher kommen / solte er demnach von dannen hinweg eilen. Der Prinz thåte solches alsofort / neben dem Sephar: aber Aramena / weil dieselbe sprache ihr unbekant war /konte die ursach dieses hinwegeilens nicht begreifen. Sie wurde aber gewar / daß der priester / indem er sich auf sein pferd schwunge / einen zedel fallen liesse. Diesen hube sie von der erden auf / sobald sie hinweg waren; und weil der mond gar hell schiene /als konte sie folgende zeilen in Egyptischer sprache darinn lesen:


Ob ich zwar unaussprechliche marter entfinde / von hinnen zu scheiden: so tröstet mich doch die versicherung eurer beständigen liebe / und daß ich euch bei der unvergleichlichen Cölidiane in so sicherm schutze weiß; weil ich auch der fästen hoffnung lebe / der gerechte himmel werde mit unseren bisher ausgestandenen verfolgungen vergnügt seyn / und mich die Kron für euch / liebste Prinzessin! erwerben lassen / welche ihr allein zu tragen würdig seit. Bis dahin befästet euer herz in gedult / und erinnert euch stäts / bei der gegenwart meiner schwester / ihres [463] abwesenden bruders. Dieselbe wird euch allemal versichern / daß ich unaufhörlich bin

Euer ergebenster Diener.


Der inhalt dieser schrift / ware der verstellten Aramena so unverständlich / daß sie nichtes davon begreifen kunte: und dienete ihr alles dieses / was sie geh \ret / zu nichtes / als daß sie ihr daraus des Tharsis gegenwart in der nåhe einbildete. Inzwischen / der Ahalibama wiederkunft aus dem grabe / sich noch etwas verzoge / die sie dann in ihrer andacht nicht verst \ren dorfte: wurde sie von dem schlaff ůberfallen. Sie ware aber kaum in so sůsse ruhe begraben /da kame der Prinz Hemor / von dem Salma begleitet /daselbsthin / und vermeinte den flůchtig vermeinten Tharsis alda anzutreffen / welchen er / den ganzen nachmittag / vergeblich verfolget hatte. Weil er gewisse nachricht von dem Salma bekommen / daß dieser Tharsis / der bereits einmal / von Thanac / ihme seine Aramena entfůret / wiederum einen heimlichen anschlag auf diese Prinzessin habe: als verursachte solches bei diesem verliebten den eifer / den er dißfalls verspüren liesse. Weil ihme so wenig / als jemanden von seinen leuten / der Tharsis von gesicht bekant war / als kunte der Armizar gar leicht dafür angesehen und gehalten werden: allermeist / da derselbige / durch seine flucht und bedeckung des angesichtes / sich hatte verdåchtig gemacht.

Der schlaffende Dison / kehrte das angesicht nach der wand des felsens / und liesse dem Hemor nichtes /als eine hand / von seiner unvergleichlichen sch \nheit sehen: der dann in seinem herzen bekante / daß er /seiner Prinzessin hånde ausgenommen / niemals eine schönere gesehen. Diese zarte hand hielte einen zedel / welchen der [464] [466]Prinz zu lesen begierig wurde: dannenhero er leise hinzu schliche / und denselben hinweg name. Eine innerliche regung triebe ihn hierauf an /diesem jüngling ins gesicht zu sehen: er kunte aber nicht dazu gelangen. Weil die h \flichkeit ihm verwehrete / einen frömden an seiner ruhe / und sonderlich bei den gräbern / welche heilig geachtet sind / zu beunruhigen: als begabe er sich wieder von ihme / und hoffete / der entfürte zedel solte ihn genug verståndigen. Er durchlase selbigen begierig / und wiederholte solches zum \ftern: fande aber so wenig klarheit darinnen / daß er nichts ůberall davon verstunde.

Inzwischen endete sich der Ahalibama betrübtes opfer: welche / als sie / auf anmanen des Demas /ihren liebsten Elieser wieder verlassen můste / zuvor auf einen schwarz-marmornen krug / darein sie häufig ihre thrånen hatte fallen lassen / mit einem eisernen griffel folgende trauer-reimen schriebe:


Nim diese thränen hin /

die ich um dich vergiesse /

O Prinz! der du mir warst / was ich dir annoch bin.

Wann dem gebot mir nicht das leben liesse /

so würde dieser stein /

der ewig soll die thränen hier bewahren /

mich selber schliessen ein /

und mich mit dir im tode fåst bepaaren.


Hierauf küssete sie noch einmal zu guter letze den erkalteten k \rper / und liesse sich von der Astale und dem Demas wieder hinauf begleiten: da dann Tirzis /Brianes und Zimenes / h \chst beängstigt / ihr den schlaffenden Dison und den anwesenden Hemor zeigeten.

Ein kalter schaur überfiele sie hierüber / daß sie /nun von schrecken und betrübnis zugleich eingenommen / nicht wuste / was sie beginnen solte. Sie rieffe etliche mal / in dieser angst / den namen Dison: vermeinend / [466] dadurch die Aramena wach zu machen /daß sie zu ihnen käme. Diese nennung des Disons hörete der Hemor sobald / als der schlaffende jůngling: welcher dann erwachend / umher sahe / und den Hemor gleich erkennete. Hierüber sprange er erschrocken auf / und liefe halb todt / zu den andern / in die innere gruft. Sie seumeten sich nicht / in eine nebenhöle sich zu verkriechen: da sie / wegen der dunkelheit / nicht befahren durften / von dem Hemor gefunden zu werden. Dieser Prinz fassete den geh \rten namen Dison wol in sein gedåchtnis / und bewahrete fleissig den gefundenen zedel / der ihm allerhand seltsames nachdenken machete. Vom Salma angemanet /begabe er sich wieder zu pferd: mit den andern in des Jarah lusthause zu ůbernachten / weil das schloß bei nacht nie ge \ffnet wurde. Das übrige der nacht verbrachte er mit stätigem nachsinnen: wiewol er nichts gewisses / aus allem / noch zur zeit abnemen und schliessen kunte.

Aramena / die ihm dißmal so nahe gewesen / neben der Fürstin von Seir / schicketen den Demas / als sie eine gute weile gelauret / aus der h \le / um zu erforschen / ob der Prinz noch vorhanden wåre. Selbiger /wie er aller orten es ledig gefunden / kehrte mit dieser erfreulichen zeitung zurůcke / und brachte sie folgends sicher und ohne gefahr in der Casbiane behausung: sie ernstlich vermanend / daß sie ferner still und in ihrem gemach sich inn halten solten / damit sie nicht m \chten einmal entdecket werden. Diese heilsame lehre namen sie auch nun fleissig in acht / so gar /daß Ahalibama sich nicht mehr getrauete / die Casbiane zu besuchen. Sie erwarteten also mit grosser angst des gefärlichen tages / da ihre flucht würde müssen offenbar werden / und lebeten in nicht geringer sorge / ihr grausames verhångnis m \chte [467] noch nicht schlüssig seyn / an ihren so lang ausgestandenen verfolgungen ein ende zu machen. Je mehr aber dieser ihre furcht zuname / je grösser wurde das verlangen bei dem verliebten vatter und sohne / nach der herzu-nahenden zeit ihrer glückseligkeit: also daß sie kaum die wenige hinterstellige tage mit gedult erharren konten.

Als endlich der gewůnschte morgen angebrochen /der dem Beor seine Ahalibama / und dem Hemor die Aramena / zu eigen geben solte / sandte der König die Fürstin Thoris / mit k \stlichen kleidern / zu den beiden Prinzessinnen von Caphtor / und liesse sie bitten /selbige der Ahalibama und Aramena zu überlieferen /und diese beide bräute damit auszieren zu helfen: welches Cölidiane / so wol als Jaelinde / willigst über sich namen. Wie nun / nach gewonheit / alle jungfrauen / die in Salem waren / aufs schönste geschmůcket /sich in der Prinzessinnen gemach eingefunden hatten /begaben sie sich sämtlich / in zierlicher ordnung /nach dem verschlossenen zimmer. Zuvorderst / gingen die königliche musikanten; und nach ihnen / vier und zwanzig adeliche knaben / die da früchte und zuckerwerk / neben anderen kostbaren geschenken fůr die beide bräute / mit sich brachten. Hierauf folgete die sch \ne C \lidiane / neben ihrer schwester: deren jene /der Ahalibama brautrock / welcher über und über von diamanten glånzete / diese aber der Aramena ihren /der mit perlen reichlich gestickt ware / daher trugen. Auf diese kamen Calaride / Thoris / und alle andere anwesende damen.

Wie nun die bisher-verschlossen-gehaltene thür geöffnet worden / traten die beide Prinzessinnen hinein /neben der glückwünschung / den beiden bråuten ihre kleidungen zu ůberreichen und anzuschmůcken. Sie sahen sich [468] aller orten nach ihnen um: und wie die erschrockene Calaride ihre anvertraute Aramena / und Thoris die Ahalibama / nirgend funden / anete ihnen gleich etwas von der warheit. Nachdem sie endlich eine kammer zu hinterst ge \ffnet / funden sie die zwei zurückgelassene dirnen / welche / wie abgeredet worden / einander an des bettes pfosten gebunden hatten. Als nun Calaride sie befragte / wie sie in diesen stand geraten / und wo die Prinzessinnen wåren? sagte die eine: wiedaß / diese nacht / etliche personen in das fenster / nachdem sie die eiserne gitter abgehoben /gestiegen / und die beide bråute / durch hůlfe einer wurfleiter / hinunter in den garten gebracht håtten. Sie und ihre gespielen håtten zwar der wacht solches anmelden wollen / wären aber dergestalt von diesen fr \mden angebunden worden: und würde man im gemach auf dem tisch von der Ahalibama und Aramena zwei schreiben fingen / die ihnen vieleicht mehr / als sie wůste / entdecken k \nten. Die dirne wuste dieses so scheinbarlich und jammerend fůrzubringen / daß die andern es alle gläubeten / die dann hierůber unbeschreiblich sich entsetzeten.

Das geschrei / daß die K \nigliche bräute in ihren gemächern nicht wären gefunden worden / breitete sich alsobald im ganzen schloß aus / und kame endlich auch vor den K \nig Beor: der eben im werk begriffen war / sich seiner braut auf das herrlichste im königlichen schmuck sehen zu lassen. Er eilete / ganz erstaunet / nach dem gemach / da C \lidiane und Jaelinde / halb entselbstet / noch mit den brautkleidern stunden. Er durfte nach der Ahalivama flucht nicht fragen / weil ihrer aller erschrockene angesichter solches genug bezeugeten / und ihm sein unglůck ankündigten. Die Thoris überreichete ihm die zwei schreiben / die auf dem tisch waren gefunden [469] worden. Nachdem er der Ahalibama ihres / so an ihn lautete /abgelesen / rieffe er: O hartnåckichte feindin meiner ruhe! und begunte die anwesenden zugleich so ergrimmt und betrůbt anzusehen / daß er die herzen der meisten mit furcht und mitleiden anfüllete.

Indem kame auch der K \nig von Salem dazu /neben dem Fürsten Beri / dem Sobal von Seir / und dem Prinzen Hemor: welcher letzere schier wolte unsinnig werden / als er die flucht seiner Aramena innen wurde. Sein betrůbter vatter gabe ihm der Aramena gefundenes schreiben: dessen ablesung / ihn seines unglücks versicherte. Weil er sich gleich des zedels erinnerte / den er vor vier tagen bei des Eliesers grab gefunden / geriete er in den argwan / C \lidiane můsse um diese flucht wissen / und sahe sie gar scharf an: die aber ein so unschuldiges wesen von sich blicken liesse / daß er das herz nicht fassen kunte / sie hierüber zu besprechen. Der Fürst Sobal von Seir / bezeugete imgleichen sein grosses misfallen ob dieser flucht von seines bruders tochter. Kurz! jedermann war so verwirret / daß sie nur einander ansahen / ohne daß sie ergrůnden konten / wie dieses zugegangen. Melchisedech / um dem Beor zu erweisen / daß er hieran ganz unschuldig / liesse aller orten fleissige nachsuchung anstellen. Weil man auch der aussage der beiden dirnen gläubte / daß sie erst verwichene nacht entkommen wären: als vermuteten sie / daß sie noch nicht weit von Salem hinweg seyn könten. Demnach wurden auf alle strassen leute ausgesendet / mit allem fleisse sie zu suchen und auszuforschen. Kein ort im garten / bliebe unbesehen: und weil Hemor sie bei des Eliesers grab vermutete / als rannte er wie ein rasender daselbsthin / da er aber alles leer gefunden.

Der K \nig Beor geriete hierůber in eine so tiefe traurigkeit / [470] daß er niemand um sich sehen noch leiden wolte: und schmerzete ihn / nicht allein seiner Ahalibama abermaliger verlust / sondern auch der schimpf / daß mitten in seinem lande / auf einen so festen schlosse / da auch zwei Könige zugegen gewesen / so ein raub geschehen k \nnen. Wann er bedachte /wie Cölidiane den sterbenden Elieser ehmals heimlich zu besuchen gewust / geriete er in starken argwan / sie oder Melchisedech selber håtte der Ahalibama davon geholfen: allermeist wann er auch des Fürsten Arsas fleissige besuchungen / die er bei dem Melchisedech und den Prinzessinnen abgeleget / erwoge / die ohnzweifel auf die hinterung dieser heurat m \chten gezielet haben. Weil er dem Demas in allem trauete / als gedachte er nicht an denselben / daß er ihn also solte betrogen haben. Doch wurden die söldner scharf befraget / die für dem zimmer wacht gehalten: aus denen man aber / weil sie unschuldig waren / nichtes bringen kunte.

Casbiane erfuhre auch zeitlich in ihrem hause / was auf dem schloß fůrginge / und wolte lang nicht dem geschrei von der Aramena flucht glauben beimessen: bis folgenden tags der bekůmmerte Thebah und die wehemütige Calaride zu ihr kamen / und die unbesonnenheit der Aramena ihr mit thränen klageten. Die Fürstin von Cale wuste nicht / was sie hiervon denken solte / weil sie gewiß glåubete / daß Aramena nicht mit der Fürstin von Seir wåre durch den Demas befreiet worden: über deren flucht sie sich äuserlich ja so bestürzt anstellete / als sie es wegen der Aramena innerlich im herzen war. Der alte Thebah / der sich gar nicht wolte zufrieden geben / fürete die betrübteste reden / und beklagte / wie soviel das ganze Syrien hierdurch verloren: und hätte fast der schmerz / von der Aramena wahrer [471] geburt / ihn etwas entdecken gemacht. Weil Casbiane sich nun wieder zimlich wol auf befunde / als beschlosse sie / in etlichen tagen ihre reise fürzunemen. Calaride bote sich zur reisgefårtin an: wurde aber durch den Thebah zurůcke gehalten /der es für thunlicher achtete / solang in Canaan zu verbleiben / bis eigentliche nachricht von Aramenen hingelangen m \chte. Casbiane stimmete ihm bei / und halfe sie hierzu bereden: weil sie nicht wolte / daß Calaride eher / als in Damasco / der Ahalibama flucht erfahren solte.

Sobald Calaride mit dem Thebah wieder von ihr hinweg waren / ginge Casbiane nach der Ahalibama gemach: die sie neben den andern / wegen dieses handels / in grossen ängsten fande. Sie erzehlte ihnen alles / was bei hof fürgegangen: insonderheit / daß Aramena ebenfalls nicht wåre gefunden worden. Die Fürstin von Seir stellete sich hierbei ganz unwissend an / und Dison / der mit im gemach war / bliebe in so freiem wesen / daß man ihn in keinen verdacht ziehen kunte. Casbiane fragte unter andern: was doch wol eigentlich / solchen haß gegen den Prinzen von Canaan / in der Aramena herzen erwecken m \chte? zumal ja an diesem herrn nichtes zu finden / das nicht liebens würdig wåre. Ob wol (gabe Ahalibama zur antwort) das gefallen unterschiedlich ist / und vieleicht dieser Prinz der sch \nen Aramena nicht anstehen mögen: so halte ich doch dafür / ihr gelübde / so sie der G \ttin Diana gethan / werde diese widerspånstigkeit verursachet haben.

Es ist aber (antwortete Casbiane) dieses gelübde nicht gültig: dann ich von ihren anverwandten zum öftern verstanden / daß sie hierzu von ihren eltern niemals erlaubnis bekommen k \nnen. So kan auch solches darum nicht zugelassen werden / weil sie eine einzige [472] tochter / und von königlichen geschlecht entsprossen ist / die den stammen noch fortpflanzen kan. Es ist mir leid um sie / daß sie sich also gr \blich verstossen / und wird ihr dieser ungehorsam keine gute nachrede bringen. Dison / der dieses mit anh \rete /håtte die Aramena gern verantwortet / dorfte es aber nicht thun / und überliesse solches der Ahalibama /die hierauf sagete: So lang ich die Prinzessin von Chaldea gekant / habe ich / neben ihren andern tugenden / solche bedachtsamkeit bei ihr befunden / daß ich gewiß dafür halte / sie werde ihre flucht zuvor wol haben ůberleget; und achte ich meines orts ihr gelübde so rechtmåsig / daß ich selber entschlossen bin /selbigen orden anzunemen / und mein übriges leben der Diana aufzuopfern. Ich wil (beantwortete Casbiane lächlend) die Aramena nun nicht mehr beschuldigen / weil sie eine so gute fůrsprache bekommen. Was aber diese der Ahalibama entschliessung betrifft / selber nach Ninive in den tempel zu gehen: hoffe ich /selbige werde ihr in Syrien wol ausgeredet werden /wann meine K \nigin diesen vorsatz wird erfahren haben.

Hiemit kame der Demas zu ihnen hinein / der Ahalibama dirne mitbringend / die von ihrer Fůrstin mit freuden aufgenommen wurde: der Aramena hinterlassene dirne aber / war bei der Calaride geblieben. Die ser hauptmann / weil er wuste / daß er der Aramena zustand für der Casbiane muste heimlich halten / stellete sich an / als ob er nichtes von den umständen ihrer flucht sagen könte / und berichtete allein / in was verwirrung jezt der hof stünde; wie Melchisedech und Beor halb uneins geworden / da der lezte den ersten in verdacht gezogen; und wie gleichwol niemand auf ihn einigen verdacht wůrfe / daß er der jenige sei /der durch den garten die Ahalibama håtte davon gebracht. Er gabe nun [473] ferner den raht / Casbiane solte ja nicht eher hinweg reisen / als bis die ausgeschickten /welche jezt alle strassen beritten / wieder zu hause seyn wůrden. Damit aber die Fůrstin von Cale sich auser allen verdacht setzen m \chte / beschlosse sie /wiewol sie noch nicht völlig wieder genesen / gen hof zu gehen / und nochmals von den Prinzessinnen abschied zu nemen.

Sie fande / als sie solches den andern tag ins werk setzete / die beide schwestern von Caphtor sehr betrübet: sonderlich die Cölidiane / welche h \chst betraurete / daß Ahalibama / ohne daß sie dieselbige zum wahren glauben bekehret / sich also von ihr verloren hatte. Sie besorgeten auch sehr / dieser handel dörfte eine grosse feindschaft zwischen dem K \nig von Canaan und dem Melchisedech erwecken / die dann über diesen ihren vettern hinausgehen würde: dann der Beor wolte es ihm nicht aus dem sinn reden lassen /daß sie nicht allerseits um der Ahalibama flucht wissenschaft trůgen. Weil sie nun des Beors gemüte sehr rachgierig kenneten / als konten sie nicht anderst / als hieraus viel b \ses befahren. Casbiane suchete sie hiemit wieder zufrieden zu sprechen / daß des Beors grimm sich gleich wieder legen würde / wann man erfahren / wo Ahalibama hingekommen; und wie unmůglich es wåre / daß solches gar lang könte verborgen bleiben. Wie sie nun fast den ganzen tag mit den beiden Prinzessinnen zugebracht / name sie ihren abschied: da dann dieselben sich der K \nigin von Ninive aufs demütigste anbefehlen liessen / und ihr zugleich erwiesen / daß sie durch ihre gegenwart sich sonders vergnügt befunden.

Der verliebte Hemor ware inzwischen nicht zu tr \sten / und vermehrte sich sein und des K \nigs leidwesen noch um ein grosses / als nach etlichen tagen /von allen [474] orten / die ausgeschickten wieder kamen /und nit einige nachricht von den Prinzessinnen mitbrachten. Wie nun der Prinz alles genäuer bei sich überlegte / geriete er in den wahn: ob auch wol Cölidiane die Aramena und Ahalibama verborgen in Salem heimlich aufbehalten / und Aramena der Ahalibama brudern lieben möchte? Wie dann der gefundene zedel ihme zu diesen gedanken anlaß gabe / welchen er bei einem frömden jüngling gefunden / deme man mit dem namen Dison geruffen. Er zoge demnach den zedel wieder herfůr / und überlase ihn nochmals mit bedacht: wordurch er dann in seiner einbildung gestärket wurde. Als eben damals der Thebah zu ihm kame / offenbarte er ihm gleich seine gedanken / und legte die schrift also aus: Sehet ihr wol / mein vatter! (sagte er zu dem Thebah /) daß dieser schreiber verliebt gewesen / daß er gegenliebe genossen / daß seine Prinzessin in der C \lidiane verwahrung sei / daß er ihr ein reich / so ihr zugeh \ret / einnemen wil / und daß er eine schwester in ihrer gesellschaft habe / die einen grossen verlust elitten. Wer kan dieser sonst seyn / als der Dison? der die Aramena liebet / der von Cölidianen heimlich allhier geheget wird / der ihr Syrien einzunemen bemühet ist / und der die Ahalibama bei ihr weiß / welche den Fürsten Elieser verloren. Kan auch wol der warheit etwas ånlicher / als dieses /seyn? So habe ich auch / mit diesem namen / neulich einen fr \mdling nennen h \ren. Bin ich nicht unglückseelig / daß ich / in verlierung meiner Prinzesessin /einen so geliebten mitbuler finde?

Der alte Thebah / als er den Prinzen also reden hörete / befande alles so müglich / daß er fast im geringsten nicht mehr daran zweifelte. Dann es liesse sich mutmassen / daß der Fürst von Seir / der Dison / seinen sinn / ein Isis-priester zu bleiben / verloren / und von der Aramena [475] schönheit sich gewinnen lassen: die vieleicht auch von der Calaride / wider des Thebah wissen / ihre geburt erfahren / und von der Ahalibama ůberredet worden / diesen Fůrsten zu lieben. Thebah wuste nicht / was er hierzu sagen solte: dann diese einbildung ihme lieber war / als wann Aramena in den Tempel nach Ninive gegangen wåre. Mitlerweile er dieses also bei sich bedachte / überlase der Prinz auch nochmals der Aramena schreiben; das dann in seiner eiversucht ihn stårkete / und in diese worte heraus brechen machete: Ach Aramena! ihr habt dem glůcklichen Dison eure treue gelobet / ehe ihr mich gesehen; und habet nichtes mehr für mich übrig / als meine freundin zu seyn / weil ihr des Disons verlobte Aramena heisset. Die viele seufzer liessen ihm nicht zu /seine klage fortzusetzen. Der Thebah hatte sich inzwischen bedacht / und befunde fůr Syrien nützlicher /daß Hemor der Aramena gemal und K \nig in Syrien würde / als der Dison: weil der K \nig von Canaan mehr macht hatte / sich bei dem reiche Syrien zu erhalten / als ein Fürst von Seir. Demnach gabt er dem Prinzen den raht / er solte seine einbildung alsobald seinem herr vattern kund machen: damit er von dem Melchisedech erhalten möge / dieserwegen bei der Cölidiane eine anfrage und nachsuchung anzustellen.

Der verliebte Hemor säumete nun nicht / dieses seinem herr vatter zu hinterbringen: den er damit so voll hoffnung machete / daß er bereits die verlorne Ahalibama wieder gefunden achtete. Demnach begabe er sich gleich zu dem Melchisedech: den er mit seinem anbringen / als ob von Cölidiane die beiden Prinzessinnen heimlich aufenthalten würden / sehr erschreckete. Er beteurete gar hoch / daß er solches so wenig wisse / als glauben k \nne / und liesse alsobald die C \lidiane beruffen: [476] die er dann / in des Beors gegenwart / hierum befragte. Diese gute Prinzessin erblassete / als ihr diese bezüchtigung angemeldet / und /auf ihr leugnen / die gefundene schrift / darinn ihr name zu lesen war / fürgewiesen wurde. Sie erriete wol / daß Armizar / allen umstånden nach / dieses müste an die Amesses geschrieben haben: sie wolte aber dieselbige nicht verrahten / und verneinte ferner /daß sie etwas hierum wisse. Sie thäte aber solches mit so ungewissen gebärden / daß Beor in seiner einbildung gestårket und Melchisedech ganz verwirret wurde.

Ich weiß nicht (sagte Beor /) was ich hiervon denken oder gläuben soll. Der K \nig von Salem wird mir nicht verargen / wann ich / auf die seine zu kommen /die gemächer der Cölidiane samt allen heimlichen \rtern dieses schlosses durchsuchen lasse: dann die umstånde sind so deutlich / daß ich nicht zweifele /das zu finden / was ich suche. C \lidiane / dieses hörend / ward sehr beängstiget; und Melchisedech / der solches sahe / zoge seine Nichte auf eine seite / und fragte sie / ob sie dann hierum wüste? Sie beteurete bei dem höchsten Gott / daß sie von der Ahalibama und Aramena nichtes sagen k \nte. Was aber das schreiben belangte / darinn ihr name stünde / hätte sie zwar davon einige kentnis: sie dörfte aber davon nichts offenbaren / bevor ihr solches von den personen / die es anginge / und die heimlich bei ihr wären /erlaubet würde; welches zu erlangen / sie gleich hingehen wolte. Melchisedech / um den Beor zu befriedigen / sagte ihm / was er von ihr gehört. Selbiger wolte aber der Cölidiane nicht trauen / daß sie von ihnen hinweg ginge: dann er besorgete / sie m \chte die Ahalibama warnen / oder weiter verstecken. Demnach begehrte er / selber mitzugehen: das dann die Prinzessin muste geschehen lassen / weil sie kein anders mittel sahe / aus dem [477] verdacht zu kommen. Doch ersuchte sie beide Könige / daß sie die namen derer / die sich in ihren schutz begeben håtten / nicht wolten zu wissen begehren.

Also ginge sie / in begleitung des Beors und Melchisedech / durch den garten / nach den gewölbten felszimmern / dahinein sie beide K \nige fürete. Selbige ersahen / mit h \chster verwunderung / zwo schöne damen / neben etlichen andern personen / die da schienen / ihre bediente zu seyn. Die beide damen wurden so bestürzet / sich also überfallen und ihrer meinung nach verrahten zu sehen / daß / wann C \lidiane nicht wäre fürangegangen / sie für entsetzen hätten vergehen mögen. Vergebet mir / wehrte freundinnen / (sagte C \lidiane zu ihnen /) daß ich die K \nige von Canaan und Salem zu euch herein füre! Ich habe dadurch meine unschuld müssen an den tag bringen: weil man mich / aus dieser sendschrift / in verdacht hält / als wüste ich um die flucht der bräute des K \nigs und Prinzens von Canaan. Es wird aber meine Prinzessin / (sagte sie ferner / sich zu der Amesses kehrend /) ohne entdeckung ihrer namen / welche die Könige nicht zu wissen begehren / allhier sagen k \nnen / ob ihr dieser zedel gehöre / und ob ihre gespielin die schwester des jenigen sei / der sie liebet. Hiermit überreichete sie der Amesses den zedel; welche / ganz erschrocken / ihres liebsten Armizars hand erkennte / und der C \lidiane diese antwort gabe: Ich bekenne / daß dieser brief an mich geschrieben / und daß meine gespielin allhier des jenigen schwester ist / der dieses geschrieben. Wolan! (sagte hierauf Cölidiane zum Beor /) sind E. Maj. nun zufrieden? und haben sie die Ahalibama bei mir gefunden? Ich sehe wol / (antwortete Beor /) daß hier Ahalibama nicht ist: sie kan aber / gleich dieser fr \mden / auch anderswo hierum verborgen aufbehalten [478] werden. E. Maj. m \gen suchen / wo sie wollen: (gabe C \lidiane zur antwort /) wann ich nur dieser beiden sicherheit erhalten kan / so habe ich sonst nichtes zu bewahren.

Der ungedultige Beor verharrete in seinem fůrsatze / ferner nachsuchen zu lassen. Cölidiane aber bate den Melchisedech um vergebung / daß sie / ohne sein vorbewust / diese fr \mden eingenommen / die so sehr /um allhier geheim zu bleiben / gebeten hätten. Melchisedech lobete ihr beginnen / daß sie hierinn das recht der bewirtung in acht genommen / und sagte zu den zwo sch \nen fr \mden: wiedaß sein haus zu ihren diensten stünde / und weil sie verborgen seyn wolten /ein anderes zimmer für sie bereitet werden solte / da sie bequemer / und ja so geheim als dißorts / ihre aufenthaltung haben k \nten. Sie namen beide dieses mit gebürlichem dank an / wiewol sie wegen ihrer bestürzung nicht viel worte machen kunten. Der Beor bekümmerte sich so wenig / zu erfahren / wer sie wåren / daß sie deswegen nicht ferner bekränket wurden. Melchisedech befahle seinem oberkämmerer / daß sie / von der Cölidiane leuten bedienet / in ein anders zimmer gebracht werden m \chten: dann Cölidiane konte solches selber nicht verrichten / weil der Beor sie nicht hinweg lassen wolte / sondern sie fast zwange / mit ihm alle \rter und winkel des hauses zu durchkriechen; wiewol er alle diese můhe vergebens angewendet / und also leer abziehen můssen.

Als dieses der Hemor erfuhre / und daß seine mutmassung fehl geschlagen / auch das schreiben die zwei gefundene frömde damen anginge: finge er an /ihm etwas anders einzubilden / und gläubete / daß der Tharsis / den er vor etlichen tagen verfolget / seine Aramena entfůret habe. Der Salma stårkete ihn in diesem wahn / [479] ihme beteurend / der Tharsis habe / mit hülf etlicher bedienten des Fůrsten von Cale / einen anschlag auf die Prinzessin gemacht / und Hadat /sein bruder / des Tharsis vertrautester bedienter / sei der jenige / der ihme dieses geoffenbaret. Hemor erinnerte sich hierbei / was der ritter / den er für den Tharsis angesehen / ihme durch seinen waffentråger zuentbieten lassen: daß er nämlich den angemuteten kampf / aus dringenden ursachen / nicht eingehen könte / und jezt hinz \ge / ein grosses reich einzunemen. Was ist das anders / (sagte er /) als daß Tharsis der Aramenen herkunft weiß / und die Syrische Fürsten auf seiner seite hat / sich zum besitzer der Aramena und des Syrischen reiches zu machen? Und hat er auch darum den kampf mit mir nicht eingehen wollen / weil ihme solches håtte hinterlich seyn mögen / die Aramena zu entfůren.

Der alte Thebah / der zugegen war / schlosse aus allen diesen umständen / daß der Aramena geburt nicht so heimlich sei / als er vermeinet. Er befande demnach für ratsam / daß der Prinz mit dem ersten /sein recht an die Prinzessin und folgbar an ihr erbkönigreich / den Syrischen ständen kund machen solte. Der Hemor selbst beschlosse / jüngst-abgeredter massen / mit dem Fůrsten Elon / dem Aner und Thebah /nach Hierapolis zu ziehen: woselbst / wie Thebah berichtete / die Fůrsten / wie sie jårlich pflegten / bald zusammen kommen würden. Der Fürst Sobal von Seir / kame indem zu ihnen: welcher bereits vom König Beor abschied genommen hatte / und übel zufrieden war / weil er gar kaltsinnige versicherung wegen der bereits-versprochenen hülfe bekommen hatte. Dann der Beor schriebe seinen erlittenen verlust allen zu /also daß auch der Fůrst von Seir nicht frei von verdacht bliebe. Wiewol nun dieser [480] bässern trost bei dem Prinzen zu erlangen vermeinte / so gabe doch derselbe ihm genug zu verstehen: wiedaß sie selber ihrer v \lker würden benötigt seyn / den entfangenen schimpf zu råchen. Doch versprache er darbei / daß den Fürsten von Seir nach m \glichkeit solte beigesprungen werden.

Weil dieses Prinzens betrübnis ihn seiner h \flichkeit nicht vergessen machte / als begleitete er den Fůrsten von Seir gar ansehnlich aus Salem / bis an den Jordan. Er bliebe daselbst ůbernacht zu Ennon /und liesse sich / von seiner tiefsten traurigkeit / am spaten abend / in den nächsten wald füren: da er / von niemanden als von dem Salma begleitet / in der einsamkeit sein leiden erwägete. Nachdem er sich můde gegangen / sasse er nieder an einen bach / dessen angenemes gesåusel ihme einige ergetzlichkeit geben kunte. In solcher betrübten stille / brachte ihn ein geräusche aus seinen gedanken: welches verursachete /daß er sich umsahe / und zweier personen gewar wurde / die sich nicht ferne von ihm niedersetzeten. Der eine von diesen beeden / ware grosses ansehens /und zeigete in allem eine hohe geburt. Seinen nebensitzer erkante Hemor für den Elamiten Mesan / der die Prinzessin Cölidiane aus Bactra zu rücke gebracht. Weil ihme / wegen seines verlustes / alles verdächtig fürkame / als bildete er ihm gleich ein / er habe an diesem ansehnlichen unbekanten einen mitbuler bekommen: demnach h \rete er fleissig und in aller stille zu / was sie reden würden.

Daß ich ihn gesehen / (hörte er den Mesan sprechen /) ist ganz gewiß / und zweifele ich auch schier nicht daran / er habe mich wieder erkant / und deswegen den kampf geflohen / den ihme der Prinz Hemor anbieten lassen: damit er nicht neben der sch \nen /die wir suchen / m \chte [481] verrahten werden. Wo du ihn gesehen / (hube hierauf sein beisitzer an zu reden /) da ist auch zweifelsohn die jenige nicht ferne / die mich aus Elam getrieben. Ach Mesan! m \chte ich doch alle meine můhe nicht vergebens haben angewendet /diese wundersch \ne wieder zu finden / ohne die ich nicht leben kan. Ich weiß / (antwortete Mesan /) wo sie ist: und habe ich meinen Fůrsten nicht eher mit dieser zeitung erfreuen wollen / bis ich warhafte nachricht von ihr erhalten. Als hierauf der andere h \chst begierig sich bei dem Mesan ferner erkundigen wolte / deutete selbiger ihm an / wiedaß jemand ihr gespräch durch den nächsten busch anhörete. Deswegen stunden sie eiligst auf / und gingen tiefer in das holz hinein: den Hemor sehr unwillig hinterlassend / daß er nicht erhorchen können / wo diese sch \ne / welche er bereits für seine Aramena achtete / hingekommen wåre. Indem ersahe er einen andern / welcher auch die beide Elamiten belauret hatte. Dieser kame aus dem gebüsch herfür / zu einem / der neben ihm ginge / also sagend: Ach Hadat! ich zweifele nun nicht mehr / daß Aramena von deme sei entfüret worden / der / dieser Elamiten aussage nach / dem Hemor den kampf versaget. O glückseliger mitbuler / wer du auch seyn magst! du hast mit deiner list und geschwindigkeit den Tharsis ůberwunden / und was ich schon gewis in meinen händen zu haben vermeinet / durch eine übernatürliche gewalt erlanget.

Hemor kunte mehr nicht als dieses h \ren / weil sie im reden immer fürter- und also seinem geh \r entgangen waren. Also hinterbliebe dieser armseliger verliebter so gar entselbstet / daß / wann Salma ihn nicht erinnert håtte / wie man wegen antretender nacht wieder nach Ennon kehren müste / er die ganze nacht daselbst verblieben wåre. O himmel / (rieffe er /) wieviel mitbuler lässest [482] du mich erfahren! Ich weiß nicht allein von dem Dison und Tharsis / sondern ich habe nun noch zwei unbekante bekommen: deren einer so glücklich seyn soll / daß er die Aramena entfüret. Ach unglůckseliger Hemor! dieses ist deine straffe / daß du die jenige verlassen / welche du eher als diese Prinzessin geliebet: und gleich wie jener Aramenen willfärigkeit dir einen eckel machete / also verursachet dir nun dieser Aramena halsstarrigkeit / die gr \ste marter / und must du erleben / daß sie dir von einem unbekanten entfůret worden / der seine dapferkeit und großmut gnugsam spüren lassen / und der ihr das reich wieder erlangen wil / dessen sie eine Erbkönigin geboren ist. Hierauf erzehlte er dem Salma alles / was ihme begegnet / und daß er nun den rechten Tharsis kenne. Weil aber dieser ja so unglůckhaft als er selbst ware / als wurde sein haß viel grösser wider den jenigen / den er letzlich nach der jagt fůr den Tharsis angesehen.

Er name ihm hierauf fůr / den Mesan zu suchen /der ihme sagen solte / wo die Prinzessin wåre: als von dem er selber zuvor hatte gehöret / daß er solches gewiß wisse. Wie er ihn deswegen durch alle die seinige im walde suchen lassen / (wiewol weder er noch der Tharsis mehr zu finden war /) muste er sich bis folgenden tag gedulten. Der Mesan hatte sich allemal / so lang er in Salem gewesen / bei dem Jarah / und nachgehends bei des Hemors leuten / aufgehalten. Weil nun der Hemor hoffete / bei dem Jarah etwas von ihme zu erfahren / als eilete er wieder nach Salem / und gabe dem Salma befehl / sich in der Casbiane behausung in geheim nach den jenigen bedienten zu erkundigen / die dem Tharsis wåren willfårig gewesen / ihme die Aramena entfůren zu helfen. Als er seinem betrůbten vatter zugesprochen / [483] und ihm alles erzehlet / schöpfete der eine kleine hoffnung / daß Mesan von der Ahalibama auch etwas wissen m \chte. Es ward aber dadurch nur seine ungedult vermehret / weil dieser Elamite so wenig zu Salem als zu Ennon gefunden wurde.

Salma aber / seines herrn befehl nachzukommen /begabe sich nach dem haus der Fürstin von Cale: und weil er mit ihren bedienten bekant / als bemühete er sich sehr / etwas zu erforschen. Er kunte aber anders nichtes erfahren / als daß des Fürsten Arsas hofmeister / ungefär für zehen oder zw \lf tagen / einen frömden Fůrsten heimlich in ihrem hause bewirtet: mit dem er viel gespråche gehalten. Dieses machte dem Salma die gewisse vermutung / dieser Fürst würde der Tharsis gewesen seyn. Wie er aber / solches seinem herrn zu berichten / sich wieder hinweg begeben / berichtete die verkleidete Tirza / welcher auf des Salma thun acht gegeben / den anderen / wiedaß des Prinzen Hemors vertrautester bedienter da gewesen wåre. Hierüber gerieten sie sämtlich in die neue sorge / er m \chte von ihrem da-seyn etwas ausgeforschet haben. Die verstellete Zimene vermehrte des schönen Disons furcht / diese nachricht hinzusetzend: wiedaß der hofmeister / ihr bruder / mit dem Fůrsten von Sepharvaim einen anschlag gehabt / die Aramena zu befreien: welcher jetzund gar übel zufrieden wäre / nachdeme kündig worden / daß die Prinzessin von jemand anderem aus Salem sei entfüret worden. Alles dieses triebe sie an / ihre abreise zu beschleunigen: worzu dann Casbiane die folgende nacht bestimmete / mit fürgeben / daß sie / wegen der hitze / bei tag nicht reisen m \chte.

Nachdem nun die nacht angebrochen / begabe sich Casbiane / Ahalibama / Astale / und eine von der Fürstin von Cale jungfrauen / auf den wagen: da die Fürstin [484] von Seir gar fleissig ihr angesicht verhüllte / daß niemand sie für jemand anders / als fůr der Casbiane jungfrau / ansehen m \chte. Der oberkämmerer Jarah hatte befehl vom Melchisedech / die Fürstin von Cale bis ein stuck wegs zu begleiten. Der Dison muste /neben den andern / auf kamelen folgen / weil die wägen nur für das frauenzimmer bestimmet waren /welches mit nicht geringem ungemach geschahe: doch vertruge er alles gern / weil er sich darbei seiner freiheit erinnerte. Wann einiges ding der Ahalibama /nach ihrem verlust / hätte vergnügung geben k \nnen /so solte es diese ihre endliche erl \sung gethan haben. Nun aber vermochte auch dieses nicht / ihr trauren zu stillen / und brachte sie den ganzen weg mit weinen hin / sich erinnerend / wie sie nach Salem gekommen / und wie leer sie jezt hinweg ziehen muste. Bei anbrechendem morgen / als sie über den Jordan gegangen / sahen sie sich nicht ferne von Camon. Als sie daselbst gegen den mittag angelanget / und malzeit hielten / betrachtete Casbiane den anmutigen Dison gar genau: worüber ihme gar bang wurde. Weil sie ihn mit in ihre unterredungen gezogen / und also einen sonders anmutigen geist in ihme verspüret: als begehrete sie nachgehends an die Ahalibama / wie sie wieder fortreiseten / ob nicht ihr ritter Dison mit auf ihrem wagen fahren d \rfte. Dieses wurde von der Ahalibama so gerne erlaubet / als von dem Dison angenommen.

Casbiane sagte unter andern / als sie den Dison ferner betrachtet: Ich finde solche gleichheit in des Disons angesichte / mit dem lezten K \nig in Syrien dem Aramenes / dessen abbildung ich oft gesehen / daß ich sorge / die Fůrstin von Seir werde / ihres ritters wegen / in Syrien ungelegenheit bekommen; zumal / da man jezt gar stark [485] redet / ob solte ein sohn von besagtem K \nig nachgeblieben seyn. Das wåre mir ein glück /(antwortete Dison) wann ich dadurch ein so grosses reich erlangen könte. Oder vielmehr ein unglück! (wandte Casbiane ein /) weil am Assyrischen hof das hinterbliebene blut des Aramenes sehr verfolget wird /und dieser nachgelassene Prinz in lebensgefahr schwebet. Ich wil nicht hoffen / (wiederholete Dison) daß diese gefahr mich treffen werde: massen meine Fürstin / deren ich diene / gewisses zeugnis von dem zustand meiner eltern wird erteilen können / daß die keine k \nigliche wůrde betreten haben.

Wie nun Ahalibama dieses bekråftiget / und ihrem ritter beifall gegeben / kamen sie unter solchen gesprächen zu abends in ein dorf / dahin einer von der Casbiane fürausgeschickten zurük kame / und der Fürstin von Cale anmeldete: wiedaß die K \nigin von Ninive noch nicht zu Damasco ihren einzug gehalten /weil die zurüstungen / sie zu entfangen / noch nicht färtig gewesen; und wäre sie inzwischen im Königreich Hemath geblieben / dahin sie in etlichen tagen zu der Königin kommen k \nten. Casbiane färtigte gleich einen ab / durch den sie / die ankunft der Ahalibama / der K \nigin wissen liesse. Des folgenden tages brachen sie von diesem dorfe wieder auf / und thåten eine starke tagreise: da sie dann abends die stadt Berothai erreichten / welche dem K \nig von Hemath zustehet / von dar sie / in zweien tagen / nach Hemath zu der K \nigin gelangen kunten.

[486]
Das Vierte Buch
Reihen-Erzehlung der Geschichte von Moab und Ammi
Reihen-Erzehlung der Geschichte von Moab und Ammi.

Unsere beiden helden / derer leben und thaten wir beschreiben wollen / sind von ankunft Ebreer / und haben ihre vorfahren die Chaldeische Kron getragen: daher auch in ihnen das Königliche geblüt aufgwallet / und sie die rümliche ehrsucht gefület / dermaleinst auch thronen zu besteigen. Ihre geburt / ware zwar lasterhaft: doch ist sie / wegen des vatters unwissenheit / und wegen dessen t \chter als ihrer můtter einfalt / in etwas zu entschuldigen. Was auch dißfalls den ruhm unserer helden verdunklen m \chte / das ersetzete vollk \mlich ihre tugend und edeles gemůte: welches dann von jugend auf sich erwiese / und in ihnen dermassen herfür leuchtete / daß Moab ein wunder seiner zeit /und Ammi ein unvergleichlicher held / mit recht kunte genennet werden. Gleichwie aber / des Sodomischen und anderer drei oder vier Königreiche untergang / bei Loths töchtern die einbildung / als wann die ůbrige ganze welt im feuer verdorben wåre / verursachete /und sie zu müttern derer machete / deren schwestern sie billiger heisen solten: also machte nachgehends die erkentnis ihres irrtums / daß sie sich der tracht ihrer leibesfrucht schämeten / und alle bekante gesellschaften meideten. Ja sie flohen gar aus Canaan hinweg / und begaben sich unwissend wohin / über den Jordan / an das meer / welches die sünden der Sodomiten abgewaschen hatte / und die todte [496] See genennet wird. Sie liessen sich nieder in einer höle / alda ihre weibliche bürden abzulegen / und vermeinten daselbst von aller menschlichen gesellschaft ganz entfernet zu leben.

Aber ein Riese / der alda auf den bergen seiner schafe hütete / kame gegen abend in diese höle / als seine wonung / sein vieh einzutreiben. Seine verwunderung über diese beide fr \mdlinge ware ja so groß /als ihr erschrecken über diesen grossen mann. Ihrer beider sch \nheit stache ihn dermassen in die augen /daß er / der sonst wenig von erbarmung wuste / erstlich zu mitleiden / und hernach zur liebe bewogen wurde. Er brachte zu ihnen ein paar weiber / von ihrer gr \sse / die ihrer wol pflegen und ihnen aufwarten musten. Endlich gebaren sie alda / den Moab und Ammi: ihnen nicht einbildend / daß diese kinder solche helden solten werden / die dermaleinst das land bezwingen wůrden / in welchem sie jezt arme fr \mdlinge und wåisen waren.

Der Riese / ihr pflegvatter / die sch \nheit dieser kinder betrachtend / gedachte bei sich / was für ein herrliches geschenke dieselbigen fůr seinen K \nig seyn wůrden / welcher vom geschlechte der Emim war / und seine Königliche hofstatt zu Ar hatte. Demnach beschlosse er / sobald die knaben würden entwehnet seyn / sie gen hof zu bringen / die můtter aber für sich zu behalten. Diese art riesen hatten damals die weise /daß sie sich bemüheten / kleine weibspersonen und deren kinder in ihr land zu fůren: weil sie solche von natur liebeten / und sich gerne mit jenen verheurateten. Wie nun Moab und Ammi das zweyte jahr erreichet / musten sie abgewehnet werden / und wurden ihren betrůbten müttern aus den armen gerissen / die der Riese nach Ar brachte. Der K \nig / name diese sch \ne kinder mit freuden auf: und als er nach ihrer[497] ankunft fragte / muste der riese auch ihre mütter zu ihm bringen / die er für sich zu behalten vermeint hatte. Die sch \nheit derselben / erweckte eine solche liebe in dem K \nig / daß er sie allen seinen weibern fůrzoge / und sie beide zur ehe name. Also wurden Moab und Ammi / gleich des Königs andern kindern /erzogen: und weil dieses volk gar wild war / als hatten ihre můtter fleissige aufsicht / daß ihre kinder nicht auch verwildern möchten. Sie liessen sich auch selbst von jugend auf so wol an / daß sie / in diesem rauhen lande / da sie keine sitten noch höflichkeit sahen / gleichwol durch hůlfe der mütterlichen zucht /in allem ihrem thun sich huldseelig erwiesen: wie uns der Fůrst Ninias ferner wird beschreiben k \nnen.

Hiemit schwiege die Königin / und Ninias / weil er ernennet worden / und ihn die reihe traffe / finge an /die geschichte folgender gestalt fortzusetzen.

Es ware der Moab von gemüte gar rechtfärtig / also daß er nie etwas unrechtes leiden kunte: wie er dann allemal / wann sie mit den andern K \niglichen kindern spieleten / die jenigen straffete / die dergleichen etwas begingen. Weil er nun also bei allen sich in sonderbare ehrerbietung setzete / als wehlten ihn / die kinder des K \nigs und der grossen bei hof / zu ihren K \nig / und Ammi wurde sein feldobrister und geheimer raht: die andere aber bekamen ämter / die ihnen der Moab zuteilete / wie er jeden wůrdig erkante. Letzlich teileten sie sich / in zween haufen. Des K \nigs sohn / der nach ihm die Kron haben solte / Brammis genannt / ward feldherr über das eine heer / und wehlte zu seinen feldhaubtmann / den sohn eines grossen herrn / der beim König in sonderbaren gnaden stunde: Moab aber / wurde feldherr des andern haufens / der in knaben von gemeiner grösse bestunde. Solchergestalt huben sie an / im gebirge [498] den krieg zu spielen / und zogen recht zu feld gegen einander: da dann / die steine und baum-äste / ihr gewehr / und baumrinden ihre schilde waren.

Der Moab erhielte allemal den sieg / weil sein feldobrister der Ammi klůger und vorsichtiger sich erzeigete / als der auf des Brammis seite: bei deme dieses nicht eine geringe eiversucht erweckete. Dann dieser junge riese war von natur boshaftig und tyrannisch /und hegete überdas einen eingewurzelten haß gegen unsere beide helden: dann er ware ståts von seiner mutter verhetzet worden / gegen diese kinder als eink \mlinge feindselig zu seyn. Weil er hierbei auch ehrsůchtig war / als bemühete er sich sehr / über den Moab einen vorteil zu erlangen. Demnach bote er ihm und seinem heer eine schlacht an / als er zuvor / wider ihre abrede / heimlich noch eine grosse anzahl seines gleichen knaben zu sich genommen hatte / die sein heer dermassen verstärkten / daß er den Moab weit übermångete. Moab und Ammi / sich keines solchen versehend / liessen sich leichtlich zum treffen bereden. Als sie aber mitten im streit sich befanden / brache des Brammis hinterhalt herfür / und ůberwältigten den gegenteil / daß Ammi gefangen wurde / und Moab mit gar wenigen in seine vestung / die die natur in einem felsen angelegt hatte / entweichen muste. Moab / über diese ungerechtigkeit sehr erbittert / und wegen seines feldobristen unglůck betrůbet / wolte den mit aller gewalt wieder los haben: allermeist als er von einem überlaufenden knaben erfuhre / daß Brammis den Ammi gar ůbel halten liesse.

Demnach begabe er sich mit den seinigen fůr des Brammis vestung: vorhabens / dieselbe zu stůrmen /und den Ammi zu erledigen. Er kunte aber nichtes ausrichten / weil man mit steinen so heftig auf sie herab [499] wurfe / daß etliche der seinen todt geworfen wurden: da dann die andere die flucht namen / und also den Moab zwungen / vom sturm abzulassen /und wieder abzuziehen. Sein grosmůtiges herz kunte dieses nicht verschmerzen / und ward auf die ausgerissene so erbittert / daß er ůber den / der zu erst entlaufen / ein urteil ergehen ließ / daß er solte gehenket werden: welches von den seinigen straks vollzogen wurde. Weil er nun nicht ruhen konte / er håtte dann den Ammi wieder / als bote er fůr ihn dem Brammis eine der vestungen an / die er ihm hatte abgewonnen: der aber solches nicht annemen wolte / und den Ammi gefangen behielte. Die befreiung desselbigen und was darbei fürgegangen / wird die Prinzessin von Seir zu erzehlen ihr belieben lassen.

Ahalibama bedachte sich ein wenig / und erlångerte hierauf diese geschichte folgender massen.

Des Ammi scharfer verstand / den er von jugend auf blicken lassen / dienete ihm in seiner gefängnis /die andern knaben zu ůberreden / daß sie / ehe der sich dessen versahe / des Brammis seite verliessen /und ihn los machend / mit ihme bei nacht davon flohen und zu dem Moab ůbergingen. Dieser junge held wåre bald für freuden gestorben / als er seinen bruder wieder frei sahe: und gabe er gleich / zur vergeltung /allen den jenigen / die mit dem Ammi waren herůber gekommen / die fůrnemste åmter. Er beschlosse auch /alsofort den Brammis in seiner vestung zu überfallen: das er dann gar glücklich verrichtete / und etliche gefangene davon brachte. Der Brammis wolte schier rasend werden / als er des Ammi erledigung und seines erlittenen verlusts gewar wurde. Weil er nun sich den schwåchern sahe / als begehrte er auf etliche wochen einen stilstand: welchen ihme Moab verwilligte. In solcher zeit kamen sie von beiden seiten zusammen /[500] und waren gute freunde miteinander: da fůrnemlich ihre ergetzung im jagen des nidern wilds bestunde. Was aber / in wårendem diesem stillstand / der Brammis für eine falschheit und tück begangen / wird der Pelech uns am båsten sagen können.

Dieser ihr gastfreier wirt / nachdem also die reihe an ihn gelanget / belustigte die gesellschaft mit folgender ersetzung der geschichte.

Es hatte Brammis zu keinem andern ende diesen stillstand erwehlet / als daß er sich an dem Ammi /und an denen / so zu dem Moab waren übergegangen / råchen möchte. Wie er nun endlich seinen vorteil ersehen / lude er den Moab zur jagt / mit den fůrnemsten seiner kriegsbedienten. Als sie erschienen / und sich alles guten versahen / name er ihn gefangen / und liesse die andern nidermachen. Als der Ammi dessen innen worden / liesse er / solches zu rächen / alles zum kriege wieder färtig machen / und bekame grossen zulauf von des Brammis knaben / die sich an ihres feldherrn grausamer verůbter that årgerten / und ihme nicht mehr zu gebot stehen wolten. Also belägerte er den Brammis in seiner vestung / und schlosse ihn also ein / daß er nirgend heraus kommen kunte. Weil aber des Brammis vestung gar schwer einzunemen ware / als kunte Ammi seinen bruder nicht sobald erledigen / wie er wol gewünschet: doch hoffete er / er wůrde sich endlich ergeben müssen. Brammis wehrte sich zwar ein zeitlang dapfer: endlich aber /als es an narungsmitteln / die in feld- und baumfrüchten bestunden / mangeln wolte / ersonne er ein grausames mittel / den Ammi zu zwingen / daß er von der belågerung abstehen müste. Er liesse den Moab auf die höhe eines felsen bringen / und rieffe von dar / zu den Ammi herab: wofern er nit gleich würde die vestung verlassen [501] so solte sein bruder hinab gestürzet werden. Dieses erweichete den Ammi / daß er den abzug fůrname. Aber der erhitzte Moab / deme unerträglich fiele / länger also gefangen zu seyn / fassete ein herz / und sprange selbst aus freiem willen über den felsen hinab / als er seinen bruder zum abzuge sich rüsten sahe. Er kame noch so glücklich hinunter /daß er nur einen arm brache / und sich nicht zu todt fiele. Der Ammi / solches ersehend / bildete ihm ein /Brammis håtte den Moab lassen hinab werfen: fiele demnach / mit seinem volk / die vestung so grimmig an / daß er dieselbe erstiege. Etliche der seinigen ergriffen / in der ersten wut / den Brammis / und wurfen ihn / ohne ihres feldherrn befehl zu erwarten / über den felsen hinab: da er dann / wann er nicht wåre in einem strauch behangen geblieben / sein leben hätte einbůssen můssen. Die Prinzessin Ammonide / wird uns nun ferner berichten / wie dieser kinderkrieg zum ende gelaufen / und was deswegen bei hof / als es ausgekommen / vorgenommen worden.

Ammonide seumete sich nicht / ihr aufgetragenes stůck von dieser geschicht folgender massen fůrzubringen.

Die beschädigung des Moab / die harte verfarung mit den knaben / welche Moab so wol als Brammis erwůrgen lassen / neben den andern ungelegenheiten /die aus diesem kinderkrieg entstanden / darunter des Brammis herabstürzung vom felsen nicht die geringste ware / kame endlich nicht allein bei hof / sondern auch im ganzen lande aus: da dann der König gleich die verordnung thäte / daß sein sohn Brammis neben seinen andern kindern nach Ar kommen / und dieses spielen einstellen musten. Die jenige vätter / die ihre kinder hierbei eingebüsset / beschwerten sich hierob sehr hoch bei dem König / sonderlich der jenige / dessen sohn der Moab hatte [502] [504]aufhenken lassen: wodurch endlich der König bewogen wurde / die beide knaben den Moab und Ammi / ob er sie schon wegen ihrer tugend / auch um ihrer mütter willen / sehr liebete / von hof zu thun / weil er sie nicht ferner / wider soviel feinde / unter denen Brammis der vornemste war / beschützen konte. Nachdem er sie mit einem stuck gelds versehen / schicketen ihre mütter sie nach Mesopotamien zu ihrem vettern dem Nahor: der sie frölich aufname / auch mit seinen kindern vollends erziehen und in allen krieges übungen / als wozu sie von natur die neigung hatten / unterrichten liesse. Wie sie sich alda in des Nahors beide töchter die Maecha und Jisca verliebet / muß uns der Prinzessin von Seir ihr ritter beschreiben: als welchen ich dafür ansehe / daß er es uns allen hierinn zuvorthun / und diese gemütsneigung aufs beweglichste werde fürbringen k \nnen.

Dison wurde ganz schamrot / als ihme dieses von der Ammonide aufgetragen wurde: und durfte er sich hierwider nicht entschuldigen / wiewol es ihm sehr schwer ankame. Die ganze gesellschaft betrachtete seine sch \ne gestalt / als er mit sonderbarer annemlichkeit folgendes stuck dieser geschichte vorbrachte.

Unsere helden wären ganz vollkommen gewesen /wann sie nicht der liebe zuviel gewalt über sich gelassen håtten: welche sie als ein gift beschliche / daß sie / in anschauung der schönen Maecha und Jisca / ihre freiheit verloren / die bisher alle ihre thaten begleitet. Also legten sie / mit den kinderjahren / ihre ruhe des gemůtes ganz von sich: und wurde Moabs leuenmut /den die Riesen nicht zwingen k \nnen / nun durch den holdseligen schein der Maecha gebändiget; gleichwie auch des Ammi dapferkeit und seltener verstand nicht mehr in ihme die [504] herrschaft allein behielte / nachdeme er die Jisca gesehen. Sie merketen diese sinn-änderung einander bald ab: und weil nichtes in ihren herzen jemals verborgen war / das sie einander nicht vertrauet håtten / als erfuhre der Ammi in kurzem / daß Moab eben das gift von der Maecha schönheit gesogen / welches ihme der Jisca annemlichkeit beigebracht hatte. Gleichwie diese unvergleichliche brůder in allem einander änlich gewesen / also waren sie es auch in der liebe. Welchergestalt aber solche von der Maecha und Jisca vermerket und aufgenommen worden / wird Aramena bässer als ich erzehlen können.

Ahalibam hörte mit verwunderung diesen namen nennen / und die jenige / so solchen fürete / fuhre also fort in der geschicht-erzehlung.

Der sch \ne Ammi / welchen die natur äuserlich mehr als den Moab bezieret / funde nicht grosse beschwerlichkeit / sich bei der Jisca beliebt zu machen. Dann weil die ohnedas nicht eines so gar strengen gemütes war / liesse sie sich leichtlich durch des Ammi aufwartung gewinnen. Gleichwie auch die sonne /wann sie in ein spiegelglas ihre stralen wirfet / dieselbigen wieder zurůcke bekommet: also zündete das feuer / so den Ammi verliebt gemachet / auch die Jisca an / daß sie so wenig ohne den Ammi / als er ohne sie / leben kunte. Doch verbarge sie dieses liebesfeur fůr ihren eltern / schwester und brůdern: weil sie wenig hoffnung sahe / daß der Nahor ihr zulassen würde / einen zu heuraten / der keine andere mittel / als die ihme sein schwerd erwerben k \nte /und nur tugend ohne geld hatte / welches in der welt wenig ansehen zu machen pfleget. Deswegen riete sie dem Ammi / daß er ihren brůdern durch seine dapferkeit sich beliebt machen solte: worzu er dann gute gelegenheit hatte / [505] weil sie immer krieg mit ihren nachbaren anfingen / und die lånder / welche ihre vorfahren vordessen in Chaldea besessen / wieder zu erlangen trachteten. Wie dann insonderheit der Kemuel bemůhet ware / seine dapfere grosmut in Syrien zu erweisen: deme dann / aus obberürter ursach / der Ammi in selbigem krieg solche nutzbare dienste zu leisten sich beflisse / daß er einige erkentlichkeit von ihme dafůr erwarten konte.

Solchergestalt / ware der Ammi in seiner liebe zimlich vergnüget. Der Moab aber / der unglückselige Moab / funde grossen widerstand bei seiner Maecha: weil dieselbige allbereit ihr herz einem andern ergeben hatte / den sie von jugend auf geliebet; der hingegen ihrer liebe würdig war / weil es ihme an keiner einigen tugend zur vollkommenheit mangelte; der auch / in des Moab gedanken selber / für ihm einen solchen vorzug hatte / daß er gestehen muste / Maecha habe in ihrer liebe wol gewehlet. Was noch mehr ist / so machte sie den Moab zu ihren vertrauten in der liebe: weil sie / indem er mit ihr in Haran erzogen wurde /und sie also ståts umeinander waren / ihre freundschaft ihme vollkommen zugewendet. Also wuste niemand bässer / als er / ihre zuneigung zu diesem seinem glückhaften mitbuler. Er hatte / wiewol er sonst /von kindheit auf / sich fůr nichtes gescheuet / nie das herz / ihr seine liebe zu entdecken. Hingegen dienete er ihr / wider sich selber / in allen begebenheiten / daß sie mit seinem mitbuler heimlich kunte zu reden kommen / den sie vor ihren eltern offentlich nicht sprechen dorfte. Ich wolte glauben / er hätte / ihrer ruhe wegen / seine eigene liebe ihr nimmermehr entdecket: wann die wahre geschichte nicht so lautete / daß Maecha den Moab bekommen. Solches aber / weil es von mir nicht gebürlich kan beschrieben werden / will ich dem [506] Fürsten Jothan und seinen nachbaren zu beschreiben überlassen.

Ich finde mich (sagte der Jothan /) in solcher verwickelung / indem Aramena nicht einmal den mitbuler des Moab mit namen genennet / daß ich nicht weiß / wie ich dieses ihr der wahren geschichte eingeschaltete gedichte fortfüren solle. Doch wil ich es versuchen / um nicht ungehorsam zu erscheinen.

Des K \nigs von Zoba sohn / der Rehob / war der jenige / den die Maecha liebete. Und weil er / da sein vatter mit dem Nahor im krieg stunde / heimlich in Haran sich aufhielte: als wuste niemand von dieser liebe / als der Moab / in welchen / wie Aramena allbereit erwehnet / die Maecha ein sonderbares vertrauen gesetzet hatte / weil seine stätige und fleissige bemühung / ihr gefällig zu seyn / sie dahin ůberredte /daß sie seine freundin wurde. Also muste er / diese ihre neigung für sich zu erhalten / ihre zusammenkunft allståts bef \rdern helfen. Er gewanne auch hierdurch / wider seinen dank / die wolneigung des wackern Rehob / also daß dieser sein mitbuler sein bäster freund wurde: wiewol / seine und der Maecha freundschaft / den Moab wenig erfreute / und er nur seinen jammer sehen / ja selber mit befördern muste. Wann die Fůrstin Casbiane nicht zugegen wäre / wolte ich hiervon ein mehrers berichten. Weil aber sie / als eine Syrerin und nahe anverwandtin der Maecha / solches besser verrichten kan / als will ich ihr hiemit meinen platz überlassen: mit bitte / daß sie nicht sobald als ich aufh \ren wolle / damit die reihe mich nicht zum andernmal treffen möge / diesen faden / der mir jezt so bange gemacht / fortzudrehen.

Die ganze gesellschaft lachte / ůber dieser bitte des Fürsten Jothans. Als aber Casbiane solche [507] beantworten wolte / winkete ihr die K \nigin / daß sie nur in der erzehlung fortfahren solte: welches sie dann also verrichtete.

Dergestalt stunden die sachen in Haran / da unsere beide helden / wegen ihrer sonderbaren geschicklichkeit / als ein wunder angesehen wurden: und hatten sie von der wildheit / die sie bei den riesen zu Ar sich angewehnet / nichtes mehr übrig / als soviel ihnen zur dapferkeit dienen konte. Weil der Maecha / unter allen ihren brůdern / der åltste und jüngste / der Uz und Bethuel / die liebsten waren / als gesellete sich auch Moab am liebsten zu diesen beiden / um auch durch dieses mittel sich bei ihr in gunst zu setzen. Der dapfere Kemuel ware zwar seinem gemůte am änlichsten: weil aber die Jisca / des Ammi liebste / denselben unter ihren brüdern am meisten liebete / als überliesse er seinem bruder hierinn den fürzug / daß der allein um Kemuels gunst sich bewerben dorfte. Also zoge der Ammi mit dem Kemuel in den krieg / als er Syrien eroberte / welches land ein teil der Sammesunim / die auch riesen waren / besessen hatten: da dann Jisca von seinen thaten soviel erzehlen hörte / daß dadurch ihre liebe / sowol als sein lob und gerůchte /sich vermehrete.

Moab / der noch zu Haran war / sahe zwar seines bruders glück ohne eiversucht an: doch krånkte ihn hierbei / daß er seine liebe bei der Maecha alsofort in schlechtem zustand wissen muste. Der Prinz Rehob /den sie liebete / muste von Haran wieder nach haus ziehen: weil sein herr vatter ihn abforderte / und der krieg / der schon lange gemunklet / zwischen ihme und dem Nahor sich äuserte. Uz / des Nahors ältster sohn / ginge wider ihn zu feld / da der Moab mit reisete: welchen Maecha ersuchete / sein můglichstes zu thun / daß die von Zoba [508] in diesem krieg nicht unterligen / und dem Rehob kein leid widerfahren m \chte. Dieses war ein harter befehl / wider die jenige zu streiten / deren seite man hålt / und seinem mitbuler wider sich selber zu dienen. Dennoch verprache er ihr solches / und seinen gehorsam zu erweisen / fürete er ein eigenes heer: womit er allemal anderswo sich befunde / als wo der Rehob mit seinen v \lkern stunde. Wie aber dieser krieg abgelaufen / ůberlasse ich dem Fürsten Ardeus / als welcher von krieg mehr erfahrung als ich hat / zu erzehlen.

Also übername / der Fůrst von Chesed / die beschreibung dieses kriegs / den er der gesellschaft folgender massen bekant machete.

Der dapfere Moab / dessen hand von jugend auf zu siegen gewonet / gabe sich in diesem kriege bald kund: wie er dann dem Uz / in kurzer frist / das land Hus eingewonne / welches noch jezt seine nachkommen besitzen. Also siegeten diese beide brüder gleichsam in die wette: daher allein ihr name genug war /den feinden einen schrecken einzujagen. Der Uz hatte immittels / im andern teil des reiches Zoba / auch grosses glück / indem er / durch verräterei der Sophonier / den Prinzen Rehob gefangen bekame: den er gleich nach Haran dem Nahor zusandte / alda er dann in so unwürdiger gestalt fůr seiner liebsten augen erscheinen muste. Mitlerweil aber Maecha ůber diesem unglůck des Rehob sich h \chlich bekůmmerte / gingen des Uz und Moabs glückhafte waffen immer weiter: da der Moab / gleichwie zuvor dem Uz das land Hus /also letzlich auch das Fůrstentum Bus / fůr des Nahors zweiten sohn / erworben. Als sie hierauf nach Haran wieder kamen / ward er von jederman als ein Gott geehret. Aber Maecha war gar übel mit ihm zufrieden / daß er / ihren willen zu erfüllen / des [509] Rehob gefängnis nicht verwehret hatte. Wie er sich gegen sie entschuldiget / wie Rehob wieder los gekommen / und was sich weiter begeben / wird die Fürstin Perseis uns fůrzutragen ihr belieben lassen.

Der Moab (erlångerte Perseis die geschichte /) vername der Maecha ůbelzufriedenheit: doch wuste er /in erzehlung seiner verrichtungen / sich so fein zu entschuldigen / daß sie ihn fůr unschuldig hielte. Sie lage aber ihm ståts in den ohren / daß er den Rehob heimlich los machen solte: worinn er ihr endlich / aus antrieb seiner innigsten liebe / gehorsamte / dem Rehob das gefängnis öffnete / und ihm davon halfe. Der edle Rehob ware nicht sobald von seinen unterthanen wieder gesehen worden / da namen sie ihn / weil sein herr vatter todt war / zum K \nig an / und wurfen das Syrische joch wieder vom halse. Hierauf änderte sich alsobald der ganze zustand des krieges / indem bald hernach auch der Nahor die welt gesegnete: da dann dessen kinder genug unter sich selber zu thun bekamen / und also der König Rehob zu Zoba unangefochten bliebe. Weil er aber die Maecha zur Kron-genossin verlangte / als machete er ein bůndnis mit dem Kemuel: der hatte nun die Syrische Kron aufgesetzet /und mit des Ammi hülfe alle riesen vertrieben / die da umher gewohnet. Maecha bliebe bei dem Bethuel in Haran / welches ihm zum erbteil angefallen ware. Aber die Jisca zoge nach Damascus / zum König Kemuel: welcher / in erinnerung der treuen dienste / die der Ammi ihm erwiesen / diese seine schwester an ihn versprache. Es wolte aber des Ammi grosmut ihm nicht zulassen / dieses glůck anzunemen / bevor er ein land erworben håtte. Diese seine begierde zu erfüllen /eråugete sich eine gute gelegenheit: wie uns der Fůrst Jonadas wird erzehlen k \nnen.

[510] Dieser Fůrst von Hemath / der aus K \niglichen geblüt und der nåchste an der Kron ware / hatte fast mit ungedult der zeit erwartet / bis er ernennet worden /seine erfindungen zu dieser geschicht auch herbei zu tragen. Weil sein gemůte jezt mehr mit liebes- als kriegs-gedanken umginge / als ersonne er noch etwas zu des Ammi und Moab leben / das nachgehends den anderen viel mühe machete / es in den schranken der warheit zu enthalten. Seine erzehlung / bestunde in folgenden umstånden.

Es ware unter den riesen / die der dapfere Ammi aus Syrien verjaget / ein Sammesunischer Fürst / namens Chomasbolus: dem der König Kemuel in ståtiger doch etwas freier gefångnis zu Damasco aufbehielte. Weil der aber umher gehen dorfte / und dannenhero die Jisca \fters zu sehen bekame: als ward er von ihrer schönheit dermassen eingenommen / daß er sich heftig in sie verliebte / und auf mittel bedacht wurde / wie er sie entfüren und nach Ar bringen möchte / da der König Brammis sein vetter regirete. Er ersahe ihm hierzu eine bequeme zeit / wie der K \nig neben dem Ammi eben auf der jagt war: brachte also die Jisca davon / ehe sich jemand dessen versehen k \nnen. Der verliebte Ammi wolte schier verzweiflen / als er in der wiederkehr sich so schmerzlich beraubt fande. Es hätte ihn auch zu leben verdrossen /wann ihn nicht die rache und begierde / diesen verlust seiner liebsten alle Sammesunim und Emim entgelten zu lassen / aufgehalten håtte. Sein natürlicher widerwille gegen diese v \lker ware schon vorher so groß /daß er ihme fåst fůrgenommen hatte / sie zu ůberziehen / und ihr land fůr seine sch \nste Jisca zu erobern. Nunmehr aber war diese sůsse hoffnung verschwunden / und bliebe nichts übrig / als die schmerzliche[511] rachgier / die allein sein leben noch fristete. Der K \nig Kemuel versahe ihn mit v \lkern aus einem lande von Babel / welches seine gemalin / die Königin Ziparis von Assyrien / ihme zugebracht hatte.

Inzwischen er sich zu diesem feldzug růstete / lebete zu Haran der verliebte Moab in nicht båsserem zustande. Dann / er muste sehen / wie der König Rehob \ffentlich um die Maecha werben liesse / und sie ihme gleichfalls bald aus den augen hinweg fůren wůrde. Weil er kein mittel sahe / ohne verletzung der tugend /des Rehob glück zu behintern / als wolte er in Haran nicht länger verbleiben / da er so vergeblich seinen heldenmut gewiesen / und vor soviel ausgestandene liebesschmerzen keine vergeltung erworben. Demnach entschlosse er / seinem bruder im zuge wider die Sammesunim zu folgen / und das land zu verlassen /da er alle seine ruhe und vergnůgung verloren hatte. Maecha / die ihn ståts als ihren båsten freund gehalten / sahe seinen abzug mit grosser betrůbnis an; und Bethuel ihr bruder / der in allem dem verståndigen Moab bisher gefolget hatte / bemühete sich sehr / wiewol vergebens / ihn von seinem fůrhaben abzubringen. Endlich aber / als er seine beståndigkeit sahe / gabe er ihme v \lker mit / die er seinem bruder zu hülfe fůren solte. Also zogen Moab und Ammi aus Syrien und Mesopotamien hinweg / da sie ihre freiheit und liebsten verloren: und wolten / weil sie in der liebe so unglůckselig waren / im krieg ferner ihr heil versuchen. Sie gingen aber also zu krieg / daß sie gleichwol dabei der verheurateten Maecha und der entfůreten Jisca sich stäts erinnerten. Und ob sie wol beide gleich unglůckhaft waren / so achtete doch jeder sein leiden fůr gr \sser / als des andern seines. Der Ammi sagete: Er wolte noch eher zufrieden seyn / wann er nur wissen solte / wo die [512] Jisca geblieben. Moab klagete: Er wolte sich weniger ůber sein unglück beschweren / wann er nur sagen k \nte / daß die Maecha ihn jemals geliebet habe. Wie aber Maecha von des Rehob heurat abgekommen / wird uns die schöne Fůrstin von Arvad zu erzehlen wissen.

Ich finde fůr mich allzuschwer / (sagte Dersine / die / gleich der Ammonide / bei der Königin von Ninive am hof war /) da der Fůrst Jonadas uns berichtet /Maecha sei im begriff gewesen / den Rehob zu heuraten / daß ich nun etwas ersinnen solle / wordurch solches verhintert worden. Als sie hierauf ein wenig nachgesonnen / fuhre sie also fort / in der erzehlung.

Es wurde zu Haran die k \nigliche hochzeit angestellet / und kame der wackere Rehob dahin / seine Fürstin abzuholen / und nach Zoba zu füren. Aber am abend vorher / da folgenden tags die hochzeit fortgehen solte / kame die Maecha hinweg / daß niemand wuste / durch wen oder wohin sie entkommen wåre. Weil auch ich solches nicht weiß / als wil ich den Abias hiervon reden lassen / welcher uns bässern bericht wird geben k \nnen.

Des verliebten K \nigs von Zoba bestůrzung (erzehlte dieser kammerherr von Hemath / nachdem man ůber der Dersine lustige ausrede wol gelachet /) war so heftig / daß er håtte sterben m \gen / wann er nicht seines lebens noch wåre benötigt gewesen / um die rauber seiner Maecha zu erfahren und abzustraffen /oder sonst die beschaffenheit von ihrem so unvermuteten verlust zu ergrůnden. Indem er aber hiermit beschåftigt war / kame ihm zu ohren / wiedaß der Moab die Maecha geliebet: welches geschrei etliche personen erwecket hatten / und fůr gewiß bezeugeten. Dieses brachte ihm den argwahn / der Moab müste dieser rauber seyn. Demnach / aller ehmaligen [513] freundschaft vergessend / fassete er / in dieser seiner gemütsverwirrung / den ůbereilten schluß / den Moab zu verfolgen / und ihm die beute wieder abzujagen. In solchem fürsatze / sein reich und alles hintan setzend / floge er fast mehr / als daß er reisete / unsere beide helden einzuholen. Nachdem er in dem land / welches nun die Ammoniter besitzen / angelanget / h \rete er allenthalben von den fůrtrefflichen heldenthaten des Moab und Ammi / und hatte Ammi bereits Rabbath eingenommen / alda auch die beide brůder sich aufhielten. Der eifersůchtige Rehob kame dahin / nur von etlichen waffenträgern begleitet / und hielte sich etliche tage ganz heimlich daselbst auf.

Eines tags belaurete er den Moab / im walde / der nahe an Rabbath stosset / als derselbige / seinen betrübten gedanken nachhångend / ganz allein ginge. Rehob vername aus etlichen klagworten / die der Moab fůrete / daß er sich beschwerete / er wäre nicht geliebet: daher ihm die einbildung noch gewisser wurde / dieser hätte seine getreue Maecha bei sich /und verfolge sie mit seiner liebe. Diesemnach kunte er sich nicht långer zwingen oder verborgen halten / sondern / sein schwerd bl \ssend / liesse er sich vor dem Moab sehen / und ihn zugleich diese worte h \ren: Hie ist dein glůckseliger mitbuler / der dir der Maecha liebe bestreitet! Mich must du erstlich überwinden /ehe du von ihr etwas zu hoffen habest. Moab erschracke ůber diesem anblick des Rehob also heftig /daß / wann jener ihme nicht auf den leib gedrungen und ihn zur gegenwehr gen \tigt hätte / er wol lange nicht aus seiner bestürzung wůrde zu bringen gewesen seyn. Er wehrete sich auch des Rehobs / ohne daß er nicht bedachte / was er thåte: weil ihme nicht zeit gelassen wurde / diese abenteur recht zu ůberlegen. Ohne [514] zweifel wůrden diese helden einander aufgerieben haben / wann nicht der Ammi wåre dazu gekommen / der sie vonsammen brachte / und / ihrer alten freundschaft sie erinnerend / durch seine bitte soviel ausrichtete / daß sie von ihrem wůtigen kampf abliessen.

Rehob / der mehr und gefårlichere wunden / als der Moab / entfangen / muste leiden / daß man ihn in Rabbath brachte. Und ob er wol zu erst in seiner einbildung beståndig verharrete / die Maecha wåre in Moabs hånden: so wurde er doch bald eines andern berichtet. Demnach / das jenige nicht bei dem Moab findend / was er suchete / verlore er zwar die eifersucht / aber nicht seine grausame betrůbnis: dann er muste nun sich noch unglůckseliger achten / als vorhin / weil er nicht wuste / wo oder bei wem er seine Maecha suchen solte. Moab war ebenfalls nicht zu tr \sten / als er erfuhre / wie Maecha verloren ware. Diese beide edle mitbuler huben hiemit an / einander wieder zu lieben / und neben dem Ammi den verlust ihrer liebsten zu beklagen. Der dapfere Rehob erbote sich auch / teils aus freundschaft gegen ihnen / teils aus angeborner grosmut / meistenteils aber aus verzweifelung / diesen beiden helden in ihrem krieg wider die riesen beizustehen. Dann er suchete / nach diesem seinem grossen verlust / nichts als den tod /und bekůmmerte sich wenig um das reich / das er verliesse. Wie sie nun den krieg wider den König Brammis / miteinander fortgesetzet / wird uns / weil ich eine dame nach mir wehlen muß / niemand bässer als die Aramena berichten können.

Aramena sagte: Weil ich / so erfahren im kriege von dem Abias angesehen werde / wil ich mich m \glichst bemůhen / ihn in seiner einbildung zu stärken. Damit begunte sie / in dieser erzehlung / also fortzufahren.

[515] Der K \nig Brammis / der nach seines vettern tod die regirung angetreten / hatte zwar dessen thron /aber nicht seine gůte und tugend geerbet / und erwiese an sich das widerspiel in allen dingen. Weil sein kindischer haß wider den Moab und Ammi mit ihm erwachsen / als liesse er dessen auch dieser helden beide můtter entgelten / welche er dem Moloch im thal Hinnon erbårmlich aufopferte. Sie erfuhren diese greuliche that zu Rabbath / und die betrůbnis hierüber / zündete ihre rache von neuem an / also daß sie / da sie bisher mit der eroberung Rabbath sich vergnüget /nun mit h \chstem eifer den krieg wider den Brammis fortsetzeten / und keines von den Emim oder Sammesunim verschoneten. Ihr wůrgendes schwerd frasse alles / was ihnen nur fürkame. Endlich lieferten sie /nahe beim gebirge Gilead / den riesen eine schlacht /die an beeden theilen sehr blutig war: doch verloren die riesen / und wurden geschlagen / daß ihrer 30000. auf der walstatt blieben. Brammis entflohe mit seinen gewaltigen nach Ar: daselbst er von Moab und Ammi / die ihren sieg verfolgeten / belägert wurde. Weil dieser ort von natur sehr fåst war / als kunten sie lange dem Brammis nichtes abhaben / der sie auch mit oftmaligen ausfällen sehr beunruhigte. Der K \nig Rehob hatte / in einem dieser ausfälle / sich so weit verwaget / den feind wieder nach der stadt jagend / daß / wann Moab ihme nicht eiligst wåre zu hülf gekommen / er sein leben hätte můssen einbůssen. Diesen dienst betrachtete Rehob gar erkentlich / ob gleich sein fůrsatz nur zum sterben ginge: gleichwie auch der grosmütige Moab ihm nicht konte leid seyn lassen / daß er seinem mitbuler das leben erhalten. Ich ůberlasse aber diese belågerung dem Fürsten von Hemath / selbige weiter auszufüren: der uns dann auch / von dem [516] riesen Chomasbolus / ferneren bericht wird ertheilen k \nnen.

Es hatte Chomasbolus (liesse dieser Fürst sich hierauf vernemen /) seine sch \ne beute von Damasco nach Ar eingebracht: aber bei der grosmütigen Jisca solchen widerstand gefunden / daß er seine gefangenin fůrchten muste. Es ware gleichwol in diesem riesen soviel ehrerbietung / daß er ihre gegenliebe nicht mit zwang / sondern durch fleissige bedienung gewinnen wolte. Dieses erhielte ihr noch das leben / welches sie sonst / wann man ihrer ehre etwas håtte anmuten wollen / ihr selbst zu nemen / entschlossen ware. Es begabe sich aber / zu ihrem unglůck / daß auch der K \nig Brammis sich in sie verliebte / bei deme mehr macht und weniger ehrerbietung sich funde / und muste Chomasbolus gleich zurücke stehen. Also sahe sich die unglůckselige Jisca in noch gr \sserer verfolgung: da dann diese einige hoffnung sie noch tr \stete / daß sie ihren Ammi so nahe wuste / und von dessen dapferkeit ihre freiheit erwartete. Dieser held / unwissend / daß seine geliebte ihm so nahe wäre / setzete mit seinen helfern die belagerung eiferigst fort / und wurde / in einem ausfalle / der Chomasbolus gefangen: das dann dem verliebten Ammi die h \chste freude war / weil er durch diesen seinen mitbuler von der sch \nen Jisca etwas zu erfahren verhoffete. Wie gros wurde aber sein verlangen / sie zu erretten / als er vername / daß sie in des Brammis gewalt wåre! Er sparete nun keinen fleiß / die vestung eiligst einzubekommen: worzu ihme der Chomasbolus / aus rachgier gegen seinem König / selbst behůlflich war / und ihm einen weg zeigete / durch welchen die vestung zum leichtesten k \nte erstiegen werden.

Wie sie aber hierüber zu werk waren / kame ein gewaltiges [517] heer riesen aus Hazorim dem Brammis zu hůlfe / also daß unsere helden gezwungen wurden /sich zu teilen: da dann Moab wider die Aim ginge /Ammi aber und der K \nig Rehob vor Ar verblieben. Wiewol nun diese teilung ihre macht sehr schwåchete / so wolte doch Ammi den sturm fůrnemen. Sobald die hierzu bestimmete nacht angekommen / fůrete sie Chomasbolus an den bedeuteten ort: da dann Ammi und Rehob die stadt erstiegen / und alles durch die schärfe des schwerds jageten / was ihnen zu handen kame. Weil aber die riesen in der stadt grossen widerstand thäten / und ihre macht sehr groß war / als verranten sie eiligst den folgenden den paß: also daß der erhitzte Ammi und Rehob / nur mit etlich hundert mann / sich in Ar sahen / und / von allen seiten umringet / nirgend ausweichen kunten. Diese beede helden verübeten damals wunderdinge / und erlegten eine so grosse månge riesen / daß ihnen die erschlagene fast zur mauer dieneten / um etwas von dem gefechte auszuruhen. Weil sie den tod fůr augen sahen / und solchen lieber als ihr gefängnis wehlen wolten / als fochten sie mit unbeschreiblicher dapferkeit. Sie wurden aber endlich / von den vielen wunden / also entkråftet / daß sie unter den todten hinfielen. Wie sie aber / auf befehl des Brammis / recht besichtigt wurden / funde man noch ein leben in ihnen: das dann diesem wüterich eine fr \liche post war / weil er also feine rache desto vollkommener an ihnen auszuůben vermeinete. E. Maj. werden geruhen / uns von dieser geschicht ein mehreres bekant zu machen.

Der Fürst Jonadas hatte / dieses sagend / die K \nigin mit einer tiefen verneigung angesehen: welche hierauf die erzehlung folgender gestalt fortsetzete.

Es hat uns noch keiner berichten wollen / wo die Maecha [518] sei hingekommen: wiewol Dersine dem kammerherrn Abias ein solches aufgetragen. Demnach wil ich bemüht seyn / dem suchenden Moab seine geliebte auch wieder zu verschaffen. Dieser held zoge denen riesen Aim bis an den fluß Arnon entgegen / und lieferte ihnen eine schlacht: die er gewonne / und nicht allein die riesen zwunge / nach Hazorim zurůcke zu entrinnen / sondern auch des K \nigs von Hazorim sohn den Rapha gefangen bekame / und also einen herrlichen sieg davon brachte. Diesen Rapha befunde der Moab so tugendhaft von gemůte / und so scharf an verstand / daß er ihn / weil er auch bei der schlacht viel zeichen einer grossen dapferkeit spůren lassen /in seine freundschaft aufname / unangesehen er sein feind und gefangener war. Demnach hielte er ihn gar ehrlich / und weil er / täglich mit ihme umgehend /eine sonderbare traurigkeit an ihm verspůrete / die aus anderer ursach / als aus seiner gefangenschaft / herrůren muste / als befragte er ihn einsmals: was sein anligen wåre? Der Rapha offenbarete ihm / in antwort: wiedaß seine bande ihn nicht so sehr schmerzeten /als dieses / daß ihme hierdurch alle macht benommen wåre / eine dame / die er liebete / vom tode zu erretten / welche auf dem berge Pegor gefangen såsse / und von seinem herrvatter dazu verdammet wåre / daß sie solte dem Baal Peor geopfert werden. Es wären nur noch acht tage dahin / da diese opferung solte für sich gehen / welche zu hintern er bereits einen anschlag gefasset håtte: der aber nun / durch seine gefängnis /wäre vergeblich worden.

Den mitleidigen Moab taurete dieser unfall von herzen / weil er / als einer der liebete / des Rapha angst wol erkennen kunte. Demnach bote er sich freiwillig an / mit seinem volke / des riesen geliebte zu erretten: weil [519] er ohnedas / seinem sieg nachzusetzen /gesonnen ware. Er versprache auch dem Rapha die freiheit / wann er ihm angeloben wolte / nicht mehr wider ihn zu kriegen. Dieser verliebte riese / bekennte und nennte sich hiergegen des Moab ewig verbundenen. Als sie nun an den berg Pegor gekommen / auf welchem der tempel des Baal-Peors stunde / der von allen seiten trefflich befästiget ware: stürmete der Moab den berg mit höchstem eifer / und erstige denselben. Mitlerweile nun der Rapha / seine gefangenin zu erl \sen / bemühet war / brachte Moab alles unter seine gewalt: wodurch er das halbe land von Hazorim ihme botmäsig machete. Er håtte seinem sieg weiter nachgesetzet / wann ihn nicht / die betrůbte zeitung von dem unglück und gefängnis seines bruders Ammi und des K \nigs Rehob / wäre eingelanget. Weil ihn nun die brüderliche liebe antriebe / ihm in dieser noht beizuspringen: als verliesse er den berg Pegor wol besetzet / und eilete nach Ar zurücke; da dann Rapha ihn nicht verlassen / sondern begleiten wolte. Dieser Prinz von Hazorim / fůrete die erl \sete dame mit sich / welche Moab / wegen vieler geschåfte / noch nicht gesehen hatte. Sie waren noch eine tagreise von Ar /als die zeitung kame / wiedaß der König von Hazorim gestorben wäre. Moab / seine großmut dem Rapha vollk \mlich zu zeigen / liesse ihm zu / daß er nach Hazorim zurücke reisen / und die Kron seines vatters aufsetzen mochte: da hingegen Rapha dem Moab versprache / ihme den Brammis bekriegen zu helfen.

Es hatten aber die zu Ar des Moab ankunft erfahren: dannenhero sandte der K \nig der Emim ihme seine gr \ste macht entgegen / welche in dem gebirge unversehens auf ihn stiesse. Moab bekame die zeitung von der herannahung des feindes / als er eben mit dem Rapha [520] in das gezelt der jenigen dame gehen wolte /die er auf dem berg Pegor ihme befreien helfen. Weil er nun also / diese besuchung geschwind abzulegen /gezwungen war / als eilete er in das gezelt hinein. Er fande daselbst die sch \nheit / die ihm seine freiheit genommen / um deren willen er soviel qual ausgestanden / und deren verlust ihme so unertråglich gewesen. O Maecha! rieffe er / und bliebe damit stehen: weil unverhoffte freude und bestürzung ihn zugleich also überfielen / daß ihme kein sinn / als das gesichte /zum gebrauch ůbrig bliebe. Maecha hingegen / den Moab ersehend / wurde nicht weniger erfreuet: dann sie vorher / wegen innigster traurigkeit / sich nicht bemühet hatte / zu erfragen / wer dem Rapha geholfen håtte / sie vom berge zu entfůren. Wie sie aber beiderseits / wegen der bestůrzung / einander anzureden verzogen / kamen die kriegsbedienten des Moab einer nach dem andern eiligst gelaufen / und meldeten ihm an / wiedaß die riesen bereits in sein lager eingebrochen wären / und nun anfingen / alles in unordnung zu bringen. Der Pelech / unser wirt / soll ferner sagen /wie es weiter ergangen.

Der dapfere Moab / (ersetzete Pelech /) der nicht /seine liebe zu vergnůgen / seiner soldaten-gebůr vergessen wolte / eilete von der schönen Maecha hinweg / nachdem er sie einem seiner kriegsbedienten in obacht befohlen / und schwunge sich zu pferde / dem feinde widerstand zu thun: da er auch solche dinge verrichtete / die niemals keiner ihme gleich oder vor-thun mögen. Die gegenwart seiner Maecha verdoppelte seinen muht: also daß die Emim / welche bereits gesieget hatten / ganz in die flucht geschlagen wurden. Er liesse sie bis vor Ar verfolgen: er selbst aber kehrte wieder zurücke nach dem lager / die Maecha zu sprechen. Er funde / bei seiner wiederkunft [521] ihr gezelt ganz leer / und wuste ihm niemand bericht zu geben /wo sie m \chte geblieben seyn. Also hatte er sie zuvor / gleich als im traum / gesehen / und zweifelte er / ob es wahr gewesen / daß er die Maecha diesen tag gesehen. Rapha liesse sich ebenfalls nirgend finden / wie auch der kriegsbediente / deme Maecha anbefohlen worden. Der betrůbte Moab wolte schier verzweifeln /und wuste nicht / was er beginnen solte: dann er nicht zugleich seinen bruder und die Maecha befreien / und doch auch keines von beiden verlassen kunte. Die Prinzessin von Seir wird uns berichten / was er in dieser beschwerlichkeit für einen schluß ergriffen habe.

Wann ich ihn nach meinem sinn (sagte Ahalibama) solte thun machen / so würde er mir die verlorne Maecha suchen müssen. Nun tauret mich aber auch der gefangene Ammi / der seines bruders beistand hoch vonn \ten hat / also daß ich ihme des Moabs hülfe nicht länger entziehen kan. Hierauf sezte sie die erzehlung fort / wie folget.

Der bekůmmerte Moab entschlosse sich / an Ar einen sturm zu versuchen / ehe die grausamkeit des Brammis ein unglůck wůrken m \chte: demnach bote er sein ganzes heer auf / solches werkstellig zu machen. Brammis / diese zurüstung ersehend / erinnerte sich noch / was er fůr ein mittel in seinen kinderjahren ersonnen / seinen feind vom sturm abzuhalten. Demnach liesse er den Ammi und Rehob auf die mauer fůren / welche inzwischen an ihren wunden wieder genesen waren / und entbote dem Moab hinaus: wo er nicht von dem stůrmen abstůnde / so solte er des Ammi und Rehobs håubter abschlagen sehen. Der beångstigte Moab wuste nicht / wie er sich hierinn verhalten solte / und ware ganz unschlüssig. Indem ersahe er / daß ein getůmmel und gefechte auf der mauer entstunde; und bald darauf / daß Ammi [522] und Rehob befreiet / und mit schwerdten / sich zu wehren / versehen wurden. Wiewol er nun nicht eigentlich wuste /was diß bedeutete / so vermutete er doch etwas gutes: fuhre demnach mit dem stürmen fort / und zwar so glůcklich / daß er die stadt erstiege / und also diese fastunüberwindliche vestung ůberwältigte. Der Fürst von Ressen / wird uns hievon ein mehrers berichten.

Der Rapha (erzehlte Ninias /) ware neben der Maecha in Ar gekommen: da ihn Brammis / als seinen vettern / willig aufgenommen. Weil er nun dem Moab / fůr die von ihm entfangene wolthaten / auf alle weise wieder dienen wolte / als hatte er diesen anschlag gemachet / den Ammi und Rehob zu befreien / wann Moab die stadt stürmen wůrde. Wie nun solches glücklich verrichtet / und Moab herr von der stadt war / überlieferte ihm der Rapha seinen bruder / neben dem K \nig von Zoba / und gabe unserem helden zu erkennen / wiedaß er ihme diesen dienst geleistet /indem er ihn also anredete: Nimm hin / grosser held! von des Rapha hand / deinen befreiten bruder und bundsverwandten? Er ist dir noch viel mehr als dieses schuldig: weil du ihm die jenige befreiet und wieder gegeben hast / an der sein leben hånget. Der bestůrzte Moab wuste nicht / wie er dieses beantworten solte /und klagete sein grausames verhängnis an / welches ihme hinterlich war / seinen mitbuler zu hassen. Er dorfte auch / bei solchen umstånden / nicht nach der Maecha fragen / welches er doch mit noht unterliesse. Nachdem er ihme vor diese rettung seiner freunde gedanket / und Rehob und Ammi ihre beide erl \sere vielfåltig umarmet hatten: begaben sie sich såmtlich nach der königlichen burg / da fůrnemlich den Ammi verlangte / seine geliebte Jisca zu sehen.

Als diese vier helden in das gemach eingetreten / da [523] Maecha und Jisca innen waren / liefe die letzere gleich zu dem Ammi / denselben zu entfangen. Die erste aber / ersahe ihren geliebten Rehob nicht sobald / da begunte sie ihm um den hals zu fallen: und kan man denken / wie dieses dem Moab und Rapha gefallen. Rehob / der nichtes von ihrem da seyn gewust /wäre schier in ihren armen für freuden gestorben. Wiewol nun die gegenwart des Moab seine freude ein wenig unruhig machete / so kunte er doch ein so unvermutetes glůck nicht ohne sonderbare gemüts-erfrö lichung annemen und geniessen. Der Rapha sprache dem Moab zu / ihm seine dame zu schützen / als welche er keinem andern g \nnen k \nte. Es halte ihn auch nur bloß die ehrerbietung / die er für ihm trüge / zurůcke / daß er nicht dem Rehob gleich zeigete / wie grosses anteil er an der Maecha zu haben vermeinte. Ach! (seufzete und sagte hierauf der ungedultige Moab / zu dem Rapha /) du sihest / edler held / sowol an mir als an dem Rehob / einen mitbuler: gedenke darum / wie ich so ganz untüchtig bin / dir zu dienen /da ich selbst in einer verzweifelten liebe lebe. Diese worte machten den Rapha so unwillig / daß er nicht wuste / wozu er sich entschliessen solte. Doch ůbermeisterte ihn die liebe / daß er ihm fůrname / die Maecha zu behaubten. Demnach ginge er / voller wut / aus dem zimmer hinaus. Weil er unter den Emim /die er auch besagter massen auf seine seite gebracht /und also den Ammi und Rehob befreiet / hoch angesehen war: als brachte er dieselben jetzund gleich wieder auf / daß sie ihm folgeten / ihm die Maecha rauben zu helfen. Weil aber des Moab / Rehob und Ammi v \lker diesem verzweifelten liebhaber zu stark waren / als wurde er gefangen / und alle diese Emim erleget. Es hielten aber unsere helden fůr unbillig /den jenigen / der sie befreiet und ihnen so [524] grosse dienste gethan / gefangen zu halten: dannenhero sie den Rapha alsobald wieder auf freien fuß stelleten. Wie es weiter abgelaufen / werden wir von der Prinzessin Ammonide erfahren.

Der Ammi (erzehlte Ammonide /) liesse sich darzu gebrauchen / zwischen diese helden zu gehen / und sie miteinander zu vers \nen. Rapha aber wolte / weil er sich sonst ohne alle macht sahe / die sache auf einen kampf stellen / den er dem Rehob antragen liesse: und Rehob willigte solches ein / mit der bedingnis / daß der ůberwundene solte die Maecha fahren lassen. Sie waren aber beide so dapfer / daß jeder entweder den sieg oder den tod hoffete davon zu tragen. Rapha suchete / die Maecha zu sprechen / und bate sie / wann er in diesem kampf stürbe / daß sie dem Moab ihre liebe gönnen wolte: welche bitte auch der Rehob gegen ihr ablegete. Also ginge / in gegenwart des ganzen heers / dieser blutige kampf an: welcher ihnen beiden tödlich war / indem der Rapha gleich auf dem platz bliebe / Rehob aber nur noch etliche stunden lebete / die er in seiner Maecha armen zubrachte: und bate er sie nochmals / in anwesenheit des Moab / daß sie nach ihm diesen helden lieben wolte / der ihrer allein würdig wäre. Also sturben diese beide edle K \nige von Zoba und Hazorim / und verlore Moab damit auf einmal zween wehrte freunde. Wie es nach deren absterben weiter ergangen / wollen wir von dem Ardeus hören.

Wir haben noch nicht gehöret / (erlångerte dieser die geschichte /) wo der K \nig Brammis hingekommen. Dieser herr / als er auf einer seite alles dergestalt in unordnung sahe / name die flucht mit den vornemsten des reiches / und entronne nach Seirath / das nahe am gebirge liget: daselbst er alles gesammlet / was ihme von seiner macht noch ůbrig ware. Unsere helden såumeten sich [525] auch nicht / den Brammis zu verfolgen. Den Ammi triebe hierzu die begierde / seiner Jisca des Brammis Kron aufzusetzen. Der Moab aber verfolgte diesen krieg / weil er von der betrübten Maecha befehl bekommen hatte / alle des Rapha landsleute auszurotten / und also an ihnen Rehobs blut zu råchen. Sie liessen / in diesem kriege / alles durch die schärfe des schwerdes sterben / zur rache des todes ihrer mütter. Brammis wolte sein heil noch eins an ihnen versuchen / und lieferte ihnen eine schlacht: in welcher ihn der Ammi mit eigener hand erleget. Hierauf wurden alle Sammesunim und Emim gånzlich ausgerottet / daß ihrer gar wenig ůberblieben: die aber zinsbar wurden / und ferner keine gewalt mehr ůberkamen. Die Fůrstin von Arvad wird nun ferner sagen / was sich zu Ar zugetragen / allwo die beide schwestern zurůcke gelassen wurden.

Nachdem die Dersine also aufgefordert worden /ginge sie zuvor zur Königin von Ninive / und sagete ihr etwas in das ohr: und als ihr dieselbe solches belieben lassen / erweiterte sie die erzehlung / wie folget.

Die Maecha / welche des Rehobs tod sehr beweinete / funde noch einigen trost in ihrer schwester gegenwart: die dann sehr bemůhet war / den Moab bei ihr beliebt zu machen / und ihr / unter andern ursachen /des sterbenden Rehobs eigenen befehl fůrhielte. Also wurde Maecha nach und nach / fůr den Moab / gewonnen. Jisca hatte ihr alles erzehlet / was ihr mit dem riesen Chomasbolus begegnet / wie derselbige in Ar todt geblieben / und wie Ammi und Rehob so unglůcklich durch einen sturm in die stadt gekommen wären. Maecha erzehlete ihr hinwieder / wie sie / den tag vor ihrer hochzeit / aus Haran gekommen. Ihre worte / wird uns der kammerherr [526] Abias fürtragen: den ich zum zweitenmal / mit der K \nigin erlaubnis / benenne / weil er das erstemal nicht recht verrichtet /was ihme war auferleget worden.

Abias hatte dessen sich nicht versehen / weil es wider des spieles satzungen liefe / von einer mitspielenden person zweimal aufgefodert zu werden: befande sich demnach in nicht geringer verwirrung. Gleichwol / als er deme / was er zu sagen hatte / ein wenig nachgesonnen / beschrånkte er das ihme aufgetragene mit diesen worten.

Die Maecha erzehlete der Jisca / wie des Raphavatter / der K \nig von Hazorim / einen Bactrianer bei sich gehabt / der vorhin bei dem K \nig Zoroaster /dem berümten zauberer / war in diensten gewesen. Weil er nun dieser kunst auch wol erfahren war / als hatte er dem K \nig von Hazorim / auf sein begehren /alle sch \ne damen der ganzen welt in einem gesichte sehen lassen. Es hatte ihm keine båsser / als die Maecha / gefallen: daher er dem Bactrianer angelegen /diese schöne ihm zu verschaffen. Selbiger brachte solches durch seine zauberische künste zuwegen / und wurde Maecha / unsichtbarer weise / mitten aus Haran hinweggezucket / daß niemand etwas davon wargenommen. Wie sie nach Hazorim gebracht worden / wolte der riese / aus heftiger liebe / sie mit gewalt zu seinem willen zwingen. Maecha aber widerstunde ihm mit so grosmütiger entschliessung / daß sie einsmals den Oberpriester des Baal-Peors / der sie zu des K \nigsliebe bereden wollen / mit eigener hand erwürgte. Hierdurch hatte sie seine liebe in solchen haß verwandelt / daß er sie dem gott Baal Peor auf dem berge Pegor wolte opfern lassen: wovon aber der Rapha / welcher sich auch in sie verliebet / mit hůlfe des Moab sie errettet. Die Fürstin von Cale wolle ihr nun belieben lassen / [527] uns zu berichten / was ferner mit diesen zweien brüdern und schwestern zu Ar vorgegangen.

Unsere helden (erzehlte Casbiane /) kamen endlich sieghaft wieder in Ar an / da Ammi des Brammis Kron seiner Jisca zu füssen legete. Hierauf wurde er /mit allgemeiner bewilligung / zum K \nig erklåret ůber das ganze land / das zwischen Syrien / Arabien und dem gebirge Gilead liget / welches die Sammesunim und die Emim bewonet hatten. Er erwehlte die stadt Rabbath zu seinem hoflager / dahin er auch die Jisca fůrete: welche nun seiner liebe sich v \llig ergabe / und / ihn heuratend / die erste K \nigin von Ammon wurde. Der ritter Dison wolle nun auch sagen / wie Moab seine Maecha ůberwunden / daß sie des Rehob vergessen / und sich ihm geschenket.

Weil Maecha des liebens gewonet war / (setzete Dison hinzu /) seit daß sie ihr herz dem Rehob eingeraumet / als fiele es dem Moab nicht schwer / sich in dessen stelle bei ihr zu setzen. Weil sie sein sterbender mitbuler ihme gleichsam im lezten willen vermachet / und er auch / das geschlechte der Aim austilgend / ihren befehl erfůllt hatte: als war die vergeltung dafür / ihr herze / welches sie ihm so vollkommen zu besitzen übergabe / als es jemals dem Rehob eigen gewesen. Die k \nigliche hofmeisterin wird die beilager- und kr \nungsfeste / bässer als ich / anstellen k \nnen.

Das beilager der beiden brůdere mit den beiden schwestern / (erzehlte Perseis /) wurde zu Rabbath gehalten. Der glückhafte Moab / begabe sie hierauf von seinem bruder / den K \nige von Ammon / in das land Hazorim: welches er nach seinem namen Moab nennte. Er liesse auch eine stadt bauen / deren er den namen Rabbath Moab gabe: alda seine Maecha gekr \net wurde. [528] Es wurden / unsern beiden helden zu nachrum / stattliche ehrengedåchtnise von kostbarem marmor aufgerichtet / woran diese reimen geschrieben stunden: welche / zum beschluß dieser geschicht / der Fürst Jothan uns wiederholen wird.

Ich sehe wol / (sagte Jothan /) daß mir mein warten ůbel gelungen: und / da ich vermeinte zum leichtesten davon zu kommen / wird mir nun die schwereste last aufgeleget. Ich habe aber niemals die poeterei gelernet / auch / die warheit zu bekennen / wenig beliebung darzu getragen. Wann ich nun / der Perseis befehl nachzukommen / gehalten seyn solte / wůrde man wol noch etliche stunden auf meine einflüsse warten müssen. Deswegen überlasse ich diese reimen jemand anderem in der gesellschaft / und wil nicht eifern mit dem / der bässere verse als ich machen kan. Wann es nicht (sagte die Königin /) bereits anhübe dunkel zu werden / wolten wir gern des Jothans einfålle erwarten. Weil wir aber an die rükkehr gedenken můssen /als wollen wir darum losen / wer von uns anderen dem Jothan soll seine last abnemen. Damit wurden /auf der K \nigin befehl / der Merone / welche nicht mit gespielet / die augen verbunden / und sie in die mitte gestellet: und solte die person / zu der sie also blindlings gehen wůrde / die begehrte reimen verfårtigen. Es traffe aber die Königin selber: welche / als sie ein wenig sich bedacht hatte / des Moab und Ammi geschichte mit diesen lobreimen beschlosse.


Die / so ihre mutter solte seyn /

ward zum stein.

Sittim / das verfluchte thal / von dem feuer umgekehret /

das vom himmel fiel herab /

hielten ihre töchter fůr der ganzen welt ihr grab /

meinten / alles sei verzehret.

[529]

Ob die that schon ware sünd:

doch so hat der vorsatz lob verdient /

eine neue menschenwelt mit dem vatter anzubauen.

Irrtum war es / keine bosheit nicht /

der die keuschheit riss' aus ihrer pflicht.

Hat die unschuld / schuld begangen?

Ob sie ja des vatters weiber und der brůder mütter seind:

ach! dem riesen-stammen / unsrem feind /

haben sie den tod geboren;

Sůndgeburt / die misgeburt auszurotten / war erkoren.

Ach! was tugend-helden

hat diß laster uns gezeugt!

Låstermåuler / schweigt!

Moab / A i / man mit ruhm soll von welt zu welt vermelden.

Ehret hier den nam:

Er ist zweier völker Königs-stam.


Die ganze gesellschaft / ergetzete sich mit diesen reimen der K \nigin: welche / als man / um wieder heimzufahren / aufgestanden war / die Ahalibama bei der hand name / und / indem sie nach dem schiffe zu gingen / sie fragte: wie ihr diese art zu spielen gefiele / und ob es nicht eine edle gemůts ergetzung wäre? Ahalibama bejahete solches / und erinnerte allein dieses dabei: daß in dergleichen gespråchspielen / die gesellschaft einig seyn und gleiche beliebung darzu tragen müste / sonsten k \nte eine person alles leichtlich verderben. Dieses urteil gefiele der K \nigin gar wol /und setzte sie hinzu: wiedaß sie / an dem Jothan / fast eine solche person gehabt hätten. Sie lobete hingegen den ritter Dison gar sehr / daß der sich aufs bäste hierein gefunden: fragete auch nach dessen herkunft /erfuhre aber von der Ahalibama nichtes mehrers / als daß er vom gebirge Seir bůrtig wåre. Hiemit setzeten sie sich zu schiffe / und kamen schier bei nachtzeit wieder auf des Pelech schloß. Und weil die K \nigin /folgenden tags nach Hemath wieder abzureisen / gewillet [530] war / als begaben sie sämtlich sich also fort nach ihren gemåchern / um zu ruhe zu gehen.

Die Ahalibama fande ihren ritter Dison / nachdem sie bei der K \nigin / die ihr ihr abreis-vorhaben angesaget / sich etwas aufgehalten / der Astale / weil sie dieser spazirfart nicht beigewonet / alles erzehlen /was fůrgegangen / und hörete ihn eben folgende worte sprechen: Diese Aramena ist länger von person als ich / hat braune offenbare augen voll feuer und liebreitzung / eine etwas erhobene nase / einen schönen mund / und castanienbraune haare / welche ihr / wie es scheinet / von natur in krause locken fallen. Sie ist dabei liecht von farbe / und eines freien munteren wesens: also daß / wann ich warhaftig Dison wäre / ich mich nicht scheuen wolte / ihr aufzuwarten. Indem Astale antworten wolte / wiedaß sie nie auf dem gebirge Seir diese Aramena gesehen håtte / kame ihr Ahalibama zuvor / zu dem Dison sagende: Du bist verliebt / mein Dison / in diese dame deines namens! und wer weiß / ob dich nicht die g \tter straffen / daß du eben so vergeblich diese Aramena lieben müssest /als mein bruder Dison dir umsonst aufgewartet. Dergleichen torheit (antwortete die verkleidete Aramena /) liset man in keinem buch von der g \tter leben. So habe ich auch dergleichen leiden nicht verdienet / weil ich deinen bruder mehr damit erfreuet als betrübet /daß ich ihn nicht lieben können / indem ein gleichmåsiges gelůbde / nie zu heuraten / ihn von mir abgehalten.

Wer mag aber (fragte hierauf Ahalibama /) diese Aramena seyn? Sie ist (gabe Dison zur antwort /) aus deinem lande bůrtig / und wartet der K \nigin von Ninive fůr eine jugfrau auf. Sie hat gar genau und fleissig deinen zustand erkundiget / und habe ich genug zu thun gehabt / ihr alle fragen sonder teuschen zu beantworten. [531] Sie muß mich kennen: (sagte Ahalibama /) dann / als ich sie neben den andern jungfrauen begrůssete / liesse sie sonderbare zeichen blicken / dar aus ich ein solches abnemen kunte. Hierauf gingen sie zur ruhe: da dann der Dison und Tirzis / aus der Ahalibama gemach abtretend / zum Brianes und Zimenes sich geselleten: welche fůr bediente der Casbiane / als mit welcher sie von Ninive gekommen waren / sich ausgaben. Diese viere blieben stäts beieinander / und beflissen sich / von aller månnlichen gesellschaft entfernet / ganz abgesondert zu leben.

Am folgenden morgen / wie die schöne Delbois mit dem ganzen Ninivitischen hofe / da sich Ahalibama von Seir nun auch mit unter rechnete / von dem Pelech / mit bezeugung h \chster zufriedenheit / abschied genommen / fuhren sie in gesamt nach der Königlichen stadt Hemath: da der Fürst Jonadas / wegen des K \nigs unverm \glichkeit / sie stattlich entfinge und mit ansehnlicher wirtschaft beehrete. Allhier funde der sch \ne Dison seine ergetzlichkeit / in besichtigung der gemächer / die ehmals der unglůckseligen Ardelise zur wonung gedienet: dann der kåmmerer Abias fůrete eines tags / die bediente der Ahalibama / aller orten umher; da sie auch in das zimmer kamen / allwo der sch \nen Amorite bildnis hinge / welches so unglůckliche wirkung in des Königs gemůte verursachet hatte. Dison und Astale / die unlängst diese Prinzessin gesehen / funden das bild ihr ganz gleich; und sagte Abias / als er diese beide also aufmerkend ersahe: Wolte der himmel / wir håtten niemals diese sch \nheit allhier gesehen! so wůrden wir nicht in das unglůck gerahten seyn / darinn wir jezt schweben. Es hat aber die Prinzessin Amorite / (versezte Dison /) zu diesem erfolgten unglůck / ganz unschuldig eine ursach seyn můssen. [532] Es ist schwer / (wandte Abias darwider ein /) von hohen personen zu reden: sonst håtte man wol m \gen wünschen / diese Prinzessin wäre weniger verliebt / und in ihrem thun mehr bedachtsam gewesen. Dison dorfte / um argwahn zu verhůten /dieses nicht verantworten.

Sie kamen damit auf einen saal / allwo sie das gesamte Ninivitische frauenzimmer / neben den Fürsten von Ninive und dem adel aus Hemath antraffen: welche / den Dison ersehend / ihn gleich in ihre gesellschaft zogen. Sie hatten mit einem Chaldeer zu thun /der in der warsagerkunst sehr erfahren war / und ihnen in gesamt / aus den händen oder dem gesichte /ihr kůnftiges glück offenbaren muste. Casbiane / die mit zugegen / wolte haben / der Dison solte ihm /gleich den andern / aus den hånden etwas weissagen lassen: er aber weigerte sich dessen / aus beisorge /dieser Chaldeer möchte in seiner kunst gar zu gewiß seyn. Aramena / der Delbois kammerjungfrau / dieses h \rend / sagte: Ich bin fr \lich / daß der ritter Dison sich ja so sehr als ich widersetzet / kůnftige dinge zu erkůndigen. Er kan aber (sprache Dersine /) eben sowol aus dem gesichte / als aus den hånden / urteilen / und wollen wir des Disons und der Aramena geheimnise doch wol erfahren / wann sie schon noch so fleissig ihre hånde verbergen. Hiemit sprache die ganze gesellschaft dem Chaldeer zu / er solte aus ihrem gesichte etwas warsagen.

Dieser / wie er sie beide genau betrachtet / finge an zu lachen / sagende: Ich wil nimmer von meiner kunst und wissenschaft das geringste halten / wo nicht diese beide personen ehelich zusammen verlobet sind. Dieses machte den Dison kůhner / weil er hieraus die ungewißheit des Chaldeers erkante / und scheuete er sich nun nicht mehr / ihm seine hand zu zeigen / ihme zugleich zusprechend: [533] Er solte recht ergründen / wie lange sie zusammen wären versprochen gewesen / und ob die hochzeit bald würde fůr sich gehen? Wie nun der Chaldeer des Disons hand wol besehen / sagte er: Ehe etliche monden vorbei laufen / wird euer beider trauung geschehen. Wird aber (fragte Aramena) nichtes sonderliches bei unserer hochzeit fůrgehen / und werden sich keine mitbuler einstellen? Wann ich (antwortete der Chaldeer) eure hand gesehen / wil ich bald mehr nachricht hiervon geben. Aramena / die sich nunmehr ja so wenig / als der Dison / scheuete /weil sie ihn fůr einen betrieger zu achten begunte /reichete ihm die hand dar; welche er lang besahe / und endlich sagte: Soviel ich aus dieser hand absehen kan / wird es euch grosse můhe kosten / gegenwårtigen ritter zu erlangen / und sind an beiden teilen måchtige mitbuler und mitbulerinnen vorhanden.

Dieses ist wol sonderlich ausgesonnen! (sagte Aramena /) wir sind långst zusammen versprochen gewesen / und sollen bald hochzeit halten: und dannoch wird es mir viele mühe kosten / diesen ritter zu überkommen. Dem mag seyn / wie ihm wolle / (antwortete der Chaldeer / entwas entrüstet /) so wird doch die zeit die warheit herfür bringen. Wolan dann! (fuhre Aramena in ihrem scherze fort /) so wil ich mich bei zeiten bemůhen / des Disons gegenliebe zu gewinnen. Und ich / (sagte Dison lächlend /) wil mich so sträng gegen die sch \ne Aramena erzeigen / daß es ihr sauer genug werden soll / mein herze zu gewinnen. Wie ich es ansehe / (unteredete Siringe /) so muß Dison die stelle der liebsten annemen / unsere Aramena aber sich als den verliebten aufwårter anstellen. Wolan /ich bin es zufrieden / (sagte Aramena /) und ernenne mich von nun an des sch \nen Disons / als meiner gebieterin / ergebensten diener. [534] Diesen sch \nen diener (antwortete Dison) neme ich willigst auf / nach dem verstande des Chaldeers / und wil von nun an den namen ihrer gebieterin füren.

Die ganze gesellschaft ergetzete sich an diesen scherzreden des Disons und der Aramena. Der Chaldeer aber / welcher sich durch diesen spott sehr beleidigt befunde / wurde von eifer erhitzet / und wolte nicht långer verbleiben; sagte aber zuvor / ehe er sich hinweg begabe / dem Dison heimlich ins ohr: Ich wil euch nicht mit gleicher můnze bezahlen / sonst möchte ich wol vieleicht etwas von euch offenbaren k \nnen / das euch das lachen vertreiben wůrde. Dison / dieses hörend / wurde ganz mit röte überzogen / welches jederman ihm anmerkete: das dann neue gelegenheit zu scherzen gabe. Indem kame die K \nigin mit den Prinzessinnen auch dazu / welche gleich fragete / wovon ihre unterredung handelte? Als man es ihr erzehlet /betrachtete immittels Ahalibama die Aramena von neuem / als sie auch ihre augen auf die ihrigen unverwandt gerichtet funde: und fülete sie in ihrem herzen eine sonderbare zuneigung gegen ihr / deren ursachen ihr doch verborgen waren. Ihr ritter Dison / wurde gleichfalls von der K \nigin mit ungemeiner gemůtsbewegung angesehen; und weil jederman von ihme wissen wolte / was der Chaldeer ihm hätte ins ohr geraunet / sagte er: Es wåre etwas gewesen / das seinen zustand allein betreffe / und nicht die Aramena / deren er es sonst / als seinem getreuen aufwårter / nicht verschweigen wolte. Dieses brachte Dison mit so guter art für / daß er ihrer aller zuneigung / die seine in allen dingen sich erweisende annemlichkeit ihm vorhin erworben / damit vermehrete.

Weil die K \nigin im werke begriffen war / nach dem garten zu gehen / alda der Fürst Jonadas die abendmalzeit [535] zurichten lassen / als begaben sie sich såmtlich da hin; da dann Dison und Aramena ståts beieinander verblieben. Unter andern gespråchen /sagte diese jungfrau zu der Ahalibama rittern: wiedaß sie groß verlangen trůge / die Prinzessin von Seir in geheim zu sprechen; und bate ihn / daß er seiner Prinzessin solches anmelden wolte: welches er ihr verhiesse. Es wuchse auch / von der zeit an / in ihrer beider herzen eine sonderbare freundschaft / die in nichtes als in der verträulichkeit noch unvollkommen ware. Nachdem nun dieser abend mit allerhand ergetzlichkeiten / welche die von Hemath aussinnen kunten /ware zugebracht worden / und die gesellschaft sich voneinander begabe / brachte Dison der Ahalibama das gewerbe der Aramenen an: deren begierde und verlangen hierdurch noch mehr entzůndet wurde /diese Seirische dame zu kennen. Demnach suchete sie am folgenden morgen gelegenheit / sie in ihrem gemach allein zu sprechen. Weil sie aber / eben an dem tag / neben der Fůrstin Dersine ihre aufwartung bei der K \nigin ablegen muste / welches die kammerfrauen unter sich liessen herumgehen / als kunte sie nicht dazu gelangen. Doch spürete Aramena wol aus ihren gebärden / als Ahalibama zur K \nigin kame / daß der Dison bereits das aufgetragene gewerbe bei ihr můste abgeleget haben.

Weil die K \nigin sich entschlossen hatte / des Wothans tempel zu sehen / fůrnemlich darum / daß sie möchte mit den Druyden in kundschaft gerahten: als liesse sie in der frühe ihren wagen bespannen. Der Jonadas brachte sie / allein von der Ahalibama / Ammonide / Aramena und Dersine begleitet / hinten von dem schloß hinunter: da sie / wie sie aus der stadt gekommen / sich auf ein schiff setzeten / und also nach dem tempel fuhren. [536] Der oberste unter den Druyden /entfinge sie alda am ufer: und weil es noch nicht opfer zeit war / als funden sie den tempel ganz ledig / daß also die sch \ne Delbois alles desto freier besichtigen kunte. Weil der Druyde sie in allem unterrichten wolte / sagte er zu ihr / indem sie über den grossen hof des tempels gingen: Diesen bau des gottes Wothan / hat die K \nigin Sonna / unseres K \nigs verstorbene gemalin / gestiftet; wiewol wir in unserem lande uns keiner tempel bedienen / sondern in finstern wäldern den gottesdienst verrichten. Dieser frommen K \nigin fůrsatz war aber dieser / daß sie in diesem lande desto eher ihre weise einfüren m \chte: welches nicht geschehen k \nnen / wann sie die tempel håtte abschaffen wollen / weil das gemeine volk nimmermehr davon wůrde seyn zu bringen gewesen / als die der tempel gar zuviel gewonet ist. War dann / diese K \nigin / (fragte Delbois /) aus der Teutschen geschlechte? Sie war (berichtete der Druyde /) des jetzigen statthalters der Amoriter des Suevus schwester / und eine fraumutter der unglůckseligen Ardelise und des beklagenswůrdigen Apries: welche beide ihr leben an diesem ort haben lassen můssen. Ich habe von dieser grausamen that (sagte die K \nigin /) viel gehöret; und muß euer Wothan ein grausamer gott seyn / daß er mit menschenblut wil ausges \net werden. Dieses alles (antwortete der Druyde) hat eine geheime ausdeutung: und weil mir wissend / daß E. Maj. eine edele begierde tragen / unseren glauben und gottesdienst eigentlicher zu kennen; als scheue ich mich nicht / deroselben alles zu eröffnen.

Es ist das menschliche geschlecht / wie unser Urvatter Tuiscon uns gelehret / bei anfang der welt / in so schwere sünde gegen Gott gerahten / daß sie nicht wieder zu gnaden [537] hätten gelangen k \nnen / wann nicht Gott seines gesch \pfes sich erbarmet / und sie mit einer verborgnen verheisung von einem jungfrauen-sohn / welcher der welt vers \ner werden soll / getröstet håtte. Diese jungfrau beten wir / unter dem namen der Isis / als eine heilige G \ttin an / und halten sie fůr des Wothans tochter; verehren sie auch ganz anderst / als die Egyptier thun / wie in Basan unter des Gambrivius regirung mag gesehen werden. Wir haben auch diese menschenopferung dem Wothan zu ehren angestellet / um uns dadurch gegen ihme einiger massen dankbar zu erweisen / fůr die verheisung / die wir von der Isis sohn entfangen. Dieser euer glaube /(sagte Delbois /) ist eines teils nicht zu verwerfen: doch kan ich nicht finden / wie aus dieser verheisung /die wir von einem kůnftigen versöner haben / folgen solle / daß man dörfe menschen schlachten. Es gebůret uns nicht / (gabe der Druyde zur antwort /) in den geheimen gesetzen zweifelend zu grůbelen; und was aus liebe zu dem Wothan geschihet / wird derselbige nicht ůbel aufnemen. Delbois / die bei fernerem widersprechen befahren muste / der Druyde wůrde nachlassen / ihr so frei alles zu berichten / hielte damit ein / und kame sie damit in den tempel.

Es stunde mitten in demselben ein dreieckichter Altar / von welchem / als die K \nigin ihn wegen dessen ungew \nlicher gestalt befragte / der Druyde ihr diesen bericht gabe: Dieser Altar (sagte er /) deutet die Gottheit an / welche zwar einig ist / aber (ein grosses geheimnis!) in dreifacher gestalt betrachtet wird. Dorten (sprache er ferner / ihr ein gemålde zeigend /) k \nnen E. Maj. eigentlicher sehen / wie wir die heilige Gottheit abbilden. Hiemit fůrete er die Königin nåher zu diesem bilde / welches zugleich eine Sonne /einen Mond und [538] [540]ein Feur vorstellete. Als Delbois hierüber mehrere erklärung verlangte / sagte der Druyde: Dieses kan anderst nicht erklåret werden / als daß Sonne / Mond und Feuer / gleichwie die Gottheit / zugleich ein wesen haben. Wil man nun die Sonne fůr den Teutates / den Mond fůr die Isis / und das Feur für den Wothan nemen / sind solches gute gedanken. Es ist aber / wie gesagt / dieses geheimnis so groß / daß man nicht viel davon reden darf. Hiervon name die K \nigin gelegenheit / ihn zu fragen: ob sie dann viele götter / oder nur eine einige Gottheit gläubeten? Es ist nur ein Gott / (antwortete der Druyde /) der unsern vatter Tuiscon in unser land gefüret / dessen gesetze wir noch unverbrüchlich halten und in acht nemen. Hierinnen falle ich euch bei / (sagte die K \nigin / doch etwas heimlich / zu ihme /) und finde euren glauben bässer gegrůndet / als aller anderen v \lker ihren / die hierum wonen.

Dieses urteil / so die schöne Delbois fållete / gefiele dem Druyden sehr wol / und sagte er zu ihr: Wann E. Maj. in Basan unsere gebråuche sehen und alda mit denen Druyden sich besprechen solte / bin ich versichert / sie wůrden ein grosses vergnůgen daran haben. In diesem lande aber hat / wie gesagt / nicht alles so vollkommen k \nnen angestellet werden: weil die leute / von ihren anderen gew \nlichen weisen / nicht abzubringen gewesen. Was haltet ihr aber (fragte die K \nigin /) von den seelen der menschen? glåubet ihr /daß dieselbigen unsterblich seien? Ja freilich! (antwortete der Druyde /) Unsere seele ist ein geist / der nicht mit dem leib vergehet: daher bei uns die getreue eheweiber ihren månnern nach dem tode folgen / um zu verschaffen / daß ihre seelen desto eher wieder m \gen zusammen kommen. Euer glaube von der seelen unsterblichkeit ist gut / (sagte Delbois /) [540] aber das jenige / so ihr daraus folgern wollet / ist unrecht. Kein mensch ist herr über seinen leib / noch über sein leben: d \rfen wir es also nicht selber verkůrzen / ehe es dem sch \pfer gefället. Teils unter den Vacien /(versezte der Druyde /) welche eine besondere art unserer geistlichen sind / glåuben eben das / was E. Maj. vorgebracht: es ist aber dieser streit unter uns noch nicht er \rtert worden.

Indem also die K \nigin mit dem Druyden gespräche hielte / hatte sich Ahalibama nach der andern seite des tempels begeben / da ein Dianen bild von weissem marmor auf einer seule stunde: fůr welchem sie niederfiele / und dieser göttin / als deren sie sich zu dienen verlobet hatte / sich anbefohle. Die erinnerung / warum sie dieses gelůbde gethan / triebe ihr hierbei håufig die lehren aus den augen. Die K \nigin traffe sie in solcher stellung an / und sagte / diese ihre abg \tterei bei sich heimlich tadelend: Wie finde ich euch also / meine base? Ahalibama / die indeß wieder aufgestanden war / antwortete der K \nigin: Man wird mich nicht verdenken / daß ich der grossen Diana vor allen göttern meine verehrung abstatte / als in deren dienst ich mich verlobet / und mein ůbriges leben in ihrem tempel zu Ninive hinzubringen / entschlossen bin. Dieser schluß / (sagte die K \nigin darwider / die Ahalibama damit umarmend /) soll sich noch mit des h \chsten hůlfe ändern / wann wir miteinander etwas mehrers werden bekant worden seyn: welche worte aber von niemanden / als von der Ahalibama / geh \ret wurden. Die K \nigin fragte hierauf ferner den Druyden: wie dieses Dianen-bild wåre in ihren tempel gekommen? Selbiger antwortete: Es håtte der K \nig von Hemath solches dahin stellen lassen / weil das gemeine volk diese g \ttin sehr verehrete; [541] und weil / unter ihrer gestalt / auch die Isis wol könte verstanden werden / als wäre es von ihnen im tempel gedultet worden.

Indem begunte das volk nach und nach den tempel anzufüllen / und kamen die Vacien / Barder und Druyden / die gew \nliche opfer zu halten: welche jezt / wegen der unpåslichkeit des K \nigs / als fůr dessen wiedergenesung sie baten / verdoppelt wurden. Die K \nigin / so nun alles besehen hatte / wolte alda nicht långer / verharren / sondern als sie von dem obersten Druyden abschied genommen / begabe sie sich mit den ihrigen wieder zu schiffe. Im hinfahren nach der stadt / begegnete ihr der Fůrst Ninias von Ressen /neben den andern Ninivitischen Fůrsten: welche ihre verseumnus entschuldigten / daß sie der K \nigin nicht eher aufgewartet. Sie bliebe aber diesen mittag allein /in ihrem zimmer. Als derentwegen Ahalibama von ihr hinweg ginge / raunete Aramena ihr ins ohr / sie hoffe die erlaubnis / folgenden morgens in ihrem gemach ihr aufzuwarten: welches Ahalibama nicht beantworten kunte / weil eben Aramena eiligst zur K \nigin geruffen wurde.

Die ursach / warum Delbois allein seyn wolte / war diese / weil der Midianitische Fůrst Hanoch sich heimlich bei ihr angeben lassen: welchem Aramena /als alle die anderen sich hinweg begeben / in ihr gemach bringen muste. Weil dieser Fůrst / des Esau und ihres liebsten Prinzen vertrautester war / als entfinge sie ihn gar h \flich / zu ihm sagende: Weil seine tugend ihr fürlångst bekant gewesen / als håtte sie / auf sein begehren / allein und ohne vorbewust ihrer Ninivitischen Füsten / ihm geh \r zu geben / kein bedenken getragen; ihn dabei versicherend / daß sie in seinem anligen ihm nach möglichkeit wolte beistand leisten. Hanoch wurde / durch dieses [542] gütige anerbieten der schönsten K \nigin von der welt / so aus sich selber gebracht / daß er fast nicht worte genug finden kunte / fůr diese gnade ihr zu danken.

Als er ferner / seine angelegenheit fürzutragen / um erlaubnis gebeten / finge er also an zu reden: Es stellet mich jezt für E. Maj. augen / die bedrängnis des grossen Edoms / der auch bereits auf dem weg ist / in Syrien zu kommen; um bei dem K \nig Bel Ochus E. Maj. herrvattern / wider die Fürsten von Seir hülfe zu begehren / die ihme unbilliger weise sein land genommen. Ganz Canaan stehet seinen feinden bei / und ist dieser dapfere held verloren / wofern Assyrien nicht seiner gerechten sache beitretten wird. Er setzet aber fůrnemlich in E. Maj. diese zuversicht / und ersuchet dieselbe / um der freundschaft Abimelechs willen / als von welchem Prinzen ihme wissend ist / daß er schon längst verdienet / E. Maj. wol empfolen zu seyn. Die notwendigkeit / daß mein hier seyn noch zur zeit m \ge geheim verbleiben / bringet mich dazu / diesen schutz von E. Maj. allein und heimlich zu begehren: weil die grossen von Hemath ohnzweifel / wegen ihres Kronprinzen Bileams / die Seirische seite halten werden. Es machte mir auch / die anwesenheit der Prinzessin Ahalibama / viel gedanken / sie möchte mir hinterlich seyn / dieses geh \r bei E. Maj. zu erlangen / wann sie meiner ankunft wäre innen worden.

Versichert euch / Fůrst von Midian! (gabe die K \nigin zur antwort /) daß euer vetter / der edle Esau / nicht unrecht mich zu seiner freundin erwehlet. Dann der Prinz / den er so wol im krieg angefůret / und aus welchen er einen so dapferen helden / gleich wie er selber ist / gemachet / hat mich fůrlängst / ihn hoch zu halten / beredet. Weil ich von meinen Niniviten zu ordnen habe / als werde ich ihm die begehrte hülfe nicht versagen: insonderheit [543] weil ich die gerechte sache auf seiner seite vermute. Mich soll auch die freunschaft / die ich mit der Prinzessin Ahalibama ge macht / nicht abhalten / dem freunde des Prinzen Abimelechs / in seinem billigen begehren / nach m \glichkeit beizustehen. Diese lezte worte begleitete sie mit einer r \te im angesicht / welches sie mit ihrer hand bedeckete.

Hanoch / der über dieser erklärung innigst erfreuet war / erbote sich hierauf / wann Ihr Maj. es gnädig begehrten / dero die ursach dieses krieges zu erzehlen: da sie dann selber wůrden urteilen können / ob die Seirische Fůrsten rechtmåsige ursach gehabt / gegen den Fürsten von Edom also zu handelen. Mir wird das liebste seyn / (antwortete die Königin /) sowol die ursach dieses kriegs / als von dieses helden ganzem leben etwas zu vernemen. Diese begierde růret von unterschiedenen ursachen her / unter denen eine der fürnemsten ist / daß er von einem geschlecht entsprossen / welches ich für allen anderen in der welt hoch achte: und werde ich diesen tag nicht vergnügter können zubringen / als wann ich von euch umståndlich verneme / was von jugend auf eurem vettern begegnet / wie seine und des Prinzen Abimelechs freundschaft sich angefangen / und wie er zu seinem Fürstentum Edom gekommen sei.

E. Maj. legen mir (antwortete Hanoch /) etwas so grosses auf / daß / wann ich nicht von jugend auf alle seine thaten mit angesehen und denen beigewonet håtee / ich unmůglich eine so verwirrte geschicht förmlich wůrde fürbringen k \nnen. Weil aber die bulerei grossen anteil hat an allen seinen begebenheiten /und sonderlicher in ihme / als bei anderen / jederzeit geherrschet: so weiß ich fast nicht / ob E. Maj. nachgehens die hochachtung fůr meinen vettern behalten werden / wann sie die viele bulerische [544] unbeständigkeiten erfahren / die er fürgekehret / und damit einen viel andern sinn / als sein freund der Prinz Abimelech / von sich erscheinen lassen. Ich weiß allbereit zum teil / (sagte die Königin /) von seinem sonderbaren gemůte / welches er in seinem lieben blicken lassen: ich werde auch dieserwegen nie aufh \ren / ihn also hoch zu achten / wie es anderweit seine dapferkeit und tugendruhm verdienet. Wann dann diese betrachtung (wiederholete Hanoch) mich nicht abhalten darf / E. Maj. befehl ein genügen zu leisten: werde ich bemůhet seyn / so umståndlich als mir můglich / des Esau leben dero fůrzutragen. Weil aber etliche stunden dazu geh \ren werden / als erwarte ich von E. Maj. befehl / ob sie die jetzige oder eine andere zeit dazu verwenden wollen. Wie nun die K \nigin nochmals ihre sonderbare begierde erwiesen / und der Aramena /welche allein bei ihnen im zimmer war / befohlen hatte / niemand von ihren bedienten / unter vorwand /daß sie schlaffe / einzulassen / hiesse sie den Hanoch bei ihr niedersitzen: den sie hierauf / wie folget / erzehlen h \rete.

Die Geschicht des Esau / der Judith - Ada und Mahalaath
Die Geschicht des Esau / der Judith / Ada und Mahalaath.

Der weitberůmte Fůrst Abraham / der aus G \ttlicher offenbarung sein vatterland Chaldea verlassen und in Canaan gekommen / erlangete von Gott die verheisung / daß sein same dermaleins das land Canaan besitzen solte. In solchem vertrauen / setzete er alles hintan / und dem worte des h \chsten gläubend / verbrachte er sein leben / als ein fr \mdling / in den K \nigreichen Sichem / Egypten / Kiriath Arba und Gerar. Sein sohn Isaac / auf welchen und dessen nachkommen die verheisung ginge / erbete diese lebens-art von dem vatter. [545] Aber mein vatter / der Midian / neben seinen fünf brüdern / die Abraham aus der Ketura erzeuget / begabe sich / gleichwie auch sein erster sohn Ismael von der Hagar / aus Canaan hinweg: da dann mein vatter / durchs schwert / sich des landes bemåchtigte / welches jezt nach seinem namen Midian genannt wird / und an dem roten meer liget. Isaac verheuratete sich / bei lebzeiten unsers Grosvatters / mit einer Fůrstin aus Mesopotamien der Rebecca / der schwester der jetzigen statthalterin in Syrien der Tharasile: wiewol diese von ihrer schwester nichtes wissen kan / weil sie in Haran lang hernach geboren worden / als die Rebecca bereits geheuratet hatte. Von dieser Rebecca / ist der Esau und dessen bruder der Jacob / zu Mamre im K \nigreich Kiriath Arba / geboren worden.

Die ungleichheit dieser beiden brüder / erschiene /sowol in der gestalt des leibes als des gemůtes / so groß: daß sie / ungeacht sie zwillinge waren / dannoch ganz widerwårtige beliebungen zeigeten. Esau war von jugend auf wild / flüchtig und kriegerischer natur; Jacob hingegen allezeit eines stillen wesens: daher Isaac den Esau / die mutter aber den Jacob /mehr liebete. Im ståtigen jagen bestunde des Esau ergetzlichkeit / und wartete er dem König Esron / dem herr vatter des jetzigen K \nigs von Hebron / fleissig auf / der ihn sehr lieb gewonne: daher er mehr bei hof / als bei seinen eltern / sich aufhielte. Dieses freie leben machte ihn auch immer wilder / und wuste er /weil er keines zwangs gewonet / seine begierden gar nicht zu båndigen. Dannenhero er / als er einsmals von der jagt ermůdet nach haus kame / und sehr hungrig war / seine erstgeburt dem Jacob um ein essen verkaufete: welches er damals wenig achtete / weil seine flüchtige jugend ihn abhielte / recht zu bedenken / wie an [546] dieser erstgeburt / die verheisung des gelobten landes Canaan und des sonderbaren segens fůr allen völkern / gelegen war. Der kluge Jacob hingegen / hatte solches wol ůberleget / als der es aus den predigten seines vatters zu haus erlernet: daher er diese gelegen heit ergriffen / so ein herrliches recht an sich zu ziehen.

Nicht lang hernach / wie die erstgeburt des Esau also liederlich verloren gegangen / begabe sich sein vatter / wegen einer grossen teurung / die das land beschwerete / nach Gerar zu dem K \nig der Philister /dem vatter des jetzigen K \nigs Abimelech: der ihn und sein haus gar wehrt hielte. Der muntere Esau geriete bald in vertreuliche kundschaft mit dem jetzigen K \nig / der damals noch Kronprinz war / und mit dem dapfern Fůrsten Ahusath dessen brudern. Als dieser mit denen riesen Caphtorim einen krieg anfinge / erlangte Esau bewilligung von seinem vatter / daß er dorfte mit zu feld gehen: da er sich dann so ritterlich hielte / daß er bald / wegen seiner heldenthaten / bei den Philistern viel lobs und ůberall grossen ruhm erlangete. Die vertilgung der Caphtorim / brachte dem Prinzen Ahusath die besitzung selbiges landes / und dem Esau die gute nachrede zuwege / daß jederman ihn die ursach dieses sieges nennete. Er setzete sich auch hierdurch so fåst in die angefangene freundschaft bei den zweien Prinzen der Philister / daß sie nicht ohne ihn leben kunten.

Seine mutter / die Rebecca / ware mit sonderlicher sch \nheit begabet / die ihr auch in ihrem alter beståndig geblieben: massen der Ebreer geschlecht / und sonderlich des Abraham sein haus / den vorzug für andern erhålt / daß sie / ohne an kråften ihres leibes oder des verstandes im geringsten abzunemen / viel jahre erreichen; wie dann auch diese beide brüder jezt viel jünger erscheinen / als sie sind. [547] Nun die sch \nheit der Rebecca machte / daß Isaac deswegen bei hof anfechtung befahrete: dannenhero er nicht trauete / sie für seine ehefrau auszugeben / sondern zu den leuten sagte / wiedaß sie seine schwester wåre. Der König Abimelech / solches glåubend / bekame lust / die sch \ne Rebecca zu ehlichen: da zugleich in des Esau herzen / ein liebesfeuer gegen die Prinzessin Philistina / der åltsten tochter des K \nigs / sich entzündete. Zwar beide verliebte wurden anfangs / durch die ungleichheit ihrer wahl / zurůcke gehalten / ihre liebe \ffentlich zu füren. Dann der K \nig die Rebecca / als eine auslånderin / fůr seinen Fůrsten nicht wol dorfte zur K \nigin machen. Esau sahe auch wol in seinem zustande / daß nach einer grossen K \nigs-tochter seine gedanken vergeblich angewandt seyn wůrden. Der Philistina ältester bruder / wurde des Esau vertrauter in seiner liebe / und wolte / wegen der guten dienste / die er seinem bruder dem Fůrsten von Caphtor erwiesen / seine gedanken nicht ungerecht sprechen / massen er sagete: Der Esau wåre ein held /der eine Kron erlangen könte / da das glůck ihm keine gegeben håtte.

Wie sich aber nichtes weniger bergen lässt / dann die liebe / als merkte man auch bald des K \nigs liebe zu der Rebecca: daher Esau / diesem unheil / das seinen eltern hieraus vorstunde / zu entgehen / den beiden Prinzen offenbarete / daß Rebecca seine mutter wäre. Weil nun der K \nig gar tugendhaft und gottsfůrchtig war / als machten sie durch den feldhaubtmann Phichol / der sehr viel bei dem K \nig galte / die anstalt / daß er einswals in Isaacs garten spaziren ginge / zu einer zeit / da man dem Phichol angesaget / daß der Isaac mit der Rebecca im sommerhaus allein seyn wůrde: da er dann / durch das fenster / sie beide einander umarmen sahe / und daraus [548] erkennte / daß sie eheleute wåren. Des K \nigs liebe / weil sie einen ehelichen zweck gehabt / verlosche gleich nach dieser kundschaft: dann / weil die tugend gr \sser in ihm war / als einige begierde / als stunde er gleich ab / die Rebecca mit vorigen gedanken anzusehen. Er verwiese es auch nachgehends dem Isaac gar hoch / daß er also sein weib verleugnen wollen: davon ihme leichtlich grosses unheil hätte zukommen k \nnen. Der kluge Phichol / der tugend des K \nigs diese versuchung aus den augen zu schaffen /und allem unheil fürzubauen / brachte es folgends dahin / daß sich der Isaac aus Gerar auf das land begabe: da er an aller haabe von Gott dermassen gesegnet wurde und zuname / daß man ihn im lande der Philister den mächtigsten nennen kunte. Die reine lehre von der wahren erkentnis Gottes / breitete er dabei so glůcklich aus / daß viele Philister rechtgläubig wurden: wie dann unter andern der Kronprinz den falschen G \tzendienst der Dagone verlassen / und die beschneidung / wiewol heimlich und seinem vatter unwissend / angenommen.

Der verliebte Esau wartete inzwischen der Philistina fleissig auf / und zwar mit zimlich-gutem fortgange: wann er nicht selber / aus ungedult / es verderbet håtte. Ich kame um selbige zeit ein kind nach Gerar /weil meine fraumutter des K \nigs schwester gewesen: nach deren absterben / mein vatter mich nach Gerar /alda erzogen zu werden / geschicket. Weil die beide t \chter des Königs mich gar lieb gewonnen / als liebkosete mir der Esau / um durch mich seiner Prinzessin herze zu gewinnen. Meine von natur zu ihm tragende freundschaft / zeigte sich ihme gleich in meinen kinderjahren / und gewanne ich ihn so lieb / als einen vatter: daher es ihme nicht schwer wurde / mich nach seinem willen abzurichten / [549] wie er nur selber wolte. Weil er mir alles abzufragen pflegte / als vertrauete ich ihm auch einsmals / daß die Prinzessin Philistina auf den abend baden würde. Ich zeigte ihm auch die gelegenheit / wo er die Prinzessin könte verborgen sehen. Er kame / durch meine hůlfe / heimlich hinein: da er dann / wann er nicht von seiner ungedult sich hätte meistern lassen / unvermerkt ihre sch \ne håtte betrachten k \nnen. Er aber / als er sie ohne ihre dirnen allein sahe / kame aus seinem verborgenen winkel herfůr: und beleidigte damit diese keusche tugendhafte Prinzessin dermassen / daß sie / wie sie dißmal sich eiligst von dar in ein nebengemach begeben und verschlossen hatte / ihn nachmals nicht mehr sehen noch sprechen wolte. Er ginge gleich zu ihren beiden brüdern / bei selbigen sein beginnen zu entschuldigen: die aber bei ihrer erzůrnten schwester keine verzeihung / und kaum so viel erlangen konten / daß sie dem K \nig dieses verschwiege.

Ihre grosse verachtung aber / die sie nach diesem ihm sehen liesse / brachte ihn bald auf andern sinn /als die zwo Prinzessinnen von Basan / Salamis und Eglone / nach Gerar kamen / die die K \nigin Milda aus Arabien / ihre fraumutter / nach dem König von Chus reisend / zu Basan hinterlassen hatte: dann er gleich in die Eglone sich verliebte / und der Prinzessin von Gerar ganz vergasse. Dieses brachte der Philistina mehr ruhe / als ihrem bruder: welcher auch nicht sobald dieser Prinzessin ansichtig worden / da hatte er seine freiheit verloren. Es muste also seyn / daß diese beide freunde von einem orte das liebesgift in sich sogen: dann auch die Salamis schön genug ware /einen von ihnen zu verwunden / und also dieser ihrer beunruhigung vorzukommen. Der Prinz der Philister spůrete gleich an dem [550] Esau / was er selber in seinem herzen fülete: litte also zweifache marter / nämlich von eifersucht und liebe. Er bemůhete sich ja sehr / in des Esau herzen die verloschene liebe gegen der Philistina wieder aufzufeuren: er funde aber bei ihr so harten widerstand / und bei ihm solche kaltsinnigkeit /daß er nichtes ausrichten kunte.

Weil das gerůchte von der Philistina wunderschönheit / sich gar weit ausgebreitet hatte / auch darneben ihre tugend überall mit ruhm bekant worden war: als hatte ein bildnis von ihr / so nach Syrien gekommen /dem K \nig Aramenes dermassen das herz getroffen /daß er nicht durch gesandte um sie warbe / sondern in eigener person / den weiten weg bis nach Gerar kame. Es erwarbe ihm nicht allein / seine herrliche gestalt und fürtreffliches wesen / jedermans wolneigung: sondern man sahe ihn auch / wegen seiner hohen wůrde /weil er einer von den gr \sten Monarchen der welt war / aller menschen hochachtung und verehrung an sich ziehen. Der K \nig Abimelech wurde ganz bestůrzet /und bildete ihm viel damit ein / den K \nig von Syrien in seinem lande zu sehen. Man deutete anfangs / die ursach seiner ankunft / auf seine begierde / frömde Königreiche zu besehen: nachgehends aber wiese es sich aus / daß Philistina ihn herbei gezogen håtte. Keiner unter allen Philistern ware / der nicht diese heurat für ein sonderbares glůck ihrer Prinzessin hielte. Sie selbst / als sie nun den willen ihres herr vattern wuste / truge kein bedenken / ihr herze alsobald dem Aramenes zu ergeben.

Das ganze land ward hierdurch erfreuet / auser dem Kronprinzen / und dem Esau des K \nigs Aramenes nahen befreundten. Dann dieser letzere finge schier wieder an / die Philistina so hoch zu lieben / als die Eglone / und machte damit ihm selber viel unruhe /die ihme niemand [551] benemen kunte: weil er um selbige zeit seinen begierden noch zuviel raum liesse / die ihn ohn alles nachdenken regireten. Weil nun ein solches von ihme lautbar wurde / als begunten die grossen bei hof davon zu reden / und befanden / daß es der Prinzessin zur ungelegenheit und hinternis ihrer ehren gereichen m \chte. Weil nun sie zum teil ihme ohnedas /wegen der gunst / die er bei den beiden Prinzen erlanget / aufsåtzig waren: als brachten sie es bei dem K \nig dahin / daß ihme / jedoch mit höflichkeit / zu verstehen gegeben wurde / er m \chte ein zeitlang den hof verlassen / und sich zu seinen vatter hinaus auf das land begeben. So sehr ihn nun dieses anmuten verdrosse / so wenig kunte er es verhintern. Er warfe aber einen argwahn auf den Kronprinzen / daß der /wegen der Prinzessin Eglone / diese hofraumung mit auswürken helfen. Dieser tugendhafte herr / der sich dessen ganz unschuldig wuste / betrübte sich nicht wenig um diese beschimpfung seines freundes: und weil er ihn sehr liebete / bemühete er sich aufs åuserste / ihn der beståndigkeit seiner freundschaft zu versichern. Aber der Esau hielte solches alles nur fůr ein gestelltes wesen / und schiede ganz entrüstet von hof hinweg / mit der gesonnenheit / diesen schimpf nicht ungerochen zu lassen.

Weil er des hoflebens zuviel gewohnet / kunte er unmůglich bei seinem vatter auf dem lande verbleiben. Er erlangte aber von ihm die erlaubnis / daß er /in gesellschaft des Lothans Fürstens von Seir / bei Ascalon sich auf das meer begeben / und mit selbigem eine reise nach Chitim thun dorfte: dann der Lothan /aus sonderbarer reisbegierde / dieses weitabgelegene land zu besuchen beschlossen hatte. Ich mochte damals sechzehn jahre auf mir haben / als diese reise für sich ginge: und weil [552] ich auch / mich zu versuchen /belieben truge / als erlangte ich von dem K \nig / daß Esau mich mitnemen mochte. Wir kamen / nach langwůriger reise / in Thuscien / zu den Janigenen: welche v \lker noch von dem Noa ihren namen fůren / der dahin gekommen und Janus genannt worden. Der K \nig / so daselbst regirte / hiesse Alteus: und weil er eben mit den Celtiberiern im krieg begriffen war / als boten Lothan und Esau / neben andern vom gebirge Seir / ihm ihre dienste an. Der K \nig liesse ihm solches nicht allein sonders wolgefallen / sondern er untergabe auch diesen beiden Fůrsten / weil er seine bäste heerfůrer im streit vorloren hatte / seine v \lker /und machte den Lothan zum feldobersten ůber die Aborigenen / und den Esau ůber die Janigenen / unter denen ich dann auch am ersten die waffen anzoge.

Den verlauf dieser kriege E. Maj. weitlåuftig zu erzehlen / achte ich fůr unn \tig. Genug wird seyn /wann ich sage / daß der sieg auf unsere seite fiele /und unsere beide helden einen grossen ruhm ihres namens / durch ihre dapfere thaten / im lande stifteten /vom K \nig reichlich beschenket und kaum nach langer zeit wieder erlassen wurden. Auf unserer rückreise / låndeten wir in Egypten an / da der König Themosis / des jetzigen K \nigs herr vatter / regirte. Weil mein ältster bruder / der Epha / daselbst am hof ware / als machte der uns freien zutritt beim K \nig. Ihm ware eben ein sohn geboren worden / den er nach sich Epha nennen liesse: dessen name jezt in Egypten gar bekant ist / und dienet dieser mein vetter / als oberster feldherr / dem Pharao Uchoreus / mit beiderseits grosser zufriedenheit. Wir hielten uns in Egypten etliche monden auf / bis der Fůrst Lothan wieder nach dem gebirge Seir reisete / da wir dann voneinander schieden.

[553] Ich kame mit dem Esau in der Philister land / alda der Jacob sich noch aufhielte / und besuchete er daselbst seinen vattern: wiewol mit nicht geringem verdrus / ihn an einem orte zu finden / woselbst man ihn so sehr beleidiget hatte. Es ware aber inzwischen eine grosse veränderung fůrgegangen: dann der K \nig Abimelech ware gestorben / dessen sohn die våtterliche Kron aufgesetzet / und die Eglone geheuratet hatte; so ware auch / die Prinzessin Philistina / K \nigin in Syrien worden. Solchergestalt muste / des Esau liebe / an zweien orten verleschen. Der K \nig von Gerar erfuhre nicht sobald seine ankunft / da liesse er ihn nach hof erbitten: und ware er so erfreut / seinen alten freund wieder zu sehen / daß alle kaltsinnigkeit des Esau ihm nicht verwehren kunte / sich ihme geneigt zu erzeigen. Die ersehung der Eglone / erneurete des Esau alte wunden; und Abimelech / der solches merkete / wurde darob sehr betrübet: zumal er keine gelegenheit absehen kunte / wie er seinen freund anderweit vergnůgen m \chte. Als auch die grossen bei hof dessen gewar wurden / und sie ihn zu dem um die gunst / die er beim K \nige hatte / beneideten: macheten sie / daß die hirten von Gerar / dem Isaac in seinem feldleben alles zuwider thäten / was nur ersinnlich seyn kunte / damit er / ihr land zu verlassen / endlich m \chte gen \tiget werden. Dieses ihr fůrhaben /hatte auch seinen gewünschten fortgang: massen sie also mit diesem frommen mann umgingen / daß er nach Bersaba sein hauswesen verwandelte; und muste Esau seinem vatter dahin folgen / der ihn nicht mehr an dem hof wissen wolte / da man ihn so übel gehalten.

Der K \nig entfunde / diese des Esau abermalige entfernung / gar ůbel: und weil er dessen vattern allemal sonders geehret / als wuste er nicht / wie er dessen schleunigen [554] abzug verstehen solte. Demnach reisete er selber zu ihm nach Bersaba / um von ihme die ursach dieser seiner eiligen landraumung zu vernemen. Der Prinz Ahusath / neben dem Phichol / waren mit ihm auf dieser reise. Es wurde von neuem ein bund / zwischen dem König und dem Isaac / aufgerichtet: weil dieser fromme herr verspüret / daß sein land / um Isaacs willen / von Gott viel segen genossen. Weil er auch dem Esau zeigen wolte / wie sehr es ihm um seine freundschaft zu thun wåre / als kame er eines tags zu ihme / als er eben bei dem Prinzen von Caphtor sich befunde; da er / ihn herzlich umfassend /zu ihm sagte: Ich sehe / mein freund / daß ihr mich nicht mehr also liebet / wie vor diesem; aus dieser ursach / wie ich abnemen kan / daß ich der jenigen vor euch geniesse / die wir ehmals miteinander geliebet. Weil ich nun euch / so wenig meines glücks teilhaftig machen / als gegen mich also verändert sehen kan: so bitte ich euch / daß ihr mir doch ein mittel fůrschlagen wollet / womit ich eure freundschaft erhalten m \ge. Mir soll / auser Eglone / nichtes so lieb seyn / das ich euch nicht / auf euer begehren / solte zukommen lassen.

Diese grosmůtigkeit des K \nigs / hatte bei dem Esau die wirkung / die er gewünschet / und kunte er /sonder grosse gemůtsbewegung / den K \nig nicht also reden h \ren. Nachdem er ihm seine schwachheit gestanden / daß er die K \nigin Eglone noch bisher geliebet / versprache er ihm / forthin davon abzustehen /und sich zu verheuraten mit der jenigen / die ihm der König fůrschlagen würde: um dadurch ihme kund zu machen / daß er warhaftig von seiner liebe genesen wåre. Die freude des K \nigs / ůber diese erklårung /ware ungemessen. Und seinen freund zu vergnůgen /erwehlte er gleich in seinen gedanken / die Fürstin von Canaan / des Beri tochter / die schöne [555] Judith /deren fraumutter eine Prinzessin von Gerar gewesen; die auch an seinem hof auferzogen wurde / weil ihr herr vatter mit des Fůrsten Lothans von Seir schwester zur andern ehe geschritten ware. Also name er /wie er wieder von dem Isaac hinweg schiede / den Esau mit sich zurücke nach Gerar: daselbst er / von der Eglone und allem ihrem frauenzimmer / aufs ehrlichste entfangen wurde.

Bei dieser entfahung / hatte Esau eine unter dem frauenzimmer fůr die jenige angesehen / die ihm der König wůrde bestimmet haben. Es ware aber dieselbige / nicht die Judith / sondern die Ada / des Elons Fürstens der Heviter tochter / eines sehr angenemen wesens: daher sie fůr allen anderen frauenpersonen herfür schiene / also daß der Esau auf keine andere seine augen und gedanken richten kunte. Der König aber / der ihme die Judith bestimmet / die er als sein kind liebete / liesse derselben / nach etlichen tagen /durch die K \nigin diese heurat fürtragen: die dann gleich ihren willen in des K \nigs wolgefallen sezte /und ihm alles heimstellete / wie er mit ihr schaffen wolte. Es wurde der zeit am hof zu Gerar / allerhand lust und ergetzlichkeit / der jungen Königin zu ehren /angestellet / worzu von allen orten das schöneste frauenzimmer sich eingefunden. Der Esau / als der so verliebter als kriegerischer natur ist / liesse sich bei allen freuden und abend-tänzen finden: da er aber keiner mehr / als der schönen Ada / aufwartete / die ihn so warhaftig verliebt machete / daß er nie der Philistina und Eglone gefangener so heftig gewesen ware.

Einsmals / wie wir alle bei einem tanz versamlet waren / und Esau / seiner gewonheit nach / sich der Ada hatte zu füssen gesetzet / die er stäts mit gesprächen unterhielte: befahle der K \nig der Judith / daß sie den Esau solte [556] zum tanz auffordern. Wie sie nun solches verrichtet / da hätte billig der Esau nachgehends / ůblicher höflichkeit gemäs / bei ihr verbleiben und ihr gesellschaft leisten sollen. Er ware aber eben in ein so åmsiges gespräche mit der Ada gerahten gewesen / daß er gleich wieder sich zu derselbigen begabe / und die Judith allein sitzen liesse. Dieses machte bei den anwesenden ein grosses aufsehen: zumal ihrer viele allbereit des K \nigs willen wusten / wie er nåmlich zwischen ihme und seiner basen der Judith eine heurat treffen wolte. Der K \nig / der selber anfinge dieses beginnen des Esau in acht zu nemen / suchete gelegenheit / weil der tanz noch wårete / zu ihm zu kommen. Wie nun Esau sich bei ihm setzen müssen /kame es eben / daß die Judith zu tanz gefůret wurde. Abimelech name hiervon anlaß / ihn zu fragen: Ob ihme diese Fůrstin nicht wol gefiele? Esau / wiewol von der Ada sch \nheit gleichsam ganz verzaubert /vergasse sich dennoch so weit nicht / daß er nicht solte gewust haben / wie er gegen dem K \nig von der wasen desselben reden solte. Demnach priese er sie zum båsten heraus / wie sie dann auch dessen wůrdig war / und verursachte damit / daß der K \nig den schluß noch fåster fassete / sie an den Esau / neben einem Fürstentum / das nahe an das gebirge Seir stösset / zu vergeben.

Weil ich dessen von den bedienten des Königs berichtet wurde / als sagte ichs ihme selbigen abend /wie wir nach haus gekommen. Aber die Ada gefiele ihm bässer ohne mitgift / als die Judith mit einem Fůrstentum. Weil er in allem seinem wesen heftig ist /als name daher bei ihme die liebe zu der Ada also überhand / daß er folgenden tags gelegenheit suchete /ihr dieselbige fůrzutragen: und wuste er sie also einzunemen / daß sie sich für ihn erklårete / und ihm ihre gegenliebe zusagte. Dieses ginge [557] alles so heimlich zu / daß der K \nig davon das geringste nicht erfuhre: welcher inzwischen nach Hebron sandte / zu dem Fůrsten Beri / und denselben bitten liesse / daß er zu ihm nach Gerar kommen wolte / weil er ihn n \tig zu sprechen håtte. Dieser Fůrst / der des K \nigs Ephron bruder ist / såumete sich nicht / dahin zu reisen: da ihn dann der K \nig berichtete / was fůr eine heurat er mit seiner tochter fürhatte / und seine meinung darüber begehrte. Wie nun der Beri ihme alles wol gefallen lassen / wurde Esau fürberuffen: welchen der K \nig bei der hand name / und ihn in seiner gemalin gemach fůrete / alda bei der Eglone sich die Judith befande. Wie er mir nachgehends erzehlet / so ist ihme niemals seltsamer zu sinn gewesen / als damals / da die Königin ihm die Judith zubrachte und sagte: Hier ist die jenige / edler Esau! die euch der K \nig / neben einem Fůrstentum / zur gemalin übergibet; welches beides ihr von meiner hand annemen wollet.

Dem Esau verwehrte einerseits das andenken der Ada / diese gabe anzunemen: worzu ihn doch anderseits der wolstand und die gnadmilde des K \nigs anmanete. In solchem zweifel verstummete er gänzlich /und verzoge zu antworten: da dann der K \nig nicht wuste / wohin er solches deuten solte. Ich finde (sagte er låchlend /) den helden Esau jezt viel erschrockener / als wann tausend gewaffnete männer gegen ihm stůnden. Ich wil ihm aber dafür gut sagen / daß sich der Judith herze also gütig zeigen soll / wie es billig ist / daß man sich gegen dem Esau erweise. Hiermit trate Beri auch hinzu / und thäte ihm gleichmäsige versicherung / seine rede mit einer glückwůnschung beschliessend. Also erlangte Esau / der so oft vergebens geliebet / nun ohne liebe / was er nicht gesuchet. Er sahe sich aber von allen seiten so belägert / daß [558] er nicht anderst / als dieses anbot mit einigem dank annemend / sich heraus zu wickeln wuste. Indem kame zu ihnen der Fůrst von Caphtor / neben dem ganzen hofe: da dann alsofort seine verlobung überall ausgebreitet wurde. Jederman erwiese hierüber grosse freude / auser dem Esau: welcher nicht wuste / wie ihm geschahe / und von der gesellschaft sobald er nur kunte / sich wegmachete. Seine unruhe ware so groß /daß er die ganze nacht kein aug schlosse. Wie er auch folgenden tags / bei dem angesezten freudenfest / sich einfinden muste / ginge ihm alles so kaltsinnig und verwirret ab / daß der K \nig in die eifersucht geriete: der Esau liebe annoch die K \nigin / daher ihm diese traurigkeit entstünde. Durch diese einbildug des K \nigs / und des Esau unruhe / wurde die angestellte freude sehr verringert.

Weil Ada sich hierbei nicht finden liesse / als mehrete solches des Esau betrůbnis / und machte / daß er sich / um von ihr etwas zu erfahren / beim tanze zur kammerjungfrauen der K \nigin gesellete / und sie um die Ada befragte: weil er wuste / daß sie deren getreue freundin jederzeit gewesen. Selbige nun růckete ihm sein unrecht fůr / daß er die unschuldige Ada also geåffet / und ihr von seiner liebe was hätte weiß gemachet / da doch nun die Judith ihre stelle vertråte: mit bericht / wiedaß dieselbe jezt nichts anders thåte / als weinen; und / als ihr gram sich anliesse / d \rfte sie bald ihr leben hierůber einbüssen. Es håtte nicht viel gefehlet / Esau wåre / auf diesen bericht / gleich nach der Ada zimmer gelaufen. Weil er sich aber vor den anwesenden zwingen muste / als bate er die jungfrau /ihme bef \rderlich zu seyn / daß er in geheim sie sprechen m \chte. Sie versprache ihm solches / nach langem weigern / und bestellte ihn / daß er folgende nacht im vorgemach der K \nigin auftwarten solte / da sie [559] ihn zur Ada bringen wolte. Dieses ihrer beider åmsiges gespråche sahe der eifersůchtige K \nig mit schmerzen an / und mehrte dadurch seine beunruhigung sich dermassen / daß er sich kaum halten kunte /dieselbe nicht öffentlich herfůr brechen zu lassen.

Am folgenden tag / sandte er den Phichol zu Esau /und liesse ihm sagen: Es kåme ihm die art / wie er mit der Judith umginge / sehr fr \md für / und wüste er nicht / was er davon denken solte. Er traue aber seiner tugend gånzlich zu / daß er sein gegebenes wort nicht widerruffen / noch die Königliche håuser Hebron und Gerar beschimpfen werde / mit verachtug der jenigen /die ihme nach seinem willen wåre verlobet worden. Esau wurde hierdurch / in seine verwirrung / noch mehr vertieffet: indem seine grosmut ihm verbote /sein gegebens wort zu widerruffen; und doch seine liebe gegen der Ada also heftig ware / daß er sie nicht verlassen kunte. Die einwilligung seines vatters dorfte er nicht fürschůtzen / weil er zu Bersaba dem K \nig /aus freiem willen / gar zu teuer versprochen hatte /nach dessen wahl zu heuraten: zumal ihn auch / das versprochene Fürstentum / so weit von seinem vatter frei sprache / daß er ohn ihn sein haus versorgen kunte. Wie er demnach seine ehre allzusehr diesem handel eingemischet sahe / liesse er / wiewol wider sein herze / sich dieser entschliessung vernemen: Er wolle dem in allem nachkommen / was zwischen dem K \nig und ihme zu Bersaba wäre abgeredet worden. Der K \nig beruhigte sein gemůte mit dieser erlangten antwort / und ordnete einen gesandten ab / zu den Königen von Kiriath Arba und Canaan / als den beeden brůdern des Beri: ihre einwilligung / wegen dieser heurat / einzuholen. Damit auch der Isaac zuvor darum begrůsset würde / erbote sich der Fůrst von Caphtor / selbst [560] zu ihme nach Bersaba zu reisen / und es ihme fürzutragen.

Sobald aber die nacht anbrache / in welcher der Königin jungfrau den verliebten Esau zu der Ada fůren wolte / die er / um verdacht zu verhůten / nicht offentlich sprechen dorfte: begabe er sich an den bestellten ort / der dann ein gar langer offener gang war / von deme man / an dem einen ende nach der K \nigin zimmer / an dem andern aber nach des Königs gemach ginge. Indem nun der Esau ganz allein der jungfrauen alda erwartete / fůgete es sich zum unglück /daß der K \nig ungefår aus seinem fenster sahe / und nicht weit von der Eglone gemach eine mannsperson erblickete. Weil um diese zeit sich kein mensch alda dorfte finden lassen / als vermutete er alsbald / es můste etwas sonderbares vorseyn. Demnach ginge er durch etliche gemåcher / die an diesen offenen gang gebauet waren / und kame in eines derselben / daraus er diesem menschen konte gerad ins gesichte sehen. Die dunkelheit der nacht verwehrete ihm nicht / den Esau gleich zu erkennen: worůber alsofort seine eifersůchtige gedanken erwacheten / daß er von der K \nigin ungleiche gedanken sch \pfete. Wie er sich nun eine weile damit geplaget / sahe er seiner gemalin kammerjungfrau ankommen / die eine lampe truge /und zu dem Esau sagte: Er solte ihr folgen / weil die jenige seiner wartete / die er liebete. Hiemit gingen sie miteinander zur thůr hinein / die in das vorgemach der K \nigin fůret: und setzeten damit den unglůckseligen König in die gröste qual / die er mochte sein lebenlang entfunden haben.

Er hatte jederzeit seine gemalin herzlich geliebet /und sich alles guten zu ihrer tugend versehen: und nun muste er gläuben / daß sie bei nacht den Esau zu ihr kommen [561] liesse. Und / welches ihm den schmerzen mehrete: ihm widerfuhre dieser sein eingebildter schimpf / von seinem liebsten freund / den er jederzeit so hoch geliebet. Er kunte lang keinen schluß fassen /was er hierinn thun solte. Endlich triebe ihn der eifer /dem Esau nachzufolgen / und sowol ihm als der Eglone ihre untreu fůrzurucken. Also begabe er sich / ganz entselbstet / nach der K \nigin gemach. Als er die thůr er \ffnet / sahe er seine gemalin bei einer person sitzen / die er / weil er den růcken hergewandt / fůr den Esau hielte.

So habt ihr (rieffe er ihr zu /) meine unschuld bisher also gemißbrauchet / daß ihr nur den schein ehelicher liebe und freundschaft mir erwiesen / in der that aber eure und meine ehre so gröblich beleidigen d \rfen. Diese worte / die er in hitzigem eifer heraus stiesse / machten die K \nigin und ihren beisitzer ganz bestůrzet / daß sie eiligst aufstunden / und jene zu diesem sagte: Machet euch geschwind von hinnen /ehe des K \nigs zorn weiter ůber euch ausbreche. Als selbiger solchem nachkommen wolte / stiesse er unversehens an den tisch / daß der leuchter mit dem liecht umfiele und verlosche. Die K \nigin rieffe alsobald nach ihren leuten / daß sie leicht bringen solten. Wie aber diß geschehen / ware der jenige / mit dem die K \nigin geredet / bereits hinweg / und sagte sie zum König / den sie ganz verstellt funde: Er m \chte doch nicht so gar ungůtig aufnemen / daß sie dieses gethan / worzu der eifer um ihren glauben sie getrieben hätte. Der K \nig aber konte weder diese worte recht einnemen / noch sie ferner anh \ren / sondern /ihr den rücken zuwendend / ginge er von ihr / und sagte nur dieses: Es ist mir leid / Eglone! daß ich euch bisher geliebet / um des willen mich jezt eure that soviel mehr schmerzet. Womit er sich wieder nach [562] seinem gemach begabe / und die Eglone ganz verstürzet stehen liesse.

Mitlerweil er also sich beunruhigte / brachte Esau seine zeit bei der Ada in h \chster vergnügung zu: welche er auch ůberredte / daß sie ihn heimlich zu ehlichen / und er ihr hingegen versprache / weil seine ehre ihn triebe / auch die Judith zu heuraten / daß er sie ståts fůr seine fürnemste gemalin halten / und ihr vor der andern seine liebe g \nnen wolte. Hiemit redeten sie zusammen ab / daß / sobald seine hochzeit mit der Judith würde vorbei seyn / die Ada nach Sichem zu dem Elon ihren herr vattern reisen solte: dahin er kommen und sie abholen wolte. Hierauf schieden sie /mit tausend versicherungen ewiger treu und holdschaft / voneinander. Die Ada aber muste geschehen lassen / was Esau / als der sich nun ihr fůr einen ehegemal anverlobet / von ihr forderte: wiewol sie sich lang widersetzet / weil sie diese lezte gunst erst /wann ihre ehe offentlich kund seyn wůrde / ihme zu erlauben / gesonnen gewesen. E. Maj. vergeben mir /daß ich des Esau freies beginnen so künlich fůrbringe: dann / weil Ada / gleich nach dieser also vollzogenen ehe / schwanger wurde / als wůrde ich / ohne dieses zu melden / meine erzehlung nicht deutlich fortfüren k \nnen. Ich halte aber dafůr / E. Maj. werden begierig seyn / zu wissen / was es mit vorbesagter nåchtlichen ansprache bei der K \nigin für eine bewandnis gehabt: welche ich dann erstlich erzehlen wil / bevor ich vom Esau weiter fortfahre.

Es war die Eglone / in ihrem vatterland Basan / in dem g \tzendienst / und sonderlich in der verehrung des g \tzens Astaroth / so eiferig auferzogen worden /daß so wenig der Isaac / als ihr gemal der K \nig Abimelech / ihr solchen aberglauben benemen kunte. Weil nun ihr der König nicht weit von Gath / zu ihrer belustigung / etliche [563] ländereten geschenket hatte: als ware sie gewillet / dem Astaroth zu ehren / einen tempel dahin zu bauen. Zu dem ende / liesse sie heimlich aus Basan einen priester des Astaroth kommen: den sie verborgen in Gerar aufhielte / mit demselben über diesem fůrhabenden bau sich zu bereden. Weil sie aber solches \ffentlich nicht thun wolte / damit sie nicht an ihrem vorhaben gehintert würde / als hatte sie hierzu die nacht erwehlet: das dann so unglücklich abliefe / daß der K \nig dazu gekommen und dadurch in so grosse eifersucht geraten. Weil nun aber dieses ihr beginnen so hochstraffbar nicht war: als schmerzete sie nicht wenig / daß sie hierüber so harte worte von dem K \nig h \ren můssen / da sie / als eines grossen K \nigs tochter / höflicher gehalten seyn wolte. Demnach liesse sie folgenden morgens den Ahusath /des K \nigs brudern / zu sich kommen / und klagte ihm / wie es ihr ergangen: der dann / weil er damals auch noch am dienste der götzen hinge / ihr desto williger seinen beistand versprache / und gleich zum K \nig ginge / ihn deswegen anzusprechen.

Er funde den K \nig in tiefer traurigkeit / und entfinge auf seinen vortrag diese antwort: Ach daß Eglone ihre g \tter soviel liebte / als die menschen! dann so einen irrtum k \nte man ihr leichter vergeben / als ein grobes laster. Sie weiß aber von selbsten / was mich auf ihr schmerzet: welches ich / weil sie eines grossen K \nigs tochter ist / niemanden entdecken wil; doch daß sie kůnftig meiner gegenwart sich åusere. Nach dieser abfårtigung des Ahusath / wolte auch der Esau / seiner täglichen gewohnheit nach / in das K \nigliche gemach treten / und dem Abimelech aufwarten: ihm wurde aber / von dem haubtmann der wacht / der eintritt verwehret / weil solches der K \nig befohlen hatte. Indem er hierüber bestürzet [564] stunde / sahe er die jungfrau / welche ihn zu der Ada gebracht hatte / nach der gefångnis hinunter fůren / die da kläglich weinete / und den Esau ersehend / ihm zurieffe: wiedaß sie dieses unglůck seinetwegen erlitte. Hieraus kunte er nun nicht anderst urteilen / als daß alles / was zwischen ihm und der Ada fůrgelaufen / müsse verrahten / und dadurch diese ungnade des K \nigs verursachet worden seyn. Demnach begabe er sich wieder auf sein gemach / und sandte mich alsobald zum K \nig / daß ich / was mit der Ada fůrgegangen / entschuldigen /und / wiedaß ihn solches an seinem versprechen / die Fürstin Judith zu ehlichen / nicht hintern würde / versichern solte.

Wiewol sonsten der König mir niemals geh \r verweigert / so kunte ich doch diesesmal nicht fůrgelangen / und sandte der König den Phichol zu mir / der mir in seinem namen sagen muste: Er k \nne leichtlich ermessen / daß ich / meinen vettern zu entschuldigen /vor ihn begehrte: es sei aber solcher dienst bei ihm ůbel angewendet. Esau habe nicht als ein freund bei ihm gehandlet / und solte derselbe je eher je lieber seinen hof verlassen: welches alle die straffe wäre /die er ihm als seinem alten freund auflegen wolte. Ich kame / mit dieser antwort / wieder zurücke zu dem Esau: welcher das unbillige verfahren des K \nigs nicht begreifen kunte. Um aber jederman zu erweisen / wie er sein wort und zusage nicht gebrochen / ginge er zu dem Fürsten Beri / und versicherte denselben nochmals / daß er seine tochter zu ehlichen beståndig gesonnen wäre. Beri / von diesem allem nichts wissend / wurde höchlich bestürzet ůber des K \nigs verfahren: weil nun Esau hieraus vermerkete / daß ihme von dem / was mit der Ada fůrgegangen / noch nichtes kůndig war / wolte er sich auch nicht selber anklagen.

[565] Indem kame der Phichol zu ihnen; welcher auf das /was ich ihm angebracht hatte / daß nämlich der Esau die Judith noch heuraten wolte / vom K \nig / wiewol mit unmute / die antwort brachte: Der K \nig wolte des Esau zusage / die Fůrstin Judith betreffend / seinem freien willen heimstellen. Er möchte sie aber zu Bersaba / bei seinen eltern / heuraten / wann es ihm gefiele: wo nicht / wolte er ihn nicht ferner darzu verbinden.

Diese kaltsinnigkeit des Königs / stärkete den Esau in dem wahn / daß seine liebe und heimliche verehlichung mit der Ada ihm würde kündig worden seyn. Der bestůrzete Beri aber / wolte gleich zum König gehen / dieser gåhen veränderung wegen mit ihme zu sprechen: es wurde ihm aber von dem Phichol gesaget / daß der König keinen menschen sprechen wolte. Diese verwirrungen / brachten den ganzen hof zu Gerar in unruhe. Die Königin / verwandelte sich nach Gath / und hatte gegen dem K \nig / wegen seiner harten worte / einen grossen unwillen gefasset / welcher durch ihrer jungfrauen gefängnis gemehret wurde: dann sie achtete dieselbe darum also beschimpfet zu seyn / weil sie den priester des Astaroth in ihr gemach eingelassen. Der K \nig / in die tiefste traurigkeit gleichsam versenket / kame nie aus seinem zimmer. Die Ada / welche auch alles verrahten zu seyn vermeinet / schwebete in höchster angst und bekümmernis /und ginge ihr die gefångnis der jungfrauen sehr zu herzen. Weil sie auch fůrchtete / ihr möchte eben dergleichen widerfahren / sandte sie einen getreuen slaven heimlich zu dem Esau / und liesse ihn bitten / daß er sie hinweg fůren wolte / ehe des K \nigs zorn auch über sie ausginge: dann sie bildete ihr ein / wiedaß auch die Königin ihr ungnådig wåre.

[566] Der verliebte Esau / den die empfangene beschimpfung sehr schmerzete / wolte seine Ada nicht daselbst lassen: machte demnach einen anschlag / sie sowol /als die jugfrau / zu entfůren. Er überliesse mir / dieses werkstellig zu machen: weil er fůr seine person so einen anschlag nicht erwarten / sondern gleich von Gerar hinweg wolte. Kurz vor seinem abzug / kame der Prinz von Caphtor zu ihme: der dann mit thrånen sein unglůck beklagete / und ganz nicht ergründen kunte / was doch dem K \nig immer begegnet seyn möchte / das alle diese fr \mde wirkungen verursachet / daß er so schleunig seiner gemalin und seinem liebsten freund aufsåtzig worden. Es liesse ihm aber der König / durch den kammerherrn Bagastanes / nochmals heimlich sagen / als eben die grossen von hofe bei ihm waren und abschied namen: Er möchte ja niemals gegen einigen menschen in der welt gedenken /was zwischen ihnen fůrgegangen / wann anderst ihme die ehre des jenigen noch ein wenig lieb wäre / der ihn so hoch geliebet. Und ob er es wol nicht darnach gemachet / daß ihme das Fůrstentum könte geschenket werden: so wolte doch der K \nig sein versprechen halten / und nicht also mit ihme wie er gegen ihme gethan hätte / handelen. Saget eurem K \nig wieder /(antwortete Esau / ganz erhitzet und ůberlaut /) daß ich sein Fůrstentum nicht begehre / und ist mir meine ehre so lieb / als ihm die seinige: welche zu erhalten und aller welt zu zeigen / wil ich die Fůrstin Judith heuraten / weil ich es einmal versprochen. Aber das unbillige verfahren / so er gegen mir fürgenommen /darf ich nicht ruchtbarer machen / als es bereits ist: und so des K \nigs ehre dadurch beleidiget worden /hat er es niemanden als ihme selber allein zu danken. Hiermit ginge er / von allen anwesenden Philistern begleitet / zu der Judith: [567] die über diesem allem sich sehr ångstete / zumal weil sie nicht wissen kunte /was fůrgegangen. Der abschied ware / auf des Esau seite / gar kaltsinnig / und eilete er sehr hinweg / den undankbaren hof zu verlassen / da man / wie er vermeinte / nicht befuget gewesen / also mit ihm zu verfahren.

Ich ware mit etlichen seinen bedienten zurücke verblieben / aus fůrsatze / des Esau begehren zu erfůllen / und die Ada neben der gefangenen jungfrauen zu entfůren. In der nacht nun / kame ich heimlich nach hof / da der kämmerer über das frauenzimmer / der bestochen worden / mich einliesse: und brachte ich also die Ada glůcklich davon. Den hůter aber / der die jugfrau verwarete / fande ich so eigensinnig / daß er mir gar nichtes wolte zu willen seyn. Demnach auf der Ada ihre bitte / die besorgte / man möchte bei längerem verzug / ihrer flucht innen werden / liesse ich sie im gefångnis / und brachte allein diese Fůrstin zu dem Esau hinaus / der unser im feld wartete. Ein grosser teil seines unmuts verlore sich / als er diese liebe person wieder umarmen konte. Und ob er wol anfangs sie mit nach Bersaba nemen wollen / so befande er es doch nachmals unthunlich: weil seine ehre dabei noht leiden / und der König dannenhero mit bässerem grunde wider ihn etwas wůrde fůrbringen k \nnen. Also wurde beschlossen / daß ich sie ins K \nigreich Sichem zu ihrem herr vattern begleiten / und daselbst ausgeben solte / wiedaß wegen einer unruhe / die zu Gerar entstanden / sie alda nicht länger bleiben können.

Inzwischen ich also mit ihr ins land Canaan reisete / kame Esau nach Bersaba zu seinen eltern: da sein vatter sich sehr ůber seiner ankunft / ehe seine verlobung mit der Judith ruchtbar worden / erfreuete. Wie aber [568] dieselbige / neben dem unwillen / in welchem Esau von Gerar geschieden / aller orten ausbrache /betrübte sich der alte Isaac höchlich darůber: allermeist / da er sahe / wie sein sohn sich mit einer unglåubigen vermålete / welche auch an einem so pråchtigen hof erzogen war / daß sie seiner lebensart schwerlich wůrde gewonen k \nnen. Esau selber / seinen zustand erst recht betrachtend / kunte nicht anderst / als dieses alles ihme verdrůslich zu sinne ziehen: weil das schåferleben / so die seinige fůreten /sich gar ůbel bei die hof-weise reimete / und er wol zuvor sahe / wie gar nicht die Judith und Ada sich darein schicken würden. Und dieser letzern dorfte er ůberdas noch nicht einmal gedenken / weil er schon sahe / wie seine eltern die erste heurat mit der Judith aufnamen: die er doch / bloß seinen guten namen bei den Philistern zu erhalten / wolte ehlichen / indem er allein die Ada liebete.

Zu Gerar ginge es / nach unserm abschiede / noch wunderlicher daher. Der König / der seine gemalin fůr schuldig hielte / quälete sich lange in seinem gemůte /ehe er einen schluß fassen kunte / was er in dieser beschwerlichen sache fůrnemen solte. Weil die K \nigin nach Gath gezogen war / als schickte er ihr etliche kundschafter nach / die auf ihr thun acht haben und ihme alles hinterbringen musten / wie sie sich gebärdete / und was sie redte. Weil nun dieselbe / aus ungedult / vieler dråuworte sich vernemen liesse / wie ihr herr vatter / der König Abinael von Basan / ihrer /wider ein so hartes verfahren / sich annemen würde: als besorgete sich Abimelech einer grössern unruhe und weitläuftigkeit. Demnach fassete er den schluß /die K \nigin wieder nach Gerar holen und daselbst so genau verwahren zu lassen / daß ihr alle gelegenheit benommen seyn solte / nach Basan etwas von ihrem zustande zu berichten. Die gute Königin [569] muste diese einsperrung / unwissend warum / also erdulten. Weil die Fürstin Ada im frauenzimmer gemisset wurde / als bildete sie ihr ein / der K \nig sei heimlich in dieselbe verliebet / und sie verursache jezt alles ihr unglůck. Demnach fassete sie eine gleichmäsige eifersucht in ihrem herzen / und strebete nach nichtes mehr / als nach der gelegenheit / ihrem vatter nach Basan ihre unterdruckung zu verständigen.

Der betrůbte K \nig Abimelech name / bei so grosser verwirrung seiner sinnen / der Ada abwesenheit nicht zu herzen / sondern lebete in tiefster traurigkeit: also daß Gerar / so bisher ein aufenthalt der höchsten lust gewesen / nun der traurigste ort von der welt wurde. Der Prinz von Caphtor / zoge auch davon und nach seinem Fůrstentum. Der Beri name seine tochter / die Judith / mit sich nach Hebron. Ich / hatte nun die Ada nach Sichem gebracht / alda wir ein sehr herrliches freudenfest fanden / wegen der krönung des K \nigs Beor / dessen herr vatter unlängst gestorben war. Weil vor unserer ankunft / das gerüchte bereits die zu Gerar entstandene verwirrungen hingebracht hatte / als fiele es der Ada nicht schwer / dieselbige /als eine ursach ihrer ankunft / fůrzuschützen: da sie dann / von allen / mit freuden bewillkommet wurde. Der K \nig Beor / der noch gar jung war / liesse sich gleich der Ada gestalt also wol gefallen / daß man eine liebe bei ihm verspürete. Elon ihr vatter / solches merkend / machte sich so hohe gedanken / eine tochter Königin von Canaan zu sehen / daß er alle ersinnliche wege fürkehrete / diese liebe zu ernehren. Er befahle der Ada / gegen dem K \nig sich also zu verhalten /daß er ja keine ursach bekäme / von ihr abzulassen. Dieses erweckte / in der Ada gemůte / wunderliche entfindungen: da eines teils die treue / die sie dem Esau [570] gelobet / und dessen gemalin sie bereits heimlich worden ware / sie des Königs liebe fürchten / anders teils die herrlichkeit der Krone ihr solche beliebt / machete. Ich halte auch dafür / wann der Esau nicht die lezte gunst von ihr bekommen håtte / sie würde ihm schwerlich seyn beståndig verblieben.

Weil ich in Sichem / nach des Esau begehren /mich verweilete / um auf der Ada wesen acht zu haben: als erfuhre ich alles dieses / was fürliefe / und sandte einen an den Esau ab / ihme solches zu hinterbringen. Der Bote traffe ihn eben zu Hebron an / da er die hochzeit mit der Judith vollzoge. Weil er ohnedas betrůbt ware / als ist leichtlich zu ermessen / daß diese zeitung ihm vollends alle lust werde benommen haben. Es ware auch niemand fr \lich / bei diesem hochzeitfeste. Dann der Beri sahe wol / wie Esau seiner tochter wenig achtete. Weil auch seine eigene mittel nicht ůbrig groß waren / da der K \nig Ephron /sein bruder / ihme nicht das minste zu willen stunde /und das Fůrstentum fůr den Esau auch zurůck bliebe: als stellete er ihm leichtlich fůr / wie Judith ihrem stande so ungemås bei ihm leben wůrde.

Die heftigkeit der liebe zu der Ada / triebe den Esau / daß er / sobald die Judith nach Bersaba ware gebracht worden / ihm fürname / eine reise nach Sichem zu thun. Er wurde aber daran verhintert / durch einen zufall / der ihm auf der jagt begegnete / da ein starkes wildschwein ihn gefärlich verletzete / also daß er etliche monden / seiner heilung halber / sich innhalten muste. Unter solcher zeit fůlete die Ada bei sich /daß sie schwanger ware / und wuste nicht / wie sie es angreifen solte / dann wir von dem Esau keine nachricht bekamen: und besorgete sie / er håtte ihrer gar vergessen / und seine liebe nun v \llig allein auf die Judith gewendet. Die liebkosungen des K \nigs von[571] Canaan / brachten ihr hierbei in den sinn / was verlust ihr wegen des Esau vorstünde: daher gram und reue sich bei ihr dermassen einstellete / daß sie von tag zu tag abname. Der Elon ward hierüber sehr bekümmert / weil durch ihren tod er die hoffnung verlieren muste / einen so mächtigen König zum schwiegersohn zu bekommen. Der verliebte K \nig verliesse sie niemals / bis sie endlich sich gar zu bette legen muste. Als man aber die ärzte zu ihr brachte / befunden dieselben / wie es um sie stünde.

Ich bekame eben um die zeit nachricht von dem Esau / und sagte mir der jenige / den er an mich von Bersaba abgeschicket / wie tugendhaft die Judith sich bei ihm erwiese / und wie sie ihm dermassen zur hand ginge / daß sie bereits sein herze mehr als halb gewonnen hätte. Ich truge bedenken / dieses der Ada zu er \ffnen: weil sie vorhin / ůber der Judith glůck / zuviel eifersůchtig ware. Wie ich aber die ankunft des boten von Bersaba ihr vermelden wolte / ware es mit ihr in einen erbårmlichen zustand gerahten: weil der Elon ihr vatter erfahren hatte / wie die ärzte von ihr urteilten / daß sie schwanger wäre. Er hätte / für verzweifelung / ihme den tod anthun mögen. Weil er / sie selber zu sehen / sie nicht mehr würdigte / als liesse er seine gemalin ihre stiefmutter zu ihr gehen: die ihr muste fůrhalten / wie sie ihn und das ganze K \nigliche haus betrůbet håtte. Wiewol sie nun ihr schwanger-seyn nicht laugnete / so wolte sie doch den Esau nicht nennen. Weil ich sie nach Sichem gebracht hatte / als kame ich dieserwegen in verdacht: muste derhalben mich von dar hinweg begeben / ehe man nach mir greifen m \chte. Ich befunde nun höchst n \tig zu seyn / daß der Esau eiligst die Ada wieder hälfe zu ehren bringen / ehe ferner ihre und seine ehre darůber gefahr leiden [572] möchte. Also eilete ich nach Bersaba / und kame dahin / als Esau eben das bette verlassen hatte /und in gesellschaft seiner Judith sich befunde.

Es war aber unterdessen von der K \nigin Eglone /ungeacht ihrer versperrung / unter die Philister ausgebreitet worden / wiedaß der König mit der Ada zugehalten hätte: welches jederman für wahr gläubete. Auch der Esau selber machete ihm die gedanken / der Ada schwångerung můsse nicht von ihme / sondern von diesem K \nig / herrüren. Die umstånde / wie man zu Gerur mit ihm verfahren / stårketen ihn in dieser einbildung. Weil er aber / auch dieses glåubend / dannoch die Ada liebete / als wurde er so unwillig / daß alle meine bemůhung umsonst war / ihn eines bässern von seiner Ada zu bereden. Der Fůrst Beri / seiner Judith vatter / kame eben dazumal / mit seiner gemalin /des Fůrsten Lothans von Seir schwester / die er erst geheuratet hatte / und mit seinem ganzen hause / nach Bersaba: dann er ware mit seinem bruder / dem K \nig von Kiriath Arba / in so harte zweitracht gerahten /daß er sich hinweg machen müssen. Die haushaltung des Isaac / wurde durch diese gäste sehr beschweret: dann der K \nig Ephron hatte dem Beri alle seine mittel dermassen entzogen / daß Esau ihn völlig unterhalten muste. Dieses verursachete manchen unlust /weil Isaac / mit seiner Rebecca und dem Jacob /gleich den schåfern in Mesopotamien / schlecht und doch vergnůgt lebeten / und solcher hausgenossen nicht gewonet waren: wiewol Gott ihn in seinem stand so sonderlich segnete / daß er ein sehr grosser mann worden. Judith aber und die ihrigen / waren von jugend auf pråchtig und nach der weise bei hof erzogen: denen dann der Esau in seines vatters hause gleiche verpflegung verschaffen wolte / welches [573] dem Isaac und der Rebecca nicht zum båsten gefiele.

Alle diese widerwårtigkeiten / die der ungedultige Esau gar nicht vertragen kunte / trieben ihn an / dem kriege wieder nachzuziehen: weil er immer im feld glückhafter als zu hause gewesen war. Demnach seine Judith / neben ihrem vatter / stiefmutter und allem hausgesinde / seinen eltern auf dem halse lassend /zogen wir miteinander in Syrien / und wolte er die Ada ganz aus dem sinne schlagen: dann es ware gar zu warscheinlich fůrgebracht worden / daß der K \nig der Philister sie geliebet / und annoch ihrentwegen der Königin und ihme so aufsåtzig wåre. Wir funden / zu Damasco / alles in waffen: dann der K \nig Aramenes hatte mit dem König von Armenien in einen schweren krieg sich eingelassen. Die ankunft des Esau ware diesem K \nig höchst angenem / weil dessen dapferkeit ihme schon bekant war: daher er ihm grosse ehre erwiese / und ihn mit zu den h \chsten kriegsämtern bestellete. Die K \nigin Philistina / als seine erste liebe bekame er da auch wieder zu sehen. Und ob wol fůr der zeit sie ihme nicht hold gewesen so ware er ihr jedoch anjetzo sehr angenem: weil sie / von ihrem vatterland und ihren anverwandten / durch ihn etwas zu vernemen / verlangete. Wie er aber mit deme / was sich zu Gerar begeben / gar verschwiegen war / als spůrete sie wol / daß die vertråulichkeit zwischen ihrem bruder und ihme nicht mehr so verbündlich /als vordessen / seyn můste. Er aber gewonete nun wieder so sehr der angenemen gesellschaft dieser Königin / daß wenig fehlete / es wåre seine vorige liebe in ihm wieder angeglommen. Doch mäsigte er seine zuneigung / daß man dieselbige mehr ein freundschaft als liebe nennen mochte.

[574] Der grosse Aramenes zoge / in diesem krieg /selbst mit zu felde: deme der K \nig Barzanes von Armenien bis an das Taurische gebirge entgegen kame /und ein heer der Scythischen v \lker an sich ziehend /seiner mit einer grossen macht erwartete. Die K \nigin / welche ihren herrn niemals verlassen wolte / folgete ihm in diesem feldzug: in welchem Esau sich so dapfer hielte / daß wir treffliche siege erlangeten / und den feind bis an den fluß Araxes trieben. Es wärete dieser krieg eine lange zeit / da wir dann fast meister von ganz Armenien wurden. Wir vernamen inzwischen nichtes / von deme / was zu Gerar / Sichem und Bersaba fůrginge. Mit den gedanken war freilich der Esau an allen diesen dreien orten / und konte er des K \niges Abimelech unrecht / die von der Ada eingebildete untreu / und der seinigen beunruhigung / nie genug erwågen: massen wir zuweilen etliche stunden /mit gespråchen hiervon / zubrachten. Es ware doch noch allemal / eine liebe zu der Ada / aus seinen reden abzunemen. Er hatte ja all zu übereilt wider sie verfahren / da er seine einbildung billig auf mehr grůnde / als auf das blosse gerüchte / stellen sollen. Es mochte aber der seinigen zustand / dieses schnelle entschliessen guten teils verursachet haben / und ware etwan die verzweifelung sein gr \ster rahtgeber gewesen. Wie aber die zeit alles kan in vergessenheit bringen / also gewonete Esau nach und nach / nicht mehr so heftig sich der Ada zu erinnern: und wartete er der sch \nen Philistina / als welche / wie gesagt / stäts im feld mit ware / so vergnůgt auf / daß er nicht viel nach Canaan mehr gedachte.

Ich muß aber nun nach Gerar wiederkehren / und berichten / was sich in der zeit / da wir in Syrien waren / alda zugetragen. Des Abimelechs bekůmmernis / der Eglone versperrung / und die allgemeine traurigkeit bei hof [575] wårete noch also fort: bis die Fůrsten und grossen des reichs / dieses unwesen etwas genauer betrachtend / die ausgebrachte rede der K \nigin zu herzen fasseten / daß nämlich der K \nig die Fůrstin Ada lieben müsse / und daraus alles dieses unheil entstanden wåre. Weil nun bisher die K \nigin unfruchtbar gewesen / und die stände auf erhaltung ihres K \nigstammens ihr gr \stes absehen hatten: als waren die meisten der meinung / man solte dazu helfen / daß Ada mit dem K \nig verehlichet / und durch sie der K \nigliche stamm erhalten würde. Indem sie hierüber rahtschlageten / kame die zeitung aus dem land Canaan von Sichem / daß die Ada / welche der K \nig Beor heuraten wollen / ohne daß man wüste /von wem / wäre schwanger befunden worden. Keiner unter ihnen wolte nunmehr zweifelen / daß solche schwångerung von ihrem K \nig herrůrete: dannenhero sie / ohne vorwissen des K \nigs / etliche aus ihrem mittel nach Sichem abfårtigten / die den Fürsten Elon berichten solten / wiedaß sie / sich seiner tochter anzunemen /gewillet wåren / und daß ihre leibesfrucht noch dermaleinst ihr Kronprinz werden k \nte. Ehe sie aber nach Sichem angelangten / ware Ada bereits mit einem sohn darnieder gekommen: wodurch die liebe /so der K \nig Beor noch beståndig zu ihr getragen /ganz erlosche / und Elon dermassen erzůrnet wurde /daß er / alle våtterliche liebe ablegend / sie hinweg jagete / und für sein kind nicht mehr erkennen wolte.

Sie wuste nun / in diesem ihrem elenden zustande /nirgend anderst hin / als nach Bersaba zu dem Esau: ůber dessen verlassung und meinem ausenbleiben sie sich nicht gnug verwundern und beklagen kunte. Weil sie nun den Esau zum vatter ihres kleinen Eliphas nicht ernennet / und nach ihrer abreise von Sichem die Philister [576] dahin kamen / bereuete der Elon sehr / als er ihr anbringen h \rete / daß er seine tochter also von sich hatte verstossen. Die abgeordnete von Gerar waren auch sehr bekůmmert / daß sie von der Ada keine nachricht erhalten kunten. Sie aber kame inzwischen zu Bersaba an: und kan man leichtlich ermessen / wie angenem sie dem Isaac můsse gewesen seyn /der allbereit mit der ersten frauen des Esau seine plage hatte. Die Ada wolte schier von sinnen kommen / als sie h \rete / daß Esau in ein fernes land wäre hinweg gezogen / und sie / für alle treue / die sie ihm erwiesen / nun dieses zum dank hatte / daß sie / wie eine unehrliche und leichtsinnige / von den seinigen angesehen wurde. Weil sie nun bei des Esau eltern keinen glauben erhielte / als welcher ihnen hiervon nichtes hatte kund gemachet / so kunte sie kaum herberge in Bersaba erlangen. Ihre ehmalige gespielin /die Fürstin Judith / name sich ihrer aus erbårmnis noch am meisten an: dann weil ihr sinnlich war / wie Esau zu Gerar mit ihr kundschaft gehabt / als glåubte sie leichtlich / daß der kleine Eliphas ihres Esau sohn wåre / welchen sie herzlich zu lieben begunte / weil sie selber noch kein kind von ihme bekommen hatte. Diese guttåtigkeit der Judith linderte aber der Ada schmerzen ganz nicht / sondern mehrte vielmehr dieselben: weil sie ehmals die zusage von dem Esau empfangen hatte / daß sie seine fůrnemste frau werden solte; da es aber nun mit ihr dahin gekommen ware /daß sie ihrer mitbulerin gnade leben muste. Sie vergrämte sich daher dermassen / daß sie fast der Ada nicht mehr gleich sahe. Weil auch ståts ein hoher geist in ihr sich gereget / als gabe es zwischen ihnen manchen streit: welches dann zu des Isaacs und der Rebecca grossem herzenleid gereichete.

Dergestalt verliefe eine lange zeit / in welcher sie zu [577] Bersaba von uns / und wir in Armenien von ihnen /nichtes vernamen. Elon hatte / neben den Philistern /alles sein nachsuchen nach der Ada vergeblich angewandt / und gedachte niemand daß sie zu Bersaba sich aufhalten solte. Endlich fůgete es sich / daß ein Philister Fürst / namens Asdod / nach Bersaba kame /und die Ada / ungeacht sie sich sehr veråndert / erkennend / hierüber sich frölichst erzeigete: zumal / als er den kleinen Eliphas bei ihr funde / den er fůr seines Königs sohn hielte. Ihre schamhaftigkeit / sich von dem Asdod in einem so verånderten zustand sehen zu lassen / mehrete dieses Fůrsten einbildung: der sie ermanete / mit ihrem kleinen sohne nach Gerar zu kommen / da es ihr båsser als zu Bersaba ergehen solte. Weil sie aber sich vermeintlich erinnerte / wie herb der K \nig ihren handel mit dem Esau vordessen entfunden / als gabe sie dem Asdod zur antwort: Sie d \rfte es nicht wagen / vor des K \nigs angesicht zu kommen. Doch wolte sie / die ursach dessen / ihm nicht entdecken: der ihr / nichts solches vermutend /einen muht einsprache / und ihre verschwiegenheit für ein schamhaftigkeit hielte. Weil es ihr nun ohnedas zu Bersaba sehr verdrieslich erginge / als liesse sie sich überreden / und reisete mit nach Gerar: da der Asdod gleich den geheimen raht versamlen liesse / und ihnen fůrtruge / wiedaß die Ada / und des K \nigs sohn der Eliphas sich wieder gefunden håtten. Die ganze versamlung erfreuete sich hierüber / und ward beschlossen / die Ada neben dem kleinen Eliphas vor den K \nig zu bringen: der bis hieher noch immer bekůmmert gewesen / und wenig aus seinem zimmer gekommen war.

Als sie nun ihren schluß vollzogen / und die Ada vor den König brachten: fiele sie / ehe er dessen sich versahe / zu [578] seinen fůssen nieder / und bitterlich weinende / bate sie ihn um vergebung / daß sie ihn also beleidiget håtte. Der K \nig / der nicht wuste / was sie damit meinete / sahe sie mit grosser bestůrzung an. Die anwesende Fůrsten aber / zeigeten dem K \nig den kleinen Eliphas / und sagten: Dieser ist E. Maj. sohn /welchen wir dafůr erkennen / und die Ada fůr unsere K \nigin. Dieses sezte den K \nig und die Ada in grosse bestürzung / und machte jenen sie begierig fragen: was sie hiemit wolten? Asdod sagte zu der Ada: sie solte nur kůnlich reden / und des Eliphas geburt dem K \nig offenbaren. Hierauf begunte sie ausfůrlich zu erzehlen / wie Esau sie geliebet / und wie der K \nigin kammerjungfrau ihn bei nacht zu ihr gelassen: da er sie geehlichet / und sie gleich von ihm wäre schwanger worden. Sie sagte ferner / wie sie folgends / als sie gesehen / daß der K \nig diese that so ungnädig aufgenommen / sich heimlich durch mich entfüren lassen /und zu Sichem diesen sohn geboren hätte. Diß alles wurde / von dem K \nig mit h \chster aufmerkung /und von den Philistern mit grossem verdruß / angeh \ret. Diese / sahen hieraus / wie sehr sie in ihrer einbildung hatten gefehlet / indem sie hierdurch ihrem K \nige seine traurigkeit benemen wollen.

Abimelech aber / deme dieser bericht der Ada / die unschuld seiner gemalin zum teil er \ffnete / stunde zwischen freude und furcht / ob und was er hievon gläuben solte. Nachdem er sie in ein nebenzimmer abtretten lassen / muste man ihm die kammerjungfrau aus der gefångnis bringen / welche er ernstlich befragte / zu wem sie den Esau in der nacht gefüret håtte. Ihre bekentnis kame mit der Ada bericht ganz über ein; und als sie der K \nig ferner fragte: wer dann / in eben selbiger nacht / bei seiner gemalin gewesen? nennete sie den priester des Astaroth: [579] welches dann ebenfalls gleichlautete mit dem / was ihme sein bruder damals von der Eglone angebracht hatte. Diese unverhoffte zeitung bewegte des K \nigs gemůte dermassen / daß er alsobald zu der unschuldigen K \nigin ginge /und alles sein bisheriges verfahren ihr auf den kniehen abbate. Sie wuste anfangs / in diese schleunige ånderung / sich nicht zu finden: wie ihr aber nachgehends der K \nig von allem bericht gabe / auch die Ada herbei geholet wurde / und sie von ihr allen handel mit dem Esau erfuhre; verlore sich alsobald bei diesen edlen eheleuten / sowol der gehegte groll und die falsche eifersucht / als die daraus entstandene betrůbnis. Sie fielen einander um den hals / und erwiesen hiernåchst solche liebeszeichen / daß dadurch der ganze hof / und folgends auch das ganze land / in ihre vorige ruhe und freude wieder gesetzet wurde. Sonderlich waren die råhte hoch erfreuet / daß ihr vorhaben zwar anderst / als sie vermeinet / aber doch noch sowol und zu des K \nigs beruhigung / abgelaufen. Ada / die durch ihre hinkunft diese ruhe gestiftet / wurde von dem K \nig herrlich und wol gehalten. Er gewonne auch den Esau von neuem lieb / da er seine unschuld sahe / und verziehe ihme gerne / was zwischen ihm und der Ada fůrgegangen.

Unsere siegreiche waffen hatten inzwischen in Armenien erwůnschten fortgang / und kame es bei dem gebirge Ararat zu einer blutigen schlacht: da der unvergleichliche Aramenes solche heldenthaten verůbete / daß wann man g \tter machen dörfte / er billig unter dieselben könte gezehlet werden. Es begabe sich aber bei diesem treffen / daß ich mit denen / die mir der Aramenes zu fůren untergeben / die Prinzessin Barsine / die base des K \nigs / gefangen bekame / welche /gleich unserer Syrischen K \nigin / dem krieg folgete. Als ich mit meiner sch \nen beute in [580] [582]in das lager kame / in hoffnung / damit grosse freude bei den Syrern zu erwecken / h \rete ich aller orten das klägliche wehklagen über den verlust unserer Königin: die von einem Scythischen haufen / der unter wårendem treffen in das lager eingebrochen ware / neben allem frauenzimmer entfůret worden.

Esau ware nirgend zu finden: der hatte den raubern der K \nigin nachgesetzet. Er ereilete sie / unferne bei Tospia / da der Tigris entspringet: der / wie er allezeit im früling zu thun pfleget / sich stark ergossen hatte /also / daß er auch bei seinem ursprunge sehr tief ware. Porus / des K \nigs Barzanes vatter und bruder der Barsine / hatte die K \nigin entfüret. Dieser / wie er sich von dem Esau verfolget sahe / und die K \nigin nicht lassen wolte / name sie fůr sich auf sein pferd /deme er viel zutrauete / und setzete damit durch den fluß. Er geriete aber / zu seinem unglůck / in einen wirbel / also daß er die Königin fahren lassen / und vom pferd sich ledig machend / der wilden flut sich ergeben muste. Esau / dieses unglůck der Königin am ufer ersehend / bedachte sich nicht lange / was ihm zu thun wåre / sondern / von einer dapferen entschliessung getrieben / setzete er gleich mit seinem pferd in den strom / und ware so glůcklich / daß er die K \nigin ergriffe / und zu land brachte. Weil sie gar viel wasser eingeschluckt hatte / auch eben sich schwanger befande: als bekame ihr dieser zufall sehr übel /und brachte sie Esau gar schwach in das lager. Der K \nig ihr gemal / ware zugleich erfreuet ůber diesem des Esau guten dienst / und auch betrůbet / die Königin also schwach zu sehen.

Der sieg ware aber v \llig unser / und machte / daß der K \nig von Armenien / unserem K \nig friedenshandelung liesse antragen. Aramenes name dieselbe an / als nunmehr vorteilig für Syrien / und zogen endlich beide K \nige [582] zusammen / den frieden zu bestätigen: da dann in beider gemůtern eine wechsel hochachtung entstunde / also daß der alte Barzanes den unvergleichlichen K \nig von Syrien / und Aramenes hinwiederum den tugendhaften K \nig von Armenien /sehr lieb gewonne. Wie aber / bei diesem getroffenen frieden / die auswechselung der gefangenen geschehen solte / weigerte sich Barsine / wieder zu ihren bruder zu ziehen / und bate mich mit beweglichstem flehen /ihren tod auszusprengen. Ich konte einer solchen schönheit dieses nicht abschlagen / und hielte sie demnach für allen Armeniern ganz heimlich / die sie dann als todt beweineten. Sie dankete mir nachgehends tausendfältig / fůr diese ihre erl \sung. Ich erfuhre von ihr / daß ihr bruder sie zwingen wollen /den Prinzen aus Buctra den Oxyartes zu ehlichen / da sie doch bereits dem Pharnus dem König aus Meden versprochen wåre: welchen aber ihr bruder tödlich hassete / aus ursach / daß der Pharnus ihm seine schwester die Armire versaget / und dieselbe an den K \nig aus Ophir den Jazis verheuratet hatte.

Ich befande diese ihre fůrgebrachte ursache so erheblich / daß ich ihr vorhaben billigen muste / und ihr meine dienste anbote: die sie willigst anname / und mich ersuchete / sie heimlich in Meden zu fůren. Weil nun dieses gar verborgen muste zugehen / daß niemand es erfuhre / als meldete ich von ihrem da-seyn auch dem Esau selber nichtes / und hielte sie ståts in meinem zelt verborgen. Weil sie keinem andern sich anvertrauen wolte / sie in Meden zu bringen / ich aber / bis wir aus Armenien abgezogen seyn würden / hierzu nicht gelangen kunte / als muste sie sich noch eine gute weile gedulten: inzwischen dann / die gesellschaft dieser sch \nen Prinzessin / mir immer angenemer wurde.

[583] Wie nun der abzug aus Armenien / wiewol / sowol wegen der vielen fusv \lker / als wegen der Königin anhaltender unpäslichkeit / gar langsam / fortginge: fůrete ich die mir untergebene soldaten unter dem lezten haufen. Als wir an das Taurische gebirge kamen /und bei Samosata über den Phrat gehen wolten / hatten sich viele von den wilden Armeniern / die in demselben gebirge wohnen / zusammen geschlagen / welche mich zwischen den klippen unvermutlich ůberfielen: da dann ihre månge die meinigen / die ohnedas erschrocken waren / in die flucht und unordnung brachten. Ich thate diesen wilden möglichsten widerstand / und ware insonderheit wegen der Prinzessin Barsine in gr \sten ängsten / die ich zu beschützen mein åuserstes daran wagete. Wie ich aber sahe / daß alles verloren ginge / begabe ich mich / mit der Prinzessin und meinen übrigen / die bei mir getreulich hielten / in eine h \le: da ich / wider den ungeheuren haufen der feinde / bis auf den lezten blutstropfen zu fechten / mich entschlosse. Ich vermochte aber ihrer mänge nun nicht mehr zu widerstehen / als Esau / der von meinem unfall zeitung erhalten / eiligst mit seinen v \lkern umkehrend / mir zu hülf kame / als ich dessen zum h \chsten ben \tigt war / und mich errettete.

Die viele entfangene wunden hatten mich so geschwächet / daß / wie Esau zu uns in die h \le eintrate / ich ganz sinnlos in der schönen Barsine armen lage /die ihr grosses mitleiden mit heissen zehren bezeugete. Ihr klagen hatte so wenig ihre sch \nheit vermindert / daß Esau sie ganz verwundert betrachtete: und sein verliebtes gemüte / das dazumal noch wie ein zunder leichtlich zu entglimmen pflegte fůlete bereits / was der Barsine schönheit vermochte. Weil aber ihn die gebůr der freundschaft triebe / sich auch nach mir umzusehen: name Barsine [584] gelegenheit / in ihr gezelte sich zu verbergen. Ich wurde folgends auch in das meinige getragen / da man nach meinen wunden sahe: die aber von keiner sonderbaren gefahr befunden wurden / und mich allein etwas abkråftig machten.

Wie nun Esau und ich allein im gezelte beisammen waren / fragte er mich alsobald: wer die sch \ne dame wäre / die er bei mir in der h \le gesehen? Ich truge kein bedenken / ihme der Barsine zustand zu eröffnen / weil ich seiner verschwiegenheit mich getr \stete. Nachgehends liesse ich der Prinzessin durch meinen waffenträger sagen: daß sie sich gar nicht fůr meinem freund dem Esau scheuen dörfte / welcher / ihr zu dienen / ja so begierig als ich wäre. Durch diese versicherung ward sie kůhn gemachet / mich zu besuchen. Weil der K \nig von Syrien mir erlaubte / daß ich zu Samosata bleiben mochte / bis es mit meinen wunden sich wůrde gebässert haben / als wolte Esau mich auch nicht verlassen: und hatte er also täglich gelegenheit / die Barsine bei mir zu sehen. Wir redten / in seiner gegenwart / miteinander ab / daß / sobald ich wůrde genesen seyn / wir durch Assyrien nach Meden gehen wolten: dahin wir / weil der König Pharnus /welcher mit dem K \nige Armatrides von Assyrien krieg fürete / sich zu Dartha in der Abeliter landschaft mit seinen völkern befunde / für den Assyrern ganz sicher durchkommen kunten.

Die unruhe / welche Esau von der Prinzessin entfunde / liesse sich hierauf spüren / und offenbarete er mir / daß er die Barsine liebete: zugleich mich bittend / es zu verhintern / daß diese reise zu dem K \nig Pharnus nicht für sich gehen m \chte. Alle unmůglichkeiten / die ich ihm fůrbrachte / konten ihn nicht bewegen / von seiner liebe abzustehen. Ja er finge bald an / der Barsine selber [585] von seinem leiden fůrzusagen: welches sie mir klagete / und mich diese entschliessung fassen machte / ohne sein wissen mit ihr heimlich davon zu ziehen. Wie ich demnach vollkomlich an meinen wunden wieder genesen ware / und alles zu meiner fůrhabenden reise hatte färtig machen lassen /zoge ich von Samosata mit der Barsine bei nacht davon / und hinterliesse ein schreiben an den Esau: darinn ich meine that entschuldigte / und ihm zu erkennen gabe / wie sehr ich hierinn als sein treuer freund mich erwiese / indem ich ihme die ursach seiner qual hinweg genommen; worzu mich zwar ohnedas die pflicht und mein gegebenes wort angetrieben /welches ich nicht widerruffen k \nnen. Anfangs hatte Esau dieses gar übel entfunden: wie aber die abwesenheit der Barsine seiner gesunden vernunft wieder platz gegeben / funde er sich gar wol / in dieses mein verfahren / und name seinen weg nach Syrien.

Ich aber reisete mit der Barsine fort / bis wir zu Dartha glůcklich ankamen: alda ich dem König Pharnus seine Prinzessin ůberlieferte / zwar nicht ohne schmerz entfindung. Dann ich muß gestehen / daß schier die liebe / die ich dißorts an dem Esau getadelt / bei mir sich einfinden wollen. Weil diese meine erste liebe / einen solchen ausgang / wie ich bald erzehlen werde / genommen / als habe ich nachgehends mich ihr nicht mehr ergeben wollen / sondern bis jetzo von dieser gemůtsregung mich frei erhalten. Die erkentlichkeit des Pharnuns / die dankbarkeit der sch \nen Barsine / und meine betrůbte rückreise / achte ich unn \tig weitläuftig zu erzehlen. Ich kame in Syrien wieder an / als eben die Königin Philistina ihrem herrn einen Prinzen gebare / welcher Aramenes nach seinem herr vattern genennet worden. Aber diese freude ward vermundert / durch den [586] gleich darauf folgenden tod dieser edlen K \nigin / der das ganze reich in grosses trauren setzete. Esau / der den tod der jenigen / die er ehmals geliebet / hiermit erlebet / ware darůber so bekůmmert / als fast der König selber. Er vermochte auch nicht länger in Syrien zu verbleiben / sondern zoge / mit einem grossen gut an gold und edelgesteinen / welches er im Armenischen krieg erworben /wieder ins land Canaan.

Er fande seine eltern noch in ihrem gew \nlichen landleben zu Bersaba / neben seinem bruder / und der Judith: die inzwischen an sch \nheit also zugenommen hatte / daß seine liebe zu ihr um ein grosses vermehret wurde. Welchergestalt die Ada mit einem kinde dahin gekommen / nachgehends von den Philistern nach Gerar gebracht worden / anjetzo herrlich am hofe daselbst lebte / auch daß die K \nigin mit dem K \nig wieder verglichen wåre / und ihme einen sohn geboren: solches alles erfuhren wir daselbst / konten aber keinen eigentlichen bericht erlangen / wie es mit diesem vertrage und mit der Ada zugegangen wåre. Esau bildete ihm ein / die Ada wäre des Königs kebsweib worden / welches Eglone endlich gedultet / und daher des Königs gemüte wieder besänftiget hätte. Demnach erneuerte er seinen ehmaligen unwillen wider den Abimelech / und entfunde es sehr schmerzlich / daß Ada ihn also hintergangen / die er doch so inbrůnstig geliebet.

Weil nun seine erste liebste gestorben / die andere verheuratet / die dritte ihm / wie er vermeinte / so schändlich ungetreu worden / und die vierte auch einem andern ihre liebe zugewendet: als kehrete er sich ganz allein zu der Judith / welche er ohne zuneigung genommen hatte / und finge an / ihr so vollkommen seine liebe zu erweisen / daß er kaum einen augenblick von ihr seyn kunte. Weil auch [587] auch das landleben ihrem sinn so gar nicht gefiele / und er sie gern båsser håtte m \gen versorget sehen: als verwendete er sein mitgebrachtes geld daran / daß er ihr / bei uns im lande Midian / nicht weit von dem ihme angebotenen Fůrstentum / eine schöne herrschaft erkaufte / und mit ihr sich dahin begabe. Auch dem Fůrsten Beri / seinem schwiegervatter / einen gefallen zu erzeigen /name er dessen zwei junge herrlein / den Elieser und Ephron / mit dahin: die er / als wären es seine eigene kinder gewesen / sehr fleissig und wol erziehen liesse. Er bekame meinen bruder Epher / den regirenden Fůrsten in Midian / zum nachbarn: der mit ihm daselbst gute freundschaft hielte. Es waren alle meine verwandten erfreuet / mich wieder zu sehen: da ich aber / ungeacht sie mich gerne stäts bei sich haben wolten / dennoch von dem Esau mich nicht trennen liesse. Gleichwie ich ihn in kriegszeiten nie verlassen / also bliebe ich nun auch in seinen ruhe-tagen bei ihme: und lebete er so vergnůgt mit seiner Judith /daß / wann sein ehestand mit kindern håtte m \gen gesegnet werden / es ihme an nichtes wůrde gefehlet haben. Die zu Gerar erfuhren in der zeit / da wir daselbst woneten / nichtes von uns / und wir auch nichtes von ihnen: weil der ort zu äuserst am meer gelegen / und dort hinwårts von aller gesellschaft entfernet war.

Es begabe sich aber / daß der alte Fůrst von Seir auf dem gebirge / des Lothans vetter / in seinem hohen alter / von seiner gemalin / die er erst neulich geheuratet / eine tochter bekommen: worüber er sich so hoch erfreuet / daß er / als er ihr den namen wolte geben lassen / ein grosses fest anstellete / und alle benachbarte dazu einlude. Esau / als ein alter bekanter des Lothans / erschiene auch mit bei diesem freudenfest / und wurden wir zu Dedan auf dem gebirge herrlich entfangen. Die gesellschaft daselbst [588] ware sehr groß: dann nicht allein alle Fůrsten von Seir / des Seirs kinder / sich alda befunden / sondern auch der Prinz Zipor von Moab / der bruder der kindbetterin /mit vielen Moabitischen Fürsten / wie auch der Prinz Mamellus von Chaldea / dessen schwester die Poliphide den Fürsten Ana von Seir geheuratet hatte. Dieser Mamellus hatte neulich sich verehlichet mit des Esau mutter schwester / der Tharasile: die eben auf solche weise / ihrem vatter dem Bethuel / in seinem hohen alter / gleichwie die Timna (von deren geburtfest ich jezt rede /) dem Fürsten von Seir / ware geboren worden. Weil dieser Mamellus vom Assyrischen hause entsprossen / und zudeme bei E. Maj. herr vattern dem K \nig Bel Ochus in hohem ansehen schwebete / als erwiese ihm jederman hohe ehre. Er machte mit dem Esau genaue kundschaft / als von dessen heldenthaten / die er in dem lezten Aramenischen krieg erwiesen / er viel geh \ret hatte.

Als wir aber eines tags / da wir zimlich beråuschet waren / von dem König Aramenes in Syrien zu reden kamen / und Esau neben mir demselben viel lobs nachsagte / hingegen Mamellus / weil damals der unglückselige krieg zwischen E. Maj. herr vattern und diesem K \nig von Syrien / der endlich ihme das reich und leben gekostet / schon vor-ware / gar verkleinerlich redete: kamen wir daher mit worten gar hart aneinander / also daß / wann der Fůrst Ana und der Lothan nicht wåren dazwischen getretten / es nicht wol würde abgelaufen seyn. Der Ana fürete den Esau zu seiner gemalin / der sch \nen Poliphide / und Lothan den Mamellus / zu des Esau gemalin / der angenemen Judith: da dann Mamellus sich scheuen muste / gegen der Judith von dem Esau etwas widerliches zu reden /und Esau hinwiederum [589] der schwester des Mamellus von ihrem bruder nichtes feindliches fürsagen dorfte.

Es verursachte auch der Poliphide h \flichkeit / daß Esau bald seinen zorn vergasse / und dieser Prinzessin wundersch \ne betrachtend / von seiner alten begierde sich dermassen wiederum einnemen liesse /daß er mehr / als ihme wol gebůret håtte / sie in seinem herzen bewunderte. Er hatte in der zeit da er bei seiner Judith allein gelebet / auser ihr keine andere sch \nheit gesehen: daß also dieses guten teils seine beståndigkeit verursachet. Nun aber / da ihme soviel sch \nheiten fůrkamen / unter denen Poliphide damals unvergleichlich war / kunte er sich so weit nicht zwingen / daß er sie nicht håtte angebetet. Er wurde auch in rechtem ernste so eifersůchtig gegen dem Ana / als in dessen gemalin verliebet / daß / wer seine weise so gut als ich gekant / ein solches leichtlich wůrde gemerket haben. Poliphide / als verheuratet / gabe nicht acht auf des Esau verliebtes wesen / und gönnete ihm alle zugelassene freiheit: daher dann sein liebes feuer je mehr und mehr entzůndet wurde. Als nun alle die andern / nach vollendetem freudenfest / wieder nach haus kehreten / blieben allein Mamellus / Esau und ich noch daselbst. Der Prinz von Chaldea / schützete seiner schwester gegenwart für / als welche mit ihrem gemal bei dem schwiegervatter zu Dedan wonete. Esau aber wuste nicht / womit er sein da-bleiben besch \nen solte: zumal der Lothan / sein alter freund /selber nach Denhaba / daselbst er wonete / schon wieder abgereiset ware.

Es eråugete sich aber bald eine ursache / daß wir von Dedan hinweg musten. Der Prinz Mamellus hatte sich in die Judith so heftig / als Esau in die Poliphide / verliebet. Indem er aber mindere vorsichtigkeit als der Esau gebrauchete / gabe er sein anligen der Judith so [590] deutlich zu verstehen / daß sie ihn ganz unwillig abwiese. Als er nichts desto weniger die folgende tage fortfuhre / sie mit entdeckung seiner liebe zu beleidigen / klagete sie es dem Esau / mit bitte / sie von dieser marter zu befreien. Wiewol nun Esau in eben dem verbrechen steckete / dessen Mamellus beschuldiget wurde / so verdrosse es ihn doch heftig auf denselbigen: weil er hiervon entfunden / was er vordessen noch nie versucht hatte / nåmlich den eifer ůber einen mitbuler bei seiner ehefrauen. Als er aber / wegen der Poliphide / noch verzoge / hinweg zu reisen / und seine Judith dem Mamellus aus den augen zu bringen: finge Poliphide an / des Esau wesen genauer zu betrachten: und vermerkende / daß ihn nichtes als die liebe an- und aufhielte / name sie verlaub von dem Ana ihrem herrn / sich in die benachbarte warme båder zu begeben / um ihme aus den augen zu kommen. Weil die Judith mit ihr gesellschaft machete / als blieben Mamellus und Esau / bei dem Seir und dessen sohne dem Ana / zu Dedan / bis sie wiederkehren m \chten: da aber ihnen beiden die weile allzulang wurde / indem sie die jenigen nicht vor sich sahen /um derer willen sie so lang auf dem gebirge sich verweilet hatten.

Es fiele ihnen aber zu einer zeit ein / die jenigen /welche sie also unrechtmåßig liebeten / zu besuchen. Weil sie es heimlich halten musten / als erdichtete jeder eine andere reise / die er fůrhätte. Esau sagete /um dem Ana keinen verdacht zu geben / er wolte nach Denhaba reisen / den Lothan zu besuchen. Mamellus gabe für / er wåre gewillet / nach Ezeongaber zu reisen: damit er dem Esau allen argwahn benemen m \chte. Wir zogen etliche stunden später aus Dedan /als der Prinz von Chaldea / also daß wir am abend in die herberg kamen / da er den mittag gewesen war. Wir erfuhren von dem wirte / [591] daß er eben unsere strasse fůr uns hinreisete: welches den eifersůchtigen Esau in den argwahn brachte / es wåre Mamellus gleiches vorhabens ausgezogen; dann der weg nach Ezeongaber gegen dem meer zuginge / und nicht in das gebirge. Am folgenden tag erginge es uns eben also /daß man uns in den herbergen von dem Mamellus erzehlete. Weil deswegen der Esau eifriger fortreisete /als erreichten wir den Prinzen von Chaldea auf dem wege / als noch wenig meilen nach den warmbädern vor uns waren.

Als Mammellus uns ersehen / erschracke er nicht wenig / den Esau auf einem wege zu finden / der gar nicht nach Denhaba fůrete / dahin er doch eine reise fürgegeben hatte. Es war an beiden seiten die begrüssung zimlich kaltsinnig / und fragten sie einander fast zu einer zeit: ob hier der weg nach Denhaba und Ezeongaber hinginge? Da ihre antworten auch gleich waren / wiedaß sie ihre reise aus gewissen ursachen geåndert håtten. Esau / der um des Mamellus liebe wuste / erzürnte sich mehr über dieser begebenheit /als der andere: dem hingegen sehr leid ware / daß er also auf diesem weg war angetroffen worden. Wir reiseten also miteinander / ohne zu fragen / wohin wir wolten.

Als wir in die warme båder angelanget / musten wir beiderseits in einem wirtshause verbleiben / weil kein raum mehr übrig ware. Esau růstete sich alsobald /seine Judith zu besuchen: und Mamellus thåte desgleichen / seine schwester anzusprechen. Das frauenzimmer pflegten zwar sonst / bei gebrauch des bades /sich wenig sehen zu lassen / und gar nicht unter das mannsvolk zu kommen. Aber der gemal der einen /und der bruder der andern / kunten diß gesetze in etwas aufheben: daher Judith und Poliphide sich nicht weigerten / von [592] dem Esau und Mamellus sich sprechen zu lassen; wiewol beiderseits nicht ohne verwunderung / was ihre ankunft bedeuten m \chte.

Ihre zusammmkunft / deren ich mit beiwonete /ginge auf allen seiten gar verwirret ab. Dann die Judith / in ersehung des Mamellus / erinnerte sich /nicht ohne errötung / seiner liebe. Poliphide thåte nicht weniger / als sie den Esau erblickete. Mamellus dorfte / in gegenwart ihres gemals / der Judith nicht kůnlich zusprechen: und Esau hatte soviel arbeit / zugleich seiner liebe und eifersucht abzuwarten / daß solches ihm sehr beschwerlich fiele. Sie wusten die ursach ihrer hinkunft so wenig f \rmlich fürzubringen / daß dadurch der Judith und Poliphide die augen noch mehr ge \ffnet wurden / zu erwittern / warum diese beide wären angekommen. Wegen solcher verwirrung / wurde diese ihre besuchung bald geendet. Wie aber die unrechtmåsige liebe sie beide dahin gebracht hatte / also gabe sie ihnen auch einerlei in den sinn / um einige vergnůgung in ihrer liebe zu erlangen. Sie namen ihnen beide fůr / jeder die jenige / so er liebete / bei nacht im bade zu sehen / weil sie bei nåchtlicher zeit sich dessen gebrauchten. Sie bestachen beiderseits / ohne daß einer von dem andern wuste / etliche von den weibern und verschnittenen /welche dabei aufzuwarten pflegen: die dann / sie einzulassen / sich willigst erklåreten.

Esau / kame zu erst hinein / und ward an das ort gebracht / wo die Prinzessin von Seir ihre badstelle hatte: dann das bad in viele theile abgesondert ist / da jedwedere dame ihren besondern ort hat da sie allein seyn kan. Weil ich ůber des Esau gemůte soviel macht nicht hatte / ihn von diesem beginnen abwendig zu machen / so ermanete ich ihn doch / ehe er von mir ginge / daß er wenigst sich båsser als ehedessen zu Gerar / da er fast auf [593] gleiche weise die Philistina zu sehen bekame / aber aus heftiger liebe sich ihr kund gegeben hatte / in acht nemen solte: welches es mir versprochen. Er hatte in seinem winkel eine gute zeit gelauret / als endlich die sch \ne Poliphide mit einer dirne hinein kame / welche etliche liechter an den wänden umher anzündete: das dann dem Esau wol zu statten kame / die sch \ne Chaldeerin nach genůgen zu betrachten. Indem sie sich auskleidete / redete sie zur dieser ihrer vertrauten dirne von dem Esau / welchen sie sehr lobete / und darbei h \chlich sich beklagte /eine ursach zu seyn / daß er so unruhig lebete / weil sie mehr als zuviel seine zu ihr tragende liebe verspůret håtte. Man kan denken / wie hierdurch des Esau gemůte beweget worden: und war seine zufriedenheit unbeschreiblich / als sie / in solchen gespråche von ihme / immerfort verharrete.

Wie sie nun eine weile mit ihren niederkleidern im bade gesessen / da sie ihren verliebten die brust neben den armen ganz entbl \sst betrachten liesse: entstunde unversehens ein grosses geråusche / welches den Esau aufmerksam machete. Bald sahe er die Judith / mit einem angeworfenen mantel / ganz erschrocken und erblasset hinein kommen / die zu der Poliphide sagte: Ich suche schutz bei euch / Prinzessin von Seir /wider euren bruder! Als Poliphide sie gebeten / sich deutlicher zu erklären / gabe sie mit heftigen worten zu verstehen: wiedaß der Mamellus in ihr bad-zimmer sich heimlich verborgen / folgends / wie sie im bade gesessen / sich herfür gethan und ihr genåhert håtte; deme sie / als er sie anhalten wollen / mit noht hieher entlaufen wåre. Poliphide / schalte dieses freche beginnen ihres bruders. Esau aber ward hierüber so ergrimmet / daß er kaum an seinem verborgenen ort sich lassen kunte. Das geschrei der Judith [594] hatte alle /die im bade waren / aufgereget: welche / als sie h \reten / daß eine fr \mde mannsperson vorhanden wåre /sich darüber sehr erzůrneten / und diesen verwegenen / um ihn abzustraffen / fåst machen wolten. Aber Mamellus hatte sich da nicht lang umgedrehet / sondern ware / mit hůlfe der nacht / eiligst entsprungen.

Dem Esau ward hierbei gar übel zu mute / indem er befahren muste / daß man ihn daselbst finden möchte: und gläube ich nicht / daß der Esau jemals beångstigter gewesen / als dißmal / da seine ehre in gefahr ware / einen so harten schiffbruch zu leiden. Poliphide und Judith kleideten sich eiligst an / um von dar hinweg zu kommen: und ware die Judith gar nicht zu befriedigen / sondern dråuete sehr mit dem Esau / daß der ihren erlittenen schimpf rächen solte. Aber Poliphide bate hierwider: wiewol sie der Judith gestehen muste /daß sie es eben so hoch entfinden wůrde / wann ihr dieses widerfahren wäre. Wie sie nun hinaus gegangen / schlosse Poliphide selber die thür zu / und name / wider ihren gebrauch / den schlüssel mit sich / den sonsten die weiber / die ůber die båder bestellet / zu verwahren pflegten. Also sahe sich Esau in neuer noht / da er nicht heraus kommen konte / und also / den folgenden tag gefunden zu werden / befahren muste. Ruffen dorfte er nicht / aus beisorge / daß er sich dadurch selber verrahten m \chte. Er hatte lang vergeblich gehoffet / die jenige / so ihn eingelassen / würden / wann alle die andern hinweg wären / zu ihm kommen / und ihn auslassen. Er verlore aber endlich alle hoffnung / und kunte in solchem zustande nicht unterlassen / ihm selber sein t \richtes beginnen fůrzurücken.

Als aber etliche stunden vorbei waren / die ihn långer als jahre důnketen / \ffnete sich plötzlich die thůr / und [595] sahe er die Prinzessin Poliphide mit ihrer dirne /die eine lampe truge / zu ihm hinein kommen. Sie ginge straks auf ihn zu / und begunte ihn lächlend also anzureden: Wolan / mutwilliger bruder! hiermit erlasse ich euch der straffe / die ihr mehr als zu wol verdient habet. Esau / der für bestůrzung diese worte nicht recht einname / fiele ihr gleich zu füssen / und wuste nicht / wie er diese nochfreundliche ansprache der Prinzessin aufnemen solte. Sie aber / die ihn hiemit erkante / erschracke so häftig / daß ihr schier eine onmacht zuginge. Indem sie aber / unwissend / wie ihr geschahe / sich an eine wand lehnete / erzehlte ihr der verliebte Esau alles / wie seine innigste liebe ihn zu dieser that getrieben håtte: welche weder sie noch einiger mensch jemals hätte erfahren sollen / wann nicht ihre gůtigkeit sie jezt dahin gefůret håtte / um /wie er hoffete / sein grosses verbrechen ihme zu vergeben.

Diese erzehlung / vermehrete allererst der Prinzessin entsetzen. Sie vermeinte / ihren bruder daselbst anzutreffen. Dann ihre jungfrau hatte den Esau in seinem winkel erblicket / und für den Mamellus gehalten / als derselbe im auflauf gesucht wurde. Weil sie ihn aber nicht verrahten / sondern retten wollen / als hatte sie solches heimlich der Poliphide entdecket: welche deswegen die thůr selber versperret / und den schlůssel zu sich genommen / um / wann die andern hinweg wåren / wieder zu kommen / und ihrem bruder davon zu helfen. Nun sie aber an dessen stat den Esau / und zwar auf gleicher that gefunden / mahlete zwar anfangs ihre strånge tugend diese seine begangene frechheit ihr so grob für / daß sie ihn der h \chsten abstraffung würdig achtete. Als sie aber hingegen betrachtete / daß er gleichwol noch / anderst als ihr bruder / in den schranken der h \flichkeit geblieben / und dabei besorgete / wann sie zu hart mit ihme [596] verfůre /er an ihrem bruder / den sie herzlich liebete / sich råchen wůrde: als zwange sie ihren unwillen / und beschlosse / sich ihme gůtiger zu zeigen / als er verdienet.

Nachdem sie von ihrem schrecken sich etwas erholet / sagte sie zu dem Esau: Euer gutes glück / und nicht mein fůrsatz / hat mich hieher gefůret / euch zu befreien / dann ich meinen bruder allhier zu finden vermeinte. Håtte ich aber euch an diesem ort vermutet / wůrde ich mich um euch / nachdem ihr mich so hoch beleidiget / nicht dergestalt bemůhet haben / euch aus dem fůr augen schwebenden unheil zu reissen. Ich wil euch aber das verbrechen verzeihen / und euch wieder in freiheit setzen / wann ihr mir zweierlei eidlich versprechen wollet. Esau / um zu erweisen / wie begierig er wåre / ihren geboten nachzuleben / und dadurch ihre huld wieder zu erlangen / beteurete ihr alsobald mit einem eide / alles zu erfůllen / was sie ihm zu thun auferlegen wůrde. Hierauf verbote sie ihm erstlich / daß er niemals sie wieder sehen / oder doch /wann solches aus unvermeidlichen umständen geschehen müste / sie nie allein ansprechen solte. Ihr zweiter befehl ware / daß er / an ihrem bruder / auf keinerlei weise / wegen dessen / was ihn eine gleichmåssige torheit wider die Judith hätte begehen machen / sich rächen solte. Dieses waren zwo so harte bedingnise /daß der ångstige Esau gern seinen eid wieder zurůcke genommen håtte: doch muste er gehorsam versprechen / und ward also dieser seiner unvermuteten gefängnis erlassen / nachdem er von ihr hingegen die zusage erhalten / daß sie keinem menschen etwas hiervon eröffnen wolte.

Also sahe sich Esau zugleich in seiner liebe und rache unvergnůget / und kame ganz betrůbt wieder in die herberge: da er mir / diese seine abenteur / zu meiner h \chsten bestůrzung erzehlete. Der Mamellus ware am [597] morgen nicht mehr zu finden / als welcher noch vor tags hinweg gereiset: und hatte er sich / wie wir nachmals erfuhren / zu seinen leuten / die er in Bosra gelassen / verfüget / mit denen er seinen weg wieder nach Babel geno en. Als nun Esau anstunde /wie er mit seinem abschied es anschlagen solte / kame die Judith unversehens zu uns in den gasthof / von ihren dirnen begleitet: worůber er anfangs sich nicht wenig entsetzte / weil ihm das gewissen sagte / daß er an ihr sich so gröblich versündiget / und er sich besorgen muste / sie m \chte erfahren haben / was zwischen ihme und der Poliphide fůrgegangen. Ihr freies wesen aber / und die vielfåltige liebkosungen / die sie ihm erwiese / macheten ihn bald anderst glåuben / daß nåmlich Poliphide / ihre zusage haltend / seine schande verschwiegen hätte.

Sie vermeldete ihm hierauf die ursach ihrer ankunft / welche war / daß die Poliphide eiligst håtte post von Dedan bekommen / nach ihrem gemal wieder zu kehren: deswegen sie die bade zeit nicht auswarten wollen / sondern eiligst hinweg gezogen wåre. Dieses habe nun bei ihr / weil ihr das da bleiben ohne ihre gesellschaft nicht annemlich / gleichen vorsatz erwecket / daß sie die badecur auch angeben / und mit ihme wieder abreisen wolte. Esau merkete wol aus dieser erzehlung / was die schleunige abreise der Poliphide verursachet håtte. Er stellete sich aber ganz frei an /und zoge alsofort mit der Judith nach Denhaba / dahin er dißmal zu reisen anfangs fůrgegeben hatte. Es name ihn aber sehr wunder / daß die Judith ihme nichtes klagete / von des Mamellus beginnen: dann er wuste nicht / daß Poliphide die Judith h \chlich gebeten hatte / keine rache über ihren bruder von dem Esau zu begehren. Wie dann ihme / als wir bei dem Lothan uns eine weile aufgehalten / und [598] nun wieder vom gebirge Seir nach haus angekommen waren / dieses ståts in den gedanken bliebe. Ja es wurde letzlich eine sonderbare eifersucht daraus / die ihm in den sinn gabe: die Judith můsse dem Prinzen von Chaldea nicht so gar abhold seyn / wie sie wol ursach håtte. Endlich eråugete sich eine unglůckselige begebenheit / wordurch seine eifersucht vollends entbrennte und ausbrache. Hiervon aber desto verständlicher zu berichten / muß ich mich nach Gerar zurůcke wenden /und zuvor erzehlen / was alda sich zugetragen.

Es hatte die Ada / in so langer zeit / nichtes von uns erfahren / ohn allein / wie die zeitung von dem tode der K \nigin Philistina nach Gerar kame / und bald darauf die Prinzessin Andagone / des K \nigs der Philister und der Königin von Syrien schwester / den kleinen Prinzen Aramenes dahin brachte: welche alda von dem Esau erzehlte / wiedaß er / nach der Philistina tode / Syrien wieder verlassen håtte. Dieses setzete die Fůrstin Ada in neue sorgen: und ob ihr wol der K \nig alle ersinnliche freundschaft erwiese / so war sie doch nimmer v \llig zufrieden / weil es sie zusehr schmerzete / daß der Esau ihrer so ganz vergessen hatte. Endlich nach vieler zeit / erfuhre sie von Midianitischen kaufleuten / die nach Gerar kamen / daß der Esau sich in ihrem land aufhielte: welches sie sich entschliessen machete / ihme daselbsthin zu folgen. Sie hinterliesse den kleinen Eliphas / welcher mit dem Prinzen Aramenes und Abimelech erzogen wurde /daselbst zu Gerar. Der K \nig ordnete ihr zu den Fürsten Asdod / welcher sie begleiten / und den Esau seiner alten freundschaft versichern / auch wieder nach seinem hofe zu kommen / überreden solte.

Weil die Ada sich nicht eher dem Esau kund geben wolte / bevor sie eigentlich seinen sinn gegen ihr neben der [599] ursache / warum er sie also verlassen / erforschet: als reisete sie ganz heimlich in das land Midian / und zwar / um desto verborgener zu bleiben / in mannskleidern. Sie kame / wie Esau eben auf der jagt war / in sein haus / und liesse sich bei der Judith anmelden. Diese Fůrstin / begierig vom hofe zu Gerar jemanden zu sprechen / befahle gleich / daß man diese fr \mde zu ihr füren solte. Der slave / der solches verrichtete / und ein b \ser ohrenblåser bei dem Esau war / gab genaue achtung / wie Judith sich gegen diesem Philister gebårdete: welche dann / als sie eine weile heimlich mit der verkleideten Ada geredet / durch ihre entdeckung bewogen wurde / sie zu umarmen und zu kůssen. Als sie folgends die ursach ihrer ankunft vernommen / wolte sie ihr in allem ihrem begehren willfahren / und hielte sie inzwischen heimlich auf / daß wir von ihrer und des Asdod dahinkunft nichtes wůrden vernommen haben / wann der slave dem Esau nicht alles entdeckt hätte.

Dieser eifersůchtige wolte / nach erhaltenem diesem bericht / schier unsinnig werden / und meinete nicht anderst / als der Prinz Mamellus wåre dieser fr \mder / der also heimlich aufbehalten würde. Um nun die unglůckselige Judith mit ihrem vermeinten buler zu ertappen / gabe er eine reise für nach Suchot / da er ůber acht tage ausbleiben würde / und gebote dem slaven / acht zu haben / was die Judith beginnen wůrde / welches er ihm heimlich zu wissen machen solte: und bliebe er nahe bei dem schloß / in einem walde / da wir uns in dem felsen behalfen / und der slave uns leichtlich botschaft thun konte. Ich hatte damals zum \ftern meinen scherz / über seine eifersucht / welche ihn triebe solches ungemach auszustehen: und kunte ich meines teils gar nicht glåuben / daß die tugendhafte Judith hierinn schuldig wåre.

[600] Wie aber der verråterische slave zu uns hinaus kame / und diesen bericht mitbrachte / wiedaß die Judith die nacht bei dem einen Philister geschlaffen håtte / muß ich bekennen / daß meine bestürzung hierob so groß wurde / als des Esau zorn: der kaum der folgenden nacht erwarten kunte / um selbst in diesem laster die Judith zu ertappen / und abzustraffen. Wie nun dieselbige angebrochen / eileten wir nach dem schlosse zu / und traten gar stille in der Judith kammer: da dem eifersůchtigen Esau alsobald die månnliche kleidung in die augen kamen / die vor seiner Judith bette lage. Wie er ferner den fůrhang leise ge \ffnet / sahe er jemand an ihrer seite ligen: daher voller eifer / zuckete er den säbel / und wolte durch beider tod sich råchen. Die liebe aber / die er ehmals zur Judith getragen / machte / daß er ihrer verschonete / und seinen grimm allein wider ihren beschlaffer wendete /unwissend daß es seine beståndige Ada ware: deren er eine so tiefe wunde in das haubt versezte / daß ich solche nicht anderst als fůr t \dlich achten konte.

Die armselige Judith / welche hierüber erwachet /finge håftig an zu schreien / und die halbtodte Ada befiele gleich mit einer onmacht: in welchem erbårmlichen zustand wir sie verliessen. Der verzweifelte Esau sezte sich gleich zu pferd / da ich ihm folgen muste /unwissend / was er fürnemen wolte. Wir ritten die ganze nacht hindurch / ohne daß einer von uns den mund zum reden \ffnete. Als der tag wieder angebrochen / und ich den Esau noch in seiner traurigkeit vertieft sahe / fragte ich ihn: was er dann zu thun gewillet wåre? Ich muste diese frage etliche mal widerholen /ehe ich antwort bekame. Endlich aber gabe er mir sein schmerzliches leiden durch die klåglichste worte zu vernemen / und kunte er der Judith nicht vergessen /wie sehr er sich auch von ihr beleidigt [601] achtete. Doch ware es ihm auch unmůglich / diese beschimpfung ihr zu vergeben: dannenhero er nicht wieder zu ihr wolte /sondern sich entschlosse / zu den waffen wieder zu kehren / und zwar nach Syrien / alda der krieg zwischen E. Maj. herr vattern und dem König Aramenes eben angehen wolte.

Indem wir aber auf dieser reise ganz Canaan durchwandern musten / befiele der Esau zu Salem mit einer gefärlichen krankheit / da eben der jetzige König Melchisedech zur regirung gelanget ware. Diese krankheit hielte bei ihm etliche monden an / und geschahe ihm getreue pflege vom Königlichen hofe: da die Prinzessin Saradine / des Königs schwester / ihn selber zum \ftern besuchete / und / weil sie in der arzenei sonders erfahren / viele von ihren kostbaren mitteln ihm gebrauchete. Diese machete endlich seinen leib wieder gesund / beschwerete aber sein gemůte mit einer neuen krankheit: dann die wunderschöne dieser Prinzessin ihn dermassen eingenommen hatte / daß er wol nie verliebter mochte gewesen seyn / als er nun in die Saradine worden. Sie hingegen / als eine von den gottseligsten Prinzessinnen / die jemals m \gen gelebet haben / erwiese dem Esau und mir / als des Abrahams nachkommen / soviel gutes / und machte mit uns eine so fäste freundschaft / daß wir stäts mit ihrer erbaulichen gesellschaft uns vergnůgen kunten.

Diese kundschaft bekame soviel macht ůber des Esau gemůte / daß er ganz anderst gesinnet wurde. Dann / da er zuvor ein wildes wesen gefůret / so sahe man ihn jetzund ganz sittsam und ermildert. Als sie ihm auch erklärete / wieviel an der erstgeburt gelegen / und daß er sehr unrecht gethan håtte / indem er dieselbe seinem bruder so liederlich verkaufet: begunte die reue dieserwegen bei ihme sich einzufinden. Und durch ihre lehren unterrichtet [602] / was sonderbaren fůrzug sein geschlecht für allen andern vålkern håtte /den er nicht so gering achten solte: kame er zu ganz andern gedanken / und wolte nun bei seinem vatter das jenige wieder einholen / was er bisher versäumet. Er wolte anfangen / ihnen fleissiger zur hand zu gehen: um den segen / auf welchem die kůnftige besitzung des landes Canaan haftete / zu erlangen. Bei diesem fürnemen / wuchse zugleich seine liebe gegen der sch \nen Saradine. Daher er einsmals / als sie mit ihme von der künftigen ererbung des landes Canaan sprachete / die gelegenheit ergriffe / ihr auf solchen fall die Cananitische Kron anzuwünschen. Dieses /gleichwie er es nicht ohne errötung fůrbrachte / also h \rete sie es auch nicht sonder entfårbung an: so gar /daß ihm keine geringe hoffnung ůbrig bliebe / ihre gegenliebe zu erlangen.

Wie wir also zu Salem lebeten / kame zeitung /wiedaß der K \nig Abimelech von Gerar mit seiner ganzen hofstatt kommen wůrde / den Melchisedech zu besuchen. Der Esau ware eben bei der Prinzessin /wie dieses in Salem ruchtbar wurde. Weil er / solches hörend / sich entfårbet hatte / fragte ihn die Saradine um dessen ursache. Wie er nun ihr nichtes zu verhelen pflegte / als erzehlete er ihr alles / was ihme vordessen zu Gerar begegnet; was massen der König ihn nicht allein beschimpfet / sondern auch ihm die Ada hinweg genommen: weswegen er ohne bewegung /diesen undankbaren freund / nicht würde ansehen können. Er würde auch / um deß willen / sich ein zeitlang von Salem hinweg begeben haben / wann der K \nig Melchisedech ihn nicht angehalten hätte.

Dieser K \nig nun wandte allen fleiß an / den K \nig und die K \nigin von Gerar auf das herrlichste zu entfangen. [603] Wie nun / auf einer wiesen nahe am berg Morija / die begrůssung beider Könige geschahe / hatte Abimelech den Melchisedech nicht sobald verlassen /da liefe er zu dem Esau: welchen er wider seinen willen umarmete / und um vergebung bate / daß er ihn ehmals so sehr beleidiget. Er liesse ihm auch nicht frist zu antworten / sondern eilete nach dem frauenzimmer / welches seiner gemalin folgete; unter denen er zwo damen herfür zoge / und selbige dem Esau zufůrete. Diese beide (sagte er låchlend zu ihme) sollen zwischen uns frieden stiften / und hoffe ich meinen alten freund damit wieder zu erlangen / weil ich ihm also seine beståndige Ada und unschuldige Judith hiermit wieder überliefere. Esau wuste nicht / wie ihme geschahe / als er die drei personen / die er so sehr zu meiden sich befugt achtete / vor sich sahe. Die Ada / sowol als die Judith / fielen ihm um den hals /und thäten ihme / in gegenwart der Saradine / viele liebkosungen / die er zwar lieber von selbiger Prinzessin angenommen håtte.

Es bliebe aber hiebei nicht / indem der K \nig Abimelech dem verwirrten Esau auch einen sch \nen knaben zufürete / und sagte: Nemet an / liebster freund! diesen euren sohn / den euch die Ada geboren. Der junge Eliphas / wolte hiemit seinem vatter um den hals fallen. Aber / obschon bei dem Esau das natůrliche blut sich regete: so ware er jedoch / von so unverhofften dingen / so gar aus sich selber gebracht / daß er diesem sohn wenig liebe erwiese. Endlich geriete er gar auf die h \chste staffel der ungedult / als er / zum ůberfluß aller seiner pein / den Prinzen Ahusath von Caphtor in den armen seiner Saradine ersahe. Seine bestůrzung und unentschlossenheit / die teils anwesende wol vermutet hatten / wurde ihm nicht verarget: weil sie wusten / daß er noch ganz [604] unwissend lebete alles dessen / was ihn von seiner Ada und Judith erfreuen sollen. Demnach eilete man in die stadt: damit sie alda bässere gelegenheit / als im felde / haben m \chten / ihm seine eifersucht zu benemen.

Als nun die ganze K \nigliche gesellschaft in des Melchisedechs gemach sich versamlet / erzehlte der K \nig von Gerar nach der långe / seine eifersucht ůber die Eglone / und alles was sich mit der Ada begeben. Nachdem der König zu reden aufgeh \ret / und Esau nun augenscheinlich die Ada unschuldig zu seyn erkante / auch des K \nigs eifersucht nicht unbilligen kunte: umarmete er erstlich den Abimelech / und nachgehends die Ada / sie beide um verzeihung bittend / daß er von ihrer freundschaft und treue so widerliche gedanken gesch \pfet. Ihr můsset / liebster Esau! (sagte hierauf die Judith /) der Ada erhaltung mir danken / und fordere ich ja so billig eine abbitte von euch / als wie ihr dieselbige jezt dem K \nige und der Ada gethan habet. Esau / ohne zu antworten /wandte der Judith hierauf den růcken zu / und wolte sie nicht einmal ansehen. Die Ada aber / sowol auch der König / der Fůrst Asdod / und alle mitgekommne bediente des Esau / die er in Midian zurůcke gelassen / erzehlten ihme ausfůrlich / daß die Ada bei der Judith im bette gelegen / daß sie die wunde in das haubt bekommen / wovon sie noch das zeichen und die narbe aufweisen konte; und daß / nach seiner abreise /wie Ada an dieser wunde geheilet worden / sie miteinander nach Gerar gezogen wären. Weil nun der K \nig Abimelech erfahren / daß Esau sich zu Salem aufhielte / als hatte er sie mit hieher genommen / damit er selber dem Esau ihre unschuld darthun / und erweisen k \nte.

Nach diesem klaren bericht / finge des Esau alte liebe wieder an / sich zu erneuen. Und ob ihn gleich die schöne [605] Saradine sehr eingenommen hatte / so erwiese er dennoch der Judith soviel zeichen seiner liebe / daß gleich die Ada darüber zu eifern anfinge. Bald darauf kame Elon der Fürst der Heviter / und der Hethiter Beri / gen Salem / ůber dieser wiedervereinigung des Esau mit der Ada und Judith / sich mit zu erfreuen. Saradine / als des Esau vertraute freundin /erwiese hiebei auch / wegen seiner beruhigung / ihre zufriedenheit / und entdeckete ihm ihre liebe zu dem Fürsten von Caphtor / der schon vor langer zeit ihr aufgewartet; den sie auch lang als todt beweinet / und nun so unvermutlich wieder bekommen håtte. Er dorfte hierauf gegen ihr / von seiner zuneigung / ferner nichtes erwehnen: weil er die unmůglichkeit sahe /etwas zu hoffen. Und weil der edle Ahusath jederzeit sein grosser freund gewesen / als begnügte er sich mit dessen verlobter braut beständiger freundschaft / die er auch ganz vollkommen genosse.

Die eigentliche ursache aber / der ankunft des K \nigs der Philister nach Salem / ware diese / daß er die Cananitische K \nige mit in den bund ziehen wolte / den er mit den fr \mden v \lkern den Teutschen aufgerichtet hatte: deren K \nig / der Marsius / damals mit seinem heer aus Kithim zu Ascalon ware angekommen / und freien durchzug nach Assyrien hatte begehret / da er wider E. Maj. herr vattern den krieg anfinge. Der König von Gerar ware um soviel begieriger / dem Marsius dienste zu leisten: weil er nicht allein seinem bedrångten schwager / dem K \nig von Syrien / der nach Gerar geflohen war / hülfe versprochen; sondern auch mit der Eglone schwester / der Prinzessin Salamis / die sich der zeit auch zu Gerar aufhielte / sich verlobet hatte. Der K \nig Melchisedech / wie auch der K \nig von Hebron und Jericho /gingen diesen bund mit ein. Aber der K \nig [606] Beor / als schwager des K \nigs von Assyrien / wolte nicht einwilligen / und zoge den K \nig von Basan / der doch schwiegervatter des Marsius und Abimelech ware /neben den andern K \nigen jenseit des Jordans / auf die Assyrische seiten / also daß sie alle in gesamt den Teutschen den durchzug abschlugen.

Weil nun der König Abimelech dißfalls eine unglůckliche verrichtung hatte / als eilete er wieder nach haus zu dem Marsius und Aramenes / nachdem er zuvor das beilager der Saradine mit seinem bruder vollziehen lassen. Er wolte seinen wieder-erworbenen freund / den Esau / gern mit sich haben: dem er von neuem das Fůrstentum / zur aussteuer der Judith / geschenket. Aber die Saradine widerriete ihm diese reise / um des alten Isaacs seines vatters willen / welchen sie h \chst verehrete / und wolte nicht zulassen / daß er sich in diesen grossen krieg mit einmischete: aus beisorge / Isaacs ruhige wonung zu Bersaba wůrde dadurch gest \ret werden / wann dessen sohn wider den König Beor zu krieg dienete. Weil sie nun des Esau ganz mächtig war / als muste er / nach ihrem willen / gen Bersaba zu seinen eltern ziehen: da dann der Isaac an dem jungen Eliphas sich sonders ergetzete / und dessen vatter ihm also begegnete / daß seine liebe gegen ihm um ein grosses vermehret wurde.

Indeme wir also / da rund um uns her alles in vollen kriegsflammen stunde / zu Bersaba ruhig lebeten /vernamen wir / daß der König Marsius mit seinen v \lkern im anzug wåre / die K \nige ůber dem Jordan zu bekriegen. Des Beors ward hierbei / allein wegen der Könige von Salem und Hebron / verschonet: weswegen er seinen zug durch die wůsten Pharan anstellete. Weil Esau befahrete / sein Fůrstentum / das ihme der [607] Abimelech geschenket / m \chte noht leiden můssen / als bezogen wir dasselbe / und ward es hiemit von ihme erstlich in besitz genommen. Der König Marsius entfinge den Esau / als von welchen er viel l \blichs geh \rt hatte / mit bezeugung einer nicht-gemeinen hochachtung / und besahen wir dessen v \lker mit verwunderung: dann sie so frisch und munter zum kriegen sich erwiesen / daß der sieg gleichsam ihr begleiter seyn muste.

Es hatte aber / der K \nig der Amoriter / des Marsius ankunft zeitlich erfahren: demnach zoge er ihme mit einem gewaltigen heer entgegen / und ůberfiele des Esau Fůrstentum / ehe der K \nig Marsius sich dessen versahe. Weil nun damit der Esau angetrieben wurde / den Amoritern widerstand zu thun: als brachte er von seinen unterthanen in eile einen haufen zusammen / mit welchem er den feinden dapfer entgegen ginge / und ihnen eine grosse schlacht abgewonne. Und weil ihn hierdurch die Amoriter erbittert / als begabe er sich v \llig auf des Marsius seite / und setzete nicht von ihm ab / bis alle diese K \nigreiche / Moab /Basan / und der Amoriter gebirge / den Teutschen unterworfen wurden / welche kriege allhie weitläuftig zu erzehlen / E. Maj. m \gte zu verdrieslich fallen.

Es bliebe aber / unter diesen kriegszůgen / des Esau gemüte von der liebe nicht unangefochten. Dann die Teutsche Fůrstin Aurinia / welche des Marsius erster gemalin und des Prinzen Trebetes schwester war /hatte soviel kraft / den siegenden Esau mit seiner sch \nheit zu bezwingen / daß er \ffentlich seine liebe gegen ihr blicken liesse. Weil der König Marsius ihn sehr wehrt hielte / als sahe er diese zuneigung nicht ungern / und bef \rderte dieselbige nach aller m \glichkeit. Sie aber erwiese sich hierzu nicht so willig /dann sie heimlich den Prinzen Zipor [608] aus Moab liebete / dessen schwester / die Kezia / der Trebetes geheuratet hatte / die diese liebe anzufeuren sich eifrig beflisse. Weil aber der Zipor nunmehr seines Erbkönigreichs entsezt / und ein herr ohne land war / und daher die Teutsche Fürsten der Aurinia nimmermehr / ihn zu heuraten / wůrden zugelassen haben: als hielten sie ihre liebe ganz geheim / bis der Zipor die gelegenheit absahe / sie / mit ihrer einwilligung / zu entfüren /und sich mit ihr in das K \nigreich Elam begabe / dessen K \nig sie in seinen schutz aufgenommen.

Diese entfůrung / und die niederlage der Syrer und Teutschen / die der König Abimelech / um seinen bruder den Prinzen Ahusath aus der Assyrischen gefangenschaft zu erledigen / verlassen můssen / geschahe zu einer zeit / und wurde der K \nig Marsius hierüber so unwillig und betrübt / als der Esau: der aber den König von Gerar entschuldigte / und neben der K \nigin Salamis es dahin brachte / daß der erzůrnte Marsius unterliesse / sich an den Philistern dieserwegen zu rächen. Er hatte auch ohnedas mit den eroberten reichen soviel noch zu schaffen / und gegen die Assyrier sich in verfassung zu stellen / daß er hierzu aller seiner macht ben \tigt ware / und keinen neuen feind wider sich reitzen dorfte. Esau tratte hiermit auch /von den Teutschen / wieder ab: weil er sich schuldig erkante / dem König Abimelech / als von dem er so viele gutthaten entfangen / wider den K \nig von Ammon zu dienen; welcher mit dem Marsius im bund stunde / wie dann auch / von den Teutschen / seines landes war verschonet worden.

Er schiede aber mit gutem willen aus Basan hinweg / und reiseten wir ůber Bersaba / da wir uns wenig zeit aufgehalten / nach Gerar: welcher hof / durch unsere ankunft / in höchste freude gesetzet wurde. Dann[609] der K \nig Abimelech hatte sich der traurigkeit so sehr ergeben / daß er fast unkentlich ware / indem der verlust und erbärmliche tod seines schwagers des K \nigs Aramenes / den er / um seinen bruder vom tode zu erretten / verlassen müssen / woraus alles erfolgte unheil entstanden / sein gemůte ganz eingenommen hatte: da dann allein der Esau fåhig war / ihme einigen trost beizubringen; wiewol ihme selber / das unglück seiner freunde / ja so tief zu herzen ginge / und kunte er nie an den unvergleichlichen Aramenes ohne thrånen gedenken. Diesen kummer mehrete / daß dessen sohn / die einige ůbrige hoffnung von Syrien / seines alters im eilften jahr / zu Gaza / alda er mit dem jungen Prinzen Abimelech erzogen worden / gestorben war. So hatte auch der K \nig / diesen seinen sohn / nach Babel E. Maj herr vattern schicken müssen / zu geisel / daß er kůnftig wider ihn und das Assyrische haus nicht mehr kriegen wolte / welches alles seine bekůmmernis vermehrete.

Es lage ihm nun auch der krieg mit den Ammoniten auf dem halse: Esau bote sich gleich an / ihm hierinn zu dienen. Wir zogen nun / mit einem wolgerüsteten heer / dem feind entgegen / und erhielten einen trefflichen sieg: also daß sie nicht allein gänzlich aus der Philister land verjaget wurden / sondern auch das Fürstentum Theman verloren / welches wir ihnen abnamen / und mit reicher beute wieder nach Gerar kamen. Ob nun wol / durch unsere so glückliche waffen /ganz Ammon håtte sollen dem K \nig der Philister zu teil werden / so ward jedoch / durch vermittelung der K \nigin Eglone und Prinzessin Saradine / ein friede getroffen: da das Fůrstentum Theman / dem Abimelech verbliebe; Carchar aber / welches wir auch erobert hatten / dem K \nig Hanon wieder eingeraumet worden. Abimelech schenkete [610] dem Esau / zur vergeltung seiner treuen dienste / dieses land Theman: und weil er so grosmůtig war / daß er ihm einbildete / ich håtte bei diesem siege auch etwas hinzu gethan /muste ich das land Eglon von ihm annemen / das ich doch nicht verdienet hatte.

Die liebe des K \nigs gegen dem Fůrsten von Edom / (dann also ist nach seinem beinamen / das land / das ihme Abimelech geschenkt hatte / genennet worden /) name hierauf dermassen zu / daß er ihm nicht erlauben wolte / von ihm zu ziehen / sondern die Judith und Ada ohne sein wissen von Bersaba heimlich abholen liesse: um ihn desto gewisser in Gerar zu behalten. Diese beide Fůrstinnen waren fr \lich / daß sie einmal aus dem ihnen so verdrieslichen landleben erl \set wurden: alda sie sich gar übel mit der Rebecca vertragen / und ihr viel verdruß gemacht hatten. Aber der Fürst von Edom / wolte / dem weisen raht der Saradine folgend / die gnade seiner eltern nicht verscherzen / um den segen zu erlangen: dannenhero er \fters nach Bersaba reisete und seine eltern besuchete / da er dann viel klagen ůber seine beide gemalinnen anhören muste. Also hatte er an beiden orten genug zu thun /die gemüter zu befriedigen.

Es hatte die Ada ihren sohn / den Eliphas / in der zeit / da Esau sich in Basan aufgehalten / wider Isaacs willen / der ihn gern bei sich behalten wolte / von sich geschicket / und liesse ihn zu Ur in Chaldea erziehen: welches dann Isaac dem Esau klagete / und damit verursachete / daß er der Ada solches einsmals hart verwiese. Dieses name sie mit grossem verdruß auf / und ruckte dem Esau hinwiederum für / wie er die Judith mehr als sie liebete: da er ihr doch zugesaget / daß sie ståts die fürnemste in seiner liebe verbleiben solte. Diese ihre verdriesliche reden / die sie tåglich wiederholete / neben dem unaufh \rlichen [611] gezänke / das zwischen der Judith und ihr fůrginge / machte den Esau endlich so ungedultig / daß / wann Saradinen gegenwart ihn nicht wieder erfr \licht håtte / er solches unwesen nicht wůrde haben ausdauren können.

Weil aber die Ada / wegen dessen / daß sie die Judith weit mehr als sich geliebet sahe / auch derselben die oberstelle lassen muste / endlich in die h \chste ungedult geriehte: als wolte sie nicht långer zu Gerar verbleiben / sondern name ihr fůr / nach Sichem zu ihrem vatter zu reisen. Sie konte aber solches fůrnemen nicht so heimlich halten / daß es Saradine nicht håtte erfahren sollen. Diese / als hochvernůnftig / wol ermessend / was hieraus für eine schådliche weitlåuftigkeit entstehen könte / offenbarete es dem Esau /und gabe ihm darbei diesen raht: daß er / die Ada zu befriedigen / ihr und seinem sohn / dem Eliphas / das Fürstentum Theman schenken und sie dahin reisen lassen solte; wordurch ihr ehrgeitz gestillet / und sie /nach Sichem zu ziehen / abgehalten werden wůrde.

Der Esau / weil er hierdurch seine ruhe bef \rdern kunte / folgete gleich diesem einraht der Prinzessin von Caphtor: und nachdem er dem König sein vorhaben entdecket / reisete er allein mit der Ada nach Theman / ohne ihr zu sagen / was er im sinn hatte. Wie sie aber daselbst angekommen / er \ffnete er ihr sein vorhaben / daß er sie alda lassen wolte / und m \chte sie nach ihrem gefallen in diesem Fůrstentum schalten und walten. Ob nun zwar die Ada hieraus wenig liebe erkennen kunte / so wurde jedoch hierdurch ihr hochmut vergnüget: name sie also dieses anerbieten willigst an / und bliebe vergnügt zurücke / gleichwie auch Esau wol zufrieden nach Gerar wieder abreisete. Daselbst ward ihme von der [612] Judith / als sie nun allein war / keine unruhe mehr verursachet / und ware ihm darneben der Saradine gesellschaft so angenem / daß er nie vergnůgter / als damals / gelebet.

Es wolte aber der himmel / die gottseelige Prinzessin von Caphtor / der erden nicht länger g \nnen: massen sie / zu h \chster bekümmernis des ganzen hofes zu Gerar / und sonderlich ihres gemals des Ahusath und des Fůrstens von Edom / nach ausgestandener langwůriger krankheit / die welt gesegnete. Sie ersuchete zuvor ihren herrn / daß er ihre zwo hinterlassene t \chter zu ihren bruder nach Salem schicken wolte /daß sie alda erzogen wůrden. Sie hatte auch nicht unterlassen / den Esau nochmals zu ermanen / daß er ja in beståndiger liebkosung gegen den alten Isaac nicht ermüden wolte / als woraus ihm sein gröstes heil erwachsen würde. Esau / der diese Prinzessin in seinem herzen beståndig geliebet / und soviel zeichen ihrer gewogenheit genossen hatte / befande sich über diesen todesfall so beweget / daß er / sowol als der betrůbte Prinz Ahusath / von gråmnis erkrankete. Als nachgehends dieser Prinz genötiget wurde / in sein Fůrstentum Caphtor zu reisen / da sich eine emp \rung angesponnen hatte / leistete ihm der Esau gesellschaft / in begleitung seiner Judith / die ihn nicht verlassen wolte: da dann ihrer beider h \chste vergnůgung war /von der Saradine zu reden.

Wir brachten in diesem land viel zeit zu / weil er einen schweren krieg bekame mit den überbliebenen von den Riesen Caphtorim / worzu dann seine ståtige gegenwart erfordert wurde. Nachdem endlich / durch der riesen gånzliche vertilgung / das land in beståndige ruhe wieder gesetzet war / kamen wir zurůcke nach Gerar zu dem König Abimelech: der nach unserer wiederkunft [613] grosses verlangen getragen / weil er den Fůrsten von Edom bestimmet hatte / sein geworbenes heer dem K \nig Bel Ochus E. Maj. herr vattern zuzufůren / der diese hůlfe / wider den König Pharnus in Meden / von ihm begehrt hatte. Das andenken der schönen Barsine / der Königin von Meden / neuerte sich bei dieser gelegenheit in uns beiden: daher /wann Esau diesen feldzug dem König Abimelech verweigern / und ich dem Esau die begleitung håtte abschlagen k \nnen / wir die waffen wider die Meden nicht wůrden gefůret haben. Die Judith / welche ihr fůrgenommen / ihren gemal niemals zu verlassen /thåte mit uns diese weite und gefårliche reise. Es wurden auch ihre zwei brüder / der Elieser und Ephron /von dem Fürsten Beri ihren her vattern / dem Esau mitgegeben / sie in diesem kriege anzufůren.

Wir funden E. Maj. herr vattern / mit den Assyrischen völkern / bei Nazada stehen: da uns dieser grosse K \nig mit sonderbaren gnadbezeugungen entfinge. Weil Esau schon aus dem gerüchte bekant war /als thåte man ihm grosse ehre an: gleichwie er nachgehends in vielen begebenheiten erwiese / daß das gerůchte von ihme nichtes unwahres geredet håtte / und wurden Assisara / Zalace und Phanaspa / durch seine dapferkeit erobert. Der unglückhafte K \nig Pharnus /sich in äuserster noht befindend / versamlete alles sein heer bei Rages: um sein leztes heil zu versuchen / und den Assyriern eine feldschlacht zu liefern. Weil an dieser schlacht viel gelegen ware / als wurde / sich hierzu zu růsten / unserseits kein fleis ersparet.

Als / den tag vorher / an welchem diese feldschlacht geschehen solte / der Fürst von Edom mit mir und wenig dienern aus dem lager ritte / um unsere pferde zu versuchen / die wir bei morgigem treffen gebrauchen wolten: [614] sahen wir vor uns im thal / ein gefechte etlicher rittere / die wir / als wir ihnen näher kamen / meist für unsere feinde und Meden erkennten. Wir säumeten nicht lange / denen / die von diesen Medern geångstigt wurden / und die wir fůr reuter von den unsrigen ansahen / beizuspringen. Wir erblicketen / als wir ihnen ganz nahe waren / einen jůngling /der sich für allen andern wol hielte / und dessen majestätisches wesen aus allem seinem thun herfůr blickete: daher wir noch begieriger wurden / diesen unbekanten aus der lebensgefahr zu erretten. Dann er ware von allen seiten hart bedrånget / und håtte / ungeachtet seines und der seinigen dapfern widerstandes / für solcher månge unterligen můssen: wann wir nicht dem streit einen andern ausgang gemachet / und die Meden zu weichen gen \tiget håtten.

Der dapfere jüngling dankete uns hierauf mit grosser h \flichkeit / daß wir ihn also zu rechter zeit entsetzet håtten. Als wir nach seinem namen fragten /gabe der Bagastanes / der ehmals beim K \nig Abimelech kammerherr gewesen / sich uns zu erkennen: von deme wir erfuhren / daß dieser jůngling der Prinz Abimelech von Gerar wäre. Diese kentnis / da Esau seines K \nigs sohn / dieser Prinz aber den grossen Edom / unverhofft zu sehen bekame / verursachte beiderseits grosse freude: und gewonnen sie gleich eine sonderbare hochachtung gegeneinander / die nachgehens zu einer unzertrennlichen freundschaft erwachsen. Wie nun Esau ihn unter andern fragete / welchergestalt er in diese gefahr gerahten wåre? kame der Bagastanes / der sein hofmeister war / des Prinzen antwort zuvor / und sagte / mit etwas unwilligen gebården: Der Prinz wåre / wider den befehl des K \nigs von Assyrien / und ohne sein als hofmeisters vorwissen / heimlich von Babel hinweg gezogen / des [615] vorhabens / dem kriege beizuwonen; und ob er gleich / sobald er seine hinwegreise erfahren / ihme auf den fuß nachgefolget / håtte er ihn doch eher nicht erreichen k \nnen / als da er bereits in dieses gefårliche gefechte mit den Meden gerathen gewesen.

Bagastanes wandte sich damit zu dem Prinzen /ihme sein beginnen zu verweisen; der aber mit sonderbarer annemlichkeit den Esau ansahe / und sagete: Euch / dapferer held! wil ich zu meinem richter erwehlen / ob ich hieran unrecht gethan / und welches mir anståndiger sei / immer daheim zu bleiben / oder /meiner ankunft gemås / mannliche ůbungen zu suchen und zu lernen. Ihr habet / edeler Prinz! (antwortete Esau /) so vollkommen erwiesen / aus was geblůte ihr entsprossen / daß ich wider mein gewissen handelen wůrde / wann ich euer beginnen nicht lobete. Und ihr mein alter freund! (sagte er zu dem Bagastanes /) werdet dieses ja so wol / als ich / wann ihr nach eures herzens gedanken reden wollet / an dem Prinzen loben müssen. Bagastanes zoge hierauf die schultern / mit solcher gebårde anzeigend / daß er mit uns einer meinung wåre. Er dorfte aber dessen gegen dem Prinzen sich nicht merken lassen / weil der K \nig von Assyrien so scharf befolen hatte / daß Abimelech zu Babel verbleiben solte: aus der ursache / wie er heimlich uns eröffnete / damit die erhaltung dieses Prinzens den K \nig von Gerar / ståts auf seiner seite zu verbleiben / antreiben möchte / dessen er / wann ihme etwas widerfahren solte / daß er stůrbe / nicht mehr vergewissert seyn würde. Demnach bate er uns gar sehr / den Prinzen dahin ůberreden zu helfen / daß er mit ihm nach Babel wiederkehren möchte.

So wenig aber der Prinz hierzu zu bereden / so wenig angelegen ware es dem Esau / ihm deswegen zuzusprechen: [616] der es hingegen auf sich name / ihn derentwegen bei dem König zu entschuldigen. Wie er dann auch nachgehends thåte / und des grossen Bel Ochus gemůt also einzunemen wuste / daß er dem Prinzen von Gerar erlaubete / die ůbrige zeit des krieges bei uns zu verbleiben. Die freude dieses dapfern jungen herrns ware hierůber so groß / daß der Esau und ich nicht so grosse danksagung / fůr die rettung seines lebens / als für diese erlangte freiheit / von ihme entfingen. Weil nun im ganzen lager bald kund wurde / wie dapfer sich dieser Prinz wider die Meder gehalten / als begunte ihn jederman deswegen so hoch zu ehren / als sehr ihn fůrhin alle Assyrier / wegen seiner sonderbaren annemlichkeit / geliebet hatten. Weil der K \nig es zuliesse / gabe der Esau ihme tausend mann zu fůren / und unterwiese ihn mit allem fleiß in den kriegsůbungen: welcherwegen Abimelech den Fůrsten von Edom dermassen liebgewanne / daß er ihm seine vollkommene freundschaft zuwendete. Ich kan mich aber berümen / daß er mir nicht wenigere zeichen seiner gunst erwiesen. Dieser Prinz ist auch so wůrdig zu lieben / daß es der sch \nsten K \nigin der welt nicht zu verdenken stehet / daß sie ihm ihre huld geschenket.

Diese worte des Hanoch / trieben der K \nigin eine röte aus. Weil sie aber begierigst war / ein mehrers zu hören: als liesse sie solches unbeantwortet / um die erzehlung des Fůrsten nicht zu unterbrechen / welcher also zu reden fortfuhre.

Was fůr heldenthaten dieser junge Prinz nachgehends in diesem krieg erwiesen / davon redet noch jetzund ganz Assyrien. Weil / am nächstfolgenden tag nach seiner ankunft / die grosse schlacht fürginge / die dem König Pharnus das leben gekostet; als liesse er sich auch darbei [617] finden / und fochte ståts an des Esau seite: der dann nichts ihme zu untersagen funde / als nur dieses / daß er nicht gar zu kůhn sich verwagen m \chte. Es hatte aber Esau / so zu sagen / das unglückselige glück / daß der Pharnus / der sich mit ihm in einen besondern kampf eingelassen / von ihme in diesem treffen den tod entfinge. Der sieg fiele damit auf die Assyrische seite / und die Meder / als sie ihren König todt sahen / gaben alsobald die flucht / und begaben sich in Rages / da die unglůckselige K \nigin Barsine sich aufhielte: welche / ihres herrn tod bis zum lezten odem zu råchen / und das Königreich fůr ihre tochter Delbora zu behaubten / ihr fürname.

So erfreut die Assyrier ůber diesen sieg waren / so bekůmmert erzeigte sich Esau / daß er / durch erlegung ihres gemals / die sch \ne Barsine also betrůben müssen. Ich meines teils beklagete zwar nicht minder den unmut dieser K \nigin: doch wachete zugleich mein ehmaliges liebesfeuer wieder auf / und machte ich mir nun wieder einige hoffnung / da doch vernunftmåsig wenig zu hoffen war. Wir gingen gleich fůr Rages: weil es aber ein gar fåster ort / auch wol besetzet / als machte uns diese belågerung viel zu schaffen; sonderlich weil der feind immer ausfiele /weswegen wir nacht und tag munter und wach seyn musten. Einsmals / wie ich eben in der Judith gezelt mich befunde / und es bereits nacht war / fielen sie an vier orten zugleich ins lager: da wir dann / weil die unsrigen nicht zum fleissigsten wacht gehalten / in grosse verwirrung gerieten; massen ich den feind bei mir im gezelt sahe / ehe ich das geringste davon erfahren hatte. Mein einiger widerstand war zu gering / die Judith zu schůtzen: und muste ich selber / der månge weichend / ihr gefangener werden.

Auf solche weise kame ich mit der Judith in Rages / [618] und brachte man uns gleich für die Königin / deren sch \nheit ich nach so langer zeit nichtes verändert befunde. Als sie mich fůr den jenigen erkante / der sie ehmals in Armenien gefangen bekommen / und auf ihr begehren sie ihrem herrn nach Dartha überbracht hatte / sagte sie zu mir: Ach Fürst von Midian! seit ihr nun auch von meinen feinden / und habet mir das so grausamlich rauben helfen / das mir das liebste auf der welt gewesen? Hiermit verwehreten ihr die häufige thränen / fortzureden / und wuste ich nicht / was ich dieser hochbekůmmerten K \nigin antworten solte / da einer von ihren bedienten zu ihr sagete: Die g \tter schicken E. Maj. gute gelegenheit / den tod ihres K \niglichen gemals an diesen gefangenen zu rächen /da sie des grausamen Fůrsten von Edom gemalin und seinen båsten freund in ihren hånden haben. Des Pharnus blut / fordert dieser beider tod / und wird Esau / was er unserem K \nig angethan / billig an den seinigen wieder erleiden müssen. Die Königin liesse uns / sonder hierauf zu antworten / in die verordnete gefångnise fůren.

Wie aber die nacht angebrochen ware / kam einer von der K \nigin kåmmerern zu mir / und holete mich ab / mit bericht / daß die Barzine mich sprechen wolte. Ich fande sie allein in ihrem zimmer / und h \rte sie also zu mir sagen: Ihr můsset es eurem widrigen verhängnis / und nicht meiner unerkentlichkeit / zuschreiben / daß ich euch fůr meinen leuten nicht \ffentlich schůtzen kan. Gleichwol / zu vergeltung dessen / was ihr ehmals mir gutes erwiesen / so nemet hiermit eure freiheit von mir heimlich an / und folget diesem meinem kämmerer / welcher befehl hat euch durch einen verborgenen gang aus der stadt zu bringen. Ich fiele ihr hierauf zu füssen / und gabe ihr zu verstehen / wiedaß ich diese gegebene freiheit [619] nicht von ihr annemen / sondern lieber sterben / als ferner wider sie die waffen fůren wolte. Weil mich meine liebe also reden machete / als geriete ich damit ganz aus mir selber / und brachte noch viele reden fůr / die sie / wann sie solche recht hätte vernemen wollen /wol würde nach meinem zweck haben ausdeuten können.

Weil sie gleichwol soviel von mir vernommen /daß ich mehr ihr zu dienen / als frei zu werden / verlangete / gabe sie mir zu verstehen: wiedaß / wann ich das / was ich redete / im werk erweisen wolte / ich ihr den gr \sten dienst von der welt zu leisten gelegenheit håtte. Als ich sie hierauf begierig fragte / was es wäre / das mich so glückselig machen k \nte? sagte sie: Ihr můsset mir des Esau haubt liefern / der allein / und nicht ihr / mich bis auf den tod hat beleidiget. Dieser grausame befehl / der mir auch unmüglich zu vollbringen war / sezte mich in die gr \ste marter / also daß ich nicht zu antworten wuste. Als sie nun merkete / daß ich ihr hierinn ungehorsam seyn wůrde / sagte sie: Wolan / Fürst Hanoch! ihr sehet / daß es an mir nicht manglet / einige dienste von euch zu entfangen. Eilet demnach von hinnen / und kehret wieder nach dem lager der Assyrer / um ferner meinen v \lligen untergang bef \rdern zu helfen. Ich sagte / als ich mich etwas erholete: Wann E. Maj. mir geb \ten / gleich auf dieser stelle mein leben in ihren diensten zu lassen /wolte ich mich dessen keinen augenblick weigern. Nun aber des Fůrsten von Edom haubt von mir begehret wird / kan ich / ohne verletzung meiner ehre /nicht einwilligen. Ich wil aber für ihn willigst sterben / und das blut des glücklich-geliebten Pharnus mit dem meinigen auss \nen.

Diese lezte worte sagte ich mit solcher gemütsbewegung / daß die K \nigin daraus meine liebe erkante. [620] Weil sie aber / nach des Pharnus tode / keiner zuneigung mehr fähig / und gleichwol so gůtig war / daß sie / wegen dieser frechheit / ihren vollkommenen haß nicht gegen mir auslassen wolte: als begnügte sie sich damit / mir ihre gegenwart zu entziehen. Sie gienge von mir / ehe ich mich dessen versahe / dem kåmmerer nochmals anbefehlend / mich aus der stadt zu bringen.

Wie ich mich nun in diesem zustand sahe / gedachte ich an die Judith: die ich / als meines liebsten freundes gemalin / nicht gern zurůck lassen wolte. Aber ein gåhes grosses geschrei / brachte mich aus diesen gedanken / welches im innern schloßhof entstunde. Die ursach ware / daß der Esau mit den unsrigen sturm gelaufen / und die mauer erstiegen hatte. Es wiche hierauf alles seinem grausamen schwerte: welches um soviel mehr wůtete / weil die erinnerung unser beider gefångnis ihn halbrasend machete. Kurz! seine dapferkeit machete / daß E. Maj. herr vatter sich herr von Rages sahe. Nachdem Esau seine Judith befreiet / war seine gr \ste sorge um die K \nigin: die aber sich nirgend finden liesse. Wie mir bei allen diesen dingen zu muht war / ist leichtlich zu ermessen: und genosse ich meiner freiheit mit so weniger ruhe /daß mir meine bande weit ertråglicher gewesen. Als ich folgends dem Esau meine begebenheit erzehlet /wachete auch in ihme sein altes liebesfeuer gegen der Barsine wieder auf / also daß er nach ihr ja so åmsig /als ich / sich erkundigte.

Etliche tage waren mit dieser unserer unruhe verstrichen / als ich in einer nacht / weil meine kammer nahe bei des Esau seiner ware / ein geråusche vername / und ihn um hůlfe ruffen h \rete / weil man ihn ermorden wolte. Ich sprange gleich aus meinem bette /und eiligst mein schwert ergreifend / lieffe ich in seine kammer: da ich ihn [621] in den armen eines mannes verwundet fande / welchen er mit beiden armen hielte /daß er ihn nicht vollends umbråchte. Ich stiesse diesem m \rder alsobald mein schwert durch den leib: worauf er gleich von dem Esau abliesse / und sterbend zur erden sanke. Ich name begierig das liecht /zu sehen / wer so kůhn seyn d \rfen / solchermassen den Esau zu ůberfallen. Ich fande (ach Gott! wie angst wird mir / wann ich hieran gedenke!) die unglůckselige Barsine / die ihre sterbende augen nach mir aufschluge / und mich erkennend sagte: Habet dank / Hanoch / daß ihr mir diesen liebesdienst erwiesen! ihr verhelfet mir hierdurch / zu meinem gemal wieder zu kommen. Und du edeler Pharnus! nim meinen guten willen an / den ich gehabt / deinen mörder hinzurichten! Hiemit liesse sie die augen wieder zufallen / und schiene den geist aufzugeben.

Ich kan nicht beschreiben / was ich hierbei für angst erlitten: da auch der verwundete Esau / vor betrůbnis / ganz bestůrzet bliebe. Mein klågliches wesen / das ich gefůret / machete die sterbende Barsine noch einmal die augen aufschlagen; und als sie mich lang angesehen / sagte sie endlich zu mir mit lallender stimme: Wann ihr / als ihr jezt erweiset / der Barsine hold seit / so nemet euch ihrer verlassenen tochter an /die in der Rhea tempel sich verborgen aufhålt; fůret sie aus ihrem unseligen vatterlande / und bringet sie zu dem Fürsten Nebajoth eurem vettern. Wie ich ihr nun dieses versprochen / und darneben nochmals bezeuget / wie unglůckselig ich mich schåtzete / eine ursach ihres todes zu seyn / da ich allein ihr zu dienen leben wollen / sagte sie ferner: Betrůbet euch nicht hierum / daß ihr unschuldig meinen tod befördert. Ihr schaffet damit / daß ich dem Pharnus nicht treubrůchig werde. Ich hätte euch im leben nie sagen dörfen /[622] [623] wessen ich euch jezt im tode versichere / daß ich nämlich eure liebe wol erkant / und daß es mir würde schwer gefallen seyn / euch zu hassen. Hiemit ginge ihr die seele aus / und diese lezte versicherung ihrer huld machte mein leiden noch grösser: dann ich nun noch mehr durch ihren tod verlore / weil mich ihr leben håtte glůckhaft machen k \nnen. Ich wil aber von dieser betrůbten geschicht ablassen / und nur noch dieses sagen / daß folgenden tags die grosmůtige that der K \nigin überall erschollen: und erfuhren wir /daß sie / um ihr vorhaben werkstellig zu machen /sich als einen soldaten verkleidet / und etliche nåchte vor des Esau gemach zur wacht gestanden / um die andere sicher zu machen.

Als dieser handel vor E. Maj. herr vattern kame /ward von ihm eines teils diese der K \nigin von Meden erwiesene liebe gegen ihren gemal gelobet /anderseits ihr elender tod betrauret. Ich hielte aber das heimlich / was mir Barsine wegen der Prinzessin /ihrer tochter / anbefohlen / und begabe mich / sobald ich nur konte / nach der Rhea tempel. Als ich / den priestern / den befehl der K \nigin entdecket / fůreten sie mich zu dieser Prinzessin: die ich dann so sch \n als ihre mutter fande. Sie wurde aber onmåchtig / als sie mich ersahe / weil ihr nicht unwissend ware / wer ihrer fraumutter mörder gewesen. Ich vermochte kaum / für schmerzen / ihren bei sich habenden frauen / der Barsine lezten befehl zu eröffnen: die dann alle zu dieser reise sich willig finden liessen. Ich ginge bald wieder von ihnen / damit ich sie in mehrere freiheit setzen m \chte / ihrer Prinzessin in der zugestossenen schwachheit beizuspringen. Ich erwartete aber im tempel ihrer entschliessung / die eine ihrer frauen mir brachte / daß sie nåmlich mit mir hinweg reisen wolte: ich möchte aber ihrem schmerzen vergeben /daß sie mich / [624] ob ich gleich an dem begangenen mord unschuldig wåre / nicht sprechen k \nte. Ich hielte in meinem herzen dieses begehren der Delbora fůr so billig / daß ich nichtes darwider redte. Wie nun alles zu dieser betrůbten reise angestellet war / und ich einen vorwand erdacht hatte / nach dem K \nigreich Chus zu reisen: brachte ich die Prinzessin glücklich aus Rages und folgends aus Meden hinweg. Weil ich aber E. Maj. des Esau leben erzehle / und schon zu lang in deme / was mich angehet / mich habe aufgehalten: als wil ich mich nach Rages wieder wenden /und berichten / wie es alda ferner zugegangen.

Die wunde des Fürstens von Edom / machte ihn mit beschwernis lange zeit des bettes hůten. Wie er aber endlich davon v \llig genesen / und nun ganz Meden unter das Assyrische joch gekommen war /wolte ihn der K \nig / zur vergeltung seiner treuen dienste / zum statthalter ůber Meden machen: er aber schluge dieses ab / weil er von seinen eltern nicht-be ståndig abseyn wolte / indem der Saradine unterricht noch immer in seinem sinn schwebete / daß er die kůnftige besitzung des landes Canaan nicht verscherzen wolte. Wie er deswegen mit den Philistern seinen abschied von dem K \nig name / bezeugete der / vor allem volk / eine sonderbare hochachtung seiner person. Der Prinz Abimelech sahe mit solcher betrůbnis ihn abreisen / daß er fast nicht zu tr \sten war: wie dann er hingegen diesen Prinzen mit so ungemeiner neigung liebete / weil er in ihm vier ihm-liebe Personen erkante / daß er nachgehends ståts von ihm redte /und an ihn gedachte. Diese vier personen aber / mit denen er den Abimelech vergliche / waren / der K \nig Aramenes von Syrien / deme er von wesen sehr änlich ware; die Philistina seines vatters schwester / [625] deren augen er hatte; der König Abimelech von Gerar / sein vatter / dessen gleicher sohn er war; und die Eglone seine fraumutter / deren tugend er geerbet hatte.

Als nun Esau seine v \lker wieder nach Gerar gebracht / erfreuete er den ganzen hof mit seiner ankunft / und mit der zeitung von dem jungen Abimelech: dessen dapferes wolverhalten er also heraus striche / daß alle Fůrsten der Philister / sonderlich aber der K \nig /begierig wurden / ihren Prinzen dermaleins wieder im lande zu haben. Es dorfte aber der K \nig solches noch nicht begehren / weil er dem Bel Ochus versprechen müssen / fünfzehen jahre den Prinzen zu Babel zu lassen / welche zeit noch nicht verflossen war. Ich kame bald hernach aus Arabien auch wieder nach Gerar / als ich die Prinzessin Delbora von Meden bei dem Nebajoth / dem sohn des Fůrsten Ismael / gelassen hatte. Ich ware aber so betrůbt / von gemůte veråndert und abgemattet daß mich allein die freundschaft des Esau / unter leute zu kommen / n \tigen kunte. Wie nun meine tiefe traurigkeit von tag zu tag überhand name / begabe ich mich nach Eglon / welches mir der K \nig geschenket: da ich / in ståtigem andenken der Barzine / meine zeit bis jetzo zugebracht habe. Esau / der meine gesellschaft ungern verliesse / weil wir die meiste zeit unsers lebens beisammen gewesen waren / name nach diesem auch eine ganz andere weise zu leben an / indem er / der Saradine leztem befehl zu gehorchen / meist zu Bersaba bei seinen eltern sich aufhielte / und die weise auf dem land gewonete / die ihme sonst jederzeit zuwider gewesen. Er verliesse aber doch dieserwegen den hof nicht / sondern kame oft nach Gerar: dann der K \nig konte seiner wenig entbåren / und liebte ihn ůber alle andere seine freunde.

Es verstrichen etliche jahre / in welchen Esau bald zu [626] Gerar / bald bei mir zu Eglon / bald zu Theman bei der Ada / oder in Edom / oder bei seinen eltern / sich aufhielte. In fåster hoffnung / den våtterlichen segen zu erlangen / ginge er seinem vatter in dessen hohem alter fleissig zur hand / und vergasse nicht / wann er zu Bersaba war / dem Isaac von seinem weidwerk ståts eine ihm angeneme speise zu verschaffen: der dann auch gesonnen war / ihme / als dem ältsten sohn / den segen zu ertheilen. Es kan aber E. Maj. nicht unbekant seyn / welcher gestalt der Jacob dem Esau eben auch den segen / wie ehmals die erstgeburt /durch ein essen entzogen. Ich weiß dieses allbereit /(unterredte allhier die K \nigin /) und wie der Fůrst von Edom dieserwegen so ungedultig über seinen brudern worden / daß er ihm den tod geschworen: welcher auch deswegen nach Mesopotamien / da er sich noch jetzund aufhålt / entreisen můssen. Es ist deme also / (fuhre Hanoch fort /) und konten viele den Esau nicht verdenken / daß dieses ihn schmerzete: dann es ein gar zu grosser verlust war. Doch lieffe er darum anfangs nicht nach / seinem vatter / wie er nun gewonet / aufzuwarten: weil er vermeinete / es wůrde noch ein segen fůr ihne ůbrig seyn / der ja so gültig / als der segen seines bruders wåre. Er liesse auch die Judith in das Fürstentum Edom sich verwandeln / weil sie der Rebecca zuwider war: um dadurch seiner mutter gunst auch wieder zu erlangen.

Weil er geh \ret / daß Jacob von seinem vatter hatte befehl bekommen / nicht von den t \chtern Canaan /sondern von seiner mutter verwandten / ihm ein weib zu nemen: dachte er damit des Isaacs gunst auch auf sich zu bringen / wann er in seine våtterliche freundschaft heuratete. Ich hatte ihm gesagt / daß des Ismaels jüngste tochter / die Mahalaath / noch unbefreiet wåre: die [627] dann / weil sie des landlebens gewonet /båsser / als die Ada und Judith / der Rebecca wůrde zur hand gehen k \nnen. Deswegen nun sprache er mich mit auf / diese reise nach dem Fůrstentum Nebajoth mit ihme zu thun. Weil wir unsern weg über das gebirg Seir namen / besucheten wir den Fůrsten Lothan / unsern alten bekanten zu Denhaba / bei deme sich die sch \ne Timna aufhielte / deren namensfest wir vordessen zu Dedan mit gefeiret hatten. Diese Timna / (fiele hier die Königin dem Hanoch in die rede /) ist eine von meinen båsten bekantinnen / und weiß ich von ihr alles / was sich zu Denhaba zwischen ihr und dem Esau begeben / und wie sie sich durch dessen sohn / den Eliphas / heimlich vom gebirge Seir entfůren lassen / weil ihr bruder sie zwingen wolte / den Esau zu nemen. Aber dieses ist mir noch unbekant / wie er sie lieb gewinnen k \nnen / da er wegen der Mahalaath ausgezogen war. Und solches /erwarte ich mit verlangen / von euch zu vernemen.

Der Fůrst Lothan / (sagte Hanoch /) der / wie ich gesagt / einer von des Esau vertrautesten und ältesten freunden war / erfuhre bald von uns / was den Fürsten von Edom / nach dem lande Nebajoth zu reisen / antriebe: offenbarte ihm derhalben / wiedaß die Mahalaath bereits an den Aran verlobt wåre / der des Lothans seines halb-bruders sohn war / und damals zu Salem sich aufhielte. Weil nun hierdurch des Esau fůrnemen rückgångig wurde / auch Lothan die Timna keinem lieber als dem Esau g \nnete / konte er sie demselben leichtlich einschwatzen: zumal der Timna sch \nheit ohnedas so vollkommen war / daß dieser Fůrst sich unschwer einnemen und gewinnen liesse. Weil aber E. Maj. alles von dieser Fůrstin erfahren haben / was mit ihr ist fürgegangen: als wil ich fortschreiten / und allein erzehlen / [628] was ferner erfolget. Der Timna flucht mit den Eliphas verdrosse nicht allein den Lothan und Esau / (welchen am meisten verh \nete / daß ihn sein eigener sohn ausgestochen /) sondern auch alle Fůrsten von Seir. Insonderheit liesse der Fůrst von Dedan / der Ana / ihme solches sehr zu herzen gehen: welcher / als der regirende Fůrst /diesen schimpf zu rächen / nicht eher ruhen wolte / er håtte dann den jungfrau-rauber wieder eingeholet. Wir bekamen die nachricht / daß sie nach Arabien ihren weg genommen håtten. Demnach reisete Lothan mit uns dahin / und kamen wir / nach vielen tagreisen / in das Fůrstentum Nebajoth / und zwar auf ein landgut /welches diesem Fürsten zuståndig war.

Der sohn des regirenden Fůrstens Nebajoth / gleiches namens / hatte solches haus innen / und ware eben / mit seines vatters schwester der Mahalaath /und mit dem Fürsten Aran ihrem verlobten bråutgam /auch noch etlichen andern von den Seirischen Fůrsten / auf der jagt: daher sie mit spatem abend innkamen /und uns fürfunden. Der Fůrst / so mich kennete / weil ich seinem herr vattern die Prinzessin Delbora zugefüret / (die sich mit ihm verlobt / aber durch des Königs von Chus sohn / dem Eridanus / ihm war entfůret und geheuratet worden /) erwiese grosse freude / mich wieder zu sehen / soviel ihm seine ståts anhaltende traurigkeit / wegen seiner Prinzessin verlust / zulassen wolte: wie dann auch Esau von ihnen allerseits wol entfangen worden. Weil das frauenzimmer vom jagen ermůdet / als bekamen wir deren keine zu sehen. Es wurde stark gezechet / und endlich der Esau in eine dazu verordnete kammer eingewiesen / allwo er schlaffen solte. Ich aber / wiewol ich sonst allemal mit ihm ein zimmer zu haben pflegte / ginge diese nacht nicht ordentlich zu bette: weil der junge [629] Fürst Nebajoth mich fast die ganze nacht von seiner Prinzessin unterhielte / und mir weitlåuftig erzehlete / wie es mit deren entfůrung zugegangen.

Wie nun Esau im ersten schlaff lage / erweckte ihn unvermutlich eine person / die sich zu ihm ins bette legte / und mit zarter stimme ihn also anredete: Ich muß mich nåher zu dir legen / Mehetabeel / weil mich frieret. Wie sie nun das gethan / sagte sie ferner: Was hatte ich zu schaffen / ehe ich diese kammer finden kunte! dann der wind wir das liecht auswehete / wie ich über den gang hieher gehen wolte. Diese worte gaben dem Esau gnug zu erkennen / daß sich diese person verirret / und vielleicht in die nebenkammer /da frauenzimmer innen gelegen / gehen wollen. Er wuste nicht / wie er dieses unvermutete gluck aufnemen solte: laurete derhalben in der stille / indem sie noch viel dings mit ihme / als mit der Mehetabeel / redete. Endlich aber / wie sie keine antwort bekame /wandte sie sich auf die andere seite / und schlieffe bald darauf ein. Diese abenteur sezte den Esau in volle unruh / bis gegen dem morgen der mond anfinge zu scheinen: da er den fůrhang aufhube / um die jenige zu sehen / die bei ihme lage.

Ihre schönheit zeigte sich ihme / auch bei so dunklem scheine / so vollkommen / daß der erste anblick ihn gleich entzůndete: und konte er sich nicht enthalten / ihren schönen mund zu küssen. Er verursachte aber damit / daß sie aufwachete: da sie dann / einen mann bei ihr spůrend / sich heftig entsetzete / und mit gewalt sich von ihm entledigen wolte. Esau bemůhete sich / so gut er konte / sie zufrieden zu sprechen: sie aber / endlich erst recht erkennend / in was arme sie gerahten / schrye ůberlaut um hůlfe. Ob er sie nun gleich versicherte / daß ihr kein leid bei ihm widerfahren solte / so erweckte sie doch / mit ihrem [630] anhaltendem geschrei / alle leute im haus: da dann der Aran /mit den anderen Seirischen Fůrsten / so in den nåchsten kammern schlieffen / herzu gelaufen kamen. Indem sie nun die thůr \ffneten / war eben diese sch \ne aus dem bette gesprungen / und Esau hatte auch einen mantel um sich geworfen. Als sie aber / so viele mannsleute ersehend / sehr beschämet wurde /warf ihr Esau ihren rock zu / den er auf einem schåmel ligen fande / und ginge dem Aran entgegen / zu ihme sagend: Er m \chte / neben den andern / sich aus der kammer begeben / damit diese sch \ne kein ferner ungemach von ihnen erlitte. Aran aber / der sie gleich vor die Fürstin Mahalaath / seine versprochene braut /erkante / ward so verwirrt / sie dergestalt bei dem Esau zu finden / daß er nicht wuste / wie ihme geschahe. Finde ich (sagte er ganz spöttisch /) die tugendhafte Mahalaath in solcher gesellschaft? und erweiset / der Fürst von Edom / so ein ehrliches freundstůck ihren anverwandten?

Esau / der nicht allein hiermit seiner basen namen erfuhre / sondern auch seine ehre angetastet sahe /konte von dem Aran diese bezůchtigung nicht erdulten / noch auch ihme gönnen / daß er die Mahalaath länger in solchem zustand betrachtete; stiesse ihn derhalben mit aller gewalt zur thůr hinaus / ginge folgends auch aus der kammer / und schlosse die thůr zu/dem Aran sagende: Ich habe noch nie hören d \rfen /was du mir jetzund hast fürgerůcket. Damit zuckte er dem jungen Ebal / der des Arans naher vetter war /sein schwerd von der seite / ehe der sich dessen versahe / und nötigte den Aran / zur gegenwehr zu greifen. Dieses gefechte wårete aber nicht lange: weil ihr gepolter alles gesinde im haus aufweckete / auch den Lothan / Nebajoth und mich dahin brachte. Nebajoth /als wirt im hause / scheidete sie gleich [631] voneinander /und ja so verwundert / sie also anzutreffen / als begierig / ihres streites ursach zu wissen / beredte er den Esau / sich wieder in seine kammer zu begeben / inzwischen Lothan auch den Aran in die seinige brachte. Esau / so die Mahalaath noch in der kammer zu seyn wuste / wolte lang nicht aufmachen; endlich aber muste er es geschehen lassen / und sagte er zu dem Nebajoth / als er mit uns hinein trate: Er d \rfte sich nicht verwundern / seine mume alda zu finden / weil eine gar fr \mde begebenheit sie zu ihm gebracht håtte.

Nebajoth / ja so bestůrzt / als Mahalaath beschåmet / wuste nicht / wie er dieses beantworten solte. Indem er aber bald den Esau / bald seine mume / ansahe / wischete sie hinter uns hinweg / und liesse uns dreie allein in der kammer. Ich verspůre / (sagte Esau zu dem Nebajoth /) daß ihr ungleiche gedanken von eurer mumen und mir habet. Ich kan mit Gott bezeugen / daß nichts unehrliches vorgegangen / und habe ich / in den tagen meines lebens / noch wol soviel an sehen in der welt erlanget / daß ich hoffe / ein tugendsamer mensch werde meinen worten glauben beimessen. Nebajoth / der zwar diesen versicherungen noch nicht recht trauete / wolte gleichwol / wegen der ehrerbietung / so er dem Esau erwiese / nichtes darwider sagen / sondern seufzete allein / und konte nicht glåuben / daß es hiermit recht zugegangen wåre. Als aber Esau ferner / ihme und mir / alle umstånde erzehlet /soviel er davon wuste / ůberredte er ihn endlich / daß er ihn fůr unschuldig hielte. Aber die Mahalaath konte er nicht aus dem verdacht lassen / als hätte sie sich mit wissen zu ihme geleget: wiewol ihme der Esau das gegenteil / mit widerholung ihrer worte / die sie zu ihm als zu der Mehetabeel gesprochen / genugsam[632] erwiesen. Also verharrete er in seinem argwahn / liesse aber doch äuserlich sich dessen nicht merken.

Nebajoth bemůhete sich hierauf / den Aran mit dem Esau wieder auszus \nen / der aber hierzu gar nicht zu bewegen war: massen er von natur diesen Fůrsten nicht leiden kunte / weil er gar kein Fürstliches gemůt hatte. Deswegen bate er den Nebajoth / zu verhüten /daß sie einander nicht sehen m \chten / wann er wolte / daß Friede in seinem hause verbliebe. Nebajoth ginge damit / ganz unruhig und verwirret / zu dem Aran: der auf seine braut inzwischen noch ungehaltener worden war / und so verwegen seyn dorfte / dem Nebajoth in die augen zu sagen: Er håtte die Mahalaath / nicht allein beim Esau im bette / sondern auch in solcher gestalt gefunden / daß er ihrer nicht mehr begehrete. Nebajoth / solches glåubend / wurde auf seine mume dermassen erbittert / daß er in der tollen wut hinginge / die seiner einbildung nach leichtfertige Mahalaath abzustraffen. Diese unschuldige Fürstin / befand sich bei der Mehetabeel: deren sie mit heissen thrånen ihr unglůck klagete / und aus schamhaftigkeit weder den Esau noch uns andere mehr sehen / sondern heimlich nach Petra zu ihren bruder ziehen wolte. Unter solchem gespråche / kam der ergrimmte vetter zu ihr hinein / und redte sie also an: So habt ihr / leichtsinnige! unserem ganzen hause solchen schimpf anzulegen / euch nicht scheuen wollen. Solches redend / entbl \ste er den degen / sie zu ermorden: da aber Mahalaath ihme zur thůr hinaus entsprange / und selbige hinter ihr zuschmisse.

Indem sie also auf einen langen saal / mehr todt als lebendig / forteilete / kamen eben der Esau und ich ihr entgegen: da sie dann ihm in die arme liefe / mit sehnlicher bitte / ihr das leben zu retten. Indem er ihr antworten [633] wolte / ware der Nebajoth so nahe / daß er /um sie zu schützen / mit dem degen vor sie springen muste / und solchergestalt ihn aufhaltend / ihr frist gabe / ihme zu entkommen. Nebajoth war von zorn so aus sich selber / daß er ganz ungestümm auf den Esau los ginge: und håtten sie etwan einander aufgerieben /wann ich nicht wäre dabei gewesen / und mein m \glichstes gethan håtte / sie voneinander zu bringen. Es hatte ihm aber Nebajoth selber in des Esau schwerd eine so gefärliche wunde gelaufen / daß er von dem wundarzte muste darnach sehen lassen / welcher seinen zustand zimlich schlecht befande: daher alles im ganzen haus in grosse unordnung geriete. Jederman sahe den Esau an / als den jenigen / der ihren Fůrsten beschådigt / und ihre Fůrstin zu fall gebracht håtte. Der Aran zoge voll unmuts mit den andern Seirischen Fürsten hinweg / und begabe sich wieder nach Salem an K \nigs Melchisedechs hof / von dar er / seine braut zu besuchen / gekommen war: des fürhabens /nimmer an die Mahalaath zu gedenken / auch an ihr und dem Fůrsten von Edom bei allen begebenheiten sich zu råchen.

Esau aber / der nun in die Mahalaath ganz verliebet war / wolte seinen ersten fůrsatz / sie zu ehlichen /werkstellig machen / und sie in dieser betrübnis nicht verlassen. Daher / als Lothan ihn antriebe / von dar hinweg nach Saba zu reisen / dahin der Eliphas / wie man fůr gewiß sagete / die Timna seine braut entfůret håtte / antwortete er ihme / mit etwas ungedult: Ich halte diese Timna nicht mehr fůr meine braut / und sehe keine ursach / mich ferner nach ihr zu bemůhen. Ich wil auch den Nebajoth nicht eher verlassen / bis ich ihm die b \se einbildung von seiner tugendhaften mumen benommen / und erwarten / wie es mit ihm ablaufen wird. Diese [634] worte machten den Lothan sehr unlustig / weil er ihm ståts eingebildet hatte / daß der Esau die Timna noch heuraten wůrde: welches auch alle Seirische Fůrsten verlanget / weil sie das absehen hatten / dadurch einen fus in sein land zu setzen / welches ihnen wegen der nachbarschaft sehr wol gelegen war. Dannenhero wurden zwischen ihnen beiden gar harte worte gewechselt / welche ihre alte freundschaft sehr baufållig macheten: und schmertzete dieses den Lothan zum meisten / daß er den Esau in die Mahalaath verliebt spürete / weil solche verbůndnis ihnen auf dem gebirge nicht zu statten kommen konte.

Wie nun Lothan voll unmuts hinweg geschieden /blieben wir bei dem Nebajoth / und suchete Esau allerhand mittel / sowol ihme den zorn und b \se meinung gegen seiner mumen zu benemen / als auch mit ihr sich etwas mehr bekant zu machen. Er bekame endlich gelegenheit / die Mahalaath allein zu sprechen / die bisher in betrübter einsamkeit ihre zeit zugebracht hatte. Und wiewol / aus scham / in erinnerung /wie Esau sie gesehen / dieser unterredung gern wåre überhoben gewesen: so konte sie doch sich ihme nicht entziehen / sondern muste dißmal stand halten. Sie h \rte sich mit diesen worten angeredet: Ich weiß nicht /schöne Mahalaath! ob ich nicht mehr dem glůcke danken / als über dasselbe mich zu beschweren / ursach habe / wann ich die seltzame begebenheit bedenke / die es uns beiden zugeschicket. Dann fůr alle die ungelegenheiten / so daraus entstanden / hat es dennoch die verhinterung gebracht / daß der nichtswerte Aran das nicht erlanget / wessen er so unwůrdig ist. Wann mein vetter (antwortete sie /) mein elend / so mir hieraus zugekommen / recht beherzigen wil / weiß ich gewiß / er wird mich aus grosmut beklagen helfen. Dann / [635] wann ich gleich dahin gestellet seyn lasse / ob ich in des Arans verlust mehr gewinne / als verscherze: so ist doch am tag / daß ich durch dieses unglück aller welt bin ein spott geworden / und ist nichts übrig / als der tod / der mich von dieser schmach erledige. Da ich auch solches zuvor sowol / als jezt / erwogen hätte / würde ich lieber dem Nebajoth in sein schwerd gelaufen / als mich in meines vettern schutz begeben haben: wiewol ich damals / in aller welt gedanken /als die schuldige / wůrde gestorben seyn / und allein darum noch lebe / um den himmel zu erbitten / daß meine unschuld bekant werden m \ge.

Die thrånen drungen ihr hiemit so häufig aus den augen herfür / daß sie nicht mehr reden kunte. Esau /ganz verliebt / wolte sie nicht långer in der betrübnis lassen / und sagte: Ihr habt keine ursach / euch so vergeblich zu kränken / weil nicht allein euer herr eure unschuld weiß / sondern auch eure einwilligung tüchtig ist / euch aus aller b \sen nachrede zu setzen. Als sie ihn hierauf unschuldiger weise fragte / was er durch diese einwilligung verstůnde? antwortete er: Ihr můsset den jenigen lieben / der den fürsatz hat / euch zu ehlichen; und wann ihr dessen namen wissen wollet / wil ich euch solchen bald er \ffnen. Diese worte /welche er mit solchen verliebten gebärden begleitet /die der Mahalaath die augen ge \ffnet / trieben ihr eine errötung ab; und indem sie mit der antwort verzoge /fuhre er also fort zu reden: Euer stillschweigen / schöne Fürstin! gibt mir künheit zu reden / und euch zu sagen / wiedaß der Esau der jenige sei / der dieses gut / so ihme das glůck gewiesen / nicht wil aus handen lassen; und werde ich mich für den seeligsten der welt achten / wann ihr durch diesen weg mir wollet vergönnen / euch wieder zu ehren zu bringen. Die betrachtung ihres zustandes / die annemlichkeit des Esau / und [636] dessen weitberümter name / brachten hierauf der Mahalaath gemůte straks auf seine seite / also daß sie ihn hoffen liesse / wiedaß ihr seine liebe nicht zuwider wåre. Er brachte folgends dieses geschäfte auch bei dem Nebajoth an / mit dessen wunde es nun båsser zu werden begunte: der ihme dann solches bäst gefallen liesse. Indem kame auch der regirende Fürst Nebajoth / des jungen herr vatter / und der Mahalaath bruder /von Petra / woselbst er hof hielte / seine schwester und sohn zu besuchen / weil er ihren zustand erfahren hatte. Esau verweilte nicht / ihn gleich falls um die Mahalaath anzusprechen: deme er mit hoher freude das jawort gabe / und sich seelig schätzete / an dem grossen Edom einen schwager zu erlangen.

Die hochzeit wurde darauf an dem orte / da diese seltsame begebenheit sich zugetragen / vollzogen: und wolte der alte Nebajoth uns nicht hinweg lassen / wie sehr auch den Esau verlangte / seine Mahalaath zu seinen eltern zu bringen; sondern wir musten zu Petra etliche monat verbleiben. Unter anderen dessen ursachen ware auch diese / daß sich die gesamte herren von Arabien eines abermaligen krieges vom K \nig in Egypten befahreten: dann dieser hatte zwar / erst fůr zwei jahren / mit dem König von Chus frieden gemachet / nun aber den Prinzen Armizar mit einem grossen kriegsherr auf die grånzen dieses reichs anziehen lassen / welches alle landsassen / auf eine gegenverfassung zu gedenken / antriebe. Wie aber endlich die gewisse nachricht einliefe / daß der K \nig von Egypten keine feindliche gedanken gegen sie hegete / und der Prinz Armizar einen innerlichen krieg wider den Pharao selber angefangen håtte: erliesse der Nebajoth endlich seine schwester / mit dem Esau in Canaan zu reisen. Also brachte er diese seine dritte frau nach Bersaba zu seinen eltern: in hoffnung / durch sie sich angenemer [637] zu machen. Er befande aber das gegenspiel / und ward ihme von dem alten Isaac / als der nun / nach gegebenem segen / dem Jacob gewogener worden / angedeutet / daß er sich von ihme nach Edom begeben solte. Dieses stiege ihm dermassen zu gemůte / daß er ganz traurig wurde / und nicht einmal den K \nig Abimelech zu Gerar vorher besuchen mochte.

In Edom entfinge uns die Judith mit mehrerer vergnügung / und ware sie so wenig eifersüchtig über die Mahalaath / daß Esau hieraus seines herzens vergnůgung schöpfete. Weil er nun gänzlich / in ruhe zu bleiben / ihm fůrgenommen / und alle hoffnung / dermaleinst ein besitzer des landes Canaan zu werden /angegeben hatte: als trachtete er nun meist dahin / wie er sein Fürstentum Edom erweitern möchte. Hierzu machte er den anfang / indem er die riesen vom geschlecht Rapha vertriebe / und ihr land zu dem seinigen zoge. Er bauete hierauf in Edom / die stadt Bazra / und zierete sein schloß mit einer sonderlichen erfindung: indem er die bildnisen aller der jenigen / die er jemals geliebet / mit grosser můhe zusammen brachte / und einen grossen saal damit behängte. Ich muß aber dieses etwas umståndlicher beschreiben: weil dadurch nachgehends viel ungelegenheit / und dieser jetziger krieg / guten teils verursachet worden.

Es ware die K \nigin Philistina die erste / deren bildnis der Esau zu Gerar mahlen lassen / und hernach ståts bei sich getragen. Diese liesse er abbilden /wie sie badete / und von ihm also gesehen wurde: woraus nachmals ihr widerwille / ihn nicht zu lieben /entstanden. Das andere gemålde / stellte die K \nigin Eglone fůr / welches er dann auch zu Gerar bekommen: und ware sie abgebildet / wie sie ihm die Fůrstin Judith ůberreichte / da dann seine [638] liebe gegen ihr aufgeh \ret. Die Ada / ware die dritte: welche er mahlen liesse / wie er bei nacht in ihr gemach gekommen und seine liebe mit ihr beståtiget. Das vierte gemälde /war die Judith / wie sie neben der Ada im bette lage /und er / aus eifersucht / die Ada verwundet: womit er / seine sonderbare liebe gegen der Judith / bezeugen wolte. Die unglůckselige K \nigin Barsine / deren abbildung er von mir bekommen / war das fůnfte gemålde / wie dieselbige vor seinem bette / von mir verwundet / ihren geist aufgabe: da dann seine liebe mit ihrem leben aufgeh \ret. Das sechste bild / stellete fůr / wie die sch \ne Prinzessin von Seir / Poliphide / ihn aus dem warmbad-zimmer heimlich ausliesse / und ihme / sie jemals wieder zu sehen / verbote: welches gebot seine liebe gestillet. Weil diß bildnis nicht bei der hand war / als sandte er heimlich einen mahler nach Dedan: der dann ihm dasselbe zuwegen gebracht. Die tugendhafte Saradine war in dem siebenden gemålde abgebildet / wie sie sturbe / und den Esau mit zeichen sonderbarer freundschaft ansahe: da zwar seine zu ihr getragene liebe durch ihren tod /nicht aber die hochachtung und das andenken ihrer person / sich geendet. In dem achten gemålde / zeigete sich die Teutsche Fůrsten Aurinia / wie die der Zipor /und damit auch ihm die liebe aus dem herzen / entfůret. Die Timna / ware auf gleiche weise im neunten bilde fůrgestellet / wie sie von dem Eliphas sich entfůren lassen: weswegen / seine liebe gegen ihr / sich in einen haß verkehret. Das zehende und lezte stellte die Mahalaath fůr / wie die in seiner kammer von dem Fürsten Aran betroffen wurde / und er denselben mit des Ebals schwerd aus der kammer jagte: wordurch er seine zu ihr tragende liebe erwiesen.

[639] Er liesse unter jedes gemålde ein paar reimen schreiben / welche nacheinander / wann ich mich recht erinnere / also lauteten:


Philistina.
Deinen glanz und wunderzier / sah ich wider deinen willen:
drum dein wille von mir wich / meine liebesglut zu stillen.
Eglone.
Du gabest / daß du nåmst / was mir nicht mehr gebůrt.
So ward ich / von der lieb / zur lieben hingefůrt.
Ada.
Es bunde dich und mich der Ehe fåstes band.
Die erste warest du / die meine lieb erkant.
Judith.
Ohn liebe nam ich dich: die ich so sehr nun liebe /
daß fast die eifersucht zwo liebsten mir aufriebe.
Barsine.
Deine schönheit zween verwundet; zween auch gaben dir den tod:
der / als du mich woltest t \den / leschte meine liebesnoht.
Poliphide.
Du zierde deiner zeit / von gleicher strång und gůte!
es zůrute wider mich / mit schonen / dein gemůte.
Saradine.
Ich verliebet / sahe dich / meine treue freundin! sterben.
Es kont meine lieb / jedoch dein gedåchtnis nicht / verderben.
Aurinia.
Deine schönheit mich / und dich hat geblendet fr \mde liebe.
Diß / daß du beståndig warst / machet / daß ich solches ůbe.
Timna.
Meiner ersten liebe frucht / macht unfruchtbar mein beginnen.
Wäs dem vatter war vermeint / liessest du den sohn gewinnen.
[640] Mahalaath.
Wol recht hat das geschick zusammen uns vertraut:
daß ich kont / ohne sůnd / entwenden eine braut.

Also ergetzete sich der Fůrst von Edom / mit anschauung seiner ehmaligen geliebten: doch liesse er in diesen saal niemand kommen / als gute freunde. Indem er aber also sein leben in die ruhe einrichtete /sturbe der grosse K \nig Marsius in Basan: wordurch das land in neue unruh gesetzet wurde. Dann / dieser K \nig hatte / weil sein sohn / der junge Marsius / fůr todt gehalten wurde / seinen bruder den Fürsten Suevus zum statthalter oder vormund der Prinzessin Mirina verordnet: womit aber die Königin Salamis / seine witwe / nicht zufrieden war / sondern / mit hůlfe ihrer verwandten / einen krieg wider die Teutschen erregte. Demnach begehrte sie auch hülfe von ihrem schwager / dem K \nig Abimelech: der aber gar nicht hieran wolte / weil er jederzeit die Teutschen hochgehalten. Die Eglone aber / seine gemalin / welche ihre schwester nicht gern lassen wolte / schriebe selber an den Esau / daß er zu ihr nach Gerar kommen m \chte: der dann / weil er dieser K \nigin nichtes versagen konte /alsobald dahin reisete / und mich zum statthalter in Edom hinterliesse. Die K \nigin wurde durch seine ankunft hoch erfreuet / und bate ihn / um seiner zu ihr ehmals getragenen liebe willen / daß er den K \nig zu diesem krieg bereden wolte. Esau / ihr zu willfahren /verzoge nicht / des K \nigs gemůte / dessen er måchtig war / zu erobern und ihn dahin zu verm \gen / daß er ein måchtiges heer werben liesse / und ihm / dasselbe in Basan / der Salamis zu hülfe / zu fůren / untergabe.

[641] Der Prinz Abimelech / ware um dieselbe zeit eben wieder nach haus gekommen / nachdem er etliche jahre zu Salem sich aufgehalten / und daselbst sich im rechten Gottesdienst geůbet hatte. Dieser ware h \chst erfreuet / seinen alten freund wieder zu sehen; und weil der K \nig / sein herr vatter / ihm erlaubete / zoge dieser junge held mit zu felde: da er dem Fůrsten von Edom / seinem waffenlehrmeister / zeigete / daß er inzwischen nichtes vergessen håtte. Aller orten / wo diese zween helden hinkamen / siegeten ihre arme /und brachten der Königin Salamis zuwegen / daß sie zu Edrei regentin ůber Basan gekrönet wurde: da dann der Prinz Abimelech die Prinzessin Mirina / die tochter der Salamis / zu sehen bekame / welche Esau fast allein / unter allen sch \nheiten / die er jemals gesehen / nicht geliebet hat. Diese junge Prinzessin /welche sehr kriegerischer natur ist / zoge mit zu felde / und wagete sich zum \ftern gar unbedachtsam: daher sie einsmals schier wåre gefangen worden / wann nicht Esau und Abimelech dazu gekommen / und sie gerettet håtten.

Indem sie aber dazumal mit ihr nach dem lager ritten / welches auf der Amoriter gebirge nicht weit vom fluß Jaboc stunde / sahen sie einen starken haufen von des Suevus v \lkern ankommen: die durch den fluß setzeten / und auf sie zugingen. Sie befanden sich zuschwach / dieser mänge zu widerstehen: deren sie auch nicht entgehen konten / weil der feind ihnen zu nahe auf dem hals ware. Weil nun die Prinzessin / um die es ihnen am meisten zu thun ware / sich mit zur gegenwehr entschlossen hatte / als erwarteten sie den feind nicht / bis er vollends über das wasser käme /sondern gingen ihme mutig entgegen. Esau befande fůr gut / daß Abimelech bei der Prinzessin verbliebe: er aber machte sich / mit einem [642] teil der seinigen /fůraus / und hielte so lang den feind auf / daß Mirina /wann sie gewolt / sich wol in sicherheit håtte begeben k \nnen. Ihr muht aber war so groß / daß sie von keiner flucht h \ren wolte / sondern frisch mit ansetzete /und / weil sie von zweien der dapfersten helden entsetzet wurde / wunderthaten verrichtete. Doch ware endlich die grosse månge der feinde ihnen überlegen /also daß Mirina gefangen wurde.

Den Prinzen Abimelech und den Fůrsten von Edom schmerzete es sehr / daß sie diese Prinzessin nicht bewahren k \nnen: und entschlossen sie sich / nicht vor die Königin zu Salamis zu kommen / sie håtten dann zuvor die Prinzessin wieder befreiet. Deswegen sandten sie gleich nach mehrern v \lkern / und folgeten fůr ihre personen den feinden auf den fus nach / welche die Prinzessin gen Hazezon Thamar fůreten. Als sie aber gegen den ort nichtes ausrichten kunten / sandte Esau einen von den seinigen in die stadt / der dem oberbefehlhaber / von welchem er / daß er sehr geitzig wäre / erfahren hatte / zu ausl \sung der Prinzessin /alles was er fordern wůrde / anbieten solte. Dieser listige fuchs aber / setzete dißmal seinen geitz auf die seite / und liesse dem Esau zurücke sagen: Wann er selber sich / für die Prinzessin / in gefångnis stellen wolte / solte sie alsofort ihrer fraumutter wieder übersandt werden. Esau / weil er wuste / wieviel an der Prinzessin freiheit gelegen war / und daß der Suevus sie nimmermehr wieder los lassen wůrde / bedachte sich nicht lang / sondern entbote dem oberbefehlhaber eiligst: wiedaß er / das anbot annemend / sich gefangen einliefern wolte / sobald die Mirina wůrde los gelassen seyn. Er hielte auch sein versprechen / und sobald die Prinzessin wieder im lager war / nachdem er /sie nach der Salamis feldlager zu begleiten / anbefohlen [643] / begabe er sich / an ihrer statt / in Hazezon Thamar. Also erfuhre die K \nigin / zu einer zeit / ihrer tochter gefångnis und freiheit / samt des Esau gefångnis.

Der Prinz Abimelech / so nicht zur stelle gewesen /als dieses mit dem Esau fürgegangen / wolte fast rasend werden / als er seines freundes zustand erfuhre. Wie er aber von der Königin / und von ihrem feldhaubtmann dem Fůrsten von Elassar / erlaubnis erlanget / Hazezon Thamar mit dem Philisterheer anzugreifen / thäte er solches in geschwinder eile / daß der oberhaubtmann nicht zeit hatte / den Esau nach dem Suevus zu schicken. Die Salamis ruckte immittels dem Suevus mit ihrem heer entgegen / und der Prinz von Ammon bliebe mit seinen v \lkern in Basan stehen / daselbst alles unter der K \nigin botmäsigkeit zu erhalten. Jederman verzweifelte / daß Abimelech sein beginnen ausfůren wůrde. Wie dann auch der Prinz von Elassar / der ohnedas gegen dem Abimelech in eifersucht stunde / und dem Fůrsten von Edom gleichfalls gehåssig war / sich freuete / daß der eine gefangen war / und der andere etwas angefangen hatte / wordurch er vermeinte / daß sein ansehen merklichen abbruch leiden würde. Es geriehte aber viel anderst / als man sich eingebildet: indem dieses edlen Prinzen unvergleichliche dapferkeit und klugheit soviel gewůrket / daß er Hazezon Thamar eroberte / und seinen freund befreiete. Dieses hube seinen ruhm auf die h \chste staffel / also daß man ihn für einen ja so teuren helden / als den Fürsten von Edom / hielte. Wie er und Esau / von der Salamis und Mirina / die ihnen zu danken so viel und hohe ursachen hatten /seien entfangen worden / ist leichtlich zu ermessen.

Dieses einige nur habe ich / von des Prinzen Abimelechs thaten in diesem krieg / erwehnen wollen /wiewol [644] er sonst mehr viel l \bliches verrichtet. Der krieg ginge nach diesem sehr wol von statten / bis der dapfere Prinz Marsius / den man fůr todt gehalten /wieder lebendig herfür kame / und in Ammon einfiele: welchen König er also demütigte / daß er nicht mehr des verm \gens war / wider ihn zu bestehen. Wie er nachgehends in Basan kame / und die våtterliche Kron aufsezte / fielen diesem jungen König alle unterthanen zu / und verliessen der Salamis seite: daher diese K \nigin / unangesehen Abimelech und Esau es ihr widerrieten / und ihr ihren ferneren beistand verhiesen / mit der Prinzessin Mirina das reich verliesse /und nach Ophir flůchtig wurde; der mutige Abimelech aber / in dessen herzen eine eifersucht / wegen der rümlichen thaten des jungen K \nigs der Teutschen /doch ohne neid / entstanden war / gedachte seine waffen wider denselben fortzufůren / und wolte Basan nicht verlassen. Der neue K \nig aber erzeigte sich viel anderst / ordnete zum K \nig der Philister einen gesandten ab / und liesse ihn bitten / daß er seine völker aus Basan abfordern wolte: dann er nicht wider den edlen Prinzen Abimelech seinen sohn zu fechten /noch um dieses Prinzen willen das jenige / was ihme der König von Gerar zuwider gethan / zu råchen begehre. Eine gleiche botschaft sandte er an den Prinzen selber / und liesse ihn ersuchen / daß er sein freund verbleiben wolte / gleichwie er des Cimbers freund zu Salem gewesen wåre.

Diese h \flichkeit ånderte gleich des Abimelech und Esau fůrhaben / also daß sie die Philister aus des jungen Marsius landen abfůreten. Sie fanden aber keine gelegenheit / wie sie wünscheten / den König von Basan sehen zu k \nnen: dann er hatte sich nach Moab gewendet / die aufrůrischen daselbst wieder unter seinen gehorsam zu bringen. Zu Gerar hatte / diese veränderung [645] mit Basan / einigen unlust erwecket: weil der König Abimelech sich nun / sowol für dem Marsius / als für der Assyrischen macht / zu fürchten hatte. Um aber E. Maj. herr vattern zu weisen / daß er beständig die Assyrische seite halten wolte / erlaubte er nachgehends dem Prinzen seinem sohn / wieder nach Babel zu ziehen: der aber zuvor mit dem Esau nach seinem Fürstentum reisete / und alda ein zeitlang bei uns verharrete. Weil nun dieser edle Prinz nichtes auf seinem herzen halte / das er nicht diesem seinem freund håtte geoffenbaret; als entdeckte er auch dem Esau seine glückseligkeit / die er in der huld von E. Maj. genosse: und kan ich mich berůmen / daß ich sein vertrauter in seiner liebe auch mit worden; da er dann tåglich von der unvergleichlichen Delbois redete / und dieselbe bei sich betrachtend / alle in des Esau saal abgemalete schönheiten fůr gering hielte.

Ihr kommet zu weit / (fiele die sch \ne K \nigin dem Hanoch allhier in die rede /) und vergesset / daß ihr mir allein des Fůrsten von Edom leben erzehlen wollet. E. Maj. vergeben mir / (antwortete er /) wann das andenken dieses fürtrefflichen Prinzens verursachet hat / daß ich mich etwas von meiner erzehlung abgewendet. Das fürnemste ist nun noch ůbrig zu berichten / als welches die ursach ist / warum ich hieher gekommen bin. Es hatten die Fůrsten von Seir / nach dem tage / da im Fůrstentum Nebajoth zwischen ihnen und dem Esau besagter widerwille fürgangen /einen groll auf den Fürsten von Edom geworfen /waren aber durch den Lothan von \ffentlicher feindseligkeit gegen ihm abgehalten worden: zumal sie auch durch den statthalter von Syrien den Mamellus / und seine gemalin die Tharasile / als des Esau mutter schwester / die sich zu [646] Dedaneine gute zeit aufhielten / zufrieden gesprochen wurden. Wie aber diese von dannen nach Syrien wiederabreiseten / begabe es sich / daß der Prinz Abimelech eben auch wieder nach Salem hinweg zoge / und von dem Esau / der Judith und Mahalaath / bis nach Theman begleitet wurden: da sie dann die Fůrsun Ada zugleich ansprachen /welche ganz freundlich / sowol den Esau / als dessen beide andere gemalinnen / entfinge / und wurde nichtes mehr von der alten eifersucht verspüret. Weil es nun also an allen seiten vergnůgt zuginge / als wurde Esau dadurch bewogen / wie der Prinz Abimelech von uns hinweg ware / sich eine weile daselbst aufzuhalten.

Inzwischen kamen ungefår nach Bazra / der Fůrst Ana mit seiner gemalin / der Ebal / und Aran der Mahalaath ehmaliger bråutgam / welche den statthalter Mamellus bis dahin begleiteten: weil er seinen weg durch Edom und hieher / jedoch ohn seine gemalin und tochter / welche durch Canaan reiseten / genommen hatte. Als nun / in unserer abwesenheit /diese gäste die gemåcher des hauses besahen / fürete sie einer von den kåmmerlingen / aus unbedacht /auch in den saal / da des Esau verliebte gedanken zu sehen waren / allermassen E. Maj. zuvor von mir geh \ret. Als nun Ana / unter andern / auch seiner gemalin bildnis bei des Esau seinem erkante / und das gemål samt der unterschrift betrachtete / ward er nicht wenig bestürzet / allermeist da er / die Poliphide ansehend / eine entfärbung ihres gesichtes verspůrete. Seine eifersucht / soviel müglich / zwingend und fůr den andern verbergend / besahe er dieses gemålde etwas långer / als die vorigen: da dann der einfåltige kåmmerling zu ihm sagte / wiedaß sein herr / unter allen diesen damen / die daselbst abgemalet stünden /keine [647] h \her hielte / als diese. Die abermalige err \tung der Poliphide / begleitete des kåmmerlings worte. Weil sie sich mit einem eide verlobet / niemals diese des Esau that von sich zu sagen / als hatte sie nicht allein solches dem Ana verschwiegen / was fůr so vielen jahren zwischen ihnen war fůrgegangen: sondern sie hielte auch noch diesen ihren eid / und laugnete gegen dem Ana / daß sie von allem diesem etwas wůste.

Ihr bruder / der statthalter von Syrien / war schon hinweg / wie dieses zu Bazra fůrginge: daher durch ihn diese seiner schwester heimlichkeit nicht kunte verrahten werden. Als nun der Ana / weil er jederzeit seine gemalin tugendhaft erfunden / mit ihrer ableugnung zufrieden seyn muste / gingen sie fürter zu den folgenden gemålden / da die vorstellung seiner stiefschwester / der Timna / ihn so sehr verdrosse / als die abbildung der Madalaath dem Aran und Ebal zu kopf stiege: massen diese zween letzere sich daselbst abgebildet funden / wie der eine dem Esau wiche / und der andere ihm sein schwerd nemen liesse. Als sie nun allerseits durch diese gemålde sich beleidigt befanden /reitzete Aran den Fürsten Ana / wie sie nun wieder in ihrem gastzimmer allein waren / dieserwegen an dem Esau sich zu råchen. Also bestachen sie heimlich den alten kåmmerling / daß er sie bei nacht in den saal einliesse: da sie der Poliphide bild hinweg namen /die reimen aber bei der Timna und Mahalaath ånderten / und zwar unter das bildnis der ersten also schrieben:


Meiner ersten liebe frucht / ja so leicht / wie ich von sinnen /

konte deine zierd / wie mich / doch mit båssrem glůck gewinnen.

Unter der Mahalaath ihres / setzeten sie folgende zeilen:

Mir ware gut genug / die sonst verstossne braut:

Durch sie ist nur der hass von vielen angetraut.


[648] Als dieses verrichtet / schieden sie von Bazra hinweg / und kame nicht lange darauf Esau / neben seinen dreien frauen und mir / wieder in Edom: da er dann / der Ada seine erfindung zu zeigen / sie in den saal fůrend / mit h \chster bestůrtzung diese ånderung an seinen gemålden erkante. Auf vielfåltiges nachfragen / kamen wir hinter die warheit: dann der kåmmerling / der sich bestechen lassen / ware zwar entflohen / hatte aber einen knaben zurůcke gelassen / der uns alles offenbarete. Wie schmertzlich nun dieses der Esau entfunden / kan man leichtlich ermessen: allermeist / weil Poliphide dadurch in ungelegenheit gerahten d \rfen. Ich wurde von ihme nach Denhaba / zu unserem alten freunde dem Lothan / gesendet: um sowol ůber diese that mich in seinem namen zu beschweren / als die Prinzessin Poliphide zu entschuldigen. Der Lothan ware straks willig / wie er mein anbringen vernommen / mit mir nach seinem bruder gen Dedan zu reisen. Der Ana aber erwiese sich so kaltsinnig / und war so abgeneigt / einige entschuldigung wegen dessen / was in des Esau schloß war verůbet worden / abzulegen / daß ich ganz ůbel zufrieden hinwegschiede. Ob nun wol Esau hierdurch / sich zu råchen / genugsam befugt worden / so wolt er doch / in ansehen der Poliphide / den glimpflichsten weg gehen / und begehrte wieder-erstattung des entwendeten: worauf aber keine antwort erfolgte / und inzwischen sich etwas zutruge / so alles ůber einen haufen wurfe.

Der leichtsinnige Aran / der seine ehmalige liebe gegen der Mahalaath in bittern hass verkehrt hatte /suchete allerhand unzulässige Mittel / sich an ihr zu råchen / daß sie ihn verlassen hatte. Demnach / als sie einsmals mit dem Esau sich auf der jagt befunden /und er ausgekundschaftet / wiedaß sie / allein und mit wenig von [649] ihren leuten / nach Bean / alda die Judith sich aufhielte / reisen / und Esau mittlerweile noch etliche tage beim jagen verbleiben wůrde: wartete er ihr im holtze vor / und ware in seinem bösen fůrnemen so glůckselig / daß er die unschuldige Mahalaath erwischete / und nach Acrabin auf seines vatters des Fůrstens Disan berghaus fůrete. Esau erfuhre diese unglůckliche zeitung nicht sobald / da setzete er mit allen / die er in der eile aufbringen kunte / dem Aran nach; und als er ihn nicht erreichen mochte / name er Uz hinweg / welches ein berghaus ist / so des Disans ältestem sohne zugehöret. Hierdurch meinte er den Aran zu zwingen / daß er die Mahalaath wieder auf freien fus stellen m \chte: der wuste aber seinen vatter also einzunemen / daß der dem Esau / um nicht weiter zu schreiten / můglichste schutzwehr entgegen setzete. Er konte aber dessen billiger wut nicht widerstehen /und muste leiden / daß er fast alle ihm-zugeh \rige \rter auf dem gebirg hinweg name / auser Acrabin /da die Mahalaath aufgehalten wurde: welches er / weil es sehr feste / mit zuziehung mehrern volkes zu gewinnen vermeinte.

Wie er nun also in ganz Edom alles waffnen liesse / fuhre er fort um sich zu greifen / und name Heman hinweg: welches der Timna zustunde / deren vatter ihr solches unter ihren brüdern vermacht hatte. Weil es nun unter Lothans gebiet gehörete / als name der sich auch dieses handels an / und vom Sobal des Ebals vattern angereitzet / fiele er mit ihm in das Fůrstentum Theman / ehe die Ada sich dessen versahe / fůrwendend: weil ihre schwester von dem Fůrsten von Theman wåre entfůret worden / als k \nten sie mit allem recht dessen land ansprechen. Sie vermeinten auch /den Esau selber hiermit noch nicht feindlich anzugreifen: der aber [650] nicht anderst thun konte / als sich der Ada anzunemen. Demnach ward ich / mit einem teil seiner v \lker / eiligst nach Theman gesendet / dem Lothan und Sobal einhalt zu thun: das ich dann anfangs mit gutem fortgang verrichtete. Es wurde aber hierdurch / indem ich mich also von dem Esau absondern můssen / seine macht verringert / also daß er Acrabin nicht in seine gewalt bringen konte: welches er aber doch stäts belagert hielte / und inzwischen von Uz aus durch ganz Seir streifete / und aus unmut /weil der regirende Fürst Ana / ihme durch seine zwischenhandlung die Mahalaath wieder zu verschaffen versaget / auch dessen land nicht verschonete. Also schluge es endlich zu einem allgemeinen krieg aus /und suchete Esau hůlfe bei dem Fürsten Nebajoth /und bei meinen brůdern den Midianitern: kunte aber von beiden nichts erlangen / weil die Midianiter mit dem K \nig von Egypten / und Nebajoth mit dem K \nig von Chus und allen Arabern / selbsten einen schweren handel auf den hals bekommen hatte.

Diesemnach muste er es alles allein auf seine gerechte sache und auf seine dapferkeit setzen: und brachte er aus Edom alles auf / was nur kriegen kunte / die belagerung vor Acrabin damit noch eifriger fortsetzend. Ich hatte inzwischen das unglůck / daß ich bei Theman geschlagen / und auch die Ada gefänglich in Acrabin gebracht wurde. Durch diese zeitung wurde Esau erst recht erhitzet: also daß er in der eile /ehe der Fůrst Ana sich dessen versahe fůr Dedan ginge / und den ort hinweg name. Des Ana gemalin /die Poliphide / befunde sich daselbst: die dann sehr unwillig auf ihn ware / daß er ihr bei ihrem herrn solche ungelegenheit verursachete. Sie wolte ihn auch nicht sehen / ob sie gleich seine gefangenin war. Er verharrete aber gegen ihr in aller ehrerbietung / [651] ob er gleich allen Seirischen Fürsten feind zu seyn so hoch befuget war / und hielte sie gar h \flich. Er bote sie auch dem Fürsten Ana / gegen auswechselung seiner beiden frauen / wieder an: der aber / entweder daß er bei den andern nichts erhalten können / oder weil er selber nicht wolte / ihme hierauf keine antwort wissen liesse. Er zoge auch die von Arabien / Saba und Hevila auf seine seite: die mit einem gewaltigen kriegsheer ankamen / und mit uns den garaus spielen wolten. Diese v \lker / teileten sich in drei haufen: deren der eine in Edom / der andere in das land Theman / welches ich von neuem erobert hatte / und der dritte / Acrabin zu entsetzen und Dedan wieder einzunemen /angezogen kame. Der Fůrst von Edom befunde sich viel zuschwach / dieser macht zu widerstehen: liesse demnach Dedan im feur auffliegen / und zoge alle seine macht fůr Acrabin zusammen; da er noch einen haubtsturm anlaufen / und nachgehends sich an den paß / der in sein land ging / begeben wolte / um dem feinde den einfall zu verwehren.

Immittels er damit beschåftigt war / beginge der junge Ebal eine růmliche that / die ich allhier billig erwehnen muß. Diesen herrn hatte seither der erlittene schimpf / daß der Esau ihme in Nebajoths hause sei nen degen genommen / also geschmerzet / daß er nicht ruhen konte / er håtte dann von dem Esau /durch einen besondern kampf / sonderbare genugthuung dafür erhalten. Der Ana hatte ihn / nachdem er den Fürsten Dison seinen sohn aus gewissen ursachen enterbet / an sohnsstatt aufgenommen / und seine liebe dermassen ihm zugewendet / daß er ihm diesen gefärlichen kampf nicht erlauben wolte. Demnach beschlosse er / mit seinem waffenträger heimlich in des Esau lager zu gehen: da er dann / nachdem [652] er mit einen helm sein angesicht verdecket / sich bei dem Esau anmelden liesse / und ihme / wegen einer ehmaligen beleidigung einen absonderlichen kampf anbote. Esau willigte gleich in sein begehren / wiewol ihm die kriegsobersten im lager / den kampf abzuschlagen /riehten. Jederman verwunderte sich ůber die kůnheit dieses ritters / und Esau selber befunde aus der gegenwehr / daß er einen ungemeinen helden für sich hatte. Doch fiele endlich der sieg auf des Esau seite / der den andern zu boden legete: welchem indem der helm abfiele / also daß er für den jungen Ebal erkennet wurde.

Der Fürst von Edom zeigte sich mit diesem seinem siege beschamet / daß ihm ein so junger mensch soviel zu schaffen gemacht hatte. Doch entfunde er auch in seinem herzen eine hochachtung für ihn / unangesehen der feindschaft zu den andern Seirischen Fůrsten /und wolte sich um seine wolfart annemen. Er fande ihn aber / als er nåher zu ihm tratte / allbereit sterbend / und h \rte sich von ihm also anreden / wiewol mit lallender zunge: Fürst von Edom! ich bitte euch / thut mir den gefallen / und bekennet / daß ich / um wiedererlangung meiner ehre / dapfer bis in den tod gefochten habe. Hiermit gabe er seinen geist auf / und machte sein tod freunde und feinde betrübet: da insonderheit / der haß des Ana und Sobals / hierum so gros gegen den Esau wurde / daß sie nirgends nach trachteten / als ihn gänzlich auszurotten; dann dieser Ebal /wegen seiner sonderbaren tugenden / auf dem gebirge sehr beliebt gewesen. Der Esau wagete hierauf den fůrgenommenen sturm an Acrabin / richtete aber nichtes aus / als daß er die bäste mannschaft verlore: da er mit den ůbrigen sich nach Edom zurůck zoge / den Arabern den einfall in sein land zu verwehren. Die Prinzessin Poliphide name er mit [653] sich: wiewol er niemals aus den schranken der ehrerbietung schritte / und sie bedienen liesse / als wann sie nicht seine gefangene gewesen wäre. Zu Bazra leistete ihr die Judith gesellschaft: daß also ihre gefångnis ihr ertråglicher / als der Ada und Mahalaath / wurde.

In solcher bedrängnis / kame dem Esau von den Philistern hůlfe: wiewol es nicht den namen hatte /daß der K \nig Abimelech dieselbe schickete / (dann dieser herr sich fůr der grossen macht der Sabeer /Araber und deren von Hevila fůrchtete / daß er sie nicht in sein land ziehen m \chte /) sondern der Fůrst von Caphtor fůrete sie / als ob sie aus seinem Fürstentum dem Edom zukäme. Diese schlechte hülfe /vermochte aber wenig wider den gewalt der Feinde: die wie eine wasserflut in Edom und Theman einbrachen / und einen fåsten ort nach dem andern hinweg namen. Der Prinz Bileam von Hemath / einer von den allerbåsten freunden des Aran / kame derzeit aus dem Bactrianischen kriege auch dahin / und wonete einer schlacht bei / die nahe bei Bazra gehalten wurde: da ihn der Esau hart verwundet / und den Aran fast erdappet håtte / wann er von den seinigen nicht eiligst wåre errettet worden. Ob nun wol Esau in dieser schlacht wunderdinge verrichtete / so bliebe doch der sieg auf des feindes seite / und der dapfere Prinz von Saba Mardocentes ginge hierauf für Bazra: welches er auch eroberte / die Poliphide befreiete / und die Judith gefangen name.

Also ware ganz Edom verloren / und kame der unglůckselige Esau mit dem Fůrsten von Caphtor nach Theman / da ich mich noch kůmmerlich des feindes erwehrete. Wir befunden fůr gut / die Cananitische K \nige um hůlfe anzusprechen / liessen den Prinzen Ahuath im lande Theman / und reiseten zu dem K \nig von [654] Kyriath Arba: vermeinend / derselbe wůrde / als sein schwager / ihn nicht hůlflos lassen. Wir befunden aber das gerade widerspiel: dann dieser König soviel unruhe in seinem eigenen haus hatte / daß er sich die noht des Esau nicht angehen liesse. Als aber die Seirische Fürsten merketen / daß wir anderer orten hůlfe sucheten / und die Araber wieder zurücke abzogen /um dem K \nig Scheba von Chus gegen die Nabatheer beizuspringen: als reisete Sobal / der die sache wider uns / wegen des tods seines Sohnes / am eifrigsten triebe / zum K \nig Beor von Canaan / und erlangete daselbst hůlfe. Wie dann des Esau schwager / der Ephron / befehligt wurde / unter dem Fůrsten von Bethel die Sichemitischen v \lker nach dem gebirge zu fůren. Dieserwegen geriete Esau auf die gedanken / in Syrien zu gehen / und sowol bei E. Maj. herr vattern /als bei ihr selber / schutz zu suchen: da er hoffet / die treuen dienste / die er ehmals dem grossen Bel Ochus im Medischen kriege erwiesen / werden ihme behůlflich seyn / gewierige antwort zu erlangen. Er hat auch / durch mich / E. Maj. beistand erbitten wollen: da bereits ihre gnådigste erklärung mir widerfahren /daß ihn die grosse Delbois in seinen jetzigen drangsalen nicht lassen wolle.


* * *


Seit versichert / mein Fürst! (sagte die K \nigin hierauf /) daß ich ein solches mitleiden ůber des grossen Edoms zustand bei mir entfinde / daß / wann mein wůnschen allein gnug wäre / er gleich erlangen solte / was er begehret. Ich biete aber alle meine macht zu seinen diensten an; und mein herr vatter /weiß ich / wird desgleichen thun. Ich finde auch der Seirischen Fůrsten beginnen so unbillig / daß ich nicht zweifele / das glůck werde sich endlich auf die seite des gerechten wenden [655] / und dem Esau wiederum zu seinem lande verhelfen. Hiemit / als sie dergleichen versicherungen dem Hanoch ůberflůssig gethan /liesse sie ihn / weil es bereits zimlich spat war / von sich / grosse vergnůgung ůber seiner gethanen erzehlung bezeugend: welche sie nachgehends / wie sie allein war / ihr von neuem in ihrem gemůte fürstellete /und sich nicht gnug ůber alle wunderliche begebenheiten verwundern kunte / die diesem grossen helden zeit seines lebens begegnet waren. Am folgenden morgen kame Hanoch / vor seiner abreise nach Babel / nochmals zu ihr / abschied zu nemen / und versicherte die K \nigin / daß in Damascus der Fůrst von Edom ihr aufwarten wůrde: welchen dann von person zu kennen / sie ein grosses verlangen erwiese. Des Hanochs abreise bliebe so geheim / als dessen ankunft / also daß niemand / auser die K \nigin / Aramena /und einer ihrer vertrautesten kämmerlinge / hievon wissenschaft erlangte. Es wolte aber Delbois ihren Fůrsten das versprechen / so sie dem Hanoch gethan /nicht eher er \ffnen / bis sie in Syrien und er selber zur stelle seyn wůrde.

Wie aber Aramena eben im begriff war / ihrem fürhaben gemäs nach der Prinzessin Ahalibama zu gehen / die sie allein zu sprechen so h \chlich verlangete: kame zeitung / daß ein Syrischer Fürst / nåmlich der Fürst Elihu von Ram / aus Damascus angekommen wäre / die Königin abzuholen: die liesse nun denselbigen gleich zur begehrten verh \r kommen; und wurde also Aramena gehintert / ihr fůrhaben werkstellig zu machen / weil sie neben allen anderen hofdamen bei dieser entfahung mit aufwarten muste. Des Elihu angenemes wesen / seine ansehnliche gestalt und gute art zu reden / erwecketen bei der K \nigin eine solche hochachtung fůr [656] seine person / daß sie ihn gegen alle ihre bedienten hoch priese. Er legte im namen der Königin von Tiro / der Prinzessin von Elam ihrer tochter aus erster ehe / und des statthalters in Syrien / die begrüssung und einladung so wol ab: daß / nach jedermans urteil / kein tůchtigerer / als eben er / håtte k \nnen ausersehen werden / die sch \ne Königin von Ninive in Syrien zu begleiten.

Sie entschlosse gleich / ohne fernere seumnis von Hemath aufzubrechen: wiewol alle Fürsten von Hemath ihr verlangen bezeugeten / sie noch was långer zu bedienen. Wie aber der Prinz Jonadas ihre unånderliche entschliessung sahe / liesse er nichtes ermanglen / sie ja so prächtig wieder aus dem reich zu begleiten / als die einholung zuvor gewesen war. Weil dieser von der Fůrstin von Arvad / der Dersine /sch \nheit sich einnemen lassen / als erwiese er nicht geringe traurigkeit / da er sie nun verlassen muste: welche dann von ihrer seite begleitet wurde / indem auch sie diesen Prinzen nicht ohne bezeugung einer gegengewogenheit ansehen kunte. Der sch \ne Dison hingegen / verrichtete diese abreise von Hemath mit fr \lichem gemüte / weil die nåherung nach Ninive seinen fůrhabenden zweck bef \rderte: doch geschahe solches nicht ohne ångstige besorgung / daß man in Damasco ihn erkennen m \chte. Die Prinzessin Ahalibama / um desto sicherer ihres schutzes und erlangter freiheit zu geniessen / bekame von der K \nigin Delbois eine eigene leibwacht / unter anfürung des Fürsten Jothans: welche sie ståts begleiten / und auf ihre person acht haben solte / damit nicht unterwegs / oder zu Damasco / einiger anschlag auf sie gemacht werden k \nte / der sie dem Beor wieder in die hånde lieferte.

Als sie nun von Hemath / wegen sovieler entfangenen h \flichkeiten / vergnügt hinweg reiseten / kamen sie den [657] ersten abend nach Enan / welches in einem lustigen walde liget: woselbst als die K \nigin zu nacht gegessen / gingen sie in der kühlen abendzeit spaziren / da jeder seinen eigenen weg name / wohin ihne nämlich seine gedanken fůreten. Delbois / von der Ammonide und Aramena begleitet / geriete auf einen schmalen fussteig / der sie zu einen brunnen leitete / dessen von weitem vernemendes gesause sie begierig machte / sich dahin zu nähern. Kaum aber hatten sie diesen brunnen erreichet / da ersahe die K \nigin eine frauenperson / welche / den rücken ihnen zuwendend / auf der erden lage / und wegen ihrer unbeweglichkeit anzeigete / daß sie schlieffe. An ihrer kleidung / ward sie gleich fůr die Casbiane erkant. Weil dieselbige /nach ihrer wiederkehr aus Canaan / grosse unruhe und betrübnis blicken lassen / als wurde die K \nigin begierig / etliche zetteln aufzuheben / die sie vor dieser schlaffenden im grase ligen fande / vermeinend / aus denen etwan die ursach dieser traurigkeit zu erfahren /und als sie die aufgewunden / lase sie aus dem ersten folgende worte:

Liebste Casbiane!

Mein verlangen / dich bald in Syrien zu sehen / ist so unaussprechlich / daß mir alle tage wie jahre dünken /die noch zwischen dieser meiner vergnügung obhanden seyn. Könte ich mit guter art deine fraumutter verlassen / wolte ich dir entgegen eilen / um dich desto ehe zu sprechen. Deine eltern seind aber noch beständig zu Hierapolis / und seind gefårliche dinge für / die unserem lande neue unruhe drohen: massen das gerüchte von einem noch lebenden Syrischen Prinzen sich je mehr und mehr erweitert / und habe ich beigefügte [658] abschrift bekommen / die hin und wider an die meiste Syrische Fürsten geschicket worden. Dein herr vatter ist hierüber sehr bestürzet / und ob man wol dieses suchet zu unterdrücken / damit es der Assyrische König / noch unser statthalter / nicht erfahre / so lässet sich doch das gerüchte übel binden. Mehrers hievon wil ich dir sagen / wann wir uns sprechen. Immittels höre nimmer auf zu lieben deine ergebneste


Zelinte.


Als nun die Königin den andern Zettel auch ge \ffnet / funde sie darinn folgendes:
Edele Syrer!

Das grosse und gerechte geschicke des himmels kunte nicht zulassen / daß eures grossen Aramenes blut völlig von der erden getilget würde: darum hat es lassen überbleiben einen helden / der bis jezt so unbekant von namen / als bekant wegen seiner heldenthaten / in der welt unwissend lebet / daß Aramenes sein vatter /und Syrien sein Erbkönigreich sei. Nunmehr aber ist die zeit fürhanden / daß er und ihr zugleich erfahren sollet / was für ein glůcksstern Syrien / nach soviel ausgestandenen trübsalen / erscheine: und werden alle treue Syrier hiemit ermahnet / die waffen zu ergreifen / und also ihren rechtmäsigen König zu fordern; der auf solchen fall nicht säumen soll / seinen getreuen unterthanen sich zu zeigen / und ihnen das Assyrische joch wieder abzunemen.


[659] Casbiane erwachete indeß / als die K \nigin dieses hatte zu ende gelesen / die dann nicht wenig bestůrzet wurde / von ihrer K \nigin also gefunden zu werden. Ich bin (finge die Delbois an / sie anzureden /) über eure geheimnise gekommen: doch wil ich euch nicht schädlich seyn; massen ich meines herrn vatters haß zu dem Syrischen hause nicht geerbet / sondern vielmehr in mir eine verborgene neigung entfinde / dem Aramenischen blute gutes zu g \nnen. Ist dieses aber /Casbiane / die ursach / daß ihr bisher so traurig gewesen? und machet die sorge fůr euer vatterland / daß ihr nicht mehr den freudigen geist zeiget / der euch sonsten so gemein war? Unter wåhrendem diesem gespräche hatte Casbiane sich wieder erholet / entschuldigte also anfangs ihr verschweigen / daß sie nicht gleich der K \nigin entdecket / was ihr ihre base Zelinte aus Syrien geschrieben. Und wiewol sie nicht låugnete /daß ihr / diese unvermutete entdeckung des Syrischen K \nigs / allerhand gedanken erweckte: so erwehnte sie doch daneben / daß sie von der traurigkeit nichtes wůste / die ihr äuserliches aussehen die K \nigin vermuten machte. Sie bate dabei / es m \chte ihr die K \nigin die gnade thun / daß sie diese zetteln wieder bekåme: weil Zelinte in die höchste ungelegenheit gerahten würde / wann es auskåme / daß sie von solchen dingen briefe mit ihr gewechselt.

Als nun die K \nigin hierinn ihr begehren erfüllet /und ihr die schreiben wieder zugestellet hatte / ermahnete sie / um die Casbiane zu vergnůgen / die Prinzessin Ammonide und ihre Aramena / hievon gegen niemand zu gedenken: die dann solches / sowol der K \nigin / als der Casbiane / versprochen. Die Königin verwiese damit im scherze der Fůrstin von Cale /auf ein andermal [660] so geheime dinge båsser zu bewahren / da sie nicht allemal solche verschwiegene / als diesesmal / antreffen und fůrfinden m \chte. Ich weiß in warheit nicht / (sagte hierauf Casbiane /) wie ich zu dieser nachlässigkeit gekommen / und hat mich der schlaff überfallen / ehe ich mir es vermutet: bin aber dafür so gnådig abgestraffet / daß ich von ůbergrossem glůck zu sagen habe.

Wie sie nun mitdeß ihren spazirweg zusammen fůrter namen / waren ihrer aller gedanken auf diesen neuen Syrischen K \nig gerichtet / und stellete die Königin ihr für / wer dieser unbekante Aramenes wol seyn m \chte / der wegen seiner heldenthaten bereits sich in der welt solte so bekant gemacht haben / und wuste auf niemand zu rahten. Ammonide ihres orts wůnschete / es m \chte der jenige seyn / deme sie es in ihrem sinn zuschriebe / und speisete sich mit guter hoffnung / in ihr selbsten: massen sie keine vertraute hatte / der sie sich håtte d \rfen offenbaren. Casbiane fürete ihre eigene gedanken hievon auch / und Aramena / so dieserwegen zum wenigsten bekůmmert war / sagte zu der Casbiane: Vielleicht ist der Prinzessin Ahalibama ritter / der Dison / dieser noch verborgene Syrische K \nig? weil dessen sch \ne gestalt eine hohe geburt von ihme urteilen machet. Wann das sich so verhielte / (antwortete Casbiane /) wůrde ich künftig die Aramena als meine Landeskönigin verehren müssen. Diese wenig worte / brachte Casbiane nicht sonder grosse bewegung herfůr. Aramena aber låchelte hierzu / und sagte scherzweis: Aramenes und Aramena würden sich / wegen der namen / wol zusammen schicken. Die Delbois / solches h \rend / antwortete in gleichmåsigem scherz: wiedaß sie zwar ihrer Aramenen die Syrische Kron wol gönnen wolte / jedoch solte ihr leid seyn / sie dadurch zu einer feindin zu bekommen / [661] weil wol vermutlich wäre / daß sie /als des Bel Ochus tochter / keine gnädige K \nigin zu Damascus haben wůrde. Der himmel mag meinen stand veråndern / wie er wil / (antwortete Aramena /) so werde ich doch eine slavin meiner gnådigsten K \nigin unänderlich verbleiben.

Mit solchen gesprächen brachten sie ihren spazirgang hin / und als sie bis in die nacht den vollfüret /begaben sie sich wieder in ihre wonungen. Nach vollendeter ruhe / reiseten sie des folgenden tages fürter /und erreichten nach dreien tagen des statthalters von Syrien lusthåuser eines: alda / wie der Elihu hatte vermeinet / der Prinz Mamellus in person seyn / und die K \nigin entfangen sollen. Wie sie ihn aber alda nicht funden / auch keine nachricht wegen seines ausenbleibens erhielten / name solches den Elihu nicht wenig wunder: daher er gleich einen nach Damascus fůraus schickte / ihre ankunft dem statthalter zu vermelden /und name er sich inzwischen der bewirtung an; welcher er also wol fürstunde / daß alle seine fürneme gåste grosse ursache hatten / mit ihme mehr als wol zufrieden zu seyn.


Ende des Ersten Theils.

Der Zweyte Theil

Zuschrift an die beschwiegerte Freundin
Zuschrift an die beschwiegerte Freundin: den Kupfer-Titel erklärend.
Sezt sich Freundschaft wurzelfäste auf der Liebe Libanon:
Ob der Wind ihr stürmet zu / sie wird doch / die Ceder / grünen /
Führen ihr belaubtes haubt an die hohe wolken-bünen.
Ist der Taube liebster Gatte durch den Tod geführt davon:
An stat dessen / Storchen-Treue Widmet Ihr ein frommer Sohn /
Ehrt die wehrte Mutter-Huld / Mit bestand gesinnt zu dienen;
Lässt die äste über Sie Ziehen grüne schirmkartinen /
Innigst-freudig / wann sie decket Hitz-befreyter schatten-thron.
Seelig schäzt sich Aramena / Glückt es ihr / genem zu seyn /
Als sie dieser Freundschaft hier Legt ein wahres Zeugnis nieder.
Beides / diese und die Ceder / Unverweslich halten ein.
Es riñt stäts des herzensharz / Bricht hervor / quillt hin und wieder.
Thränt den saft / den widertod. Zeigt sie Bantams Palmen-Nuß:
Ach! ein Sinnbild / daß die Treue Huntert Früchte bringen muß.
Das Erste Buch
Des Disons Lebens-begegnise
Des Disons Lebens-begegnise.

Nach dem tage / als wir / an stat eurer hochzeitfeier beizuwohnen / von den Arabern überfallen worden /und ich das unglück hatte / ihr gefangener zu werden /habe ich so viel veränderungen des menschlichen glückwesens erfahren müssen / daß ich wol sagen kan / ich habe von der zeit an erst recht angefangen zu leben / und die welt eigentlich erlernet: daß ich vorher in der beständigen ruhe / die ich in unsers vatters hause auf dem gebirge Seir genossen / beides von ungemach uñ grosser vergnügung wenig zu sagẽ wuste. Das stille wesen sezte mich in ein faules leben / das dann mit solchem verdruß von mir angesehen würde /daß ich fast mehr erfreuet als betrübet ware / als mich ein so frömder zufall aus dem zwang hause meines vatters hinwegbrachte: in welchem ich / wie ihr wisset / von unsern eltern / als ein einiger sohn / aus gar zu grosser sorgfalt und liebe / all zu zart und eingezogen gehalten wurde.

[18] Die schleunige veränderung / indem ich aus einem herrn ein slav worden / und aus einem ruhigen leben in die höchste unruhe so plötzlich gerahten / wolte mir zwar anfangs etwas fr \md fürkommen. Weil aber das glück mich zu einem herrn gebracht / der noch etwas menschliches unter seinem wilden rauber-leben herfůrblicken liesse / als hatte ich nicht so gar böse sache bei ihme / sondern wurde / in betrachtung meiner jugend / zimlich wol von ihme gehalten. Die freiheit / mit ihme zu jagen / und (nicht / als andere slaven / in kerten geschlossen /) ståts üm ihn zu seyn /verursachete daß ich mit meinem zustande noch etwas zufrieden ware. Ich reisete mit meinem herrn / der sich Save nennte / ein halbes jahr lang also in dem wüsten Arabien ümher / und wie ich / in solcher zeit / seines gemütes / welches / wie gesagt / so gar böse nicht war / meister worden / brachte ich ihn allmålich von seinem wilden leben ab: so gar / daß ich ihn endlich dahin überredete / vielmehr durch den krieg / als durch solches schändliches rauben / seinem leben aufenthalt zu suchen. Wie er dann / auf meinen antrieb /seine rauber-gesellschaft / ehe sie dessen sich versahen / verliesse / und unter dem König Arieus von Arabien kriegsdienste anname: der eben damals mit denen von Saba und Hevila / und mit den Fürsten Nebajoth / sich waffnete / Egypten anzugreifen / alda man den König Scheba von Cus / ihren bunds-verwandten / gefangen bekommen.

Der dapfere Prinz Mardocentes / des Königs Arieus sohn / war unser general: unter deme dann die waffen zu füren / so nützlich als ehrlich ware. Weil in der musterung / dieser Prinz an mir etwas fande / [19] so ihm gefallen konte / als wolte er mich bei sich haben: das dann der Save geschehen liesse / und mir dieses glück nicht misgönnete / ob er wol das recht der herrschaft über mich behaupten / und mich als seinen slaven behalten können. Ich erwiese ihm aber hiergegen meine erkentlichkeit / indem ich ihn / nicht lang hernach /bei dem Prinzen wol anbrachte: der ihm / auf meine fürbitte / einen ansehnlichen dienst unter den kriegsvölkern gabe / dadurch er nachmals sein beständiges glück bauete. Bei solcher bewandnis / hätte ich /durch entdeckung meines names und standes / leichtlich nach Seir zu meinen eltern wieder gelangen können. Die erinnerung aber / daß mein herr vatter in niemals in den krieg erlauben wollen / worzu ich doch in mir grosse zuneigung befunden / verursachete / daß ich mich nicht kundt gabe / sondern bei dem Prinzen Mardocentes verbliebe. Unter diesem dapfern Helden nun / ginge der zug nach Egypten. Wie wir aber auf die gränze kamen / wurde unvermutlich friede / welchen der König von Egypten durch loßlassung des Königs von Cus erlangte / von dem er auch / in allen seinen gehabten forderungen / gutes vergnügen entfangen. Also musten wir / unverrichter sachen / unsern rückweg nach Arabien nemen.

Niemanden war dieser getroffene friede unangenemer / als uns jungen leuten / die wir die fortsetzung des krieges lieber hätten sehen mögen. Mardocentes unser fürer / kunte die auserlesene manschaft nicht also ohne verrichtung von sich lassen: überredete demnach seinen herr vattern den Arieus / daß er sein volk der Königin von Saba / der Petasiride / zu hülf schickete / welche mit etlichen ihren unterthanen / die[20] in dem gebirge über dem fluß Arnus wohnen / streit bekommen hatte. Ganz Saba freuete sich unserer ankunft / und die schöne Petasiride nam uns so willig auf / daß sie keine ehrbezeigung unterliesse / ihre vergnügung uns zu verstehen zu geben.

Der Prinz Mardocentes wurde / gleich nach seiner ankunft / zur königlichen verh \r gefüret / da ich / als der ich mit unter des Prinzen bedienten mich befunde / diese schöne Königin sahe / welche / so wol von der natur / als mit unerschåtzlichem schmuck der edelsteine / dermassen geziert erschiene / daß man ihren glanz bewundern muste. Sie wehlte mich gleich unter dem ganzen haufen aus / und sahe mich mit unverwandten augen an / so gar / daß alles / was sie mit dem Prinzen redte und thäte / sie niemals hintern konte / mich dabei stäts in den augen zubehalten. Nach abgelegter dieser ersten besuchung / wurde der Prinz in ein köstlich-ausgeschmücktes gemach gefüret / dahin alle kriegs-rähte zu ihm kamen / sich mit ihme wegen des fürhabenden krieges zuberahten.

Als er nun abends allein war / und niemand als mich üm sich sahe / als der ich unter seine vertrautesten gerechnet wurde / offenbarete er mir sein anligen / wiedaß nämlich die schönheit der Petasiride ihn ganz eingenommen hätte / und er ohne diese Königin nicht leben k \nte. Ich sprache ihm hierauf allen trost ein / den die verliebte gern h \ren: wie ich nämlich nicht zweifelte / daß die Königin seine liebe wol aufnemen würde / in betrachtung so wol seiner person /als auch der dienste / die er aniezt ihr leisten könte. Er ward hierüber ganz wolgemut: und weil ich ihm so gelinde pflaster auf seine wunden legte / als wolle er sonst keinen [21] vertrauten in seiner liebe haben: da ich doch / als in dergleichen sachen ganz unwissend /ihme wenig raht erteilen kunte.

Es wurde aber beschlossen / daß wir dem feinde über den fluß entgegen gehen / und ihnen nicht zeit lassen solten / zu uns herüber zu ko en. Weil der Prinz einen erfahrnen mutigen kriegsmann vor sich hatte / indem Nabonnadus / einer von den fürnemsten des reichs / des gegenteils feldherr war: als wandte er allen fleiß an / in diesem krieg ehre einzulegen / und dadurch seiner K \nigin sich gefållig zu machen. Dieser Nabonnadus liebte die Königin / und hatte eben darüm / weil sie seiner liebes-ansuchung kein gehör geben wollen / diesen aufstand erwecket: mit dem vorsatz / entweder sich zu rächen / oder durch gewalt die Königin zu seinem willen zu bringen.

Weil aber etliche wochen hinliefen / ehe wir mit den völkern in das feld giengen / als sahen wir die Königin täglich: wordurch der edle Mardocentes je mehr und mehr eingeno en / hingegen die Königin /durch schickung des himmels gereget wurde / eine gnade auf mich zu werfen / die einer liebe sehr ånlich ware. Sie ergriffe alle ersinliche gelegenheit / mit mir zu reden: und weil zeit und ůmstände solches wenig leiden wolten / indem ich / wegen meines verheelten standes und damaliger kriegs-unerfarenhrit / in keinen raht mitgezogen wurde / so erdachte sie ein anders mittel / mich oft bei ihr zu sehen / indem sie ohn unterlaß durch mich den Prinzen ein- und anders sagen liesse / daß ich also in der that das genosse / was Mardocentes so herzlich verlangete.

Wie nun der tag unsers aufbruchs erschienen / begabe [22] sich die Königin selbst mit auf den platz / wo das heer zum abzug färtig stunde. Sie hatte einen feldobristen / der ihre Sabeer fürete / namens Parannus: und blieben wir mit unserem haufen / als die hulfvölker / unter dem befehl des Prinzen Mardocentes / von ihnen abgesondert. Sie name endlich von einen jeden persönlich abschied / und als sie zu mir kame / liesse sie eine sonderbare traurigkeit blicken /und sagte zu mir: Wann ihr für mein wolergehen streiten wollet / so sehet / daß ihr euer leben nicht zu sehr waget. Solches sagend / errötete sie etwas / und gienge damit von mir / zu andern. Als wir hier auf fortzogen / bliebe diese grosse Königin so unruhig zu rück / als verliebt der edle Mardocentes von ihr schiede. Ich für meine person trachtete nach nichts / als in diesem krieg etwas zu lernen / und dann folgends dem Prinzen in seiner liebe zu dienen. Er hatte nichts von der Königin unruhe gemerket / wiewol sonst die verliebten alles zu erspüren pflegen: und ware auch ich nicht der jenige / der ihme hiervon etwas entdecken wollen / zumal ich mich selbst noch beredete / daß es nur einbildungen gewesen.

Wir setzeten nun glücklich über den fluß hinüber: da dann der feind / als er unsere entschliessung und heers-macht sahen / zurück wiche / also daß wir ihn zu keiner schlacht bringen kunten. Weil er in den klippen / darinn er sich verschanzet / einen grossen vorteil für uns hatte / als wärete es zimlich lang / ehe was hauptsächliches fürgienge: bis endlich der dapfere Mardocentes ein berg-schloß eroberte / von dar aus nachgehends dem feinde mehr zu schaffen gemachet worden. Alles nun / was hierbei fürliefe / berichtete[23] der Prinz der Königin: die / sich dann gar höflich für seinen fleis bedankte / endlich aber in einem ihrer antwortschreiben bate / daß er sich ferner nicht bemühen möchte / ihr selber alles zu berichten / weil sie leicht erachten könte / daß er / als ein feld-obrister / mit geschäften überflüssig beladen wåre / und könte ihr wol / was fürliefe / von dem Dison zugeschrieben werden. Vernemet ihr wol / (sagte der verliebte Prinz / als er mir der Königin brief fürgelesen /) was euch für ein amt ausgetragen wird? Petasiride wil / ihr sollet ihr unsern zustand berichten. So schreibet ihr dann / mein Dison! daß ich / mit der keuschesten und zugleich häftigsten liebe / ihr ergebener bin / und daß Mardocentes nicht / als allein für seine Petasiride / lebet.

Gleich wie ihn dieses seine inbrünstige liebe reden machte / also eräugete sich auch nich lang darnach eine gelegenheit / daß ich so wol der Königin befehl /als sein begehren / erfüllen konte: Dann Nabonnadus unversehens einen einfall in unser lager thäte / mit so glücklichen erfolg für die seinigen / daß wir einen grossen verlust / ohne die unbeschreibliche dapferkeit des Mardocentes / erlitten hätten. Dieser küne held nun thäte dißmal sein äuserstes / und wie er sich gar zu viel wagete / hatte ich zwar das glück / ihme mehr als einmal das leben zu retten: seine vielfältige verwundungen aber konte ich nicht verhintern / welche verursachten / daß er etliche wochen muste des bettes hüten; da dann seine wolneigung mir sich so weit an den tag gabe / daß ich inzwischen sein amt übernemen und unsern völkern befehlen muste. Mein glück wolte / daß ich dieses amt mit gutem fortgang verwaltete / und dem feinde / nach diesem erlangten sieg / etliche erhebliche [24] Niderlagen hinwiederum zufügete /die uns zu grossem vorteil gereicheten. Weil nun Mardocentes nicht schreiben kunte / muste ich solches an die Petasiride berichten: da ihr euch dann leichtlich einbilden k \nnet / wie wol ein solches von der Königin aufgeno en worden / die mir die verbindlichsten antworten zurück schriebe / und darinn allein meine geringe thaten erhube / also daß sie fast des Mardocentes mit keinem wort gedachte.

Seine freundschaft zu mir / machte ihn dieses nicht beeifern: massen er mir selber auch mehr zumasse /als mir kunte zukommen. Wie es sich nun mit seiner båsserung etwas verzogen / und die schwachheit mehr zu- als abname / reitzete ihn seine häftige liebe / daß er von mir begehrte / ich solte der K \nigin seinen rechten zustand entdecken / und seine liebe offenbaren: damit er / wann er ja sterben solte / zuvor erfüre /wie seine Petasiride seine liebe aufgenommen hätte. Ich verrichtete dieses mit furcht und sorgen / weil ich wol vermuten konte / daß der Prinz / durch der Königin antwort / die zufriedenheit / die er verlangete /nicht erlangen würde. Inzwischen / da es sich etliche wochen mit der antwort verzoge / kame es zu einem haupt-treffen mit dem feinde: da es ein so blutiges gefechte gabe / daß Parañus / der Sabeer feldherr selbst bliebe / Nabonnadus aber mit allen den seinigen in die flucht gejaget wurde.

Wie ich nun / drei tage nach diesem erhaltenen sieg / zu dem Mardocentes wiederkame / funde ich denselben in so betrübtem zustande / daß er ihm fast nicht mehr ånlich sahe. Ach Dison! (sprache er / mich ersehend /) der verwegene Mardocentes muß sterben.[25] Hiermit übberreichte er mir ein schreiben von der Königin / daß in wärender meiner abwesenheit an mich gekommen / und er erbrochen hatte / welches dann ongefär also lautete:


Petasiride ist nicht gewonet zu nemen / sondern zu geben; und gleichwie sie eine freie K \nigin ist / also wird sie ihr auch nichtes für schreiben lassen / sondern in ihrer wahl frei verfahren. Die dienste / so man ihr erzeiget / können sie zu keiner dienerin machen: und wie iezt Nabonnadus wegen seiner vermessenheit ihren haß und rache entfindet / also sollen andere solchen auch fülen / wann sie vergessen / wer Petasiride ist.


Ich wolte ihm hierauf trost einsprechen / daß nämlich die zeit der k \nigin gemüt ändern k \nte: er aber wolte nichtes annemen / und verschlimmerte sich hierdurch seine krankheit dermassen / daß wir nichtes als seinen tod für augen sahen. Acht tage hierauf / bekamen wir post von hofe / die also lautete: Petasiride liesse dem Prinzen danken für seine geleistete hülfe /und gäbe damit ihm und seinen völkern erlassung /weil ihre feinde nunmehr so gedämpfet / daß / was noch übrig / sie durch ihre eigene macht wol vertilgen wolte. Hierbei begehrte sie an mich / ich solte die stelle des gebliebenen Parannus über mich nemen /und ihre völker füren. Der betrübte Prinz bliebe / auf diese erlassung / mehr todt als lebendig. Und als ich das aufgetragene amt ganz nicht annemen wolte / weil ich den Prinzen nicht verlassen kunte: zwunge mich Mardocentes selber dazu / einwendend / daß ihme dieses noch einig und allein sein leben erhalten würde / wann er mich bey seiner Petasiride wüste; in hoffnung / meine [26] beredungen / wann ich mich ihres gemütes bemächtigt / würden ihme viel nützen / daß er endlich seinen zweck erreichen könte. Ob ich nun wol hiervon ganz das widerspiel vermutete / muste ich dannoch dem verliebten Prinzen nachgeben / und ihn verlassen / als er sich krank liesse nach Arabien wegfüren: dabei er dañ mir eine abschied-schrift an seine Petasiride hinterliesse / die ich ihr selber in die hände liefern solte / welche dann in gebundener Rede also lautete:


Zween kriege machtet ihr / ô K \nigin! mich füren:

für euch / den einen hier: den andern / wider euch.

Der erste hat / durch mich / befriedet euer reich.

Im andern / solte ja mir auch der sieg gebüren:

den euer hartes herz mich ietzund macht verlieren.

Ihr acht mich eurem feind / den ich verjaget / gleich.

Mag lieb und treuer dienst euch gar nit machen weich?

muß ich / durch euch / mich gar von euch verwiesen spüren?

Zwar eurer Schön' ich mich gib überwunden gerne.

Geschlagne feinde sonst in haft man bringet ein:

Und ich / darf nicht einmal gefangen bei euch seyn.

Ihr schickt mich / grausame! mit fåsseln in die ferne,

Nemt diese ab / wann mir der abschied ist gemacht:

gebt mir die freiheit mit / die ich hieher gebracht.


Die wolthaten / die ich von diesen Prinzen genossen / und meine innerliche anregung ihn zu lieben /liessen mich / wegen diese von einander-scheidens / ja so bestürzt und betrübt / als der Mardocentes ware. Ich versprache ihm aber / nach aller möglichkeit ihme bei der Königin zu dienen / und ihn alles dessen heimlich wissend zu machen / was in seiner angelegenheit vorgehen würde. Ich muste nun gen hof kommen / nachdem der Prinz mit den Arabern hinweg ware. Ich wurde von der Petasiride so wol entfangen und gehalten / daß / wann ich meinem freund [27] håtte untreu werden / und diese schöne K \nigin lieben wollen / ich mich vollkommen glücklich hätte sehen können. Weil ich öfters / wegen tragenden kriegs-amtes /bei der Königin mich allein befunden / als rückte sie mir einsmals für / daß ich wegen des Mardocentes also an sie hätte schreiben dörfen / da sie von mir wol eines andern wåre vermutend gewesen. Ich name hierauf anlaß / ihr dieses Prinzens tugengenden heraus zu preisen / und ihn in seiner liebe zuvertådigen: worüber sie ganz unwillig wurde / und mir verbote / des Prinzens ferner gegen ihr zu gedenken. Ich erkůnete gleichwol / nach der ursach dieses hasses zu fragen /weil ich ja an dem Mardocentes keinen einigen tadel wüste / und alle Sabeer ihn gern zum gemal ihrer Königin haben würden. Wann Mardocentes / (antwortete sie mir / und wandte zugleich das gesicht hinweg) den Dison nicht mit in mein land gebracht hätte / so dörfte er mir vielleicht so unangenem nicht gewesen seyn.

Hiermit liesse sie mich unerwarteter antwort alleine / und wuste ich nicht / was ich hierzu sagen / noch wie ich mich hierbei regiren solte. Ich fande nun auch nicht ratsam / des Mardocentes schrift der Königin zu überreichen / als welches ihren zorn noch mehr wůrde angefeuret haben. Es verstrichen nach diesem etliche tage / da ich die K \nigin nicht zu sehen bekam: weil sie mich nicht sprechen wolte / aus scham / daß sie mir ihre neigung solcher massen entdecket hatte. Endlich an einem morgen bekame ich unvermutlich ihren befehl / mit meinen untergebenen völkern aufzubrechen / und der neu-anglimmenden unruhe zu steuren /die sich von dem Nabonnadus wieder spüren ließe:[28] welcher die Nabatheer auf seine seite gezogen hatte /und an den gränzen stunde / vorhabens / entweder die K \nigin zur gemalin zu erlangen / oder den krieg wieder anzuheben. Weil ich keinen eigentlichen befehl mit bekame / vor meiner abreise der Königin erstlich aufzuwarten / reisete ich von Saba hinweg / und hatte in diesem andern kriegszug ja so grosses glück / als in dem ersten / indem ich den Nabonnadus nochmals gezwungen / friede zu begehren: weswegen ich im ganzen königreich beliebt wurde. Ich bekame aber in diesem zug / auser denen gemeinen befehlen / kein schreiben von der K \nigin / ob ich ihr gleich alles /was vorgienge / berichtete. Weil ich nun solche verspürte kaltsinnigkeit / als ein gutes zeichen für den Mardocentes / aufname / als ward ich hierüber erfreuet / in der hoffnung / daß meinem freunde solches nützen würde.

Als ich aber eines tags / von wenigen der meinigen begleitet / an dem fluß Arnus spaziren ritte / sahe ich mich unversehens von einer grossen menge reuter ümgeben / deren fürer gleich auf mich einschluge / und von den seinen grimmig entsetzet wurde. Meine gegenwehr wäre viel zu gering gewesen / ihren gewalt abzutreiben / wann nicht / zu unverhofftem glück / der Prinz Mardocentes dazu gekommen wäre: welcher mit seiner dapferkeit zu wege brachte / daß ich beim leben erhalten / und die feinde meist erleget / die übrigen geflüchtet wurden. Kaum aber hatte ich meinem erlöser gedanket / da rennte noch ein haufe auf uns zu /und einhällig ruffend / Es lebe der feldherr Dison! wurfen sie sich ungestümmer weise / ungeacht ich ihnen zuschrie / daß dieser mein erlöser wäre /) auf den Mardocentes und seine leute: dessen seite ich aber treulich [29] hielte / daß wir also / wiewol nicht ohne verwundung / endlich davon und in ein baurhaus entkamen / von dar wir in das lager nach dem wundarzte sandten / üm nach unsern wunden sehen zu lassen.

Wie dieser zurücke kam / brachte er den bericht mit / wie daß die Königin Petasiride im lager wäre: wie dann bald darauf ihrer Cammerherren einer mit der sanfte ankame / mich abzuholen. So viel frömde begebenheitẽ auf einmal / machten mich ganz verwirret. Ich wuste nicht / wer die gewesen / die mich also angefallen? wie Mardocentes dahin gekommen? wer diese wären / so mich wieder erlösen wollen? und was der Königin ankunft bedeute? Wie aber Mardocentes seiner Petasiride daseyn erfuhre / bate er mich sehr /ihn heimlich zu halten: welches ich diesem meinem edlen erlöser versprache / und ihn heimlich in das lager nachfüren liesse. Ich aber begabe mich in die von der Konigin geschickte sånfte / und wurde so matt und kraftlos eingebracht / daß ich den abend nicht auser lebensgefahr geachtet wurde.

Ich vermute aber wol / daß ihr / liebste schwester! begierig seyn werdet / zu erfahren / wer diese frömde abenteur verursachet: von der ich euch dann berichten wil / ehe ich fortfahre. Die Königin Patasiride / welche mich mehr / als ich würdig / liebete / und mich in ihrem herzen vor allen anderen zum gemal erwehlet /hatte nach dem tage / da sie mir ihre liebe so deutlich zu erkennen gegeben / mein stillschweigen und kaltsinnigkeit mit nicht geringem verdruß aufgenommen. Sie hatte vermeinet / ich würde / nach dieser offenbarung / die sache weiter getrieben und mein glück verfolget haben: so muste sie erfahren / wie ich dieses glück [30] wenig erkennete / und in kaltsinniger ruhe mein leben hinbrachte; massen sie bei meiner person stäts jemand hatte / der alles mein thun und lassen beobachten und ihr berichten muste. Weil nun auch großmut / und nicht allein liebe / in ihr herrschete / als wurde sie nicht wenig erzürnet / mich einen solchen zu finden. Und weil sie vorher noch niemal ihre liebe zu einigem menschen gesetzet / gienge es ihr desto riefer zu herzen / daß ihre wahl also unglücklich auf einen unerkentlichen hinausgeschlagen. Also lebte sie in der grösten marter / und durch Calinde ihre vertrauteste ka erjungfrau angefrischet / (die mir mein glück nicht gönte / weil ich ihrem bruder in der feldherrn-stelle fürgezogen worden) entschlosse sie sich endlich / mich niedermachen zu lassen: damit ich mich dessen nicht berümen künte / daß mich eine so grosse K \nigin geliebet.

Der Calinde brudern / dem Mela / wurde dieser befehl heimlich zugeschicket / und ihme ein gewißer tag benennet / da er es solte werkstellig machen. Kaum aber war dieser befehl fortgeschicket / da wachete die liebe in der Königin gemüte wieder auf / also daß sie /mich selber entschuldigend / ihren haß und rachgier fahren liesse / und sich entschlosse / eiligst nach dem lager zu reisen / diesen meinen tod zuverhintern / und mir zu offenbaren / wie sie gesonnen wåre / mit gut-befinden ihrer gesamten stände / mich zu ehlichen. Also ware die Königin eben den tag im lager angekommen / als Mela mich solte nidermachen: da dann ihr haubtman von der wacht eiligst befehl bekame /mich zu schützen / auch / damit niemand erfüre / wer mir dergestalt das leben nemen wollen / alle niederzumachen / die er gegen mich würde fechten finden. Dieser haubtman [31] ware es / der mit seinen kriegsleuten eben dazu kame / wie der Prinz Mardocentes mich von dem Mela befreiet / und denselben niedergestossen hatte: daher er / ihn für den Mela ansehend / ihme so feindlich begegnet.

Die Königin kame selbigen abend zu mir in mein gezelt: weil ich aber nicht in dem zustande war / mit ihr zu reden / als hat sie mich bald wieder verlassen /wiewol nicht sonder threnen / weil es sich mit mir gar gefärlich anliese. Wie aber etliche tage verflossen /und die årzte hoffnung gaben / ward sie höchlich darob erfreuet: und nachdem sie die fürnemsten ihrer stände vor sich fordern lassen / entdeckete sie ihnen /wie sie entschlossen wäre / ihnen einen K \nig zu geben; da sie dann keinen würdigern wüste / als den feldherrn Dison / dessen dapferkeit sie nun zum zweitenmal den frieden ihres reiches zu danken hätte / und wolte sie hoffen / daß ihre wahl ihren unterthanen nicht entgegen / sondern vielmehr angenem seyn wůrde. Es war keiner unter ihnen / der diesem entschluß der Petasiride sich widersetzete: dann weil die ehr-eiversucht unter ihnen so groß war / daß keiner dem andern die kron gönnete / als kunten sie lieber einen fr \mden dazu gelangen sehen. Nur allein mein unbekanter stand / wolte ihnen im wege stehen; welches aber Petasiride ihnen bald bename / indem sie sagte: wie daß die tugend adele / und sie auf keine andere ümstände in ihrer wahl zu sehen håtte.

Dieses alles ginge nicht so geheim zu / daß es der arme verliebte Mardocentes nicht in seinem gezelt erfahren hätte; der dann / so matt er war / an einem abend sich heimlich in mein zelt füren liese / und / als er sich [32] auf mein bette gesetzet / mich lang ansahe /ehe er ein wort sprache. Ich / der ich ebẽ auch kurz vorher von meinem waffenträger vernommen hatte /was für ein gerüchte im ganzen lager ginge / daß ich nämlich die Königin heuraten solte / ware ja so unruhig in meinem gemüte / als Mardocentes. Also schwiegen wir beiderseits eine gute weile / bis endlich Mardocentes also anhube zu reden: So ist dann der /den ich vom slaven zum freien / von einem freien zum feldobersten / ja zu meinem vertrautesten in der liebe gemacht / und jetzo sein leben fast mit verlust des meinigen gerettet habe / mein mitbuler worden? Ach Dison! ist es müglich / daß ihr eure freundschaft so hintan setzet / und mich stäts in guter hofnung haltend / dergestalt nun hintergangen habet? Daß euch Petasiride zur liebe bewegen k \nnen / wundert mich nicht. Daß ihr aber / bei eurer liebe / die meinige ståts gebilliget / diß schmerzet mich / und gehet mir sehr nahe /daß ich eurer aufrichtigkeit zuviel getrauet habe.

Wann ich schon nicht (gabe ich ihm hierauf zur antwort /) dem Prinzen Mardocentes alles schuldig wäre / wolte ich dennoch dessen heftiger liebe zu gut halten / was ich mir iezt / eine unaufrichtige freundschaft betreffend / habe müssen fürrücken lassen. Ich weiß mich aber in keinem schüldig / als daß ich die liebe der K \nigin nicht gleich meinem Prinzen entdecket: massen ich nicht in abrede seyn kan / daß ich die fürlängst an der Königin vermerket. Daß ich aber dieselbe nicht ernehret / noch befördert / solches weiß der gerechte himmel. Wie sol ich mich aber hiebei verhalten / wofern das gerücht von der Königin entschliessung wahr seyn solte? Ich werde dißfalls in allem des [33] Mardocentes meinung folgen / und eher sterben / als meinem woltäter und erlöser zu wider leben.

Der verliebte Prinz / mich also reden hörend / fiele mir mit tränen üm den hals / und als er nachgehends von mir weiläufig erfahren / wie es hiemit die rechte beschaffenheit håtte / gabe er sich in dem fall / was mich betraffe / wieder zu frieden. Wann er aber seine Pertasiride / als verliebt in mich / ihm fürstellete / entfunde er einen harten streit in sich / ob er seinen mitbuler lieben oder hassen solte? Wir waren noch in solchem gespräche / als mir angemeldet wurde / die K \nigin kåme / mich zu besuchen. Er wurde / über diesem bericht / so blaß als eine leiche: und weil er keine zeit hatte / aus meinem zelt zu kommen / als liesse ich ihn hinter den fürhang meines bettes treten; da er / weil es ohndas zu nachten anfienge / sicher und ungesehen verbleiben konte.

Petasiride kame hierauf an / so sch \n / und dabei so herrlich geschmücket / als ich sie noch nie gesehen hatte. Man merkete an ihr genugsam die unruhe ihres gemütes / und als sie sich gesetzet / fienge sie / als sie mich etwas mit unverwandten augen angesehen / also an zu reden: Edeler Dison! ihr wisset / was ich und mein ganzes reich euch schüldig seyn / nämlich den frieden / und die freiheit / daß ich mich nicht in der gewalt des frechen Nabonnadus sehen darf. Damit habt ihr nun eine so grosse vergeltung verdienet / daß / wañ ich etwas mehrers hätte / als mein reich und meine person / ich es euch geben wolte. So nemet dann das jenige an / so ich im vermögen habe / euch mitzuteilen / und schlaget nicht aus den thron von Saba / wann ja Petasiride euch zuwider seyn solte. Hiermit [34] brache sie ab / mich so holdselig anschauend / daß ich unbeschreibliche anfechtungen in mir entfunde.

Grosse Königin! (sagte ich zu ihr) der himmel sei mein zeuge / daß mein gar zu unverdientes glück mich bestürzt machet / und mir schon seinen fall hinwiederum zeiget / den ich mehr als zu wol verdient /wenn ich nur einmal meine gedanken biß zu C. Maj. erheben d \rfte. Wie solte diese wundertrefflichkeit ein unbekanter schlechter Dison besitzen / die der himmel nur für Könige hat lassen zur welt kommen? Welche ungleichheit findet sich doch / zwischen mir und dem Prinzen Mardocentes? Warum wehlen E. Maj. nicht diesen unvergleichlichen helden / der mit so ehrerbietiger liebe E. Maj. anbetet? Wollen E. Maj. meine schlechte dienste vergelten / so lassen sie mich so bittseelig werden / und thun ihr selber recht darinnen /daß sie dieses edlen Prinzens liebe erkennen. Und sie stellen / den armen Dison / nicht dem neide so offentlich zur ziel-scheibe: massen meine ietzige verwundung zweifelsohne schon von dieser wahl herrüren wird / die E. Maj. auf mich geworfen. Dergleichen unfällen würde ich täglich unterworfen seyn: die ich doch nicht ansehen wolte / wann nicht eben so wol E. Maj. in gefahr stünden / und wolte ich lieber tausend töde erleiden / als hierzu die geringste ursache geben.

Ach Dison! (sagte sie hinwieder) wann ihr mich liebtet / würde auch nichts im wege stehen / dieses mein verbringen willig anzunemen. Ich muß aber leider! mehr als zu viel sehen / daß Petasiride euch zuwider sey / und ihr sie eurer liebe nicht würdig erkeñet. Nachdem wir hierauf noch viel worte gewechselt / da ich ihr / so gut ich konte / diese ihre einbildung zu benemen / mich [35] bemühet: erhielte ich endlich so viel / daß sie etliche wochen mir bedenkzeit vergönnte / mich zu einer so grossen sache zu entschliessen. Ich sagte / wie daß es kein geringes wäre /sich aus einem slaven König zu sehen: möchte sie mir demnach / üm ihrer eigenen person und meines bästens willen / diese zeit geben / mich zu erholen / und bei mir ein so grosses glück bässer zu überdenken. Also ist sie / etwas zu frieden / von mir geschieden.

Sie wäre kaum hinweg / da kame der halbtodte Mardocentes herfür / der unsere ganze unterredung angehöret / und fragte ich ihn: ob er mit meiner verhältnis zu frieden wäre? Nachdem er hierfür mir tausendfältig gedanket / offenbarete ich mich ihme ferner / und sagte: wie daß ich / allein ihme zu lieb / meinen slavenstand fürgewendet / weil ich des fürsten Ana von Seir sohn wäre / und also bis zu der Petasiride meine gedanken wol erheben dörfte / wann nicht die treu gegen meinen freund mich davon abhielte. Er ward hierüber so verwundert / als mir verbunden /und vertrauete mir folgends / was seine entschliessung wäre / und wie ich ihme zu seiner Petasiride verhelfen könte. Er sagte / wie daß er / mit bewilligung des Königs seines herren vattern / einen anschlag gemacht habe / die Petasiride zu entfürẽ: massen ein gleichmäsiges unlängst / der Prinz Eridanus von Cus / an der Prinzessin von Meden der Delbora / zu werk gerichtet: Dieses wäre die ursach seiner heimlichen hieherkunft / da es ihme nur an mir ligen würde / füglich zu seinem zwecke zu gelangen. Wie er nun dieserwegen den folgenden tag wieder zu mir zu kommen / abrede genommen / liesse er mich / solches zu überlegen / allein: [36] da ich dann / die ganze nacht und den folgenden tag hindurch / einen harten streit in mir entfunden /wozu ich mich entschliessen solte? Dann ob ich schon / dem Mardocentes mit meinem blute zu dienen / bereitwillig ware / so kunte ich doch dieses von mir nicht erlangen / meine Königin / in deren diensten ich lebte / also zu verrahten / und meinen willen zu dieser entfürung zu geben.

Demnach / als der Prinz folgenden abend wieder zu mir kame / schluge ich ihm meine hülfe ganz ab / alle überredungen herfür bringend / ihn davon abzubringen; ihn zugleich bittend / daß er mir andere mittel /ihme in seiner liebe beförderlich zu seyn / an die hand geben wolte. Ich stellte ihm auch sein schreiben wieder zu / weil ich solches der Königin nicht überreichen dörfen. Daß er aus dieser meiner antwort eine eiversucht geschöpfet / solches liesse er nicht unklar vermerken. Wie ich aber endlich mich erboten / so bald ich nach Saba die Königin würde gebracht haben / heimlich davon zu ziehen / und mich nach Dedan zu meinen herr vattern wieder zu begeben; da er dann /mit hülfe seines herr vattern / und des K \nigs von Cus und Hevila / sich üm die Petasiride bewerben könte: gabe er sich etwas wieder zu frieden / schiede auch nach etlichen tagen / als es ihm seine wunden zuliessen / wieder hinweg / am meisten darum unvergnügt / daß er nicht wuste / wen er in diesem seinem unglücke beschuldigen solte.

Petasiride ware nun eben so übel mit mir zu frieden / als Mardocentes / und stritte gewaltig mit ihr selber /ob sie die halbvollzogene rache gegen mir vollends ergehen lassen solte. Die liebe aber hielte ihren zorn[37] zurücke / also daß sie endlich sich überredte / allein die erkäntnis meiner unwürdigkeit mache mich also handelen: dannenhero hoffete sie / ich würde nach verflossener bedenkzeit / mich anderst finden lassen. Die stände des reichs besucheten mich täglich / so wol durch ihren befehl hierzu angetrieben / als aus eigener begierde / sich bei ihrem künftigen K \nig beliebt zu machen. So bald mein zustand mich wieder auf gesunden fus gestellet / wartete ich der Königin auf / und stellete mich gegen ihr also an / daß sie anfienge mit mir besser zu frieden zu werden / und vor sich das bäste hoffete. Bald aber bekamen wir die unvermutete zeitung / wie daß du Nabatheer / mit dem Nabonnadus / nahe bei Saba stünden / die örter ümher ausplünderten / und also friedbrüchig worden wären. Demnach ward für gut befunden / eiligst wieder nach Saba zu kehren: damit der Königin gegenwart diesem unheil wehren / und sie selber alda für allen überfällen desto sicherer seyn könte.

Ich thäte / vor unserem aufbruch / dem Mardocentes dieses alles zu wissen: habe aber / weder dißmal /noch nach der zeit / nicht einige antwort von ihm bekommen. Wir waren kaum in Saba eingelanget / da sahen wir uns von dem Nabonnadus belagert: daß also mein fürhaben / heimlich die Königin zu verlassen / und nach Dedan wieder zu kehren / verschoben bleiben muste / bis dieser neue krieg geendet seyn möchte. Die Königin triebe auch mich / in wärender dieser belägerung / zu keiner ferneren erklärung / und meinen sinn aus meinem thun und lassen gar aufrichtig beurteilend / ward sie gegen mir so wolgemutet und verträulich / daß sie mir selber offenbarete / wozu [38] ehmals die übereilte rachgier sie angetrieben / indem sie dessen tod befördern wollen / an welchem ihr leben hienge. Ich aber behielte in meinem gemüte beständig den fürsatz / heimlich davon zu ziehen: weil ich dem Mardocentes in seiner liebe keinen bässern dienst erweisen kunte. So machte auch die belägerung uns so viel zu schaffen / daß wir allein dahin die gedanken zu richten hatten. Dann weil der feinde macht groß war / die K \nigin aber keinen ihrer benachbarten üm hülfe anruffen wolte / aus beisorge / daß der freunde beistand sie zu viel kosten / und wieder auf eine anwerbung üm ihre person auslaufen möchte: als hatten wir genug zu thun / dieser belägerung zu widerstehen. Mein glück schiene mir hierbei so wol /daß ungeachtet alles vorteils / so Nabonnadus hatte /er dennoch uns nichts angewiñen konte: massen ich mitten durch den feind / ein gutes teil lebens-mittel in die stadt brachte / wovon wir uns lange zeit erhalten konten.

Den folgenden tag nach dieser glücklichen begebenheit / wurde mir von einem unbekanten ein brief gebracht / dessen hand ich so wenig als den überbringer kennete. Als ich das schreiben eröffnet / fande ich mich zu einem kampf ausgefordert / um des willen /daß ich die Petasiride liebte. Wann ich mich recht erinnere / so haben die worte ungefär also gelautet:


Wofern Dison die schöne Petasiride ruhig hoffet sie zu besitzen / wird er so wenig seiner liebe / als seiner angebornen großmut / das unrecht anthun / einen kampf auszuschlagen / den ihme hiermit sein unglücklicher mitbuler anbietet. Weil er unglücklich /als wird Dison leichtlich den sieg auf seiner seite vermuten / und also seine völlige glückseligkeit [39] bef \rdern k \nnen: die ihme nicht mit ruhe zu teil werden kan / er habe dann zuvor seinen mitbuler aus dem wege geräumet. Uberbringer dieses / wird den Dison an den ort bringen / wo man entweder die abtretung der Petasiride / oder den tod / von seinen händen gewärtig ist.


Nach überlesung dieses / bildete ich mir nichts anders ein / als daß Nabonnadus / der etwan meinen stand erfahren / solches müste geschrieben haben. Wie ich aber mich etwas bedachte / was ich thun solte / sagte mir der überbringer / der gar eines freien ehrlichen wesens ware: Ich dörfte nicht sorgen / daß hierunter ein betrug verborgen wäre / sondern ihn und seinen herrn / der ihn abgeschicket / für rittere von ehren achten. Und seine worte zu begläubigen / sezte er hinzu / ich håtte unter meinen soldaten einen / der ihn kennete / und von ihme zeugen würde / daß er kein betrieger wäre: und håtte er sich gestern der gelegenheit bedienet / mit den eingeholten lebensmitteln in die stadt zu kommen. Wie ich nun / benanten meinen kriegs-bedienten / (von deme mir auch nichts als treu und ehre bewust war) vor mich kommen lassen / beteurete mir derselbe / wie daß ihm dieser frömder / als vordessen ein fürnemer kriegs-bedienter unter dem König von Cus / langst bekant gewesen. Und ob wol mir / aus einer belägerten und mir-anvertrauten stadt zu gehen / nicht gebüret: so beredte mich doch hierzu der gedanke daß ich / wann ich den Nabonnadus in diesem kampf erlegen könte / die ganze kriegs-glut mit seinem blut ausleschen / und also dem reich grossen nutzen schaffen würde.

Nachdem ich dem Euriles / welcher nach des Mela tode / [40] nächst mir den obersten befehl ůber die soldaten fürete / in meiner abwesenheit alles wol in acht zunemen anbefolen / begabe ich mich am morgen vor tags / mit meinem fürer und wenig bedienten / heimlich aus der stadt / nach dem ort / da ich meinen mitbuler finden solte. Als wir nun fast ein viertel wegs von der stadt waren / ersahe ich den jenigen mit verdecktem angesicht / der mir den kampf anbieten lassen / den ich dann ganz gewiß für den Nabonnadus hielte. Wir giengen sonder wortwechselung aufeinander loß / und zwar so eiferig / daß wir mit den ersten streichen unsere waffen gleich blutig sahen. Meines gegenteils meinung / entweder zu siegen oder zu sterben / machete ihn sehr hitzig: gleichwie hingegen meine gedanken / durch diesen kampf den ganzen krieg zu enden / und also desto eher meinem Prinzen Mardocentes durch mein wegziehen in seiner liebe zu dienen / mir die kräfte doppelten. Dieses machte / daß ich endlich / wiewol sehr verwundet / obsiegete / und meinen feind als todt vor mir zur erden abfärtigte. Die begierde / den sterbenden Nabonnadus zu erkennen /machte mich alsbald seinen helm eröffnen: da ich dann ô himmel! meinen Mardocentes ersahe / der /sonder anzeig einiges lebens / ganz erblasset vor mir lage. Mein vergossenes blut / und dieser schrecken /verursachten in mir eine so häftige onmacht / daß ich neben den Mardocentes ganz sinnlos dahin fiele. Wie man mich endlich wieder erquicket / und ich mich gleich wieder nach dem Mardocentes ümsahe / fande ich niemand mehr / als meine eigene leute / die mich berichteten / wie daß des Prinzen von Arabigen leute ihren herrn auf einen wagen geleget / und mit vergieffung vieler threnen [41] hinweg gefüret hätten. Ich wolte zwar ihrem weg folgen / den sie genommen: ware aber so schwach / daß ich nicht konte aus der stelle kommen.

Weil mich der himmel auf einmal unglückselig machen wolte / brachte man mir indem die unverhofte zeitung / wie daß der Nabonnadus die stadt Saba eingenommen hätte / und zwar durch verråterey des Euriles / der ihme die thore geöffnet / und längst mit ihm in heimlicher verständnis gelebet. Der tod meines liebsten freundes / die übergab der mir anvertrauten stadt / die gefängnis meiner Königin / und das unverm \gen / einen von diesen erlittenen verlusten wieder zu båssern / brachten mich in eine solche verzweifelung / daß ich nichts als den tod verlangete. Ich sahe meine ehre / die ich in Saba erworben / hierdurch auf einmal geschändet / und verloren. Die Königin / die sich allein auf mich verlassen / und mich so sehr geliebet / ware / durch meine unvorsichtigkeit / in des Nabonnadus händen. Und meinen liebsten freund /deme zu gefallen ich all mein glück ausgeschlagen /gläubte ich von meiner eigenen hand erwürget. Demnach wolte ich kein hülfmittel zu meinen wunden verlangen: meine leute brachten es gegen meinen willen so weit mit mir / daß mein leib gesund wurde / dadurch sie den schmerzen meines gemütes üm so viel vollkommener mich entfinden macheten. Ich erfuhre letzlich in der kleinen schäfer-hütte / darinn ich heimlich mich verhalten / daß Nabonnadus die K \nigin geheuratet / und alles volk im land ihn für ihren König erkente / auch die benachbarte Könige und Fürsten ganz stille säßen / und keiner sich hierein mischen wolte. Wie die Petasiride lebete / konte ich nicht erfahren / vielweniger [42] schlüßig werden / was ich beginnen wolte. Nach Dedan zu reisen / schämete ich mich: weil dieses unglück mich alle gesellschaft fliehen machte. Also konte ich nichts / als den tod wünschen. Und wie die meinigen sahen / daß meine macht und glück / und also auch ihre hofnung / aus ware / namen sie nacheinander ihren abschied / also daß ich nur einen bei mir behielte / und begaben sich die andere wieder in das land / daraus sie bürtig waren.

Ich wallete hierauf etliche zeit in dem steinigten Arabien / dahin ich mich aus Saba begeben hatte / unwissend / zu was entschliessung / hin und wieder. Eines tags aber / als ich meinem pferd den zaum frei schiessen / und es gehen liesse / wohin es wolte /brachte es mich in einen felsichten ort: alda ich / aus meinen tiefen gedanken / wegen des vielen anstossens meines pferdes / endlich gleichsam erwachend / vor einer höle mich befande. Als ich / üm etwas ruhe zu nemen / mich hinein begeben / und meinem diener mein pferd überlassen hatte / kame mir zu gesicht ein marmornes bild einer Diana / dermassen schön von angesicht / daß der erste anblick mich gleich blendete; doch nicht dergestalt / daß ich nicht durch diese blendung immer scharfsichtiger worden wäre / dieses wunder-bild zu betrachten. Jemehr ich es anschauete /jemehr erhitzete sich in mir die begierde / es anzusehen: und hatte ich vorher nie das in mir befunden /was ich damals fülete. Gleich als aus einem tiefen schlaf / wurden meine siñe erwecket / also daß eine verborgene ruhe sich in mein gemüte einschliche /welche meine bisherige traurigkeit zu vertreiben begunte. Ich wurde gleich begierig / zu wissen / wie dieses bildnis in diese wildnis gekommen: [43] sahe demnach in dieser hölen ümher / und wurde gewar / daß sie muste bewohnet seyn / weil ich tisch und bette / samt allerhand haußgeräte darinn fande. Mich dünkte auch / als ob ich eine eiversucht / gegen den besitzer dieses bildes / in meinem herzen fülete.

Als der abend über diese meine närrische gedanken hereinbrache / sahe ich von ferne durch die klippen einen ansehnlichen jüngling ankommen / der seinen weg nach der höle zu name / und durch alle seine gebärden an den tag gabe / daß er müste sehr betrübet seyn. Weil ich mich nicht wolte von ihm sehen lassen / verbarge ich mich in einem winkel / höchstbegierig /diesen frömden zu kennen. Er tratte in die höle ängstig / grüssete das bild der Diana / und seufzend setzte er sich gegen ihr über / die er dann ohn unterlaß anschauete. Ach grausame! (hube er über eine weile an zu reden) wann du wüstest / daß ich allhier deines anschauens geniesse / solte deine strenge tugend mir auch wol verwehren / dieses glückes zu gebrauchen? gleich wie / durch ihren schluß / ich ewig von deinen angesicht verstossen lebe. Ihr wunderschöne augen! ihr habt euch der welt entzogen / weil kein sterblicher euch anzuschauen würdig ist. Du holdseliger mund! ach! du lässest deine lieblichkeit jezt nur die götter hören / weil keine menschliche gesellschaft dieses glück haben solte. Hiemit schwiege er still / fienge aber bald wieder an dergleichen reden zu füren: dahero ich mutmassete / dieses bild müste eine sterbliche person bedeuten / die von diesem menschen geliebet würde.

Liebe und eifersucht drungen hiermit zugleich zu mir ein / und was Petasiride mit ihrer Kron und aller schönheit nicht vermocht / das erlangte iezt in einem[44] augenblick an mir / ein unbekantes lebloses bild: und hielte ich solches für eine rache des himmels / der hierdurch abstraffen wolte / was ich etwan mochte an der Petasiride verschuldet haben. Ich begabe mich aber / weil die Nacht einbrache / ohn von diesem frömden gesehen zu werden / aus der Höle hinweg /und bliebe / die ganze nacht hindurch / in dem nächsten walde: so unruhig und begierig / meine schöne unbekante wieder zu sehen / daß ich mit schmerzen des anbrechenden tages erwartete.

Kaum ware die morgenröte herfürgebrochen / da begabe ich mich / durch den verborgenen weg / wieder nach der höle / an einen ort / da ich ungesehen /mein geliebtes bild und meinen mitbuler / betrachten kunte. Ich fande die höle ganz leer / das bild aber bei dieser zweyten anschauung noch schöner / als vorhin: also / daß ich für eine unmöglichkeit hielte / diese schönheit zu sehen und nicht zu lieben. Weil nun mein mitbuler den ganzen tag ausbliebe / bediente ich mich derselbigen zeit / meine augen unaufhörlich zu weiden: und konte ich dieselben kaum so viel abwenden / von meinem diener etwas speise und einen trunk wasser anzunemen / den hunger damit zu stillen.

Als aber der abend herein brache / verstörete mich mein mitbuler in meiner genossenen glückseligkeit; deme ich weichen / und mich in meinen verborgenen winkel wieder begeben muste. Aus demselbigen ersahe ich / daß der frömde einen ansehnlichen mann /gleich einem priester gekleidet / bei sich hatte: dem er große ehre erwiese / und ihn / die nacht bei ihm vorlieb zu nemen / ersuchete. Ein kleiner knabe truge ihnen / nicht lang hernach / das essen auf / welches in waldfrüchten [45] bestunde. Weil / unter andern gesprächen / dieser alte die ursach zu wissen begehrte / die den jüngling bewegete / solcher gestalt sein leben zu füren: als hörete ich / daß der ihn auf den folgenden morgen vertr \stete / da er ihm alles berichten wolte. Wie sie darauf sich zu ruhe begeben / verfügte ich mich auch wieder in den wald: mit so unbeschreiblicher begierde des folgenden tags erwartend / daß ein jeder augenblick mir fast unertråglich wurde. Ich wil glauben / daß der damalige gram meine sinne so eingenommen / daß ich in so ungereimte liebe geraten. Sobald nun der morgen herfürgekommen / stellete ich mich an dem ort wieder ein / von dar ich ungesehen alles anhören konte / was mein mitbuler dem alten wolte offenbaren.

Ich fande sie beisammen / und hörete den jüngling erzehlen / wie daß er aus Mesopotamien bürtig wäre /(doch wolte er seinen namen und stand nicht nennen /) alwo er eine weibsperson liebgewonnen / die sich der göttin Diana in ihren tempel nach Ninive verlobet: dahin hätte er ihr auch / ungeachtet seiner zu ihr tragenden liebe / auch wider ihrer anverwandten willen /selber verholfen. Nach diesem sei er so wenig meister seiner selbst geblieben / daß er unmüglich der liebe sich entschlagen können / die er zu dieser person getragen. Also hätte er / sein vatterland verlassend /diese wildnis erwehlet: seine geliebte / die übrige zeit seines lebens / unter der Diana gestalt allhier zu verehren. Sie selber hätte sich also / von einem fürtrefflichen künstler in Syrien / abbilden lassen / und das bildnis seiner schwester gegeben: von der er es / als das übrige seiner irdischen glückseligkeit / bekommen / hiehergebracht / uñ also zu verehren angefangen.[46] Der alte hörete dieser erzehlung / gleich wie ich / mit großer aufmerckung zu: und wie dieselbige bei mir die liebe vermehret / also erweckte sie bei ihm ein mitleiden / über den zustand dieses jünglings; welchem er auch riete von dieser lebens-art abzustehen /mit ihm nach Egypten zu reisen / und alda in die gesellschaft der priester zu begeben / die der göttin isis ihrer tempel dienen. Daselbst / (sagte er) könt ihr diese eure Diana / als die Isis / stäts verehren / und das ruhigste und vergnügteste leben führen / als in dieser sterblichkeit eines zu hoffen seyn mag. Hierauf / als er seinen zuhörer sehr aufmerksam funde / fuhre er fort / ihm die ganze lebensart der Isis-Priester zu erzehlen: den er auch endlich bewoge und gewillt machete / sich in diesen geistlichen stand zu begeben.

Als sie hierauf aus der höle gingen / und mich daselbst allein liesen / überlegte ich bei mir dieses alles / was ich vernommen hatte. Die beschreibung von dem tempel der Isis hatte der alte so angenehm fürgestellet / daß ich meinem traurigem gemüte / welches die welt forthin meiden wollte / nichtes gleichförmiger / als diese lebens-art / finden kunte. Petastride ware /durch mein versehen / übel verheuratet; Mardocentes durch meine hand getödet; und mein gutes gerüchte /durch den verlust der stadt Sabe in abnemen geraten: dannenhero mochte ich / den unglücklichen namen Dison / nicht mehr in der welt nennen hören. Dazu befande ich mich verliebet in ein marmornes bild / da die jenige / so dardurch fürgestellet wurde / auch ein geistliches leben fürete. Durch alle diese ursachen bewogen / fassete ich die entschließung / mich bei dem alten und dem andern unbekannten anzumelden / und[47] ihnen nach Egypten einen reisegefährten zu geben. Ihnen in der wildnis nachzugehen / hielt ich für ratsam: weil ich ihrer leitlich verfehlten / und hernach diese höle nicht wieder hätte finden mögen.

Also bliebe ich an meinem orte / bis sie gegen abend miteinander wieder kamen: da ich mich sehen liese / und als ein frömder / von dem wirte dieser höle / mit aller höflichkeit aufgenommen / und daselbst zu übernachten / gebeten wurde. Bei der malzeit / kame der alte wieder auf das gespräche von den Egyptischen Isis-priestern; da ich dan mich vernemen ließe /wie ich ietzt eben im werk begriffen wäre / nach Egypten dieserwegen zu reisen. Dieses war dem alten so wol / als dem andern / erfreulich zuvernehmen /und entdeckten sie mir hingegen ihr gleiches vorhaben: daß wir also der sachen zusammen eins wurden /reisgefährten nach Egypten zu werden. Unsere gespräche handelten nachgehens alle von diesem geistlichem leben / und weil wir keiner fernern reise-bereitschaft nötig hatten / als wurde der folgende tag zur abreise bestimmt: da ich mich in ihre gesellschaft begabe /wiewol sie mir so wenig / als ich ihnen / bekannt waren. Das schöne bild meiner unbekanten geliebten /die diesen schluß in mir verursachet / name mein mitbulder mit sich: der hierin glücklicher als ich war /weil er daß für sich belaße / was mich so verliebt gemacht hatte.

Unser fürer / der ein Isis-priester war / unterrichtete uns auf der reise so wol / daß wir / ehe wir noch in Egypten kamen / schon wußten / was eines Isis-priesters verrichtung ware. Nachdem wir die stadt Noph erreichet / da der berümte tempel der Isis stehet / meldeten [48] [50]wir uns an / bei dem oberpriester dem ehrwürdigen Orgas: der uns mit großer freud-bezeugung aufname / und gleich nach unserem stand und namen fragte. Wie wir aber beiderseits bedenken trugen / zu sagen /wer wir wåren: als wolte er auch dieserwegen nicht ferner in uns dringen / fürnemlich als wir ihme zugeschworen / daß wir adelicher geburt wären / und uns dißfalls nichts hinterte / in diesen heiligen stand zu tretten. Also fandte er uns hin nach Phatures / allwo die hohe schul der priester ist / daselbst die neu-angehende müssen ein jahr lang unterrichtet werden: welche zeit ich so vergnügt zu ende brachte / daß ich /der ganzen welt vergessend / mich einig und allein an dieser heiligen wissenschaft ergetzete. Meine wonung hatte ich bei deme / der mit mir gekommen war: daß es mir also keinen tag an der gelegenheit ermangelte /meine schöne Isis / wie man daselbst dieses bild nennet / anzuschauen.

Man unterwiese uns aber in den geheimnisen der göttin / daß nämlich die Isis vor zeiten eine Königin der Argiver gewesen / die sich verlobet hatte / nie zu heuraten. Als aber Osiris / des Hammons sohn / sie liebgewonnen / und sonst keine gelegenheit absehen können / wie er mögte zu ihr kommen; hat er sich in weibskleider verstellet / und also ihrer liebe genossen / dadurch er ihr ehgemal / und sie Königin in Egypten worden. Zum gedächtnis dieser erlangten glückseligkeit / ehrete er seine schöne Isis / nach ihrem tode /mit diesem tempel / den er ihr in Noph bauete / ihr bildnis von silber darein setzete / und die heilige priester verordnete / die ihr in Egypten ewig dienen solten. Diese priester / sind in sieben ordnungen nach dem alter abgeteilet: [50] also daß die ersten alte graue männer / die in den folgenden immer jünger / und die lezten von meinem alter seyn müssen. Diese lezten /gehen in langen weiberröcken / mit fliegenden haaren: und zu verwehren / daß ihnen das barthaar nicht wachse / bedienen sie sich einer salbe / welche der Osiris / als er seiner Isis in weibskleidern aufgewartet / erfunden / die solcher wirkung ist / daß bis in das dreissigste jahr kein haar herfürkommet. Diese sind die allerheiligsten / und am nächsten üm das bild der göttin / müssen auch / unter aufsicht des oberpriesters / alle opfer verrichten / und / gleich den andern priestern der Isis / ewige keuschheit schwören. Die nächsten nach diesen / kommen nicht zu so heiligen werken / noch in den allerinnersten tempel / gleich wie auch nicht die beide folgende: die haben ihre wonungen üm den tempel / da sie der fürnemsten Egyptier kinder erziehen / und in allen freien künsten unterrichten. Die drei übrige ordnungen sind / wie erwehnt /alte graue männer / die die gabe des warsagens von der göttin Isis erlangt zu haben fürgeben / und deßwegen von den Königen in allen wichtigsten sachen üm raht gefraget werden. Der König Menas / hat nicht allein diese ordnungen und den dienst der Isis beståtiget / sondern auch / fast auf gleiche art / dem Osiris einen tempel erbauet. Der König Osymandias / hat beide tempel nachmals mit mehrern gebräuchen gezieret /und wird also noch / in ganz Egypten / Osiris und Isis mit der höchsten andacht verehret und angebetet.

Wie nun unser unterrichtungs-jahr zum ende war /welches wir so eingezogen hingebracht hatten / daß wir von keinem weltlichen dinge gehöret: brachte uns der [51] Orgas nach Noph / als eben die prächtige leichbegängnis der Königin Nergade fürgegangen: worbei zugleich das große fest der Isis / mit opferung eines priesters / gehalten worden. Der ganze hof / ia auch ganz Egypten / war daselbst beisammen / üm diese heilige gebräuche mit anzusehen. Wie nun der Pharao Uchoreus / die schöne Amesses seine tochter / der Prinz Amosis / und alle große / in den tempel sich versammlet / wurde ich / neben meinen mitgesellen zum altar der Isis von den gesamten priestern begleitet. Wir gingen in weltlicher kleidung / die sonderlich hierzu bereitet ware: dann als wir sie abgezogen / und auf einen altar zum verbrennen geworfen hatten /gaben sie einen köstlichen geruch von sich / wegen der trefflichen specereien / mit denen sie angefüllet waren. Nach abgelegtem eide / alles zu halten / was der g \ttin dienst erfordert: legte uns Orgas den weißen rock an / den man uns mit einem guldenen gürtel aufschürzete. Nachmals goße er das heilige öl auf unser haubt / und salbete uns also zu der Isis priestern. Ich gedachte mitlerweil wol ein wenig an mein vatterland / und an mein voriges leben: ich schluge aber alles bald wieder aus dem sinn / in erwägung meines ausgestandenen unglücks / und jezt-genießender ruhe und glückseligkeit. Ich verwaltete auch / von der zeit an / das heilige amt mit solcher zufriedenheit /daß ich / fast niemals mehr zurücke nach Saba / oder an euch / liebste Schwester! zu gedenken / gewonete.

Als ich nun etliche zeit also gelebet / trafe mich die reihe / die nachtwacht im tempel bei der Isis bild zu halten. Dazumal wurde ich üm mitternacht gewar /[52] daß eine thür sich öffnete / und durch dieselbe zwo weibspersonen mit lampen hinein traten: deren eine ich alsobald für die Prinzessin Amesses erkante. Ich /der ich im verborgen saße / beobachtete mit verwunderung / was sie beginnen wolte / und sahe / daß sie ein grab eröffnete / daraus ein ansehnlicher mensch herfürstiege / und sie gar freundlich entfinge. Nach diesem setzeten sie sich nieder / und sprachen lange zusammen. Ich vername / daß sich die Prinzessin beklagte / wie ihr vatter der König sie unziemlicher weise liebgewonnen / und mit gewalt ehlichen wolte: daher sie sich zu der flucht entschließen müße / worein sie sonst nimmermehr dem Prinzen Armizar zu lieb würde gewilliget haben. Hier auf sahe ich / daß dieser / so der Prinz Armizar war / ihr zu fuß fiele /und seine freude über dieser entschließung / mit gebärden und worten ihr zu erkennen gabe / auch dem geschicke der götter dankete / daß dieses unglück seiner Amesses ihm zu seinem so lang-gewünschten glücke verholfen hätte. Als sie nun ferner sich beredeten / wie sie mit dem Assyrischen gesandten / der zu Baalzephon lage / und die bildnisen des Osiris und der Isis / für den König von Assyrien / nach Damascus abholen solte / heimlich abreisen wolten: schieden sie wieder voneinander / nämlich Armizar in sein grab / und die Amesses aus dem tempel.

Ich bliebe hierüber also bestürzet / daß ich lang bei mir anstunde / was ich thun solte / und ob nicht die schüldigkeit meines amts erforderte / diese entheiligung des tempels von mir zu sagen. Weil aber die schöne Amesses und dieser Armizar mich taureten /als kunte ich mich / sie zu entdecken / nicht wol entschliessen. Ich [53] quälete mich die ganze nacht damit /was ich hierinn vornemen solte. Endlich fiele mir bei /mich mit diesem Armizar bekant zu machen / und ihm zu rahten / daß er sich aus diesen grab hinweg machen / und anderswo seiner liebe nachhängen solte /als an so heiligem orte. Demnach / so bald es tag worden / und die morgenröte durch die fenster hinein schiene / machete ich ich mich zu diesem grabe / da ich eine solche ůberschrift fande:


Armizar / sohn des grossen Jaziz K \nigs in Ophir /und der Armire aus Meden / geheiligter priester des Tempels / ruhet allhier / als ein grosses opfer der

K \nigin / Nergade aus Egypten / unter dem schutz der Göttin Isis.


Ich konte nicht umhin / hierüber zu seufzen / als ich sahe / wie spöttlich man meine göttin hielte / und wie betrüglich man mit ihr ümgienge. Als ich demnach eine kleine eiserne thür aufgemachet / schauete ich hinab: konte aber erstlich / wegen der finsternis /nichtes gewar werden. Ich rieffe diesem todten etliche mal mit namen / bekame aber keine antwort. Deswegen von eifer der Isis angetrieben / zündete ich eine lampe an / und stiege hinunter: da ich / unter den vielen gebeinen der todten ümher sehend / endlich einen schmalen gang fande / der wie es schiene / nach dem feld hinaus gienge. Mein gelübde / so mir verwehrete / ohne erlaubnis des oberpriesters aus dem tempel zu kommen / liesse mich nicht weiter gehen. Demnach gedachte ich / dem Armizar zu verwehren / daß er durch diesen weg nicht kommen könte; und versperrete das loch also / daß der stein / so dafür gehörete /und den ich [54] dabei ligen gefunden / nicht so leichtlich davon zu bringen ware. Nachgehends machete ich auch die thür fäste mit einem Nagel / daß man sie von innen nicht aufzumachen vermochte. Hierauf begabe ich mich / aus dem tempel / wieder in meine wonung /um wieder auszuruhen / weil ich die nacht über gewachet hatte.

So bald aber die nacht wieder herbei gekommen /begabe ich mich von neuem in den tempel: da dann üm mitternacht / die Prinzessin Amesses sich wieder einfunde. Sie eilete / gleich wie den vorigen abend /nach dem grabe: geriete aber in nicht geringe bestürzung / als sie die thür vernagelt fande. Sie sahe betrübt üm sich / biß sie endlich meiner gewar wurde /und mir / mich für ihren Armizar haltend / mit freuden zuliefe. Aber wie erschracke diese schöne Prinzessin /als sie mich erkante! Sie trate gleich etliche schritte zurück / und wolte mich anreden: vermochte aber kein wort herfür zu bringen. Ich hielte ihr für / wie sehr sie hiermit die grosse Isis beleidiget / und den tempel entheiliget hätte. Sie erkennte solches mit thränen / entschuldigte sich aber / mit ihrer keuschen liebe / und mit der gefahr / so sie hierzu angetrieben: erbote sich dabei / wann ich es verschweigen / und ihr davon helfen wolte / zu aussünung der göttin alles zu leisten /was ich ihr auferlegen würde.

Ihre thränen / neben dem fürsatz / der unrechtmäsigen liebe eines vattern zu entgehen / bewegten mich /ihr zu zu schwören / daß ich niemand sagen wolte /was ich im tempel gesehen: doch solte sie der göttin /zur aussünung / ein reiches opfer verehren. Hiermit /als sie mir tausendfältigen dank gesaget / name sie ein köstliches kleinot herfür / welches sie mir gabe / solches [55] der Isis anzuhängen: und gelobete sie dabei /wann ihr diese göttin nach Ophir verhülfe / daß sie ihr einen herrlichen tempel wolte aufbauen lassen. Also liesse ich / auf ihr inständiges bitten / sie und ihre wartfrau durch das grab hingehen: und ich gienge /meiner göttin das geopferte kleinot zu bringen.

Als ich nachmals zu dem Orgas wieder kame /ware der Prinzessin flucht schon allenthalben kund worden / und vername ich nicht sonder entsetzen / daß der König den ausspruch der Isis herüber vernemen wolte / den einer von den ältsten priestern / kraft ihres warsag-geistes / eröffnen solte. Mir war hierbei nicht wolzu mute / aus beisorge / ich möchte / meines verschweigens halber / in gefahr ko en. Wann ich aber an meinen eid gedachte / uñ zugleich erwägete / wie billige ursach die Prinzessin hatte / ihres vattern liebe zu entfliehen / liesse ich mir nicht zu sinne komme /hierinn gefehlet zu haben / oder die Amesses zu verrahten. Als nun / dieser anfrage wegen / die alten priester in den tempel zusammen gefordert worden / kame der bekümmerte und zugleich erzürnte König / von dem Orgas begleitet / auch dahin / und gabe der älteste unter den priestern / auf übliches befragen / diese antwort.


Ein todter / uñ ein grab / ein priester hier zugegen /
zu der Amesses flucht die gröste hülfe legen.

Der Pharao / kunte nichtes aus diesen dunkelen reden erlernen / wuste auch den todten und das grab gar nicht auszudeuten. Weil aber auch ein priester benennet worden / als befahle er dem Orgas / dieser wegen scharfe nachforschung anzustellen. Wie demnach das los über uns solte geworfen werden / ersahe[56] der König an der Isis bilde das kleinot hängen / welches Amesses dahin geopfert hatte: das er dann gleich erkante / und den Orgas fragte / wie und wann solches dahin gekommen wåre? Orgas / sich mit der unwissenheit entschuldigend / fragte / wer von uns die nachtwacht gehalten hätte? Wie nun alle mich ernennten / sahe mich der König gar scharf an / und befahle /als ich auf seine befragung nichtes antworten wolte /man solte mich zur peinigung hinfüren. Orgas aber widersetzte sich diesem grausamen befehl / weil keine weltliche Obrigkeit an uns priester die hand gewaltsam legen dorfte / und versicherte / daß er aus mir schon die warheit bringen wolte. Weil nun Pharas wider die gesetze / aus furcht eines allgemeinen aufstandes / nicht handelen dorfte / als muste er mit des Orgas erbieten zu frieden seyn.

Hierauf wurde das los geworfen / welches dann mich und noch einen alten priester aus der andern ordnung traffe. Dieser nun bekante alsobald / wiedaß der Prinz Armizar / mit seiner und des Prinzen Amosis hülfe / von seinem tode / da man ihn / als ein opfer der Isis / lebendig begraben / nicht allein befreiet /sondern auch nachmals / die Prinzessin Amesses zu entführen / wäre gefördert worden. Solches erzehlte er alles nach der länge / und seine missethat bereuend /begehrte er nichtes als den tod / weil er sich an der grossen göttin Isis so gröblich versündiget. Was dieser bericht für eine wut in des Königs gemüte / gegen den Prinzen seinen sohn / eingefüret / ist nicht zu beschreiben. Weil das los mich mit dem alten priester /und zwar etliche male / zugleich getroffen / als wolte man auch von mir wissen / wie ich zu dieser flucht geholfen [57] hätte? Ich verharrete aber in meinem stillschweigen / da auch so hart in mich nicht gedrungen wurde / weil der König schon alle nachricht von dem andern priester bekommen hatte. Es wurden gleich /auf alle strassen / der Amesses leute nachgesendet: die aber alle vergeblich sich bemühet / und sie nirgend finden konten.

Der Prinz Amosis / seines herr vattern grimm zu entgehen / begabe sich von hofe / und / wie man vermutet wollen / nach dem König von Cus: daher fiele alle rache des Königs auf mich und den andern priester: welcher wegen selbstbekanter übelthat / der Isis /zur aussünung / geopfert und verbrant wurde. Mir wåre es nicht bässer ergangen / hatte Orgas mich nicht gerettet: deme ich endlich entdecket / was ich von der Amesses flucht wuste / daraus er meine unschuld abnemen konte. Doch wolte der König mich nicht mehr im tempel leiden / und ward ich neben andern der Isis priestern / (die der Belochus / wegen ihrer wissenschaft / zum gottesdienst des Osiris und der Isis / begehret hatte /) mit den Assyrischen abgesandten / welche / wie gesagt / die beide bilder nach Damascus abholeten / fortgeschicket. Also sahe ich nun / meine ruhe / abermal gestöret. Und ob ich wol /ein ja so ruhiges geistliches leben in Damascus wieder anzufahen / hoffen konte: so verlore ich doch die gesellschaft dessen / mit deme ich aus Arabien in Egypten gereiset / und zugleich das auschauen seines schönen bildes / welches unter allen schönheiten / die mir / jemals fürgekommen / allein fähig gewesen /mich verliebt zu machen.

Wir kamen aber / auf dieser reise / über das gebirge Seir: da der fürst Ana / unser Herr vatter / mich erkante / als er / neben den andern Seirischen fürsten / [58] den bildern des Osiris und der Isis entgegen zoge. Solches wird euch / liebste schwester! wie ich gläube / nicht unbekant seyn: weil ihr / wie ich weiß / mit der Prinzessin Aramena in Canaan viel kundschaft gepflogen habet. Ich weiß ja freilich / liebster bruder! (sagte Ahalibama /) wie es euch zu Dedan ergangen / wie ihr euch geweigert / die schöne Aramena zu ehlichen /und wie unsere frau mutter euch nach Rabbath / auf das fest des gottes Camos / davon gebracht: dieses aber mögte ich wol gern von euch vernemen / wie ihr die Aramena ohne liebe habet sehen können. Es wird euch ja / als ich vermute / (antwortete Dison /) diese Prinzessin berichtet haben / wie wir einander so wenig / und zwar nur einmal bei abend / da es schon ganz dunkel war / gesprochen / und wie ich darauf gleich hinweg gezogen. Es stunde ihr gelübde / so wol als das meinige / mir im weg / sie zu ehlichẽ: zumal ich auch einen beständigen fürsatz in mir entfunde / mein unbekanntes bild zu lieben / daß ich zu Noph hinterlassen hatte. Wie ich demnach unter weibskleidern sicher davon gekommen / und Rabbath erreichet hatte / thäte Poliphide unsere frau mutter nochmals einen versuch an mir / ob sie mich von dem fürsatz / ein Isis-priester zu bleiben / abbringen mögte. Ich ware aber in meiner meinung viel zu standhaft / und die andacht überwand in mir alle natürliche regungen: dannenhero Poliphide meinem entschlusse sich nicht mehr widersetzen wolte.

Zu Rabbath nun feirete man das grosse fest des Camos: da / aus allen benachbarten Königreichen und landen / das frauenzimmer hoch- und niedern standes zusammen gekommen. Ich dorfte vor den [59] anderen Fürstinnen von Seir / die mit unserer frau mutter daselbst hingereiset / meine weibs-kleider nicht ablegen / damit ich unserem erzürnten herr vattern nicht verraten würde / der mich dem Moloch opfern zu lassen geschworen hatte / wann er mich wieder bekäme. Demnach bliebe ich zwar in Rabbath / kame aber nicht mit zum fest: damit dasselbe durch mich nicht möchte entheiliget werden. Ich konte aber / aus meinem fenster / den grossen kirchgang mit ansehen /welcher von allem frauenzimmer / mit grossem gepränge / und in herrlichstem schmuck / verrichtet wurde. Ich konte alle die schönheiten / die von vielen orten dorthin sich versammlet hatten / nach gnügen betrachten.

Meine bestürzung war unbeschreiblich / als ich unter andern die Königin Petasiride unverhofft in das gesicht brachte. Die erinnerung dessen / was sich mit mir in Saba begeben / wurde mir so entfindlich / daß aller schmerze sich bei mir erneuerte. Ihr trauriges wesen / zeigte mir gnugsam die unvergnügung ihres gemůtes: und ginge ihr eine schöne m \rin zur seite /die / wie mich straks dünkte / des K \nigs von Cus tochter / die Prinzessin Danede gewesen. Wie nun alles frauenzimmer fürbei / und die gasse ganz ledig war / liesen sich nicht lang hernach etliche gewaffnete manspersonen sehen / die aus einem keller herfürkrochen / und unferne von meinem fenster sich bespracheten. Der eine von ihnen / als er seinen helm geöfnet / wurde gleich von mir für den Prinzen Amosis aus Egypten erkant. Als ich nun begierig ware / zu vernemen / was diesen Prinzen mögte dahin gebracht haben / hörete ich ihn sagen: wir haben einerlei fürhaben / edler [60] Mardocentes! Euch treibet die schöne Petasiride / und mich die unvergleichliche Danede. Gleichwie ihr eure K \nigin aus den händen des unwürdigen Nabonnadus wollet reissen / also gedenke ich meine Prinzessin von der tyrannei eines vatters zu befreien; und gleichwie unsere sache gerecht ist / also müssen wir auch einen guten ausschlag verhoffen. Hierauf antwortete der andere / der in der warheit mein Mardocentes war: er wolte dem Prinzen von Egypten in allen beistand leisten / und sei allein gute acht zu haben / wann alles frauenzimmer aus dem tempel wieder käme / daß man die entfürung ungesäumt fürnemen mögte.

Ihr könnet gedenken / liebste schwester! wie mir hierbei zu mut worden / und wie zugleich freude und bestürzung in mir erwachet / als ich den edlen Mardocentes wieder lebendig vor mir sahe / den ich so lang für todt beweinet. Die zu diesem Prinzen tragende freundschaft triebe mich / daß ich / alle betrachtungen hintan setzend / hinunter auf die strassen lieffe / und ihm unversehens üm den hals fiele. Auser dem namen Mardocentes / wuste ich kein wort herfür zu bringen. Er aber sich also von einem vermeinten weibsbilde umarmet sehend / ward sehr bestürzt / und risse sich aus meinen armen / eine entdeckung seines anschlages befahrend. Er fragte: wer ich wåre / und was ich wolte? Ich fragte ihn wieder: ob er dann seinen Dison nicht mehr kennete? Es schiene / als ob er / auf anhörung dieses namens / von entsetzen sterben wolte. Ich wil nicht weitläufig erzehlen / wie wir hierauf uns einander zu erkennen gegeben; wie er mir seine eiversucht beschrieben / die er aus dem gerüchte geschöpfet / [61] daß ich die Petasiride heuraten würde; wie ich ihm meine unschuld / und zugestandene abenteuren /erzehlet; und wie wir beiderseits einander üm verzeihung gebeten / daß er mich unschuldig für seinen mitbuler gehalten / und ich ihn umwissend tödlich verwundet. Ich will nur dieses sagen / daß wir / so viel die eile und umstände leiden wolten / einander erzehlten / was uns alda zusammen brächte: und entdeckte er mir / wie er gewillet wäre / die Königin Petasiride zu entfüren. Ich konte hierzu keinen beistand leisten /weil ich in meinem weiber-kleide unbewaffnet war /und / mich vor der Petasiride sehen zu lassen / für den Mardocentes nicht nützlich befande.

Indem ich also anstunde / worzu ich greifen solte /kame einer von der ausgestellten wacht gelaufen /welcher die ankunft des frauenzimmers anmeldete. Die beide verliebte Prinzen stelleten sich hierauf alsobald mit ihren leuten hinter ein gebäu / und bliebe ich bei ihnen / unwissend / womit ich ihnen helfen solte. Als nun die Petasiride und Danede für ihnẽ übergingen / brachen sie hervor: da dann jeder die seinige ümfassete / mit ihnen nach dem hierzu in bereitschaft haltenden wagen eileten / sie darauf setzeten / und also mit ihnen zur stadt hinaus jageten. Diese that /verursachete ein allgemeines geschrei und einen auflauf / unter dem erschrockenen frauenzimmer. Wie nun eines hier / das andere dorthinaus liefe / ergriffen mich zween soldaten von des Prinzen Amosis leuten /und huben mich auf ein pferd: da dann einer von ihnen sich hinter mich setzete / und sie also mit mir /in dieser unordnung / zum thor hinaus renneten. Diese aber namen nicht den weg / den die Prinzen von Egypten [62] und Arabien genommen hatten / sondern eileten mit mir in das gebirge: des vermutlichen fürhabens / eine beute aus mir zu machen / und mich einem fürnemen herrn zu verkaufen. Ich wolte mich zwar widersetzen: es war aber alles ümsonst / weil ich ohne waffen war / und zudeme mich dieser entfürung nicht versehen hatte / als der ich noch im bestürzten nachsinnen über dem / was da fürginge / begriffen gewesen. Weil ich aber doch meine stärke merklich spüren lassen / als banden sie mir die arme hinterwerts zusammen / und füreten mich also nach dem gebirge: sich unterwegs mit einander ergetzend / daß sie diese beute / wider ihres herrn wissen / so glücklich ergriffen hatten.

Es wolte aber mein glück / daß wir unversehens auf einen haufen Assyrier stiessen / welche die Königin Atis von Sichem nach Babel begleiteten / die eben üm selbige zeit aus Canaan entwichen war. Wie nun meine rauber / die anderen ersehend / mit mir in den busch wolten / risse ich meine arme mit allen kräften los / und fiele damit dem pferd in den zügel / daß der Egyptier / so hinter mir saße / dasselbe nicht mehr nach seinen willen regiren kunte. Indem kamen von der Königin Atis leuten etliche dazu / die mich befreyeten / und meinen raubern einen blutigen lohn gaben.

Hierauf wurde ich für die K \nigin gebracht / die mich gar gnädig entfinge / und befragte / wie ich unter diese räuber geraten wäre. Ich erzehlte ihr / wie ich auf dem feste des Camos in Rabbath gewesen / und daselbst neben anderen frauen-personen wäre entfüret worden. Ich bewegte die Königin zu grossem mitleiden / uñ ich gefiele ihr so wol / daß sie mir gleich anbote / mich / als eine in der wildnis verlassene / mit nach [63] Babel und in ihren dienst zu nemen. Sie fragte ferner nach meinem namen: da ich dann mich Aramena nante / worzu mich das andenken dieser Prinzessin beanlasset. Dann ich funde nicht für ratsam /der K \nigin zu offenbaren / wer ich wäre: weil ich den Prinzen Bildat von Chaldea / unserer mutter brudern / bei ihr fande / dessen bruders tochter / die Aramena / ich haben sollen: üm welcher verweigerung willen / mir der Mamellus so wol / als die ganze freundschaft / sehr aufsetzig worden war. Also besorgte ich nicht unbillig / ich möchte / wann man mich für den Dison erkennete / in meines erzürneten vatters hände wieder gerahten / und mein gelübde brechen müssen. Demnach wuste ich keinen andern schluß zu fassen / als daß ich dieses erbieten der Königin anname: der hofnung lebend / ich würde zu Babel gelegenheit erlangen / in der Isis tempel nach Damasco entko en zu können.

Unsere reise ginge nun fort / und entfinge die K \nigin / an dem Phrat / der Prinz Hemor ihr sohn: der sie vollends nach Babel begleitete. Als wir alda den König Belochus / ihren herr bruder / nicht fanden /welcher mit der K \nigin Naphtis / und der schönen Delbois seiner tochter / nach Ninive gereiset war / folgeten wir / als wir den ganzen winter zu Babel geblieben / dem königlichen hofe nach: da dann ich in meinem gemüte h \chst erfreuet wurde / Ninive zu sehen /weil ich in der Diana tempel die jenige wuste / welche ich liebete. Selbige liebe entflamte in mir von neuem durch diese erinnerung / und ergetzete ich mich oft mit der süssen hofnung / diese schöne / durch das mittel meines jeztfürenden standes / in dem tempel der Diana zu sehen zu bekommen. Der Prinz Hemor /[64] hatte sich inzwischen immer zu mir gesellet / und an mir etwas findend / so er liebwürdig hielte / mir fleissig aufgewartet. Und / mich nicht grausam erkennend / weil ich meine lust daran hatte / seine verliebte eitelkeit anzuhören / wurde er endlich ein liebhaber von hoffnung / und vermeinte nicht anders / als daß mein herz mit wahrer gegenliebe hinwiederüm entzündet wäre.

Zu Ninive wurde die Königin Atis / von ihrem bruder / mit großen freuden entfangen / und darbei des Beors unrechtmäsiges beginnen in seiner ungeziemten liebe gegen euch / liebste schwester! sehr übelgenommen. Die Königin Naphtis / lage dazumal schon auf dem todbette / und sahe ich alda das erste mal ihre wundersch \ne tochter / die jetzige Königin und damalige Prinzessin Delbois: welche allein ich mit meiner sch \nen / die ich liebte / üm den vorzug streiten fande. Diese gütige Prinzessin erzeigte sich auch gegen mir so freundselig / daß ich ihr / von der ersten stunde an / ganz ergeben verbliebe. Es sturbe aber /kurz nach unserer ankunft / die Königin Naphtis /nachdem sie ihre tochter zur erbin ihres erb-königreichs verordnet / und ihr dabei / den Prinzen Baleus ihren bruder / sobald derselbige aus dem Ophirischen kriege wieder zu haus kommen würde / zu heuraten befohlen hatte. Dieser tod / verursachete ein allgemeines trauren. Aber die schöne Delbois setzete damit die Ninivitische kron auf / und begehrte mich / bei anrichtung ihrer neuen hofstatt / von der K \nigin Atis /in dienste: die mich dann ihr üm so viel lieber überliese / weil sie die liebe ihres sohnes gegen mir merkete /deren sie ganz entgegen war / und selbige durch [65] diese entfernung in der ersten glut zu dämpfen verhoffete.

Ich bliebe so vergnůgt als unruhig zurück / wie die Atis / neben dem König von Assyrien und ihrem sohne / von Ninive nach Babel wiederkehrete: dann ich es meiner und der Königin Delbois ehre nachteilig achtete / also verkleidet in ihrem frauenzimmer zu leben. Ich sahe aber dabei kein mittel / wie ich entkommen / oder mich sonder gefahr entdecken solte: zudem daß ich von der stetigen begierde / meine unbekante schöne durch beförderung meiner weibertracht / in der Diana tempel zu sehen zu bekommen /angehalten wurde. Hierzu eraugete sich bald eine gute gelegenheit: als die junge Königin / nach gewonheit des reichs / die oberpriesterin Celia besuchen / und mit sonderbaren gebräuchen die bestatigung ihrer regirung von ihr begehren muste.

Als wir demnach mit grossem pomp in den tempel der Diana gekommen / entfinge uns die Celia / von allen ihren geheiligten iungfrauen begleitet / auf das herrlichste / da ich dann / mit höchster begierde /unter ihnen die jenige suchete / die ich liebte. Ich bemühete mich aber hierum ganz vergebens / und fande keine einige / die meiner schönen sich vergliche. Wie nun die gebräuche verrichtet / und die K \nigin mit der oberpriesterin / nach eingenommener malzeit / allein verbliebe / unser frauenzimmer aber sich unter die heiligen iungfrauen verteilte: fürete mich ihrer eine /die erst neulich war eingenommen worden / in den prächtigen bau / darinn die oberpriesterin wohnte. Wir kamen in ein zimmer / da unter andern ich meiner schönen ihr bildnis eben also in marmor gehauen /wie [66] ich sie ehmals in dem wüsten Arabien angetroffen / zu sehen bekame.

Meine freude und entzückung hierüber ward so groß / daß ich nicht ůmhin konte / dieses schöne bild zu umfassen / und meine fürerin gantz begierig fragte / wer diese sch \ne ware? wie sie hieße? und ob sie nicht lebendig sich in diesen tempel aufhielte? Wie sie heiseit / (antwortete mir die jungfrau) kan ich wol nicht sagen / weil ich erst neulich in diesen tempel gekommen. Ich weiß aber nicht anderst / als daß sie todt seyn müsse: weil die ober-priesterin niemals dieses hild anschauet / daß sie darbei nicht herzlich weinet /und den verlust dieser schönen betauret. Mir wurde hierauf nicht anderst zu mut / als håtte man mir das herz aus dem leibe gerissen. Indem ersahe ich ein tafelein / so unten an das bild gestellet war / auf welchem ich folgende reimen geschrieben fande:


Du scheidest aus der welt / du keusche himmel-seele!

daß deine sch \ne nicht was irdisches erwehle.

Kein sterblicher war wehrt / zu sehen deinen schein:

drum schließest du dich gern / nur fůr den himmel / ein.


Was konte ich aus diesen zeilen anders schließen /als daß die himlische schönheit / die ich verehrte / den himmel besäße / und sich der welt durch den tod entzogen hätte. Demnach schiede ich so betrübt aus dem tempel / daß ich die folgende ganze nacht kein auge zuthäte. Ich überlegte bei mir / wie wunderbar ich geliebet / da ich deren tod nun erfahren / die ich nie lebendig gesehen / und doch so herzlich geliebet. Ich erwoge darbei / wie es mir zu Saba und Dedan ergangen / und in was verwirrtem stand ich noch lebete. Demnach fassete ich von neuem den fästen schluß /mit dem [67] ersten nach Damascus zu reisen / und auf ewig in der Isis tempel mich zu verschliessen.

Als ich aber folgenden tags mich mit der sorge schluge / wie ich / den weiten weg nach Syrien / allein reisen / und mit guter art aus der Königin frauenzimmer würde entko en können: sahe ich den Prinzen von Sichem zu mir in mein zimmer eintreten / der heimlich von Babel zurücke gekommen war / mir aufzuwarten. Mein verwirrtes gemüt ware wol gar nicht fähig / dieses Prinzen liebes-reden so ruhig / als fürhin / anzuhören. Wie er aber mir zu vernemen gabe /daß er ohne mich nicht leben könte / und seine treue dienste / auch mit aufsetzung seines lebens / mir erweisen wolte: fiele mir bei / seiner mich zu bedienen /üm von Ninive hinweg zu kommen. Demnach liesse ich ihn wissen / daß er / wann er mich von Ninive heimlich entfüren und nach Damascus bringen würde / sodann daselbst nicht allein / wer ich wåre / erfaren /sondern auch meiner gegen-liebe innen werden solte. Wer war hierauf fr \licher / als der verliebte Hemor? der mir / für diese gütige bezeugung / tausendfältig dankete.

Wie er demnach alles zu dieser reise angestellet /brachte er mich bei nacht aus dem Königlichen frauenzimmer hinweg / und fürete mich also für sich auf seinem pferd davon / mir unterwegs mit den heftigsten worten seine liebe bezeugend: die dann so lächerlich von mir aufgenommen / als begierig sie von ihnen fürgebracht wurden; und waren wir beiderseits / wiewol auf unterschiedene weise / vergnüget. Ich hatte zwar öfters im willen / dem betrogenen Hemor meinen stand zu entdecken. Wann ich aber bedachte / wie [68] grosse ursach er hätte / der Ahalibama brudern feind zu seyn / kunte ich mich nicht entschliessen / mich so fürsetzlich in gefahr zu stürzen. Unsere reise gienge nun glücklich und wol von statten / bis wir in Mesopotamien nach Acraba kamen: da wir / wegen müdigkeit der pferde / etliche tage stille liegen muste. Weil der oft trefflich lustig / und eben alle Mesopotamische und Syrische fürsten / wegen der weinlese / sich daselbst befanden: gienge der Prinz Hemor / an einem abend / unbekant auf den großen platz / da man ihm gesaget / daß das gesamte frauenzimmer pflegte spaziren zu gehen. Er wolte mich zwar mit haben: weil ich aber den Statthalter von Syrien daselbst gegenwärtig wuste / wolte ich mich nicht in gefahr wagen /sondern bliebe in der herberge.

Wie er nun von dannen mit spater zeit wieder einkame / sahe ich ihn sehr traurig und in gedanken. Ich kehrte mich anfangs wenig daran / und hoffete / er würde den andern tag mit mir wieder hinweg reisen. Er kame aber am morgen zu mir / und entschuldigte sein dableiben / mit der noch-anhaltenden müdigkeit seiner pferde. Ich hörete solches nicht gerne / weil mein verlangen gros war / Damascus ehist zu erreichen; und bekame ich ihn darauf den ganzen tag nicht wieder zu sehen. Am folgenden tag / sandte er / an stat selber zu kommen / seinen waffenträger zu mir /und liesse sich entschüldigen / daß er / wegen eines wichtigen geschäftes / mir nicht aufwarten oder selber sagen könte / wie daß er auch heute noch alda zu verharren gezwungen würde. Mir kame solches sehr wundersam für / und konte ich aus seiner kaltsinnigkeit nichtes gutes schliessen. Ich erfuhre überdas / daß die [69] pferde munter genug / und also diese ursach nicht erheblich wäre / länger daselbst zu verbleiben.

Wie ich nun in meiner kammer / voll sorgen und unruhe / mich also allein befande / hörete ich / daß Hemor mit seinem waffenträger in die seine eintrate /die nur mit einer bretteren wand von der meinigen unterschieden ware. Ich ward begierig / und horchete /wovon sie reden würden. Ach Salma! (sagte der Prinz) ich werde gegen der einen Aramena unbeständig / üm die andere Aramena zu lieben. Und hieraus entstehet die unruhe meines gemütes / daß meine neue liebe so gar nicht stallen will mit meiner unbeständigkeit / sondern über dieselbe die oberhand gewinnet. Was wunderliche begebenheit höre ich allhier? (antwortete Salma /) und woher kommet diese plötzliche änderung? Hierauf erzehlte der Hemor dem Salma ausfürlich / wie er / auf dem spazir-platze / eine solche schönheit zu sehen bekommen / die / auser der schönen Königin von Ninive / nicht ihres gleichen hätte. Als eine schäferin wäre sie bekleidet / aber einer göttin änlich / gewesen. Wie er nun sich nach ihrem namen befraget / wäre ihm gesaget worden /daß diese schöne des Statthalters von Syrien tochter /die Prinzessin Aramena / wäre. Ach diese vollkommene schönheit / (hörte ich ihn hierauf fort reden) deren meine Aramena nimmermehr bei kommet / die gleichheit unser beider standes / (da meine Aramena von unbekanten schlechten eltern ist /) und die ehre /trieben mich an / diese zu lieben / und die erste zu verlassen. Ich weiß aber so wenig / wie ich diese meine liebe fördern soll / als wenig ich von der ersten mit guter art weiß abzukommen.

[70] Indem ich solche frömde dinge anhörete / entstunde unversehens ein grosses geräusche im haus / und kamen etliche in des Hemors kammer: die gleich nach mir fragten / und nicht allein der Königin von Ninive unwillen über diese entfürung ihme zu verstehen gaben / sondern mich wieder von ihm abforderten. Er / der für seine neue liebe nichts gewünschters / als die ankunft dieser Niniviten finden können / entschuldigte seinen fehler / und versprache / damit er der Königin ungnade nicht ferner auf sich lüde / mich alsobald wieder ab folgen zu lassen. Damit fürete er sie in meine ka er / und sich stellend / als wäre er noch sehr verliebt / sagte er mir: wie daß uns die Niniviter ausgespüret hätten / und er also gezwungen wäre / der gewalt zu weichen / und mich ihne zu überlassen. Ich antwortete: Er hätte dem himmel dafür zu danken /daß der auf diese weise ihn von mir loß machete. Doch möchte er sich ja nicht rühmen / daß er mich berrogen hötte: weil vieleicht / wann er mich recht kennete / er sich ärger / als ich mich / geäffet spüren würde.

Hierauf gienge ich freudig zu dem Fürsten Jothan /der die Königin mir nachgeschicket / und bate ihn /daß er gleich mit mir hinweg ziehen wolte. Dieses thäte er / und bezeugete mir unterwegs / wie sehr die K \nigin über meine entfürung wäre entrüstet worden: dañenhero sie ihme gleich befohlen / uns nachzusetzen. Er wäre so gläcklich gewesen / daß er allemal in den erfaren / wohin der Prinz mit mir seinen weg genommen: da er dann uns also zeitlich erreichet hätte. Ich stellte mich / als wann mir hiermit gar wol gedienet wäre / und schickete mich in mein verhängnis: weil ich nun merkete / daß der Himmel / mich in der[71] Isis tempel wiederkehren zu lassen / nicht beschlossen hätte.

Als wir nun zu Ninive angelanget / ward ich von der Königin mit solchen liebkosungen entfangen / daß ich darüber ganz bestürzt verbliebe. Ich fande aber daselbst / bei meiner ankunft / unsere base die fürstin Timna: welche mich nicht erkante / bis daß ich mich ihr entdeckte. Ihre verwunderung war nicht geringer /als die eurige / als sie unter einer Aramena / den unglücklichen Dison fande. Ich erzehlte ihr meinen ganzen zustand / und vername von ihr hinwiederum / wie es ihr in Seir ergangen / und wie sie jezt bei ihrer frau mutter schwester zu Damascus wohnete / aber diesem winter herdurch / bei der Königin von Ninive sich aufgehalten hätte / von der sie / wegen ehmaliger käntnis / die sie mit ihr zu Babel gepflogen / sehr geliebet würde. Wir redeten hierauf miteinander ab / daß / so bald sie wieder nach Damascus reisen würde / ich mir ihr dahin gehen wolte / weil ich sonst kein mittel sahe / mit guter art von dar hinweg zu kommen.

In solchem fürsatz lebete ich / vergangenen winter über / und erfuhre in der zeit / neben der Timna / die ihre vertraute war / alles das / was die Delbois betraffe. Diese / als sie uns beide in dem allgemeinen irrturn der völker sahe / und unseren glauben / als die anruffung der götter / nicht gut heissen konte / fienge an / uns almählich davon abzuziehen / und uns unseren wahn zu benemen. Wir konten zwar solchen so bald nicht verlieren: weil wir den glauben / in welchem wir geboren / gern behalten wolten. Doch forscheten wir / von dem an / fleißiger nach / und befunden nach der hand / daß wir irrige meinung hatten. Weil [72] aber die erkentnis des rechten glaubens nicht ein so leichtes ding ist / als blieben wir noch immer im zweifel: bis endlich die vollkommene erleuchtung erfolgete / und wir uns heimlich zum wahren Gott bekeñeten.

Diese bekehrung nun / machte mich ledig von meinem gethanen gelůbde / und vernichtete der Isis priesterschaft: da ich dann anfienge / meine verstellung zu betrachten / und mich zu schämen / daß ich die Königin ferner also betriegen und länger meinem stande so ungemäs leben solte. Demnach name ich mit der Timna abrede / mich der K \nigin zu offenbaren / und sie / wegen bisheriger verschweigung / üm vergebung zu bitten. Wie ich sie aber / in solcher entschliessung / anreden wolte / konte ich es unmöglich fürbringen /und fande / wann ich diese himlische schönheit betrachtet / solche abhaltungen / mich nicht zu offenbaren / daß eine woche nach der andern damit hingienge.

Unterdessen kame der Prinz Mamellus / Statthalter von Syrien / nach Ninive / üm / wie ich nachmals erfuhre / der oberpriesterin Celia / als seiner schwester /einwilligung zu erlangen / daß seine tochter ihr gelübde verlassen / und den Prinzen Hemor heuraten dörfte. Vor diesem unsern vettern dorfte ich mich nun nicht kund geben / weil ich sein haus / in verweigerung der vermälung mit seiner tochter / so sehr beschimpfet hatte. Demnach verbarge ich mich / so viel mir můglich / um von ihme nicht gesehen zu werden / und kame / so lang er daselbst war / nicht viel unter die leute: fürnemlich / weil ich den Modar / unsers herr vattern vertrautesten bedienten / bei ihm wuste / der mich erkennend / es nicht würde verschwiegen [73] haben; wodurch ich dann üm mein leben gekommen wäre /weil unsers herrn vattern schwur / mich dem Moloch zu opfern / so bündlich ist / daß wann er gleich gern wolte / er solchen nicht widerruffẽ könte.

Wie aber Mamellus wieder hinweg ware / triebe Timna ferner an / daß ich mich offenbaren solte. Ich vermochte aber solches nicht zu thun / und spürete wol / daß ich die unvergleichliche schönheit der K \nigin / nicht mehr als ein verlobter priester der Isis /sondern als ein Dison / ansahe / der von ihrer macht konte ůberwunden werden. Ich ward es erstlich nicht gewar / daß ich dieses süße gift in mich soge: welches nicht eher seine wirkung thäte / bis es sich so stark gesetzet / daß es unmüglich auszutreiben war. Ich begunte nach und nach / gegen dieser lebendigen schönheit / in meinem gemüt eben solche unruhe zu fülen /als das schöne leblose bild ehmals in mir verursachet: und wie deren anschauung mich zu vergnügen angefangen / ware ich nach der zeit nie zu frieden / als wañ ich die Königin sahe; an welcher ich täglich mehr liebwürdiges warname / daß ich vorhin nicht gesehen hatte. Ihre vielfältige liebkosungen / wurden mir darbei immer angenemer / und was ich bisher mit grosser furcht geschehen lassen / das begehrte ich nun mit grossem eifer / und kunte deren nimmermehr satt werden.

Vormals hörete ich mit freuden an / wegen der Königin vergnügung / wann aus dem Bactrianischen krieg / von dem Prinzen der Philister dem Abimelech / zeitung kame: als mit deme sich die Königin heimlich verlobet / und ihme ihr herz / von kindheit auf /eingeraumet hatte. Ich truge eine sonderliche zuneigung zu diesen glückhaften edlen Prinzen / ob ich [74] ihn gleich nur etliche wenig mal gesehen / wie ich noch bey der K \nigin Atis zu Babel war / als er in den Bactrianischen krieg ziehen wolte. Ich beförderte auch / mit einem gutem wunsch / seine und der Königin liebe. Nun aber / werde ich im gegenteil traurig / wañ mir die Königin / ihrer gewonheit nach / von ihrem Abimelech etwas erzehlet / und über seine sieghafte waffen sich erfreuet. Ja ich wurde oft ganz unruhig /wañ sie von ihm redete / und mich von ihrer liebe zu diesen Prinzen unterhielte.

Verzeihet mir / mein bruder! (sagte Ahalibama) wann ich euch / in eurer erzehlung / muß in das wort fallen: Irret ihr euch nicht / in nennung des Abimelech? Dieser Prinz der Philister / wird meines erachtens mit der Prinzessin Cölidiane von Salem verlobet seyn? Ach liebste schwester! (antwortete Dison /) wie oft habe ich solches gewünschet! aber es ist nur zu wahr / was ich euch von seiner liebe berichtet. Ich fülete / nach allen diesen ümständen / endlich an mir /daß / was Petasiride mit allen ihren liebkosungen nicht vermocht / was mein marmornes bild nicht völlig / (weil es ohne leben /) in mir gewirket / was mich zu der schönen Aramena nicht bringen können / was mich vor meiner bekehrung nicht angefochten / nunmehr die schöne Delbois über meine sinne erlanget hatte.

Die Petasiride liebte mich / und hassete meinen mitbuler: hier muste ich das gegenspiel befahren. König von Saba / hätte ich mit leichter mühe werden können: ich konte aber nicht absehen / wie ich zum Königreich Ninive gelangen solte. Die unmöglichkeit / den Prinzen Abimelech / mit aller seiner tugend und[75] hohen geschicklichkeiten / aus einem so getreuem herzen zu verjagen; die tugend / so mir verbote / solche unrechtmäsige sachen fürzunemen; die erkentnis des wahren Gottes / und daraus-erkante schüldigkeit /meinen begierden und anfechtungen eiferig zu widerstehen / und meinem nächsten das seine nicht zu nemen / noch ihn zu betriegen; und dann die furcht /das ich üm ihre gegenliebe mich vergeblich bewerben möchte: diß alles konte an mir soviel nicht erlangen /daß ich diese gefårliche liebe aus den sinn hätte schlagen können. Dann / wiewol ich täglich mit mir selber stritte / behielte doch die liebe die oberhand: gleichwol also / daß ich mich soweit überwande / mehr meiner Königin person und wolergehen / als meine vergnügung zu lieben / auch niemals dem Abimelech zu schaden / noch mich mit seinem nachteil in seine stelle zu wünschen / sondern allein ihrer gunst / wie ich jezt thue / zu genießen / und von der zeit die änderung meines sinnes zu erwarten. In solcher entschliesung /liese mich Timna bei der K \nigin / und zoge / wegen unümgänglicher angelegenheit / voran nach Damascus / dahin jezt die Königin / mit ihrer gesamten hofstatt / auf dem weg begriffen ist.

Ich weiß / liebste schwester! ihr werdet mein ungemeines unglück beklagen helfen: da mir so seltsame abenteuren zugestossen / die nicht viel menschen erlebet / und in denen ich noch zum teil lebe / ohne daß ich ein ende meiner trübseligkeiten absehen kan. In erlangung der Petasiride / wäre unserem ganzen haus ehre zugestanden: davon hat mich / die treue gegen den Prinzen Mardocentes / abhalten müssen. Hätte auch mein gelübde mir nicht im weg gestanden /könte [76] ich vielleicht iezt die schöne Aramena besitzen. Eben dieses gelübde / brachte mich zum ungehorsam gegen meinen eltern / und erwarbe mir den zorn meines vatters / dem ich in die länge nicht werde entgehen können. Wäre ich in diesem gelübde verharret /so hätte ich nimmermehr / die unmögliche liebe zu der schönen Königin von Ninive / mir zu sinne kommen lassen. Ich wäre hingegen meinem marmor-bilde beständig verblieben: aber ich habe auch dieses nicht ruhig noch ohne mitbuler lieben k \nnen. Also muß ich ja allenthalben spüren / wie mir die verdrüßliche widerwärtigkeiten fürwarten / und auf dem fuß nachfolgen. Ach liebste Ahalibama! wir sind zum unglücke geboren. Dennoch gehet mein leiden dem eurigen weit für: weil ihr wisset / daß der / den ihr liebet /euch geliebet habe / welches ich nimmermehr hoffen darf. Und kommet zu meinem elende noch dieses /daß ich jezt unser vatterland in voller kriegesflamme und unruhe wissen muß / und doch / demselbigen nach meiner schuldigkeit zu dienen / die gelegenheit nicht absehen kan.


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Hiemit endigte / der in die Aramena verwandelte Dison / seine erzehlung / und liesse seine schwester /so verwundert über alle diese seltsame begebenheiten / so ihme begegnet / daß sie nicht worte fande / solches gnugsam fürzubringen. Allermeist kame ihr sonderbar für / daß sich Dison in das marmorne Dianenbild verliebet: welches sie / allen ümständen nach /für die abbildung ihrer Aramena halten / und darbei gläuben muste / daß Bethuel der jenige gewesen /welcher dieses bild in das wüste Arabien gebracht /und zu ihrem andenken also verehret. Sie wolte aber hiervon [77] ihrem bruder nichts sagen: weil er / wegen der änderung seines glaubens / und verlassung seines gelübdes / auch selbige von dem ihrigen abbringen / und seine liebe ihr zuwenden mögte; da er dann abermals mit unmüglichkeit sich beschlagen würde. Doch ginge ihr seine jetzige lebens-art sehr zu herzen / wann sie seinen unruhigen gefärlichen stand betrachtete / und dabei erwoge / wie er an einen ort liebete / da er nichts zu hoffen hatte.

Ach mein bruder! (sagte sie endlich) wie tauret ihr mich / daß ich euren zustand so verwirret und elend finde / und daß ihr / nach so vielem ausgestandenem unglück / die einmal-gefundene glückselige ruhe verlassen / und also götter und menschen beleidigt habet. Hätte ich (antwortete der fürst von Seir /) nach verleugnung der erdichteten götter / meinen ruhigen stand in der Isis tempel behalten k \nnen / wolte ich deme nimmermehr abgesaget haben. Nun aber / da ich an keine Isis mehr gläube / wie kan ich ihr priester seyn? Ach Dison! (antwortete sie /) wie betrübet mich dieses / daß ihr die großen götter verlassen. Vielmehr betrübet mich / liebste Ahalibama! (sagte er hingegen /) daß ich euch noch in diesem irrtum sehe / und verneme / wie ihr gesinnet seit / euch der Diana in Ninive zu verloben. Diese verlobung ist bereit geschehen /(gabe sie zur antwort /) und wird mich davon niemand abbringen. Der gewißen hoffnung lebe ich aber (wandte Dison wieder ein /) ihr werdet eurẽ falschen glauben bald verlassen / und des Eliesers Gott für den euren erkennen / worüm er euch an seinem ende gebeten! Was mein liebster Elieser / (sagte sie / die thrånen in den augen habend) hierdurch verstanden / kan ich [78] nicht wissen: das weiß ich aber wol / daß ich nirgend bässer / als in der Diana tempel / seinen verlust werde beweinen k \nnen; und ich werde nicht so unbeständig werden / als ihr dem schönen bilde von eurer Diana worden seit.

Dison / der ihr von änderung ihres glaubens für dißmal nichts mehr sagen / sondern selbiges der Königin von Ninive überlassen wolte / erinnerte sich hiernächst des schönen ritters / den seine schwester bei ihr hatte / und sagte: Der schöne Dison / der mit euch aus Canaan angelanget / gleichet sehr diesem Dianenbilde / das in Arabien solche gewalt über mich bekommen; und befinde ich in mir solche regung /diesen Dison zu lieben / daß / wann ich warhaftig Aramena wåre / der Chaldeer / der sich bei uns zu Hemath befunden / wol dörfte wahr geredet haben. Ahalibama truge bedenken / ihre Aramena zu verraten /üm ihr keine neue unruhe / in ihrem reis-vorhaben nach Ninive / zu erwecken / und beantwortete dieses gar kurz: worauf sie von einander gingen / weil der mittag unter wärenden ihrem gespråche eingetreten /und Aramena ihre aufwartung bei der Königin ablegen muste.

Der Statthalter Mamellus / der ein unbeschreibliches verlangen truge / seine base die Ahalibama zu sprechen / ům von ihr zu vernemen / wie es seiner tochter in Canaan erginge / ware den ganzen vormittag bedacht gewesen / sie heimzusuchen: wovon er aber durch vielfältige geschäfte abgehalten worden. Wie aber die mittagsmalzeit vorbei ware / die jeder in seinem gemach eingenommen / weil / wegen der traur / über des Königs von Elam tod / die K \nigin von Ninive nicht öffentlich tafel hielte: liesse er sich bei ihr anmelden. [79] Als er nun durch den fürsten Jothan zu ihr gefüret worden / entfinge er diese seiner schwester tochter mit bezeugung sonderbarer gewogenheit / und nachdem er den durch Eliesers tod ihr zugestandnen verlust beklaget / kame er auf seine tochter zu reden /uñ fragete: in was für einem zustande sie dieselbige verlassen hätte? Ich mögte wünschen / (antwortete Ahalibama) daß der Prinzessin Aramena beständiges gelübde / so sie der g \ttin Diana gethan / ihrem herrn vatter nicht so sehr entgegen gewesen / oder noch wåre: so dörfte ich nicht befahren / daß mein bericht /den mein herr vetter begehret / ihn würde betrüben k \nnen. O weh! (fiele ihr Mamellus in die rede /) mir ahnet nichts gutes / von diesem eingang / dessen sich meine base bedienet. Wann mein herr vetter / (sagte sie) recht erwägen wird / wer Aramena ist / wird ihn so sehr nicht befrömden können / daß sie sich der zwang-heurat abermals entrissen / und aus des Prinzen Hemors händen entkommen ist.

Gerechte götter! (sagte er hierauf / und warf die augen gen himmel /) was muß ich nicht alles erleben! Hiermit sahe er die Ahalibama mit unverwandten augen an / und dorfte nicht ferner fragen / üm nicht mehr betrübte sachen zu erfahren. Sie aber vollfürete ihre rede / und sagte: Sie hat / diese ihre flucht aus Canaan / nicht von ihr selber / sondern aus befehl der oberpriesterin Celia vorgenommen / die es ihr / durch etliche abgeschickte aus Ninive / befehlen lassen. Ist dann diese ungehorsame / (fragte Mamellus /) schon lang aus Canaan hinweg? Hierauf erzehlte ihm Ahalibama / (wie sie es mit der Aramena zuvor abgeredet /) daß seine tochter etliche tage eher aus Salem / [80] mit bei sich habenden jungfrauen der Celia entkommen wäre /ehe der fürst von Cale / der Arsas / sie die Ahalibama davon gebracht. Wo ist dann die fürstin Calaride /(fragte er ferner /) und der Thebah geblieben? Von diesen / (gabe sie zur antwort /) ist mir nichts wissend: was aber die Prinzessin Aramena betrifft / vermute ich / daß dieselbe schon in der Diana tempel seyn werde. Ach törichte flucht! (sagte der erzürnte Mamellus) wolte der himmel / ihr hättet beiderseits klügere ratschläge gefasset! so dörften sich eure eltern jezt nicht betrüben / daß ihr alle beide den Cananitischen Zepter ausgeschlagen. Dieses stiesse er im eifer heraus: wiewol er sonst / vor den leuten / der Ahalibama verweigerung / den Beor zu ehlichen / sehr zu billigen pflegte. Ahalibama entschuldigte gegen ihn / so gut sie konte / so wol sich selber / als seine tochter: Der aber / was die Aramena betraffe / von keiner entschüldigung hören wolte / und also sehr schmerzmütig wieder von ihr ginge.

Ihr ritter Dison / eilete hierauf / neben dem Brianes und Zimenes / zu ihr hinein / die sich bis dahin verstecket hatten: und fragte der schöne Dison ganz begierig / wie diese besuchung abgelaufen wäre? Wie nun Ahalibama ihnen alles erzehlet / redeten sie miteinander ab / daß / so bald sie nur würden in Damascus angekommen seyn / sie sich / ohne ferneren verzug / heimlich auf den weg nach Ninive machen wolten. Und weil Briane sehr beherzet war / als vermaße sie sich / diesen weiten weg / ohne andere schutz-fürer / wol zu übernemen / und der hülfe der großen Diana dabei zu erwarten. Weil aber Ahalibama denselbigen ganzen tag ihre Königin nicht gesehen hatte / als[81] ginge sie gegen abend zu derselben. Dison bliebe bei seinem Tirzis / Brianes und Zintenes / und liesse sich durch sie überreden / mit ihnen in den garten sich zu wagen: weil sie / aus ihrem fenster / selbigen ganz leer ersahen / und also nicht befahren dorften / erkant zu werden.

Wie sie nun hinein gekommen / zeigete Dison den andern / alle die seltenheiten / die in grosser menge und anzahl daselbst zu sehen waren / und sagte zu dem Brianes: wie oft habe ich doch schon / in meinem sinn / von diesem orte / ja vom ganzen Syrien / ewigen Abschied genommen / und nicht vermeinet / mein vatterland wieder zu sehen. Ach! gebe doch nun die grosse Diana / daß einmal mein gerechter wunsch erfüllet werde / und ich zu dem zweck gelange / nach welchem ich so unschüldig strebe. Der himmel wird uns erhören: (antwortete Brianes /) massen wir ja /dessen wunderbare hülfe und rettung / iezt mehr als zu klar erkennet. Wann sie nur beständig ist / (gabe Dison zur antwort) und uns nicht / auf das ende / die hülfe gebrechen möchte? Wer wolte so kleinlaut seyn / (sagte Zimenes) und in der hoffnung verzagen / da sich dieselbe so herrlich blicken lässet.

Hiermit kamen sie / unter dergleichen gesprächen /in eine läube / die mit Citronenbäumen bewachsen war: in welcher sie sich alle viere nieder liessen / und von dar durch das weite feld / die angenemste ferne /die seyn mochte / überschaueten. Die verkleidete Aramena wünschete / mit dem leibe den weg zu reisen /den sie ihre augen füreten / so meinete sie bald Ninive zu erreichen. Wie sie also in stillen gedanken saße /hörete sie hinter ihnen ein geräusche in den büschen: darüber [82] sie bestürzte / und den anderen winkete / still zu seyn / und sich nicht zu rüren. Sie sahe aber in kurzem / den Statthalter von Syrien ihren herrn vatter /von dem Elihu begleitet / herfür kommen: der voll betrübter gedanken / ihrer nicht warname / sondern sich / nahe bei dieser / in eine andere hütte mit dem Elihu nieder thäte; alda er / durch sein vieles seufzen / die bekümmernis seines herzens genug an den tag gabe. Die erschrockene tochter / ihren vatter so nahe sehend / dessen worte sie alle vernemen konte / wuste nicht /was sie beginnen solte. Sie hielte aber für das bäste /an ihrer stelle unbeweglich zu bleiben: weil der Mamellus / wie sie vermutete / schwerlich seinen weg daher zu rück nehmen würde.

Indem h \rete sie / diesen betrübten fürsten / also zu dem Elihu sagen: was nützet mir alle meine macht und irdische glückseeligkeit / daß ich dieses unglück muß in meinem haus erleben / daß mein einiges kind so widerspenstig sich erzeiget? Weme kommet alles mein gut zum bästen? Und wessen sol ich mich / in meinem alter / trösten oder erfreuen / da ich kinderloß muß leben? Ach Aramena! wie kränkest du mich /und bringest mir das wieder ein / was ich an der Prinzessin von Syrien begangen habe! Hiemit verwehreten ihm die viele seufzer / fort zureden: und Elihu / der von ihme wie ein sohn geliebet wurde / bemühete sich / ihn zu frieden zu sprechen / und entschuldigte dabei der Aramena beginnen / so viel es / ohne ihn zu reitzen / sich thun ließe. Er sagte ihm: dafern er sein gemüte diß orts in gedult stellen / und dem willen des himmels sich nicht widersetzen würde / könte er noch wol / zu fortpflanzung seines stammens / mit mehrern kindern angesehen werden. [83] Alles dieses aber kunte den Mamellus nicht beruhigen: und schwure er teuer /daß er die Aramena nimmermehr / weil er lebete / in dem Dianen-tempel lassen wolte.

Nachdem er hiernächst / als ein grosmütiger herr /diesen schmerzen etwas zu dämpfen / auf andere gespräche geraten / erzehlete er dem Elihu / von der ietzigen unruhe / die sich in Damasco spüren ließe: da /so wol unter den fürsten / als unter der gemeine ein geschrei ausgekommen / als wann noch ein sohn von ihrem K \nig Aramenes lebete; welches dann einen gefärlichen aufstand unter dem volk erwecken k \nte. Elihu fügete hiebei mit an / daß nicht allein ein gerüchte von einem überbliebenen Syrischen Prinzen ginge / sondern auch von einer Syrischen Prinzessin geredet würde: doch håtte er nicht spüren k \nnen /daß einiger gedanke auf die Prinzessin / welche der Thebah in ihrer zarten kindheit nach Ninive bringen müssen / zielete. Solches kan (sagte der Mamellus /) unmüglich jemanden bekant seyn: dann auser euch /mein sohn! deme ich mein ganzes herz entdecket / allein meine gemalin / der Thebah und die Calaride /hiervon wissenschaft haben. Die ietzige vielfältige zusammenkünfte der Syrischen Fürsten in Heliopolis /machen hierbei mir nichtes gutes ahnen: dann ihrer wenige in diesem K \nigreich unserem Assyrischen K \nig gut sind; worzu nun die Ninivitische Fürsten in Damasco kommen / von denen man wol weiß / daß sie dem Assyrischen hause aufsätzig sind / und unser joch fürchten. Also muß ich in warheit besorgen / es sei uns ein großes unglük angedrohet. Das bäste zwar ist bei dieser sache / daß mein König diesen sommer selbst in [84] Damascus kommen wird / und S. Maj. iezt frieden mit Ophir und den Bactrianern haben: daher man mit grösserer macht den Syrern / wann sie etwas beginnen solten / wird gewachsen seyn können / wofern wir nur nicht unsere macht in Canaan und Seir verstreuen / und uns also selber schwächen.

So viel ich (antwortete Elihu) von meinen herr vattern zu Babel erfahren k \nnen / dünket mich wol /daß man werde suchen / sich an dem Beor zu rächen /wegen der Königin Atis beschimpfung. Der Seirischen unruhe aber dörfte man sich etwan wol nicht annemen / wann der Fürst von Edom dem König nicht darum ersuchen wird. Ihr wisset / Elihu! (sagte Mamellus) was ich / den König von Canaan betreffend /wegen der ruhe meiner tochter / die ich an dieses haus verheuratet / für eine meinung haben kan. Solte aber diese flüchtige zu des Hemors liebe nicht k \nnen bewegt werden / das ich doch noch anderst hoffen wil /werde ich den krieg in Canaan nicht eben widerraten: und dieses üm so viel mehr / damit mich nicht der König in verdacht ziehe / als hätte ich / die heuratung meiner basen der Ahalibama / an den Beor / gewünschet. Wie dann / die warheit zu gestehen / es mir nicht würde zuwider gewesen seyn / wann sie der sämtlichen Fürsten von Seir meinung und willen hierinn hätte folgen wollen. Die Seirische Fürsten aber liebe ich viel zu sehr / und hasse den Esau in meinem herzen: daß es mir also nahe gehen solte / wann dieser über jene die oberhand / oder von uns hülfe wider sie / erhalten solte.

Es ist aber der Fürst von Edom / (gabe Elihu zur antwort /) meinem vettern so nahe befreundet / als die[85] Fürsten von Seir. Er ist bei allen seinen anverwandten verhasst / (wandte Mamellus dargegen ein /) und können ihn seine eltern so wenig als meine gemalin / leiden. Seinen bruder Jacob werdet ihr in Mesopotamien wol gekant haben / der zum widerspiel von allen seinen freunden desto mehr geliebet wird. Was diesen anbetrift / (antwortete Elihu / und seufzete damit gar tief /) so ist mir ja wol bewust / daß man ihm seine gemeine liebe zuwendet: und ob ich wol / aus allerhand ursachen / ihme dieses misgönnen könte / so muß ich doch gestehen / daß er liebens würdig ist /massen ich ihn selber hoch verehre. Er ist euer mitbuler! (sagte Mamellus) doch habe ich für euch iezt eine reichere braut / als die Rahel ist / ausersehen / nämlich die junge Königin von Elam / mit der ihr dieses mächtige reich erlangen könnet. Dieser Königin muht (antwortete Elihu) ist viel zu hoch / sich bis zu mir zu erniedrigen / und möchte ich meinesteils lieber eine kron durch tugend / als durch eine gezwungene liebe /erlangen. Der schönen Rahel andenken / (gabe Mamellus zur antwort) machet euch also reden. Uberleget aber dieses / mein sohn! was ich euch iezt gesaget / etwas mehrers bei euch selber. Ihr wisset / daß ich wol gelitten bin bei der Königin von Tyro / ihrer frau mutter. Ihr erkennet dabei mein gemüte / daß ich niemand lieber / als den edlen Elihu / dieses grosse reich gönnen möchte.

Hiermit / weil es nun finster zu werden begunte /stunden sie zusammen auf: und als Mamellus dem Elihu die hand bote / sich von ihme füren zu lassen /küssete ihm Elihu dieselbige / zu erweisung seiner erkäntlichkeit / für ein so grosses anerbieten. So bald sie [86] aber hinweg waren / folgete ihm seine verkleidete tochter / mit ihren beisichhabenden / die nicht geringe angst inzwischen ausgestanden hatte. Sie betrübte sich zwar / ihren herrn vattern / ihres wandels halber /so unruhig zu wissen: dennoch aber war ihre andacht gegen die götter so groß / daß keine betrachtung sie von ihrer meinung kunte abtringen. Und gleichwie sie sich aller weltlichen dinge / die sie nicht angingen /wenig anname: Also beachtete sie auch gar nicht /was sie von einer Syrischen Prinzessin / und von des Elihu zustande / gehöret hatte. Sie begabe sich / als sie die Ahalibama schon zu bette zu seyn / verno en /in ihr verordnetes zi er / das ihr / als dem Ritter der Ahalibama / eingeraumet wochen: da dann bei ihr die drei andere verkleidete auch herberge namen / und sich stäts bei ihr aufhielten.

Des folgenden tags / thäte der Prinz Mamellus seiner gemalin / die noch in Damascus ware / zu wissen /was er von seiner tochter verdrüsliches erfaren hatte /und machete dabei anstalt / zur einholung der Königin von Ninive / deren einzug in zehen tagen geschehen solte. Diese Königin sandte ihren hofmeister / den Fürsten Barzes von Arvad / nach Damascus / so wol den beiden K \niginnen von Tyro und Elam das leid zu klagen / als dieser lezten zu ihrer erlangten würde und regirung glück zu wünschen. Weil sie aber in wärender dieser zeit / da sie die traurtage in des Prinzen Mamellus schloß hielte / nicht aus dem gemach kame / und also am ganzen Ninivitischen hofe alles sehr traurig und still war: als baten / die Fürstin Dersine und das andere frauenzimmer / erlaubnis von der Königin / auf ein landgut zu reisen / so etliche [87] meilen von dar gelegen war / und der Merone vettern zugehörte. Sie wurden von den meisten Fürsten und kammerherren des Ninivitisches hofes / begleitet / und bliebe niemand zu haus / als Jothan / welcher der Ahalibama aufwarten muste / neben der Perseis / Casbiane und Aramena. Denn auch diese letzere wolte nicht mit den andern reisen: weil der Ahalibama ihr ritter Dison ebenfalls zurücke geblieben / dem sie dann lieber wolte gesellschaft leisten.

Mamellus versäumete unterdessen keine zeit /neben dem Elihu der Königin fleissig aufzuwarten. Wie nun diese beide eines tags bei ihr sich befunden /gerieten sie / unter anderen gesprächen / auf die / zwischen ihr und dem Prinzen Baleus von Assyrien / beschlossene heurat: da der Elihu / als der erst von seinem vatter / dem Baracheel / von Babel geko en war / ihr erzehlete / wie so große zurüstungen am Assyrischen hofe gemachet würden / und wie der K \nig diesen sommer nach Damascus kommen / und der vollziehung dieser gewünscheten heurat beiwohnen wolte. Die Königin wurde hierüber ganz traurig / weil sie ihr damit fürstellete / was sie zu Damasco noch alles würde auszustehen haben. Wie sie demnach sich allein / und niemanden als ihre Aramena üm sich sahe /sagte sie zu derselben: wie unglücklich bin ich doch /daß meiner frau mutter lezter wille mir befihlet / eine heurat zu thun / die so wol wider meinen glauben /den ich angenommen / als wider meine zuneigung laufet. Offenbare ich mich endlich / wiewol nicht ohne große gefahr und ungelegenheit / so kan ich zwar der heurat mit dem Baleus entfliehen: aber meinen ungehorsam gegen dem König meinem herrn vattern / kan ich so [88] weit nicht erstrecken / den Prinzen von Gerar wider seinem willen und gebot zu ehlichen. Ach liebster Prinz! (sagte sie hierauf ferner / die augen gen himmel schlagend /) wolte Gott / ihr liebtet Cölidiane für mich / und quäletet nicht also euer edles herz / mit dieser zuneigung / die ihr mir zugewendet! Wünschen E. Maj. dieses in ernst / (fragte Aramena ganz begierig /) daß der Prinz der Philister die Prinzessin von Salem mehr liebe / als die schöne Delbois? Wie ich (gabe sie zur antwort /) des Punzen glückseligkeit betrachte / kan mein wünschen nicht anderst abgehen. Dann / wie könte er vergnügter leben / als in ehlichung dieser Prinzessin / die an tugend und schönheit wenig ihres gleichen findet / die ihn so unschüldig liebet / und zu der sein herr vatter so große neigung träget? Was bringet ihme meine liebe nicht für qual / da der König mein vatter / die gesetze meines und seines reiches / neben tausend anderen ümständen / dieselbige schwer / ja unmüglich machen? Dessen allen ungeacht / (sagte Aramena / und entfärbete sich dabei /) würde ich / wann ich Abimelech wäre / die schöne Königin von Ninive beständig lieben.

Die warheit zu gestehen / (antwortete Delbois) so ist mir seine beständigkeit auch nicht zuwider / und weiß ich nicht / ob ich diesen unglücks-stoß würde ertragen können / wann mein wunsch bei ihme stat finden solte. Zwar / Aramena! ich muß bekennen / daß ich Cölidiane dem Prinzen neben mir wol gönnen möchte / wann mir meine geburt solches erlaubete /und meiner ehre es nicht entgegen wäre / solcher gestalt zu heuraten. Nun aber ist mir dieses nicht zugelassen / und finde ich also aller orten gleich-große[89] hinterung in dieser liebe. Wie glücklich ist hierbei Abimelech / (widerholete Aramena /) dergestalt geliebt zu werden! Ich gläube / (antwortete die Königin lächlend /) daß du mit ihm eiferest. Wann ich (sagte Aramena) ein K \nig wäre / wurde ich ihn vielleicht in seiner liebe nicht unangefochten lassen. Dieser Königliche stand / (gabe die Königin zur antwort /) würde dir wenig nutzen bringen: massen unsere Königliche geburt eine von den grösten hindernisen ist /die uns beide so verfolget. Ach! hätte Abimelech keine Kron zu gewarten / so könte er die Ninivitische hoffen: und wäre ich nicht Königin zu Ninive / so würde mir nicht schwer fallen / die krone von Gerar zu erlangen.

Indem dieses die schöne Delbois redete / trate die Ahalibama zu ihr in das zimmer: die dann sich entfärbete / als sie ihren verstellten bruder in so verträulichem gespräche bei der Königin allein fande. Die Königin solches warnemend / deutete es dahin / als wenn die Prinzessin von Seir sich entsehen hätte / sie in ihrer geheimen unterredung zu verstören. Demnach /sie ihrer verträulichen zuneigung zu versichern / sagte sie zu ihr: Liebste base! Delbois redet nichts so geheimes / das nicht auch Ahalibama wissen dörfe; und ist der inhalt meines gespräches / die keusche liebe / die ich zu einem Prinzen trage / der wegen seiner weltbekanten tugend euch nicht kan unbekant seyn. Ahalibama / die sich dessen / was ihr ihr bruder entdecket /nichts wolte merken lassen / gabe zur antwort: wie daß sie unwürdig wäre / der Königin verborgenster geheimnise mitwisserin zu werden; und wiewol sie von dieses Prinzen liebe nie gehöret / so zweifelte sie[90] doch gar nicht / daß er der vollkommenste herr von der welt seyn müste / weil er von der grösten schönheit auf erden geliebet würde. Ob ich wol / (gabe die Königin zur antwort /) das eine / seine geschicklichkeit betreffend / gestehen muß / so lässet sich doch solches aus dem andern nicht schliesen / und wäre /auch ohne meine liebe / der Prinz Abimelech von Gerar so vollkommen / als er ist.

Bei nennung dieses angenemen namens / stiege ihr eine schöne röte unter augen / welche Aramena mit veränderung der farbe begleitete. Ahalibama aber sagte der Königin demütigsten dank / daß sie / durch erweisung solcher verträulichkeit / sie ihrer gnade so völlig versichren wollen: dabei erhube sie dieses Prinzen lob / und berichtete / wieviel gutes ihr das gerüchte in Canaan von ihme fürgebracht hätte. Nach vielen andern gesprächen / verhieße Delbois der Ahalibama /nach dem abend-essen ihr ihren ganzen lebenslauf /und die liebe mit diesem Prinzen / zu erzehlen: wornach dann diese Prinzessin eine grosse begierde bezeugete. Wie nun die malzeit verrichtet war / und die Prinzessin Ammonide / Perseis und Casbiane / sich hinweg begeben hatten / als welche der malzeit beigewonet: befahle die Königin der Aramena / das gemach zu versperren / und setzete sich damit auf ein ruhbette / auf welches die Ahalibama sich bei ihr niederlassen muste. Darauf finge sie an / folgender massen zu erzehlen / die

Geschichte der Konigin Delbois - und des Prinzens Abimelech
Geschichte der K \nigin Delbois / und des Prinzens Abimelech.

Die zuneigung / die ich gegen euch / liebste base /von der ersten stunde an / da ich die ehre eurer [91] gegenwart genosse / in mir entfunden / reitzet mich an / das jenige euch zu vertrauen / was sonsten ihrer wenig wissen: welches auch geheim zu halten / mein zustand sehr erfordert. Weil aber / eine vertraute zu haben /deren man sein ganzes herz künlich entdecken kan /keine gemeine glückseligkeit ist: als wil ich mich derselbigen auch teilhaftig machen / in hofnung / die grosmütige Ahalibama werde hinfüro / mit ihren vernünftigen einraten / mir beistehen / und damit mir tröstlich sich erweisen können.

Wisset demnach / werteste Prinzessin! daß die Königin / meine frau mutter / mit meinem bruder / dem Prinzen Baleus und mir / zugleich nieder geko en /und uns zu Babel geboren / wie eben der König von Assyrien / mein herr vater / in dem Syrischen kriege begriffen war / der den unglückseligen König Aramenes / und seine gemalin die Königin Philominde / zugleich des lebens und Königreichs beraubet. Es ist weltkündig / daß mein herr vatter diese Philominde /die meiner frau mutter schwester war / am Ninivitischen hof inbrünstig geliebet / und deswegen / weil sie ihme versaget worden / diesen blutigen grausamen krieg nachgehends angefangen. Ich kan daher nicht in abrede seyn / daß mein frau mutter wenig gute tage bei ihme gezehlet / weil er ihrer schwester nicht vergessen kunte: welches sie aber / durch hülfe ihrer tugend / alles überwunden / und sich in ihrem leben und wandel also erzeiget / daß jederman sie lieben muste /auser dem jenigen / dem es am meisten gebüret hätte.

Die glückliche niederkunft der Königin / erfreuete nicht allein Assyrien / sondern auch das Königreich Ninive: weil sie / als eine erbprinzessin selbigen königreichs / [92] bei ihrer verheuratung / den Ninivitischen ständen / neben ihrem herrn / versprechen müssen /daß das zweite kind / so sie gebären würde / nach ihrem tode die königliche regirung über Ninive haben solte. Also sahe man mich / so bald ich nur geboren war / eine erbin von Ninive / und wurden mir / von zarter kindheit an / Ninivitische leute zugegeben / die mich erziehen und mir aufwarten müsten: massen meine jetzige hofmeisterin / die fürstin Perseis / die bei der unglücklichen Königin von Syrien kammer-iungfrau gewesen / mir damals / als eben ihr ehgemal neben den König von Syrien in der schlacht geblieben / von meiner frau mutter zugeordnet / und in meinem dienst angenommen worden.

Es verlief wol ein halbes jahr / ehe meinen bruder und mich unser herr vatter zu sehen bekame: weil er /wie gesagt / damals in Syrien ware. Und wiewol ihme / diese glückliche geburt zweier kinder auf einmal /sein herz gegen der Königin hätte bewegen sollen: so fiele doch die liebe bloß auf uns beide / und sonderlich auf mich / die ich von der geburt an / eine gleichheit mit der Königin Philominde / die mein herr vatter so häftig geliebet / von mir scheinen liesse. Es wärete aber dieser Syrische krieg / dahin sich mein herr vatter bald wieder begeben / noch etliche zeit: daß ich also ungefår das dritte jahr mochte erreichet haben /als die betrůbte zeitung zu meiner frau mutter ohren kame / wie daß ihre schwester und schwager beide todt wären / und der König von Assyrien sieghaft wieder nach Babel kommen würde. Ich soll / wie man dieses der Königin berichtet / bitterlich haben angefangen zu weinen / auch so gar / daß ich nicht zu trösten [93] gewesen. Wie nachgehends der König angelanget / habe ich ihme den růcken zugewendet / und ihn den m \rder des K \nigs von Syrien genennet: welches er hoch entfunden / zwar nicht gegen mir / sondern gegen meiner frau mutter / von deren er sich eingebildet / daß sie vor meinen ohren dergleichen geredet /und dadurch mich zu solcher widerspänstigkeit bewogen haben müste.

Es kame aber dazumal auch an unserm hof / der junge Prinz Abimelech von Gerar: den sein herr vatter / als eine geisel dahingesandt hatte / zur versicherung / daß er wider meinen herr vattern nicht mehr die waffen gebrauchen wolte / wie er in selbigem Syrischen kriege gethan hatte. Dieser Prinz / der dazumal ungefär das eilfte jahr mochte haben zurücke gelegt / ware ein so angenemer herr in allem seinem wesen / daß er ihme gleich die liebe des ganzen hofes erwurbe. Er wurde zu Ur bei den Chaldeern erzogen / und zwar neben meinem brudern: wiewol sie ungleiches alters waren / und der Prinz Baleus nur drei jahre auf sich hatte. Diesem wurde von dem K \nig zum oberhofmeister verordnet / der fürst Baracheel / herr vatter des fürstens Elihu: welcher / ob er wol ein Syrer von geburt / und dem König Aramenes von Syrien nahe befreundet war / dannoch die Assyrische seite gleich anfangs erwehlet / und sich von Syrien nach Babel gewendet hatte.

Der Prinz von Gerar / brachte mit sich zum hofmeister den Bagastanes / dem er vom König der Philister ernstlich ware anbefohlen worden. Insonderheit solte ihn dieser im rechten glauben / darinn er geboren / erhalten / und verwahren / daß er nicht auf den [94] irrweg /den leider jezt der mehrere teil der menschen gehen /möchte verfüret werden. Also wurde er in der reinen lehre so wol unterwiesen / daß die Chaldeer / in der schule zu Ur / ihme nichts von ihrem irrglauben beibringen kunten: wiewol er sonsten andere wissenschaften von ihnen willigst anname / mit so gutem fortgang / daß er in weniger zeit alles das jenige fassete / was ihm zu wissen nötig seyn möchte. Der Prinz Hemor von Sichem / der Prinz Sinear von Chaldea / der Elihu und der Fürst Eliphas von Theman /waren mit in dieser hohen schule / und zwar die fürnemsten / welche auch / neben dem Abimelech / dem Prinzen Baleus musten gesellschaft leisten.

Meine erziehung betreffend / so thäte mich der König in der Rhea tempel: da ich / unter den geheiligten frauen in allen wissenschaften unterwiesen / und als eine königliche Prinzessin / den gebräuchen gemåß / von kindheit auf dazu gehalten wurde / die opfere anzuzünden / die sie der Rhea zu ehren schlachteten. Wie ich solcher gestalt mein zehendes jahr erreichet / kamen die Prinzen Baleus / Abimelech und Sinear / wieder nach Babel / die drei andere / als der Hemor / Elihu und Eliphas / zu Ur verlassend: da ich / in der Rhea tempel / diesen Prinzen zu erst ersahe / massen sie / gleich nach ihrer ankunft / mich besucheten. Meine hofmeisterin hatte mich schon vorher unterrichtet / wie ich mich hierbei verhalten solte: da sie mir dann eingebunden / dem Prinzen Baleus /als meinem künftigen gemal / zu begegnen. Dann der Königin meiner frau mutter wille ware schon fest gestellet / daß ich meinen bruder / vermög der gesetze des Andshum / welcher des Nimrods priester gewesen / ehlichen solte.

[95] Wie sie nun angekommen / und ich den Prinzen Baleus entfangen hatte / begrüsete mich folgends auch der Prinz Abimelech / und zwar mit so sonderlich-guter art / daß mir gleich dieses herrn wesen bässer /als meines bruders seines / anstunde: wiewol bei demselben die zarte jugend auch viel ursach daran ware /daß er die annemlichkeit nicht haben kunte / die Abimelech zeigete / als welcher auch mehr erwachsen war / und mit seinem stämmigen wesen ersetzete / worinn Baleus noch zu flüchtig ware. Baracheel hatte gleichfals den Prinzen belehrer / wie er mich entfangen solte: der aber nicht so viel stätigkeit hatte / lang bei mir zu bleiben / sondern nach dem andern frauenzimmer eilete / und mit denen allerhand scherz triebe. Abimelech hingegen gesellete sich allein zu mir / und mich unterhaltend / als wäre ich schon ganz erwachsen gewesen / sprachete er von lauter erbaren witzigen sachen mit mir: das ich dann so wol aufname / und ihme hinwieder mit antwort also begegnete / daß wir beiderseits sehr vergnügt von einander schieden.

Wie sie hinweg waren / fragte mich Perseis: wie mir Baleus gefiele? Ich antwortete: ich wüste von ihm / als einem kinde / noch nicht zu urteilen; der Prinz Abimelech aber / wäre ein herr / den ich unvergleichlich viel höher schätzete. Sie wolte mir dieses benemen: gabe mir aber damit nur mehr anlaß / ihn zu rümen. Weil nach diesem die Prinzen alle tage zu mir kamen / wurde in mir die hochachtung für den Abimelech immer grösser / und kunte keine zeit mir bei ihme zu lang werden: daher ich meines bruders gegenwart nicht achtete / als so weit sie mir nötig war / des Abimelech gesellschaft dadurch zu erlangen. Er seines [96] teils befande sich eben also gesinnet / wie ich nachmals von ihm erfahren / und hatte keine ruhe / als bei mir: die doch solcher gestalt mit unruhe vermischet war / daß er / da er oftmals bei mir der vergnügteste seyn sollen / sich des seufzens nicht enthalten können / welches von einer liebe / die er zu mir / ob ich gleich noch ein kind war / geschöpfet / herrürete. Wir vertrieben einander die zeit / mit den tiefsinnigsten gesprächen / also daß die erfahrneste weltweisen nicht höhere fragen einander hätten aufgeben können. Perseis / die solches nicht tadeln kunte / vermeinte / den Prinzen Baleus allemal mit herbei zu ziehen: der wolte aber niemals stand halten / und wurde meine gesellschaft ihme verdrüssig / weil ich für ihn zu stämmig war / gleich wie seine wildheit auch mir seine gegenwart wiederlich machete.

Solcher gestalt nun verstrichen etliche jahre / und wolte die Königin meine frau mutter mich noch nicht nach hof nemen: aus ursache / wie ich nachgehends erfahren / daß mein herr vatter nicht täglich das ebenbild der Königin Philominde für sich sehen mögte /als welcher ich immer gleicher wurde. Sie sorgete / es m \gte aus solcher täglichen gegenwart eine liebe entstehen / und ihre eigene tochter zu ihrer mitbulerin machen. Doch wurde mir im tempel fast kein geringerer hof gehalten / als die Königin selber fürete: weil alle junge Ninivitische Fürsten hinkamen / mich zu bedienen / und ihre schwestern oder töchter mir zur aufwartung schicketen. Der Fürst Ninias von Ressen /und Arsas der Fürst von Cale / waren die fürnemsten von denen / die dieses ihnen angelegen seyn liessen /wiewol aus unterschiedenem antrieb: dann des [97] Ninias / thäte solches aus hoffart / mich und mein Königreich liebend; Arsas aber / aus treuer zuneigung zu seiner landes-Prinzessin.

Es wurde aber einsmals ein grosses fest angestellet / der Semiramis zu ehren: da alles Babylonische frauenzi er mit großem gepränge sich in ihren tempel versamlen / und jede ihr ein par tauben opferen muste. Ich fande mich / neben meinem frauenzimmer / bei diesen heiligen gebräuchen auch ein / und folgete der Königin / die im tempel den reihen fürete. Der König / und alle Prinzen und großen von Babel / hatten sich / für unserer ankunft / schon in den tempel versamlet. Wie wir nun / iede zwo tauben in den händen tragend / für den Prinzen übergingen / weiß ich nicht / wie ichs versahe / daß / indem ich den Prinzen Abimelech grüßen wolte / mir eine taube entfloge / und ihme in die hände geriete. Er lächlete etwas hierüber / brachte mir sie wieder / und sagte heimlich zu mir: es wäre ihm leid / daß er mir in meinem irrigen glauben dienen müste. Hiemit begabe er sich / unerwarteter antwort / wieder an seinen ort / und hatte mich diese meine begegnis nicht so sehr bestůrzt gelassen / als des Abimelechs worte / die ich ganz nicht begreifen konte. Ich sahe ihn deswegen i er an / so lang die opferung wärete / und betrübte mich in mir selbst / daß er von so heiligen dingen / wofür ich sie damals hielte / so unbescheidenlich geredet. Ich spürete auch ganz keine andacht bei ihme / so gar / daß wie wir alle niderfielen / er sich hinter eine seule verbarge / und ohne anzeig einiger andacht diesem fest beiwonete.

Ich stritte lang in mir selber / ehe ich deswegen ihm kunte feind werden. Weil ich aber sehr andächtig /[98] [100] und in den gebräuchen des götterdiensts eifrig erzogen worden ware / als fiele ein gutes teil meiner hochachtung für ihn: welches ich ihme durch meine gebärden sattsam zu verstehen gabe / als wir wieder aus den tempel gingen. Er suchete nachgehends gelegenheit / mit mir zu reden: weil ich aber beleidigt zu seyn / mir einbildete / als bename ich ihm solche etliche tage. Er wurde dadurch bewogen / mir welche reimen auf meinen tisch zu legen / dazu er in gesellschafft der anderen wol gelangen konte. Ich fande dieselben auf den abend / als ich allein ware / die dann also lauteten:


Hab ich zu viel gesagt? diß wolte meine pflicht.

Den himmel / muß man nur mit wahren gründen ehren.

Mein himmel seit ihr mir: was ist doch eur beschweren /

daß solch ein trübs gewölk bedeckt eur helles licht?

Durchstralet diesen dampf / der meine seele plagt.

Strafwürdig wil ich seyn / hab ich zu viel gesagt.


Ich stunde bei mir an / ob oder wie ich ihm antworten solte. Endlich fiele mir ein / seine reimen zu behalten / und die nach meiner meinung einzurichten. Also schriebe ich folgendes / welches ihme der Arsas überbringen muste.


Ihr habt zu viel gesagt. Drum wil es meine pflicht /

ich sol nicht stimmen ein / den himmel zu entehren.

Der himmel ist mir lieb: drum mus ich mich beschweren /

daß man so sp \ttisch halt sein heilig-klares licht.

Durchstralet diesen dampf / der selbst die götter plagt.

braucht båsser eure witz. Ihr habt zu viel gesagt.

Als Arsas ihme dieses gebracht / veränderte er hinwiederum diese reimen / folgender gestalt:

Ich habe recht gesagt: weil es wolt meine pflicht /

nicht mit zu stimmen ein / den himmel zu entehren.

Der himmel ist mir lieb: drum must es mich beschweren /

daß man nicht recht erkent sein ewig-wahres licht.

[100]

Durchstralet diesen dampf / der nur euch selber plagt.

Nichts fehlet euch / als diß. Ich habe recht gesagt.


Diese seine abermalige vermanung / machte mich andere gedanken von ihme fassen / daß er nämlich nicht so ruchlos seyn müste / als ich wol gemeinet: demnach gabe ich ihm gelegenheit / mich wieder anzusprechen. Als wir nun beisammen waren / sagte ich wieder zu ihm: Ihr wollet mich glauben machen /Prinz Abimelech! daß ihr kein spötter der götter seyt /sondern daß vielmehr mir etwas mangele / so zur wahren glaubens-erkåntnis / erfordert werde. Es solte mir leid seyn / (antwortete er mir /) wann meine Prinzessin mich nicht für einen sp \tter der götter hielte. Dabei aber würde mir auch misfallen / wann ich für einen solchen angesehen würde / der sich nicht für dem himmel fürchtet / und sonder glauben lebet. Wie kan aber dieses / (fragte ich hinwiederum) beisammen seyn? Gar wol! antwortete er mir / und finge damit an / mir die reine lehre der rechtgläubigen ausfürlich zu beschreiben / auch wie man die erdichtete von menschen-händen gemachte götter verlassen und den unerschaffenen einigen Gott verehren müste. Ich wurde ganz begierig / ihm zuzuhören: und ob ich schon mich nicht gleich das erstemal bloß gabe / so sanne ich doch der sache immer weiter nach / und fande mehr und mehr / daß sein glaube auf einem viel bässeren grund als der meinige stünde. Doch bliebe in meinem gemüte noch lang ein zweifel / der mich sehr unruhig machte. Ich sagte niemanden hiervon / worum er mich auch sonderlich gebeten hatte.

Inzwischen fiele eine gelegenheit für / darinn ich ihme etwas seiner meinung entgegen einwenden[101] kunte. Der K \nig wolte den ausspruch des Bels / welchem zu ehren in Babel ein trefflicher tempel erbauet stunde / befragen: ob er den krieg wider die Meder ansahen solte? Da wir dann allesamt uns in diesen tempel mit den üblichen gebräuchen einfinden / und dem ausspruch des gottes beiwonen musten. Ich stunde nicht weit von dem Prinzen Abimelech / als / nach verrichteter opferung / auf befragen des Königs / der Bel antworten solte: da ich ihm dann fürhielte / daß solche kraft ein mensch diesem bilde nicht erteilen k \nte / dannenhero etwas göttliches darunter verbogen seyn müste. Hierauf antwortete er mir heimlich: Gott könne dem bösen geist / wegen der menschen blindheit / solche gewalt wol zulassen; meistenteils aber wäre / bei solchen aussprüchen der götzen / ein betrug verborgen / dergleichen er wůste / daß auch hier fürginge. Hierbei vermanete er mich / daß ich /wann die andere / des Bels antwort zu vernemen / auf den kniehen und ihren angesichten lägen / mich unvermerkt hinter den altar begeben mögte: da ich die warheit seiner worte würde vernemen und sehen k \nnen.

Weil ich nun schon mehr als halb dem dienst der götter in meinen herzen abgesagt hatte / als truge ich kein bedenken / diesem nachzukommen. Ich schliche /als nun / wegen der andacht / niemand meiner warname / hinter den altar / und sahe / daß eine röre aus dem bild herfür ginge / durch welche ein priester alles das jenige in das bild des Bels hinein schrye / was allen im tempel nicht anderst fürkame / als hätte das bild selbst geredet. Der ausspruch lautete damals also:


Des landes untergang zieht nach sich / dieser krieg:

thron / kron und zepter fällt / durch zuerkannten sieg.


[102] Dieser ausspruch war so dunkel / daß der König darüm noch eine gute zeit einhielte / ehe er diesen krieg angefangen: weil man nicht wuste / ob durch das land / welches durch diesen krieg solte zu schaden gehen / Meden oder Assyrien zu verstehen wäre. Als ich nachmals dem Abimelech erzehlte / was ich gesehen / erfreuete er sich sehr / daß mir also dieser betrug offenbar worden. Es brauchte nach diesem keiner mühe mehr / mich völlig zu dem waren erkäntnis des einigen Gottes zu bringen. Seine starke beweis-gründe / und was mich fürnemlich bewogen / wil ich auf andere zeit / euch werte Prinzessin! fürzustellen / versparen: weil ich auch euch unter die zahl der recht- gläubenden zu bringen verlange / damit eure seele ewig wol beraten seyn möge.

Ich mochte damals in mein vierzehendes jahr gehen / als ich den irrweg solcher gestalt verließe. Und ob man wol fürwenden könte / daß ich bei so zarter jugend leicht zu bereden und zu verfůren gewesen: so muß ich doch ohne ruhm sagen / daß ich von kindheit auf mit den weisesten leuten ümgegangen / und zu allen wissenschaften angewiesen worden; daher mein verstand / vor den jahren aufgemuntert / damals schon so gut / als iezt / ein ding begreifen konte / und schämeten sich die allerklügsten nicht / meine geselschaft zu belieben / und von den allerschwersten dingen mit mir sich zu bereden. Dieses nun / ware die erste staffel zu der liebe / die ich nachgehends dem Abimelech in meinem herzen gewidmet. Und gleich wie er ebenmäsig sich also einnemen lassen / daß eine heftige liebe ihn regiret / also gebrauchete er sich der täglichen gelegenheit gar wol / mich zu sehen / und stäts üm mich zu seyn / indem [103] kein nachmittag verginge /da ich nicht von allen großen bei hof in meinem tempel besuchet worden.

Ich finge aber an / und machte mir ein gewissen /länger also mit zu heuchelen / und den täglichen opferen beizuwonen: weil ich nun wuste / daß dadurch dem wahren Gott ein misfallen und kein dienst geschehe. Demnach hielte ich / auf gut-befinden des Abimelech / mit dem ich alles in raht stellete / bei dem König und der K \nigin an / daß ich ihnen näher kommen / und hinfüro das K \nigliche schloß mit bewonen möchte: die ich bisher / meiner erziehung wegen / vom hofe abgesondert leben müssen. Die Königin und ihre Ninivitische råte / billigten dieses mein begehren / indem sie gut befanden / daß ich nun zu den regirungs-sachen allgemach mit gezogen wůrde /und auch also die welt mehr erlernen m \chte.

Hierzu halfe / daß die Königin ihre ehmalige sorge / wegen der an mir sich eråugenden gestalt der Philominde / welche etwas widriges beim König würken können / meist verloren hatte. Dann derselbe war nun anderweit häftig verliebet in eine Dame / namens Dalimire / die aus Meden bürtig / und des Statthalters tochter in selbigem reiche war / welchen der König Pharnus hinrichten lassen / und seine güter preis gemachet: daher Dalimire sich in unseren schutz begeben / und des Königs herz nach und nach einnemend /wol eine fürneme ursache zu dem folgenden Medischen kriege worden ist.

Solcher gestalt nun / kame ich an den K \niglichen hof. Und weil der Dalimire alle höflinge aufwarteten /die einige gunst beim König haben wolten: als trennte solches den hof in viel teile / da die Königin / der[104] Prinz Baleus / ich und Dalimire / unsere unterschiedene aufwärtere hatten. Abimelech hielte sich beständig zu mir / und weil ich im tempel seiner gesellschaft stäts genossen / als hatten wir so sehr zusammen gewonet / daß bald der ganze hof solches in acht name /und davon zu urteilen begunte. Die Königin / so den Baleus mit mir wolte verheuratet wissen / sahe nicht gerne / daß Abimelech so viel üm mich ware. So liesse auch der Baleus / welcher nun anfinge stämmiger zu werden / eine eiversucht gegen den Abimelech blicken / und bewarbe sich mehr üm mich / als er fürhin gethan hatte: Zumal seine leute / die er bei sich hatte / ihn stäts hierzu antrieben / und ihm die Ninivitische krone so glänzend fürmahleten / daß ehrsucht und liebe ihn zu gleich anzuflammen begunten.

Die Perseis / unterhielte mich täglich mit reden von dem Prinzen meinem bruder: Da hingegen mein hofmeister / der Peldas / Fürst von Sepharvaim / alle gelegenheit suchete / ihn mir zuwider zu machen / weil er / als ein Ninivite / die Assyrische regirung hassete /unter welche sie unwillig geraten waren / und die sie /durch eine andere heurat mit mir / gedachten von sich zu wälzen. Der Fürst Ninias von Ressen / als einer der mächtigsten Fürsten von Ninive / wartete mir fleissig auf / von den Niniviten hierzu gestärket / und sein hochmut machte ihn von mir alles hoffen. Ich verschwiege solches nicht dem Abimelech / und überlegte mit ihm / aus vertrauter freundschaft / wie ich mich bei allen diesen ümständen regiren solte. Er so mich heftig liebete / und sich doch dessen nicht dorfte merken lassen / erfreute sich in seinem herzen / daß er keinen mitbuler bei mir fande / der ihn auszustechen[105] vermochte: massen der Prinz Baleus / so der gefärlichste war / als mein bruder / (wie er mir sagte /) wegen meines neu-angenommenen glaubens von mir nicht anderst / als so weit es die natur zuliesse / konte geliebet werden. Welchen unterricht / als den ich meinem siñe sehr änlich funde / ich willigst von ihm anname.

Wie wir nun eines tages hiervon im schloßgarten uns unterredeten / sagte ich unter andern zu ihme: Ich bin froh / daß mein glaube mir verbeutt / den Prinzen Baleus anderst zu lieben / als einen bruder; massen ich nun üm so viel getroster allen denen verfolgungen / die ich künftig darüm ausstehen m \chte / wegen meines guten gewissens / werde widerstehen k \nnen. Wolte Gott! (antwortete Abimelech / und hube an zu seufzen /) dieser angenommene glaube könte auch andere abtreiben / die meine Prinzessin lieben. Wie so /Prinz Abimelech! (fragte ich / und hube an zu lachen /) was liget euch daran / wer mich liebet? Ihr wisset /daß keine andere liebe / als meines brudern / mich beunruhiget. Was Peldas mir fürsaget / und was der Ninias ihm einbildet / das sind sachen / die ich nicht achte: weil ich darin oberherrin verbleibe / und durch ein wort mich dieser ungelegenheiten entbürden kan. Was aber die Königin und der König wollen / das sind wichtigere dinge / denen ich gehorchen müste /wann mich nicht mein glaube davon ledig und frei machete. Wann aber der König und die Königin (sagte er darwider) künftig andere gedanken fassen /uñ meiner Prinzessin befehlen möchte / einen Prinzen zu lieben / so würde sie zweifelsohn gehorsamen. Was beweget euch / (antwortete ich) darnach zu fragen? Wisset ihr dann etwas von dieser [106] befehl-änderung? Ich weiß davon nichtes: (widerhelete er) doch besorge ich / auf den fall / der Prinzessin gehorsam. Will dann der glaube / den ihr mich gelehret / (fragte ich /) daß man seinen eltern ungehorsam seyn muß. Nein! (antwortete er seufzend) vielmehr treibet er die Kinder zum gehorsam. Was ist dann darinn euer anliegen? fragete ich ganz unschuldig. Dieses (sagte er /mich ganz beweglich anschauend /) daß ich sodann besorgen müste / die Prinzessin würde von dem König und der K \nigin befehl erlangen / einen zu lieben / dem der unglückliche Abimelech die schöne Delbois nicht g \nnen könte.

Als ich hiermit nicht wenig betretten war / was ich solte antworten / kame die Perseis dazu / und mengete sich in unser gespräche / daß er also nicht weiter allein mit mir reden kunte: massen er bald darauf / zimlich verwirret / sich von uns ausdrehete und abschied name. Die Perseis / die gar nicht sein guter anwalt war / hube hierauf an mir zu verweisen / daß ich so wenig nachdenken bezeugete / indem ich diesen Prinzen den Philister so vielfältig üm mich dultete: dann mir solches keine gute nachrede bråchte. Und müste sich eine Prinzessin meines alters und standes wol in acht nemen / keinen bösen namen zu erlangen. Sie hielte mir dabei für / das beispiel der Dalimire: welche / weil der König in geheim viel mit ihr ümginge /dadurch in bösen ruff gekommen. Dieses sagte sie mir mit so vielen ümständen / daß ich / die ich die großmut und tugend über alles in der welt liebe / von herzen betrübt / zu wundern anfinge. Indem ich mir auch Abimelechs lezte reden fürstellete / wurde ich in dem von der Perseis mir zugebrachten wahn gestärket /[107] daß er meine unschuld misbrauche / und aus meiner freundschaft wol eine liebe urteilen mögen. Demnach name ich mir für / eine andere lebens-art fürzukehren /und des Abimelech mich forthin zu äusern. Wie schwer aber solches zuginge / kan ich nicht beschreiben.

Abimelech / der meine änderung bald merkend /dieselbige dahin deutete / daß seine freie lezte reden solche verursachet / bemühete sich / wie er nur konte /die ehmalige freiheit bei mir wieder zu erlangen. Ich aber / wie gesagt / meidete alle gelegenheit: also / daß ich nicht / als in öffentlichen versamlungen / mit ihm redete. Er name diese meine lebens-art so sehr zu herzen / daß er ganz verändert / und aus einem lustigen ein trauriger mensch wurde. Keinem klagte er sein leiden / als dem Ahusath: welcher von seinem hofmeister Bagastanes an sohns stat aufgenommen worden /und unlängst von Gaza / da er in seiner kindheit mit dem Abimelech neben anderen knaben aufgewachsen / nach Babel geko en war. Dieser / als sehr beherzt und frisch von gemüt / sprache ihm einen guten muht ein / und beredte ihn dahin / daß er etliche reimen mir schicken / und sich darinn über meine veränderung beklagen solte: zumal / weil auch vor deme die reimen einsmals unter uns wieder friede gemacht hätten.

Er wolte zwar lange nicht daran / folgete aber doch endlich diesem raht. Und weil Ahusath bei meinen jungfrauen freien zutritt hatte / als beredte er eine von ihnen / daß sie mir Abimelechs reimen / die in ein schönes mit edelsteinen beseztes täfelein geschrieben und wol verschlossen waren / in meinem gemach aus[108] den tisch legete. Ich fande es an einem morgen / und öffnete es / weil die aufschrift an mich lautete / da ich dann diese zeilen lase:


Hab ich den tod verschuldt? last mich nicht lange quålen /

gebt end! ich will ja gern verurteilt seyn durch euch.

Wann es mir wår erlaubt / mich selber zu entseelen:

ich wolte schuldner bald und richter seyn zugleich.

Ihr seit die gůte selbst: ihr möchtet mir wol g \nnen

mein leben / und daß ich mich åndre noch. Doch nein!

Delbois werd ich wol unmüglich sehen k \nnen /

und sagen nicht dabei / das ich lieb ihren schein.

Weil dann die schuld bekant / und gar nicht ist zu hoffen /

daß Abimelech sich werd ändren: ach! so schafft /

daß seine frevelthat / (steht keine gnad ihm offen /)

nur bald durch seinen tod m \g werden abgestrafft.


Diese freie entdeckung seiner liebe / welche von der guten zuneigung / die ich stäts zu ihme getragen / und von seinen fürtreflichen geschicklichkeiten / gebilligt wurde / verursachte in mir vielerlei bewegungen. Seine künheit machte mich zornig / und seine würde sprache mich wieder zu frieden. Verdrosse mich / daß ich von ihm seine liebe erfahren / deren käntnis ich nun nicht mehr verhelen dorfte: so fande ich dabei /daß ich viel unruhiger würde haben vertragen können / wann er mir seine liebe zu einer anderen person offenbaret hätte. Nachdem ich aber lang bei mir angestanden / wie ich mich hierinn verhalten solte / fassete ich endlich den schluß / mich üm nichtes anzunemen /sondern mich anzustellen / als wann ich diese schrift nicht gesehen hätte. Demnach leschete ich dieselbe aus dem täfelein / nachdem ich sie zuvor wol in mein gedächtnis geschrieben / und legte selbiges verschlossen wieder an sein ort. Es wurde mir nachgehends /durch eine andere meiner jungfrauen / die von diesem handel [109] nicht wuste / zugebracht / als ich eben in großer gesellschaft ware. Wie ich es nun / in ihrer aller gegenwart / geöffnet / und leer befunden: hiesse ich es wieder hinweg legen / und bewahren / bis sich sein herr / deme es gehöret / anmelden würde.

Abimelech / der mit zugegen war / wurde ganz blaß / als dieses fürginge / und ware fröher / daß ich nichts in der tafel gefunden / als daß seine schrift für allen wäre kund worden. Er verwiese aber dem Ahusath seinem üblen anschlag / und daß er ihme so gewiß versprochen / es solte mir das täfelein geheim zugestellet werden: welches nun nicht allein anderst erfolget / sondern auch / wegen ausleschung der schrift /gar nicht den zweck erreichet hätte.

Nachdem hierauf etliche wochen verstrichen / suchete ich gelegenheit / in der K \nigin gemach mit dem Abimelech zu redẽ. Wie wir nun von der andern gesellschaft zimlich entfernet waren / sagte ich zu ihm: Ich spüre an euch / Prinz von Gerar! daß meine ietzige lebens-art euch frömd fürkommet / da ich nicht mehr so frei und so viel mit euch ümgehe / als für diesem geschehen. Wisset aber / daß mein ieziger zustand solches erfordert / und daß der hof so schli ist / daß man von uns böse urteile fället. Weil ich nun weiß / wie lieb euch mein guter name ist: als werdet ihr mir mit beförderlich seyn / daß ich solchen durch so was geringes nicht verliere. Sonsten ist mir eure gute gesellschaft allemal sehr lieb gewesen / und ich bin durch euch zur wahren Gottes-erkäntnis gelanget: wofür ich euch / weil ich lebe / werde verbunden bleiben. Ich zweifele nicht / (antwortete er mir / ganz betrübt /) daß die Prinzessin Delbois die absonderung meiner gesellschaft [110] leichtlich wird ertragen können. Zwar mir meines orts kommet solches schwerer an /als der tod selber: jedoch gebüret mir zu gehorsamen /zumal ich meine unwürdigkeit wol erkenne. Ich wolte auch Babel / (wann ich nicht auf gewisse jahre allhierbleiben müste /) auf ewig meiden: nur damit die unvergleichliche Delbois nichtes mehr für augen hätte / das ihrem guten namen also entgegen stehet.

Indem er dieses sagte / stiegen ihme die thränen in die augen / und wurde ich so gerühret / daß ich nicht wuste / wie ich mich verhalten solte. Ich erholete mich aber bald wieder / und sagte zu ihm: Ihr habet mir /Prinz Abimelech! so viele lehren gegeben / daß ich nicht zweifele / ihr werdet euch selbst hierinn zu regiren wissen / und sowol meine ehre als eure person betrachten / die mir beide lieb sind. Hiemit ginge ich /unerwarteter antwort / von ihme: und name er nach der hand dieses sowol in acht / daß er selber alle gelegenheiten meidete / viel üm mich zu seyn. Er wäre in diesem zwang vergangen / wann ihn nicht meine lezte worte / daß mir nämlich seine person lieb sei / noch in etwas erhalten hätten. Bei solchem zustande / gienge der Medische krieg an / da der König sich in person zu feld begabe. Wiewol Abimelech sich sehr bemühete / diesen feldzug mit zu thun / wolte doch der König ihm ganz nicht erlauben / und muste er in Babel verbleiben. Die Königin begleitete / neben mir / den König biß nach Ninive: welcher uns darüm so weit mitname / damit er seiner Dalimire gegenwart bis dahin geniessen künte. Mein bruder / der sich von neuem auf das studiren begeben / würde zurůck gelassen. Die eigentliche ursach aber / warum Abimelech nicht mit zu [111] feld gehen d \rfte / war diese / daß der König seinen herr vattern / dem K \nig der Philister /nicht trauete: und besorgete er / wann dieser sein sohn / den er als geisel bei sich hatte / im krieg ümkäme /würde ihn nichtes mehr zurück halten / an ihme wieder friedbrüchig zu werden.

Wie traurig dieser Prinz zu Babel verblieben / kan ich nicht beschreiben. Als er kame von mir abschied zu nemen / sagte er zu mir: Er beklage zwar / daß er die glückseeligkeit nicht haben solte / in mein erb-k \nigreich mich zu begleiten; er müsse aber meinetwegen sich freuen / daß ich nun zu Ninive seine verdrießliche gegenwart verliren würde. Es wåre mir eure gegenwart angenem / (antwortete ich ihm /) wann ich allein auf meine vergnügung sehen dörfte. Weil ich euch aber bereits die ursachen gesaget / die mich meiner eigenen ruhe vergessen machen / als werdet ihr von der zeit / die alles ändern kan / erwarten / was hierin mag zu hoffen seyn. Immittels ist mir nicht entgegen / daß ihr des Prinzen meines bruders briefe mit den eurigen begleitet / und mir wissen lasset / wie ihr lebet: dann ich mich verbunden finde / von eurem zustand immer einige nachricht zu verlangen. Diese worte waren den Prinzen so erfreulich / daß er kaum sich zwingen kunte / nicht durch einem fuß-fall mir zu danken. Die gegenwart meiner leute / hielte ihn davon zurücke: doch dankete er mir / für diese erklärung /mit den verliebtesten worten / also daß jederman die änderung seines gemütes an seinem wesen erkennen kunte. Ich hoffe / (sagte ich ferner zu ihm) ihr wetdet mich auch nichtes lesen machen / was ein reue bey mir erwecken k \nte / daß ich euch dieses erlaubet.

[112] Hiemit verließ ich ihn / und reiseten wir damit ab nach Ninive. Weil ich zum erstenmal daselbst ankame / ward ich von allen ständen mit solchen freuden bewilkommet / daß man daraus ihre natürliche zuneigung gnugsamlich verspüren kunte. Als nun der König nach Meden fort gereiset / nachdem er zuvor /dem Mamellus zu gefallen / die Aramena seine tochter aus der Diana tempel (wie mir solches nicht unbekant seyn wird /) hatte erledigen helfen: bliebe die Königin noch eine geraume zeit zu Ninive. Es stunde nicht lang an / da bekame ich briefe von Babel / da erstlich mein bruder also an mich schriebe.

Schreiben des Prinzen Baleus / an seine schwester die Prinzessin Delbois.

Diese zeilen sollen euch / liebste schwester! versichern / daß der jenige / der mit euch unter einem herzen gelegen / stäts der eure verbleiben wird / so lang ihme die götter sein leben fristen werden. Und wie ich gleiche gewogenheit von euch verhoffe / also werde ich / mich deren ie mehr und mehr wůrdig zu machen / äuserst gefliessen seyn: damit es euren unterthanen nicht zuwider seyn könne / daß ich dermaleins euren zepter füren helfe / gleichwie die meinige sich künftig erfreuen werden / die sch \ne Delbois auf dem Assyrischen thron mit zu sehen.


Der brief / welchen der Abimelech hierbei abgehen lassen / ward von mir dieses lauts abgelesen.

Schreiben des Prinzens Abimelech / an die Prinzessin Delbois.

[113] Wann ich / der schönsten Prinzessin von der welt /keine reue wil verursachen / daß sie so gütig gewesen / diese freiheit / die ich iezt gebrauche / mir zu erlauben / so muß ich stillschweigen / und nichtes melden /wie mein zustand beschaffen. Weil mir aber die entdeckung desselben auch anbefohlen worden / als wil ich durch diese zeilen allein ům befehl ansuchen /nach welchem ich mich hieriñ verhalten m \ge: der ich / bis in den tod / nach nichtes mehr streben werde / als meiner Prinzessin willen in allem zu erfüllen.


Ich spürete aus diesem schreiben wol / wohin er zielete / und hatte er durch fürgewandtes stillschweigen mir gnug entdecket / und ja so viel / als ich in meines brudern brief gefunden. Es fiele mir aber schwer / diesen zu beantworten: weil ich noch nie also ware gen \tiget worden / mich so deutlich in dieser liebe zu erklären. Weil die Königin wuste / daß der Baleus geschrieben hatte / als wolte sie den brief lesen: da ihr dann wol gefiele / daß er also seine liebe mir bezeuget; und begehrte sie hingegen / daß ich ihm auf gleiche weise antworten solte. Ich entschuldigte mich aber dessen / und bate die Königin / mir gnädigst zu vergönnen / daß ich hierinn mich so bald nicht verbündlich machen dörfte / wovon mit der zeit / so wol ihr als dem Könige / auch dem Prinzen /etwas anders einfallen könte. Ich thäte hinzu / es wäre des Baleus jugend dem heuraten annoch so entgegen /daß man / hiervon zu reden / wol der zeit erwarten könte. Wiewol die Königin mit dieser entschuldigung nicht allerdings zu frieden war / so wolte sie doch meinen willen [114] nicht allzu sehr zwingen / sondern liesse zu / daß ich dem Prinzen nur auf solche weise antworten mochte.

Antwort schreiben der Prinzessin Delbois / an ihren Bruder den Prinzen Baleus.

Ich werde niemals vergessen / liebster bruder! daß /wie wir unter einem herzen gelegen / mir auchoblige /alle schwesterliche treu und zuneigung euch zu erweisen. Wie ich denn deren beständigkeit euch hiermit versichere / uñ von dem gütigen hi el anwünsche /daß er euch in allem eurem thun segnen wolle / dermaleins den thron / darzu ihr bestimmet seit / rümlich zu besteigen. Den meinigen weiß ich añoch in einer so guten mutter händen / daß ich / zu dieses reiches bästen / den himmel bitten werde / dasselbe ewig bei ietziger regirung zu erhalten.


An den Prinzen Abimelech aber / ließe ich mir gefallen / dieses zu schreiben.

Antwort-schreiben der Prinzessin Delbois / an den Prinzen Abimelech.

Ihr fordert so künlich meine befehle / daß ich sorge /wann ich euch solche völlig erteilen wolte / es würde euch gereuen / daß ihr so bittseelig gewesen. Damit ich euch aber auf künftig etwas zu schaffen gebe /davon ihr möget ursach haben mir zu berichten: so bitte ich euch / meinem brudern die liebe zum wahren Gottesdienst in sein herz / und mich hingegen aus demselbigen / zu bringen. Dadurch werdet ihr erweisen / daß ihr meine ruhe und zufriedenheit zu befördern suchet.


[115] Diesen brief stellete ich dem Arsas zu / der / wegen seiner treu und verschwiegenheit / einig und allein von dieser brief-wechselung wissen dorfte: dann er ware / als der Perseis bruders-sohn / von kindheit bei mir im frauenzimmer erzogen worden / also daß ich seiner versichert ware. Ich halte für unnötig / alle die folgende briefe zu widerholen. Ich sage allein / daß ich / auf diesen / eine trefliche danksagung / und eine versicherung bekame / daß er ihme meines brudern bekehrung äuserstes fleißes wolte lassen angelegen seyn. Wie aber mein bruder beständig fortfuhre / mich mit seiner offenbaren liebe zu plagen / und mitlerzeit der Fürst Ninias ein ritter-spiel mir zu ehren angestellet / schriebe ich dem Abimelech hiesige zeilen.

Schreiben der Prinzessin Delbois / an den Prinzen Abimelech.

Ihr werdet / entweder eure beredsamkeit / oder den willen / meine ruhe zu befördern / verloren haben. Der Prinz Baleus / verfolget mich unaufhörlich mit seiner liebe: und alhier stellet der Fürst Ninias / mir zu ehren / ritterspiele an / da ich verbunden bin / dem obsieger den dank zu geben. Wäret ihr mit meines bruders bekehrung färtig / dörfte ich dessen gegenwart hieher wünschen: damit iemand wäre / der / des Ninias hochmut bestreitend / von meiner hand ein zeichen der gewogenheit zu entfangen hätte.


Auf diesen brief erhielte ich keine antwort / und kame indeß der tag heran / da der Fürst Ninias /neben allen andern Ninivitischen Fürsten / das befagte ritterspiel aufs herrlichste anstellete und hielte. Sein [116] herr vatter / der Fürst Peka / der fürnemste und mächtigste in Ninive / erwiese bei diesem fest /daß ihme so wenig die mittel als der verstand mangelte / sich prächtig sehen zu lassen. Weil die Königin /den Niniviten sich gefällig zu machen / mit ihrer person dieses fest beehren wolte: als verfügten wir uns allerseits auf den darzu-bereiteten platz / da eine stattliche schaubüne für die Königin und mich aufgerüstet war / von welcher wir gar bequem alles beobachten kunten. Dem überwinder hatte die K \nigin mein bildnis bestimmet / welches von einem berümten maler ins kleine entworfen / und nachgehends in ein köstliches kleinot eingefasset worden. Es schmerzete mich aber nicht wenig / daß solches der Ninias oder ein anderer Ninivite besitzen solte: da ich es / die warheit zu bekeñen / lieber dem Prinzen Abimelech gönnen mögen.

Wie nun das ritterspiel den anfang genommen / und der Ninias seine geschicklichkeit und hohen mut / beides in seiner ausmusterung / und in seinen verrichtungen / spüren lassen: erschiene unvermutlich ein frömder ritter auf dem platz / der sein angesicht bedecket /und sonst aus allem seinem thun zu erkennen gabe /daß er nichtes gemeines seyn müste. Aller augen waren auf ihn gerichtet / und bildete ich mir nicht anderst ein / als daß Abimelech heimlich von Babel herüber gekommen wäre / dem Ninias den preis zu bestreiten: in welcher hofnung ich seinen sieg in meinem herzen sehr wünschete. Nachdem er sich gebürlich /so wol bei dem Ninias als den andern rittern / anmelden lassen / wurde ihme mit zurennen verstattet: da er dann / mit so guter art als großem glücke / allen abgewonnen / also daß die richtere neben der [117] Königin und mir / ihme den preis zu erkeñen musten. Ninias wolte schier rasend werden / daß ihm ein unbekanter seinen so fåst eingebildeten sieg abgenommen hatte.

Indem aber der frömde mit großer ehrerbietung sich unserer büne nahete / und das kleinot von mir entfangen / entstunde ein geräusche auf dem platze: weil noch ein ritter verhanden ware / der sich anmeldete /um den aufgesetzten preis zu kämpfen. Die richtere wolten diesen nicht zulassen / weil er zu spat angekommen. Aber Ninias und die andere Fürsten begehrten inständig / man solte diesem frömden zu rennen vergönnen: weil sie allerseits / durch dieses mittel /auch wieder dazu kamen / und neue hofnung zum gewinnen erlangeten. Der jenige / so das kleinot gewonnen / sagete: wiedaß er / ungeachtet seines erhaltenen siegs / noch wol von neuem mit iedem / wer der auch seyn möchte / fechten wolte; allein der preis wåre so edel / daß er den nicht wieder aus händen lassen könte / es begäbe sich dann / daß iemand darum auf leib und leben mit ihm einen kampf eingehen wolte / da er hierzu sich färtig wolte finden lassen.

Wie nun solcher gestalt die richtere / die Ninivitische Fürsten / und der erste unter diesen frömden rittern / uneinig waren: ließe die Königin meine frau mutter / ihren zank zu schlichten / noch ein kleinot mit meinem bildnis bringen / welches sie von neuem für sie alle ingesamt aufsetzete / und / den letzt-angekommenen frömden mit zu zulassen / verordnete. Dieser nun ließe / mit so guter art und geschicklichkeit /sich in diesem ritterspiel sehen / daß er aller augen auf sich zoge / auch diesen zweiten preis gewonne und davon [118] brachte. Dieses verdoppelte des Ninias wut / also das er den abend bei dem festmale / welches sein herr vatter angestellet / ganz betrübt und still sich anstellete. Die beide frömde obsiegere aber /ließen sich nicht mehr sehen: die dann üm so viel leichter dazu gelangen konten / unbekant zu bleiben /weil niemand unter den Niniviten groß verlangen truge / noch begierd erwiese / ihren namen und stand zu erforschen.

Ich wuste nun auch nicht / wer sie beide gewesen /und ob sich Abimelech unter ihnen befunden / bliebe auch in solcher unwissenheit bis folgenden tag: da der Arsas sich anmelden ließe / und mir etliche reimen von dem Abimelech brachte / die er ihme zugestellet /und damit unerwarteter antwort wieder hinweg nach Babel gereiset war? Ich fande diese verse also lauten:


Des Ninias sein stolzer muht ist hin;

und was kein mensch verdienet zu besitzen /

findt sich bei mir. Ich seh mich auf der spitzen

des höchsten glůcks. Doch ist dabei mein siñ

betrůbt / weil ich selb-ander seelig bin.

Im leiden kan uns die gesellschaft nůtzen:

im glücke nicht. Drum / mich allein zu schützen

bei dieser ehr / so götzt mir den gewinn /

daß ich verfolg / bis an der erden end /

den / der zwar eh als ich den sieg bekommen /

doch nichtes mir / gleich wie ich ihm / genommen.

Der himmel mir alleine zu erkennt /

diß wunder-bild. Hab ich nur euren willen:

sein stolz sich / wie des Ninias / sol stillen.


Hieraus ersahe ich / daß Abimelech der lezte gewesen war / der zu diesem ritter-spiel gekommen: und berichtete mir dabei der Arsas / daß dieser Prinz /nach entfang meines schreibens / welches ihm etwas spat war geliefert worden / straks den schluß gefasset / also [119] unbekant auf dem renn-platz in Ninive zu er scheinen. Er sei auch alsbald wieder nach Babel gekehret / damit niemand sein fürnemen erfahren mögte: weil er wol vermutet / ich wůrde nicht gerne sehen /daß dieses sein beginnen ruchtbar würde. Diese bescheidenheit des Abimelech / da er auch sein verlangen mich anzusprechen verdrucket / neben seinem anderen rümlichen verhältnis / kunte mir nicht anderst als wol behagen. Ich erfuhre vom Arsas ferner / Abimelech habe erforschet / wie daß der frömde / so eher als er auf die bahn gekommen / seinen weg nach des Königs von Assyrien lager in Meden genommen: des fürhabens / ihme zu folgen / und von ihme mein bildnis wieder abzufördern.

Meine gemüts-bewegungen ließe ich hierauf den Arsas nicht alle merken / befande aber wol bei mir /daß ich des Abimelech begehren nicht abschlagen könte: demnach verfassete ich / nach langer überlegung / folgende zeilen / die ich ihme durch den Arsas zuschickete.


Ich danke eurem fleiß /

daß ich enthoben bin / den Ninias zu ehren.

K \nt ihr auf gleiche weis

mir bringen / was ich gab: wil ich es euch nicht wehren.


Wer war erfreuter / als Abimelech / nach erhaltung dieser antwort-zeilen? Und weil er also iemehr und mehr meine zuneigung anhube zu erkennen / stårkte er sich in seinem entschluß / dem heer nach Meden zu folgen: aus antrieb / sowol seiner kriegerischen großmut / als seiner eifersichtigen liebe / daselbst den frömden auszufragen / der mein bildnis zu Ninive gewonnen hatte. Dieses sein fürnemen stellete er mit niemanden in raht / als mit dem Ahusath: massen er seinem [120] hofmeister Bagastanes nichtes davon sagen dörfte / als welcher ihm solches nicht würde gut geheissen haben. Wie er demnach alles hierzu färtig hatte / reisete er mit dem Ahusath heimlich von Babel hinweg: da er zuvor dem Prinzen Baleus sein fürhaben / dem krieg zu folgen / entdecket / als mit welchem er in großer verträulichkeit / ohne was seine liebe anlangete / gelebet. Er hatte auch / diesen Prinzen im wahren Gottesdienste zu unterweisen / schon einen guten anfang gemachet / wiewol er es noch nicht zu völligem ende bringen können.

Weil er über Ninive reisen muste / kame er heimlich dahin / und ließe durch den Arsas sich anmelden: ob ich ihm die gnade erweisen / und ihn im garten zur ansprache kommen lassen wolte? Dieses sein beginnen / machte mich nicht wenig bestürzet: und hatte ich nicht vermutet / daß er einen solchen schluß fassen würde. Ihn allein zu sprechen / kunte ich nicht einwilligen: gleichwol dünkte mich auch zu hart und meiner zuneigung zuwider / ihn gar / ohne mich zu sehen / wegziehen zu lassen. Endlich ersonne ich dieses mittel / und ersuchete des Arsas frau mutter / (die stäts in Ninive gewonet / und an den Babilonischen hof nie gekommen / dannenhero unwissend lebete /was des Abimelech oder meine angelegenheiten wären /) mit mir in den garten zu spaziren. Diese gute Fürstin nun / truge dessen kein bedenken / sondern begabe sich mit mir / gegen den abend / in den garten: da ich dann alles mein frauenzimmer zurück ließe / damit uns keine verraten mögte.

Wie nun Abimelech mich von weiten ankommen sahe / eilete er mir entgegen / und mir zu fus fallend /[121] ergriffe er meine hand / ehe ich es ihm verwehren kunte: die er ohn unterlaß zum munde fürete / und dadurch seine herzliche vergnügung mir zu erkennen gabe. Ihr sehet / Prinz Abimelech! (redte ich ihn an /als ich ihn zuvor aufstehen heisen /) daß ihr mich meiner gebür vergessen machet / indem ich euch iezt solche freiheit einraume / das mir zum ärgsten könte ausgedeutet werden / wann einiger mensch dieses erfüre. Ich verhoffe aber / ihr werdet daraus erkennen / daß ich eure freundin bin / und die gelegenheit nicht misbrauche / die ich euch / mich anzusprechen / vergönnet. Hierauf / als er mir dafür tausendfältig dank gesaget / begehrte er nochmals meine erlaubnus / in den Medischen krieg zu gehen / und mein bildnis dem frömden / wofern er den antreffen würde / abzunemen: welches ich ihm freistellete. Als er darauf sich von seiner liebe übermeistern ließe / uñ solche mir ferner entdecken wolte / bate ich ihn / daß er mich nicht zwingen möchte / ihn mit unwillen zu verlassen. Er aber wolte so gute gelegenheit nicht versäumen / sondern drunge darauf / ich möchte ihm erlauben / daß er mich lieben / und dabei hoffen dörfte / daß seine liebe mir nicht zuwider wäre.

Nachdem er mir dieses mit der beweglichsten und ehrehrbietigsten art von der welt gesaget / fiele er abermals mir zu füßen / und begehrte der gestalt seinen tod oder sein leben von mir zu vernemen. Also ward ich endlich bewogen / ihme zu vergönnen / daß er mich lieben möchte: mit dem versprechen / daß ich hingegen / wann die / so über uns zu gebieten haben /es dermaleins würden gut befinden / ihme meine zuneigung zuwenden wolte. Als ich diese erklärung von mir gegeben / wurde ich in mir selber beschamet. [122] Er aber hielte sich nun für den seeligsten auf erden / und keine hinternise achtend / die meine verheisung ümstossen könten / begnügte er sich mit der erkentnis meiner zuneigung. Also schieden wir von einander /er zwar h \chst vergnügt / ich aber voller unruhe /mich selber darüm straffend / daß ich also heimlich und ohne der meinigen wissen mich versprochen hatte. Dann / ob ich ihm wol nur zugesaget / dermaleins und mit beding zu lieben: so hatte er es doch so aufgenommen / wie es warhaftig in meinen herzen beschaffen war / daß er meiner zuneigung sich schon völlig versichern kunte.

Wie dapfer er nachgehends in dem Medischen krieg sich verhalten / da der berumte Esau fürst von Edom ihn angefůret / will ich hier nicht weitläuftig erzehlen / sondern nur sagen / daß nie keine zeitung aus dem lager kame / die mir nicht das lob seiner rümlichen thaten mitgebracht hätte. Wir zogen aber vor endigung dieses kriegs / wieder nach Babel / als die Königin meine frau mutter zuvor eine große änderung mit meiner hofstatt fürgenommen: da dann mein hofmeister / der fürst von Sepharvaim / zum ober-statthalter in Ninive / des Arsas herr vatter zum unter-statthalter / und der fürst von Arvad mir hingegen zum hofmeister bestellet worden. Ninias bliebe auch zu Ninive / welchen die Königin / seiner verspürten liebe zu wehren / nicht üm mich wissen wolte. Hingegen wäre sie sehr bemühet / des Prinzen Baleus heurat mit mir zu bef \rdern: daß ich mich also / teils erleichtert / teils wieder beschweret sahe. Jedoch tröstete ich mich mit der vom Abimelech mir gemachten hoffnung von meines bruders bekehrung / [123] und daß solche alle diese ungelegenheiten künftig aufheben würde.

Dieser wegen nun gewonete ich / mit meinem bruder etwas verträulicher umzugehen. Und weil er gern von hohen sachen reden mochte / hielten wir oft ein gespräche zusammen / von geistlichen dingen: da ich dann warname / daß er schon sehr wankete / und viel dings von den göttern in zweifel zoge / dadurch ich in besagter meiner hoffnung gestärket wurde. Doch ließe er seine liebe / indem wir stäts mit einander ümgingen / iemehr und mehr vermerken: worüber der ganze hof / sonderlich aber meine frau mutter / hoch erfreuet wurde / und der abwesenheit des Abimelech zuschriebe / daß ich mich nun gegen den Baleus geneigter erwiese.

Der König / als er den Medischen krieg geendet /schikte den Sparetes / fürsten von Almodat / nach Babel / der Königin den glücklichen fortgang seiner waffen / nebst seiner ehist-vorhabenden wiederkunft /zu berichten. Dalimire war bei uns / als Sparetes alles erzehlete / wie es war in Meden daher gegangen: da dann der untergang des K \nigs Pharnus / und der klägliche tod der Königin Barsine / so großes mitleiden bei uns anderen / als frolocken bei der Dalimire /verursachete. Als auch der Königin die thränen in die augen stiegen / da sie sich / bei dem untergang dieses reiches / des unglücks ihrer schwester in Syrien erinnerte: hatte die stolze Dalimire soviel verwegenheit /sie hierům hönisch anzulassen. Weil sie auch sonst /da sie bisher / weil der K \nig ausen war / sehr demütig sich gebärdet / nun gar übermütig zu werden begunte: kunte die K \nigin nicht ümhin / ihr ein solches [124] zu verweisen / und sie der schuldigen ehrerbietung zu erinnern. Dalimire / hierob entrüstet / verließe uns /und scheuete sich nicht / ohne vorwissen einiges menschens / dem König entgegen zu reisen / und ihn bei Chalne zu entfangen. Die gedultige Königin ließe sich alles diß nicht anfechten / als gewonet viel zu leiden /und rüstete sich / ihren herrn / den König / in Babel auf das herrlichste zu bewillkommen.

Des sieghaften Abimelechs wiederkunft / kunte auch mir nicht anders / als große freude erweckẽ. Wie nun der tag angekommen / da Belochus seinen einzug in Babel halten wolte / hatte ich die vergnügung /meinen Abimelech / in diesem triumf / hoch beehret zu sehen: indem sowol der K \nig / als alle hohe und niedere kriegs-bediente / ihm das lob gaben / daß er nicht allein zu unterschiedenen malen dem König das leben gerettet / sondern auch ihme und dem Esau / die eroberung des Medischen reiches / zuzuschreiben wäre. Alles was diesen prächtigen einzug verunzierete / war Dalimire: die so unverschämt worden / daß sie neben den König auf seinem triumf-wagen saße. Er fürete sie in ihr zimmer / daselbst er etliche stunden bei ihr bliebe / ehe er zu der Königin ginge. Die kaltsinnigkeit / mit deren er meine frau mutter ansprache /war sehr groß: und kunte man nicht undeutlich merken / daß Dalimire / der Königin wenig-bezeugte freude über des Königs sieg / ihme sehr widrig můste angebracht haben.

Wie Abimelech und ich einander entfangen / kan man leichtlich ermessen: und wiewol wir uns für den leuten bergen wolten / so konten doch die jenigen / so unser thun genau beobachteten / bald ersehen / daß[125] zwischen uns keine gemeine zuneigung waltete. Der Prinz Baleus finge nun auch an / eine eiversucht an tag zu legen: dem seine grosmut nicht zuließe / des Abimelech dapfere thaten ohne ehr-neid anzuhören. Weil auch seine liebe gegen mir immer zuname / als konte er auch nicht leiden / daß dieser Prinz viel üm mich wäre. Aber Abimelech wuste dem Baleus so wol zu fugen / und seinen platz bei mir ihme allemal zu überlassen / daß er seine eiversucht meist verlieren muste. Sonsten klagete mir Abimelech / daß er den frömden ritter / mein bildnis ihm abzunemen / in Meden nicht ausfragen können: welches mich zwar nicht sehr anfochte / nun ich nur ihn selber wieder hatte; massen ich ihn dieserwegen von seinem versprechen ledig sprache.

Es wurden aber / wegen des Königs glücklicher witderkunft / in Babel allerhand herrliche freudenfeste / und unter andern ein großes ritterspiel der Dalimire zu ehren / angestellet: darbei alle Prinzen / Fürsten und großen von Babel erscheinen musten. Baleus dorfte / ob er gleich der Dalimire sehr aufsätzig war /sich nicht weigern / diesem fest mit beizuwonen. Die K \nigin befahle auch mir / mich darbei finden zu lassen / damit der K \nig nicht zu zorn gereitzet würde: sie selbst aber bliebe davon / weil ihren platz / da sie billig sitzen sollen / die Dalimire bekleidete. Des Königs liebe gegen ihr / und ihr hochmut / war so groß /daß sie / bei diesem fest / als welches ihr zu ehren gehalten wurde / die oberstelle über mich zu begehren /sich nicht scheuete. Weil aber die anwesende Niniviten sich äuserst widersetzeten / und der gesamte Königliche raht solches misbilligte / ward es also vermittelt / daß mir [126] ein eigener thron / der gerade gegen des Königs thron über / aufgerichtet wurde: daher dann zu mir alle fürnemste damen sich versamleten / hingegen bei der Dalimire keine / als die ihr zur aufwartung zugegeben waren / neben etlich wenig verheurateten frauen von des K \nigs bedienten / verblieben.

Alles / was in diesem kampfe zu gewinn aufgesetzet war / bestunde in herrlichen kleinodien / die des K \nigs schatzmeister nahe hinter ihm in verwarung hatte; und ware das bäste / eine trefliche perle / dergleichen vorhin nicht viel mochte gesehen seyn. Dalimire / die nahe bei dem König saße / gabe nicht undeutlich ihre begierde zu vernemen / diese perle zu haben: welche dem jenigen bestimmet war / der das bäste im kennen thun würde. Wie man nun gerennet /und einer diß der andere das gewonnen / wurden solche gewinste von den meisten / so bald sie die von des K \nigs hand entfangen / der Dalimire gleich wie der zum geschenk überliefert: wiewol solches viele und sonderlich die Niniviten / unterließen / und andere damen damit verehreten.

Der Prinz Abimelech überkame nun das bäste / und wie ihme der K \nig die perle hinreichte / sagte er zu ihme: nemet hin / edler Prinz! was ihr mit so guter geschicklichkeit gewonnen / und beschenket damit hinwiederum die sch \nste / die ihr in dieser gesellschaft findet. Hiemit zielete der König / auf Dalimire. Abimelech aber / als er ihn versichert / daß er diesem befehl nachkommen wolte / gienge alsobald zu mir / und diese perle mit sehr höflicher angenemer art überreichend / machte er den König so erzürnet / die Dalimire so beschämet / den Prinzen Baleus so eiversüchtig /und [127] mich so unruhig / daß dadurch dieses freuden-fest sich sehr verwirrt endigte. Ich wuste aber damals noch nicht / daß Dalimire diese perle haben wollen / und erfuhre solches allererst / als wir in den königlichen saal kamen / allwo gespeiset solte werden: da ihr störriges gesichte und des Königs stilles wesen / mir / üm die ursach zu fragen / anlaß gaben. Demnach / den König zu befriedigen / überwand ich mich / und brachte der Dalimire die perle; die aber solche durchaus nicht annemen wolte / sondern mit h \nischen worten sagte: weil diese perle nur der schönsten zu besitzen gebürete / als müste ich damit zu ihr nicht kommen.

Hiemit / ohne mich mit ihr in wortwechselung einzulassen / ginge ich von ihr / zu des fürsten Arsas schwester / der jungen Eldane / die bei mir am hof und gar hübsch von gesicht war / und schenket ihr diese perle: welches dann ein großes ansehen gabe /indem alles frauenzimmer der Eldane dieses k \stliche geschenke misg \nnete / und darbei den armen Abimelech verlacheten / daß ich sein geschenk so gering geachtet. Ich merkete ihm wol an / daß ihm solches nahe ginge. Ich wolte aber lieber hierdurch aller welt weisen / daß mich der Prinz Abimelech nicht mehr dann ein anderer anginge / als durch so öffentliche bezeugung mich mit ihme ferner in jedermans gespräche bringen.

Ich speisete nun mit den damen an einer eignen tafel / Dalimire aber bliebe bei dem K \nig: welcher /weil er sie unlustig sahe / auch übel zu frieden wurde / und auf den Prinzen Abimelech etliche zornige augen-winke schießen ließe; weswegen ihm geraten wurde / daß er / üm den K \nig nicht weiter zu reitzen / sich von der gesellschaft mit guter art absondern solte. [128] Dalimire feirete hierauf nicht / den ganzen abend diesen Prinzen bei dem König anzuschwärzen. Und mir neben ihme zu schaden / erwehnte sie von unserer liebe / und wie gefärlich mit dem Prinzen der Philister ümzugehen sey: massen zu mutmassen wäre / daß er seinen irrigen glauben auch mir mögte beigebracht haben / weil ich nun eine geraume zeit her die tempel nicht fleißig mehr besuchet hätte / auch der Prinz Baleus wenigern eifer / als vor diesem / gegen dem g \tterdienst spůren ließe.

Weil der K \nig dem götter-dienst sehr ergeben ist /auch seinem sohn das k \nigreich Ninive über alles g \nnete / welches er / ohne mich zu heuraten / nicht bekommen kunte: als wirkete dieses bei ihme soviel /daß folgenden tags dem Baracheel so wol / als der Perseis / anbefohlen wurde / auf des Prinzen und meinen wandel genaue aufsicht zu haben / und uns nicht viel bei dem Abimelech allein zu lassen. Mir wurde alles dieses durch dem getreuen Arsas entdecket / wie auch / daß der König von der Eldane die perle holen lassen / und ihr ein anders kleinot dafür geschicket.

Als ich folgenden morgens in der frühe nach der Semiramis garten mich begabe / üm daselbst allein meinen traurigen gedanken geh \r zu geben / fande ich alda den Abimelech / der sich bei einem brunnen niedergeleget / und also / voll nachsinnens / in das wasser sahe. Er wurde lang meiner nicht gewar; endlich /wie er mich ersehen / stunde er betrübt auf / mich sehr ehrerbietig grüßend. Vermeinet ihr wol / Prinz Abimelech! (sagte ich zu ihm /) große ursach zu haben /euch über mich zu beschweren / üm daß ich mit eurem [129] geschenke gestern also verfahren? Ich halte aber dafür / daß ich damit euch sehr gedienet / und /was ihr verderbet / einiger massen wieder gut gemachet habe. Zum wenigsten kan ich mich nun bässer entschuldigen und darthun / daß nichtes daran sei /was etwan Dalimire dem K \nig von unserer liebe /für gesaget: dann ich aller welt gewiesen / daß der Prinz Abimelech mir nicht so lieb sei / als ich ihm verheisen / daß er mir ewig seyn sol.

Ach schönste Prinzessin! (antwortete er mir /) wo rechte liebe ist / da ist nicht allemal große fürsichtigkeit. Habe ich gesündigt / daß ich gestern allzuviel der welt mein herz entdecket: so bin ich auch wol darum gestraffet worden / da jederman der Prinzessin Delbois kaltsinnigkeit sehen müssen. Meine erwiesene kaltsinnigkeit / (gabe ich zur antwort) sol / wie gesagt / euch dienen / daß eure liebe und meine zuneigung heimlich bleibe / und daß ich keinen andern befehl von meinen oberen beko en m \ge / meinen fürsatz zu widerruffen. Wahre liebe / (sagte er wieder) lässet ihr nicht gebieten. Ihr wisset aber wol / (wandte ich gegen ihm ein) mit was beding ich euch vergönnet / mich zu lieben / und daß des Königs und der K \nigin befehl große gewalt über meinen willen habe. Uber euren willen? schönste Prinzessin! (fragte er ganz betrübet /) Ich vermeinete / der wäre frei / und wann gleich ein grausamer zwang dessen fürhaben aufhalten könte / solte er doch nicht fähig seyn / ihn gar zu veråndern.

Als ich hierauf antworten wolte / kame der Prinz Baleus dazu: der dann mit seinem betrübten wesen wiese / wiedaß ihme etwas sonderliches anligen müste. Dann sein hofmeister Baracheel / hatte ihm des Königs [130] befehl schon hinterbracht / daß er des Abimelech gesellschaft meiden / und seine kaltsinnigkeit in besuchung der tempel änderen solte. Weil ihme dieses verbot / und wie ich gestern mit des Abimelechs geschenke mich angestellet / alle eifersucht gegen diesem Prinzen benommen / und hingegen eine neue zuneigung in sein herz gebracht hatte: als ware er dieserwegen dem Abimelech in der Semiramis garten nachgefolget / so bald er der aufsicht Baracheels sich entziehen können.

Liebster Prinz! (redete er ihn an /) man ist gesinnet / mir zu verwehren / ferner mit euch ümzugehen / und hat euer gestriger sieg euch nichtes als haß und verfolgung erworben. Man weiß / daß die Prinzessin meine schwester / und ich / euren vermanungen bisher gehör gegeben / und den irrtum des falschen götterdienstes erkañt haben: daher dann diese verfolgung mit entstehet. Doch werde ich deßwegen nicht ablassen / Abimelechs heilsame lehren anzuhören / und euch wider die boshaftige Dalimire an unserem hof zu schůtzen. Wie nun uns beiden / dergleichen von dem Baleus zu vernemen / frömd fürkame / also vermehrte sich unsere bestürzung / als er uns ausfürlich alles erzehlte /was Dalimire dem König fürgebracht / und was Baracheel ihme von seinetwegen sagen müssen. Ich wurde / mitten in der bestürzung / hoch erfreuet / daß ich solchen eifer an dem Baleus für des Abimelech wahren Gottesdienst und glauben verspürete. Demnach sprache ich ihm eiferig zu / daß er solcher meinung bleiben / darbei aber ja sehr geheim leben mögte / damit der K \nig nichtes hievon erfüre / so uns allerseits großes nachteil bringen würde. Also verglichen wir uns / üm dem König allen argwahn [131] zu benemen /daß wir die götzen-tempel fleißiger besuchen / jedoch mit den herzen von solchem falschen dienst weit entfernet seyn wolten: üm zu verhüten / daß nicht / mit uns / die hoffnung der künftigen bekehrung beider unserer K \nigreiche / unterdruckt werden mögte. Weil auch der Prinz Baleus noch nicht völlig den unterricht von dem wahren Gottesdienst eingenommen hatte /als name ich solches über mich / damit Abimelech üm so viel mehr auser verdacht bliebe. Weil ich auch / in des Baleus gegenwart / dem Prinzen der Philister von deme / was seine person anginge / nichtes mehr sagen kunte: gabe ich ihme doch durch gebärden völlig zu verstehen / wie daß er keine ursach hätte / an meiner zuneigung zu zweifeln.

In solchem kame Perseis zu unserm gespräche /welche / nachdem sie mich auf eine seite gezogen /und allmählig von den beiden Prinzen abgebracht hatte / mir eben dergleichen gewerbe / als Baracheel dem Baleus / ankůndigte. Sie sezte aber noch dieses hinzu / man mutmasse meine zuneigung zu dem Prinzen Abimelech / deren ich mich dann gänzlich entschlagen müste. Wie ich nachgehends zu der Königin kame / vermanete die mich ebenfalls gar sehr / daß ich der lästererin Dalimire / mich zu verleumden / keine fernere gelegenheit geben / und darüm des Abimelech mich äusern solte. Sie aber / deren endlich unerträglich fiele / der Dalimire über mut also täglich für augen zu sehen / sonderte sich eine weile von hof ab /und begabe sich nach Sephar: da ich ihr dann hinfolgete / und Baleus auch stäts bei uns ware / Abimelech aber zu Babel bleiben muste. Ich thäte ihm durch den Arsas alles zu wissen / wie es mir erginge: aber aus beisorge / [132] daß wir mögten verraten werden / wolte ich weder seine heimliche besuchung noch briefwechselung annemen. Gleichwol ihn ein- für allemal zu befriedigen / schickte ich ihm / für meiner abreise / hiesige reimen / die ihn meiner beståndigkeit versichern solten / welche er / wegen der ansprach-versagung / in zweifel zu ziehen gedachte.


Wornach doch sehnt ihr euch / da ihr ja wohnt in meinem herzen?

Beeifert ihr euch selber dann / und wolt eur heil verscherzen?

Ihr könt / durch eure gegenwart / leicht eure ruh vertreiben:

ståts aber / wann ihr ferne seit / in meinem herzen bleiben.


Zu Sephar nun / sahe ich den Baleus stäts üm mich / und ware mir seine gesellschaft nicht unangenem /weil der inhalt unserer gespräche von so guten sachen handelte. Ich brachte ihn endlich so weit / daß er mit mir / auf einem berge / in gegenwart des Arsas / der Eldane / und des Zameis seines kammerherrn / den er für allen seinen bedienten liebete / und sich ihm vertrauete / bei einem altar / den wir aufrichteten / und auf demselben dem einigen wahren Gott des himmels opferten / allen g \ttern absagete / und den reinen glauben des Ebers und dessen nachkommen beständig anzunemen / sich verlobete. Wie nun dieses in aller stille geschehen / und er nachgehends wieder allein bei mir in meinem gemache war / dankete er mir h \chlich / daß ich ihme zu dieser erkentnis geholfen. Als er hierauf von seiner liebe zu reden kame / und mir dieselbe mit den heftigsten verbündlichsten worten zu verstehen gabe / sagte ich letzlich zu ihme: Er müste nunmehr andere gedanken fassen / und wissen /daß forthin unser glaube ihm verwehre / mich anderst als seine schwester zu lieben: massen solche nahe verehlichung [133] sündlich wäre / und nicht allein von den recht-gläubigen / sondern auch von den meisten anderen v \lkern / die sonsten das rechte erkäntnis nicht hätten / ganz verdammet würde.

Hierüber wurde er ganz still / und sahe mich betrübt an: da die mannigfaltige verånderung seines gesichtes mir gnungsam zu verstehen gabe / wie sehr ich ihn beunruhiget hätte. Weil nun dem Baleus bewust war / daß Abimelech mich in dem reinen Gottesdienst unterrichtet / und er also wol vermuten konte / daß ich auch dises gesetze von ihm erlernet habẽ müste: finge seine eifersucht an / wieder wach zu werden. Doch bliebe er im zweifel / ob Abimelech allein aus eigennutzen / oder aus liebe zur warheit / dieses gesetze /nicht so nahe ins geblüte zuheuraten / mir fürgetragen hätte. Also schluge er sich eine gute weile mit traurigen gedanken / bis er endlich diesen entschluß fassete / selbst eigentlich zu erforschen / ob es sich also in der that verhielte. Also eröffnete er mir seinen fürsatz / wie er gewillt wäre / eine reise ins land Canaan zu thun / und entweder zu Salem beim Melchisedech /oder zu Hebron bei dem Isaac / sich zu befragen / was er bei seinem iezt-angenommenen glauben in seiner liebe hoffen dörfte.

Wie nun ich selber / als der warheit dessen versichert / ihn fleißig hierzu antriebe / zoge er nach Babel / erlaubnis von dem K \nig zu erlangen / daß er eine reise nach Tyrus fürnemen dörfte / üm daselbst die Königin Delbois / unsers herrn vattern schwester / zu besuchen. Weil nun der König diese schwester sehr liebet / auch derentwegen mich nach ihr benamen lassen: als willigte er freudig ein / daß der Prinz diese[134] reise thun / und zwar etwas lang ausbleiben mögte: zumal weil seine gegenwart die Dalimire / und folgbar auch er / nicht zum ruhigsten vertragen konte. Ich thäte dieses heimlich dem Abimelech / von Sephar aus / zu wissen: welcher darüber sich innerlich so viel erfreuet / als wenig er åuserlich sich anname / daß er etwas hiervon wüste. Baleus stellete sich auch ganz frömd gegen ihm / und ließe gnugsam verspüren / wie daß er so unruhig als eifersüchtig wäre. Ihm wurde der Zameis als hofmeister zugegeben / weil der K \nig den Fürsten Baracheel zum geheimen raht machete /und darum ihn zu Babel bei sich behielte.

Seinem fürhaben nun nachzusetzen / reisete der Baleus nach Salem / und begabe sich daselbst / ohne daß iemand wuste / wer er war / zu den priestern in die hohe schule. Wie er nun mehr als zuviel erfahren daß die zusammenheuratung der brüder und schwestern verboten und sündlich wäre / schiede er betrübt wieder von Salem hinweg / und vollfürete seine reise nach Tyrus. Mitlerweile hatte / der König Abimelech von Gerar / seine abgesandten nach Babel abgeordnet / und den Prinzen seinen sohn wieder abfordern lassen / weil die fünfzehen jahre vorbei waren / die er ihn zu Babel zu lassen versprochen hatte. Der König gabe ihm alsobald seine erlassung / und ware ich noch bei der Königin zu Sephar / als mir von dem Prinzen dieser brief zukame.

Schreiben des Prinzens Abimelech / an die Prinzessin Delbois.

Schönste Prinzessin! Mein herr vatter fordert [135] mich von hier ab / und der eurige erlässet mich gutwillig: weil er mich der bande nicht mehr würdig erkennet /die ich bisher als ein geisel hier zu Babel getragen. Die bande aber / die mir Delbois angeleget / wird keine irdische macht mir auflösen können: und wird mein herz doch stäts zu geisel hier verbleiben / obgleich mein leib Assyrien verlassen muß. Ob ich diese lezte glückseeligkeit noch hoffen dörfe / vor meinem abzuge / meiner Prinzessin den rock zu küssen /werde ich / in schmerzlichem verlangen / befehl erwarten.


Ich muß wol gestehen / daß mir diese zeitung / von des Prinzens Abimelech abreise aus Assyrien /schmerzlich zu vernemen gewesen. Ich ließe ihm hinwiederum zuentbieten: Imfall er nach Sephar kommen / und von der Königin meiner frau mutter abschied nemen wolte / würde ich die gelegenheit nicht versäumen / ihn zusprechen. Als er hierauf / diese reise zu thun / vom König erlanget / säumete er sich nicht /der K \nigin zu Sephar auszuwarten: die ihn dann gar höflich entfienge / und wegen seiner hohen tugend ungern aus Assyrien scheiden sahe; ob sie gleich dadurch die sorge verlieren kunte / daß seine gegenwart / in der fürhabenden heurat zwischen dem Baleus und mir / eine hinternis verursachen mögte.

Als er nun / mich allein zu sehen / die gelegenheit ergriffen / sprachen wir eine gute weile zusammen mit den augen / ehe eines von uns den mund zum reden eröffnete. Endlich überwand ich mich / uñ sagte zu ihm: Wie nun / Abimelech! wollen wir die kurze zeit /die wir noch beisammen seyn können / mit stillschweigen zubringen? und habet ihr mir nichtes mehr zusagen / ehe [136] ihr aus Assyrien scheidet? Ach! große Prinzessin! (antwortete er mir / seufzend) es fehlet mir mehr am vermögen / als an dem inhalt / mein anligen fürzubringen. Ich habe soviel zu sagen / daß ich ewig nicht aufhören würde / wann mein grausames verhängnis nicht haben wolte / daß ich vielleicht nun bald auf ewig werde schweigen müssen. Ihr schreibet mir ja / (gabe ich zur antwort) daß euer herz hier stäts verbleiben soll: solcher gestalt werdet ihr / nur dem scheine nach / und nicht warhaftig / abwesend seyn. Diß wird geschehen (wandte er wieder ein) nach dem / als mein herz hier wird aufgenommen und gehalten werden.

Wie ich ihn nun versichert / daß bei mir sein herz wol verwahret bleiben solte / gaben wir uns ferner in ein weitlåuftiges gespråche / da ich endlich mich gegen ihme so weit heraus ließe: Wie daß ich niemals einen andern / als ihn / lieben wolte; daß ich wolte bemühet seyn / den König und die Königin mit der zeit auf diese meinung zu bringen; und daß ich / wann ich macht über meinem eigenen willen haben würde / ihn zum König von Ninive machen wolte. Er hingegen /gelobete mir seine beständige treu: welches ümständlich zu er ehlen / ich fůr unnötig erachte. Also schieden wir lezlich betrübt / doch dabei vergnügt / von einander / und bedachte damals meine jugend nicht /wie gefårlich diese meine verlobung gewesen. Damit wir aber von einander zu zeiten nachricht haben könten / ward beschlossen / das er mit dem Arsas briefe wechselen solte / die ein Cananitischer kaufman / der zu Babel wonete und aller orten hin seinen handel hatte / sicher bestellen kunte.

[137] Durch dieses mittel nun erfuhre ich / nach seiner abreise / daß er zu Salem / an der Prinzessin Cölidiane eine gleichheit mit meiner person findend / uñ derselben fleissig aufwartend / sich in den verdacht gebracht / als wann er sie liebete: daß dann allerseits anverwandte sehr wünscheten / und befördert wissen wolten. Seiner beständigen treu aber gegen mir /wurde ich allemal zugleich mit berichtet. Ich muß gestehen / so lieb mir dieses Prinzens beständigkeit ware / so sehr betaurete ich diese schöne Prinzessin /sie also unschuldiger weise in den wahn und ruff gebracht zu wissen / daß Abimelech sie liebete.

Unterdessen kame die Königin Delbois von Tyro /neben der Prinzessin Lantine von Elam / ihrer tochter / nach Babel / und brachte den Prinzen Baleus wieder mit: da dann der König / nach langem abwesen / uns von Sephar wieder in Babel kommen hiese / diese Königin zu entfangen. Die grosse liebe / so der König zu dieser schwester heget / verursachte bei ihm eine sonderbare freude über ihrer gegenwart: welche auch der Königin meiner frau mutter soviel zu nutzen kame / daß durch ihre der Delbois vermittelung sie von dem K \nig meinem herr vattern wieder in bässern würden gehalten wurde / und der Dalimire ansehen merklich fiele: doch nicht solcher gestalt / daß der K \nig / sie zu lieben / abgelassen hätte.

Baleus / mich wieder sehend / bezeugete zwar / daß es ihme schwer fiele / von seiner liebe gegen mir ganz abzulassen. Doch war er nun so wol unterrichtet /wegen unmüglichkeit unserer heurat / daß er kein bedenken truge / frei mit mir davon zu reden / und / wie er sich aller hoffnung begeben hätte / mich zu versichern. [138] Ich begunte demnach diesen bruder herzlich zu lieben: doch nicht in solchem vertrauen / daß ich ihm entdecket hätte / wie es mit mir und dem Prinzen Abimelech stünde. Dann / weil er noch jung / und durch verfürung hätte anders sinnes werden mögen: als besorgte ich auf den fall / daß diese entdeckung / dem Abimelech und mir viel ungemachs bringen würde.

Er finge aber an / der Prinzessin von Elam aufzuwarten / und dieselbe lieb zu gewinnen: welcher liebe aber alle anverwandte entgegen waren. Dann der König mein herr vatter / neben meiner frau mutter /blieben beständig bei ihrer meinung / daß mich der Baleus haben müste. Die Königin von Tyro / wolte ebenfalls ihre tochter an den K \nig Amraphel ihren sohn verheuraten: und fürnemlich zu dem ende hatte sie diese weite reise genommen / üm ihr fürhaben mit dem König ihrem herr brudern zu berathschlagen /und so dann ihren weg fürter nach Elam zu nemen. Lantine betreffend / so mochte die wol bereits ihr herz einem andern gegeben haben / daß also Baleus zu spat kame: wiewol ich nie hierinn bin ihre vertraute worden. Ich muste aber nun die jenige seyn / die ihm in seiner neuen liebe bei der Lantine diente: daß mir dann nicht so schwer ankame / als wann er seiner ersten liebe nachgesetzet hätte. Und alles dieses / was an unserm hofe fürginge / wurde dem Abimelech /durch den Arsas / nach Salem berichtet.

Wie es nun also üm unsere sachen stunde / entsponne sich ein neuer krieg / mit den frömden völkern den Teutschen: da der König von Basan / den Fürsten Trebetes seinen feld-obersten / mit einem mächtigen[139] heer in unser reich sendete / die in geschwinder eile vieler örter an den Mesopotamischen gränzen sich bemächtigten. Diesem feinde zu steuren / beschlosse der König / in person mit zu felde zu gehen: und weil Dalimire dem König sehr anlage / daß sie mögte bei seiner person verbleiben / als kame durch diß mittel die Königin auch mit ins feld / die ich dann nicht verließe / und also diesem kriege mit beiwonete. Die Königin von Tyro zoge nach Glam / zu dem K \nig ihrem sohn: und Baleus / der also seine Lantine verlassen muste / rüstete sich / mit uns seinen ersten feldzug zu thun / der bisher / wegen seiner jugend / die waffen noch nicht gefüret hatte. Der Prinz Mamellus / hiesiger Statthalter / brachte ein großes heer Syrer und Mesopotamier für den König zusammen. Auch schicketen die Niniviten / auf befehl der Königin / eine ansehnliche hülfe / die des Ninias herr vatter fürete / und diesen seinen sohn mit bei sich hatte.

Bei Acraba an dem Phrat / wurde unser lager geschlagen: alda der feind mit freudigem muht uns eine schlacht anbote / welche die unsrigen willigst annamen / weil sie viel stärker waren / und den unfehlbaren sieg hoffeten. Unsere vorbereitschaft zu diesem großen treffen / wil ich nicht weitläuftig beschreiben. Ich wil nur sagen / daß ich bei der Königin im gezelt bliebe / üm ihr / so viel ich vermochte / mitlerweile die unsrige fochten / einen guten muht einzusprechen: da wir dann nach und nach zeitung bekamen / wie es sich in der schlacht anließe.

In solchem brache unversehens ein großes heer feinde in unser lager / die unsere leib-wacht gleich übermeisterten / und unserem gezelte zueileten. Ich[140] liefe ganz erschrocken hinter die Königin: aber diese leute / alles andere frauenzimmer / das bei uns war /vorbei gehend / wehleten allein mich aus / rissen mich aus den armen der Königin / und füreten mich also halb tod hinweg. Eldane / die mit zugegen war / hatte gehöret / daß ich in dieser angst etliche mal dem Abimelech üm hülfe geruffen: da mich einer unter ihnen auf sein pferd name / und mit mir fort-eilete.

Wie ich aber also aller hülfe mich entblöst sahe /begegnete mir / von der schlacht herwarts / ein ansehnlicher ritter / von zweien seiner bedienten begleitet: der / mein klägliches winselen hörend / mit dem fürsatz / mir beizuspringen / auf uns zurante. Sein befehl / machte gleich die anderen von mir ablassen. Nachdem er mir seine dienste angeboten / und verstanden / daß ich nach der Königin gezelt / aus welchem man mich entfüret / wiederzukehren verlangete: verhiese er mir / mich dahin zu begleiten / welches er auch thäte / und mich für sich auf sein pferd nemend /dergestalt mit mir davon rante. Er seufzete unterwegs ohne ablaß / und so viel mir der schrecken meine sinne frei ließe / hörete ich / daß er etliche mal begunte mich anzureden / und doch wieder still wurde.

Als wir unser lager erreichet / fanden wir es voll soldaten von den unsrigen: dañ meine flucht / die ruchtbar worden / einen haufen / unter dem befehl des Sparetes / aus dem treffen zurücke gebracht hatte. Sie ersahen mich nicht so bald / da entstunde in ihnen eine übermäsige freude. Doch ware so wenig erkentlichkeit bei ihnen / für meinen erl \ser / daß sie ungescheuet auf ihn anfielen / so bald er mich von seinem pferd gehobẽ / und nach dem gezelt der Königin füren wolte. Ihre [141] verbitterung gegen diesen frömden / entstunde daher / weil sie ihn erkanten für einen fürnemen befehlhaber vom feinde / der durch seine dapferkeit ihnen den gr \sten abbruch gethan / und viele der unsrigen niedergehauen hatte. Mein befehlen / und mein bitten / dieses frömden zu schonen / der ihnen ja ihre Prinzessin wiederbracht hätte / war alles ümsonst: und fielen sie ihn mit gesamter solcher wut an /daß / sonder seine unbeschreibliche dapferkeit / er bald håtte erliegen müssen. Er machte aber / mit seinen zweien bedienten / ihnen so viel zu schaffen / daß viele auf dem platz blieben / und er mit guter art /wiewol schwerlich verwundet / samt den seinigen endlich davon kame.

Der Königin freude / mich wieder zu sehen / wurde sehr gemindert / als gleich darauf die betrübte zeitung erschollen / daß wir die schlacht verloren / und der K \nig verwundet und flüchtig in das lager wieder kehre. Dalimire / als sie dieses vernommen / ritte dem König selbst entgegen / und sahen wir ihn in ihren armen ganz blutig ligend ankommen. Zur andern zeit würde der Königin / Dalimiren gegenwart / widerlich gewesen seyn: nun aber / da es des K \nigs gesundheit betraffe / half sie ihr fleißig die hand bieten. Als wir also alle voll thränen den könig abkleiden wolten /kame zeitung / wie daß der feind uns ins lager verfolge: deswegen wir eiligst / in höchster unordnung /nach Acraba uns begaben / und alles im stich lassen musten.

Kaum waren wir eingelanget / da sahen wir uns vom feind belagert. Wir schwebeten also in harter bedrångnis / bis uns nach etlichen tagen das glück bässer schiene: in dem wir erfuhren / daß nicht [142] allein der Prinz Mamellus durch sein zusammen geraftes volk dem feinde grossen abbruch gethan / sondern auch der Königliche Prinz von Basan / der junge Marsius / in der ersten schlacht / neben vielen jungen Fürsten seinen anverwandten / geblieben wäre. Dieses brachte in die unsrigen wieder einen muht / daß sie die belagerung desto dapferer aushielten: welche aber in die länge uns unerträglich wurde. Also ward beschlossen / daß der König sich heimlich / mit den Königlichen personen / über den Phrat / aus der stadt hinweg / und nach Babel / allwo er sicher seyn würde / begeben solte. Der Mamellus / neben dem Fürsten von Ressen / solten den feind inzwischen aufhalten / bis ihnen von Babel / durch den Prinzen Bildat / einige hülf-völker zugefüret würden. Des K \nigs und unsere flucht aus Acraba / desto verborgener fürzunemen /wurde ein stillstand der waffen auf etliche tage begehret: den die Teutschen annamen / und in der zeit alle feindseligkeit einstellend uns gelegenheit gaben /davon zu kommen.

Wie nun alles zu dieser flucht färtig ware / setzete sich der König / mit der Königin und uns andern / auf ein schiff / und segelten wir also bei mondschein den Phrat hinunter. Als wir aber an einem felsichten ort /da es sehr gefärlich zu seyn pflegt / durchschiffeten /wolte das unglück / daß / unfern von einer kleinen insel / die allda der Phrat machet / unser schiff an eine klippe stieße / und zu scheitern gienge. In diesem schrecken und todes-gefahr / war ein jedes sich zu retten bemühet. Wie ich nun / allbereit ganz sinnenlos /von dem wilden strom dahin getragen wurde / errettete mich ein unbekanter / der in den strom sich wagete / [143] und mich heraus auf die Insel bringend / in eine hütte tragen ließe. Als ich bei dem feuer mich endlich wieder erholet / sahe ich mich unter lauter fr \mden leuten. Meine wirtin / so eine fischerin war / berichtete mich / wo ich wåre / und daß ein frömder ritter / der vor etlichen wochen ganz verwundet / selb-ander in ihre hütte gekommen / und sich bei ihnen heilen lassen / sobald er das geschrei vernommen / wie daß ein Königliches Assyrisches schiff in dieser gegend gescheitert / sich an den strand gemachet / und mich in den wasserwogen ersehend / ohne fernern bedacht in den wütenden strom gesprungen und mich errettet. Er habe auch / ehe ich wieder zu mir selber gekommen /sehr erbärmlich sich angestellet. Nachgehends aber /wie man ihn versichert / daß es mit mir keine gefahr håtte / und daß der König / neben den andern Königlichen personen / von den fischern ebenfalls errettet worden / wäre er eiligst davon gegangen / also daß sie nicht wüsten / wo er geblieben.

Diese zeitung von meinen befreundten / daß sie auser lebens-gefar / ware mir so angenem zu hören /als verwunderlich mir die erzehlung von diesem fr \mden ritter / meinem erlöser / fürkame: den ich für den jenigen anhube zu halten / der mich unlängst im lager vor Acraba befreiet hatte. So bald ich aber kunte / begabe ich mich nach der Königin / wohin aus allen winkeln unser frauenzimmer zusammen gekommen war: da dann ein jeder auf eine sondere weise / seine errettung aus dieser gefahr beschriebe. Es ware wol zu bewundern / daß niemand von allen im schiffe verdorben oder zu schaden gekommen war: auser daß / das viele eingesoffene wasser / bei etlichen / einige [144] krankheiten verursachet. Dalimire / so mit unter dieser zahl begriffen / machete dem König die gröste sorge: also daß er sein eigenes ungemach / in betrachtung des ihrigen / vergaße / und allein üm ihre pflege und gute wartung bekümmert war. Er ließe aber / den einwonern der Insel / große geschenke geben / üm daß sie ihr leben für ihren König gewaget. Wie nun in der nachfrage herfür kame / daß mein erlöser alle die anderen aufgemuntert / und sie seinem fürbilde gefolget hätten: entstunde bei uns eine große begierde / diesen fr \mden zu kennen. Endlich / als man sich vergebens nach ihm erkundiget / reisete der König zu land in der stille fort / so bald es sich wolte thun lassen / bis wir Babel glücklich erreicheten.

Es stunde hiernächst / als der Prinz Bildat mit frischem volk zu den anderen gestossen / nicht lang an /da wurde ein zehenjähriger friede zwischen den Assyrern und Teutschen getroffen: den wir / ob schon der sieg auf unsere seite sich zu neigen begunte / üm so viel lieber eingiengen / weil eine neue unruhe mit den Bactrianern sich wieder hervor thäte / denen der König mit seiner ganzen macht widerstand thun wolte. Es waren die Teutschen ihres orts zu diesem frieden desto williger / weil ihr König der grosse Marsius / für betrübnis über der zeitung vom tode seines sohnes / gestorben war / und seine eroberte reiche in schwerer unruhe hinterlassen hatte. Wie Abimelech alles dieses / so mir in diesem krieg begegnet / zu Salem erfuhre / ängstigte er sich sehr über der gefahr /darinn ich geschwebet / wiewol sie schon fürüber war / und entfunde bei sich eine eiversucht gegen dem unbekanten ritter / meinem erlöser: welchen er eben für denjenigen hielte / [145] der in dem ritterspiel zu Ninive mein bildnis gewonnen hatte. Wegen dieser beiden lezten dienste / die er mir geleistet / kunte er zwar nun nicht anderst / als ihm verbunden seyn: und bekame ich hierüber viel seiner briefe und reimen.

Seinen mitbuler für einen teutschen haltend / wie dann solches aus vielen ümständen erhellete / klagte er mir einsmals im schreiben / wiedaß der himmel ihme zu Salem einen teutschen Fürsten zum freunde gegeben hätte / den er so sehr liebete / daß keiner / als der Esau / dieser freundschaft bei ihm die wage halten mögte. Doch wären ihme / ungeacht dieser liebe zu dem edlen Cimber / die übrigen teutschen zu wider /weil vermutlich einer unter ihnen mein bildnis besäße / welches er keinem sterblichen gönnen könte. Ich erfuhre hierauf immer mehr von diesem Cimber / und wie er mir dessen freundschaft so sehr priese / wurde ich bewogen / im scherz diese reimen ihm zuzuschicken.


Die eifersucht / die ich vor nie entfunden /

ist endlich nun zu mir gedrungen ein.

Doch seh ich mich zu dieser pein verbunden

durch den / der nicht kan meines gleichen seyn.

Ach daß ich mich auf gleiche weis könt råchen /

und schauen die / die Salems preis erregt!

Es solt / für lieb / zu ihr / mein herze brechen /

und eur gemüt zum eifer seyn bewegt!


Ich zielte hiermit auf die Cölidiane / welche er mir /wegen ihrer fürtreflichkeit und tugend / so rümete /daß ich diese Prinzessin lieben muste / und angesehen sie meine mitbulerin seyn solte. Ich bekame aber / auf meine reimen / diese antwort.


Was k \nt ich mehr / als eiversucht begehren?

sie zeigt sich nur / aus warer liebe trieb.

[146]

Ihr liebet ja! was könt ich edlers hören?

beeifert den / den ich in freundschaft lieb.

Wird eure huld sich auch also ergießen:

ich wil selbst dem mitbuler dienstlich seyn /

und eifren nicht. Doch / schönste! můst ihr wissen:

auf andre weis / laß ich kein eifren ein.


Solcher massen nun unterhielten wir einander abwesend / durch diese brief-wechselung: die aber so sparsam kame / daß etliche monate verstrichen / ehe einmal eine antwort erfolgen konte. Ich erfuhre endlich / daß sein herr vatter ihn von Salem wieder abfordern lassen / und er in Basan / unter dem Fürsten von Edom / der Königin Salamis / wider ihre unterthanen und die teutsche Fürsten / in den krieg zu hülfe gezogen war: da dann das gerüchte sich so sehr mit seinen rümlichen tharen truge / daß meine furcht für ihn nicht geringer / als die freude ware.

Inzwischen kame / aus dem Königreich Elam / die Königin Delbois von Tyro auch wieder zu uns / und zwar sehr unvergnügt: weil ihr fürhaben mit der Prinzessin ihrer tochter ware rückgängig worden / indem der König Amraphel ihr sohn / an den sie diese seine schwester verheuraten wollen / seine liebe anderweit hingewendet hatte. Der Prinz Baleus wurde / als er die Lantine nun wieder sahe / von neuem verliebet: die ihm aber solcher gestalt begegnete / daß man wol sahe / wie daß bei ihr seine liebe nichts verfangen würde. Diß verursachte in seinem gemüte solchen verdruß / daß er / um sich an ihr zu rächen / ein ganz anderes wesen / mit ihr ümzugehen / anfinge / und ihre verachtung mit verachtung zu erwiedern / der Fürstin Eldane öffentlich aufwartete: die soviele liebkosungen von ihm entfinge / daß bald [147] der ganze hof von dieser seiner liebe redete. Ob nun gleich nicht vermutlich war / daß Eldane künftig Königin von Assyrien werden könte zumal / da alle welt des Prinzen heurat mit mir für richtig hielte: so beförderte ich doch nach möglichkeit dieses sein fürnemen; und hatte nicht viel überredungen von nöten / Eldane zur gegen-liebe zu bringen / weil Baleus / nicht so wol wegen seines hohen standes / als wegen seiner person und guten geschicklichkeiten / wol zu lieben ware.

Die Prinzessin Lantine / ungeachtet sie meinem Bruder nicht liebete / konte doch ohne verdruß die Eldane nich geliebkoset sehẽ. Also ware sie die jenige /die es zuerst dem König und der Königin anbrachte. Wie nun auf uns nach diesem genauere obacht gegeben wurde / und man es also befunden / ware man sehr bemühet / dieses feuer in der ersten glut zu dämpfen. Dem Prinzen aber nicht öffentlich zu widerstreben / gedachte man erstlich nur auf seine entfernung.

Hierzu nun ereigete sich eine gute gelegenheit /indem der König von Elam mit dem König von Ophir in einen krieg geriete / und von meinen herrn vattern /als seiner mutter brudern / hülfe begehrte: die ihm auch gleich verwilliget worden. Als demnach der König dem Prinzen an die hand gabe / ob er diesen zug mit nach Ophir thun wolte? war er gleich mehr als willig darzu: da dann keiner / von allen großen und edelen / zu rücke bleiben wolte / als ihr Prinz ihnen dergestalt fürginge. Die Königin sahe zwar nicht gern ihren einigen sohn / den sie herzlich liebete / so weit und in so einen gefärlichen krieg / von ihr ziehen: sie muste es aber geschehen lassen / weil die ehre / und des [148] Königs wille / es also haben wolte. Weil ich unterhåndlerin in seiner liebe war / als entfohle er mir die Eldane / daß ich sie / zeit seiner abwesenheit / in guter gewogenheit gegen ihm erhalten /und sie für allen widerwärtigkeiten schützen solte.

So teuer ich ihme dieses versprache / so wenig macht behielte ich hernach / als er hinweg war / meine zusage zu halten: dann der K \nig / eine heurat zwischen seinem erzkämmerer Abdeel und dieser Eldane zu stiften / ihm fürname / die ich öffentlich zu hintern viel zu onmächtig war. Der Eldane herr vatter / und ihre ganze freundschaft / drungen auf diese heurat: und wurde ehre einwilligung gar nicht dazu erfordert /sondern ihr bloß die zeit angekündet / wann die hochzeit seyn solte. Abdeel / der sich glückseelig schåtzete / die schöne Eldane zu besitzen / ließe an ihm nichtes ermanglen / ihre gunst zu erlangen. Sie aber erwiese solche beständigkeit in ihrer ersten liebe / daß sie mich öfters ihres fürsatzes versicherte / lieber zu sterben / als den Abdeel zu ehlichen.

Weil nun / nicht allein ihr zustand mich taurete /sondern auch mein eigen bästes erforderte / sie für den Prinzen meinen bruder zu erhalten: als redete ich mit dem Arsas ihrem bruder ab / daß er seine schwester heimlich von Babel entfüren / und sie der Celie nach Ninive in der Diana tempel bringen muste; die ich bitten liße / diese dame aufzunemen / und niemanden ihr daselbst-seyn zu entdecken. Mein anschlag geriete mir nach wunsch / und merkete niemand in Babel / wie sie verloren wurde / daß ich damit zu thun gehabt. Der König / zeigte sich sehr entrüstet. Abdeel / wolte schier verzweiflen. Ihre eltern / die solches [149] zu Ninive erfuren / waren nicht zu trösten. Dalimire aber / die eine todfeindschaft auf die Eldane geworfen / ließe keinen geringen verdruß verspüren / daß diese gezwungene heurat also zurucke gegangen.

Wie sehr man sich zu Babel bemühete / kundschaft von der Eldane zu erlangen / so bliebe es dennoch verschwiegen / wäre auch nicht ausgekommen / wann nicht die begierde meines bruders so häftig gewesen wäre: die ihn antriebe / wider genommene abrede /aus Ophir an mich und die Eldane zu schreiben. Diese briefe gerieten dem König in die hände: daraus er ersahe / daß Baleus und Eldane einander liebeten / und ich hierzu eine gute befördererin gewesen. Wie nun hierdurch der argwahn auf mich fiele / daß ich / dem Baleus zu gefallen / die Eldane hätte helfen unsichtbar machen: gebrauchte sich der König / auf antrieb der Dalimire / dieser list / und brachte einen von meines bruders leuten auf seine seite / der mir diese briefe bringen / und meine antwort von mir wieder abfordern muste. Weil ich mich nun keines betrugs versahe / bediente ich mich solcher vermeinten sicheren gelegenheit / und schriebe dem Prinzen hinwiederum diese zeilen.

Schreiben der Prinzessin Delbois / an den Prinzen Baleus.

Ihr müsset euch nicht entsetzen / liebster Bruder! daß ihr / bei dieser sicheren gelegenheit / von eurer Eldane nichtes zu sehen bekommet. Sie ist nicht mehr in Babel / sondern sie lebet in der Diana tempel zu Ninive verborgen: dahin sie sich begeben müssen / weil man sie hier zwingen wolte / [150] ihres Prinzens zu vergessen / und den Abdeel zu ehlichen. Versichert euch / daß ich hierzu am meisten geholfen / und ihr / ohne mich / eure beständige Eldane schwerlich mehr lebendig sehen würdet: weil sie den tod eher zu leiden / als euch unbeständig zu werden / gewillet ist. In solcher meinung werde ich sie immer erhalten / aber üm ihrer sicherheit willen / sie mit eurer schrift nicht erfreuen /auch keine antwort von ihr euch zu schicken: weil die gefahr / verraten zu werden / allzugroß ist / und ich /nach der entdeckung / euch nicht mehr dienen könte. Begnüget euch demnach damit / daß ihr wisset / daß Eldane bloß für mich lebet / euch allein liebet / uñ von euch gleichmäsiger treue gewärtig ist.


Hierneben schreibe ich ihm auch / von unsers hofes zustand / mit diesen worten:


Dalimire wird beständig von dem König geliebet /und betrachtet sie weder die Königin / noch mich /noch ihren guten namen / so unrechtmäsige liebe auszuschlagen. Ihr müsset aber ihrer iezt in Ophir vergessen / damit keine widrige gedanken euer gemüte beschweren: welches euch hintern könte / dapfere helden-thaten zu verüben. Ich bin es nicht allein / die den himmel anruffet / für euer wolergehen: ihr wisset /weme mehr an den Prinzen Baleus gelegen ist / daß er sieghaft bald wieder in Babel sich sehen lasse.


Man kan gedenken / wie diese beide schreiben / die also fort dem könig zugebracht wurden / ihn müssen geärgert haben: und ohne Dalimire wäre sein zorn gleich ausgebrochen. Aber ihre list besänftigte ihn [151] so weit / daß er sich noch etwas zwunge / auch ihrem anschlag folgend / den ersten brief zurück ließe / und den andern nach Ophir an den Prinzen schickete. Sie hatte aber in dem wachs-täfelein etliche worte ausgeleschet / und andere dafür in die stelle geschrieben /die sie meiner hand so änlich nachgemalet / daß kein unterschied zu sehen war; und lautete dieser mein veränderter brief also:


Eldane ist nicht beständig / weil Abdeel sie liebet: und betrachtet sie / weder den Baleus / noch mich /noch ihren guten namen / so unrechtmäsige liebe auszuschlagen. Ihr müsset eben ihrer iezt in Ophir vergessen / damit keine widrige gedanken eur gemüte beschweren: welches euch hinteren könte / dapfere helden-thaten zu verüben. Ich ware es nicht allein die den himmel anruffet / für euer wolergehen. Doch wisset / ob der Eldane nichts mehr am Baleus gelegen ist / daß ich / euch bald wieder in Babel zu sehen / verlange.


Es ward hierbei die anstalt gemacht / daß etliche des Königs vertrauteste / an einige kriegs-bediente /die bei dem Prinzen in Ophir waren / schrieben / wie daß Abdeel die Eldane / und zwar mit ihrem guten willen / heuraten würde. Nachdem sie den boten nach Ophir abgefärtiget / hielten sie ferneren raht / wie die Eldane aus den tempel könte gebracht werden. Mit gewalt ließe es sich nicht thun / zumal der König schon einmal die gerechtigkeit des tempels geschwächet / als man / die Prinzessin Aramena von Chaldea /mit seiner bewilligung daraus entfüret. wodurch dann die Celia / sich bässer in acht zunemen und fürzusehen / [152] gewitziget worden. Diesemnach griffe man abermals zur list / und bediente sich meiner nachgemalten hand / in meinem namen durch ein schreiben die Celia zu ersuchen / daß sie die Eldane mir heimlich aus dem tempel abfolgen lassen wolte / weil ich sie zwischen Ninive und Babel auf einen landhause nötig sprechen müste. Der Spiridates / des K \nigs Erzschenke / ward zu diesem anschlage gebrauchet: der es dann auch so glücklich hinausfürete / daß Celia sowol / als Eldane /meiner vermeinten schrift traueten / und diese leztere sich gutwillig in des Spiridates geleite begabe: mit dem sie nach dem ermeldeten landgut / in hofnung /mich allda zu sprechen / abreisete. Sie erfuhre aber viel zu spat / daß sie wäre betrogen worden.

Nachdem sie nun heimlich in Babel angeko en /und der König zu seinem fürhaben alles angestellet /wurde der ganze Königliche hof des Abdeel behausung / an einem abend / zu gast eingeladen. Wie wir nun alle in einen saal uns versamlet hatten / kame Abdeel herrlich bekleidet zu uns hinein / und ersuchete den König / neben der Königin uñ uns andern / ob wir ihm die gnade / seiner trauung beizuwonen / erzeigen wolten? Jederman hörete dieses mit verwunderung an / weil des Abdeel zuneigung zu der Eldane niemanden unbekant war: und erfreuete ich mich im herzen / daß er nun von der Eldane abgelassen / und sie also dieser verfolgung entgangen wäre.

Wir begaben uns hierauf ingesamt nach dem tempel der Juno / welcher gerad gegẽ Abdeels behausung über stunde. Wie wir nun daselbst waren / verzoge es sich nicht lang / da kame die braut / von allem frauenzimmer [153] aus Babel begleitet / auch in den tempel: die ich gleich / wiewol sie von schrecken und betrübnis sehr verändert war / für die Eldane erkente. Des Königs und der Dalimire augen waren steif auf mich gewendet / und wuste ich nicht / wie mir geschahe: dann ich die Eldane in viel zu gute sicherheit vermeinte gebracht zu haben / und sie in solcher gestalt nimmermehr zu sehen vermutet. Ich fragte die Prinzessin Lantine / so mir zur seiten stunde / wie dieses zuginge? die mir aber hiervon keine nachricht zu geben wuste. Unter solcher meiner unruhe / wurden Abdeel und Eldane zum altar gefüret / und zusammen getrauet.

Ich hatte aller meiner gedult von nöten / mich in so großer gesellschafft zu zwingen; und nicht wissend /wen ich solte beschuldigen / verlangete ich sehr / die Eldane zu sprechen / welche mehr todt als lebendig wieder vom altar gefüret / und in Abdels haus begleitet wurde. Der König / so mit den beiden Königinnen stäts üm die Eldane bliebe / verwehrete mir / allein zu ihr zu kommen; und sie selbst / als welche mich an allem diesem für mitschuldig hielte / wolte mich nicht ansehen: daher meine mutmassung sich verstärkte /als hätte sie selber dieses alles gutwillig geschehen lassen. Als ich / nach geendeter malzeit / der Königlichen gesellschaft folgen / und die Eldane bey dem Abdeel lassen muste / wurde ich von dem König in der Königin meiner frau mutter gemach gefordert.

Daselbst / als mich mein herr vatter eine gute weilee mit bezeigung großes unwillens / angesehen / fienge er an / mir fürzuhalten / was ich mit der Eldane wider seinen willen fürgenommen. Er sagte mir / wie daß [154] ich / nicht allein die ehrerbietung / die ich meinem König schuldig / bässer in acht nehmen / sondern auch meines obligens / den Prinzen meinem bruder vielmehr als meinen künftigen gemal anzusehen / als ihm in seiner närrischen liebe bedient zu seyn / mich erinnern sollen. Ich hätte aber damit an den tag gegeben / daß ich selbst anderweit liebete / und den Prinzen von Gerar dem Baleus fürzöge: dessen aber mich gänzlich zu entschlagen / sein befehl wäre. Und solte ich wissen / daß der König von Assyrien nicht allein mein vatter / sondern auch mein herr sey: der schon wüste / wie er mich / gleich der Eldane / zu gesündern gedanken bringen solte.

Unter solchem harten zusprechen / weinete meine frau mutter: ich aber war so aus mir selber / daß ich nicht wuste / was ich dem König antworten solte. Endlich aber ermannte ich mich / und sagte / nachdem er zu reden aufgehöret: Ich wolte nicht laugnen / daß ich der Eldane / meinem brudern zu liebe / in den tempel nach Ninive verholfen; welches meines ermessens nicht so übel von mir gethan wäre / als wann ich dem Baleus anlaß gegeben hätte / mich zu lieben. Dem Prinzen der Philister wäre ich zwar nicht abhold: ich gedächte aber niemals einen andern zu heuraten /als deme der König und die Königin mich bestimmen würden. Diese meine verantwortung vermogte der König / für zorn / nicht recht abzuhören. Nachdem er letzlich mich verlassen / hube die Königin an / zwar mit mehrerer sanftmut / aber mit größerer entfindlichkeit / mich zu der liebe gegen den Baleus zu bereden: ohne welche / sie sagte / daß sie nimmermehr vergnügt würde leben können. Sie erzehlte mir auch [155] alles / doch im vertrauen / wie der König und Dalimire mit meinen und des Baleus briefen vefahren hätten. Weil ich / in damaliger verwirrung / nicht fähig war / ihr die rechte ursachen / warüm Baleus uñ ich einander nicht lieben konten / zu entdecken / hörete ich ihre reden gedultig an / und begabe mich von ihr in mein zimmer: nachdem ich ihr nach möglichkeit zu erweisen versprochen / daß sie an mir eine gehorsame tochter hätte.

Es ist leicht zu ermessen / wie unruhig ich hierauf die nacht hingebracht. Des folgenden tags / wie ich mich in der Königin von Tyro gemach befande / da der König auch zu gegen war / kam Dalimire zu mir /und mich ohn ehrerbietung und ganz verwegen anredend / hielte sie mir die worte für / die ich von ihr an den Prinzen meinen bruder geschrieben. Ich gabe ihr hierauf zur antwort: Ich hätte die warheit gemeldet /und wüste nun von ihr noch mehr zu schreiben /indem ich sie so betrieglich als leichtsinnig befunden /daß sie eine frömde schrift so verräterisch nachzumalen wüste. Sie / die sich solcher antwort nicht versehen / noch vermutet / daß ich hiervon wissenschaft hätte / spürte sich sehr verhönet / in so großer gesellschaft dergleichen fürrückungen anzuhören. Also brache sie in noch unbescheidnere reden heraus / und trate der ohndas auf mich erzürnte K \nig auf ihre seite: da ich dañ endlich zu weichen genötiget wurde.

Demnach / auf aller meiner Ninivitischen bedienten einraht / verließ ich den K \niglichen palast / und begabe mich in der Rhea tempel: daselbst ich etliche zeit verbliebe / und nicht wieder nach hof kommen wolte / wofern Dalimire mir nicht mit mehrer ehrerbietung [156] begegnen würde. Die Königin von Tyro / als sehr rechtfårtig und des Königs ihres bruders mächtig / ward hierinn unterhändlerin / und stellete meinem herr vattern für: wie daß er die Ninivitische macht wol zu erwägen hätte / die mir anhinge und leicht einen gefärlichen aufstand erregen könnte. Demnach so sei vonnöten / mich wieder zu begütigen: weil sonsten zu besorgen / ich d \rfte nach Ninive gehen / alda einen Fürsten ehlichen / und solcher gestalt die Ninivitische kron auf ewig von Assyrien abbringen. Mit solchen und dergleichen beredungs-gründen / bewoge sie den K \nig / daß Dalimire / nach vielem zwischen-gehen des Königs und meiner bedienten / mich besuchen / üm verzeihung bitten und wieder nach hof zukommen einladen muste.

Dieses thäte ich endlich / auf vielfältiges begehren meiner frau mutter: und überwand sich der König üm Dalimire willen / also daß er / in der Königin gemach / ganz gnädig sich gegen mir erwiese. Mich in allem /was fürgegangen / entschuldigend / gab er die schuld dem Arsas / daß der mich zu allem verleitet / und mir solche widerige einbildungen beigebracht hätte. Weil ich nun / bei solchen ümständen / diesen Fürsten nicht sicher bey mir in Babel haben kunte / als erlaubte ich ihm / nach Syrien zu reisen / und von dar in Basan: üm dem Prinzen Abimelech meinen zustand zu entdecken / als mit welchem ich / seit er Salem verlassen / keine briefe mehr wechseln können. Ich machte mich hiermit dem König so gefällig / daß / nach des Arsas abwesenheit / bei hof alles äuserlich ruhig wurde.

Die arme Eldane wurde inzwischen von dem Abdeel [157] so streng und eingezogen gehalten / daß er sie nie aus dem hause kommen ließe. Wie sehr es mich schmerzete / so wolte ich doch anfangs mit ihr allein nicht ümgehen / üm sie nicht unruhig zu machen /noch wegen meines bruders / ihr einige erinnerung zu geben / dessen sie nun / als eine ehfrau / billig vergessen muste. Bey solchem zustande / reisete die K \nigin von Tyro / und die Prinzessin ihre tochter / wieder hinweg / niemand ob diesem abschied betrübter / als meine frau mutter hinterlassend: dann diese Königin in vielen dingen der Dalimire widerstreben dorfte /welches jener zu nutzen gereichete. Unlang hernach /bekamen wir zeitung aus Ophir / daß die beide K \ni ge frieden gemacht / und der Prinz Baleus bald zu haus kommen würde. Der König / in betrachtung der Dalimire / freuete sich / über seines sohnes glückliche wiederkunft mehr äuserlich als im herzen: gleichwie hingegen die Königin / hiervon neue vergnügung hoffete. Eldane aber / als sie diß erfuhre / wurde krank /und zwar so häftig / daß man an ihren leben zu zweiflen begunte.

Gleichwie nun / mein verfälschter brief / dem Baleus alle liebe gegen der Eldane beno en / und er diese verachtung seiner person gar hoch entfunden: also hatte er anderweit in Ophir / von der Prinzessin Mirina / die dahin aus Basan mit der Salamis ihrer frau mutter geflohen war / sich dermassen einnemen lassen / daß er / wie er wiederkame / kaum an die Eldane mehr gedachte. Weil ich so wol seine als der Eldane ruhe dadurch befördern kunte / wann ich ihm diese vorige liebe nicht wieder auffrischte / als erwehnte ich gegen ihn der Eldane mit keinem wort. Er machte [158] mich gleich / in seiner neuen liebe / zu seiner vertrautin / und klagete mir ganz beweglich / wie die Mirina ihn so grausam begegnet / ihn als einen Assyrer ihren erzfeind gescholten / und in ihr weit-entferntes vatterland hinweg gezogen wäre. Ich kunte hierbei nichts thun / als eine bloße zuhörerin abgeben: hätte aber lieber gewolt / daß er seine liebe nicht auf solche unmöglichkeit / doraus mir kein nutz entstehen kunte / gesezt hätte.

Wir lebeten solcher gestalt eine lange zeit in Babel / in welcher ich nichts von dem Prinzen Abimelech erfure / wie es ihm erginge. Der Prinz Baleus / ergabe sich von neuem dem studiren: darinn dann auch mein meister zeitvertreib bestunde. Weil wir nun dieserwegen vielfältig mit einander ümgingen / als wurde der König uñ die K \nigin in ihrer hofnung gestärket / daß wir liebe zu einander setzen würden: dannenhero sie uns alle freiheit ließen / und nicht ferner in uns drungen. Wie es mit der Eldane zugegangen / erfuhre der Prinz auch endlich: daß dann seinen haß gegen Dalimire sehr vermehrete / gleichwol auch die liebe gegen Eldane nicht wieder anfeurete / zumal ihr die schönheit vom gram sehr vergangen ware. Ich aber ergriffe die gelegenheit / mit der guten Eldane wieder umzugehen: die ich dann stäts vermanete / ihren mann zu lieben / darzu ohndas ihre tugend sie antriebe / wiewol es ihr sehr schwer fürkame.

Der Bactrianische krieg / der / wie ich bereits erwehnet / nach deme mit den Marsius getroffenen frieden / sich gleich angesponnen / wärete indessen immer so fort: da die unserigen meist abbruch erlitten. Es ware eben von unsern völkern schlechte zeitung[159] eingelanget / als des Prinzens Abimelech von Gerar ankunft angekündet wurde: welcher die Ammonide /Prinzessin von Ammon / und die Fürstin Timna von Seir / nach Babel / wohin die erste / wider ihren herr vattern bei der K \nigin meiner frau mutter schutz zu suchen / sich begeben wolte / begleitete. Ich ware eben bei der Königin / als wir diese post bekamen: und weil ich in so langer zeit von diesem Prinzen nichtes geh \ret / als kunte dieser schleunige bericht mit so ruhigem gemüte von mir nicht angehöret werden / daß nicht eine errötung mich überfallen hätte. Die Königin name dessen war / und die ursache merkend / überkame sie daher gelegenheit / von diesem Prinzen mit mir zu reden / und drunge so sehr in mich / ihr zu versprechen / daß ich keinen als den Prinzen meinen bruder ehlichen-wolte / daß ich endlich bewogen wurde / ihr fürzustellen / wie sündlich es wäre /wann brüder und schwestern zusammen heurateten. Ich finge damit an / ihr von dem rechten Gottesdienst etwas fürzusagen. Wie ich sie sehr aufmerkend befande fassete ich ein herz / ihr meinen glauben zu offenbaren: womit ich ihr dann erwiese / daß ich / vermög dessen / den Baleus nicht lieben könnte / und er gleichfalls / als eben dieses glaubens / ja so wenig hierzu zu überreden seyn würde.

Ob ich nun wol vermeinet / daß diese entdeckung der Königin möchte misfallen haben / so befunde ich doch das gerade widerspiel; massen die Königin / voll freuden-thränen / mich ümarmete / und zu mir sagte: Sie danke dem h \chsten Gott / von mir zu h \ren / daß Baleus und ich recht-glåubige wåren / und mit ihr einen glauben hätten. Nachdem sie diese bekåntnis /[160] die mich auch herzlich erfreuet / so offenherzig gethan / merkete ich ihr an / daß es sie gereuet. Wie sie dann ein anders ernstliches wesen annemend / mir zu sagen fortfuhre: dieser unser glaube / könnte nicht hindern /daß ich dannnoch ohn sünde den Baleus ehlichte / und es sei einmal die notwendigkeit / daß diese heurat fortgehen müste.

Wer war hierauf bestürzter / als ich? Wie ich ihr aber diese gedanken benemen wolte / kame der König zu uns / neben dem Prinzen Baleus / und mich bei des einen / den Prinzen bei der andern hand fassend / sahe er mich eine weile an / und brache lezlich in diese worte heraus: Ihr bekommet euren verfolger wieder /Delbois! und ihr / Baleus / euren mitbuler. Ich hoffe aber / ihr werdet euch beiderseits also wissen in acht zu nemen / daß der Prinz Abimelech nicht m \ge ursach bekommen / unseren hof wieder zu verlassen. Dann weil seine weltberümte dapferkeit mir große dienste thun kann / als wolte ich diesen helden gern bei mir behalten: sonderlich ietzund / da die Bactrianische macht mir beginnet zu schwer zu werden. Ich fragte hierauf / ganz aus mir selber: warum nennen E. Maj. den Prinzen von Gerar meinen verfolger? Habt ihr dann vergessen / (antwortete mir der König) daß euch dieser Prinz ehmals geliebet? Wie ich nun hierzu stillschwiege / finge der Prinz an zu reden / und sagte zum dem König: Er verhoffe nicht / an dem Abimelech einen mitbuler zu überkommen / und wolle er ihm also begegnen / daß der König ein genügen daran haben / und eher diesen helden behalten / als verlieren solte.

Der König war mit dieser erklärung zufrieden / [161] vermanete mich aber und gebote mir ernstlich / in gegenwart der K \nigin / daß ich des Abimelech ansprache so viel müglich meiden / niemals als in großer gesellschaft mit ihm umgehen / und wie ich des Baleus meines bruders verlobte braut wåre / offentlich erweisen solte / damit dieser Prinz sich nit mit unnötiger hofnung weiden / und vergeblich also sich quälen dörfte. Meine augen thäten hierauf für mich das wort / und weil mein bruder sich eher erholete / antwortete er für mich / sagende: wie daß vermutlich die ehmalige gedanken dem Abimelech vergangen seien / und die begleitung der Prinzessin von Ammon etwas anders nach sich ziehen würde; daher man nicht ursach hätten / den Ninivitischen ständen eine heurat / ohne noht / von der zeit kund machen / da man wol wüste /daß sie die nicht gar zu gern annemen würden.

Diese antwort / gefiele dem König sehr wol / vermehrete aber meine unruhe / indem ich / wie ich wieder allein ware / alles dieses bei mir überlegte. In erwägung aller ümstände / wuste ich nicht / wie ich dem Abimelech begegnen / und in meinen verwirrten zustand mich schicken solte. Meine eltern widerstrebten beiderseits so häftig unserer liebe / daß ich ohne grossen ungehorsam nicht daran gedenken dorfte / den Abimelech zu lieben. Mein bruder / der nie von meiner wahren zuneigung gegen diesen Prinzen etwas gemerket / konte von mir zu keinem vertrauten in meiner liebe nicht erwehlet werden: weil / ungeacht seines angenommenen glaubens / ich doch nicht sicher war /und immer fürchten muste / er mögte endlich der Königin meinung beistimmen / und also seine alte liebe wieder anfahen. Der Prinz von Gerar selber ware mir verdächtig: [162] weil er in so langer zeit keine gelegenheit gesuchet / mich von ihm etwas wissen zu lassen / und nun mit einer Prinzessin an unsern hof kame / die jederman von ihm geliebt vermutete. Ich hatte unter allen meinen leuten / keinen einigen / dem ich mich vertrauen dorfte; und Arsas / der allein darum wuste /war noch in Syrien: also wuste ich niemanden / bei dem ich mich rahts erholen konte.

Bei allen solchen ümständen / liebete ich dannoch den Prinzen von Gerar beständig / und fande unter allen beschwerlichkeiten keine größer / als die einbildung / daß etwan Abimelech mir unbeständig worden sey / und die Prinzessin von Ammon liebe / welches ich dann nicht håtte verschmerzen k \nnen. Ich ware eines tags in solcher unruhe begriffen / als der Prinz mein bruder mich besuchete / und auf des K \nigs gespräche kommend / unter andern zu mir sagte: Er wolle nicht hoffen / daß der Prinz der Philister seine ehmals-erwiesene liebe wieder ansahen würde. Dann /ob er gleich ein herr von liebwürdigen beschaffenheiten wäre / so könnte es doch vieler ursachen halber nicht seyn / daß man ihm die Ninivitische kron aufsetzen solte. Demnach hielte er dafür / ich würde / üm mein künftiges reich in ruhe zu erhalten / nicht bässer thun können / als wann ich einen von den Ninivitischen fürsten zum gemal erwehlte: da dann der Ninias / seines bedünkens / für allen andern zu erkiesen seyn möchte. Diesen seinen fürschlag behaubtete er mir folgends mit vielen gründen / und hatte ich großer vorsicht vonnöten / ihm hierauf nicht also / wie ich gedachte / zu antworten. Dann / wann ich ihm auf einige art meine rechte meinung entdecket hätte / [163] würde er / wie er dann wol konte / große hinterung fürgekehret haben. Er hielte deswegen die seite des Ninias /damit / wann die Niniviten solcher gestalt einen König aus ihren mittel bekämen / ihre macht / wie durch erkiesung Abimelechs oder sonst eines frömden Königs geschehen würde / nicht zu groß werden / und also Assyrien allemal die Niniviten unter seiner gewalt behalten möchte.

Weiln ich nun / wie gesagt / mich gegen den Baleus / so viel müglich / bergen muste / als beantwortete ich ihm seinen vorschlag mit dergleichen worten: Es scheinet / mein bruder! daß ungeacht bei euch keine eiversucht mehr seyn kan / ihr dannoch dem Prinzen der Philister euren gehabten platz nicht überlassen wollet. Wiewol es aber hierinn mir gleich viel gilt / so kan ich doch nicht ümhin / mich in einer sache über euch zu beschweren: daß nåmlich ihr mich / den Fürsten Ninias zu lieben / überreden woltet. Dann dieser kan mir nicht so gefällig seyn / als euch ehmals Eldane gewesen: die ich in eurer gunst zu erhalten / mich niemals würde bemühet haben / wann ich nicht hieriñ euren willen gewust håtte. Weil ihr nun mich / den Ninias meinen unterthanen zu lieben /nicht gesonnen wisset: so werdet ihr / mein bruder! euch mir auch so gefällig erweisen / und nicht wider mich in einer liebe dienen / die mir nicht anständig seyn kan. Baleus wurde ganz still / als er mich so reden hörete / und mich nicht ferner zu beunruhigen /sagte er: wie daß er aus guter wolmeinung diesen fürschlag gethan habe / davon er / meinen willen wissend / leichtlich wieder abstehen könte. Und wann ihme bekant würde / wen ich meiner zuneigung würdigte / wolte er nicht unterlassen / [164] mir eben so treulich zu dienen / gleich wie ich bei der Eldane gegen ihn gethan håtte. Ich sagte hierauf: Ich hielte / bei der Königin lebzeit / die sorge noch nicht für nötig / den Niniviten einen König zu verschaffen; und wañ die sich etwan einmal unter einer frauen regirung würden wol befinden / mögte vieleicht ihr verlangen aufhören /einen König darneben zu verlangen.

Mit dergleichen reden wendete ich ab / daß der Prinz von dieser sache mir nichtes mehr sagete / auch keinen argwahn schöpfete / daß ich dem Abimelech gewogen wäre. Ich erwartete nun der ankunft dieses Prinzens mit unruhigem verlangen / und name mir für / mich solcher gestalt gegen ihm anzustellen / daß niemand / der auf mein thun wůrde acht haben / meines gemütes regungen verspüren solte. Ich muste aber die Prinzessin von Ammon / von wegen der K \nigin meiner frau mutter / entfangen: gleichwie auch der Prinz /mein bruder / gegen dem Prinzen der Philister thäte. Weil nun der ganze hof dabei zugegen war / als erwiese ich mich ganz kaltsinnig / wie ich den Abimelech ankommen sahe. Er feinesteils vergasse / mich ersehend / alles fürgeno enen zwangs / und die Prinzessin von Ammon / die er fürete / verlassend / eilete er mir entgegen / den saum meines rockes zu küssen. Ich aber / als hätte ich sein nicht war geno en / ginge sonder ihm einige höflichkeit zu erweisen / der Ammonide entgegen: die ich willkomm hieße / und neben der Fürstin Timna zu der Königin in ihr gemach fürete. Die Prinzen folgeten uns daselbst hin / und kame nicht lang hernach der König / dem die Prinzessin von Ammon / von der Königin Delbois [165] seiner schwester /aufs bäste war anbefohlen worden: deßwegen er ihr verheisen / sich ihrer als eines kinds anzunemen / und sie an seinem hofe zu unterhalten.

Des Abimelechs augen / waren nie von mir abgewandt: aber / so sehr er gelegenheit suchete / mit mir zu reden / so wenig konte er dieselbe erlangen. Der König erwiese sich sehr gnädig gegen ihme / und bezeugte öffentlich / wie lieb ihm seine ankunft wäre. Er finge auch gleich an / mit ihm zu scherzen / die Ammonide betreffend / und sagte: Er hätte ihm eine schöne Prinzessin in sein haus gebracht / die für ihn solte fleißig aufbewahret werden. Ich kunte nicht ümhin /als ich den König diese worte sagen h \rete / den Abimelech anzusehen: den ich dann / gleichwie auch die Ammonide / ganz err \tet fande / worüber ich schier eiversüchtig werden muste.

Nachdem dieses gespräche lang genug gewäret /und endlich jederman der Königin gemach verlassen hatte / gesellete ich mich zu der Timna: die mir dann wol anstunde / und mir / als ich nach ihrer reise fragte / ümständlich erzehlte / wie daß sie mit der Prinzessin von Ammon iezt von Damasco käme. Sie hätten in Mesopotamien den Prinzen der Philister angetroffen /der sich mit ihnen auf die reise begeben / und der Prinzessin Ammonide einen dapferen dienst erwiesen / indem er sie von dem angriff vieler reuter errettet /die ihr herr vatter / von welchem sie verfolget würde /ihr nachgesendet / wie er erfahren / daß sie nach Babel reisen wolte. Die ursach dieser verfolgung wäre / daß in dem lezten krieg / den ihr herr vatter mit dem König von Basan gefüret / derselbe von ihm in Ar gefangen / aber von der Ammonide heimlich wieder [166] befreiet worden wäre. Dieses hätte ihn zu solchem zorn bewogen / daß sie flüchtig werden / und nach Tyrus zu ihrer mutter brudern sich begeben müssen: von dannen sie aber / weil selbiger König für dem von Ammon sich gefürchtet / durch die K \nigin Delbois von Tyro nach Babel wäre fürter gesendet worden. Hierauf kame sie wieder auf den Abimelech zu reden /und sagte / wie daß sie den schon lang kennete. Sie gabe mir dabey nicht undeutlich zu verstehen / wie sie mit diesem Prinzen zimlich vertråulich worden wäre: welches ich aber nicht beachten wolte / weil ich die Timna noch nicht kante / und also nicht wuste / weß ich mich zu ihr zu versehen hätte.

Nachdem die erste besuchung des Abimelech also abgelaufen / und der König neben dem ganzen hof meine kaltsinnigkeit gemerket / war nun niemand /der ferner einigen verdacht auf mich werfen wolte. Als aber Abimelech alle gelegenheit suchete / mich allein zu sprechen / mich aber solche alles fleisses abschneiden und vermeiden sahe: finge er an / verzweifelt in seiner liebe zu werden. Endlich suchete er hülfe bei der Timna / und derselben wegen ihrer verschwiegenheit und guten verstandes sich vertrauend / beredte er sie dahin / daß sie einsmals bei mir sein wort redete /und mir von ihm eine schrift brachte / die ich eröfnend / dieses inhalts befande.


Find ich Delbois nicht / wo ich Delbois sehe?

sol ihre gegenwart vertreiben meine ruh?

Abwesend hoffet' ich: iezt ich verlassen siehe.

Sagt bald? komt mir der tod? komt mir das leben zu?


Ich sehe wol / (sagte ich / nach ablesung dieses / zu der Timna /) daß der Prinz der Philister die Fürstin[167] von Seir zu seiner vertrauten gewehlet / und ich also vergebens mich bergen würde / da der angenemen Timna bereits bekant ist / was zwischen mir und diesem Prinzen ehemals fürgegangen. Hierauf entdeckte sie sich mir / und des Abimelech wort aufs bäste fürend / überredte sie mich dahin / als sie meine ursachen gehöret / warüm ich öffentlich mit dem Prinzen nicht ümgehen wolte / daß ich einwilligte / ihn heimlich / und zwar in ihrem gemach / zu sprechen. Es würde nur ein überfluß seyn / euch / liebste base! weitläuftig unsere zusammensprache zu erzehlen. Wann ihr euch die unterredung mit eurem Elieser fürstellet / wie der / unter seinem slaven-kleid / zu euch gekommen: werdet ihr leichtlich euch selber sagen können / was zwischen dem Abimelech und mir für worte gefallen. Ich verlore hierdurch alle eiversucht wegen der Ammonide: er hingegen bliebe mit meinem beginnen vergnügt / und erhielte von mir die erlaubnis / durch vermittelung Timna / mich öfter also in geheim zu sprechen. Ich erfuhre von ihm nach der länge / was ihm seit seiner abwesenheit / zu Salem und Gerar / in Basan und Edom / begegnet war / und wie die tugend-liebende Cölidiane noch immer fortfüre /sich ihm gewogen zu erzeigen.

Es wolte aber das unglück / daß wir dieser unschuldigen vergnügung nicht lang genießen solten. Es muste sich schicken / daß eines tags der Abimelech /in gegenwart der Timna / bey mir war / und der König durch ihr gemach / darinn wir uns befanden / gehen wolte / üm zu der Dalimire zu kommen. Weil die thür verschlossen / hatte zwar Abimelech zeit / sich auszudrehen / die Timna hingegen / dem König aufzumachen. [168] Er kame aber / zu unserem unglück / in den gang / der nach der Dalimire gemach fürete. Weil er nun die gelegenheit im frauenzimmer nicht wol wuste / als eilete er immer fort / üm dem König aus den augen zu kommen. Solcher gestalt kame er in der Dalimire gemach: die anfangs meinend / daß ihr K \nig käme / nicht wenig bestürzt wurde / den Abimelech zu sehen. Ihm fehlte es zwar auch nicht an entsetzung / doch erholte er sich gleich / und sagte: Er hätte / seit seiner ankunft / noch nicht seine schuldigkeit ablegen können / ihr aufzuwarten / welches er hiemit verrichten wolte. Diese hofliche worte giengen ihm so gezwungen ab / als verächtlich sie von ihr / die ihm todfeind war / aufgenommen wurden. Wie es nun ihnen beiderseits verdrieslich fiele / diese zusammensprache zu vollfüren / kame der König dazu / und wurde so verwandlet / den Abimelech bei seiner dame zu finden / daß er nicht wuste / was er sagen solte. Abimelech /des Königs verwirrung warnemend / begabe sich mit guter art wieder hinweg: und als er mich und die Timna / die wir über dieser begebenheit ganz erschrocken waren / wieder gefunden / bate ich ihn /daß er alsofort sich hinweg begeben wolte. Nachdem er diß gethan / gienge ich / üm des Königs wiederkunft nicht zu erwarten / mit der Timna in mein gemach: die dann arbeit hatte / mir genug trost einzureden / damit ich dieserwegen meine sorge für den Abimelech stillen möchte.

Wie nun inzwischen Dalimire alle eiversucht dem König benommen hatte / bliebe ihm nur in gedanken /daß Abimelech bey mir gewesen. Demnach verfügte er sich gegen abend in der Königin gemach / da eben[169] die Prinzessin Ammonide bei ihr war / und klagte ihr / wie daß Abimelech vermutlich bei mir in der Timna gemach müste verschlossen gewesen seyn. Die Ammonide bejahete solches / die uns etlichemal belauret hatte / und berichtete den König / sie hätte selbst gesehen / daß die Timna den Prinzen von Gerar / wann ich bei ihr gewesen / heimlich in ihr gemach gefüret hätte. Dieses verursachete nun einen solchen lermen /daß / wie ich / meine aufwartung zu thun / in der Königin gemach kame / ich dieselbe voll thränen fande /und mit den entfindlichsten verweisungen / von ihr mein verbrechen anhören muste. Der König / so sehr ergrimmet war / ließe durch den Baracheel mir sagen: Daß ich her Timna gesellschaft mich gänzlich äusern /und sie / als eine vom gebirg Seir / für meine feindin halten solte; weil alle ihre anverwandten dem Assyrischen hause entgegen wären / üm ursache / daß sie euch / meine base / an stat der K \nigin Atis / mit dem König von Canaan gern verehlicht sähen. Ob nun wol dieses die rechte ursach nicht ware / so muste es doch deren schein haben. Es wurde hierauf der Timna an die hand gegeben unsern hof zu verlassen: das dann diese gute Fürstin thun muste / und sich also wieder nach Damascus begube. Mir fiele es wol sehr schmerz-entfindlich / daß ich diese liebe freundin meinetwegen in solche ungelegenheit muste geraten sehen.

Den Prinzen Abimelech aber / kunte man nicht also für den kopf stoßen / weil mein herr vatter dem K \nig der Philister / seine seite zu verlassen / nicht ursach geben wolte: dann ihme viel daran gelegen war / in Canaan einen so mächtigen freund zu erhalten. [170] Deswegen ließe man sich gegen ihm nichtes merken: ihn aber von hof zu entfernen / truge man ihm auf / die v \lker in Bactra zu füren / die man dahin auf die beine zu werben im werk begriffen war; welches der dapfere Prinz mit beiden händen annamt. Es eräugete sich indem auch eine gelegenheit für den Prinzen Baleus / zum andernmal in den krieg nach Ophir zu gehen / der über alles vermuten mit den König von Elam wieder angegangen war: da er dann verhoffete /seine geliebte Mirina zu finden / als von welcher er hatte zeitung erhalten / daß sie aus Teutschland wieder in Ophir angekommen wäre. Hierauf nun seine gedanken völlig richtend / name er nicht so sehr zu herzen / was zwischen den Abimelech und mir fürgefallen ware.

Mitlerweile aber mit der werbung eine geraume zeit verstrichen / reisete der König / mit der Königin und mir / neben der ganzen hofstatt / nach Ninive / und kunte ich nicht / als mit den augen / von dem Abimelech abschied namen / weil man alle gelegenheit / ihn zu sprechen / mir entzogen hatte. Meine einige hofnung bestunde noch darinn / der Königin meiner frau mutter gemüt auf anderen weg zu bringen: welches aber durchaus vergebens ware. Dann ob sie gleich sehr gern mit mir / von dem reinen glauben und gottesdienst / reden mochte / den sie fürlängst heimlich hatte angenommen: so bliebe sie doch dabei / ich würde nicht sündigen / wann ich den Baleus ehlichte. Mit solcher ihrer beständigen und fästen entschliesung / kame sie endlich auf das todbette: da sie dann /als sie merkete / daß sie sterben solte / alle Ninivitische stånde für sich forderend / ihnen ihren lezten willen [171] schriftlich übergabe / und dabei mich ihrer treu aufs sehnligste anbefahle. Ich wolte sie / in solchem zustande / fast keinem augenblick verlassen.

Wie sie nun / am lezten tag ihres lebens / mich sehr weinen sahe / reichete sie mir die hand / und sprache mit lallender zunge: Ich möchte ihr doch die vergnügung gönnen / in ruhe zu kommen / da mir ja wol wissend wäre / wie trübseelig ihre lebenszeit gewesen; wie sie dann mir ruhigere tage wünschete / als sie genossen hätte. Hierauf stellete sie mir ein kästlein zu / und muste ich ihr bey dem lebendigen Gott zuschwören / es nicht zu eröfnen / bis ich verheuratet seyn würde / und zwar mit dem Baleus. Ich schwure ihr das erste / und indem kame ihr tod dazwischen /der mich von dem lezten schwur befreiete / den ich auch unmüglich halten könte. Als nun die traur-tage fürüber waren / wurde ich zur Königin in Ninive gekrönet. Mein herr vatter / der auf den lezten willen der Königin drunge / dem er meine heurat mit dem Baleus einverleibt wuste / muste mit großen widerwillen von den Ninivitische stånden vernemen / daß sie diesen lezten willen nicht unterschrieben hätten. Wie er aber mit seiner macht drohete / befande ich / mit raht des Peldas / dem ich in allem folgete / für das bäste / mich zu erklären / wie daß ich in meiner wahl frei seyn wolte / und alles / bis auf die wiederkunft des Prinzen meines bruders aus Ophir / auszustellen. Hierdurch musten so wol der König / als meine stände / sich befriedigen lassen.

Die Prinzessin Ammonide / die nun sahe / in was für einem elenden stand sie durch das absterben meiner frau mutter geraten war / finge hierzwischen an /[172] zur erkäntnis zu kommen. Da sie mich vorher nicht groß geachtet / auch damit / daß sie die Timna und den Abimelech verraten / sich keine freundin mir erwiesen hatte: demütigte sie sich nun gegẽ mir dermassen / daß ich mich ihrer erbarmete / und sie zu mir an meinen hof name. Sie wuste ja sonst nirgend hinaus: dann bei der Dalimire zu Babel / wolte sie / als eine Königliche Prinzessin / nicht bleiben; und bey der Königin Atis von Canaan / die auch zu uns gekommen war / kunte sie ihren unterhalt nicht haben / als deren es selber schwer fiele / ihrem Königlichen stande gemåß zu leben. Ich vertraute ihr aber nichtes von dem zustand meines gemütes / und wie ich mit dem Abimelech lebete: weil mein herz / nach der mir-erwiesenen feindseligkeit / sich nicht an sie gew \nen kunte; wiewol ich sie sonsten liebte / auch noch liebe / und ihr nach möglichkeit an die hand gehe.

Meine flüchtige / den Arsas und die Timna / ließe ich von Damasco wieder zu mir kommen / als ich im reich beståtiget war: da dann Arsas seine gemalin /die Caspiane / die er inzwischen geheuratet / mit sich brachte. Wie nun die regirungs-last mir oblage / strebete ich mit allem vermögen / meinem reiche wol fürzustehen / und jederman recht zu verschaffen: da es dann / die wunderbare köpfe meiner hochmütigen stände in einigkeit zu erhalten / nicht geringe mühe kostete. Weil ich / als ein weib / über sie regire / als name ich auch öfters raht von meines gleichen: und kan ich gegenwärtiger Aramena dieses zu lob nachsagen / daß ich mannigmal ihres heilsamen rates / wie auch dessen / was die Timna zu weilen gut befunden /mich nutzlich bedienet habe. Weil auch diese beide /neben [173] dem Arsas / allein von meiner liebe wusten /als überlegte ich öfters mit ihnen / wie ich es noch angreifen solte / damit ich der Königin meiner frau mutter lezten willen erfüllen / des Königs begehren ableinen / meiner stände behagen und mein eignes vergnügen fördern / und so viel widriges in eines bringen möchte?

Des Ninias alte liebe wachete damit auch wieder auf: und weil der im reich einen mächtigen anhang hat / als durfte ich ihm meinen unwillen nicht so deutlich zu erkennen geben / sondern muste mich sehr zwingen / um keine innerliche unruhe mir auf den hals zuziehen. Weil ich den alten Peldas / den oberstatthalter des reichs / sehr auf meiner seite zu seyn befunden /als habe ich / dessen raht zu folgen / diese reise hieher in Syrien iezt übernommen. Der König mein herr vatter hat mich hieher eingeladen / dem feste der Isis und des Osiris beizuwohnen / als denen er einen prächtigen neuen tempel in Damascus hat aufbauen lassen. Es ist aber die eigentliche ursache dieses / daß er daselbst die heurat zwischen mir und dem Prinzen zu vollziehen vermeinet / weil selbiger nunmehr aus dem Ophirischen krieg wieder nach haus gekommen.

Mein Prinz Abimelech / ist ebenfalls sieghaft auf der rückreise aus Bactra begriffen. Ich hoffe / dessen große geleistete dienste / neben des Baleus angenommenem glauben und anderweitiger liebe / werden noch ursache geben / daß der König mein herr vatter seine meinung ändern / und von meiner verheuratung mit dem Baleus abstehe. Widrigen falls werde ich doch beständig verbleiben / und vertraue ich zuvörderst [174] in dieser sache dem gerechten himmel / hiernächst auch dem klugen einraten des weißen Peldas: der mir große versicherung gethan / daß ich durch diese reise alles in guten stand bringen / und nicht allein von des Baleus heurat los werden / sondern auch dem willen meiner stände / aus ihren mittel einen König zu wehlen / mich entziehen würde. Vom Abimelech ist ihme zwar nichtes wissend: doch gehen alle seine ratschläge dahin / daß sie diesem Prinzen zum vorteil mit-gereichen. So eine beschaffenheit hat es / liebste Ahalibama! mit meinem zustand: und werdet ihr / aus meiner offenherzigen entdeckung / urteilen k \nnen / wie sehr ich euch liebe / und wie ich verlange / forthin leid und freude mit euch gemein zu haben.


* * *


Als nun die Königin von Ninive solchermassen ihre erzehlung beschlossen hatte / ümarmete sie die Prinzessin von Seir: welche dann sich ganz demütig bedankete / daß ihr die Königin also ihr ganzes herz öffnen wollen; zugleich wünschend / daß eine so keusche liebe von himmel gesegnet werden möchte. Weil es nunmehr sehr spat war / als schieden diese dreie hierauf von einander. Und so die Königin die nacht unruhig zugebracht / so gienge es dem verstellten Dison und der Ahalibama nicht bässer: deren der erste / wegen einer unmöglichen liebe / mit schlaffen konte / und die andere mit todten liebesgedanken sich quälete.

Des folgenden tags / kame der Fürst Barzes von Arvad wieder von Damasco zurücke / der bei den beiden K \niginnen / im namen der Königin von Ninive /seine begrüßung abgelegt hatte: und kunte der [175] nicht gnug beschreiben / die große zurüstungen / die man in Damasco machete / die schöne Königin Delbois auf das herrlichste zu entfangen. Wie nun der Königin frauenzimmer / und sämtliche hofbediente / sich alle wieder von ihrer spazir-fart eingefunden / und der tag heran kame / an welchem die Delbois ihren einzug halten solte: reisete adends vorher der statthalter von Syrien / mit erlaubnis der Königin / in die statt / üm /den andern tag ihr entgegen zukommen / und sie mit großem pomp einzuholen.

Kaum war der morgen herfür gebrochen / da hörte man ferner voll keiner trauer / sondern es hatte sich ein ieder auf das herlichste und prächtigste herausgeschmücket. Und obwol Ahalibama ihre betrübnis nicht ließe aus ihrem herzen kommen / so legte sie doch auch / der Königin zu ehren / ihre trauer ab und begabe sich / nachdem sie ganz angekleidet war /nach deren gemach. Diese Königin in ihrem herrlichen schmuck ersehend / bliebe Ahalibama über so himlischem glanze ganz verblendet. Ihr silber-haar /das ihr die natur geringelt / bedeckte oben eine kleine aber sehr kostbare diamanten kron / aus welcher ein großer busch von weißen straus-federn hervor gienge / der ihr / weil sie zu pferd sich wolte entfangen lassen / zugleich wider die Sommerhitze dienete / und ihr also reitend eine zierd gabe. Ihre brust umschlosse ein güldenes leibstuck / welches so dünn ausgearbeitet /daß es ihr nicht schwer zu tragen war: und sahe man in demselbigen / die vornemsten thaten der K \nigin Semiramis / erhoben scheinen. Uber diesem hinge ihr ein purpur-mantel / der auf der einen achsel mit einen großen diamantinenknopf gefasset / und auf der [176] linken seite / unter dem arme / auch mit einem solchen edelsteine angehäftet war. Ihre arme waren halb entblößet / die zu oberst ein weiter dünner flor bedeckete. Ihr rock war in güldenen blumen gewirket / und reichlich mit perlen gesticket. Ihren zarten leib ümschloße eine künstlich-gewirkte binde / die an der einen seite fast bis an die erde hinge. Ihr angesicht /welches so majestätisch als gütig / so verständig als from aussahe / prangte mit den angenemsten schwarzen augen / dergleichen iemals die natur einiger sterblichen person mogte verliehen haben. Alle andere schönheiten in ihrem gesichte / neben der ansehnlichen länge / ziereten ihre tracht meit mehr / als sie von ihr konten gezieret werden. Alle die jenigen / so sie ansahen / wurden über ihre schönheit entzucket. Ahalibama hatte vorher / die Cölidiane / und ihre Aramena / für die schönsten gehalten: nun aber muste sie in ihrem herzen / dieser unvergleichlichen Königin / den sieg der schönheit zuerkennen; nach welcher sie / weil sie von ihr selber nicht urteilen wolte / jene beide für die schönsten in der welt hielte / die ihres gleichen nirgend hätten.

Wie nun alles zur abreise färtig war / begaben sie sich auf den weg und blieben / wegen großer hitze /zu mittag in einem sommerhause / ungefär eine halbe meile von der stadt. Als sie gegen abend von dannen wieder aufbrachen / sezte sich die Königin auf ein Egyptisches pferd / so ihr der Pharao bei antretung ihrer regirung zugeschicket: welches unter allen anwesenden pferden das schönste war / gleich wie die / so dieses stolze thier regirete / unter den menschen den preis behielte. Die Ninivitische Fürsten / auf das [177] herrlichste ausgekleidet / ümgaben zu beiden seiten ihre Königin: und weil fast keiner unter ihnen war / der sie nicht / wiewol ohne hofnung / angebetet / und von ihrer schöne sich gebrant fülete / als wolte es auch ein jeder dem andern zuvor thun / sich an diesem tag aufs prächtigste sehen zu lassen. Die Prinzessin Ammonide / Ahalibama / Perseis und Casbiane / folgeten / in der Königin wagen / dieser ansehnlichen reuterei. Der K \nigin jungfrauen aber / waren alle zu pferd: zu denen sich auch der schöne Dison gesellet hatte / und die Aramena mit gesprächen unterhielte.

Sie sahen nun die stattliche türne von Damascus herfürragen / als der Prinz Mamellus / statthalter von Syrien / mit allen Syrischen Fürsten / der Königin entgegen kame: dem seine gemalin die Prinzessin Tharasile / von dem fürnemsten Syrischen frauenzimmer begleitet / nachfolgete. Als diese abgestiegen / thäte solches auch die Königin: und wurde sie / mit einer schönen rede / von dem statthalter entfangen; die sie mit solcher annemlichkeit beantwortete / daß alle / die ihre worte hören konten / darüber verwundert blieben / und hieraus sie ja so verständig als schön erkenneten. Die Prinzessin Tharasile wurde folgends / mit bezeugung der höchsten zuneigung / auch von ihr begrüßet / wie ingleichen alles Syrische frauenzimmer. Wie nun ihr der Mamellus einen herrlichen ganz-vergüldeten wagen / inwendig mit den stattlichsten gestickten decken behänget / vorziehen lassen / mit bitte / darinn ihren einzug zu halten / sezte sich sie in denselbigen. Tharasile aber begabe sich in der Königin wagen / zu den andern Prinzessinnen / unter denen sie ihres herrn schwester tochter / die [178] Ahalibama / mit zeichen großer freundschaft entfinge: wiewol sie dabei die traurigkeit ihres gemütes / wegen ihrer verlornen tochter / nicht so wol bergen konte / daß man nicht / insonderheit Ahalibama / ihre unruhe gespüret hätte.

Dieser einzug ware also angeordnet / daß zu erst der Syrische adel / nachgehends die gesamte Fürsten von Syrien und Ninive / und lezlich der Statthalter nahe vor der Königin wagen / daher ritten. Hierauf folgete diese unvergleichliche sch \nheit / von ihrer und des Statthalters leibwacht ümgeben. Hinter ihr kame / in vielen wägen / und nun nicht mehr reutend /das gesamte frauenzimmer. Dison aber / der mit nicht geringer furcht die Tharasile ersehen / ritte / unter der fürung des Fürsten Jothans / als ein bedienter der Prinzessin von Seir / in seiner ordnung voran: inständig die große Diana anruffend / daß sein geschlecht und name nicht erkant werden möchte.

Wie sie nun in Damascus kamen / sahen sie die gassen mit den stattlichsten decken behänget / und das Syrische weibesvolk / auf das zierlichste geschmücket / in den fenstern ligen. Es waren die gassen so voll volks / daß man kaum einen freien durchzug haben kunte. Alle leute diese wunder-schöne Königin ersehend / rieffen ihr frolockend zu / und schlugen in die hände. Das frauenvolk warf dünne krüglein mit wolriechendenden wassern / wie auch mancherlei blumenkränze / von den fenstern herab / und ware niemand in der ganzen stadt / der nicht mit herz und mund sich frölich erzeigte.

Auf dem grossen platz / den sie den Königlichen spazir-gang nennten / war eine hohe ehrenpforte aufgerichtet / [179] mit dreien thoren. Zu oberst sahe man das Königreich Ninive gebildet / welches eine kron in der hand hielte / mit einem lorberzweig ümwunden / samt dem beiwort:

Unaufhörlich must du grünen.

Unter diesem wurde die Assyrische Monarchei fürgestellet / welche mit ihrem zepter die über ihr schwebende Ninivitische kron stützete / und diese untere schrift hatte:

Weil die wünschen dir zu dienen.

Zu unterst sahe man das bild des Syrischen reichs /so eine kron auf dem haubt hatte / und sich gleichsam gegen die Königin von Ninive bückte; darunter war geschrieben:

Denen du iezt bist erschienen.

Wie nun die Königin von ihrem wagen diese erfindungen betrachtete / wurde sie mit bestürzung gewar /daß / indem etwan die vorreitende unter dieser ehrenpforte sich zusehr gedrenget / die Ninivitische kron auf die Syrische herab fiele / und beide damit herunter kamen. Eine von diesen kronen sprange dem Dison gerad in den schoß / und die andere verlohre sich im gedränge. Dieses wurde von jederman in acht genommen / und für etwas sonderliches gehalten.

Kaum aber hatte diese bewunderung sich den gedanken eingespielt / da entstunde plötzlich ein auflauf im volk / das mit großem geschrei durcheinander liefe / und alles in unordnung brachte. Dieses unwesen verursacheten drei Leuen / welche der Statthalter in großen kefigen etliche jahre zur lust aufbehalten / und speisen laßen: die waren nun / aus unvorsichtigkeit[180] [182] ihrer hüter / welche den einzug mit ansehen wolten /ausgebrochen und unter das volk geraten; da sie alles / was ihnen vorkame / niederrissen / und also die lust in erschreckliche unlust verkehreten. Ein ieder rettete sich vor ihren greulichen klauen / so gut er mochte /und fand sich keiner unter allen rittern / der es wagen wolte / sich an diese starke thiere zu machen: wie dann auch ihre pferde also scheu wurden / daß sie teils ihre herren herunter warfen / teils mit ihnen davon rennten. Die pferde an der Königin wagen /verwickelten sich dermassen in einander / indem sich die stränge üm die beine schlungen / daß sie nicht konten aus der stelle kommen. Die leute in den häusern / hielten / üm ihrer eigenen sicherheit willen / die thüren zu / damit andere hineindringende nicht die Leuen nach sich ziehen möchten. Kurz! alles war in schrecken und unordnung. Die Königin stunde bei ihr selber an ob sie auf dem wagen bleiben / oder herunter springen solte: und ob sie wol unerschrocken war /sahe sie doch / weil keine rettung zu vermuten / den gewißen tod für augen / den sie dann mit großer standhaftigkeit erwartete. Ahalibama ware unter ihren halbtodten beisitzerinnen / die wolgemutste / und fürchtete ihren tod nicht / weil der sie wieder zu ihrem Elieser bringen würde.

Es hatten nun / diese drei wütriche / ům der Königin wagen platz gemachet / und wolten eben auf die schönste beute anfallen / als unvermutlich zween unbekante / die sich nicht eher unter dem gedränge des volkes herfür thun können / diesen Leuen entgegen sprangen / und mit unerschrockenem heldenmut ihren lauf hemmeten. Zween von diesen Leuen / machten[182] sich an diese rittere. Aber der dritte liefe fort / und hätte indem die Königin gefasset / wann nicht eine jungfrau zu pferd herzu gerennet / und mit einem werfpfeil dem Leuen eine tiefe wunde in den leib gemacht hätte. Die Königin erkante das pferd für ihren Egyptischen zelter / und die darauf sitzende heldin vor ihre Aramena. Demnach / so erschrocken wegen der gefahr / darein sie sich stürzete / als erfreut über ihrer treue / rief sie überlaut / als sie sahe / daß der Leu der Aramena meister werden wolte: die beide rittere möchten doch hieher ihre hülfe kehren. Einer von ihnen hörete diesen befehl der Königin / welcher eben das glück hatte / seinen Leuen zu erlegen: demnach lief er zur Aramena / die / wegen ihres pferds / und in ermangelung benötigter waffen / sich des Leuens nicht länger erwehren kunte / und half ihr alsbald aus dieser gefahr / indem er dem Leuen einen fang ins herz gabe / daß ihme der muht mit dem blut verginge. Wie er hierauf seinem gesellen beispringen wolte / der mit dem grösten und stärksten von diesen thieren zu thun hatte / ward derselbe auch eben seines feinds meister / und hiebe dem Leuen / nachdem er ihn erleget / das haubt ab: welches er der Königin zu den füßen legte / und sich ihr dabei für den Prinzen Abimelech von Gerar zu erkennen gab.

Ihre freude war unbeschreiblich / sich von ihrem Prinzen aus dieser todes-gefahr befreiet zu sehen. Sie kunte auch / ihre plötzlich-entfangene vergnügung /mit keinen als mit diesen wenig worten an den tag geben: so habe ich euch / mein Prinz! mein leben zu danken? Folgends wandte sie sich zur Aramena / sagend: Und dir / tapfere dirne! bin ich auch höchlich[183] verbunden / daß du / unter allen meinen bedienten /die einige gewesen / die mir in dieser gefahr beispringen dörfen. Als hierauf ihr dritter erlöser sich auch zu ihrem wagen nahete / den sie nicht kennete / ihn aber wegen seines herrlichen und königlichen wesens in ihrem herzen hoch verehren muste / neigete sie sich gegen ihme / der zu ihr mit sonderbarer annemlichkeit sagere: Mein glück ist unaussprechlich / daß ich / da ich das erstemal die gnade erlange / von E. Maj. gesehen zu werden / ihr neben dem Prinzen Abimelech zugleich erweisen können / wie ich nichtes eifriger suche / als E. Maj. diensten mein leben aufzuopfern. Ich bin hingegen / (antwortete die Königin /) billig glückseelig zu preisen / daß ich so hohe freundschaft von einem so dapferen helden entfangen / und ferner zu gewarten habe / die ich mit nichtes verdienet / und mich auch vielleicht deren niemals werde würdig machen können.

Der frömde wolte hinwiederüm antworten; weil aber der Prinz Abimelech / den Statthalter von Syrien / neben den anderen Fürsten wieder ankommen sahe /sagte er zur Königin: es würde zeit seyn / daß sie sich wieder hinweg begäben / weil es iezt nicht schicklich wäre / von dem Statthalter sich sehen zu lassen. Hierauf begab er sich / unerwartet einiger antwort / mit seinem dapfern gesellen wieder von der stelle / und verlore sich unter die leute / daß niemand sahe / wo sie blieben. Darauf samlete sich das flüchtige volk von allen orten wieder; und da der platz vorher ganz ledig gewesen / drungen die leute nun so häufig herzu / daß die bediente der Königin die pferde vor dem wagen in langer zeit nicht wieder konten zurecht bringen. [184] Der Statthalter / so wol als andere Syrische Fürsten / hielten dieses für ein sehr böses vorzeichen /und nachdem sie ingesamt auf ihre scheue pferde die schuld gelegt / daß sie der Königin in dieser gefahr nicht beigesprungen: sahen sie sich üm nach den unbekanten rittern / die eine so preiswürdige that verrichtet. Wie aber dieselben nirgend zu finden / gaben sie alles lob der dapferen Aramena: das sie dann mit minderer eifersucht / als gegen die beide frömde / verrichteten.

Wie nun alles wieder in vorige ordnung gebracht war / namen sie ihren weg fürter nach dem großen K \niglichen schloß-platz / dahin diese begebenheit schon voran gelaufen war: daher die Königin von Tyro / neben der jungen Königin von Elam / todesangst ausstunden / ehe sie die Königin Ninive lebendig und unverlezt zu sehen bekamen. Alle zu Damasco anwesende versammleten sich nach hof / von dieser unvermuteten begebnis zu reden: die dennoch /so bestürzt sie iederman gemacht / nicht verwehrete /die wunderschöne der Königin von Ninive zu betrachten. Wie nun die Königinnen eine zimliche zeit daselbst beisammen gewesen / und einander viel höfliches erwiesen hatten / begaben sie sich / weil es nun spat war / und der schrecken ein jedes auszuruhen vermanete / wiederum von einander. Es hatte / auf diesem herrlichen platz / jede Königin ihren eigenen palast: daselbst dann auch der Ahalibama / welche die beide Königinnen von Tyro und Elam gleichfalls sehr wol entfangen hatten / eine herrliche wonung angewiesen worden.

Diese hatte kaum von der gesellschaft sich abgerissen / und in ihr einlager sich begeben / da fande sie[185] den Tirzis / Brianes und Zimenes ganz nass von thrännen / die ihr höchstschmerzlich klageten / wiedaß in dem auflauf und gedränge ihr ritter Dison verloren worden / und nirgend zu finden wäre: worbei ihre sorgsame vermutung ware / daß er / wie viel andere / in dem getümmel ersticket / oder gar von den Leuen muste zerrissen worden seyn. Diese zeitung gienge der Ahalibama tief zu herzen / und hatte sie /nach dem tod ihres Eliesers / niemals etwas schmerzlicher entfunden / als da sie dißmal so plötzlich erfahren muste / den erbärmlichen verlust ihrer so herzlich geliebten Aramena.

[186]
Das Zweyte Buch
Geschichte des Königs Amraphel und der Indaride
Geschichte des Königs Amraphel und der Indaride.

Wer die unvergleichliche tugenden und den helden-mut meines verblichenen Königs gekennet / wird mich nicht verdenken / wann ich seine lebens-geschichte / die auf so traurigen todesfall hinaus gelaufen / an stat zierlicher worte / mit heißen thränen fürbringe: massen mir / in betrachtung der vielfältigen gnaden / die ich von kindheit auf von ihme genossen /mein kriegerisches gemüte die bewegungen nicht verwehren kan / die sonsten den soldaten übel anstehen; und muß / bei solchen trauerfällen / als dieser ist / alle großmut aufhören / und auch ein steinernes herz in tränen zerfließen. Also werden dañ / die hohe anverwandten meines K \nigs / von dieser meiner erzehlung wenig tr \stliches zu gewarten haben: auser diesem /daß sie erkennen werden / wiedaß des unvergleichlichen Amraphels nachruhm nimmer sterben [220] könne / ob gleich das grausame geschicke diesen Helden / in seiner bästen blüte / der welt entzogen hat.

Dieser mein Herr wurde / den Elamiten zu unbeschreiblicher freude / von gegenwärtiger edlen Königin an das tagliecht geboren / in der stadt Climais / da der König Obal sein herr vatter eben hof hielte: welcher / wie er aller notleidenden hülfe und der verlassenen beistand jederzeit gewesen / auch meinen eltern /da sie aus dem Königreich Moab flůchtig werden musten / in seinem reiche aufenthalt gegönnet. Ich wurde dem kleinen Prinzen gleich zugegeben / und wie sein bruder mir ihm auferzogen: der dann seine gnade mir straks so vollkommen zugewendet / daß ich deren unveränderlich sein lebenlang genossen habe. Ein jahr nach seiner glücklichen geburt / gabe ihm der himmel eine schwester / gegenwärtige nunmehr meine gnädigste Königin: die dann nicht weniger freude dem land verursachete. Es erfolgete aber bald darauf der klägliche todesfall des Königs Obal / welcher die Elamiten in allgemeines trauren setzete: weil sie nun ein kind zum König hatten / und / die Assyrische macht fürchtend / der Königlichen wittib / als einer Assyrerin /die obsicht über ihren unmündigen sohn nicht gestatten wolten / damit sie nicht / ihrer damaligen einbildung nach / unter Assyrien geraten mögten.

Dieses mistrauen ginge der Königlichen mutter /wie billig / so zu herzen / daß sie zur andern heurat schritte / und an dem König von Zor in der stadt Tyro sich vermälen ließe: welcher sie in sein reich fürete /und also den Elamiten die freiheit ließe / ihrem jungen König vormündere zu ordnen. Wie schmerzlich es[221] aber der Königin fiele / ihren kleinen sohn also in Elam zu rücke zu lassen / hat sich hernach sattsam erwiesen. Dann es waren kaum zwei jahre verstrichen /da wurden gesandte nach Elimais abgeordnet / welche auf das allerbeweglichste die stånde ersuchen musten / ihrem jungen König nach Tyro zu verlauben / daß er daselbst erzogen wůrde: massen sie ja leicht erachten könten / daß die K \nigin von Tyro / als sein frau mutter / die bäste sorgfalt / ihn wol aufzubringen / haben würde. Nach langer widersetzlichen weigerung /wurde der K \nigin verlangen erfüllet / und mein König mit seiner kleinen hofstatt / worunter auch ich ware / nach Tyro geschicket / daß er alda seiner Kindheit entwachsen solte. Es wurden ihm aber etliche weiße männer zugeordnet / und ihnen / auf seine erziehung ein wachendes auge zu haben / anbefohlen. Wie frölich man in Tyro über unser ankunft worden /ist leicht zu ermessen: und gewanne der K \nig von Zor diesen seinen stiefsohn so lieb / daß er zwischen seinen Kindern von der vorigen Ehe / wie auch zwischen dem Prinzen Tiribaces / (welcher kurz nach unserer ankunft geboren wurde /) und ihme / keinen unterschied machete.

Die schöne herrliche gestalt / neben dem unvergleichlichen verstand und edlen gemüte / name von jahren zu jahren bei dem Amraphel also zu / daß die Elamiten / durch das gerüchte hiervon gereitzet /kaum der zeit erwarten kunten / da sie ihn wieder bekommen solten. Als aber endlich dieselbige heran nahete / begunten die ienige reichs-stände / so bisher nach ihrem gefallen regiret / und üm ihres eigennutzens willen viel unrechtfärtigkeit gedultet / die augen aufzuthun: [222] wol vermutend / daß bei ankunft des K \nigs / nicht allein ihre gewalt fallen / sondern auch das gepressete volk rache über sie fordern / und also ihren untergang fördern würden. Diesem nun fürzukommen / dachten sie sich bei ihrer einmal erlangten macht zu erhalten / und den König aus dem weg zu raumen.

Hierzu nun zu gelangen / wurde zeit und große list erfordert. Es vereinigten sich aber fürnemlich ihrer viere / bei denen die meiste gewalt stunde: daß sie das K \nigreich Elam zugleich regiren / und / auser dem Königs-namen / sich aller K \niglichen macht stäts gebrauchen wolten. Um nun / auf den notfall / auswårtiger Könige beistand zu haben / verheurateten sie sich mit den K \niglichen geschlechten von Ophir /Ellassar / Arabien und Hevila. Der erste / namens Kajumaras / ehlichte eine base des Königs Jaziz von Ophir; der andere / der Berug / des Königs von Ellassar tochter / die Eulea; der dritte / Obad / eine Prinzessin aus Arabien! und der vierte / der Usal / eine Fůrstin von Hevila. Die jenige / so von den ständen dem jungen König zugegeben waren / ihn mit zu erziehen / merketen bald als verständige leute / daß es nicht gar zu richtig in Clam daher gehen müste. Demnach vermaneten sie die Königin / daß sie ihren sohn /mit dem ehsten / seinen unterthanen vorstellen solte. Sie aber / aus antrieb der mütterlichen liebe kunte zu einer so weiten entfernung von ihrem Amraphel sich sobald nicht verstehen: zumal sie auch nochnicht befahrete / daß man in Elam wider ihren sohn so gefärliche dinge schmiedete.

Wie aber diese / ehrliche Elamiten sahen / daß sie bei der fraumutter nichtes ausrichteten / machten sie[223] sich an den sohn: deme sie vor augen stelleten / wie hoch-nötig es wäre / daß er sich bald seinen unterthanen zeigete. Mein König / dem ohndas sein kriegerisches helden-gemůte das stille leben in Tyro zuwider machete / bekame lust / nach Elam zu reisen. Wie aber dieses fürnemen / ohne der Königin wissen /nicht konte vollfüret werden / und anbei die gefahr groß war / durch soviel Königreiche bekant zu reisen: als bliebe es / eine gute zeit / bloß bei dem fürsatze; da diese weise Elamiten / die sich Niso und Mildor nennten / schon zufrieden waren / den Amraphel hierzu geneigt zu finden / ob sie gleich noch zur zeit ihren schluß nicht werkstellig machen kunten.

Bei solcher beschaffenheit / kame aus Elam nach Tyro / ein abgeschickter von den vier oberwehnten regenten / Alaris genannt: der ja so listig und boshaftig als seine herren war / und heimlich in befehl hatte /durch gift oder andere taugliche mittel den K \nig aus dem weg zu räumen; aber öffentlich muste er die große begierde bezeugen / die alle Elamiten trügen /ihren König bald bei ihnen zu sehen. Er wuste sich solcher massen anzustellen / daß iederman ihn für einen ehrlichen man halten muste: auser dem Niso und Mildor / denen nichs gutes geschwanet; daher sie den Amraphel warneten / sich dem Alaris nicht zu vertrauen. Weil nun diese beide treue Elamiten auf alles fleißig acht hatten / als sahe Alaris / daß er nicht zu seinem zwecke gelangen k \nte / dem K \nig gift beizubringen / wann er nicht iemanden von dessen bedienten auf seine seite bråchte.

Also warfe er die augen auf mich / finge an von tag zu tag mir größere liebkosungen zu erweisen / und gabe [224] mir dabei so herrliche geschenke: daß die beide kluge Elamiten / denen ich alles dieses anmeldete /bald daraus abnamen / es můste hierunter ein sonderbares geheimnis verborgen ligen. Wie sie nun mich wol unterrichtet / wie ich mich hierbei verhalten solte / stellete ich mich an / als wann ich des Alaris ergebenster wäre / vertraute ihm auch ein- und anders geheimnis von meinem K \nig / und machte ihn endlich damit so sicher / daß er mir alles entdeckete. Er sagte: man müste den König mit gift aus dem weg räumen /und ich solte in Elam groß werden / wann der Kajumaras und die andere durch meine hand dieses gewaltige fürhaben k \nten zu werk bringẽ. Ich verdruckte hierbei meine bestürzung über dieser greulichkeit /und verhieße ihm / hierinn zu erweisen / daß eine ehrsucht in mir wonete: worauf er mich ausfürlich in allem unterrichtet / wie ich es anschlagen solte / mir das gift zugestellet / und meiner hurtigkeit die sache eiferig anbefohlen.

So bald ich nun von ihm abgekommen / ginge ich nach dem Niso und Mildor / und sagete denen alles /was zwischen dem Alaris und mir fürgegangen: die dann so bald mit mir nach der Königin gingen / und Ihr Maj. den ganzen handel entdecketen. Der schrecken war in ihrem mütterlichen herzen so groß hierüber / daß sie alle hofnung håtte fallen lassen / wann der Niso und Mildor sie nicht wieder aufgerichtet hätten: Die den raht gaben / man solte sich gleich des Alaris seiner beisichhabenden sachen bemächtigen /ob man etwas darunter finden möchte / damit wir diese verräterei belegen möchten. Weil nun der K \nig von Tyro eben auf dem jagen war / und den Alaris[225] mitgenommen hatte / ließe die Königin immittels des Alaris sachen heimlich durchsuchen.

Man fande eine vollkommene unterrichtung und vollmacht in Ophirischer sprache / von den Kajumaras und den anderen dreien unterzeichnet: die dieses in sich hielte / daß er solte sich bemühen / den König Amraphel mit gift hinzurichten. Wofern er aber hierzu nicht gelangen könte / solte er sich des Merotas bedienen / und eine eiversucht zwischen diese beide Prinzen bringen / damit / durch solchen haß und daraus-folgende unruhe am Tyrischen hof / die K \nigin bewogen würde / ihren sohn nach seinem reiche ziehen zu lassen: da dann der König von Hemath / der König von Arabien / und der von Elassar / durch deren reiche er reisen müste / ihrem versprechen gemäs / dem Amraphel unterwegs schon mit guter art würden vom brod helfen / ehe dann er sein reich berürete.

Hiebei hatte Alaris mit eigener hand viele anmerkungen gezeichnet / wie dieses am bästen anzugreifen wäre / und schloße er dahin / daß ein heimliches gift das sicherste und leichteste mittel seyn würde: weil anderweit besagter Könige versprochene hülfe einen großen ruff erwecken / oder auch mißlich seyn würde / ob sie auch damit einhalten m \chten. Weil der Amraphel so angenem ware / daß jederman ihn lieben muste / der ihn nur anschauete: als besorgete er sehr /seine gegenwart d \rfte bei ihren bundsgenossen widerige wirkung thun / und sie zur güte bewegen.

Solcher massen nun / erfuren wir v \llig des Alaris geheimnise. Es ware nicht ohne / und die Elamitische Fůrsten hatten hierinn einen guten fürschlag gethan /was den Prinzen Merotas betraffe: dann dieser [226] Prinz aus voriger ehe des K \nigs von Tyro / und von der K \nigin Sargis aus Bactra geboren / eines so neidisch-boshaftigen gemüts ist / daß / wann ich es in gegenwart seines stiefbruders / des Prinzen Tiribaces /sagen darf / wol nicht viele mögen gefunden werden /die diesem herrn an bosheit zu vergleichen. Was aber hiebei nun zu thun wäre / wurde lang geratschlaget /endlich aber für das bäste gehalten / dem Alaris seine briefe unvermerkt wieder hinzulegen / und sich nicht anzunemen / als wann man von diesem allem etwas wüste. Immittels solte Amraphel sich krank stellen /und ich den Alaris ůberreden / daß Amraphel das gift zwar bekommen hätte / solches aber müste bei einer so jungen und gesunden natur nicht stark genug gewesen seyn: allermeist da der Mildor / als ein erfahrner arzt / dem König immer viel mittel wider gift zu gebrauchen pflegte.

Dieses war / was man erstlich hierinn fürnemen kunte: welches auch alles so glücklich von statten ginge / daß Alaris nichtes von allem merkete / was geschehen war: dann er sein zimmer ja so verschlossen wieder fande / als er es gelassen hatte. Also kunte er auf den argwahn nicht geraten / daß man seine briefe gesehen hätte: und mich in seiner verträulichen freundschaft behaltend / entdeckete er mir ferner / daß / weil durch gift der König nicht k \nne vertilget werden / Merotas ein werkzeug werden solte / ihn aufzuopfern: dann weil dieser Prinz ihm einbildete / wiedaß Amraphel / als bei allen Tyriern sehr beliebt / ihme nach seiner vätterlichen erb-kron stünde / wurde er entschlossen / zu fürko ung dessen / ihn niedermachen zu lassen.

[227] Wie ich nun die zeit und den ort / da solches geschehen solte / eigentlich erfahren / vermeldete ich solches gleich den beiden andern / und durch sie der Königin: welche dem großen unheil / so auf eröfnung dieses mördlichen fürnemens / weil ihr herr diesen seinen sohn Merotas håftig liebete / entstehen würde /fürzubeugen / zuließe / daß Amraphel zu wasser über Joppe die flucht nemen / von dar durch der Philister land heimlich bis nach Elion Geber gehen / von dannen fůrter ůber die see sich wagen / und also durch Ophir unbekant in sein reich reisen solte. Wie schmerzlich dieser abschied ware / ist nicht zu beschreiben / und befohle die K \nigin / dem Niso und Milder / den jungen König auf ihre seele; der dann /diese flucht zu bemänteln / drei schreiben an sie / an den König / und an den Alaris / hinterlassen muste /des innhalts: wiedaß seine große begierde / die welt zu sehen / ihn angetrieben håtte / also ohn erlaubnis /weil er solche zu erlangen nicht hoffen können / hinweg zu reisen / und nach Kithim überzufahren: da er solcher gestalt in kriegeswissenschaft sich vollkommen zu machen verhoffe / daß der König von Tyro kůnftig keine schande davon haben solte / ihn erzogen zu haben. Dem Alaris behohle er sein reich an / und daß er bei den vier regenten seine reise entschüldigen solte.

Wie dieses nun also alles zu werk gebracht war /gingen wir bei nacht zu schiffe / und segelten mit gutem winde davon: die K \nigin und die Prinzessin Lantine so traurig hinterlassend / als vergnügt der König Amraphel in seinen gemüt war / daß er nun solte gelegenheit überkommen / seinen heldenmut hervor zu legen. Das glück fürete uns diesen weiten gefärlichen [228] weg / den wir üm sicherheit willen erwehlen musten / ohne sonderbaren anstoß / und kamen wir endlich in Ophir an: da der Niso / welcher / weil seine mutter aus Ophir bürtig / die sprache des landes redete / und darin verwandt ware / den König auf ein landhaus / so einem seiner befreundten zuständig war / heimlich brachte / allwo wir wol gehalten wurden /und ganz sicher leben kunten.

Mildor übername hierauf die reise nach Elam / üm zu erfahren / wie es alda stünde / und auf was weise der König sicher in sein Königreich k \nte gebracht werden. Er gabe sich zu erst bei meinem vatter an /welcher / wegen der zeitung von unserer abreise aus Tyro nach Kithim / in großer betrübnis lebete / uñ hiemit von dem Mildor ein anders vernemend / eine unaussprechliche freude sch \pfete. Mildor erfuhre hingegen / wie die regenten nun zu Elimais haushieltẽ / wie sie / nachdem Alaris von Tyro wieder gekommen / den Amraphel fůr verloren hielten / und nun nach allem belieben ihren mutwillen im reiche verübeten. Weil mein vatter unter dem adel wol angesehen war / als redete er mit dem Mildor ab / daß er heimlich die fürnemsten unter dem adel auf sein landhaus /das zimlich weit von Elimais lage / zusammen fordern / ihnen ihres K \nigs zustand entdecken / und ihrer hülfe für ihn begehren wolte. Dieses wurde also gar glücklich und in verschwiegenheit vollzogen / und bei solcher zusammenkunft ferner abgeredet / daß man /auf einen tag / in allen orten des reichs / die anwesenheit des Königs Amraphel kund machen / und denselbigen in Hala bringen wolte: welchen ort ein Fůrst /namens Nezar / inn hatte / der zwar äuserlich der vier regenten [229] diener / in herzen aber ihrer regirung todfeind war / und also diese erledigung von ihrer tyrannei mit gröstem eifer fürnemen würde.

Sie trieben dieses große werk mit so glücklicher fürsichtigkeit / daß in Elimais niemand etwas davon inn wurde: und reisete Mildor eiligst wieder nach Ophir / ům den König abgeredter massen nach Hala zu bringen. Sein ausen-seyn wårete fast ein halbes jahr / unter welcher zeit der muntere Amraphel auf unserem Landhaus / wie sehr ihn der Niso auch bate /nicht so stille sitzen konte / sondern es wagete / unbekant den Königlichen hof zu besehen / welcher damals zu Havila der haubtstadt des reiches gehalten wurde. Wie wir dahin gekommen / ware eben den folgenden tag ein großes fest / da der K \nig im tempel des feuers sich offentlich sehen ließe: worbei ihre geistliche / die Brachmannen / die opfer und andere dienste verrichten solten. Dieses nun / wie auch den K \nig mit seiner ganzen hofstatt / mit anzusehen / begaben wir uns früh morgens nach dem vorhof des tempels. Der pracht war so übermäsig groß / daß soviel gold und edelgesteine einem die augen blendeten. Wir sahen den großen Jaziz auf einem güldnen stul sitzen / der hoch erhaben von vieren seiner fůrnemsten fürsten getragen wurde. Auf ihn folgete die Königin Rehuma / auf gleich weise / wie der König / bedienet.

Dieser beider majeståt und fürtrefliches ansehen /würde uns die augen genug gefüllet haben / wann nicht hinter ihnen die Prinzessin Indaride geko en wäre: deren wunderschöne sich uns in solcher gestalt zeigete / daß alles / was wir vorher gesehen / hierbei nicht zu rechnen noch zu vergleichen war. Sie wurde[230] gleichfalls / wie der König und die Königin / auf einem erhobenen güldenen stul von vier großen des reichs getragen. Ihr haubt bedecketen / viele rötliche federn / von den schönesten raben selbigen landes. Ihr haar / so ganz schwarz / hinge ihr den rücken hinunter / und war mit einer schnur der sch \nsten perlen hier und da nachlåßiger weise durchwunden. Ihr holdseliges angesicht / mit den lieblichsten blauen augen begabet / und sonst in allen stůcken vollkommen schön gebildet / glänzte so trefflich herfůr / daß wir alle verwundert / Amraphel aber ganz aus sich selber und entzücket / verblieben. Er fragete gleich begierigst /nach ihrem namen und stande: und als unser fürer ihn davon berichtet / verließe er dieser jungen Prinzessin kein auge / so gar / daß er ferner nach den gebräuchen und opfern im tempel / die mit großem pomp gehalten wurden / nicht mehr sahe / sondern seine Indaride allein betrachtete.

Er war dermassen mit den augen an sie gehåftet /daß er / als nach verrichtetem Gottesdienste / die Königliche personen sich wieder hinweg und nach hof begaben / er den hofbedienten folgen wolte. Er wurde aber von dem Niso zurück gehalten / der ihn vermanete / nach unserer herberg ůmzukehren. Als wir zuhaus dessen / was mir gesehen / einander erinnerten / redete Amraphel kein einiges wort dazu / und hatte er von allem andern / darüm wir ihn fragten / nichtes in acht geno en noch gesehen. Der scharfsinnige Niso /merkte dem jungen K \nig wol an / duß einige unruhe in seinem gemüt vorhanden ware / uñ vermanete ihn /folgenden tags wieder aus Havila hinweg zuziehen. Amraphel aber / etwas entrüstet / antwortete [231] mit kurzen worten: Der Ophirische hof wäre noch wol würdig / länger besehen zu werden. Und wiewol Niso der großen gefahr erwänte / indem der K \nig von Ophir es mit seinen feinden in Elam hielte: ware er doch von seinen fürhaben nicht abzubringen.

Als der abend herbei gekommen / fürete uns unser wirt auf eine große sehr lustige wiese / da gemeinlich die Prinzessin / mit ihrem frauenzimmer und den herren bei hof / pflegte in der kůle spaziren zu gehen. Wir hatten das glück / daß solches auch selbigen abend geschahe: und kunte damals Amraphel auch ihre långe und schönen wachstum betrachten / da sie das erstemal stäts auf ihrer stelle ware sitzend geblieben. Was nun die erste ansichtigung in des Amraphel gemüt angefangen / das vollendete diese andere fürstellung der Indaride: also daß er der verliebteste von der welt wurde. Er tratte neben uns anderen / hinter etliche bäume / dieser Prinzessin zuzusehen: die einen wettlauf unter ihren jungfrauen anstellete / und auch selber mit-liefe; und fugte es sich eben / daß sie ihren lauf gerad nach dem busch zu name / der den Amraphel und uns bedeckete.

Wie nun die Prinzessin / so sehr risch als ein reh /weit für die andern füraus kame / und im laufen nach den ihrigen sich ümsahe: stieße sie an einen ast /schluge gälings zur erden / und fiele mit dem angesicht so hart auf einen stein / daß der schmerz und die entfangene wunde sie schreien machete. Amraphel ganz erschrocken / liefe gleich aus dem busch herfür /sie aufzuheben: da er dann ihr schönes angesichte blutig fande. Nachdem er ihr aufgeholfen / und sie also im gras / [232] wiewol halb aus sich selber / saße: kniehete er bei ihr nieder / und nicht wissend / was er thäte / sahe er sie also entzückt an; bis ihre leute herzu kamen / und für entsetzen den fr \mden Amraphel nicht in acht nemend / nur üm ihre Prinzessin liefen / derselben beizuspringen. Niso / der neben uns andern dem K \nig gefolget / stunde wegen seines herrn todes-angst aus / und indem jederman allein auf die Prinzessin sahe / zoge er den Amraphel auf eine seite / und beschwure ihn bei allen göttern / sich doch bässer in acht zu nemen und nicht also in gefahr zu stůrzen. Er erlangte auch endlich so viel von ihme /daß er ihm wieder nach der hecken folgete / da wir erstlich gestanden / und von dannen zusahe / wie man seine Prinzessin auf einen wagen setzete / und nach der stadt zufürete.

So lang er sie absehen kunte / bliebe er unbeweglich stehen. Endlich aber / als sie ihm ganz aus dem gesicht entworden / holete er einen tiefen seufzer: und warnemend / daß von der Prinzessin blut ihm etwas auf sein kleid gekommen / hube er solches zum munde / und kůssete es mit der heftigsten begierde. Niso / dieses sehend / fienge an zu lachen: er aber wurde ganz beschämet / daß wir es gesehen / und ginge damit / sonder ein wort zu reden / nach unserer herberge. Weil er nun sein leiden nicht lang alleine tragen kunte / als wůrdigte er mich / darinn sein vertrauter zu werden / und brachte mir sein anligen so beweglich fůr / daß ich ein mitleiden mit diesem edlen König haben müssen / wann ich ihn schon nicht so herzlich geliebt hätte. Gleich wie aber die verliebten /aus allem / was ihnen begegnet / etwas deuten wollen / also hielte er für ein böses zeichen / daß er zum erstenmal / da er seiner Prinzessin [233] sich genähert / gleich von ihr blutig gefärbet worden. Dannenhero ahnete es schon damals den unglücklichen Amraphel / daß diese liebe ihm das leben kosten würde. Er schnitte aber den flecken aus / da der Indaride blut auf gekommen war / und bande den auf seine brust: da er ihn auch bis an sein ende getragen.

Weil ich nun / als sein vertrauter / eine so edle liebe nicht schelten kunte / als ware ich ihm darinn so tr \stlich / als ich kunte. Als aber Niso merkete / daß das viele heimliche reden des Königs mit mir / von solchem innhalt seyn müste / den er befahrete / wolte er dessen liebe aus mir erfragen. Weil ich nun nicht sahe / daß des Niso mit wissenschaft hierinn dem K \nig schaden bringen k \nte / als gestunde ich ihm /daß er liebete. Er ginge hierauf zum König / und gabe ihm mit den beweglichsten worten / uñ aus der macht / die er wegen seiner erziehung über ihn hatte / weitläuftig zu verstehen / nicht allein in was gefahr er sich damit stürzete / sondern auch wie unmöglich es wäre /bei seinem jetzigen zustande / in seiner liebe etwas gutes zu hoffen. Er gabe ihm zu bedenken / wann man ihn zu Havila erkennete / wie es so wolüm sein leben / als auch / welches viel höher zu achten / üm alle seine ehre und guten nachrum gethan seyn würde / da alle welt von dem Amraphel spöttisch reden / und sagen würde: Er hätte nicht den verstand noch den muht gehabt / sein Königreich und seine unterthanen /die so inständig nach ihme seufzeten / aus der tyrannei zu erretten / sondern vielmehr in eine närrische liebe / die seiner jugend so ůbel anståndig / sich vertiefet. Demnach bate er ihn / üm aller der sauren mühe willen / die [234] er von kindheit auf bei ihm angewendet /daß er doch nicht die tugend verlassen / sondern sich überwinden / und auf die reise nach seinem König reich gedenken wolte / da ehre und sieg auf ihn warteten.

Mein König / der so grosmůtig war / als einer auf der welt seyn mogte / kunte diese worte des Niso nicht ohne große bewegung anh \ren. Und weil seine liebe / so häftig sie auch war / ihme gleichwol seine gesunde vernunft gelassen als fande er nichtes dawider zu sagen. Demnach fiele er dem Niso üm den hals / und die augen voll trånen habend / bekante er seine schuld / und fassete den schluß / dem Niso zu folgen /und sich der gedanken von Indaride zu entschlagen. Wie er aber nach diesem nicht unterlassen kunte / ihm diese schönheit wieder fürzustellen / befande er bei sich / daß eher der tod / als diese vergessenheit / bei ihm erfolgen würde. Also befiele er mit einer hitzigen krankheit / und ergabe sich so gar der tiefen traurigkeit / daß Niso / dieses zarte gemüt zu heilen / andere mittel zu hand nemen muste. Demnach widersprache er nicht mehr seiner liebe zu der Indaride / sondern billigte dieselbe so weit / daß der Amraphel / nach eroberung seines reichs / durch ehlichung dieser Prinzessin / ein gutes vernemen zwischen beiden kronen zustiften und aufzurichten / suchen möchte. Diesem nach bate er ihn / daß er / üm sich einen wůrdigen besitzer dieser schönheit zu machen / seine gesundheit in acht nemen / und erstlich auf die eroberung seines reichs / hernach auf die erlangung dieser Prinzessin /gedenken wolte.

Diese zusprache munterte den niedergeschlagenen K \nig dermassen wieder auf / daß er in kurzer zeit sich [235] vollk \mlich gesund sahe. Weil seine bäste arznei diese ware / wann er zeitung von seiner Prinzessin bekame: als erfuhre er mit freuden / daß sie von ihrem fall wieder genesen / und nun völlig im vorigem stand sich befände / auch willens wäre / mit der Königin ihrer frau mutter die gewönliche wallfart zu verrichten. Dann sie pflegen in Ophir järlich / zur gewißen zeit / in eine wildnis zu reisen / da die heiligsten unter den Brachmannen wohnen: um alda ihre andacht zu verrichten / auch die kranken und armen zu besuchen /die aus dem ganzen Königreich gegen die zeit sich dahin versamlen. Diese wildnis und wonung der heiligen Brachmannen / ware nicht weit von dem landgut /da uns des Niso verwandter anfangs beherberget hatte. Deswegen / als der Niso dem König anlage /wieder dahin zu reisen / entschloße er sich gutwillig dazu: weil er ihm fürname / seine Indaride bei dieser wallfart wieder zu sehen / und gar anzusprechen. Dann / wie es den verliebten selten an nachsinnung mangelt / also hatte auch Amraphel ausgedacht / daß er sich unter die kranken mit verkleiden / uñ der gestalt mit seiner Prinzessin zu reden gelegenheit suchen wolte.

Weil aber der fürsichtige Niso dieses nimmermehr würde zugegeben haben / als entdeckte er solches mir allein: und reiseten wir damit von Havila hinweg / da wir endlich das landgut glücklich erreicheten. Daselbst nun war unsere erste und einige bemühung /bettlers-kleider herbei zu schaffen / und damit heimlich / ohne des Niso verhinterung / nach der heiligen wildnis hinzureisen. Das glück fugete uns hierinn /daß Niso einen zufall bekame / der ihn des [236] bettes hüten machete: daß wir also feiner nachfolge uns nicht befahren dorften. Jedoch / ihn unseres abseyns halber nicht beängstiget zu lassen / sagte ihm der König sein fürhaben / die gebräuche / so bei dieser wallfart der Königin fürgehen würden / mit anzusehen: mit teurem versprechen / daß er bald wieder bei ihm seyn wolte. Einen von seinen vettern namen wir mit uns / und als wir in das gebirge gekommen / traffen wir haufenweis die dahin reisende kranken und bettler an: da wir dann unsere hierzu-mitgenommene kleider auch anlegeten / und also in ihrer gesellschaft mit fortwanderten. Des Niso vetter / der nicht anderst wuste / als daß wir solches blos aus fürwitz thäten /ümdesto bequemer alles mit anzusehen / ließe uns damit nach unsrem willen frei schalten.

Als nun uns die Brachmannen aufgenommen / wurden wir in einen besondern ort ihres tempels gebracht: da wir dann die nacht bei den andern kranken verbleiben musten. Den folgenden tag / wurden wir alle in ordnung gestellet: da uns / nach verrichtetem gottesdienste / die Königin und Prinzessin / zum zeichen ihrer andacht besuchen / nach unseren gebrechen fragen / uns trösten / arznei mitteilen / und aufs bäste unser pflegen solten. Das verlangen des liebkranken Amraphels war so groß / daß er kaum dieser glücklichen stunde erwartẽ kunte / da sein arzt ankommen solte. Wie nun endlich die zeit herbei kame / erschiene die Königin mit allen erbaren Matronen /nachgehends die Prinzessin Indaride / von allen jungfrauen begleitet. Sie fielen erstlich ingesamt nieder auf ihre angesichte / anzubeten. Und wie ganz keine zier noch pracht an ihren kleidungen zu sehen war / also[237] erglånzete hingegen ihr andacht desto mehr: wiewol unser König seine Indaride in diser pilger-tracht ja so schön / als zuvor in ihrem Königlichen schmuck befande. Sie trug einen runden güldnẽ kopf / darin ein köstlicher balsam war / der fast zu allen krankheite dienete.

Nachdem sie nun bei vielen rechten kranken gewesen / ersahe sie auch den Amraphel; den sie gar ämsig von ferne betrachtete / und zu einer ihrer jungfrauen sagte: sie erblicke dort ein gesicht / so sie dem ganz änlich befände / der unlångst / wie sie im laufen gefallen / sie wieder aufgerichtet hatte. Hieraus nahete sie sich dem verstellten K \nig / und fragte ihn / was ihm schadete / und worinn seine krankheit bestünde? Ach! große Prinzessin! (antworte Amraphel in Ophirischer sprache / die er wol redete / sie ganz verliebt anschauend /) meine wunde wäre unheilsam / wann eure barmherzigkeit sich mir entzöge. Ich bin deswegen hier / (sagte Indaride) euch zu helfen: zeiget mir nur euren schaden / und gläubet / daß die Gottheit / deren ich diene / meine arznei an euch segnen werde. Mein anligen / (wiederholte Amraphel /) ist nicht äuserlich zu sehen / sondern tief in meinem herzen verborgen: doch will ich dasselbe wol eröfnen / wann mir es die Prinzessin befihlet. Ich habe hier einen balsam / (gabe sie zur antwort /) der trefliche tugenden hat: saget mir nur / an welchem ort es euch am meisten schmerzet /und entbl \ßet daselbst die brust / so wil ich euch von meiner arznei mitteilen. Hiemit öffnete Amraphel seine brust / und indem die schöne hände seiner Prinzessin ihn bestrichen / sagte er zu ihr: Nicht der balsam / sondern die gegenwart der schönsten Indaride /kan meine schmerzen lindern.

[238] [240]Meinet ihr / (fragte sie låchlend /) daß meine hände kräftiger seien / als wann sonst jemand an euch dieses mittel brauchete? Kein mensch der welt / (antwortete er / und ließe damit seinen mund auf ihre schneeweiße hand herab /) auser Indaride / kan mich heilen. Ja /schönste Prinzessin! ihr habt mein herz verwundet /und ich muß sterben / wann eure gütigkeit mir nicht die gnade erweiset / mir zu vergönnen / daß ein ausländischer Prinz mit eurer bewilligung auch lieben dörfe: der / euch zu sprechen / dieser falschen kleidung sich bedienet. Nemet dieses / schöne Indaride! nicht als einen betrug an / sondern gedenket / daß ohne dieses mittel ich nimmermehr würde der glückseligkeit seyn teilhaftig worden / deren ich iezt genieße. Indem er dieses sagte / schmierete die Prinzessin ihn immerfort / und aus seinen reden urteilend / daß er müste im gemüt so krank seyn / als am leibe / rieffe sie einer matron / die zimlich betaget war / und sagte zu ihr: dieser mensch ist im haubt verrückt / er saget mir dinge vor / die keinen verstand haben. Redet mit den Brachmannen / daß sie ihn zu sich nemen / und seiner pflegen: dann es mich in warheit tauret / daß ein so feiner ansehnlicher mensch sol seines verstandes beraubet leben. Hiemit ginge sie von ihm /und mich fůrbei: weil eine von den andern damen mich unterdessen schon balsamiret hatte. Es ist nun zu ermessen / wie dem Amraphel müße zu muht worden seyn / als er ein solches urteil von seiner Prinzessin angeh \ret / und daß sie sein anligen so ůbel verstanden hatte.

Wie nun die Königin / neben der Prinzessin und dem frauenzimmer / den gebråuchen gemås / alles bei[240] den kranken verrichtet / und wieder hinweg waren /kamen die Brachmannen zu uns hinein: derer etliche /von der alten frauen / welcher die Prinzessin den Amraphel anbefohlen / gefüret / auf ihn zugiengen / und ihn für einen tollen menschen haltend / ihn in eine verschlossene kammer bringen / und daselbst der Prinzessin befehl verrichten wolten. Ich wuste nicht /was dieses bedeuten solte / weil ich von dem / was zwischen dem Amraphel und der Prinzessin fůrgegangen / nichtes verstanden hatte. Ich stunde aber in nicht geringer sorge / daß wir etwan verrahten seyn m \gten / und daß sie vieleicht den erkanten Amraphel / als einen feind des reichs / gefangen nemen wolten. Amraphel aber risse sich aus ihren händen los / und neben mir die thůr erreichend / sprungen wir davon. Wir wurden aber von allem volke ümgeben und verfolget: indem sie / uns laufen sehend / uns fůr diebe oder andere übeltäter hielten. Weil sie nun ohne barmherzigkeit auf uns zu schlugen / und wir uns also in lebensgefahr sahen / als ergriffe Amraphel einen spieß / mit welchem er sich so dapfer zur wehr setzete / daß wir / indem ich ihn entsezte / endlich davon und in das gebirge entkamen.

Wir musten daselbsten / in einer höle / für dem nachjagen / uns etliche tage verborgen halten / und wurden wir eifrig gesuchet: weil in dem gedrenge etliche Brachmannen mit ümgeko en waren / das dañ sehr hoch geantet wurde. Des Niso vetter / der nicht wuste / wo wir geblieben / suchete uns ebenfalls allenthalben. Endlich aber wageten wir es bei nacht /und verließen unsere höle / weil der hunger uns daselbst nicht länger herberge gönnete: da wir dann so glücklich [241] wurden / diesen unseren fürer anzutreffen /mit deme wir eiligst nach dem landgut wieder fortreiseten. Wir fanden daselbst den Mildor wieder angelanget: der uns von dem Elamitischen zustand berichtete / und den König / eiligst dahin zu reisen / anmanete. Wie ungern nun der verliebte Amraphel die Indaride verließe / so wolte es dennoch die gesunde vernunft nicht anderst rahten / als daß er diese reise muste angehen: da ihn einig und allein dieses erhielte / daß er hoffen konte / als ein regirender K \nig in Elam seine Prinzessin dermaleins zu erlangen.

Wir kamen also zu Hala glücklich an / da der Nezar seinen König mit großen unbeschreiblichen freuden entfinge: und wurde es damit aller orten ruchtbar / daß der jenige König von Elam im reich angekommen wäre. Mein vetter / welcher / der genommenen abrede gemäs / alle stände auf des K \nigs seite gebracht / fůrete demselben ein großes heer zu: und versamleten sich die stände mehrernteils nach Hala /ihn zu bewillkommen. Die vier regenten in Elimais /höreten diese zeitung nicht so bald / da wurden sie schlüßig / im ganzen reich auszubreiten: der Fürst Nezar brächte ihnen einen falschen König / und wåre dieses nicht der Amraphel / den er dafür ausgåbe; deshalben solten alle des reichs getreue sich zu ihnen schlagen / üm des Nezars verräterei zu steuren. Der verschlagene Alaris ließe sich hierzu meisterlich gebrauchen / und kame es damit so weit / daß die Elamiten in zwei teile sich trennten: da die hälfte dem König anhinge / die andere den vier regenten zu gebot verblieben. Weil nun / Elimais gleich anzugreifen / in bedenken gezogen wurde / und man sich zuvor recht[242] verstärken muste: als ginge der junge K \nig zu feld /und bekame täglich grössern zulauf / also daß wir in kurzer zeit ein mächtiges kriegsheer beisammen hatten. Was aber dem Kajumaras und seinem anhang an inländischer hülfe abginge / das wuchse ihm an auslåndischer wieder zu: dañ der König von Ophir / und der von Elassar / ihnen eine ansehnliche hülfe zuschicketen / dadurch sie måchtig verstärket wurden.

Ungeacht aber dessen / siegete Amraphel aller orten / wohin er sich wendete: und wurden die vier tyrannen endlich gen \tigt / aus dem reiche zu entflihen /und in Ophir schutz fůr ihre eigene personen zu suchen. Elimais \fnete hierauf dem K \nig mit freuden die thore: und wurde hiemit sein regiment beståtiget /auch er folgends von allen seinen unterthanen dermassen geliebet und geehret / daß kein glücklicherer K \nig als er seyn mögen / wann ihn die liebe nicht unglücklich gemacht hätte. Zu Tyro erfuhre man mit der zeit dieses alles / und verhelete die Königin ihrem herrn nicht mehr / was sie bisher wegen des Prinzen Merotas geheim gehalten. Weil sie aber / nicht allein ihren sohn in seiner regirung zu sehen / sondern auch mit der Prinzessin seiner schwester / vermög des Assyrischen gebrauchs / dem reich zum bästen / ihn zu verehlichẽ / suchete: als thäte sie diese weite reise zu uns / wie ganz Elam nun in stolzem frieden stunde; und wurde zu Elimais nichtes gesparet / die K \nigliche frau mutter wol und herrlich zu entfangen.

Wie sie aber ihr fürhaben / warum sie eigentlich angekommen / mit zuziehung der stände / dem König anbrachte: entschuldigte sich der aufs höchste mit der Indaride von Ophir / welche sein herz dermassen besessen [243] hätte / daß unm \glich einige andere liebe in ihm haften könte. Und ob er gleich eine herzliche brüderliche freundschaft zu der Lantine truge / auch sie hingegen diesen ihren bruder innigst liebete: so befunden sit doch beiderseits bei sich keine regung / einander mehrers / als brüder- und schwesterliche freundschaft / zu erweisen. Weil aber der Königin nichts gutes ahnete / von dieser liebe ihres sohnes: als ware sie / mit beistimmung der stände / sehr bemühet / ihn davon abzubringen. Es war aber alles vergebens / und Indaride wolte nimmer aus seinen gedanken kommen. Ja je schwerer ihm alles in dieser liebe fürgestellet wurde / je fäster wurzelte dieselbe / also daß sie nichts als der tod ausreuten k \nnen.

Mitlerweile nun die K \nigin von Tyro / und die Prinzessin von Elam / bei uns sich aufhielten / ordnete der K \nig gesandte nach Ophir ab / den Kajumaras / Berug / Obad / Usal und Alaris / als verråtere des reichs / abzufodern / und dabei alle nachbarliche freundschaft dem Könige Jaziz anzubieten. Der Niso neben dem Mildor / übernamen diese reise: und befahle ihnen der König absonderlich / daß sie üm den zustand der Prinzessin Indaride sich erkündigen solten. Sie musten auch herrliche geschenke / für die Königliche personen / mit sich nemen / und alles mit möglichstem glimpfe fürtragen: damit kein krieg daraus entstehen m \gte.

Wie diese gesandten in Ophir kamen / wurden sie nicht allein schimpflich gehalten / und ihre geschenke nicht angenommen / sondern auch dem Kajumaras und seinem anhang fernere sicherheit versprochẽ. Sie gerieten daneben auch auf der rückreise in große gefahr / [244] indem ihnen von des Kajumaras leuten nachgestellet wurde: die sie auch erleget hätten / wenn sie sich nicht so dapfer durchgeschlagen / und damit entkommen wären. Wie schmerzlich der bericht hiervon /als sie den bei ihrer wiederkunft ablegeten / dem K \nig zu vernemen war / erschiene sattsam daraus /daß er in etlichen tagen / auser mir / niemanden sprechen wolte: uñ kunte er so wenig den entfangenen schimpf von dem K \nig in Ophir vertragen / als unschlüßig er ware / an seiner Indaride vattern sich zu råchen. Wann er aber alles ůberlegte / fande er nicht /wie seine Königliche ehre künte erhalten werden /wenn er dem Jaziz nicht den krieg ankůndigte. Worzu er sich dann üm so viel leichter entschloße: weil er /durch dieses Mittel / seiner Indaride / wiewol als feind / wůrde näher kommen.

Der gesamte raht / neben allen fürsten und großen des reichs / bekräftigten diese des Königs meinung /als er ihnen solche entdeckete. Mitlerweile man aber sich zu diesem krieg rüstete / zoge des K \nigs frau mutter und schwester wieder nach Babel / und barrete man noch den winter hindurch / ehe der krieg angekündigt wurde. Aber in früling ginge solcher an / da der Prinz Baleus mit einer ansehnlichen Assyrischen hülfe zu uns stieße: und bliebe niemand von allen großen in Elam zurücke / als nur der Nezar / den der König / zu vergeltung seiner erwiesenen treu / zum reichsstatthalter machete / und seinem sohne / dem fůrsten Sadrach / die v \lker zu befehlen hinterließe /die zu beschützung des reichs in Elam stehen blieben.

Wann ich alle dapfere thaten meines K \nigs / die er in diesem krieg verrichtet / allhier erzehlen solte /[245] wůrde ich in einem tag nicht färtig werden. Wir namen gleich im anfang dieses krieges einen fåsten ort ein: der uns mächtig dienete / aus demselben ferner mit gutem fortgang diesen krieg zu vollfüren. Es erfuhre aber mein K \nig von den gefangenen aus Ophir / wiedaß der große Jaziz den Prinzen Hiarbas aus Egypten / seiner schwester sohn / erwartete: dem er die Prinzessin Indaride seine tochter geben / und ihm zum nachfolger im reich erneñen wolte. Dieses ware dem verliebten Amraphel so grausam zu vernemen /daß er aller seiner standhaftigkeit vonnöten hatte /sich hierinn zu überwinden. Weil demnach / die liebe und die wütende verzweifelung / seine kriegsräte waren / als wagete er es auf eine feldschlacht: die er dem Kajumaras / welcher die Ophirischen völker fürete / anbote / und ihm selbige mit solcher wut lieferte / daß der sieg endlich unser bliebe / und die feinde in die flucht gejaget wurden.

Hierauf entschloße sich mein K \nig / mit den seinigen die vestung Nissa am flus Cophene zu belagern /in welcher / wie man ihm gesaget / die K \nigin und Prinzessin Indaride sich aufhielten. Der Prinz von Assyrien befande sich mit seinen völkern üm Havila: da der K \nig Jaziz ihrer in stolzer sicherheit erwartete /und sich auf seine große gewalt verlassend / ungeachtet der verlornen schlacht / diesen feind wenig fürchtete. Wir funden aber den ort Nissa sehr fäst / ja fast unüberwindlich: also daß alle unsere verständige alte kriegs-bediente dem K \nig abrieten / die zeit vor dieser vestung zu verlieren. Er aber wurde / gleich als ein eisen / nach seinem magnet gezogen / und wolte lieber alles wagen / als diese gelegenheit aus hånden [246] lassen /so wol einen vorteilhaften frieden / als sie selber / seiner süßen einbildung nach / zu erlangen. Demnach bote er seinem volk zum allgemeinen sturm auf / und selbst mit einem schild auf dem haubt ihnen den weg zeigend / machte er sie alle so munder / daß jeder lieber sterben / als seinem K \nig nicht nachfolgen wolte.

Wir musten einen gähen felsen hinan / auf welchem das schloß gebauet war. Und ungeacht der vielen steine und pfeile / die als ein hagel auf uns herunter fielen / kame der K \nig doch hinauf: da ich unter allen das glůck hatte / ihm gesellschaft zu leisten. Also sahen wir zween uns allein oben auf der mauer mitten unter den feinden; so beschådigt und abgemattet / daß /wann nicht bei dem Amraphel die liebe / und bei mir die treu gegen meinem K \nig / gefochten hätte /würde es unmöglich gewesen seyn / unsere freiheit denen im schloße so teuer zu verkaufen: massen wir mit so vielen todten ümgeben wurden / daß uns eher /so zu reden / die todten / als die lebendigen gefangen namen. Also fielen wir endlich / ganz verblutet / onmächtig über die todten her: da die Königin / die uns neben der Prinzessin / aus ihrem fenster so verwundersam streiten sahe / dem schloß-hauptman Nergal befohle / uns wol in acht zu nemen / und nach unseren wunden sehen zu lassen.

Die unsrige wolten zwar den sturm vollfůren: es war aber unmüglich / und waren schon etliche tausend todt geblieben. Der feldherr Abialton / die unm \glichkeit sehend / ließe endlich vom sturm ab: da er den K \nig missend / nicht anderst vermutete / als daß er unter den todten sich befinden würde. Dieses große[247] unglück hielte er für den soldaten geheim / und sprengete aus / wiedaß der K \nig nur ein wenig verwundet wäre: damit den Elamiten der muht nicht entfallen mögte. Nach etlichen tagen bekame er aus Nissa einen gefangenen: der berichtete / wiedaß zween von den unsrigen / in dem großen sturm / auf die mauren gekommen wären / die so ungläublich-dapfer gefochten / daß daher die Königin ihrer gar wol pflegen ließe / vermutende / daß sie fürneme personen unter den Elamiten seyn müsten. Als nun der Abialton ihm auch unsere kleidung beschreiben lassen / dorfte er nicht mehr zweiflen / daß sein König und ich noch lebeten / und in Nissa gefangen wåren: demnach fassete er neuen muht / und ließ die belägerung eifrig fortsetzen.

Wir wurden entzwischen im schloße wol gehalten: und weil wir in des Nergal hause lagen / als erwiese sich dessen fraue / die Jubalis / so geneigt gegen uns /und sonderlich gegen dem Amraphel / daß bei ihr eine mehr als gemeine wolgewogenheit sich äuserte. Wie nun unsere wunden geheilet waren / erlangten wir durch ihre vorbitte / daß der Nergal uns erlaubete / in Nissa ümher zu gehen / wo wir hinwolten: iedoch allemal von etlichen von der wacht begleitet. Weil Amraphel nicht befahren dorfte / daß er würde erkant werden / indem von seinen feinden / als von des Kajumaras anhange / keiner in Nissa ware: als strebete er nur darnach / seine Prinzessin zu sehen. Er fande zwar oft gelegenheit hierzu: doch fiele ihm darbei unmüglich / mit ihr zu reden / weil sie stäts mit vielen leuten ümgeben war / auch der Nergal / uns soviel freiheit nicht verstattete.

[248] Wir blieben also eine lange zeit in Nissa gefangen: und war Amraphel hierbei nicht unvergnügt / weil er seine Indaride sehen mochte. Wir erfuhren von der Jubalis alles / was fürginge: die dann unter andern uns einsmals berichtete / wiedaß der König Jaziz / neben dem Prinzen Hiarbas aus Egypten / der mitlerweile zu ihm gekommen / im anzug begriffen wåre / Nissa zu entsetzen; und hätte der Prinz von Assyrien / mit seinen v \lkern / ihme den durchzug nicht verwehren köñen / daß also die Ophirische macht durch die Assyrier sich durchgeschlagen. Mein König beklagte hierbei nichtes / als daß er / in dieser noht / den seinigen keinen beistand leisten solte. Wie nun in Nissa iederman auf die ankunft ihres König Jaziz sich freuete / als wurden sonderliche bet-tage angestellet: üm von den göttern zu erbitten / daß der sieg auf ihre seite fallen m \gte. Unser feldherr Abialton / ließe es nun zu einer schlacht kommen / die so nahe unter den mauren von Nissa gehalten wurde / daß die Königin / neben der Prinzessin / alles eigentlich mit ansehen kunte. Auch wir / hatten uns heimlich an einen ort gestellet /da wir den streit mit in augenschein namen. Nach langem gefechte / bliebe der sieg auf unserer seite: weil gleich anfangs der Jaziz mit einem pfeil verwundet worden / und daher unter den seinigen ein großer schrecken entstanden / wovon die v \lker in Nissa / so in wärendem treffen einen ausfall auf die unsrige gethan hatten / zeitung einbrachten.

Dieses setzete den Königlichen hof in große bestürzung und traurigkeit / und ließe sich weder die Königin noch Prinzessin mehr sehen / die nichts als großes klagen füreten. Wir erfuhren solches von der Jubalis:[249] welches den Amraphel ja so betrübt machte / als wann der Ophirische sein verlust gewesen wåre. Abialton sandte / etliche tag hiernach / einen haubtman in Nissa zu der Königin / und ließe sie im namen des Amraphels fragen: ob sie die vestung aufgeben /oder das äuserste erwarten wolte? Dann der Prinz Baleus ware nun meister von Havila / und solte bald zu ihnen stossen / mit gesamter hand diesen ort anzugreifen.

Wie nun die erschrockene Königin nicht wuste /worzu sie sich entschliessen solte / und den abgesandten einpar tage aufhielte: ginge eines abends die Prinzessin Indaride / mit wenigen der ihrigen / auf der stadtmauer spaziren; und weil die traurigkeit ihr alle gesellschaft verleidete / hatte sie ihren leuten geboten / etwas hintan zu bleiben. Der verliebte Amraphel name diese gelegenheit in acht / sein fůrhaben werkstellig zu machen / und mich bei denen / die uns bewacheten / verlassend / die ich inzwischen mit gesprächen aufhielte / folgete er der Prinzessin: Nachdem er sie erreichet / fiele er ihr zu fus / und fassete sie / als sie fůr entsetzen entweichen wolte / unten beim rock /zu ihr sagend: verziehet / schönste Prinzessin! und gebet demjenigen einen augenblick gehör / der eure jetzige traurigkeit stillen kan. Auf diese seine worte /bliebe die Indaride stehen / und sich erinnerend / ein solches gesichte ehmals gesehen zu haben / fragte sie ihn / was sein begehren wäre? Ich wil euch / (antwortete er /) den K \nig von Elam in eure hände liefern /weil der eine ursach so teurer und edler tränen ist / die eure sch \ne augen iezt über dieses Königs glück und sieg vergießen. Ihr wisset noch nicht / sch \nste Prinzessin! [250] das verbrechen dieses Königs. Er hat sich nicht allein unterfahen dörfen / euren herr vattern zu bekriegen / sondern auch / seiner unwürdigkeit vergessend / seine liebes-gedanken bis zu euch / große Indaride! erhoben: Daher ich ihn / üm beider verbrechen willen / eurem strengen urteil unterwerfen wil.

Diese worte / die er mir hernach erzehlet / machten die Prinzessin ganz bestürzet / und wuste sie nicht /was sie hiervon gedenken solte. Indem ergriffe Amraphel ihre hand / und dieselbe sanft drückend / sagte er ferner zu ihr: Hier sehet ihr diesen verwegenen König von Elam / der euch so wehrte tränen auspresset! Ordnet nun künlich über ihn / was ihr meinet / daß er verdienet habe. Indaride in ihrem entsetzen hierdurch gestårket / entzoge ihm eilig ihre hand / und etliche schritte zurůck tretend / sagte sie endlich zu ihm: Wie? habe ich euch nicht ehdessen bei den Brachmannen gesehen? Als er ihr solches bejahet / und dabei nochmals heteuret / daß er der Amraphel wäre: geriete sie wieder in den ehmaligen wahn / er wäre tollsinnig / lächelte demnach und sagte: Wollet ihr euch mutwillig in gefahr stürzen! Machet nicht einen so bösen König aus euch: es dörfte sonst euer leben kosten. Hiemit wolte sie ihn verlassen; er aber solches verwehrend / antwortete: Gläubet mir / große Prinzessin! daß ich Amraphel bin. Eure schönheit brachte mich ehmals zu den Brachmannen / da ich / üm euch zu sehen / mich unter die kranken begabe. Eben diese sch \nheit hat mich auch in diese vestung gebracht /und zwinget mich aniezt / üm eure traurigkeit zu stillen / mich und mein glůck eurer willkür zu untergeben. Und wollet ihr meinen worten nicht [251] gläuben / so vergönnet mir nur / einen kleinen befehl an meinen feldherrn zu schreiben / oder stellet mich vor den Elamitischen abgesandten: ihr sollet erfahren / daß man /auf meinen befehl / diese belägerung gleich aufheben werde.

Diese worte / welche der König ohne anzeig einiger tollheit fůrbrachte / neben seinem guten wesen /machte die Prinzessin stutzen: und fülete sie sich gereget / ihme / ob er gleich ihr todfeind war / nicht abhold zu seyn. Sie wuste aber nicht / was sie ihm sagen solte: und kunte / da sein stand neben seiner entdeckten liebe sie ganz verwirrt machete / zu keinem worte kommen. Indem erl \sete sie aus dieser verwirrung /der Ascadates ihr kammerherr: welchem sie / sobald sie ihn ersehen / entgegen gienge / den Amraphel in der unruhigsten betrübnis zu rück und allein verlassend. Dieser Ascadates aber / brachte ihr sehr traurige zeitung: dann die K \nigin hatte post bekommen /wiedaß der schwerlich-verwundete Jaziz gefangen /und in das Elamitische lager wåre eingebracht worden. Weil nun Indaride ihren herr vattern sehr liebete /als gienge ihr dieses überaus nahe. Indem erinnerte sie sich / daß ihr Amraphel verheisen hatte / durch ein schreiben die belägerung gleich aufzuheben. Demnach entschlosse sie sich / ihn üm die freiheit ihres herr vattern / noch in selbiger nacht / anzusprechen.

Also ließe sie ihn / durch den Nergal / heimlich aufholen / und redete ihn also an: weil ich nicht weiß /was ich von eurer person glåuben sol / so will ich hierdurch erfahren / ob ihr wahr geredet / wann ihr /durch einen befehl von eurer hand geschrieben / den König meinen herr vattern aus dem lager / da ihn die Elamiten [252] gefangen halten / in diese vestung / ehe etliche stunden vergehen / liefern und verschaffen könnet. Der verliebte Amraphel / hierůber erfreuet / forderte alsobald eine lafel neben einem schreibgriffel: womit er an den Abialton befehl erteilete / den König von Ophir / mit ansehnlicher begleitung / bei anbrechendem tag / in Nissa zu schicken / und sich aller ferneren feindseligkeit zu enthalten. Als er dieses geschrieben / bate er die Prinzessin / daß sie mich dem jenigen / der dieses dem Abialton ůberbringen solte / zum gefårten mitgeben wolte / damit die seinigen dieser schrift / durch meine bekräftigung / desto mehr gläuben mögten: mit der versicherung / daß ich mich unfehlbar samt dem abgeschickten wieder einstellen solte. Indaride ließe ihr alles dieses gefallen / und /nachdem sie den Amraphel wieder von sich gelassen /sandte sie den Ascadates neben mir in unser lager /der dem feldherrn des Königs befehl überlieferte: welcher / von mir hierbei alle ümstände vernemend /nicht ermangelte / den König von Ophir in einer sänfte / mit dem morgen / nach Nissa zu schicken.

Die Königin wuste nicht / wie ihr geschahe / als sie so unverhoft ihren gemal wieder erlangte. Die Prinzessin aber / wurde hierob so erfreut / als bestürzet /und konte nun des Amraphel worte nicht mehr in zweifel ziehen. Mitlerweile jederman sich über die nie-erh \rte höflichkeit des feindes verwunderte / fuhre Indaride fort / sich des Amraphel zu bedienen. Als sie alles / was sie ihr fürgenommen / in ordnung gerichtet / ließe sie bei nacht / durch den Nergal / meinen König und mich vor sich fordern: da wir sie / neben einer dirne / in einem gewölbe fanden. Nachdem sie[253] sich dem Amraphel genåhert / neigete sie sich gar tief gegen ihm / und sagte: der große Amraphel hat mich /durch die befreiung meines herr vattern / ihm so hoch verbunden / daß / wann ich etwas mehrers / als seine eigene freiheit / ihm dafür wieder zugeben wüste / ich mich dazu bereitwillig erweisen wolte. Nun aber wolle der K \nig von Elam dieselbige von mir annemen / und sich versichert halten / daß / weil ich lebe /ich mich des grosmütigen Amraphels erinnern werde: sonderlich / wann ich hoffen dörfte / daß meine bitte so viel bei ihm verfangen wolte / dem armen Ophir den frieden wieder zugeben.

Diese worte brachte sie so holdselig für / daß /wann schon Amraphel weniger verliebt gewesen wäre / er ihr doch nichtes würde haben versagen können. Er gabe ihr zur antwort: Er achte sich geboren und für sein einiges glück / ihrem befehl zu gehorsamen; und solte sie morgen / mit dem tag / den frieden in ihrem reiche haben. Was aber seine freiheit anbelange / so begehre er solche nicht / weil die entbärung ihrer gegenwart ihm unleidlicher wäre / als die schwersten bande: und es wůrde ihm lieber seyn / daß er / wann er sie liebend eine mishandlung begehe / solche mit einem tod bezahle / zu welchem sie ihn verurteilen wolle. Eine angeneme röte stiege hierauf der Prinzessin ins gesichte / und die augen niederschlagend /sagte sie: Ich bin dem König von Elam so viel schüldig / daß ich gern überhoben seyn m \gte / in der zeit mich über ihn zu beschweren / da ich ihm zu danken so hohe ursach habe. Ich will aber hoffen / der K \nig Amraphel werde die freiheit von mir annemen / die ich ihm [254] geben kan / und nichtes von mir begehren /darüber der K \nig mein herr vatter allein zu ordnen hat.

Ach sch \nste Prinzessin! (erkünere hierauf Amraphel zu antworten /) lasset mich nicht so elend und unwissend von hinnen ziehen / ob ich euch lieben /und von eurem herrn vatter euch begehren dörfte? Ein K \nig auf dem thron / (sagte Indaride) darf thun / was er will / und redet alles mit bässerem nachdruck / als wann er sich ohne purpur sihet. Hiermit gienge sie /unerwarteter antwort / von uns / und befahle folgends dem Nergal / uns durch einen verborgenẽ gang unter der erden wegzubringen. Also sahen wir uns / bei anbrechendem tag / im felde / nicht weit von unserem lager: in welches wir / zu unserer volker h \chster verwunderung / eintraten / und unbeschreibliche freude bei ihnen erweckten. Hierauf wurde gleich dem Abialton befehl erteilet / die belagerung aufzuheben: massen wir / noch den tag / von Nissa hinweg rücketen. Es wurde auch nach Havila an den Prinzen Baleus / wie auch an alle andere haubtleute / so eingenommene plåtze besetzet hielten / ein reitbote mit briefen und befehl abgeordnet / die \rter dem König von Ophir wieder einzuräumen / und den frieden auszuruffen.

Also zogen wir eilig aus Ophir hinweg / und als wir an die gränze des Bactrianischen reiches gekommen / welches in schweren krieg mit den Assyriern gerahten war / blieben wir allda stehen / bis der Baleus mit seinen v \lkern zu uns stieße: der dann dem K \nig Amraphel / die häubter des Obad / Usal und Alaris mitbrachte. Der König von Ophir gabe uns auch alle gefangene ledig / zur erkentnis / daß unser[255] K \nig so großmütig frieden gemachet hatte. Kajumaras und Berug / waren in belagerung der stadt Havila erschossen worden / und also einem schändlichen tod entgangen. Die Assyrische völker begaben sich unter anfürung des Zalmons / in das Bactrianische reich. Mein König aber / und der Prinz von Assyrien / als sie mit versicherung ewiger freundschaft von einander geschieden / gingen / dieser wieder nach Babel / jener aber mit uns nach Elimais: da der sieghafte Amraphel von allen den seinigen mit herzlichen freuden entfangen wurde / und gönnete er mir die ehre / die zeitung von der glücklichen endschaft dieses krieges / der K \nigin seiner frau mutter nach Tyro zu überbringen.

Nachdem ich diese reise glücklich abgeleget / fande ich meinen K \nig zu Elimais wieder in höchster traurigkeit / weil das andenken seiner Prinzessin / und die entfernung von derselben / alle freude aus seinem herzen verbannete. Demnach ward er endlich / mit gutbefinden seiner stände / entschlossen / eine gesandschaft nach Ophir abzuordnen / und bei dem großen Jaziz üm diese Prinzessin anhalten zu lassen: und ward ich abermals / diese große anwerbung abzulegen / von meinem K \nig erkieset. Nebenst dieser öffentlichen verrichtung / bekame ich etliche geheime befehl / und ward mit vielem gewerbe beladen / so allein die Prinzessin betraffen / und die ich auf ein gutes glück setzen muste / ob ich sie anbringen könte.

Ich fande den Königlichen hof in der stadt Ophir /die an dem großen fluß Pison gelegen ist / allwo zu sommerszeit der K \nig gemenilich zu seyn pflegte. Ich wurde als ein Elamitischer gesandter / gar höflich entfangen / [256] und wenig tage nach meiner ankunft zur Königlichen verh \r vorgelassen. Mein erstes anbringen / so in beståtigung des friedens bestunde / wurde ganz wol aufgenommen / und ihres ortes der friede mit allem willen bekräftiget: massen sie einen so gefårlichen feind / als sie den Amraphel befunden / nicht mehr in Ophir verlangten. Wie ich aber fortfuhre /meines K \nigs fürhaben zu eröfnen / daß er nämlich mit dem König von Ophir in nähere freundschaft sich einzulassen entschlossen wäre / und der Prinzessin Indaride erwehnte: / spürete ich / daß der König Jaziz darüber ganz bestürzete / und / weil er dergleichen anwerbung nicht vermutet / nicht wuste / was er antworten solte. Also wurde ich / in dieser ersten verhör /nur mit h \flichen worten beantwortet. Inzwischen nun der König sich beriete / mit was bescheid er mich abfärtigen solte / legete ich auch meine begrüßung bei der K \nigin und Prinzessin ab: die mir beiderseits eine sonderbare hochachtung für meinen herrn bezeugeten.

Weil ich nun also die freiheit hatte / bei hof mich sehen zu lassen / wann ich wolte / als versäumte ich keine gelegenheit / meines K \nigs båstes in acht zu nemen / deren eine ich dann eines tags gar glücklich ergriffe. Dann als die Königin / der ich in ihrem gemach aufwartete / mit einem gesandten von Elassar zu reden hatte / und der Prinzessin inzwischen befohle /mir gesellschaft zu leisten: erkünete ich / nach anderen gesprächen / sie der ehmaligen geschichten meines Königs zu erinnern. Ich sagte unter andern / wiedaß der König Amraphel / iezt in seinem purpur / ihm die huldreiche worte wiederholete / die sie beim lezten[257] abschiede zu ihm geredet: wie daß nåmlich / ein K \nig auf dem thron / mit großem nachdruck reden k \nte. Daher er sich nun erkünet / von dem König ihrem herr vattern die glückseligkeit zu begehren / so sie ihme damals / ohne bewilligung Sr. Maj. nicht versprechen wollen. Indaride ward über dieser meiner freien erklårung ganz errötet / und weil sie bereits mein dem König gethanes anbringen vernommen /und dessen unschlüsigkeit wuste / als ware sie ganz betreten / was sie antworten solte. Endlich erholete sie sich wieder / und sagte: Die gesandten pflegen ihr anbringen heimlich zu halten / und sind sie strafbar /wann sie davon viel reden. Deßwegen wil ich euch /Hadoran / nicht anlaß geben / ferner wider euer ietziges amt zu thun / und lieber eure gesellschaft meiden /als dieses von euch vernemen / was euch nicht zu sagen gebüret.

Hiermit sich gegen mir verneigend / ginge sie aus der Königin gemach / mich meines herrn halber ganz unruhig verlassend: daher ich fast nicht gewar wurde /daß auch der gesandte von Elassar hinweg ginge / und mich bei der K \nigin allein verließe. Diese kame hierauf gleich zu mir / und sich in allerhand gespräche mit mir einlassend / wurde sie endlich so verträulich / daß sie mir alles entdeckete: wie nämlich der König Jaziz meine anwerbung zwar sehr wol aufgenommen / sich aber schwerlich hierauf zu meines herrn vergnügung erklären wůrde / weil er dem Hiarbas Prinzen aus Egypten die Prinzessin zugedacht / und ihn nach sich zum König in Ophir erneñen wolte. Wie ich nun die K \ngin so offenherzig fande / sagte ich hierwider; Es sei ja landkündig / daß der Prinz Hiarbas die Mirina Prinzessin von Basan liebete / und [258] daher zu vermuten / die Prinzessin von Ophir würde lieber meinen König wehlen / der sie mit der häftigsten liebe anbetete / als einen Prinzen / der sein herz bereits einer andern gegeben håtte. Hierauf ließe sich die Königin deutlich vernemen: wiedaß sie / wie auch die Indaride ihrs tochter / der wahl des Königs zwar entgegen wären /aber dabei nichtes thun als gehorsamen k \nten / und müste sie sich ihres orts beklagen / daß der himmel ihr versagte / den großen König von Elam zu einem sohn zu überkommen.

Diese der Königin gegen meinen herrn bezeugende gunst / fande bei mir wenig glauben. Und meines verliebten K \nigs verzweifelung mir fürstellend / wann ich ihme bei meiner wiederkunft alle hofnung / die Indaride zu überkommen / benemen würde / finge ich an / etwas ungedültiger zu reden / wiewol ich es nicht in befehl hatte / und mit einem neuen kriege zu drohen. Eben dieses thäte ich nachgehends bei dem König /als er mir diese seine erklärung er \ffnete / daß die Indaride bereits versprochen wäre / auch nach ihm die Ophirische kron erben / und solche dem Prinzen Hiarbas aufsetzen solte. Es wurde aber mein drohen / weil es nur worte und keine vollkommene ankündigung des kriegs war / wenig beherziget. Ich muste also mit diesem bescheid / dabei ich zwar tausend h \flichkeiten entfinge / wieder abziehen / und vermochte keine gelegenheit mehr zu erlangen / die Prinzessin nochmals anzusprechen. Den Prinzen Hiarbas hatte ich bei meiner anwesenheit in Ophir nicht gesehen / weil der bei der Königin Salamis im lande Nod sich aufhielte. Ich ließe mir aber das noch zu einem kleinen troste dienen / daß ich dieses Prinzen [259] fästen schluß erfuhre /die Prinzessin Indaride nicht zu ehlichen / sondern der Mirina beståndig zu bleiben.

Als mein König mit schmerzlichem verlangen meine wiederkunft erwartet / verriete ihm alsobald /mein betrübtes aussehen / meine unglückliche verrichtung: da es dann sowol ihme / zu fragen / als mir /etwas zu sagen / an muht gebrache. Soll ich sterben /Hadoran? fragte er endlich. Nein / gnädigster K \nig! (antwortete ich /) der himmel gönne E. Maj. langes leben / üm mit gewalt die jenige aus Ophir zu holen /die man gutwillig zu ihrem glück nicht will abfolgen lassen. Hiermit hatte ich gnug gesaget / und ware der verliebte Amraphel hiernächst nicht zu trösten / was ich auch für gründe herfürsuchete / sein niedergeschlagenes gemüt aufzurichten. Er kunte nirgendher einen schluß fassen / und dorfte ihm auch niemand sagen / daß er der Indaride vergessen mögte. In solcher trůbseligen unentschlossenheit schwebte er eine lange zeit / und name inzwischen ab / wie der tag. Endlich fiele ihm in die gedanken / unbekant nach Ophir zu reisen / und / wo müglich / sich bei der Indaride so beliebt zu machen / daß er sie entfüren d \rfte. Ihrer wenige im reich / erfuhren dieses sein fürnemen. Dem Prinzen Nezar / seinem Statthalter /vertraute er sich hierinn vor andern: dem er auch / in seiner abwesenheit / die v \llige regirung anbefohle. Also reisete er nach Ophir ab / wol versichert / unbekant zu bleiben / weil ihn / auser der Prinzessin / niemand daselbst erkennet: massen auch diese / wie ich gewiße nachricht erhalten / niemanden geoffenbaret hatte / daß er in Nissa sich befunden. Mein verhängnis wolte / daß ich auf dieser reise den König nicht begleiten [260] dorfte / weil ich in Ophir gar zu bekant worden / und meine gegenwart alles würde verraten haben: und muste ich dem feldherrn Abialton diese ehre gönnen / die er aber leider! endlich mit dem leben bezahlet.

Wie sie in Ophir ankamen / befande sich der König zu Nissa / das frauenzimmer aber auf einer wallfart bei den Brachmannen: und wurde damals der hof durch die anwesenheit des Hiarbas gezieret. Mein König / unter dem namen Sadrach fürst aus Elam /machte sich gleich am hofe bekant: und weil denselbigen viele junge ritter von allen orten her besucheten /und sich daselbst aufhielten / als kunte ihrer beider ankunft niemanden verdächtig fürkommen. Es stunde auch Amraphel dem K \nig und dem Prinzen von Egypten so wol an / das sie beide seine person hochachteten: sonderlich Hiarbas / üm den er täglich seyn muste. Es kame aber / kurz nach ihrer ankunft / die Prinzessin Mirina / aus Teutschland über Bactra zurücke / mit sich fürend ein mächttiges kriegsheer dapferer weiber: welche den durchzug durch Ophir begehrete / üm den K \nig von Elassar zu bekriegen /und an dessen sohne sich zu rächen / der ihr ihren geliebten Prinzen Ingerman / des Königs Bojus sohn /ümgebracht hatte. So unangenem nun dem König von Ophir ihre ankunft war / so sehr erneuete sich des Hiarbas liebe gegen der Mirina: bei deren er / ob gleich von ihr nicht wieder geliebet / jedoch in hoher achtung ware. Wie er dann / ihr in diesem feldzuge zu dienen / sich gleich anbote: zumal auch der König von Ophir nicht ümhin konte / ihr beistand zu leisten / und ein ansehnliches volk ihr mitzugeben / wider den K \nig von Elassar / der eben [261] mit Ophir in misvernemen stunde / also daß man dorther einen krieg zu vermuten hatte.

Ob nun wol der Jaziz lieber gesehen hätte / daß Hiarbas wäre bei ihm geblieben / so muste er ihm doch hierinn seinen willen gönnen: doch wurden ihm die Ophirische völker nicht untergeben / damit er / bei langwürigkeit dises kriegs / nicht gehalten wåre /demselben stäts beizuwonen / sondern auf erfordern wieder abkommen könte. Und weil die dapfere Mirina ein eigenes heer teutscher kriegs-knechte bei sich hatte / die ein teutscher Fürst / der wegen seiner schönheit der sch \ne Assur genant wurde / gefüret /als ůberkame derselbe auch den befehl über die Ophirische hülfvölker. Mein König / der Hiarbas und Abialton / begaben sich mit in diesen kriegszug / als freie rittere: und verhoffete Amraphel sich durch seine thaten so beliebt zu machen / daß es ihm künftig in seiner liebe zu nutzen gereichen solte.

Es hatte mein k \nig seine Indaride noch nicht gesehen: weil sie aber für dem ort fürüber musten / da sie mit der Königin ihre andacht hielte / als gabe es die gelegenheit / daß / wie die Mirina der K \nigin / als ihrer frau mutter schwester / zusprache / der Sadrach und Abialton auch mit in diese heilige Einsidelei kamen. Dieses war eben der ort / da der verliebte König mit seiner Prinzessin zum erstenmal / als ein kranker bettler / geredet: und nun erschiene er wieder daselbst unter der decke eines entlehnten stands und namens. Indaride / ihn ersehend / gabe durch veränderung der farbe nicht unklar zu vernemen / daß sie ihn erkennete. Indem nun er solches warname / kunte er sich nicht zwingen / wie sehr ihn auch der Abialton[262] bate / von ihr zu bleiben. Also nahete er sich zu ihr /mitlerweil die andern ihnen anderweit zu thun macheten / und redete sie also an: hier sihet die große Prinzessin von Ophir / wie kräftig ehmals die arznei gewesen / die mir / von den sch \nsten händen der welt /an diesem ort mitgeteilet worden. Ich sehe ja noch /was ich damals besorget / (antwortete sie / mit leiser stimme) daß die wahre vernunft hier nicht regiret /sondern zugeben muß / daß von den sinnen gefårliche dinge fůrgenommen werden. Wo kan wahre vernunft die v \llige herrschaft behalten / (sagte er hierwieder /) wann man die Indaride gesehen? Ich werde hierzu (gabe sie zur antwort /) unschuldig ursache geben /und wolte wünschen / daß in meinem vermögen stünde / bei einem so großen helden die gesunde vernunft wieder einheimisch zu machen.

Hiemit wurde sie von der Königin beruffen / daß also ihr gespråche sich endete. Weil Mirina eilete / als kunte mein König keine gelegenheit mehr erlangen /die Prinzessin zu sprechen. Er bliebe aber mit diesem vergnüget / daß er wuste / daß ihn seine Prinzessin erkennet / und er aus ihrem wesen verspüret hatte / daß er ihr nicht zuwider wäre. Welcher gestalt hierauf dieser krieg im Königreich Elassar abgelaufen / ist dißorts unn \tig zu erzehlen / und wird genug seyn /wann ich allein sage / daß mein dapferer König /neben dem Hiarbas und Abialton / der heldin Mirina das ganze reich Elassar erobern halfen. Der Amraphel und Hiarbas stifteten inzwischen miteinander eine so vertråuliche freundschaft / daß jener endlich diesem /seinen stand / neben der ursach / die ihn unter Sadrachs namen in Ophir gefüret / entdeckte: da [263] dann der grosmütige Hiarbas meinem König allen beistand in seiner liebe versprochen. Wie sie nun also siegreich wieder nach Nissa gekommen / wurde der Sadrach von dem K \nig mit so ungemeinen liebkosungen entfangen / daß er damit ganz vergnügt hätte seyn k \nnen / wann es ihm als dem Amraphel widerfahren wäre.

Mit gleichmäsigen bezeugungen ehrten ihn auch die Königin und Prinzessin: welche letzere die beständigkeit seiner liebe erkennend / ihn anderst als bisher anzusehen begunte / und gegen ihme das bei ihr entfunde / wovon sie sich selbst nicht überreden wolte /daß es gegenliebe wäre. Weil auch Hiarbas / sein dem Amraphel gethanes versprechen / je eher je lieber erfüllen wolte / als redete er meines K \nigs wort also gegen der Prinzessin / (mit welcher er / verträulich wie ein bruder lebete / weil Mirina ihm verwehrete /sie als seine liebste anzusehen /) daß sie sich endlich bewegen ließe / nit allein dem verliebten Amraphel zu vergönnnen / daß er sie liebete / sondern auch ihn hoffen zu heisẽ / daß sie ihn wieder lieben würde / wann ihre eltern damit überein sti en wolten. Wer war /nach dieser erklärung / vergnügter / als mein K \nig? zumal als er / von dem Hiarbas nachgehends zu der Prinzessin gefůret / solches aus ihrem holdseligen munde selber vername. Er fiele ihr ohn unterlaß zu fuße / ihr für solche gnade zu danken / und war schon mehr als wol zu frieden / ob er gleich sein fürhaben noch lang nicht erreichet hatte / sie zu ihrer flucht zu bereden.

Wiewol sie nach dieser zeit sehr vertråulich miteinander ümgingen / so wolte doch mein König nie erkünen / der Prinzessin zu offenbaren / daß er sie entfüren [264] wolte: ungeacht er / sie zu erlangen / kein mittel auser diesem ersahe.

Eines tags / als er bei ihr war / und ein täfelein auf ihrem tische ligen sahe / schriebe er / zugleich seine vergnügung und hofnung ihr fürzumahlen / in dasselbe diese reimsätze / die er mir nachmals widerholet:


Süßes wort aus ihrem mund!

Sie heist lieben mich und leben.

Ich bin mehr als halb gesund /

veil mein arzt mich weiß verwundt:

rettung denkt er mir zu geben.


Lieben sol ich nicht allein:

ich darf auch geliebt mich nennen /

und ihr herze das ist mein.

Ihrer sch \nheit wunder-schein

ist zugleich mein brunn und brennen.


Doch ich bleib' indessen wund.

Sie wird mir sich heilsam weisen /

und mich machen ganz gesund:

wann mich heist ihr süßer mund

nit ihr nach dem porte reisen.


Sie wolte aber nicht / wie er verlanget / seine meinung hieraus erlernen / sondern bate ihn / daß er seine vergnügung der himmlischen schickung überlassen / und die gedult mit der hofnung tr \sten wolte.

Der König Jaziz triebe von tag zu tag den Hiarbas an / die Indaride zu ehlichen / und hatte diese heurat so fäst gestellet / daß es eine lautere unmöglichkeit war / ihn davon abzubringen. Demnach unbetrachtet aller ausflüchte / die der Hiarbas machete / setzete er einen tag des beilagers an: daß dann den dreien verliebten große unruhe verursachete. Dann Hiarbas liebte die neue K \nigin von Elassar so håftig / [265] daß er sie üm keine andere schönheit vertauschen kunte. Amraphel und Indaride / hatten auch sich so fäst miteinander verbunden / daß ohne todes-schmerzen dieses band nicht aufzulösen ware. In solchem anligen nun entschlossen sie sich / der Königin Rehuma ihre noht zu klagen / von welcher sie wusten / daß sie ihre tochter dem Prinzen aus Egypten nicht gern überließe: wiewol sie vordessen anderst gesinnt gewesen / und kunte niemand die ursachen dieser sinn-änrung aus denken. Sie brachten also bei dieser K \nigin endlich zu wegen / daß die dem Amraphel / der ihr nun heimlich bekant worden / erlaubete / ihre tochter nach Clam zu entfüren. Die strenge tugend der Prinzessin /unterwarfe sich hierauf dem wolgefallen ihrer frau mutter: und weil / ihre liebe zu meinem K \nig / diesen anschlag gut befande / als bemühete sie sich nicht / den ursachen nachzuforschen / die hierzu die Königin bewegen mochten. Wie nun dieses große fürnemen beschlossen war / eräugete sich / wegen glůcklicher ausfürung dessen / die gr \ste schwürigkeit: und funden sie es nicht so leicht / als sie sich ehmals eingebildet / eine Prinzessin aus Ophir zu entfüren.

Wie sie nun / dieserwegen sich zu bereden / öfters heimlich zusammen kamen / und eines tags sich in einem garten befanden: wolte ihr unglück / daß in der låube / in welche sie gingen / einer von des Jaziz kämmerern / üm etwas auszuruhen / unter eine bank sich gelegt hatte / und von ihnen nicht ersehen wurde: der dann / durch ihr gespräch erwecket / alles mit anhörete. Es ward abgeredet / daß der Sadrach ein schiff bestellen / und es in etlichen tagen bereit halten solte /die Prinzessin auf dem fluß Cophene [266] davon zu füren: weswegen er bereits nach Elam für aus entboten hatte / daß man ihme volk entgegen senden solte / damit sie sicher durch das Bactrianische gebiete kommen k \nten. Der Prinz Hiarbas solte / als wann er von nichtes wüste / zu Nissa verbleiben / durch sein ansehen und gute aufsicht zu verwehren / daß der Prinzessin nicht auf dem rechten weg / den sie genommen /nachgesetzet würde. Weil nun dieser kämmerer / so sich Helez nante / ehmals bei dem Kajumaras gedienet / und darüm allen Elamiten feind ware / als versäumte er diese gelegenheit nicht / seinen haß auszulassen. Wie er nun dem König diesen anschlag entdecket / wåre der für eiver und entsetzen fast gestorben. Die rache und begierde dieses fürnemen zu verhintern / ware sein einiger trost: worzu er also fort diesen Helez verordnete.

Dieser verräter / als sehr verschlagen / legte auf alles fernere kundschaft / und überfiele diese unglückliche verliebten / als sie / nach genommenen abschied von der K \nigin Rehuma und dem Hiarbas / bei nacht sich zu schiff begeben wolten. Der mutige Amraphel /an nichtes weniger als an sein unglück gedenkend /sahe sich von der menge übermannet / wurde von seiner halbtodten Indaride abgerissen / und in des Nergals seines ehmaligen wirts hände geliefert / der / auf des Königs befehl / ihn in ein schweres gefängnis warfe. Die Indaride brachte man in ihr gewönliches zimmer: welches aber / so wol als des Hiarbas gemach / mit einer wacht besetzet wurde / daß sie nicht heraus kommen konten. Hiarbas / der / aus dieser seiner verhaftung / den unglücklichen fortgang ihres anschlags vermuten kunte / ware in h \chster unruhe begriffen / [267] als er den Jaziz zu ihm eintreten sahe. Dieser erzürnte König / wiewol er sonst diesen Prinzen als seinen sohn geliebet und angesehen / ließe nun einen großen unwillen gegen ihm spüren / und verhube ihm die verachtung seines reichs / seiner tochter / und seiner vätterlichen liebe / mit so scharfen worten / daß Hiartus sich nicht anderst als mit stillschweigen zu verantworten wuste: wie er dann keine gründe fůrbringen kunte / die einiger massen ihn entschüldigen / und dem K \nig ein genügen thun mochten. Dieser befahle ihm endlich / daß er auf morgen sich gefast halten solte / die Indaride zu ehlichen: weil er damit ihn straffen wolte / womit er sonst ihm seine h \chste freundschaft zu bezeugen vermeinet.

Hiarbas wolte nun etwas darwider sagen: aber der verbitterte Jaziz wolte ihn nicht anh \ren / verließe ihn in solcher verwirrung / und ginge von ihm zu der Indaride: die er auf dem bette fande / da sie sich erbärmlich gebärdete / und das unglůck ihres Amraphel beweinete. So bald sie ihren erzürnten vatter erblickete /wolte sie / in erinnerung / wie sie ihn beleidiget / sich verbergen. Er aber zoge ihr die decke vom gesichte /und sie ergrimmet anschauend / hielte er ihr / mit den entfindlichsten worten / ihr verbrechen fůr / und bezüchtigte diese keusche seele mit so greuligen lastern / daß sie anhube ihr selber feind zu werden / und nichtes zu ihrer entschüldigung fürbringend / sich allein mit ihren tränen vertheidigte. Diese aber begunten noch häufiger aus ihren sch \nen augen zu dringen /als der Jaziz ihr / eben wie zuvor dem Hiarbas / andeutete / daß sie / auf folgenden tag / an diesen Prinzen solte getrauet werden. Hiemit sie verlassend /[268] ginge er hin / allen grimm und zorn auf den unglücklichen Sadrach zu werfen: da dann der Nergal befehl bekame / ihn im gefångnis heimlich enthaubten und sein haubt dem K \nig einliefern zu lassen.

Dieser / name den befehl mit großen mitleiden an /weil er meinen König sehe liebete: dem er doch endlich seinen tod ankůndigte. Amraphel entsetzte sich hierob im geringsten nicht / auser daß er ihm betrübt fürbildete / wie schmerzlich es seine Indaride entfinden würde. Er bate den Nergal / ob es nicht m \glich wäre / daß er zuvor seine Prinzessin noch einmal heimlich zu sprechen bekommen m \chte? Dieses sein verlangen / so schwer es schiene / name doch der mitleidige Nergal über sich / ins werk zu fördern. Weil er schloßhaubtman war / und alle verborgene gänge zu allen gemächern wuste / als fürete er meinen König /so bald es abend worden / unvermerkt in der Indaride kammer. Diese Prinzessin / weil sie von seiner ankunft nichtes fürher vernommen hatte / wurde / ihn ersehend / mit freudigem entsetzen befallen: welches sich aber bald in eine tödliche traurigkeit verkehrte /als sie von ihm vername / daß er kommen wäre / ihr die lezte gute nacht zu sagen. Ach Sadrach! (schrye sie / ihn also vor dem Nergal nennend /) wollet ihr mich dann allein zurücke lassen / und ohne mich sterben / der ihr mich tausendmal versichert / daß ohne mich ihr nicht leben k \ntet? Sol der tod dieses band zureissen / welches eine so keusche liebe so fäst verknüpfet hat? Nein! ach nein! ich wil von euch keinen abschied nemen: ich wil mit euch sterben. Süße wird mir der tod seyn / der mich die eurige ungeschieden bleiben lässet. Diese worte rüreten des standhaften[269] K \nigs herze dermassen / daß er / mit augen voll tränen / ihre hand zum \ftern küssete / und zu ihr sagte: Schönste Indaride! sparet euer leben für diß große reich / und des Hiarbas glückseligkeit. Viel eher wird mein tod / (antwortete die Prinzessin) den Hiarbas glücklich machen! Und da der himmel mir die kron von Elam nicht gönnet / sol die von Ophir auch keinen glanz für mich haben. Sol dann (wiederholete mein K \nig /) eure schönheit der welt entzogen werden? Dieses wenige / so ich davon besitze / (antwortete sie) hat der welt so großen schaden gethan / da es muß des edelsten Königs tod verursachen / daß ich nicht mehr würdig bin zu leben.

Als nun der verliebte Amraphel nicht über ihr gemůt erhalten konte / daß sie ihm zusagen wollen /nach seinem tod ferner zu leben / fiele er ihr endlich zu fuß / sie abzugesegnen. Gleichwie aber er ihr die lezte gute nacht zu sagen nicht vermochte / also erstummete sie ebenfalls / wie sie merkete / daß es zum abscheiden gehen solte. Sie vergaße aber / in solcher angst / der sonst-gewohnten erbarkeit / und fiele ihm üm den hals / ihn so fäst in ihre arme schließend / daß der Nergal und ihre jungfrau Melinde / so allein bei diesen traurigen abschied gegenwärtig war / sie mit gewalt von ihm los reißen musten. Sie fiele damit onmächtig nieder / und Amraphel / auch mehr todt als lebendig / wurde wieder in sein gefängnis gebracht: da er die lezte stunde seines lebens augenblicklich erwartete. Und hiernach ein verlangen bezeugend / weil er sich sonder hofnung sahe / davon zu kommen / wañ er gleich seinen stand geoffenbaret hätte / bewarb er sich ganz nicht / auch seinen freund den Prinzen Hiarbas [270] heimlich noch einmal zu sprechen. Er dachte ferner an nichtes / als an seine Prinzessin / und lebete fast nicht mehr / als in ihr: dieses für eine grosse vergnügung schåtzend / daß er sie so beständig in der liebe gegen ihm befunden hatte.

Nun ware des Nergals frauen / der Jubalis / ihre ehmalige liebe zu meinem König noch nicht vergangen /und kunte sie dessen hinrichtung nicht vetragen. Demnach / auf seine errettung gedenkend / gabe sie acht /wann der Nergal befehlen würde / den Sadrach zu enthaubten. Als nun solches erfolget / gewonne sie den diener / der es verrichten solte / mit verehrung vielen geldes / und beredte ihn dahin / daß er / an stat Sadrachs / einen andern / den sie ihm nennte / enthaubten / seinem körper des Sadrachs kleider anlegen /und das haubt mit blut also verstalten solte / daß es unkentlich würde. Dieser nun / so also für meinen K \nig sterben muste / war der gute Abialton: welcher / als er mit seinem König abfahren wollen / durch den Helez auch mit ware eingezogen worden / und nicht allein mit den haaren / sondern auch in der bildung /dem K \nig Amraphel / als ein vetter vom K \niglichen hause / sich etwas vergliche. Dieses hatte die Jubalis in acht genommen / und darüm / durch solche gleichheit / ihrem geliebten Sadrach das leben zu fristen / sich unterstanden. Dieser anschlag gienge nun glücklich / nach ihrem willen / von statten. Und nachdem er das haubt dem Nergal gebracht / der es mit tränen anname / eilete der erkaufte diener der Jubalis /zu meinem K \nig in das gefängnis: dem er seine kleider auszoge / und damit des Abialtons körper bekleidete. Nachdem er den ganz-bestürzten [271] Amraphel andere kleider gebracht / fürete er ihn heimlich in das hinterhaus: da die Jubalis aufs bäste geschmücket /seiner wartete / und ihn mit vielem liebkosen entfinge.

Mein König / der seinen tod vermutete / wuste nicht / wie ihm geschahe / als er sich in eine kammer versperren sahe / da alles herrlich und k \stlich ausgezieret ware. Sobald aber der morgen angebrochen /gienge Nergal mit dem haubte zum K \nig: der es in einen gůldenen deckelkorb legen / und den Hiarbas zu sich holen ließe. Dieser Prinz / so hiervon nichts wuste / war bekümmert / wie er seinem freunde dienen möchte. Als er aber / für den König kommend /von dergleichen zu reden beginnen wolte / gabe ihm der den verschlossenen korb / mit befehl / denselbigen seiner tochter zum geschenke hinzubringen. Hiarbas /dieses für ein zeichen sonderbarer güte achtend / eilete mit dieser grausamen gabe nach der Indaride gemach: die er in der tiefsten traurigkeit fande / indem sie alle angenblicke die zeitung von dem tod ihres Amraphels vermutete. Sie erblassete gleich / als sie den Hiarbas ersahe / uñ mit zittern den korb annemend / hatte sie ihn kaum eröfnet / da schrye sie überlaut / und eiligst ein messer ergreifend / welches sie zu diesem fürhaben zu sich gestecket / stieße sie ihr solches in die brust: worauf alsofort / das geschrei von ihrer entleibung / in ganz Nissa erscholle.

Der edle Hiarbas wurde für schrecken und unmut halb rasend / als er so unverhofft solche greuliche mordtaten zusehen bekame. Er liefe auch gleich zu dem Jaziz hinein / den er / dieser verübten tyranne halber / gri ig und ohne einige ehrerbietung ausscholte: [272] ihme andeutend / wiedaß er nicht allein / an stat des vermeinten Sadrachs / den måchtigen König Amraphel aus Elam hinrichten lassen / sondern auch damit ursach zum tode seiner tochter gegeben. Nachdem er also alles gegen diesem wüterich ausgeschüttet / was ihme die ungedult in den mund gegeben / eilete er aus Nissa hinweg / seinen weg nach Susan zu der K \nigin Mirina nemend. Wie nun das geschrei von der Prinzessin tode durch alle winkel liefe / kunte die Jubalis nicht verwehren / daß es nicht auch dein Amraphel fůr ohren kame: der dann / sich für eine ursach dieses todes achtend / ganz verzweifelt wurde / also daß Jubalis mit ihren dirnen ihm in der ersten wut einhalt thun muste / damit er sich nicht üms leben bråchte.

Ihre schwache verwehrung aber würde es nicht ausgemachet haben / hätte nicht eben der himmel es so gefüget / daß ich / in Nissa denselben morgen heimlich kommend / gelegenheit erlanget / meinem König in dieser noht beizuspringen. Dann wie ich / von dem Statthalter Nezar / mit etlichen v \lkern an die gränze von Ophir gesandt wurde / alda dem König mit der Prinzessin zu entfangen: triebe mich mein verlangen /meinen K \nig zu sehen / und machte mich also mit wenig dienern füraus ziehen / in hofnung / auf dem flus Cophene meinen herrn zu finden. Wie ich aber näher kame / hörete ich die betrübte zeitung / wie unglücklich diese entfürung abgelaufen. Demnach eilete ich verkleidet in Nissa hinein: daselbst ich eben ankame / als dieser klägliche handel darinn fürgegangen ware. Weil mir nun des Nergals haus / von vorigen zeiten her / annoch bekant / als begabe ich [273] mich dahin / und traffe zu meinem glůck eine von der Jubalis vertrautesten dirñe an / die mir ehmals nicht abhold gewesen: von der erfuhre ich in vertrauen / wie daß Sadrach von ihrer frauen heimlich aufbehalten würde. Meine unbeschreibliche begierde machte mich hierauf so sprachselig / daß ich sie überredete / mich zum König hinein zu füren. Ich fande ihn fast sinnlos von betrübnis / und (mag wol sagen) ganz verstellet. Wie nun die Jubalis mich gleich erkennte / als ware sie fro / ihres Sadrachs freund / und zwar zu einer solchen zeit / bei ihm zu sehen / da sie / dessen verzweifelung zu verwehren / beistand vonnöten hatte.

Nach vielem zureden / wurde ich endlich von meinem K \nig erkant. Doch ware alles bei ihme so erstorben / daß / da er mich sonst iederzeit sehr geliebet / er damals die geringste freude über meine ankunft nicht spüren ließe. Was er mir sagte / ware allein von seiner entschließung / daß er sterben wolte. Ich wolte ihm solches nicht gerad widersprechen / brachte ihm aber allmählich bei / wiedaß er zuvor seiner Prinzessin tod an dem Jaziz rächen müste / und also dann mit größerer ehre / nach verübter solcher rache / sterben k \nte. Ich thäte hinzu / wiedaß sein ietziger tod / seiner Prinzessin zu nichtes nutzen / hingegen vielmehr ihrer beider gutes gerüchte verkleinern würde / wann die welt erfüre / daß der Elamitische K \nig also ungerochẽ / in einem frömden lande / unter einem falschen namen / und bei einer frauen verborgen / gestorben wåre. Mit dergleichen gründen richtete ich ihn wieder auf / also daß er / in der grausamen hofnung / durch sein und so vieler tausenden blut / das edle vergossene [274] blut seiner Prinzessin abzuwaschen / mir zuließe /für sein leben zu sorgen. Aber ein hitziges fieber / mit dem er hierauf befiele / muste uns verwehren / die abreise aus Nissa zu beschleunigen: worbei die Jubalis ihm so fleißig aufwartete daß ich wol vermutete / ich würde meinen K \nig nicht ohne große mühe aus ihren verliebten armen reissen / und davon bringen können. Sie enthielte ihn aber bei sich im hause mit so guter art / daß ihr man Nergal nichtes davon innen wurde. Ich erfuhre immittels / das die Königin Salamis mit ihrer tochter der Königin Mirina gen hof gekommen wåre / den K \nig Jaziz zu trösten: der zwar sich eher zu frieden gabe / als die Königin Rehuma / die von keinen trost hören wolte. Es wurde dabei berichtet /wiedaß der Hiarbas / aus verzweifelter betrübnis / in den Bactrianischen krieg sich begeben hätte.

Wie nun endlich die rachbegierde dem Amraphel seine gesundheit wiedergebracht / redeten wir zusammen ab / bei nacht heimlich davon zugehen / daß die Jubalis dessen nicht innen würde: an die er / zur danksagung / ein schreiben / neben einem stattlichen kleinot / hinterließe. Es glůckete uns / daß wir verborgen / sowol aus des Nergals hause / als aus Nissa und folgends aus Ophir / entkamen. Wir funden in Elam alles in vollen waffen: massen der Statthalter Nezar nicht sobald seines K \nigs gefängnis vernommen / da rüstete er sich / denselben auf alle weise wieder zu befreien. Dieses kame dem vorhaben des betrübten Amraphels wol zu statten / welcher nach Babel / zu dem König Belochus / einen gesandten abfärtigte: da er dann abermals / unter fürung des dapferen [275] Prinzen Baleus / eine ansehnliche kriegs-hůlfe aus Assyrien erlangte. Dieser Prinz fande seinen alten freund sehr verändert: wie dann die tödliche traurigkeit ihn so gar beherrschete / daß alles bereits in ihm erstorben war /und nur die liebe / rache und verzweifelung / noch in ihm lebeten. Des Abialtons tod / brachte mir des feldherrn stelle zu wegen.

Wie nun / zu diesem blutigen kriege / die benötigte vorbereitschaft geschehen war / zogen wir nach Ophir: da alles / ohn erbarmen / über die schärfe des schwerds gejaget wurde. Der Jaziz / so sich dieses kriegs nicht versehen / forderte eiligst hülfe von der Königin Mirina: die ihme auch alsofort ein mächtiges heer ihrer teutschen weiber zufürete. Diesen zu wehren / daß sie nicht zu den andern völkern des Jaziz stossen mögten / sonderten wir unsere völker in zwei heere: da Baleus / mit seinen Assyrern / nach den gränzen des Königreichs Elassar ginge / wir aber in unserem zuge verblieben. Amraphels grausamer arm /triebe alles für ihme in die flucht / und wurde der Indaride vermeinter tod mit feur und blut gerochen: welches unser wüten ein so heftiges schrecken den Ophirischen einjagete / daß alle Fürsten ihre schlößer verließen / und nach Nissa flohen. Der beängstigte Jaziz / dem es fürnemlich an einem guten heerfürer mangelte / wünschete sehr / in dieser noht / des Hiarbas sich zu bedienen. Demnach ließe er in seinem ganzen Königreich ausruffen / wiedaß er / weil seine einige tochter / die erbin des reichs gestorben / seiner gemalin schwester tochter / die Königin Mirina / an kindes stat annemen / und die an den Prinzen Hiarbas verheuraten wolle.

[276] Dieses gerüchte kante bald für die ohren dieses verliebten Prinzens / der hierdurch bewogen wurde / das Bactrianische land wieder zu verlassen / und in Ophir zugleich seiner liebe und ehrsucht zu rahten. Wie er nun in Ophir ankame / und hörete / daß Amraphel noch lebete / wolte er wider seinen alten freund nicht fechten / begehrte also von dem Jaziz völker / dem Baleus und den Assyrern entgegen zu gehen: denen er dann so viel zu schaffen machete / und solchen abbruch thåte / daß er / wiewol er darbei schwerlich verwundet worden / eine große feldschlacht gewunne /und den Baleus gefangen bekame. Also siegeten sie an ihrer seiten über die unsrigen / gleichwie wir unsers teils meister über sie spieleten. Wir musten hierauf / den Assyrern / volk zu hülfe senden: womit wir unsere macht in etwas schwåcheten / also daß wir nicht so geschwind / wie anfangs / in unserem glücklichem siege fortfahren kunten. Inzwischen erlangte der feind raum und gelegenheit / mit der Mirina sich zu vereinigen / die sich in Nissa begabe: wodurch sich der Jaziz so verstårket / daß er und seine Fürsten wieder neuen muht bekamen. Der Prinz von Chaldea aber / der Sinear / neben dem dapferen Fürsten Eliphas von Theman / die in abwesenheit des Baleus die Assyrischen v \lker angefüret / befreieten wiederüm /als ihnen die unsrigen zu hülfe kamen / den Prinzen von Assyrien / indem sie mit großer entschließung in des Hiarbas lager einfielen / und denselben glücklich mit sich davon brachten. Und hierdurch begunten unsere sachen bässer zu werden.

Von kundschaftern / die wir nach Nissa ausgeschicket / bekamen wir die zeitung zurücke / daß die Königin [277] Mirina / an dem tag ihres mit dem Prinzen Hiarbas angesetzten beilagers / aus Nissa wäre entfüret worden / und daß dieser Prinz ihr nachgefolget hätte. Wir vermuteten hierauf / daß des Hiarbas abwesenheit / und die verwirrung im lager der Mirina / uns großen vorteil schaffen könte / wann wir eiligst fortrucken / und auf Nissa angehen würden. Dieses nun machte der K \nig von Elam gleich werkstellig / und kamen wir vor Nissa mit solcher geschwindigkeit /daß der Jaziz sich sehr beängstigt sahe / und nicht wuste / wo er aus oder ein solte.

Der betrübte Amraphel erblickte nicht so bald die stadtmauren / und das dahinter-hervorscheinende prächtige gebäude des K \niglichen schloßes / da gedachte er an seine Indaride / und mit einem tiefgeholten seufzer sagte er zu mir: Sihe / Hadoran! den gräulichen ort / da das sch \nste leben ümgekommen / da die beståndige liebe der unvergleichlichen Indaride gesieget / und da alles blut der einwoner / mit dem meinigen vermischet / diesen tod auss \nen sol. Hiemit ergriffe ihn die wütige ungedult / daß er gleich den ort wolte stürmen lassen. Weil der aber fast unüberwindlich / als muste er sich entschließen / durch langwürige belågerung auszurichten / was dem gewalt unmüglich zu thun war. Also setzeten wir uns fůr Nissa / da immittels der Prinz Baleus seinem sieg im offnen land nachsetzete. Es wolte aber der Jaziz / als dapfer von gemüte / sich nicht also einschließen lassen / sondern es lieber auf eine schlacht wagen: Demnach zoge er selber aus Nissa uns entgegen / und lagerte sich für das thor der stadt. Amraphel ward über dieser des feindes entschließung sehr erfreuet / und hatte ich [278] ihn fast niemals so munter uñ vergnügt gesehen: da ihm vielleicht sein herz muste gesagt haben /daß er diesen tag zugleich seine rache und ruhe erlangen würde. Er ginge so mutig an den feind / daß vielleicht kein held es ihme jemals wird zuvor gethan haben. Das treffen wårete von morgen bis zu abend: und weil der mond schiene / also kunte auch die nacht des würgens kein ende machen; also daß ich wol sagen kan / es sei nie zuvor in Ophir dergleichen treffen geschehen.

Der sieg bliebe unser / und muste sich der Jaziz in Nissa wieder zurücke begeben. Aber ach! wie sauer kame uns dieser sieg an! Der verzweifelte König Amraphel hatte vorsetzlich die gefahr also gesuchet / daß er sehr verwundet wurde / und daher auf die letze /wegen mattigkeit / sich aus der schlacht in eine klippe begabe: da er / ganz onmåchtig / und von niemanden als mir begleitet / sich auskleiden ließe. Diß ist die stunde / (sagte er zu mir /) da meine treue liebe den sieg davon tragen / und mein blut die welt versönen sol / über den verlust / so sie an der vollkommenen Indaride erlitten. Hiemit vergienge ihm die rede. Als ich aber ihme / für wehmut / nichtes antwortete / erholete er sich bald wieder / befahle mir sein reich neben der Lantine seiner schwester / zoge damit seinen siegelring von der hand / und gabe mir denselben: viel dabei sagend / so ihm die zu mir tragende ungemeine gnade in den mund gabe. Lezlichen forderte er von mir / mit einem eide / daß ich sein herz in die begråbnis seine Indaride bringen solte: damit er ewig bei derselbigen seyn und bleiben mögte. Was sol ich von ihm weiter sagen? Es wolte der grausame himmelsschluß / daß dieser unvergleichliche held / in der bästen [279] blüte seines lebens / seinen geist aufgeben / und diese meine arme dem großen König von Elam dienen musten / seine lezte ruhe in selbigen zu nemen / und seine edle seele auszuodmen: der eines bässern glückes wehrt gewesen / wann nach dem verdienst alles zu beurteilen wåre.

Wie Hadoran dieses sagte / name er war / daß alle seine edle zuhörerinnen mildiglich ihre zåren vergossen: daher er üm so viel mehr ungescheut sich der freiheit bediente / auch seine tränen abzutrocknen /und etwas odem zu holen. Worauf er seine erzehlung zu vollenden / also fortfuhre.

Als ich hierauf / meines K \nigs lezten befehl / den ich fůr ein gesetze hielte / werkstellig zu machen / den erblassten körper öfnen wolte / kamen welche von meinen leuten dazu / die mir anmeldeten: wie daß unter dem heer eine aufrürische unordnung zu entstehen begunte / daher meine gegenwart hoch vonnöten wäre. Diesem unheil nun unverweilt zu steuren / bedeckte ich meines Königs leichnam mit etlichen gesträuchen / und ritte nach dem lager. Als nun der auflauf gestillet / und damit die nacht verlaufen war / eilete ich mit dem morgen gleich wieder nach meinem edlen körper / fande aber selbigen in einer viel andern gestalt / als ich ihn verlassen hatte: dann er ware ganz ausgezogen / und ihme das haubt abgeschlagen worden. Was mir demnach das grausame verhångnis von meinem König übergelassen / wurde / wie wol heimlich / in das lager gebracht: alda ich dieses treue edle herz heraus schnitte / des fürhabens / solches in der Prinzessin Indaride begräbnis zu bringen / gleichwie mir war befohlen worden.

[280] Ehe ich aber fortfahre / diese traurgeschicht-erzehlung zu endigen / muß ich zuvor anfüren / was von dem tage an / als das geschrei von der Indaride tod ausgebrochen / in Nissa fůrgegangen. Diese Prinzessin hatte zwar / sobald sie das vermeinte haubt ihres Amraphels ersehen / sich gefårlich verwundet. Weil aber ihre kraft nicht so stark gewesen / wie ihr wille /als kunte sie dadurch nicht / ihrem fůrsatze nach /zum tod gelangen / sondern muste leiden / daß nach der wunde gesehen / und dieselbe verbunden würde. Weil aber der listige K \nig Jaziz / die einbildung von dem tod seiner tochter / weder seiner gemalin / noch dem Hiarbas / noch allen seinen ständen / üm dadurch zu seinem fürhaben desto eher zu gelangen / benemen wolte: als bliebe diese Prinzessin todt in jedermans gedanken / und wurde heimlich in einem turn erhalten / daß niemand etwas von ihr wuste / auser die der König hierzu erkauft hatte. Wie nun der krieg anginge / und der K \nig Jaziz des Prinzen Hiarbas benötiget war / ließe er / wie ich bereits erzehlt / ausruffen / daß die Mirina seine reichs-erbin werden / und den Hiarbas heuraten solte. Durch dieses mittel / brachte er den Hiarbas wieder nach hof. Und ob wol Mirina den Hiarbas nicht liebete / weil so wol ihre kriegerische natur / als das ruckdenken an ihren geliebten Ingerman / ihr keine andere liebe zuließe: so wolte sie doch das große und mächtige reich Ophir nicht ausschlagen / als welches nächst dem Assyrischen allen reichen in der welt die wage hält. Demnach bequemte sie sich /den Hiarbas zu ehlichen: und wurde hierauf in Nissa ihr beilager angestellet.

[281] Es hatte aber der Jaziz ihm fůrgenommen / an stat der Mirina / heimlich bei nacht die Indaride dem Hiarbas zu bette zubringen: welche hierzu zu bereden / er den abend vor der angestellten trauung weder gute noch böse worte sparete / sie aber keines wegs gewinnen kunte / und sie ihrem Amraphel zu folgen / den sie für todt hielte / fäst entschloßen fande. Diese Prinzessin aber erlangte / ungeacht ihrer sorgfåltigen einsperrung und verwarung / eine gelegenheit / der Mirina durch ein schreiben kund zu thun / was der K \nig im sinn hatte: die dann / sich also geteuscht sehend /so zornig darüber wurde / daß sie mit frühem morgen aus Nissa hinweg zoge / und ihrem feldherrn dem Assur befehl erteilete / ihr kriegsheer alsofort aus Ophir wieder ab und nach Elassar zu füren. Des vorigen K \nigs von Elassar sohn / der sie lang geliebet /und unbekant ihr stäts nachgefolget / ergriffe diese gelegenheit / sie zu entfüren. Er wurde aber von dem Prinzen Hiarbas gleich verfolget / und entstunde unter ihnen ein so blutiges gefechte / daß der Prinz von Egypten / schwerlich verwundet / eine lange zeit nach Nissa nicht wiederkehren konte. Unter solcher zeit geschahe das erzehlte treffen / welches die unsrige gewonnen / aber ihren König dabei verloren.

Die trostlose Prinzessin Indaride / die inzwischen ihr leben zu kürzen gelegenheit suchete / hatte endlich / eben die nacht vor der schlacht / einen gift-trank erlanget / und nun vor sich gestellet / als der König ihr herr vatter aus der schlacht / ganz abgemattet / zu ihr kame: der dann / den becher ersehend / selbigen / ehe sie dessen gewar worden / ansezete und rein austranke. Er befande sich alsobald übel / und ergrimmete /[282] als er von der Indaride erfuhre / daß in dem becher gift gewesen wäre: weil er vermeinte / daß sie ihm solchen mit fleis und aus b \sem fürsatz hingestellet hätte. Demnach warfe er einen so bitteren haß auf sie /als große liebe er vorher zu ihr getragen hatte. Er schalte sie eine mörderin ihres vatters / und ihr in der rasenden wut nicht mehr verhelend / daß der Amraphel noch lebete / verfluchete er sie / die mit ihrem König von Elam / der iezt sein heer geschlagen / und bald als überwinder in Nissa einziehen würde / über seinem tod triumfiren / und durch ihre verräterei ihm seine kron aufsetzen solte. Solches aber zu verhintern / befahle er sofort / man solte die Indaride spießen /und sie also über die mauren der stadt Nissa hinaus stellen: damit ihr verliebter K \nig / durch solche qual / die vergnügung ůber seinem sieg verlieren m \gte.

Diese unschuldige Prinzessin / die auf einmal so viel böses und gutes vername / wuste nicht / wie ihr geschahe / da sie ihren herr vattern / den sie jederzeit /ungeacht aller widrigen ümstände / herzlich geliebet /durch ihre verwarlosung vergiftet sehen / und dabei /daß ihr Amraphel noch lebete / (dessen haubt sie doch / als sie vermeinte / in den hånden gehabt /) auch sich zu einem so greulichen tod verda et wissen muste: welchen sie kurz vorher / als sie ihrem Amraphel für todt gehalten / nicht würde geachtet haben / nun aber /da sie ihn noch im leben wuste / gern hätte vermeiden m \gen. Wie diese vergiftung des Königs gleich ůberall ausbrache / ware die Königin Rehuma nicht unter den lezten / die dieses unglück erfuhren: welche dann mit ja so großer bestůrzung ihre tochter lebendig / [283] dig / als ihren herrn sterben / sahe. Alle mittel der Königlichen leibärzte waren vergebens / den König zu erretten: welcher / als er den Hiarbas zu seinem nachfolger im reich ernennet / auch dem großen Königlichen raht / der in Brachmannen und zwölf vördersten Fürsten des reichs bestehet / seine kron und zepter anvertrauet / und die greuliche hinrichtung seiner tochter ihnen durch einen eid aufgedrungen hatte / den geist aufgabe; alles in so kläglicher verwirrung hinter sich lassend / daß dergleichen zustand vorher niemals in Ophir mag gewesen seyn.

Die Königliche wittib / wolte gleich sich aller macht anmassen / und ihre tochter / als erbin des reichs / nicht allein für dem grausamen tode schützen / darzu sie verdammnet war / sondern ihr auch die kron wider den Hiarbas erhalten. Der Königliche raht hergegen / hielte sich an des Königs lezten willen /berieffen sich auf ihren abgelegten eid / und wolten /alle betrachtungen hintansetzend / an der armseligen Indaride erfüllen / was über sie beschlossen war. Dieses erregte in Nissa keinen geringen aufstand / indem alles volk sich in zwei rotten trennete / deren die eine bei der Königin / die andere die seite des großen rahts / hielte. Weil aber die Königin zu schwach war /ihnen mit gewalt zu widerstehen / als hielte sie für das bäste / wann sie könte die Indaride heimlich in unser lager und zu unserem König bringen: üm dadurch sich in schirm zu setzen / und dem König von Elam das recht am Königreich Ophir zu übergeben. Ihr anschlag glückete ihr nach wunsch / und ungeacht der großen macht ihrer widerwärtigen / brache sie / neben der Indaride und denen / die ihre seite hielten / mit gewalt [284] aus Nissa heraus / und eilete nach unseren lager. Als nun meine soldaten mir gleich anmeldeten / wie ein großes heer aus Nissa daher käme: machete ich alsofort anstalt / dem feinde zu begegnen.

Indem ich damit ümginge / kame ein abgeschickter von der Königin / der ihre ankunft / und daß sie schutz bei meinem König suche / mir anmeldete. Ich /ganz verwundert über dieser begebenheit / eilete ihr alsobald entgegen / und als ich mich ihr genähet /sahe ich sie in der trauer ankommen / begleitet von ihrer tochter / die ich nicht für die Prinzessin Indarid halten konte / weil ich sie ganz gewiß für todt geachtet. Als ich nun die Königin / so gut es mein betrübnis zulassen wolte / entfangen hatte / sagte sie mir mit kurzen worten: Sie bringe ihre tochter dem König von Elam / dieselbe wider die tyrannei derer in Ophir zu schützen. Bei anhörung dieser worte / wurde mir nicht anderst zu muht / als hätte mich ein donnerschlag getroffen. Ich konte / die augen auf die Prinzessin werfend / kein wort herfürbringen / und trate also zurucke: da mir / indem ich gen himmel sahe / wider meinen willen die tränen so häufig aus den augen hervor brachen / daß weder die Königin noch die Prinzessin wüsten / was sie von mir machen solten. Der verliebten Indaride ahnete gleich nichts gutes / sonderlich weil sich mein König nirgend sehen ließe / nach welchem sie zu fragen nicht das herz hatte. Nachdem ich mich wieder ein wenig erholet / stellte ich mich freudiger an / als ich war / und fürete die Königin in mein gezelt: ihr im namen meines Königs allen beistand verheisend / und denselben entschüldigend / daß er nicht selber käme / ihr aufzuwarten / dann er / [285] in der lezten schlacht / schwerlich wäre verwundet worden.

Sie / so wol als die Prinzessin / begehrte ihn hierauf zu sehen: mir fiele aber alsofort ein mittel ein /solches zu verwehren. Ich stellete mich an / als wann ich ihre ankunft dem König anmelden wolte / und brachte bald hernach den leibarzt / der allein neben etlich wenigen Königlichen bedienten / üm den tod meines herrn wuste / mit mir zurücke; der muste / wie wir dann zusammen abgeredet hatten / der Königin sagen: weil unser König noch nicht anderst wüste / als daß die Prinzessin Indaride todt wäre / als sei zu besorgen / er möchte / sie ersehend / bei jetzigem seinem zustande / lebensgefahr anstehen; wie dann plötzliche freuden / so wol bei kranken als gesunden / sehr schädlich zu seyn pflegten. Demnach wäre sein fürschlag / daß man noch etliche tage mit der besuchung verziehen mögte / bis sich des Königs wunden bässer anlassen würden. Die Königin war mit diesem bericht des leibarztes völlig zu frieden / und sagte die Prinzessin auch nichtes dagegen / wiewol ihr herz voll tödlicher unruhe schwebte.

Wie ich folgends mich allein befande / stellete ich mir diese begebenheit recht für augen / und entfunde meines Königs verlust nun noch viel schmerzlicher /da ihn die jenige konte vergnügt leben machen / üm die er / sie für todt achtend / gestorben war. Betrachtete ich dann die Prinzessin / so taurete sie mich sehr /und wüste ich nun nicht / wo ich mit meines Königs herze bleiben solte? das mich / für die lebende Indaride / ein gar zu grausames geschenke zu seyn dunkete /und doch nirgend bässer / als bei ihr / verwahret seyn[286] konte. Hierbei lage die wolfart des Königreichs Elam mir allem auf dem halse: und wie das absterben meines Königs mir / gleich den augenblick / eine rechtmäsige Königin von Elam an seiner schwester der Prinzessin Lantine gegeben hatte / als muste ich auch dahin bedacht seyn / derselben ihr reich zu erhalten /uñ den völligen untergang von Elam zu verwehren. Dieses nun zu vollbringen / musten die Elamiten in Ophir nicht erfahren / daß ihr König todt war: massen solches bei ihnen den muht mindern / und ihrer viel hätte hochmütig machen mögen / nach der Elamitischen kron zugreifen. Also fassete ich den schluß /den krieg / als wann mein König noch lebete / zu vollfüren / der Indaride auf den Ophirischen thron zu verhelfen / folgends einen ehrlichen frieden zu machen / und nach Elam die völker abzufüren. Zu dem ende färtigte ich gleich einen reitboten an den Prinzen von Assyrien ab / der ihme des Königs Jaziz tod zu wissen thun / und / daß er mit seinen völkern zu mir stoßen mögte / ihn ersuchen muste.

Inzwischen ich aber sehr betretten war / wie ich der Königin und Prinzessin in die länge meines Königs tod verhelen solte: eräugete sich eine gelegenheit / die mir hierzu beförderlich ware. Es thäten die zu Nissa /in der nacht / einen mächtigen und starken ausfall in unser lager / das zu einem blutigen gefechte ausschluge: da zwar der feind keinen andern vorteil davon zoge / als daß er / mit hinterlassung vieler todten / in Nissa wiederkehren muste / doch etliche fürneme gefangene von den unsrigen mit hinein brachte. Ich ließe gleich darauf aussprengen / sie hätten meinen König in seinem gezelt aufgehoben und gefangen bekommen. [287] Hierdurch wurde zwar die Königin und Prinzessin höchlich betrübet; doch war hierbei dieses ihr trost / daß er würde wieder befreiet werden: massen alle Elamiten hier auf noch eifriger fochten / um ihren König zu erlösen. Weil nun der krieg / nach des Jaziz tod / eine ganz andere gestalt gewonnen / als geschahe unserseits alles / üm das recht der Prinzessin Indaride und die kron von Ophir für sie zu behaubten: daher viele von den Ophirischen ständen uns zufielen / und die Indaride für ihre Königin erkanten. Als aber der Prinz Hiarbas ins reich wieder kame / sezte dessen gegenwart alles in einen andern stand: und weil die meisten in Ophir ihn liebeten / als wurde er von ihnen in der haubtstadt Havila einhällig zum König erwehlet /und Indaride / als eine vatter-mörderin / der erbfolge unwürdig erkennet.

Solcher gestalt wärete / den winter hindurch / die belagerung für Nissa / da auch Baleus endlich zu uns gestoßen. Wie ich aber warname / daß / das reich Elam länger König-los zu lassen / unverantwortlich fallen wolte / wir auch der guten Königin Rehuma wenig dienste thun konten: offenbarete ich ihr endlich / daß mein König todt wäre / und daß ich / gewissens halber / wieder nach Elam gehen müste. Ich fande die Königin / auf diesem bericht / nicht so trostlos / als ich mir eingebildet: da sie zwar den unvergleichlichen Amraphel sehr beweinete und beklagte / gleichwol den muht / obschon der Elamiten hülfe ihr entginge /deswegen nicht fallen ließe. Sie zeigete aber auf einen frömden / der bei ihr im gezelt war / und den ich vorher nie gesehen hatte / und sagte: dieser Migdol bringet mir gute post / daß Ophir seinen rechten König[288] bald erlangen sol. Diese worte nun zu erklären / erzehlte sie mir / wiedaß des Königs Jaziz sohn / der Prinz Armizar / so in Egypten erzogen worden / noch lebete: dem sie / ob er gleich ihr stiefsohn war / und sie gestehen muste / daß sie die ursach seiner entfernung vor diesem gewesen / die Ophirische kron gönnete / und ihme dazu beförderlich seyn wolte.

Hierauf bate sie mich / daß ich sie nach Nod zu ihrer schwester begleiten lassen wolte / weil sie / nach der Elamiten aufbruch / keinen sichern ort in Ophir mehr hätte. Nur war ihr noch bang üm ihre armseelige Indaride / wie die / des Amraphel tod erfahrend / sich anstellen würde / der sie schon eimal zu einer verzweifelten entschließung gebracht hatte. Endlich fiele ihr ein / daß sie diese Prinzessin in ihr vatterland Basan in die stadt Salcha schicken wolte: alda ihre fraumutter die Milda / die eine Prinzessin aus Arabien gewesen / einen tempel gestiftet hatte / darinn die jungfrauen / gleich denen zu Ninive in der Diana tempel / verschloßen / alle weltliche gesellschaft auf ewig meideten / und in allem der Brachmannen ihre weise und ordnung hielten; als welche erstlich in Arabien /und nachgehends in Ophir geko en waren / von deme diese Königin selbige art des Gottesdienstes abgesehen hatte. Um nun zu dieser weiten reise die Prinzessin zu bereden / und von ihrem König / den sie für noch-lebendig hielte / sie abzubringen / muste mein edler König / nach seinem tode / sich noch einiger untreu beschuldigen lassen: indem beschloßen wurde /der Prinzessin beizubringen / wiedaß der Amraphel ihr unbeständig worden / und mit dem Prinzen Hiarbas / wegen der Egyptischen Prinzessin Amesses [289] seiner schwester / in anwerbung stünde üm durch diese heurat einen ewigen frieden zwischen Elam und Ophir zu stiften. Diß wurde also vollzogen / üm damit die Indaride zum haß gegen den Amraphel zu bewegen /und daß sie desto gewüriger das einsame leben zu Salcha annemen möchte.

Ich wolte zwar / meines Königs getreue liebe auch nach seinem tod unverlezt zu erhalten / dieses lang nicht zugeben: ließe aber durch der Königin tränen mich endlich bewegen. Doch beschloße ich / dessen edles herz / neben einem schreiben / der Prinzessin leuten mit zu geben; mit dem befehl / es ihr nicht eher / als wann sie eine weile in Salcha würde gewesen /und also ganz aus der welt ausgegangen seyn / zuzustellen: dann ich mir ein gewissen machete / meines Königs lezten willen unerfüllet zu lassen. Auf was weise nun hiernächst der friede in Ophir / so wol mit den Assyriern / als mit den unsrigen / getroffen / wie kläglich sich die Indaride angestellet / als sie ihres Amraphels vermeinte untreu erfuhre / deme zu lieb sie ihr zweimal das leben nemen wollen; wie die Königin mit uns nach dem lande Nod / und die trostlose Prinzessin gutwillig nach Salcha mit ihren leuten fortgereiset: solches alles mit ümständen weitläuftig zu erzehlen / will ich üm kürze willen unterlassen. Unser kriegsheer erfuhre unsren großen verlust nit eher / als wie sie aus Ophir abgefüret wurden. Und wie wir also ohne den König in Elam wieder ankamen / wolten schier alle unterthanen verzagen: doch ließen sie sich damit noch trösten / daß ihnen ihr König eine edle schwester hinterlassen / die sie / der natur und seinem lezten befehl gemäß / zur regentin bekommen würden.

[290] Die große liebe / so die Elamiten zu ihrem König getragen / verursachete / daß sie ingesamt groß und klein / ohne einiges bedenken / diese seine schwester zur Königin erkieseten: inmassen alsofort von den ständen der alte Mildor abgeordnet wurde / E. Maj. (dieses sagte Hadoran zu der Lantine /) nach Elam abzufordern. Weil ich die kriegsvölker der zeit noch nicht verlassen kunte / sondern bei solchem gefärlichen zustand ein wachendes aug auf alles haben muste / als erfuhre ich nicht allein in Elam / daß in Ophir des Armizars seite immer größer begunte zu werden / sondern ich hatte auch das glück / diesen Prinzen in Hala selbst anzutreffen: von dannen er nun gewillet ist / nach Ophir zu gehen. Dieser begehret nun unsern beistand / so wol sein vätterliches reich einzunemen / als seines schwagers des Königs Amrapyel tod zu rächen. Ich habe zwar / ohne erlaubnis unserer gnädigen Königin / ihm diese gesuchte hülfe nicht versprechen / wol aber ihn darauf vertrösten können.

Ich erhielte auch von ihm die nachricht / daß seine schwester / die Prinzessin Indaride / im land Canaan ihm begegnet / als sie eben / von dem Ascadates ihrem kammerherrn / meinen brief / und in einer güldenen schachtel meines Königs herz beigeschlossen /bekommen hatte: welcher ihr darum das schreiben eher / als ich begehrt / übergeben hatte / weil er / unwissend / was in dem brief enthalten / durch das klägliche wesen der Prinzessin / so sie über die untreu ihres Amraphel fürete / erweichet worden / und vermeinet / daß ihr vielleicht mein brief etwas entdecken möchte / so ihr zu trost gereichen könte. Als ihr nun solchergestalt dieses Königs kläglicher tod kund worden / ließe sie anfangs [291] einige ruhe blicken / ihres Amraphels beständigkeit erfahrend. Wie sie aber dessen herz ersehen / hatte ihr verlangen / bald zu ihrem liebsten König zu ko en / sie so wütend gemacht / daß sie unversehens in einem walde sich von den andern los gerissen / und aus verzweifelung sich in einen bach stürzen wollen. Dieser Ascadates / der den Armizar hatte in Elam begleitet / konte mir die klägliche worte nicht gnugsam beschreiben / so diese trostlose Prinzessin nacht und tag fürete. Armizar hat sie an einem gewißen sicheren ort im land Canaan gelassen: allda sie so ferne zur ruhe gebracht worden / daß man ihr / die begirde ihm selber das leben zu nemen / als eine große sünde eingebildet. Sie stehet zwar seither von solcher wüterei ab / färet aber noch immer fort ihren unwiderbringlichen verlust zu beweinen. Worinn sie dann eine große gesellschaft hat: massen ganz Elam / neben dem Babylonischen hof / ja die ganze welt / diesem unvergleichlichen helden / viel tausend zären und klagen ins grab nachsendet.


* * *


Ein milder tränenbach beschlosse hiemit des Hadorans erzehlung / der allen seinen zuhörern die zungen hemmete / daß sie / so wohl diese klägliche geschichte zu bewundern / als diesem edlen Moabiter für seine bemühung zu danken / nicht zu worten kommnt konten. Unter allen aber war die Königin von Tyro die wehmütigste / die diesen ihren sohn so herzlich iederzeit geliebet / und an dem sie der himmel so viel ruhm und ehre hatte erleben lassen. Der junge Prinz Tiribaces bemühete sich / seine frau mutter zufrieden zu sprechen / mit der versicherung / daß er also [292] [294]nach rümlichen thaten streben wolte / daß ihr nicht minder ehre von ihm / als von seinem verblichenen bruder /anstehen solte: welches sich regende große gemüte dieses Prinzen / der Königin zu nicht-geringem trost dienete / wiewol es ihr ihren Amraphel nicht wiederbrachte.

Indem kame auch die Statthalterin von Syrien dazu / die ein so betrübtes wesen sehen ließe / daß daher die Königin von Tyro ursach name / zu ihr zu sagen: wie / meine base! finde ich euch doch eben so / als wie ihr uns findet! es kan aber diese unsere allgemeine betrübnis nicht einerlei ursach haben / weil ihr nicht mit angehöret / was uns Hadoran iezt von meinem Amraphel erzehlet hat. Als nun hiermit die Prinzessin Tharasile sich der Königin bette genähert / berichtete sie / wie iezt aus Canaan die jenige / die sie ihrer tochter mitgegeben / sie zu ihrem hochzeitfest zu begleiten / niedergekommen wären / und zwar ganz unwissend / wo Aramena mögte geblieben seyn: das ihr dann ihre wunde von neuem aufgefrischet hätte. Hierauf wendete sie sich zu der Königin von Ninive /und sagte: E. Maj. gütigkeit wird ihrem reiche einen krieg bringen / weil der König von Canaan die Ahalibama wieder haben wil / oder widrigen falls E. Maj. den krieg ankündiget.

Durch diese beide zeitungen / wurde die ganze gesellschaft beunruhiget / und beklagte die Königin von Tyro / daß ihrer schwester sohn / der Prinz Hemor / in seiner liebe so unglücklich seyn müste / uñ daß die flüchtige Aramena ihren eltern so viel betrübnis verursachete. Was aber die Ahalibama betrift / (sagte sie ferner /) so wird dieselbe / wegen ihrer rechtmäsigen[294] flucht / nicht allein die Königin von Ninive / sondern auch mein bruder schützen / und verhoftentlich die Cananitische macht gegen der Assyrischen und Ninivitischen nicht aufko en können. Ich bin zwar friedliebend / (fügete die Königin von Ninive hinzu /) dennoch aber wil ich Ahalibama nicht lassen / solte ich auch die feindschaft der ganzen welt auf mich laden. Für so hohe versicherung / sagte diese Prinzessin der Königin demütigsten dank / wie auch nachgehends der jungen Königin von Ealm / als dieselbe erwehnte /wiedaß sie alle ihre Elamitische macht mit darzu hergeben wolte / sie für dem Beor zu beschützẽ / weil sie ein solches üm das haus Syrien mehr als wol verdienet hätte. Die Königin von Tyro bekräftigte solches /und ließe ihre sonderbare gewogenheit gegen der Ahalibama sattsam blicken.

Diese Prinzessin aber war so verwirret worden /über der Statthalterin bericht / von wiederankunft des Thebah uñ der Fürstin Calaride / daß sie sich lang nicht erholen konte. Als hierauf die gesellschaft von der Königin von Tyro abschied name / sagte die Tharasile zu der Ahalibama: wiedaß sie gegen abend zu ihr kommen / und sie besuchen wolte / weil sie von vielen dingen mit ihr zu reden hätte.

Wie nun deswegen die Ahalibama in ihrem palast verbliebe / üm alda der Statthalterin zu erwarten /fande dieselbe auf bestimte zeit sich bei ihr ein / die Fürstin Calaride und den alten Thebah mitbringend: welche beide von der Ahalibama mit nicht-geringer unruhe entfangen wurden. Nachdem sie sich zusammen gesetzet / und die erste höflichkeiten / die bei dergleichen besuchungen fürgehen / abgeleget / sagte[295] Tharasile zu ihr: so erfreuet ich seyn solte / liebste base! euch hier zu sehen / da mir alle die eurigen iederzeit herzlich lieb gewesen / so viel unruhe bringet mir dabei eure sonst-angeneme gegenwart. Dann ich nicht daran gedenken kan / wie ihr / aus Salem / des Beors händen entgangen / daß ich nicht auch zugleich meiner einigen tochter flucht mir fürstellen müste. Theba und Calaride hierzugegen wollen mich bereden / daß meine tochter mit euch zugleich davon gekommen sey: und ihr habt gegen meinem herrn erwehnet /daß Aramena / etliche tage vor euch / aus Salem sich hinweg begeben habe. Dafern ihr demnach / werteste Prinzessin! hiervon bässere wissenschaft habet / wo meine tochter geblieben / so beschwöre ich euch bei allen göttern / bei eurem verstorbenen Elieser / ja bei diesen meinen tränen / daß ihr es mir nicht verhelen /sondern euch einer trostlosen mutter erbarmen wollet /die auser dieser freude / die sie ihr von ihrer tochter eingebildet / keine vergnügung in der welt achtet.

Ahalibama / deren hiermit sowol ihres Eliesers als der Aramena verlust von neuem fürgestellet wurde /kunte ihre tränen nicht verdrucken. Nachdem sie aber solche abgetrocknet / schwure sie bei allen göttern /daß es wahr sei / was sie gesaget / und sie nicht wüste / wo Aramena hingeko en. Und dieses kunte sie mit gutem gewissen thun / weil sie diese Prinzessin für verloren hielte. Ich vermute aber / (setzete sie hinzu /) daß sie sich schon in Ninive befinden werde / weil dahin iederzeit ihr einiges verlangen gestanden. Tharasile muste diesen ihren worten gläuben / und sagte Thebah hierauf: Ich zweifele fast nicht mehr daran /daß unsere Prinzessin in Ninive seyn werde / wann[296] ich alles recht überdenke. Der Prinz Hemor ist auch eben dieser meinung / und hat deswegen eine reise nach Ninive übernommen / seiner einbildung nach etwas gutes in seiner liebe auszurichten. Tharasile schluge hierzu die augen gen himmel / und mit einem tief-geholtem seufzen riefe sie denselben an / daß er des Prinzen von Canaan fürhaben segnen wolte.

Hiernächst fragte sie die Ahalibama / üm ihren ritter / und bekame zur antwort: Dieser ihr ritter wäre /bei dem einzug der Königin von Ninive / in dem von den Leuen erregten auflauf / hinweg gekommen / also daß sie an seinem leben zweiflen müste. Dieses kunte sie nicht sonder seufzen herfür bringen: weil ihr sehr zu herzen gienge / nicht allein / daß sie also die Aramena verloren / sondern auch / daß sie ihrer mutter /die so schmerzlich nach ihr fragte / die rechte warheit nicht entdecken dorfte: dann sie würde hiermit ihre ohndas-große betrübnis vermehret / und sie der hofnung / daß sich Aramena vieleicht noch wieder finden würde / gänzlich beraubet haben. Die Statthalterin aber führe hiernächst fort / sie üm alles dieses ümständlicher zu befragen / wie dieser ritter hiese? wo er her wäre? wie lange sie ihn gehabt? und was der fragen mehr waren: worbei dann der Prinzessin von Seir sehr angst wurde / ihr auf alles wahrscheinlichen bericht zu geben.

Der alte Thebah hörete diesem gespräche mit grosser aufmerkung zu / sonderlich wie die Statthalterin ferner erwehnte / daß man ausgegeben / wie dieser Dison dem lezten König von Syrien so änlich gesehen: daher eine gemeine sage erschollen / als wann er der Prinz Aramenes seyn müste / von deme man iezt[297] in ganz Syrien ausgeben wolte / als wann er noch verhanden wäre. Weil nun dieser Thebah sich wol erinnerte / daß der Prinz Aramenes / in seiner kindheit /seiner frau mutter der Königin Philistina / und nicht seinem herrn vatter / gleich gesehen: als geriete er auf die gedanken / ob auch wol Aramena / unter den mañskleidern des ritters der Ahalibama verborgen seyn mögen / weil man ihn dem König Aramenes sehr änlich befunden? Er wolte aber diese seine gedanken niemanden eröfnen / bis er dessen mehrern grund erlanget hätte.

Als hierauf die Statthalterin an ihn begehrte / ihr zu erzehlen / wo er so lang mit der Fürstin Calaride geblieben wäre / berichtete er: wiedaß / nach der Ahalibama flucht aus Salem / welche neben der Aramena verlust auf einen tag offenbar worden / er noch etliche wochen daselbst verharret / in hofnung / etwas von der Aramena zu erforschen. Wie aber solches alles vergebens gewesen / und endlich der König Beor für gewiß erfahren / daß die Prinzessin Ahalibama nach Hemath zu der Königin von Ninive geko en / und von derselben in schutz aufgenommen worden: hätte der Prinz Hemor mit ihme sich auf den weg gemacht /nach Syrien zu gehen / von dar dieser verliebte Prinz fürter eine reise nach Ninive fürgenommen. Er aber /als er wenig tage in Hierapolis sich aufgehalten / habe seine schuldigkeit erwogen / der Statthalterin und dem Prinzen Mamellus / den verlauf seiner reise / und seine unglückliche verrichtung / zu vermelden: und möchte er wünschen / daß der himmel ihme mehr glück zu dieser ihm-anvertrauten Prinzessin hätte verleihen wollen.

[298] Dieses alles bestätigte die Fürstin von Naeman / uñ erwehnte dabei / daß der König von Canaan mächtig werben ließe / üm die Ahalibama wieder zu erobern: und würde der Fürst Elon / den sie in Hierapolis gelassen / mit ehstem ankommen / der Königin von Ninive den krieg dieserwegen anzukündigen / wofern sie ihm seine braut nicht gutwillig wolte folgen lassen. Wann mein fürhaben / (antwortete hierauf Ahalibama /) bald werkstellig wird / so hoffe ich / daß weder des Beors noch einiges menschen macht mich ferner sol verfolgen können / und wird alsdañ / meinetwegen einen krieg anzuheben / unnötig seyn. Wie nun Tharasile und Calaride dieses fürnemen wissen wolten /sagte ihnen Ahalibama / wiedaß sie gewillet wäre /nach Ninive in der Diana tempel zugehen / weil sie /nach ihres Eliesers tod / in der welt keine vergnügung mehr zu finden wüste. Wiewol ihr dieses die Tharasile häftig widersprache / konte sie doch damit über dieser Prinzessin gemüte nichtes ausrichten. Hierauf begabe sie sich / neben der Calaride und dem Thebah / wieder hinweg / nach ihrem palast: da sie ihrem herrn alles erzehlete / was sie vernommen hatte.

Sobald aber der Thebah mit guter art aus des Statthalters behausung hinwegkommen kunte / begabe er sich nach des Thare Fürsten von Pildas wonung /allwo er den Fürsten Rames von Jedlaph / die beide Fürsten Ezer und Akam von Haso / und seine beide vettern den Gaham und Maacha / antraffe: welche bei nacht / üm den Assyriern allen verdacht zu benemen /immer zusammen kamen / und sich miteinander beredeten / was fürzunemen wäre / ihrer erb-Königin [299] Aramena mit dem Hemor auf den Syrischen thron zu verhelfen. Dann dieser Prinz ware / mit dem Elon / Aner und Thebah / heimlich zu Hierapolis gewesen / und hatte den Syrischen ständen kund gethan / daß Aramena / des Statthalters von Syrien vermeinte tochter /ihres Königs Aramenes kind wäre. Die stände hatten dieses / aus vielen ümständen / für glaubhaft angenommen / und sich mit dem Prinzen von Canaan dahin verbunden / daß / wann er die verlorne Aramena wieder finden und mit seiner macht ihnen beistehen könte / sie ihn zum herrn annemen / und sich von dem Assyrischen joch befreien wolten. Weil aber viel Syrische fürsten gar zu gut Assyrisch waren / als der Zophar von Naema / ein bruder des Rames / der Baracheel von Bus / und dessen sohn Elihu / der alte Fürst von Hus / und der Husan Fürst von Chesed: als wurden diese von solcher unterredung ausgeschlossen / da man raht hielte / wie dieses schwere werk wol einzurichten seyn möchte.

So bald sie den alten Thebah ersehen / fingen sie ihre beratschlagung von neuem an. Sie waren aber unter sich selbst nicht völlig einig / in diesem handel. Dann der Thare / Rames und Ezer / den ausgestreueten zetteln gläubend / darinn enthalten / wiedaß ihr Prinz Aramenes noch lebe / und sich ihnen zeigen werde / sobald sie zu den waffen greifen / und sich in den stand / ihn wider den König von Assyrien zu schützen / setzen würden / wolten lieber diesen ihren natürlichen herrn / als den Hemor / zum König haben. Der alte Thebah aber / der den Akan / Gaham und Maacha auf seiner seite hatte / übersti ete dieselben /anfürend: er müste zwar gestehen / daß ihrer aller[300] liebe sich billiger zu dem Prinzen Aramenes wenden würde. Wann er aber erwäge / daß diese zetteln mit nichtes noch zur zeit bewiesen / daß des großen Aramenes sohn gewiß vorhanden sei / selbiger auch / auf seinen vätterlichen thron zu steigen / keine als die Syrische macht hätte: so sei es überaus gefär- und mißlich / wegen eines unbekanten sich wider die Assyrier aufzulehnen / und deren macht über sich zuziehen /deren sie nimmermehr gewachsen wären / zumal da die hälfte unter ihnen selber so gut Assyrisch sich erwiesen. Hingegen aber sei diese Aramena völlig bekant / und von ihrem lezten König ihme dem Thebah anvertrauet. So stehe auch / wegen dieser / die Cananitische macht zu ihren diensten / welche sie der Assyrischen entgegen setzen konten. Endlich so sei der Hemor ein so beliebter herr / daß sie unter dessen regirung gewünschte ruhe zu hoffen hätten. Diese gründe wurden zu lezt / von dem Thare und den andern /angenommen.

Als man hiernächst ferner auf den krieg zu reden kame / den der König Beor der Königin von Ninive wegen Ahalibama ankündigen wolte: vermeinte der Thare / wann dieses geschähe / so würde die Cananitische macht sich schwächen / und ihr dadurch mehr feinde auf den hals laden. Aber Thebah erklärte ihnen hierauf / wiedaß dieser krieg nur die schein-ursach seyn solte / üm / ohne erweckung eines argwahns / die völker aus Canaan nach Hierapolis zu ziehen: da dann die Syrer die Ahalibama von den Niniviten abfordern müsten / üm keinen krieg in ihr land zu bekommen. Weil nun die Königin von Ninive solche nicht von sich lassen würde / als überkämen sie daher [301] gelegenheit / sich zu beschweren / auch zu des landes sicherheit / die waffen zu ergreifen: welches die Assyrier nicht würden verüblen oder verargwänen könen.

Wie aber / (wandte der Thare ein) wann die Fürstin von Seir eher nach Ninive in der Diana tempel entkäme / ehe dieses alles werkstellig gemacht worden? wie dann meine tochter die Casbiane mich berichtet / daß die Ahalibama hierzu entschlossen sei / ehist dahin zu gehen. Würde nicht / auf solchen fall der König von Canaan uns seinen beistand entziehen / das Assyrische joch von uns zu werfen? Und würde nicht alsdann auch / der Prinz Hemor / die Sichemitische kron wieder haben wollen? Also wäre uns wenig damit geholfen / und wir würden / an stat des Assyrischen /das Cananitische joch uns aufgebürdet sehen. Diese gedanken / sind nicht aus der acht zu lassen / (antwortete Thebah /) immassen ich gleich iezt diese entschließung der Prinzessin Ahalibama aus ihrem eigenen mund gehöret: und würde es also nimmermehr gut seyn / wann sie uns entkäme. Mein raht ist / man trachte / sich ihrer person wol zu versichern / damit man sie / dem König von Canaan / in die hände liefern könne. Was aber der Fürst Thare erwehnet / daß der Hemor künftig auf die Sichemitische kron könte anspruch machen: so sage ich dagegen / daß wir ihme / bei seiner künftigen krönung alhier / was er beschwören sol / schon fürlegen / und darinn genug sicher werden gehen können.

Sie beredeten sich hierauf noch eine gute weile miteinander / und machten endlich den schluß / daß sie des Hemors verrichtung auf seiner reise nach Ninive abwarten / dem Elon / mit dem förderlichsten von Hierapolis [302] herüber zu kommen / zuschreiben / nach dessen anbringen ihre sachen richten / und inzwischen ein wachendes auge auf die Ahalibama haben wolten /daß sie die / wann es vonnöten / entfüren / und dem Beor liefern könten. Die heimliche werbungen in ober-Syrien / solten hiezwischen ihren fortgang haben: die sie des Rames sohne / dem Fürsten Cyniras / anzustellen befahlen. Es ward auch abgeredet /daß ihre nächtliche zusammenkünfte / üm in stätiger beratschlagung zu bleiben / und dieses große werk desto bäßer auszufüren / solten fortgesetzet werden.

Als sie hierauf wieder voneinander gegangen / eilete Zelinde / des fürsten Rames tochter / die sich bei des Fürsten Thare gemalin ihres vatters schwester aufhielte / und in einer nebenkammer alle diese reden von entfürung der Ahalibama mit angehöret hatte /nach der Casbiane kamer / die sich / in abwesenheit ihres herrn / des Arsas / in ihrer eltern haus begeben hatte / und erzehlete derselben / was man mit der Ahalibama fürhätte: die sich hierüber sehr bekümmerte / und folgenden morgens die Ahalibama zu warnen / ihr fürname.

Sobald die sonne wieder herfürgekommen / ließe diese Fürstin ihren wagen anspannen / des fürhabens /zu erst die Ahalibama zu besehen / und alsdann nach ihrer Königin / deren sie in Damasco noch nicht hatte aufgewartet / sich zu begeben. Weil sie nun ihre wase Zelinde auch an ihrem hof wolte bekant machen / als name sie dieselbe mit sich / und erzehlte ihr unterwegs / wie es ihr mit ihrem schreiben auf der her-reise ergangen ware: sie ferner fragend / ob sie von dem vorhandenen Syrischen König nichtes [303] vernommen hätte. Zelinde gabe ihr den bericht / wiedaß bei der bürgerschaft in Damasco die hofnung zwar groß sei /und die sage gehe / ihr König Aramenes habe sich bei dem einzug der Königin von Ninive sehen lassen. Ihre beide vettern aber / und die andere Syrische Fürsten /wolten davon nichts gläuben: und würde sie der Casbiane ein mehrers davon sagen können / wann sie eher ihrer unterredung zugehöret hätte / zu welcher sie nur auf die letze gekommen / als von der Fürstin von Seir die unterredung sich angefangen.

Unter solchem gespräche kamen sie auf den Königlichen platz: daselbst als sie vom wagen gestiegen /und nach dem palast der Ahalibama gehen wolten /begegnete ihnen der Fürst Jothan / von dem sie erfuhren / daß die Prinzessin von Seir / neben der Fürstin Timna / bereits in dem palast der Königin von Ninive wären / und alda auf dem dach des hauses mit dem andern Ninivitischen frauenzimmer lustwandeln gingen. Dieserwegen begaben sich die Fürstin von Cale und die von Jedlaph auch dayin / und funden die Ahalibama in gesellschaft der Aramena und Timna; welche mit freudigem wesen der Casbiane entgegen kame / und einen Zedel in der hand haltend / zu ihr sagete: Meine Fürstin freue sich mit mir! ich habe meinen ritter Dison bisher für verloren gehalten / gestrigen abends aber diesen brief von ihme bekommen / den mir ein unbekanter knab in mein haus gebracht. Ich verkündige diese gute zeitung darüm / weil ich weiß /was große hochschätzung die Fürstin Casbiane von meinen Dison gemachet. Mit der Prinzessin von Seir /(antwortete Casbiane /) erfreue ich mich billig / über diese gute zeitung / und wäre [304] es wol zu beklagen gewesẽ / wann dieser ritter also / in dem auflauf / sein leben hätte enden müssen. Ich hatte ihn bereits verloren gegeben / (sagte Aramena /) und wie ich sein aufwärter bin / und ihn für meine einige gebieterin angenommen / als kan man gedenken / wie mir dieser eingebildete verlust zu herzen gegangen. Was schreibt er dann? fragte Casbiane / und name damit den Zedel aus der Ahalibama hand / welchen sie dieses inhalts fande.

Schreiben des Disons an die Prinzessin Ahalibama von Seir.

Meine Prinzessin! Ich vermute wol / daß meine jezige abwesenheit der mitleidigen Ahalibama große sorgen werde verursachen. Daher habe ich von der person /in deren hände ich gerahten bin / die freiheit erberen /dieses von mir zu schreiben / daß Dison noch lebet /daß er wol gehalten wird / und daß ihme nichtes ermanglet / als die gegenwart seiner Prinzessin zu geniessen / der er mit ewiger treu verbunden verbleibet.


Dison.


Ich weiß nun / daß mein Dison lebet: (sagte Ahalibama /) aber er berichtete nicht / wo er lebe. Doch weil es ihm seiner meldung nach / wol ergehet / muß ich mich gedulten / bis der himmel ihn wieder zu mir füre. Meine eiversucht (finge Aramena hierauf an /) bildet mir für / er sei bei einer von meinen mitbulerinnen: daher ich seine abwesenheit mit unruhe vertrage. Schmerzet dann dieses die Aramena nicht / (fragte Ahalibama /) daß Dison an mich allein geschrieben?[305] Im briefwechseln / (antwortete Aramena) ist unsere verträulichkeit noch nicht angegangen / sonst müste ich freilich eiversüchtig hierüber werden. Nach diesen und dergleichen scherzreden / begrüßete Ahalibama /und nach ihr die anderen / die Fürstin Zelinde / als welche sie noch nicht gesehen hatten.

Mitlerweile nun dieselbige bei der Timna und Aramena verbliebe / zoge Casbiane die Ahalibama auf eine seite / und offenbarete ihr / was sie von ihrer entfürung wüste. So sei es dem himmel geklaget (seufzete und sagte hierauf diese Prinzessin) daß meine verfolgungen nimermehr sollen aufhören! Vor den offentlichen hätte ich mich nicht so viel zu fürchten / als für diesen heimlichen: und wird mir dieses anlaß geben /mein fürhaben desto eher werkstellig zu machen. Welches? fragte Casbiane / ganz besorget. Dieses /(antwortete Ahalibama /) das meine Fürstin so wenig / als andere die es hören / gut befinden wird: daß ich nämlich mein leben / in der Diana tempel zu Ninive /beschließen wil. Casbiane geriete hierauf in tiefe gedanken / und schwiege eine gute weile / aber endlich sagte sie: Ich bin zwar eines andern glaubens / doch kan ich eben meiner Prinzessin hiervon nit abraten. Wie kommet man aber / so einen weiten weg / nach Ninive? Ahalibama / die ganz unvermutet die Casbiane also reden hörete / sahe sie ganz erfreuet an / und sie ümarmend / sagte sie zu ihr: Casbiane hat mich schon einmal aus des Beors händen befreiet; könte ich es auch ihrer bemühung danken / auf ewig diesem König in meine freiheit zu entkommen / würde ich den himmel niemals aufhören zu preisen / daß er mich zu der Fürstin von Cale gefüret. Ich wil es über [306] mich nemen / liebste Prinzessin! (antwortete Casbiane) es muß aber meine Königin so wenig / als sonst iemand / hiervon etwas innen werden.

Indem ihr hierauf / für dieses gewünschte anerbieten / die Ahalibama tausendfältig dankte / und sie ungefär den gang hinab auf den Königlichen platz sahen: kame der Ahalibama in die augen / ein dem ansehen nach fürnemer herr / der mit großer begleitung vieler bedienten auf das schloß der Königin von Ninive zuritte. Seine gestalt und gutes wesen name sie so sehr ein / daß sie / begierig ihn zu kennen / ihn ganz genau betrachtete. Er war so majestätisch von person / als heroisch von gesichte. Sein haubt bedeckte ein köstlicher mit edelsteinen besezter bund / unter welchem sein liechtbraunes haar / welches in der sonne einen rötlichen schein hatte / gar dick und kraus herfür hienge. Seine feurige blaue augen / gaben seinen hohen geist gnug zu erkennen. Seine bekleidung zeigte zwar / einen kriegsman: dannoch ware sie so sauber und schön daneben / daß er dem frauenzimmer nicht misfallen kunte. Ahalibama ihn also betrachtend /rieffe der Timna und Aramena / daß sie kommen und diesen frömden auch sehen solten; und als sie / in gar ämsigem gespräche begriffen / verweilten / sagte sie ferner in scherz: es würde sie gewiß gereuen / wann sie diesen wackern helden nicht gesehen hätten.

Weil Ahalibama eine gar durchdringende stimm hatte / als fügte es sich / daß der frömde dieses hörete / und deswegen die augen hinauf warfe: da er dann die schönheit deren erkennend / die ihn also gelobet / sich gar tief neigte / und das mit so angenemer art / daß er / in dergleichen höflichkeiten erfahren zu seyn / [307] wol anzeigete. Wie aber inzwischen Timna und Aramena zu der Ahalibama gekommen / erkante die erste ihn also fort für den Fürsten Esau von Edom: worauf Aramena eilete / der Königin aufzuwarten / von der sie wuste / daß sie diesem Fürsten offentlich gehör geben würde. Also verließe sie die Timna bei der Ahalibama / und mit der Casbiane hinunter gehend / fande sie /im vorsaal vor der Königin gemach / alle Ninivitische Fürsten und die hofbedienten: da dann nicht lang hernach der Esau ankame / und von dem Barzes in der Königin zimmer gefüret wurde. Alles was Delbois und Esau / zeit ihres lebens / rümlich voneinander sagen hören / das bestätigten sie beiderseits in dieser ersten ansichtigung: massen der Fürst von Edom die Königin noch schöner befande / als er sie ihm eingebildet; hingegen seine person und angeneme art im reden und thun also hervor scheinen ließe / daß alles völlig mit dem bericht übereinstimmete / den man ihr von diesem helden ehmals gegeben hatte / daher sie von ihme ganz vergnügt bliebe.

Als er nun sein anbringen ihr kürzlich vorgetragen / und im übrigen aus den Hanoch sich beruffen hatte /thäte sie ihm eben die gute erklärung / die sie diesem seinem freund in Hemath für ihn gethan / ob sie schon selbst von dem König Beor mit einem krieg bedrohet wurde. Esau bliebe / vor diese zusage / der Königin ganz verbunden / und wuste nicht gnug worte zu finden / ihr dafür zu danken. Sie sagte unter andern zu ihme: es erkennet der Fürst von Edom / daß ich treu und aufrichtig in meiner freundschaft bin / da ich nicht / der Ahalibama und Timna zu lieb / die unrechtfärtigkeit ihrer anverwandten der Seirischen [308] Fürsten billige / und auch ihre personen wider alle welt zu schützen gedenke. Und weil ich weiß / wie es der Timna ergangen / als kan ich nicht ümhin / sie bei dem Fürsten von Edom / neben seinem sohn dem Fürsten Eliphas / wieder einzusönen.

Esau schluge / über diesen worten / die augen nieder / und sagte: die beide verdienten nicht / daß eine so große Königin ihrer gedächte. Sie wären die ursach alles seines ungemachs: das er zwar soweit vergessen könte / was die Timna beträffe / weil die so glücklich wäre / in der Königin gnade zu leben. Was aber den Eliphas anlangete / muste er bekennen / daß dessen verbrechen so groß sei / daß er ihm schwerlich von herzen verzeihen könte. Ich will dieses nicht sagen /(antwortete die Königin) daß der Eliphas nicht strafwürdig sei / weil er die ungnade eines so vernünftigen vatters auf sich geladen. Wann aber der Fürst von Edom ein wenig wolte betrachten / daß des Eliphas gröstes verbrechen die liebe ist / die ihn selber so mannigmal übermeistert hat: so solte ich fast mäinen /daß die übeldeutung sich in etwas verlieren würde. Seine wahl an der Fürstin Timna / welche warlich edel und tugendhaft von gemüte / ist nicht zu tadeln. Und sein heldenmut / den er seither im Ophirischen krieg erwiesen / hat ihm die allgemeine liebe des Assyrischen hofes zu wege gebracht: also daß ich fast sagen darf / der Fürst von Edom würde ihm selber schaden / wann er nicht an besagtem hof den dapfern Eliphas zum freund hätte.

E. Maj. sind des Eliphas so kräftige fürsprecherin /(gabe Esau zur antwort /) daß ich mich nicht entbrechen kan / dero zu gehorsamstem gefallen / alles zu[309] vergessen / was er und die Timna mir zu wider gethan haben. Diese erklärung / machte der Königin eine herzliche freude: die ihn versicherte / daß hinfüro Eliphas und Timna sich gegen ihme als gehorsame kinder erzeigen solten / und daß er / üm dieser wilfarung willen / ihren versprochenen beistand noch mehr und gewißer zu erwarten haben solte.

Wie er nun bald darauf seinen abschied genommen / ließe die Königin ihre Fürsten vor sich kommen /und offenbarete ihnen / wie sie dem Esau / wider die Fürsten von Seir / ihren beistand versprochen hätten: deswegen der Ardeus alsofort nach Ninive reisen müste / diese verheisene kriegeshülfe herüber zu füre. Der Ninias fiele gleich / ohne einige widerrede / der Königin bei: weil er seine macht in Ninive grösser hoffete / wann die Königin wenig kriegsvölker hätte. Der Barzes aber widerriete es gänzlich: einwendend /daß man sich nicht entblössen dörfte / da man des Beors Königs in Canaan bedrohungen besorgen muste. Ardeus riete auf geld: womit aber dem Fürsten von Edom nichts gedienet seyn kunte. Jothan vermeinte auch / man müste / bei diesen läuften / sich nicht schwächen: dem dann fast alle die andern beifielen. Die Delbois aber bliebe bei ihrer meinung / färtigte den Ardeus ab / und entbote zugleich dem ober-Statthalter dem Fürsten Peldas / daß der neue völker werben / und sich in gute verfassung stellen solte. Weil demnach keine zeit zu versäumen war / als muste der Ardeus noch denselbigen tag abreisen.

Diese kriegshülfe wurde gleich überall ruchtbar /also daß es auch dem Statthalter und dessen gemalin[310] für ohren kame: die dann solches mit großem leidwesen vernamen / massen sie es / gegen der Ahalibama /folgenden tags gnugsam bezeugten. Dann / als dieselbe sie zu besuchen kame / beklagte sich die Statthalterin gegen ihr / wie die Königin von Ninive das haus Seir auszurotten suchete: massen sie ohn allen zweifel den König von Assyrien / ihren herr vattern / zu gleichmäsiger entschließung bewegen würde. Meine mume (sagte Ahalibama hierauf /) ist unserem hause gar zu geneigt / indem sie / die betrachtung unsers wolergehens / ihrer eignen freunde sich lässt vergessen machen / und lieber ihren schwägern als blutsverwandten gutes gönnet. Ob zwar der Esau meiner schwester sohn ist / (gab die Statthalterin zur antwort) so bin ich ihme doch von herzen feind. Er hat fürdiesem / sowol meinem herrn / als meiner schwester /sehr viel zuwider gethan / also / daß sie wenig ursachen haben / ihn zu lieben. Es hat auch sein bruder /üm seinem zorn zu entweichen / bei meinem bruder in Mesopotamien schutz suchen müssen. Was aber die Seirische fürsten betrift / bin ich schuldig / deren bästes jederzeit zu wünschen: welches ich auch thun /und / da wir nicht öffentlich dörfen / ihnen heimlich mit geld beispringen will. Auf gleichen schlag redte auch der Mamellus / der sich daneben nicht gnug verwundern kunte / daß die Königin gleich zum erstenmal dem Fürsten von Edom so ungemeine gnade erwiesen; dessen ursach aber Tharasile wol zu errahten vermeinte / sagend: wiedaß die schwiegertochter bei der Königin alles vermögte. Ahalibama wuste nicht /wen sie durch diese schwiegertochter verstünde /mochte auch nicht darnach fragen.

[311] Sie wolte eben wieder hinweg fahren / als der Fürst von Edom sich bei dem Statthalter anmelden ließe /daß er kommen wolte / ihm aufzuwarten. Wie unangenem diese besuchung dem Mamellus war / so dorfte er dannoch solche nicht ausschlagen: dann er ihn / ungeacht des widerwillens / so er zu ihm truge / wegen seines großen rums und dapfern namens verehren muste. Als er demnach den Esau zur antwort wissen lassen / daß er seiner warten wolte / begabe sich die Statthalterin mit der Ahalibama in ein nebenzimmer: da es dann nicht lang anstunde / daß der Fürst von Edom ankame. Sie hatten in langer zeit einander nicht gesehen / seit daß eine entzweiung / auf dem gebirge Seir in den warmen bädern / zwischen ihnen fürgegangen: weil nun inzwischen der groll bei ihnen beiderseits geblieben / als ginge auch diese begrüßung sehr kaltsinnig ab. Esau befohle / sich und seine angelegenheit / dem Mamellus aufs bäste: mehr von höflichkeit und wolstand / als von gutem vertrauen / dazu angetrieben.

Nachdem ihm von dem Statthalter auf gleiche weise begegnet worden / verlangte er auch seine mume die Tharasile zu sprechen: weshalben der Mamellus ihn in das zimmer zu ihr brachte. Weil Ahalibama sich nicht mogte dabei sehen lassen / als eilete sie durch die hinterthür hinweg / und wolte nach haus fahren. Sie wurde aber von der Tharasile kammerjungfrau / die vom gebirge Seir bürtig war / und sie vor diesem zu Dedan gekant hatte / so lang aufgehalten / bis der Esau seine begrüßung bei der Tharasile abgeleget. Als er nun / nach genommenem abschied /wieder zu pferd sitzen wolte / erblickte er diese Fürstin / wie sie [312] eben auch nach ihrem wagen zuginge. Er erkante sie gleich für die jenige schönheit / die er den vorigen morgen / auf dem dach des palastes der Königin von Ninive / gesehen hatte: darüm wolte er sich /aus ehrerbietung / nicht eher auf sein pferd setzen /bis sie hinweg gefahren wäre. Als aber Ahalibama dieses merkete / gebrauchte sie sich gleicher höflichkeit / und ließ ihren fürer halten: mir ihren gebärden anzeigend / daß sie sich nicht voran aus dem palast begeben würde. Der Fürst von Edom ginge hierauf zu ihr / sie darüm zu bitten: daß sie doch lange nicht thun wolte / sich damit entschüldigend / daß sie in diesem haus keine frömde wäre. Endlich aber / als sie seine beständige meinung sahe / sagte sie: sie müße diese unhöflichkeit / auf seinen befehl / begehen; und ließe damit fortfahren / nachdem sie ihn zuvor gegrüßet hatte.

Esau ganz vergnügt / daß er dieses über sie erhalten / ware begierig / ihren namen zu wissen. Als er nun solchen bei des Mamellus edelleuten erkündiget /und vernommen / daß sie seiner ehmals-geliebten Poliphide tochter wäre: entfande er in sich ja so grosse regung / dieser Prinzessin gewogen / als ihrem hause feind / zu seyn. Damit begabe er sich wieder nach seiner wonung / alda er den Saleph / einen seiner vertrautesten bedienten / an den Fürsten von Caphtor den Prinzen Ahusath abfärtigte / demselben das von der Ninivitischen Königin erlangte hülf-versprechen zu berichten. Hinauf machte er ferner sich bereit / die Königin von Tyro / die von Elam / den Prinzen Tiribaces / und alle große in Damasco / zu besuchen. Weil er auch verspüret / daß die Königin von Ninive die Timna sehr liebete / wolte er darinn gleichfalls seine [313] schüldigkeit bezeugen / und die Königin in gutem willen gegen ihm zu erhalten / entschloße er sich / diese Fürstin den folgenden tag ansprechen. Dieses sein fürhaben eröffnete er dem Azron / seinem waffenträger: der dann über diesen unverhoften entschluß ganz erfreuet / seinem herrn fusfällig dankete /und dabei / daß der Fürst Eliphas / dem er von kindheit an ware bedient gewesen / und deswegen ihn sehr liebte / gleichmäsige gnade erhalten würde / sich hoffend vermerken ließe. Der Fürst von Edom stärkete ihn / in dieser hofnung / daß nämlich dem Eliphas ebenfalls alles vergeben seyn solte.

Nachdem er nun gegen abend nach hof sich verfüget / da er die drei Königinnen in deren von Tyro palast beisammen angetroffen / die ihme ingesamt große höflichkeit erwiesen: schickete er den Azron hin / der Fürstin von Seir seine morgige besuchung anzumelden. Dieser / als ein frömder / die wonung der Timna in Damasco nicht wissend / fragte bei allen / die ihm begegneten / nach dem hause der Fürstin von Seir: da man ihn dann nach der Ahalibama palast hinwiese /als welcher iederman bekant war. Wie er nun daselbst / durch den Jothan / der Fürstin von Seir anzeigen lassen / daß sein herr morgen zu ihr kommen wolte / und die ihr-gelegene stunde zu wissen begehrete: bekame er zur antwort / daß sie des folgenden abends seiner erwarten wolte. Als nun diese ernennte zeit angekommen / begabe er sich dahin / von dem Azron gefüret /vermeinend / die Timna zu sprechen. Wie er aber in das gemach zu der Ahalibama eingetretten / erschracke er nicht wenig / als er diese schöne an stat der Timna antraffe. Er ward so verwirret / daß [314] er nicht wuste / was er sagen solte / und finge mit so dunkelen worten an zu reden / daß Ahalibama seine gemüts-bewegung gnugsam an ihm verspürete. Er erholete sich aber bald wieder / weil sich dergleichen verwirrte händel öfters mit ihme begeben hatten.

Sie lenkte das gespräche auf den Seirischen krieg /und sagte: Sie hätte sich solcher ehre von ihm nicht versehen / indem ja das unglück wolte / daß ihre blutsfreunde seine ärgste feinde worden: und mache er hiemit deren schuld nur größer / da er sich so höflich gegen ihr erwiese / und doch so viel übels von ihnen erlitten hätte. Die gütigkeit der Prinzessin Ahalibama / (gabe er zur antwort /) ersetzet vollkömlich alles das jenige / so mir die ihrigen zu wider gethan: und schätze ich mich in meinem unglück noch seelig / daß sich eine person vom Seirischem hause findet / die hierinn bässere gedanken fassend / mir die gnade / sie anzusprechen / nicht versagen wollen; da ich solches ja so wenig / als der Seirischen Fürsten haß / verdienet. Mich wird aber das lezte nicht hintern / das erste mit ewiger dankbarkeit zu erkennen / und mich den allerverbundesten der schönen Ahalibama zu nennen.

Der Fürst von Edom / (sagte sie darwider /) hat nicht nötig / mir zu danken / wegen dessen / was er aus angeborner höflichkeit von mir begehren wollen: und habe ich von ihm diese besuchung gerne angenommen / die mich auch hoch erfreuen würde / wann sie zu etwas dienlich / und ich tüchtig oder würdig könte erfunden werden / das diesem blutigen krieg steuren mögte. Die schöne Ahalibama (antwortete er /) kan mit ihrem kräftigen wunsche viel thun; und wann sie mir die versicherung gibet / mich deswegen[315] nicht zu hassen / daß ich gezwungen das schwert wider die ihrigen ausziehe / so schaffet sie überflüßig viel gutes bei dieser unruhe. Diese versicherung (versezte sie /) kan ich nicht geben: weiß auch nicht / zu was ende? Zu diesem ende / (sagte er /) daß ich / bei vergwißerung solcher gunst / halb zu frieden seyn /und für mein recht nicht mehr so eifrig streiten werde: und daß also / in nachlassung meines eifers / mein erfolglicher tod dem lande Seir den frieden wieder bringen kan.

Also teur / (wandte Ahalibama ein) begehre ich diesen frieden nicht zu kaufen. Ich weiß auch wol /(fügte sie lächlend hinzu /) daß diese begehrte versicherung meiner freundschaft / keines wegs solche wirkung haben kan. Solte das aber seyn / so wolte ich lieber dieselbige niemals geben / als dadurch an dem tode des dapfern Fürsten von Edom schüldig werden. Wenn mir diese gunst entzogen würde / (wiederholetn Esau /) so müste ich des todes seyn. Ich schätze auch diese tage / da ich so unverhoffte gnade genossen /viel höher / als alle meine glückseligkeiten / die mir iemals mögen widerfahren seyn. Worinn dañ / (fragte sie) hat diese gnade bestanden? Daß ich nicht allein vor wenig tagen / (antwortete er /) von dem schönsten mund gegen dem frauenzimmer der Königin von Ninive oben auf ihrem palast / mein unverdientes lob aussprechen / sondern auch iezt so gütige worte vernemen können. Ahalibama / etwas hierüber beschämet / wolte dieses nicht beantworten / und brachte ihn auf ein anders gespräche: worauf er bald seinen abtritt name / so vergnüget / das unrechte haus also getroffen zu haben / daß er dem Azron diesen seinen fehler nicht verwiese.

[316] Er begabe sich aber nach dem großen Königlichen garten / weil man ihn berichtet / daß alda die Königin von Ninive sich befände: wie er dann / neben der schönen Delbois / den ganzen Ninivitischen hof daselbst antraffe. Die Königin ersahe ihn nicht sobald /da bote sie ihm die hand / sich von ihme füren zu lassen / und muste er sie / diesen ganzen abend hindurch / mit allerhand gesprächen unterhalten: und iemehr diese Königin mit ihm ümginge / iemehr ihre hochachtung gegen ihm zuname. Wie endlich die eintretende nacht diese ihre vergnügung geendet / und der Fürst von Edom die Königin in ihren palast begleitet /ersahe er / unten am thor / die Fürstin Timna stehen /welche nach ihrem haus fahren wolte. Demnach ergriffe er diese gelegenheit / sie anzusprechen / und sagte heimlich zu ihr: Ich habe meine schuldigkeit noch nicht ablegen können / der schönen Timna aufzuwarten / und ihr zu danken für die gute beförderung meiner angelegenheit am Ninivitischen hof / ohne welche ich vielleicht nicht so guten zutritt erlangen mögen. Timna / so bereits von der Königin erfahren /daß sie bei ihm ausgesönet wäre / gabe ihm zur antwort: der Fürst von Edom kan selber durch seine hohe tugenden / ohne einiges menschen beförderung / alles erlangen. Ich mögte aber wünschen / daß er an mir erkennen könte / wie sehr ich ihm eigen bin / und wie begierig / alles das wieder gut zu machen / was etwan vormals zu verdruß begangen worden. Davon wollen wir nicht mehr gedenken! (widerredete Esau /) die liebe entschüldiget solches alles. Ich bin erfreut über der glückseelgkeit meines sohns / und wil solche künftig mehr befördern als verhintern.

[317] Hiermit fürete er sie zu ihrem wagen / weil er an dem ort / in gegenwart so vieler ümstehenden / nit wol länger mit ihr sprechen kunte; und versprache er ihr / sie den folgenden tag zu besuchen. In dieser hofnung schiede sie von ihm / und ihr haus erreichend /traffe sie alda den Cimber an: der / wegen seiner wunden / bisher noch nicht von haus geko en war / nunmehr aber sich in dem zustand wieder befande / morgenden tags bei hof zu erscheinen. Der Tubal und Ahusath waren bei ihme / und der lezte reisfärtig / noch dieselbe nacht seinen weg nach Gerar zu nemen: weswegen er von der Fürstin von Seir abschied name /und sich ihr bäster massen anbefohle. Cimber wartete der Timna hierauf noch ein weile auf / und vername von ihr / was bei hof fürliefe. Wie er sie endlich verlassen / und sich bei seinem freunde Tubal allein sahe / stellete er ihm vor / die morgige glückseligkeit / da er die Delbois sehen würde: darinn seine ruhe suchend / was ihme doch die höchste unruhe brachte.

Es wolte aber dieselbe nacht kein schlaff in seine augen / deshalben stellete er sich mit dem Tubal an das fenster: da er dann / mit ihme seinen zustand überlegend / beschloße / bevor er sich morgen bei hof öffentlich sehen ließe / der Prinzessin Ammonide zu zusprechen / damit er / dieselbe auf seine seite bringend / auser aller gefahr bleiben möchte. Unter solchem gespräche wurde sie beide gewar / daß zween wägen voll frauenzimmer gefahren kamen / die sich als reisende angekleidet hatten. Wie sie nun nicht ferne mehr von ihrem hause stillgehalten / vernamen sie aus den reden ihrer bei sich habenden / daß sie sehr nach einer herberg verlangte / und sie nirgends wolten aufgenommen [318] werden. Beides ihre angeborne höflichkeit gegen dem frauenzimmer / und ihre diensthaftigkeit gegen alle notleidende / erweckete gleich in ihnen gegen diese frömde ein großes mitleiden. Wie sie aber ferner ihnen zusahen / und unschlüßig waren / auf was weise man ihnen dienen könte / kamen etliche aus einem haus an den wagen / boten ihnen ihre wonung und dienste an / und sagten / daß sie für sie und ihre pferde gute bequemlichkeit hätten / und sie also wol bei ihnen einkehren mögten. Ihr anerbieten /wurde mit freuden von den reisenden angenommen: da sie dann / vom wagen steigend / weil der mond gar hell schiene / sich dem Cimber und Tubal völlig zeigeten. Viere unter ihnen / denen die andern große ehre erwiesen / waren so fürtreflich schöne / daß der Cimber / ungeacht er die vollkommenste schönheit stäts in seinem herzen vor sich sahe / sich über diese verwundern muste. Zwo vermeinte er zu kennen: weil sie aber geswind fürüber gingen / wolte sein gedächtnis nicht völlig ihm beistand leisten / daß er ihrer namen sich hätte erinnern mögen.

Wie nun diese reisende in das haus sich begeben hatten / und es eine gute weile auf der gassen wieder ganz stille gewesen: kame unvermutlich ein leerer wagen daher gerannt / welcher vor diesem hause still hielte. Ein ansehnlicher ritter / der vor dem wagen hergeritten / gienge in das haus: welcher bald darauf /nachdem sich ein klägliches geschrei dariñ erhoben /eine dame / die sehr erbärmlich rieffe / heraus truge /sich mit ihr auf den wagen setzete / und / ungeacht der zurückbleibenden einrede und geschrei / mit ihr davon fure / von vielen zu pferd begleitet. Den dapfern Cimber [319] dünkte es eine unmüglichkeit / diesen raub mit anzusehen / und nicht zu bestraffen. Demnach eilete er /neben dem Tubal / mit entblöstem gewehr / auf die strassen. Durch sonderbare schickung des himmels /liefe ein rad von dem wagen ab / daß sie also stillhalten musten: auser welchem zufall / der Cimber sie unmöglich hätte einholen und erreichen können.

Er rieffe gleich dem ritter zu / der die dame entfüret: er solte derselbigen die freiheit wieder geben /oder sich seiner haut wehren. Hierauf sprunge dieser frömde alsofort aus den wagen / der sein gewehr blößend / zu dem Cimber sagte: du seist / wer du wilst /so solst du deine frechheit mit deinem blut bezahlen. Hiermit ginge er so eiferig auf ihn los / daß der dapfere Cimber bald vermerkte / daß er mit keinem gemeinen ritter zu thun hätte. Demnach fassete er alle seine kräfte zusammen / und machte diesem frömden soviel zu schaffen / daß der / an unterschiedlichen orten verwundet / schon zu weichen begunte: als ihm die seinigen beisprungen / und ingesamt auf den Cimber und Tubal losgingen.

Es hätten aber diese beide / ungeacht ihrer unbeschleiblichen dapferkeit / unter der menge endlich erliegen müßen / wann nicht / das geschrei und getümmel dieses gefechtes / den Statthalter Mamellus mit seiner gesamten leibwacht dahin gebracht hätte: welcher einen aufstand befahrend / gleich nach erlangter zeitung von diesen lärmen / zu pferd gestiegen / und aller ungelegenheit vorzukommen sich herzu machete. Mit verwunderung / sahe er diese beide wider einen so großen haufen fechten / und sich wehren. Nachdem er ihnen friede geboten / begehrte er die ursach dieses[320] ungleichen streites zu wissen. Cimber berichtete ihn mit wenigem / wie er und sein freund eine dame erretten wollen / die dort auf dem wagen sich befinde / und von gegenwärtigem ritter und dessen bei sich habenden / wider ihren willen / wäre entfüret worden. Des Cimbers gegenteil war so voller wunden des leibes /und schmerzen des gemütes / daß er auf diese rechtmäsige beschüldigung nicht antworten konte. Mamellus befahle / daß man ihn mit seinen bei sich haben den / soviel derer noch lebten / wol verwahren solte. Er selbst aber ginge / mit dem Cimber und Tubal /nach dem wagen / da sie die erschrockene dame fanden. Nachdem er diesen unfall / der ihr an dem orte /da er zu befehlen hatte / begegnet / sehr beklaget /hörte sie ihre freiheit neben seinen diensten ihr ankündigen: weswegen sie sich / nicht allein gegen dem Mamellus / sondern auch nachgehends gegen dem Cimber und Tubal bedankte / uñ das mit so angenemer art / daß man hieraus ihren verstand / so wol als vorher ihre schönheit / bewundern muste. Sie verlangte aber sehr nach ihren gespielinnen / die sie zurücke lassen müssen. Demnach / als der Mamellus sie aus dem zerbrochenen wagen gehoben / und Cimber zu dem haus ihme den weg gezeiget / kamen sie dahin /und fanden die andere annoch so bestürzet / als sie nun erfreuet wurden / ihre freundin aus der gefahr errettet zu sehen.

Indem erkennte der Cimber / unter ihnen / die eine für die Prinzessin Cölidiane von Salem / und die andere für ihre schwester: daher er sich ihnen zu erkennen gabe / und ihnen beiderseits den rock küssend /seine verwunderung / sie allhier so unvermutet zu finden / bezeugete. Cölidiane / den jenigen ersehend /der [321] ein so großer freund des Abimelech ware / kunte nicht anderst als erfreuet den Cimber entfangen /zumal hoffend / daß der Prinz von Gerar vielleicht auch in Damasco sich befinden würde. Was sie aber hoffete / das genosse würklich / durch diese gegenwart des Cimbers / die Jaclinde ihre schwester: die dann fast ganz aus sich selber / diesen teutschen Fürsten innigst bewilkommete. Durch diese ihre wechsel-begrüßung erfuhre nun der Mamellus / wer sowol diese beide damen / als der dapfere ritter wäre.

Cölidiane / als sie vom Cimber vernommen / daß er Mamellus der Statthalter in Syrien wäre / sagte zu ihm: Gott lässet uns / nach ausgestandenem ungewitter / eine schöne freuden-sonne scheinen / indem wir den Prinzen Mamellus sprechen / und ihn üm schutz anruffen können. Die hofnung / diesen allhier in Syrien und fürnemlich in Damasco zu erlangen / hat genwärtige Prinzessin von Egypten / (hiermit zeigete sie auf die / so entfüret worden /) wie auch die Prinzessin von Ophir / neben meiner schwester und mir / zu der entschließung gebracht / aus Canaan der unsinnigen wut des tyrannen Beors hieher zu entfliehen: allwo wir wissen / daß erbarmung und gerechtigkeit wonet. Die unvergleichliche Königin von Ninnive / wird uns so wenig / als der Prinzessin Ahalibama / ihren schutz versagen: welches wir ebenfalls von den Königinnen von Tyro und Elam / wie auch von dem grosmütigen Mamellus / hoffen / der gleich durch diese erste that erwiesen / wie sehr er sei ein beschützer des frauenzimmers.

Mamellus / der ganz unwissend lebete / was ihnen in Canaan widriges begegnet / sonderlich aber über[322] die anwesenheit der Prinzessin von Ophir und Egypten sich nicht genug verwundern kunte / entfinge sie allerseits mit der höchsten ehrerbietung / sie ingesamt seiner gehorsamen dienste versicherend. Als er darauf den Prinzen Cimber und den Tubal auch begrüßet /bote er denen Prinzessinnen seinen palast an / das übrige der nacht darinn zuzubringen: bis morgen bässere anstalt / sie ihrem stand gemäs zu bewirten / könte gemachet werden. Dieses namen sie ganz gern an /weil in dem hause / darinn sie also gefäret worden /sie ihr nicht ferner zu bleiben getrauete. Demnach wurden ihre wägen angespannet / und folgeten sie sämtlich dem Mamellus: da dann der Cimber / weil er diese Prinzessinnen nicht wol verlassen kunte / bis an den andern morgen bei ihnen verbliebe. Er hatte in dem gefechte etliche geringe wunden am arm bekommen: die ihm aber / als er sie verbinden lassen / ganz nicht hinterten / den folgenden tag auszugehen.

Tubal aber befunde sich etwas schwächer / welcher mit dem morgen nach der Fürstin Timna palast wiederkehrend / die ihrentwegen in nicht geringen sorgen gewesen / berichtete / was ihnen begegnet / und wie sie so unvermutlich die vier Prinzessinnen angetroffen. Weil nun dieses die Timna nicht wenig befrömdete / sonderlich die ankunft der Prinzessin Cölidiane: als ward sie begierig / ein mehrers hiervon zu erfahren / und verlangete deshalben sehr / nach hof zu kommen. Weil aber der Fürst von Edom sie besuchen wolte / muste sie dessen erstlich erwarten: der dañ auch nicht ermangelte / sich bald bei ihr einzufinden. Es wurden bei so heißer jahreszeit die morgen- und abend [323] stunden zu den besuchungen angewendet / da man sonsten die übrige tages-stunden zu haus verbliebe. Weil in Damasco bereits überall erschollen war /daß so viele frömde Prinzessinnen angekommen /auch von der wacht bei einer sonderbaren begebenheit in der stadt entfangen worden: als sprachete auch Esau mit der Timna hiervon / und erwiese gleiche begierde / die ursach ihrer ankunft zu vernemen.

Nachdem er ihr nochmals bezeuget / daß er nun mit seinen sohn und ihr völlig ausgesönet wäre / und ihr /so bald sein geräte nachkommen würde / alle die kleinode / so dem Eliphas zugehöret / und er bei seiner flucht hinter sich gelassen hatte / wieder einsenden wolte: fuhren sie mit einander gen hof / üm dem entfang der frömden Prinzessinnen mit beizuwonen. Der Königliche vorhof ware dieser ursach halber so voller leute / daß sie kaum hindurch kommen konten. Wie sie aber in der Königin von Tyro palast eintraten / fanden sie bei ihr die Königiñen von Ninive und Elam: welche alle ein ungemeines verlangen erwiesen / diese Prinzessinnen bald zu sehen. Ahalibama hatte / aus gleichmäsiger begierde / insonderheit die Prinzessinnen von Caphtor zu sprechen / sich eingefunden. Die schöne Delbois fülete / bei aller freude / über der Gottseeligen Cölidiane anwesenheit / einige unruhe / die sie zu vielen malen die farbe verändern machte.

Wie sie nun merkete / daß die Timna solches in acht genommen / lächelte sie dieselbige an; und weil eben die Königin von Tyro mit dem Fürsten von Hus / und die Königin Lantine mit dem Elihu redete / der Esau aber sich zu der Ahalibama gesellet hatte / zoge sie dieselbe zu sich / und sagte heimlich: hat nicht die [324] Fürstin Timna mich im verdacht / daß ich die eiversucht mich quälen lasse? Ich müste es fast selber fürchten / wann ich nicht in diesem fall mich all zu wol kennete. Ich liebe die unvergleichliche Cölidiane / wiewol ich sie noch nicht kenne / mit so reinem herzen / daß meine freude / sie zu sehen / unbeschreiblich ist. Mich tauret aber dabei / daß sie so unschuldig diesen liebet / der aus blinder wahl mich ihr fürgezogen / und sie also mich für ihre mitbulerin achten muß: daher ich sorge / ich werde ihre freundschaft nicht volkömlich erlangen. Dieses / mäine ich / sei die ursach meiner heimlichen unruhe / die ich nicht so wol bergen kan / daß ihr / lose schälkin! dieselbe nicht soltet an mir gemerket haben. E. Maj. nichtes zu verhelen / (antwortete Timna /) so muß ich gestehen /daß dieselbe ich fast in dem verdacht halte / es werde ihr hierbei ergehen / als ich von meinem gemüte würde urteilen / wann ich solte eine dame sehen / die meinen Eliphas liebete. Warum sol man aber (wandte die Königin ein) die jenigen hassen / die mit uns gleichen sinn haben / das / so uns lieb ist / auch zu verehren?

Als die Timna hierauf wieder antworten wolte /kame der Cimber in das gemach / die Prinzessin von Ammon hinein fürend: welcher dañ mit seinem sonderbaren majestätischem wesen aller augen auf sich wandte / zumal ihn bei hof sonst noch niemand kennete / weil er bisher wegen seiner wunden sich inngehalten hatte. Die Königin von Tyro fragte gleich / wer dieser ansehnliche ritter wäre? Als ihr ihn nun die Königin von Ninive genennet / und sie ihn für des großen Marsius nahen anverwandten erkennet / erwiese sie ihme große ehre / wie ihm auch ferner [325] von allen den anderen widerfuhre. Weil auch die Königin von Ninive von der Timna verstanden / daß dieser Prinz die Prinzessin von Egypten / diese nacht / von ihrer entfürung errettet / sagte sie solches der Königin van Tyro: daher von ihr und allen anwesenden sein lob ausgebreitet wurde. Vor andern entfunde der Fürst von Edom eine sonderbare hochachtung für seine person / die dann der Cimber mit aller gegen-verehrung erkeñete / weil sie beide / als freunde ihres liebsten Abimelech / einander ansahen.

Nicht lang nach diesem / kamen auch die vier frömde Prinzessinnen / von dem Mamellus und der Tharasile einbegleitet / in das Königliche gemach: die dañ aller anwesendes augen auf sich zogen / und wegen ihrer großen schönheit von jederman bewundert wurden. Aramena erkennete gleich die Prinzessin Amesses / die ihr in Egypten ehmals ware bekant gewesen. Die erste von diesen vieren hatte sich schlecht angekleidet / und erwiese in allen dingen / wie wenig sie ihrer selbst achtete. Sie ließ ihre tiefe traurigkeit merklich spüren / hatte die augen voll wasser / und zeigte die wangen ganz erblasset: doch schiene / unter allem diesem gewölke / ihre schönheit dermassen herfür / daß sie fast keiner von den andern hierinn wiche. Die / so ihr zu nächst folgete / ware / ob sie gleich auch betrübt schiene / doch eines freiern wesens / und lebhafter von farbe. Die dritte / vergliche sich viel der schönen Königin von Ninive: deren augen zwar weniger majestät / doch so viel frömmigkeit / von sich blicken ließen. Die vierte schiene so lustigen gemütes und so vergnügt zu seyn / daß ihr munteres wesen ihrer schönheit nicht wenig zu vorteil kame.

[326] Sobald die Königin von Tyro die erste erblicket /hielte sie die gleich / aus allen ümständen / für die unglückliche Prinzessin von Ophir: demnach erinnerte sie sich / sie anschauend / ihres großen verlustes /also daß ihr die tränen häufig aus den augen stürzeten. Sie hingegen / die betrübte Indaride / als ihr der Mamellus angezeiget / daß diese ihres Amraphels frau mutter wäre / fiele ihr zu füßen / und ihr solche küssend / ergabe sie sich dermassen den schmerzen / daß niemand im gemach ware / der sich derselben nicht mitteilhaftig gemacht hätte. Wie kan ich hoffen /(sagte sie / als man sie wieder aufgehoben) daß des Amraphel frau mutter ohne erzürnung mich ansehen werde / da ich ursach bin an dem tode dieses edlen Königs? Ach Prinzessin! (antwortete die Königin von Tyro) nicht ihr / sondern das grausame verhängnis ist es / das uns unser liebstes entzogen. Hiermit ümarmete sie die Indaride / als die braut ihres sohnes / mit recht-mütterlicher zuneigung / und überließe sie damit der Lantine: die ihres bruders liebste Prinzessin / mit nicht geringer liebs-bezeugung entfinge.

Die schöne Prinzessin Amesses / wurde hierauf von den Königinnen auch bewillkommet / und folgends die Cölidiane und Jaelinde: da die schöne Delbois und schöne Cölidiane / gleich als im spiegel / einander beschauend / bei dieser ersten entfahung nicht gnug ausdrücken konten / wie hoch sie einander liebten / und über dieser zusammenkunft sich erfreueten. Ahalibama ümfienge diese Prinzessin / uñ zwar nicht sonder tränen / weil sie ihr bei dieser ansichtigung fürbildete / alles was ihr zu Salem widerfahren ware.[327] Der Fürst von Edom seines Prinzens Ahusath und der Saradine kinder ersehend / funde auch seinen teil bei dieser allgemeinen freude.

Wie nun also diese schöne gesellschaft bei einander war / trate der betrübte Hadoran in das gemach: welchen die Indaride gleich ins gesicht bekame / und überlaut anhube zu schreien. Jederman entsetzete sich hierüber / nicht wissend / was der Prinzessin anläge. Hadoran aber / sie ersehend / liefe gleich zu ihr / und als er ihr den rock geküsset / vermochte er für wehemut ihr kein wort zu sagen: doch ließe er dabei eine vergnügung spüren / daß er sie also zu sehen bekame. Ach! edeler Hadoran! (sagte sie) mir ist euer leztes schreiben nur allzu wol zugekommen / und habe ich dabei das herrliche geschenke entfangen / so mir euer König zu bewahren vermachet. Es kunte auch / (antwortete Hadoran /) sein herz nirgend bässer beilegen /als bei der unvergleichlichen Indaride. Sie schwiegen aber hiemit beide / sowol weil der schmerz ihnen die rede hemmete / als auch / weil sie der gesellschaft mit ihrem klagen nicht verdrüslich seyn wolten.

Als hierauf Hadoran auch die Prinzessin von Egypten begrüßet / sagte er ihr / wiedaß er den Prinzen Armizar in Elam verlassen hätte / und dessen fürhaben in Ophir glücklich von statten ginge. Eine angeneme röte überzoge hiermit der Prinzessin Amesses wangen / die dann für sie antwortete. Als hiernächst die Königin von Tyro sich begierig bezeugete / eigentlich zu wissen / was der Amesses diese nacht begegnet wäre /sagte Hadoran: Ich habe iezt mit großem leidwesen erfahren / wer der jenige sei / so sich also an der Prinzessin von Egypten vergriffen. Weil er einer [328] von den fürnemsten Fürsten aus Elam ist / als hoffe ich / die fürbitte der Königinnen von Tyro und Elam / wie auch der Prinzessin Indaride / werde so viel fruchten bei der schönen Amesses / daß dem Prinzen Sadrach dieses verbrechen vergeben / und er seinem stande gemäs / bässer als jezt geschihet / möge gehalten werden.

Die Königliche personen / wie auch der Prinz Mamellus / entsezten sich / als sie vernamen / daß der Prinz Sadrach in haft gerahten: und weil dessen herr vatter in Elam alles vermochte / als sorgeten sie nicht unbillig / diese beschimpfung seines sohnes würde der jungen Königin von Elam nicht zu statten kommen. Des wegen sagte die Königin von Tyro zu der Amesses: ob ich gleich des Prinzen Sadrach beginnen ganz nicht billige / so hoffe ich doch / die Prinzessin von Egypten werde sich so gütig erweisen / und ihme dieses vergeben. Er wird ja nun ferner der schönen Amesses nicht schaden können / und wir allerseits versprechen ihr unsern beistand / sie wider ihn zu schützen. Er ist ein Prinz von einem großem haus in Elam / daher ich seine beschimpfung gern verhüten möchte. Ich wil hingegen bemühet seyn / dem Prinzen Armizar in seiner angelegenheit / dafern er meiner hülfe begehrt / wilfärigkeit zu bezeugen. Wann ich allhier sichern schutz habe / (antwortete die schöne Amesses /) sowol wider den Sadrach / als wider andere meine verfolger / so werde ich leicht können geschehen lassen / daß er seine freiheit wieder erlange: massen nicht ich / sondern seine eigene schuld / und die dapferkeit des Prinzen Cimbers / ihn in den stand gebracht hat / darinn er jezt lebet. Wie nun hierauf die drei Königinnen [329] ihr ihren schutz versprochen / gabe der Mamellus befehl / daß der Sadrach in ein anderes haus gebracht / und nach seinen wunden gesehen würde: da dann der Hadoran mit darbei seyn wolte /weil ihme an diesem Prinzen viel gelegen ware.

Die drei Königinnen / die Prinzessinen und Fürstinnen / wie auch der Prinz Tiribaces / Mamellus /Cimber und Esau / begaben sich hierauf zusammen in ein anderes gemach: üm alda etwas freier zu seyn und zu reden / als in so weitläuftiger gesellschaft. Weil sie aber alle gern wissen wolten / was für eine ursach diese Prinzessinnen so unvermutlich nach Damasco gebracht hätte: als erbote sich Cölidiane / im namen der anderen / sie dessen mit allen ümständen zu berichten. Demnach / als sie sich sämtlich gesetzet / und der schönen Prinzessin von Caphtor ein stilles gehör gaben / finge diese holdselige an / die ursach ihrer flucht von Salem zu erzehlen / folgender massen.

Ich setze auser zweifel / es werde keinem von meinen durchleuchtigen zuhörern unbekant seyn / was zu Salem unlängst mit dem beiden Prinzessinnen von Chaldea und Seir / als den bestimten bräuten des Königs und Prinzens von Canaan / sich zugetragen: da dieselben so unverhofft sich verloren / und dadurch bei uns allen eine große verwirrung verursachet. Ich sage dieses in gegenwart der Prinzessin Ahalibama /das diese ihre that uns allen viel ungemach und das folgende ausgestandene unglück zugezogen: ob ich gleichwol dabei sie für eine unschüldige ursach halten muß / und sie nicht zu verdenken ware / dessen ehebette fliehend / von welchem er so unbilliger weise eine [330] tugendhafte große Königin verstossen / und der dazu ursach gegeben hatte / daß sie ihr liebstes in der welt verlieren müssen.

Kurz vorher / ehe diese flucht der beeden Prinzessinnen lautbar worden / machete mich Gott so glücklich / gegenwärtige Prinzessinnen von Egypten und Ophir / neben dem Prinzen Armizar von Ophir /heimlich in Salem zu bewirten / also daß niemand ihres da-seyns innen wurde: dann sie / sich in meinen schutz vertrauend / darüm gebeten hatten / daß kein mensch etwas von ihnen erfahren mögte. Die ursach ihrer geheimen ankunft ware / daß die Prinzessin Amesses aus Egypten entfliehen müßen / weil der Pharao ihr herr vatter eine unnatürliche liebe auf sie geworfen / und sie zwingen wollen / aus seiner tochter seine gemalin zu werden: welches / wie es wider alle Göttliche und menschliche rechte laufet / also auch billig von ihr ausgeschlagen / und durch die flucht hintertrieben worden. Der Prinz Armizar / der sie mit bewilligung ihrer eltern von kindheit an geliebet / war ihr treuer gefärte auf dieser nötigen flucht-reise / und brachte sie / nach vielem ausgestandenen ungemach /in das Königreich Elam: da der Prinz Sadrach sie zu sehen bekäme / und ihre schönheit sich einnemen lassend / mit seiner häftigen liebe sie von dannen / und gedachter massen nach Salem / triebe. Sie kame mit ihres geliebten Prinzen schwester / gegenwärtiger Prinzessin Indaride: und vehoffete sie bei uns / für den König von Egypten / als auch für dem Sadrach /verborgen zu bleiben / bis das gerechte hi elsgeschicke dem Prinzen Armizar auf seinen vätterlichen thron wieder [331] verhelfen / und sie alsdann bei ihme einen beständigen sichern aufenthalt haben könten.

In solcher hofnung / reisete Armizar heimlich von Salem hinweg: da er dann unterwegs einen brief an seine Prinzessin / einem unserer bedienten / der sich Sephar nennete / zustellte / darinn er nochmals von ihr abschied name / und meiner dabei erwehnete. Dieser brief wurde verloren / und kame in des Prinzen Hemors hände: der dann / als wenig tage hernach seine und des Königs braut in ihren gemächern gemisset wurden / ihm einbildete / ich hätte den beiden Prinzessinnen davon geholfen. Hiermit verursachete er / daß der König von Canaan / durch ernstliches nachfragen / von mir nicht allein erfuhre / daß ich heimlich in Salem zwei damen bewirtete / sondern auch sie selber zu sehen bekame / wiewol ich ihren stand und namen ihm nicht melden wolte. Hierdurch nun wurden meine beide gäste / ob sie gleich unbekant blieben / doch offentlicher in Salem bewirtet /und musten / auf meines vettern des Königs Melchisedech befehl / andere gemächer beziehen / da sie vorher in einem garten-gewölbe vor lieb nemen müßen. Wie nun der König Beor sahe / daß diese beide Prinzessinnen nicht die jenigen waren / die er suchete /ward er ganz ungedultig / und einen sonderbaren haß auf mich werfend / dessen ursach er doch nicht zusagen wuste / zoge er unwillig von Salem hinweg / nach Sichem.

Es stunde nicht vierzehn tage an / da höreten wir von allen orten her / wie der König Beor stark werben ließe / und daß er von Hemath aus erfahren habe /wiedaß die Prinzessin Ahalibama bei der Königin von Ninive sich aufhielte: weswegen er mit gewafneter[332] hand in Syrien gehen / und seine braut wieder holen wolte. Wir erfuhren ferner / wiedaß ein abgesandter aus Egypten nach Sichem gekommen wäre / welcher begehrete: der König Beor mögte dem Pharao seine tochter wieder schicken / weil er glaubhaft berichtet worden / daß sie sich heimlich in Canaan befinde; widrigenfalls würde er sie mit den waffen holen müßen. Wie sehr wir hierüber erschrocken / ist leicht zu ermessen: sonderlich / als man uns dabei sagete /daß der Beor des Pharao freundschaft zu erhalten begehre / weil er / wegen seines fürhabenden kriegs wider Syrien / keinen so mächtigen feind reitzen dorfte. Die erschrockene Prinzessin Amesses / wuste so wenig auszusinnen / wer sie in Egypten verrahten hätte / als wie sie dieser gefahr entrinnen solte. Endlich beschlossen wir / ihr da-seyn dem König Melchisedech zu offenbaren / welcher noch nicht wuste / wer meine gäste waren. Dieser König bekümmerte sich nun nicht wenig / daß er / der Amesses / wie er gern wolte / zu rahten / kein mittel zu erfinden vermochte /um sie bei sich in fernerem schutze zu haben / wann der tyrannische Beor erfahren solte / daß sie zu Salem wäre.

Wie wir noch in dieser sorge stunden / kame der Fürst Beri / des Königs Beor bruder / neben dem Egyptischen Abgesandten, unversehens nach Salem: weil dem Beor beigefallen war / daß ich zwo frömde damen bewirtet / und also argwänete / ob nicht deren eine die Amesses seyn mögte. Wie der Abgesandte zu dem Melchisedech aufgeholet wurde / erkennte ihn die beängstigte Amesses / neben mir durch ein verborgenes fenster schauend / für den Petosiris / von [333] dem der König ihr herr vatter allemal sehr viel gehalten. Ihr ängstliches wehklagen / dessen ich mich auch mit-teilhaftig machete / daurete so lang / bis wir den betrübten Melchisedech sahen zu uns kommen. Dieser erzehlte uns das anbringen des gesandten / welches wir ohnedas schon errahten hatten / daß nämlich er neben dem Beri darauf dringe / man solte ihnen die zwo damen / so sich bei mir aufhielten / vor gesicht kommen lassen: um zu erfahren / ob nicht diese / die sie sucheten / allhier zu finden wäre. Die Prinzessin Amesses / so des Melchisedech ferneren bericht nicht auswarten konte / fiele ihm zu fuß / und sich erbärmlich anstellend / bate sie ihn / daß er sie in dieser gefahr nicht verlassen wolte. Der König ware / solches zu thun / von selbst gesinnet: massen sein Gott-frommes gemüte ihm nicht zuließe / an dieser trostlosen Prinzessin das recht der bewirtung zu brechen / vielweniger befördern zu helfen / daß der König von Egypren sein sündliches beginnen vollfürete. Wie er sie aber schützen solte / das war ihme ein großes anligen. Hätte er sie mit gewalt verteidigen wollen / wäre es zu einem kriege gekommen: womit er aber seine arme unterthanen / die er sehr liebet / nicht verderben wolte. Endlich ward er entschlossen / selber nach Sichem zu reisen / und sich zu bemühen / wie er den Beor auf andere gedanken bringen möchte. Ob wir nun wol von diesem fürhaben wenig gutes hoffeten /so gabe es uns dannoch etwas zeit und luft / bässer auszusinnen / wie diesem unheil zu entgehen seyn mögte. Also zoge der gute König mit den Beri und Petosiris hinweg / die nicht ferner / wegen der beiden Prinzessinnen / auf [334] ihn dringen dorften / weil er ihnen sagte / daß er selber dem Beor die antwort überbringen wolte.

Als der König Melchisedech Sichem erreichet /fande er allda den Prinzen Bileam von Hemath / der vom gebirge Seir gekommen war / und nach seinem Königreich wiederkehren wolte. Dieser erste widerliche anblick / machte ihm gleich von dem übrigen nichts gutes schwanen: und wurde er auch von dem Beor so kaltsinnig entfangen / daß ihm all hoffnung entgienge / etwas gutes auszurichten. Er unterließe aber deshalben nicht / dem Beor auf das beweglichste zuzureden / daß er doch nicht die große ungerechtigkeit begehen / und eine verlassene Prinzessin / aus ihrer gewarsame / einem gottlosen vatter überliefern wolte. Er richtete aber damit nichtes anders aus / als daß der Beor nur desto eifriger auf ihn drunge / die Amesses herauszugeben.

Hierzu kame noch / daß der Bileam / so mich vor vilen zeiten her mit seiner liebe verfolget / wegen vieler ursachen aber daß Melchisedech und meine abschlägige antwort bekommen hatte / dieserwegen bei dem Beor üm hülf ansuchete: mit dem erbieten / daß /wañ dieser König mich in seine hände liefern würde /er hingegen die Ahalibama / mit list oder gewalt / der Königin von Ninive abzudringen / und sie ihme nach Sichem zu verschaffen / verbunden seyn wolte. Der Beor / hierob höchlich erfreuet / befahle alsofort dem Melchisedech / wie einem unterthanen / mit ungestüm / daß er ohne verzug nicht allein die Amesses ihme ausliefern / sondern auch mich dem Bileam abfolgen lassen / oder die ganze Sichemitische macht ihme ehist auf dem halse wissen solte. Der sonst gedultige König [335] von Salem / kunte diesen übermut nicht unbeantwortet lassen / und seiner gerechten sache trauend /erwiese er mehr standhaftigkeit als furcht / dem König von Canaan in die augen sagend: wiedaß er / weder die Amesses / noch mich / wolte fahren lassen / es mögte auch davon kommen / was immer wolte. Der Beor / hierüber ergrimmend / ließe sobald / wider alle billigkeit / den König von Salem gefangen nemen: womit er ihn / daß er nach seinen willen leben solte /zu zwingen vermeinte.

Sobald wir diese zeitung zu Salem erfuhren / besanne ich mich auf die flucht / und name mir für / dem beispiel der Ahalibama zu folgen / und gleichfalls /bei der gütigen Königin von Ninive / schutz und sicherheit zu suchen. Amesses / neben der Prinzessin von Ophir und meiner schwester / stimmeten gleich mit mir ein: weil die erste mit mir in gleicher gefahr ware / und die andere beide uns nicht verlassen wolten. Wir gingen hierauf lang zu raht / welcher gestalt wir in geschwinder eile diese reise fürnemen und enden mögten: bis ich endlich die gedanken auf den Elamiten Mesan richtete / welcher unlang vorher / als ich aus Bactra / dahin ich von dem Bileam entfüret /durch den Prinzen Abimelech aber wieder erledigt worden / durch das reich Elam / und folgends gar bis nach Salem / begleitet hatte. Dieser ware nach der zeit meistenteils bei uns gewesen / und weil ich ihn einmal zum reisgefärten gehabt / hielte ich dafür / ich würde diese nicht so gar weite reise auch füglich mit ihm thun können. Als ich ihm nun mein anligen eröfnet /fande ich ihn gleich hierzu bereit und willig: auser daß er nur sechs tage aufschub begehrte / weil ihm[336] noch einige notdurft zu verrichten oblage. Dieser kurzen zeit bedienete ich mich / an den König der Philister / wie auch an die andere Cananitische Könige von Kiriath Arba / Jericho / Gibeon / Jarmuth und Lachis durch schreiben zu berichten / wie man zu Sichem mit den Melchisedech ihrem bundsverwandten verfüre. Als ich endlich noch / meines abreisens halber / einen betrübten abschiedbrief an den Melchisedech hinterlassen / machten wir uns nach verscheinung der sechs tage auf den weg / da wir dann glücklich und sicher über den Jordan bis nach Camon kamen.

Wie wir aber von dannen fürter wolten / und den weg nach Ulatha namen / erfuhren wir / daß ein teil von des Beors völkern im anzug wären / sich bei Ulatha zusetzen / von dar sie / auf erhaltenen fernern befehl / in Syrien gehen solten. Diese zeitung / machte uns einen andern schluß fassen / und musten wir einen weiten ümschweif nemen: da wir dann durch das Königreich Basan giengen / woselbst / wegen abwesenheit des großen Marsius / alles in höchster eingezogenheit und stille lebete. Ich hatte auch vergebens gewünschet / den Prinzen Cimber / der iezt sich hier befindet / alda zu Basan anzutreffen: weil ich / durch ihn / diesen großen König üm schutz für den Melchisedech anzuruffen vermeinet. Als wir nun endlich uns Damasco näherten / blieben wir / auf anordnung des Mesan / gestriges tags in einem dorfe / unfern von der stadt: von da er in die stadt hinein ritte / seinem fürgeben nach / anstalt zu unserer bewirtung zu machen /und mit spatem abend wieder zu uns heraus kame. Er brachte uns aber die post / daß wir nirgend könten unterkommen / weil alle häuser / wegen der vielen [337] frömden / mit leuten angefüllt waren: weswegen er uns riete / die nacht daselbst auf dem dorfe zu bleiben /und erst heut bei den Königinnen uns anzumelden.

Sein unruhiges wesen aber / und der Prinzessin Amesses von seiner person gefasster argwahn / macheten / daß wir diesen seinen raht nicht folgeten /sondern darauf bestunden / noch diese nacht in die stadt zu fahren. Wir spüreten hierauf / daß Mesan dadurch noch verwirrter wurde / und gleich seiner dienere etliche voran schickete / denen er viel geheimes sagte. Für der Prinzessin Indaride / die ihm als einem Elamiten sehr gewogen / dorften wir / unser mistrauen gegen ihme / nicht an den tag gaben. Doch reiseten wir also ängstig fort / bis wir Damascus erreicheten. Wir befunden / was uns Mesan gesaget / und ware niemand / der uns aufnemen wolte: bis endlich / nach langem warten / etliche zu uns kamen / und uns ihr haus anboten. Kaum aber waren wir in das haus eingetretten / da sahe die Prinzessin von Egypten den Prinzen Sadrach ihr zu fuß fallen / der durch diese verdemütigung ihr befahle / ihm nach Elam zu folgen. Ihr schrecken / der sich mit seiner liebe an größe vergliche / wurde von uns andern mitlgleichem entsetzen begleitet. Wiewol die Prinzessin von Ophir ihm beweglich zuredete / so ware doch bei ihm kein gehör /sondern er ließe seine häftige liebe sich also übermeistern / daß er als der Mesan mit einem wagen ankame / die Prinzessin Amesses ergriffe / und gewaltsamer weise / ungeacht ihres flehens und unseres schreiens /auf den wagen brachte / und also mit ihr davon fuhre.

[338] Dieses fürnemen hatten Sadrach und Mesan schon zu Salem abgeredet / dahin dieser Prinz der Amesses heimlich aus Elam gefolget war: welches uns einer von des Mesans bedienten erzehlet / der wegen eines beinbruchs den andern nicht folgen kunte. Es hatte Mesan unserer einfalt und unschuld sich bedienet /und alles also angestellet / daß die Amesses auf dem dorfe für Damasco solte entfüret werden: welches er hernach ändern müßen / wie er unsere entschließung gesehen / daß wir in die stadt wolten. Wie glücklich nun dieses unglück / durch die zukunft des dapfern Cimbers / ausgeschlagen / darf keines erzehlens / weil es am tage ist. Dieses aber will ich nur noch melden /daß ich hiermit / für meine gefärtinnen und mich /dem schutz der edelsten drei Königinnen auf das beweglichste suche / und bitte / daß sie solche bedrängte und verlassene / wie wir worden sind / in gnaden aufnemen / und wider allen böslichen gewalt verteidigen wollen.

Diesen beschluß ihrer rede / brachte die schöne Cölidiane so beweglich für / daß niemand zugegen ware / der nicht zu mitleiden wäre gebracht worden. Die schöne Amesses entfohle sich hierauf nochmals in der Königinnen schutz: darzu dann die grosmütige Königin von Ninive sich gleich erböte / und die schmach /so dem König Melchisedech widerfahren / zu rächen versprache. Nachdem hierauf diese Prinzessinnen in zween paläste / die auch auf diesem Königlichen schlosplatz stunden / nach geendeter unterredung /von dem Mamellus eingewiesen / und alda ihrem stand gemäs bedienet und bewirtet wurden: ruheten sie den tag aus von ihrer mühseligen reise / die besuchungen / [339] solche von andern zu entfahen oder zu geben / bis auf folgende tage versparend.

Weil die Königin Delbois von Ninive / seit ihrer ankunft in Damalsco / wegen unpäslichkeit der Königin von Tiro / sich noch nicht / auser was in dem schloßgarten geschehen / öffentlich sehen lassen /noch die ehrbezeigungen / so für sie bereitet waren /angenommen hatte: als wolte sie / nun zumal diese frömde Prinzessinnen dazu gekommen / und die Königin von Tyro auch wieder wol auf war / dem Statthalter und deren Fürsten von Syrien solches nicht länger versagen. Demnach beschlosse sie / folgenden abends einer spazirfart beizuwonen / die sehr prächtig angestellet war / und da der gesamte adel von Syrien /ihr und den Prinzessinnen zu ehren / mit aufwarten wolten.

Wie demnach die hitze der sonne sich verloren /und das sämtliche frauenzimmer in der Königin von Ninive palast versamlet war / sahe man auf den Königlichen schloßhof / die Fürsten von Syrien / neben allen frömden herren / die in Damasco waren / zu pferd ankommen. Denen etliche vergüldete köstliche wägen / jeder für vier personen / folgeten / die mit den mutigsten pferden bespannet / und sonst auf das herrlichste ausgezieret waren. Also begabe sich in den ersten wagen / die Königin von Ninive / die Königin von Elam / die Prinzessin Indaride / und die Amesses: welche zu beiden seiten begleiteten / der Statthalter von Syrien Mamellus / der Prinz Tiribaces / der Cimber / und Elihu. Den andern bekleideten / die Prinzessin Ammonide / die Cölidiane / Jaelinde und Ahalibama: da der Fürst von Edom / der Fürst Husan von Chesed / der Ninias von Ressen / und der feldherr [340] Hadoran von Elam / beiher ritten. Die Perseis / Timna /Casbiane und Dersine / fürete der dritte wagen: in geleitschaft des Barzes Fürstens von Arvad / des Rames von Jedlaph / des Gareb seines vettern / und des Ezer Fürstens von Haso. In dem vierten / waren Aramena /Siringe / Merone und Zelinde: denen gesellschaft leistetẽ / der Jothan von Chesed / der Akan von Hason /der Thare Fürst von Pildas / und der junge Elhanan Fürst von Hus / so unlängst aus dem Bactrianischen krieg zu haus gekommen war. Das übrige frauenzimmer / verteilete sich in die folgende wägen / von den Syrischen / Ninivitischen und Tyrischen herren ümgeben.

Wie sie nun in solcher schönen und zierlichen reihe an den ort kamen / da die lustfart solte gehalten werden / fanden sie viel wägen voll frauenzimmer aus Damasco / die der Königin von Ninive zu ehren / auf das herrlichste ausgeschmücket / sich dahin versamlet hatten. Dieser ort / lage auf einer Insul / mitten in der stadt / welche alda der Pharphar machete. In der mitte stunde ein gebäu / so von wasser gleichsam aufgerüstet ware: als welches aller orten künstlich heraus brausere / daß man das geräusche vom weiten hörete. Um dieses wassergebäude waren rund ümher Cedern gepflanzet / die bis zu ende des platzes in schöner ordentlicher reihe stunden / und in die runde etliche gänge / wie ein irrgarten doch ohne wirrwege / macheten. Jeder von diesen gängen war so weit / das sechs wagen bei einander fahren mochten: und ließe es überaus anmutig / daß man zwischen allen stä en durch schauen / und in den äusersten gängen [341] die andere wägen konte fahren / und das volk dabei spaziren sehen.

Der schönen Königin von Ninive ritte der Cimber zur seite / der dann diese gewünschte gelegenheit ihm wol zu nutz machete: wie dañ auch seine gesellschaft ihr so angenem ware / daß sie keinen verdruß darob entfinden kunte. Der Prinz Tiribaces / unterhielte mit gesprächen die betrübte Prinzessin von Ophir / deren inhalt von seinem bruder dem König Amraphel handelte. Mamellus überließe / seinen platz bei der Königin von Elam / dem Elihu: er aber sprachete mit der Prinzessin von Egypten / die er dann so verständig als schön erkante. Der Fürst von Edom / sahe bei der Ahalibama sich auch ganz vergnüget / der er je mehr und mehr etwas fande / das ihme neue bande anlegen konte. Die Prinzessinnen Ammonide / Cölidiane und Jaelinde aber / hatten weniger zeitvertreib / weil der Ninias und Hadoran / gleichwie auch die Jaelinde /ihre augen stäts nach dem ersten wagen sendeten: daher zwischen ihnen kein sonderliches gespräche vorginge.

Nachdem diese spazirfart bis in die nacht gewäret /fürete der Prinz Mamellus die ganze gesellschaft in den unteren saal der erwehnten wasserkunst / alwo sie ein recht-königliches mahl bereitet fanden. Die Prinzessin Tharasile / so nicht mit bei der spazirfart gewesen / entfinge daselbst die Königinnen / neben der Calaride / der Agarena / und dem alten Fürsten Hus / als welche sich der bewirtung angenommen. Dieser saal nun ware allenthalben offen / und nur mit marmornen pfeilern ümgeben / die das obergebäude trugen. An stat der wände aber / fiele das wasser überall stark[342] [344] herunter / also daß die vier seiten ein lebendiger Crystall waren. Viel liechter auf güldenen leuchtern / erhelleten dieses wassergemach: deren stralen durch das wasser scheinend / einen so anmutigen glanz von sich gaben / daß es wunder-schön anzusehen ware. Die Königinnen / neben dem Prinzen Tiribaces und gesamtem frauenzimmer / begaben sich an die mittlere tafel / die andere herren aber / an die neben-tische. Es wurde aus gold gespeiset / und das köstliche essen mit einer lieblichen musik begleitet: daß also / an pracht und herrlichkeit / diesem gastmal keines zu vergleichen stunde. Die schöne Delbois und Cölidiane kamen an der tafel beisa en zu sitzen: beiderseits vergnügt / ihre angefangene kundschaft fortzusetzen. Die Lantine befande sich bei der Prinzessin Amesses /und die betrübte Indaride bei der Ahalibama.

Diese beide / als einerlei unglück fülend / sucheten darinn eine betrübte vergnügung / von ihrem traurigen zustand miteinander zu reden. Wie übel schickt es sich doch / (sagte Indaride) daß wir beide / nach unserem erlittenen verlust / solchen freuden mit beiwonen müssen. Und wiewol mir zwar deren keine mehr an das herz kommet / so mache ich mir doch fast ein gewissen / mich hierbei sehen zu lassen. Mir gehet es eben so / (antwortete Ahalibama) und hätte ich nicht hofnung / bald nach Ninive in der Diana tempel zu kommen / und solchergestalt der welt mich abzuthun /würde mir alles noch viel unerträglicher seyn. Hierauf sahe Indaride die Ahalibama / ohne antwort / eine weile an / und tief erseufzend / sagte sie endlich: ach! eben dergleichen ruhe hätte ich zu Salcha im reich Basan haben können. Mich hat wunder genommen /[344] (gabe Ahalibama zur antwort) daß die Prinzessin von Ophir diese entschließung verlassen. Hätten sie in Salcha (widerholte Indaride /) den rechten Gottesdienst / den ich nun erkenne / würde ich meinen König sonst nirgend / als daselbst lebenslang beweinet haben.

Ahalibama / die hieraus abmerkete / daß Indaride müste den glauben des Königs Melchisedech angenommen haben / wolte hiervon nicht weiter sprechen /sondern bate diese Prinzessin / ihr zu berichten: welches sie höher und schmerzlicher entfunden hätte / die untreu ihres liebsten Königs / oder den tod desselben? Ach wehrte Prinzessin! (antwortete Indaride) wann ich mich recht erklären sol / so mus ich wol bekennen / daß ich in mir einige ruhe entfunde / als mir der Ascadates des Hadorans schreiben / neben dem grausamen und doch allerliebsten geschenke meines Amraphel / überreichete. Dann vorher / da ich ihn für unbeständig hielte / ware ich sonder trost / und fülete die qual in mir / daß ich ihn nicht hassen konte. Nun ich aber seine beständigkeit wuste / dorfte ich meiner liebe nicht verwehren / stäts mit den gedanken bei ihm zu seyn / und solchermassen an ihme mich zu ergetzen.

Woher kame dann diese entschließung / (fragte Ahalibama ferner) daß meine Prinzessin ihr selber leid anthun wolte / als sie des Königs tod erfahren /welches ihr vorher nicht in den sinn geko en? Vorhin (gabe Indaride zur antwort) konte der tod mich nicht beruhigen: dann / weil meine seele mit den gedanken /daß mein König mir untreu geworden / hätte abscheiden müssen / als würde sie in ewigkeit die qual behalten / und mir also mein tod keine erleichterung [345] gebracht haben. Nachgehends aber / sahe ich meinen tod an / als das einige mittel / dadurch ich ruhig wieder zu meinem König gelangen könte. Ich hätte auch diese entschließung vollzogen / wann der himmel es nicht anderst geschicket / und nun mein glaube mir verwehrete / selber hand an mich zu legen. Eben diesem glauben (wandte Ahalibama ein /) habe ichs zu danken / daß ich meinen Prinzen muß überleben. Dann weil der / auf seinem todbette / als ich auß allen ümständen vermuten konte / den glauben des Melchisedech angenommen / als beschwure er mich hierzu /daß ich nach seinem tode mir kein leid anthun solte. Last uns dann / (sagte Indaride /) unserer liebsten verstorbenen befehl in gedult nachkommen / welcher die Prinzessin von Seir / zu leben / und mich / meines Königs herz auf zu bewahren / verbindet.

Unter solchem gespräche / vergossen sie beiderseits mildiglich ihre tränen. Der Fürst von Edom / der neben den andern herren von ihren tischen aufgestanden / und nach der frauenzi er-tafel gegangen war /und sich hinter die Ahalibama gestellet / als er sie weinen sahe / sagte er zu ihr: Wie / schöne Prinzessin! sollen diese tränen hiesiger wasserkunst ihre zierde benemen? Sie sind zwar ungleich schöner / können aber nicht also ergetzen / sondern bewegen jederman zum mitleiden: welches jetziger fest-freude / welcherwegen man hier versammet ist / entgegen laufet. Ich bekenne es / (antwortete Ahalibama /) daß mein beginnen bei hiesige angestellte lust sich nicht reimet. Allein / wer ehmals geliebet / wird es nicht übel deuten / daß mein verlust an allen orten / und auch zur unzeit / mir für die augen stehet / und ihnen die zären[346] ausdringet. Dörfte man die todten beeifern / (widerredte Esau) so wüste ich nicht / ob ich / in betrachtung der glückseeligkeit des Prinzens Elieser / von solcher eiversucht würde frei verbleiben. Wann meinem Elieser (sagte Ahalibama /) dieses ein glück ist /daß ich ihn beständig nach seinem tod liebe / so wird ja der Fürst von Edom ihn / als seiner gemalin brudern / deswegen nicht beeifern: zumal ich auch berichtet bin / daß der Prinz Elieser von dem großen Edom in seinem leben sehr geliebet worden. Wer solte (sagte Esau /) diesen Prinzen nicht geliebt haben / dessen tod die schönste augen beweinen?

Der allgemeine aufstand von der malzeit / verhinterte die vollfürung dieses gespräches. Und als hierauf Ahalibama sich zur Königin von Ninive gesellet / fande sie dieselbe über ihre gewonheit traurig und in gedanken. Weil es aber bereits üm mitternacht ware / als verlangte die Königinnen nach der ruhe: darüm dann die ganze gesellschaft / mehr als wol über diesem herrlichen gastmal vergnüget / in eben der ordnung / wie sie angekommen / nach dem Königlichen schloßhof wieder abfuhren / von viel hundert fakeln begleitet / die aus der nacht tag macheten / und ganz Damasco erleuchteten.

Unterwegs / als Ahalibama ungefär in die fenster der häuser hinauf schauete / wurde sie eines jünglings gewar / der in allem ihren Dison gleichete / und in einem fenster stehend / auf die gassen herab sahe. Ihre freude war hierüber ungemessen / weil sie verhoffete /daß dieser jüngling ihre verlorne Aramena seyn würde. Sie dorfte aber deswegen gegen der gesellschaft sich nicht auslassen / und begnügte sich damit /daß sie [347] das haus in ihre augen und gedächtnis fassete / um sich folgenden tags nach ihm zu erkundigen. Wie sie demnach die Königinnen in ihren palast begleitet / und nun in ihrem hause angelanget war / verkündigte sie gleich / dem Brianes / Zimenes und Tirzis / was sie gesehen hätte: die dann ihnen alsobald fürnamen / folgenden morgens in selbigem hause der verstellten Aramena mit allem fleiße nachzufragen. Ahalibama beschriebe ihnen dasselbe mit allen ümständen / verhoffend / daß sie / durch wieder-findung der Aramena / ihren zweck / nach Ninive zu kommen / endlich erlangen würde: auf welche reise sie jezt mehr als iemals versteuret war / weil ihr so viel neue und große gefärlichkeiten droheten.

Es wurde aber / wegen der lang-gepflogenem nachtlust / der folgende ganze tag zur ruhe angewendet: daher der Fürst Elon / welcher eben in Damasco angekommen war / sich bei der Königin von Ninive anmelden zu lassen / bis auf künftigen morgen verschobe: die dann ihn / gegen den abend / zur verhör vorbeschiede / und so wol die Prinzessin Amesses /als die Ahalibama / ersuchen ließe / dieser verhör mit beizuwonen. Sie ließe aber hierzu sich ganz kriegerisch ankleiden / sezte einen kleinen diamanten-helm auf das haubt / und legte ein güldenes brust-stück an /welches ebenfalls mit diamanten besetzet ware. Als auch die bestimte zeit gekommen / daß der Elon solte aufgeholet werden / setzete sie sich auf einen hierzu-bereiteten thron / und musten diese beide Prinzessinnen / Amesses und Ahalibama / neben ihr / wiewol etwas nidriger / sitzen gehen: im übrigen ware der saal von ihrem frauenzimmer / und allen Niniviten /angefüllet.

[348] Der Fürst Elon / als er hinein kame / und diese schönheit mit so herrlichem pracht ümgeben sahe /ließe viel zeichen der bewunderung von sich blicken. Weil er / wegen des Königs von Canaan / dieser Königin den krieg ankündigen solte / ließe er einem bloßen säbel vor sich her tragen / welcher der Königin für die füße gelegt wurde. Hierauf thäre er sein anbringen / das dann kürzlich darinn bestunde / daß der König Beor die Ahalibama / entweder mit güte wieder haben / oder durch einen krieg abholen wolte. Weil er auch der Prinzessin Amesses ankunft erfahren / und dieselbe bei der Königin gegenwärtig sahe: als hörte man ihn diese / im namen seines Königs / gleichfalls abfordern. Sobald er ausgeredet / stunde die Königin von ihrem thron auf / und selber den säbel aufhebend / antwortete sie / mit sonderbarer grosmütigkeit: Sie ergreife hiemit diesen säbel / zum zeichen / daß sie damit die bedrängten schützen wolle; und sie neme von dem König Beor den angebotenen krieg an / weil sie nicht gewillet wäre / die Prinzessinnen von Egypten und Seir ihme wieder zu senden / noch das unrecht zu dulten / so man dem König Melchisedech von Salem dieserwegen erwiesen. Elon / über dieser der Königin antwort in seinem herzen höchst erfreuet /stellete sich äuserlich an / als hätte er gern eine andere erklärung vernemen mögen.

Nachdem er seinen abtritt wieder genommen /wurde es gleich überall in ganz Damasco ruchtbar /daß der König von Canaan mit gewaffneter hand die entwichene Prinzessinnen wieder holen wolte: worüber dann bei den Syrern keine geringe unruh entstunde. Sobald aber die Königin von Ninive [349] diesen gesandten also abgefärtiget / und tausend danksagungen von den beiden Prinzessinnen angeno en hatte /versammelten sich zu ihr alle ihre Fürsten: mit denen sie dann überlegte / wie dieser krieg anzustellen wäre. Nach vielen rahtstimmen / wurde beschlossen / daß man alsofort dem König von Assyrien hiervon eröfnung thun / und dessen beistand begehren solte: welcher ohnedas so gewillet als gehalten ware / die beschimpfung seiner schwester / der verstossenen Königin Atis / an dem Beor zu rächen. Solchergestalt wurde diese sache meist auf die Assyrier gewalzet /und die Königin gefähigt / ihre macht zu teilen / und dem Fürsten von Edom ihr wort haltend / auch ihme einige hülfsvölker zuzuwenden. Der Fürst Barzes wurde ernennet / nach Babel zu gehen: welcher /nachdem die Königin ganz beweglich an den König Belochus ihren herr vattern geschrieben / sich rüstete /noch selbige nacht fortzureisen.

Nachdem hierdurch diese schöne Prinzessin sich wieder allein sahe / ginge sie bei später abendzeit /von niemand als ihren jungfrauen begleitet / auf dem obern dach des pallastes spaziren: und solcher gestalt / von dem vielen überlaufen / und der mänge ihrer geschäfte / sich entledigend / gabe sie der unruhe ihres gemüts gehör / die sie seit dem tag in sich entfunden /als sie mit der Prinzessin von Salem bei der nächtlichen gasterei geredet hatte. Der so hofnung-lose als verliebte Dison / der unter dem namen Aramena der Königin mit aufwartete / und diese ihre traurigkeit vermerkete / konte nicht unterlassen / zu fragen: woriñ doch Ihr. Mai betrübnis bestünde?

Ach Aramena! (gabe sie zur antwort / als sie sich[350] etwas von den andern abgesondert /) ich habe noch nicht gelegenheit gehabt / dir zu erzehlen / wie es mir mit der schönen Cölidiane ergangen. Sie hat mir /nach der länge / ihre eingebildete verlobung mit dem Prinzen Abimelech entdecket / und mir mit solcher unschuld ihre keusche liebe gegen ihm gestanden /mich zu ihrer vertrautsten in der liebe machend: daß ich ganz verwirret darüber worden bin / und nicht weiß / wie ich mich hierbei verhalten soll. Mich tauret diese liebe Prinzessin so sehr / daß ich alles das an mir füle / was sie entfinden würde / wann sie wüste /daß Abimelech nur freundschaft und liebe zu ihr träget. Unmüglich kan ich es ihr sagen: gleichwol halte ich auch mein verschweigen für unrecht und für eine falschheit / weil ich damit diese unschuldige seele nur mehr und mehr anfüre. Ich liebe daneben diese tugendhafte Prinzessin so sehr / als mich selber / also daß ich zum öftern wünsche / daß sie des Abimelech teilhaftig werden könte: massen auch dieser Prinz in warheit mit ihr beglückt seyn würde. Aber ach! da muß ich meine große schwachheit bekennen: ungeacht der liebe zu Cölidianen / ungeacht der mehrern beglückseeligung des Abimelech / kan ich hieran nicht ohne unruh und verwirrung gedenken.

Beklagens bin ich würdig / Aromena! (sagtet ferner /) daß ich die jenige / die ich / in allem / meinem sinne so gleichförmig finde / und (so zu sagen) gezwungen liebe / zur mitbulerin haben muß / und ihr /als meiner vertrautsten / diß was ich weiß / nicht eröffnen darf: weil solches / ihre zu mir tragende freundschaft / neben ihrer ruhe / verringern würde. Ich habe / über dieses mein seltsames geschicke / etliche reumen abgefasset / [351] und diese Prinzessin damit angeredet: die ich dir wiederholen will. Hiermit / als sie ein wenig auf dieselbigen sich besonnen / ließe sie der Aramena ihre holdselige stimme in folgendem gesang hören.


Ich weiß nicht / was ich will. Vertraute meiner seelen!

liebt mich! doch traut mir nicht: von allem schweiget still.

Wolt ich verträulich seyn / und nichtes euch verheelen /

wär unser freundschaft aus. Ich weiß nicht / was ich will.

Eur herze heget nichts / das ich nicht dörfte wissen.

Was aber meines hegt / das sagt euch allzu viel.

Ach! fragt mich nicht! doch fragt! ihr werdt zu teur es büssen.

Doch muß es endlich seyn. Ich weiß nicht / was ich will

Nichts ist mir in der welt so lieb / als eure liebe.

Es warnt ein treuer freund: ich aber schweige still.

Wie? bin ich euch nicht treu? Ach nein! aus liebes-triebe /

verschweig ich eur unglück. Ich weiß nicht / was ich will.


Diese reimen kunte Aramena / in gewißen stücken /auf sich ziehen: doch muste sie ihres herzens gedanken verbergen. Sie beklagte aber ebenfalls die Cölidiane / daß sie liebte / wo sie nicht geliebet wurde. Mit dergleichen gespräche / hielte sich die Königin aus diesem gang noch eine geraume zeit auf: bis endlich die nacht sie von dannen triebe / und die ruhe zu nemen / anmanete.

Kaum aber hatte sich die Königin zu bette begeben / da entstünde ein ungewönliches getöne / welches immer größer wurde / und sie endlich bewegte / wieder aufzustehen / und zu vernemen / was die ursach dieses lärmens wäre. Als sie nun an das fenster getretten / und das geräusche sich iemehr und mehr genähert / sahe sie endlich beim mondschein / eine große volkmänge in den Königlichen schloßhof kommen /die ein geschwürmel macheten / und / wie es schiene /die paläste [352] stürmen wolten / darinn die Prinzessinnen Indaride / Amesses / Cölidiane / Jaelinde und Ahalibama waren. Es ahnete ihr gleich / die inwohner von Damasco müsten diese aufruhr haben angefangen /diese Prinzessinnen den Cananitern zu übergeben: üm dadurch den krieg von sich abzulehnen / mit dem sie üm dieser Damen willen bedrohet wurden. Dem ware auch also. Dann der gemeine Pöbel hatte sich gerottet / und wolte in der blinden wut / diese Prinzessinnen /die in ihrer stadt schutz gesuchet / hinwegnemen und dem Elon mitgeben: üm damit die Cananiter zurück zu halten / daß sie nicht ins land fallen möchten.

Sie waren in so grosser mänge zusammen gelaufen / daß dem Statthalter Mamellus / welcher diesen auflauf zeitlich wargenommen / nicht wol bei der sache zu sinn wurde: massen er mit den wenig Assyrischen völkern / die er bei sich hatte / so viel tausenden zu widerstehen nicht gewachsen war. Er dachte aber sein heil zu versuchen / und was er selbst / weil seine person / als eines Asyriers / dem gemeinen mañ verhasst war / nicht wagen dorfte / durch die Syrische fürsten mit guten worten auszurichten. Demnach eilete er nach dem alten fürsten / und bate den von Hus / daß er diesem aufstande zu steuren sich bemühen wolte. Selbiger nun säumete nicht / alsofort nebem dem Elhanan / seinem Sohn / zu pferd zu sitzen / und unter das wütende volk sich zu begeben. Die andere Syrische fürsten verfügten sich auch nach und nach dahin / und waren Tiribaces / Cimber / Esau / Hadoran und Ninias nicht von den lezten / die dieser auflauf aus den betten auf die beine brachte / und sie begierig machte / [353] ihren muht in unterdruckung dieser meuterei herfür zu legen. Sie kamen eben zur rechten zeit auf den Königlichen schloßhof / als iezt das gemeine volk im werk begriffen war / der Aalibama palast zu stürmen.

Sie verwunderten sich / als sie / im näher-kommen / einer dame gewar wurden / die dem pöbel den eingang des thores verwehrete. Selbige war / der Königin von Ninive Aramena / welche die Ahalibama in solchen ängsten sehend / ungescheuet aller gefahr / aus der Königin von Ninive palast gelaufen war / und das erste schwert / so sie haben konte / ergreifend / damit diese Prinzessin beschützet hatte. Esau / der in seinem herzen gegen die Ahalibama eine häftige zuneigung fülete / drange mit ungemeiner dapferkeit durch das volk / und erreichete das thor / da er dann mit der Aramena bald einen platz üm sich machete.

Weil der dapfere Cimber sich allhier so nötig nicht sahe / eilete er nach dem palast der beiden Prinzessinnen von Caphtor / welcher gleichfalls gestürmet wurde: alda man eben die thür gebrochen / und allbereit sich der Cölidiane und Jaelinde kammer bemächtiget hatte. Cimber folgete gleich hernach / und wie er in die ka er eintretten wolte / sprunge ihm ein ansehnlicher mohr entgegen / der die Cölidiane auf den armen truge / und wie ein plitz mit ihr auf die gassen und unter das volk hinweg kame. Er / der bei der klarheit vieler fakeln / die hierbei leuchteten / nicht unrecht gesehen hatte / eilete diesem mohren nach: aber der Jaelinde geschrei / die ihn üm hülfe auflehete /machete ihn stutzen / das er wieder ümkehren / und ihr beispringen muste. Er fande sie in den armen etlicher loser buben / denen sie mehr mit ihrem winseln /[354] als andern waffen / widerstand thäte. Als er nun dieselben verjaget / eilete er mit der Prinzessin davon durch die hinterthür des palastes / da ihre erschrockene jungfrauen ihr nachfolgeten.

Er brachte sie glücklich zu der Königin von Ninive / die / wegen dieses unwesens und für die Prinzessinnen / todes-angst ausstunde. Sie entfienge die Jaelinde so erfreuet / als häftig es sie schmerzete / daß ihre schwester / wie sie vermeinte / von diesen aufrürern ware geraubet worden. Sie bate den Cimber auf das beweglichste / daß er die Cölidiane auch retten wolte: welcher so angenemen befehl zu vollziehen / sich gleich wieder unter das volk wagete. Etliche von denen beisichhabenden / der Timna bedienten / berichteten ihn / welchen weg sie / den ansehnlichen mohren / mit dieser Prinzessin hatten nemen sehen.

Inzwischen er nun diesem weg folgete / befriedigte der Fürst von Hus den wütenden pöbel / indem er ihnen versprache / daß er folgenden morgen ihr begehren der Königin von Ninive fürbringen / und sie dahin / die Prinzessinnen dem Elon zu überliefern /vermögen wolte. Also beredete er sie endlich / daß sie auf einen andern sinn kamen / und den Königlichen schloßhof wieder verließen. Doch wolten sie sich nicht trennen lassen / sondern blieben / auf dem großen platz vor dem neuen tempel der Isis / die ganze nacht hindurch / beisammen stehen. Die drei Prinzessinnen Indaride / Amesses und Ahalibama / kamen hierauf mehr todt als lebendig / von dem Tiribaces /der Aramena / dem Esau / Hadoran und Ninias begleitet / in der Königin von Ninive palast: die neben der Jaelinde / wegen der Cölidiane / noch voll sorgen ware.

[355] Wie nun / für bestürzung / niemand mit dem andern reden / noch sich nach den rechten ümständen dieses unwesens befragen kunte / ließe die Königin von Tyro / durch ihren kammerherrn / den Cosdron /die Königin von Ninive neben den andern ersuchen /daß sie eiligst zu ihr kommen wolten. Als sie sich alle dahin versamlet / fanden sie daselbst / mit den beiden Königinnen / den statthalter von Syrien und dessen gemalin.

Dieser Prinz / über diesem auflauf sich unruhiger als alle die andern erweisend / riete ihnen / sie solten alsofort auf die Kemuelsburg / die mitten in der stadt lage / sich begeben: daselbst sie / weil der ort sehr fäst war / und Assyrische besatzung auf-hatte / für aller gefahr sicher seyn konten. Weil das fahren allzuviel geräusche machen mochte / als entschlossen sie sich / dahin zu gehen. Der Statthalter und die Statthalterin füreten die Königin von Tyro / der Tiribaces und Cimber die Königin von Ninive / der Hadoran und ihr kammerherr die von Elam / Cosdron die Ammonide /Ninias die Indaride / Esau die Ahalibama / und Jothan die Jaelinde: denen alles frauenzimmer / in eiligster unordnung folgete. Es begleitete sie zu beiden seiten /nicht allein der Tyrische und Ninivitische hofstaat /sondern auch des Mamellus starke leibwacht / und was er in der eile von Assyrischen völkern aufbringen können. Von den Syrischen Fürsten waren keine bei ihnen / weil sie noch allerseits bemühet waren / das unruhige volk zu stillen. Sie kamen glücklich auf die burg / die für den König von Assyrien zugerichtet war / wann der in Damasco kommen würde.

[356] Nachdem sie sich alda gegen den morgen zur ruhe begeben / wiewol der ausgestandene schrecken sie wenig ruhen ließe / sandte Mamellus seine unter-kriegsbediente aus der stadt nach dem gebirge Senir /alda zu beschützung des landes etliche tausend Assyrische söldner lagen: mit befehl / dieselben unverweilet in die stadt zu füren. Inzwischen stellte er so viel volks / als er von der besatzung in der Kemuelsburg missen konte / für dasselbe thor der stadt / welches nach dem Senirischen gebirge sahe: damit selbige völker dardurch ungehintert herein kommen könten.

Hierauf ließe er die Syrische Fürsten zu sich fordern / üm mit ihnen abzureden / was ferner / zu stillung dieses aufstandes / fürzunemen seyn mögte: die dann teils / von dem alten Thebah unterrichtet / auf die abfolgung der Prinzessinnen drungen / teils aber /welche gut Assyrisch waren / andere mittel fürschlugen / das volk zu befriedigen. Mamellus / wann er seines herzens meinung hätte entdecken dörfen / würde gern den ersten beigestimmet haben / daß man die Prinzessinnen dem Beor solte folgen lassen. Weil aber / das ansehen seines Königs und der Königinnen / solches nicht litte / als muste er diesem anmuten des Thare / Rames / Ezer und Akan widersprechen / und hingegen des Fürsten von Hus / des Elihu und der gesamten Füsten von Chezed meinung beifallen / daß die Prinzessinnen billig geschützet / dem Beor mit gewaffneter hand begegnet / und das aufrürische volk in Damasco mit gewalt bezwungen werden müste.

Der Thare neben seinem anhang / wurde hierüber ganz unwillig / und ließen sie sich verlauten: wañ man nicht wolte das jenige aus dem weg räumen / was zu [357] einem blutigen krieg und zu verheerung des landes ursach geben könte / so müsten sie selber / wider die Cananitische feindseligkeit / sich in kriegsverfassung und gute verwahrung stellen: damit ihre fürstentümer / die gegen Canaan lagen / nicht verwüstet würden /und sie also die ersten seyn müsten / denen diese beschirmung der frömden zu schaden gereiche. Mamellus bemühete sich / dieses gefärliche beginnen ihnen aus dem sinne zu reden / mit der versicherung / daß der König von Assyrien sie unfehlbar / als seine unterthanen / für aller gewalt schützen / und sie also nicht ursach haben würden / selber mit großem unkosten völker zu werben und zu unterhalten. Sie wolten aber hieran sich nicht kehren / sondern gingen hiemit davon / in ihrem fürnemen verharrend. Folgenden tags / sobald sie erfahren / daß die Königin von Ninive zu sprechen ware / ließen sie bei ihr sich anmelden / und als sie vorgelassen worden / brachten sie eben das jenige an / wessen sie gegen dem Mamellus sich erkläret hatten. Die Königin antwortete ihnen mit der ihr-gewönlichen grosmut: Sie wolte lieber sterben / als den geringsten / der sich in ihren schutz entfohlen /von sich und seinem verfolger überlassen.

Die Syrische Fürsten / die zu ihrem fürhaben nichts anders als dieses gewünschet / begaben sich hierauf gleich von dannen / und nach des Thare palast: allwo sie den alten Thebah fanden / und ihm den guten fortgang ihres anschlags erzehleten. Es ward beschlossen / daß sie sich aus Damasco begeben / und nach ober Syrien gehen woltẽ: üm alda des Cyniras bisher-heimliche werbungen offentlich fortzusetzen / und / unter dem schein einer schutzverfassung wider die Cananiter / [358] sich in gute bereitschaft zu stellen / damit sie dem Hemor / auf bedörfenden fall / in seinem fürhaben beistehen könten. Allein der Thebah solte in Damasco verbleiben / und auf die Ahalibama acht haben / das sie nicht entkäme.

Dieser hatte zu solchem ende / unter denen durch die Königin von Ninive ihr zugeordneten bedienten /etliche auf seine seite gebracht / die ihm alles / was die Ahalibama fürname / berichteten. Von diesen erfuhre er unter andern / daß diese Prinzessin ihren verlornen ritter Dison / durch etliche ihrer bedienten / in einem hause suchen lassen / darinn sie ihn / ihrer einbildung nach / am fenster stehen gesehen: es hätten ihn aber die ausgeschickten nicht erfragen / und / wie ihnen das haus von der Ahalibama beschrieben worden / kein andersn / als des Fürsten Thare palast /dafür ansehen können. Dieses alles machte dem verständigen Thebah großes nachdenken / massen er ihm fästiglich einbildete / daß dieser Dison Aramena seyn müste: weil er von einen so schönen ritter / als dieser beschrieben wurde / zu Salem bei der Ahalibama nicht das geringste gehöret noch vernommen hatte.

Wie nun also diese Syrische Fürsten die stadt verlassen / und Casbiane / neben ihrer basen Zelinde / allein im haus geblieben war: forschete Thebah mit allem fleiße nach / ob er etwas von seiner Aramena erfahren könte. Als er aber sich ümsonst bemühet /verfügte er sich heimlich zu dem Elon / der sich noch in Damasco aufhielte / und berichtete ihn / wie die sachen stünden: der dann auch nicht länger säumete / alsofort abzureisen / damit er nicht in der allgemeinen aufruhr aufgerieben würde.

[359] Der pöbel stunde nun noch versamlet auf dem großen platz vor der Isis tempel / und die versprochene antwort des Fürsten Hus erwartend / droheten sie schon wieder / die paläste der Prinzessinnen zu stürmen. Demnach befanden die Fürsten Hus / Zophar /Husan / Elihu und Elhanan / für ratsam / zu verhinterung ferneren unglücks / ihrem wüten nachzugeben / und sich ihrer im schein anzunemen. Also ritten sie zu ihnen / und sich sehr unwillig stellend / daß sie die Prinzessiñen von der Kemuelsberg nicht könten herunter bekommen / boten sie sich an / ihnen beizustehen / und sie vor die bürg anzufüren / die man gleich belagern müste.

Das leichtgläubige volk / durch so süße worte gewonnen / ware gleich willig / diese Fürsten für ihre häubter anzunemen: zumal sie unter sich selbst /wegen erwehlung eines befehlhabers aus ihrem mittel / nicht einig werden konten. Wie nun dem Fürsten Hus die oberste gewalt aufgetragen worden / teilete er das volk in vier haufen: da den ersten der Zophar /den andern der Husan / den dritten der Elihu / uñ den vierten der Elhanan fürete. Jeder hause folgete nun seinem haubtman / wohin der ihn gehen hieße. Der Hus / Zophar und Husan ümlagerten die bürg: Elihu aber und Elhanan füreten ihre haufen gegen das thor /welches der Mamellus mir Assyrischer wacht besetzet hatte. Dieser Fürst / so neben den frömden Prinzen in der burg war / bekame von allen nachricht / was fürginge.

Die Königin von Tyro / über diesem unwesen /höchst besorget / beschlosse gegen den abend hierüber raht zu halten: worzu dann / nebeñ den beiden Königinnen [360] von Ninive und Elam / der Tiribaces /Masmellus / Esau und Hadoran beruffen wurden. Die Königin von Ninive beklagte hoch / daß sie an diesem unglück ursach seyn müste: und war gewillet / damit Syrien von der drohenden kriegeslast befreiet würde /eiligst nach Ninive wieder zu kehren / und die verlassene Prinzessinnen mit sich zu nemen. Die Königin von Elam / fiele dieser meinung bei. Der Prinz Tiribaces vermeinete / die unruhe des pöbels würde sich bald legen / nun dessen fürere auf ihrer seite wären /und sie also sich ferner nichtes zu besorgen hätten. So dörfte auch wegen des Cananitischen kriegs / die Königin von Ninive Syrien nicht verlassen: weil der König Belochus von Babel üm diesen krieg sich annemen müste / und also Syrien / als ein an Babel gehörendes reich / doch nicht unangefochten bleiben würde / wann gleich die Königin entwichen wäre.

Mamellus / der alles wol und genau überlegte /wolte auch nicht rahten / daß die Königin von Ninive Damasco verlassen solte: weil seinem König an ihrem da-seyn gar zu viel gelegen wäre / und es verhoffentlich / mit ietziger unruhe / wie auch mit dem Cananitischen krieg / wenig würde zu bedeuten haben. Wann er aber an den König in Egypten gedachte / wie sie dessen blutdürftige waffen / durch vorenthaltung der Prinzessin Amesses / über sich ziehen würden / muste er bekennen / daß ihme nicht wol bei der sache wäre. Er riete aber / man solte mit dem förderlichsten die Prinzessin von Egypten in der Diana tempel nach Ninive schicken: da sie / sonder gelübde zu thun und den orden anzunemen / sicher für aller gewalt bleiben könte / bis ihr Armizar sie nach Ophir [361] holete: und wann es also in Egypten den namen hätte / daß sie sich in dieser göttin schutz begeben / würde der Pharao deswegen niemand in verdacht ziehen / noch seine tochter wieder begehren können.

Der Fürst von Edom sagte: Er wüste hieriñ füglich keinen raht zu geben / weil man ihn in allem verdächtig halten möchte. Aber gegenwärtige unruhe belangend / hielte er für das bäste / daß man in der nacht einen ausfall von der burg thäte: womit man den übelbewehrten tummen pöbel leichtlich zertrennen könte /zumal sie dessen fürere auf ihrer seite hätten. Hadoran bekräftigte: so wol diesen des Esau / als auch des Mamellus fürschlag / von abschickung der Amesses nach Ninive: worbei er berichtete / daß der verliebte Prinz Sadrach / so noch an seinen wunden krank lage / sich wegen dieser Prinzessin gar gefärlicher worte vernemen lassen / die er wol gar zur Königin und sich zum König von Elam zu machen vermeinet. Demnach würde auch dieserwegen gut seyn / daß man die Amesses nach Ninive in den tempel brächte. Er fügete lezlich auch mit an / wiedaß des reisches Elam ruhe und wolfart höchst erforderte / daß die Königin Lantine mit dem ersten sich ihren ständen zeigete.

Auf diese und noch fernere beratschlagung / machte die Königin von Tyro den schluß / daß der ausfall diese nacht geschehen / solches aber zuvor dem Fürsten Hus eröfnet werden / Amesses nach Ninive in den tempel gehen / die Königin selbiges reiches aber im Damasco verbleiben / und die Königin Lantine nach Elam ziehen solte / sobald sie den König von Assyrien würde gesprochen haben: inzwischen müste man sich [362] des Sadrachs person so weit versichern / daß er nicht eher als sie in das reich Elam käme / und also eine unruhe alda anrichten möchte. Nach diesem beschluß / wurde von dem Mamellus / zu diesem allem /die gehörige anstalt verfüget.

Als hier auf die Königin von Ninive sich nach den Prinzessinnen begabe / fande sie die schöne Amesses neben der Jaelinde und Ahalibama in vollen tränen /welche den verlust der Cölidiane beweineten. Die schöne Königin ware zwar hierüber auch sehr betrübet / hoffete aber doch noch daneben / weil der Cimber / den sie dem rauber dieser Prinzessin nachgeschicket / nicht wiedergekommen war / selbiger würde noch etwas gutes ausrichten. Indem sie aber hiervon spracheten / trate der Cimber mit der Timna in das gemach / welcher die Königin ganz ehrerbietig anschauend / zu ihr sagte: Ich komme sonder Cölidiane wiedir / wiewol ich weiß / wo sie geblieben ist. Hierauf ümgaben sie ihn alle / und baten / daß er doch / diese seine wissenschaft mit ihnen teilend / sie bald von der sorge erledigen wolte: da er dann ihnen mit folgender erzehlung willfarete.

Als ich / E. Maj. befehl zu schuldigster folge / die entfürete Prinzessin von Caphtor zu erlösen / äuserst bemühet war / fügete es sich / daß ich von etlichen der Fürstin Timna bedienten nachricht erhielte / in welche gasse / und als ich mich dahin begeben / in welches haus man selbige Prinzessin gebracht hätte. Ich fande die thür dieses hauses offen / und ersahe /als ich hinein getreten / diese Prinzessin in gesellschaft des ansehnlichen mohren / uñ einer edlen mörin / die wol den namen einer schönen verdienet. Weil ich aus der [363] Cölidiane freudigem und munterem wesen nicht anderst urteilen kunte / dann daß sie unter freunden seyn müste / als stunde ich bei mir an / wie ich mich hierbei verhalten solte. Sie aber bename mir bald meinen zweifel / indem sie mir eröffnete / daß diese schöne mörin die Prinzessin Danede von Cus /und der ansehnliche mohr der Prinz Eridanus ihr bruder / beide des Königs Scheba kinder / wären.

Sie sagte mir ferner / nachdem mich der Prinz /deme sie meinen namen gesagt / und ich sie hinwieder üm gegrüßet / sie hätte es dem Prinzen Eridanus zu danken / daß sie nicht von dem wütenden pöbel wäre erhaschet worden. Hierauf erzehlte mir dieser Prinz selber in der kürze / daß er neben seiner schwester /für dem zorn des Königs von Cus flüchtig / hieher nach Damasco gekommen wäre: da sie dann von ungefär ihre einkehr in diesem haus genommen / allwo die fürstehere der gemeinen bürgerschaft ihre unterredung zu halten pflegten. Daselbst hätte er nun erhorchet und erfahren / was massen man die Prinzessin Amesses von Egypten / neben anderen Prinzesinnen /dem König von Canaan verrahten / und jene ihrem herr vattern dem Pharao nach Thanis wieder liefern wolte. Dieses hätte die Prinzessin Danede bewogen /ihren bruder dahin zu vermögen / daß er die Amesses aus dieser gefahr erretten wolte: weil dieser Prinzessin glück und unglück / wegen des Prinzes Amosis ihres bruders / ihr gemein wäre. Als nun er / zu dem ende /sich mit etlichen der seinigen nach dem getümmel begeben / hätte er des rechten hauses verfehlet / und / an stat der Amesses / die Cölidiane beko en: welcher fehler ihn aber nicht gereuete / massen [364] er dem himmel dankete / daß er der schönen Cölidiane diesen dienst leisten können.

Kaum hatte der Prinz Eridanus mir solches alles erzehlet / da kame unversehens ein erbarer mohr in das gemach: der vor ihm niederfiele / und ihm zu dem Königlichen thron / der durch seines herr vattern tod ledig worden / beruffete und glück anwünschete. Dieser mohr / so sich Eliphelet nennte / und dem Eridanus bei lebzeiten seines herr vattern viel herzleid angethan hatte / wurde von dem Prinzen mit großer bestürzung angesehen. Weil ihme aber / wegen vieler ümstände / diese zeitung nicht unangenem seyn konte / als mischete sich die freude zwischen sein entsetzen / und machete / daß er / allen unwillen gegen dem Eliphelet vergessend / ihn ümarmete / und ihn seiner Königlichen gnade versicherte. Die Prinzessin Danede fragte gleich nach dem Prinzen Amosis / welchen ihr herr vatter gefangen gehalten: und erfuhre hierauf dessen gutes aufseyn / mit dem anhang / daß er ihre überkunft nach Naphis mit schmerzlichem verlangen erwartete. Nach diesem suchete Eliphelet bei dem jungen König inständig an / daß er alsofort sich ich auf den weg machen wolte / weil seine gegenwart in Naphis höchst vonnöten wäre: massen auch der feldherr des reichs / der Hezrai / mit einem ansehnlichen heer ihm entgegen kame / ihn sicher in sein reich zu bringen.

Eridanus sahe hiemit die Cölidiane an / als hätte er sie fragen wollen / wozu sie sich entschließen möchte? Danede aber kame ihren worten zuvor / und sagte: die Prinzessin von Caphtor würde am bästen thun /wann sie mit nach Naphis reisete / da sie sicherer für allen verfolgungen leben solte / als in Damasco.[365] Damit bate sie sowol den König ihren brudern / als mich / daß wir auch die Prinzessin von Egypten / womüglich / erlösen wolten. Dieses werkstellig zu machen / als wir eben nach dem Königlichen schloßhofe / von des Eridanus leuten begleitet / uns begeben wolten / begegneten uns etliche / die für gewiß berichteten / der pöbel hätte alle Königliche personen aus ihren palästen gefänglich hinweg gefüret.

Der Cölidiane und Danede große betrübnis hierüber / ware doch noch kleiner / als meine ungedult /die mir unmüglich machete / E. Maj. länger in banden / uñ dem gewalt einer unvernünftigen leutmänge unterworfen zu wissen: demnach eilete ich mehr todt als lebendig / mehr wütend als bei siñen / von dem Eridanus und den beiden Prinzessinnen hinweg; und als ich auf den Königlichen schloßhof gekommen / fande ich alles leer: daher ich den unseligen bericht fürwahr halten muste. Ich schüttete demnach wider den himmel alles aus / was mir der schmerze vorzubringen vergönnete / und nicht wissend / wozu ich mich entschließen solte / liefe ich / als ein unsinniger / auf alle strassen. Ich kunte aber nirgend richtige nachricht erlangen / bis diesen morgen der Fürst Hus mit einem großen heer pöbels mir begegnete: da ich erfuhre / das E. Maj. mit allen andern auf die Kemuelsburg entronnen wären / und sonder gefahr lebeten. Diese gute zeitung beruhigte wieder in etwas mein gemüte / und machte mich nach dem hause zurück eilen / da ich die Cölidiane gelassen hatte / üm sie meiner freude teilhaftig zu machen. Wie ich aber daselbst hinkame /funde ich / an stat ihrer und der andern / gegenwärtige Fürstin von Seir: [366] welcher ich hiemit überlasse zu berichten / was mit der Prinzessin von Caphtor sich ferner begeben hat. Stillet dann / wehrte Timna! (sagte die Königin) unser aller verlangen / und erzehlet / was ihr von meiner Cölidiane wisset.

Der gestrige unvermutete aufstand / (fienge Timna an zu reden /) kame nicht sobald mir zu ohren / da war meine angst nicht geringer / als wann ich selbst mit dabei gewesen wäre. Als ich nun post über post ausschickete / üm zu erfahren / was vorginge: brachte man mir endlich diese betrübte zeitung / daß der pöbel sich aller Königlichen personen bemächtigt /und die paläste gestürmet hätte. Hierauf hörete ich das rasende volk ein so greuliges geschrei anstimmen / daß ich für angst nicht wuste / was ich thun solte. Weil ich in meinem hause mich nicht sicher wuste /als setzete ich mich auf den wagen / den ich zu dem ende färtig bespannet stehen hatte / und fuhre davon: von dem Tubal begleitet / der / wiewol er von dem lezten / bei erzettung der Prinzessinnen von Ophir /Egypten und Caphtor / gehaltenem nachtgefechte /noch sehr verwundet war / mich dannoch in dieser noht nicht verlassen wolte.

Wir fuhren aber zur hinterthür hinaus / damit wir nicht möchten dem wütenden volk entgegen kommen: und war ich gewillet / aus der stadt zu entfliehen / und auf ein nächstes landgut mich zu begeben. Wie wir aber dem thor näherten / fanden wir alda soviel leute /daß wir wieder ümkehren musten: da wir dann vor dem haus vorbei fuhren / darinn die Cölidiane sich befunde. Weil es anhube tag zu werden / als erkennete ich diese Prinzessin / die im fenster [367] stunde. Ich eilete also höchst erfreut zu ihr hinein / in hoffnung / nun ich sie noch frei sahe / von E. Maj. auch etwas gutes zu vernemen. Sie klagete mir aber das widerspiel /daß nämlich E. Maj. mit allen anderen dem wütenden pöbel zu teil worden wären. Sie berichtete mir dabei /ihre entschlossenheit / mit dem König Eridanus hinwegzureisen / der sie in seinen schutz genommen hätte. Dieser grosmütige herr versprache daneben /daß er mit aller seiner macht E. Maj. beistehen wolte /sobald er in sein reich kommen würde. Dieses aber ware für mich ein lauer trost: weil ich / die so lang hinaus gesezte hülfe / E. Maj. in dieser äusersten gefahr wenig ersprieslich achtete.

Sie zogen damit hinweg: und wiewol sie mich mit-nemen wolten / konte ich doch / für traurigkeit / mich dazu nicht entschließen. Solcher gestalt nicht wissend / was ich thun solte / wäre ich schier in meinem unmut vergangen / wann nicht der Prinz Cimber mich angetroffen / und E. Maj. bässern zustand mir verkündet hätte. Mein verlangen ware nun unbeschreiblich /E. Maj. zu sehen. Ich muste aber / weil diese burg belägert ist / mich gedulten / bis diesen abend: da / mit hülfe des Fürsten von Hus / ich neben dem Cimber /durch das volk / herauf gelanget. Ich überschriebe aber vorher / weil von des Königs Eridanus bedienten noch einer zurück geblieben war / an die Prinzessin von Caphtor / E. Maj. und der gesamten Königlichen personen frölichern zustand: auf welche nachricht /sie verhoffentlich ihre ruckreise anstellen wird. Dem himmel sei ewig gedanket / daß er dieses unglück von E. Maj. so gnädig abgewendet! [368] Es ist in warheit verwunderlich / (sagte hierauf die Königin /) was sich mit dem neuen König von Cus begeben: und sihet man daraus / die sonderbare schickung des himmels /der durch den Eridanus die Cölidiane errettet / und ihn zugleich / durch so unvermutete erhebung auf den Königstron / fähig gemacht mit seiner mächtigen freundschaft den unschuldigen König von Salem /wider die verfolgungen des ungerechten Beors / zu beschirmen. Ob ich wol (finge hiernächst die schöne Amesses an zu reden /) nirgend bässer und lieber seyn mögte / als bei der unvergleichlichen Königin von Ninive; so wolte ich doch wünschen / daß der König von Cus / anstat der Cölidiane / mich hinweg bekommen hätte: massen ich nicht wehrt bin / daß meinetwegen E. Maj. und diese sämtliche hohe personen so viel ungemach / als nun am tag ist / erleiden müßen.. Ach nein / werteste Prinzessin! (antwortete die Königin /) urteilet nicht also von eurer hohen würdigkeit /und seit versichert / daß mir kein ungemach sol zu schwer seyn / solches von wegen der vollkommenen Amesses auszustehen. Ich muß aber wol dabei mein unglück beklagen / das mich zwinget / die jenige von mir zu lassen / derẽ gegenwart mir so angenem ist. Auf diese worte / sahe Amesses die Königin ganz bestürzt an: welche ihr ferner erzehlete / wie man für gut befunden / daß sie / üm der wütenden liebe ihres herrn vattern zu entgehen / in den tempel der Diana nach Ninive sich in sicherheit begeben solte / sobald die ietzige unruhe in Damasco gestillet seyn würde.

Diese Prinzessin ließe ihr solches gar wol gefallen: und Ahalibama name hiervon anlaß / weil ihre entfürung [369] ebenfalls in Syrien und Ninive frieden bringen konte / von ihrer mitreise nach der Diana tempel zu reden. Aber die Königin wandte dagegen ein: Es habe mit ihr eine ganz andere bewandnis / massen man des Beors macht nicht so sehr / als des Pharao seine /scheuen müste. Es werde auch die Prinzessin Amesses / nicht das gelübde der heiligen jungfrauen anzunemen / sondern nur ihre sicherheit daselbst zu suchen / in diesen tempel gehen, Ahalibama aber begehre dieser göttin sich zu heiligen: welches sie ihr / aus vielen erheblichen ursachen / nimmermehr verstatten würde. Ahalibama wolte dieses ferner nicht widerreden: wiewol sie im herzen sich auf der Casbiane versprochene hülfe verließe / und in ihrem fürhaben / ihr gelübde abzulegen / fäst bestünde.

Indem kame der Fürst von Edom dazu / welcher als er von dem Cimber erfahren / wie es der Cölidiane ergangen / und daß der Eridanus so unverhoft seines vatters thron geerbet / erfreute er sich darob nicht wenig: weil er hoffere / daß dieser neue König ihme wider die Seirische Fürsten beistand leisten würde. Er ließe aber dessen / in gegenwart der Ahalibama / sich nicht öffentlich vermerken / und forderte allein den Cimber ab: weil man sich ingesamt bereden wolte /welchergestalt der ausfall fürzunemen wäre. Mamellus hatte dem Fürstẽ Hus dieses fürhaben entbieten lassen / und von ihme hinwiederum botschaft bekommen / daß er seines orts / was zur sache dienlich / fürkehren wolte. Demnach beschlossen sie / üm mitternacht in dreien haufen auszufallen / derer einen der Mamellus / den andern der Esau / und den dritten der Hadoran / füren wolten: aber Tiribaces / Cimber / [370] Ninias / und die andern Tyrischen und Ninivitischen Fürsten / solten / zu bewarung der burg und der Königlichen personen / zurück verbleiben.

Wie nun die bestimte zeit angekommen / brachen sie zugleich aus der burg / und überfielen das stadtvolk von allen seiten: die dann teils voll schlafs / teils trunken / schlechte gegenwehr thäten / und dieser besuchung sich nicht versehen hatten. Ihre drei fürere /die Fürsten Hus / Zophar und Husan / erwiesen sich hierbei / dem vatterlande zum bästen / als verzagte kriegsleute / indem sie es alsofort auf die flucht gabẽ. Der Zophar eilete mit den seinigen / wie sie hatten abgeredet / dem thore zu / welches der Elihu und Elhanan besetzet hielten / und machte die auch mit wach: da sie ingesamt sich aus der stadt begaben / und in das nächste dorf sich lagerten.

Zophar und Elhanan / neben dem beredten Elihu /sprachen hierauf ihren völkern zu / füreten ihnen zu gemüte / wie gefärlich es mit ihnen stünde / wann sie ferner sich widersetzen würden: und wie sie hingegen einen vorteilhaften frieden erlangen könten / wann sie ihre mitbürger verließen / und sich wiederum unter den gehorsam des Königs von Assyrien gutwillig ergäben. Solchergestalt macheten sie diesen unbeständigen pöbel anders siñs / also daß sie dem Elihu das gewerbe auftrugen / mit dem Statthalter frieden zu handeln. Sie erboten sich auch / daß sie die waffen straks niederlegen wolten / wann ihnen versprochen würde /daß sie in ihre häuser sicher wiederkehren / und keiner bestraffung gewärtig seyn solten. Mitlerweile nun Elihu / dieses bei dem Statthalter anzubringen / bis folgenden morgen verziehen muste / hörete in der[371] stadt das gefechte wider die aufrürische Damascener nicht auf: die dann in kurzem dermassen zerstreuet wurden / daß / als der anbrache / fast keiner mehr von ihnen auf den gassen sich sehen ließe. Diesen sieg vollfürte des Elihu ankunft / welcher / als er vor den Koniginnen sein anbringen abgeleget / mit dieser erklärung wieder abgefärtiget wurde: Dafern die bürger ihre waffen niederlegen / und einzelig / nicht aber rottenweis / nach ihren wonhäusern sich begeben würden / solte ihnen die allgemeine begnadigung hiemit angekündigt seyn. Hus und Husan / sucheten und erlangten eine gleichmäsige antwort für ihre völker. Also ward in etlichen stunden völlig wieder friede / und sahe man dieses gefärliche unwesen so schnell gestillet / als es sich angefangen hatte: wie dann solche pöbelaufstände / gleich den regenbächen / stark anzuschießen / aber bald zu verfließen pflegen.

Es befande aber der Statthalter Mamellus nicht ratsam zu seyn / daß die Königliche personen die Kemuelsburg schon wieder verlassen solten / weil dem pöhel nicht zu trauen wäre: hingegen für gut ansehend / das sie noch etliche tage daselbst verharreten / bis seine völker vom Senirischen gebirge ankämen / welche er / zur versicherung / in die stadt verlegen wolte. Weil nun durch diesen frieden die gassen wieder sicher worden / als erschiene Casbiane auch bei hof / welche bisher sich nicht aus dem hause wenden dörfen: und ward also / der vorige schrecken / allerseits mit der ruhe wieder ersetzet.

Ahalibama suchete hierauf gelegenheit / mit der Fürstin Casbiane in geheim zu reden / üm dieselbe ihres gethanen versprechens zu erinnern. Als sie nun[372] diese Fürstin allein in der Königin von Tyro vorgemach angetroffen / name sie dieselbe bei der hand /und sagte heimlich zu ihr: Sie wäre in ihrer schuld /und müste sich lösen. Damit gingen sie zusammen in ein cabinet / und als sie / üm allein zu bleiben / sich darein verschlossen / hielte Ahalibama der Casbiane /so wol ihr versprechen / als die notwendigkeit für /daß sie bald / durch ihre hülfe / nach Ninive gelangen mögte. Casbiane gabe ihr zur antwort: wann sie noch dieser meinung wäre / könte sie bald hierzu gelangen; massen sie mit einem ihrer vettern / dem Gareb / deswegen abrede gepflogen hätte / der / sie sicher nach Ninive zu bringen / gute gelegenheit wüste.

Als hierauf Ahalibama / üm entdeckung dieser gelegenheit / inständig bate / fuhre Casbiane fort zu reden / und sagte: In wenig tagen wird eine von des Garebs schwestern / als eines Ninivitischen herrn braut / nach Ninive abgefüret / und von dem Gareb mit etlichen huntert man dahin begleitet werden. Sie wonet zu Aroer / welches etliche meilen von hier gelegen ist / und wil die Prinzessin Ahalibama gerne heimlich mit sich nemen: die dann / tags vorher / von hinnen auf meinen wagen mit dem morgen abfahren /und also ohn einiges menschen wissen ihren zweck erreichen kan. Es weiß hier niemand etwas / weder von der heurat / noch von der abreise meiner basen nach Ninive: wird man also üm so viel weniger erfahren können / wie und wohin meine Prinzessin entkommen sei. Dieser fürschlag / liebste Fürstin! (antwortete Ahalibama /) gefället mir sehr wol: ich wil auch mich nicht säumen / solcher massen meine ruhe zu fördern. Allein / (setzete sie seufzend hinzu /) wie tauret [373] es mich / daß ich meinen ritter Dison zu rücke lassen / und also / ohne einige nachricht von ihme / abreisen sol. Casbiane bliebe hierüber in tiefen gedanken / und / sahe der Ahalibama stark unter augen: welche solches merkend / und ihre Aramena nicht zu verrahten / von ihrem Dison zu reden abließe. Hierauf wurde ferner zwischen ihnen abgeredet / daß Ahalibama übermorgen vor tags / mit einem mantel bedecket / neben der Astale ihrer jungfrauen / zur Casbiane kommen / und aus ihrer wonung nach Aroer abfahren solte.

Wie nun Ahalibama sich wieder allein sahe / ließe sie den Tirzis / Brianes und Zimenes zu sich ko en /und eröfnete ihnen / in gegenwart der Astale / was sie zu thun gesinnet wäre. Jene vermochten ihr zwar nicht zu widerreden / beklagten aber mit tränen / daß /wegen der verlornen Aramena / sie die Ahalibama nicht nach Ninive begleiten könten: weil die Celia ihnen ausdrücklich anbefohlen / daß sie ohne Aramena nicht wieder kommen solten; daher sie noch ferner / sie zu finden / sich bemühen müsten. Ich habe sie warlich (sagte hierauf Ahalibama /) unlängst in einem fenster stehen gesehen / und muß es ie wunderlich damit seyn / daß man von ihr nichtes erfahren kan. In allen denen häusern / (antwortete Tirzis /) die uns die Prinzessin genennet / wonen Syrische Fürsten: daß man also eher vermuten solte / diese person / so meine Prinzessin für den Dison angesehen / sei der König Aramenes von Syrien / von dem ein geschrei gehet / er werde heimlich von den Syrischen Fürsten in Damasco aufbehalten. So muß dann (gabe Ahalibama zur antwort /) eine mächtige gleichheit seyn / zwischen der Aramena und diesem König: massen ich[374] darauf sterben wolte / es wäre mein Dison gewesen /den ich gesehen habe.

Unter solchen reden brache die nacht herein: üm deß willen die andere von der Ahalibama hinweg gingen / üm sie an ihrer ruhe nicht zu behintern: deren sie doch / die ganze nacht hindurch / wenig genosse /weil ihr fürhaben ihr so vielerlei gedanken verursachete / daß kein schlaf in ihre augen kame. Die Königin von Ninive / die ihr so viel gutes erwiesen /und sie mit ihrer höchsten ungelegenheit in schutz genommen / konte sie nicht sonder schmerzen verlassen. Ihren verkleideten bruder sahe sie auch in so gefärlichem zustand / daß solches ihre bekümmernis vermehrete. Aramena / ihre herzensfreundin / war verloren. So muste auch / die weite und gefärlichkeit des weges / ihr nicht geringe angst machen. Uber alles kame ihr entsetzlich für / daß Casbiane / die doch einen andern glauben hatte / ihr so gutwillig bedient wäre / sie nach der Diana tempel zu befördern. Sie kunte die ursachen / die sie dazu trieben / nicht aussinnen. Doch bliebe / nach allen diesen betrachtungen / ihr fürsatz fäste / ihres Eliesers tod ewig in der Diana tempel zu beweinen.

Als nun endlich / gegen den morgen / der schlaff sie überfallen / kame Aramena in das gemach / ihr anzusagen / wiedaß der Prinz Baleus von Assyrien /neben dem Prinzen Sinear und den Eliphas heute ankommen würden: weswegen die Königinnen die Kemuelsburg wieder verlassen / und ihre vorige paläste beziehen wolten / weil dieses schloß für den Prinzen bestimmet ware. Wie sie aber von der Astale vername / daß Ahalibama erst wäre eingeschlaffen / ginge sie wieder nach ihrer Königin / die mit der Timna von [375] der ankunft des Prinzen ihres brudern sprachete: auf welche sie sich ja so sehr freuete / als sehr ihr solche anderweit zuwider ware.

Nun muß ich (sagte sie) von meinem glück erwarten / wie ich des Prinzen Baleus gemüte befinden werde. Sein angenommener glaube tröstet mich zwar /er werde beständig auf den sinne verharren / mich nicht zu lieben / und sich / so wol als ich / in der zuvermeinten heurat dem König unsern herr vattern widersetzen. Allein was nutzet das dem Abimelech? Ich habe noch nie unsere liebe dem Prinzen entdecket /weil ich stäts an ihm verspüret / daß ihme des Abimelech schwägerschaft zuwider sei: wiewol er sonst groß werk von diesem Prinzen machete. Dem Ninias / ist er vor diesem in seinem hochmütigen beginnen beförderlich gewesen: und erscheinet aus allen ümständen /daß / ob er gleich meine person für sich nicht begehret / er doch meine kron niemanden / als einer seiner creaturen / gönnen werde / damit Ninive nicht zu weit von der Assyrischen herrschaft abkommen möge. Ach wolte Gott! Baleus liebete die unvergleichliche Cölidiane / und wäre dem Abimelech in seiner liebe nicht widerlich! wie gerne wolte ich dieser Prinzessin den ersten thron der welt überlassen / wann man mir nur den Abimelech gönnete!

Die Prinzessin Cölidiane / (antwortete Timna) wird meines vermutens einen liebhaber an dem König von Cus bekommen: dann wie dieser herr sie ansahe und ihr begegnete / schiene es wol nicht anderst / als daß ihre schönheit ihn verwundet hatte. Diesem mohren /(sagte Aramena) wird sie wol nicht / für den Prinzen Abimelech / erwehlen. Der König Eridanus / [376] (gabe Timna zur antwort /) ist ein herr von so gutem wesen /und scheinet dabei eines so tugendhaften gemütes /daß seine schwärze ihm so wenig schaden kan / den namen eines wackern herrn nicht davon zu tragen / als seiner schwester / die bei ihrer farbe die schöne Danede genannt wird. Du wilst / liebste Aramena! (sagte die Königin /) mir zu gefallen / den Abimelech allen andern menschen fürziehen. Mir wäre aber mehr damit gedienet / wann dieser Prinz niemanden gefiele / als mir: und möchte ich wünschen / die schöne Cölidiane fände nichtes an diesem Prinzen / das liebens würdig wäre. Sie hat aber darinn mit mir / wie in allen andern dingen / einerlei sinn und meinung: welche gleichheit / unsere freundschaft verursachet / und auch anlaß zur feindschaft geben könte / wann ihre tugend nicht zu vollkommen / und meinem gemüte nicht so unmöglich wäre / eine so liebe Prinzessin zu beneiden.

Timna / die der Aramena verwirrung wol in acht name / wolte ihr aus dieser noht helfen / und sagte: Ich habe mein lebenlang keine so gütige mitbulerin gesehen / als E. Maj. seind / und spüre ich daraus /daß die liebe nicht die oberherrschaft in dero gemüte habe. Ach Timna! (antwortete die Königin seufzend /) wie übel kennet ihr mich! ich weiß / was ich entfinde. Doch liebe ich solchermassen ohne eigennutzen / daß ich schon vergnügt wolte seyn / wann ich den / den ich liebe / nur warhaft möchte vergnügt wissen. Solte diese seine vergnügung in besitzung einer andern bestehen / wolte ich ihm solche vergönnen und gern zufrieden seyn. Ich weiß aber / daß solches seine beständige liebe nicht zulässet: welches dann mir [377] soviel unruhe und qual verursachet. Wann also endlich (sagte Aramena /) die unschuld der Prinzessin Cölidiane den Prinzen Abimelech zu einer mitleidigen liebe brächte / so wolten alsdann E-Maj. abstehen / und zulassen /daß sie ein anderer liebete?

Warüm thust du diese frage? fragte hinwiederüm die schöne Delbois. Meinest du etwan einen zu dienen / der auf den fall seine sache dir anvertrauet? Nein warlich! (gabe Aramena zur antwort /) solten auch E. Maj. sonst in keinem dinge meine treue erkennen / so will ich die doch darinn verspüren lassen / daß ich /wider E. Maj. wissen / keinem bei ihr in seiner liebe dienen werde. Ich bin dessen auch wol versichert /(wiederholte die K \nigin /) und muß dir / deine frage zu beantworten / gestehen / daß ich sonder rache die änderung meines Prinzens ansehen / und / ihm zwar seine verbäßerung g \nnend / doch hierinn seinem beispiel gar nicht folgen sondern nimmermehr meine liebe zu einem andern wenden würde. Warüm seufzest du / Aramena? ist dir diese meine erklärung entgegen? Aramena weiß gewiß (sagte Timna /) einen heimlichen mitbuler / für den sie gern sprechen wolte / wañ sie dörfte! solte es auch wol der wackere Cimber seyn? Nein! (fiele die K \nigin ihr in das wort /) dieser edele Prinz ist bisher unbillig bei mir in verdacht gewesen / daß er mich liebe: massen ich nun eines andern berichtet bin / und ist die Prinzessin Ammonnide die jenige / die er ihm erwehlet. E. Maj. vergeben mir / (sagte Aramena /) wann ich hierinn die gegenmeinung behaubte. Ich zweifele allerdings / ob iemand anders / als die schöne Königin von Ninive /sein herz besitze. Hören E. Maj. [378] wol / (sprache Timna) daß ich wahr geredet / und daß Aramena bereits anhebet / diesem Cimber wider den Abimelech zu dienen.

Als Aramena diese scherzrede der Timna beantworten wolte / traten die Prinzessinnen Ammonide und Jaelinde zu ihnen in das gemach / und huben also dieses gespräch auf / da dann die Königin zu der Ammonide sagte: Wir reden iezt eben von euch / Prinzessin von Ammon! und es ward geredet / daß euch Cimber /der Prinz der Teutschen / nicht abhold seyn müsse. Seiner guten gunst / (antwortete Ammonide /) vermeine ich versichert zu seyn / daß ich also dieselbige wol gestehen / und mich deren berümen darf. Es erstrecket sich aber solche nicht weiter / als auf ein freundschaft: massen er ein mehrers von mir / gleichwie auch ich von ihme / nicht fordert. Mitlerweile Ammonide dieses sagte / veränderte Jaelinde etlichmal die farbe: daß dann die Königin wol in acht name / dessen ausdeutung aber ihr nicht zu machen wuste. Doch wolte sie hievon nicht mehr reden / sondern fienge ein gespräche an / von ihrer schwester der Cölidiane / wie auch von dem zustand in Canaan: womit sie dann die zeit hinbrachten / bis die Königin von Tyro sie fordern ließe / zu ihr zu kommen.

Bei derselbigen funden sie die Königin von Elam /die Indaride und Amesses / den Mamellus / Tiribaces / Esau und Hadoran: und bezeugete die Königin von Tyro gnugsam / durch ihr munteres wesen / daß die nahe ankunft des Prinzen Baleus ihr sehr lieb wäre. Nicht lang hiernach kame Ahalibama auch dazu / und als sie einmütig beschlossen hatten / nach ihren vorigen wohnpalästen sich wider zu begeben / [379] wurden die wägen bespannet: worauf sie dann mit mehr sicherheit von der burg wieder abfuhren / als sie vor etlichen tagen zu fus dahin angekommen waren. Es ließe aber der Statthalter von Syrien nichtes ermangeln / mit dem ersinlichsten pomp den Assyrischen Kronprinzen einzuholen. Weil auch eben / zu verhütung eines neuen aufstandes / die Assyrische soldaten vom gebirge Senir in Damasco ankamen: als machte er die anstalt / daß selbige in alle ecken der stadt verleget / und sonderlich der Königliche schloßhof damit besetzet wurde.

Wegen der übergroßen hitze / geschahe der einzug erst gegen den abend: und als der Prinz Baleus / von dem Statthalter Mamellus und allen Syrischen Fürsten / bewillkommet worden / füreten sie ihn / auf seinen befehl / zuvor nach den Königinnen / ehe er in der Kemuelsburg sein einlager name. Er ward / von der alten Königin Delbois / mit der höchsten höflichkeit entfangen: welche über seiner glücklichen wiederkunft aus dem Ophirischem krieg sich herzlich / wiewol nicht sonder errinnerung ihres verlustes / erfreuet. Bei ihm waren / der Prinz Sinear / Eliphas / Nahor Fürst von Haran / und andere hohe kriegsbediente: die dañ hierbei auch ihre höflichkeit ablegten. Baleus und die Königin Delbois / fanden beiderseits einander in einen veränderten stande wieder: da diese mitlerzeit die Ninivitische kron aufgesetzet / er aber / durch übung im Ophirischen krieg / viel manlicher und dabei ansehnlicher worden war. Sie ümarmeten einander / mit bezeugung herzlicher wolgewogenheit: das dann / die meisten von den ümstehenden / nach ihrer meinung ausdeuteten. Nachdem er hierauf der [380] Königin Lantine / mit etlichen höflichen worten / zu ihrem regirstande glück gewünschet / bezeugete er anderweit / mit ja so großer annemlichkeit / der Indaride sein beileid / und begrüßete folgends die Amesses /Ammonide / Tharasile / Jaelinde / Ahalibama / und Timna / neben dem übrigen frauenzimmer / mit so guter art / daß jede mit ihm zu frieden seyn muste /

Der Prinz Tiribaces / Cimber / Esau und Hadoran /die nit mit bei der einholung gewesen / legten hierauf ihre begrüßung bei dem Prinzen ab: worbei Baleus /der alten kundschaft mit dem Tiribaces und Hadoran /und Cimber der freundschaft mit den Eliphas / sich erinnerten. Baleus erwiese auch große vergnügung /den teutschen Fürsten und den berümten Edom zu sehen: welcher ingleichen dem Eliphas / seinem sohne / so viel liebkosungen bezeugete / daß dieser / der seine auss \nung noch nicht wuste / mit so großer zufriedenheit / als verwunderung / dieselbe anname. Nach dieser kurzen ansprache / und als der Assyrische Prinz der Königin von Tyro ein schreiben von dem König ihrem bruder überliefert hatte / wurde die fernere unterredung bis auf folgenden tag verschoben: worauf er seinen abtritt name / und sich von dem Mamellus / auch den andern Syrischen Fürsten / nach der Kemuelsburg begleiten ließe.

Ahalibama aber / noch des beständigen vorhabens /heimlich davon zu reisen / setzete sich / an stat gleich den andern zu ruhe zu gehen / und schriebe an die Königin von Ninive: was massen sie von ihrem gelübde gezwungen worden / ohne ihr vorwissen diese reise fürzunemen / weil sie von der Königin wolneigung vermuten können / daß sie ihr solches nicht würde haben [381] erlauben wollen; zugleich viele ursachen anfürend / die sie zu dieser entschließung angetrieben hätten. Hiernächst schriebe sie auch an ihren bruder /die verkleidete Aramena / und warnete ihn treulich /seine betriegliche tracht neben seiner vergeblichen liebe zu verlassen / und die unwissende Königin nicht ferner zu betriegen / sondern ihrem beispiel nachzufolgen / und in den orden der Isis-priestere sich wieder zu begeben. Letzlich setzete sie auch etliche zeilen auf / an ihre verlorne Aramena / des inhalts: wann diese zeilen ihr würden zukommen / solten sie ihr zur versicherung dienen / daß Ahalibama ihre Aramena beständig liebe / und sie bald bei sich in der Diana tempel zu sehen verlange. Den ersten von diesen dreien briefen / befahle sie dem Jothan ein zuhändigen /welcher ihr bisher aufgewartet / und ließe ihm dabei ersuchen / daß er dasselbe nicht eher / als den andern abend / der Königin überreichen wolte. Den zweiten /name sie mit sich / ihn der Timna zuzustellen / welche sie in ihrem hause nochmals ansprechen wolte. Den dritten gabe sie dem Tirzis / solchen für die Aramena aufzubehalten.

Wie sie nun also sich völlig zur abreise gerüstet /und einen Syrischen mantel üm sich geschlagen hatte / gienge sie vor tags in der demmerung / neben der Astale / aus ihrem palast / von dem Tirzis / Brianes und Zimenes begleitet / die ihr den weg nach der Fürstin Timna wonung zeigeten. Als sie dort hingekommen / fande sie die hausthür offen: deswegen sie hinauf schliche / die Timna in ihrer kammer im bette anzutreffen / und die andern drunten ihrer warten hieße. Sie fande die kammerthür verschlossen / und [382] wiewol sie anklopfete / wolte doch niemand darinnen laut werden. Demnach begabe sie sich auf einen gang / der auswendig üm das zimmer gebauet war / und versuchte aus fürwitz / ob sie durch ein fenster in die kammer steigen könte. Als ihr solches geglücket / schliche sie ganz leise zum bette / und den vorhang ein wenig aufhebend / h \rete sie die Timna gar sanft schnauben: weswegen sie eine weile stillstunde / und sie nicht aufwecken wolte. Endlich aber / wie es ihr begunte zulang zu werden / bückte sie sich über das bette /durch einen kuß ihre liebste freundin zu ermuntern: da sie dann im finstern / an stat der Timna zarter wangen / einen harichten mund berürte. Hierüber ganz erschrocken / sprange sie zurücke / und liefe / nicht wissend / wie ihr geschahe / zu den füßen des bettes / daselbst sie ganz erstaunet stehen bliebe.

Sie ware aber so gar sinlos nicht worden / daß sie nicht bald darauf folgende worte in der Timna bette håtte sagen hören: mit was süßigkeit und angenemen kuß habt ihr / liebste Timna! mich iezt aus meinem schlaff erwecket! Wer? ich? (antwortete eine sti e /welche Ahalibama für der Timna ihre halten muste /) es wird euch etwan solches geträumet haben: massen ich iezt erst erwache. Ahalibama wolte ferner nicht anhören / was geredt wurde / sondern schliche so geschwind / als ihr möglich / von diesem (ihrer vermutung nach) unflätigen bette hinweg / und die augen voll tränen habend / sagte sie bei ihr selber: Ach Timna! ist es möglich / daß du zu dieser schande kommest? Hiermit schobe sie / so gemach sie konte /den riegel von der kammerthür hinweg / und eilete die stiege wieder hinunter. Ihre leute / die ihrer drunten gewartet / [383] schrieben ihre bestürzung und tränen dem betrübten abschiede zu. Sie aber war so erschrocken und dab ei unmutig / über das / was ihr also unverhofft begegnet war / daß sie kein wort sprache / und sich vor ihr selber schämete. Indem sie nun fürter dem haus der Casbiane zuginge / stellte sie ihr diese freundin für / wie sie dieselbe iederzeit für so tugendhaft und erbar gehalten / und nun / da es wol / sie in der welt zu sehen / das leztemal seyn würde / in solcher schande angetroffen hätte. Also verlore sie auf einmal die hochachtung und liebe gegen ihr: wiewol es nicht ohne schweren kampf zuginge / der jenigen zu vergessen / die sie ihre lebtage so häftig geliebet hatte.

Als sie aber nur noch etliche schritte von der Casbiane palast ware / begegneten ihr vier geharnischte månner / die sie alsofort anfielen / und sie zwischen sich nemend / mit ihr hinweg eileten. Ihr geschrei /und der onmöchtige widerstand derer / die bei ihr waren / konte sie nicht schirmen / und sahe sie sich in dieser noht ganz hülflos uñ verlassen: als / zu ihrem großen glück / der Fürst von Edom dazu kame / welcher eben in der morgen-küle auf die jagt hinaus ritte. Wiewol er sie nun nicht gleich erkeñte / so misfiele ihm dannoch diese frevelthat / die man an einem wehrlosen weibe verůbete. Demnach triebe ihn seine grosmut / ihr beizustehen. Als er nun diesen räubern befohlen / die dame gehen zu lassen / wolten sie ihm nicht gehorchen / bis sie seinen arm gefület: der alsobald ihrer zween zu boden legte / und die andern wehrlos machete. Ahalibama schluge hierauf den mantel vom gesicht / und gabe sich zu erkennen / zugleich für diese befreiung ihm danksagend. Seine freude / daß er ihr diesen dienst [384] [386]gethan / ja so groß /als seine verwunderung / diese Prinzessin in so frömder gestalt uñ zu so ungewönlicher zeit auf der gassen anzutreffẽ. Indem kamen noch mehr gewaffnete und ungewaffnete dazu / die ihre gesellen rächen wolten /und den Esau anfielen. Er / der nur zween dienere bei sich hatte / bedachte sich nicht lang / was zu thun wäre / sondern fassete die Ahalibama mit beiden armen / hube sie vor sich in den sattel / gabe seinem pferd die sporen / und begunte also mit ihr davon zu rennen. Astale / neben dem Tirzis / Brianes und Zimenes / begaben sich hiermit auch auf das laufen: und weil diese frömde nur die Ahalibama haben wolten /als wurden sie nicht von ihnen verfolget.


Es hatte aber der alte Thebah dieses angestellet / welcher / nachdem er von einem bedienten aus der Ahalibama palast erfahren / daß sie dißmal bei früher morgenzeit verreisen wolte / sie hinweg zu nemen / und folgends dem Beor zu überliefern / diese gewaffnete / so von seinem und des Gaham und Maacha hausgesinde waren /abgeordnet. Als er nun den unglůcklichen fortgang seines anschlags von weitem mit angesehen / und nun besorgete / daß einer von den verwundeten ihn verrahten m \chte: beschloße er alsobald / neben ieztbenennten seinen beiden vettern / dem Gaham und Maacha / nach Hierapolis zu reisen / und alda sich in sicherheit zu setzen. Esau aber / der sich in seinem herzen überglůcklich schätzete / daß er der schonen Ahalibama diesen dienst erwiesen / fragte sie / indem er mit ihr fortrennte / wohin er sie bringen solte? da sie dann / in schrecken und bestürzung / nach der K \nigin von Ninive begehrte: dann sie begunte nun der Casbiane zu mistrauen / und vermutete / daß sie vieleicht / ihren anverwandten den Syrischen Fürsten zu gefallen / diesen anschlag selbst hätte mit anstellen helfen. Wegen der frůhen morgenzeit / ware alles in der K \nigin von Ninive palast noch stille / wie Esau dergestalt mit der Ahalibama ankame: welche von ihm begehrte / daß er sie im vorgemach der K \nigin lassen wolte. Also name er von ihr seinen abtritt: die eigentliche ůmstande dieser begebnis zu erfahren / mit h \chster begierde verlangend.

[386]
Das Dritte Buch
Die Geschichte des Tiribaces der Orosmada und Adonias
Die Geschichte des Tiribaces der Orosmada und Adonias.

Es ist bekant / das der König Abdalla / das reich Sidon und Tyrus unter seine beide söhne ausgeteilet /und den jetzigen K \nig von Tyro / dem herr vattern des Prinzen Tiribaces die fäste stadt Zor / dem andern sohn aber / als dem liebsten / die große stadt Sidon zugewendet. Dieser König von Sidon / heuratete nach einander drei gemalinnen. Mit der ersten so Joba hieße und eine Prinzessin aus Bactra war / zeugete er den Prinzen Sidon. Die andere Tiphabruna / des Königs von Armenien schwester / gebare ihm die Prinzessin Orosmada. Seine dritte gemalin / [413] die noch lebet / ist des Königs von Hemath schwester / die Naema /mit der er keine kinder erzielet. Nun hatte der König /dem lezten willen seiner gemalin der Tiphabruna zu folge / die Prinzessin Orosmada einer dame / Eurilinde genant / die in der freistadt Zarpath wonete / untergeben / daß die auf ihre erziehung acht haben solte: welche / von so großer schönheit als hohen verstande / diesem aufgetragenen amte so rümlich fürstunde /daß sie aus der Orosmada eine vollkommene Prinzessin erzoge. Unter andern jungfrauen / die ihr zugegeben wurden / hatte auch ich das glück / daß meine eltern / die aus Tyro bürtig / mich in meiner zarten jugend nach Zarpath brachten: alda ich stäts dieser Prinzessin aufgewartet / und daher von ihrem ganzen lebenslauf bericht geben kan / auch guten teils aller ihrer heimlichkeiten vertrauteste gewesen bin / bis mich die unbeständigkeit meines glückes dieser würde entsetzet.

Es hatte aber die Eurilinde einen sohn / der sich Adonias nennte: welcher / etwan ein jahr ålter als die Prinzessin / durch stätige spiel-geselligkeit sich bei ihr so beliebt machete / daß aus dieser verträulichen gemeinschaft eine liebe erwuchse: welche mit den jahren so zugenommen / daß weder der ungleiche stand /noch der Eurilinde wachsamkeit / solche verhintern konte. Eurilinde / als eine verständige frau / ersahe vorher / in diesem glück ihres sohnes / sein gröstes unglück. Dannenhero / wiewol sie sonst / aus mütterlicher liebe / nie dazu sich entschliessen wollen / diesen ihren einigen sohn von sich zu thun: so fassete sie doch üm deswillen andere gedanken / und schickete ihn in die Insul Creta / alda müste er etliche jahre ausbleiben / in welcher zeit [414] sie hoffete / daß die Prinzessin seiner vergessen würde. Aber die großen versicherungen ewiger beständigkeit / die sie beim abschied-nemen einander gegeben / waren so bündig / daß weder zeit noch abwesenheit ihre liebe austilgen kunte: und wie Adonias stäts in der Orosmada gedanken schwebete / also lebete sie hingegen auch in ihm /daß man derwegen wol sagen kunte / Adonias wåre zu Zarpaht / und die Prinzessin in Creta gewesen.

Es forderte aber / wenig zeit hernach / der König Siphon seine tochter nach hof: da dann der Prinzessin mächtiges bitten und flehen die Eurilinde bewoge /mit nach Sidon zu ziehen; wiewol sie ihr die freiheit ausbedunge / die große gesellschaften zu meiden / und in der stadt ihre wohnung allein zu haben. Der ganze hof wurde über der Prinzessin ankunft erfreuet / und blickete ihre schönheit und guter verstand so herrlich herfür / daß der König ganz vergnügt über ihr wurde /und alle großen bei hof sie anbeteten / und verehrten. Die K \nigin Naema / ihre stiefmutter / stellete sich zwar auch freundlich gegen ihr an / vermochte aber ihren heimlichen neid nicht sowol zu bergen / daß der nicht unter allen liebkosungen herfürgeschienen håtte. Dann weil sie selber / wegen ihrer schönheit / bewundert seyn wolte / als kunte sie übel vertragen / daß die Orosmada / so wol wegen ihrer jugend als anderer vollkommenheiten / ihr hierinn fürginge.

Es ware nun der Sidonische hof in seinem höchsten wolstande / und ist wol keine lust zu ersinnen / die allda nicht ware angestellet worden. Dannenhero kamen viel fremde von allen orten her / denselben zu[415] besuchen: unter denen dann gegenwärtiger Prinz von Tyro auch nicht ermangelte / sich einzufinden. Die nahe blutfreundschaft dieses Prinzens / neben seinen großen geschicklichkeiten / machten ihme daselbst ein solches ansehen / daß jederman ihm hohe ehre erwiese: auser dem Prinzen Sidon / welcher zimlich kaltsinnig mit ihm ümginge / dessen er zwar wenig achtete. Die leutseligkeit der schönen Orosmada hatte ihm gleich so eingenommen / daß er aller andern betrachtungen darbei vergaße / und iederman seine liebe merkete. Orosmada / die ihrem Adonias ewige treu geschworen / name zwar alle aufwartungen / die der Prinz von Tyro ihr erwiese / mit der höchsten höflichkeit an: doch wolte das andenken des Adonias keine liebe bei ihr einlassen. Daher / als die häftigkeit seiner neigung / den diesen verliebten Prinzen antriebe /ihr von seiner liebe zu sagen / färtigte sie ihn mit so harten worten ab / daß er fast allen muht und hofnung verlore / iemals bei ihr etwas auszurichten.

Es geschahe diese entdeckung seiner liebe / in dem tempel des Astaroth / welcher der liebe zu ehren gewidnet ist: daher er anlaß name / ihr fürzustellen / wie an solchem heiligen ort er ihr / als seiner Göttin / in weihung seines herzens / ein opfer hiemit überreiche /welches mit der gütigkeit auf und annemen wolte / mit welcher die gottheit / die man alda verehrte / die opfere anzusehen pflegte. Es nimmet Astaroth (sagte sie darwider) alle und iede opfere / die ihme aus reinem herzen geschehen / mit gleicher wilfärigkeit auf: weil aber mir solches übel anstehen würde / als bitte ich den Prinzen von Tyro / daß er nichtes von mir begehren wolte / was eine widrige wirkung bei mir verursachen [416] möchte. Hiemit kehrete sie ihm den rücken / und ganz unwillig ihn verlassend / ginge sie zu des Astaroth priestern: mit denen sie sich in ein gespräch einließe / welches so lang als die versamlung im tempel daurete. Ich / die ich auf des Prinzen thun acht gegeben / wurde gewar / daß er ganz erblasset und erstarret der Prinzessin nachsahe / und endlich höchstbetrübt aus dem tempel schiede / auch den abend bei hof sich nicht wieder sehen ließe. Weil meine freiheit bei der Orosmada mir erlaubete / sie hierüm zu befragen / als eröfnete sie mir / was zwischen ihr und dem Tiribaces war fürgefallen. Ich muß gestehen / daß / die natürliche liebe zu meinen Landes-herrn / mich gleich seine seite halten machte: es wiese aber die Prinzessin mich also ab / daß ich mich nicht ferner erkünen dorfte / für ihn zu sprechen.

Gleichwie nun die Eurilinde alles erfuhre / was bei hof fürliefe / als bliebe ihr auch nicht verborgen / daß der Tiribaces eine liebe zu der Orosmada blicken lassen. Daher sie höchst erfreuet die Prinzessin besuchete / und die auf alle weise überreden wolte / die Tyrische kron nicht auszuschlagen / sondern diesem Prinzen hofnung in seiner liebe zu geben. Orosmada / ob sie gleich die Eurilinde als ihre mutter liebete / vergaße sie doch diesesmal ihrer gew \nlichen ehrerbietung / und antwortete ihr / mit nicht geringem verdruß: wiedaß sie von dem Tiribaces nichtes h \ren / und was sie von Eurilinde in ihrer jugend gelernet / daß nämlich man in seinem wesen beständig seyn müste / hiermit erweisen wolte. Man thut recht hieran / (antwortete Eurilinde) wann die beständigkeit billige dinge zum zweck hat: widrigen falls kan bald ein laster aus [417] dieser tugend werden. Meine beständige liebe / (wiederholte die Prinzessin /) ist auf eine solche person gerichtet / deren ich mich nicht zu schämen habe. Darf ich dann / (fragte Eurilinde / die solche worte nicht auf ihren sohn deuten wolte /) diese würdige person nicht kennen? Nicht allein stehet es bei euch / (sagte sie) sie zu kennen / sondern auch zu sehen / wann ihr euren sohn nur wollet aus Creta wiederkommen lassen.

Ach liebste Prinzessin! (gabe ihr Eurilinde / mit einem ernstlichen wesen / zur antwort /) betrübet mich nicht also / und erweiset hiermit nicht / daß ich euch übel erzogen habe. Gebrauchet bässer eurer hohen gaben / die euch der himmel verlieben / und håget Königliche gedanken. Lasset nicht dieses die vergeltung meiner getreuen dienste seyn / daß ihr mein einiges kind neben euch wollet in unglück stürzen. Ich habe zwar / in euren kinderjahren / einige wolneigung gegen den Adonias an euch gemerket: aber nicht vermeinet / daß einst euer vollkommener verstand noch so kindische gedanken hegen solte. Diese worte / die der Orosmada sehr nahe gingen /locketen ihr zwar etliche tränen ab / veränderten aber gar nicht ihren willen: welchen sie solcher massen der Eurilinde zu erkennen gabe / daß diese darum sich alsobald entschlosse / nach dem König zu gehen / und den zu bitten / daß er seine tochter an den Prinzen von Tyro verheuraten mögte. Der Siphon / so noch nie die Eurilinde also nahe betrachtet / fande sie so schön /und dabei in ihrem wesen so angenem / daß er sich an ihr nicht konte satt sehen: und wann diß erstemal die liebe ihn nicht gleich übermeistert hat / so hat es doch hieran nicht viel gefehlet: massen sie ihn so vergnügt hinterließe / daß er / sie gegen [418] alle seine bedienten zu preisen / nicht unterlassen könte. Ihrem gegebenen raht / die Orosmada betreffend / ließe er ihm auch allerdings gefallen: weil er wol erachtete / daß er die Prinzessin nicht bässer anbringen könte / da des Tiribaces älterer bruder / der Merotas / kürzlich ümgekommen / und er also Erbprinz des reichs worden war. Demnach befahle er der Orosmada / wann der Prinz gegen ihr sich einiger liebe würde verlauten lassen / daß sie solche annemen / und ihme hinwiederum hofnung geben solte.

Wie schmerzlich dieser befehl der Prinzessin zu vernemen gewesen / kan ich / ob gleich der Prinz hier zugegen ist / weder verschweigen / noch gnugsam beschreiben. Nachdem sie sich lang besonnen / warfe sie die augen auf mich / und gabe mir diß gewerbe dem Prinzen Tiribaces anzukündigen: wiedaß sie ihn nicht lieben könte / und wo er etwan ihres vatters gewalt sich bedienen wolte / solte er eher ihren tod / als ihre änderung / erfahren. So ungern ich nun hierzu mich gebrauchen ließe / so schüldig erkante ich mich iedoch / meiner Prinzessin zu gehorsamen / brachte also dem Prinzen diese botschaft an: welcher / mehr todt als lebendig dieses sein end-urteil anh \rend / so kläglich sich gebärdete / daß man ein steinernes herz haben müßen / wann man dadurch nicht zu mitleiden wåre bewogen worden. Seine liebe zu der Orosmada war so häftig / daß er von ihr unmöglich lassen kunte. Doch seinen gehorsam ihr dabei zu erweisen / fassete er den schluß / gleich wieder nach Tyro zu ziehen: wozu ihm auch sein hofmeister anstrengete / welcher gemerkt hatte / und aus vielen ursachen / darunter seine so zarte jugend mit ware / derselbigen steuren wolte. [419] Saget der grausamen Orosmada / (sagte er zu mir /) daß ihren tod zu hintern / ich den meinigen befördern wolle / und nicht / aus zwang ihres herrn vattern / sondern / aus ihrem eigenen freien willen / mich geliebt verlange. Ich entziehe ihr nun / durch diese meine abreise / den verhasten Tiribaces / darneben aber auch / den allertreusten aufwarter / der iemals ihre sch \nheit anbeten mögen. Hiermit als ich ihm einigen trost eingesprochen / und er / aus meinem erscheinenden mitleiden eine zuversicht schöpfend /ihm in seiner hofnunglosen liebe zu dienen mich überredet hatte / schieden wir voneinander: da ich seine antwort der Prinzessin überbringend / nicht die geringste bewegung an ihr verspüren konte. Hierauf zoge er von Sidon hinweg / den König / wegen so schleuniger abreise / in nicht geringer verwunderung hinterlassend.

Weil dem Siphon die Eurilinde so wol gefallen hatte / als unterließe er nicht / sie zum öftern zu besuchen: und fande er in ihrer gesellschaft solche vergnügung / daß er fast ohne sie nicht mehr seyn konte. Die Königin erwiese dieserwegen nicht die geringste eiversucht: massen sie ståts bei ihrem stiefsohn / dem Prinzen Sidon / sich befande / und üm den K \nig sich wenig bekümmerte. Bei solchem zustand / kame der König von Jarmuth an unseren hof / neben dem Prinzen von Gibeon / um / den bund / den sie vordessen mit einander gemacht hatten / mit dem König Siphon zu erneuen. Diese beide / von der Orosmada schönheit angezündet / begunten alsofort ihr aufzuwarten: da dann der K \nig / üm keinen von ihnen zu erzürnen / der Prinzessin gebote / sich gleich gut gegen sie beide zu bezeigen / damit keiner beleidiget würde. Weil der [420] König von Tyro in diesen bund auch mit gehörete / als zogen wir mit der gesamten hofstatt nach Tyrus: welche ehre der Siphon seinem ältern bruder dißfalls erwiese / ob er gleich an macht und gewalt der größere war. Wir wurden / von allen Königlichen personen auf das herrlichste entfangen / und fanden alda / nåchst dem König / der Königin / den dreien Prinzessinnen / und den Prinzen Tiribaces / den Fürsten Jethur von Hevila: welcher unlängst / gleicher ursachen halber / nämlich den bund mit zu erneuren / an diesen hof genommen war.

Eurilinde / die dem König nicht versagen dörfen /diese reise mit zu thun / geriete alsofort in die gedanken / als sie den wackern Jethur ersahe / zwischen ihn und der Prinzessin eine heurat zu machen. Als sie dieses dem König eröfnet / priese er nicht allein ihre sorgfalt für seine tochter / sondern er wünschete auch / daß dieses also zu stand kommen möchte / weil der Jethur / an reichtum und landen / keinem König wiche. Der verliebte Tiribaces / seine Prinzessin wieder sehend / wolte zwar / ihrem grausamen befehl ein genügen zu thun / sich ihrer äusern: die liebe aber übermeisterte ihn / daß er wider seinen fürsatz zu ihr gezogen wurde. Doch redete er bloß mit ihr durch seufzer: und name sie sich auch so wol in acht / daß er niemals zu ihr allein kommen kunte.

Meine Königin hier zugegen / wird sich noch gnädig wissen zu erinnern / was massen einsmals / da diese große Königliche gesellschaft / zu einer von dem K \nig Tyras angestellten fischerei / auf das meer eingeladen worden / wir uns sämtlich / bei heiterem schönen gewitter / in die zubereitete schiffe gesetzet /und eine [421] gute ecke in das meer / allwo es unterschiedliche felsen hatte / hinein gefahren. Die beide Königinnen / neben den zweien Königen von Tyro und Sidon / und die Eurilinde / waren samt ihren bedienten auf einem schiffe. Auf den andern befanden sich /der Prinz Jethur / meine gnädige Königin (damalige Prinzessin) von Elam / die Orosmada / der K \nig von Jarmuth / und der Prinz Tiribaces. Auf die übrige schiffe begaben sich die beide Prinzessinnen von Tyro / der Prinz Sidon / der Prinz von Gibeon / und wir andere. Wie nun also mit großer belustigung das fischen anginge / und die Königliche personen selbsten an die ausgeworfene netze hand mit anlegten: begabe es sich / daß die Orosmada vom weiten / hinter den klippen hervor / etwas schwimmen sahe: so sie alle für einen großen fisch hielten / deswegen eiligst dahin fuhren /und den ort mit ihrem garn ümzogen. Wie sie nun anhuben / das garn heraus zuziehen / fanden sie darinn /an stat eines fisches / einen verwundeten menschen: der ertrunken zu seyn schiene / weil er kein lebens-zeichen mehr von sich gabe.

Kaum hatten sie ihn auf den boden des schiffes geleget / da finge Orosmada unversehens an / häftig zu schreien; und ohne betrachtung der ümstehenden /fiele sie über diesen körper her / und vermochte kein wort / auser den namen Adonias / herfür zubringen. Dieses beginnen / gleich wie es iederman bestürzt machete / also bewoge es auch die in den anderen schiffen / sich zu nähern / üm zu sehen / was da geschehen wäre. Der name Adonias ware der Eurilinde nicht sobald für ohren gekommen / da ahnete ihr / daß dieser ihr sohn seyn würde: daher leistete sie der Prinzessin gesellschaft [422] [424]im schreien und wehklagen / dadurch der andern verwunderung vergrößert wurde. Nachdem Eurilinde etlichemal geruffen / Mein sohn! Mein sohn! ware ihr schiff / darauf sie fure / so nahe an dem andern / daß sie hinein springen kunte. Als sie nun solches verrichtet / liefe sie gleich zu dem körper /und ihn aus der Prinzessin armen nemend / warfe sie sich auf sein angesicht und stellete sich so erbärmlich an / daß iederman / fürnemlich aber der K \nig Siphon / zu mitleiden bewogen wurde. Wie man nun erfahren / daß dieser der Eurilinde sohn wäre / trate eiligst des Königs von Tyro leibarzt herbei / und vermerkend /daß er noch nicht gar todt wäre / ließe er das schiff anländen: da bei einem angezündten feuer der Adonias endlich wieder zu sich selbst kame / und das wasser von sich gebend die augen auff luge.

Wie mitlerzeit sich die Eurilinde und Orosmada gebärdet / kan ich nicht aussagen: da dann der Tiribaces so wol / als der K \nig von Jarmuth / der Prinzessin kummer mit nicht geringer eifersucht betrachteten. Der Prinz von Gibeon aber / name sich dessen nicht an / weil er seine liebe geändert / und der damaligen Prinzessin Lantine hatte angefangen aufzuwarten. Der König Siphon erwiese sich / der Eurilinde wegen /sehr besorget: bis er ihr diese post kunte bringen / daß ihr sohn lebete. Sie ümarmete ihn mit herz-mütterlicher liebe / und hätte schier / von leid und freude zugleich angefochten / vergehen mögen. Die Orosmada /welche bässer ihre freude als ihre traurigkeit bemeistern kunte / stellete sich nun etwas eingezogener /und / ihre erwiesene bestürzung damit entschuldigend / daß sie / aus liebe zu ihrer pflegmutter der Eurilinde / [424] des Adonias vermeinten tod also beweinet hätte / er langte sie bei den meisten dessen beglaubigung. Der Tiribaces aber / und der König von Jarmuth / sahen nun den glücklichen Adonias für ihren mitbuler an /und gaben so genaue achtung auf der Prinzessin gebärden / daß sie iemehr und mehr in ihrer einbildung gestårket wurden.

Nachdem hiermit die fischerei sich geendigt hatte /eilete man wieder nach Tyro / üm den kraftlosen Adonias vollends zu recht zu bringen: der dann / durch fleißige bedienung der ärzte / so weit gebracht wurde /daß seine wunden sich wol anließen / und er aus gefahr des todes entkame. Weil Eurilinde bei allen in großem ansehen war / als besuchete der ganze hof /ihr zu gefallen / den Adonias: da dann die Orosmada auch nicht ermangelte / so oft sie nur konte / bei ihm zu seyn. Und weil ihre gegenwart ihn mehr zu kräften wiederbrachte / als die andere arzeneien / als ließe es die Eurilinde geschehen / daß die Prinzessin diese hülfe ihrem sohn thäte: wiewol sie dabei schon auf mittel gedachte / wann er würde genesen seyn / dieser liebe zu steuren. Inzwischen erzehlte er der Prinzessin / wie es ihm ergangen: welches ich nur kürzlich wiederholen will.

Er hatte / seit seiner abwesenheit / in Creta / die freien künste und alle ritterliche übungen / fleißig erlernet / und bei dem König sich in so großes ansehen gesetzet / daß der ihn / in gesandschaft nach Kithim /an den K \nig der Janigenen den Camboblasco / abgeordnet: da er nicht allein mit der Königin Hermione /der schwester des Camboblasco / und wittib des vorigen Königs Morges / sondern auch mit der Roma /[425] der wittib des Königs der Aborigener / und schwester des Morges auch der gemalin des Königs Camboblasco / bekant worden. Von diesen beiden ward er dahin beredet / sie heimlich nach Creta zu entfüren: von dar sie fürter nach Tyro / und sodann weiter nach Basan /zu ihrem vettern dem König Marsius / reisen wolten. Wie er nun diesen dienst den beiden K \niginnen nicht abschlagen können / als ware er auch so glücklich /daß er sie wol überbrachte. Weil er nun diese gelegenheit / seine schöne Orosmada einst wieder zu sehen / ergreifen wolte / als suchete und erlangte er von dem König in Creta seine erlassung: üm die beide Königinnen nach Tyrus zu füren / und dann bei den seinigen zu verbleiben.

Auf dieser schiffreise wurden sie / unfern Tyro /eben den tag / als man die fischerei gehalten / von einem frömden schiff angefallen: welches von Creta aus sie verfolget / aber wegen ihres fleißigen ruderns /sie nicht eher / als bei diesem felsen / einholen k \nnen. Die Königin Roma / erkennte den fürer der Soldaten in diesem schiffe / für ihren bruder den Sycorus / K \nig der Celtiberier: der lange zeit seines bruders wittib / die K \nigin Hermione / geliebet / und vermutlich ihre flucht erfahrend / ihr nachgefolget hatte. Adonias / sowol von der ehre / als der bedrängten Königinnen zuruf angefrischet / entschloße sich / sein leben für ihre freiheit zu wagen: da dann / als sie ihre schiffe aneinander gehänget / nach einem langen blutigen gefechte / er und der König Sycorus in das meer gefallen.

Adonias wuste ferner nit zu erzehlen / wo dieser König und die schiffe geblieben wären: und beschlosse er diesen bericht mit einer schönẽ danksagung gegen der [426] Prinzessin / die ihn aus dem wasser erlöset / und zwar eben also öffentlich mit einem netze / als wie ehmals heimlich durch ihre schönheit eingefangen / und forthin ewig gefangen halten würde. Orosmada unterließe hierauf nicht / ihm ihrer treu und beständige lieben / zugleich auch ihrer herzlichen freude über seiner wiederkunft / zu versichern. Es ware nun bei hof und überall erschollen / daß nahe bei Tyro ein schiffgefechte vorgegangen: weswegen der König Tyras fleißig nachforschen ließe / wie es hierüm beschaffen wäre. Er konte aber keine andere nachricht erhalten / als diese von den fischern auf den kleinen nahgelegnen Inseln / daß sie etliche schiffe gegen Joppe hatten vorbei fahren gesehen.

Weil die handlungen zwischen den Königen Syphon / Tyras / uñ dem von Jarmuth / auch dem Prinzen von Gibeon und Fürsten von Hevila / sich etwas verlängert / als wurde der Adonias in der zeit wieder völlig gesund: da er dann bei hof erschiene / und in allem eine so gute art und wesen fürete / daß er sich so beliebt als bewundern machete. Der Prinz Tiribaces / der nichtes hassen kan / wo er tugend findet /hielte den Adonias gar wehrt / ungeacht er ihn für seinen mitbuler achten muste. Der König von Jarmuth aber / als hitziger und in allem seinen thun häftiger /kunte unmüglich vertragen / daß ihme / als einen König / ein unbekanter und gemeiner mensch solte fürgezogen werden: demnach erwiese er dem Adonias / bei allen begebenheiten / seine verachtung: der solche mit aller ehrbezeigung erwiderte / und doch dabei nicht abliesse / der Orosmada aufzuwarten. Diese Prinzessin aber / ihren Adonias an den König von Jarmuth zu [427] rächen / erwiese selbigem offentlich so viel liebkosungen / daß dieser König darob so verzweifelt / als Tiribaces berrübt / verbliebe.

Einsmals wurde in der stadt / in eines vornemen herrn hause / zu abend ein danz gehalten / worbei der ganze Königliche hof / auser den Königen von Sidon und Tyro und den beden Königinnen / erschienen. Man machete daselbst einen sonderbaren danz vorstellig: da eine dame anfangs allein danzet / und hierauf etliche aus der gesellschaft / welche da wollen /sich anbieten und im danzen hervortretten / von ihr zum danz aufgefordert zu werden; da dañ die dame /einen unter den haufen erwehlend / die andern / als mit verachtung beschimpfet / stehen lässet. Wie nun die reihe auch die Orosmada traffe / und ihr viel hohe standspersonen / absonderlich der König von Jarmuth und der Prinz Tiribaces / nachdanzeten: ließe sie die andern alle fahren / name den Adonias bei der hand /und danzete mit demselben. Diß verdroße den K \nig von Jarmuth dermassen / daß nach geendetem danz er sich nicht enthalten kunte / mit ehrenrürigen worten gegen dem Adonias auszubrechen. Dieser / so zwar dißfalls einem König zu antworten nicht vermogte /erwiese doch in seiner gedult solche grosmut / daß iederman mit ihme friedlich seyn muste. Auf gutachtung seiner freunde / drehete er sich folgends vom danz aus / als die Prinzessin Orosmada wiederum die reihe traffe. Es ware aber der andern ihre bemühung abermals vergebens / indem die Prinzessin den Adonias / ob er ihr gleich im danz nicht folgete / ungescheuet aufforderte / und mit ihm den danz vollendete.

Wie nun Adonias / ganz vergnügt über diesem[428] glück / nach geendigtem danz / den K \nig von Jarmuth fürbei ginge / triebe den die rasende eiversucht /daß er ihme mit dem stecken einen streich versetzete. Adonias solcher beschimpfung ungewonet / sezte den unterschied des standes auf die seite / und den stecken aus des Königs von Jarmuth händen reissend / zerbrache er denselben / und gabe / mit der stücke einem /dem waffenträger des Königs einen gewaltigen streich über den nacken / dabei sagend: also muß ich mich an dem bedienten rächen / weil mir mein stand verwehret / ein solches K \niges zu bieten. Durch diese that / geriete alles zum allgemeinen auflauf / indem der K \nig von Jarmuth / und dessen beisichhabende / diesen schimpf zu råchen / auf den Adonias anfielen: hingegen die Prinzessin Orosmada den Prinzen von Tyro und dessen schwester / meine ietzige K \nigin / anfleheten / daß sie ihres herr vattern bedienten / wofür sie den Adonias ausgabe / schützen wolten. Der Prinz Tiribaces ermangelte nicht / unangesehen der Prinzessin gegen dem Adonias bezeigte wolgewogenheit ihn nicht minder übergangen hatte / auf des Adonias seite zu tretten / und dem König von Jarmuth einhalt zu thun / daß er seinen mitbuler nicht gar aufreiben m \chte.

Es würde hieraus ein mächtiges blutbad entstanden seyn / wann nicht von dem K \nig Tyras etliche wären dazwischen gekommen / die den K \nig von Jarmuth und Prinzen von Tyro von einander schieden / und den Adonias in haft nemen ließen. Aber der K \nig von Sidon / der wegen der Eurilinde dem Adonias sehr gewogen war / brachte es bei seinem bruder dahin / daß er bald wieder seiner haft erlassen / [429] und nach Sidon fürangeschicket wurde. Man ließe ja nichtes ermanglen / dem K \nig von Jarmuth zu liebkosen / üm diesen groll ihm wieder aus den sinn zu bringen. Weil hierdurch mehr kunt wurde / was Orosmada für eine sonderbare wolneigung zu dem Adonias truge: als trate die Eurilinde abermals den König Siphon an / dem sie diese schwachheit der Prinzessin / ihren sohn betreffend / heimlich entdeckte / und zugleich riete / daß eine heurat zwischen ihr und dem Prinzen von Hevila m \chte getroffen werden. Daß sie aber nun diesen Prinzen / und nicht / wie vormals den von Tyro / fürschluge / war die ursach / weil jener bereits in seinem land regirete / dieser aber noch unter einem jungen vatter lebete / der / allem ansehen nach / noch so bald nicht sterben würde.

Der Siphon / pflage in allem der Eurilinde zu folgen. Was auch den König von Jarmuth betraffe / so war er nicht gesinnet / ihm eine tochter zu geben: weil selbiger als ein slave des Königs von Canaan lebete /und zudem sein meistes land unter der gewalt des Königs von Basan ware. Demnach wurden ferner nach und nach / wie bereits geschehen / des Prinzen Jethur leute angelassen / ihrem herrn diese Prinzessin von Sidon anzutragen. Gleichwie nun dieselbigen / in hofnung großer verehrung / an ihrem fleis nichts ermanglen ließen / also gaben sie auch dem König Siphon mehr vertröstung / als sie von ihrem herrn entfiengen: massen der / wie man nachgehends erfuhre / bei einer andern schönheit bereits seine freiheit verloren hatte.

Immittels man also / unter den offentlichen handlungen dieser Könige / wegen erneurung ihres bundes / [430] dieses also heimlich mit-triebe / und die Orosmada vom König von Jarmuth / und Prinzen von Tyro ämsig bedient wurde: machte der König von Jarmuth eine verborgene anstalt / die Prinzessin / durch den Naharat / seinen vertrautsten bedienten / entfüren zu lassen. Dann er wol absahe / daß auf andere weise er sie niemals zu seiner liebe bringen würde: zumal sie ihme nach dem lezten handel mit dem Adonias / kein gutes noch höfliches wort mehr gegeben hatte. Demnach alle freundschaft der Könige von Tyro und Sidon hintan setzend / ließe er sich zu solchem schluß verleiten: da dañ / durch diesen Naharat / die Prinzessin /als sie bei nacht / an nichtes weniger als an dieses gedenkend / neben mir und etlichen meiner gespielinnen / am gestade im mondschein spaziren ginge / hinweg genommen / zu schiff gebracht / und also davon gefürt wurde. Ihr und unser aller geschrei vermogte diesen raub nicht zu verhintern: massen der Naharat in seinem bösen fürnemen so glücklich war / daß uns niemand hörete / viel weniger einiger mensch uns zu hülf kame; und ward solches zu Tyro erst folgenden morgen wargenommen / als die Orosmada nirgend zu finden ware.

Man kan sich leicht den Prinzen Tiribaces fürstellen / wie der sich gebårdet / als er diesen verlust der Prinzessin / die er so herzlich liebte / vernommen. Der listige König von Jarmuth bliebe in Tyro / und kartete dieses spiel so meisterlich / daß kein mensch ihn für schüldig halten kunte. Zu dem ende ließe er auch das geschrei überall ausbreiten / die Prinzessin hätte sich von dem Adonias heimlich entfüren lassen. Hierüber geriete der König ihr herr vatter in so bittern zorn /die [431] Emilinde in solchen schrecken / der Tiribaces in solche bekümmernis / und der König von Tyro / als dessen haus man damit geschändet / in solchen eifer: das überall von nichts / als von rache geredet wurde. Alle schiffe / die in der eile aufzubringen waren / wurden diesem råuber nachgesendet: welche den weg nach Sidon nemend / dem Naharat raum und frist ließen / mit uns nach Joppe zu kommen.

Weil zu Sidon / der verliebte Adonies / die entfürung seiner Prinzessin / ehe die schiffe noch hinkamen / erfuhre: als triebe ihn die häftige liebe / daß er alsofort sich in ein schiff setzete / üm seine verlorne Prinzessin zu sehen. Weil ihm gleich ahnete / es möchte diesen raub der König von Jarmuth angestellet haben / name er seinen weg nach Joppe: daselbst er / weil der wind mit ihm war / den folgenden morgen ankame / als eben der Naharat mit uns zu lande nach Jarmuth fort wolte / nachdem er alda übernachtet hatte. Die Prinzessin erkante ihn gleich von ihrem wagen / und er sie hinwiederum: daher sie beide / vor erfreuter bestürzung / laut aufzuschreien begunten. Er liefe mit entblöstem gewehr zum wagen / von welchen sie alsobald herab sprange / und auf ihn zu eilete. Die einwohner in Joppen / welche / wegen der vielen handelschaft nach Tyro und Sidon / diese völker sonderlich liebeten / vernamen nicht so bald von dem ruffenden Adonias / daß diese dame die Prinzessin von Sidon wäre / welche man entfüren wolte / da gaben sie sich alle auf seine seite / und gegen die von Jarmuth allen eiser ausschüttend / ließen sie nicht einen von ihnen leben: daß also Naharat / seines herrn liebe mit seinem blut bezahlen muste.

[432] Die Orosmada / so diesen dienst / von keinem menschen lieber in der welt / als von ihrem Adonias / annemen können / begabe sich mit ihm gleich wieder zu schiffe / des vorhabens / nach Tyro zu fahren. Weil aber der wind uns entgegen / als wurden wir weit in das meer hinein getrieben: also daß wir / den folgenden tag / unferne von Sidon uns befanden. Wir sahen bald darauf etliche schiffe auf uns zueilen / die wir /im näher-kommen / an den fahnen für Tyrische erkanten: denen dann die Prinzessin / höchst erfreuet / befahle entgegen zu fahren / vermeinend / daß sie uns zu sehen kämen. Sie befande sich zwar in dieser meinung nicht betrogen / erschracke aber häftig / als der Borgias / ein bedienter des Königs von Tyro / der über diese flut befehlhaber war / nach kurzer begrüßung der Prinzessin / seinen leuten befahle / den Adonias gefangen zu nemen / und in eines von seinen schiffen zu füren. Sie / so wol als er / wolten die ursach dieses unvermuteten beginnens wissen: Borgias aber berieffe sich bloß auf seines Königs befehl / und begabe sich /üm der Prinzessin zürnen und klagen nicht anzuhören / aus dem ihrigen wieder in sein schiff / und ließe alsofort die segel nach Tyro richten.

Als wir gegen den abend daselbst ankamen / erwiese iederman / an stat / daß man über der Prinzessin wiederkunft sich erfreuen sollen / sich sehr bestürzet /daß eine so große Prinzessin sich von dem Adonias /als sie vermeinten / hätte entfüren lassen. Der König Siphon / ihr herr vatter / ware nicht zu tr \sten. Eurilinde wolte / ihres sohnes halber / schier verzweiflen. Der K \nig Tyras / der es / weil es an seinem hof geschehen / sonderlich hoch entfande / hielte sich für den [433] meist-belegten / und deme am meisten die rache zustünde. Der König von Jarmuth / ob ihm gleich innerlich angst ware / name sich dessen äuserlich nicht an / entschlossen / alles zu leugnen. Tiribaces ware ganz aus sich selber / weil ihme / diese erwiesene leichtsinnigkeit seiner Orosmada / tief zu herzen ginge. Die Sidonische bedienten / ob sie gleich sich ihrer Prinzessin schämeten / konten doch von den Tyrischen nicht dulten / daß die es ihnen aufrückten: daher endlich / unter hohen und niederen / ein großer misverstand erwuchse.

Orosmada / die sich an allem diesem ganz unschuldig wuste / vermochte nicht auszusinnen / was diß bedeutete / daß man sich zu Tyro über ihre befreiung so wenig frölich erzeigte / und dem Adonias ihrem erlöser seinen dienst so übel belohnte. Doch / wie sie alles / auser was ihn betraffe / wol vertragen kunte /als ware sie allein üm dem Adonias besorget. Nachdem sie etliche stunden / ohne von iemanden besucht zu werden / zugebracht hatte / schickte sie nach der Eurilinde / daß sie zu ihr kommen m \gte. Aber selbige weigerte sich dessen / und berichtete der abgeschickte / daß sie sehr gewinselt / und die Prinzessin die ursach ihres unglücks genennt hätte. Orosmada wolte demnach selber zu ihr gehen: aber die Königliche wacht für ihrem zimmer / verwehrete ihr den ausgang. Also muste sie sich / bei aller ihrer unruhe /noch dazu gefangen sehen: welches ihr dann seltsame gedanken machte.

In solcher unruhe / ginge die nacht vorbei / und wie der tag wieder angebrochen / und mit deme ihre sorge sich erneuret / ließe der König / ihr herr vattter / sie für sich holen: den sie mit so tiefer traurigkeit überfallen [434] fande / daß sie ihn fast nicht mehr kennete. Ihr gutes gewissen / so bei allen diesen verwirrungen sie getrost machete / triebe sie / die erste im reden zu seyn / und den K \nig ungescheuet zu fragen: warüm man sie und den Adonias gefangen hielte? Ihr wurde hierauf / mit den schmerz-entfindlichsten worten / von ihme fürgerücket / ihre liebe zu dem Adonias / der nicht ihres standes wäre / und daß sie / ihrer ehre und kindlichen gehorsams / hierbei so gar vergessen håtte. Ich trage keinen scheu / (sagte Orosmada / als sie den König ruhig ausreden lassen /) E. Maj. zu gestehen /daß ich den Adonias von kindheit auf geliebet: aber mit einer solchen liebe / die in keinem stuck meiner ehre / noch dem stande / darinn mich die götter haben lassen geboren werden / noch meiner kindlichen pflicht und gehorsams gegen E. Maj. zu nachteil gereichen können. Meine ehre ist mir viel zu lieb / als daß ich dem Adonias etwas mir übel-anständiges solte erlaubet haben: massen mein stand / und der name einer tochter / mich sattsam lehret / daß ich keinem werden kan / als deme E. Maj. mich bestimmen werden. Wir begehren beiderseits einig und allein /daß man uns verg \nne / einander zu lieben. Ist dieses nun strafbar / so bekenne ich meine schulde: vermeine aber / gleichwie niemand ein herr über mein gemüte seyn kan / also werde man mir auch frei lassen / zu lieben / was ich wolle / zumal es mich nimmermehr meiner kindlichen pflicht soll vergessen machen.

Hierauf hielte ihr der König für / was sie für eine ungezimte leichtsinnigkeit begangen / da sie mit dem Adonias heimlich davon geflohen: wodurch sie seines bruders Königliches schloß geschändet / ihr ganzes[435] haus entehret / und ihn nun zwinge / den Adonias der wut eines beleidigten Königs zu übergeben. Dieser fürwurf / so ihr einen schrecken einjagen sollen / ware fähig / sie ruhig zu machen. Sie erzehlete alsofort dem König / mit allen ümständen / wie durch des Königs von Jarmuth leute / und nicht durch den Adonias / sie entfůret / wol aber von diesem lezten zu Joppe wieder eingeholet / und aus der hand des Naharat mit großer dapferkeit wäre erlöset worden. Dieser bericht / so unglaublich er dem König fürkame / so sehr ward er dadurch erfreuet: dann weil ihme / sowol die beschimpfung seiner tochter / als des Adonias unglück /sehr nahe gegangen / als kunte er ihrer beider unschuld nicht anderst / als mit höchster freude / vernemen. Er ließe gleich die trostlose Eurilinde zu sich holen / und verkündigte ihr diese gute zeitung: die dann gleich als aus einem schweren traum sich erwecket achtete / als sie die unschuld ihres sohnes hoffen dorfte. Weil auch / alle der Prinzessin mit-entfürete leute / diese ihre aussage bekräftigten / als begabe sich der König gleich nach seinem brudern / deme zu sagen / wie es hierüm stunde: und forderte er zugleich den Adonias wieder von ihm ab / den er / weil er ihn für schüldig gehalten / der bestraffung des Königs von Tyro übergeben hatte.

Dieser König aber / so hierinn sich nicht übereilen wolte / weil es den König von Jarmuth ihren bundsverwandten anginge / hielte seinen bruder mit guten worten auf / und wolte den Adonias nicht gleich loslassen: dabei wegen des Königs von Jarmuth erwehnend / daß man sich wol fürsehen müste / ehe man ihm dieses aufbürdete / zumal einige ümstände den Adonias [436] nicht auser aller schuld setzeten. Hierüber gerieten diese beide brüder in so harte wortwechselung / daß sie unwillig voneinander schieden. Als auch dem Siphon / wie er von seinem bruder aus dem gemach ginge / der König von Jarmuth eben begegnet rückete der ihme ganz erzürnet / daß er die Orosmada seine tochter entfüren lassen / welche beschimpfung nicht ungerochen bleiben solte. Der König von Jarmuth / als welcher alles aufs verneinen setzete / erwiese sich hierdurch beleidiget / und gienge gleich nach dem König von Tyro / sich hierüber zu beklagen / und ihn dahin zu vermögen / daß der Adonias hingerichtet würde.

Dieser handel nun erregte einen großen aufstand in Tyro: weil gleich überall erscholle / daß Adonias und die Prinzessin für unschuldig gehalten würden / und daß der König von Jarmuth den anschlag auf diese hätte machen lassen. Die Sidonier / hierob erfreuet /wolten den Adonias los-haben / und durfte keiner von Jarmuth sich für ihnen sehen lassen / so verbitteret waren sie auf dieselben. Die Tyrier hingegen / hielten die seite des Königs von Jarmuth: weil sie wusten /wie viel ihrem König daran gelegen war / daß dieser König und die anderen den bund mit ihme eingehen möchten; und weil sie also / an dem König Beor von Canaan / die verstossung seiner gemalin / die ihrer Königin schwester / desto bässer zu rächen verhoffeten.

Der König Tyras wolte nun / üm deß willen / den König von Jarmuth allerdings zum freund behalten: zumal der sich verlauten ließe / er wolte mit den Prinzen von Gibeon und Hevila / ohne den bund zu [437] vollziehen / hinweg reisen / wann dieser erlittene schimpf und die beschuldigung nicht von ihme abgeweltzet würde. Weil nun der König von Tyro den Adonias nicht loßgeben wolte / hingegen der Siphon mit großem eifer denselben ledig forderte: als geriete hierdurch alles in einen gefärlichen stand / also daß in einem schloße dreierlei widrige teile sich befanden /nämlich die Sidonier / die Cananiter neben denẽ von Hevila / und die Tyrier. Die K \nigin Delbois von Tyro / und die Naema von Sidon / namen sich endlich dieses handels an / und beredten sich mit allen teilen. Es kame / von Tyrischer seite / der fürschlag: die Orosmada solte gestehen / daß sie nicht anderst wüste /als daß der Adonias sie entfüret hätte / worauf der Tyras ihn los lassen wolte; diese Prinzessin solte den Prinzen von Hevila / der König von Jarmuth die ältste Prinzessin von Tyro / der Prinz von Gibeon die Prinzessin von Elam / itzige Königin / und der Prinz Sidon die zweite Prinzessin von Tyro ehlichen. Die Eurilinde / wäre mit diesem allen zu frieden gewesen: aber der König Siphon wolte nicht zugeben / das seine tochter ihr selber etwas auf den hals löge; zu dem / daß seine grosmut ihm verwehrte / zu vergönnen / daß dem König von Jarmuth diese beschimpfung also frei ausginge. Die K \nigin Naema konte auch nicht vertragen / daß der Sidon ihr stiefsohn / als ihr heimlicher buler / die Prinzessin von Tyro heuratend / ihr entwerden solte: gleichwie auch er / sowol als seine schwester die Orosmada / zu den vorgeschlagenen heuraten sich nicht verstehen wolte.

Von Sidonischer seite wurde fürgeschlagen / der[438] Adonias solte alsofort auf freien fus gestellet werden /und der König von Jarmuth bekennen / wie er an der Orosmada sich versündigt håtte: so dann wolte der König Siphon alles vergessen / und den bund mit ihnen eingehen / auch seine tochter / üm sie aus dem ruff mit dem Adonias zu bringen / an den Prinzen Tiribaces seinen bruders-sohn verehlichen / wann dem Tyras seinem bruder solches beliebig wäre. Aber diese Sidonische vorschläge / verfiengen so wenig /als die Tyrische / weil der dritte teil nicht damit zufrieden war: massen der König von Jarmuth beständig dabei verbliebe / er wüste nichtes von der Orosmada entfürung / und müste Adonias sterben / weil er solches auf ihn bringen wollen; dafern aber ihme die Orosmada zur gemalin verwilligt würde / wolte er zulassen / daß dem Adonias das leben geschenket würde. Der Prinz von Gibeon hielte hierbei auch an üm die Prinzessin Lantine / und auf diese bedingung wolte er den bund mit Sidon uñ Tyro eingehen. Ob nun wol der König von Tyro in diese vorschläge endlich eingewilliget / so waren doch die auf Sidonischer seite nicht zu erhalten. Es wolte auch / die Königin von Tyro / ihre tochter dem Prinzen von Gibeon nicht geben / als sie vername / wie sehr dieser Prinz ihr zuwider wäre.

Dem Prinzen Tiribaces ware / bei aller dieser grossen verwirrung / erfreulich zu vernemen / daß er von Sidonischer seite in vorschlag gekommen / die Orosmada zu heuraten: ob er gleich nicht hoffen kunte /daß solches mit ihrer bewilligung geschehen. Nachdem dieses unwesen etliche tage gewäret / und sich immer gefärlicher anließe / also daß es schier zu einem [439] großen blutbad ausschlagen wollen: ginge dieser Prinz / bei nacht / in des Königs von Sidon gemach / und bote ihm / nach bezeugtem misfallen über diesem unwesen / seine dienste an / den Adonias heimlich frei zu schaffen. Siphon / der eben mit seinen leuten sich davon unterredte / und / nach erledigung des Adonias / davon zureisen / gewillet war /name solches mit höchster freude und danksagung an: und wurde der folgende abend dazu bestimmet / da der Prinz seinen mitbuler ledig machen / und der Siphon / ohne den bund mit den Canaaniten zu schließen / davon ziehen wolte. Zu behuf dessen / wurden heimlich schiffe bestellet / den König ůberzufüren. Es glückte dem Tiribaces alles nach wunsch / also daß er den Adonias frei machete / ihn selber dem K \nig von Sidon überlieferte / und folgends uns zu schiff bringen halfe. Seiner Prinzessin abreise / fiele ihme zwar schmerzlich: doch ließe er sie abreisen / in der hofnung / daß der König ihr herr vatter sein fürsprecher bei ihr seyn würde. Ihn tröstete auch nicht wenig / als die Eurilinde / wie sie abschied von ihm name / zu ihm sagte: wiedaß sie diese wolthat / die der Prinz ihrem sohn erwiesen / nimmermehr vergessen / und ihme dafür in seiner liebe bei der Orosmada nach m \glichkeit dienen wolte. Der erkentliche Adonias versprache ihm zwar nicht dergleichen / bezeugte aber doch sich ihme / für die entfangene freiheit / so sehr ergeben / daß diese zween mitbuler als große freunde voneinander schieden.

Wir kamen / gegen den morgen / nach Sidon: da des Königs geheime räthe / dieses unwesen reichlich überlegend / dem hitzigen Siphon nicht raten wolten /dieserwegen einenen krieg wider Tyrus / und gegen[440] den König von Jarmuth / anzufahen: weil solches nur sein eigenes reich am meisten mittreffen / die kaufhandlungen dadurch erligen / und dem König Beor von Sichem solches gar gewünscht kommen würde /sich dieser ihrer einheimischen unruhe zu bedienen /um sie unter sein joch zu bringen. Für das bäste hielte sie / daß man zu allem still sitzen / und auf den notfall sich in verfassung stellen solte / wann etwan / wie doch nicht zu vermuten / Tyrus oder der König von Jarmuth etwas anfahen wolten. Wie nun diesen einraht gefolget wurde / als ist es auf Tyrischer seiten auch dabei verblieben. Nicht lang hernach kame der König von Hemath / neben der Königin der Bactrianer / unsere Königin / die ihrer beider schwester war /zu besuchen. Durch diese wurde der streit zwischen den beiden Königen beigeleget / daß alles in ruhigen stand wiederkehrte: wiewol nach diesem das rechte vertrauen zwischen den beiden brüdern sich nicht wieder eingefunden / und haben sie auch sich nie wieder gesprochen.

Der König von Jarmuth / wie auch der Prinz von Hevila und Gibeon / waren / ohne den Bund zu schließen / aus Tyro wieder hinweg gezogen. Der Prinz Tiribaces aber / gleichwie er es mit des Adonias befreiung sehr künstlich angestellet / als bliebe solches auch verborgen / und bekame er deswegen keine ungelegenheit. Er begunte hierauf seine unglückliche liebe zu überdenken / in deren er am hof keine vertraute hatte / als die Prinzessin Lantine seine schwester: massen auch zu derselben seine liebe jederzeit mehr gerichtet war / als zu seinen beiden andern schwestern. Also unterhielte dieser Prinz seine liebe abwesend / [441] deren Adonias mit mehrerm glücke gegenwärtig genossen wie ich iezt erzehlen will.

Es hatte der Eurilinde schönheit vorlängst den König Siphon eingenommen / also daß er ohne diese dame nicht seyn kunte / und nicht mindere liebe gegen ihr / als seine tochter gegen ihrem sohn / entfande. Wie nun diese witzige frau / aus allen ümständen /des Königs liebe merkte / fande sie / deren bei zeiten zu entgehen / kein bässers mittel / als daß sie dem König fürstellete / wie die Orosmada seine tochter ihren sohn liebete / welches dem ganzen Königlichen hause bereits viel unruhe gebracht / und zugleich schimpflich wäre: müste also der König dahin bedacht seyn / diese beide verliebte voneinander zu entfernen / und der Prinzessin einem gemal / ihrem sohn aber einem dienst geben / der ihn von hof brächte. Der Siphon / so ihre rechte meinung nicht erreichte / ließe ihm dieses gefallen / und machte den Adonias zum Stadhalter zu Botris / im lande der Gibeliten: welchen dienst er willig anname / ob der ihn gleich von seiner Prinzessin abrisse / weil er nun hoffete / üm so viel eher ihrer würdig zu werden / da der K \nig ihn zu solcher ehre erhube.

Orosmada hergegen / mutmassete gleich nichtes gutes aus dieser entfernung: deren der König / sobald der Adonias hinweg ware / heimlich antruge / wiedaß er gesinnet wäre / sie an dem Prinzen Tiribaces zugeben. Er sezte die ursach hinzu / weil dieser herr sie liebete / ihres standes / und fähig wåre / das verlorne vertrauen zwischen Tyro und Sidon wiederzubringen. Orosmada / nachdem sie des Königs anbringen gedültig angehöret / sagte darwider: sie hätte bereits dem König ihre liebe entdecket / die sie zu dem [442] Adonias trüge. Sie wolte zwar ihrem herr vattern gehorsamen: es würde aber dieser befehl / wo nicht ihrer beider /doch gewiß des Adonias tod nach sich ziehen / und folgends auch die Eurilinde zu grab fördern. Diese worte / kunte der K \nig nicht ohne bewegung anh \ren / und / der Orosmada hierzu bedenkzeit gebend /ginge er zu der Eurilinde: deren er fürschluge / daß er die Prinzessin ihrem sohn geben wolte / weil dessen geschicklichkeiten ersetzeten / was ihme an der geburt mangelte / und weil er seine tochter in der liebe gegen ihme ganz beständig fünde. Eurilinde / so sich hierüber gar nicht erfreuete / dankte dem König zum demütigsten / für diese hohe ehre: wuste aber mit so vielen gründen diese meinung ihme aus den sinn zu reden / daß der gute König ganz unschlüßig bliebe /was er beginnen solte.

Wie nun seine liebe gegen ihr von tag zu tag zuname / als entdeckete er ihr einsmals diese seine gemuts-neigung. Er fande aber solchen widerstand / und die grosmütige Eurilinde so entrüstet: daß er / ob er gleich ein großer König / und ihr herr war / dannoch ihrem befehl gehorsamen / und von ihr gehen muste. Ich kame hierauf / wie ich zu thun gewonet war / eben zu ihr: da sie mir dann / als ihrer vertrauten / alles klagete / wie es ihr mit dem König erginge. Sie name ihr nun für / gleichwie sie längst zu thun gewillet gewesen / nach Botris zu ihren sohn zu gehen: mit vorwand / daß sie also von ihm entfernet nicht leben könte; wie dann auch wol guten teils die warheit gewesen. Demnach begabe sie sich nach hof / und als sie ihre erlassung bei der Königin gesuchet / auch erlanget / name sie zugleich abschied von der Prinzessin: [443] deren sie einen brief an den König entfahle / in welchem sie ihm zu gemüt fürete / wiesehr er sie beleidigt / und daß alle die von ihme genossene wolthaten nicht fähig wåren / sie dessen iemals vergessen zu machen / dafern er in solchen gedanken verharren würde. Hierbei riete sie der Prinzessin nochmals zur vermålung / mit den Prinzen von Tyro: hingegen bezeugend / daß sie in deren heurat mit ihrem sohne nimmermehr willigen würde.

Wie sie nun hinweg ware / brachte die Orosmada dem K \nig der Eurilinde schreiben: der ihre abreise daraus vernemend / in die höchste traurigkeit geriete. Er ließe seine tochter das schreiben lesen / und machte sie zur vertrauten in seiner liebe: da dann sie beide einander ihr anligen klagten. Orosmada zwar konte sich vor ihrem vatter glücklich achten / weil Adonias sie wieder liebete: welches der König von der Eurilinde nicht hoffen kunte / weil / ungeacht ihres gemeinen standes / ihr gemüte viel zu hoch war / einen König zu nemen / und nicht Königin zu heissen. Dann weil diese ehre der K \nigin Naema allein gebürete / als hätte Eurilinde nur als ein kebsweib sich müssen halten lassen. Diß alles hatte sie / zu entschuldigung ihres abschlags / im schreiben angefüret. Die Orosmada aber / brachte es bei dem König dahin / daß der den Adonias nach hofe fordern ließe / um ihrer beider heurat zu vollziehen: wodurch / der König hoffete /daß folgends auch die Eurilinde wieder nach Sidon würde können gebracht werden.

Als der Adonias ankame / hätte man vermeinen sollen / er würde die höchste freude und vergnügung von sich blicken lassen / weil er in seiner liebe so glücklich [444] ware. Aber er war ganz betrübt / und ließe sein unruhiges gemüte so sehr herfür scheinen / daß Orosmada nicht wuste / wie sie solches verstehen solte. Einsmals / wie sie ihn deswegen zur rede sezte / und ihn triebe / ihr deutlichen bescheid zu geben / sagte er zu ihr: Ach liebste Prinzessin! bisher / da ich nichtes gewesen / habe ich mich nicht gescheuet / meine gedanken bis zu einer so großen Prinzessin zu erheben. Nun ich aber erfahren / daß ich eures standes bin /zwinget mich mein verhängnis / mein glück noch nicht anzunemen / wofern ich nicht dadurch mich eurer besitzung unwürdig machen will. Diese dunkele worte / sezten die Orosmada in nicht geringe bestürzung / und als sie ihm sehr anlage / sich ihr zu erklären / offenbarete er ihr: wiedaß seine mutter / als er vom K \nig / nach hof zu kommen / von Botris abgefordert worden / ihm entdecket / daß er von Königlicher geburt seie. Sie wolte ihm aber nimmermehr sagen / wer sein vatter gewesen / und was für ein Königreich er zu erben hätte / wañ er ihr nicht zuvor versprechen würde / nach ihrem sinn zu heuraten / und die Orosmada zu verlassen. Sie sei auch entschlossen / in dem augenblick / wann sie seine vermälung mit der Orosmada hören würde / alle die zeugnise seiner geburt / so sie in händen hätte / mit feuer zu verbrennen / und ihm dabei allen ihren mütterlichen segen zu entziehen.

Habt ihr dann das / (fragte Orosmada) der grausamen Eurilinde versprochen? Keines wegs! (antwortete er) und wolte ich lieber sterben / als mich selber eurer wertesten besitzung verlustig machen. Aber liebste Orosmada! dieses verursachet bei mir / daß ich einen verzug in meiner glückseligkeit verlangen muß: [445] damit ich durch gar zu großes übereilen nicht verscherze /euch einen thron zuwege zu bringen. Orosmada / so hiergegen nichtes zu sagen hatte / ware erfreut / daß ihre wahl ohne ihr wissen also auf ihres gleichen gefallen ware. Sie kunte aber so wenig / als er selber /aussinnen / aus welchem Königlichen stammen er bürtig seyn müste / und was die Eurilinde doch bewegen m \chte / seiner liebe also entgegen zu seyn. Weil aber dieselbige ihn so sehr beschworen / dieses geheim zu halten / als erfuhre weder der König / noch andere bei hof / etwas hiervon: und entschlossen sich Adonias und Orosmada / daß sie in vergnügter liebe /ohne noch zur zeit auf die vollziehung des beilagers zu dringen / zusammen leben wolten. Der K \nig in allen der Prinzessin meinung folgend / war zufrieden /daß dieses noch was anstehen mögte. Weil auch sein herz iederzeit bei seiner Eurilinde lebete / und er von ihr stäts die hofnung hatte / daß sie würde wieder nach Sidon kommen: als überhäufte er täglich den Adonias mit neuen gnaden / daß derselbige fast mehr / als der Kronprinz Sidon / bei allen großen des reichs in ansehen geriete: welches ihme dann soviel dienere /als neidere / zu wegen brachte.

Es vermochte aber das mütterliche herz der Eurilinde nicht länger von ihrem sohn zu bleiben / da in Botris aller orten das gespräch erscholle / wie der Kronprinz dem Adonias aufsätzig wäre. Weil sie nun dieses für ihn höchstgefärlich erkante / als kame sie wie der hin nach Sidon: üm ihr leztes heil zu versuchen /ob sie den Adonias von seiner liebe abbringen / und ihn / mit ihr nach Armenien zu reisen / bereden möchte. Der verliebte König entfande hierüber unaussprechliche [446] freude / und Adonias neben der Orosmada hielten diese überkunft für ein gutes zeichen. Doch verloren sie alle ihre hofnung / als Eurilinde / den König zu sprechen / sich weigerte / auch folgends der Prinzessin und ihrem sohne / als sie beide zugleich sie zu besuchen kamen / ungescheut in die augen sagte: sie wolle durchaus nicht zugeben / daß sie einander liebeten / und es sei Tiribaces für die Prinzessin zum gemal ausersehen / den solte und müste sie auch haben. Sie sezte hierzu: die Prinzessin Orosmada solte nicht gedenken / daß Eurilinde ihr feind wäre; massen sie schwören könte / daß sie sie liebete als ihr kind / und daß sie zu ihrem bästen dieses verwehrete /welches ihrer beider höchstes unglück und verderben nach sich ziehen würde. Orosmada / an stat zu antworten / vergoße milde zähren. Adonias / stunde wie ein leiche / und beschwore die Eurilinde bei allem / so ihr zum heiligsten und liebsten / sich deutlicher zu erklären / und sich ihrer beider qual jammern zu laßen. Aber der Eurilinde standhaftigkeit war mit nichtes zu erweichen / und musten diese verliebten endlich also trostlos von ihr gehen: ganz unschlüßig / wie sie es anschlagen / und aus dieser verwirrung entkommen solten.

Als sie eines tags gegen den abend / im schloßgarten / ihr leiden miteinander zu überlegen / spaziren gehen wolten / und ich mit von der gesellschaft war /die der Prinzessin dahin aufwartete: fanden wir den pförtner für der verschlossenen thür des gartens stehẽ / der uns den eingang verwehrete / weil der Prinz Sidon / wie er sagte / befohlen hätte / niemanden einzulassen. Dieser befehl wird uns nicht gelten! sagte Orosmada: name damit den schlüßel aus des pförtners [447] hand / und gabe ihn dem Ledor / einem von des Königs kammerherren: welcher stäts viel von der Prinzessin gehalten / und mehrenteils in ihrer aufwartung sich befunden hatte. Dieser eröfnete die thür mit dem schlüssel / und ließe nicht allein uns / sondern auch unterschiedliche andere Königliche bediente / die gleich als wir den garten hatten verschloßen gefunden / hineintretten ließe. Weil es damals mitten in der herbstzeit war / da des abends die winde etwas herbe zu wehen beginnen: als wurde das spazirengehen bald eingestellet / und begaben wir uns ingesamt nach einem lusthause / welches abwarts in einem kleinen Cedernwald lage: alda wir dann auch die thür verschlossen fanden. Weil aber die Prinzessin einen schlüßel bei sich hatte / der auch diese thür aufschließen kunte: als kamen wir sämtlich hinein / in den untern saal / darinn ein bette stunde / in welchem der K \nig zu weilen / in heißen sommertagen / nachmittags zu ruhen pflegte.

Wie nun die Orosmada / auf das bette sich zu setzen / den vorhang zurück zoge / fande sie die Königin Naema und den Prinzen Sidon einander ümarmend dariñ ligen / und schlaffen. Unser schrecken ward hierob so groß / daß keines ein wort reden kunte / und wir nur einander ansahen. Orosmada aber / den Adonias bei der hand nemend / eilete so geschwind / als sie konte / aus dem saal hinaus / diese böse that ihrer mutter und des bruders verfluchend. Sie befande des Königs ehre viel zusehr beschmitzet / als daß sie solches / was sie gesehen / hätte verschweigen können. Demnach / so bald sie vermochte / gienge sie zum König / und entdeckte ihm seine geschändete ehre: womit [448] sie ihn sehr bestürzt machte / und konte er solches nicht wol glauben / wiewol man schon lange vorher / von dieser unzimlichen liebe / gar stark geredet hatte. Gleichwol triebe ihn sein billiger eifer / gleich anzubefehlen / daß sowol die Königin / als der Prinz /in haft genommen / und nach Gabala / so ein fästes bergschloß ist / gebracht wurden.

Diß erregte ein solches schrecken / daß ganz Sidon darüber wach und unruhig wurde. Die Königin / ob sie gleich in ihrem herzen sich schüldig wuste / ware doch so frech von gemüte / wie auch der Prinz Sidon /daß man keine angst an ihnen verspüren konte. Weil sie demnach pocheten / und die ursach dieser verhaftung wissen wolten: als ließe der König ihnen ansagen / wessen sie von der Orosmada beschůldiget würden. Ihre künheit war so groß / daß sie ihre unschuld wider die Prinzessin gerichtlich auszufüren begehrten: welches dann der König ihnen nicht abschlagen konte / weil das gemeine volk einen aufstand hätte erregen mögen / die den Sidon sehr liebeten. Also wurden /wie land-üblich / sechs richtere erkieset: vor welche /in gegenwart alles volks / beide teile sich stellen musten / ihre beschüldigung und unschuld auszuführen. Weil unter dieser anstalt eine gute zeit verflosse / als lebte der K \nig immittels in großer unruhe: und wie die liebe gern alles ihr zu vorteil drehet / als hoffete er / wann die Naema ihrer unthat würde überwiesen seyn / alsdann in seiner liebe gegen der Eurilinde glücklich zu werden. Die Orosmada stärkete ihn in dieser süßen einbildung / soviel sie immer kunte: und Adonias hoffete / daß seine mutter / wann also eine rechtmåsige heurat sie zur Königin [449] von Sidon machen solte / ihren sinn åndern / und seiner liebe geneigter werden würde.

Der König / von solcher hoffnung angefrischet /konte länger nicht verziehen / seine Eurilinde zu besuchen. Demnach / ungeacht ihres verbots / und weil die ümstände solcher massen sich geändert / kame er zuihr: da sie dañ leiden muste / daß er ihr von der Sidonischen kron fürsagte / und sie versicherte / daß keine andere / als sie / der Naema stelle bekleiden solte. Nichts hatte iemals die Eurilinde so sehr / als dieses / angefochten: weil des Königs begehren iezt so billig war / daß sie nicht sowol / als fürhin / ihm eine unwillige antwort geben dorfte. Wie nun der König wieder von ihr war / schüttete sie alles ihr leiden aus / also daß ich sie voller tränen fande / wie ich eben damals ankame / sie zu besuchen. Weil ich nun /die ursach ihrer traurigkeit vernemend / nicht absehen kunte / was ihr den Sidonischen thron also widrig machte: wolte sie zwar / ungeacht unserer verträulichkeit / sich mir nicht völlig offenbaren. Jedoch aber entdeckte sie mir dieses / daß sie eine verheuratete person wäre / die aus gewißen ursachen von ihrem gemal entfernet leben müste: daher sie / so wenig des Königs liebe annemen / als die verheuratung ihres sohns mit der Orosmada zugeben könte / weil derselbe / schon in der wiegen / mit so fästen eidschwürẽ anderweit wåre versprochen worden / daß / ohne verletzung des gewissens / solche heilig-beschworne ehe nicht aufzulösen wäre.

Hiernächst kame sie auf den beschwerlichen handel wegen der K \nigin / und wie ihre beredsamkeit überaus gros / auch die liebe / die ich zu ihr / als wie zu einer mutter / truge / mich alles für sie zu thun entschlossen [450] machte: als überredte sie mich / ihr zuzusagen / daß ich wider die Königin und den Prinzen Sidon nicht mitbezeugen wolte / was ich gesehen /wann man es an mich begehren würde. Als ich ihr einwarfe die untreu / die ich dadurch an meiner Prinzessin begehen / die unwarheit / die ich also ausreden / und die gefahr / die ich damit auf die Orosmada und den Adonias laden würde: wuste sie mir solches alles mit starken gründen zu benemen / unter andern anfürend / daß hieran / was sie begehrte / der Prinzessin höchste wolfart gelegen wäre. Also bewoge sie mich /daß ich ihr blindlings folgete / und mich zu etwas gebrauchen ließe / das mich nachgehends viel tränen gekostet. Auf gleiche weise überredte sie auch die andern / so dabei gewesen waren / (auser ihrem sohn /und dem Ledor / denen sie nichtes davon sagte /) daß sie ihr alle versprachen / wider die Orosmada zu zeugen.

Als nun dieser große gerichtstag erschienen / da versügte sich iederman auf dem großen marktplatz in Sidon: alda drei herrliche bünen / die erste für die sechs richter / die zu beiden seiten aber / für die Orosmada und den Adonias / aufgerüstet waren. Der König / so dieser handlung nicht beiwonen dorfte / erwartete im schloß mit schmerzlichem verlangen / wie es ablaufen würde. Als nun der Orosmada / ihre klage anzubringen / von den richtern war bedeutet worden /erzehlte sie / in gegenwart vieler tausend menschen /der Naema und des Sidons verübte schande / und berieffe sich sowol auf den Adonias / den Ledor und mich / als auf die andere bediente des Königs / so mit ihr darzu gekommen waren. Hierauf winkten die richtere der Naema und dem Sidon / [451] sich zu verantworten: welches der Prinz in der Königin und seinen namen verrichtete / und ganz beherzt fürbrachte / wiedaß alles dieses von dem Adonias erdichtet wäre / üm ihme seinen våtterlichen erbthron abzudringen; und müße die unschüldige K \nigin ihr darüm diese schande aufbürden lassen / damit Eurilinde / des Adonias mutter / deren stelle in des Königs ehebette bekleiden / und also Adonias und Orosmada des Sidonischen throns destomehr versichert seyn möchten. Er verwarfe auch die angegebene zeugen / einwendend / daß selbigen theils nicht zu gläuben / teils sie auch wol hierzu erkaufet seyn möchten: zumal ohnedas seither des K \nigs gnade / die er dem Adonias erwiesen / iederman bewogen hätte / sich auf seine / als auf die glückliche / seite zu schlagen. Naema thäte mitlerzeit nichs als weinen / und wuste sich so klåglich anzustellen / daß das volk gegen ihr zu großem mitleiden bewogen wurde.

Wie nun die richtere auch die zeugen herfürtretten lassen / frageten sie den Adonias: welcher alles bestätigte / was die Orosmada erzehlet / daß dann folgends auch von dem Ledor beschahe. Als es aber an die an dern kame / da ware keiner / der gestehen wolte / daß er etwas gesehen hatte: wie dann auch ich auf befragen stillschwiege / und damit zu erkennen gabe / daß ich nichts wüste. Das geschrei des gemeinen volks ward hierüber so häftig / daß in langer zeit die richtere nicht konten zu worten kommen. Die Orosmada wuste nicht / wie ihr geschahe / daß man solcher gestalt / und sonderlich daß ich / sie verließe. Nachdem die richtere das volk gestillet / gaben sie den ausspruch / der also lautete: die Orosmada solte gehalten seyn / mit mehrern [452] und bässern gründen dar zu thun und zu beweisen / was sie von der Königin ausgesaget; Naema aber solte so lang / bis dieses geschehen /in ihrer vorigen Königlichen würde bleiben / und der Prinz gleichen zutritt beim K \nig / als fürhin / wieder haben.

So sehr durch diesen ausspruch die K \nigin und der Prinz erfreuet wurden / so beschämt war die Prinzessin und der Adonias: welche uns scheel ansahen /und gar erzürnt fragten / wie wir dazu kämen / sie also zu verlassen / und die warheit zu verleugnen. Inzwischen eilete die K \nigin mit dem Prinzen / von den richtern und dem gesamten volke begleitet / nach dem Königlichen schloß: da Naema dem König zu füßen fiele / dieselbige mit ihren tränen benezte / und sich dabei so meisterlich anzustellen wuste / daß er /nachdem er von den richtern das urteil erfahren / mit so großem erstaunen als mitleiden sie für unschuldig halten muste. Es wachete auch zugleich wieder auf /die natürliche liebe zu seinem sohne: daher auch Sidon alle vätterliche liebkosungen entfinge. Die Prinzessin aber / so durch den betrübten Adonias in ihr zimmer gebracht worden / war so aus sich selber /daß sie nicht wuste / was sie beginnen solte. Doch fassete sie sich endlich / als die Eurilinde zu ihr kame / und ihr den raht mitteilete / daß sie den oberkämerer zu sich erfordern / und durch ihn dem König solte sagen lassen: Naema und Siphon seyen dannoch schüldig / ob man schon sie / die Prinzessin / in der anklage verlassen hätte; und weil sie deswegen / ohne nachteil ihres guten namens / der K \nigin nicht beiwonen könte / als wolte sie nach Zarpath / (einer [453] freystadt / die an der Syrischen gränze unten am Libanon liget /) sich begeben / und alda des Königs befehl erwarten / ob er der warheit oder schande beifall geben wolte. Nachdem sie diese botschaft abgefärtigt / setzete sie sich zu wagen / und von dem alten Ledor begleitet / begabe sie sich aus Sidon hinweg: mich elende und den Adonias zurück lassend / die ich / nimmermehr für ihre augen zukommen / befehl entfienge.

Mein b \ses gewissen / so damit völlig in mir aufwachete / machte mich sehr ungedultig gegen der Eurilinde. Sie aber bliebe beständig auf ihrer meinung daß sie hierdurch der Prinzessin bästes schaffete. Weil sie aber fårtig war / nach hof zu gehen / als folgete ich ihr so verwirrt als betrübt nach / und kamen wir für den König / als der eben noch zwischen der Königin und seinem sohn sich befande / und eine gezwungene freude über ihrer erkanten unschuld bezeugte. Was die Eurilinde am ersten thäte / ware / daß sie dem König zu fuß fiele / für ihren sohn bate / und sagte: Seine schulde / indem er also an der Königin sich versündiget / sei zwar keiner vergebung würdig; sie verhoffe aber / der König werde / in betrachtung /was die liebe in einem menschen vermöge / ihme und ihr erlauben / sich aus dem reich zu begeben / da die ewige verbannung ihnen die gröste gnade seyn würde.

Der bestürzte K \nig / von so vielen seltsamen dingen zugleich übereilet / wuste nicht / was er gedenken / viel weniger / was er thun solte. Weil er seine gemalin und den Prinzen für unschüldig / und also hergegen den Adonias für schüldig halten muste: als kunte[454] er leicht ermessen / die Naema sowol / als der Sidon /würden dieses nimmermehr dem Adonias schenken /sondern seinen tod suchen / und die Eurilinde verfolgen. Demnach aus liebe gegen ihr / verwilligte er /daß sie sich mit dem sohn aus dem Reich begeben möchte. Hierauf eilete er von der gesellschaft hintan /und verschloße sich in sein gemach: da er alles gegen den himmel ausschüttete / was ihme nur in den mund kame. Naema so wol als der Sidon / sagten nichtes wider diese des Königs vergönstigung / das sie doch wol hätten thun können: weil sie froh waren / daß Adonias solchergestalt hinweg kame. Wie nun die richtere / auf des Königs befehl / die ewige verweisung der Eurilinde und ihres sohnes ausruffen lassen /mit dem anhang / (wiewol es der König nicht so gemeint hatte /) daß sie des todes seyn solten / wann sie iemals in das reich widerkehren würden: machete sich die erfreute Eurilinde gleich reisfärtig / und befahrend / daß ihr sohn etwas anfangen möchte / als welchen eine solche verweisung / und die trennung von seiner Prinzessin / sehr schmerzen / und zu verzweifelten dingen bringen m \gte / erhielte sie von dem richtern /daß Adonias mit gewafneten leuten auf ihr schiff gebracht / und also zu dieser abreise gezwungen wurde.

Ich will mich nicht lang aufhalten / alle die ungedültige worte zu erzehlen / welche mutter und sohn gegen einander ausgestoßen. Ich will allein melden /daß sie nach Biblis ihren weg namen / und von dar weiter zu land nach Armenien reisen wolten / aber ihr fürhaben wieder geändert / und heimlich hieher nach Damasco sich begaben. Meine Prinzessin / lebete [455] nun zu Zarpath / in sicherer freiheit: weil diese freistadt /für allen besorglichen verfolgungen / sie beschützete. Der König aber bliebe in höchster traurigkeit zu Sidon: weil der verlust seiner Eurilinde ihme weit tieffer zu herzen ginge / als ihn erfreuen können / daß seine gemalin und sein einiger sohn waren unschüldig erfunden worden. Er ergabe sich so gar der betrübnis /daß er alles gehen ließe / wie es ginge / und nicht zu herzen name / was die Königin und die Prinzessin gegeneinander ihme vorbrachten. Dieser streit wärete also den winter hindurch: da die Naema die Prinzessin aus dem reich gebannet wissen / Orosmada aber der Königin ihre unthat ferner beweisen / wolte.

Ich meines teils begabe mich / gleich auf der Prinzessin abreise / wieder nach Tyrus zu meinen eltern: die mich bei meiner Königin in dienst brachten. Der Prinz Tiribaces vername mit großer gemütsbewegung / was sich in Sidon begeben: dann / wiewol hiervon am Tyrischen hofe offentlich geredet wurde / so waren doch alle ümstände nicht bekant / sonderlich was die Königin Naema betraffe / welche niemand für schüldig halten wolte. Wie nun einsmals der verliebte Prinz hievon mit mir sich unterredete / kame ein unbekanter zu uns ins gemach / der dem Prinzen ein schreiben überreichete / welches er erbrechend dieses inhalts fande.

Schreiben der Eurilinde / an den Prinzen von Tyro.

Ihr wisset / edler Prinz! was ich euch beim abschiede zu Tyro versprochen. Euch zu lieb / [456] habe ich mein und meines sohnes glück und gutes ansehen zu Sidon verscherzet / und lieber flüchtig werden / als bei guten tagen zugeben wollen / daß Orosmada einen andern /als den liebwürdigen Tiribaces / überkomme. Jezt ist es zeit / da Adonias des landes verwiesen / die Prinzessin von dem König Siphon zu begehren / der sie euch nicht versagen wird. Ich zweifele auch gar nicht /daß die Orosmada / weil sie verständig / sich gegen euch nach dem bästen erklären werde.


Eurilinde.


Diesem grosmütigen einraht der Eurilinde zu folg /entschloße sich der Prinz / nach Sidon zu reisen / Er wolte aber solches nicht öffentlich thun: weil er wuste / daß sein herr vatter nie zugeben würde / daß er / bei solcher verwirrung des Sidonischen hofes / sich dahin begeben mögte. Also wandte er eine andere reise für: da er auch seinen hofmeister / den aufmerksamen Borgias / weil der krank war / nicht mit sich nemen dorfte. Er gienge heimlich zu lande fort / da ich dann vermeine / was sich bei seiner abwesenheit zugetragen /das werde der Prinz selber bässer als ich erzehlen: wiewol ich nachgehends noch werde etwas beitragen können / so mir allein wissend ist.

Es ist nicht ohn / (sagte Tiribaces zu der Königin von Ninive /) daß niemand bässer als ich E. Maj. berichten kan / was mir auf dieser reise begegnet: die ich glücklich ablegte / und ohn einiges menschen wissen nach Sidon kame. Ich fande den Königlichen hof / wie die Iphis ihn beschrieben / nämlich verwirret und verändert. Als ich nun bei dem K \nig mich heimlich anmelden lassen / wurde ich mit ungemeinen [457] liebkosungen entfangen: welches mich üm soviel küner machte / meine liebe zu der sch \nen Orosmada ihm zu entdecken. Er name solche eröfnung nicht allein gütig auf / sondern er gestunde mir auch / daß bei ietzigen betrübten ümständen er für seine tochter nichtes bässers wüste: wann nur ihre große liebe zu den Adonias ihr wolte zulassen / ihr glück (wie es der K \nig nennte) anzunemen. Die häftigkeit ihrer liebe könte ich daraus abnemen / daß sie / ihme zu gefallen und vermeinten nutzen / die Königin und seinen sohn in das äuserste unglück zu stürzen / wäre gewillet gewesen: da sie aber nichtes auf dieselbe recht-beweislich fürbringen können / und also sich selber beschimpfet /den Adonias und dessen edle mutter aber ins elend hatte verjagen helfen.

Ich dorfte hierauf nicht / wie ich gern gewolt / dem König antworten: weil es zu meinem fürhaben nicht dienete / die unschuld der Prinzessin und des Adonias dem K \nige fürzustellen / wodurch ich auch / wann ich es schon mit großer mühe bewiesen hätte / doch nichtes anders würde zu weg gebracht haben / als daß Adonias wieder ins reich wäre beruffen worden / und anlaß dadurch überkommen hätte / die Orosmada nach als vor zu lieben. Demnach begnügte ich mich damit / daß ich des Königs zusage erlanget: der / zu mehrer versicherung seiner gnade / mir ein schreiben an die Prinzessin nach Zarpath mitgabe / des inhalts /daß sie mich / als den jenigen / den er nunmehr zu ihrem Ehgemal erwehlet / aufnemen / und lieben mögte. Hiemit reisete ich / mich für den glückseligsten von der welt haltend / nach Zarpath. Gleichwie niemand / auser dem König / zu Sidon mein daseyn[458] gewust / also bliebe ich auch zu Zarpath verborgen /und wolte mich auch darüm nicht öffentlich bei der Prinzessin anmelden lassen. Ich erschliche aber eine gelegenheit / sie / bei damaliger frülingszeit / eines nachmittags / im garten allein anzutreffen.

Mein furhaben glückete mir nach wunsch / und sahe ich diese schöne nur von einer dirne begleitet /kurz nach meiner ankunft / in den garten kommen: welche aber / sonder zu lustwandeln / diese dirne von sich sandte / und nach einer lauberhütten eilete. Ich erkünete / ihr auf dem fus nachzufolgen. Wie ich aber unvermerkt an die hütte hernach gelanget / fande ich zu ihren füssen den Adonias ligen / den sie mit den verbindlichsten worten willkomm hieße: und muste ich ansehen / wie sie wechselweis einander große liebe erwiesen. Meine geschöpfte hofnung verkehrte sich damit in die tiefste verzweifelung / und wuste ich nicht / wie mir geschahe: dann ich eher des himmels fall / als den Adonias an diesem ort / vermuten können. Als endlich meine eifersucht / des Adonias glück länger anzusehen / mir verwehrte / und ich die Prinzessin mit meinem glücklichen mitbuler in die innerste hütte gehen sahe / legte ich des Königs brief auf einen steineren tisch / nächst der Prinzessin daselbst-abgelegten weißen flor / (den sie / für den schein der sonne / hatte übergehånget) und ginge damit aus dem garten: so unwissend / was ich beginnen solte / daß ich in dieser wiederkehr / wol tausend anschlåge ohn einigen schluß machete.

Nachdem ich in solchem unmute die nacht verbracht hatte / gienge ich folgenden tags / unwissend zu was zwecke / wieder nach dem garten: da ich dann / in selbiger hütten / die Orosmada mit dem Adonias aufs [459] neue antraffe. Die begierde / zu wissen / ob Orosmada ihres vatters brief gefunden / machte mich hinzuschleichen: um ein solches aus ihren reden zu erhorchen. Ich hörte / durch die hecken der lauberhütte /daß Adonias sich über die sinn-änderung des K \nigs beklagte / und dabei der Prinzessin erzehlte / wie er heimlich / ohne wissen seiner mutter / und ungeacht seiner verbannung aus dem reich / von Damasco hieher nach Zarpath geritten wäre / weil ihme unmüglich gefallen / långer von ihr entfernet zu leben. Orosmada verwiese ihm hierauf seine künheit / und beklagte ebenfalls ihres vatters befehl / der sie antriebe / mich zu ehlichen: mit bewunderung / wo doch das schreiben müste hergeko en seyn. Hierauf h \rte ich den Adonias ihr ansinnen / sich von ihm entfüren zu lassen: da sie aber gar nicht einwilligen wolte / sondern ihme dieses begehren mit unwillen abschluge.

Indem sie also miteinander im gespräche waren /vername ich ein geräusche / und mich darnach ümsehend / sahe ich viele gewaffnete nach der hütte rennen / hinein fallen / und des Adonias sich bemåchtigen. Seine gegenwehr / und der Prinzessin geschrei / vermochte ihr fürhaben nicht zu hintern: und ob gleich die Orosmada die freiheit des ortes fürschützete /namen sie ihn doch gefangen / und eileten mit ihme /ja so geschwinde als sie angekommen waren / zum garten hinaus / einen von ihnen / durch den Adonias schwerlich verwundet / zu rücke lassend. Der schmerze / den die Orosmada hierob entfunde / war so häftig / daß sie onmächtig niederfiele: daher ich / alle betrachtung hintan setzend / ihr zu hülf zu kommen mich bemühete / und so wol nach der Prinzessin leuten rieffe / als selbst [460] aus einem nahen brunnen wasser schöpfete / sie zu erquicken.

Wie nun bald darauf ihre leute ankamen / und sie wieder zu sich selbst gekommen war / fürete sie die erbårmlichste klagen von der welt; und mich endlich erkennend / hielte sie mich für ihren verfolger / und für den jenigen / der also den Adonias hinweg schleppen lassen. Demnach schüttete sie allen ihren zorn wider mich aus / also daß ich lange mich vergeblich bemühete / ihr meine unschuld zu verstehen zu geben. Sie muste mir letzlich gläuben / als / zu meinem glück / der zurück-gebliebene verwundte uns berichtete /daß der K \nig von Sidon / des Adonias anwesenheit zu Zarpath erfahren / und sie alsofort befehligt håtte /ihn nach Sidon abzuholen.

Nachdem sie hierauf etliche tage / ohne daß ich vor sie kommen dorfte / in unbeschreiblichem Kummer gelebet / kame nach Zarpath einer von des Königs kammerherren: welcher / als er von der Prinzessin fürgelassen worden / ihr die betrübte zeitung brachte /wiedaß der Adonias / wegen des überschrittenen gebotes / nimmermehr wieder in das reich zu kommen /zum tod verurteilt und bereits hingerichtet wäre; worbei er ihr des Königs begehren eröffnete / daß sie mich lieben und ehlichen solte. Wer ihm eine rechtschaffene liebe fürstellen kan / der wird leicht ermessen / wie die arme Orosmada sich gebärdet habe / als sie ihres liebsten Adonias tod erfahren. Keine beschwerung ware / die sie nicht gegen den himmel /gegen ihren vattern / und gegen ihre feinde die Naema und Sidon / ausgelassen. Aber mit verlierung ihres lebens darzuthun / daß ihr Adonias unschuldig gestorben wäre / fassete sie die [461] verzweifelte entschließung /nach Sidon zu reisen / und alda in dem tempel der Astarte öffentlich einen eid abzulegen / daß Naema und Sidon in unzucht mit einander gelebet / auch / zu bekräftigung ihres eides / sich verbrennen zu lassen. Dann ein solches ist üblich in Phönicien / daß / wann beweißtüme ermanglen / und einer auf seine aussage stirbet / demselbigen alsdann völliger glaube must beigemessen werden. Damit sie aber niemand an dieser fürhabenden rache hintern m \chte / hielte sie es für allen ihren leuten verborgen.

Inzwischen wurde ich / zu ihr zu kommen / erfordert: da ich sie dann auf dem bette fande / so veråndert und abgezehret / daß ich sie kaum mehr erkante. Adonias ist todt (sagte sie zu mir /) und mein grausamer vatter befihlet mir / euch zu lieben. Welcher gestalt ich nun ihme gehorsammen kan / sollet ihr erfahren: reiset nur mit mir nach Sidon / woselbst ich / in gegenwart des Königs / mich ümständlich erklären will. Ihr verzweifeltes wesen / so diese worte begleitete / fürete mich so aus mir selber / daß ich kein wort /als daß ich ihr gehorsamẽ wolte / herfürbringen kunte. Sie ließe auch alsofort die reise für sich gehen: da sie unterwegs sich viel vergnügter anstellete / als ich vermutet hatte. Das ganze Sidon wurde wach / als wir ankamen: da die Orosmada / an stat nach dem Königlichen schloß zu fahren / sich nach dem tempel der Astarte begabe. Ich folgete ihr nach / zwischen furcht und hofnung / unwissend / was hieraus werden würde.

Als wir hineingekommen / schickte sie gleich iemanden an den König / und ließe den ersuchen / zu ihr zu kommen: welcher dann sich bald einfande / um mit bestürzter [462] [464]begier zu vernemen / was seiner tochter begehren wäre. Sobald sie ihn ersehen / eilete sie zu der seule der Astarte / die sie mit beiden armen ümfassete / und zugleich also rieffe: Hiemit schwöre und bezeuge ich \ffentlich / daß ich / neben dem Adonias / die Naema und den Sidon in unzucht beisammen gefunden und gesehen habe / wil auch darauf sterben / und begehre das feuer / als ein zeichen / daß ich die warheit geredet. Ich kan nicht sagen / wie der Siphon hierüber sich angestellet: massen ich selber so erschrocken bliebe / daß ich nicht wuste / was ich thäte. Das volk / so von allen seiten zugelaufen / und dieses gehöret / verwunderte sich über dieser der Prinzessin entschliessung. Die Priester der Astarte traten herzu / vermög ihres amtes / und wolten / ohne ansehen der person / die Orosmada zum opfer haben.

Naema und Sidon / die dieses / was im tempel für gegangen / gleich erfahren / bedienten sich des hohenpriesters / den sie fürlängst auf ihre seite gebracht hatten; der muste eiligst nach dem Könige gehen / und ihme vermelden: die Orosmada / wegen des Adonias tod verzweifelend / wolte also seine und ihre durch die ausgesprengte lügen verlorne ehre wieder erlangen / und sich in den tod stürzen; daß man aber nicht zugeben könte / sondern sie / als eine wahnsinnige hierinn ansehen / und folgbar abweisen müste. Der König bliebe / über diesem des hohenpriesters ausspruch /wol zu frieden / und bestätigte / daß seine tochter für eine verzweifelte zu halten / ihr schwur für ungültig erkant bleiben / und sie den geheiligten jungfrauen des Astaroth im tempel / üm sich daselbst nach und nach wieder zu erholen / zugesellt werden solte.

[464] Weil / bei solcher bewandnis / ich zu Sidon nichtes mehr nutz ware / auch ohne das von dem König meinen herr vattern nicht länger abseyn dorfte / als reisete ich wieder nach Tyrus: vielfältige vertr \stungen von dem König Syphon mitnemend / daß mir die Orosmada werden solte. Ich speisete zwar hiemit meine trostlose hofnung / blibe aber nebenzu sehr kleinmütig /iemals von dieser Prinzessin etwas zu erlangẽ. Meine liebe aber zu Tyro meinen eltern zu offenbaren / truge ich bedenken / weil ich sie mir hierinn entgegen besorgete.

Als lebete ich seither voll schmerzlicher unruhe / in welcher ich auch / mit der Königin meiner frau mutter und meiner schwester / hieher gereiset: des fürhabens / E. Maj. allhier zu bedienen / auch nach der Eurilinde mich zu erkündigen / die ich aber seither nirgend ausfragen k \nnen. Orosmada indeß / die nun unter den jungfrauen des Astaroth sich befande / und wol sahe /daß ihre feinde ihr zu måchtig wären / und ihr nicht gönnen würden / durch erwehlten tod ihre ruhe / ehre /und rache zu finden / name einen andern schluß /nåmlich in der Diana tempel nach Ninive sich zu begeben allwo sie der welt abzusterben / auch / durch wiederholten eidschwur / der Naema und dem Sidon noch zu schaden vermeinte / als gegen welchen ihr haß / durch des Adonias tod / ware verdoppelt worden. Hierzu nun bediente sie sich des getreuen Ledors / der sie in keiner noht verlassen hatte: mit deme sie auch glücklich davon kame. Sie konte aber doch mit aller ihrer vorsichtigkeit nicht verhüten / daß nicht die Naema ihre reise erkundschaftet håtte: welche dannenhero neben dem Sidon einen anschlag auf sie machete / [465] und etliche darzu erkaufte / die unterwegs sie niedermachen solten; damit sie und der Sidon nachgehends auser aller gefahr leben könten.

Diese böswichter aber kunten die Prinzessin nicht eher einholen / als unweit von hier im thal Hoba: da mich eben mein geschicke / als ich auf die jagt geritten / darzu brachte / wie diese mördere der Orosmada wagen anfielen. Mir muste ja mein gemüte etwas sagen: massen / als ich vom weiten das getümmel ersahe / mich gleich eine verborgene angst überfiele /die mich triebe / sporenstreichs dahin zu jagen. Der Fürst Borgias war eben von meiner frau mutter nach Tyro geschicket / daß ich also ohne aufmerker mich befande. Wie ich zu dem wagen kame / war es eben an dem / daß man der sch \nen Orosmada wolte die gurgel abschneiden. Ich erkante sie alsobald / und wurde zugleich von liebe uñ erbarmen angefrischet /diese mordthat zu verwehren: da dann die gerechte sache mir so viel kraft verliehe / daß ich alle diese mördere teils niedermachte / teils verjagte. Den alten Ledor fande ich / tödlich verwundet / für der Prinzessin füßen ligen / wie auch etliche andere ihrer bedienten. Als sie ihren erlöser erkant / dankete sie mir mit der verbindlichsten art: und ich überredte sie / (dessen sie lieber wäre überhoben geblieben / doch üm des verwundten Ledors und der andern willen es endlich einginge) daß ich sie dorfte in Damasco bringen. Doch muste ich ihr zuschwören / sie keinen menschen zu offenbaren.

Meine freude war unaussprechlich / daß ich meiner Prinzessin diesen dienst thun k \nnen: und erfuhre ich von einem der verwundten / daß Naema und Sidon /sie zu dieser mordthat erkaufet hätte. Gegen [466] den abend brachte ich meine Orosmada in die stadt / eben etliche tage vorher / ehe uns die schöne Königin von Ninive ihre gegenwart gönnete. Die zeit über / da der Ledor an seinen wunden sich heilen ließe / konte ich kaum einmal die Orosmada zu sprechen bekommen. Endlich hat sie mir diese nacht / abschied von ihr zu nemen / bestimmet / und durch mein verzweifeltes bitten sich erweichen lassen / allhier zu bleiben / wofern meine frau mutter sie in ihren schutz wird aufnemen wollen: auser dem sie / nach Ninive zu reisen / entschlossen ist. E. Maj. sehen nun / wie ich einig und allein mein glück / ja mein leben / in ihre hand gestellet / und wie der Orosmada erlangung ich bloß von der gütigen K \nigin von Ninive erwarte. E. Maj. kräftige überredungen / müßen hierbei das bäste thun. Wofern auch die Königin meine frau mutter sich solte widersetzen wollen / so muß doch dieses sie bewegen / daß ihres einigen sohnes leben oder sterben an dieser liebe hange.

Es versichere sich mein vetter / (sagte hierauf die Königin von Ninive /) daß ich mein müglichstes thun will / die Königin von Tyro zu bereden: und wünsche ich mich so glücklich / als willig ich bin / zu dieser verrichtung. Es hat uns aber die Iphis noch auf einen bericht vertröstet / den ich annoch von ihr zu vernemen verlange.

Meine durchleuchtigste zuhörere / (finge die Iphis wieder an zu reden /) werden sich verwundern / wann ich sage / daß der Adonias noch lebet / die Orosmada nicht mehr liebet / und hingegen der Prinzessin von Caphtor / der Jaelinde / schönheit nun verehret. Die beide Königinnen / blieben ob diesem bericht der Iphis [467] bestürzet. Tiribaces aber hube an zu seufzen /uñ brache in diese worte heraus: Ich habe diesen morgen den wieder-lebenden Adonias gesehen / und zugleich von ihme vernommen / daß meine Prinzessin den Prinzen von Hevila liebe. Ob deme also sei / solches suche ich mit schmerzen von der Iphis zu hören. Adonias meinet es also / (sagte Iphis /) Orosmada aber weiß nichtes hierüm / und hat sich alles folgender massen zugetragen.

Als Eurilinde allhier zu Damasco mit ihrem sohn lebete / fiele ihm unm \glich / seine Prinzessin also lang zu Zarpath allein zu lassen. Demnach entwischete er seiner mutter / und name die reise dahin: welches sie nicht sobald innen wurde / da entschloße sie sich /ihr äuserstes daran zusetzen / daß Adonoias von dieser liebe abkommen möchte. Demnach begabe sie sich in mannskleidern nach Sidon / und dem K \nig sich offenbarend / vertraute sie ihm alles / wer sie wäre / daß ihr gemal noch lebete / daß ihr sohn von kindheit auf anderweit versprochen gewesen / und daß sie folgbar ihme / die Orosmada zu ehlichen / unmöglich zugeben könte. Hiernächst bate sie den König /üm seiner ehmahligen liebe willen / die er zu ihr getragen / daß er ihre bitte erh \ren / und seine K \nigliche macht dahin verwenden wolte / damit ihr sohn und seine tochter getrennet würden. Siphon / seine liebe / die er / nach dieser er \fnung / in eine frundschaft verkehren muste / zu erweisen / ware in allem mit der Eurilinde einig. Und ihrem raht folgend / ließe er den Adonias von der Orosmada besagter massen hinweg holen; da der Eliaba / welcher sonst immer bei der Prinzessin sich aufgehalten / ihrer abrede gemäß / [468] den gefangenen Adonias dem König überlieferte / mit den worten: die Prinzessin schickte hiemit den Adonias dem König ihren herr vattern / weil er sowol wider das Königliche verbot gehandelt / als sie dazu mit verfüret hätte / wider die Königin und den kron-Prinzen so schändliche unwarheiten auszusprengen; den sie hiemit dem gerichte ihres herrn und Königs übergebe.

Adonias bliebe über diesen worten des Eliaba ja so bestürzet / als es der K \nig im schein wurde: der dann den Adonias in eine kammer bringen liese / allwo dieser Eliaba allein bei ihm verbleiben. Dieser muste ihm verträulich beibringen / wiedaß die Orosmada in den Prinzen Macres von Hevila sich verliebet / der bei ihr zu Zarpath gewesen wäre: und hätte sie ihn / den Eliaba / dazu vermöget / um seiner / des Adonias /ledig zu werden / daß er ihn gefangen nemen / und nach Sidon bringen müßen. Der armselige Adonias wuste nicht / wie ihme geschahe / als er dieses von seiner so getreu-vermeinten Orosmada vernemen muste: und brachte Eliaba ihm alles so scheinlich für /daß er kein mistrauen in ihn setzen kunte. Der König und Eurilinde / die vom Eliaba den glücklichen fortgang ihres betrugs tag für tag erfuhren / beschloßen ferner / daß dem Adonias der tod angekündigt / selbiger auch von ihm ausgesprenget / er aber heimlich von des Königs leuten / als wann der König ihm /wegen der Eurilinde / das leben schenkete / nach Damasco solte gebracht werden.

Eurilinde / als sie vom Könige verbindlichen abschied genommen / reisete dahin voraus / und sich stellend / als wann sie von allem diesen nichtes wüste / erwartete [469] sie daselbst ihres ankommenden sohns: dessen abenteure sie / mit angeno ener verwunderung / von ihm vername. Sie wuste auch des angestellten betrugs sich so nützlich zu bedienen / daß sie den Adonias von tag zu tag gegen die Orosmada kaltsinniger machete / indem sie ihme zugleich von seinem reich / welches er zu gewarten hatte / fürsagete: dadurch sie / an stat der liebe / eine ehrsucht in sein gemüt pflanzete / also daß er ie mehr und mehr / sich zu kennen / begierig wurde. Sie hielte ihn aber deswegen immer mit guten worten auf / fürgebend / daß es noch nicht zeit wäre / ihn hiervon zu berichten / hinzu setzend: daß er nur sie sorgen und ihm rahten lassen solte. Als er nun sich ihrem willen gänzlich ergeben /folgete er ihr auch darinn / daß er ganz heimlich und eingezogen sich hier in Damasco aufhielte / also daß niemand seiner gewar wurde: und bewoneten sie ein haus / das von aller gesellschafft ganz abgelegen ist. Wie wir nun in Damasco kamen / thäte mir Eurilinde ihren zustand und wonung zu wissen: jedoch mit der bedingnis / niemanden ihr hierseyn zu entdecken. Also habe ich oberzehltes nach und nach von ihr erfahren / hingegen der Orosmada ankunft / und was sich mit ihr zugetragen / ihr wieder berichtet: das sie dann für ihrem sohn heimlich zu halten / sehr bemühet gewesen.

Wie aber / vorige woche / die beide Prinzessinnen von Salem ankamen / bezeugte sie eine ungemeine freude und begierde / dieselben zu sehen. Demnach begabe sie sich mit ihrem sohn unter das volk / wie die große spazirfart gehalten wurde / und betrachtete die Cölidiane und Jaelinde nach genügen: da der Adonias / welcher / um von dem Prinzen Tiribaces nicht[470] erkant zu werden / einen mantel üm sich geschlagen /diese beide schönheiten auch beschauete. Am abend erfuhre er von der erfeuten Eurilinde / daß die Prinzessin Jaelinde die jenige wäre / mit der er in seiner kindheit versprochen worden: weshalben sie nichts mehr verlangte / als das er seine liebe zu ihr richten möchte / weil dadurch die erste staffel zu seiner kentnis und erhöhung würde gebauet werden. Weil nun Adonias / als / seiner meinung nach / über die Orosmada billig entrüstet / so hart es ihm auch einginge /ihrer zu vergessen sich zwunge / und daneben / was ihme / seinen stand zu erfahren / dienete / begierigst ergriffe: als fiele der Eurilinde nicht schwer / ihn verliebt zu machen / also / daß er / nach dem tage /immer gelegenheit suchete / die schöne Jaelinde zu sehen. Als ich sie aber hiernächst berichtete / wiedaß der König Melchisedech bei dem König von Canaan gefangen und sehr übel gehalten wäre / betrübte sie sich darüber auf ungemeine art: und hat sie nun den Adonias in Armenien geschicket / worbei sie selbigem K \nig des Melchisedech zustand schriftlich zu wissen gethan / und sich dessen vergwißert / daß ihm der König von Armenien werde hülfe widerfahren lassen. Dieses hier in vertrauen zu vermelden / habe ich für meine schuldigkeit erachtet: mit allerdemütigster bitte / daß diese meine entdeckung der Eurilinde nicht schaden möge / als welche ihre geheimhaltung allhier höchlich verlanget; und daß der Prinz von Tyro die gnade bei meiner Prinzessin / die ich seinetwegen verloren habe / mir wieder wolle zu wegen bringen.


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Nachdem der Tiribaces ihr dieses versprochen /[471] sagte er: Nun bin ich wieder zufrieden / da ich meiner Orosmada unschuld / den Prinzen Macres betreffend /erfahren habe; und werde ich nun getroster zu ihr gehen / als sonsten geschehen können / da ich dieses für wahr halten müssen. In warheit / ich muß gestehen / (hube die Königin von Ninive an) daß mich tauret /wie man den Adonias und die Orosmada betrogen hat. Solches aber sage ich nicht darüm / als wolte ich euch / mein vetter / diese Prinzessin nicht gönnen: dañ ich euch vielmehr nochmals versichere / daß ich alles äuserste fürnemen wil / die K \nigin eure frau mutter zu bereden / daß sie sich dieser Prinzessin anneme. Ob ich gleich (antwortete Tiribaces) hierinn wider mich selbst rede / so muß ich es doch gestehen / daß mich des Adonias jammert. Weil aber seine eigene mutter /und zwar ihme zum bästen / dieses alles angestellet: als mache ich mir kein gewissen / mich dieses betrugs / zu beförderung meiner liebe / zu bedienen. Wer mag dann (fragte die Königin Lantine) dieser Adonias wol immermehr seyn? Er ist ja wol nicht der Prinz von Syrien / der Aramenes? So müste Eurilinde / (wandte Delbois dagegen ein) nicht seine mutter seyn: weil man ja gewiß weiß / daß die Königin Philistina gestorben ist. Zwar habe ich mir von der Casbiane erzehlen lassen / daß den beiden Prinzessinnen von Caphtor zu Biblis in ihrer kindheit sol geweissaget seyn / eine von ihnen würde dermaleinst K \nigin in Syrien heissen: wann nun dieser Adonias der Aramenes wåre / k \nte solches auf die weise wol wahr werden.

Wie nun hierauf der verliebte Tiribaces nochmals seine sache der Königin aufs bäste anbefohlen / gingen [472] sie sämtlich wieder aus der hütten / und begaben sich zu der andern gesellschafft: allda sie unter andern / den Prinzen von Assyrien bei der Aramena fanden /die er mit gesprächen unterhielte. Weil er nun auch vorigen abend / bei dem gastmal / seine hochachtung ihr merklich erwiesen / und nun darinn so beständig fortfuhre / als name die schöne K \nigin von Ninive /seine schwester / daher gelegenheit / ihme ins ohr zu sagen: Es schiene / er erwehlte sich eine kriegerin für die andere / weil er kaum recht die heldin Mirina verlassen / und nun schon mit der dapfern Aramena sich wieder bekant machete. Auf diese scherzreden antwortete der Prinz: Es sei ihm seiner schwester urteil /sehr angenem / das auch gänzlich bei ihm zutreffe; und wie er zu dieser Aramena eine sonderbare zuneigung entfånde / also wüste er gewiß / daß die Königin seine schwester so gut seyn würde / ihme auch ihre gunst zu weg zu bringen. Die gegenwart der andern /verhinterte die Königin / dieses hinwiederüm zu beantworten: doch ward solches von ihr wol zu gemüte gefasset.

Nachdem man hierauf von einander gegangen / und folgends der nacht-ruhe genossen / begabe sich nächsten morgens die K \nigin von Ninive / in aller frühe /nach der Königin von Tyro: üm derselbigen die angelegenheit des Prinzen Tiribaces fürzutragen. Sie wolte aber nicht alsofort anheben davon zu sprechen / sondern zuvor der Königin von Elam erwarten: als die ihr verheisen hatte / sich auch einzufinden / und die fůrbitte zu verstärken. Also name inzwischen die Königin von Tyro gelegenheit / mit ihrer basen von der heurat zu reden / die der K \nig von Assyrien [473] zwischen ihrer tochter und dem Prinzen Baleus stiften wolte / und sagte zu ihr: Liebste base! ihr kommet mir ietzund zu gewünschter stunde / massen ich ein herzliches verlangen getragen / euch allein zu sprechen /üm von euch beistand zu haben in einer sache / die mir der König euer herr vatter aufgetragen. Ich muß aber zuvor wissen / ob ihr euer recht / so ihr an einer gewißen person habet / abstehen oder behalten wollet?

Die K \nigin von Ninive / nicht wissend / was ihre mume unter diesem rechte verstunde / bliebe in etwas darüber betreten / verzoge also mit ihrer antwort / und sahe die Königin von Tyro mit unverwandten augen an / welche also zu reden fortfuhre: Gestehet und saget mir doch / meine liebste Delbois / ob ihr liebet? Ob ich liebe? versetzte diese bestürzte K \nigin. Ja /mein kind! (wiederholete die K \nigin von Tyro) ihr müsset mir dieses sagen / ob ihr den Prinzen euren bruder liebet / welchen zu ehlichen ihr seit bestimmet gewesen. Die warheit hierzu bekennen / (antwortete die Königin von Ninive /) so gestehe ich frei / daß weder der Prinz noch ich / auser einer recht-vertraulichen freundschaft / einige liebe gegen einander hegen: und haben wir daher beiderseits oft sorgliche gedanken / wie wir unsern gehorsam gegen dem König von Assyrien erhalten / und daneben von dieser fürstehenden heurat abkommen mögen. Ich erkläre mich ietzund das erstemal so frei hierůber / weil mir anlaß dazu gegeben wird / und beteure hoch / daß ich nimmermehr des Baleus seyn werde.

O ihr götter! (rieffe hierauf die Königin von Tyro) wie gleichförmig ist dann eures herr vattern wille dem eurigen! Er schreibet mir / daß er nichtes h \her [474] verlange / als den Prinzen mit meiner tochter / und also Elam mit Assyrien / vereinigt zu wissen. Diese zeitung / so der schonen Delbois mehr freude und ruhe /als sonst etwas in der welt / geben konte / kame ihr so ungläublich fůr / daß sie vielmehr befahrete / die K \nigin von Tyro wolte allein / auf solche weise /ihres herzens meinung eigentlicher ergründen. Sie gabe zur antwort: Ich finde des Königs entschluß-änderung der vernunft ganz gemåß; massen diese vereinigung mit Elam mehr segen und glück nach sich ziehen kan / als wann die Ninivitische kron sich abermals mit Assyrien verbinden solte. Ich zweifele auch nicht / es werde / so wol die Königin Lantine / als mein bruder / geneigt seyn / dieses des K \nigs begehren zu erfüllen. Eben dieser ursach wegen (sagte die Königin von Tyro) habe ich verlanget / euch zu sprechen: wie ich dann euch die fůrung dieser ganzen sache hiemit anvertraue und übergebe / nämlich so wol den Prinzen / als nachgehends meine tochter / zu dieser liebe zu bereden. An den Baleus darf ich fast nicht zweifeln / wann ich mich seines vorigen lebens zu Babel erinnere. Lantine aber / besorge ich / werde dem raht ihrer Elamiten folgen / und die Assyrische macht nicht in Elam wollen herrschen lassen.

Weil ich hierinn dienen sol / (gabe die höchst-erfreute Königin von Ninive zur antwort /) so denke ich mich auch dabei also zu erweisen / daß ich meinem bruder dieses glück zu erlangen verhoffe. Auf dieses gethane versprechen / ümarmte die K \nigin von Tyro ihre sch \ne base: welche dieser gelegenheit sich bediente / für den Prinzen Tiribaces zu reden. Ich muß dazu ausersehen seyn / (sagte sie) der Königin von Tyro [475] beiden kindern zugleich und in gleicher sache zu dienen; massen der Prinz Tiribaces mich auch gewürdigt / seiner frau mutter durch mich etwas von solchem inhalt fürzutragen. Ach! so wisset ihr / (fragte darauf die Königin von Tyro / ganz begierig /) das anligen meines sohnes? Borgias kan mir ja / dessen unruhe und traurigkeit / nicht gnugsam beschreiben.

Indem nun die Königin von Ninive ihren vortrag anfahen wolte / trate die Königin Lantine in die kammer: die dann / auf abgelegte begrüßung / sich bei ihnen niederließe. Die Königin von Ninive sezte hierauf ihrem vorhaben nach / und sagte: Des Prinzen von Tyro anligen verursachet die liebe / die er zu einer Prinzessin träget / welche wegen ihrer schönheit und tugend würdig ist / daß der Tiribaces unruh üm sie anstehe; die ihme aber die gütigkeit seiner frau mutter benemen kan / wann sie seine liebe gut befinden / und ihren mütterlichen willen seiner wahl gleichförmig machen wird. Ist Tiribaces verliebt? (fragte die K \nigin von Tyro /) wer ist dann die / so ihn gefangen hält? Sie ist hier in Damasco: (antwortete die K \nigin von Ninive) und schwebet der Prinz / wie ich bereits erwehnet / so gar in ihren banden / daß ich nicht glåube / daß iemals iemand häftiger geliebet habe; daher ihm auch / fůr allen / schleunige hülfe vonnöten ist. Entdecket mir dann bald / (wiederholete die K \nigin von Tyro /) den namen dieser geliebten! Die Orosmada / Prinzessin von Sidon / (sagte die Königin von Ninive /) ist die jenige / deren schönheit der Tiribaces anbetet und verehret. Ja mein bruder ist so verliebt (sezte die K \nigin von Elam hinzu / ohne ihre fraumutter zur antwort kommen zu lassen /) in [476] diese sch \ne Prinzessin / daß sein leben ohne sie ein tod zu achten seyn wird.

O ihr götter! (rieffe hierauf die Königin von Tyro) was muß ich vernemen? Orosmada / die unruhige Orosmada / besitzet die meinen sohn? Ist es müglich /daß ich diesen neuen unglückstoß kan ausstehen / da ich kaum den ersten / wegen des Amraphel verlust /etwas verschmerzet? Hiemit ergosse sich über ihre wangen / ein milder tränen bach / und wurden die beiden K \niginnen / sonderlich die von Ninive / hierob so bestürzet / daß sie nicht wusten / was sie sagen solten. Weil es aber angefangen war / als muste es fort- und hinaus gefůret werden. Demnach fassete die junge Delbois ein herz / und sagte zu der andern: wie ich sehe / so nimmet meine geehrteste mume diesen bericht viel anderst auf / als ich vermutet. Ach Delbois! (fiele ihr die Königin von Tyro in die rede /) nichtes in der welt hätte mich so sehr betrüben können. Orosmada ist unsrem haus eine rechte unglücks-brut / eine leichtsinnige und unruh anzustiften geboren / auch so sehr zu Tyro verachtet / daß ich es für eine sonderbare straffe des himmels halten muß / daß mein einiger sohn diese hassens-würdige liebet.

Aus dem / was ich mir (wandte die schöne Delbois hiergegen ein) von ihr erzehlen lassen / so erscheinet /daß sie zu aller der unruhe / die in den Königreichen Tyro und Sidon entstanden / unschüldig ursach gegeben. Ich halte auch dafür / diese vereinigung des Tiribaces und der Orosmada k \nne dazu dienen / daß wahres vertrauen zwischen beiden kronen wieder gestiftet werde. Der König Siphon / (sagte Lantine /) hat wolgefallen an dieser heurat: und wann [477] E. Maj diesen König / dessen sch \ne tochter / die ruhe beider reiche / und letzlich ihren sohn / betrachten / will ich hoffen / mein armer bruder werde erlangen / was er so inständig verlanget. Solte der Prinz Tiribaces (sezte die Königin von Ninive hinzu /) sonder hofnung gelassen werden / so d \rfte der ausgang nicht gut erfolgen. Er heget nicht eine flüchtige liebe in seinem herzen / die er ohne schmerzen wieder verlassen könte / sondern er ist vor langer zeit unter dieses joch geraten: daß ihm also / zu leben / und die Orosmada nicht zu lieben /unmüglich seyn wird.

Weil hierzwischen die K \nigin von Tyro / an stat zu antworten / nur tieffe seufzer holete / als befande die Königin von Ninive für ratsam / ihr zu erzehlen /wie diese liebe sich angesponnen / und ihren fortgang gewonnen hatte: worbei sie dann verschwiege / was sie vermeinte / das dem Prinzen schaden mögte / und hingegen alles das erhube / was ihme dienlich seyn konte. Die Königin von Tyro hörete alles ruhig an; wie es aber dahin kame / daß die K \nigin von Ninive erzehlte / wie Orosmada bei ihr schutz suchete / fuhre sie auf / und sagte: Nimmermehr soll sie den zu Tyro erlangen / und wird mit des Tiribaces jugend ihme die häftigkeit dieser liebe auch wol vergehen. Ich will nicht gern / (antwortete die schöne Delbois) des Amraphel betrübtes beispiel hier anfüren: allein es dünkt mich / eben dergleichen handel zu seyn. Tiribaces ist häftig: er wird eh alles versuchen / als die Orosmada verlassen. Tiribaces ist unter einem vatter / (wandte die K \nigin von Tyro hierwider ein /) der seines willens ein herr muß bleiben: Amraphel aber lebete in freiheit / welche seiner liebe die narung geben [478] kunte. Die liebe / (sagte die Königin von Elam /) sihet weder auf zwang noch freiheit. E. Maj. bedenken sich wol. Borgias hat die unruhe des Prinzen nicht so groß beschreiben k \nnen / als sie ist. Er ist in warheit des todes / wo er nicht E. Maj. beistand erlanget. Er hat /bei der weise / (sazte die K \nigin von Ninive hinzu) mich ůbel für seine bef \rdererin angenommen / da meine frau mume sich so unerbittlich gegen mir erzeiget.

Ach liebste kinder! (gabe die Königin von Tyro zur antwort / sie zugleich mit beiden armen ümfassend /) wie gern wolte ich nach eurem willen leben / wann es seyn k \nte. Orosmada / nutzet uns nicht; Tyrus / kan sie nicht vertragen; iederman scheuet und fliehet / ihr lästermaul; sie ist gewonet / ihre mutter / bruder / ja iederman zu belügen: wie solte sie meiner / und der Prinzessinnen von Tyro / schonen? O nein! diese pest bleibe aus unserem hause! erbarmet euch über mich /und stehet mir bei / daß die Orosmada hinweg geschaffet werde. Tiribaces wird sich schon trösten lassen / wann er die hofnung / sie zu bekommen / einmal verlieret. Diese ganz widrige wirkung / so die entdeckung der liebe des Prinzen von Tyro bei seiner frau mutter gewonnen hatte / trate der Königin von Ninive / wie auch der Lantine seiner schwester / so nahe ans herz / daß ihnen beiden deswegen die augen übergingen. Sie fuhren aber fort / an stat daß sie der Königin von Tyro ansuchen beantworten sollen / ihr anbringen noch eifriger ihr vorzustellen: richteten aber nichtes aus / und musten endlich ablassen / weil der Prinz von Assyrien / neben dem Cimber / Esau / Sinear /Eliphas / Elihu / Ninias / [479] Hadoran und allen andern großen / in daß gemach traten / den Königinnen aufzuwarten.

Die Königin von Tyro sahe sich gleich nach ihrem sohn üm / und weil sie ihn unter diesen herren nicht fande / auch derentwegen ihn bei der Orosmada zu seyn vermutete / konte sie kaum ihren unmut verbergen. Doch überwand sie sich / und auf den ietzigen zustand zu reden kommend / sprachete sie von dem krieg / den der K \nig Beor von Canaan der Königin von Ninive ankünden lassen / und von allen den ungelegenheiten / die aus dieser unruhe entstehen konten. Der Prinz Baleus / versprache den beistand des K \nigs von Assyrien / seines herr vattern. Der dapfere Cimber / bote nicht allein seine person zu diesem krieg an / sondern auch die gewiße hülfe des Königs Marsius seines vettern. Esau beklagte / daß die krieglast / so ihm selber auf dem hals lage / ihn verhinterte der Königin von Ninive dißfalls zu dienen. Eliphas hatte einerlei verhinterung mit dem Esau seinen vatter / diesem kriege beizuwonen. Den Hadoran / forderte sein verhångnis nach Elam. Elihu / ob schon des krieges unerfahren / bote doch / aus angebornem muthe /der sch \nen Delbois seine dienste an: und der verliebte Ninias / bezeugte für allen andern seinen eifer / in diesem kriege seiner Königin aufzudienen.

Unter solchem gespräche / kame Aramena in das gemach / mit andern ihren gespielinnen vom Ninivitischen hof / da dann die K \nigin von Ninive sagte: diese Aramena kan ich auch mit unter die helden rächnen / von denen ich beistand zu erwarten habe. Hierauf erzehlte sie dem Prinzen von Assyrien / auf seinen [480] ablaß / wie diese Aramena sie / beim einzug in Damasco / von den Leuen errettet / auch nachgehends / in dem lezten aufstand / dapfer für die Ahalibama gefochten håtte: woran Baleus sich nicht satt hören kunte. Wie er nun ihr lob deshalben treflich ausgebreitet / so ihr / in gegenwart der K \niginnen zu beantworten / aus ehrerbietung nicht anståndig war / gerieten sie ingesamt auf die beide unbekante helden /welche neben der Aramena die Leuen erleget hatten /und bezeugte ein iedes große begirde / dieselbige zu kennen.

In solchem schauete / eine dame vom Tyrischen hof / dem Cimber genau ins gesichte / fassete ihn endlich bei der hand / fürete ihn zu ihrer Königin / und sagte: Ich kan nicht anderst denken / als daß dieser Prinz einer von den beiden sei / der neulich die Leuen erleget; massen ich / weil ich ganz nahe dabei in einem haus gestanden / sein gesichte nicht aus dem gedächtnis verloren. Solten wir wol (sagte hierauf die K \nigin von Tyro zu ihme) so glücklich seyn / daß wir einen unserer erlösere gefunden hätten? Cimber / der ohne lügen dieses nicht von sich wenden kunte / sahe die Königin von Ninive an: welche wegen des Abimelech etwas beängstigt war / daß dessen damalige anwesenheit auch vor den tag kommen möchte. Ich kan zwar (sagte er) nicht leugnen / daß mich mein glück mit an das ort gefüret / da die gr \ste schönheit von der welt in so großer gefahr ihres lebens gestanden. Mir ist aber darüm kein sieg zuzuschreiben / weil ich das wenigste dabei gethan / und diese ehre billig einem dapferen mitgesellen / und gegenwärtiger mutigen Aramena / überlossen muß.

Eure höflichkeit ist so groß / als eure dapferkeit /[481] (antwortete die K \nigin von Tyro) und erfreut es mich herzlich / daß wir so unvermutlich erfaren / wem wir der K \nigin von Ninive leben zu danken haben. Ihr werdet uns nun auch / dapferer Prinz! den namen eures mitgesellen offenbaren: weil er dieser that halber wol würdig ist / daß man ihn kenne. Was meinen dapfern mitgesellen anlanget / (sagte Cimber hierauf) weiß ich seinen namen hier nicht zu sagen: dannoch kan ich dieses berichten / daß ihme das gröste lob /wann er hier wäre / gebüren würde. Wie nun also der Cimber ferneres nachfragen von sich abgelehnet /legte die Königin von Ninive ihre danksagung gegen ihm ab / als wann sie ihn nun erst für ihren erlöser erkennt hätte. Alle anwesende betrachteten ihn hierauf /als einen halben gott: da insonderheit der Esau / durch betrachtung dieser that / seine hochachtung gegen ihm verdoppelte.

Weil die Königin von Tyro gern allein seyn wolte /und solches dem Prinzen von Assyrien heimlich zu verstehen gegeben / als machte der / daß die gesellschaft sich nach und nach verlore. Er für seine person begabe sich nach dem Statthalter von Syrien / üm mit ihme von gegenwärtigen läuften sich zu unterreden: welcher / des Prinzen ankunft vor-wissend / die Syrische Fürsten / so die Babylonische seite hielten / und nicht aus Damasco gewichen waren / in seinen palast beschieden hatte. Die Königin von Ninive / so ebenfalls die Statthalterin zu besuchen vorhabens worden war / machte sich auf / als der Prinz Baleus hinweg war / zu fus dahin zu gehen: so wol / weil es / wegen der morgen-küle und des lustigen wegs / ein annemlicher spazirgang war / da man unter lauter bäumen[482] an den schiffreichen Pharphar ginge / als auch üm desto heimlicher dahin zu kommen / und weniger aufsehens zu machen / auch die Fürsten / neben dem Statthalter / in ihrer wichtigen unterredung nicht zu beunruhigen.

Der Prinz Cimber bote ihr die hand / sie dahin zu füren / und sagte zu ihr im fortgehen: habe ich nicht die gröste ursachen von der welt / unwillig darüber zu seyn / daß ich den dapferen helden / den ich h \her als mich selbst liebe / den unvergleichlichen Abimelech /nicht benennen / noch das seiner grosmut schüldige lob anh \ren sollen.

Ich weiß gewiß / (antwortete die schöne Königin) daß euer freund / wegen eurer treuen verschwiegenheit / euch höher wird verbunden seyn / als wann ihr ihm eine ehre / in benennung seiner person / zugezogen hättet: die auch hierinn euch / mehr als ihm / und allein gebüret. Wie so / gnådigste Königin? (fragte Cimber /) worinn habe ich mich dapferer / als der Prinz Abimelech / erwiesen? Darinn / (antwortete die K \nigin) daß ihr aus bloßer grosmut / und nur einem freunde zu gefallen / euch in diese gefahr gewaget: worzu Abimelech aus andern ursachen / die seinem freunde nicht unbekant sind / bewogen worden. Ach! so vermeinen dann E. Maj. (fragte Cimber nochmals /) daß ich / üm einer so vollkommenen Königin willen / nicht eben so wol / als der Philister-Prinz / mich hätte wagen wollen? Ich traue der grosmut des edlen Cimbers alles zu / (gabe ihm die K \nigin zur antwort /) die man auch in dieser that gesehen hat: aber darüm ist euer ruhm größer / weil ihr diß an einer unbekanten gethan / was ein anderer [483] aus schüldigkeit verrichtet. Ich erkenne diß orts meine schüldigkeit / (sagte Cimber /) die ja soviel von mir erfordert / als von dem Abimelech: und ich bitte / E. Maj wollen gläuben /daß Cimber nicht weniger / als Abimelech / in dero diensten zu sterben begehret. Dieses glůck / (antwortete die K \nigin) bringet mir mein Prinz zu wegen /und darneben die freude / diesen seinen herzensfreund hier bei mir zu sehen. Solchen namen / (gabe er zur antwort /) gönnet mir der edle Abimelech / und erhebet mich dadurch auf die höchste staffel der glückseligkeit. Diese glůckseligkeit / (sagte Delbois) genießet er mit / indem er einen so teuren freund an dem Cimber überkommen. Sein glůck ist groß / (fiel er ihr in die rede) aber nicht darüm / sondern weil er seine gedanken zu der vollko ensten schönheit der welt richten darf / die iemals die natur lassen herfür kommen. Ach Prinz Cimber! (antwortete sie seufzend) er ist ja so wenig hierinn glůckseelig zu achten / als mir unwürdigem dieses gegebene lob zukommet: und dieses / daß er mich liebet / verursachet allein sein ungemach. Dieses ungemach (sagte er / und lächelte dazu) solte / üm solche belonung / gern die ganze welt ůbernemen: und es ist seine kleine widerwärtigkeit / gegen der großen glückseligkeit / die er genießet / für nichtes zu achten. Weil des Cimbers ruhe / (sagte sie) in seines freundes zufriedenheit bestehet / als weiß ich gewiß / ich werde den Cimber erfreuen / wann ich ihm entdecke / was fůr hofnung in unserer liebe ich iezt entfangen habe. Cimber / ohne zu antworten / erblassete / und sahe die Königin an / welche also fortfuhre: Ich bin los von den bisher-ausgestangenen verfolgungen / die in [484] der vorgewesenen heurat mit dem Prinzen meinem bruder mich betroffen. Der König / mein herr vatter / wil ihme iezt die Königin Lantine von Elam zu-ehlichen. Erwäget demnach / mein Prinz! ob ich nicht hohe ursach habe / fůr dieses unverhoffte glück dem himmel zu danken. Ihr seit erblasst / und stehet in gedanken! solte auch wol euer herz bei dieser heurat anteil haben / daß ihr die Lantine dem Prinzen von Assyrien nicht überlassen köntet? Ich beteure bei dem großen Gott / (antwortete Cimber /) daß keine erfreulichere zeitung / als eben diese / mir hätte vorkommen m \gen. Was auch die K \nigin von Elam betrifft /werde ich selbige sonder neid in des Baleus besitzung wissen können. Die Ammonide von Ammon / oder schöne Jaelinde von Salem / (sagte die Königin) sind dann vieleicht die jenigen / deren eine an stat der K \nigin von Elam / des edlen Cimbers herz besitzet. Womit habe ich anlaß gegeben / (fragte Cimber /) daß E. Maj. auf diese gedanken kommen? Weil ich aus allem euren thun verspüre / (gabe sie zur antwort) daß ihr lieben müsset. Weil mir nun nicht unwissend ist /in was kundschaft ihr mit diesen beiden gelebet / als habe ich diese vermutung gefasset: zumal ich auch an diesen Prinzessinnen soviel vermerke / daß sie euch nicht abhold seien.

Wann ich leugnen wolte / (sagte Cimber / zugleich einen tiefen seufzer holend) daß ich liebe / so würde ich der sch \nsten K \nigin der welt die warheit verheelen. Ammonide und Jaelinde aber / ob sie gleich von mir höchst verehret werden / sind nicht die jenigen / die mir meine bande haben angeleget. Es wäre unbillig / (antwortete Delbois /) wann ich nicht auch dessen [485] leben und begebenheiten wissen solte / deme alles / was mich betrifft / so wol bekant ist / und werde ich / diese pflicht einer verträulichen freundschaft / dem Prinzen Cimber mit erstem anfordern. Unm \glich kan dessen liebe anders wohin / als zu etwas sonderbares / und seiner tugend würdiges / gerichtet seyn. Die ich liebe / (antwortete Cimber /) wil nicht leiden noch verg \nnen / daß ich meine herzensqual iemanden er \ffne: weswegen ich ihren namen verschweigen muß. Ihre sonderbare vollkommenheit darf ich gleichfalls nicht beschreiben: sonst wolte ich E. Maj. darthun / daß ich in meiner liebe nicht zu verdenken sei.

In solchem gespräche / sahen sie sich ganz nahe bei der Prinzessin Tharasile / die der K \nigin fůr ihren palast entgegen kame / und mit erkennung so großer gnad-bezeugung sie entfinge. Weil diese Prinzessin alles so prächtig als sinnreich in ihrem palast angeordnet hatte / als konte die Königin von Ninive nicht unterlassen / alles / was ihr fůr augen kame / wol zu beschauen und zu bewundern. Sie ward von der Statthalterin in einen saal gefüret / der zugleich alle sinnen einnemen und ergetzen kunte. Die wånde waren ausgesetzet mit grünlichtem ganz hell-polirten Jaspis /darzwischen seulen von krystall-stůcken /ungewönlicher gr \ße und glanzes / stunden. Von allen seiten wehete der wind / von der kunst also geleitet / zugleich durch viel gitter hinein / die mit allerhand wolriechenden blumen und kräutern verflochten waren: zwischen denen dann die luft hinein dringend /und also ihren geruch annemend / den ganzen saal zugleich kül und wolriechend machete. Die sonnenstralen kamen niemals hinein / weil an den seiten keine[486] fenster / und allein oben in der h \he am gewölbe eine öfnung war: durch welche der tag gnugsam hinein fiele / sonder von der hitze begleitet zu werden. Dieses gew \lbe bezierten sonst viel herrliche gemålde: die soviel mehr bewunderung verursachten / weil selbiger zeit die malerei noch nicht lang im schwang gewesen / und doch allhier in so großer mänge zu sehen ware. Die in diesem saal rund ůmher an den wänden gestellte bänke / waren künstlich aus Elfenbein geschnitten / und stunden alle auf übergůldten füßen. Der boden / mit dem hellsten geschliffenen marmor beleget / widerbildete das ganze gemach / als ein spiegel. An beiden seiten des saals sahe man zween brunnen / die ein kaltes wasser in die h \he warfen / und mit angenemen geplatscher wieder auffingen: wodurch nicht minder die ohren / als durch dem k \stlichen bau / künstlich-hereingeleitete winde / und den überaus-angenemen geruch / die andere sinnen ergetzet wurden. Hinter diesem brunnen waren zwei verborgene kleine zimmer / auch sehr herrlich zugerichtet: darinn man schlaffen kunte / und also das gesäusel des wassers nahe bei sich hatten / den schlaf üm so viel angenemer zu machen.

Weil die schöne Königin dieses gebäu nicht gnug bewundern können / zumal es darinn immer / so heis es auch sonst seyn mochte / fast eher kalt als kül bliebe: als erlangte die Statthalterin mit leichter mühe /daß die K \nigin sich erbitten ließe / den ganzen tag daselbst zu verharren. Wie nun / gegen den mittag /zur malzeit solte angeschaffet werden / da erschienen /nicht allein der Prinz Baleus neben dem Statthalter und den Syrischen Fürsten / sondern [487] auch die Königin Lantine / neben dem Prinzen Tiribaces / auch allen Prinzessinnen und anwesenden Fürsten die die Statthalterin ingesamt hatte einladen lassen. Nur allein die Prinzessin Indaride ware ausgeblieben / die der Königin von Tyro gesellschaft leistete: dann auch dieselbe / ob sie gleich auch etliche male gebeten worden / sich zu kommen entschuldiget hatte.

Der so unruhige / als verliebte Tiribaces / suchete alsofort nach seiner ankunft gelegenheit / die Königin von Ninive zu sprechen: die ihn ersehend / sich h \chlich betrübte / daß sie für ihn nichtes ausgerichtet hatte. Sie wuste nicht / ob die Königin seine schwester ihme bereits etwas entdecket håtte: stunde also bei ihr selbst an / ob sie ihn damit betrüben solte. Wie er nun / von niemand gehöret zu werden / sie leiß anredete / und hierüm sie befragte / gabe sie ihm zur antwort: er mögte sich bis nach der malzeit gedulten. Ich spüre wol / (sagte er darwider) die Königin meine frau mutter habe nichtes gutes über mich beschlossen / weil so wenig meine schwester / als E. Maj. mir sagen wollen / was sie wissen: dann wäre es gut für mich / sie wurden so gar grausam nicht seyn / mein glück mir so lang zu verschweigen.

Hiemit trate die K \nigin von Elam zu ihnen / die wol merkte / wovon ihre unterredung handelte. Und /aus liebe zu ihrem bruder / nicht für nützlich haltend /daß man länger verschwiege / was er doch wissen můste: gabe sie anlaß / daß die Königin von Ninive /neben ihr und dem Prinzen / in eines von den kleinen neben-gemächern gingen. Als sie daselbst eingetretten / wolte ihrer keine anheben zu reden. Endlich [488] name die K \nigin von Ninive das wort / und sagte: Der Prinz Tiribaces ist so grosmütig / und hat bisher so vieler unsterne in seiner liebe gewonet / daß ich nicht zweifele / er werde auch diesen unglůck-stoß mit gleicher standhaftigkeit verschmerzen: da ich ihme sagen muß / daß sich die Königin von Tyro auf keine weise dazu bequemen wil / die Prinzessin Orosmada in huld zu nemen. O ihr grausame götter! rieffe und fiele ihr hier der Prinz in die rede) so muß ich dann verloren seyn! Ach ja! nun ist es aus mit mir! Orosmada wil nicht länger verziehen / und habe ich kaum diese nacht / da ich / ohne ihr die antwort zu bringen / bei ihr gewesen / sie dahin bereden k \nnen / noch heute zu warten. Hiemit schwiege er still / und sahe die beide K \niginnen so wehmütig an / daß ihr mitleiden dadurch üm ein großes vermehret wurde.

Wann nur Orosmada / (finge über eine weile die Lantine an zu reden /) den schutz der K \nigin von Ninive annemen wolte / so gläube ich / daß euch / mein bruder! noch zu helfen stünde. Wie gerne wolte ich (sagte Delbois /) ihr diesen schutz geben / wann ich in Ninive wäre. Allhier aber / wann Orosmada sich gleich dazu entschliessen wolte / daß ich doch schwerlich gläube / dörfte ich für der Königin von Tyro solches nicht beginnen: und würde sie auch schlechte sicherheit haben / wann eure frau mutter /wie es wol scheinet / ihr aufsätzig verbleiben solte. Wie glückseelig wåre ich / (finge Tiribaces an / nachdem er sich eine weile bedacht hatte /) wann ich von der Königin von Ninive so viel hülfe hoffen d \rfte /daß sie selber meine Prinzessin dahin bereden wolte /ihr gelübde nach der Diana tempel zu verlassen / und bei der Prinzessin von [489] Egypten / biß zu bässerer zeit /sich aufzuhalten! Wiewol nun die Delbois dieses ansinnen des Prinzen in bedenken zoge / so ließen doch er und die Lantine nicht ab zu bitten / bis sie das jawort aus ihr brachten. Hierauf redten sie ferner ab /daß sie morgen miteinander in aller frühe nach der Orosmada hinfahren / und ihr zureden wolten: und zwar dieses so heimlich / daß niemand davon etwas innen würde.

Diese abrede munterte den Tiribaces ein wenig wieder auf / also daß er sich zimlich wolgemut erzeigte. Nach der malzeit / und als die tafel hinweg genommen war / beschlossen sie ingesamt ein spiel anzufangen: weswegen sie sich verteilten / und ein jeder / wie er konte / nach seiner zuneigung ihme eine beisitzerin auswehlete. Zu der K \nigin von Ninive / gesellte sich der Cimber. Der Tiribaces / bliebe bei seiner schwester / der K \nigin von Elam. Der Prinz von Assyrien /name zu sich / aus den gesamten haufen / die Aramena. Esau / bliebe bei der Ahalibama. Sinear / erwehlte die Ammonide; Eliphas / die Jaelinde; Hadoran / die Timna; Elihu / die Tharasile; Mamellus / die Dersine; Ninias / die Iphis; Zophar / die Merone; Hus / die Perseis; und der Nahor / der Tharasile bruders-sohn / die Siringe. Das spiel aber / womit sie die zeit kürzen wolten / wurde genant /

Die errahtung der verborgenen gedanken:

welches ihnen allen / auser wenigen / wolbekant war. Als sie nun kleine mit wachs überzogene täfelein bringen lassen / teilte die Königin von Ninive dieselben unter die dreizehen manns-personen aus / mit erinnerung / daß ieder seine gedanken darein schreiben solte. [490] Wie man sich nun beredet / solches versweise zu verrichten / und ein jeder das seine geschrieben hatte / wurde einer von der Statthalterin knaben befehligt / diese dreizehen täfelein in ein gefäß zu werfen / und wol untereinander zu mengen.

Hierauf zoge die sch \ne Delbois das erste täfelein heraus: welches sie unbesehen dem knaben laut abzulesen hingabe / damit sie nicht die schrift erkennen /und der schreiber verrahten werden m \chte. Es verlauteten / aus demselbigen / folgende reimen:


1. Vergebens liebe ich / und denk ůmsonst zu enden

mein Leiden / weil ich leb. Solt meine pein sich wenden /

wůrd meines freundes qual durch meine ruh entstehn.

Drum / ihm zu lieb / wil ich der ruhe můßig gehn.


Ich weiß wol nicht / (sagte Delbois /) wem ich dieses zueignen sol: doch lasset uns auch die andern verlesen hören. Hierauf ermahnte sie die Königin von Elam / ob sie das andere tåfelein heraus nemen wolte: die dann damit / wie mit dem vorigen beschehen / verfahrend / dem knaben folgendes zu lesen gabe.


2. D \rft ich / was ich gedenk hier ungescheuet sagen:

ach wie wůrd ich so recht die sch \nste doch anklagen /

daß sie nicht sehen wil / was mich so sehr gebeugt:

die jedem / auser mir / viel gnaden-blicke zeigt.


Meines wil ich wol errahten / (sagte die K \nigin von Elam / mit einem annemlichen lächlen) und bin versichert / daß mir meine gedanken nicht fehlen sollen. Hierauf traffe die reihe / die Prinzessin Ammonide: welche das dritte heraus zoge / und auf demselben folgende zeilen:


3. Die meiste lebens zeit / ist hoffen und gedenken.

Ein ståtigs hoffen ist ein unaufh \rlichs krånken.

[491]

So lang mein wolergehn ich nur alleine weiß:

so lang in meinem sinn ich noch nicht glůcklich heiß.


Mir sol es auch nicht schwer werden / (erwehnte die Ammonide /) den dichter dieser reimen zu errahten. Worauf Ahalibama das vierte herfür zoge / dessen schrift also lautete.


4. Mein denken mich verwirrt. Ich lieb' an zweien orten:

hier lieb' ich eine sch \n' / und dreie lieb' ich dorten.

Doch denk ich / diese hier / der ich am nåchsten bin /

wird wol den grösten teil des herzens nemen hin.


Als Ahalibama sagte / wiedaß sie dieses nimmermehr erraten könte / versezte die schöne Delbois: sie wolte gern / wann sie dörfte / mit dieser Prinzessin tauschen; weil ihr / diesen dichter zu finden / nicht so schwer / als bei ihrem erhobenen täfelein / ankommen solte. Worauf Jaelinde dem knaben das fümfte überreichete / welches er dieses innhalts vorlase.


5. Wann / daß wir menschen sind / wir wissen / weil wir denken /

bin ich kein mensch: ich denk an nichts / und weiß zu lenken

mein herz in stille ruh. Was allen hier gebricht /

die in der liebe stehn / dasselbe fehlt mir nicht.


Der dieses geschrieben / (sagte Jaelinde) ist wol für glücklich zu achten: doch weiß ich nicht / welchen ich so seelig benennen soll. Tharasile ergriffe hierauf das fünfte / welches also lautete.


6. Es liget an der zeit / wann uns die lieb soll binden;

und liget bloß am glůck / ein gůnstigs herz zu finden.

Wie nun zu meiner qual sich mir die sch \ne zeigt:

so dient zu meiner ruh / die hofnung / die mich neigt.


Wann es bei meiner wahl stehet / (sagte Tharasile) wil ich mich schon bei dem rechten anmelden. Hiemit langte die Timna das siebende herfür / da man durch den knaben folgendes vername.


[492]

7. Im schauen nur beruht / was mir kan ruhe bringen:

dann weiter darf ich nicht in mein vergnůgen dringen.

Ich tadle / was ich thu. Drum zwing ich meinen sinn:

daß / ůbermeistert auch / ich dennoch meister bin.


Mir wil schwer fallen / dieses auszudenken: (sagte die Timna /) und der also seiner sinnen meister ist /wird sich wissen zu bergen / daß ich ihn nicht werde errahten können. Perseis hatte immittels das achte täfelein heraus genommen / welches diesen inhalt brachte.


8. Wann ohne lieben k \nt der erdenkreis bestehen:

wie wird man mancher sorg und unruh müßig gehen.

Den gr \sten zank und streit richt ja das lieben an:

das so ein ůbel ist / das man nicht hassen kan.


Ich wil bei meines gleichen von jahren bleiben /(ließe die Perseis sich vernemen /) so kan ich hoffen /nicht in straffe zu kommen. Aramena ließe hierauf folgende zeilen / aus dem neunten von ihr erhobenen täfelein / ablesen.


9. Die schöne / die ich lieb / ist iezt allhier zu gegen.

Und / sonder daß bei ihr diß k \nte zorn erregen /

entdeck ich ohne scheu / wer diese sch \ne ist:

die Aramena / die hat mein gemůt erkiest.


Die ganze gesellschaft hube hierüber an zu lachen /die Aramena ansehend / und ihr glückwünschend /daß sie also wol gehoben hatte. Sie aber bliebe ganz unverändert / und sagte scherzweis: sie wolte dem jenigen diese liebes-entdeckung zuschreiben / der ihr am bästen in der gesellschaft gefallen würde. Dersine ergriffe hierauf das zehende / dessen schrift also lautete.


10. Ich denk / und quåle mich: m \cht die / der ich ergeben /

in einem h \hern stand zu meiner ruhe leben!

doch wår sie dann / wie nun / so grausam streng / als sch \n:

wůrd ich mein leiden ja mehr als verdoppelt sehn.


[493] Inzwischen die andern nachdachten / wer dieses wol möchte geschrieben haben / langte die Iphis das eilfte täfelein hervor / darinn sich folgende reimen befande:


11. Wann schier das schiff im port / und fästen anker fasset;

doch von der winde wut so grausam wird gehasset /

daß reist der anker ab: so fält die hofnung hin /

man fåhrt ohn glůck. Wie ich auch nun gewärtig bin.


Es verstehen sich / (sagte Iphis) die wenigsten alhier / auf die schiffart: darüm hoffe ich in meinem urteil nicht fehl zu schlagen. Merone name hierauf das zw \lfte heraus / welches also redete.


12. Mein denken ist so viel / daß / wer es wolt errahten /
gar müste g \ttlich seyn. Es kommet mir zu statten /
daß niemand sehen kan / was mir im herzen schwebt /
das in mir leid und freud / unruh und ruh erhebt.

Ich werde billig / (sagte Merone) wann ich schon dieses nicht errahte / strafflos erkant werden. Indem erhobe ihre gespielin / die Siringe / das lezte täfelein /darinn der knab diese zeilen fande:


13. Wer leid und freude kan zu rechter zeit verheelen:

der denkt / wann er hat zeit / was ihm sein herz kan quålen.

Bei freuden freudig seyn / ist eine edle kunst.

Wer seinen sinn so zwingt / erriegnet aller gunst.


Wie nun also die täfelein alle gehoben und abgelesen waren / da muste der knab die schriften ausleschen. Darnächst bedachte sich das såmtliche frauenzimmer ein wenig / auf wen ein iede rahten solte: da dann die schöne Königin von Ninive endlich den Elihu auswehlte / ihme / in folgenden reimen / die antwort auf die verse / die sie aus den gefåß gehoben hatte / zu überschreiben.


[494]

1. Hofft immer / in gedult! wer weiß / was der gedenket /

der alles / wie er will / nach seinem rahte lenket?


Nach verfärtigung dieser reimen / sagte sie: nachdem ich mich lang bedacht / kan ich nicht finden / wer sonst in dieser gesellschaft einen freund haben solte /der ihm sein glück verwehre / als der Fürst von Ram. Weil mir dessen liebe und freundschaft zu zweien nunmehr-verheurateten personen nicht unbekant ist /als übergebe ich ihm diese antwort / die er / ob sie ihm zugehöret / am bästen sagen kan. Elihu / der tausendmal bei ihm selbst gewünschet / daß er möchte recht gewehlet werden / name das täfelein mit tiefer ehrerbietung an / und sagte: Es ist mir leid / daß ich nicht den trost annemen darf / den E. Maj. mir geben /weil ich dieses täfelein nicht überschrieben habe; und muß ich deswegen so unglücklich als verwegen seyn /E. Maj. in straffe zu setzen. Weil ich dann gefehlet /(antwortete diese Königin) so wil ich das verlorne pfand geben. Damit lösete sie einen armband ab / und stellete solchen dem fürsten Husan von Chesed zu /der nicht mitgespielet hatte: welcher diese und die nachfolgende pfande / in das vorige gefäß legete.

Die Königin von Elam / hatte inzwischen diese reimen geschrieben.


2. Weil ihr von liebe blind: so wolt ihr nicht gestehn /

daß / die ihr liebt / euch k \nt / wann sie nur wolte / sehn.


Das täfelein / wurde hierauf von ihr dem Ninias ůberreicht. Weil nun das spiel mit sich brachte / daß der /so getroffen / es bekennen muste / als dorfte es der Ninias nicht verlaugnen. Demnach gabe er ein pfand /und sagte zu der Lantine / die Königin von Ninive zugleich gar verliebt anschauend: Meine gedanken [495] habe ich nicht so wol zu bergen gewust / daß sie hätten können unerrahten verbleiben.

Ammonide gabe hier auf das ihrige dem Hadoran /auf welchem sie ihm diese antwort erteilet:


3. Was eurem glůcke fehlt / kein unglůck ist zu nennen.

Daß ihr kein leiden fůhlt / gebt ihr gnug zu erkennen.


Ich bin getroffen! sagte Hadoran / zugleich die Ammonide anlächlend / und das verlorne pfand dem Fürsten von Chesed zustellend.

Ahalibama wolte hierauf ihr täfelein dem Prinzen von Assyrien überreichen: aber die K \nigin von Ninive raunte ihr in das ohr / daß sie den Fürsten von Edom wehlen solte. Diesem nachkommend / gabe sie ihm diese reimen zu lesen.


4. Ihr / der ihr viere liebt / wisst nicht / was lieben heist.

Die liebe teilt sich nicht. Kein band ist das / so reisst.


Der Fürst von Edom bekennte / daß er getroffen worden / und zeigte sich sehr frölich / daß Ahalibama auf ihn gewehlet / sagte auch heimlich zu ihr: ob zwar mein sinn in allem der sch \nen Ahalibama sich sol gleichförmig stellen / so muß ich doch sagen / daß ich mich unterstehen wolte zu behaubten / daß die liebe /ohne verlierung ihrer wirkung / sich teilen lasse.

Ahalibama ließe dieses unbeantwortet / und nachdem der Esau sein pfand von sich gegeben / stellete Jaelinde dem Statthalter von Syrien ihre tafel zu / darein sie nachfolgendes geschrieben hatte:


5. Wie seelig preiß ich euch / daß ihr so wahre ruh

entpfindte in dem siñ / die wenigen komt zu.


Ob gleich mein alter / (sagte Mamellus /) mich der unruhigen liebesgedanken überheben solte / so muß[496] ich doch sagen / daß die Prinzessin von Caphtor nicht recht auf mich gewehlet / und also / ein pfand zu geben / schüldig sei. Jaelinde l \sete damit ein band von ihrer kleidung / welches der Husan zu sich name.

Die reihe war nun an der Tharasile / welche mit lachendem mund sagte: Ich will meinen Vettern wehlen / ob ich es vielleicht möchte getroffen haben. Damit überreichte sie ihr täfelein dem Sinear / der darinn folgende reimen lase.


6. Wann ihr beståndig liebt: so hoffet nur daneben /

daß ich den dritten man zu eurer ruh will geben.


Sinear / der sie allein verstunde / neigte sich tief für ihr / und bekante / daß sie recht gewehlet / zugleich das pfand abstattend.

Die Timna hatte inzwischen zeit gewonnen / ihre reimen aufzusetzen / die also lauteten.


7. Die augen leben frei: schaut hin / wohin ihr k \nt!

Steht lieben nur im aug: so wird es euch geg \nt.


Hiemit gabe sie das täfelein / dem alten Fürsten Hus: worüber die ganze gesellschaft zu lachen begunte. Er aber sagte: Schälkin! ihr habt ein pfand verloren /weil ihr meine schrift nicht errahten. Damit name er ihr selber einen dünnen schleier ab / der ihr das haar bedeckte / welchen er dem Husan zustellete.

Die Perseis / welche hierauf die reihe traffe / hatte diese reimen aufgesetzet / die sie dem Eliphas zustellete.


8. Hått ihr nicht långst geliebt / wär mancher streit verblieben.

Doch weiß ich / daß ihr müst dennoch diß ůbel lieben.


Ich bin (sagte Eliphas) ungetroffen! wird also die Fürstin / ein pfand zu geben / ihr gefallen lassen. Perseis warfe damit einen ring in das gefäß / welches der Fürst von Chesed hielte.

[497] Nunmehr muste Aramena wehlen / die schriebe in das täfelein / folgende reimen.


9. Die liebe ist geheim: sie birgt sich / wie sie kan.

So seit ihr nicht verliebt: so nem' ich euch dann an.


Dieses überreichte sie den Cimber / mit so freien gebården / daß jederman sehen konte / daß sie scherzete. Cimber aber sagte: Ich muß bekennen / daß mich niemals ein spiel also in unordnung gebracht habe. Ich darf der sch \nen Aramena nicht beifall geben / wann ich nicht wider das recht des spiels handeln wil. Dannoch stehet mir nicht an / zu sagen / Aramena habe sich etwas unrechtes eingebildet. Also bin ich in zweifel / was ich thun sol / und muß ich E. Maj. (dieses sagend / kehrete er sich zu der Delbois /) üm erlaubnis bitten / daß ich sagen möge / ich habe das täfelein überschrieben / welches die Aramena bekommen: damit ich / ihr zu widersprechen / m \ge überhoben bleiben. Das recht des spiels / (antwortete die Königin von Ninive /) muß seinen lauf behalten: und weil dieses meiner Aramena mislungen / als muß sie die gebürende straffe hergeben / und ihren aufwärter unter den anderen suchen lernen. Wäre Dison zu gegen / (antwortete Aramena) wolte ich nicht so vergeblich gewehlet haben. Damit zoge sie einen rubin vom finger / welchen sie in das gefäß warfe. Baleus /der alles ihr thun genau betrachtete / entfunde bei sich eine eifersucht / sowol gegen dem Cimber / als gegen diesem genanten Dison: und wie er derjenige gewesen war / der von ihr und seiner liebe diese reimen geschrieben / als hätte er auch wol mögen wünschen /daß er von ihr wäre erwehlet worden.

[498] Es war nun die reihe an der Dersine / die das verrichtete / wessen der Prinz von Assyrien von der Aramena war gewärtig gewesen / und ihme ihr täfelein überreichte / auf welches sie folgende reimen geschrieben hatte:


10. Die lieb macht alles gleich / kein stand ihr widersteht.

Sie sorgt mehr / was das herz / als was die wůrd' angeht.


Mich kränket / (sagte der Prinz /) daß ich dieses nicht annemen darf / das mir / meinem sinne nach / so gute lehre gibet. Ich muß ja die Fürstin Dersine in die straffe mahnen / weil ich nicht getroffen worden.

Nachdem hierauf Dersine eine halsspange zum pfand gegeben / überreichte die Iphis dem Prinzen von Tyro ihre schrift / die also lautete:


11. Die hoffnung hoffet ståts / da schier nichts ist zu hoffen.

Schwebt noch das schiff: wolan! es ist noch nicht ersoffen.


Ich wil gern ein pfand geben / (sagte Tiribaces /) dann die Iphis meine schrift errahten / und anbei mich wol getr \stet hat.

Merone gabe hierauf dem Cimber / ob er gleich von der Aramena schon einmal gewehlet worden /ihre reimen / die also hießen.


12. Gedanken bleiben frei / sie geben keinen zoll.

Doch heisch ich den von euch / wann ich gerahten wol.


Meine schrift / (sagte Cimber /) ist schon längst vorbei gewesen / und muß also die angeneme Merone den zoll für mich erlegen. Also lieferte Merone in das gefäß eine ohrenspange / den gesetzen des spiels ein gnügen zu leisten.

Ihre gespielin Siringe / überreichte hierauf dem Nahor die lezte schrift / in diese reimen verfasset.


[499]

13. Wann man / was ihr gedenkt / glaubwůrdig sol annemen:

so stellt das seufzen ein / und bergt mehr euer gråmen.


Weil ich solches zu bergen / (sagte Nahor /) allzu ungeschickt bin / als hätte die verständige Siringe auch bäßer urteilen sollen / daß ich nicht der dichter sei derjenigen schrift / die sie zuvor erhoben hat. Dieses pfand / (antwortete Siringe / zugleich einen gürtel /den sie abgespannet / in das gefäß legend /) sol meinen fehler bezahlen.

Hierauf muste der Fürst von Chesed / der alle pfande gesamlet / und die in zween teile / für das frauenzimmer und die manns personen / gesondert hatte /die ümfrage halten / was zu einl \sung der pfande / die person / deren das pfand zukame / thun solte? Als er nun verborgen eines heraus gezogen / wurde der Prinz von Assyrien zu erst befraget / als welcher frei und sonder straffe davon gekommen war / der sagte: Ich wil / daß die person / deren das pfand gehöret / uns öffentlich den namen ihres geliebten benenne. Das wird die Aramena treffen: sagte Husan / und zoge damit den rubin herfür. Baleus / ganz begierig zu vernemen / wen diese schöne nennen würde / vername /daß sie / für der Königin von Ninive nieder kniehend /in diese worte heraus brache: Ich kan mit dem höchsten himmel beteuren / daß ich in der welt nichtes so häftig / als meine Königin / liebe. Das gilt nicht! (sagte Baleus /) ihr müßet / schöne Aramena! iemanden aus unserem geschlechte wehlen. So will ich dann / (wiederholte sie) üm mein pfand zurück zu bekommen / auch darinn gehorchen / und also bekennen: daß mir unter allen mannspersonen keiner näher und lieber ist / als einer / namens Dison. [500] Doch sol mich /weder er / noch iemand anderer davon abbringen / die tage meines lebens in den diensten meiner Königin zu verbleiben. Aramena bekame damit ihr pfand wieder: aber dem Prinzen von Assyrien gefiele diese ihre erklärung gar nicht / und fülete er in sich eine wütende eiversucht / gegen diesem glücklichen Dison / welchen Aramena nun zum zweitenmal ihren liebhaber genennet hatte.

Cimber wurde hierauf befraget; welcher der jenigen / deren das pfand seyn würde / auferlegte / sie solte ihr lassen gefallen / zu sagen: ob sie lieber wolte / daß sie ohne ihr wissen heimlich geliebet würde / oder ob sie solches / zu ihrer nachricht / lieber wissen mögte? Wie nun der Husan der Königin von Ninive armband heraus gezogen / sagte sie: ob ich wol beides nicht begehre / daß nåmlich jemand mich liebe / und ich solches wisse / so wil ich dennoch / wann ich wehlen muß / es lieber nicht wissen und geschehen lassen /als kundschaft davon haben / und es nicht verwehren können.

Nachdem Husan hierauf der schönen Königin ihr armband überreichet / fragte er den Eliphas: was er wolte von der gethan haben / deren pfand er iezt würde hervor bringen? Sie sol / (sagte Eliphas) mit verbundenen augen / eine person aus unserem mittel ergreifen und dieselbe mit namen nennen / oder gehalten seyn / derselben ihr gröstes geheimnis zu entdecken. So bin ich hierzu verdammet! sagte Timna / wie sie sahe / daß der Husan ihren flor herfürzoge. Dem nach ließe sie ihr von der Iphis die augen verbinden /und also im kreise ümher gehend / kame sie zu dem Esau / befühlte denselben und rieffe: Ich habe den Eliphas! Nein! (antwortete Esau /) ihr irret euch. Weil sie [501] nun / üm daß sie nicht recht gerahten / ihm ihr geheimnis entdecken muste / als bückte sie sich also blindlings zu seinen ohren / verfehlte aber derselben /und raunte der Ahalibama / die bei dem Esau saße /heimlich ins ohr / vermeinend / sie spreche mit ihrem schwiegervatter: Eure gehorsame tochter befindet sich schwanger. Ahalibama wurde hierüber so roht / als ein feuer: Esau aber / ob er gleich nichtes hiervon gehöret / begunte wegen ihres begangenen irrtums laut zu lachen. Timna / nachdem sie hierauf den flor von den augen gezogen / und ihren fehler wargenommen /ware froh / daß sie ihrer Ahalibama etwas vertrauet /das sie sonsten so heimlich hielte / und sagte ferner leise zu ihr: Entsetze dich hierüber nicht / was ich dir zu vertrauen bisher noch nicht zeit gehabt. Ahalibama antwortete ihr / eben so heimlich / aber mit einem sonderbaren verächtlichen misfallen: behalte nur /Timna / deine geheimnise für dich selber / die mir gar nicht anstehen zu wissen. Diese antwort / machte die Timna sehr bestürzt wieder nach ihrer stelle gehen.

Elihu solte nun eine straffe wehlen: der befahle /daß die jenige / so ihr pfand einzulösen håtte / etliche reimen der Königin von Ninive zu ehren hersagen solte. Dieses traffe die Merone / welche zur antwort gabe: Sie wüste noch etliche reimen / die ehmals auf ihre Königin wären gemacht worden / wann sie die für die ihrigen ausgeben d \rfte. Wie ihr nun solches erlaubet worden / wiederholte sie dieselben / dieses innhalts:


Du himlisch wunderbild! solt es wol k \nnen seyn /

daß die verweslichkeit dich jemals müst besiegen?

O nein! was himlisch ist / das schwingt sich himmel-ein:

Was irdisch ist / daß muß in seinem nichts erligen.


[502] Nachdem hierauf Merone ihr pfand zu sich genommen / legte Mamellus der jenigen auf / die es nun treffen würde / ein råtzel zu errahtẽ: welches er der Perseis / deren pfand herfürkame / in folgendẽ reimen aufgabe.


Zween freunde / eines sinns / aus einer herberg sehen /

doch selbst einander nie. Verräterlich sie gehen

mit ihrem gastwirt ům: die gr \ste heimlichkeit

entdecken sie. Doch ist auch ihre treu bereit /

zu hůten für sein heil. Die bulen brief sie tragen /

zur liebsten hin: der sie / ob sie schonstu / viel sagen.


Es werden wol hiemit / (sagte Perseis /) die augen gemeiner seyn / auf die man alle erzehlte eigenschaften dieser beiden freunde deuten kan. Es ist errahten /gabe der Statthalter zur antwort: und name diese Fůrstin damit ihr pfand zurůcke.

Der Fürst Hus ordnete ferner / daß die / deren pfand nun herfůr ko en würde / ein lied singen solte. Dieses betraffe die Prinzessin Jaelinde: welche sich zwar lang weigerte / aber auf zureden der andern endlich einwilligte / und mit sonderbarer annemlichkeit sich folgenden innhalts h \ren ließe.


Ich wůnsch den tod:

weil der mir ruh kan geben.

Was nůtzet mir diß leben?

Ein schn \der koht

wird alles / was ich habe.

Des glückes bäste gabe /

ist qual und noht.


Wie lang bestehn /

der zarten jugend stralen?

Wie stolzer blumen pralen /

die bald vergehn.

Auf sonnenschein / folgt regen.

Die ehre muß sich legen /

und untergehn.


Was hat bestand?

heut lacht man / bald man weint

bald reich / bald arm mã scheint.

Ein kinder tand

ist das / so uns behaget.

Hingegen / was uns plaget /

hält fästen stand.


Drum nur der tod

kan freuen und erlaben:

mit dem kan ich haben

die ruh in Gott.

Ein ander mag ihn scheuen:

mich sol allståts erfreuen /

der friedens-bot.


[503] Das ist gar zu geistlich / (sagte der Fürste Hus /) für die schöne Jaelinde. Der tod muß / bei so frischer jugend / sich noch nicht einstellen: wol aber bei meines gleichen / die wir der welt schon halb abgestorben sind. Weder die jugend / noch das alter / (gabe Jaelinde zur antwort) kan einem die lust zum sterben mehren oder mindern.

Ihr vergesset zusammen / (fiele ihr Mamellus ins wort /) daß wir spielen / und nicht ernstliche dinge fürhaben. Damit winkete er dem Nahor / daß er der Siringe / für wieder einlösung ihres pfandes / etwas aufgeben solte. Diß wolte er iezt eben thun / als unversehens ein großes geräusche auf der gassen entstunde / welches allerseits / weil sie dergleichen unlängst mit gefahr vernommen hatten / in schrecken setzete. Mamellus / Zophar / Hus / Nahor / Husan und Elihu eileten hinaus / die ursach zu vernemen. Wie sie an das thor des palastes gekommen / sahen sie viel volk laufen / die den namen Aramena freudig und einhällig nanten. Als nun des Husans dienere / etliche von diesen leuten / für den Statthalter und die Syrische Fürste gebracht / sagten selbige zu diesen /ohne den Mamellus anzusehen: Unsere Erbkönigin Aramena ist gefunden / und die Canaaniter / die uns bekriegen wollen / sind iezt beschäftigt / dieselbe auf ihren vätterlichen thron zu setzen. Es sind Cananitische gesandten / die der Prinz Hemor abgeordnet /unter unserem Stadthor / die diese freudenzeitung unseren eltesten anbringen. Auf dann / ihr Fürsten! eilet mit uns dahin / dieses aus ihrem munde selber zu vernemen. Hiemit liefen sie / als unsinnig / wieder davon / und hinterließen den Mamellus samt den Syrischen[504] Fürsten in großer bestürzung / wiewol aus unterschiedenen regungen.

Indem kame unvermutet / der Tharsis Fürst von Sepharvaim / von dem Salma / dem Hadat des Prinzen Hemors waffenträger / und dem Elhanan / dem sohn des Fürsten Hus / begleitet. Der Tharsis / nachdem er den verwirrten Statthalter / und den Husan seiner mutter brudern / begrüßet / gienge mit ihnen in den saal /da die K \niginnen neben den andern / in h \chster begierde / die ursach dieses auflaufs zu vernemen / sich befanden. Die ankunft dieses Fürsten / der über ein vierteljahr ausheimig gewesen war / erfreute die Königin von Ninive / weil sie viel von ihm hielte: aber die bestürzung / wegen der mit-ankommenden / verwehrte ihr / ihm ihre freude zu bezeugen. Als sie den erblasten Prinzen Mamellus fragte / was diß bedeute? bekame sie diese antwort: Ob ich wol schon mehr als zuviel weiß / so weiß ich doch nichtes; und E. Maj. wollen mir erlauben / mit dem waffenträger des Prinzen von Canaan mich in geheim zu bereden / der vermutlich den schlüssel dieses rätzels bei sich haben wird. Hiemit ihrer antwort unerwartet / ginge er mit dem Salma hinaus / und sahe die Königin die Fürsten von Syrien mit dem Elhanan gar ämsig sprechen: daher ihre begierde noch mehr zuname / hiervon etwas zu erfahren.

Der Tharsis / solches merkend / sagte zu ihr: Ich sehe / daß E. Maj. unruhig sind über dem / was sich iezt hier begibet: es wird aber niemand / als ich / E. Maj. hiervon båssern bericht geben können. Wie er nun zu reden fortfahren wolte / wurde die Statthalterin / neben dem Sinear / zu dem Mamellus zukommen /[505] eiligst abgefordert / da dann die Syrische Fürsten auch hinaus giengen. Die Königin Delbois / sagte hierauf zu den andern / die üm sie waren: Mir zweifelt nicht /ihr werdet ingesamt mit mir gleiche begierde haben /zu wissen / was diesen aufstand verursachet. Weil nun der Fürst von Sepharvaim alles weiß / so wollen wir uns setzen / und ihme zuhören. Wie nun die ganze gesellschaft ihr solches gefallen lassen / und der Tharsis die Königin von Elam / wie auch die Prinzen von Assyrien und Tyro neben den andern / fürnemlich aber die Ahalibama / begrüßet hatte / muste er sich /auf befehl seiner Königin / mit in den kreis setzen: da er also anhube zu reden.

Ehe ich meinen durchleuchtigsten zuhörern alles mit ümständen erzehle / muß ich den inhalt meines berichts zuvor mit kurzen worten fassen / und sagen: wiedaß des Statthalters von Syrien tochter / die sch \ne Aramena / fůr die Erbkönigin von Syrien erkant / und neben dem Prinzen Hemor von Canaan /ihrem gemal / im anzug ist / ihr våtterliches reich einzunemen. O ihr g \tter! (konte Ahalibama sich nicht enthalten zu ruffen) was höre ich von meiner Aramena? Baleus / deme dieser bericht billig mehr bestürzung als allen den andern brachte / weil hierdurch das reich Syrien von dem Babylonischen abko en würde / erwartete ängstig / wie der Tharsis diese zeitung ferner erklären m \chte. Mein vermuten / (fuhre dieser fort zu reden /) hat mich nicht betrogen / daß nämlich / mein vorbericht von der neu-erkanten Königin von Syrien / große bestürzung verursachen würde. Es wird auch dieselbige sich nicht verringern / [506] wann ich nun ferner den ganzen verlauf erzehlen werde. Ich muß aber / üm mich verständlich zu machen / zuvor das jenige berichten / was mir / seit daß ich vom Ninivitischen hof abgewesen / begegnet ist.

Als meine gnådigste K \nigin / hieher zu reisen / im werk begriffen ware / und mir / ins land Canaan eine reise zu thun / erlaubte / fande ich zu Camon / den Prinzen Hemor / mit des Mamellus vermeinter tochter der Aramena: welche / mit der Fürstin von Naema und dem Thebah / nach Debes zu ihrem angesetzeten beilager / reiseten. Ich erfuhre / von dieser Prinzessin / ihren widerwillen gegen den Hemor: weswegen ich /so wol aus erbarmung / als von ihrer sch \nheit überwunden / sehr bemühet war / sie aus dessen hånden zu befreien. Nachdem ich zu unterschiedenen malen mich vergebens hierunter bemühet / brachte ich es endlich zu Salem so weit / daß ich unfehlbar die Aramena würde erlöset haben: wann nicht diese schöne /ohne daß man die ümstände erfahren k \nnen / neben der Prinzessin von Seir hierzugegen / heimlich hinweggekommen wåre. Ich muß gestehen / weil es nicht mehr n \tig ist / meine liebe geheim zu halten / daß der verlust dieser Prinzessin mich in ungemeines trauren gesetzet. Als ich nun / ganz unschlüßig / was ich beginnen solte / etliche tage in Salem unbekant / wie ich allemal gewesen / zugebracht hatte / erfuhre ich von meinem waffenträger den Hadat / dem es sein bruder / der bei dem Hemor im diensten ist / entdecket hat / daß der Prinz Hemor / neben dem Elon und Aner / wegen der Aramena nach Hierapolis reisen würde. Demnach fassete ich alsofort den schluß / verborgener weise in des Sichemitischen [507] Prinzen gesellschaft mit fortzuziehen. Ich hatte bei mir vier personen / deren treue und fleißes ich versichert war: die musten mit dem Hemor reisen / aber einer von ihnen immer in der herberge zurück bleiben / und mir / der ich immer eine tagreise hernach folgete / von allen nachricht geben / was der Hemor beginnen / oder wohin er seinen weg nemen würde.

Solcher gestalt kame ich / einen tag nach ihme / in Hierapolis: da ich dann bei dem Fürsten Cyniras /dem sohne des Fürsten von Jedlaph / mich anmeldete. Dieser ginge mir nicht allein / wegen der alten kentnis / in allem an die hand / daß ich konte verborgen bleiben / sondern er offenbarte mir auch alles / was man mit den Syrischen stånden handelte. Solches ware nun / daß der alte Thebah den Syrischen Fůrsten entdeckete / was massen die K \nigin Philominda von Syrien ihrem herrn / dem unglücklichen K \nig Aramenes /nach seinem tode / in der Statthalterin von Syrien wonung zu Reblate / eine tochter geboren hätte: die er /neben der Fürstin Calaride / nachmals fůr des Mamellus und der Tharasile tochter ausgegeben / deren rechte tochter aber / die erstlich Mlicaride / nun aber auch Aramena genant worden / an stat der rechten Prinzessin Aramena / in den tempel nach Ninive / dahin der Statthalter diese Syrische kron-erbin / alle gefahr und unruhe abzuwenden / heimlich widmen wollen / gebracht hätte. Der Thebah / weil er sonsten glaubhaft war / bewiese solches mit so vielen gründen / daß die Syrische Fürsten seinen worten trauen musten: zumal ihnen allerseits / des Thebah ungemeine treu gegen seinem gewesenen Syrischen K \nig / zur gnüge bekant war.

[508] Diese unverhoffte nachricht von einer noch überbliebenen Königlichen erbin von Syrien / vermehrete meine ehrsucht / verminderte aber dabei nichtes meine liebe. Ich gedachte / weil ich ein halber Syrer bin / ich würde so wol / als der ungeliebte Hemor / die schöne Aramena samt dem Syrischen thron begehren dörfen: wiewol / meine pflicht gegen meine gnådigste K \nigin und gegen das Assyrische haus / mir zum \ftern den muht wieder bename. Ich stellte mir zwar für /wie dieses mein beginnen strafwürdig / und dem Babylonischen reich nachteilig wäre: aber die liebe konte mir alles entschüldigen / die mich ferner antriebe /dem Hemor auf der reise nach Ninive zu folgen / da er seine Aramena in der Diana tempel suchen / ihre K \nigliche geburt ihr entdecken / und dadurch so wol bei ihr / als bei der Celia erlangen wolte / daß sie den tempel üm den thron verlassen möchte.

Wie ich nun also / etliche tagreisen / dem Prinzen von Canaan nachgefolget / kame eines tags / an den Mesopotamischen gränzen / einer meiner treuen dienere / der mit dem Hemor / wie erwehnet / fůrangezogen ware / erfreut mir entgegen / und brachte mir die zeitung: wiedaß der Prinz die vorige nacht in der herberge nachricht erhalten / daß die Aramena daselbst durchgereiset wäre / weil sie dem wirt ein kleinod verkaufet / welches der Prinz ehmals bei ihr gesehen hatte. Wer war fröher als ich / auf diese zeitung? demnach eilete ich / so geschwind ich kunte / dieses von dem wirte selber zu vernemen. Ich kame in das wirtshaus gegen den mittag / als der Hemor mit den Canaanitern selbiges am morgen verlassen hatte: da mir dann der wirt ümständlich erzehlte / wiedaß zwo[509] damen bei ihm gewesen wären / die ein kleinod verkaufet / und von dar nach Haran ihren weg genommen. Weil diß die richtige strasse nach Ninive ist / als zweifelte ich nun ganz nicht mehr / daß wir in Ninive finden würden / was wir sucheten.

Weil uns nun die fliegende liebe forttriebe / als erreichten wir bald dieses reich und die K \nigliche stadt. Hemor kehrete heimlich bei einem kaufman ein / der nicht weit von dem Diana-tempel seine wonung hatte. Ich für meine person wolte mich dem Oberstatthalter / meinen herr vattern / nicht kund geben / üm nicht gehalten zu seyn / einen erdichteten vorwand meiner reise von mir zu sagen. Ich bliebe nahe bei des Hemors wonung / da ich ein kleines haus geheuret: in welchen ich ganz verborgen lebte / und auf des Hemors anschläge ein wachsames aug hielte. Der Prinz fassete / nach langem überlegen / endlich diesen /schluß / sowol an die Celia / als an die Aramena zu schreiben: von dieser / auf solche eröfnung ihrer Königlichen geburt / die hofnung sch \pfend / daß sie ihm folgen würde / weil keine Erbk \nigin an dieses gelübde gebunden ist / sondern sich frei machen kan /wann sie will. Ich ließe dieses also gehen / und wolte abwarten / was der Aramena erklärung seyn würde: keines wegs mir einbildend / zumal ich sie vordessen so widerig gegen dem Hemor gesehen hatte / daß sie seine liebe annemen würde. Ich erhielte aber die abschrift von beiden briefen / deren der eine und vornemste (der zweite an die Celia / ist mir seither aus dem gedächtnis entfallen) also lautete.

[510] Schreiben des Hemors / an die Aramena Königin in Syrien.

Großmächtigste Königin!


Ganz Syrien verlanget mit mir / des großen Aramenes tochter auf dem ihr-gehörigen thron zu sehen: und beschwören wir E. Maj. bei dem heiligen gebeine dieses unvergleichlichen helden / daß sie / zu beschirmung ihrer bedrangten länder / diese kron förderlichst annemen wollen. Glückselig werde ich mich schätzen / mit so gutem gewissen eine heilige jungfrau der Diana zu entfüren / deren geheiligter Königlicher stand ihr /purpur zu tragen / befilet / und sie / an stat der opfere / ůber große reiche zu herschen verordnet. Die hierbei an die oberpriesterin überschickte warhafte und glaubwůrdige berichte / werden E. Maj. diese meine worte mehrers erklären. Wie ich dann auch diesen zeilen die kraft anwünsche / E. Maj. fürzustellen / daß sie in der ganzen welt keinen ergebenern knecht haben / als da ist

Hemor Prinz von Canaan.


Dieser brief hatte so gute wirkung / als es Hemor verlanget. Es erfolgte / etliche tage hernach / der Celia antwort an ihn / dieses inhalts: wiedaß Aramena von Syrien sich bei ihr befånde / und sie nicht gesonnen wäre / dem reich Syrien ihre K \nigin vorzuenthalten; massen sie solches für sündlich achten müste / allermeist / weil Aramena / nun sie ihren stand erfahren /diesem berufe zu folgen / und den zepter anzunemen /gesonnen lebe. Demnach mögte der Prinz fürschläge[511] thun / auf was weise Aramena für dem K \nig von Assyrien sicher durchkommen solte. Sie erfreue sich nicht wenig / seine grosmütige liebe gegen dieser K \nigin zu wissen: die sie ihres ortes bef \rdern / und die Aramena dahin lenken wolte / mit dem jenigen den thron zu teilen / der / ihr denselbigen zu weg zu bringen / sich soviel bemühet.

Niemand war erfreuter / als Hemor: aber auch niemand verwirrter / als ich / der ich mich dadurch auf einmal aller hofnung beraubt sahe / die mir bisher noch hatte beigewonet. Ich sahe nun wol / daß bisher nicht die person des Hemor / sondern ihr gelübde / die Aramena zu solcher stränge gegen diesem Prinzen bewogen hätte. Doch wie man immer ihme selbst in seiner liebe gern schmeichelt / also gli ete auch noch soviel muht in mir / daß ich erkünete / an diese Königin zu schreiben / und sie zu erinnern / wie sie ehmals meiner dienste wider den Hemor begehret. Ich erlangte / durch einen der torhütere / die gelegenheit / ihr das schreiben in die hände zu bringen. Nach zweien tagen erhielte ich eine seltsame antwort / nåmlich meine übersandte wächserne tafel zerbrochen / und an einem ende derselben diese worte geschrieben / die ich für der Celia hand halten muste:

Es stehe Tharsis ab von dem rechte / so dem Hemor allein gebüret.

Hiemit hatte ich meinen bescheid / und befande mich /wann ichs von einer so großen Königin sagen darf /über diese ihre schleunige entschließung / den Hemor zu lieben / ein wenig entrüstet / auch auser der hochschätzung für ihre person gesetzet.

[512] Hierauf nun / wegen der unmöglichkeit mich eines bessern bedenkend / name ich mir für / so heimlich /als ich angekommen / aus Ninive wieder hinweg zu reisen / ohne iemanden von den meinigen anzusprechen. Wie ich demnach / wegen der hitze / in der nacht abreisete / wurde ich neben den meinigen auf der gassen / nahe für des Hemors behausung / von vielen soldaten / die / auf anhalten des Ardeus / von meinem vatter für meine gnädigste Königin geworben worden / angefallen. Weil ich ihnen mein geråte /nach ihrem begehren / nicht wolte folgen lassen / sondern mich zur gegenwehr setzete: als entstunde daraus ein blutiges gefechte / da ich endlich / wegen der ungleichheit / hätte erligen müssen / wann nicht der Prinz Hemor mir selbst wäre zu hülf gekommen / und mich neben den meinigen in sein haus eingenommen hätte. Wie er nun wissen wolte / wem er diese wolthat erwiesen / truge ich kein bedenken / meinen namen zu offenbaren / und ihm alles zu erzehlen / was ich iezt vorgebracht: doch daneben ihn versicherend / daß er nun hinfort an mir keinen mitbuler / sondern vielmehr einen treuen diener / haben solte.

Diese freye bekentnis stiftete zwischen uns beiden ein großes vertrauen: wiewol er / üm mehrerer versicherung willen / auf alles mein thun und fürnemen genau achtung geben ließe / also daß ich fast wie halb gefangen bei ihm ware. Doch machte er mich zum mitwisser aller seiner geheimnise und glückseligkeit /und erfuhre ich von ihme / wie die Aramena in seine liebe einwilligend / den heiligen gebräuchen gemäs /die folgende nacht ihm würde vermälet werden. Weil er aber in vier wochen sie nicht sehen / noch ihr [513] beiwonen dörfte / dañ solches die weise mit sich brachte / wann eine geheiligte der Diana mit solcher ursache zur heurat schritte: als gedächte er / gleich nach Syrien seinen weg wieder zu nemen / und seinen statthalter den Aner zu rücke zu lassen / seine K \nigin hernach zubringen. Ich bekenne / daß ich / ungeacht meines vorsatzes / diese zeitung nicht ohne gemütsveränderung anh \ren k \ñen. Weil ich aber beståndig entschlossen ware / die Aramena nicht mehr vergeblich zu lieben / als dämpfete ich diese unruhe in der geburt / und begleitete den glůcklichen Hemor / sobald die nacht angekommen / nach dem tempel: in welchen /einer von den priestern des Nisroch / uns einfürete. Wir gingen aber nicht durch die rechte pforte / wo die Ninivitische wacht stehet: sondern er ließe sich mit uns / auf einem schiff / ůber den fluß Hidekel setzen /damit niemand etwas in der stadt von uns erfahren m \chte.

Der ober priester des Nisroch / welchen die Celia zu sich beruffen / entfinge uns / neben seinen andern priestern / am ufer; und nachdem wir durch den heiligen wald gegangen / brachte man uns in ein herrliches gehäu / darinn der schatz aufbewahret wird: massen /bei den vielen angezündten lampen / die edelgesteine /auch die güldene und silberne gefåße / mit denen die wände überall bedecket waren / uns die augen blendeten. Der Hemor opferte alda etliche k \stliche klein oder: wornach wir weiter in einen saal gefüret wurden / da die opfere für ihn und die Königin von Syrien auf einem altar bereitet waren / und von ihme musten angezündet werden. Wie dieses auch geschehen / fürete der Oberpriester uns in den innern [514] [516]platz / da der heilige tempel stehet / und berichtete uns / daß in demselbigen die Oberpriesterin / neben der Aramena und allen heiligen jungfrauen / nun drei tage verschlossen gewesen.

Kurz hernach \ffnete sich der tempel / da unter einem kläglichen geschrei / welches die jungfrauen von sich hören ließen / die Aramena / in ihrer heiligen kleidung / mit verdektem angesicht heraus kame. Es wurde hinter ihr der tempel wieder zugeschlossen /und ginge der Oberpriester des Nisroch ihr entgegen /sie nach einen altar zu füren / der mitten auf diesem platz stunde / den wir bei der klarheit vieler fakeln /die rund üm diesen altar hergestellet waren / erkennen kunten. Als sie daselbst niedergekniehet / muste der Hemor sich auch nåhern: da er dann / gegen ihr kniehend / durch den Oberpriester mit ihr vermålet wurde. Wie diß verrichtet war / hieße man alsofort den Hemor wieder von dem altar gehen / und deutete ihm der Oberpriester an: wiedaß / weil die Aramena der Diana geheiligt gewesen / er sie / als seine verlobte /nicht sehen noch berüren d \rfte / als nach verfließung eines monden; in welcher zeit er ihr / allein zu seyn /den heiligen ordnungen zu folge / erlauben würde. Hingegen ward ihr auferleget / daß sie die zeit über ståts ihr gesicht verdeckt halten / und keinem menschen sich zeigen solte. Der verliebte Hemor / der sich nun vergnügt wuste / verwilligte alles / was man begehrte: und / nachdem er seine Königin gegrüßet /begabe er sich / durch den vorigen weg / wieder aus dem tempel. Seine verlobte Königin / wurde von dem Oberpriester ihme nachgefüret / und disseit des wassers / von den geheiligten frauen aus des Nisroch tempel entfangen: die sie in [516] ihren tempel so lang wolten aufnemen / bis der Aner sie nach Syrien begleiten würde.

Alles dieses ginge so heimlich und verborgen zu /daß niemand in Ninive etwas davon innen wurde. Wir reiseten / folgendẽ tags / gleich wieder fort: da der Aner zurück bliebe / üm zu seiner zeit die Königin hernachzubringen. Der Salma aber / des Hemors waffentråger / muste nacht und tag forteilen / üm den Syrischen Fürsten in Hierapolis die glückliche verrichtung des Prinzen eiligst anzukündigen: der dann sich also gehastet / daß er gestern zu rücke gekommen /und dem Prinzen angemeldet hat / wie Hierapolis sich gleich fůr ihn erkläret / wie ober-Syrien die ankunft ihrer Königin und ihres Königs herzlich verlange /und wie die Cananitische v \lker zu den Syrischen stossen wůrden. Weil auch von den Syrischen Fürsten etliche abgeordnet wurden / allhier in Damasco den Syrern / daß ihre Erbk \nigin verhanden / anzumelden: als fande der Hemor für gut / den Salma mit hieherzuschicken / und dem Statthalter Mamellus zu berichten / wie die sachen stehen / wie aus seiner tochter die Königin von Syrien geworden / wie Thebah und Calaride seine rechte tochter in den tempel nach Ninive gebracht / und wie Hemor / als nunmehr K \nig in Syrien / das recht seiner gemalin wider das Assyrische haus / entweder mit güte / oder mit gewalt bis auf den lezten blutstropfen / suchen und behaubten wolle.

Wiewol wir nun vertraute freunde waren / so fande ich es doch für mich nicht thunlich / in solcher bewandnis / länger bei dem Hemor zu bleiben: welcher auch / so gern er mich behalten m \gen / dennoch meine [517] ursachen gültig befande / von ihm zu gehen. Also habe nun ich heute ihn verlassen / und bin neben dem Salma hiehergeko en / als eben / die Syrische abgeschickte aus Hierapolis / bei den åltesten dieser stadt sich anmelden ließen / und den auflauf des volks / durch aussprengung der zeitung von ihrer wiedergefundenen Königin Aramena / verursacheten. Ich bitte unterthänigst üm vergebung / wann ich durch mein stillschweigen zu Ninive mit-befördern helfen / daß diese Syrerin nicht angehalten worden: der ich solche verräterei an dem Prinzen meinem woltåter / und an der Aramena / welche ich ehmals geliebet / nicht begehen kunte / ob es gleich der staat erfordern m \gen. Ich werde forthin / durch dargebung meines bluts /dem Assyrischen hause meine treue hingegen desto eifriger zu bezeugen / gesonnen leben.

Ich halte dafůr / (finge die schöne Delbois hierauf an zu reden /) der Prinz von Assyrien / mein bruder /werde mit mir eins seyn / daß der Tharsis hierinn nicht gefehlet / und bei solchen ümständen sich nicht anderst habe bezeugen können. Wäre ich in seiner stelle gewesen / (sagte der Prinz Baleus /) håtte ich eben also verfahren: auser darin hätte ich ihm schwerlich gefolget / daß ich die / so ich geliebet / also ruhig einem andern überlassen sollen. Weil weder hofnung noch verzweiflung (gabe Tharsis zur antwort /) meine liebe aufmuntern konte / als ließe ich sie endlich ersterben / und wolte dem Hemor das nicht unmüglich bestreiten / was ich auf keinerlei art und weise behaubten kunte.

Hiemit kame der Statthalter neben seiner gemalin dazu / und durch sein verwirrtes wesen gnugsam [518] anzeigend / wie ihm zu muht war / sagte er zu den Königinnen / und zu dem Prinzen von Assyrien: Ich muß klagen / wie es mir ergehet. Man nimmt mir eine tochter / und ist bemühet / den König meinen herrn gegen mich in ungnade zu setzen. Dem sei nun wie ihme wolle / so muß ich / meines K \nigs bästes zu beobachten / diese stadt für ihn erhalten: und will ich eher mein leben verlieren / als zugeben / daß Damasco ein anders haubt / als den grossen Belochus / erkenne.

Hiermit verließe er sie wieder / und schickete alsofort nach den Assyrischen kriegsbedienten: denen er befehl erteilete / sich mit ihren v \lkern in alle posten der stadt zu setzen. Er selber saße zu pferd / und von einem großen haufen Assyrier begleitet / ritte er nach dem ort / da / die abgeschickten von Hierapolis / die åltesten der stadt ermaneten / sich an ihre Erbkönigin zu ergeben: denen er angesichts / sich aus Damasco hinweg zu packen / befahle. Den eltesten aber von Damasco / wie auch dem gemeinen volk / sprache er freundlich zu / daß sie an diese verfürungen sich nicht kehren / sondern ihrem herrn dem K \nig von Babel getreu verbleiben wolten: welche ihm / wann er nicht soviel volks bei sich gehabt hätte / ihre gemütsmeinung wol würden eröffnet haben / nun aber / als übermannet / sich gedulten und auf hülfe hoffen musten.

Sobald Mamellus dieses verrichtet / ließe er aller orten den alten Thebah suchen: der aber nirgend zu finden ware. Demnach schoße ihm auf das herz / es můste in des Salma reden etwas von warheit seyn: und eilete alsofort nach der Fürstin Calaride behausung / [519] ein mehrers zu erfahren. Er fande daselbst seine gemalin voller tränen / die ihm klagte / wiedaß Calaride / sobald sie diese dinge erfahren / aus Damasco entwichen / und in einem ihr-hinterlassenen schreiben bekennet / welcher gestalt sie / auf zureden des Thebah / und aus treue gegen ihrer verblichenen K \nigin Philominda / die Milcaride und Aramena verwechselen helfen / uñ zwar jene für diese / in den Ninivitischen tempel gebracht / hingegen diese Prinzessin / für ihre und des Mamellus tochter ausgegeben hätte. Dieser bericht sezte den Mamellus in solche verwirrung / daß er fast nicht wuste / was er sagte. Seine einige tochter muste er nun in dem Nivitischen tempel verschlossen wissen / und die Aramena / die er stäts für sein kind gehalten / fůr die Syrische Erbprinzessin halten. Er erfuhre / daß er die aus dem tempel zu bringen sich so sehr bemůhet / die er doch darinn zu wissen / so sehnlich gewünschet / auch solches soviel jahre her ihm gånzlich eingebildet hatte. Er erkennte hieraus die gerechte straffe des himmels / der ebendas über ihn verhenget / was er zu vermeiden so sorgfåltig gewesen.

Wie er nun mit seiner gemalin in seinem palast wieder angelanget / und denselben von der K \niglichen gesellschaft nun wieder geraumet fande: setzete er sich alsofort über / sowol an den König von Assyrien / als an den Prinzen von Canaan und an seine schwester die Oberpriesterin / zu schreiben. In dem ersten brief / bekante er dem Belochus / wie er die Prinzessin Aramena / als die überbliebene von dem Syrischen hause / in ihrer kindheit dem tempel zu Ninive zu widmen vermeinet / aber von der Calaride und den Thebah wäre betrogen worden / die dieselbe [520] mit seiner eignen tochter ausgewechselt: daß er also die Prinzessin Aramena unwissend / und zwar zu beunruhigung des Königreichs Syrien / auferzogen hätte. Weil ihn nun die g \tter bereits gestraffet / daß er sein einiges kind in der Diana tempel wissen müste: als hoffete er / S. Maj. wůrde nicht allzu ungnädig aufnemen / daß er eine unschüldige Prinzessin beim leben erhalten wollen / sondern ihm ferner / daß K \nigreich Syrien wider alle anfålle zu beschutzen / gnädig anbefehlen. Er sezte noch hinzu / wie er für höchstn \tig hielte / daß S. Maj. auf das f \rderlichste / mit einem måchtigen kriegsheer herüber käme / üm diesem gefärlichen feuer zeitlich zu steuren: wobei er freudig sein blut / bis zum lezten tropfen / mit anwenden wolte.

An den Prinzen Hemor schriebe er / wiedaß er / so lang er ihm seine tochter zu geben vermeinet / sein guter freund gewesen sei. Nun aber seine tochter sich in die Aramena von Syrien verwandelt / würde der Prinz ihm nicht verdenken / daß er seinen sinn ändere / und sich dessen feind erkläre / der seinem herrn /dem König von Assyrien / sein recht-erworbenes reich feindlich abzunemen suchete. An die Celia verfasseer ferner ein bewegliches schreiben / sie inständig ermanend / daß sie seine einige tochter / die wider sei nen willen und mit betrug in ihren tempel gekommen /ihme abfolgen lassen wolte: worzu sie ja so erhebliche ursach hätte / als diese gewesen / so sie bewogen /die Prinzessin von Syrien ihres gelübdes zu erlassen. Nach Babel und Ninive / fårtigte er mit den beiden briefen postreuter ab: aber den dritten an den Hemor /stellete er dem Salma zu / welcher alsofort / ohne sich ferner [521] in der stadt aufzuhalten / damit abwandern muste. Mamellus ginge / die folgende nacht / nicht zu ruhe / sondern teilete aller orten befehl aus / üm denen für den Hemor gut-gesinnten ihre macht zu stören /und sie nicht aufkommen zu lassen.

Gleichwie nun dieses unwesen den Prinzen Mamellus wachsam und unruhig machte / also befanden auch der Husan / Hus / Elhanan / Nahor / Zophar und Elihu sich nicht wenig verwirret: welche / als Syrische Fürsten / eine natürliche regung gegen ihrer Erbkönigin bei sich fületen / dabei aber nicht absehen kunten / wie sie sich hierbei verhalten solten. Sie hatten sich in des Husans palast versamlet / und die ganze nacht hindurch raht gehalten. Husan vermeinte zwar /daß man der Erbk \nigin von Syrien in alle wege auf ihren thron verhelfen solte: er zweifelte aber sehr / ob dieses aussprengen des Hemors wahr wäre. Die ursachen / die ihn zu solchem zweifel trieben / wolte er noch nicht sagen: nennte aber dieselben so erheblich /daß er sich nicht irrend gläuben k \nte. Der alte Hus gabe dem Husan beifall in diesem zweifel / wolte aber ebenfalls seine ursachen noch nicht anzeigen: im übrigen dafür haltend / wann man ja der person Aramenen gewiß versichert würde / daß man ihr keinen Cananiter zum gemal geben / sondern einem vom Assyrischen hause dazu verhelfen solte / damit Syrien und Babel in eintracht verblieben. Zophar / dem seine gemalin die Calaride alles entdecket / was mit auswechselung der Aramena vorgegangen / stimmete hiemit nicht ein / sondern sagete: Aramena wäre gewiß ihre Erbkönigin / und Hemor ein herr / der wol würdig /ihr König zu werden. Er beschlosse [522] auch / für seine person Damasco zu verlassen / und nach Naema zu reisen: weil er / bei dem Prinzen Mamellus zu verbleibẽ / nun er die auswechselung seiner tochter erfahren /ihm nicht getrauete. Nahor / ware mit dem Zophar gleicher meinung. Elhanan / dorfte dem Hus / seinem vatter / nicht widerreden. Elihu aber / der wegen der freundschaft mit dem Mamellus sehr gut Assyrisch ware / wolte / man solte nicht lang forschen / ob Aramena die rechte oder unrechte wåre / ob Hemor oder ein Assyrier die Syrische kron tragen solte? sondern hievon wäre eigentlich die frage / ob sie / bei dieser beschaffenheit / Syrisch oder Assyrisch / freund oder feind für eine oder den andern teil / sich erklären / und wie sie / nach gefassetem schluß / alles werkstellig machen wolten. Dieser vortrag des Elihu wurde zwar in erwägung gezogen: sie kunten aber keinen andern schluß als diesen fassen / daß sie noch zur zeit sich still halten / und alles bässer absehen wolten.

Als sie hiermit voneinander schieden / und eben der morgen anbrache / wolte Elihu / sonder vorher ein wenig zu ruhen / nach dem Statthalter gehen: um demselben sein beileid / über diese verdrießliche begebnise / zu bezeugen. Er ersahe aber / als er durch eine änge gassen gehen wolte / einen menschen / der als wütend ihm entgegen kame / und von vier frauenpersonen verfolget wurde. Diese abenteur eigentlicher auszunemen / bliebe Elihu stehen / und erkennete endlich diesen flüchtigen / für den Prinzen von Tyro. Was hierbei seine verwunderung mehrete / waren die beide Königinnen / von Ninive und Elam / neben zwoen ihren jungfrauen / die diesem Prinzen nachliefen. Weil der Fürst von Ram mit dem Tiribaces zimlich bekant [523] war / auch hiermit den K \niginnen einen dienst zu thun vermeinte / eilete er dem fliehenden Prinzen entgegen / und hielte ihn auf / bis die Königinnen dazu kamen / und mit ihm reden konten.

Wie nun / Tiribaces! (sagte Lantine) ist das eurer grosmut gemäs / also zu verzweifelen? Sol solchermassen (setzete die schöne Delbois hinzu /) das lob des Prinzen von Tyro verleschen / daß man von ihm sagen könne / sein unglück habe ihn überwältigt und zu boden geworfen? Lasset / lasset mich / (grausame freundinnen! antwortete Tiribaces /) meiner qual ein ende machen / und für Orosmada augen sterben. Hiemit wolte er sich wieder loß reißen: davon er aber durch den Elihu verhintert wurde. Indem sie so mit ihm zu thun hatten / kame der Königinnen wagen daher gefahren: auf welchen sie den Prinzen / der bald schalte / bald bate / mit gewalt brachten / und sich neben dem Elihu / der ihn halten hulfe / zu ihm hinein sezten.

Sie fuhren nach der K \nigin von Elam palast / alda sie zusammen in ein zimmer sich begaben. Der Tiribaces warfe sich ganz verzweifelt an die erden: da die Lantine sowol / als die K \nigin von Ninive / nach allem ihren vermögen / ihme trost einzureden / sich bemüheten. Elihu thåte solches auch / ohne daß er wuste / was dem Prinzen schadete. Sie beredten ihn endlich so weit / daß er still wurde / und ihnen zuhörete. Was bringt euch dann (sagte Delbois) zu dieser verzweifelung? Orosmada ist zwar / auf anregen der Königin eurer frau mutter / hinweg gereiset: sie wird aber dessen euch keine schuld geben / noch die liebe /die sie gegen euch vorhin blicken ließe / fahren lassen. [524] Sie ziehet zwar nach Ninive / üm alda sich der welt abzuthun: es ist aber noch nicht geschehen / und also alle hofnung noch nicht verloren. Betrachtet /mein vetter! die begegnise des Prinzen von Sichem /und der Aramena: so werdet ihr finden / daß auch ihr noch zu hoffen habet. Fasset demnach muht / und gebet euch zu frieden! Hier ist der Fürst von Ram /der wird euch auch guten raht mitteilen. In eigenen dingen / k \nnen wir nie so wol von uns selber / als von anderen / hülfe erlangen.

Ob mir zwar (finge Elihu an zu reden) nicht bekant ist / was des Prinzen von Tyro verzweifelung für ursachen habe: so neme ich doch aus der K \nigin von Ninive reden soviel ab / daß die liebe alle diese qual erwecke / darbei doch noch hofnung übrig ist. Demnach verwundere ich mich nicht wenig / daß ein so großmütiger herr also den muth kan sinken lassen. Ich will den Fürsten von Ram (sagte die schöne Delbois /) mit wenigem berichten / daß dieser Prinz die Prinzessin von Sidon liebet: welche / wegen vieler ursachen /heimlich hieher in Damasco gekommen / und fürter nach Ninive / sich in der Diana tempel zu verschließen / begehret. Dieser Prinz aber überredte sie / daß sie ihre meinung geändert: aber mit der bedingnis /wofern die K \nigin von Tyro seine frau mutter könte bewogen werden / sie in ihren schutz aufzunemen. Dieses hat die Königin nicht thun wollen / wie sehr und inständig wir beide sie auch darüm gebeten haben / sondern ihren kammerherrn / den Cosdron / diesen morgen zu dieser Prinzessin gesandt / und ihr andeuten lassen: daß sie ihr vorhaben / nach Ninive zu gehen / ja nicht ändern solte / weil der [525] stadt zu Tyro nicht vergönnet sei / daß sie alda könte gedultet werden. Die großmut dieser Prinzessin ward so entfindlich hierüber / daß sie alsofort den fürsatz ihrer abreise fäst stellete. Wie dann / als / auf bitte des Prinzen /seine schwester und ich zu ihr hinfuhren / sie zu etwas zu bereden / das ihm in seiner liebe håtte vorteilig seyn k \nnen / wir die Orosmada so entrüstet fanden /daß sie den verliebten Tiribaces nicht einmal anzuhören begehrte / auch gegen uns / wegen der übernommenen mühe sie zu besuchen / sich bedankend / sich gleich zu wagen gesetzet / und für unseren augen davon gefahren. Tiribaces / als er von dem Ledor / der bei dieser Prinzessin war / des Cosdron anbringen erfahren / begunte alsobald / gleich einem unsinnigen /sich zu gebärden / und von uns sich losreissend / dem wagen der Orosmada nachzulaufen: da ihr dann uns in solchem zustand angetroffen / als wir / den trostlosen Prinzen von seiner verzweiflung ab- und aufzuhalten /bemühet waren.

Wie diesen bericht die Königin von Ninive dem Elihu abgestattet / sahe der betrübte Tiribaces ihm stark unter augen / und durch viel seufzen anfänglich verhintert / sagte er endlich zu ihm: Habe ich nicht ursach / mein Fürst von Ram / der verzweiflung mich zu ergeben / der ich verlassen bin / auch meine Orosmada beschimpfet / mich ungeliebet / und sie nimmer habhaft zu werden / in furchten sehen uñ wissen muß? Wofern euch nicht die häftigkeit der liebe bekant ist /so könnet ihr von meinen schmerzen nicht urteilen. Wofern ihr aber begreifen könnet / daß einig und allein an Orosmada besitzung mein leben hanget / so saget mir / Elihu / saget mir: sol ich leben / oder kan ich auch leben / [526] nun ich die Orosmada verloren habe? Elihu / der wol sahe / daß des Prinzen wunden nicht zu heilen seyn würden / als durch nachgeben und mit langer zeit / wiedersprache ihm nicht / daß er zu zagen große ursach hätte. Er sagte aber darbei / daß alle hofnung noch nicht aus wäre / und die Orosmada noch wol zu Ninive ihren sinn ändern k \nte. Unter diesen reden / kame der Borgias neben des Prinzen anderen leuten dazu / und erwiesen große bestürzung /als sie ihren herrn in solchem zustande fanden. Sie überredten ihn aber / sich in seinen palast zu begeben: da er gleich zu bette sich legte / und niemanden üm sich leiden wolte. Die beide K \niginnen gingen darauf nach der von Tyro / die von dem Cosdron bereits unterrichtet war / wie sein gewerbe bei der Orosmada abgelaufen. Hierüber nun sich so ruhig als freudig bezeigend / lächelte sie die Königin von Ninive an / und sagte: was werdet ihr von mir halten / liebste base! wann ich euch sage / daß Orosmada dem Tiribaces schon aus den augen gebracht worden? Wann es nur (antwortete Delbois) E. Maj. nicht gereuen m \chte? Der Prinz ist ganz verzweifelt / und kommen wir iezt von ihme / da wir ihn in einem erbärmlichen zustand verlassen. Diese worte / welche die K \nigin Lantine mit ihren tränen bekräftigte / griffen der Königin von Tyro an das herz / daß sie wegen ihres sohns beängstiget wurde. Sie erfuhre auch / auf ferners nachfragen / daß ihn ein hitziges fieber angestossen. Weil sie nun zu seiner betrübnis ursach gegeben / als dorfte sie sich für ihm nicht sehen lassen: wie begierig sie auch sonst war / in diesem gefärlichen zustand ihme beizuwonen. Sie schickte aber ohn unterlaß boten ab / die[527] anfragen musten / wie es mit ihm stünde. Dennoch erwiese sie / bei aller ihrer traurigkeit / keine reue / daß sie die Orosmada von ihm geschieden hatte: sondern hoffete / es würde sich mit der zeit wol geben / daß der Prinz ihrer vergäße.

Weil dieses / wie auch die zeitung von der empörung in Hierapolis / und von dem abfall der Ober-Syrer / wegen ankunft der wider gefundenen Königin Aramena von Syrien / alles / sowol bei hof als in der stadt / in bestůrzung und schrecken gesetzet: als ware iederman wach und unruhig / und muste man augenblicklich einen neuen aufstand in der stadt befahren. Diesem aber vorzukommen / wurden tag und nacht starke wachten auf alle große plätze ausgestellet / und gingen die Assyrier fleißig zu raht / wie sie es / in dieser schweren und weit-aussehenden sache / anschlagen wolten.

Ahalibama kunte ihres orts sich auch nicht zu frieden geben / wegen so schleiniger gemüt-änderung ihrer Aramena: und iemehr sie nachsonne / ie ungläublicher es ihr fürkame / daß Aramena also hastig ihren sinn zu dem Hemor richten können. Sie konte keine ursachen ausdenken / womit diese that möchte entschüldigt werden. Dann ob gleich der Königliche stand sie / ihren angenommenen orden zu verlassen /reitzen mögen: so kunte sie dannoch nicht loben / daß Hemor so geschwind ihre gegenliebe bekommen hatte. Und da sie ja heuraten wollen / vermeinte sie /daß ihr bruder Dison wäre würdiger gewesen / ihre schönheit zu besitzen. Briane und Zimene wolten fast gar verzweifelen / so sehr betrübte sie dieser verlust /den ihr heiliger tempel erlitten. Und weil nun hierdurch ihrer [528] beider verrichtung fruchtlos zum ende gelaufen / wolten sie nicht länger in Damasco verbleiben / sondern namen von der Ahalibama und dem verkleideten Tirzis ihren abschied / und vermaneten diese Prinzessin / in ihrem gelübde beständig zu bleiben /und begaben sich in ihren mannskleidern auf die reise: so verwirret und unwillig hinweg scheidend /als betrübt Ahalibama zurück bliebe.

Als einsmals Ahalibama gegen den abend ihren traurigen gedanken im schloßgarten allein gehör gabe / und niemand als die Astale bei sich hatte / indem die Königinnen und die meisten von den andern / wegen damaliger unruhe / in der Königin von Tyro palast noch beisammen waren: hatte sie kaum dreimal den großen Königlichen spazir-weg / wie er genant wurde / im garten durchwandelt / da ersahe sie zwo personen / die ämsig miteinander spracheten / für ihr übergehen / deren einer / der Zameis / des Prinzen von Assyrien Cammerherr gewesen. Ob gleich der fürwitz / wegen ihrer eigenen beschwerden / nicht groß bei ihr war /so erweckte doch der name Aramena / den sie etliche male von diesen fr \mden nennen hörete / eine begierde in ihr / ferner aufzumerken / was man von Aramena sprechen würde. Wie sie demnach wargenommen / daß der eine / der mit ungemeiner sch \nheit begabet war / ohne fürter-gehen / sich unter einen baum niederließe / uñ der Zameis sich vor ihn stellete: schliche sie von der anderen seiten hinzu / da sie ganz verborgen sich hinter ein buschwerk verfůgte / und eben dazu kame / als der erste also sagte: Meinet ihr dann /Zameis! daß ich könne Aramena geliebt und lebendig wissen? Nein / nein! den muht / den sie an menschen[529] und thieren erwiesen / sol sie auch gegen mir gebrauchen: und da mein verhängnis gewolt / daß ich lieben muß / als wird / entweder mein oder der Aramena tod / den ausschlag meiner ruhe und zufriedenheit geben können.

Es kommet mein herr! sagte der andere / und schauete damit nach der pforte des gartens / welche er aufgehen h \rte. Ahalibama / wie sie ebenfalls dahin ihre augen gewendet / sahe den Prinzen von Assyrien / neben ihrem bruder der falschen Aramena und anderem frauenzimmer / ankommen. O großer Teutates! (rieffe der sch \ne jüngling / und schluge die hände zusammen) was legest du mir nicht auf / und was muß ich nicht ansehen? Damit stunde er wieder auf / und eilete neben dem Zameis aus dem spazirgang / in welchen der Prinz und die Aramena kamen. Ahalibama /die nun nichtes mehr vernemen kunte / ginge den andern entgegen: des vorhabens / ihrem bruder dieses /was sie gehöret / zu seiner nachricht anzusagen. Weil aber Baleus / der die Aramena fürete / diese gelegenheit / mit ihr allein zu reden / nicht versäumen wolte /als name er mit ihr nicht den rechten spazirgang vor sich / sondern begabe sich / als er die Prinzessin von Seir herankommen sahe / in einen nebengang. Sinear aber / der mit ihm ware / gesellete sich zu der Ahalibama: daher der Prinz von Assyrien / sein gespräche bei Aramena / ungehintert fortsetzen kunte.

Glaubet mir / dapfere heldin! (sagte er zu ihr /) daß ich euch liebe / und daß euch mein herz den grösten thron der welt beschieden hat. Wie / großer Prinz! (antwortete Aramena) sol das / was ich bisher als [530] im scherz angeh \ret / ernstlich gemeinet seyn? so bitte ich gehorsamst / mir zu g \nnen / daß ich mich von hinnen begeben m \ge. Dann wiewol ich keine Prinzessin bin / so ist doch mein muht so hoch / daß ich sonder entrüstung dergleichen nicht vermag anzuhören. Wie / sch \ne Aramena! (sagte der Prinz /) kan euch das entrüsten / was eure sch \nheit / euch zu sagen / aus mir zwinget? Ach! hätte ich keinen mitbuler zu befahren: wer weiß / ob ihr alsdann so grausam wåret? Daß ich liebe / (gabe Aramena zur antwort /) wissen sie bereits / gnädigster Prinz! Daß ich aber eben darum grausam sei / kan ich nicht nachgeben: dann mir jedesmal wůrde obligen / mich also / wie ich nun thue / zu erweisen. Wann ihr jederzeit / (wandte er dargegen ein) euch so unbarmherzig hättet bezeigt /würde der glückhafte Dison nicht in dem stande seyn /eurer gegenliebe zu genießen. Dison ist meines standes / (sagte Aramena /) und suchet nichts unbilliges oder unm \gliches in seiner liebe.

Ach Aramena! (fiele der Prinz ihr in das wort /) was unbilliges suche ich dann? was unm \gliches begehre ich? Ist das unbillig oder unm \glich / daß euch meine liebe den gr \sten thron in der welt verspricht /da eure würde meine wahl billig uñ möglich machet? Wie / mutige Aramena! habt ihr keine begierde in euch / Assyrische Königin zu heisen? Alles euer thun und wesen deutet ja an / daß ihr nach hoheit und ehre ringet. Hat euer Dison wol das vermögen / das ich habe / eure würde auf den Königlichen thron zu heben? Es hat Dison / (sagte Aramena hierwider) ja so großen muht / als ich: daß es also uns nicht fehlen sol / eine kron zu erlangen. Hat er aber (antwortete[531] Baleus / sie ganz verliebt ansehend /) auch so große liebe / als ich habe? Ob ihn gleich (widerredte Aramena) die liebe so geschwind nicht erhaschet / so bleibet sie doch nachgehends beständig bei ihme /und hat er nicht so oft gewechselt / als .... Hier brache sie ab / und wolte nicht weiter fort reden. Baleus aber sagte zu ihr: vollfüret nur / grausame! mir meine wankelmütigkeit fürzuwerfen: die mich doch nicht abschrecken sol / euch zu lieben. Ich darf auch derentwegen nicht err \ten: weil meine unbeståndigkeit solche ursachen gehabt / die mich nicht werden verdammen können.

Ich unterwinde mich auch nicht / (antwortete Aramena) eines so großen Prinzen thun und lassen zu beurteilen. Allein vermag ich diese rechnung mir leicht zu machen / daß / was der unvergleichlichen Königin von Ninive / der K \nigin von Elam / der dapferen Königin Mirina / und der sch \nen Eldane begegnet /auch mir / und zwar mit der h \chsten billigkeit / widerfahren werde. Aramena / (gabe er zur antwort /) ist nicht meine schwester; wird auch verhoffentlich in die länge meine liebe nicht verachten / wie die Lantine gethan; noch einen so leichten siñ / als die Mirina erwiesen / annemen; noch sich / wie Eldane / zu einer heurat zwingen lassen: daß ich also / meine liebe zu ändern / nicht werde ursach finden. Sie lieben ja die tugend / gnädigster Prinz! (sagte hier auf Aramena /) und halten die beståndigkeit für eine tugend: demnach würden sie mir es selbst verübeln / wann ich dem Dison unbeståndig würde. Es sind gewiße fålle /(sagte der Prinz) da die beständigkeit mehr ein laster als tugend ist. Wann dieser glückliche Dison recht liebet / wird [532] er lieber von seinem recht abstehen / als den thron von Assyrien einer so würdigen Königin berauben.

Aramena hatte nun alles fürgebracht / was sie des Prinzen liebe entgegen zu setzen wuste: als die beide K \niginnen von Ninive und Elam in den garten kamen / und sie von dieser marter erl \seten. Ach! (seufzete sie in ihrem herzen) mögte gegen mir die schwester so gesinnet seyn / als der bruder ist! wie seelig würde ich mich doch achten! Damit überließe sie den platz den beiden K \niginnen: da / des Prinzen verwirrtes aussehen / der Königin von Ninive bald zu verstehen gabe / wovon ihre unterredung müste gehandelt haben. Wie sie nun noch eine weile miteinander spaziren gegangen / begaben sie sich endlich vonsammen / üm auf morgen zu dem großen fest / welches in dem tempel des gottes Rimmon solte gehalten werden / sich vorzubereiten. Dann es hatten / wegen des bevorstehenden kriegs / und der gefahr / die Syrien oder vielmehr dem Babylonischen hause drohete /die K \nigin von Tyro und der Statthalter Mamellus für gut befunden / ein \ffentliches und ansehnliches opfer anzustellen: um sowol die erzürnte götter zu versönen / als dem volk in Damasco zu weisen / daß auch die Babylonier die Syrische götter üm schutz anruffeten. Die sch \ne Delbois / wiewol sie in ihrem herzen den dienst der götter verfluchte / dorfte dennoch sich hiervon nicht absondern: weil es noch nicht zeit war / ihren glauben \ffentlich zu bekennen.

Wie nun der morgen angebrochen / und diese Königin / ganz herrlich geschmücket / neben allem andern fr \mden und Syrischen frauenzimmer / nach der K \nigin von Tyro / sich begeben hatte / wurden die[533] Königinnen und Prinzessinnen / von den Prinzen und anwesenden herren / nach des Rimmons tempel gefüret: an beiden seiten von den Assyrischen soldaten begleitet / üm alle gefahr von ihnen abzuwenden / die der unruhige pövel erregen m \gen. Als sie in den tempel gekommen / wurden die Königinnen auf die für sie zubereitete thronen eingewiesen.

Indem das volk sich haufenweis mit zudrengete /hörete Esau / der die K \nigin von Elam gefüret / ein erbärmliches geschrei einer weibsperson / die allen vermuten nach unter das gedrånge gekommen war. Hierdurch zu mitleiden bewogen / begabe er sich gleich unter das volk / und machete mit seinen starken armen so weiten raum / daß er zu dieser dame kom men kunte: die er in dem stand antraffe / daß sie schier wolte onmåchtig werdẽ. Er name sie / die er / weil ihr gesicht mit einem flor bedecket war / zwar erstlich nicht kante / auf seine arme / und hobe sie solang ůber das volk hinaus / bis er mit ihr herdurch kommen m \chte. Weil ihr damit der flor vom gesicht fiele / als erkante sie die K \nigin von Ninive / so dieses geschrei mit in acht genommen / für die Prinzessin Ahalibama: dannenhero kunte sie sich nicht enthalten / zu ruffen / daß man dieser Prinzessin zu hülfe kommen solte. Also sahe iederman auf sie / und die wacht des Statthalters von Syrien machete endlich raum / daß der Fürst von Edom sie hindurch bringen kunte.

Dieser wuste noch nicht / wer sie war / bis er sie neben sich niedergelassen: da er dann sie erkennend /so erfreut wurde / daß er sich nicht enthalten kunte /ihr etlichemal die hand zu küssen / und dadurch seine vergnügung an den tag zu geben. Ahalibama aber[534] [536] ware so aus ihr selber / daß sie nicht wuste / wie ihr geschahe. Weil der ihr verordnete ort / wegen des vielen gedrängs / verrennet war / und sie sonder neue beschwerung nicht dahin und zu den andern Prinzessinnen gelangen kunte: als setzete sie der Esau auf seinen stul / legte sich zu ihren füßen nieder / und bediente sich dieser gelegenheit / so lang die opfere wåreten /dieser Prinzessin die opfere seiner liebe fürzutragen. Sie hingegen / nachdem sie ihm für seine hülfe gedanket / erzehlte ihm / wie sie vor dem tempel / einen vom gebirge Seir stehen gesehen / den sie anzusprechen begierig worden / uñ dadurch in dieses gedränge gerahten wåre: da man sie ferner mehr fortgetragen /als gehen lassen. Diß geschihet oft / (sagte der Fürst von Edom) daß man / wann man etwas sch \nes zu sehen begehret / dadurch in ungelegenheit fället.

Dieses und anderes sagend / schauete er sie ganz verliebt an: sie aber / so sich in keine wortwechselung mit ihme einlassen wolte / thäte als h \rete sie nicht /was er sagte / und gabe fleißig acht / wie die priester die opfer bereiteten. Esau fassete mitlerweil ihre hand / und wolte dieselbe zum munde füren. Wie sie aber /dieselbe zurück ziehend / ihn ansahe / sprache er zu ihr: Soll ich denn iezt nicht so glücklich seyn / die hand zu berüren / da ich allererst / den ganzen leib zu tragen / bin gewürdigt worden. Dieses anfassen kan mir zu nichtes nützen / (antwortete sie) und scheinet es fast / als wann es den Fůrsten von Edom gereue /daß er mich ihme durch den vorigen dienst verbunden gemacht / weil er nun auf solche weise mich zu beleidigen suchet / damit ich ihme nichtes schüldig bleibe. Ich will ja nimmermehr hoffen / (sagte Esau / etwas[536] was bestürzet /) daß die schöne Ahalibama mein thun / als eine beleidigung / ansehen werde: massen ich solchen fürsatz niemals haben werde.

Indem er dieses sagte / h \rte die Ahalibama sowol als er / daß zwei personen nahe hinter ihnen miteinander spracheten / da der eine zu dem andern sagte: Sihest du den Fürsten von Edom wol / wie er ihm die bedienung der Prinzessin von Seir lässet angelegen seyn? Er kan ja gar nicht / (sagte der andere) seine große liebe gegen ihr verbergen. Es scheinet / (wiederholte der erste) sie neme seine liebesbezeugung gar gönstig auf / unangesehen die Edomiten und Horiten iezt mit einander kriegen. Diese angehörte reden verhönten die Ahalibama so sehr / als sie den Esau erfreuten / und kunte sie der errötung sich nicht entbrechen / wie sehr sie sich auch anstellete / als ob sie nichtes vernommen hätte. Esau låchelte hierüber / zu ihr sagend: Wie ist es / sch \ne Prinzessin! haben diese / so von uns reden / die warheit so gewiß von dem einen / als vom andern / gesaget? Hierdurch wurde sie vollends so entrůstet / daß sie ihm nicht mehr antworten wolte. Er aber / als er sie etliche mal vergeblich angeredet / sagte endlich: wann sie dann wolte so grausam seyn / ihm ihre süße antwort zu misg \nnen / so würde sie ihm dennoch zulassen můßen / ihre wunderzierde zu betrachten.

Hierauf sahe er sie mit unverwandten augen an /also daß sie / wo sie sich nur hinkehrte / ihn stäts im gesicht behielte. Aber auch diese vergnügung ihm zu benemen / ließe sie den weißen flor über ihr gesichte herab fallen / und ware recht ungehalten / daß er / so frei mit ihr ümzugehen / sich unterstehen dorfte: massen [537] sie / wann es der raum und die gelegenheit hätte leiden wollen / nicht bei ihm verblieben seyn würde. Esau aber fuhre nichts desto weniger fort / mit ihr zu reden / und sagte: wann sie ihm ja die sprache und das gesicht entziehen wolte / so müste sie dennoch seinen worten gehör geben. Hierauf offenbarte er ihr sich ferner so deutlich / wie sehr er sie liebe / daß ihr unwille auf das äuserste geriete.

Wie alle opfere und andere übliche gebräuche in tempel verrichtet waren / und die K \niginnen sich wieder nach der K \nigin von Tyro palast begeben hatten / drengten sich alle anwesende üm die Ahalibama / sie üm ihrem zufall zu befragen: und die verwirrung ihres gemüts / auf den entfundenen schrecken deutend / dankten sie alle dem Fürsten von Edom für die hülfe / die er ihr erwiesen hatte. Die K \nigin von Ninive raunete der Ahalibama ins ohr / wiedaß der himmel sie also bestraffet habe / weil sie in einen heidnischen tempel mit solcher andacht gegangen wäre / die sie allein zu beehrung des wahren Gottesdiensts anwenden sollen. Ahalibama / so nach der veränderung ihrer Aramena / wie die vom Tharsis erzehlt worden / mehr als zuvor / die reden ihres sterbenden Eliesers / auch der Königin von Ninive und ihres bruders vermanungen / beherzigt hatte / antwortete dieser sch \nen K \nigin in der stille: wiedaß ihre begierde / den wahren Gottesdienst zu lernen / bei ihr nicht geringer wäre / als der Königin gütigkeit / sie auf den rechten weg zu füren. Diese erklärung ware der Königin von Ninive sehr lieb zu h \ren / und name sie ihr für / mit dem ersten / wann sie ihren Gottesdienst verrichten würde / diese Prinzessin mitzunemen; vorher [538] aber / durch einen rechtgläubigen Philister / den sie in ihrem dienst hatte / sie im rechten glauben unterrichten zu lassen.

So bald aber Ahalibama von der gesellschaft sich absondern kunte / begabe sie sich in ihren palast /dahin sie den vor dem tempel ersehenen mann vom gebirge Seir beschieden hatte: weil sie begierig war /von ihrem vatterland etwas zu hören. Als sie ihn fürgefunden / fragte sie ihn / nach der ursach seiner ankunft / und nach dem Edomitischen kriege. Dieser / so Esban hiese / an stat auf ihre frage zu antworten /hube an zu lachen: und indem fülete sich Ahalibama von hinten zu ümfasset / da sie / das gesicht ümwendend / ihre base / die Fürstin Mehetabeel / erkente. Ihre freude überwoge ihren schreckẽ / daß sie diese ihre base herzlich wieder ümarmete. Sie kunte aber /über ihrer so unverhofften ankunft / sich nicht gnug verwundern. Sie mäsigten aber zu beiden teilen / ihre freude: in erinnerung ihres wie auch ihres vatterlands traurigen zustandes / der rechtmäsigen betrübnis statt lassend.

Endlich setzeten sie sich zusammen nieder / und sagte Ahalibama zu ihr: was soll ich immer mehr gedenken / wehrte base / was die ursach sei dieser unvermuteten ankunft? Dieselbe bist du liebste Ahalibama! (antwortete Mehetabeel /) und der erbärmliche verlust meines einig-geliebten bruders / des armen Ebals: nach dessen tod ich nicht länger auf dem Seirischen gebirge bleiben k \nnen / allermeist da ich dich hier in Damasco zu seyn erfuhre. Ich verneme aber /daß auch hier unser abgesagter feind / und der mörder meines bruders / sich aufhalte: welches dann meine ruhe / die ich hier finde / nicht wenig vermindert. Der[539] Fürst von Edom / (antwortete Ahalibama) ist hier in großem ansehen: und wie man unserem hause keinen beifall gibt / was diesen krieg angehet / also wird auch dem Esau von der Königin von Ninive hülfe gegen die unsrigen widerfahren. Wie reimet sich das /(fragte Mehetabeel) zu der liebe / welche / wie ich vermeinet / die Königin von Ninive gegen dir träget? Ihrer gnade (sagte Ahalibama) kan ich mich sattsam berümen. Was aber den Fürsten von Edom anlanget /so hält man hier / wie gesagt / dessen sache für so gerecht / daß ich so wenig willen als vermögen bisher haben k \nnen / ihme worinn schådlich zu seyn.

Die Mehetabeel / weil sie den Esau von herzen anfeindete / hatte ihrer base mit unlust zugehöret / und erzehlete ihr hierauf / wie es in Seir beschaffen: wie der Ana ihre flucht von Sichem so übel entfunden; und wie es / seit daß sie hinweggezogen / noch alles für die ihrigen wol gestanden / indem / obgleich die Araber sie verlassen / die Cananitische hülfe sich dargegen eingestellet hätte / die der Fürst von Bethel und der Prinz Ephron füreten. Bei nennung des Ephrons /seufzete Ahalibama gar tief: deßen ursach die Mehetabeel leicht errahten kunte / weil ihr nicht unbekant war / wie Elieser / Ephrons bruder / von ihr geliebet worden.

Sie waren noch in solcher unterredung / als Aramena darzu kame / und / von der Mehetabeel nichtes wissend / sie ersehend nicht wenig erschracke. Mehetabeel / in dieser kleidung den Dison nicht sobald erkennend / fragte die Ahalibama / wer sie wäre? die dann weil sie vor dem Esban / ihren bruder nicht verrahten mochte / ihr antwortete / wiedaß es eine dame aus dem [540] Ninivitischen frauenzimmer wäre. Als aber Esban bald darauf hinaus gegangen / låchelte Ahalibama die Mehetabeel an / und sagte: dünket dich nicht / diese dame eher gesehen zu haben? betrachte sie nun recht! du wirst finden / was du hier nicht gesuchet. Als aber Mehetabeel sich des Disons noch nicht erinnern kunte / sagte Aramena: wie / meine base! habt ihr nicht dieses mein angesicht zu Dedan /und lezlich zu Rabbath auf dem fest des Chamos / gesehen? Wie / Fürst Dison! (schrye Mehetabeel voll verwunderung) muß ich / nach so langer zeit / euch in dieser verstellten tracht finden? Wie viel tausend tränen hat / eure lezte entfürung aus Rabbath / eure frau mutter gekostet! Wie nun diese dreie einander völlig erkennet / erzehlten sie / was iedem seither begegnet: da dann / zu großer verwunderung des Disons / Ahalibama unter andern auch fürbrachte / was sie im garten von einem unbekanten gehöret / die Aramena betreffend. Sie wurde aber / durch verborgene ursachen /die ihr selbst unbekant waren / zurück gehalten / die verwandelung der Syrischen Aramena in den Dison ihnen zu offenbaren / ob gleich zwischen ihnen von dieser Königin viel gesprochen wurde. Also verbrachten diese dreie / das übrige des tags / in großer vergnügung: da dann Ahalibama sowol / als die Mehetabeel / dieser falschen Aramena sehr zuredeten / dermaleinst diesen gefärlichen stand zu verlassen / welchen des Baleus liebe gegen ihr noch beschwerlicher machete / und ihrem vatterlande båssere dienste zu leisten.

Nachdem sie / miteinander folgends öfter zusammen zu kommen / und Mehetabeel mit der Ahalibama [541] / sich des andern tags bei den K \niginnen durch sie einfüren zu lassen / abgeredet: schiede Aramena von ihnen / üm wieder nach der Königin von Ninive palast sich zu begeben. Der verliebte Dison quälte sich die ganze nacht hindurch / wie zwar nunmehr seine gewonheit ware / mit sorglichen gedanken und konte in verwirrter unschlůßigkeit nit erwehlen / wie er ferner seinen wandel anstellen solte: weil / die unschüldige und unvergleichliche K \nigin von Ninive långer also zu betriegen / unverantwortlich; ihre gegenliebe zu erlangen / unmöglich; sie zu verlassen / wider sein gemüte; und ferner Aramena zu heisen / so gefårlich /als seiner ehre nachteilig und verkleinerlich / seyn wůrde.

Ware aber dieser liebhaber der sch \nen Delbois unruhig und voll sorgen / entfunde der Cimber an seinem ort nicht mindere qual: die dann / mit des Disons seiner / einerlei quellbrunn hatten. Dieser verliebte gienge in selbiger nacht / mit seinem vertrauten Tubal / der nun wieder an seinen wunden genesen war / an stat zu schlaffen / an den Pharphar spaziren; da er /unter andern klagen / die er über sein widriges verhångnis ausschüttete / in diese worte gegen sich selbst heraus brache: Ach unbesonnene liebe! wozu nützest du mir? Laße mich doch frei / üm der ruhe meines freundes / üm der vergnügung der vollkommensten Königin / und üm meiner eigenen ehre willen / und zwinge mich nicht / diese alle zu beleidigen. Hiemit schwiege er eine weile / finge aber bald wieder also an: Ach! wie vergebens wünsche ich dieses / wann ich dein himmlisches bild / O sch \nste Königin! mir fürstelle. Wer kan das / ohne entzückung betrachten?[542] Wer kan es / ohne liebe / ansehen? Solte die / deren alle creaturen an vollkommenheit weichen müßen /nicht so mächtig gewesen seyn / daß auch ich von ihr überwunden würde? Es ist billig / daß ich sie liebe: aber mit einer solchen liebe / die meine freundschaft nicht beleidige. Nein / nein / Abimelech! traue mir sicher zu / ich wil dich nicht betriegen; ich wil dir die jenige nicht rauben / die dir deine tugend / deine würdigkeit / und deine treue dienste / billig erworben haben. Gönne nun / wehrter freund! daß ich sie / ohne hofnung / neben dir / mit der erbarsten reinsten liebe anbeten d \rfe / die iemals ein sterblicher in sich entfundẽ.

Als er dieses gesagt / wandte er sich zu dem Tubal / sprechende: Ach Tubal! wiesehr hat mich / nun etliche tage nach einander / das anschauen meiner K \nigin vergnüget! Das kan ich nicht abnemen / (antwortete Tubal) an den seufzern / die ich h \ren muß. Diese seufzer / (gabe Cimber zur antwort) sehnen sich nach der verlornen glůckseeligkeit / und kan ich / in ermangelung der gegenwart meiner sch \nsten K \nigin /nicht anderst leben. Es ist wol zu beklagen / (sagte Tubal /) daß ein so großer Fürst seine zeit also vergeblich hinbringen muß / der doch ein båssers glück /ja mehr als die Königin von Ninive / verdienet. Was /Tubal! (fiele ihm Cimber ins wort /) hüte dich / mich so sehr zu beleidigen. Solte ich dieser g \ttin wůrdig seyn können / welcher billig alle creaturen zu gebot stehen solten. Ach nein! du hast diese unvergleichliche g \ttin noch nicht recht betrachtet / sonst würde dein urteil viel anderst fallen. Delbois ist zwar sch \n (antwortete Tubal) und liebens würdig: weil sie aber anderweit schon liebet / warüm solte ich [543] mir um eines andern gut / so viel qual machen lassen. Was uns werden kan / das soll man wol nicht bewundern / aber nicht vergeblich lieben.

Köntest du auch wol (fragte Cimber /) so ein urteil fällen / wann du iemals die kraft der liebe recht entfunden hättest? Daß ich ehmals geliebet / (antwortete Tubal /) solches ist in ganz Basan bekant. Daß ich aber auch der unm \glichkeit gewichen / ist gleichfalls niemanden verborgen. Und wolte der himmel / daß ich so mächtig seyn könte / ein gleichmäsiges fůr des großen Cimbers herze zu erwünschen! wie vieler tausend zungen danksagungen wolte ich dafür überkommen! Höre ja nur bei zeiten auf / (sagte Cimber /) also vergeblich das jenige zu wůnschen / so in meinen kråften nicht stehet zu erfůllen. Mein herz sol beständig bis in den tod die jenige lieben / die es einig und allein hat besiegen k \ñen. Darf ich aber (wandte Tubal hergegen ein) wol fragen / was man dann durch diese liebe hoffet zu erlangen? Ohne vergessung des Abimelech / und ohne verletzung der tugend dieser Königin / darf man ja an keine gegenliebe gedenken! Ist aber / ohne diese hofnung / etwas zu verlangen?

Cimber / als er eine weile ohne antwort verblieben / erinnerte sich der K \nigin ihrer reimen / die sie beim spiel auf seine gedanken gemachet / welche er dem Tubal wiederholete.


Auf! hoffet in gedult. Wer weiß / was der gedenkt /

der alles / wie er will / nach seinem rate lenkt?


Dieses (sagte er /) war der trost / damit neulich die schöne Delbois mich erquicket: dann ich solchen auf mich ziehe / weil sie damit auf meine schrift geantwortet / wiewol sie die antwort dem Elihu zugestellet. [544] Aber ach! was sol ich hoffen? Nichtes mehr / als was ich bereits erlangt habe / nämlich ihre gegenwart /und den trost / in ihrer liebe zu sterben. Was sol aber / (fragte Tubal /) das arme Basan hiervon hoffen. Ach Tubal! (antwortete Cimber /) rede mir doch nichtes ein! laß mich meinem verhängnis folgen / welches mir gebeut / also zu leben. Hiemit / weil der morgen begunte herfür zu tagen / und die müdigkeit den verliebten Cimber überfiele / begaben sie sich beide in den königlichen schloßgarten / alda sie sich in eine läube schlaffen legten / und nicht eher wieder erwacheten /bis der tag völlig war angebrochen.

Als sie nun / nach dem Ninivitischen hofe zu gehen / den weg vor sich genommen / begegneten ihnen auf dem großen platz die drei Königinnen mit ihrem frauenzimmer / welche eben nach dem Prinzen Tiribaces gingen / ihn zu besuchen: dahin dann der Cimber und Tubal ihnen gesellschaft leisteten. Der Prinz von Tyro / befande sich in einem schlechten zustand / also daß die ärzte / der Königin seiner frau mutter / die gefahr nicht verheelen kunten. Elihu / üm der Königin von Ninive einen dienst zu thun / ware fast immer bei dem Tiribaces geblieben / üm denselben aus seiner tiefen traurigkeit / wieder zu recht zu bringen: wie er dann über sein gemüt schon soviel erlanget hatte / daß er sich still verhielte / als die Königin seine frau mutter zu ihm kame / und ihr die ursach seines leidens durch ungedultige worte nicht beimessete / wie er sonst in seiner abwesenheit immer zu thun pflegte. Die Königin von Tyro ware seinetwegen herzlich bekümmert /und suchete durch allerhand gespräche ihn aufzumuntern / iedoch mit keinem worte der Orosmada [545] gedenkend. Als sie auch den Prinzen Cimber stehen sahe /berieffe sie denselben für des Tiribaces bette: der sich mit in ein gespräche einlassen muste / damit dem kranken Prinzen die gedanken desto mehr vergehen möchten.

Die K \nigin von Ninive hatte bisher noch nicht gelegenheit erlangen können / der Königin von Elam ihren bruder / den Prinzen von Assyrien / fürzuschlagen / wie sie / solches zu thun / der Königin von Tyro versprochen. Demnach gedachte sie hierzu sich dieser besuchung zu bedienen. Wie sie nun mit der Lantine von der großen gesellschaft sich abgesondert / setzeten sie beide sich zusammen hinter des Tiribaces bette nieder: da dann die schöne Delbois die K \nigin von Elam bei die hand name / und mit einem freundlichen lächlen sie also anredete: Ich bin so unglůcklich gewesen / in meiner freiwerbung für den armen Tiribaces / das ich wol mich solte abschrecken lassen / dergleichen verrichtungen mehr zu übernemen. Ich wage es aber doch noch einmal / und m \chte wol wissen /ob ich mich darf unterfahen / den Elamiten einen König fürzuschlagen. Lantine bliebe über dieser frage ganz bestürzet / und sahe die K \nigin von Ninive mit verwunderung an / die dann also fortfuhre / wie sie keine antwort bekame: Ich habe bereits vordessen zu Babel mich gebrauchen lassen / meiner basen die liebe des Prinzen meines bruders fürzutragen: welche zwar damals nicht wol aufgeno en worden. Doch schriebe ich solches den ümständen zu / da man üm die zeit meine verheuratung mit dem Baleus so eiferig fürhalte. Nun aber zu Babel andere ratschläge gefasset worden / und man alda sowol / als zu Tyro nichtes [546] höher wünschet / als Assyrien mit Elam vereinigt zu sehen: als wolte ich hoffen / der K \nigin Lantine ehmalige grausamkeit werde sich nun verlieren / und meinem bruder sich geneigter / als vor diesem zu Babel / erweisen.

Ich erkenne mich dafür / (antwortete die K \nigin Lantine) der sch \nen Delbois hoch verbunden / daß man also wol für mein reich und für meine person sorget. Allein / wann ich Aramena wäre / so wolte ich glåuben / daß der Prinz von Assyrien üm dieses freiwerben wisse: da ich aber befahren muß / daß die Königin von Ninive mir dieses alles / ohne des Prinzen wissen und willen / anbringe. Diese antwort machte die K \nigin Delbois nicht wenig betreten / weil der Lantine vermuten wahr ware. Sie wolte aber / üm ihr fürhaben dadurch nicht selber zu hintern / der K \nigin von Elam nicht gestehen / daß ihr bruder hierüm nichtes wüste: sondern dessen freies wesen gegen der Aramena entschüldigend / versicherte sie dieselbe /daß der Prinz sonst nirgend liebe / und dieses glück /so ihme sein herr vatter / und die Königin von Tyro ihre frau mutter / so eifrig zudächten / mit h \chster begierde ergreifen und annemen würde. Uber diesem bericht / welchen die Delbois folgends mit ümstånden bekråftigte / wurde die Lantine nicht wenig beunruhigt: massen sie / die K \nigin von Ninive ganz beweglich anschauend / gar tief seufzete / und damit zu verstehen gabe / daß ihr herz allbereit versaget wäre.

Wann mir meine gedanken nicht triegen / (hube Delbois wieder an zu reden /) so besorge ich warlich /daß mein bruder einen geliebten mitbuler habe. Ach liebste base! (antwortete Lantine) es ist errahten: es[547] stehet nichtes dem unvergleichlichen Prinzen von Assyrien im weg / als daß ich / eh ich ihn gesehen / geliebet habe. Die Königin von Ninive / so hierdurch ihr vorhaben sahe zu wasser werden / vername mit unmut / was ihr die Königin von Elam entdeckte. Jedoch /aus eigener erfahrung das leiden dieser Königin erkennend / bliebe sie unentschlossen / sie ferner zu einer sache zu bereden / die ihrer liebe entgegen ware / sagte derhalben: wann ich diesen glücklichen liebhaber kennete / oder zuvor gewust hätte / daß mein bruder nichtes zu hoffen habe / wolte ich der Königin von Elam keine ursach gegeben haben / dieserwegen ihr gemüt zu beunruhigen. Die verträulichkeit / (gabe Lantine zur antwort /) deren sich die Königin von Ninive gegen mir gebrauchet / machet mir nicht allein meine unruh erträglicher / sondern låsset mir auch die hofnung / von ihr einigen beistand zu erlangen / weil mir das mitleidige und hülf färtige gemůte der unvergleichlichen Delbois nicht unbekant ist.

Durch diese rede wurde die schöne Königin bewogen / wider sich selbst zu handeln / und ihr fürhaben hintan setzend / das zu befördern / was der Königin von Elam in ihrer liebe konte zu nutzen kommen. Demnach bezeugte sie ein verlangen / zu vernemen /wer dann dieser bestimmte König der Elamiten seyn m \gte? zumal ihr keiner beifallen wolte / es müste dann der Prinz von Gibeon ihre strenge endlich über wunden haben / dessen zu ihr tragender liebe sie / aus der Orosmada geschichte / sich erinnerte. Wann die Königin von Ninive (sagte hierauf Lantine) die gedult nemen wil / meinen lebenslauf anzuhören / so bin ich bereit / alles zu offenbaren / was mich abhält / den[548] König von Assyrien so wol / als meine frau mutter /in dieser fürgeschlagenen heurat zu vergnügen / uñ ihnen gehorsam zu leisten. Mein verlangen hiernach /(antwortete Delbois) ist so groß / daß ich wol in dieser stunde selbiges mögte gestillet sehen: wie ich dann auch nicht vermute / daß es uns hierzu dißorts an der zeit ermangeln werde / da die K \nigin von Tyro zweifels ohn den Prinzen ihren sohn sobald nicht verlassen wird. Weil nun Lantine der K \nigin von Ninive ein genügen thun wolte / als finge sie alsofort an / ihr erzehlen / was sie verlangte: die dann folgender gestalt anh \rete

Die Geschicht der Königin Lantine und des Hadoran
Die Geschicht der Königin Lantine und des Hadoran.

Als mein herr vatter / der König von Elam / noch in der regirung lebete / kame flüchtig nach Elimais der Prinz Zipor / des Rehob lezten Königs in Moab sohn: welchem die teutsche völker sein land geno en / uñ ihn aller königlichen würde entsetzet hatten / also daß er / gleich einer gemeinen person / sein leben füren muste. Dessen unerachtet / hatte die teutsche Prinzessin Aurinia / des berümten Trebetes schwester / seine auf sie geworfene liebe wol angenommen / und /wider den willen der ihrigen / diesen Zipor geheuratet: welches dann ursach ware / daß sie das land Moab verlassen / und in Elam schutz und sicherheit suchen musten. Sie fanden auch bei uns / was sie verlanget: indeme mein herr vatter sie mit so willigem herzen aufname / daß / wann einige gutthat der welt den Zipor seiner verlornen kron hätte können [549] vergessen machen / er bei meinem herr vattern vollkommen-ruhig hätte leben können.

Ein Jahr für der geburt meines bruders / des unglücklichen Amraphel / gebare auch Aurinia dem Zipor einen sohn / welcher Hadoran genennet worden. Dieser wurde nachgehends / wie bekant / mit meinem bruder und mir auferzogen / also daß wir einander /von kindheit auf / als schwester und bruder geliebet /und in so unschüldigem alter den unterschied nicht wusten / den unter uns das glück und der stand gemacht hatte. Als / nach meines herr vattern tode /meine frau mutter zur andern heurat schritte / auch ich deshalben Elam verlassen / und der Königin nach Tyro folgen muste: machte die zarte wechsel-neigung zwischen mir und dem Hadoran / daß wir mit unmut von einander schieden. Unsere freude war üm soviel größer / als es sich bald hernach fügete / das mein bruder neben dem Hadoran zu uns nach Tyro kame /und alda auch erzogen wurde.

Die beide Prinzessinnen von Tyro / die Rahabine und Zoroastra / ingleichen der Prinz Merotas / wiewol sie uns an jahren überlegen / waren doch neben dem Amraphel / Tiribaces / mir / und dem Hadoran / unter einer zucht: da der weise Elamite Niso über uns die aufsicht hatte / als welchem der König von Tyro alle seine kinder untergeben / weil dieses klugen mannes geschicklichkeit / sonderlich in wohl-erziehung der kinder / unvergleichlich ware. Es wolte aber sein fleiß und mühe ihm nicht bei allen glůcken: massen / so wol zufrieden er mit dem Amraphel / Tiribaces / mir /und dem Hadoran ware / so sehr beeiferte er die böse natur des Merotas / und seiner beiden schwestern /[550] sonderlich aber dieses Prinzen / von welchem er oft sagte / daß ihme kein unartigers gemüte die tage sei nes lebens fůr gekommen wäre. Dieser unterschied der naturen nun verursachete / daß wir uns in zwei teile sonderten / da Amraphel / Tiribaces / ich und Hadoran stäts beisammen blieben: wiewol die liebe des Merotas gegen mir / und die gewogenheit der Rahabine und Zoroastra gegen dem Amraphel und Hadoran / sie mehr und öfter in unsere gesellschaft brachte / als uns lieb ware.

Solcher gestalt / vergingen unsere kinder-jahre. Wie ich aber ålter worden / und also zu mehrern verstande gekommen / sahe ich wol / daß ich mein leben anderst anstellen / auch die verträulichkeit und gemeinschaft mit dem Hadoran zurück setzen müste: zumal mein stand mich lehrte / nicht so frei mit einem ritter / als mit einem Prinzen / ümzugehen. Demnach begunte ich den Hadoran nicht anderst / als einen bedienten meines bruders / anzusehen: wiewol ich ihn zum öftern in meinem herzen beklagete / daß ihn der himmel nicht glücklicher lassen geboren werden. Hadoran / als er meine verånderung von tag zu tag spürete / ward hierob nicht wenig betrübet. Doch ließe er keine gelegenheit vorbei gehen / mich zu sehen / und /so oft es sich schicken wolte / üm mich zu seyn.

Die Rahabine / wie ich schon gesaget / liebete meinen bruder den Amraphel / gabe ihm auch solches nicht unklar zu erkennen: da hingegen er gegen ihr so einen widerwillen truge / daß ihme nichtes so unangenem / als dieser Prinzessin gesellschaft / ware. Hadoran hätte sich auch gern der ehre überhoben gesehen /[551] die ihm Zoroastra erwiese. Weil er aber seine verachtung gegen ihr nicht also / wie der Amraphel / dorfte merken lassen: als ware sie mit ihm vergnügter / dann ihre schwester mit diesem Prinzen; er aber hingegen üm so viel geplagter / als der Amraphel / weil er täglich das von ihr hören muste / dessen er lieber von mir nur den zehenden teil hätte vernemen mögen.

Gleichwie nun er gequälet war / also befande auch ich das meinige bei der aufwartung des Merotas / der sich ganz herrisch meinen liebhaber nennte. Wie ihn dann nichtes mehrer schmerzete / als daß ich das große glück / darein mich seine liebe setzen würde /nicht gnugsam erkennen wolte. Weil er nun / als der Kronprinz / im großem ansehen war / und die Königin meine frau mutter mir ernstlich gebote / ihme mit aller höflichkeit zu begegnen / damit ich nicht widrigen falls des K \nigs haß auf mich und meinen bruder laden möchte: als erdultete ich von ihme / was mir immer möglich war; daher mir der Amraphel mit worten / Hadoran aber mit gebärden / oft verwiese / daß ich allzu gefållig wäre.

Es bliebe nicht bei dieser plage allein / sondern die beide schwestern wehlten mich auch zur vertrautin in ihrer liebe. Die Rahabine entdeckte mir / daß sie ganz nicht mit der kaltsinnigkeit meines bruders zufrieden: die Zoroastra aber klagte mir / daß Hadoran gar zu ehrerbietig wäre / und die eröffnung ihrer liebe nie verstehen wolte. Ich wandte zu seiner entschüldigung ein / daß er / als ein mensch von glück / seine gedanken niemals zu einer Königlichen Prinzessin erheben würde: und des Amraphels kaltsinnigkeit / [552] begunte ich mit seiner jugend zu entschüldigen. Sie wolten aber beide hiemit nicht zufrieden seyn / sondern trugen mir / ohne daß eine von der andern wuste / diß gewerbe auf / daß ich den Amraphel erkentlicher / und den Hadoran küner machen / zugleich auch diesem lezten die hofnung geben solte / daß er durch diese heurat etwan noch König in Bactra werden könte / als an welches reich sie großen anspruch hätte. Wiewol ich nun nicht willens war / ihnen in ihrem begehren verholfen zu sehen / so brachte ich doch an beiden orten mein gewerbe an: da der Amraphel mir kurzen bescheid gabe / Hadoran aber hierdurch gelegenheit fande / mit so verblümter art mir seine liebe zu verstehen zu geben / daß / so ungern ich auch mich dessen von ihm überreden wolte / ich dennoch die warheit besorgen muste.

Das / so ich iezt verneme / (sagte er zu mir) ist für ein so ungemeines glück zu achten / daß einer alles in der welt dahin geben solte / nur üm die geringste hofnung / keine ungnade zu verdienen / wann man sich also verkünet / etwas zu lieben / dessen überkommung man ihme niemals einbilden kan. So heget ihr dann (fragte ich ihm) eine heimliche liebe in eurem herzen / gegen die Prinzessin von Tyro? Ich bekenne es / (antwortete er) daß ich über meinen stand liebe /und daß dieselbe sonder hofnung ernehret wird / auch nichts als schwere strafe mir zuziehen kan / weil ich also sehr die ehrerbietung beleidige / die man gegen Königlichen personen bezeugen muß. Ihr habt nichtes zu fürchten / (sagte ich darwider /) weil ich ja euch iezt ihre gewogenheit entdecket / und sie von euch haben wil / daß ihr weniger ehrerbietig und mehr verliebt euch [553] anstellen sollet. Ach große Prinzessin! (gabe er mir seufzend zur antwort) weil ich lebe /werde ich nie aus dem schranken der schuldigsten ehrfurcht schreiten / und zwar ewig lieben / aber auch ewig schweigen. Ihr beleidigt aber eure geliebte /(wandte ich hergegen ein) wann ihr ferner schweiget. Zoroastra wil / daß ihr saget: ihr liebet / und sie sei geliebet. Hierauf fuhre er fort zu seufzen / und antwortete mir nichtes: daß ich also nicht wuste / wie ich mit ihm daran war. Endlich drunge ich auf seine erklärung / und fragte / ob ich dann die Zoroastra vertrösten solte / daß er hinfüro / ihrem befehl gemåß /sich anderst erzeigen wolte. Ich werde schweigen /(antwortete er mir) bis die Prinzessin von Elam mir zu reden befihlet.

Hiemit verließe er mich / und stunde es nicht lang darauf an / da kame Zoroastra zu mir / meine verrichtung zu vernemen. Ich wuste ihr nicht zu sagen / wie dieselbe eigentlich abgelaufen war. Und weil mich /sowol ihr gemüte / als Hadorans grillen / ganz unwillich gemacht hatten / als vergaße ich / daß man gegen die töchter im hause sich zwingen müste / und sie ungestümmer weise verlassend / sagte ich zu ihr: sie m \chte doch meiner verschonen / und hinfüro sich anderer gebrauchen / ihr in ihrer liebe zu dienen. Weil ich die Rahabine folgends eben also abgefårtigt / als lude ich damit den haß dieser beiden schwestern so vollkommen auf mich / daß sie keine verfolgung wider mich anzuspinnen unterließen. Merotas / ob er gleich mich liebete / hassete iedoch den Amraphel aufs äuserste / allermeist weil seine schwestern ihn hierzu anreitzeten. Also hatte der b \swicht Alaris nicht große mühe / diesen boßhaftigen Prinzen dahin zu bereden / daß er [554] den Amraphel solte niedermachen lassen. Die Königin von Ninive wird / aus des armen Amraphel lebensgeschichte / sich dessen noch wol zu erinnern wissen / und wie dieser vorhabende meuchelmord durch den Hadoran entdeckt und untermittelt worden.

Um des willen nun / kame es mit meinem bruder heimlich zur abreise / wordurch meine frau mutter und ich in große betrübnis gesetzet wurden: und fülete ich damals am ersten / als Hadoran abschied von mir name / daß er mir ungemeiner als andere war. Doch ließe ich mich dessen gegen ihme nicht merken / sondern befohle ihm meinen bruder / mit dessen erwehnung ich die trånen entschuldigen konte / die mir wider meinen willen aus den augen herfürbrachen. Ihn sahe ich hingegen / so betrübt er auch war / im geringsten nicht die ehrerbietung überschreiten.

Als sie nun hinweg waren / und nachgehends zu Tyro ihre abreise ruchtbar worden / setzete solches den ganzen hof in große unruh: da die Rahabine und Zoroastra schier wolten unsinnig werden / daß sie die / welche sie liebten / nicht mehr sehen solten. Niemand ware fr \licher / als Merotas: der dann eifriger /als iemals / seine liebe gegen mir fortsetzete. Meine frau mutter aber / ob sie gleich wünschen sollen /mich durch diese heurat stäts bei sich zu behalten /hatte ihr absehen dahin gerichtet / mich durch verheuratung an meinem bruder / nach Assyrischen brauch /der einst K \nigin in Elam / zu sehen. Dannenhero beredte sie den K \nig ihren herrn dahin / daß er den Merotas / mit des K \nigs von Hebron tochter der Corycide / zu verehlichen suchete: wie dann diese heurat dem hause Tyro / üm dadurch mit den Cananitern in[555] bůndnis zu kommen / fürträglich schiene. Merotas suchete anfangs / durch allerlei mittel / diese heurat zu hintertreibin. Ich aber / hierdurch erkünet / hube an /diesen Prinzen liederlicher zu halten / und scheuete /mich nicht mehr / ihn zu beleidigen. Um des willen änderte er seine meinung / und ganz übel mit mir zufrieden / reisete er nach Kyriath-Arba: von dar wir /ungefår ein halbes jahr hernach / die zeitung von seinem tode bekamen.

Die hierauf erfolgte allgemeine trauer des hofes /gereichte mir zur beruhigung; und die K \nigin meine frau mutter fienge nun an / etwas mehr zu gelten / als vorhin / indem ihr sohn / der Prinz Tiribaces / hierdurch der nåchste erbe zur kron wurde: dann weil der K \nig auf diesen Prinzen seine ganze zuneigung warfe / als kunte ihr dadurch die Königin allen vorteil schaffen / ihre anschläge und ihr bästes zu befördern. Der König von Assyrien / wünschete hierauf nicht allein meiner frau mutter glück / zu der erh \hung ihres sohns / sondern schickete auch den Prinzen Baleus an unsern hof: dessen ankunft bei uns übergrosse freude erweckte / so wol seiner person wegen / die iederman lieben muste / als auch wegen der ehre / die ihr die Königin hiervon machete / daß ihr bruder / als der mächtigste König der welt / sich ihrer auf so verbindliche weise erinnerte. Mittlerweile dieser Prinz bei uns war / erfreuete uns noch eine überaus-gute zeitung / wie nämlich mein bruder / der Amraphel / sein reich / allen seinen feinden zu trotz / glücklich erobert hätte / und nunmehr seinem vätterlichen thron in frieden besäße. Welches dann ursach gabe / daß meine frau mutter den schluß fassete / in begleitung des Prinzen Baleus [556] die weite reise zu ůbernemen / üm ihren sohn in Elam zu sprechen.

Wie wir / auf der hinreise / zu Babel entfangen worden / wie wir die sch \ne Delbois daselbst kennen lernten / und wie der Prinz von Assyrien mir aufgewartet: solches ist meiner basen so wol / als mir / bekant. Meine frau mutter hielte damals die fäste einbildung von euer beider verlobung zurücke / daß sie mir nicht befehlen mochte / des Baleus liebe anzunemen. Ich meinesteils muß wol gestehen / daß meine ehrsucht mir des Prinzen liebe nicht zuwider seyn ließe. Doch quälete mich dabei des andenken des Hadorans: daher ich den befehl der K \nigin ruhig anname / der liebe des Baleus mich zu entschlagen.

In Elam / bekame ich nun den König meinen bruder / neben dem Hadoran / wieder zu sehen / und das vorhaben meiner frau mutter wissend / liebete ich den Amraphel / nicht allein als meinen bruder / sondern auch als meinen künftigen ehgemal. Ich wolte auch mir ganz aus den sinn schlagen / daß Hadoran wider mein wissen und willen in meinem herzen wonete: welcher seine vergnůgung / meine gegenwart wieder zu haben / so wenig bergen kunte / daß die aus allem seinem thun hervor schiene. Es ließe aber / kurz nach unserer ankunft / die Königin dem Amraphel antragen / daß er mich ehlichen solte: worzu alle stånde des reichs sehr geneigt waren / und nichtes lieber als dieses wünscheten. Er aber / der damals schon die Prinzessin von Ophir liebete / h \rte dieses anbringen betrübt an: weil es ihme sehr nahe ginge / seiner frau mutter zu widerstreben. Demnach sandte er den Hadoran / als seinen vertrautesten / an mich ab / mir seine liebe zu [557] der Indaride zu entdecken: der dann diß gewerbe willig über sich name / und hiernächst durch mich die Königin üm so viel eher zu gewinnen verhoffete / daß sie von ihren fürhaben abstünde.

Ich kan nicht sagen / mit was guter art und beredsamkeit der Hadoran dieses bei mir abgeleget; da er unter andern / nachdem er mir den ganzen zustand in Ophir entdecket / zu mir sagete: Ich muß bekennen /daß Elam glücklich wåre / wann es die Lantine zur K \nigin erlangte. Wer weiß aber / welchem lande der himmel diese seeligkeit vorbehalten hat? und wolte ich mich überglücklich preisen / wann ich / auch durch dargebung meines blutes / darzu behülflich seyn könte / den grösten thron der welt der Prinzessin von Elam zu verschaffen. Ich gestehe es / (antwortete ich ihme /) daß ihr mein gemüte v \llig kennet: massen die begierde / eine kron zu tragen / mir angeboren ist /daher ich auch niemals andere / als nur K \nige / lieben werde. Ich gönne der Prinzessin von Ophir gerne / daß sie den Elamitischen thron besitze / nun es der himmel also versehen hat; und wil / meines bruders ruhe zu befördern / die Königin schon dahin bereden /von ihren fürhaben abzustehen.

Diese erklårung / ließe den Hadoran sehr vergnügt / und sahe er zwar gern / daß ich so kaltsinnig von der Elamitischen kron abtrate / weil er folgbar bei mir keine liebe zu dem Amraphel vermuten dorfte: darbei aber h \rte er sehr ungern / daß auser Königen keiner meine gegenliebe erlangen solte. Um deß willen verwandelte er die farbe / und tief seufzend / sagte er zu mir: Ach wie glücklich sind doch die K \nige / für uns anderen. Deme der hi el / (gabe ich etwas unbedachtsam [558] zur antwort) ein dapferes herz und einen hohen sinn verliehen hat / dem kan nie die gelegenheit ermangeln / ein König zu werden. Hadoran / über diesen worten ganz vergnügt / sahe mich erfreuet an /und hieraus hofnung in seiner liebe schöpfend / sagte er zu mir: Wer wolte / auf so gütige aufmunterung /üm der Lantine würdig zu werden / nicht unmöglicher dinge sich unterfahen? So sol dann das Moabitische reich / so schwer es auch scheinet / seinen rechten herrn wieder bekommen / wann mir / dieses fürzunemen / die Prinzessin befehlen wil.

Hiemit / wann nicht eben wår der Prinz Sadrach dazu gekommen / würde ich sehr betretten gewesen seyn / dem Hadoran meinen zorn / meine vergnügung / und meine schwachheit / zugleich wol fürzustellen und auch zu verbergen. Dieser aber halfe mir davon /daß ich dem Hadoran nichtes antworten dorfte. Ich begabe mich hierauf zur der Königin / welcher ich entdeckte / wie die Prinzessin von Ophir des Amraphel geliebte wäre. Ich bate sie hierneben / daß sie von diesem ihrem fürhaben abstehen wolte: zumal ich mich nicht würde entschließen können / einem so lieben bruder seine vergnügung zu benemen. Meine frau mutter h \rte dieses nicht mit solcher ruhe des gemütes an / als wie ich es fürgebracht und von dem Hadoran erfahren hatte: sondern sie ware ganz übel damit zu frieden / weil ihr vielleicht der sinn zutragen mochte /daß diese liebe in Ophir des K \nigs Amrahel tod verursachen wůrde. Folgenden tags kame er selber zu ihr / und truge ihr seine liebe mit solcher häftigkeit für /daß sie wol spürete / es würde alles vergebens seyn /was sie dagegen einwenden wolte. [559] Sie suchete aber durch heimliche mittel dazu zu gelangen / und triebe es durch die rähte des K \nigs / daß abgesandten nach Ophir abgefärtigt wurden / die aufrürer des reichs /als den Kajumaras und seinen anhang / von dem K \nig Iaziz abzufordern: verhoffend / daß / auf versagung dieser personen / das erzürnte gemüt des Königs von so widriger liebe abstehen würde.

Der Niso und Mildor namen diese reise ůber sich /und mitlerweile sie ausen waren / wurde Amraphel seines liebsten Hadorans freiwerber / und überredete mein ohndas-gewonnenes gemüte dahin / daß ich diesem Moabiter erlaubte / mich zu lieben: doch daß er nie meiner begehren solte / als wann entweder die götter ihm auf seiner vätter thron in Moab verholfen /oder er sonsten durch seinen degen ihm eine kron erworben hätte. Seine zufriedenheit über dieser meiner erklärung war so groß / daß er die harte ümstände nicht betrachtete / mit denen diese meine zusage verknüpfet und bedinget war: und schätzete er sich seelig / daß er meine liebe hoffen dorfte / obgleich die bedingnis / mir zuvorhin eine kron zu erwerben / erfüllet werden musten.

Es erzeigte sich aber dazumal eine gelegenheit / die ihm einige hofnung geben konte / so schwere bedingnis zu erfůllen. Dann / als nach dem tode des alten Marsius Königs zu Basan / ein gewaltiger aufstand in denen von ihm eroberten reichen / als Basan Moab und der Amoriter gebirge / entstunde / da die überwältigte und unter das teutsche und Celtische joch gebrachte einwoner dieser länder / der Königin Salamis / üm die teutschen auszujagen / zufielen: als name[560] ihm Hadoran für / bei solcher unruhe der Moabiter /sich ihnen als ihren erbherrn zu zeigen: ob er vielleicht ihren beistand / zu wiedereroberung seines vätterlichen erbthrons / erlangen m \chte. Der K \nig Amraphel versprache ihm hierzu alle hülfe / und erlaubte ihm / so lieb er ihn auch üm sich hatte / mit einem kriegsheer nach Moab fortzugehen. Sein munteres wesen / welches in ihm die liebe und ehre durch diese hofnung erwecket / machete mir seine gegenwart angenemer / als sie iemals gewesen. Doch stimmete ich gern mit ein / daß er diesen zug verrichten möchte: weil solcher ihme dazu bef \rderlich seyn solte / daß er folgends meiner begehren dörfte.

Als nun der König / Hadoran und ich / eines tags hievon zusammen uns unterredeten / kame Hadorans vatter der Zipor dazu: welcher in großem ansehen bei dem König lebete / weil er sehr viel dazu geholfen /daß derselbe die vier rebellische regenten und ihren mächtigen anhang vertreiben können / und auf den thron gelanget war. Sein sonderbares anligen / so er hatte / schiene aus seinen äuserlichen gebärden gnugsam herfür. Er bate aber den K \nig / zu vergeltung seiner treuen dienste / ihm die gnade zu thun / daß er nach Moab reisen / und bei iezigem zustande sein leztes heil versuchen möchte / entweder ehrlich zu sterben / oder seine verlorne kron wieder zu erlangen: zumal / nach verseumnis dieser gelegenheit / wol ni ermehr eine solche sich wieder eräugen möchte. Amraphel und Hadoran sahen hierauf einander an /und wuste der König nicht / ob er dem vatter des sohnes gleichmäsiges begehren er \ffnen solte.

Wie er demnach mit der antwort verzoge / brache[561] Hadoran selbst heraus / und nicht meinend / daß dieses beginnen seinen vatter verdrießen könte / sagte er ihme / wie er gleiches vorhabens wäre / und hierzu allbereit vom König hülfe und erlaubnis erlanget hätte. Der alte Zipor stache hierob an / als ein feuer. Seinen zorn aber in des Königs und meiner gegenwart mäsigend / sagte er: Ich hoffe / Ihr. Maj. werden mich nicht für so unvermöglich ansehen / daß sie mir diese ehre entziehen solten / selber mein reich wieder einzunemen. Hierauf ware der König bemühet / ihn wieder zu frieden zu sprechen / und ihn dahin zu überreden /daß er seinem sohn diese verrichtung überlassen möchte. Zipor aber wolte nicht davon hören / und wie ohne völlig-erlangten schluß sie von einander gegangen / ließe er nachgehends seinen unwillen gegen dem Hadoran sattsam aus / und bestunde nicht allein darauf / selbst diesen zug nach Moab zu übernemen /sondern er wolte auch seinen sohn nicht dabei haben /welcher bei dem K \nig verbleiben solte. Hierdurch sahe nun Hadoran seine hofnung sehr geschmälert /und muste er es sowol als der K \nig geschehen lassen / daß Zipor fůr ihn diese gefärliche reise ůbername: welcher / nach art vieler alten vätter / aus eiversucht seinem sohne misgönnete / sich des rechtes seiner geburt bei seinem leben zu bedienen.

Der arme Hadoran / bliebe fast ganz verzweifelt zurücke: weil er nun auf das zweifelhafte glück seines vatters alle seine hofnung gründen / und befahren muste / daß durch ihn nicht so eiferig / als er ihm solches fůrgenommen / dieses große werk dörfte getrieben werden. Seine traurigkeit name auch hierüber also überhand / daß er nach diesem alle gesellschaften[562] meidete / und gleichsam wie im spiegel zuvor sahe /wie dieses ablaufen würde.

Bei solchem zustande / kamen unsere gesandten mit schlechter verrichtung / aus Ophir / wieder nach Elimais / und brachten dieses mit / daß der krieg wider Ophir beschloßen / und bereits angefangen wäre. Ob nun zwar die Königin die verbitterung ihres sohns wider die von Ophir gern sahe / so muste sie doch mit betrübnis vernemen / daß der König noch wie vor in die Indaride verliebt bliebe / und noch nicht / wie sie wol gehoffet / diese seine neigung ändern / auch selber in diesen gefärlichen krieg mitziehen wolte. Die Zeit / nach Tyro wiederzukehren /kame indessen an / und musten wir also übel zufrieden von Elimais wieder abreisen: da ich den halb-verzweifelten Hadoran / in seiner unruhe / nicht ohne entfindung verlassen konte. Er begleitete uns bis an die gränzen des reichs; und wie es zum abschied-nemen kame / redete er mehr mit gebärden / als durch worte. Er dorfte sich nicht unterfahen / über meine einmalige erklårung ein mehrers von mir zu begehren: daher er schier auser hofnung bliebe / und ich gleichfalls so unruhig / als standhaft / in meiner entschließung / keinen als einen König zu lieben / verharrete.

Wie es mir nachmals zu Babel mit dem Prinzen von Assyrien ergangen / und wie Eldane an stat meiner gewehlet worden / ist bekant / und daher unnötig zu erzehlen. Ich muß aber ferner sagen / wiedaß eine geraume zeit hernach / als wir zu Tyro wieder angekommen waren / überall die zeitung erscholle / daß der K \nig Marsius wieder lebendig worden; daß die Salamis / mit ihrem anhange / Basan verlassen; [563] und daß der Zipor mit den Elamiten / die in Moab etwas beginnen wollen / bis aufs haubt wåre geschlagen worden. Ich kunte leicht ermessen / wie dem Hadoran hierüber zu muht seyn würde: den ich zwar herzlich beklagte / aber auch dabei gedachte / daß der himmel unsere heurat nicht beschlossen håtte / und darüm soviel hinterliches dazwischen schickete. Hieneben aber bliebe ich ihm beständig gut / und konte mich nicht überwinden / in eine andere liebe einzuwilligen: wie dann der Prinz von Gibeon mir ohne nutzen aufgewartet / dessen meine base aus der Iphis erzehlung sich noch erinnern wird.

Die verfolgungen der Zoroastra und Rahabine /verbitterten mir zwar meine tage zu Tyro / also / daß mich wol hinweg hätte verlangen sollen. Als ich aber in solcher unruhe ein zeitlang gelebet / bekame ich unvermutet die nachricht / daß der Hadoran in Tyro angelanget wäre. Ob die freude / oder das entsetzen /damals in mir den fürzug gehabt / kan ich nicht melden. Die gute post aber / die er uns mitbrachte / von des Amraphel sieghaften waffen in Ophir / und von dessen glůcklicher wiederkunft nach Elimais / machte meine freude so fürgültig / daß ich unter dieselbige unvermerkt auch des Hadorans gegenwart mit ziehen kunte. Nachdem er bei der Königin geh \r gehabt / legete er auch bei mir von dem König meinem bruder sein gewerbe ab: welches als ich eingenommen / und ihn dieserwegen wieder abgefärtiget hatte / bliebe er dennoch stehen / üm ein mehrers mit mir zu reden.

Sein verwirrtes und betrůbtes aussehen / machete mich gleich vermuten / was sein anbringen seyn würde: daher ich / ein ernstliches wesen annemend /[564] ihn fragte / ob er noch etwas anzubringen hätte? Hierauf / ohne mir zu antworten / stürzeten ihm die tränen aus den augen: worbei er so erbårmlich sich anstellte /daß ich meine entfindlichkeit hierüber nicht bergen kunte. Ich überwande mich aber / und sagte wider zu ihm: Ich sehe wol / Hadoran! daß ihr mir / an stat der kron / eure trånen bringet. Nicht allein meine tränen /große Prinzessin! (gabe er mir zur antwort /) sondern auch meinen tod: weil eines andern unglück mich unfähig machet / der Lantine den thron zu geben / durch den sie mich glůcklich machen wollen. Ich halte euch fůr unschuldig / Hadoran! (ware meine antwort /) aber dabei auch für sehr unglücklich. Doch versichert euch / daß ich euer leiden mit füle. Es stehet aber uns menschen zu / daß wir dem willen des himmels und dessen schluße gehorsamlich folgen. Ich will demnach hoffen / euer unglück werde euch nicht sowol eure grosmut / als eure vergnügung / rauben können. Ach Prinzessin! (antwortete er seufzend /) was hilft mich meine unschuld? was hülft mich meine grosmut? wann ich sonder hofnung lebẽ soll. Wofern ihr hieran verzaget / (sagte ich hinwiederum) dereinst eine kron zu tragen / so habt ihr nichts von mir zu hoffen. Versichert euch aber dessen / daß / so wenig ich iemals einem andern / als einem König / will zu teil werden /so wenig sol / auser Hadoran / einiger sterblicher meiner liebe genießen.

Hiemit bote ich ihm die hand / zur versicherung dessen / was ich ihme versprochen; und als er die ganz entzücket zum munde gefüret / sagte ich ferner: Vergnüget euch mit meiner erklärung / daraus ihr ja ersehen könnet / wie mein gemüte gegen euch gesinnet [565] sei; und gläubet nur / daß ihr nicht alleine leidet. Wen solten diese grosmütige versicherungen (antwortete er mir hierauf) nicht so mutig machen / kronen zu erwerben? Ja / liebste Prinzessin! ich bin mehr als wol zu frieden / daß Lantine nur K \nige lieben will: und schw \re ich hiemit bei allen göttern / nicht mehr für meiner Prinzessin augen / als mit einem gekröntem haubte / wieder zu kommen. Dieses sagte Hadoran mit solcher freudigkeit / daß seine vergnügung auch die meine erweckte. Weil er nun bei uns in Tyro nicht långer bleiben wolte / als verlore Zoroastra ihre augenweide bald wieder / indem er nach wenig tagen von uns zoge: mit dem fürsatz / entweder zu sterben /oder / durch hülfe des Königs meines brudern / seinen väterlichen thron wieder zu erlangen.

Als er zu Elimais wieder angekommen / muste er sein verlangen der begierde des verliebten Amraphel nachsetzen / und zuvor eine gesandschaft nach Ophir übernemen / ehe er an sein vorhaben gedenken kunte. Nachdem aber dieselbe abgeleget war / und nachgehends der unglückliche König / unter den namen des Sadrach / nach Ophir reisete / bliebe Hadoran zurücke: deme der K \nig die volle macht überlassen hatte /mit einem heer der Elamiten alles anzufahen / was zu seinem großen fürhaben in Moab ihme dienlich seyn konte. Der Zipor dorfte nun seinem sohn sich nicht mehr widersetzen / sondern ließe ihn allein machen: weil er selber für seine person / in diesem fürnemen /so unglücklich gewesen war. Also reisete der hofnung-volle Hadoran / mit seinen geworbenen Elamiten / nach Moab / und begabe sich zu seinem vettern /dem K \nig Hanon von Ammon: [566] von dem er raht und that in seinem fürhaben zu erlangen vermeinte. Weil nun der ein abgesagter feind der teutschen war / als beförderte er des Hadorans begehren üm so viel eifriger / und thåte ihm allen vorschub / sein großes beginnen zu vollfüren. Wie es ihm allda ergangen / erfuhre ich von der Prinzessin Ammonide / welche eben üm selbige zeit / fůr ihrem herrn vatter flüchtig / zu uns nach Tyro kame: deren auch Hadoran / neben den Prinzen Baalis ihrem bruder / so heimlich hinweg geholfen / daß der K \nig Hanon nicht das geringste davon innen worden. Er ware aber seinen kindern darüm so aufsätzig / weil durch sie / sein todfeind der K \nig Marsius / aus seiner haft entkommen.

Hadoran triebe dieses gefärliche werk mit solcher fůrsichtigkeit / und so heimlich / daß er alle die großen in Moab auf seine seite bekame / ehe ein mensch in Basan etwas davon gewar wurde. Nach geraumer zeit / wurde ein anschlag auf die K \nigliche haubtstadt Rabath-Moab gemacht: welcher / unter wårenden feste des gottes Chamos / wann alle mannsbilder aus der stadt seyn / und den weibern ihren gottesdienst zu verrichten / raum geben würden / fortgehen solte. Also reisete Hadoran / bei nacht aus Rabbath / welches von Rabath-Moab zwanzig meilen gelegen ist / und erreichte endlich das thal Hinnon: allwo die großen in Moab / so seiner gewartet / ihn aufnamen / und als ihren K \nig entfingen. Es wurde daselbsten abgeredet / daß sie den siebenden tag des festes erwarten / und alsdann in die stadt einbrechen wolten: gegen welcher zeit der König von Ammon etliche tausend mann zu hülfe zu schicken versprochen. Kaum aber [567] aber war der erste festtag zu ende gelaufen / da kame unverhoft ein geschrei / wiedaß man in Rabbath Moab eingefallen / und viele frauen vom fest hinweg gefüret hätte. Die großen in Moab / so alle ihre weiber auf diesem fest mit hatten / wurden so ergrimmet über diesen raub / daß sie / des Hadorans bestes hintan setzend / auf ihre rache gedachten / und /ihn in höchster verwirrung mit seinen Elamiten allein verlassend / ihren weiber-raubern nacheileten. Also sahe der arme Hadoran seinen anschlag krebsgängig /und konte er nichtes mehr thun / als daß er in höchster eile nach dem König Hanon iemanden abschickete /ihme dieses zu berichten / und bei ihme üm entsatz anzusuchen.

Dieser abgefärtigter bote bliebe über die zeit aus /und sahe Hadoran nicht einen von den Ammoniten ankommen. Seine ausgeschickte kundschafter aber /brachten ihm von Rabbath Moab die zeitung / daß niemand / als die Königin von Saba / und die Prinzessin von Cus / entfüret worden / und daß nunmehr daselbst alles wieder still wäre. Wie nun endlich der siebende tag erschienen / und sich weder von Moabiten noch Ammoniten iemand einfunde: wagete es der verlassene Hadoran auf ein verzweifeltes glück / und ginge mit seinen Elamiten loß / üm Rabbath Moab zu überrumpeln. Als sie unfern der stadt gekommen /funden sie ein großes heer teutschen für dem thor /welche nach dem verübten raube sich dahin geleget /üm ferneres unheil zu verwehren. Hadoran / der entweder den tod oder den sieg suchete / setzete mit den seinigen frisch unter sie hinein / und fochte so dapfer /daß er einen durchgang machete / uñ glücklich in die stadt kame. Es wurde ferner ihm nicht saur / die [568] thore zu besetzen / weil kein mannsbild in der stadt vorhanden war. Er ließe das frauenzimmer / welche nur wolten / unbeschädigt ausziehen / und thåte alsofort dem König von Ammon zu wissen / wie es ihm erginge: mit der bitte / nunmehr ihme eiligst volk zu schicken /damit er sich fäst setzen könte.

Dieser K \nig aber / welcher erfahren / daß Hadoran dem Prinzen und der Prinzessin seinen kindern davon geholfen hatte / fassete gegen ihm einen so bittern haß / daß er ihn ganz hülflos ließe / und ferner an ihn sich nicht kehren wolte. Der Statthalter in Moab /der Fürst Trebetes / so stäts beim König Marsius in Basan war / hörete dieses unwesen in Moab nicht so bald / da kame er mit ein gewaltigen heer für Rabbath Moab: daher die großen in Moab / welche anfangs Hadorans seite gehalten / nun verschüchtert und verzagt wurden / und sich ferner für ihn nicht erklären wolten. Der verzweifelte Hadoran / der sich in dieser äusersten noht sahe / wolte sich dannoch halten / so lang er kunte / und sich nicht anderst als todt aus der stadt bringen lassen. Er färtigte aber eiligst einen nach Elam ab / seinen betrübten zustand alda kund zu machen. Bis daß nun dieser wieder kame / und die verhoffte hülfe für ihn erlangte / hielte Hadoran die belägerung aus / und machete mit seinen wenigen dem feinde viel zu schaffen.

Als aber sein abgeschickter aus Elam wiederkame /brachte er die post / wiedaß alles / was in Elam nur aufzubringen wäre / dem König Amraphel nach Ophir müste nachgesandt werden. Er brachte ihm auch / von diesem seinem liebsten herrn / ein handschreiben: worinn er bate / daß ihn Hadoran in diesem zustand [569] ja nicht lassen m \gte. Demnach überwand die wahre vernunft / und die freundschaft mit seinem König /seine verzweifelte liebe: also daß er sich derselbigen aufzuopfern verschobe / bis daß er hierzu in Ophir die gelegenheit überkäme. Also verließe er Rabbath-Moab in einer nacht / sich durch den feind hindurch schlagend: da er dann / auch in diesem seinem verlust / den sieg davon brachte. Weil die Prinzessin von Ammon / ehe noch alles dieses sich begeben / schon wieder von uns und nach Babel verreiset war / als konte ich nicht mehr / wie vorhin / durch sie / von dorten etwas erfahren. Daher schwebete ich immer in der süssen hofnung / mein Hadoran würde mir bald die Moabitische kron bringen: bis endlich der ruff überall erscholle / daß Rabbath-Moab von einem künen Elamiten wåre eingenommen gewesen / aber wieder verlassen worden. Diesen Elamiten / den ich allein kennete / beklagte ich auch allein in meinem herzen / und gabe nun meine hoffnung ganz auf /meine ehrsucht und liebe iemals vergnügt zu sehen. Also verbrachte ich nachmals meine zeit in betrübnis / in welcher auch der bekümmerte Hadoran nichtes begieriger als den tod gesuchet: der aber vor ihm geflohen / weil der himmel es so bestimmet hatte / daß /durch den tod meines bruders / Elam den Hadoran zum König überkommen solte.

Die sch \ne K \nigin von Ninive wird zweifelsfrei sich noch wol erinnern / wie der arme Amraphel vor Nissa in der blutigen schlacht tödlich verwundet / und von dem Hadoran in eine klippe gebracht worden. In selbiger h \le ernennte Amraphel / für seinem ende /diesen Hadoran zu seinem nachfolger am reich /[570] indem er ihme / mich als seine schwester zu ehlichen /anbefohle. Und damit ich dieses seines lezten willens üm so viel gewißer unterrichtet werden mögte /schriebe er mit seinem eigenen blut / auf ein abgerissenes stück von seiner feldbinde / diese worte:


Ich / der sterbende Amraphel König von Elam / überlasse mein reich meiner schwester / der Königin Lantine / und ernenne ihr zum gemal / meinen feldherrn den edlen Hadoran.


Dieses überreichte er / neben seinem siegelring / dem Hadoran: der zwar damals / für wehmut / an seine glückseligkeit / die er so teuer kaufen muste / nicht gedenken kunte. Also starb der unglückliche König /in den armen dieses seines freundes: welcher / sobald es sich wolte thun lassen / aus Elam zu uns hieher nach Damasco kame / als ich bereits / von dem alten Mildor / meinen veränderten zustand / und wie die Elamiten mich zu ihrer Königin begehrten / erfahren hatte.

Ich kan nicht sagen / wie seltsam mir zu muht wurde / als man mir den Hadoran anmeldete. Dann /weil ich noch nicht wuste / was er für einen befehl an mich von dem K \nige meinen bruder brächte / stunde ich an / wie ich mich gegen ihm bezeigen solte. Sein lezter abschied zu Tyro hatte gelautet / daß er mich nicht / als mit einer kron auf dem haubte / wieder sehen wolte: daher ich sein künes anmelden übel aufname / es für eine verwegenheit achtend / daß er sich meiner so gar versichert hielte / welches ich doch wolte / daß es blos von mir herkommen solte. Wie ich ihn nun für mich kommen lassen / ersahe er mich nicht sobald [571] / da fiele er mir zu fuß / und wurde von seinen tränen verhintert / mir zu der Elamitischen krone glück zu wünschen. Ich meines teils konte ihn auch nicht ansehen / ohne an den verlust des edlen Amraphel mit unmut zu gedenken.

Als ich ihn endlich aufgehoben / redete ich ihn erstlich an / mit den worten: wiedaß ich nicht vermeinet hätte / ihn anderst / als / nach seinem versprechen /mit einem gekr \nten haubt / wieder für mich kommen zu sehen. Der himmel sei mein zeuge / (gabe er mir zur antwort /) daß ich lieber der unvergleichlichen Lantine meinen tod ankündigen lassen / als den befehl meines allerliebsten Königs ihr überbringen hätte wollen: massen nicht dessen tod / sondern meine eigene faust / mir meine glückseeligkeit billig zu wege bringen sollen. Ich poche aber nicht / ungeacht ich meinem herrn gehorsame / auf dessen lezten willen /sondern erwarte blos den ausspruch von der gütigkeit meiner Königin / ob ich sterben sol / üm daß ich ohne die versprochene krone für E. Maj. augen erschine? oder ob ich hoffen soll / es werde / die wahl der schwester des großen Amraphel / dem begehren ihres bruders sich gleichförmig erzeigen? Hiemit ließe er sich auf ein knie nieder / und überreichte mir solcher gestalt die mit blut beschriebene binde meines bruders.

Ich vermochte lang nicht die worte zu lesen / die darinn geschrieben stunden: weil meine augen ganz erblindet waren / so eine betrübte farbe zu sehen / die mir doch etwas so vergnügliches befehlen solte. Wie ich aber endlich die worte zusammengebracht / und den innhalt eingenommen / schauete ich den noch für mir kniehenden Hadoran an / zu ihm sagend: [572] Meines bruders lezter befehl ist bei mir so gültig / daß ich deme nachkommen wolte / wann er schon meiner eigenen neigung nicht so gleichförmig wäre. Diese worte / die den Hadoran völlig vergnüget / bewegten ihn dahin / daß er / sonder aufzustehen / meine kniehe ümsinge / und dieselben kůssete. Wir wechselten hierauf die versicherungen beståndiger liebe / und befande er nicht für nützlich / daß ich eher mich \ffentlich für ihn erklären solte / bis ich in mein reich gekommen wäre: weil die großen in Elam / wann sie sein glück für der zeit erfahren solten / gefärliche anschlåge wider uns fassen möchten. Solchem seinem raht zu folge / haben wir uns bisher gehütet / daß niemand dieser liebe innen geworden.

Demnach kan meine geliebte base nun errahten /wie ich so gar nicht fähig bin / des Prinzen von Assyrien liebe anzunemen. Zu dem ich auch vermute / daß dieser Prinz wenig an mich gedenke. Die strenge /womit die Königin meine frau mutter gegen dem armen Tiribaces verfahren / benimmet mir den lust /hierinn mich ihr für der zeit zu offenbaren. Es könte aber / die unm \glichkeit dieser zuvermeinten heurat /der Königin dadurch fürgestellet werden / wann man die schulde nicht auf mich / sondern allein auf den Prinzen schiebet / daß ich von ferneren verfolgungen frei verbleibe: und wird der Prinz sich auch wol wissen hieraus zu wickeln.


* * *


Es müste mir leid seyn / (sagte die K \nigin von Ninive) wann ich einige ursach darzu gäbe / daß diese liebe / die zum überfluß des Königs von Elam lezten befehl für sich hat / rückgängig würde. Und [573] wiewol mein eigen bästes mich ein anders wünschen machet /so will ich iedoch / wie ich bereits versprochen / der Königin von Elam nach allem vermögen dienen / hoffende / daß diese meiner base gegen mir erwiesene verträuligkeit ihr nicht schädlich / sondern vielmehr beförderlich seyn solle. Hiemit / weil sie sahen / daß die Königin von Tyro aufstunde / üm den Prinzen Tiribaces zu verlassen / begaben sie sich auch zu ihm für das bette / dessen tiefe traurigkeit ihn wenig reden ließe. Sie sprachen ihm beide tröstlich zu / und baten ihn / doch in der stille / daß er seiner gesundheit wol pflegen solte / damit er der hofnung / seine Orosmada wieder zu sehen / desto eher wieder fähig werden möchte: mit dem erbieten / daß sie ihm bei der Königin von Tyro / und sonsten / alle ersiñliche dienste leisten wolten. Diese zusprache / ward von ihme mit vielen seufzern beantwortet.

Wie nun die Königinnen abschied geno en / und wieder von ihm gegangen / fanden sie in der Königin von Tyro palast / neben den anderen Prinzessinnen /die Ahalibama mit ihrer basen / der angenemen Mehetabeel / die von den Königinnen aufs freundlichste entfangen wurde: und wuste diese Fürstin / bei so großer gesellschaft / ob sie gleich deren auf dem gebirge Seir nit gewonet gewesen / sich so wol anzustellẽ /daß iederman mit ihr muste zu frieden seyn. Indem trate unvermutlich der Fürst von Edom in das gemach / den die Mehetabeel ersehend / ganz erblassete / uñ hinter die Ahalibama sich verbarge. Er zwar / der wol wuste / daß in ihr diesen widerwillẽ der tod ihres bruders / des Ebals / verursachete / wäre gern ihr aus den augen geblieben / wann er ihr da-seyn vorher gewust[574] hätte. Er sonderte sich aber so weit von ihr ab / als er konte / und begabe sich in ein gespräche mit dem Hadoran: wiewol seine sinne und augen stäts nach der Ahalibama gerichtet blieben. Weil aber die Königinnen mit dem Prinzen Baleus und Statthalter von Syrien raht halten wolten / als giengen die andern nach und nach hinweg: da die Mehetabeel mit der Statthalterin Tharasile / als welche sie auf dem gebirge Seir wol gekant / nach deren palast fuhre / und die übrigen bei der Indaride verblieben.

Ahalibama verfügte sich ganz allein nach ihrem palast / üm alda der unterredung des gottseligen Philisters abzuwarten / der sie im rechten glauben zu unterweisen angefangen hatte. Sie funde aber / an stat seiner / die Astale ihrer daselbst warten: die ihr ein verschlossenes kästlein überreichete / welches / wie sie sagte / in ihrer abwesenheit der Fürst von Edom /sie damit zu beschenken / dahin gesendet / und ihr dabei sagen lassen: Sie solte hieraus verspüren / daß alle feindschaft aufgehoben wäre. Warum hast du solches angenommen? (sagte die hiermit verunwilligte Ahalibama /) wäre ich hier gewesen / es solte wol nicht geschehen seyn. Ich kunte ja anderst nicht thun /(antwortete Astale) weil mir unbewust war / ob nicht dieser Fürst mit meiner Prinzessin hiervon geredet hätte / wie fast aus den anbringen seines dieners abzunemen ware.

Hiemir eröffnete sie das kästlein: da der glanz der darinn ligenden kleinoder sie zu blenden begunte. Das erste so sie heraus name / war von zweien buchstaben ineinander gefüget / und mit den herrlichsten rubinen besetzet / und befande sie / daß ein A und E [575] seyn solte / weswegen Astale sagte: diese buchstaben /werden ohne zweifel / meiner Prinzessin und des Esau namen / bedeuten. Wie Ahalibama das folgend besichtiget / fande sie es an schönheit dem ersten weit überlegen: dann dieses war ein Onichstein / darinn ein weibsbild erhoben geschnitten war / die sehr angenem aussahe / und stunden diese worte ümher: Ada / tochter des Elon / Fürstens der Hethiter. Dieses bild ümgabe ein lorbeerkranz / dessen iedes blat aus einem Smaragd geschnitten war. Das dritte kleinod ware dem vorigen ganz gleich / und stellte einen jüngling vor; üm den rand stunden diese worte: Esau / Fürst der Hebreer aus Chaldea. Ferner zeigeten sich ihr immer statlichere stücke von güldenen ohr- und arm-spangen / mit diamanten und andern edelsteinen /auch mit überaus köstliche perlen / besetzet.

Solches alles aber kunte die beleidigte Ahalibama nicht bewegen / dieses geschenke von dem Esau anzunemen: dessen liebe zu ihr sie nun anfinge zu merken / und daher noch unwilliger auf ihn wurde / also daß sie mit gewalt sich zwunge / ihn zu hassen. Demnach entschlosse sie sich / dieses alles dem Fürsten wieder zu schicken / mit vermelden: daß er sie damit verschonen / und hinfüro anderst / als er bisher gethan /sich gegen ihr erweisen möchte. Als Mehetabeel eben dazu kame / holfe sie der Ahalibama dapfer zureden /daß sie dem Esau keine gunst erzeigen solte. Weil sie erfuhre / daß dieser Fürst neben den andern herren auf ein jagen geritten / und erst den andern morgen wiederkommen würde / als versparete sie es bis folgenden tag: da sie einen zwerg / der bei der Fürstin Timna war / und eben / einen von ihren leuten zu besuchen / [576] sich in ihrem palast befunden / dazu wehlete / diese kleinoder dem Esau wol verwahret und verschloßen wieder zu bringen / weil sie in bedenken zoge / einen von ihren eigenen dienern / üm nachrede zu verhüten / dahin zu schicken. Dieser zwerg säumete sich nun nicht / was ihme befohlen / werkstellig zu machen / und traffe den Esau an in seinem palast / in gesellschaft seines sohnes. Weil aber der Eliphas für etlichen tagen diesen zwerg geschlagen / und üm ein gewißes verbrechen gestraffet hatte / als scheuete er sich für ihm / und gabe dem Saleph / des Esau bedientem / das kästlein: mit vermelden / daß die Fürstin von Seir dieses dem Fürsten von Edom wieder schickete / zugleich der worte / die Ahalibama ihme sagen laßen / nicht vergessend.

Nachdem er also dem Saleph sein gewerbe aufgetragen / liefe er seines wegs wieder fort / uñ brachte dieser das kästlein dem Fürsten von Edom und dem Fürsten von Theman in das gemach: mit vermelden /daß der Fürstin Timna ihr zwerg dieses Lädlein gebracht / und dem Esau ansagen ließe / daß er in künftig mit dergleichen sie verschonen / und sich anderst gegen ihr erweisen wolte. Eliphas erblassete hierauf gleich einem todten / und Esau / indem er das kästlein zu sich name / sagte wider den Eliphas: was sol ich hiervon gedenken? sind das die früchte einer gehorsamen tochter? und erweiset sie hiedurch / daß sie mich ehre / und dich liebe? Ob ich wol (antwortete Eliphas /) dieses unverantwortliche beginnen nicht begreifen kan / so wolte ich doch wol gut dafür sagen / daß Timna meinẽ herr vattern allerdings ehre und mich liebe. Ich wolte dich / mein sohn / (finge Esau über eine weile [577] an /) nicht eifersüchtig machen / wann ich dessen nicht so große ursach hätte. Nimmest du dann nicht war / wie frei sie mit dem teutschen Fürsten dem Cimber ümgehet? wie sie ihn in ihrem hause bewirtet / und stäts mit ihme von und nach hofe färet? Ich preise zwar dieses Fürsten tugenden über alles / vermute auch von ihme nichts böses: wer wil uns aber bürgen setzen / daß Timna nicht gleichfalls diesen Prinzen /wegen seiner wackern gestalt / als wir wegen seiner geschicklichkeiten / verehre und liebe?

Der beunruhigte Eliphas wuste nicht / was er hierauf sagen solte. Seine Timna wolte er gern vertheidigen / gegen seinem vatter; kunte sie aber / in seinem eigenen herzen / nicht für unschuldig halten; allermeist da er vername / wie sein vatter auch schon das jenige wargenommen / was ihn selber schon oftmals hatte unruhig gemacht. Doch bate er den Esau / er möchte sich gedulten / und seinen Zorn aufhalten / bis man bässer auf die warheit kommen würde: massen er gleich zu ihr hingehen / und sich erkundigen wolte /wie es mit den wiedergeschickten kleinodern bewandt wäre. Es stehet dir frei / (sagte Esau /) hierinn zu thun / was dir gefållet: ich aber werde sie nicht mehr besuchen / welches ich diesen nachmittag zu thun / ihr hatte ansagen lassen / weil ich / an stat der antwort /solche ungereimte dinge von ihr vernemen müssen. Als Esau dieses gesagt / ließe er sein pferd färtig machen / üm nach hof zu reiten.

Aber der bekümmerte Eliphas begabe sich / voll sorgen und eiversucht / in seiner Timna palast / und nicht wissend / wie er gegen ihr verfahren solte /ginge er nach ihrem zimmer: welches er wider gewonheit [578] verschlossen fande. Er klopfte etliche mal an / bekame aber keine antwort. Demnach gienge er hinab /und fragte die dienere / ob ihre fürstin nicht inheimig wäre. Als nun diese mit ja geantwortet / stiege er wieder hinauf: und kunte er so stark nicht anklopfen / als ihme sein herz inwendig klopfete. Es bliebe aber /nach wie vor / alles stille. Uber eine weile traffe er eine Dirne an / die für ihm über gehen wolte / welche er fragte / was die fürstin Timna mache? die ihme zur antwort gabe: sie håtte sich verschlossen. Mit wem dann? fragte er ganz beängstigt. Mit dem teutschen Fürsten / dem Cimber / (antwortete sie /) der vor ungefår einem monat alhier bei uns seine wonung gehabt. Darf dann iezt niemand zu ihr gehen? fragte er ferners. Kein mensch! (widerholete die dirne /) dann sie mir befohlen / iederman den zugang zu verwehren / und niemanden bei ihr anzumelden / er sei auch wer er wolle.

Nach diesem bericht ginge die dirne ihres wegs /und ware dem Eliphas nicht anderst zu muht / als hätte man ihm sein herz durchstossen. Wie? (sagte er bei sich selber /) teuschen mich also die beide personen / die ich auf der welt zum meisten geliebet? Ach Timna! ach Cimber! wo bleibt eure ehre? wo bleibt eure tugend? Hiemit / als er fortfahren wolte / so unschlüssig sich zu beklagen / öffnete sich der Timna kammerthür / und trate der Cimber heraus: welcher /seinen alten freund und bekandten alda ersehend / mit einem freien wesen auf ihn zueilete / und ihn umarmete. Wegen mänge der vielen frömden in Damasco /hatte dieser Prinz bisher noch nicht gelegenheit gehabt / den Fürsten von Theman allein zusprechen: demnach [579] erfreute er sich sehr / daß er nun dazu gelanget war. Er verwunderte sich aber nicht wenig / als er den Eliphas so kaltsinnig funde: der alle seine liebkosungen / die er ihme anthate / mit verdrus und widerwillen anname. Hierdurch wurde Cimber endlich bewogen / seine vergnügung in eine begierige nachforschung nach dieser kaltsinnigkeit zu verwandeln. Wie / liebster Eliphas! (redte er ihn an /) kennest du deinen alten Cimber nicht mehr? Ist Damasco nicht sowol /als ehmals Salem / eine herberge wahrer freunde? Nein / Cimber! (antwortete Eliphas ganz ungestum /sich damit nochmals aus seinen armen los reißend) ich habe dich nie gekant / und nun erst kennen gelernet. Und wäre es m \glich / daß dein oder mein blut ersetzen könte / was mir geschehen: ich wolte gleich rache von dir fordern. Nun aber ist mein zustand also bewandt / daß ich dieselbe aufschieben muß: doch werde ich deren nie vergessen / so lang in mir ein odem ist. Als er diß gesagt / ginge er davon / und ließe den Cimber in solcher bestürzung stehen / daß der nicht wuste / was er gedenken solte / weil er ihm keines dinges bewust war / womit er diesen seinen freund iemals beleidigt hätte. Demnach bliebe sein gewissen so ruhig hierob / als unruhig sein gemüte worden. Doch hatte die bestürzung solcher massen ihn angefässelt / daß er dem Eliphas nicht nachfolgen kunte.

Tubal fande ihn / in solcher verwunderung / unbeweglich gleich einer seule stehen: der ihn auch zu unterschiedlichen malen anreden muste / ehe er einige antwort bekame. Endlich vername er / nach vielen fragen / wie es dem Cimber mit dem Eliphas ergangen[580] wäre. Aus diesen worten / die der Eliphas fürgebracht / (sagte Tubal /) weiß ich nichtes zu machen: es müsten dann falsche einbildungen seyn / die wol würdig /daß man sich deren bässer erkundige; und wil ich alsofort zu ihm gehen / üm aus ihm zu bringen / was ihm fehlet. Das verrichte bald / mein freund! (antwortete Cimber /) und laße mich nicht lang in dieser unruhe: massen mir nichtes in der welt so frömd / als dieses / fürkommen können. Hiemit eilete der Tubal aus dem hause / den Eliphas zu suchen: mittlerweile der Cimber sich in sein gemach verschlosse / üm nach Basan etliche befehle zu erteilen.

Die Timna aber / die an nichtes weniger / als an das / so ihr fürstunde / gedacht / ware beschäftigt /ihren sch \nen gast / den der Prinz Cimber ihr heimlich zugefüret / aufs bäste zu bewirten. Und inzwischen diese frömde Prinzessin / die sich / nach des Cimbers bericht / Hercinde nennte / der ihr höchstnötigen ruhe genoße / begabe sich Timna / als sie vergebens auf des Esau ankunft gewartet / gegen den abend / nach dem Ninivitischen hof zu ihrer K \nigin: da sie unterwegs mit höchster verwunderung denen dingen nachdachte / so ihr der Cimber erzehlet hatte. Und weil sie / dieselben für aller welt / auch für ihrer liebsten Königin geheim zuhalten / ihme zuschwören müßen / als befande sie hierdurch sich nicht wenig beunruhigt: dann sie es ihrer treue / die sie der schönen K \nigin von Ninive gelobet / zuwider erachtete /dergleichen zu wissen / und zu dienlicher nachricht nicht von sich zu sagen.

Sie fande aber / oben auf dem dach des Königlichen schloßes die sch \ne Delbois mit dem Prinzen /Baleus in einem ämsigen gespräche begriffen / und[581] vername / als sie sich zu den andern gesellet / von der Prinzessin Ammonide / daß die Fürstin Mehetabeel in Damasco wäre: welches sie noch nicht gewust hatte /weil sie in etlichen tagen nicht nach hof gekommen war. Weil nun der wolstand erforderte / diese ihre base anzusprechen / ob sie gleich so gar große freundinnen in Seir nicht gewesen waren / und als sie von dem dache des palastes hinab schauend / diese Fürstin neben der Ahalibama im garten spaziren sahe: ginge sie zu dem ende hinunter / von der Aramena begleitet. Sie wurde / als sie in den garten gekommen / nicht sobald von der Ahalibama und Mehetabeel ersehen / da wandte die erste sich üm / willens aus den garten zu eilen / üm ihrer gesellschaft zu entfliehen: massen sie / nach dem tage / da sie die Timna / ihrer meinung nach / in so schändlichem thun angetroffen / alle liebe und hochachtung für sie verloren hatte.

Timna / die da vermeinte / Ahalibama hätte sie nicht gesehen / rieffe ihr mit namen / daß sie ihrer warten solte. Aber Ahalibama stellte sich / als ob sie es nicht h \rete / und die Mehetabeel / welche hiezu mehr als willig war / anfrischend / ihre schritte zu verdoppeln / kamen sie aus den garten hinweg / ehe Timna und Aramena sie einholen konten. Wie nun diese / solches also aufnemend / als wann es mit fleiß auf der Mehetabeel anstiftung geschehen wäre / ihren spazirgang fortsetzeten / und von dem haß der Mehetabeel gegen der Aramena spracheten / begegnete ihnen der Esau: weswegen Timna still stunde / und sonderbares verlangen zeigete / ihn zu sprechen. Er aber ginge ganz kaltsinnig für ihr über / als wann er sie nicht kennete: das ihr dann üm so viel verwundersamer fürkame / [582] weil er auch seine versprochene besuchung bei ihr nicht abgelegt hatte. Ihre schwermütigkeit / die sie über das bei sich fülete / wurde hierdurch bei ihr so sehr vermehret / daß sie wieder nach hause verlangete: da sie dann / durch die Aramena /sowol bei der schönen Königin sich entschüldigen /als der Ahalibama ihre bezeugte kaltsinnigkeit verweisen ließe.

Das erste / so sie innkommend verrichtete / ware /daß sie ihren gast die sch \ne Prinzessin Hercinde ansprache: welche sie in zimlich gutem zustand fande /weil es sich mit ihr / nach genossener ruhe / merklich gebässert hatte. Timna konte nicht gnug ihre schönheit bewundern / mit deren sie / auser der Königin von Ninive / wenigen wiche / und bei ihrem kriegerischen und heroischen wesen eine solche holdseeligkeit erscheinen ließe / daß es fast eine unmüglichkeit war / sie zu sehen / und nicht alsofort zu lieben. Als sie ihr eine ruhige nacht gewünschet / begabe sie sich zu bette / ihres liebsten Eliphas ankunft zu erwarten: welchen einzulassen / ihre vertraute dirne / Ajade genant / die halbe nacht vergeblich wachend / zubrachte. Die sorgfältige Timna wuste nicht auszudenken / was die ursach dieses ausenbleibens immermehr seyn mögte. Kaum aber finge es wieder an zu tagen / da brachte ihr die Aiade ein schreiben aufs bette: welches die Timna mit zittrenden händen eröffnete / und ihres Eliphas schrift erkennend / folgendes daraus lase.

Schreiben des Eliphas an die Timna.

Ich bereue nicht so sehr / leichtsinnige Timna! daß ich euch so lang geliebet / als es mich verdrießet / daß ich euer nicht ohne schmerzen werde [583] vergessen können. Versichert euch aber / daß ich mein m \glichstes thun will / euch gleicher massen aus meinem gedächtnis zu verbannen: gleichwie ihr eurer ehre / eurer gebür und meiner / auch alles dessen / was ihr eurem ehman schüldig seit / habt vergessen können. Ich scheide nun aufewig von euch. Immittels lebet wol / wofern euer böses gewissen diesen wunsch an euch kan erfüllen lassen: und versichert euch dessen / daß der unwehrte Eliphas euch nie wiederüm gelegenheit und ursach geben werde / mit eurem geliebten euch für ihm zu zu verschließen. Ich werde / ohn eifersucht / forthin geschehen lassen / daß ihr eurer lüste genießet / wie und wo ihr wollet. Gefällt es dem himmel / so sol mein verzweifeltes gemüte / weil ich in meiner wahl so unglücklich gewesen / euch bald von dem Eliphas gar erlösen: wiewol mein tod euch nicht die ehre wiederbringen wird / die ihr mir und euch genommen.


Eliphas Fürst von Theman.


Nachdem die arme Timna diese grausame zeilen kaum zu ende lesen können / verbliebe sie eine weile ganz unbeweglich / ehe ein thran oder wort herfür wolte. Aiade / die wol sahe / das ihrer Fürstin etwas sonderbares anligen müste / sprache ihr etliche mal zu: konte aber keine antwort erhalten. Endlich / als aus einem tiefen traum erwecket / fuhre sie im bette auf / den namen ihres Eliphas zum öftern nennende. Der Fürst von Theman / (finge Ajade hierauf an sie zu berichten /) hat seinen waffenträger mit dem überbrachten briefe hergeschicket: wollen sie denselben sprechen / [584] gnädige Fürstin! und ihn üm ihren ehegemal befragen / so will ich ihn also fort herauf holẽ. Daß er eiligst komme! antwortete Timna / und name damit das täfelein wieder zur hand / es nochmals durchlesend: da dann die bestürzung wiche / und dem schmerzen mehrern raum ließe. Also konte diese unglückselige Fürstin / als der waffenträger zu ihr kame / für wehmut kaum ein wort fürbringen. Sie schauete aber denselben so begierig als betrübt an / und wie sie sahe / daß er weinete / schrye sie überlaut: O weh! mein Eliphas ist nicht mehr vorhanden! Er ist bereits hinweg / (gabe dieser zur antwort) und habe ich befehl / ohn erwartung einer antwort / ihme zu folgen.

Hiemit brachen bei dieser betrübten Fürstin die tränen aus / daß sie in langer zeit kein wort reden kunte. Als sie endlich sich etwas gestillet / begehrte sie von dem waffenträger / ihr zu erzehlen / was er wüste. Mir ist hiervon (gehorsamte er) anders nichts bekant / als daß mein her gestern / wie er hier im palast gewesen /ganz aus sich selber wieder heimgekommen / und also sich aufs bette werfend / keinen menschen üm sich sehen noch leiden wollen. Solchermassen brachte er die zeit hin / bis an den abend: da ich endlich erkünete / ihn üm die ursach dieser ungewönlichen traurigkeit zu fragen. Er aber / an stat mir auf meine frage zu antworten / befohle mir / ihme ein täfelein zum schreiben zu bringen. Als ich solches verrichtet / laurete ich heimlich auf sein thun / und name war / daß er über zehenmal wieder ausleschete / was er geschrieben hatte / bei iedem wort mildiglich seine zehren vergießend. Endlich / wie er es verfårtigt uñ verschlossen /stellete er es mir zu / mit befehl / dieses schreiben [585] am morgen hieher zu bringen / und muste ich zugleich zur abreise anstalt machen: worauf meines herrn herr vatter / der Fürst von Edom / dazu kame / welcher lange gar eifrig mit ihm geredet. Meine begierde / von diesem frömden beginnen etwas zu wissen / machete mich so fürwitzig / daß ich aufhorchete / was sie mit einander spracheten. Ich kunte aber nicht eigentlich alle worte vernemen / nur hörete ich / daß sie eines zwergs etlichemal gedachten / wie auch / daß sich die Fürstin mit dem Prinzen Cimber heimlich verschlossen hätte / und iederman der zugang wäre verwehret worden.

Ach Gottt! (fiele ihm die Timna allhier in die rede) muß dann ein so liederlicher schein ein so großes unglück nach sich ziehen / sobald angenommen und gegläubet werden? Hiemit ließe sie wiederum ihren trånen den freien lauf / uñ als sie die grausame schrift nochmals überlesen / fragte sie den waffenträger: ob er dann bereits hinweg wäre? Wie nun der dienen berichtet / daß diesen morgen vor tags die abreise geschehen / und zwar nach dem gebirge Seir / dahin er ihm folgen solte: bliebe sie eine gute weile ganz sprachlos. Inzwischen alles bei ihr überlegend / was den Eliphas zu dieser grausamen eiversucht bewogen / die des Esau kaltsinnigkeit daneben verursachen können / befahle sie endlich / den zwerg für zu beruffen. Als dieser erschienen / erfuhre sie von ihme / wie die Ahalibama dem Fürsten von Edom ein kästlein geschicket / darinn kleinoder gewesen: wovon ihr gleich ahnete / daß damit ein misverstand müste fürgegangen sein. Weil auch der zwerg berichtete / daß er gestern den Eliphas mit einer von ihren dirnen / für[586] der Timna kammer / sprechen sehen / als wurde die auch aufgeholet: die gestunde nun in ihrer unschuld alles / was sie mit dem Fürsten von Theman geredet /und wie sie ihm den eingang verwehret hatte. Weil diese dirne von der heimlichen verheuratung ihrer Fürstin mit dem Eliphas nichtes gewust / als kunte Timna sie dieserwegen nicht straffen: zumal ihr befohlen worden / niemand einzulassen / mitlerweile der Cimber mit ihr reden würde.

Ach unglückseliges verbot! (hube sie hierauf an zu klagen / als sie bei ihrer getreuen Ajade / und dem waffentråger / der vom gebirge Seir bürtig / und dessen treue sie versichert ware / sich wieder allein sahe /) in was großen jammer stürzest du mich? und wie unschuldig komme ich hierzu? Kontest du aber / mein Eliphas (finge sie über eine weile wieder an) deine getreue Timna so bald in so schrecklichen verdacht ziehen / und alsofort des ärgsten von ihr dich überreden? Hiemit durchlase sie nochmals das schreiben / und fassete in ihrer betrübnis endlich den schluß / sich erstlich / durch hülfe der Königin von Ninive / bei dem Esau zu entschüldigen / als bei deme sie in gleichmäsigem bösen verdacht zu seyn / wol vermuten kunte; alsdann aber eiligst ihrem liebsten Fürsten zu folgen / und ihm ihre unschuld fürzustellen. So begierig sie aber zu diesem letzern war / so große hinternisen funden sich darwider: daher sie / ganz unschlüßig / den waffenträger gehen ließe / welcher / des Eliphas strengem befehl gemäs / nicht länger da verziel en dorfte. Sie wolte hierauf sich ankleiden: aber ihre onmächtigkeit war so groß / daß sie wider ihrem willen zu bette bleiben [587] muste / und diesen schrecken immer mehrers fulete / iemehr zeit sie gewonne / sich zu erholen.

Das geschrei von ihrer unpåßlichkeit / erscholle hierauf gleich durch das ganze haus: daher der Cimber / ihrenthalben sehr besorget / neben der Prinzessin Hercinde / als bei deren er eben sich befande / nach ihrem zustand fragen ließe. Timna / die dem Cimber alles ihr unglück / wiewol er daran unschüldig / beizumessen hatte / weigerte sich / ihn selber zu sprechen / und schickte die Ajade hin / ihre danksagung bei der frömden Prinzessin abzulegen / und sie daneben zu entschüldigen / daß sie durch ihre zugestossene schwachheit sich an ihrer schüldigkeit müste hintern lassen / die Prinzessin zu bedienen. Weil der Ajate augen von weinen roht waren / als vermutete die Hercinde nicht unbillig / daß es mit ihrer wirtin und woltäterin gar schlim stehen müste. Demnach erwiese sie ein sonderbares mitleiden / und beklagte / das ihre eigene unpäßlichkeit ihr verwehrete / die Fürstin gleich heimzusuchen: noch unwissend / daß sie /neben dem Cimber / solches meistenteils verursachet hatte.

Als aber der Cimber / den Statthalter von Syrien zu besuchen / im werk begriffen war / begegnete ihm unterwegs der Tubal; dessen langes ausenbleiben der Cimber nicht begreifen können. Als er ihn begierig gefraget / was es üm des Eliphas dunkkele reden für eine beschaffenheit hätte? erzehlte ihm Tubal / daß er davon noch eben so wenig als gestern wüste: massen er sich vergeblich bemühet / den Eliphas zu sprechen zu bekommen / weil ihme der eintritt von den bedienten wäre versaget worden. Als er aber wargenommen /daß man alles im hause zur abreise färtig [588] gemacht /und unter den dienern die rede gegangen / daß Eliphas bei nacht hinweg wolte: hätte er den schluß gefasset /auf seine abreise zu lauren / und alsdann ihme zu pferd nachzufolgen. Zu dem ende hätte er / nahe bei des Fürsten von Edom palast / darinn der Eliphas gelegen / seine pferde hinbringen lassen / nicht eher aber / als diesen morgen vor tags den Eliphas abreisen sehen: deswegen er ihme gleich zur stadt hinaus nachgefolget / in meinung / ihn zu erreichen. Ein sonderbarer zufall aber hätte ihn an seinem fürhaben gehintert / indem ihme / als er in einem holen gebirg-weg dem Eliphas nachgerennet / ein kaufmanswagen mit gütern / nach der stadt fahrend / begegnet / der zum unglück ümgeworfen worden: also daß er nicht eher fürter reiten können / bis man alle güter wieder aufgeladen. In solcher zeit sei ihme der Eliphas aus den augen gekommen / daß er nachgehends / so stark er auch gerennet / ihn weder finden noch einholen können. Endlich wäre er durch den Prinzen von Assyrien / der ihme begegnet / genötiget worden / mit ihm auf ein jagen zu reiten: da er dann vollends seine mühe /den Eliphas einzuholen / für vergebens angewendt erkennen müßen.

Der Fürst von Edom / (sagte Cimber hierauf /) wird vieleicht hierüm etwas wissen / und aus dem traum helfen können. Also name er ihm für / sobald er seine besuchung bei dem Prinzen Mamellus würde abgelegt haben / nach dem Fürsten von Edom zu gehen / und ihn hierüm zu befragen. In des Statthalters von Syrien palast / wurde er mit großer ehrbezeigung entfangen: massen der Prinz Mamellus den Cimber / nicht allein üm seiner person willen / sondern [589] auch wegen seines geschlechtes / hochhielte / und ihme / als einem teutschen / alle ersinnlichste höflichkeit erwiese. Wie dann / das Assyrische haus / diese dapfere völker / bei damaligem verwirrten wesen / auf alle weise zu freunden zu behalten / ihm angelegen seyn ließe. Es sagte aber der Statthalter diesem Prinzen gleich zur neuen zeitung / wie daß nicht allein der Prinz Abimelech von Gerar / auch die Fürsten Ardeus von Chesed und Barzes von Arvad mit Assyrischen und Ninivitischen völkern / ehist vor Damasco ankommen / sondern auch der König sein herr / ein absonderliches kriegsheer / unter fürung des feldherrn Belopares / mitschicken würde: daß er also die unruhe / so iezt Syrien drohete / durch diese kriegsmacht zu dämpfen / und alles in vorigen ruhigen stand wieder zu bringen / verhoffete.

Der Cimber erwiese hierüber seine freude / und kunte des Abimelech ankunft nicht sonder große bewegung vernemen. Wie er aber spürete / daß des Mamellus kriegsbediente ämsig ab- und zugingen / seine befehle wegen dieser ankommenden völker zu holen /name er daher ursach / seine besuchung zu verkürzen. Hierauf begabe er sich nach des Esau behausung: den er aber nicht innfunde / sondern erfuhre / daß er nach dem Ninivitischen hofe gegangen wåre. Indem er nun / dahin folgend / die freude seiner K \nigin über der ankunft des Abimelech ihm fürbildete / triebe ihm solches / wider seinen willen / die seufzer herfür: die er aber gleich wieder verdruckte / und auf sich selbst ungehalten wurde / daß er sich also übermeistern lassen.

Er ware aber kaum in der Königin von Ninive [590] palast eingetreten / da erschallete überall in den zimmern / unter den Niniviten / diese fröliche post / von der ankunft ihrer v \lker. Als nun Cimber die Königin / bei welcher der Esau stunde / gegrüst hatte / sagte sie zu ihme mit sonderbarer vergnügung: wie daß sein freund / der Prinz Abimelech / im anzug wäre / welches ihme zweifelsfrei eine so angeneme zeitung seyn würde / als es ihr und gegenwärtigem Fürsten von Edom gewesen. Weil E. Maj. bekant ist / (antwortete Cimber /) wie sehr wir einander lieben / als urteilen und vermuten sie nicht unbillig / daß eines so lieben freundes ankunft mich erfreuen werde. Es wird aber meine vergnügung hierüber verdoppelt / indem E. Maj. auch die ihrige deswegen blicken lassen: massen alles / was der schönen Königin von Ninive angenem ist / auch allen ihren treuen dienern / und also auch mir / mehr als lieb seyn muß. Diese worte / so herzlich sie auch gemeinet waren / wurden doch wider seinen willen von etlichen seufzern begleitet: die aber die Königin nicht in acht genommen. Selbige verfolgte hierauf ihr gespräche mit dem Esau / in des Cimbers gegenwart / und sagte: wie sie für gewiß hoffe /daß entweder der Belopares / oder Abimelech / von dem König ihrem herr vattern / dem Fürsten von Edom zu hülfe abgeschicket wäre. Hierbei versicherte sie ihn / daß von ihren eigenen völkern / die mit ankommen würden / so viele zu seinem diensten seyn solten / als er begehren würde / und als sie bei ietzigen umständen möglichst entrahten k \nte.

Der erfreute Fürst von Edom / sagte für so gütiges anerbieten der Königin demütigsten dank: dabei erwehnend / wie daß er nicht anderst vermute / als daß[591] der Prinz Abimelech würde von Babel aus befehligt seyn / mit ihme nach Seir zu gehen; massen die dem Belopares untergebene krieges-macht viel zu groß wäre / als daß er die zu seiner hülfe verordnet glauben könte. Ich wolte zwar wol nicht gern gestehen / (fuhre er lächlend fort / gegen der Königin /) daß ich des unvergleichlichen Prinzen von Gerar dapfere hülfe verlange: weil er dadurch auf ein zeitlang den ort wieder zu verlassen gezwungen würde / da seine ruhe und sein leben wonet. Allein ich sorge / E. Maj. werden mir es doch nicht zugläuben / das ich es anderst wůnsche / wann ich es gleich sagete. Ich bin / (antwortete die Königin / mit einer angenemen errötung) der abwesenheit des Abimelech / und seines gefärlichen lebens / darinn er wegen seiner kriegs-verrichtungen schwebet / schon so wol gewonet / daß ich dem Fürsten von Edom nicht misg \nne / in dieser seiner angelegenheit sich seines dapfern freundes zu bedienen: und wird Abimelech / wann er dessen von hof befehl hat / ganz willig einem freunde beistehen / da er einen andern freund / zu meiner beschützung / bei mir lässet. Dieses sagend / schauete sie den Cimber an: der das gute vertrauen / so hierdurch die K \nigin erwiese / mit schuldigster ehrerbietung erkennete /und sein blut und leben für sie aufzuopfern / mit solcher häftigkeit beteurete / daß die dabei herfürschimmrende gemütsbewegungen gnug zu tag leuchteten. Zwar hatte die Königin solches ihm nicht recht angemerket / und Esau ebenfalls keine heimliche liebe daraus geschlossen / weil der von ihme / und von der Timna / eine gar andere meinung gefasset / die ihn auch bewogen / mit dem Cimber kaltsinnig ümzugehen / [592] den er doch fürhin fast dem Abimelech gleich geliebet hatte.

Cimber merkete solches genugsam / gedachte auch / sobald er nur den Esau würde allein zu sprechen bekommen / ihn hierüm zu befragen. Unter anderen gesprächen / vermeldete Esau der Königin von Ninive /wiedaß sein sohn Eliphas nach Seir hinweg gezogen wäre: die hierüber ihre befrömdung merken ließe /und nach der ursache dieses schleunigen abreisens fragete / auch was wol die Timna hierzu sage? Vieleicht (antworete Esau / zugleich den Cimber mit großem unwillen ansehend) weiß dieser Prinz E. Maj. hievon mehr erläuterung / als ich / zugeben. Diese worte / so den Esau sowol / als den Cimber / die farbe verändern gemacht / begunten auch die Königin in neue vewunderung zu setzen.

Die wolte iezt eben üm erklärung dieser dunkelheit ansuchen / und der Cimber den Esau antworten / als unversehens der Fürst Hanoch von Midian / welchen der Esau nach Babel geschicket / und der Barzes Fürst von Arvad / der K \nigin von Ninive hofmeister / in das gemach traten / und durch diese ihre wiederkunft bei der Königin und dem Esau eine große begirde erweckten / ihre verichtungen zu Babel zu vernemen. Als demnach diese beide Fürsten ihre begrüßung bei der Königin abgeleget / ümfinge der Esau seinen freund den Hanoch / ihn zugleich fragend: was er gutes für ihn ausgerichtet? Alles / (antwortete Hanoch) was der Fürst von Edom verlangen können. Weil nun die K \nigin sich dessen / was den Esau anginge / mit teilhaftig machete / als ward von ihr diese frage wiederholet.

[593] Hierauf nun berichete der Fürst von Midian mit kurzen worten / welcher gestalt er zu Babel mit aller höflichkeit aufgenommen / und des Esau begehren für billig gehalten worden / auch der König von Assyrien zu dieser hulfe sich willig bezeiget. Nachgehends aber hätte der Prinz Bildat / des Statthalters von Syrien des Mamellus bruder / welcher viel am Babylonischen hofe gilt / allerhand hinterungen eingestreuet: also daß er / etliche wochen / vergeblich auf seine abfärtigung warten müßen. Als aber endlich der Fürst von Arvad / wegen der Königin von Ninive / nach Babel gekommen / und der Belochus verstanden / daß sie dem Esau hülfe versprochen / da sei auch gleich der schluß dahin gefallen: daß man dreißig tausend mann dem Esau zufüren solte / und zwar eben die jenige völker / die unter dem Prinzen Abimelech von Gerar im Bactrianischen kriege gedienet. Wie dann dieser Prinz alsofort nach Mesopotamien befehl bekommen /gemeldte völker nach dem gebirge Seir zu füren: welcher auch nächsten tags ankommen würde / massen er von ihme ab- und voran gereiset wäre / üm diese gute post so viel eher dem Esau zu hinterbringen.

Als hiermit der Hanoch schwiege / sagte Delbois zu dem Esau: mein vermuten und euer verlangen ist erfüllet / und erfreue ich mich mit euch / daß der schluß zu Babel für euch so gut gefallen. E. Maj. (antwortete er /) habe ichs allein zu danken / daß mir diese hülfe wiederfäret: und k \nte ich dafür mehr als ein leben zu dienste meiner Königin anbieten / wolte ich dadurch meine erkentlichkeit an den tag geben. Weil die Königin auch von dem Barzes gern wissen wolte / [594] was er ausgerichtet / und sowol Esau / mit dem Hanoch weiter sich zu besprechen / als der Barzes / seine verrichtung der Königin allein fürzutragen / verlangte: als sonderten sich Esau uñ Hanoch almåhlig von den andern ab / da dann der Cimber sich gleichfalls hintan begabe.

Barzes / nachdem er der Königin in ihr cabinet gefolget / thåte daselbst von seiner verrichtung folgenden bericht. Sobald ich / (sagte er /) mit E. Maj. befehl / nach Babel angekommen / vername man meine ankunft nicht so bald bei hof / da erwiese (wie man mich nachgehends berichtet / ich auch guten teils selber gesehen /) der König von Assyrien eine sonderbare freude / einen von E. Maj. bedienten zu sprechen: daher ich / als ich mich kaum anmelden lassẽ /alsobald zur verh \r aufgeholet wurde. Nach angehörtem gruß von E. Maj. fragete er ganz begierig / wie sie lebe? wie ihr Syrien gefiele? und ob seine schöne tochter (dieses waren seine eigentliche worte /) auch wol ein verlangen nach seiner überkunft erwiese? Ich beantwortete alle diese kleine fragen / wie es sich gebürte / kunte aber / mein gewerbe anzubringen / lang nicht zu wort kommen / weil dieses fragen immer wieder von neuem anginge. Es stunde auf seinem tisch ein gemälde von E. Maj. das er ohn unterlaß anschauete / und dabei mich fragte: ob E. Maj. sich nicht geändert? ob sie noch so verwundersam schön wären? Wie ich nun / als die warheit ist / meine gnädigste K \nigin diesem gemälde weit fürgezogen /sagte er bei sich selber / zugleich dieses bild unaufh \rlich betrachtend: Es ist warlich das rechte bild der Philominde!

[595] Endlich / nachdem er sich gleichsam erholet / und ein ander wesen angenommen / gönnete er mir / ihme fürzutragen: wiedaß E. Maj. weil sie die Prinzessin Ahalibama / und folgends auch andere Prinzessinnen /die aus Canaan zu uns geflüchtet / in ihren schutz aufgenommen / von dem König in Canaan mit einem krieg wäre bedrohet worden; und demnach in hofnung stünde / der König ihr herr vatter / als den es mit träffe / würde sie in dieser gefahr nicht verlassen. Keines wegs! (fiele er mir hier in die rede / ohne mein anbringen auszuh \ren /) und sol der / so die Königin von Ninive zu kränken gedenket / mit mir zu thun finden. Hiemit name er mir den brief aus der hand / den E. Maj. an ihn geschrieben / und solchen begierig öffnend / überlase er ihn zu unterschiedenen malen / also daß es schiene / er habe daran sich nicht satt lesen können. Damit endete sich meine erste aufwartung beim König: da er mir die versicherung thäte / mit aller macht E. Maj. beizustehen. Die folgende tage /als ich bei dem Prinzen Bildat / dem Baracheel / und den andern großen bei hof / meine besuchungen abgeleget / erfuhre ich endlich / daß der feldherr Belopares hatte befehl bekommen / mit vierzig tausend mann /so wol E. Maj. als Syrien wider den Beor zu schützen.

Wie ich nun den abend / als dieses beschlossen worden / bei hof erschiene / alwo der Hanoch sich eben auch befande: trate der König zu mir / und indem er mir das / was ich schon wuste / berichtete /gabe es gelegenheit / von dem Esau zu reden: da er nicht sobald vername / wie E. Maj. diesem Fürsten wolten völker zu hülfe schicken / da versprache er gleich dem Hanoch / daß er [596] E. Maj. zu liebe / den Prinzen von Gerar / als ohnedas des Esau großen freund / mit dreißig tausend mann nach Seir senden wolte. Dalimire / die eben zugegen war / begunte zu widersprechen / daß der Abimelech / als der erst aus dem Bactrianischen krieg zu haus gekommen / mit diesem heerzuge verschonet werden möchte. Aber ihre sonst-vielgültigkeit wolte dißmal nichts helfen / und ließe es der König bei dem verbleiben / was er einmal dißfalls beschlossen und versprochen hatte.

Wie ich nun diß alles bei mir wol erwägte / auch überdas eine zwar noch verborgene kaltsinnigkeit des Königs gegen die Dalimire vermerkte: konte ich nicht anderst gedenken / als daß nach dem beispiel des Königs aus Egypten / eine liebe in des Königs von Assyrien herzen gegen E. Maj. entbrennet seyn müste. Wie dann niemand bei hof / von der fürgewesenen heurat zwischen E. Maj. und den Assyrischen Prinzen / mehr eines worts gedachte: sondern man erwehnete dargegen der K \nigin von Elam / daß die den Prinzen haben solte. Ich drange darnächst stark auf meine abfärtigung / damit ich diese meine einbildung / welche ich für fäst gegründet achte / E. Maj. zur dienlichen nachricht üm so viel eher hinterbringen mögte. Ich erlangte endlich dieselbe / und kan ich nicht sagen / wie gut der K \nig sich beim abschied bezeiget / und wie häftige versicherungen einer mehr als väterlichen liebe gegen E. Maj. er mir aufgegeben. Er ließe mich in sein cabinet kommen / des fürhabens / an E. Maj. zu schreiben. Es wolte ihm aber kein brief fließen /massen er alle zeilen die er gesetzet / wieder [597] ausgeleschet / auch dadurch endlich bewogen wurde / davon abzulassen / und mir eine mündliche antwort an E. Maj. zu erteilen: die in ewiger versicherung seiner herzlichen liebe bestunden / und daß er mit dem ersten ankommen / auch sodann eigentlicher und umständlicher E. Maj. sein gemüt entdecken wolte / daß sie sehen solten / wie herzlich er sie liebete.

Hierauf nun reisete ich / mit dem Belopares und Hanoch / und mit dem kriegesheer / aus Babel hin weg: von dar ich nun hieher fürangekommen bin / und vermute / daß die völker / wie auch der Prinz von Gerar / den ich unterwegs angetroffen / mit dem ersten hier seyn werden.

Hiemit h \rete der Barzes auf zu reden / und ließe die Delbois so unruhig / daß die angst über dieser unvermuteten neuen sorge / ihr fast die macht bename /ein wort herfür zu bringen. Ihre liebe gegen ihrem herr vattern / und seine besorgliche unnatůrliche liebe gegen ihr / stunden einander so entgegen / daß / wann sie ihn auser dem namen eines vatters betrachtete / sie ein solches grausen für ihme in sich entfunde / daß sie aller ihrer kräften vonn \ten hatte / die kindliche ehrerbietung dabei zu erhalten. Es kame ihr auch des Barzes bericht so warscheinlich für / daß sie gar nicht mehr daran zweifelte / und daher nachgehends / wie sie ihren verwirrten zustand allein und bässer überlegte / denselben so schwer befunde / daß sie unschlüßig bliebe / wie sie hiebei sich verhalten solte. Ihres liebsten Prinzen nahe ankunft / war ihr einiger trost / mit dem sie dieses schwere werk zu überlegen gedachte. Aber die sorgliche angst ließe ihr nicht [598] zu / die ganze nacht ein auge zu zuthun: da ihr tausend dinge fürkamen / die sie / wäre es ohn ihre große beständigkeit gewesen / leicht hätten zweifelmütig machen können.

Des folgenden tags wurde durch die zeitung / daß der Prinz Abimelech ankäme / ihr gemüte ein wenig wieder beruhigt / also daß die freude in ihrem herzen heimlich waltete. Sie begabe sich hierauf nach der Königin von Tyro / alda der Prinz von Assyrien /neben allen großen von Damasco / sich bereits versamlet hatten / üm den Prinzen von Gerar zu entfangen. Cimber / Aramena und Ninias gaben gar genau acht auf der schönen Delbois ihr wesen: und verhinterte die freundschaft mit dem Abimelech den Cimber nicht / daß er über die verspürte freude der Königin nicht geseufzet hätte. Aramena und Ninias /ließen sich die unmüglichkeit auch nicht abhalten /sonder hofnung des Abimelech glück zu beeifern.

Auf befehl des Statthalters von Syrien wurde nun nichtes gesparet / diesen helden / neben dem Belopares / welcher mit ihm kame / herrlich zu entfangen. Wie sie nun in Damasco einritten / entfunden alle Syrer / die den Abimelech ansahen / eine verborgene hochachtung und liebe für ihn in ihren herzen: also daß sie / so ungern sie sonst die Assyrier ankommen h \reten / gleichwol diesem Prinzen tausend gutes wünscheten / dessen heldenmut und freudiges wesen in allem seinem thun dermassen herfür leuchtete / daß man ihn bewundern muste. Als er auf dem Königlichen platz abgestiegen / fürete ihn der Mamellus / der ihn alda bewilkommet / zu den Königinnen: da gleich[599] im ersten anblick / die augen der schönen Ninivitin und des verliebten Abimelech / sich zusammen funden / in so großer gesellschaft fast allein mit blicken zusammen redeten / und damit ihre freude / über dieser wiedersehung / einander zu verstehen gaben. Nach abgelegter begrüßung bei den dreien Königinnen /sahe er sich / von dem Assyrischen Prinzen / auch dem Esau und Cimber / zugleich ümarmet / die alle an diesem ihrem freunde teil haben wolten. Nachdem hierauf Belopares / seinen gruß von dem Assyrischen K \nig / bei den K \nigiñen / und sonderlich bei der von Ninive / abgeleget / wurde der Prinz Abimelech in seinem verordneten palast gefüret / und alda von seiner reise auszuruhen / allein verlassen.

[600]
Das Vierte Buch
Das Vierte Buch.

Sobald der Prinz Abimelech / von der menge derer /die ihn nach seinem palast begleitet / sich ledig gemacht / und allein seinen herzfreund den Cimber bei sich sahe: bezeugte er demselben seine freude / ihn wieder zu sprechen / durch tausend ümarmungen. Ihr gespräche handelte allein von der schönen Königin von Ninive: da der verliebte Abimelech wissen wolte / was seine Delbois / in seiner abwesenheit / täglich von ihme geredet / und wie alles in seiner liebe stünde. Prinz Cimber / so untüchtig er sich auch befande /seinen freund hierinn zu befriedigen / unterließe dannoch nicht / sich zu überwinden / und des Abimelech fragen also zu beantworten / daß derselbe damit kunte vergnügt seyn. Wie er nun ihme fast alles erzehlet /was sich zu Damasco begeben / auser was mit der Timna fürgegangen: beschloßen sie / die nacht beisammen zu bleiben. Es war aber das verlangen / folgenden tags die schöne Delbois zu sprechen / in dem Abimelech so håftig / daß es ihn nicht ruhen ließe: gleichwie auch dem Cimber widerfuhre.

Weil sie nun wenig schlieffen / und mehr zusammen wacheten / als vernamen sie üm mitternacht eine singende stimme / die durch ihre lieblichkeit sie zur[601] aufmerkung erweckte / und sie endlich triebe / vom bette aufzustehen / und sich dem fenster zu nähern. Sie sahen aus demselben in einen schönen garten /und ersahen bei dunklem mondschein zwo frauenpersonen / die bei einem springbrunn sich niedergesetzet: von denen die eine also annemlich ihre stimme h \ren ließe. Sie konten zwar alle worte des gesangs nicht eigentlich vernemen / iedoch aus derer etlichen soviel schließen / daß diese dame ja so betrübt seyn müste /als lieblich sonsten ihr gesang lautete: dann sie / zu ende eines ieden satzes / ihre tränende augen trocknete. Als sie nun diesem klag-gesang eine weile zugehöret / wuren sie gewar / daß diese beide frauenpersonen von ihrem ort aufstunden / und einander ümfasset haltend / dem fenster zu gingen / darinn der Abimelech und Cimber sich befunden. Weil sie daselbst an einem baum sich niederließen / als konten die Prinzen / bei stiller nacht / von oben herab alles vernemen /was diese beide unten spracheten.

Wehrte Fürstin! (sagte die / so gesungen hatte /) wie ist es müglich / ungeliebt zu lieben / und zu leben? Ich zwar thue beides: ich liebe sonder gegenliebe / und lebe; aber ach! sonder leben. Dann ist dieses wol ein leben zu nennen / das ich füre? Bisher / da mich noch eine geringe hofnung erhalten / bin ich von derselben geblendet worden / daß ich mich nicht vorgesehen noch gehütet / dem liebesgift zu widerstehen: das mich nun so gar übermeistert / daß ich nicht mein selbst mehr bin / unangesehen ich weiß / wie vergeblich ich liebe. Ach unbeschreibliche marter! das jenige nicht hassen können / was einem die ruhe nimmet; und das zu lieben / was einen quälet. Warum hat [602] [604]die natur meine mitbulerin für mir so vollkommen gebildet? ach! aufdaß sie mit recht mir den jenigen entzöge / den sie zwar zu besitzen würdiger als ich ist / den ich aber mit ja so häftiger liebe verehre / und vielleicht ihr hierinn vorgehe / weil ihr mich / liebste Fürstin! überreden wollet / daß sie ihn nicht wieder liebe. Aber was kan die schöne Delbois dafür / daß man sie liebet? Sol ich mich nicht vielmehr beklagen / daß dich der himmel so liebreitzend erschaffen / O mehr als vollkommener Cimber! und daß deine gestalt und tugend mich bezaubern müßen / dich mehr zu lieben /als du begehrest. Armseelige Prinzessin! was kan Cimber dazu / daß er der vollkommenste von der welt ist? was kan Delbois dafür / daß iederman sie lieben und anbeten muß? du / du allein bist ursach daran /daß du leidest. Warum gibst du nicht der wahren vernunft gehör / und betrachtest dich / an stat / daß du den Cimber betrachtest / und die Delbois beeiferst? Deine unwůrdigkeit ist so groß / daß Cimber nicht anderst kan / als dich verachten / und die schöne Ninivitin lieben. Jedes sucht seines gleichen. Der vollkommenste held / eignet ihme billig die vollkommenste schönheit zu; und muß die verlassene Jaelinde weichen / da sie mit recht nichtes zu fordern hat. Hiemit verwehrten die häusige seufzer / daß diese klage nicht volfüret wurde.

Cimber und Abimelech / blieben schier aus sich selber / als sie so was unvermutetes vernamen. Dann der erste hatte in dieser klage eine liebste / und der andere einen mitbuler bekommen; welches sie beiderseits gar unbequem dünkte. Der Cimber stunde nun an / wie er nach dieser offenbarung seinen freund anreden; [604] und Abimelech wuste ebenfalls nicht / was er zum Cimber sagen solte. Sie schwiegen aber beide /weil die beisitzerin der jenigen / die sie nun aus ihren reden für die Prinzessin Jaelinde von Salem halten kunten / mit begleitung tiefgeholter seufzere / also zu reden anhube: Ihr meinet wol / wehrte Prinzessin! daß ihr die unglückseeligste liebhaberin von der welt seit. Aber ach! welch ein großer unterschied ist doch zwischen euch und mir! da euer thun die unschuld begleitet / meine liebe aber straffbar ja lasterhaft ist / und mir vor mir selber einen abscheu verursachet. Ihr seit frei in eurer wahl: ich aber darf nicht mehr wehlen /weil mich die ehe gebunden / und muß doch wehlen. Ihr liebet / nicht sonder hofnung / da die Königin von Ninive eure liebe nur unschüldiger weise hintert / und alles mit der zeit für euch sich bässern kan: ich aber liebe / was mir nie werden wird; den / der mich verachtet / und mir künlich in die augen saget / daß er mir die Aramena vorziehe. Beklaget mich! beklaget mich / Prinzessin von Salem! und betrachtet meine marter: da ich ehre / tugend / ansehen / erbarkeit / und alles hintan setze / üm eines schönen Disons willen /der mich verlachet / und alle meine tränen in den wind schläget. Ach grausamer himmel! warum ist Dison so sch \n? warum ist meine liebe stärker in mir / als meine vernunft? und warum gebe ich mir die ruhe nicht wieder / die ich mir selbst entzogen?

Ich muß gestehen / (sagte Jaelinde /) daß eure qual der meinigen schier vorgehet. Aber liebste freundin! ihr könnet an eurer krankheit leichter geheilet werden / als ich an der meinigen. Weil euch die tugend [605] verwehret / den Dison zu lieben / so kan durch deren hülfe euer gemüt endlich wieder genesen. Meine liebe aber ist edel / und dannenhero kein widerstand in mir vorhanden: welches meine krankheit üm so viel unheilsamer machet. Aus den unmöglichen ümständen /die unsere liebe hintern / (antwortete die andere) kan man beurteilen die gr \ße unsers leidens. Uberwindet euch aber / schöne Prinzessin! und löset eure bande auf: daß ihr damit mir ein gutes fürspiel gebet / mich auch also zu besiegen. Ach! wie kan ich? sagte Jaelinde / mit vielem seufzen. Wie kan dann ich / (sagte die andere hinwieder /) die ich mehr leide als ihr? Was hoffet ihr aber / (fragte die erste /) von eurem Dison? Ach Prinzessin! (sagte die befragte ganz wehmütig) wie kan ich dieses beantworten / da ich es selber nicht weiß? Hiemit kam eine weibsperson zu ihnen / welche mit ihrer ankunft diese unterredung aufhube / und die beide ermanete / von dannen zu gehen: da sie dann mit ihnen sich davon machete. Abimelech und Cimber / aus ihrer geschöpften verwunderung nun wieder zu sich selber kommend / verließen das fenster / und fiengen beide zu gleich an zu reden: üm einander zu sagen / was jeder gehöret hatte.

Ach mein freund! (fragte der unruhige Abimelech) ist das auch wahr / was ich iezt vernommen? ist Cimber mein mitbuler worden? Ich schwöre bei dem himmel (gabe Cimber zur antwort /) ja bei dem grossen Gott / den wir verehren / daß / meines Abimelech rechtmäsige liebe zu befördern / ich eher das leben /als den willen verlieren werde; und wann du / liebster freund! iemals deinen Cimber / für deinen mitbuler [606] erkennen wirst / so ..... Mein Cimber! (fiele Abimelech ihm in die rede / und zugleich üm den hals /) beteure mir nicht so unnötig deine treue freundschaft / und entschüldige dir selber einen liebhaber / der allemal in seiner liebe sorget. Wozu dienten aber wol diese sorgen? (fragte Cimber / der sich kaum darbei des seufzens erwehren kunte /) da eben der mund / so mich verliebt genennt / darbei beteuret / daß ich nicht geliebet bin: was könte dir ein ungeliebter mitbuler schaden? Sehr viel / wertester Cimber! (antwortete Abimelech /) dann / wie könte ich vergnügt seyn / da ich dich müste unvergnügt wissen? deine vergnügung aber auf die maße dir zu g \nnen / wůrde ich doch mich auch viel zu schwach befinden.

Als nun Cimber seinen freund nochmals versichert / daß er ihm in seiner liebe keine hinternis bringen wolte: kamen sie auf die Prinzessin Jaelinde zu reden / deren liebe der Abimelech / nicht so sehr / als ihre eiversucht / bewunderte. Wie ist es dann hiemit bewandt? (fragte er den Cimber /) hat die angeneme Prinzessin von Salem dannoch ursach / über deine kaltsinnigkeit zu klagen / wañ gleich solche von meiner Königin nicht herrüret? Cimber befande sich über dieser frage sehr betreten / der vorhin noch nie der Jaelinde auf ihn geworfene liebe so deutlich gemerket hatte. Und weil er grosmütig war / auch die gutthaten / die er zu Salem genoßen / noch im gedächtnis truge: als hatten die klagreden dieser schönen Prinzessin ihme sein herz dermassen gerüret / daß / wann er die bande hätte ablegen können / die ihn so lange zeit gefåsselt hielten / er die angeneme Jaelinde nicht würde trostloß gelassen haben. Was sol ich sagen?[607] (antwortete er dem Abimelech /) so unwürdig ich mich dieser Prinzessin gewogenheit erkenne / so unmüglich finde ich es / daß mich der himmel für sie ausersehen habe. Entfindet diese gute Prinzessin sich gequält / daß sie sich ungeliebt achtet; so schmerzet es mich nicht weniger / daß ich mich muß geliebt wissen / ohne daß ich fähig bin / diese große gunst anzunemen.

So stehet dir dann / (fragte Abimelech /) eine andere geliebte im weg / dein herz der Prinzessin von Salem zu geben? Du wirst dich noch (antwortete Cimber /) der reden erinnern / die ich hiervon ehedessen mit dir gepflogen habe. Ich liebe freilich / kan aber dich nicht eher hierin zu meinem vertrauten machen /bis sich mein ietziger zustand ändert: und ist dieses das jenige / so mich zwinget / mein verhängnis noch zur zeit für meinem freund verborgen zu halten. Ach gleiche zwo schwestern! (hube hierauf Abimelech seufzend an zu reden /) die wir beide / wider unsern willen / müssen unglücklich machen! wie es dir mit der Jaelinde ergehet / so geht es mir mit der Cölidiane. Welche unruhe stehe ich nicht aus / wegen dieser edlen unvergleichlichen Prinzessin! die ich so unschüldig betriegen muß / und die ich häftiger liebe /als es oft meine liebe zu meiner Königin verantworten kan. Ja / himlische Delbois! verzeihe mir / daß ich dieses gestehe: das andenken der Cölidiane beunruhigt mich allein in der ruhe / die mir deine süße gegenliebe gönnet / also daß ich / mitten in meiner höchsten glückseeligkeit / seufzen muß / daß man mich zuviel liebet. Diese reden hörte Cimber mit großer vergnügung an / und hätte wünschen mögen / daß sein freund sich noch verliebter in die C \lidiane bekant hätte.

[608] Sie legten sich hierauf wieder zu ruhe / das übrige der nacht dem schlaffe zu widmen: der zwar bei dem Prinzen von Gerar sich eingestellet. Der Cimber aber schloße kein auge zu / weil ihme stäts die klage der Jaelinde in den ohren schallete / und zugleich der Delbois wunderglanz für augen stunde: der ihn wieder zurück zoge / wann sein herz der Jaelinde sich ergeben wolte. Er stunde bei sich selber an / wie er / nach dieser erkentnis / mit der Prinzessin von Salem ferner ümgehen solte. Er beunruhigte sich zugleich nicht weniger darob / daß / seine liebe zu der Königin von Ninive / dieser Prinzessin kund worden wäre: die er doch so heimlich gehalten / daß er solche / wann es seyn können / auch seinem eigenem herzen würde verheelet haben. Diese große anligen verursacheten / daß er und Abimelech den reden / welche der Jaelinde beisitzerin von dem Dison gefůret / nachzudenken vergassen: dann sie / weil ihnen hiervon nichtes kündig war / nur ihre eigene sachen betrachteten.

Als endlich der morgen angebrochen / triebe solcher den Abimelech bald aus den bette: weil sein verlangen übergroß war / seine Königin zu sprechen. Als er kaum neben dem Cimber angekleidet war / traten der fürst von Edom und der fürst von Midian zu ihm in die kammer. Esau hatte vorigen abends wegen des Cimbers / seinen freund zu besuchen / verschoben: nicht vermeinend / diesen so früh wieder bei ihm zu finden. Er verbarge aber den zu dem Cimber tragenden widerwillen / ümarmete den Prinzen von Gerar /und bezeugte seine freude über seiner ankunft. Unter andern gesprächen / sagte Abimelech zu ihme: Mein wunsch ist nun erfüllet / dem großen Edom in seiner[609] gerechten sache wider die Fürsten von Seir zu dienen / massen der König von Assyrien mir die ehre g \nnet / seine bestimte hülfvölker nach Seir zu füren. Ein überfluß würde es seyn / meinen eifer und begierde euch / liebster freund! anzubieten / und euch dessen zu versichern: weil Abimelechs herz dem Esau fürlängst bekant ist. Ich wil nur dieses sagen / daß nichtes glorwürdigers mir widerfahren können / als diese gelegenheit / nochmals an des dapfern Esau seite zu fechten / und ihme mit meinem blut zu erweisen / wie sehr ich sein ganz ergebener sei. Was konte / (antwortete Esau /) in diesem meinem zustande / mir glückseligers wiederfahren / als eben dieses / daß der dapfere Abimelech für mich streiten wil. Dessen liebste gegenwart mir aber noch lieber seyn solte / wann ich sie / ohne die schönste K \nigin von der welt damit zu betrüben / genießen könte. Mit was guter art / (gabe Abimelech zur antwort /) erinnert ihr mich doch meiner glückseligkeit / welche / weil sie mehr bestehet im geliebt- als gegenwärtig-seyn / durch diesen meinen feldzug nach Seir sich nicht vermindern kan: und werde ich diß par tage / bis die völker hernachkommen / bei meiner schönen Königin wol zu verwenden / mir angelegen seyn lassen.

Hiemit trate / auf veranlaßung des Esau / der Abimelech mit ihme in ein cabinet / alda sie von diesem feldzug sich unterredeten; inzwischen Cimber / so wol den Hanoch / als auch die beide Syrische Fürsten den Elhanan und Nahor / welche den Abimelech anzusprechen kamen / mit gesprächen unterhielte. Weil sie nun zusammen an einem fenster stunden / und in den garten hinein sahen / darinn vorige nacht die [610] Prinzessin Jaelinde gewesen war: name Cimber daher gelegenheit / bei dem Elhanan sich zu erkundigen / wem dieser garten geh \re? der ihm berichtete / wiedaß sowol der palast / darein man den Prinzen Abimelech eingewiesen / als die ümherligende / samt diesen garten / denen Syrischen Fürsten / dem Thare von Pildas / und dem Rames von Jedlaph zustünden / aber nunmehr verlassen lägen: weil diese Fürsten ausgewichen / und von dem K \nig von Babel sich abwendig machen lassen. Cimber gedachte hierbei in seinem herzen / daß dieser garte so gar öde und verlassen nicht wäre / massen er erst in vergangener nacht eine so schöne Prinzessin bewirtet.

Er wolte eben in ein ferners gespräche mit dem Elhanan sich einlassen / wegen der Syrischen unruhe /als man ihnen anmeldete / daß der Prinz von Assyrien käme / den Abimelech zu besuchen. Diese ankunft störete sowol diese / als des Abimelech unterredung /und eilete der Prinz der Philister / vom Esau / Cimber / Hanoch und den andern begleitet / dem Baleus entgegen / diese ehrbezeigung mit gegenhöflichkeit anzunemen. Gleichwie sie nun eine sonderbare freundschaft zusammen trugen / als schiene / ihre vergnügung einander zu sehen / aus allem ihrem thun herfür / und wuste Abimelech nicht / wie er den bruder seiner schönen Königin nur genug ehren solte: wie dann auch Baleus gegen dem Prinzen der Philister / wegen seiner ungemeinen geschicklichkeiten / nicht mindere hochachtung hegete und erwiese. Sie begaben sich aber / auf abgelegte höflichkeiten / ingesamt nach der Königin von Tyro palast / alwo kriegsraht solte gehalten werden. Sie funden daselbst die schöne Königin[611] von Ninive: welche die vergnügung / ihren Prinzen zu sehen / nicht sowol bergen kunte / daß man es nicht gespüret hätte. Cimber / der sich sonst an ihrem glanz ergetzet / muste wider seinen willen hierüber sich betrüben: doch überwande er sich gleich wieder / also /daß er seiner sinnen und gedanken herr verbliebe.

Weil er / als ein frömder / in diesen kriegs-raht nicht kunte mitgezogen werden / und deswegen wieder hinweg gehen wolte / name ihn Abimelech auf eine seite / und sagte heimlich zu ihm: weil mein verlangen so groß / als die notwendigkeit ist / meine Königin bald in geheim zu sprechen / als thue / wertester freund! mein anligen / mitlerweile ich hier im kriegs-raht seyn werde / der Aramena zu wissen / und bitte sie / ihre Königin dahin zu bereden / daß sie mit dem förderlichsten die fürstin Timna besuche / von der ich verneme / daß sie krank seyn sol. Daselbst werde ich unvermerkt das glück dieser ansprache genießen können: dann sonst ich von allen orten so in acht genommen werde / daß ich fürchte / meine abreise dörfte eher erfolgen müßen / ehe ich hierzu einmal gelangen können. Cimber / ohne zu antworten / winkete mit dem haubt / daß er des Abimelech befehl nachkommen wolte. Wie er dann gleich seinen abtritt name /und seinem grausamen verhångnis zu folge / das ihn alles wider seine liebe und für seine freundschaft thun machete / sich nach der Aramena begabe. Er fande dieselbe im vorsaal / unter andern hofjungfrauen / und sie seitwarts ziehend / entdeckte er ihr des Abimelech anligen und verlangen. Aramena / als sie den Cimber also für den Abimelech reden h \rte / wuste nicht /was sie davon gedenken solte: massen sie bisher / daß der Cimber mit ihr [612] an einer krankheit läge / vermeinet / auch hierinn gleiches glück mit ihm gemein hatte /daß sie beide ihren mitbulern bei der geliebten Delbois dienen musten. Sie versprache / sobald ihre Königin aus dem raht käme / ihr dieses anzumelden.

Cimber / weil er alle große gesellschaft / wegen unzufriedenheit seines gemütes / meidete / gienge von dar wieder nach der Timna wonung / und sagte bei sich selbst / im hingehen: wozu bin ich doch geboren / grausammer himmel! daß bei mir eine liebe die andere muß verderben / und daß ich selber mir entgegen bin / üm ein treuer freund zu bleiben? Welcher sterblicher hat vor mir wol solche marter ausgestanden? und womit habe ichs verdienet / daß / zu beförderung meiner qual / ich zugleich meinen freund und die liebste so häftig lieben muß? Ach Amorite! ach Jaelinde! habe ich mich etwan an euch versündigt / daß ich darüm so gequålet leben muß? Aber was kan ich dafür / daß mein verhängnis mir verwehret hat / euch zu lieben? Mit solchen gedanken kame er in das haus / und ließe alsofort der Timna / neben erkündigung ihres zustandes / anmelden / wie er vermute / daß die Königin von Ninive gegen den nachmittag kommen würde / sie zu besuchen: dessen ursache er ihr / wann es ihr gelegen / wol gern selber er \fnen wolte. Die betrübte Timna / so bisher / da sie krank gelegen / den Cimber / weil sie seinetwegen bei ihrem Eliphas in so üblen verdacht geraten war / nicht sehen wollen /kunte sich seiner besuchung nicht länger entziehen /zumal sie von ihrer liebsten Königin etwas vernemen solte. Demnach ließe sie ihn für sich kommen / und hörete von ihm / was massen der Prinz Abimelech [613] in ihrem hause seine K \nigin in geheim zu sprechen verlange: welches sie ja / als eine allemal treuverspürte freundin / ihme zu verstatten / sich nicht weigern würde.

Ach ja! (antwortete die Timna / mit einem tiefgeholten seufzer) ich diene gern meinen freunden: wann nur meine gutwilligkeit mir nicht so saur ankåme /und mich in so viel unglück / wie es am tag ist / stürzete. Cimber / der diese worte nicht verstehen kunte /weil ihme von allem dem nichtes kündig war / was zwischen dem Eliphas und ihr fürgegangen / erstutzete nicht wenig / sie also reden zu h \ren; und ihm einbildend / diese reden gingen auf die Prinzessin Hercinde / die sie auf sein bitten in ihr haus genommen /antwortete er ihr: Ich will ja nimmermehr hoffen / daß / der Hercinde hierseyn / meiner Fürstin werde solche ungelegenheit verursachet haben / einige reue zu erweisen / daß sie die in ihren schutz genommen. Ach nein / Prinz Cimber! (gabe Timna zur antwort /) es gereuet mich ganz nicht / was ich gethan: ob gleich dieses mein unschuldiges verfahren mich unglücklich machet. Diese worte / welche sie mit ihren tränen begleitete / verdoppelten des Cimbers verwunderung /und wolte er dieselben erkläret wissen. So inständig er aber darüm anhielte / so wenig konte er ferner aus der Timna etwas bringen / auser daß sie ihm sagte: die Prinzessin Hercinde wüste / was ihr anligen wäre /von der er solches erfragen mögte.

Hiemit / als sie ihm die erlaubnus gegeben / den Prinzen Abimelech in ihr haus zu bringen / wann die Königin von Ninive es also verordnen würde / eilete er von ihr / nach der Hercinde gemach: bei der [614] er den Tubal / neben der Marpeis ihrer vertrautesten jungfrauen / antraffe. Sie hatte sich völlig angekleidet /und saße auf einem ruhbetlein / da sie ihr haubt in der Marpeis schoß geleget / und von derselben ihr die zären abtrocknen ließe / die ihr häüfig über die wangen herab floßen. Wie / liebste schwester! (redte Cimber sie an) sol ich euch dann ewig also finden? sol diese traurigkeit sich nicht einmal stillen / die eurer schönheit so viel verdruß anthut? Erkennet hieraus (antwortete Hercinde /) die größe meines leidens / daß ich durch diese tränen mich überwunden bekenne / die ich sonst meine lebtage zu siegen gewonet gewesen. Sehet / sehet / mein bruder! wie fein wir die Assyrier überwinden / da euch die schwester / und mich nun der bruder gefangen hålt. Ach grausamer himmels-schluß / der uns hierzu verdammet hat / den Assyriern stäts den sieg über uns zu gönnen!

Cimber beseufzete diese klagworte / sonder dieselben zu beantworten / und wie er almählich die schöne Hercinde von diesen betrübten gedanken abgeleitet /fragte er sie endlich: ob sie wissenschaft darüm hätte /was der Fürstin Timna anläge? Hierauf berichtete ihn diese Prinzessin / wie sie gestern abends / weil es ihr zustand zugelassen / ihre wirtin die Timna besuchet: von der sie nicht allein / daß Eliphas und sie / zwar heimlich aus gewißen ursachen / eheleute zusammen wären / sondern auch die eiversucht dieses Fürsten /und alles / was hierunter vorgegangen / erfahren hätte. Den Cimber beunruhigte anfangs dieser bericht mehr /als daß er ihn betrüben können: weil er / durch darlegung seiner sonnenklaren unschuld / diesen sturm bald wieder beizulegen hoffete. [615] Nunmehr kunte er /woher des Eliphas und Esau kaltsinnigkeit und dunkele reden entsprungen / wol erkennen: die er dann in eine desto gr \ßere verträulichkeit / durch den vorschein der warheit / zu verwandeln verhoffte. Doch beklagte er beiher die gute Fürstin nicht wenig / daß sie durch ihre gütigkeit in solche widerwärtigkeit gerahten ware. Wie er nun ferner betrachtete / daß hiedurch / der geheime aufenthalt seiner schwester in der Timna palast / möchte offenbar werden / da er / zu rettung seiner und der Timna unschuld / würde sagen müßen / warum sich Timna heimlich mit ihme verschlossen / und allen ihren leuten / sie in ihrer unterredung zu stören / verboten hätte: stunde er besorget bei sich an / wie er es hierinn machen solte / zumal sowol der Hercinde als seine selbst-eigene ruhe erforderte /daß ihr da-seyn in Damasco kein mensch erfahren möchte. Demnach befande er für nötig / der Timna gedanken hierüber zu vernemen. Er scheuete sich aber / wieder zu ihr zu gehen / weil er bei erst-abgelegter besuchung wol verspüret / wie sehr ihr seine gegenwart zuwider wäre: worüm er sie auch nicht verdenken kunte / da er dessen ursach wuste.

Die Prinzessin Hercinde kame hierauf zu der Timna / und beteurete ihr nicht allein / des Cimbers und ihre eigene bekümmernis / die sie entfunden / sich ursach zu wissen an ihrem unglück: sondern sie versicherte sie auch / im namen dieses Prinzen / daß er alles in der welt thun würde / was zu rettung ihrer unschuld bei dem Esau und Eliphas dienen könte. Nur allein hierüber wäre sie beängstigt / was man der geheimen Unterredung der Timna mit den Cimber für einen [616] schein geben könte: da sie aber ihrer gütigkeit dieses zutraute / daß sie niemanden sagen würde /wen sie in ihren schutz aufgenommen hätte. Meine schöne Prinzessin sei versichert / (antwortete die betrübte Timna) daß / wann es mir mein leben gälte /ich doch niemand sagen wolte / daß sie allhier bei mir sei. Nun es aber meine ehre betrifft / und die geheime unterredung mit dem Cimber alles mein unglück meist verursachet: als möchte ich mich so bittseelig wünschen / daß ich melden dörfte / wovon ich mit dem Cimber gesprochen habe. Sonsten neme ich dieses Prinzen anerbieten zu allem dank an / und zweifle auch nicht an seiner weltbekanten grosmut / daß die ihn / zu wieder-abwendung meines ietzigen unglücks /mir werde dienen machen. Ach / liebste Fürstin! (sagte die sch \ne Hercinde /) mein bruder und ich sind verloren / wann iemand erfäret / daß ich hier bin. Unmüglich kan ich / diese meine worte / ümständlicher und deutlicher erklären. Ich bitte aber / so sehr ich bitten kan / daß ich hier noch ferner verborgen bleiben dörfe.

Als sie dieses gesagt / bliebe Timna eine weile in gedanken / ohne zu antworten; endlich nach angenommenem munteren wesen / redete sie die Hercinde also an: Mir fället iezt etwas bei / welches die Prinzessin verlangter massen alhier geheim enthalten / und zugleich mich aus dem bösen verdacht bringen könte. Dörfte ich nicht der Königin von Ninive / wie auch dem Fürsten von Edom / fürsagen / daß der Cimber mir seine braut anvertrauet / die üm gewißer ursach willen heimlich leben müste? Hierdurch würde man erfahren / daß Cimber anderswo / und nicht mich /liebe; daß unsere unterredung einen ehrlichen [617] zweck gehabt; und daß mein eiversüchtiger man ohne ursach mich verlassen habe. Also würde auch meine Prinzessin / wie zuvor / bei mir ganz verborgen bleiben können. Diesen anschlag der Timna / ließe ihr die Hercinde nicht misfallen. Weil sie aber / ohne vorwissen ihres bruders / sich hierzu nicht verstehen konte / als begabe sie sich / mit der Timna bewilligung / zu dem Cimber / und eröffnete ihm alles / was diese Fürstin ihr fürgeschlagen hatte. Als nun Cimber hierüber in gedanken stunde / sagte Hercinde ferner zu ihm: Ich vermeine / dieses wäre eine bequeme gelegenheit für euch / mein bruder! die K \nigin von Ninive ungescheut und sonder argwahn zu lieben? Solte ich aber (wandte der verliebte Cimber ein /) diese Königin also betriegen? Betriegt ihr sie dann mehr / (sagte Hercinde /) wann ihr mich für eure liebste ausgebet /oder wann ihr euch stellet / als liebtet ihr sie nicht /und wåret kein mitbuler ihres geliebten?

Woltet ihr euch aber (fragte Cimber /) hierzu wol bequemen / und euch vor dem Prinzen von Assyrien /als meine braut / sehen lassen? Meinet ihr nicht / daß ihm euer gesicht noch gar zu kentlich sei? Auf diese erinnerung stutzete Hercinde / doch erholete sie sich bald wieder / und sagte: Die Fürstin von Seir begehret nicht / daß iemand auser der K \nigin von Ninive /und dem Fürsten von Edom / mein hierseyn erfahre: also wird Baleus nichtes von mir innen werden. Wie sol er euch aber lieben / (wiederholete Cimber /) wann er euch nicht sihet? Ach mein bruder! (antwortete sie seufzend /) hätte ich den Baleus hier in Damasco nicht so leichtsinnig verliebt gefunden / und eine so unwürdige mitbulerin bekommen / so wolte ich [618] mich nicht gescheuet haben / ihme mein gesicht zu zeigen /welches er ihme so oft zu sehen gewünschet. Was ist es dann / (fragte Cimber /) das ihr zu thun gesonnen seit? Eben das / liebster bruder! (gabe sie zur antwort /) das ihr in euren liebe fürnemet und beginnet. Hierzu seufzete Cimber / ohne zu antworten. Weil sie aber einen schluß / auf der Timna ansuchen / fassen musten / als bequemte sich endlich der Cimber nach langem überlegen / dahin / daß die Timna die Hercinde für seine liebste ausgeben m \chte. Und ob er gleich /wie er sagte / viel ungemach zuvor sahe / so hieraus kommen k \nte: so wolte er doch / weil er der Timna so hoch verbunden war / ihr hierin zu willfahren /nicht unterlassen. Wie nun diese Prinzessin wieder zu der Timna wieder hin gienge / dieselbe mit dieser entschließung ihres bruders zu erfreuen / und der Cimber hierüber in tiefen gedanken stehen bliebe: fande ihn in solcher verwirrung der Tharsis Fürst von Sepharvaim / den die K \nigin von Ninive / wie er von ihm erfuhre / an die Fürstin von Seir hatte hergeschicket / ihr anzudeuten / daß sie den nachmittag / sie zu besuchen /kommen wolte / und zwar ganz allein / damit es ihr keinen verdruß verursachen möchte. Cimber konte hieraus abnemen / daß des Abimelech bitte bei der Königin stat gefunden hätte: deshalben er ungesäumt nach des Abimelech palast sich verfügte / den er mit schmerzlichem verlangen seiner warten fande. Sol ich so seelig werden / (rieffe er ihm entgegen /) meine Königin zu sprechen. Ob ich gleich / (antwortete Cimber /) von der Aramena noch keine antwort bekommen / so erhellet doch gnugsam aus der Königin vorhaben / die Timna ganz allein zu besuchen / daß[619] sie ihres Abimelech begehren ein genügen thun wil. Wiewol nun Abimelech mit dieser antwort und erlangter nachricht håtte können friedlich seyn / auch seiner Königin gunstgewogenheit wol versichert war: so vermeinte er iedoch / er d \rfte / ohne der Königin ausdrücklichen befehl / nicht in der Timna palast kommen. Demnach lage er dem Cimber nochmals an /von der Aramena dieses zu erfragen.

Also begabe sich dieser gleich nach hof / und die Aramena unter dem Ninivitischen frauenzimmer auf den vorsaal der K \nigin von Tyro suchend / fande er sie endlich / aber in gesellschaft des Prinzen von Assyrien / der mit ihr redete. Sie / die eben überdrüßig war / des Baleus liebes-reden anzuhören / auch darneben verlangte / der Königin vorhaben dem Cimber zu eröffnen / truge kein bedenken / den Prinzen von Assyrien stehen zu lassen / als sie den Prinzen Cimber ersahe. Diesen bei der hand fassend / zoge sie ihn an ein fenster / und berichtete ihm / wie die K \nigin auf den nachmittag alleine nach der Timna palast fahren würde / üm den Prinzen der Philister zu sprechen. Indeme sie dieses sagte / und der Cimber hörete / seufzeten sie beiderseits / also daß sie einander darüm ansahen / und doch keines nach der ursach fragte: wie wol Aramena solche eher / als Cimber / errahten konte.

Mitlerweile sie also miteinander redeten / sahe der verliebte Baleus / diese verträulichkeit des Cimbers und der Aramena mit nicht geringer eiversucht / an: und sich eriñerend / wie sie jüngsthin / beim spiel in des statthalters hause / dem Cimber nachdenkliche reimen zugeschrieben / uñ daneben wissend / daß er auch diesen morgen mit ihr gar ämsig und allein geredet: kame [620] er auf den wahn / dieser Prinz wäre eher sein mitbuler / als der Dison / den sonst allemal Aramena genennet hatte. Demnach ward er hierüber sehr unruhig / und hatte seiner höchsten gedult vonn \ten /sie nicht in ihrer unterredung zu verstören. Als aber Cimber vernommen / was er zu wissen verlanget /eilte er wieder seines wegs / und traffe den Abimelech über der malzeit an: da er voll des Mamellus leuten /Assyrischen kriegs-bedienten / auch etlichen Syrischen Fürsten bedienet wurde. Wie nun Cimber / auf ihr zunötigen / sich mit an die Tafel begeben / sahe der begierige Abimelech ihn mir unverwandten augen an / und dorfte für den andern hiernach nicht fragen /wes er wissen wolte. Cimber aber / seines freundes verlangen zu stillen / schriebe mit dem messer in die rinde eines brodes / was er ausgerichtet: welches er unvermerkt dem Abimelech zureichete / und damit verursachete / daß dieser verliebter Prinz ein munteres und vergnügtes wesen anname.

Nach der tafel / wie die andern sie allein gelassen /und sich diese beide freunde in freiheit sahen: ümarmete Abimelech den Cimber / solcher gestalt ihm seine dankbare erkentlichkeit erweisend / daß er /zu bef \rderung seiner liebes-vergnügung / soviel geholfen hatte. Cimber erzehlte ihm hierauf / wie es ihm dieser tagen mit dem Eliphas ergangen. Weil er dabei der Hercinde gedenken muste / als zwungen ihn die ümstände / sich nicht völlig hierinn seinem freunde zu vertrauen. Demnach sagte er ihme solcher massen /wie es mit der Timna abgeredet war / daß die Prinzessin Hercinde / des Königs Marsius von Basan älteste schwester / durch sonderbare abenteur in Damasco /[621] und zwar erkrankt / angekommen wäre: die er / als von ihrer schönheit längst eingenommen / in der Timna palast heimlich eingebracht / und diese Fürstin dahin beredt hätte / sie / ohne einigen menschen davon eröfnung zu thun / in ihren schutz aufzunemen. Abimelech wurde so hoch erfreuet / zugleich seinem Cimber verliebt / und deßen liebste so nahe zu wissen / daß er sich nicht halten kunte / dem Cimber in die rede zu fallen / und ihm seine verwunderungs-freude zu bezeugen.

Wie / liebster freund! (sagte er zu ihm /) kömt es nun einmal an den tag / was ich nie wissen müßen /und was du iederzeit / auch noch vergangene nacht /so geheim für mir gehalten hast? Ich erfreue mich aber hierüber üm soviel mehr / weil ich hoffen darf /daß diese große Prinzessin dich liebe / und du also nicht mehr / nötig hast / dich / wie du bisher gewonet gewesen / als ungeliebt zu beklagen. Ob ich geliebt bin / wie ich gern wolte / (antwortete Cimber seufzend /) solches stehet dahin. Daß ich aber bisher der Prinzessin Hercinde gegen dir nicht erwehnen dörfen /dazu hatte ich gewiße ursachen: also daß / wann du die dermaleinst erfahren soltest / du mich nicht wirst verdenken können. Wann auch nicht der Timna unschuld hierdurch müße erwiesen werden / würde der Hercinde hierseyn / und diese meine liebe zu ihr / niemand erkundigt haben. Demnach bitte ich dich / daß du / auser dem Fürsten von Edom / gegen niemanden dessen gedenken wollest. So gros mein verlangen ist /(antwortete Abimelech /) meines Cimbers abenteuren zu wissen / so billig gedulte ich mich / dieselben zu vernemen / bis es zeit seyn wird. Aber die Hercinde zu sehen / [622] kan ich mich nicht entbrechen / zu bitten /daß du hierinn gegen mir die offenherzigkeit gebrauchen wollest / die ich / indem ich dir / meine Königin zu sehen / alle gelegenheit gegeben / erwiesen habe. Wegen meiner verschwiegenheit darfst du nicht zweifeln: zumal ohne das unsere freundschaft ein solches von mir erfodert.

Wann Hercinde sich wil sehen lassen / (gabe Cimber zur antwort /) wil ich dir diese vergnügung / wann es eine ist / ganz gern gönnen. Ich bitte aber darneben / daß du die unschüldige Timna bei dem großen Edom wieder aussönest: damit / durch solche befriedigung /der fürst Eliphas von seinen irrweg auch könne wieder zu recht gebracht werden. Nun man so viel melden darf / (antwortete Abimelech /) daß Cimber und die Hercinde einander lieben / so wird / mit zuthun der Ahalibama / der friede leicht wieder zu machen seyn: wann nämlich diese sagen wird / wie es mit zurückschickung der kleinoder / welche die Timna haben sollen / daher gegangen. Hierzu wird / unsere schöne Königin / (sagte Cimber /) die Prinzessin von Seir bald bereden können / und Esau es auch gern von ihr beglaubt annemen / weil seine liebe zu ihr zimlich merksam ist. Ich finde den Edom (wiederholete Abimelech /) sehr verändert / und gehet er stäts in gedanken / also daß man ihm ein ding zweimal sagen muß /ehe er schickliche antwort gibet. Diß verursachet /(antwortete Cimber /) so wol die liebe zur Ahalibama / als der eifer gegen die arme Timna / und die mishälligkeit gegen mir: dann er / seither dieses fürgegangen / mir solche kaltsinnigkeit erwiesen / daß ich nicht gewust / wie ich mit ihme daran gewesen.

[623] Als sie nun ferner miteinander abgeredet / was zu beilegung dieser sache dienen möchte / setzeten sie sich zusammen auf einen wagen / und fuhren nach der Timna palast: da der Abimelech diese seine freundin ansprache / und sowol über ihrem zustand ein mitleiden / als die hofnung / daß sich der bald ändern solte /bezeugete. Cimber begabe sich inzwischen nach der Prinzessin Hercinde / ihr anzudeuten / was er von ihr dem Abimelech sagen müßen: damit / wann etwan die K \nigin von Ninive und dieser Prinz sie ansprechen wolten / sie wüste / was sie sagen solte. Es stunde hierauf nicht lang an / da kame auch die schöne Delbois / von niemand als der Aramena begleitet. Wie nun der Cimber sie zu der Timna in das zimmer gefüret / sahe sie ihren geliebten Prinzen zu ihren füßen: den sie / ihm alle ersinnliche liebs-bezeugungen hinwieder erweisend / aufhube. Nach kurzem willko -gespräche / gingen sie nach der Timna bette: welche die Königin so verändert von gesicht fande / daß sie nicht wenig darob sich bekümmerte. Wie gehet dieses zu / wehrte fürstin! (redte sie zu ihr /) daß ich euch also finde? E. Maj. sehen / (antwortete Timna /) wozu mich mein eiversüchtiger Eliphas gebracht. Damit überreichte sie der Königin / des fürsten von Theman schreiben: welches die Königin mit großem mitleiden und verwunderung durchlase.

Hierauf bliebe sie / ohne zu antworten / in bestürzten gedanken / und trate damit der Cimber herfür / zu der K \nigin sagend: Ich bin der unglückselige / der diese unruhe der gutthätigen Fürstin von Seir verursachen müßen. Dann als eine unvermutete begebnis des Königs von Basan schwester / und zwar krank [624] mir in die hände geliefert / brachte ich diese trostlose Prinzessin zu der Timna: und üm nicht verrahten zu werden / verschlossen wir uns / als ich sie / diese Prinzessin in schirm zu nemen / und für aller welt verborgen zu halten / ersuchete / in ihr gemach zusammen. Der Fürst Eliphas / wurde hierdurch in seiner eiversucht gestärket / die er schon vorhin gefasset hatte / weil ein irrtum fürgegangen / da etliche kleinoder / die der Fürst von Edom der Timna schicken wollen / der Ahalibama gebracht worden: welche dieselbe mit harten worten dem Esau wieder zugeschicket / und dadurch verursachet / daß Esau sowol als Eliphas ihnen eingebildet / als wann diese zurückfärtigung / welche sie von der Timna geschehen achteten / von ihrer verachtung / und von einer unzimlichen gewogenheit gegen mir / herrürete.

Der Prinz Cimber / (sagte Timna hierauf /) lässet das fürnemste aus / so zu bezeugung meiner unschuld dienen kan: daß er nämlich diese schöne schwester des Königs von Basan liebet / und daher mein Eliphas mir nicht so übel hätte begegnen d \rfen. Der Cimber / den hierauf seine Königin ansahe / entfärbte sich / und wuste nicht / wie er sich gebärden solte. Delbois aber fragte / mit etwas bestürzten gebärden: ob dann die Königin Mirina / als des Königs von Basan schwester / hier wäre? Wie nun der Cimber sie berichtet / daß diese / welche die Timna in ihren schutz genommen / des Königs Marsius ältere schwester / die Prinzessin Hercinde wäre / sagte sie lächlend zu ihme: Ich bin erfreuet / daß hiedurch der geheime Cimber verraten worden / der mir so wenig den namen seiner geliebtin / als die ümstände seiner liebe vertrauen wollen. [625] Gleichwie ich aber nun das erste weiß / also hoffe ich nicht allein diese schöne Teutsche zu sehen / sondern auch ihre abenteur zu erfahren. Wer aus liebe sündigt / (antwortete der verwirrte Cimber /) darf wol vergebung hoffen. Meine liebe ist also beschaffen / daß ich unmüglich die jenige / so ich liebe / benennen / noch die ümstände meiner liebe entdecken dörfen: bis durch diesen zufall / die Prinzessin Hercinde nunmehr offenbaret worden. Zum wenigsten aber / (wiederholte die begierige Delbois) werde ich die ehre haben / diese Prinzessin zu sehen. Sie wird diese gnade / (antwortete Cimber /) die E. Maj. ihr erweisen wollen / nicht ausschlagen / iedoch dabei demütigst bitten / daß sie fürter bei der Fürstin Timna allein und verborgen bleiben möge: damit auser E. Maj. und dem Fürsten von Edom / der /wegen der Fürstin von Seir unschuld / hierüm wissen muß / kein mensch ihr hierseyn erfahre.

Wie nun die schöne Königin ihm dieses versprochen / verhieße sie daneben auch der betrübten Timna allen beistand / und die besuchung der Prinzessin Hercinde bis zu ihrer widerabfart versparend / sahe sie ihren Abimelech an / und sagte zu ihm: Verzeihet mir / mein Prinz! daß mich meiner freundin begegnis so lang hat der ursache vergessen gemacht / üm welcher willen ich bin hieher gekommen. Hiemit / als sie dem Prinzen die hand geboten / und sich von ihme in ein cabinet / welches nahe an der Timna bette stunde /begeben hatte / und allen bedienten der Timna befohlen worden / niemand mehr zu ihr zu lassen / weil die Königin von Ninive bei ihr allein seyn wolte / hörte Abimelech von seiner Delbois sich also anreden: Ich[626] weiß wol nicht / Prinz von Gerar! ob wir iezt ruhiger oder unruhiger wieder zusammen kommen / als wir lezmals voneinander schieden. Vieler sorgen / die wir damals hatten / sind wir zwar iezt überhoben: aber es stellen sich hingegen andere ein / die meines bedünkens sehr gefärlich sind / und uns gewaltig drohen. Ach! große Königin! (antwortete Abimelech seufzend /) ich spüre sattsam / daß E. Maj. bereits wissen / was ich sagen wollen / und daß ihnen das große unglück nicht verborgen ist / so meiner glückseligkeit wil den garaus machen. Dañ was nutzet mir / daß meine Königin nicht mehr von den Prinzen von Assyrien mit liebe verfolget wird / da dessen mächtiger vatter sich in seinen platz stellet / und meiner Delbois überirdische schönheit zu verehren beginnet?

So ist euch (fragte die Königin) hievon etwas gewißes bewust / was ich aus bloßen vermutungen besorget? Ach! nimmermehr hätte ich es mir träumen lassen / daß der himmel mit so schwerem ia unerträglichem leiden mich noch heimsuchen würde. Bei diesen worten / drungen ihr die zären mildiglich aus den augen / und sagte Abimelech: Ich bin wol unglücklich / daß ich mit meinen bericht E. Maj. so teure tränen auslocken müssen. Aber das verhängnis wil es also haben: und weil die gefahr vorhanden ist / als werden wir solche / nicht durch verheelen abstellen / sondern durch genaue untersuchung ihr zu entgehen trachten müßen. Ist dann mein unglück (fragte die Königin /und sahe ihren Prinzen ganz wehmutig an /) so gar gewiß / daß ich es gläuben muß? Wann mir E. Maj. (antwortete der Prinz) wollen gehör geben / wil ich deroselben / was mir hiervon bewust [627] ist / alles erzehlen. Als nun die Königin ihme solches erlaubet / fuhre er also fort zu reden: meiner schönen Königin alles verständlich zu berichten / muß ich meine erzehlung etwas weit zurücke anheben / und nicht allein des Königs von Assyrien / sondern auch der Dalimire veränderte liebe fürtragen; und zwar solches mit allen ümständen / wie ich es von dem feldherrn Belopares erfahren / auser deme solches keinem menschen am Babylonischen hofe bekant ist.

Als der Bactrianische krieg glücklich geendet wor den / und ich die kron dieses reichs dem großen Belochus brachte: wurde ich mit einem so herlichen triumf in Babel eingeholet / daß der K \nig selber sich nicht entsahe / mich zu entfangen. Und damit die ehre /welche man mir erweisen wollen / desto ansehnlicher seyn möchte / fuhre mir auch Dalimire mit allen Assyrischen damen entgegen: welcher gnade ich von ihr mich nicht versehen hatte / da sie vordessen mir solche gar kärglich erzeiget. Ich verspürte aber nicht allein hieraus ihre große änderung / sondern sie erwiese sich auch nachgehens täglich / bei allen angestellten freudenfesten / so gütig gegen mir / daß ich fast anhube zu sorgen / dieses ihr verfahren möchte / in des Königs gemüt / eine eiversucht erwecken. Es ware aber damals / die liebe des Belochus gegen ihr / bereits erkaltet: und beherschete sie ihn zwar annoch mit gleicher macht / aber sein herz besaße sie nicht mehr /welches eine weit schönere zu verehren angefangen hatte. Weil ich auf dieser hieherreise alles erfahren /was iemals in der liebe des Königs und der Dalimire fürgegangen / als muß ich sagen / daß Dalimire / von anfang ihrer liebe / mehr auf die kron / als [628] auf des Königs person abgesehen. Ob auch gleich die gemeine rede von ihr erschollen / und solches aller Assyrier vermutung ist / daß der König sie zu willen gehabt /und ihrer genossen habe: so hat mir doch Belopares /als ihr allervertrautester / zugeschworen / daß der König niemals von ihr etwas erlanget / weil er / ihr die Assyrische kron aufzusetzen / sich geweigert.

Kurz für meiner ankunft nach Babel / hatte sich der König gähling verändert: und wie er in allem seinem thun eine unruhige traurigkeit erwiese / als wurden dadurch der listigen Dalimire augen eröfnet / diese änderung des Königs genauer zu betrachten. Sein vielfältiges seufzen / seine einsame unterredung mit sich selber / und sein stäts in gedanken gehen / entdeckten ihr bald / daß eine neue liebe in des Königs gemüte fürhanden seyn müste: die ihr dann / unangesehen sie ihn nicht liebte / unerträglich ware. Nach langem nachforschen / wurde sie gewar / daß der Belochus E. Maj. bildnis / das er in seinem cabinet hatte / stäts betrachtete / und kame ihr dieses wunderlich für / daß einen vatter die sch \nheit seiner tochter solchermassen beunruhigen solte. Gleichwie sie nun in ihrer list unergründlich / also brachte sie endlich durch dieselbe zu wegen / daß der König ihr selber nicht allein seine liebe gegen E. Maj. gestunde / sondern auch ihr offenbarete / daß E. Maj. seine tochter nicht wären. Was saget ihr / mein Prinz! (fiele Delbois ihm hier in die rede /) bin ich nicht des Königs von Assyrien tochter? Daß der König Belochus (fuhre Abimelech fort /) meine K \nigin nicht für seine tochter halten / und darauf seine liebe gründe / dessen kan ich E. Maj. gnugsam versichern. Welche aber die glückliche [629] eltern einer so vollkommenen Königin seien / hat mir Belopares nicht können sagen / noch weniger die ümstände / durch was für eine wunderbegebenheit E. Maj. so lang für die Assyrische Prinzessin gehalten worden.

Erlaubet mir / mein Prinz! (wiederholete die Königin) daß ich diese unverhofte zeitung ferner überlegen möge / ehe ich weiter eurer erzehlung zuhöre; und daß ich mir müglich vorstelle / daß der K \nig von Assyrien nicht mein vatter sei. Betrachte ich seine liebe / so kan ich mir dieses leicht einbilden. Bedenke ich den lezten befehl der Königin meiner frau mutter / Daß sie mich versicherte / ich konte ohne sünde den Baleus meinen bruder heuraten / so gläube ich gänzlich /wahr zu seyn / was ihr mir berichtet. Aber mein Gott! wie kan dieses seyn? wer sind dann meine eltern? wo ist mein vatterland? was bin ich dann? Hierauf stellte sie ihr ferner für / daß / wann sie solcher gestalt einen vatter verloren / sie auch nun des kindlichen gehorsams / der ihr so oft und schmerzlich in ihrer liebe entgegen gestanden / entübrigt wäre. Demnach fürchtete sie nun den Belochus mit aller seiner macht nicht mehr so sehr / als wie sie ihn sonst / unter dem namen ihres vatters / verehret. Der Prinz von Assyrien kame ihr ferner in den sinn / den sie nun / da sie ihn nicht mehr als einen bruder betrachten solte / wegen seiner ehmals-gehegten liebe / zu fürchten anhube: so gar /daß ihr Belochus weniger gefärlich / als der Baleus /fürkame. Ihre bestürzung aber und verwunderung war so häftig / daß sie ihren gedanken nichts beständiges zumuten dorfte.

Als der Prinz Abimelech sie also in gedanken sahe / [630] hielte er innen mit seiner erzehlung / bis sich dieses erste entsetzen in etwas gestillet hatte. Wie ihm aber endlich seine schöne Königin erlaubet / fortzufahren /thäte er solches folgender massen. Dalimire (sagte er /) trachtete / auf diesen bericht / nach nichts mehr / als sich zu råchen. Und weil ich eben in der zeit sieghaft nach Babel wieder kame / warfe sie die augen auf mich: und mich nicht allein zum werkzeug ihrer rache auswehlend / hube sie daneben auch an / mich zu lieben / und zwar so häftig / daß bloß ihr hochmut ihr noch verwehrete / mir selber ihr anligen zu entdecken. Belochus hingegen / der sich noch der vorigen zeiten erinnerte / hatte nicht vergessen / was gnad-bezeugungen ich von E. Maj. vor diesem entfangen. Demnach fassete er / ungeacht der großen hochachtung für meine person / eine solche eifersucht wider mich / daß ihm dieselbe / in mein innerstes herz zu sehen / die kraft gabe. Weil er nun die häftige liebe / mit der ich meine Königin bis an mein ende verehren werde / erkennet / als wurde ich befehligt / nach Mesopotamien mit den völkern zu gehen / und alda dieselbigen zu verlegen. Diß königliche gebot ergieng so streng / daß mir gar hart eingebunden wurde / nicht nach Damasco zu reisen: wiewol meine liebe mich nun dieses gebot übergehen gemacht. Mein aufbruch erfolgte so geschwind / daß Dalimire fast nichtes davon innen wurde. Als ich hinweg war / wuste sie des Königs gemüt so meisterlich einzunemen / daß sie seine vertrautin in seiner liebe wurde / und ihme allerhand anschläge gabe / wie er zu seinem zwecke gelangen solte: wordurch sie dann ihren schier-abnemenden gewalt so völlig wieder bekame / daß Belochus ja soviel / als iemals / mit ihr ümginge / [631] und ohne Dalimire nicht seyn kunte / unangesehen er die schöne Königin von Ninive liebet.

Der Fürst Baracheel / welcher E. Maj. daß sie nicht des Königs tochter sei / zu erst entdecket / kame allein in des Königs und der Dalimire raht. Und obgleich Dalimire üm E. Maj. warhafte geburt wuste /so wolte sie doch solches dem Belopares nicht offenbaren / aus mir-verborgenen ursachen: wiewol sie ihr sonst aller ihrer geheimnise und anschläge teilhaft machete. Wie nun / auf E. Maj. und des Fürsten von Edom anhalten / zu Babel beschlossen war / eine kriegesmacht nach Syrien und dem gebirge Seir zu schicken / wurde Belopares ernennet hieher zu gehen; und mir kame der befehl zu / meine völker dem Esau / als meinem alten waffen-lehrmeister / zuzufüren. Weil ich aber notwendig hier durch muste / als ware dem Königlichen befehl dieses ausdrücklich angehänget /daß ich nicht über einen tag allhier stille ligen / sondern gleich mit den völkern fortgehen solte. Diesen schriftlichen befehl brachte mir Belopares von Babel mit: welcher zugleich in etlichen tagen / die ich mit zusammen- und abfürung meiner völker zubringen muste / mein gemüt bereitete / die zeitung anzunemen / die er mir vertrauen wolte. Endlich überlieferte er mir eines morgens / wie ich ganz allein bei ihm in seinem zelt ware / folgende zeilen von der Dalimire.

Schreiben der Dalimire / an den Prinzen der Philister.

Wann ich nicht wüste / daß eure grosmut unvergleichlich / wolte ich Dalimiren wol und weh nicht eurem willen untergeben: wie ich [632] nun thue / in der bewunderung / daß euch die götter einen heldenmut gegeben /von welchem die nachwelt wird zu reden haben. Ich wil euch aber / solchen herfürzulegen / weg und gelegenheit zeigen. Und wann ihr Dalimire kennet / was sie bisher bei dem Assyrischen Monarchen vermocht /so werdet ihr auch üm so viel eher gläuben / daß sie mächtig sei / das zu halten / was sie verspricht. Belopares / der meinen willen weiß / wird euch sagen /was ich für euch ausgesonnen. Weil ihr so großen verstand als muht habet / so werdet ihr leicht nach denken / wie groß die zuneigung seyn müße / die ich auf euch geworfen / und wie sehr ihr befuget seit / fur euer und mein glück zu wachen.


Dalimire.


Ich sahe / nach ablesung dieses schreibens / den Belopares mit unverwandten augen an: welcher / als er meine begierde / dieses dunkele rätzel erklärt zu wissen / vermerket / mit großer wolredenheit mir zu eröfnen anhube / wiedaß Dalimire bisher / mit unbeschreiblichem widerwillen / die liebesbezeugungen des Königs erdulten müßen / weil sie kein mittel ersehen können / sich deren zu befreien. Gleichwie sie aber dabei ihre ehre unbefleckt erhalten / also hätte sie auch nichtes von ihrer beständigen zuneigung abbringen können / die sie zu mir / wiewol sie mir solche nie zu erkennen gegeben / jederzeit getragen; und hätte sie die solang verborgen / als lang sie mir /auser ihrer person / nichtes zuzubringen gewust. Nun aber ihr die götter den weg zeigeten / eine kron zu erlangen / hätte sie nicht länger verziehen wollen / sich[633] mir zu entdecken: und stünde das Königreich Ninive in ihren händen / welches sie mir neben ihrer person übergeben und zubringen wolte.

Bis hieher / hatte ich dem Belopares gedultig gehör verliehen: wie man mir aber meiner Delbois Königreich nennete / kunte ich mich nicht wol enthalten /meinen widerwillen blicken zu lassen. Dennoch begriffe ich mich bald wieder / weil die wahre eröffnung meines gemütes / die vorschwebende verrätereien zu erfahren / mich hätte verhintern mögen. Demnach verstellte ich meinen unwillen in ein bloße verwunderung / und gabe damit dem Belopares anlaß / sich mir ferner zu entdecken. Ich erfuhre demnach von ihme / daß der König Belochus meine Königin / und zwar nicht als seine bisher-gegläubte tochter / liebete; und daß er die allhier in Syrien / mit dem ehsten zu besuchen und zu heuraten entschlossen sey. Damit aber die Niniviten / welche durch diese heurat ihre Königin verlören / bei der Assyrischen kron verbleiben / uñ nicht abtrünnig werden möchten / so wäre beschlossen / daß man sich der stadt Ninive bemächtigen solte: zu dem ende man / unter dem Fürsten von Almodat / dem Sparetes / die hierzu-benötigte und bestimmte völker auf die gränze des Babylonischen reiches stellen / und / so bald Belochus in Damasco angekommen / diesen anschlag volfüren würde; der auch leichtlich zu enden wäre / weil sie bereits unterschiedliche großen / sowol im reich / als in der stadt Ninive / auf ihre seite gebracht hätten. Weil nun dieser Sparetes ganz eine creatur von Dalimiren wäre / als hätte er ihr verheissen / ihr die stadt zu liefern: wordurch sich zur Ninivitischen Königin machend / wolte sie / [634] auf den fall /meinen eiligsten beistand mit den Ninivitischen völkern / die die Königin bei ietziger kriegsverfassung nach Seir schicken / und mir ohne zweifel anvertrauen würde / erwarten / und mir dieses reich zu regiren übergeben.

Belopares hatte guten raum / dieses mir dergestalt zu erzehlen: dann ich so auser mir selber war / daß mir fast mein gehör und gesicht verginge. Ich erfuhre auf einmal soviel wunderliches / daß ich mich mehr für träumend als wachend halten muste. Sie sehen /mein Prinz! (beschloße Belopares /) wie grosmütig Dalimire liebet / und wie sie nicht allein ihr herz /sondern auch eine kron / dem Prinzen der Philister darbietet: die soviel als gewiß in ihren händen stehet /weil der König Belochus sich ihr vertrauet / auch alles unter ihrem befehl ausfärtigen lässet / und sie alle kriegsbediente unter ihrem gebot hat / also daß man zu Babel mehr die Dalimire als den König selbst verehret. Hiemit schwiege er still: und weil er auf meine antwort wartete / als überwand ich mich / so gut ich konte / und verhiese ihm / daß ich dieses große werk / daran ich niemals denken können / die nacht bei mir überlegen / und folgenden tags ihme meine erklärung geben wolte. Wann ich selbige nacht / wie sie mir verflossen / beschreiben solte / würde ich etwas unmögliches übernemen. So sehr ich aber mich hierüber beunruhigte / so gewiß hielte ich es anbei für eine sonderbare schickung: damit also / dem vorstehenden unglück / noch könte gesteuret werden.

In warheit (fiele die Königin von Ninive ihm hier in die rede /) ich verneme soviel frömdes / daß eure damalige bestürzung der meinigen nichtes zuvor [635] gethan. Sol ich mich nicht verwundern / daß ich einen vatter verliere? daß ich in unwissenheit gesezt werde /wer und woher ich sei? daß man meinem Königreich nachtrachtet? und / was das unerträglichste ist / daß ich mich in des Belochus / meinen Abimelech aber in der Dalimire armen / wissen sol? Ach! ist es wol müglich / (rieffe der Prinz von Gerar /) daß meine Königin dieses besorgen könne? wåre alles so leicht zu überwinden / als dieses / wolte ich mir keine unruhige gedanken machen. Ich achte dieses / (antwortete die Königin) für eines der grösten unglücke / die uns hier bedrohen. Dann / wir kennen beide die Dalimire / und wissen / was sie vermag. Ihr vermögen / (fiele ihr der ungedultige Abimelech in die rede /) mag so groß seyn / als es wil / so sol sie doch mich nie besitzen. Und eben darüm / (wiederholte die Königin /) fürchte ich mich für ihrem haß. Aber fahret fort / mein Prinz! mir diese wunderdinge vollends zu sagen.

Als ich (erzehlte Abimelech weiter /) dieses werk die ganze nacht bei mir selbst überleget / und tausend anschläge bei mir gefasset / die doch alle nicht zureichen wolten: hielte ich endlich für das bäste / mich /soviel müglich / zu verstellen / dem feldherrn Belopares gute worte zu geben / ihn mit hofnung allhier anzuhalten / und den schluß / bis ich E. Maj. sprechen möchte / aufzuschieben. Demnach stellte ich mich /folgenden morgens / ganz freudig gegen den Belopares an / und ihme viel dings / das mir einen zweifel bei diesem großen werk machete / fürhaltend / brachte ich ihn dadurch zu größerer verträulichkeit. Also erfuhre ich auch unter andern von ihme / daß etliche von E. Maj. Fürsten / die sowol bei ihr allhier in Damasco / als zu Ninive [636] sich befänden / bereits hierum wissenschaft hätten. Er gabe auch für / wie daß Dalimire nachricht hätte von allem / was E. Maj. in ihrem cabinet reden. Wie ich darauf fragete: ob dann E. Maj. auch wüsten / welcher ankunft sie wären? berichtete er mich / daß ihr solches noch zur zeit verborgen sey: unter dero bedienten aber wären welche / die üm alles wissenschaft hätten / und die mit dem Baracheel fleißig dieserwegen briefe wechselten. Ich erkundigte mich ferner bei ihme / warüm Dalimire ihm dann nicht eröffnen wolte / wessen tochter E. Maj. sei / da sie ihm sonst soviel vertrauet hätte? Worauf er mir sagte / daß Dalimire allemal / wann er sie hierüm gefraget / zur antwort gegebẽ hätte: es wäre ihm noch nicht nütze zu wissen. Mit dergleichen verträulichkeit / die mir die höchste unruhe von der welt machte / verbrachte ich mit ihm selbige tage. Und als er mich immer anstrengte / der Dalimire zu antworten / wendete ich solches damit ab / daß ich es zu gefärlich achtete / einem brief solche große dinge anzuvertrauen.

Unter allen verdrüßen / die ich hierbei entfunde /kan ich diesen E. Maj. nicht bergen: ob ich wol ursach hatte / dem himmel zu danken / daß bei aller verräterei / mit welcher E. Maj. ümgeben sind / dennoch von der gewogenheit / mit der E. Maj. mich beseeligen / nichtes ausgekommen war / so schmerzte mich dennoch / daß E. Maj. so wenig ihres Abimelech sich erinnert / daß niemand dero liebe merken können: worvon ich mir oft die gedanken machete / daß meiner vergessen wäre. Wiewol ich diese meine schwachheit bald wieder erkennet / und mir selbst verargete / daß ich so unrecht geargwahnet hatte. Hierinn habt ihr auch [637] warlich (sagte die Königin) euch gegen mir verschuldet: dann meine liebe zu euch / mein Prinz! mehr in meinem herzen / als in dem munde / wohnet. Der verliebte Abimelech erkünete / nach angehörter dieser versicherung / die sch \nen hände seiner Königin zu küssen / und damit diese gnadbezeugung zu beantworten.

Wie nun aller dieser bericht die Königin überaus befr \mdet hatte / da sie zum überfluß vernemen müssen / daß sie mit so vielen verrätern ůmgeben wäre /sagte sie zu dem Prinzen: In dieser schweren sache /die mir der himmel aufbürdet / wird höchstn \tig seyn / einen geschwinden raht zu fassen. Alles unglück / so uns drohet / stehet schon für der thür. Der K \nig von Assyrien wird ehist hier seyn: dessen ankunft mir /den untergang meines reichs und unserer keuschen liebe / drohet. Ich versichere euch aber / liebster Abimelech! daß bei aller dieser gefärlichen unruhe / mein gemüte dannoch ruhiger als zuvor ist. Ich darf nunmehr sicherer lieben / da mich der himmel von dem kindlichen gehorsam ledig spricht / den ich unverbrüchlich zu halten / mich verbunden erkante. Aber /(fuhre sie fort / dem Prinzen nicht zulassend / für diese hohe versicherung ihr zu danken /) ist es wol müglich zu gläuben / daß ich des Belochus tochter nicht sei / für die ich ja / weil ich gelebet / bin gehalten worden? Solte vielleicht solches nur ausgebracht werden / üm die unziemliche liebe des Königs desto bässer zu beschönẽ? Ich wüste doch nicht / (antwortete Abimelech /) warüm man / dieses zu erdichten / in Babel fůr nötig halten solte / da ja die Assyrische gesetze zulassen / daß ein vatter dörfe seine tochter heuraten: weswegen ich diß ie für eine so gewiße nachricht achte / daß daran [638] im geringsten nicht wird zu zweifeln seyn. Ich bin nun / mit dem Belopares in solcher vertråulichkeit lebend / von unsern völkern an den Syrischen gränzen abgetreten und hieher gekommen: weil mein verlangen so groß war / als die notwendigkeit / diese dinge E. Maj. zu offenbaren. Offentlich mit E. Maj. ümzugehen / muß ich mich nun auf das vorsichtigste enthalten: dann solte Belopares /wie auch die andern Assyrier / einigen argwahn auf mich bekommen / so ist alles verloren. Es können in dieser schweren sache / E. Maj. sich niemanden von den ihrigen vertrauen: weil etliche von den verrätern darunter seyn m \chten / die die Dalimire an sich gezogen. Aber des Prinzen Cimbers und des Fürsten von Edom redlichkeit und treu / sind wir versichert: weswegen ich für das bäste hielte / daß man ihnen beiden diese händel entdeckte / auch ihren einraht und beistand darüber begehrte und vernäme.

Ich bin hierinn (sagte die Königin) ganz eurer meinung / und haben wir damit zu eilen: weil ihr / sobald die Assyrische völker angelangen / von hinnen müsset. Ich sehe aber nicht / wo wir sollen zusammen kommen: dann auser Aramenen / die ich muß für getreu achten / uñ die allein von unserer liebe weiß /habe ich nunmehr niemand üm mich / dem ich mich sicher vertrauen d \rfte; und wird man dem Belopares alles entdecken / wer bei mir aus und ein gehet. Hiesiger palast der Fürstin Timna / (antwortete Abimelech /) würde wol am sichersten und bequemsten zu dieser unterredung dienen: und weil ohnedas E. Maj. der Fürstin von Seir versprochen / zwischen ihr und dem Esau und Eliphas wieder frieden zu machen / als [639] wird der vorwand dieser zusammenkunft / wann es solte auskommen / gar scheinbar lauten / da Esau und Cimber notwendig bei dieser handlung seyn müßen /denen ich / als beiderseits freund und unterhändler /schicklich kan zugesellet werden. Wie sie nun hierauf zusammen beschlossen / auf folgenden tag es abgeredter massen anzustellen / und ihre unterredung nun zimlich lang gewäret hatte / gingen sie wieder aus dem cabinet zu der Timna: welche eine nicht geringe veränderung an der Königin verspürte. Es verhieße ihr aber die schöne Ninivitin / daß sie auf nächsten morgen neben dem Esau wieder zu ihr kommen / und allen zwischen ihnen schwebenden misverstand aufheben wolte. Die Fürsten bedankten sich hierfür demütigst / und in der hofnung / mit ihrem Eliphas wieder ausgesönet zu werden / name sie die vermanung /ihrer gesundheit bässer als bisher zu pflegen / gar willig an / und entfunde schon bei sich bässerung / nun sie nur hoffen dorfte / daß ihr anligen sich enden würde.

Weil die Königin auch die Prinzessin Hercinde ansprechen wolte / welche zu sehen / sie ja so große begierde / als der Prinz Abimelech erwiese / fürete sie der Cimber zu derselben ins gemach: welche / auf sein erinnern / zu dieser besuchung sich bereitet hatte. Diese beide schönheiten sahen einander mit gleicher verwunderung an / und blieben fast beide verstummet. Nach abgelegter erster höflichkeit / sagte die Königin von Ninive zu ihr: Ich muß in warheit gestehen / daß meine einbildung mich nicht betrogen / daß nämlich der Prinz Cimber in seiner wahl sonderbar seyn würde: massen die schönheit / die ich iezt erblicke /für würdig [640] ist / von einem so dapfern helden verehret zu werden. Und schåtze ich mich seelig / des großen Marsius von Basan tochter zu sehen / und sie / als eine liebste von meinem freund / zu kennen. Eine angeneme röte überzoge der Hercinde ihre wangen / als sie von der schönsten der welt sich also rümen hörte. Es fiele ihr aber schwer / wegen des Cimbers sich also zu stellen / wie abgeredet worden. Doch gabe sie der Königin dieses zur antwort: Vielleicht möchte des Cimbers wahl nicht iederman für so billig achten /wie von E. Maj. aus gütigkeit geschihet; und muß ich vielmehr den jenigen für seelig schätzen / der die vollkommenste schönheit der welt / die ich vor mir sihe /anzubeten gewürdigt wird. Die gnade aber / die ich iezt von E. Maj. genieße / hätte ich nie hoffen dörfen: da ich von einem geschlechte bin / welches zu verschiedenen malen dem Assyrischen hause sich widersetzet. Wird mich auch dieses üm so viel mehr verbinden / mich iederzeit ein Slåvin von E. Maj. zu erkennen.

Ich schätze (sagte die Königin) der Prinzessin Hercinde nation in meinem herzen so hoch / daß ich die aller welt vorziehe: und da mir der himmel gönnet /zwo so edle personen aus ihnen zu kennen / urteile ich / nach ihnen / von allen den übrigen / und saget mir mein sinn zu / daß ich von ihnen noch viel gutthaten entfangen werde. Ich wünsche indessen / daß ich meiner sch \nen Prinzessin allhier womit möchte dienen k \nnen. Die ursachen / warum eine solche schönheit sich also verbergen muß / sind mir unbekant: ich wolte aber / daß sie nicht so erheblich wären / üm gelegenheit zu überkommen / die sch \ne Hercinde öfter zu sehen. Wann mir mein glück / (antwortete Hercinde /) [641] in meinen andern begebenheiten so gönstig schiene / als es jezt thut in unverdienter erlangung der huld von einer so großen K \nigin / so wolte ich mich seelig achten / E. Maj. täglich aufzuwarten. Nun aber verwehret mir solches / mein unvermeidliches verhångnis: weswegen ich auch die hohe gnade / die mir iezt von E. Maj. widerfäret / wann ich nicht / daß kein mensch mein hierseyn dadurch erfahren würde / wäre versichert worden / nicht angenommen hätte. Weil ich meiner Prinzessin / (sagte die schöne Königin /) mit nichts anders / als mit der verschwiegenheit / dienen kan / so wil ich ihr dieselbe hiemit fäst angeloben: von herzen wünschend / daß sich der schönen Hercinde zustand so ändern möge / daß ich ihre lebens-geschicht erfahren / und eine so liebe freundin öffentlich üm mich sehen dörfe. Wolte der himmel / (antwortete Hercinde seufzend /) daß ich E. Maj. mein anligen er öffnen solte! ich bin aber noch zur zeit zum schweigen verbunden: welches E. Maj. mir zu keinem ungehorsam ausdeuten / sondern für mein unglück achten wolle.

Nach noch etlichen dergleichen reden / grüßete auch Abimelech die schöne Hercinde: und sie / für eine liebste seines Cimbers achtend / beteurete er ihr gar hoch die bereitschaft seiner getreusten und ergebensten dienste. Also schieden sie sehr wol zufrieden voneinander / da die Königin von Ninive nicht mindere hochachtung für die Hercinde / als diese für die Delbois / im herzen behielte. Es hatte aber die Hercinde nicht sobald die Aramena / als ihre vermeinte mitbulerin / ins gesicht bekommen / da feurete sie sich an von eifer und unwillen: und wäre Abimelech mit der Königin [642] nicht bereits in der thür gestanden / würden sie diese veränderung an der Hercinde leicht gemerket haben. Dann die unschüldige Aramena konte dessen ursach nicht ergründen / noch auf sich ziehen: massen sie nicht so tüchtig war / den Baleus / als wol die Delbois / zu lieben; und alle gedanken allein auf diese schöne Königin richtend / beachtete sie nicht groß /daß Hercinde gegen ihr so widrige gebärden erwiesen.

Als nun die Königin mit der Aramena wieder hinweg fuhre / erzehlte sie ihr unterwegs / was sie vom Abimelech vernommen: die dann hierüber höchlich bestürzt / und die gefahr / in welcher ihre Königin schwebte / ihr fürstellend / ihr gemüte mit großer unruhe anfüllete. Gleichwie man aber gern alles zu seinem nutzen deutet / also stellte dieser verkleidte Dison ihm für / ob nicht die Königin / da sie des Belochus tochter nicht wäre / für des Abimelech schwester erkant werden k \nte? zumal / weil die Prinzessin C \lidiane von Gerar / der Königin so sehr gliche: daher sie wol aus einem hause seyn m \gten / und könte sie vielleicht in ihrer jugend / als ein geisel /mit ihrem bruder nach Babel gesendet worden seyn. Was große hofnung erweckete nicht diese einbildung /bei der verliebten Aramena / die sonsten trostlos liebete? dann / auser solchem zufall / ware nichtes / das der Königin und des Prinzen von Gerar liebe hätte aufheben können.

Weil selbigen abend / der Prinz von Assyrien / ein herrliches gastmal auf der Kemuelsburg / für alle Königliche personen und die großen in Damasco / hatte zubereiten lassen: als stelleten sich die drei Königinnen / wie auch die Prinzessinnen Indaride / Ammonide / Jaelinde / Ahalibama und Mehetabeel / neben [643] den Syrischen Fürstinnen / daselbst ein; da der Prinz Abimelech / welcher nebst allen anwesenden herren auch eingeladen worden / seine begrüßung bei den Prinzessinnen ablegte / und bei iederman / der ihn nur sahe /ein sonderbares vergnügen durch seine gute geschicklichkeit erweckte. Uber der tafel / kame er zwischen der Prinzessin Ammonide und Jaelinde einzusitzen: die er / weil er sie beide wol kennte / die ganze malzeit hindurch mit gesprächen unterhielte. Die Jaelinde erzehlte ihm alles / was ihnen im lande Canaan begegnet / seitdaß er von Salem hinweg gewesen: da er dann / mit sonderbarem leidwesen / des guten K \nigs Melchisedech zustand vername. Ihre unterredung handelte dabei viel von der C \lidiane / von welcher Jaelinde ihn berichtete / wie sie / in neulicher aufruhr /durch wunderbare schickung mit dem König Eridanus von Cus hinweggekommen wåre.

Weil aber der verliebte Baleus dieses gastmal fürnemlich seiner Aramena zu ehren angestellet hatte /als konte er sich in dieser großen gesellschaft nicht enthalten / sie für allen hervor zu ziehen / und den Prinzessinnen gleich zu halten: woran dann die Assyrische herren / welche sowol mit ihm / als mit dem feldherrn Belopares / von Babel angekommen waren /sich nicht wenig ärgerten. Belopares selber name des Prinzen thun wol zu herzen / und weil er wuste / daß man ihme am Babylonischen hof die Königin Lantine von Elam besti et / als hätte er lieber sehen mögen /daß des Prinzen liebkosungen auf dieselbe / und nicht auf die unbekante Aramena / wären gerichtet worden. Aramena name diese liebs-bezeugungen mit höchstem verdruß an / und hätte sich gern denselben überhoben[644] gesehen. Die schöne Königin von Ninive / war die ganze malzeit über / wider ihre gewonheit / gar stille /und kunte sich nicht so wol zwingen / daß nicht zuweilen etliche seufzer herfürgebrochen wären / die das innerliche leiden ihres herzens anmeldeten.

Wie nun endlich die tafel wieder aufgehoben / und allerhand dänze angefangen wurden / gesellte sie sich zu der Prinzessin Indaride von Ophir / und zu der Ahalibama / die allemal / wann dergleichen belustigungen fürgingen / sich davon abzusondern pflegten /und ihren platz zwischen ihnen einnemend / sagte sie: Ich befinde mein gemüte den eurigen so gleichförmig / ob ich schon euren verlust nicht erlitten / daß ich herberge bei euch nemen wil / indem die andern sich so ergetzen. Der Ahalibama kam dieses gar frömd für / weil sie vermeinet / daß des Abimelech gegenwart ein solches nit zulassen solte. Sie dorfte aber die K \nigin hierüm nicht fragẽ / weil sie nicht wuste / ob sie gern für der Prinzessin von Ophir davon würde reden wollen. Der verliebte Abimelech / sahe die betrübnis seiner Königin mit großer herzensqual an: zudem es ihm daneben nicht eine geringe marter war /daß er / in so aufmerksamer gesellschaft / nur bloß mit den augen bei seiner Delbois seyn dorfte. Cimber anders teils / kunte die angeneme Jaelinde nicht betrachten / ohne sich zu beunruhigen über dem gespräche / welches er die vorhergehende nacht von ihm gehöret. Gleichwie aber Belopares / und die andern Assyrier / dem Prinzen von Gerar hinterlich waren / der schönen Königin von Ninive aufzuwarten: also verwehrte auch dem Cimber / der Jaelinde anwesenheit /daß er sich dieser Königin nicht nahen dorfte / und[645] zwunge er sich / üm diese zu seyn / wiewol sein herz allein bei der Delbois ware.

Solchergestalt regirte der zwang / fast die meisten in dieser ansehnlichen gesellschaft / auser dem Prinzen von Assyrien / welcher allein seinem freien willen folgete: und musten die jenigen / so ihn ehmals in die Eldane / Lantine und Mirina verliebt gesehen / bekeñten / daß diese lezte liebe viel häftiger als alle die vorigen wäre. Wie kommet es immermehr / (finge die schöne Prinzessin von Ophir an zu reden) daß der Prinz von Assyrien so gar der Königin Mirina vergessen können / welche er doch ehmals in Ophir so häftig geliebet? Mich dünket / (antwortete die Königin von Ninive /) mein bruder verlange geliebt zu seyn / welches er bei der Königin von Elassar nicht erlangen k \nnen. Eine beständige liebe / (wiederholte die Prinzessin /) höret nicht sobald auf: und weil der schönen Mirina herz noch frei ist / als hätte er sowol / als der Prinz Hiarbas aus Egypten / hofnung haben können /sie zu gewinnen. Ich habe (antwortete die K \nigin) von der dapfern Mirina sehr viel gehöret / und möchte wol einst recht ümständlich ihre lebensgeschichte mir erzehlen lassen / davon ich mir ganz nichts gemeines einbilde.

Die Prinzessin wolte eben wieder antworten / als der Prinz von Assyrien dazu kame: welcher zwischen der Königin und der Indaride sich einsetzend / ihnen verwiese / daß sie der lust also abgesaget hätten / und nicht mit machen wolten. Wir finden (sagte die Delbois /) keine Aramena für uns / die unsere lust aufmuntern könne. Wann es bei dieser grausamen stünde / (antwortete der Prinz Baleus /) würde sie [646] mir schwerlich die vergnügung gönnen / die ich von ihrer gegenwart genieße. Diese erbarkeit / (sagte die Königin /) verursachet bei ihr die ehrerbietung / die sie dem Prinzen von Assyrien billig leistet. O nein / liebste schwester! (antwortete er /) ihr eignes bekåntnis redet anderst hiervon: massen sie mir nicht birget /daß sie einen Dison liebe. Zwar / weiß ich nicht / ob dieser Dison nicht der Cimber sei: dieses weiß ich aber wol / daß die grausame meiner nicht achtet. Solte ich doch fast (sagte Delbois / und hube an zu lachen) in ernst dafür halten müßen / daß meine Aramena von dem Baleus geliebet würde? Die K \nigin von Ninive / (sagte der Prinz hinwiederum /) thut mir groß unrecht / wann sie anderst hiervon gläubet. Allen scherz dann beiseit gesetzet / (wandte Delbois wieder ein /ein ernstliches wesen an sich nemend) so muß ich dieses hierzu sagen / daß / so viel zu klein der Aramena stand ist / die Monarchei von Assyrien zu regiren / so viel gr \ßer ist ihre tugend / einer ungeziemten liebe nicht beizupflichten. Ach liebste schwester! (antwortete der Prinz /) verbannet von euch solche einbildung / als wann ich Aramena anderer gestalt liebe / als sie dermaleinst zur Assyrischen Königin zu mache.

Vergebet mir / mein bruder! (gabe die K \nigin zur antwort /) wann ich diese eure geschwinde entschließung tadele. Ihr kennet die Aramena noch nicht so lange / daß ihr sie / wegen ihrer tugend / zu solcher würde / die ihr sonsten ihr stand versaget / tüchtig soltet erkant haben. Königin von Assyrien zu heisen /ist kein geringes. Ach! haltet ein / (fiele ihr der Prinz in die rede) mir fürzurucken / als solte ich ihre tugend nicht kennen. Ist ihre weltbekante dapferkeit [647] mir dann allein verborgen? und solte / unter dieser andern Semiramis / Assyrien nicht so wol fahren / als unter der ersten? Die Königin von Ninive / welche nichtes mehr in ihrem herzen wünschete / als daß dieses glück ihrer Aramena wiederfahren möchte / versprache endlich dem Prinzen / sein wort bei ihr zu halten: doch müste er ihr zuvor erzehlen / wie er von der K \nigin Elassar abgekommen wäre. Es fehlte nicht viel / daß der Prinz / für dieses anerbieten / der Königin fusfällig gedankt hätte. Er versprache ihr auch / morgendes tags zu ihr zu kommen / und ihr / was sie von seiner ehmaligen liebe gegen der Mirina wissen wolte / zu berichten: und weil dieser Prinzessin ganzer lebenslauf der Indaride vollkömlich bekant war / als erbote sie sich auch / des Baleus erzehlung damit zu ersezen. Der Prinz /so seine neue liebe nicht geheim hielte / auch mit der Prinzessin Indaride gar vertraulich lebte / truge ganz kein bedenken / diß alles für ihr zu reden und sie mit in seinen raht zu nemen. Ahalibama aber / die von diesem gespråch etwas gehöret / schwebte für ihren bruder in tausend ängsten / und name ihr für / mit aller macht ihn zu überreden / daß er diesen gefärlichen falschen stand verlassen / und ein mittel aussinnen m \chte / davon zu kommen.

Wie aber die gesellschaft / noch eine gute zeit in die nacht hinein / beisammen geblieben / und sich ein iedes nach seiner behausung begeben / verbrachte die Königin von Ninive die nacht in großer unruhe: wiewol ihr großes herz / und das vertrauen zu dem gerechten himmel / ihr den muht nicht sinken ließe / und hoffete sie auch / dieses ungewitter / wie viele andere / [648] zu überdauren. So bald aber der tag angebrochen /und die schöne Delbois sich wieder sprechen ließe /kam der verliebte Prinz von Assyrien neben der Prinzessin von Ophir zu ihr / und als er seiner gewonheit nach / sie als seine schwester ümarmet / kunte sie sich nicht erwehren / darob zu erröten: weil sie nun nicht mehr diesen Prinzen für ihren bruder halten / und doch ihme / der es noch nicht wissen dorfte / dergleichen freiheit nicht versagen dorfte.

Ich komme / liebste schwester! (redte der Prinz sie an /) eure begierde zu erfüllen / und euch meine mit der Mirina zugestossene begebnise zu erzehlen. Weil ihr aber verlangen traget / dieser Königin ganzen lebenslauf zu wissen: als habe ich die Prinzessin von Ophir dahin vermögt / mit mir hieher zu kommen /um hierinn euch zu vergnügen. Weil ihr / mein bruder! (sagte die K \nigin lächlend) die mühe / mir dieses zu erzehlen / nicht ümsonst / gleichwie die gütige Prinzessin von Ophir / übernemen wollet / da sie nichts dafür / ihr aber eine Aramena fordert: werdet ihr mir erlauben / derselbigen für ihre wilfärigkeit höhern dank / als euch / zu sagen. Hiemit ümarmete sie zu etlichen malen die schöne Indaride: welche hierauf / neben der Königin und dem Prinzen / sich niederließe.

Indem sie aber diese geschichte zu erzehlen anheben wolte / wurden sie hieran verstöret / durch die zukunft der Azura / der alten Delbois hofmeisterinn: die die Königin von Ninive ersuchete / zu ihrer K \nigin zu kommen. Die schöne Delbois dorfte dieses nicht abschlagen / muste deshalben ihre begierde / der Mirina geschichte zu vernemẽ / auf bequemere zeit verschieben. Weil sie aber hievon am meisten die ursach / [649] warüm Baleus die Mirina verlassen / und nicht mehr liebete / zu wissen verlangte: als bate sie den Prinzen / indem sie mit ihm nach der Königin von Tyro palast ginge / daß er allein dieses ihr kürzlich entdecken wolte. So wisset dann / (antwortete der Prinz /) daß ich der Mirina feldherrn / den Assur / den man wegen seiner annemlichen gestalt den schönen nennet / bei ihr im bette ligend gefunden; und daß ich zu Elassar / bei einer opferung / eine fürtrefliche unbekante schönheit zu sehen bekommen / die mich der Mirina gar hat vergessen gemachet / und die ich noch in meinem gedächtnis haben würde / wann nicht ihre unbekante verborgene aufhaltung / und hingegen der dapfern Aramena stätige gegenwart / mich bei dieser letzern nunmehr fäst gemachet hätte / die / meines Chaldeers aussage nach / unfehlbar die jenige ist / die mit mir einmal in Assyrien herrschen sol. Ihre dapfere faust / die euch / liebste schwester! von den lewen errettet / wird auch den Assyrischen feinden wol gewachsen seyn. Und wie mein herz und sinn mich ganz zu dieser dapfern Aramena träget / also gläube ich gewiß / diese heldin sei mir bescheret: weil ich aus dem gestirn soviel abgesehen / daß eben üm diese zeit / ja an diesem ort / meine beständige und glückliche liebe angehen werde. Ihre liebe gegen einem / den sie Dison nennet / wird durch eure gründe / liebste schwester! leichtlich k \nnen ihr ausgeredet / und mir zugewandt werden: wann nur nicht der Prinz Cimber /mit dem sie gar verträulich lebet / bei ihr das in der that ist / worzu der Dison muß den namen hergeben. Ich verlasse mich aber gänzlich / auf eure versprochene hülfe. Ihr werdet auch / wann euch der Mirina leben und wandel kund [650] wird / selber urteilen / daß ich wol gewechselt / und daß die tugend eurer Aramena vorzuziehen sei aller K \niglichen würde und hoheit /welche Mirina besitzet. Als Baleus dieses gesagt /und Delbois / mit höchster verwunderung / der Mirina leichtsinnigkeit vernommen hatte / verhiese sie ihme mit kurzen worten / indem sie in der Königin von Tyro gemach eintrate / daß sie ihme bei der Aramena dienen wolte / mit der versicherung / daß Cimber nicht sein mitbuler wäre.

Hierauf verließe sie dieser verliebte Prinz / und funde sie die gute K \nigin von Tyro sehr betrübt und übel zufrieden: wovon sie alsofort anlaß name / sie üm dessen ursache zu fragen. Liebste Delbois! (antwortete sie ihr /) eure verwunderung / mich trauriger als sonst zu sehen / rüret daher / daß mein liebster Amraphel todt ist / mein Tiribaces aus ungereimter liebe schwerlich krank liget / meine Lantine / wie es scheinet / dem Baleus nicht bescheret ist / und uns ein gewaltiger krieg drohet. Solches alles ist mir zwar heute nicht erst kund worden: allein / wir stellen uns unser leiden und anligen nicht allemal gleich groß und schwer für / und was einmal unser freier sinn kan gering achten / das kan uns zur andern zeit desto unerträglicher fürkommen. Mit diesen wenig worten hatte die K \nigin von Tyro soviel auf einmal gesaget / daß die schöne Delbois anstunde / welchem leiden unter diesen sie zu erst mit trost begegnen solte. Endlich aber sagte sie: Die grosmut der Königin von Tyro kan allemal die traurigkeit überwinden / wan sie betrachtet / daß der K \nig Amraphel in h \chstem ruhm wegen seiner dapfern thaten gestorben: daß der Prinz Tiribaces / durch ein einziges trostwort von [651] seiner frau mutter / genesen kan; daß die Lantine Königin von Elam bleibet / und also ein mächtiges reich zu beherrschen hat / wann gleich der Assyrische thron nich dazu kommet; und daß dieser fürstehende krieg dem Assyrischen hause nichtes schaden wird / obschon Syrien davon ab- und seine rechte Königin wieder bekommen solt. Dann / viel Königreiche machen nicht reich / sondern das / was man mit recht besitzet.

Es machte ja der krieg / (gabe die Königin von Tyro zur antwort) meinen bruder zum rechtmäsigen herrn des reiches Syrien! Wiewol ich bekeñen muß /daß ich mein unglůck / so mich der himmel an meinen kindern erleben lässet / als eine straffe anneme: die ich darmit verdienet / daß ich ehmals mit-ratgeberin zu dem blutigen krieg in Syrien gewesen. Ja / liebste base! ich habe mich an dem frommen König Aramenes und dessen unvergleichlicher gemalin versündigt: daher ich nun fülen muß / was meinem mutterherzen wehe thut. Hiemit verwehrten ihr / die viele tränen /ein mehrers zu reden / und sagte die schöne Delbois: Ich bedenke bei mir selber / wie das leiden / so der Tiribaces und die Lantine der Königin von Tyro verursachen / zu vermitteln wäre. Wie dann / liebste base? fragte jene ganz begierig.

E. Maj. beliebe / (gabe Delbois zur antwort /) nicht ferner die gemüter zu zwingen / und ihren kindern die freie wahl in ihrer liebe zulassen. Was grosses unglůck hat der zwang der eltern schon öfters ausgerichtet? Sihet man nur an / die klägliche begebenheit des Amraphel und der Indaride / so ist der zwang einig und allein die ursache / daß E. Maj. iezt [652] diesen sohn beweinen. Ich kan die stats-ursachen so wenig loben /als ich sie nützlich finde / die da gebieten / sonder liebe / üm anderer absehen willen / sich zu verehlichen: da doch die vergnügung im menschlichen leben / allen andern betrachtungen vorzuziehen ist; und ist der Prinz oder die dame wol unglücklich / die sich dem gutdünken des stats unterwerfen / und nicht der jenigen freiheit genießen müssen / die auch schäfern und hirtinnen erlaubet ist.

Königliche personen sind halbe götter / (antwortete die Königin von Tyro /) und müßen nicht gemeiner menschen gedanken haben. Die betrachtungen / ihre reiche und ihre macht zu ergrößern und zu stärken /muß ihnen lieber seyn / als eine schnöde liebesregung / die ihrer so viel unglückhaft machet. Håtte der gute König Aramenes von Syrien dazumal mehr den stat /als seiner liebe / gefolget / er möchte noch wol diese stunde herr von Syrien / und vieleicht auch von Ninive / seyn: massen ihme gnug an die hand gegeben worden / die Ninivitische Erb-K \nigin Naphtis / eure frau mutter / zu ehlichẽ / als man die häftige liebe eures herr vattern zu der schönen Philominde verspüret. Was unruhe und verwirrung würde Orosmada zu Tyro anrichten / wann ich dem Tiribaces seine liebe guthieße? Und da der große Prinz von Assyrien iezt seiner so gar vergisset / eine gemeine jungfrau einer Königin fürzuziehen: müßet ihr nicht bekennen / daß er darinn unweißlich handele?

Wann mir erlaubt ist / (sagte die schöne Delbois) meine gedanken frei zu eröffnen / so muß ich bekennen / daß ich weder dem König von Syrien / noch dem Prinzen Tiribaces / noch dem Baleus / abfallen [653] kan /daß sie mehr ihren ehrlichen und keuschen zuneigungen gefolget und noch folgen / als anderen zwang-ursachen. E. Maj. sagen / wir sind götter: so sollen wir dann unser gemüte frei haben / und seine vergnügung und zufriedenheit allen dingen in der welt fürziehen dörfen. Die Königin von Elam hat niemals den Assyrischen Prinzen geliebet / und da / auf E. Maj. anregen und befehl / ich mit ihr von dieser heurat / die man so sehr zu Babel wünschet / geredet / habe ich wol soviel gespüret / daß ihr nicht der Assyrische thron / sondern die freie wahl / gefiele. So stimmet dann diese auch mit ein / (fiele ihr die Königin von Tyro ins wort /) mich unglücklich zu machen? O ihr götter! Ich maße zuvor dem Prinzen von Assyrien allein alle schulde bei: und nun höre ich / daß auch Lantine mein unglück mit verursachet. Ach liebste Delbois! der himmel hat euch großen verstand gegeben: ach! wendet solchen an / meine unartige kinder auf den rechten weg zu bringen / und nicht mich zu überreden / daß ich nicht unglücklich sei / und daß meine kinder recht haben.

Ich unterstehe mich nicht / (sagte die schöne Königin /) wider E. Maj. etwas zu verfechten. Ich finde mich aber auch untüchtig / iemanden eine andere meinung beizubringen / als die ich selbsten behaubte. Solte wol eure tugend (fragte die Königin von Tyro) zugeben können / daß ihr euren eltern ungehorsam würdet / und daß ihr / einer blinden liebe zu folge /ehre / würde / nutzen / ja alles hintan setzet? Keines wegs! (antwortete die Königin von Ninive) Ehe ich denen / gegen die mir Gott und die natur den gehorsam anbefihlet / solte ungehorsam werden / lieber wolte [654] ich sterben. Wann ich aber / mit ihrer bewilligung / meiner wahl im lieben folgen dörfte / wolte ich sonst nichtes ansehen / und bei mir mehr meine neigung / als andere stats-ursachen / herrschen lassen /sonderlich / wann die nicht der tugend zuwider laufet. Und eben dieser / kan ich die liebe des Tiribaces nicht entgegen finden. Wann auch der Baleus einen ehrlichen zweck haben solte / in seiner liebe gegen meiner Aramena: so wäre ja sein thun nicht zu tadeln / weil es nicht lasterhaft ist. So ist auch endlich die K \nigin Lantine so wol erzogen / daß / wann sie ja lieben solte / ich versichert bin / daß ihre wahl edel seyn würde.

Es ist mir schon ein sohn (sagte die K \nigin von Tyro) durch die närrische liebe ümgekommen: darüm wil ich trachten / die übrigen bei zeiten zu versorgen /damit sie nicht in gleiches elend gerahten. Lantine /sol den Baleus haben: und Tiribaces / die Jaelinde. Die erste heurat / befihlet mein bruder / und wird dadurch das Assyrische bäste befördert. Die andere / ist des Königs von Tyro meines gemals verlangen: weil er den Prinzen von Achusath ihren herr vattern so wehrt hält / und darüm dessen tochter für seinen einigen sohn bestimmet hat. Ich beschwere demnach euch / im namen aller götter: gebrauchet hierinn mir zum trost und bästen / euren hohen verstand / und helfet es in diese wage richten; dadurch der König von Assyrien euer herr vatter / euer gesamtes haus / und ich /merklich können erfreuet werden.

Die schöne Delbois / so bereits ein anders diesen verliebten verheisen hatte / wolte die alte Königin nicht ferner betrüben / noch weniger sie mit wider sprechen erzürnen. Demnach brache sie dieses gespräche [655] ab / und ihres eigenen verwirten zustands sich erinnerend / truge sie verlangen / vermög gestriger abrede / mit dem Prinzen Abimelech und dessen beiden freunden sich zu unterreden. Also ginge sie / sobald die tafel aufgehoben war / und die Königin von Tyro sich zur mittags-ruhe begeben wolte / wieder nach ihrem palast. Sobald sie daselbst angekommen / ließe sie den Fürsten von Edom und die Ahalibama zu sich holen / üm mit ihnen beiden nach der Timna zu fahren. Diese kamen fast zu einer zeit in ihr zimmer: da die vergnügung des Esau / der unzufriedenheit der Prinzessin von Seir sich vergliche / indem dieser verliebte sie so gern / als sie ihn ungern / sahe.

Wie sie nun beide fragten / worzu sie wären erfordert worden / sagte die schöne Königin zu ihnen: Ihr müßet mit mir nach der Fürstin Timna fahren; dann es nicht billig ist / daß ein schwiegervatter und eine so nahe befreundtin diese kranke länger unbesuchet lassen. Ahalibama / sowol als Esau / veränderten die farbe / als sie diese worte vernamen / welches die Königin von dem Esau wol vermutet hatte. Sie wolte aber nicht länger alda verziehen / sondern / wie sie dem Esau die hand geboten / muste der sie nach ihrem wagen begleiten / auch sich neben der Ahalibama zu ihr hinein setzen. Ihren bedienten aber / befahle sie hinter ihr zu bleiben: damit nicht / durch menge der leute / der Timna möchte ungelegenheit gemacht werden.

Wie sie nun also dahin fuhren / wolte die K \nigin /die zeit zu gewinnen / des Esau gemüte zur versönung vorbereiten / sagte derhalben zu ihme: Ich wäre wol befuget / dem großen Edom zu verweisen / daß er einer meiner liebsten freundinnen also grausam begegnet / [656] daß die daher fast in zweifelmut gerahten. Ich weiß aber daneben / daß kein böser vorsatz / sondern eine scheinbare ursach / solche mishälligkeit erwecket. Und weil hieran die Ahalibama schuldig ist / als sol die auch gehalten seyn / durch ihre bekentnis alles wieder gut zu machen. Ahalibama / die von allem diesem keine kentnis hatte / wüste nicht / was sie hievon gedenken solte: gleichwie auch Esau anstunde / was er hierauf der Königin antworten solte.

Die Königin Delbois aber / fuhre also fort zu reden: Ist es nicht wahr / Fürst von Edom! daß ihr der Timna unlängst ein kästlein mit geschenken geschicket / so man euch wiedergebracht / mit den worten: der Esau m \chte die Fürstin mit dergleichen verschonen / und sich anderst gegen ihr erweisen? Wie nun Esau dieses bekräftigt / wandte sich die Königin zu der Ahalibama / und sagte: habt ihr nicht / meine base! ein lädlein mit kleinodern von dem Esau entfangen / und ihme solches mit vorerwehnten worten zurücke gesendet? Die beschämte Prinzessin / gestunde hierauf der Königin / daß alles diß mit dem lädlein sich zugetragen hätte. Wie nun Esau hieraus abname /daß ein irrtum hierinnen fürgegangen / wurde er doppelt beschämet. Er muste / auf der Königin ferneres fragen / gestehen / daß er dieses geschenke / nicht der Ahalibama / sondern der Timna zugedacht hätte / und daß man ihm solche entfindliche worte zu entbieten lassen. Damals (sagte er / sie ganz verliebt anschauend) hielte ich mich deßwegen für unglücklich: nun aber spüre ich / daß jenes unglück mir erträglicher gewesen / als mir dieses ist / so ich iezt erfahren muß /daß die Prinzessin Ahalibama gegen mir sich [657] so ungnädig erweisen wollen. Und ich bin froh / (antwortete ihm die Ahalibama) daß der Fürst von Edom nicht so gar gegen mir der ehrerbietung vergessen / die man meines gleichen schuldig ist / sondern nur durch einen irrtum mich beleidigt / mich mit seinen geschenken beladend / die ich von ihme nicht anzunemen begehre.

Ich sehe wol / (sagte die Königin lächlend /) daß /indem ich an dem einen orte vermeine frieden zu machen / ich wol an dem andern wieder krieg erregen möchte. Ich muß euch aber beiden hierinn einen verweiß geben: und zwar euch / liebste base! daß ihr die geschenke von dem großen Edom nicht bässer in acht nemet; euch aber / Fürst Esau! daß ihr die Prinzessin Ahalibama nicht warhaftig / sondern mir zufälliger weise / beschenkt habet. Esau / war mit diesem verweiß sehr wol zu frieden / Ahalibama aber nicht: die von diesen ihr-verdrieslichen gespräch erlöset wurde / weil damit der wagen eben für der Timna palast still hielte / da der Cimber und Tubal die Königin entfingen / und in der Timna kammer begleiteten. Abimelech / der auf der gassen / üm nicht von einem des Belopares bedienten ersehen zu werden / sich nicht d \rfen finden lassen / ließe sich in dem zimmer antreffen.

Wie nun die Königin sich bei der Timna bette begeben / und den andern befohlen hatte / sich üm sie her zu setzen / sahe sie diese Fürstin an / und sagte: Ich muß ietzund / liebste Timna! die stelle eures arztes vertreten / und euch wieder zur gesundheit verhelfen. Hierzu habe ich bereits einen guten anfang gemacht / indem ich dem Fürsten von Edom den irrtum /der mit seinem geschenke fürgegangen / eröffnet / daß also dißfalls [658] die sache keine schwürigkeit mehr hat. Was aber den verdacht betrifft / den sein sohn und folgends er selber auf den Prinzen Cimber geworfen /derselbe ist ihm noch nicht benommen. Es wird aber solches ja so leicht / als das andere / geschehen können / wann der Prinz Cimber / seine liebe uns zu entdecken / ihm wird gefallen lassen.

Wann / diesen befehl der Königin / der Cimber warhaftig hätte verrichten sollen / so würde unter dieser gesellschaft mehr unruhe / als schon darinnen war / entstanden seyn. Er muste aber wider sein eigen herze reden / und aus seiner schwester seine liebste machen / wie er dann thåte / also antwortend: Ob wol meine liebe das gröste geheimnis ist / so ich auf der welt habe / so muß ich doch / üm die unschuld der tugendhaften Timna zu retten / diß orts gestehen / daß ich fürlängst eine große Prinzessin geliebet: die /durch sonderbare zufälle / allhier in Damasco erkrankt angekommen / welche / auf mein inständiges ansuchen / von der Fürstin Timna in ihren schutz aufgenommen worden. Ich brachte ihr diese Prinzessin eben den tag / als der irrtum mit des Fürsten von Edom geschenke fürgegangen. Weil wir diese Prinzessin allhier geheim halten wolten / als ware ich neben ihr in der Timna kammer verschlossen / als der eifersüchtige Eliphas dafür kame: der folgends / mich aus seiner gemalin kammer treten sehend / mit unfreundlichen worten mich entfinge: da ich dañ / wann ich damals / so wol als iezt / dessen ursachen / und daß Eliphas und Timna eheleute seien / gewust hätte /diesen mißverständen gleich wolte abgeholfen haben. Dieses / grosser Edom! ist die wahre bewandnis dessen / was alle [659] diese ungelegenheit der Fürstin Timna hat verursachet. Es kan die Königin von Ninive /sowol als mein Prinz Abimelech / welche gestern die Prinzessin Hercinde gesehen haben / mir dessen zeugnis geben / wann etwan der Esau bedenken trüge /meinen worten glauben beizumessen.

Esau befande sich hiemit so überwunden / daß er sich nicht länger halten kunte / zu seiner schwiegertochter für das bette zu eilen / und sie zu ersuchen /daß sie ihm seinen gehabten irrtum verzeihen wolte: womit er nicht allein diese gute Fürstin hoch erfreute /sondern auch die ganze gesellschaft vergnügte. Indem er nun folgends auch den Cimber ümarmete / und zugleich bate / ihme / dieses verdachts halber / seine freundschaft nicht zu entziehen: trate die Ahalibama für der Timna bette / und für freuden tränen vergießend / bekante sie ihr nach der länge / den argwahn /den sie von ihm geschöpfet / nachdem sie bei ihr im bette einen mañ gefunden / unwissend / daß er ihr ehgemal gewesen. Sie verwiese ihr auch dabei / daß sie /mit dieser heurat / für ihr nicht so geheim seyn sollen. So rürete dann daher deine kaltsinnigkeit / liebste Ahalibama! (sagte hierauf die Timna /) welche ich etliche zeit an dir verspüret? Ich kan dich zwar hierům nicht verdenken: dann ich selber hieran schüldig bin /indem ich dir nicht eher meinen zustand eröffnet.

So ist dann / Gott lob! (finge hierauf die K \nigin an /) wieder friede gemacht / und manglet nun nichts mehr / als daß der Eliphas seiner unschüldigen gemalin abbitte / was er ihr zu nahe gethan. Bei erinnerung dessen / seufzte die Timna gar sehr / sagend: Ach Gott! wann nur meines herrn unmut ihn nicht [660] zu verzweifeltem beginnen getrieben hätte! Der Esau sprache ihr hierauf guten trost ein / sie versicherend / daß er alsofort nach Edom iemand abschicken / und diese gute zeitung ihme wißlich machen wolte. Auf solche vertröstung gabe sie sich zufrieden / und danckte folgends der Königin tausendfältig / daß sie aus dieser verwirrung sie erlöset hatte. Ach! wann uns auch (sagte die schöne Delbois / zugleich ihren Abimelech ansehend /) aus einer andern verwirrung / die uns über dem haubte schwebet / so leicht zu helfen wäre! so hätten wir ursach / dem himmel zu danken. Abimelech / der in dieser gesellschaft niemanden fande / der nicht wissen dörfen / was er gestern seiner K \nigin vertrauet / auch bereits dem Cimber davon meldung gethan hatte / versetzete hierauf: Ich zweifle gar nicht an des himmels hülfe / massen die wunderbare entdeckung / die mir von dieser heimlichkeit geschehen /mir nachzusinnen anlaß gibet / wie Gott für uns sorge / der uns hiemit zeitlich vorwarnen wollen.

Esau / Ahalibama und Timna / erwiesen ihre verwunderung / über diesen dunklen worten des Abimelech / weswegen die Königin wieder also anfinge: Mein zustand / der euch allerseits bekant ist / hat sich dermassen verändert / daß / wann ihr dem Prinzen der Philister gehör geben wollet / eure verwunderung sich in eine höchste bestürzung verwandlen wird. Wie sie demnach alle begierig waren / diese neue begegnis zu vernemen / erzehlte ihnen der Prinz von Gerar nach der länge / was er gestern seiner Königin entdecket hatte: wie nämlich Dalimire ihn liebe / und durch den Belopares ihme ihre zuneigung eröffnen lassen; wie der Sparetes vom König zu Babel beordnet wäre /[661] sich der stadt Ninive zu bemächtigen / sobald der Belochus in Damasco würde angekommen seyn; wie gemeldter Sparetes der Dalimire / als ihre seite haltend /diese stadt und das reich Ninive übergeben wolte; wie Belochus nicht der Königin vatter sei / wie er sie liebe / und wie die Dalimire alle bediente der Königin auf ihre seite gebracht / also daß sie sich niemanden vertrauen dörfte. Die ganze gesellschaft erstaunte für entsetzen / soviel frömde dinge auf einmal zu hören: und verwunderten sie sich anbei nicht wenig / über der Königin standhaftigkeit / welche hierbei so mutig sich erwiese / unangesehen sie in so großer gefahr schwebete.

Rahtet mir nun / liebste freunde! (sagte sie /) was ich bei diesen ümständen beginnen sol. Mein stand und herkunft / ja mein vatterland / ist mir nun verborgen. Meines Königreichs werde ich bald verlustig seyn / wo mir nicht sonderbare und geschwinde hülfe widerfäret. Und / da ich dem Prinzen Abimelech einmal mein herz gegeben / muß ich sorgen / daß der König Belochus dasselbe mit gewalt an sich raube /wofern ich nicht bald mich dargegen verwahre. Der verliebte Abimelech / den dieses am nähsten anginge /war auch der erste / der seiner Königin antwortete. Ich sorge nicht so sehr / (sagte er /) wie man E. Maj. stand und geburt erfahren möge: weil ich mir für gewiß einbilde / daß der Königin Naphtis kästlein /das sie auf ihrem todbette E. Maj. ausgehändigt / mit dieser vermanung / solches nicht eher zu eröffnen / als wann dero heurat mit dem Prinzen von Assyrien vollzogen wäre / werde uns dieses verborgene rätzel entdecken können. Auch sorge ich nicht / daß der Konig[662] von Assyrien das herz / das die unvergleichliche Delbois mir gegeben / mit aller seiner macht und gewalt mir zu rauben vermöge. Nur dieses befinde ich das gefärlichste und notwendigste / einen gegen-anschlag darwider zu fassen / daß wir das Königreich Ninive erhalten / und daß solches weder dem Belochus noch der Dalimire in die hände gerahte.

Ich biete / im namen des Königs von Basan / (sagte Cimber) E. Maj. dessen ganze macht an: und weil der iezt im frieden sitzet / und seine gewalt nicht gering ist / als wird die E. Mai. wol auf ihren thron erhalten können. Ich bin (antwortete die Königin) den Prinzen Cimber / für dieses anbot / höchlich verbunden / wil auch / dafern des Königs von Basan güte hierinn so groß ist / alß seines vettern / an gutem fortgang nich zweifeln: allein ich sorge / der große Marsius werde meinet wegen keinen krieg anheben wollen. Darinn wollen (gabe Cimber zur antwort) E. Maj. sich lediglich auf mich verlassen: es werden nicht drei wochen verstreichen / so sol ein mächtiges heer der teutschen E. Maj. zu gebot stehen.

Wie nun die Königin ihme nochmals hoch dafür gedanket / sagte Esau: Ich bin beschämet / daß ich /bei diesen ümständen / die versprochene hülfvölker von E. Maj. annemen sol / da dero reich selber in solcher gefahr stehet. Weil aber / wann man dieselbe zurück ließe / der Dalimire sowol / als dem König von Assyrien / einigen argwahn erwecken dörfte: als wil ich bemühet seyn / soviel immer möglich / mit den Seirischen Fürsten einen frieden zu treffen / damit E. Maj. völker üm so viel eher wiederkehren / und der Prinz Abimelech / neben mir / E. Maj in person [663] dienen mögen; womit ich zugleich der Prinzessin Ahalibama zeigen wil / daß von mir / die beruhigung ihres vatterlands / nicht gehintert werde. Ahalibama beantwortete dieses / mit niederschlagung der augen / und einer röte / die wider ihren willen ihre wangen bezoge: und die Delbois name dieses anerbieten des Esau so gut auf / als sie zuvor gegen dem Cimber gethan hatte.

Nach langem überlegen / ward endlich dieser schluß gemacht / daß die Königin den Fürsten Arsas von Cale / dessen widerkunft aus Canaan sie täglich erwartete / und dessen treue sie wol versichert war /nach Ninive senden solte / üm das kästlein der Königin Naphtis aus ihrem schatz herüber zu holen / und sich darneben / wegen des anzugs des Sparetes / wol und genau zu erkündigen / auch ob in Ninive alles in guter gegenverfassung stünde. Was der Ardeus / den man täglich mit den hülfvölkern erwartete / immittels von Ninive mitbringen würde / das müste man absehen. Der Cimber verhieße / alsofort den Tubal nach Basan abzufärtigen: von dar es an der versprochenen hülfe nicht ermangelen würde. Abimelech solte / wie er bisher gethan / mit guter hofnung den Belopares aufhalten / üm dessen verträulichkeit zu nehren: der aber sich nicht dazu entschließen wolte / der Dalimire wider zu schreiben / ob es gleich nützlich befunden wurde / weil er / auch diß bloße stellen / seiner liebe entgegen zu seyn / vermeinte.

Hierauf wurde ferner abgeredet / folgenden tags bei einem opfer zu erscheinen / da die Prinzessin von Seir ihr glaubensbekentnis ablegen wolte: und weil der Prinz von Assyrien mit dabei seyn würde / [664] als könte man gegen der Königin von Tyro / und den andern /die von ihrem glauben keine wissenschaft haben müsten / fürgeben / wiedaß sie / die alte stadt Enos so der Cain noch erbauet / zu besuchen giengen; und würden sie / ungeacht ietziger unruhe / sicher dahin gelangen / weil der Baleus eine starke leibwacht von Assyriern bei sich hätte. Die gottselige Königin / beruhigte sich mit dieser opfer-anstalt am meisten: weil sie darbei ihre sachen und ihren Prinzen dem gerechten himmel fürtragen / und ihn der aufsicht des höchsten / ihn in bevorstehendem feldzuge nach Edom zu begleiten / anbefehlen wolte. Esau vermochte hierbei seine freude / über der bekehrung der Ahalibama /nicht zu bergen: und Abimelech sprache dem Cimber zu / diesem Gottesdienst mit beizuwohnen / unangesehen er noch nicht den rechten Gott verehrete: welches er dann zu thun verhiese. Nachdem hier auf ihre unterredung noch eine weile gewäret / fürete der Cimber den Fürsten von Edom nach der Prinzessin Hereinde / üm seine worte wahr zu machen: inzwischen sich die schöne Königin und der Abimelech an ein fenster begaben / alda von ihrer keuschen liebe sich allein zu unterreden.

Ahalibama bliebe bei der Timna / die sie nun von neuem hatte lieb gewonnen: und weil sie in vierzehen tagen einander nicht viel gesehen / als holeten sie nun alles nach / was bisher versäumet worden. Die Timna muste dieser ihrer basen auch versprechen / mit dem ersten ihr ihren lebenslauf zu erzehlen: dessen unwissenheit / bald einen harten stoß in ihrer Freundschaft verursachet hätte. Weil auch der Timna unpäßlichkeit / mehr von unzufriedenheit des gemütes / als von übeler beschaffenheit des leibes / hergerüret / als [665] befande sie sich / nun ihr gemüte wieder genesen / so wol auf /daß sie den andern tag beim opfer mit erscheinen wolte. Es musten aber endlich / weil es dem abend zu ginge / die beide verliebte sich entschließen / voneinander zu scheiden: da die schöne Delbois / nachdem sie zuvor die schöne Hercinde nochmals besuchet /mit dem Esau und der Ahalibama wieder nach hofe fuhre / dahin bald hernach der Abimelech folgete. Cimber aber bliebe daselbst / üm alsofort zu des Tubals abreise anstalt zu machen / der aus Basan die hülfvölker überbringen solte.

Es ist nicht genug / (sagte er bei sich selbst /) daß ich in person dem glücklichen Abimelech in seiner liebe diene: ganz Basan muß auch dergleichen thun /und ich nun das reich Ninive beschützen / damit Delbois den Abimelech daselbst zum König krönen könne. Hierauf kame ihm sein neuer mitbuler / der König von Assyrien in den sinn: dessen gewalt und unbändiges gemüt / ihn alles für seine Königin fürchten machte. Betrachtete er dann ihren verborgenen stand / kunte er sich daraus nicht finden / noch ergründen / von was stammen sie seyn müste. Ihr aber in allem / und nach äuserstem vermögen / zu dienen /name er noch den abend mit seinem freunde den Tubal die abrede / was der zu Basan / sowol der hülfvölker als der Prinzessin Hercinde halber / bestellen solte: und wurde dessen abreise so beschleunigt / daß die den folgenden morgen für sich gienge.

Weil am morgen der verliebte Cimber sich erinnerte / daß er dem opfer / welches die Königin von Ninive angestellet / beizuwonen versprochen hatte / als verfügte er sich / neben der Timna / (von der er zugleich [666] [668]abschied name / weil er aus ihrerwonung ausziehen / und ein eigenes haus mieten wolte / üm diese Fürstin für fernerem verdacht zu bewahren /) nach dem palast dieser Königin. Er fande daselbst die wägen und pferde schon färtig / und befanden sich in dieser gesellschaft / die Königin von Ninive / der Prinz von Assyrien / die Prinzessinnen Indaride / Ammonide / Jaelinde und Ahalibama / neben den Fürstinnen Timna / Casviane und Aramena / und dann die Prinzen Abimelech / Esau und Cimber. Zameis / des Assyrischen Prinzen hofmeister / war der einige von allen bedienten / so mit ritte. Wie sie sich nun auf etliche wägen verteilet / namen sie / von des Baleus auch der Königin von Ninive leibwachten begleitet /ihren weg nach der stadt Enos / die ungefär ein felbwegs von Damasco gelegen: alda auf einem berge / nahe bei selbiger stadt / die Königin das opfer durch einen priester aus Salem / den ihr der Melchisedech ehmals zugeschicket / und der sich verborgen immer bei ihr am hofe aufhielte / zubereiten lassen.

Wie sie nun anfangs alle niedergekniehet und angebetet hatten name die Königin die Prinzessin Ahalibama bei der hand / und fürete sie zu dem altar: da sie öffentlich allen heidnischen göttern absagte / den wahren Gott des himmels und der erden für ihren Gott allein bekante / und darauf durch den priester / von ihrem der Diana gethanem gelübde / losgesprochen wurde. Hiernächst ward das opfer angezündet / mitlerweile man einen lobgesang anstimmete. Nachdem beides geendet war / sungen sie die sieben gebote des Noa / welche er seinen kindern zu halten fürgeschrieben / folgender massen.


[668]

Ihr kinder Noa! hört die lehren / die euch gibet

eur vatter / nemt sie an / schreibt sie dem herzen ein.

Wer ihm lässt diß Gesetz des lebens richtschnur seyn /

ist Gottes liebes kind: der / die ihn lieben / liebet.


Gott hat die erste welt / durchs wort / aus nichts erschaffen;

üm unsrer vätter sünd / durch wasser sie verstört.

Der wil in dieser welt alleine seyn geehrt.

Wer andren Göttern folgt / den wird der Höchste straffen.


Gott / der uns alles gibt / was lebt und schwebt / ernehret /

ja jeden augenblick uns zeiget neue Gut:

Der fordert nur von uns ein dankbares gemüt /

daß von uns ohne maß werd seine ehr gemehret.


Gott / der allein ein Herr ist über tod und leben /

kein blutvergießen dultt. Ein mörder / ist verflucht.

Das blut gen himmel schreit / und schwere rache sucht.

Weh dem / der kränkt die seel / die menschen Gott gegeben.


Gott ist ein keuscher Geist / und flieht unreines wesen;

Kan / der sein' ordnung hasst / und dieses band zerbricht

das er im paradis gestiftet / dulten nicht.

Kein hurer ist zum reich der heiligen erlesen.


Gott / der in rechter maß hat iedem zugewogen

sein teil / sein täglichs brod / läst den nicht ungestrafft /

der seinem nächsten hier das seine diebisch rafft.

kein raub gedeit / weil ihm der segen ist entzogen.


Gott / der die warheit liebt / und ins verborgne sihet /

die lästermäuler hasst. Wer falsches zeugnis gibt /

und seines nächsten ehr mit vorsatz so betrübt:

der bleibt nicht ungestraft. Drum dieses laster fliehet!


Gott fordert seinen dienst von uns in reinem wesen.

Wir sollen vor ihm seyn ein heiliges gefäß.

Drum niemand ja das fleisch in seinem blut nit eß:

die seele ist im blut / drum ist es auserlesen.


Ihr kinder Noa! nemt vom vatter diese leyren:

so wird des Höchsten güt stäts über euch aufgehn.

Im bunde werdt ihr seyn / und stäts im segen stehn.

Hört ihr gern diß gesetz / so wird euch Gott auch hören.


[669] Nach endigung dieses liedes / setzeten sie sich zusammen üm den altar / und hörten dem priester zu /der eine geistliche rede ablegte / vom dem zustande der gläubigen seelen nach dem tode: deren vergnügung er so herrlich und süß seinen zuhörern fürmalete / daß sie alle darob vergnügt blieben: sonderlich die nunbekehrte Prinzessin von Seir / welche / bei beschreibung dieser freude der seelen / sich ihres Eliesers erinnerte / und ihr fürstellete / wie der nun derselben genieße. Sie muste darauf ihr eignes opfer bringen / welches war eine junge taube / und eine turteltaube: das sie dann mit sonderbarer andacht verrichtete. Nach diesem / und als nun der gottesdienst geendet war / ümarmte die Königin von Ninive die Ahalibama mit freuden-tränen / und wünschete ihr glück zu ihrer bekehrung: welches hierauf auch alle die andern thäten / und unterließe fürnemlich der Esau nicht / seine herzliche freude hierüber ihr zu bezeugen.

Weil es nun eben / wegen eines aufgestiegenen windes / etwas kül war / als wolte die Königin / nach Enos spazirend / sich etwas belustigen. Auf diesem weg / kame die Ahalibama bei der Casbiane zu gehen / und weil sie an dieser Fürstin einige betrübnis spürete / name sie daher anlaß / sie üm die ursach ihres anligens zu fragen. Ich bin iedesmal stilles gemütes /(sagte Casbiane /) wann ich dem Gottesdienst habe beigewonet: dann ich die gebote des Noa / die uns alle verbinden / niemals ohne grausen anhöre / weil ich dabei bedenke / wie wenig wir menschen diese gebote halten / ohne deren beobachtung wir doch mit Gott nicht wol stehen können. Dergleichen angst (antwortete Ahalibama /) mögte vielmehr ich fülen / [670] und sehe ich nicht / was die Fürstin von Cale für andern hierzu für ursach habe: massen ja diese gebote von ihr / nach menschlichem vermögen / gehalten werden. Sie ehret keinem andern Gott / als den wahren. Sie lobet und danket dem Höchsten. Sie ist keine mörderin /keine ehebrecherin / keine diebin. Sie gibt kein falsches zeugnis / und hütet sich für verbotenen speisen. Ach wehrte Prinzessin! (antwortete Casbiane seufzend /) Gott / der in das innerste sihet / urteilet nicht /wie ein mensch / nach dem äuserlichen. Woher weiß meine Prinzessin / daß ich alle diese gebote so volkömlich halte? Nimmermehr kan ich mir einbilden / (sagte Ahalibama /) daß / wer einmal den rechten Gott erkennet / von demselbigen wieder abweichen könne. Vieleicht machet ihr die Fürstin davon ein gewissen / daß sie mir neulich in der Diana tempel nach Ninive verhelfen wollen / daß sie / als eine rechtgläubige / billiger hätte verwehren sollen. Freilich habe ich hierinn gröblich gesündigt / (antwortete sie /) und erkenne wol ietzund / wie unrecht ich gethan habe.

Hiemit / als sie in ihrer unterredung weiter fortfahren wolten / ersahe Casbiane iemanden eiligst auf sie ankommen / den sie / als er sich näherte / für einen bedienten ihres herrn / des Fürsten Arsas / erkante. Dieser überlieferte der Königin von Ninive ein schreiben / und gienge folgends zur Casbiane / deren er auch einen brief aushändigte. Diese Fürstin zeigete /bei diesem entfang / einige bestürzung / und fanden sie in beiden schreiben die nachricht / daß der Arsas nächsten tags in Damasco seyn wolte. Casbiane erwiese hierauf ein großes verlangen / bald in ihrem hause zu [671] seyn / und bate deshalben die Königin üm erlaubnis / füran wieder in die stadt zu fahren: welche ihr solches vergönnet / und solche eilfärtigkeit / ihrer freude über ihres gemals wiederkunft zuschriebe. Als sie hinweg war / verbliebe die Königin mit der andern gesellschaft noch eine weile zu Enos / und hielte daselbst malzeit: da Abimelech sich der guten gelegenheit wol bediente / bei seiner schönen Delbois zu seyn / Esau der Ahalibama fleißig aufwartete / und Baleus die Aramena mit gesprächen unterhielte / welches der Cimber bei den übrigen Prinzessinnen verrichtete.

Sie fuhren aber / ehe die mittagshitze völlig einbrache / wieder nach Damasco: da die Königin von Ninive mit der wiederkunft des Fürsten Ardeus / den sie nach Ninive geschicket / erfreuet wurde. Sie ließe ihn alsofort in gegenwart ihrer andern Ninivitischen Fürsten / in ihr zimmer kommen / von seiner verrichtung bericht einzunemen. Er entschüldigte erstlich sein langes ausenbleiben: dessen ursache er der langsamen werbung beimaße / mit deren man nicht geschwinder aufkommen können. Hiernächst vermeldete er / wie er nun ein auserlesenes volk / unter fürung des Phalacus als feldhaubtmans / mitbrächte / die im thal Hoba hinter Damasco bereits angekommen wären / und daselbst der Königin befehl erwarteten. Der Statthalter von Ninive ließe die Königin hierbei ersuchen / daß sie die hülfe / so sie dem Fürsten von Edom versprochen / also erstatten wolte / damit sie auch volk für sich behalten möchte / dessen sie / nicht allein wegen des kriegs mit dem König von Canaan / sondern auch und vielmehr wegen der Assyrier / die über Ninive nichts gutes beschlossen hätten / höchst [672] benötigt seyn würde. Delbois / die der warnung des Abimelech zu folge / keinem von ihren Fürsten trauen wolte / hielte mit allem dem zurücke / was sie hievon bereits wuste: und ein gutes vertrauen gegen den Assyriern bezeugend / name sie die wolgemeinte warnung des Fürsten Peldas gütig auf / und erklärte sich / die hälfte der Ninivitischen völker zu behalten / und die andern dem Fürsten von Edom zu überlassen.

Hiernächst fragte sie den Ardeus / ob man nicht zu Ninive erfahren / daß der Prinz von Canaan die Königin Aramena aus dem tempel der Diana hinweg bekommen hätte? Hierauf erzehlte ihr der Ardeus / daß hiervon ein gerüchte in Ninive erschollen wäre / als der Aner / des Prinzen Hemors Statthalter / mit der Aramena bereits hinweg gewesen. Der Fürst Peldas hätte sich hierüber sehr bestürzt angestellet / und deswegen von der Oberpriesterin Celia nachricht begehret; die ihme nichtes anders als dieses zurücke sagen lassen: Man hätte ihr nicht die Prinzessin Aramena von Chaldea / des Statthalters von Syrien tochter / so betrieglicher weise rauben und fürenthalten sollen; so dann würde auch sie / dem Assyrischen hause zu wider / die Syrische Königin Aramena nicht so heimlich aus dem tempel gegeben haben. Der Statthalter von Ninive (fuhre Ardeus fort zu erzehlen) kunte sich in diese antwort gar nicht richten / und hat er mir / an seinen schwager / den Fürsten Husan / briefe mitgegeben / so diese Syrische Königin betreffen: daher E. Mai. vielleicht hiervon mehr nachricht werden erlangen können. Aus dieser antwort der Celia / (finge der Tharsis hierauf an zu reden /) die sie meinem herr vattern geben lassen / solte fast soviel [673] erhellen / daß man die Milcaride / so unter der Aramena namen von kindheit auf im tempel gewesen / aus demselbigen entfüret / welches Celia dem Königlichen hause von Assyrien beimesset: da ich doch wol bezeugen kan / daß der Prinz Mamellus von dieser entfürung seiner tochter nichtes weiß / und wegen ihrer aufbehaltung im tempel noch in grosem unmut lebet. Man muß dieses /(sagte Delbois /) dem guten Prinzen zur nachricht wissen lassen. Aber saget mir / Fürst von Chesed! ist die Prinzessin von Egypten in Ninive wol eingelanget? Sie ist mir / (gabe Ardeus zur antwort /) unfern von Ninive begegnet / und lässet sich E. Maj. aufs bäste anbefehlen.

Die Königin mochte / weil soviel herren zugegen waren / nach der Orosmada nicht fragen / und wurde sie damit abgefordert / nach der Königin von Tyro in den kriegesraht zu kommen: weswegen sie ihre Fürsten von sich ließe / und alsofort sich dahin begabe. Sie funde alda / in der Königin gemach / den Baleus /Abimelech / Esau / Mamellus / Sinear und Elihu / den alten Fürsten von Hus / den Husan Fürsten von Chesed / und den Belopares / neben vielen Assyrischen hohen kriegsbedienten: welche / weil im thal Hoba alle völker angekommen waren / sich bereden wolten / wie es mit diesem krieg anzuschlagen seyn möchte. Der Statthalter von Syrien hatte nachricht von Hierapolis erhalten / daß nicht allein die Ober-Syrer / unter dem Prinzen Hemor / welchen sie bereits den Syrischen König nanten / sich zusammen zögen / und sehr verstärkten / sondern daß auch der König Beor von Canaan in person / mit einem mächtigen heer / bald zu ihnen stoßen würde. Demnach [674] wurde / nach vielem überlegen / für gut angesehen / daß der Belopares /mit einem ansehnlichen haufen der Assyrier / den ankommenden Cananitern entgegen rücken / und ihnen verwehren solte / daß sie in Ober-Syrien zu den andern nicht stoßen könten. Prinz Sinear aber solte gleich für Hierapolis gehen / alda dem feinde abbruch zuthun: deme dann der Tharsis / und Elimodan einer von den Ninivitischen kriegsbedienten / solte zugegeben werden. Der Prinz Baleus / deme bei diesem kriegszuge von dem König seinen herr vattern nichtes anbefohlen war / wolte dennoch sich dessen nicht äusern / sondern / neben dem Mamellus und den andern / in und auserhalb Damasco verbleiben / und auf alles ein wachendes auge halten. Weil der König von Tyro mit den Cananitern im bund stunde / als hatten sie von dorther keine hülfe zu erwarten: welches der Königin von Tyro gar nahe ginge / als welche gern ihrem bruder hierinn ihre sonderbare liebe hätte erweisen mögen. Die hülfvölker für den Fürsten von Edom /solten / unter dem Prinzen Abimelech und dem Phalacus / folgenden tags aufbrechen / und der großen macht des Fürsten Akans sich widersetzen / die er aus Canaan den Fürsten von Seir hatte zugefüret: da dann die Königinnen / sowol diese als die andere Assyrische und Ninivitische völker mustern zu sehen / selbigen morgen sich mit nach Hoba hinaus begeben wolten. Also bliebe es bei dieser abrede / und sagte die Königin von Ninive dem Prinzen Mamellus / als der hinweg gehen wolte / was sie / seine tochter betreffend / von dem Fürsten Ardeus vernommen hatte: womit sie ihm ursach gabe / daß er selber diesen Fürsten hierüm fragen wolte.

[675] Wie nun / nach eingenommener abendmalzeit /deren die Königin Lantine und etliche von den Prinzessinnen mir beigewohnet / die gesellschaft wieder voneinander ginge / und der Fürst Husan die Königin von Ninive nach ihrem palast begleitete / fragte sie ihn: ob er von dem Fürsten Peldas ihrem Statthalter hätte briefe bekommen / darinn von der Syrischen Aramena erwehnung geschehen. Husan wurde hierüber ganz bestürzt / und wuste erstlich nicht / was er antworten solte / sagte doch endlich: Es wäre dem also / daß sein schwager ihme von dieser Königin geschrieben hätte. Weil aber mit Ihr. Maj. davon umständlich zu reden / einer eigenen verhör wol wehrt wäre / als wolte er solches bis dahin / da Ihr Maj. ihn ruhiger würden vernemen können / bei sich behalten. Die schöne Königin ware mit dieser erklärung vergnügt / und begabe sich hierauf zur ruhe: da sie die nacht / bei stäter vorbildung ihres geliebten Prinzen /wie der sich nun in neue gefahr stürzt / und sie in so gefärlichem zustand hinterließe / träumend zubrachte.

Nachdem sie mit anbrechendem tag wieder erwachet / und sich erinnerte / daß sie diesen tag kriegerische dinge verrichten solte / ließe sie sich hierzu schicklich ankleiden / und die Königin von Elam neben allem frauenzimmer ersuchen / in gleicher tracht / und zu pferd / mit ihr darbei zu erscheinen. Es bliebe von ihnen keine zurücke / als die Timna /wegen noch anhaltender mattigkeit / die Mehetabeel /als eine Fürstin von Seir / wider deren vatterland dieser feldzug zum teil erginge / und die Casbiane. Ahalibama aber / ob sie gleich einerlei ausrede mit der Mehetabeel haben können / [676] wolte doch / in erwägung / daß ihrentwegen der krieg zwischen den Cananitern und der Königin von Ninive angegangen / nicht dahinten bleiben / sondern dieser Königin / als ihrer grosmütigen beschützerin / aufwarten. Der verliebte Abimelech / hatte sich bereits zu seinem völkern vor-hinaus begeben: und ware das große und angeneme thal Hoba / das gegen Naema etliche meilen von Damasco gelegen / dazu bestimmet / daß daselbst / das große und ansehnliche heer der Assyrier und Niniviten / von den schönsten personen der welt besichtigt werden solte.

Wie nun dieser Prinz seine vertraute Babylonier in zimliche ordnung gestellet / und sich zu nächst an den Ninivitischen feldherrn Phalacus / der der Königin von Ninive völker fürete / gesetzet / auch der Belopares sein kriegsheer in gute bereitschaft gebracht / und der Altadas des Statthalters Mamellus untergebene kriegesleute zu den andern gefüret hatte: kame die königliche gesellschaft aus Damasco daselbst an / da der wunderglanz der schönen Delbois dergestalt in aller augen blitzete / daß sie gleichsam geblendet in diese sonne schaueten. Die andere fürtrefliche schönheiten erwarben ihnen ebenfalls viel anbetere: und wurden sie ingesamt mit einem allgemeinen freudengeschrei bewillkommet / davon die ümligende berge erschalleten. Die Königin von Tyro / neben der Statthalterin von Syrien und andern von ihrem frauenzimmer / fuhren auf köstlichen wagen hernach: da dann diese ganze gesellschaft / von dem Prinzen von Assyrien /dem Statthalter Mamellus dem Fürsten von Edom /dem Prinzen Cimber / dem feldherrn Hadoran / dem Fürsten Hanoch / auch allen Ninivitischen [677] und Syrischen Fürsten / neben einer großen menge aus Damasco / die der fürwitz hinaus getrieben hatte / begleitet wurden. Wie nun die Königliche personen mitten in das thal gekommen / sahen sie ein köstliches gezelt aufgerichtet. Der Assyrische feldherr Belopares entfienge daselbst die Königinnen / und sie in das gezelt fürend / richtete er seine rede an die schöne Königin von Ninive / zugleich ihr / im namen seines Königs / das ganze Assyrische heer übergebend: welches / wie er sagte / der große Belochus / zu ihrer beschützung / und wider den frevel des Königs von Canaan /hergesandt hätte / mit der versicherung / daß ieder von ihnen in freudiger begierde bereit sei / sein blut und leben für sie aufzuopfern.

Die schöne Delbois / die wol merkte / wie diß gemeinet war / bedankete sich / für diese gütige bezeugung des Königs / mehr mit dem mund / als im herzen / und ließe die fürnemste kriegsbediente für sich kommen / ihre begrüßung anzuhören. Wie dieses geschehen / kamen auch ihre eigene kriegs-obersten / ihr den rock zu küssen / da Phalacus / Arteman / Zaphis / Elimodan und die andern Niniviten / mit worten und gebärden ihre dapfere begierde an den tag gaben / ihr leben für ihre Königin zu lassen. Den Phalacus fürete sie alsofort zu dem Fürsten von Edom / und sagte: Hiemit wil ich meine zusage halten / die ich dem großen Edom gethan / und ihme meinen feldhaubtman zu dienst widmen / der befehl hat / die hälfte meiner angekommenen völker nach Seir zu füren. Es solte das ganze heer zu euren diensten seyn / wann nicht die noht erforderte / mich selber in sicherheit zu erhalten. Esau ließe sich hierauf auf ein knie nieder / [678] und küssete der Königin den rock / ihr solchermassen sein dankbares herz zu erkennen gebend. Der dapfere Abimelech trate hierauf auch herfür / mit seinen untergebenen kriegsbedienten / die der Belopares / von wegen seines Königs / dem Esau überlieferte / mit dem befehl / daß sie ihme neben ihren anvertrauten völkern / nach Seir folgen solten.

Hierauf / nachdem alle Assyrische herren auch die Königin von Tyro / als ihre alte lands-Prinzessin / begrüßet hatten / begabe sich ein jeder wieder nach seinen völkern / üm nacheinander in zimlicher ordnung für der Königinnen gezelt fürbei zu ziehen. Erstlich kamen die / so nach dem gebirge Seir gehen solten: denen die beide helden der Esau und Abimelech fürritten / solche majestät und dapferes wesen von sich blicken lassend / daß sie iedermans verwunderung auf sich zogen. Ihnen folgten vier tausend mann / von den Assyrischen soldaten / und vier tausend Niniviten. Hierauf kamen / der Hanoch Fürst von Midian /neben den feldhaubtman Phalacus / auch von vier tausend Assyriern und so vielen Niniviten begleitet: ferner der Zalmon ein Assyrier / und der Ninivite Elimodan / mit eben so viel Assyrischen und Ninivitischen kriegsleuten. Der junge Eupales / des Belopales bruder / und der Pannias / ein vetter des Fürsten von Ressen / fürete den vierten haufen: und den fünften und lezten / der Mytreus ein Babylonischer herr / und der junge Sosares / ein bruder des Fürsten Barzes von Arvad / die daneben über die mitgehende streitwägen bestellet waren.

Indem also dieses auserlesene volk fürüber zoge /begabe sich Ahalibama / üm nicht zu große entfindlichkeit [679] oder kaltsinnigkeit von sich blicken zu lassen / da diese wider die ihrigen ziehen solten / mit ihrem verkleideten bruder auf die andere seite des gezeltes: und hatte sie gnug zu thun / den ungedultigen Dison zu frieden zu sprechen / der ohne große herzensqual nicht ansehen kunte / wie diese vierzig tausend mann nach seinem vatterlande gingen / da er immittels in weibskleidern seine zeit faul und müßig zubrachte. Ach! solte es mich nicht schmerzen / (sagte diese verstellte Aramena / zu der Ahalibama /) daß mein verhängnis mich zwinget / so leichtsinnig zu leben / und üm einer unmüglichen liebe willen / meine ehre zu verscherzen / und der meinigen unterredung ungerochen anzusehen? Ob ich wol / (antwortete Ahalibama /) euren muht nicht tadele / und vielmehr euch lobe /daß ihr einmal ein misfallen über eure ietzige so gefärliche lebensart bezeuget: so möchte ich doch wol lieber sehen / daß ihr in so großer gesellschaft / da wir so viel aufmerkere haben / euch bäßer zwingen / und euren unmut verbergen köntet.

Indem nun Aramena wieder antworten wolte / verhinterte solches der Prinz von Assyrien / der auf sie zukame / und sich mitten einstellend / sie beide bei der hand fassete / und mit ihnen fortgehend / lächlend sagte: Eure feinde sind schon fürüber / kommet nur /wehrte Horitinnen! und sehet den andern zu / die nun fürbei ziehen werden: dann die sind eure freunde / und fürnemlich der Prinzessin von Seir ihre beschützere. Der Prinz von Assyrien / (antwortete Ahalibama /) erweiset gar zu große aufmerksamkeit / indem er nicht allein diese unsere absonderung von der gesellschaft /sondern auch deren ursach / sobald in acht [680] genommen. Wohin stäts meine augen gewandt sind / (sagte der Prinz / zugleich die Aramena ganz verliebt ansehend /) da kan ich leicht in acht nemen / was man thue. Ich weiß aber / dapfere Aramena! daß ihr die soldaten allzuviel verehret / als daß ihr ihnen iezt euer angesicht nicht gönnen soltet. Als eine vom gebirge Seir / (gabe Aramena zur antwort /) habe ich der Prinzessin Ahalibama gesellschaft geleistet / üm die verstörer unseres vatterlands nicht anzusehen. Aber als eine treuste dienerin meiner gnädigsten Königin /werde ich mit freudigem gemüte ihre dapfere beschützere mit ansehen.

Hiemit kehrten sie wieder zu den andern / als eben der feldherr Belopares für dem zelt über ritte / eine bewehrte manschaft von viertausend Assyriern fürend. Nach ihm kame der streitbare Oneballus / auch mit viertausend Babyloniern. Diesem folgte Dercylus /mit gleicher anzahl / ferner Ascrasapes / und lezlich Abieser / denen ingesamt zwanzig tausend mann / alle auserlesene kriegesleute / nachzogen. Nachdem diese sich an die eine seite des berges bei die nach Seir verordnete völker gestellet / erschiene der Prinz Sinear von Chaldea / dem ein heer von viertausend Chaldeern folgete. Nach ihm kamen der Mancaleus / und letzlich der Nechubes / ieder eine gleiche anzahl Chaldeer fürend. Hierauf ließen sich die Niniviten sehen / denen die Königin den Tharsis / Fürsten von Sepharraim / zum feldherrn zugeordnet: welcher diese ansehnliche stelle mit großer ehrsucht vertrate / und seine untergebene zwanzigtausend man in guter ordnung fürbei fürete. Der feldhaubtman Arteman / der Elimodan / der küne Zaphis / ein bruder der Siringe /[681] und der Hadat von Chesed / waren auch vorneme befehlhaber unter diesen völkern.

Nachdem dieses heer sich neben die andern gestellet / kame das Assyrische heer / welches / unter des Statthalters von Syrien aufsicht / zu beschützung des Königreichs / in Damasco und auf den berg Senir gelegt war: und fürete dieselben / auf des statthalters befehl / der Nahor Fürst von Haran / der junge Elhanan Fürst von Hus / und der Thison / aus Mesopotanien; welche auch zusammen zwölftausend mann auffüreten. Diesen ansehnlichen haufen beschloßen sechstausend Syrer: die aber mehr von namen als geburt Syrisch / und meist aus Babylonien bürtig waren / auch von einem Medischen herrn / dem Altadas / der Dalimire vettern / gefüret wurden: worwider sich zwar die Syrische Fürsten sehr gesträubet hatten / weil sie dieses volk / zum schutz des reichs / aus ihrem mittel regiren wolten / iedoch gezwungen es also musten geschehen lassen. Zu allerlezt folgete eine große anzahl streitwägen / über die der dapfere Opharteus gesezt ware.

Wie nun solcher gestalt die besichtigung vorgegangen / kamen die Prinzen Abimelech / Sinear / Esau /Belopares / Hanoch und die andere fürnemste kriegsbediente / wieder zu den Königinnen in das zelt: da der Mamellus die ganze gesellschaft / auf eine stunde von dar / in einem großen meienhof / den er hierzu bequemen lassen / zur malzeit einlude; weswegen sich /die Königin von Tyro zu wagen / die andere beide Königinnen aber / neben den Prinzessinnen und dem meisten frauenzimmer / zu pferd begaben / und im hinreisen / für das ganze heer fürbei kommend / [682] dasselbe nochmals in augenschein nemen konten. Die standhaftigkeit der Königin von Ninive / welche sonst alles mit unvergleichlicher entschließung überwinden kunte / finge hier ein wenig an zu wanken / als ihr liebster Abimelech nun bald abreisen solte: massen auch bei ihm sich gleiche regung fande / also / daß er zu vergessen begunte / daß er für so vielen aufmerkern sich zwingen muste / und sich stäts seiner Königin näherte / die gefahr / in der er sie verließe / viel größer / als er sonst gethan / ihm fürmahlend. Weil sie aber miteinander nicht reden dorften / als sprachen für ihn seine seufzer / worauf ihre betrübte augenwinke ihm die antwort zurücke brachten.

Zwar den betrübten Abimelech tröstete nicht wenig / des Cimbers gegenwart / und dessen gethane verheisung. Dannenhero / als ihm dieser sein freund zur seiten ritte / ümfassete er ihn mit dem einen arm / heimlich zu ihm sagend: Liebster freund! zu dir stehet meine einige zuversicht / und würde ich vergehen /wenn ich / sonder dich bei meiner Königin zu wissen / von ihr scheiden müste. Ach Cimber! halte was du mir versprochen / und nimm dich meiner Königin also an / als wann du sie selbsten liebetest. Sei versichert /wehrter Prinz! (sagte Cimber seufzend /) daß ich das edle und teure pfand / welches du mir anvertrauest /also werde in acht nehmen / daß ich eher mein blut und leben verlieren wil / als zugeben / daß sie gekränket lebe. Verlasse dich daneben nur sicherlich auf die hülfe aus Basan / und beunruhige nicht selber deine glückseligkeit / die du vollkömlich genießest. Mein glück / (antwortete Abimelech /) erkenne ich wol /daß es größer ist / als alle seeligkeit der welt. Betrachte ich aber / was [683] diesem glück entgegen stehet /so scheinet es das gröste und erschrecklichste unglück von der welt zu seyn: dafür ich mich dann billig fürchte / weil mir leichtlich das böse auf so viel gutes begegnen kan / gleichwie ich auch eines solchen gutes mich unwürdig erkenne.

Indem kame der Belopares dazu / und verstörte ihre unterredung: der dann / bei diesem abzuge des Abimelech / nochmals gelegenheit suchete / ihn zu vermanen / daß er in dem großen furhaben der Dalimire ämsig mitarbeiten / und ihm diese sache / darbei er soviel anteil hätte / eiferigst wolte angelegen seyn lassen. Abimelech versprache mehr / als er iemals zu halten gesinnet war / und entfunde kein geringes leiden / daß er sich also stellen / und seine eigentliche gedanken verbergen muste. In solchem ihrem gespräche / erreichete die gesellschaft den meierhof: da Mamellus / in dem gartenplatz / alles auf das herrlichste und ganz Königlich zurichten lassen.

Indem sie aber zur tafel gehen wolten / kame einer in dem hof: welchen alsobald der Esau für seiner Mahalaath jüngsten bruder / den Ketma / erkante / der / unter dem Prinzen von Caphtor / die waffen in Edom fürete. Ein verborgener schrecken überfiele ihn / als er dieses Fürsten ansichtig wurde: und fülete er sich zu zaghaft / ihn zu fragen / wie es auf dem gebirge und üm die seinigen stunde. Des Ketma erblasstes gesicht und verstörtes wesen / gabe auch nicht unklar an den tag / daß seine ankunft müste eine betrübte ursach haben. Wie er nun / nach abgelegter allgemeiner begrüßung / allein bei dem Esau gehör begehret / entschüldigte sich derselbe bei den Königinnen und andern anwesenden / daß er sie verlassen müste / und[684] ginge damit / in gesellschaft des Hanoch / mit dem Ketma in einem wald / der an dem meierhof stieße: da er / im fortgehen / sonder zu reden / den Ketma bei der hand fassete / und ihn scharf ansahe / ob er etwan aus seinem gesichte abnemen möchte / was ihm der sinn zutruge.

Ketma vermochte nicht die tränen zu halten / und als er die eine weile für sich reden lassen / wurde Esau endlich ungedultig / in solcher ungewißheit länger zu schweben / weswegen er in diese fragworte heraus brache: Ist Theman vieleicht nun ganz verloren? oder komme ich etwan zu spat / meine gemalinnen zu befreien. Großer held! (antwortete Ketma /) der dapfere Prinz Ahusath ist meister in Theman / und sind die Sabeer / Araber / und meine vettern von Hevila / aus Edom abgezogen / also daß die Fürsten von Seir alleine noch die Cananitische hülfe bei sich haben: die doch so groß nicht ist / als man sie anfangs gemachet. Was betrübtes bringet ihr mir dann? fragte der ungedültige Esau. Ach! muß ichs dann sagen? (sagte Ketma / und seufzte) Ich bringe die klägliche zeitung / von dem erbärmlichen / gewaltsamen tode der dreien gemalinnen des großen Edoms. Diese unverhofte post rürete den Esau dermassen sein herz /daß er / da er sonst noch alles unglück grosmütig überstehen können / in dieses sich nicht zu finden wuste. Er starrete von entsetzen / also daß er mehr einem bilde / als einem menschen / änlich sahe. Wie! (finge er über eine weile an /) ist Mahalaath nicht mehr vorhanden? ist Judith dahin? und Ada ümgekommen? und ich verziehe noch / dieser unschüldigen ihr blut zu rächen. Sagt Ketma! saget [685] an / wie sich diese grausamkeit zugetragen / und was das ende dieser elenden gewesen?

Hiemit ließe er sich von dem Hanoch und Ketma in eine schäferhütte leiten / daselbst er diese des Ketma erzehlung anhörte. Ich wil mich nicht lang aufhalten /(sagte selbiger /) zu berichten / wie / nach des grossen Esau abreise aus Edom / alles dem feind unterwürfig worden / und wir uns mit mühe in Theman halten können. Ich wil iezt allein melden / von der grausamen nie-erhörten that / die die Fürsten von Seir / an der Ada / Judith / und meiner schwester Mahalaath /verübet haben. Diese drei unglückselige Fürstinnen /saßen zu Acrabin auf des Disans raubschloß / in langer gefängnis / und ware Sobals unversönlicher haß /wegen des todes seines sohns des jungen Ebals / so häftig gegen den Fürsten von Edom / daß er endlich aus rachgier sich entschloße / solchen an diesen dreien Fürstinnen auszulassen. Dieses sein tyrannisches beginnen / dessen er sich / nach seiner wiederkunft aus Canaan / bald vermercken lassen / wurde von seinen brüdern und vettern erstlich sehr widersprochen. Als aber das gerüchte nach Seir erscholle / daß der König von Assyrien / und die Königin von Ninive ein gewaltiges heer uns zu hülfe schicken würden: vermehrte solches ihre verbitterung dermassen / daß sie /aus verzweifelter rache / ihren göttern ein großes fest anstelleten / und deren hülfe zu erlangen / diese drei Fürstinnen ihnen zu opfern / sich entschloßen.

Die Zurüstungen zu diesem blutfeste geschahen so öffentlich / daß wir zu Theman dieses fürhaben bald erfuhren: daher der Prinz von Caphtor alle ersinnliche [686] mühe anwendete / dieser mörderei zu steuren. Mit macht ließe es sich nicht thun / weil solche viel zu gering war. Demnach ergriffe er dieses mittel / und schickete mich ab an die Sabeer / und an die Fürsten von Hevila / die den Fürsten von Seir bisher wider uns beigestanden / und ließe ihnen zu gemüte füren: wie wenig tugend und großmut die Fürsten von Seir erwiesen / indem sie ihre rache an schwachen weibspersonen zu verüben / und mit deren unschüldigem blut sich besudeln wolten. Demnach bäte er / daß sie ihres orts diese mordthat verhindern / und ihre bundsverwandte dahin vermögen wolten / ihre sache / nicht mit weibern / sondern mit uns auszufüren: zumal in betrachtung / daß ihnen die Mahalaath nahe befreundet / und von ihrem / nämlich der Fürsten von Hevila / geblüt wäre.

Mein anbringen wurde von beiden völkern wol aufgenommen / und wie sie diese that deren von Seir höchst tadelten / also verordneten sie gleich etliche nach Acrabin / die die Fürsten von solchem grausamen opfer abhalten sollen. Ich erhielte bei der Königin Petasiride von Saba / die selber mit beim heer ware / daß ich mit unter diesen abgeschickten nach Acrabin kommen möchte: weil das verlangen / meine arme schwester zu sehen / sehr groß bei mir war. Die abgeordnete wurden daselbst wol aufgenommen / und ihr anbringen von den gesamten Seirischen Fürsten angehöret. Ob nun zwar / viel unter ihnen / sich bewegen ließen / so war doch der Jobal und sein anhang der mächtigste: daß also / ungeacht der einrede / dieser ihrer bundsverwandten / mit dem opfer fortgefahren wurde. Als nun / mit dieser abschlägigen antwort /[687] die abgesandten wieder abreiseten / ließen sie mich heimlich daselbst: darauf die von Seir mit dieser hinrichtung eileten / damit nicht fernere fürbitte und widersprache von denen von Hevila und den Sabeern darzwischen kommen möchte. Meine begierde / die Mahalaath zusprechen / machte mich erfüllen der Fürst Hori / des Lothans sohn / der vormals mein guter freund gewesen: dieser brachte mich heimlich in das gefängnis / darinn die drei Fürstinnen aufbehalten wurden.

Ich fiele der Mahalaath gleich üm den hals / und kunten wir beiderseits / vor wehmut / lang kein wort herfürbringen. Wie uns endlich der schmerz reden ließe / bestunde unser gespräche in erbärmlicher betrachtung ihres elenden zustandes: da ich sie alle dreie / sowol über der abwesenheit ihres liebsten Esau / als über ihrem unvermeidlichen tod / weil alle hülfe von ihnen entfernet war / wehklagen hörte. Ach! (sagte die Ada) was nützet es mir / daß ich einem so künen helden vermälet bin / und von ihme einen so dapfern sohn zur welt geboren habe / da sie beide mich nun in meinem elend versinken lassen? Solte Esau wissen /(sezte die Judith hinzu) wie es mir ergehet: ich bin versichert / die liebe / so er mir iederzeit erwiesen /würde sich auch iezt bezeugen / und eher seinem eid befördern / als den meinigen zulassen. Unsere liebe /(erwehnte die Mahalaath /) finge an mit blutvergießen / und muß sich nun leider auch also enden. Doch /wann in iener welt das andenken irdischer dinge vergönnet ist / so sol nimmermehr meine treue liebe zu meinem gemal aufhören / unangesehen er mich ietzund hülflos sterben lässet.

[688] Dergleichen klagen trieben diese elende Fürstinnen / und weil nach diesem der Hori mich nicht mehr zu ihnen bringen dorfte / als muste ich dißmal betrübten abschied von ihnen nemen: das dann / zwischen der Mahalaath und mir / so erbärmlich zuginge / daß ich es nicht beschreiben kan. Sie vertraute mir den kleinen Reguel / ihren sohn / den sie heimlich mit seiner wartfrauen für den Seirischen tyrannen versteckt hatte / und befahle mir / dem Esau zu sagen: daß ihr nichtes / die welt zu verlassen / schwer mache / als sein andenken / und daß sie die seinige sterben wolte. Judith und Ada gaben mir eben dergleichen gewerbe mit /und baten / daß doch ihr unschuldiges blut an den Fürsten von Seir nicht ungerochen bleiben möchte.

Nach diesem stunde es wenig tage an / da geschahe dem Moloch dieses grausame opfer: und triebe mich /mehr die betrübnis als der fürwitz / solches mit anzusehen. Demnach begabe ich mich unter das volk / und sahe die Ada großmütig / die Judith unerschroken /und die Mahalaath beherzt ankommen / von ihren barbarischen priestern gefüret: da ich dann / für wehmut / alle gebräuche nicht in acht nemen konte / die dabei für gingen. Es wird aber gnug seyn / wann ich sage / daß ich diese drei Fürstinnen mit großer standhaftigkeit sterben gesehen / und litten sie die marter des feuers mit so unerschrocknem mute / daß sie mit dieser lezten that wol erwiesen / wie so würdige gemalinnen des großen Edoms sie gewesen waren. Ich mochte / nach dieser mordthat / keinen augenblick mehr in Acrabin bleiben / sondern eilete mit dem kleinen Reguel nach Theman: den ich nun alda in guter verwahrung gelassen / als ich von dem Prinzen von[689] Caphtor / dem diese that auch sehr zu herzen ginge /befehl erhielte / diese trauer-post dem Fürsten Esau zu überbringen.

Ehe ich aber abreisete / kame die zeitung nach Theman / daß so wol die Sabeer und die von Hevila / als der edle Prinz Ephron / an dieser greulichen that sich dermassen geärgert / daß die beide erste mit ihren völkern das land geraumet / und der Fürsten von Seir seite gänzlich verlassen / der Prinz von Canaan aber /für seine person / von den Sichemitischen völkern sich hinweg begeben hätte: weil er / für die mörder seiner schwester der Judith / nicht mehr zu fechten begehret. So groß nun hierüber bei dem feinde die bestürzung war / so mutig erzeigten sich hingegen die unsrige: welche / von billigem eifer / ihrer Fürstinnen blut zu rächen / angetrieben / die Seirischen aus dem lande Theman hinweg schlugen. Also bliebe / wie ich wegzoge / der Prinz von Caphtor nicht allein meister von Theman / sondern er ware auch willens / einen einfall in Edom zu thun / und Bean anzugreifen. Das unschuldige blut / schreiet nun üm rache. Die vierzig tausend Assyrer und Niniviten sind dazu geschickt und tüchtig / den garaus mit Seir zu spielen: und wird der große Edom / durch billige rache / wider dieses schwere leiden / das iezt der himmel ihnen zugeschicket / sich etlicher maßen trösten können.

O unbarmherziges geschicke! (rieffe hierauf der hochbetrübte Esau) wie hast du dieses unglück / über so unschuldige seelen / verhängen können? Habe ich gesündigt / habe ich deinen zorn verdienet: warum strafftest du diese unschuldigen? warüm hast du nicht deinen grimm gegen mir gewendet? Doch du hast [690] wol ermessen / daß ich mehr in ihnen / als an mir selber /leiden würde / und daß ich nicht härter / als wie ich nun bin / hätte können gestraffet werden. Liebste Mahalaath! wehrte Judith! getreue Ada! meinetwegen habt ihr müßen sterben / weil ich nicht länger eurer liebe würdig gewesen / sondern meinem herzen eine neue liebe einbilden dörfen. Bei diesen worten stutzete er: da die erinnerung der Ahalibama / so feind er auch nun allen den ihrigen war / keiner reue / sie zu lieben / bei ihm aufkommen ließe. Doch wendete er sich / in dieser seiner betrübnis / mit seinen gedanken von ihr ab / und erwägete nur / wie jämmerlich er üm seine frauen gekommen wäre. Die tränen stürzeten ihm aus den augen / und kunten Hanoch und Ketma /diesen großen helden / in solcher gestalt ohne großes mitleiden nicht ansehen. Weil er aber / in diesem seinem höchsten kummer / nichts als die einsamkeit verlangte / als muste Hanoch und Ketma ihn allein lassen: da er sich auf ein bette warf / und seinen gedanken den lauf ließe / seinen jammer zu überlegen.

Die Königliche gesellschaft / wurde inzwischen von dem Mamellus wol bewirtet. Doch waren seine meiste gäste / gleich wie er selber / sehr betrübet: weil sowol die liebe / als die sorgfältige stats-gedanken /ihre gemüter eingenommen hatten / und dieselbe beunruhigten. Mamellus plagte sich am meisten / mit dem andenken seiner tochter / deren entfürung aus dem tempel / er von dem Fürsten Ardeus vernemen müßen: und hätte er solche leichter verschmerzet /wann er erfahren können / wohin sie wäre entfüret worden; damit er hoffnung erlangen mögen / sie dermaleins wieder zu sehen und in seine gewalt zu bekommen. Wie nun [691] die tafel aufgehoben war / und man wegen des Esau abwesenheit vermutete / daß der mit den völkern würde füraus nach Naeman gegangen seyn / weil er bereits abschied von den Königinnen genommen hatte: wolte die Königin von Ninive des berümten Fürsten Abrahams wonung besehen / die man unfern von Naeman zeigete; üm etwas länger noch bei ihrem Abimelech zu bleiben. Um des willen / teilete sich die gesellschaft: da die Königinnen von Tyro und Elam / neben der Prinzessin Indaride / der Tharasile / dem Prinzen Mamellus / dem Hadoran /und allen Syrischen Fürsten / wieder zurücke nach Damasco gingen; die schöne Delbois hingegen / samt der Ahalibama / Jaelinde und Ammonide / dem Prinzen Baleus / Abimelech und Cimber / auch ihren Fürsten und frauenzimmer / den andern weg für sich name; Belopares aber / mit den Assyriern und Niniviten / bei ihren völkern im thal Hoba verblieben.

Weil die Königin von Ninive die nacht wieder in Damasco zu seyn / verlangte / als rannten sie in dem schattichten walde frisch fort: da dann die Ahalibama mit ihrem pferd / der Ammonide / die einen mutigen hengst ritte / also nahe kame / daß selbiges hinten ausschluge / und die Ahalibama an die kniescheibe traffe. Sie ritte zwar anfangs / mit diesem schmerzen /gemach hinten nach / konte aber endlich den schenkel nicht mehr auf dem pferd halten: weswegen sie von der Astale und dem Fürsten Jothan / der mit ihrer verordneten leibwacht bei ihr geblieben / angemanet wurde / in eine schäferhütte abzutreten / und nach ihrem schaden sehen zu lassen. Wie sie nun dieses thun wolte / vermochte sie auf den fus nicht zu treten: weswegen [692] für nötig befunden wurde / mitlerweile sie in dieser hütte sich nider legte / eiligst nach Naeman /oder nach dem heer / üm einen wundarzt zu schicken. Es war aber diese hütte eben dieselbe / in welcher sich der betrübte Esau befande: da dann / als man sie hinein gebracht / beide häftig erschracken / einander also zu finden.

Er sprange gleich von seinem bette auf / und für betrübnis nicht sehend / daß sie hinkte / vermeinte er /sie wüste sein unglück / und käme / ihn zu trösten /sagte deswegen wider sie: Er verdiene diese gnade nicht / die sie ihm durch diese ihre besuchung erwiese. Ich komme (antwortete sie ihm gar verächtlich /) eben so wider meinen willen zu dieser besuchung / als wie der Fürst von Edom wider seinen willen mich ehmals in Damasco besuchet / erlöset und beschenket hat: und hätte ich gewust / daß diese hütte nicht ein ort für meine ruhe wäre / würde ich den Fürsten von Edom nicht in der seinigen verstöret haben. Als sie dem Esau diese entfindliche worte / zu vermehrung seiner qual / gesaget / ließe sie sich wieder hinaus /und nach einer andern hütte füren: da nach und nach der schmerze bei ihr also überhand name / daß Astale bewogen wurde / noch einen boten eiligst nach dem wundarzt abzufärtigen.

Esau / der nicht wuste / wie ihm geschahe / setzete sich neben dem Hanoch und Ketma auf die pferde /die ihnen ihre dienere nachgefüret hatten / und ritte also ganz verwirrt und aus ihm selber / die strasse nach Naeman / zu seinen völkern: da unferne von dem ort / allwo der Abraham gewonet / die Königin von Ninive mit ihrer gesellschaft ihme sporenstreichs entgegen [693] kam / üm die Ahalibama zu besuchen / deren zufall sie erfahren hatten. Esau / alle gesellschaft meidend / wiche ihnen aus dem wege. Der Prinz Abimelech aber / der seinen freund also betrübt und verändert ersahe / rante gleich zu ihme / die ursach seines leidens zu vernemen: da ihn dann nicht geringe bestürzung anstieße / als er von dem Ketma erfuhre /was tyrannei die von Seir verübet hatten. Nachdem er hierauf den Esau getröstet / und ihn wieder verlassen /und mit ihm abgeredet / daß sie den abend unferne Naeman bei ihrem heer sich wieder einfinden wolten /name er seinen weg wieder vor sich / der Königin nachzufolgen: die er / mit der gesellschaft / bei der Prinzessin von Seir antraffe. Indem kame auch der wundarzt / welcher den schaden zimlich gefärlich machte / und riete / daß Ahalibama sich nach Naeman solte bringen lassen: weil ihrer an diesem schlechten ort nicht wol konte gepflegt werden / Damasco aber für sie zu weit ware / und inzwischen der schaden sich noch gefärlicher machen möchte.

Ahalibama zoge hiebei nichts in bedenken / als die unsicherheit / und daß sie befahrete / der König von Canaan möchte in der zeit / da sie sich alda heilen ließe / mit hülfe des Fürsten Zophar / der zu Naeman wonete / einen anschlag auf sie machen / üm sie wieder in seine gewalt zu bekommen. Aber diese furcht wurde ihr durch die Königin von Ninive benommen /welche dem Arteman / einem ihrer kriegs-obersten /befahle / daß er mit etlich tausenden sich üm Naeman lagern / und auf alles ein wachendes auge haben solte: zudem daß auch der Jothan mit ihrer leibwacht /neben der jenigen / so der Mamellus ihr zugeordnet /alles unheil [694] abwenden könte / und zum überfluß das ganze kriegsheer üm diese gegend lage. Wie nun Ahalibama sich bereden lassen / und man sie mit der Astale auf einen wagen gebracht hatte / verhieße ihr die Königin / sie öfters zu Naeman zu besuchen: womit sie abreisete / und die ganze gesellschaft /wegen dieses zufalls / bekümmert hinterließe. Der Prinz Abimelech muste nun auch an seinen abschied gedenken: da ihm aber / die gegenwart des Prinzen Baleus und der andern Assyrier / hinterlich war / seine herzengedanken gegen seiner Königin / also wie er gern wolte / auszuschütten. Dieses sein leiden / war der Aramena eine heimliche ruhe / und erregte auch in des Cimbers gemüt eine zufriedenheit: die er aber /üm der freundschaft willen / nicht aufkommen ließe.

Indem sie aber von einander scheiden wolten /kame unversehens der Arsas / Fürst von Cale / neben einem mohren / zu ihnen / dessen ankunft die Königin hoch erfreute: und erwiesen sie alle eine große begierde / zu vernemen / wie es in Canaan stünde. Weil er aber dißorts seinen bericht nicht weitläufig abstatten konte / als erzehlte er nur mit wenigem / daß der König Beor in person zu feld ginge / Syrien anzugreifen; daß er / von dem Pharao aus Egypten / hülfe und beistand erwartete; daß der König von Salem / annoch zu Sichem gefänglich angehalten würde; daß auch zu Kiriath Arba große unruhe wäre / und es aller orten ein gefärliches aussehen gewinne. Die Königin befragte ihn hierauf / üm den mitgekommenen mohren /und vername / daß er an sie / von dem König Eridanus von Cus / und von der Prinzessin Cölidiane / abgeschickt wäre / dessen gewerbe sie von ihm selber[695] anhören würde. Sol ich so glücklich seyn / (sagte die erfreute Königin) von dieser lieben Prinzessin etwas zu hören? Die Prinzessin (finge hierauf der mohr an) hat mir befohlen / E. Maj. ihres beständigen andenkens zu versichern / und darneben / von meines herrn wegen / E. Maj. alle hülfe / die sie nur von ihme begehren würden / anzubieten. Er ziehet aniezt in sein Königreich / welches durch den tod seines herr vattern ihm heimgefallen / und wird von dar aus alle die verheisungen werkstellig machen / die / auf seine bitte /die Prinzessin Cölidiane E. Maj. in diesen briefen ankündiget. Hiemit kniehete er nieder / und überreichte der schönen Königin ein gepäcke: welches sie begierig anname / und darinn etliche täfelein fande / darinn eines an sie / das andere an die Prinzessin Jaelinde /und das dritte an den Prinzen Abimelech / überschrieben war. Wie sie nun das ihrige erbrochen / lase sie folgendes

Schreiben der Cölidiane / an die Königin Delbois von Ninive.

Daß alles / was uns widerfäret / der Höchste zu unserem bästen kehre / ob es uns gleich anfangs widerlich scheinet / erhellet satsam aus meinem beispiel: die ich für mein höchstes unglück hielte / als ich aus Damasco weichen muste / weil ich dadurch E. Maj. gegenwart beraubet wurde. Nunmehr aber erkenne ich /daß diß ein mittel gewesen / E. Maj. und den meinigen zu dienen: massen der grosmütige König von Cus mir verheisen / nicht allein E. Maj. sondern auch dem bedrängten König von Salem / hülfvölker zu [696] schicken / üm des übermütigen Cananiters frevel zu bändigen. E. Maj. müßen aber nichts widriges daraus urteilen /daß meine bitte bei dem König Eridanus so bald und so wol verfangen / sondern vielmehr / meine beständigkeit gegen den Prinzen der Philister / aus mitkommendem schreiben abmerken: welches ich an E. Maj. mitsende / weil ich weiß / wie gnädig sie gegen diesem Prinzen gesinnet sind / daß ich also hoffen darf /er werde es zu sichern händen entfangen / von seiner getreusten und E. Maj. ergebensten


Cölidiane.


Als die schöne Königin dieses nicht sonder bewegung durchsehen / rieffe sie dem Abimelech / und sagte; Leset diesen brief / weil er euch mit angehet! damit überreichte sie ihm das schreiben / der solches ganz verwirret hinname / und / seine bewegungen zu bergen / ein wenig damit abseits ginge. Delbois stellete inzwischen / der Prinzessin Jaelinde / das ihrige auch zu / welche darinn folgende worte fande.

Schreiben der Cölidiane / an die Jaelinde.

Ich gehe nach dem Königreich Cus / weil meine grosmütige beschützere mich noch nicht erlassen wollen: zumal ich auch befinde / daß ich / durch meine gegenwart / alda den unsrigen dienen kan. Stellet demnach euer gemüt in ruhe / liebste schwester! sowol wegen meiner abwesenheit / als wegen des schlechten zustands unsers vettern: und versichert euch / daß der gerechte himmel [697] bessere zeiten geben wird / daß wir dereinst ruhiger leben mögen.


Cölidiane.


Als hierauf die Prinzessin Jaelinde mit dem mohren zu reden begunte / der Prinz Baleus indessen bei seiner Aramena sich aufhielte / und die andern auch hin und wieder gesellschaft machten / überkame die schöne Königin gelegenheit / mit ihrem Prinzen allein zu reden. Demnach ginge sie zu ihm / und fragte / ob er der Prinzessin Cölidiane schreiben durchlesen? dann sie ihme noch ein anders / so an ihm selber gestellet war / zu überreichen hätte. Ach große Königin! (sagte er seufzend /) wie verfolget mich mein gar zu großes glück! und wie jammert mich dieser Prinzessin / daß die durch meine verschwiegenheit also muß betrogen leben! Es scheinet aus allen ümständen / daß sie von dem König Eridanus geliebet werde: ist es dann wol verantwortlich / daß man ihr länger verheele / was bei mir die unmüglichkeit verursachet / ihre keusche wolgewogenheit anzunemen? und daß man sie verhintere / Königin von Cus zu werden?

Ihr könnet nimmermehr / mein Prinz! (antwortete Delbois /) diese unvergleichliche Prinzessin also beklagen / wie ich thue. Ich bin ihr mit so ungemeiner freundschaft ergeben / und die kurze zeit / da ich sie gesehen / ihr so eigen worden / daß ich alles in der welt für sie thun wolte / üm ihre ruhe zu befördern. Unsere verbindung ihr zu entdecken / habe ich bei ihrer gegenwart nicht thunlich befunden: weil ich gespüret / daß sie euch gar zu häftig liebe / und sonder gar zu schmerzliche entfindung dieses nicht würde aufgenommen haben. Sie war mir viel zu lieb / und es [698] fiele mir allzu unmöglich / da sie in solcher unschuld lebet und liebet / sie dergestalt zu beunruhigen. Eben diese betrachtungen / (antwortete Abimelech /) haben mich auch iedesmal abgehalten / ihr zu eröffnen / daß mein herz der himmlischen Delbois sich aufgeopfert habe. Nun aber die längere verschwiegenheit nicht ratsam ist / als möchte ich wünschen / daß sie solches wüste: damit der berümte König Eridanus nicht vergeblich sich bemühe / ihre gunst zu erlangen. Wollet ihr dann nicht / (sagte die Königin /) daß ich meinen ehmaligen einraht wiederhole / und üm eures bästens willen euch vermane / die unvergleichliche Cölidiane für eine unglückselige Delbois zu lieben? Ach grausame Königin! (fiele ihr der Prinz in die rede /) sol das der abscheid seyn / den ich mit nach Seir nemen muß? und wil man sich etwan dieses einrahts gebrauchen /üm desto freier dem König von Babel seine gegengewogenheit zuzuwenden? Ihr rächet euch so scharf /(antwortete Delbois /) daß ich aufhören muß / mehr aus freundschaft als liebe euch zu rahten. Aber laßet uns sehen / was diese edle Prinzessin an euch schreibet. Hiemit eröfnete sie das täfelein / worinn folgende zeilen zu lesen waren.

Schreiben der Cölidiane / an den Prinzen Abimelech.

Ich habe für nötig erachtet / meinen jetzigen zustand euch zu eröfnen: weil niemand solches getreuer und bässer thun kan / als ich selber / und ich besorgen muß / daß das gerüchte die unwarheit von mir berichten möchte. Ich bin / zufälliger weise / in die hände des Königs Eridanus [699] von Cus / und dessen schwester der Prinzessin Danede / gerahten: die mich / als man zu Damasco uns verfolgete / in ihren schutz genommen / und seither soviel liebes mir erweisen / daß ich die undankbarste von der welt seyn müste / wann ich solches nicht erkennete. Doch langet meine erkentlichkeit nicht biß dahin / daß sie mich solte vergessen machen / was ich dem Prinzen der Philister schuldig bin / und worzu mich meine zusage treibet / die ich dem König Melchisedech gethan habe / nämlich auser dem Abimelech keinem zu lieben. Seit demnach versichert / mein Prinz! daß / ob auch der König Eridanus mich lieben solte / ich dennoch beständig verbleiben werde / eure getreuste

Cölidiane.


Indem die Königin dieses ablase / stiegen sowol ihr als dem Prinzen die tränen in die augen / und wusten sie beide fast nichts hierauf zu sagen. Was wollet ihr antworten? fragte die Königin. Was sol ich schreiben? fragte er hinwiederüm. In solcher unschlüßigkeit würden sie sich noch lang aufgehalten haben / wann nicht der hereinbrechende abend sie voneinander geschieden hätte. Weil ich weiß / daß es euer wille ist /mein Prinz! (finge endlich die Königin an /) so ermane ich euch nun beim abschied / mir beständig zu bleiben / und euch in den vorstehenden kriegsgefahren also zu wagen / daß ihr gedenket / wie euer leben mir / und nicht euch / zugehöre. Dahingegen gibe ich euch die versicherung / daß keine menschliche gewalt mich hintern sol / dem Prinzen Abimelech dieses zu halten / was ich ihm versprochen habe. Hiemit reichete [700] sie ihm die hand / und vermogte für wehmut seine antwort nicht anzuhören. Demnach wandte sie sich wieder von ihm / zu der andern gesellschaft / und mahnete den Prinzen von Assyrien / daß sie / nach Damasco wieder zukehren / hohe zeit haben würden. Der betrübte Abimelech name hierauf abschied von allen den andern / und ward von seinem freunde / dem Cimber / bis an das erste nachtlager begleitet. Die Königin aber / neben dem Prinzen Baleus / der Ammonide / Jaelinde / Aramena und allen Assyriern und Niniviten / eileten wieder nach Damasco: dahin sie dann zimlich spat eingelanget. Die schöne Delbois / verbrachte die nacht in großer traurigkeit / zugleich von dem andenken des Abimelech / der Cölidiane / und ihres verwirrten zustands beunruhigt.

Des andern morgens vername sie / daß der Prinz Tiribaces / unwissend wohin / heimlich hinweggezogen wäre / und die Königin von Tyro / seine frau mutter / sich deswegen nicht wolte trösten lassen: weswegen sie dann eilete / nach dieser Königin zu gehen /und ihr in diesem neuen leiden tröstlich zu seyn. Sie fande daselbst die Königin von Elam / und die andern Prinzessinnen und Prinzen: alle hierüber sehr bestürzt. Die Königin von Tyro klagte der schönen Delbois / mit heißen tränen / ihr unglück / daß sie nun auch an diesem sohn erleben müssen. Es wurde aber nicht dieser Prinz allein / sondern auch der Prinz Sadrach aus Elam / und der Fürst Ninias von Ressen /gemisset. Elihu / der viel üm den Tiribaces gewesen /vermeldete / daß er diese beide zwar fleißig bei dem Prinzen hätte ab- und zu gehen sehen / doch nichtes von dieser abreise ausnemen können. Hadoran stellete [701] sich hierüber auch sehr verwundrend an / mit beteurung / daß er / noch vor wenig tagen / bei dem Sadrach gewesen wäre / und doch nicht das geringste hiervon an ihm vermerket hätte. Die Königin von Ninive / urteilte nichts gutes von des Ninias abreise: und ginge aller derer / die üm des Tiribaces und Sadrachs liebe wissenschaft hatten / ihr vermuten dahin / daß sie nach Ninive ihren weg würden genommen haben. Der Fürst Borgias / des Prinzen hofmeister / bote sich gleich an / seinen herrn in Ninive zu suchen: und weil die Königin von Ninive / auch den Arsas dahin absenden wolte / als wurde beschlossen / daß diese beide föderlichst abreisen solten. Worauf sie ingesamt der alten Königin zusprachen / daß sie dieses ihr nicht gar zu sehr zu gemüte ziehen / sondern einen guten ausgang erwarten wolte.

Die Königin von Ninive machte ihr hierauf gelegenheit / den Arsas allein zu sprechen / und entdeckte ihm ihren zustand / neben der ursach seiner reise nach Ninive: die er dann / bei solcher bewandnis / für höchstnötig achtete / auch mit aller treu und fleiß zu übernemen verhiese. Hierauf legte er auch völligen bericht ab / von seiner verrichtung in Canaan / und überlieferte der Königin die geschenke des Königs von Salem: womit sie sehr erfreut wurde / und ihr gleich fürname / das buch Jezirah durchzulesen /zumal iezt ihr gemüt also beschaffen war / daß sie gern allein seyn und allen andern belustigungen sich entziehen wolte.

Wie nun etliche tage verstrichen waren / inner welchen Arsas mit dem Borgias nach Ninive abzoge /und bei hof / wegen der abwesenheit des Tiribaces /wegen der Königin von Elam widersetzlichkeit / den Baleus zu [702] heuraten / und wegen dieses Prinzen liebe zu der Aramena / alles in stiller betrübnis schwebete: ließe sich eines abends der Cimber / durch die Aramena / bei der Königin von Ninive anmelden. Diese /weil sie leicht gedenken konte / daß ihr geliebter Abimelech diesem Prinzen ein gewerb an sie ihr aufgetragen hätte / beschiede ihn in den garten / der an der Königin von Tyro schloß gebauet war: dahin sie sich allein mit der Aramena begabe. Im hingehen begegnete ihr der Baleus / welcher ihr ins ohr raunete / daß sie doch ihr versprechen nicht länger aufschieben wolte /ihre Aramena zu seiner liebe zu bereden. Wie sie ihm nun dieses verheisen / und er sie darauf wieder verlassen / sagte Delbois zur Aramena / ehe der Cimber ankame: wie stehet es dann üm dich / wehrte Aramena? entdeckest du mir nichts von deiner liebe? und ist der glückliche Dison so fäst mit dir verbunden / daß auch deswegen der große Prinz von Assyrien muß zurücke stehen? Die bestürzte Aramena wuste in der eile nicht / was sie auf diese frage antworten solte / schwiege derhalben stille / und gabe damit der Königin raum /also fortzufahren: Es ist warlich des Prinzen von Assyrien sein ernst / daß er dich liebet / und seine liebe ist so häftig / daß er keiner andern den Assyrischen thron gönnet. Bedenke derowegen / ob iemals deine ehrsucht bässer könte vergnügt werden / und ob ein solches glück auszuschlagen sei / das so wenig seines gleichen findet?

Aramena wolte eben antworten / als Cimber dazu kame / und dißmal sie davon befreiete. Die Königin wolte / daß Aramena dessen gespräche mit anhören solte / und befahle ihr deswegen / bei ihr zu bleiben.[703] So bald sich nun dieser Prinz ihr genähert / grüßete sie ihn / und fragte: ob er von dem Abimelech käme? Ich habe meinen freund / (gabe er zur antwort /) neben dem betrübten Esau / bei ihrem heer verlassen / und hat mir der Prinz befohlen / E. Maj. zu versichern /daß zwar sein leib von hinnen geschieden wäre / sein geist und gedächnis aber niemals den ort raumen werde / da die unvergleichliche Delbois sich befindet. Nächst diesem hat er mir / auf der Prinzessin Cölidiane schreiben / einen entwurf seiner antwort mitgegeben / solchen E. Maj. zu zeigen: ob sie selbige / dem abgeschickten mohren / nach Cus wieder mitzugeben / belieben wolten. Hiemit zoge er ein täfelein herfür /und überreichte solches der Königin / die ganz begierig folgendes duraus lase.

Antwort des Abimelech / an die Prinzessin Cölidiane.

Weil ich in der welt keine größere freundin / als die Prinzessin von Caphtor habe / als erfreue ich mich auch billig ihres ietzigen wolergehens / und der edlen wahl / die der große Eridanus erwiesen / da er so scheinbare zeichen / daß er so unvergleichliche tugend verehre / von sich gegeben. Der gerechte himmel bestätige alles gute fürnemen / und verleihe der schönen Cölidiane die ihr mehr als billig gebürende würde /große reiche unter ihrem gebot zu sehen. Ich werde solche gute post dem dapfern Prinzen Ahusath in Edom hinterbringen / und mein glück in der wolgewogenheit meiner unvergleichlichen Prinzessin also zu gebrauchen verlangen / daß dem großen Eridanus[704] damit an seinem recht nichtes benommen werde / und ich ie desmal mich erweisen möge / ihren getreusten slaven

Abimelech.


Es ist schwer / (sagte die Königin / nach verlesung dieses schreibens) hierinn zu rahten. Bekommet die Prinzessin keine antwort / dürfte es ihr sehr nahe gehen. Entfähet sie aber diese / so sorge ich ein gleichmäsiges: und sehe doch nicht / wie eine andere zu ersinnen wäre / die bei des Prinzen fästem fürsatz /mich zu lieben / bestehen könne. Abimelech thäte unrecht / (antwortete Cimber) wann er anderst verfüre /als er thut / da er sich von der grösten schönheit der welt geliebet sihet. So er / (sagte die Königin) der wahren vernunft folgen wolte / wäre sein wahl viel edler / wann er die Cölidiane vor mich liebete. Allein wir lassen uns nicht immer das nüzligste gefallen /und unser sinn will darinn zum öftern seine freiheit erweisen / daß er keinen raht begehrt anzunemen. Cimber seufzete hierzu / ohne zu antworten: und als die Königin das täfelein bei sich gestecket / fragte sie den Prinzen ferner / ob er nicht die Ahalibama zu Naeman hätte gesprochen? Diese Prinzessin (antwortete er) befindet sich wieder zimlich wol auf / wiewol sie noch des bettes hüten muß / und wird sie von der Calaride bäst bedienet. Sie ist / mit wiederfindung ihres verlornen ritters Dison / wieder erfreuet worden / den man seit dem tage gemisset / da E. Maj. ihren einzug hier in Damasco gehalten / und bezeuget sie darob nicht geringe vergnügung. Indem Cimber dieses erzehlt / feurete Aramena an / daß Delbois so wol /als Cimber / solches warnamen / daher die Königin [705] zu ihr sagte: wie wenig lässet sich doch die liebe bergen / und wie große verrätere sind unsere augen: Ich bin /der Prinzessin wegen / erfreuet / (gabe Aramena zur antwort) daß der Dison noch lebet / üm dessen verlust sie sonderlich betrübt sich erwiesen.

Nachdem hierauf der Cimber / nach noch etlichen gesprächen von dem geliebten Abimelech / wieder abschied genommen / und die Delbois sich bei ihrer Aramena wieder allein sahe / ließe sie dieselbe an ihr zu bekennen / ob sie liebe? Aramena hatte sich nie in größerer anfechtung gesehen / und von häftiger liebe zu ihrer Königin übernommen / fiele sie ihr zu fuß /und ganz aus sich selber / sagte sie: wann ich läugnete / daß ich liebe / würde ich die gröste unwarheit reden. Wann ich aber meine liebe eröfnen wolte /würde ich das gröste verbrechen begehen. Sie wolte fortreden / aber die furcht machte sie verstummen. Die mitleidige Delbois / welche aus ihrem thun die häftigkeit ihrer liebe abname / wolte sie nicht mehr nötigen / hube sie derhalben auf / und sagte: Bedenke dich wol / Aramena! ehe du den Assyrischen thron ausschlagest. Mir ist zwar so gut als jemanden bekant /was eine wahre liebe vermag / und wie die nichtes in der welt ansihet noch achtet. Ist nun deine verbündnis mit dem Dison also fäst / so muß ich es geschehen lassen. Ich sage aber nochmals: bedenke dich wol /und beschlaffe es diese nacht! morgen wil ich deine entschließung / und was ich dem Prinzen sagen sol /von dir vernemen.

Mit diesem bescheid wurde Aramena für dißmal erlassen / da sich dann dieser elende Dison nicht sobald in seiner kammer allein sahe / da stellete er ihm sein armseliges [706] leben für / und wiederholte bei sich alles /was ihme / seit daß er Aramena geheisen / widerliches begegnet war. Armseliger Dison! (finge er an mit sich selber zu reden /) nun ist die zeit vorhanden / da dein betrügliches leben ausbrechen / und du die straffe entfangen solst / von der jenigen / die du so gröblich hast beleidiget. Alle die liebkosungen / die du von ihr genisest / raubest du ihr ab wider ihren willen; und so sehr sie dich iezt als Aramena liebet / so grausam wird ihr haß gegen dir entbrennen / wann sie erfäret /daß du der Dison bist. Ach! wo bleibt deine wahre vernunft? wo ist dein großmütiges herz? wirst du nicht schamrot / dich länger also anzusehen? Dein vatterland und die deinigen verlässest du / und schändest deine ehre / um die jenige zu betriegen / die du so vergeblich liebest. Stehe demnach ab / von deinem unmügligen beginnen. Bezwinge dich selbst / verlasse die hofnung / die gegenliebe der schönsten Königin der welt zu erlangen / und gehe der jenigen aus den augen / die du bisher in ihrer unschuld also geblendet.

Nachdem er hierauf eine gute weile sich mit seinen gedanken unterredet / und / die unvergleichliche Delbois mit allen ihren vollkommenheiten ihme fürmalend / mit ihm selber sich wol zerkrieget / siegete doch endlich seine vernunft / daß er sich selber überwande / und also herausbrache: Wolan / glückseliger Abimelech! ich überlasse dir den platz / und stehe hiermit ab / etwas zu begehren / das man dir schon so lang hat zuerkennet. Ich verbanne hiemit von mir hofnung und liebe / weil sie die unmöglichkeit zum ziel haben / und meine ehre dabei schiffbruch leidet. Ich wil und muß mich frei machen / und in überwindung mein [707] selbsten erweisen / daß ich fehlen aber doch nicht unterligen können. Als er nun dieses bei sich fäst gestellet / gedachte er auf mittel / wie er des Prinzen von Assyrien liebe entgehen / und sich aus der Königin diensten frei machen / auch was für eine lebensart er anheben wolte. Bei diesen betrachtungen eräugeten sich erst die gröste schwürigkeiten / und fande er aller orten soviel gefahr für sich / daß er nicht wuste / wozu er schreiten solte. Sein ehmaliges gelübde / das er der Isis in seinem noch irrigen glauben gethan / vermeinte er anderweit zu halten / wann er sich unter die priester des Melchisedech nach Salem begäbe / üm also ewig seine Königin abwesend zu verehren.

Hierzu nun zu gelangen / fiele ihm endlich ein /wann der ritter Dison / den seine schwester bei ihr hatte / mit dem er vordessen / als Aramena / in ein liebesgespräche gerahten / könte dahin vermögt werden /sich mit ihm unter der Aramena namen zu verehlichen: so würde er mit guter art von hof abkommen /der Königin ungnade vermeiden / sein betrug verschwiegen bleiben / und also niemand innen werden können / daß ein Fürst von Seir unter weibskleidern so lang in der schönen Delbois frauenzimmer gelebet. Demnach beschloße er / in der frühe / und ehe noch der morgen anbräche / nach der Timna palast sich zu begeben / dieses sein fürhaben ihr zu entdecken / und sie zu ersuchen / daß sie eiligst nach Naeman zu der Ahalibama reisen / und ihr seine gedanken anbringen möchte / üm durch sie ihren ritter dahin zu vermögen / daß der sie aus dieser noht errette: dann selber kunte er / nach Naeman zu gehen / diesen tag nicht abkommen / weil eben seine aufwartung bei der Königin einfiele.

[708] Es begunte nun kaum die nacht dem tage zu weichen / da wurde der Timna angemeldet / daß die Aramena käme / sie zu beschuchen. Sie kunte leicht ermessen / daß so eine besuchung zu ungewönlicher zeit etwas sonderliches bedeuten würde: deswegen sie sich gleich ermunterte / und die Aramena für sich kommen ließe. Ihr erblasstes gesicht / neben den vielen seufzern / gabe bald zu verstehen / daß bei ihr ein großes anligen vorhanden seyn müste. Wie sie nun allein waren / sagte Timna zu ihr: Wie ist es hier beschaffen? drohet uns vielleicht ein neues unglück? Ach wehrteste base! (antwortete die verstellte Aramena /) ich habe mich überwunden / und mich endlich frei gemachet von den banden / mit denen mich seither / der unvergleichen Delbois wunderschein / gefässelt gehalten. Daß es damit schwer zugegangen / solches erweiset meine gestalt / und komme ich iezt hieher / euch zu bitten / daß ihr meiner schwester meine entschließung überbringen / und neben ihr dem ritter Dison / der sich wieder bei ihr eingefunden / meinen stand offenbaren / auch darbei dieses sagen wollet /daß ich kein mittel sehe / der gefärlichen liebe des Prinzen von Assyrien zu entgehen / als wann der Dison mich heurate / und mir also davon hälfe: der ich / meine lebenszeit in des Melchisedech Gottes dienst zu Salem hinzubringen / beschlossen habe. Meine Königin wil diesen tag meine entschließung wissen / ob ich den Prinzen von Assyrien oder den Dison erwehle. Demnach / mich aus dieser noht zu bringen / wil ich sagen / ich sei an diesen Dison versprochen. Ich kan aber solches nicht eher thun / als bis ihr mir antwort zurücke gebracht / ob Dison diesen meinen betrug befördern / und mich [709] dergestalt aus meiner verwirrung heraus reissen wolle.

Timna / die dieses anbringen ihres bedrangten vettern wol eingenommen und erwogen / konte kein bässers ersinnen / ihn aus diesem schimpf und unglücke zu reißen / als eben dieses: verhiese ihm demnach / alsofort nach Naeman zu fahren / und zwar so eilig /daß gegen den mittag / wann die Königin aus den Assyrischen geheimen raht kommen würde / sie wieder hier seyn möchte. Sie zweifelte auch nicht an guter verrichtung / weil der Dison ein freundesstück / dem bruder seiner Prinzessin zu gefallen / leichtlich erweisen könte. Hierauf ließe sie / immittels der wagen angespannet wurde / sich ankleiden / und niemand als eine dirne mit sich nemend / fuhre sie nach Naeman ab / die Aramena in guter hofnung hinterlassend. Weil sie ihren pferden frisch zusprechen ließe / als kame sie mit anbrechendem tag daselbst an / und ware im haus noch niemand auf / als ein bedienter des Fürsten / der die Timna nach der Ahalibama gemach fürete.

Als sie in die kammer eingetreten / fande sie die Astale / neben noch einer ihr unbekanten person / in dem einen bette schlaffen ligen. Sie schliche folgends nach dem andern bette / üm welches ümhänge waren /und hube gar leise einen von denselben auf: da sie dann / mit höchster verwunderung / bei der schlaffenden Ahalibama eine fürtreffliche schönheit ligen sahe / aus der / sie nicht wuste / was sie machen solte. Als sie sich nun ferner in der kammer ümgesehen / wurde sie gewar / daß eine mannskleidung auf einem schamel lage: worüber sie sehr bestürzt / und nicht wissend / was sie hiervon gedenken solte / sich hinter das bette auf der Ahalibama [710] seite niedersezte / üm zu erwarten / bis sie erwachen würde. Kurz darauf sahe sie / daß der Astale beischläffer aufstunde / und ein manskleid anlegend / aus der kammer ginge / deme die Astale bald nachgefolget. Es stunde ferner nicht lang an / da wachete die schöne person auch auf in der Ahalibama bette / legte männliche kleidung an /und schliche / üm die Ahalibama nicht zu erwecken /gar leise aus der kammer. Die gute Timna meinete nicht anderst / als daß dieses alles ein traum wäre /was sie sahe. Sie war noch in solchen gedanken begriffen / als sie vername / daß auch Ahalibama sich regte / und bald darnach den fürhang auf ihrer seite aufschluge / üm nach dem tag zu sehen. Entsetze dich nicht / (sagte Timna zu ihr /) mich so früh allhier zu sehen! dein bedrangter bruder ist ursach daran / daß ich diese unhöflichkeit begangen. Die bestürzte Ahalibama erholete sich wieder / nach anhörung dieser worte / und antwortete der Timna lächlend: du hast mich / liebste freundin! eben so / wie ich ehmals dich / beschlichen. Ich vermute auch fast aus deinem bestürzten aussehen / ich sei bei dir in eben dem verdacht / in welchem ich dich damals hatte. Wie Timna nun nicht wuste / was sie antworten solte / fuhre Ahalibama fort: Gesteh es mir / hast du nit iemand bei mir im bette gefunden? Weil du kein geheimnis daraus machest / (antwortete Timna /) wil ich dir solches nicht laugnen. Weist du aber / (fragte Ahalibama ferner /) wer dieser mein beischläffer ist? Keines wegs /(sagte Timna /) und stehe ich fast an / darnach zu fragen? Ich bin sowol als du schuldig daran / (wiederholte Ahalibama /) daß durch unsere verschwiegenheit / die wir gegeneinender gehalten / ein [711] solches mistrauen in uns entstehen können. Du solst aber wissen /liebste Timna! daß ich ia so künlich bei meinem ritter Dison schlaffen darf / als du bei deinem Eliphas. Eliphas / (antwortete die verwundrende Timna /) ist mein mann. Und Dison / (wandte Ahalibama ein /) ist meine vertraute herzensfreundin / die Syrische Aramena. Was sagst du? fragte Timna / ganz bestürzet.

Ich sage die warheit / (gabe Ahalibama zur antwort /) und wil dir nun zu wissen thun / was ich bisher für dir verschwiegen habe. Hierauf erzehlete sie ihr alles /wie Aramena in mannskleidern / unter Disons namen / mit ihr aus Salem hinweg gekommen / und beim einzug in Damasco verloren worden: da sie nun für etlichen tagen / ganz unvermutlich sich wieder bei ihr eingestellet / aber ihr nicht eröffnen wollen / wie es ihr in diesen sieben wochen ergangen wäre. Sie wil auch nichts davon hören / daß sie für die Syrische Königin erkant / und an den Hemor sei getrauet worden /sondern trägt noch immer verlangen nach der Diana tempel: daß sie also nicht ersinnen kan / was es mit dem / so der Tharsis berichtet / für eine bewandnis habe.

Timna hörte alles dieses mit großer verwunderung an / und wie Ahalibama hatte aufgehört zu reden /brache sie in diese worte heraus: O wunderbare schickung des himmels! Ich komme iezt / für die verstellte Aramena / üm den falschen verstellten Dison zu werben / oder vielmehr wegen des rechten Disons / üm die rechte Aramena anzuhalten. Wie meinst du das? (fragte Ahalibama /) erkläre mir doch diese dunkele rede. Hierauf erzehlte ihr die Timna / wessen der [712] verkleidete Dison sich entschloßen hätte: und machte damit die Ahalibama über dieser abenteur ja so verwundert / als wie sie selber war. Die entschliesung ihres bruders / von seiner unmüglichen liebe abzustehen / und seine gefärliche lebens-art zu verlassen / er freute sie zum höchsten. Diß mittel aber / sich von des Baleus liebe zu retten / und mit ehren unentdeckt von hof zu kommen / fande sie so sonderlich / daß sie es für eine ungemeine schickung des himmels halten muste / welcher diese beide / die wegen ihrer gelübde einander nicht ehlichen wollen / durch so frömde weise suchte zusammen zu bringen.

Wie sie nun dieses werk lang und breit in ihrem gemüte überleget / sagte sie endlich zu der Timna: In warheit / dieses kömt uns nicht von ungefär zu! der himmel wil vielleicht hierdurch / das gefallene glück der Fürsten von Seir / wieder erheben / und uns das in Syrien bescheren / was wir iezt in Seir verlieren. Aramena ist gewißlich die Erbprinzessin dieses reichs /wie mich die Fürstin Calaride / meine jetzige wirtin /ümständlich versichert. Könten wir meinen bruder mit ihr verbinden / und ihn also zum Syrischen König machen / so wäre unsers ganzen hauses wolfart dadurch geschmiedet. Es würde auch alsdann mein vetter vergessen / daß er geschworen / seinen sohn dem Moloch zu opfern. Ich habe dieses schon fürlängst bei mir ausgesonnen / und nun es also kommet / muß ich es billig für eine himmlische schickung halten. Wie kan aber / (sagte Timna /) diese verbindung geschehen /da Aramena / wie ich höre / der Diana sich in den tempel verlobet / und er / üm die Königin von Ninive unverändert zu lieben / ein Priester zu Salem [713] werden wil? Laß mich nur rahten! (gabe Ahalibama zur antwort /) mir ist ein mittel bekant / welches diß unmügliche sol müglich machen.

Wie sie nun der Timna solches erzehlen wolte /trate der schöne Diso zu ihr in die kammer: der dann nicht wenig bestürzte / als er die Fürstin Timna erblickte / welche er daselbst nicht vermutet hatte. Timna aber / die nicht wuste / daß dieser schöne jüngling die Aramena wäre / sahe die Ahalibama an / üm sich hierüber bei ihr zu erkündigen. Ahalibama berieffe hierauf ihren vermeinten ritter für ihr bette / und sagte zu ihm: Entsetze dich nicht / die Timna bei mir zu finden. Ich bin ihrer treu und verschwiegenheit so wol versichert / daß ich ihr sonder gefahr deine heimlichkeit vertrauen dörfen: massen sie weiß / daß du die Aramena bist / und hab ich ihr / weil sie uns beisammen im bette gesehen / zu rettung meiner ehre /deinen stand entdecken müßen. Ist es müglich / (sagte Timna hierauf / und ümarmete zugleich den schönen Dison /) daß ich die schöne Aramena für mir sehe? Weil ich verrahten bin / (antwortete die verkleidete Aramena) so wil ich nicht laugnen / wer ich bin: und achte mich glücklich / die Fürstin Timna zu sehen /als eine von den vertrautesten freundinnen meiner Ahalibama.

Hierauf / nachdem sie einander mit gewönlichen höflichkeiten begegnet / sagte Ahalibama: Ich muß dir kund thun / liebster Dison! warüm die Timna iezt hier ist; dann es dich fürnemlich betrifft. Verschließe aber zuvor die thür / damit uns niemand in unserer unterredung verstöre. Indem nun der angeneme Dison / solches zu verrichten / hinginge / raunete Ahalibama der Timna ins ohr / daß sie sich nach [714] ihrer rede / die sie fürbringen würde / richten / und alles bekräftigen solte. Wie nun Timna solches versprochen / und die verkleidte Aramena die thür zugemacht / und sich auf der Ahalibama bette niedergesetzet hatte / finge diese Prinzessin an / ihr die notturft zuzureden.

Du weist / (sagte sie) liebste Aramena! daß die Königin von Ninive eine jungfrau am hof hat / die deinen namen füret / mit der du auch zu Hemath / auf gegebene anleitung des Chaldeers / in ein gespräche geraten / also / daß euch iederman für verliebte personen gehalten. Diese jungfrau hat sich / gleich wie du / in den tempel der Diana nach Ninive verlobet / und ist ja so beständig / ihren irrrigen wahn nicht zu verlassen /unangesehen sie bei einer rechtgläubigen Königin lebet / die mich Gott lob! bekehret / und auf den rechten weg gebracht hat. Weil nun diese Aramena / von dem Prinzen von Assyrien / sehr mit liebe verfolget wird / als hat sie kein anders mittel gewust / diese liebe zu hintern / als daß sie vorgewandt / sie wäre an dich / als an den ritter Dison / ehelich versprochen. Dieses thäte sie in der zeit / da du verloren warest. Nunmehr / da du wiedergekommen / ist sie deshalben sehr beunruhiget: massen sie nicht weiß / wie sie ihr vorgeben / daß ihr miteinander verlobt seit / behaubten soll / da sie besorgen muß / du möchtest / wann du hiervon nicht unterrichtet würdest / das gegenspiel bezeugen / und anderst als sie reden. Um des willen hat die Fürstin Timna diß gewerbe von ihr übergenommen / ihre noht mir anzubringen / und mich zu bitten / daß ich dich / als meinen ritter / dahin vermögen wolte / nicht allein bei ihr liebe fürzugeben / sondern auch [715] dich mit ihr öffentlich im tempel trauen zu lassen / und nachgehends sie nach Ninive in den tempel der Diana zu bringen: damit sie also ihr gelübde nicht brechen müsse / auch von dem Prinzen von Assyrien abkommen könne. Die freundschaft / die diese Aramena und ich miteinander gemacht / bringet sie zu dieser verträulichkeit / von mir diese hülfe zu begehren: und finde ich solche für dich / zumal dadurch dein gelübde nicht gebrochen wird / und du der Diana ewig getreu verbleiben kanst / so leicht zu thun / daß ich schon gläube / deine entschließung werde meinem verlangen sich gleichförmig erweisen / und diese meine freundin aus ihrer noht reißen.

Wenn ich das jenige / (antwortete die verkleidte Aramena /) so du mir / liebste schwester! iezt fürgebracht / recht bei mir überlege / so kan mein gemüte sich nicht gnug darob verwundern / daß mit dieser Aramena es dahin gekommen / in ernst / nach des Chaldeers vorsage / mein aufwärter zu werden /gleichwie sie solches bisher im scherz gewesen. Ich erkenne hieraus der großen Diana regirung / die du zwar verachtest / und von der du abtrünnig worden bist. Weil ich nun dieser göttin hierinn einen dienst thun kan / als bin ich erbötig / dieser guten Aramena vorgeschlagener massen davon zu helfen. Nur fürchte ich / in gefahr zu kommen / sowol weil ich dadurch mich zu des mächtigen Prinzen von Assyrien mitbuler mache / als weil auch / wann ich also meine gestalt öffentlich für allem volk im tempel sehen lasse / ich erkannt werden möchte / daß ich Aramena und nicht Dison bin.

Ich erfreue mich / (antwortete Ahalibama /) über deiner entschließung / und kan dir deine dabei habende [716] zwo beisorgen bald benemen / wann ich dir darthue / daß der Prinz von Assyrien diese vermeinte heurat nicht hintern kan / weil die Königinnen und alle Assyrier dieser seiner liebe zuwider sind; und daß kein mensch dich für Aramena wird halten können /da du ja den bräutgam fürstellest / und ohne das in dieser tracht sehr unkentlich bist. Ich ergebe mich gänzlich / (sagte hierauf der schöne Dison /) in euer beider willen / und bin erbötig / dieser Aramena zu lieb alles zu thun / was ich kan: massen ich ohndas solche neigung zu ihr entfinde / daß ich verlange /meine lebenszeit mit ihr zu Ninive hinzubringen. Die Timna hörete alles dieses mit an / ohne ein wort dazu zu sagen / und wunderte / wie es ablaufen wolte.

Ahalibama aber fuhre fort / die verkleidte Aramena in ihrer gefasten entschließung zu stärken; und ihr vorhaben zu vollenden / sagte sie: Sie erkenne es nicht für nützlich / daß die andere Aramena erfüre /wie ihr ritter Dison in der that auch eine weibsperson sei; weil dieselbe / als dem Assyrischen hause / und der Königin Delbois gar sehr ergeben / es nicht verschweigen / und also ausbringen mögte / daß sie die Syrische Aramena wäre. Ob ich gleich diese Syrerin nicht seyn wil / noch zu seyn mir einbilde / (antwortete Aramena /) so wil ich iedoch hierinn / wie in allen sachen / deinem einraht folgen. Ich vermeine zwar /meine künftige ordensschwester hätte küner mit mir im tempel sich können trauen lassen / wann sie erfahren / daß wir eines geschlechtes seien: als nun geschehen wird / da sie sorgen muß / ob ich nicht / als Dison / in warhafter liebe gegen ihr entbrennen / und also /durch mein recht / so ich an ihr durch diese trauung erlangen werde / [717] ihr heiliges fürhaben hintern könte. Diese sorge hat sie nicht / (gabe die Ahalibama zur antwort /) weil ich ihr stäts von dir fürgesaget / daß du gewillet seiest / ein Isis-priester zu werden: daher ihr vertrauen gegen dir sich auch vergrößert / weil sie dich ihrem sinne so gleichförmig erkennet.

Wolan dann! (sagte Aramena /) thue mit mir / was dir gefället / und sei versichert / daß du nicht eher und bässer mit mir / wegen des abfalls von deinem gelübde / kanst ausgesönet werden / als wann du mir / wie du vorhast / wirst förderlich seyn / mein langes verlangen nach der Diana tempel zu erlangen / und der Celia die sorge zu benemen / die sie iezt über meiner abwesenheit entfindet. Wann deine trauung (antwortete Ahalibama /) mit der Aramena geschehen ist / so wil ich dir hernach alle mögliche hülfe leisten / dein gelübde zu vollziehen: unangesehen ich / in deinen orden mit einzutreten / niemals verlange. Hierauf / als Ahalibama mit der Timna / welche sehr eilete / allein zu reden / sich begierig erwiese / verließe sie beide der schöne Dison / nachdem er / der Aramena begehrter massen davon zu helfen / ihnen sein versprechen nochmals wiederholet und bestätigt hatte.

Wie nun die beide Seirische Fürstinnen sich wieder allein beisammen befanden / und eine weile einander angesehen / fragte die Timna: was wird dann hieraus werden / und was sol ich deinem bruder wieder sagen? Siehest du nicht / wehrte Timna! (antwortete Ahalibama) was ich zu stiften entschlossen bin? Mein bruder und diese Prinzessin sollen einander heuraten /wider ihr eignes wissen / und hast du ja nun mit angehöret / was ich ihr gesaget / und worzu [718] sie sich erkläret hat. Nun ist noch übrig / üm diesen unsern betrug vollends auszufüren / daß du meinem bruder eine schickliche antwort bringest. Wie sol sie aber lauten? (fragte die begierige Timna) dann diß ist es eben /worinn ich anstehe: und sehe ich nicht ab / wie Dison werde dazu zu bringen seyn / daß er seine Königin /üm der Prinzessin Aramena willen / die er ja für ihre und ihres hauses feindin halten muß / verlasse / und diese betriegliche heurat eingehe. Ich wil meinem bruder schreiben / (sagte Ahalibama) was ich ihme hievon zu wissen nötig erachte. Als sie hierauf ein täfelein ihr langen lassen / schriebe sie darein folgende zeilen.

Schreiben der Prinzessin Ahalibama / an ihren bruder Dison.

Timna hat mir eure entschließung entdecket / neben eurem anschlag / von hofe und von des Prinzen von Assyrien liebe abzukommen. Ich erfreue mich herzlich über euren vorsatz / wie auch / daß ich selbigen bei meinem ritter Dison werkstellig machen können /ohne ihm zu sagen / daß ihr nicht Aramena seit. Er hält euch noch für dieselbige / und weil er ein Isis-priester zu werden gelobet / und ihm eingebildet / daß ihr nach Ninive in der Diana tempel strebet / als machet er ein sonderbares gutes werk daraus / euch als seiner ordensschwester zu eurer erlösung zu dienen /und durch diese heurat euch von dem Assyrischen Prinzen zu erlösen. Ich habe diß für zuträglicher gehalten / als ihme zu offenbaren / daß ihr so lang unter weibskleidern in der Königin von Ninive frauenzimmer [719] gewesen: weil solches große gefahr nach sich ziehen dörfen. Nunmehr aber wird er nicht eher erfahren / was geschlechts ihr seit / als wann eure trauung wird geschehen seyn. Timna wird euch hievon mehr sagen /und hoffe ich es selber zu thun / wann ihr morgen die vergnügung mir gönnen wollet / allhier zu besuchen eure getreue schwester

Ahalibama.


Nachdem sie dieses geschrieben / ließe sie es die Timna lesen: die dann hierdurch völlig unterichtet wurde / und nun alles begriffe / wie diese wunderheurat von statten gehen könte / welche sie / mit der Ahalibama / für ihr ganzes haus nützlich achtete: sonderlich wann Aramena die Syrische Erbkönigin seyn solte / dessen sie Ahalibama für gewiß versicherte. Es ist dieses (sagte die Prinzessin) nur der anfang von dem großen fürhaben / so mir der himmel in den sinn gegeben / ünd wird noch viel nötiges dabei zu überlegen seyn / sonderlich / was nach der heurat vorzunemen sei. Ich vermeine / daß der Calaride und ihres herrn hülfe alsdann uns gar nötig seyn werde / dem Dison auf den Assyrischen thron zu verhelfen. Wir können dieses / ohne unsere liebe Königin zu beleidigen / fürnemen: weil wir wissen / daß sie nicht vom Assyrischen hause entsprossen / und also lieber der rechten erbin / als dem Belochus ihrem verfolger /dieses reich gönnen wird. So wäre ja wol dienlich /(fügete Timna hinzu) daß man der Königin gleich hiervon eröfnung thäte. Keines wegs! (wandte Ahalibama hergegen ein) die Königin wird nicht eher / wie Dison sie betrogen / vergessen können / als [720] wenn er geheuratet / und ihr nicht mehr / als die betriegliche Aramena / für augen gehet: dann sie keinen augenblick die Aramena mehr üm sich leiden würde / wann sie wüste / daß sie ein mann wäre.

Wie sie nun mit dergleichen unterredungen / diesen großen anschlag betreffend / etwas zeit zugebracht hatten / schiede Timna wieder von dannen / nachdem sie zuvor auch die Fürstin Calaride angesprochen /und eilete / was sie kunte / nach Damasco zurücke: da sie die verstellte Aramena / in dem vorsaal der Königin von Tyro / bei welcher die Königin von Ninive im geheimen raht war / mit schmerzen ihrer warten fande. Sie gingen gleich miteinander in ein cabinet / da sie sich verschloßen / üm in ihrem gespräche nicht verhintert zu werden. Es erwiese aber der verkleidte Dison / wie er so wol mündlich von der Timna / als schriftlich von seiner schwester vername / daß sein anschlag auf das bäste von statten ginge / fast mehr unruhe / als er mochte zuvor gethan haben: und gabe er der Timna nicht unklar zu verstehen / daß sich einige reu bei ihm regete / solchermassen seine Königin zuverlassen. Timna bemühete sich / soviel sie konte /dieses wieder-anglimmende feuer auszuleschen: daß also endlich die wahre vernunft völlig die oberhand in ihm behielte / und die ehrsucht seine liebesregungen übermeisterte. Demnach verharrte er in dem vorsatz /seiner Königin diese antwort und erklärung zu bringen: wie daß er / als Aramena / an der Prinzessin Ahalibama ritter den Dison versprochen sei / und nun nichtes mehr / als die vollziehung der heurat / zu verlangen habe.

Mittlerweile aber diese beede hievon sich unterredeten / wurde von eben diesen dingen bei den Königinnen [721] im geheimen raht gehandelt: da die von Tyro /neben allen großen von Assyrien / der gelegenheit sich bedienten / da eben der Prinz Baleus nicht zugegen / sondern auf der jagt war / der Königin von Ninive zuzureden / daß sie ihre jungfrau Aramena abschaffen wolte / die der Prinz so häftig liebete: massen die stände nimmermehr zugeben würden / daß sie dermaleins in Assyrien regiren solte. Delbois widersetzete sich zwar diesem anmuten / und name es übel / daß man ihr vorschreiben wolte / was sie mit ihren leuten vornemen solte. Weil sie aber eines teils die widersetzlichkeit ihrer Aramena in dieser heurat / und anders teils die gefahr / so daraus entstehen könte /wenn dieserwegen die Assyrier eine unruhe anfahen /und mit gewalt / wie ihrer etliche sich verlauten ließen / die Aramena entfüren würden / betrachtete: als verhieße sie der Königin von Tyro / wie auch dem statthalter von Syrien / welcher sich dieser sache am meisten anname / daß sie ihre Aramena dem Prinzen von Assyrien wolte aus den augen kommen machen. Man lage ihr darauf ferner an / daß sie der Königin von Elam / (welche auch nicht mit im raht war / weil sie mit diesem vorstehenden krieg nichts zu thun hatte /) zureden wolte / den Prinzen von Assyrien zu lieben. Sie entschüldigte sich aber damit / daß sie bereits solches / und zwar vergeblich / versuchet: mit dem anhang / sie sehe nicht / wie diese Königin könte dazu beredet werden / da ja der Prinz keine liebe gegen ihr erwiese.

Wie nun damit diese ratschlagung sich geendet /und die Königin von Ninive nachgehends bei ihrer Aramena sich allein sahe / hatten sie beiderseits nicht[722] das vermögen / einander zu sagen / was sie wolten. Dann die Delbois / aus liebe zur Aramena / innigst verlangte / sie Königin von Assyrien zu sehen: hingegen Aramena / mit dem höchsten widerwillen / die gefaste entschließung / den Dison zu ehlichen / der Königin fürbringen muste. Endlich / wie dieses betrübte stillschweigen eine gute weile gewäret / fragte die Königin: was dann Aramena nun beschloßen hätte? ob sie wolle den Baleus / oder den Dison wehlen? Ob ich wol / (gabe Aramena zur antwort /) mit dem höchsten himmel beteuren kan / daß ich / meine lebenszeit allein bei E. Mai. zuzubringen / herzinnigst verlänget so bin ich doch / durch das unänderliche geschicke /in solchen zustand gesetzet / daß ich mich ganz fäst an den Dison verbunden sehe / und ihn unmüglich verlassen kan. Die verlierung der Assyrischen kron /gehet mir nicht so tief zu herzen / als dieses / daß ich nicht von dem Dison mich scheiden kan: dann dieser allein raubet mir mein glück / in E. Maj. diensten zu sterben. E. Maj. erlauben mir demnach / (dieses sagend / fiele sie ihr zu fuß /) daß ich meine jetzige glückseligkeit verlassen / daß ich mich mit dem Dison hinweg begeben / und den verlust meiner gehabten vergnügung ewig beweinen möge.

Die viele seufzer und tränen verwehreten ihr / weiter fortzufahren / und wie sie auf befehl der Königin wieder aufstehen müßen / sagte dieselbe zu ihr: Ich bin froh / liebste Aramena! daß deine wahl meinem willen entgegen ist. Dann ich soviel unmögligkeiten sehe / dich Königin von Assyrien zu machen / daß es mir noch näher gehen solte / wann mein zusprechen dich hätte überreden können / etwas zu hoffen / daß ich [723] dir hernach nicht zu halten vermöchte. Alle Assyrier sind solcher heurat zuwider / und habe ich mich iezt bei ihnen müßen anheisig machen / daß ich dieser liebe des Prinzen entgegen seyn wolle. Liebe derohalben deinen Dison / und versihe dich von mir keines andern / als daß ich deine verehlichung wil befördern helfen. Ich entziehe mir zwar ungern / bei meinem ietzigen zustande / dein verträuliches einraten. Aber was hilft es? mein geschicke will es also haben / daß / bei meinem andern leiden / ich auch meiner vertrauten freunde entraten muß.

Nicht allein des Disons zustand (gabe Aramena zur antwort /) erfordert es / daß er eiligst mich heurate /und mit mir von hinnen ziehe: sondern auch die häftigkeit des Assyrischen Prinzen wil es haben / der nicht eher meiner vergessen wird / als wann er mich nicht mehr sihet. Man muß dem Prinzen / (gabe Delbois zur antwort /) von dieser deiner verheuratung nichtes sagen: damit nicht seine häftigkeit / wider den Dison ihn etwas beginnen mache. Ich wil mit dem statthalter von Syrien hiervon reden / wie es anzufahen sei / daß man den Prinzen solang aus Damasco entferne / bis eure trauung und darauf folgende abreise geschehen sei. Ach grausamer abschied! (hube Aramena seufzend an zu klagen /) wie wird mir doch zu sinne / wann ich an denselbigen gedenke! Wann du / (sagte Delbois /) den Dison recht liebest / wirst du meiner bald vergessen. Ich aber erlange / durch deine entfernung / anders nichtes / als unruhe / und den verlust einer so treuen vertrautin in meiner liebe. Ich liebe meine Königin / (antwortete Aramena /) tausendmal mehr / als den Dison / und wolte [724] ihn / ja alle welt darum geben / wann es möglich seyn könte / bei E. Maj. zu bleiben. Ich verliere alles / wann ich E. Maj. nicht mehr sehen sol. E. Maj. aber verlieren an mir nichtes / als eine untüchtige dienerin / die darinn betrüglich ist / daß E. Maj. sich von ihrem einrahten und verstande mehr eingebildet / als sie in der that besitzet. Ich weiß / was ich an dir gehabt / (sagte Delbois /) und wie ich dir mein ganzes Herz eröffnen dörffen: welches im leiden ein großer trost ist / wann wir einen haben / der uns die last tragen hilfet.

Dieses sagend / ümarmte sie die Aramena: welche dann schier vergessen hätte / wen sie vorstellte / wann nicht / zu ihrem glück / die Timna wäre dazu gekommen. Diese nun begabe sich mit in das gespräche /und eröffnete der Königin den zustand der Ahalibama: welche zu besuchen / sie den folgenden tag benamete. Timna bate für die Aramena üm verlaub / daß die etwas früher nach Naeman sich begeben dörfte: weil Ahalibama sie zusprechen verlangte / und hierzu hernach / bei sovielen leuten / keine gelegenheit erscheinen würde / so wol bei ihr / als bei dem Dison allein zu seyn.

Wie die Königin solches verwilligt hatte / ließe sich der mohr bei ihr anmelden / der von der Prinzessin Cölidiane die briefe gebracht hatte / und nun gern seine abfärtigung haben wolte. Wie nun die schöne Delbois ihn für sich kommen lassen / muste er ihr alles erzehlen / wie es dieser Prinzessin / auf ihrer reise von Damasco / mit dem König Eridanus ergangen: da dann sein ganzer bericht darinn bestunde /daß er nicht genug die häftige liebe seines herrn zu dieser schönen Prinzessin beschreiben kunte / und wie sie seiner so gar mächtig wäre / daß sie alles zu erlangen vermöchte / [725] was sie begehrte. Wie er dann / ihr zu gefallen / gleich beschlossen / so wol den krieg dem König von Canaan / wegen des bedrangten Melchisedech / anzukündigen / als der Königin von Ninive wider ihre feinde / mit kriegsvölkern beizustehen. Ich bin dieser guten Prinzessin / (sagte die schöne Delbois /) höchlich hierüm verbunden / daß sie mir einen so grossen König zum freund erworben / und wil ich meine danksagung gegen ihr schriftlich ablegen / auch solches / zu beförderung eurer wieder abreise / beschleunigen. Man trägt freilich (antwortete der mohr) nach meiner wiederkunft ein großes verlangen / und habe ich meinen König auf den gränzen seines reiches verlassen: da er noch ein und anders zu verordnen hat / ehe er in der Königlichen haubtstadt Naphis seinen einzug halte / dem ich dann gern beiwonen wolte.

Ihr sollet gleich / (sagte die Königin /) eure abfärtigung haben! Damit ließe sie ihn bei der Timna und Aramena / und begabe sich in ihr cabinet: da sie dieser ihrer lieben mitbulerin schreiben / neben des Prinzen Abimelech antwort an sie / zum öftern überlase /und lang unschlüßig verbliebe / wie sie dieser unschuldigen Prinzessin antworten solte. Sie länger in dem betrug zu erhalten / die liebe des Abimelech ihr einzubilden / und deswegen der liebe des großen Eridanus sich zu widersetzen / befande sie für unzulässig und sündlich. Demnach beschlosse sie endlich / ihr alles zu offenbaren / und sezte den griffel an. Es wolten aber die worte nicht nach ihrem sinne fließen / und schmerzte sie es allzusehr / sie also zu betrüben /indem sie ihr fürstellte / wie nahe es ihr gehen würde /wann sie dergleichen post von ihrem Abimelech bekommen solte. Doch [726] brachte sie letzlich einige zeilen zuwegen / welche also lauteten.

Antwortschreiben der Königin Delbois von Ninive / an die Prinzessin Cölidiane.

Die liebe / die ich zu meiner wertesten Prinzessin trage / ist dermassen groß / daß / wann es müglich wäre / ich mein leben in ihren diensten dahin geben wolte. Und weil ihre ruhe mir ja so lieb ist / als die meinige / als beklage ich wol von herzen / daß für alle wolthaten / die ich von der unvergleichlichen Cölidiane entfangen / ich gezwungen werde / meine erste dankbarkeit / für die von dem grosmütigen Eridanus erlangte hülfe / darinn zu erweisen / daß ich ihr entdecken muß / wie Abimelech das glück nicht annemen kan / so meine Prinzessin für ihn bestimmet. Keine untreu noch unbeständigkeit dieses Prinzen ist schuld hieran / sondern sein unglück / das er eine andere eher / als die schöne Cölidiane gesehen / und ihr / wegen gar zu wichtiger und nötiger verschwiegenheit / zu Salem nicht entdecken dörfen / was ihn unfähig mache / des Königs Melchisedech und seiner eltern begehren zu erfüllen. Weil es nun scheinet / daß der große Eridanus für meine Prinzessin bestimmet sei /als bitte ich / des Abimelech / nimmermehr aber meiner zu vergessen / und zu gläuben / daß der würdigsten Königin von Cus ergebenste dienerin sterben werde

Delbois.


Zu diesem Schreiben bande sie des Abimelech seines / voll unruhiger betrübnis / und ließe hierauf [727] den mohren wieder für sich kommen: dem sie / wegen der überbrachten post von den hülfvölkern / die sie zu erwarten hatte / ein statliches kleinod verehrte / und ihm die briefe zustellte / dieselben der Prinzessin Cölidiane zu bringen. Nachdem er auch bei der Jaelinde sich anmelden lassen / und von ihr gleichfalls abgefärtigt worden / reisete er wieder von Damasco ab: nicht wissend / was gute post für seinen König / und was unangeneme zeitung für die Prinzessin Cölidiane / er mit sich fürete.

Folgendẽ morgens / begabe sich der betrübte Dison / unter der Aramena kleidern / zu pferd / nach Naeman zu reiten / durch etliche von der Königin wacht begleitet. Er fande daselbst seine schwester / die Prinzessin Ahalibama / in erträglichem zustande: indem /die angewandte mittel des wundarztes / soviel bei ihr verfangen / daß sie bereits auf den schenkel wieder treten konte / und nicht mehr des bettes hüten dorfte. Der schöne Dison war eben bei ihr im gemach / als diese Aramena ankame; weswegen Ahalibama zu lachen begunte / und zu ihrem ritter sagte: Sehet ihr wol / Dison! hier kommet euer aufwärter / euch zu besuchen. Ich erweise billig meine freude / (finge Aramena hierauf an zu reden /) den schönen Dison wieder zu sehen. Und weil ich von der Timna verständigt worden / wie eure grosmut / edler ritter! so vollkommen sei / daß ihr wollet die barmherzigkeit an mir erweisen / mir in meinem gelübde zu dienen / und mich fördern zu helfen / daß ich von hinnen weg komme: als lege ich hiemit meine dankbarkeit ab / und erkenne mich dafür ewig eure verbundene.

Ich achte mich schüldig / (antwortete der schöne[728] Dison /) meiner Aramena diesen dienst zu leisten /weil unsere beiderseits gethanes gelübde uns dahin verbindet / einander zu dienen: und wüste ich fast nicht / ob auser dem ich nicht lieber eine warhafte /als falsche / trauung zwischen uns wünschen würde. Ahalibama hörte mit vergnügen zu / wie ihr ritter so artlich seine person spielte / und gabe Aramena hierauf zur antwort: weil uns unsere gelübde aller weltlichen liebe unfähig machen / als müßen wir nichts verlangen / als was uns werden kan / und durch diesen betrug uns in die ruhe setzen / die wir beiderseits verlangen. Nimmermehr wird eure begierde (sagte Dison /) größer seyn / als die meinige / diese ruhe in unserer Diana tempel zu erlangen.

Ich solte zwar euch beiderseits (finge Ahalibama hierauf an) mehr ab- als anmanen / eur gelübde zu halten / da ich nun einen und andern bässern glauben angenommen. Allein / weil ich eure hartnäckigkeit sehe / ritter Dison! und mir eure unruhe / wehrte Aramena! lasse zu herzen gehen / als gebe ich nach / daß ihr beiderseits thut / was euch gefället. Ich verlange aber / von Aramenen zu vernemen / ob eure Königin hiermit einstimme / daß euch mein ritter heuraten und von hinnen wegfüren dörfe? Meine Königin (antwortete Aramena /) ist mit allem friedlich / zumal da sie sihet / wie die Assyrier mich verfolgen / solang sie in der einbildung stehen / ich würde ihren Prinzen bekommen. Dannenhero eilet sie mit unserer trauung /und hat ihr fürgenommen / mit den Statthalter alles /was darzu vonnöten seyn wird / abzureden. Sie hat mich aber daneben mit ein- und anderem gewerbe beladen / die ich meiner Prinzessin in geheim anbringen[729] sol: womit sie dann hieher mich füran geschicket /und ist sie willens / diesen nachmittag selbst heraus zukommen / die Prinzessin zu besuchen.

Ahalibama / die wol merkte / daß es ihrem bruder schwer fiele / sich länger also zu verbergen / winkte ihrem ritter / sie beisammen allein zu lassen. Wie nun dieses geschehen / und der verkleidte Dison künlicher reden dorfte / sagte er: Ach liebste schwester! wie verwirrt und elend ist eures armen bruders zustand! Ich habe erlanget / was ich wil / und erwerbe dadurch nichtes / als die grausamste abwesenheit meiner Königin / und ihren ewigen verlust. Nicht klage ich euch dieses / daß mich gereuet / was ich iezt thue: dann ich wol sehe / daß meine ehre nicht anderst / als auf diese weise / kan gerettet / und der Königin zorn vermittelt werden. Aber / wehrte Ahalibama! was meinet ihr wol / daß Dison nach dieser entfernung beginnen / und wie ihme möglich seyn werde / ohn seine Delbois zu leben / und von ihr zu vernemen / daß sie ein glücklicher mitbuler in seinen armen habe / inzwischen ich todesqual ausstehe? Solte nicht alsdann die verzweiflung in mir die oberhand gewinnen? und kan auch mein zustand mit einigem jammer in der welt verglichen werden.

Was die ehre zum zweck hat / (antwortete Ahalibama) hat auch die tugend zum geleitsman / und ist also mit einem so starken gehülfen vergesellschaftet / daß sie mit demselben auch unmügliche dinge auswirken kan. Euer vorsatz / liebster bruder! hat mich höchlich erfreuet / und bin ich dessen warhaftig versichert / daß ihr alles euer betrübnis und ietziges anligen vergessen werdet / wann ihr nicht mehr hier / sondern bei eurem ordensbruder dem Dison / euch befindet. [730] Wann ich dieses nicht so gewiß hoffete / so würden mir eure klagen weit tiefer zu herzen gehen / und ich mich höher üm das betrüben / was ihr leidet. Aber ich weiß / daß eure ruhe bald angehen wird / und daß der himmel ermüdet ist / euch zu verfolgen.

Der betrübte Dison beseufzete dieses / ohne zu antworten: und wie sie noch in solchem gespräche waren / kame die Calaride dazu / die Fürstin Mehetabeel mitbringend / welche aus Damasco sich dahin begeben hatte / die Ahalibama zu sehen. Diese vermeldete / wiedaß die Königin von Ninive / und viele andere Prinzen und Prinzessinnen aus Damasco ihr nachfolgen / sie zu besuchen. Es stunde auch nicht lang an /als diese große und fürtrefliche gesellschaft ankame: die der Zophar von Naeman / neben seiner gemalin /mit großer ehrerbietung entfinge / und zu der Ahalibama in die kammer fürete. Die schöne Königin erfreute sich neben andern / die Prinzessin von Seir wieder so wol aufzufinden.

Unter andern gesprächen / kamen sie auch auf den Esau zu reden: da dann niemand war / der sein unglück nicht höchlich beklagte / daß er so jämmerlicher weise seine frauen verlieren müßen. Mehetabeel selber / so verbittert sie auf den Esau war / konte der ihrigen beginnen nicht billigen / und betaurete fürnemlich die Mahalaath / als mit deren sie gar wol bekant gewesen. Mamellus bejammerte den tod der Fürstin Judith / die auch von der Ahalibama beklagt wurde /weil sie ihres Eliesers schwester war. Auch die Timna / ob sie gleich / in so großer gesellschaft / das anteil nicht gestunde / das sie an der Ada als ihrer schwieger mutter hatte / kunte nicht unterlassen / diese [731] Fürstin zu beweinen. Wer betauret aber / (finge die Königin von Ninive an) den unglücklichen Fürsten von Edom? der mehr mitleiden verdienet / als die drei ümgekommene Fürstinnen / die ihrer qual abgekommen / und großmütig gestorben sind: da hingegen er noch alles das leidet / was man wegen eines so großer verlustes ausstehen muß.

Die warheit zu bekennen / (sagte Baleus /) so dünket mich / daß der große Edom wol zu trösten seyn werde / wann er nur an die Ahalibama gedenket: dann dieselbe so wol ihn seines verlusts vergessen machen / als seine rache gegen dem hause Seir vermindern wird. So begierig ich bin / (antwortete die beschämte Ahalibama) dieses lezte zu verwehren / daß nicht /des Esau billiger eifer / mit den meinigen den garaus spiele / so ungern würde ich ihm ursach geben / daß er nicht seine tugendhafte gemalinnen betaure: und hoffe ich nicht / daß ich / als eine von Seir / werde können in seinen gedanken schweben / nun er von den meinigen so hoch beleidigt worden. Dieser meinung bin ich auch / (sagte Tharasile /) und halte dafür /Ahalibama thue bässer / wann sie dem jenigen keine hofnung in der liebe gibet / der unmöglich den ihrigen kan gewogen seyn. Vieleicht aber / (sagte die Königin Delbois) könte die liebe / so Esau zu Ahalibama träget / seinen haß austilgen / den die ihrigen verdienet /und einen beständigen frieden in Seir zu wege bringen? Ob ich gleich / (versezte Ahalibama /) mein gelübde / nach Ninive in der Diana tempel zu gehen /nicht halten darf / so bleibet dennoch dieser mein vorsatz beständig / nimmer zu heuraten: worinn ich der Prinzessin von Ophir getreulich nachfolgen wil. Unsere [732] ursachen hierzu (sagte Indaride seufzend) sind so erheblich / daß dieselben niemand ümstoßen / noch uns darüm verdenken kan. Amraphel und Elieser sind wol würdig / daß wir sie ewig beweinen. Diesen vorsatz (wandte Tharasile dargegen ein /) können wir nicht fäste stellen / weil wir nicht unserer sinnen und des willens gebietere sind / sondern nach dem willen des himmels uns lenken und annemen müssen / was der über uns beschlossen und versehen hat. Ich falle der Statthalterin bei / (sprache die Königin /) und hoffe / des himmels wille werde hierinn beschaffen seyn / wie ich es wünsche.

Unter diesem gespräche / sonderte sich Baleus von der gesellschaft ab / üm bei seiner Aramena zu seyn: von deren entschließung er noch nichtes wuste / weil die Königin von Ninive es sehr heimlich für ihm hielte / damit er keine hinterung darzwischen bringen möchte. Zwar hatte sie ihm / ohne den Dison zu nennen / fast alle hofnung schon benommen / in seiner liebe etwas zu erlangen: daher dieser verliebter Prinz sich ganz betrübt zu der Aramena nahete / und ihr ihre härte fürruckte / die sie / in ausschlagung seiner liebe / bezeugte. Ich verneme / (sagte er zu ihr /) daß meine schwester / die Königin / über euer felsenherz nichtes erlangen könne / und ihr ohn erbarmen den Baleus in die grube bringen wollet. Diß ist es eben /was der Prinz von Assyrien mit mir zu thun gedenket: (gabe Aramena zur antwort /) weil dessen liebes-bezeugungen mir aller Assyrier haß aufladen / und ich meines lebens nicht sicher bin / wann der Prinz / solcher gestalt mit mir ümzugehen / fortfahren wird.

Mamellus / der auf alle weise und wege der liebe[733] des Prinzen hinterlich seyn wolte / kame eben dazu /als Baleus dieses beantworten wolte / und verstörte also dieses gespräche: womit er den Prinzen so ungedültig machte / daß er nicht länger zu Naeman bleiben wolte / sondern von dar auf ein jagen ritte / welches man / ihm zur lust / zwischen Naeman und Damasco angestellet hatte. Mamellus bliebe / üm mit den Zophar und der Calaride noch etwas zu reden / nur mit dem Cimber und Elihu zurücke / und stellte selbiger sich gegen den Fürsten und dessen gemalin so verträulich an / als wäre zwischen ihnen niemals etwas ungleiches fürgegangen. Er befragte sie zum ümständlichsten / wegen der Syrischen Aramena / die er bisher für seine tochter gehalten / und bezeugte sonderbares vergnügen / als ihn die Calaride nochmals versicherte / daß es mit auswechselung der beiden kinder also wäre zugegangen / wie Hemor von dem Thebah sich berichten lassen. Eine sonderbare freudigkeit und munteres wesen / erschiene hierauf etliche tage aus allem seinem thun: also daß die ienige / die ihn bisher deswegen in sorgen gesehen / über so plötzlicher änderung sich nicht gnug verwundern konten. Elihu / so der vertrauteste seiner geheimnise war / wuste selber nicht / wohin er diese freudigkeit deuten solte; und wie er anlaß genommen / den Mamellus hierüm zu befragen / raunete der ihm ins ohr: er solte nur noch wenig tage verziehen / so wolte er ihm wunderdinge offenbaren.

Indem dieses also zwischen dem Mamellus und Elihu fürginge / unterhielte die schöne Delbois die Ahalibama noch mit gesprächen / die verheuratung ihrer Aramena mit dem ritter Dison betreffend / und[734] bezeugte ihr verlangen / den ienigen zu sehen / den ihre Aramena liebte. Ahalibama aber / die wol wuste /daß er nicht würde bei der hand seyn / weil die anwesenheit des Mamellus und der Tharasile ihn furchtsam gemachet / entschüldigte dessen abwesenheit. Nach eingenommener malzeit / welche Zophar auf das herrlichste zubereiten lassen / machte die Königin von Ninive nebst der ganzen gesellschaft sich wieder auf /nachdem Ahalibama / auf gutbefinden des arztes / ihr in wenig tagen zu folgen / verheisen hatte.

Wie sie nun unterwegs durch den wald kamen / da der Prinz von Assyrien jagete / ersahe Aramena / welche neben dem Cimber etwas für der Königin und der Prinzessinnen wägen füraus ritte / zwei große bären /die gejaget wurden / und ihren lauf dazu vorbei namen. Sie beredeten sich gleich / diese thiere zu verfolgen: weswegen jeder von ihnen seinen wurfpfeil ergriffen / den bären nachsezte / die sich vonsammen gaben / und also den Cimber und die Aramena auch voneinander sonderten. Weil nun das eine von diesen thieren einen zimlichen fürsprung hatte / als wurde der Aramena pferd schier ganz ausgemüdet / ehe er den bären einholete: welcher / sich in solcher gefahr sehend / sich gegen seinen verfolger ümkehrte / und auf die Aramena mit aller wut los ginge / aber von ihr also entfangen wurde / daß ihme muht und blut auf einmal entginge. Aramena ganz erhitzet / stiege hierauf vom pferd / bande solches an einen baum / und ginge hin nach einem bach / den sie rauschen hörte /um ihren durst zu stillen.

Kaum aber ware sie dahin gekommen / da sahe sie zwo personen / in vollem harnisch / an diesem bache[735] ligen / welche schienen / als wann sie schlieffen / und stunden ihre pferde nicht weit davon angebunden. Aus ihrer tracht kunte Aramena leicht urteilen / daß sie nicht von den jägern seyn müsten. Wie sie nun hinzu schliche / üm zu trinken / sahe sich der eine von diesen unbekanten um / und sie ersehend / zugleich erkennend / und bei namen nennend / sprange er geschwind auf / zuckete sein schwerd / und ginge damit wütend auf die Aramena los / ihr zuruffend / daß sie das ihrige / (welches sie stäts / wann sie ritte / zu füren pflegte /) zu ihrer vertheidigung auch blößen solte. Aramena vermeinte nicht anders / als dieser ritter sei von den Assyriern dazu erkaufet / sie niederzumachen / wegen der liebe des Prinzen von Assyrien: dann sie sonst nicht ausdenken kunte / wer sich an sie / die ja ein weibsbild fürstellte / also reiben solte.

Sie wurde in dieser einbildung gestärket / als der frömde zu ihr sagte: du must / glückliche Aramena! entweder dein leben / oder den Prinzen von Assyrien verlassen! hiemit schluge er so grimmig zu ihr ein /daß Aramena / wann sie diesen streich nicht bei zeiten ausgeschlagen hätte / eine gefärliche wunde würde bekommen haben. Sie versetzete aber alsofort ihren gegenteil einem so gewaltigen hieb / daß ein teil vom helm auf die erden fiele / und das blut ihme mildiglich über das haubt herunter floße. Weil dieser streich die wut des frömden vermehrte / als konte die vom jagen ermüdete Aramena nit verhüten / daß sie nicht auch eine wunde in das haubt bekommen hätte: welche sie aber mit zweien andern rächete / die sie ihrem feind /in die brust / und in das obere knie / gleich nacheinander schluge. Dieser vorteil der Aramena / setzete ihre[736] [738] widersacher auser aller gedult / also daß er / sein leztes heil zu versuchen / sein schwerd in beide hände fassete / und selbiges der Aramena nochmals auf das haubt wolte fallen lassen. Daher / wann nicht in dem augenblick Aramena sich gebücket / und also diesen greulichen hieb mit der achsel aufgefangen hätte / ihr leben in gefahr gewesen wäre.

Aramena name / in diesem niederbücken / ihren vorteil in acht / ümfassete ihren feind / und warf ihn zur erden. Sie war iezt eben willens / mit ihm den garaus zu machen / als Baleus mir etlichen der seinigen dazu gerannt kame / und seine Aramena unversehens in solchem zustand antraffe. Seine ankunft / machte sie stutzen / und den arm zurück halten. Er aber / sie voll bluts und fast onmächtig findend / wolte den andern am leben straffen / der sich also an ihr vergreifen dörfen. Wie er aber das übrige teil des helms ihm öfnen lassen / üm diesen verwegenen / der gegen das frauenzimmer so wenig höflichkeit erwiesen / zu kennen / wurde er von unbeschreiblicher bestürzung überfallen / als er seinen geliebten Assur erkante. Seine todtenfarbe und erblassete wangen / benamen ihme nichts von seiner schöne: und wie man ihm den harnisch vorne gelöset / und den hals geblößet / öffneten sich dem Baleus zwo alabasterne brüste / die ihm anzeigten / daß dieser ritter nicht der Assur / sondern die unbekante schöne Prinzessin wäre / die er vordessen beim opfer in Elassar gesehen. Sein eifer ware ihm durch sein entsetzen völlig vergangen / und nun vertriebe das mitleiden guten teils seine bestürzung / also daß er auf eiligste hülfmittel bedacht wurde / diese halbtodte dame zu retten. Die fast onmächtige Aramena / hatte sich nicht weit davon unter einen baum [738] gelehnet: welche dann der Prinz auch nicht hülflos lassen wolte / sondern zu ihr liefe / üm zu vernemen / wie es ihr erginge. Als er zu ihr kame /befiele sie eben mit einer onmacht / weil sie vorher vom jagen sich ganz abgemattet hatte / und nun auch daß blut häufig von ihr floße: deshalben er geschäftig war / sie mit balsam zu bestreichen / inzwischen einer von seinen leuten mit zerrissenen stücken von einer schärpen ihr die wunden verbunde. Ein gleichmäsiges verrichtete bei der frömden vewundtin / einer von ihren aufwärtern / und liefe Baleus bald zu der einen /bald zu der andern / nachdem er seine hülfe ihnen nötig erachtete.

Endlich schluge die unbekante die augen wider auf: welches als es Baleus / der eben bei der Aramena war / innen wurde / liefe er zu ihr / ihr sowol seine dienste anzubieten / als zu fragen / was ihren eifer gegen die Aramena verursachete? Wie er aber hierzu den mund aufthun wolte / kame sie ihm zuvor / und sagte mit leiser / doch ernsthafter / stimme: Gehe von mir / du undankbarer! und wisse / daß mir nicht der wille /sondern das vermögen manglet / mich an dir und deiner nichtswürdigen Aramena zu rächen. Kaum hatte sie diese worte ausgesaget / da rieffe man: Aramena stirbet! welche donnerworte Baleus nicht hören konte / ohne nach ihr hinzulaufen. Wie er zu ihr kame /funde er sie von neuem onmächtig / auch vielleicht nicht ohne lebensgefahr: wann nicht bald des Prinzen wundarzt / der mit auf dem jagen gewesen / und eben dazugekommen / ihr ein Mittel gebraucht hätte / dadurch sie wieder luft zu schöpfen und atem zu holen begunte.

Indem man aber also mit ihr ümginge / und bei der andern eben ihre leute / mit einem [739] wagen ankamen, als ließe sich diese verwundete darauf legen / und musten sie eiligst mit ihr durchs holz hinweg rennen. Wie nun endlich Baleus nach ihr sich ümsahe / fande er sie nicht mehr: und alsobald den schluß fassend /sie wieder einzuholen / befahle er die Aramena dem wundarzt und etlichen von seinen leuten / er selbst aber / neben dem Zameis und wenig dienern / begunte dem wagen nachzurennen / und folgte der jenigen /die vor ihm flohe. Als er kaum hinweg war / kame Cimber an das ort: der dann von den Assyriern vernemend / was sich daselbst begeben hätte / alsofort aus den umständen vermutete / diese frömde würde seine schwester gewesen seyn. Demnach beschlosse er /dem Prinzen von Assyrien zu folgen / üm in dieser gefahr und noht seine schwester nicht zu lassen.

Aramena sahe sich hierauf nicht lang allein / weil die Königin von Ninive / sie vermissend / ihr den Barzes mit vielen von ihren leuten nachgeschikt hatte: welcher / sie in solcher gestalt antreffend / sie vermanete / mit ihm sich nach Damasco zu begeben. Sie aber / weil sie sich sicherer achtete / wann sie zu Naeman bei der Ahalibama / als wann sie zu Damasco in der Königin Delbois weitläufiger hofstatt / geheilet würde / wehlete den ersten ort / als auch den nächsten. Sie machte der Prinzessin Ahalibama / mit ihrer ankunft / kein geringes schrecken: die dann / als sie vername / wie es zugegangen / sich der reden erinnerte /die sie vor etlichen wochen / zu Damasco im garten /von dem Zameis und einem frömden vernommen hatte. Sie wuste aber doch nicht / wo sie dieses hinaus deuten solte. Man brachte sie gleich / nahe an dieser Prinzessin kammer / zu bette: welche mit ihren leuten die pflege über sich name / da niemand / als Astale und zwo andere getreue [740] dirnen / neben dem wundarzt / der doch ihr geschlecht nicht erkante / zu ihr kommen dorften. Der Fürst Barzes / der sie nach Naeman mit begleitet / bliebe solang daselbst / bis der wundarzt ihn versicherte / daß es keine gefahr hätte / und daß mehr das erhitzen / als die entfangene wunden /ihr ungelegenheit gemacht hätte: mit welcher guten zeitung er / gegen den abend / in Damasco wieder ankame.

Es ware daselbst / über diesem frömden handel / iederman in voller verwunderung / und wuste man nicht / wo der Prinz von Assyrien geblieben wäre: deme dann / auf befehl der Königin von Tyro und des Mamellus / viele von seinen leuten / wie auch unterschiedliche vom kriegsheerr / nachgesandt wurden /damit er nicht in des feinds hände geraten möchte. Die Königin von Ninive / wie sie ihr den ganzen verlauf von einem / der dabei gewesen / erzehlen lassen /schöpfte daraus die hofnung / diese frömde Prinzessin / deren gegen ihr der Baleus vordessen erwehnet /würde ihn der Aramena vergessen machen. Sie bewunderte aber nichts mehrer / als daß der Cimber /wie er dazu gekommen / sich auch so beängstigt darüber angestellet / und dem Baleus nachgefolget. Sie begabe sich des andern tags nach der Timna palast /in meinung / daselbst die schöne Hercinde noch anzutreffen / und ihr etwan dieses verborgene rätzel abzufragen. Weil aber Timna / wegen des eides / damit sie dem Cimber sich verbunden / nicht alles sagen dorfte / was sie wuste / als berichtete sie nur dieses der Königin / daß Hercinde nicht mehr verhanden / sondern heimlich / nachdem sie ihr ihre abreise nach Basan entdecket / in mannskleidern davon gezogen wäre. Dieser bericht machte die schöne Königin noch mehr wundern: und [741] wie sie eine große freundin von dem Cimber war / als sorgete sie mehr für dessen liebe /als sie es in diesem fall nötig hatte.

Es verliefen dergestalt etliche tage / da man von dem Assyrischen Prinzen nichts vername / aber die posten von Naeman allemal der Aramena bässerung mitbrachten. Einsmals am spaten abend / wie die sonne schon unterzugehen begunte / kame der Statthalter Mamellus unvermutlich für des Fürsten Elihu wonung gefahren / und ließe ihm zuentbieten / daß er eiligst zu ihm einsitzen wolte. Wie nun Elihu ihm alsobald gehorchte / und sie also miteinander zur stadt hinaus rennten / sagte Mamellus zu ihme / mit frölichen gebärden: Nun wil ich euch meine für ein par tagen gethane zusage halten / und euch wunderdinge offenbaren. Wisset demnach / daß ich die Königin Aramena von Syrien in meinen händen habe. O himmel! (rieffe Elihu /) wie ist das müglich? Stillet eure verwunderung / (gabe Mamellus zur antwort /) bis ihr wisset / was hierbei fürgegangen ist / und helfet mir nur iezt / ein großes fürnemen ins werk richten. Wie und welcher gestalt ich sie bekommen / wil ich euch zu sagen / auf eine bequemere zeit versparen / weil ietzund fürnemlich darauf zu gedenken ist / wie man dem reich Syrien / durch ihren eiligsten tod / frieden verschaffe / und dasselbe für den großen Belochus unsern König erhalte. Sie ist in einem tempel nahe hier für der stadt / da ich sie wol bewachen lasse. Selber darf ich / vieler ursachen halber / nicht zu ihr kommen / noch der hinrichtung beiwonen. Ich kan aber / dieses große werk niemand sicherer / als euch meinem freund / anvertrauen. Erweiset demnach / edler Elihu! in dieser that / daß ihr euren König liebet / daß ihr mein freund seit / und daß die erhaltung dieses reichs euch lieb sei. Ich sehe / daß euch mein fürbringen bestürzt machet. Die ehmalige kentnis der Aramena / erwecket in euch mehr erbarmen / als die wahre vernunft hierinn leiden kan. Bedenket aber / daß es mir auch schwer ankommet / die jenige töden zu lassen /die ich iederzeit für mein kind gehalten. Ich thue aber die augen für allen betrachtungen zu / und beachte bloß und allein das gemeine bäste. Dann dieser Prinzessin tod / kan vielen tausenden das leben erhalten / und hingegen ihr leben ein erschrekliches blutbad anrichten. Elihu bedachte sich / inzwischen Mamellus also redete / was er antworten wolte / und die verwirrung seines gemütes / neben seiner [742] entschließung / so gut verbergend /als es ihme müglich war / sagte er endlich: Ich erfahre auf einmal so viel frömdes / daß der Prinz Mamellus mir meine bestürzung nicht verüblen muß. Selbige rüret nicht daher / daß ich unentschlossen seyn solte / was in dieser begebenheit zu beginnen und fürzunemen sein massen ich selber dafür halte / daß der allgemeinen ruhe nicht bä sser könne geraten werden / als wenn diese Syrerin wird aus dem weg geräumet. Ich überneme auch gern / dieser ihrer abfärtigung zum tode beizuwonen: wann ich nur weiß / was dabei in acht zu nemen / und wie es anzuschlagen seyn werde. Ihr werdet / mein Fürst! (antwortete der statthalter /) den Thyson / neben huntert mann / im tempel / dahin wir iezt fahren / bei der Aramena finden: dem zeiget diesen meinen siegelring / und fordert damit in meinem namen von ihm die Aramena / welche er nicht kennet / wer sie ist / sondern vermeinet sie sei eine geheiligte iungfrau von Ninive / aus der Diana tempel / die ich / üm gewißer ursachen willen / begehre verborgen zu halten. Wann er meinem ring sihet / wird er sich nicht entziehen / sie von stund an euch zu überlassen. Wann nun die finstere nacht wird eingetreten seyn / so könt ihr / mit etlichen meinen slaven / euch auf den Libanon begeben /und sie beim grab des Königs Aramenes töden lassen. Verschaffet nachmals daselbst / dieser unglückseligen Königs-tochter / ein ehrliches begräbnis / und bringet mir bald / (dann das thor sol euch offen bleiben /) die post zurücke / daß alles recht und heimlich verrichtet worden. Indem hierauf Mamellus dem Elihu seinen siegelring zustellte / waren sie nicht weit mehr von dem tempel: da Elihu ausstiege / und etliche von des Mamellus slaven neben ledigen pferden / zu sich name / mit denen diese hinrichtung solte fürgenommen werden. Mamellus kehrte damit wieder nach der stadt / und ob er gleich ruhig seyn sollen / daß er dieses erlanget / was ihme des Königs völlige gnade wiederbringen / und sein ehmaliges versehen / da er dieser Syrerin in ihrer kindheit / aus erbarmung / das leben gefristet / ersetzen mochte: so überfiele ihn jedoch eine solche bangigkeit / daß / wie er in seinen palast gekommen / er an keinem orte für großer herzensqual verbleiben kunte / und dünkte ihn / er sehe allenthalben die unschüldige Aramena / die ihm die arme zureichete / und ihn üm ihr leben anflehete. Er begabe sich ohn unterlaß an das fenster / vermeinend / Elihu solte wiederkommen / und er dachte / wenn es nur verrichtet wär / so würde ihm die angst wol [743] wieder vergehen: massen er solche der ungewißheit seines anschlags / und nicht der that selber / zumessen wolte. Er war noch in solchem unruhigen harren / als ein großer fall nahe bei ihm geschahe / dadurch er noch mehr angebänget / ganz erschütterte: und wie er sich ümgesehen / wurde er bei der klarheit einer lampen gewar / daß ein metallenes bild / deren etliche über der thür des gemachs stunden / herab gefallen war. Dieses bild stellete für / den König Belochus von Assyrien / und ware dem an seiner kron die hälfte abgebrochen: welches der Mamellus wol zu herzen fassete / und / zu seiner angst vermehrung / für kein gutes zeichen hielte. Die Statthalterin / ob sie wol von allen diesen dingen nichtes wuste / lage doch ganz unruhig auf ihrem bette / um fragte ohn unterlaß nach ihrem gemal: weil sie / von unterschiedlichen träumen erschrecket / große angst fülete / also daß ihre leute es endlich dem Statthalter anmeldeten. Dieser / üm sie zu frieden zu sprechen / trate zu ihr in die kammer /machte aber / mit seiner gegenwart / übel ärger: massen die Statthalterin ihn so verändert im gesicht befunde / daß sie sich nicht enthalten kunte / ihn zu fragen / was doch wol für ein großes unglück vorhanden seyn müste? Diese frage befrömdete den Mamellus nicht wenig / und bemühete er sich sehr / alles traurige ihr aus dem sinn zu bringen. Nach mitternacht kame Elihu wieder an: mit deme zu sprechen / der statthalter von seiner gemalin abginge /und ihn ganz allein zu sich in sein gemach kommen ließe. Ist es geschehen? fragte er ihn / mit zittrenden worten. Als Elihu solches mit ja beantwortet / und ihme damit den siegelring wieder zustellete / wurde dem Mamellus nicht anderst zu sinn / als hätte man ihm ein stuck von seinem herzen gerissen / und wolten ihn seine beine nicht mehr tragen / also daß er sich setzen muste / da er dann nochmals den Elihu fragte / ob Aramena todt wäre? Wie er nun die vorige antwort entfangen / sagte er seufzend: O grausamer gestirnschluß! der du mich gezwungen /diese mordthat über so unschuldiges blut ergehen zu lassen! Syrien ist nun (antwortete Elihu /) der grossen kriegsgefahr entledigt / und muste es ein unschüldiges blut seyn / das so vieler unschüldigen ihr blut ersparen solte. Wolan! (hube hierauf Mamellus an /) die götter haben es so verhänget. Euch aber / mein wehrter freund! bin ich hierüm mehr als hoch verbunden / und wird der König von Assyrien nimmermehr vergessen / was ihm hierdurch für gute dienste sind geleistet worden. Hiemit ümarmte er den Elihu / und ließe ihn darauf von sich gehen: in solcher unruhe das übrige der nacht verbringend / daß kein augenblick verstriche / darinn ihme nicht der klägliche und unschüldige tod der Aramena auf das jämmerlichste fürgekommen wäre.


Ende des zweiten Theils. [744]

Der Dritte Theil

Zuschrift an die Bluts-Freundin
Zuschrift an die Bluts-Freundin: den Kupfer-Titel erklärend.
So bildt die Freundschaft sich / In der Geblütes-Brunst /
Blöst treue Doppel-Brust / Ist einig in zwey Herzen;
Leucht / wie der Himmel thut / Lässt scheinen seine Kerzen.
Auch so die Föbe fühlt / Und Föbus / wechselgunst:
Reisst oft schon Ort und Zeit Sie beide weit vonsammen.
Un-müd / das Bruder-Licht / lacht auf die Schwester zu.
Als auch ein Rehbock-Paar hält gern gepaarte ruh.
Zugleich die Föbus-Leyr hallt von den Eintracht-flammen.
Geh / Aramena / zeug von wahrer Seelen-Treu!
Herz-innigst sie sich auf / aus Einem Stamme / schwinget
Zart mit dem Schwester-zweig / der Sie / Sie Ihn / ümschlinget.
Bring ihr / diß Unterpfand verwandter Freundschaft / bey.
Unendlich dieser Baum zum Grunen sich verpflichte.
Bricht dan die zeit davon ach! feigen-süße Früchte.
Uber die Tugend vollkommene unvergleichlich-schöne Aramena
Uber die Tugend vollkommene unvergleichlich-schöne Aramena.
Du Wunder aller Zier / und Schönheit aller Wunder!
Du Hi el-volles Bild! des Höchsten Ehre-zunder /
ein Spiegel seines Spiels! ein klarer Demant-Bach /
in dem man schicklich siht die Himmels-Schickungs Sach /
erlernet ihre kunst! Nachamerin der Witze /
die alles trefflich fügt! ihr helle Stralen-blitze
vom Wunder-Sonnen Bruñ! wer siht die Vorsicht nicht
nachkünstlen ihren trieb / mit reiffem Rahtgewicht
und juster Ordnungs-art? Wie schön pflegt sie zu füren /
die Fälle / zufalls-weis! wie richtig zu verwirren
die Lebens-Labyrinth! die Seltenheiten sie
einführt in grosser mäng: die doch verlieren nie /
durch vielheit / ihren Preis. Die anzahl macht sie schätzen
unzälig – wehrter noch. es pfleget zuzusetzen /
die völligkeit / dem wehrt: wie die gefüllte Blum /
ie mehr sie Blätter treibt / ie höher stäts ihr Ruhm
mit seltner Schönheit steigt. Das künstliche zerrütten /
voll schönster ordnung ist. Es gehet aus der mitten /
des klugen absehns Punct: wan man die Striche zieht
zum kunstbemerkten Dupf / das Fügungs-Bild man siht
vollkommen klärlich stehn. Du Schul der Helden-Liebe /
in welcher lernen sich die allerschönste triebe
der Edelmütigkeit / die ja selb-selber sich /
ô Aramena! hat gestürzet ganz in dich /
sonst wärst du nicht so schön! Ach ja! du bist geronnen /
mit überfluß und lust / aus dem Ideen-bronnen
des Edelsten Gemüts. Allein ein Heldenheld
kan schöner / als sie ist / uns bilden ab die Welt /
nach seinem Edlen Geist. Die Stralen / machen kennen
der Sonne großen Ball. Es zeiget auch das Brennen /
die Kraft und Macht der Glut. Die Bächlein fůhren bald
zur quell und ursprung hin: sind ja so frisch und kalt /
als dieser iemals ist. Was reiches Tugend wesen
muß wol in Diesem seyn / Der soviel gibt zu lesen /
auf einem kleinen Blat! Die Sonne mahlt sich ab
im Spiegel Brünnlein hier. Die schöne Weißheit-haab
zeigt / in dem nassen Glas / ihr Englisches Beginnen /
und wie ihr heiligs ziel sey / Sieg und Seel gewinnen /
zu Gottes Ehr' und Lust. Bekehrend wiekehrt
zum Ursprung / dieses werk; woraus es kame / lehrt /
durch das / wohin es zielt. Wem solte nicht gefallen /
was himlisch lautt und ist / und wirfet solche Stralen /
die selbst der himmel liebt: Diß tadelt nur der Neid /
und Catons saurer blick. Oft / mit Annemlichkeit /
durch hülf der Gratien / aus ihrem lieben Bronnen /
und aus der Musenröhr / komt Warheit sůß geronnen:
da weit beliebter sie und Engel-änlich ist /
daß man der Eitelkeit mit Freud bey ihr vergisst.
O Cherubim-Rubin! Die schönste Kunst im Schreiben
ist / unvermerkt der Erd den Himmel einverleiben.
Die Sonne der Vernunft / kunst-zärtlich hier vertreibt
der Schnödigkeit gewölk / daß nichts als Himmel bleibt
im innern aug-gemerk. Es pflegt sich zu bequemen
die Weißheit / und die art der Erden anzunemen:
in welcher sie verbirgt den allergrösten Schatz /
und schenkt ihn dem / der sucht / und der sie auf den platz
treu und vertreulich führt. Die frömste List der Erden
ist / durch Ergetzungs-Netz' ein Himmel-Fischer werden.
Wan man anbeissen hier den Scherz / und schlingen ein
den Andacht-angel / macht: das mag ein List-Lust seyn /
ein Fang voll Heiligkeit. Was kan man schöners sehen /
als reine Gottesfurcht wie eine Heldin stehen:
da Pallas / Pietas mit Helm und Hatnisch deckt;
in Kunst und Artlichkeit / Gottseeligkeit versteckt /
wo sie so nütz als sch \n. Sonst sie nur zum Stoisten /
ein Geistes-Caro macht. Mit unrecht in die Wüsten
und ganz von aller Lust / sie so verbannet ist:
Als wan / bei Heiligkeit / man sauer sehen můst.
Da doch die Freudenquell allein aus ihr entspringet.
Nur sie / als wie die Sonn den Früling / Wonne bringet.
Ein Sonn ansschließen ists von holder Majenzeit /
wan man die Andacht trennt von der Ergetzlichkeit /
die ohne die nicht ist. O schönes zeitvertreiben
auf Erden / dessen Frůcht' im Himmel hangend bleiben /
zur Speis der Ewigkeit! O Geistes-Meisterprob!
ô Kunst-stůck des Verstands / Magnet von allem Lob /
Erfindungs wunderwerk! Bekehrungs-Pillen geben /
in frischer Erdbeer-kost! Lust-Lilien beleben
mit Andacht stralen-Schmuck / die weisssen mit Saffir
verhimmeln! Andacht / gibt der Freuden schönste Zier /
und Unvergängligkeit. Wem dieses nicht beliebet;
kein rechte Freud er kennt / nicht wahre Tugend übet:
die Gott zu Ehren nur / sonst nicht sich freuen kan /
und gerne steckt die Welt mit solchen Flammen an.
Bekehren / Göttlich ist / und komt von solchen Sinnen.
Geschiht es so im Spiel: was wird der Ernst beginnen:
Stralt so / ein Flämlein Geist: was gibt für Wärm' und Schein
die Sonne selber wol! fällt so ein Leicht herein /
vom kleinem Schatten nur: was Geist- und Flammen-fluten
kan man / vom höhern thun / noch hoffen und vermuten:
Wan man / vom kleinen / recht auf grosses schließen kan:
so zeigt / diß Fünklein Feur / uns einen Ethna an
der Gottverehrungs-brunst. die Höhe / mehrt die Weite.
Wer ist / der / diesen Kreis zu reisen / recht anleite
die allzu-träge Welt: daß sie ihr Liecht nehm war /
es ihr zu nutze mach / als recht ein Glückeshaar /
vom Himmel hergereicht. Wer / Gott zu ehren / zielet
in allem seinem Thun / so gar auch wan er spielet:
den ehrt Gott wieder auch. Wer weiß / was noch im spiel
beym Schickungs-Schicker ist: auf was für hohes ziel
er zielen mag hiermit: Zum Hi el alles kehren /
ist ie kein Menschenwerk. Des höchsten Ehre mehren /
ein' Engel-Arbeit ist. Die Tugend fordern fort
auf ihren höchsten grad und endlich in den Port /
ist ja ein Helden-Thun. Im Cimber / sie erreichet
den Ober-Spitz allhier. Er bleibet unvergleichet /
als nur mit Dem / Der ihn so unvergleichlich zeigt.
Ein Nachbild niemals doch des Ur Bilds Lob ersteigt.
So bleibt Ihm aller Preis. Die schönste aller Lieben /
ist in des Cimbers sinn und Freundschaft-Treu beschrieben:
die steht / ohn Eigennutz / in reinster Geistesbrunst /
entfernt von allem Zweck; recht eine Götter-Gunst /
Erd-Engeln eigenbar / ein Fönix nur zu nennen
der einig-wahren Lieb. Er gibet auch zu kennen /
den Weiber-heldensinn / an Eliesers Braut:
die lieber oft dem Tod / als ihrem Feind / getraut
in ihrer edlen Wahl; die nach dem tod beständig /
nie nichts von ihrer Treu sich machen ließ abwendig /
die nach dem Leben lebt. Vielleicht wird solche Treu
bezwingen noch den Tod: daß ihn sein tödten reu /
zu lassen seine Beut. Nicht nur den zwo berührten /
nein! jedlicher Person in diesem Werk / gebührten
die Opfer höchstes Lobs. Doch wird mein Blat zu äng.
Die Erde nicht ümfasst / ein' himmel-weite mäng
unendlich-hohes Ruhms. Ich rede mit Erstummen /
und sprich mit Schweigen aus / die großen Lobes-Summen
der schönsten Königin / des Musters aller Zier.
Der ausbund alles Prachts / der Trefflichkeit quartier /
ist ganz in Sie verlegt. O Sammelplatz der Tugend!
ô Weißheit-wunderwerk / vorstellig in der Jugend!
diß ist die höchste kraft der Ausfunds-möglichkeit:
sie bildet allerschönst die schönste kron der zeit /
macht sehn / was nie gesehn. Eursetzen kan ersetzen /
was ich nicht setze an. Wann mit Entzůckungs-Netzen
die Sinnen sind verstrickt / so bleibt der Ausspruch aus.
die zunge wird gehemmt / und kan nicht aus dem haus.
weil wunder sie ümringt / so muß die feder schweigen.
Man könte / auser dem / viel schöne Sachen zeigen
in diesem wehrten Werk. Ein Staates-Dädal treibt
Politikspiegel – Spiel / Regirungskünste schreibt;
mahlt Schatten kluger Ränk / mit gutem Schein erhöhet /
da oft sehr weit hinaus ein schlaues Absehn gehet;
zeigt / durch verkürzungs-kunst / wie Heimlichkeit der Geist
der hohen Anschläg sey / wie alles allermeist
steh in der Ober-Macht. Es gibet auch zu sehen /
den Stand und Lauf der Welt / wie es pflegt her zu gehen /
nicht allzeit wie es sol / oft wunderbar und bunt;
daß unschuld unterligt / und gehet / manche stund /
Gewalt und List vor Recht. Doch Föbus fasst den zügel
der Erd gekehrten Pferd' / und schwingt sich in den bügel /
sie recht zu leiten fort. Astrea fliegt zurück /
und teilt aufs neue mit / ihr billigs Gleichheitglück /
nach juster Urteils-wag. Die Unschuld noch / mit Sternen /
der Ehrenhimmel krönt. Und ob sich hier entfernen
die Freuden-ausgäng' oft: verheiset hofnung doch /
daß alles auf Gut-End die Tugend werde noch
hinleiten / was sie wirkt. Inzwischen werd erquicket
mit süßem Schickungs-tau / Der / Der so schicklich schicket
die schönste Wunder an / vom Höchsten Schickungs-Spiel.
Er sei / zu höchstem Glück / der Gott-geschicke Ziel!

Die unbekante Freundin.

Das Erste Buch
Geschichte der vermeinten Syrischen Aramena
Geschichte der vermeinten Syrischen Aramena.

Der Statthalter von Syrien / der mich / als die ůberbliebene vom Syrischen hause / in meiner zarten kindheit / seiner schwester der ehrwürdigen Celia / in den Dianen-tempel nach Ninive / zugesendet / entdeckte keinem menschen / als der Oberpriesterin / meine geburt. Niemand im tempel wuste / wer ich wäre: auch mir selber wurde meine herkunft dermassen verheelet / daß ich mehr nicht erfuhre / als daß ich Aramena hiese. Unter diesem namen lebte ich also in der Diana tempel verborgen / und weiß ich nichts von einigen meinen begebenheiten zu sagen / die erzehlens würdig wåren: weil [4] die stille ruhe im tempel alle zeiten gleichf \rmig machte / also daß ich überhoben bliebe der widrigen unglůksst \sse / die mir nunmehr allzuviel anzeigen / wiedaß ich in der welt lebe. Mein verhångnis misg \nte mir diese ruhe / und ich muste anfahen / deren weniger zu geniessen / als die Statthalterin von Syrien / bey uns im tempel sich befindend / und mich ersehend / von ungedult / daß ihre tochter wider ihren willen in diesen orden getretten / übermeistert /in diese worte heraus brache: Um dieser Prinzessin willen / muß ich iezt soviel unglücks / zur billigen straffe / erfahren. Wie sie aber ermerket / daß ich das wort / Prinzessin / in die ohren gefasset / entfärbte sie sich / und brache gleich das gespräche ab: doch hat sie heimlich mit der Celia noch etwas geredet.

Wie wir nun wieder allein waren / fragte ich die Oberpristerin / wer ich dan wäre / und von was eltern ich entsprossen seyn müsse / die mir den namen einer Prinzessin angebären k \nnen? Celia / wiewol sie mich sehr liebte / wolte mir doch nichtes entdecken: so gar / daß sie sich bemühte / mich zu bereden / wie daß Tharasile mich damit nicht gemeint håtte. Als ich aber solches widerredte / brachte ich sie endlich so weit / daß sie mir gestunde / ich wäre eine Prinzessin / und zwar eine solche / die vom Assyrischen hause verfolgt würde: daher es h \chst nötig wäre / daß ich geheim verbliebe / massen sie eben üm deß willen /wann der König oder die Königin von Assyrien in den Tempel gekommen / mir anbefohlen hätte / daß ich mich hinter meine ordensschwestern verbergen und mein / gesichte verheelen müssen. Ein mehrers konte ich nicht aus ihr bringen / so hart ich ihr auch anlage. Ich bliebe aber / von dem tage an / so unruhig / daß mir alle die freude vergienge / die ich sonst in so unschuldigem leben genossen. Alle orten und [5] fast zu allen stunden / lage mir der name Prinzessin im sinn /und fühlte ich wol in mir / daß die begierde / die meinigen zu kennen / sich ja soviel ergrösserte / als sehr die lust / dem gewönlichen dienst der g \ttin bey zuwohnen / sich verlore. Wer weiß / (dachte ich oftmals bey mir selber / ob die deinen wissen / daß du hier im tempel bist / und ob sie nicht verlangen / dich bey sich zu haben? Hat Tharasile / wie sie bekennet / sich an dir versündigt / so ist es darinn geschehen / daß sie dich deinen eltern entwendet. Also ist dieser mein dienst der göttin nicht angenem / weil solcher / gegen deine eigne wahl / und gegen der deinen gutem willen / geschihet.

Was diese meine einbildungen sonderlich gestärket / war dieses / was ich sagen wil. Als einsmals mich die reihe traffe / bey dem heiligen feuer zu wachen /welches alle neumonden auf einem berge bey nacht erhalten wird / überfiele mich unversehens ein schlaff: welcher so lang wärete / daß ich / als ich erwachet /das feuer verloschen fande. Weil nun diß für ein grosses unglück geachtet wird / als entstunde daher im tempel ein allgemeines trauren / und wurde mir nicht allein viel busse auferleget / sondern auch manche opferung angestellet / die erzůrnte göttin wieder zu versönen. Es erfolgte hierauf noch ein anders unglück. Des Statthalters von Syrien tochter / welche bereits einmal aus unserem tempel war entfüret worden /wurde zum andern mal durch ihren vatter aus Ninive hinweggebracht / als sie eben ihre wiederankunft uns entbote / und durch den Fůrsten von Chale / des Reichs unterstatthaltern / sich in den tempel wolte bringen lassen. Der Celia unmut hierüber war so groß / daß sie sich verschwure / weder ihrem bruder dem Mamellus / noch dem K \nig von Assyrien / der hierzu geholfen / solches iemals zu vergeben / [6] auch in der ungedult diese worte heraus stiesse: Wiedaß sie / wan sie wolte / durch mich sich genugsam an ihnen rächen könte. Ihr grimm ward unendlich ergrössert / als hiernächst der Statthalter seine tochter zwunge / den Prinzen Hemor zu ehlichen / und mit ihme aus Syrien nach Canaan zu reisen. Hierauf wurde auch die göttin um ausspruch / wie diese Aramena wieder könte herbey gebracht werden / befraget: und / auf deren geheiß / zwo aus unserem mittel / als die Briane und Zimene / nach Canaan abgesendet / unter manskleidern sich nach ihr zu erkůndigen / und sie wieder in dem tempel abzuholen. Die einige hoffnung / daß diese beyde etwas glückliches verrichten würden / gabe der Celia einige ruhe: und fehlte es nicht an täglichen opfern /üm guten ausschlag dieses grossen fürhabens / als wordurch allein wir unsere göttin befriedigen konten.

Ungefär nach zweyen monaten / wurden der Celia /als ich eben allein bey ihr war / schreiben gebracht /welche sie mit sonderbarer bewegung ablase / und ihre bestürzung nicht verbergen konte: daher ich mich nicht zu enthalten vermochte sie ům den innhalt zu befragen. Die Antwort / so ich bekome / verheelte mir zwar die ursach ihres entsetzens / stellte mir aber dessen grösse und wichtigkeit noch scheinbarer vor: also daß ich ganz fürwitzig wurde / das jenige zu wissen /was sie vor mir also verborgen hielte. Demnach beobachtete ich / wohin sie die Briefe legte / und als eben ein fest einfiele / welches die Oberpriesterin verbunde / die nacht über im tempel zu bleiben: bediente ich mich dieser gelegenheit / und schliche selbige nacht in der Celia kammer. Ich fande die Briefe / und erlernte aus der unterschrift / daß sie Hemor der Prinz von Canaan geschrieben. Anfangs [7] vermutete ich / dieser Prinz / als ein verlobter mit der Prinzessin von Chaldea / würde etwan seine heurat entschuldigen / und dieser wegen die Celia versönen wollen. Wie ich aber den an sie gestellten Brief durchlase / zeigeten sich mir ungefär dergleichen worte.

Schreiben des Hemors / an die Oberpriesterin der Diana / die Ehrwürdige Celia.

Wann ich nicht der fästen hoffnung lebte / daß die Ehrwürdige Celia so gerecht als gottliebend sey /würde ich mich nicht unterfangen / diese zeilen vor dero augen zu bringen: als welche sie ansehen wird /als kämen sie von einem straffwürdigen / der ihren haß damit verdienet / daß er bisher eine geheiligte jungfrau der Diana geliebet. Ich erkenne aber nun meine schuld / und wil hiermit auf hören / des Prinzen Mamellus tochter zu lieben / welche aufgehöret zu seyn / was sie bisher gewesen. Ich wende hingegen meine gedanken zu der königlichen Prinzessin Aramena von Syrien / die an kein gelůbde kan gebunden seyn. Diese Königin von Syrien habt ihr in eurem tempel: welche bisher der ganzen welt verheelet gewesen / und nun endlich von dem gerechten himmel entdecket worden / als des Syrischen reichs einige erbin / damit des grossen Aramenes blut nicht ewig verborgen bleibe. Erlasset demnach / grosse Celia! diese Königin ihres gelübdes / welches sie wider ihr bässeres wissen gethan hat. Erhöret die bitte aller Syrer / als [8] ihrer unterthanen / die durch mich ihre Königin von euch abfordern. Erzeiget mir auch diese Gnade / und verleihet mir euer kräftiges fürwort bey dieser schönen: damit sie / die wahl ihrer stände bestätigend / mir für andern das glück gönne / sie auf ihren vätterlichen thron zu heben. Beykommendes an sie gestelltes Schreiben / wird sie nicht verschmähen zu lesen / wann die Ehrwůrdige Celia solches vergönnet. Deren gib ich schließlich wol zu bedenken / daß Syrien seine Königin nit länger wird in einem tempel verschlossen seyn lassen / und es erfordere aller geheiligten jungfrauen ruhestand / daß Aramena / wer sie ist / erfahre.

Hemor Prinz von Canaan.


Ich konte nicht anders thun / als dieses Schreiben auf mich deuten / und erklärte ich mir also das jenige /was er von der Aramena aus Chaldea geschrieben: daß / weil sie ihren weltlichen stand verändert / und also aufgehöret zu seyn / was sie gewesen / er auch aufgeh \rt habe / sie zu lieben. Ich kan nicht ausreden / was bewegungen dieses Schreiben in mir verursachet: wie ich dan eine gute weile das verm \gen nicht hatte / das andere tåfelein zu eröffnen / welches an mich überschrieben war. Tausenderley gedancken stiegen mir auf einmal zu sinne / die alle einander entgegen liefen. Mir ware / die entdeckung meiner geburt / von diesem Prinzen so angenem / daß ich über ihn /um daß er mich liebte / nicht konte unwillig werden. Mir fiele zwar bey / wie eiferig er die andere Aramena von Chaldea geliebet / und daß er dieselbe allein darüm wůrde verlassen haben / damit er durch meine person das reich Syrien [9] erlangen m \ge. Ich gedachte /wann er mich recht liebte / hätte er solche liehe geheim halten / und / ohne mein erlaubnis / der Celia nicht offenbaren sollen. Doch entschuldigte ich ihn mir bald wieder / wann ich / sowol der Aramena halsstarigkeit / die ihm alle hoffnung / sie zu erlangen /abschnitte / als auch unseren zustand betrachtete: da er ja ni ermehr mich hätte k \nnen zu sprechen bekommen / und daher nicht anderst verfahren konte /seine liebe mir bekant zu machen. Die nun-erlangte kentnis meines standes / gebare sobald in mir den fästen fürsatz / Syrien nicht zu entlassen / sondern die Kron anzunemen. Es ware mir auch lieb / selbige für andern von dem Hemor zu entfangen: wiewol ich vorher diesen Prinzen nie gekennet noch gesehen. Endlich \ffnete ich auch das andere täfelein / darinn ich fande / daß Hemor mich als eine Königin verehrte /mich mein reich zu beziehen eifrig ermanete / und auf die demütigste art von der welt mir seine liebe zu erkennen gabe. Ich achte fůr unnötig / dieses schreiben von wort zu wort / wie das vorige / allhero zu wiederholen / weil es dem vorigen meist gleich gelautet. Ich legte hierauf die zwey täfelein wieder an ihren ort /und gedachte nun abzuwarten / ob Celia von diesem allen mir nichts vermelden würde.

Ihre unruhe ware der meinigen gleich / und wie sie mir hernach bekennet / hatte sie lang angestanden /was sie hierinn thun wolte. Der Vorsatz / das Assyrische haus nicht zu beleidigen / hielte sie sehr zurůcke / in des Hemors begehren einzuwilligen. Die hoffnung aber / ihres bruders tochter / deren beständigkeit sie des Hemors schreiben versichert / wieder in den tempel zu bringen; ferner die begierde / hierdurch an dem K \nig Belochus / und an ihrem bruder / sich zu rächen / üm daß sie ihrer [10] göttin tempel also beschimpfet; überdas die furcht / einen krieg über sich zu ziehen / wann sie den Syrern und Canaanitern ihre K \nigin versagen wůrde: dieses alles / und mehr anders /beredte sie / daß sie / hiervon mit mir zu reden / und mir alles zu entdecken / sich entschlosse. Wann ich dieses nicht zuvor schon gewust hätte / wůrde ihr anbringen mich sehr bestůrzt und unschlüssig betroffen haben. Nun aber fande sie mich schon darzu bereitet /was ich ihr antworten wolte: massen ich alsofort die erklärung von mir gabe / daß ich mein angeerbtes reich nicht verlassen / sondern die Kron meiner vätter aufsetzen wolte. Die erzehlung von des Hemors liebe / beantwortete ich mit einer err \tung: die der Celia zu erkennen gabe / daß mir nicht schwer fallen würde /den Syrern einen K \nig zu erwehlen / nachdem ich über sie zu regiren mich entschlossen hatte. Demnach / auf langes überlegen / bekame der Hemor diese antwort von der Celia: weil nunmehr / so wol mir als meinen unterthanen / bekant worden / daß ich eine Erb-K \nigin / und folgbar an mein gelübde nicht verbunden sey; als wäre mir erlaubt / den tempel zu verlassen / und nach Syrien zu gehen. Diese ihre und meine entschliessung / wurde nachmals von den andern bestätigt / und damit des Hemors liebe so weit gefördert / daß man unser beyder trauung anstellte /und alles hierzu-dienliches in ordnung brachte. Und dieses geschahe in solcher stille / daß weder der Statthalter von Ninive / noch sonst einiger mensch daselbst / dessen innen wurde.

Ich will iezt nit weitläufig erzehlen / was mit mir fürgenommen worden / sondern allein sagen / daß / so sehr mein wille gleich anfangs hierzu geneigt war / so bewegt wurde mein gemüte / als die zeit heran nahete / da [11] ich das vergnůgte ruhige leben in der Diana tempel verlassen / und der göttin den dienst / den ich ihr fast mein lebenlang geleistet / aufsagen solte. Alle meine ordensschwester fiengen an / nicht allein mich zu beweinen / sondern auch mich zu meiden. Ich wurde von allen vorigen heiligen verrichtungen ausgeschlossen / und muste / von ihnen allen abgesondert /meine zeit allein zubringen / bis auf den dritten tag vor der trauung: da sie ingesamt mich aus meinem zimmer abholeten / und mit grossem klaggeschrey in den innern tempel der göttin führten. Derselbe war durchaus mit der traur bekleidet / und blieben wir dar inn / ungeessen und ungetruncken / drey tage und nächte beisammen. In der dritten nacht wurde / von des Nisrochs priester / den die Celia heimlich kommen lassen / uns angemeldet / wiedaß es nun zeit wäre / mich fahren zu lassen. Also kame es zum abschied / worbey soviel threnen vergossen wurden /daß mein gewand / so ich hier üm die brust trage /ganz benetzet wurde. Als ich endlich / zu guter letze /der Diana bild ümarmet / wurde mir mein gesichte mit einer decke verhüllet / und ich damit aus dem tempel gelassen: da der priester mich vor einen altar fůhrte /und allda an den Hemor trauete. Weil die gesetze wollen / daß eine geheiligte jungfrau / die solcher massen zur heurat schreitet / einen mond nach geschehener trauung / sich muß innen halten und von keinen menschen sehen lassen / üm in solcher zeit ihre verlorne glůckseligkeit zu beweinen: als muste Hemor auch einwilligen / daß er mich / nunmehr seine vertraute /bis solche zeit volbracht wäre / nicht sehen noch ansprechen dorfte. Demnach wurde ich alsofort / ohne daß er mir ein wort sagen konte / von ihme in des Nisroch tempel gefüret: da mich die geheiligte frauen dieses gottes [12] aufnamen und solang beherbergten / bis der Aner / des Prinzen Hemors Statthalter / mich aus Ninive unvermerkt hinweg führen würde.

Der Prinz Hemor zoge füraus / weil seine notwendige geschäfte ihn nach Hierapolis forderten: und gabe man mir etliche weiber zu / die auf der reise mich bedienen solten. Wie nun alles bereitet war / begabe ich mich bey nacht auf die reise: die ich dan so glücklich fortsezte / daß / wegen des Aners treufleissiger aufsicht / niemand von mir etwas erfuhre / und ich anfangs aller orten sicher bliebe. Wegen mänge der kriegsvölker / die auf dem weg hieher / sonderlich in Mesopotamien / aller orten verteilet ligen / musten wir viel ümwege nemen / und dorften die rechte strasse nicht reisen. Wie wir in Syrien kamen / hielte Aner für ratsam / daß wir gar durch die stadt Damasco gehen solten: weil wir da sicherer würden durchkommen / als wan wir mitten durch die Assyrische macht uns wageten. Und einer von diesen beiden wegen můste notwendig genommen werden / weil auser solchen kein anderer uns nach Hierapolis führte. Also gieng die reise hieher / und sandte Aner seine meiste leute auf das gebirge / dem Prinzen unsere ankunft zu berichten / nur zehen derselben bei sich behaltend /die mich in Damasco hinein begleiten solten. Diese verkleideten sich / wie Arabische kaufleute / und hatten meinen wagen / auf dem ich mit meinen weibern sasse / dermassen mit kramwaaren ausgezieret / daß niemand mich darunter vermuten oder suchen konte.

Also kamen wir glücklich durch Damasco / und verblieben unfern davon in einem dorf / daselbst zu übernachten. Ich dankte nun schon dem himmel / und achtete mich auser aller gefahr. Ader unvermutlich /[13] als ich eben zu bette gehen wolte / \ffnete sich meine kammertür / und sahe ich zween jůnglinge hineintretten / die mich sobald ůmarmeten und zugleich bei namen nenneten. Ich stellte mich erschrocken an / und wolte mich von ihnen losreissen / als einer von ihnen zu wir sagte: Wie / Aramena? kennest du nicht mehr deine beide ordensschwestern / die Briane und Zimene? Bei nennung dieser namen erinnerte ich mich /daß Celia unlangst diese zwo jungfrauen in manskleidern aus dem tempel abgefärtigt / die Aramena von Chaldea zu suchen; und in meinung / daß sie etwan auf dieser reise meine abenteur erfahren / und mich ansprechen wolten / schluge ich den flor vom gesichte / sie zu entfahen. Sie erschracken / als sie mich erkanten. Wie / Aramena? fragte mich Zimene: so bist du dan / mit der Königin von Syrien / aus unserm tempel abgereiset? und hat unsere Oberpriesterin dir solches verg \nnet? Wo ist aber die Königin von Syrien / die wir so sehr anzusprechen verlangen?

Indem ich nun aus dieser dunklen frage mich nicht zufinden wuste / und ihnen eben entdecken wolte /daß ich selber die Königin von Syrien wäre / die sie sucheten: kame zu mir in die kammer ein ansehlicher ritter / der mir fast eher zu den füssen lage / ehe ich meinen flor wieder vor das gesicht konte fallen lassen. Vergebet mir / sch \ne Aramena! (redete er mich an /) daß der unglükselige Bethuel sich vor euch darf sehen lassen. Nunmehr / da euer gelübde aufh \ret / werdet ihr ihm auch erlauben / seine ehmalige inbrünstige Liebe wieder fortzusetzen / und dem Hemor seine glůkseeligkeit zu bestreiten. Bedenket / Aramena! bedenket / wie ich euch geliebet / wie mein gehorsam euch in der Diana tempel geliefert: den ihr billig nicht verlassen sollen / als nur [14] darüm / daß ihr meine beständigkeit krönen möget. Ich / als ein Syrischer Fürst / kan euch euren vätterlichen thron eher / als ein Canaaniter / erhalten. Und wie ihr vordessen meine tiefe ehrerbietung gesehen / also werdet ihr auch nunmehr diese gewalttätigkeit dulten: weil diese / sowol als jene / von meiner grossen liebe herrüret. Hiemit ümfassete er mich / und brachte mich / ungeheitert von meinem widerstand / aus dem haus hinaus: da ein wagen unserer wartete / auf welchen er mich sezte /und mit mir nach Damasco / wie ich bei schein des mondes abnemen konte / dahin fuhre. Briane und Zimena / wurden mitgefangen und für Canaaniter angesehen. Ich konte nicht aussinnen / wie es m \glich /daß der Aner / ohne mir zu hülfe zu kommen / diese meine entfürung also können geschehen lassen. Ein grosser haufe reuter ümgabe nun zu beiden seiten den wagen: und weil ich nichtes thäte / als weinen und klåglich mich gebärden / als hörte ich nicht darnach /was mir dieser unbekanter Bethuel fůrsagte. Mir liese auch meine damalige bestürzung nicht zu / seine im haus angehörte worte recht zu erwågen: daraus ich ja abnemen sollen / daß es ein irrtum wäre / und er mich fůr eine andere gehalten / die er etwan ehmals geliebet.

Wie wir nun solcher massen in der Stadt angelanget / brachte uns unser fůrer / wider des Bethuels willen / nach dem neuen tempel den Isis. Ich hörte sie hierüber wortwechseln / und den Bethuel zu einem andern / welchen er Thyson nennete / sagen: Man solte nach des Statthalters hause fahren; der hingegen des Statthalters befehl fürwendete / daß wir nach dem Isis-tempel müsten. Die ungedult / so Bethuel hierüber erwiese / war so groß / daß er / als auf seinen befehl der / so die pferde regirte / nicht stillhalten wollen / aus dem wagen [15] sprange / üm zu verwehren / daß wir nicht nach der Isis tempel führen. Wiewol er nun dapfer gegen die andern / die er alle seine verräter nennte / gefochten / so muste er doch sich gefangen geben und nach der Isis tempel bringen lassen: alda vor dem thor eine grosse anzahl priestere stunden /die den Bethuel angriffen / und mit gewalt in den tempel schleppeten. Ich war so erstorben über allem / was ich sahe / daß ich nicht wuste / wie mir geschehen /und wie man mich in eine finstere kammer gefůret /alda ich die nacht und den folgenden tag allein gelassen worden. Gestern abends aber kame der Thyson wieder zu mir / da ich auf einen verdeckten wagen gebracht / und nach dem tempel / in welchem ihr mich fandet / gefüret worben.

Sobald ich da hinein gekommen / entfiengen mich zwo alte geistliche frauen / die mir / zum ersten wilkom / den tod ankündeten: darbei aber doch noch die barmherzigkeit hatten / mich zu trösten / und mir gute anleitung gaben / mich zum sterben zu bereiten. Vergebens rieffe ich nach dem Hemor / daß der mich aus dieser todesnoht erretten möchte: der aber allzu weit von mir ware. Ich schrye auch meine reichsstände ümsonst an / unter denen ich nun zwar lebete / sie aber nicht wusten / daß ihre K \nigin ihnen so nahe ware. In solcher angst habet ihr / edler ritter! mich angetroffen: und wie schmerzlich ich euch anfangs für meinen scharfrichter achten muste / so erfreut befande ich hernach das widerspiel / als ihr mir bey dem grab meines herrvattern entdecket / daß ihr nicht kämet / mich zu t \den / sondern zu erretten. Und weil ihr / zu solchem ende / mich eiligst hieder in dieses lusthaus bringen lassen / als hoffe ich hier die erfůllung eurer zusage zu sehen. Ihr habt mich zwar / gleich der Briane / Zimene und dem Bethuel / [16] für eine andere gehalten: und kan ich nicht ergründen / woher solcher fehler entspringe. Ihr werdet aber deswegen nicht ermanglen /einer unschuldigen davon zu helfen / und / wann ihr ein Syrer von geburt seit / damit erweisen / daß die liebe zu eurem König Aramenes noch nicht in eurem herzen erloschen sey.

Hiemit hörete sie auf zu reden / und Elihu zweiflete nun nicht mehr / daß diese Aramena die Milcaride /des Statthalters von Syrien tochter / seyn müste. Weil ihm die liebe des bisher verlorn-vermeinten Bethuels wol bekant war / als konte er leichtlich ermessen / daß selbiger / gleichwie er selber und Hemor / an ihrer person betrogen worden. Warüm aber Bethuel in den Isis-tempel geraten / und wie Mamellus von diesem allem wissenschaft erlanget / solches verlangte er zu erfahren: vielmehr aber / dem unwissenden vatter den zustand seiner tochter bald zu hinterbringen. Demnach / als er für den gethanen bericht sich bedanket /ersuchte er sie / daß sie ohne verdruß sich daselbst eine weile gedulten wolte: mit versicherung / daß er sie iezt allein verließe / üm etwas fürzunemen / das ihre wolfart fördern würde. Damit begabe er sich / in höchster eile / nach des Mamellus palast: den er in einer sommerläube seines gartens antraffe / so betrübt und verstellt im angesicht / daß er ihm fast unkentlich ware. Liebster Elihu! begunte der Statthalter ihn erstlich anzureden: was anfechtungen entfinde ich doch bey mir / daß ich so unschuldiges blut vergiessen lassen! Ach! verfluchte stats-ursachen / die mich hierzu bewogen! Wie schwer ist es doch / wan man ein rechter statsman seyn wil / ein gut gewissen darbey behalten! Elihu / ganz erfreuet / ihn also reden zu hören /fragte ihn: Ob er dan bei sich eine reue entfinde / üm daß er diese hinrichtung [17] der Aramena anbefolen? und ob er wol wůnschen möchte / daß es nicht geschehen wäre? Wäre es nicht geschehen / (antwortete Mamellus /) so müste es / wegen der ruhe des reichs und meinem König zu dienste / noch geschehen. Nun es aber geschehen ist / füle ich darüber ein leiden / dessen ursache mir guten teils unbewust ist. Haben wir aber auch (fragte Elihu /) die rechte Aramena bekommen? Ich bitte / mein Prinz erzehle mir doch ein wenig / welcher gestalt sie hier verraten worden / und in haft gekommen.

Euer begehren ist billig / (gabe Mamellus zur antwort /) und ich wil euch alsofort vergnügen. Es hat meiner gemalin bruders sohn / der Fürst Bethuel / ehmals die Aramena / als sie noch für meine tochter gehalten worden / geliehet / und zwar so häftig / daß /als sie ihn genötigt / sie nach Niniive in den Diana-tempel zu bringen / er aus verzweifelung seine eltern und vatterland verlassen / und nach geraumer zeit /inner welcher er in Arabien ümhergewallet / in Egypten kommend / sich daselbst in den orden der Isis priestere begeben: des vorsatzes / solcher massen sein lebenlang die Aramena zu betrauren / als die er nun gleichfalls in den Diana-tempel verschlossen achtete. Nun truge es sich zu / daß / wegen des von unsrem König allhier neu angerichteten gottesdienstes der Isis und des Osiris / von wenig wochen etliche Isis-priestere / zu den andern / die bereits hier in Damasco waren / aus Egypten hieher geschickt worden / da dan auch den Bethuel die reihe und das los getroffen. Unterwegs nun / und als sie Syrien erreichet / begegnete ihnen / unferne von hier / der alte Thebah / mit etlichen seinen vettern: die der Bethuel gleich erkennte /und darüm begierig wurde / sowol mit ihnen die alte kundschaft zu erneuren / als [18] auch wegen der Aramena bei ihnen sich zu erkündigen. Thebah truge keine scheu / dem Bethuel / als einem priester / alles zu offenbaren / daß nämlich Aramena nicht meine tochter /sondern die erbin von Syrien wäre / und daß der Prinz Hemor ihr anwesen im tempel zu Ninive erfahren hätte: weswegen er iezt darinn begriffen sey / ihr als der Königin von Syrien ihre geburt bewust zu machen / und anbei sie zu bereden / daß sie mit ihm nach Syrien kommen möchte.

Nachdem Bethuel diß alles von ihm vernommen /erwachete wieder in seinem herzen die alte liebe / und triebe ihn / daß er den schluß fassete / seinen orden zu verlassen / und von den andern sich abzustehlen: worauf er ihm fürname / dem Hemor nach Ninive zu folgen. Dieses geriete ihm nach seinem wunsch / und seumte er sich nicht / nacht und tag fortzureisen: da er dan eben Ninive erreichte / als der Prinz von Canaan wenig tage vorher daselbst heimlich angekommen war. Auf lange nachforschung / erfragte er endlich den Hemor / und traffe daselbst an den Hadat von Chesed / der bei dem Fürsten von Sepharvaim sich befande /mit dem er vor der zeit in Mesopotamien grosse vertreulichkeit gepflogen hatte. Dieser offenbarete ihm /wiedaß sein herr der Tharsis / als in die Syrische Aramena auch verliebt / zugegen wäre. Er versprache ihm aber / auf alle mögliche weise zu verschaffen / daß sein herr in seiner liebe nichts erlangen solte. Zu dessen versicherung zeigte er ihm einen brief des Tharsis / den dieser an die Aramena im tempel durch ihn bestellen lassen; welchen er von ihr / und darunter diese worte / als wan sie solche geschrieben hätte / zurücke gebracht: Es solte Tharsis nur abstehen von dem rechte / welches allein dem Hemor gebürete. Wie dan Hadat hierdurch [19] soviel zu wegen gebracht / daß Tharsis hierauf alle liebe gegen der Aramena verloren.

Aber des Bethuels anderer mitbuler ware nicht so leichtlich auszudrengen / und muste er geschehen lassen / daß Aramena an den Hemor getrauet wurde: welcher hierauf / als ihr gemal / nach Hierapolis voraus reisete / und seinem Statthalter / dem Aner / befehl hinterließe / die Aramena hernach zu bringen. Hierbei nun gabe die liebe dem Bethuel diesen anschlag in den sinn / daß er sich in des Aner geleitschaft begabe / des fůrsatzes / im herreisen durch Syrien eine gelegenheit abzusehen / die Aramena ihm zu entfüren. Zu dem ende sonderte er sich von dem haufen ab / als sie hier durch die stadt / in Arabische kaufleute verkleidet / ziehen / und den andern gefärlichen weg durch das Assyrische kriegsheer vermeiden wolten. Er kame / etliche tage vor ihnen / hieher und in meinen palast / da ich mich seiner im geringsten nicht versehen. Ich kennte ihn anfangs nicht / weil ich ihn für längst-verloren gehalten. Als er aber sich mir nennte / wurde ich von ungemeiner freude überfallen /den jenigen wieder zu sehen / den alle die seinige /welche mir iederzeit sehr lieb gewesen / bereits für todt beweinet hatten. Als er mir aber nachgehends sein fürhaben erzehlet / befande ich meine freude in eine grosse bestürzung verwandlet. Er bate mich / daß ich ihm / als meinem nahen blutsfreund / in seinem anschlage dienen / und mit volk an die hand gehen wolte / die Aramena den Canaanitern abzudringen. Ich solte ihm auch behůlflich seyn / daß er dieser Schönen gunst / und dadurch das Syrische reich / erlangen möchte.

So willig ich nun ware / ihm in seinem ersten begehren zu wilfaren / so wenig hatte ich im sinn / sein anderes [20] verlangen zu fördern. Ich liese mich aber dessen gegen ihme nicht vermerken / behielte ihn selbige nacht heimlich bei mir / und fassete nach langem überlegen den schluß / des Bethuels mich zu bedienen / üm die Aramena in meine hånde zu bekommen. Zu solchem ende beschiede ich folgenden morgen den Thyson vor mich / und befahle ihm / eine gute anzahl bewehrter kriegsleute in bereitschaft zu halten / die ich zu einem sonderbaren anschlage gebrauchen wolte. Inzwischen war ich mit aller vorsicht bemühet / in der änge zu halten / daß diese der Syrer Erbkönigin also nahe wäre / und durch die stadt reisen würde: dan daraus hätte ein grosses unheil und ein aufstand leichtlich entstehen mögen. Nur dieses vertraute ich dem Thyson / daß Bethuel eine geheiligte jungfrau der Diana entfüren wolte: welches ich / weil er ein verlobter Isispriester wäre / als unrecht / verhintern / und /damit er diese von mir begehrte hülfe bey keinem andern suchen möchte / ihn mit list in den tempel der Isis bringen / die geheiligte jungfrau aber ihme aus den händen spielen und bei mir in sicherheit verschaffen wolte. Zu behuf dessen / ließe ich den Egyptischen Isis-priestern durch den Thyson ansagen / wiedaß einer aus ihrem mittel der / auf ihrer ietzigen herreise aus Egypten / von ihnen entlaufen / in meinen händen wäre / welchen ich ihnen wieder liefern wolte: das sie dan mit dank und freuden annamen. Ich muste auf solche weise hierinn verfahren / (wiewol es mir nahe gienge / daß ich den Bethuel den seinigen also zum andern mal entziehen solte) weil / die angelegenheit meines Königs und die ruhe dieses reichs / es erforderte. Wie dan / wann ich dem Bethuel die Aramena abgenommen und ihn losgelassen hätte / er solches würde ruchbar gemacht / und grosse [21] ungelegenheit dadurch verursachet haben. Durch dieses mittel aber /konte ich hoffen / daß ein so grosses werk / als ich fürhatte / so heimlich als sicher von statten gehen wůrde.

Es verliefen hierauf etliche tage / bis endlich die unglückseelige Aramena ankame / und in einem dorf hier nahe vor der stadt die einkehr name. Der verliebte Bethuel / so dieses ihr nachtlager vorher schon ausgekundschaftet / kante die wirtin / welche ehdessen in seiner eltern haus zu Haran gedienet / und redte mit ihr ab / daß sie die ankommende / jungfrau der Diana allein in ihrem haus bewirten / ihre bei sich habende mannspersonen aber etwas weit hintan in einem hause des dorfs einlagern solte: damit / wan er sie zu entfüren käme / dieselben ihme hieran nicht hinterlich seyn möchten. Dieses alles gienge nun wol von statten /und bekame ich also die Aramena / neben zweyen jungen Canaanitern / in meine hände: den verliebten Bethuel aber schickte ich in der Isis tempel / da er itzund den verlust seiner Aramena schmerzlich beklagen wird: mitlerweil diese armselige / durch eure anstalt /ihr leben verlieren müssen. Hierdurch ist zwar Syrien und mein König in frieden gesetzet / mein gemüt aber mit solcher betrübnis beleget / daß ich lieber den tod /als länger diese marter / erdulten wolte.

Ich weiß allein / (sagte der erfreute Elihu /) was meines vettern marter verursachet. Solches ist ein verborgener trieb der natur: weil wir nicht die Königin von Syrien / sondern die Prinzessin Milcaride / in unsre hände bekommen. Ich werde verhoffentlich /wegen meines bezeigten ungehorsams / vergebung erhalten / wann ich sage / daß ich nicht dieser Aramena / sondern der Milcaride von Chaldea / der einigen tochter des [22] Prinzen Mamellus / ihr leben gefristet. Mamellus bliebe über diesem berichte ganz unweglich / als ein stein / den Elihu anschauend. Dieser aber wolte ihn nicht lang in solcher unruhe lassen / sondern fienge alsofort an / ihme alles ausfürlich zu erzehlen / was er aus der vermeinten Aramena eigenem mund vernommen: die dan keine andere / als die Milcaride / seyn könte. Niemals hat eine schleunigere veränderung eines menschen gemüte überfallen / als dißmal dem Mamellus widerfuhre: der auf einmal die nachricht erlangte / daß seine tochter aus dem tempel entkommen / daß sie bei ihm in Syrien sey / daß der Prinz Hemor / nicht durch menschlichen betrug / sondern durch sonderbare schickung des himmels / mit ihr verlobet / daß also die Syrische Aramena noch verborgen / und daß die unruhe seines gewissens /über ihrem tod / vergebens gewesen. Ach Elihu! (sagte er endlich / nachdem er aus seiner tiefen entzuckung erwachet / und wieder zu reden fähig worden /) ist es nur so ersonnen / oder ist es die warheit / was ich jetzt von euch gehöret? Der Fürst von Ram beteurete hierauf mit vielen eidschwüren / wiedaß er ihme /was wahr / erzehlt hätte: und bewoge damit den hoch-erfreuten Mamellus / ihn mit threnen zu ümarmen. Ach! sagte er / so bin ich dan euch / mein Fürst / ewig dafür verbunden / daß ihr mich verhintert / nicht mörder an meiner tochter zu werden.

Hierauf reitzete ihn die vätterliche liebe / sein kind zu sehen. Wie er aber dieses werkstellig machen wolte / kamen ihme tausenderlei hinternise in den sinn / die seine begierde aufhielten. Auf was weise sol ich sie sehen / (fragte er sich selber /) da sie mich eher für ihren mörder / als für ihren vatter / halten muß? Was habe ich für zeugnis / sie zu überreden / daß nicht der König Aramenes / [23] sondern ich / ihr vatter sei? Wird sie mich nicht einen betrieger schelten / der da suche /sie aus ihrer königlichen würde zu setzen? Und wie sol ich es mit ihr / wegen des Hemors / anfahen? Mein wille ist ja allemal gewesen / diesen mächtigen Prinzen zum schwiegersohn zu haben. Zwar hat ihn der himmel meiner tochter gegeben: aber auf so frömde und wunderbare weise / daß ich deswegen nicht kan ruhig leben. Diese und dergleichen gedanken mäßigten die freude des Statthalters von Syrien / so gar /daß die kaum abgelegte unruhe sich wieder einfande /und er immer unschlüssiger wurde / iemehr er diesem handel nachsonne. Elihu fande gleichfalls hierbei viel beschwerlichkeiten / und besorgte unter andern / wan Hemor / der sie noch nie gesehen / den betrug erfüre /würde er die Prinzessin verstossen / und sie dardurch sehr beschimpfet werden. Demnach hielte er für das ratsamste / man solte selber / bei hof und in der stadt /alsobald offenbar machen / daß Hemor / an stat der Aramena / die Milcaride aus dem tempel zu Ninive bekommen / die nun durch wunderbare weise in ihrer eltern hände wieder geraten wäre: das übrige solte man dem himmel und der zeit befehlen.

Nachdem endlich der Mamellus dieses auch für gut befunden / name er den Elihu bei der hand / und gienge mit ihm nach seiner gemalin gemach: die an nichts weniger gedachte / als daß sie zeitung von ihrer tochter bekommen solte. Anfangs ware ihr alles / gleich einem märlein / was diese beide ihr erzehlten. Endlich / als sie solches mit vielen worten beståtigten / n \tigte sie ihr mütterliches herz / das zu glauben / was sie so gern wolte / daß es wahr seyn mochte. Hierauf wurde sie mit ihnen schlüssig / daß sie alsofort miteinander[24] nach dem lusthause hinaus fahren / und ihre Milcaride herein holen wolten. Indem erinnerte sich Elihu /sowol aus der Milcaride als aus des Mamellus erzehlung / daß die beide jungfrauen der Diana / die Briane und Zimene / mit der Milcaride waren gefangen wor den / und fragte nach denselben. Mamellus berichtete / es wären zween junge Canaaniter / als mitgefangene / in seinem haus: die wurden / auf des Elihu antrieb /sobald vorgefordert. Die beschämte Briane und Zimene wolten anfangs leugnen / wer sie waren: sie musten es aber endlich gestehen / als ihnen Elihu sagte / was ihme Aramena von ihnen erzehlet hätte. Sie bekennten demnach / was massen sie vor etlichen monden / auf befehl der Oberpriesterin / also verkleidet ausgegangen wären / die tochter des Statthalters von Syrien zu suchen / und wieder in den tempel zu bringen. Sie berichteten ferner / wie sie / nach langem angewandten fleiß / dieses von ihr erfraget / sie sey im tempel zu Ninive wieder angelanget / aber für die Syrische Erbkönigin erkant / und an den Hemor getrauet worden. Nachmals seien ihnen / als sie nach Ninive zurücke gereiset / unterwegs die Canaaniter mit dieser Königin Aramena begegnet: welche sie noch einmal zu sprechen verlanget / und hätten zu dem ende von dem Aner sich für soldaten annemen lassen. Gleichwol /weil man die Königin immer gar zu genau verwahret /hätten sie zu ihrem verlangen nicht eher gelangen können / als in dem dorfe nahe bei Damasco / da sie vor ihrer kammer neben andern die wacht gehalten /aber / an stat der Königin / die andere Aramena gefunden / mit deren sie dan wären gefangen worden.

Auf erlangten diesen bericht / ward von dem Mamellus und Elihu / auch von der Tharasile / für gut befunden / [25] diesen beiden alle ümstände zu entdecken /und alsdan mit ihnen zu der Milcaride abzufahren: deren sie dan / als ihre alte ordensschwestern und bekantinnen / beibringen solten / wiedaß nicht sie / sondern die bishergegläubte tochter des Mamellus / die Königin von Syrien wäre. Wie nun diese beide dessen unterrichtet waren / wurden ihnen weibliche kleidungen gereichet: die sie in einem nebenzimmer eiligst anzogen / und hierauf / (wiewol sie lieber diese ihr ordensschwester in den tempel håtten zurücke füren mögen /) neben den dreien andern / nach dem lusthause fuhren / in welchem der Fürst von Ram die Milcaride aufbewahren ließe. Selbige mit so unvermuteter zeitung nicht all zu bestürzt zu machen / hielten sie für ratsam / daß Briane und Zimene zuvor den weg bahnen / und ihr / wie die sachen stünden / anbringen solten: daher allein diese zu ihr in das gemach eintratten / und die andere sich mitlerweil in ein nebenzimmer begaben.

Milcaride zeigte sich nicht wenig erfreut / ihre beide gewesene ordensschwestern bei sich zu sehen. Nachdem sie dieselben ümarmet / und / von wannen sie so unversehens kämen / befraget / fieng Briane an / ihr alles nach der länge zu erzehlen / was Thebah und Calaride von der vermeinten tochter des Statthalters in Syrien ausgesaget / wie sie mit der Milcaride verwechslet worden / wie Hemor dieselbe inbrůnstig geliebet / und darüm / als er ihre rechte geburt von dem Thebah erfahren / nach Ninive gezogen wäre: in meinung / dieselbe im tempel zu finden und von der Celia abzufordern. Sie sezte hinzu / wie solches alles ganz Syrien wüste: und könte sie ihr nicht bergen /daß sie nicht die Syrische Aramena / folgbar auch nicht diejenige sey / die von dem Hemor geliebet würde. Die zeitung des todes / welche zween [26] tage vorher der Milcaride war angebracht worden / hatte sie so sehr nicht erschrecket / wie dieser bericht: als wordurch sie auf einmal / beides der Königlichen Wůrde sich entsetzet / und von dem Prinzen Hemor sich geschieden sahe. Die aufrichtigkeit der Briane / als welche ihr von kindheit auf bekant worden / ließe sie an der warheit ihrer worte nicht zweiflen.

Wie sie nun / in solcher verwirrung / nicht wuste /was sie hierzu sagen solte / und es bloß auf das weinen gabe / trate Elihu zu ihr hinein; welchen sie gar erbärmlich anschauete und sagte: Ich weiß nun nicht /mein erlöser! worüm ich euch ferner bitten sol. Ich bin betrogen / wie es scheinet: und sol andere / zu meinem unglück / mit betriegen. Ich stehe bei mir an /ob mich nach dem Hemor verlangen möge: da die erkennung meiner ungestalt ihme kund machen wird /daß er nicht derjenigen / die er liebet / die eheliche hand gegeben. Ich finde mich aber hierinn unschuldig / und habe ihn wissentlich nicht betrogen. Ich habe keine schuld / als daß ich der Celia gegläubet / die eine Syrische Aramena von mir machen wollen. Die håufige zären ersteckten ihr hierauf die rede / da sie dan den Elihu also antworten hörte: Stillet / sch \ne Prinzessin! eure traurigkeit / und danket vielmehr den göttern / daß sie euch also wunderbarer weise eure geburt entdecket / und euch zu euren eltern wiederbringen. Wo sind dan meine eltern? fragte die betrübte Milcaride. Habt ihr dan nicht (antwortete Elihu /) aus der Briane erzehlung vermerket / daß der Thebah und die Fürstin Calaride euch / in eurer kindheit / als des Prinzen Mamellus von Chaldea und der Tharasile tochter / mit des Königs von Syrien tochter vertauschet? da ihr dan / für diese Erbprinzessin / in den tempel der Diana übergeben / und [27] sie hingegen für euch / als des Statthalters von Syrien tochter / auferzogen worden.

Indem kame Mamellus und Tharasile auch darzu /die dan beide der Milcaride üm den hals fielen / und eine gute weile an ihr hangend / viel zären vergossen. Hierbei nun stellte sich die natürliche regung auch bei der Milcaride ein / also daß / wie verwirrt sie auch ware / sie dannoch eine ruhe in sich entfande / die ihr ungewönlich war: und fülete sie das herz ihr zusagen /daß diese ihre eltern seien. Nach langem ümhalsen und ümarmen / inner welchen die tränen kein wort hervor gelassen / bestätigten sie beiderseits diese ihre kentnis / und fuhren hierauf miteinander in die stadt: da dan iederman zuliefe / und diese frömde in ihrer geistlichen ordenstracht ersehend / zu wissen verlangte / wer sie wäre / und warüm der Statthalter sie daher brächte. Aber das gerüchte / wiedaß er seine tochter wieder gefunden / breitete sich alsofort überall aus /und floge bald auch nach hof: als eben die Prinzessinnen bei der Königin von Tyro versamlet waren / und von dem wundersamen zufall der Aramena von Seir /auch von andern darbei vorgekommenen begebenheiten / sich bespracheten. Es sezte aber / diese neue zeitung / sie alle in grosse verwunderung: und weil solche unterschiedlich vorgebracht wurde / als schickte die Königin von Tyro den Cosdron nach des Mamellus palast / die warhafte gewißheit hierüber einzuholen. Diesem begegnete eben der Statthalter / nach hofe fahrend: mit dem er dan wieder ümkehrte / und also denjenigen einbrachte / der hiervon selber den bästen bericht geben konte.

Sobald Mamellus vorgelanget / ward er von der ganzen gesellschaft ümringet / und wolte iedes viel von ihm wissen. Demnach sie alle / und sonderlich die Königin [28] [30]von Tyro / zu vergnůgen / erzehlte er ausfürlich / welcher gestalt ihme / durch sonderbare himmelsschickung / seine tochter wieder eingelanget /und der Prinz von Canaan / sie für die Syrische Aramena haltend / sich mit ihr hätte trauen lassen. Die K \nigin von Tyro / und nach ihr alle die andern / beglückwünschten hierauf diese des Mamellus freude /und schöpften zugleich aus dieser begebnis die hoffnung / es würde die Syrische Aramena nun wol verloren bleiben / und also der krieg zwischen den Assyrern und Canaanitern ein loch gewinnen. Die Timna /so mit zugegen ware / und allein wuste / wer und wo die rechte Aramena wäre / verlanget sehr / diese zeitung der Ahalibama nach Naema zu berichten. Weil aber die Königin von Ninive ihr fürgnommen hatte /die Ahalibama / und zugleich ihre verwundte Aramena / zu besuchen / als muste sie ihre begierde bis dahin verschieben.

Nachdem die gesellschaft wieder voneinander gegangen / beriete sich die Königin von Tyro / mit dem Statthalter / in ihrem cabinet / was hierbei zu thun seyn möchte: und wurde Belopares / der eben von dem kriegsheer in die stadt gekommen / in diesen raht mit gezogen. Sie hielte für nützlich / daß diese begebenheit alsofort dem Hemor / und insonderheit denen zu Hierapolis und Ober Syrien / entboten würde: damit sie / samt der hoffnung / ihre Erbkönigin zu bekommen / auch den muht verlieren / und also die Syrer von der Canaanitischen seiten abgerissen / hingegen in dem Babylonischen gehorsam erhalten werden möchten. Die beschehene verlobung des Hemors mit der Milcaride / müste man auch bey den Syrischen ständen sonders hoch und für gültig anbringen: üm dadurch zu erlangen / daß sie den Hemor nit ferner /wie sie allbereit in [30] Ober Syrien gethan / ihren König nennten und dafür erkennten. Weil nun die andern hierinn mit ihr einig waren / als wurden / noch selbigen abend / briefe und boten nach Hierapolis abgefärtigt. Und weil man wol vermuten konte / daß der Aner allbereit / wie es ihm in Syrien ergangen / dem Prinzen von Canaan würde hinterbracht haben: als ware hochnötig / daß zugleich der wahre bericht von diesem handel in Ober Syrien erschallen möchte. Belopares eilete hierauf wieder zu seinen völkern / ům den Prinzen Sinear / neben dem Mancaleus und Nechubes / abgeredter massen / mit den ihrigen nach Hierapolis abzuordnen: daselbst sie / bei der über dieser zeitung entstehenden verwirrung / einen guten fortgang ihrer waffen absehen könten. Er selbst aber / neben den Oneballus / Dereylus / Ascrasapes und Abieser /wolte inzwischen / ohne fernern verzug / dem König Beor entgegen gehen: von welchem die nachricht eingelaufen war / daß er bereits die stadt Jenysus an den Ober Syrischen gränzen eingeno en / und iezt mit seinem ganzen heer vor Cadytis gerücket.

So vergnügt nun das ganze haus des Statthalters sich befande / daß sie ihre Prinzessin wieder bekommen / so wenig freude ließe sie hingegen blicken: welches man aber ihrer stille und eingezogenheit / wie auch ihrer gähen stands-änderung und dem ausgestandenen schrecken zuschriebe. Um deß willen machte Tharasile ihr keine gedanken hierüber / sondern lebte der hoffnung / es würde / wan etliche tage fürbei / mit ihr schon anderst werden. Es war ihr zwar selber so frömd hierbei zu mute / daß die bestürzung ihr guten teils die freude minderte / und selbige nicht völlig hervorbrechen ließe. Als aber die nacht herbeigekommen / und Milcaride / ganz allein gelassen / ihren zustand recht erwägen konte / [31] begunte sie ihr fůrzubilden /wie / ihr eingebildter Königlicher stand / sie das vergnügte leben in der Diana tempel verlassen gemacht /und zugleich in ihr eine regung erwecket / welche sie liebe zu nennen sich scheuete: wiewol ihr herz gestehen muste / daß es nichts anders wäre. Der Hemor /welchen sie am ersten / unter allen sterblichen / als den jenigen angesehen / den sie lieben dorfte /schwebte ihr ohn unterlaß in gedanken: und schmerzte sie üm des willen der verlust der Syrischen Kron am meisten / weil sie dadurch die hoffnung verloren / dessen verlobte zu bleiben / dem sie mit so reinem unschuldigen herzen sich übergeben hatte. Und wie sie von natur überaus grosmütig / also ware ihr dieses vor allen das entfindlichste / daß sie von der welt das urteil über sich dulten muste / als hätte sie durch diesen betrug den Prinzen von Canaan zu erwerben gesuchet: da sie doch einer andern weichen müste / die sein herz allein verehrte und anbetete. Sie konte / bei so verwirrten ümständen / keinen raht ersinnen / und wünschte sich öffters wieder in ihren vorigen stand: worzu sie aber zu gelangen kein mittel ersahe / weil ihre erkante eltern ihr nimmermehr / hieran zu gedenken / zulassen wurden.

Der morgen brach herein / ehe noch einiger schlaff in der Milcaride augen gekommen. Und weil der Statthalter sie nach hof zu bringen gewillet war / als muste sie zugeben / daß man ihr weltliche kleider anlegte: und liese sie mit ihr machen / was man wolte /weil ihr / in solcher gemüts-verwirrung / alles gleich ware. Dieser weltliche schmuck aber / gab ihrer natürlichen schönheit nicht einen schlechten glanz / also daß solche / ungeacht ihrer tiefen traurigkeit / gar trefflich hervor leuchtete. Wie sie nun nach hof gekommen / wurde sie durch die Königinnen von Tyro /Ninive und Elam wol entfangen / [32] und von allen anwesenden bewundert. Die sch \ne K \nigin von Ninive /welche vordessen / da sie zuzeiten der Diana tempel besuchet / dieser Prinzessin / (weil sie wegen des irrtums / als wäre sie die Syrische Aramena / vor dem Babylonischen hof sich verbergen müssen /) nicht wargenommen hatte / erwiese eine sonderbare vergnügung / mit ihr bekant zu werden. Die Syrische bediente aber / die bei dieser ansprache mit zugegen waren /verbargen / so gut sie konten / ihre betrübnis / daß es mit wiederfindung ihrer Erbkönigin also fehlgeschlagen hätte. Der Fůrst Tharsis von Sepharvaim / welcher eben mit seinen untergebenen Niniviten nach Hierapolis seinen feldzug fürnemen wolte / und solchen / nur diese Prinzessin zu sehen / noch aufgeschoben / gabe ihr zu vernemen / wiedaß er / als man sie an den Hemor getrauet / im Ninivitischen tempel mit gewesen wäre: worüber sie zu erröten und zu seufzen nicht unterlassen konte / und damit den anwesenden zu erkennen gabe / was unruhe ihr die erinnerung dieser begegnis verursachete.

Es wolte aber der erfreute Statthalter / wegen dieser wiederfindung seiner tochter / ein freudenmal anstellen / worzu die königliche und alle fürneme personen in ganz Damasco eingeladen wurden. Weil solches gegen abend erst angehen solte / als fuhre inzwischen die Königin von Ninive neben der von Elam und den meisten Prinzessiñen (unter denen auch die Timna war /) nach Naema hinaus / sowol die Ahalibama / als die Aramena / zu besuchen. Die erste von diesen / hütete nun nicht mehr des bettes. Aber Aramena / befande sich noch etwas schwach / wiewol ganz auser gefahr: daher die gesellschaft in ihre kammer sich verfügte. Diese gnadbezeugung der sch \nen Königin /gabe dem armen [33] unter der Aramena person verborgenem Dison / eine solche herzstärkung / daß deren wirkung aus seinen munteren augen hervorblickete.

Der sch \ne vermeinte Dison aber / so neben der Ahalibama / als die K \niginnen hineinkamen / bei der Aramena bette stunde / und sich nit füglich / wie er sonst zu thun gewohnt / für dieser gesellschaft verbergen k \nnen / wurde von ihnen allen bewilkommet /und wolte iederman wissen / wo er sich solang verhalten hätte / seitdaß er in dem auflauf / den die leuen verursachet / verloren worden. Ahalibama antwortete für ihren ritter / wiedaß sie selbst so glückselig nit werden k \nte / dieses zu erfahren: weil er ein sonderbares geheimnis davon mache / was ihme in solcher zeit begegnet. Ohne zweifel ist er (sagte Timna /) in gesellschaft etlicher damen gewesen / welche er zu nennen bedenken träget / um seiner verlobten braut keine eifersucht einzuraumen. Aramena weiß wol /(widerredte der schöne Dison /) daß mein herz sich ihr allein ergeben / und hat demnach keine ursache zu eiferen. Sie hat aber \ber mich sich zu beschweren /daß ich ihr in jüngst-begebener abenteur nicht beigesprungen und die wunden für sie aufgefangen / die meinem geschlechte båsser als dem ihrigen anstehen. Dieser zufall ist doch wol wundersam / (sagte die sch \ne K \nigin Delbois zu ihrer Aramena /) und kan ich nicht aussinnen / wie es hierum bewandt seyn müsse. Dann / wie ich verneme / so ist dein widerpart ein weib gewesen: ist ihr also / die eifersucht gegen dir / nicht zu verůblen. Doch ist auch die ursach ihres hasses nicht zu ergrůnden / der sie gegen dir zu solcher entschliessung genötiget.

Eine unverdiente eifersucht / (antwortete Aramena /) hat sich / in dem gemüte der unbekanten heldin /gegen [34] mir angesponnen. Dieselbe kan aber meiner gnädigsten Königin so fr \md nicht vorkommen /wann sie die umstände betrachten / die nachgehends hierbei sich hervorgethan haben. Dann / daß der Prinz von Assyrien dieser dame gefolget / und / wie ich verneme / noch nicht wiedergekehret: solches zeiget nicht unklar an / sie müsse eben dieselbe Prinzessin seyn /die ehmals der Prinz / am hofe der Königin von Elassar, beim opfer gesehen. Ich hatte eben diese gedanken / (sagte Delbois /) und wann sie es ist / so gibt sie durch dieses ihr beginnen an tag / wie sie ůbel vertragen k \nne / daß der Prinz von Assyrien die Aramena bisher bedienet. Prinz Cimber / hat gleichfalls dieser unbekanten Heldin nachgerennet: dessen und des Baleus wiederkunft uns aus diesem traume helfen wird. Es hat sich aber gestern noch was eues an unserem hof begeben / indem unser Statthalohne alles vermuten / seine tochter wieder bekommen.

Wann man auf des schönen Disons gebärden gesehen håtte / als die Königin von Ninive diese zeitung fürbrachte / wůrde sich an denselben eine grosse bestůrzung gewiesen haben. Weil aber / auser der Ahalibama und Timna / niemand sie betrachtete / als merkte niemand / daß ihr hierbei etwas anlage. Sie hatte bisher fůr gewiß gegläubet / Mamellus und Tharasile seyen ihre rechte eltern. Nun aber muste sie anheben zu zweifelen: zumal weil die Fürstin Calaride bekräftigte / daß sie die wiedergefundene Milcaride / aus liebe zum Syrischen geblüte / mit der wahren Aramena in ihrer kindheit vertauschet hätte: worbei sie zugleich ihre freude bezeugte / daß der Statthalter sie wieder bekommen / und also nicht ewig seines kindes / das sie ihm geraubet / entbären müssen.

Wie hiervon die ganze gesellschaft noch eine weile[35] geredet / und iederman die sch \ne Milcaride rümte /verteilten sie sich nach der hand voneinander: da die Königin Lantine mit dem Hadoran in ein nebengemach / die Prinzessin Indaride aber / mit der Amorite / Perseis / Calaride / und den übrigen anwesenden herren und damen / in den garten / der hinter dem schloß gar ergetzlich angebauet war / sich begaben /und also / die K \nigin von Ninive mit der Timna / bei ihrer Ahalibama / Aramena und dem Dison allein liesen. Die Königin fienge hierauf an / von ihrer Aramena heurat zu reden / und versicherte den schönen Dison / daß sie ihm alle hülfe thun wolte / zu seinem zwecke zu gelangen: zumal nun zu hoffen wäre / daß sie an dem Prinzen von Assyrien forthin keinen mitbuler haben wůrde / weil dessen neue liebe gegen der unbekanten Prinzessin in seiner lezten handlung sich genugsam spůren lassen. Ich m \chte aber wol / von euer beider lebens- und liebesgeschichte / ümständlicher unterrichtet seyn: massen die liebe zu meiner Aramena bei mir so groß ist / daß ich für unbillig achte / länger unwissend zu leben / was denkwürdiges euch beiden iemals begegnet.

Die beide stifterinnen dieser heurat / Ahalibama und Timna / hatten sich dieses anmutens der Königin nicht versehen / und daher ihre beide verliebte dieserwegen nicht unterrichtet: denen es wol anzumerken /daß sie hierüber betretten wären. Gleichwol erholte sich der schöne Dison / und antwortete der Königin: Unser beider liebesgeschichte ist so frömd / und füret solche ümstände / die wir / bevor unsre heurat volzogen sey / niemanden entdecken d \rfen. Demnach wolle E. Maj. bis dahin in gedult stehen / da sie dan alles zum gnüge erfahren sollen. Ihr vermehret zwar hierdurch meine begierde / (sagte die Königin /) in dem ihr eure begebnise [36] für sonderbar angebet. Ich wil mich aber gedulten / weil die zeit eurer eheverbindnis bald vorhanden seyn wird: wie ihr dan solche nun selber erwehlen m \get / und werde ich / wann ihr mir solche benennet eure befördererin seyn / daß ihr unverlängt zu eurem zwecke gelangen möget. Der sch \ne Dison / der nichts mehr wůnschete / als dieses zum ende und dadurch sich wieder in der Diana tempel zu bringen / brache erfreut in diese antwort heraus: Wann E. Maj. beliebig wåre / innerhalb zehen tagen mir ihre Aramena antrauen zu lassen / würde ich diese k \nigliche gnade mit pflichtschüldigstem dank annemen. Dieses sey euch hiermit versprochen! gab die Königin zur antwort. Und ob ihr mir gleich eine liebe freundin an dieser Aramena entwendet / so ziehe ich doch billig eurer beider ruhe der meinigen für / und wil zu frieden seyn / wann ich euch mag zu frieden wissen.

Der armen Aramena ward hierüber / auf ihrem bette / ůbel zu muht: doch muste sie ihren unmut verdrucken / und diese gnade / wie saur es ihr ankame /zu dank annemen. Ich verliere alles / (sagte sie / mit vielem seufzen /) indem ich die bedienung von Euer Maj. verliere. Ich vermag aber nicht gegen mein verhängnis zu streiten / als welches mir nit g \nnet / daß ich långer meiner glükseligkeit geniese. Du gewinnest in verlieren / liebste Aramena! (antwortete die Königin /) indem dir dein Dison zu teil wird. Mir aber schadet deine abwesenheit / in der liebe gegen meinem Prinzen / und raubet mir die jenige / mit der ich dieses mein geheimnis geteilet. Timna kame hierauf der Aramena in der antwort zuvor / und sagte: Was E. Maj. an der Aramena verlieren / das haben sie ja so gut hinwiederüm an der Prinzessin Ahalibama und mir: und wann [37] ich es sagen darf / so vermeine ich E. Maj. in ihrer liebe mehr gedienet zu haben / als eben Aramena. Aramena (wandte die sch \ne Delbois dargegen ein /) ist allezeit sorgfältiger gewesen / als die fůrwitzige Timna: und ob es schon zuweilen schiene /als ob sie unsere liebe mehr gehintert / als gef \rdert /so ware doch solches ihrer für mich tragenden sorgfältigkeit zuzuschreiben / indem sie damit fůrkommen wollen / daß wir nicht verrahten wůrden. So verneme ich dann / (antwortete Timna) im scherz / daß ich / an stat gnade verdient zu haben / bin strafwürdig worden / indem ich so oft darzu geholfen / daß der geliebte Abimelech und meine gnådigste Königin einander gesehen haben?

Die Königin sahe / bei nennung dieses namens /den sch \nen Dison an / und entfärbte sich vor ihme /daß er dieses mit angehöret. Timna aber / als sie solches merkte / fuhre also fort: E. Maj. entsehen sich nicht / diesen ritter mit in ihre heimliche unterredung zu nemen: massen ich fůr ihn geloben wil / daß er verschwiegen ist / und weil E. Maj. ihm ihre vertraute kammerjungfrau überlassen / mit äusersten kräften dahin trachten wird / E. Maj. in ihrer liebe zu dienen. Ihr rächet euch so wol an mir / (antwortete die sch \ne Königin) üm daß ich zuvor etwas gesagt / so euch etwan zu nahe gelautet / daß ich leichtlich sehe / ich werde nachgeben müssen / wofern ich eure rache nicht ferner auf mich ziehen wil. Ich trage zwar an des ritters Dison verschwiegenheit keinen zweifel / und / da mir freunde nötig seyn m \chten / werde ich nicht vergessen / ihn in die zahl derselben mit zu ziehen.

Der schöne Dison beantwortete dieses mit einer tiefen verneigung / und wurde diese unterredung also fortgesetzet / bis sich die Königin von Elam / neben den [38] anderen wieder herbei fande. Damit namen sie abschied / von der Ahalibama und ihren wirten / dem Zophar und der Calaride / und giengen zu wagen /nach Damasco wieder zukehren. Im hinfahren / kamen die beide Königinnen / welche allein beisammen fassen / von dem Elamitischen krieg zu reden. Die Königin Lantine beklagte sich / daß Ihre frau mutter ihrer abreise so zuwider ware / und das Assyrische joch ihrem reich mit gewalt aufbürden wolte / indem sie so eifrig auf ihre heurat mit dem Prinzen Baleus drange /darzu doch sie so wenig neigung / als der Prinz selber / hätte. Sie thäte hierzu / wie zu befahren wåre / daß die ankunft des K \nigs von Assyrien / worauf sie warten muste / ihr nachteilig seyn möchte / und daß von des Prinzen Sadrachs schleuniger abreise ihr ebenmåsig nichts gutes ahne. Die K \nigin von Ninive / erachtete zwar alle diese sorgen der K \nigin von Elam für erheblich / ům deswillen aber deren zustand für nicht so gefärlich / als ihren eigenen: den sie doch / wiewol sie nun die Lantine sehr liebte / ihr zu er \ffnen bedenken truge. Sie tröstete dieselbe / so gut sie konte / und riete ihr / daß sie den Hadoran / üm durch seine gegenwart ihre unterthanen / fůr aller auswärtiger unruhe / in obacht zu halten / fůraus senden /selbst aber diese kurze zeit sich gedulten / und dem König von Assyrien / sie in Dasmasco zu sehen / die vergnügung gönnen wolte. Sie sagte ihr ferner / wie dessen anwesenheit ihr den Prinzen Baleus nicht aufdringen k \nte: weil dieser Prinz inzwischen / wie sie vermute / seine liebe an einen andern ort fåst gesetzet haben / und also ihr / ihrem Hadoran beständig zu verbleiben / selber behüflich seyn würde.

Die Königin von Elam / liese ihr diesen einraht nicht übel gefallen: nur lage ihr noch an / wie der Hadoran / [39] sie so lang zu verlassen / beredet werden m \chte. Sonsten / weil sie dasjenige / was Delbois von des Assyrischen Prinzen liebe erwehnet / auf die jungfrau Aramena nicht ziehen wolte / als bezeugte sie ihre sonderbare begierde / zu erfahren / wie es mit dem Prinzen und der unbekanten dame ablaufen würde / mit der er in verwiechenen tagen eine so frömde begebenheit überkommen hatte. Die schöne Delbois erwiese ein gleiches verlangen / und versicherte die Lantine / daß ihre Aramena der liebe des Prinzen entstehen solte / weil sie damit ümgienge / ihr ehist mit dem ritter Dison hochzeit zu geben. Die K \nigin von Elam / wurde durch diese nachricht hoch erfreuet: zumal es sie seither nicht wenig verhönet /daß der Baleus / wiewol sie ihn nicht liebte / ihr die Aramena / deren sie doch an sch \nheit weit überlegen / fůrziehen / und selbige höher als eine K \nigin achten d \rfen. Unter dergleichen reden / gelangeten sie in Damasco wieder an: da sie dan ingesamt / zu dem angestellten wilkomfest der Milcaride / sich zu růsten und aufs herrlichste zu schmücken begunten; und solches sowol dem Mamellus / als der Königin von Tyro zu gefallen / die / wegen wiederfindung derselben / als einer Prinzessin von Assyrischen hause / sonderbare freude blicken liesse / wiewol sie sonst / wegen der abwesenheit ihres sohnes / nicht zum fr \lichsten ware.

Was diese allgemeine freude vermehrte / war die wiederkunft des Prinzen Baleus. Und ob man wol an ihm eine sonderbare traurigkeit verspürte / so verhoffeten doch die Assyrier / nun sie nur diesen ihren Prinzen wieder hatten / dessen entwerdung sie so sehr beängstigt / es wůrde mit ihm schon auch wieder gut werden. Er kame zu den Königinnen und Prinzessinnen / als sie eben bei deren von Tyro versamlet waren / und iezt nach des [40] Mamellus pallast abfahren wolten / unversehens in den saal hinein / und grüste erstlich die alte Königin / welche ihn mit diesen worten entfienge: Ihr erfreut uns ja so unvermutlich / meine vetter! mit eurer ankunft / als ihr uns zuvor mit eurer gåhen entfernung / und seither mit eurer abwesenheit /in schrecken gesetzet. Ihr habet wol gethan / daß ihr einer unbekanten nicht weiter nachgefolget / da uns der himmel hier in Damasco eine nahe anverwandtin wieder finden lassen / die nun durch eure gegenwart wird beehret werden. Baleus / etwas beschämet / gabe zur antwort: Ich hätte nicht vermeint / daß man allhier von der unbekanten bereits wuste / deren ich nachgefolget / und in ihren nöten beispringen wollen. Wie aber mein unglůck diesen meinen guten willen behintert / also erkenne ich hingegen billig mein glůck /eine wase allhier zu finden / die uns alle mit ihrer ankunft erfreuet. Er erzehlte nichts mehrers von seiner abenteur / weil auch / wegen der grossen gesellschaft /die Königinnen von Tyro und Ninive / neben der Prinzessin von Ophir / ihn nicht darüm fragen mochten.

Hierauf begaben sie sich in gesamt nach des Mamellus palast / der sie in einen grossen mit prächtigen Sidonischen decken belegten und behengten saal einfürete. Daselbst liese die angeneme Milcaride / bei dem scheine vieler lampen / (weil es allbereit nacht war /) sich auf das herrlichste geschmůcket sehen /und name an die glůkwünschungen / von den Königinnen / Prinzen und Prinzessinnen / wie auch von allen anderen grossen aus ganz Damasco: die ihr zugleich ansehliche geschenke brachten / üm ihre freude auch damit zu bezeugen. Hierauf giengen sie / in den tempel der g \ttin Gad oder des Glůkes / (welcher gerad gegen dem palast über [41] stunde) dem opfer beizuwarten / so der Mamellus angestellet: da dann / einer ieden person / ein liecht von weisem wachs / in die hand gegeben wurde. Die K \niginnen liesen zu / weil dieses fest fürnemlich der Milcaride zu ehren angestellt ware / daß sie / von ihrem vatter und mutter gefüret / die erste in den tempel eintratte. Alles volk von Damasco hatte die strasse daselbst eingenommen / üm die vermålte Prinzessin von Canaan zusehen: welchen namen man ihr gabe / üm die Syrer ihrer hoffnung zu entsetzen / daß Hemor könte ihr König werden. Nachdem der Milcaride / die K \niginnen und Prinzessinnen / in herrlicher reihe / zu tempel gefolget / fürete man sie für einen altar: daselbst sie / neben ihren eltern / niederkniehete / und im gebet solang verharrete / bis die priestere der g \ttin ihre opfere geschlachtet hatten.

Der Statthalter liese inzwischen / durch seine kämmerlinge / geld auswerfen unter das volk: ům dadurch nicht allein des gemeinen mannes neigung an sich zu ziehen / sondern auch dem ruff / daß / an stat der Syrischen Aramena / die Chaldeische Milcaride wäre wieder gefunden worden / desto läuter und weiter auszubreiten. Und eben ům deß willen liese man ihr auch den namen Milcaride / wiewol sie ihr lebenlang Aramena geheisen: damit / wo möglich / die gedächtnis der Aramena / gänzlich möchte ausgerottet werden.

Nachdem nun alles im tempel verrichtet / und sie aus demselben im palast wieder angelanget waren /wurden sie alsobald alle in einen garten gefůret: da eine lauberhütte von citronbäumen / cedern und cypressen zugerichtet / auch mit grossen gebånden und kränzen von den allerwolriechendsten blumen und früchten behänget ware: woran die bumtlich-vermängte farben / bei der klarheit von vielen huntert liechtern / nicht minder zierlich [42] hervorschienen / als lieblich der vermischte geruch ausduftete. In diesen blumensaal / wurden die speisen aufgetragen: und mochte nichts prächtigers / als deren anordnung / gesehen werden.

So freigebig nun und zufrieden der wirt sich zeigete / so wol waren auch seine gäste mit ihm vergnüget: wiewol / die ruhe des gemütes / bei den wenigsten sich befande. Dann / Milcaride sase / die ganze malzeit ůber / in traurigen gedanken. Der Prinz Baleus /seufzete mehr / als das er redete. Die Königin von Tyro erinnerte sich / bei der vergnügung / die nun Mamellus und Tharasile entfunden / ihrer widerwärtigkeit mit ihrem sohne. So machte auch Milcaride /die sch \ne K \nigin von Ninive an ihren zustand gedenken / daß sie in ihrem herzen wünschete / auch so ein glück wie sie zu haben / und ihre rechte eltern zu erkennen. Indaride / wünschte sich in eine angenemere gesellschaft / nämlich zu ihrem verstorbenen. Die Königin Lantine war auch unvergnůgt / wann sie bedachte / was hinternise ihr noch im weg stunden / in völlige ruhe zu gelangen. Jaelinde belegte / ihr ohndas-beladenes gemüte / mit neuer qual über des Cimbers abwesenheit: als die da immer unlustiger wurde /iemehr mitbulerinnen sich einfanden. Die anwesende Fürsten von Syrien stelleten sich äuserlich vergnügter an / als sie innerlich sich befanden: auser dem einigen Elihu / der unter allen das ruhigste gemüt hatte / weil er nicht allein / indem er der Milcaride das leben gefristet / dieses freudenfestes ein urheber ware / sondern auch seine sch \ne Königin vor sich sahe / von der er in seiner ehrerbietigen verständigen liebe nichts anders verlangte / als daß er ihrer gegenwart geniesen m \chte.

Der vergnügte Mamellus / der bei dem Fürsten von [43] Ram an der tafel sasse / sagte zu ihme: dieses freudfeyer begehen wir an stat des todenmals / so wir bei der Aramena grab hätten halten sollen; welches ich der gnade der götter / und eurer vorsichtigkeit / zu danken habe. Der g \tter vorsicht (antwortete Elihu /) verspüren wir tåglich / und alsdan zum meisten /wann wir am wenigsten daran gedenken. Hätte in mir der himmel nicht ein mitleiden gegen der Aramena erwecket / so wåre ich an der Milcaride zum mörder worden. Und håtte Bethuel (setzte Mamellus hinzu /) mich nicht zum vertrauten in seiner liebe gemacht / so hätte ich meine tochter nicht wieder bekommen / hingegen gewärtig seyn müssen / daß ihr zu Hierapolis /wann Hemor seinen irrtum erkennet / alle beschimpfung widerfahren wåre. Mein vetter erinnert sich des Bethuels: sagte hierauf Elihu. Soll dieser gute Fůrst /der uns zu heutiger freude / ihm zu leid / verholfen /nicht wieder aus dem Isis-tempel errettet werden / nun die ursach aufhöret / um deren willen er hier / wider seinen willen / darein gerahten ist? Ich wil hierbei mein möglichstes thun / (antwortete Mamellus /) üm wieder zu ersetzen die beleidigung / die ich ihm anzuthun gen \tigt worden. Aber die liebe zur Syrischen Aramena muß er fahren lassen: dan weil er / durch deren erlangung / allhier K \nig zu werden suchet /zwinget er uns damit / ihn allhier nicht zu dulten.

Mir fället iezt bei / (sagte Elihu /) daß der Fürst Ardeus von Chesed neulich / aus Ninive / die zeitung mitgebracht / wie sich die Oberpriesterin Celia beschweret habe / daß man ihr die tochter meines vettern entfüret: wofür sie die Syrische Aramena wird angesehen haben. So wåre dann etwan von ihr einige kundschaft einzubringen / wo diese Prinzessin hingekommen / [44] und wer sie leztmals entfüret. Mich dünket / (antwortete Mamellus /) meine schwester habe hiermit nicht von einer neuen entfürung geredet / sondern von der ersten / da ich sie / als meine vermeinte toch ter / aus Ninive holen lassen. Ich kan nicht aussinnen / wo sie mag geblieben seyn / seither ich erfahren /daß sie aus Salem heimlich entflohen. Es ist aber unser aller grosses glük / daß sie nicht wieder in des Hemors hände gerahten ist.

Nachdem diese malzeit ziemlich tief in die nacht hinein gewåret / brachen die gåste endlich von der tafel auf / und mit der prächtigen freigebigkeit des Statthalters mehr als wol zufrieden / begaben sie sich wieder nach dem Hoflager. Es hatte aber Prinz Baleus der K \nigin von Ninive versprochen / ihr folgenden tags / von seiner lezten abenteur / bericht zu thun. Solches nun werkstellig zu machen / kame er zu ihr /sobald sie sich sprechen liese: da er dann die Prinzessin von Ophir bei ihr fande. Ihr werdet euch verwundern / (fienge er an / nach abgelegtem gruß /) wann ich euch bekenne / daß ich abermals verliebt und ungeliebt bin: welches mir dann fast in meinem ganzen leben widerfahren. Ihr saget mir / was das erste betrifft / (antwortete die Königin /) nichts verwunderbares: massen ich leichtlich schliesen konte / daß euch die Prinzessin / die ihr in Elassar gesehen / nun wieder werde angezündet haben. So wisset ihr dann bereits / (fragte der bestůrzte Prinz /) wie es mir mit ihr ergangen? Anders nichtes weiß ich (versetzte sie /) als daß ihr sie / wie man mir erzehlet / mit meiner Aramena streitend angetroffen / auch / auf er \ffnung ihres gesichtharnisches / sie fůr ein weib erkenner / und zwar fůr die sch \ne unbekante / die ihr vordessen in Elassar bei der Königin Mirina opfer gesehen. Weil ich aber solches nicht mit allen ümständen weiß / [45] und die gůtige Prinzessin von Ophir hier zugegen / eben iezund / der Mirina und eure geschichte / soviel euch in Ophir begegnet / zu erzehlen / mir versprochen: als wil ich erstlich von ihr den anfang dieser eurer begebenheiten vernemen / und bis dahin mich gedulten /daß mein verlangen / auch diese lezte begebnis zu erfahren / von euch vergnügt werde. Ich bin damit friedlich / (antwortete Baleus /) und wird die Prinzessin von Ophir die erzehlung mit mir teilen / also daß wir wechselweis euer begehren erfüllen k \nnen. Nachdem sie hierauf / (üm nicht wiederům / als vormals / da der Azura zwischenkunft sie verhintert / davon verst \rt zu werden /) sich in ein Cabinet zusammen verschlossen / fienge / nach kurzer bedenk-weile / die sch \ne Indaride also an / zu erzehlen die

Geschichte der Königin Mirina
Geschichte der Königin Mirina.

Die Geschichte / die ich fůrzubringen mich habe anheischig gemacht / wåre wol würdig / meiner sch \nen K \nigin von einer beredtern zunge / und die da ohne gemütsbewegung etwas freyer reden k \nte / fürgetragen zu werden: wie dan mein erbärmlicher lebenslauf dermassen hier mit eingewunden ist / daß ich / viel davon mit zu berůren / genötigt seyn werde. Weil nun solches ohne wehmut nicht geschehen kan / als wird man mir vergeben / wann man meine threnen diese sonst heroische begebenheiten begleiten sihet.

Die heldin Mirina / welchen namen ich ihr billig gibe / wurde dem grossen Marsius K \nig in Basan /von der Erbprinzessin selbigen reichs der Salamis /geboren. Wie sie nun aus einem volk herstammet /welches wegen dapferkeit und heroischer tugenden weltberůmt / [46] un bey deme die kriegsübung auch den weibern gemein ist: also erwiese sie von kindheit auf /daß sie diesen grossen vaters würdige tochter / und ihrer nation heloden geist ihr nicht verloschen sey. Weil der königliche hof zu Basan von allen orten her besuchet wurde / als kame auch dahin der Prinz Igerman / des Königs Boius aus Celten einiger Sohn. Er hielte sich aber daselbst ganz unkant auf / sich Riphat nennend: aus ursache / weil sein hervatter und der König Marsius / wiewol sie brüder waren / in todfeindschaft miteinander lebten; welchen haß weder die nahe blutfreundschaft / verhintern / noch die weite entfernung vermindern können. Diesem jungen Prinzen hatte sein herr vatter erlaubet / frömde konigreiche zu besuchen: damit er die sitten und arten anderer länder erlerne / und solche in Celten / alwo noch alles in unordentlicher wildheit lebte / einfüren möchte. Ihm ware von demselben einer zugeordnet / der auf sein thun acht haben und ihn anweisen sollte. Dieser heise Bardus / ein gelehrter und geschickter mann: dessen vorfahren einer / gleiches namens / die verse erfunden / derer sich die Celten und Teutschen viel zu bedienen pflegen. Anfangs war ihre meinung / über etliche monate sich zu Basan nicht aufzuhalten. Wie aber der Bardus sahe / daß der junge Prinz Marsius /der Mirina halbbruder / seiner herren den Ingerman heftig zu lieben begunte und ihn deswegen unter seine hofedelleute verlangte / liese er solches geschehen: in betrachtung / daß sein Prinz zu ritterlichen übungen /auch allen andern guten sitten und wisenschaften /nirgend besser könnte angewiesen werden. Also wurde Ingerman des Marsius kammerjunker / und erlernte mit glücklichem fortgang alles / worinn dazumal / neben dem Prinzen von Basan / der Prinz Apries von Hemath / [47] der junge Prinz Daces des Königs vetter der Cimber und Tubal / so auch dessen nahe befreundte waren / und alle andere grossen von Basan / sich zu üben unterwiesen wurden.

Bei solcher gelegenheit / bekame Ingermann die Mirina oft zustehen / und gewanne sie so lieb / daß letzlich diese seine neigung nicht so wol / als seinem stand / verbergen konnte. Der getreue Bardus merke zwar wol / daß sich der Prinz sehr veränderte / immer stiller wurde / an stat der gewönlichen freudigkeit /ein saures wesen an sich name: er vermochte aber die rechte ursach nie zu ergründen / und an nichts weniger / als an die liebe gedenkend / bekümmerte er sich nicht groß darum / weil es dem Prinzen / weder an seinen ritterlichen übungen / noch an seiner gesundheit schädlich wäre. Eines tages / als der verliebte Ingerman im schloßgarten allein zu seyn vermeinte /gabe er daselbst seinen gedanken völligen raum / und / wie er seinen zustand überlegte / fielen ihm etliche reimen zu / (in deren wissenschaft er sonderlich geübet war/) die er in ein täfelein / das er bei sich zu tragen pflegte / eingezeichnet diesen inhalts:


Sol dan die verschwiegenheit meine liebe stäts begleiten?
Eh man schweiget / muß man reden eine sach / verschweigen zwei
Sprich dan / was dir kund allein / und entdeck die heimlichkeiten.
Nimt sie gnädig auf / dein lieben: weiß ich / daß es heimlich sei.
Aber ach! Wan man sie erkläret / was kann alle freundschaft trennen:
wird ich mich nicht selber bannen / und verstossen seyn von ihr?
Red ich nun: so schad ich mir. Schweig ich dann: wer fühlt mein brennen?
Such ich ihre gegenliebe: hasch ich ihren hass dafür.
Schweigen / wird dan bässer seyn / und nur halb vergnüget leben:
als / durch reden / völlig sich in das verderben geben.

[48] Indem er dieses schriebe / kam der Prinz von Basan / neben der Prinzessin Mirina / darzu: und weil er im schreiben so åmsig war / ward er ihrer nicht innen /bis sie ihm so nahe kamen / daß Mirina ihm das täfelein aus der hand reissen / und die schrift durchsehen konte. Wie er hierüber sei bestürzet worden / ist leichtlich zu erachten. Als aber / sowol die Prinzessin / als der Prinz ihr bruder / diese reimen zu end gelesen / wolten sie kurzum von ihme wissen / auf wen er dieses geschrieben hätte. Marsius insonderheit spottete seiner noch darzu / daß er verliebt wåre / und sagte: liebe und tugend k \nten in einem jungen herzen nicht beisammen seyn / und wer sich der einen ergebe /müße die andere verlassen. Ingerman / den dieses noch mehr verwirrete / sahe den Prinzen Marsius mit hochmütiger verachtung an / und schier vergessend /daß er dessen bedienten und nicht dessen vettern vorstellete / gabe er ihm zur antwort: Er wolle mit seinem blute die meinung behaupten und bis in tod verfechten / daß die liebe gar wol in einem tugendhaften gemüt wohnen könne / und keine lasterhafte neigung zu nennen sei. So seit ihr dan verliebt? fragte Mirina. Und mich wollet ihr überreden / (sezte der Prinz hinzu /) daß die liebe ohne laster sei? So unmöglich ich der Prinzessin von Basan / (ware Ingermans antwort /) ihrem begehren / das ich fůr einen befehl ehre / zu gehorsamer folge / bergen darf / daß ich liebe / so wenig werde ich auch dem Prinzen Marsius können nachgeben / die liebe zu tadelen: massen ich versichert bin /wie frei noch zur zeit sein gemüte ist / er werde dereinst / wann ihn das verhängnis auch solche fässel anleget / seiner tugend diese neigung zugesellend / hiervon andere gedanken fassen.

Der Prinz Marsius / belachete diese seine antwort /Aber Mirina / die mehr hiervon wissen wolte / und wol [49] merkte / daß Ingerman / in gegenwart des Prinzens / nichts eröffnen würde / zoge ihn auf eine seite /und als sie sich von dem Marsius ziemlich weit entfernet / sagte sie zu ihm: Ihr můst mir sagen / wen ihr liebet / und ob es nicht etwan meine jungfrau Simede sei / welche unter allen andern mir die liebste ist. Ingerman / sich also gepresst sehend / antwortete: ja /die Prinzessin hätte es errahten! Worüber sie sonderbare freude bezeugte / und ihm versprache / daß sie bei ihr sein bästes reden wolte. Weil nun dieses also angefangen war / als fure der verstellte Prinz fort / sie in ihrer einbildung zu stärcken / und für ihr anerbieten sich sehr bedankend / ersuchte er sie / daß sie dieser versprochenen gnade ingedenk seyn wolte. Also wurde die Mirina des Ingermans vermeinte vertrautin in der liebe: und der Prinz / einer so unverhofften begebenheit sich zu bedienen / sahe seine Zeit ab / mit der Simede in gespräche zu kommen.

Diese jungfrau / so sonderbares verstands war /nachdem sie von ihrer Prinzessin beredt worden / daß Ingerman sie liebe / begegnete ihm also / daß er nicht merken konte / ob sie von seiner liebe wisse / oder davon hören möchte. Weil er aber sich ihr / wer er wäre / nicht eher entdecken wolte / als bis er ihr gemüte und ihre treu erkennt håtte: gabe er sich endlich verliebt bei ihr an / und richtete in etlichen besuchungen soviel aus / daß sie ihn ihrer gunst versicherte. Hierauf beschenkte er sie mit einem ůberaus-stattlichen kleinod / welches ihr ganz die augen blendete /und sie sagen machte: diß geschenke wäre königlich /welches ihr zu tragen keines wegs gebüre. Hierauf nun offenbarte er sich ihr / wie er auch ein K \nigssohn und zwar ein Erbprinz des grossen reichs der Celtern wäre: der sie mit vielen wolthaten ferner ansehen wůrde / imfall sie ihme getreu seyn / und [50] bey ihrer Prinzessin / die er liebe / gute dienste leisten wolte.

Diese entdeckung / sezte anfangs die Simede in nicht-geringe bestürzung. Als sie aber sich erinnerte /wie ihr vatter / aus Celten durch den König Bojus vertrieben / in Basan bei dem König Marsius schutz suchen můssen: stellte sie ihr gleich vor / der Prinz Ingerman würde / wan sie ihm hierinn zu diensten stünde / das verlorne glück ihnen wieder ersetzen können. Sie betrachtete auch / neben dem stand /seine angeneme liebwürdige person / und daß / durch diese heurat / die feindschaft beider brůdere könte aufgehoben werden. Demnach versprach sie ihn alles /was er begehrte / und stunde ihr recht / welches sie nun bereits zu ihme gehabt / gern wieder ab / sich mit seiner gnade und freigebigkeit vergnügend. Sie liesse sich folgends von ihm unterrichten / wie sie sich hierbei verhalten solte. Es wurde lezlich zwischen ihnen beyden abgeredet / daß Simede / wie sie des Ingermans liebe nicht annemen könne / weil sein vatter ein feind ihres vatters gewesen / sich stellen / und zugleich die Prinzessin berichten solte / wie er durch dieselbe / als die ihm solches verheisen / ihre gunst zu erlangen vermeine. Hierdurch / hoffete der Prinz /nach und nach mit der Prinzessin bekanter zu werden / und endlich ihr herze zu gewinnen. Wie nun / dieser abrede gemäs / die Simede gegen dem Ingerman sich gar streng erwiese / als suchete er trost bey der Mirina: die dan / aus liebe zu der Simede / und aus hochachtung für seine person / sehr bemühet war / ihn bey ihr beliebt zu machen. Diese stellte sich aber immer härter an / und der Prinz bekente letzlich der Mirina /wiedaß ihm unm \glich falle / länger also ungeliebt zu leben: wodurch die Prinzessin dermassen zu mitleiden bewegt wurde / daß [51] sie die Simede zwunge / in ihrer gegenwart des Ingermans liebes-antrag anzuh \ren.

Worzu zwingen sie mich / gnädigste Prinzessin? sagte die gleisende Simede. Wie ist mir möglich /denjenigen zu lieben / dessen vatter den meinigen in alles sein unglück gestürzet / und meines hauses todfeind ist? Kan dan der sohn dafür / (antwortete die Prinzessin /) was sein vatter gethan hat? und ersetzet dan nicht / seine aufwartung und libesbezeugung /alles dasjenige / worinn seine verwandten dich und die deinen beleidiget? Nein / grosse Prinzessin! (unterredete der verliebte Ingerman /) die erzůrnte Simede verfäret billig also gegen mir / und thut recht / daß sie / an meinem vatter sich zu råchen / den sohn dergestalt durch ihre strenge tödet. Nein / nein / Riphat! (sagte die Prinzessin /) Simede thut euch unrecht /und ich werde sie schon zur gesunden vernunft zu bringen wissen / daß sie anderst mit euch ümgehe. So möchte ich dan wissen / (redte die Simede /) ob auch meine Prinzessin / wan sie an meiner stelle wäre /also verfahren würde / wie sie mir iezt befihlet. Gesezt / daß der Prinz Ingerman aus Celten / oder der Prinz Baleus von Assyrien / der schönen Mirina mit liebe aufzuwarten kämen: wolten sie nicht in betrachtung ziehen / was das haus Assyrien / oder der König Bojus / ihrem hause zuwider gethan? Nein warlich! gabe Mirina zur antwort. Und da es sich begäbe / daß dieser Prinzen einer mir gefiele / und daß ich seiner treue versichert wäre / so solten mich die betrachtungen / die du hegest / nicht abhalten / ihme gutes zu wollen.

Der verliebte Ingerman konte / auf so gütige erklärung seiner Prinzessin / sich nicht långer halten / sondern hir unversehens zu fus fallend / redte er sie also an: Auf dieses gnädige urteil / stellet sich hiermit ein der Prinz [52] Ingerman / und bekennet / daß er die unvergleichliche Mirina / mit der häftigsten und ehrerbietigsten liebe von der welt / anbete und ewig anbeten werde. Die bestůrzte Mirina sahe / sonder zu antworten / bald auf die Simede / bald auf den vor ihr ligenden Ingerman: und gleichwie ihr dieser Prinz iederzeit wolgefallen / also befande sie sich von einer sonderbaren vergnügung gerüret / da sie vername / wer er ware. Sie verbarge aber ihre freude / soviel ihr ihr freies wesen zuließe / und weil sie / daß man sie also betrogen / sich beleidigt achtete / als sagte sie endlich zu ihnen beiden: Ich hätte nie vermutet / daß man meine gůtigkeit also misbrauchen / und mich dergestalt betriegen sollen. Hiermit gienge sie / als unwillig / von ihnen hinweg: und wäre der Prinz nicht zu trösten gewesen / wan ihm nicht die Simede håtte muht eingesprochen.

Mirina mochte damals / als dieses fürgienge / das fünfzehende jahr erreichet haben. Weil nun / in solchem alter / das nachdenken nicht zum håftigsten ist /als fiele es der verschmizten Simede unschwer / bei der Prinzessin sowol ihr selber frieden zu erwerben /als auch den Ingerman wieder auszusünen. Kurz! sie brachte es so weit / daß endlich zwischen diesen beiden eine vertreuliche wechselliebe entstanden: worvon aber / auser der Simede / niemand einige wissenschaft bekame.

Unter solcher heimlicher liebesverståndnis / fiele des Königs von Basan geburtstag ein / worbey der Prinz Marsius ein ritterspiel anstellen wolte: daher /etliche wochen vorher / alle anwesende junge Herren sich hierzu rüsteten und täglich übeten. Mirina / die mehrmals dieser übung zusahe / ließ ungemeine freude blicken / wan ihr Ingerman sich wol hielte / und den andern einen vorteil abgewanne. Der junge Marsius begunte endlich [53] etwas zu merken / und daher ihrer beider thun etwas genäuer zu beobachten. Also ersahe er einsmals / daß Simede ihm einen brief brachte: den er mit freudigen gebården angenommen und beigestecket. Sobald nun Simede hinweg war /gienge Marsius zu ihm / und wolte wissen / was diß für ein schreiben gewesen. Ingerman weigerte sich /ihm solches zu zeigen. Marsius / hierdurch erhitzet /drange noch häftiger in ihn: zumal / weil Ingerman hierbei die ehrerbietung nicht beobachtete / die sein gegenwärtiger zustand erforderte. Wie er dan endlich /ůber diesen ungehorsam seines edelmans / sich so sehr entrüstet / daß er ihm andeutete: Er solte entweder das schreiben hergeben / oder erwarten / daß er etliche edelleute über ihn sende / die ihm dasselbe mit gewalt abnemen solten. Gemach an / Prinz Marsius! hube Ingerman hierauf an / sich erzürnend. Begegnet man allhier / einem freien Fürsten / auf solche weise? soll hier gewalt fůr recht gehen und gelten?

Diese worte machten den Marsius stutzen / und stårkten ihn in seiner meinung / daß dieser / der sich nun für einen Fürsten zu erkennen gabe / seine schwester lieben müste. Demnach dachte er ihm das schreiben auf andere weise abzufordern / und sagte: Euch zu zeigen / daß ich durch keine gewalt einigen vorteil ůber euch suche / so wil ich / nach eurer bekentnis euch für einen Fürsten achtend / euch das schreiben durch einen kampf anfordern / welches dem überwinder verbleiben sol. Ingerman / der gegen dem Marsius / dessen schwester er liebte / keinen haß hegen konte /ließe sich / durch dieses kampfanbieten / nicht sofort in den harnisch jagen / sondern / ein sittsamers wesen annemend / antwortete er mit låchlendem mund: das geheimnis / das der Prinz Marsius von mir wissen wil / kan eher durch freundschaft / [54] als solche feindseligkeit / aus mir gebracht werden. Ich habe nachmals zeit genug / den kampf anzunemen: und wil erstlich vernemen / ob der Prinz von Basan des Ingermans aus Celten freund werden könne?

Marsius befande sich in grosser unruhe / dieses anzuh \ren. Weil man ihme / von jugend auf / viel fůrgesagt / was verfolgung und widerwärtigkeit sein herrvatter von dem vatter des Ingermans erlitten håtte: als ware / der widerwille gegen dem Celtischen hause / in seinem herzen so tief eingewurzelt / daß er / ohne verdruß / diesen Prinzen nicht vor sich sehen konte. Gedachte er dan ferner / daß dieser Prinz seine schwester liebte / und vielleicht auch von ihr wieder geliebt würde / so machte ihn solches noch unlustiger: daher er nicht wuste wie er den erkanten Ingerman anreden solte. Weil er nun mit der antwort verzoge / als volfürte der Celtische Prinz seine angefangene entdeckung / und / den Marsius ganz freundlich anschauend / offenbarte er ihm auch die liebe gegen seiner schwester. Dieser / hierdurch nun völlig entrüstet / brache endlich in diese antwort heraus: Vergebet mir / Prinz Ingerman! daß / da es meines hauses ehre betrifft / ich euch / an stat euch zu bewilkommen / vielmehr ermanen muß / unsern hof / an welchem man euch nicht anderst / als für einen abgesagten feind erkennet / alsofort zu verlassen. Ich sage euch / daß ich / sowenig euer geheimes hier-bleiben / als die liebe gegen meiner schwester / vertragen wil. Ich wil aber / weil ihr euch mir entdecket / euer hier seyn geheim halten /damit euch nichts ungleiches widerfahre. Ihr werdet diese meine verschwiegenheit nicht misbrauchen /sondern bald eure abreise beschleunigen.

Durch diese unvermutete üble begrüßung / wurde des jungen Ingermans geblüte dermassen erhitzet /daß [55] zorn und grosmut ihn übermeisterten / den Prinzen Marsius diese antwort zu geben: Wolan dan! weil euch des Ingermans freundschaft zu wider ist / so neme ich die angebotene feindschaft an / und gehe damit von diesem hofe. Ich wil aber zuvor den kampf mit euch ausfüren / den man mir angemutet. Im übrigen stelle ich es zu eurem willen / ob ihr mich allhier verrahten / oder mein hier-seyn verschweigen wollet. Sehet mich mich nicht für so lasterhaft an / (widerredte Marsius /) daß ich auf solche weise euer unglück zu suchen gedenken solte. Dan / ob ich schon euer freund nicht seyn kan / so werde ich doch darüm nicht aufhören / die tugend zu lieben. Hierauf redten sie miteinander ab / daß sie / nach geendetem geburtfest und ritterspiel / welches auf den folgenden tag fiele / beyde allein / und ohne iemands wissen / im holz ihren kampf fürnemen wolten. Es gienge aber dem Ingerman / dieses des Marsius verfahren / so nahe / daß es auch seine liebe gegen der Mirina nicht wenig minderte: dan / weil er sich hierdurch sehr beleidigt achtete / als ware bei ihm / in der ersten hitze /die begierde sich zu råchen / viel grösser / als die andere / seine liebe fortzusetzen. Daher Mirina / von allem diesem / nichts erfuhre.

Wie nun / des andern tags / das ritterspiel gehalten wurde / bliebe der Marsius obsieger / und gewonne ihnen allen ab: welches den Ingerman dermassen verdrosse / daß er also fort den Prinzen zum abgeredten kampf aufforderte. Wie sie nun unvermerkt beide aus dem haufen sich verloren / und im walde scharf aneinander waren / wurden sie durch den Fůrsten Daces /der zeitlich darzu kame / den handel auszufüren behintert. Sie kamen aber nåchsten tags wieder zusammen / neben dem Prinzen von Hemath und dem Daces / die auch unter [56] sich etwas zu streiten bekommen hatten. Sie hätten ohne zweifel einander aufgerieben /wann es nicht ungefär der König Marsius erfahren hätte: der dann also fort diese vier Prinzen vor sich bringen liesse. Der bisher unerkante Ingerman / sagte dem König unerschrocken in die augen / wer er wäre: wormit er ihn und den ganzen hof bestůrzt / auch /wie er hierinn verfahren solte / unschlůssig machete. Aber auf fürbitte des jungen Marsius / der auch dessen liebe zu seiner schwester verschwiegen / wurde Ingerman auf freien fus gestellet / und ihme anbefohlen / Basan zu verlassen / auch seinem herr vattern zu vermelden: Er möchte doch auch so h \flich mit des Marsius leuten verfahren wann ihm dereinst der himmel ihrer einen in die hände lieferte.

Also zoge dieser Prinz unwillig davon / sonder von der Mirina abschied zu nemen. Die Prinzessin liese solches zwar erstlich sich anfechten: aber ihre flůchtige jugend und das frische gemüt wolte ihr nicht zulassen / sich darum dem gram zu ergeben. Sie name ihr aber für / keinen andern zu lieben / und behielte dabei so eine entfindlichkeit über den Ingerman / daß sie /von dem tage an / ihrem bruder abhold wurde / und /soviel m \glich / seine gesellschaft meidete. Wiewol auch der Prinz Daces ihr aufwartete / so vermochte er doch gar nicht ihre gunst zu erlangen: zumal die Simede nie unterliese / ihre Prinzessin mit des Ingermans andenken zu unterhalten; die dan / wiewol sie lang nichtes mehr von ihm h \rte / seiner niemals vergessen können.

Als nach diesem / der Prinz Marsius / neben allen jungen helden aus Basan / in den Assyrischen krieg zogen / und Daces seine Prinzessin verlassen muste /ließe er / deutlicher als iemals / seine liebe blicken: worgegen aber Mirina ihre gewönliche kaltsinnigkeit behielte. [57] Gleichwie nun dieses den Daces betrübte /daß er sonder hoffnung abreisen muste: also ware auch etwas der Mirina der gr \ste verdruß / nämlich /daß sie nicht mit zu feld ziehen dorfte / welches doch ihr kriegerischer muht so håftig verlangte. Sie bliebe aber / nach des Daces abreisen / nicht lang unbedienet / indem der Prinz Sineab von Elassar nach Basan kame: welcher / wann er soviel tugend als andere geschicklichkeiten hätte besitzen mögen / ein lobens-würdiger herr gewesen wäre. Seine kriegserfarenheit /machte ihn gleich beim König beliebt: und wuste er zugleich der K \nigin sich so gefällig zu machen / daß sie ihn bald in ihren verborgensten raht name / und seine person hoch ehrete. Er aber gabe der Prinzessin Mirina / auf alle weiß und art / seine liebe zu erkennen: die doch ihrem entfernten Prinzen Ingerman beståndig bliebe / und den ihme-bestimten raum ihres herzens keinem andern öffnen wolte.

Nicht lang nach der ankunft dieses Prinzens / kame die unverhoffte und betrübte zeitung nach hof / wiedaß des Königs einiger sohn / der Prinz Marsius /neben allen grossen von Basan / in einer schlacht ümgekommen wåre. Niemand kümmerte sich håftiger hierob / als der K \nig: welcher auch / von selbigem tage an / fůr schmerzlichem unmut / bettlägericht wurde. Die K \nigin aber / welche diesen stiefsohn nie geliebet / name es nicht so sehr zu herzen / gleichwie auch nicht die Prinzessin Mirina: die hierbei ihr die einbildung machte / durch diesen todsfall ihres bruders / K \nigin von Basan zu werden. Ihr dapferer muht / stunde dieser ihrer einbildung bei: zumal ihre fraumutter gleichmåsige gedanken hatte / worinn der Prinz von Elassar sie mächtig stärkete.

Diese Königin / liese nun ihren haß / den sie gegen den [58] Teutschen iederzeit in herzen geheget / merklich hervorscheinen: indem sie / bey anhaltender schwachheit ihres herren / der königlichen gewalt sich von tag zu tag mehr anmassete / und den Prinzen von Elassar über alle grossen des reichs hervorzoge. Hierdurch erwekte sie die eifersucht / und reizte wider sich den haß / der teutschen Fürsten: da insonderheit der Suevus und Trebetes / als die nächsten nach dem König und dessen nahe geblütsfreunde / auf sie einen argwahn zu schöpfen begunten. Demnach hielte der Fůrst Suevus für nützlich / seinem herren auf dem todbette dieser wegen zuzureden: der dan verordnete / daß /nach seinem tode / der Suevus / Statthalter ůber alle seine eroberte königreiche / und der Prinzessin Mirina vormund seyn / diese aber allein mit dem beding /wan sie einen Teutschen heuraten würde / die kron und regierung erben solte.

Bald hierauf / schoße dieser grosse K \nig die augen zu / und starbe also in der betrůbten einbildung / als wan sein einiger liebster sohn ümgekommen wäre. Sobald nun die Königin Salamis sich witwe sahe / wolte sie in Basan der regirung sich anmassen. Der Fůrst Suevus aber / war ihr zu måchtig: welcher /dem lezten willen seines Herren in allem nachkommend / durch seine klugheit sich / in seinem anvertrauten amte / bei grossem ruhm erhielte. Salamis /auf einraht des Prinzen von Elassar / verbarge ihren widerwillen: sandte aber heimlich zu den Königen der Philister und von Ammon / wie auch zu den grossen in Moab und auf der Amoriter gebirge / dieselben ům schutz anzuruffen. Sobald sie ihrer hůlfe versichert worden / entwiche sie aus Basan / und begabe sich nach Edrei: welche stadt ihr die thore \ffnete / und sie gutwillig aufname. Der Prinz von Elassar / wurde feldherr über ihre v \lker / die [59] ihr von den Moabitern und Amoritern täglich zuliefen: wie dan auch der dapfere Fürst von Edom / neben dem Prinzen der Philister / mit einem gewaltigem heer angezogen kamen /die Salamis auf den thron zu erheben.

Mirina feirete auch nicht / bei dieser unruhe / ihr bästes in acht zu nemen / indem die kluge Simede ihr den raht gabe / daß sie dem Prinzen Ingerman diesen zustand in Basan kund machen / und ihn / sich ihrer anzunemen / beruffen solte: mit dem versprechen /daß sie / verm \g våtterlicher verordnung / ihn als einen Teutschen ehlichen / und dadurch die krone dieser k \nigreiche für sich und ihn erhalten. Sie dorfte aber / dieses grosse fürhaben / weder ihrer frau mutter / noch dem Suevus entdecken: weil die Königin / als eine abgesagte feindin aller Teutschen / solches nimmermehr zugelassen / und dieser gleichfals / wegen der todfeindschaft / so sein herr gegen den K \nig der Celten getragen / sich darwider gesetzet haben würde. Also wurde nun den Mesek / der Simede bruderen /dieses gewerbe in geheim anvertrauet: wiewol sie /weil diese reise nach Celten eine lange zeit erforderte / keine hoffnung hatten / eher als nach etlichen monden antwort zu bekommen.

Diese heldin folgete inzwischen ihrem kriegerischen muhte / und zoge mit zu feld: da sie zum \fteren solche proben ihrer dapferkeit wiese / daß ihr ruhm überall erhallete. Und eben dieses war die meiste ursach / daß die Salamis aller orten obsiegete. Dan diejenigen / so wieder sie fochten / hielten die Mirina fůr ihre rechte Königin / und liebten sie wegen ihrer dapferkeit: daher die gegenwehr gering ware. Und wie endlich / der Edom und Prinz Abimelech / auch zu der Salamis stiesen / fiele es dieser Königin nicht schwer dahin zu gelangen / [60] daß sie zur regentin des landes in Edrei gekrönet wurde.

Der stolze Sineab / dem hier alles nach wunsch glückete / hielte sich nun nicht mehr in den schranken voriger eingezogenen bescheidenheit / sondern redete mit der Mirina von seiner liebe viel freier und ungescheuter / als sie ihm bisher verg \nnen und zulassen wollen. Was ihn so kühn machete / war die gnade der K \nigin: welche / in ansehung seiner getreuen dienste / nicht übel aufname / daß er ihre tochter liebte. Daher / wan der Mirina sinn dem willen ihrer frau mutter håtte gleichförmig seyn k \nnen / wůrde dieser Prinz glückseelig gelebet haben. Es zwange aber die Prinzessin ihr gemüte / auf einraht der Simede / also daß sie dem Sineab ihren haß und widerwillen nicht völlig erwiese. Dan / weil er alles bei der Königin vermochte / darbei sehr arglistig und schlau war / als hätte ihre widersetzlichkeit ihm leichtlich die augen \ffnen m \gen / zu errahten / daß ein anderer und zwar mehr-glückseeliger liebhaber vorhanden wåre: welches dan / alles grosse fürnemen der Mirina / würde zu haufen geworfen haben.

Ehe ich aber meine erzehlung verfolge / muß ich mich ein wenig abwenden / und zuvor etwas von dem Prinzen aus Egypten / dem Hiarbas / berichten. Dieser Prinz wurde / ům die zeit / da besagter krieg in Basan angegangen / von meinem herr vattern nach Ophir erfordert: daß er / mich ehlichend / nach seinem tode /K \nig in Ophir werden solte. Um des willen zoge er von Salem aus Canaan hinweg / und name seine reise durch die benachbarte Königreiche: von seiner begierde / nicht allein die welt / sondern auch den krieg in Basan zu besehen und darinn sich zu üben / hierzu angetrieben. [61] Als er nun eines tags an der Amoriter gebirge mit seinen leuten reisete / zur zeit / da der Suevus mit seinem v \lkern unfern von Hazezon Thamar lage: ersahe er / vor sich im thal / ein scharfes gefechte. Nachdem dasselbe lang gewäret / und endlich / mit beiderseits-grossem verlust / aufgeh \ret: brachte man bald hernach / einen ansehlichen hart verwundten ritter / dem Prinzen Hiarbas / des wegs nach Hazezan Thamar / entgegen. Es befanden sich nur ihrer dreye /bei diesem verwundten: welche ihren weg zurück nemen wolten / weil sie den Prinzen und seine leute ersahen / und sie für feinde hielten. Aber Hiarbas ließe ihnen entbieten / er wäre ein frömder und reisender / der ihnen nicht zu verwehren begehre / ihren weg fortzusetzen.

Als sie nun herbei gekommen / und der ansehliche verwundte dem Prinzen von Egypten fůr die erwiesene höflichkeit dankte / dieser hingegen sein beileid über des frömden ritters unglück bezeugte / sahen sie einen grossen haufen reuter den berg herab kommen / und auf sie zueilen. Ein diener des verwundten / so sie zu erst ersehen / erkante sie fůr feind / und ermanete seinen herren / daß er forteilen solte. Wie aber der solchem nachzukommen vermeinte / und vom Hiarbas abschied name / wurden sie von den ankommenden plötzlich ůmringet / also daß sie nirgend auskommen konten. Der mutige Hiarbas zoge gleich vom leder /und gabe damit den seinen ein fürbild / gleichen widerstand zu thun / und den verwundten ritter zu beschützen. Der feind entfande bald dieses Prinzens dapferkeit / und konte ihm / wiewol er weit stärker war /nichtes angewinnen: bis endlich von den völkern des verwundten einige darzu kamen / und sie völlig auf flüchtigen fus brachten.

Der Prinz von Egypten / indem er seine meiste leute [62] verloren / und diesen schwall fast allein aufgehalten / ware so ůbel verwundet worden / daß er mit dem anderen verwundten / den er errettet / gar schwach und onmächtig nach Hazezon Thamar sich muste bringen lassen. Der Prinz Suevus / so der fr \mde verwundte gewesen / wandte alle sorgfalt ein /seinen unbekanten erlöser wol zu bewirten / und war erfreut / als man seiner wunden keine tödlich gefunden / und des wundarztes glůcklicher fleiß ihn bald wieder auf die füße stellte. Hiarbas erfuhre inzwischen / daß er dem Suevus / dem feind der Königin Salamis / diesen dienst gethan hatte. Demnach fande er nicht für ratsam / sich kund zu geben: weil es ihme von beiden teilen mochte verübelt werden / daß er /als ein naher vetter der Salamis / bei ihrem feind sich aufhielte. Er wolte auch diese partey nun nicht verlassen / nachdem ihn also der zufall zu ihnen gefüret. Gleichwol name er / unter dem Suevus / keine kriegsbedienung an: beschlosse aber / seine reise nach Ophir nicht eher fortzusetzen / bis er das ende dieses kriegs erwartet hätte. Der Suevus wurde hernach gedrungen / Hazezon Thamar zu verlassen / und dem feind an einem andern orte abburch zu thun: da er dan dem Hiarbas / von dessen dapferkeit er viele proben gesehen / mit sich name / als welchen er so sehr liebte / daß er fast ohn ihn nicht seyn konte.

Die Salamis hatte damals ihr lager am fluß Jaboc /und weil die Mirina öfters in scharmützeln sich mit dem feind einliese / gedachte Suevus / wann er diese Prinzessin in seine hånde bekommen k \nte / es solte dadurch des krieges ende beschleuniget werden. Diesen anschlag nun truge er dem Hiarbas auf / und untergabe ihm deswegen einen grossen teil seiner auserlesensten v \lker: der dann das glůck hatte / daß er die Mirina [63] zweyen grossen helden / dem Esau und Abimelech / abname / als sie mit derselben / in geringer schutzgeleitschaft / am fluß Jaboc spaziren ritten. Mit dieser schönen beute eilete er nach Hazezon Thamar /in welcher fast-unüberwindlichen vestung der Suevus sie sicher zu bewahren vermeinte. Weil Simede mit ihrer Prinzessin gefangen worden / als bediente diese sich ihres einrats / und befanden sie beide sehr gut /daß sich dieses mit ihnen begeben: weil Mirina ihr vorhaben eher bey dem Suevus / als bey der Königin ihrer fraumutter / bei deren der Prinz von Elassar regirte / werkstellig zu machen verhoffete. Demnach wurde sie schlüssig / sich dem Suevus und darbei dieses zu offenbaren / wiedaß sie / des Königs ihres herrvattern leztem willen gemäs / keinen als einen Teutschen fürsten ehlichen / und bis dahin unter seiner /des Suevus vormundschaft leben wolte: wordurch sie zu erlangen verhoffte / daß der friede in Basan wieder erfolgen / des Prinzen von Elassar macht schwinden /und sie endlich den gewalt erlangen wůrde / ihren geliebten Ingerman neben sich auf den thron zu heben.

Mitlerweile sie mit solchen anschlågen ümgienge /lage der Prinz Hiarbas an zweien wunden darnieder /deren die eine und gefärlichste der Mirina schönheit /die andere ihr dapferer arm / ihm geschlagen hatte: dann sie / in seinem überfall / sich so kühn erwiesen und so mutig für ihre freiheit gefochten / daß er das warzeichen am arm davon tragen muste. Aber die andere wunde ließe ihn / wegen dieser / nicht lang der kammer hüten / sondern triebe ihn / seine sch \ne gefangene wieder zusehen: welche / weil man sie königlich ehrte und ihr alle freiheit ließe / täglich auf der stadtmauer spaziren und ihren zeitvertreib suchen dorfte. Wie er [64] nun unter die kriegsbediente / so ihr aufwarteten / sich eingemänget / bekam sie ihn ins gesichte / und warnemend / daß er den arm in der binde hatte / fragte sie ihn: ob er diese wunde vom feind trüge? Der hauptman / so in der vestung befehlshaber war / und ihr zum nåchsten gienge / antwortete für den Hiarbas: Er wåre derjenige / so Hazezon Thamar mit der Prinzessin anwesenheit beglückseeligt hätte. Hiarbas veränderte hierbei die farbe / und war unwillig / daß diejenige / die er in seinem herzen höher als die welt schåtzete / also erfahren můssen / daß er ursach an ihren banden wäre. Sie / die solche änderung an seinem gesichte warname / lächelte ihn an / und sagte: Ihr habt warlich erwiesen / daß ihr muht und verstand habet / indem ihr diesen anschlag / mich gefangen zu nemen / so wol hinaus gefüret; und muß ich euch / wiewol ich eure feindin bin / hierům das lob sprechen.

Dieses wort / feindin / schallete dem verliebten Prinzen / als ein donnerschlag / für die ohren / und konte er sich nicht enthalten / ihr also zu antworten: Er achte sich für den unseeligsten menschen unter allen / daß er / sein unglůck zu bef \rdern / so unglückhaft seyn müssen. So haltet ihr dan das für ein unglück / (fragte Mirina /) daß ich bin eure gefangene worden? Daß ich die volkommenste Prinzessin der welt (gabe er zur antwort /) in diesen stand setzen můssen / achte ich für das gröste leid / so mir iemals begegnen mögen. Diese worte brachte er mit solcher gemütsbewegung vor / daß Mirina / wann sie recht håtte darauf achten wollen / die ursach derselben würde haben errahten können. Ich bin darům nicht mehrers eure feindin / (sagte sie darwider /) als aller der anderen / die wider die Königin meine fraumutter die waffen füren. Und gleichwie ich [65] alle dapfere leute hoch verehre / also k \nnet ihr auch wol von mir gläuben / daß ich euch wehrt halte. Hiarbas neigte sich hierauf / sonder zu antworten / mit dem haubte zur erden: als zugleich die Simede der Prinzessin zu verstehen gabe / wie sie ihm die wunde gegeben hätte /die er am arm trůge. Ich thäte ja meine gegenwehr /(redte deswegen Mirina ihn ferner an /) so gut ich gekont. Doch ist mir lieb / zu sehen / daß ihr eure wunde ja so leicht traget / als ich meine bande. Die wunden / (versetzte er /) die man von so sch \ner hand bekommet / solte man gern ewig tragen. Ich verhoffe aber in dergleichen begebenheit keine mehr zu entfangen / da forthin mein blut und leben der unvergleichlichen Mirina einig und allein ergeben und gewidmet bleiben sol. Ihr seit so höflich / als dapfer / (sagte die Prinzessin /) und vermehret / aus beiden ursachen /meine hochachtung für eure person. Hiermit / sonder ihme zur antwort zeit zu lassen / gienge sie fürter: und blieben die anderen aus ehrerbietung zurücke / weil sie mit der Simede allein zu reden verlangte.

Der verliebte Hiarbas befande sich dermassen aus sich selber / daß er fast weder sahe noch hörte / was bei ihm geschahe. Als er hiernåchst in seinem zimmer sich allein befande / und niemand / als sein vertrauter waffenträger Lamprides bei ihm ware / fienge er an /sein herz auszuschůtten. Bald klagte er sich selber an / daß er sich also von liebe einnemen lassen. Bald priese er wiederům diese seine neigung / indem er der Mirina schönheit bey sich hochachtete. Endlich nach langer unschlůssigkeit fassete er den willen / dieser seiner liebe beståndig nachzusetzen. Er hielte auch solche / für eine verborgene schickung des himmels: zumal zu Salem die zwo schöne Prinzessinnen Cölidiane und Jaelinde / die [66] doch / sonderlich die erste /der Mirina weit vorglånzeten / ihn nicht fangen k \nnen. Bedachte er dan / daß ich ihm zur braut besti et / und er durch mich das reich Ophir erlangen solte: wurde er darob zwar etwas unruhig / verharrete aberdoch auf dem schluß / eine bekante schönheit für eine unbekante zu lieben. Und weil dieser Prinz / der sonsten viele tugenden besitzet / sehr häftig ist / und /was er wil / mit macht durch treibet: als ergabe er sich dieser liebe dermassen / daß / wann Lamprides / der doch seiner sehr måchtig war / ihn nicht noch etwas zurücke gehalten hätte / er sich alsofort in Hazezon Thamar würde kund gegeben haben.

Er trachtete aber nun nach nichtes mehr / als wie er die Prinzessin wieder befreien möchte. Und hierzu erlangte er bald eine gute gelegenheit / indem der Fůrst von Edom an den stadthauptman seinen boten abfärtigte / und üm die befreiung der Prinzessin handelen liese. Demnach gabe er dem stadthauptman die vorschläge / die hernach erfůllet worden: da nämlich der Fürst von Edom / fůr die Prinzessin / in Hazezon Thamar sich gefangen zu stellen sich erbieten müßen.

Mirina / die hiervon nichtes erfuhre / bis alles zwischen dem Esau und haubtman war abgeredet und beschlossen worden / bestůrzte nicht wenig / als einsmals der Prinz Hiarbas mit frölichen gebärden zu ihr kame / und sie also anredte: der himmel zeiget sich mir wieder so g \nstig / daß ich zu befreiung der Prinzessin von Basan nun wieder dienen kan / gleichwie ich zu ihrer gefangenschaft mich můssen gebrauchen lassen. Ich kündige hiemit der dapfren Mirina die freiheit an / und berichte / wie die ihrige iezt mit schmerzen verlangen / ihre unvergleichliche heldin wieder zu sehen. Diese zeitung / an stat daß sie die Mirina erfreuen sollen / ware [67] ihr so widerlich zu hören / daß sie / ganz erschrocken / den Hiarbas etliche mal fragte /ob er wahr redete? Er bestätigte solches / und erzehlte ihr kürzlich / wie er hierzu den stadthauptman beredet håtte: üm einiger massen wieder zu ersetzen / was er /ihr zur beleidigung / begangen hätte. Hierauf sahe ihn Mirina mit unwillen an / und / sich zu zwingen vergessend / sagte sie wider ihn: Ihr habt mir mehr dienste gethan / mich hieher bringend / als nun / da ihr alles mein fůrhaben rükwendig machet. Hiermit liesse sie den bestürzten Hiarbas stehen / und eilete zu der Simede / mit derselben sich hierüber zu berahten: welche dan für gut befande / daß die Prinzessin /ihren anschlag mit dem Suevus / auf alle weise verbergen / sich in die zeit schicken / und die wiederangebotne freiheit annemen solte. Diesem ein raht zur folge / liesse sich Mirina aus Hazezon Thamar erlassen. Und ob wol Hiarbas alle gelegenheit suchete /mit ihr allein zusprechen / ům wegen ihres ihme-gethanen vorwurfes sich zu entschuldigen / und dessen deutung zu erfahren: so vermiede sie ihn doch so meisterlich / daß er mit der grösten unruhe und unzufriedenheit zurück bliebe / und nicht wuste / was er beginnen solte.

Nåchsten tags nach dieser befreiung / bekame er befehl / zu dem Suevus zu kommen. Dieser hatte /durch die Simede / der Mirina fürhaben heimlich erfahren / und wolte sich des Hiarbas hülfe gebrauchen / die Prinzessin zu überreden / daß sie sich nach Basan begeben möchte: da er sie dan / gegen ihrer fraumutter / zur K \nigin und regentin einsetzen wolte. Als aber der betrůbte Hiarbas dem Suevus entdeckte /wie Mirina bereits wieder ledig worden / und sie / an ihrer stat / den berůmten helden Esau in händen hätten: erzůrnte sich derselbe sehr darüber / und drohete /den hauptman in [68] Hazezon Thamar hierüm zu straffen. Aber Hiarbas entschůldigte ihn damit / daß er durch seinen einraht ihn hierzu bewogen hätte: in meinung /des Esau abwesenheit / würde dem feind mehr abbruch thun / als wan sie die Prinzessin behielten. Er sezte auch hinzu / Mirina wäre bereits von allen soldaten und inwonern zu Hazezon Thamar so geliebt und geehret worden / daß zu besorgen gewesen / sie hätte dieselben såmtlich auf der Königin Salamis seite lenken mögen. Mit dieser schein-ursache / dachte Hiarbas den Suevus zu besänftigen: dan die wahre ursache / daß nämlich seine liebe zur Mirina hieran schüldig wäre / dorfte er ihm nicht entdecken / weil er wol wuste / daß er / als ein Egyptier / diese Prinzessin nicht begehren dorfte / als die der K \nig Marsius / ihr herrvatter / einem Teutschen bestimmet hatte.

Suevus / der dem unbekanten Hiarbas sehr wol wolte / ließe / ihm zugefallen / seinen unwillen fahren: und weil er sich ihm gänzlich zu vertrauen gewonet / als entdeckte er ihm der Mirina und sein fürhaben / und entschlosse sich / ihn in der Salamis lager zu senden: da er mit der Mirina abreden solte / ob sie seinen anschlag belieben und nach Basan kommen möchte? Hiarbas name diß gewerbe mit freuden an /und machte sich alsobald auf den weg: inzwischen der dapfere Prinz Abimelech / üm seinen freund / den Esau / wieder zu befreien / Hazezon Thamar belägert hatte. Als er in der Salamis lager angelanget / fiele es ihm nicht schwer / bei der Simede heimlich sich ein zufinden: welche / als sie vername von wem er abgeschikt wåre / ihn alsobald in das gezelt der Mirina /die eben allein war / einfürete / und so begierig als ihre Prinzessin wurde / sein anbringen zu vernemen.

[69] Bey dieser der Mirina ansichtigung / verlore Hiarbas vollends / was ihme zuvor von seiner freiheit noch übrig geblieben: und fehlte es nicht viel / daß /an stat des Suevus gewerbe anzubringen / er ihr seine liebe neben seinem stand entdeckt hätte. Sie aber / die solches an ihm wol merkte / aber üm deß willen / weil sie ihn nun für einen vertrauten des Fürsten Suevus hielte / ihme viel zu gut halten wolte / redete ihn begierig und mit sonderbarer freundlichkeit an / und fragte gleich selber: Ob sein herr / der Suevus / ihr freund seyn und ihr in ihrem grossen fürhaben dienen wolte? Hierauf legte Hiarbas seine botschaft ab / und machte damit die Prinzessin sehr erfreut / auch sofort gewierigst / auf ein bequemes mittel zu denken ohne der Königin Salamis und der ihrigen wissen / sicher und verborgen nach Basan zu dem Suevus zu gelangen. Ihre und der Simede beratschlagung mit dem Hiarbas / erfolgete hierauf: welcher / sich glückselig schätzend / seiner Prinzessin zu dienen / sich anerbote / daß er / sie durch das lager und in Basan zu bringen / sein leben aufsetzen wolte. Eure dapferkeit (sagte Simede hierwider /) ist uns zwar nüzlich / sie kan es aber allein nicht ausmachen. Wir můssen ein mittel ersinnen / wie die Prinzessin / ohne allhier im lager gemisset zu werden / hinwegkommen könne. Dan man lässt sie niemals / ohne geleitschaft der kriegsbedienten und fůrnemsten aus dem heer / ausreiten: weil man / seitdaß ihr sie nach Hazezon Thamar entfüret /für ihre person viel sorgfältig- und wachsamer worden.

Wan die Prinzessin sich nur wil der nacht bedienen / (sagte Hiarbas /) kan sie wol verborgen aus dem lager kommen. Und weil hier / durch das gebirge /viel wege nach Basan gehen / auch niemand leichtlich / daß [70] die Prinzessin sich vonselbst dahin begeben werde / vermuten wird: als werden die / so sie suchen m \chten / eher nach Hazezon Thamar / als auf unsere strasse / ihren weg nemen. Diesen des Hiarbas fůrschlag liesse ihr die Mirina wolgefallen / und nachdem sie die notturft hierzu abgeredet / gienge der Prinz / die ůbrige tagszeit im lager sich zu verbergen. Sobald nun die nacht angekommen / und er zur bestimten zeit vor der Mirina gezelt mit der gegebenen losung sich eingefunden: war die Prinzessin schon bereit / neben der Simede zu pferd zu sitzen. Und weil sie die nachtrunden mit wenig dienern selbst zu reiten pflegte / als name sie allein den Hiarbas und dessen zween mitgebrachte diener zu sich / und ritte also durch das lager. Es ware niemand / als sie an die wachten kame / der sie aufhielte / noch üm sie besorgt ware: weil sie / wie gesagt / solcher ritte an ihrer Prinzessin wol gewonet waren. Sie aber noch sicherer zu machen / beritte sie die posten etliche mal: bis sie endlich sich hinaus begabe / und dem wegweiser folgte / welchen der Fůrst Suevus dem Hiarbas mitgegeben hatte. Dieser fürete sie durch das gebirge / einen unwegsamen und sonst unbekanten weg: bis sie /nach dreien tagen / nahe bei Basan angelangten.

Auf dieser reise / weidete sich der verliebte Hiarbas mit seiner Prinzessin gegenwart / und ward oft willens / sich ihr zu erkennen zu geben. Wie kühn er aber sonst war / so unentschlossen bliebe er doch hierinnen / und verseumte also diese gute gelegenheit / so ihn das glück an die hand gegeben. Zu Salcha / wurde die Mirina von dem Suevus entfangen / der ihr alle königliche ehre erwiese. Es zeigte sich auch an ihm und allen Teutschen eine solche freude / daß sich die Prinzessin damit vergnügt achten konte. Sie hielte aber ihr fürhaben ganz [71] geheim / und ergezte sich inzwischen mit der hoffnung / (von ihrer Simede gestärket) das königreich Basan / welches sie nun ohne schwerd und blut zu erlangen vermeinte / ihrem geliebten Ingerman zu zubringen.

Weil der Fůrst Suevus / aller der grossen in Basan gemůte / nach seinem willen / der Mirina zum bästen /lenken und gewinnen muste / ehe er laut werden liesse / daß diese Prinzessin / die seite ihrer fraumutter verlassend / dem lezten willen ihres herrn vattern in allem nachleben wolte: als verstrichen hierzwischen etliche tage / die sie zu Salcha hinbringen muste. Wie es aber nun an dem war / daß ihr offentlicher einzug /als einer K \nigin / in Basan geschehen solte: da bekame Suevus die unvermutete post / wiedaß der junge Marsius / seines K \nigs sohn / den man so gewiß für todt gehalten / noch bei leben und in Ammon eingefallen sey / und mit glůckhaften waffen selbigen K \nig demütige / als welcher an diesem krieg und empörung in Basan / und an der Salamis fürnemen /die meiste ursache gewesen. Diese erfreuliche post /machte den Suevus ganz andere gedanken gegen der Mirina fassen. Dan / da er sie zuvor als seine K \nigin angesehen und verehret / hielte er sie nun für die gefärlichste feindin des reichs / und die allein fåhig seyn k \nte / verm \g ihres dapferen muts und ehrsüchtigen geistes / unruhe in Basan anzurichten. Er gienge lang mit sich selber zu raht / wie er die sache angreifen solte. Endlich befande er für das bäste / die Mirina in den tempel der Brachmanen zu verschliessen / welchen die K \nigin Milda / der Salamis fraumutter / in Salcha gestiftet: aus welchem sie allemal wieder k \nte herfürgenommen und zur K \nigin gekr \nt werden /wan dem K \nig ihrem bruder etwas menschliches widerfahren solte.

[72] Weil er nun dem Hiarbas nichts verheelete / als machte er ihn zum mitwisser dieses seines fůrhabens. Dieser vername diese zeitung / wegen der Mirina / so ungern / als unm \glich er gestatten konte / daß seine Prinzessin bei den Brachmanen versperret / und ihm dadurch alle hoffnung in seiner liebe benommen werden solte. Jedoch / kein mistrauen bei dem Suevus zu erwecken / muste er seine gedanken verheelen. Er konte ihn aber mit keinen gründen / seine meinung zu åndern / bewegen: wie er dan selber / daß dieser anschlag für den König Marsius und für Basan der fürträglichste wäre / bekennen muste. Gleichwol triebe ihn seine liebe / sobald der Suevus ihn verlassen /nach der Mirina zu gehen / und ihr dieses alles zu entdecken: die / an nichtes weniger als an dergleichen gedenkend / hierůber sehr bestürzte. Ihre liebe zu dem Celtischen Prinzen / ihre ehrsucht in Basan zu regiren / ihr widerwille gegen dem Prinzen von Elassar / und die beschamung / daß sie in aus fürung ihres grossen fürhabens so unglücklich gewesen / überschwellten ihr auf einmal das gemůte / daß sie / den Hiarbas beweglich anschauend / zu ihm sagte: Ich bin verloren! wo ihr mich nicht rettet und aus diesem irrwege füret. Der Prinz / welcher / seine liebe zu zeigen / ihr hierauf alles versprache / erwartete mit höchster begierde / was sie ihm befehlen würde. Er h \rte sie aber also fortreden: des Suevus blut / muß den anfang meiner ruhe machen / damit er erfahre / wie es dem gelinge /der mich also treulos verlassen dörfen. Wan dieser feind aus dem wege geraumt seyn wird / will ich euch zu meinem feidherren machen / und mich eurem dapferen arm vertrauen / mir Basan zu erhalten.

Dieses ansinnen machte den Hiarbas ganz verstummen / also daß er die ergrimte Mirina allein unbeweglich [73] ansahe. Solche seine bestůrzung warnemend /zwunge sich Mirina / freundlich auszusehen / und fuhre fort / ihm also zu zureden: Wann ihr mich liebet / so wird euch mein befehl nicht beschwerlich fürkommen. Und weil ich solches weiß / wiewol ihr es mir nie eröfnet: als gebe ich euch zu vernemen / wie ihr mit meiner vertråulichkeit umgehen müsset / da ich mich euch ganz entdecket / und auf eure verspürte liebe mich verlassend / mein leben / meine ehre / und mein glück in eure hände setze. Die vorige bestürzung / verglieche sich ganz nicht dieser letzeren / die dem Hiarbas / hierob aufstiesse. Er warfe sich ihr zu füssen / und sagte: so weiß dan die unvergleichliche Mirina mein freches beginnen / und unterlässet / mir darüm den tod anzukündigen? Ich wil / daß ihr lebet! antwortete sie: aber für mich / und nicht fůr den Suevus. Rächet mich / und ersetzet damit das ungemach /daß ihr mich in dieses unglück gefüret.

Hiemit verliesse sie den Prinzen / und keine zeit zu verseumen / berieffe sie / auf gutheisen der Simede /alle die kriegsbediente / von denen sie wuste / daß sie ihr sonderlich geneigt wären / und versicherte sich ihrer treue: massen sie ihr versprachen / gut und blut bei ihr aufzusetzen. Sie sagte ihnen aber nicht / was sie wider den Suevus fürhatte / weil der von iederman geliebet war. Nur thäte sie ihnen zu wissen / wiedaß gefärliche anschläge wider sie vorhanden wären /worwider sie ihres beistandes vonnöten hätte: üm des willen sie mit einer starken wacht / die niemanden als ihr gehorchete / sie stäts begleiten solten. Mitlerweile sie sich also verwahrete / stunde der verliebte Hiarbas alle die marter aus / die iemals ein sterblicher mag entfunden haben. Er sahe auf einmal / in seiner liebe /die hoffnung und die unmöglichkeit: da jene ihn der tugend / diese aber der liebe / [74] wolte absagen machen. Sein edles herz wehlete zwar nicht lang / welchem weg er folgen solte: indem die treu gegen dem Suevus viel zu fåst war / dieselbe zu brechen. Es war aber /die liebe zu Mirina / hiebei so häftig / daß / ob gleich sein fürsatz beståndig bliebe / den Suevus / der sich gänzlich ihm vertraute / zu schützen / er doch auch sie nicht verlassen konte. Doch sahe er nicht / wie er /ohne den Suevus zu verrahten / ihr dienen mochte.

In solcher unschlüssigkeit fande ihn / meines herr vattern des K \nigs Jaziz Abgesandter / der Heleb: welcher aus Ophir nach Salem gereiset / alda diesen Prinzen gesuchet / und ihn endlich hier in Basan angetroffen hatte. Sein anbringen war / wie häftig seinen König nach ihn verlange / weil er von den Elamiten mit krieg bedrohet werde / und weil er ihn / als seinen künftigen erben und nachfolger am reich / gern bei sich haben wolte: zu welchem ende er etliche huntert wolbewehrter mann an die gränzen des reichs Arabien geschicket / den Prinzen abzuholen und sicher in Ophir zu bringen. Sein hofmeister / der von jugend auf bei ihm gewesen / und bisher / wegen häftigkeit seiner liebe / die er an ihm vermerket / ihn zur fortreise nicht bewegen können / bediente sich dieser ankunft des Heleb sehr wol / und beredte den Hiarbas /sein glück nicht ferner auszuschlagen / sondern demselben zu folgen: daher dieser Prinz endlich der wahren vernunft raum gabe / und zur abreise nach Ophir sich erklärte. Demnach / wie er alles bei sich wol ůberleget / gienge er zu dem Suevus / entdeckte ihm seinen stand und seine liebe / und ersuchte ihn / fůr den dienst / den er / sein leben rettend / ihm geleistet /ihm zu vergönnen / daß er die Prinzessin Mirina wieder nach der Salamis lager bringen möchte.

Da Prinz Suevus entsezte sich häftig / vernemend /[75] daß er einen so grossen Prinzen bisher bei sich gehabt / und sich dessen / als eines gemeinen soldatens / bedienet hatte. Und in erwägung / daß der Mirina freiheit seinem jungen König schädlich seyn / auch dieses Egyptischen Prinzens liebe viel übles nach sich ziehen möchte / wurde er zweifelhaftig / was er vornemen solte. Er sagte ihm endlich / nach erwiesener höflichkeit / daß er sich hierüber bedenken / und ihme bald seinen schluß er \ffnen wolte. Als er aber damit verzoge / gienge Hiarbas / die Mirina zu sprechen. Diese / sobald sie seiner ansichtig worden / fragte ihn / ob der Suevus todt wäre? Grosse Prinzessin! antwortete er: ich urteile zwar nicht von der rache / die sie wider den Suevus fürgenommen. Ich unterwerfe mich aber dem urteil der sch \nen Mirina / ob ich /ohne verletzung der tugend / dero befehl an diesem Fürsten vollziehen k \nnen?

Er wolte ein mehrers reden. Sie aber liesse ihm hierzu keine zeit / sondern eilete von ihm hinweg: ganz ergrimmet / daß ihre hoffnung / die sie auf ihn gesetzet / ihr fehl geschlagen. Sie hatte / seiner liebe /die sie ihm angemerket / wiewol er solche zu bergen vermeinet / sich bedienend / aus ihm ihre creatur machen wollen: wiewol die unwissenheit seines standes /und ihre liebe zu dem Ingerman / bei ihr für diesen Prinzen keiner neigung raum liesse. Sie hatte ihr auch nicht eingebildet / daß Hiarbas / als verliebet / ihrem willen zuwider leben würde: da ihr befehl / sowol seine liebe / als seine ehrsucht / merklich bef \rdern können. Nun sie aber ohne ihrem nutzen / ihm entdecket / daß sie üm seine liebe wisse / und daß sie von derselben einen solchen dienst erwarte: gienge es ihr so nahe / daß sie nicht nur den Suevus / sondern auch den Hiarbas / aus dem weg geraumet wünschete.

[76] Sie funde nun für sich keine sicherheit mehr in Salcha / weil sie besorgte / Hiarbas würde dem Suevus andeuten / wessen sie gegen ihm gesinnet wäre. Demnach entschlosse sie sich / mit einraht der Simede /heimlich hinweg zu fliehen / und sich wieder in ihrer fraumutter lager zu begeben: da sie ihr vorhaben verhelend / den krieg wider den Suevus volfüren / und den ausgang der zeit und dem glück befehlen wolte. Etliche kriegsbediente des Suevus / die sie auf ihre seite gewonnen! waren ihr hierzu beförderlich: also daß sie unvermerkt mit ihnen davon kame / und beides den Suevus und Hiarbas voll unruhe zurůck liesse. Sonderlich ware dieser gar nicht zu trösten / als er so schlechten fortgang in seiner liebe sahe / seine Prinzessin in dem widerwillen / den sie auf ihn gefasset / entwichen wuste / und er / ohne sich zu entschůldigen / nach Ophir ab- und fortreisen solte. Weil er aber seinem verhängnis nachgeben muste /als zoge er höchst betrübt / voll sorgen und unzufriedenheit / aus dem reich Basan hinweg: nicht geringen argwahn dem Suevus hinterlassend / daß er der Prinzessin zu ihrer flucht verholfen håtte. Es wurde hierdurch zwar ihre freundschaft in etwas gemindert / gleichwol / in des Suevus gemüte / die hochachtung für diesen dapferen Prinzen / nicht gar aufgehoben.

Inzwischen nun der verliebte Hiarbas nach Ophir reisete / ware Mirina in der Königin Salamis lager glücklich wieder angekommen: die dan so sehr mit ihrer gegenwart erfreuet wurde / als vorhin ihre abwesenheit sie beunruhigt hatte. Die Prinzessin erzehlte /zwar mit andern ümstånden / als es sich begeben /ihre entfürung und wiedererledigung: ganz geheim haltend / was ihr vorhaben gewesen. Es bekame aber /der krieg / hiernächst eine viel andere gestalt. Dann /obgleich der [77] dapfere Abimelech Hazezon Thamar eingenommen / und neben dem Esau wunderdinge verrichtet: so erweckte doch / die zeitung von des jungen Marsius leben / nicht allein ein allgemeines schrecken / sondern auch eine grosse freude. Weil alle der Salamis kriegsbediente / diesen Prinzen für ihren K \nig erkennten / als fiengen sie an / mit verdruß die waffen wider ihn zu gebrauchen: Und ob schon der Prinz von Elassar allen fleiß anwendete / so vermochte er doch nicht / sie in gehorsam zu erhalten. Es kamen auch der Salamis soviel gefärliche reden für ohren / daß ihr aller muht zu entfallen begunte: allermeist / als auch der Prinz von Ammon mit seinen völkern sie verlassen muste / weil der König Marsius seinem herr vattern in Ammon soviel zu schaffen machete / daß er selber hülfe vonnöten hatte.

Weil nun der haß gegen den Teutschen / durch dieses aufsteigende glůck ihres Erbkönigs / in der Salamis gemüte zum h \chsten wuchse / als liesse sie sich / durch den Prinzen von Elassar und etliche Moabitische herren / verleiten / dem K \nig von Basan nach dem leben stellen zu lassen: da ihrer zehen / die verwegensten und listigsten unter den Moabiten / sich zusammen verschwuren / diesen jungen helden aufzureiben. Mirina / ob sie gleich ihrem stiefbruder /seitdaß er ihrem geliebten Ingerman so feindlich begegnet / nicht mehrgeliebet / wolte iedoch dieses beginnen nicht billigen. Sie gedachte aber den ausgang zu erwarten / und liesse nicht nach / dem Marsius offentlich das reich zu bestreiten / als die Salamis /durch seinen tod / sich dessen heimlich zu versichern trachtete. Es schluge ihr aber auch diese hoffnung üm / indeme Marsius der zehen erkauften mördern sich so dapfer erwehrete / daß sie ihr vorhaben nicht hinausfüren konten. Es wurde hierauf / zu der Salamis [78] höchstem unglimpf und nachteil / überall ruchtbar / wie sie ihrem stiefsohn nach dem leben trachten lassen. Es verlore sich also vollends / auf ihrer seite / alle gunst bei dem kriegsheer: und wurde sie endlich gen \tigt /damit sie sich nicht ihres stiefsohns gefangene sehen m \chte / auf die flucht zu gedenken.

Sie name ihr aber fůr / nach Ophir zu ihrer schwester / als meiner fraumutter / sich zu begeben. Und obschon der Abimelech und Esau / neben dem Prinzen von Elassar / ihr solches widerrieten / so folgete sie dannoch ihrem eigenen willen / und flohe aus Basan hinweg / in gesellschaft der Mirina: welche ihr willigst folgete / weil sie nun alle hoffnung verloren hatte / ihrem Ingerman die kron von Basan zu zubringen. Als diese beschwerliche reise schier vollendet war / vername sie auf der grånze des reichs / daß wir /von den Elamiten und ihren helfern / den Assyriern /bekrieget würden. Weil nun die K \nigin meine fraumutter / samt mir / in Nissa belagert ware / als dachte die Salamis und Mirina / zu meinem herr vattern dem Jaziz nach Havila zu reisen: welcher weg aber sie durch das lager der Assyrier tragen muste. Weil der Prinz von Assyrien bässer / als ich / wird erzehlen können / welcher gestalt er der Salamis den durchzug erlaubet: als will ich meine erzehlung allhier abreissen / und deren fortstellung dem Prinzen auf eine zeitweile ůberlassen.

Die K \nigin von Ninive / welche sehr begierig war / von dieser geschichte ferner zu h \ren / sahe hierauf den Prinzen von Assyrien an: der dan sich nicht seumete / die erzehlung also fortzusetzen.

Indem ich euer verlangen / liebste schwester! den verlauf / sowol der Mirina lebens / als meiner liebe gegen ihr / zu vernemen / vergnügen sol / muß ich notwendig [79] erstlich vorstellen / was mir / in diesem heerzug nach Ophir / unterwegs begegnet: weil solches der grund ist / wovon meine damalige und ietzige liebe sich angesponnen. Ihr wisset / wie mich zu haus der Eldane sch \nheit eingenommen / ehe ich von Babel zoge / und wie / durch eure unterhandlung / ich nach und nach zeitung und briefe von ihr bekommen /die diese meine liebe ernehrten. Als ich aber mit unsern v \lkern im Babylonischen gebirg lage / wurde mir eines tags angesaget / daß man mitten in selbiger wildnis eine höle gefunden / worinn ein warsager wonete / der sowol von vergangenen als künftigen dingen zu reden wuste: massen viele von meinen kriegsbedienten bereits die probe seiner kunst erfahren / und mich berichteten / daß dieser Chaldeer alles ihnen gesaget / was ihnen zeit lebens begegnet ware.

Mein fürwitz triebe mich an / diesen wunderman auch zu sehen. Als ich nun mich dahin füren lassen /fande ich einen alten greißen / der mehr tierisch als menschlich aussahe. Ich fragte ihn üm seine ankunft /und wie er hier in so gräßlicher wildnis leben könte? Er gabe mir zur antwort: Er sey aus Ur bürtig / und seine liebe zur sternkunst habe ihn alle menschliche gesellschaft verlassen / und / üm ståts in seinen betrachtungen ungehintert fortzufaren / bis gebirge zur wonung erwehlen gemacht / da er von den kräutern der erden lebe; und sey es wol zehen jahre / seit daß er keinen menschen zusehen bekommen. Weil ich nun iederzeit an dieser wissenschaft mich auch belustiget /als fülete ich ein sonderbares vergnügen / mit diesem manne mich im gespråch einzulassen. Er eröffnete mir endlich / durch seine kunst / nicht allein / was mir bereits begegnet / sondern auch / was mir noch künftig widerfaren solte. Solches thäte [80] er aber mit so dunklen worten / daß ich / zwar wol das vergangene / aber nicht also das künftige / errahten konte.

Weil ich nun fůrnemlich darin / was meine liebe angienge / unterrichtet seyn wolte / als fragte ich ihn: Ob mir diejenige würde zu teil werden / die ich liebete? Er antwortete mir: Es sey mir weder diese / noch die vorige / bestimmet / und ich würde noch zwei heldinnen nacheinander lieben / von denen ich eine bekommen / und durch sie / dem reich Assyrien / einen beständigen frieden zu weg bringen solte. So unvergnügt / wegen der Eldane / ich hierüber wurde /so begierig forschete ich ferner / ům von den beiden heldinnen ein mehres zu vernemen. Er wolte mir aber nichtes mehr sagen. Also muste ich mit dem erlangten bericht zu frieden seyn / und wieder von dannen scheiden.

Auf der folgenden ganzen hinreise nach Ophir /konte ich niemals unterlassen / dieser profezeiung nachzusinnen. Ich wil hier nicht / wie der krieg in selbigem reich abgelaufen / sondern allein dieses melden. Als ich mit dem Assyrischen heer unfern von Havila lage / da inzwischen unser bundsgenosse / der dapfere König von Elam / Nissa belågert hielte: kame mir die zeitung / wiedaß die Königin von Basan /neben der Prinzessin ihrer tochter / im anzug wåre /und den K \nig Jaziz besuchen wolte. Ich bekame auch / von dieser Königin / einen abgesandten / der mich ersuchete / ihr den durchzug durch mein lager /und daß sie sicher nach Havila kommen könte / zu verg \nstigen. Die ehrerbietung gegen das frauenzimmer / ob diese schon dem feind zugeh \rten / machte mich gleich schlüssig / dem abgesandten also zu antworten: Gleichwie ich ihn versicherte / daß seine Königin ungekränkt durchziehen würde / also ließe ich ihr zugleich alle dienste anbieten / die ich ihr auf dieser reise [81] leisten könte. Als ich auch den tag erfahren /da sie ankommen solten / befahle ich / das ganze heer in zierliche ordnung zu stellen / und ritte / neben meinen fürnemsten Assyriern / der K \nigin entgegen / sie in mein lager einzuholen.

Das erste / so ich zu sehen bekame / war die Prinzessin Mirina: die / ganz kriegerisch gekleidet / auf einem mutigen pferd daheritte / welches sie mit so guter art zu regiren wuste / daß ihre sch \nheit und ihr dapferes frisches wesen gleich-herrlich erschiene. Mich verwundete alsobald ihr erster anblick: wiewol ich das wolgefallen / so ich sie anschauend entfunde /anfangs nicht für liebe hielte. Als ich sie wilkom hiese / h \rte sie diese meine begrüssung mit einer sonderbaren majestät an / und zeigte mir darbei zwar ziemliche höflichkeit / doch also / daß ich wol spüren konte /wie sie / als Teutschen geblůtes / einen widerwillen gegen mir / als einem Assyrier / hegete. Die Königin Salamis / welche ihr auf einem wagen folgete / erwiese sich mir gůtiger / und wuste nicht worte genug zu finden / mir ihre erkentlichkeit zu verstehen zu geben. Ich begleitete sie hierauf in das lager / alwo ich ein herrliches gezelt für sie aufschlagen lassen. Weil sie sehr eilete / als konte ich an ihr nicht erlangen / daß sie länger / als selbigen tag und die folgende nacht /sich bei mir aufgehalten hätte. Nach verrichteter mittags malzeit / eröffnete Mirina ihr verlangen / meine völker zubesehen. Demnach ritte ich mit ihr durch das ganze lager: da alle Assyrier die grosse kriegserfarenheit / die diese Prinzessin von sich scheinen ließe /nicht genug bewundern konten.

Ich fande hierbey / des warsagers bericht / meinem sinn so gleichf \rmig / daß ich mich alsofort dieser heldin Mirina gefangen gabe: und behielte Eldane ferner [82] keinen gewalt über mich / auser daß ihr andenken mich beunruhigte / und mein gewissen / indem ich also an ihr ungetreu wurde. Ich hielte aber / diese neue liebe / für den schluß des himmels: zumal ich überdas aus den gestirnen / in deren erkentnis ich mich oft zu ůben pflege / ersehen zu haben vermeinte / daß / aus Celten oder dem entfernten lande der Teutschen / mein heuratstern aufgehen würde. Diese meine neue liebe entdeckte ich / sobald mein gezelt selbigen abend mich wieder allein sahe / dem Zameis / der noch iezt bei mir in diensten ist: welcher dan dieselbe nicht tadeln konte / weil die Mirina / wegen ihrer herkunft und hohen standes / seinem bedünken nach / die Assyrische kron zu tragen / würdiger als Eldane wåre. Die feindschaft aber der Assyrier und Teutschen /welche / wiewol unter uns ein friede getroffen worden / noch beständig wäret / wie auch selbiger krieg / in welchem ich wider den K \nig von Ophir / ihren blutsfreund / die waffen fůrete / machte mich so unruhig /als unschlüßig / wie ich es in dieser liebe anfahen solte: massen / bei solchen ümständen ungereimt schiene / meine gedanken ihr zu offenbaren / oder etwas gewieriges von ihr zu haben.

Es war aber / die belagerung der königlichen stadt Havila fürzunemen / in unserem kriegsraht abgeredet worden. Demnach beschlosse ich / nach dem glück meiner waffen den fortgang meiner liebe einzurichten / und / wann mich der himmel meister dieser stadt machen würde / alsdan gelegenheit abzusehen / wie ich der Mirina / als sodan meiner kriegsgefangenin / die bande / so sie mir vorher angelanget / mit vorteil entdecken könte. Weil ich eine kriegerin lebte / als muste ich auch meine liebeswerbung kriegerisch anfahen /und die betrachtungen hintan setzen / die sonst einen verliebten / nichts wider [83] der seine liebste fürzunemen / hätten verbinden mögen. Nachdem ich diesen schluß fåst gestellet / berieffe ich / noch in selbiger nacht /meine fürnemste kriegsbediente / und redte mit ihnen ab / daß sie der K \nigin von Basan heimlich etliche kundschafter mitgeben solten / der stadt Havila gelegenheit sich wol zu erkündigen. Den Zameis traffe es eben mit / diese reise zu thun: welcher diese gefahr nicht achtete / weil er / auser dem kriegsdienste / den er mir hierdurch leistete / mir überdas in meiner liebe dienen konte.

Folgenden morgens zoge die Salamis samt der Mirina hinweg / und sagte die K \nigin beim abschied: wie sie die höflichkeiten / die ich ihr erwiesen / in Havila ihrem schwager rümen / und / weil ihr die ursachen dieses kriegs nun bekant worden / sich bemůhen wolte / ihn dahin zu bereden / daß er gegen dem K \nig von Elam sich der billigkeit gemäs bezeigen /ihme die aufrůrere / als den Kajumaras und dessen anhang / abfolgen lassen / und also diesem krieg ein ende geben möchte. Der Mirina verehrte ich ein sch \nes pferd / welches sie von mir anname / darbei sagend: Ich wůrde sie nicht verdenken / wan sie dieses mein geschenke / in fůrfallenden kriegsbegebenheiten / wider mich selbst gebrauchen můste. Meine antwort ware / daß ich meines orts mich nie unterfangen könte / wider die jenige die waffen zu gebrauchen / die ich als eine göttin verehrte. Hiermit reiseten sie fort nach Havila / und kame Zameis / neben noch zweyen meiner leute / mit ihnen glücklich und unvermerkt in die stadt. Ich wil nun ferner erzehlen / was sich alda begeben hat: weil Zameis solches alles mit angesehen / und mir hernach treulich berichtet.

Kurz vor ihrer ankunft / hatte der Prinz Hiarbas bey dem König von Ophir sich daselbst eingefunden /[84] und den k \niglichen hof / samt dem ganzen reich /damit erfreuet. Man kan gedenken / wie angenem ihm die zeitung müsse gewesen seyn / als man ihm der Mirina ankunft berichtet: massen er seine freude hierüber so merklich verspüren ließe / daß iederman solches an ihm warnemen konte / und seine schleunige ånderung / weil man ihn vorher immer betrübt gesehen / bewunderte. Wie nun der K \nig der Salamis /als seiner gemalin schwester / entgegen zoge / sie einzuholen / begleitete ihn dieser Prinz mit solcher vergnůgung / als håtte er seine verlobte braut / gegenwärtige Prinzessin Indaride / entfangen sollen. Mirina /welche bisher noch nicht erfahren hatte / wer er wäre /bestürzte nicht wenig / als sie ihn an des Königs seite reiten sahe / und ihn den Prinzen von Egypten nennen hörte. Sie entfärbte sich hierüber / zumal als sie ihn /indem der König die Salamis begrüßete / ihr zueilen sahe; der dan / ihr keine zeit lassend vom pferde zu steigen / ihre kniehe ümfassete / selbige mit der h \chsten ehrerbietung küssete / und sagte: Er preise den himmel / daß ihn verg \nnt wäre / die Prinzessin von Basan in einem lande zu sehen / da er mehr / als zu Salcha / zu sagen hätte.

Mirina / so beherzt sie sonsten war / ließe doch ihre verwirrung über dieser unvermuteten ansprache so sehr / als Hiarbas seine freude / blicken. Mein hofmeister Zameis / welcher / wie gesagt / unbekanter in der K \nigin Salamis geleitschaft sich befande / und alles wol ausname / sahe / im einzug / den Hiarbas die Prinzessin stäts begleiten. Sie aber / nachdem ihre bestürzung vorůber / begegnete seiner aufwartung mit aller kaltsinnigkeit / und sagte / als er fortfure / ihr seine dienste anzubieten / ganz veråchtlich: Sie wäre nun noch weniger / von dem grossen Prinzen aus Egypten / dienste [85] gewärtig / da der unbekante Hiarbas sich geweigert / ihr den dienst zu erweisen / den sie verlanget. Wiewol der Prinz diese fürrückung nach allen ümständen beantwortete / konte er sie doch nicht bewegen / sich etwas gelinder zu bezeigen: massen sie so hart gegen ihm / als er verliebt gegen ihr / verharrete.

Weil nun dieser Prinz sich in keinem ding zwunge /als merkte man am ganzen hof seine liebe gegen dieser Prinzessin / und kame es bald dem grossen raht fůr ohren: denen dan nichts unangenemers zu vernemen seyn konte / weil man diesem Prinzen die Prinzessin Indaride / und mit ihr das Ophirische reich /bestimmet hatte. Als auch die Salamis den König Jaziz zum frieden zu vermanen begunte / brachten es des Kajumaras und seines anhangs gute freunde beim K \nig dahin / daß er sich entschlosse / die Königin von Basan / samt ihrer tochter / von hofe zu entfernen / und ihr das land Nod zur wonung einzugeben: weil /in wårendem kriege / sie nach Nissa zu der Königin Rehuma seiner gemalin zu senden / allzu unsicher ware. Die K \nigin Salamis / ware hiermit wol zu frieden. Aber Mirina wurde betrübet / daß sie aus ihrem element dem kriege sich begeben solte. Und wiewol sie hierdurch eines Prinzen / der ihr mit liebesansuchung überlästig war / ledig wurde: so kame sie doch hingegen dem Prinzen von Elassar / weil das land Nod an diß reich gränzete / wieder nåher / welcher sie zuvor / auf der reise aus Basan nach Ophir / wie der K \nig sein herrvatter / (der zwar inzwischen wieder genesen /) damals tödlich erkranket / verlassen hatte /und sie besorgen muste / daß er nun bei ihr sich wieder einfinden m \chte.

Der Prinz Hiarbas / wie sehr er sich bemühet / vermochte diese abreise der Salamis und Mirina nicht zu[86] hintern. Demnach / als die zeit des aufbruchs angekommen / verfügte er sich / abends vorher / in der Mirina gemach / und als er sie eben allein gefunden /fiele er ihr / ehe sie sich dessen versahe / zu den füssen / und offenbarte ihr nochmals seine liebe / mit der versicherung / daß sein herze sich niemals einer anderen schönheit / als ihr ergeben / und er viel lieber kron und thron / als die hoffnung ihrer besitzung / verlieren wolle. Die innigkeit / mit der er dieses fürbrachte /triebe ihm die threnen aus den augen; und weil er nicht von ihr lassen wolte / sie håtte sich dan fůr ihn gůtig erklåret / bewegte er damit diese stolze heldin zum mitleiden / daß sie / sonder über sein künes beginnen zu zürnen / ihm fůrstellte / wie er fůr die Prinzessin von Ophir bestimt wåre / und daß er alles sein glůck verscherzen würde / wann er in seiner ungereimten liebe zu verharren gedächte. Aber alle ihre beredungen / vermachten bei ihme weniger dan nichtes. Daher / als Mirina sahe / daß er sich nicht wolte abweisen lassen / gebrauchte sie gegen ihm diese offenherzigkeit / ihme zu entdecken / wie sie ihr herz nit mehr in ihrer macht hätte / es anderweit zu vergeben /weil es bereits fürlångst versagt wäre.

Ach grausame! begunte Hiarbas sie anzuschreien: da euer herz fürlängst versagt gewesen / warům begehrtet ihr dan / zu Salcha / so unmögliche proben meiner liebe? warům habt ihr euch damals deren bedienen wollen / da ihr sie doch nicht annemen kontet oder woltet? Denjenigen zum König in Basan zu machen / den ich liebe / überwande ich mich / eurer liebe mich zu bedienen. Wer ist dan dieser glückseelige? fragte der betrübte Prinz. Was nützet euch / (gabe sie zur wiederantwort /) wann ihr dieses wisset? vergnüget euch damit / daß ihr sehet / wie ich nichtes fůr euch / als meine freundschaft / übrig [87] habe. Um derselbigen willen bitte ich euch nun / Prinz von Egypten! leget euch doch nicht so vergeblich ein joch auf / und glåubet mir / daß ich eure wůrdigkeit wol erkenne. Aber mein herz ist nicht mehr mein eigen / und ihr werdet ja die beståndigkeit an mir nicht tadelen / ob dieselbe gleich verursachet / daß ich euch nicht lieben kan. Mit dieser erklårung / muste Hiarbas sich abweisen lassen. Und weil er håftig liebte / als ist leichtlich zu erachten / wie verzweifelt er hierůber geworden. Also verlore sich bei ihm alle zuvor verspürte freude /da er folgenden tags die Mirina mit ihrer fraumutter nach Nod abreisen / und er von allen hoffnung entåusent zurück bleiben / muste.

Weil sie des wegs nicht reiseten / wo ich mit meinen völkern lagerte / als erfure ich diese abreise nicht eher / als bis der Zameis mit seinen beiden gesellen bei mir wieder angelangte. Er hatte alles dieses von einem vertrauten bedienten des Prinzens erfahren /welcher solche liebe seines herren ungern sahe / und gegen dem Zameis / mit dem er alte kundschaft gehabt / kein geheimnis hiervon machete. Ihr k \nnet erachten / liebste schwester! wie diese zeitung mich beunruhigt: massen ich mit dem Hiarbas gleich unglückhaft ware / und nun einen andern unbekanten mitbuler anfeinden muste / der vor uns beiden den vorzug hatte. Mich muste auch schmerzen / daß meine hoffnung / in eroberung der königlichen stadt Havila /meine Prinzessin wieder zu finden / nun zugleich mit erloschen ware. Als hiernächst der Zameis / in versamletem kriegsraht / den bericht von seinen andern verrichtungen abgeleget / und uns die gelegenheit der vestung beschrieben: da wurde beschlossen / dieselbe also fort anzugreifen / und unser heil / wie eben damals der König von Elam mit Nissa thäte / daran zu versuchen.

[88] Mitlerweil wir aber mit solchen beratschlagungen und zurüstungen ümgiengen / fassete der K \nig von Ophir / auf des Hiarbas gutbefinden / den schluß /sich durch meine v \lker hindurch zu schlagen / und Nissa zu entsetzen. Also wurde der Kajumaras und Berug in der stadt Havila / als befehlshaber / hinterlassen / und der König Jaziz gienge unversehens von dar aus / stiesse auch auf meine v \lker / ehe wir das geringste davon innen wurden. Ich wůrde / alles hier ůmståndlich erzehlend / eure gedult misbrauchen. Es gabe ein blutiges treffen / da ich die ehre hatte / etliche mal mit dem dapferen Hiarbas zu fechten: und brachte dieses helden gute anstalt zuwegen / daß die Ophirische ihren zweck erreichten / und sich durchschlagend / ihnen den weg nach Nissa \ffneten. Wie nun dieses nicht m \gen gehintert werden / als blieben wir auch bei unserm vorhaben / Havila zu belägern: welches dan so glücklich fortgienge / daß ich in kurzem meister von dieser k \niglichen stadt wurde / auch Kajumaras und Berug / die beide fůrnemste aufwiglere dieses kriegs / ihr leben einbůsten.

Welcher gestalt hierauf die beide K \nige frieden gemacht / solches wisset ihr allbereit: und habe ich nur noch dieses zu sagen / daß ich / wie ich iezt in Havila ware / euren brief / den die Dalimire verfälscht / entfangen / und daraus der Eldane vermeinte unbeständigkeit vernommen. Wiewol nun die Mirina selbige liebe zur Eldane in mir gånzlich ausgelescht hatte /so konte ich doch solches ohne befremdung und entfindlichkeit / nicht vernemen. Ich hielte es für eine rechtmäsige straffe / und hätte fast selbige liebe wieder anglimmen lassen / wan nicht die warsagung des Chaldeers diese neue gemehret / und das gedächtnis der Mirina bei mir erhalten hätte. Diese nun wieder zu sehen / name ich / bei meinem [89] abzug aus Ophir /einen ůmweg / und reisete auf Nod zu / wo diese Prinzessin mit ihrer fraumutter sich aufhielte. Ich habe euch bereits / als ich nach Babel wiederkame / gesaget / wie es mir bei dieser besuchung ergangen: wie ich / von liebe übermeistert / mich dieser Prinzessin entdecket / aber mit den harten worten abgewiesen worden / daß ich / als ein Assyrier / ewig ihr erbfeind bleiben solte. Also schiede ich von dannen ganz unvergnügt / und vername ůberdas auf der ruckreise /daß sie in ihr entferntes vatterland verreiset: daher ich völlig sonder hoffnung bliebe / und / bis der andere krieg in Ophir angienge / in solcher verzweiflung verharren muste. Die Prinzessin von Ophir wolle nun /was der Mirina in Celten und anderswo begegnet / zu erzehlen ihr gefallen lassen.

Die Königin von Ninive hat zuvor vernommen /(sagte Indaride /) wie die Mirina / der Simede Brudern den Mesek / aus Basan nach Celten / an den Prinzen Ingerman / heimlich abgefårtigt / und demselben entboten / wie die sachen in Basan stünden / auch daß er kommen und diesen thron / den der tod ihres bruders ihr überlassen / besteigen solte. Dieser Prinz nun machete sich auf die reise / voll süsser hoffnung /sowol seine liebe / als seine ehrsucht / zu vergnügen. Er fande aber / wie er in Basan ankame / alles verkehret / den jungen Marsius regirend / auch die Mirina samt ihrer fraumutter flůchtig und abwesend. Die versagte Kron von Basan krånkte ihn so sehr nicht / als die entfernung seiner Prinzessin: weil das grosse Celten-reich / dessen er ein Erbprinz ware / ihm jenen verlust genugsam ersetzen konte. Demnach ware er mehr geschåftig / zu erfragen / wo seine Mirina geblieben / als wie der König Marsius von seinem thron zu verdrengen seyn möchte.

[90] Nach langem forschen / erfure er / daß Ophir diese Prinzessin hegete. Also såumete er sich nicht / dahin zu reisen: und kame er eben zu Nod an / als wenig tage vorher auch die Königin Salamis daselbst eingelanget. Der Mesek / sein gefärte / ließe sich gleich bei der Prinzessin anmelden. Als er vor sie gekommen /und sie von ihm etfuhre / wie der Prinz Ingerman zugegen wåre / wurde sie darůber mehr beschåmt / als erfreuet: weil sie dem Prinzen eine kron versprochen /und dieselbe ihm nicht gewåren konte. Ihre zu ihm tragende liebe / machte ihr zwar seine ankunft angenem: doch war ihre ehrsucht so groß / daß sie wünschte / er möchte in Celten geblieben seyn. Sie konte sich aber nun nicht entziehen / ihn zu sprechen. Nun muste sie solches heimlich thun / daß weder ihre fraumutter / noch sonst iemand / etwas hiervon innen würde. Demnach beschiede sie ihn auf eine jagt / da sie mit wenig ihren leuten sich wolte finden lassen.

Der verliebte Celte verzoge sich nicht / an dem bestimten orte zu erscheinen: und / weil die liebe ihn gleichsam beflůgelte / als kame er daselbst etliche stunden eher an / weder die Prinzessin. Er hatte nicht lang gewartet / da sahe er einen ansehlichen ritter /von etlichen dienern begleitet / auf sich ankommen /welcher mit seinen gebärden anzeigte / wie ihm zuwider wäre / einen andern daselbst zu finden. Die begrüssung / ware gar kaltsinnig: und als dieser frömde merkte daß der andere auch daselbst wartete / und nicht verrucken wolte / konte er sich nicht enthalten /ihn zu fragen / was diß orts seine verrichtung wäre? Ingerman / der nun auch einen verborgenen widerwillen zu fülen begunte / gabe ihm zur antwort: Er habe ursach / eben diese frage an ihn zu thun / weil er an diesem orte weder ihn / noch sonst iemanden / [91] anzutreffen vermeinet; und sey er nicht gesinnet / ihme von seinem da-seyn rede und antwort zu geben / vielmehr aber / ihm anzudeuten / daß er von diesem orte sich fortmachen solte. Diese des Ingermans worte / setzeten den andern auser alle gedult / so gar / daß er gleich vom leder zoge / ihn darüm zu züchtigen. Ingerman verweilte nicht / seinem feind auch die schärfe zu bieten: der dan bald bei sich bekennen muste / wie die werke seines widerparts nicht minder dapfer seien / als zuvor die worte gewesen.

Wie aber nun ihr streit am hitzigsten war / kame die Mirina mit ihren leuten herzu geritten: und als sie beide / aus ehrerbietung / vom kampf abließen / erkennte sie nicht nur den einen / fůr ihren liebsten Ingerman / sondern auch den andern / fůr den Prinzen Sineab von Elassar. Dieser Prinz war eben auf dem weg gewesen / zu Nod die Prinzessin zu besuchen: hatte aber / weil er unterwegs vernommen / daß sie an diesem ort jagen wůrde / sich dahin begeben / und also diese abenteur mit dem Ingerman bekommen. Sobald er die Prinzessin ersehen / ritte er ihr entgegen /sie zu begrůssen. Sie aber war ganz ungedultig / daß sie ihn nicht allein an diesem ort / sondern überdas wider ihren Ingerman in waffen fande. Demnach wandte sie sich von ihm / und sagte: Ich vermeinte /allhier mich heute allein zu ergetzen / und an diesem ruhigen orte nicht solche unruh zu finden / als ihr /wie ich sihe / habt angefangen. Eben meiner Prinzessin vorhaben zu bef \rdern (antwortete Sineab /) habe ich diesen verwegenen fr \mden mit gewalt von hier hinweg treiben wollen / der sich mit worten nicht hat wollen abweisen lassen. Simede / welche mit zugegen war / und besorgte / ihre Prinzessin möchte zuviel reden / antwortete für sie und sagte: Dieser ritter / [92] ist mein vetter / so erst aus Celten angekommen / deme meine Prinzessin / allhier meiner zu warten / und dem jagen mit beizuwonen / erlaubet hat. Dieser hat freilich erlaubnis / (setzete Mirina hinzu /) allhier zu seyn: ihr aber nicht / Prinz von Elassar! und ich bitte /lasset mich allein / wann ihr nicht meine lust verstören wollet.

Der Prinz Sineab wurde ganz beschämt / seine Prinzessin also reden zu hören. Und damit er nicht noch mehr veråchtliche worte vernemen m \chte / begabe er sich von dannen / und ritte nach Nod / zur K \nigin Salamis. Selbige entfienge ihn gar freundlich / und schöpfte einen grossen unwillen / als er ihr erzehlte / wie übel ihre tochter ihn bewilkommet håtte. Mirina inzwischen / nachdem sie also des Sineab sich entledigt / ihre leute auf das jagen von sich geschicket / und allein die Simede und den Mesek bei sich behalten / ümarmete den Prinzen Ingerman / und sagte: Ich weiß nicht / ob ich / oder das k \nigreich Basan / den Celtischen Prinzen sein entferntes land hat verlassen gemacht. Ist es Basan: so beklage ich billig / die vergebliche herauskunft. Ist es aber Mirina / ohne kron: so befinde ich dafür / dem Prinzen Ingerman / mich hoch verbunden. Ich muß aber das erste besorgen: weil die botschaft / so euch der Mesek gebracht / und nicht euer freier wille / oder das andenken der Mirina / euch aus Celten getrieben hat.

Vergebt mir / grosse Prinzessin! (antwortete Ingerman /) daß ich eure falsche einbildung straffe. Nicht Basan / noch einiger thron in der welt / sondern allein die unvergleichliche Mirina / hat mich den schluß fassen gemacht / mein vatterland zu verlassen. Der Mesek hier zugegen kan sagen / wie er mich in Celten angetroffen / und ob mich mehr erfreuet die hoffnung /die [93] kron von Basan zu erlangen / oder die versicherung / daß meine Prinzessin meiner noch nicht vergessen habe. Wer sich erinnert / auf was weise ich aus Basan scheiden müssen / der wird mir nicht verüblen / daß ich bisher im zweifel gelebet / ob die Mirina sich meiner noch erinnere. Håtte ich hiervon eher gewißheit erlanget / wůrde ich solang nicht verzogen haben / meiner Prinzessin die versicherung zu bringen / daß ich nie aufgeh \ret / sie in meinem herzen zu verehren und anzubeten / und daß meine treue liebe nicht eher von mir / als mit meinem leben / weichen werde. Dieses sagend / warfe er sich zu ihren fůssen.

Es bedorfte aber / weil man ohndas gern gläubet /was man wahr zu seyn wünschet / bei der Mirina nicht vielen überredens / ihres Ingermans beständiger liebe sich zu versichern. Ich unterlasse / alle reden anzufůren / die in dieser ansprache beiderseits fielen. Ich sage allein / daß eines am andern volk \mlich sich vergnügte: und wurde zwischen ihnen abgeredet / daß Ingerman / sich fůr einen befreundten der Simede ausgebend / im land Nod verbleiben / und von der zeit einen guten raht erwarten solte / wie es ferner anzugreifen seyn m \chte. Weil Mirina wol vermuten konte / daß der Prinz Sineab bei der Königin über sie wůrde geklagt haben / als name sie ihr für / ihren widerwillen gegen ihm / ihrer fraumutter zu er \ffnen / und dadurch / auf einmal seiner verfolgungen sich los machend / ihm alle hoffnung zu benemen / daß er iemals ihrer liebe k \nne teilhaftig werden.

Sobald nun das jagen geendet / und Mirina in der stadt Nod wieder eingelanget / fande sie an ihrem hof alles voll unruhe / üm daß sie den Prinzen von Elassar so übel entfangen hatte. Die K \nigin / weil ihre gänzliche [94] meinung war / diesem Prinzen ihre tochter zu vermälen / entfunde es üm soviel höher / daß Mirina gegen ihm sich also bezeiget. Ihr verdruß ward unendlich gr \sser / als die Prinzessin / an stat ihren fehler zu bereuen / ihr zu verstehen gabe / daß sie dem Sineab der ihr unerträglich wåre / niemals anderst /als sie iezt gethan / begegnen k \nte. Weder gute noch böse worte der Königin / vermochten ihrer tochter sinn zu ändern. Weil ihr kriegerischer muht ohnedas keinen zwang vertragen konte / als wolte sie lieber den kindlichen gehorsam etwas hintan setzen / als so widrigem befehl sich unterwerfen. Salamis aber pochete auf ihren můtterlichen gewalt / und alles mit dem Prinzen Sineab im raht stellend / ließe sie heimlich völker / aus dem reich Elassar / in das fůrstentum Nod kommen: üm / auf allen fall / måchtiger zu seyn /als ihre tochter. Sie ordnete auch gesandten ab / nach Susan zu dem K \nig Birsa / mit der versicherung /daß sein sohn ihre tochter haben solte. Bei solchen ümständen / fragte Sineab nicht viel nach der Mirina widrigen bezeigungen / und gienge / an stat durch demut ihren sinn zu gewinnen / gar trotzig mit ihr üm: sie ansehend / als seine verlobte / ům deren erlangung er sich nicht mehr bemühen dörfte. Ingerman bekame inzwischen / durch hülf der Simede / zum öftern gelegenheit / mit seiner Prinzessin sich zu unterreden.

Inzwischen endete sich der krieg in Ophir: da dan die K \nigin verlangte / ihre schwester zu sehen / und /auf erlaubnis des Königs / meines herrvattern / mit der Mirina / nach Nissa kame. Ich hatte nun auch /nach geschlossenem frieden / den Prinzen Hiarbas zu sehen bekommen: von dem aber das gerüchte schon ganz laut war / daß er die Mirina liebte / weswegen[95] iederman am hof aufsahe / wie sie sich gegen einander gebärden würden. Weil der K \nig Amraphel damals schon / wiewol ich es selber nicht gedachte / bei mir in achtung ware / als konte es mich nicht verdriessen /daß Hiarbas / den das ganze reich Ophir mir bestimmet / eine andere anbetete. Es kränkte mich auch / daß ich / diesem Prinzen zur marter / leben solte: weswegen ich / soviel m \glich / seine gesellschaft vermiede / und auf solche weise mit ihm ümgienge / daß er wol spüren konte / wie uns beiderseits der himmel einerlei widersinn gegeben håtte.

Als die K \nigin von Basan mit der Mirina ankame / waren wir alle in des K \nigs meines herrvattern kammer beisamen: als welcher / wegen etlicher in lezter schlacht entfangenen wunden / noch des bettes hürete. Die begrůssung zwischen meiner fraumutter und ihrer schwester / geschahe nicht ohne threnen: weil sie einander in so langer zeit nicht gesehen / und die Salamis in solchem verlassenen elenden zustand erschiene. Hiarbas änderte gleich die farbe / als Mirina in das gemach tratte. Ich / die ich auf dieser meiner base ankunft mich gefreuet / gewanne sie lieb / sobald ich sie zu sehen bekame: gleichwie sie hingegen zu mir alsofort ein gutes herz fassete / und mir ihre freundschaft zueignete. Hiarbas hatte / bei dieser ersten ansprache / wenig gelegenheit / mit ihr etwas anders zu reden / als was iederman h \ren dorfte. Weil er / als des K \nigs angenommener sohn / die bewirtung verrichten muste / als war er verbunden / dem Prinzen von Elassar / der auch mitgekommen / viel tage gesellschaft zu leisten. Die Salamis eröffnete alsobald meinem herrvattern / daß sie mit diesem Prinzen und ihrer tochter eine heurat fürhåtte: wol wissend / daß es dem König nicht misfallen würde / weil man [96] dadurch des Hiarbas vermerkter liebe steure konte. Sie bate ihn zugleich um hülfe und raht / daß dieses ihr fůrhaben m \chte vollzogen werden. Mein herrvatter / deme nichts liebers als dieses damals für ohren kommen k \nnen / versprache ihr seine hülfe. Worauf dan bei hof ůberall ausbrache / daß Sineab mit der Mirina verlobt wäre.

Wie diese zeitung dem Hiarbas gefallen / ist leichtlich zu ermessen: und wurde dieser Prinz / der ihm zuvor schon widerlich gewesen / ihm noch unerträglicher / nun er ihn für seinen mitbuler halten muste. Er gienge / sobald er füglich konte / zu der Mirina: die ihme dißmal freundlicher / als sonst / begegnete. Er redte sie ganz betrübt an / und sagte: wie er nunmehr den glückhaften geliebten kenne / den sie ihme in Havila nicht nennen wollen. Er sezte hinzu: Er k \nne sie nun nicht mehr verdenken / daß sie seinen namen verschweigen wollen / weil sie vermutlich sich fůr ihr selber schäme. Meiner wahl (antwortete Mirina /etwas bestůrzt /) darf und werde ich mich nimmmehr schåmen: dan solche ist so edel / daß mir der Prinz von Egypten / wann er der wahren vernunft zuhören wil / wird beistimmen müssen. Wie aber dem Prinzen derjenige / den ich liebe / kund worden sei / solches fållt mir unmöglich zu errahten. Was der ganze hof weiß / (versezte Hiarbas /) das konte ja mir nicht verborgen bleiben. Wer hat uns dan verrahten / (fragte die beängstigte Mirina /) und dasjenige entdecket /wovon ich ein so grosses geheimnis mache.

Indem kame ich zu ihnen in das gemach / und wäre gern zurücke gewesen / als ich ihrer beider verwirrung warname. Weil ich aber nicht schicklich wieder austretten konte / als redete ich nicht viel / zumal auch sie sehr stille waren. Endlich fienge Mirina gegen mir an / und fragte: hat dan die Prinzessin Indaride auch von [97] meiner liebe geh \ret / davon der ganze hof reden sol / wie man mir saget? Weil ich von den Sineab noch nichts vernommen hatte / als kame mir diese frage sehr frömd für / und wuste ich nicht / was ich darzu sagen solte. Ich achtete sie verliebt in den Hiarbas / der sie liebte: dorfte demnach solches / als die warheit / nicht verneinen / gleichwol auch nicht keck heraussagen. Endlich sahe ich den Hiarbas an / und sagte lächlend: Ihr / mein vetter! werdet hiervon mehr / als ich / wissen. Weil er bisher / üm des willen / daß man mich ihm geben wolte / meine gegenwart geflohen / als wuste er nicht / was er mir antworten solte /und schluge / sonder zu reden / die augen nieder. Er machte hierdurch mich also fortreden. Was der ganze hof sol wissen / wie die Prinzessin von Basan vermeinet / solches habt ihr für mir zu verhelen keine ursache. Ich erkenne eure liebe zu der Prinzessin von Basan so edel / daß ich euch darinn lieber auf alle weise zu f \rdern / als zu hintern / verlange. Und wan euch etwan das im weg stehet / daß mein herrvatter an mich / euch zu ehlichen / begehret: so schwere ich euch zu / daß ich diesem befehl meines Königs / üm eurer und dieser Prinzessin ruhe nicht zu schaden /mich åuserst widersetzen wolle.

Meine ruhe wollet ihr nicht hintern? sagte Mirina. O nein / wehrte Prinzessin! euch ist der Prinz von Egypten bestimmet / und nicht mir. Ihr / ihr seit Erbprinzessin von Ophir. Und sehe ich den Prinzen von Egypten für so verständig an / daß er nichts ungereimtes erwehlen werde. Er mag wehlen / wie er wil / (antwortete ich / ihme hierzu keine zeit lassend /) so weiß ich doch / daß ich fůr ihn nicht erkoren bin. So handelt er auch damit nicht wider seinen verstand / indem er die unvergleichliche Mirina liebet. Wäre ich seines geschlechtes: ich [98] wolte sein mitbuler werden. Und wäre ich seines standes / (widerredte Mirina /) ich wolte die schöne Indaride erwehlen. Indem wir also redeten / wuste Hiarbas keine gebårde zu fassen /noch aus diesem irrwesen sich herauszuwickeln. Bald aber kame zu uns andere gesellschaft / wordurch diese unterredung unterbrochen wurde.

Es wolte aber die unruhige Mirina / zu ihrer nachricht / ein mehrers hiervon wissen: zoge derhalben den Hiarbas auf eine seite / und beschwure ihn / ihr zu sagen / was er von ihrer liebe wisse. Er / der diese ihre anfrage für eine h \nung ausdeutete / wolte ihr nichts deutliches antworten. Als aber eben der Prinz Sineab ins gemach eintratte / sagte er zu ihr / mit vielem seufzen: Ich muß wol diesem ankommenden glůcklichen liebhaber weichen / damit die grausame Mirina zum wenigsten die freude nicht habe / in meiner gegenwart sich an meinem unglück zu erlustigen. Er wolte damit hinweg gehen. Aber Mirina zoge ihn mit gewalt beim arm zurücke / und auch mich bei der hand fassend / liefe sie mit uns eilends in das nächste cabinet / die thür hinter ihr fůr dem Sineab verschliessend. Hierauf sagte sie ferner / zu dem Hiarbas: So habt ihr dann mich in verdacht / daß ich solte den nichtswürdigen Sineab lieben? Ach nein / mein Prinz! ihr müst von mir anderst gläuben. Wie? ist es möglich / (fieng der erfreute Prinz an /) daß hiesiger gantzer hof / samt mir / geirret? Euer aller irrtum ist so groß / (gabe sie zur antwort /) daß bei mir für den Sineab / nicht allein keine wolneigung / sondern vielmehr ein t \dlicher haß / vorhanden ist. Und euch zu zeigen / wie hoch ich eure verehre / und wie viel ich eurer verschwiegenheit zutraue / so sage ich euch hiermit / daß der Prinz Ingerman aus Celten / bereits[99] von langer zeit / mit mir verbunden lebet. Er ist tugendhaft; er ist edel; er hat mir viel dienste gethan; er ist der erste / so sich üm meine gunst beworben; er ist es / dem ich mein herz einmal übergeben. Urteilet ihr nun selber / ob ich etwas fůr einen andren ůbrig habe? Hierauf wandte sie sich zu mir / also fortredend: Lasset fahren / wehrte Prinzessin! eure kaltsinnigkeit gegen diesem Prinzen / und nemet ihn für den euren an! Er ist liebens wůrdig / wan er ein herz findet / das noch nicht versaget ist.

Hiarbas bliebe erstarrt / als ein stein / wie er diese reden anhörte / und sich also aus dem rauch ins feuer geworfen sahe. Ich aber gabe der Mirina zur antwort: Eure verträulichkeit / wehrte Prinzessin! erheischet von mir / daß ich gleicher massen mich euch offenbare. Wan derjenige / der tugendhaft / der edel ist / der uns dienste gethan / und der der erste ist / so üm unsre gunst sich beworben / allen muß fůrgezogen werden: so wird weder die verständige Mirina / noch iemand anders mich verdenken / wan ich den Prinzen Hiarbas / ob er schon seine erste liebesneigung verlassen wolte / nicht annemen kan / weil es mir eben wie der Prinzessin von Basan ergehet / und ich kein freies herz mehr habe. Dieses sagte ich / als eine profezeiung: massen ich dazumal selber noch nicht wissen wolte / daß der Amraphel mein herz nach Elam mitgenommen hatte. Eure erklärung / edle Prinzessin! (hörte ich hierauf von dem Hiarbas mich anreden /) machet mich so kühn / daß ich euch zu meiner fürsprecherin bei dieser unbarmherzigen erwehle. Trösten wil ich euch: (unterfuhre ich ihm /) aber dienen kan ich nicht. Wie solte ich der Prinzessin von Basan rahten können / was ich selber nicht zu thun begehre? Ich ernenne und erkenne euch (sagte Mirina wider [100] ihn /) fůr meinen vertrautsten freund / und hoffe / ihr werdet mich von des Sineab verfolgungen befreien / die mir gewaltig drohen / und schier zu schwer fallen wollen.

Wolan! (sagte Hiarbas / halb wůtend /) ich wil ihn und mich aufreiben: also werde ich euch / grausame! am bästen dienen. Hierauf / der antwort nicht erwartend / gienge er von uns hinaus / und nach seinem gemach. Sobald er daselbst angelanget / ließe er ohne verzug den Sineab fordern / und beschiede sich mit ihme ganz allein auf einen platz / nahe an der stadt bei einem tempel. Dieser / wiewol es ihm sonst an muht und dapferkeit nicht fehlte / ließe sich zur bestimten zeit daselbst nicht finden. Man weiß nicht /ob diese ausforderung durch ihn / oder sonst / bei hof ruchtbar worden. Diß aber sahe man / daß der König mein herrvatter etliche bediente hinaus schickte / die den Hiarbas anmanen musten / in Nissa wiederzukehren. Hierdurch nun wurde offentlich kund / was man bisher nur gemutmasset hatte / daß Hiarbas die Mirina liebe / und deswegen den Sineab anfeinde / weil sie ihm versprochen ware. Der König / den dieses sehr verdrosse / sandte etliche aus dem grossen raht zu dem Prinzen von Egypten / ließe ihm seine unfug verweisen / und zugleich andeuten / daß er / üm das reich Ophir nicht zu verscherzen / mich lieben müsse: widrigen falls dörfte er ursache geben / daß der König / ihn ganz verlassend / einen andern nachfolger seiner kron erwehlen wůrde. Demnach solte er forthin der Prinzessin von Basan müssig gehen / und sich alsofort erklären / mich zu ehlichen. Ein gleicher befehl wurde auch mir / in gegenwart der beiden Königinnen / entboten / daß ich nämlich den Hiarbas für meinen kůnftigen gemal halten solte. Ich konte mich [101] anderst nicht entschůldigen / als daß ich die schuld auf den Prinzen warfe / von dem ich ja nicht geliebet würde.

Der Prinz von Egypten gewonne zeit und raum /seine erklårung von sich zu sagen / indem er / aus häftigkeit seiner liebe / mit einem hitzigen fieber befiele: welches ihn im haupt so irr machete / daß die ärzte sagten / man můste ihn ganz mit ruhe lassen / wann er wieder genesen solte. Der K \nig / der ihn sehr liebte /ware üm ihn sehr besorget. Inzwischen er aber krank lage / und von seinen sinnen nichtes wuste / redte mein herrvatter mit der K \nigin von Basan ab / daß sie wieder nach Nod reisen / und daselbst die heurat mit Sineab und Mirina / ehe Hiarbas etwas davon erfahren könte / eilends vollziehen lassen solte. Die Salamis seumte nicht / diesem nachzukommen / und damit dem K \nig zu fugen / als dessen gnade sie iezt leben muste. Mirina zoge also halb-verzweiflet von uns hinweg / als die da wol wuste / worauf es angesehen war / und doch keinen weg / diesem unheil zu entkommm / absehen konte.

Als sie aber zu Nod angelanget / gesellte sich bald wieder zu ihr / ihr geliebter Ingerman / der seither ihr abwesen schmerzlich entfunden / und ihr ansonne /daß sie mit ihme nach Celten reisen / und also von dieser zwang heurat sich los machen solte. Sie fragte ihn: ob sie auch wol vor seinen herrvattern / den K \nig Bojus / kommen dörfte / da sie des Marsius /seines todfeindes / tochter wäre? Er / dem des Bojus unversönlicher haß wol bekant war / zoge die schultern und konte sie dessen nicht versichern. Doch sagte er / sie zu bereden: Sein herrvatter müsse nicht eben hierům wissen / und könten sie viel jahre in Celten /als welches sehr groß / verborgen leben / ehe der König etwas davon solte innen werden. Wiewol nun ihr sinn seinem ansinnen gleichf \rmig [102] war / so wolte sie doch hierzu nicht eher / als auf die åuserste noht /sich entschliessen.

Was hatte sie aber indessen zu thun? Sie name ihr für / den Sineab auf ein angestelles jagen / ohne des Ingermans wissen / mit sich zu nemen / ihme sodan die unm \glichkeit / daß sie ihn lieben könte / fůrzuhalten / auch / da er von seinem gedanken und von der gewalt / die ihre fraumutter ihm ůber sie gegeben /nicht abstehen wolte / ihme den kampf anzubieten /und durch raubung seines lebens sich seiner liebe zu entladen. Wie sie nun solches ihr fürnemen ins werk zu stellen begunte / hielte Sineab es für ein gutes zeichen / daß die Prinzessin ihn also mit ihr zu reiten n \tigte / und ware ganz fr \lich / sie also geneigt zu sehen. Wie sie aber anfienge / ihm die warheit zu sagen / schluge er solches in ein hon-gelåchter / vermessentlich sagend: Mit ihrer liebe solte es sich schon schicken / wan sie nur erstlich wůrde gehorchen můssen. Als sie hinwider einwendete / er würde und solte bei ihr / seines lebens keinen augenblick sicher seyn: verlachte er sie darüm ebenmäsig / seinen spott damit treibend. Hierdurch wurde / die ohnedas-erzůrnte Prinzessin noch mehr erhitzet / also daß sie nicht länger sich halten konte / sondern einen sebel /den sie stäts zu füren pflegte / zuckend / auf ihn losgienge / und ihm zurieffe / daß er sich wehren solte. Sineab / sich so unversehens überfallen sehend /wolte nicht länger harren / sondern eilete davon / was nur sein pferd laufen konte. Mirina / ob sie ihn gleich verfolgte / konte nicht allein diesen flüchtling nicht einholen / sondern sie hatte auch das unglück / mit dem pferd zu stůrzen.

Also entkame Sineab in die stadt / und verklagte abermals die Prinzessin bei der Königin: die dan sehr ergrimmet / den schluß fassete / ihre tochter in das Königreich [103] Elassar zu senden / und sie dem willen des Sineab zu übergeben / also / daß er / nach seinem gefallen / mit strenge oder milde / ihren widrigen sinn ändern und bässern möchte. Mit solcher vertröstung eilete dieser hinweg nach Susan / also daß er schon aus dem thor war / ehe noch die Prinzessin wieder in die stadt geko en: die dan / als sie seine abreise vernommen / darob fr \lich wurde / ihr einbildend / daß besagtes ihr beginnen ihn ganz von ihr abwendig gemacht hätte. Als sie folgends vor ihre fraumutter kame / verbarge dieselbe ihren zorn und fürsatz / so gut sie konte / also daß Mirina von allem nichts innen würde: bis endlich Simede den handel erfure / und ihrer Prinzessin offenbarte / was man mit ihr vorhätte. In dieser åusersten noht / hatte Ingerman nicht vieler worte vonn \ten / seine Mirina zu der flucht nach Celten zu bereden: die nun alles guthiesse / was er ihr riehte.

Unter dieser ihrer reisbereitschaft / kame der Prinz von Assyrien / iezt hier zugegen / aus Ophir nach Nod: der uns allbereit zuvor erzehlet / wie übel dazumal die Mirina sein liebes-anbringen aufgenommen /als welche nun mit anderen und zwar diesen gedanken ümgienge die liebe ihres getreuen Ingermans zu belohnen. Es glückte ihr aber damit bässer / als nachgehends mir / da ich auch mit dem K \nig von Elam heimlich entkommen wolte: dann er sie ganz wol davon brachte / daß niemand in Nod es gewar wurde. Sie hinterließe aber / ein schreiben an ihre fraumutter / die uns dasselbe nach Ophir zu lesen sendete: welches wir dan dieses inhalts befanden.

Schreiben der Mirina / an ihre fraumutter die Königin Salamis.

Weil ich weiß / worzu ich bestimmet bin / [104] und was E. Maj. zu solcher unbarmherzigkeit gegen ihr einiges kind beweget: als hab ich diß mittel ergreifen müssen / E. Maj. den namen einer grausamen mutter zu nemen / und zugleich ihr fürhaben zu befördern /indem E. Maj. dem K \nig von Ophir versprochen haben / des Prinzen von Egypten liebe / die er von der Prinzessin Indaride auf eine fremde verwendet / zu stören. Ich ziehe in meiner vätter land / und folge einem Prinzen / der mir wil die Celtische kron aufsetzen. Wie nun dieses meinem stande nicht schimpflich ist / also hoffe ich / E. Maj. werden mir solchen ungehorsam vergeben / und den mütterlichen segen nicht entziehen / ihrer zu dieser flucht gezwungenen Tochter

Mirina.


Dieser brief / hatte erwůnschte würkung bei der K \nigin. Dann / ob ihr gleich sehr nahe gienge / was Mirina ihr selbst erlaubet: so ware sie doch zufrieden / daß hierdurch der liebe des Hiarbas gesteuret wurde. Dann solche war ihr gar zu nachteilig / und hätte sie /wie man ihr gedrohet / das fůrstentum Nod entbären /und in grosses elend gehen můssen / wann nicht ihre tochter solchergestalt den Hiarbas verlassen und damit bezeuget hätte / daß sie ihn nicht wieder liebe. Wie sie nun / diese Flucht der Mirina nach Celten / so wol uns / als dem Prinzen von Elassar / berichtet /wolte nicht allein Hiarbas / als er nach ůberstandener seiner Krankheit solches erfuhre / sondern auch der Sineab / schier verzweiflen. Und zwar dieser letzere /folgte ihr alsobald auch ins Celtenland: mehr seine rachgier zu sättigen / als vergnůgung seiner liebe zu suchen. Hiarbas aber / [105] der die betrachtung des reichs Ophir nicht so gar konte aus den augen setzen / und weil er auch nicht lang hernach erfuhre / daß Mirina an den Prinzen Ingerman / wie ich iezt erzehlen wil /sich trauen lassen / verbleibe an unserem hof / wiewol in ståtiger unruhe. Doch drange der König / mein herrvatter / nicht mehr so sehr in ihn: zumal er aus folgender unserer unvertreulichkeit / die doch nicht hierinn / sondern in anderen dingen / bestunde / die hoffnung sch \pfete / der Prinz würde noch vonselbst sich bequemen / und anheben mich zu lieben.

Wie nun also der Prinz Ingerman mit der Mirina das land Nod verlassen hatten / namen sie ihren weg durch das Bactrianische reich / und begrüsten daselbst den König Oxiartes: dessen gemalin / die Königin Clotis / ihnen alle höflichkeit und freundschaft erwiese / als die da groß werk von ihnen machete / üm deß willen / weil ihr bruder / der K \nig von Hemath / an eine ihnen nah-verwandte teutsche Fürstin war vermålt gewesen. Es wurde auch daselbst ihrer beider eheverl \bnis volzogen: worzu sich die Mirina um soviel eher bereden ließe / weil sie wol vermuten konte /daß sie / mit diesem Prinzen unverehlicht reisend /viel ůble nachrede ůber sich ziehen würde.

Sie hatten aber daselbst in Bactra ein unglück: wovon ein geschrei nachmals ausbrache / als wan Mirina gestorben wåre. Dan / als sie von dannen wieder ab- und fortreiseten / stürzte die Prinzessin / mit dem pferd / von einer hohen brücken herab / in den fluß Sarangis: dessen schnelle fluten sie davon trugen /daß iederman an ihrem leben verzweifelte. Der betrübte Ingerman / ihr gemal / folgete / neben der getreuen Simede und seinen bedienten / dem wütenden strome nach: bekame aber erst nach etlichen tagen die zeitung / daß [106] sie von einigen fischern aus den wellen errettet und in ihre hůtte wäre aufgenommen worden. Ihre gute natur / und die ämsige pflege dieser barmherzigen leute / brachte ihr bald die gesundheit wieder. Doch ließen sie mit fleiß hinter ihnen in Bactra aussprengen / als wan sie ertrunken wäre: üm dadurch / alle nachstellungen der Salamis und des Sineab /vonsich abzuwenden.

Endlich / nach langem saurem reisen / kamen sie in Celten glůcklich an: da der Prinz seine gemalin auf einem bergschloß bey einer seiner wasen hinterließe /und nach der königlichen hauptstadt Trier zoge / in welcher sein vatter hof hielte: von welchem er dan /also unversehens ankommend / mit grosser freude entfangen wurde. Meine erzehlung in die kůrze zu ziehen / wil ich hier nit weitläufig anfüren / welchergestalt Ingerman dem K \nig Bojus / seine vermälung mit der Prinzessin Mirina / beigebracht habe. Ich will allein sagen / daß dieser König / als er seines sohns häftige liebe gespüret / es endlich geschehen lassen / daß Mirina nach Tirer kommen dorfte. Sie ware dem Bojus allerdings angenem / auser nur nicht in dem stücke /daß sie des Marsius tochter ware. Doch verbarge der vatter diesen seinen widerwillen / aus liebe zu seinem sohne. Also lebten diese beide in so vergnügter friedlicher ehe beisammen / daß keines ohn das andere seyn konte. Die heldin Mirina gewonete bald der Celtischen wilden lebens art / und zoge / weil der Bojus mit den benachbarten ståts zu kriegen hatte / immer mit zu feld / fürete auch ein eigenes heer Teutscher weiber: mit denen sie wunderdinge verrichtete / und einen so berümten namen in kurzer zeit erlangte / daß iederman sie fürchten muste. Sie hat auch öfters /sowol den König Bojus / als ihrem gemal / das leben gerettet.

[107] In solcher glůckseeligkeit / traffe sie an / der boshaftige Sineab / welcher heimlich nach Trier gekommen war / und sich daselbst verborgen aufhielte: des vorsatzes / sowol an dem Ingerman als an der Mirina sich zu rächen. Und weil er an diesen getreuen eheleuten alles / was ihm sein tückisches herz eingabe / zu verůben sich äuserst bemůhete / als fande er lezlich etliche unter des Ingermans dienern / die sich von ihm erkaufen liessen / sein mördliches vorhaben volstrecken zu helfen. Wie er nun seine bequeme zeit ersehen / belaurete er sie eines tags im wald / da sie beide /vom jagen ermüdet / und allein von diesen ungetreuen knechten bedienet / sich unter einen schartichten baum niederlegten / und einander in den armen einschlieffen. Simede / welche ihre Prinzessin niemals verließe / hatte sich unferne davon auch zu rasten begeben. Wie sie nun in so unschuldiger ruhe lagen /kame der ehrloße Sineab / aus dem hinterhalt hervor /und liesse / durch die erkaufte knechte / den Ingerman und die Mirina mit stricken fäst binden / auch zugleich von vieren halten / daß sie kein glied bewegen kontẽ: worzu ihm dan / ihr starker schlaf / behülflich ware.

Nachdem sie also gefåsselt lagen / stellete er sich mit einem dolch über den Ingerman / und rieffe damit ůberlaut der Mirina / daß sie sehen solte / was seine rache verm \chte. Von dieser stimme erwachten sie beide / und wusten nicht / wie ihnen geschahe. Aber Mirina erkennte bald den Sineab / und in seiner hand das mördliche gewehr sehend / schrye sie gar erbårmlich / diesen grausamen / wider ihre natur / anflehend / daß er ihres gemals verschonen und seine wut gegen ihr wenden solte. Aber dieser unmensch hatte für sie keine ohren / sondern stieße mit vollen kråftẽ / dem edlen Prinzẽ Ingerman / den dolch in die brust: davon dan dieser held / und zwar mit [108] [110]nennung des namens seiner geliebten gemalin / den geist aufgabe. Die worte / so der Sineab / bei dieser schändlichen that /der Mirina zugeruffen / konte sie für entsetzen nicht vernemen. Sie befiele aber mit einer onmacht: da dieser b \swicht / üm sie noch mehr zu quälen / alle mittel fürkehrte / sie wieder zu ihr selber zu bringen. Nachdem er solches erlanget / gedachte er nun auch an ihr seinen bösen willen zu verůben. Es wåre auch unfehlbar geschehen / wan nicht Simede / die ůber diesem geschrey erwachet / eiligst die dapfere entschliessung gefasst / und mit einem wurfpfeil den Sineab verlezt hätte. Um des willen / muste er von seinem b \sen vorhaben abstehen / und durch die knechte sich hinweg tragen lassen: dann er ware sehr verwundet / und befande unsicher / weil er feinde im hinterhalt vermutete / sich daselbst långer aufzuhalten.

Die betrůbnis der trostlosen Prinzessin / ůber diesen an ihrem gemal / angesichts ihrer / begangenen mordthat / bestunde nun nicht in threnen oder wehklagen / sondern in einer grausamen wut: also daß sie /gleich einer ergrimten leuin / deren ihre jungen geraubet worden / an nichts als rache gedachte. Nachdem die Simede sie von ihrẽ banden gelöset / liefe sie zu ihrem todten gemal / sch \pfte mit den hånden das heisse blut aus seinen wunden / und selbiges trinkend /sagte sie: Ich wil dich rächen / unschůldig vergossenes blut! oder ich wil bald bei dir seyn. Hierauf / als der Simede geschrey etliche hirten / so nicht weit hintan hüteten / herzu gelocket / ließe sie den leichnam auf einen wagen legen / den sie herbei schaffeten /und als sie sich darneben gesetzet / fuhre sie also gegen der stadt / die einige hoffnung des Celten reichs also verstorben daher bringend. Die Celten / so ihr in der stadt begegneten / huben an erbärmlich [110] zu heulen / und begleiteten also den wagen bis auf die burg / wo der Bojus hof hielte: der an nichts weniger / als an einen solchen unfall / gedenkend / von t \dlichem entsetzen überfallen wurde / als er seinen sohn in der erblassten Prinzessin schoß verwundet und entseelet ligen sahe.

Rache! Rache! schrye sie / als sie den K \nig ersahe. Des grossen Ingermans blut / fordert blut / und keine threnen. Wofern man nicht bald den verråter Sineab von Elassar verfolget / so wird er uns entkommen. Hiermit / als die bediente des K \nigs den körper aus ihren armen namen und dem halb todten vatter fůrlegten / sanke sie der Simede / welche hinter ihr auf dem wagen sasse / in die arme zurücke / sonder einiges lebenszeichen von sich zu geben. Sie wurde also in ihr zimmer getragen: da man etliche stunden mit ihr zubrachte / ehe man sie wieder zu ihr selber bringen konte. Was klågliches wesen der K \nig inzwischen getrieben / ist leichtlich zu ermessen. Er sandte aber auf alle strassen / den Sineab und des Ingermans entlaufene knechte einzuholen: nachdem er von der Simede ümståndlich erfahren / wie der Prinz von Elassar / so ehmals die Mirina geliebet / aus wütiger rachgier diese mordthat an seinem mitbuler verůbet hätte.

Der unvers \nliche haß des K \nigs wider des Marsius blut / wachete hier nächst bei ihm wieder auf /und maße er der Mirina alle schulde bei / als üm deren willen sein einiger sohn üms leben gekommen. Die einbildung / daß hiermit des Marsius geblüte über sein des Bojus haus gesieget / schmerzte ihn mehr /als der klågliche tod seines sohns. Und seinem grimm an der unschuldigen Prinzessin auszulassen / machte er alsobald ein gesetze / daß forthin die ehefrauen / so ihren verstorbenen [111] månnern die rechte liebe erweisen wollen / bei ihrer begräbnis sich lebendig mit verbrennen lassen solten. Als dieses der Mirina zu ohren gekommen / erzeigte sie sich darůber mehr freudig als erschrocken / lobte dieses grausamen Königs gesetze /und entschlosse sich willigst / dasselbe am ersten zu erfůllen. Nur dieses betrübte sie / daß Sineab ungestrafft leben solte / von dem die ausgeschickten nichts erfragen könten: und vermeinte sie freudiger zu sterben / wann sie ihn erstlich seine straffe håtte entfangen sehen. Simede / die ihrer Prinzessin hierwider nichtes sagen dorfte / auch wol sahe / daß sie diesem tod nicht entgehen k \nte / fassete den schluß / auch mit zu sterben / und ihr auch in feuer gesellschaft zu leisten.

Nachdem nun die Druyden / der Mirina / den willen des K \nigs angekündet / und bald darauf die trauernacht angekommen / da des Prinzen Ingermans begräbnis und ihre verbrenung geschehen solte: wurde in einem dicken wald / bei des gottes Wothans bilde /die leichbegängnis angestellet. Es giengen voran / die geistlichen von allen orden: denen folgten die getreue bedienten des Prinzens / mit allen seinen pferden und kriegswaffen / die dan / mit einem dumpfigen gråßlichen get \ne / den ganzen wald anfülleten. Hiernächst truge man des Ingermans leichnam / herrlich gezieret /auf vielen in einander geschrenkten spießen. Diesem folgte die witwe Mirina / ůmgeben von ihren getreusten kriegsweibern / die über ihren bevorstehenden tod so kläglich schryen / als vergnügt und standhaftig sich hingegen die Prinzessin erwiese. Hierauf kame der König Bojus / mit verhülltem angesichte / von allen seinen bedienten und dem kriegsheer begleitet: dessen schmerz hierdurch gemildert wurde / weil er zugleich nun an des [112] Marsius tochter seine rache sehen solte / und mithin seinem sohn ein angenemes opfer zu thun vermeinte / wan er ihm also seine Mirina bald nachschickte.

Wie nunmehr die gewönliche gebräuche mehrernteils verrichtet / des Ingermans körper auf den holzhaufen gelegt / alle dessen pferde ůmgebracht und zu ihme geworfen worden / seine bediente anfiengen einander nieder zu machen / und die Mirina nun eben die arme von sich streckte / von den Druyden sich an den pfal binden zu lassen; da erschienen unversehens etliche huntert pferde / deren fůrer das ůmstehende volk anrieffe: Ob sie dan zugeben wolten / daß eine so grosse Prinzessin so unschůldig und schmålich ům ihr leben kommen solte? Hierauf rennten er und die seinen eiligst auf die Mirina zu / machten sie wider ihren willen ledig / huben sie / wiewol sie sich sehr widersezte / auf ein pferd / und sprengten also mit dieser beute ins holz hinein. Simede / die man mit entfürete /war fr \her / als ihre Prinzessin / über dieser erlösung. Weil das anwesende heer und volk / diese flucht mehr gef \rdert / dann gehintert: als muste es der Bojus geschehen lassen / daß Mirina dergestalt seiner wut entkame.

Die bestürzte Prinzessin wuste nicht / indem man also mit ihr forteilete / wie ihr geschahe / und in wessen hånde sie gerahten: und sahe sie mit unlust sich von dem ort entfernen / da sie in der vergnůgten hoffnung / zu ihrem Ingerman zu kommen / sich befunden hatte. Sie bildete ihr ein / sie werde durch den Sineab entfůret: welches in ihr eine grausame freude erweckte / durch die hoffnung / daß sie nun / an diesem b \swicht sich zu råchen / gelegenheit haben würde. Nachdem sie aber also / bis an den morgen / immer fortgerennet waren / gabe sich ihr zu erkennen der dapfere Assur / ein Celtischer [113] soldat / welcher \fters mit ihr und dem Ingerman zu feld gezogen / und viel růmliche thaten verrichtet: wiewol er niemals bei dem Bojus eine gewisse stelle vertretten / sondern allemal frei geblieben / und sich bald da / bald dort / finden lassen. Ach Assur! sagte die Prinzessin / nachdem sie ihn erkennet. So seit ihr es / der mich so hoch beleidigt / indem ihr mir die ehre geraubet / bei meinem Ingerman zu sterben? Wie / Prinzessin! (antwortete Assur /) woltet ihr dan lieber euch der wut des grausamen Bojus aufopfern / als eure rache an dem mörder eures ehgemals verůben. Viel tausend Celtische weiber erwarten euer / als ihrer ehmaligen fürerin / und verlangen / euch bis in Asien zu folgen / ja bis an der welt ende euch den m \rder ihres Prinzen suchen zu helfen. Gebrauchet euch eures muhtes / den euch der himmel verliehen / den ruhm der Teutschen dapferkeit zu erweitern. Hierzu stehen wir euch alle zu diensten /und wollen / da wir aus Celten der tyrannei des Bojus entweichen müssen / in Asien unserer voreltern wonung wieder suchen / und uns Assyrien / samt den benachbarten låndern / daraus wir unsren ursprung herfüren / unterwůrfig machen.

Mirina hörte / diese des Assurs reden / mit nicht geringer bewegung an: und weil ihr dapferer muht ohnedas zu deme / wovon er ihr gesagt / sie anfrischete /als verlore sie bald die begierde / ům ihren Ingerman zu sterben / da sie für ihn so rümlich leben konte. Wie sie nun ihre entschließung dem Assur hierauf er \ffnet / fürete sie derselbe zu dem heer der streitbaren weiber / die unweit von dar sich in ordnung gestellet hatten / und dieser heldin erwarteten. Als sie derselben ansichtig wurden / erneurete sich bei ihnen zugleich leid und freude: also daß sie / mit weinen und jauchzen / die [114] Peinzessin bewilkomten. Wie nun die fürnemsten unter ihnen sich ihr genähert / und sie /sowol für sich / als im namen der andern / ihrer beständigen treue versicherten: name Mirina sie gar gütig auf / und ließe sie ihr schw \ren / daß sie ihr in das königreich Elassar folgen / und nicht eher von ihr weichen wolten / bis sie dasselbe reich / das einen solchen bluthund erzogen / zu grund gerichtet hätte. Sie versprache hingegen dem Assur / daß sie zu dem recht / welches er / wie er zuvor gesagt / an Assyrien zu suchen hatte / ihme mit verhelfen wolte / sobald er mit ihr den kriegszug nach Elassar würde verrichtet haben.

Hierauf erfolgte ohn fernere såumnis / der fortzug dieses heeres: und ließe Mirina eine von den weibern zurůcke / die den König Bojus ihren schwiegervatter /in ihrem namen / berichten solten / wie die liebe zu seinem sohn sie entschlossen gemacht / dessen klåglichen tod an allen einwonern in Elassar zu råchen; womit sie ihrem verblichenen ehgemal mehr liebe und dienste zu erweisen vermeine / als wan sie mit ihm sich håtte verbrennen lassen. Weil sie eben den weg vor sich name / auf welchen sie ware hergereiset / als muste sie in Ophir üm freien durchzug / Elassar zu bekriegen / ansuchen lassen. Die K \nigin meine fraumutter ware / neben mir / eben damals / bei den Brachmanen / ihre andacht zu verrichten / als wir die zeitung bekamen / daß Mirina mit einer starken kriegsmacht angezogen kåme. Der K \nig mein herrvatter aber / befande sich zu Nissa / und hatte bei sich den Prinzen Hiarbas: allwo auch mein König von Elam / unter dem namen Sadrachs / (wie der Königin von Ninive bereits bewust ist /) neben dem Abialthon seinem feldherrn / sich aufhielte. Die fast-erstorbene liebe des Hiarbas / entglomme nun aufs neue / als [115] er erfuhre / daß die Mirina wåre zur witwe worden. Wiewol nun mein herrvatter dieses hierbei befahrete / so konte er doch der Mirina den durchzug nicht versagen. Es ware auch kurz vorher zwischen ihm und dem K \nig von Elassar eine mishelligkeit entstanden /wegen dessen tochter der Prinzessin Eulea / die an den Berug / welcher im lezten Ophirischen krieg ůmkame / verheuratet gewesen. Weil man nun bei uns gelegenheit / an diesem König sich zu råchẽ / verlangte / als kame uns diese nach allem wunsche: und wurde der Mirina / nicht allein der durchzug verwilligt / sondern auch zu diesem krieg unsre hülfe versprochen.

Nach vielen und weiten tagreisen / kame endlich diese erzürnte Prinzessin bei uns an: und muste / wer sie zuvor gekent / bekennen / daß sie sich sehr geåndert hätte. Wir ersahen sie viel wilder und heroischer als sie vorhin gewesen: und da sonst noch einige gůtigkeit in ihrem wesẽ sich hätte erblicken lassen / so erschiene ietzt aus allem ihrem thun eine sonderbare strengheit / die nichts als unlust schnaubete. Niemand war hierob unvergnügter / als der verliebte Hiarbas. Alles ihr reden handelte / von ihrem verlornen gemal /und von der blutigen rache / die sie / üm seinet willen / dem land Elassar zugedacht hätte. Weil nun Hiarbas sahe / daß er sich ihr mit nichts angenemer machen könte / als wan er diesem feldzug beiwonete: als ließe er nicht ab / beim K \nig meinem herrvattern anzuhalten / bis er ihm solches erlaubete. Es wurden aber die Ophirische v \lker / nicht ihme / sondern dem Assur anbefohlen: damit er daselbst sich nicht zulang aufhalten möchte.

Der Mirina eilfärtigkeit war so groß / daß sie sich nur einen tag bei uns aufhalten ließe. Nachdem sie die gränzen des reichs Elassar erlanget / sandte sie zu dem [116] König Birsa / und ließe ihm den krieg ankünden; zugleich begehrend / daß er den m \rder des Prinzen Ingermans ihr übergeben solte: in verbleibung dessen / sie auch der Kinder in der wiegen nicht verschonen wolte. Birsa / der diesen weiber-kriegszug verachtete /hatte seinen hon über ihrem zorn / und ließe ihr zur antwort sagen: Sein sohn / (welcher / nachdem er sich in Celten heimlich heilen lassen / kürzlich wieder zu haus gelangt ware /) solte ihr und ihren weibern mit dreißigtausend mann begegnen / da ihr dan frei stehen würde / ihn hinweg zu nemen / wan sie könte; und was sie den jungen kindern seines landes gedrohet /daß solte an den ihrigen war gemacht werden.

Auf solche erklärung / gienge nun der krieg an: in welchem die Mirina wunderdinge verrichtet. Weil sie aber nichts mehr / als den Sineab anzutreffen / verlangete / als suchete sie hierzu allenthalben gelegenheit. Er hingegen flohe / und ließe sich an keinem ort finden / wo er wuste / daß sie wäre. Hiarbas fůrete / auf der Prinzessin begehren / ein eigenes heer: damit der feind an vielen orten zugleich ůberfallen wůrde / und damit sie seine person nicht immer üm sich haben müste. Feuer und schwerd fraße nun alles auf / wo Mirina hinkame. Und wiewol der Sineab dem Hiarbas und Assur dapfren widerstand thäte / so ward er doch endlich von diesem im gebirge eingeschlossen: also daß er nicht entkommen konte / sondern es auf eine schlacht / die er lang vermieden / muste ankommen lassen. Der König Birsa / der mit einem besondern heer wider den Hiarbas zu feld lage / h \rte nicht sobald von seines sohns bedrängnis / da machte er sich auf / und gienge der Mirina und dem Assur in dem rucken / und ward hinwiederüm von dem Hiarbas verfolget. Also sahe sich der vatter / von diesem / [117] von der Mirina und dem Assur / der sohn aber / von diesen beiden und dem gebirge / eingesperret. Wie nun Mirina ihr heer teilete / und den Assur mit Ophirischen soldaten auf den Birsa angehen ließe / sie selbst aber mit ihren weibern den Sineab angriffe: als thäte der König von Elassar seinerseits nichts weniger griffe mit der hålfte der seinigen den Assur an / und ließ die andere hälfte / unter fůrung eines seiner kriegsobristen / dem Hiarbas begegnen.

Dieser Egyptische Prinz / der für seine Prinzessin fochte / erwiese doppelte stärke / und drunge / da die dreyfache schlacht angienge / mit solcher wut durch den feind / (den befehl über die ihm anvertraute völker / dem unbekanten K \nig von Elam überlassend /) daß er bis zum haufen der Mirina gelangte. Diese heldin hatte / aus wütiger rachgier sich so weit in den feind hinein gewaget / daß / wan nicht der Sineab allen den seinigen ernstlich anbefohlen hätte / ihres lebens zu schonen / sie ohne zweifel ihren tod würde gefunden haben. Sineab! Sineab! war ihr einiges wort / welches sie unaufhörlich mit gräßlicher stimme wiederholete: und hatte sie / als sie diesen b \swicht unter den seinigen erblicket / so grimmig auf ihn losgerennet / daß sie solcher gestalt mitten unter die feinde gerahten / und von denselben ümringet worden. Es ware nun an dem / daß sie / auf Sineabs zuruffen / solte gefangen werden: als der Hiarbas zu gutem glůck ankame. Allhier verrichtete er alles / was liebe und dapferkeit zu würken verm \gen / und hielte den feind solang auf / bis der Mirina kriegerinnen darzu kamen / und sie befreieten.

Sineab hatte inzwischen sich unsichtbar gemacht /und / die flucht der seinigen vermerkend / sich in das gebirge verloren. Diese seine entfernung brachte so grossen [118] schrecken unter seine volker / daß sie v \llig in unordnung gerieten / und das feld räumen musten: worauf Mirina und die ihrigen / im nachjagen / solch ein metzeln verübet / daß die wenigste davon kamen. Mein Sadrach / oder verstellter Amraphel / und der dapfere Assur / hatten auf ihrer seite gleiches glück /also daß sie den K \nig Birsa auch auf flüchtigen fus brachten / und ihn eiligst den rückweg nach Susan vor sich nemen machten. Also erhielte Mirina den sieg /und sahe dadurch ihr fůrhaben mehr als halb vollendet. Aber / ob sie schon dieses håtte erfreuen sollen /so war sie doch übel zufrieden / daß sie den Sineab nicht zu stand bringen k \nnen. Sie vermeinte auch /wan Hiarbas nicht darzu gekommen wäre / Sineab wůrde nicht an die flucht gedacht / und sie ihn also etwan noch betretten haben: weswegen dan der dank sehr schlecht ware / den dieser ihr erlöser von ihr entfienge. Also wurde sie nun von tag zu tag unruhiger / ům daß sie an dem Sineab sich nicht rächen konte. Was aber an dessen person nicht geschehen /das musten die v \lker von Elassar fülen: indem keines menschen verschonet wurde / und also der Ingerman viel tausend opfer bekame.

Nach vielem toben / kame Mirina endlich vor Susan / und belågerte diesen ort / darinn der König lage. Als es zum stürmen kame / erstiege sie mit den ersten die mauren / eroberte also diesen platz / und mit ihm das ganze Elassar / weil der andern ihr heil an dieser hauptvestung hienge. Der König Birsa / als er nicht entfliehen konte / wolte gleichwol nicht lebendig in der Mirina hände kommen: zündete demnach sein schloß an / in meinung / sich zu verbrennen. Weil aber die Prinzessin solches ihrer rache nicht anständig erachtete / als ritte sie mitten durch das feuer zu dem K \nig / und mit einem [119] speer ihn durchrennend / rieffe sie: Nimm an / mein liebster Ingerman / diß blut von dem vatter desjenigen / der dein edles blut so m \rderisch vergossen. Weil inzwischen das feuer überhand name / und sie ganz ümgeben wolte / als liefe der Prinz Hiarbas zu ihr / sie zu erretten: da sie dan / vom dampf eingenommen / ihm onmächtig in dem arm fiele. Als man sie wieder zu ihr selbst gebracht / vermeinte sie in der raserei / sie wäre mit verbrant / und befånde sich nun bei ihrem ehgemal. Als sie aber sich wieder ermuntert / und den verliebten Hiarbas erblicket: schüttete sie / in der ungedult /alles wider ihn aus / was ihr nur in mund kame / üm daß er sie also verhintert / zu ihrem Ingerman zukommen. Doch besonne sie sich bald wieder eines andern / indem sie sich erinnerte / daß Sineab noch lebte /dem sie ihre gr \ste rache fůrbehielte.

Man hörte nun nichtes mehr von diesem Prinzen /und war alle der Mirina bemühung vergebens / ihn auszufragen. Als aber das greuliche brennen und morden im land Elassar also fortwårete / versamleten sich endlich die stände des reichs / die mehrernteils in das land Elam geflohen waren / kamen ingesamt nach Susan / begehrten frieden / und ernennten diese sieghafte Prinzessin zur Königin in Elassar. Also sezte Mirina diese kron auf / und wurde hierauf das fremde kriegsvolk erlassen: da dan auch die unsern in Ophir wiederkehrten. Hiarbas hatte inzwischen mit meinem Amraphel so vertreuliche freundschaft gemacht / daß er ihm bei mir das fůrwort redete: woraus letzlich meine bewilligung erfolget / seine liebe anzunemen und mit gegengewogenheit zu beehren / auch / mit gutbefindung meiner fraumutter / mich durch ihn entfüren zu lassen. Ich wil meine wunde iezt nicht wieder aufreissen / ( sagte Indaride ferner / [120] mit einem tiefgehalten seufzer /) wie unglůcklich es uns beiden ergangen / und wie ich mir das leben zu nemen gewillt gewesen / als Hiarbas mir den vermeinten kopf meines Amraphels brachte. Mein ausgesprengter tod wurde von iederman gegläubet / und mein unbarmherziger vatter / der allein mich lebend wuste / ließe mich so äng verwahren / daß weder meine fraumutter / noch sonst iemand / von mir etwas konte innen werden.

Der hierüber beångstigte Hiarbas / reisete verzweifelt aus Ophir hinweg: da ihn die liebe nach Susan truge / alwo er die Salamis bei der K \nigin Mirina antraffe. Diese beide hatten sich / über ihre ehmalige mishelligkeiten / miteinander wieder vers \net / und vernamen / mit sonderbaren leidwesen / den zustand in Ophir: entschlossen sich auch alsofort / zu meiner fraumutter zu reisen / und sie über meinem tode zu trösten. Weil hierdurch der Hiarbas mehr freiheit erlanget / zu lieben / wo er wolte / sonder der hoffnung zur Ophirischen krone verlustig zu werden: als fienge auch Mirina an / sich gegen ihme nicht mehr so hart zu erweisen: wiewol sie kein zeichen einiger gegenliebe blicken ließe. Der verliebte Prinz / dem noch nie soviel gutes widerfahren / ließe ihm dieses in seiner betrübnis zu trost gereichen / und gienge heimlich in den Bactrianischen krieg / seiner traurigkeit / im gedr \sche der waffen / etlicher massen zu vergessen: inzwischen die Salamis und Mirina nach Nissa abreiseten / denen er dahin nicht folgen mochte.

Als diese beide an unsrem hof ankamen / fanden sie alles / sonderlich aber meine fraumutter / in grosser traurigkeit. Der König mein herrvatter / stellte sich zwar auch mitbetrübt an: aber nicht um meinet willen / sondern wegen seines Hiarbas / von dem er nicht erfahren konte / wo er geblieben wäre. Dieses sein anligen klagte [121] er \fters der Mirina / verhoffend / etwas von ihr zu erforschen: weil er wol wuste / wie beständig der Prinz diese Konigin noch liebete. Endlich bediente er sich dieser list / und ließe sich soviel gegen ihr heraus / daß ihme / nun der himmel ihm seine tochter genommen / diese liebe nicht zu wider seyn solte. Das grosse reich Ophir / so ihm bestimmet war / neben der langen und sonderbaren aufwartung / die ihr der Prinz von Egypten geleistet / machete dieser heldin entschließung / nach des Ingermans tode keinen mehr zu lieben / ziemlich wanken. Und weil der Assur und die Simede / als ihre treuste ratgebere / des Hiarbas seite anfiengen zu halten: als behielte sie zwar das andenken ihres verblichenen gemales / bereitete aber zugleich ihr gemůte / dem Hiarbas wol zu wollen / und sich nach dessen verlangen zu bequemen.

Indem aber / der König und Mirina / also einander mit falscher und wahrer hoffnung speiseten / kame das geschrey / wie daß der K \nig von Elam und der Prinz von Assyrien mit einer grossen kriegsmacht ankämen / Ophir abermals zu überziehen. So wenig man sich dieses kriegs versehen hatte / so ungerüstet befanden sich die Ophirischen. Mirina verhieß dem K \nig ihre hůlfe: der solche / als nun sehr beängstigt /mit beiden händen anname. Sie zoge selber nach Elassar / ihme ein bewehrtes volk zu zuwenden. Inzwischen ließe mein herrvatter aussprengen / wiedaß der Prinz von Egypten / als sein nachfolger im reich / die Königin Mirina haben solte: wordurch er diesen Prinzen / dessen dapferkeit ihm iezt vonnöten war / wieder herbei zu ziehen verhoffete. Diese seine list geriehte ihm nach wunsche: massen nicht lang hernach / als der krieg nun angegangen / dieser Prinz bei hof sich einfunde. Nachdem ihm / diese seine glückseligkeit / des Königs eigener mund / wiewol [122] fälschlich / bestätigt hatte / zoge er dem Prinzen von Assirien freudig entgegen: welcher der Königin Mirina den paß verlegte / daß sie mit ihren v \lkern nicht in Nissa kommen konte. Was hierbei ferner fürgelaufen / solches wird der Prinz Baleus / bässer als ich / erzehlen können.

Als dieser zweyte Ophirische krieg angienge / (begunte der Prinz diese erzehlung zu ersetzen /) und ich / an den gränzen dieses reiches / mit den Assyrischen v \lkern zu dem K \nig Amraphel stieße: beschlossen wir im kriegsraht / daß er in Ophir hinein gehen / ich aber / weil wir nachricht hatten / daß Mirina dem König von Ophir eine ansehliche hülfe zufůren würde / nach Elassar mich wenden / und ihren anzug verwehren solte. Weil solches der krieg erforderte / dorfte ich mich dessen nicht weigern: wiewol es mich sehr krånkte / daß ich hierin meiner liebe so übel fürstehen / und derjenigen widerstehen muste / die ich in meinem herzen so hoch verehrte. Also wandte ich mich nach Elassar / und ließe den betrübten K \nig von Elam allein: welcher / den vermeinten tod seiner Indaride auf das höftigste zu rächen / entschlossen war.

Indem ich nun vor dem paß lage / und mit meiner liebe zu raht gienge / kame mir zu sinne / weil die Königin Mirina / durch Ingermans tod / ihrer ersten liebe ledig worden / und nun / wie ich geh \ret / den Prinzen von Egypten ehlichen solte: ob ich nicht ihr /das grosse reich Assyrien / neben meiner person / so angenem machen könte / als ihr iezt Ophir und der Hiarbas waren. Ich verließe mich hierbei auf die warsagung meines Chaldeers / und bildete mir für / wieviel gutes fůr das Assyrische reich hierdurch k \nte gestiftet werden. Demnach fassete ich den schluß / einen gesandten [123] an die Mirina abzuordnen. Ich fande niemanden hierzu getreuer und tůchtiger / als meinen Zameis. Diesem nun vertrauete ich heimlich diß grosse gewerbe / und hielte es sonsten geheim für allen Assyriern: welche nicht anderst gläubten / als daß ich euch / meine schwester! liebete. Also ließe ich den Zameis / eine andere ursach dieser abfårtigung fůrwendend /nach der Mirina lager abreisen.

Nächsten tags hernach ritte ich / in geringer geleitschaft / aus meinem lager / die påße zu besichtigen: da ich dan / in einem thal vor mir / eines gefechtes und scharmützels gewar wurde. Durch angestellte erkündigung erfuhre ich / daß es die meinigen wären /welche einem haufen vom feinde / der einen paß zu öffnen sich bemühet / widerstand thåten. Man sagte mir hierneben / daß der fürer des feindlichen haufens sehr dapfer föchte / und die unserige / wo sie nicht bald entsatz bekämen / zu welchen würden gezwungen werden. Ich befahle gleich dem Prinzen Sinear /ihnen mit einem haufen zu hůlfe zu kommen. Ehe aber dieser befehl ins lager gelanget / sahe ich die meinigen den kůrzern ziehen / und nach dem lager die flucht nemen. Weil mir dieses sehr nahe gienge / als rennte ich den flůchtigen entgegen / sie ůmkehren zu machen. Aber das grausame metzeln des feindes / der ihnen nachsetzete / ließe ihnen nicht zu / mir zu gehorchen. Indem sahe ich mich / nur mit zw \lfen der meinigen / von etlich hunterten ümringet / welche rieffen: Diß wäre der Prinz von Assyrien / den müsten sie fahen.

In dieser äusersten noht / wehrete ich mich mit so gutem glücke / daß ich stand halten konte / bis nicht allein der Sinear / sondern auch folgends noch andere darzukamen: die dan meinen haufen also stårkten /daß wir dem feind ůberlegen waren / und alles niedermachten / [124] auser ihrem dapfren fůrer / welcher / wegen vieler entfangener wunden / sich muste gefangen geben. Ich war begierig / diesen helden zu kennen: welcher / nach teutscher gewonheit / sein gesichte mit einer tygerhaut halb bedeckt hatte. Ich ließe ihm dieselbe abheben / und ward an ihm einer solcher schönheit ansichtig / daß wir alle davon geblendet blieben. Einer von seinen dienern / der seinen herrn nicht verlassen wollen / und bitterlich weinte / machte mich wissen / wiedaß ich den grossen Assur / den feldherrn der K \nigin Mirina / håtte gefangen bekommen / welchen man / wegen seiner sch \nheit / ingemein den sch \nen Assur nennte: und ersuchete er mich darbei gar inständig / daß ich dieses seines herrn wol pflegen lassen wolte / weil der K \nigin von Elassar sehr viel an ihm gelegen wåre. Indem dieser also redete / sahe mich der Assur an / den das viel verlorne blut fast onmåchtig machete / und sagte zu mir / mit schwacher stimme: Ich bin euer gefangener / Prinz von Assyrien! hoffe aber / ihr werdet also mit mir verfahren / wie ich würde gethan haben / wan mir das glück håtte den Baleus in die hände geliefert. Meine antwort versicherte ihn aller guten unterhaltung / und befahle ich /daß man ihn alsobald muste ins lager bringen. Als daselbst meine wundårzte wolten zu seinen wunden sehen / ließe er ihnen solches nicht zu / sondern begehrte die seinen aus der Mirina lager: die dan in kurzem ankamen / und seine wunden nicht tödlich befanden / welches mir angenem zu h \ren ware.

Indem ich noch mein glück ům diesen sieg ehrete /kame der Zameis gegen abend aus der Mirina lager zurůcke. Ich ließe ihn alsofort allein in mein zelt kommen / und vername von ihme / wie die Königin Mirina erstlich sein anbringen mit grosser aufmerkung an geh \ret / [125] auch ihn gar höflich bewirten lassen. Als aber das gerüchte im lager erschollen / wie der feldherr Assur gefärlich wåre verwundet und gefangen worden / hätte er alsobald vor sie kommen / und diesen bescheid anh \ren müssen: Sie fånde gar wenig zeichen / die sie das jenige zu gläuben bereden solten / was er ihr von seinem herrn angebracht / indem ich ihr nur alle ersinnliche feindseligkeit erwiese. Diesem nach wůste sie keine andere entschließung von sich zu geben / als diese / daß sie meine todfeind in sterben würde. Sie wolte aber ihr blut und alles daran wagen /nicht allein den Assur aus meinen händen zu erledigen / sondern auch nach Nissa ihr einen weg zu \ffnen. Ich erfuhre nachmals / daß / als die Mirina ihren vertrautesten rähten des Zameis anbringen entdecket /dieselben ihr alle gerahten / daß sie sich meiner liebe bedienen / und solche zu ihrem vorteil gebrauchen solte: daher der Zameis so wol gehalten wurde / bis des Assurs zufall allen handel wieder verderbet / und bei der Mirina diesen zorn erreget.

Ihr k \nnet nun / liebste schwester! leicht ermessen /in was betrůbnis dieser des Zameis bericht mich gesetzet. Ich ware gesonnen / den Assur / ohne einige entgeltung / ledig zu geben und der Mirina wieder zu zusenden: solches aber wurde mir / von allen meinen kriegsbedienten / widerrahten und verwehret. Als ich ihn nachmals besuchet / fande ich seine gesellschaft so angenem / als sch \n seine gestalt und als dapfer seine faust ware. Weil mir / der üble fortgang meiner liebe / viel seufzer aus dem herzen lockete / und meine gestalt verånderte: als fragte einsmals der Assur / nach der ursache meines unmuts. Ich truge kein bedenken / mich ihme zu eröffnen: allermeist weil ich wuste / daß er ůber der Mirina gemůte sehr viel vermochte. Ich merkte ihm an / daß diese meine[126] entdeckung bei ihm einige bewegung verursachte /und bliebe er lang in tiefen gedanken / bis er mir also antwortete: Ich beklage warlich den Prinzen von Assyrien / daß der seine zeit so vergeblich anwendet /und sich quälet mit einer unm \glichen liebe. Mirina ist so beståndiges gemütes / daß sie wol ihr vorhaben nie ändern wird. Wan mein raht etwas verfangen wolte / so solte der Prinz ie eher ie båsser von diesen gedanken abstehen.

Ich sagte ihm hierauf ferner / von der profezeiung des Chaldeers / wie dieselbe mir einen muht machete und mich hoffen hieße: weil dessen wissenschaft bewåret sei / und er mich fůr gewiß vertr \stet / daß eine von den beiden heldinnen mir zu teil werden / und dem reich Assyrien glück und ruhe bringen würde. Ist diese dan schon die andere heldin / (fragte hierauf der Assur / ganz begierig /) die ihr liebet? Als ich ihm solches mit nein beantwortet / sagte er ferner: Wolan dan! wer weiß / ob der Chaldeer die Mirina geneinet /und ob nicht noch eine andere heldin sei / auf die seine warsagung zielet? Welche aber k \nte dem reich Assyrien bässer die ruhe geben / (versezte ich /) als diese teutsche Prinzessin? würde nicht / durch sie /aller eingewurzelter haß zwischen Assyrien und Basan aufgehoben werden? Wie müssen nicht die deutung machen / (widerredtee der Assur /) ehe die warsagung erfüllet sei. Der Chaldeer profezeite / der Prinz Baleus müsse zwo heldinnen nacheinander lieben: nun dieses noch nicht geschehen / als ist auch die weissagung noch nicht geendet. Dergleichen gespräche / waren fast täglich unsre unterhaltung.

Eines tags kame die nachricht ein / wie daß Mirina auf einen paß / den der Eliphas von Theman besetzt hielte / einen anschlag hätte / üm durch denselben in mein lager einzubrechen. Weil aber die unsrige in vorteil [127] und bereitschaft lagen / als konte sie ihr fürnemen nicht volbringen. Dieser sieg betrübte mich höchlich / und klagte ich mein unglůckhaftes glůck dem Assur: der dan von dieser meiner lebensart oft scherzredete / und darbei sich allemal bemühete / mir die liebe gegen der Mirina aus dem sinn zu bringen. Bald hernach liefe die post ein / Hiarbas komme mit einem grossen heer / der Mirina durchzug zu bef \rdern. Demnach wurde für gut befunden / dieses Prinzen zu erwarten / und ihm eine schlacht / nahe vor unsrem lager / zu liefern. Ich zoge diesem meinem mitbuler freudig entgegen / und kame es zu einem harten gefechte.

Indem wir aber zum schärfsten am feind waren /brachte man uns die zeitung / daß Mirina einen paß eingenommen / und auf unser lager anziehe. Laristhenes / den mir der K \nig unser herrvatter von Babel mitgegeben / und ihm / als einen alten soldaten / die fürung dieses kriegs unserseits anbefolen / riete und verschuffe alsobald / daß man den kranken Assur nidermachen solte: weil an dessen person mehr / als an einen ganzen heer gelegen / und weil er versichert war / daß die Celtische soldaten / wan dieser ihr feldherr todt seyn wůrde / ferner von niemanden sich regiren lassen / und also uns in diesem krieg keinen abbruch mehr thun würden. Ich muste / diesen des Laristhenes vorschlag / offentlich gutheisen. Ich verließe aber die schlacht / und rannte mit meiner leibwacht nach dem lager / diese ermordung zu vermitteln. Ich kame eben zu rechter zeit an / da die abgeschickte schon in des Assurs gezelt eingetretten waren / ihn hinzurichten. Ich ließe ihn eiligst zu mir auf meinen wagen bringen / und sandte ihn folgends / mit dem Zameis und der hålfte meiner leibwacht / der Mirina entgegen; der mir / fůr seine freiheit und leben / tausendmal dankte.

[128] Nachdem ich dieses verrichtet / eilte ich wieder nach dem heer und zum treffen: da mir vom feind ein grosser haufe begegnete / und mich / weil ich zum widerstand viel zu schwach war / gefangen namen / und schwerlich verwundet nach des Hiarbas lager brachten. Also gewanne dieser die schlacht / und sahe nachmals die Mirina mit ihrem ganzen heer zu ihr stoßen. Weil er aber auch viel wunden entfangen / und daher dem sieg nicht nachsetzen konte: als fasseten die dapfere Prinzen / Sinear und Eliphas / den muht und die gelegenheit / in des Hiarbas lager unversehens einzubrechen / und mich wieder zu erledigen. So bekamen auch die Assyrier luft / mit guter art sich zurück zu ziehen / indem Hiarbas / so verwundt er war /die Mirina nach Nissa begleitete: welchen ort sie zu verstärken eileten / weil der König Amraphel im anzug war / denselben zu belägern. Die Prinzessin Indaride wird nun fort-erzehlen können / wie der Mirina und des Hiarbas vermeintlich angestelltes beilager in Nissa gest \ret worden.

Es drunge nun / der Prinz von Egypten / (name die Indaride das wort /) auf des Königs zusage: zumal Mirina selber sich erkläret / daß sie seine lange liebe nunmehr erkennen wolte. Weil nun nichtes mehr im weg stunde / und der krieg / da Mirina selber mit zu feld zoge / solches nicht hintern konte: als wurde mein herrvatter gen \tigt / einen tag zum beilager anzusetzen. Weil er aber viel ein anders im sinn hatte /als kame er / zween tage vorher / zu mir in meinen turn / darinn ich aufbehalten wurde; da ich meines Amraphels verlust unaufh \rlich beweinete; da ich leben muste / weil man mir / den tod zu finden / alle mittel entzogen hatte. Er bemůhete sich / mit vielen guten und b \sen worten / mich dahin zu bereden / daß ich mich / an stat der Mirina / [129] heimlich dem Hiarbas solte zu bette bringen lassen. Als er aber meine widerspänstigkeit sahe / gienge er mit diesen drohworten von mir: daß ich / es geschähe mit willen oder unwillen / dannoch dieses sein begehren wůrde volbringen müssen. Man hatte mir / zur aufwartung / niemanden als einen alten torhůter gelassen / dessen erkanter treue der König dieses geheimnis von meiner aufbewarung anvertrauet. Dieser nun ließe eine kleine tochter bei mir ab- und zu gehen / von der er nicht befahrete / daß sie etwas / so dem König zuwider / solte verrichten können. Dieses mågdlein zoge ich nach und nach an mich / also daß sie alles thäte / was ich an sie begehrte. Dieser nun gabe ich ein schreiben /solches der Simede zu ůberliefern / und hatte ich darinn der Mirina dieses inhalts geschrieben.

Schreiben der Prinzessin Indaride / an die Königin Mirina.

Wann einige freude in meinem gemüte stat finden könte / so solte es diese seyn / daß der edle Prinz von Egypten der Königin von Elassar herz endlich gewonnen. Aber ich beklage / daß ich noch leben muß / üm dieser keuschen verbindung hinterlich zu seyn: massen man gewillt ist / mich dem Hiarbas / als wan es Mirina wäre / aus dem turn / darinn ich iezt gefangen lige / in das ehebette zu bringen. E. Maj. verwahren diesen betrug / und gläuben von mir / daß ich / nach dem verlust meines getreuen Amraphels / nichtes als den tod verlange.

Indaride.


Simede brachte ihrer K \nigin diese zeilen: welche[130] so sehr bestůrzte / mich noch-lebend zu erfahren / als nahe es ihr gienge / daß der K \nig sie dergestalt teuschen wollen. Ihr eifer hierüber war so groß / daß sie gleich in der ersten wut / dem Assur befahle / ihre völker / welche vor Nissa lagen / nach Elassar abzufůren. Mir ließe sie nichtes zurück entbieten / sondern ritte zur stadt hinaus: mit vorwand / daß sie ihre v \lker besehen wolte. Als Hiarbas ihr das geleit gabe / und an ihr eine sonderbare änderung beobachtete /hatte er nicht sobald ům dessen ursache gefraget / da ware sie mit der antwort färtig / und ihme mein schreiben zeigend / sagte sie: Was důnket euch / Prinz von Egypten! was ist mir zu thun / auf solche nachricht? Hiarbas erstummete / als er meine zeilen lase: und über dem / daß ich noch lebte / einige freude erweisend / machte er die Mirina eifern / weil sie vermeinte / er freue sich mehr ůber mir / als er solte.

Wie er in seinem stillschweigen verharrete / sahe sie ihn gar scharf an / und fuhre also fort: Müsset ihr nicht gestehen / daß ich ursach habe / mich zu rächen? Ehmals in Basan / habt ihr zwar euren beistand mir versaget / als ich des Suevus tod von euch forderte: woltet ihr dan nun auch den undankbaren Jaziz leben lassen / wan ich euch durch unsre liebe darzu beschwöre / mich und euch an ihm zu råchen? Ach grosse K \nigin! (gabe Hiarbas zur antwort /) darf ich dan auch demjenigen / der mir kron und thron anbietet /nach dem leben trachten? Ich habe genug! fiele Mirina ihm in die rede. Geht / geht / verräter! und gläubet mir / daß ihr mich forthin nicht mehr betriegen sollet. Hiermit rennte sie davon / und ließe ihn allein zurücke. Und wiewol er nachmals bei ihr sich wieder eins \nen und ihr seine liebe beteuren wolte / konte er doch kein gehör erlangen: dargegen muste er ansehen / wie Mirina [131] ihre völker aufbrechen und von Nissa hinweggehen ließe.

Sie hatte / auf einem hügel / diesen abzug angeschauet / und / da die lezten ihres heers schon aus dem gesicht entfernet waren / nur etliche von ihren fůrnemsten kriegsbedienten bei sich behalten / mit denen sie dem heer nachzufolgen gesonnen ware. Indem aber kame unversehens / ein grosser haufe wolbewehrter reuter / aus dem nåchsten busch herfür: welche augenblicklich die Mirina ümringten / und /ungeacht ihres dapfren widerstandes / sie in das holz gefangen entfüreten. Der verzweiflete Hiarbas / so ihr aus den augen reiten müssen / und vor der stadt mit seinem waffenträger ümher wallete / vername nicht sobald / was seiner Königin begegnete / da vergaße er ihres befehls / und folgte den räubern sporenstreichs nach / die er auch endlich im wald einholete. Etliche von ihnen / als sie warnamen / daß ihnen zwo einzele personen nachfolgeten / vermeldeten solches ihrem fůrer: der schickte / bei zwanzig der seinen / dem Hiarbas entgegen / die ihn und seinen waffenträger also zurichteten / daß sie / wiewol auch ihrer etliche todt blieben / dieselben fůr todt ligen ließen. Sie lagen beide also in der onmacht / bis gegen nacht: da ihr gutes geschicke etliche hirten auf denselben weg fürete / von welchen sie in die hütten gebracht / und folgends so wol verpfleget wurden / daß sie von ihren wunden wieder genasen und gesund wurden.

Weil Hiarbas / in so verwirrtem zustande / sich niemanden entdeckte / als erfuhre der K \nig / mein herrvatter / nichtes hiervon. Ihn befr \mdete aber /dessen abwesenheit / und der Mirina abzug. Ihm ahnete zwar / sie möchte erfahren haben / wie er sie betriegen wollen. Er konte aber nicht aussinnen / wer ihn müste verrahten [132] haben: weil er sein vorhaben niemanden / als mir / entdecket hatte. So hielte er auch mich viel zu wol versperret / als daß er auf mich hätte argwänen sollen. Welchergestalt ich aber / ungeacht seiner genauen aufsicht / gift in mein gemach bekommen / wie der König Amraphel vor Nissa die schlacht gewonnen / wie mir mein vatter selber des Königs von Elam leben entdecket / wie er folgends den unglůckseeligen trunk gethan / der ihm das leben name /und mich in den schändlichen ruff einer vatterm \rderin gebracht: solches ist meiner schönen K \nigin vorhin zur gnüge bekant. Und weil die schmerzliche erinnerung dieser geschichte mich nicht fortreden lässet: als bitte ich üm erlaubnis / hiervon schweigen zu dörfen.

Hiermit verstummete die betrůbte Indaride / und konte ihren threnenbach nicht långer aufhalten / der sich mildiglich ůber ihre schöne wangen ergosse. Nachdem hierauf / auch die Delbois und der Baleus /eine weile geschwiegen hatten / sagte endlich die sch \ne K \nigin von Ninive zu dem Prinzen: Nun wird noch übrig seyn / daß ihr mir saget / wo man mit der entfüreten Mirina hingekommen / und wie ihr von eurer häftigen liebe habt ablassen können. Und ich (thåte die Prinzessin hinzu /) verlange zu vernemen /was ich mir nicht ausdenken kan / nåmlich / womit die Mirina dem Prinzen von Assyrien ursach gegeben / ihrer zu vergessen.

Ich wil / euer beider verlangen zu vergnügen (sagte Baleus /) zu erst sagen / daß Sineab derjenige gewesen / der vor Nissa die Mirina entfůret. Dieser hatte /nachdem er das land Elassar verloren / sich iederzeit heimlich im land Ophir aufgehalten / und dahin getrachtet / wie er sein boshaftiges fürnemen an der Mirina volstrecken m \chte. Es glůckte ihm auch dißmal /gleichwie zuvor [133] in Celten: daß er also / der Mirina bediente / durch bestechung / auf seine seite gewinnend / diese gelegenheit / ihrer habhaft zu werden /abgesehen und ergrieffen. Er eilte mit ihr nach einer h \le / die im gebirge / etliche tagreisen von Nissa /gelegen / und ihme / seither er sich also verbergen müssen / zur wonung gedienet. Er ware kaum daselbst mit diesem seinem raub angelanget / da muste es sich fügen / daß ich eben mit meinen völkern in selbige gegend kame. Wie ich nun / des landes gelegenheit zu wissen / kundschafter ausgesendet / brachten sie mir eines tags die zeitung / wie der Mirina v \lker nach Elassar zurücke giengen / sie selbst aber / diese K \nigin / unversehens wäre entfüret worden. Sie sagten auch /wie sie / nicht weit von uns / im gebirge / etliche frauen ersehen / welche man / wie es schiene / mit gewalt in eine h \le gezerret.

Meine liebe / ließe mir nicht zu / lang nachzudenken / was ich thun solte / sondern hieße mich des wegs hinziehen / wo meine leute die h \le gefunden hatten. Ich fande daselbst / was ich gesuchet / nämlich die Mirina: welche gegen dreissig oder vierzig mann /die / sie zu binden / bemühet waren / mit unbeschreiblicher dapferkeit fochte / und mit einem schwerd / das ihr in die faust gerahten / dermassen üm sich schluge /daß der todten und verwundten die månge für ihren füssen lagen. Ihr fürer ware der Sineab / welcher sie immer mit worten anfrischete und ermannete / ein wildes weib zu bändigen. Ich seumte nicht / dieser bedrängten heldin beizuspringen: da sie dan alsofort /durch meine hůlfe / aus dieser noht errettet worden. Der verzweifelte Sineab / wolte ihm selber einen dolch ins herze stossen: weil er sahe / daß er der Mirina nicht entgehen konte. Sie risse ihm aber das eisen aus der hand / und sich erinnerend / wie [134] hoch er sie beleidigt und betrübet / fassete sie ihn oben bei den haaren / und ganz freudig aussehend / rieffe sie: Nun erkenne ich / daß der himmel gerecht ist / und nichts ungestrafft låsset; der mir iezt verg \nnet / meinem liebsten Ingerman diesen böswicht aufzuopfern / welcher seine unwürdige hände in so edlen blut waschen dörfen. Solches sagend / stieße sie dem Sineab den dolch in den leib: welcher also / fůr alle seine übelthaten / noch eines gar zu guten todes gestorben.

Hierauf wandte sie sich zu mir / und dankete höchlich / fůr diese ihr-erwiesene hůlfe: zugleich aus dieser mordgruben hervortrettend. Im nächsten dorf / da wir abtratten / erzehlte sie mir alles / wie es ihr in Nissa ergangen / wie sie nicht mehr der Assyrier und Elamiten feind sei / wie der Jaziz und Hiarbas sie betrogen /und wie sie / forthin keinem menschen mehr zu trauen / soviel ursachen bekommen. Einen mitbuler in ungnade zu wissen / das muste mir ja wol gefallen: aber der Mirina angehångte entschliessung / konte mir wol diese freude måssigen. Ich befande es unzeitig und nicht schicklich / damals von meiner liebe zu reden: und bote ihr allein meine dienste an / als sie begehrte / ich solte sie nach Elassar / oder zu ihrem heer begleiten lassen. Weil ich mein heer nicht verlassen /und daher selber sie nicht begleiten dorfte / als gabe ich ihr den Zameis / samt einer guten anzal meiner soldaten / zu gefärten: schiede also von ihr mit der grossen hoffnung / daß ich / durch diesen dienst /mich bei ihr in gunst gesetzet / und nun wol niemand einigen vorzug vor mir haben würde.

Ich wil mich nit lang aufhalten / bei dem Ophirischen krieg / und wie endlich beider Könige tod den frieden geboren. Ich wil nur vermelden / wie es mir in Elassar ergangen / dahin ich / nach geendigtem kriege / [135] mich mit den Assyriern gewendet hatte. Die schein-ursache dieser reise war / daß ich / vor wieder-abfůrung der völker nach Babel / mit der Königin Mirina v \lligen frieden schliessen wolte / damit Assyrien ihret wegen auf kůnftig der ruhe versichert seyn möchte. Alle meine Assyrische kriegsbediente / beståtigten dieses fůr nůtzlich: da dan ich hierunter auch meiner liebe rahten / und der glůckseeligkeit geniessen konte / meine Königin zu bedienen. Ich entfienge zwar von derselben alle ersinnliche h \flichkeit / fande sie aber so fr \md fůr meine liebe / daß ich gen \tiget wurde / zu der Simede und dem feldherrn Assur meine zuflucht zu nemen / und bei ihnen hülfe zu suchen.

Der Assur / so in sonderbarer freundschaft mit mir lebte / üm daß ich ihme vorher das leben errettet / gebrauchte sich aller beredungsgründe / mir diese liebe aus dem sinn zu heben: worinn dan die Simede ihm zustimmete. Als ich eines tags bei dieser mich befande / und ihr hart deswegen anlage / vertraute sie mir /wiedaß ihre Königin / nicht allein ihr herze / sondern auch / ihren leib / einem andern zugeeignet hätte: weswegen sie mir treulich riete / meine gedanken fahren zu lassen. Ich konte solches unm \glich gläuben /und wandte gegen der Simede ein / wiedaß sie solches / mich abzuschrecken / bloß erdichtet habe. Als ich ihr solches etliche tage nacheinander fürruckete /wurde sie endlich aus ungedult bewogen / daß sie sich anheisig machete / mir dessen / was sie geredet / einen augenschein zu zeigen. Zu solchem ende / beschiede sie mich gegen der nacht in ihr zimmer: von dar sie mich in der Königin schlaffkammer füren / und meinen unglauben mit der warheit ůberweisen wolte.

Ich ließe mir solches wol gefallen / und voll unruhiger [136] begierde / das nicht zu finden / was ich suchete /stellte ich mich an dem bestimten ort ein: alda / nach kurzem warten / die Simede ankame / und mich / ihr in aller stille zu folgen / ermanete. Ich thäte solches mit zittern / und fande / wie wir in das vorgemach kamen / nicht allein der Mirina abgelegte kleider /sondern auch nahe darbei des Assurs völlige kleidung / auf einem sessel ligen. Ich wůnschete / aus entsetzung / blind zu seyn / so sehr erschracke ich hierüber. Aber ich war bestimmet / noch ein mehrers zu sehen. Dan / als die Simede mich fürter in der Mirina kammer fůrete / funde ich diese K \nigin und den Assur in einem bette nebeneinander schlaffen. Der Assur erschiene so schön in dieser schlaffenden gestalt / daß ich gegen ihme mehr liebe als eifersucht entfunden. Wie ich nun alles wol betrachtet hatte / fůrete mich die Simede wieder von dannen / und fragte mich / als wir in ihr zimmer zurůcke gelanget / ob ich ihr nun gläuben k \nte? Sie muste mir diese frage etliche mal wiederholen / ehe sie von mir eine antwort bekame. Als ich endlich / ganz betrübt / ihr gestanden / daß ich nun ihren worten nur allzuviel gläubete / begabe ich mich nach meiner herberge / und verbrachte die ůbrige nacht in h \chster unruhe: weil ich mich noch nicht überwinden konte / die Mirina zu verlassen.

Wie nun iederman an mir eine grosse verånderung spürete / also ware Assur nicht der lezte / der meine traurigkeit mir angemerket. Diß gabe ihm ursache /mich zu befragen: Ob etwan seine beredungen bei mir hätten stat gefunden / daß ich / mein eigen bästes beobachtend / von der liebe gegen der Mirina abstehen wolte / und deswegen / mit mir selbstreitend / in heimlicher unruh lebte? Ihr werdet es fast errahten haben / (gabe ich ihm zur antwort /) und ist freilich der schluß bei mir fåst gestellet / [137] die Mirina nicht mehr zu lieben; wiewol es / mit dessen erfüllung /schwer zugehet. Diese antwort machete den Assur ganz freudig / wie ich abmerken konte / und schiene es / als ob er mir viel sagen wolte: wiewol er damit wieder zurück zoge / und sich nicht gegen mir herausließe.

Weil ich / von der zeit an / mit ihme kaltsinniger ümgienge / als begunte auch er sich meiner zu åusern. Wie die Simede / die üm unsere vorige verträulichkeit gewust / solches in acht name / fragte sie mich gar sorgfältig: ob ich etwan gegen ihme mich dessen vermerken lassen / was sie mir vertrauet? Ich versicherte sie / daß niemand / auser uns beiden / wan sie es wie ich verhelet / hiervon wissen würde. Als wir unsere unterredung fortsetzeten / bezeugte sie ihre sonderbare freundschaft / so sie zu mir trüge / und wůnschete / daß ich / an stat dieser ůbel-angewendten liebe /anderwert ein bässers glück finden möchte. Ich kenne auch (sezte sie hinzu /) eine schöne Prinzessin / die der Mirina an dapferkeit gleich ist / aber an schönheit ihr weit fůrgehet: welche ich dem Prinzen von Assyrien wol gönnen m \chte. Als sie mir hiervon zum öftern fürsagte / und selbige Prinzessin also beschriebe /daß sie den Assur gliche: erweckete sie in mir eine begierde / deren ansichtig zu werden. Diß mein verlangen zu erfüllen / berichtete sie mich / wiedaß die Königin / in wenig tagen / ein grosses fest / nach Celtischer gewonheit / der heiligen Jungfrauen (worunter sie die Egyptische Isis verstehen /) zu ehren / feiren /und darbei auch diese Prinzessin sich einfinden wůrde: da wolte sie mich / mit hülfe der Aurinien /(sind der Teutschen heilige weiber /) in den wald bringen / da das fest gehalten wurde / daß niemand etwas davon solte innen werden.

Ich ließe / diesen vorschlag / mir wolgefallen / und / [138] als der abend von dem Isis-fest angekommen / durch die Aurinien mich hinter eine hecke verstecken / da ich alles mit ansehen konte. Die Mirina stellte sich daselbst ein / mit ihrem gesamten frauenzimmer. Ich war begierig / die schöne Prinzessin zu sehen: und wurde gewar / daß sie der K \nigin zur seite gienge. Ich fande an ihr alles / was mir die Simede von ihr gesaget / und ihre gleichheit mit dem Assur: auser / daß ihr haar und freies angesicht / neben der statlichen kleidung / ihrer sch \nheit einen sonderbaren glanz beilegte / den der Assur in seiner wilden Celten tracht nicht hatte. Ich muß wol bekennen / daß ich / auser den zweien sch \nheiten / mit denen ich iezt rede /ihres gleichen wenig gefunden. Es kame mir \fters in den sinn / ob etwan diese die zweite heldin seyn m \chte / von welcher der Chaldeer mir geweissaget /daß ich sie lieben würde. Ich verließe ihr kein aug /solang die opfere wåreten / und ward unmütig / als ich sie endlich sahe von dannen scheiden.

Ich bekennte nachgehends der Simede / daß mich die schönheit dieser Prinzessin v \llig vergnügt hätte. So sehr ich ihr aber anlage / mir deren namen und stand zu benennen / so konte ich sie doch hierzu nicht bereden. Ich fande / diese schönheit / nachmals nicht mehr am hofe: h \rete auch von keinem menschen /daß eine frömde Prinzessin wäre zugegen gewesen. Ich bate die Simede / daß sie die glückseeligkeit dieser augenlust mir nur noch einmal verschaffen wolte: aber vergebens. Ich geriete endlich in den argwan /der Assur můste sich also verkleidet haben / ům der Mirina / als die fast keine stunde ohne ihn seyn konte / auch bei diesem frauen-gottesdienste beiwonen zu dörfen: welches die Simede / mich zu betriegen / fůr mir also verborgen hielte. Und solches zu gläuben /bewegte mich fürnemlich / daß ich aus dem [139] gestirn ersehen hatte / wie ich / in meiner liebe / durch eine betrügliche tracht würde geteuschet werden.

Ich zoge endlich / mit diesen gedanken / von Susan hinweg / als die friedenspuncten / so nach Babel / zur bestätigung / waren übersendet worden / zurücke kamen. Die Mirina betrurete mir hoch / beim abschiede / daß sie ihren verstorbenen Ingerman ewig betrauren / und niemals an einige heurat mehr gedenken wolte / nun der Prinz von Egypten / der sie einmal diesen gefassten schluß åndern gemacht / sie also betrogen hätte. Sie versicherte mich hierbei ihrer hochachtung und wol gewogenheit / und ließe solche zeichen einer keuschen tugendhaften Prinzessin von sich scheinen: daß ich mich nicht genug verwundern konte / wie es doch m \glich wäre / sich also vorstellen zu k \nnen. Also schiede ich / was die Mirina belanget /ganz frei aus Elassar: Aber dem unbekanten ebenbilde des Assurs / hinterließe ich mein halbes herze. Endlich habe ich / alhier in Damasco / eure Aramena zu sehen bekommen: die mich / durch ihre dapferes und holdseeliges wesen / dermassen eingenommen / daß ich sie mit håftiger liebe bis ietzo verfolgen müssen.

Ich bitte euch aber / liebste schwester! und euch /wehrtiste Prinzessin! ihr wollet euch fürstellen / wie mir můsse zu muht worden seyn / als ich diese Aramena in einem gefechte fande / und zwar gegen einen widersacher / den ich anfangs fůr meinen alten freund / den Assur / aber nachmals für die sch \ne fr \mde erkante / die ich in Elassar beim opfer gesehen? Ich fülete gleich / voll h \chster verwunderung / mehr als ein schlechtes erbarmen / über den elenden zustand dieser beiden sch \nen / und spürete mein herz geteilet: also daß ich / so wenig die Aramena / als diese fr \mde /verlassen konte. Ich ward aber / an [140] beiden otten / mit grosser kaltsinnigkeit / am grausamsten aber von der unbekanten / entfangen / welche / wie schwach sie auch ware / dannoch mit grasser stimme zu mir sagte: Gehe von mir / du undankbarer! und wisse / daß mir /nicht der wille / sondern das vermögen manglet / mich an dir und deiner nichtswürdigen Aramena zu rächen. Ich konte / worinn ich gegen ihr undankbar gewesen und ihre rache verdienet / so wenig / als die ursache ihres eifers gegen Aramena / begreifen.

Als ich / ganz bestürzet / von ihr ab und zu der fast-sterbenden Aramena gegangen / wurde mir bald angesagt / die frömde wåre auf einen wagen gebracht und hinweggefüret worden. Weil mir unmöglich fiele / ihrentwegen in solcher ungewißheit zu leben / als jagete ich ihr nach mit etlichen meinen bedienten. Weil wir im dicken geh \lze / bei sovielen abwegen / die strasse / so sie genommen / nicht gleich finden konten: als ersahe ich / erst mit anbrechender nacht /ihren wagen / von vielen pferden ůmgeben / in einer ebene vor mir hin und einem wol-erbauten schloße zufahren / von welchem einer meiner leute mir sagte /daß es dem Syrischen Fůrsten Rames von Jedlaph zustünde. Weil dieser Fůrst / der die seite der Canaaniter hält und unlangst aus Damasco entwichen /unser feind ist: als stunde ich an / was ich beginnen solte. Offentlich mich kund zu geben / ehe ich / ob auf diesem schloß freunde oder feinde lågen / und wie stark der feind seyn m \chte / nachricht einbringen lassen / fiele mir bedenklich: darbei aber unerträglich /meine sch \ne nicht anzusprechen. Ich muste mich aber in gedult fassen / und erstlich den Zameis / der sich hierzu anerbote / üm kundschaft abschicken.

Die nacht über / bliebe ich verborgen bei etlichen fischern / die am fluß Amana kleine hütten bewonen:[141] welche mich nicht erkanten / aber mich nach vermögen sehr gütlich bewirteten. Es ist unbeschreiblich /was ich selbige nacht alles ausstunde: da mich / sowol nach dieser unbekanten / als nach der hinterlassenen Aramena / verlangte. Weil ich sie beide tödlich verwundet verlassen / als entfunde ich auch nichts als tödliche angst / und sorgte schmerzlich für alle beide: zugleich mir fürbildend / wie schwer es mir ankommen würde / forthin zwey zugleich zu lieben. Des andern tags / wartete ich vergeblich auf des Zameis widerkunft. Und weil er solang verzoge / als triebe mich die ungedult aus der fischerhůtte / und machte mich ganz allein dem schlosse zu spaziren. In gedanken vertieffet / geriete ich gar bis an die mauren: alda ich mich auf einen stein niedersezte / und von einer stunde zur andern hoffete / ob ich den Zameis in die augen bringen m \chte.

Endlich \ffnete sich / nahe bei mir / eine kleine pforte / aus welcher zwei ansehliche Männer hervortratten: die waren mit tygerhåuten bedecket / auch sonst also bekleidet / daß ich sie für Teutsche halten muste. Indem sie allgemach vor mir über giengen /bliebe ich sitzen und hatte einen mantel vor das gesicht geschlagen / da ich dann h \rte / daß der eine sagte: Wir entweichen billig / weil der K \nig und der Fůrst im garten allein miteinander zu sprechen / verlangen. Ihre unterredung (sagte der andere /) war so håftig / daß sie unser nicht gewar wurden: und h \rte ich wol / daß der inhalt ihres gespråchs unsere Prinzessin angehe. Hiermit waren sie nun so weit von mir / daß ich von ihren reden nichts mehr vernemen konte. Mein fürwitz aber triebe mich auf von meiner stelle /und nötigte mich / ihnen sachte nachzufolgen. Als ich sie erreichet / h \rte ich den einen also reden: Ich kan nicht ergründen / warüm der K \nig [142] so verborgen seyn wil / und auser unsrem Fůrsten und uns beiden / niemand wissen muß / daß er hier bei der Prinzessin sich befindet. Grosser herren geheimnisen / (antwortete der andere /) muß man nicht zu genau nachfragen: sonst würde ich wol auch so begierig seyn / nachzuforschen / wie unsere Prinzessin in diesẽ zustand / darinn sie iezt schwebet / müsse gerahten seyn. Nachdem sie hierauf eine weile geschwiegen / namen sie ihren spazirweg wieder zurücke: da sie mich dan ersahen / und mich für einen frömden haltend / mich unangesprochen fortgehen ließen. Auser verdacht zu bleiben /dorfte ich nicht zum andern mal ihme nachfolgen: wiewol meine begierde sehr groß war / auch die nennung des K \nigs und der Prinzessin / in mir / eine eifersucht gegen jenem / und ein verlangen nach dieser /geboren hatte.

Als ich den ganzen tag / sonder ein mehrers zu erfahren / daselbst zugebracht hatte / gienge ich mit dem abend wieder nach der hůtte / und verbrachte die nacht mit so unruhigen gedanken / daß das aug des himmels eher aufgienge / ehe ich meine augen schliessen k \nnen. Ich gienge am morgen wieder dahin / und hatte dißmal mehr glück / als zuvor: weil / nach wenig stunden / mein Zameis vom schloß herunter kame. Er wurde über meiner künheit nicht wenig bestürzt / als er mich erkennet / und bate / daß ich eilends mit ihm nach der fischerhůtte gehen / und alda von ihm / was er ausgerichtet / vernemen wolte.

Wie wir nun daselbst angelanget / erzehlte er mir /was massen er / als er vor das schloß gekommen /sich einer jungfrauen erinnert / die er an der Mirina hof ehmals in Elassar gekant und geliebet / und es fůr müglich erachtet / daß selbige bei dieser frömden Prinzessin / welche auch daselbst gewesen / sich befinden m \chte. [143] Weil er nun hierdurch sich in das schloß zu bringen verhoffete / als vermeldete er der wacht am thor / es sei einer vorhanden / welcher die jungfrau Marpeis / die bei der Prinzessin sich befinden würde / in wichtigen sachen anzusprechen håtte. Es erfolgte gleich der gewünschte bescheid / daß die Marpeis seiner wartete / und er zu ihr hinauf kommen solte. Als ihm nun dieser erste anschlag geglücket /erkundigte er sich bei dieser seiner alten freundin /wer ihre Prinzessin wåre / und was sie / zu solcher frömden verbitterung gegen mich und die Aramena /bewogen hätte? Sie wolte ihm aber hiervon nichtes entdecken / ihre treu und verschwiegenheit fürschůtzend / die sie ihrer Prinzessin geschworen håtte. Doch endlich / wie er sie meiner liebe zu ihrer Prinzessin teuer versichert / liesse sie sich bereden / ihm zu versprechen / daß sie mich heimlich zu ihrer Prinzessin bringen wolte: da ich dan vielleicht selber von ihr erfahren wůrde / was sie nicht aussagen dörfte.

Wie sehr mich dieser des Zameis bericht erfreuet /kan ich euch / liebste schwester! nicht beschreiben. Als ich ihn ferner fragte / was fůr leute auf dem schloß wären / und ob er von keinem anwesenden K \nig geh \ret? sagte er mir / es wäre ihm anders nichts wissend / als daß für wenig tagen teutsche völker aus Basan daselbst angelanget / die der fürst Suevus fürete / und die die Prinzessin / wie es schiene /nach Basan abholen solten. Der abend / so von der Marpeis hierzu bestimmet worden / hatte kaum sich eingefunden / da waren wir schon vor dem thor: welches uns die wacht willig \ffnete / weil die dame hinab sagen lassen / daß man uns / als ihre bekanten /nicht aufhalten solte. Einer von ihren dienern fůrete uns in ein gemach / darinn diese jungfrau stunde und mich entfienge / sagend: Weil sie ehmals mich zu[144] Susan gesehen / und viele wolthaten von mir genossen / als hätte sie mir hierinn ganz gern wilfaret / mir gehör bei ihrer Prinzessin zu erlangen. Zuvor aber verlange sie / daß ich ihr in vertrauen sagen möchte /ob ich die Aramena noch liebte / oder ob ich dieselbe / gegen ihrer Prinzessin / zu verlassen / gesonnen wäre? dann Zameis hätte sie versichert / daß ich die Prinzessin liebte. Ich funde mich / bei dieser frage / so betretten / daß ich nicht wuste / was ich antworten solte. Nachdem ich ihr aber fůr diese gunst / daß sie mir / die Prinzessin zu sehen / bef \rderlich seyn wollen / gedanket / sagte ich endlich: Ich suchete fůrnemlich / der Prinzessin den unverdienten zorn / den sie gegen mir bei lezter begebnis blicken lassen / auszureden / und zugleich zu vernemen / was ihren grimm wider die Aramena verursache.

Der Prinz (unterredte Marpeis /) antwortet nicht auf meine frage. Man wil hier wissen / ob noch einige liebe gegen der Aramena vorhanden sei. Daß ich diese heldin geliebet / (versezte ich / ganz verwirret /) kan ich nicht leugnen. Daß mich aber auch der unvergleichliche wunderglanz der sch \nen unbekanten Prinzessin / in Elassar beim opfer geblendet / und jůngsthin bei der begegnis im walde von neuem entzündet habe / muß ich gleichfalls bekennen. Stellet dan der Prinz / (fragte Marpeis ferner /) die Prinzessin und die Aramena / in gleichen grad / und hält eine so hoch / als die andere? Ich bin ihrer beider diener: (gabe ich zur antwort /) erkenne aber wol den unterscheid / daß die schönheit der Prinzessin es der Aramena weit zuvor thue. Wünschet aber der Prinz auch meiner Prinzessin gegenliebe? fuhre sie fort zu fragen. Ach gůtige Marpeis! (antwortete ich seufzend /) worzu dienet die beantwortung dieser frage? Zameis hat euch ja eröffnet / mein unbeschreibliches [145] verlangen / eure wunderschöne Prinzessin zu sehen: urteilet nun selber daraus / ob ich nicht liebe. Der Prinz wil sie aber nur sehen / (widerredte sie /) ům / die Aramena bei ihr zu entschůldigen. Das bin ich gewillet (widerholte ich /) und kan nicht ruhen / bis ich für mich und sie gnade erlangt habe bei dieser erzürnten Prinzessin / die wir beide in warheit unwissend beleidigt haben.

Hiermit öffnete sich unversehens ein fürhang / nahe hinter der Marpeis / den ich zuvor nicht in acht genommen hatte / von dar die Prinzessin / welche / zu bette ligend / unser gespräche alles mit angehöret / zu mir rieffe: Gehe / unerkentlicher Prinz! aus meinen augen / und hoffe nimmmehr einige gnade. Ich habe in Elassar dich geliebet / weil ich in dir ein königliches gemüte vermutet. Nun ich dich aber so leichtsinnig befinde / daß du / ganz und gar deines standes vergessend / bis zu einer nichtswürdigen Aramena dich herunter lassen k \nnen / mich noch in bedenken ziehest / sie meinethalber zu verlassen: so wisse / daß ich dein und aller Assyrier todfeindin sterben wil /und daß Mirina sich nicht also an Elassar sol gerochen haben / als wie ich mich an Assyrien zu rächen gedenke. Ich / solche harte worte aus einem so zarten munde vernemend / wurde von leid und freude zugleich überfallen / die mich ganz erstaunen macheten. Als endlich ihre sch \nheit mich triebe / ihrem bette zu nähern / und daselbsten auf den kniehen sie zu bitten /daß sie ihren zorn wolte schwinden lassen: name die Marpeis mich beim arm / und fürete mich mit gewalt aus dem gemach / welches sie alsobald hinter mir verschlosse / nachdem sie uns vermanet / daß wir uns ja eiligst hinweg machen solten.

Ich und der Zameis wurden so bestürzt über dieser[146] begegnis / daß wir / aus dem schloß und nach unserer hůtte gehend / kein wort gegeinander verloren. Dan /weil er die Marpeis liebte / als hegete er zweifachen verdruß / daß diese unterredung so ůbel abgelaufen. Nachdem wir in der hůtte wieder angelanget / überlegte ich diß mein verhängnis recht bei mir / und befande meine abenteur so fr \md / daß ich mich ganz nicht darein finden konte. Ich war / ohne mein wissen / von einer grossen Prinzessin geliebet worden / die mich nun hassete / weil ich die Aramena liebte. Ich fülete mich nun dermassen von ihrer verwundersamen schönheit getroffen / daß ich vielleicht nie so verliebt mag gewesen seyn / als ich mich in diese erzürnte unbekante befunden. Zameis bemůhete sich sehr / mich zu tr \sten. Und als er sahe / daß ich gern frieden mit dieser schönen gemacht hätte / gab er mir den raht /ich solte der Aramena vergessen / und solches alsofort der Prinzessin zu wissen thun / sie damit wieder auszus \nen.

Weil ich vermuten konte / daß diese sch \ne teutschen geschlechtes ware / und weil ich wuste / wie eine dapfere heldin sie ware: als machte ich mir die gedanken / sie würde zweifels frei die jenige seyn /die mir der Chaldeer bestimmet hat. Die stäts-erwiesene kaltsinnigkeit hiesiger Aramena / und die sch \nheit dieser unbekanten / die aus liebe gegen mir / und aus eifersucht gegen ihr / diesen streit begonnen / die mich allein darüm hassete / weil sie vermeinte /daß ich sie nicht genug liebte / bewegten mich / des Zameis raht anzunemen. Demnach fande ich ihn / folgenden morgens gar früh / wieder nach dem schlosse /daß er der Marpeis meinen schluß er \ffnen solte. Er konte aber weder hinein-noch vor-kommen / und brachte mir die traurige zeitung zurůcke / daß er sich ganz ümsonst bemühet hätte. Ich ward hierüber so [147] ungedultig / daß ich selber mit dem Zameis nach dem schloß gienge. Als wir an das thor gekommen / begegnete uns der pf \rtner / mit der nachricht / wiedaß in voriger nacht alle frömde hinweggezogen / und niemand mehr auf dem haus wåre / als der hausvogt des Fürsten von Jedlaph / dem dieses schloß zukäme.

Alle meine hoffnung zerfiele mir / durch diesen bericht. Ich ließe den hausvogt zu mir kommen / vermeinend ein und anders von ihme zu erfahren. Es war aber alles umsonst / und konte oder wolte selbiger mir nicht sagen / mit seiner unwissenheit sich entschüldigend / wer die Prinzessin und die andere gewesen /die er bewittet / und wohin sie ihren weg genommen hätten. Weil ich mich ihme nicht nennen dorfte / als konte ich das ansehen meines standes gebrauchen /eine andere erklårung aus ihm zu bringen. Als er auch merkte / daß wir Assyrer wåren / wolte er uns in das schloß nicht einlassen. Demnach bliebe für mich nichtes ůbrig / als hieher ohne hoffnung wiederzukehren. Auf dem rückweg / begegnete mir der Opharteus / mit seinem kriegshaufen: der von hier / mich zu suchen /abgeschicket / mir / wegen meines ausernseyens / euer aller sorgfalt bezeugte / und also mich wieder hieher begleitet.

Erkennet nun / liebste schwester! wie es mir ergehet. Ich liebe eine schöne und grosse Prinzessin / die ich nicht recht kenne / wer und von wannen sie sei /und wohin sie sich verwandelt habe. Ich verlasse ům ihrent willen die Aramena / ům deren willen sie mir ihre gunst entzogen. Um sie verschmachte ich in liebes-angst / und muß doch sorgen / daß ihr verbittertes gemůte nur auf lauter rache wider mich / und nicht auf meine ruhe gedenke. Ich kan auch nicht zu frieden leben / ich habe sie dan wieder gesehen / und sei mit ihr ausges \net. Demnach bin [148] ich gesinnet / (welches ich zwar niemanden / als der sch \nen Königin von Ninive und der Prinzessin von Ophir vertraue /) heimlich eine reise nach Basan zu thun / und meine Prinzessin daselbst zu suchen: nicht zweiflend / daß ich alda etwas von ihr erfahren werde. Und weil mich niemand am selbigen hof kennet / als werde ich üm soviel leichter zu meinem ziel gelangen k \nnen: zumal wan der Prinz Cimber mir hierinn beistehen wolte /welchem / als einem Teutschen / diese Prinzessin nicht unbekant seyn kan. Und in dieser hoffnung werde ich gestärket / weil ich verneme / daß er /gleich nach mir / dieser Prinzessin im holze gefolget: massen er sich allhier noch nicht wieder eingefunden /und wird nach seiner wiederkunft mich höchlich verlangen.


* * *


Hiermit endete / der verliebte Prinz / diese Geschichterzehlung; für welche die K \nigin / ihme und der Indaride / schönen dank sagete / und ferner gegen dem Prinzen also redete: Es schmerzet mich nicht /daß es meiner Aramena / wie der Eldane / ergehet; weil ich bei ihr wenig anzeig gefunden / daß sie ehrsüchtig gewesen wäre / den Assyrischen thron zu besteigen. Daß aber euch / eine so häftige liebe gegen dieser unbekanten Prinzessin / quålen muß / das betrübet mich / und möchte ich euch gern geholfen sehen / wie ihr es selber verlanget. Daß ihr auch die reise nach Basan fürnemen / und den Cimber zu eurem vertrauten in der liebe machen wollet / solches halte ich fůr eine sache / die etwas reifer zu bedenken ist. Dan das erste betreffend / so würde es den ruhm des Prinzens von Assyrien nicht wenig verkleinern /wan er üm diese zeit von hier hinweggienge / da sein herrvatter mit den Canaanitern und Syrern einen schweren krieg bekommen. Wegen des andern / ist man nicht versichert / [149] ob man nicht eher an dem Cimber einen mitbuler / als einen freund / in dieser liebe erlangen m \chte. Dan ohne ursach hat dieser Prinz der unbekanten Prinzessin nicht gefolget / und ich habe viel vermutungen / die mich glåuben machen /daß er diß orts liebe. Demnach halte ich fůr das sicherste und båste / daß ich dem Cimber erstlich hiervon gewißheit abfrage: wornach ihr dan ferner euch werdet richtet können.

Der verliebte Baleus / dankete der K \nigin / für diesen erteilten guten raht und für gethanes versprechen / zu tausendmalen. Nachdem sie noch eine weile hiervon sich unterredet / fragte der Prinz gar sorgfältig nach der Aramena zustand. Solches kame der K \nig in lächerlich fůr / daß er gleichwol ihrer nicht vergessen konte. Sie lässet sich zu Naema an ihren wunden heilen / (sagte sie /) die sonder gefahr sind /und sie verhoffentlich nicht hintern werden / bald hochzeit zu machen. Wie da? (fragte der Prinz / etwas bestůrzt /) an wen sol sie dan getrauet werden. Die Königin / welche diß für die bäste gelegenheit hielte /dem Prinzen alles zu hinterbringen / sagte ihm / wie es mit dem Dison und der Aramena stůnde. Baleus erwiese sich hierauf gar unruhig: ungeacht er ihm fürgesetzet / sich der Aramena zu entschlagen. Als die K \nigin solches vermerket / vermanete sie ihn / daß er so gefärlicher liebsgedanken solte můssig gehen /die nie etwas gutes k \nten nach sich ziehen. Man mag wol (sagte sie) seine zuneigung auf unterschiedliche personen nacheinander / aber nie zugleich wenden /wie Esau und andere zum fürbild stehen: und ist eben darinn ein grosser unterschied zwischen liebe und freundschaft / weil jene nur einen / diese aber viel freunde dultet. Baleus name diese der K \nigin erinnerung mit dank an / und versicherte sie / daß die regung / die ihn Aramena [150] noch fůlen machete / keines wegs mit der liebe / die er zur fr \mden Prinzessin trüge / zu vergleichen wåre / auch bald gar verleschen und in eine blosse freundschaft sich verwandlen würde.

Nachdem die Königin / üm ihrer Aramena ruhe zu befördern / ihn in diesem seinen vorsatze gestårket /erinnerte sie sich / wie sie ihme / bei dem Cimber wegen dieser fr \mden Prinzessn sich zu erkündigen /versprochen hatte: weswegen sie alsobald ob man diesen Prinzen nicht bei hofe wieder gesehen håtte /nachfrage anstellte / und gleichwol nichtes von ihm vernemen konte. Aber gegen abend / als sie sämtlich in dem k \niglichen schloßgarten sich erlustigten /fande dieser Prinz sich unversehens ein: welches der Fürst Barzes der Königin von Ninive alsofort anmeldete. Selbige sprachete eben dazumal / mit dem statthalter / von diesem Prinzen: dessen fürtreffliche geschicklichkeiten sie unschuldiger weise dermassen heraus preise / daß Mamellus in seiner gesch \pften einbildung / von ihrer liebe gegen diesem Prinzen /dadurch gestärkt wurde. Sie erwiese sich auch ganz fr \lich / ůber dem bericht von seiner wiederkunft /und als sie ihn ersehend / auf ihn zugienge / ihn anzusprechen / name der statthalter war / daß der Cimber sich verwandelte / und mit so ungemeiner tiefer ehrerbietung die Königin begrüssete / daß daraus genugsam erschiene / wie sehr er diese schöne in seinem herzen anbetete. Weil Mamellus zur Königin von Elam / die / vor ihrer abreise nach Elimais / mit ihm reden wolte / zu kommen beruffen wurde: als name er alsobald abschied / seinen platz dem Cimber überlassend.

Dieser Prinz name die schöne Königin bei der hand / und sagte zu ihr / im fortfüren: Ich befinde mich schůldig und straffbar / daß ich meine K \nigin soviel tage allein [151] gelassen; da ich doch / sowol dem Prinzen der Philister / als E. Maj. selbst / versprochen / alle augenblicke auf sie ein wachendes auge zu haben. Die schöne Hercinde (antwortete die K \nigin /) entschuldigt alles / was an sich selbst keine schüldigkeit / sondern bloß eine gůte des Prinzen Cimbers zu nennen ist. Woher wissen E. Maj. von dieser Prinzessin? fragte er / ganz verwunderend? Ich vermute es / (gabe sie zur antwort /) daß Hercinde euch / diese tage ůber / auser Damasco aufgehalten habe: weil diese Prinzessin bei der Timna nicht mehr fůrhanden / sondern den weg nach dem schloß des Fůrsten Rames von Jedlaph genommen / dahin auch ihr gefolget. Diese fernere erklärung machte den Cimber ganz bestürzet / und wuste er nicht / was er hierauf sagen solte. Als er nun zu antworten verzoge / fienge die K \nigin an zu låcheln / und sagte: Ich begehre von euren geheimnisen nichtes mehrers zu wissen / als was sich vonselbsten zu tage gibet. Ihr werdet mir meine begierde nicht verüblen / die ich hege / zu wissen / warüm doch diese Prinzessin / durch einen so herben kampf / meiner Aramena ihre ungnade zu erkennen gegeben? Auch warüm sie dem Prinzen von Assyrien so hart begegnet / und vor ihm geflohen / als er wolmeinend nach ihren wunden wollen sehen lassen. Weil euch die Hercinde auch liebet / so kan ja ihr haß gegen der Aramena / aus keiner eifersucht / ům daß sie bisher von dem Baleus geliebet worden / herrüren / dessen mich sonst die ümstände dieser begebnis bereden wollen.

E. Maj. benenne ich / (gabe Cimber zur antwort /) der Hercinde und meinen lebenslauf / so bewandt /daß ich unmöglich dero noch zur zeit alles entdecken darf / wie es mit uns beschaffen ist. Doch will ich E. Maj. nicht laugnen / daß die Hercinde / wiewol sie /als wan ich ihr [152] bruder wåre / mich liebet / dannoch den Prinzen von Assyrien mir vorziehet / und daher gegen der Aramena in diese nun-kundbare eiferwut ausgebrochen. Ihr bruder / der König von Basan / hat sie in sein reich abholen lassen / und ich habe sie bis an des Rames schloß begleitet: da sie mir / als ich sie verlassen / nochmals bezeuget / wie leid es ihr wäre /E. Maj. nicht ferner zu sehen / und sonder abschied von ihr zu ziehen; da die ursach ihrer eilfårtigkeit so erheblich gewesen / daß sie / unhöflichkeit zu begehen / gen \tiget worden. Ich hoffe aber neben ihr / E. Maj. werden sich so gůtig erzeigen / und verhelen /was sie von ihrer schwachheit wissen: damit hier niemand innen werde / wie des Marsius schwester diejenige gewesen / die mit der Aramena und dem Baleus in diese abenteur gerahten.

Indem ihr mir eröffnet und bestätiget / (sagte hierauf die schöne Königin) was ich bereits vermutet /vermehret ihr damit meine verwunderung ob dieser geschichte / weil ihr mir so ruhig berichten k \nnet /wie die sch \ne Hercinde einen andern mehr als euch liebe. Ach! (antwortete er seufzend /) solten E. Maj. in mein herze sehen k \nnen / sie wůrden gewar werden / was marter ich darinn ausstehe / daß ich ungeliebet lieben muß. Ich bin aber hierzu geboren / und muß mit dem schluß des himmels friedlich seyn / der dieses über mich verhänget. Dieses sagte der Prinz mit solcher entfindlichkeit / daß die schöne Delbois nicht ümhin konte / ihme ihr beileid zu bezeugen. Solches bewoge ihn / gegen ihr also fortzureden: das mitleiden / so E. Maj. über meinem zustand fassen /ist allein kräftig / mein jammer-leben mir erträglich zu machen. Und gleichwie ich dieses E. Maj. zu diensten gewidmet / als opfere ich es auch für dieselbe willig hin / und kan in meiner unglückhaften liebe nicht [153] glückseeliger sterben / als wan ich die versicherung mitneme / daß die sch \nste K \nigin von der welt mich beklagen m \gen.

Wann die Delbois nicht so gar wäre von der meinung eingenommen gewesen / daß Cimber die Hercinde liebte / würde sie aus der häftigkeit / mit der er diese worte fůrgebracht / leichtlich ermerket haben /daß er in ihre person verliebt wäre. Nun aber gedachte sie an nichtes weniger / und weil sie in ihrem herzen ihn hoch verehrte / als gienge es ihr sehr nahe / daß ein so edler held so unglückseelig leben solte. Wan ich etwas erwünschen k \nte / (sagte sie /) so solte es dieses seyn / daß Cimber der sch \nen Hercinde vergessen möchte. Nimmermehr werde ich derjenigen /(widerredte er /) die ich mit so häftiger liebe verehre /vergessen können. Und wiewol ich sonder hoffnung lebe / so liebe ich doch eiferigst: zwar ohne den vorsatz / meinem mitbuler zu schaden. Ihr seit hierinn (sagte sie /) ein viel gefårlicherer mitbuler / als ihr selbst vermeinet. Dan eure unvergleichliche sanftmut /die aus der volkommensten tugend herrůret / d \rfte der Hercinde gemüte viel eher bewegen / als wann ihr eure häftige begierde mit gewalt handeln liesset / euch für euren mitbuler bei ihr in gunst zu bringen. Ach grosse Königin! (widerholte Cimber /) so wenig ich zuvor dem raht E. Maj. folgen k \nnen / meine hoffnunglose liebe zu verlassen / so wenig kan ich mir auch diesen trost zu nutz machen / und hoffen / daß meine gedult mir dereinst etwas erwerben können. Meine geliebte liebet viel zu beständig / und ist darneben ihre wahl so edel / daß mir kein trost / als der tod / übrig bleibet.

Der Prinz von Assyrien / (sagte die Königin /) ist bei der Hercinde in h \chster ungnade / und will ich gegen euch so unvertreulich nicht seyn / als ihr gegen mir seit / [154] sondern euch entdecken / daß Baleus auf des Rames schloß die Hercinde gesehen: die ihn aber /weil er sich in seinem reden / die Aramena betreffend / nicht in acht genommen / mit grossen zorn abgewiesen / und / sonder ihn wieder zu sprechen / davon gezogen. Der Prinz von Assyrien hat mir dieses alles geklaget / und mir darneben aufgetragen / mich bei euch / mein Prinz! zu erkündigen / was ihr von dieser Prinzessin wisset. Ich erkenne wol / daß ich mit unrecht euch dieses zu mute / hätte auch dieses gewerbe nicht ůbernommen / wan ich / was ich nun weiß / gewust hätte. Daher ich mich nicht wenig betretten befinde /was ich dem Baleus antworten sol: deme ich in seiner liebe zu dienen mich anheisig gemacht / hingegen auch / euch hierinn beförderlich zu seyn / mich geneigt befinde. Cimber / der hiervon mehr wuste / als ihm die K \nigin abfragen konte / stunde an / was er hierauf / sonder sich zu verreden / antworten solte. Endlich sagte er: Ich liebe die ruhe derer / die ich liebe / mehr als mein leben. Weil nun dieselbe allein darinn bestehet / daß mein mitbuler glůkseelig werde /und nicht erfahre / daß ich der seine sei: als k \nnen E. Maj. ihr selber leichtlich sagen / was hierbei zu thun sei.

Der verliebte Cimber / welcher / durch diese zweideutige reden / der Königin seinen wahren zustand /ohne sich zu offenbaren / eröffnet / machete sich ihr /wegen so seltner tugend / noch mehr bewunderbar. Und weil sie diese seine antwort dahin deutete / daß er verlange / den Baleus mit der Hercinde wieder ausges \nt zu wissen / und von ihm nicht für einen mitbuler bei dieser Prinzessin erkennet zu werden / als gabe sie ihm zur antwort: Euer wunderbares begehren zu erfüllen / edler Prinz! versichere ich euch / daß Baleus von eurer liebe nichts erfahren sol. Wann ihr aber selbst eures mitbulers bef \rderer [155] in seiner liebe seyn wollet / so müsset ihr mir sagen / wie es der Assyrische Prinz anfahen sol / seine erzürnte Prinzessin wieder zu vers \nen; und ob er auch ihren stand / den er noch nicht recht erkennet / wissen dörfe? Des Baleus unbeståndigkeit (sagte Cimber /) ist weltkündig: massen sich solche bei vielen / ja gar bei E. Maj. selber /und iezt bei der dapfren Aramena / hervorgeleget. Weil nun / die ehre der Hercinde / gefahr leiden möchte / wan man von ihr erfüre / daß sie den Assyrischen Prinzen geliebet: so muß ich verlangen / daß E. Maj. gegen ihr diese gütigkeit einwenden / und ihme nichts von ihrem stand sagen wollen / bevor die beståndigkeit seiner liebe sich mehrers åusere.

Wann ich es / ohne euch zu betrüben / melden darf / (erwiderte die K \nigin /) so weiß ich den Baleus so verliebt in die Prinzessin / daß ich wol für seine beståndigkeit gut sagen wolte. Und weil ihme bewust ist / daß ihr / nach dem schloß des Rames / dieser Prinzessin gefolget: als treibet ihn seine h \ftige liebesbegierde / von euch zu erkůndigen / was euch von seiner schönen bewust ist / weswegen er mich an euch abgesendet. Wollet oder k \nnet ihr nun euren mitbuler hierinn vergnůgen / so lasset mich etwas wissen. Wan E. Maj. belieben mag / (antwortete Cimber) / den Assyrischen Prinzen zu berichten / daß diese Prinzessin /eine Teutsche von geburt / dem K \nig Marsius nahe befreundet / und eines so hohen geistes ist / daß sie begehret / allein geliebt und bedienet zu seyn; daß der / so ihr aufwarten wil / allen andern bedienungen absagen můsse; daß auch / an ihrer wolfart / der ganzen teutschen nation viel gelegen sey / die dieser Prinzessin beschimpfung / bis auf den lezten blutstropfen / zu råchen nicht unterlassen werden: so vermeine ich / der Prinz werde mehrer nachricht von mir nicht begehren[156] k \nnen / und fůrter selber absehen / wie seinen sachen am bästen möchte gerahten werden.

Mit dieser erklärung des Cimbers / ware die K \nigin wol zu frieden: wiewol sie / die sonderbare liebes-art dieses Prinzens / nicht genug bewunden konte. Hiernåchst kame sie auf ihren eigenen zustand zu reden / und fragte den Cimber: was sie / von der verheisenen hülfe aus Basan / zu erwarten und zu hoffen hätte / und ob der K \nig Marsius / bei seiner heimlichen anwesenheit auf dem schloß des Rames / wovon man ihr berichtet / dessen nicht erwehnet hätte? Er wird / (antwortete Cimber /) unter des Fůrsten Suevus befehl / zu E. Maj. diensten / dreissigtausend mann ins feld gehen lassen: die / durch das fürstentum Nebajoth / und durch Arabien / ihren weg nach Ninive nemen / aller orten aber bereit stehen sollen / auf erhaltenen befehl / dahin zu kommen / wo E. Maj. ihrer benötigt seyn werden. Diese unvergleichliche großmut des K \nigs von Basan / (sagte Delbois /) habe ich allein euch / mein Prinz! zu danken. Ja / edler Cimber! euch bin ich hierüm verbundẽ. Was mir aber an genugsamer erkentlichkeit ermanglen solte / das ůberlasse ich dem Prinzen Abimelech: welcher lebenslang nicht vergessen wird / was er seinem freunde dafůr schüldig sei. Die unvergleichliche K \nigin Delbois /(gabe Cimber zur antwort /) regiret billig ůber die ganze welt: darům gebůret / nicht allein dem König in Basan / sondern allen menschen / der schönsten Delbois zu gebot zu stehen. Was ich hierinn erwiesen /ist nur die geringste wirkung meines willens / E. Maj. nůtzliche dienste zu leisten: und sol mein leben zu nichts anders / als für dero hohe wolfart / angewendet werden. Wann Hercinde solche worte von euch h \rte /(versezte die K \nigin /) wåre es nicht so verwunderlich / [157] als / da ihr mich mit so grossen versicherungen beglůkseeliget / die fast die wirkungen einer freundschaft überschreiten.

Der verliebte Cimber gedachte in seinem herzen /daß sie recht hätte geurteilet. Er sahe sich aber indem von solchen unterredung befreiet / durch die ankunft der Prinzessinnen von Ophir und Gerar: die sich mit der Königin in ein gespräche von andern dingen einließen / und also diesem Prinzen gelegenheit gaben /luft zu sch \pfen / der schier seine wahre liebe nicht mehr zu bergen vermochte / da doch / in deren geheimhaltung / seine einige ruhe bestunde. Die K \nigin von Elam / der Mamellus / und noch andere /kamen hiermit auch darzu: und sahe man der Lantine wol an / daß das mit dem Mamellus gehaltene gespräche sie unvergnügt gelassen. Dan selbiger hatte ihr nicht allein / vor des Königs ankunft von Damasco abzureisen / gänzlich widerrahten / sondern auch ihre heurat mit dem Baleus ihr dermassen notwendig fůrgemalet / daß sein K \nig alles thun würde / ehe er zugäbe / das diese verbindung und vereinigung beider reiche nicht fortgehen solte.

Die K \nigin von Ninive / so der K \nigin von Elam wol anmerkete / name sie bei der hand / und sich mit ihr von den andern absonderend / fragte sie nach ihrem anligen / und vername von ihr / wessen der Mamellus sie håtte bereden wollen. Weil sie nun / des Belochus unrechtfertigkeit hierinn / üm so viel kůner tadelen dorfte / weil sie ihn nicht mehr für ihren vatter / sonderen vielmehr fůr ihren gefärlichen liebhaber und für den feind ihres reiches halten muste / als ware sie der verbitterten Lantine mehr ein- als abrätig / sich Assyrien zu widersetzen. Und wiewol sie ihr nichtes von dem geheimnis entdeckte / welches sie von ihrem Abimelech erfahren / so [158] sagte sie ihr dennoch so viel /wiedaß Ninive in gefahr stünde: welches / wan es den beistand aus Elam zu gewarten haben würde / sich mit diesem reiche hinwiederum so verbinden solte /das Lantine aller hůlfe aus Ninive gegen Assyrien sich zu versehen hätte. Dieses grosmütige anerbieten /name Lantine mit freuden an: weil bisher ihr gröstes anligen dieses gewesen / daß sie sich und ihr reich sonder beistand gesehen.

Als nach langem lustwandelen / beide K \niginnen in eine låube sich zusammen gesetzet / kame Hadoran zu ihnen hinein: welcher für der Königin von Ninive sich nicht scheuete / seiner Lantine aufzuwarten / weil sie ihm er \ffnet hatte / daß die sch \ne Delbois ům ihre liebe wüste. Er hatte der Königin von Elam den raht gegeben / auf ihre abreise zudringen: weil er aus des Sadrachs heimlicher abwesenheit nichts gutes vermutete / auch dieses so hitzigen als mächtigen Prinzens gemüt ihm mehr als wolbekant war / und er daher nicht unbillig besorgte / daß die Elamiten / wan sie nicht bald ihre K \nigin zu sehen bekåmen / und wann sie erfüren / daß die Assyrier die hand mit im spiel hatten / und die Lantine an den Baleus verheuraten wolten / sich an diesen Prinzen hängen m \chten. Ich bringe euch / (sagte Lantine) zugleich gute und b \se zeitung. Mamellus hat mir deutlich zu verstehen gegeben / das ich ja nicht an meine abreise gedenken sol / und daß die Assyrier alles daran setzen würden /mich an ihren Prinzen zu verheuraten / um dadurch mein reich mit dem ihrigen zu vereinigen. Hingegen hat die grosmůtige Königin von Ninive / hierzugegen / mir beistand verheisen: und wil sie / ungeacht Belochus ihr vatter ist / mir dennoch wieder ihn beistehen /mein reich frei zu erhalten / und das Assyrische joch von mir abzuwenden. Als die K \nigin von [159] Ninive solches hierauf nochmals bekräftigte / wurde Hadoran darüber so hoch erfreut / daß er nicht worte genug zu finden wuste / ihr dafür zu danken. Er sagte: nun sie einer so mächtigen Königin beistand zu hoffen håtten / wåre die gefahr nicht mehr so hoch zu fürchten. Doch wolte er rahten / daß sich die Lantine / zur heimlichen abreise nach Elimais / entschliessen solte: weil sie in ihrem reich mit mehrerm nachdruck / als auser demselbigen / reden wůrde.

Lantine / die sich / ohne ihrer fraumutter willen /noch nie hierzu entschliessen wollen / sahe die schöne Delbois an: welche zwar des Hadorans raht fůr gut hielte. In betrachtung aber / daß der guten Königin von Tyro / die durch den tod Amraphels / und durch des Tiribaces heimliche hinwegreise / schon h \chlich betrübet worden / durch gleiches beginnen ihrer tochter noch mehr herzenleid zukommen würde / wolte sie hierzu nicht einstimmen / sondern hielte für das båste / daß Hadoran eiligst nach Elimais reisen / und alles /wieder den Sadrach / in gute ordnung stellen solte: versprechend / inzwischen seiner Königin sich also anzunemen / daß die für der Assyrier gewalt sicher bleiben solte. Weil ich dann / (sagte Hadoran) meine K \nigin alhier unter so grossem schutz in sicherheit weiß / wil ich mich nicht entziehen / diese reise zu übernemen: worzu ich mich sonst / bei so gefärlicher bewandnis / unmüglich håtte entschliessen können. Hierauf sahe er seine Lantine gar sehnlich an / mit stummer bitte sie üm erlaubnis ersuchend; welche /mit schiessung etlicher seufzer / die sie / ihm ihre liebe zu bekräftigen / mit willen nicht verhalten wollen / zu ihm sagte: Ich bin meine meiste lebenszeit genötigt gewesen / meinen Hadoran abwesend zu wissen; werde also in dieses scheiden / zumal es so hochnötig / mich wol ergeben [160] můssen. Weil der Baleus mit seiner liebe mich nicht verfolget / als kan ich üm so viel sicherer hier bleiben: zumal ich unter der K \nigin von Ninive schutz leben würde / auf welchen ich mich ruhig verlasse.

Delbois bekräftigte hierauf nochmals ihr versprechen / mit vielen versicherungen / und machten beide K \niginnen / in Hadorans gegenwart / einen bund zusammen / daß sie einander in allen fürfallenden nöten / beistehen wolten. Weil indem die nacht eintrate / als giengen sie såmtlich wieder aus dem garten: da folgenden morgens der Hadoran aus Damasco abreisete /ehe iemand etwas davon gewar wurde / und seinen weg nach Elimais name. Die betrübte Lantine / so nun alle ihre zuflucht zu der Königin von Ninive setzete / begabe sich / sobald sie dieselbe angekleidet wuste / in ihren palast / und traffe sie unter ihren Fůrsten an: mit denen sie eben die verordnung abredete / wie der Aramena solte hochzeit gegeben werden. Der Fürst Barzes / der Königin hofmeister / name ůber sich / alles / was n \tig seyn würde / hierbei zu bestellen: massen die K \nigin sonderlich verlangte bei diesem fest ihren königlichen pracht hervor zu legen / und damit zu zeigen / wie bei ihr Aramena in gnaden stůnde.

Weil üm deß willen auch der Mamellus / zu der Delbois zu kommen / war beruffen worden / als stellete der / nicht lange nach der Elamitischen K \nigin /sich auch ein / und vername mit grosser freude von derselben / wiedaß ihre jungfrau Aramena / die man bisher / als eine unglücksbraut für das Assyrische haus / angesehen hatte / an den ritter Dison vermälet /und damit alles besorgliche unheil gedämpfet / auch der Assyrische Prinz zu gesündern gedanken wůrde gebracht werden. Er sezte hierzu / die K \nigin Lantine anschauend: [161] Aramena thut wol / daß sie bei ihres gleichen von stande verbleibet / und dadurch unsrem Prinzen ein beispiel gibet / auch nur nach Königinnen seine augen zu wenden. Meiner Aramena beständiges und grosmütiges herz / (antwortete die Königin von Ninive /) ließe durch einen hellscheinenden thron sich nicht blenden / die versprochene treue zu brechen: und gleichwie sie durch ihr beispiel erwiesen / daß kein edles gemůt sich zwingen lasse / also wird sie hierinn allemal noch ihre nachfolgere finden / die nicht aus zwang / sondern aus eigener zuneigung / lieben werden. Durch diese antwort / befunde sich die Lantine hinwiederum aufgerichtet / und ůberwande sich / dem Mamellus nichts verdrießliches zu sagen.

Die K \nigin von Ninive name hierauf ferner mit dem statthalter die abrede / daß / innerhalb acht tagen die hochzeit des Disons mit der Aramena fortgehen /und er hierzu ein tügliches haus verschaffen solte /worinn alle königliche und fürneme personen in Damasco könten bewirtet werden. Mamellus / nach langem erwägen / fande keinen fůglichern ort / als die Kemuels-burg: weil selbige von der stadt mit mauren abgesondert und wol verwaret war / dergleichen feste / sonderlich bei selbigen zeiten / da man tåglich einen neuen aufstand in der stadt befahren muste / ohne furcht und besorgung / darinn anzustellen. So ware auch der Prinz von Assyrien / der dieses schloß zur wonung inhatte / ohnedas gewillet / weil es ihme daroben zu einsam / selbiges zu verlassen / und in einen dem statthalter zuständigen palast einzuziehen. Die K \nigin von Ninive ließe ihr diesen fürschlag wol gefallen: worauf sie sich ingesamt / nachdem alles / was zu dieser hochzeit n \tig / abgeredet worden / nach der K \nigin von Tyro begaben.

[162] Das gerüchte von dieser vermälung des Disons mit der Aramena / erscholle bald überall in Damasco /und floge endlich auch in des statthalters palast / darinn sich Briane und Zimene noch aufhielten: die dan den ritter Dison nicht konten nennen hören / daß sie nicht gleich an ihre verlorne Aramena gedacht hätten. Sie wurden daher ům soviel begieriger / die Prinzessin Ahalibama zu sprechen / üm aus allem diesem dunkelen wesen heraus zukommen. Timna und Casbiane / die eben die Prinzessin Milcaride besuchet hatten / boten sich an / als sie dieser beider verlangen nach Naema zureisen erlernet / sie mit dahin zunemen: massen sie eben gesinnet waren / die Ahalibama daselbst zu besuchen. Demnach beschiede Timna /diese beide ordensschwesten der Diana / auf den nachmittag / in ihrem palast zu kommen: und fuhre sie / mit der Casbiane / nach hof / bei der K \nigin von Ninive um erlaubnis anzuhalten / daß sie mit der Fůrstin von Cale nach Naema reisen d \rfte: alwo sie fůr ihre person so lang verbleiben wolten / bis Ahalibama und Aramena wieder gesund in Damasco kommen würden.

Die Königin willigte gleich in ihr bitten / und wie sie die Casbiane sonderlich betrübt ersahe / vermutete sie / daß die abwesenheit ihres gemals / des Arses /den sie nach Ninive gesendet / solches verursachete. Demnach sprach sie ihr zu / daß sie diese entfernung nicht allzusehr zu herzen nemen / sondern hoffen solte / daß er in wenig wochen wieder bei ihr seyn wůrde. Casbiane wolte nicht gestehen / daß die abwesenheit ihres herrn / oder sonst etwas / sie anfochte: ob gleich ihr äuserliches wesen / als zeuge des innerlichen leidens / ihrem mund widersprachen. Die K \nigin behielte sie beide zum essen / und gabe der Timna in befehl / so wol die Ahalibama / [163] als ihre Aramena zu grüssen / und der lezten zusagen: es sei nun ihre gr \ste sorge / ihr hochzeitfest wol anzuordnen; sie solte hingegen dahin bedacht seyn / ihrer gesundheit also wol zu pflegen / daß man zur bestimten zeit sie bereit finde / dem Dison die eheliche hand zu geben.

Wie nun die Timna mit der Casbiane von hof abfuhre / sprache sie / ehe sie nach ihrem palast wiederkehrete / bei der Mehetabeel ein / die sich in der Ahalibama wonung aufhielte / und beredte sie / mit ihr nach Naema hinauszukommen. Sie sagte ihr zwar hierbei von dem verlangen / welches die Ahalibama nach ihr hätte: die eigentliche ursach aber / worum sie diese Fürstin gern mit sich haben wolte / war diese /daß sie / als eine Syrische Fürstin / mit raht geben möchte / wie diese angestellte heurat ihres vettern des Disons / unter der Aramena namen / mit der Syrischen Aramena / als dem vermeinten Dison / könte volzogen werden. Dan / je nåher die zeit heran kame / da dieser sonderbarer betrug vorgehen solte / ie mehr angst und furcht entfunde die Timna: wol erwägend /daß ein so grosses fürhaben / nicht sonder grosse fürsichtigkeit / ins werk zu stellen wäre.

Als sie nun / neben der Mehetabeel / Casbiane /Briane und Zimene / sich zu wagen begeben / handelte / den ganzen weg / ihr gespräche von dieser hochzeit: da Casbiane / Briane und Zimene so grosse verwunderung über dem Dison / als Mehetabeel über Aramena blicken / ließen. Ihrer keine aber meldete die ursach ihrer verwunderung / weil iede der andern nicht sagen dorfte / was sie wuste. Wie sie nun Naema erreichet / sagte man ihnen / wiedaß die Prinzessin von Seir / mit dem Fůrsten Zophar / der Calaride und dem Jothan / im garten wåre: weswegen sie alsofort dahin eileten. Sie fanden diese gesellschaft bei einem teiche / da sie sich mit dem fischen [164] ergetzeten. Briane und Zimene erkanten gleich unter ihnen / den sch \nen Dison / und den Tirzis; worůber sie so voll freude wurden / daß / wan sie nicht / wegen der andern / sich zwingen můssen / sie sobald ihre wiedergefundne Aramena / neben der Tirza / würden ůmarmet haben. Tirzis / eben dieses befahrend / eilete ihnen entgegen / inzwischen die andern einander entfingen / und sagte heimlich zu ihnen: meldet uns nicht / wer wir sind! dan niemand kennet uns hier / als Ahalibama und Timna.

Als hierauf Ahalibama / neben dem Zophar und der Calaride / die anderen zu der Aramena in die kammer fůrete / bliebe Dison mit dem Tirzis im garten / üm mit ihren erkanten ordensschwestern sich zubesprechen. Wie sie nun sich allein sahe / huben sie an / ihre freude ůber diesem wieder-sehen / durch tausend umarmungen einander zubezeugen. Ach Briane! ach Zimene (sagte die verkleidete Aramena /) so sehe ich euch dan zum andernmal wieder? Nun werden es ja die götter schicken / daß wir endlich unser fůrhaben erreichen m \gen / stäts und ewig beisammen zu bleiben. Wie aber / Aramena! (sagte hierauf Briane /) ist es dan wahr / daß du deine namens-trägerin ehlichen wilst? wie sol ich diese wunderdinge verstehen? Ich kan leicht ermessen / (gabe der schöne Dison zur antwort /) daß euch diese meine heurat / als ihr davon gehöret / werde frömd fürgekommen seyn. Ihr solt aber wissen / daß diese Aramena / gleich uns andern / eine verlobte der Diana ist / und durch dieses mittel / von des Prinzen Baleus liebe / und von hof / abzukommen suchet. Weiß sie aber / (fragte Zimene /) daß du Aramena bist? Nein! antwortete der sch \ne Dison /) solches weiß sie zwar noch nicht / sondern sie hält mich annoch für einem mann: sie sol aber erfahren / wie ich bin / sobald unsere vermeinte trauung wird geschehen [165] seyn. Wie trauet sie dir aber / (fragte Briane ferner) wan sie dich für einen mann achtet? In warheit / ich wolte es nicht wagen / mich solcher gestalt an einen zu verbinden / der nicht meines geschlechtes ist / und meine hoffnung äffen möchte. Ahalibama hat ihr fürgesagt / (sagte die verkleidte Aramena /) daß ich ein verlobter der göttin Isis sei / der nicht d \rfe heuraten /und der allein aus barmherzigkeit gegen ihr / und aus heiligem guten antrieb / dieses frömde mittel der trauung / zu ihrer befreiung / ergriffen habe. Warum aber (fuhre Briane fort zufragen /) sol diese jungfrau nicht vorher erfahren / daß du ihre ordensschwester seiest? Würde sie nicht / mit mehrer ruhe / diese betriegliche trauung geschehen lassen / und ein freies gewissen behalten / als sodann / wann sie die heilige gebråuche im tempel der Juno verrichten / und schw \ren wird /daß sie den mann / den ihr der priester antrauet / ewig behalten / und ihme ihre treu ni ermehr versagen wolle? Wie kan sie solches / ohne beunruhigung angeloben / da sie dich für einen mann ansihet?

Weil ich kein mann bin (sagte der schöne Dison /) so machet sie sich durch ihren schwur zu nichtes verbindlich: und die g \ttin wird das nicht straffen / was in so guter meinung geschihet. Daß sie aber / bevor wir getrauet sind / nicht erfahren darf / wer ich bin /ist die ursach / weil sie am Ninivitischen hof sehr wol daran ist / und etwan der Königin entdecken m \chte /daß ich die Syrische Aramena bin: durch welche er \ffnung / ich in grosse ungelegenheit geraten würde. Ach ja! ich erinnere mich ja hierbei / (antwortete Briane /) daß wir mit der Syrischen K \nigin reden / und nicht mit unsrer alten Chaldeischen Aramena. Ach Briane! (fiele ihr die verkleidte Aramena ins wort /) gedenket ja nicht / [166] daß diese entdeckung meiner ankunft meinen sinn geåndert. Ich achte diesen thron nicht / und begehre die Syrische kron nicht anzunemen / fůr den herrlichen kranz / den mir mein heiliger orden zu tragen g \nnet. Håtte die nunmehr-erkante Milcaride meine gedanken / sie würde nicht den schatten für das wesen ergreiffen / noch ihre ruhe verlassen haben. Bin ich aber nicht glůkseelig / daß ich unserer g \ttin / an stat der verlornen / eine andere und diese Aramena /so iezt meine braut heist / zufůren werde?

Ich verlange / diese Aramena zu kennen / (sagte Briane) noch mehr aber / liebste schwester! (weil ich die K \nigin von Syrien noch also nennen darf /) deine abenteur zu vernemen / die dir begegnet / seit daß du beim einzug in Damasco verloren worden: dan ich nicht aussinnen kan / wo du diese zeit ůber dich můssest aufgehalten haben. Ich thåte ein so grosses gelübde / (antwortete der schöne Dison /) niemanden zu sagen / wie es mir der zeit ergangen / daß ich schwerlich deinem ansuchen würde wilfaren können /wann ich nicht / auf inständiges anhalten der Ahalibama / die eben dieses von mir zu wissen verlanget /endlich dieses mittel ersonnen hätte / ohne nennung der personen / bei denen ich gewesen / meine begebenheit zu erzehlen. Weil ich nun diese Prinzessin auf morgen zu vergnügen vertröstet / als könnet ihr sodann zuh \rerinnen mit abgeben: und weiß ich / ihr werdet euch verwundern / wann ihr meine wunderliche zufälle / die ich ausgestanden / vernemen werdet. Mit dieser hoffnung ihr verlangen tr \stend / erzehlten hierauf Briane und Zimene dem schönen Dison und dem Tirzis / wie es ihnen auf ihrer reise ergangen: da sie dan / des Bethuels erwehnend / der mitleidigen Aramena etliche seufzer auslocketen / welche [167] sie aber alsofort / als ihrem orden unanståndig / verhielte und zurůck triebe. Es kunten sich aber dieselbe beide jungfrauen der Diana nicht gnug verwundern / daß Aramena für der Calaride unerkant bliebe / von welcher sie doch aus Syrien ins land Canaan ware begleitet worden: und schrieben sie diese verblendung ihrer Göttin zu / welche es also der Aramena zum båsten schickete / damit die ihren zweck üm soviel leichter erreichen möcht.

Nachdem sie lang also miteinander geredet hatten /begunten sie der andern gesellschaft zu folgen: zu mal Briane und Zimene / so wol die Prinzessin Ahalibama anzusprechen / als ihre neue ordensschwester Aramena / welche sie am Ninivitischen hof nicht sonders beobachtet / zu sehen verlangten. Als sie nun der garten tür zu giengen / ersahe die verkleidete Aramena hinter den schattichten bäumen / welche wegen der abendzeit noch mehr dunkelheit / als sonst / von sich gaben / einen alten mann / den sie für den alten Thebah halten muste. Ihr schrecken hierüber war so gros /daß sie stutzete / und gerad wieder ůmkehrete / den andern mit zitterenden gebärden andeutend / ihr zu folgen: da sie dan / auf einem andern weg / dem hause zueileten / und im hingehen von ihr erfuhren / wiedaß sie den Thebah gesehen hätte. Warüm fürchtest du dich mehr fůr diesem Thebah / (fragte Zimene /) als fůr der Calaride? hat er dan scharfsichtigere augen /als diese? Er hålt sich nicht umsonst hier so heimlich auf / (antwortete der sch \ne Dison /) und betrachtete er mich so genau / daß ich fürchten muß / er habe mich erkennet.

Hiermit traten sie in der Aramena kammer / alwo die ganze gesellschaft fůr ihrem bette sich befanden. Ahalibama eilete den beiden jungfrauen der Diana gleich [168] entgegen / sie zu begrüssen / und nachdem sie dieselbige in ein fenster von den anderen ab-gezogen /sagte sie zu ihnen: habt ihr meinen Dison gesprochen / und was důnket euch von seiner heurat. Wir wissen alles / (antwortete Briane) was fůr scharfsinnigkeit die Prinzessin von Seir erwiesen / durch so ein fr \mdes mittel uns die jungfrau Aramena wieder in den tempel zu verschaffen: und werden wir nun der andern Aramena / als der Milcaride / unbeständigkeit leicht verschmerzen können / da wir nicht allein die K \nigin von Syrien so beståndig finden / sondern auch die unvergleichliche Ahalibama / und die dapfere dritte Aramena / neben ihr / in unsern tempel bekommen sollen. Also redete Briane / deren der Ahalibama glaubens-ånderung / noch unbekant war: welche solches mit stillschweigen beantwortete.

Indem nun diese dreie in ein gespräche sich einließen / auch die Casbiane mit der verstellten Aramena in einer ecke des gemachs / und Timna mit dem Zophar und der Calaride redete / überkame die Mehetabeel gelegenheit / mit dem verstellten Dison gleichfalls allein zusprechen. Wie / mein vetter! (sagte sie heimlich zu ihm) was für eine heurat gedenket ihr zu thun? ich bin / für verwunderung schier gestorben /als ich gehöret / daß eure hochzeit mit dem ritter Dison angesetzet worden. Ach wehrte Mehetabeel! (antwortete er /) dieses mittel hat můssen ergriffen werden / üm mich aus meinem gefårlichen stand zu erledigen: dan hiedurch komme ich mit ehre von hof /niemand erfåret meinen betrug / und ich wil nachgehends mit diesem Dison mich so weit entfernen / daß man nichtes mehr von mir vernemen sol. Weiß aber Dison / (fuhre jene fort / zu fragen /) wer ihr seit? Nein! (antwortete er /) er hält mich fůr eine geheiligte[169] jungfrau der Diana / und weil er sich zu einen Isis-priester verlobet / als meinet er / ein heiligs werk dadurch zu stiften / wan er also mich / als seine ordenschwester erlöset. Meine schwester hilfet am meisten zu diesem betrug / und habe ich ihr die ausfürung desselbigen v \llig übergeben. Wiewol / wann diß alles nach wunsch abgehet / ich dannoch der elendste von der welt verbleibe: weil ich / mit meiner K \nigin /alles verliere / was mich vergnůgen können. Indem wurde der wundarzt angemeldet / der nach der Aramena wunden sehen wolte: weshalben die gesellschaft / ihn nicht zu hintern / sich in ein anderes zimmer begabe.

Ahalibama name alda die gelegenheit in acht / der Mehetabeel eiligst zu entdecken / wie daß ihr ritter Dison / die Syrische Aramena wåre. Sie bate aber /daß sie ja dessen sich nicht merken lassen / noch auch dieser Aramena offenbaren wolte / daß es ihr bruder Dison sei / der die andere Aramena fůrstellete. Diese Fůrstin bliebe hierüber so bestůrzt / daß sie kein wort herfürbringen kunte. / Sie sahe den schönen Dison mit unverwandten augen an / und konte schwerlich unter solcher tracht / wiewol sie es nun wuste / die rechte Aramena erkennen. Als inzwischen der wundarzt wieder aus der andern Aramena kammer gienge / befragte ihn die Timna / wie er der Aramena wunden befunden håtte? und bekame zur antwort / daß innerhalb dreien tagen sie das bette verlassen / und nach Damasco wiederkehren k \nte. Sie wurden hierüber alle / sonderlich aber Ahalibama / sehr erfreuet: dan diese Fůrstin sich wieder in Damasco wůnschete / weil sie zu Naema /als in einem offenen ort / immer in sorgen lebte / sie möchte wieder in des Beors hände gerahten; unangesehen der Arteman / mit etlich tausend Niniviten / zu ihrer beschirmung / dort ümher [170] lage. Nicht lang hernach wurden die drei Syrische Fürstinnen / neben der von Cale / wie auch der Fürst Jothan von Chesed / die beide jungfrauen der Diana / und der ritter Dison /von dem Zophar und der Calaride zum nachtessen gefüret. Wie dieses verrichtet / und ein iedes sich nach seiner verordenten schlaffkammer verfůgete / blieben Ahalibama / Timna und Mehetabeel beisammen: zu denen sich nachmals auch der schöne Dison gesellet /der sein zimmer nahe dabei hatte.

Die alte kundschaft / so ehmals / von der Mehetabeel und dieser Aramena / auf den gebirg Seir gepflogen wordẽ verursachete / daß Ahalibama sich nicht gescheuet / diese Prinzessin ihr kund zu machen: die als dan nicht unterlassen konte / diese ihre erkante freundin zu ůmarmen. Der sch \ne Dison / so nicht vermeinet / daß die Mehetabeel ihn kennen solte / verwunderte sich / voll bestürzung / sehr über dieser ihrer bezeigung: die aber / als sie unterschiedliche mal den namen Aramena genennet / damit an den tag gabe / daß sie wol wüsten / in wessen arme sie gerahten. Wie / Mehetabeel! (fragte die verkleidte Aramena) weist du dan auch / wer ich bin? Wåre es mir nicht gesagt / (antwortete Mehetabeel /) würde es mir schwer fallen / unter dieser kleidung die Aramena zu finden. Hiermit trate Ahalibama herzu / und bekante /daß sie der Mehetabeel ihre base verraten håtte. Worauf an beeden seiten / die freud-bezeugungen / daß sie also einander wider sehen mochten / erst recht angiengen. Nachgehends fragte die verkleidte Aramena: ob Mehetabeel sich nicht verwunderte / daß Dison und Aramena bald ehelich zusammen würden kommen? Mehetabeel wuste nicht / was sie auf diese frage antworten solte / weil sie sich der Aramena warnung erinnerte / die sie kurz vorher ihr gethan [171] hatte: demnach schwiege sie still / üm / sich nicht zu verreden.

Ahalibama und Timna aber / denen hierbei bang wurde / aus besorgung / die Mehetabeel m \chte / weil sie nicht völlig in diesem geheimnis unterrichtet war /etwas fürbringen / daß zu ihrem handel undienlich wåre / gaben sich mit in dieses gespräch / und erklärten der Mehetabeel / welcher gestalt diese verkleidete Syrische Aramena gesinnet sei / die Ninivitische jungfrau Aramena / durch diese vorgewante heurat / mit guter art von hof / und mit sich in der Diana tempel zu bringen: weil nicht allein der Prinz Baleus mit seiner liebe diese verlobte jungfrau der Diana verfolget /sondern auch die K \nigin von Ninive auser diesem mittel nie würde gestattet haben / daß diese ihre jungfrau in der Diana tempel sich begeben möchte. Die Mehetabeel merkete wol / wie es hiemit gemeinet war: stellete sich demnach / als ob sie üm nichts wüste / was den Dison anginge / und verlangete heimlich ihre beide basen bald wieder allein zu sprechen. Es klagte ihnen aber der schöne Dison / wie daß der Thebah zu Naema wäre / den man im garten gesehen håtte: welches die Ahalibama / als zu ihrem vorhaben nůzlich / gern hörete / wiewol sie sich dessen nicht merken ließe.

Nachdem hierauf diese verkleidte Prinzessin von ihnen gegangen / mit der vertröstung / daß sie ihnen folgenden tags erzehlen wolte / was ihr / seit daß sie verloren gewesen / in Damasco begegnet: ließe die Mehetabeel ihre verwunderung gegen der andern beiden v \llig aus / die sie ob dieser sonderbaren begebenheit gesch \pfet hatte; welche ihr dan / was für ein großes werk sie ůbernommen / auf den andern morgen zu eröffnen / [172] versprache. Damit begaben sie sich zur ruhe: deren sie so lang genossen / bis die morgenr \te herfůr brache / und ihre stralen durch die fenster in der Fürstinnen kammer fallen ließe. Weil sie dan / erwachend / sich gleich erinnerten / wovon sie sich zu bereden ihnen fürgenommen hatten / eileten sie auf zu stehen / und sich an zukleiden. So bald solches verrichtet war / verschlossen sie sich zusammen in ein cabinet / und finge Ahalibama also an / die andere beide anzureden.

Es ist / liebste basen! leider aller welt bekant / in was betrübten und fast verzweifelten zustand unser Seirisches haus stehet / daß / allem ansehen nach / der gänzliche untergang unsres geschlechts für der tůr sei / und der billig erzürnte Fürst von Edom / wegen der unserigen unerh \rt verübter grausamkeit / den garaus mit uns machen werde. Bei so elender beschaffenheit /zeiget uns der himmel ein unvermutetes frömdes glück / indem es sich gefůget / daß auf sonderbare weise / mein bruder / mit der erbin von Syrien wird getrauet werden ohne daß sie beiderseits voneinander wissen. Und diese unwissenheit ist hierbei höchst n \tig / weil Aramenen gelůbde / nach Ninive in der Diana tempel zu gehen / und meines bruders liebe zu der K \nigin von Ninive / ihnen so fäst eingepråget ist / daß sie unmüglich davon abstehen würden / wañ es nicht durch dieses frömde mittel geschihet. So ein grosses glück / kan unser gefallenes haus einig und allein wieder aufrichten: und wann einer von unseren Fürsten Syrischer K \nig wird / ist er måchtig genug /hier in Syrien / seinen vettern ihren auf dem gebirge Seir erlittenen verlust zu ersetzen. Weil nun durch sonderbare schickung des himmels / da ich vorhin niemals hieran gedacht habe / dieses sich also angesponnen / als habe ich / [173] meinem vatterland zum bästen / mit allen kräften hiernach zu streben / mich unterwunden / damit dieses grosse werk wol und recht m \ge hinaus gefůret werden. Um des willen habe ich dir / liebste Timna! dieser tagen geschrieben / mit der Mehetabeel zu mir zukommen: damit ich / was ich bisher in dieser sache ausgerichtet / euch erzehlen /und dabei auf künftig eures guten rahts mich erholen könne. Es ist mir aber lieb / daß ich euer beider gutes vernemen spůre / und daß eure ehmalige mishelligkeiten in Seir euch nicht hintern / für das gemeine bäste unsers vatterlandes euch vertreulich und einig zu bezeigen.

Wisset demnach / liebste basen! daß ich unser grosses fürhaben dem Zophar und der Calaride entdecket: durch diese ursachen hierzu bewogen / weil wir des beistands der Syrischen Fürsten benötigt sind / üm uns bei hiesigem thron zu schůzen / und weil ich den Zophar sonderlich erhitzet wider Assyrien befunden /der neben seiner gemalin öfters gewünschet / daß ihre rechte Erbk \nigin / die Aramena / wieder m \chte gefunden werden. Als ich sie so geneigt sahe / brache ich mit meinem geheimnis gegen ihnen heraus / und sagte ihnen / wiedaß die K \nigin von Syrien / unter Disons namen / bei ihnen im haus wåre. Sie vernamen solches / mit bestürzung und freude: und bestätigte Calaride / mit der gesicht-gleichheit / zwischen dem Dison und der Aramena. Als ich nun fortfuhre / ihnen zu eröffnen / wiedaß die Ninivitische jungfrau Aramena mein bruder wäre / und daß ich vorhåtte / denselbigen mit dieser Königin durch eine list zu vermålen / damit sie / auf solche frömde weise / von ihrem gelübde abkäme: gerieten sie beiderseits in solche verwunderung / das anfänglich ihr stillschweigen mir bange / und für meinẽ bruder mich keine gute neigung bei ihnen [174] hoffen / machete. Es erwiese sich aber endlich anderst / indem der Zophar / als er alles wol bei sich erwogen / fůr Syrien nützlicher befunde / daß mein bruder / als daß der Prinz Hemor / ihr K \nig wůrde. Demnach verhieße er mir / alles dabei aufzusetzen / daß sie auf diese weise ihren eigenen K \nig bekommen / und aus der Babylonischen dienstbarkeit ledig werden m \chten. Zu diesem ende / hat er nun an seinen schwager / den Fürsten von Pildas / den vatter der Casbiane / und an seinem bruder / den Rames von Jedlaph / geschrieben / die es in ober-Syrien seither mit den Canaanitern gehalten / und sie treulich ermanet / deren seite zu verlassen / und mit ihren völkern sich Damasco zu nähern / damit / auf den notfall / wir deren mächtig seyn können. Und weil nun der alte Thebah angekommen / als wird der verhoffentlich /auf dieses des Zophars ansuchen / von den Syrischen Fůrsten antwort bringen. Also stehet ietzund diese sache / und haben wir hoch vonnöten / alles wol in ordnung zu stellen / weil in sechs tagen die hochzeit schon fortgehen soll. Ich zweifele nachgehends nicht /an dem beistand unserer grosmůtigen Königin von Ninive: die uns den betrug ja so leicht / als die Königin von Syrien und mein bruder / vergeben wird.

Ich finde / dieses schwere werk / (antwortete Timna /) von dir so wol ausgedacht / und so weislich gefüret / daß ich nichtes daran verbässern kan. Doch habe ich hierbei nur dieses zu sagen / daß ich mich sehr fürchte für dem zorn der Königin von Ninive / wan es nun wird auskommen / daß dein bruder / fast zwei jahre lang / bei ihr im frauenzimer gewesen. Ich kenne ihre grosmut / und sehe schon zuvor / wie nahe es ihr gehen wird / das hierdurch die welt wird k \nnen anlas nemen / üble urteile von ihr zu fällen. Es weiß zwar iederman / daß die Königin [175] keine nacht ohne ihre hofmeisterin / die Perseis / zubringet / und auser derselbigen niemand in ihre schlaffkammer kommet. Nichts desto weniger aber wird ihre strenge tugend ihr selbst verübeln / daß sie solang einen mann unter weibskleidern bei sich beherberget. Was wird auch Aramena beginnen (sagte die Mehetabeel /) die ihrem gelübde sehr fåst anhanget. Sie ließe zu Dedan / dem Fürsten Dison / durch mich sagen: wiedaß sie nimmermehr /als im tod / ihren orden zu verlassen gesonnen wäre. Wird sie dann wol / wann sie diesen betrug erfåret /daß ihr / an stat eines weibes / ein mann in die arme gelegt worden / sich begůtigen lassen? Dieses ist mein geringster kummer: antwortete die Timna. Dan ihr gelübde ist unrecht / und muß der / so ihrer seele wolfart suchet / dahin streben / sie zu bereden / daß sie den falschen gottesdienst verlasse. Ich wil dieses iezt nicht bestreiten / (widerredte die Mehetabeel /) sondern bloß auf das gemeine bäste unseres hauses sehen / deme des Edoms tyrannei den garaus drohet: und verpflichte ich mich hiemit / alles mit beizutragen / was zu erh \hung des Fürsten Disons gereichen mag.

Hiemit kame der schöne Dison / begleitet von der Briane / Zimene und Tirzis zu ihnen in das cabinet /und ihnen sämtlich einen guten morgen wünschend /sagte er låchlend: was gilts / euer gespråche handlet von mir / und sehe ich der Mehetabeel an / daß sie sich über meine künheit verwundert / daß ich \ffentlich in Damasco / da ich vordessen so oft gesehen worden / an die Aramena in der Juno tempel mich will trauen lassen. Hättet ihr weltliche damen auch wol so einen muht / als hierinn Aramena und ich / aus liebe zu unserer g \ttin Diana / erweisen? Sie waget es ja /an ein mannsbild / wofür sie mich hålt / sich trauen zu lassen: üm dadurch [176] allen verfolgungen der liebe abzukommen / und zu ihrem heiligen zweck zu gelangen. Ich hingegen / unterfange mich / ihr zu dienst / allen Syrern mein gesicht zu zeigen: welches / wann mich nicht ein heiliger eifer triebe / mir zu thun unmüglich seyn wůrde. Der schöne Dison hat recht / (antwortete die Mehetabeel) und unsere unterredung handelte eben von dieser seltenen und unerh \rten heurat. Es ist aber die gefahr hierbei nicht so gar groß: dan wer könte vermuten / daß die Syrische Aramena unter Disons kleidern verborgen seyn / und eine heurat mit den jungfrauen Aramena schliessen solte? solches zu glauben / ist ja so unmůglich / als es / ihm einzubilden / lächerlich seyn würde. Eher dörfte man / (sagte Timna /) den Dison für des grossen Aramenes sohn ansehen / wegen der gleichheit des angesichts: nimmermehr aber wird man ihn für dieses Königs tochter erkennen.

Dieses verlornen Prinzens namen / (erwehnete die verkleidte Aramena /) habe ich etliche wochen / wider meinen willen / füren müssen / und seinetwegen marter gnug ausgestanden. Du erinnerst dich dessen (versezte Ahalibama) zu rechter zeit. Niemand ist hier /der nicht mit mir verlangen trage / zu wissen / wie es dir ergangen. Du hast auf heute mich immer vertröstet: darum lege nur gleich dein versprechen ab! wir können diese morgenstunde nicht båsser / als zu anhörung dieser geschicht / verwenden. Ich bringe auch / eben zu dem ende / (antwortete der schöne Dison) die Briane und Zimene mit mir / als denen ich gleichfalls meine abenteur zu erzehlen verheisen. Bevor ich aber solches thue / muß iede von meinen zuh \rerinnen mir angeloben / wegen der person / von der ich erzehlen werde / weder anfrage zu thun / noch auf sie zu rahten. Dann ich wůrde gar zu treulos [177] handelen /wann ich die jenige auf einige art offenbarete / deren ich mit teuren eidschwůren angelobet / sie nicht zu melden. Wie nun alle und iede sich hierzu verpflichtet hatten / setzeten sie sich in einen kreis zusammen: worauf der schöne Dison also zu erzehlen anfienge.

Ich habe etwas so schweres übernommen / meine zwo widrige verheisungen miteinander zu erfůllen / da ich das / so mir begegnet / zugleich verschweigen und offenbaren wil: daß es mich viel mühe wird kosten /alles deutlich zu erzehlen / und dabei die personen zuverhelen / die es angehet. Wie die Königin von Ninive ihren einzug in Damasco hielte / und ich unter der Ahalibama zugeordneten bedienten / als ihr ritter / mit den andern vor der K \nigin wagen ritte / fügete es sich also / daß / wie ich eben unter die ehrenpforte kame / die man / diesen pråchtigen einzug zu zieren /aufgerichtet / mir eine kron von oben in die arme fiele: worüber ich so wol / als die / so bei mir ritten /in verwunderung geriete. Aber das grosse getümmel und geschrei / so hierauf pl \tzlich entstunde / ließe mir nicht zu / diese begebenheit mit der krone zu erwägen / sondern ich muste acht haben / wohin ich mich / neben den anderen / retten wolte für den grimmigen leuen: die so unvermutlich unter das volk kamen / auch menschen und pferde in solchen schrecken brachten / daß sich / wie bekant / dieser ordentliche einzug mit der höchsten unordnung und verwirrung endete.

Mein scheu-gemachtes pferd / rante mit mir eine gasse auf / die andere nieder / bis es sich endlich in den zügel / der mir entfallen wer / verwickelte / und also zu boden fiele. Ich kame noch so glücklich herunter / daß ich nur eine geringe wunde an dem bein davon brachte. Wie nun dieser fall nahe vor eines vornemen Syrischen herrn palast geschehen / als kamen etliche dienerinnẽ / weil sonst niemand [178] zu hause war /aus mitleiden zugelaufen / und brachten mich in eine kammer: da sie mir alle handreichung thåten / und selber meine wunde / so gut sie konten / verbanden /weil kein wundarzt in der noch anhaltenden verwirrung zu bekommen war. Die angst und der schrecken hatten mich so gemeistert / daß ich ganz krank davon wurde / und mich ein fieber anstiesse: deswegen mir auch von diesen barmherzigẽ dienerinnen zu bette verholfen / und meiner nach möglichkeit gepfleget wurde. Weil ich nicht wuste / wo ich war / und überdas die sorge hatte / meinen eltern / für die ich damals den statthalter und die statthalterin von Syrien noch halten muste verrahten zu werden: als bate ich die ümstehende / mein daseyn geheim zuhalten / und zu verhůten / das auser ihnen mich sonst niemand m \chte zu sehen bekommen. Ich gabe damit ursache /das ihrer aller fůrwitz / mich zu kennen / zugenommen.

Wie nun also die erste nacht verwiechen / und ich /gegen den morgen erwachend / allein zu seyn vermeinte / sahe ich eine dame / die ich wol kennte unfern von meinem bette bei meinem tische sitzen / welche ihr haupt auf den arm gelehnet / und in ihrem schoß die kron ligẽ hatte / die mir bei gestrigem einzug in die arme gefallen war / und die ich halb-unwissend mit in dieses haus gebracht hatte. Ach frömdes verhångnus! (hörete ich sie zu ihr selber sagen /) das mich dem jenigen in die hände liefert / der leider mehr als zu sehr in meinen herzen wonet! Hiemit seufzete sie etliche mal / und die kron betrachtend / sagte sie ferner: Gerechter himmel! zeigest du nicht hierdurch /daß dieser schöner Dison unser K \nig Aramenes sei? deme du die Syrische kron so wunderbarer weise in den schloß fallen lassen / üm dadurch zu weisen / daß er unser herr werden solle? Als sie diß gesaget / sahe sie sich [179] nach mir üm: da ich dan gleich die augen zuthåte / mich anstellend / als ob ich schliefe / damit ich mehr vernemen m \chte. O teurer schatz! (sagte sie / als sie sich meinem bette genåhert /) dich besitze ich nun / sonder daß ich weiß / wie ich mich bei diesem glück verhalten müsse. Wie sol ich dir offenbaren /daß dein wunderglanz mich zu deiner gefangenin gemacht / daß deine sch \nheit mich so bezaubert / daß ich vergesse wer ich bin / und daß du mich verm \gliche dinge hoffen heisest? Die viele seufzer verwehreten ihr fortzureden / und als sie hierauf eine weile noch bei mir in der kammer verharret / ginge sie ganz leise wieder hinaus / üm mich nicht aus meinem schlaff zu bringen.

Also wuste ich nun / in wessen behausung ich gerahten war: und sorgete ich nicht so sehr / daß diese dame / so meinen eltern befreundet / mich / nach erkennung meiner person / in ihre hånde liefern würde /als bang mir wurde über ihrer verspürten liebe / welche nichts gutes nach sich ziehen kunte / weil sie eine ehfrau war / und ihrer so sehr vergessen hatte. Ich gienge demnach lang mit mir zu raht / was ich beginnen solte / und hielte wol für das båste / wann ich bald zu dir / liebste Ahalibama! wieder gelangen künte. Ich sahe aber kein mittel / ohne erlaubnus meiner wirtin solches zu erlangen: zumal ich / wegen des schadens am schenkel / und wegen zugestossenen fiebers / nicht abzukommen vermochte. In solchen gedanken war ich noch begriffen / als eine dirne zu mir in die kammer trate / die nach meinen zustand fragte /und ihre frau bei mir anmeldete / die da kommen wolte / mich zu besuchen.

Bald darauf stellete sich diese dame bei mir ein /und bezeugte so grosses mitleiden / ůber meinem zustand / als sonderbares vergnügen / daß sie mich bewirten konte. [180] [182]Ich fragte gleich nach dir / liebste Ahalibama! ob du auch unbeschädigt den wilden leuen entkommen / wärest. Sie erzehlte mir hierauf nicht allein / wie es euch allerseits ergangen / und wie man mich für todt hielte; sondern sie ließe auch alsofort ihren eifersüchtigen wahn blicken / daß ich dich lieben můste. Als ich ihr sagte / wie sehr ich verlangete / dir / als meiner Prinzessin / kund zu thun / wie es mir ergienge / weil ich versichert wäre / daß du meinetwegen betrübet seyn würdest: antwortete sie nur kein wort hierauf / sondern geriete mit guter art auf ein anderes gespräche / üm mich hievon ab zu bringen. Solcher gestalt verliefe die erste besuchung. Weil sie von ihren dirnen vernommen / wie ich sehr verlangte heimlich zu bleiben / stärkete solches ihre einbildung / daß ich der K \nig von Syrien seyn můste? Demnach befahle sie gar ernstlich / daß niemand / auser drei von ihren dirnen / und der wundarzt / zu mir kommen solte.

Gegen abend besuchte sie mich zum andern mal /da sie dan von dem Syrischen zustande weitläuftig zu reden anfienge / und mich nicht allein ihrer natürlichen neigung / die sie / als eine befreundte / zu dem Syrischen haus trůge / versicherte / sondern auch hinzu sezte / wie sie / wan der junge Syrische König solte gefunden werden / sich demselben zu dienen /glücklich schätzen wolte. Ich wandte ihr hingegen allerhand ursachen ein / warum sie nicht befugt wåre /den feind des Assyrischen hauses gutes zu thun: die sie aber alle / als geringschätzig / ablehnte / und ihre grosse zuneigung / die sie gegen dieser Aramenes in sich befünde / herfürlegte. Nach langer unterredung /brachte ich wieder auf die bahn / mein verlangen / daß meine Prinzessin wissen möchte / wo ich wäre / Sie er \tete darüber / und sagte: Es sind so erhebliche [182] ursachen / die dieses verwehren / daß mir der Dison nicht verüblen wird / wan zu seinem eigenen bästen ich solches abschlage. Hiermit stunde sie auf / und wünschete mir eine gute nacht / meine fernere antwort nicht erwartende.

Ich brachte selbige nacht sonder schlaf und sehr unruhig zu / indem ich nicht absehen kunte / was hieraus werden wolte. Weil mir hiebei die ungedult die tränen auspressete / als funde mich in solchem wesen eine von den dirnen / die unter den andern die klůgste zu seyn schiene / und bei ihrer frauen viel vermochte. Diese taurete mein wehmütiges gebärden / also daß sie mich tr \stete / und mir zu dienen versprache. Ich klagete ihr hierauf / wie daß mich dieses so bängete /daß ich die Prinzessin Ahalibama müste in der sorge wissen / als wäre ich ůmgekommen / und wie ich sie gerne eines andern verständigen m \chte / wann es mir nicht verwehret würde: dessen ursach ich nicht ersinnen könte. Sie verhiese mir / hievon mit ihrer frauen zu reden: wie sie dan auch gleich thäte / und zwar mit so guter wirkung / daß kurz darnach die dame selbst zu mir kame / nach einem kurzen gespråche von andern dingen / hiervon zu reden anfienge / und zu mir sagte: wie daß sie k \nte geschehen lassen / daß ich /durch ein schreiben / meiner Prinzessin von meinem leben / nicht aber von dem ort meiner aufenthaltung /bericht thun möchte. Ich begehrte zu wissen / worzu dan diese heimliche aufbehaltung dienen solte? da ich sie doch versichern könte / daß die Prinzessin / von Seir sich ihr tausendfåltig verpflichtet achten würde /wenn sie ihr die barmherzigkeit / so sie an mir iezt erwiese / auch wissend machen wolte. Sie antwortete /mit verwandelung der farbe: Sie glåube solches gar gern / trage aber grosse sorgfalt für meine wolfart /welche [183] erforderte / daß niemand den ort / wo ich mich aufhielte / wissen müste; und wåre es noch nicht zeit /mir dessen ursachen zu sagen / welche / wann ich sie erfahren håtte / mir erheblich gnug fürkommen wůrden.

Was solte ich / nach dieser dunkelen erklärung /machen? ich war nun fro / das ich etwas erlanget / dadurch ich dich / liebste Ahalibama! und meine ordensschwestern / als gegenwårtige Briane und Zimene /vergnügen konte. Demnach forderte ich ein tåfelein /und schriebe in ihrer gegenwart den brief / den du am abend selbigen tags entfiengest: worinn ich dir mein leben zu wissen thäte / aber meiner unpäslichkeit nicht erwänete. Die dame fragte mich / üm dessen ursache / deren ich zur antwort gabe: wiedaß ich meine Prinzessin von Seir damit nicht betrüben wolte. Ist dann die freundschaft zwischen euch so groß / (fragte sie ferner /) daß des ritters Dison unpäslichkeit / eine Prinzessin anfechten könne? Dieses sagte sie mit einem hönischen låchlen / und vieleicht befahrend /daß sie / in fernerer unterredung / ihres herzens gedanken gar zu kund machen möchte / gienge sie von mir / mich in der ungewisheit lassend / ob du / wehrteste Ahalibama / mein schreiben auch bekommen würdest. Wenig tage hernach hatte ich das glůck /dich im spazirenfahren / neben den beiden Prinzessinnen von Salem / und der Ammonide / aus meinem fenster zu ersehen.

Weil ich alles von meiner wirtin erfuhre / was in Damasco fürginge / als wuste ich schon von der ankunft der Indaride / Amesses / Cölidiane und Jaelinde / wie auch des Fůrsten von Edom: von dem sie mir erzehlete / daß er der Ahalibama fleissig aufwartete. Ich wiederstritte solches / fürgebend / wie ich zugewiß versichert wäre / das Ahalibama dem Edom keine gegenliebe erzeigen [184] würde. Worauf sie / mit eiferenden gebärden / mich fragte: ob mir dan lieber wåre / wann Ahalibama in den orden der Diana nach Ninive ginge / als wann sie den Esau liebete? Ich begehre keines! antwortete ich / wiewol mein herz mit diesem wunsch nicht einstimmete: und sagte ich es nur zu dem ende /damit ich desto verborgener bleiben möchte. Ich hatte aber hierdurch die eiversucht dieser frauen gemehret /daß sie fäst gläubete / Ahalibama und ich můsten einander lieben / und ich wåre der Aramenes von Syrien. Gleichwie sie nun das erste / durch ihre gebärden und etliche stichelworte / unterweilen an den tag gabe /also brache sie mit ihrer anderen einbildung heraus /als der aufstand in Damasco entstanden / da der gemeine pöbel dich / liebste Ahalibama! und die Prinzessin von Egypten haben wolte / auch alle Königinnen und Prinzessinnen sich auf die Kemuels burg begeben musten.

Nun ist es zeit / (sagte sie zu mir / in derselbigen nacht /) daß ich euch entdecke / was ich weiß / und was ihr bisher so vergeblich für mir verborgen gehalten. Ihr seit Aramenes / der verlorne Prinz / und unser rechter Erbkönig: verberget euch nur nicht ferner für mir / die ich hier in händen habe / was mir eure geburt mit bestätigen kan. Hiemit zoge sie eine breite gůldene armspange herfür / die ich gleich erkante / daß sie mir zugehörte: dan der alte Thebah hatte sie mir gegeben / und mich ermanet / selbige stäts zu tragen. Ich hatte sie von dem tage an vermisset / als ich in das haus dieser dame gekommen; die mir wiese / welches ich niemals in acht genommen / daß man diese armspange \ffnen konte / da ich dan diese zeilen / mit Syrischen buchstaben darinn geschrieben fande:


[185] Trage diesen band / zu deines vatters Aramenes gedächtnis: bis dir der himmel dermaleins gönnet / dessen reich einzunemen.


Sehet ihr nun wol / grosser Prinz! (fuhre sie fort /) daß ich hinter eure geheimnis gekommen bin / und zwar durch sonderbare schickung des himmels: massen ich ein werkzeug seyn kan / daß ihr euren våtterlichen thron wieder ůberkommet. Ich darf iezt nur / mit eurer bewilligung / meinen anverwandten ein wort sagen / so werden die Syrische Fůrsten und der p \vel eure seite ergreifen / und das Babylonische joch vom halse werfen. Sie wissen alle / daß ihr verlorner Prinz wieder verhanden: niemand aber / auser mir / weiß /daß ihr der jenige seit / der dem reiche Syrien seinen vorigen glanz sol wiederbringen. Verhelet euch demnach nicht ferner für mir / und gestehet mir / wer ihr seit. Erkennet auch daraus / grosser Prinz! meine liebe / und sehet wie ich für euer heil sorge trage. Verseumet ihr diese zeit / da die Babylonier im schrecken /und hiesiger p \vel in den waffen ist / dörfte dergleichen glückes-schein euch so bald nicht wieder anlachen. Wann ihr euch aber iezt eurem volk offenbaret /so werdet ihr allen gewünschten beistand von ihnen zu gewarten haben. Dieses ist die ursache gewesen /daß ich euer hierseyn / bisher so verborgen gehalten. Dan / weil fast jederman / bei dem einzug der Königin von Ninive / den sch \nen Dison fůr den Aramenes angesehen; als wůrden die Assyrisch gesinnte euch verfolget und aufgerieben haben / wann ich euch nicht dergestalt für ihrer wut bisher verborgen und bewahret hätte.

Mitlerweile sie also redete / besonne ich mich in der angst / wie ich diese ihre einbildung zu meinen nutzen verwenden wolte: und fiele mir bei / daß ich hierdurch verborgen [186] bleiben / und endlich aus ihren händen würde entwischen k \nnen / wann ich mich für den ausgäbe / für den sie mich hielte. Demnach fassete ich / in der eile / diesen schluß / ihr also zu antworten: Ich bin ja / gůtige Fürstin! dieser Aramenes / den eure sorgfalt und die zu dem Syrischen haus euch beiwonende treu / errahten hat. Ich finde ferner keine ursach / mich für der jenigen zu verbergen / die mir so grosse wolgewogenheit erweiset. Diesen aufstand des pövels haben meine freunde erreget / und muß ich hochnötig mich dabey befinden / wofern es sol zu meinem nutzen hinaus schlagen. Erlaubet mir demnach und helfet mir / liebste Fürstin! daß ich eiligst nach der Ahalibama palast kommen möge: damit /dieser grosser anschlag / durch meine abwesenheit nicht aufgehalten und růckgångig gemacht werde.

So erfreut nun diese dame sich erwiese / daß ich ihr meinen stand entdecket / so grosse bestürzung liesse sie blicken / als sie meine angehångte bitte vernommen. Sie wuste nicht / was sie beginnen solte: bis / zu ihrem glück / iemand von den ihrigen die betrůbte zeitung brachte / wie daß die Königinnen / und ihr ingesamt / wäret von dem pövel gefangen genommen worden. Unser beider entsetzen hierüber war so groß /daß ich nicht mehr daran gedachte / auf diese weise aus ihren händen zu kommen / und auch sie nicht mehr n \tig hatte / eine entschuldigung hierwider aus zusinnen.

Folgenden morgens erfuhren mir / wie es eigentlich euch allerseits ergangen war / und ließe nun meine wirtin und liebhaberin sich vernemen / wie sie den Syrischen Fürsten meinen stand offenbaren wolte. Ich hielte sie aber zurücke / einwendend / daß es noch zu frůh wäre / mich ihnen zu entdecken / und daß ich aus allen ümständen wol spürete / dieser aufstand des volkes [187] wäre nicht durch meine gute freunde erreget worden / wie ich zwar anfangs vermeinet håtte / auf deren hůlfe ich dan länger warten můste. Weil mir dieses nicht angegangen / als muste ich auf eine andere erfindung gedenken / von meiner wirtin los zu kommen. Ich hatte mir nun mühe genug gemacht / und muste stäts mit ihr von meiner künftigen regirung reden /weil nachgehends alle ihre gespräche hiervon handelten: und mischete sie ihre liebes regung so bescheidentlich allemal mit ein / daß ich nicht ursach hatte /dieselben zu beantworten / sondern / als wan ich sie nicht verstůnde / konte vorbei streichen lassen. Die eiversucht gegen dir / liebste schwester! begunte ihr auch allmälich zu vergehen / als dein fůrnemen / nach Ninive in der Diana tempel zu entfliehen / ruchtbar wurde: welches sie mir erzehlte / und dabei genaue acht auf mein gesicht gabe.

Weil sie merkte / daß ich darob mich veränderte /name sie davon ursach / mich zu fragen / ob ich dan nicht die Prinzessin von Seir liebete? Ich halte sie für meine grosse freundin / (antwortete ich /) aber nicht solcher gestalt / daß ich solte einiger massen verlangen / ihr in ihrem gelübde hinterlich zu seyn: weil ich gar zu wol weiß / wie sehr solches ihre ruhe wird befördern. Diese antwort / vergnůgte sie dermassen /daß sie sich kaum enthalten konte / solches auch mit worten / als wie durch ihre gebärden / an den tag zu geben. Und weil ich hierdurch ihren wahn von einer mitbulerin entledigt / als finge sie an / mit mir ruhiger ümzugehen. Es schiene wol / daß ihre zufriedenheit darinn bestunde / stäts üm mich zu seyn / und mich zu sehen: wie sie dann / wan sie nur konte / keinen augenblick mich verließe. Und solches wesen triebe sie so heimlich / daß niemand im haus / auser ihre drei dirnen / hievon etwas erfuhre.

[188] Ich hatte ihr gesagt / daß ich auf einen andern anschlag hoffete / den meine freunde / mich auf den thron zu erhöhen / fürhätten. Hierüber nun bezeugte sie / mir zu gefallen / ihr verlangen / daß es wol ausschlagen möchte; beklagte sich aber darneben / daß sie alsdan meiner gegenwart würde müssen beraubet leben. Ich versprache ihr aber / daß ich ihr solche nicht entziehen wolte: und / sie sicher zu machen / gewonete ich nach und nach / ihre liebe zu dulten. Ich sagte ihr aber darneben / wiedaß ich der K \nigin von Ninive jungfrau / die Aramena / auch liebete / wo durch ich ihr eine neue eiversucht verursachete: die ich doch lieber wolte auf sie / als auf meine Ahalibama / gewendet wissen / ům dadurch alle gefärliche feindschaft von dir / liebste schwester! abzuwenden. Ich kan und will nicht alle abenteůren / die ich dieser liebe wegen ausgestanden / noch unsere unterredungen erzehlen: damit ich diejenige nicht verrahte /deren ich / solches zu verschweigen / so hoch angelobet.

Ich wil aber zum ende schreiten / und berichten /welcher massen ich aus diesem hause wieder entkommen / und zu meiner freiheit gelanget. Wenig tage vor meiner hieherkunft / kame an einem morgen meine verliebte ganz erschrocken und beängstigt zu mir /und kündigte mir an / wie sie nachricht hätte / daß ihr eheherr / welcher die ganze zeit / seit daß ich bei ihr im hause mich aufgehalten / verreiset gewesen / den folgenden tag wieder in Damasco seyn würde. Ich fragte / warům sie hierob sich so bestürzt anstellete? Sie verzoge hierauf etwas mit der antwort / ließe aber endlich sich dieser worte vernemen: Mein mann ist gar zu gut Assyrisch / also daß ich sorge / er m \chte /wann er des Königs von Syrien hierseyn erfahren solte / nicht solche neigung / wie ich / für des Aramenes wolergehen / fülen. Meine wehrte Fürstin / [189] (gabe ich ihr zur antwort /) wird dan so wol thun / und mich vor seiner ankunft von sich lassen / damit ich nicht in diese gefahr möge gesetzet werden. Ich werde am sicherstẽ bei der Prinzessin von Seir leben / die ům alle meine anschlåge mit weiß. Und wo die Götter mein fürhaben segnen / werde ich nimmermehr vergessen /was mir liebes und gutes von meiner Fürstin wiederfahren ist. Dieses sagend / ůmarmete ich sie / und ließe ihr zu / daß sie ihre betrånete wangen an die meinen fügte: da dann der schmerz und die liebe sie so sehr übermeisterten / daß sie fast aus sich selber kame.

Sie wuste / gegen dieses mein begehren / nichtes einzuwenden: nur allein bate sie / daß ich noch selbigen tag bei ihr verziehen möchte. Ich bliebe von ihr unbesuchet / bis gegen nacht: da ich bereits an meiner erlösung zu verzagen anfienge / und deshalben ganz betrübt mich zu ruhe begabe. Ich war aber kaum eingeschlummert / da kame diese Fürstin zu mir / und mich schlaffen findend / legete sie ganz leise sich an meine seite. Sie konte aber solches nicht so behende verrichten / daß ich nicht davon erwachet wåre. Mein schrecken / iemand bei mir im bette zu finden / war so gros / daß es mir die zunge / aber nicht die füsse lämete / indem ich eiligst entspringen wolte. Ich wurde aber von ihr gehalten / und also angeredet: Verzeihet mir / sch \ner Aramenes! und vernemet / in welchen stand ihr mich gesetzet. Diese worte gaben mir zu erkennen / daß es meine verliebte wirtin war: und sahe ich nun allen meinen bisherigen fleis vergeblich angewandt / fůr ihr / als einer so nahẽ befreundtin meiner fraumutter / mein geschlecht ferner zuverhelen. Ich wolte also aus der noht eine tugend machen / und /ihrer verschwiegenheit mich vertrauend / ihr zu [190] offenbaren / wie daß ich nicht Aramenes / sondern Aramena wäre.

Wie ich aber eben anfahen wolte / sie aus ihrem irrtum zu bringen / trate unversehens ihr ehemann zu uns in die kammer: der zwar / selbigen morgen nach Damasco zu kommen / fůrhabens gewesen / daran aber war verhintert worden / und nun seiner gemalin /durch diese ůberraschung / eine sonderbare freude zu geben vermeinte. Die dirnen / hatten uns nicht warnen können / weil der Fůrst auch ihnen zu geschwind auf den hals gekommen. Meine verliebte bliebe mehr todt als lebendig / als sie zu so ungelegner zeit ihren eheherrn erblickete. Weil mein entsetzen nicht so groß war / als das ihrige / als begriffe ich mich bald / und raunete ihr eiligst in das ohr / sie solte sagen: ich wäre eine dirne / die sich hätte in ihren schutz begeben. Dieser warhaften lügen bediente sie sich gar wol / und ihrem herrn ihre zittrende arme entgegen streckend /verwiese sie ihm / daß er sie / an stat zu erfreuen /also erschreckt hatte. Hiernächst entschuldigte sie sich / wie sie seine ankunft nicht vermutet habe: sonst wolte sie ihr nicht / von ihme / zu dieser jungfrauen gebettet haben.

Der Fürst / so von argwan frei war / und seine gemalin herzlich liebte / stellte sich ja so beängstigt an /daß sie sich ůber ihn so entsetzet / als erfreuet er war /sie wieder zu sehen. Endlich fragte er sie / üm die iungfrau / deren sie erwehnet: da dan die Fürstin / als sie sich nun wieder erholet / ihme ganz beherzt erzehlete / wie daß ich / in seiner abwesenheit / zu ihr gekommen / und / als flüchtig für meinen anverwandten / bei ihr schutz gesuchet hätte: den sie mir auch nicht abschlagen wollen / weil ich dessen wol wůrdig wäre. Sie sagte ferner / wie daß ich mich männlicher kleidung bediente / üm desto verborgener zu [191] leben; und hätte sie mit mir eine solche freundschaft gestiftet /daß sie mich / in abwesenheit seiner / zu ihrem schlaffgesellen erwehlet. Nachdem sie dieses gesaget /hube sie den fürhang auf / und zeigete mich dem Fůrsten: den ich dan / mit wenig worten / auch ům schutz anrieffe. Er verhiese mir solches mit gar höflichen erbieten / und ersucheten zugleich seine gemalin / daß sie mit ihm in ihre gew \nliche schlaffkammer kommen wolte. Solcher gestalt liefe diese gedoppelte gefahr noch so gut ab / daß sowol meine verliebte bei ehren / als ich von ihr unerkant bliebe.

Man ließe mich den folgenden ganzen tag allein /also daß ich weder den Fůrsten noch die Fůrstin zu sehen bekame: und erfuhre ich von den dirnen / daß diese beide eheleute überaus grosse liebe einander verspüren liessen. Am folgenden tag / stellete sich meine Fürstin wieder bei mir ein: wiewol so verändert / daß allein die äuserliche gestalt ihr noch änlich war. An stat voriger freundlichkeit / schluge sie für scham die augen nieder: und da sie sonst sehr beherzt gewesen / mir ihr anligen zu entdecken / hatte sie iezt kaum so viel kraft / mit wenig worten mir ihre reue kund zu machen. Ach grosser K \nig! (hube sie seufzend an zu sagen /) wie können sie nach dem betrug /den ich meinem mann erwiesen / die gute meinung von mir haben / daß ich dem Aramenes in seinem mir-entdeckten geheimnis werde treu verbleiben. Wehrte Fürstin / (gabe ich ihr zur antworte /) urteilet nicht also von mir / sondern gläubet / daß ich eurer verschwiegenheit v \llig traue / und nunmehr verhoffe /ihr werdet mich wieder der Prinzessin von Seir überlassen / damit mein grosses fürhaben einmal zum guten ende kommen möge.

Mein König hat in allem zu befehlen: antwortete[192] sie mir. Wie werde aber ich armselige bestehen können / wann einiger Mensch in der welt erfahren solte /wozu mich die schönheit des Aramenes verleitet? Hiemit fiele sie mir zu fus / und konte für thränen kein wort mehr herfür bringen. Wie ich nun ihre reue hieraus erkante / und sie mit gewalt von der erden wieder aufgerichtet hatte / ware ich etlichmal schlüssig / zu beruhigung ihres gemütes / ihr meinen stand zu offenbaren. Doch hielte ich damit zurůcke: weil ich dadurch verrahten / und von meinem fürhaben / nach Ninive zu kommen / håtte abgebracht werden können. Ich ließe sie deshalben bei ihrer meinung / daß ich ihr Erbkönig wäre / und schwure ihr einen teuren eid /daß ich nimmermehr einigem menschen er \ffnen wolte / was zwischen uns fürgegangen. Ich vermanete sie darnebẽ / daß sie / an dieser begebenheit sich spieglend / künftig meisterin ihrer begierden bleiben solte: weil sie leichtlich dißmal in grosses unglůck dadurch gerahten k \nnen. Ihre tränen thäten lang das wort für sie / und beteurete sie mir / es sei ihr so leid /daß sie an ihrem frommen herrn diese untreu begehen wollen / daß sie deswegen nie mehr recht fr \lich werden würde: und wan sie mir / fůr die versicherung /daß ich es niemanden offenbaren wolte / mit ihrem leben dienen könte / wolte sie sich hiermit dazu anheisig gemacht haben.

Sie entdeckete mir hierauf ferner / wie sie neulich mit zweien Syrischen Fürsten / als den Husan von Chesed / und dem alten Fürsten von Hus / in ein gespräche gerahten / den Syrischen zustand betreffend: da diese beide Fůrsten solche wolneigung gegen ihrem landsherrn blicken lassen / daß sie sich nicht enthalten können / ihnen zu offenbaren / wie sie wüste / wo dieser Syrische K \nig sich aufhielte Sie håtten solches mit grossen [193] freuden vernommen / und höchstbegierig in sie gedrungen / es ihnen zu er \ffnen: so sie aber / ohne meine bewilligung / nicht thun wollen. Diesem bericht hångete sie ihr gutachten an / wie sie es höchst nüzlich für mich hielte / das ich / diesen beiden Fůrsten mich offenbarend / zu meinem grossen fůrnemen mich ihrer versicherte.

Ich erschracke / als ich hörete / daß sie mich also verrahten hatte / und besorgete / weil sie mein geheimnis diesen beiden Fürsten entdecket / sie würde es auch der Prinzessin von Salem / als ihrer vertrautsten / nicht verhalten haben. Aber sie schwure mir zu / daß sie zwar mit der Jaelinde von mir / iedoch nicht anderst / als unter des Disons namen / geredet håtte: womit ich dan muste zu frieden seyn. Nachdem ich hierauf für ihre fürsorge mich bedanket / name ich /üm sie bei ihrer guten meinung zu erhalten / diesen raht an / dem Hus und Husan mich kund zu geben /sobald es die rechte zeit seyn würde. Hiermit schiede ich aus meiner gefångnis / da mir meine verliebte einen wagen und etliche zu pferd mit gabe / die mich hieher nach Naema bringen musten / und zwar vor tags / ehe noch ein mensch im haus erwachet. Ihrem herrn hatte sie fůrgebracht / wiedaß die jungfrau / so bisher bei ihr in schutz gewesen / sie nun wieder verlassen håtte / und zu den ihrigen wieder abgereiset wåre.

Ob ich nun / mit meiner unvermuteten ankunft / alhier freude erwecket / davon wird meine Ahalibama reden k \nnen. Es war mein einiges verlangen / endlich einmal nach Ninive zu kommen: da ich dan mit nicht-geringem leidwesen verstanden / (dieses sagte sie zu der Briane und Zimene) daß ihr beide dahin abgereiset. Die erfahrung meines warhaften standes / da ich / aus des statthalters Mamellus / in des K \nigs[194] Aramenes von Syrien tochter verwandlet worden /konte meinen schluß / mein leben der Diana diensten aufzuopferen / nicht verändern: deren zu liebe ich / in diese vermeinte heurat mit meiner künftigen ordensschwester / eingewilliget.

Meine gewesene wirtin und liebhaberin / als diese zeitung ihr fůr ohren kame / geriete darüber in nicht-kleine verwunderung: massen ich solches von ihr / auf eine sonderbare weise / die ich hier nicht erzehlen kan / erfahren habe. Ich befriedigte sie damit / als ich sie wisse ließe / wiedaß diese heurat mit der Aramena nur zum schein angestellt wäre: weil diese Ninivitische hofjungfrau auch mit üm den grossen anschlag wüste / welcher unter handen wäre / mir auf den Syrischen thron zu verhelfen. Ich sezte hinzu / diese Aramena /weil sie nicht meines standes / wůrde / sonder K \nigin zu werden / mit dem namen eines kebsweibs zu frieden bleiben. Dieses letzere befrömdete meine wirtin nicht wenig / weil Aramena / durch annemung des Baleus liebe / Assyrische Königin werden k \nnen. Doch / wann sie ihr eigen exempel bedachte / konte sie der Aramena ihre liebe gegen mir nicht verůblen. Ich brachte durch solche not-lügen zu wegen / daß sie sich zu frieden gabe / und / ohn mein wissen den Husan und Hus nichtes mehr von mir zu melden / verhiese. Und ob sie es schon hernach thun m \chte / so wird es doch unschädlich und zu spat seyn / wann wir / nach verrichteter trauung / in geschwinder eile miteinander von hier nach Ninive uns auf- und fortmachen werden. Hiemit wisset ihr nun / wie es mir ergangen: und werdet mit mir gestehen / daß die grosse Diana mich wunderlich bisher gefüret habe. Ich hoffe auch / durch meine beståndigkeit / bei dieser meiner g \ttin zu erlangen / daß sie / wie bisher / alle hinternise [195] mir aus dem weg räumen und überwinden helfe.

Als hiermit der schöne Dison zu reden aufgeh \ret hatte / sagte Ahalibama: Ich muß ja gestehen / daß der K \nigin von Syrien begegnise recht frömde sind. Ich wil aber / ihr zu gefallen / und sie nicht zu beunruhigen / auf die person / die sich also in sie verliebet / nicht rahten: ob ich gleich ein und andern anzeig finde / die sie mir kentlich machen. Du must (antwortete die verkleidte Aramena /) auch nicht einmal daran gedenken / vielweniger davon reden / wann du mich recht vergnügen wilst. Wie nun Ahalibama ihr solches versprochen / sagte Briane: Wie verlanget mich doch / daß ehe wir in unsern tempel wieder kommen /unsere ehrwürdige Celia erfahren möge / wie es uns ergehet. Man solte aber nun daran gedenken / und davon ratschlagen / wie wir nach Ninive / durch ietzige kriegesflammen / kommen m \gen. Da lasset mich für sorgen: gabe Ahalibama zur antwort. Die Königin von Ninive wird ihrer jungfrau Aramena / nach volziehung der vermeinten heurat / mit einer starken begleitung schon nach Ninive fort helfen / daß man derentwegen sich nichtes wird zu befahren haben. Solte aber nicht etwan die Syrische Fůrstin / (fragte Briane /) die sich in unsern schönen Dison verliebet / ihre zusage brechen / und denen Syrischen Fürsten / unserer heimwegreise zur verhinterung / ihren vermeinten König verrahten? Ich trage deswegen keine sorge: wendte die Timna hergegen ein. Dan / wie wir von dem schönen Dison vernommen / so bauet diese Fürstin so sehr auf ihres vermeinten Königs worte / daß sie ihn / der ihr so lieb ist / wider seinen willen nicht entdecken wird.

Nach diesem und andern dergleichen gesprächen /[196] trate die Fůrstin Casbiane zu ihnen in das zimmer /welche / auf entfangene bewilkommung / der Ahalibama ansagte / wie daß ihre base / die Fürstin Calaride /sie zu sprechen verlange. Als nun die Prinzessin von Seir dahin ginge / fande sie bey dieser Fürstin / als ihrer wirtin / ihren herrn den Zophar / und den alten Thebah. Dieser alte eilete ihr gleich entgegen / ihr mit grosser ehrerbietung den rock zu küssen: und weil er versichert war / daß sie von ihme nicht erfahren / wie er des auf sie in Damasco gemachten anschlags / welchen der Fürst von Edom gehintert / ein anfänger gewesen / als stellte er sich ihr getrost unter augen. Er wurde auch von ihr auf das höflichste entfangen: weil es ihr eine sonderbare freude war / daß er / zu ihrem grossen vorhaben / als gar ein tüchtiger werkzeug / so recht gewünschet sich eingefunden hatte. Die ursach /(begunte Zophar sie anzureden) worüm ich die Prinzessin von Seir hieher zu kommen bemühet / ist diese / daß wir uns mit ihr / wegen des grossen anschlags /der Syrien und Seir zugleich vergnügen sol / bereden wollen. Der weiße Thebah / als ein treuer diener des Aramenischen geblütes / kan uns merklich hierein fördern. Und weil ich hierüber durch ihn / von meinen vettern / aus Hierapolis antwort erhalten: als wird meiner Prinzessin / nicht zuwider seyn / daß er hier seine botschaft ablege und erzehle / was Thare und mein bruder zu thun gewillet / und was es iezt in Ober-Syrien für eine beschaffenheit habe.

Als nun Ahalibama ihr verlangen / selbiges zu wissen / erwiesen / und sie sich darauf zusammen nieder gesetzet hatten / finge der alte Thebah also an zu reden: Ich vermute wol / daß der Fürst von Naema alles ůmständlich zu wissen begehret / was sich in Ober-Syrien zu getragen / seit dem der Prinz von Canaan in Hierapolis [197] angelanget / die Syrische Fürsten sich zu ihm geschlagen / und nachgehends auch der König von Canaan mit seinem kriegsheer dahin gekommen ist. Solches nun kürzlich zu berichten / wil ich anfangs nicht bergen / wie daß iederzeit mein verlangen allein dahin gestandẽ / wie ich meines Königs Aramenes hinterlassene tochter auf ihren vätterlichen thron dermaleins wieder bringen m \chte: die ich / von kindheit auf / unter dem namen der tochter des Prinzen Mamellus / verborgen seyn lassen / und nun endlich / als ich die bequemste zeit abgesehen / sie den K \nig von Canaan entdecket habe; um dadurch zu erlangen / daß der Prinz Hemor / sie heuratend / König in Syrien würde. Welcher gestalt sie / diesen meinem anschlag entgegen / kurz vor ihrer angesezten hochzeit / aus Salem / und / allem damaligem vermuten nach / in den tempel der Diana nach Ninive / entkommen sey: solches ist weltkundig / und daher dessen erzehlung unn \tig. Dieses aber gabe ursach / daß der Prinz von Canaan ihr nach Ninive gefolget / und sich daselbst an sie vermeintlich trauen lassen. Der Salma brachte uns diese freudenpost in Hierapolis / daß nämlich unsere Syrische K \nigin sich gefunden / und Hemor ihr ehgemal wåre. Auf mein zusprechen / erklärte sich alsofort Hierapolis / und folgends auch Ober-Syrien / für den Hemor; und kame dieser unser vermeinter König bald darauf an: in sůsser hoffnung lebend / daß er seine vertraute Königin / die der Aner hernach brachte / bald sehen würde. Also wurde Ober-Syrien / ohne mühe / von der Babylonischen gewalt abgerissen / und kriegte der K \nig Beor mit so glücklichem fortgang / daß alle andere städte / die noch Assyrisch waren / seiner macht sich unterwerfen musten.

Diese glückseeligkeit aber verkehrte sich plötzlich[198] in eine grosse unordnung und unruhe / als wir die betrübte post bekamen / daß die Königin Aramena / auf ihrer reise durch der Assyrier land / dem statthalter Aner wåre abgenommen worden: welcher / mehr todt als lebendig / dem verliebten Hemor in Lais / dahin derselbe seiner gemalin mit den Syrischen Fürsten entgegen gezogen war / diese zeitung brachte. Ich wil mich nicht lang aufhalten / mit erzehlung der verzweifelten klagen dieses verliebten / und unser aller bestürzung / die man sich wol selber fürbilden kan. Ich wil nur sagen / daß die häftige liebe diesen Prinzen die entschließung fassen gemacht / mit mir und etlichen bedienten heimlich in Damasco zu kommen / üm / wo müglich / von seiner K \nigin etwas zu erfragen. Weil ich zu Damasco wol bekant bin / als kunte ich leichtlich den Hemor verborgen hinein bringen: und kehrten wir bei einer witwen ein / die mir getreu war /also daß ich ihrer verschwiegenheit mich versichern dorfte.

Wir erfuhren von derselben / mit noch gr \sserer bestürzung / daß der statthalter von Syrien seine tochter / die Prinzessin Milcaride / wieder bekommen; daß dieselbe / fůr die Aramena / an den Prinzen von Canaan / in der Diana tempel wäre verlobet worden; und daß den abend / im tempel der göttin Gad / für deren widerfindung / ein grosses dankfest wůrde angestellet werden. Es fehlte wenig / daß Hemor nicht rasend /und ich nicht töricht hierůber wurde. Der betrogene Hemor erfuhre sich also verheuratet / an eine unbekante / die er nie gesehen / verlore alle hoffnung zum Syrischen thron / und lebte in schmerzlicher ungewißheit / wo seine Aramena geblieben wåre. Ich / der ich hierdurch mein fürhaben vernichtet sahe / ware nicht weniger bekümmert / und wuste nicht / was ich nun fürnemen [199] solte. Eine kleine hoffnung hielte uns noch auf / nåmlich diese / daß wir gedachten / Mamellus m \chte / aus list und stats-ursachen / üm die K \nigin von Syrien desto båsser zu verbergen / diese geschicht von seiner tochter ausgesprenget haben. Demnach stellten wir uns unter das volk / wie mit grosser ansehnlicher reihe die Prinzessin Milcaride nach dem tempel begleitet wurde: da uns dan der augenschein mehr als zu gewiß versicherte / daß diese nicht die Aramena ware / welche wir sucheten. Ihre annemlichkeit und sch \nheit gefiele dem Hemor nicht übel / und massete er sich ihrer dabei herfür-scheinenden traurigkeit mit an / weil er deren ein ursacher zu seyn vermutete.

Als sie in den tempel gekommen / schliche Hemor hinter den altar / vor welchem die Milcaride niederkniehete. Weil daselbst niemand auf ihn acht gabe /und er den altar hol befunde / als verkroche er sich in denselben / also das er durch ein gitter / welches unten in den altar gemacht war / ganz nahe die andächtige Milcaride betrachten / und ihre worte / weil sie gar eifrig betete / völlig verstehen konte. Ach grosse göttin! h \rte er sie sagen / du weist allein wie unschuldig ich zu diesen betruge gekommen / und daß ich nicht aus b \sem fürsatz den Prinzen Hemor also angefüret habe. Sei nur deshalben in meiner unschuld gnädig / und lenke sein herze zu mir / daß ich selbiges also möge besitzen / wie er in dem meinigen wonet. Du weist / daß eine keusche liebe / und keine wollustbegierde / mich aus der Diana tempel gebracht / und daß ich dem Prinzen von Canaan die eheliche hand gegeben / weil ich vermeinet / daß ich dieselbe wåre /die er suchete. Ach lasse / grosse göttin! den eid / den wir beiderseits gethan / unaufl \slich bleiben: und gleich wie ich hiermit mich verlobe / dem Hemor beståndig [200] zu lieben / also lenke ebenfalls sein herze dahin / daß er sich der armen Milcaride wunderbares geschicke jammeren lasse. Hiermit wurde sie / ein mehrers zu reden / von den tränen verhintert: und ware Hemor hierdurch so bewegt worden / daß er / als er mir nachgehends diß alles in unsrer herberg erzehlet / mir nicht bergen kente / wiedaß er der Milcaride hold wäre.

Weil ich / wegen des Fürsten Thare / mit den Fůrsten von Hus / und mit dem Husan von Chesed /zu reden hatte / als ließe ich diesen neuen verliebten allein / und gienge / in der nacht / nach des Fürsten von Hus palaste. Die ursach dieser besuchung war /daß die beide Fürsten Hus und Husan an den Thare glaubwürdig berichtet hatten / wiedaß ihres K \nigs Aramenes sohn wieder vorhanden wäre: Weshalben ich mich eigentlich erkůndigen solte / weil auf solchen fall / alle ratschlåge sich ändern / und die Syrische Fůrsten ihre sachen anderst anstellen musten. Diese beide Fůrsten bekräftigten mir nun / mit vielen versicherungen / daß gar gewiß der junge Aramenes in Damasco sich auf hielte: und wolten sie darüm ihre brüder / die iezt die Canaanitische seite hielten / ermanet haben / nicht wider ihr eigen båstes zu handelen / sondern sich Damasco zu nähern / üm auf den notfall ihrem König beizuspringen. Ich übername solches treulich zu berichten / und muß gestehen / daß ich nun dem sohn meines K \nigs / als wie der Aramena / die Syrische kron gönnete. Als ich / erst gegen morgen /zu den Hemor wieder kame / fande ich ihn ganz in gedanken vertieft und entschlossen / forthin diese Chaldeische Prinzessin zu lieben: worzu ihn so wol der eid / den er der Milcaride gethan / als ihre gegenliebe /neben der so lang von Aramena erdulteten hartnäckigkeit / gebracht hatten. Den verlust der Syrischen kron / achtete [201] er hierbei so groß nicht / weil ihm die Canaatische gewiß verbleibet: wie wol er nicht alle hoffnung / dieses reich noch zu erlangen / fallen ließe. Er sagte mir zwar nicht alles / was er hierbei gedachte: und muste ich solches / aus seinen thun / nach und nach abnemen und errahten. Wir reiseten ja so heimlich wieder aus Damasco / als wir waren hinein gekommen.

Nachdem wir Lais erreichet / fanden wir alle Syrer sehr bestürzet über dem / was mit der Milcaride sich zugetragen hatte. Des Hemors liebe gegen ihr / bliebe nicht so verholen / daß man dieselbe ihm nicht angemerket hätte: welches dan verursachte / daß sie mit diesem Prinzen kaltsinniger anfingen üm zu gehen /und ihn nicht mehr / wie zuvor / als ihren K \nig ehreten. Es bestunden aber nun alle unsere sachen in der unschlüßigkeit: weil kein raht sich finden wolte / wie wir bei dieser veränderung uns anstellen solten. Der Babylonier und Niniviten anzug / welche unter fürung des Sinears und Tharsis nach Hierapolis gingen /kame uns auch damit zu ohren: welches dem Hemor nach Hierapolis eilen und schlüßig machete / weil er der Syrischen hülfe allgemach zu mistrauen anfienge /von dem Beor seinen herrvattern / der mit seinem heer unfern Cadytis stunde / geschwinde hülfe zu begehren / und Hieropolis wider diese ankommende zu schützen.

Die Fürsten Thare / Rames / Cyniras / Ezer / Akan und meine vettern der Gahan und Maacha / blieben zu Lais: welche / als ich ihnen / von den Fürsten Hus /die zeitung anbrachte / wie Aramenes der sohn unsers K \nigs sich wieder gefunden hätte / mir hingegen des Fürsten Zophars an sie abgelassenes schreiben zeigete / darinnen gemeldet wurde / daß die lang bisher verborgen-gewesene Aramena / unter månlicher [202] kleidung / und unter des Disons namen / allhier in Naema sich bei ihnen aufhielte. Weil nun diese ihre Erb Prinzessin / durch eine mit dem Fürsten Dison von Seir seltsam angestellte heurat / von ihrem Dianen-gelůbde erledigt werden / und zu ihrem reich gelangen solte: Als wurden sie ingesamt / als redliche Syrer / daß sie doch / dieses werk durch ihre hülfe zum guten ende zu fordern / fůr ihre angeleheit achten / und den eifer / den sie bisher der unrechten Aramena zu dienst erwiesen /nunmehr der rechten zu wenden möchten. Ich kan nicht sagen / wie diese unvermuteen zeitung mich erfreuet / und fehlet nicht viel / daß ich alsofort den Hemor hätte wissen lassen / wie es üm die verlorne Aramena stünde. Weil aber / dieses Prinzen gemüts- änderung / und der der Aramena beharlicher widerwille mich hiervon zurück hielten: als wolte ich eher nichtes anfahen / bis ich hieher gereiset / und alles mit ümständen vernommen hätte. Die Syrische Fürsten haben nun diese erklårung mir mitgegeben / daß sie kein bedenken tragen / den Fůrsten Dison von Seir /durch ehlichung ihrer Königin / zu ihrem herrn zuerwehlen: iedoch mit der bedignis / wann er / sich bei dem thron zu schůtzen / ihm getrauete / und wan die zeitung von ihrem wiedergefundenen König / (welche Hus und Husan für gewiß beteureten /) unrichtig solte erfunden werden; auf welchen fall / ihrer aller neigung sich mehr nach dem Aramenes / als nach der Aramena und dem Dison / wenden würde. Ich muß nun gestehen / daß ich ůber allem diesem so unschlüssig worden bin / daß ich in meiner lebenszeit nie mich ärmer an raht / als für dißmal / befunden habe.

Ich vermeine / (sagte Ahalibama / nachdem der Thebah seine rede beschlossen /) ich wisse etwas / so des Thebah [203] verwirrtes gemüt k \nne wieder zu recht bringen / wann ich euch nämlich sage / daß die einbildung des Hus und Husans falsch gewesen / indem sie meinen ritter Dison / von dem ihr nun wisset / daß er die Syrische Aramena ist / für ihren Erbprinzen Aramenes gehalten. Ich wil euch dan ůmståndlich berichten / wie es damit zugegangen. Hierauf widerholete sie ihnen alles / was Aramena ihr diesen morgen erzehlee: doch verschwiege sie hierbei / was die verliebung der Syrischen Fürstin betraffe.

Durch diesen bericht / wurde des getreuen Thebah gemüte dermassen wieder aufgerichtet / daß er sagte: Nunmehr erkenne ich daß alles ausgesprengte geschrei von einem noch-lebenden Aramenes falsch und nichtig gewesen: und schliesse fästiglich / daß der Prinz dieses namens / in der Philister lande / mit eilf jahren verstorben seie. Die gleichheit der Aramena mit unsrem verstorbenen König / die in ihren / als des vermeinten Disons schoß / herabgefallene Syrische kron / und die einbildung dieser frauen / welcher die Aramena solches weis gemachet / die es nachmals dem Hus und Husan wieder geoffenbaret / haben dieses gerüchte verursachet. Was ist aber / (fiele ihm Zophar in die rede /) von denen längst vorher ausgestreuten zetteln zu halten / welche gleichwol so gewiß / der ankunft des noch lebenden Aramenes / uns versichern wolten? Wann hieran etwas warhaftes gewesen wäre / (antwortete Thebah /) so wůrde / bei jetziger unruhe in Syrien / dieser vorhandene Aramenes nicht gesäumet haben / den Syrern sich zu zeigen: weil er ja keine bässere gelegenheit / als diese / überkommen k \nnen / sich auf den thron zu setzen. Und gesetzet /er stelle sich noch ein / so kan er ja leichter die kron von seiner schwester / als von des Belochus händen /entfangen. [204] Hierauf fragte Thebah nach der zeit und andern ümständen / die bei der bevorstehenden hochzeit wären in acht zu nemen: und als ihn Ahalibama berichtet / daß innerhalb sechs tagen / und zwar auf der Kemuels-burg / die trauung geschehen würde / befande er zu seinem vorhaben / welches ihme beigefallen / die zeit zu kurz / dem ort aber sehr bequem. Um des willen / machte Ahalibama sich anheisig / durch die Casbiane / welche selbigen tag nach Damasco fahren wolte / bei der Königin von Ninive zu erlangen / daß die hochzeit noch auf sechs tage solte verschoben werden.

Der alte Thebah name ihm auch fůr / folgenden morgens nach Damasco zu reisen / üm / mit dem Hus und Husan sich hiervon zu unterreden. Weil er aber inzwischen in Naema verborgen zu seyn verlangte /als begabe er sich allein in den garten: mitlerweile Ahalibama / neben ihrem wirt und wirtin / wieder zu der andern gesellschaft ginge / und mit ihnen das mittagmal hielte. Er ůberlegte daselbst weitläufig bei sich selber / wie am bequemsten dieses grosse werk / fůr Syrien / anzustellen seyn m \chte. Er war derjenige gewesen / der den ietzigen krieg über Syrien gezogen: und fande nun / nach veränderten ümständen / daß dadurch sein zweck nicht war erreichet worden. Demnach gienge nun sein wunsch dahin / wie man der Canaaniter mit ehren wieder los werden k \nte. Bildete er ihm den Beor für / so erinnerte er sich / daß denselben am meisten / die liebe zur Ahalibama / zu diesem krieg antriebe: vermeinte er derowegen / wann man ihm diese Prinzessin / es geschåhe nun gleich mit ihrem willen oder unwillen / k \nte in die hånde spielen / er würde gern dafür Syrien unbekrieget / und selbiges reich seiner Ahalibama brudern überlassen /[205] auch / auf den fall der noht / diesem seinem schwager wider die Assyrier beistand leisten. Stellete er dan ihm den Hemor für augen / so konte dessen neue liebe / seiner einbildung nach / leichtlich die oberhand in ihm erlangen / daß er / seine Milcaride zu überkommen / alle andere ehrsüchtige gedanken wůrde fahren lassen.

Die beide Fürsten Hus und Husan zu gewinnen /kame ihm hiernåchst am schwersten für: massen er sich ihrer ehmaligen gespråche wol erinnerte / da sie fästiglich der meinung gewesen / wann ihre Erb K \nigin sich wieder fände / so můste dieselbe einen vom Assyrischen hause heuraten / damit friede zwischen Syrien und Babel bliebe. Demnach besorgte er / wann er ihnen sagen wůrde / daß Aramena vorhanden / und einen Fürsten vom gebirge Seir heuraten solten / sie wůrden dann alles rükgängig machen. Demnach fassete er nach langem überlegen / diesen schluß / den Hus und Husan / wie auch die andern Syrischen Fůrsten zu Lais / bei ihrer einbildung zu lassen / daß der schöne Dison der junge Aramenes / ihres K \nigs sohn / der Königin von Ninive jungfrau Aramena aber / der Fürst Dison von Seir wåre: da dann die ümstände ferner geben würden / was er hiervon diesen beiden Fürsten fürdichten můste. Er vermeinte auch / wann er sie also gewonnen / daß alsdann der gr \ste stein / von dieser so glorwürdig- als gefåhrlichen unternemung /gehoben seyn / und mit denen übrigen Fůrsten zu Lais / es nachgehends sich leichtlich schicken würde.

Als er nun dieses alles bei sich fäst gestellet / auch dem Zophar entdecket hatte / reisete er am folgenden morgen noch in der demmerung / von Naema hinweg /und erreichete Damasco / kurz nach aufgang der sonne. [206] Nachdem er vor des Fürsten von Hus palast abgestiegen / fande er / zu gutem glůck / alle in Damasco sich befindende Syrische Fůrsten daselbst beisammen / auser dem einigen Elihu / den sie nicht mit in ihren raht genommen. Sie berieten sich eben mit einander / wie sie sich hiebei anstellen solten / da sie aus Lais die nachricht erhalten / daß ihre brüder die Canaanitische seite gänzlich verlassen hätten: an stat aber / unter den Belochus / oder dessen statthalter /den Mamellus / sich wieder zu begeben / der erscheinung ihres verhandenen K \nigs Aramenes erwarten /und für denselben ihr gut und blut aufsetzen wolten. Sie erfreuten sich alle / als sie den klugen Thebah erblicket: dan jeder von ihnen seinen raht hoch verehrte. Nachdem sie ihm die erwehnte ursach ihrer versamlung er \ffnet / und hingegen / was ihn ietzo zu ihnen brächte / von ihm zu wissen begehret / begunte er sie also anzureden: Ich hätte ja nicht gewünschter ankommen k \nnen / weil ich die eigentliche nachricht mitbringe / von dem / wovon ihr iezt handlet. Unser Aramenes ist verhanden / und hält sich unbekant auf /unter Disons namen / bei der grosmůtigen Prinzessin von Seir der Ahalibama. Seinen ganzen lebenslauf euch hier zu erzehlen / ist iezt unnötig: weil wir von wichtigern dingen zu reden haten. Ich wil nur sagen /daß er / mit dem dapfern Fürsten Dison / der Ahalibama brudern / grosse freundschaft gemachet: welcher durch wunderbare schickung des himmels / bisher /unter der Aramena namen / im Ninivitischen frauenzimmer gelebet.

Ein allgemeines verwunderungs-geräusche / entstunde bei den Syrischen Fůrsten / als sie dieses vernamen; und wie solches sich wider gestillet / fuhre Thebah [207] also fort zu reden: Dieser Dison / unsers Aramenes vertrautester freund / stellet ietzo die braut für /mit deren unser König / hier in Damasco / und zwar auf der Kemuelsburg / sich wil trauen lassen: üm dadurch diesen seinen freund / von des Baleus liebe und ietzigem seinem stand / zu erledigen / auch nachgehends seiner in seinem grossen fůrhaben sich zu bedienen. Solches sein vorhaben ist / unter dieser hochzeit / sich seinen stånden zu offenbaren / und ihnen zu zeigen / wie ihn der himmel / sie von der Babylonischen dienstbarkeit zu erlösen / beim leben erhalten. Bei euch wird es nun stehen / der entschliessung unserer brüder zu Lais bei zu pflichten / die fůr ihn ihr gut und blut wollen aufsetzen: und wird solches alles gar leicht von statten gehen / wann ihr hierinn meinem getreuen raht folgen wollet. Es wäre keiner von uns würdig / (sagte hierauf der alte Hus /) sich der blutfreundschaft des grossen Aramenes zu berümen / wan wir dessen erben nicht wolten mit allen kråften beistehen. Und ob ich zwar iederzeit gut Assyrisch gewesen / so gehet doch nun dieses bei mir über / und wil ich mein leben / auch all mein hab und gut / gern daran wagen / üm diesen thron seinem rechten erbherrn wieder zuzuwenden.

Als nun / mit gleichem eifer / die anderen auch geredet / baten sie den Thebah / ihnen seinen ausgesonnenen anschlag kund zu thun: welcher dann dieser war / daß sie den Cyniras / in der nacht / wann die vermeinte hochzeit des Disons und der Aramena angesetzet wäre / mit seinen v \lkern nahe für Damasco solten růcken lassen; Da der Nahor und Elhanan / so zwei thore in Damasco bewacheten / die Syrer einlassen / und mit denen die Kemuelsburg sonder mühe einnemen und besetzen [208] könten. Wann sie nun diese in ihrem gewalt hätten / würde es sich nachgehends schon weiter geben. Und wann sie hiermit einig wåren / wolte er gleich hinaus zu den andern nach Lais sich verfůgen / sowol dieserwegen mit ihnen sich zu bereden / als auch sich zu bemühen / daß der K \nig Beor /indem sie ihm die Ahalibama einzuliefern verhiesen /sich für sie zum zweiten mal erklären möchte. Als sie nun alle diesen fürschlag beliebet / und ferner / was zu einem so grossen fürhaben nötig / abgeredet hatten / ließen sie / ům keine zeit zu verlieren / den alten Thebah wieder abziehen; und begaben sich voneinander / üm keinen Assyrier einigen argwan von ihrer geheimen unterredungen zu geben.

Der Nahor / und der junge Elhanan / giengen nach dem grossen k \niglichen garten / alwo sie wusten /daß die K \niginnen neben den andern sich befinden wůrden. Sie erfuhr daselbst / wie die ganze gesellschaft folgenden tags / zu wasser / nach Naema hinaus fahren wolte: massen / zu dem ende / schiffe bestellet wurden / die am morgen solten in bereitschaft stehen. Es vername auch Nahor / wie die schöne Delbois dem Prinzen von Assyrien verwiese / daß er noch nicht die Aramena zu Naema besuchet hätte: welchen fehler zu ersetzen / dieser Prinz ihm fürname / dieser fart mit beizuwonen. Weil er vom Thebah gehöret hatte / wer Aramena wäre / als bestellte er ihm ebenfalls ein schiff / aus begierde / so wol diesen helden /unter der Aramena kleidung / als seinen König unter des Disons namen / zu sehen. Weil man die Prinzessin Milcaride auch mit nemen wolte / als ersuchte die schöne Delbois hierüm den statthalter / der eben auch zugegen war: welcher dan verwilligte / daß seine tochter / der Königin befehl zu gehorsamen / sich einfinden [209] solte; wiewol Calaride es nicht mit ihr so gemachet / daß sie ursach hätte / dieselbe zu besuchen. Es wurde aber nachmals diese spazirfart / weil folgenden tags ein starker regen und ein håftiges wetter einfiele / bis auf den dritten tag verschoben: da dann solche mit sonderbarer vergnügung / auf dem Pharphar /volzogen wurde.

Weil die jungfrau Aramena nicht mehr / wegen ihrer wunden / der kammer hůten dorfte / als ware sie / neben den andern / mit am ufer / als diese königliche gesellschaft ankame: da sie dan ohne seufzen ihre sch \ne Königin nicht anzusehen vermochte / als welcher sie nun bald auf ewig gute nacht sagen solte. Weil / zwischen dem ufer und des Zophars schloß /eine sch \ne wiesen lage / als gingen sie / ehe sie in das haus eintraten / eine weile daselbst spaziren. Die schöne Delbois name den Prinzen Baleus bei der einen / und ihre Aramena bei der andern hand / da sie zu dieser im fortwandeln sagte: Der Prinz von Assyrien hat meist diese besuchung angestellet / ům zu sehen / wie du dich befindest. Als solches der Prinz bekräftigt hatte / antwortete Aramena: sie danke den himmel fůr ihren zustand / fürnemlich aber darům /daß eines so grossen Prinzen wunden / durch die ihrigen / auf so edle weise / wären verändert und verbässert worden.

Eine schamr \te ůberzoge hierauf des Baleus wangen / und als er zu antworten verweilte / sagte für ihn die sch \ne Königin: Aramena hat nicht durch die wunden / welche sie von der frömden Prinzessin entfangen / den Prinzen von Assyrien geheilet / sondern durch diejenigen / die ihr der schöne Dison gemachet; wodurch er bewogen worden / sich eben so / wie sie /doch auf längere beständigkeit / von der schönen unbekanten verwunden [210] zu lassen. Ihr seit / liebste schwester! mein guter fürsprecher / (fiele ihr der Prinz in die rede /) und finde ich mich euch verbunden / daß ihr die můhe nemet / meinen ietzigen wandel bei der schönen Aramena zu entschüldigen: die wenigst hieraus erkennen wird / wie ich gesinnt bin / ihre ruhe zu befördern / indem ich ihr einen verdrießlichen liebhaber entziehe. Der Prinz thut wol / (sagte Aramena hinwiederüm) daß er bei seinem stande / gleichwie ich bei den meinigen / verbleibet.

Dieses unangeneme gespräche abzureissen / begabe sich die sch \ne Königin auf andere dinge zu reden /und zoge Milcaride / Ahalibama und Calaride mit in ihre unterredung: welche letzere sich eben mit der Milcaride bekant machete / und sich gegen ihr entschüldigte / daß / die lieb / zu ihres Königs tochter /ihr ehmals dieses an die hand gegeben hätte / sie an stat der Aramena / in den Ninivitischen tempel zu bringen. Milcaride sagte hierauf: wiedaß sie ihr solches gern vergebe / und allein wünsche / daß ihr vorhaben / in beständiger ruhe zu setzen / daurhafter seyn möge. Die K \nigin von Ninive / widersprache diesem wunsch der Milcarinde; und Calaride sowol / als Ahalibama / sich aus des Thebah erzehlung erinnernd /daß sie der Hemor liebte / sagte ihr soviel fůr von dieses Prinzen geschicklichkeiten / daß Milcaride / die ohndas bekümmert war / durch diese erinnerung zu noch mehrern gedanken gebracht werde.

Weil aber die sch \ne Königin / ihrer Aramena bräutigam / nicht unter der gesellschaft sahe / fragte sie nach dem Dison / und bekame von der Ahalibama zur antwort / daß er sich ein wenig übel befände: Dan dieser sich für der Milcaride / mit welcher er / als Aramena / in Ninivitischen tempel sehr bekant gewesen / nicht viel [211] wolte sehen lassen. Also sahen der Nahor / und der alte Hus / welcher auch mit in der gesellschaft war / daß sie sich vergebens bemühet hatten / diesen ihren König zu sehen. Es vermeinte aber die Königin von Ninive / diese unpäslichkeit wåre ursach / daß Ahalibama üm aufschiebung der hochzeit durch die Casbiane bitten lassen: welche aber eine andere ursach einwendete. Unter solchen gesprächen / kamen sie endlich in das haus: da Zophar und Calaride nichtes sparten / ihre hohe gäste wol zu bewirten / und soviel erhielten / daß sie etliche tage daselbst bei ihnen verblieben. Endlich fuhren sie wieder ab nach Damasco / daselbst zur hochzeit des Disons und der Aramena anstalt zu machen: die drei Seirische Fürstinnen / aber nebenst der braut und dem bräutgam / blieben zu Naema / von dar sie solten / einen tag vor der hochzeit / aus Damasco / mitgew \nlichem gepränge abgeholet werden.

[212]
Das Zweyte Buch
Geschichte der teutschen Prinzessin Hercinde
Geschichte der teutschen Prinzessin Hercinde.

Die Prinzessin / deren lebenslauf ich mir zu beschreiben fůrgenommen / stammet her / auf mütterlicher seite / von dem alten Assyrischen geblůte / nämlich von dem Prinzen Trebeta / des Ninias brudern / den dieser K \nig verjaget: daher er sein glůck in entfernten landen suchen muste / und sich in Celten begabe /da er die stadt Trier gebauet / und sie nach seinem namen genennet. Er hatte aber / neben seinen nachkommen / mit den Celtischeñ und Teutschen Königen unaufhörlich zu kriegen: welches dan / zwischen seinem geschlecht und den andern Celten / zur erbfeindschaft gedyen. Zu des K \nigs Bojus und seines bruders des Marsius zeiten / waren des Trebeta nachkommen also herunter gekommen / daß sie die eingeno ene Länder meist wieder verloren / und sich in die wälder und gebirge zu verkriechen / genötigt wurden: da dan ihre haubtstadt Trier der König Bojus einbekame / und das Königliche geschlecht der Trebetier bis auf etliche wenige ausgerottet wurde. Unter den überbliebenen ware auch / die sch \ne Prinzessin Arovinda: in die sich der König Marsius verliebte / und wider den willen des Bojus seines bruders sie heuratete.

Hieraus nun entstunde / der unversönliche haß zwischen diesen beiden brůdern: der endlich dem Marsius anlaß gabe / aus Celten zu fliehen / und seiner gemalin zum Assyrischen thron habendes recht hier in Asien zu suchen. Nicht dieses allein aber ware die ursach dieses bruder-hasses; sondern es kame noch dazu / daß der König [222] Marsius den aus Kitim verjagten König Hesperus / mit dessen beiden schwestern / der Valentia und Hesperia / in seinen schutz genommen /welche ihr leiblicher bruder / der Italus Kitim / verjaget hatte. Weil nun dieser mit dem K \nig Bojus im bund stunde / als konte es dieser gegen dem Marsius seinem bruder nicht ungeantet lassen. Dieses habe ich mit wenigen vor-anfüren sollen / damit nachfolgende meine erzehlung desto verständlicher seyn m \chte.

In dieser unruhe wurde von der Arovinda / auf einem bergschlosse / daß der Fürstin Hesperia zugehörte / die Prinzessin Hercinde geboren: und zwar eben zu der zeit / da ihr herrvatter / der K \nig Marsius / der grausamen verfolgung seines bruders / aus Celten / hieher in Asien / entweichen / und seine sterbende Arovinda zurück verlassen muste. Die Fůrstin Hesperia / die einen Teutschen Fůrsten zum gemal gehabt / und denselben / in einem von den lezten kriegen wider den König Bojus / verloren hatte / name die erziehung der kleinen Hercinde ůber sich: die sie dan /so treulich / als heimlich für den Bojus / verrichtete. Es liesse sich aber / bald von zarter kindheit an / bei dieser Prinzessin eine soviel schönheit und eine so dapfre tugend blickẽ / daß man wol von ihr hoffen konte / sie wůrde in beiden stůcken sonderbar werden. Alle ihre belustigung / bestunde in kriegerischen und manlichen ůbungen / als etwan pferde zuzureiten /oder ein wildes thier zu erlegen / oder mit dem bogen zu schiessen / und mit der schleuder zu werfen. Dieses / neben ihrer grossen schönheit / machte weit und breit das gerüchte von ihr reden: dannenhero die Hesperia ihr nicht getrauete / sie långer für dem Bojus zu verbergen / welcher / wann sie ihm wäre kund werden / sie seiner wut würde aufgeopfert haben.

[223] Diesem nun fürzukommen / brachte sie die Hercinde an den hof ihres schwagers / des Lucus K \nigs der Aborigener / welcher ihre schwester die dapfere Valentia geheuratet hatte: alwo sie / fůr dem Bojus sicher / und nach ihrem kriegerischen gemüt bequemer /leben konte. Der junge Prinz Tuscus Sicanus / des Königs sohn / fienge gleich an ihre sch \nheit anzubeten: bekame aber einen ungleichen mitbuler an seiner mutter brudern / dem alten König Hesperus / der / wie ich anfangs berichtet / aus Kitim war von seinem bruder veriaget worden / und nun / nach der abreise seines ehmaligen beschützers / des Königs Marsius /sich bei diesem seinem schwager aufhielte. Lucus und Valentia / welche beiderseits die sch \ne Hercinde herzlich liebten / wünscheten nichtes mehrers / als sie zur schwiegertochter zu überkommen / und hielten sie von tag zu tag wehrter / iemehr sich ihnen ihre unvergleichliche edle natur zu erkennen gabe: welche freundschaft sie dan mit so grosser gegenbezeigung erkante / als wenig ihr gemüt sonsten geneigt war /des Tuscus Sicanus / oder des Hesperus / liebes beginnen anzunemen.

Diese beide / merketen einander bald ab / daß sie an einer krankheit lagen / und fiengen daher an / in ehmaliger vertreulichkeit kalt zu werden / und jeder auf des andern thun und lassen acht zu geben. Sie neideten einander / und kamen doch ståts bei der Prinzessin zusammen. Hesperus / als ein K \nig / und des andern mutter bruder / vermeinte den vorzug zu haben: welchen ihm aber der Prinz der Aborigener bestritte / als ein Prinz voll hoffnung / einen thron zu erlangen / da der andere nichtes zu hoffen und überdas zimlich viel jare auf sich hatte. Es fielen öfters entfindliche und harte worte zwischen ihnen: da aber Hercinde ihre entzweiung / [224] durch ihren grossen verstand / meisterlich wieder beizulegen wuste. Und weil sie meist auf dem jagen sich bei ihr befunden / als gabe sie diesen ihren beiden aufwartern / in ausspürung der wilden thiere / so viel zu schaffen / daß sie selten gelegenheit überkamen / von andern dingen mit ihr zu reden. Sie konte auch dergestalt sie beide in den schranken der ehrerbietung halten / daß keiner von ihnen sich unterfahen dorfte / seine gemütsneigung ihr zu entdecken.

Sie war von natur eine feindin der liebe / und tadelte nichtes an dem Tuscus Sicanus / als dieses / so sie für ein laster hielte: ihr fåst einbildend / man k \nne unmüglich zugleich dapfer und verliebt seyn. Die K \nigin Valentia wolte / ihrem sohn zum bästen / ihr diese meinung durch ihr eigenes beispiel benemen: weil sie den ruhm einer dapfern heldin hatte / und doch dabei den Lucus / ihren herrn / liebete. Aber Hercinde ließe solches dahin gestellet seyn / und gabe für / sie hätte ein unüberwindliches gemůt / deme nichtes / als der tod / angewinnen solte. Weil Tuscus Sicanus noch jung war / als erwartete Valentia von der zeit die änderung dieser ihrer meinung / und drunge nicht so sehr in die Hercinde / üm nicht dadurch sie noch hartnåckichter zu machen. Hingegen bemühte sie sich / ihrem bruder diese liebe aus dem sinn zu reden: richtete aber anders nichtes damit aus / als daß dieser alter Hesperus in seiner liebe verborgener wurde / und sich für ihr zu hůten anfienge.

Wie es nun an des Lucus hof diese gestalt hatte /erfuhre man daselbst / wie daß der König Italus seine beide Prinzen und Prinzessinnen / den Morges und Sicorus / die Electra und Roma / von Trier abholen ließe / da sie bisher waren erzogẽ worden: und daß des gewesenen [225] K \nigs der Janigener / des Blascons /sohn und tochter / der Camboblasco und die Hermione / sie begleiten würden. Die erbitterte geschwistern / der Hesperus und die Valentia / aus begierde /sowol an ihrem bruder / als an ihrem feinde dem Blascon / sich zu råchen / machten hierauf einen anschlag auf diese königliche personen / und ließen ihnen vorwarten / als sie über das hohe gebirge der Alpen reisen wolten. Wiewol nun der dapferen Camboblasco /neben dem Morges und Sicorus / mutigen wiederstand thäten / musten sie doch endlich sich gefangen geben: da sie dann / mit grossem frolocken / an des Lucus hof gebracht / und wiewol sie an dem / was ihre eltern gethan hatten / ganz unschuldig waren / aus grausamer rachgier / zu einem schmälichen tod verdammet. Um aber hiemit dem Blascon / der sich zu Trier aufhielte / und dem K \nig Italus in Kitim / desto weher zu thun / ließe man sie auf ein bergschloß bringen /und überall aussprengen / wiedaß die kinder des Italus und des Blascons würden hingerichtet werden.

Der grosmütigen Hercinde gienge dieses fürnemen sehr zu herzen / und kunte sie solches nicht billigen: wiewol sie selber dem Bojus nicht gut war / weil er ihr geschlecht auszurottẽ gesuchet; aber auf eine l \blichere art an ihm sich zu rächen verlangete. Sie fassete demnach einen solchen haß gegen dem Hesperus / und hielte ihn für so nichtswert / daß er kaum sich mehr erkůnen dorfte / für ihre augen zu kommen. Dem Tuscus Sicanus war dieses eine hohe freude / der dan / ihr åmsiger als vorhin aufzuwarten / sich befliesse. Und weil er / wie sie / sein misfallen über dem beginnen der seinigen bezeugte / brachte er damit zu wegen / daß sie sich mit ihm in verträulichere gespräche einließe / und endlich mit ihm [226] abredete / diese gefangene Prinzen und Prinzessinnen los zu machen. Der verliebte Prinz hierzu von tugend und liebe angereget / setzete alle betrachtungen hintan / üm allein seiner Prinzessin sich gefållig zu machen. Als nun die zeit / so sie hierzu bestimmet / erschienen / und alles in bereitschaft war / stelleten sie sich beide an / als wolten sie / auf etliche tage / ein jagen anstellen: und weil man dessen bei hof an ihnen schon wol gewonet war / als vermutete niemand / daß etwas anders dahinter stecken möchte.

Also eileten sie / mit ihren bestellten und zusammen gebrachten leuten / nacht und tag fort / bis sie an das bergschloß kamen / welches mit einer starken wacht beleget war. Tuscus Sicanus / seine Prinzessin für gefahr zu bewaren / vermeinte die kriegsleute sei nes herrvattern zu bereden / daß sie freiwillig eingelassen würden: aber Hercinde befande solches nicht für ratsam / in erwägung / daß man ihnen den rückgang verwehren möchte. Demnach růstete sie sich zum stürmen / und wie solches handwerk gleichsam ihr element war / als glůckte ihr dieser kůne anschlag so wol / das sie / neben dem Prinzen / dieses berghaus erstiege / und alles niederhauend / ihr einen freien paß zu den gefangenen Königlichen personen \ffnete. Diese / so an nichtes weniger / als an ihre erlösung /gedachten / sahen mit bestürzung ihre befreierin zu ihnen in das gemach eintreten / in welches schloß zusammen zu kommen / der haubtman ihnen erlaubet hatte. Als sie vernamen / daß es fürnemlich die dapfere Hercinde wäre / deren sie ihre freiheit zu danken hatten / geschahe solches von ihnen mit ja so grosser verwunderung als erkentlichkeit: und schaueten die beide brüder aus Kitim / der Morges und Sicorus /und der Prinz der Aborigener / einander sonder [227] haß an / sich mehr erinnerend / daß sie zusammen geschwister-kinder waren / als daß sie an ihrer eltern feindseligkeit hätten gedenken m \gen.

Diese Prinzen / neben der erlösten Hermione /Electra und Roma / hafteten noch in bestůrzter freude / und konten ihre so unvermutete erl \sung nicht begreifen: als gegen der nacht unversehens ein neuer auflauf entstunde / und ein ruffen / wie daß die burg abermals erstiegen würde. Wie nun die Prinzen /neben der Hercinde / hinaus und diesem geschrei zu liefen / fanden sie zwar ihre leute fechten / aber mit so schlechtem fortgang / daß die fr \mde ankommende sich eben meister von der maur sahen / als diese dazu kamen. Die mutige Hercinde / so keine gefahr scheuete / eilete dem fürer dieser frömden entgegen / mit demselben sich in einen kampf einlassend: welcher beiden das leben würde gekostet haben / wan man sie nicht / wiewol beiderseits schwerlich verwundet / und fast onmåchtig / von einander gebracht hätte. Es war aber dieser frömder / der Prinz Jethur von Hevila: welcher aus begierde / fr \mde reiche zu suchen / gar biß in das entfernte Celten gereiset / und eine geraume zeit am Trierischen hofe / (wiewol heimlich / und aus sonderbaren ursachen / die in diese erzehlung nicht gehören / unbekant /) sich aufgehalten. Die sch \nheit der Prinzessin Roma hatte ihn so eingenommen / daß er nicht allein ihr daselbst aufgewartet / sondern auch in ihrem abzug ihr nach Kitim zu folgen willens gewesen. Wie er aber nachmals / in der Aborigener land / von ihrer gefängnis vernommen / hatte ihn die liebe zu dieser entschließung getrieben / seine Prinzessin zu erlösen.

Als er nun von der Hercinde solcher massen verwundet worden / erkanten ihn / bei dem schein der herbei [228] gebrachten fakeln / die Prinzen Morges / Sicorus / und Cambloblasco / fůr ihren alten freund / den sie zu Trier erworben / und gleich vermutend / es würde dieses zu ihrer erl \sung angesehen seyn / rieffen sie / daß man mit aller tåtlichkeit ferner einhalten solte. Also ward im augenblick wieder friede / und truge man den verwundten Jethur / wie auch die schier onmåchtige Hercinde / in zwei absonderliche gemächer / alda mit allem fleiß nach ihren wunden gesehen wurde: Dan die erloste Prinzen und Prinzessinnen für sie beide gar besorget waren / als für die jenigen / die wegen ihrer befreiung in solchẽn stand gerahten. Als Jethur erfuhre / daß er eine Prinzessin verwundet / die so wol / als er / für der andern freiheit gefochten hatte / wurde er darům sehr bekümmert / und fårtigte / weil er es selber nicht zu thun vermochte / den Prinzen Morges an sie ab / seine entschuldigung dieserwegen bei ihr abzulegen. Hercinde vergabe ihm gern / was er ihr hierinn zuwider gethan / und lobete überdas seine treu und dapferkeit / die er hierdurch an seinen freunden und an ihr erwiesen. Es ist leicht zu erachten wie /für allen / der Tuscus Sicanus üm seine Prinzessin sorgfältig worden / als er sie in solchem zustand gesehen. Alle nur ersinnliche pflege / wurde ihr / so wol von ihm / als fürnemlich von den dreien Prinzessinnen / geleistet.

Als die gr \ste gefahr vorbei war / und sich bei ihr das blut gestillet hatte / gedachte sie mehr an das heil der andern / als an ihr eigenes / und triebe sie ingesamt an / ihre reise nach Kitim zu dem König Italus zu beschleunigen / bevor der Lucus / und ihr abgesagter feind der Hesperus / ihrer befreiung innen wůrden. So ungern sie nun ihre woltäterin verließen / so nötig wurde doch solches befunden. Also reiseten / die vier kinder des Italus / [229] neben dem Camboblasco und dessen schwester / aus diesem ihrem gefängnis hinweg: die ungemeine grosmut der Hercinde und des Tuscus Sicanus / bis an den himmel erhebend. Weil die Prinzessin Roma ihren geliebten Jethur / wegen seiner wunden / alda zurück lassen muste / als entfohle sie ihn der Hercinde auf das treulichste / und bate ihn /daß er sie auf allen notfall / wider den K \nig der Aborigener / in schutz nemen wolte. Als sie hinweg waren / färtigte Tuscus Sicanus gleich einen boten ab / an seinen herrvattern / und thäte ihm zu wissen / wie ihn und die grosmütige Hercinde die erbarmung angetrieben hätte / diese unschuldige personen / über welche man ein so strenges urteil fällen wollen / zu erledigen: nicht fürchtend / daß der König dieses ihr beginnen so gar ungůtig aufnemen würde / daß er deswegen keine vergebung zu hoffen haben solte.

Als der bote in des Lucus hof ankame / und diesen verlauf der erledigung erzehlet / stritte in des Lucus gemüte die verwunderung und der unwille: da leichtlich die erste in ihm die oberhand wůrde behalten haben / wann nicht der Hesperus wåre dazu gekommen. Dieser deutete des Prinzen Tuscus Sicanus beginnen so übel aus / daß der König sein schwager bewogen wurde / seinem sohn auf ein zeitlang das reich zu verbieten. Hercinde aber wurde / wieder nach hof zu kommen / beruffen. Die K \nigin Valentia reisete selber dahin / ihr in dieser krankheit handreichung zu bieten: da sie dan den Prinzen im begriffe fande / dem strengen befehl des K \nigs zu gehorsamen / und sich hinweg zu machen.

Nichtes fiele ihm hierbei schmerzlicher / als daß er die Hercinde verlassen muste: und zwar bei dem Hesperus / [230] seinem mitbuler / der sich nun seiner abwesenheit bedienen wůrde. Bei diesem abschied / stellte er die stäts beobachtete ehrerbietung ein wenig auf die seite / uñ entdeckte sich seiner Hercinde etwas kecker / als er sonst m \chte gethan haben. Sie wolte aber von dergleichen ganz nichtes hören / und so hoch sie ihn versicherte / daß zeit seiner abwesenheit / weder der Hesperus / noch iemand anderer / ihme bei ihr würde schaden k \nnen / so wenig hoffnung gabe sie ihm hingegen / daß ihme solches worzu nützen solte. Ja sie erklårte sich frei gegen ihme / daß sie weder ihn /noch einigen menschen / also / wie er es wůnschete /lieben könte; und m \chte er das für ein grosses zeichen ihrer sonderbaren hochachtung fůr seine person erkennen / daß sie gegen ihn / nach seiner so künen erklärung / ihren unwillen nicht völlig blicken ließe /den sie darüm hinterhielte / weil es sie schmerze / daß er üm tugend willen / also übel von seinen herrvattern angesehen / und sein dapferes beginnen ihm so übel belonet wurde. Der arme Prinz / muste sich hiermit abweisen lassen: ware aber doch etlicher massen zu frieden / daß er in der hoffnung dorfte abscheiden / in seiner abwesenheit keinen glůcklichern mitbuler zu überkommen Valentia / wiewol sie ihrem sohn diese that auch verwiese / ließe doch / zwischen ihrem zorn / die můtterliche liebe herfůr blicken: daß also der Prinz nicht ursach hatte / sich über sie zu beschweren. Doch muste er / gleich den andern tag nach ihrer ankunft / hinweg reisen: und begehrte seine fraumutter an ihn / daß er nach Asien gehen und an des Marsius Königs von Basan hof sich begebenssolte.

Die grosmütige Hercinde truge hierauf sorgfalt / für den Prinzen Jethur / den ihr die Roma so hoch anbefohlen hatte / und brachte bei der Valentia zu wegen /[231] daß er wol in acht geno en / und ihm als einem ausländer alles zu gut gehalten wurde / was er in ersteigung des bergschlosses begangen hätte. Wie nun seine und der Hercinde wunden gånzlich geheilet waren / reiseten sie wieder nach hof ab: da ein kleiner verweis / den sie vom König entfienge / alle der Hercinde straffe war / die sie hierum leiden muste. Aber die plage / die ihr der Hesperus antäte / ware ihr viel schwerer und unerträglicher: massen er ståts üm sie war / und ihr von seiner liebe fůrsagte / auch ihre harte antwort und unfreundliches bezeigen sich im geringsten nicht davon abhalten liesse. Der wackere Jethur hielte sich auch fleissig zu der Hercinde / und fande ihre schönheit und gesellschafft so vollkommen / daß er von diesem hof nicht sehr hinweg eilete / sondern gar willig an einem ort / da er so gern war / sich aufhalten liesse.

Es hatte aber das gerüchte / wie der König Lucus /so wol des Königs von Kitim / als auch des Blascons kinder / welche letzere des Königs Bojus aus Celten schwester / die Martinde / zur mutter hatten / wolte hinrichten lassen / sich überall ausgebreitet: welches dan / wiewol sie schon wieder befreiet waren / ursach gabe / daß die K \nige von Celten und Kitim den Lucus mit heersmacht überzogen / üm dieser wegen an ihm sich zu råchen. Die Aborigener aber waren /wider diese gewaltige feinde / unerschrocken / und teileten sich in zwei haufen: da Lucus den ankommenden Celten / Valentia aber / mit ihrem bruder dem Hesperus / und mit der Hercinde / dem Italus Kitim ihrem bruder entgegen zoge. Diese Valentia / war des kriegens wol gewonet: daher sie ein grosse mänge weiber abgerichtet hatte / welche mit ihr pflegten zu feld zu gehen / und auch diesen zug mit verrichteten. Die freudige Hercinde thåte [232] von der welt nichtes lieber / als diese reise / und beredte auch den Jethur /daß er / als ein freiwilliger / ohne annemung eines kriegs-amtes / sich hierbei gebrauchen ließe. Er weigerte sich zwar anfangs / wider den vatter seiner Roma zu fechten: weil aber Hercinde diese betrachtung nur verlachete / und seine dapferkeit / auch daß er diesem zug aus dankbarkeit beiwonen müsse / für die gutthaten / die ihme an des Lucus hof wiederfahren / ihm fürhielte / ließe er sich bereden / und war im feld stäts der Hercinde zur seiten: deren frisches wesen / und unermüdete wachsamkeit / er nicht gnugsam bewundern konte.

Wie nun die beide heere gegen einander zu stehen gekommen / und nur ein weites thal zwischen sich hatten / das sie voneinander scheidete: war die hitze und der eifer bei der Valentia und dem Hesperus so groß / daß sie alsofort auf ihren ankommendẽ bruder /den Italus / wolte los gehen. Dann ihr haß gegen diesen König / war so håftig / daß die länge der zeit sie nicht konte vergessen machen / was ihr und den ihrigen dieser bruder zu leid gethan hatte: wordurch sich dann wahr erwiesen / daß kein haß tiefer in das geblüt einwurzle / als der unter blutsfreunden entstehet. Italus Kitim hingegen / als der noch eine neigung gegen diese seine schwester / wiewol er sie ins elend verjaget / in sich entfunde / erwiese sich nicht so hitzig /wie sein gegenpart / sondern sandte der Valentia einen seiner fürnemsten haubtleute entgegen / und ließe ihr sagen: Es befrömde ihn / daß er nicht den K \nig Lucus / an ihrer stat / hier finde / mit dem er /und nicht mit ihr / es auszufůren hätte / was ihm in der person seiner kinder wäre zu leid geschehen. Valentia ließe ihm hierauf zur antwort sagen: daß ihr herr / der Lucus / seine des Italus kinder gefangen nemen [233] lassen / sei geschehen / ům / ihre und des Königs Hesperus rache zu suchen; daher auch ihr wol anstehe / daß sie ihm dafür mit den waffen ein genügen thue / weile er das auf solche weise begehrt hätte. Nach dieser botschaft / rüsteten sich beide heere zum streit / und sobald der morgen aufgienge / brachen sie zu einander ein. Valentia und Hercinde verrichtetẽ alhier wunderdinge / sonderlich die lezte / deren arm so viele / als ihre schönheit / verwundete. Der sieg bliebe auf der Aborigener seite / und wurde der Italus Kitim zu weichen genötigt: der dan mit den seinigen eine klippe einname / die von natur so beschaffen war /daß aus ihren vielen h \len und winkeln grosse gegenwehr geschehen kunte.

Wie nun also Valentia / neben ihrem bruder / sieghaft in ihr lager wiedergekehret / wurde Hercinde gemisset / und überall vergeblich gesuchet. Dieser verlust machte den Alborigenern ihren sieg so bitter /weil sie solchen alle dieser heldin zu schrieben / daß /an stat des freudengeschreies / ein allgemeines wehklagen unter dem heer entstanden: welches sich zwar folgenden tags ein wenig wieder stillete / als man erfuhre / daß sie / wie auch der Prinz von Hevila / vom feind wåren gefangen worden. In diese gefängnis war die küne Hercinde gerahten / weil sie sich allzusehr in den feind hinein gewaget: doch erleichterte dieses ihre bande / daß sie sich hierdurch wieder in der Prinzessinnen Electra und Roma gesellschafft sahe / als welche dem K \nig ihrem herrvatter mit ins feld gefolget waren. Die Roma bezeigte sich zwar anfangs gegen dem Prinzen von Hevila gar übel zu frieden / daß er die waffen wider sie gefüret; und liesse daneben nicht eine geringe eiversucht gegen der Hercinde blicken: welche ihr aber solche bald wieder bename / als sie ihr alle ümstånde berichtete / dadurch [234] der Prinz zu diesem feldzug bewogen worden. Worauf die liebes erbarmung bei dieser Prinzessin sich bald wieder einstellete / also daß sie des gefangenen Jethur wol pflegen ließe / und durch vermittelung ihrer brüder es dahin brachte / daß er dorfte in ihre gesellschaft kommen.

Wie nun also der Italus in der klippen lage / berennte Valentia dieselbe / und bemühete sich täglich /dem feinde neuen abbruch zu thun. Eines tags / als sie mit wenigen der ihrigen sich zu nahe an die klippen wagete / brache ein grosser haufe vom feind auf sie los: unter deren månge sie hätte erligen můssen / wan es ohne den schutz eines unbekanten ritters gewesen wåre / der so dapfer für sie fochte / daß / mitlerweil er fast allein den feind aufhielte / die Königin gelegenheit bekame / sich in sicherheit zu entziehen. Dieser frömde / war ihr sohn / der Prinz Tuscus Sicanus /welcher also zu rechter zeit diese kindliche treue seiner fraumutter erwiese. Er hatte / nach seiner verbanuung von hof / noch immer in den benachbarten ländern ümher gewandert: bis das geschrei von diesem krieg ihn hieher gefüret / wo er den seinigen /und sonderlich seiner Hercinde / dienst zu leisten vermeinet. Er muste aber / wegen der vielen entfangenen wunden / und weil er sich vom feind übermannet sahe / sich lassen gefangen nemen: zu unbeschreiblicher freude des Italus Kitim / als welcher nun die beide personen in händen hatte / die der Valentia die liebsten in der welt waren. Weil er aber wol wuste / daß dieser Prinz und die Hercinde die seinigen vom tod befreiet hatten / als erwiese er ihnen alle h \flichkeit /und gewann den Prinzen / als seiner schwester sohn /sehr lieb / daß er endlich auf die gedanken geriete /ihn mit einer von seinen töchtern zu verehlichen / und zwar zugleich hierdurch frieden [235] zu stiften. Hierzu nun erkiesete er die Prinzessin Roma: weil die ältere Prinzessin / mit seiner bewilligung / bereits an den Prinzẽ Camboblasco verlobet war. Er hielte aber diese seine gedanken anfangs gar heimlich / und merkte inzwischen / daß der Tuscus Sicanus die Hercinde liebte /und der Jethur seiner tochter aufwartete: weshalbẽ er nicht vergebens befahrete / daß dieses seinem fürhaben hinternis bringen würde. Er war aber entschlossen / eher seine ganze macht daran zu setzen / als dieses nicht nach seinem verlangen werkstellig zu sehen.

Die freimütige Hercinde / bekümmerte sich in dieser ihrer gefängnis üm nichtes / als daß sie aus dem stand gesetzet war / kriegerischen ůbungen obzuligen: dan auser diesem / gienge es ihr gar wol / in gesellschaft der dreien Prinzessinnen und der Prinzen. Es lebete auch der Jethur so vergnůgt bei seiner Roma /und Tuscus Sicanus war so wol zu frieden / seine sch \ne Hercinde / ob schon von ihr ungeliebt / nur zu sehen / daß ihrer keines daran gedachte / daß sie gefangen wåren. Aber die Valentia liesse ihr / diese ihres Sohnes und der Hercinde bande / tieffer zu herzen gehen / und stunde ihrenthalber alle angst aus /welche ihr des Italus Kitim rachgier fürbilden konte. Es wolt auch der verliebte Hesperus schier verzweiflen / wan er an seine Hercinde gedachte. Diese beide gerieten hierüber zu dieser åusersten entschliessung /daß sie einsmals bei nächtlicher zeit / den felsen / darinn der Italus mit den seinigen und mit den gefangenen sich befande / unversehens stürmeten / und dergestalt in den klippen sich verstiegen / daß sie ganz von den ihrigen sich verloren / und bei anbrechendem tage / (als inzwischen / aus mangel eines anfürers / die Aborigener mit grossen verlust wieder abgezogen[236] waren) von den feinden ersehen und gefangen genommen wurden.

Der K \nig Italus / nachdem er also / auch seinen bruder und schwester / in seinen händen sahe / die ihn und die seinigen so håftig verfolgten / besonne sich nicht lang / was nun zu thun wäre / sondern befahle alsofort den seinigen / daß sie nach Kitim auf brechen solten. Solcher gestalt zoge er mit seinen gefangenen davon / die Aborigener in der h \chsten bestürzung verlassend: weil nicht allein ihre Königin / samt dem Kronprinzen / in des feindes händen blieben / sondern auch ihr König nicht im land ware. Es kame aber /nicht lang hiernach dieser ihr K \nig Lucus sieghaft wieder nach haus / nachdem er die Celten gezwungen / sein land zu verlassen / und üm frieden zu bitten. Als er nun / bei seiner ankunft / die betrübte zeitung vernemen muste / wie es seiner gemalin / ihrem bruder und seinem sohn ergangen ware: bote er eilends alles auf / was nur zum krieg sich schickete / und brache in Kitim ein / um die seinige wieder zu befreien. Italus / der solches wol vermutet / aber an stat der rache und feindseligkeit / nur mit friedensgedanken ümgienge / hatte an den gränzen seines reichs / auf ein fästes unůberwindliches bergschloß / mit seiner beute sich begeben: alda er / mitlerweil der ergrimte Lucus zum feindlichen angriff alle anstalt machete /von lauter verheuratungen gehandelt. Er liesse der Valentia antragen / daß er / ihrem sohn seine tochter zu geben / gemeinet wäre. Als er auch seines bruders liebe zu der Hercinde erfahren / bote er sich gleichfalls an / dieselbe an ihn zu verheuraten. Diese unvermutete anwerbungen kamen diesen beiden geschwistern verwundersam fůr / daß sie es für keinen rechten ernst des Italus hielten. Daher die grosmütige Valentia [237] ihrem bruder hinwiederüm zu entboten: wie sie nicht müglich gläube / daß er mit der jenigẽ gedächte in nähere freundschaft zu treten / die er vordessen ins elend verjaget; und vermute sie eher / daß man ihr den tod ihres sohnes / als seine vermälung mit der Roma /ankündigen möchte.

Der König Italus veranlassete hierauf eine zusammenkunft / da er vorher seine schwester noch nicht besuchet hatte. Das natürliche Blut / welches so viel jahre gegen einander erfroren gewesen / begunte sich an beiden seiten / in dieser ansprache / wieder zu erhitzen: also daß sie mit trånen einander ümfiengen /und unter sich eine v \llige verträulichkeit wieder stifteten / auch zu deren versicherung / ihre kinder alsofort einander versprachen. Hierauf wurde der Hesperus auch zu ihnen beruffen / welchen der Italus mit wenig worten ermanete / die geschehene dinge zu vergessen / und von ihm / einen teil der Janigener landschaft / neben der sch \nen Hercinde / anzunemen. Hesperus besonne sich nicht lang / dieses gütige erbieten seines bruders willigst anzunemen: fürnemlich / da er ihm / die besitzung der sch \nen Hercinde /welche er über alle Königreiche der welt schätzete /daneben verhiesse. Er begabe sich auch gern alles rechtes an Kitim / nun er diese glückseligkeit erlangen solte. Es wurde hierauf abgeredet / daß Valentia dem Prinzen ihrem sohn / und Italus seiner tochter / was sie zusammen geschlossen / fürtragen solten: zu welchem ende der Tuscus Sicanus gleich zu der Königin beruffen wurde / mitlerweil der König die Roma für sich kommen liesse.

Weil die Valentia wol erachten konte / wie schwer es dem Prinzen ankommen würde / seine Hercinde zu verlassen / die er so herzlich und häftig liebete: als gebrauchte [238] sie sich aller ihrer beredsamkeit / ihme die notwendigkeit dieser heurat mit der Prinzessin von Kitim fůrzustellen / und daß hierauf ihr leben / die wolfart ihres reiches / ja ihr einiges wolergehen beruhete. Sie richtete aber / mit allen ihrem grůnden / anders nichts aus / als daß sie ihren sohn zu dieser verzweifelten entschliessung brachte / lieber sein leben für ihrer aller heil aufzuopfern / und der Roma die anwartung seines reiches zu übergeben / als daß er der Hercinde solte unbeständig werden. Misglückte aber solcher gestalt der Valentia dieses ihr gewerbe / so er gienge es dem Italus mit seiner tochter nicht viel bässer: massen dieselbe durchaus nichts hören wolte von dem Prinzen der Aborigener / sondern ihrem Jethur beständig zu bleiben / höchst betraurete.

Als nun Italus und Valentia diese widerspenstigkeit ihrer Kinder einander ankůndigten / befunde der König von Kitim für gut / hieriñ die strenge zu gebrauchen / und redete mit seiner schwester ab / daß sie die harte verfarungen / die er zum schein verkehren wůrde / sich nicht solte befrömden lassen. Demnach befahle er / daß Valentia so wol / als die Hercinde und der Jethur / genau bewachet / und ohne sein wissen / niemand zu ihnen solte gelassen werden. Hiernächst liesse er den Prinzen Tuscus Sicanus / und die Roma / für sich kommen / und kündigte ihnen an /daß sie innerhalb dreien tagen sich entschliessen müsten / einander zu ehlichen: widrigen falls solte / nach verlauf derselbigen / die Valentia so wol / als Hercinde und Jethur / es mit ihrem leben bezahlen. Alles klägliche gebärden des verzweifelten Prinzen und der verliebten Prinzessin / ware vergeblich / den K \nig zu einer andern entschliessung zu bewegen: welcher sie wieder in ihre zimmer gehen / und daselbst / [239] die drei tage über / sich bedenken hiese / ob der Prinz lieber den tod seiner mutter und der Hercinde befördern / als durch ehlichung der Roma solches abwenden; und ob die Roma / eher ihres Jethurs tod / als demselben unbeständig zu werden / erwehlen wolte?

Der erste tag gienge nun ganz unschlůssig fürbei /und ließen sie dem König nichtes sagen. Den folgenden tag aber / als die auslaufende frist-zeit ihnen /wegen der Valentia / Hercinde / und des Jethur / bang und angst machete / baten sie beiderseits üm erlaubnis die Hercinde und den Jethur zu sprechen. Hierauf ließe der König / diese beide / welche bisher die ursach ihrer neuen gefängnis noch nicht erfahren hatten / in einen saal füren / und ihnen / durch einem seiner feldobristen / andeuten: Sie beide / und die Valentia /solten sich alsobald zum tod bereiten / oder den Prinzen der Aborigener und die Roma dahin bereden / daß sie einander ehlichten. Hercinde hörete / dieses anbringen / ganz kaltsinnig und sonder entfindung an: aber der Jethur konte diesen befehl / der ihme schmerzlicher als der tod fiele / sonder grausen nicht vernemen. Gleich darauf brachte man auch den Tuscus Sicanus / und die Roma / zu ihnen / und ließe also diese viere allein beisammen. Sie waren alle / auser der Hercinde / ganz erstaunet von bekümmernis / und redeten allein mit ihren tränenden augen: weil der mund / wegen der grösse ihres leidens / kein wort herfürzubringen vermochte.

Hercinde sahe die drei verliebte eine weile an / und endlich gienge sie zu der Roma / deren sie also zuredete: Wie / liebste Prinzessin! k \nnet ihr euch wol eine so leichte sache / so schwer machen? Und / wie sol sich das reimen: ihr liebet den Jethur / und begehret ihme doch nicht das leben zu retten / welches er /üm eurer liebe [240] willen / verlieren sol? wollet ihr nicht /euren sinn zu ändern / dem unwidersprechlichen geschicke / ja der gesunden vernunft / folgen? Wann ihr den Prinzen der Aborigener ehlichet / so stiftet ihr frieden zwischen euren blutsfreunden / und thut ein rümliches werk / davon die nachwelt wird zu sagen haben. Wann ihr aber einer törichten und unmüglichen liebesregung folget / so erweiset ihr damit / daß euch / (welches euch zu kleinem ruhm gereichet /) das heil des landes Kitim und der Aborigener wenig anlige: indem ihr lieber den untergang derselben und des Jethurs tod befördern / als durch einen geringen zwang dieses alles verhüten wollet. Nachdem sie dieses gesaget / name sie die Roma bei der hand / und sie zu dem Jethur fürend / redete sie denselben also an: Verzeihet mir / Prinz von Hevila! daß ich diese Prinzessin solcher massen abmane / euch beständig zu bleiben. Wofern ihr vernunft habet / und die wolfart der Roma wünschet und verlanget / so werdet ihr ja selbst sie bereden helfen lieber Königin der Aborigener zu werden / als in so unglückseeliger liebe gegen euch zu verharren. Ich lasse euch hiermit beisammen. Setzet eure liebesregungen ein wenig beiseit / und beredet euch hierüber mit eurer gesunden vernunft: was gilts / ihr werdet euch bald überwinden.

Hiermit gienge sie / von diesen beiden / zu dem Prinzen der Aborigener / den sie also anredte: von euch edler Prinz! habe ich die hoffnung / ihr werdet euch nicht so unbesinnt erweisen / daß ihr lieber eine mutter dahin geben / ja kron und tron verlieren / als eine schöne Prinzessin zu ehlichen einwilligen soltet. Ihr habt mich bisher / und zwar wider meinen willen /geliebet: dieses einige habe ich auch nur an euch gehasset. Ich widerhole euch aber hiemit meine erklärung / die ihr schon oft von [241] mir gehöret / daß ich nämlich mich nimmermehr versehlichen / und so wenig euch / als einigen menschen in der welt / auf solche weise lieben werde. Nicht spreche ich euch also zu / aus furcht fůr dem tode / den man mir drohet / wofern ihr eure liebe nicht åndert: sondern es geschihet aus mitleiden / daß ein so vernünftiger Prinz / wie ihr sonsten seit / hierinn sich so vergehen / und seinen guten nachrum meinetwegen verlieren sol. Valentia /neben ihrem sohn / sol sterben: warüm? Weil Tuscus Sicanus sich nicht übermeistern kan / eine Hercinde zu verlassen / die ihn niemals lieben wird; und eine schöne Prinzessin zu ehlichen / welche zweien häusern die gewünschte ruhe und einigkeit kan zu wege bringen. Ach grausame Hercinde! (fiele ihr hier der Prinz in die rede /) ihr verschweiget hiebei / was mich am ersten wird bewegen können. Hercinden tod / den man ihr drohet / der / der überwindet mich / daß ich /ob ich zwar niemals sie zu lieben aufhören werde /dannoch / meine hoffnung / iemals ihr felsenherze zu erweichen / verbannend / die Roma ehlichen werde. Liebet / liebet mich! (antwortete Hecinde /) nur ehlichet die Roma / mit der versicherung / daß ihr mir nun lieber seit / als vorhin: weil ich ohne die furcht euch ansehen darf / daß ihr von mir begehren werdet /was ich euch abschlagen müste.

Indem tratte die Roma herzu / samt dem Jethur /mit dem sie bisher allein geredet hatte / und sagte zu dem Tuscus Sicanus: wofern euch / Prinz der Aborigener! eure Hercinde dahin bereden können / sie zu verlassen / so wisset / daß ich ein gleiches zu thun entschlossen bin. Ich erbiete mich / euch zu ehlichen /damit mein Prinz von Hevila beim leben bleibe. Gleichwie ich aber euch iederzeit erinnern werde / die Hercinde beständig zu lieben: [242] also werdet ihr mir auch g \nnen / daß / ob ich euch meinen leib gebe /mein herz dannoch der Jethur behalte und besitze. Nachdem sie diese worte mit mühe herfür gebracht hatte / fiele sie dem halbtodten Jethur onmächtig in die arme: da dan / auf der andern ihr geschrei / von der Roma bedienten etliche in den saal kamen / und ihre Prinzessin in so elender gestalt nach ihrem zimmer brachten.

Es hatte aber Italus Kitim / neben dem Hesperus /seinem bruder / in einem verborgenen winkel / alle unterredungen dieser vier personen mit angehöret /und tratten sie beide herfür / als man die Roma solcher massen onmächtig hinweg brachte. Hercinde / als die mutigste / gienge dem Italus entgegen / und überwande sich / ungeacht sie gegen diesem K \nig / weil er solcher tyrannei sich bediente / keine hochschåtzung mehr hegete / ihn also anzusprechen: E. Maj. haben nicht ursach / ihre unschuldige schwester / die Königin Valentia / tödten zu lassen / weil ihr sohn sich bequemen wird / E. Maj. eidam zu heisen; demnach wird / der Prinz von Hevila und ich / auch hoffen dörfen / bässer als bisher geschehen / in E. Maj. schloß gehalten zu werden. Vergebet mir darfere Prinzessin! (antwortete Italus Kitim /) daß ich mich solcher grausamkeit bedienen müssen / üm / den Prinzen der Aborigener / und meine tochter / zur wahren vernunft zu bringen. Euren überredungen / die ich mit angehöret / habe ich alles zu danken / und wil ich euch dafůr meinen bruder geben / als der von eurer sch \nheit fürlängst ůberwunden ist: damit hierdurch völlig / der friede und die einigkeit / 'n unserem haus mö-aufgerichtet werden.

Als er dieses gesagt / name er den Hesperus bei der hand / und wolte ihn der Hercinde-zufüren: dieselbe[243] aber wiche etliche schritte zurück / und mit verächtlichen gebärden den Hesperus ansehend / sagte sie: wo fern man meine reden / die ich iezt gegen dem Prinzen der Aborigener gefüret / mit angehöret hat / so wundert mich / daß Hesperus meiner begehre / und der König Italus mich ihme zu geben vermeinet. Ich habe nicht darüm den Tuscus Sicanus von seiner liebe gegen mir gemanet / daß ich den Hesperus an seiner stat wehlen möchte / sondern weil ich befunden / daß / auf diesem schluß / der beiden reiche beruhigung bestehe. Es wird aber wol ruhe und friede / im lande der Aborigener und hier in Kitim / können fäst gestellet werden / sonder daß ich darüm meinen freien sinn zwinge und den Hesperus ehliche. Ihr bedenket nicht /wo ihr seit / (gabe ihr Hesperus zur antwort /) und vergesset / daß ihr vor einem König stehet / der euch alles befehlen kan / was ihm gelüstet. T \dten kan er mich wol lassen / (antwortete sie ganz hönisch /) aber nicht meinen willen ůbermeistern. Und wann ihm sein bruder lieb ist / wird er denselben nicht / auf solche gefahr / in einer wütenden frauen hände liefern. Man wird wissen / (sagte Italus hierauf /) wie man der schönen Hercinde dieses wüten beneme.

Hiemit befahle er / die Hercinde wieder nach ihrem zimmer zu bringen / und ja so stark / als zuvor / zu bewachen. Als man nun auch den Jethur wieder abfůren wolte / warfe er sich zu des Königs süssen / und bate / daß er ihn wolte tödten lassen / wofern er sein reich unbeunruhigt / und die zwang heurat seiner tochter unzerstöret verlange. Dieses begehren / (sagte der erzürnte König /) kan leicht erfůllet werden / und hätte wol / sonder diese erinnerung / geschehen sollen. Also wurde dieser verzweifelte verliebte fortgefüret / und bliebe der König entschlossen / ihn der Roma / durch den tod / aus den [244] augen zu bringen. Also ware im saal noch der einige Prinz der Aborigener übrig / welcher über dem / was mit ihm fürgegangen / so gar aus sich selber geblieben / daß er von der unterredung des Königs und der Hercinde nichts gehöret / und schier nicht wuste / ob er wachete oder traumete. Es name ihn aber der Italus bei der hand /und fürete ihn nach der Valentia: deren er dan erzehlte / wie ihr sohn / ům ihr das leben zu retten / sich nun dazu bequemet håtte / sein eidam zu werden / und solte deswegen sie hiermit ihre freiheit wieder haben. Valentia / die mit dem K \nig all dieses scheinwerk abgeredet hatte / fiele ihrem sohn üm den hals / und dankte ihm also / für die erhaltung ihres lebens. Der arme Prinz sahe sich genotdränget / zu allem ja zu sagen / was man ihm fürsagte: und überwande er sich also / üm / seiner Hercinde tod zu verhintern. Inzwischen wurde der Roma hochzeit / ungeacht ihrer schwachheit / auf den folgenden tag angesetzet.

Der König Lucus / so von allem diesem nichts wuste / war indessen drunten in grossem eifer begriffen / das schloß in einem sturm zu ersteigen: dessen aber die daroben spotteten / weil nur ein einiger steig hinauf gienge / und die burg sonst allenthalben mit jähen unwegsamen felsen und klippen ümgeben war. Italus wolte den Lucus zuvor noch etwas quålen / ehe er ihm seine friedens-gedanken eröffnete. Es streckte sich / für dem schloß hinaus / ein platter fels / welchen der Lucus recht in den augen hatte / und alles /was man darauf thåte / aus seinem lager absehen konte. Auf diesem felsen / liesse Italus die trauung des Tuscus Sicanus mit der Roma / wie auch des Hesperus mit der Hercinde / und dan die hinrichtung des Jethur / fürnemen. Zuvor aber hiesse er alle zurüstung / zur [245] hinrichtung der Valentia / des Prinzens und der andern / herfür bringen: womit er den Lucus in angst setzen / und also zwingen wolte / frieden zu begehren. Wie nun alles bereitet war / fürete man zu erst die Valentia auf den plan / mit gebundenen hånden / und umgeben von den Opferpriestern / die alle bereitschaft bei sich hatten. Dieser folgete / ihr und des Lucus einiger sohn / der Prinz Tuscus Sicanus: welcher dan im werk so elend aussahe / daß niemand zweiflen konte /er würde ernstlich zum tod gefüret. Hierauf kame Hesperus mit gebundenen händen / auch die Hercinde / gleichfals in banden / und letzlich der Jethur: welche beide man dem Tuscus Sicanus und der Roma fürstellte / als ein schlachtopfer / wofern sie die geringste weigerung / einander die eheliche hand zu geben /würden blicken lassen; wiewol / wie gesagt / der arme Jethur ohnedas den kopf hergeben solte. Auf der andern seite des felsens / erschiene der König Italus /mit der hofstatt / neben allen seinen kindern.

Die Aborigener / welche ihr König eben zum sturm anfürete / erstutzeten über dieser traurgeschicht / und der verzweifelte Lucus zerrisse seine kleider / als er seine liebste gemalin / seinen sohn und schwagern /auch die Hercinde / welche er als sein kind liebete / in so betrübtem zustand ersahe. Er ließe eiligst mit dem stürmen inn halten: vermeinend / hierdurch seinen tyrannischen schwager auf andere gedanken zu bringen. Bald aber wurde er gewar / daß man der Valentia /dem Tuscus Sicanus / und dem Hesperus ihre bande auflösete; daß dieser und jene den dritten zwischen sich namen / und dem K \nig Italus zufüreten: welcher die Roma bei der hand hatte / und sie an den Prinzen durch einen priester trauen liesse. Hierauf verschwunden alle tödliche [246] [248]zurüstungen / hingegen erschalleten die freudentrompeten / und liessen sich viel knaben mit hochzeit-fakeln sehen. Der König Lucus bliebe hierüber ganz verbaset / nicht wissend / was dieses wol bedeuten möchte.

Hierauf wurde auch Hercinde von ihren banden entlöset / und machete sich der Hesperus schon bereit / ihr die eheliche hand zu bieten. Aber diese heldin /solches zwangs ungewonet / ergriffe mit dapferer entschliessung unversehens ein schwerd von der ümstehenden einem / machete ihr damit raum zu dem Jethur / schnitte ihm die bande von den händen / warfe ihm ein schwerd zu / und winkte ihm / ihr nach zu folgen. Dieser Prinz / aus verzweifelung / daß er seine Roma verloren / håtte gern / wann es ohne diese der Hercinde grosmütige hülfe gewesen wäre / den bestimten tod erlitten. Nun aber leistete er seiner erlöserin dapfren beistand / also daß sie sich bald frei und unbehintert sahen / einen jähen felsen hinab zu steigen. Keiner von den andern wagete sich / ihnen nach zu folgen /auser einer Celtischen dame: welche / unter der Valentia die waffen führend / mit gefangen worden / und / aus liebe zur Hercinde / nicht hinter ihr bleiben wolte.

Weil ich eigentlich allein der Hercinde geschicht erzehle / als wil ich nur kürzlich hier noch anfůren /daß des Lucus sorge und bestürzung sich endlich in eine erfreuliche verwunderung verwandelt / als / ihme dieses frömde gesicht auszulegen / der Italus Kitim /neben der Valentia / dem Prinzen ihrem sohn / und denen andern / zu ihm hinab ins lager kame. Also wurde daselbst friede gemacht / und lebten folgends beide häuser in eintracht und guter verständnis: worbei man hoffete / daß des Tuscus Sicanus und seiner gemalin [248] der Roma traurigkeit sich mit der zeit auch verlieren würde.

Der betrübte Hesperus zoge hierauf nach der Janigener landschaft / die ihm sein bruder eingeraumt hatte. Er fragte auch aller orten / wiewol vergeblich nach seiner verlornen Hercinde / von welcher man nichts erfahren konte / wo sie / nach der herabsteigung von dem felsen / mit dem Jethur geblieben wäre: und ward vermutet / daß sie in diesen greulichen klippen sich zerfallen hätten / oder sonst in den sůmpfen daselbst ůmgekommen wären. Der gerechte himmel aber / so diese schöne heldin nicht so bald der welt entziehen wollen / hatte sie wunderbarer weise bewahret / und wol an ihr und dem Jethur wahr gemachet / daß kein weg / der tugend unwegsam sei: massen sie unbeschädigt die jähe klippen herab gekommen / die kein mensch jemals bestiegen hatte. Als sie sich darunten sahen / eileten sie zwischen dem hohen gebirge und vielen sümpfichten \rtern immer fort / bis sie abends in ein haus kamen / deren inwonere / so kolenbrennere waren / ihnen die herberge verg \nneten. Sie verblieben etliche tage daselbst / weil Hercinde noch unschlůssig war / und der betrübte Jethur noch weniger wuste / sowol was dieser Prinzessin fürnemen seyn wůrde / als was er selber / nach verlust seiner Roma / beginnen solte.

Endlich fassete die dapfere Hercinde den schluß /nach Asien zu ihrem herrvattern zu gehen. Sie eröffnete solches dem Jethur / und gabe ihm zu bedenken /wie wunderbar das glůck mit ihnen gespielet / da es ihn / durch raubung einer liebsten / und sie durch befreiung von zweien aufwärtern / in solchen stand gesetzet / daß sie / weder in Kitim / noch in Celten /noch in der Aborigener lande / sich sicher befanden:[249] massen der Hesperus sie in allen dreien Königreichen verfolgen / und er / der Jethur / gleichfalls nicht unverfolgt bleiben / auch darneben / wegen der Roma /in solcher nåhe stäts gequält leben würde. Demnach begehrte sie / daß er sie in sein vatterland nach Asien bringen wolte: dahin sie sehr verlangte / üm ihren vatter und bruder zu sehen / welche iezt Basan und die ümligende reiche beherrschten. So triebe sie auch ihr gemůte dahin / welches nur zum kriegen lust hätte: worzu sie alda gnug anlaß finden würde / weil die ihrigen ihr noch viel / mit dem schwerd zu erobern /übrig gelassen hätten / indem ganz Assyrien die ihrigen noch nicht für ihre herren erkennete.

Der Prinz von Hevila befande diese entschließung der Prinzessin so edel / daß er alsofort sich willigst erklårte / ihr einen geleitsman auf dieser fernen reise abzugeben. Und dieses täte er üm soviel lieber / weil nicht allein in Celten für ihn nichtes übrig war / das ihn anhalten konte / sondern auch / weil er eine sonderbare vergnůgung in der schönen Hercinde gegenwart entfande / die wider sein eigen wissen und gedenken / ihme der Roma verlust etwas ertråglich machete. Er hatte zuvor nichts als den tod gesuchet / und sich darein ergeben / vor seiner Roma augen sein leben zu verlieren: wie dann der Italus Kitim willens gewesen / diesen Prinzen / für das heil und die ruhe des reichs / aufopfern zu lassen. Nunmehr aber /wurde er andres sinnes / als er sahe / daß sein leben einer so schönen Prinzessin zu dienst konte angewendet werden. Welcher gestalt er aber diese weite reise anstellen / und fůr die Hercinde eine schickliche schutzgeleitschaft zu sich bekommen möchte / solches fiele ihm schwer auszudenken. Dann seine leute waren am hof des K \nigs Lucus zurücke geblieben /und dorfte er [250] von dar ihrer keinen / ohne gefahr verrahten zu werden / zu sich beruffen. So hatte auch Hercinde die einige Celtische dame bei sich / und wuste keine leute mehr zu bekommen / auf die sie sich hätte einiger massen verlassen können.

Es schickte es aber das gute glück / daß / als sie nun ganz sonder raht waren / auf dieser unwegsamen strasse / welche sonst nie bereiset worden / der Celtische Prinz Ingerman ungefär zu ihnen kame. Dieser war nun viel jare in entfernten landen herümgereiset /und wolte iezt nach Trier zu seinem herrvattern wiederkehren. Der Jethur kennete ihn alsobald / massen er ihn ehmals in Hevila an seines herrvattern des Mibsams hof gesehen / als er der orten durchgereiset. Demnach truge er kein bedenken / weil ihm die tugend dieses Prinzen genug bekant war / sich und die Hercinde / mit allen ümständen und zugestossenen begebenheiten / ihme zu entdecken. Ingerman / der damals die Mirina von Basan schon liebte / wurde höchst erfreut / die Hercinde / als eine schwester seiner geliebtin / zu sehen: deren er dann alles sein vermögen zu dienst anbote / sie auch dahin beredte / daß sie / in seinem geleit nach Celten zu gehen / und daselbst zu ihrer fürgenommenen weiten reise sich bässer auszurüsten / verwilligte / worzu er ihr auch selber von seinen leuten etliche mitgeben wolte. Hercinde name dieses anerbieten willigst an: zumal weil er ihr so hohe versicherung gabe / daß sie niemanden verrahten werden / sondern unfern von Trier auf einem schlosse verborgen leben solte.

Also gienge nun die reise nach Celten für sich / da unterwegs die Hercinde einen täglichen streit / wegen seiner stätswärenden traurigkeit / mit dem Jethur fůrete / und es seiner grosmut ungemåß nennete / daß er /[251] um der Roma willen / so lang sich bekümmerte. Ingerman widerstritte ihr diese meinung / und fiele dem Jethur bei: darneben anfürend / wie er sich fůr seine person also gesinnt befånde / daß er / wann ihm dergleichen unglůck mit der Mirina begegnete / er nicht mit so grosser gedult / wie Jethur / dieses leiden übertragen würde. Hercinde verwunderte sich / wie es doch möglich wäre / daß die liebe solche macht in einem verständigen herzen haben könte: und wünschte öfters / daß die beide Prinzen also / wie sie / gesinnet seyn möchten / ům / mehrer ruhe zu geniesen / und nicht in der qual zu leben / die sie also ihnen selber verursacheten. Ihr unaufhörliches zusprechen ware endlich so mächtig bei dem Jethur / daß er allgemach an die Roma zwar weniger zu gedenken / hingegen aber die sch \nheit dieser seiner reisgefärtin genauer zu betrachten / begunte. Also hatten ihre worte die kraft / ihn zwar der abwesenden Roma vergessen zu machen / aber zugleich gegen der Hercinde / wider ihre meinung / in ihm eine neue liebe anzuzünden: deren häftigkeit daraus abzunemen / weil er sich nicht zwingen konte / die jenige nicht zu lieben / von deren er wuste / daß sie nichtes so sehr / als die liebe / an ihm tadelte.

Weil der winter auf dieser ihrer reise eingefallen /da die grimmige kålte / so in Celten herrschet / sie kurze tagreisen thun ließe: als kamen sie langsam fort / musten auch / wegen unpäßlichkeit des Ingermans /der dieser rauhen luft meist entwonet / unterwegs über drei monden stille ligen / und zwar auf einem landgut / welches der Celtischen dame zugeh \rte / die mit der Hercinde aus Kitim die flucht genommen hatte. Wie nun diese dame der Hercinde sehr ergeben war / als sparete sie nichtes / sie und die beide Prinzen auf das båste zu bedienen. Sie gabe auch der Hercinde ihre tochter / die [252] angeneme Marpeis zur aufwartung: deren treue und scharfer verstand ihr die Prinzessin so gewogen machte / daß sie ihr nachgehends alle ihre geheimste gedanken vertrauet. An diesem ort erfuhren sie von einen aus der Aborigener lande ankommenden Celten / daß der K \nig Lucus / gleich nach der wiederkunft in sein reich / verstorben / und Tuscus Sicanus die kron dieses reichs aufgesetzet / aber neben der Roma in so tiefer traurigkeit fortlebte / das nichts klåglichers k \nte gesehen werden.

Ist nun nicht die liebe (sagte auf diesen bericht / die Hercinde zu dem Jethur /) eine feindselige gemüts bewegung / da sie aus verständigen so närrische leute machet / und so unn \tige unruhen verursachet / die keinen andern zweck haben / als das sie uns unser leben verbittern? Um meinet willen quälet sich so vergeblich / der Tuscus Sicanus: und die Roma vermeinet / es laufe wider die gesetze der liebe / der unmůglichkeit weichen / und euer vergessen. Wollet ihr euch nicht hieran spieglen und euren sinn zwingen / der tugend bässer nachzuleben? Wie solte man (gabe Jethur zur antwort /) so edlen und grosmütigen gesetzen / als mir die Prinzessin Hercinde gibet / widerstreben können? Hätte die Roma wahre liebe gegen mir geheget /sie würde eher den tod / als mich zu verlassen / erwehlet haben. Nun dan die unmöglichkeit mich von ihr frei machet / folge ich billig dem einrat der unvergleichlichen Hercinde / und wil forthin dieserwegen keine traurigkeit mehr blicken lassen. Ich habe euch zwar überwunden: (antwortete Hercinde) ihr seit aber noch nicht an eurer krankheit v \llig geheilet. Dan /nicht aus verachtung der liebe / sondern aus einbildung / daß die Roma nicht alle gesetze / so die liebe vorschreibet / v \llig in acht genommen / stehet ihr ab / euch ferner üm sie zu quälen.

[253] Ist dan die liebe so gar böß / (fragte Jethur /) daß sie und die tugend unmüglich beisammen seyn können? Ich vermeine es: (gab Hercinde zur antwort /) und bewegen mich / solches zu glåuben / die thaten /so die liebe bei ihren slaven würket. Man ist ja verbunden / indem man ihr folget / das fůr ein laster zu halten / was doch an ihm selbst kein laster ist: hingegen den ungehorsam gegen die obern / die eigenwilligkeit / die verzweiflung / und tausend andere dinge /für tugend zu achten / bloß weil es die liebe also gebietet. Warům aber schaffet die natur so sch \ne creaturen / (widerredete Jethur) wann man sie nicht lieben darf? Sind dan die schönheiten (fragte sie hingegen) nur darüm erschaffen / daß sie die menschen quålen sollen? und pfleget auch die liebe etwas anders / als qual zu bringen? Weder die liebe / (versezte Jethur) noch die schönheit ist es / was uns quälet: sondern die strenge und unbarmherzigkeit / die sie zu begleiten pflegen. Wann gleich die strenge überwunden ist /(wandte Hercinde dargegen ein) so bleibet doch die liebe nicht sonder marter: dan da ist eiversucht / sorge und stätige unruhe / also daß ein gemüt nie kan frei werden / seine gedanken zu dapfern tugendhaften verrichtungen zu erheben.

Das wäre (antwortete Jethur /) den grossen eltern der sch \nen Hercinde viel zu nahe geredet / deren beispiel erweiset / daß man wahre liebe und tugend wol zugleich hegen k \nne. Meine eltern (widerredte Hercinde) sind zum ehelichen stand ausersehen gewesen /und hat bei ihnen die tugend endlich obgesieget. Weil aber ich nicht also gesinnet bin / und zweien gemütsneigungen / die ich einander entgegen befinde / nicht zugleich mich überlassen kan: als wil ich bei der tugend [254] verbleiben / und dem krieg / den ich von kindheit auf geliebet / beständig nachfolgen. Die welt wird nicht untergehen / wann schon ich sie nicht vermehren helfe. Eben darum aber (gabe Jethur zur antwort) lässet der himmel so vollkommene creaturen auf erden kommen / daß sie / ihres gleichen hervor bringend /die menschenwelt zieren sollen. Ist die welt (wiederholete sie) vor meiner geburt geziert gewesen / so wird sie solches auch verbleiben / wan ich nicht mehr vorhanden bin. Eure bemühung ist ganz vergebens /mir diese gemütsregung einzureden / die ich bisher so sehr an euch getadelt: die ich auch ferner an euch tadeln werde / wann ihr nicht v \llig davon abstehet. Ich weiß hierauf weiter nichts zu sagen / (antwortete er /) als daß ich forthin / in meinem leben / nach keiner sache eiferiger streben werde / als der grossen Hercinde willen in allem mich zu unterwerfen / und ihren geboten zu gehorchen. Hiermit brache er dieses gespräch ab / weil er sich nicht geschickt befande / länger zu verhelen / was seine gemütsneigung ware. Es name aber von tag zu tag seine neue liebe dermassen zu / daß sie ihn ganz abzehrete: welches aber Hercinde alles auf die Roma deutete / und stäts fort fuhre /ihme das aus dem sinn zu reden / was ihre schönheit schon ganz daraus getrieben hatte.

Wie nun der Prinz Ingerman wieder gesund worden / reiseten sie fůrter / bis daß sie Trier erreicheten. Hercinde begabe sich / unferne von der stadt auf dem Martis-berg / zu den geheiligten Aurinien; Jethur aber verbarge sich / nicht weit davon / bei den Druyden: bis Ingerman / nach seinem versprechen / zu ihrer bevorstehenden weiten reise / sie nach notturft würde versehen haben. Die freude an des Bojus hof / wegen des Ingermans wiederkunft / war so groß / daß viel tage mit [255] freudenfesten und opfergeprängen zugebracht wurden: dieses hinterte den Prinzen / daß er für seine freunde nicht sorgen konte. Als aber dieselben vorbei waren / teilte er befehle aus unter die seinigen / daß eine anzahl wagen und pferde / auch tapfere Celtische weiber / neben welchen von seinen leuten / die mit ihm aus Asien gekommen waren / etliche meilen von Trier in bereitschaft gebracht würden: mit denen Hercinde und Jethur / über Scythien und Bactra / ihre reise fortstellen solten.

Weil aber dieses alles eine zeit von etlichen wochen erforderte / als machte die untreu eines dieners /den der Prinz wieder mit in Asien schicken wolte /und der zu so einer weiten reise keine sonderbare lust mehr hatte / daß solche reis-zurůstungen der König Bojus erfuhre. Weil nun dieser besorgte / sein sohn /dessen stätiges sagen und rümen von Asien war /deme Celten / als ein rauhes land / gar nicht beikäme /möchte unvermerkt wieder hinwegreisen: als ließe er heimlich etliche hundert man auflauren / welche befehl hatten / ohne ansehen der person / diejenigen / so mit dieser bereitschaft abreisen wolten / nach Trier einzubringen. Der Dircer / so alles beim K \nig vermochte / und ein böser ohrenbläser war / fürete diesen haufen: und muste also der redliche Ingerman / sein gutes fürnemen gehintert sehen / die dapfere Hercinde aber / neben dem Jerthur / der mänge weichen / und sich nach Trier gefangen füren lassen; wiewol sie beiderseits für ihre freiheit so mutig gefochten hatten /daß ihre überwindere es nicht gnugsam ausbreiten kunten.

Dem Prinzen Ingerman ware der Dircer sehr aufsätzig: weil selbiger gar nicht damit zufrieden war / daß der König so hoch von ihm hielte. Demnach trachtete er auf alle weise / wie er uneinigkeit zwischen vatter und [256] sohn erwecken möchte: damit also der Prinz nicht angeh \ret wůrde / wann er etwas wider ihn beginnen wolte. Hierzu nun bediente er sich dieser gelegenheit /da er dem K \nig einbildete / wie etwas sonderliches hierunter verborgen seyn müste / daß der Prinz / diese sch \ne dame und den ritter / so heimlich aus dem reich fortschaffen wollen. Also beredte er den ohndas argwänischen K \nig / daß er seinen sohn ernstlich befragen ließe: wer diese wären / denen er also davon helfen wollen / und ob nicht einige verräterei wider ihn darunter verborgen lige?

Ingerman wuste wol / daß er die Hercinde und den Jethur in lebensgefahr stürzen wůrde / wann er sie entdeckete: dan er kennte die wut des Bojus / die er gegen seines bruders kinder erwiesen / welche viel zu groß / als daß er solte barmherzigkeit ůben k \nnen. So wuste er auch / daß Jethur / wegen vieler ůmstände / sich gleichfalls nichts gutes zu dem K \nig versehen konte. Demnach weigerte er sich / dem König zu sagen / was ihm hiervon wissend war / und antete gar entfindlich des Dircers anstiftung / daß diejenige / so er in seinen schutz genommen / also übel gehalten wurden. Hierüber nun beschwerte er sich bei dem König / und vermeinte durch zu dringen / daß er die Hercinde und den Jethur wieder erlassen solte.

Aber der Bojus name hiervon mehrern anlaß / auf ihn eifrig und argwånisch zu werden / und hielte / in allem des Dircers einblasen gläubend / dieses werk für eine verråterei. Die warheit nun herfür zu bringen / ließe er den Jethur und die Hercinde vor sich kommen: die er / in gegenwart des Dircers / befragte / wer sie wåren / und was ihr fürhaben gewesen? Hercinde /die weniger / als der Jethur / sich hiebei erschrocken anstellete / weil er [257] für sie / sie aber får nichtes sorgete / sagte dem K \nig kůnlich unter augen: Sie verhele ihren namen / nicht aus furcht für ihme / sondern weil sie ihm nicht den willen thun m \ge / zu sagen / wer sie wäre. Dieser aber / (fuhre sie fort / auf den Jethur zeigend /) ist der Macres / ein ausländischer Fürst /welcher / noch für seiner abreise / der Celten h \flichkeit erfahren můssen / da man ihm die freiheit / hinweg zu reisen / verwehret hat. Durch diesen erdichteten namen / den sie dem Jethur gabe / wolte sie die gefahr von ihme abwenden / die ihm sein rechter name verursachen können.

Es ergezte aber / diese fůrsorge der Hercinde / den verliebten Jethur dermassen / daß er aller gefahr vergasse / und sich auf gleiche weise für seine Prinzessin anzustellen / den Bojus also anredete: Ich finde keine ursach / worüm der K \nig der Celten nicht solte wissen dörfen / daß diese die dapfere Celtin Marpeis sei /welche mit mir nach Asien reisen wollen. Weder Marpeis noch Macres aber / haben hier etwas zu verrichten: und ist ihre heimliche abreis-růstung nicht wider den K \nig angesehen / sondern gegen einen /der sie verfolget / also angestellet worden / welcher von der Marpeis schönheit sich zu sehr blenden und einnemen lassen. Mitlerweil Jethur dieses sagte / betrachteten Bojus und Dircer diese Prinzessin / und wurden beide in sie verliebet / auch darneben eifersůchtig / so wol gegen den Macres / als auch gegen den angegebenen verfolger dieser so genanten sch \nen Marpeis. Als man sie wieder von dem König hinwegfürete / wurde alsofort verordnet / die Prinzessin in ein bässers zimmer zu bringen / damit ihre gefängnis ihr desto leichter ankommen m \chte: Jethur aber muste wieder nach seiner ersten herberge wandern. Der grosmütige Ingerman beworbe sich zwar / sie los[258] zu machen / kunte aber nichts erlangen: und was ihm noch das unerträglichste war / so hielte man ihn selber so in der änge / daß er nicht auskommen konte / und ihme also alle mittel benommen wurden / seinen freunden zu dienen.

Weil aber nun der Dircer verliebt war / als bemühete er sich sehr / dem König den argwan wieder aus den sinn zu reden / welchen er anfangs / wegen einiger verråterei / ihm beigebracht hatte. Er brauchte hierzu nicht viel ůberredungen / weil der ebenfals verliebte K \nig gern anname / daß die schöne Marpeis unschüldig wäre. Dircer riete hierauf / der K \nig m \chte ihr etwas gütiger begegnen / und ihr alle freiheit an seinem hof / auser der hinwegreise / vergönnen: welches der Bojus bestätigte / und ferner mit ihm abredete / daß der Macres solte von hof geschaffet /dem Prinzen Ingerman aber auferleget werden / einen feldzug zu thun wider die Eusterwoner / als welche sich von ihm abgewendet / und einen eignen König gewehlet hatten. Des Prinzen schleuniger abzug / die begnadigung der Prinzessin / und die fortschaffung des Fürsten von Hevila / geschahen nun zu einer zeit: welches iedem von ihnen unbequem fiele. Dan der Ingerman verlore dadurch alle gelegenheit / der Hercinde zu dienen. Und diese Prinzessin lebte in sorgen /ausgekundschaftet zu werden / und sahe sich behintert / nach Basan zu den ihrigen zu gelangen. Der verliebte Jethur aber wurde / durch diese absonderung von seiner Prinzessin / mit aller marter beleget / die nur auszudenken seyn mag.

Weil man diesen Prinzen / unter des Macres namen / freigestellet / zu reisen / wohin er wolte / nur daß er am k \niglichen hof sich nicht mehr solte finden lassen: als erwehlte er / in dem feldzug des Ingermans wider [259] die Eusterwoner sich mit zu begeben. Er kunte aber unmüglich zu dieser abreise sich entschliessen /er hätte dan zuvor die Hercinde noch einmal gesprochen und ihr seine liebe kund gethan. Es wurde zwar diese Prinzessin so genau bewachet / daß niemand /ohn des Königs und Dircers vorwissen / zu ihr kommen konte. Jedoch / wie der liebe nichtes unmüglich ist / also ersonne Jethur diesen anschlag / und verstellte sich in weibskleider: stahle sich damit / an einem abend / unter den anderen ihr zugeordneten dirnen / in ihr zimmer hinein: da die Marpeis / welcher er sich zu erkennen gegeben / ihme gehör bei der Prinzessin verschaffete. Weil Hercinde den Jethur sehr wert hielte / als wurde sie froh / ihn sprechen zu können: nicht vermutend / daß sein anbringen ihr so zuwider seyn würde / sondern hoffend / er möchte ein mittel / sie von dannen zu bringen / ausgesonnen haben.

Ich würde euch schelten / (redete sie zu ihm /) daß ihr euch weiblicher kleidung bedienet / wann ich nicht wüste / daß man ja so dapfer seyn könne in unseren kleidern / als in den eurigen. Und weil die list nicht allemal der dapferkeit entgegen ist / als wil ich gern von euch hören / was ihr durch diesen betrug anzustellen ersonnen habet. Der Prinz von Hevila / so / in erwägung / wie Hercinde gesinnet / allen muht verloren / hatte kaum das vermögen / sie anzusehen. Er ließe sich aber zu ihren füssen nieder / welche er zum öftern unter vielem seufzen küssete / und / sonder ein wort zu sagen / in solchem wesen eine geraume zeit verharrete: bis Hercinde / unwissend und höchstverwundert / was ihm anläge / ihm ernstlich gebote / daß er reden / und dieses dunkle rätzel ihr eröffnen solte. Ach! grosse Prinzessin? (sagte er endlich) ich ziehe mit dem Ingerman fort / wider die Eusterwoner / und weiß nicht / ob ich iemals wieder vor der sch \nen[260] Hercinde augen kommen werde. Es wäre demnach unbillig / daß ihr nie erfahren soltet / was eure grosse schönheit für gewalt über mich erlanget. Ach ja! dieselbe hat mich also überwunden / daß sie mich der Roma ganz vergessen / und hingegen zu euren slaven gemacht hat. Ja / schönste Hercinde! euer unvergleichlicher glanz ist mächtiger bei mir gewesen /mich verliebt zu machen / als eure ůberredungen / der liebe abzusagen. Und ob ich schon weiß / daß kein sterblicher euer würdig ist: so wil ich dannoch / bis in den tod / die wundersch \ne Hercinde in meinem herzen anbeten und verehren. Ihr möget nun / wie euch beliebet / wegen dieser künen erklärung / über mich ein urteil fällen: welches mir nicht zu schwer fallen soll / weil es mir nicht verbieten kan / euch beständig zu lieben.

Wer damals die Hercinde gesehen hätte / wůrde bald verspüret haben / was widerwillen diese entdeckung des Jethurs ihr verursachet / massen sie ihre lebtage nie so entstellet gewesen / als sie hierüber wurde. Sie hatte / nächst dem Tuscus Sicanus / nie einigen menschen höher gehalten / als diesen Prinzen: und muste nun vernemen / daß der sie auf solche weise liebte / welche sie über alles in der welt hassete. Und da sie voll hoffnung gewesen / Jethur würde / üm ihre erledigung ihr anzukünden / zu ihr gekommen seyn /muste sie nun sich betrogen und zugleich auf das åuserste beleidigt sehen. Gleichwie nun ihn die liebe anfangs stumm gemachet / also konte auch sie / für zorn / lange nicht zur rede kommen. Endlich aber brache sie in diese worte heraus: O leichtsinniger Prinz / als iemals einen der erdboden mag getragen haben! du machest mich beschåmt / daß ich so grosses vertrauen in dich gesetzet. Weil du aber nun / nach dieser that /kaum meiner ungunst wůrdig bist / als [261] wil ich deiner so gar vergessen / als wann ich niemals den Jethur gesehen oder gekant hätte. Du hast recht bis iezt / das lezte mal / da du mich sihest / gesparet / mir zu sagen / daß du / nicht ein verständiger ritter und treuer freund / wie ich vermeinet / sondern ein nichtswürdiger betrieger gewesen. Gehe auf ewig von meinen augen / und wisse / daß du / wann ich dich iezt an einem andern ort vor mir håtte / diese mir-angethane beleidigung mit deinem blut büssen soltest.

Hiemit gienge sie von dem halbtodten Jethur hinweg / und war sie allein hierin noch barmherzig gegen ihm / daß sie / sonder ihn zu verrahten / ihn wieder aus ihrem zimmer hinweg gehen ließe. Ich wůrde mich zu lange aufhalten / wann ich alle verzweifelte reden und klagen / die der Jethur hierauf gefüret / erzehlen wolte. Er zoge / ganz entschlossen / den tod zu suchen / mit dem Ingerman davon: dem er dieses sein leiden klagte / und nur noch diesen trost erlangte / daß dieser mitleidige Prinz seinen elenden zustand betrauren halfe.

Mitlerweil nun der Celtische Prinz / gleich als von seines vatters hofe verbannet / mit den Eusterwonern kriegen muste / bediente sich Dircer seiner abwesenheit zu Trier gar wol / und sezte sich wieder fäst und völlig in die gnade / deren ihn des Prinzen ankunft bald håtte entsetzen sollen / wann er nicht / zu seinem glück / diese misverstånde angestellt håtte. Demnach beunruhigte nun diesen glůcklichen menschen nichtes mehr / als die liebe / die er zu der sch \nen Marpeis oder verstellten Hercinde gesch \pfet hatte. Er merkte auch bald / daß sein K \nig sein mitbuler wäre: daher er alle seine listen und ränke versamlete / üm so glückhaft in seiner liebe zu werden / als wie er es sonst in allen dingen zu seyn pflegte. Demnach wartete er der Prinzessin fleissig auf / ihr [262] in allem seine dienste anbietend / und diß mit solcher unschuld / und so meisterlich / daß Hercinde nicht merkte / wie sie an ihm einen neuen buler bekommen håtte. Der König war in seiner liebe nicht so heimlich / als der Dircer: daher die Hercinde mehr verfolgungen von jenem / als von diesem / ausstehen muste. Bojus offenbarete sich ihr gleich / wiedaß er sie liebte: wurde aber mit solcher ungestüm abgewiesen / dergleichen er ihme von einer gefangenin nicht vermutet hatte. Sein tyrannischer sinn / wůrde ihn gleich zur gewalttätigkeit gegen ihr bewogen haben / wann Dircer solches nicht verwehret hätte: der sich dan dazu gebrauchen ließe /wie er vorgabe / zwischen ihr und dem König zu gehen / üm sie zu dessen liebe zu bereden. In der that aber thåte er bei der Prinzessin viel ein anders / manete sie hiervon ab / und tadelte des Königs beginnen. Er setzete sich hierdurch bei ihr in ein solches vertrauen / daß sie mit ihm sich beriete / wie sie / durch seine hülfe / aus Trier entkommen möchte: worzu er sich alsobald willigst anerbote / massen er für seine liebe nichts bässers hätte erwünschen können. Wie nun alles zu seinem fürhaben färtig war / brachte er die Prinzessin / neben ihrer vertrautesten jungfrauen /ohne sonderbare mühe davon / weil er bei hof alles zu befehlen hatte. Des K \nigs gnade hierbei zu erhalten /vertraute er die Prinzessin einem / der seine creatur war / und auf den er sich verlassen dorfte: er selbst aber bliebe zu Trier / und stellte sich ja so besorgt und beängstigt an / als der König / als die flucht der schönen Marpeis ruchtbar worden. Sein getreuer /brachte die Prinzessin auf ein berghaus / so dem Dircer zugehörte: und wurde sie alda so heimlich verwaret / daß niemand von ihm deswegen argwänen konte.

Sobald nun dieser listige fuchs mit guter art vom[263] König abkommen konte / reisete er nach diesem seinem berghause / und muste die Prinzessin ihn von seiner liebe reden hören / da sie doch gehoffet / er würde ihr nun völlig davon helfen. Und weil er alle scham ausgezogen hatte / und bei seiner habenden macht alles künlich begehrte / was ihn gelůstete / als wurde hierdurch die sonst unerschrockene Prinzessin in solche angst gesetzet / daß sie / wider ihre natur / sich auf das flehen und bitten begabe / und damit diesen unmenschen abhielte / nicht alsofort / wie er vorhabens gewesen / seinen bösen willen bei ihr zu erfüllen. Er gabe ihr nun etliche wochen frist / sich zu bedenken: inner welcher zeit sie zwar wol gehalten /aber so genau bewachet und eingeschrånket wurde /daß es ihr unmüglich fiele / hinweg zu kommen. Dircer reisete inzwischen ab und zu: und wann er zu Trier war / halfe er seinen betrübten K \nig trösten /und gabe tausend anschläge / die verlorne Marpeis wieder zu finden. Es befiele aber der Bojus / vieleicht aus liebe und eifer / mit einer gefärlichen krankheit: weswegen Dircer tag und nacht üm ihn seyn muste /und nicht abkommen konte / seine gefangenin zu besuchen.

Also bekame / die beångstigte Hercinde / raum und zeit / einen von der wacht / durch hülfe ihrer getreuen Marpeis / auf ihre seite zu gewinnen: der sich bereden ließe / ein schreiben an den Prinzen Ingerman nach dem lager zu ůberbringen / in welchem sie ihm ihren elenden zustand zu wissen thäte / und seiner hülfe begehrete. Der verliebte Jethur war eben bei dem Ingerman im gezelt / als dieser brief ankame: der dan schier verzweiflen wolte / daß er seinen Prinzessin in solcher gefahr wissen muste. Weil Ingerman nicht wol abkommen konte / als versahe er den Jethur mit etlicher bewehrter manschaft von seinen Celten / und schickte ihn / die Hercinde [264] zu erledigen: der dan /unter des Macres namen / wie ein blitz forteilete / bis er in einer nacht den ort erreichete / wo seine Prinzessin gefangen saße. Er kame zu rechter zeit an / als eben der böswicht / nach wiedergenesung des Königs / sich daselbst eingefunden hatte / nun endlich seinen mutwillen an der Prinzessin zu verůben. Der dapfere Macres ließe alsofort das haus stürmen / und erstiege dasselbe in der stunde / da die gebundene Prinzessin des ehrvergessenen Dircers geile flammen külen solte. Er rante mit ungestům die kammer auf / darinn sie beisammen waren. Dircer hatte kaum zeit genommen /zum degen zu greifen / da lage er schon in seinem blut für der Prinzessin fůssen: worauf alle die seinigen niedergemacht / und die Hercinde auf freien fus gestellt wurde.

Jethur hatte das herz nicht / nach dieser that / sich seiner Prinzessin zu nähern. Sie aber / die ihn gleich erkante / gienge auf ihn zu / und sagte: Wann ihr aus andern ursachen / als aus närrischer liebe / mir diesen dienst erwiesen hättet / so wolte ich euch dafůr danken. Nun aber kan ich / über dieser erl \sung aus des Dircers gewalt / mich nicht erfreuen: weil ich dadurch nur meinen verfolger vertauschet / aber nicht vertilget sehe. Haltet mich doch nicht dem Dircer gleich / grosse Prinzessin! (gabe er zur antwort) sondern unterscheidet einen ehrerbietigen liebhaber / von einem grausamen verfolger. Ich halte dieses alles gleich /(antwortete sie hinwiederüm /) und mache keinen unterscheid zwischen dem Macres und Dircer / wofern man mir nicht alsofort meine freiheit gibet / und mich reisen låsset / wohin es mir beliebet. Die habt ihr ja /grausame! (versezte er /) und bin ich nur darům hier /euren befehl zu erfüllen / und euch / mit denen bei mir habenden Celten / dahin zu begleiten / [265] wohin ihr begehret. Die Celten neme ich an / (sagte sie) keines wegs aber ihren fürer: und werde ich / in geleitschaft dieser dapfren kriegsleute / mir schon selbst sicher fortzuhelfen wissen / daß ihr also meinetwegen den Prinzen Ingerman nicht verlassen dörfet.

Hiermit wandte sie ihm den rücken / und ließe den armseligen verliebten also stehen: der dan / aus äuserstem gehorsam gegen ihr / seinen Celten befahle und sie ersuchte / daß sie der Prinzessin gehorchen / und sie hinbringen solten / wohin sie verlangen würde. Er aber machte sich / aus verzweifelung / ganz allein hinweg: wiewol unentschlossen / wohin er gehen solte / üm einen růmlichen tod zu finden. Zu dem Ingerman mochte er nicht wiederkehren: weil ihm / aus unmut /für aller gesellschaft / und also auch fůr der seinigen /eckelte. Hercinde aber / die nun so viel dapfere Celten unter ihrem gebot sahe / wolte mit ihnen nach Asien gehen: wie sie dan alle / ihr zu folgen / sich anerboten / weil zugleich ihre schönheit und grosmut sie sämtlich zu ihren slaven machete. Nachdem sie den Ingerman / für diese zugesandte hülfe / höchlich danken lassen / eilete sie von diesem schloß hinweg: des armen Jethurs verzweiflung wenig achtend / weil sie ihn einmal für unwürdig ihrer hochachtung erkant hatte.

Auf dieser ihrer reise / kame sie durch die landschaft / worinn die Fürstin Hesperia wonete / von der sich Hercinde auferzogen erinnerte. Weil sie nun /diese ihre pflegmutter anzusprechen / verlangte / ließe sie bei ihr / wiewol sie ihrer verfolgere / des Hesperus und Italus / schwester war / sich anmelden. Diese gute Fürstin ward sehr erfreuet / zu vernemen / daß sie noch lebete: massen man sie für gewiß todt gesagt hatte. Sie entfinge dieselbe mit freudentränen / und ließe ihr alles erzehlen / was ihr begegnet / [266] seit daß sie von des Italus schloß / den unwegsamen felsen hinab / entkommen war. So sehr aber Hercinde hin weg eilete / so inständig bate und erbate Hesperia /daß sie ein zeitlang bei ihr verbleiben muste: zumal weil sie solches ohne gefahr thun konte / nachdem der Hesperia zeitung von Trier eingelanget / daß der König / gleich nach des Dircers tod / als er erfahren /wie er von ihm betrogen worden / seiner vergessen /und / den verlust seiner geliebten Marpeis aus den gedanken zu schlagen / selber wider die Eusterwonere zu feld gezogen wäre / und also von der Hesperia fürstentum sich weit entfernt befände.

Wiewol nun diese schöne für dem Bojus verborgen bliebe / so kame doch bald ihr da-seyn / fůr des verliebten Hesperus ohren: welcher bisher in ungewißheit gelebt hatte / wo seine Hercinde müste geblieben seyn. Demnach eilete er ganz heimlich nach der Hesperia fůrstentum / und / wol wissend / daß er nichtes von der strengen Hercinde durch güte erlangen wůrde / gedachte er auf mittel / sie zu entfüren: da er dan auf eine jagt / deren sie fast täglich abwartete / seinen anschlag machete. Es fůgte sich aber / daß eben damals der Prinz von Hevila in den wildnisen selbiger gegend ümher wallete. Wie er nun an einem einsamen ort allein zu seyn vermeinte / und in einer h \le sich schlaffen gelegt hatte / wurde er an seiner ruhe verst \ret durch den ankommenden Hesperus / welcher mit den seinen / in dieser gruft / sonder den Jethur zu ersehen /völlig abredete / wie die entfůrung der iezt beim jagen sich befindenden Hercinde solte angestellet werden. Dieses bewoge den unglückseligen Jethur / daß er / so bald der Hesperus hinweg war / die Princessin zu warnen sich aufmachete. Er eilete nun zu pferd an den ort / da des Hesperus leute gesagt / [267] daß die Prinzessin anzutreffen seyn würde. Er fande sie / von niemand als ihrer Marpeis begleitet / auf einer ebene / dem walde zurennend / darin Hesperus mit seinem hinterhalt auf sie laurete.

Vergebet mir / grosse Hercinde! (rieffe Jethur ihr zu) daß ich mich wieder vor eure augen stelle. Der himmel machet mich so glücklich / euch einen dienst zu thun / indem er mich hersendet / euch zu warnen /daß ihr diesen weg nicht reitet: dan der Hesperus wartet euch allhier vor / des künen vorhabens / euch zu entfüren. Hercinde / die fůr zorn des Jethurs anbringen nicht recht einname / schalte ihn einen ungestůmmen unhöflichen menschen / wolte auch an seine reden sich nicht kehren / sondern rennte ihren weg immer fort: unangesehen Marpeis ihr zusprache / daß sie doch des Jethurs warnung in acht nehmen wolte. Dieser armselige Prinz wolte sie aber nicht verlassen /sondern eilete ihr nach / ům den Hesperus widerstand zu thun: der dan auch bald mit seinem hinterhalt herfür wischete / und auf die Hercinde los gienge. Sie sahe nun zu spat / daß des Jethurs warnung wahr gewesen: stellete sich aber ganz unerschrocken in gegenwehr / des vorhabens / sich nicht lebendig dem Hesperus zu überlassen. Der ererhizte Jethur rante sporenstreichs diesem räuber entgegen / und hielte ihn so manlich auf / indem er / ganz verzweifelt fechtend /nichts als den tod suchete / daß er sowol den Janigenen / als der Hercinde / sich verwunderbar machte. Es beeiferte aber diese Heldin / daß Jethur ihr diesen dienst thun solte: weswegen sie ihm zurieffe / daß er von dem Hesperus abstehen solte. Der ungeliebte Jethur deutete diese worte dahin / als wann der Hesperus geliebet würde: doch gehorchte er alsobald / und begabe sich zurůcke. Hercinde tratte hierauf [268] in seinen platz / und drange dem Hesperus / der sich gegen ihr nicht wehren wolte / so sehr auf den leib / daß / wann die månge der seinigen ihn nicht beschüzt / er vor ihrem arm håtte erligen můssen.

Wie aber Jethur sie also überfallen sahe / setzete er in die Janigener / als ein wütender leu. Er konte aber /als ein einziger mensch / den sieg nicht behaupten /sondern muste / von der mänge der feinde ůmringet /endlich neben der Hercinde sich gefangen nemen lassen: wiewol auch diese Prinzessin ihre müglichste kråfte daran gewendet / eher den tod als diese bande zu leiden. Weil Hesperus sich des nachjagens besorget / als eilete er mit seiner beute fort / und war ungläublich vergnüget / daß er nun nicht allein seine Prinzessin / sondern auch den Jethur / welchen er für seinen geliebten mitbuler hielte / in seiner gewalt hatte. Die Hercinde ließe er auf einen wagen setzen /und den halbtodten Jethur / weil er sonst nicht fortzubringen ware / ihr zugesellen: welches sie aber nicht dultete / sondern / voll unerhörter härte gegen diesem Prinzen / ganz ungestüm begehrte / man solte ihr ihn aus den augen schaffen. Also muste der arme Jethur sich wieder zu pferd begeben / und einer von den Janigenern / ihn zu halten / sich hinter ihn setzen. Hesperus brachte seine beute glücklich davon: hatte aber nie den muht / sich dem wagen der Prinzessin zu nähern: die er / wiewol sie in seiner gewalt war / dannoch fürchten muste.

Ich wil hier nicht weitlåufig erzehlen / wie der Hesperia dieser raub misfallen / und wie die Celten /nachdem sie also ihre fůrerin verloren / dieselbe zu suchen / sich auf alle strassen zerstreuet. Ich bleibe allein bei der gefangenen Prinzessin / welche endlich in des Hesperus land angekommen / alda sie mit so grosser fürsichtigkeit / [269] als ehrerbietung / von ihm verwahret wurde. Er thäte alsobald dem K \nig Italus /seinem bruder / zu wissen / wie ihm das glück seine verlorne braut wieder hätte in die hände geliefert. Der arme Jethur / wiewol er wenig in acht genommen worden / muste dannoch leben / und von seinen wunden wieder aufkommen: da er dan / in seiner gefängnis /auf nichts anders gedachte / als wie er seine Prinzessin von dem Hesperus erlösen m \chte / unangesehen er dafůr keinen dank von ihr zu hoffen hatte. Hercinde war auch selber üm ihre befreiung bemühet / und brachte es durch ihre getreue Marpeis dahin / daß deren bruder / so bei dem Hesperus im dienst war /sich erbote / sie davon zu bringen. Ehe aber dessen anschlag konte zu werk gerichtet werden / wurde der Jethur eher mit dem seinigen färtig: der nicht allein seine wacht bestochen / sondern auch seine gewesene bediente / die bisher an des Königs der Aborigener hof sich aufgehalten / unvermerkt zu sich bekommen hatte.

Mit dieser gienge er bei nåchtlicher weile / wie nun alles zu erlösung der Hercinde / bereitet war / nach der Prinzessing gemach. In erwägung / daß es ihre befreiung antraffe / trate er kůnlich zu ihr hinein / und kündigte ihr an / wie sie nun abermals von ihren banden los wäre / und / wan sie ihm folgen wolte / gar leichtlich den Hesperus entgehen k \nte. Ob nun gleich / diese unverdrossene bedienung des dapfern Jethurs / in der Hercinde gemüt grosse verwunderung verursachte / so deutete sie doch solches alles dahin /daß es wirkungen seiner liebe wären / mit der er sie so beständig verfolgte. Um des willen wurde sie immer zu neuem unwillen gegen ihm beweget / so oft er ihr einen neuen dienst erwiese. Demnach wolte sie diese ihre erl \sung / so er ihr brachte / von ihm nicht annemen / sich auf des bruders [270] ihrer Marpeis versprochene hülfe / verlassend / und gabe ihm die herbe antwort: Es sei diese seine bemühung ihr nicht angenem / weil sie so gern beim Hesperus als bei ihm wåre. Der arme Prinz / der diesen unvers \nlichen haß / welchen sie /auch mit beliebung ihres schadens / so hartnåckicht gegen ihm fortsetzete / nicht begreifen konte / erkünete / sie nochmals ganz beweglich ům die ursach dieses hasses zu fragen.

Demnach fiele er ihr zu fus / und sie anfassend / als er spůrete / daß sie ihm entweichen wolte / sagte er zu ihr: Womit habe ich dan immermehr diesen unbeschreiblichen gram verdienet? Ich bin ja niemals aus den schranken der ehrerbietung getreten / habe auch nie von euch etwas begehret / sondern blos euch eröffnet / daß ich euch liebte. Eben das ist es / (fiele ihm die Prinzessin ins wort /) und hätte ich mich nimmermehr zu euch versehen können / daß ihr / da ihr meinen sinn wustet / und soviel zeichen verträulicher freundschaft von mir entfangen / mich so beleidigen soltet / mir eure schwachheiten zu entdecken. Hättet ihr mich geliebet / sonder iemals mir solches zu sagen / so hätte ich unwissend euch gut bleiben k \nnen: nun ihr aber euch mir entdecket / was kan ich anders thun / als euch meiden? Weder der Bojus / noch Dircer /noch Hesperus / beleidigten mich in ihrer liebe also /wie ihr gethan: dan diese mein gemüte nicht / wie ihr /gekennet. Sie konten mich noch mit hofnung lieben: ihr aber wisset / wie beståndig ich sei in meiner entschliessung / niemals einer so ungereimten regung mich zu unterwerfen. Wann einen ein freund beleidiget / gehet solches nåher / als wan uns tausend feinde qual anlegen. Weil ich nun euch für meinen freund gehalten / so urtheilet selber / ob ich in [271] der welt iemanden årger hassen könne / als euch / nun ich dieses von euch erdulten můssen.

Ach grausame Hercinde! (sagte er hierauf) seit doch nicht so unvers \nlich / und verzeihet mir / wann ich euch beleidigt habe. Vergönnet ihr mir nicht eure liebe / so nemet doch nur euren haß von mir / und lasset den armen Jethur euch nicht so gar zu wider seyn /daß ihr diesen dienst nicht von ihm annemen woltet /den er euch iezt anbietet. Meinem zorn könnet ihr entgehen / (gabe Hercinde zur antwort) wann ihr euch verpflichten wollet / ewig aus meinen augen zu bleiben / und so weit von mir euch zu entfernen / daß ich nie von eurem thun und wesen hören / und dadurch beunruhigt werden möge. Mehrere dienste begehre ich von euch nicht an zunemen: dan es mir schon marter gnug ist / daß ich euch mehr verpflichtet bin / als ich begehre. Dieses war der bescheid / den der arme Prinz von Hevila bekame. Als er nun sahe / daß alles vergebens war / sagte er halb wütend zu ihr: Nun so gebe der grosse Teutates / den ihr verehret / daß ihr einmal die gewalt und kraft der liebe / die ihr so sehr iezt an mir hasset und verachtet / entfinden / und dadurch zur erkäntnis kommen möget / wie ihr euch an mir versůndiget. Ihr sollet mir aber / wider euren willen /noch mehr verpflichtet seyn / indem ich euch diesen lezten gehorsam erweise / und hiermit den schluß fasse / auf ewig eure gegenwart / und / wo müglich /auch eure gedächtnis zu verlassen. Hiermit gienge er von ihr / und begabe sich mit den seinigen heimlich hinweg: und konte Hesperus nicht das geringste erforschen / wo er geblieben wäre / so wenig man auch sonst hernach in Celten ferner etwas von ihm vernommen hat.

Hercinde / die diesen fluchwunsch des Jethurs damals [272] wenig beobachtete / war froh / daß sie solcher massen von diesem verliebten abgekommen: zumal /als nach wenig tagen der bruder der Marpeis sie glücklich davon brachte. Wie sie nun sich wieder frei sahe / und heimlich in Celten wiedergekehret traffe sie alda den Mesek an / welcher ein grosser freund von der Marpeis brudern war / und von der Mirina ihrer schwester / aus Basan an den Ingerman ware abgeschicket worden. Dieser berichtete ihr von dem damaligen zustand in Basan / wie der alte und junge Marsius / als ihr herrvatter und bruder / gestorben wäre /und ihre schwester / als erbin von Basan / den Ingerman / dahin zu kommen / beruffen ließe. An dieser zeitung scheiterte der Hercinde ganzes fürhaben / da sie sich nun vatter- und bruder-los sahe / und zu dem den haß ihrer stiefmutter / der Seilamis von Basan /gegen ihrem geschlecht vername. Demnach änderte sie ihre meinung / nach Asien zu gehen: wiewol der Prinz Ingerman / als er / seine reise nach Basan antretend / mit dem Mesek an den ort kame / wo sie sich befande / sie bereden wolte / mit ihm diese weite reise für zu nemen. Dan ihre grosmut und ehrsucht / wolte nicht zugeben / daß sie / schwester / wan sie gegenwärtig wäre / ihrer jüngern schwester das reich Basan / welches ihr herrvatter mit dem schwerd gewonnen /in ruhigem besitz überlassen solte. Also bliebe sie gesonnen / in Celten zu verbleiben. Und weil sie seither / in ihrer weiblichen kleidung / soviel ungemach und gefahr ausstehen müssen / als beschlosse sie / um mehrerer bequemlichkeit und sicherheit willen / forthin männliche kleidung zu gebrauchen / und ihr leben im kriege / von welchem damals ein guter theil des Celtischen landes lohete / unter dem namen des Assur / zuzubringen.

O himmel! was verneme ich? fiele allhier der Prinz[273] von Assyrien dem Zameis in die rede. Ist dan der schöne Assur / und die Hercinde / eine person? Ja /durchleuchtigster Prinz! (wiederholete Zameis /) diesen namen erwehlte die kriegerische Prinzessin / und liese / durch den Ingerman / ihrer schwester / der Mirina / zuentbieten: Sie hoffe / durch die waffen / ihr selbst ein reich in Celten zu erobern: welches sie alsdan / sonder einen mann / zu regiren / ihr wol getrauete. Mit diesen worten stichelte sie auf ihre schwester /daß sie also diesen Prinzen zu sich holen liesse. Der name des schönen Assurs / rourde in Celten bald bekant / weil sie im krieg wider die Eusterwoner / so herrliche thaten verrichtete / daß ihr die feldherrn-stelle angetragen wurde. Sie wolte aber solche nicht annemen: aus beisorge / daß sie dadurch in gefahr kommen / und an des Bojus hofe verrahten werden möchte. Sie bliebe auch sonsten frei / und wolte sich nicht mit kriegsdienst verbündlich machen. Nach geschlossenem frieden des Bojus mit den Eusterwonern / und also daselbst nichtes mehr fůr sie zu thun war / gienge sie mit etlichen huntert Celten / die sich in ihren dienst versprochen / nach Kitim / alwo / nach absterben des Italus / zwischen seinem sohn / dem jungen König Morges / und dem Camboblasco seinem schwager / ein blutiger krieg entstanden: da dann der Assur nicht minder / als in Celten / berümet worden. Ich unterlasse aber / alle ihre heldenthaten zu erzehlen. Genug wird seyn / wan aus iezterwehnten / und aus denen / die er nachmals selber mit angesehen /mein gnädiger Prinz erkennet / wer Hercinde gewesen sei.

Inzwischen kame Ingerman mit seiner Mirina in Celten an: da dan Hercinde / aus begierde / diese ihre schwester / welche ihr eben so tapfer / als sie selber war / beschrieben worden / zu sehen / ihr volk wieder aus Kitim [274] nach Celten fůrete. Sie gabe sich / dem Ingerman und der Mirina / erstlich durch einen dapfern dienst zu kennen. Dan / als dieselben / in einem treffen wider die aufrürische Wigewoner / vom feinde sehr beängstigt wurden / brache sie mit ihren soldaten in den fastsiegenden feind hinein / und sezte dem also zu / daß Ingerman und Mirina das feld behielten. Ingerman / der den schönen Assur gleich erkante / entdeckete seiner gemalin / daß selbiger ihre schwester Hercinde wåre. Diese beide dapfere schwestern /sahen einander mit verwunderung an / und begunten hiernächst in verträulicher freundschaft zusammen lebten. Hercinde verließe aber nicht ihre kleidung /und den namen Assur: weil sie / unter weiblicher gestalt / keine sicherheit für dem Bojus zu hoffen hatte /und die gegenwart ihrer schwester sie wider ihn nicht schützen konte. Es wachete aber bei ihr die begierde wieder auf / nach Asien zu reisen / als sie vername /daß ihr bruder Marsius noch lebte. So hatten auch die heiligen Aurinien / die der Celten warsagerinnen sind / als sie vordessen bei Trier unter ihnen lebte / ihr geprofezeiet / daß sie in Celten ihre ehrsucht nicht stillen würde / sondern in Asien / ihres stamvatters des Trebeta kron / auf sie warte. Um deswillen stunde alles ihr sinnen und dichten nach Asien / und ware diß der meiste inhalt ihrer unterredungen: da sie / mit dem Ingerman und der Mirina / diesen ihren fürhabenden grossen feldzug überlegete.

Ehe sie aber solches werkstellig machen konte /kame das grosse unglück über den edlen Prinzen der Celten / daß er meuchelmördischer weise / in den armen seiner gemalin / durch den Prinzen von Elassar ermordet wurde: worauf der tyrannische Bojus / sein herrvatter / das grausame gesetze gemacht / daß die hinterbliebene witwe [275] des Ingermans / bei ihres gemals begräbnis solte verbrant werden. Hercinde hatte solches nicht sobald vernommẽ / da eilete sie zu dem heer der dapfern weiber / welche der Mirina im feld zu folgen pflegtẽ / und zu friedenszeiten / ům Trier in den wäldern und hölen / ihre wonungen hatten: die sich dan von ihr bald aufsprechen ließen / ihre Prinzessin von so elendem tode zu erretten. Wie sie nun alles in bereitschaft geordnet / ließe sie das heer der weiber bei einem paß ihrer warten / und gienge in der nacht mit ihren Celten / die sich / seit ihrer zurükkunft aus Kitim / auf etliche tausend vermehret hatten /nach dem ort / wo des Ingermans begräbnis und der Mirina aufopferung angestellet war.

Nachdem ihr diese erlösung der Mirina nach wunsch geglücket / namen beide schwestern ihnen für / nach Asien zu ziehen: die Mirina zwar / an dem mörder ihres ehegemals / in Elassar / sich zu rächen; Hercinde aber / wider Assyrien den krieg zu volfüren /den ihr herrvatter ehmals angefangen. Auf diesem hinzug / mehrte sich nicht allein unterwegs das heer der Mirina mit vielen weibern / sondern es samleten sich auch viel fürneme Celten und Teutschen zu ihnen /welche nach dem tod ihres Prinzen / in Celten nicht bleiben wolten / und hingegen es für eine ehre hielten / unter des dapfern Assurs gebot zu stehen: unter welchem namen / die Hercinde alle diese mitreisende helden fürete. Mirina befande auch mit ihr fůr gut / das sie in dieser ihrer verstellung verharren solte: massen sonst / wann die Celten erfůren / daß ihr feldherr ein weib wäre / sie ihnen nicht mehr von ihr hätten befehlen lassen. Und weil diese völker viel zu grosmůtig /als daß sie einem weib gehorchen solten: üm deswillen muste auch Mirina gar vorsichtig mit ihnen ümgehen / damit sie diesen weiten zug mit ihr thun möchten. [276] Welcher gestalt sie nach langwüriger reise / endlich in Elassar angekommen / und selbiges reich unter sich gebracht / solches ist allbereit weltkůndig. Als Hercinde daselbst die Königin Salamis / ihre stiefmutter / zu sehen bekame / wolte sie auch vor derselben nicht anderst / als unter des Assurs gestalt / erscheinen: weil sie den haß wuste / welchen Salamis zu ihrem stiefsohn dem König von Basan truge / der dan auch auf sie håtte kommen m \gen.

Was ich nun noch übrig zu sagen habe / das auch meinen gnädigsten Prinzen fůrnemlich angehet / solches ist wenigen bekant / und werde ich wol damit die båste und eigentlichste nachricht geben k \nnen. Als Mirina (fuhre er fort / nach kurzem bedenken / seine rede fürnemlich zu der Königin von Ninive richtend /) die königliche kron von Elassar aufgesetzet / und nun der dapfern Hercinde behůlflig seyn wolte / Assyrien anzugreifen / fiele der zweite Ophirische krieg ein: da sich Mirina verbunden befande / dem K \nig von Ophir mit volk beizustehen / weil er ihr auch in eroberung des reichs Elassar / hatte hůlfe geleistet. Welchen kriegszug dan auch die Hercinde ům so viel lieber mitthäte / weil sie dadurch den anfang machen konte / gegen die Assyrer zu fechten: wie wir dan / als bekant / nicht allein den König von Ophir mit bekriegten / sondern auch unsere waffen recht gegen Elassar wenden musten / ům / der Mirina den zuzug zu verwehren. Der Hercinde war es eine unbeschreibliche freude / gegen ihren grösten feind / für den sie damals meinen Prinzen hielte / zu fechten. Sie hatte von ihrer schwester erfahren / daß der Baleus bei ihr ehmals liebe fürgegeben hätte: deren sie dan / solche anzunemen / eiferigst widerriete / nicht vermutend / daß er noch ihr selbst so lieb werden solte.

[277] Wie sie nun einsmals / als Assur und der Mirina feldherr / aus ihrem lager ausfiele / ům etliche von den unsern zu ertappen / traffe sie auf ein heer Assyrier /worzu endlich auch mein Prinz sich einfande / den unsrigen beizuspringen: aber vom feind ümringet /und fůr den Babylonischen Prinzen erkennt wurde. Die hierob erfreute Hercinde / kehrte gleich ihre waffen gegen dem Prinzen: ům / ihren wider die Assyrier fůrgenommenen haß / an ihm auszulassen. Das gefechte war beiderseits hitzig: doch verursachte endlich die herzukunft des Sinears / daß wir das feld behielten / und den sch \nen Assur / gar hart verwundet / gefangen bekamen.

Hercinde hatte / sobald sie meines Prinzen ansichtig worden / eine veränderung und sonderbare regung in ihr entfunden: weswegen sie in ihrem herzen soviel haß nicht fülete / als sie wol / gegen dem Assyrischen Prinzen / billig haben sollen. Ja es muste hingegen /eine ungemeine hochachtung für seine person / ihr ihre bande leidlich machen / also daß sie eine vergnügung zeigete / wann mein Prinz zu ihr kame / sie zu besuchen. Um aber verborgen zu bleiben / wolte sie nach ihren wunden niemanden sehen lassen / als ihren eigenen wundarzt / der ům ihr geschlecht wuste / und der / auf ihr begehren / aus der Mirina lager geholet wurde. Ihre getreue Marpeis stellte sich / unter manskleidern / auch bald bei ihr ein / in dieser krankheit ihrer zu pflegen: welche sonst sich weiblicher kleidung an der Mirina hof bediente / auch nicht mehr mit zu feld zoge / weil sie gewillet war / sich unter die heiligen Aurinien zu begeben. Diese merkte bald ihrer Prinzessin sonderbare unruhe: welche sie nicht auf ihre gefångnis noch verwundung deuten konte / dan sie dergleichen unglůck öfter / in Celten und Kitim [278] /da sie etwan viel gefärlicher verwundt gewesen / mit grosmůtiger gedult ůberstanden hatte.

Als sie nun bei ihr üm dessen ursach angefraget /bekante ihr die Prinzessin / die bisher nie nichtes für ihrer Marpeis geheim gehabt / wiedaß sie nach dem tag / da sie meinen Prinzen gesehen / sich ganz anderst gesinnet befunden: dessen ursach ihr doch unbekant wäre. Da ich zuvor (sagte sie) grossen haß gegen diese verfolger der meinigen in mir gespüret / so sehe ich mich ietzund viel zu schwach / den Baleus anfeinden zu können. Ich befinde mich ganz wol / wann dieser Prinz bei mir ist. Alle seine worte und sein wesen / haben eine besondere macht / mich zu vergnügen. Wann ich ihn nicht sehe / so quälet mich seine abwesenheit / daß mich / unwissend warům? wie der nach ihm verlanget. Und dieses macht in mir die gröste marter / daß ich ihn so gern hassen wolte / und doch hierzu mich untůchtig befinde. Ich schlaffe oder wache / ich denke / oder träume / so ist es Baleus / der mir fürkommet. Ich wolte mich hierüber nicht so verwundern / weil ich ja wol eher den Tufcus Sicanus /wie auch den Jethur / und andere / hoch gehalten: wann es nur dißmal nicht mit solcher unruhe zugienge / da es sonst mich nicht gequälet / ob ich gleich die /so ich zu freunden erwehlet / nicht stäts üm mich sehen kunte. Marpeis / nach angehörter dieser klage ihrer Prinzessin / fienge an zu lachen: und weil sie zu antworten verzoge / fragte Hercinde / was sie hievon gedächte? Dieses / (gabe Marpeis zur antwort /) daß ehmals in Celten die Aurinien / des Trebeta tron /meiner Prinzessin durch profezeiung zugeeignet haben. Die Prinzessin / so gleich merkete / wohin die Marpeis zielete / wurde unwillig / sie also reden zu hören / und verbote ihr / forthin keine solche deutung mehr zu machen. Sie geriete aber [279] hierůber in tiefe gedanken / ließe iedoch etliche tage verstreichen / ehe sie hiervon ferner mit der Marpeis redete.

Ich hatte inzwischen / wie meinem Prinzen bekant /bei der Mirina botschaft abgelegt / aber von ihr auf meine anwerbung / abschlågige antwort erhalten: das dan der Prinz dem schönen Assur / neben entdeckung seiner liebe zur Mirina / wie auch der ehmaligen profezeiung des Chaldeers / von seiner liebe zu zweien heldinnen / geoffenbaret. Sobald der Prinz die Hercinde verlassen / und sie sich bei ihrer Marpeis allein befande / sagte sie zu derselben / ihre worte mit vielen seufzern begleitend / dessen sie vordessen in Celten nicht gewonet gewesen: Baleus liebet meine schwester / mit solcher häftigkeit / daß er / ungeacht alles meines zuredens von ihr nicht ablassen wil. Vieleicht sihet meine Prinzessin (antwortete die verschmizte Marpeis /) diese liebe nicht gern / weil solche unserem grossen fürhaben hinternis geben könte / Assyrien zu bekriegen / wann die K \nigin Mirina des Baleus liebe billigen / und also unsere seite verlassen solte. Dieses besorge ich nicht / (antwortete Hercinde / die farbe verånderend /) sondern beklage vielmehr diesen edlen Prinzen / daß er sich so vergeblich quålen muß: weil Mirina meinen gegebenen raht nicht verlassen wird / forthin aller liebe abzusagen / nun sie einmal entfunden / was sie fůr marter verursachet. Bedenke dan nur / Marpeis! ob dieser edle Prinz nicht zu beklagen sei / daß er also ohne hoffnung liebet? Es ist mir auch noch wol im gedächtnis / was verzweifelte marter dergleichen hoffnung-lose liebe ehmals bei dem Tuscus Sicanus und bei dem Jethur gewirket /welches dem Baleus auch begegnen könte. Stürzet die liebe diesen Prinzen in verzweiflung / (gabe Marpeis zur antwort /) so ist es gut für uns / [280] und wird uns desto leichter fallen / Assyrien zu gewinnen / wann dieser held untüchtig gemachet wird / unseren waffen zu widerstehen.

Wie / Marpeis! (sagte die verunwilligte Prinzessin /) habe ich dan iemals verlanget / unbewehrte feinde zu bestreiten? und kan dieses auch wol meine ehrsucht vergnügen / wann ich einen Prinzen überwinde /der sich nicht zu beschůtzen vermochte? Hiermit wandte sie sich auf die andere seite des bettes / und wolte nichtes mehr reden. Ihr vieles seufzen aber gabe der Marpeis genug zu vernemen / wie ihrer Prinzessin eine sonderbare gemütsqual anligen müste: massen sie auch / in solcher unruhe / weder essen wolte / noch schlaffen konte. Die hierob bekümmerte Marpeis / so die ganze nacht bei ihrer Prinzessin wachete / vername / daß sie mit sich selbst redte / und unter andern also sagte: Ach Jethur! dieses war dein wunsch; der ist nun erfüllet. Der grosse Teutates hat deinen fluch erhöret: ich füle / ich füle die marter / die ich an dir nicht erkennen kunte. Bald hiernach / fuhre sie also fort: wo bleibet / Hercinde! dein unüberwindliches herz? kanst du nicht dich selber besiegen / da du so viel andere bezwungen hast? Vertilge dieses laster /das dich also anficht / aus deinen gedanken / und wende / an stat der liebe / deinen haß / gegen dem Assyrischen Prinzen. Hierauf schwiege sie eine weile /bis sie wie er also fortredte: liebe ich dan den Baleus? und herrschet dieses laster in meinem gemůte? Ach ja! ich muß es bekennen. Doch wil ich für aller welt verhelen / was ich mir selber nicht bergen kan und sol so wenig der rachgierige Jethur / als einiger anderer sterblicher / iemals erfahren / daß die liebe mich überwunden habe.

Mit solchen gedanken / brachte die Prinzessin die nacht zum ende. Und als den folgenden tag mein Prinz [281] sich wieder anmelden ließe / sie zu besuchen /wolte Hercinde sich entschuldigen lassen / wie sie gern allein seyn m \chte. Wird aber (fragte Marpeis) den Assyrischen Prinzen solches nicht verdriessen /daß wir seine h \flichkeit also verschmåhen? Wie furchtsam bist du doch / Marpeis! (antwortete die Hercinde /) laß dan den Prinzen kommen / weil du es fůr gut befindest. Hiemit eilete Marpeis / dem Prinzen diese antwort zu entbieten: dan sie wol erkante / daß in seiner gegenwart / ob sie es ihr gleich selbst verwehren wolte / der Prinzessin vergnügung bestůnde. Indem nun diese unterredung / gleich allen den andern / dahinaus liefe / daß dem betrůbtem Assur / in höchstem vertrauen / von der liebe zur Mirina fürgesaget wurde / als ergr \sserte sich von tag zu tag dieser Prinzessin leiden: welches sie doch so verborgen für der Marpeis zu halten begunte / daß diese treue jungfrau nicht erkünen dorfte / wie gern sie auch gewolt / ihr mit trost zu zusprechen.

Es werden aber E. Maj. aus der Mirina geschichte /die mein Prinz ihr erzehlet / sich zu erinnern wissen /wie der Prinz Hiarbas aus Nissa angekommen / der Mirina den paß zu \ffnen: da dan / unter wärendem treffen mit dem Hiarbas / der Laristenes den grausamen befehl erteilete / den Assur in unsrem läger nieder zu såbeln. Weil diese unbilligkeit mein Prinz nicht leiden konte / als eilete er / neben mir und etlichen der unsrigen / aus der schlacht nach unserm lager / und befreiete den Assur: den er mir folgends /ihn nach der Mirina lager zu bringen / anbefohle. Wie sehr diese grosmütige that der Hercinde gefallen / hat mir hernach die Marpeis nicht gnug beschreiben können: massen mir / dieser schöne Assur / tausend danksagungen für meinem herrn mit auf den rückweg gabe. Ich fande aber / bei meiner [282] wiederkehr / sein und der seinen glück in gar verånderten zustand: dan er selbst war gefangen worden / und die unsrigen hatten die Mirina / zu den Ophirischen völkern in Nissa zu stossen / durchlassen müssen. Die noch nicht v \llig wiedergeheilte Hercinde / muste nach Nissa sich füren lassen: alda sie \ffentlich beklagte / daß ihrentwegen der Prinz von Assyrien in diß unglück gerahten wåre. Sie ließe auch nachmals ihre freude ja so scheinbar blicken / als in Nissa die zeitung einkame /daß der Sinear und Eliphas ihn wieder befreiet hätten.

Die gute Prinzessin wurde hiernächst von tag zu tag trauriger / und begunte ein so stilles wesen zu füren / daß / auser der einigen Marpeis / welche ihr anligen gemerket / niemand die wahre ursach ergründen konte. Mirina / die mit ihr selber gnug zu thun hatte / weil sie den Hiarbas zu ehlichen unschlüßig war / name diese veränderung ihrer schwester nicht so bald in acht: mit der sie in raht stellete / ob sie des Königs von Ophir begehren / den Hiarbas / und mit dem das grosse reich Ophir / anzunemen / erfůllen solte. Hercinde riete ihr solches eiferigst / von allen ihren ehmaligen lehrsätzen abschreitend / womit sie ihrer schwester / sich nimmer zu verehlichen / widerraten hatte. Wie nach diesem / durch der Prinzessin von Ophir schreiben / die list des Königs / der Mirina entdecket / und diese erzůrnte Königin dadurch bewogen worden / mit höchstem unwillen so wol über den Jaziz / als auch über den Hiarbas / ihre völker nach Elassar wieder abzufärtigen: solches kan allhier wol übergangen werden. Und obwol Hercinde diese heurat ungern getrennt sahe / so muste sie sich doch in die zeit schicken / und der Mirina völker / als der feldherr Assur / aus Ophir abfüren. Als sie aber unterwegs [283] die Mirina verloren / welche der Sineab geraubet hatte /sandte die besorgte Hercinde allenthalben nach ihr aus / und bliebe mit dem heer / sonder fürter zu rücken / so lang stehen / bis ich / auf meines Prinzen befehl / der sie befreiet / diese Königin wieder zu ihren völkern brachte.

Die freude der ihrigen war unbeschreiblich / als sie ihre Königin wieder sahen. Hercinde aber / als sie vername / daß mein Prinz ihrer schwester diesen dienst gethan / fienge nun auch an zu fůlen / was eiversucht vermag: massen sie dieses / daß Baleus eine andere liebte / so håftig quälete / daß sie / als dergleichen leidens ungewonet / fast gar darunter versinken wolte. Ich überbrachte aber diesem schönen Assur einen gruß von meinem herrn / mit versicherung seiner beständigen freundschaft: welches er alles mit seufzen und verwandelung der farbe anhörete / und mir mit solcher verwirrung antwortete / daß ich solches damals nirgend anders hinaus deuten konte / als daß dieser Assur die Königin Mirina lieben müste /und ein mitbuler meines Prinzen worden wåre. Weil ich befehl hatte / die Königin bis nach Elassar zu bringen / als war ich unterwegs stäts bei ihrem frauenzimmer: da ich dan mit der Simede und Marpeis sonderlich in vertreuliche kundschaft geriete / und mich die annemlichkeit der letzern so sehr übermeistern ließe / daß ich sie lieb gewonnen / und die bescheidene Simede dabei zu meiner vertrauten und guten befördererin bei der Marpeis erwehlete. Ich habe dieses /so nur mich betrifft / hiebei mit erwehnen můssen /weil ich dadurch alles erfahren / was ich iezt erzehle /das E. Maj. zu wissen verlanget / und meinem Prinzen zur nachricht höchst nötig und dienlich ist.

[284] Weil nicht allein die getreue Marpeis / sondern auch die Simede / und letzlich die Mirina selber / der Hercinde eine grosse ånderung abmerkten: als war diese Königin / wiewol vergebens / bemůhet / aus ihrer schwester zu bringen / was ihr anläge. Es wurde auch Hercinde von tag zu tag kaltsinniger und eingezogener / gegen der Mirina: daher endlich Marpeis /durch der Simede beförderung / sich muste gebrauchen lassen / dieser Prinzessin ihr anligen abzufragen / wiewol sie schon alles wuste / doch dessen sich nicht wolte merken lassen. Wie sie nun einsmals die gelegenheit zu dieser erkündigung abgesehen / da der schöne Assur / auser dem lager / sich ganz allein unter einen baum gelegt hatte / daselbst seinen betrůbten gedanken geh \r zu geben / wagte sie es / und gienge zu dieser ihrer Prinzessin / deren sie zu fus fiele / und mit tränenden augen sie also anredete: Wie lange sol ich dan der grossen Herzinde qual mit stillschweigen ansehen / und nicht darnach fragen d \rfen? Nicht allein ich / sondern alle welt sihet / daß eine tieffe traurigkeit bei meiner Prinzessin vorhanden sei. Ist dan meine treu und verschwiegenheit vermindert /daß man mir nicht mehr trauen darf? oder hat sich die gnade verringert / die ich sonsten so überflůssig genossen?

Ach Marpeis! (fiele ihr hier die trostlose Hercinde ins wort /) keines von diesen verursachet mein stillschweigen / sondern allein die scham / iemanden zu offenbaren / was mich quälet / welches ich fůr mir selber verhelen wolte / wan es möglich wäre. Als nun Marpeis ferner in sie drunge / fuhre sie also fort zu reden: Der himmel straffet mich / daß ich dem Prinzen Jethur mit solcher grausamkeit begegnet / und an ihm die liebe nicht dulten k \nnen: da ich iezt wol sihe /daß es nicht in seinen [285] mächten gestanden / solche abzustellen. Nein / Marpeis! dieses feuer låsset sich nicht dåmpfen / wo es einmal zunder gefasset. Dieser gift ist nicht abzutreiben / wan man ihn einmal eingeschlucket. Hiemit offenbarete sie ihr ümståndlich / daß sie meinem Prinzen liebte; daß sie eiferte /ümwillen ihre schwester seine herz besåsse; daß sie ihr selber hierům feind sei / und daß sie nichtes mehr als den tod verlange / welcher sie befreien könte / üm ihre schwachheit der welt nicht zu offenbaren: dan sie könne nicht wollen / daß iemals einiger mensch erfahren solte / wie daß sie geliebet hätte. Die Marpeis fienge hierauf an / ihr die möglichkeit fůrzustellen /daß ein gutes ende von dieser liebe werden könne. Sie widerholete ferner / nicht allein / was der Chaldeer dem Prinzen / von zweien heldinnen / die er nacheinander lieben wůrde / geprofezeiet; sondern auch / was ihr die Aurinien von erlangung der Assyrischen kron gesagt håtten / welche / so wol durch heuratung meines Prinzen / als durch krieg / k \nte erhalten werden. Die Hercinde befande sich hierdurch ziemlich / jedoch nicht völlig / getröstet: massen sie nicht vertragen konte / daß mein Prinz anderswo liebte / und entschlossen war / eher tausendmal zu sterben / als ihme / bevor er seine liebe gegen der Mirina eingestellet /die geringste nachricht von ihrer person und zustand wißlich zu wachen.

Die Marpeis neben der Simede / deren sie dieses alsofort er \ffnet / überlegten alles reiflich / und fanden für ihre Prinzessin nůtzlicher / mir dieses geheimnis zu entdecken / als durch verschweigen den tod der grostätigen Hercinde zu befördern. Demnach / auf vorher von mir abgeforderten erschrecklichen eidschwur / dieses geheimnis niemanden gemein zu machen / erfuhre ich von der Marpeis alles / was ich iezt von der Prinzessin erzehlet: [286] welches ich auch / wan sie nach diesem mich des eides nicht wieder erlassen hätte / noch ferner wůrde haben verschweigen müssen. Daß der schöne Assur des grossen Marsius schwester wår / und meinen Prinzen liebte / solches kame mir so wundersam als angenem für: und wünschte ich neben ihnen nichts mehrer / als daß diese heurat fürsich m \chte gehen.

Diesen wunsch nun / an meinem wenigen ort befördern zu helfen / unterließe ich nicht / in der wiederkunft / meinem Prinzen zuzusprechen / daß wir nach Elassar reisen möchten. Als wir nun / nach geendetem Ophirischen krieg / daselbst ankamen / ginge sowol die vertreulichkeit zwischen meinem Prinzen und dem sch \nen Assur / als dessen liebe zu der Mirina / von neuem wieder an: worüber die ungedultige Hercinde endlich wůrde heraus gebrochen seyn / und ihr misfallen anderst / als dem Assur zustunde / erwiesen haben / wan nicht die Marpeis / sich zu zwingen / sie immer vermanet hätte. Sie name ihr auch zum öftern für /den hof ihrer schwester zu verlassen / und nach Basan zu ihrem bruder zu gehen: ům / in der abwesenheit /meines Prinzen desto eher vergessen zu können. Simede und Marpeis waren inzwischen neben mir geschåftig / dieser grossen Prinzessin wider ihr wissen zu dienen. Und weil zuvor die Mirina aus meines Prinzen herzen muste gesetzet werden / ehe man die Hercinde dafůr hinein bringen konte: als fasseten wir einen raht / der zwar der Königin Mirina gutem gerüchte konte schädlich seyn / und daher lang nicht wolte angenommen werden / iedoch endlich / auf unser zureden / beliebet wurde. Es war aber diß unser anschlag / daß die Simede meinen Prinzen bei nacht in ihrer Königin kammer fürete / und ihm den schlaffenden Assur in ihren armen sehen ließe: [287] wodurch bei ihm / alle hochachtung und liebe gegen der Königin /sich verlore / und er hierauf anfienge kaltsinniger mit ihr ümzugehen; welches gar bald der ganze hof gemerket.

Nun bin ich (fiele allhier die Königin von Ninive dem Zameis in das wort /) mit der Mirina wieder zu frieden / weil ich verneme / wer ihr beisch äffer gewesen. Und ich habe dieser Königin / (sagte Baleus) zu nahe gethan / daß ich einen so bösen verdacht von ihr gefasset. Aber erzehlet fort / Zameis! meine begierde ist unbeschreiblich / das ende hiervon zu hören. Nachdem uns dieser gefärliche anschlag / erzehlte hierauf Zameis ferner /) so glücklich von statten gegangen / schritten wer weiter zu der sache / und fårtigten die Simede wieder ab / die meinem Prinzen von einer frömden Prinzessin fürsagen muste / die dem Assur gliche: wodurch mein Prinz begierig wurde / diese schönheit beim opfer der Mirina zu sehen. Bei diesem fest nun / welches die Celtische weiber hoch feiren / erschiene Hercinde in ihrer rechten tracht / unwissend / daß mein Prinz heimlich zugegen wäre: deme dan ihre fürtreffliche wunderschönheit dermassen wolg fiele / daß er sie nachmals der Simede nicht genug preisen konte. Weil nun mein Prinz sehr darauf drunge / daß Simede ihm / diese frömde noch einmal zu sehen / behülflich seyn m \chte: als erkünete sie sich der Hercinde hievon zu sagen.

Sie traffe dieselbe eben an / in gesellschaft etlicher Assyrischen herren / die mit uns gekommen waren: unter denen des Prinzen kåmmerling Abdemon /neben anderen kleinodien / die er von dem Prinzen in verwarung hatte / ihr das bildnis meiner gnädigsten Königin zeigete / und dabei berichtete / wiedaß solches unser Prinz / als dieser Königin bestimter und kůnftiger ehgemal / bei [288] sich fůrete. Wie? (fragte sie hierbei / ganz bestůrzet /) heuraten dan / in Assyrien die brüder und schwestern zusammen? Als nun Abdemon solches bejahete / gienge dieser vermeinter Assur mit dem bildnis zur Simede / und zeigte sich sehr verwundert ůber die schönheit der K \nigin von Ninive /wie auch / über deme / daß mein Prinz an diese Königin verlobet wäre. Die Assyrischen herren verließen hierauf die Simede bei dem Assur: die dan / weil sie nun mit ihm / als mit der Hercinde / frei reden kunte /ihr offenbarete / daß mein Prinz / beim neulichen opfer / sie in ihrer rechten tracht gesehen / und solche begierde erwiesen håtte / diese fr \mde sch \nheit zu kennen / daß sie daher so wenig ihn mit seiner schwester der Königin von Ninive verlobt / als gewiß sie hingegen ihn in sie verliebt / achten k \nte. Wie nun nichtes höher / als solche vereinigung des Teutschen mit dem Assyrischen hause / zu verlangen wåre / als hätte sie sich hiermit erkünet aus der vertreulichkeit /mit der die Prinzessin sie bisher begnadiget / meinen Prinzen ihr anzutragen.

Der Hercinde kame dieses anbringen der Simede so unvermutet / daß sie ganz betreten darüber bliebe /und sich nicht sobald zu entschließen wuste / wie sie ihr antworten solte. Sie stellete ihr auf einmal viel sachen fůr / die da unterschied iche regungen bei ihr erwecketen: und würde sie sich in alles eher gefunden haben / wann nicht das bild der schönen K \nigin von Ninive bei ihr die meiste verwirrung verursachet hätte. Es befr \mdet mich sehr / (sagte sie endlich /) daß ihr mir ratet / denjenigen zu lieben / den meine schwester ihrer liebe nicht würdig achtet / und der die gröste sch \nheit der welt lieben darf / da ihm als einem Assyrier / erlaubt ist / seine schwester zu ehlichen. Erkůndiget euch vielmehr nach der person / [289] die diesen Prinzen in unsere heilige versamlung einlassen d \rfen / ům dieselbe gebürlich abzustraffen / an stat daß ihr mich bereden wollet / unmögliche dinge zu verlangen. Hiemit färtigte sie die Simede ab / welche nicht ratsam befunde / ihr für dißmal mehr hiervon zu sagen.

Sobald Hercinde bei ihrer Marpeis sich wieder allein sahe / schůttete sie gegen derselben alle ihre gedanken aus / die ihr wegen dieser begebenheit waren eingefallen. Bald verdachte sie die Marpeis sie hätte es bei den Aurinien angebracht / daß mein Prinz sie zu sehen bekommen. Bald erfreute sie sich hierüber: wiewol solche freude nicht lang daurete / wann sie das bildnis meiner gnädigsten Königin betrachtete /das ihr der Abdemon hatte in handen gelassen. Ach! (sagte sie) kan diese wundersch \ne den Baleus nicht bewegen / sie allein zu lieben: was hätte dan ich zu hoffen / die ich kein geteiltes herrz annemen kan? Das verlangen des Prinzen / mich zu sehen / wird nur ein fůrwitz seyn / nicht aber ein zeichen einiger liebe. Welche leichtsinnigkeit lässet mich dieser Prinz er blicken / daß er sonder ursach aufhöret / die Mirina zu lieben / und nun nach einer frömden begierig ist /deren stand er noch nicht weiß / und die er etwan einen augenblick gesehen hat. Indem kame mein Prinz dazu: da ich dan das gespräche / so sie mit dem Assur hielten / hieher zu wiederholen / fůr nötig ermesse.

Wie finde ich euch so betrůbt / mein Assur! und so voll gedanken? fragte mein Prinz. Ich bewundere nur /(antwortete Assur / zugleich ihm das bildnis wieder zustellend /) daß der Prinz von Assyrien die sch \ne Königin von Ninive lieben darf / und doch auch bei anderen liebe fůrgibet. Wehrter Assur! (gabe der Prinz zur antwort /) ihr werdet aufhören / euch hierüber [290] zu verwundern / wann ich euch sage / daß mir nicht erlaubet ist / ob es gleich meine Assyrier vermeinen / meine schwester zu lieben. Diese unvermutete erklärung / so die Hercinde ganz vergnügt ließe /gabe anlaß zu einer fernern unterredung. Ich habe vermeint / (sagte sie /) die kaltsinnigkeit / so der Prinz eine zeit her gegen unserer Königin erwiesen / sei daher entsprungen / weil man sich etwan der hinterlassenen schönheit zu Ninive erinnert? Diese frage /weil mein Prinz den Assur fůr einen heimlichen buler der Mirina hielte / machte ihn die farbe verändern /und gabe er mit einem hönischen låchlen zur antwort: Ihr habt mir so eifrig gerahten / von der liebe zur K \nigin abzulassen / daß ich endlich dem schönen Assur folgen müssen: und heget Susan grössere schönheiten / die liebens würdig wann ihr nicht so geheim und verborgen damit wåret. Hercinde konte sich des errötens nicht erwehren / als sie meinen Prinzen also reden hörete / und wuste sie nicht / was sie darauf sagen solte. Um aber ein mehrers aus ihm zu bringen / fragte sie ihn ganz vertreulich / was er hiemit meinete / weil diese seine reden ganz unverständlich wåren?

Mein Prinz name hierauf den sch \nen Assur auf eine seite / und offenbarete ihm / was er für eine fůrtreffliche schönheit bei der Königin opfer gesehen håtte: und bate zugleich / daß er / üm ihrer ehmalichen vertreulichkeit willen / ihme doch sagen wolte /wer diese schöne / die ihm so sehr gliche / wol seyn möchte? Hålt sie dan der Prinz für schön / (fragte Assur /) da sie mir gleichen sol? So würdig ihr (antwortete mein Prinz /) den namen des sch \nen Assurs füret / so billig kan man auch dieser unbekanten solches lob geben: und kan es wol nicht anderst seyn /ihr müsset / als ihr verwandter / sie wol kennen. Ich kenne sie ja! (sagte Assur /) ich kenne aber noch nicht soviel [291] den Prinzen von Assyrien / daß ich ihm sagen solte / wer sie ist. Worin kennet ihr mich dan noch nicht? (fragte mein Prinz ganz begierig /) und womit sol ich mich entdecken ům dieses geheimnis aus euch zu bringen? Wann nicht eben iemand dazwischen ge kommen wäre / der diese unterredung zerstöret /wůrde Hercinde / in fernerem wortwechseln / sich leichtlich verrahten haben: massen ihr verwirrtes aussehen genugsam wiese / daß sie etwas sonderbares mit dem Prinzen zu reden gemeinet gewesen.

Als sie hierauf wieder allein war / eröffnete sie der Marpeis / wie ihr zu mut wäre / und daß ihr des Assyrischen Prinzen leichtsinniges gemůt / (wie sie es nennte /) sehr misfiele / indem er seine håftige liebe von der Mirina ab / und so geschwind auf eine unbekante gewendet: welches beginnen gar keine beständigkeit anzeigete / die sie doch fürnemlich / an dem /der sie lieben wolte / erfodere. Also machete sie ihr daraus ein leiden / daß mein Prinz sie liebte: welches sie doch so sehr verlanget hatte. Marpeis dorfte aus furcht ihre Prinzessin zu erzürnen / nicht melden /was sie mit der Simede / angestellet: daß nämlich mein Prinz sie / als den vermeinten Assur / in den armen der Mirina gesehen / und daher die liebe zu der K \nigin fahren lassen. Demnach suchete sie andere gründe herfůr / den Prinzen wegen dieser seiner sinnånderung zu entschůldigen: die aber alle bei ihr nichts verfingen.

Also wurde diese gute Prinzessin mit neuer plage gemartert / indem sie einen liebte / dessen wankelmut sie sich befahren muste: worin auch der Abdemon sie stårkete. Dan dieser ließe sich von ihr ausfragen /welcher gestalt mein Prinz seine liebes-neigung oft geåndert / da er anfänglich seine schwester / nachgehends die Lantine von [292] Elam / und ferner die Eldane /geliebet hätte. Alles dieses / so der Hercinde an dem Prinzen misfiele / gienge ihr nicht so sehr zu herzen /als daß sie dabei ihn nicht hassen konte. Je mehr auch nachgehends mein Prinz / ům benennung der sch \nen unbekanten / bei dem Assur anhielte / iemehr deutete die Prinzessin solches auf einige leichtsinnigkeit. Sie verursachte aber endlich mit ihrem ståten versagen /daß mein ungedultiger Prinz / mit der einbildung / als wann Assur / beim opfer / der Mirina zu gefallen /sich also verkleidet hätte / aus Elassar hinwegschiede: da ich dan / beim abzug / der Marpeis meinen gethanen eidschwur erneuen muste / und darům bisher von allen diesen dingen nichtes entdecken d \rfen.

Es wird aber mein Prinz sich noch erinnern / was massen / als wir unterwegs / auf den gränzen des reichs Elassar / bei dein alten Beleaster / der beim König von Assyrien vordessen oberkammerherr gewesen / einkehrtẽ / sie etliche reimen auf die Königin Mirina verfasset: die diesem Assyrier so wol gefielen / daß er des Prinzen eigne handschrift / solche für sich auf zu bewahren / aus bate. Er ware aber / nach unsrem abzug / hiermit nicht so geheim / als sich wol gebůret håtte / und machte durch seine unfürsichtigkeit /daß dieses gedichte der Königin von Elassar in die hände geriete. Meiner gnädigsten Königin / die ursach des eifers der erzůrnten Mirina wol fůrzumahlen /muß ich die unglückliche reimen hersagen / die also lauteten.

Uber der Mirina übel-erworbenen guten namen.

Von ausen glänzt sie sch \n / und tråget edle frůchte.

Die ganze welt sie ehrt / und trauet dem gerůchte

nur sie allein befahrt / daß nicht der ausen schein

könn allemal das wesen seyn.

[293]

Wie hoch ist sie gestraft / nun sie sich selber kennet.

Ihr scharfer richter nie von ihrer seit sich trennet.

Růmt sie gleich alle welt: ihr herz es widerspricht.

Sie weiß / was sonst weiß niemand nicht.

Ach! wůst' auch ich es nicht: so wär' ich / zwar betrogen

von ihrem glanz / iedoch verliebt / von dar gezogen;

ich håtte nicht bereut die zeit / die ich verwendt /

als ich in ihrer lieb gebrennt.

Nun aber weiß ich diß / und lebe frei / ohn lieben.

Elassar! gute nacht! ich bin von dir getrieben.

Sol mirs leid seyn? sol ich froh seyn in meiner wahl?

Ich weiß von keiner freud noch qual.


Baleus.


Als diese / der unschüldigen Mirina ehre so hart antastende reimen / am ihrem hof ankamen / waren eben die beide schwestern beisammen. Ich kan wol nicht sagen / welche von ihnen dieses zum höchsten entfunden habe. Die grosmütige Mirina / muste es zwar / als am meisten damit angegriffen / zum häftigsten anten. Die verliebte Hercinde aber / wurde zugleich von zorn und unruhe gerüret: indem sie eines teils so wenig vertragen konte / daß Mirina ihren Baleus hassete / als daß sie ihn liebte; anders teils es zum höchsten ůbelname / daß man ihre schwester / so unverschuldter weise / an ihrer ehre verunglimpft hatte. Ach! (sagte sie zu ihrer Marpeis / als sie nachgehendes bei ihr sich allein sahe /) hat mir dan der himmel auferlegt / einem Prinzen wol zu wollen / der so wenig tugend erweiset / und der unbeständigste und leichtsinninste von der welt ist? War es mir nicht straffe / und dem Jethur rache genug / daß ich lieben müssen? Muste ich noch meine wahl auf einen so unwürdigen werfen? Und wie kan ich / ohne verletzung der tugend / demjenigen ferner gut seyn / der meine schwester so sehr beschimpfet hat?

[294] Die Marpeis / so sich nicht unterwinden dorfte /ihren und der Simede verübten betrug / dadurch alle diese mishelligkeiten entstanden waren / zu offenbaren / wuste nicht / wie sie sich hiebei bezeugen solte /meinen Prinzen zu entschüldigen. Hercinde aber /ihrer schwester zorn billigend / fassete mit ihr den schluß / Assyrien zu bekriegen / und damit ihre rache zu suchen. Weil aber die liebe / wider ihren willen / in der Prinzessin gemüt noch mit herrschete / und sich nicht konte dämpfen lassen: als verursachte solches einen so herben kampf und streit in ihren gedanken /daß endlich die sonst unüberwindliche Hercinde dem gram völlig unterlage. Um deswillen kame sie von allen kråften / und wurde von tag zu tag schwåcher; daher die Marpeis und Simede / als welche allein üm die ursach ihres anligens wusten / nicht wenig besorgeten / es wůrde diese unvergleichliche heldin in die långe solche lebens art nicht überdauren können.

Als nun diese beide schwestern sich mit einander berieten / was hiebei zu thun wäre / entschlosse sich Hercinde / auf gut befinden der Mirina / unter Assurs gestalt / mit wenig leuten / nach Basan zu ihrem bruder dem König Marsius zu reisen / üm denselben in diesen krieg mit ein zuflechten / den sie wider uns fůrhatten. Auf der hinreise / in Mesopotamien / erkünete die Marpeis / (welche auch unter mannsgestalt /ihrer Prinzessin folgete) ihr zu offenbaren / was sie und die Simede mit mir angestellet hätten / ům die Mirina aus des Prinzen herzen zu bringen / welches nun all dieses unwesen verursacht hätte. Anfangs name Hercinde / dieses küne beginnen ihrer Marpeis /sehr ůbel auf / Allmählig aber ließe sie sich wieder begütigen / und den guten zweck ihrer Marpeis erwägend / vergabe sie ihr / daß sie dieses [295] betrugs sich unterfangen hätte. Sie sahe ja / daß ihre erzürnte schwester durch diesen bericht wieder zu versönen wäre: sie besorgte aber dabei / daß der Prinz / wan er also die Mirina unschuldig erfüre / sie wieder lieben m \chte. Doch beunruhigte sie das letzere nicht so sehr / als wie ihr vorher nahe gegangen war / meinem Prinzen /ihrer meinung nach / so leichtsinnig zu finden.

Wie sie also noch unschlůßig war / was sie nun fürnemen solte / kame das gerüchte in Haran / woselbst sie damals sich befande / daß mein Prinz / von Babel hieher nach Damasco gehend / daselbst durchreisen solte. Ich würde mich zu lang aufhalten / wan ich alle gespräche allhe o wiederholen wolte / die /dieser ankunft wegen / die sch \ne Hercinde mit ihrer Marpeis gefüret; die man auch selber ihm bässer fůrbilden / als von mir zu hören verlangen kan. Die Prinzessin sahe unsern einzug mit an / und entfande dabei solche ånderung in ihrem gemůte / daß der glanz ihrer wundersch \ne viel herrlicher / als er ein zeitlang geschienen herfůr leuchtete. Kurz! der dapfere Assur / so bisher ganz unlustig und verdrossen gewesen / erwiese sich nun so frisch und munter / daß Gaisus / einer von ihren Celtischẽ hohen kriegsbedienten / der die Hercinde nur als seinen feldherrn kante / diese schleunige änderung dahin deutete / als wan sie von dem kriegerischen eifer herrürete / den der mutige Assur / in ersehung seines feindes des Assyrischen Prinzen / bei sich entfinde. Hercinde ließe den Gaisus bei dieser meinung / ob gleich seiner einbildung ganz entgegen stehende regungen sie beherrscheten. Sie hätte auch wůnschen mögen / daß ihre Marpeis eben ein solches urtheil von ihr gefållet håtte: dan sie schåmte sich / daß iemand etwas solches an ihr merken solte.

Diese getreue Marpeis aber / so allein dahin bedacht [296] war / wie sie ihrer Prinzessin ferner / wider ihr wissen / in dieser liebe dienen möchte / suchete gelegenheit / mich zu sprechen: dazu sie dan gelangte / als ich / mit dem Prinzen Sinear / den abend nach unserer ankunft / vor Haran auf den grossen spazirplatz mich verfůgte / ům die schöne schäfergesellschaft zu besehen so daselbst / ům die zeit / sich zu befinden pflegte. Ich gedachte wol nicht / daß meine geliebte Marpeis mir so nahe seyn würde. Als sie in ihrer verkleideten tracht sich mir genähert / wurden durch die bekante stimme / eher meine ohren / als meine augen /innen / daß die angeneme Marpeis bei mir ware. Als ich nun / voll bestürzung / nicht wuste / wie mir geschahe / zoge mich Marpeis auf eine seite / und entdekte mir alles / was ich ietzund erzehlet / und wie ihre Prinzessin in ihrer liebe verharrete / aber sich nicht dazu entschliesen könte / auf einige weise zu dulten / daß man diese liebe bef \rdere. Weil aber in einem so zarten gemüte / daß niemals einigen zwang zu leiden gewonet / solche qual bald den garaus spielen m \chte: als hätte sie mir diesen der Prinzessin zu stand entdecken wollen / ům durch meinen raht zu verhüten / daß so eine unvergleichliche heldin nicht fürzeitig der welt entzogen wůrde.

Ich bote mich hierauf an / dem Prinzen Baleus dieses alles zu eröffnen / und versicherte die Marpeis /daß die grosse Hercinde / von meinen Prinzen / auf solche kentnis / mit heftigerer liebe / als ehmals in Elassar die unbekante schönheit / wůrde verehret werden. Sie wolte mir aber solches nicht zugeben / und meines hohen eidschwures mich erinnerend / verpflichtete sie mich zu fernerer verschwiegenheit. Nach langem überlegen / fasseten wir den schluß / folgenden abends zu veranlassen / daß Hercinde / sonder gesehen zu werden / einem gespråche zuhören solte /welches ich mit meinem herrn von ihr [297] halten wolte: dadurch sie / meines Prinzen gemüt erforschen / und seine liebe zu ihrer schönheit erkennen würde. Eben der spazirplaz / wo wir damals uns befunden / wurde zu diesem anschlag bestimmet. Gleichwie nun mein Prinz sich noch entsinnen wird / wie häftig ich ihnen gerahten / daß sie möchten sich belieben lassen / den hirtinnen und schåfern daselbst ihre gegenwart zu gönnen: also thäte auch die Marpeis an ihrem ort /und beredte die Hercinde / daß sie / folgenden abends / allein von ihr begleitet / sich an diesen ort verfügte /und / ům verborgen zu bleiben / hinter eine wand von brettern sich stellete / durch deren ritzen sie / sowol uns / als alles / was da fürgienge / betrachten konte.

Weil mir nun der ort / alwo sie stunden / von der Marpeis bedeutet wo den / als veranlassete ich / daß mein Prinz an diesen planken sich nidersezte / und alda die schönheiten nach einander betrachtete / die daselbst in grosser mänge zu sehen waren. Der Prinz Sinear / der Nahor / und andere von unsern Assyriern / so zugegen / wehleten ieder eine besondere sch \nheit aus / deren sie den preis zuerkanten: worüber Sinear und Nahor in einen streit gerieten / weil der Prinz von Chaldea des Nahors schwester / die schöne Rahel / dieser aber eine andere schäfe in / so Aprite hiesse /für die schönste unter der gesellschafft behaubten wolten. Sie wehlten meinen Prinzen zu ihrem richter: der dan / wie ihnen / gnädigster Prinz! noch beiwonen wird / dem Sinear beifiele / und die Aprite der Rahel fürzoge / und zwar aus der ursache / weil sie einige gleichheit zwischen der Aprite / und der unbekanten sch \nheit / so sie beim opfer in Elassar gesehen / befanden. Ich bediente mich sobald dieses urteils / weil es gar schicklich zu meinem zweck kame / und ich keine bässere gelegenheit håtte wünschen können /unser [298] gespräche auf die Hercinde zu kehren. Ich habe zwar / (sagte ich zu dem Prinzen) die schönheit / so sich bei der Mirina opfer befunden / nicht gesehen: wan ich aber den feldherrn Assur mir fürbilde deme sie gleichet / so dörfte ich fast sagen / sie seisch \ner /als diese Aprite.

Ich erinnere mich zum teil / (fiele alhier der Prinz von Assyrien dem Zameis ist die rede /) was unser gespräche damals gewesen. Doch wird der Königin /meiner schwester / nicht entgegen seyn / selbiges von euch anzuh \ren / weil es zu erleuterung eurer erzehlung / und zu meiner eigenen nachricht / dienen kan.

Mein Prinz / (fuhre Zameis hierauf fort zu erzehlen /) fiele meiner meinung bei / und sagte: Diese schöne / so mir von stand und namen unbekant / ist in meinem sinn die schönste / so ich nach der Königin von Ninive iemals gesehen. Und wan ich nicht besorgte /daß sie nicht in der welt / sondern nur in dem verkleidten Assur zu finden seyn m \chte / würde ich so freien gemütes nicht seyn / als ich iezt bin / sondern die jenige warhaftig lieben / deren blosser schatten /wan ich daran gedenke / mich fast nicht sonder liebe lassen wil. Vermeinen sie dan / gnädigster Prinz! (gabe ich zur antwort /) daß diese schöne nicht in der that eine dame gewesen? Ich meines theils gläube es sicherlich: dan der Assur eines viel zu edlen tugendhaften gemütes ist / als daß er der Celten heilige versamlung also entehret / und an so heiligem orte sich weiblicher kleidung solte bedienet haben. Ach Zameis! (sagte mein Prinz / und hube an zu seufzen /) wären Assur und diese unbekante eine person: ich sage nochmals / ich würde sie lieben.

Wann mein Prinz / (gabe ich zur antwort /) solche reitzung in sich entfindet / des sch \nen Assurs ebenbild zu lieben / so dörfte die schäferin Aprite vielleicht heute [299] unter uns mehr als einen verwunden. Ich zielete hiemit auf den Nahor / der aus allem seinem thun eine liebe zu dieser schåferin herfůr blicken ließe Mein Prinz aber / mir meine einbildung / und dem Nahor seine eiversucht / zu benemen / sagete hierwider: das betrübte wesen / so an dieser Aprite erscheinet / ist meinem sinne so entgegen / daß ich sorgen müste / ich würde / wan ich sie liebte / ům ihr zu gefallen / meine lebtage nicht lachen d \rfen. Und eben das ist es (sagte Nahor) was mir an dieser schäferin am båsten gefället. Und dieses einige machet / (antwortete mein Prinz /) daß ich nicht euer mitbuler werde. Dan / wan gleich Aprite durch das / worin sie meiner sch \nen unbekandten etwas gleichet / mich könte verliebt machen: so finde ich doch nicht in ihr /dieses lebendige feuer / so meine sch \ne in Elassar aus ihren augen schiessen liesse. Ihr heroisches wesen / von so unvergleichlicher anmut begleitet / bezauberte mich mehr / als die schönheit selber: wiewol ich eines vom andern nicht absondere. Und solte diese schöne heldin in der welt seyn / so můste ich mir selber verüblen / daß ich noch so freies gemůtes lebe. Mein Prinz håtte nicht gewůnschter / unserm anschlag zur beförderung / reden k \nnen.

Es verursachte auch dieses bei der schönen Hercinde / die alle worte mit angehöret / eine sonderbare vergnügung / welche sie / als wir kurz darauf mit dem Prinzen / auf anmanen des Nahors / uns unter die schåferinnen mängeten / und ihren spielen mit beiwonetẽ / gegen der Marpeis ausließe. Wer hätte mir (sagte sie /) ehmals in Celten sagen sollen / mich würde einmal vergnügẽ / wan ich hörete / daß man mich liebte? Ja / Marpeis! dir gestehe ich es allein /daß des Baleus liebe mir angenem sei / und daß ich wünschen m \chte / er wüste / wer ich wäre. Hierzu[300] wollen wir bald gelangen / (antwortete Marpeis /) und darf ich nur dem Zameis ein wort sagen / so ist dieser sache geholfen. Wie / Marpeis! (sagte hierauf Hercinde / sie ganz unwillig ansehend /) ist dir meine ehre und guter name nicht lieber / als daß du ihn solcher massen in die schanze zu schlagen begehrest? woltest du wol einigen menschen meine schwachheit eröffnen / daß ich liebe? Marpeis / die nicht melden dorfte /daß ich es bereits wüste / sagte darwider: Wie soll dann Baleus erfahren / daß er die grosse Hercinde liebet / wann man ihm des Assurs zustand nicht eröffnet. Ich kenne ihn noch nicht genug / (widerredte Hercinde /) daß ich ihm g \nnen solte / meinen stand zu erfahren. Er muß mir zuvor noch mehr proben weisen / daß er mich liebe; und unsere liebe muß nicht durch mich / sondern durch ihn / offenbar werden. Wie kan man aber dazu gelangen / (wandte Marpeis wieder ein) wan wir nicht einen kundschafter bei dem Prinzen haben / der uns seine gemütsneigungen bekant mache? Werden wir auch allezeit diese gelegenheit überkommen / den Prinzen von Assyrien zu behorchen? Zameis liebet mich / und liebet auch die wolfart seines herrn: warum solte ich ihm dan nicht künlich vertrauen dörfen / daß es die grosse Hercinde sei / die sein Prinz liebet / und daß er den grausamen krieg /der Assyrien drohet / nicht bässer von sich werde abwenden können / als wan er den unfug erkennet / den er der Mirina angethan / und / durch fleissige bedienung der schönen Hercinde / sich bewirbet / einen ewigen frieden mit den Teutschen zu stiften.

Auf dieses vorbringen der Marpeis / geriete Hercinde in tiefe gedanken. Indem sie aber also stilschweigend den schäferspielen zusahe / an denen wir uns zugleich belustigten / wurde sie gewar / daß mein Prinz sich bemůhete / [301] die schåferin Aprite zu kůssen: die es aber mit solcher strenge verwehrete / dergleichen man von einer gemeinen schäferin nicht vermutet hätte. Schau / schaue / Marpeis! (sagte hierbei die Hercinde /) des Assyrischen Prinzen flůchtiges gemůte! Solte ich mich deme so unbedachtsam offenbaren / der so wenig standhaftigkeit in seinem thun blicken lässet? Solte ich die straffe / die mir bereits der himmel auferleget / daß ich lieben muß / mir damit selber vergr \ ssern / und aller welt zum spotte werden / wan Baleus also / ům einer andern willen / mich zu lieben aufh \rete? Hierauf wolte sie dem spielen nicht långer zusehen / sondern gienge wieder nach ihrer wohnung: da sie die ganze nacht unruhig bliebe / und / bei allem zureden ihrer Marpeis / sich zu nichtes entschliessen konte.

Den folgenden morgen eilete ich nach dem hause /darinn sie waren / welches mir Marpeis bedeutet hatte; und wie ich / der abrede gemäs / in einen schafstall mich verfůget / alwo Marpeis mich sprechen wolte: kame sie daselbst zu mir / und hinterbrachte mir den gestrigen verlauf / wie ich ihn iezt erzehlt habe. Als wir aber mitten in solcher unterredung waren / schickte es das glück / daß Hercinde / ihre Marpeis suchend / in diesen stall kame / und uns beide hinterwårts ersehend / schliche sie leise hinzu /um zu hören / was wir redeten. Weil der inhalt von ihr und von meinem heren war / wurde sie so unwillig /daß sie sich nicht länger geheim halten konte / sondern mit grossen zorn heraus brache / und die Marpeis eine leichtsinnige verråterin schalte. Wie sie und ich hierob erschracken / ist leicht zu ermessen. Wir beide fielen dem ergrimten Assur zu fuß: da Marpeis ihre treue und sorgfalt für ihrer Prinzessin wolfart / ich aber meine verschwiegenheit / fürschützete / mit teurer versicherung / daß [302] alles zu ihrem bästen angesehen gewesen. Weil sie aber / in der ersten hitze / sich nicht wol begreifen konte / als winkte mir Marpeis / daß ich mich von dannen machen solte: damit die Prinzessin / mich nicht mehr sehend / desto eher wieder zu frieden könte gesprochen werden.

Die viele trånen der Marpeis wirketen auch so viel / daß nicht allein ihre Prinzessin sie wieder zu gnaden aufname / sondern auch erlaubte / daß ich fůr sie kommen / und für meinen Prinzen reden dorfte. Ich sagte / wie sehr derselbige sie unter dem namen der unbekanten schönheit liebte / und wie seine liebe sich noch häftiger gegen der grossen Hercinde herfürthun würde / wan er / sie zu kennen / die ehre haben solte. Diese geheime unterredungen wäreten / so lang wir in Haran ausruheten. Und weil die Prinzessin auf meine verschwiegenheit sich verließe / deren sie die Marpeis hoch versicherte / als entdeckte sie mir ihren fürsatz /wie sie nach Basan zu ihren bruder ziehen wolte: da ich / sobald sie daselbst seyn / und ich die beståndigkeit in meines herrn liebe erkant haben wůrde / ihr eröffnen solte / daß sein alter freund Assur die Prinzessin Hercinde aus Celten gewesen; und würde / nach solcher entdeckung / mein Prinz von selbst schon wissen / was ihm zu thun oblige.

Ich war mit dieser erklärung der Prinzessin mehr als wol zufrieden / und unterhielte sie stäts mit der versicherung / daß mein Prinz sie håftig liebte. Wir reiseten hierauf von Haran ab / und die Prinzessin folgete uns wenig tage hernach / hieher nach Damasco. Den Gaisus aber und die andern / schickte sie nach Basan füraus / dem König Marsius des Assurs ankunft zu vermelden: dem sie darbei heimlich durch ein schreiben zu wissen thåte / wiedaß sie seine schwester wåre. Die Marpeis bliebe allein bey ihr / die mir dan bald ihr hieseyn [303] kund machete. Als ich den schönen Assur wieder sahe / konte ich mich nicht gnug über dessen vermehrte schönheit verwundern: massen die zufriedenheit in der Prinzessin gemůte / seit daß sie solche versicherungen entfangen / daß sie sonder eiversucht meinem Prinzen seine liebe vergelten konte /deren äuserlichern glanz dermassen in die höchste vollkommenheit gesetzt hatte / daß ich ganz geblendet darob verbliebe.

Ihr sehet / (sagte sie zu mir /) daß ich noch gewillet bin / für Assyrien den frieden zu erlangen / wofern euer Prinz beståndig verbleibet / diejenige zu lieben /die er noch nicht kennet: und wil ich dessen proben alhier noch erwarten / ehe ich mich kund gebe / weil ich doch solang hier verharren muß / bis Gaisus von meinem bruder wieder zurücke kommet. Welcher gestalt diese worte der Prinzessin mich gerüret / kan ich nicht mit worten ausdrücken: dan ich hatte dazumal schon die neue liebe meines Prinzen zu der Aramena vermerket / und selbige / durch alles mein zureden /aus dessen gemüte nicht bringen k \nnen. Ich verbarge aber mein anligen auf das båste / und antwortete der Prinzessin mit diesen worten: Ich bin versichert /wann mein Prinz wird wissen dörfen / daß ihm der himmel die grosse Hercinde bestimmet / er werde alles anwenden / so eine vollkommene sch \nheit fůr sich zu erlangen. Ich finde aber hierzu h \chst nötig /daß ich m \gemeines eids erlassen werden / ům meinem herrn seine glückseeligkeit zu offenbaren. Dieses mein ansuchen / wolte das erstemal bei ihr nichts verfangen. Doch bewilligte sie endlich / als ich die Marpeis auf meine seite name / das ich dem Prinzen hiervon sagen m \chte.

Mitterweil ich aber / zu einer so grossen zeitung /meines Prinzen gemůt etliche tage zu vorbereiten /und erstlich [304] zu erforschen gedachte / ob die neue liebe gegen der Aramena / durch kentnis der Hercinde /auch wol könte ausgetilget werden / auser dem ich in bedenken zoge / einer so fürnemen Prinzessin hohes ansehen in gefahr zu setzen: erscholle überall in ganz Damasco das gerüchte / wiedaß Aramena / der K \nigin von Ninive kammerjungfrau / von dem Assyrischen Prinzen geliebet würde. Hercinde erfuhre solches nicht zum spätsten / und konte ihr unmüglich fůr wahr einbilden / daß ein so grosser Prinz / der ihre schönheit verehrte / von ihr ablassen / und von eine geringern stand und schöne lieben solte. Sie beschiede mich demnach in den k \niglichen schloßgarten / und fragte mich daselbst / was ich hiervon wüste? Mein stilschweigen und verwirrtes aussehen machte sie alsofort gläuben / woran sie zuvor gezweifelt hatte: worůber dan solch ein wütendes feuer ihr ins gesichte stiege / daß ich noch erschrecke / wann ich daran gedenke. Wie? (sagte sie endlich / als die bestürzung sie reden ließe /) liebet man die Aramena / nachdem man mich gesehen? und liebet Hercinde einen Prinzen / der so nidrigen gemüts ist / daß ihm seiner schwester dienerinnen gefallen k \nnen? Hierauf schwiege sie / und gienge mit schnellen schritten von mir hinweg / sonder / mich ferner anzusehen.

Ich eilete ihr nach / und hörte / daß sie bei sich selber sagte: Du must sterben / Aramena! nichtswürdige Aramena! des Baleus fehler zu bezahlen / daß er dich gelietet. Ich kan diesen unbesonnenen Fürsten nicht härter bestraffen / als wann ich ihn derjenigen beraube / die er liebet / und wann ich mich tüchtig zeige / mit ihr seine liebe zu t \den / gleichwie er fåhig gewesen /in ersehung ihrer person / die liebe gegen mir zu verlieren. Ich trate hierauf näher / und bemůhete mich /sie zufrieden zusprechen. Sie aber wolte von nichtes hören; und muste sie [305] überdas meinen Prinzen mit der Aramena sehen in den garten kommen: welches ihr so an das herze stieße / daß sie kaum diesen ankommenden konte aus dem weg gehen. Sie befiele auch mit einer onmacht / nahe bei einer lauberhůtten: da ich und die Marpeis / welche mit ihr gekommen war / sie in dieselbe trugen / und gnug zu thun bekamen / sie wieder zu ermuntern. Das glück wolte / daß niemand im garten dieses merkete. Nachdem wir endlich / mit grosser mühe / die Prinzessin in ihr haus gebracht /stieße ihr ein häftiges fieber zu: welches / in geschwinder eile / sie dermassen aller kräfte braubet /daß sie des bettes hüten muste.

In diesem zustand / erfuhre der Prinz Cimber / daß die Prinzessin Hercinde in Damasco wäre: dem hatte der König von Basan das gewerbe aufgetragen / sich üm sie anzunemen / und ihre hinreise nach Basan zu befördern. Ich fande denselben bei ihr / als ich / meiner gewonheit nach / sie zu besuchen kame. Er sprache ihr sehr zu / in der Fůrstin Timna palast sich bringen zu lassen / da sie bässere pflege haben würde / als in diesem wirtshause: welchen einraht sie beliebte /und den folgenden tag / nachdem sie weibliche kleider angeleget / so schwach sie auch war / dahin sich fůren ließe. Weil ich daselbst sie nicht mehr besuchen konte / als name sie abschied von mir / mich bei allen göttern beschw \rend / niemals einigem menschen zu offenbaren / was ich von ihr wůste. Sie verlangte aber nichtes / als den tod: massen sie sagte / daß ihr leben ihr nunmehr eine last wäre. Ich vermeinte sie zwar auf eine andere meinung zu bringen / zumal ich mich in meinem gewissen verbunden befande / dieses meinem herrn nicht länger zu verschweigen / worauf Assyriens wolfart beruhete: Hercinde aber so wol / als Marpeis /hielten mir meinen eid für / [306] womit sie mich zwungen /daß ich ferner muste verschwiegen bleiben.

Es kamen aber / in der Timna palast / der Prinzessin Hercinde ihre verlorne kräfte bald wieder / also daß nur das gemüt krank verbliebe. Sie fassete endlich den schluß / meines Prinzen / wo müglich / zu vergessen / und nach Basan zu gehen: da / auf des Rames schloß / eine starke Celtische leibwacht ihrer wartete / sie dahin zu begleiten. Auf diesem weg / da sie wieder in manskleidern sich sehen ließe / traffe sie die Aramena an / als sie und Marpeis von den andern sich etwas abgesondert hattẽ: mit der sie dan / vom zorn übermeistert / sich in kampf begabe / von meinem Prinzen daselbst gesundẽ / und erstlich für den Assur / hernach aber für die unbekante schönheit / erkant wurde. Diese erkentnis / so die alte liebesflammen wieder aufwehete / machte uns dem wagen der Prinzessin folgen: und dankete ich in meinem herzen dem himmel / welcher dieses also geschicket / davon wir die vereinigung des Assyrischen und Celtischen hauses wieder hoffen konten. Es ist schon bekant /wie ich / in des Rames schloß / durch bef \rderung der Marpeis / eingelassen worden. Ich kame nicht allein zur Marpeis / sondern auch / (wiewol der K \nig von Basan / zwar mir-unwissend / sich daselbst befunden) vor die Prinzessin selber: welcher ich meines herrn grosse liebe fůrmalete / und endlich durch meine überredungen bei ihr so viel erhielte / daß sie meinem Prinzen die erlaubnis gabe / selber zu ihr zu kommen. Um aber gewiß zu seyn / ob Aramena / mit der sie sein herz nicht zu teilen begehrte / gänzlich aus des Prinzen gemüt gebannet wäre / und sie selbiges allein beherrschen würde / stellte sie es also an / daß mein Prinz mit der Marpeis / bevor sie sich selber sprechen ließe / sich unterreden [307] muste: welches dan so unglůcklich ablieffe / daß Hercinde / mit des Prinzen erklärung nicht zufrieden / aus ihrem verborgenen ort herfür rieffe / und ihm höchlich verwiese / daß er die Aramena noch liebete. Hiemit ware nun / meine und der Marpeis arbeit und bemühung / übel geendet. Die unwillige Prinzessin / wiewol sie / wegen entfangener wunden / noch sehr schwach war / wolte daselbst nicht långer verbleiben / sondern reisete hinweg: also daß wir das leere nest funden / wie wir den folgenden tag wieder nach des Rames schloß giengen. Ich stunde nun ganz unschlüßig bei mir an / wie ich hierbei mich verhalten / ob ich meinen eid brechen oder länger schweigen solte? Vor wenig tagen aber / entfienge ich ein schreiben von der Marpeis / welches ich hiermit dieses inhalts fürlesen wil.

Schreiben der Marpeis an den Zameis.

Wir sind in Basan / und zwar so unwillig ůber die Assyrier / daß ich mich kaum darf merken lassen / wie ich einem unter ihnen noch gewogen bin. Ich werde aber endlich mich auch můssen feind erklären: wofern euer Prinz nicht bald bässer erkennet / was für ein glück / in erlangung der unvergleichlichen Hercinde /ihm vorstehen möchte. Wofern seine fürgewandte liebe beständig ist / und er der Aramena vergessen hat / wie hier das gerücht erschallet: so erlasse ich euch eures eides / und bin zufrieden / daß Baleus sein gutes geschicke erfahre. Waget aber nicht / einer so grossen Prinzessin ehre und guten namen / auf ein ungewißes /und sehet euch [308] bei dieser offenbarung wol für / so lieb euch ist euer Herr / euer Vatterland / und eure


Marpeis.


Nach vorzeigung dieses briefes / habe ich nichts mehr zu sagen: massen aus meiner abgelegten erzehlung erhellet / daß ich der Marpeis befehl nachgekommen / und wie fäst ich mich auf die beständigkeit meines Prinzen verlasse / indem ich nicht befahre / durch diese entdeckung meinem herrn / meinem vatterland /und meiner liebe zu schaden / sondern vielmehr deren båstes hierdurch zu bef \rdern.


* * *


Ach Zameis! (rieffe hierauf der verliebte Prinz /) was für unheil hat eure verschwiegenheit angerichtet /und wie kontet ihr doch so lang mich gequälet sehen /da euch mein verhångnis kündig gewesen? Wann mein Prinz (antwortete Zameis) alle ůmstände recht erwåget / so werden sie mir dieses verschweigen nicht verübeln k \nnen. Dan / allhier nicht zu er \rtern / wie hart ein eid einen diener gegen seinem herrn / etwas geheimes zu verhelen / verbinde: so ist ja zu betrachten / daß / wann ich dieses zur unzeit entdeckt hätte /mehr schaden / als vorteil daraus hätte erwachsen können. Mein Prinz ware / was das verlieben angehet / bisher zimlich wankelbar: wan nun hierdurch / diese grosse und großmůtige Prinzessin / einiger massen zu zorn und in beschimpfung wäre gebracht wordẽ /håtte ganz Assyrien dasselbe ausbaden müssen. Daher dan ich / ehe ich meines Prinzen beståndigs lieben erkennet / nicht eröffnen dörfen / was widrigen falls ein so grosses übel hätte mögen nach sich ziehen.

Ich falle dem Zameis bei / (sagte die K \nigin /) daß [309] er hierin verständig gehandlet / und erfreue mich eures glůckes / daß euch der himmel eine so vollkommene Prinzessin ausersehen. Dieses unverdiente glück /(antwortete Baleus /) zeiget sich mir noch sehr von weitem: weswegen ich zwar euren wunsch dankbar anneme / verlange aber nötiger euren einraht / wie ich es nun hierinn anschlagen můsse / mich so wol gegen die erzürnte Mirina / als gegen die schöne Hercinde und den König unsern herrnvatter / klüglich zu erweisen. Mein verlangen / nach Basan zu gehen / üm dieser beleidigten Prinzessin zu fus zufallen / ist unbeschreiblich; aber der scharffe befehl des Königs / heiset mich nach hof ziehen: daß ich also nicht weiß /was ich thun oder lassen solle.

Die schöne Delbois besanne sich etwas / auf dieses des Prinzen fürbringen / und stunde an / ob sie nicht von dem / was ihr wissend war / ihme teil geben solte. Sie sahe wol / daß sein beistand ihr merklichen vorteil würde bringen k \nnen / gedachte deshalben ihn zu verpflichten / indem sie endlich in gegenwart des Zameis / als dem sie wol trauen konte / ihm alles entdeckte / was Abimelech von des Belochus liebe / seiner eiversucht / und der Dalimire anschlag auf Ninive / ihr geoffenbaret. Sie vertraute ihm auch ihre liebe zu dem Prinzen von Gerar / und verschwiege ihm nichtes / auser nur dieses / daß sie nicht des Belochus tochter sei: dan ihr viel zu bange war / Baleus möchte sie wieder lieben / wan er erfůre / daß er nicht ihr bruder wäre. Ihr sehet nun / (fure sie fort / ihm zuzureden /) daß der verliebte K \nig euch für seinen mitbuler hält /weil er noch nicht weiß / wie ihr gegen mir gesinnet /und das euer angenommener wahrer glaube euch eines bäßern unterwiesen. Und wie die verliebten scharssichtige augen haben / als hat der König dem Prinzen der Philister abgemerket / was [310] sonst niemand sehen k \nnen. Der Prinz Cimber aber kommet unschuldig in diesen verdacht: der K \nig müste dan ihn für einen geschwornen freund des Abimelech erkennen / der mir von dem mächtigen König zu Basan allen beistand versprochen / mich so wol wider die ungeziemte liebe des K \nigs / als bei meinem reiche /zu schützen und zu erhalten. Wann ihr nach hof kommet / werdet ihr alles dieses mit mehrerm erfahren: darnach ihr dan euer thun einzurichtẽ habet. Ich zweifle aber nicht / ihr werdet eurer schwester euch annemen / auch alle rånke und listige anschläge der Dalimire hintertreiben helfen. Die beleidigte Mirina betreffend, so köntet ihr den Zameis nach Elassar senden / euch durch ihn zu entschuldigen / und daneben diese Königin zu ersuchen / daß sie euer wort bei ihrer schwester reden wolle. Ein gleichmäsiges wil ich / durch den Cimber / bei ihr werben / auch durch ein schreiben sie zu gewinnen trachten / daß sie eure liebe und euch zu gnaden auf- und anneme. Daß ihr aber selber iezt nach Basan reiset / solches kan ich / aus vielen erheblichen ursachen / nicht ratsam befinden.

Auf diese er \fnung und erklårung / konte der vergnügte Baleus sich nicht enthalten / seine vermeinte schwester zu ümarmen: und name er nicht allein gutwillig / in allem / ihren raht an / sondern erbote sich auch hingegen / ihr und dem Prinzen Abimelech möglichst zu dienen. Die unnatürliche liebe aber seines herrvattern zu seiner eigenen tochter / kame ihm so ärgerlich für / daß er ohne grausen nicht daran denken konte. Nachdem er nun ferner alles mit der K \nigin abgeredet / wie sie sich in diesen gefärlichen und weit-aussehenden dingen bezeigen wolten / begaben sie sich miteinander nach der K \nigin von Tyro / die eben mit dem statthalter [311] Mamellus / in einem ämsigen gespråche begriffen war: daher sie in ein neben zimmer zu der Königin von Elam sich verfügten / um diese nicht an ihrer unterredung zu verhintern.

Es handelte aber der Königin von Tyro und des Mamellus gespräche / von der ankunft des Spiridates /und von der schleunigen abforderung des Prinzen Baleus: da sie beiderseits die eigentliche ursache nicht ergründen konten / die den König hierzu antriebe. Der Statthalter hatte auch / auf seine verschiedene berichte / von verwechselung der Aramena / und von der unvermuteten wiederfindung seiner tochter / so sonderbare antworten (welches ihn und diese K \nigin sehr befrömdete) von hof erhalten / die ganz nicht mit dem ehmaligen eifer übereinstimmeten / den sonst der König wider das Syrische geblůt blicken lassen: dan er mehr sorge als zorn / ůber der verlornen Aramena unbekantem geschicke / darin erwiesen. Hierauf redeten sie ferner von der heurat des Baleus mit Lantine /dazu sie noch von beiden seiten so wenig anzeig eines fortgangs sahen.

Als Mamellus die Königin ferner berichtete / wie er befehl bekommen / dem Cimber anzudeuten / daß er aus Damasco sich hinweg machen solte: betrübte sie sich nicht wenig hierüber / weil sie eine sonderbare hochachtung für diesen Prinzen hegete / und konte sie sich nicht gnug über ihres bruders frömdes beginnen verwundern. Es kame ihr zwar selber / die beständige anwesenheit dieses frömden Fůrsten / gar nachdenklich für: weswegen sie den statthalter fragte / was er wol vermeinte / daß die ursach seines da-seyns wäre? Er lächlete hierüber und sagte: Die schönheit der Königin von Ninive ist noch wol so kräftig / einen teutschen Fürsten hier anzuhalten. Habet ihr dessen grund / mein vetter! [312] fragte die Königin / ganz begierig. Ich vermute es zwar nur / (antwortete Mamellus /) vermeine aber / ich fehle nicht in meiner einbildung. Ihr g \tter! (rieffe und sagte hierauf die K \nigin von Tyro / als sie sich ein wenig bedacht hatte) solte wol mein bruder seine tochter lieben / und darum / so wol den Baleus / als den Cimber / nicht hier dulten wollen? Mamellus zoge die schultern / zu dieser frage / und wolte nicht sagen / was er gedachte.

Indem wurde der Königin von Tyro angemeldet /wie daß die K \nigin von Ninive und der Prinz Baleus bereits eine gute weile da gewesen wären / sie anzu sprechen: weshalben sie dieselben alsofort vor sich kommen ließe / aber ihre verwirrung nicht so wol bergen konte / daß diese ihr solche nicht angemerkt hätten. Der Assyrische Prinz name dißmal abschied von seiner mumen / wie auch von der K \nigin von Ninive: weil er folgenden tags in der frühe / nach Acraba zu seinem herrvatter / abreisen wolte. Dieser schleunige aufbruch / nachdem er ruchtbar worden / machte ganz Damasco sich verwundern / und hatten so wol die Babylonier / als die Syrer / ihre eigene gedanken hierüber. Etliche vermeinten / der Prinz entferne sich / ům / der hochzeit des Disons mit Aramena / nicht beiwonen zu d \rfen / weil er vieleicht bei sich noch eine liebe zu dieser jungfrauen fůlete. Andere aber / und sonderlich die Syrische Fürsten / besorgeten / man hätte etwan an Assyrischer seiten etwas erkundschaftet / von ihrem wiedergefundenẽ Aramenes: ům des willen der Prinz zu dem K \nig so eilig erfordert wůrde.

Die schöne K \nigin von Ninive gienge / gegen abend / ganz allein in den schloßgarten / alda sie /weil es an der Ahalibama / Timna / und Aramena vertreulicher gesellschaft / [313] welche allein üm die geheimnise ihres herzens wusten / ihr fehlete / bei ihr selber alles überlegte / was ihr / so wol in ihrer liebe / als wegen erhaltung ihres reichs / für gefärlichkeiten fürstunden: das sie aber alles endlich der schickung des höchsten lediglich anheim stellete. Hierauf wandte sie ihre gedanken / von diesen verdieslichen dingen / auf die verwundersame geschicht der Hercinde: da sie ganz nicht begreifen kunte / wie Cimber sie so heimlich lieben k \nnen / daß weder Marpeis noch Zameis das geringste davon gemerket: massen seiner / in der ganzen erzehlung / mit keinem einigen worte war erwehnung geschehen. Und ie mehr sie dieser seiner frömden liebes-art nachdachte / ie grösser darob ihre verwunderung wurde.

Als er indem eben dazu kame / bote sie ihm gleich begierig die hand / und sagte: Ihr kommet recht /Prinz Cimber! ich war eben mit meinen gedanken bei euch / und truge mich mit einem zweifel / den ihr allein und am bästen mir werdet benemen können. Ich bin nicht wůrdig / (gabe Cimber zur antwort / zugleich die Königin auf dem spazirweg fortfürend /) in so edlen gedanken zu schweben: dabei aber erbötig /meinen schůldigsten gehorsam zu erweisen / in erklärung desjenigen / was E. Maj. von mir zu wissen verlangen. So seit ihr dan nun verbunden / (sezte die Königin) mir zu er \ffnen / wie ihr die Hercinde so heimlich lieben können / daß kein mensch etwas davon erfaren. Dan ich weiß nunmehr ihren ganzen lebenslauf / und kenne des grossen Marsius unvergleichliche schwester volkömlich / auser in dem / was euch betrifft. Ich kan mich in eure heimliche liebe nicht finden / und lebe in zweifel / wie mir diese Prinzessin solche gestehen k \nnen / da sie doch so häftig dem Prinzen von Assyrien liebet.

[314] Cimber bliebe / ůber dieser frage seiner K \nigin /ganz betreten / und wuste anfånglich nicht / wie er sich heraus wickeln solte. Endlich aber sagte er: E. Maj. sind bereits so gůtig gewesen / mit meiner verschwiegenheit in dieser sache friedlich zu seyn / daß ich E. Maj. unerträgliche ungnade nicht auf mich zu ziehen verhoffe / wan ich sage / daß ich noch ferner schweigen muß / ja daß ich unmüglich melden kan /was die schönste Königin von mir zu wissen begehret. Wider die unmöglichkeit habe ich nichtes einzuwenden: gabe Delbois zur antwort. Ich muß aber üm soviel mehr mich verwundern / je weniger ich ersinnen kan / wie Cimber die Hercinde mit ihrem wissen lieben k \nne / die doch / auser dem Baleus / keinen jemals lieben wollen; und wie es m \glich sei / mit solcher gemütsruhe seinem mitbuler in seiner liebe dienen zu können. Cimber zoge hierauf / ohne zu antworten / ein täfelein herfür / in welches er etliche reimen auf seinen zustand verfasset hatte / die er seiner K \nigin ůberlieferte; welche dieselben ablesend / solches inhalts befande:


Was nehret meine lieb? gedult und immer schweigen.

Ist hoffnung nicht dabei? ach! diese ist dahin.

Wer sonder hoffnung liebt / mus zweifelmut erzeigen.

Nein! ich verzweifle nicht: weil lieben mein gewin /

so sonder eigennutz. Nicht wůnsch ich mein vergnůgen:

weil deren ruh / die ich verehr / sonst můst' erliegen.


Die sch \ne K \nigin forderte hierauf von dem Cimber einen griffel / und schriebe / nach kurzem besinnen / folgende reimen unter die seinen.


Der wahren liebe ziel / ist gegenlieb' erlangen:

wo die nicht wird gesucht / ist liebe keine lieb.

Im lieben seit ihr klein: in freundschaft k \nt ihr prangen.

Was ihr der lieb zuschreibt / ist nur der freundschaft trieb.

Doch meld' ich dieses nicht / ům euch mehr zu entzůnden.

Ihr könt / auf eure weis / die ruhe båsser finden.


[315] Als sie dieses dem Cimber zugestellet / lase er solches unter begleitung so vieler seufzer / daß die sch \ne Delbois gnugsam abnemen kunte / seine liebens-art m \sse sonder ruhe seyn. Weil noch ein kleiner raum auf dem täfelein ledig war / als beantwortete der verliebte Prinz / der K \nigin reimen / mit folgenden zweien zeilen.


Wär der tugend wol gemäs / fäster liebe band zu scheiden?

Meine liebe ist so groß / daß ich nur allein wil leiden.


Indem er diese der K \nigin zu lesen gabe / sagte er: E. Maj. werden mir vergönnen / daß ich künftig in dergleichen reimen / meine unschuld / daß ich recht liebe / ůmständlicher beweisen d \rfe; dan / wan mein herze sichtbar wäre / solte es sich so von liebe angezůndet zeigen / daß mir hierin kein liebhaber jemals füůrzuziehen seyn würde. Unter den verståndigen liebhabern / (sagte Delbois) wird der Prinz Cimber wol den preis davon tragen. Ja es wäre der / die ganze welt zu beherrschen / wol wůrdig / der sich selbst so verwundersam beherrschen kan. Was aber eure reimen betrifft / wird es mir lieb seyn / dergleichen erfindungen von so seltnem inhalt \fters zu lesen.

Cimber beantwortete dieses lob / wie auch seiner K \nigin angehengten befehl / mit einer tiefen verneigung / worauf sie ferner zu ihm sagte: Nun ich euch /mein Prinz! also von tag zu tag båßer kennen lerne /darf ich nicht sorgen / daß ich euch betrůben werde /wan ich euch den glůcklichen fortgang der liebe eures mitbulers verkündige. Der Prinz von Assyrien ist nun / nach erhaltener / genauer kentnis seiner Prinzessin /in sie so håftig verliebet / und so sorgfältig / sich bei ihr wieder ausgesönet zu wissen / daß er mich dahin vermöget / für ihn an die Hercinde zu schreiben. Ich zweifle nicht / ihr [316] werdet den brief nach Basan bef \rdern helfen / und hierdurch eine probe eurer seltsamen liebe erweisen. Ich bin so gewonet (antwortet Cimber /) meinem mitbuler zu dienen / daß solches mir nicht mehr fr \md fürkommet: und weil der Hercinde ruhe und wolfart die meinige ist / als sol hierin von mir alles auf das fleissigste beobachtet werden. Aber /darf ich fragen / grosse K \nigin! woher hat der Prinz von Assyrien / der Hercinde zustand erfaren? Es hat (antwortete Delbois) der Zameis / auf erlangte erlaubnis aus Basan / dem Prinzen und mir alles ümständlich erzehlet / was der grossen Hercinde begegnet. Ihr aber werdet zweifels ohne noch vielmehr von ihr wissen / welches Zameis etwan mit fleiß / üm des Baleus eiversucht zu verhůten / verschwiegen hat. Zameis weiß von meiner liebe nichtes / (antwortete Cimber /) sonst wůrde ich / da sie so ruchtbar wåre / nicht so ein geheimis davon machen können. Ich versichere aber E.M. nochmals / daß ich alle möglichste f \rderung thun wil / der Prinzessin von Basan ruhe zu schaffen.

Hierauf redete die K \nigin mit ihm ab / wie sie folgenden tags an die Hercinde schreiben wolte. Nachdem sie ihn hierauf ferner kůrzlich berichtet / was die ursach von des Assyrischen Prinzen so schleuniger abreise wäre / gienge sie / weil es begunte dunkel zu werden / wieder aus dem garten / befahle noch ein und anders ihren leuten / so bei der morgigen einholung der hochzeitere solte in acht genommen werden / und begabe sich hierauf zur ruhe: alles das jenige / so sie daran behintern konte / auser dem andenken ihres Abimelech / aus dem sinn schlagende.

Kaum war es wieder tag worden / da schickte sich der Prinz von Assyrien zur abreise. Und weil er in stätem [317] andenken seiner Hercinde begriffen war / als machete ihn dieselbe folgende reimen dichten.

An die unvergleichliche Prinzessin Hercinde.

Du wunderglanz! ich sahe deinen schein:

doch meinet ich / ich håtte nichts gesehen.

Ich liebte dich / eh ich wolt selbst gestehen /

daß / was ich liebt / zu lieben k \nte seyn.

Drum stellte sich kaltsinnigkeit drauf ein.

Den sch \nen freund / den Assur / ließ ich gehen;

gewillt / mich aus dem liebesgarn zu drehen:

vergebens doch floh ich vor dieser pein.

Kaum gab ich so den sch \nen Assur hin:

da legt' er mir von neuem an / die bande.

Ich meinte zwar / weil ihr von einem stande /

mein freund und du / so wår mein freier sinn

von liebe los: doch Assur und Hercinde

die binden mich / nun ich sie eins befinde.


Als er diese reimen in ein täfelein eingezeichnet /sezte er über seinen namen / noch diese zwo zeilen:


Der dich bisher unwissend must betrůben /

der sol forthin bis in den tod dich lieben.


Baleus


Diß tåfelein legte er / wol verwaret / auf der Delbois von Ninive nachttisch / neben einem schreiben an diese Königin / darinn er ihr seine angelegenheit bäst entfohle: und schiede er damit / neben dem Spiridates / Zimenes / und seinen leuten / so verliebt als unruhig / aus Damasco / den weg nach Acraba vor sich nemend.

Sobald nun die sch \ne K \nigin die ruhe verlassen /und dieses auf ihrem tisch gefunden / sezte sie sich /nachdem sie sich ankleiden lassen / alsofort nider /ihrer dem Baleus gethanen zusage nachzukommen /und schriebe an die Hercinde wie folget.

[318] Schreiben der K \nigin von Ninive / an die Celtische Prinzessin Hercinde.

Ich habe so viel gütigkeit / in wenigen minuten / da ich meine Prinzessin sehen dörfen / an ihr wargenommen / daß ich um so viel williger erküne / für den Prinzen von Assyrien diese bittzeilen zu schreiben: der aus unwissendheit / und nicht aus fürsatz / eine so grosse Prinzessin hat beleidiget. Ich kan mit warheit zeugen / daß ich niemals den Prinzen Baleus verliebter / noch auch betrübter / gesehen habe. Zu beiden /hat er erhebliche ursachen. Dan / die schöne Hercinde zu sehen / und nicht zu lieben / ist unmüglich. Sie erzürnet wissen / und ihre aussönung nicht hoffen dörfen / ist unerträglich. Vergönnet demnach / werteste Prinzessin! daß der Prinz eure sch \ne anbeten / und die vergebung nächst eurer gnade hoffen d \rfe. Ihr werdet ganz Assyrien / indem ihr ihnen also ihren einigen Prinzen wie von neuem wieder schenket / dadurch erfreuen / und aller welt zeigen / daß die dapfere Hercinde sowol mit ihrem wunderglanz / als mit ihren sieghaften waffen / grosse königreiche einzunemen wisse. Verzeihet mir / schöne Prinzessin / daß ich iezt für den Baleus so künlich spreche. Die ůmstände / welche in der zeit / seit daß ich die ehre euch zu sehen nicht genossen / sich herfür gethan haben /verursachen / daß ich des Prinzen Cimbers diß orts nicht anderst kan erwehnen / als eines verwundersamen [319] beförderes der glückseligkeit des Prinzens von Assyrien.

Delbois K \nigin von Ninive.


Als sie dieses kaum verfärtigt hatte / sahe sie in ihrem zimmer / alle Prinzessinnen und fůrneme damen aus Damasco: welche auf das herrlichste geschmückt erschienen / üm / die braut Aramena von Naema abzuholen. Die Königin zu vergnügẽ / wolte keine zurück bleiben / so gar / daß auch die stäts-betrůbte Prinzessin von Ophir sich mit aufsprechen lassen /der hochzeiterin diese ehre zu erweisen. Die leutselige K \nigin erkante sich / für diese bezeigung / ihnen verbunden / und dankte einer ieden mit solcher h \flichkeit / daß ihrer aller begierde dadurch noch gr \sser wurde / der sch \nen Delbois in mehrern fällen gefällige dienste zu erweisen. Die såmtliche herren /so sich in Damasco befunden / stellten hierauf / ům gleicher ursache willen / bei der Königin von Ninive sich auch ein; welche / den Cimber unter ihnen erblickend / ihn zu sich an ein fenster rieffe / ihm das schreiben an die Hercinde zu lesen gabe / und folgends zu ihm sagte: Wofern ich gläuben könte / daß ihr dieses mein beginnen wider die freundschaft / die ich euch gewidmet / deuten m \chtet / würde ich dieses schreiben nicht abgehen lassen. Weil ihr euch aber habt erkläret / euren mitbuler zu dienen / so habe ich mir kein gewissen davon machen können / sowol dieses zu schreiben / als auch es eurer beförderung zu übergeben. E. Maj. gläuben mir (gabe Cimber zur antwort / das täfelein zu sich nemend /) daß ich der Prinzessin Hercinde ruhe zu befördern / mich åuserst bemůhen werde; und daß die sch \ne K \nigin von Ninive ihre verdiente gnade mir nicht wesentlicher zueignen [320] können / als mit anbefehlung dieses gewerbs /dem Assyrischen Prinzen in seiner liebe zu dienen. Eure grosmut ist unvergleichlich: (sagte die Königin /) doch gibet euer betrübtes wesen gnug an tag / was ihr darunter leiden můsset.

Daß E. Maj. einige ånderung an mir verspůren /(gabe Cimber zur antwort /) dörfte wol daher rüren /weil ich gleich ietzund die entfindlichste zeitung von der welt vernemen müssen / indem der Prinz Mamellus mir angedeutet / daß man mich nicht mehr hier in Damasco dulten wolle. Wie? was sagt ihr / Prinz Cimber! (unterfuhre ihm die bestürzte Königin /) wie sol das zugehen? Der K \nig von Assyrien / (antwortete er / ganz betrübt /) wil mich von hinnen haben: zweifelsfrei allein durch mein widriges glůck hierzu angereitzet / welches mir nicht länger g \nnen können / der schönsten Königin von Ninive aufzuwarten. So woltet ihr dan (sagte die Königin / ihn ganz beweglich ansehend) mich iezt verlassen / da ich eurer hůlfe so hoch ben \tigt bin? Erinnert ihr euch nicht / wozu die zusage / die ihr dem Abimelech gethan / euch verbindet. Ich denke wol an dieses alles / (antwortete Cimber /) und an noch viel anders / so mich treibet /mein leben der sch \nen Delbois diensten aufzuopferen. Ich sehe aber nicht / wie ich fůr der Assyrischen gewalt sicher alhier verbleiben k \nne / wofern mich E. Maj. nicht in ihren schutz nemen. Das wil ich auch thun: (gabe sie zur antwort /) und erkiese ich euch hiermit für einen meiner hausgenossen / welcher name euch alle sicherheit fůr den Assyriern geben wird. Ich lasse mir aber / dieses ungereimte verfahren das Belochus / nicht verwunderlich fürkommen / nun ich weiß / daß man euch in verdacht hält / als ob ihr mich liebtet: dan der K \nig / so keinen mitbuler leiden kan /[321] alle diejenige für solche hält / von denen er durch seine kundschafter erfåret / daß ich vertreulich mit ihnen lebe und ůmgehe. Der verliebte Cimber wuste /als er seine Königin also reden h \rete / keine stäte gebårde zu fassen / und stunde an / wie er antworten solte: da / zu seinem glücke / der Mamellus in das gemach trate / und ihn also hiervon befreiete.

Dieser Prinz / der / die hochzeit des Disons und der Aramena auf das prächtigste anzuordnen / ihm angelegen seyn lassen / ům die Königin von Ninive damit zu vergnůgen / kame eben darüm / ihr anzumelden /wiedaß nun alles / sowol auf der Kemuelsburg / als zum auszug / bereitet wåre. Die K \nigin / die keine gelegenheit / dem Cimber zu dienen / verseumen wolte / sagte zu dem statthalter: dieser Prinz wird / als einer von meinen hausgenossen / die braut auch mit abholen; massen ich ihn gleich iezt an meinen hof /und folgbar in meinen schutz / genommen habe. Sie und Mamellus erröteten / dieses zu reden und anzuh \ren. Nachdem aber der statthalter solches nur mit einer verneigung des hauptes beantwortet / gesellte sich Cimber zu ihme / und sagte leise wider ihn: So billig ich des K \nigs von Assyrien befehl nachkommen solte / Damasco zu räumen / so unwidersprechlich ist hingegen auch meiner K \nigin begehren / allhier in ihrer aufwartung noch långer zu verharren. Ich verneme so gern / (antwortete Mamellus / seinen widerwillen verbergend) daß die Königin von Ninive den Prinzen Cimber allhier aufhalten kan / als ungern ich meines Königs befehl venichtet / und werde ich allemal mich einen diener des Prinzen Cimbers erweisen / er mag auch seyn / wo er will. Und ich (gabe Cimber zur antwort /) verlange gleichfalls / [322] dem Prinzen Mamellus bei gelegenheit darzuthun / wie ich seine tugenden höchst verehre.

Nach ablegung dieser höflichkeiten / die die Königin abkürzte / begabe sich die gesellschaft von dannen / auf den k \niglichen schloßhof: alwo der Fůrst Barzes einer ieden Person anzeigte / was ordnung sie /im hinausziehen aus der stadt / halten solten. Zu anfang ritten etliche hundert jünglinge / von den edelsten kindern aus Damasco / alle mit blumenkrånzen geschmücket / und mit allerhand gefåßen zum baden /auch k \rben voll frůchte / versehen. Diesen folgeten eine grosse anzal spielleute / die auf zimbeln / pauken / fl \ten / und harpfen sich gar annemlich hören ließen. Sie ümgaben den brautwagen / der mit herrlichen Sidonischen decken und blumen bezieret / und von vier weißen pferden gezogen wurde. Hinter diesem folgeten in verschiedenen wägen / die Prinzessinnen / Fürstinnen / und jungfrauen aus Damasco. Den ersten bekleideten / Indaride / Ammonide und Jaelinde. Milcaride / weil man sie ansahe / als eine verheuratete Prinzessin von Canaan / war zurück geblieben. In dem andern waren / die Dersine und Zelinde; in dem dritten /die Siringe / Merone und Melinde. In den folgenden /deren an der anzal dreissig / fuhren die ůbrigen Fürstinnen von Syrien / wie auch die damen von hof / und die jungfrauen aus der statt Damasco. Nach diesen kame die reuterei / bestehend in allen den grossen herren / so noch unverheuratet waren / und am Tyrischen und Ninivitischen hof sich aufhieltẽ / wie auch / was von Syrischen Fůrsten / Assyriern / und fürnemen / in Damasco sich befunde. Der wackere Cimber fůrete diesen edlen haufen / begleitet von dem Elihu / Nahor und Elhanan / welche sich fůr allen andern / wegen ihrer guten gestalt und ansehlichen wesens / herfür[323] tåten. Der Mede Altadas beschlosse / mit zweitausend Syrern / den ganzen haufen. Es waren aller orten die gassen mit blumen und grünen zweigen bestreuet / da sie mit der braut musten herdurch kommen.

Wie sie nun also / in sch \ner ordnung / nach etlichen stunden / Naema erreichet / entfinge diese grosse gesellschaft fůr dem hause / der Fůrst Zophar neben seiner gemalin und den dreien Seirischen Fůrstinnen /und fůreten die Prinzessinnen zu der Aramena in das gemach: welche mit so grosser unruhe diese ehre anname / daß sie fast vergasse / ihnen dafür ihre erkentlichkeit zu bezeugen. Ahalibama ihres orts entfunde auch solche angst / nun es an dem war / daß ihr grosses fürnemen solte für sich gehen / daher sie sich zwingen muste / sich gesellig zu erweisen. Doch gliche sich ihre und der Timna angst nicht / mit des verkleidten Disons marter / weil ihre unruhe mit grosser hofnung begleitet war / er aber in seinem anligen dergleichen nicht entfunde: dann er konte wol ermessen /daß sein fůrhabender anschlag / wan er auch noch so glücklich ausschlüge / doch lauter verdrus nach sich ziehen und ihn traurig lassen würde. Die Prinzessin Ammonide / nebenst der Dersine / Merone und Siringe / die dieser Aramena gespielinnen am Ninivitischen hof gewesen / fingen an / wegen der verspürten traurigkeit / diese falsche braut aufzuziehen: und wolten sie dieselbe teils beschůldigen / daß sie den schönen Dison nicht gnug lieben můste; teils legten sie ihr auf / der Prinz von Assyrien wäre schuld daran / daß sie sich nicht fr \licher erzeigte. Wie nun solches scherzgespräch eine weile gewäret / trate der bråutgam / der schöne Dison / von allen angekommenen herren begleitet / zu ihnen in das zimmer: welcher ob er wol nicht solche qual / als seine braut / in seinem gemůt entfande / dannoch nicht [324] sonder furcht war /daß / bei so \ffentlicher darstellung / in Damasco seine person m \chte verrahten werden; massen insonderheit der Nahor und Elhanan ihn unaufhörlich betrachteten / wiewol sie in ihm keine Aramena sucheten / sondern vielmehr ihren König Aramenes an ihm wieder gefunden zu haben vermeinten. Wie dan dessen ansichtigung sie so vergnůgte / als verwundert sie ůber der braut verblieben: weil sie von ihr wusten /daß der Fürst Dison von Seir / wie ihnen Thebah vertrauet / unter solchen weibskleidern verborgen ware.

Nachdem nun die braut auf ihren verordneten wagen gebracht worden / und der schöne Dison zu pferd sich gesetzet / reiseten sie von Naema hinweg: da ihre bisherige wirte / der Zophar und dessen gemalin / tausend glůckwůnschungen ihnen mit auf den weg gaben / die noch von vielen mehrern im herzen begleitet wurden / das nåmlich der himmel der Syrer grosses fürnemen gesegnen / und durch diese heurat das Babylonische joch von ihren hälsen reissen wolte. Weil in Syrien gebräuchlich / daß nur unverheuratete personen bei solchem Hochzeitfesten und einzügen sich musten finden lassen / als ließen auch Zophar und Calaride hierbei sich nicht finden / sondern fuhren und folgeten allein nach Damasco. Solchen gebrauch aber name die Timna nicht in acht / sondern bliebe bei der grossen gesellschaft: weil die meisten unter den Damen nicht wusten / wie es mit ihr beschaffen war.

Als nun diese gesellschaft bis eine meile von Damasco gekommen / fanden sie daselbst / auf einer grossen wiesen / stattliche gezelte aufgeschlagen / in welchen auf das köstlichste die malzeit zubereitet war: und wurden sie von den Ninivitischen bedienten / im namen ihrer K \nigin / [325] zur tafel genötigt / und nach eingenommenen speisen / die früchte in grosser månge / von den jůnglingen / welche aus Damasco die einholung der braut mit verrichtet hatten / aufgetragen. Wie nun dieses gastmal etliche stunden gedauret / machten sie sich wieder auf den weg / und zogen /gegen den abend / in Damasco ein / auch ferner auf die Kemuelsburg / mit harffen / pauken und reigen: da alle einwonere / der heldin Aramena glückwůnsche zurieffen / und ihre ehmalige dapfere that da sie die leuen erlegen helfen / herausstrichen / und also die ganze stadt / neben den mitkommenden / über dieser braut sich frölich erwiesen / auch ihre hochachtung vor deren person an den tag gaben. Der Fürst Hus /neben dem Husan und alten Thebah / stunden im fenster / und sahen diesen einzug auch mit an: da dan die beide Syrische Fürsten herzliche freude blicken ließen / weil sie ihren Erbk \nig zu sehen vermeinten.

Aber der Thebah / so anderst wuste / konte in seinem herzen sich nicht gnug verwundern / über diese sonderbare verwandelung des bråutgams und der braut / die ihre namen und geschlecht vertauschet hatten. Er hielte es fůr eine verborgene schickung des himmels / der fůr das überbliebene von des grossen Aramenes geblüt auf so fr \mde weise sorgete / und sahe sich dadurch måchtig in seinem grossen fürnemen gestärket: der ungezweifelten hoffnung / die g \tter würden seine gerechte anschläge fördern / und ihn einen guten ausgang erleben lassen. Er war / eben den tag aus ober Syrien heimlich wieder angekommen / und hatte alles in solchen stand gesetzet / daß nun nichtes / als die erfůllung dieses grossen werks / mehr übrig ware. Er verfůgte sich / sobald er kunte / nach des Fůrsten Zophars behausung / (welcher allein ům seinen v \lligen anschlag [326] wuste /) als er vernommen /daß der auch angekommen wåre / und sagte ihm / was er ausgerichtet håtte: wie er nämlich nicht allein die Syrische Fůrsten / sondern auch den König von Canaan und den Prinzen Hemor / auf seine seite gebracht / die er beide unfern Hierapolis gesprochen / und diese entschließung von ihnen erlanget / daß der König Beor dem Fürsten Dison / in der eroberung von Syrien / beistehen wolte / wan der ihm seine schwester die Ahalibama versprechen würde; und Hemor wolte sich des rechtes an Syrien begeben / nun ihm der himmel so wunderbarer weise die Milcaride gegeben / welche er beståndig zu lieben gedåchte. Der Fürst von Naema konte sich nicht genug verwundern /über den verstand des Thebah / der / aus treue zu seinem verstorbenen König / alles dieses so meisterlich angestellet hatte. Und weil noch gar viel / so zu diesem grossen fürhaben n \tig / abzureden war / als begaben sie sich miteinander / so bald es dunkel wurde /nach des Fürsten von Hus palast: da sie mit kriegs-anschlägen ihre zeit zubrachten / immittels / auf der Kemuelsburg / alles von lust und freuden erschallete.

So bald die hochzeitere daselbst angekommen / und man nach landesgebrauch / die braut so wol / als den bräutgam / in abgesonderte zimmer gefüret / kamen zw \lf jünglinge / dem schönen Dison / und zwölf jungfrauen / der Aramena im bad-gemach aufzudienen: und bliebe die übrige gesellschaft / in einem darzu bereiteten grossen saal / beisammen / ům die ganze nacht hindurch mit mal-halten / danzen und spielen sich zu ergetzen. Der Ahalibama und Timna aber / wurde nicht wol bei der sache / als sie sahen /wie Aramena und Dison zum baden gefůret worden: dan sie hatten dieses gebrauchs sich ganz nicht erinnert / und daher solche [327] gefahr zu verhintern / keine anstalt ersonnen. Sie stellten ihnen nun der beiden verstellten personen große angst für / wie selbigen bei soviel mannsleuten und dirnen zu muht seyn wůrde. Demnach / solches ungemach ihnen abzunemen / und zu verhüten / daß nicht aller anschlag hierdurch möchte verrahten und offenbar werden / erkundigten sie sich bei der Zelinde / als einer Syrischen Fürstin /wie es mit diesem baden gehalten wůrde / und erfuhren / daß beide vertraute mit ihren dirnen und jůnglingen erstlich zu speisen / und hierauf in später nacht das baden anzugehen pflege.

Der listigen Timna fiele hierauf ein mittel bei / mit guter art zu ihnen zu kommen / und ihnen mit raht an die hand zu gehen / wie sie dem baden entgehen möchten. Sie gedachte / neben der Ahalibama und andern / die man dazu bereden könte / sich als Egyptische warsagerinnen zu verkleiden: und im schein / mit solchem aufzuge die gesellschaft zu ergetzen / wolten sie begehren / daß man sie auch zu der braut und dem bråutgam einlassen solte / ům denen ihr glück und künftiges ergehen zu profezeien. Dieser ausfund der Timna / gefiele der Ahalibama sehr wol: und ob schon sie in anderen begebenheiten / wegen ihres Eliesers tod / zu solcher lust sich nicht hätte bereden lassen / so wolte sie doch iezt alles mitmachen / ům ihrem bruder zu dienen. Sie eröffneten dieses ihr fůrhaben / am ersten der Mehetabeel / Briane / Zimene und Astale: mit denen sie in ein nebenzimmer eileten / da sie mit den decken / so sie üm und auf den bänken und betten fanden / sich so gut verkleideten /als es die zeit und ůmstånde leiden wolten. Weil sie aus der gesellschaft bald gemisset wurden / als kame die Prinzessin von Salem Jaelinde / neben der Siringe / auch zu ihnen / ům zu sehen / was sie fürhatten: welche [328] [330]dan / ihr vorhaben vernemend / mit in ihrer mummerei seyn wolten / und sich auch also verkleideten. Um aber / unversehens also herfůr tretend / mehrern lust den anderen zu erwecken / verschloßen sie sich /bis daß sie ganz angekleidet waren. Damit kamen sie unvermutet in den grossen saal / wie eben die gesellschaft zur malzeit sitzen wolte. Timna / als erfinderin dieser mummerei / fůrete den reihen / und die weise der Egyptischen warsagerinnen haltend / finge sie an /mit etlichen von den andern zu danzen / und in Egyptischer sprache ein diesen weibern gewönliches lied zu singen / welches also lautete:


Berget euch / berget euch / für uns vergebens!

Isis kan sehen /

was da geschehen:

drům von uns forschet die laůfte des lebens.

Was da gewesen / cur wesen und thaten /

k \nnen wir sagen.

Wollet ihr fragen

kůnftige dinge? Hier sind sie zu rahten.


Als aber Timna / und die andern / besagtes lied mit sonderbarer annemlichkeit gesungen / eilete diese Fůrstin zu der Prinzessin Ammonide / deren hand sie erwischete / und nach besichtigung ihrer linien zu ihr sagte / auf Egyptische art: Du bist verliebt / und wilst es nicht gestehen. Dein glücksstern wird aber bald aufgehen / wiewol er ihrer viele betrůben wird. O schalkhafte warsagerin! (antwortete Ammonide / die nicht eher / als an der sprache / die Timna erkant hatte /) du solst in dem lezten so unwahr / als in dem ersten / reden. Dan ich so wenig von liebe weiß / als wenig ich verlange / durch mein glůck andere zu betrüben. Deine gespielin wird kündiger / als du / in ihrer wissenschaft seyn: von der wil ich mir lassen mein geschicke entdecken. Hiermit reichete sie die hand der Ahalibama / welche / nach besichtigung derselben /[330] zu ihr sagte: Du bist so geheim / daß auch den sternen / die mir den einfluß des warsagens mitteilen / verborgen ist / was du im schilde fürest. Wirst du mir aber ein wenig sagen / was dir vordessen begegnet / so wil ich dir dagegen entdecken / was dir künftig widerfaren sol. Du redest warhaftiger / (antwortete Ammonide /) als deine vorgängerin. Wann aber mein künftiges geschicke dir bekant ist / so wil ich eine bequemere zeit / als die ietzige ist / erwarten / mit dem von dir fürgeschlagenen beding meine begegnise zu erfahren.

Weil indem die andern alle ům sie herkamen /konte Ahalibama dieses nicht wieder beantworten. Es wolte aber ein jedes / sein geschicke / von diesen angenemen warsagerinnen vernemen. Jaelinde / so dem Cimber am nåchsten war / ergriffe dessen hand / welches nicht ohne ihrer beider errötung geschahe: weil er wuste / wie sie gegen ihm gesinnet war; und sie /bei dieser abenteur / die warheit nicht sagen dorfte. Nachdem sie die hand eine lange weile / sonder ein wort zu reden / besehen / sagte Cimber: Es scheinet /meine angeneme warsagerin scheue sich / alle das unglück / so sie in meiner hand findet / mir zu offenbaren / ům mich nicht vor der zeit betrůbt zu machen. Weil ich aber der widerwårtigkeit wol gewonet bin /als wird dieses ihr mitleiden allhier nicht stat haben k \nnen. Ich sehe so viel / aus dieser hand / (antwortete hierauf die angeneme Jaelinde /) daß man sein unglůck und glůck selbst machen oder abwenden kan: wan man nämlich wird abstehen / diejenige zu lieben / so die liebe nicht erkennet; und selbige hingegen zu derjenigen wendet / die da fåhiger ist / gegenliebe zu erweisen. Dieses sagte sie so leise / und dabei mit solcher gemütsbewegung / daß / wann Cimber nicht schon vorhin gewust / was ihme mehrmals unruhe machte / er doch aus diesen [331] worten etwas besonderes wůrde ermerket haben. Meiner sch \nen warsagerin ist gnugsam bekant / (antwortete er ihr /) wie unmůglich man dem fåsten himmelsschluß widerstreben kan /und das daher in unseren kräften nicht stehet / sein båstes zu sehen / oder sein unglück zu vermeiden. So hat dan meine warsagung eingetroffen / (erwiderte Jaelinde /) daß der grosse Cimber sein unglůck bef \rdert / in ernehrung einer ůbel-erkanten liebe? Was man errahten kan / (gabe Cimber zur antwort) solches bedarf keines nachfragens. So profezeie ich dan ferner / (sagte Jaelinde /) daß man entweder von solcher hofnung-losen liebe abstehe / oder nichts als unglůckseelige verdrießlichkeit in seinem leben erwarte. Diese profezeiung / (antwortete Cimber /) m \chte wol mehr als zu gewiß eintreffen: dan weil meine schöne warsagerin sihet / der himmelsschluß wolle / daß ich sonder hofnung lieben sol / so wird der betrůbte erfolg solcher unglückseeligen liebe auch nicht ausenbleiben. Gleichwie er nun dieses mit seufzen fůrbrachte / also h \rte es die Prinzessin mit gleicher gemütsbewegung an: und betaureten sie in ihren herzen eines des andern zustand / da einerlei anligen / nämlich ungeliebet lieben / sie quålete und ihr leben verbitterte.

Sie musten aber diese ihre unterredung abreissen /weil die andern darzwischen kamen / und Astale dem Cimber warsagen wolte / auch Elhanan ein solches von der Jaelinde begehrte. Astale raunete dem Cimber in das ohr / was sie ihm wolte wißlich machen. Jaelinde aber / so alles ihr lustiges wesen bei dem gespräche / das sie mit dem Cimber gehalten / verloren hatte / sagte dem Elhanam nicht viel sonderliches / und wandte sich bald von ihm ab: weil ein allgemeines gelächter unfern von ihr entstanden / dahin sie dan eilete / dessen [332] ursach zu vernemen. Dieses hatte die lustige und verschmizte Siringe angerichtet / indem sie dem Fürsten Jothan / der auf seiner K \nigin der sch \nen Delbois befehl / der Ahalibama zu Naema bisher aufgewartet / gewarsaget / wie daß er diese Fůrstin liebe / aber nimmermehr von ihr würde wieder geliebet werden: welches diesen guten Fürsten sehr beschåmet / indem dadurch die ganze gesellschaft zum lachen bewogen worden.

Wie komt es doch / (fragte die Prinzessin von Ophir) daß gegenwärtige warsagerinnen von nichtes als liebe reden? Leben sie etwan alle / unter der regirung des liebessterns / der ihnen allein seine einflüsse mitgeteilet? Oder ist niemand unter uns begierig / von andern zufållen seines lebens nachricht zu haben? In warheit / (sezte Elihu hinzu /) die Prinzessin von Ophir fůret meine gedanken / und weiß ich nicht / ob die schuld bei uns / oder bei den sch \nen profetinnen haftet. Weil die meiste begebenheiten unsers lebens (sagte Altadas) von der liebe herrüren / und einem fast nichts sonderliches begegnen kan / dabei die liebe nicht ihr anteil habe: als hatten unsere schöne warsagerinnen fug und recht / ihre profezeiungen dergestalt einzurichten. Timna sagte hierauf: Sie wolten den Altadas nicht für ihren fůrsprach erkennen / sondern vielmehr der Indaride und des Elihu meinung beipflichten / auch deswegen keinem mehr von der liebe worsagen / sondern den inhalt verändern. Wisset demnach / Altadas! (fure sie fort gegen diesem Meden /zugleich ein profetische gebärde an sich nemend) daß dein glück dir nicht so beständig scheinet / als du wol vermeinest / und daß keine stützen so fäst sind / die deinen fall solten vermitteln können. Hiemit zielte sie auf dieses Meden übermut / der / als ein vetter der Dalimire / seinen hohen [333] gedanken mächtig den lauf ließe. Nachdem sie dieses fürgebracht / wandte sie sich zu dem Ardeus und sagte: Wan deine witz allein deinem herrn zum båsten angewendet wird / so wisse / daß du ein glückhafter mann wirst werden; auser deme m \chten deine statsränke dich leichtlich ins verderben stürzen. Diesen stich / den der Ardeus auch im scherz annemen muste / verstunde niemand / als Ahalibama und Cimber / denen bekant war / wie diesem Fürsten beigemessen wurde / daß er / wider seine Königin / die Assyrische seite hielte.

Ahalibama profezeite hierauf / aus des Elihu hand /daß seine tugend ihm alle welt zum freund / auch daß die zufriedenheit seines gemůtes / und die ůbermeisterung sein selbst / ihn tůchtig machen wůrde / ein grosser König zu werden. Sagst du mir dann nichtes / angeneme warsagerin! fragte hierauf Indaride die Ahalibama / und zeigte ihr zugleich ihre hand; welche die Prinzessin von Seir zum mund fůrete / und solche küssend sagte: Ach! was sol ich dir ankůnden? M \chte ich aus den gestirnen ersehen / daß du nicht ewig ursach soltest haben / mir einer von deinen ergebensten dienerinnen üm gleichen verlust zu trauren: wie herzlich gerne wolte ich dir solches offenbaren. Durch diese worte wurden / so wol ihr selber / als der Indaride / die trånen abgelocket. Wie nun auch Mehetabeel / Briane / Zimene und Astale / den meisten in der gesellschaft etwas geprofezeiet hatten / wolten die Prinzessinnen Indaride und Ammonide an die tafel gehen / und diese Egyptische warsagerinnen mit hinzu nötigen. Timna aber / die etwas anders im sinn hatte /sagte darwider: Es sei billig / daß sie dem bräutgam und der braut auch ihr künftiges geschicke profezeiten; weshalben sie ům erlaubnis båten / solang die gesellschaft verlassen zu d \rfen / [334] der sie aber auch beklagen / wan ihr vernemet / wie mein zustand beschaffen ist.

Hiemit / als sie sich zusammen gesetzet / und Cimber / sonder ein wort zu sagen / den Dison ansahe /fuhre dieser also fort / zu reden. Ich trage keinen scheu / edler Prinz! euch zu offenbaren / wie es mir bisher ergangen: weil ihr einer von den vererautsten meiner Königin seit / als wil sich gebůren / euch dessen mit-teilhaft zu machen / was deren båstes nunmehr erfordern wil. Die liebe / großer Cimber! die måchtige beherscherin der menschen / war schuld daran / daß ich bisher / der unvergleichlichen Königin von Ninive gegenwart nicht zu verlieren / mein geschlecht verlaugnet / und diese unschuldige Königin teuschend / mich selbst mit einbildung einer glůckseligkeit betriegen dörfen. Ich habe aber nach der hand wargenommen / daß / sonder verletzung der ehre / und ohn fernere beleidigung der unschuldigen Königin /ich länger nicht mein betriegliches leben füren könte. Als ich demnach den Dison / meiner schwester rittern / ersuchet / mich durch diese vorgegebene heurat von hof zuerlösen: hat Ahalibama / neben der Timna und Mehetabeel / es so gespielet / daß ich die durchleuchtige Aramena von Syrien zu bette und in meine arme bekommen habe.

O himmel! (riefe Cimber / ihme ganz erstarret ins wort fallend) Aramena ist in euer bette und arme geraten? Was fůr bestürzung (fragte Dison) erweiset der Celtische Prinz hierüber / da er doch an dieser sch \nen kein teil haben kan? Wie / Dison! (antwortete der erhizte Cimber) habe ich keinen teil an der unvergleichlichen Aramena? Nein warlich / weit gefehlet! ich bestreite dieses vor aller welt / daß mir kein mensch hierin [335] auf sich zu ziehen / und machten raum der Prinzessin Jaelinde und den anderen / die alle dem bråutgam etwas profezeien wolten.

Jaelinde / welcher nicht unbewust war / wie dieser sch \ne Dison heimlich in Damasco geliebet worden /wolte sich bei ihm / wegen ihres warsagens / in ein sonderbares ansehen setzen / und sagte: du bist hier in Damasco / von einer fůrnemen frauen sehr bedienet worden; doch hat dieselbe nun nichtes mehr / als freundschaft / fůr dich übrig / und beeifert nicht deine geliebte Aramena. Der sch \ne Dison konte hierbei des errötens sich nicht erwehren: nicht darům / weil die Jaelinde solche warhafte sachen herfür brachte /dan ihm wolbekant war / wie sie der Fürstin / die ihn geliebet / ihre vertraute gewesen; sondern deswegen /weil er besorgte / diese Prinzessin würde ihn erkennen / weil sie zu Salem / vor wenig monden / so lang und vertreulich mit einander waren ůmgegangen. Diese sorge aber war unnötig: massen Jaelinde in diesem Dison nichtes weniger / als die Aramena / suchete. Mehetabeel warsagte darauf dem bråutgam / wiedaß er selber nicht wüste / wie verliebt er in seine braut wåre; und daß die ietzige liebe nicht zu vergleichen sei mit der kůnftigen / die noch erfolgen solte. Briane sezte hinzu: es wůrde dieses eine sehr friedliche und vergnůgte heurat werden / aber nicht mit kindern gesegnet seyn. Zimene sagte: der bräutgam würde sehr viel mitbulere bekommen / aber solche sonder eiversucht vertragen können. Siringe / profezeite ihm ein königreich; und lezlich die Astale / ein vers \nliches gemůte / das allen zugefůgten betrug nachsehen werde.

Wie sie nun dergestalt ihre personen alda wol gespielet hatten / giengen sie fůrter und ließen sich auch bei der braut anmelden. Es hatte aber diese vonselbsten [336] eben den raht gefasset / den man dem sch \nen Dison gegeben / und / dem baden zu entgehen / sich krank gestellet / auch gar zu bette geleget: dahero die jungfrauen / welche der braut dienten / sie abwiesen /mit dem vorwand / daß die Aramena bereits ruhete /und sich nicht wol befånde. Niemand / als die drei Seirische Fürstinnen / verstunden diese krankheit: über welcher sie sich dan åuserlich ja so besorgt bezeigten / als wol sie innerlich damit zufrieden waren. Also begaben sie sich wieder in den saal / alwo die andern von der malzeit ihnen entgegen eileten / und sie zwischen sich verteilten. Die ganze malzeit hindurch / trieben sie ihre gespräche und kurzweil mir diesen warsagerinnen / und kamen tausenderlei lustige fragen und beantwortungen auf die bahn / die ihnen /etliche stunden bei der tafel zu verharren / anlaß gaben.

Wie nun endlich die malzeit aufgehoben war / fiengen sie an zu danzen. Aber die Prinzessinnen stelleten diese ergetzung bald wieder ein / solche den andern /die in grosser mänge sich daselbsthin versamlet hatten / überlassend. Um aber aus dem grossen get \se zu entkommen / begaben sie sich in ein nebenzimmer /da sie ein besonderes spiel anfiengen / welches sie nanten

Der Gedichte-zuwurf
Der Gedichte-zuwurf.

Es befanden sich aber hierbei / die Prinzessin von Ophir / die von Ammon / die von Salem / die drei Fürstinnen von Seir / die Fůrstinnen Zelinde und Dersine / und die Siringe. Die mannspersonen waren / der Prinz Cimber / der Elihu / Nahor / Elhanan / Barzes /Ardeus / Altadas / Arteman / und Opharteus. Diese sezten sich in einen kreis / und fienge die schöne Indaride das spiel an / welches in diesen regeln bestunde / [337] daß die jenige person / deren man in der gesellschaft ein zeichen (worzu sie dißmal eine granatapfel wehlte /) zuwerfen / und zugleich zwei reimworte benennen würde / alsofort sonder bedacht hiervon ein schickliches par verse zu machen / und solche zuerklåren / widrigen falls eine straffe zu erlegen / gehalten seyn solte.

Ahalibama war die erste / deren das zeichen / mit den beiden worten / schaden / beladen / zukame /wovon sie diese reimzeilen machete:


Man findet falsche leut: die nicht so würden schaden /

wan nicht mit etwas guts man sie auch såh beladen.


Das äuserliche gute an einem menschen / (sagte sie ferner) bedecket \fters dessen bosheit / daß man davor nicht sehen kan / was in seinem herzen verborgen liget: daher ein solcher weniger zu fůrchtẽ wåre / der gar nichts gutes åuserlich an sich håtte.

Wie diese Prinzessin hiermit dem spiel ein genůgen gethan / und die reihe nun an ihr war / ein anders hinwieder aufzufordern / warf sie das zeichen dem Elihu zu / mit den worten / wissen / verdriessen; auf welche / der Fůrst von Ram / folgende verse ersonnen:


Es ist uns angenem / ům andrer håndel wissen:

wan man ům unsre weiß / das pflegt uns zu verdriessen.


Die meisten in der welt (thåte er hinzu) sind also gesinnet / daß sie mit höchster belustigung in anderer ihre verborgene håndel kucken: ob sie gleich h \chstschmerzlich entfinden / wan man auch nach ihren eigenen geheimnisen forschet.

Der Siringe kame hiernächst das zeichen zu / und gabe ihr zugleich Elihu diese worte / vermeinen /scheinen / zu bekleiden; die dan folgender massen dem spiel sein genügen thåte:


[338]

So glůcklich sind wir nie / als wir es wol vermeinen:

auch wird uns gegenteils / das unglůck / gr \ßer scheinen.


Wir sind in glücklichen tagen ůbermůtig / (sezte sie hinzu) und in b \sen tagen verzagt: darum k \nnen wir / gutes und b \ses / niemals nach seiner eigentlichen größe erkennen. Hiemit / als sie warname / daß der Altadas eingeschlummert / wurfe sie ihm den granatapfel zu / mit den worten / schrecken / wecken. Altadas / so sich sobald nicht erholen konte / wurde eines pfandes verlustig: das er der Siringe zustellen / und /nach endigung des spiels / durch leistung dessen / was sie ihm auferlegen wůrde / solches auszulösen versprechen muste.

Er warfe aber das zeichen der Dersine zu / welcher er diese beide worte aufgabe / betriegen / lügen. Diese Fürstin / reimete hieraus folgendes.


So schwer es ist / die leute zu betriegen:

so leicht ist auch / ihm selber fůr zulůgen.


Wir beschmeicheln uns selbst so gern in unserem thun / (sagte sie /) daß wir daher niemals unsere mångel und gebrechen recht sehen können: daher wir uns \fters betriegen / indem wir andere zu betriegen vermeinen.

Hiemit gabe sie das zeichen ihrem bruder dem Barzes / mit eben den zweien worten / so sie bekommen hatte: welches sie aus schalkheit tåte / verhoffend /dadurch ein pfand heraus zu bringen. Er aber / so ihre list wol merkte / besonne sich nicht lang / und gabe folgende reimzeilen:


Wan uns ein freund verrått / wan feinde uns betriegen /

sind wir ergrimt: und froh / wan wir uns selbst belügen.


Meine schwester / (sagte er ferner /) hat die erklärung[339] dieser reimen bereits vorgebracht / daß ich also nichtes weiter hinzu zusetzen habe.

Das zeichen bekame darauf der Nahor / mit den worten / sehen / gehen; welcher sich also l \sete:


Wann man des freundes můd / ist man erfreut / zu sehen

sein' untreu: daß man fort m \g seiner můssig gehen.


Ich kenne solche leute / (erklärte er sich ferner /) die nichts liebers verlangen / als von ihren freunden beleidigt zu werden: damit sie den namen der unbeständigkeit von sich abwelzen / und ohne nachrede ihnen böses thun m \gen.

Hiemit warfe er das zeichen der Prinzessin Jaelinde zu / mit den worten / genossen / verdrossen. Weil aber dieselbe eben fast ganz aus sich selber und in tiefen gedanken sasse / als verseumte sie die zeitweile /in der sie sich auf einen vers bedenken konte: war also gehalten dem Nahor ein pfand zu ůberreichen.

Sie gabe hierauf das zeichen / der Indaride / mit diesen worten / zu ruh; womit sie auf die schlaffenszeit zielete. Die Prinzessin von Ophir aber / reimte dieselben also zusammen:


Wan / der natur gesetz / die tůr uns schließet zu:

so \ffnet sich der weg / zur unbezielten ruh.


Solte ich diese meine reimen / (sagte sie folgendst) ferner erklåren / würde ich eher einem leichgespräche / als diesem spiel / sein recht thun.

Hierauf warfe sie den granatapfel dem Opharteus zu / mit den worten / leute / bereite; der dieselben also zusammen bande:


Man lobt sich selbst / wan man lobt andre leute:

daß dan ihr lob uns wieder lob bereite.


Eine höflichkeit reitzet die andere / (sezte er hinzu) und [340] bringet mancher das auf sich selber / was er einem andern růmliches beimesset.

Hiermit fiele das zeichen nochmals der Jaelinde zu / die auf diese entfangene worte / willen / erfůllen /also reimdichtete:


Geht es nicht nach unsrem sinn / geht es doch nach Gottes willen

Dieser nůzt uns mehr / als wan wir den unsern hiererfůllen.


Wan wir diese vollkommenheit m \chten erreichet haben / (sagte sie ferner) uns in allen fürstehenden fållen dem himmel zu lassen / so würden wir niemals unruhig noch betrůbet seyn / wan es nicht nach unsrem sinn ergehet.

Nachdem sie sich etwas bedacht / gabe sie dem Elhanan / mit dem zeichen / die reimwörter / seyn /stein; der sie folgender massen zusammen sezte:


Deß klage wird vergebens seyn /

der zweimal st \st an einen stein.


Seine erklärung war: Wer sich nicht wil warnen lassen / der sol auch nicht beklaget werden / weil er närrischer ist / als ein kind / welches ja das licht scheuet /an dem / es sich einmal verbrennet.

Elhanan traffe hierauf mit dem zeichen die Prinzessin Ammonide / deren er zugleich diese worte / gebrechen / stechen / in reimen zu bindẽ gabe / die es also verrichtete.


Viel eher sihet man des andren sein Gebrechen:

die unsren aber uns nicht in die augen stechen.


Die stralen unserer augen / (sezte sie hinzu) gehen aus uns / nie aber in uns / also / daß wir das ferne bäßer /als das nahe / erkennen können: daher wir so oft andere beklagen / die nicht so sehr / als wir selber / der beklagung würdig sind.

Hierauf warfe sie der Prinzessin vor. Ophir das zeichen zu / mit den worten / friede / Indaride; welche sie also zusammen reimete:


[341]

Ob / aller welt / gåb alle freud der friede:

Ich bleib betrůbt / was half es Indaride:


Ein herz / so der ganzen welt abgestorben / (sagte sie ferner) machet sich weder des leids noch der freude teilhaftig / sondern ist bei allen fürfallenden dingen unentfindlich und leblos.

Ardeus bekame hierauf von ihr das zeichen / mit den worten / kan / an; womit er diese zeilen schloße:


Wan eigne hand ein ding verrichten kan:

man sol dazu nicht andre nemen an.


Keiner meinet es so treulich mit uns / (sagte er) als wir selber / und wird das am besten gethan / was wir in person thun k \nnen.

Hierauf stellte er der Timna / mit dem zeichen /zwei (seiner meinung nach) schwere worte zu / in hofnung / sie ein pfand verlieren zu machen. Sie aber fande sich bald darein / und ließe / von den worten /Schalk / Kalk / diese verse hören:


Was sch \n von ausen scheint / birgt \fters doch denschalk:

gleich einem todten-grab / das ůbertůncht mit kalk.


Wan jedem (sezte sie hinzu) seine gedanken für die stirn geschrieben stünden / man würde nicht ein so gutes urteil von ihm fållen / als zum \ftern aus unwissenheit geschihet.

Hiemit wurfe sie das zeichen dem Arteman zu / der / weil er eben seitwarts sahe / ihr anlas gabe / folgende worte / Arteman / nemt an! zu benennen. Weil er nun darauf so bald nichtes zu erfinden wuste / als gabe er der Timna ein pfand / der Mehetabeel aber das zeichen / mit den worten / Kunst / Gunst; die von ihr folgender massen in reimen eingeschlossen wurden:


Umsonst und dunst ist alle kunst

oft / zu erlangen menschen gunst.


[342] Nicht die kunst / (sagte sie ferner) sondern das glück machet einen beliebt vor dem andern / und pfleget man eher den unwürdigen / als den geschickten / zu erwehlen.

Auf den Cimber ließe sie hiemit das zeichen fallen / samt den aufgab-worten / blasen / rasen; vermeinend dieselben wåren so schwer / daß der Prinz nichtes würde darauf ersinnen können. Er aber besonne sich nicht lang / auf folgendes:


Blasẽ / die vom wind entstehn / gehn auch fort von einem blasen.

Rasen gleich die stolzen leut: heut noch fallen kan ihrrasen


Es ist nichts mislichers noch unbeständigers / (fügete er hinzu) als der hochmut: dan / weil er auf schlüpfrigen grund gebauet ist / als kan ihn das geringste un glücks-windlein zu haufen werfen.

Hiermit gabe er das zeichen / der Siringe / mit den worten / recht / sprecht. Weil sie aber sich dessen nicht versehen hatte / und zweimal ruffen ließe / als wurde sie eines pfandes schüldig / das sie dem Cimber / das zeichẽ aber der Ahalibama zustellete / samt den worten / loben / erhoben; die solche also zusammen reimete:


Den / der ståts gutes thut / ermůdet man / zu loben:

wer selten gibt und hilft / deß lob wird mehr erhoben.


Was man gewonet / (sagte sie ferner /) solches achtet man endlich nicht mehr: daher man viel höher schätzet / wen ein böser mensch einmal etwas rümliches verrichtet / als wann redliche leute / immer und ohn aufhören / der tugend nachwandlen.

Schließet / genießet! rieffe sie hierauf der Zelinde zu / die / mit entfang des zeichens / sich also vernemen ließe:


Ging es nach meinem wunsch / so wolt ich bitten:schließet /

reimt morgen mehr / und heut der ruh und nachtgenießet!


Wann ich dieses erklåren solte / (thäte sie hinzu) so müste [343] ich sagen: ich bin můde / und spůre / daß die ganze gesellschaft hierinn mit mir einig ist. Es war niemand / dem nicht dieser schluß der angenemen Zelinde wol gefallen håtte: daher sie gleich / wegen späte der nachtzeit / das spiel aufhuben / zuvor aber /ehe sie voneinander gingen / wegen der eingenommenen pfande / die straffen austeilen wolten.

Demnach wurde / dem Altadas / von der Siringe auferleget / auszusprechen / welches die grösten laster an einer dame wåren? Diese sind es / (gabe er zur antwort /) wann sie nicht so barmherzig als sch \n / und hergegen nicht so sch \n als mitleidig ist. Hiemit bekame er sein pfand wieder / und begehrte Nahor hierauf von der Jaelinde / daß sie / zu einl \sung ihres pfandes / mit den vor-aufgegebenen zwei worten / genossen / verdrossen / die sie damals nicht zusammen bringen k \nnen / noch ein paar reimzeilen schließen wolte / welches sie / nach weniger bedenkzeit / also werkstellig machete:


Der mensch ist so verkehrt: wann er das gut genossen /

wornach er lang gestrebt / so macht es ihn verdrossen.


Hiernächst legte Timna dem Arteman auf / er solte / ům sein pfand / welches eine verschlossene schreibtafel war / wieder einzulösen / dieselbe er \fnen / und sie darin blåttern lassen / üm zu sehen / was darin geschrieben stünde. Dieser Ninivitische bediente wurde hierüber ganz bestůrzet / welches alle / die in der gesellschaft waren / in acht genommen. Wie er nun verzoge zu antworten / stellete sich Timna an / als wolte sie das täfelein selbst erbrechen. Aber Ardeus verwehrte ihr solches / indem er / unter dem vorwand /als wolte er ihr helfen / die \fnung des tåfeleins zu finden / selbiges ihr aus den händen name / und damit dem Arteman winkete: welcher nicht seumete / es gleichfalls dem Ardeus aus den [344] händen zu reißen /und also wieder an sich zu bringen. Er sagte hierauf /zu der Timna: Er wolle der fürwitzigen Fürstin von Seir / seine geheimnise / die in dieser tafel enthalten /zu einer bequemern zeit eröfnen / und entzwischen in ihrer schuld verbleiben: welches sie / wiewol sie ihre eigene gedanken darůber hatte / geschehen ließe.

Die ganze gesellschaft stunde damit auf / der Siringe / ohne entgelt / ihr pfand wieder zustellend / weil sie all zu můd waren / und gingẽ sie fast mit anbrechendẽ morgen erst von einander: da die Prinzessinnen Indaride / Ammonide und Jaelinde / sich nach dem k \niglichen schloß begaben; Ahalibama / Timna und Mehetabeel aber / wie unter ihnen abgeredet worden / auf der Kemuelsburg verblieben / mit fürwand /daß sie die nåchste freunde der beiden hochzeitere wären. Also legten sie sich ingesamt zu ruhe / womit sie den ganzen vormittag hinbrachten: üm folgends desto munterer zu seyn / dem hochzeitfest beizuwonen.

Sobald der abend wieder eingetretten / sandte die Königin von Ninive / ihrer Aramena / einen überaus-köstlichen brautrock: welcher / mit grossem geprånge und gewönlichen gebräuchen / nach der Kemuelsburg gebracht wurde. Die Fürstin Dersine truge denselben /sitzend in der Königin wagen / und begleitet von allen fürnemen herren des Ninivitischen hofs. Wie sie in das brautgemach gekommen / und in gegenwart der Prinzessin Ahalibama / auch der andern Fürstinnen von Seir / der Aramena den rock überliefert hatte /wurde sie gleich damit angekleidet / und nichtes gesparet / diese braut auf das herrlichste auszuschmücken. Wie ihr hierbei zu mut war / gabe der augenschein gnug an tag / und hatten Ahalibama und Timna aller ihrer beredsamkeit vonnöten / dieser sonst so mutigen Aramena [345] ein herz einzusprechen: wiewol sie selber / ihre angst über diesen gefårlichen handel / soviel sie konten / verbargen. Zu dem schönen Dison durften sie nicht gehen / welchen seine jůnglinge immittels ankleideten: doch wurden sie getrost / als sie vernamen / daß die treue Tirza / unter des Tirzis namen / bei diesem ankleiden des Disons sich mit befande. Wie nun braut und bråutgam geschmůckt waren / wurden sie zusammen in ein sch \nes zimmer gefůret: da der bråutgam / die begrůßung / bei seiner braut auf das annemlichste ablegte.

Inzwischen man aber auf der dreien Königinnen von Tyro / Ninive / und Elam / wie auch der anderen eingeladenen / ankunft warten muste name Ahalibama gelegenheit / mit dem bräutgam allein zu sprechen /zu dem sie sagte: Du zeigest dich ja so beängstigt /als deine braut / wiewol sie dessen mehr ursach hat /als du. Dan / da sie vermeinet / sie werde diese nacht einem mann zu bette gebracht werden / kanst du leichtlich ermessen / daß solches bei ihr eine angst erwecken můsse: ob sie gleich hoffet / daß du / als ein Isis-priester / ihrem Dianen-gelůbde dich nicht widersetzen werdest. Demnach / liebste schwester! offenbare dich ihr alsobald / wan ihr nun zu bette gebracht werdet / und sage ihr / daß du Aramena bist / die K \nigin von Syrien / welche bisher den namen des Disons gefůret: dadurch wirst du ihr alle furcht benemen / und ihr ruhe verschaffen. Wann ich dir / liebste Ahalibama! (antwortete der sch \ne Dison /) solte die ursach melden / warům mein herz so beängstigt ist /so wüste ich solches nicht zu sagen. Nicht plaget mich die sorge / vom Mamellus / oder sonst von iemand erkant zu werden / sondern etwas anders und unbekantes / das ich selber nicht begreife: und håtte ich dieses zuvor gesehen / ich wůrde mich schwerlich dazu [346] bequemet haben / diese falsche trauung einzugehen. Was du aber / wegen beruhigung dieser Aramena / begehrest / dem wil ich also nachkommen: und wůnschen m \chte ich / daß sie bereits fůrlånst gewust hätte / wer ich bin / damit sie also weniger angst erlitten hätte.

Mitlerweil diese beide also zusammen spracheten /hielte Timna mit der braut fast ein dergleichen geheimes gespräche / zu der sie sagte: Wann nun / die ehmalige liebe zu dem schönen Dianen-bild / in euch wieder entzündet wůrde / deme / wie ihr saget / dieser Dison so gleich sihet / wůrdet ihr nicht etwan wünschen / in der that Aramena zu seyn / ům eurer liebe zu genießen? So låcherlich diese frage ist / (antwortete der verkleidte Fürst /) so warhaftig entfinde ich in mir eine sonderbare regung / wann ich diesen sch \nen Dison ansehe / die ich nicht kan liebe nennen / und die doch der liebe eigenschaften mit sich füret. Bin ich nicht hart von dem himmel gestraffet / daß der mich stäts treibet / etwas unmůgliches zu lieben? Erstlich muste ein lebloses Dianen-bild / nachgehends eine verlobte person / als die schöne Königin von Ninive ist / und nun einer meines geschlechtes / mich bezaubern. Dieses habe ich an meinen eltern verschuldet / daß ich mich deren befehl so ungehorsam erwiesen / und die Aramena damals nicht ehlichen wollen /die doch nun zu einem Königreich mir verhelfen können. Ach Timna! beklaget mit mir meinen wunderbaren glůck-stand / der so frömd ist / und solche seltenheiten mit sich fůret / daß mir kein sterblicher darin kan vergleichen werden: massen ja niemand des glückes wunderspiel also / wie ich / erfahren můssen. Wer weiß / mein vetter! (antwortete Timna / die erfreut war / solche worte von ihm zu vernemen /) ob der himmel nicht bald ermüden wird / euch zu verfolgen? und ob eure [347] prob-zeit nicht vorbei sei / die euch auferlegt ist / eure gedult zu üben? So wunderbar der himmel ist wann er uns verfolgungen zuschicket / so sonderbar ist er auch / wann er seine hülfe wil blicken lassen.

Indem wurde angemeldet / wie die Königinnen und Prinzessinnen ankåmen: weswegen sie ihr gespråch einstelletẽ. Der sch \ne Dison / und seine braut / die Aramena / namen ein munteres wesen an sich / und verbargen ihr anligen: üm / keinẽ argwan ihres betrugs bei einem und andern zu erwecken. Als aber die schöne K \nigin von Ninive / in ihrem k \niglichen schmuck / von dem Mamellus gefůret / in das gemach eintrate / veränderten braut und bråutgam beiderseits die farbe: weil dem sch \nen Dison eine furcht / erkant zu werden / zustieße; und Aramena wol fülete / daß die liebe zur sch \nen Delbois in ihr noch nicht v \llig erstorben ware. Diese K \nigin aber eilete / in ihrer unschuld / ihrer lieben Aramena gleich entgegen /ůmarmete sie herzlich / und wůnschete ihr glück zu ihrer vorstehenden heurat: welches hierauf auch von allen den andern geschahe. Hiermit nun ginge man /in ansehnlicher und zierlicher ordnung / nach der Juno tempel / der oben auf der Kemuelsburg von dem K \nig Belochus erbauet worden: in welchem alles von gold und lampen schimmerte / die ihre stralen in die viele kleinodien / mit denen das ankommende frauenzimmer beschmůcket war / warfen / und damit den glanz und pracht noch herrlicher macheten. Vor der Juno altar war ein erhobener tron aufgerichtet /auf welchen die braut und der bråutgam allein gesetzet wurden / und alda von iederman im tempel konten gesehen werden.

Weil man die opfer und andere gebråuche zuvor hielte / ehe sie zu der trauung schritten / als gedachte die [348] verkleidte Aramena / (die nun den bråutgam bei dieser wunderhochzeit fürstellete) den von Ahalibama ihr-gegebenen raht nicht bis zum brautbette zu versparen / noch ihre ordens-schwester långer in ihrem irrtum zu lassen / sondern ihr die angst zu benemen /die sie bei ihr vermutete / weil sie vermeintlich an einen man solte getrauet werden. Demnach redete sie zur Aramena ganz leise / folgender massen: Wir sind /liebste Aramena! noch bis ietzo glücklich in unserem betrug gewesen / woraus erscheinet / daß wir die grosse Diana auf unserer seiten haben / ům deren willen ja dieses fůrgenommen worden. Es ist aber nicht billig / daß eine geheiligte jungfrau der Diana länger in fast-gleichem betrug gelassen werde / darinn Aramena sich annoch befindet. Ich erachte es ja meiner herzlichen zu euch tragenden liebe entgegen / wann ich euch långer verhelen solte / wer euren bräutgam fůrstellet. Wisset demnach / daß kein Dison noch Isispriester hier vorhanden / sondern daß ich sowol von geschlecht und namen / als von gelübde / eures gleichen sei. Ich bin die Aramena / welche man jederzeit für des statthalters von Syrien tochter gehalten / und die erst neulich fůr die Syrische Erbk \nigin ist erkant worden. Euch kan nicht unwissend seyn / wie mein gelůbde / so ich fůrlängst der g \ttin Diana gethan /mich in ihren heiligen orden gesetzet / und bin ich also / durch viele abenteuren / ům meiner göttin beständig zu bleiben / bisher in den Dison verwandelt herüm gerirret. Als ihr durch die Timna mich ersuchen ließet / daß ich / durch heurat vorgeben von hinnen und in den Diana-tempel nach Ninive euch verhelfen wolte: war ich gleich willens / mich euch / als meiner ordensschwester / zu offenbaren. Weil mir aber an meiner geheimhaltung soviel gelegen / und ich sorgen muste / ihr m \chtet [349] der K \nigin von Ninive / als mit der ihr so vertreulich gelebet / meinen stand kund machen / als habe ich damit bis hieher zurücke gehalten. Nun mich aber kränket / eure angst zu sehen / als habe ich euch dieselbe hiermit völlig benemen / und euch berichten wollen / wie daß ihr nicht an einen Isispriester / sondern an eine jungfrau von eurer Diana / sollet getrauet werden. Dieses band / so uns binden wird / sol in unaufl \slicher freundschaft uns ewig beisammen erhalten. Es ist alles schon zu unserer abreise nach Ninive bestellet: dahin wir glücklich kommen werden / weil uns ein so gerechtes fůrnemen treibet.

Die schöne Syrerin hatte genug zeit ihre gedanken recht auszureden / weil die bestůrzung dem verkleidten Fůrsten Dison / die zunge gebunden hatte / daß er kein wort herfůr bringen konte. Es bliebe ihm vom gebrauch aller seiner sinlichkeit nichts frei / als die augen / welche unaufh \rlich diesen sch \nen bråutgam betrachteten / und den liebesgift so begierig in sich zogen / daß das herz von håftiger glut angefüllet wurde / ehe der gute Fürst es in acht genommen. Es war ihme das bild der g \ttin Diana nie sch \ner fürgekommen / als dißmal / da er nicht die einbildung /sondern das wesen selber / vor sich sahe. Und ob gleich die schöne Ninivitin Delbois / den vorzug der sch \nheit / dieser Syrerin bestritte: so fande doch der Fürst Dison sich geneigt / das sch \nste licht der welt zu lassen / ům ein geringeres / wiewol auch ůberaus volkommenes / dargegen anzubeten. Alles / was dieser neuen liebe zu vorteil gereichen konte / stellte sich auf einmal seinem gemůte fůr: dan er / die ehmalige durch seine eltern beschehene verlobung; die seltsame verliebung in das Dianen-bild / welches diese Aramena fürgestellet; seinen in seiner angenommenen weiblichen [350] tracht erwehlten namen Aramena; ingleichen ihrẽ angenommenẽ namen Dison / und lezlich ihre ietzige verwundersame zusammenfůgung / nicht anderst ausdeuten konte / als daß der himmel an ihrer beider verehlichung ein wolgefallen haben müsse. Demnach machete er ihm kein gewissen / dieser Syrerin zu verschweigen / an wen sie wůrde getrauet werden.

Wie aber / bestürzung / verwunderung und liebe /dieses Fürsten gedanken noch eingenommen und verwirret hielten / wurde es zeit / nach dem altar zu gehen; dahin dan diese verkleidte Aramena so verliebt als der vermeinte Dison unschuldig sich füren ließe: da das stillschweigen der braut auf solche entdeckung / eine bei ihr darob entstandene verwunderung bezeugte. Indem nun die trauung fortgienge / schickten die anwesende ihre wünsche gen himmel / auf verschiedene art und weise. Die K \nigin von Ninive /rieffe zu Gott / daß er ihr / ům willen sie diese trauung / aus dringender noht / in eineẽ abg \ttischen tempel verrichten ließe / nicht zumessen / und dieses paar in glücklicher Ehe beisa en erhalten wolte! Ahalibama / nebẽ der Timna und Mehetabeel / dem Zophar /der Calaride / und dem alten Thebah (welcher verborgen mit im tempel war) wůnschten zwar eben dieses /aber mit dem unterschied / daß sie wusten / wem sie solches wůnschten / und dabei für das glückliche gedeien ihres grossen fůrhabens / dem Dison die Syrische kron zu erlangen / den himmel anfleheten. Die Syrische Fürsten / welche mehrteils / wie sie Thebah beredet / den bråutgam für ihren König Aramenes /und die braut fůr den Fůrsten Dison von Seir / ansahen / beteten zwar nicht mit / ům eine glůckliche ehe /sondern ein ieder rieffe seinen gott an / daß ihr wiedergefundener K \nig Aramenes / durch dieses mittel /seiner våtter tron besteigen / [351] und ihr grosses fürhaben / des Assyrischen joches sich zu entladen / wol von statten gehen m \chte. Die K \nigin von Tyro / und der statthalter Mamellus / hatten hiebei auch ihre eigne gedanken / indem sie sich erinnerten / daß diesem bräutgam / dem schönen Dison / die Syrische kron in den schoß gefallen ware: und weil sie an demselbigen eine so grosse gleichheit mit dem K \nig Aramenes von Syrien funden / schosse es ihnen aufs herze / daß dieser jůngling vom Syrischen geblüt seyn můste. Es wolte aber weder dem Mamellus / noch der Tharasile und Milcaride / noch auch den anderen / die ehmals mit dieser Aramena ůmgegangen / zu sinn kommen /auf ihren warhaften stand zu rahten. Die Syrische Fůrstin / die den schönen Dison in ihrem haus bewirtet / und ihm so viel liebes erzeiget / ware auch mit im tempel: deren gedanken dan hierbei gleichfalls nicht die ruhigsten waren.

Doch vergliche sich nichtes mit der unruhe der beiden hochzeitere selber: massen der schöne bråutgam /mit bebenden lippen dem Juno-priester das ja-wort gabe / und der Aramena die hand mit zittern hinreichte. Dan die ehrfurcht gegen die g \tter war in dem herzen dieser tugendhaften person so groß / daß sie das /was sie allhier fålschlich begienge / für sünde halten muste. Den verkleidten Fürsten betreffend / so hatte der zwar andere gedanken / und wuste nun wol / daß alles / was da fürgienge / durch wunderbare schickung des himmels geschahe. Es konte aber doch bei ihm ohne bewegung nicht zugehen / sich in einem augenblick zugleich verliebt und an die geliebte getrauet zu sehen: zumal auf solche weise / da so vielerlei (wiewol unschüldige) betriegereien mit fürliefen. Wie man nun alle gewönliche gebråuche verrichtet / und beide getraute den hochzeit-becher zusammen [352] ausgetrunken hatten / wurde diese handlung im tempel beschlossen / und sie alle in einen grossen saal gefüret: alda / auf verschiedenen tischen / die malzeit auf das herrlichste und köstlichste zubereitet war.

Der Fürst Barzes ordnete alles an / was zu diesem grossen fest vonnöten war / und ließe / sowol seine geschicklichkeit / als seiner Königin ůbergrosse freigebigkeit / in allem blicken. Die braut saße an der obersten tafel / zwischen den Königinnen von Tyro und Ninive: zu denen ferner auch / die K \nigin von Elam / die Prinzessinnen von Canaan / Ophir /Ammon und Salem / eingewiesen wurden. Die statthalterin von Syrien / neben der Prinzessin Ahalibama / der Timna / Mehetabeel und allen Fürstinnen / bekleideten den andern tisch: und wurde das ůbrige frauenzimmer / wie auch alle anwesende manspersonen /an die folgende tafeln verteilet. Der bråutgam muste nach landesgebrauch / mit seinen zwölf jünglingen allein speisen / und / gegen endigung der malzeit die gåste bedienen. Dazumal begunten / teils Syrische Fürsten / diesem ihren vermeinten K \nig fleissig aufzuwarten: welches aber der alte Thebah / der heimlich sich mit in den saal gedrungen / und auf alles ein wachsames aug hatte / bald abstellte / ihnen fürhaltend / daß sie solches / üm allen verdacht zu vermeiden / unterlassen můsten.

Unter wärender dieser malzeit / hatte der verkleidte Fürst Dison aller seiner kräfte nötig / den wunderglanz der beisizenden Königin zu vermeiden / daß der seinen fůrsatz nicht wieder wendig machen m \chte: und risse er mit gewalt die augen von ihr ab / üm sich nicht wieder in sein altes gefängnis zu liefern. Die liebkosungen / so von der Königin / die ganz vergnügt ware / bei ihrer vertrauten Aramena wieder zu seyn / ihm erwiesen wurden / [353] waren ihme mehr beschwerlich / als angenem: weil die wahre vernunft /die nun / nach abgelegter liebe / kräftiger in ihn zu herrschen begunte / ihm üm soviel mehr sein verbrechen fürbildete / ie mehr gnadbezeigungen er von der K \nigin entfienge. Es fiele auch seinem aufrichtigen gemüt h \chstschmerzlich / für einen betrieger angesehen zu werden / nun er / sowol die sch \nste K \nigin von der welt / als die schöne K \nigin von Syrien / betrogen hatte. Die viele seufzer / so dieserwegen der Aramena wider willen entflogen / gabe der schönen Delbois anlaß / sie ům dessen ursache zu befragen: zumal sie / ihrer einbildung nach / nun billig vergnügt seyn solte. Sie entfienge diese antwort: Was ich beseufze / das sollen E. Maj. bald erfahren; und kan ich sagen / daß ich mich ja so betrůbt als vergnügt befinde. Weil sie diese worte mit sonderbarer bewegung herfürbrachte / konte die Königin leicht urteilen / daß es was geheimes seyn müste: demnach wolte sie nicht ferner in sie dringen / verhoffend / solches noch wol von ihr zu erfahren / wann sie allein seyn wůrden.

Wie man nun endlich die tafeln aufgehoben / und sie alle mehr als überflüssig dieser k \niglichen bewirtung genossen hatten / wurde die braut in ihr verordnetes schlaffzimmer gefůret: welches so herrlich ausgeschmücket war / daß sich iederman darob verwundern muste. Die marmorne wände / waren überall /mit kränzen und langen gebänden von Citronen-laub und blüten / auch anderen wolriechenden blumen / bekleidet: wordurch dan / sowol das gesicht / als der geruch / vergnüget würde. Das brautbette / war von kostbarstem helfenbein / mit edelsteinen besetzet /und mit den zärtsten Sidonischen decken behånget: und stunden an beiden seiten / auf langen tafeln /güldne geschirre / die mit herrlichsten [354] zuckerwerk und früchten angefüllet waren. Eine verborgene liebliche musik / ließe sich dabei vernemen: die also eingerichtet war / daß sie mehr die sinne einschläfern / als aufmuntern konte.

Allhier namen die K \niginnen / auch sämtliche Prinzessinnen / von der braut ihren abschied: da es nicht viel fehlete / als die sch \ne Delbois ihre Aramena ůmarmete / sie wäre in ihren armen onmächtig dahin gesunken; so einen herzstoß entfinge dieser verkleidte Fürst / mit dieser lezten gnade / von seiner K \nigin: den er auch nicht würde haben ausstehen können / wann er noch nicht gewust hätte / an welche er verlobet worden. Die erinnerung aber dessen / erfůllte so gar seine sinne / daß er dafür nicht recht zu sich selbst kommen / und in vielheit der gedanken ganz verwirret bliebe. Als auch Ahalibama und Timna / die auf der Kemuelsburg verblieben / von der K \nigin von Ninive abschied namen / konten sie sich der trånen nicht enthalten: in fůrstellung / wie sie dazu geholfen / daß diese unschuldige Königin betrogen worden. Weil sie auch noch nicht wusten / wie ihr grosses fůrhaben ablaufen wůrde / als anete ihnen nicht unbillig / daß sie wol nicht so gut ihre liebste K \nigin wieder würden zu sehen bekommen. Es name aber die sch \ne Delbois / in dem getümmel / diese wachmütigkeit ihrer beiden freundinnen nicht in acht /und schiede / samt den andern K \niginnen und frauenzimmer / vergnůgt von dannen: unwissend / daß sie diese nacht so übel ruhen würden.

Wie sie nun alle hinweg waren / musten auch Ahalibama / Timna und Mehetabeel die braut verlassen /als welche / durch ihre dazu verordnete jungfrauen /nach landsgewonheit / solte zu bette gebracht werden: und weil sie / in gegenwart derselben / [355] nichts geheimes zusammen reden konten als verrichteten sie solches mit zuwinken / und schieden also von einander. Es befande sich aber diese wundersame braut so verwirret / daß sie bald / ihrer selbst vergessend / sich nicht gnug für ihren jungfrauen verborgen håtte: die aber nichtes merkten / und / nach ihrer abkleidung /auf ihr inståndiges begehren / sie allein verließen /nachdem sie alle lichter in der kammer ausgeleschet. Hierauf nun gienge / in des Fürsten Disons beunruhigtem gemüte / der streit erst volkömlich an / und wuste er nicht / wie er bei seinem unvermuteten glück / welches ihm die schöne Syrische K \nigin in die arme lieferte / sich verhalten solte. Je mehr er daran gedachte / ie weniger konte er aussinnen / was ihm zu thun wäre. Doch legte er sich endlich zu bette / ein unaussprechliches verlangen nach der sch \nen Aramena ankunft in sich entfindend: welches aber mit einer ungemeinen angst begleitet war / und zwar ům soviel mehr / je nåher die zeit kame / daß sie sich einfinden solte. Das geringste geräusche / so er vername / erregte bei ihm / wegen ihrer ankunft / ein herzklopfen: und wann es dan wieder still worden / stellte sich die traurigkeit ein / daß er vergebens auf sie gehoffet hatte.

Nachdem er lang also geharret / hörete er endlich die ka ertůr sich öffnen: worauf eine person zu sich ihm ins bette legte / von der er vermuten muste / daß es seine geliebte Aramena wåre. Weil die kammer ganz finster war / und man also nichtes sehen konte /laurete er / bis daß sie zu reden anheben wůrde; welches dan auch gleich erfolgte / und h \rte er diese holdseelige stimme also zu ihm sagen: Liebste schwester! (dan also werdet ihr mir nun erlauben / euch künftig zu neñen /) wie grosse ursach haben wir doch / der Diana zu danken / daß wir diesen gefärlichen tag ůberstanden haben / der uns ja so [356] leicht unglücklich verscheinen können / als wie er nun gewůnscht für uns abgelaufen. Sie wird auch unser beider fürnemen /welches der himmel für rechtmåsig erkennet / ferner segnen: und wann wir in Ninive den gebenedeiten tempel wieder bewonen / wollen wir unsere gelübde dieser göttin bezahlen / daß sie uns so wunderbar von der welt verfolgung erl \set hat / und mit ja so grosser ruhe / als ångstig wir ietzo sind / an dieser begebenheit uns ergetzen / daß wir hier in Damasco eine solche wunder-heurat zusammen anstellen dörfen.

Diese ihre worte waren so weit entfernet von dem /was der verliebte Fůrst verlangte / das sie ihn noch verwirrter macheten. Als er nun zu antworten verzoge / wuste Aramena nicht / wohin sie solches stilschweigen deuten solte. Demnach näherte sie sich der vermeinten Aramena / und als sie dieselbe ümarmet / und gekůsset / sagte sie: wie seit ihr so stille / liebste Aramena! gegen eurem Dison? fürchtet ihr euch noch / in meinen armen zu ligen / nun ihr doch wisset / wer ich bin? Ja / liebste Aramena! (antwortete er / mit bebender stimme) meine unwůrdigkeit erwecket bei mir eine furcht / an stat des Disons / die grosse Königin von Syrien zu ümarmen. Bin ich euch dan nicht lieber /(fragte sie ferner / in ihrer unschuld /) als wann ich noch Dison wäre? Tausendmal lieber! (widerredte er /) aber / grosse Königin! wer weiß .....

Allhier verstummete er / und vermochte nicht weiter zu reden: worůber sie verwundert / ihr ümarmen einstellete / und etwas zu růck weichend / ihn fragte /wie diß gemeint wäre? Der verliebte Dison / so nun ein herz gefasset / sagte ferner: wer weiß / ob der unwürdige Dison von Seir das glůck wird erlangen / der Königin von Syrien so angenem zu seyn / als die vermeinte Aramena [357] gewesen? Hiermit hielte er ein / und als er warname / daß sie ganz still bliebe / triebe ihn die liebe / die furcht etwas hintan zu setzen / und als er sich ihr genähert / fure er fort / sich also zu offenbaren: Der himmel fůgt es so / liebste K \nigin! daß /da wir ehmals beiderseits zu Dedan uns geweigert /als Dison und Aramena einander zu ehlichen / wir nun / als Aramena und Dison / sonder eins vom andern zu wissen / sind zusammen verbunden worden. Ich bezeuge mit dem h \chsten Gott / daß ich nicht gewust / wiedaß der sch \ne Dison die Königin Aramena wäre / bis sie es mir selber gesaget. Darüm haltet mich nicht für einen betrieger / sondern für den unschüldigen bruder der Ahalibama: die / ohnzweifel meine glückseeligkeit ohne mein wissen zu f \rdern /diesen listigen anschlag ersonnen hat / uns sonder unsere gedanken zusammen zu bringen. Widerstrebet demnach nicht mehr dem schluß des himmels / und gedenket / daß wir mit dem ehelichen band verbunden seien. Nemet an mein herz / daß sich hiermit eurer schönheit v \llig aufopfert; und verstosset nicht denjenigen / den euch der himmel bestimmet.

Nachdem er dieses gesaget / wolte er sie ůmarmen. Sie aber riße sich von ihm los / sprunge mehr todt als lebendig aus dem bette / und eilete der tür zu / als sie in der hast ihren nachtrock ergriffen / und den ůber sich geworfen hatte. An der tůr begegneten ihr die Ahalibama / Timna / Calaride / Mehetabeel / und der alte Thebah / die eben ankamen / ihnen den betrug /neben ihrem vorhabenden grossen anschlag / zu entdecken. Als Ahalibama ihrer Aramena so erschrocken und erblasset ansichtig wurde / konte sie wol gedenken / daß ihr bruder sich ihr müste geoffenbaret haben. Sie ůmarmte sie deshalben / und sie herzlich an sich drückend / bate sie ům [358] vergebung / daß sie also sie betrogen hätte: welches zwar / zu ihrem selbst-eigenen bästen / geschehen wåre. Ach weh! (antwortete Aramena /) wer håtte diß deiner freundschaft k \nnen zutrauen? damit risse sie sich von ihr /und wolte entfliehen. Aber die drei Fůrstinnen von Seir / neben der Calaride / begleiteten sie / wider ihren willen / in ihr zimmer.

Sie warfe sich daselbst auf ein bette / und alles gegen dem himmel ausschüttend / was ihr die ungedult in den mund gabe / wolte sie keine von ihren freundinnen anhören: daher Ahalibama und Calaride sich vergebens bemüheten / ihr einzureden / und sie zu bewegen / daß sie den Syrischen tron annemen möchte. Ihr klagaeschrei und erbärmliches winseln name üm soviel mehr zu / ie mehr sie nachdachte /wie man sie betrogen håtte. Sie rieffe ohn unterlaß ihre grosse Diana üm schutz und hülfe an / nun alle menschen sie verlassen hätten. Die andern weineten mit ihr in die wette / und fiengen an zu bereuen / was sie gethan hatten. Calaride aber / als die beherzteste /sprache ihnen einen mut ein / und sagte: Man müste nicht ablassen / diesem anschlag nachzusetzen / sondern dem reich Syrien / wie man angefangen / einen König geben. Und weil das klaggeschrei der trostlosen Aramena leichtlich / bei denen auf der Kemuelsburg sich befindenden Syrern / alles verderben konte /als wurde Aramena in ein anders von allen leuten abgesondertes zimmer gefůret / und daselbst / von den Seirischen Fürstinnen / keinen augenblick verlassen: da zugleich Calaride die anstalt machte / daß Briane und Zimene in einem gemach behalten wurden / damit sie / dieses erfarend / nicht einen lårmen verursachen m \chten.

Thebah / der inzwischen bei dem Fůrsten Dison in[359] der kammer geblieben / begunte ihm seinen anschlag zu eröfnen / und wolte ihn bereden / die Syrische kron anzunemen. Dieser verliebte Prinz aber / war ja so untüchtig / einen solchen vorschlag anzuh \ren / als denselben zu erfüllen: dan seine gedanken schwebten bloß bei seiner Aramena / die so beleidigt von ihm geschieden war. Als er endlich von dem Thebah sich berichten und unterrichten lassen / wie die Syrische Fürsten den vermeinten Dison fůr ihren jungen König Aramenes hielten / daneben auch seine des wahren Disons person kennten; wie er sich dessen bedienen /und hernach / wann sie die oberhand erlanget / die Syrische kron auf setzen solte: wolte er gar nicht darein willigen. Seine antwort ware: wie daß er ferner nicht gesonnen wäre / auf so verstellte weise sein leben anzustellen; und / da er / wider ein wissen / die grosse Syrische Königin betrogen hätte / möchte er nicht auch ihre stände betriegen / noch die krone dieser K \nigin / sonder ihre einwilligung / zu begehren /sich gelůsten lassen.

Der gute Thebah / der dieser antwort sich nicht versehen hatte / wuste fast nicht / was raht er ergreifen solte: zumal indem die Syrer / durch den Nahor und Elhanan / in die stadt / und ferners auf die burg solten eingenommen werden. Doch fassete er in eil diese küne entschließung / und besezte mit etlichen von den Syrischen völkern / die der Altadas / zur wacht / auf die burg gelegt hatte / die auch dem Zophar und ihm in allem gehorchten / des Prinzen von Seir gemach: denen er ernstlich befahle / niemanden aus- oder ein zulassen. Hierauf eilete er nach dem andern zimmer /darinn die Seirische Fürstinnen bei der klagenden Aramena waren: üm einen versuch zu thun / ob diese noch endlich sich wolte gewinnen lassen; wornach er mit dem Prinzen [360] von Seir leichtlich überein zukommen / verhoffete. Er fande aber daselbst noch viel mehr widerstand / als bei dem Prinzen Dison. Er sagte ihr zwar viel fůr / und bate / daß sie doch ihres landes und ihrer unterthanen sich erbarmen / und dem lezten befehl ihrer eltern / die regirung des Syrischen königreichs anzunemen / diesen gehorsam erweisen wolte: aber er hatte solches alles / wie gegen einem harten stein / geredet / und vermochten weder seine noch der Calaride tränen sie zu erweichen / daß sie von etwas anders / als von ihrem gelübde / hätte hören mögen.

Weil nun der Thebah alle mühe verloren sahe / und die åuserste gefahr ihm fůr augen stunde / daß alles zurück gehen würde / wofern man nicht eine geschwinde entschließung ergriffe: als fassete er / mit einraht des Zophars und der dreien Fůrstinnen von Seir / den schluß / im namen des Königs von Syrien alle n \tige befehle auszuteilen / und das Syrische volk solang in dem wahn von ihrem neuen König zu erhalten / bis das sie obgesieget håtten / und die måchtigere worden wåren. Demnach gienge er eiligst zu den Syrischen Fürsten / die / auf sein gutbefinden / dem Opharteus / der als hauptman in der burg lage / ankündigten / wie die sachen stünden: daß nämlich ihr König Aramenes vorhanden wäre / und ihm befehlen ließe / die thore den ankommenden Syrern zu \fnen. Kaum war diese zeitung diesem Syrer und seinen untergebenen kund gethan / da erklårten sie sich alsofort für diesen ihren K \nig / und namen das tor ein / ehe die Assyrier auf der burg etwas davon innen wurden. Indem kame auch dem Fůrsten Hus die zeitung / wiedaß der Fürst Cyniras mit zweitausend Syrern vor Damasco angeko en / welchen der Nahor das tor öffnen solte. Man [361] berichtete auch dabei / daß eben auch der Thare mit vier tausend / und der Gaham mit drei tausenden fůr das andere thor / so der Elhanan besezt hielte / gerucket wären.

Als nun / denen Syrischen Fürsten / solcher massen ihr fürhaben glücklich von statten ginge / wolten sie ihren König sehen / und ihn ihrer gehorsamsten dienste versichern / auch nun alles seiner verordnung und befehl anheim stellen. Demnach drungen sie sehr in den Thebah / daß er sie zum K \nig füren solte. Dieser hatte schon hierauf sich vorbedacht / und ginge zu der Ahalibama / die er sehr bate / ihren bruder dahin zu bereden / daß er zu ihnen treten / und ihr gutes vorhaben wolte befördern helfen: dan er / durch ihn / die begierde der Fürsten mit guter art zu stillen verhoffete. Diese Prinzessin / als die anfängerin dieses grossen anschlags / ließe sich leicht hierzu bereden / und fürete ihn alsobald in ihres bruders zimmer: den sie noch zu bette fanden. Sie er \ffneten ihm alles / wie sie diesen handel angesponnen / und brachten ihn endlich durch allerhand gründe auf ihre seite: insonderheit ihme fůrstellend / wie daß er / wan er nicht zu ihnen umtretten wolte / die Aramena / ihr reich / ja gar ihr leben / verlieren machen / auch seine ehre und ansehen verscherzen würde. Wolan! (sagte er / nach vielem widersprechen) so brauchet mich dan ferner zu eurem betrug! seit aber versichert / daß ich alles / was ich hierin thue / nicht meines bästens wegen / sondern allein der sch \nen Aramena zu dienen / thun werde. Wan mein Prinz mir nur folgen will / (antwortete Thebah) so soll dieser K \nigin geholfen werden / und sie auser gefahr verbleiben. Mein leben und alles was ich vermag / (gabe er zur antwort) biete ich willigst dar / dieser K \nigin wol-seyn zu bef \rdern.

Wie erfreuet mich doch dieses / (sagte Ahalibama)[362] daß ich euch / zu eurer vergnůgung / so wol betrogen habe / und nun / in ablegung des namens der Aramena / euch selbst in die Aramena verliebt sehe. So fůret nun hinaus / was so gut angefangen / und folget dem einraten des Thebah: welcher der einige wegweiser ist / daß unser schluß fortgehe / und für euch die Syrische kron zu erlangen. Ach liebste schwester! (antwortete er seufzend) wan Aramena mit eurem betrug so wol zu frieden wäre / als wie ich bin / so wolte ich mich glückselig achten. Nun aber sorge ich / ihr billiger haß werde / unter allen sterblichen / mich zum ziel wehlen / und mich unendlich erfolgen.

Mein Prinz stelle diese unnötige liebessorgen beiseit / (sagte Thebah) und erwarte / bis unser fůrhaben glücklich gehoben sei. Und weil jezt keine zeit zu versäumen ist / so lasset uns von wichtigern sachen reden / und beratschlagen / wie wir so wol den Assyriern als den Syrern begegnen sollen. Die Syrer vermeinen / sie haben ihres K \nigs Aramenes wiedergefundenen sohn: welches sie so mutig machet / den Babyloniern sich zu widersetzen. Wüsten sie / daß nur die tochter dieses Aramenes verhanden sei / wůrde ihr eifer gleich bei den meisten verleschen. Weil nun diese Königin aus jetziger bestůrzung sich so bald nicht finden kan / so můssen wir / wider ihren willen / ihr bästes beobachten. Es ist demnach hochnötig / daß ihr /mein Prinz! euch alsofort den Fůrsten von Syrien zeiget / und den K \nig entschuldiget / daß der / wegen einer / doch sonder gefahr / zugestossenen unpäßlichkeit / sich diese nacht nicht k \nne sehen und sprechen lassen: da ihr immittels befehl hättet / seinen willen ihnen in allem fürzutragen. Hierdurch werdet ihr / ihr verlangen nach ihrem K \nig / nicht allein stillen und aufhalten / sondern auch alle macht [363] und gewalt / unter des K \nigs namen / ůberkommen / diesen Krieg wider die Assyrier nach eurem willen zu fůren. Solcher massen wird allgemach / der Syrer hochachtung gegen euch / als ihrem feldherrn / wan sie eure dapfere thaten sehen / wachsen und so viel frucht schaffen / daß die liebe zu eurer person sie endlich nötigen wird /den Dison von Seir zu ihrem K \nig zu beståtigen.

Wie nun / durch dieses zusprechen / der Prinz endlich gewonnen war / eilete Ahalibama wieder nach ihrer Aramena / und Thebah / der solche schon in vorrat verschaffet hatte / brachte mannskleider: welche der Dison eiligst anlegte / und zu den beiden Syrischen Fürsten / dem Hus und Husan / hinab ginge. Selbige warteten unten am thor / mit h \chstem verlangen / auf die ankunft des Fürsten Cyniras mit seinen zweitausend soldaten: und als sie von dem Thebah erfuren / daß dieser Dison die gestrige braut fürgestellet / auch ein vertrautster freund ihres Königs wäre / entfingen sie ihn mit aller ersinlichen ehrbezeigung. Er sagte ihnen / was ihm zuvor der K \nig in den mund geleget: wiedaß nåmlich der Thebah sich nicht wol befände / und ihm aufgetragen hätte / seine person zu entschuldigen / daß er sie nicht gleich jetzund für sich kommen liesse / ihnen für den eifer zu danken / den sie sehen liessen / ihme auf seinen våtterlichen thron zu verhelfen. Thebah fiele ihm / in diesem fürbringen / getreulich bei / und meldete darneben / wie daß der K \nig / als welcher auser dem krieg von jugend auf erzogen worden / die fürung dieses instehenden kriegs dem Fůrsten von Seir anvertrauen und ůbergeben wolte: wie dan S. Mai. ihnen hiermit andeuten liessen / daß der Prinz Dison feldherr und nach ihm der fůrnemste im reich seyn solte.

[364] Keinem unter den gegenwärtigen Syrischen Fůrsten / war diese wahl des Königs zuwider: massen dieser Prinz unter der Aramena namen sich so berümt gemacht hatte / daß sie von seinem heldenmut nichts als glück und sieg hoffeten. Die vorgewandte unpäßlichkeit des Königs / war ihnen zwar leid / und vermehrte ihr verlangen / ihn zu sehen: weil aber der Thebah solche gar gering machte / und sie auf den folgenden tag vertröstete / waren sie zufrieden des Königs freund und einen dapfern helden bei sich zu haben /der mit raht und that ihnen sehr nützlich seyn würde. Thebah verließe hiernächst diesen Prinzen keinen augenblick / ihm allen benötigten einrat zu geben: dan dessen verwirrung war annoch zu groß / daß er in diese schleunige ånderung / sich so bald nicht schicken konte / weil er so urplözlich in eine ganz andere lebensart geraten war / von der er ihm nichts hatte traumen lassen. Dan da er zuvor einen liebesaufwärter bei der K \nigin von Ninive abgegeben / fülete er sich nun in die K \nigin von Syrien verliebet. Aus einer jungfrau / wurde er ein Kriegsobrister. Und da er nun sein leben in stiller einsamkeit zuzubringen vermeinet / sahe er sich in eine weitläuftigkeit gesetzet / die ihn /für die gewünschte ein \de / ein grosses reich einzunemen / antriebe.

Die ankunft des Cyniras erfolgte endlich / welcher seinen einzug durch die stadt so heimlich verrichtete /daß kein Assyrier solches wargenommen. Seine zwei tausend Syrer / wurden gleich auf alle posten der burg verleget. Weil Opharteus sich Syrisch erkläret / als musten die andere Assyrisch-gesinte kriegsbedienten der macht weichen: ward also die burg / ohne verlierung eines manns / eingewonnen. Weil man aber an diesem sieg nicht gnug hatte / sondern / ob möglich /[365] der stadt sich in eile zu bemächtigen trachtete / bevor die Assyrier / deren zwölftausend darin lagen / die oberhand bekåmen: als hielte man fůr ratsam / von des Gahams dreitausenden / welche nun auch glücklich in die stadt gekommen waren / zwölfhundert man an iedes der beiden thore / die der Elhanan und Nahor bewachete / zu legen: damit durch dieselben allemal mehr Syrische hůlfe hinein kommen könte. Die ůbrige sechshuntert / stießen zu des Fürsten Thare viertausend Syrern: die auf den großen platz vor des Osiris und Isis Tempel / alda fernern befehl zu erwarten / geordnet waren. Bis hieher ware noch immer alles still zugegangen. Dan / weil Elhanan und Nahor ihre kriegsbediente / die diese nacht die wacht in den thoren versahen / auf ihre seite gebracht hatten / als kame dieses große kriegsvolk sonder widerstand hinein; und weil die burg / samt dem platz vor den Tempeln gar vorteilhaft und nahe bei diesen thoren lage / als ware ihnen auch / im einzug / keine Assyrische wacht aufgestossen.

Es hatte aber der fürsichtige stathalter Mamellus /sonderlich diese nacht wegen des hochzeitfestes /allen aufstand zu verwehren / starke wachten hin und wieder in der stadt ausgesetzet: daher des Fürsten Thare erste völker / bei der Isis tempel / auf deren eine traffen / ůber welche ein unterbedienter des Elhanan / der aber ein Assyrier von geburt / und dem Mamellus sehr ergeben war / zu gebieten hatte. Diese machten lårm / und gingen auf des Thare völker los: von denen das geschrei hiervon erschallete / und so fort durch alle gassen liefe. Weil die Syrer allhier anhuben / einhällig zu schreien: Es lebe her König von Syrien Aramenes! wurden augenblicklich alle häuser wach / und liefen in kurzer frist etliche tausend bůrger zusammen: welche die [366] fröliche zeitung / daß ihr k \nig wieder gefunden worden / anfrischete / ihn wider die Assyrier verfechten zu helfen. Hierauf ginge das große gefechte an / so wol in den häusern / als auf den gassen: massen die Syrer ohn unterschied die Babylonier niedermachten / die hin und wieder in den häusern verlegt waren. Und weil zugleich mit aller orten erschollen war / wie daß der neue König von Syrien auf der Kemuelsburg vorhanden wäre / als eilete der ganze pöbel dahin / und nenneten eines mundes den namen Aramenes / also daß diß geschälle bis an den himmel stiege. Die Assyrier rotteten sich inzwischen auch zusammen / und kamen auf den tempelplatz /den ihrigen zu hülfe: alda sie aber großen verlust litten / weil die verwirrung und der schrecken bei ihnen / bei den Syrern aber alles in guter ordnung / ware. Wie nun / die auf der burg / das geschrei unten in der stadt vernommen / antworteten sie ihnen mit eben dem ruff: Es lebe der K \nig Aramenes von Syrien!

Die Fůrsten Hus und Husan achteten für n \tig / die Königin von Ninive in ihre gewalt zu beko en: aus ursachen / die zwar allein ihnen beiden bekant waren. Demnach brachten sie bei dem Prinzen Dison an / wie sie gesinnt wären / mit tausend man diese K \nigin aus dem k \niglichen schloß abzuholen. Er wolte erstlich ganz nicht darein willigen / daß dieser Königin einiger gewalt widerfahren solte. Als sie aber sehr darauf drungen / und fürwendeten / wie daß der Königin von Ninive h \chste wolfart ein solches erfordere /und weil der Thebah (wiewol er die ursach nicht wuste / und es lieber vermieden gesehen håtte /) auch darzu stimmete / muste es der Prinz geschehen lassen: deme das getůmmel und die vielheit der geschåfte / (in dem er bald da bald dort seyn muste / wo man nåmlich / in dieser kriegsunruhe / seiner [367] person vonn \ten hatten) nicht zuließe / alles hierbei genauzu erwägen. Weil er ihm fürgeno en hatte / das Syrische reich fůr seine Königin Aramena zu behaupten: als wolte er nichtes unterlassen was hierzu f \rderlich seyn konte. Demnach thåte er / mit tausend Syrern / einen ausfall aus der burg / ům den ankommenden Mamellus der /diesem aufstande zu steuren / mit etlichen tausend Assyriern sich in person auf dem großen platz unten vor der burg sehen ließe / mit freudigem muht entgegen zu gehen.

Weil bereits der tag herfůr zu brechen begunte / als machte die erkentnis der personen das gefechte desto blutiger. Der dapfere Dison hatte großen zulauf von den bürgern / und machte dem Mamellus soviel zu schaffen / daß er nicht durchbrechen konte / die burg /wie er gewillet war / anzugreifen / und in der hast sich deren zu bemächtigen. Der Stathalter wuste nicht /wer sein dapferer gegner war / weil er der jungfrauen Aramena gesicht /wegen des helms / nicht erkennen konte: und mochte er wol nichts weniger vermuten /als daß er seinen schwester-sohn / den Prinzen Dison / vor sich håtte. Weil er vernommen / daß diesen aufstand fůrnemlich der wiedergefundene K \nig von Syrien verursachet / hielte er diesen helden für denselben: und wol erwågend / wieviel dem Belochus an dessen person gelegen wåre / wan er ihn todt oder lebendig bekommen k \nte / versuchete er sein åusserstes / und schickte auf ihn seine dapferste soldaten. Sie musten aber alle ins gras beißen / und thåte Dison so verwundersame gegenwehr / daß Mamellus ihn zugleich hoch achten und fůrchten muste. Weil aber des Mamellus v \lker sich immer stårkten / hingegen des Disons haufen kleiner wurde / da seine leute meist unerfahrne krieger und bürger [368] in Damasco / seine aber wolgeůbte gute soldaten waren: als hoffete der statthalter endlich obzusiegen / und diesen vermeinten K \nig Aramenes zu fahen. Je mehr völker aber der Prinz von Seir verloren / ie größer wurde sein muht; und fochte er so heldenmütig / daß die Syrer / die an seiner seite fochten / ihn für einen gott zu halten begunten: daher muste Mamellus gestehen / daß er mit einem ungemeinen helden zu thun bekommen.

Es hätte aber in die länge mit dem Prinzen keinen bestand haben k \nnen / wan nicht der Fürst Thare mit tausend Syrern ihm wäre zu hülf gekommen / und der Thyson dem Mamellus die post gebracht håtte / daß Husan in das königliche schloß eingebrochen / und also alle königliche personen daselbst in gefahr wåren. Demnach zoge der Statthalter sich alsofort zu rücke; und Dison / der etliche wunden bekommen /begabe sich auch wieder auf die burg: da alle Syrer die ihn fechten gesehen / sein lob bis an den himmel erhebten / und zweifachen muht erwiesen / unter einem solchen feldobristen zu kriegen.

Mitlerweile nun dieser Prinz nach seinen wunden sehen ließe / die ihn zwar nicht des bettes hüten machten / stunde im königlichen schloß alles in höchster verwirrung. Der Prinz Cimber / so bald er diesen auflauf vernommen / hatte mit dem Arteman und dessen in eil zu sammengeraffeten Niniviten / sich alsofort nach dem palast seiner K \nigin verfüget / üm derselben / wan die gefahr auf sie ankommen solte /bei zuspringen. Sie kamen dahin / als gleich der Fürst Husan / mit den bei sich habenden Syrern / so wol die Babylonische / als Tyrische / Ninivitische und Elamitische wachten angegriffen: üm einen freien durchgang zu der K \nigin von Ninive palast zu machen. Ehe Cimber seine Niniviten [369] in ordnung stellen konte /war Husan schon durch alle wachten gedrungen: daher dieser verliebte Prinz nichts anders zu thun vermochte / als daß er sich für die pforte des Ninivitischẽ palastes stellete / mit dem vorsatz / alda eher sein leben seiner Königin zu lieb aufzuopfern / als zuzulassen / daß ihr einiger überlast widerfüre. Wie grausam er demnach in die Syrer gesetzet / konten diese bezeugen / die seinen dapfern arm gefület.

Unter diesem grausamen gefechte / eilete die sch \ne K \nigin von Ninive / die / nach dem sie mit schrecken und entsetzen erwachet / ihre nachtkleider angelegt hatte / oben auf das dach des Hauses / begleitet von der Prinzeßin Ammonide / der Fůrstin Perseis / der Dersine / Siringe und Merone: von dar sie dem streit zusehend / nicht anders denken konte / als daß Belochus sie wolte entfůren lassen. Ihren geliebten Abimelech / wie auch ihre dapfere Aramena / rieffe sie in diesen nöten ümsonst an. Doch fassete sie noch einen trost / als sie / bei herfürbrechendem tag /den Cimber für sie fechtend erkante. In dem sie nun /für dessen sieghaften arm / den himmel anflehete /und ihres Gottes beistand in dieser angst sich getröstete: wurde sie gewar / daß ein teil von denen / die sie für ihre feinde halten muste / durch den garten einbrachen / und folgends zu ihr hinauf drungen. Sie konte / für schrecken / nicht alsobald sehen / daß der Husan diesen haufen fůrete; welcher / als er sich ihr genähert und zu erkennen gegeben / sie also anredete: Ich komme / nicht als ein feind / sondern als E. Maj. gehorsamer diener / ům sie in sicherheit zu bringen /weil sie bei den Assyrern nun nicht länger sonder gefahr verbleiben k \nnen. E. Maj. geruhen nur / sich mir künlich zu vertrauen / und g \nnen mir / daß ich sie auf die Kemuelsburg in sicherhrit bringen dörfe; da sie vernemen [370] [372]sollen / wie ihre hohe wolfart erfordere / die Syrische seite zu halten.

Delbois / so kein wort verstunde / von allen dem /was Husan fürbrachte / war doch froh / diesen Fůrsten zu sehen. Und weil ihr von dem aufstand der Syrer /wiewol ohne ümstände / eine stimme vor ohren gekommen: als fiele ihr bei / es würde dieser Fürst vieleicht wissenschaft haben von der Syrischen Aramena / dessen er auch gegen ihr vor etlichen wochen sich vernemen lassen / und es würde üm deren willen diese aufrur entstanden seyn. Demnach fassete sie den schluß / sonder ferneres nachfragen / diesem Fürsten nach der Kemuelsburg zu folgen: da sie dan von ihrer Aramena zu erfahren verhoffete / was die ursache und wer die anfångere dieser unruhe wären. Also ließe sie sich durch den Husan hinunter füren / und fande im garten etliche wägen auf sie warten: auf welche sie /neben der Prinzessin Ammonide und ihrem gesamten frauenzimmer / sich setzete / und im kurzen / durch unwegsame strassen / und mit starker begleitung / in der Kemuelsburg wol angelangte.

Der dapfre Cimber / fochte immittels immer frisch fort / und nicht wissend / daß seine Königin von hinten durch den garten bereits entfůret wäre / gedachte er sie bis auf den lezten blutstropfen zu verteidigen: da dan Barzes / Arteman / und die andere Ninivitische kriegsbediente / ihm treulich beistunden / welche /durch seine verwundersame dapferkeit angefrischet wurden / seinem edlen fürbilde nach zu folgen. Weil aber Husan sein verlangen erlanget / hielte er fůr unn \tig / die Syrer vor dem schloße weiter fechten zu lassen: zumal auch Manmelius mit den seinigen dazukame / und der feind ihnen zu stark wurde. Demnach ließe er sie wieder mit vorteil [372] ab- und zurücke ziehen / als Cimber ein grausames gemetzel unter ihnen verübt hatte. Nachdem sie die Kemuelsburg glücklich wieder erreichet / konten sie des unvergleichlichen Cimbers erzeigten widerstand ihren mitgesellen nicht genug beschreiben: welche hingegen / von ihres feldherrn / des dapfern Disons / heldenthaten zu erzehlen hatten. Als aber anderseits Mamellus dem Cimber genähert / priese er dessen erzeigte hůlfe vor allem volk / ihme allein beimessend / daß dem tobenden feind die k \nigliche personen nicht wären zu teil worden.

Hierauf eilete er zu der Königin von Tyro / ihr von diesem aufstande der Syrer bericht zu geben: wiewol er hiervon selber noch keinen gewissen grund wuste. Der Cimber aber ginge in den Ninivitischen palast /seine Königin zu sprechen: daselbst er / zu seiner h \chsten bestůrzung / alles leer / und die hintertůr zum garten offen fande; und konte er / aus dem gespör der wägen / die ůber alle hecken und buschwerke gefahren waren / leichtlich abnemen / was alda geschehen seyn müste. Er wurde deswegen so unwillig und ergrimmet auf sich selber / daß er / wann er nicht ja so stark von gemůt / als verliebt im herzen gewesen wäre / sich selbst hierům wůrde gezůchtigt haben. Er wuste nun nichtes zu thun / als daß er gleichfalls nach der Königin von Tyro palast eilete: alda er bei ihr /die fast mehr todt als lebendig war / ihre tochter die Königin Lantine / die Indaride und Jaelinde / samt dem frauenzimmer fande / die sich alle dahin versamlet hatten / und den Mamellus von diesem aufstand reden höreten. Sobald er in das gemach eingetreten /rieffe er: Die Königin von Ninive ist entfüret! worüber alle anwesende unbeschreiblich erschracken /und eine gute weile verstummeten. Was raht da? fragte endlich die bestůrzte Königin von Tyro. [373] Wir müssen diese K \nigin retten / (antwortete der erhizte Cimber /) oder mit ihr sterben!

O ihr götter! (rieffe die Königin von Tyro /) wie trůbselig endet sich / unsere hochzeitfreude? Wer ist dan aber unser feind? und woher entstehet uns dieses unversehene unglück? Ich kan noch anders nichts erfahren / (sagte Mamellus /) als daß ein geschrei gehet / des K \nigs Aramenes von Syrien sohn sei vorhanden. Ich habe gleich iezt / vor der Kemuelsburg / mit einem gestritten / der so verwundersam dapfer fochte /daß / wan dieser der gestrige bräutgam Dison / und nun der beschryene Aramenes ist / wir warlich nicht mit einem gemeinen feinde zu schaffen haben. Er sei so dapfer / als er wolle / (antwortete der eiversüchtige Cimber /) so soll er doch die K \nigin von Ninive nicht behalten. Wird man mir einige v \lker anvertrauen / so wil ich alsofort die Kemuelsburg angreifen /und nicht eher ablassen / bis deren eroberung / oder mein tod / dem streit ein ende mache. Man hat zweifelsfrei die K \nigin nach dieser burg gefüret / (sagte Mamellus /) weil selbige der feind innen hat. Sofern der edle Cimber uns / in dieser äusersten gefahr / wil seinen beistand zeigen / so sollen alsobald so viel völker / als in dieser eile und verwirrung aufzubringen / bereit seyn / einem so dapfren helden zu folgen.

Hierauf / sonder ferneres zeitverlieren / ordnete der statthalter die hålfte seiner bei sich habenden völker dem Cimber zu / und befahle dem Altadas / der bisher die sechstausend Syrer in Damasco / die nun alle abtrünnig zu den andern Syrern ůbergelaufen / gefüret hatte / daß er alsofort die viertausand Assyrier / über die der Nahor gesezt gewesen / dem Cimber zufůren solte. Der Thyson war noch mit den Gaham / auf dem tempelplatz / im gefechte begriffen: dem schikte der statthalter [374] noch viertausend mann zu hülfe / und er behielte / zu beschůtzung und besetzung des k \niglichen schloßes / alle ůbrige völker bei sich / die vom Elhanan überlieffen / und etwan noch zweitausend k \pfe seyn mochten; mit denen er alle zugånge und gassen gegen dem schloß belegte / daß die Syrer nirgend herankommen oder einbrechen konten.

Als nun der eifrige Cimber mit diesen ihm untergebenen völkern fårtig stunde / und Arteman noch mit tausend Niniviten zu ihm gestossen war / fürete er /als ein wütender leu / dieses ansehnliche heer nach der Kemuelsburg: da dan unterwegs alles / was ihnen widerstand thun wolte / nieder gemacht wurde. Er berennte nun die burg auf allen seiten / des vorhabens /in der eile / und dem feind keine zeit lassend / die mauren zu ersteigen. Zu dem ende teilete er sein volk in drei haufen: da Altadas den pöbel / welcher in großer mänge / ihren neuen K \nig zu beschůtzen / alda versamlet war / angreifen; Arteman mit dem andernhaufen / ihnen hier und dar zu hülfe zu kommen /stillstehen; er selbst aber / mit dem dritten haufen /die burg stürmen wolte. Der alte Hus / neben dem Husan / war eben willens / zu der Königin von Ninive in der Juno tempel / dahin sie üm sicherheit willen gebracht worden / zu gehen / und die ursach ihrer hieherholung ihr zu entdecken. Weil sie aber dieses des feindes vorhaben vermerkten / als eilten sie / mit dem Thare / Zophar und jungem Cyniras / zu dem Prinzen Dison / der eben ihm seine wunden verbinden ließe /und beredten sich mit ihme / ob es nicht ratsam wäre /daß man / durch zwei thore zugleich / einen starken ausfall auf die Assyrier thåte / und sie also abzuwenden versuchete? Als er solches für gut befunden /wurde alsobald der Opharteus / neben dem Masor /einem von seinen unterbefehlshabern / [375] befehligt / daß ieder mit fünfhuntert mann auf den feind ausfallen solte. Diese wurden von dem Cimber mit solcher håftigkeit zu rücke getrieben / daß Masor selber todt bliebe / und Opharteus kaum das thor wieder erreichen konte. Hierauf thäten sie einen stärkern ausfall /unter anfürung der beiden hauptleute von des Cyniras v \lkern / des Sachar und Ithobalus: welche aber / mit großem verlust der ihrigen / zurücke kamen.

Als hiernåchst das stürmen anfienge / und der Dison neben den Syrischen fürsten die gefahr sahe /begehrten sie nicht allein eiligste hülfe von dem Gaham / welcher mit seinem v \lkern vor des Osiris und der Isis tempeln stunde / und daselbst im streit begriffen ware: sondern sie ließen auch / durch die thore / die Elhanan und Nahor besezt hielten / ihren brüdern dem Ezer und Akan entbieten / wie es hohe zeit wäre / daß sie mit ihren v \lkern / welche seither unten am Libanon gestanden / und auf befehl gewartet hatten / in die stadt rücken solten. Inzwischen unter wärendem stürmen / fiele Cyniras / und Badezorus des Thare fürnemer kriegsbedienter / zum drittenmal aus / und stießen auf den Arteman: welchem sie so viel zu schaffen gaben / daß er in eine gasse zurück weichen muste. Altadas / der mit dem pöbel im streit begriffen war / kunte diesem keine hůlfe thun. So ware auch der Cimber so eiverig im stürmen / daß sein heer völlig in unordnung geriete / ehe er ihrer noht gewar worden. Er brachte aber / durch seine gegenwart / alles wieder in vorigen stand / und kame ihm zugleich eine gewaltige hülfe / indem der Thyson und der dapfere Astarinus / nachdem sie den Gaham von dem tempelplatz hinweg getrieben hatten / zu ihme stießen: da dan der [376] Cyniras den Badezorus im stiche / und er selber hart verwundet sich in die burg bringen / lassen muste.

Hierauf wurde auch der p \bel / so bisher mit dem Altadas zu thun gehabt / in die flucht gebracht: die dan auf einen großen platz vor des Ri ons tempel sich versamleten / unschlůßig / weil sie keinen rechten fürer hatten / was sie beginnen solten. Sie waren teils schon so verzagt worden / daß sie sich vernemen ließen / sie wolten unter dem König Belochus bleiben /wan er ihnen friede geben würde. Dieses alles erfuhren und sahen die Syrer in der burg: weil sie / auf der andern seiten / ohne hinternis aus und ein kommen kunten / und also immer ihre kundschaft hatten. Demnach beschloßen sie / nochmals so stark / als sie nur immer könten / auszufallen / und dem Gaham nachricht zu geben / daß er / sobald es müglich / sich erholen und mit seinen völkern zu ihnen stoßen solte. Der Prinz Dison / ungeacht seiner wunden / fürete die Syrer selbst an: da dan er / für das reich seiner K \nigin Aramena fechtend / und Cimber / seine Königin von Ninive zu erlösen / beiderseits solche wunderdinge verrichteten / daß die / so von den mauren zusahen / über diesen zweien helden erstaunt verblieben.

Cimber / der den Dison für den Sirischen König /und auch für seinen mitbuler hielte / welches letzere er aus so schleuniger entfürung der Ninivitischen K \nigin mutmaßen můßen / ware gar froh / daß ihm einmal der himmel einen solchen mitbuler verfůget /an dem er seine wut künlich auslassen dorfte. Demnach gienge er so freudig als grimmig auf ihn los: also daß / wan Dison nicht mit fleis ihm ausgewichen /und seine waffen gegen andere gewendet hätte / es zwischen ihnen einen rechten leuen-kampf würde abgegeben haben. [377] Es wolte aber Dison dem Cimber /den er in seinem herzen verehrte / und von dem er wol vermuten konte / daß nicht ein haß gegen die Syrer /sondern die liebe zu der Königin Delbois / ihn in die waffen håtte kriechen gemacht / nicht feindlich begegnen: daher er alle gelegenheit vermiede / mit ihm selbst zu kampf zu ko en. Weil nun an beiden teilen / wo ihr arm hinfiele / der sieg erfolgte / als geschahe ein sehr blutiges und scharfes treffen.

Die Syrische Fürsten / so von der mauer zusahen /konten wol ermessen / daß der Dison in die långe nicht würde bestehen können: weil der Assyrier mehr waren / und der Gaham zu kommen verzoge. Demnach drungen sie einmütig in den Thebah / sie zu ihrem K \nig zu fůren: weil sie hochn \tig befanden /daß der sich / in dieser äusersten gefahr / dem volk zeigte / sie damit anzufrischen / und zum streit wiederkehren zu machen. Dann sie hatten zeitung bekommen / wie daß der p \bel begůnte kleinmůtig zu werden / und nach dem k \niglichen schloß iemand abgefårtigt håtte / mit dem Mamellus einen frieden zu handeln. Der bestürzte Thebah liefe eiligst zu der Ahalibama und den andern in das zimmer / alwo sie voll schrecken und sorgen beisammen waren / und deutete ihnen an / in was gefahr sie stůnden / wofern sie nicht die Aramena dazu beredeten / sich unverweilt / als Syrischer König / dem volke zu zeigen.

Demnach giengen sie gleich alle mit ihm zu dieser Prinzessin / und ihr sämtlich zu fus fallend / baten sie mit tränen / daß sie doch ihrer und des armen landes sich erbarmen / und nicht / durch ferneres widerstreben / sie und ganz Syrien zu grund richtẽ wolte. Bedenket doch / edle Prinzessin! (sagte Thebah) daß eure eltern euch meiner aufsicht anbefohlen / und in ihrem lezten willen verordnet / euch zu regirung des Syrischen reiches [378] aufzuerziehen. Bedenket doch ihren befehl / betrachtet eure schüldigkeit / und habt mitleiden mit eurem volke / das verloren gehet / wann ihr ihnen nicht beispringen werdet. Kanst du nicht meinen bruder lieben / (thäte Ahalibama hienzu) so sei doch wenigst nicht so grausam / ihn und uns alle zu verderben / durch verhinterung unsers anschlags. Zwinge dich doch nur solange / bis dieses unwetter fůrüber gerauschet. Vermeinest du wol / (ersezte Mehetabeel) du werdest in den Ninivitischen tempel gelangen k \nnen / wann du durch eigensinniges versäumen zugibest / daß die Assyrier diese burg gewinnen /und dich in ihre hånde bekommen? Ach mein kind! (bate Calaride /) lasset doch diese tränen euch erweichen / und verhütet den untergang unser aller: welches euch ja so leicht zu thun ist / wann ihr nur ein wenig euch zwingen wollet. Ich bin versichert / (sezte Timna hinzu) der Königin von Syrien grosmut werde nicht zulassen k \nnen / daß durch sie ein ganzes reich /welches ihr angeerbet / also verloren gehe.

Ihr habet mich alle betrogen / (finge endlich die betrůbte Aramena an zu reden /) und dörfet noch begehren / daß ich eurem einrat ferner folgen sol. Und was wollet ihr den / daß ich thun solle? Hierauf unterrichtete sie der Thebah ausfůrlich / wie hochnötig es sei /daß sie / unter des Aramenes namen / sich ihren stånden zeige. Sie bewilligte solches endlich: wie wol sie / ihr geschlecht länger zu verhelen / sich schwerlich wůrde entschlossen haben / wan sie nicht ůberstimmet und also fast mit gewalt dazu wäre gebracht worden. Sie hatte allbereit / wegen dieser unruhe / ihre gestrige manskleidung wieder angezogen: damit sie / auf allen fall / nicht nackend m \chte gefunden werden. Demnach seumte der erfreute Thebah nicht / den alten Fůrsten Hus / neben den andern / in [379] das k \nigliche gemach zu beruffen / nachdem die Calaride samt den Seirischen Fürstinnen abgetretten waren. Also wurde der sch \ne Aramenes / von ihnen allen / nach landesgewonheit / angebetet / und begrüßete ihn der alte Hus / im namen der andern / mit einer zwar kurzen /doch zierlichen rede: dem himmel mit tränen dankend / daß er ihn den tag erleben lassen / den sohn seines K \nigs zu sehen. Nachdem sie ihn hierauf / daß er alsofort / weil die verweilung sehr gefärlich / sich seinem volk zeigen wolte / erbetten / füreten sie ihn hinab / sezten ihn auf ein pferd / und begleiteten ihn /durch eine hinterpforte / nach des Rimmons tempel. Zophar / Thare und der verwundte Cyniras blieben auf der burg / dieselbe zu beschützen. Der alte Thebah ritte dem K \nig an der seite / üm auf alles acht zu haben / und zu verhůten / daß sich Aramenes nicht verreden möchte.

Es begunte schon abend zu werden / als sie auf des Rimmons platz ankamen: da dan der beredte Thebah /dem zaghaften volk den kron-erben ihres verstorbenen K \nigs zeigend / sie beweglichst ermanete / daß sie gut und blut / leib und leben aufsetzen solten / diesem ihrem erbherrn auf seinen våtterlichen tron zu verhelfen. Alles volk wurde / bei ansichtigung des schönen Aramenes / wieder bemutigt und angefrischet / also das sie einhällig und mit grossen freuden rieffen: Es lebe unser K \nig Aramenes! Und ihme ihren eiver zu zeigen / auch zu versicherung ihrer treue / säbelten sie den Abibalus / einen fürnemen ratsherrn in Damasco /vor seinen augen nieder / der ihnen gerahten hatte / zu dem Mamellus üm frieden zu schicken. Wie man sie nun so eiverig und gut k \nigisch befande / säumete man nicht / sie in der hitze anzufüren: da sie dan / viel tausend stark / den Cimber und die Assyrier überfielen / als dieselbe eben den garaus [380] mit des Disons v \lkern machen wolten / und gaben alsofort dem streit eine andere gestalt / also daß die siegere in der überwundenen stelle treten musten. Dison / der zu den wunden / die er den morgen davon getragen / noch frische und weit gefärlichere entfangen hatte / muste /als eben diese hülfe mit seiner Aramena ankame / sich in die burg bringen lassen: da dan Ahalibama sobald bei ihm ware / und anstalt machete / daß er verbunden und zu bette gebracht wurde.

Der dapfere Cimber / fochte immittels ganz verzweifelt: und weil er ohnedas sein verdriesliches leben wenig achtete / als schluge er es nun fůr eine so edle ursach / nämlich für seine Königin / v \llig in die schanze / und name sich so wenig in acht / daß er viel wunden bekame. Doch verkaufte er sein blut den Syrern teur genug / und metzelte so schrecklich ům sich / daß sie einen ganz blutigen sieg erhielten. Seine wut und stärke verdoppelte sich / als er vername / daß sein bisheriger dapferer gegner nicht der König von Syrien gewesen / und daß dieser nun erst mit der neuen hülfe angekommen wäre. Wolan! (sagte er zu sich selber) gleichwie ich in meinem leben meinem geliebten mitbuler ståts gedienet / also wil ich es auch in meinem tode thun / und / den Syrischen K \nig und mich zugleich aufopferend / den Abimelech von allen seinen mitbulern befreien. Hierauf wehlete er ihm von den Assyriern die båsten aus: die musten sich verschweren / bei ihm zu stehen / und nicht abzulassen / bis sie den Syrischen König todt oder lebendig bekommen håtten. Mit diesen nun drange er in die Damascener hinein / und ihme aller orten raum machend / weil sie wider so rasenden anfall nicht bestehen konten /stieße er endlich auf den K \nig / der den Hus / Husan und Thebah ům sich hatte. Diese stellten sich [381] zwar fůr ihn / und fingen des wütenden Cimbers streiche auf: sie wurden aber solcher massen mit wunden beleget /daß sie beide ganz kraftlos zwischen ihre pferde niederfielen; mitlerweile der K \nig / neben dem Thebah davon zukommen und die burg zu erreichen / gelegenheit erlangte. Der abgemattete Cimber wurde hierauf auch onmächtig / und brachten ihn der Barzes und Jothan in das k \nigliche schloß: immittels Arteman und Ardeus mit den ůberbliebenen v \lkern / so gut sie mochten / sich zurůck zogen / und den Damascenern den sieg hinter lassend / sich nach dem Mamellus begaben.

Dieser sieg / brachte nun fast ganz Damasco unter der Syrer botmäsigkeit / also daß dem Mamellus und seinen Babyloniern kaum der dritte teil der stadt / in welchem das k \nigliche schloß lage / samt einem thor / übrig bliebe. Demnach / aus der noht eine tugend machend / und ehester hülfe / sowol von seinen K \nig / als von dem Belopares und dem Sinear aus ober Syrien / (zu welchen er auch alsofort reitende boten abfärtigte /) sich versehend / zoge er alle ůbrige manschaft an sich / (deren die meisten / an diesem blutigen tag / dem neuen K \nig von Syrien zu ehren aufgeopfert worden) und ließe die ganze nacht hindurch arbeiten / sich aufs bäste zu verschanzen: weil er keinen augenblick versichert war / daß die Syrer nicht einbrechen wůrden. Seine gemalin und tochter / die diesen tag über mit grosser gefahr in ihrem palast sich aufgehalten / bedienten sich der nacht / und kamen durch abgelegene gassen zu ihm: da sie / in einem von den k \niglichen palästen ihre wonung namen / aber keiner ruhe genießen kunten / weil das geringste geräusche sie erschrekte und ermunterte.

Der Cimber stunde / wegen seiner wunden / die nacht über / eine grosse gefahr aus / weil das erhizte blut sich [382] nicht wolte stillen lassen. Er genoße aber von den Fürsten und bedienten der K \nigin von Ninive alle pflege: als welche / in betracht der sonderbaren hochachtung / damit dieser Prinz von ihrer Königin angesehen worden / und wegen der dienste / die er ihr geleistet / sich seiner anzunemen / für ihre schůldigkeit erkanten. Die beide Fůrsten von Syrien / der Hus und Husan / wurden unter den erschlagenen aufgehoben / und in ihre paläste gebracht: alda sie sicher bleiben konten / weil die bürgerschaft in selbigem teil der stadt meister spielte. Wie nun ihnen hierdurch / ihrem neuen König ferner mit raht und that beizuspringen /verboten war / als muste Thare / Zophar und Thebah die fortfürung eines so grossen werks über sich nemen: welches sie nun mit desto freudigerm mut verrichteten / nachdem der himmel also anfangs ihrer sache sich so gůnstig erwiesen.

Unter diesem gelårme / befande sich die Königin von Ninive / den ganzen tag / im tempel der Juno: und weil allein der Fürst Hus und Husan / neben dem Dison und Thebah / von ihrem daseyn wissenschaft hatten / als verursachte dieser ihre verwunderung /und des Thebah überhåufte geschäfte / daß niemand kame / sie von dar abzuholen. Demnach lebte sie / die nacht durch / mit ihrem frauenzimmer / in sorglicher ungewißheit / was es mit ihnen / bei diesem jåhen auf stand und unverhoften krieg / werden wůrde. Je mehr sie der sache nachdachte / ie weniger kunte sie sich darein finden: und wuste sie gar nicht auszusinnen /wie dieses zuginge / daß sie weder von ihrer getreuen Aramena / noch von Ahalibama und Timna / die doch auf der burg waren / besuchet wurde.

Als nun die nacht fůrbei war / entdeckte der wiederherfürkommende tag / an allen orten der Stadt /sonderlich [383] aber vor der Kemuelsburg / die grausame warzeichen der gestrigen schlacht: massen die gassen so voll von todten und verwundten lagen / daß es niemand ohne grausen ansehen konte. Es ward / von beiden teilen / nichts feindseliges fürgenommen: weil die Assyrier / als die schwächsten / keinen anlaß dazu gaben; und die siegende Syrer / neben den neuen hůlfv \lkern / welche nun die Fürsten Ezer und Akan auch hinein gebracht / ingleichen des Gahams leute /die in der nacht sich wieder gesamlet hatten / müd waren / und daher etwas ausruhen wolten. Inzwischen begrube man beiderseits die todten / und bemühete sich / die verwundete unter dach zu bringen. Mit des Prinzen Disons / wie auch des alten Fürsten von Hus und des Husans von Chesed / wunden / ließe es sich so wol an / daß die wundårzte deren förderlichste genesung versprachen. Ahalibama / die in diesem zustand ihren bruder keinen augenblick verließe / unterhielte ihn stäts mit gespråchen von seiner Aramena: zu deren bequemung sie ihm grosse hoffnung machete / weil Thebah sie bereits so weit gebracht / daß sie /als der Syrer K \nig / sich den Damascenern / wie auch den Syrischen Fürsten / fürgestellet hätte. Dem verliebten Prinzen ware dieses nicht ein kleiner trost /der dan seine schwester eiferigst ersuchte / daß sie nie ablassen wolte / sein båstes bei dieser K \nigin zu reden.

Er erinnerte sich auch seiner Königin von Ninive /wie er deren zorn auf sich geladen / indem er unter weiblichen kleidern sie solang betrogen / und nun / da es ganz anderst hinausliefe / als er vermutet / an stat der verborgenen abreise mit dem ritter Dison / in Damasco / wer er wåre / offenbar machen můssen. Dieses gienge ihm nun sehr zu herzen / und fragte er seine schwester / wie es dieser Königin erginge / seit daß der Fürst Husan sie / aus [384] ihrem palast / in die burg hieher gebracht håtte? Ahalibama vername der K \nigin von Ninive da-seyn / das sie noch nicht gewust / und bedachte mit nicht minderer angst / als ihr bruder / daß diese Königin auf sie sehr wůrde erzůrnet werden / wan sie sich also hintergangen erfüre. Sie hielte aber für ratsam / ie eher ie båsser diese grosse Königin wieder zu besänftigen: weswegen sie den Prinzen / als welcher ohn das / auf verordnung des wundarztes / eine ruhe thun solte / verließe / und nach der Timna und Mehetabeel ginge / üm sich mit ihnen dieserwegen zu bereden. Sie fande diese beide Fürstiñen nicht in ihrem zimmer / und vername / daß sie bei dem König von Syrien wåren: dahin sie dan ihnen folgete / und ihre Aramena in harter wortwechselung mit diesen ihren beiden wasen antraffe.

Ihr gespråche handelte / von dem betrug / womit die Seirische Fůrstinnen sie so unverschuldter weise beleidigt und betrůhet hätten. Als sie nun auch die Ahalibama kommen sahe sagte sie zu ihr: Um dich /üm dich habe ich es am wenigsten verschuldet / daß du mich soltest in solche unruhe stůrzen / da ich doch an dir eine beständige ordensschwester in meiner g \ttin tempel zu haben vermeinte; nun aber erfahre ich / daß du am meisten mir hinterlich gewesen. Kanst du dan / liebste schwester! (antwortete Ahalibama) noch nicht unbescholten lassen / was ich zu deinem bästen habe fürgenommen? Dein stand erfordert ja /daß du dich deines reichs annemest / und den Syrern einen König verschaffest. Da nun dieses hat geschehen můssen / wofern du anderst deine königliche geburt nicht verleugnen wollen / so sage mir doch: was habe ich dan wol gesůndigt / daß ich meinem bruder diese glůckseeligkeit für andern zuwege gebracht / an dich getrauet zu werden? Ich weiß / Gott lob! [385] daß der Diana g \tterdienst ungültig ist und wider den rechten glauben streitet: dorfte ich also mich keiner sünde fůrchten / dieses dein gelübde zu verst \ren.

O unbeståndige Ahalibama! (rieffe Aramena /) die du weder den g \ttern noch menschen treu verbleibest! Ich stelle dahin / was dir hierinn zu thun beliebet: ich aber wil meine gelůbde nicht brechen / bis das ich sterbe. Weil aber ihr Fůrstinnen von Seir alle diese unruhe darům habt angestiftet / ům eurem vettern und eurem hause die Syrische kron zu erlangen: so wil ich meinen angebornen tron dem Dison gutwillig ůberlassen und abtreten. Erbarmet euch nur meiner / o ihr grausame freundinnen! und helfet mir in den Dianen-tempel. Wann ihr diese barmherzigkeit mir erweiset /wil ich alles vergessen / womit ihr mich iezt beleidigt / und nie aufhören / für den wachstum eures hauses meine g \ttin tag und nacht anzuruffen. Vermeinet dan die Königin von Syrien / (sagte Timna) daß man in Ninive diejenige in den tempel wieder aufnemen werde / die nicht allein an einen man getrauet worden / sondern auch bei ihm im bette gelegen / deren auch die oberpriesterin / wiewol sie an der person gefehlet /aus ihrem tempel zugehen bereits erlaubet hat? Ach grosse Diana! (rieffe Aramena ganz wehmůtig) solte mich dan dieses / in deinem dienst zu bleiben / untüchtig machen / daß ich hinterlistiger weise an einen man getrauet worden? Du kennest mein keusches herz / und wirst mein gelůbde dieserwegen nicht für ungültig erkennen.

Indem sie dieses mit großer bewegung redete / trate Thebah zu ihnen in das gemach: der dan / den inhalt ihrer unterredung vernemend / für nützlich ermasse /das zarte gemüt der Aramena nicht ferner zu erzůrnen / sondern ihr einige bedenk-zeit zu gönnen. Demnach[386] winkete er den Fürstinnen / hiervon nichts mehr zu reden / und sagte zu der Königin: Alles volk ist in Damasco höchst erfreuet / daß E. Maj. gestern sich vor ihnen sehen lassen. Wan sie nun / ům ihrer großen eltern wunsch zu bef \rdern / sich noch ferner bequemen wolten / mit den Syrischen Fůrsten kriegesrat zu halten / würde solches sehr viel zur sache thun. Warům soll ich (antwortete Aramena) noch ferner dieses volk betriegen / mit der falschen einbildung / daß ich ihr König sei? Weil ich ihre angeborne Königin bin / und darům dieses reich mir geh \ret / als wil ich dem land einen König verschaffen / und mein reich dem Dison von Seir übergeben: der / durch seine gestern-erwiesene dapferkeit / dieses thrones und meiner unterthanen zuneigung sich mehr als würdig dargestellet.

Weil alle Syrische Fůrsten in dem falschen wahn stehen / (gabe Thebah zur antwort) es sei ein sohn von dem großen Aramenes vorhanden / als sind sie üm seinet willen so eifrig / das Babylonische joch ab zu werfen: welches sie / ům der tochter willen ihres Königs / nicht thun wůrden / aus befahrung / daß hernach erst ihr rechter K \nig erscheinen / und also diese mühe vergeblich seyn m \chte. Nun sie diesen ihren K \nig zu haben vermeinen / treiben sie alles üm so viel eifriger: und wird alsdan erst zeit seyn / den Syrern zu sagen / daß die K \nigin Aramena dem Prinzen von Seir die Syrische kron ůberlassen wolle / wenn wir uns fäst gesetzet / und alle benötigte macht in hånden haben werden. O so gebe der himmel / (rieffe hierauf Aramena) daß sich dieser mein bruder Aramenes einfinden möge: wie frölich wolte ich diese königliche bürde fůr ihn ablegen / die mich an meiner h \chsten vergnůgung verhintert. Sind dan E. Maj. zu frieden / (fragte Thebah nochmals) [387] daß alsofort in ihrer gegenwart kriegsrat gehalten werde? Was sol ich dan dabei thun? fragte sie / ganz ungedultig. E. Maj. vernemen / (antwortete er) was die Syrer ferner /wegen eroberung dieses großen reichs / beschließen werden. Ich bin eure gefangene / (sagte sie hierauf /nachdem sie eine weile sich bedacht hatte) und werde wol alles thun můßen / was ihr von mir haben wollet.

Der alte Thebah / so dieser entschließung noch nicht recht trauete / sondern besorgte / sie möchte /aus ungedult / sich dannoch entdecken / sagte ihr so viel gefärlichkeiten für / die ihr wůrden zustoßen /wen sie nicht bei dieser ihrer erklärung beständig verbliebe: daß sie / in betrachtung dessen / und in kein größers unheil zu geraten / gar hoch versprache /blindlings seinem einraten zu folgen. Sie tr \stete sich aber heimlich mit der hofnung / daß sie endlich gelegenheit und die freiheit erlangen würde / sie sämtlich wieder zu betriegen / ihren händen zu entgehen / und nach Ninive zu entkommen.

Wie nun hierauf von dem Thebah gut befunden wurde / daß Aramena als Syrischer König / die beide verwundte Fürsten / den Hus und Husan / besuchen /und daselbst / mit zuziehung der andern / kriegsrat halten lassen solte / begabe sie sich zu pferd / und ritte dahin: da dan unterwegs / von allen orten und enden / ihr tausend glükwůnsche zugeruffen wurden. Die beide Fürsten namen diese besuchungs-ehre / die ihnen der K \nig erwiese / sehr erkentlich auf: die dan in eine kammer sich hatten zusammen tragen lassen /üm dem kriegsrat beizuwonen. Die Fürsten von Haso / der Ezer und Akan / wurden daselbst / den K \nig zu grůßen / auch fůrgelassen. Der Thebah täte / im namen des Königs / den vortrag / wie nåmlich S. Maj. verlangten / ihrer aller meinung [388] zu vernemen / was nun ferner in diesem angefangenen großen werk solte fürgenommen werden. Dem Ezer wurde hiernächst aufgetragen /seinen bericht abzulegen / wie es in ober Syrien stünde / und wie sie es daselbst gelassen hätten: welchem er alsofort nachkame.

Das eifrige verlangen / (sagte er) welches der mehrere teil von uns Syrischen Fůrsten iederzeit getragen /aus dem schweren joch der Assyrier zuentkommen /gabe uns anlaß / die waffen wider den König von Babel zu ergreifen: als der weiße Thebah uns zu Hierapolis hoffen machte / daß die tochter des großen Aramenes vorhanden wåre. Wir gerieten deswegen an den Hemor von Canaan / und wolten / diese Prinzessin mit ihm verehlichend / ihn auf den Syrischen tron setzen. Die fůrsichtigen g \tter schickten es aber anderst / als wir vermeinet: indem / weil sie gegenwårtigem unserm K \nig die kron fürbehalten hatten / dieser Prinz der rechten Prinzessin im tempel zu Ninive verfehlen / und sich an die Milcaride muste trauen lassen. Und als sowol der Fürst Zophar / als der Thebah / uns der verborgenen gegenwart unsers K \nigs versicherte / verließen wir die Canaaniter / und versamleten uns zu Lais / des fåsten vorsatzes / gut und blut /leib und leben / bei ihm aufzusetzen.

Wir teileten demnach unser heer in zween haufen: deren einen / der Rames Fürst von Jedlaph nach Hierapolis fürete / selbige stadt sowol wider die Assyrier und Niniviten / als wieder die Canaaniter / zu verteidigen; mit dem andern aber eileten wir hieher / üm unserm K \nig beistand zu leisten. Der Rames / wie wir hernach erfuhren / fande in Hieropolis nicht den geringsten widerstand bei den Canaanitern; massen /gleich nach ihrer ankunft / alle Sichemiten davon zogen: daß wir also von ihnen keiner feindseligkeit uns befahren d \rfen. [389] Inzwischen stehet Belopares mit den Assyrern färtig / dem Beor zu widerstehen. Der Prinz Sinear / befindet sich auch üm Hierapolis. Der Tharsis aber / mit den Niniviten / ist uns an dem růcken / und wird vermutlich in wenig tagen alhier vor Damasco seyn: den wir am meisten werden zu fürchten haben. Diß ist kůrzlich der zustand unserer waffen. Mein geringer raht stimmet nun dahin / daß man weder des Tharsis / noch von Acraba der Assyrier und ihres Königs / ankunft erwarte / sondern alsofort dem angefangenen sieg nachsetze / das k \nigliche schloß stürme / und sich also meister von der ganzen stadt mache; sodan dem Belochus mit einem heer / an die gränzen des reiches beim fluß Amana / entgegen gehe / und ihme den paß / herein zu kommen / verwehre.

Als hierauf auch die andere befraget worden / ward von den meisten dem Ezer beigestimmet. Wie aber die reihe an den Husan kame / sahe der den Fürsten von Hus an / und sagte: weil uns beiden allein bekant ist / daß die Niniviten unsere feinde nicht bleiben werden / als finde ich ratsamer / des Tharsis und der zw \lftausend Niniviten ankunft zu erwarten / als unsere gestern schon-abgemattete v \lker ferner zu ermüden. Dan / wan wir erstlich mit den Niniviten uns vereenigt haben / können wir alsdan ein frisches heer wider den Belochus ins feld stellen / welches ihnen gnug gewachsen seyn wird / die eroberung von Syrien zu behaupten. Hiermit schwiege Husan / und ließe die ehre dem Fürsten Hus / das geheimnis von der schönen Königin von Ninive / der versamlung fůrzutragen.

Dieser Fůrst wendete sich zu dem K \nig / und begunte also zu reden. Das glück so bisher Syrien verlassen / scheinet nun gedoppelt herwieder / indem es uns Syrern [390] verg \nnet / nicht allein unsern langverlornen König wieder zu sehen / sondern auch die schöne Königin von Ninive ihm zur schwester zu geben. Ja /gnädigster K \nig! es ist die durchleuchtige Syrerin Aramena / die bisher die ganze welt fůr des Belochus von Assyrien tochter gehalten. Und wie das ebenbild des grossen Aramenes in unserm K \nig herfür leuchtet / also lässet sich auch die wunderbildnis der Philominde an dieser K \niglichen schwester erblicken. Weil nun der gůtige himmel uns zwei kinder von unsrem lieben K \nig sehen lässt / als wollen wir hoffen / daß dritte / nämlich die jüngere vom Thebah auferzogene Prinzessin Aramena / werde auch bald wieder gefunden / und also unsere große freude ergänzet werden.

Was vergnügung die verkleidte Aramena / in ihrem herzen / ůber diesem unverhofften bericht entfunden /erschiene genugsam aus ihren åuserlichen gebården: und ware sie nicht allein darüm erfreut / daß sie so eine schwester bekommen / sondern auch und noch vielmehr / weil sie hoffete / daß nun ihrer ältern schwester das reich / und folgbar ihr der Diana-tempel / ungekränkt verbleiben würde. Es fehlte wenig / daß sie nicht alsofort sich kund gegeben. Der alte Thebah / der über dieser zeitung ganz betreten war / befahrete dieses / und deshalben sich eiligst erholend / fiele er dem Fürsten von Hus in die rede und sagte: Wofern mein König Aramenes mehr töchter gezeuget / als die jenige / die erst nach seinem tode die welt erblicket /so k \nte man / durch vorteilhafte verheuratung dieser beiden fürtreflichen schönheiten / unsrem Königreich beståndigen frieden zu wegen bringen: wiewol ich nicht gläuben kan / daß mehr als eine Aramena verhanden sei. Der Fürst von Hus (antwortete der [391] junge K \nig) wird ia beweisen k \nnen / was er saget: welches ich den zu vernemen verlange.

Freilich g \nnet der himmel mir und meinem vettern / gegenwärtigem Fürsten von Chesed / (sagte der Fürst ferner) daß wir dieser durchleuchtigen Syrerin geburt beweisen k \nnen. Und wann die zeit es zuließe / wolte ich alles ausfůrlich berichten / wie es mit dieser Aramena geburt daher gegangen. Es weiß auch der König von Babel wiewol er solches erst neulich erfahren / von wem die K \nigin von Ninive erzeuget sei: daher die liebe / welche ehmals diesen monarchen gegen ihre frau mutter / unsere unvergleichliche K \nigin / entzůndet / in ihme gegen der tochter wieder angeglommen; vermutlich aus gütiger schickung des himmels / damit diese lezte liebe / dem reich Syrien /den frieden und die ruhe wieder gebe / so uns durch die erste so erschrecklich geraubet worden. Daher ist mein raht / man gebe dem verliebten Belochus diese K \nigin / und wende also alles fernere blutvergießen ab / dessen wir hiedurch uns entheben werden. Daß die schöne Ninivitische K \nigin unsers großen Aramenes tochter sei / (sagte Husan) solches ist ganz gewiß: nimmermehr aber ist zu hoffen / daß diese grosmütige K \nigin den todfeind ihrer k \niglichen eltern lieben / noch die Niniviten / die das Assyrische joch als den tod hassen / solches dulten werden; und würden diese deswegen nicht allein ihre K \nigin /sondern auch unsere seite verlassen / und uns also eine mächtige hůlfe entziehen. Wan wir mit Assyrien frieden haben / (wandte der Fürst von Hus dargegen ein) so wird uns kein Ninivitischer beistand mehr n \tig seyn.

Diesem einrat fielen Zophar und Thebah mit bei; der Husan aber / und ihr vermeinter König / beharreten auf der gegenmeinung: und håtte dieser streit unter [392] ihnen noch lang gewåret / wann sie nicht / durch ein geschrei auf der gassen / wären aufgebracht worden /an die fenster zu laufen / üm zu sehen / worvon es herrürete. Also wurden sie gewar / daß der p \bel einen wagen verfolgte / auf welchem eine dame saße /die da / sich zu retten / eiligst fortrennete. Sie schikten iemand hinab / sich hierüm zu erkůndigen: der ihnen den bericht brachte / wiedaß der p \bel des gestern von ihnen niedergesåbelten ratsherrn Abibalus haus gestürmet / und darin diese dame gefunden hätte: welche / nach dem Königlichen schloß zu entrinnen gewillet / also von ihnen verfolgt würde. Elhanan gienge / auf gutbefinden der andern / unter das volk / sie zurück zu halten: machte also / daß diese dame davon kame / und das schloß erreichete. Inzwischen überkame der alte Thebah gelegenheit / mit der verkleidten Aramena allein zu reden / deren er ins ohr sagte: Stehet euch doch / mein kind! nicht selber im lichte / und verratet ja nicht euren wahren zustand; welches zu nichts anders dienet / als die Syrische Fürsten dahin zu lenken / daß sie euch mit dem Hemor verehlichen /ům dadurch mit den Cananitern frieden zu erlangen. Diese warnung des Thebah hatte bei ihr gewünschte wirkung / und machte sie schweigen / da sie sonst /sich zu offenbaren / gänzlich gewillt gewesen.

Als man hierauf in der beratschlagung fortfure /wurde / nach langem wortwechseln / der schluß gemacht / daß man / bis zu des Tharsis ankunft / stille bleiben / und nichts feindliches wider den Mamellus fůrnemen / indessen aber der K \nigin von Ninive ihre geburt eröfnen solte. Diese verrichtung wurde dem Hus und Husan aufgetragen / sobald sie ihrer wunden halber wieder wůrden ausgehen können: welche beide Fůrsten auch den König und die ander Fürsten auf selbige zeit [393] vertrösteten / die ůmstände von der geburt dieser durchlauchtigen Syrerin ihnen zu entdecken /welche bisher so verborgen gewesen. Der K \nig name hierauf abschied von diesen beiden fürsten / üm mit den andern Syrischen Fürsten / in voriger starker begleitung von etlichen tausend soldaten / wieder nach der Kemuelsburg zu reiten.

Aber auf dem großen platz vor der burg / stieße unversehens auf sie der Mamellus / mit einem großen heer der Assyrier. Dan / als dieser erfaren / daß der Syrische K \nig von der burg / nach des Hus palast /sich begeben håtte / fassete er diesen kůnen schluß /ihn zu überfallen / und / wo müglich / sich seiner person zu bemåchtigen: üm dadurch allen Syrern den mut zu benemen / und dem krieg eine andere gestalt zu geben. Weil nun dieser anschlag von großer wichtigkeit war / als fochte Mamellus neben seinen Assyrern halb verzweifelt / und drunge so grimmig in die bestürzte Syrer / daß / ehe dieselben mit mehrer hülfe sich stärken konten / er den K \nig hinwegbekame /und in guter ordnung mit stätigem fechten sich gemach zu rück ziehend / endlich den schloßplatz erreichete / und also sein großes fürnemen glůcklich volzogen sahe. Der vermeinte Aramenes / wurde alsofort in einen fästen turn gebracht / und alda wol bewachet. Weil auch Mamellus vermuten konte / daß die Syrer und Damascener ihr åuserstes daran setzen wůrden /ihren König wieder zu bekommen: als machte er sich gefasst / ein- und andern sturm auf etliche tage auszu halten / bis entweder von Acraba sein K \nig hülfe schicken / oder der Sinear und Tharsis aus ober-Syrien ihre Babylonier und Niniviten herzu fůren würden.

Dieser unverhofte verlust / sezte die Syrische Fůrsten / [394] und fürnemlich den alten Thebah (der beim Fürsten Hus verblieben war / und alda diese traurpost erfuhre /) in großen schrecken und åuserste verzweiflung. Das erhizte volk in Damasco / liefe zwar blindlings und ohne ordnung dem schlosplatze zu / daselbst zu stürmen und ihren könig zu erledigen: aber sie erlitten eine große niederlag / und musten Nahor und Elhanan sie mit gewalt zurückziehen / damit sie nicht alle aufgerieben wůrden. Als dem verliebten Prinzen Dison diese unglückliche post zukame / fehlte es nicht viel / daß er aus ungedult und unmut nicht ganz vergienge. Er wolte / in der ersten wut / aus dem bette / und nach seiner K \nigin eilen: das aber seine wunden und große mattigkeit ihm verwehrten / und konte er nichtes thun / als seine klage wider den himmel ausschütten.

Die herzliche-betrůbte Ahalibama / leistete den klagen ihres bruders / mit ihren milden zären / treue gesellschaft: weil sie nicht allein ihrer Aramena zugestossenes unglůck schmerzlich mit fülete / sondern auch ihr / daß sie bei ihrer K \nigin von Ninive in ungnaden ware / so tief zu herzen zoge / daß sie nicht zu tr \sten war. Dan diese K \nigin hatte nun von der Casbiane erfahren / wer ihre Aramena gewesen / und wie der erkante K \nig von Syrien diese schein-hochzeit mit seinem freund angestellet / ům dadurch sein vorhaben zu erlangen / und den Syrischen tron zu besteigen: dadurch ihr keusches herz und entfindliches gemůt zu solchem zorn bewogen worden / daß / wie Ahalibama und Timna sich darauf angeben lassen /ihr aufzuwarten / sie von ihnen nichts hören noch wissen wollen. Dieses machte / die Ahalibama / und die Timna / so unmutig / daß sie nicht wusten / wo sie sich lassen solten. Und was sie noch mehr schmerzte /so dorfte Ahalibama dieses [395] ihr anligen ihrem bruder nicht er \fnen: weil sie damit / sein ohndas betrübtes herz / nur noch mehr wůrde gekrånket haben. Sie hatte / nach ihres Eliesers todestag / keinen betrůbtern lebenstag / als diesen / gehabt / da sie auf einmal ihre gr \ste guttäterin erzürnet / ihre herzensfreundin Aramena gefangen / und ihren bruder / neben ihnen allen / in solcher gefahr und noht wissen muste.

Sie überwande sich aber / soviel sie immer vermochte / und weil weder ihr / noch der Aramena /noch ihrem bruder / durch bloßes klagen / geholfen ware / als vermanete sie den bestürzten Zophar / wie auch den trostlosen Thebah / welche in des Disons kammer zu dem Thare / Ezer / Akan / Nahor / Elhanan und den ůbrigen Fürsten / sich versamleten / daß sie doch diesem äusersten unheil raht suchen wolten. Nach langem ůberlegen / ward für das båste gehalten /daß man dem feind keinen augenblick ruhe gönnen /sondern von stund an / wiewol der abend sich nåherte / mit aller macht / den k \niglichen schloßplatz von allen seiten berennen / denselben an vier orten zugleich stürmen / auch nicht ablassen solte / bis sie ihren König wieder befreiet hätten. Der alte Hus und der Husan / wie sie der andern ihre meinung erfuhren / fielen diesem entschluß auch mit bei: und waren sie alle so ungedultig über diesem schimpf / der ihnen /als dem siegenden teil / begegnet / daß sie einiges trostes nicht wåren fähig worden / wann nicht die hoffnung / bald wieder einzubringen / was sie so schändlich verloren / sie erhalten håtte.

Inzwischen nun ganz Damasco und ihre Fůrsten sich eifrigst zu diesen anfall růsteten / auch Mamellus hingegen alle anstalt zur gegenwehr machete / stunde die sch \ne K \nigin von Ninive / in der Juno tempel[396] auf der Kemuelsburg / alle die marter aus / die ein so grosses gemüt / welches an seiner ehre sich gekrånkt erkennet / immermehr entfinden kan. Sie konte / weil sie keine vertraute person mehr hatte / ihre noht und anligen niemanden recht klagen: und schmerzte sie dieses insonderheit / daß diejenige ihre beleidiger worden / denen sie sonst ihr ganzes herz pflage zu offenbaren. Wan sie ihrer Aramena sich erinnerte /kame ihr ein grausen an: also daß sie die stunden verfluchte / die sie mit ihr vertreulich verbracht hatte. Die Timna hielte sie für ungetreu / weil sie ihr so lang verschwiegen hatte / was sie billig / zum bästen ihrer K \nigin / hätte von sich sagen sollen. Uber die Ahalibama klagte sie / daß sie / da sie ihr doch soviel gutes gethan / die blutfreundschaft mehr bei sich gelten /und heimlich sich gebrauchen lassen / in ratschlågen /die ihrem guten namen verkleinerlich waren. Daher /von allen alten freunden sich verlassen sehend / überlegte sie bei sich selbst / in was unglücklichen stand sie geraten. Und wiewol sie sonsten die güte selber ware / so befande sie sich doch nun so erzůrnet / daß sie / weder auf der Casbiane / noch auf der Ammonide und der anderen zureden / die Ahalibama und Timna vor sich kommen lassen / noch aus dem tempel in ihr bereitetes zimmer sich begeben wollen. Sie zehlte /unter die andere beleidigungen / auch diese / daß zweifelsfrei der Ahalibama bruder sie liebe / und sie darüm / auf dessen befehl / wäre gefangen genommen worden: welche gewalttåtigkeit ihr so nahe ginge /daß sie / ihrer grosmut vergessend / milde zåren ůber ihre schöne wangen herab fliessen lassen / und ihr sonst zu allem unglück bereitetes und standfästes gemüte dieser entfindlichkeit unterwerfen muste.

O himmel! (sagte sie bei sich selber / weil / die anwesenheit [397] der Prinzessin von Ammon und der andern / ihr auch diesen trost / von ihrem anligen öffentlich zu sprechen / verwehrte /) musten dan diejenige meine vertrautsten in der liebe werden / die durch ihr ietziges thun an den tag legen / wie wenig sie geneigt gewesen / dem Abimelech und mir zu dienen? O falsche Aramena / die du mir alle meine gedanken aus dem herzen gelocket! was meinst du wol / daß in der Delbois gemüte für dich / als den nunmehr-erkanten Dison / übrig seyn könne? Gedenkest du etwan / ich werde dich lieben / und den Abimelech hassen / ům /an stat dieses Prinzen erbarer treue / deine unverantwortliche kůnheit zu belonen? Du hast wol recht / da du ům meine gunst dich (wiewol vergebens) bemühen sollen / dich deines gewalts gebrauchet: dan mit meinem guten willen / würdest du mich nimmermehr in deine hånde bekommen haben. Aber gläube mir / daß keine bande noch gefångnis mein gemüt iemals båndigen sollen / aus meinem mund einiges gutes wort fůr dich herfür zu geben.

Aber wie ist es immer müglich / (fure sie fort) daß solche falschheit eure herzen / ô Timna und Ahalibama! hat besitzen können / in dieses bösliche beginnen des Disons einzuwilligen und dasselbe zu befördern /da ihr mich so vielfältig eurer treue versichert? Ja /Timna! auf dich hätte ich wol / als auf felsen / gebauet: und dir / Ahalibama! håtte ich mehr tugend zugetrauet / als daß du fåhig seyn soltest / solche dinge zu verüben. Ach darům / was ist die welt? Töricht habe ich gethan / daß ich menschen getrauet / und durch gutes-thun mir freunde erlangen wollen.

Hiemit trate Casbiane in das zimmer / und brachte die K \nigin aus ihren gedanken: welche / diese Fůrstin anschauend / warname / daß sie / über gewonheit / betrůbt [398] und beängstigt aussahe. Was ist euch /Casbiane! (fragte sie) habt ihr mir etwan ein neues unglück anzubringen? Das unglück / gnädigste K \nigin! (antwortete Casbiane) ist mehr als zu groß / welches iezt die Syrer betroffen. Unser K \nig Aramenes ist gefangen worden / und sihet also Syrien sich abermals seiner hofnung beraubet / wofern die unsrige nicht obsiegen / welche iezt mit aller macht das k \nigliche schloß bestürmen. Ich würde / in E. Maj. gegenwart / den Syrern so künlich den sieg nicht wünschen / wann ich nicht von meinem vettern versichert wäre / daß E. Maj. an unserer aufname groß anteil haben / und daß ihr und unsers Königs wolfart miteinander verbunden sei. Jetzige verwirrung leidet es nicht / daß ich hiervon ůmståndlicher vernemen und erzehlen m \ge. Nur dieses habe ich mir sagen lassen /daß E. Maj. völker / die der Tharsis zurück fůret /ihnen wider die Babylonier werden zu hülfe kommen. Er kommet vielleicht / (sagte die K \nigin / voll ungedult) die Syrer zu straffen / weil ihr König mich hier als seine gefangenin hålt / und so vertraute freundschaft mit demjenigen heget / der mich bis in den tod beleidiget.

Was E. Maj. von ihrer gefångnis zu reden beliebet /(antwortete Casbiane) wollen sie mir gnädigst erlauben / daß ich dasselbe anderst erklären d \rfe. Die Syrische Fůrsten beteuren einmütig / E. Maj. seien hier bei ihren freunden / auch keines wegs als gefangen hieher gebracht / sondern dadurch in sicherheit und schutz gesetzet worden. Dieses hat mir zwar der Husan auch gesaget / (fiele ihr die K \nigin in das wort) ich habe aber solches noch nicht begreifen können. Was den Fürsten Dison / (fuhre Casbiane fort zu reden) und dessen freundschaft mit unsrem König betrifft / so kan [399] ich wol beteuren / daß ich mich hieraus nicht zu finden weiß / noch auch erreichen kan / was die Seirische Fůrstinnen bewogen habe / hiebei also zu verfahren. Daß sie aber von herzen ůber E. Maj. ungnade weinen / davon kan ich zeugen: und ist weder Timna noch Ahalibama zu tr \sten / daß ihnen /E. Maj. angesicht zu sehen / verbotten ist. Ach! hätten sie mich unschüldige nicht soviel gesehen! (gabe die Königin seufzend zur antwort) so d \rfte ich mich nicht betrogen klagen / und sie håtten nicht ursach /sich zu kränken / daß ich sie nun bässer kenne. Wer weiß / (unterfinge sich Dersine darzwischen zu reden) ob sie nicht einiger massen ihre that entschůldigen k \nnen / wann E. Maj. sie nur darůber vernemen wolten.

Zwinget mich nicht weiter / (sagte die K \nigin /mit einem ernstlichen wesen) meine schwachheit der welt darzuthun / daß ich in einer so herben beleidigung / die euch guten teils selber mit angehet / meine unvers \nlichkeit nicht meistern kan. Mein königlicher stand / mein haus / person / und gesamtes frauenzimmer / ist geschändet / daß wir solang / unter weiblichen kleidern / den Dison von Seir bei uns gehabt. Wer wird uns zutrauen / daß wir diesen betrieger nicht gekant haben? Und was kan einem tugendliebenden ehrlichen gemůte nåher gehen / als seinen guten namen mit solcher b \sen nachrede beschmitzet zu wissen? Ich habe / diesen betrieger / so unschůldig geliebet. Ich konte fast nicht leben / wann ich meine Aramena nicht bei mir hatte. Seine verwandtinen / als die Timna und Ahalibama / liebte ich eben so herzlich: unwissend / daß sie seines geblütes / gleichwie iezt seines betrugs / teilhaftig waren. Wie håtte man mich ärger beschimpfen können / als daß ich / auf so fr \mde weise / dem damals noch-verborgenen [400] K \nig von Syrien eine braut geben / und hier auf der Kemuelsburg \ffentlich für aller welt die hochzeit anstellen müssen? Hierům haben die Timna und Ahalibama /ihrer eigenen bekentnis nach / wol gewust: das sie doch / sonder / mich zu warnen / haben geschehen lassen / und ůberdas auch zweifelsfrei die ratgeberinnen mit gewesen sind / daß ich hier als eine gefangene sitzen muß. Kan ich dan nun diejenige mit meinem willen sehen / die also mit mir ůmgegangen? und k \nnet ihr mich darům verdenken / daß ich entfindlich bin / in einer sache von solcher wichtigkeit? Hiermit stießen ihr die tränen so häufig zu / daß sie nicht mehr reden konte: und ware niemand üm sie / der etwas hierwider zu sagen gewust håtte. Casbiane gienge hierauf / mit wissen der Königin / zu den Fůrstinnen von Seir: denen sie aber ihr betrübnis vermehrte / als sie ihnen die beståndigkeit von der K \nigin ungnade ankůnden muste.

Waren aber diese trostlos und unruhig / so entfunde der getreue Thebah auch das seinige: welcher nicht wuste / was er davon gedenken oder daraus machen solte / daß die Aramena eine und zwar ältere schwester bekommen / deren das reich Syrien billiger zu stunde / und von der er / auser was ihnen nun der Fürst Hus berichtet / niemals das geringste vernommen hatte. Er gienge / so bald diese unruhe es zulassen wolte / ganz allein zu dem Zophar und dessen gemalin / und beschwure sie bei allen g \ttern / daß sie ihm sagen wolten / was ihnen hiervon bewust ware. Zophar / beteurete seine unwissenheit. Die Calaride brache endlich heraus / und sagte: Nun es so weit gekommen ist / kan ich nicht leugnen / daß unsere K \nigin Philominde mir einst entdecket / wie sie zu Babel bei ihrer schwester heimlich eine tochter geboren habe: fůr welche aber die Königin Naphthis also [401] gesorget / daß sie dereinst an Syrien etwas zu suchen nicht n \tig haben wůrde: daher sie dem kinde / mit dem sie eben damals schwanger gienge / welches unsere Aramena ist / den Syrischen thron angewünschet / und mich ermanet meine hůlfe und treu bei demselben aufzusetzen / und es nimmermehr zu verlassen.

Ist diesem also / (gabe Thebah / nachdem er der sache eine weile nachgesonnen / zur antwort) so lasset uns ferner unserer Aramen treulich beistehen / üm deroselben so wol eine krone / als wie ihre schwester hat / zu wege zu bringen. Um deß willen / müßen wir alle dazu helfen / daß der K \nig von Babel die K \nigin von Ninive / welche er liebet / bekomme: wodurch dieses reich den frieden / und wir Syrer unseren eignen herrn / behalten. So ist demnach hochn \tig / daß Aramena ihre jetzige person / als Syrischer K \nig /noch långer spiele / und daß man mit dem Belochus diese heurat ehist schließe: damit die K \nigin von Ninive / ihre ankunft erfahrend / sich darwider zu setzen / nicht ihre Ninivitische macht an sich ziehe. Mein raht wäre / man fårtigte alsofort noch diese nacht jemand ab / nach Acraba an den K \nig Belochus / und trüge ihm diese unsers K \nigs schwester an. Ist er so verliebt / wie ihn mir der Fürst von Hus beschrieben /so zweifle ich nicht / er werde uns gern unsern König / und den frieden / fůr unsere Prinzessin geben / und Syrien uns überlassen; welches ohnedas so gut als unser ist / weil wir / ungeacht der gefångnis unsers vermeinten K \nigs / aller orten den meister spielen /und auf einen wink / des Beors aus Canaan hůlfe erlangen können. Dan dieser hat heimlich / mit einem starken heer / dem Libanon sich genähert / üm / auf bedůrfenden fall / uns beizuspringen / und seine Ahalibama abzuholen.

[402] Der Zophar fiele dem Thebah in allem bei / und befunden sie für gut / mit den andern Syrischen Fürsten / die nicht mit beim stůrmen waren / nach dem Fůrsten Hus und Husan sich zu verfůgẽ / und daselbst diesen anschlag ferner zu überlegen. Als sie nun solches vollzogen / wurde unter ihnen / wiewol der Husan es widerriete / beschlossen / daß der Elhanan und Akan in gesandschaft nach Acraba gehen / dem König vom Babel die Königin von Ninive antragen /und dafür den frieden und die freiheit des Aramenes begehren solten. Sie machten sich gleich / von etlichen huntert Syrern begleitet / auf den weg / und eileten / diesen anschlag f \rderlichst ins werk zu richten. Inzwischen stürmeten die erhizte Syrer unaufhörlich vor dem k \niglichen schloßplatz / welches drei ganze tage und nächte hindurch wärete: und ob wol ihrer eine große anzal zu boden gienge / fochten sie doch so halsstarrig und verzweifelt / daß Mamellus endlich / ungeachtet seines dapfern widerstandes / (indem /die verhoffte hülfe seines K \nigs wie auch des Sinears und Tharsis / weil der Beor diesen beiden letzern am Libanon den weg verrannt hatte / ausbliebe) sich nicht länger zu halten vermochte. Er ersonne aber ein grausames mittel / die Syrer und Damascener abziehen zu machen. Er ließe den vermeinten Aramenes / auf einen hohen turm / der oben ganz platt gebauet war woselbst ihn alle Syrer sehen konten / mit gebundenen hånden füren / und zugleich dem feind ansagen / daß sie von fernerem stürmen ablassen solten / oder er wolte ihrem K \nig das haubt abschlagen lassen. Die fürnemste Syrische Fürsten befanden sich nicht mit bey dem stürmen / sondern auf der Kemuelsburg /und zwar eben bei dem Prinzen Dison / als ihme diese grausame zeitung angebracht wurde: welche dieser verliebter mit zittern [403] und todesangst anh \rete. Es fehlte wenig / daß er nicht in diesem schrecken ausgebrochen / und den Fürsten entdeckt håtte / wer Aramenes wåre. Er wurde aber / durch des Thebah vorsichtigkeit / hieran verhintert / der ihn beweglichst erinnerte / seiner liebe nicht zu zulassen / daß sie ihn der hochn \tigen verschwiegenheit hierbei vergessen mache.

Man füre mich hin / (rieffe er) wo diese grausamkeit sol verübet werden! wir müssen / durch aufopferung aller Syrer / dieses unglück verwehren. Hiemit sprange er aus dem bette / und ließe / weil in dem schrecken / der einen jeden ergriffen / niemand ihm hinterlich war oder einredete / sich ankleiden / warf sich auf das pferd / und rante / im geleite aller Syrischen Fürsten / nach dem schloßplatze. Er ersahe alda seine geliebte Aramena den grausamen schlag von dem henker erwarten / und bildete ihm für / wie sie ihm zurieffe / sie zu retten. Er befande zwar möglich /das schloß alsobald zu ersteigen. Weil aber / sein und seiner Aramena leben / an dem faden eines einigen streichs und augenblicks hienge: als muste er sich entschließen / sie lieber noch länger gefangen / als todt /zu wissen. Er muste sie dißmal verlassen / üm / sie nicht gar zu verlieren; und den sieg fahren lassen / der ihn so ein großes kosten solte.

Haltet ein! haltet ein / unglückselige Syrer! (rieffe er ganz verzweifelt /) euren sieg so teur zu kaufen /und weichet dem grausamen geschicke. Gönnet lieber den Assyriern diesen vorteil / als euch so einen unwiderbringlichen verlust! Hiermit ließe er zum abzug blasen; und weil iederman diesem helden gehorchte /als sahen sich die Assyrier von stund an befreiet: da dan Mamellus den Aramenes wieder hinab bringen ließe / h \chst erfreuet / daß sein anschlag ihm so wol gelungen war. Er hätte [404] auch dem Syrischen K \nig sein leben so lang nicht gefristet / wan er nicht vermutet / daß er sich seiner auf diese art nůtzlich gebrauchen k \nte. Die verbitterte Syrer zogen nun wieder nach der burg / und brachte man den halbtodten Dison in sein zi er: der aus verzweiflung sich nicht würde haben zu bette bringen lassen / wan ihm die mattigkeit / der gewalt zu widerstehen / nicht verwehret hätte. Die drei Fůrstinnen von Seir / fanden sich zwar gleich bei ihm ein: er hatte aber von ihnen keinen trost zu erwarten / weil sie selber ůber diesem allen so betreten waren / daß sie sich zu nichtes / als zum weinen / tüchtig befanden.

Der kluge Thebah tr \stete immittels die verzagte Syrische Fůrsten / mit der versicherung / daß alles /wan die gesandschaft vom K \nig Belochus zurücke kåme / noch wol für sie ablaufen wurde. Hierbei riete er ihnen / daß sie nur stille sitzen / und ferner den Syrischen statthalter nicht reitzen solten: damit sie ihren K \nig nicht aufs neue in gefahr setzen möchten. Der alte Hus / in dessen palast sie folgenden tags zusammen kamen / stimmete hierinnen dem Thebah bei /und beschriebe des Belochus liebe zu der K \nigin von Ninive so håftig / daß er ihnen / wo nicht Syrien /doch wenigst ihren K \nig / fůr diese ihre Prinzessin wiedergeben würde. Um aber inzwischen nicht müßig zu sitzen / sondern des reiches Syrien sich ie mehr und mehr zu bemåchtigen / wurde gut befunden / daß der haubtman Badezorus mit einem heer vor Aroer rücken solte / üm selbigen und die ůmligende \rter unter seine gewalt zu bringen. Man färtigte hierneben den Gaham an den K \nig von Canaan / und dem haubtman Sachar an den Tharsis ab / mit des Thebah briefen: welcher an den K \nig Beor schriebe / daß er nur kommen / und seinen beistand dem [405] Dison leistend / dessen schwester die Ahalibama abholen solte. Dem Fürsten von Sepharphaim aber gabe er zu wissen /wie daß die K \nigin von Ninive für die Syrische Prinzessin Aramena wäre erkant worden: ihn darneben bittend / daß er die seite der Assyrier verlassen / und zu ihnen stossen wolte. Es war darauf in Damasco /etliche tage lang / alles stille / weil beiderseits nichts feindseliges fürgenommen wurde.

Inzwischen nun Mamellus so wol / als die Syrer /auf antwort von dem Belochus aus Acraba mit verlangen warteten / bedachte sich der Fürst Husan / wie er die sch \ne K \nigin von Ninive aus des Belochus händen erretten m \chte: dan es ihm sehr nahe ginge / daß diese seine angeborne Prinzessin / gegen ihrem willen / zu dieser heurat mit dem feind ihrer eltern / solte gezwungen werden. Und weil er ohndas gut Ninivitisch war / als konte er wol ermessen / daß auch fůr selbiges reich diese heurat nicht vorteilig seyn würde. Demnach hielte er für höchstn \tig / daß diese K \nigin ie eher ie bässer innen würde / wie es mit ihr stůnde /und daß sie / aus den händen der Syrer / förderlichst in ihr reich nach Ninive zu entkommen / trachten solte: da sie dan folgbar / an stat allhier ihre person /für das heil von Syrien / dem Belochus aufzuopfern /diesem reich und ihrem bruder mit ihrer Ninivitischen macht zu hülfe kommen k \nte. Er sahe aber / hierzu zu gelangen / viel schwere hinternise. Er wuste nicht /wo er die K \nigin / ehe sie von dar abzureisen gelegenheit bekäme / lassen solte. So befande er auch durch seine leibsschwachheit sich angehalten / daß er selber der K \nigin hievon nicht öffnung thun konte.

Nachdem er alles wol und vernünftig bei sich überleget / [406] fiele ihm endlich zu / wiedaß der Isis-tempel tauglich seyn würde / die K \nigin heimlich zubewirten: massen einer von den fürnemsten priestern / der Abdastartus / sein herzens-freund war / dem er sich auf alle weise vertrauen dorfte. Demnach sandte er einen seiner bedienten nach diesem tempel / und ließe den obersten unter den priestern ersuchen / dem Abdastartus zu erlauben / daß er kommen dörfte / ihm in seiner krankheit zu zusprechen. Weil dieses einen schein sonderbarer andacht hatte / als ermangelte Abdastartus nicht / sich bei dem Husan einzufinden: von dem er dan nach der läng erfure / worinn man seiner hůlfe ben \tigt wäre / daß er nämlich die Syrische Prinzessin Aramena / als K \nigin von Ninive / in einem bequemen zimmer ihres tempels / aufs heimlichste aufbewaren solte. Abdastartus ließe sich hierzu willig finden / versprache dem Husan seine treue /und gabe alle anschläge / wie solches schiklich geschehen k \nte.

Wie er nun im tempel wieder angelanget / bemühete er sich / einen priester durch geschenke und grosse vertr \stungen zu gewinnen: der sich dan bereden ließe / die pforte bei nacht / wann des Husans leute ankommen wůrden / zu öffnen / ihnen das frauenzimmer / so bei ihnen im tempel war / zu überliefern / auch selber mit aus dem tempel zu gehen / und nach Ophir / alwo er zu haus geh \rte / sich hinweg zu begeben. Nachdem Husan diesen guten anfang vom Abdastartus mit freuden vernommen / stunde er nun an / wie und durch wen er der K \nigin dieses sein vorhaben solte hinterbringen lassen. Doch ward er endlich schlüßig /ihr zu schreiben / und den brief durch die Timna / als deren vertreulichkeit bei der Königin ihm wol bekant war / ihr einhändigen zu lassen. Wie er nun den brief geschrieben hatte / schikte [407] er damit seinen hofmeister / den Bubastes / solchen der Timna heimlich zu ůberreichen / und ihr darbei die grosse angelegenheit und eilfärtigkeit des darinn-enthaltenen geschäftes fůrzustellen. Inzwischen thåte er ferner alleben \tigte anordnung / der K \nigin bei nächtlicher weile aus dem einen tempel in den andern zu verhelfen / und sie also aus der Syrer händen / darein er sie geliefert / wieder zu befreien.

Die Timna / als sie das schreiben entfienge / befande sich sehr betreten / wie sie sich hiebei bezeigen solte: weil / die noch-anhaltende ungnade ihrer K \nigin / ihr bei derselben allen zutritt versagte. Jedoch dem Bubastes ihr anligen zu verbergen / name sie das anvertraute gewerbe über sich / und verhieße / ihm in wenig stunden antwort zu verschaffen: wiewol sie noch nicht wuste / wie sie ihm diese zusage halten solte. Sie ginge erstlich zur Ahalibama / und wiese ihr daß schreiben: von welchem sie beide wol vermuteten / daß der K \nigin hieran viel gelegen seyn muste. Demnach wolten sie solches keiner andern hand vertrauen / sondern es wagen / dasselbe selber zu ůberliefern: zumal ihnen ohndas unerträglich fiele / långer auser ihrer K \nigin gegenwart zu leben / deren ungnade sie nun bis in den zehenden tag mit schmerzen trugen.

Also ergriffen sie diese gute gelegenheit / und giengen / wiewol nicht sonder angst / unangemeldet nach dem tempel: da sie / in der K \nigin vorzimmer / die meiste Syrische Fürsten und herren antraffe / die derselben fleißig aufwarteten / iedoch aber ihre wahre geburt aus stats ursachen / die ihnen der vorsichtige Thebah beigebracht / ihr nicht er \ffneten / sondern dasselbe den Fůrsten Hus und Husan auf bequeme zeit zu verrichten überliessen. Sobald nun diese Syrische Fürsten die Ahalibama [408] und Timna ankommen sahen / welche sie noch für die liebsten und vertrautsten bei der Königin hielten / wolte einer vor dem andern sich bei ihnen bedient machen / sie in der Königin zimmer zu begleiten: da dan der Nahor der Ahalibama / und Cyniras (welcher erst von seinen wunden wieder aufgestanden war) der Timna / die hand bote /und sie hinein fůreten. Die sch \ne Ninivitin hatte eben niemand bei sich / als ihre hofmeisterin / die Fůrstin Perseis. Wie sie nun diese unvermutete besuchung entfinge / war / beim ersten anblick / die gegenwart ihrer Ahalibama und Timna ihr nicht unangenem: indem sie sich der ehmaligen vergnügung erinnerte / die sie von ihrer gesellschaft genossen. Als ihr aber gleich darauf zu sinn kame / wie diese beide Fürstinnen sie hintergangen hatten: verwandelte sich augenblicklich ihr vergnügen in eine häftige entrůstung /also daß sie deren anwesenheit nicht vertragen konte /sondern eiligst in ein cabinet gehend / ihnen den růcken zukehrete. Die Syrische Fůrsten / vermeinend /daß sie etwan bei ihren freundinnen allein seyn wolte / ließen die Fůrstinnen von Seir im gemach / und begaben sich wieder von dannen.

Die Perseis aber ginge diesen beiden entgegen /und beschwerete sich sehr darůber / daß sie / die schüldige ehrerbietung / die ihrer Königin gebůrete /also hintan sezten / unberuffen in das königliche zimmer zu kommen. Dieser verweis ware der Ahalibama so schmerzlich zu vernemen / daß ihre trånen fůr sie antworteten: dan sie ungewonet war / bei der K \nigin von Ninive also entfangen zu werden. Ist dan mein verbrechen so gros / (fragte sie endlich die Perseis) daß ich gar keine aussönung hoffen darf? Die Prinzessin von Seir ist so verständig / (antwortete die Perseis) daß sie von selbst [409] ermessen kan / ob meine gnädigste K \nigin zum unwillen beursachet sei / da man sie und ihr ganzes frauenzimmer so nachteilig betrogen / und noch überdas / ihr allhier diesen zwang anzuthun / bemühet ist.

Unter diesem wortwechseln / erkünete die Timna /der Königin in das cabinet nachzufolgen / die sie am fenster stehen fande / da sie mit einem tuch die augen trocknete. Sie fiele ihr zu fus / ehe sie es verwehren konte / und / ihr die beine ümfassend / sagte sie / mit zubrochenen worten: Sol dan / die arme Timna / also ungehört verdammet werden? Ach Timna! (antwortete die Königin / sich damit von ihr los reissend) wieste het das zu entschüldigen / wessen man sich vor der ganzen welt schůldig gemacht? Da euch meine ehre nicht lieb gewesen / deren zu verschonen / so håttet ihr doch gedenken sollen / was ihr dem Prinzen Abimelech versprochen: nun aber habt ihr / wider dessen bästes / euch gebrauchen lassen. Gehet! gehet! und lasset mich allein / mein elend zu beweinen. Ich finde an euch keine Timna mehr / deren ich von meinem leiden teil geben d \rfte.

Mitlerweil die K \nigin also redte / erseufte sich fast die Timna in ihren tränen / und verlore so gar allen mut / der ihr bisher noch beigewonet / daß sie lange kein wort herfürzubringen wuste. Endlich aber sagte sie: Ich würde die unglückseelige Timna ihrer erzůrnten K \nigin nicht haben für augen gebracht /wan nicht hiesiger brief / an welchem E. Maj. h \chst gelegen / mich dazu veranlasset håtte / den man mir E. Maj. zu ůberliefern anvertrauet / weil man vermeinet / daß ich añoch in meinem ehmaligen glückstand lebte. Diese worte verursachten / daß die K \nigin /welche bisher die Timna nicht ansehen wollen / sich ůmwandte / die hand nach dem täfelein / (solches von dem Abimelech überschrieben [410] vermutend) ausstrekte /und dasselbe von der Timna anname: welche hierauf alsofort ganz wehmůtig die K \nigin verließe / und im zimmer die Ahalibama noch antreffend / selbige wider aus dem tempel fürete. Wer sie also hinweggehen sahe / konte ihnen ihre betrůbnis wol anmerken: und fielen daher / unter den Syrern / verschiedene urteile /deren keines doch das rechte ziel erreichete. Als aber die schöne K \nigin das täfelein erbrochen / lase sie daraus folgende worte.

Schreiben des Husans / Fürsten von Chesed / an die Königin von Ninive.

Ich habe E.M. üm sicherheit willen / in den tempel der Juno verholfen: befinde aber nun / daß E. Maj. alda in ja so grosser gefahr / als vorhin bei den Babyloniern / schweben. Die Syrer wollen E. Maj. zu einer unanständigen heurat nötigen. Dieser gewalttätigkeit zu entgehen / ist kein ander mittel übrig / als daß /sonder zeit-verlieren / E. Maj. sich von hier in einen andern sichern ort begeben. Ich hoffe / des Husans ehrliche treu sei E. Maj. so bekant / daß sie kein bedenken tragen werden / dessen fürung sich künlich zu vertrauen. In solcher zuversicht / werde ich diese nacht vor den garten des tempels getreue leute bestellen / die E. Maj. durch beförderung eines dazu gewonnenen Juno-priesters / von dannen füren / und in der Isis tempel bringen sollen: alwo ich innerhalb wenig tagen E. Maj. persönlich aufwarten zu können verhoffe / und so dan von allem ausfůrlich berichten werde / was ich iezt [411] aus eilfärtigkeit verschweigen muß. Und eben solche zwinget mich / dißorts nichtes mehr zu sagen / als dieses / daß hierbei der geringste verzug unwiderbringlichen schaden verursachen kan /und daß in der eile und verschwiegenheit E. Maj. und ihres reiches ruhe und wolstand bestehe.


Husan.


Was kan anders hiermit gemeinet seyn / (sagte die K \nigin hierauf zu sich selber) als was ich befahret /daß man mich nåmlich an des Syrischen Königs freund / dem Dison / übergeben wil? Was fůr eine mir-unanståndige heurat / könte Husan hierunter sonst verstehen? Wolan! (fuhre sie fort / nach kurzer bedenkweile) was sol ich lang wanken? In diesem gefårlichen zustand / darinn ich mich befinde / kan es mir nirgend schlimmer / als hier ergehen. Des Husans ehrlichkeit ist mir bekant: darum wil ich seinem einrat folgen und den Isis-tempel für den hiesigen erwehlen. Nach diesem entschluß gedachte sie auf mittel / solches werkstellig zu machen. Indem sie aber wol beherzigte / wie der Husan ihr die hierbei-hochnötige verschwigenheit entfohlen / fande sie niemand unter ihren leuten / deme sie sich hierin vertrauen d \rfte /und der ihre antwort an den Husan ůberbringen möchte. Weil sie von der Timna vermutete / daß sie auf des Disons seite wåre / als konte sie derselben hierin auch nicht trauen / wiewol sie von ihr den brief entfangen hatte. Weil sie auch selber bekennet / man habe ihr dieses täfelein nur darum zugestellet / da man vermeinet / daß sie noch in der vorigen vertreulichen gnade lebe: als schlosse hieraus die K \nigin / daß Timna bloß eine briefträgerin / und keine mitwisserin / in dieser sache seyn müste.

[412] Nach langem überdenken fiele ihr bei / wie der Husan auch eines priesters der Juno erwehnet / der ům alles wüste. Bei demselben sich zu erkůndigen / gienge sie den nachmittag / in den tempel / und begunte daselbst mit den anwesenden priestern sich zu besprechen. Sie fragte unter andern / ob nicht in ihrem tempel bei nacht ein priester auch die wacht hielte /gleichwie solches an andern orten üblich wäre? Als man ihr dieses mit ja beantwortet / erkündigte sie sich ferner / welcher unter ihnen die kůnftige nacht solches amt verrichten würde? Hierauf ward ihr der priester gezeiget: welcher dan eben derselbe war / den der Husan zu seinem vorhaben hatte erkaufen lassen. Sie suchte und fande auch bald gelegenheit / mit diesem priester allein zu reden: von dem sie dan erfuhre / was sie zu wissen verlanget. Es name auch dieser priester die botschaft auf sich / dem Husan kund zu thun / wie daß die K \nigin nicht allein sein schreiben erhalten /sondern auch / in künftiger nacht seinem einrat zu folgen / gesonnen wåre.

Wie es nun später abend worden / ließe die K \ni gin ihr frauenzimmer / als die Prinzessin von Ammon / die Perseis ihre hofmeisterin / die Dersine / Siringe /Merone / und etliche gemeine von ihren bedienten / zu ihr kommen / und deutete ihnen an / wie sie nicht länger an dem ort verbleiben möchte / da ihr feind der betrieger Dison / so viel gälte: und wolte sie demnach sich heimlich hinweg machen / einen andern sichern ort zu ihrem aufenthalt erwehlen / und folgends bedacht seyn / zu den Assyriern wiederzukehren. Dieses ihr fürhaben wurde fůrnemlich von der Perseis gebilligt / und ließen sich auch alle die andere bereit finden / der Königin zu folgen. Sie giengen hierauf miteinander / als wan sie beten [413] wolten / in den tempel: von dar sie der priester durch den garten und so fort / neben des Husans bedienten / durch die stadt begleitete / bis sie den Isis tempel glücklich erreicheten. Allhier ůbergabe der hofmeister Bubastes / dem getreuen priester Abdastartus / die schöne K \nigin und ihre bei sich habende: der sie ganz verborgen / durch den innern tempel / in ein schönes gebåude fürete / alwo sie sich sehr wol befanden / und von diesem ihrem neuen wirt nach aller möglichkeit bedienet wurden.

[414]
Das Dritte Buch
Die Geschicht des Königs Melchisedech und der Eurilinde
Die Geschicht des Königs Melchisedech und der Eurilinde.

Als der vorige K \nig von Salem / meines Melchisedech herrvatter / mit des K \nigs Barzanes von [487] Armenien schwester / der schönen Ramestris / sich verehlicht / und dadurch / wegen der schwigerschaft mit dem måchtigen König von Ninive / dem weißen Arius / der seiner gemalin schwester / die Sambethis / geheuratet hatte / sich und sein land in großes ansehen und wolstand gesetzet: zeugte er / aus dieser Ehe /sehr viel kinder / unter denen der jüngste sohn nachmals mein ehgemal wurde / den man dazumal / ehe er zur kron kame / den Prinzen Adonisedech nente. Der große vorzug / den seine brüder für ihm hatten /machten ihn / als er kaum das achtzehende jahr erreichet / das weite suchen: und war der K \nig sein herrvatter zufrieden / daß er seinem glůck anderswohin nachziehen m \chte. Also wurde er / mit nötigem unterhalt versehen / von seiner fraumutter nach Armenien zu ihrem bruder verschicket: welcher ihn wol aufname / und ihm alles gutes erwiese. Der junge Prinz Thogarma / des Königs von Armenien einiger sohn /ob er wol jünger als der Adonisedech / ware dannoch stäts ům diesen Prinzen / und erwiese ihm anfangs ja so große liebe / als groß hernach seine eiversucht gegen ihm gewesen: massen / als die neulichkeit der ankunft dieses vettern vorbei war / die mißgunst sich hingegen bei ihm einzustellen begunte / also daß der Prinz von Salem nichtes thun k \nnen / daran der Thogarma nicht etwas zu tadeln solte gefunden haben.

Aus dieser ursache / muste Adonisedech endlich den hof zu Tosana wieder råumen: da er dan nach Nisibis / zu einem von den weißen Sagen oder Armenischen priestern / sich begabe. Er kame nach der hand in kundschaft / mit der tochter eines fürnemsten unter diesen priestern / die schöne Blisinde genant / einer witwe des fürsten der Myniader / welcher ein reicher Armenischer [488] herr gewesen: von dem sie dan viel landes und große schätze geerbet / und unfern von Nisibis auf ihren landgütern wonete. Seine gute gestalt /und ihre unvergleichliche schöne / verursachte beiderseits eine wolneigung / und ein verlangen / gern beisammen zu seyn / und hierzu keine gelegenheit zu verseumen. Die hohe geburt des Adonisedech / so sich zu seinen schlechten mitteln übel reimte / machte die Blisinde begierig / seinen mangel mit ihrem reichtum zu ersetzen / und durch seinen königlichen stand den ihrigen zu erheben. Ihr beständiges wolthun /neben ihrer sonderbaren annemlichkeit / machte den Prinzen verliebt / ehe er es selbst gewar wurde: und fande sich an beiden seiten kein widerstand / diese anglimmende liebe zu ernehren. Daher sie / nach kurzer zeit / ihrer sachen eins wurden / und durch das band der ehe ihr verlangen vergnůgt sahen.

Sie / die an jahren ålter als er war / wuste ihm doch so ehrerbietig in allem zu begegnen / daß sie sich im geringsten nicht merken ließe / wie ihre große güter ihr wåren / und sie damit dem armen Adonisedech aufgeholfen hätte / sondern sie ließe ihn damit nach eignem gefallen schalten: der dan auch der herrschaft hierůber / bei solcher jugend / sich so bescheidentlich bediente / daß eines an dem andern ganz vergnügt bliebe. Blisinde wurde bald nach der hochzeit schwanger: das dan ihre ehliche liebe noch mehr ergrößerte / zumal Blisinde / von solchem ehe-segen /in ihrem ersten ehestand nichts gewust hatte.

Weil aber selten das ungewitter / auf gar zu hellen sonnenschein / auszubleiben pfleget / als musten auch diese eheleute solchen wechsel erfahren. Dan die Blisinde nicht so bald einer jungen tochter genesen war /da kame ihrem Adonisedech botschaft / daß er / weil seine brüder im [489] krieg wider die Caphtorim ümgekommen waren eiligst ins land Canaan / zu seinem herrvattern / nach Salem ko en solte. Der wehmütige abschied / den diese eheleute voneinander genommen /zeigte wol an / wie ihnen das herze zuvor sagte / daß sie einander nicht wieder sehen wůrden. Also schiede er aus der Myniader landschaft hinweg / viele von seiner Blisinde bedienten mit sich nemend / die ihn nach Salem begleiten wolten. Als er aber nahe an Syrien gekommen / und über den fluß Halis setzen wollen /hatten die schiffere / die ihn überfüreten / das unglůck / daß sie / aus unvorsicht / auf eine klippe stießen /davon das schiff scheiterte / und sie alle in lebensgefahr gerieten: wie dan auch / unter allen im schiffe /niemand als der Prinz von Salem / und ein alter kåmmerling der Blisinde / mit dem leben davon kamen /und doch ihrer keiner dieses von dem andern wuste.

Weil nun dieser kämmerling den Adonisedech /gleich allen den andern / für todt achtete / als brachte er solche trauer-post der armen Blisinde / wie ihr Prinz so jåmmerlich ům sein leben gekommen wåre. Das klagen und ächzen dieser betrübten dame / die sich nun das zweite mal eine witwe gläubte / ist leichtlich zu ermessen. Indem aber sie ihren verstorbenen Prinzen beweinte / kame derselbe / nachdem er in Syrien / wegen dieser wassergefahr / eine langwürige krankheit ausgestanden / nach Salem zu seinem herrvattern: der ihn dan mit freuden entfienge /weil / nach absterben seiner åltern brůder / die hofnung der kron-erbschaft auf ihm bestunde; weswegen er auch den namen Melchisedech / als den gewönlichen zunamen aller Könige von Salem / an sich name. Bei dieser unverhoft-erlangten hoheit / vergnügte ihn nichts mehrer / als dieses / daß er seiner Blisinde / für alle das gute / so sie ihm erwiesen / zur erkentnis[490] einst eine kron aufsetzen konte. Er hatte / ihr seinen zustand kund zu machen / so bald er in Canaan angekommen / einen eigenen boten abgefärtigt: der aber bei der Blisinde nicht angelanget / und hat man niemals erfahren k \nnen / wo er hin verkommen.

Sein innigstes verlangen nach ihr / hätte ihn wol selbst nach Armenien gefüret. Weil man aber des K \nigs ableiben tåglich vermuten muste / und auf solchen fall die regirung seine gegenwart erforderte; weil auch der erst neulich auf den tron gesezte König Beor ihnen viel zu schaffen machte / und er deswegen seinen herrvattern nicht verlassen dorfte: als muste er solche reise einstellen / und notwendig im land verbleiben. Demnach sandte er den Asmanath / einen seiner fürnemsten bedienten / nach Armenien / seine Blisinde abzuholen: welcher dan ihm fürsezte / diese weite reise auf das schleunigste zu verrichten. So bald er in Armenien angelanget / fande er iederman frölich über ihres k \nigs heurat: weil / ungefår vor monatsfrist / das beilager zu Tosana war gehalten worden. Als er nun fragte / wer die königliche braut gewesen /muste er mit bestürzung und gr \stem schrecken vernemen / daß die Blisinde / die Fürstin der Myniader /an den König wäre getrauet worden. Anfangs wolte er solches nicht gläuben: befande es aber nur allzu wahr / als er nach Nisibis kame.

Er stunde hierauf lang bei sich an / ob er alsofort wieder nach Canaan zu rücke gehen / oder zuvor diese ungetreue Blisinde ansprechen solte. Doch wehlte er endlich das lezte / und reisete nach Tosana: da alles /wegen dieser hochzeit / noch in vollen freuden schwebte. Er muste aber fast zwei monden lang verziehen / ehe er die neue K \nigin konte zu sehen bekommen: welche / nach [491] landsgebrauch / nicht viel unter die leute kame. Doch brachte er sie endlich zu gesichte / als sie einem angestellten großen fest / da die wilden thiere miteinander kåmpfen solten / neben dem gesamten Königlichen frauenzimmer / auf dazu-bereiteten schaubůnen / mit beiwonete. Er hatte sie vorher noch nie gesehen / und muste so sch \n als leichtsinnig preisen. Doch name er dabei war / daß sie sich gar betrübt gebärdete / und alles gepränge /neben der hohen ehre / die man ihr erwiese / sehr kaltsinnig anname. Als sie auf den zubereiteten thron sich gesetzet / und neben ihr / die junge Prinzessin Barzine / des K \nigs base / folgends auch die andere Fürstinntn und hofdamen / sich niedergelassen / drange sich der Asmanath auch mit hinauf: deme man dan / weil er ansehliches wesens und dazu ein fr \mder war / willig platz machte / damit er alles mol sehen und folgends in der fr \mde ausbreiten k \nte.

Wie er nun endlich gerad hinter der K \nigin zu stehen gekommen / und eine weile dem thiere-streit mit zugesehen hatte / fůgte es sich / daß man einen leuen loß ließe / wider den ein leopard kåmpfen muste. Als nun dieser streit eine weile gewäret / und der leu endlich matt zu werden begunte / sprange unversehens eine leuin aus dem kasten herfůr / und liefe hitzig auf den leopard los: den sie dan bald ůbermeistert / und also den leuen gerettet. Diß ist ein sch \nes sinbild (sagte Asmanath) eines tugendhaften weibes / und m \chte diese leuin wol ihrer viele schamrot machen /die ihre treu nicht also in acht nemen. Weil er dieses auf Canaanitisch / und wie man zu Salem zu reden pfleget / fürbrachte / wurde die K \nigin bewogen /hintersich zu sehen / und den Asmanath zu fragen / ob er von Salem kåme? Wie er nun diese frage mit ja beantwortet / und tief dazu geseufzet / sahe [492] ihm die K \nigin stark in die augen / und die ihrigen wider willen voll wasser fassend / fragte sie ihn ferner etwas leise / wie es in Salem zustünde? Also / (antwortete er / gleichfalls mit leiser stimme) wie es an einem orte zustehen kan / da man in vergeblicher hofnung lebet /die Blisinde getreu zu sehen. Mich zu sehen? erwiderte sie / ganz bestůrzet. Ach! ich habe alles in Salem verloren / was mir daselbst lieb gewesen. Hiermit wandte sie sich zur Barsine / die ihr etwas zu sagen hatte; doch kehrte sie sich bald wieder zu ihm / und fragte: Ob ihm der Prinz Adonisedech wäre bekant gewesen? Er ware es nicht allein / (antwortete er) sondern er ist es auch noch / weil er iezt mein herr ist. Wie? (fragte sie ferner / ganz aus sich selber) ist Adonisedech noch im leben? Er ist es freilich / (gabe er zur antwort) und solte iezt Blisinde unsere Kronprinzessin heisen / wan ihre beständigkeit mit meines herrn liebe sich vergliche / und wan sie / ihre ehrsucht zu vergnügen / sowol in Canaan / als wie iezt in Armenien / eine kron håtte suchen wollen. Mein Adonisedech / ist der nicht todt? fragte sie nochmals mit häftiger bestürzung. Wan er todt wäre / (wiederholete Asmanath) so würde er der qual ůberhoben seyn / die ihn überfallen wird / wan die nie-erhörte untreu seiner Blisinde ihm für ohren kommet.

Als der Asmanath diese worte geredet / vermochte die arme Blisinde dem schmerzlichen entsetzen nicht ferner zu widerstehen / sondern gen himmel sehend /und die hånde zusammen schlagend / fiele sie onmächtig von ihrem tron auf das gerüste: worüber ein allgemeiner zulauf und grosses jammergeschrei entstunde / also daß der König / so zu pferd unten am platz hielte / voll schrecken selber herzurennte / ihr bei zu springen. Wie die frage entstunde / woher der K \nigin dieser zustand gekommen / [493] sahen und wiesen die ümstehende auf den fr \mden Asmanath / welcher mit der K \nigin heimlich geredt hätte. Er wurde gleich beim kopf genommen / und zu gefångnis / die K \nigin aber / als sie sich wieder ermuntert / auf das schloß gebracht / und also diese lust mit einer großen unlust geendet. Der K \nig bliebe ståts üm und bei der Königin / die dan in seiner gegenwart sich / soviel müglich / zwange / und allerhand schein-ursachen ihres übel-aufwesens fürbrachte / unter denen auch war / daß sie sich schwanger befande. Aber der verliebte König / hierdurch nur mehr verwirret / unterließe nicht / den gefangenen Asmanath etliche mal / in seiner gegenwart / scharf verhören zu lassen / und zu befragen / wo er herkäme / was sein gewerbe sei / und was er der K \nigin betrůbtes angebracht håtte? auf welche fragen er so schiklich antwortete / daß man ganz nichts von der warheit aus ihm bringen konte.

Inzwischen er nun also gefangen lage / bemühte sich die Königin / ihn heimlich zu sprechen / brachte auch / durch geschenke und viele verheisungen / den hůter so weit / daß er den Asmanath in ihr zimmer zu bringen versprache: der aber nicht ermangelte / solches begehren der Königin / dem König anzumelden. Dieser fassete gleich den rat / hierdurch das geheimnis zu erfahren. Er befahle dem hůter / den Asmanath zu der Königin hinein zu fůren: und er begabe sich heimlich hinter eine tapezerei / da er alle reden ihres gespråchs anh \ren konte. Asmanath fande die betrůbte Blisinde auf einen bette ligen / also entstaltet von ihrer vorigen sch \nheit / daß es ihn mühe kostete / sie zu kennen. So bald sie ihn ersahe / finge sie ihr klagwesen wieder an / das ihr kaum zuließe / ihn noch mals zu fragen / ob dan sein herr noch lebte?

Nachdem er ihr solches bekräftiget / und in der kůrze [494] seine abschickung / auch wie er es zu Salem gelassen / berichtet hatte / sagte sie / tief seufzend: Wehe mir / die ich nun dessen leben muß beweinen den ich als todt so lang betrauret! Ach liebster Adonisedech! was nützet mir dein leben / nun ich nicht mehr fůr dich leben kan? Hiemit überwande sie sich /ihr klagen einzustellen / und erzehlte dem Asmanath /wie ihr gemal der Adonisedech ihr todt gesagt / und sie nachgehends von dem K \nig in Aramenien gesehen / worden: der sich in sie verliebet / und dem sie /als ihrem König und oberherrn / die heurat nicht versagen dörfen. Weil sie nun ihren liebsten Adonisedech noch im leben wůste / und aber von dem K \nig in Aramenien sich schwanger befånde / als könte ihr / in diesem elenden zustande / nichts als der tod helfen: der ihr den namen einer Ehbrecherin / worzu sie unschuldig geraten / abnemen / und allein / das Armenische und Salemische haus / wieder in ruhe zu bringen vermöchte. Sie wolte auch ihren tod durch gewaltsame mittel befördern / wan sie nicht der unschuldigen frucht verschonete / die sie noch viel monden zu tragen hätte. Inzwischen begehre sie von seinem herrn nichtes mehr / als daß er seine treugewesene Blisinde beklagen / und alsdan ihrer vergessen m \chte.

Der bestürzte Asmanath wuste nicht / was er der K \nigin hierauf antworten und bei solchen ůmständen rahten solte: weil sie ja so stark in Armenien angehalten / als nach Salem gezogen wurde. Ich wil auch (fuhre sie fort) den Prinzen von Salem mit dem unglůckseligen kinde nicht beladen / welches ich von ihm zur welt geboren: sondern es sol dem König von Armenien verbleiben / der mir versprochen hat / selbiges in der Myniader land erziehen zu lassen. Ich bitte und wünsche aber nochmals / daß Adonisedech seiner Blisinde / wie [495] auch seiner armen kleinen Eurilinde /auf ewig vergessen möge. Hiemit winkte sie dem Asmanath / hinweg zu gehen: der dan wieder in sein gefängnis gefüret wurde.

Der K \nig von Armenien bliebe hierob so betrübt /daß er wünschte / niemals erfahren zu haben / was ihme nun so schmerzliche unruh erweckte. Die schwangere Blisinde zuverlassen / wiederriete so wol die liebe / als die natürliche erbarmung gegen ihrer leibesfrucht. Dieselbe aber zu behalten / da ihr erster gemal noch lebte / schiene auch wider alle erbarkeit zu seyn. Endlich / nach langem selbstreit / beschlosse der König / den Asmanath unter die Sagen nach Nisibis zu schicken / und daselbst ewig verwahren zu lassen: damit er nimmermehr / dem Adonisedech / diese zeitung von seiner Blisinde bringen könte. Indessen wolte er seine liebste K \nigin behalten / und sich alles dessen unwissend stellen / aber ihren tod im land aussprengen lassen / und also allem besorgenden unheil zuvorkommen.

Dieser raht wurde alsofort ins werk gerichtet / und die tod-gesagte K \nigin vom ganzen land betrauret. Der K \nig ware ståts in ihrer gesellschaft / ließe sich gegen ihr nichts merken / und erwiese ihr soviel liebkosungen / daß / wann Melchisedech nicht gelebt hätte / Blisinde sich fůr glůckseelig hätte achten k \nnen. Aber das andenken des Prinzen von Salem /erhielte sie in ståter traurigkeit: daher sie endlich / als die geburt-zeit heran kame / den geist aufgabe / und den König in den traurstand sezte / dessen er vorher zum schein / für den leuten / sich angemasst hatte.

Von allen diesen dingen / erfuhre nun Melchisedech zu Salem nichtes: der sich / ein ganzes jar hindurch / mit der leeren hofnung speisete / daß seine Blisinde ankommen würde. Endlich kame / an ihrer stat / der Asmanath [496] zurücke: welcher den Armenischen priestern entwischet / und / mit der zeitung vom tode der Blisinde / nach Salem wieder abgereiset. Es ist unn \tig / des Prinzen schrecken und betrůbnis alhier zu beschreiben / die ihn überfiele / als er von dem Asmanath alles dieses erfuhre: wie dan so viel unvermutete dinge wol fähig waren / ein so edles herz / als das seinige / in unordnung zu bringen.

Wie aber die vergessenheit die tochter der zeit ist /also erholete sich allgemach sein niedergeschlagenes gemüte / und unterwarfe sich in gedult dem willen des himmels. Hiernåchst richtete er alles sein tichten und trachten auf G \ttliche und geistliche dinge / und erneurete / mit bewilligung des alten Königs / zu Salem und Kiriathsepher alles wieder / was seine vorfahren /zu erziehung der jugend / daselbst angeordnet. Er richtete auch das priestertum wieder auf / und begunte selber / als priester / dem höchsten zu opfern und zu dienen. Seine schwester / die verståndige Saradine eure fraumutter / wuchse in solcher zeit bei ihm auf /und dienete ihm / mit zuwachs der jahre und ihres verstandes / in seinem angestellten Gottesdienst / mit großem nutzen.

Ich muß aber / mit meiner erzehlung / mich von Salem wieder nach Armenien wenden / ům desto deutlicher alles fürzubringen. Ihr werdet in gedult stehen /die ümstånde meiner geburt erst hernach zu vernemen: da euch solche / an ihrem gehörigen ort / viel angenemer fürkommen werden.

Zu Nisibis wurde / die Prinzessin Thiphabruma und ich / als schwestern / und kinder des königs Barzanes von Armenien / auferzogen. Weil man uns von jugend auf fůrgesager / wiedaß die K \nigin / unsere fraumutter / in unserer zarten kindheit verstorben wäre / als bekůmmerten [497] wir uns nicht üm deren stand oder lebenslauf / sondern waren zu frieden / daß man uns sagte / wie wir des großen Barzanes kinder wåren: da wir dan / nach unserem k \niglichen stand wůrdig und geschickt zu leben / mit allem fleis unsern zuchtmeisteri en folgten / und alles so wol annamen /daß die / so über uns gesezt waren / ein genůgen daran hatten. Der Prinz Thogarma unser bruder / ob er wol ungleich älter an jahren war / fande doch in unser gesellschaft seine zufriedenheit / und besuchte uns zum \ftern / gleich wie auch die Prinzessin Barsine unsere base: daher / in unsrem aufwachstum / es uns an guter gesellschaft und ergezlichkeit nicht gefehlet.

Als nun der schwere krieg / den wir mit dem Syrern bekamen / uns überschwemte / und mit dem K \nig auch das frauenzimmer zu feld zoge: blieben wir beide schwestern zu Tosana / weil wir zu Nisibis nicht trauen dorften / und kamen damit in gewonheit /daß / als folgends zwischen dem Barzanes und Aramenes fried wurde / wir am hofe verharreten; sonderlich weil die flucht der Prinzessin Barsine / die nach Meden sich begeben und alda den K \nig Pharnus geheuratet / ihre stelle zu ersetzen / zu unsrem da-bleiben anlas gabe.

Wie wir nun solcher gestalt / die freiheit und den pracht des Königlichen hofs / ein jahr lang mochten genossen haben / kame zu uns die Prinzessin der Philister / die Andagone / und brachte mit sich den Prinzen Aramenes: welchen der König von Syrien / sein herrvatter / ihr / als der schwester seiner mutter / die mit diesem sohn im gebären gestorben war / zu erziehen übergeben hatte. Diese Prinzessin konte man so schön / als gottselig / preisen. Und ob sie gleich sechs jahre älter als wir war / so erwiese sie sich dannoch so leutselig / und machte mit uns [498] eine so verbindliche freundschaft / das wir sie ståts ům uns zu haben wünscheten. Ihr vorsatz war / den kleinen Aramenes / zu ihrem bruder / dem Prinzen Ahusath / eurem herrvattern / nach Caphtor zu bringen: weil sie dessen erziehung bei diesem bruder bässer / als bei dem andern /hoffen konte / indem zu Gerar die K \nigin Eglone /als dem götterdienst ergeben / das kind leicht auf einen irrweg hätte verleiten m \gen. Dieserwegen / wie auch ům einer anderer ursach willen (die allhier zu erzehlen allzu weitläufig fallen / auch zu meinem fürhaben nicht dienen würde) name sie aus Syrien hieher diesen weiten ümschweif / und hielte sich bei uns so lang auf / bis sie aus Caphtor / das an unser land anstösset / wegen ihrer dahinkunft / nachricht erhalten konte.

Der Prinz Thogarma / unser bruder / bliebe / bei ersehung dieser sch \nen Philisterin / nicht ohne entfindlichkeit / der doch bis dahin in stäter kaltsinnigkeit gelebt hatte: und ließe er ihm ihre sch \ne so wol gefallen / daß er seine ruhe darüber verlore / und ein so eifriger aufwärter der Andagone wurde / als jemals ein liebhaber mag gewesen seyn. Weil sie nicht weniger streng als sch \n war / als hatte der Prinz nicht den muht / ihr sein anligen selber zu offenbaren: sondern er gebrauchte mich dazu / ob ich gleich damals kaum in das dreizehende jar gehen mochte / in meinung /ich würde ihm am båsten bei ihr dienen können. Ich fande aber diese Prinzessin so widersinnig / des Prinzen liebe anzunemen: daß mir alle hofnung entsunke /etwas angenemes fůr ihn auszurichten. Weil sie in dem rechten Gottesdienst mich unterwiese / und wol warname / daß ich ihre unterrichte und lehren wol beobachtete / als verhielte sie mir nicht die ursachen /die sie eigentlich antrieben / den Thogarma also zu begegnen / welche dan diese [499] waren: daß sie keinen abgöttischen Prinzen lieben / noch auch beståndig ihr leben in einem solchen lande zubringen könte / da man den wahren Gott nicht verehrte. Ich wandte hergegen ein / wie sie / den Prinzen bekehrend / alle diese betrachtungen verlieren würde: welches sie aber fůr unmüglich hielte. Damit sie aber dem verliebten Thogarma die gelegenheit / seine liebe durch ihre gegenwart mehr anzufeuren / abschneiden m \chte / beschleunigte sie ihre abreise / und zoge nach Caphtor: von dar wir folgends die nachricht erhielten / daß /sowol wegen des kriegs daselbst / als auch anderer ursachen halber / sie ihren zweck / den Prinzen von Syrien alda zu erziehen / nicht erreichen können / und dadurch gezwungen worden / in der Philister land zu ihrem ältsten bruder /dem K \nig Abimelech / sich zu begeben.

Etliche jare hierauf / entstunde der blutige krieg zwischen den Babyloniern und Syrern: da der macht des Belochus zu steuren / der K \nig Barzanes für gut befunde / die Könige von Canaan zum bunde mit dem Aramenes von Syrien aufzusprechen. Hierzu nun fůglich zu gelangen / weil man den Belochus sehr fürchtete / dienete gar wol zur schein-ursach / daß der K \nig zeitung bekame / wie sein schwager / der alte König von Salem / verstorben / und der junge Melchisedech seinen våtterlichen tron bestiegen hätte. Diesem nun zu seiner angetretenen regirung glůck zu wůnschen / schickte er den Prinzen Thogarma selber /diese botschaft abzulegen / und heimlich die besagte bündnis mit anzuspinnen. Dieser übername solches gewerbe üm soviel williger / weil er also zu Gerar seine Adagone wieder zu sprechen verhoffte.

Als er nach Salem kame / fande er den neuen König [500] bereits im bunde mit den Philistern / Syrern und Teutschen / und hielte eben zu Salem euer herrvatter hochzeit mit eurer fraumutter: deren er mit beiwonete / auch nachgehends / wiewol heimlich für seinem herrvattern / (als der ihn / weil er ein einiger sohn war / niemals zu krieg wollen ziehen lassen) unter dem dapfern Ahusath / nach Syrien sich mit zu feld begabe / der hoffnung / durch diesen feldzug so wol seine ehrsucht als liebe zu vergnůgen. Er hatte zuvor seine Andagone zu Gerar gesehen / ehe er zu krieg ginge.

Inzwischen er aber bei dem bruder seiner sch \nen sich bedient machte / ware dessen gemalin die Saradine / bemůhet / zwischen dem Melchisedech ihrem bruder / und dieser Andagone / eine liebe zu stiften: weil sie dessen einsames leben / welches er nun soviel jare nach seiner Blisinde tod gefüret / nicht länger ansehen konte. Melchisedech ließe sich durch seiner schwester zureden gewinnen / und als er vernommen /daß Andagone eine wallfart nach dem gebirge Ararat in Armenien angestellet / da man / aus andacht / auf diesem hohen gebirge den kasten pflegte zu besuchen / darin sich / nach Gottes befehl / der Noa mit den seinigen / auf der grossen welt-wasserflut / vor mehr als 500 jaren / wunderbarer weise erhalten hatte: entschlosse er sich / zwar unbekant und heimlich / auch dahin zu reisen; zumal er ohnedas seine schwester nach Biblis / welche stadt an den Armenischen grånzen liget / zu begleiten hatte / daselbst sie / solang der krieg in Syrien wärete / ihren aufenthalt haben wolte.

Es muste sich eben fügen / daß / als meine schwester und ich diese wallfart mit verrichteten / und in gesellschaft dieser gottseeligen Prinzessin unsere zeit auf dem gebirge Ararat zubrachten / ungefär der Melchisedech / und Thogarma unterwegs zusammen stießen / beide [501] des vorhabens / nach diesem gebirge zu reisen / und die Andagone zu sehen. Der Prinz von Armenien / kame aus dem Syrischen krieg / welchen zu verlassen / der Ahusath ihme / weil sein herrvatter im hohen alter und wegen seiner in sorgen ware / geraten hatte. Es hatten diese beide / ihres alten grolles /den sie in Armenien vordessen gegeneinander gehegt /vergessen / und hingegen zu Salem grosse freundschaft gestiftet. Demnach vertraute Melchisedech dem Prinzen / wie der Andagone ihm noch-unbekante schönheit ihn bewogen håtte / diese reise zu übernemen / ům / seiner schwester der Saradine einrate folgend / seinen königlichen stammen fortzupflanzen. Was håtte / dem verliebten Thogarma / verdrieslichers k \nnen offenbaret werden? Zumal er besorgen muste /daß Andagone dieses gottseeligen K \nigs liebe willigst annemen würde. Demnach volfůrete er diese reise mit grosser unruhe: die er aber so ämsig verbarge / daß Melchisedech von seinem anligen nichts merkte / sonderen fortfuhre / seinem unerkanten mitbuler seine liebesgedanken zu entdecken / und bei ihme bef \rderung zu suchen.

Weil er die Andagone nicht kante / als bate er den Prinzen / ihme behůlflich zu seyn / daß er sie / ohn ihr wissen / möchte / zu sehen bekommen: der ihme dan solches versprache. Sie kamen auf das gebirge / als wir eben einer opferung nahe bei dem Noa-kasten beiwoneten / so die Andagone angestellt hatte. Weil daselbst viel bůsche und gesträuche waren / als kunte der K \nig von Salem und der Prinz von Armenien /ganz unvermerkt / unserer opferung zu sehen: da dan Andagone / ich und Thiphabruma / in einer reihe / fůr dem altar niederknieheten / und also unser gebet verrichteten. Melchisedech bekame / durch schickung des himmels / mich [502] [504]am ersten in die augen: und eine grosse regung in sich fülend / euch zu lieben / wünschete er / daß ich Andagone seyn möchte. Weil er nun / in solcher seiner entzückung / den Thogarma nicht fragte / war der auch nicht begierig / von selbst seinem mitbuler die Andagone zu zeigen. Nachdem er mit grosser unruhe gewartet / was Melchisedech sagen würde /vermochte er endlich dessen stilles wesen nicht långer an zusehen / sondern fragte ihn / wie Andagone ihm gefiele? Wofern die andere in der ordnung / (antwortete Melchisedech / auf mich zeigend) die Prinzessin Andagone ist / so wird es mir nicht schwer fallen /dem einrat meiner schwester nach zukommen.

Dem Thogarma fiele / bei dieser des Melchisedech erklärung / alsofort eine list ein / ihn zu betriegen /und ihm zu bekråftigen / daß ich die Andagone wäre. Wie nun hierauf Melchisedech seinen schluß fäst gestellet / mich zu lieben / betrachtete er / mit grosser aufmerkung / auch die andere beide / und fragte den Prinzen / üm die namen dieser seiner zwei schwestern / sonderlich aber der vermeinten ältsten / so die Andagone ware. Diese erkundigung / machte den Thogarma gleich besorgen / Melchisedech hätte auf die Andagone seine gedanken gerichtet. Demnach ihn ferner zu betriegen / verwechselte er auch dieser beiden ihre namen / wie den meinen / und beredte ihn / daß er die Thiphabruma für Eurilinde / und die Andagone fůr Thiphabruma ansahe. Hierauf finge Melchisedech tief an zu seufzen / und sahe die vermeinte Eurilinde mit unverwandten augen an: daß also Thogarma in zweifel bliebe / welche unter seinen beiden schwestern den Melchisedech eingenommen hätte. Dessen nun eine erklärung ihm abzulocken / brachte er den Melchisedech aus seinen tiefen gedanken / [504] mit dieser frage: Ob ihn nicht / die schönheit der Andagone / fürtrefflich dünkte? Er / so mich fůr Andagone hielte / gabe mir mehr lobs / als mir zustunde und bekennte dem Thogarma / daß er ganz entschlossen wäre / diese sch \ne Philisterin zu lieben.

Was konte Thogarma / seiner liebe zum vorteil /gewůnschters h \ren? Und wie er nun / durch betrug dieselbe zu fördern / angefangen / also gedachte er damit fortzufahren: weswegen er gegen dem Melchisedech sich erbote / daß er ihm alle möglichste dienste zu seinem vorhaben leistẽ wolte. Dieser name solches mit dank an / und redete folgends mit ihm ab /wie er unbekant daselbst verbleiben / und durch seine beförderung die gelegenheit / mit der Andagone in geheim zu reden / absehen wolte. Thogarma fande sich /noch selbigen tag / bei mir ein / und mich h \chlich mit seiner ankunft erfreuend / brachte er mir in vertrauen bei / wie der König Melchisedech mit ihm gekommen wåre / des vorhabens / mich zu sehen / und folgends zur ehe zu begehren: worbei er diesen König mir so gut heraus preise / daß ich / die ich diesen bruder als meinen andern vatter liebte / leichtlich überredt wurde / hierin seinem einrat allerdings zu folgen /und des Melchisedech ansprache anzunemen.

Wie er nun dieses bei mir ausgerichtet / kehrte er wieder zu dem K \nig / und sagte ihm: wiedaß die Andagone / aus gewißen ursachen / nicht bekant seyn wolte / daher er viel mühe gehabt / sie dahin zu bereden / daß sie von einen fr \mden sich sprechen zu lassen / eingewilligt. Es můste aber Melchisedech dieses nicht misbrauchen / sondern sich also in seinen reden mäßigen / daß weder seines noch ihres standes darbei erwånet würde. Hierauf seumte er nicht / den König zu mir zu füren: der dan / bei dieser besuchung / so vergnügt von mir als ich / [505] von ihm / verbliebe / und war der inhalt unsers gesprächs von lauter hohen und geistlichen dingen; worbei ich so sehr seinen erleuchteten verstand bewunderte / als er mit meinen beantwortungen sich zufrieden bezeugte.

Der begierige Thogarma verlangte / mit der h \chsten ungedult / zu vernemen / wie wir einander hätten angestanden. Demnach / sobald Melchisedech mich verlassen / gesellte er sich zu ihm / und vername mit freuden / seine beständige entschließung / mich bis in den tod zu lieben. Folgends forschete er auch bei mir / wie Melchisedech mir gefallen håtte: da dan meine antwort auch also lautete / daß er damit zu frieden seyn konte. Solcher gestalt verstrichen nun etliche wochen / die wir in unsern gezelten auf dem gebirge zubrachten: im welcher zeit Melchisedech öfters bei mir ware / und so vergnügt von seiner Andagone verbliebe / als unvergnůgt Thogarma bei der rechten Andagone war / die seine liebe gar nicht annemen wolte. Doch tr \stete er sich / mit der hoffnung / durch diesen betrug endlich noch einigen vorteil zu erwarten. Dieser gute fortgang seines betrugs ward hierdurch mit befördert / daß die Prinzessin Andagone / wegen einer bösen zeitung / so sie aus Syrien bekommen / fast von keinem menschen sich sehen ließe / und also hierbei die geringste hinternis nicht geben konte. Es kame auch dem Melchisedech aus Canaan die nachricht /daß es daselbst zu einer unruhe mit dem Könige Beor sich anlassen wolte: worüm er eiligst nach Salem wiederkehren muste / und also desto bässer bei seiner betrieglichen einbildung / die sonst in die länge nicht bestehen m \gen / konte erhalten werden. Wie er nun /in Armenien unbekant zu seyn / sonderliche ursachen hatte / als wolte er auch mir / der vermeinten Andagone / nicht sagen / wer er wäre / sondern [506] solches sparen / bis er wieder zu haus seyn würde: da er / üm die Prinzessin von Gerar werben zu lassen / ihm fůrgenommen hatte. Also schiede er ganz heimlich wieder hinweg / nachdem er zuvor von mir abschied genommen / und zimlich verblůmt mir seine liebe zu verstehen gegeben hatte. Er kame endlich / mit dieser seiner liebe / wieder nach Salem / nachdem er unterwegs zu Biblis seine schwester Saradine gesprochen / und ihr seine meinung / die er zur Andagone trüge / entdeckt hatte.

Diese Prinzessin reisete bald darauf auch aus Armenien wieder ab / und zwar voll betrübnis / weil ihr Syriens elender zustand und unvermeidlicher untergang sehr zu herzen gienge / und ihr liebster bruder /der Prinz Ahusath / in schwere gefångnis nach Babel war hinweg gefüret worden. Zu Biblis besuchte sie gleichfals die betrůbte Saradine / und tr \stete sie / so gut sie vermochte / über dem unglůck ihres gemales. Sie entfienge hingegen von ihr die nachricht / daß der Melchisedech unbekant auf dem gebůrge Ararat gewesen / sie gesehen und lieb gewonnen hätte. Es bedurfte nicht große můhe / der Andagone gemüte zu etwas zu bereden / dazu sie von selbsten so geneigt war: massen sie allemal sich vernemen lassen / wan sie ja sich verheuraten solte / müste ihr gemal dem K \nig von Salem an fr \mkeit und tugend gleichen. Also vermeinte Saradine für ihren bruder ein grosses auszurichten / wan sie die Andagone / (welche noch eine gute weile zu Biblis verbliebe) in ihn verliebt machen / und ihre erklårung zu erlangen / seine anwerbung zu Gerar über sich nemen würde.

Inzwischen aber Melchisedech / wegen der unruhe in Canaan / mit vollziehung seiner heurat-werbung etwas verzoge / war Thogarma immittels in Armenien geschåftig / das / so er angefangen / auch wol auszufüren. [507] Hierzu erlangte er nun mehr macht und gelegenheit / indem es der himmel also schickte / daß der K \nig Barzanes starbe / und ihm den thron hinterließe. Er verzoge hierauf nicht lang / mich mit einer ansehnlichen gesandschaft nach Salem zu schicken: da er mich überredte / als hätte Melchisedech üm mich werben lassen. Er schriebe ihm hierbei / wie daß er nun die Andagone dahin vermögt hätte / seine liebe anzunemen / und mit der ihrigen zu erwiedern. Sein obergesandter hatte dabei in befehl / dem Melchisedech eine und andere dringende ursach anzubringen /worüm er so eilig verfahren müßen / die Andagone ihm zu schicken. Ihn selber triebe auch die häftige liebe zu der wahren Andagone / sein neu-angetretenes reich zu verlassen und nach Biblis zu reisen / allwo er wůste / daß sie sich noch aufhielte. Er wurde aber von ihr gar kaltsinnig entfangen / und / unangesehen seiner K \niglichen würde / nicht båsser / als wie vorhin gehalten.

Ich reisete also / in meiner unschuld / nach Canaan: und der verliebte Melchisedech / sobald er seiner vermeinten Andagone ankunft innen worden / kame / mit so grosser verwunderung / als liebe / mir nach Ennon am Jordan entgegen. Der gesandte / als er diese des K \nigs entgegenkunft erfahren / ließe mich auf eine tagreise zurůcke / und zoge füraus / ihme / wegen dieser meiner unvermuteten ankunft / die notdurft zu berichten. Wie nun dieser ein sehr verschlagener man war / als brachte er des Thogarma ursachen dem Melchisedech so scheinbarlich für / daß dieser K \nig mehr als wol zufrieden war / und / von liebe eingenommen / nicht so eigentlich beachtete / was ihme ein und andern zweifel geben können. Die gr \ste von den ausgedachten ursachen war / daß der König Abimelech / als bruder der Andagone / diese [508] Prinzessin nach Babel / ům gnade zu erlangen / zu geisel schicken wollen: weshalben Thogarma / aus treuer freundschaft zum Melchisedech / ihme die braut in die hand spielen wollen / ehe dieses zu werke kommen können.

Gleichwie nun Melchisedech / dem König von Armenien sich hierům verbunden erkente / also entfinge er mich / den folgenden tag / mit so unbeschreiblicher freude / daß seine vergnügung nicht zuließe / von andren dingen als vom beilager zu reden: massen solches / noch selbigen abend / zu Ennon vollzogen wurde. Des andern tags / name der Armenische gesandte geh \r bei mir / offenbarte mir alles / was ich iezt erzehlet / und bate mich / im namen meines bruders / ům unserer treuen freundschaft willen / daß ich ihm diesen betrug vergeben / und so lang / als můglich / den König meinen gemal darin erhalten wolte: damit er unterdessen die Prinzessin Andagone zu seiner liebe gewinnen könte. Ich wuste / mein entsetzen hierüber / nicht zu beschreiben / und verh \nete es mich so sehr / ein werkzeug dieses betrugs zu seyn /daß ich lang nicht wieder zu besänftigen ware. Endlich aber ließe ich mich / weil es nun geschehen /dahin bereden / meinen rechten stand und namen dem König zu verschweigen / es kåme dan / daß er mich selbst hierüm fragte: womit der gesandte zufrieden war / und gleich folgenden tags mit seinem gefolge nach Biblis zu seinem herrn abreisete.

Also bliebe ich nun zurücke / und entfienge voll unruhe die liebkosungen / die mir mein gemal erzeigte. Er brachte mich in die Königliche statt Salem / da wir das schloß Sion bezogen / und folgends in so vergnügter und friedlicher ehe zusammen lebten / daß ich nicht glůcklicher seyn k \nnen / wan ich nur Andagone gewesen [509] wåre. So oft der König von den meinigen redte / schwiege ich dazu still / und seufzete: welches er dahin deutete / als nagete es mich / daß ich / ohne meiner brůder wissen / ihn geheuratet håtte. Er zoge aber / vier monden nach unsrer hochzeit / auf Gerar: da ich / wegen meines zustandes / weil ich bereits schwanger gienge / mich entschuldigte / auf dieser reise ihm / wie er verlanget / gesellschaft zu leisten. Ich bliebe aber in gr \ster angst zurůcke / und dorfte nicht erkünen / dem K \nig / vor der abreise / zu entdecken / daß ich / nicht Andagone / sondern Eurilinde wäre.

Als er zu Gerar ankame / fande er daselbst / bei dem Abimelech / dessen brudern / den Prinzen Ahusath / und dessen gemalin / wie auch seine schwester die Andagone / und den K \nig von Armenien. Weil man dazumal am hof / wegen des Syrischen unwesens / in h \chster verwirrung schwebte / und mit der erl \sung eures herrvattern / des Ahusath / aus der Babylonischen gefångnůs zu thun gehabt / als wusten sie noch nichts von des Melchisedech verheuratung /zumal solche ohn alle weitlåufigkeit war vollzogen worden: und hoffete jederman / auser dem einigen Thogarma / Melchisedech wäre darüm hingekommen / üm die Prinzessin Andagone zu werben. Man unterließe nichtes / diesen König wol zu entfangen / ům ihme zu weisen / daß seine verlangte verbindung mit dem hause Gerar ihnen annemlich wäre.

Wie nun Melchisedech eben bedacht war / sich zu entschuldigen / daß er des Königs schwester ohne vorhergehende anwerbung geheuratet / kame der verliebte Thogarma zu ihm / und entdekte ihm den betrug / den er mit ihme bei seiner heurat gespielet: mit ersuchen / ihme zu vergeben / daß er / aus eigner zu der Andagone tragenden [510] liebe / an deren stat ihm eine andere zugefreiet. Melchisedech / hierüber erschrocken /konte nichts als diese worte herfürbringen: O weh! so ist es Eurilinde / die ich geheuratet? Der schlaue Thogarma / hieraus abmerkend / daß ein sonderbares bedenken mich ihm zuwider machen můste / fande sich gleich darein / und sagte: Es wäre nicht Eurilinde /sondern eine andere Prinzessin aus Armenien / vom Königlichen hause / die er / an stat der Andagone /geehlicht håtte. Das erschrockene gemüt des Melchisedech / erholete sich hierauf nach und nach wieder: und weil er mich herzlich und häftig liebte / als golte es ihm gleich / ob ich schon nicht Andagone ware.

Thogarma erzehlte ihm hiernächst / wie er diese Prinzessin von Gerar längst geliebet / iedoch ihre huld nicht erlangen k \nnen: und wäre er eben darum iezt an diesem hof / bei dem Abimelech üm sie zu werben / und ihm alle seine Armenische macht wieder seine feinde anzubieten. Melchisedech war nicht allein mit diesem allem zu frieden / sondern er ließe sich auch erbitten / durch entdeckung seiner heurat / dem Thogarma zu der seinigen bef \rderlich zu erscheinen. Die Andagone lebte inzwischen in voller hofnung / ihren Melchisedech nun zu bekommen / und er \ffnete der Saradine / wie sie / ihre doppelte schwägerin zu werden / nicht geringes verlangen trüge. Als aber diese mit ihrem bruder hiervon sprechen wolte / vername sie mit der h \chsten bestürzung von der welt / daß bereits eine andere zu Salem der Andagone stelle bekleidet / und daß / die liebe zu derselben / den Melchisedech der rechten Andagone vergessen machte.

Thogarma / wie abgeredet worden / fande sich bald darauf bei der Saradine auch ein / und beschwur sie[511] zum höchsten / ihm beizustehen / daß er die Andagone überkommen möchte. Demnach ließe eure fraumutter / die vergnügung ihres liebsten bruders erwägend /und dabei des großen Thogarma vorteilhafte befreundung bedenkend / von ihnen sich ůberreden / des Aramenischen K \nigs wort bei der Andagone zu sprechen. Ihr herr / der Prinz Ahusath / als er dieses erfuhre / beliebte gleichfals / den måchtigen Thogarma zum schwager zu haben / und er \fnete solches dem Abimelech / seinem bruder: der dan / so wol als alle große von Gerar / diese verbindung der Philister mit Armenien für höchstnützlich erkante. Also kamen sie ingesamt zu der Andagone / und bemüheten sich / sie zu dieser heurat mit dem Thogarma zu bereden.

Weder mein ehmaliges entsetzen / noch des Melchisedech und der andern bestürzung / vergliche sich mit der erstaunung dieser Prinzessin / als sie die betrügliche heurat vername / zu der sie den namen herleihen müßen. Sie befande sich ganz auser sich selbst / und konte endlich nichtes / als ihren verbitterten haß gegen dem betriegerischen Thogarma / fürbringen: dem sie auch mit solcher feindschaft aufsetzig wurde /daß weder ihre beide brüder / noch ihre freundin Saradine / sie besänftigen konten. Sie zoge auch alsobald von Gerar nach Gaza / mit dem vorsatz / nimmermehr den Thogarma zu sehen / noch auch an einige heurat ferner zu gedenken: wie sie dan auch beides beståndig bisher gehalten hat. Der arme Thogarma / voll betrůbnis / daß alle seine list so übel ausgeschlagen / reisete wieder nach Armenien. Es ließe auch meinen Melchisedech / das verlangen nach mir / nicht lang in der Philister land verharren / sondern triebe ihn / wieder nach Salem zu eilen: da er so erfreut [512] ware / mich zu sehen, als mich seine wiederkunft machte.

Aber ach! wie kurz war diese unsre vergnůgung /und wie pl \zlich verwandelte sie sich in die grausamste unruhe und marter / die jemals zwei treuliebende eheleute mögen ausgestanden haben. Dan / wie mein König zu mir in das zimmer getreten / und mich mit den freundlichsten gebården ümarmet hatte / verwiese er mir scherzweis / den ihme-zugefůgten betrug / und sagte: Muste man so der Andagone person fůrstellen /da eure volkommene sch \nheit mächtig gnug war /ohne diesen betrug meine wahl beständig zu machen? Als er hierauf mich gekůsset / und meiner errötung war genommen / låchelte er / und sagte ferner: Entsetzet euch nicht / daß ich weiß / wie ihr mich betrogen habet. Mir ist dieser betrug gar angenem / und bin ich dem Thogarma doppelt verpflichtet / daß er also unsere verehlichung angestiftet. Diese worte gaben mir den muht wieder / und sagte ich: Mein bruder hat so wol meiner unschuld / als meines K \nigs unwissenheit / gemisbrauchet; massen ich nicht eher gewust /daß er mich fůr die Andagone ausgegeben / als da unsere ehe schon vollzogen war. Meine blödigkeit machte mich sündigen / und bisher verschweigen /daß nicht die wůrdige Andagone / sondern die glůckliche Eurilinde / dem König Melchisedech in die arme geraten.

Kaum hatte ich diese worte ausgeredet / da erblassete der König wie ein tuch / und ließe mich aus seinen armen fahren / die hånde und augen gen himmel kehrend. Ich / die ich diese schleunige ånderung des Königs / einer zugestossenen schwachheit zuschriebe / rieffe gleich üm hülfe / und fassete dem K \nig an /der nun begunte onmächtig zu werden / und also ganz sinlos in mein bette gebracht [513] wurde. Die starke mittel / so wir ihm gebrauchten / thäten das ihrige / daß seine verstreute geister sich wieder einfunden. Er wandte alsofort seine augen nach mir / und ließe /mich weinen sehend / die zären auch häufig fließen. Er wolte mir auch kein wort antworten / als ich nach seinem anliegen fragte: inzwischen sein unaufh \rliches seufzen für ihn das wort thäte.

Wie nun solcher gestalt die nacht heran gekommen / wolte ich mich zu ihm in das bette verfügen: aber er verbote mir solches / und begehrte / daß ich ihn allein lassen m \chte. Dieser grausame befehl bedrängte mir das herz / und wuste ich nicht was ich hiervon gedenken solte. Tausend verdrůsliche einbildungen / waren die ganze nacht hindurch meine gesellschaft: und schwumme ich schier in tränen / so hoch nahme ich auf / was mir wiederfahren war. Als ich folgenden tags wieder zu meinen König gehen wolte / kame zu mir einer von dessen kämmerlingen / der mir anmeldete: Wie daß der König nicht mehr auf dem schloße Sion wåre / sondern sich in einen palast / der in Jebus läge / begeben håtte / und für gut befände / daß ich auf Sion verbliebe. Ihr k \nnet gedenken / wie dieses meinen kummer vermehret: massen diese pl \tzliche verånderung / zumal ich auch schwanger ginge / mir eine fast-tödliche krankheit verursachet / und ich so håftig befiele / daß jederman an meinem aufkommen verzweifelte. Gleichwie ich nun mich ganz und gar dem gram ergabe / also wolte ich auch keine arznei gebrauchen / und verlangte nichtes / als nur bald zu sterben.

Melchisedech unterließe nicht / in diesem meinem elenden zustande mich zu besuchen / und ließe mich eine solche entpfindlichkeit und herzliche liebe sehen / daß selbige bezeugungen kräftiger waren / als alle arzneien / mich wieder [514] aufzurichten / und hofnung von meiner genesung zu geben. Eines tags / als ich ihn vor meinem bette sitzen sahe / bate ich ihn so beweglich / als es mir immer m \glich war / daß er mir doch sagen wolte / was ihn bewogen / auf anh \rung meines namens / nicht allein zu erschrecken und gar onmåchtig dahin zu sinken / sondern auch so grausamlich mir sein bette und beiwonung zu versagen? Ach Eurilinde! (gabe er mir zur antwort / zugleich einem tiefen seufzer holend) weil ich euch so håftig liebe / vermag ich euch nicht zu sagen / was mein anligen verursachet. Gnug ist / daß ich es allein weiß. Fraget mich nicht mehr üm etwas / was ich noch zur zeit euch nicht entdecken kan. Ich habe zwar vermeint / (antwortete ich /) es můste leid und freud unter eheleuten gemein seyn / und also keines für dem andern etwas verborgenes haben. Nun aber dem König gefället / mich dieser sache nicht teilhaftig zu machen / die so ein grosses gemüt niederzuschlagen fåhig ist: so wil ich auch nicht mehr darüm fragen / sondern zufrieden seyn / wann ich hoffen darf / daß mein Melchisedech gegen seiner getreusten Eurilinde keinen haß trage / und nur aus herzlicher liebe mir sein anligen verschweige. Dessen seit versichert! gabe mir der K \nig zur antwort / und bůckete sich damit zu mir /mich herzlich küssend: welches mich also vergnůgte /daß / von dem tage an / es merklich båsser mit mir wurde.

Der König / den dieses hätte erfreuen sollen / bliebe dannoch bis in den tod betrübet. Er war zwar gern bei mir / dabei aber immer so unruhig / daß es schiene / als wann ihn allemal iemand mit gewalt von mir hinweg z \ge. Oft gingen ganze stunden fůrbei / daß er kein wort mit mir redete / und wie aus sich selber ware. Wann er meinte / daß ich nicht acht darauf gäbe / sahe [515] er mich mit unverwandten augen an: die er nachgehends gen himmel schluge / und eine sonderbare herzens-qual dabei verspůren ließe. Ich war / mit der weile / dieses lebens so gewonet / daß ich endlich wieder ruhiger wurde / weil ich darbei von meinem K \nig mich immer fort geliebet sahe.

Ich kame endlich mit einem sohne nieder / der /nach gewonheit der Prinzen von Salem / Adonisedech genant wurde. Es ließe Melchisedech nicht die geringste freude spůren / als er diesen sohn sahe / sondern er begrůste denselben mit seinen seufzern / als wie er täglich gegen mir tåte: und schiene es / als wann dadurch / daß der ganze hof hierůber seine freude bezeugte / seine qual nur vergrössert wůrde. Wie nun meine sechs wochen geendet waren / und ich / mit dieser meiner leibesbůrde / auch alles mein krankheit-wesen abgelegt hatte / finge der K \nig an / mich seltner als sonst zu besuchen / und sich ie mehr und mehr zu äusern.

Ich name endlich / auf einrat meiner leute / den entschluß / und ginge in einer nacht heimlich in des K \nigs schlaffkammer: da ich / als er bereits schlieffe / mich in sein bette ihm an die seite legte. Als er nicht lang hernach erwacht / und iemand bei sich spürte /erschracke er håftig / nicht wissend / wer es wåre. Ich finge gleich an zu reden / und sagte: Ich hätte meinen platz wieder bekleiden wollen / der mir gebůrte / und könte nicht länger also von ihm getrennet leben. Ach Eurilinde! (rieffe er hierauf) dieser platz stehet euch nicht zu: weil ihr hier nicht im ehebette / sondern auf eures vatters lager liget. Auf meines vatters lager? fragte ich voll bestůrzung. Ja / Eurilinde! antwortete er mir. Es ist endlich zeit / daß ihr auch erfahret / in was grosse sünde und blutschande wir geraten sind: da der grosse Gott verhänget / [516] daß ich / als ein andrer Loth / mein eigenes kind berüren / und zugleich vatter und grosvatter des armen Adonisedech werden müssen. Erwåget nun / ob meine bisherige betrübnis /mein klagen und seufzen nicht sei billig gewesen /und ob ein sterblicher / der nach åusersten kråften sich stäts bemühet / die sůnden zu meiden-gröber als ich håtte fallen können?

Ich bliebe / über diesen reden / ganz bestůrzet / und wuste nicht / ob ich warhaftig / oder nur im traum /geh \ret. Ich vermeinte auch / meiner geburt so gewiß zu seyn / daß die geringste einbildung nicht bei mir haften konte / ob solte nicht Barzanes / sondern Melchisedech / mein vatter gewesen seyn. Inzwischen ich nun / meinen gedanken zuhörend / stum verbliebe /stiege der König aus dem bette / und einen mantel ům sich werfend / sezte er sich bei mir nieder / und als er mich bei der hand gefasset / redete er mich ferner also an: Traget in gedult / was uns von so hoher hand ist auferlegt / und berget allerdings unsere schande /damit kein mensch erfahren möge / wie es mit uns beschaffen ist. Unsere ehe / wie ihr sehet / ist ungültig /und darf ich euch forthin nicht anderst / als wie ein vatter / lieben / wofern wir verhůten wollen / daß uns der erschreckliche zorn und straffe des h \chsten nicht ůberfalle. Ach mein König! (antwortete ich mit trånen und ächzen) vieleicht ist dieses nur also ersonnen /üm den widerwillen damit zu besch \nen / den man gegen mir tråget. Hierauf bestätigte er mir mit vielen schwůren die warheit dessen / was er gesaget / und brachte damit in mich ein solches erschrecken und grausen / daß eine onmacht auf die andere mir zustieße und ich mich halb todt in mein zimmer muste tragen lassen.

Was ist es aber n \tig / euch alles fůrzustellen / was [517] diese kentnis bei mir gewirket / und wie gar nicht ich mich darein zu finden wuste / von einer ehefrauen /des Melchisedech tochter / und von einer mutter / eine schwester meines sohnes zu werden: da der greul /den ich für mir selbst hatte / so håftig war / daß ich nichts als den tod verlangen konte. Ich wil nur noch sagen / daß Melchisedech mir hierauf alle seine mit der Blisinde gepflogne liebe erzehlte / und wie er mich mit ihr erzeuget / wie ich nachgehends / am Armenischen hof / als des Barzanes tochter erzogen /und von diesem K \nig / aus beständiger liebe zu der verstorbenẽ Blisinde / stäts für seine tochter gehalten / und von ihme ja so sehr / als die Thiphabruma / die ihm auch diese Blisinde geboren / wåre geliebet worden.

Ich grämete mich nun mit dem Melchisedech in die wette / da bald er mir / bald ich ihme / mit trost zusprechen muste. Es erfuhre aber niemand an unsrem hof / wie es mit uns beschaffen war. Ich verharrete nun in stätiger einsamkeit / auf dem schloße Sion: der König aber hielte hof in Jebus / und kame selten /mich zu besuchen. Ich ließe aber meine gr \ste angelegenheit seyn / den kleinen Adonisedech wol zu erziehen: und begaben wir beide / der König und ich / uns ganz auf ein geistliches leben / üm in ståter reue unsere jare hinzubringen / wegen der unglücklichen heurat / die wir also getroffen hatten.

Als solcher gestalt etliche jare verflossen waren /stieße dem K \nig eine neue traurigkeit zu / durch die zeitung von Gerar / daß seine liebste schwester / eure fraumutter / die Saradine / gestorben wäre. Ihr und C \lidiane / als deren hinterbliebene kinder / kamet darauf nach Salem / da euch der König meiner zucht untergabe: und mochtet ihr kaum das vierte jar erreichet haben / als mit meinem [518] sohn eure kundschaft anginge. Ihr habt euch stäts zusammen gesellet / und ware fast niemals Adonisedech ohne Jaelinde / noch Jaelinde ohne den Adonisedech / anzutreffen. Der K \nig belustigte sich an eurer unschüldigen liebe /und wünschete / daß aus euch beiden / zu seiner zeit /ein par werden m \chte. Der Ahusath / euer herrvatter / kame nicht lang hernach / und ehe er mit dem Fůrsten Edom nach Caphtor ginge / zu uns nach Salem / und eröffnete uns den wunsch und das verlangen seiner verstorbenen gemalin / ihrer tochter eine in unser haus dereinst verheuratet zu wissen. Er brachte damit zu wege / daß Adonisedech mit euch allerdings verlobet wurde: und schwuren beiderseits eltern / bei dem h \chsten des hi els und der erden / daß diese heurat gültig seyn / auch unverbrůchlich solte gehalten werden.

Sobald aber der Ahusath wieder hinweg war / finge Melchisedech an zu bereuen / daß er den in blutschande gezeugten sohn an euch verlobet: aus besorgung /daß ihr künftig unglücklich mit einander leben möchtet / weil er schwerlich / wegen seiner trübseeligen geburt / himmlischen segen auf erden erlangen würde. Ich konte nichts darwider sagen / und muste selber diesem armen Prinzen alle zeitliche glůckseeligkeit absprechen. Doch stellte ich alles gedultig dem h \chsten anheim / und fuhre fort / euch zusammen /nach meinem vermögen / wol zuerziehen.

Nach etlichen jaren / entstunde auf dem schloße Sion eine feuersbrunst / die so schnell überhand name / daß wir den schnell-wütenden flammen nicht zu entfliehen vermochten. Die von Salem retteten zwar /was sie konten / und zogen euch und die Cölidiane aus dem feuer. Wie sie aber auch mich und den kleinen Adonisedech herausholen wolten / schoße eine[519] wand zwischen sie und uns ein / daß unmůglich einiger mensch zu uns gelangen konte. Ich erinnerte mich / wie Sodom mit feuer war gestraffet worden: bildete mir demnach ein / daß auch dieses eine straffe des höchsten seyn müste. Demnach bereitete ich mich willig zu meinem für augen stehenden tode: wiewol / die klägliche gebärden des Adonisedech / mir das verlangen zu sterben in etwas benamen. Um seinet willen gedachte ich auch auf mittel / uns zu retten: und als ich ein kellerloch für mir sahe / sprange ich dahinein /den Adonisedech auf den armen haltend. Ich ware kaum darunten / da verfiele das loch mit aschen und maurwerk / also daß ich / aus der gefahr zu verbrennen / nun in noch grössere noht des verhungrens mich gestürzet sahe: daher ich / für mich und mein armes kind / einen geschwinden tod / an stat einer so langen qual / wůnschen muste.

Ich verbliebe in solcher noht / bis auf den driteen tag: da endlich der himmel mir eine hülfe zuschickte. Es kamen etliche råuber / unter den aschen und steintrümmern dieses schloßes nach schåtzen zu suchen: die endlich auch in diesen keller gerieten. Ihr mitleiden / neben der hofnung / mit mir ihren nutzen zu schaffen / machte sie mir ihre hülfe anbieten / mich von dannen zu bringen: dan sie waren Araber / und gedachten mich zu verkaufen. Sie / als fr \mde / kanten mich nicht: massen ich auch nicht fůr ratsam hielte / mich ihnen zu entdecken. Ich fassete den schluß bei dieser gelegenheit / da nun alle welt mich fůr todt hielte / Salem zu verlassen: dadurch ich des Melchisedech traurigkeit zu stillen / und ihme / anderweit / und zwar mit der Andagone / sich zu verehlichen / anlaß zu geben vermeinte. Wie sie demnach ein und anders von silber und gold in dem verbranten Sion gefunden hatten / zogen sie mit uns davon: und [520] bliebe mir von allem nichts in händen / als die urkunden von meines sohnes geburt / welche in etlichen schriften von des Melchisedech hand bestunden / die ich dan mitname.

Meine räuber brachten mich nach Sidon / da meine schwester Tiphabruma dem K \nig Syphon vor etlichen jahren geheuratet / und ihme schon eine tochter /namens Orosmada / geboren hatte. Durch viel anschläge brachte ich zu wegen / daß die Königin mich zu sehen bekame / und von meinen Arabern mich und mein kind mit geld erl \sete. Wie wir nun also bei ihr blieben / entdeckte ich ihr meinen ganzen zustand /und unterrichtete sie von allem / wovon sie und ich in Armenien niemals etwas vernommen hatten. Ihr mitleiden dienete mir nun zu großem trost / und weil der Sidonische hof für mich viel zu laut war / als wehlete ich Zarpath zu meiner wonung / und nennte meinen sohn Adonias / damit er desto verborgener k \nte erzogen werden: meinen eignen namen aber behielte ich /weil der sehr gemein war / und viele in Zarpath denselben füreten. Es war nun meine einige sorge / wie ich diesen jungen Adonias wol erziehen möchte.

Nach kurzer zeit / name mir der himmel auch den trost / den ich noch übrig hatte / nämlich die Thiphabruma: welche / in ihrem lezten willen / ihren gemal dahin beredet / daß er mir / die junge Prinzessin Orosmada / zu erziehen nach Zarpath schickte. Es eräugte sich alsofort zwischen diesen beiden kindern eine liebe / die ich bei ihrem zarten alter nicht beachtete. Als aber nachgehends die zunemende jahre diese verborgene glut mehr zu äusern begunten / widerstunde ich derselben mit allen kråften / und wolte keines wegs zulassen / daß mein sohn einige andere / als euch / lieben solte. Zu dem [521] ende / und diese beide verliebte von einander zu scheiden / sandte ich meinen sohn nach Kitim und in die entfernte Inseln / daselbst sich etwas zu versuchen / und diese liebe aus den gedanken zu bringen.

Orosmada wurde inzwischen nach dem Sidonischen hof zurůk beruffen / dahin ich / auf ihr bitten /mitreisete. Weil ich weiß / daß euch die Iphis dieser tagen alles erzehlet / was ferner zwischen dem Adonias und dieser Prinzessin fürgegangen / als wil ich selbiges hier übergehen / und allein was ihr noch nicht wisset / zu erzehlen fortfahren. Ich thäte / als ich zu Botris mich aufhielte / ein gelübde / auf das gebirge Ararat zu des Noa kasten zu reisen / üm daselbst /fůr meines sohn wolergehen / den himmel anzuflehen. Adonias war inzwischen zu Sidon / wie ich diese reise übername. Als ich in Armenien und auf dem gebirge angekommen / fügte es sich / daß der König Thogarma sich eben auch daselbst befande. Er hatte mich /bereits vor vielen jahren / als todt beweinet. Ich wolte auch / weil ich alle meine ehmalige bekanten meidete / fůr ihm verborgen beiben: darüm bestellte ich mir /tief im wald / meine wonung / kame auch frůh zu dem kasten / da ich wuste / daß der K \nig sich noch nicht einfinden wůrde.

Weil er aber mein da-seyn vernommen hatte / als kame er eines tags ganz allein / mich zu sehen. Er erkante mich gleich / ungeacht wir so lange zeit nicht beisammen gewesen. So sehe ich dan (riefe er voll bestürzung /) die Eurilinde noch lebendig? und gönnet mir also der himmel / euch eure rechte geburt zu entdecken? Diese wort erinnerten mich meines elendes: daher ich / für månge der tränen / nichts antworten konte / als daß ich mit drei oder vier worten bekente /wie ich ja freilich die unglůckselige Eurilinde wåre. Warům [522] dan (fragte Thogarma) seit ihr unglückselig? Weil meine geburt alhie bekant ist / (antwortete ich) so lässet es sich leicht erraten / was mein klagen verursache. Ich finde aber hierin nichts / (wandte er hiergegen ein) das euch zu trauren ursach geben k \nte. Ich sahe ihn hierauf an / sonder ein wort zu sagen. Er aber der ja so erfreut war / mich so unvermutlich zu sehen / als begierig / von mir seinen zustand zu erfahren / sezte sich mit mir unter einen baum / und fragte mich / was ich dan von mir wüste?

Ich erzehlte ihm hierauf alles / wie es mir zu Salem und Sidon in etlichen und zwanzig jahren ergangen /und wie ich / wegen der begangenen blutschande mich für aller welt verbergend / mein armseliges leben in der fr \mde zubringen müste. Thogarma konte kaum sich gedulten / bis ich meine mit vielen tränen benezte geschicht-klage geendet; da er mich ganz frölich ansahe / und sagte: Ihr und der gute Melchisedech habt euch bisher vergeblich betrübet / weil ihr nichts weniger / als seine tochter seit. Hierauf ůmarmte er mich inniglich / und die augen voll wasser schöpfend /sagte er ferner: Hier sehet ihr euren rechten vatter! nicht Barzanes / noch Melchisedech / sondern Thogarma / hat euch gezeuget.

Ich wurde über dieser unvermuteten guten zeitung ganz sprachlos / und fůlete in mir zugleich / die freude / die verwunderung / und die natürliche regung /üm den vorzug streiten / nicht wissend / welcher von den dreien ich mich mehr einräumen solte. Diese zeitung war ja so gut / daß ich sie frölich glåuben konte: aber auch so verwunderbar / daß fast der glaube nicht haften wolte. Ich sahe demnach meinen neuen vatter /den ich ehmals als meinen bruder geliebet / begierigst an / und verlangte / [523] durch erklärung dieser worte /mich in meinem glauben gestärkt zu sehen. Solches vermerkend / finge er alsobald an / mir ausfürlich zu erzehlen / wie es mit meiner warhaften geburt beschaffen war: welches ich dan / als das fürnemste in meiner geschicht / euch liebste Prinzessin / nun auch wiederholen wil.

Ehe der K \nig Barzanes die vermeinte witwe des Melchisedech / die sch \ne Blisinde / ehlichte / hatte er zuvor in eine andere von ihren schwestern / welche Eurilinde hieße / sich verliebet. Weil aber dieselbe allbereit ihre treue dem jungen Thogarma versprochen hatte / als ließe sie geschehen / daß sie von ihm auf ein schloß / so dem Prinzen gehörte / entfůret wurde. Sie spielten aber dieses mit so grosser fůrsichtigkeit /daß der K \nig niemals das geringste davon inn wurde / wie sein sohn an der Eurilinde flucht schuldig gewesen. Mitlerweile nun Barzanes / ihrer vergessend /ihre schwester die Blisinde ehlichte / lebten auch diese beide mit einander heimlich in vergnůgter ehe: die aber nicht länger wårete / als wie ich zu leben anfinge / weil meine geburt dieser meiner mutter tod verursachete. Die Königin Blisinde starbe auch nicht lang hernach / und hinterließe dem Barzanes eine tochter / die Tiphabruma: welche dan / auf des betrübten K \nigs befehl / nach Nisibis gesandt wurde /ům alda mit der Blisinde tochter / die sie dem Melchisedech vorher geboren hatte / auferzogen zu werden.

Niemand wuste / wer dieses kind wåre / welches auch Eurilinde hieße: massen alles / was mit dem Melchisedech fůrgegangen / in h \chster geheimnis gehalten wurde. Als kurz darauf die kleine Tiphabruma gestorben / wolten die leute / denen diese kinder zu erziehen anvertrauet worden / diesen todesfall dem König nicht ankündigen: sondern / auf einrat des Thogarma / namen [524] sie mich / als dessen tochter / in die stelle. Es wolte aber der Prinz nicht gestatten / daß ich die kleine Tiphabruma fürstellen solte / sondern richtete es in die wege / weile er bei allen den leuten zu Nisibis måchtig war / daß die unbekante Eurilinde für Tiphabruma ausgegeben / ich aber in ihre stelle /mit behaltung meines namens / gesetzet wurde. Solcher massen sind wir nachgehends miteinander aufgewachsen / da iederman die Tiphabruma und mich fůr des Barzanes kinder / und für schwestern des Thogarma gehalten: wiewol im werk ich des Thogarma / und Tiphabruma des Melchisedech / tochter gewesen.

Alles dieses / erzehlte mir der König Thogarma mit vielen ümstånden / und bezeugte mir dabei seine entfundene große betrübnis / als er vernommen / wie ich neben meinem sohn verbronnen wäre: da ihn nichtes so sehr geschmerzet / als daß ich sterben müßen /ohne zu erfahren / daß er mein vatter gewesen. Ich schöpfte hieraus eine unbeschreibliche freude / indem ich also meinen Melchisedech als seine ehefrau / und nicht als eine tochter / wieder lieben dorfte. Ich vergaße im augenblick alles meines leids / das ich so viel jahre her ausgestanden / und sorgte nun für nichts mehr / als wie ich meinen sohn von der Orosmada abwenden / und meinen Melchisedech mit dieser guten post bald erfreuen möchte: von dem der K \nig mir sagte / daß er die Andagone nicht geehlicht hätte. Ich verlangte demnach sehr / aus Armenien zu reisen. Ich muste aber / meinem neu-erkanten vatter zu gehorsamen / mit nach Toana reisen: und erscholle / diese geschicht von meiner geburt / in kurzem durch ganz Armenien / welches dan ihrer viele nach hof kommen machte / ihrem K \nig / wegen seiner wiedergefundenen tochter / glůck zu wünschen. Einer von den [525] alten Sagen / wie auch die wartfrau / so die Tiphabruma und mich erzogen / bekråftigten alles / was mir der K \nig gesagt hatte. Weil nun als die Orosmada den Melchisedech zum grosvatter bekommen / als konte ich üm so viel weniger dulten / daß mein sohn dieselbe anderst / als seine schwester / lieben solte.

Demnach eilete ich / so bald ich meine erlassung vom König erlanget / aus Armenien hinweg / und kame so glůcklich als frölich nach Sidon zurůcke. Ich brachte es endlich daselbst zu wege / daß mein sohn die Orosmada aus dem sin schluge / und hingegen euch / nachdem er euch etliche mal gesehen / ganz verliebt in sein herz einschloße. Er ist nun nach Armenien gezogen / üm hůlfe wider den grausamen Beor / zu befreiung unsers Melchisedech / anzusuchen: und versahe ich mich tåglich / daß er mit einem måchtigen heer ankomme. Er weiß noch nicht / wer er ist: so viel habe ich ihm aber gesagt / daß er ein Prinz sei / und daß die bewerbung ům die sch \ne Jaelinde ihm ein reich zu bringen werde. Hiermit habe ich / so wol seine macht / als seine liebe / aufgefrischet / daß er euch mit der ehrerbietigsten liebe von der welt anbetet / und die Orosmada andern überlässet.

Ich wil nun / meine liebste Prinzessin! auf eurer seite keine solche widerspänstigkeit vermuten / daß ihr den sohn des Melchisedech nicht lieben / oder die kron von Salem / das euch von kindheit auf ernehret hat / ausschlagen soltet. Ich bin vielmehr versichert /ihr werdet unser aller ruhe befördern helfen / und euch zu etwas bequemen / das den Melchisedech / den Ahusath / den Adonisedech / mich und das ganze haus Salem vergnügen kan. Gott zeiget mir ja / daß nimmermehr die unglücks-wogen / die soviel jahre über mich zusammen geschlagen / sich legen sollen: und wird Jaelinde / die [526] tugendliebende Jaelinde / nicht die jenige seyn / die einen neuen sturm erwecke. Lieben /ist ja natürlich: darüm verüble ich euch nicht / eure neigung zu dem Celtischen Fürsten. Aber es stehet hohen personen zu / daß sie ihren willen ůberwinden. Ich kenne aber eure grosmut / die werdet ihr auch hierin erweisen / und einer neigung obsiegen / davon ihr ohnedas / wegen unmüglichkeit / keine vergnügung zu hoffen habet. Ihr seufzet / liebste Prinzessin! eure trånen reden fůr euch / und es fället euch schwer /einen unbekanten für einen bekanten zu erwehlen. Ich weiß aber gewiß / wan ihr recht mit euch selbst zu raht gehet / ihr werdet befinden / daß ein liebhaber dem jenigen / der nicht gegenliebet / billig vorgezogen werde.


* * *


Hiermit h \rte Eurilinde auf zu reden / und horchete / was Jaelinde antworten würde: die aber einen so häftigen streit in sich entfande / daß sie nicht fåhig war / etwas hierauf zu sagen. Sie war innigst erfreuet /die gemalin ihres Königs / den sie mehr als einen vatter liebte / nun zu kennen / auch von dessen einigem sohn und thron-erben nachricht zu haben: sie war aber dabei ganz unruhig / daß sie den Cimber verlassen solte. Ihre Gottesfurcht / neben der waren vernunft /triebe sie zu dem Adonisedech: aber von ihrer blinden liebe / ward sie zu dem Cimber zurücke gezogen. Sie sahe die K \nigin von Salem so beweglich an / daß deren mitleiden dadurch gr \sser wurde. Sie befande endlich für gut / dieser armen Prinzessin bedenkzeit zu geben.

Als sie aber hinweg gehen wolte / ergriffe sie Jaelinde beim rock / und sagte: Ach liebste fraumutter! sie verlassen mich doch nicht / sondern g \nnen mir noch långer ihre angeneme gegenwart. Eurilinde ließe sich hierzu [527] gern erbitten / drunge aber nicht weiter auf ihre erklärung / die liebe gegen ihrem sohn betreffend / sondern finge an / von ihrer lezten gefahr zu erzehlen / da sie / als ihr wirt Abibalus von dem pöbel in Damasco hingerichtet / und nachgehends dessen haus gestürmet worden / mit harter noht entrinnen / und den königlichen schloßplatz erreichen kö en: wordurch ich aber (beschloße sie) zu der vergnügung gelanget / mit meiner liebsten Jaelinde bekant zu werden. Ich vielmehr habe ursach / mich seelig zu preisen / (sagte Jaelinde) daß ich der gegenwart derjenigen /die meinem K \nig am liebsten ist / genossen habe. E. Maj. werden mir diese meine freude leicht zuglåuben /wann sie bedenken / daß Melchisedech mich / von meiner kindheit auf / so herzlich geliebet / und von mir hinwieder mit der innigsten neigung ist verehret worden. Ich trage nun auch grosses verlangen nach der Prinzessin Orosmada kentnis / und wůnsche / daß sie nicht in dem heidnischen tempel zu Ninive verbleiben m \ge: wie ich dan / ůber dieser ihrer entschliessung / mich hoch verwundere / weil ich vermeinet / sie sei / unter so edler zucht / rechtgläubig unterwiesen worden.

Es würde freilich Orosmada / (antworte Eurilinde) wann sie geblieben wäre / wie ich sie zu Zarpath unterrichtet / nimmermehr diesen schluß gefasset haben. Aber der verfürische hof zu Sidon / hat allerhand abg \ttische irrtumer aufs neue in ihr zartes gemůt gestreuet: doch hoffe ich / daß solche sich mit der zeit wieder verlieren werde. Ich verneme auch / daß der Prinz Tiribaces diese Prinzessin bereits aus den Ninivitischen tempel hinweg bekommen haben. Diesen Prinzen (antwortete Jaelinde) wil man an mich verheuraten: dessen die Königin von Tyro sich deutlich vernemen lässet. Wåre sowol dieser Prinz / als ich hierzu zu bereden / so wůrde [528] Orosmada hoffnung überkommen / ihren getreuen Adonias / von dem sie so betrieglich / wann ich es sagen darf / getrennet worden / wieder zu erlangen. Ihr habt aber von mir vernommen / (widerredte Eurilinde) daß Orosmada meines sohns schwester tochter ist / und er darüm sie nicht / als seine braut / lieben darf. Und wann schon dieses nicht im weg stůnde / so hintert doch das fäste gelůbde meines gemales und eures vattern / welches den Adonisedech an die Jaelinde verbindet. Ach wertste Königin! (sagte Jaelinde seufzend) ich bin nicht wert / des Melchisedech sohn zu lieben / sonst wůrde der himmel nicht verhänget haben / daß ich einen andern Prinzen lieben muß. Adonisedech verlieret ja nichtes / wann er schon mich nicht überkommet / und wird die entbrante liebe leichtlich bei ihm wieder verleschen / wann er erfåret / wie es mit mir beschaffen ist.

Bedenket euch! bedenket euch! liebste tochter! (sagte Eurilinde / damit aufstehend) und streitet nur dapfer mit euch selbst: sicher! ihr werdet überwinden. Hiemit ginge sie von ihr / der antwort unerwartet /nachdem sie zuvor sie beschworen hatte / niemanden von ihr etwas zu melden. Die arme Jaelinde hinterbliebe in einem verwirrten zustand / daß sie nicht wuste / was sie beginnen solte. Solang sie den Cimber kunte aus den gedanken lassen / fiele ihr nicht schwer / sich zu der heurat mit dem Adonisedech zu bequemen. Sobald aber dieser sch \ne Celte ihr wieder zu gedåchtnis kame / da verschwanden bei ihr alle vernünftige gründe. Mit solchem selbstreit brachte sie etliche stunden zu: bis sie endlich / ihre sorgen etwas beiseit-setzend / sich ankleiden ließe / zu der Königin von Elam / und folgends mit derselben zur Königin von Tyro / ginge. Sie fande daselbst eine allgemeine freude / wegen des mit den Syrern getroffenen [529] waffen-stilstandes / und redte iederman von des K \nigs Belochus heurat mit der erkanten schönen Aramena / deren wiederfindung sie dan eifrig wůnschten. Die Königin von Tyro hoffete / daß nunmehr die gröste gefahr und unruh fürüber seyn würde: wiewol der Canaaniter macht / wie auch ihres sohns und des reichs Elam zustand / ihre vergnügung hierůber sehr verminderte /wann sie daran gedachte.

Weil / nach getroffenem stillstand / beide feindliche parteien einander freundlich besuchten / als ließe auch der Prinz Dison von Seir bei der K \nigin sich anmelden / daß er kommen wolte / ihr aufzuwarten. Sie wurden alle begierig / diesen Fürsten zu sehen: weswegen ihm die Königin zurück entbote / daß er kommen möchte / wann es ihm belieben würde. Dieser verliebte Prinz / in hoffnung / von seiner verlornen Aramena daselbst genauere kundschaft einzuziehen /såumte sich hierauf nicht / nach hof zu kommen: da er von dem Cosdron auf das höflichste entfangen / und in der Königin von Tyro zimmer gefůret wurde. Eine schamröte bekleidete seine wangen / als er alle diese damen ins gesicht bekame / die vordessen mit ihme /als mit der jungfrauen Aramena / vertreulichkeit gepflogen hatten. Es entstunde auch / als sie seiner ansichtig wurden / ein allgemeines gemürmel / da eine zur andern sagte: Ob auch aus der Aramena ein Dison werden k \nnen?

Nachdem er seine begrůssung / bei den beiden Königinnen / und bei allen Prinzessinnen abgeleget /sagte die alte Delbois zu ihme: Die verwunderung /mein vetter! die ich ůber eurem verånderten stand gesch \pfet / ist bei mir so groß / daß ich darüm nicht weiß / wie ich euch recht entfangen sol; und wäre die nunmehr erkante Königin von Syrien hier zugegen /so solte sie mir sagen / [530] was einen so dapfern Prinzen bewogen / ihren namen so lang zu fůren / und damit sowol g \tter als menschen zu betriegen. Ich gestehe E. Maj. gern / (antwortete Dison) daß ich bisher ein betriegliches leben gefüret / und daß ich darům billig scheu tragen solte / vor so durchleuchtigen personen /die ich damit geärgert / zu erscheinen. Dörfte ich aber alle ümstånde / die mich hierzu bewogen / von mir sagen / welches mir eine grosse ursach verwehret: so solten E. Maj. sehen / daß ich mehr unglücklich / als an allem diesem handel schüldig / gewesen.

Könnet ihr uns dan nicht berichten / (fuhre die Königin fort zu fragen) wo eure K \nigin hingekommen? Wir leben / ihrent wegen (antwortete er) ja so ungewiß auf der Kemuelsburg / als wie man hier von dem Syrischen K \nig nichtes wissen wil / welcher eben zu selbiger zeit sich verloren hat. Dieser euer sonderbarer vertrauter freund / (sagte die Königin / und hon-lächelte) solte ja billig seiner verlobten braut er \ffnet haben / wo er sich befinde. Und weil ihr nun seinen ehmaligen namen füret / gleichwie die K \nigin euren abgelegten namen angenommen: als erscheinet hieraus nicht unklar / daß sie beide euch ihre geschäfte vertrauen / und man also billig sich an euch zu halten habe / wann man von diesen beiden etwas erfahren wil.

Ich bin nichts weniger / (antwortete Dison seufzend) als ihrer beider vertrautster / sondern habe leider! von ihnen mehr ungnade / als gunst / zu erwarten. D \rfte ich mich deutlicher erklåren / so wůrden E. Maj. befinden / daß ich aus dem grund die warheit geredet. Als ein so gut Syrisch-gesinter / (antwortete die Königin /) könnet ihr nicht anderst thun / als geheim seyn. Doch hoffe ich / ihr werdet euch kůnftig deutlicher erklåren / wann nun mein bruder die schöne Syrerin ihme [531] wird haben antrauen lassen. Die Königin von Tyro brachte dieses mit fleiß auf die bahn / üm den Dison damit zu quålen: weil sie ihn für einen heimlichen liebhaber der K \nigin von Ninive hielte. Sie wurde auch in dieser ihrer einbildung gestärket /als Dison hierauf ganz verwirrt antwortete / und nicht undeutlich sein misbehagen über der heurat mit dem Baleus / von deren er wuste! / wie sehr sie der sch \nen Königin zuwider seyn wůrde / an den tag gabe.

Sie kamen hierauf alle üm ihn herüm / und machten viel fragens / seinen vorigen Aramenen-stand betreffend: da unter andern die Azura wissen wolte / wie er doch sein barthaar so wol vertreiben können / daß man daran sein geschlechte nicht erkennet? Dison gabe ihr in antwort zu vernemen / wiedaß er / als er vor dessen in Egypten ein Isis-priester gewesen / von seinen ordensgenossen eine gewisse salbe bekommen / die bis in das dreissigste jar verwehret / daß kein barthaar herfůr ko e. Wie er nun / mit dieser und dergleichen beantwortungen / die gesellschaft nach m \glichkeit vergnüget / name er wieder seinen abschied / des vorhabens / auch seiner mutter brudern den Mamellus / wie auch den Cimber / noch anzusprechen.

Als er zum statthalter gekommen / bezeugte der nicht mindere verwunderung / ihn zu sehen: und nun auch in den wahn gebracht / daß er die Königin Aramena von Ninive liebte / ließe er sich sehr an ihn heraus / so wol diese seine liebe / als / wo diese K \nigin seyn möchte / aus ihm zu bringen. Dison aber ware so bedachtsam im antworten / daß der statthalter sich daraus nicht beklügen konte: und bemůhte er sich /ihn zu bereden wiedaß er noch ein Isis-priester wåre /üm dadurch allen andern argwan von sich abzulehnen. Mamellus [532] gläubte solches gar gern / weil er nichts lieber wůnschte / und daher vertreulicher mit ihm werdend / sagte er: Ich verdenke auch nicht mehr / mein vetter! daß ihr ehmals / wegen eures gethanen gelübdes / euch mit meinem haus durch heurat zu befreunden / so ungeneigt gewesen; massen dergleichen gelůbde uns verbinden / sonder einigen betracht dieselbige zu halten. Dison / ůber dieser vermanung des statthalters sich verwunderend / lächelte ein wenig /und sagte: Ich habe ehmals zu Dedan nicht vermerken können / daß man mein gelübde fůr so gültig gehalten; und wäre damals die zwang-heurat zwischen der Aramena und mir für sich gegangen / so wäre ich dadurch an das grosse königliche haus von Syrien beschwiegert worden / welches mein vetter / als mein so naher blutsfreund / zweifelsohn würde gern gesehen haben.

Solches k \nnet ihr leichtlich ermessen / (antwortete Mamellus) sonderlich da die ältere schwester nun an meinen König sol vermålet werden: und weiß ich nicht / was ich wünschen wolte / wann zu hoffen stünde / daß ihr diese Prinzessin / die ehmals meine tochter gewesen / zur liebe ůberreden k \ntet. Dieses sagend / schauete er dem Dison scharf in die augen: der dan / sich getroffen findend / nicht zu seufzen unterlassen konte / und durch verånderung der farbe zu tag gabe / daß die erinnerung dieser durchleuchtigen Syrerin ihn gerůret hätte. Mamellus merkte ihm solches wol an / und als Dison überdas etwas verwirrt antwortete / geriete er gänzlich wieder auf den ersten wahn / daß der Prinz von Seir die schöne K \nigin von Ninive liebte.

Er lenkte demnach das gespräche auf seine vorige lebens-art / die er bei dieser Königin gefüret / und fragte nach den ursachen / die ihn bewogen håtten /also lang [533] ein weib fürzustellen. Dison ihme antwortend / bezoge sich auf sein gelübde / und berichtete /wie daß er zu dem ende die falsche heurat mit dem damaligen ritter Dison fůrgenommen hätte / üm also sonder argwan von hof abzukommen: weil aber nachgehends / des erkanten König Aramenes von Syrien bästes / sein dableiben erfordert / hätte er seine meinung ändern / und seine heimliche abreise einstellen můssen. Ihr und der Aramenes / (sagte hierauf Mamellus) seit sehr gute freunde. Ich möchte aber wünschen / daß ihr / als ein bluts-freund von Assyrien /dem König von Babel hiedurch nicht anlaß gäbet /noch mehr / als bisher geschehen / das haus Seir zu verfolgen. Die ehre / und viel andere wichtige ursachen / (gabe Dison zur antwort) reitzen mich / dieses K \nigs von Syrien ergebenster bis in den tod zu verbleiben: und wird es ia dem König Belochus nicht entgegen sein / daß ich seinem künftigen schwager meine treue dienste gewidmet. Dieses brachte Dison so herzhaft vor / daß Mamellus nicht wuste / was er von dessen vermuteter liebe gläuben / und wie er hiebei / seinem König zum bästen / sich erzeigen solte.

Er ließe damit den Dison wieder von sich: welcher alsofort nach des Cimbers palast eilete. Bei demselben war das verwirrte verlangen / die falsche Aramena zu sprechen / nicht geringer / als des Disons begierde / diesen edlen Celten zu sehen / und mit ihme /von gegenwärtiger unruhe / sich vertreulich zu unterreden. Als sie zusammen gekommen / begrůste Dison den Cimber mit einem ganz freien wesen: der hingegen / sich gar eingezogen und veråndert anstellte /nicht wissend / wofür er den Dison halten solte. Ich zweifle nicht / mein Prinz / (finge Dison an zu reden) daß ihr euch verwundert / die Aramena in dieser gestalt zu sehen. Ihr werdet [534] sie aber auch beklagen /wan ihr vernemet / wie mein zustand beschaffen ist.

Hiemit / als sie sich zusammen gesetzet / und Cimber / sonder ein wort zu sagen / den Dison ansahe /fuhre dieser also fort / zu reden. Ich trage keinen scheu / edler Prinz! euch zu offenbaren / wie es mir bisher ergangen: weil ihr einer von den vererautsten meiner Königin seit / als wil sich gebůren / euch dessen mit-teilhaft zu machen / was deren båstes nunmehr erfordern wil. Die liebe / großer Cimber! die måchtige beherscherin der menschen / war schuld daran / daß ich bisher / der unvergleichlichen Königin von Ninive gegenwart nicht zu verlieren / mein geschlecht verlaugnet / und diese unschuldige Königin teuschend / mich selbst mit einbildung einer glůckseligkeit betriegen dörfen. Ich habe aber nach der hand wargenommen / daß / sonder verletzung der ehre / und ohn fernere beleidigung der unschuldigen Königin /ich länger nicht mein betriegliches leben füren könte. Als ich demnach den Dison / meiner schwester rittern / ersuchet / mich durch diese vorgegebene heurat von hof zuerlösen: hat Ahalibama / neben der Timna und Mehetabeel / es so gespielet / daß ich die durchleuchtige Aramena von Syrien zu bette und in meine arme bekommen habe.

O himmel! (riefe Cimber / ihme ganz erstarret ins wort fallend) Aramena ist in euer bette und arme geraten? Was fůr bestürzung (fragte Dison) erweiset der Celtische Prinz hierüber / da er doch an dieser schönen kein teil haben kan? Wie / Dison! (antwortete der erhizte Cimber) habe ich keinen teil an der unvergleichlichen Aramena? Nein warlich / weit gefehlet! ich bestreite dieses vor aller welt / daß mir kein mensch hierin [535] vorgehen sol / diese g \ttin mit der ehrerbietigsten häftigsten liebe jederzeit anzubeten und zu verehren.

Dison bliebe so höchst verwundert / als er niemals gewesen / da er den Cimber also reden hörte / den er kurz vorher zu seinem vertrautsten erkieset / und nun für seinen mitbuler halten muste. Sein trotziges bezeigen machte ihn eben auch hitzig: und weil er ihm so hart unter augen gesaget / daß er sein mitbuler wåre /hielte er für eine notdurft / ihme in gleichem thon zu antworten. Ich verdenke keinen / (sagte er) daß man meine göttin anbete: aber deren besitzung werde ich /bis auf den lezten blutstropfen / gegen aller welt bestreiten. Nun sie in euren armen ist / (gabe Cimber ganz kaltsinnig zur antwort) k \nnet ihr zwar alle welt verh \nen: ihr werdet aber meinen verzweifelten eifer nicht hemmen / euch das zu rauben / was nicht ihr /sondern ein ander / verdient håtte.

Das ist zu viel! riefe Dison / und zoge damit von leder: das dan alsobald der Cimber auch thäte. Aber ihr leztes lautes wortwechslen / wie auch das klingen ihrer schwerter / machte etliche von denen / so vor dem zimmer stunden / zu ihnen hinein dringen / und sie von einander bringen. Unter diesen ware Astarinus / einer von des Mamellus vertrautsten / welcher den ergrimten Dison / im hinausgehen / zum Cimber sagen h \rte: Bei båßerer gelegenheit / wollen wir miteinander besehen / wer von uns beiden würdig sei /sie zu besitzen. Weder Cimber noch Dison ist ihrer würdig! antwortete Cimber. Doch wil ich morgen /mit dem tag / hinter dem Isis-tempel deiner warten /und den kampf wider dich annemen / zu behauptung dessen / was ich iezt geredet.

Diese worte nun / welche Astarinus allein beobachtet / hinterbrachte er alsofort / neben dem / was er sonst vor [536] der thür vernemen können / dem Mamellus /und stärkte ihn damit v \llig in seiner einbildung / daß so wol Cimber / als Dison / seines Königs mitbulere wären. Weil er nun ohn das in seinem sin / dem Cimber das licht auszuleschen / ihm fürgenommen / solches aber / da jederman diesen Prinzen liebte und wegen seiner bezeigten heldenthaten hochschåzte / \ffentlich nicht zu werk richten konte: als gedachte er hierzu dieser gelegenheit sich zu bedienen / und so wol den Cimber / als den Dison / in den stand zu setzen / du sie seinem K \nig in seiner liebe keinen eintrag thun könten. Demnach redte er / noch in selbiger nacht / mit dem haubtman Thyson ab / daß er etliche zwanzig man / den Cimber im bevorstehenden kampf bei dem Isis-tempel nieder zu machen / erkaufen solte: da dan er ferner / durch andere hierzu bestellte treue leute / sich des Disons bemächtigen und ihn nach dem Isis-tempel woltebringen lassen. Thyson /der eine creatur vom statthalter war / besonne sich nicht lang / seinen ungerechten befehl anzunemen /und rüstete sich alsobald / denselben aufs bäste zuverrichten.

Gleichwie aber / die anstalt dieses mordvorhabens /den Mamellus einen teil der nacht schlaflos zubringen machte / also überlegten auch Cimber und Dison / die ganze nacht hindurch / diese ihnen zugestossene abenteur. Der verliebte Cimber wuste sich nicht zu tr \sten / daß seine K \nigin solte in des Disons und der betrieglichen Aramena arme geraten seyn: und fülete er darüm eine doppelte eiversucht / sowol wegen seiner selbst / als wegen seines freundes Abimelech / dessen getreue liebe hierdurch geteuschet worden. Wan er sich dieser schönen K \nigin erinnerte / konte er ihm diese schleunige änderung nicht müglich einbilden: und behielte er für sie [537] die schuldigste ehrerbietung /die ihm nicht zuließe / einiger unbeståndigkeit sie zu beschuldigen. Er konte sie aber auch deren nicht unschuldig achten / weil sie nun in des Disons armen lebte. Demnach wurde er / in betrachtung aller ümstände / ganz verwirret / und bemühete sich / diese gedanken aus dem sin zu schlagen: ům zu verhüten /daß er nichts unbilliges von seiner K \nigin gedenken m \chte. Ungeacht aber dieses seines fůrsatzes /schallten ihm ohn unterlaß diese worte für die ohren /daß Dison die durchleuchtige Aramena / durch hůlfe der Fürstinnen von Seir / in sein bette und arme bekommen hätte.

Tausend seufzer / welche er gen himmel sandte /begleiteten diese schmerzliche erinnerung / wodurch auf einmal / und so gar unvermutet / alle seine hofnung in den staub geleget wurde. Sein eifer hierůber /hatte ihm die bekentnis abgetrieben / die er sonst zu verhelen so sorgfältig gewesen. Weil er dan nun ganz verzweifelt handelte / auch wegen seines freundes des Abimelech / den er so wol / als sich / fůr betrogen hielte / keiner gedult platz geben konte / als stunde sein herz und sinn auf lauter rache: und tr \stete ihn allein dieses / daß er hoffete / den Dison das herze zu durchstechen / welches er / zu einer wonung für die schönste Königin der welt / unwürdig achtete. Sein wüten ließe ihm nicht raum / zu bedenken / ob er etwan hiedurch die schöne K \nigin betrüben möchte /deren vergnůgung er sonst allemal / auch mit hintansetzung seiner ruhe / zu bef \rdern getrachtet: sondern er war allein bedacht / wie er sich und seinen Abimelech an dem glücklichen Dison rächen m \chte. Um deß willen name er ihm für / mit aufgang der sonne /einen seiner slaven / die er in Damasco erkauft / auf die Kemuelsburg an den Prinzen von Seir zu schicken / [538] und ihme andeuten zu lassen / wie daß er seiner auf dem platz hinter dem Isis-tempel warten würde. Er hatte diesen ort hierzu erwehlet / weil solches alda zum heimlichsten geschehen konte / und sie beide sonst so gar immer mit leuten ümgeben waren / daß sie allein miteinander aus der stadt nicht hätten kom men k \nnen.

Der Dison hatte inzwischen auch eine unruhige nacht / und wuste sich nicht darein zufinden / daß Cimber seine Aramena lieben solte / da er doch bisher nicht allein so viel zeichen einer liebe zu der sch \nen Königin von Ninive von sich gegeben / sondern auch selbiger K \nigin gestanden hatte / daß er die Hercinde liebte. Er war in guter meinung zu ihm gegangen /ům sich mit ihm zu bereden / was massen der nunmehr-erkanten Königin von Syrien zu ihrem reich m \chte verholfen werden: dan er nun nicht mehr / ungeacht alles zuredens des Thebah und der andern / üm dieses reich / weil sich die rechte erbin von Syrien gefunden / für sich oder seine Prinzessin sich zu bemühen bedacht ware. Er hatte dieses geheimnis erst erfahren / als die gesandten der Syrischen Fürsten von Acraba wieder zurücke gekommen: welches dan die eigentliche ursache gewesen / die ihn angetrieben /seine gemůtsmeinung dem Cimber / als einem so ergebenen freund der K \nigin von Ninive / zu entdecken. Nun aber dieser ihm so trotzig begegnet hatte /fassete er / neben der eiversucht / die feste einbildung / der Cimber müste diese verlorne Prinzessin heimlich bei sich haben: daher er so begierig ware / den angebotenen kampf mit ihm anzugehen / daß er kaum des morgens erwarten kunte.

Selbiger war noch nicht völlig angebrochen / da ließe sich des Cimbers slave bei ihm anmelden: welcher ihm andeutete / wie daß sein herr bereits / auf den platz hinter [539] dem Isis-tempel / seiner wartete. Es verdroße ihn / daß sein feind sich eher als er daselbst eingestellet. Doch fårtigte er den slaven mit dem bescheid ab / daß er gleich bei seinem herrn seyn wolte: und nachdem er sich eiligst gewaffnet / ritte er heimlich nach dem tempelplatz / nur von einem diener begleitet. Weil er den stathalter Mamellus sahe daher fahren / der den geraden weg nach dem Isis-tempel vor sich hatte: name er einen ůmweg / damit er nicht von demselben möchte aufgehalten oder behintert werden.

Als er endlich an dem bestimten ort angelanget /fande er daselbst ein ungleiches gefechte / indem ihrer viele einen einigen ritter anfielen: dessen dapfern widerstand sie gleichwol so entfunden / daß derer etliche schon todt zu seinen füßen lagen. Er bestůrzte nicht wenig / als er näher hinzu kommend / diesen fůr dem Cimber erkante. Indem er nun / ungeacht ihrer feindschaft / ihme beispringen wolte / fiele dieser edle held / und gabe ihm zugleich einer einen fang / mit den worten: Dieses geschihet / auf befehl des Fürsten Disons von Seir. Dison / solches h \rend / widerredte dem böswicht / und sezte damit ganz wütend in diese m \rder / üm den Cimber zu råchen. Aber in dem augenblick sahe er sich von einem neuen haufen überfallen / welcher hinter einem gemäur herfür brache / die dan alle rieffen: Man solte diesen m \rder des edlen Cimbers gefangen nemen. Dieses geschahe auch / ungeacht seines dapfern widerstandes / nicht allein ihm /sondern auch denen übrigen / die den Cimber überfallen hatten.

Sie füreten sie nach dem tempel der Isis / da Mamellus / als wan er ungefår käme / ihnen begegnete /und sie anhaltend / sich unwissend und bestürzt anstellte man ihm sagte / daß sein schwester-sohn / der Dison / [540] den Cimber hätte lassen niedermachen. Wie /Dison! (redete er ihn ganz ernstlich an) verleugnet ihr also das haus / daraus ihr entsprossen / und begehet eine solche unthat / die eurem namen einen ewigen schandflecken anhängen wird? Gläubet dan mein vetter / (antwortete Dison / voll ungedult) daß ich solcher beschuldigung k \nne fähig seyn? Hiemit verwehrten ihm alle die andern / weiter zu reden / und beteureten einmůtig / daß er schuldig wåre.

Mamellus / üm allen diesen dingen einen bässern schein zu geben / begabe sich ganz betrübt von der strassen / in einen nebenhof des tempels / und ließe dahinein / sowol den Dison / als seine angegebene helfere / neben seinen anklägern / kommen: da / in dieses unschůldigen Fůrsten gegenwart / die andern ihre schuld bekanten / daß sie / den Cimber zu ermorden / sich von dem Dison hätten erkaufen lassen. Wie nun ein grosmütiges herz nichts weniger / als solche ehrenrůrige beschüldigungen / vertragen kan / als vermochte Dison solches auch nicht zu erdulten / sondern erwischte ein schwert von den ůmstehenden /und machte damit den nächsten von denen nieder / die diese lůgen von ihm sagen dorften. Mamellus erfreute sich heimlich hierüber / weil dieser entleibte eben der Thyson war / welcher allein üm seinen anschlag wuste. Er bezeugte aber öffentlich sein misfallen hierüber / und befahle / den rasenden Dison / wie auch diejenigen / die man mit ihm beschüldigte / zu binden / und den entleibten Thyson hinweg zu bringen. Es wurde hierauf / in dieses armen Prinzen gegenwart /den andern anwesenden geld gegeben / und ein mehrers noch versprochen / daß sie diese seine mordthat verschweigen / und / zu rettung seiner ehre / aussprengen solten / [541] es wäre sowol der Dison / als der Cimber / niedergemacht worden.

Nachdem er diese damit erlassen / und die andern /so hierzu geholfen / in eine heimliche gefängnis hinfüren fassen / behielte er den gebundnen Dison allein bei sich / welchen er gar beweglich anschauend / also anredte: Ihr sehet / Dison! wie ich bemühet bin / eure ehre / als welche die meinige mit ist / zu schützen /indem ich diesen meinen leuten / sowol durch geschenke / als durch bedrohungen / das maul gestopfet / niemanden zu sagen / was ihr begangen habet. Euren tod aussprengen zu lassen / habe ich für gut befunden: weil ich mir nicht einbilden kan / daß ihr von nun an /mit solchem schandflecken in der welt zu leben / mehr begehren werdet. Ja / grausamer vetter! (fiele ihm der Dison in die rede) ists m \glich / daß ihr mich k \nnet für einen so ehrlosen menschen ansehen? Gläubet mir – – – – Ha / Dison! (sagte Mamellus / ihn nicht ausreden lassend /) dieses ist nicht der weg / die ehre wieder zu erlangen / wan man es auf das verleugnen setzet. Ach nein / unglückseeliger Fůrst! ihr můsset von nun an der welt absterben / und in diesen tempel euch verschließend / auch eurem ehmaligen gelůbde folgend / die übrige tage eures lebens allhier zubringen. Dieses ist das einige mittel / womit euch kan geraten werden: und entschliest euch nur bald gutwillig hierzu / ehe mit euch etwas anders fürgenommen werde.

Wie? (sagte Dison) sol ich mich / gleich einem /der seine ehre verloren / für der welt verbergen / und in diesen tempel mich verschließend / alle gelegenheit verseumen / meine unschuld vor den tag zu bringen? Worin kan dan eure unschuld bestehen / (fragte Mamellus) da die schuld so klar erscheinet? Ich sehe aber wol / daß bei [542] euch die güte nichts verfangen wil: darum werde ich gezwungen / die gewalt zu gebrauchen.

Hiemit / ungeacht alles widersprechens des schier rasenden Prinzens / ließe Mamellus die obersten unter den Isis-priestern fůr sich fordern / die in Egypten den Dison bei sich in tempel gehabt: welche auf des statthalters befragen / ob sie nicht diesen ihren entlaufenen priester kennten? sich seiner gleich erinnerten / und anfånglich eine freude / nachgehends eine bestürzung wegen seiner bande / lezlich aber einen unwillen über seiner ungebärde / und (auf des Mamellus bericht) über seinem begangenen mord / bezeugten. Sie weigerten sich lang / einen solchen mörder in ihren heiligen orden einzunemen. Als aber Mamellus aus seiner habenden macht / die bei ihnen sehr viel golte / ihnen zuredte / bewilligten sie endlich / daß Dison in ihren tempel aufgenommen werden / zuvor aber allen ihren ordnungen und gebräuchen / die gefängnis und harte reinigungen fůr seine begangene übeltaten auszustehẽ / sich unterwerfen solte / und eher nicht zu ihren opfern zugelassen werden k \nte. Der statthalter beståtigte alles dieses / doch daß sie seines lebens verschonen solten / welches er diesem armen Prinzen noch g \nnte. Also muste Dison leiden / daß man ihn mit gewalt in ein finsteres gew \lbe schleppte: alda man ihm die weltliche kleider abname / hingegen einen hårinen sack anzoge / und also ihn / sein elend zu betrachten / allein verließe.

Mamellus / nachdem er also seinen zweck erreichet begabe sich wieder nach dem schloße: da ihn unter wegs die Syrer / so ihm begegnet / freundlich grüßeten / und / in hofnung des friedens / ihm alle ehre erwiesen. Jederman vermeinte / er hätte / seine andacht im Isis-tempel abzulegen / diesen heiligen ort so früh besuchet. Er [543] aber / so dißmal nicht betens halber daselbst gewesen / verfügte sich sofort nach der Königin von Tyro palast / und berichtete sie / nicht sonder bezeigung eines grossen leidwesens / wie er gleich iezt erfaren håtte / daß Cimber und Dison / unferne von dem Isis-tempel / wären niedergemacht worden. Das mitleiden / so allen hohen personen angeboren / rürete dermassen das herz dieser Königin / daß sie nicht aufh \ren konte / diese beide dapfere helden / und sonderlich den Cimber / zu beklagen: worinn ihr auch alle anwesende gesellschaft leisteten.

Das gerůchte hiervon / kame bald darauf auch in der K \nigin von Elam palast: da dan die arme Jaelinde mit tödlichem schrecken überfallen wurde / als ihr so plözlich dieser elende tod ihres liebsten Cimbers zu ohren kame. Die allgemeine tränen der andern /machten die ihrigen sonder argwan fließen / und hielte man das an ihr für eine würkung der bloßen erbarmnis / was in der that ihre herzliche liebe verursachte. Als auch Eurilinde solches erfuhre / beklagte sie / daß / das unglück eines so grossen heldens / der Jaelinde ruhe und ihr verlangen befördern sollen: weswegen sie auch hierüber / an stat der freude / sich betrůben muste.

Jederman ware nun begierig / die ümstånde von dieser greulichen that zu wissen: und weil ihrer vielen bekant war / daß den vorigen abend einige harte wortwechselung zwischen dem Cimber und Dison sich begeben hatte / als wurden tausend geschichten / hiervon erdichtet; die aber mit der warheit nicht einstimten. Der statthalter befahle / nach den beiden leichen zu suchen / und des Disons k \rper den Syrern auszuliefern: wiewol er wuste / daß sie diesen nicht antreffen würden. Die abgeschikte fanden daselbst eine grosse månge volkes versamlet / [544] und hatte man die k \rper aller der erschlagenen in den fürbeifliessenden strom geworfen.

Wie große klag aber / über den Cimber / die Assyrer füreten / so ware es doch nichts / gegen dem allgemeinen trauren der Syrer in der stadt und auf der Kemuelsburg / üm daß sie ihren feldherrn / den Dison /auf so fr \mde weise verloren hatten. Insonderheit aber war die arme Ahalibama gar nicht zu tr \sten / als sie diesen tod ihres einigen bruders erführe. Die viele onmachten / die ihr in dieser angst zustiessen / verhielten erstlich ihr klaggeschrei. Als sie aber zu bette gebracht / und mit allerhand diensamen mitteln / durch die ebenfallstrostlose Timna und Mehetabeel / wieder ermuntert worden / schüttete sie ihr betrübnis in den kläglichsten worten aus / und fůrete so traurige gebärden / daß das grausamste herz dadurch hätte m \gen zu mitleiden bewogen werden. Dieses allein war noch übrig / grausamer himmel! (sagte sie) deine wut v \llig ůber mich auszuschütten. Du hattest nicht genug /daß du mir meinen Elieser genommen / meines hauses untergang mir gezeiget / mich aus meiner lieben Königin gunst gesetzet / meine freundin mich verlieren und alle meine anschläge rükgängig gemacht: sondern ich muste auch noch diesen herzensriß fůlen / und meines liebsten bruders verlustig werden. Ach Dison! wie ůbel habe ich dir geraten und für dich üm die Syrische kron geworben / da du allhier nicht den tron /sondern dein grab gefunden? Verflucht / verflucht müsse seyn die stunde / darin mir diese betriegliche hochzeit zu sinn gekommen! und wehe mir! daß ich dich nicht von hinnen / von diesem unglücklichen ort / habe hinweg ziehen lassen.

Als sie in solchen klugen begriffen war / kame der alte Thebah dazu: welcher aber fähiger ware / trost zu [545] holen / als auszugeben. Ach Thebah! (rieffe Ahalibama / als sie seiner ansichtig worden /) wo ist nun unser K \nig von Syrien? Wir sind seiner nicht wert gewesen / (antwortete er) darum haben ihn die g \tter uns entzogen. Ach weh! (sagte die trostlose Prinzessin /) warüm darf ich ihme nicht nachfolgen? Was hält mich / diesem jammerleben gute nacht zu sagen? Hiemit befiele sie von neuem mit so gefärlichen onmachten / daß die / so zugegen waren / besorgten / sie würde ihnen unter den hånden sterben.

Weil man die ruhe für sie zum nůzlichsten erachtete / ginge Thebah wieder von ihr: welcher allbereit /so betrübt und ertäubt er auch war / einen neuen raht für Syrien ersonnen hatte. Er ginge zu den Syrischen Fürsten: die er alle ganz bestůrzt fande / weil sie täglich soviel neues erlebten / indem ihr K \nig und dessen schwester so seltsamer weise sich verloren / und nun ihr feldherr / neben dem Cimber / unwissend /wie und durch wen / ůmgekommen ware. Der kluge Thebah suchte zuvor mit dem Elihu allein zureden: dann er / weil der Dison nun todt war / den Syrischen Fürsten die wahre beschaffenheit ihres K \nigs zu entdecken / für notwendig erachtete.

Der Husan und Arsas begaben sich aus der gesellschaft / die Königin Aramena heimlich zu besuchen /und diese zeitung ihr zu hinterbringen. Als sie im tempel angelanget / fanden sie die sch \ne Königin /ihre zeit zu kürzen / in dem buch Jezirah lesen / welches ehmals Arsas aus Canaan ihr mitgebracht hatte. Sie ergezte sich also mit des erleuchten Abrahams herrlichen schriften / als Husan mit dem Arsas hinein trate / und / nach abgelegter entschüldigung / daß er ihr den vorigen tag nicht aufgewartet / den tod des Cimbers und des Disons anbrachte. [546] Ihr entsetzen hierüber war so häftig / daß ihre schöne wangen allen glanz verloren / auch ihr die sprache benamen: daher sie den Husan nicht zu fragen vermochte / wie dieses unglůck sich begeben håtte. Arsas / deme bewust war / in was vertrauter freundschaft der Cimber mit ihr gelebet / daher er ihr entsetzen nicht bewundert / bekråftigte diese zeitung / und erzehlte ihr ferner / was ihme von dieser traurgeschicht bewust war.

Gerechter himmel! (sagte endlich die Königin) wie hast du können zugeben / daß dieser held / der der welt so nützlich war / ihr so zeitlich und so erbärmlicher weise müßen entzogen werden? teilest du dan umsonst so seltene gaben aus / daß dieselben / ehe sie viel gutes gewirket / zu dir wiederkehren můßen? Hiemit ließe sie ihre teure zären mildiglich fließen / und achtete sich h \chst-unglücklich / daß sie und ihr Abimelech einen so treuen thåtigen freund verloren hatten. Und wiewol sie seither ůber den Dison gar unlustig gewesen / so muste sie doch auch dessen ermordung schmerzlich entfinden: und ware ihr ihre ehmals-vertraute Aramena inzwischen nie so sehr in den sin gekommen / als nun / da sie deren tod erfahren muste. Als sie nun endlich diesen unmut in etwas überwunden / und wieder fåhig worden / von andern dingen zu reden / fragte Husan / ob sie sich entschlossen hätte / nach Sepharvaim zu reisen? Ihre antwort war: Sie wolte seinem raht in allem folgen / und es sei nun in Damasco nichtes mehr übrig / das sie halten könte. Auf diese erkärung / ward abgeredet / daß Husan und Arsas mit den Niniviten in Damasco heimlich sich besprechen / und sie dahin vermögen solten /nach Sepharphaim sich zu wenden. Es wurde auch für nůtzlich erachtet / daß die Königin zuvor den Tharsis / wie auch [547] den Barzes / fürlassen solte: damit sie / des Husans und Arsas worten / desto fäster gläuben möchten.

Nach dieser abrede verliessen sie die K \nigin: welche / ihrer betrübnis bequemer nachzusinnen / in den garten / der an ihr wonungs-zimmer stieße / sich begabe. Der vorsichtige Abdastartus / hatte seinem andern heimlichen gast / dem vermeinten König von Syrien / welcher in eben diesem gebäude aufbewahret wurde / wegen seines übelaufwesens / erlaubet / dieses gartens sich auch zu bedienen: damit die frische luftsch \pfung seine baufållige gesundheit wiederbringen möchte. Er ließe ihn aber da hinein gehen / wann die Königin zu abends tafel hielte: weil alsdan kein mensch im garten sich befande / und auf der seite / da die K \nigin wonete / alles verschlossen war. Wie demnach dieser abend angekommen / und Abdastartus vermeinte / daß die Königin / nach ihrer gewonheit /beim essen seyn würde / ließe er den Aramenes mit dem Tirzis in den garten gehen / und eilete folgends nach seinem zimmer: weil ein bedienter von seiner schwester / die in Damasco wonete bei ihm sich an melden lassen / den er ungeseumt anhören muste.

Die betrübte Königin / so dißmal / üm allein zu seyn / nicht speisen wolte / hatte allen ihren leuten befolen / ihr nicht zu folgen / und ließe sich bei einem wasserfall nieder: dessen herab-regnende tropfen sie mit ihren zären vergliche / und daher diesen ort / fůr allen andern im garten / ihr belieben ließe. Weil die verkleidte Aramena / mit ihrer Tirza / diesen ort auch zu erkiesen pflegte / als namen sie ihren weg gerad darauf zu. Diese Prinzessin erkante alsofort ihre schwester / die K \nigin von Ninive: auf die sie dan mit h \chster freude zuliefe / und sie ůmarmete / ehe sie sich dessen versehen können. So groß aber ihre freude / so häftig war der Königin entsetzen / sich [548] [550]in eines mannes armen zu sehen. Indem sie aber von ihm sich losreissen wolte / ersahe sie den sch \nen Dison /welcher nunmehr fůr ihren bruder Aramenes erkant worden. Ach / mein bruder! (rieffe sie /) finde ich euch hier / und gönnet mir der himmel / euch zu solcher zeit zu sehen / da ich mich alles menschlichen trostes beraubt achtete. Ja / liebste schwester! (antwortete diese Prinzessin /) die g \tter machen mich so glůcklich / daß ich euch nunmehr kan eine schwester zeigen / die bisher / wiewol gegen ihrem willen / ům euer k \nigreich sich annemen müssen. Wie / mein bruder! (widerredte die bestürzte Königin) was sagt ihr mir von einer schwester? Hier stehet dieselbe /(gabe sie zur antworte) und bin ich nicht Aramenes /welchen vorzustellen / der Thebah und die Fürstinnen von Seir mich überredet / sondern die jůngere Aramena / die der Diana sich verlobet / und bisher fůr des statthalters von Syrien tochter gehalten worden.

Die K \nigin / so fůr verwunderung noch nicht glåuben konte / was sie hörte / verlangte alles dieses umständlicher zu wissen: worinn ihr dan die Prinzessin ein völliges gemůgen gabe. Sie erzehlte ihr nach der långe / alles / was ihr begegnet: wie sie anfangs /als ritter Dison / beim einzug in Damasco / einer Syrischen Fürstin in die hånde geraten / und sie ůberredet / daß sie Aramenes wåre / die dan solches unter die Syrische Fürsten ausgebracht håtte. Der alte Thebah /und die Fürstinnen von Seir / wären hierdurch auf die gedanken geraten / sie an den Syrischen Prinzen Dison zu vermälen / und ihme also die Syrische kron zu erlangen: welchen betrug sie erst erfahren / als sie den Dison in die arme gekommen / den sie / bis er sich ihr geoffenbaret für die jungfrau Aramena gehalten. Sie hätte / auf [550] zureden des Thebah / nachgehends gedultet / daß man aus ihr noch länger den Aramenes gemacht: bis endlich die Fůrsten von Hus und Chesed sie mit dem bericht erfreuet / daß die Königin von Ninive fůr ihre åltere schwester / und fůr die rechte erbin von Syrien / wäre erkant worden. Es wåre alsofort /sich derselben kund zu geben / ihr vorhaben gewesen: wovon sie aber / durch unvorsichtigkeit der ihrigen /wäre abgehalten / und den Assyriern zum raub ůberlassen worden; die sie in ein grausames gefängnis geworfen / auch / den sturm der Syrer von sich abzuwenden / sie einmal zum tode füren lassen. Endlich hätten sie Mamellus und Elihu / bei nacht / aus dem gefängnis genommen / und dem Abdastartus ůberliefert: der sie bisher in diesem tempel heimlich aufbehalten / und wegen leibesschwachheit ihr erlaubet /ům die abendstunde zuweilen in diesen garten zu kommen; da sie dan / so verwundert / als erfreuet / die Königin / ihre schwester / glůcklich angetroffen håtte.

Nach ausgang dieser erzehlung / ginge zwischen diesen beiden schwestern das ůmhalsen wieder an: welches die Königin Aramena verdoppelte / und eine innigste vergnügung spüren ließe / daß sie also endlich einmal ihre schwester gefunden hatte. Wie wunderbar (sagte sie) bringet uns heut der himmel zusammen / und wie plözlich finde ich meinen zustand verändert: da eure entdeckung / liebste schwester! mir die Syrische kron / euch aber die Ninivitische zueignet. Dan / weil ihr bisher den K \nig Aramenes / unsern bruder / habt fůrgestellet / und nun aus allen ümständen erhellet / daß dieser nicht mehr im leben seyn můsse: als ist / verm \g unserer eltern lezten willens /mir Syrien / euch aber Ninive / zugefallen. Die gewalt des höchsten wolle behülflich seyn / daß wir diese unsere Erbkönigreiche wider alle feinde [551] behaupten m \gen. Was mich betrifft / (gabe die Prinzessin zur antwort /) so sol zwar Ninive / aber nicht der tron daselbst / sondern der Dianen tempel / meine wonung werden / und ist der Ninivitische zepter in viel zu edler hand / als daß er solche mit einer andern verwechslen solte.

Wir haben iezt nicht zeit / (antwortete die Königin) von dieser eurer einschließung in den Dianen-tempel zu reden: sonst wüste ich euch / liebste schwester! viel starke gründe dagegen anzufüren. Jetzund aber vergönnet mir / daß ich euch fragen m \ge / ob dan der Dison / der bei mir so lang Aramena geheisen / euch geliebet habe. Freylich (antwortete die Prinzessin) hat er mich mit seiner liebe verfolget / und mir dieselbe deutlich gnug zu verstehen gegeben als ich zu ihme /in meinung / daß er / meines geschlechts wäre / zu bette kame. Ich håtte auch diese seine vermessenheit nimmermehr verschmerzen k \nnen / wann er nicht /so wol als ich / durch betrug zu dieser wunderbaren hochzeit geraten wäre: dan sein vorhaben dieses gewesen / daß er hiedurch mit guter art aus dem Ninivitischen frauenzimmer kommen / und folgends von hinnen reisen wolte. Seine schwester aber / neben der Timna / hatten hieran die meiste schuld: welche uns auf so fr \mde weise zusammen zu bringen / und dadurch ihren blutsverwandten / mit hülfe des Thebah /auf den Syrischen tron zu setzen / vermeinet.

So hat euch dieser Prinz geliebet? fragte die K \nigin nochmals / ganz voll gedanken. Was bewegt euch liebste schwester! (antwortete die Prinzessin) so ämsig hiernach zu fragen? habt ihr etwan teil hieran? und ist vielleicht dieser Prinz euch unbeståndig worden? Unbeständig genug / (war der Königin wiederantwort) nicht aber auf solche weise / wie ihr vermutet. [552] Ich habe diesen betrieglichen Fürsten / unter der Aramena namen / zum mitwisser aller meiner heimlichkeiten gemacht und håtte nimmermehr gläuben oder mir einbilden können / daß man mich also teuschen wůrde. Zwar ist er hierüm nur all zu schwer gestraffet worden: und wie ich dadurch allen meinen unwillen gegen ihm verloren / also verneme ich nun gerne / daß ich mir fälschlich von ihm eingebildet /als wan sein verbrechen von einer ungereimten liebe entsprungen wåre.

Wodurch dan (fragte die Prinzessin) hat dieser Prinz seine straffe entfangen? Ach leider! (sagte die Königin / und mit einem seufzer) er und der edle Cimber / sind diesen morgen jåmmerlich üm ihr leben gekommen. Kaum hatte sie dieses ausgeredet / da gereuete sie dessen: weil sie verspůrte / daß ihre schwester ganz erblasste / und ein håftiges entsetzen zu tag gabe. Die Prinzessin wuste selber nicht / wie ihr geschahe / daß diese zeitung ihr also an das herze stieße: und da sie niemals vermeinet / daß sie den Dison lieben k \nte / entfande sie nun eine unruhe /dergleichen sie nie gefüllet hatte. Diese lockte ihr die tränen aus den augen: welches die Königin ersehend /sich nicht enthalten konte / ihr mit weinen gesellschaft zu leisten. Sie verharreten in diesem mitleiden / bis die Prinzessin sich wieder erholend / zu der K \nigin sagte: Ich sehe / wir beweinen beide unsern feind /den Dison; wiewol der edle Cimber vielleicht mehr teil haben mag an meiner schwester tränen / als der Prinz von Seir. Ich beweine sie beide / (gabe die K \nigin zur antwort) wiewol mit dem unterschied /daß der eine mich nie beleidigt / der andere aber /durch verhelung seines geschlechtes / gegen mir sich gröblich versehen.

Darf ich mich wol unterstehen / (fragte die Prinzessin /) diesen armen Prinzen zu entschuldigen? Sein[553] verbrechen / ist dem meinigen ganz gleich. Er hat anfangs / das gelübde ssiner g \ttin Isis zu halten / sich weiblicher kleidung müssen bedienen: und ich bin gleichfals / nun etliche monate / der Diana beständig zu bleiben / in manskleidern betrieglich einhergegangen. Sein verlangen ware / unvermerkt und mit guter art vom Ninivitischen hof hinweg zu kommen: welches ja anzeiget / daß er seine K \nigin / wider seinen willen / so lang betrogen habe. Also wartete auch ich auf eine sichere gelegenheit / nach Ninive zu kom men: da ich dan långer / als ich gesonnen war / des Disons namen füren müssen. Da er heimlich ein man war / und gleichwol mich / die er auch für einen man hielte / ihn zu heuraten / durch die Timna ersuchen lassen / was ist anders hieraus abzunemen / als daß sein vorsatz / gleichwie der meinige / warhaftig gewesen. Wir haben uns miteinander beraten / daß wir durch solches mittel / ich mit ihm / als einer geheiligten iungfrauen der Diana / nach Ninive zu gelangen /und er mit mir / als einem Isispriester / zu entkommen / trachten wolten. Wäre es nach unser beiderseits gedanken ergangen / so hättet ihr / liebste schwester! niemals erfaren / daß Aramena Dison / und Dison Aramena gewesen. Ahalibama und Timna sind allein schuldig / daß sich der arme Dison neben mir in diese weitläuftigkeit gestůrzet: dadurch er / von liebe gegen meiner person betöret / an seinem gelůbde brüchig worden / und folgends gar üm sein leben gekommen; ich aber meiner hofnung / zu meiner ruhe im tempel zu Ninive zu gelangen / bin entsetzet worden.

Ihr seit so beredsam / den Prinzen von Seir zu verteidigen / (sagte die schöne K \nigin / mit einem betrůbten lächlen /) daß ich den Dison wider lebendig wünsche: damit ich hinwider ihme bei euch das wort rede; [554] wodurch ich seine und meine unschuld aller welt kund machen / und er / euch liebend mich aus dem verdacht setzen wůrde / als wan ich ům seine verstellung in meinem frauenzimmer gewust / und dieselbe so lang gedultet håtte. Nun er todt ist / (antwortete die Prinzessin) finde ich dieses zu beantworten unn \tig /und haben wir unsere zeit nützlicher anzuwenden /weil die nacht uns bald wird von einander trennen. Ich verlange aber zu wissen / wie ihr an diesen ort gekommen / und wie ich nun / nach unserer kentnis /mich ferner zu verhalten habe? Die sch \ne Königin vergnügte hierauf ihrer schwester verlangen / ihr alles erzehlend / wie es üm Ninive und mit ihr selbst bewandt war: und hielte sie hiernächst für nötig / folgenden tags dem Husan und Arsas zu er \ffnen / was mit verwandlung des Königs Aramenes in die Prinzessin Aramena sich begeben / welches dan in vielen stůcken ihr gefasstes vorhaben ändern würde. Aber dem Abdastartus keinen argwan zu geben / befanden sie fůr gut / daß die Prinzessin sich ietzund in ihr verordnetes zimmer verfügen / und sie folgenden abends an diesem ort einander wieder suchen solten: und verhieße ihr die K \nigin / daß sie für sie sorgen wolte /damit ihr bästes mit in acht genommen würde.

Also schieden nun diese beide durchleuchtige Aramenen wieder voneinander / und begaben sich in ihre zimmer. Sie hatten auch das glůck / daß ihr sonst-wachsamer hüter / der Abdastartus / nichts von dieser ihrer zusammenkunft innen wurde: welcher inzwischen beschäftigt gewesen / seinen neuen gast wol zu bewirten / den er diesen abend bekommen hatte. Dieser ware der halbtodte Cimber / für dessen lebens-fristung der himmel wunderbarer weise gesorgt hatte: weil dieser großer held / noch viel gutes auf erden zu verrichten / verordnet [555] war / und darüm nicht also verderben sollen. Er ware / mit vielen wunden und onmächtig / von seinen mördern in den Pharphar geworfen worden: der ihn aber nicht weit getragen / sondern nahe darbei an ein haus getrieben / in welchem des Abdastartus schwester / eine tugendhafte matron / und witwe eines ratsherrn in der stadt Damasco / wonete. Diese mitleidige frau hatte diesen verwundten körper gleich aus dem wasser ziehen lassen / auch / weil sie noch ein leben in ihm vermerkte / die barmherzigkeit an ihm erzeiget / und seiner so wol gepfleget / daß Cimber / wieder zu sich selbst kommend / ihr als seiner woltäterin er \ffnet / wie es ihm ergangen ware. Weil hieraus diese frau abname / daß der Cimber / als ein feind der Syrer / sonder zweifel von denselben also zugerichtet worden / ware sie in die furcht geraten / daß / wan Cimber långer bei ihr bliebe und solches auskåme / es ihr wie dem Abibalus ergehen m \chte / welchen der p \bel ermordet / und dessen haus geschleiffet. Um des willen hatte sie ihn ihrem bruder / dem priester Abdastartus / zugeschicket: wol wissend / daß der ihn nicht allein heimlich verwaren /sondern auch / als ein erfarner arzt / seiner wunden wol pflegen würde.

Diesen ihren bruder / fande sie hierzu ganz willig: massen derselbe den verwundten Cimber / bei spatem abend / in dieses angebåude des tempels bringen ließe / auch alsobald seine wunden besichtigte. Er fande deren keine t \dlich / und den Prinzen / allein wegen des viel verlornen bluts / entkråftet: da er dan seine bäste arzneien fůr ihn hervorsuchete / welche so heilsam waren / daß sie dem Cimber eine ruhige nacht verfůget håtten / wann nur seine unruhige gedanken ihn hätten schlaffen lassen. Es lage ihme stäts im sinn / daß derjenige / den seine Königin liebte / (wie er aus seinen worten sich beredte) [556] diese mordthat an ihm verüben můssen: und fiele es ihm tod schmerzlich /von so einer tugendvollkommensten K \nigin zu gläuben / daß sie hierbei anteil habe / und nun mit lastern befleckt lebe. Höret diese unvergleichliche Königin dan auf / (sagte er bei sich selbst /) tugendhaft zu seyn / als sie nun erfahren / daß ich sie geliebet / welches der glückliche Dison ihr nicht wird verschwiegen haben? Was ist wol hierbei mehr zu bewundern? daß die K \nigin in meine ermordung eingewilligt? oder daß sie / des getreuen Abimelech vergessend / den m \rder seines freundes lieben kan? Hätte man noch darüm diesen schluß gefasset / den Abimelech eines mitbulers zu entledigen / so wolte ich solches der liebe gern zu gut halten. Nun ich aber sterben sollen /üm eines Disons willen / der / nicht wie ein held /sondern wie ein lotterbube / mein blut gesuchet: das /das gehet mir all zu nahe! Ich beklage / daß ich noch leben mus / ům zu wissen / und mich zu erinnern /daß die Königin von Ninive unbeständig / leichtsinnig und lasterhaft werden können. Verzeihe mir / unvergleichliche schöne! daß mein mund dieses von dir reden darf: und wisse / daß mein herz dich doch noch liebet / ob es schon diese gedanken von dir hegen muß.

Die mattigkeit schlosse ihm hiermit mund und augen / und machte ihn gegen dem morgen einschlaffen: als eben Abdastartus kame / ihn zu besuchen. Dieser war erfreut / ihn ruhen zu sehen / dessen er so sehr vonn \ten hatte / und gienge hin nach seinem andern kranken / dem König von Syrien: den er gleichfalls ganz munter und frisch fande. Er schriebe solches seinen arzneien zu / welches doch eigentlich von gestriger abendbesprechung in garten herrůrete: weswegen er ihn zu deren fernerem fleissigen gebrauch vermanete. Aus angeborner verschwiegenheit [557] und begierde / nie anderst als treu erfunden zu werden / verhelete er ihm / und der K \nigin von Ninive / daß Cimber in seinen hånden ware: gleichwie er auch dem Cimber von diesen beiden andern seinen gästen nichtes sagte / welcher dannenhero unwissend bliebe / daß seine durchleuchtige Aramena ihm so nahe wåre. Gleich so verschwiegen war er auch / gegen seiner schwester / gegen dem Mephres / Husan / Mamellus und Elihu: und muste ihrer keines üm mehrere personen wissen / als die ihm ein iedes anvertrauet hatte.

Als die zeit / bei dem gottesdienst zu erscheinen /heran gekommen / begabe sich Abdastartus nach dem ort / da man die opfere zu halten pflegte: weil noch nicht der innere tempel und ein oberpriester / in gegenwart des K \nigs von Assyrien / war eingeweihet worden. Er fande daselbst den Fürsten von Ram /neben etlichen Assyriern. Weil er wol wuste / daß Elihu nicht ihres glaubens war / massen er ihm solches vertrauet hatte: als konte er leicht erraten / daß er betens halber nicht angekommen wåre. Demnach gesellte er sich zu ihm / und fragte nach der ursach seiner dahinkunft. Elihu fragte hinwieder / wie es dem Syrischen König erginge? Abdastartus erfreute ihn hierauf mit der zeitung / daß es iezt gar wol üm ihn stünde / und daß er ihn noch nie so gesund an leib und gemüt gefunden hätte / als diesen morgen. Nemet ihn doch wol in acht / mein vatter! (sagte Elihu) dan /die warheit zugestehen / ich bin sehr besorgt / unser statthalter d \rfte gegen diesem unschüldigen Prinzen nichts gutes im sinn haben.

Es ist Aramenes / (antwortete Abdastartus) auf euer und des Mamellus verordnung / von meinen obern mir in hut befolen worden: weil ich nun die aufsicht ůber ihn habe / als wil ich schon gut dafůr seyn / daß [558] ihme bei mir kein leid widerfare. Es ist auch ohndas unsres amtes nicht / einigem menschen schaden zu zufůgen: und da ich sonst iederman gern diene / wůrde ich doch meine dienste demjenigen versagen / der solche zu iemands beleidigung misbrauchen wolte. Euer edles anerbieten (widerholete Elihu) ist mir ům soviel erfreulicher / weil meine fürsorge hierin sich nicht ohn ursach bemůhet: massen ich dem statthalter angemerket / daß er mit mördlichen gedanken gegen unsrem K \nig ůmgehe. Ich bin / sowol als er / gut Assyrisch: aber /auf zulassen des Königs von Babel / darf ich wol für das leben des armen Aramenes sorge tragen; zumal meinem vatter und mir der K \nig Belochus erlaubet /daß wir uns dieses Syrischen Prinzen / so ferne / als es ihme und dem staat nicht schädlich ist / gar wol annemen mögen. Daher habe ich euch / mein vatter /beizeiten erinnern wollen / daß ihr auf ihn gute acht haben wollet. Ich konte wol erachten / (antwortete Abdastartus / und lächelte) daß euch nicht / der eifer zum dienst unsrer g \ttin / also früh in diesen tempel getrieben / und daß es ein andere ursach haben müste.

Nachdem hierauf Elihu den opfern beigewonet hatte / und nun wieder hinweg gehen wolte / wurde er unversehens von dem alten Thebah begrüßet: welcher als er diesen Fürsten nach dem tempel fahren gesehen / diese gelegenheit ergriffen / ihme sein großes fürhaben zu entdecken. Elihu freuete sich nicht wenig / diesen alten / den er vordessen wol gekant / wieder zu sehen: von dem er viel dings / die Syrische K \nigliche kinder betreffend / zu erfahren verhoffete. Demnach war er ganz willig / auf sein ansuchen / ihme geheimes gehör zu geben. Zudem ende / ginge er mit ihm in einen abgesonderten ort des tempels / da niemand sie verst \ren noch behorchen konte. [559] Wie sie nun daselbst sich niedergelassen / begunte Thebah den Elihu also anzureden: Die alte vertreulichkeit / edler Fürst! mit deren ihr mich ehmals bewürdigt / und die wissenschaft / so ich dadurch von eurer großen aufrichtigkeit und sonderbarem verstand erlanget / reitzet mich an / bei ietzigem zustand unsres vatterlandes /mein absehen allein auf euch zu richten / und unter allen Syrischen Fürsten euch auszukiesen / durch den mein großes fürhaben möge erfüllet werden. Es fehlet euch weder an muht noch an verstand / ein Königreich zu regiren. Es manglen iezt auch die mittel nicht / euch in solche würde zu erheben: wan ihr nur dem raht eures getreuen Thebah folgen wollet / der euch die schönste dame auf erden / samt diesem großen Königreich / zu besitzen anbietet.

Elihu / ganz verwundert / und nicht wissend / wie er dieses verstehen solte / sagte lächlend zu dem Thebah: Wollet ihr mich vielleicht auf die probe füren? oder wisset ihr nicht / daß ihr mit einem Assyrier redet? Ich weiß gar wol / (versezte der Thebah) daß ihr sehr gut Assyrisch seit. Aber / wie gesagt: Syrien und deren kronerbin ist euer / wann ihr nur selber wollet. Weil er hiemit den Elihu aufmerksam gemacht / als finge er hierauf an / ihm alles nach der länge zu erzehlen / was sich von anfang her mit der Prinzessin Aramena zugetragen / und wie er endlich dieselbe /ům sie an den Prinzen von Seir zu verehlichen / mit hülfe des Zophars und der dreien Fürstinnen von Seir / bisher fůr den K \nig von Syrien ausgegeben håtte: da ihre meinung gewesen / die Syrer / weil sie so sehr nach ihrem König verlanget / durch dieses fürgeben /von Assyrien abtreten zu machen; und håtte nachgehends der Dison / wann er durch beistand der Canaaniter sich auf den thron befästigt / [560] die larve abziehen /und sich den Syrern / als ihr K \nig und der Aramena gemal / zeigen sollen.

Weil aber der elende tod dieses Prinzen / (fuhre er fort / nachdem er etliche seufzer geholet) nunmehr diesen anschlag vernichtet hat / und ich / meines K \nigs nachgelassenen kindern bis in den tod treu und hold zu bleiben / so schůldig als geflissen bin /auch nunmehr die Königin von Ninive für des grossen Aramenes åltste tochter erkant worden: als ist iezund mein meistes denken und dichten / daß ihr auf ihren vätterlichen tron möchte verholfen werden. Solte / die vorhabende heurat zwischen ihr und dem König von Babel / für sich gehen / so bliebe Syrien / nach wie vor / unter dem joch eines fr \mden Monarchen: welches die nun einmal aufgeregte Syrer nimmermehr zugeben / sondern dieser heurat / wann sie erfahren /daß es mit ihrem K \nig Aramenes ein betrug gewesen / sich ja so stark widersetzen werden / als eifrig sie nun dieselbe bef \rdern. Ist es wol möglich / (fiele ihm der bestürzte Elihu in die rede) daß der vermeinte Aramenes diejenige Prinzessin sei / die man solang für des statthalters von Syrien tochter gehalten? Wo habe ich dan bisher meine augen gehabt / daß ich diese Prinzessin nie erkennet / mit der ich doch ehmals so grosse vertreulichkeit gepflogen habe?

Das beständige gelübde dieser Prinzessin / (sagte Thebah ferner) hat sie solang unter mannskleidern versteckt gehalten: und kan ich nicht anderst gläuben /als daß sie nach Ninive / dahin iederzeit ihr verlangen gestanden / entkommen seyn werde. Weil nun / der geburt-vorzug / ihrer ältern schwester den hiesigen tron zuerkennet / als müssen und werden alle rechtschaffene Syrer dahin trachten / daß sie diese ihre Erbk \nigin darbei schützen mögen. Ein Syrischer Fürst / muß ihr [561] gemal werden: und ist Elihu solcher ehre vor andern würdig / auch deren fåhig / wann er nur seinen verstand dazu anwenden wil. Ich weiß /mein Fůrst! daß ihr diese wunder-sch \ne liebet / so heimlich ihr auch solches halten möget. Verzeihet mir / (rieffe der getroffene Elihu) daß ich euch wieder in die rede falle: aus was grund wisset ihr von meiner liebe zu sagen?

Ist es auch n \tig / (antwortete Thebah /) euch ein ding zu erweisen / so ihr schon selbst am bästen wisset / daß es wahr sei? Jedoch / euch hierin zu befriedigen / wil ich euch nur jenes abends erinneren / als die wunderhochzeit des Disons und der Aramena auf der Kemuelsburg fürginge: da ihr / im tempel der Juno /euch an eine seule gelehnet / und mit unverwandten augen die schöne Königin von Ninive betrachtet. Ach! erlaube mir doch / (hörte ich euch damals sagen /) du allm \gendes himmelsgeschicke! daß ich / gleichwie Dison iezt ihm die Aramena vermålen låsset /also auch mein herz und meine gedanken mit der himlischen Delbois verbinden dörfe! Suchet doch meine keusche liebe nichtes / als nur den bloßen augengenuß ihrer anschauung: darům entziehe mir doch nicht meine unschuldige vergnůgung / welche der hohen verehrung / die ich ihr schüldig / nicht das geringste entziehet. Ich betaurete damals bei mir selber / was ich nun für das glück von Syrien halten muß: weil zweifelsfrei der himmel / nicht ohne ursach / euch diese neigung zu unserer Erbk \nigin ins herz gepflanzet. Diese durchleuchtige Aramena ist nun euer /wann ihr nur selber wollet: und wil ich euch alsobald die ganze Canaanitische macht zu hülfe bringen /wann ihr nur den schluß fasset / allhier K \nig zu werden.

Ich sehe / Thebah! (sagte hierauf Elihu) daß ihr [562] von mir wisset / was ich für aller welt / ja fast fůr meinem eignen herzen / verborgen halte. Ich erkenne aber mit schüldigstem dank / daß ihr mir dieses h \chste glůck zuschätzet. Weder mein muht / noch meine liebe /k \nnen euren guten raht ausschlagen. Aber / es fehlet uns hiebei noch das fürnemste / nämlich die einwilligung der großen Aramena. Wann ihr die reden recht erwåget / so ich damals in der Juno tempel gefüret /werden sie euch die hohe ehrerbietung anzeigen / mit der ich diese g \ttin anbete. Solte ich nun / selbige hintan setzend / ein vorhaben fassen / das den gedanken ihres herzens entgegen wäre? ach nein! Auf ihrem willen beruhet dieses ganze werk. Wir sind auch so unglücklich / daß wir nicht einmal wissen / wo sie zu finden ist. Lasset uns demnach für allen dingen trachten / sie wieder zu finden: damit wir / so grosse anschläge / bei dem rechten ende anfassen.

Ich bin ganz mit euch einig / (gabe Thebah zur antwort /) und finde alles recht von euch beurteilet. Die wiederfindung der Königin von Syrien aber zu befördern / müsset ihr euch fůr sie \ffentlich erklären /auch die beschaffenheit ihrer und des bisher-geläubten Syrischen Königs geburt / allenthalben kund machen. Solches wird ihr / sie sei auch wo sie wolle / bald für ohren kommen / und sie / euren guten dienst zu erkennen / verbinden. Denen Fürsten in Syrien / euren vettern / dörfet ihr hierin euch nicht vertrauen: dan euch /teils deren eiversucht / teils ihr mistrauen / mehr hinter-als förderlich seyn würde. Ihr müsset andre hülfe suchen / die sich bereits aus Canaan anbietet: und wird es mich nur ein wort kosten / so soll euch der Beor auf den Syrischen tron erheben.

Man muß (antwortete Elihu) zuvor wol ůberlegen /was von so großer wichtigkeit ist / ehe man darin einen [563] gewißen schluß fasset. Ich bin dem Assyrischen haus verbunden: und mit demselben zu brechen / wird mir sehr schwer fallen. Wem seit ihr aber mehr schuldig? (fragte Thebah) euch selber / oder dem Belochus? Und wird auch dem haus Assyrien dardurch geholfen seyn / wan schon ihr euch weigern wollet / ihm die Syrische kron ab zu nemen? Ich frage ferner /mein Fürst! werdet ihr wol / euer glück verachtend /damit verwehren / daß Aramena nicht Syrische Königin werde? Und wird auch Cyniras / Elhanan / Nahor / oder ein anderer Syrischer Fürst / dasjenige ausschlagen / was ihr anzunemen so lang in bedenken ziehet? Ich habe darüm euch allen diesen fürgezogen /weil ich vermutet / daß euer kůner verstand dieses große glück am båsten zu ergreifen wisse. Der feldherr Dison / ist todt. Der vermeinte Aramenes / bleibt noch immer verloren. Belochus / wird täglich erwartet. Vermeinet ihr / daß ich die gewiße hülfe der Cananiter aus handen lassen / und deren mich nicht gebrauchen werde? Ich habe wider die Syrer mich zu schůtzen / die ich mit aufdichtung eines K \nigs beleidigt. Wir müßen dem Belochus wehren / daß er / der jetzigen verwirrung sich bedienend / die Syrer nicht wieder aus ihrem vorteil treibe. Ich habe wenig zeit mehr in der welt zu leben: alle stunden aber / so mir noch bevorstehen mögen / wil ich allein zu bef \rderung der aufname des Aramenischen hauses anwenden / und meinen lezten odem dabei aufsetzen / üm Syrien unter seinen rechten herrn wieder zu bringen.

Habt ihr noch einen Syrischen blutstropfen in euch / (sagte der Thebah ferner / und zwar mit ernsthafter rede / als er sahe / daß Elihu in tiefe gedanken geriete) so erweiset es bei dieser gelegenheit. Bedenket / wie euer eltervatter / der große Nahor / euch aus [564] dem grab zuruffe / daß ihr euch seines und eures geschlechts annemen / und dieses land von fr \mdem joch befreien sollet. Was hält euch / Elihu! da tugend / liebe / natur / ehre und die m \glichkeit / zu diesem vorhaben euch gleichsam hierbeiziehen. Ich bin überwunden / weißer Thebah! (sagte endlich Elihu) und erkläre mich / mein leben für die Königin von Syrien aufzusetzen. Ich werde hierzu angetrieben / durch die liebe gegen meinem geblůte und gegen meinem vatterland. Weil auch kein Aramenes vorhanden ist / als befinde ich / daß des K \nigs Belochus heurat mit der Aramena nicht fortgehen könne.

Der erfreute Thebah ümfasste etliche mal den Fürsten von Ram / auf diese seine erklärung: welcher ihm hiernåchst vertraute / wie die jüngere Prinzessin Aramena / als vermeinter Aramenes / in diesem tempel von dem Abdastartus aufbehalten würde; mit erzehlung aller ümstånde / wie es damit zugegangen. Der Thebah vername dieses mit unbeschreiblicher freude /und fiele ihm hierbei ein / diese Prinzessin an den Tharsis zu verbinden / und ihm dadurch zum K \nigreich Ninive zu verhelfen: weil er von der Fürstin Calaride vernommen hatte / wie die Königin Philominde es also verordnet / daß wann zwo t \chter nachbleiben würden / die ältere Syrien / die jůngere aber Ninive /haben solte. Er vertraute alsofort diese seine gedanken dem Elihu / der dan alles gut befande: wie er dan nunmehr / da er einmal sich dahin erkläret / die Syrische seite zu halten / ihme ämsig angelegen seyn ließe /dieses große werk wol hinauszufůren. Es ward hierauf abgeredet / daß der Thebah in person alsofort nach dem Beor reisen / und denselben / sich eiligst Damasco zu nähern / bereden solte: mit versprechen /daß ihme sobald die Ahalibama / dem [565] Hemor aber die Milcaride / solte ausgefolget werden / wann sie dargegen / der Syrischen K \nigin / wider ihre feinde / hůlfe zu leisten / versicherung thun wolten. Um aber noch iemand auf ihrer seite zu haben / beschlossen sie /dem Zophar / wie auch den Niniviten / diesen anschlag zu vertrauen / damit durch ihren beistand die Canaaniter in die stadt kommen k \nten. Auf solche abrede / schieden sie endlich von einander.

Mitlerweile nun der Thebah sich zur reise růstete /und Elihu seine ehrsucht und liebe in gedanken weidete / befanden sich Husan / Arsas / Barzes und Tharsis / bei der sch \nen Königin Aramena: da die beide letzere eine unbeschreibliche freude bezeugten / ihre verlorne Königin wieder zu sehen. Sie hatte / durch beförderung des Abdastartus / diese Syrische und Ninivitische Fürsten in den tempel zu sich beschieden /und nachdem sie die freudbezeugungen ihrer Niniviten mit der h \chsten gůtigkeit aufgenommen / sagte sie zu dem Husan: Ich befinde mich gen \tigt / euch /mein vetter! fůr alle gute dienste / die ihr mir bisher erwiesen / eine böse zeitung zu sagen. Aramenes /euer K \nig / ist nicht mehr vorhanden. Wil nun Syrien mich annemen / so stelle ich mich hiermit dar / als eures Königs nåchste erbin zu dieser krone.

Husan wurde so bestürzt / die Königin also reden zu h \ren / daß er kein wort ihr zu antworten vermochte. Sie aber / ihn nicht lang in dieser qual aufzuhalten / erzehlte ihm und den andern / was ihr gestriges abends im garten begegnet / wie sie nåmlich / da sie vermeinet / ihren bruder zu sehen / eine schwester gefunden / und von ihr erfahren / daß sie bisher den Aramenes fürgestellt håtte. Ihr sehet nun / (sagte sie ferner / zugleich das kästlein herfůr ziehend / darin die zeugnise von ihrer geburt [566] lagen) daß / verm \g meiner eltern verordnung / und des Nebozars profezeiung / nur Syrien / und meiner jüngern schwester Ninive / zukommet / wie den hiervon der Königin Philominde eigene worte reden / welche also lauten: Helfet der åltsten zu dem Syrischen / der jungsten aber zu dem Ninivitischen tron. Es wird auch / in dem dreizehenden absatz iezt-erwehnter weissagung / beider reiche Syrien und Ninive gedacht / die des Aramenes kinder erben sollen. Darüm zweifle ich nicht / ihr werdet sämtlich euch das gefallen lassen / was der himmel also gut befunden und verordnet hat.

Grosse K \nigin! (sagte hierauf Husan /) es wird verhoffentlich kein Syrer seyn / der nicht mit mir ůbereinstimme / und mit freudigem gemüt diese himmelsgabe / eine so unvergleichliche K \nigin / anneme. Wie ich dan hiemit E. Maj. im namen der andern / die schüldigste pflicht / die unterthanen gebůret / abstatte / und versichere / daß wir gut und blut bei E. Maj. aufsetzen wollen. Nachdem er dieses kniehend gesaget / ließe er den andren auch raum / der Königin zu dem Syrischen tron glück zu wůnschen. Die Niniviten beklagten zwar hierbei / daß Ninive also ihrer fürtreflichen regirung beraubet wurde: doch tr \stete sie sich wieder mit der hoffnung / einen beständigen dienst bei ihr zu behalten. Bei dem Tharsis wachete sein ehmaliges liebesfeuer wieder auf / da er vername / wie es mit der Prinzessin Aramena beschaffen / und daß die erlangung ihrer person ein ganzes königreich konte zu wege bringen.

Es begunte aber / nach dieser eröfnung / die schöne Königin mit ihnen raht zu halten / wie alles nun anzugreifen wåre / und wie man so wol den Assyriern / als den Syrern und Niniviten / begegnen muste. Husan /[567] nach reifer erwägung dieses handels / fande darin viel schwere dinge. Doch wurde / nach langem ratschlagen / endlich dieser schluß gemacht / daß die K \nigin ihre reise nach Sepharvaim nicht beschleunigen müste; und daß der Tharsis / mit der hälfte der Ninivitischen v \lker / sich nach Ninive wenden / und seinem herrvattern zu hůlfe kommen solte. Inzwischen wolte Husan gelegenheit suchen / den Syrischen Fürsten beizubringen / wie sie / nicht einen König / sondern eine Königin bekommen hätten / die nicht durch heurat mit dem Assyrischen K \nig / sondern durch gänzliche absonderung von den Assyriern / ihren tron bestätigen můste. Und weil die K \nigin erwehnet hatte /daß / durch beförderung des edlen Cimbers / der K \nig von Basan ein mächtiges heer / ihr zu dienst /an die Syrische gränzen schicken wolte: als wurde für gut befunden / daß die K \nigin den Fůrsten Arsas an diesen König abfärtigen / und seiner zusage ihn erinnerend / diese hůlf-völker nach Damasco zu senden /ihn solte ersuchen lassen. Weil nun die Königin solches auch schriftlich thun wolte / als forderte sie alsofort schreibzeug / und zeichnete auf ein täfelein folgende zeilen.

Schreiben der Königin Aramena von Syrien / an den König Marsius von Basan.

Es hat mir unlängst / die freundschaft des unvergleichlichen Prinzen Cimbers / dessen gedächtnis ich niemals ohne tränen verehren werde / von E. Maj. die grosmütige versicherung erhalten / daß sie mir / als damaliger bedrangter Königin von Ninive / durch diesen Prinzen / ihre dapfere Celten und Teutschen zu hülfe schicken wolten: für welche unverdiente [568] gutthat ich mich zeit lebens E. Maj. werde verpflicht erkennen. Weil dan nun mein name und ankunft / nicht aber mein bedrangter zustand / sich verändert / als lebe ich der hofnung / E. Maj. werden sich der Königin von Syrien / so gütig / als deren von Ninive / erweisen / und nun verordnen / daß dero versprochene hülfe in der that und eiligst erfolgen möge. Wird nun /mein königlicher tron / durch so dapfren beistand /befästigt werden / so wil ich nimmermehr aufhören /die güte des höchsten für des grossen Marsius wolwesen anzuflehen / und allemal mit meinen land- und leuten den Celten wieder zu dienste stehen: die ich sämtlich höchst verehre / in erinnerung des edlen Cimbers / der mir nicht allein ihre kentnis erworben /sondern auch das glück zu wege gebracht / daß ich mich darf nennen


E. Maj.

verpflichtete freundin.

Aramena K \nigin von Syrien.


Nach verfårtigung dieses schreibens / stellte sie dasselbe dem Fürsten von Cale zu / und sagte: Ich beschwere euch iezt unaufh \rlich mit reisen / welches der lohn ist für eure sonderbare treu; doch hoffe ich /mit Gott / eure dienste dermaleins mit ruhiger vergeltung zu erkennen. Hierauf / zoge sie ihn beiseits an ein fenster / und gabe ihm noch ein schreiben / an ihren Abimelech lautend / worin sie demselben ihren ganzẽ zustand entdecket: ihn hoch verpflichtend / solches durch einen sichern boten nach Seir zu verschaffen. Nachdem dieser Fürst / alles aufs treulichste zu[569] verrichten / angelobet / kame er auf die Timna und Ahalibama zu reden: deren klåglichen zustand /wegen des tods ihres brudern und wegen der K \nigin ungnade / er so beweglich fürbrachte / daß die fromme Königin / alle beleidigung vergessend und mit dem Dison verscharrend / ein sonderbares verlangen erwiese / diese ihre alte freundinnen bald wieder zu sehen. Aber Husan / der solches mit anh \rte / fande es noch zur zeit nicht ratsam / und hielte fůr der K \nigin große angelegenheit / daß weiter niemand erfůre / wo sie oder der vermeinte Aramenes sich aufhielte: welches sie dan / zumal in betrachtung ihres jetzigen zustandes / der ihr keine vergnügung gönte / ihr muste gefallen lassen.

Als sie hierauf die Königin verlassen / und Husan sich nach dem Fürsten von Hus begeben / ließe der Tharsis von stund an / durch den Elimodan und Hadat / die Niniviten / die meist drausen vor Damasco lagen / zusammen ziehen / und verfügte sich auf den abend selber hinaus / üm den folgenden tag in aller frühe fortzugehen: den Zaphis / mit acht tausenden / in Damasco verlassend. Der Arsas rüstete sich auch zu seiner reise nach Basan / und zoge noch selbigen tags hinweg / sonder seiner gemalin / noch auch der Ahalibama und Timna / zu sagen / wohin er reisete / und was er von der K \nigin wuste. Also wurde auf zweien seiten / von dem Husan und Elihu / fůr die sch \ne Königin Aramena gearbeitet / ohne daß einer von dem andern wuste.

Elihu brachte es / in wenig tagen / mit dem Zophar so weit / daß der ihm verhieße / seine seite zu halten /und den Beor in Damasco einzulassen. Husan hingegen hatte nicht minder glück / und beredte die meisten von den andern Fůrsten / daß sie / so lieb die K \nigin von Ninive / als einen König / über sich herrschen zu lassen / [570] sich erklårten: wiewol der Fürst von Hus noch beståndig bei dem Aramenes hielte / und die heurat des Belochus mit der Aramena sehr verlangte. Es sagte ihnen zwar Husan nicht eigentlich / wie es mit dem vermeinten Aramenes bewand war / weil er solches noch fůr undienlich hielte: sondern er priese nur die ungemeine tugenden der Königin von Ninive /und stellte ihnen dabei die zärtlichkeit ihres Königs fůr / der auch vielleicht von den Assyriern wol heimlich gar hingerichtet seyn möchte. Es beunruhigte aber / so wol den Elihu / als die andere Syrische Fürsten /nicht wenig / der unvermutete aufbruch des Tharsis mit seinen Niniviten: und schlossen sie alle daraus /daß etwan die sch \ne K \nigin Aramena ihren weg můste nach Ninive genommen haben. Der zurückgelassene Ninivitische Zaphis / wurde hierum befraget: der aber sich mit seiner unwissenheit entschuldigte /und ihnen des Tharsis zurückgelassenen befehl fürzeigte / welcher dahin lautete / daß er mit den acht tausend Niniviten in Damasco solte stehen bleiben.

Gleichwie aber / das hohe fürnemen des Elihu /dessen vertreulichkeit gegen dem Mamellus nun sehr vermindert / also fůlete auch hinwieder der stathalter bei sich eine nicht-geringe kaltsinnigkeit gegen diesem Fürsten / den er doch sonst wie sein kind geliebet / und fienge er an / ein mistrauen in ihn zu setzen: welches damals schon sich angesponnen / als Elihu die vermeinte Syrische Aramena beim leben erhalten /wiewol dadurch des Mamellus eigne tochter / die Prinzessin Milcaride / beim leben erhalten worden. Dieses mistrauen hatte bei ihm folgends tief gewurzelt / als Elihu zuviel sorgfåltigkeit für das Königliche Syrische geblüt erwiesen / indem er / üm des Aramenes erhaltung und aufbewahrung in [571] den tempel der Isis /sich so ämsig bemůhet hatte. Dieses verursachte / daß Mamellus ihm nichtes davon endecket / wie er die hinrichtung des Cimbers und verschließung des Disons angestellet.

Weil ihm alles dieses so wol von statten gegangen /als wuchse in ihm die begierde / dem staat zum bästen / mehr b \ses zu verůben und den Aramenes auch auf die seite zu schaffen: welches er nicht für unrecht hielte / weil es zum båsten seines Königs angesehen war /und sein gewissen / durch die gewonheit so ungerechter händel eingeschläfert / ihn unfåhig machte / die in ihm noch-glimmende tugendbegierde aufzumuntern /und von solchen bösen stücken abzuhalten. Es fiele ihm auch so unleidlich / das K \nigliche ansehen / in welchem er soviel jahre bei dem Syrern gelebet / zu verlieren / daß er / zugleich üm deswillen / in Syrien keinen K \nig dulten konte. Er besorgte / wan sein K \nig die schöne Aramena von Syrien geheuratet /ihre überredungen würden bei ihm so gůltig und kräftig seyn / ihrem bruder die Syrische kron zu erlangen. Um nun stathalter in Syrien zu bleiben / und den Babylonischen zepter alda fåst zu stellen / beschloße er /daß Aramenes sterben můste: welches aber werkstellig zu machen / er gar schwer befande. Seines Königs befehl / welchen Elihu von Acraba mitgegebracht; die mitwissenschafft dieses klugen Fürsten / wo Aramenes aufbehalten wurde; des Abdastartus redlichkeit /und der heilige ort des tempels: diß alles waren große hindernise / dieses m \rdliche vorhaben hinaus zu füren.

Doch überwande seine list dieses alles / und fuhre er / eines morgens sehr früh / nach den Isis-tempel: da er von dem obersten unter den priestern / dem weißen Mephris / entfangen wurde / und mit ihm allein sich in ein [572] zimmer verfügte. Er fragte erstlich nach des Disons zustand / und vername / daß dieser sich wie unsinnig anstellte / nur immer über seine unschuld rieffe / auch sich ganz und gar nicht zum priestertum verstehen wolte / und sehr lästerliche worte gegen die heilige Isis ausstieße. Sie wären hiedurch gen \tigt worden / ihn anzuschliessen und zu dem Bethuel zu bringen / der sich gleich also gebårdete / und seit der zeit / da er auf des stathalters befehl in ihren tempel gebracht wordẽ / sich auch ganz nicht bequemen wollen: ungeacht etliche von ihren weißesten priestern ståts üm sie wären / und sie ihres gelůbdes erinnerten. Mamellus ermanete hierauf den Mephris / daß er ja nicht ermüden wolte / diese beide wieder zu recht zu bringen: dan er wolte nun den Bethuel nicht / wie er willens gewesen / auch dem Elihu verheisen hatte /aus dem tempel erlassen / in befahrung / daß er an ihm einen verfolger / als einen freund des Syrischen k \niglichen samens / bekommen möchte.

Nachdem er hierauf dem Mephris angedeutet / wie er ihme / von seines K \nigs wegen / etwas sonderbares anzubringen håtte / und diesen guten alten nun sehr aufmerksam sahe / redete er ihn also an: Ehrwürdiger vatter! ihr wisset / ohn mein sagen / den jetzigen gefärlichen zustand in Syrien / und wie so gewaltige feinde sich herfür thun / dem großen Belochus zu schaden / und ihme dieses Königreich zu entwenden. Den fůrnemsten unter diesen / habt ihr bei euch in eurem tempel. Der Fůrst Elihu von Ram und ich /haben / auf den scheinbefehl unsers Königs / euch den Aramenes / etwan vor zehen tagen / ůberliefert. Ich nenne es einen scheinbefehl: weil der K \nig von Assyrien / üm diese beide / bei ietzigem gefårlichen zustande / nicht von ihme wendig zu machen / gegen dem Syrer Baracheel und dessen sohn [573] dem Elihu /sich also gesonnen stellen müßen / als wolte er diesen seinen feind alhier in tempel verwaret wissen. Ich aber habe einen andern befehl von meinem König er halten / nåmlich / daß S. Maj. zur sicherheit seiner person / zu erhaltung des teuren friedens / und zu aufname eures tempels / beschlossen habe / diesen Königlichen jůngling / der g \ttin Isis / zu einem wolgefålligen opfer zu schenken / durch dessen blut den zorn der götter zu versönen / und also dem bedrangten Syrien die verlorne ruhe wieder zu geben. Diß ist es /ehrwürdiger Mephris! was ich euch anzubringen gehabt. Euch wird nun obligen / dem gebote des großen Belochus hierin ein genůgen zu leisten.

Als Mamellus hiemit zu reden aufgehört hatte / bedachte sich Mephris eine weile auf die antwort / welche endlich also lautete: So schuldig ich neben allen hiesigen priestern mich erkenne / des großen K \nigs von Assyrien befehlen ein gehorsames genügen zu leisten / so sehr stehet uns hierin unser gesetz entgegen /das nicht zugibet / einiges menschen blut zu vergießen / wan derselbe nicht ein priester ist. Wolan! (fiele ihm Mamellus in das wort) so weihet den Aramenes erstlich zu eurem priester / und lasset ihn alsdan ein opfer werden. Wan es so viel zeit erleidet / (antwortete Mephris) werden wir billig gehorchen müßen. Wie lange zeit ist dan hierzu vonn \ten? fragte Mamellus /etwas ungedultig. Drei tage (antwortete Mephris) werden dazu erfordert / da den ersten die einkleidung /den andern und dritten aber die reinigung und salbung / geschehen muß. Drei tage / (sagte Mamellus) k \n nen uns nicht schaden. Ihr müßet euch aber für allen dingen hüten / daß Abdastartus nichts hievon innen werde: weil derselbe [574] eine creatur des Elihu ist / und durch entdeckung dieses fůrhabens / alles růckgängig machen würde.

Wie kan aber / (fragte Mephris) der Abdastartus hiervon ausgeschlossen werden / da er den Aramenes verwaret? Ihr müßet ihm (sagte Mamellus) diese nacht / bei eurer g \ttin / etwas zu thun geben / in seiner abwesenheit den Aramenes aus seiner kammer holen / und ihn in ein anders wol-verwahrtes zimmer bringen: da dan Abdastartus / wan er das ledige zimmer findet / gedenken muß / daß sein gefangener sich ledig gemacht und entkommen sei. Bei des Aramenes einweihung und folgender opferung / habet ihr ja den Abdastartus nicht vonn \ten: inmassen ich mich erinnere / daß er zu diesen allerheiligsten gebräuchen nicht kommen darf / weil er / als euer schaffner / mit zu vielen weltlichen håndeln ůmgehet. Ihr könnet / die von der siebenden reihe unter euren priestern / allein hierzu nehmen / auch solches an einem andern ort /auser dem gew \nlichen / im tempel verrichten / weil doch noch nicht alles bei euch in rechte ordnung gestellet ist.

Diese fürschläge des statthalters / ließe Mephris ihm gefallen / und verhieße / solchem treulich nachzukommen. Der vorsichtige Mamellus / ließe zum überfluß / etliche von den andern priestern / die in die reihe des Mephris geh \rten / vor sich kommen: die er eben so / wie den Mephris unterrichtete. Und / ihre treu gegen dem Assyrischẽ haus noch mehr aufzumuntern / täte er ihnen von köstlichẽ kleinodien /herrliche geschenke / die er zu dem ende mit sich genommen. Worauf er wieder von ihnen ginge / nachdem er zuvor ihrem opfer im tempel beigewonet hatte. Dieses schwere werk / so nun den priestern oblage /machte sie ämsig miteinander ratschlagẽ. Nachdem sie aber endlich in ordnung gerichtet / und die [575] nacht herbei gekommen / wurde Abdastartus beruffen / und ihm aufgetragen / bei dem heiligen bilde der Isis zu wachen: mit vorwand / daß der priester / an deme die ordnung / nicht bei der hand wåre. Er / der keines betrugs sich versahe / ließe sich hierzu gehorsam und willig finden.

Sobald dieser sich zu dem bild der Isis in den tempel begeben / sandte Mephris etliche / in geheimer stille / nach des Abdastartus wonung / die den Aramenes / sonder einiges geräusche / abholen solten. Es fiele ihnen nicht schwer / weil sie aller orten die gånge und schliche wusten / zu dem bereits-schlaffenden Aramenes unvermerkt in das zimmer zu gelangen: den sie dan behend weckten / und aufmaneten / mit ihnen zu gehen. Diese gute Prinzessin / die nun solcher abenteuren wol gewonet war / entsezte sich eben nicht sonders / diese graue geistliche månner ům ihr bette zu sehen / sondern ließe ihr durch den Tirzis eiligst ihre kleider anwerfen / und folgte also ihren fůrern / sonder zu fragen / wo man mit ihr hin wolte. Also wurde der vermeinte Aramenes vor den Mephris gebracht / welcher / neben allen seinen priestern von der siebenden ordnung / in einem mit blumen und wolriechenden kräutern bestreut- und beziertem gewelbe / dieses unschüldigen opfers erwartete / und /nachdem er die sch \ne und holdseeligkeit dieses jünglings / bei dem schein der vielen angezündten lampen / höchlich bewundert / ihm ankůndigte / wiedaß er ein Isis-priester werden / und seine einkleidung folgenden tags geschehen solte. Man verließe ihn hierauf in diesem zimmer / seiner antwort unerwartet: doch wurde dem Tirzis / auf vielfältiges bitten / bei ihm zu bleiben / verstattet.

Sobald sie beide sich allein sahen / begunten sie diese ihre neue begegnis zu überlegen. Ich spüre /(sagte [576] die Prinzessin von Syrien /) daß mich die g \tter sonderlich straffen / ümwillen ich so lang in manlicher kleidung bleibe: dan was muß ich nicht / dieses meines namens halber / ausstehen? Gegenwärtige gewåltigung kommet zweifelsohn von den Assyriern her / die hierdurch / indem sie aus mir einen Isispriester machen wollen / mich ům den Syrischen thron zu bringen gedenken. Was ist aber nötig / mich långer also zu verstellen? Die offenbarung meines standes kan alle diese verfolgungen enden. Und weil mich die götter in so heiliger männer hånde geliefert / so habe ich ja nichts ungleiches zu befahren / und kan vielmehr hoffen / daß sie mir ihre hülfe / nach Ninive zu kommen / nicht versagen werden: zumal mein verlangen / weder diesen staat / noch die g \tter / beleidiget.

Bedenken sie aber nicht / (sagte Tirza hierwider) daß / die offenbarung ihres geschlechtes und standes /der K \nigin von Syrien / ihrer schwester / nachteilig seyn m \chte? Ich erinnere mich / wie diese Königin fůr hochn \tig erachtet / daß man unter den Syrern und Babyloniern noch zur zeit gläube / es sei ein Aramenes vorhanden. Sind sie dan nicht / gnädigste Prinzessin! dieses ihrem vatterlande schüldig / daß sie das noch ein wenig verschweigen / dessen offenbarung leichtlich schaden bringen könte? In betrachtung meiner schwester / (antwortete die Prinzessin) solte ich billig noch långer schweigen. Um aber die g \ttin Isis nicht also zu betriegen / muß ich notdrünglich reden: und wolte ich gern raht annemen / wann ein drittes mittel vorhanden wäre / daß mich weder schweigen noch reden hieße. Als die Tirza hierauf eine weile sich bedacht hatte / sagte sie: wann ich die gefahr betrachte / darein meine Prinzessin / durch entdeckung ihres geschlechtes / geraten kan / so stehe [577] ich sehr bei mir an / ob nicht den g \ttern das n \tige schweigen angenemer seyn m \chte: massen sie dadurch der grossen Diana sich sicherer aufbewaren / als wann sie / der gewalt und dem willen so vieler mannspersonen hier im tempel / sich unterwerfen. Ich vermeine aber /(widerredte die Prinzessin) dieser heilige ort werde nicht anderst / als mir sichern schutz halten / k \nnen. Ist schon dieser ort heilig / (wendte Tirza dargegen ein) so folget darüm nicht / daß auch heilige leute allhier wonen můssen. Nicht die kleidung / sondern das herz / machet einen zum heiligen.

In warheit / Tirza! (sagte hierauf die Prinzessin) du bringest mich in neue angst / und werde ich wol / aus zweien übeln das geringste wehlend / üm meiner sicherheit willen / noch länger Aramenes bleiben můssen. Wer weiß / (tåte Tirza hinzu) ob uns nicht unverhoffte hülfe widerfäret? Ist doch die Königin von Syrien iezt voll hoffnung / ihren tron zu besteigen! wann das geschihet / kan meine Prinzessin alsdan sonder gefahr sich kund geben. Die Prinzessin beschlosse hierauf / dem einrat der Tirza zu folgen / und sagte ferner: In was sorge wird meine schwester meinetwegen geraten / wann sie morgen meinen verlust vernemen wird. Der himmel gönne ihr ein bässers geschicke / als mir / daß man nicht etwan auch ihrer person sich also bemächtige. Nachdem Tirza diese sorge ihrer Prinzessin aus den sinn geredet / legten sie sich auf herrliche ausgebreitete teppiche zur ruhe nieder: in gedult erwartend / was man den folgenden tag mit ihnen fürnemen wůrde.

Es war aber die Prinzessin kaum eingeschlaffen /als ein gerassel von fässeln und ketten sie wieder erweckte / welches sie unter ihr zu seyn vername: und weil nur ein düñer breterner boden in dem zimmer war / als schallete [578] alles gar deutlich hinauf / was darunter fürginge und geredet wurde. Wie nun die aufmerksame Prinzessin das ohr dicht an den boden geleget / hörte sie iemanden folgende worte sagen: Dieser tag unserer qual ist nun / Gott lob! auch fürbei. Unsere peiniger müssen uns doch noch diese vergnügung g \nnen / daß wir / indem sie ruhen / unser elend miteinander überlegen können. Ach mein freund! (hörte sie darauf eine andre stimme reden) wie grausam ist diese vergnůgung! durch jene qual wird nur der leib /durch diese aber das gemůt / angefochten und gepeinigt. Was kan mich grausamer quälen / als wann ich bedenke / das mein guter name und gerůchte verloschen / und man mich für den mörder eines berümten helden unschüldig ausschreiet: da ich inzwischen /sonder mich zu verantworten / diese finstere wonung /als wann ich todt wäre / bekleiden muß / und zwar zu solcher zeit / da ich dem bedrangten Syrien und der unvergleichlichen Aramena so gern dienen m \chte. Ach mein bruder! (sagte der erste wieder / tief seufzend) mit was unschuld haben wir ehmals / diese schöne Diana / in Arabien und Egypten geliebet / da dieser orden / der uns ietzund so zuwider ist / uns so sehr vergnůgte? Du erinnerst mich eben recht / (widerholete der andre) in erwånung dieses unsers ehmaligen lebens / deines versprechens / mir zu erzehlen /wer du seiest / und was deine abenteuren bei / dieser Prinzessin gewesen. Ich habe gestern dein gleiches verlangen vergnůget: darům ist billig / daß du heut mit erfüllung deiner zusage mir solches vergeltest.

Ach mein bruder! (sagte der erste / und seufzete) was sol ich dir erzehlen? sol ich dir bekennen daß ich noch dein mitbuler sei? Bedenke / wer am meisten ursach habe / sich zu beklagen / du oder ich? Ich liebe noch / so häftig / [579] als vordessen / diejenige / die bereits in deinen armen gelegen: ob ich gleich nicht hoffen kan / sie zu überkommen / weil sie der himmel durch priesterliche trauung in deine hände gegeben. Wie stimmet das mit deinen worten überein / (fiele der andere allhier dem ersten in die rede) derer du vor etlichen tagen dich gegen mir vernemen lassen? Nentest du nicht damals / diese Prinzessin / eine undankbare /eine unerkentliche / die die grausamkeit an dir erwiesen / und ursach gewesen / das du mit gewalt in diesen tempel verschlossen worden / deswegen du sie ewig aus deinen gedanken verbannen woltest. Ich ware ja freilich also entschlossen / (sagte der erste) so lang ich vermeinet / daß Milcaride die Aramena gewesen. Nun du aber mir aus diesem traum geholfen /muß ich bekennen / daß ich von neuem in diese Prinzessin verliebt sei. Eröffne mir dan / (sagte der andere / mit einen tiefen seufzer) wie deine liebe gegen dieser Prinzessin angefangen.

Als nun der erste / auf das / so er erzehlen wolte /sich zu bedenken / eine weile still bliebe / hatte inzwischen auch die Prinzessin zeit / dasjenige bei sich zu überlegen / was sie so unvermutet vernommen hatte. Es war ihr / die sti e der ehmaligen Aramena / noch so wol bekant / daß sie / den letzern von diesen beiden / für den Dison halten muste: wiewol dessen so gewiß ausgesprengter tod / sie noch zweiflen machte. Sie fülete in sich eine freude / diesen Prinzen noch im leben zu wissen / die ihr selber fremd fürkame. Wie sie nun ferner nachsonne / wer der andre wol seyn m \chte / hörte sie denselben folgender massen seine erzehlung anfahen. Mein vatterland (sagte er) ist Mesopotamien / und hat Laban / der Fürst von Haran /mich gezeuget: da man mir den namen meines grosvatters / des Bethuels / gegeben. Die ůmstånde [580] meines lebenslaufs haben nichts denkwürdiges in sich / als dieses / daß ich dazu versehen gewesen / die wundersch \ne Aramena zu lieben: welche aber / ihr Dianen gelůbde fůrwendend / meinen gehorsam so weit triebe / daß ich ihr selber / in den Dianen-tempel nach Ninive zu kommen / behüflich war.

Ich weiß bereits dieses alles / (antwortete der andere /) massen ich es in Arabien erzehlen hören: nur dein stand / und dieses ware mir noch unbekant / daß dein Dianen bild die Prinzessin Aramena fürgestellet /welches ich ja so häftig / als du / geliebet. Meine schwester / (sagte der erste /) die von dieser sch \nen solches bild bekommen / hatte mich damit beschenket / und leider! wie ich nun verneme / damit anlaß gegeben / daß auch du gegen diese Prinzessin verliebt worden. Du wirst mir das vergeben! antwortete der andere. Ich hatte nach diesem / wie ich dir bereits erzehlet / die schöne Königin von Ninive lieb gewonnen: von der mich endlich die unm \glichkeit abgewendet / und zu meiner ersten liebe mich wieder gebracht hat / als auf so seltsame weise das glück / diese schöne / in meine arme lieferte. O fůr mich gar zu grausames glück / (rieffe der erste /) das mein leiden auf die allerhöchste spitze setzet! Was bin ich dessen gebässert / (antwortete der andere /) da ihr felsenherze von keiner liebe hören wil / und vieleicht iezt / da wir hier ům die besitzung ihrer person uns zanken / im tempel zu Ninive unsere qual verspottet. Ach! (dachte die Prinzessin bei ihr selber) möchte es mir doch so gut ergehen / wie dieser von mir urteilet. Sie hörete aber ferner den nun von ihr erkanten Bethuel erzehlen / was ihm nachmals in Egypten / und mit der vermeinten Aramena in Damasco begegnet / und wie er da durch in diesen tempel geraten: da man nun sie beide zwingen wolte / [581] gegen ihrem willen Isis-priester zu bleiben. Mein angenommener glaube / (sagte hierauf der andere) der mir verbeut / mehr götter / als den einigen wahren Gott zu verehren / machet mich los von diesem gelübde: massen ich solche nicht einer g \ttin Isis / sondern nur dem kalk und steinen / abgeleget. Hätte unsere Prinzessin diesen glauben / (gabe der erste zur antwort /) so wůrde sie ihr gelübde sich auch nicht hintern lassen / die liebe anzunemen. Doch (fuhre er seufzend fort /) was würde mir solches helfen / da nicht ich / sondern der glückliche Dison / als ihr verlobter / ihre huld besprechen darf?

Durch diese des Disons benennung wurde nun Aramena völlig versichert / daß dieser Prinz noch / und zwar mit ihr in gleichen zustand / lebte: da dan die anregung seines nun angenommenen glaubens / dessen die K \nigin Aramena / ihre schwester / im garten auch erwehnet / ihr sonderlich zu herzen ginge / und ihr anlaß gabe / solchen hohen dingen bässer nachzudenken. Sie schlieffe aber endlich wieder ein / und erwachete nicht eher / als wie die Isis priester hinein traten / diesen Aramenes zu der priesterlichen einkleidung abzuholen. Weil sie in kleidern sich niedergelegt hatte / als war sie auch gleich färtig / mit ihnen fortzugehen. Sie wurde / durch viele finstere gewölbe gefüret / bis sich ein grosses \ffnete / welches voll lampen hinge: bei deren schein man sehen konte / daß dieses gebäude mit sehr herrlichen Egyptischen decken behängt ware.

Der Mephris / in seinem priesterlichen schmuk /entfinge alda diesen unschůldigen priester. Aus besorgung einer abschlägigen antwort / wurde der vermeinte Aramenes nicht befraget / ob er den orden annemen wolte: sondern man ware gleich über ihn her / die heilige kleider ihm anzuziehen; und muste er die hand einem ochsen [582] auf das haubt legen / welcher / nach verrichtung etlicher gebete / geschlachtet wurde. Nach verrichtung dessen und anderer gebräuche / wurde der neue priester wieder ab- und zwar in ein anders zimmer gefüret: darinn ein tisch gedecket war / und bald hernach herrliche speisen in grosser mänge aufgetragen wurden. So wenig nun dem Aramenes mit diesem gastmal gedienet war / so eifeig ließen es die priester ihnen angelegen seyn / ihn wol zu bewirten: und zechten sie so dapfer / daß die meisten unter ihnen begunten laut zu werden / und schier vergassen / daß alles dieses in geheimster stille zugehen solte.

Abdastartus hatte inzwischen am morgen den Aramenes gemisset / und war voll sorgen / wie es mit ihme möchte ergangen seyn: massen er fast für unmüglich hielte / daß er aus den tempel entkommen können. Weil er ihn nun nirgend weniger / als wo er war / vermutete / als kame er auf den argwan / ob etwan Aramenes der K \nigin / seiner schwester / wargenommen / und durch den garten in ihr zimmer sich möchte verwandelt haben. Demnach begabe er sich dahin / und forschete fleissig bei der K \nigin leuten /konte aber nicht das geringste von ihm erfahren. Also muste er endlich / mit h \chster unruh und betrübnis /dem Mephris anmelden / daß sich der Syrische König verloren håtte: welcher hierůber / gleichwie auch die andren / so mit ihm hiervon wissenschaft hatten / sich einer grossen bestůrzung anname. Elihu kame eben darzu / und riete gleich / wie er dieses vernommen /auf den Mamellus / daß der mit dem Aramenes einen neuen b \sen rank můste gespielet haben. Mit solcher vermutung / ging er alsofort zu ihm / und diesen verlust des Aramenes ihm ankündigend / beobachtete er ganz genau dessen gebärden: da er dan wol [583] warname /daß er weniger leid / als solche zeitung erforderte /hierob entfunden hatte.

Was wird unser K \nig sagen / (fragte er) daß wir den Syrischen Prinzen nicht bässer bewahret. Er kan uns die schuld nicht geben / (antwortete Mamellus ganz kaltsinnig) weil wir hierbei das unsere gethan haben. Hiermit risse er diese unterredung ab / und fienge an / mit dem Fürsten von Ram von andern dingen zu sprechen. Diß waren nun grosse anzeigungen /daß er / von dieser böslichen wegzuckung des Aramenes wissenschaft haben můste. Wie sehr ihn nun solches krånkte / so sahe er doch nicht / wie er hinter die warheit kommen möchte. Demnach hielte er für das bäste / die Königin von Ninive / wie er vorhatte / eiligst Syrische Königin zu erklären / und den verstellten Aramenes zu entdecken: damit also Mamellus zu rükgehalten wůrde / etwas m \rdliches an dieser Prinzessin zu verüben. Um des willen wůnschete er mit schmerzen / daß der alte Thebah bald zurücke kommen möchte. Nachdem er den statthalter wieder verlassen / gienge er ganz allein in den K \niglichen schloßgarten: da er sein vorhaben weitläufig ůberlegte / und wol fůlete / daß die liebe ihn hierzu am meisten antriebe.

Bisher hatte er / sonder ihm einige hofnung zu machen / in seiner verehrung gegen der schöne K \nigin von Ninive / sich also erwiesen / daß keine unruhe noch einbildung seine gedanken beherschet; und wuste er sich also zu meistern / daß ihm niemals in den sin kame / seine liebe anderst / als in der bewunderung und im blossen anschauen ihrer unvergleichlichen sch \nheit / zu weiden: dadurch er ein so glücklicher und ruhiger liebhaber bliebe / daß er in höchster gemüts-vergnügung leben konte. Nun aber / da der Thebah ihm seiner K \nigin geburt [584] eröfnet / und zugleich ihm den weg gewiesen / üm diejenige sich mit hoffnung zu bewerben / die er mehr als sein leben liebte: wacheten zugleich unruhe / sorge / schrecken /ehr- und eiversucht / bei ihm auf / die seine liebe begleiteten / und einen ganz andern menschen aus ihme machten / als er zuvor gewesen. Zwar achtete er sich hierbei glůcklicher / als er vordessen ware / und nennte die unruh süße / weil sie seine liebe nehrte; die sorge angenem / weil sie stäts auf seine Königin gerichtet war; das schrecken ertråglich / weil er darbei gutes muts war; die ehrsucht zulässig / weil nur K \nige an diese durchleuchtige Syrerin gedenken dorften; und die eiversucht / das gröste zeichen der liebe / weil selbige aus hofnung des genießens entstunde.

Er brachte mit diesen gedanken fast den ganzen tag zu / und vergaße schier darbei / daß er beider Prinzessin Milcaride sich hatte anmelden lassen / derselben aufzuwarten. Wie er demnach zu ihr gekommen / und diese stäts-betrübte Prinzessin mit allerhand gesprächen aufzumuntern sich bemühet hatte / machte er sie durch seine überredung schlůßig / sich zuweilen ümzuthun / und der Prinzessin Ahalibama / wie auch den andern Fürstinnen von Seir und Syrien auf der Kemuelsburg / zuzusprechen: welches er dan zu dem ende thåte / damit er diese Prinzessin / aus dem Königlichen schloß zu gehen / gewönen / und sie also desto leichter / bei ankunft des Hemors in Damasco / wie er versprochen / dem Prinzen von Canaan in die hånde liefern k \nte. Es waren aber diese Fůrstinnen noch nie / seit daß diese unruh wårete / zu den K \niginnen und Prinzessinnen auf das schloß gekommen: weil sie / als anstifterinnen dieses ganzen werks / solches nicht wagen dörfen / und nun / durch Disons vermeinten tod / in unbeschreibliche traurigkeit / [585] die sie stäts der kammer hüten machte / gesetzet waren.

Elihu brachte / die hierauf kommende nacht / ganz unruhig zu: welches auch die meisten in Damasco thäten / sonderlich aber die jenigen / so sich im Isis-tempel befanden. Die nunmehr zum Isis-priester eingekleidte Prinzessin / erwartete mit angst / was man folgenden tags ferner mit ihr vornemen wůrde. Weil sie üm des willen schlaflos lage / vername sie wiederüm ihre beide liebhabere / die man unter ihr in einer gar üblen herberge bewirtete. Was muß doch die ursach seyn / (hörte sie den Dison zum Bethuel sagen) daß man uns heut hat ungeplagt gelassen / und wir keinen Isis-priester haben zu sehen bekommen. Bekümmere dich nicht ům das / (antwortete Bethuel) was uns zum bästen unterlassen worden / und erweise vielmehr deinẽ fürwitz / mir abzufragen / was der priester / der heut so åmsig mit mir allein redte / mir gesaget. Wan es etwas gutes ist / (erwiederte Dison) so wirst du mir / ungeacht wir mitbulere zusammen sind / deine freude nicht verhelen. Wir sind frei / mein bruder! sagte hierauf Bethuel. Dieser Isis-priester /der uns lang in Egypten gekennet / låsset sich unsers elendes jammern / und wil uns in morgiger nacht davon helfen. Die vergeltung / so er fůr solchen Dienst begehret / ist diese / daß wir ihm versprechen sollen / gut und blut / ja unser leben / für das Syrische haus auf zu opfern. Ich vermeine nicht / daß diese bedingnis zu schwer sei / unsre freiheit zu erkaufen.

Als Dison solches bekräftigt / und in seiner antwort eine große freude ůber dieser zeitung bezeiget / kame der Prinzessin Aramena in den sinn / ob es sich nicht thun ließe / durch diese gelegenheit auch mit los zu kommen: zumal ihre angst immer zuname / ie länger sie / [586] unter diesem betrüglichem namen / im tempel sich aufhielte. Ihren beiden liebhabern sich zu offenbaren / fiele ihr zwar sehr bedenklich: iedoch / die bescheidenheit Bethuels und die tugend des Disons ihr fürbildend / hielte sie sich bei diesen beiden bäßer verwahret / als bei so vielen priestern / die bei ihrer heutigen berauschung sich nicht zum erbarsten erwiesen hatten. Die nähe der K \nigin von Syrien / ihrer schwester / die in eine mauer mit ihr beschlossen war / machte sie noch eifriger / ihre freiheit durch diese beide Fürsten zu suchen: weil sie sofort ihre sicherheit bei dieser K \nigin finden konte / und nicht lang in der zweien mitbulere händen bleiben dorfte. Sie er \fnete /diesen ihren einfall / der Tirza: die solchen für gut befande / und åmsig zuriete / ihn sonder zeit-verseumen ins werk zu richten.

Hiemit nun fassete die Prinzessin ein herz / und begunte erstlich an den bretternen boden zu klopfen: welches die beide Fürsten unter ihr aufmerksam und stille machte. Nach diesem redte und rieffe sie also zu ihnen: Weil ihr / für eure freiheit / euch verpflichtet /dem Syrischen hause zu dienen / so findet ihr hierzu gute gelegenheit; weil des großen Aramenes tochter eben also / wie ihr / alhier gefänglich verwaret wird /und durch euren beistand leichtlich kan erlöset werden. Ihre holdselige stimme / die weder dem Dison noch dem Bethuel unbekant war / schallte diesen beiden verliebten so wundersam in die ohren / daß sie vermeinten / sie wåren bezaubert. Wie nun also ihre bestürzung sie nicht antworten ließe / begunte die Prinzessin noch läuter zu reden / und so wol den Bethuel / als den Dison / bei namen zu nennen; daher endlich Dison diese antwort gabe: Wofern es möglich / daß die stimme / so wir h \ren / der Prinzessin Aramena von Syrien zukommet / so sind wir erbötig / [587] üm sie zu erl \sen / unser leben auf zu setzen. Der unglůckselige Bethuel (sagte der andere) sol diesen angenemen befehl / die unvergleichliche Aramena zu befreien / mit nicht geringern eifer verrichten / als er ehmals / sie in den Dianen-tempel zu bringen / sich gehorsam erwiesen hat. Euer beider anerbieten / (gabe die Prinzessin zur antwort) stårket mich in dem wahn / daß ich mich habe meinen freunden vertrauet. Und weil ich nun eures beistandes versichert bin / so lasset uns von der art und weise reden / wie ich von hier hinweg kommen möge. Ich verneme / daß euer erlöser euch verheißen / euch in der nåchsten nacht von hinnen zu bringen. Wan man nun inzwischen werkzeuge / durch dieses priesters vermittelung / herbei schaffen könte / wordurch dieser bretterne boden der uns scheidet / sich öfnen ließe / wůrde es mir sodan nicht schwer fallen / zugleich mit euch von hinnen zu kommen.

O himmel! (rieffen sie hierauf beide) so ist es dan wahr / daß wir so glůckselig sind / die Prinzessin von Syrien zu befreyen? Thut gemach! (antwortete sie) damit eure unzeitige freude nicht alles verderbe. Wie sie nun hierauf sich bäßer einfanden / und so wol ihre verwunderung als freude gezämet hatten / versprachen sie gegen folgende nacht / durch des priesters hülfe /die ben \tigte werkzeuge / zu er \fnung des bodens /herbei zu schaffen. Weil aus besorgung / von andern gehöret zu werden / die Prinzessin in ferneres gespräche sich mit ihnen nicht einlassen wolte / als musten diese beide verliebte / bei unaussprechlichem verlangen / sich gedulten / bis die gewünschte stunde erscheinen wůrde / ihrer göttin auf zu dienen / und sie zu sehen.

Sobald der morgen gekommen / fanden sich die alten priester bei ihrem neu-eingekleidten wieder ein /und [588] füreten diesen jungen ordensbruder zum zweiten mal fůr den Mephris: der aber dißmal viel anderst als den vorigen tag / den Aramenes entfienge / und ihm nun ankůndigte / wie daß er bestimt wåre / der göttin Isis geopfert zu werden. Wan die Prinzessin nicht hätte die hofnung gehabt / durch den Dison und Bethuel erl \set zu werden / würde ihr diese todes-ankündigung einen schrecken eingejagt haben. Nun aber name sie diesen bericht sonder bewegung an / und ließe sich gutwillig in ein bade-zimmer fůren / da man den Tirzis bei ihr zu seyn vergönte / üm ihr beim baden aufzuwarten: und war es ein glůck / daß kein priester sie zu bedienen begehret / wodurch ihr geschlecht hätte k \nnen verraten werden. Nach verrichtetem baden / stellten die priester sich wieder ein /und brachten ein andres kleid mit / welches die / so zum Isis-opfer bestimt wurden / anzulegen pflegten. Sie ward hierauf wieder in ihr verordnetes zimmer gefüret / und ihr den ganzen tag nichts zu essen gereichet.

Dison und Bethuel verrichteten inzwischen / was sie mit der Prinzessin abgeredet: und als sie nach gewonheit / in der schule der priester den tag über seyn musten / ům von neuem in der Isis geheimnisen unterrichtet zu werden / hatte Bethuel gelegenheit / mit dem priester / der sie erl \sen wolte / deswegen zu reden. Dieser ward h \chst erfreuet / als er erfure / daß bei ihnen im tempel die Prinzessin von Syrien wäre /die er zugleich mit erlösen könte. Es war dieser priester (welcher / als einer aus der fünften ordnung / von der mit dem Aramenes fürhabenden opferung nichts wuste) nicht allein ein Syrer von geburt / sondern auch einer von des Nahors nachko en / und ein befreundter des Thebah: daher ihm die liebe zu seinen vatterland / und die neigung zu dem Bethuel / als seinen verwandten / angetrieben [589] hatte / diesen Fůrsten /neben dem Dison / als Syrischen feldherrn / zu erl \sen; weswegen er auch willigst ware / die Syrische Prinzessin also mit zu befreien. Sobald nun die nacht eingetreten / stellte sich dieser priester bei dem Dison und Bethuel ein / und brachte mit sich etliche leitern /hacken und sågen: womit sie / so heimlich als sie konten / den boden gegen der Aramena gemach aufzubrechen begunten. Sie waren so glücklich hierin / daß sie in kurzem zu der Prinzessin hinauf kommen konten: die sie dan / in ihrer Isis-kleidung / ihrer warten fanden.

Dison / der zum ersten in das zimmer gekommen /fiele ihr zu fuß / und ergriffe ihre hand / die er mit großer entzůckung zum mund fürete. Sie hatten einander seit ihrer hochzeit auf der Kemuelsburg / nicht gesehen: daher bei dieser ansprache / Dison ganz aus sich selber / und die Prinzessin beschåmt bliebe. Diese ihre verwirrung machte / daß Bethuel den Dison noch also kniehend und der Aramena hand küssend fande; weßwegen er / voll eifersucht / zu ihr sagte: Ach sch \nste Aramena! gönnet zum wenigsten dem armen Bethuel auch einen gnadenblick / der sich ja so viel ům eure befreiung / als der glückliche Dison / bemůhet. Ich bin euch beiden hoch verbunden / edle Fürsten! (sagte die Prinzessin / und trate damit vom Dison zurücke) daß ihr mir also meine freiheit wieder verschaffet / und werde ich / so wol gegen dem Bethuel / als gegen dem Dison / iederzeit mein dankbares gemüt bezeugen. Hiermit reichete sie ihnen beiden die hånde / üm sich von ihnen die leiter hinab fůren zu lassen. Der priester stutzete anfangs / sie in solcher opfer-kleidung zu sehen. Nachdem sie aber / mit wenig worten / ihm und den beiden Fürsten ihren zustand eröfnet / gingen sie mit einander fort / und[590] [592] kamen in den innern hof des tempels: da der priester ihnen frei stellete / wohin sie nun wolten / sich in sicherheit zu begeben.

Dison sahe seine Prinzessin an / ům von ihr zu vernemen / wo sie hin begehrte: welche ihr dan vorname / wan es müglich wåre / nach der Königin ihrer schwester zu gehen. Wo sollen wir aber diese K \nigin finden? fragte Dison. Hier im tempel! (gabe die Prinzessin zur antwort /) und wollet ihr mir folgen / so kan ich euch den ort zeigen / wo sie sich befindet. Hiermit ginge sie / beim schein des mondes / füran /und wiese ihnen den weg: da dan der priester sich höchst verwunderte / daß die beide durchleuchtige Aramenen in ihrem tempel wären. Weil er zu dem garten / den ihm die Prinzessin wiese / wie auch zu allen gebåuden des tempels / den haubtschlůßel aus des Mephris kammer mit list überkommen und zu sich genommen hatte / als konte er die gartentůr öfnen: da sie dan miteinander hinein giengen / und von der Aramena erlernten / in welchem zimmer die Königin sich aufhielte. Ihr trachtet beide / (sagte sie hierauf zu dem Dison und Bethuel) nach der aufname meines hauses: darum werdet ihr so gůtig seyn / und nicht allein mir erlauben / daß ich mag zu meiner schwester gehen / sondern auch unser hier-sein in geheim halten. Ich habe von meiner schwester / der K \nigin / verstanden / daß es noch nicht zeit sei / offenbar zu machen / wo sie sich befinde / und was es mit mir / als dem vermeinten König Aramenes / für eine bewandnis habe.

Dison und Bethuel musten / wider ihren willen /diesen schluß der Prinzessin billigen / und ja so pl \tzlich wieder verlieren / was sie allererst so geschwind erworben hatten. Demnach begleiteten sie /voll betrůbnis / die Aramena [592] bis an die pforte des hauses. Sie wolten mit hinein gehen: wurden aber von ihr zurück gewiesen / weil sie allein den priester mit sich haben wolte. Gehet / edle helden! (sagte sie) wohin euer mut euch treibet / und wo eure dapferkeit uns mehr dienste leisten kan / als in diesem orte / da wir / auser der höchsten geheimhaltung / nichts vonnöten haben. Wie nun der priester die pforte geöfnet /wolte die Prinzessin / aus beisorge / die Königin möchte etwan nicht mehr daselbst vorhanden seyn /ihn nicht von sich lassen / bis sie dessen sich versichert hätte. Also muste er / mit ihr und der Tirza /hinein gehen / und sie / auf ihr begehren / den wendelsteig hinauf füren / der nach ihrer schwester zimmer gienge.

Als sie nun droben waren / klopfte sie an der thůr /und horchte / ob jemand sich regen würde. Als sie mit dem klopfen anhielte / kame endlich die Perseis herfür / und fragte / wer an der thůr wäre? Aramena war ganz erfreuet / die hofmeisterin ihrer schwester zu sehen / woraus sie auch die K \nigin anwesend vermuten konte. Ihre antwort war: sie můste zu der K \nigin hinein / und håtte ihr etwas n \tiges anzumelden. Perseis / die üm die geheimnise ihrer K \nigin nichts wuste / gienge für ihr bette / und deutete ihr an / wiedaß zwei priestere / neben noch einer person / vor dem zimmer wåren / und sie zu sprechen verlangten. Das wird gewiß (gedachte die K \nigin bei sich selber) eine botschaft von dem Husan seyn! Als sie hierauf befohlen / sie einzulassen / eilte die verkleidte Prinzessin fůr der K \nigin bette: welche sie / mit ihrem ümarmen / ja so sehr / als wie das erstemal im garten / erschreckte.

Wie / liebste schwester! (rieffe die Königin / als sie die Prinzessin erkante) ists m \glich / daß ich euch sehe / in so verånderter tracht / bei so ungew \nlicher zeit / und an [593] diesem geheimen orte / da / ohne des Abdastartus und meinen willen / niemand zu mir kommen kan? Ihr sehet mich ja / (antwortete die Prinzessin) und zwar ganz frei / und von meinen banden erl \set. Wie gehet aber das zu? fragte die Königin. Alsobald (sagte die Prinzessin) wil ich euch hierin vergnügen: erlaubet mir nur zuvor / diesem priester zu danken / und ihn abzufärtigen / der zu meiner erlösung am meisten geholfen. Hiemit ginge sie zu dem priester / täte ihm tausend versicherungen ihrer erkentlichkeit /und entfohle seiner fürsorge / die beide Fůrsten von Seir und Mesopotamien / daß er die vollends in freiheit setzen wolte. Der priester versprache / solches zu thun / name damit seinen abschied / schlosse aller orten wieder zu / und gienge zu den beiden Fürsten: die er ferner aus dem garten auf die gassen fürete /und sie der obhut des himmels anbefohle.

Wie nun die beide Aramenen allein waren / muste die jůngere sich zu der ältern ins bette legen: da sie ihr dan ausfůrlich erzehlte / wie es ihr in der nächsten tagen ergangen wåre. Die Königin bezeugte ihre angst / darin sie ihrentwegen geschwebet / als sie / ihrer abrede zuwider / sie nicht mehr im garten vernommen /und weder den Abdastartus / noch sonst einigen menschen / hierüm befragen d \rfen. Es war ihr aber sonders angenem / des Disons leben zu vernemen: worbei sie wünschte / daß es auch mit dem Cimber ein falsches geschrei seyn möchte. Sie verbrachten das ůbrige der nacht / in sanfter ruhe. Als aber der morgen wieder angebrochen / und sie aufgestanden waren /ließe die Königin ihrer schwester eines von ihren kleidern bringen: welches sie anzoge / und in solcher tracht so vollkommen sch \n erschiene / daß die K \nigin sich nicht satt an ihr sehen konte. Um aber ihr da-seyn für dem Abdastartus (welcher sie [594] dem statthalter Mamellus håtte verraten / und dadurch viel ungelegenheit anrichten / mögen) geheim zu halten / muste auser der Perseis / keines unter der Königin leuten etwas hiervon wissen: und beschwure die schöne Syrerin diese ihre hofmeisterin sehr hoch / ihr die treu zu erzeigen / und ihre schwester niemanden zu entdecken.

Nicht lang hiernach / ließe sich Husan anmelden: der dan / mit nicht-geringer bestůrzung / bei der Kůnigin diese fr \mde schönheit antraffe. Und wiewol er sie / als sie den Dison und folgends den Aramenes fůrstellte / zum öftern gesehen: so hatte doch die weibliche kleidung sie dermassen veråndert / daß sie ganz unkentlich ware. Die schöne Königin aber /seine bestůrzung in ein verwunderung zu verwandeln / sagte ihm / wer sie wäre / mit erzehlung alles dessen / was mit ihr seither sich begeben hatte. Der Fůrst seumte hierauf nicht / sie zu begrůssen / und ihr /gleichwie der Königin / ihrer schwester / seine dienste anzubieten. Nun der gůtige himmel / (sagte er ferner) uns so gnädig erscheinet / und unsere beide Erbprinzessinnen uns wieder gegeben / d \rfen wir nicht länger verweilen / den Syrern ihren rechten zustand kund zu machen: zumal ich ohndas die meisten hierzu geneigt finde. Wie ich dan eben darum iezt hiehergekommen / meiner Königin befehl einzuholen / ob derselben beliebig sei / alsofort den Syrern anbringen zu lassen / wiedaß E. Maj. als ihre Königin / neben der Prinzessin / ihrer schwester / allhier vorhanden sei. Dan zu besorgen ist / wan wir länger verziehen /es dörfte / wie geredet wird / der König von Assyrien / ankommen / und uns viel hinternise mitbringen. Ich bin mit allem zufrieden / (gabe die Königin zur antwort / und verlasse mich auf des Husans verstand und gute neigung / der schon mein bästes wird wissen zu beobachten.

[595] Nachdem hierauf alle notturft abgeredet worden /begabe sich Husan wieder von dannen: gienge aber zuvor in den tempel daselbst / üm glück / zu seinem schweren fürhaben / die gottheit anzuruffen. Er fande alles daselbst in grosser unordnung und verwirrung /also daß nicht einmal die opfere / die man alle morgen anzuzünden pflegte / in bereitschaft stunden. Er konte hieraus leicht vermuten / der Mephris müste vernommen haben / wie ihm das bestimte opfer entwischet. Weil er nun besorgte / Mamellus / welcher ohnzweifel dieses mord-opfer angestiftet / m \chte / wann er diese loskunft erfüre / einen andern b \sen anschlag zu schmieden nicht ermanglen: als eilete er / solchem fürzuko en / nach der Kemuelsburg / und machte die anstalt / daß die Syrische Fürsten sich daselbsthin versamleten. Sie erschienen alle / auser dem Elihu und Zophar: weil der erste / als den man fůr gut Assyrisch hielte / nicht mitberuffen worden / Zophar aber /neben ihm / in einem andern geschåfte / womit sie zwar auch der schönen Aramena auf den tron verhelfen wolten / begriffen gewesen.

Es war / in selbiger nacht / der Thebah von dem Beor wieder angekommen / und hatte mitgebracht /wie daß am morgen dieser K \nig / neben dem Prinzen von Canaan / in Damasco seyn wolte: weswegen der Zophar / mit seinen unterhabenden Syrern / bei dem Libanon tor aufwartete / diese gåste einzulassen. Elihu aber begabe sich nach der Prinzessin Milcaride / und beredte sie / ihrem vorsatze zu folg / die Fürstinnen von Seir auf der Kemuelsburg zu besuchen: die dan / sonder beschwernis / sich dahin von ihm begleiten ließe. Sie fanden die gute Prinzessin Ahalibama auf dem bette / die wegen des ausgesprengten todes ihres brudern / noch trostlos lebte. Sie name aber / neben der Timna und [596] Mehetabeel / diese ehre von der Milcaride mit grosser erkentlichkeit an: sich mit ihrem verwirrten zustand entschüldigend / daß sie hierinn sich zuvorkommen lassen / und nicht erstlich bei ihr ihre schüldigkeit abgelegt håtten.

Indem sie also beisammen waren / entstunde im ganzen schloß ein grosser auflauf / und vername man auch von der stadt her ein lautes get \ne. Wie nun die Timna an das fenster gelaufen / sahe sie ein frömdes volk / so den Canaanitern gliche / auf die burg anziehen / und h \rte zugleich von allen orten ruffen: Es lebe unsre K \nigin Aramena! Indem sie solches dem andern ankündigen wolte / kame die Casbiane zu ihnen hinein / und berichtete / wiedaß der K \nig Beor / und der Prinz Hemor / mit viel tausend Canaanitern / in der stadt wären / und gleich auf der burg seyn würden. Ein ungleiches entsetzen überfiele hiebei die Ahalibama und Milcaride: da die erste für angst / und die andere fůr freude / schier vergangen wäre. Wie sie nun also / teils in furchten / teils voll hoffnung / des ausgangs erwarteten / kame der Beor neben dem Hemor auf die burg / und verstörte der Syrer ihre versamlung: die alle / ganz bestürzet / diesen Canaanitern entgegen eilten.

Nachdem sie den K \nig in einen saal gefüret / trate Elihu herfür / und fienge an mit einer zierlichen rede /den Syrischen Fürsten nach der länge anzukůnden /wie kein Aramenes vorhanden wäre / und allein die Fürstinnen von Seir / ihren bruder und vettern / den Dison / auf den Syrischen tron zu heben / die jüngere Prinzessin Aramena fůr diesen König ausgegeben /und die bekante hochzeit mit ihm angestellet hätten. Es wäre aber damit / sowol durch dieses dapfren Prinzens erbårmlichen [597] tod / als durch die entdeckung einer ältern Aramena / der bisher geglåubten K \nigin Delbois von Ninive / in einen andern / und zwar in solchen stand geraten / daß dieser K \nigin das reich Syrien von rechtswegen zukåme. Um nun diese tochter des grossen Aramenes auf den tron zu heben / und fůr dem Assyrischen gewalt zu schützen / wäre der König von Canaan erschienen / und begehrte / fůr alle hůlfe /die er hierin den Syrern leistete / gar nichtes / als nur die Prinzessin Ahalibama von Seir und fůr seinen sohn / die Milcaride von Chaldea: die man dan S. Maj. leichtlich k \nte abfolgen lassen / zumal sie allesamt hohe ursach håtten / dieses grosmütigen K \nigs gůtige hůlfe mit schüldigsten dank anzunemen und zuerkennen.

Auf diese rede des Elihu / täte der erfreute Husan die antwort / und sagte: Wie man nun augenscheinlich sehe / daß die g \tter fůr Syrien sorgten / indem dieses zu keiner gewünschtern zeit / als ietzund / sich begeben k \nnen / da er eben / seinen brůdern einen gleichlautenden vortrag zu thun / in werk begriffen gewesen. Er zweifle nun nicht / man werde allerseits / des Königs von Canaan geneigten willen und beistand wieder die Assyrier / schůldigster massen erkennen /auch die Prinzessinnen Ahalibama und Milcaride ihm gerne folgen lassen. Es wäre aber nicht allein ihre K \nigin / sondern auch ihre Prinzessin / im Isis-tempel wol bewaret und in guten zustand: denen man gleich diese freudenpost bringen / und jene auf ihrer vätter tron erheben müste. Der verliebte Elihu konte sich nicht mässigen / seine freude an den tag zu geben / wie er so unverhoft erfahre / daß seine K \nigin sich in der nähe befånde. Es begleiteten aber / alle die andere Syrer / sein freudengeschrei: sonderlich [598] der getreue Thebah / der nun endlich Syrien / seinem verlangen nach / einmal in ruhe zu sehen verhoffete.

Wie nun der Beor hierauf von allen Syrischen Fürsten / nach landsgebrauch / sich begrüssen lassen /name er den Elihu bei der hand / und sagte zu den sämtlichen Fůrsten: Es ist billig / erfordert auch solches eure sicherheit und euer bästes / daß ihr euch einen König aus eurem mittel erwehlet / der mit der Königin Aramena euer land regire. So wollet demnach von meiner hand den edlen Elihu annemen: dem ich mit aller meiner macht / wider einen ieden / beizustehen / bei Königlichen glauben versprochen habe. Die art / womit der K \nig von Canaan diese worte herfürbrachte / neben der macht / die er hinter sich hatte / ließe den Sirern nicht zu / ihre erklårung lang aufzuschieben / und seinen vortrag in bedenken zu nemen. Weil auch des Elihu person und stand ihnen lieber war / als alle auswärtige måchtige / als gaben sie einhällig ihre stimmen hierzu: wiewol der alte Hus noch immer gut Assyrisch in seinem herzen verbliebe / auch der ehrsůchtige Cyniras / und Elhanan / ja so nahes recht / als Elihu / üm die sch \ne Aramena zu werben / ihnen einbildeten.

Elihu / ungeacht ihm sein glůck nach verlangen zulachete / konte doch in seinem gemůte nicht ruhig seyn / bevor er wůste / ob auch seine Königin mit einstimmen würde: ohne deren willen / er nichtes von dieser seiner glůckseeligkeit begehrte. Er richtete auch des wegen seine danksagung / gegen dem Beor und den Fürsten von Syrien / hiernach ein / und sagte /wiedaß alles / so sie ihm zugedachten / an dem willen der K \nigin von Syrien hienge: wann der mit dem ihrigen einstimmen würde / wolte er diese höchste[599] glückseeligkeit / mit erkentnis seiner unwürdigkeit /annemen und besitzen. Als hierauf Husan / neben dem Thebah / nach dem Isis tempel eilte / der K \nigin den verlauf dieser dinge anzumelden / hielte der K \nig kriegsrat mit den Fůrsten / wie dem Mamellus und seinen Assyriern zu begegnen seyn wůrde: und ward für gut befunden / daß man alsofort den stillstand der waffen wieder aufkůndigen / und das K \nigliche schloß von neuem angreifen solte. Indeme man nun /mit diesen zurüstungen / die zeit verspielte / verliefe sich der tag / und musten also Beor / Elihu und Hemor ihre geliebten zu besuchen / bis auf folgenden tag verschieben.

[600]
Das Vierte Buch
Geschichte des Eliphas und der Timna
Geschichte des Eliphas und der Timna.

Wer meine eltern gewesen / ist unnötig dir zu wiederholen: weil dir vorhin zur gnüge bekant ist / daß / wie meine fraumutter / die aus dem unglůcklichen hause Moab entsprossen / diese welt gesegnet / ich bei meinen ältern brůdern / die alle hätten meine våtter seyn können / erzogen worden / und mehrteils zu Dedan bei deinem [662] herrvattern mich aufgehalten. Wie nachgehends deine liebe gesellschaft mir daselbst mangelte /kame ich nach Denhaba zu dem Lothan: welcher ort /wie du weist / unfern von dem fürstentum Theman liget. Ich hatte demnach gelegenheit / mit der Fürstin Ada / des Esau gemalin / die alda wonete / bekant zu werden: welche / weil sie mich sehr zu lieben begunte / dannenhero \fters meine gegenwart verlangte. Also verstriche fast keinewoche / daß ich mich nicht zu Theman befande. Der wackere Eliphas / der Ada sohn / kame in solcher zeit / aus fernen landen / auch dahin: welcher sich / sowol im krieg / als in allen freien künsten / so geschickt zeigte / daß sein ruhm dort herüm überall erscholle. Ich wil hier nicht ohne noht weitläufig seyn / nach der ordnung zu erzehlen / wie wir einander zu sehen bekommen / und einander wolgefielen; wie er gelegenheit gesucht / mir seine liebe zu verstehen zu geben; wie ich erstlich eine unentfindliche und grausame / folgends eine erkentliche und durch so ungemeine aufwartung zu mitleiden bewogene freundin fürgestellet: als man dan zu thun pfleget /wan man eine wechsel-liebe pflanzen wil. Dieses alles übergehend / sage ich allein / daß wir einander zu lieben begunten / und zwar so håftig / daß ich nimmermehr deren ende zu erleben vermeinet.

So groß aber unsere liebe war / so geheim musten wir solche halten: weil die Ada nicht zugeben wolte /daß ihr sohn eine heuraten solte / die nicht sehr großes vermögens wåre. Ihr eigenes beispiel brachte sie auf diesen entschluß / da sie sich erinnerte / was ungemach sie deshalben mit dem Esau erlitten / indem sie beiderseits keine lebensmittel zusammen gebracht /und daher \fters mangel und dürftigkeit / auch streit und widerwillen / ausstehen müssen. Nun war ihr mein zustand zur gnüge [663] bekant / da meine brüder mir / ůber den nötigen unterhalt / nichtes zuwandten / und meine fraumutter auch von den ihrigen nichts bekommen hatte. Weil sie nun / wie heimlich wir auch liebten / wol warname / daß Eliphas mir mehr als andern liebkosete / und ich auch nicht so unentfindlich gegen ihm wäre / wie ich mich wol stellte; als åuserte sie sich allmählich meiner gesellschaft / und lude mich nicht mehr so oft nach Theman: daher Eliphas vielmale / von liebe getrieben / eine schein-ursach ersinnen muste / zu uns nach Denhaba zu kommen / die er aber doch nicht so oft / wie er wol gewolt / erlangen konte.

Nun begabe es sich / in selbiger zeit / daß ein vornemer reicher herr aus dem land Cus / der an den Seirischen gränzen wonete / ein grosses fest angestellet: seine freude damit zu bezeugen / daß sein K \nig von Cus / der Scheba / aus der Egyptischen gefängnis ledig gekommen / und zwischen beiden kronen friede gestiftet worden. Hierzu nun lude er alle benachbarte: und weil wir auch gebeten waren / ermanete mich Eliphas durch ein schreiben / daß ich mich ja einstellen wolte. Zu gutem glücke / kame eben der Sobal mit seiner tochter / der Mehetabeel / und die Fürstin Bilha des Ezers tochter / nach Denhaba: in deren gesellschaft ich soviel füglicher / neben dem Lothan / diesen mohren besuchen konte. Ich wil nicht / die herrliche bewirkung / so uns daselbst wiederfaren / die ansehnliche gesellschaft / welche von allen benachbarten orten sich dahin versamlet / und die unzålige belustigungen / die unser artiger wirt angestellet / allhier beschreiben. Ich wil nur kürzlich sagen / daß an pracht und lust nichts ermangelt / und die vier wochen / die wir alda zubrachten / uns wie einzele tage vergingen.

Die Fůrstin Ada / so sich auch daselbst befande /zoge gleich die Mehetabeel an sich / und gewonne zu ihr ein [664] sonderbares vertrauen / weil sie ihren reichtum und die grosse anwartung an das reich Hazor wol wuste: dan sie / wie du weist / des alten Königs von Hazor einige tochter zur mutter hat / und selbiges land billig erben solte / wann nicht der Beor durch seine gewalt ihr recht einmal unterdrücken d \rfte. Demnach geriete sie in die gedanken / diese sch \ne und reiche Fürstin an ihren sohn zu verehlichen. Ehe sie aber diese ihre gedanken ihrem sohn eröffnete / erwehnte sie zuvor dessen gegen der Mehetabeel selbst / und sagte: wie sie ganz in sie verliebt wäre / und ihr aufwårter werden müste / wann sie sich in der stelle ihres sohns befånde. Diese worte / neben den liebkosungen der Ada / gefielen der Mehetabeel nicht übel: zumal Eliphas / wie ich aus meinem beispiel urteilen kan / wol zu lieben stunde. Wie nun die Ada täglich dergleichen reden triebe / und ihr alle hofnung zu ihrem sohn machte / gienge ihr solches so wol von statten / daß es / an der Mehetabeel seite / ganz richtig und klar wurde.

Diese Fůrstin / wie sie von jugend aus mit mir zu Dedan vertreulich gelebet / konte nicht unterlassen /mir diese der Ada werbung zu offenbaren / und hierüber meinen einrat mir abzuheischen: den ich ihr dan ůbel zu geben wuste / und håtte sie keine schlimmere vertraute in ihrer liebe erwehlen k \nnen. Ich verbarge aber gegen ihr / so gut ich mochte / was grossen anteil ich hiebei hätte / und warnete sie / sich wol fürzusehen / damit die mutter ihr nicht gr \ssere hofnung machte / als sie nachgehends ihr halten k \nte. Weil nun Eliphas nicht so viel / vor andern damen / mit ihr ümginge / daß sie daraus håtte abnemen k \nnen / was ihr die Ada für sagte, als wurde sie dadurch veranlasset / wie einsmals / die Ada wieder anhube / ihr von dem Eliphas fürzuschwätzen / ihr zu bekennen: [665] wiedaß sie nicht glåuben könte / daß der sohn / gegen ihr / gleichen sin mit der mutter håtte.

Dieses gabe ursach / daß Ada ihr fůrname / dem Eliphas solches ihr fürhaben zu er \fnen. Wie sie dem nach ihn im garten / da die ganze gesellschaft beisammen war / und er eben mit mir allein redte / zu sich beruffen / sagte sie zu ihm: Solte dir auch wol schwer fallen / mein sohn! die Fürstin von Arabath zu lieben / wann ich dir solches ansinnen wůrde? Diesen beinamen Arabath gabe man nun der Mehetabeel / seit daß der Sobal / ihr vatter / an selbigem ort wonete: da vordeme / als mein vatter / der Seir / noch daselbst gewonet / ich die Fürstin von Arabath genennet worden. Weil ich nun diesen namen auch noch fürete / und dem Eliphas nicht bekant war / daß Mehetabeel solchen zunamen bekommen / als vermeinte er / daß die Ada mich hierunter verstünde: weswegen er über dieser frage seiner mutter so voll freuden wurde / daß er ihr mit tausend eiden angelobte / ihrem befehl willigst zu gehorchen / und die Fürstin von Arabath zu lieben.

Wer war nun vergnügter / als die Ada? welche sich nicht halten konte / alsofort die Mehetabeel aus der gesellschaft zu beruffen / und ihr ihres sohns guten willen anzukůnden. Weil nun Mehetabeel in ihrer zuversicht fortfure / mir alles zu entdecken / als vername ich noch selbigen abend von ihr / wessen Eliphas sich erklårt hätte. Ich / viel eines andern von ihm versichert / konte solches nicht für wahr achten / und sagte / dieser guten Fürstin aus ihrem irrtum zu helfen: Sie möchte doch hievon nichtes gläuben / bis es ihr Eliphas selber gesagt håtte / weil der mutter reden mir gar verdächtig vorkåmen. Hierdurch hatte ich / ihre hofnung / ihr guten teils wieder aus dem sinn geredet.

[666] Als am folgenden tag alle manspersonen auf ein jagen hinaus ritten / und das wetter eben gar schwul war / redten wir damen miteinander ab / in einem strom / der unfern vom schloße durch ein angenemes schattichtes wåldlein floße / gegen abend zu baden /und dieser zeit / da wir allein seyn würden / uns auf solche weise zu bedienen. Wie wir nun såmtlich unsere kleider an das ufer geleget / und mitten im baden begriffen waren / erschallte die post / wie daß sie alle / und zwar durch dieses holz / vom jagen zurůck ankämen. Jede unter uns eilte deshalben / in die kleider zu kommen / und fůgte es sich also / daß in der hast ich der Mehetabeel rock / sie aber den meinigen / ergriffe: und konten wir / weil wir fast in einer långe /dieses kleidung wechsels uns bequem bedienen. Nun ware mein rock dem Eliphas kentlich / weil er mir das zeug zu selbigem geschenket / und ich daher / ihme zu lieb / mich dessen am meisten bediente. Wie nun die gesellschaft wieder zusammen geko en / und diese überraschung zum gespräche anlaß gegeben / hielten wir folgends im holze die abendmalzeit / und begunten / nach dem essen / mit allerhand spielen die zeit vollends hin zu bringen.

Eliphas / der wegen eines fürfalles sich verspätet /stellte sich erst bei uns ein / als das spielen anginge: da er dan / mich gleich suchend / rückwärts meines rockes gewar wurde / welchen die Mehetabeel anhatte. Weil er nun vermeinte / daß ich es wäre / schliche er hinter ihr zu / und raunte ihr diese worte in das ohr: Wie lang hat mich doch dieser tag gedünket / weil ich meine schöne nicht gesehen! Ich bringe aber eine zeitung mit / von der ich mir die süße hofnung mache, daß sie meine schöne ja so sehr vergnügen werde / als sie mich innigst erfreuet hat. Die betrogne Mehetabeel / den Eliphas [667] also reden h \rend / entsahe sich / für scham / zu antworten: war aber dabei höchst vergnůgt / der Ada worte nun warhaftig / und meine einwürfe falsch zu finden. Demnach neigte sie sich mit dem haubt / und gabe ihm also zu verstehen / daß sie seine rede wol vernommen håtte. Eliphas vermeinend / daß ich nicht reden wolte / aus furcht von meinen beisitzern gehört zu werden fuhre fort zu reden / und sagte heimlich zu ihr: Meine mutter befihlet mir / euch zu lieben; gedenket doch / werte Fürstin! ob mir in der welt ein mehr-angenemer befehl håtte zukommen können / und den ich weniger vermutet hätte. Also sind nun alle hinternise auf einmal gehoben / die unsrer keuschen liebe drohen konten.

Indem erforderte das spiel / daß Mehetabeel ihre stelle verändern und einer andern dame ihren platz räumen muste / die dan eben ich ware: daher Eliphas /mit höchster bestürzung / seine Timna zugleich doppelt / als von vornen und hinten / zu sehen bekame. Wie ich nun mich in der Mehetabeel stelle gesetzet /fragte er / ganz aus sich selber: ob ich dan zweimal in der gesellschaft wäre? Wie ich ihm hierauf aus dem traum geholfen / und darneben erzehlet / was Mehetabeel von ihm sich einbildete: sagte er mir hinwieder /was ihme wiederfahren / und wie er seiner mutter worte / von der Fürstin von Arabath / auf mich gezogen håtte. Wir blieben hierüber ganz unruhig / weil wir wol absahen / was dieses fůr widerwärtigkeit in unserer liebe nach sich ziehen würde.

Die Mehetabeel kame nachgehends zu mir in mein zimmer / und offenbarte mir / mit großer freude / wie Eliphas ihr nun seine liebe selber entdecket / und sie also gar nicht mehr zu zweiflen hätte. Ich würde mich schwerlich der eiversucht haben erwehren können /wann ich [668] nicht die rechte beschaffenheit bässer gewust håtte. Nun aber stellte sich / an deren stat / ein mitleiden bei mir ein / welches mich etlichemal antriebe / ihr aus ihrem irrtum zu helfen. Weil ich aber solches nicht thun konte / sonder ihr zu sagen / wie ich beim Eliphas ihren platz verträte / und daß nicht sie /sondern mein rock / ihn also hätte reden gemacht / als hielte ich hiemit zurůcke: zumal ich wol merkte / wie die liebe sich bei ihr so sehr eingedrungen / daß sie /nach dieser offenbarung / doch nicht abstehen / und anbei für mich eine häftige verfolgerin abgeben würde.

Ich erkündigte mich demnach / folgenden tags / bei dem Eliphas / was hiebei zu thun wäre / und vername den einrat / daß wir uns in die zeit schicken / und allerdings geheim seyn müsten: weil der Fürst Sobal bereits wüste / was die Ada mit seiner tochter fürhätte / und er sowol / als alle Fürsten von Seir / diese heurat wünschten / daher / wan sie das geringste von unsrer liebe merkten / solcher mit allen kräften widerstehen / auch uns alle gelegenheit / einander zu sehen /abschneiden würden. Hieraus nun erfolgte / daß Mehetabeel die öffentliche liebste des Eliphas fürstellte /ich aber die heimliche und warhafte in seinem herzen verbliebe. Ich bekame nachgehends zu Denhaba /durch beförderung der Mehetabeel / öfter als sonst /die gelegenheit / meinen Eliphas zu sehen / weil Ada ihn immer antriebe / seine liebste zu besuchen: und muste also der unschuldigen Mehetabeel person uns dienen / unsere liebe sicher und heimlich fortzusetzen; und wiewol sie mich deswegen taurete / so wuste ich es doch / ohne grosse gefahr / nicht zu ändern.

Wie nun solcher gestalt eine gute zeit verstrichen /kame zu uns der Fürst von Edom / welcher / nach dem [669] Fůrstentum Nebajoth reisend / unterwegs / als ein alter freund / bei unsrem Lothan einsprache. Ich war anfangs erfreut / den vatter meines Eliphas zu sehen. Als aber derselbe nach und nach anfienge / nicht wie des Eliphas vatter / sondern wie Eliphas selber / mit mir zu reden / und / durch den Lothan gefördert / mir seine ehliche neigung anbringen ließe: verlore ich auf einmal alle meine bisher genossene ruhe / und färtigte eiligst jemand nach Theman ab / den Eliphas zu mir zu holen. Dieser damals getreue liebhaber / hätte keine betrübtere post / als diese / vernemen können /daß sein vatter ware sein mitbuler worden: und säumte er sich nicht / heimlich nach Denhaba zu kommen.

Ich hatte damals eine Arabische dirne bei mir / Calmana genant / die ich von kindheit auf erzogen / und mir so treu zu seyn vermeinte / daß ich mich nicht scheute / sie bei den heimlichen besuchungen des Eliphas zu gebrauchen. Aber dieses lose stůck erwiese mir die falschheit / und offenbarte der Mehetabeel /wiedaß Eliphas heimlich in Denhaba wäre / und bei spatem abend im garten zu mir zu kommen pflegte. Die greulichste eiversucht entstunde / auf diesen bericht / bei der Mehetabeel / und argwänte sie gleich /es mũste unklar seyn / daß Eliphas / sonder sie zu sprechen / in Denhaba wäre. Dan / (dachte sie) ob er gleich vieleicht für seinem herrvattern verborgen seyn wollen / so wůrde er doch so leicht eine gelegenheit haben ersinnen können / zu mir / als zu der Timna /zu kommen. Sie erinnerte sich hierbei vieler ümstånde / die sie glåuben machten / daß Eliphas mich lieben müste.

Auf anleitung der Calmana / belaurete sie uns selbigen abends im garten / und hörte alle unsere anschläge / wie wir unsere liebe fördern wolten: wiewol wir [670] keinen gewißen schluß fassen konten / weil ich so ungern zum entfüren mich verstehen / als zum bleiben ein mittel absehen konte / ům gegen dem Eliphas beständig zu verharren. Was die Mehetabeel am meisten ängstete / ware ein lied / welches mein Eliphas von unsrer liebe verfasset / und mir damals hersagte / dieses inhalts:


Sie brennet doch /

die treue lieb: ob rauhe winde wehen.

Lasst rasen! heller noch

wird nur dadurch die stille flamm' aufgehen.

Sie brennet doch.


Ob ich schon muß

mich gegen der verliebt von ausen stellen /

die mir nur macht verdruß:

Mein herz wird sich zu ihr doch nie gesellen /

Ob ich schon muß.


Das herz bleibt euch:

die andre mag den mund und worte haben /

bis ich mein ziel erreich.

Sprecht ihr indeß zu mir auch / mich zu laben:

Das herz bleibt euch!


Erwart der zeit /

und lasst gedult fåst setzen die gedanken.

Das / was nicht kommet heut /

erlebet der doch morgen / der ohn wanken

Erwart der zeit.


Die erzürnte Mehetabeel / sich zu rächen trachtend / brachte zuwegen / daß / als wir folgenden abends /abgeredter massen / in unschuld wieder daselbst beisammen waren / der Fůrst von Edom / neben dem Lothan / ihr an das ort folgte / und uns behorchte. Weil wir nichts solches vermuteten / wurde weder der Mehetabeel / noch des Esau und Lothans / in unsrem gespräche verschonet: da wir / sowol die leichtglåubigkeit dieser Fürstin / als die einbildung des Edoms /daß man ihn für [671] seinen sohn wehlen solte / und die onmacht des Lothans / der mir / als ein bruder / nicht zu befehlen hatte / belachten / und dabei in ewiger treu gegen einander zu verharren uns verschwuren.

Der fürwitz dieser drei personen war ihnen übel bekommen / und wurden sie dermassen in zorn entzündet / daß sie denselben kaum solang verbergen konten / bis sie wieder von dar hinweg geschlichen waren. Der Esau drohete häftig / den Eliphas zu straffen /und seiner kindlichen schuldigkeit ihn eingedenk zu machen. Lothan vermasse sich auch / daß er mich schon zwingen wolte / das jenige zu thun / was man mir raten würde. Die Mehetabeel fande in dem / was uns widriges angedrohet wurde / ihre vergnügung: ob sie gleich von dem Eliphas nun nichtes / als durch zwang / zu hoffen hatte. Wir erfuhren aber bald hierauf / daß wir verraten wären: massen Lothan sich nicht scheuete / mir alles dieses fůrzurůcken. Weil nun also des Eliphas da-seyn kund worden / als muste der auch vor seinem vatter erscheinen / und bekame gleich / zum wilkom / den ernstlichen befehl / die Mehetabeel / als welcher er einmal die hofnung gemacht /zu lieben / und mich fahren zu lassen. Eliphas mochte hierwider einwenden / was er wolte / und unsere einander ewig-geschworne treu fůrschützen / so bliebe es doch bei dem strengen gebot / sich zur hochzeit mit der Mehetabeel zu rüsten: massen er den schimpf / der dieser Fürstin wiederfahren / auf alle weise ersezt wissen wolte.

Zum ůberfluß unsers unglückes / kamen noch zu uns / der Mehetabeel vatter / der Sobal / dein vatter der Ana / und der Zibeon / neben andern unseren anverwandten: da sie dan / ohn zuziehen des Eliphas und meiner / unser beider heurat mit der Mehetabeel und dem Edom abredten / auch einen tag ansezten / da diese ehen solten [672] vollzogen werden. Weil die Fürsten von Seir / wie dir bekant / sehr hochtrabend von gemüte / und dabei sehr kitzlich waren / als machten sie ein sonderbares werk daraus / sowol der Mehetabeel zu helfen / als mich zu zwingen: zugleich aber hierdurch ursach suchend / sowol dem Edom / als dem Eliphas / in die haare zu kommen; welches aber nach gehends über sie selbst ausgeschlagen. Die Ada hatte / in solcher zeit / zu Denhaba sich nicht eingefunden: weil ihr / die liebe des Esau / vieleicht nicht zum bästen gefallen mochte.

Bei diesem zustand / erwehlten wir endlich die flucht: weil uns unmöglich fiele / einander zu verlassen. Ich schickte alle meine köstliche sachen und kleinodien füraus nach Arabien / und folgte dahin mit dem Eliphas / ehe man zu Denhaba sich dessen versahe. Wir selber kamen zwar sicher an des Königs Arieus hof an: aber alles unser geräte ward von denen / die man uns nachgeschickt / wieder eingeholet. Also musten wir / in höchster dürftigkeit und mit vieler gefahr / unsere reise fürter nemen. Nach langer mühseligkeit / kamen wir endlich nach Damasco / alwo die Prinzessin Tirdane / meiner mutter schwester / sich aufhielte / zu der ich meine zuflucht nemen wolte. Ich muß dir aber zuvor / ehe ich weiter schreite / diese Tirdane und ihren zustand beschreiben.

Diese Prinzessin / als die jüngste von den Moabitischen kindern / hatte ihrer eltern gunst doppelt geerbet: so gar / daß alle schätze und güter / die ihre fraumutter / die Königin Mesa / die aus dem hause Seir gewesen / nur zusammen bringen konte / dieser tochter zugewendet wurden. Meines brudern / des Fürsten Zibeons / jůngster sohn / der Ana / wurde am Moabitischen hof erzogen: dessen vatter so jung geheuratet /daß dieser Ana [673] fast fünf und zwanzig jahre alt gewesen / wie mein vatter / der alte Seir / der sein grosvatter war / üm meine fraumutter gefreiet. Es hatten diese beide schwestern / als meine fraumutter und die Tirdane / ein seltsames geschicke / indem die eine dem grosvatter beigelegt wurde / und die andere den enkel liebte: massen zwischen dieser Prinzessin und dem jungen Ana eine so häftige liebe entstanden / daß fast keines ohn das andere leben konte. Es war aber vom himmel nicht versehen / daß diese heurat für sich gehen solte; und wurde dieser Ana / wie zu Dedan meines herrvattern beilager gehalten worden / eiligst nach Seir gefordert: da die beide brüder / als dein herrvatter und der Zibeon / welche für allen den andern brüdern einander innigst geliebet / zu weg brachtẽ daß dieser Ana / der nach deinem herrvattern geneñet worden / die Prinzessin Ahalibama heuratẽ muste.

Diese sch \ne riesin / war / aus dem hause Thalmai / von den Enakim entsprossen: und hätte sie dein herrvatter selbst geehlicht / wan er nicht bereits mit deiner fraumutter zu fäst wäre verknüpft gewesen. Also wurde die Tirdane von dieser Ahalibama ausgestochen: die aber im ersten jahr sturbe / und dem Ana eine tochter hinterließe / welche man / nach der mutter / Ahalibama genennet. Die beständige liebe deines herrvattern gegen der riesin Ahalibama / gabe ihm anlaß / dich nach ihr nennen zu lassen: wodurch es sich begeben / daß wir in Seir zweier Ana töchter / so beide Ahalibama heisen / bekommen haben; da dan /zum unterschied / diese andere gemeinlich die Neffe Zibeons genennt worden.

Ich habe wol niemals / (fiele Ahalibama allhier der Timna in die rede) von dieser Ahalibama / in Seir gehöret. Das machet / (antwortete Timna) weil sie von kindheit auf auser Seir gelebet / und bei der Tirdane[674] ist erzogen worden: die / aus liebe zu dem Ana / dieses kind von ihm begehrte / ihn aber nach der mutter tod nicht ehlichen wolte / wie sehr er auch sich darüm bemühet / weil sie ewig im ledigen stande zu bleiben sich verlobet hatte. Wie nun die trübselige änderung in Moab fürgienge / entwiche die Tirdane hieher in Syrien / groß geld und gut aus Moab mitfürend: womit sie hier üm Damasco einige ländereien kaufte /und sich in so guten stand sezte / daß sie stäts den ruff einer reichen dame behalten.

Allhier nun fande ich diese meiner mutter schwester / und die Ahalibama: deren schönheit so volkommen / daß ich wol sagen darf / das gebirge Seir habe /wegen seiner zwei Ahalibamen / für vielen ländern sich zu berümen. Ich wurde von beiden sehr wol aufgenommen / da die eine / als eins mutter / die andere /als eine schwester / mich zu lieben versprache. Als sie nach der ursach meiner ankunft fragten / erzehlte ich /sonder des Eliphas liebe zu erwänen / wie mich / die angemutete zwangheurat mit dem Esau / aus Seir hinweg getrieben hätte. Die Tirdane lobte und billigte diese meine flucht / und sezte mich deswegen noch fäster in ihre gewogenheit. Sie fienge darnächst an / mir den ehlichen stand verhasst zu machen / und wolte mich bereden / in ihr gelübde mit einzutreten / welches / gleich wie der Diana tempel seine jungfrauen /die verlobung zu ewiger keuschheit erfordert. Ich hätte freilich / bei solcher lebensart / vergnügt seyn können / wan mir / des Eliphas zu vergessen / wäre möglich gewesen. Aber dieser hielte mich von solchem gelůbde zurücke / und erinnerte mich einer ältern an seine person beschehenen verlobung / von deren ich nicht zurück treten konte. Um aber bei der Tirdane in gnaden zu bleiben / und / bei unsrem[675] schlechten zustande / lebensmittel von ihr zu erlangen / musten wir unsre liehe verschweigen / und Eliphas /welchen niemand kennte / sich dahin entschließen /sein glück im krieg zu suchen / und immittels mich bei der Tirdane zu lassen. Das scheiden fiele uns beiderseits gar schwer: doch konte es nicht anderst seyn /und musten wir uns darein ergeben / von der zeit die änderung und verbåsserung unsres zustandes zu erwarten.

Nach des Eliphas abreisen / brachte ich meine zeit bei zwei personen zu / die ihme bei mir keinen guten dienst leisteten: massen ich täglich nichts anders h \rte / als was der liebe entgegen war / und hatte Ahalibama der Tirdane lehren so wol eingenommen / daß weder ihre jugend noch schönheit sie abhielten / alle liebe zu verachten und zu verbannen. Ich kan dir meine qual / daß ich mein anligen niemand vertrauen konte / und alles bei mir selber verschmerzen muste /so wenig beschreiben / als sehr ich sie etliche jahre entfunden: zumal ich in so langer zeit nicht erfuhre /wie es dem Eliphas ergienge. Weil der gram endlich meine gesundheit schädigte / merkten mir Tirdane und Ahalibama bald an / daß mir etwas sonderbares anligen müste: daher sie begierig wurden / dessen ursache zu ergrůnden / und deshalben auf alles mein thun und fürnemen fleißige acht gaben.

Wir waren einsmals zu Aroer / alwo die Tirdane ein schönes haus / mit darzu gehörigen herrlichen låndereien / besitzet: da kame eben dieser Asareel / der mir jezt die schöne post gebracht / und des Eliphas waffentråger ist / von Salem / mit briefen an mich von seinem herrn. Weil ihm nun befohlen war mir solche heimlich zu zustellen / also suchte er hierzu gelegenheit / und traffe mich auf der gassen an / wie ich hinter der Tirdane und Ahalibama nach dem tempel ginge. Er steckte mir / sonder [676] [678]ein wort zu sagen / das schreiben zu / und machte sich gleich wieder hinweg. Sobald ich / nach verrichtetem gottesdienst / mich allein befande / lase ich den brief mit h \chster begierde / und fande darin lauter versicherungen seiner ewigen treue. Hierneben thäte er mir zu wissen / wo er bisher gewesen / und wie ihm das glück / zwar ehre und ruhm / auch große freunde / aber keine mehrere lebensmittel verliehen hätte; woraus ich abnemen solte /daß noch zur zeit sein zustand sich nicht verbässert /und er auf kein heuraten gedenken d \rfte.

Wie ich nun also diese zeilen mit vergnůgung durchliefe / vergaße ich für freuden der vorsichtigkeit / den brief verborgen zuhalten / und ware so aus mir selber / daß ich der Ahalibama nicht warname: welche / mich hinterschleichend / alle zeilen dieses briefs über meine schultern mit ablase. Sie schliche also /wie sie angekommen / unvermerkt wieder hinweg /und entsahe sich nicht / der Tirdane gleich alles zu berichten / was sie gelesen hatte: die dan deswegen sehr unwillig über mich wurde. Dieses feuer nun in der asche zu dåmpfen / ließe Tirdane mich zu ihr beruffen / und hielte nur mein unbesonnenes beginnen fůr: mir ernstlich anbefehlend / an den Eliphas nicht mehr zu gedenken / auch sein schreiben nicht zu beantworten. Dieses unwesen welches so pl \tzlich auf meine freude gefolget / verstörte nun wieder alle meine ruhe / deren ich kaum einen augenblick genossen: und wuste ich im schrecken mich nicht zu besinnen / was ich thun / und ob ich leugnen oder bekennen solte. Zwar konte mir das erste nicht helfen: weil Tirdane mir nicht verschwiege / daß die Ahalibama meinen brief gelesen hätte.

Ich ginge demnach / sonder ein wort zu sagen /wieder von ihr / und als ich bei mir selber wol überlegte / wie ich / [678] ohn der Tirdane hülfe / meinen lebens-unterhalt nicht haben wůrde / gab mir die liebe diese list in den sin / der Tirdane weiß zu machen /als wan ich mich des Eliphas abthun wolte. Zu dem ende verfassete ich ein schreiben an ihn / des inhalts /daß er forthin nur abstehen möchte / mich zu lieben: weil ich gewillt wäre / den heilsamen lehren meiner mumen zu folgen / und niemals mich zu verehlichen. Als ich hiermit vor der Tirdane wieder erschienen /und ihr meine entschließung hinterbrachte / gewonne ich ihr dadurch das herz dermassen ab / daß keine liebkosungen zu ersinnen sind / die sie mir nicht angethan. Asareel muste hierauf vor mich kommen /dem ich / in ihrer gegenwart / mit diesem brief abfårtigte. Ich steckte ihm aber dabei unvermerkt ein nebenbrieflein zu / darin ich meinem Eliphas erklårte / was mich also zu verfahren bewogen und ihn bate /daß er doch eh ist nach Aroer heimlich kommen m \chte.

Wie nun Asareel hinweg war / finge ich an die früchte meiner betriegerei zu genießen / indem ich in der Tirdane gnade mich so fäst sezte / daß ich schier mehr / als Ahalibama / bei ihr zu gelten begunte. Sie beschenkte mich mit so vielen gůtern / daß solche erlangte lebensmittel meine hofnung aufmunterten / Eliphas keusches liebesverlangen desto eher vergnügen zu können. Unter andern bekame ich von ihr / in Damasco / einen palast / den ich noch besitze / den sie mir nach meinem belieben auszubauen und einzurichten verg \nte: wodurch ich dan öfters die freiheit erlangte / hieher allein zukommen / und ihrer aufsicht mich zu entziehen. Die Ahalibama / welche so tugendhaft als schön ist / misg \nte mir dieses glücke nicht / sondern halfe vielmehr dazu / und nennte sich glůcklich / daß sie / des Eliphas schreiben offenbarend / die anfängerin meines wolergehens gewesen.[679] Wiewol ich ihr nun in meinem herzen dafür gar nicht dankte / so wiese ich ihr doch äuserlich eine große vergnügung / und verstellte so kůnstlich alle meine liebes-entfindung / daß sie beide mich für v \llig bekehrt hielten.

Es glůckte mir aber meine list nicht so gut bei dem Eliphas / als bei diesen zweien: dan der Asareel verlore mein nebenschreiben / und verschwiege / (aus beisorge / deshalben von seinem herrn ůbel angesehen zu werden) daß ich ihme mehr als ein schreiben zugestellt håtte. Er war eben auf dem weg gewesen / nach Aroer zu kommen. Wie er aber diese unvermutete post von mir entfinge / änderte er seine meinung / und zoge voll unmuts / mit den Prinzen von Assyrien / in den ersten Ophyrischen krieg. Weil ich nun / von einer zeit zur andern / vergeblich auf seine ankunft gewartet / als machte sein ausenbleiben / daß ich von neuem mich dem gram ergabe: den ich aber bässer /als vordessen / für der Tirdane und Ahalibama bergen konte / weil mein haus zu Damasco mir gelegenheit gabe / allein zu seyn / und sonder aufmerkere meinen elenden zustand zu beweinen.

Wie nun also eine geraume zeit verstrichen / kame endlich der Prinz Abimelech mit dem Eliphas nach Aroer: welches uns bald zu ohren kame. So etwas unverhoftes / fande mich unbereitet / mich zu verstellen /und verwandelte ich mich dermassen darüber / daß Tirdane und die Ahalibama solches in acht namen. Ich wil nicht heffen / (sagte Tirdane zu mir) daß noch einige liebesregung in euch diese verånderung errege /sondern lieber gläuben / die erinnerung eurer alten torheit erwecke noch in euch diese schamhaftigkeit /dadurch ihr eure reue wolt erweisen / daß ihr euch also vergehen k \nnen. Inzwischen Tirdane dieses fůrbrachte / erholete [680] ich mich so viel / daß ich ihre meinung bekräftigen konnte / und sie daher v \llig mit mir zu frieden bliebe.

Es unterließe aber der Prinz von Gerar nicht / uns zu besuchen / und brachte den Eliphas mit sich: da ich dan aller meiner sinne vonnöten hatte / mich zuverstellen: massen Tirdane und Ahalibama / auf mein thun genau achtung gaben. Wie Eliphas in das zimmer trate / sahe ich über ihn hinweg; und als er ferner / nach begrüßung der Tirdane / zu mir kame / solche auch bei mir abzulegen / sagte ich heimlich zu ihm: Stellet euch / als hättet ihr mein vergessen! Welche worte aber Eliphas / der ja so verwirrt war als ich /nicht vername / und nur auf mein kaltsiniges wesen sehend / in der einbildung von meiner unbeståndigkeit gestärket wurde. So sehr ihm nun dieses zu herzen ginge / so eifrig ward er gesonnen / sich an mir zu rächen. Demnach finge er an / die Ahalibama mit gespråchen zu unterhalten / mitlerweile der Prinz Abimelech mit der Tirdane redte: das ich alles für ein zeichen seiner vorsichtigkeit aufname / und meines orts auch nicht unterließe / den schein zu fůren / als ob ich des Eliphas nicht mehr achtete. Solches aber kame mir sehr schwer an / und hatte ich immer das eine auge und ohr nach dem Eliphas gerichtet; unterhielte inzwischen denjenigen / der mit mir redte / mit so verwirrten gespråchen / daß ich nachgehends nicht wuste / wovon unsere unterredung gewesen.

Nachdem diese erste besuchung sich geendet /fande Eliphas sich so häftig beleidigt / und dabei die schöne Neffe des Zibeons so angenem / daß er sich äuserst bemühte / meiner zu vergessen / und mir zum hon die Fürstin Ahalibama zu lieben. Also stunden nicht zween tage an / da ließe er sich bei ihr wieder anmelden / sie zu [681] besuchen. Ahalibama / die diese höflichkeit ihm nicht abschlagen dorfte / muste ihn kommen lassen; und begehrte Tirdane / daß ich bei ihr bleiben solte / damit Eliphas mich nicht zu sprechen bekåme: massen sie ihr einbildete / daß diese besuchung auf mich angesehen wåre. Ich stellte mich hierbei ganz frei / und lachete bei mir selbst darüber /daß Eliphas sich so wol hierein zu schicken wuste: mir gedenkend / daß diese Ahalibama die andere Mehetabeel werden würde. Ich verlangte aber dabei nicht wenig / ihn bald heimlich zu sprechen / und besonne mich auf ein mittel / wie ich hiezu gelangen möchte /daß es Tirdane nicht merkte: welches mir dan überaus schwer fiele / weil man mich gar zu fleißig in acht name / und mein thun belaurete. Wie aber die liebe gar sinreich ist / also fiele mir bei / in der Ahalibama kleidern / mich hierüm zu bewerben.

Demnach / als eines tags Ahalibama / eine von ihren bekantinnen zu besuchen / ausgegangen / und ich wuste / daß sie vor abends nicht wieder einkommen würde / zoge ich einen von ihren röcken an / dessen sie gew \nlich bei hohen festen sich zu bedienen pflegte / und ginge also / mit verdecktem gesichte /nach des Magog tempel / vor welchem die kaufleute markt hielten: alda ům die stunde / als ich hinginge /alle frömde / und also auch der Eliphas / sich einzufinden pflegte. Ich fande daselbst / wie ich gehoffet /den Prinzen von Gerar und meinen Eliphas: welcher /als ich / bei ihnen fürüber / in den tempel gegangen /mir nachfragte / wer ich wåre? Als man ihm die Ahalibama nennte / fůr die ich wegen der bekanten kleidung gehalten wurde / eilete er mir alsofort nach / und redte mich an / ehe ich noch den flor vom gesicht abthun k \nnen.

[682] Ich gedachte mein lustspiel mit ihm zu haben / und ihn ein zeitlang in diesem irrtum zu sehen / ließe ihn demnach ausreden: da er dan seine liebesregung zimlich deutlich offenbarte / und inståndig anhielte / ihm nicht so grausam / als das leztemal / zu begegnen /sondern seinem anbringen ein gnädiges ohr zu verleihen. Er sagte dieses mit solcher bewegung / daß ich /sonder eifersucht / dieses vermeinte verstellen meines Eliphas länger nicht vertragen konte. Demnach hube ich den flor vom gesicht / und mich also zu erkennen gebend / sagte ich: Ihr seit ein wenig zu håftig in eurem verstellen / mein Fůrst! und wan Ahalibama euer ansinnen annemen wolte / würdet ihr můhe bekommen / euch zu entwickeln. Eliphas bestürzte /mich zu sehen und also reden zu hören; erholete sich aber bald wieder / und in dem gegen mir gefassten unwillen verharrend / weil er vermeinte / daß ich ihm /durch meinen brief / den kauf aufgesagt hätte / ginge er augenblicklich von mir hinweg / sonder ein wort zu sprechen: und ob mich schon die liebe antriebe / ihn etliche mal zu růck zu ruffen / kehrte er sich doch nirgend an / sondern eilte aus meinen augen.

Ich wuste nicht / wie mir geschahe / oder was ich hiervon gedenken solte. Der schrecken sezte mir so sehr zu / daß ich / fast halbtodt / kaum das verm \gen hatte / wieder nach haus zu kommen. Ich legte daselbst die unglůckliche kleidung der Ahalibama wieder ab / und begabe mich zu bette: da die tränen / die ganze nacht hindurch / meines leidens gesellschaftere waren. Ich mattete mich so sehr ab / daß ich folgenden tags mit einem hitzigen fieber befiele / und nicht geringe lebensgefahr anstunde. Gleichwie nun diese meine erkrankung durch ganz Aroer bald erscholle /also war Eliphas nicht der lezte / so dessen innen wurde: da er dan in seinem herzen [683] fůlete / daß ihm noch nicht gar die liebe zu seiner Timna vergangen wäre / und daß bisher / mehr die rachgier / als die vergessenheit / diese seine neue bulerei verursachet. Er wolte gleich / unter dem fürwand einer besuchung /bei der Tirdane kundschaft einziehen / wie es ům mich stünde: wurde aber für dißmal abgewiesen /indem Tirdane sich entschuldigen ließe / daß sie / so lang ich krank läge / keinen fr \mden sprechen k \nte. Sie hatte nicht allein seine aufwartung bei der Ahalibama sehr übel genommen / sondern auch über der kundschaft / wiedaß Ahalibama in Magogs tempel mit diesem Fürsten geredet / sich häftig entrüstet /auch deswegen diese unschuldige Fürstin hart angelassen: welche mit huntert eidschwüren nicht erlangen konte / daß ihr Tirdane solches aus dem sinn håtte bringen lassen.

Eliphas / solcher massen abgewiesen / wurde noch begieriger / meinen zustand zu wissen. Demnach vertraute er / dieses sein anligen / dem Prinzen Abimelech: welcher eben von seinem herrvattern aus Gerar /unwissend warům / befehl bekommen hatte / noch etwas zu Aroer sich aufzuhalten / der auch ihm hierinn zu dienen versprache. Dieser Prinz brachte bei einer Syrischen dame / die in Aroer wonete / zu wegen / daß die ihm verhieße / mir einen brief heimlich zuzustellen / daran mir viel gelegen wäre. Ich entfienge das schreiben / welches / wan ich mich recht erinnere / in reimen also gelautet:


Wann Timna wiederkehrt / bereu' ich mein beginnen.

Nicht ich / sie macht' allein in mir die rache wach:

daß ich / gleichwie sie mich gebannt aus ihren sinnen /

sie wieder bannen wolt. Doch gar zu bittre rach!

Was richt' ich damit aus? ich würde nichts gewinnen.

Sie bleibt in meinem sinn / wie vormals / so hernach.

Seh ich nach andren schon: mein herz doch Eine ehrt.

Sie sol die Eine seyn / wan Timna wiederkehrt.


[684] Mit was gemůts-bewegung ich dieses durchlesen /ist unschwer zu ermessen. Ich vermutete gleich die warheit / daß des Eliphas verdacht aus meinem schreiben entsprungen / und er dieses eine ohn das andere můste bekommen haben. Ich verfasste demnach folgende antwort / die ich dem Prinzen Abimelech hinwieder zustellen ließe.


Die nie sich ůmgewandt / wie kan sie wiederkehren?

die Timna hat nicht schuld / daß eure treue wankt.

Die sch \ne / deren glanz kan ihren schein entehren /

die ist es / die euch zieht / und sie låst so erkrankt.

Hått man von Eliphas wol diß vermeint zu h \ren /

daß er so grosser treu mit solcher untreu dankt?

Kehr wieder! wan du wilt / daß aus des todes hand

die Timna wiederkehr / die nie sich ůmgewandt.


Als Eliphas diese meine zeilen durchlesen / und daraus war genommen / daß ich unschuldig an allem dem wåre / worüm er mich bisher in verdacht gezogen / ließe er den Asareel vorfordern / und befragte ihn ernstlich / ob ich selber ihn damals / als er an mich abgeschickt worden / mit dem brief / den er ihme mitgebracht / beladen håtte? Asareel / ům seinen herrn aus seiner unruhe zu bringen / bekante / daß ein nebenschreiben dabei gewesen wäre / welches er aber verloren håtte. Dieses öffnete dem Eliphas die augen /und bediente er sich / mit Abimelechs hülfe / der gelegenheit / mir \fter zu schreiben / und antwort von mir zu erhalten: da wir dan einander völlig erklärten / wie es mit uns beiderseits beschaffen war. Weil uns auch einander zu sprechen verlangte / als machten wir / ungeacht der Tirdane wachsamkeit / einen heimlichen anschlag / daß Eliphas bei nacht zu mir in mein zimmer kommen solte. Ich gienge nun schon im gemache wieder auf und ab: da / die aussönung mit meinem Fürsten / mich mehr gestårket / als alle gebrauchte[685] arzneien. Wie nun der bestimte abend erschienen / da Eliphas / abgeredter massen / mit einer wurfleiter vor meinem fenster sich einstellte / und ihm von einer meiner dirnen solte hinein geholfen werden: hatten wir uns zwar der losung vergliechen / daß er in dem zimmer / an welches er die leiter anwerfen solte / ein liecht solte scheinen finden. Es fügte sich aber / daß nicht allein in dem augenblick / wie er ankame / mein liecht ausgehen muste / sondern auch in einem andern zimmer ein liecht brennen muste: welches ihm die vermutung gabe / daß alda seine Timna vorhanden wåre. Wie er nun mit großer můhe hinauf gestiegen /und droben keine dirne seiner warten fande / kuckte er durch die raute / und wurde gewar / daß / an stat meiner / die Ahalibama in diesem zimmer sich befande. Er eilte / so gut er konte / wieder hinunter / und folgends vor der thůr des hauses fůrübergehend / fande er dieselbe offen / und eine magd darin stehend / die etliche mal hustete / und ihm damit die losung gabe /hinein zu kommen. Er hielte diese person fůr meine dirne / und ließe sich / ganz erfreut / von ihr in ein zimmer fůren: da er aber / an stat meiner / die Ahalibama fande / welche anfangs ihm freudig entgegen kame / nachgehens aber / ihn erkennend / ja sowol /als er / bestůrzte / und kein vermögen hatte ein wort zu sagen.

Ich muß dir aber ehe ich weiter fortfahre / erstlich berichten / wie es hiemit beschaffen gewesen. Es hatte Ahalibama / nicht allein fürlängst einen verdruß entfunden / in solcher einsamkeit / wie sie bei der Tirdane leben muste / ihre jahre hinzubringen / sondern auch / nachdem Tirdane sie mit dem Eliphas in verdacht fassend / alle ihre güter ihr entwendet und mir geschenket / ihr den vorsatz genommen / wieder nach dem gebirge Seir zu den ihrigen zu reisen. Hiervon nun ihnen eröfnung [686] zu thun / und diese abreise heimlich anzustellen / hatte sie einen slaven nach Seir heimlich abgeschicket: welcher nun wieder gekommen / und eben diese nacht ihr von seiner verrichtung bericht ablegen solte. Weil nun dieser sich etwas gesåumet / und Eliphas inzwischen der Ahalibama dirne angetroffen / als fügte es sich / daß dieser irrtum fürgegangen / welcher uns allerseits in ungemeine verwirrung gesetzet.

Ahalibama wolte nun zürnen / Eliphas sich entschuldigen / und die magd / ihren irrtum zu åndern /dem Eliphas beim arm wieder hinaus ziehen: als unvermutlich zu diesen dreien bestürzten Personen die vierte / nåmlich die Tirdane / ankame. Diese hatte so getreue leute in ihrem dienste / daß dieselben alsofort ausgekundschaftet / wie die hausthůr offen stůnde /worzu Ahalibama die schlüßel heimlich aus der Tirdane kammer entwendet håtte. Demnach gienge sie in nachtkleidern nach diesem zimmer / und den Eliphas allhier findend / schrye sie über gewalt und üm hůlfe /sich seiner zu bemåchtigen. Als der aber entwischte /und glůcklich auf die gassen kame / schüttete sie allen ihren zorn ůber die Ahalibama aus. Es halfe da kein entschuldigen / weil der augenschein wieder sie redte /und muste sie die allerschimpflichste vorwürfe anhören: also daß ihr großmütiges herz die höchste gedult vonnöten hatte / solches alles zu verschmerzen / und nicht aus den schranken der ehrerbietung zu schreiten. Doch ihre hofnung / bald nach Seir zu entkommen /machte sie endlich alles ůberwinden.

Wie nun / fast die halbe nacht hindurch / der Tirdane unfreundliches gespråche mit ihr gewåret / begabe sich diese erzürnte Fürstin wieder nach ihrer kammer: daselbst sie / aus gram und eiver / mit einer gefärlichen krankheit befiele / so sehr hatte sie ihr diesen der Ahalibama [687] vermeinten fall zu sinn gezogen. Wie mir hierbei zu mut worden / ist unschwer zuermessen: da ich nicht allein eifersůchtig worden / als ich vernommen / daß mein Eliphas bei der Ahalibama gewesen /sondern auch seinethalben in schrecken und furcht geraten / daß ihme ein unglůck widerfahren seyn m \chte.

Sobald es tag worden / ließe mich Tirdane zu sich kommen / und klagte mir mit h \chstem unmut / wie es ihr mit ihrer Ahalibama ergangen wäre. Ich konte diese Fürstin nicht entschuldigen / weil ich sie für meine mitbulerin halten muste: hingegen auch auf ihr beginnen nicht schelten / weil ich in eben diesem verbrechen begriffen / und allein glücklicher als Ahalibama gewesen. Tirdane schenkte mir hierauf alles das jenige / was sie vorher der Ahalibama zugewendet. Ich weigerte mich zwar / solches anzunemen / weil ich es mit gutem gewissen nicht thun konte: aber ihr befehl meisterte meinen willen; und muste also diese unschuldige Fůrstin einer schuldigen dienen / deren glück zu f \rdern.

Eliphas gabe mir nachgehends durch ein schreiben zu vernemen / wie dieses sich zugetragen / woraus ich / sowol seine als der Ahalibama unschuld erkante /und zwar einen trost für meine liebe / aber keinen für mein gewissen / schöpfte: massen ich / ohne schmerzen / die unschuldige Ahalibama in der Tirdane ungnade nicht sehen konte; hingegen / sonder in die höchste gefahr mich zu stůrzen / kein mittel zu ersinnen wuste / ihre unschuld an den tag zu bringen. Ich sahe auch nun / meinen Eliphas zu sprechen / mir alle gelegenheit benommen / weil wir es nicht mehr wagen dorften / in der Tirdane haus eine zusammenkunft anzustellen: und muste ich mich mehr als jemals in acht nemen / damit meine mume nichts von meiner liebe vermerken m \chte.

[688] Wir begaben uns hiernächst in die warmen båder /so nahe bei Aroer ligen: weil die ärzte der Tirdane und mir rieten / dieser bruñ-cur / zu wieder-erlangung unserer gesundheit / uns zu gebrauchen. Weil der Prinz von Gerar / als bei der Tirdane sehr wolgelitten / mich daselbst / wiewol allemal in beiseyn der Tirdane / besuchen und sprechen / Eliphas aber sich nicht sehen lassen dorfte: als richtete dieser edle Prinz / fůr seinen freund / soviel bei mir aus / (als er einsmals gelegenheit absahe / allein mit mir zu reden / indem Tirdane andere gesellschaft bei sich hatte / und daher auf uns nicht acht haben konte) daß ich die einwilligung von mir gabe / meinen Eliphas heimlich zu ehlichen. Die ursach / warüm Eliphas dieses so eiligst triebe / ware / daß er von Babel befehl bekommen /sich nach dem heer zu begeben / da er unter dem feldherrn Laristenes sich zu kriegsdiensten verpflichtet: weswegen er zuvor / ům meiner person sich zu versichern / die ehe volzogen wissen wolte. Und wiewol ich viel darwider einwandte / und unter andern meiner armut erwehnte / auch wie ich nirgend hinaus wüste /wan Tirdane solches erfahren solte: wandte doch der Prinz Abimelech diese meine beisorge damit ab / daß auf solchen fall ich nur nach Babel zu seiner Prinzessin Delbois mich verwandlen möchte / die ům seinetwillen mich gern in schutz nemen und so gut als Tirdane versorgen wůrde.

Wie ich nun / wie gesagt / mich endlich hierzu bereden lassen / bate ich / nach verrichteter brunn-cur /die Tirdane üm verlaub / eine reise nach Damasco zu thun / üm in meinem palast / den sie mir geschenket /etwas anzuordnen: welches sie dan / ohne allen argwan / gern geschehen ließe. Also wurde nun daselbst /in beiseyn des Prinzen Abimelech / und einer dame aus Damasco / die mit [689] mir in vertrauter freundschaft lebte / des Eliphas begehren erfüllet / und unsre ehe vollzogen: worauf / nach versicherung ewiger treue /mein liebster gemal nach Babel / der Prinz von Gerar aber nach Salem / abreisete / und mich also höchst betrübt zurůck ließe. Ich stellte mich hierauf bei der Tirdane wieder ein / und schwebte daselbst in ewiger angst / daß sie von meinem zustand endlich etwas erfahren m \chte. Ahalibama indessen / weil sie von ihrem herrvattern die einwilligung nicht erhalten können / die Tirdane zu verlassen / war gedrungen / ihr leben noch ferner alda / und zwar in lauter elend und verdruß / zuzubringen: dan sie bei der Tirdane keine gute stunde mehr hatte.

Weil es also versehen war / daß alles / was ich begangen / auf sie kommen / und ich hingegen ihr glück erben muste / als stunde es nicht lang an / da wurde der Tirdane fürgebracht / wie daß Ahalibama / in Damasco / heimlich etliche nächte mit dem Eliphas in unzucht zugebracht håtte. Diese lügen hatte so guten schein / daß Tirdane es gläuben muste: massen alle ůmstände mit dem bericht übereinstimten. Dan / Ahalibama war / in der zeit / da Eliphas zu Damasco sich aufgehalten / und wir den brunn bei Aroer gebrauchet / bei etlichen ihren bekantinnen daselbst gewesen / die zu einer jagt / so sie ům Damasco gehalten / sie eingeladen / etliche tage bei ihnen zu verbleiben. Nun war dem Eliphas ein slav entlaufen: der sprengte in Damasco aus / sein herr hätte bei einer Fůrstin von Seir gelegen. Dieses brachte die arme Ahalibama völlig herunter / und mochte Tirdane sie nun weder hören noch sehen. Sie schriebe auch selbst an die ihrigen nach Seir / daß man sie von dieser lasterhaften bald erl \sen wolte / damit sie mich nicht ansteckte.

[690] Also hatte Ahalibama ihren zweck erreichet / nach Seir wiederzukehren / wiewol nicht auf weise / als sie vermeinet. Sie konte aber diese üble nachrede nicht verschmerzen / als welche ihren glimpf / ehre und guten namen auf einmal zu boden richtete. Sie legte sich demnach / nicht allein auf das grämen / sondern auch auf die kundschaft / ihre unschuld an tag zu bringen. Sie färtigte auch jemand an den Eliphas ab /und begehrte / daß er / ihre ehre zu retten / erscheinen / sich verantworten und sie entschuldigen solte. Ich kan nicht beschreiben / wie sehr es mich geängstet /da ich diese unschuldige Fürstin meinetwegen in solches elend muste geraten sehen; und quälte ich mich hierůber fast mehr / als sie selber. Solcher unruhe nun mich abzuthun / fassete ich endlich den schluß / lieber alles auf mich zu nemen / als diese Fürstin länger in solchem unglück zu lassen.

Ich name mir demnach fůr / mit der Prinzessin von Ammon / die in Damasco war und eben nach Babel reisen wolte / dahin zu gehen: zuvor aber der Tirdane und Ahalibama alles ůmständlich zu offenbaren / was zwischen mir und dem Fürsten von Theman fürgegangen / und wie nicht sie / sondern ich / wiewol ehrlicher weise / dem Eliphas zugeh \rte. Wie ich nun in Damasco alle meine sachen bestellt / schriebe ich nicht allein an die Ahalibama und Tirdane / (diesen brief jenem beischliessend) sondern auch an die beiden Fürsten von Seir / den Aja und Esban / die dieserwegen nach Aroer gekommen waren: denen allen ich /meine heimlich-verehlichung und der Ahalibama unschuld / zu wissen thåte. Nach dem ich einen boten damit nach Aroer abgefårtigt / reisete ich / keiner antwort erwartend / mit der Ammonide aus Damasco hinweg / nach Babel zu gehen. Wir stunden unterwegs viel gefahr aus / und wurden durch [691] den Prinzen von Gerar befreiet: in dessen geleite wir folgends in Babel wol ankamen.

Ich wurde daselbst mit meines liebsten Eliphas anwesenheit erfreuet / muste aber / wie dir nicht unbekant seyn wird / bald erleben / daß die damalige Prinzessin Delbois / auf ernsten befehl ihres herrvattern /mich von sich thun / und mit dem Fürsten von Cale wieder nach Damasco schicken muste. Ehe es aber mit mir hierzu gelangte / hatte ich aus Syrien / von meinem gemal / der dahin heimlich gereiset war / die nachricht erhalten / daß die grosmütige Ahalibama /mein glůck nicht zu verderben / mich nicht melden /noch mein schreiben der Tirdane fürzeigen wollen /sondern damit vergnůgt / daß ihre unschuld denen Fürsten von ihrem hause kund worden / mit ihnen davon gezogen / und zwar / ehe noch mein gemal /ihre unschuld zu retten / nach Aroer ankommen können. Dieser zoge nun in bedenken / sonder noht mein glůck bei der Tirdane zu stützen / unterließe derhalben / bei ihr sich anzumelden / üm sie zu berichten /wie es mit uns beiden beschaffen wåre / und kehrte also wieder nach Babel: da eben der andere krieg in Ophir anginge / dahin er dan mit dem Prinzen Baleus fortziehen muste.

Ich gienge nun auch wieder nach Syrien / da ich /die durch mein abreisen beunruhigte Tirdane / mit einer notlügen zu frieden sprache / vorgebend / wie daß die Prinzessin Ammonide mich / gegen meinem willen / aus Damasco entfüret / ům nach Babel gefärtschaft zu haben: von dar sie und ich zurück geschrieben / und meinen zustand berichtet hätten / welche briefe unterwegs můsten verunglückt worden seyn. Weil Tirdane mich häftig liebte / gläubte sie alles / was ich ihr sagte / und machte mich hierauf zur völligen erbin aller ihrer [692] güter. Und weil sie mich nun ihrem siñ ganz gleichf \rmig achtete / als name ihre liebe gegen mir täglich zu: daher ich / üm solche beständig zu erhalten / mir åuserst angelegen seyn ließe / meinen zustand ihr zu verbergen. Ich unterhielte inzwischen meinen Eliphas / mit ihren mir-geschenkten gütern / also daß er reichlich in Ophir davon leben konte: da er sonst / auser diesem / weil ihm die seinigen mit nichtes zu willen waren / wenig lebensmittel würde gehabt haben.

In diesem wolstand bliebe ich bisher bei der Tirdane: ohne daß ich / auf inståndiges begehren unsrer Königin / inzwischen einmal bei ihr zu Ninive gewesen. Ich weiß nun nichts mehr meiner erzehlung zu zusetzen / als daß mein gemal / am ende des verwiechenen winters / aus Ophir heimlich zu mir nach Damasco geko en / üm sein verlangen nach mir zu bezeugen: dazumal er / neben mir / durch vermittelung des Prinzen von Gerar / bei seinem vatter wieder ausges \net worden. Nun aber hat er / wegen des Prinzen Cimbers / einen verdacht auf mich geworfen: wordurch seine eiversucht und ehmalige rachgier in ihm wieder erwachet / daß er leider! mit der neffe Zibeons das jenige vollzogen / was er ehmals zu Aroer mit ihr angefangen; und gerate ich deswegen fast auf die gedanken / daß er und Ahalibama nicht so rein von der liebe gewesen seien / als ich wol vermeinet. Zum überfluß meines leidens befinde ich mich nun schwanger / und bin die elendeste von der welt: da ich auf einmal meine ehre / meinen gemal / meine woltåterin /und meine zeitliche gůter verlieren sol.


* * *


Hiemit beschlosse / viel zären vergießend / die betrübte Timna ihre erzehlung: und wiewol die Prinzessin von [693] Syrien / ihr einen trost einzusprechen / sich bemühte / wolte doch solches bei ihr nichts verfangen. Indem kamen sie / gegen den mittag / in ein dorf / da sie abtratten / üm frische fůrspann zu nemen / und die malzeit zu verrichten. Die auf unterschiedliche wägen und sonst verteilte gesellschaft / hatten einander /nach ihrer flucht aus Damasco / noch nicht gesprochen: daher sie erst an diesem ort ihre freude erwiesen / einander frei zu sehen. Die sch \ne Königin von Syrien dankte tausendfältig / sowol dem Fürsten Husan /als dem Prinzen Dison / dem Bethuel / Barzes / Thare und allen den andern / für diese erlösung / und die Ahalibama anredend / sagte sie: Dieses ist das andere mal / liebste base! daß ihr beim danz von eurem verfolger seit erledigt worden. Der himmel (antwortete diese Prinzessin) lasse mir dißmal meine freiheit länger / als damals / dauren! daran ich auch nicht zweifele / weil wir iezt bässer zur gegenwehr versehen sind /und ich bei E. Maj. mich befinde / die der H \chste dem reich Syrien zum bästen / wider ihre mächtige verfolger in schutz nemen und erhalten wird. Ich verlasse mich / (sagte die Königin / alle ümstehende anschauend) nächst Gott / auf den treuen und dapfern beistand dieser helden: die nicht zugeben werden /daß mein k \nigreich långer meines verfolgers joch trage / noch auch derselbe über meine person herrsche / und des Aramenes blut ferner betrůbe.

Wie nun hierauf alle Fürsten die sch \ne Königin Aramena ihrer beständigen treu versichert / gienge die Prinzessin Ahalibama zu ihrem bruder / den sie neulich fůr todt beweinet / und seither noch nicht wieder gesehen hatte / und gabe ihm ihre freude durch viele ümarmungen zu erkennen / zugleich zu der Prinzessin von Syrien sagend / welche nahe bey ihnen [694] stunde: Eifere nicht mit mir / liebste schwester! daß ich mit deinem Dison also ümgehe! dan ich vermeine / daß mir dieses recht noch wol zukomme. Die Prinzessin entfärbte sich nicht wenig / als die Ahalibama dieses sagte: dan sie gegen dem Prinzen Dison sich noch nicht also erwiese / daß sie in seiner gegenwart von seiner liebe so frei konte reden hören. Aber der Prinz bediente sich dessen gar wol / und name davon anlaß / seine Prinzessin also anzureden: Liebste Aramena! gönnet mir / dieses von euch selbst zu vernemen /wessen meine schwester iezt erwehnet / damit ich des glückes mich versichert achten d \rfe / dessen mich Ahalibama teilhaftig wůnschet. Ich vermeine nicht /mein Prinz! (antwortete die Prinzessin Aramena / mit sonderbarer annemlichkeit /) daß ietzund zeit sei / von dem zu reden / was eure fůrwitzige schwester auf die bahn gebracht; und wil ich / daß nicht sie / sondern ich selber / den dank für meine erklärung davon trage. Dieses sagend / err \tete sie nochmals / und küssete damit die Ahalibama: ům also zu verbergen / was ihre schöne wangen an ihr verrieten. Dison aber war mehr als wol mit dieser antwort zufrieden: die ihm genugsam zu erkennen gabe / daß er ursach hätte / in seiner liebe alles zu hoffen.

Sie giengen damit zur malzeit; die dan zimlich auf der hast verrichtet wurde / weil die Königin und Ahalibama in ståten sorgen schwebten / man möchte ihnen aus Damasco nachjagen: wofür anderseits der Prinzessin von Syrien nicht so bange war / weil dieselbe keinen buler zurück wuste / für dem sie sich solcher gestalt zu fürchten hätte. Ich m \chte wünschen /(sagte sie zu der Ahalibama /) daß dein Beor in der liebe so unbeständig / als sein sohn / wäre: so dörftest du dich nicht so quälen / wie du nun thust. Wolte doch der himmel / [695] (antwortete Ahalibama) daß dieser dein wunsch m \chte wahr werden. Aber ach! mein unglůck machet ihn also beståndig / meine marter dadurch zu erlångern. In warheit! (sagte die K \nigin) der Hemor ist gar bequem in seinem lieben: dan er weiß der unm \glichkeit nachzugeben / und steifet sich nicht auf eine sache / die ihm nicht werden kan. Wiebald vergaße er der damals-betrieglichen Aramena /als meine schwester ihm in die augen kame! und nun verfäret er gleich also mit dieser / da die Milcaride sich ihm gezeiget. Ich bin dem Prinzen von Canaan /(sezte die Prinzessin von Syrien hierzu) deswegen recht hold worden / daß er / üm die Milcaride nicht zu beschimpfen / meiner vergessen wollen / und hat er hierin sich wol recht grosmütig erwiesen. So werden dan diejenigen / (unterredte der betrůbte Bethuel) die gunst der schönen Aramena nicht erlangen / die solcher bequemlichen grosmut sich nicht bedienen können.

Die Prinzessin / so über diesen worten des Bethuels errötete / schluge / sonder zu antworten / die augen nieder / und begunte die Königin / üm sowol ihre schwester / als die beide verliebte / aus ihrer verwirrung zu bringen / mit dem Husan von ihren abenteuren zu reden / die ihr und ihrer schwester in dem Isis-tempel begegnet: die alle die jenigen / so hievon noch keine wissenschaft gehabt / insonderheit aber die boshaftige listen des Statthalters von Syrien / der die blutfreundschaft und andere betrachtungen den staats-ursachen nachsezte / höchlich wunder machten.

Weil die Fürstin Timna bei der tafel gemisset wurde / als fragte die Königin gar sorgfältig nach derselben: und vername hierauf von der Prinzessin Ammonide / daß sie nicht speisen wollen / sondern in einem [696] zimmer allein geblieben wäre. Ahalibama / die bei der Königin saße / name hiervon anlaß / ihr mit wenigem / der Timna zustand / ins ohr zu erzehlen: worüber die mitleidige Königin grosse betrübnis blicken ließe / auch gleich nach der malzeit zu dieser angsthafte Fürstin gienge / ihr etwas trost und muht einzusprechen. Sie ließe auch fleissig aller orten nach dem Asareel ümfragen / ob etwan aus dessen bericht noch etwas tröstliches für die Timna zu ersinnen seyn möchte. Man konte aber diesen Themaniten nirgend erfragen / und muste also die Timna von dieser unruhe sich nach Aroer begleiten lassen / dahin man hierauf die reise fortsezte.

Es bliebe aber der Zaphis / mit den Niniviten / die nicht so eiligst fortziehen konten / wie auch der Sachar mit den Syrern / zurůcke / einen paß zu besetzen /damit man aus Damasco ihnen nicht folgen möchte. Der Badezorus / auf erhaltene nachricht von ihrer ankunft / kame mit seinen völkern aus Aroer ihnen entgegen / und begleitete sie in die stadt: alda die Königliche personen sich gleich zu ruhe begaben / als deren sie wol benötigt waren. Die betrübte Timna eilte nach dem hause ihrer mumen / der Tirdane: welche über ihrer ankunft hoch erfreuet ware / und durch ihre liebkosungen gnug zu erkennen gabe / wie ihr von der Timna zustand noch nichtes wißlich wäre.

Der verliebte Bethuel aber / der / für unruhe seines gemütes / der ruhe des leibes wenig genosse / befande seinen zustand elender als iemals / und stunde bei sich an / ob er nicht lieber seine Aramena in dem Dianen tempel / als in des Disons armen / hätte sehen mögen Ungeliebt zu lieben / achtete er für nicht so schmerzlich / als einen geliebten mitbuler zu sehen /und fande er / durch des andern glück / sein unglück verdoppelt. Die verzweiflung [697] machte endlich diesen armseligen Fürsten zu dem entschluß greifen / vor tags aus Aroer heimlich hinweg zu gehen / und in seinem vatterland Mesopotamien die einsamkeit zu erwehlen / also daß niemand von ihme mehr etwas hören oder sehen solte. Er wolte aber zuvor schriftlich von seiner Aramena ewigen abschied nemen / welchen er in folgende reimen verfasste.


Nim / Aramena! hin / was dir das lezte mal /

zum opfer heißer lieb / dein Bethuel fůrbringet.

Es ist sein schwanen-lied / das er dir nun fürsinget.

Brauch keine lieb / nur gůt / zu h \ren seine qual.

Nicht wil er deine lieb betrůben: deine wahl

ist edel / und gerecht. Nur dieses er bedinget /

daß keiner in der lieb an gr \sse ihm fůrdringet /

daß keinen hab so tief verwundt der liebe stral.

G \nn mir / zu lieben dich / ich sei auch / wo ich sei:

laß Aramena ståts in meinen sinnen schweben.

Erlaubst du diß: du magst mit deinem Dison leben.

Dir werd ich / im gemůt / doch ewig wonen bei;

und / ob du schon von mir forthin wirst nichtes h \ren /

mit unverfålschter lieb bis in den tod dich ehren.


Nachdem er dieses verfärtigt / begabe er sich / sobald der tag anbrache / nach dem zi er / darin die Prinzessin sich befande / legte / da noch iederman in der ruhe lage / das täfelein wol verwaret vor die thür /und schriebe ausen darauf / an wen es hielte. Hiernächst machte er sich ganz allein aus Aroer hinweg /daß niemand etwas davon gewar wurde. Sobald nun die Prinzessin Aramena erwachet / und / nach der Königin zu gehen / sich wolte ankleiden lassen / fande man / bei eröfnung der thür / dieses täfelein / und erriete sie gleich / des Bethuels hand erkennend / was dessen inhalt seyn würde. Nachdem sie es eröffnet /konte sie sonder grosses mitleiden diese reimen nicht ablesen. Sie zeigte es folgends der Kõnigin: die dan neben ihr den edlen Bethuel beklagte. [698] Als auch nachgehends alle die andern dazu kamen / üm zu beratschlagen / was man nun wider den Belochus und Beor fůrnemen wolte / ware niemand in der gesellschaft /auch den Prinzen Dison selber nicht ausgenommen /den nicht dieses trübseligen Fürstens gejammert hätte.

Als man hierauf zu ratschlagen begunte / ward nicht allein für nötig befunden / alsofort / nach Hierapolis in Ober Syrien / dem Fürsten Rames ihren zustand zu entbieten / sondern auch dem Tharsis nach Ninive / dem Abimelech und Phalacus nach Seir / und dem Fürsten Nahor / eiligst hievon zu berichten: welcher letzere sich wol fürzusehẽ hatte / daß nicht der Canaanite Aner / der bisher bei ihm gewesen / eher /als er / diese trennung erfüre / und ihn verhinterte / zu ihnen zu stossen. Wie man auch noch nicht wuste /was ihre freunde in Damasco / nach ihrer flucht / für sie ausgerichtet / als erwartete man mit höchstem verlangen / daß hiervon nachricht einko en möchte. Man hoffete nun auch täglich auf die hülfe aus Basan / wie nicht weniger auf den versprochenen beistand des Königs Eridanus von Cus: welchen von ihm / wie auch von den Nabatheern und Fůrsten von Hevila / eiligst zu erhalten / der Gaham abgefärtigt wurde.

Die beihabende völker / wurden üm Aroer verleget / und also ein rechtes lager geschlagen: da sich dan befande / daß sie bei zwölftausend stark waren / unter denen Husan und Thare fünftausend Syrer / Barzes und Zaphis viertausend Niniviten / und Badezorus noch dreitausend Syrer befehligte. Hierzu erwarteten sie noch den Nahor / und hoffeten auch / daß Rames ihnen von Hierapolis einige manschaft würde schicken können: weil er daselbst von den Belopares[699] wenig anfechtung hatte / und daher aller seiner völker nicht benötigt ware.

Als man mit diesen geschäften und abschickungen etliche tage zugebracht hatte / wolte die Gott-fromme Königin von Syrien nicht aus der acht lassen / zuvörderst den Höchsten üm hůlfe und beistand anzuflehen: weswegen sie / unfern von der stadt / nahe bei ihrem aufgeschlagenen lager / auf einem erhabenen hügel /den der Libanon machet / ein herrliches opfer anstellte / da zugleich die Prinzessin / ihre schwester / ihre glaubens-bekentnis offentlich ablegen wolte. Wie demnach die rechtglaubigen / früh morgens / zu pferd / weil man mit den wägen nicht wol hindurch kommen konte / sich begaben / und nach diesem hůgel ritten: fügte es sich eben / daß die Prinzessin Ahalibama / und Dison ihr bruder / gesellschaft machten. Dieses gabe ihnen gelegenheit / sich in ein gespräche von ihrem zustand einzulassen / und sagte Ahalibama unter andern zu diesem Prinzen: Müsset ihr nun nicht / mein bruder! meine sorgfalt rümen / die ich angewendet / euch die Syrische Kron und die Prinzessin Aramena zuzuwenden? Zwar ist / durch der Königin nunmehr-bekante geburt-ümstände / unser fürhaben /was dieses reich betrifft / rukgängig worden: es bleibet euch aber gewiß die hofnung zu dem Ninivitischen thron / und wird nun Aramena euch dieses Königreich / unsrem hause Seir aber grosse aufname / zu weg bringen.

Ich můste unentfindlich seyn / (gabe Dison zur antwort /) wan ich nicht eure unvergleichliche sorgfalt erkennte / da allein ihr / nächst der gnade des himmels /diese herrliche veränderung meines zustandes mir zugespielet. Wolte Gott! daß ich euch dafür wieder dienen / und eure ruhe / liebste schwester! gleichwie ihr die [700] meine / befördern könte! Ach Dison! (sagte sie seufzend) ich kan in dieser welt die ruhe nicht erlangen / die ihr mir wũnschet: weil kein Elieser mehr vorhanden ist / der mir sie allein hätte geben können. Ich kan zwar (widerredte Dison) eure beständigkeit nicht tadeln: ich mõchte aber wünschen / daß ihr /weil ihr es sonder laster oder leichtsinnigkeit thun könnet / durch euch selbst fůr unser haus zu sorgen fortfüret. Solches würde geschehen / wan ihr in Seir frieden machen woltet: das dan euch ganz leicht zu thun wäre / wen nur Elieser könte vergessen / und Esau geliebet werden.

Vergeltet mir doch nicht mit solcher grausamkeit /(wandte Ahalibama ein) die dienste / die ich euch erwiesen! Und ob ihr gleich einwenden möchtet / ich hätte euch ebenfalls von der liebe zu unsrer K \nigin abgebracht / so müsset ihr doch hiebei betrachten /daß / eine wechsel-liebe und eine einseitige zu trennen / ein grosser unterschied sei. Was einmal der tod getrennet / (versezte Dison) ist frei gemacht / und an nichtes mehr verbunden. O Dison! (antwortete sie) wofern ihr eure Aramena recht liebet / so weiß ich gewiß / daß ihr / in erlebung ihres todes / ihrer nicht vergessen werdet. Ihr bringet mich auf eine harte probe / (sagte er) uñ weiß ich hierauf euch noch nicht zu antworten. Ich bin gar wol zufrieden / (erwiederte sie) daß ihr mir nichtes darauf zu antworten wisset. Wie ich aber wünsche / daß euch dieser unfall nimmermehr begegnen möge / also bitte ich euch: gönnet mir doch / nun ich leider in denselben geraten bin /daß ich also leben möge / wie ihr thun würdet / wan ihr euch in meiner stelle befändet.

Weil sie hiemit auf dem berg angelanget / musten sie dieses gespräche einstellen: da der verliebte Dison die höchste vergnügung genosse / seiner Aramena eifriges [701] glaubens-bekentnis mit anzuhören / und ihrer ersten opferung mit beizuwonen. Sie verrichtete solches in grosser andacht / mit feurigem eifer allem abgöttischen wesen absagend: da die Gottliebende Königin /für diese bekehrung / dem höchsten mit hellen zären dankte.

Nachdem sie ferner alle heilige gebräuche verrichtet / auch daselbst angebetet hatten / machten sie sich wieder auf den růckweg / und besahen nicht allein unterwegs ihr lager / sondern sie besuchten auch die Tirdane / in ihrer wonung: von deren kentnis die Königin hoch vergnügt bliebe / da sie an ihr eine dame von ungemeinem verstand und tugend gefunden. Weil sie sich der welt so gar abgethan / als ware zwar alles reinlich und sauber / aber nichtes / das ihren Fürstlichen stand anzeigen mögen / in ihrem hause zu finden: darin sie doch diese Kõnigliche gesellschaft also bewirtete / daß sie alle damit wol zu frieden waren. Wie dan auch die Timna / so betrübt sie auch war /sich gar geschäftig erwiese / und nach aller möglichkeit ihrer Königin aufwarten halfe.

Folgenden tags stellten sie eine allgemeine besichtigung ihrer völker an / dabei die Königin / neben den andern damen / wiederüm zu pferd erscheinen wolte. Das ganze heer wurde / durch ansichtigung dieser unvergleichlichen heldin / dermassen aufgemuntert / daß sie / ihr blut und leben willigst für sie aufzuopfern /sich entschlossen vernemen ließen. Wie sie aber noch hierinn begriffen waren / kame einer mit briefen / die an den Zophar hielten / in das heer: welcher / als er vor den Husan gefüret worden / sich für des Rames waffenträger zu erkennen gabe / und berichtete / wie sein herr ihn aus Hierapolis / mit diesen briefen / an den Fürsten von Naema seinen bruder / abgeschickt hätte. Husan höchstbegierig / hierdurch den zustand in Ober Syrien zu erfahren / [702] überlieferte gleich / den waffenträger neben den briefen / seiner Königin: welche / als sie in ein gezelt abgetreten / in gegenwart des Disons / Husans / Thare / und der Prinzessin Aramena / die schreiben durch den Fürsten von Chesed /weil Zophar noch in Damasco war / eröffnen und ablesen ließe / da dan das erste also lautete:

Schreiben des Rames von Jedlaph / an den Zophar von Naema.

Beikommende schreiben / die der Assyrische feldherr Belopares nach Acraba versenden wollen / sind von den unsrigen aufgefangen worden: und habe ich für nötig erachtet / dir solche alsofort zu ůberschicken /üm unserer Königin und denen Fürsten / unsren brüdern / sie fürzuzeigen. Es erhellet hieraus die ursach /warum allhier der Belopares mir bisher so wenig zu thun gemacht. Und weilich nun Ober-Syrien völlig unter unserer Königin gehorsam sehe / als werde ich meine völker zusammen ziehen / und damit / auf erhaltenen befehl / mich Damasco nähern: alda ich dem reich größere dienste / als hier / zu leisten vermeine.


Rames Fürst von Jedlaph.


Hierauf eröfnete Husan das andere täfelein / welches von dem Belopares geschrieben / und von den Syrern aufgefangen / folgenden inhalt fürete:

[703]
Schreiben des Belopares an die Dalimire.

Mit höchstem vergnügen habe ich / aus dem bericht /womit meine Fürstin mich beehren wollen / ersehen /daß Sparetes in Ninive seine sache noch wol verrichtet / und daß die abwesenheit des Ninias ihme mehr luft gelassen / der unvergleichlichen Dalimire zu dienen. Und weil mein schlechter einrat begehret wird /bin ich ganz einig damit / daß meine Fürstin nun nicht länger säume / selbst in person sich nach Ninive zu erheben: dahin auch / wie mein bruder mir aus Edom geschrieben / und ich sicherlich traue / der Prinz von Gerar / mit dem ersten sich einfinden wird / üm die kron von der grosmůtigen Dalimire händen zu entfangen. Inmittels stehen alle meine hohe kriegs-bediente zu meiner Fürstin gebot / und ist keiner unter ihnen /der nicht eifrigst verlange / die würdigste Dalimire Königin von Ninive zu sehen. Was ich an meinem ort bisher dabei thun können / ist diß gewesen / daß ich den Syrern allen vorteil gelassen / üm dadurch den König von Assyrien zu bewegen / daß er seine kriegsmacht völlig hieher wende / und meiner Fürstin raum gebe / ohne hinternis ihren grosmůtigen vorsatz hinaus zu füren. Ich ziehe nun meine macht gegen Palmyra zusammen / üm mit derselben ehist überzugehen / und zu meiner Fürstin zu stoßen. Der himmel wolle /zu dem fürhaben der großen Dalimire / alles gedeien geben!


Belopares.


[704] Was in diesem schreiben die schöne K \nigin vergnůget / war dieses / daß sie darin ihren liebsten Abimelech nennen h \rte: von dessen hinkunft nach Ninive sie verhoffete / daß selbige diesem bedrangtem reich wol zu statten kommen würde. Diese ihre vergnügung ward ferner vermehret / durch nachfolgendes drittes schreiben / welches der Husan ihr dieses lauts fürlase.

Schreiben des Eupales / an seinen bruder Belopares / aus dem Assyrischen lager bei Edom.

Hiemit berichte ich in eile / daß wir nun auf dem weg nach Ninive begriffen sind. Der Niniviten feldhauptman Phalacus / wie mich der junge Fürst von Ressen berichtet / wird mit seinen völkern / üm der daselbst entstandenen unruhe willen / nach Syrien gehen. Der Prinz Abimelech / ist zu Gerar bei seinem herrvattern: und ist uns anbefohlen / beim gebirge Mescha seiner zu warten. In Edom und Seir / wie auch im Königreich Cus / ist nun alles gestillet. Wir haben / in diesem par monate / viel verrichtet: das ungläublich scheinen würde / wan nicht die ůmstände also wären beschaffen gewesen / daß sie die müglichkeit zu wege gebracht. Ich werde nun nicht wieder schreiben / bis daß wir an das gebirge kommen. Inzwischen darfst du / meiner aufrichtigen treue / dich ewig versichert achten.

Eupales.


[705] Dieser brief / welchen Belopares / der Dalimire zur nachricht / mit beigeleget / gabe der K \nigin / wie auch den andern anwesenden / große hofnung / daß Phalacus mit seinen Niniviten bald ankommen wůrde. Weil dem Husan und Thare nicht bekant war / wie es zwischen der Königin und dem Prinzen Abimelech stunde / als fiengen diese beide an / des Abimelech verräterliches beginnen / da er es mit der Dalimire wider die Königin hielte / håftig aus zuscheltẽ: welches die Königin nicht vertragen konte / und darüm /ihres Prinzen guten namen unter den Syrern zu erhalten / ihnen / auser ihrer liebe / alles entdeckte / was ihr Abimelech bei diesem handel bereits geoffenbaret hatte. Hieraus nun schloßen sie ingesamt / daß Abimelech seine untergebene völker / nicht gegen die Königin / sondern vielmehr derselben zum bästen / nach Ninive fůren wůrde: und ward deswegen diese nachricht fůr sie sehr nůtzlich befunden. Sie befragten den waffentråger ferner / wie es in Ober-Syrien stůnde /und wie stark daselbst der Rames noch seyn möchte: worauf sie von ihm völligen bericht entfingen.

Sie waren noch in dieser unterredung begriffen / als der Fürst Barzes eiligst zu ihnen in das zelt kame /und anmeldete / wie daß man von ferne auf dem weg /der nach Damasco gehet / einen großen staub aufgehen sehe / der immer größer wůrde. Dieser bericht sezte alle anwesende in die sorge / daß es ein ůberfall der Assyrier aus Damasco seyn m \chte: wiewol sie nicht vermuten konten / wie der feind / bei dem paß /durch des Zaphis und Sachars völker / ohne daß diese ihnen hiervon etwas entboten hätten / sich durchschlagen k \nnen. Sie stellten sich aber / üm sicherheit willen / in gute verfassung / und [706] [708]befanden sich gewachsen genug / dem feind widerstand zu thun. Sie sahen aber / als dieser haufe näher kame / daß ihre furcht vergebens gewesen: dan der Fürst Cyniras / so für aus geritten / brachte die gute zeitung / daß keine feinde /sondern der K \nigin bäste freundinen / nåmlich die Prinzessinnen C \lidiane und Jaelinde / gleich bei ihnen seyn würden.

O himmel! kan diß auch m \glich seyn? rieffe die K \nigin / eine ungemeine freude fülend: wiewol solche mit einiger unruhe vermischt war / weil sie nicht wuste / wie ihre liebe Cölidiane gegen dem Abimelech und ihr gesinnet seyn m \chte / nachdem sie dessen und ihre briefe entfangen / die ihr deren wahren zustand von Abimelechs liebe kund gethan hatten. In solcher ungewißheit / erwartete sie dieser schönen Prinzessin / die nicht lang hernach ankame / von vielen mohren und kamelen begleitet: welches die K \nigin mutmassen machte / C \lidiane würde etwan als K \nigin von Cus erscheinen. Indem sahe sie einen ansehnlichen Prinzen / der ihr aus dem wagen geholfen /diese Prinzessin ihr zufüren: deren sie alsofort üm den hals fiele / und dadurch ihre freude / sie wieder zu sehen / an den tag gabe. Nachdem hierauf auch Jaelinde von der K \nigin entfangen worden / ließe sich eine m \hrin sehen / welche die C \lidiane zu der K \nigin brachte / ihr vermeldend / wiedaß diese die sch \ne Prinzessin Danede von Cus wäre. Weil die K \nigin viel gutes von dieser Prinzessin geh \ret / als wurde sie sehr erfreut / dieselbe zu sehen. Hiernåchst gabe sich auch der fr \mde / fůr den Egyptischen Prinzen Amosis / zu erkennen: der dan / neben der Danede /von der Königin alle ihnen-zukommende ehre entfinge.

Sie wandte sich hierauf zu der C \lidiane / und sagte: [708] Ich kan mir kaum möglich machen / daß dieses / was ich hie sehe / mir warhaftig wiederfahre. Gleichwie wir in Damasco unversehens voneinander gekommen / also kommen wir nun auch unversehens wieder zusa en; und wie uns damals eine grosse unruhe getrennet / also muste uns der Prinzessin von Caphtor wiederkunft in gleicher unruhe finden. Nur weiß ich nicht / (fůgte sie lächlend hinzu) ob der sch \nen C \li diane ihr zustand sich inzwischen auch also / wie der meinige / verändert habe / daß das reich Cus an ihr seine Königin sehe / gleichwie Syrien mich nun für die seine erkennet. Ich danke dem hi el / (antwortete Cölidiane) daß ich meine allerwertste Königin bedienen kan; und preise Syrien glücklich / daß es nun unter so tugendhafter regirug schweben sol. Was mich belanget / so hat mein stand seither sich nicht geändert / und meine treu / neben des Prinzen Eridanus tugend / soviel gewirket / daß er nicht ferner in mich gedrungen / einem Prinzen unbeståndig zu werden / der mich so lang vor ihm geliebet.

Die schöne K \nigin err \tete / solche worte vernemend / und konte sich nicht darein finden: massen ja ihre und des Abimelech briefe / bei dieser Prinzessin /andere gedanken hätten erwecken sollen. Weil aber dieses kein ort war / sich dergleichen sachen zuerkundigen / als versparte sie solches / bis sie beisammen allein seyn würden. Indem wurde sie noch einer ansehnlichen dame gewar die ihr die Jaelinde zubrachte / und zugleich ihr vermeldete / wiedaß diese die wiedergefundene Königin Eurilinde von Salem wäre: weswegen sie dieselbe / des Melchisedech sich erinnerend / gar freundlich entfienge. Es erweckte aber /diese unvermutete ankunft so vieler frömden Königlichen personen / bei der K \nigin [709] eine große begierde /zu vernemen / was für ein zufall sie eben jezt also hie her gefüret.

Wie nun allerseits anwesende / von beiden teilen /einander begrüßet / fande man für gut / nach Aroer zu fahren. Weil das dringende volk / welches aus neugierigkeit / die frömde mohren zu sehen / schier der ehrerbietung gegen den hohen personen vergaße / ihnen hinterlich war / ein mehrers im lager miteinander zu reden. Wie demnach die Königinnen von Syrien und Salem / die Prinzessin von Cus / die Aramena und die beide von Caphtor / sich in den wagen der Cölidiane zusammen gesetzet / und die andern auf ihre pferde sich wieder begeben hatten / fragten die Königin Aramena und C \lidiane / unterwegs einander tausenderlei dinge / und waren begierig / zu wissen / was ihnen beiderseits in Damasco und Naphis begegnet / seit daß sie einander nicht gesehen hatten.

Ich wil hoffen / (sagte unter andern die Königin von Syrien) daß der König Eridanus mir den beistand / den mir meine liebste Prinzessin bei ihm zu wege gebracht / bald zusenden werde: wie dan ich / ihn dessen erinnern zu lassen / durch ietzige noht bin gezwungen worden. So haben dan E. Maj. (fragte C \lidiane ganz begierig) meine briefe entfangen / die ich damals zurück geschrieben / und dieser des Eridanus verheisener hůlfe darin erwehnet? Ich habe sie nicht allein entfangen / (sagte die Königin) sondern auch gleich wieder beantwortet. Nachdem C \lidiane der Königin bezeuget / daß sie nichts entfangen hätte /sagte sie ferner: Wolte Gott! der Prinz Eridanus hätte das verm \gen / seine damalige zusage zu halten! wan aber meine K \nigin vernemen wird / wie es ihm iezt ergehet / werden [710] sie es nicht ůbel deuten / daß er / so wenig hieher / als nach Salem / die versprochene hůlfe senden kõnnen. Die Königin ware nun noch begieriger / hiervon ein mehrers zu wissen: worin C \lidiane sie mit nächstem zu vergnůgen versprache.

Sie sahe hierauf die Königin von Salem an / deren sie / wiewol sie ihr unbekant war / aus sonderbarer hochachtung ihres gemals des Melchisedech / alle ehre anthäte. Ich weiß wol nicht / für verwirrung /(sagte sie zu ihr) wie ich hierein mich schicken sol /daß der himmel mich nicht allein so viel freunde auf einmal sehen lässet / sondern auch unter denselben fürnemlich mir der Königin von Salem gegenwart g \nnet / deren ankunft mir dan ja so lieb / als verwundersam ist. Ich kan wol bezeugen / (gabe Eurilinde zur antwort) daß ich diesen tag mir fůr andern glůcklich schätze / der mich in so werte kentnis bringet. Es soll aber meine sch \ne Königin meinen ganzen zustand erfahren / wan wir in Aroer werden angelanget seyn. Unter diesem und dergleichen gespråchen /kamen sie endlich in die stadt: da jederman sich verwunderte / die Königin in so fr \mder begleitung wieder ankommen zu sehen. Es wurden aber / sowol die K \nigin von Salem / als der Prinz aus Egypten / und die Prinzessinnen / in eigene paläste eingewiesen / da sie / ihrem stande gemäs / wol und herrlich bedienet wurden.

Weil die K \nigin von Syrien / neben ihren Fürsten / sehr begierig war / zu vernemen / wie es in Damasco zustůnde / als wurde / nach gehaltener malzeit / die Prinzessin Jaelinde ersuchet / hiervon bericht zu geben: die dan / solches ihr verlangen / durch folgende erzehlung vergnügte. Es m \gen nun sechs tage seyn / (sagte sie) da [711] wir in Damasco auf dem K \niglichen schloß-hof die unvermutete zeitung bekamen /daß E. Maj. neben allem bei sich habenden frauenzimmer / sich aus der Kemuelsburg begeben / und die meiste Ninivitische und Syrische v \lker / an sich gezogen håtte: das dan uns alle in verwunderung / den K \nig von Assyrien aber in h \chste verzweiflung und ungedult gesetzet; zumal er eben mit dem K \nig von Canaan in heimlicher friedenshandlung gestanden /die ihme die besitzung E. Maj. person solte zu wege bringen. Dieses unglück nun welches / in dem verlust von E. Maj. und der Prinzessin Ahalibama / beiden Königen gemein war / machte ihre bis dahin heimlich-gefürte anschlåge offenbar / indem sie / noch selbigen tags / als freunde / in des Belochus palast zusammen kamen / ům eifrigst raht zu halten / wie sie ihren verlust wieder ersetzen möchten.

Weil man nicht gewiß wuste / ob E. Maj. in oder auser Damasco sich befände / und der Cyniras hierzugegen / neben den andern Syrern / die E. Maj. und des Elihu seite hielten / den tempelplatz eingenommen hatte: als ward vermutet / zumal weil man sich auch des priesters Abdastartus erinnerte / bei dem E. Maj. vorher schon etliche zeit sich verborgen aufgehalten /daß E. Maj. sich dahin würde begeben haben. Demnach versamleten sich alle Assyrier als Canaaniter /und gingen einmütig auf die Syrer los / die den tempel platz innen hatten: welche zwar anfangs sich trefflich zur gegenwehr sezten / aber endlich der gr \ssern macht des gegenteils weichen musten. Der Fürst von Hus und sein anhang / der zwar gut Assyrisch war /aber dabei die Syrische freiheit zu erhalten trachtete /gönnte dem Cyniras und Zophar / zu ihm zu stoßen: daß also diese beide [712] widrige theile / gleichwie zuvor Belochus und Beor / ein heer zusammen machten.

Wie nun / die Assyrier und Canaaniter / des tempelplatzes meister geblieben waren / durchsuchten sie alle orte und winkel in des Abdastartus wonung / und funden endlich an stat E. Maj. den Fürsten Ninias von Ressen / der an etlichen wunden krank darnider lage: und beteurete Abdastartus / daß er üm dessen da-seyn nicht gewust håtte. Weil dieses Fũrsten liebe zu E. Maj. nicht heimlich war / als erweckte dessen gegenwart in das verliebten Belochus gemůt eine neue unruhe / und brachte ihn in den argwan / daß dieser von E. Maj. etwas wissen würde: weswegen er ihn fleißig auf bewaren / und in den königlichen schloßplatz bringen ließe. Nachdem man aber / so wol bei ihm / als sonsten in Damasco / nach E. Maj. und der Prinzessin von Seir / sich lang vergebens erkůndigt / kame endlich die zeitung wiedaß man E. Maj. neben allen den andern / auf dem weg nach Aroer / in voller flucht gesehen hätte. Weil diese nachricht erst gegen die nacht eingekommen / und kein mondlicht am himmel war /als musten sie bis folgenden tag warten / E. Maj. nachzusetzen. Solches geschahe zwar / durch den Prinzen Sinear: der kame aber / gegen den abend / unverrichter sachen wieder zurůcke / weil er durch den paß nicht durchbrechen k \nnen / den die Syrer und Niniviten besezt gelassen.

Mitlerweile nun beide Könige (auf sich selber h \chst ungedultig / daß sie ihr liebstes also aus den hånden gehen lassen) miteinander ratschlagten / wie sie es ferner angreifen wolten / auch zwischen ihnen und den Syrern in Damasco die vertrags-handlung fürgenommen wurde: gedachte die K \nigin von Salem / welche unbekant bei uns ein zeitlang sich aufgehalten / der gegenwart [713] des feindseligen Beors aus Damasco zu entweichen. Ich stimte ihr hierinn bei /weil mir nun alles in Damasco zuwider war / und namen wir also den schluß / hieher zu gehen: wozu uns der Fůrst Cyniras / als wir ihm heimlich unsre gemůtsmeinung entdecken lassen / beförderlich erschiene / und uns selbst hieher zu begleiten / sich anheisig machte. Wir erkiesten hierzu die vergangene nacht / und kamen also glůcklich davon. In der ersten herberge / eine meile von Damasco / traffen wir gegenwärtigen Prinzen und Prinzessin an / die meine schwester nach E. Maj. begleiten wolten. Diese /nachdem sie von uns alles erfaren / was in Damasco fürgegangen / und wo E. Maj. anzutreffen wåre / begaben sich mit freuden in unsere gesellschaft / und sind wir also miteinander hieher gelanget: da wir nun uns allerseits glůcklich schätzen / daß wir E. Maj. langverlangte gegenwart wieder genießen m \gen.

Also endete die betrübte Jaelinde ihre erzehlung /und nachdem die schöne Königin ihr dafůr gedanket /sagte C \lidiane: wann ich auch so kürzlich E. Maj. berichten könte / was mir in Cus begegnet / und was meine beide durchleuchtige reisgesellschafter hieher zu kommen beursachet / wolte ich von stund an meine liebste K \nigin damit vergnůgen. Ich muß aber hierzu eine bequemere zeit erwarten / da ich dan / E. Maj. damit zu vergnůgen / bereit seyn werde. Seit versichert / werteste Prinzessin! (gabe die Königin zur antwort /) daß mich h \chlich hiernach verlanget. Ich wil aber / etwas so seltenes zu vernemen / auf eine gute zeit-muße versparen / und euch nicht so schleunig damit beunruhigen: zumal ich eure allerliebste gegenwart länger / als einen tag / zu genießen hoffe.

Nachdem sie hinauf die Cölidiane ümhalset /wandte [714] sie sich folgends zu dem Husan / und sagte: Wie ich verneme / so hattet ihr / mein vetter! mich in verräterliche hände geliefert / indem ihr mein wol-und übelgehen dem Abdastartus anvertrauet; massen dieser scheinheilige die seite des Ninias wider mich hålt / dessen todes er mich fälschlich versichern d \rfen. Ich kan mich nicht bereden / (antwortete Husan) daß Abdastartus so ein b \swicht seyn könne / massen seine aufrichtigkeit mir fůrlangst bekant worden: und wolte ich schier / seine unschuld zu behaubten / dahin stimmen / daß hierunter ein misverstand verborgen seyn můsse. Ihr thut wol / (antwortete die K \nigin) daß ihr das bäste gläubet: welches ich auch gern thun wil / nun ich mich von dorther nichts arges mehr zu befahren habe.

Es ward hierauf raht gehalten / was / sowol auf diese / als auf die andere von dem Rames aus Ober-Syrien erhaltene nachricht / ferner fürzunemen wäre. Der schluß ware / daß Cyniras zu seinem herrvattern nach Hierapolis reisen / und die Syrische völker / sobald Belopares Syrien wůrde geräumt haben / herzu füren solte: welches dieser dapfere Fürst willigst übername / auch gleich den folgenden tag sich dahin aufzumachen versprache.

Es bewunderte aber der Husan nicht wenig / daß die Königin von Syrien mit keinem worte des Elihu erwehnet / noch nach ihm gefragt hatte / den er doch für ihren geliebten halten muste. Weil er nun vermutete / daß sie aus schamhaftigkeit solches unterließe /als wolte er hierin für sie das wort thun / und erkundigte sich bei dem Cyniras / wie es diesem ihrẽ vettern ergienge? Selbiger berichtete hierauf / wie sie /durch angestellte genaue kundschaft / so viel erfahren hätten / daß / auf fürbitte seines herrvattern des Baracheeel / der Belochus dem [715] Elihu zwar das leben geschenket / ihn aber zu ewiger gefängnis nach Babel füren lassen. Ich beklage von herzen / (sagte hierauf die Königin von Syrien) das verhängnis dieses edlen Fürsten / der / in hofnung / seinem vatterlande und mir zu dienen / selbiges neben mir und ihme in dieses neue unwesen gestůrzet. Doch werde ich nicht ruhen /bis dieser Fürst / durch mich von seinen banden erledigt / erfahren habe / wie ich gegen ihm ein erkentliches gemüt hege und trage. Durch diese worte wurde der Husan in vergnůgung / und die Königin bei ihm in sonderbare hochachtung / gesetzet.

Wie nun hierauf die gesellschaft sich voneinander begeben / und Cölidiane bei beiden durchleuchtigen Aramenen sich allein befande / fragte sie nach der dritten Aramena / die vordessen der K \nigin vertraute kammerjungfrau gewesen. Die Königin und ihre schwester / erröteten ůber dieser frage / und erzehlten ihr mit wenig worten / wie der Prinz Dison von Seir /der ietzund von ihnen gegangen / diese Aramena gewesen. Die Prinzessin von Caphtor vername solches mit höchster verwunderung / und ließe hierauf der K \nigin von Syrien keinen friede / bis sie ihr erzehlet / was / seit ihrer abwesenheit / in Damasco mit ihnen sich zugetragen. Hiermit liefe nun der abend v \llig zu ende / und versprache diese Prinzessin der Königin hingegen / daß sie ihr folgenden tags auch erzehlen wolte / wie es ihr in Cus ergangen / und wie sie daselbst ihrem liebsten Prinzen von Gerar das leben gerettet hätte. Durch diese lezte worte / ward die schöne Königin nicht wenig beunruhigt: weswegen sie auch /nachdem Cölidiane sie verlassen / sich so sehr mit gedanken schluge / daß sie die ganze nacht hindurch /zu keinem schlaff gelangen konte.


Ende des Dritten Theils. [716]

Der Vierte Theil

Zuschrift an die vermählte Freundin
Zuschrift an die vermählte Freundin: den Kupfer-Titel erklärend.
Edler keine Freundschaft ist / als Vermählter Seelen.
Liebe Tauben-Lieb Sie Beyde Irdisch-seelig macht.
Ihre Treu / gleichwie der Demant / unter Schlägen lacht;
Spielt mit Wechselflammen-Schein / läutert alles quälen.
An Vergnügung kan es nie Ihren Herzen fehlen.
Bäumen gleich / Sie sich ümarmen / angethan mit Pracht
Eines Wachstums / der wie Reben / neue Frucht oft bracht.
Theure Zweig' auch macht der Himmel an dem Stamme zehlen.
Herzlich reicht hier Aramena dieser Freundschaft Pfand /
Zeigt den Ring der Trauungs-Treu / neuret das Versprechen /
Bis zum Tode daß ja nie dieser Bund soll brechen.
Unverändert und unendlich heist das Liebes-Band.
Lieb sich wird in Werken noch zu erkennen geben:
Gibt der Himmel ferner nur hier was zeit zu leben.
Das Erste Buch
Die Arabische Geschichten
Die Arabische Geschichten.

Meine durchleuchtige zuhörer solten wol billig bewundern / wie in so kurzer zeit / die ich in Cus gewesen / die kentnis aller begebenheiten in Arabien so umständlich habe erfahren können. Ich vor-berichte aber / daß nicht allein / weil das glück zu gegenwärtiger Prinzessin Danede mich gefüret / ich von derselbigen viele nachricht erhalten / sondern auch der weiße Cussite [16] Balaat / und die Fürstin von Saba / die Sapha / mir von allem unterricht gegeben / was mir nun dienlich seyn kan / die lezte Arabische begebenheiten v \llig alhier zu erzehlen. Diese große Reiche / die ich alle unter dem Arabischen namen begreife / teilen sich vornemlich in Saba und Cus / und in die beyde fůrstentůmer Nebajoth und Hevila: wiewol einen absonderlichen teil dieser länder der K \nig Arieus / unter dem namen des Königs von Arabien / beherrschet /und also die fünfte regirung machet. Saba / hat zur K \nigin / die dapfere Petasiride. Cus / wird beherrschet / von dem König Scheba. Der edle Nebajoth /regiret sein fürstentum. Und der berümte Jethur / der sich auch Macres nennet / ist neulicher zeit regent in Hevila worden. Alle diese herren / stammen ursprůnglich von dem Eber / nachgehends aber von dem großen Abraham her: wie dan dessen sohns / des fürsten Ismael / kind und kindeskind / dieser Nebajoth und Jethur sind; auch Arieus / Scheba und Petasiride / von dem Peleg teils ihre abkunft haben / wiewol Scheba von des vatters seite unter die Canaaniter sich muß zehlen laßen.

Der so listige als dapfere Nadias / ein bruder des vorigen Königs in Arabien / suchte sein glück in Meden / weil er in Arabien fůr sich nichts funde / daß seine ehrsucht vergnügen können: und hat er / bei dem Könige aus Meden / dem Sisimordacus / sich dermassen eingebrüdert / daß der ihn nicht allein zu seinen Reichsstatthalter machte / sondern ihm auch seine einige schwester zur ehe gabe. Wie aber dieses alles seinen hochmut nicht zu stillen oder zu vergnügen vermocht / also sezte er alle erkentlichkeit und tugend aus den augen / wie er eine bequeme gelegenheit absahe / sich selbst zum K \nig zu machen / und scheuete sich nicht / die greuligste bosheit zu [17] begehen: weil der zweck / das reich Meden zu beherschen / andern nicht konte erlanget werden. Er bemächtigte sich demnach / als er alle die großen des reichs auf seine seite gebracht / der person des Königs / wie auch des ganzen Königlichen samens / ließe die allesamt grausamlich hinrichten / und sezte damit die kron von Meden auf. Doch entkamen seiner wut die beyde t \chter des K \nigs / und wurden / durch hülfe des Nadias tugendhafter gemalin / heimlich bei leben erhalten. Chinzira die ältste von diesen beyden / entkame nach Petra / in der Nabatheer land: da nachgehends des Fürsten Ismael ältster sohn / der Nebajoth /sie ehlichte; dem sie zwei sohne / als den jungen Nebajoth / und den Hadar / geboren. Die Prinzessin Evechoa / ihre schwester / fůhrte ihr glück in weit entfernte länder / und zwar in Kytim: da sie an den damaligen Fürsten der Janigener / den Blascon / verehlicht worden und ihm die Prinzessin Hermione geboren / aber damit den geist aufgegeben.

Wie nun hierauf der Nadias das Medische reich ruhig beherschet / und nach dessen tode / sein tugendliebender sohn / der unvergleichliche aber unglükselige Pharnus / diesen zepter geerbet / trachtete dieser äusersten vermögens dahin / durch gerechte regirung den zorn des himmels von sich abzuwälzen / den er nicht unbillig befahrete. Er stunde auch dem reiche so wol fůr / daß die Meden unter diesem König sich ůberseelig schäzten / und allen bis dahin wegen des Nadias tyrannei und unrechtmäsiger erlangung der krone / gehegten groll / üm dieses seines edlen sohns tugenden willen / meist aus den gedanken sezten. Ihre ruhe und glückseeligkeit wurde / durch die heurat ihres K \nigs mit der Armenischen Prinzessin Barsine / vollends auf den höchsten grad erhoben: maßen diese grosse Königin / ihrem gemal [18] an tugend nichtes nachgebend / seine l \bliche regirung mit ihrem unsträflichen wandel sehr erleuchten halfe. Also wurde durch dieses edle par / das land Meden in solchen flor gebracht / dergleichen es noch nie vor dem gesehen hatten.

Die frucht nun dieses keuschen ehebettes / war die schöne Prinzessin Delbora / welche / als eine einige tochter / für die kůnftige Reichs-erbin angesehen wurde: deshalben dan viel frömde Fürsten und herren sich am Medischen hof einfunden / dieser jungen Delbora aufzuwarten. Sie wiese aber / in so zarter jugend / solche seltene gaben und geschicklichkeiten / des leibes und gemütes / daß die anwartung zur Medischen kron die schwächste kette war / so ihre vielfältige aufwärtere in Rages anfåsselte / sondern bloß ihre person das meiste hierbei thåte / und ihr alle ankommende frömden zu slaven machete. Weil Pharnus / als vom Arabischen geblüt entsprossen / auch viel Arabische herren unter seinen geheimen räten hatte / als waren diese / aus liebe zu ihrem vatterland / gar sorgfåltig / daß ein Arabischer Fürst ihre Prinzessin / und folgbar die Medische kron / erlangen möchte. Daher nach Naphis / Petra und Hevila / wie auch nach Jauan an des Arieus hof / vielfältige anmanungen abgiengen / dieses glůck nicht zu versäumen / sondern äusersten fleisses sich darum zubewerben.

Diese zeitung / erweckte gleich an allen diesen höfen eine eifersucht / da jeder besorgte / es möchte ihm der andere zuvorkommen. Arieus sandte den Prinzen Mardocentes / seinen jüngern sohn / ganz heimlich an den Medischen hof: den ältern welcher Parannus hieße / als seinen Kron-erben / bei sich behaltend. Mardocentes / als mit dem König Pharnus nahe befreundet / wurde [19] zu Rages sehr wol entsangen und nichts gesparet / ihn in allen wissenschaften geschikt zu machen: worzu er auch sich so fähig zeigte /daß jederman ihn lieben muste. Als der König von Cus hiervon vernommen / fiele ihm in den sin / seinen einigen sohn / den Eridanus / auch nach Rages zu schicken. Dieses K \nigs wunderbarseltsames gemüt hierbei zu beschreiben / kan ich nicht wol ümhin / ob gleich die Prinzessin seine tochter allhier mit zugegen ist: dan sie selber deswegen mehr als zuviel widerwårtiges hat erdulten müßen.

Dieser Scheba / so mit der tugendhaften Königin Lilith / der Königin von Saba mutter schwester / gegenwärtige Prinzessin Danede und den Prinzen Eridanus erzeuget / liebte üm selbige zeit die tochter so sehr / als er den sohn angefeindet: und durch diese beide bewegungen angereitzet / ward er entschlossen /die tochter zur erbin seines reichs zu machen / dem sohn aber die Medische kron zu erlangen. Was ihn am meisten in diesem vorsatze stårkte / war die ungemeine eiversucht / die er gegen seinen eigenen sohn zu fülen begunte / weil er den von allen seinen ständen geliebter als sich selbst sahe: und beneidete er an dem Eridanus die tugenden / die sonst diesem Prinzen bei der ganzen welt liebe und bewunderung erweckten. Eliphelet / sein vertrautster freund und schändlicher ohrenbläser / dem in bosheit auch Lucifer selbst nicht kan überlegen seyn / unterhielte meisterlich diese einfälle seines herren: maßen ihm hoch daran gelegen war / daß der Prinz aus dem weg käme /damit er sein verlangen / die Danede zu ehlichen / und also die Cusitische kron aufzusetzen / ungehintert erlangen könte.

Der Prinz / welcher damals zwanzig / und die Prinzessin vierzehn jahre auf sich haben mochte / reisete davon / [20] nicht sonder trauren des ganzen landes: der aber ganz freudig war / durch diese gelegenheit die weite zu besehen. Wer diesen Prinzen kennet wird leicht urteilen können / daß er in Meden müße angenem und willkom gewesen seyn. Weil anfangs die rechte ursach seiner dahinkunft nicht gemeldet worden / als blieben Mardocentes und er gute freunde / und erzeigte die junge Prinzessin Delbora ihnen beiden gleiche gůte / als daß keiner von ihnen sich über sie beklagen kunte.

Der Fürst Nebajoth / und sein bruder Mibsam von Hevila / wolten nicht weniger / als die andern / ihr heil am Medischen hofe versuchen / und jener den jungen Nebajoth / dieser den Jethur / nach Rages schicken. Die Fůrstin Chinzira / Nebajoths gemalin /vername nicht sobald das fürhaben ihres gemals / da suchete sie solches auf alle weise zu hintern. Dann /ob sie schon mit ihrem gemal einerlei meinung und verlangen fürete / ihrem sohn den Medischen thron zu erwerben: wolte sie doch durch einen ganz andern weg / und nicht durch verbindung mit des Nadias geblüte / sondern durch ausrottung desselbigen / ihn hierzu gelangen machen. Diese grosmütige Prinzessin hegte stäts in ihrem herzen den fästen fůrsatz / die ihrigen an dem Pharnus und dessen samen dermaleins zu råchen. Sie hatte aber ihr absehen auf die streitbare Celten gerichtet / mit denen sie durch ihre verstorbene schwester beschwiegert war. Demnach beredte sie ihren sohn / beschwure ihn auch hierzu mit vielen eiden daß er heimlich / an stat nach Meden zu gehen /in Celten reisen / zu Trier an des Bojus hof üm die gunst der Prinzessin Hermione / die ihrer schwester tochter war / sich bewerben / hierdurch alle ansprüche an Meden auf sich allein bringend / mit hülfe der Hermione anverwandten / den Pharnus bekriegen [21] und also des Sisimordacus und ihrer brüder vergossenes blut rächen solte. Der dapfere Nebajoth ware diesem ansinnen seiner grosmütigen mutter nicht entgegen /und name freudig diese reise auf sich / dessen der alte Nebajoth nicht innen wurde. Es fügte sich auch / daß der mutige Jethur von Hevila diese ferne reise mitthåte: als welcher dazumal einen abscheu vor der liebe hatte / und also lieber den weg nach Celten / als nach Meden und der Delbora aufzuwarten / erkiesen wolte.

Mitlerweile aber diese beide ausen waren / sturbe die Fůrstin Chinzira: erlebte also nicht / die rache über Meden zu sehen / wie sie ihr unaufhörlich gewůnscht hatte. Sie hinterliesse aber eine schriftliche erinnerung an ihren sohn / daß er ja diese rache an des Nadias geschlechte nicht unverůbet laßen solte. Nabajoth und Jethur kamen endlich beide wieder in Arabien / und zwar jener / nach seiner fraumutter wunsch und verlangen / in die Hermione / der Prinz von Hevila aber / in die Roma Prinzessin von Kitim / verliebet: wiewol mit dem unterschiede / daß Nabajoth ungeliebet / Jethur hingegegen h \chstvergnügt / von seiner geliebten abgeschieden war. Wie dan dieser hernach zum andern mal wieder nach Celten gereiset / ungeacht der Mibsam sein herrvatter sich diesem vorhaben sehr widersetzet. Aber Nebajoth / üm so wol seinen herrvattern durch gehorsam wieder zu befriedigen /als seiner fraumutter ermanung nachzukommen / ließe sich bereden / auch nach Meden zu gehen: von dar sie zeitung und nachricht erhalten hatten / daß Delbora noch zur zeit für allen ihren aufwärtern ihr herz frei bewaret hätte. Doch triebe ihn hierzu mehr seine ehrsucht / als der Delbora person: die er damals noch nicht / sondern das Medische reich meinete / welches er ihr / als rechtmäsiger erbe / bestreiten wolte. [22] Unterwegs / ehe er in Rages angelanget / machte er kundschaft zu Nazada mit einem vornemen Medischen herren / dem Sardes / der bei seinem grosvatter / dem K \nig Sisimordacus / in diensten gewesen: welcher durch seine freude / die er / den enkel seines K \nigs zu sehen bezeugte / dem Nebajoth anlaß gabe / eine vertreuliche freundschaft mit ihm zu stiften / und seines beistandes bei vorkommender gelegenheit sich zu bedienen. Dieser nun unterrichtete ihn von dem zustande des ganzen Medischen hofs / also daß er / noch vor seiner ankunft / denselbigen schon kennte; und gabe ihm alle die einschläge / die er nachgehends werkstellig gemacht.

Wie er nun zu Rages erschienen / erzeigte ihm der K \nig so wol / als die K \nigin / ungemeine ehre / und erwiesen sich dabei so erfreuet / das Nebajoth alsobald nicht anderst urteilen konte / als daß unter diesen liebkosungen einige Stats-ursachen müsten verborgen ligen. Diesem beispiel des Pharnus und der Barsine folgte der ganze hof / auser dem Mardocentes und Eridanus: welchen beiden es gleich zu anfangs der sin zutruge / das dieser neue ank \mling ihnen eintrag thun würde. Es waren aber diese mitbulere damals sehr eiverig / und meinte ieder von ihnen / der schönen Delbora gunstgewogenheit zugewinnen: zu dem ende sie allerhand dienste aussonnen / und damit bei ihr einer den andern zu übertreffen sich beflisse. Nebajoth / der nicht gewillet war / auf diese art mit ihnen einzuhalten / beklagte in seinem sin nichtes mehr / als daß er den König von Meden so gerecht / die K \nigin so tugendhaft / und die Prinzessin so wunderschön befande. Und weil diese ihn öfters in seiner entschließung / seines grosvatters blut zu rächen / wanken machte: als vermiede er / so kräftigen bezauberungen zu entgehen / alle gelegenheit / die sch \ne [23] Delbora zu sehen; wie er dan zugleich auch / so viel müglich /von hofe sich absonderte / üm der übermäßigen gnaderweisungen des K \nigs und der Königin überhoben zu bleiben.

Es hatten aber sie beide diesen Ismaelitischen Fůrsten / als den enkel des Sisimordacus / und folgbar rechtmåßigen erben des Medischen trones / aus trieb der tugend und ihres gewissens / auserkieset / mit der Delbora den Medischen zepter ihm zu zu wenden: auf daß also / mit gutem fug und reinem gewissen / ihre tochter / nach ihnen / dieses reiches erbin verbleiben könte. Weil sie vermuteten / daß Nebajoth dieserwegen / gleich den andern / nach Rages würde gekommen seyn / als erachteten sie fůr unn \tig / ihm alsobald an die hand zu geben / wozu er von selbsten sich antragen wůrde. Inzwischen aber vermaneten sie die junge Delbora / daß sie dem Mardocentes und Eridanus / wie auch den andern anwesenden Medischen Fůrsten / mit gleicher kaltsinnigkeit und sonder verbindlichkeit begegnen solte: die dan / als eine gehorsame tochter und verständige Prinzessin / dieser lehre also wuste folge zu leisten / daß so wol ihre eltern /als auch ihre aufwärtere / ursach hatten / mit ihrem bezeigen wol zu frieden zu seyn.

Gleichwie nun aber Nebajoth fast bei seiner meinung verblieben / sich auf alle weise des Medischen reiches zu bemächtigen / also brachte er / durch hülfe des Sardes / den er zu Nazada kennen gelernet / bald zu wegen / daß viel große des reichs / unter denen Hamram der stathalter in Meden sich selbst mitbefunden / auf seine seite traten / und heimlich zu Rages ihre versamlungen anstellten: alda sie sich beredten /wie ihr großes fürnemen könte werkstellig gemacht werden. Viele unter ihnen / stimten auf die hinrichtung der Königlichen [24] personen: worein aber Nebajoth ganz nicht willigen wolte / sondern vielmehr seinem feind öffentlich unter augen zugehen verlangte. Also ward endlich unter ihnen beschloßen / daß Sardes in der landschaft Phanaspa einen aufstand erwecken /und / wan er ein zimliches volk wůrde beisammen haben / den Nebajoth dessen berichten / alsdan dieser sich dahin begeben / wider den Pharnus sich öffentlich erklären / und sein recht an Meden auch seine rache wegen des vergoßenen blutes seiner vorfahren /anten solte. Man konte aber dieses große fürhaben so verborgen nicht treiben / daß nicht bei hof etwas davon erscholle / wie nåmlich in Phanaspa eine aufruhr obhanden wåre. Diesem nun fürzukommen / befahle der König dem stathalter Hamram / mit etlichen Völkern in ermeldte landschaft zu gehen / und warhafte erkundigung hiervon einzuholen / auch die verdåchtigsten beim kopf zu nemen. Hamram / der selbst mit unter diesem anschlag verborgen lage / fande nichts gewünschters / als eben dieses / ihr vorhaben wol hinaus zu füren. Er sprache auch den wankenden Nebajoth mit auf / daß er gleich mit fortgehen solte. Diesem aber war so eine hinterlist ein greuel / und beklagte er von herzen / daß ihm die mittel mangelten /sich öffentlich seinem feind unter augen zu stellen. Jedoch / weil er einmal eingestiegen / sahe er kein ander mittel / als in diesem handel fortzufaren: ließe ihm demnach gefallen / mit nach Phanaspa zu reisen. Alle großen bei hof leisteten ihm gesellschaft / absonderlich Mardocentes und Eridanus: weil keiner dahinten bleiben / sondern ieder seine dapferkeit erweisen wolte.

So bald aber dieses bei hof erschollen / daß Nebajoth mit fort wolte / wurde ihm von wegen des K \nigs angedeutet / daß er dieses fůrnemen einstellen solte.[25] Solches erregte in ihm eine nicht geringe befrömdung / und wuste er nicht / was er hiervon gedenken solte. Wie nun die Königin diese seine verwirrung an ihm warname / die sie zwar seinem dapfern muht zuschriebe / fand sie gelegenheit / mit ihm allein zu reden. Ich sehe / Nebajoth! (sagte sie wider ihn) daß ihr betrübt seit / üm daß man eure reise nach Phanaspa abgewendet. Wisset aber / daß solches zu euren båsten geschehen: dan eure gegenwart in Phanaspa / wůrde eher die unruhe daselbst vermehren / als abstellen. Die einwoner selbigen landschaft / haben den unglüklichen Sisimordacus viel zu lieb / daß sie deßen enkel solten anschauen k \nnen / sonder einen aufstand wider uns zu erwecken. Ist demnach zu besorgen / unser hof m \chte die ehre der angenemen gegenwart des Fürsten der Nabatheer verlieren / und euch dörfte viel ungelegenheit zuwachsen: welches alles ich gern verhůtet sähe. Man kan erachten / wie / diese verbündleche reden der Barsine / dem Nebajoth müßen das herz gerüret haben: der dan / großmut mit großmut zu erwidern / sich bald selber vor ihr angeklagt hätte / wie daß er eben das bei denen von Phanaspa suche /wofůr sie ihn warnen und schirmen wolten. Wie er aber solches / eben so wenig / als einige andere schikliche antwort / fůrzubringen wuste / kame die schöne Delbora zu ihnen / als von der K \nigin beruffen / üm den Nebajoth bereden zu helfen / daß er sonder verdruß bei ihnen in Rages verbleiben wolte. Barsine ließe sie allein beisammen / und verrichtete darauf die Prinzessin den befehl ihrer fraumutter / mit solcher wolredenheit und annemlichem wesen / daß dieser Fůrst / der Hermione gänzlich vergessend / aus diesesmal völlig die freiheit verlore / die er / so lang er in Rages gewesen / so ämsig vor ihr bewaret hatte.

[26] Indem er nun also / so wol über der tochter reden /als über der mutter gefůrtem gespräche / ganz verwirrt stunde / brachte ihn aus dieser angst / des Prinzen Eridanus ankunft: welcher mit eiversucht die zusammensprache dieser beiden wargenommen / und so ungern seinen mitbuler daselbst sahe / als froh derselbige hingegen war / sich durch dessen gegenwart von einem so gefärlichen gespräche erl \set zu sehen. Sobald demnach der wolstand es litte / ließe er den Eridanus bei der Prinzessin allein: der dan / wie er gewonet / der Delbora / mit der beweglichsten art von der welt / seine liebe fůrbrachte; von ihr aber keinen andern trost erlangte / als daß sie über seiner künheit nicht zürnte / und geschehen ließe / daß er ihr sein leiden entdecken dorfte. Wan ihn seiner liebe heftigkeit triebe / einige erklärung von ihr zu fordern / erlangte er niemals einen andern bescheid / als diesen: wie daß sie es lediglich ihren eltern anheim stelle / ihr zu befehlen / wen sie lieben solte / denen sie dan unweigerlich gehorchen wůrde. Dieses dienete dem edlen Prinzen etlicher massen zum trost / so fern er nämlich ihm einbilden konte / daß der König und die Königin auf seine Person zielen möchten. Mardocentes war hierinn gleich glückselig / weil er von der Prinzessin /eben diese erklårung vername / und er nit minder auf des Königs wahl hoffen dorfte.

Wie nun diese beide verliebten mit dem Medischen heer nach Phanaspa abreiseten / des fůrsatzes / sich in diesem zuge dapfer zu halten / damit ihre geleistete dienste in betrachtung gezogen werden / und ihnen die schöne Delbora zu wege bringen m \chten: bliebe der verwirrte Nebajoth in Rages zurücke / und liebte nun die jenige / deren haus er ausrotten wolte. Er fülete auch deswegen in ihm selbst einen häftigen streit / da einerseits seiner [27] mutter befehl / seines großvatters vergossenes blut / und der nun fortgehende anschlag /in welchen er die grösten des reichs durch seine beredung eingewickelt / ihm für augen stunden; anderseits aber die unvergleichliche Delbora / ihre unschuldige tugendhafte eltern / und die gutthaten / die er von ihnen entfienge / ihm in den sinn kamen. Er dorfte auch keinen augenblik verseumen / einen gewissen schluß zu sassen / ober den aufstand wider den K \nig fortsetzen / oder einstellen solte? Er gabe / in einem tage / seinem leuten über huntert widrige und gegeneinander laufende befehle. Bald wolte er fortreisen /ům dem Hamram nach Phanaspa zu folgen; bald aber diese reise wieder einstellen. Er hätte sich gern in zwei teile gerissen: üm so wol gegen / als fůr den König fechten zu k \nnen. Hamram ware halb unwillig von ihm geschieden / weil er seine änderung ersehen / und hatte nicht unklar sich vermerken lassen: wan ia Nebajoth so leichtsinnig seyn wolte / seine gebür nicht zubeobachten / so wolte doch er nicht nachlassen / des Sisimordacus tod zu rächen / und Meden von dem unschuldig vergossenen blut frei zu machen.

Wie nun Nebajoth etliche tage sich also gequälet /und inzwischen nicht nach hof gekommen / entschlosse er sich endlich / dem Hamram zu folgen /und bestellte bei nacht seine leute / um heimlich hinweg zu gehen. Er wuste aber nicht / daß der K \nig ihn bewachen ließe: welcher / aus fürsorge und befahrung / daß des Fürsten dapferer muht ihn möchte seinẽ befehl überschreiten machen / dieses also verordnet hatte. Der haubtman von der wacht der den Nebajoth anzuhalten befehligt worden / thäte ihm die h \chste versicherungen / daß solches aus keiner ungnade des Königs / sondern blos aus sorgfalt für seine person herrüre / und solte er in Rages alle freiheit[28] haben / die er selbst begehren würde. Der bestůrzte Fürst / war mit diesen versicherungen nicht zu frieden / und nicht anderst vermeinend / als daß der K \nig üm alle seine anschläge wůste / wolte er schier verzweiflen. Er warfe sich aufs bette / und nicht wissend / was er thäte / fürete er die verwirrtste reden / die niemand recht verstehen konte. Als der hauptman von der wacht / dem K \nig alles anbrachte / hielte dieser es für würkungen von Nebajoths dapfrem muhte /name daher anlaß / ihn noch mehr zu lieben. Er hatte eben eine reise / unfern von Rages / auf eines seiner lusthäuser angestellet: dahin er mit dem ganzen hofe sich verwandelte / und etliche zeit daselbst verbleibend / solchergestalt dem Nebajoth alle gelegenheit bename / seine missethat / wie er willens war / dem König freiwillig zu er \fnen / als welche er doch schon fůr halb entdekt achtete.

Wie aber / die anhaltung dieses Fürsten / allerhand reden in Rages erweckete / also stunde es auch nicht lang an da erfuhre solches auch der Hamram auf dem hinzuge nach Phanaspa: der dan / besorgend / daß aller anschlag verrahten wäre / in einer nacht / mit seinem leuten / von dem Königlichen heer sich absonderte / und eiligst nach Phanaspa sich begebend / mit des Sardes hülfe / daselbst alles zum öffentlichen aufstand wider den Pharnus erregte / auch sich so stark machte / daß / wie der unterfeldherr / neben den Prinzen Eridanus und Mardocentes / hernachkame / sie den Hamram / fast stärker als sie waren / im anzuge gegen sie begriffen fanden. Dieser aufstand wurde gleich nach hof berichtet / und kame solches dem K \nig ům so viel fr \mder vor weil er niemals des Hamrams treue in einigen zweifel gezogen. Man sandte alsofort / dem unterfeldherrn / mehr völker zu hůlfe: und wie es mit dem Hamram zum treffen kame / [29] thäten beide junge Prinzen / der Mardocentes und Eridanus / solche helden-proben / daß weit und breit ihr lob und ruhm erscholle. Ich will mich bei diesem kriege nicht lang aufhalten / sondern allein sagen /daß in kurzer zeit alle unruhe in Phanaspa gestillet /und Hamram / neben den andern aufrürern / nach Rages gefangen gebracht worden / Eridanus und Mardocentes aber voll ehre und sieghaften ruhms bei hof wieder angelanget.

Der K \nig / so von diesem heer sich wieder in die Stadt einbegleiten laßen / wolte gleich dem Nebajoth dieser allgemeinen freude mit teilhaftig machen / und ließe ihn deshalben nach hof erfordern. Er weigerte sich aber / zu kommen / und konte anfangs niemand die ursach deßen ergründen. Bald aber erfure man /durch der gefangenen aussage / daß der Fürst der Nabatheer ein urheber dieser aufruhr in Phanaspa gewesen. Als der stathalter Hamram selbst diesen bericht bekräftigte / wurde der K \nig und die K \nigin hierüber so bestürzet / daß ihnen alle freude über ihrem erlangten sieg vergienge. Auf allgemeines gutbefinden des großen reichsrats / wurde Nebajoth in gefängliche haft genommen / und ihm / der sein verbrechen nicht leugnete / so wol als dem Hamram und den andern /das leben abgesprochen. Weil aber der unvergleichliche Pharnus / in seinem herzen und gewissen / den Nebajoth für den rechtmåsigen erben seines reichs ansahe / auch die mordtaten / die sein vatter begangen /allstäts betaurete / und darum nicht ferner wider des Sisimordacus geblüt zu wüten begehre: als begunte er / miteinraht der grosmütigen Barsine / über den Nebajoth ganz andere gedanken zu fassen.

Wie er diese bei sich selber fåst gestellet / wurde ein [30] tag des urteils angesetzet / da der ganze hof in vollem pracht erschiene. Wie nun der Pharnus sich auf den richterstul gesetzet / geschahe / in beiseyn vieler tausenden / die hinrichtung des Hamrams und der andern aufruhr-häubter. Hierauf wurde der Fürst Nebajoth auch herfür gebracht / der nichts anders / als den tod / vermutend / ganz freudig sich gebärdete / und /als ihm zu reden erlaubet worden / also anfienge: Man wird mir nicht verüblen können / daß ich / üm meiner voreltern blut zu råchen / dieser that mich unterfangen / üm deren willen man mir zwar das leben / aber nicht meine ehre / nemen wird. Es kan wir auch keine größere gnade / als der tod / wiederfahren: dan der allein wird mir verwehren / daß ich nicht meine rache wider die unvergleichliche eltern der wunderschönen Delbora fortsetze / die ich mehr als alles in der welt verehre / ob gleich das verhängnis mich zwinget / des Nadias geblůte bis in den tod zu hassen.

Als er dieses kaum ausgeredet / warfen sich die beide Arabische Prinzen / Eridanus und Mardocentes / unversehens für des Königs thron nieder / und baten üm ihres vettern des Nebajoth leben. Diese unvergleichliche grosmut erwiesen sie / ungehintert ihrer eiversucht gegen diesem Fůrsten / und da sie die stunde / dieses ihres mitbulers erledigt zu werden / vor augen sahen / welches sie selber zu verhintern trachteten. Der K \nig / der das / was sie suchten / allbereit / und zwar båßer für ihn / als sie es verlangten / beschlossen hatte / stiege von seinem thron herunter / und bezeugte öffentlich vor allem seinem volke / daß er des Nebajoht beginnen nicht tadeln k \nte / und håtte derselbe gethan / was ihm / als einem nachkommen des Sisimordacus / zuthun obgelegen. Er wolte ihn hiemit fůr den rechtmäsigen erben des reichs erkennen / [31] und dadurch allen Meden / die ihren vorigen herrn noch liebten / auf künftig die ursach und den anlaß benommen haben / wider seine person etwas fürzunemen. Diese grosmut des Königs / erweckte bei allen anwesenden eine solche bewunderung und weichmůtigkeit / daß sie ingesamt freuden-tränen vergossen. Nebajoth wuste nicht / wie ihm geschahe / als er sich so unversehens von dem Medischen K \nig ümarmet sahe. Liebet mich hinfůro / (sagte zu ihm der gütige Pharnus) als euren vatter / und g \nnet mir / so lang ich lebe /euren våtterlichen thron / den ich ja sonder meine schuld besitze. Eure unterthanen sind bisher mit mei ner regirung friedlich gewesen: ich wil ihnen ferner also fürstehen / daß ihr dermaleinst nach mir ein ruhiges regiment ůberkommen möget. Mit so verbindlichen worten begegnete der K \nig diesen Fürsten / der / alles einwendens und weigrens ungeacht / sich zu ihm auf seinen wagen setzen und also in die k \nigliche burg / nicht sonder seine große bestürzung / mit einziehen muste.

Diese sonderbare begebenheit / setzete ganz Meden / auch den Königlichen hof / in einen andern stand: massen diese grosmütige that des Königs / ihme von neuen aller Meden herzen zu unveränderlicher treue verbande / daß niemand ihn mehr für des Nadias /sondern fůr des Sisimordacus sohn / und fůr Nebajoths vattern / ansahe. Bei hof zwar fande sich solche ruhe nicht / maßen unter den höflingen / die wolgesinnten des Mardocentes und Erydanus / auch teils Medische Fůrsten / sich zu beschweren begunten / daß der König seine tochter vom reich ausgeschlossen und ihr den Nebajoth fürgezogen hatte. Dan dadurch war diesen verliebten auf einmal alle hofnung zu wasser worden / sonderlich dem Mardocentes /welcher mehr / als Erydanus / nach dem Medischen[32] thron / gestrebet / weil ihm nicht der weg zum vätterlichen thron / wie diesen Cussiten / offen verbliebe. Dem Eridanus gienge eben / weil er bloß der Delbora person liebte / in ernennung des Nebajoth zum Medischen erben / so viel nicht ab: es schreckte ihn aber die sorge / daß dem Nebajoth die Prinzessin m \chte verehlicht werden / welches ihme dan zu leiden unertråglich war. Zwar tr \stete er sich noch zuweilen mit der hoffnung / daß vielleicht des K \nigs von Meden gedanken auf diese verheuratung nicht zielen möchten / weil er deren mit keinem wort erwehnet / und etwan seine tochter lieber an ein ander reich / als in Meden /vermälet sehen wolte.

Dessen aber gewiß zu werden / fassete dieser verliebte Prinz das herz / gienge noch selbigen tag / da solches geschehen / zum Pharnus hinein / und hielte ům die Prinzessin an / sein gewerbe so wol fürbringend / daß der K \nig nicht wenig darob bewegt verbliebe. Alle vollkommenheiten / die einen Prinzen zieren / finden sich bei diesem wackern Eridanus. So kamen auch / sein mächtiges haus und seine der kron geleistete Dienste / in nicht geringe betrachtung. Pharnus / der solche erklärung von dem Nebajoth zuvor noch nicht gehöret / wolte diesem großen Prinzen nicht alle hofnung in seiner liebe abschneiden: demnach versicherte er ihn / daß / ob er zwar geneigt gewesen / dem Nebajoth seine tochter für allen andern zu gönnen / er dennoch / in betrachtung / daß der Prinz Eridanus zu erst üm sie geworben / den willen der Delbora nicht zwingen / sondern ihr frei stellen wolte / ihre wahl auf den jenigen zu richten / der ihr am bästen gefallen möchte; und würde es also bei ihm stehen / sich üm ihre gewogenheit zu bewerben / ob er die für andern erlangen könte.

[33] Wer war / auf solche erklärung / vergnügter / als Eridanus? der dan / durch tausend danksagungen /dem König sein erkentliches gemüt zu erkennen gabe / und nun voller hoffnung lebte / durch unverdrossene aufwartung / bei seiner Prinzessin seinen mitbulern fürzudringen. Weder Mardocentes noch Nebajoth /waren ihm anfangs hinterlich. Der erste bekam die post von haus / wie daß sein älterer bruder gestorben /und der König Arieus eiligst seine rükkunft verlangte: weshalben er alsobald von Rages abzoge / und bei iederman ein zeugnis seiner hohen geschicklichkeiten hinterließe. Delbora gabe ihm die vergnügung / sich deswegen betrübt zu erzeigen / als er kame / abschied von ihr zu nemen.

Der andere mitbuler des Erydanus / der Fůrst Nebajoth / befande sich seines teils noch so verwirrt über seinen begegnisen / daß er nicht sofort an die bedienung der Delbora gedenken konte: und war ohnedas beschäftigt / so wol die glůckwünschungen von den Medischen ständen anzunemen / als auch sonst / seinem veränderten zustand gemäs / sich bei hof einzurichten. Das erste so er thate / war dieses / daß er die übrigen von den jenigen / die wider den K \nig geaufrůret / ledig bate / und sich ihrer hinterlassenen witwen und kinder anname. Aber des stathalters tochter / die Dalimire / wolte solches nicht erwarten / sondern name die flucht nach Assyrien: daselbst sie / in des K \nigs Belochus schutz sich begebend / das erbårmliche unglůck angerichtet / welches nachgehends mit Meden den garaus gespielet. Er thäte auch / nach Petra / seinem herrnvattern sein erlangtes glück zu wissen / und wie er durch solche wolthat sich dahin verbunden befände / seines vatterlands zu vergessen /und üm der Delbora gunst sich ernstlich zu bemůhen /die vor deme nur die schein-ursache [34] seiner reise nach Meden gewesen. Dieses nun ins werk zu richten / betrachtete er / bei mehrerer ruhe des gemůtes / die sch \ne dieser vollkommenen Prinzessin / und war beflissen / sein feindliches vorhaben bei ihr zu entschuldigen / mit der erklärung / daß er nimmermehr / ohne ihren willen und gutbefinden / die vom K \nig ihm angebotene ehre anzunemen begehre.

Weil die K \nigin das gemüt ihrer tochter schon vorbereitet hatte / diesen Fůrsten wol zu begegnen /als spürete er an ihr ganz keinen verdruß über seinem beginnen / sondern hingegen so viel gůte / daß er dadurch endlich so kühn wurde / seine liebe ihr völlig zu entdecken. Es geschahe solches in der Königin weinberge / dahin sie / wegen der eingefallenen weinlese / sich eingefunden. Wie er ihr nun sehr anlage /sich gnådig für ihn zu erklåren / erblikte sie beyde der verliebte Eridanus von weiten / schliche demnach hinzu / und erhorchte / daß Delbora dem Nebajoth eben die antwort gabe / mit der Mardocentes und er sich immer hatten abspeisen lassen můssen. Ich solte wol / (sagte sie zu ihm) ůber eure künheit mich beschweren / daß ihr mir dergleichen fürtrag thun dörfen / davon nicht ich / sondern meine eltern zu ordnen haben. Weil aber diese schwachheit / die ihr liebe nennet / so unbesonnen machet / und die sinne eines menschen völlig einnimmet und beherrschet / als halte ich dieses beginnen euch zu gute / und wil darům so grausam nicht mit euch handeln / meine freundschaft euch aufzukündigen.

Hiemit trate Eridanus herfür / und dem Nebajoth verwehrend zu antworten / sagte er zur Prinzessin: Ich muß wider meinen willen / schönste Delbora / dem Nebajoth in seiner liebe dienen. Nicht eurer eltern /sondern euer eigner wille wird erfordert / ihn entweder glücklich oder unglůcklich zu machen. Der König låsset der [35] Prinzessin freie wahl / wessen liebe sie annemen und erkennen will / wie ich dessen aus seinem eignen munde zeugnis geben kan. Wie häftig meine liebe gegen euch sey / wisset ihr fürlångst. Gönnet demnach / daß Nebajoth und ich / durch ämsige aufwartung und bewerbung üm eure gegenliebe / uns so lang hierům bemůhen m \gen / bis ihr den ausspruch gebet / wer dieselbe erlanget habe. Nebajoth bliebe ganz betreten / seinen mitbuler also reden zu h \ren /gleichwie auch die Delbora seine worte sehr befrömdet. Doch sagte er endlich / nachdem er sich wieder erholet: Es ist des Eridanus anbringen so billig / daß /wan der K \nig die verordnung dergestalt beliebet / es an uns nur ligen wird / uns ům das glück zu bewerben / das einen von uns in den seeligsten stand der welt wird setzen k \nnen. Lasset es ja nicht (unterfure ihm Delbora) auf meine wahl ankommen! dan ich keinen von euch zu betrüben begehre / wo es nicht durch meiner obern willen geschihet / in deren händen lediglich stehet / was euer so-genantes glůck oder unglůck verursachen sol.

Was hilft uns diese güte / (antwortete Eridanus) wan wir hingegen befahren můssen / daß die schöne Delbora ihre gnadgewogenheit / nicht aus freier wahl / sondern aus gehorsam / einem von uns zugewendet? wer wird / auf diese weise / versichert seyn / daß er warhaft solcher gnade geniese / und daß mehr von kindlicher ehrerbietung / als vom freien willen / unser glůck hergerüret. Ich falle des Eridanus meinung bei /(sezte Nebajoth hinzu) und zwar wider mein selbst eigen båstes. Dan / wie der König von Meden die gůtigkeit gehabt / mich für den erben dieses reichs zu erkennen: also k \nte ich mir auch die hofnung machen / daß S. Maj. am liebsten sehen würden / daß die Prinzessin den Medischen thron mit [36] mir zugleich besäße. Dannenhero solte ich billig nichts höher verlangen / als daß die wahl / mich glücklich zu machen /allein bei dem K \nig bestünde. Ich wil aber lieber /sonder vorteil / von der unvergleichlichen Delbora selbst eignem freien willen mein glück erwarten / als hierunter eines andern macht mich bedienen. Ach Eridanus! ach Nebajoth! (sagte hierauf die Prinzessin) meine güte machet euch gar zu frech: ich vermag nicht ferner eure reden anzuhören. Ihr wisset meine erklärung / daß ich gänzlich dem willen meiner eltern unterworfen bin / und ohne deren befehl laße ich keine liebe bei mir aufkommen: daher alle eure bemůhungen bei mir vergeblich angewandt seyn werden.

Hiemit ginge sie von ihnen / und verließe hierüber ihre beide aufwärter / in großer (zwar nicht gleicher) unruhe. Dan der Nebajoth deutete dieses für sich gar vorteilhaftig / als wol versichert / daß der Delbora eltern / fürnemlich die Königin / seine seite hielten: beschloße / mit seiner Werbung bei der Barsine / daher er auch / der Prinzessin begehren gehorchend / den anfang zu machen. Eridanus hingegen / wiewol unruhiger / als sein mitbuler / hielte sich an des K \nigs befehl / und war des sinnes und willens / alle müglichste aufwartung seiner Prinzessin zu widmen / dadurch sie endlich / seine treue liebe anzunemen /möchte bewogen werden. Wie kaltsinnig aber / nach diesem tag / diese beide verliebte Fürsten miteinander ůmzugehen begunten / ist leichtlich zu ermessen. Es zerteilte sich ihrenthalben der ganze hof / da die eine hälfte dem wackern Mohren / und die andere dem edlen Ismaeliten anhinge.

Wie aber Barsine von dem Nebajoth sein anbringen vernommen / erklårte sie sich alsofort auf seine seite: dan sie hatte iedesmal dieses gewünscht /worům er [37] bate / und war mit ungemeiner gewogenheit / dieses Fürsten ganzen geschlechte / von wegen des Fůrstens Hanoch / des Midianiters / zugethan / als welcher ihr ehmals große dienste erwiesen. Sie versprache ihm demnach alsofort die Delbora / und befahle auch dieser jungen Prinzessin in seiner gegenwart / daß sie ihn lieben solte. Delbora / die niemals ihr gemůte geprüfet noch befraget / ob sie den Eridanus fůr dem Mardocentes / oder diesen für den Nebajoth / oder sonst einen ihrer aufwärter / deren sich verschiedene unter den Meden befunden / lieben k \nte /name gleich diesen befehl ihrer fraumutter willigst an. Indem sie nun also / aus kindlichen gehorsam / der liebe raum gabe / wirkte diese nachgehends / als sie in ihr wirken dorfte / eine so häftige beständigkeit / daß Nebajoth der glückseligste liebhaber von der welt wurde. Auf gutbefinden der Königin / muste dieses alles ingeheim zugehen: weil der König anfinge zu wůnschen / daß Eridanus der Delbora herz gewinnen m \chte. Dan er vermeinte / wan Delbora / als der überrest von des Nadias geblüt / in Meden verbliebe /wůrde nimmermehr beständiger segen noch ruhe im reiche zu hoffen seyn: darum wolte er sie lieber in Arabien vermälet wissen / daraus sie ihren ursprung hatte. Barsine / mit der er dieses zum öftern überlegte / hielte ihm allemal hierin die gegenseite: und wiewol der König heimlich dem Eridanus gunstete / so hatte doch Nebajoth den vorteil hinweg / daß seine vorsprecherin seine geliebte Prinzessin bereits gewonnen hatte.

Der verliebte Eridanus / der nicht wuste / wie unglücklich es ihm in seiner liebe ergienge / wartete inmittels mit unverdroßenen fleiße seiner Prinzessin auf / und ließe keinen tag vorbei gehen / sonder ihr einige dienste zu erweisen: welches alles aber Delbora nunmehr anderst [38] aufname / als vor dessen / und ihre dem Nebajoth geschworne treu betrachtend / von tag zu tag dem Eridanus mehr kaltsinnigkeit bezeugte. Sie erwiese sich aber in ihrer liebe nicht so geheim / daß dieser aufmerksamer verliebter / diese große änderung an ihr nicht hätte warnemen sollen. Hierüber erwachte nun seine verzweiflung / und wie er allzeit etwas heftig in seinen thun gewesen / also konte er das glůck seines mitbulers / mit der vorigen gedult / da er ihn ihm gleich unglůckselig geachtet / und ihn deswegen wol ům sich leiden können / nicht mehr ansehen. Demnach von eifer und wut ganz aus sich selber gesetzet / begegnete er ihm eines tags vor dem K \niglichen schloß / wie eben Nebajoth h \chst zufrieden von seiner Prinzessin herunter kame. Er fiele ihn alsofort mit worten an: welches Nebajoth / als deßen nicht gewonet / erwiderte. Hierauf griffen sie / als beiderseits erhitzet / zu den waffen / und giengen mit solcher wut aufeinander los / daß Nebajoth gleich anfangs eine fast tödliche wunde in den leib bekame: der aber in der hitze solches nicht fülete noch achtete / sondern hinwider den Eridanus etlichemal verwundete / ehe dan er fiele. Es kame aber bald ganz Rages zugelaufen / und ward / als sie ihren Kronprinzen in tödlichen zustand befanden / einmütig auf den Eridanus eingestürmet: der auch des todes würde gewesen seyn / wen er sich nicht bald / wiewol kůmmerlich / in dem tempel der Rhea gerettet hätte.

Dieser handel sezte nun den ganzen hof in lermen /und weil das ganze reich den Nebajoth für ihren rechtmäsigen Kron-erben ansahe / als fande der sonst gütige Pharnus kein mittel / den Eridanus zu retten / sondern muste befehlen / daß dieser Prinz / der sich an dem Medischen geblüt vergriffen / ungeacht der in der Rhea tempel erworbenen freiheit / mit gewalt heraus genommen / [39] und in schwere haft gebracht wurde. Die betrůbte Prinzessin / die sich dieses unglůcks ursache wuste / verließe den Nebajoth in diesem seinen zustand fast keinen augenblick / und brache also ihre liebe hervor / daß der K \nig und der gesamte hof solche vermerkten. Wie nun Pharnus nicht mehr wůnschen dorfte / daß Eridanus seine tochter ehlichte / als ließe er ihm diese wahl seiner tochter wolgefallen / und verlangte nichts mehr / als daß dieser Fůrst sein leben m \chte davon bringen: wovon nach wenig tagen die wundärzte begunten hofnung zugeben. Hierauf wurde auch an den armen Eridanus gedacht / den der große raht in Meden mit gewalt todt haben wolte: dan ihre gesetze lauten dahin / daß der das leben sonder gnad verlieren solte / der sich an dem Königlichen Medischen geblüt vergreifen würde. Pharnus / gleichwie auch die Barsine und Delbora / aus angeborner güte zu mitleiden bewogen / verlangten hingegen / ihn zu retten: und weil solches nicht \ffentlich fůr dem volk geschehen konte / als wurde alles in höchster geheime angestellet / was zu seiner befreiung dienen m \chte / und also dieser Prinz bei nächtlicher weile /in aller stille / aus dem gefängnis gelassen / auch /damit er in Meden aus verzweiflung nichts weiter anfinge / mit einer zugeordneten wacht / die der unterfeldherr gefůret / bis nach Arabien und in Naphis zu seinen herrvattern begleitet.

An selbigem hofe stunde es dazumal also / daß man lieber den årgsten feind der krone / als diesen einigin Erbprinzen / hätte mögen ankommen sehen. Dan Eliphelet hatte sich der abwesenheit des Eridanus so wol bedienet / daß er als Kronprinz / nach seinem belieben alles ordnete und gebote / was ihn nur gelüstete / und dabei gegenwärtige Prinzessin Danede mit seiner ungestümen [40] liebe dermassen verfolgte / daß die deshalben viel marter ausstunden / und also höchsterfreut ihren bruder wiederankommen sahe / als von dem sie hoffete / daß er ihre freiheit ihr verschaffen solte. Der höchstbetrübte Eridanus aber / war damals so wenig fähig / seiner schwester tröstlich zu seyn / daß / seine traurigkeit zu stillen / sie ihre eigne noht eine weile hintansetzen und ihme mit raht und that zu hülfe kommen muste. Der alte Scheba / über seines sohns wiederkunft / und daß es deme in Meden so misglücket / ganz unwillig und übel zu frieden /stellte sich dennoch äuserlich an / als wäre er dem Pharnus hoch verbunden / daß er ihme solcher massen seinen sohn wieder geschenket. Unter dem vorwand /diesem verzweifelten verliebten zu wehren / daß er nicht wieder nach Meden ginge / wurde ihm eine große anzahl leute / welche alle des Eliphelet creaturen waren / zugeordnet / auf sein thun und lassen acht zu haben. Es war aber hierunter diese haubtursach verborgen / daß Scheba und Eliphelet solcher massen verhintern wolten / damit Eridanus nicht zu mächtig wůrde / noch die stände des reichs gelegenheit überkämen / mit diesem ihren Prinzen sich zu bereden /üm die unordnungen im lande / so des Eliphelet regiment verursachet / abzustellen. Also sahe sich nun Eridanus wie gefangen in seines vatters hause / und war Danede sein einiger trost: wiewol Eliphelet / soviel müglich / auch hinterte / daß sie nicht viel allein zusammen kamen. Er liese auch / durch seine erkaufte / die er üm die Prinzessin hatte / ihr immer in den ohren ligen / daß dieser ihr bruder der einige wäre / so ihr hinterlich / das mächtige Königreich Cus zu erben: welches aber bei dieser Prinzessin nichtes verfinge /die nicht so krongeizig als tugendhaft [41] war / und mehr von der tugend / als von der ehrsucht sich regiren ließe. Also hinge sie nun beständig an ihrem bruder /und mochte ihr Eliphelet vorsagen oder sagen lassen /was er wolte / so war sie doch durch keinerlei weise auf seine seite zu bringen.

Mitlerweile es aber also in Naphis daher ginge /und Eridanus das erbärmlichste leben von der welt fürete / fande der Medische unterfeldherr / als er wieder in Meden ankame / alles daselbst in vollen waffen: weil die Assyrier bei Nazada schon eingefallen waren / und also alles dem reiche Meden einen blutigen krieg drohete. Nebajoth / der wieder an seinen wunden genesen / und kaum angefangen hatte / seiner geliebten Prinzessin sonder mitbuler zugeniesen / muste / diesem unwesen zu begegnen / mit dem König zu felde gehen. Weil der Assyrier macht sehr gros / als entstunde nicht ein vergebliches schrecken / daß es übel vor Meden ablaufen wurde. Die ursach dieses kriegs wuste niemand zu erraten / ohne daß eine zeither / zwischen beider Könige bedienten / etliche irrungen an den gränzen waren fürgegangen: welches aber zu solcher weitläuftigkeit keinen anlaß geben können. Aber Dalimire / durch ihre bei dem Belochus erlangte macht / war die einige ursach an diesem krieg / und daraus erfolgtem untergang des Medischen reichs. Man sihet aber / an dieser kläglichen begebenheit / die wunderbare gerichte des Höchsten / der kein unrecht ungerochen lässet / so lang es auch immer anstehen mag / und muß die straffe unvermeidlich kommen / solte sie auch gleich die unschuldigen betreffen. Der gute Pharnus und die unvergleichliche Barsine verloren beide hierůber / wie weltkündig / zu dem reiche / das leben. Von der Prinzessin Delbora aber / erscholle das gerüchte unter den Babyloniern / wiedaß sie im tempel [42] der Rhea mit verbronnen wäre: daher sie ihrentwegen weiter keine nachsuchung thäten.

Der Fürst von Midian / der Hanoch / hatte inzwischen diese Prinzessin heimlich in der Nabatheer land entfüret / da sie in betrũbnis bei dem alten Fürsten Nebajoth ankame / und als die verlassenste von der welt / sich so sehr der traurigkeit ergabe / daß sie darin verschmachtet wäre / wan nicht der höchste sie gestärket und in ihrem elend erhalten hätte. Daß aber /in dieser noht / der junge Nebajoth ihr keinen beistand geleistet / rürete aus einer ihr damals unbekanten ursach her / womit es sich also verhalten. Der König hatte / in wärendem krieg / ein schreiben von dem Prinzen Bildat / als Assyrischen feldherrn / an dem Nebajoth lautend / aufgefangen: darin dieser Fürst angefrischet wurde / des Pharnus / als seines todfeindes / seite nicht länger zu halten / sondern sich zu ihm zu schlagen / und den haubtman von Assisara / der noch dem König Sisimordacus gedienet / nicht zu hintern / daß er ihme diesen platz übergeben möchte / gleichwie ermeldter hauptman sich auf ihn beruffen hätte. Als der König diesen brief dem Nebajoth zeigte / entfärbte der sich darüber / weil er dem König vorher nicht angemeldet / wie daß ihme von dem Bildat schon mehr dergleichen briefe zugekommen wåren. Hiermit gabe er anlaß / daß der König einen kleinen argwahn auf ihn warfe: den er doch verborgen hielte / bis Assisara kurz hernach durch den haubtman / dessen der Bildat erwehnet / übergeben wurde. Weil derselbe / den tag vorher / lang mit dem Nebajoth allein geredet / urteilte Pharnus nun nicht anderst / als daß der Nebajoth so wol sein feind wäre / als die Assyrier: und dieses alles für ein gerechtes gerichte des himmels achtend / der solches über ihn und sein haus verhänget / ließe er [43] nun allen muht sinken. Aber dem Nebajoth ferner keine gelegenheit zu lassen / sich an ihm / als seinem so großen woltäter /zu versündigen / auch damit die straffe / die er nun leiden müste / nicht auch dereinst über ihn käme /ließe er diesen unschuldigen Fůrsten auf dem gebirge bei Zalace / in einen tempel der Armenischen priester / so Sagæ genant werden / und die er / der König /dahin gestiftet hatte / füren und verschliessen: und wurde den priestern hart eingebunden / nicht eher / als wan der Medische Krieg zu ende seyn würde / den Nebajoth wieder heraus zu lassen.

Also wurde dieser dapfere Fürst / den ganzen krieg hindurch / untůchtig gemacht / so wol für seine Prinzessin / als für sein königreich zu streiten: und vername er mit der höchsten ungedult / wie der Medische zustand täglich schlimmer wurde. Als endlich der garaus damit erfolgte / fehlte es wenig / daß dieser Fürst nicht in verzweiflung geraten: allermeist / da er seine Delbora tod zu seyn vermeinte. Die gesunde vernunft wolte fast in ihm zu wirken aufhören / und begunte er sich wie ein unsinniger zu gebärden. Daher die Sagen / als seiner ohnedas ũberdrüssig / und weil er so sehr darauf drange / ihn endlich los ließen: zumal da sie an des Pharnus gebot sich nicht mehr verbunden achteten / weil mit dessen leben der Medische krieg sich geendigt hatte. Nebajoth eilte nun alsofort nach Rages /und ungeacht der gefahr / darein er geraten m \gen /wan er von den Assyriern wäre erkant worden / erkundigte er sich nach den priestern der Rhea / und war so glücklich / daß er etliche derselben antraffe: die ihm die fröliche zeitung ankündigten / daß seine Delbora in sein vatterland / und zwar von dem Fůrsten Hanoch / gefüret worden. Demnach alle andere betrachtungen aus den sin [44] schlagend / die ihn in Meden noch hätten aufhalten können / eilete er nach Petra: daselbst fande er seine trostlose Prinzessin / die ihm durch ihre gegenwart die ruhe wieder gabe / welche seine ankunft auch bei ihr erwecket hatte; wiewol / die erinnerung des vergangenen / sie ihre zusammensprache nicht sonder unmut verbringen ließe.

Der alte Nebajoth höchst erfreuet / seinen sohn wieder zu haben / den er bereits wie verloren beweinet / verbarge seine gedanken / die er von der Delbora fürete: welche er ansahe / als eine unglücksfackel / die den fluch auch in sein haus bringen würde / und üm derer willen er die Assyrische macht ihm auf den hals laden könte / wan man erfüre / daß Delbora bei ihm vorhanden wäre. Weil er seinen sohn innigst liebte /als ließe er sich gegen ihme dessen nicht vermerken: doch spůrete derselbe wol so viel / daß sein vatter ein sonderbares anligen haben müste. Er deutete solches auf eine betrübnis / üm daß die hofnung zum Medischen tron verloren gegangen: darüm er / sein gemüte zu befriedigen / ihn einsmals versicherte / wie er nicht ruhen wolte / bis er eine gelegenheit abgesehen hätte /sich des Medischen reichs wieder zu bemächtigen. Aber dieses hielte der alte Nebajoth nicht allein für unmüglich / sondern bemühete sich auch / mit allerlei gründen seinem sohn solches aus dem sin zu reden: welches auch Delbora täte / die nicht allein Meden gutwillig zu vergessen / sondern auch in ihres Nebajoths lande / ihre lebenszeit vergnügt zu zubringen / diesem glücklichen liebhaber versprache. Weswegen er / ungeacht alles zugestossenen unglücks /sich auf die höchste staffel der glůckseligkeit gestellet achtend / nun nach nichtes mehr / als nach der vollziehung seiner ehelichen liebe verlangen truge.

[45] Es schickte aber der himmel / der die heuraten machet / etwas anders in den weg / welches nicht allein dieses sein fürhaben ihn auf schieben machte / sondern auch endlich gar zu rück triebe. Es war ein unvermuteter krieg im lande Cus mit den Egyptern entstanden / der diese streitbare völker / unter ihrem feldherrn dem Epha / und den beiden dapfern Prinzen Amosis und Armizar / gar bis für Naphis zoge: welche hauptstadt des reichs sie unversehens einbekamen / und den König Scheba / neben der Prinzessin Danede / gefangen mit sich nach Egypten hinweg füreten. Die abwesenheit des Prinzen Eridanus / auch die üble aufsicht und anordnung Eliphelets / hatte dieses unglück verursachet: das dan ganz Arabien in unruhe sezte / weil weder die Petasiride / noch Arieus / noch die Ismaelien dulten konten / daß der Pharao von Egypten mit einem so großem König / ihrem bundsverwandten / der gestalt verfahren solte. Demnach rũsteten sie sich ingesamt wider Egypten / und trugen die fürung ihrer völker / welche sie in zwei heere teileten / dem Mardocentes und Nebajoth auf: die dan /ungeacht sie ehmals mitbulere gewesen / sich nun wol zusammen verstunden / weil sonderlich der Prinz von Arabien sich der Delbora begeben hatte / und üm unmügligkeit willen sein gemüt nicht ferner quälen wollen. Der abschied aber / den Nebajoth und Delbora voneinander namen / wie er zu feld zoge / ginge an beiden teilen gar schwer zu / da ihnen vielleicht der sin viel böses schwanen machte: massen dieser verliebte seine Prinzessin an einem ort hinterließe / da sie nicht zum bästen und sichersten verwaret ware.

Der Prinz Eridanus befande sich damals nicht in Cus / wie dieses unglůck seinem herrnvattern / und der Prinzessin / seiner schwester / begegnet. Dan dieser verliebte [46] / als er erfaren / wie es in Meden zustunde / und daß die Assyrier mit diesem reiche den garaus spielten / hatte von der genauen bewachung Eliphelets sich endlich los gemacht / und heimlich den weg nach Menden genommen. Er kame daselbst an / wie der edle Pharnus bereits umgekommen / und die tugendvolle barsine in Rages belägert war: da er dan viel heldentaten / wiewol vergeblich / verrichtete /und letzlich dieser Königin tod und der Delbora verlust erfahren muste. Als er hierauf verzweifelt nach Arabien umkehrte / und sich dem lande der Ismaeliter genähert / erhielte er die glaubhaft nachricht / das seine Delbora bei den Fürsten Nebaioth zu Petra sich befinde. Die freude / sie lebend zu wissen / war in ihm so häftig / daß er / die betrachtung / wie sie in den händen seines mitbulers wäre / auch die zeitung von seines vatterlandes zustand hintan setztend / nach Petra eilete / die jenige zu sehen / in deren er allein lebete.

Er wurde alda von dem alten Nebaioth höflich empfangen / und fürete ihn gleich zu der Delbora / als von welcher er wußte / daß der Prinz sie in Meden wol gekant hatte. Diese besuchung ginge an beiden teilen sonder große bewegung nicht ab / weil sie einander nach dem tage / da zwischen diesem Prinzen und dem Rebaioth das blutige gefechte fürgegangen /nicht wieder gesehen hatten. Als die ersten begrüssungen abgelegt waren / sagte der prinz: Ach grausame Prinzessin! Muß ich euch nun noch in meines mitbulders händen sehen / da der euch so übel in Meden beschützt / daß ihr eure große eltern samt dem königreich verloren habet? Hat man darüm aus Meden mich verbannet / daß mir das glück entzogen wurde / diesem Trauerfall zu vermehren! Und ist es möglich /daß Delbora / wie ich hier vernehmen muß/ [47] den Nebaioth noch lieben kann? Wan Nebaioth /(antwortete die Prinzessin) an meinem und der meinigen Unglück / durch seine nachlässigkeit / schuldig / könnte man von dem Prinzen von Cas diese frage noch anhören. Nun aber weiß ich / daß ihn die meinen selbst gehintert / uns mit seiner tapfren hilfe beizuspringen. So ist auch / des Prinzen Eridanus verbannung aus Meden /mehr ein zeichen der gütigkeit des Königs / als seines zorns gewesen / massen wir alle damals für erhaltung eines so edlen lebens gebeten: und zweifelt mir nicht /es würde nachgehens allen Meden angenehm gewesen seyn / wann sie der hülfe des tapfren Eridanus hätten geniessen sollen. Ob der glückliche Nebaioth schuldig oder unschuldig sei / (antwortete Eridanus) will ich nicht bestreiten / nun Delbora ihn selbst verteidigt. Daß ich aber / eurer güte / die erhaltung meines lebens beimessen sollte / solches kann ich nicht gebieten / sondern muß vielmehr sagen / daß ihr solches mir damals gefristet / um mich desto öfter zu tödten /und des Nebaioth sieg zu vergrößern.

Ihr wisset / Prinz Eridanus! (sagte sie hinwieder) daß meiner eltern befehl den Nebaioth bei mir in den stand setzt / darin er sich befindet / und daß ich /ihrem willen zu folgen / fäst beschlossen habe / wie ich euch dan solches nicht nur einmal zu verstehen gegeben. Wäre die wahl auf euch gefallen / so seit dessen versichert / daß ich mit ja so willigem herzen den Eridanus / als wie nun den Nebaioth / lieben wollte. O grausames wort / ( fiele der verliebte Prinz ihr allhier in die rede) daß ich jetzt vernehme! Diese war noch übrig / mein unglück vollkommen zu machen /daß ich von Delbora selbst muß anhören / wie sie den Nebaioth liebe. Hiermit triebe / die heftigkeit seiner liebe / ihm die tränen häufig aus den augen / [48] daß er nicht fortreden konte. Delbora war bemühet / ihn von dieser liebe abzumanen / als die ihme nur ungemach und plage zuziehen würde. Er aber / solche vermanung anzunemen ganz unfåhig / schiede / nach dieser ersten besuchung / so verzweifelt von ihr / daß er tausendmal den willen hatte / seinem damals-irrigen glauben nach / ihm selber das leben zu nemen. Seine höchste betrůbnis schiene aus allem seinem thun so klärlich herfůr / daß es iederman zu Petra an ihm warnemen kunte. Weil man solche sonst nirgend hin zu deuten wuste / als auf seines vatters und seiner schwester gefängnis / auch auf den elenden zustand seines vatterlands / als verwunderte sich iederman desto mehr / wie dieser Prinz also säumen konte / den seinigen beizuspringen. Der gute alte Nebajoth war bemůhet / ihn aufzurichten / und auf die große Arabische macht / die den Cussiten zu hülfe käme / zu vertrösten. Weil aber dieses nicht sein gröstes leiden war /als verfinge auch kein trost bei ihm / und bliebe er /sonder seine abreise zubefördern / daselbst zu Petra: da die tågliche gegenwart der schönen Delbora / diesen trostlosen Prinzen anfåsselte / indem er seinen einigen trost darin suchte / daß er ihr von seiner häftigen liebe stäts fürsagen mochte.

Weil aber Delbora / der treue / die sie dem Nebajoth gelobet / es entgegen zu seyn erachtete / dieses Prinzens lieb-ansuchung immer anzuh \ren / also name sie ihr für / ihm diese gelegenheit zu benemen /und sich eine weile von Petra zu entfernen. Sie eröffnete dem alten Nebajoth ihr vorhaben / wie sie nämlich gewillet wäre / üm des Eridanus verfolgungen abzukommen / heimlich mit der Fürstin Mahalaath / seiner des Nebajoth jüngsten schwester / nach einem landgut zu reisen: der dan ihrem begehren nicht entgegen seyn kunte / und solches geschehen [49] ließe. Wie sie nun hinweg war / name des verlassenen Eridanus leiden so überhand / daß er ganz darüber erkrankte. Weil der alte Nebajoth eine sonderbare hochachtung für diesen edlen Prinzen in seinem gemüt hegte / als besuchte er ihn fleissig / und ließe sich seinen zustand dermassen tauren / daß er / seinem eignen sohn zuwider / ihm in seiner liebe gegen der Delbora beförderlich zu seyn sich entschlosse / und ihm an die hand gabe / oder vielmehr ihn dazu beredte / daß er diese Prinzessin entfüren solte. Er bediente sich aber dieser gelegenheit / ům die Delbora aus seinem hause zu schaffen / als welche er / von der ersten stunde an /aus angezognen ursachen / nicht gerne bei sich gesehen. Er richtete hiemit den hochbetrübten Eridanus dermassen wieder auf / daß er alsobald genase und in dieser sache lediglich dem antrieb seiner liebe / und dem einrat des alten fůrstens / gehorchend / der Delbora nach dem landgut folgte. Wie nun alles / was hierzu vonn \ten / herbei geschaffet worden / brachte er sie glůcklich davon / und fůrete sie nach Naphis in das K \nigliche schloß: dan die Egypter hatten selbige stadt wieder geraumet / und nicht besetzet gelassen.

Er hatte unterwegs den muht nicht / ihr für augen zu kommen: damit ihr klägliches gebården / ihm nicht zu herzen gehen / noch sein mitleiden seine liebe überwågen und ihn zur wiederkehr bewegen m \chte. Wie er aber mit ihr zur stelle gekommen / wagte er es / und ließe sich vor ihr sehen: da er ihr dan zu fuß fiele / und diese erzürnte Prinzessin mit den beweglichsten worten üm vergebung bate / daß er dieses an ihr verůbet. Ach Eridanus! (sagte sie / voll tränen) ist das recht / ist das grosmütig / ist das tugendhaft gehandelt / dem Nebajoth seine braut entfüren / indem derselbe sein leben für euer vatterland dargibet? wo finde ich hier den edlen Eridanus / [50] der sich mir in Meden allemal so grosmůtig erwiesen? Muß dan nun das unglůck mich so sehr verfolgen / daß Eridanus /mein elend zubef \rdern / muß aufhören tugendhaft zu seyn / damit ich aufh \re / ruhig zu leben? womit habe ich üm euch solche gewalttåtigkeit verschuldet / daß ihr so grausamlich mich meiner ehre gedenket zu berauben? Ach unglückselige Delbora! ruffe nun vergebens den schutz der Meden an / die dir nicht helfen können! erkenne nun die gr \sse deines elendes / da du von aller welt dich verlassen sihest! Ihre viel fältige zären und seufzer vehrwehrten ihr / in ihrem klagen fortzufaren / und wuste dieser arme Prinz fast keine worte zufinden / seine entschuldigung fürzubringen.

Ich klaget mich hart an / sch \nste Prinzessin! (sagte er ganz beweglich) aber erwåget / daß ich euch eine so geraume zeit geliebet / daß ich nie in eurem dienst ermůdet / daß auch der grosse Pharnus meiner liebe gewogen war / und daß die größe derselben mich getrieben / euch wider euren willen von einem ort hinweg zu bringen / da ihr nicht / euren würden nach / bedienet und verehret worden. Der Fürst der Nabatheer ist schuld daran / daß euch nun Naphis in seinen mauren verehret / und hätte ich mich ni ermehr dessen unterstanden / was ich verübet / wan ich nicht / durch seinen einrat und gegen euch tragenden verspürten widerwillen / hierzu wär verleitet worden. Hierauf erzehlte er ihr / alles was zwischen ihm und dem alten Nebajoth hierunter fürgegangen. Er kunte aber mit allem dem / was er fůrgebracht / kein gehör bei ihr erlangen / und bestunde sie so fäst darauf / daß er solte wieder nach Petra reisen / daß sich dieser verliebte / bei aller seiner habenden gewalt / unglückhaft sahe / und alle marter / so die Prinzessin ausstunde /mit erlitte.

[51] Die Cussiten / welche hocherfreuet waren ihren Prinzen / den sie über alles liebten / zu einer solchen zeit bei sich zu sehen / da es in ihrem lande so ůbel stunde / machten sich seines leidens bald mitteilhaftig / wie sie dessen traurigkeit / und deren ursach / erfuhren: sonderlich / als sie spüreten / daß solche ihn fast untüchtig machte / an den zustand seines reichs zugedenkẽ. Demnach sie soviel mehr bemůhet waren / ihm geholfen zu sehen / und wolten einmůtig / daß Eridanus die Medische Prinzessin ihm solte beilegen lassen. Aber dieser schluß / den von der stände wegen der weiße Balaat ihm vortragen muste / wurde ganz nicht / ungeacht er nichts håftiger wůnschte und verlangte / von ihm angenommen: sondern er beteurete hoch / daß / auser dem guten willen der Prinzessin / er an diese glůckseligkeit nicht eins gedenken dörfte. Wie ihn hierauf der Balaat weiter fragte / was er dan mit der Delbora beginnen / und ob er sie wieder nach Petra senden wolte: fand er den verliebten Prinzen auch dißfals ganz unschlüssig / der nichtes mehr als den tod verlangte / üm seiner qual abzukommen.

Wie nun der weiße Balaat die håftigkeit der liebe /so diesen Prinzen besessen / wol betrachtet und bei sich erwogen / befand er höchst nötig / daß ein geschwindes mittel ersonnen würde / diesen grossem unheil / welches dem lande Cus drohete / zu begegnen: massen alle årzte sagten / der verliebte Eridanus würde solcher gestalt sein leben bald enden müssen. Demnach beschloße er / neben der Prinzessin Sapha /des Eridanus mutter schwester / die im einfall der Egypter nicht mit war entfüret worden / bei der Delbora auf alle weise seine glückseligkeit zu verschaffen. Also waren sie nun ståts ům und bei dieser Prinzessin / und füreten ihr weitläufig zu gemůte / wie nicht allein Eridanus sie långer / als Nebajoth / geliebet / [52] sondern auch / wie dieser ihr und der ihrigen angeborner feind wåre / und einen solchen sich öfters erwiesen / und wie dessen vatter / zweifelsfrei mit seinem vorwissen / sie so gutwillig aus seinem lande und dem Prinzen von Cus überlassen hätte: darum sie doch in sich gehen und mit gůte dazu sich erklären möchte / wozu sie endlich mit gewalt zu bringen / des ganzen reichs wolfart erfordern wůrde.

Alle diese beredungen / beantwortete die Prinzessin allein mit tränen / und wolte von der treu keines wegs abweichen / die sie dem Nebajoth gelobet: worbei sie sich kläglich gebårdete / nacht und tag ůber gewalt schrye / und ihren abwesenden Nebajoth üm hůlf anrieffe / auch damit sich so sehr abmattete / daß sie des bettes hüten muste. Eridanus hatte den muht nicht mehr / zu ihr zu kommen / und name auch täglich an kräften so sehr ab / daß man seinen gewissen tod für augen sahe. Um deß willen fasseten endlich die Sapha und der Balaat den schluß / sie beiderseits zu betriegen: da sie dan dem Prinzen fůrbrachten / wie daß nun Delbora sich gutwillig erkläret hätte / ihn zu ehlichen; ihr aber ward angekündigt / wie daß das ganze land begehrte / daß sie / sonder fernere widerrede / an den Prinzen sich solte trauen lassen. Der verliebte Prinz /dem diese zeitung ganz unglaublich fürkam / wolte solches aus seiner Delbora eigenem munde vernemen. Aber der Balaat verhinterte solches / mit fůrgeben /wie daß das zarte gemüt der Prinzessin leichtlich zu andern gedanken wieder könte gebracht werden /wann er sich eher vor ihr / als es zeit sein wůrde /sehen ließe; und håtte sie selbst gebeten / daß man sie so lang allein lassen möchte / bis sie im tempel vor ihm erscheinen wůrde. Delbora aber / sich hierzu gezwungen sehend / rieffe / als von aller Welt verlassen / den [53] beistand des himmels an / und erwartete mit tödlicher furcht des tages / da sie / die dem Nebajoth gelobte treu / der liebe des Eridanus aufopfern solte.

Wie nun derselbe erschienen / wurde diese höchstbetrübte Prinzessin auf einen Königlichen wagen gesetzet / und also / in begleitung der Sapha / nach dem tempel des Phaetons geführet: da alles volk auf den gassen / dieser ihrer angehenden Prinzessin / tausend glůckwünschungen mit auf dem weg gaben / und die wahl ihres Prinzen / in erblickung ihrer schöne / die der gram an ihr nicht vertilgen kõnnen / für vernünftig erkenneten. Eridanus / der ihrer im tempel erwartet /sähe diese schöne nicht sobald ankommen / da erblasste er / in erkentnis ihrer herfürscheinenden traurigkeit / und reichte ihr folgends mit zittern die hand dar / als des Phaetons priester die trauung verrichtete. Es ware diese Prinzessin / in der zeit / da sie zu Petra gewesen / von dem alten Fürsten Nebajoth im wahren Gottesdienst und rechtẽ glauben unterrichtet worden: daher sie so gedultig diesem ihrem verhängnis folgte /und nicht selber hand an sich legete / wie ihr solches die verzweiflung oftmals riete. Und weil sie sahe /daß alles widerreden vergeblich war / schwiege sie ganz still / und ließe die seufzer für sich sprechen /welche dem Nebajoth tausend guter nacht sagten.

Solchergestalt wurde Delbora des Eridanus gemalin: der / in besitzung ihrer / sich fůr den seligsten menschen von der weit hielte / und nach und nach ihre anhaltende traurigkeit / durch tausenderlei erweisungen seiner liebe / zu überwinden verhoffete. Er name hierauf sich auch eiserigst üm die geschåfte des reichs an / und auf genaue nachforschung / wie sich der krieg zwischen den Cussiten und Egyptern angesponnen / und woher das [54] große unglück entstanden / daß sein herrvatter / und die Prinzessin seine schwester /gefangen hinweg gefüret worden / erfuhre er / daß Eliphelet / in bestellung untůchtiger leute zu den h \chsten ämtern des reichs / hieran meist schuldig wäre: massen fast kein erfahrner kriegsman dem Cussitischen heer fůrgestanden / und der haubtman in Naphis / dem die verwahrung des K \nigs und der haubtstatt anvertrauet worden / ein Arabischer rauber / von herkunft / aber einer von Eliphelets vertrautsten dienern / und der auswirker seiner losen håndel gewesen. Diese und tausend andere unordnungen / so des Eliphelet regirung verursachet / machten die stände den schluß fassen / daß sie hinfüro diesen b \sewicht nicht mehr im lande leiden woltẽ / und lagen sie ihrem Prinzen stark an / alle diese unordnungen abzustellen. Also wurde der Herzrai / ein dapferer held / zum feldherrn in Cus erwehlet / auch sonst hin und wieder die Reichs-ämter mit tüchtigen leuten besetzet / und des Eliphelet creaturen abgeschaffet. Ein teil des landes /welches aus ungedult / daß ihnen so übel fürgestanden worden / sich an den Pharao ergeben / name er glůcklich wieder ein / und vertriebe von dannen den Egyptischen Haubtman.

Als er endlich mit einem auserlesenen volk im anzug war / zu den andern Arabern / ihren bundsgenossen / zu stoßen / welche bereits in Egypten gegangen / und den König Scheba wieder frey haben wolten: kame die unvermutete post / wie daß der Pharao /die Arabische macht scheuend / den K \nig und die Prinzessin von Cus wieder los gegeben hätte / die er sten tages in das reich wieder ankommen würden /und daß darüm die Araber / Sabeer / Nabatheer und die von Hevila wieder ümgekehrt wåren. Viele und zwar die meisten / von den Cussiten / hätten lieber gewolt / daß der Scheba nimmermehr [55] wåre wiedergekommen / weil der tyrann Eliphelet auch wieder mitkame: zumal sie nun / unter des Eridanus regirung sich so wol befanden / daß sie keinen wechsel verlangten. Dieser gehorsame sohn aber / der wol erwogen / worzu ihn das recht der natur fůrete / eilete alsofort mit dem ganzen heer / bis an die gränzen des reichs / dem K \nig entgegen / und sobald er den ersehen / warf er sich zu seinen füssen nieder / und beteurete gar hoch seine reue / die er entfünde / daß er /sonder seine våtterliche einwilligung / aus dem reich gezogen / und also durch seine abwesenheit behintert worden / seiner kindlichen schuldigkeit gemäß / dem König beizuspringen. Scheba / aus dem gerüchte wissend / wie måchtig sein sohn sich in Cus gemachet /stellte sich / mehr aus noht / als aus warhafter liebe /sehr gütig gegen dem Prinzen / name auch alle begrüssungen der neuen kriegsbedienten / die sein sohn bestellet / ganz gnädig auf / uñ erwiese durchgehends / wie daß er mit allem vergnügt wåre. Eliphelet der da vernommen wie die Cussiten auf ihn geschmähet und ihn die ursach alles dieses unheils genennet / ließe sich nicht sehen / sondern war heimlich füran nach Naphis gegangen / da er des Königs ankunft erwartete.

Eridanus und Danede fületen unbeschreibliche freude sich wieder bei einander sehend: und weil dieser beider verlangen / sich allein zu sprechen / sehr groß war / als fanden sie bald gelegenheit / hierzu zu gelangen. Eridanus begunte seiner schwester zu erzehlen / wie seine verheuratung mit der Delbora sich zugetragen / und wie er verhoffe / daß ihre gegenwart die traurigkeit seiner gemalin zu stillen tüchtig seyn wůrde / damit sie ihm / wie ihren leib / also auch ihr herz einraumen möchte. Danede / des glückes ihres bruders sich mitteilhaftig machend / verbarge ihm auch nicht / was ihr seitdessen in Egypten [56] begegnet: das ich dan dißorts miteinzubringen für nötig erachte / bevor ich weiter mit den Cussiten nach Naphis hinreise.

Wie der Prinz Eridanus / erzehlter massen / heimlich aus dem reich hinweg und nach Meden gezogen war / zeigte / weder der K \nig noch der Eliphelet /sich unlustig hierüber: als die vielmehr froh waren /daß der jenige ihnen entgangen / dessen sie mit so grosser sorgfalt hüten müssen / und der ihnen / so onmåchtig er auch war / deñoch viel hinternus machte /alles nach ihrem belieben einzurichten. Die blinde liebe des Königs zu dem Eliphelet war so groß / daß er alle andere betrachtung hintansezte / üm nur diesen seinen liebling zu erbeben / von welchem er gläubte /daß er allein seinen königlichen tron erhielte / und dem Eridanus verwehrte / denselben ihm abzunemen. Weil sie nun wusten / daß dieser verliebte Prinz nach Meden gegangẽ / hoffeten sie / er solte daselbst entweder den tod oder die Erbprinzessin bekommen. Geschähe das erst / so wären sie aller sorgen befreiet. Geschähe dan das andere / so müste der Medische tron des Eridanus ehrsucht befriedigen / daß er nicht mehr nach Cus gedenken dörfte. Um nun dieses Prinzen abwesenheit sich zu bedienen / wurden alle ämter des reichs mit untüchtigen leuten besetzet / die teils des Eliphelet creaturen theils ihnen zu schaden unfähig waren. Es sonderten sich aber alle ehrliche Cussiten vom hofe ab / und vermochte keiner dieser neuen regirung bei zu wonen.

Die verfolgung der Prinzessin Danede gienge damit auch eiferiger an / und lage der König ihr ståts in den ohren / des Eliphelet / als seines treusten freundes /liebe anzunemen: zugleich ihr vertrauend / wie daß er gewillet / sie zur erbin des reiches Cus zu machen. Er unterließe [57] auch sonst nichts / wodurch das gemüt einer jungen Prinzessin kan eingenommen und gewoñen werden / ihr bei zubringen. Sie aber / die viel zu tugendhaft / auch dem Eridanus ihrem bruder viel zu treu war / ließe sich durch kein überreden bewegen /demselbigen etwas entgegen zu thun / und hegte hin gegen eine so håftige liebe gegen ihm in ihrem herzen / als groß der haß war / den des Eliphelet ungereimte freche liebe bei ihr erweckte. Derohalben wendete sie / das anmuten des Scheba / zwar mit kindlicher ehrerbietung / allemal grosmütig von sich ab / und begegnete daneben dem Eliphelet mit solcher stränge / daß /ungeacht seiner gewalt / er dennoch diese Prinzessin fůrchten muste.

Als er aber / solches verschmachs endlich überdrüßig / der Königlichen macht wider sie sich bedienen wolte / schickte es der himmel / daß an den gränzen des reichs gegen Egypten eine unruh entstunde: welche zu stillen der Eliphelet selbst hinreisete / aber das ůbel durch seine schlimme bezeigung immer årger machte / also daß die Cussiten selber die Egypter ins land lockten / ům dadurch des jochs abzukommen /das ihnen Eliphelet aufbürdete. Solcher gestalt nun gienge der krieg an / da die Prinzen / Amosis von Egypten / und Armizar von Ophir / unter dem feldherrn Epha / mit großem volk angezogen kamen / und in Cus einfielen. Der König Scheba / wolte diesem mächtigen feinde selber entgegen ziehen: weil aber Eliphelet solches widerriete / als wurde dem Caldis einem vornemen Cussiten / des Eliphelet vertrautestem / der den ruf von einem erfahrnem kriegsman hatte / dieser feldzug anbefohlen: welchen der Eliphelet selbst zu übernemen / ihm nicht getraute / nicht darům / daß er nicht herz und muhts genug hierzu gehabt / sondern weil er bei den Cussiten gar zu verhasst war / die ihn keinen tag [58] bei sich hätten leben lassen / und dan auch / weil er es nicht nützlich fůr sich befande / von dem K \nig in so gefärlicher zeit sich zu entfernen. Alle grosse des reichs / die man vordessen beleidigt und mit unwillen von hofe ziehen lassen / wurden mit vielen liebkosungen nach hof wieder beruffen: und stellte sich der beängstigte Eliphelet gegen sie alle so demütig an / als wan er niemals ihnen etwas leids gethan hätte. Es war aber vergeblich / dem verdorbenen staat durch solche griffe wieder aufzuhelfen. Armizar / den man damals noch nicht als Prinzen von Ophir kennete / kam unversehens vor Naphis / brach in die stadt hinein / überfiele die hofburg / und name den König neben der Prinzessin und den vornemsten bedienten / unter denen auch Eliphelet war / gefangen / die er alle mit sich davon fürete. Hezrai / Balaat und andere edle Cussiten / ungeacht sie keine kriegsbedienung verwalteten / thäten dennoch so dapfere gegenwehr / daß sie die stadt erhielten / und die Egypter wieder hinaus weichen machten: als welche nun vergnügt waren / daß sie diese grosse beute davon brachten.

Armizar gienge damit nach dem Egyptischen haubtlager / zu dem feldherrn Epha / und Prinzen Amosis: die dan / über so grossem sieg hocherfreuet / dem unglücklichen K \nig von Cus entgegen kamen / ihn einzuholen. Sobald Amosis die Prinzessin Danede zu sehen bekame / fülete er in sich ein so grosses erbarmen über ihren zustand / daß alsofort die vorhin gesch \pfte freude sich bei ihm verlore / und wurde er sehr unruhig über das / was ganz Egypten für ein so grosses glück hielte. Er verließe sie keinen augenblik / und verseumte niemals / bei ihr zu seyn / wan er nur konte: da er dan immer sein mitleiden ihr bezeugte /und sie beklagte. Hierdurch ward diese Prinzessin zur wolneigung gegen diesem Prinzen / und [59] hinwiederum er / sonder daß er selber es merkte / zur liebe gegen sie / bewogen. Weil sie beide alhier zu gegen sind /als unterlasse ich / (üm sie nicht zu verh \nen) den anfang ihrer wechsel liebe / und wie der Prinz die seine zuverstehen gegeben / dißorts fürzubringen: dan solches doch nicht so f \rmlich von mir geschehen k \nte. Ich will allein sie beiderseits entschuldigen / daß sie nicht zu verdenken waren indem sie von der liebe sich beherrschen ließen: weil ihre wahl beiderseits mit so guter vernunft geschehen / und sie wol geurteilt haben / daß eines das ander wehrt seyn wůrde.

Indem die Prinzessin C \lidiane / (fiele ihr alhier die schöne Danede ins wort) von uns nichts sagen will / verhönet sie mich mehr / als sie vermeinet: und wil ich dan selbst dieses erzehlen / was den Prinzen Amosis und mich angehet / ům zu verschaffen / daß die Prinzessin von Caphtor inzwischen / als vom reden ermüdet / etwas ausruhen möge. Weil es der Prinzessin von Cus sehr schwer fället / (versezte Cölidiane) Syrisch zu reden / als will ich gern / meine erzehlung vollfürend / sie dessen überheben / und kürzlich sagen / wie daß der gegenwärtige Prinz von Egypten und diese Prinzessin / ungeacht ihrer våtter feindschaft / einander zu lieben anfiengen / und Amosis ein gefangener seiner gefangenin wurde. Den Prinzen Armizar / machten sie zum vertrauten in ihrer liebe. Mitlerweile aber also diese ihre geheime verständnis zu kråften kame / muste man / auf des Pharao befehl / den K \nig und die Prinzessin von Cus /nach Raemses bringen: da sie dan der Amosis nicht verlassen wolte / sondern heimlich / unter anderm vorwand / mit dahinreisete / dem Epha und Armizar den krieg allein fortzufüren hinterlassend.

Weil Danede / zur ersten probe der warhaften liebe[60] des Prinzen / von ihm begehrte / daß er ihre und ihres herrvattern befreyung befördern solte / brachte er bei den Egyptischen priestern zu wege / daß sie den Pharao dahin beredeten / den Scheba wieder los zu geben: zumal weil eben die Arabische herren in Egypten einfielen / und diesem ihrem bundsverwandten / zu hůlfe kommen wolten. In ermeldter stadt Raemses / wurde der friede geschlossen / als die Egypter alles erlangt hatten / was sie / vor angehendem krieg / den Cussiten angesonnen. Diese seine glückliche verrichtung /machte den verlibten Amosis voll betrůbnis: dan er sahe nun wol / daß er dadurch seiner Prinzessin gegenwart wieder verlieren / und ihre entfernung müste geschehen lassen; und war ihme nicht unbekant / wie seine Danede in ihres vatters hause dem Eliphelet verfolget wurde. Sie schieden / mit versicherung ewiger treu / von einander / als die für die Cussiten und Egypter gewünschte / für sie beide aber elende / zeit heran kame / daß der Scheba wieder nach seinem reich solte erlassen werden. Die Danede eröfnete oberwehntes alles ihrem bruder / und wurden sie also wechsel-vertraute beiderseits in ihrer liebe.

Wie sie nun also in der K \niglichen stadt Naphis angekommen / war das erste / welches der verliebte Eridanus verrichtet / daß er seine liebste Delbora dem König seinem herrvattern darstellte: welcher / wie er in allem sich über den Prinzen vergnügt erwiesen /auch hierbey sein sonderbares wolgefallen erscheinen liesse / und die Prinzessin von Meden gar gütig entfienge und aufname. Diese Prinzessin hatte / bei ihrer stäts-anhaltenden traurigkeit / gleichwol / von denen ihr beiwonenden kräftigen wirkungen bei iederman sich beliebt zu machen / nichts verloren: massen sie / von allen Cussiten / angebetet wurde. Danede sch \pfte alsofort / gegen diese ihre [61] schwågerin / eine herzliche liebe / und wuste ihr gemůt also zugewinnen / daß Delbora / ungeacht ihrer miszufriedenheit / dannoch ruhe entfande / wan sie bei dieser Prinzessin seyn mochte. Sie fienge nun almählich an / auf der schwester vermittelung / dem bruder sich gütiger zuerweisen: zumal sehend / wie es des himmels schluß gewesen / daß sie nicht den Nebajoth / sondern den Eridanus / ehlichen sollen.

Wie es nun am Cussitischen hof also zustunde /daß Scheba / seinem Eliphelet wieder aufzuhelfen / so wol seinem sohn / als seinen ständen / wiewol mit widerwillẽ / liebkosete; daß dieser Prinz und seine schwester / teils gegenwärtig teils abwesend / mit ihrer liebesregung sich unterhielten; und daß Eliphelet alle künste hervorsuchete / sich wieder fåst zu setzen: verbrachte inzwischen / in der Nabatheer lande / der verlassene Nabajoth / das erbårmlichste leben von der welt / weil er / bei seiner rükkunft aus dem Egyptischen krieg / seinen unwiederbringlichen verlust erfuhre / und die bei seinem herrvattern nicht mehr fande / die er bei demselben in so sicherer verwarung hinterlassen zu haben vermeinet. Seine wut triebe ihn alsofort / mit dem kriegsheer der Nabatheer und deren von Hevila / welche er gefüret / in Cus einzufallen und seine Delbora wiederzuholen. Der alte Nebajoth aber / der volkommene unbeschränkte macht und gewalt in seinem land / und eben seines brudern / des Fůrsten von Hevila soldaten / hatte / steurete bald diesem fürnemen seines sohnes / und sezte den dadurch in solchen traurigen stand / daß er aller freude absagend / in den wäldern und einsamen orten seine zeit zubrachte / und bloß eine gelegenheit erwartete / sich an dem Eridanus zu råchen.

Weil nun der friedliebende alte Nebajoth den Cussiten / sich für ihm nicht zu fürchten / ům soviel mehr[62] zu verstehen geben wolte / richtete er von neuem einen bund mit dem König Scheba auf / und ordnete deswegen abgesandte nach Naphis. Diese wurden anfånglich von dem Prinzen Eridanus mit unruhe angesehen: weil er befahrte / es m \chte seiner Delbora gelten. Nachgehends aber / wie man ihr anbringen vernommen / half er desto emsiger dazu daß diese genauere bündnus zwischen beiden v \lkern gestiftet wurde. Dem jungen Nebajoth sandte er ůberaus herrliche geschenke / und ließe mit dem vorwand seiner håftigen liebe / das / so er an der Delbora begangen /h \chst entschuldigen: erbote sich auch / ihm in allem forthin ein genügen zu thun / auser in dem / was die wiedergebung der Delbora betreffen m \chte. Wie nun der listige Eliphelet keine gelegenheit verseumte / ihm selbst und seiner liebe zu dienen / als beredete er den König dahin / daß er der Prinzessin / seiner tochter /durch ihn fürtragen ließe / wie er gewillet wäre / sie dem Fürsten Nebajoth in heurat anzubieten. Hierdurch suchete er / nicht allein ihr aus dem sinn zu bringen / daß er sie selber noch liebte / sondern auch nachgehends ihr sich nützlich zu machen / daß sie ihm wieder zu trauen anheben m \chte / wan er ihr dienlich wäre / sie von dieser ihr nicht anståndigen heurat zu befreyen: dan er wuste gar wol / daß sie den Amosis aus Egypten liebte / weil sie für einem so schlauen mitbuler / als wie dieser bösewicht war /nicht heimlich genug ihre sache hatte anstellen k \nnen.

Als nun Eliphelet / der / seit ihrer wiederkunft in Naphis / sie noch nicht gesprochen hatte / zu ihr in das zimmer trate / wolte sie / seiner ungestůmen gesellschaft zu entfliehen / sich hinweg machen. Aber er fiele ihr zu fuß / und beteurete ihr bei allen seinen göttern / wie daß er seine ehmalige freiheit / sie zu lieben / nicht mehr bey sich [63] hegte / sondern vielmehr /in erkennung seiner unwůrdigkeit / dahin bedacht wåre / durch treue dienste ihre dadurch billig erworbene ungnade von sich wieder abzuwålzen. Zudem håtte ihn der König mit einem gewerbe an sie abgefårtigt / von welchem er zweifelte / daß es ihr angenem seyn wůrde. Diese lezte worte bewegten die Prinzessin / ihm stand zu halten: da er ihr dan anbrachte / wie daß sie den Nabatheer Fürsten haben solte. Diese post / deren sie sich nicht versehen / verursachte bei ihr solch einen schrecken / daß Eliphelet / wan er schon solches nicht vorvermutet / dennoch hieraus leichtlich der Prinzessin widerwillen hätte spüren können. Wie sie nun verzoge / zu antworten /fuhre der böswicht fort / und sagte: Er spůre ganz wol / daß die Prinzessin hierob betretten bliebe. Er habe auch solches wol vermutet / und sich ungern in dieser sache vom König abordnen lassen: wolte auch ůberselig sich schätzen / wan er / solches hinterend / (wie er ihm dan wol zu thun getrauete /) versichert seyn möchte / daß ihr damit ein dienst wiederfüre.

Danede / die sich gegen ihm nicht heraus lassen wolte / gabe ihm zur antwort: Er solte dem K \nig sagen / wie sie das anbringen wol vernommen / und ehist ihre erklärung hierůber dem K \nig wolte er \fnen lassen. Nachdem sie ihn also abgefårtigt / und nun sich allein befande / ließe sie ihren tränen den freien lauf / und schüttete damit ihre traurigkeit aus / die sie hierbei entfunde / daß sie ihren Amosis verlassen solte. Delbora fande sie in diesem zustand / und als sie ihr anligen vernommen / ware sie bemůhet / diese Prinzessin zu bereden / daß sie den ihr so liebgewesenen Nebajoth ehlichen möchte / den sie keinen in der welt lieber / als ihr vergönnete. Danede bezeugte hingegen die treue / die sie dem Amosis gelobet: welches aber Delbora beseufzte / und ihr eigenes beispiel [64] anfürete / da sie solche brechen / und dem unwidersprechlichen schluß des himmels folgen můssen. Zu diesem gespräche kame auch Eridanus: der dan wol /für seine person / nichts lieber gesehen / als daß dieses hätte seyn können. Weil er aber seine schwester über alles liebte / als wolte er ihr in keinem dinge zuwider rahten / sondern verhiesse ihr / sein båstes dabei zu thun / dabei zu thun / daß dieses fůrnemen des Königs rükgängig werden möchte. Um des willen liebkosete er dem Eliphelet / und brachte durch ihn bald zu wegen / daß der K \nig eben durch diesen Eliphelet der Danede sagen ließe / wie er ihren sinn forthin nicht zwingen / sondern ihr in ihrer wahl alle freiheit gönnen wolte.

Hiemit zogen nun die Nabatheischen gesandten wieder ab / und sahe sich die Prinzessin durch den Eliphelet von dieser angst befreiet. Dieser feirete nicht /ihr bei solcher gelegenheit den Prinzen Amosis zu nennen: als aus dessen thun er zu Raemses wargenommen hatte / daß er ihre sch \ne verehrte. Hierbei bezeugte er ihr / daß dem K \nig sehr lieb seyn wůrde / mit dem Egyptischen haus auf solche weise in bündnis zugelangen. Danede gabe diesen worten geh \r /und mit der weile dem Eliphebet trauend / begunte sie ihm wol zu wollen / und wehrete ihm nicht / ihr zu zeiten von dem Egyptischen Prinzen etwas fürzusagen. Sie brachte ihn also bei dem Prinzen / ihrem bruder / wieder in gnaden / daß der ihn so sehr nicht mehr / als anfänglich / verfolgte. Wie nun dem listigen Eliphelet dieses gelungen / strebte er hiedurch sein glück zu f \rdern / und erwehlte ihm eine dame in der Delbora frauenzimmer / von der die Prinzessin sehr viel hielte: in die er sich verliebt stellte / und durch sie bei der Delbora sich v \llig in gnaden brachte / also daß das ganze Cussitische frauenzimmer seine seite [65] hielte. Wie er nun dergestalt auch den hof gewonnen / trachtete er nun ferner / wie er die macht im lande / die er vor dem gehabt / wieder erlangen möchte. Demnach riete er dem K \nig / dem Prinzen seinem sohn zu befehlen / daß er mit der stattlichen mannschaft / welche seit dem Egyptischen kriege /durch des Prinzen gute verordnung / stäts auf den beinen war erhalten worden / in Meden gehen / und seiner gemalin Erbreich ansprechen solte. Hierzu eräugte sich eben eine gewůnschte gelegenheit / indem die Assyrier mit dem K \nig von Basan in einen schweren Krieg gerahten waren: und dachte er / wann der Prinz hinweg wäre / wolte er schon alles wieder in den alten stand setzen.

Dem mutigen Eridanus dorfte dieses nicht zum zweitenmal vom König angemutet werden: massen seine dapfere begierde ihn ohndas dazu antriebe Delbora aber wie sie solches vernommen / wolte ganz nicht darein willigen / sondern lage ihrem Herrn unaufh \rlich in den ohren / daß er sich an Meden nicht vergreisen solte / als welches / durch rechtmäsige straffe und schickung des Himmels / ihrem geschlecht wäre entzogen worden: und můste solches auch / nicht durch sie / sondern durch den Nebajoth / den Assyriern wieder abgenommen werden. Weil Eridanus sich hieran nicht kehren wolte / suchte Delbora ihre Zuflucht zu dem Eliphelet / und bate ihn / es bei dem K \nig in die wege zu richten / daß derselbe nicht ferner seinen sohn hierzu antreiben möchte. Dieser ergriffe gleich einen andern fund / und ware zwar der Prinzessin hierin beförderlich / überredte aber den König anderweit / den Prinzen / zu hůlf dem K \nig Arieus nach Arabien zu senden: dan derselbe mit den wilden Arabern / die sich / unter anfürung des weitberůmten raubers / des Sabnoch / [66] zusammen gethan hatten / in einem schweren kriege begriffen war. Der Prinz ware auch zu dieser verrichtung ganz willig /und machte sich gleich zum abzug fårtig: da dan nichtes von grossen und dapferen leuten in Cus zu rück bliebe / sondern ein ieder / einem so dapfern fürer zu folgen verlangte. Delbora / auf zureden der Danede /wolte auch nicht hinter ihrem gemal verbleiben / und zoge mit zu feld / von dieser Prinzessin begleitet: welches der König / oder vielmehr Eliphelet / ganz gern geschehen liesse / damit sie / unter ihrer abwesenheit /desto bässer und ungehinterter ihres gefallens in Cus schalten und walten könten.

Der gute Arieus / wurde wol durch ihre ankunft sonders erfreuet / weil er dieser hülfe hoch benötigt war / und seinen sohn / schier auf den tod verwundet /erst neulich aus Saba zurück bekommen hatte. Alda erneuerten nun Mardocentes und Eridanus ihre alte kentnus: zumal jener die Delbora / als nunmehr des Eridanus gemalin / sonder bewegnis ansehen kunte /und er / von dieser liebe ganz ledig / in die Königin Petasiride von Saba sich verliebt hatte.

Er erzehlte dem Cussitischen Prinzen nach der långe / wie es ihnen in Saba ergangen: wie er daselbst diese schöne Königin vergeblich geliebet und ihr viel gute Dienste wider ihre feinde / die Nabatheer (welche aber nicht unter den Nebajoth gehören / sondern ihren namen von dem Nabonnadus / ihrem General / füren) geleistet; und wie er endlich durch seinen glůcklichen mitbuler / der sich Dison Prinz von Seir genennet / in einem kampf also verwundet worden: dem es zwar nun nicht bässer / als ihm / ergangen / indem Nabonnadus diese K \nigin / wider ihren willen / in Saba geheuratet hätte.

[67] Als Cölidiane dieses erzehlte / sahe jederman in der gesellschaft auf den Dison: welcher sich entfårbte /und seine Prinzessin Aramena anschauend / der Prinzessin von Caphtor ins wort zu fallen / sich nicht entbrechen konte. Ich bin zwar dieser Dison / (sagte er) aber niemals des edlen Mardocentes mitbuler gewesen: massen er selber nachgehendes bezeuget. Die Prinzessin Cölidiane / und meine durchleuchtige mitzuhörer werden diese meine entschuldigung nicht übel deuten: weil meine Prinzessin Aramena hier zugegen ist / die ich nicht in so einem falschen verdacht lassen kan. Diese worte jagten der Prinzessin von Caphthor eine r \te ab: doch winkte ihr die K \nigin Aramena /in ihrer erzehlung fortzufahren / und verhinterte also ferneres zwischenreden; die dann auch solches folgender massen verrichtete.

Der Sabach / und dieser Nabonnadus / waren gute freunde / und hatten sich / von einerlei begierde wider ihre herren krieg zu füren / aufregen lassen: daher des Nabonnadus erlangtes glück / des Sabach macht anfrischte / und ihme gleichfalls zu gutem fortgang / den er auch / vor der Cussiten ankunft / ziemlich gehabt /gute hoffnung machte. Demnach fande Eridanus nicht geringen widerstand / wie er dem Sabach entgegen gienge / und verzoge sich also dieser krieg bis ins andere jahr: da dan beide Prinzen / weil Mardocentes /nach erlangter gesundheit / nun auch wieder ins feld gienge / viel heldentaten verübten: die ich / als des kriegs unerfahren / allhier mit stillschweigen ůbergehe. Ich wil aber / inzwischen diese helden zu felde ligen / mich nach Javan an des Arieus hof wenden /und erzehlen / was alda den beiden zurůckgebliebenen Prinzessinnen wiederfahren.

[68] Es hatten ihr da-seyn / der verliebte Amosis in Egypten und der elende Nebajoth zu Petra / erkundschaftet / und deswegen beide / ihre Prinzessinnen zu sehen / sich auf die reise begeben. Sie kamen / fast zu gleicher zeit / daselbst an: und hielte der Prinz von Egypten / in betrachtung / daß die offenbarung seines alda-seyns / bei dem Pharao seinem herrvattern / ihm viel ungelegenheit verursachen k \nte / für h \chstn \tig / sich geheim zu halten; gleichwie auch Nebajoth / als gewillet / die Delbora zu entfüren / keinem menschen in Javan sich kund gabe. Indem nun beide verliebte /ihren zweck zuerlangen / bedacht waren / erfuhre der Prinz von Egypten / daß seine Prinzessin um abendzeit / entweder in dem balsamgartẽ sich aufzuhalten /oder auf dem fluß Arnus der spazirfart beizuwonen pflegte: welches auch dem Nebajoth / durch seine erkaufte kundschafter / von seiner Prinzessin berichtet wurde. Daher erkiesten sie beide / keiner von dem andern wissend / einen abend / und bereiteten sich / ihre liebsten zu sehen: wiewol Amosis die seinige nur sprechen / Nebajoth aber die Delbora davon füren wolte.

Amosis / auf erhaltenen bericht / daß die Prinzessin von Cus abends auf dem fluß fahren wůrde / gesellte sich zu der ruderpursche / welche die Prinzessinnen ůberzufüren pflegten: wozu er gelangte / durch bef \rderung eines seiner bedienten / der mit dem schiffman kundschaft hatte. Nebajoth hingegen / auf erlangte zeitung / daß die Prinzessin Delbora selbigen abend gewiß in dem balsamgarten sich befinden wůrde /stellte mit seinen bei sich habenden alles in bereitschaft / und verschliche sich in den garten: mit der höchsten ungedult / seiner Delbora ankunft erwartend. Der verliebte ruderknecht / so in gleichem verlangen brennte / sahe endlich / wie die [69] sonne untergegangẽ /vom k \niglichen schloß das frauenzimmer ankommen: welches aber / auf dem grossen platz vor dem schlosse / sich verteilte / und die eine hälfte nach dem balsamgarten / die andere aber dem schiff zugienge. Es schosse ihm gleich auf das herz / die beide Prinzessinnen m \chten voneinander geschieden / und etwan seine Danede nach dem garten gegangen seyn: worinn er auch nicht geirret / massen Delbora allein mit ihrem frauenzimmer in das schiff stiege / und diese wasserfart anfienge. Die ursach / daß diese beide Prinzessinnen / gegen ihrer gewonheit / sich dißmal geschieden / war diese / daß zur Danede jemand von Naphis angekommen / den sie heimlich sprechen wolte. Delbora behielte ihr leute bei sich /und gabe also ihrer schwägerin raum / sich desto freier mit ihrem zeitung-boten zu unterreden.

Der verliebte Prinz von Egypten könte seine ungedult båsser / als ich / beschreiben / die er entfunden /als er im schiffe die nicht fande / um deren willen er ein ruderknecht geworden war: und tröstete ihn dieses allein / daß er hoffen konte / auf einen andern tag glücklicher zu werden. Mitlerweil er nun des Nebajoth geliebte Delbora den strom hinab fůren halfe / eilete seine Danede in den garten: da dann Nebajoth /der sie / mit einem flor bedecket / unter den schattichten bäumen ankommen sahe / und für seine Prinzessin hielte / mit seinem hinterhalt herfür brache / auch /um der Danede nicht zuverfehlen / alles frauenzimmer durch die seinigen davon fůren ließe. Die erschrockene Prinzessin / meinte nicht anderst / als daß Eliphelet ihr diesen possen gerissen / und gabe alles auf das schreien; welches ihr aber nicht halfe / und muste sie sich auf einen wagen setzen / und feld-ein fůren lassen: da es sich dann also fügte / daß sie [70] [72]nahe an dem fluß Arnus vorbey musten / woselbst eben der Delbora schiff daher ruderte. Weil die wågen hastia fortrannten / und es schon im schimmern war / konten die vom schiffe nichts erkennen. Aber gleich hinter den wägen kamen etliche zu pferd von des Königs bedienten / welche denen im schiff zurieffen / wie daß man die Prinzessin Danede entfůret.

Der Delbora entsetzen / vergliche sich nicht mit dem schrecken des ruderknechts Amosis / der / alle betrachtungen vergessend / das ruder fahren liesse /sich unversehens in den strom stürzte / und mit allen kräften nach dem ufer zu schwamme. Weil der liebe nichts unmůglich / als kame er durch die schnelle wellen hindurch / und glůcklich an das land: da er / so naß er auch war / ein pferd / welches alda unter vielen in der weide gieng / ergriffe / und sich darauf werfend / den raubern seiner Prinzessin nachrannte. Weil sie in steinigte wege und klippen gerahten waren / da sie nicht geschwind fortfahren konten / als holete er sie endlich ein / und kamen damit / auf sein geschrei /von den feldleuten so viele zusammen / daß sich Nebajoth von allen seiten umzinglet sahe. Er wolte aber in dieser åusersten noht / lieber sterben / als sich gefangen geben: wehrte sich derhalben ganz verzweifelt mit den seinigen / bis er endlich / mir vielen wunden beschlagen / sich gefangen geben / und die Prinzessin muste fahren lassen. Amosis gabe sich hierauf zu erkennen / und erweckte damit bei dieser Prinzessin ein solches freud-entsetzen / daß sie / so unverhofft ihren liebsten Prinzen und nun zugleich ihren erl \ser bei sich sehend / all ihres schreckens vergasse. Als sie nach Javan zu fuhren / ginge Amosis neben ihrem wagen her / und unterhielte sie / den ganzen weg hindurch / mit seiner liebe: da sie auch zusammen abredten / wie Amosis unbekant [72] verbleiben solte. Ich weiß gewiß / wann diese verliebte an diesen abend gedenken / sie werden darüber in ihrem gemüt keine geringe vergnůgung entfinden.

Als sie nun in Javan angekommen / und man den täter herbei brachte / erkante Delbora den Nebajoth bei dem schein der fakeln / welcher halbtodt daher geschleppt wurde: daher sie / ihrer ersten bewegungen nicht meisterin verbleibend / mit einem lauten schrei der Danede onmächtig in die arme fiele. Sie erweckte damit / bei allen / ein grosses entsetzen / und wuste niemand / was man davon gedenken solte. Nebajoth /der / bei allem vergossenen blute / noch seine vernunft behalten / sahe dieses wesen der Delbora für ein zeichen ihrer noch zu ihm tragenden liebe an: und /dadurch sehr erquicket / truge er sein unglück mit grosser gedult / als er überdas in einen kerker gestecket wurde. Sobald Delbora wieder zu ihr selbst gekommen / er \fnete sie der Danede / wie dieser ihr entfürer der Nebajoth gewesen. Als dieses vor den König Arieus gekommen / liesse er / noch in selbiger nacht /den Fürsten aus dem kerker in ein zimmer bringen /und fleissig nach seinen wunden sehen: wie er dan das haus Nebajoth hoch hielte / und alle freundschaft bei demselben suchte. Weil aber dieser Fürst so krank am gemůt / als am leibe / sich befande / als befiehle er mit einem hitzigen fieber / und zwar so håftig / daß die ärzte schier an seiner wiederaufkunft verzweifelten. Weil sein einiges reden von seiner Delbora war /als begehrten die ärzte / daß sie ihn besuchen möchte: worzu sie aber sich ganz nicht verstehen wolte / in betrachtung / daß solches der ehelichen treue / die sie dem Eridanus schuldig / entgegen wäre; massen sie auch sehr bekümmert war / daß ihr die bei erkennung des Nebajoth zugestossene [73] schwachheit übel m \chte gedeutet werden. Sie konte zwar in ihrem herzen ihr selbst nicht leugnen / daß sie dem ehmals-geliebten Nebajoth noch wol wolte: sie war aber äuserst bemůhet / sich zu überwinden / und allein der strengen tugend zu folgen; welches dan ihren schwachen Leib so ergriffe / daß sie nicht weniger / als Nebajoth / bettlägerig wurde.

Danede und Amosis / lebten inmittels vergnügter zusammen / und kam er alle tage heimlich zu seiner Prinzessin: da sie allein dieses quälte / daß Amosis gar zubald an seine wiederabreise gedenken muste /weil der zustand in Egypten solches erforderte. Sie redten aber mit einander ab / daß Amosis / bei ehster guter gelegenheit / den Pharao seinen herrvattern dahin verm \gen solte / gesandte nach Cus abzuordnen / und üm sie anhalten zu lassen: worbei sie ihn versicherte / daß der Eridanus / ihr bruder / wie nicht weniger ihr herrvatter / sehr geneigt auf seiner seite wären. Mit solcher vertr \stung schiede endlich Amosis aus Javan hinweg / und erfuhre kein mensch / daß er da gewesen: wie dan jederman das / was mit dem beherzten ruderknecht geschehen / fůr einen trieb von dessen treu und herzhaftigkeit hielte / sondern ferner nachzuforschen / ob jemand anders unter diesem schifferkleid verborgen gewesen.

Auf dieser rückreise / hatte er eine begegnis nahe bei des Mardocentes lager / indem er von etlichen Arabern angefallen wurde: welches verursachte / daß er die kentnis von diesem edlen Prinzen erlangte /weil ihm derselbe zu hůlfe gekommen / und ihm das leben retten helfen. Dieserwegen befand er sich ihme so verpflichtet / daß er ihm und dem Eridanus / seinen stand offenbarte. Also erfuhren diese Prinzen / was sich in Javan zugetragen hatte / und erwiese Eridanus diesem liebhaber [74] seiner schwester / tausend h \flichkeiten: worauf sie / als verbundene freunde / von einander schieden. Als aber Eridanus folgends dieser begebenheit weiter nachdachte / und nun den von seiner Delbora ehmals geliebten Nebajoth in Javan bei ihr wuste / triebe ihn die eiversucht / das lager auf eine weile zuverlassen / und eine postreise nach Javan hinüber zu thun: um zu sehen / wie es seiner gemalin erginge. Er funde sie krank und betrübt / wiewol seine ankunft sie etwas wieder ermunterte. Er konte nicht ümhin / sich über sie zubeschweren / daß sie / wegen Nebajoths / solche schwachheit überkommen. Ihr wisset / mein herr! (sagte sie hierauf zu ihm) daß ich vordessen / ehe ich an euch getrauet worden / diesen Fürsten geliebet: drum nemet doch nicht übel / daß dessen zustand meine natur / wider meinen willen / angegrieffen. Ich versichere euch aber / daß ich mich überwinde / so viel ich kan / seiner zu vergessen. Und desto leichter hierzu zugelangen / habe ich ihm gänzlich abgeschlagen / ihn zu besuchen: damit ich so wenig euch / als mir selber / anlaß geben möge / unruhig zu werden.

Ach besuchet immer hin / (gabe Eridanus zur antwort) diesen glůckseligen Fürsten: nur verbannet ihn aus eurem herzen. Was nutzet mir der äuserliche zwang / wann innerlich er den sieg bei euch davon tråget. Keines wegs soll er das erlangen! (widerredte Delbora) Ich weiß viel zuwol meine pflicht zu beobachten / als daß ich ein solches in mir gestatten solte. Fůret mich nur alsofort mit von hinnẽ / und lasset mich nicht aus eurer gesellschaft: dan ich schw \re bei dem H \chsten / daß ich nun nirgend lieber als bei euch bin / weil meine pflicht mich darzu verbindet. Ach Delbora! (sagte Eridanus seufzend) lasset hier nicht die pflichtgebůr / sondern allein die liebe herrschen: was gilts / diese wird euch ferne von [75] mir ziehen. Ich liebe euch / Eridanus! (antwortete sie) weil ich euch lieben muß: weiß auch von keiner andern liebe / als die ich meinem gemal schuldig bin. Daß ich aber sagen solte / ich håtte euch vordessen geliebet / das kan ich / sonder euch zubetriegen / nicht zu wort bringen. Ich gestehe gern / daß der zwang / in mir / die liebe gegen dem armen Nebajoth ausgeleschet / und die gegen euch fåst gesetzet. Danede / die mit zugegen war / sahe wol / daß dieses wortwechslen in die länge nichts gutes gebåren würde: darum legte sie sich dazwischen / und brachte sie auf andere gespräche / voraus ihrem Bruder erzehlend / wie sie aus Naphis nachricht erhalten / daß Eliphelet wieder auf die alte weise sich beginne anzustellen / und daß man des Eridanus wiederkunft höchst verlange.

Solcher gestalt war die erste besuchung zwischen dem Eridanus und seiner Delbora / abgelaufen / von der sie beiderseits gar unvergnügt verblieben. Indem aber Eridanus bei sich anstunde / ob er den Nebajoth sein da-seyn solte wissen lassen / als über den er höchst unwillig zu seyn befugt war / daß er ihm seine gemalin entfüren wollen: käme der alte Nebajoth unvermutlich in Javan an / welcher / als er seines sohns zustand erfahren / von vätterlicher liebe / ihn zu besuchen / war getrieben worden. Der König Arieus erwiese diesem Fůrsten alle ehre / gienge auch selber mit ihme zu seinem verwundten sohn: sehr betraurend und beklagend / daß ihm dieses ungemach an seinem hofe widerfahren. Nebajoth hingegen entschuldigte /den von seinem sohn verübten frefel / mit seiner häftigen liebe / verwiese auch ihme selber solchen nicht: weil er ihn so schwach fande / daß er ihn für untůchtig hielte / harte reden zu vertragen.

[76] Dieser armselige verliebte winselte nur unaufhörlich nach der Delbora / und weil unter dem hitzigen fieber / darin er lage / stäts die fantaseien ihn plagten /redte er nacht und tag von dieser Prinzessin: daher die ärzte bestätigten / daß / wan er wieder auf kommen solte / die Prinzessin sich überwinden müste / ihn zu besuchen. Der alte betrübte vatter gienge hierauf zu dem Eridanus / und ihn erinnerend / daß er ja von ihme seine Delbora besässe / beschwure er ihn bei allem dem / was er zum wertsten hielte / seiner gemalin zu erlauben / daß sie seinen sohn m \chte. Dieser Prinz / so ungern er es auch thate / muste doch seinen willen darein geben / und seine gemalin selbst darzu zwingen / den Nebajoth zubesuchen. Der alte Fürst wolte sie auch hierzu erbitten helfen: aber sie begehrte ihn nicht anzuhören / ungescheut sagend / wie daß er die einige ursach von seines sohns unglück wåre. Es wolte aber Delbora zu dieser besuchung sich nicht anderst verstehen / als mit dem beding / daß Eridanus mit zugegen seyn / und folgends alsofort mit ihr aus Javan hinweg ziehen solte: welches beides ihr der Prinz verhieße. Um aber den Nebajoth mit seiner gegenwart nicht zu årgern / noch etwas wider seine ehre zu thun / die er hierbei so h \chlich beleidigt befande: begleitete die Prinzessin / nur bis an die thůr / und verbarge sich folgends hinter einem teppich / da er ungesehen alles mit anhören konte.

Nebajoth und Delbora sahen eine gute weile einander an / ehe eines von ihnen zu sprachen begunte. Endlich fienge Delbora an / und sagte wider ihn: Was für labsal bringet auch nun dieses / Fürst Nebajoth! daß ihr des Eridanus gemalin habt sehen wollen? vermeint ihr wol an ihr eure alte Delbora zu finden? oder könnt ihr glauben / daß die jenige / die ihr ehmals so sehr [77] geliebet / so wenig tugend besitze / daß sie nun noch etwas für euch werde übrig haben / da sie ganz und gar dem Prinzen von Cus zugehöret? Die sůsse ruhe (antwortete Nebajoth) die ich nun entfinde / da ich eure undankbarkeit und untreu euch fůrrücken kan / ist ursach / daß ich euch zu sehen begehret. Ich weiß wol / daß ich die alte Delbora nicht mehr finde: kan auch ganz wol glåuben / daß ihr fůr den armen Nebajoth nichts mehr übrig habet / weil ihr vorsetzlich denselbigen verlassen habt. Vorsetzlich! (rieffe hier Delbora) das sol mir kein mensch erweisen! Nein / Nebajoth! ich bin dazu gezwungen worden / daß ich euch verlassen müssen: und håttet ihr mir nicht selbst die lehre von dem wahren glauben beigebracht / bei deme man nit m \rder an seinem eignen leibe werden darf /so soltet ihr viel eher meinen tod / als meine untreu erfahren haben. So darf ich dan noch hoffen / (fragte Nebajoth) daß euch der zwang / nicht aber der freie wille / dem Eridanus gegeben? wann dem also ist / so weiß ich gewiß / daß dieser Cussite nur euren leib besitzet / und der arme Nebajoth noch ein räumlein in eurem gemůte bewohnet.

Forschet nicht (gabe sie zur antwort) nach solchen dingen / die euch zu wissen unnötig sind / und stehet ab / um unserer ehmaligen liebe willen / meinen stand hinfüro zubeunruhigen. Die Königin der Janigener /eure ehmalige geliebte Hermione / ist nun wittwe /wie man glaubwůrdig berichtet: diese liebet / als die rechte erbin des reichs Meden / und bildet euch fůr /wan ihr der Delbora nicht vergessen könnet / daß Hermione Delbora sey / gleich wie ich nun den Eridanus liebe / als wan er Nebajoth wäre. So folget dan hieraus / (sagte Nebajoth) daß ihr meiner nicht vergessen wollet. Wan ihr mir verheisen werdet / (wiederredte sie) mich von [78] nun an nicht mehr zu sehen /auch niemals / wie ihr iezt gethan / zu einiger gewalttätigkeit gegen meiner person euch verleiten zu lassen / so will ich euch angeloben / des Nebajoth nicht zu vergessen. Nein / grausame Delbora! (antwortete er /) das vermag ich euch nicht zu versprechen. Mein recht / das ich an euch habe / ist viel zu groß / als daß ich euch gutwillig deme überlassen solte / der euch mir so bößlich geraubet. Wolan dan! (sagte sie / damit von ihm gehend /) so wisset / daß ich von nun an / eure feindin zu seyn / mich befleissigen werde.

Damit eilte sie / seiner antwort unerwartet / zur thür hinaus / und liesse sich alsofort bei dem König Arieus anmelden / um von ihme abschied zu nemen. Hiernåchst sezte sie sich mit der Danede auf den wagen / und fuhre nach dem lager: dahin auch der unruhige Eridanus sich wieder begabe / und nicht wuste / ob er mit dem bezeigen seiner gemalin zu frieden oder unvergnügt leben solte. Weil / durch diese begebenheit / ihre alte wunde wieder aufgefrischt worden /als fůrete sie ein sehr betrübtes leben: darinn ihr auch Eridanus treulich gesellschaft leistete. Und ob der ihr gleich nicht sagte / daß er / bei aller seiner glůckseligkeit / den Nebajoth beeiferte / so zeigte er es doch in der that: befande sich also gnug gestraffet / daß er dieses verliebte paar getrennet hatte. Nebajoth aber wurde zu Javan / gegen aller årzte verhoffen / wieder gesund / und muste seinem herrvattern nach Petra folgen: welcher ihn in genauere obsicht nemend / verhütete / daß er ferner dergleichen nicht wieder anfangen kunte.

Nicht lang hernach endete sich der Arabische krieg mit dem Sabach / und zwar zu grossem vorteil des Königs: massen er diesen rebellen dazubrachte / daß er entfliehen / und alle eingenommene örter ihrem rechtmäsigen [79] herrn wieder abtretten muste. Wie nun deßhalben der Eridanus / mit den völkern seines herrvattern / in Arabien nichts mehr nůtze war / schiede er / nachdem er grosses lob erworben / vom hofe des Arieus: den betrübten Mardocentes zu Javan hinterlassend / der eben also den verlust der Königin Petasiride / als wie Nebajoth seine Delbora / betraurete. Wie nun der Cussitische Prinz / neben seiner gemalin und schwester / nach Naphis wiedergekommen / bezeigte sich niemand erfreuter / als Eliphelet: welcher den schalk so meisterlich verbarge daß Eridanus so wenig / als Danede / seine rechte bubenstücke vermerkten; und ob gleich der Prinz viel ånderungen warname / welche seit seiner abwesenheit fůrgegangen / so wuste sich doch Eliphelet so heraus zu wickeln / daß man ihn nicht für gewiß den urheber dessen nennen konte. Den Caldis fande er Feldherrn an des Hezrai stelle / der dan ganz eine creatur vom Eliphelet war: doch vermochte Hezrai dem Eliphelet nicht beizumessen / daß der an seiner verstossung schuld gewesen. Weil nun der Prinz dem Hezrai sehr wol wolte / als gabe er sein misbehagen wegen dessen verstossung nicht unklar an den tag / und verursachte damit / daß Eliphelet ihm die reichsschatzmeisterstelle zu wege brachte: die zwar fůrnemer als des feldherrn stelle / jedoch so mächtig nicht ware. Also behielte Eliphelet / durch den Caldis / allen gewalt / sich / wan es zeit seyn wůrde / der soldaten zubedienen /und die Danede / die er annoch so häftig als iemals /wiewol heimlich / liebte / zu überkommen.

Es erschiene aber / in solcher zeit / sein geliebter mitbuler / der Prinz Amosis / unvermutlich am hof /und suchete schutz / bei dem König Scheba / wider seinen herrvattern: der ihm aufsetzig worden war /wegen dessen / [80] daß er der Prinzessin Amesses / seiner schwester / heimlich hatte davon geholfen. Selbige geschicht ist allen meinen zuhörern bekant / und derhalben unnoht / solche hier weitläufig zu wiederholen. Die erfreute Prinzessin Danede / besorgend / ihr herrvatter möchte diesen schutz dem Prinzen versagen /name ihre zuflucht zu dem Eliphelet / erinnerte ihn seiner ehmaligen reden / die er mit ihr von diesem Egyptischen Prinzen gewechslet / und bate ihn / den König dahin zu bereden / daß nicht allein Amosis an ihrem hof aufgenommen würde / sondern auch der König in ihre liebe willigen möchte. Dieses anmuten der Prinzessin / reimte sich nun gar nicht mit Eliphelets zu ihr tragender liebe: welcher iedoch / seinen reguln zu folgen / und durch verstellen sein ziel zu erjagen / ihr verhieße / alles / was sie suchete / fůr sie zu wege zu bringen. Wie er dan solches auch thåte / und verschaffete / daß Amosis von dem Scheba höflich und wol entfangen wurde. Dieser verliebte Prinz vermeinte nun / er hätte den schwersten stein in seiner liebe gehoben: massen es so weit mit ihm gekommen / daß er täglich ungescheut seine liebste Prinzessin sehen und ihrer unterredung genießen kunte. Wie aber dieses dem eifersüchtigen Eliphelet in die länge unertråglich fiele / als muste der König / durch den er alles thäte / was er wolte / seiner tochter etwas mehrers liebkosen / und ihr fürstellen / wie er / da ihme in Egypten solche beschimpfung widerfahren / unmöglich dulten k \nte / daß ein Egypter sie dermaleins heuraten solte; und daß seine zu ihr tragende vätterliche liebe ihn triebe / ihr das reich / neben dem Eliphelet / zuzuwenden.

Weil dieser vortrag der Danede ganz unvermutet kame / wurde sie darob üm so viel bestürzter. Doch erholete sie sich bald wieder / und ein herze fassend /[81] sagte sie: wie daß sie ihrem bruder den Cussitischen zepter nicht zu entziehen / noch weniger den Eliphelet / als ihren unterthanen / zu ehlichen begehre / sondern dem Prinzen von Egypten dem sie einmal ihr herz gegeben / beständig verbleiben wolle; zumal sie durch den Eliphelet selber hierzu wäre angefrischet worden /der sie allemal versichert / daß dieses dem König /ihrem herrvattern / ganz nicht entgegen wåre. Diese freie erklårung der Danede / setzete dein König in solchen zorn / daß er / des Eliphelet raht einzuholen vergessend / in der ersten wut dem kämmerer Thola anbefohle / alsofort dem Prinzen von Egypten anzudeuten / daß er seinen hof meiden solte. Dieser grausame befehl / der den Prinzen so sehr beschimpfte als betrübte / wurde gleich von ihm erfůllet: und zoge er aus Naphis hinweg / sich nach des gütigen Arieus hof wendend / da er båsser bewirtet zu werden / verhoffen kunte. Sobald Eliphelet dieses erfahren / der eben /unfern von Naphis / zu dem feldherrn Caldis verreiset gewesen / bezeugte er \ffentlich sein misfallen über diesem verfahren des K \nigs / und hätte es gern anderst gesehen / weil er es noch zu früh zu seyn erachtete / sonder larve zu spielen. Er entschuldigte sich auch / mit so guter wirkung / bei der Prinzessin / daß die ihn ganz auser bösen verdacht hielte.

Inzwischen aber fure er fort / seine bosheit heimlich auszubruten / und ließe / durch seine unterhändler / die wolgeneigten des Eridanus aufwiegelen / nicht allein wider den König und die Prinzessin gefårliche worte zu füren / üm daß die den thron dermaleins bekommen solte / sondern auch dem Prinzen in den ohren zu ligen / daß er auf seine schanze acht haben solte. Hierdurch brachte er zu wege / das Eridanus mistrauig / die Danede unruhig / der K \nig immer verbitterter gegen seinem [82] sohn / und die stånde zu einem aufstand geneigt wurden: welches alles er an allen seiten wieder beizulegen / \ffentlich ja so bemůhet war / als wie er es heimlich gefördert und angestiftet.

Dieses unwesen aber bewegte die Prinzessin Danede / auf mittel zu denken / wie sie aus ihres vatters haus entkommen möchte: weil sie / durch ihre gegenwart / so viel unheil entstehen sahe / da / wegen der häftigen liebe des K \nigs zu ihr / und wegen des entstandenen gerůchtes / daß der K \nig ihr seinen thron bestimmet hatte / sie so wol ihren vatter / als ihren bruder / in lebensgefahr wissen müste. Sie vertraute ihren anschlag ihrer mume / der Prinzessin Sapha /daß sie nämlich / wie sie alle drey jahre zu thun pflegte / in das land Moab nach Rabbath / auf das fest des Chamos reisen / und daselbst der Prinz Amosis sie entfůren und nach Salem zu uns ins land Canaan bringen solte: weil das gerüchte ihr mehr gutes von uns /als wir verdienen / fürgebracht hatte. Die Sapha / weil sie ihre entfernung dem lande Cus selbst für nůtzlich hielte / widerriete dieses fůrnemen ihrer basen gar nicht / sondern begunte sie vielmehr darinn zu stärken. Nachdem sie nun dieses dem Amosis nach Javan heimlich zu wissen gethan / und die zeit nach Rabbath zu reisen / heran gekommen / erhielte die Prinzessin erlaubnis von dem K \nig / und reisete nach Saba zu der Königin Petasiride: die dieses götterfest auch zu besehen pflegte / und sie in ihrem geleit mit dahin nemen wolte. Delbora / als eines andern glaubens / thate diese reise nicht mit / wuste aber wol /daß die Danede nicht wieder kommen wolte: daher der abschied an beiden teilen sehr wehmütig abgienge.

Wie nun diese Prinzessin Saba erreichet / fande sie daselbst die Petasiride / neben ihrem vermeinten gemal / [83] dem Nabonnadus: welchem ich darum diesen namen zulege / weil er nicht in der that diese K \nigin / als die welt gegläubet / geheuratet hatte. Solches aber mit wenigem hier zu berüren / muß ich erzehlen /daß / wie diese große K \nigin / des Prinzen Mardocentes liebe verachtend / und des ihr damals unbekanten Disons liebe vergeblich begehrend / durch verräterei von dem Nabonnadus überwunden worden / und er Saba einbekommen / sie dannoch keines wegs den hohen muht sinken lassen / der alle ihre thaten pfleget zu begleiten / sondern dem Nabonnadus ja so verächtlich begegnet / als wan er nicht meister ihres reiches gewesen wäre. Er durfte das herze nicht fassen / ihr unter augen zu kommen: besaße also einen unsichtbaren schatz / und erkante / daß er in Saba nicht mächtiger wäre / als er vordeme auser Saba gewesen. Weil er aber sehr verschmitzet ist / machte er sich glücklicher als er war / und sprengte im ganzen reiche aus /wie daß ihn die Petasiride geheuratet håtte: wodurch er sich fast fäst setzete / daß jederman / ihn fůr den gemal der Königin ansehend / ihm die schuldige ehrerbietung erwiese; und hielte er die Königin / durch seine creaturen / so genau ůmzigelt / daß niemand die warheit von dieser sache erfahren konte. Petasiride /die / als hochvernünftig / wol sahe / wie sie / bei solchem zustande / da Nabonnadus alles in seinen hånden hatte / bässer thun würde / wan sie schwiege / als wan sie / durch unzeitiges geråusche / ihm anlaß gäbe / sich seiner macht wider sie noch unbescheidener zu bedienen / oder sie gar vom reich zu stossen / war zufrieden / daß sie heimlich noch die gewalt über ihn behielte / die er \ffentlich ůber sie zu haben fůrgabe /und an ihrer K \niglichen hoheit ihr hierbei nichts abgienge: wodurch sie dan mit beförderte / daß alle welt diese ehre heurat fůr war hielte. Sie wuste [84] auch wol /daß sie keinen beistand von allen ihren benachbarten zu gewarten håtte: als welche såmtlich ihr / einem weibe / die regirung misg \nnten / und daher lieber dazu wůrden geholfen haben / daß sie gar aus der regirung wäre gesetzet worden.

Als Danede zu Saba angekommen / besorgte Nabonnadus / daß Petasiride dieser Prinzessin ihren rechten zustand eröfnen wůrde. Sie aber ließe ihn /durch den Euriles seinen vertrautsten / versichern /daß sie schweigen / und so lang / als er in den schranken der ehrerbietung gegen ihr bleiben würde / ihn niemals verraten wolten. Diese versicherung machte ihn so unbesorgt / daß er ihr diese reise nach Rabbath gern erlaubte: massen ihm ihr ehrsüchtiges gemüte /und daß sie / durch eröfnung ihres zustandes / sich in die gefahr / die kron zu verlieren / nicht setzen würde / wol bekant war. Mitlerweil sie nun / mit der Danede und allen andern grossen Damen / nach Rabbath reisete / stellte der verliebte Amosis alles an / was / seiner Prinzessin erteilten befehl zu vergnügen / erfordert wurde. Als er auch dem Mardocentes hiervon sagte /kame dem in den sin / mit dieser gelegenheit gleichfalls seine K \nigin aus des Nabonnadus händen zu entfüren. Weil sein herrvatter ihme niemals in dieser seiner liebe hinterlich gewesen / sondern vielmehr dieselbe bef \rdert / ům dadurch Saba und Javan zusammen zu ziehen und ein reich daraus zu machen /als offenbarte der Prinz sein vorhaben dem K \nig: der dan / diesem lieben sohn in allem zu fügen / seinen willen gleich dazu gabe / und anstalt machte / daß /sobald der anschlag in Rabbath glücklich würde von statten gegangen seyn / man zu gleicher zeit in Saba einfallen / und den Nabonnadus bekriegen solte.

[85] Beides wurde nun glücklich zu werk gerichtet: massen Mardocentes und Amosis / die Petasiride und Danede / aus Rabbath sonder geråusche davon brachte / auch Labdeon / des Arieus feldherr / in Saba einfallend / selbiges sicheres land in grossen schrecken sezte. Weil eben zur selbigen zeit der alte Nebajoth gestorben war / und man von einem grossen kriegsheer / daß der junge Nebajoth nach Cus fürete / stark geredet: als entschlosse sich Danede / wie die unsicherheit der wege / den reisenden gefahr drohete /nicht zu uns nach Salem zu reisen / sondern zu Javan bei der Petasiride zu bleiben: das dan / wie ihrem Prinzen / also auch der Petasiride angenem war / welche / bei der gesellschaft dieser Prinzessin / in ihren zustand sich desto bässer schicken kunte. Es bemůhete sich aber / so wol der K \nig Arieus / als der verliebte Mardocentes / dieses beginnen bei der erzürnten Petasiride bästens zu entschuldigen: und wandten sie für / wie daß sie länger nicht hätten dulten können / daß der unwůrdige Nabonnadus einen so teuren schatz besitzen sollen; worbei Mardocentes nichtes unterließe / ihr fůrzubringen / was die häftigkeit seiner treuen liebe ihr mochte andeuten können. Die K \nigin / so allemal gegen ihme sich streng erwiesen / wolte auch nun sich nicht anderst erzeigen / zumal sie hiermit sich beleidigt erachtete. Und wiewol sie in ihrem herzen fro war / daß sie durch dieses mittel von dem Nabbonnadus abkommen / ließe sie sich doch dessen nicht merken / und hielte noch immer geheim /was es mit ihr und dem Nabonnadus für eine bewandnus hatte.

Es hinterließe aber Mardocentes seine K \nigin zu Javan / und zoge selbst / neben dem Amosis zu felde. Mitlerweile sie aber Saba bekriegten / wäre der fůrst Nebajoth in Cus eingefallen / seine Delbora von dem[86] Eridanus wieder abzufordern. Zu eben dieser zeit spunne sich auch an / die mishelligkeit zwischen den Fürsten von Seir und dem großen Esau: daß also auf einmal / in Cus / in Saba / und auf dem Seirischen gebirge / und also in ganz Arabien / eine gefärliche kriegesbrunst entstanden. In Saba stillte sich die unruhe zum ersten wieder / massen der dapfere Mardocentes so glůcklich war / daß er den Nabonnadus in einer schlacht gefangen bekame: welcher / weil er sich tödlich verwundet befande / freiwillig gestunde / wie daß er die Petasiride nie besessen / sondern nur / ům die Sabeer in den stand zu setzen / daß sie ihn dulten möchten / solches ausgesprenget hätte. Wer war nun erfreuter / als Mardocentes? der dieses den Sabeern alsobald kund thun ließe / auch seine tiefste verehrung der Königin zu erweisen / nach des Nabonnadus tode / und nach ausrottung aller seiner creaturen / aus Saba abzoge / und der Petasiride zu Javan ankündigte / wie daß sie nun von dem Nabonnadus erledigt / und v \llige freiheit håtte / ihr reich als zuvor zu beherschen. Diese grosmut des Prinzen rürete der Königin das herz / daß sie sich geneigter / als vor deme / gegen ihm erwiese / und mit einem gewißen beding / welches ich hier nicht melden mag / das auch dem tugendhaften Mardocentes sehr schwer ankame / und er es nicht wol eingehen kunte / ihm ihre liebe und ihren tron verhieße.

Die Prinzessin von Caphtor vergebe mir / (fiele allhier der Prinz Dison ihr in die rede) wan ich mich unterneme / zu fragen / ob ich nicht teil an diesen bedingnis der Königin gehabt / und ob nicht des Disons haubt habe das mittel seyn sollen / dem Mardocentes die liebe dieser Königin zu weg zu bringen? Der Prinz von Seir / (antwortete C \lidiane) hat die warheit erraten; [87] massen es nicht anderst ist / als daß sein haubt begehret werde / welches dieser K \nigin seine unerkentlichkeit gegen ihrer liebe bezahlen sollen: dan es fiele ihr unerträglich / den jenigen im leben zu wissen / dem sie ihre liebe sonder nutzen hatte geoffenbaret. Ich verneme / (sagte die sch \ne K \nigin von Syrien) daß des Prinzen Disons begebenheit / die er zu Saba gehabt / wol einer eigenen erzehlung würdig sey: dazu er sich auch anheisig machen / iezt aber gehalten seyn sol / die Prinzessin Cölidiane nicht ferner in ihrer erzehlung zu verwirren. Wie nun Dison der Königin seinen gehorsam bezeuget / volfürete Cölidiane diese Arabische geschichte folgender massen.

Weil / des Mardocentes habende freundschaft mit dem Dison / nicht zuließe / also schlechter dinge dieses der K \nigin zuversprechen / als verwehrte ihm auch seine liebe / es ihr gänzlich abzuschlagen. Er ersonne aber dieses mittel / und sagte ihr für / er glåubte nicht anders / als das Dison bereits todt seyn würde. Gleichwol konte er von ihr nicht erlangen / daß sie ihr herz ihme völlig übergeben hätte / bis er die gewißheit dessen / was er sagte / würde eingebracht haben. Also muste er sich damit vergnügen / daß er hoffen und seiner geliebten Königin gegenwart stäts geniessen kunte. Es fügte sich auch / daß die Sabeer / Araber / und die von Hevila / den Fůrsten von Seir wider den Esau zu hülfe kamen: da den Petasiride selbst mit den Sabeern zu feld zoge / auch den Mardocentes und Jethur zu gefärten hatte / welche die Araber und die von Hevila nach Seir füreten. Der Prinz Amosis war nicht bei diesem feldzug / weil er vom Arieus ein eigen heer Arabischer v \lker bekommen / mit denselben dem König von Cus wider die Nabatheer zu hůlfe zu ziehen. Dieses thäte er / in betracht des Prinzen Eridanus / [88] und nicht des Königs Scheba / als welcher ihm so h \flich nicht begegnet hatte / ihn zu diesem dienste zu verbinden. Er ließe seine Danede bei dem tugendhaften Arieus / da sie in guter verwahrung bliebe / und mit verlangen den ausgang dieses kriegs erwartete: verhoffend / den Scheba ihren herrvattern /durch die dienste / so Amosis bei diesem kriege ihm leisten würde / zu bewegen daß er dieses Prinzen liebe gut heisen möcht.

Als er in Cus angekommen / erfure er / daß der wütende Nabatheer siegte: welcher / damit er so wol den K \nig / als die Cussiten / die Delbora heraus zu geben / zwingen m \chte / mit dem leuten grausamlich verfahren / und alles in die asche legen und verheeren ließe. Eridanus / thäte hingegen dapfere gegenwehr /seine Delbora zu beschützen; die er in Naphis bei seinen herrvattern ließe / und dem Nebajoth entgegen gienge: welcher aber weit von dañen / in einer andern gegend des landes beim Arabischen gebirge / sich befunden / und daselbst alles unter seine gewalt brachte. Des Nebajoth vatters bruder / der Fůrst Duma / dessen land gleiches namens an Cus grånzet / kame von der andern seite seinem vettern zu hůlfe: gegen deme sich dan der Prinz von Egypten wandte / und zwar mit so gutem fortgang / daß er an selbiger seite das land Cus von allen feinden ganz frei machete.

Eliphelet laurete mitlerweile in Naphis / und bei aller dieser verwirrung seine angelegenheiten in acht nemend / sonderlich was seine liebe betroffen / trachtete er fürnemlich dahin / die Danede wieder in seine gewalt zu bringen. Demnach gabe er dem Amosis so gute worte / daß er ihn in Naphis hinein lockte / die anstalt machend daß er mit großem pracht entfangen /und ihme / wegen der erwiesenen hülfe / grosse ehre angethan wurde. [89] Der Scheba stellte sich / als wan er von entfůrung seiner tochter nichts wůste / sondern gläubte / daß sie / wegen entstandener unruhe / sich nach Javan begeben håtte. Eliphelet wuste allgemach bei dem Prinzen sich so wol einzuspielen / daß der /auf sein zureden / der Danede zuentbieten ließe / wie sie sehr wol thun wůrde / wan sie nach Naphis wieder kåme. Dieser b \swicht verhieße hierbei dem Prinzen /sein wort beim K \nig zu reden: wie er dan solches in seiner gegenwart thäte / und von dem König die versicherung erlangte / daß er nicht ferner in seine tochter dringen / sondern ihr ihre wahl frei lassen wolte. Dieses alles / wie es der Danede nach Javan berichtet worden / bewegte dieselbe / nach Naphis zu kommen: da dan die beängstigte Delbora wiederum einige erquickung von ihrer gegenwart entfienge; die sonst /wegen des kriegs / dessen sie ursach war / ihr selber tausenderlei qual und unruhe machte.

Als nun Eliphelet dieses erlanget / und der König seine tochter selbst versichert hatte / wie daß er von seinen ersten gedanken abgestanden wäre / warde /auf dieses b \swichts anstiften / beschlossen / die Delbora dem Nebajoth zu übergeben: wodurch er / nicht allein dem lande Cus den frieden zu erlangen / sondern auch den Eridanus zu solcher verzweiflung zu bringen suchete / daß der einen aufstand wider dem K \nig erwecken / oder doch dessen schein von sich geben / und er also / ihm öffentlich beizukommen /ursach gewinnen möchte. Dieses untreue beginnen des vatters gegen seinem sohn / wolten sie nicht eher werkstellig machen / als bis man des Eridanus person sich versichert hätte. Deswegen wurde an den Prinzen geschrieben / daß er eiligst nach Naphis kommen solte: welcher / nichtes weniger als dieses besorgend /alsofort sich einfande / die fürung des krieges indessen [90] dem Caldis überlassend. Kaum aber war er in Naphis angelanget / da brache diese bosheit herfür / und muste der treue Hezrai dem Prinzen ankůndigen / wie daß des reiches wolfart erheische / daß man die Delbora dem Nebajoth überließe. Alles bitten / dreuen und verzweifeltes beginnen des armen Eridanus /wolte hierwider nichts verfangen. Als er auch / in der ersten wut / mit seiner Delbora darvon wolte / wurde ihm eine wacht für sein zimmer gestellet / und ihme damit alle macht benommen / hiergegen etwas anzufahen.

Delbora stellte sich hierbei zum kläglichsten / und konte sie nicht einmal erlangen / daß man ihr / nur noch einmal den Eridanus zu sehen / gestattet hätte /sondern sie muste sich von dem Nebajoth / wie hierzu der bestimte tag herangekommen / aus Naphis lassen hinaus fůren: welcher mit dieser edlen beute / ganz vergnügt aus Cus hinweg zoge. Es verursachte aber sein bruder / der Duma / noch fernere unruhe / welcher die von dem König Arieus hinein gesandte Araber überfiele / und denen so grausam begegnete / daß Arieus / solches zu rächen / den Prinzen Mardocentes aus Edom abfordern / und wider Fürsten Duma muste gehen lassen. Hieraus entstunde ein neuer krieg / der sich ganz aus Cus hinweg nach Arabien zoge / und des Duma jüngere brüder / den Hadar und Jehur /auch mit einflochte: da sie dan ingesamt dem guten Arieus gnug zu schaffen machten. Dieses hatte Eliphelet mit angestellet / und wie er nun so weit gekommen / daß Eridanus auser macht und in verzweiflung gesetzet worden / ließe er aller orten aussprengen /wieder Prinz gegen dem K \nig sich gefårlicher reden vernemen lassen / die einer verräterei nicht ungleich wåren / und daß auch Amosis sich darein mit gemischet hätte. Dieser gute Prinz wurde nun / so wol als[91] Eridanus / auf dem Königlichen schloßhof bewachet. Danede bate zwar für ihren bruder und liebsten /wurde aber allemal abgewiesen: da dan Eliphelet /alles von sich auf andere schiebend / die den König hierzu verleiteten / ihr mit trost und beirat zu hůlfe kame / und daher stäts bei ihr in gutem ansehen verbliebe.

Den Eridanus betrůbte anfangs nicht so sehr sein zustand / als der verlust seiner Delbora: allermeist /da er für gewiß gläubte / daß sie ům diese ůbergebung an den Nebajoth wol gewust / und solches mit ihrem guten willen geschehen lassen. Um des willen / erlitte er die grausamste eifersucht von der welt / auf die ein häftiger zorn gegen die unschuldige Delbora folgte /und diesen raht seinem gemüt erteilte / durch die vergessenheit sich an ihr zu råchen / und die hinwieder zu verachten / die alle seine liebs-bezeugungen so übel belohnt hätte. So schwer dieses fürnemen ihm erstlich eingienge / so tiefe wurzeln fassete es hernach / und machte ihn bei diesem fürnemen beständig verharren. Indem er nun also / mit aller macht / die Delbora aus seinen gedanken bannete / stellte er ihm desto eigentlicher seinen zustand für / darein er geraten war / und entfande es hoch / daß man einen so bösen verdacht von ihm haben solte / der den K \nig zu solcher häftigkeit gegen ihn verleiten können. Er wolte demnach / daß man das / wessen man ihn beschuldigte / auf ihn beweisen solte / und drunge stark daraus / den König selber zu sprechen: weil aber Eliphelet deme schon vorgebauet / als kunte er hierzu nicht gelangen / und war dieser böse mensch bei dem König so mächtig / und galte sein wort so viel / daß der sicherlich glåubte / wie daß sein sohn und der Egyptische Prinz ihme nach dem leben stünden. Er ware nun bemüht / solches aller welt offentlich darzuthun: damit er keiner tyrannei noch [92] ungerechtigkeit m \chte beschuldigt werden / ům daß er seinen sohn des erb-rechts beraubte / und daneben auch mit dem Egyptischen Prinzen also verfůre. Zuweiln glimmete zwar bei ihm die våtterliche liebe etwas wieder auf /aber Eliphelet wuste solche bald zu dåmpfen.

Dieser / sein anbringen desto glaubhafter zu machen / stellte es also an / daß des Prinzen wolgeneigte im lande zusa en rotteten / und mit hellem haufen vor Naphis giengen / des vorhabens / ihren Prinzen zu befreien. Dieses bewoge den K \nig zu solchem eifer /daß er / ungeacht der gefahr / darein er sich damit stürzte / des Eridanus haubt diesen rebellen über die mauren zuzuschicken beschlosse: welches dan Eliphelet einig und allein verlangte. Aber der himmel fůgte es anderst / indem / durch des treuen Hezrai beistand /Eridanus in einer nacht erl \set wurde / da Eliphelet und der K \nig sich dessen am wenigsten versahen. Der Prinz dachte gleich an seine schwester / und an seinen freund / den Prinzen aus Egypten / und wolte dieselben mit los haben / ehe er das Königliche schloß verließe. Demnach / die gefahr nicht ansehend / ließe er die Prinzessin wecken: die er dan samt ihren vertrautesten leuten / ganz unvermerkt in seine gewalt brachte. Wie man aber den Amosis auch befreien wolte / worům die Danede inständig anhielte / und sie von hinten nach seinem zimmer zu giengen / fienge eben der mond an so hell zu scheinen / daß die wacht / so vor des Königs gemach stunde / sie von fernen ersehend / sie gleich anschrye. Auf des Hezrai zu reden / daß er / durch ungewiße befreiung des Amosis /seine eigene freiheit nicht in die schanze schlagen solte / und diesem Prinzen mit seiner macht mehr / als mit seinen banden / würde dienen k \nnen; wiche endlich Eridanus der unm \gligkeit / und machte sich /mit seiner schwester und dem Hezrai / [93] aus Naphis hinaus: da er dan / gegen anbrechendem tag / bei seinen getreuen / die ihm zu hůlfe gekommen / angelanget.

Aus kindlicher ehrerbietung / fürete er dieselben alsobald von Naphis ab / und gienge mit ihnen nach Thauba / einer festen stadt desselben landes: von dar aus er nicht allein an den König / sondern auch an alle großen des reichs / die ursach schriebe / warum er sich entfernen und in solche verteidigung setzen müssen; die keines wegs wider den K \nig / sondern allein / gegen die heimliche und mächtige / feinde / die er am hof hätte / sich zu schůtzen / angesehen wåre. Die Danede gabe ihre erklärung zugleich mit heraus / wie sie nämlich / üm des reiches ruhe willen / wåre gedrungen worden sich zu entfernen; weil der König ihr den thron zueignen wollen / der nicht ihr / sondern ihrem bruder gehöre: zugleich das ganze land bittend / daß man sie / wie auch den Prinzen von Egypten /der ihrentwegen die ungnade ihres herrvattern erlitte /schůtzen wolte. Alle großen im reiche schlugen sich hierauf zu dem Prinzen / und wurde Hezrai zum andernmal feldherr / weil sie dem Caldis nicht traueten: welcher auch / diese ånderung nicht abwartend / sich nach Naphis begeben hatte.

Der Scheba ware daselbst / fůr großem eifer / erkranket / welches der listige Eliphelet dem Eridanus zu wissen thäte. Der aber / solchem bericht nicht allerdings glaubend / sich immer mehr und mehr verstärkte und in gute verfassung stellte. Wie nun Eliphelet hiermit nichts ausrichtete / und wol sahe / daß er den Prinzen nicht würde k \nnen sicher machen / er dachte er einen andern sund / und bediente sich des Thola / eines cammerherrn beim Prinzen / den er fůrlängst auf seine seite gezogen / und mit ihm heimlich briefe wechselte / den auch Eridanus [94] sonderlich wol leiden mochte / und stäts ům sich hatte / auch ihme viel zugläubte: und diesen hieße er ein mistrauen zwischen dem Prinzen und dem Hezrai anstiften. Diese list fůrete Eliphelet so meisterlich / daß gute wirkung folgte / und nach und nach so wol Eridanus /als die Danede / in mistrauen gegen ihre eigene leute gesezt / auch endlich / durch auffahung eines briefes /welchen Hezrai solte an den Caldis geschrieben haben (den aber in der that Eliphelet verfasset / und durch den Thola übergeben lassen) worinn enthalten / daß in wenig tagen der König seine ungehorsame kinder in hånden haben solte / ganz irre gemacht und in die höchste unruhe gesetzet wurden. Es gienge aber doch dem Eliphelet diese seine list nicht recht an / indem er damit das nicht erlangte / was er gesuchet. Dan / an stat / daß er vermeinet / der Prinz solte \ffentlich auf den Hezrai los gehen / fassete er mit seiner schwester einen andern schluß / und giengen sie heimlich bei nacht von Thauba hinweg: unter andern bedienten auch den Thola mitnemend / dem diese reise so eilig kame / daß er den Eliphelet dessen nicht vorher berichten konte.

Sie hatten zu ihrem schutz-ort Damasco erwehlet: weil meiner liebsten Königin da-seyn ihnen kund worden / und das gerüchte ihnen so viel gutes von E. Maj. gesagt hatte / daß sie nicht allein schutz / sondern auch hülfe wider den Scheba / von ihr zu erlangen verhoffeten. Nach vielen tagreisen / kamen sie eben daselbst an / wie der grosse aufstand in Damasco sich erhoben / der / durch eine sonderbare verfügnis des höchsten / mich dem Eridanus in die hände lieferte: welcher noch selbige nacht mit mir davon ziehen muste / weil Eliphelet ihme die post gebracht /daß der König von Cus gestorben wäre.

[95] Nachdem C \lidiane mit ihrer erzehlung bis hieher gelanget / kame der Fůrst Barzes / und meldete an /wie daß es zeit zur malzeit wäre: worüber die ganze gesellschaft sich verwunderte / die sich dunken ließen / daß sie kaum eine stunde der schönen Cölidiane zugehöret hätten. Die K \nigin von Syrien aber ware recht fro / daß eben iezt durch eine hinternis diese erzehlung abgeschnitten wurde / da es zur begebenheit ihres Abimelech mit der C \lidiane kommen sollen: massen sie dieselbe lieber allein / als in so großer gesellschaft / vernemen wolte / als wol vermutend / daß diese unschuldige Prinzessin viel von Abimelechs vermeinter liebe mit einmischen wůrde / das dan zu mehrerer ihrer verhönung gereichen müssen / wan sie nachgehends erfahren hätte / wie es hiemit bewandt ware. Und weil sie sahe / daß es länger nicht thunlich / dieses der C \lidiane zu verschweigen / fassete sie den schluß / ihr alles zu offenbaren / wie es mit dem Abimelech und ihr stůnde: wiewol solches mit nicht geringer sorge und furcht geschahe / also daß die anwesenden an ihr eine sonderbare und ungemeine stille warnamen / deren ursach die wenigsten ergründen kunten. Sie giengen aber ingesamt von dannen / nach der K \nigin palast / da sie / auf deren einladen / alle bei ihr zum essen blieben: und handelten ihre tischreden von nichts anders / als von den vielen begebenheiten / die sie von der C \lidiane vernommen hatten.

Ich kan nicht genug (fienge der Fürst Husan an /) des Eliphelet kluge bosheit bewundern / daß der so listig seine dinge treiben k \nnen / fast sonder einigen argwahn deswegen von sich zu geben. Die b \sgesinten sind warlich in dieser welt allemal klůger / als die frommen: und das darům / weil ihre bubenstůcke eine kůnheit erfordern / die ihnen \fters angehet / und auf welche es ehrliche leute [96] in ihren anschlägen nicht wagen mögen. Ich bewundere vielmehr / (sagte die K \nigin von Syrien) wie weißlich Gott allemal die hand ůber die bösen hålt / und sie nicht weiter gehen lässet / als es ihm gefället: welches an dem Eliphelet zu sehen ist. Dieser hätte ja leichtlich des Eridanus tod / den er so h \chlich verlangte / durch gift k \nnen zu weg bringen / zumal Thola / der ståts üm den Prinzen war / zu seinem gebot und willen stunde: Aber Gott wolte nicht haben / daß ihm ein so leichtes mittel beifiele; üm zu weisen / daß er die macht der boßhaftigen ůmschränkt halte / und sie am zůgel füre. Wie getrost kan man demnach in allem unglück leben /(sezte C \lidiane hinzu) weil man versichert ist / daß ein so gütiger als gerechter fürer alles nach seinen willen leitet und lenket.

Indem sahe die Königin von Syrien / daß ihre schwester und Jaelinde in einer geheimen unterredung miteinander stritten / und begehrte den inhalt ihres gespräches zu wissen. Jaelinde (sagte die Prinzessin Aramena) verteidigt mir zu sehr die Petasiride / welches ich nicht dulten kan / daß sie / sonder erstlich geliebt zu werden / sich verliebet hat. Hier låuft wol /(sagte Ahalibama) etwas eifersucht mit unter / und bin ich versichert / daß der Prinzessin von Syrien /nicht weniger dieser Königin ihre liebe / als ihr bitterer haß / gegen meinem bruder / misfalle. Ich höre zwar ungern / (antwortete sie) daß dieser großen Königin ungnade / dem Prinzen von Seir so gefårlich ist: wäre ich aber in der Petasiride stelle / ich weiß nicht /ob ich es würde anderst machen. Dan würde ich auch (antwortete der verliebte Dison) des todes tausendfältig schuldig seyn / wan ich der schönen Aramena zorn dergestalt auf mich laden solte. Man muß meine gründe h \ren / (fienge Jaelinde hierauf an) [97] warům ich die Petasiride verteidige. Diese Königin hatte in ihrem reich die macht und die freiheit ihr einen gemal zu erkiesen / welchen sie wolte: wie solte es ihr dan ůbel anstehen / daß sie den Prinzen von Seir erwehlet? und da ihre wahl gerecht ist / warum solte sie dan ihr herz nicht dahin haben wenden dörfen! Ich kan nicht begreifen / weswegen unser geschlecht weniger lieben dörfe / als die manspersonen: weil ja unser gemůte nicht unentfindlicher geschaffen ist / als das ihrige. Und wan eine von uns eine keusche erbare liebe heget / warum solte es schåndlich seyn / solches zu erkennen geben? Ich falle der Prinzessin bei / (sagte Danede) und beståtige / daß unsere liebe / wan sie die erbarkeit und tugend zu gefärten hat / kein laster sei /und wir dieselbe zu bergen nicht verbunden seyen.

Ich möchte wol wissen / (finge ůber eine weile die Ammonide an) ob die Delbora nicht zu schelten gewesen / daß sie sich dazu bequemet / den Eridanus zu ehlichen. Was hätte dieser Prinz / den sie ja tugendliebend kennte / widriges beginnen k \nnen / wan sie beständig bei dem Nebajoth geblieben / und lieber den tod / als diese gezwungene heurat / erkieset hätte? Es ist nicht ohn! (versezte die K \nigin von Syrien) ich schätze zwar die Prinzessin Delbora hoch in meinem herzen / und finde sie sehr vernünftig in ihrem thun und wandel: wan ich aber die warheit sol gestehen /so wüste ich nicht was ich würde gethan haben / wan ich in Delbora stelle gewesen wäre. Ich muß gleichwol (sagte Danede) meine schwågerin verteidigen. C \lidiane / sich der kůrze in ihrer erzehlung befleissigend / hat nicht alle der Delbora betrachtungen angefůret / die sie mir \fters gemeldet: unter denen noch zweye / und diese die erste gewesen / daß sie sich / als die überbliebne von dem unglůcklichen stammen [98] des tyrannischen Nadias / unwürdig anfienge zu achten /des Nebajoth / als des rechtmåsigen Medischen erben / gemalin zu werden. Und weil sie nun sahe / daß der himmel es nicht haben wolte / und eine hinternus nach der andern in weg legte: wolte sie lieber den fluch des himmels allein tragen / als solchen auch über des Nebajoth haus bringen. So ware sie auch / (welches die andere ursach gewesen /) des Eridanus tugend so gewiß nicht versichert / daß sie nicht von ihm aller gewalttätigkeit sich håtte befahren sollen / wan sie sich / ihn gutwillig zu ehlichen / geweigert hätte. Da auch der alte Nebajoth / (sezte die K \nigin Eurilinde von Salem hinzu) die Delbora so verräterlich dem Prinzen von Cus überließe / hatte sie billig ursach / in zweifel zuziehen / ob auch der junge Nebajoth sie ehlichen würde. Ich bin dieser Prinzessin so gut / üm ihrer tugendhaften mutter willen / die ich von kindheit auf in Armenien gekennet / daß mich mit schmerzen verlanget / zu vernemen / wie es ihr nun ergehe / und ob sie wieder bei ihrem gemal / oder bei dem Nebajoth / sich aufhalte. Alle die andern / erwiesen eine gleichmäßige begierde: daher C \lidiane versprache /nach der malzeit ihre erzehlung vollends hinaus- zu führen.

Wie aber die tafel aufgehoben war / und die K \nigin Aramena in ihrem zimmer sich befande / bate sie die C \lidiane / allein bei ihr zu bleiben / weil ihr nicht wol wäre: weswegen sie / durch die Ahalibama /den andern an die hand geben ließe / daß der Prinz Amosis ihnen diese geschichte zu end erzehlen könte /welches auch in der Königin Eurilinde gemach vollzogen worden. Wie aber diese beide unvergleichliche mitbulerinnen also allein beisammen waren / ümarmte Aramena die C \lidiane / und sie fäst an sich drůckend / weinete sie so müdiglich, [99] daß C \lidiane nicht wuste / was sie dazu sagen oder davon gedenken solte. Daß diese unvermutete betrübnis nichts geringes bedeuten müste / zumal ihr der Königin standhaftigkeit in allem unglůck wol bekant war / ahnete ihr mehr als zu bald / und wurde ihr herz dermassen gerüret / daß sie / sonder zu wissen warüm / ihr im weinen muste gesellschaft leisten. Endlich sagte die sch \ne Königin: Ach werteste Prinzessin! thut mir nun den gefallen /eure begebenheiten in Cus mir allein zu erzehlen. Ich will euch nachgehends die ursachen melden / warum ich gehintert habe / daß ihr solches nicht in gegenwart der andern thun k \nnen. So weinen dan E. Maj. (fragte die bestürzte Prinzessin) ům das / was sie ihnen einbilden / das ich noch zu sagen habe? Ich kan hiervon nichtes ergründen / ohne daß mir der sin zutråget / es sey fůr mich etwas unglückliches obhanden. Dringet nicht ferner in mich / ( widerredte die Königin /sich damit erholend) sondern lasset mich nur eure erzehlung anh \ren: massen ich daran ja so grosses teil habe / als ihr selber. C \lidiane / wie unruhig sie auch ůber diesem bezeigen der Königin worden war / unterließe nicht / ihrem begehren ein genügen zu thun: und / nachdem sie sich bei ihr auf ein ruhbette niedergesetzet / erzehlte sie ihr also / den

Erfolg der Arabischen Geschichten
Erfolg der Arabischen Geschichten.

Man m \chte sich wol verwundern / über des Prinzen Eridanus leichtglåübigkeit / daß der sofort / auf Eliphelets bericht / von seines hertvattern tode / aus Damasco gegangen / und diesem b \swicht sich anvertrauet. Aber es hatte alles einen großen schein der warheit / indem / durch des Thola listige anstalt / der Prinz / seit seiner reise aus Cus / immer nachricht erhalten / daß es mit des [100] Königs krankheit sich tåglich schlimmer anließe: daher dessen endlich erfolgter tod wol zu glauben / und eine so große darunter verborgene bosheit nicht zu vermuten war. Ich reisete nun /in gesellschaft dieses neuen K \nigs und der Prinzessin Danede / gegen Arabien: voll sorglicher angst fůr E. Maj. und der andern zustand / die ich in dem unwesen zu Damasco zurůck ließe. Es muste sich also fůgen / daß Eridanus / in ersehung meiner person / der Delbora zu vergessen / leichter als sonst befunde /und / und an dieser unschuldigen sich zu råchen / ihm fürsezte / mich zu lieben.

Die erste probe / die ich hiervon entfangen / war diese / daß er mich allemal mit der Delbora vergliche / als deren ich änlich sehen soll: welches etwan daher růren mag / daß ihre fraumutter / die Königin Barsine / und meine grosmutter / die Ramestris aus Armenien / nahe befreundet gewesen. Seine mit dieser Prinzessin ihm zugestossene abenteur mir erzehlend /wůnschte er allemal / daß ihr gemůte so edel / als wie er das meinige hielte / håtte seyn mögen / so würde sie so unerhörte untreu ihm nicht erwiesen haben. Danede und ich redten dagegen immer ihr bästes / und entschuldigten sie / als die wir nicht glåuben konten /daß sie an des Nebajoth entfürung teil hätte: welches alles aber bei ihm nichts verfangen wolte / und wurde er ganz ungedultig / wan man sie entschuldigte / weil solches seiner neuen liebe entgegen liefe. Weil ich nun in seinem schutz war / vermiede ich müglichst alle gelegenheit / ihme zu wider zu seyn / und name alles / was er mir gutes erwiese / anderst auf / als er es meinte und von mir verstanden haben wolte. Weil ich ståts über E. Maj. und den K \nig Melchisedech wemmerte / verhieße er mir alsofort / seine hůlf-v \lker / so wol nach Syrien / als nach Canaan zu schicken / und[101] mir zu lieb / dem Beor den krieg anzukündigen: und dieses wolte er gleich werkstellig machen / sobald er nur in seinem reich ankommen / und alles in ruhigen stand würde gesezt haben. Ich ließ diese gute zeitung hieher nach Damasco an E. Maj. und meine schwester gelangen / neben einem schreiben an meinen liebsten Prinzen: worauf aber keine antwort erfolgte / weil der nachmalige zustand in Cus alles in solche verwirrung gebracht / daß ich den abgeschickten nicht wieder zu sehen bekommen / und wol dessen tod vermuten muß.

An den grånzen des reichs entfinge uns nun Hezrai / mit dem ganzen heer und allen großen herren des landes: da die allgemeine freude so groß war / den Eridanus K \nig zu sehen / daß ůberall dessen merkliche zeichen sich blicken ließen / und stunde das ganze land in voller hofnung / daß sie nunmehr glücklicher /als vor deme unter den tyrannischen Scheba / leben wůrden. Das einige / so sie kränkte / war des Eliphelet gegenwart: den sie / als ihren alten verfolger /nicht gern ům den K \nig sahen. Eridanus aber / der es nicht thunlich befande / diesen sobald von sich zu lassen / folgte vielmehr / weil er ihn fůr einen alten verständigen hofman hielte / in vielen dingen seinem einrat. Und noch mehr durch den Thola / als durch ihn /verleitet / machte er / sobald er in Thauba angekommen / diese für ihn selbst unglůckselige verånderung /daß er den treuen Hezrai absezte / und dem ungetreuen Caldis / an dessen stelle / das feldherrn amt wieder gabe: wodurch Eliphelet / sich nun meister von dem kriegsheer sehend / mutig wurde / seine böse anschläge hinauszufüren.

Der einzug in Naphis wurde nun angestellet: da die Danede / mit unbeschreiblichen verlangen / ihren Prinzen von Egypten wieder zu sehen / desselbigen tages [102] erwartete / und \fters sich h \chlich verwunderte / daß den seine liebe / ihr entgegen zu kommen / nicht antriebe: welches alles aber Eliphelet mit scheinbaren grůnden zu entschuldigen wuste. Sobald wir Naphis erreichet / welches erst einen mond nach unsrer abreise von Damasco geschehen / fürete Caldis und Eliphelet / die nun v \llig herren des kriegsheers waren /den betrogenen Eridanus / als einen gefangenen / nach dem K \niglichen schloßhof: da / an stat des trones /den er für sich zu finden verhoffte / wir den alten Scheba auf uns zukommen sahen. Dieser entfienge seine kinder nicht mit freundlichen gebärden / sondern mit einem solchen unwillen / welcher allein genug war / ein grosses schrecken einzujagen. Der halbtodte Eridanus / deme nun zu spat die augen aufgethan wurden / sich betrogen zu sehen / fande sich doch gleich in diese bestürzung / und eilete seinem vatter entgegen / ihm die füsse zu küssen: der ihn aber auf eine solche weise abwiese / aus der man abnemen konte /wie bei diesem tyrannen nichtes våtterliches mehr vorhanden wäre. Die namen / rebelle und aufwiegler /waren die bästen ehrentitel / die er entfinge / und hatte die erschrockene Danede auch ihr anteil an solchen unh \flichen begrüssungen: bis endlich der Prinz mit einer starken wacht in sein zimmer gefüret / Daneden aber und mir vergönnet wurde / beisammen zu bleiben. Ich weiß wol nicht / wie man mich bei diesen ůmständen entfangen: dan ich so verbaset worden über dieser schleunigen änderung / daß ich fast nicht sahe noch h \rete. Alle großen des reiches / so mit uns waren / wurden gleich also / wie ihr vermeinter neuer K \nig / wilkom geheisen.

Also ergienge es alles nach Eliphelets wunsch und willen: der nun / die larve abziehend / die bisher seine bosheit [103] bedecket / öffentlich erwiese / wer er war und was er im schild truge. Die liebkosungen / die der K \nig ihm erwiese / daß er so meisterlich diesen großen anschlag hinaus gefüret / waren unendlich / und schaltete er iezt freier / als jemals / nach seinem gefallen im ganzen reiche: nach nichtes mehr strebend / als durch ehlichung der Danede / und hinrichtung des Eridanus / sich zum K \nig zu machen / welches er auch /bevor eine auswårtige hinterung dazwischen kommen möchte / schleunigst zu vollziehen sich bemühte. Weil man mir / als des Prinzen Ahusath tochter /nicht traute / der / nahe an den Cussitischen gränzen /mit einem mächtigen heer in Edom stunde / und alda gegen die Fürsten von Seir die waffen sieghaft fůrete /als wurde ich sehr genau verwahret / keine post nach Edom zu thun / auch mir die abreise zu den meinigen verwehret: dan man vermutete / mich des Eridanus und der Danede gar zu gute freundin kennend / ich wůrde fůr sie eine hülfe zu wege bringen / wan ich in freiheit wäre. Demnach hielte ich mit der Danede gedultig aus / und machte ihr zugleich ihr leiden leichter / indem ich sie zu dem wahren Gott bekehrte: da dan ihr herz nachgehends mehr trost fassen kunte / daß dieser große beschützer der unschuldigen / an den sie nun glaubte / sie nicht verlassen wůrde.

Mitlerweile wir aber also in Naphis unsere zeit erbärmlich zubrachten / der Scheba mit m \rderlichen gedanken gegen feinen einigen sohn ůmgienge / dieser nichts als den tod vermutete / auch Amosis und Danede / sonder einander zu sehen / wie gefangene gehalten wurden: muß ich mit meiner erzehlung mich von ihnen wenden / und berichten / was in den benachbarten orten sich zu getragen. In Seir hatte nicht allein die große macht der Assyrier und Niniviten / die mein Prinz Abimelech [104] fůrete / sondern auch der abzug der Arabischen v \lker / dem Esau das ganze gebirge untertånig gemacht: daher alle Seirische Fürsten flůchtig / teils in Egypten / teils in Cus schutz zu suchen /genotdrånget wurden. Sie erlangten selbigen / auf Eliphelets fürbitte: welcher nicht allein mit statlichen geschenken von ihnen versehen / sondern auch durch das beispiel des K \nigs Pharao hierzu angetrieben /dem Scheba solches riete. Weil er nichtes so sehr / als die Egyptische macht / scheuete / und ungeacht der Prinz Amosis bei seinem herrvattern in großen ungnaden war / besorgte / daß diesem großen K \nig das harte verfahren mit dem Prinzen misfallen m \chte: als wurde er oft des sinnes / den Amosis frei zu lassen. Aber die liebe zur Danede hielte ihn hiervon zurůcke /mit der besorgung / Amosis möchte / wan er frei wåre / nicht ruhen / ihme hinternis in sein vorhaben zu bringen. Weil in Egypten mit den Midianiten der friede wieder getroffen war / und Pharao / eine große kriegsmacht zusammen ziehend / sich den Arabischen gränzen nåherte / wuchse besagte sorge des Eliphelet /und verhinterte daß er so bald keinen schluß machen konte / wie man den Eridanus und die großen des reichs / die man alle rebellen nente / abstraffen und austilgen wolte.

Im lande Nebajoth / war nun auch der zustand sehr verändert. Dan / als der junge Nebajoth zur regirung gekommen / und seiner ersten wut folgend / die Prinzessin Delbora aus Cus hinweg bekommen hatte /fande er sich / nach erlangung eines so teuren schatzes / weit unglückseliger / als er jemals gewesen. Dan /da er zuvor noch immer der gnade seiner Prinzessin sich getr \stet / und hoffen k \nnen / daß sie ihn liebte /muste er nun von ihr sich einen verräter / einen ehrenschänder / und [105] ihren årgsten feind schelten lassen /auch so eine widerspånstigkeit an ihr warnemen / daß er den mut nicht mehr hatte / vor ihre augen zu kommen / sondern in seiner eigenen stadt / vor der / welche er in seiner macht und gewalt hatte / sich verbergen muste. Man sagt / es sei diesem Fürsten im traum seine mutter erschienen / und habe ihn ermanet / nicht allein die Delbora ihrem gemal wieder zu senden /sondern auch die Hermione zu ehlichen / und Meden wieder einzunemen: welches ich in seinem wert und unwert beruhen lasse / und weder bekråftigen noch widersprechen will. Dieses aber ist gewiß / daß Nebajoth pl \tzlich / ehe man dessen sich versahe / anders sinnes wurde / und der Delbora fürtragen ließe / wie daß sie freie macht håtte / wieder nach Cus zu reisen: massen er sich ůberwunden hätte / und wider das unverånderliche himmels-geschicke nicht ferner wüten /noch dessen verordnung ůmstoßen wolte.

Diese unverhofte entschließung des Nebajoth / begabe sich eben ům die zeit / als es uns in Naphis so widerlich erginge. Und weil davon das gerüchte überall erschollen war / als kame auch der Delbora zu ohren / wie es mit ihrem gemal stůnde: das dan ihr ursach gabe / dem Nebajoth zu entbieten / wie sie ůber ihrer wieder erlangten freiheit sich nicht erfreuen könte / wan er nicht noch dieses hinzutäte / und den Eridanus von seines vattern tyrranei erl \sete. Der Fürst muste ihr dieses zu thun versprechen / ům ihr damit seinen lezten liebesdienst zu erweisen / indem er sie wieder zu seinem mitbuler förderte. Demnach rüstete sich nun das ganze Nebajoth wider das reich Cus / und machten sie einen bund mit dem König von Basan / welcher dreißig tausend man / zu des landes versicherung / in Nebajoth schickte / mitlerweile sie plötzlich das land Cus überfielen / ehe [106] man in Naphis einen feind vermuten k \nnen. Sie bekamen auch beistand von dem großen Esau / der neben meinem herrvattern und dem Prinzen Abimelech / in Cus gegangen war / üm alda die Seirische Fürsten ferner zu verfolgen. Wie mein liebster Prinz vername / daß auch ich in Naphis mich befande / verdoppelte solches seinen eifer / und stieße er mit den Assyriern zu dem Nebajoth / inzwischen Esau und mein herrvatter nach der Cussitischen landschaft Jotis giengen / dahin die flüchtigen Fůrsten von Seir sich begeben hatten. Eliphelet / wiewol er dieses ůberfalls sich nicht versehen /ließe dannoch den muht nicht fallen: weil der feldherr Caldis ein måchtiges volk auf den beinen und gute soldaten hatte / die tůchtig waren / einem feinde widerstand zu thun. Er machete demnach ůberall so gute anstalt / daß die Nabatheer / und der Prinz von Gerar / mit den Assyriern / mehr gegenwehr fanden / als sie vermutet hatten.

Weil Nebajoth / wegen verlust der Delbora / die inzwischen sich nach Thauba begeben / verzweifelt fochte / und nichts mehr wůnschte / als den tod zu finden / geriete er in manche gefahr: daß auch / ohn sonderbare verhütung des höchsten / ihme zu seinem ungedultigen wunsche und vom leben würde geholfen haben. Weil aber mein Abimelech / der allemal zu siegen gewonet ist / neben ihnen fochte / glückte es ihm so wol / daß sie / ungeacht aller gegenwehr / zu uns in Naphis einbrachen / und daselbst / ja so pl \tzlich unsern unglücklichen stand veränderend /als unversehens wir darein geraten waren / den Eridanus und Amosis wieder in freiheit sezten. Es wuste Eridanus nicht / wie ihm geschahe / als er solche verånderung ersahe / und sonderlich / daß er sie guten teils dem Nebajoth zu danken hätte / von dem Mesa erfure: dan Nebajoth hatte / nach eroberung der [107] stadt Naphis / sich gleich hinweg gemachet / und diesem Fürsten / als seinem vettern / an seiner stat die Nabatheer zu fůren / anbefolen / weil ihm unm \glich fiele /seinen mitbuler in zufriedenheit zu sehen / und sich dabei zu überwinden.

Die drei Prinzen kamen / alsobald im ersten lärmen / zu der Danede und mir in das zimmer: da dan meine werteste K \nigin ihr leicht fůrbilden kan / wie ich meinen liebsten Prinzen müße entfangen haben. Des Eridanus gegenwart / wehrete mir nicht / ihme also /wie es meine liebe erheischte / zu begegnen. Nachdem er mir seine freude / mich zu sehen / durch tausend bezeugungen hinwieder zu vernemen gegeben / und Amosis mit seiner Danede sich etwas von uns entfernet / auch Eridanus zu ihnen sich gesellet hatte / sahe mich Abimelech mit unverwandten augen an / und verharrte in solchem wesen / sonder ein wort zu sagen. Ich muste demnach die erste seyn / die da redete. Warům betrachtet ihr mich also / mein Prinz! (sagte ich zu ihme) sehet ihr mich etwan darüm an /ům ohne rede zu fragen / ob ich noch beståndig die eure sei? und habet ihr dan mein schreiben / durch unsere liebste Königin von Ninive / nicht erhalten /darin ich euch dessen so fäst versichert? Und ist dan nicht / meine antwort auf dieses schreiben / (fragte er mit sonderlichen gebården) der Prinzessin eingehändiget worden? Ich habe nichts entfangen / (gabe ich zur antwort) und würde ursach haben / (sezte ich lächlend hinzu) an meines Prinzen beståndigkeit zuzweiflen /wan nicht dessen jezt erwiesene dapfere dienste mich eines andern versicherten. Dieses beantwortete er mit einem tiefgeholten seufzer / und stiegen ihme dabei die trånen in die augen: daraus ich nicht anderst abnemen kunte / als daß er eifersüchtige gedanken über den Eridanus haben müste. [108] Weil er nun / so wol als dieser Prinz / sehr viel zu thun hatte / als kunten sie bei uns nicht länger verharren / und war ich also gehalten / diese einbildung ihme zu benemen / einer bequemen zeit zu erwarten. Mich vergnůgte aber diese unruhe des Prinzen / weil ich daraus seine håftige liebe erkante: und wuste ich wol / daß ich diese eifersucht ihme leichtlich würde benemen k \nnen / wan ich ihn nur einmal wieder sprechen würde.

Alles in Naphis ware nun unter des Eridanus gewalt und botmåßigkeit wiewol darům dieser tugendhafte sohn die kindliche ehrerbietung gegen seinem herrvattern und K \nig nicht verlore / sondern nach desselben zimmer eilete / ihme / daß er mit seinem willen frei seyn m \chte / anzukůnden. Es wolte ihn aber der boshaftige Scheba nicht sehen / sondern verrigelte sich mit dem Eliphelet: und von unnatürlicher raserei getrieben / waren sie beide des verzweifelten fürhabens / sich selbst zu verbrennen; welches sie auch / wan nicht des K \nigs und Prinzen leute bald dazugekommen / und das feuer wieder geleschet /vollzogen hätten. Um nun dem König zu solchem wůten nicht ferner anlaß zu geben / fassete Eridanus die entschließung / aus Naphis zu weichen. Gegen die Nabatheer bedankte er sich / (wiewol nicht sonder verwirrung / in erinnerung dessen / was ihme ehmals von ihrem Fůrsten zu wider geschehen /) daß sie / ihm seine freiheit zuverschaffen bemůhet gewesen / und ließe sie wieder nach haus abziehen: dan er wolte nicht / daß sie långer / den K \nig seinen herrvattern zu betrůben / in Naphis verbleiben solten. Alle großen des reichs / die mit ihm waren gefangen worden /machete er frei / und name sie mit sich hinaus: und wurde fast ganz Naphis diesem ihrem Prinzen gefolget seyn / wan er sie [109] nicht gezwungen hätte / bei ihrem König auszuhalten / und deme getreu zu verbleiben.

Er erwehlte ihm aber / zu seiner bleibnis und sicherheit / die stadt Thauba / alwo er jederzeit sich gern befunden: daselbst er ein kriegsheer anname /welches bloß zu seiner verteidigung / und nicht wider seinen herrvattern etwas zubeginnen / solte unterhalten werden. Er ware aber sehr bemůhet / ehe er in person nach Thauba verruckte / die mishelligkeiten in Jotis zwischen dem Fürsten von Edom und denen Seirischen Fůrsten / die ihre sicherheit dahin genommen /beizulegen: massen es ihm auch glůckte / daß der friede zwischen ihnen getroffen / dem Esau / auf sein inståndiges begehren / die Fürstin Ahalibama zur ehe versprochen / und alle mishelligkeiten v \llig beigelegt wurden. Hierauf zogen sich die Assyrier und Niniviten aus Cus zurůcke / und kame mein herrvatter neben dem Abimelech / Eridanus / Esau / Amosis und Hanoch / nach Thauba: da wir inzwischen geblieben /und ich mit der angenemen Delbora kentnis gemacht hatte. Es ist unschwer zu ermessen / wie herzlich ich mich erfreuet / meinen herrvatter zu sehen / von dem ich so lang ab-gewesen: welcher / als er des Melchisedech unglück vernommen / sich gleich entschlosse /mit den noch ůbrigen von seinen v \lkern / diesem frommen König zu hůlfe zu kommen: da dan auch Esau / in erwägung / was er von meinem herrvattern gutes entfangen / seinen beistand anbote / und die zusag thäte / sich und uns an dem stolzen Beor zu rächen / und in Canaan so eine trennung zu machen /die nachgehends auch E. Mai. solten mit zugenießen haben.

Es vergiengen / in überlegung dieses neuen kriegs /etliche wochen / da Eridanus inzwischen auch geschäftig war / wider den König seinen herrvattern sich in gute [110] sicherheit zu setzen: welches er mit solcher klugheit verrichtete / daß er hierbei die kindliche ehrerbietung nicht vergaße. Inzwischen litte er alle marter / die ein verliebten und dabei eiversüchtiger mensch immermehr anstechen kan. Es hatte seiner Delbora wiederkunft ihn ganz nicht erfreuet / sondern vielmehr beunruhiget: massen er ihm dieses nicht konte zu sinn bringen / daß Delbora / die allemal dem Nebajoth liebe erwiesen / mit dieser ihrer entfůrung nicht wol zu frieden gewesen; noch weniger / daß Nebajoth sie so gutwillig / sonder ihrer zu genießen /solte wieder ůberschickt haben. Daher war er nicht zu bereden / daß er diese unschuldige Prinzessin besucht håtte: welche in einem abgesonderten hause sich aufhalten muste / da sie zwar fürstlich bedienet / sonsten aber ganz allein gelassen wurde. Unterdessen wartete er mir fleißig auf / und brachte alle stunden bei mir zu / die er von seinen andern geschåften abreissen kunte: da dan Abimelech und er sich öfters zusammen bei mir einfunden / und wol zu verstehen geben / daß sie einander eine last waren.

Ich hatte nun meinem Prinzen alle ursach der eifersucht benommen / und / ihme hierzu nicht ferner anlaß zu geben / noch auch den edlen Eridanus in unmůglichen dingen aufzuhalten / diesem umståndiglich eröfnet / was es mit dem Abimelech und mir für eine bewandnis hätte; ihn dabei sehr hoch bittend / daß er doch nicht meinetwegen die tugend / die allemal seinen wandel vergesellschaftet / verlieren / noch durch blinde liebe / seiner unschuldigen gemalin dergestalt zuvergessen / sich verleiten lassen wolte: von der ich anbei ihm alles erzehlte / was mir von ihr selbst und von andern gesagt worden / daß zu ihrer entschuldigung diente. Mit grosser aufmerkung hörete er meine reden an / und wie [111] er nach dem eine gute weile still geschwiegen / brache er endlich in diese worte heraus: Wan ich der Delbora unschuld versichert wäre / solte keine sch \nheit in der welt mich meiner treu gegen ihr vergessen machen. Aber / Prinzessin! (fuhre er seufzend fort) wer wil mir hiervon gewißheit geben? und wer kan mir den glauben einbringen / daß Delbora ehrlich / und Nebajoth aus blosser grosmut sie verlassen habe. Sie / die von jugend auf einander so beständig geliebet / und die ich durch gewalt voneinander getrennet / solten gutwillig von einander geschieden seyn? und muß ich mir dieses nicht zum hon ausrechnen / daß man sie wieder hat in mein haus gesendet? Ach Eridanus (gabe ich ihm zur antwort) ihr thut der Delbora zu viel / und wolte ich wol für ihre tugend /alles / was mir in der welt zum liebsten ist / aufsetzen und verwetten.

Hiemit kame die Danede dazu / welche ihres bruders vertraute jederzeit gewesen / daher er sich nicht entsahe / in meinem beiseyn zu ihr zu sagen: Die grausame C \lidiane hat mir iezt alle hoffnung benommen / der Delbora platz durch sie zu ersetzen, weil der glückselige Abimelech ihre gute gunst besitzet. Bin ich nun nicht zu beklagen / daß ich iedesmal zu spat komme / und nie ein herz anbeten kan / daß ihme nicht bereits andere opfer bringen lassen. Wan schon C \lidiane (antwortete Danede) diese entschuldigung nicht hätte / eure liebe auszuschlagen / so kan ich doch hier nicht bergen / daß ich sie nicht zur schwägerin verlange / so lang Delbora lebet. Dan / ob sie gleichwol / neben der Delbora / euer ehebette berüren k \nte / so ist sie doch viel zu edel von stand / daß sie dermaleins nicht solte K \nigin von Cus / sondern nur die frau des K \nigs heißen: der Delbora aber gebůret einmal dieser name / den ihr auch kein argwan und ůbelgedeutete [112] einbildung kan benemen. Ihr seit mein übler anwalt / ( antwortete Eridanus) und nemet euch der Delbora mehr an / als sie würdig ist.

Weil hiemit andere zu uns kamen / als wurde diese unterredung abgerissen. Doch veranlasste dieselbe /daß Danede und ich darauf gedachten / wie wir diese eheleute wieder zusammen bringen m \chten. Nachdem wir unsere gedanken den andern eröfnet / wurden sie alle einig / die Delbora dem Eridanus in sein zimmer zu bringen / und durch eine unterredung sie wieder zu vereinigen. Weil ich wegen meiner ruhe / ein doppel-anteil hierbei hatte / als war ich auch hierüm am meisten bekümmert / und name neben der Danede das gewerbe willigst ůber mich / diese Prinzessin dahinzufüren. Es wuste diese unschuldige nichtes von dem verdacht / den ihr gemal von ihr hegte / gegen dem sie niemals größere liebe in ihrem herzen / als damals entfunden / weil des Nebajoth frevel / alles andenken seiner person / gänzlich in ihr ausgetilget hatte: und wäre sie von uns immer in den wahn erhalten worden / daß Eridanus in Thauba noch nicht angekommen wäre. Demnach erwiese sie große freude / als wir ihr diese angeneme post brachten / und eilte mit uns alsofort nach dem gemach / da Eridanus / in gesellschaft meines herrvattern / des Amosis / Abimelech / Esau und Hanoch sich / befande.

Sobald sie ihres gemals ansichtig worden / liefe sie ihm entgegen / ihn zu ümarmen. Er / der gleich merkte / was wir angestellet hatten / überwande sich in so großer gesellschaft / so viel er konte / und begegnete ihr zwar mit aller h \flichkeit: erwiese sich aber dabei so kaltsinnig / daß Delbora solches bald warname. Wir fingen hierauf alle an / von ihren abenteuren zu reden / und iedes erzehlte etwas / daß zu verteidigung ihrer unschuld dienen konte: [113] welches aber bei dem Eridanus wenig verfienge. Weil nun für gut angesehen wurde / diese eheleute allein beisammen zu lassen /als stolen wir uns eines nach dem andern hinaus: in hofnung / es wůrde nun alles gut werden. Es erfolgte aber das gerade widerspiel: massen Eridanus sich nicht sobald allein bei ihr sahe / da růckte er ihr / mit den entfindlichste worten / ihre untreu fůr / und beleidigte dieses zarte gemüt dermassen mit vielen beschuldigungen / daß sie / die nun erst / ihn so wol von freiem willen / als aus schuldigkeit / zu lieben angefangen hatte / verzweifelten schluß fassete / den sie wenig tage hernach zu werk gerichtet. Dan / wie wir alle nachdem beschäftigt waren / dieses edle par wieder zusammen zu bringen / verlore sie sich unvermutlich / daß niemand ersinnen kunte / wo sie mochte geblieben seyn. Man fande / an ihrer stat / ein beschriebenes täfelein auf dem tisch ihres leibzimmers / das an ihren gemal lautete / dieses inhalts.

Schreiben der Delbora an den Prinzen Eridanus.

Nach dem ihr gewaltsamer weise / mein liebstes fahren zu lassen und euch zu ehlichen / mich gen \tigt /habt ihr / weder mit der schuldigen ehrerbietung / die ich euch ståts erwiesen / noch mit meiner wahren herzlichen liebe / die ich nachmals zu euch gesetzet /vergnůgt leben / sondern vielmehr darnach streben wollen / mich meiner ehre / als des lezten / so ich noch übrig hatte / zu berauben. Weilich dan gnugsam spůre / daß ihr meiner ůberdrüßig / und nichtes mehr an mir findet / daß euch ergetzen könte / da ihr doch nun / nachdem ich alle andere gedanken verloren /versichert [114] leben können / daß ich ganz euer eigen seie: so sol dan auch die unglückselige Delbora hinfort euren augen sich so weit entziehen / als ferne sie bereits aus euren gedanken verbannet ist / und den jenigen nicht mehr mit ihrer gegenwart betrůben / der ihr zwar schon viel betrübnis zugezogen / aber nie keine entfindlichere / als diese lezte / da er vergessen k \nnen der unglůckseligen

Delbora.


Dieses bewegliche schreiben hatte solche wirkung /daß Eridanus in sich schlagend / nachdem er genauere erkündigung / von der Delbora verhältnis im lande der Nabatheer / eingezogen / sie völlig wieder lieb gewonnen / und zwar so häftig / daß ihr verlust ihm unerträglich fiele / und er aller orten nach ihr fragen ließe / sie wieder einzuholen. Wir alle leisteten ihm in seiner betrůbnis getreue gesellschaft / und wurde ich nun dieses Prinzen vertraute freundin / da er mir nicht mehr von liebe sagte / sondern alle freundschaft erwiese / und sein bezeigen gegen seiner gemalin so sehr bereuete / daß keines von uns war / das ihn nicht beklagt hätte. Es waren aber alle bemühungen vergebens / von ihr das geringste zu erfahren / und setzete solches den Eridanus in so große verzweiflung / daß er selber / sie zu suchen / von uns zoge / und seinen weg nach Syrien name: dahin / er vermutete / daß Delbora sich würde begeben haben. Seine abreise gienge so schleunig fort / sonder abschied von uns zu nemen / daß er bereits hinweg ware / ehe wir dessen gewar wurden: und brachte seine entfernung der Danede eine neue sorge / als auf die nun alle last walzete / sich gegen ihrem vatter und den Eliphelet in gute verfassung zu [115] stellen. Mein herrvatter / neben dem Esau und Hanoch / eileten / ihrer angelegenheiten halber / auch von dannen. Weil auch mein Prinz nötig hatte / nach Gerar zu reisen / als vermochte ich ihn kaum / noch etliche wenig tage nach der andern abreise / bei mir aufzuhalten; welche ich zubrachte / raht von ihm zu nemen / wohin ich mich wenden solte. Mein verlangen / meine liebste Königin wieder zu sehen / zoge mich unaufh \rlich nach Damasco: der weite und unsichere weg aber / da man dieser orten her / von lauter krieg geredet / und der K \nig aus Egypten mit einem großen heer selbst im anzug war /dessen eigentliches vorhaben wir doch nicht wusten /hielte mich an in Thauba. Es riete mir auch mein Prinz / so lange bei der Prinzessin Danede zu bleiben / bis er eigentlich würde erfaren haben / wie es in Syrien zustünde: mit dem versprechen / daß / auf erlangte gute nachricht / E.M. feldherr Phalacus / der noch mit den Niniviten auf dem gebirge Seir stunde / mich abholen / und zu E. Maj. bringen solte.

Den lezten abend / wie er eben abschied nemen wolte / nach Gerar zu reisen / und eine sonderbare betrůbnis blicken ließe / die ihm die sprache gehemmet /daß er fast nichtes vorbringen konte / brachte uns aus dieser traurigen und stummen unterredung / ein urpl \tzliches geschrei / welches unfern von uns im schloßhof entstanden. Wie wir nun hiernach zu sehen an die fenster liefen / wurden wir gewar / daß der hof voll frömde kriegsleute war / die die Prinzessin Danede davon füreten. Weil sie mich erblickte / schrie sie mir zu / und Abimelech / von angeborner grosmut getrieben / eilte alsofort hinunter / diesen raub zu verwehren. Der Prinz Amosis / welchen er alda / neben wenigen / zu seinem beistand fůrfande / fochte für seine Prinzessin so verzweifelt / daß er / sein leben nicht [116] achtend / viel wunden bekame / und endlich für todt auf dem platz ligen bliebe. Abimelech / wie dapfern widerstand er auch tåte / vermochte doch allein ihre macht nicht aufzuhalten / noch zu verhintern /daß sie nicht / mit der Prinzessin / aus Thauba wären hinaus gekommen. Dieses machte meinen Prinzen der ihm solches für einen großen hon hielte / ganz wůtend / daß er in der eile alles / was in Thauba nur reiten kunte / zu pferd brachte / und also dem feind bis gegen den morgen nachsezte: da er ihn n \tigte / seine beute auf einen tempel des Phaetons zu bringen. Selbiger ligt auf einem berge / zwischen Thauba und Naphis / und ist ein freier ort / den die Cussiten über-heilig halten: den auch alle Araber so sehr verehren /daß / in allen den großen kriegen / kein feind sich iemals daran vergriffen.

Eliphelet / so allen diesen anschlag wieder die Danede so heimlich als glůcklich angestiftet hatte / war selbst der jenige / der die Prinzessin entfůret: und meinte er nun sicher zu seyn / da er mit ihr bis an diesen tempel gekommen war. Abimelech aber / der / als ein rechtglaubiger / die heiligtume der g \tzen wenig achtete / hielte es für keine sünde / diesen tempel zu stůrmen. Er wurde aber von den abergläubischen Cussiten / die ihn gefolget / verlassen / als welche sich an diesen ort nicht vergreifen wolten. Er kame also mit seinen wenig leuten / oben auf den berg: da der oberpriester des Phaetons / mit seiner geistlichkeit / ihm entgegen eilete / und ihm die waffen niederzulegen gebote. Eliphelet und seine soldaten stunden daselbst /sonder ein gewehr gegen den Abimelelech zu zůcken /weil der ort zu heilig war. Aber Abimelech / der die Prinzessin wieder haben wolte / es m \chte auch kosten / was es konte / brache zu den pfaffen ein / und ihrer etliche erlegend / drange er in den tempel / allwo sie die Prinzessin [117] Danede in verwarung genommen. Daselbst nun wurde er von allen geistlichen / auch von des Eliphelet soldaten / ůmringet / und muste endlich sich lassen gefangen nemen: weil kein sterblicher einer so grossen månge, widerstand zuthun vermochte / und er daselbst erst allzu spat warname /was er vorhin in der hitze nicht in acht genommen /daß nämlich alle Cussiten ihn verlassen hatten.

Diese frömde begebenheit brache nun gleich überall aus / und wurde das ganze reich aufrůrig / daß ein frömder sich unterstanden hätte / ihren heiligen tempel zu entehren. Was schrecken mich in Thauda ůberfallen / als ich dieses unglůcklichen verlaufs innen wurde / können E. Maj. leicht ermessen / und sahe ich kein menschliches mittel meinen Prinzen zu retten /da die Cussitische gesetze / sonder gnade / den jenigen / wan es auch des Königs sohn selbst wäre / zum tod verdammen / der solches frevels sich unterfangen dörfen. Ihr machet mir angst / liebste C \lidiane! (fiele die sch \ne K \nigin ihr allhier in die rede) daß ich mit zittern das ende von dieser gefahr zu vernemen verlange. E. Mai. (sagte hierauf C \lidiane) können dan mutmassen / wie mir müße zu sin gewesen sein / da nicht ein bloßes mitleiden / wie sich bei meiner gütigen Königin findet / sondern eine so herzliche liebe /mir todes angst erweckte / als ich in dieser gefahr meinen Prinzen so hülflos sahe.

Die ohn unterlaß abgefårtigte boten brachten mir anders nichts mit / als das zu dem großen opfer / welches dem Phaeton gehalten werden / und in der hinrichtung meines Abimelech bestehen solte / das ganze land sich rüstete; und daß der K \nig selber nach dem tempel kommen wůrde / so wol dieser opferung / als der zugleich mit-angestellten trauung der Danede mit dem Eliphelet / [118] beizuwonen. Ich sandte in höchster eile nach den Assyriern und Niniviten in Edom und auf das gebirge Seir / daß sie ihren gewesenen General in dieser noht nicht verlassen solten. Ehe aber dieselben ankommen konten / muste ich sorgen / daß der grausame tag anbrechen würde / an welchem ich mein liebstes verlieren solte. Amosis / so krauk und schwach er an seinen wunden war / leistete mir doch in meinen klagen treulich gesellschaft / und war sehr bemůhet / das kriegsheer / so dem Eridanus / und nach dessen abzuge / der Danede geschworen / aufzufrischen / ihre Prinzessin von der schändlichen heurat mit dem Eliphelet zu erlösen. Sie wolten aber / so getreu sie sonst ihren Prinzen und der Danede waren wider den heiligen tempel nichtes beginnen und sagten wie daß dieses noch einer von den listigsten ränken des Eliphelet gewesen / sich gefahr-los zu stellen. Sie erboten sich aber / wider den Scheba gern zu felde / und vor Naphis / zu gehen / wan Amosis sie dahin fůren wolte / und auf solche weise / wo müglich / dieses vornemen zu hintern und aufzuhalten. Weil nun dieser getreuer liebhaber nichts aus der acht lassen wolte / was ihn einiger massen helfen konte / name er / auf mein zusprechen / ihre hülfe an / und ruckete mit diesem heer vor Naphis: mich in Thauba so trostlos und elend zu růck lassend / daß / ohne sonderbaren beistand des höchsten / ich diesen unglůcks-sturm nicht würde haben überwinden können.

Ich hatte aber zu Thauba kundschaft gemacht mit der Prinzessin Sapha / der Danede mutterschwester: welche mir alle der mohren bei diesem tempel / und opfer ůbliche heidnische gebråuche erzehlte. Also vername ich unter andern / wie daß / nach verordnung ihrer gesetze / wan man diesem Phaeton / ( welcher der Put des [119] Hams sohn / und bruder des Cus und Canaan / gewesen / auch nach seinem tod vergöttert /und Phaeton genennt worden) ein solches großes menschen-opfer / einer person / die sich an ihme versůndigt verrichten wolte / der mistäter sein leben retten k \nte / wan sich eine jungfrau anb \te / das ihrige fůr ihn zu lassen. Weil aber solches (sagte sie) sich gar selten zutråget / als ist dieses eine hülfe / die den armen leuten wol nimmermehr wiederfåret / und wůste ich nicht / daß jemals ein solches sich zugetragen hätte. Ich hatte diesen bericht der Sapha mit großer aufmerkung angehört / und als ich nachgehends bei mir allein solches ůberleget / forschte ich in meinem herzen / ob ich / sonder sünde / auf diese weise meinem Abimelech sein leben erhalten k \nte? Die betrachtung des großen nutzens / den ich der welt hierdurch wůrde zuziehen / welche eines so unvergleichlichen helden / nicht so bald müste beraubet werden /gesellte sich zu meiner herzlichen liebe / und machte /daß ich weder den tod scheuete / noch mir ein gewissen drůber machte / selbigen durch so gewaltsame weise zu f \rdern: zumal ich versichert war / daß ich doch des Abimelech tod nicht wůrde überleben k \nnen. Ich wagte es demnach / und bereteite mich hierzu / sonder wissen einiges menschen / auser einer von meinen dirnen / die ich in Naphis angenommen /und mit mir nach Phaetons tempel nemen wolte / alda / auf bestimten tag / mich öffentlich / für meinem Prinzen / zum opfer anzubieten.

Es erginge mir hierin alles nach wunsch / und kame ich zu pferd heimlich an diesen grausamen ort / wie den folgenden tag das blutfest solte gehalten werden. Wegen menge des vielen volkes / so aus dem ganzen reich dahin gereiset / konte ich nirgend unterkommen / muste also / die nacht / mit meiner, dirne in einer h \le [120] verbleiben: alda ich zugleich angst und herzhaftigkeit in mir fůlete / wan ich an das / so mir vorstunde / gedachte. Ich fůrchtete zwar nicht meinen tod: doch grausete mir / den götzen pfaffen in die hände zu geraten. Wan ich aber den nutzen und die ehre betrachtete / die ich davon zu erwarten hatte / wurde mir alles leicht / und tr \stete mich insonderheit dieses /daß ich versichert war / mein Abimelech wůrde /wegen solcher treue / seine C \lidiane ewig lieben /und deren gedåchtnis verehren. In dieser versicherung / begabe ich mich am folgenden morgen nach dem tempel / stellte mich / als ich mich in einen mantel verhüllet / unter das volk / und drange / so nahe ich immer konte / zu dem altar / der bereitet war / das edelste leben von der welt darauf zu schlachten. Weil meine sinnen bloß an den Abimelech gedachten / gabe ich wenig achtung / auf den prächtigen bau des tempels / auf alle vorgehende gebräuche / auf die ankunft des Königs und aller großen des reichs: das ich deswegen alhier mit stillschweigen übergehe. Ich stunde also ganz entsinnet / bis ein grosses gemurmel der umstehenden mich aufmerkend machte: welche den ankommenden Abimelech teils beklagten / teils bewunderten / daß er so kůne sich erweisen dörfen / diesen heiligen ort anzugreifen.

Ich bekame diesen Prinzen alsofort ins gesicht / der / mit gebundenen hånden und entblöstem leibe / so ruhig daher trate / als wan er ganz nicht zum tod wåre gefůret worden. Wie nun das begierige volk hinzu drange / und mich also weit zurücke brachten / kunte ich nicht sobald / wie ich gewolt / herfür kommen /und muste sehen / daß der oberpriester das beil schon ergriffe / und selbiges aufhube. Ach Prinzessin! (rieffe allhier die Königin / ganz aus sich selber) wie machet ihr mir so bange! Sie errötete aber hierauf / daß sie sich so viel [121] heraus gelassen / und h \rte C \lidiane fortreden / welche zu ihr sagte: Bezeugen E. Maj. bei bloßem zuh \ren eine solche angst / wie vermeinen sie dan / daß mir im auschuen můste zu mut worden seyn. Ich arbeitete mit händen und füßen / und konte doch durch den unbändigen pövel nicht durchbrechen; gebrauchte mich derhalben der zunge / als die mir noch frei war / und rieffe überlaut: Sie solten einhalten! weil vermög ihrer gesetze / eine jungfrau vorhanden wäre / für diesen mistäter zu sterben.

Jederman sahe auf mich / mit ungemeiner verwunderung / und ward mir bald platz gemacht: da ich dan meinen mantel abwarfe / und zu dem oberpriester mich wendend / mich herzhaft anbote / für den Abimelech das opfer zu werden. Scheba und seine hofbedienten / erstauneten über dieser meiner that / und mich alsofort erkennend / bezeugten sie allerseits ein großes mitleiden / und wolten mich abwendig machen / nicht dergestalt gegen mich selber zu wüten. Ich aber an nichtes mich kehrend / bliebe bei dem oberpriester / und drange auf die erfüllung ihres gesetzes: der dan auch / neben der gesamten geistlichkeit / mich anname / und den Abimelech ledig liesse. Sobald dieser Prinz von seinen banden befreiet / warfe er sich zu meinen fůßen / und mich ganz beweglich anschauend / sagte er: Ach grausame wirkung so unverdienter gewogenheit! warum lasset ihr mich nicht lieber sterben / als so schåndlich leben / da ich mein leben dem tode der C \lidiane sol zu danken haben? Nemet von mir an / werter Prinz! (antwortete ich ihm) dieses lezte zeichen meiner liebe / und misg \nnet mir nicht / für euer so edles leben zu sterben. Keines wegs (widerredte er) wil ich meine freiheit so teuer erkaufen! Hiermit erwischte er unversehens ein opferbeil / mit deme man ihn hinrichtenwollen / und hube an ůberlaut den ümstehenden [122] [124]zuzuruffen. Wer unter euch die gerechtigkeit liebet / der helfe mir diese schöne Prinzessin aus dieser m \rder hånden erretten. Als er das gesaget /stellte er sich vor mich / und musten die jenigen seinen arm entfinden / die ihnen wolten zu nahe tretten. Das mitleidige volk trate darauf auf unsere seite / und wiewol sie kein schwert auf den heiligen berg zůckten / verwehrten sie doch denen auf uns zu dringenden /uns nicht zu ůberfallen; sondern gaben uns raum / in deme sie einen kreis üm uns schlossen / daß wir konten hinweg kommen.

Kaum hatte also Abimelech und ich luft gesch \pfet / da ersahen wir den Amosis und die Danede / ůmgeben von einem großen heer mohren / und auf einem wagen sitzend / die uns zurieffen / daß wir solten zu ihnen kommen. Also namen wir eiligst die flucht /entgiengen aus des Scheba händen / und kamen sicher nach Thauba. Daselbst / sobald es unser allerseits bestůrzung wolte zulassen / erzehlte uns Amosis wiedaß er heimlich einen anchlag auf seine Prinzessin gemacht håtte / dieselbe von hinten aus dem tempel zu entfüren / inzwischen die priester und alles volk mit dem Abimelech würden zu thun haben: welches ihm auch geglůcket / und ward unser allerseits vergnügung dadurch vermehret / daß wir sämtlich einander nun wieder frei sahen. Ich wil nun nicht weitläufig erzehlen / was wir hierauf vorgenommen / weil ich ohnedas schon zu lang geredet habe: nur will ich noch mit wenigem sagen / daß die Assyrier und Niniviten / welche ich beruffen / erst den andern tag ankamen / unter fůrung des Zalmon und des Phalacus / und ungemeine freude blicken ließen / ihren General aus dieser gefahr erl \set zu sehen. Meine that wurde h \her von ihnen erhoben / als sie würdig war. Mein Abimelech aber ließe mehr betrůbnis als vergnügung blicken / [124] ůber so großer verpflichtung / von welcher er sagte / daß er sie nimmermehr würde erwidern k \nnen. Ich forderte dafür nichtes / als seine treue und beståndigkeit: wozu er tief seufzte / anzuzeigen / daß er die zu gering hielte / für das / so ich ihm erwiesen.

Weil Danede / nach diesem überfall des Eliphelet /und in ihres bruders abwesenheit / länger in Cus zu bleiben ihr nicht getraute / als wurde der schluß gefasset / daß wir miteinander nach Syrien zu E. Maj. reisen / da unter dero edlem schutz / der Egyptische Prinz mit seiner Prinzessin / den fernern verlauf ihrer abenteuren abwarten wolten. Wiewol auch mein Abimelech sein unbeschreibliches verlangen bezeugete /diesen gefärlichen weiten weg mit uns zu reisen / so triebe ihn doch die unůmgångliche noht nach Gerar: daher er dan den Sosares / mit sechstausend Niniviten / uns mitgabe / und zogen auch mit uns etliche von dem Cussitischen heer / das dem Eridanus geschworen. Weil Amosis / wegen seiner wunden / und ich wegen meiner ausgestandenen unpåslichkeit / langsam fortkonte / als brachten wir fast einen mond zu /ehe wir Syrien erreichet. Sosares / wie auch die Cussiten / werden nun bald hier seyn / und kommen zu /rechter gewůnschter zeit / da E. Maj. zustand erfordert / sich in starke kriegs verfassung zu stellen / ům ihr K \nigreich wider ihre feinde zu behaubten. Ich danke dem himmel / der mich meine K \nigin wieder sehen lassen / und mir g \nnet / nach so vielen ausgestandenen widerwärtigkeiten / mich in so sicherem und vergnůgten schutze zubefinden.


* * *


Als C \lidiane hiermit ihre erzehlung geendet / ümfasste sie die in gedanken sitzende Königin / und ihr haubt an deren brust lehnend / bezeugte sie dadurch ihre [125] herzliche liebe / und das vertrauen / so sie zu ihr hegte. Aber die schöne Syrerin fülete eine so schmerzliche qual in ihrem gemüte / daß ihr seufzen ihre unruhe an den tag gabe / die sie doch so gern wolte verborgen gehalten haben. Werde ich nun auch wissen d \rfen / (fragte C \lidiane) warüm ich dieses meiner K \nigin müssen allein erzehlen? und was die ungemeine betrübnis bedeutet / die E. Maj. blicken lassen. Ach werteste Prinzessin! (antwortete die Königin) ich finde mich untůchtiger / als jemals / euch zu melden was mich quälet. Nur dieses kan ich euch iezt sagen /daß ich aus zu euch tragender herzlicher liebe / verstummen und das verschweigen muß / was ihr notwendig wissen müsset. Ach weh! (rieffe C \lidiane) mein Abimelech ist gewiß todt / und man scheuet sich / es mir zu offenbaren. Hiermit stürzten die tränen so häufig von ihr / daß sie sich fast darin hätte ertränken mögen; und leistete ihr die Königin eine gute weile gesellschaft. Endlich aber / wie sie das winseln dieser Prinzessin nicht långer anhören kunte / beteurete sie ihr gar hoch / daß sie nicht anders wüste / als daß Abimelech lebte / und vermanete sie / sich dieserwegen zu frieden zu geben. Was ist es dan / (fragte die beängstigte C \lidiane) daß ich so notwendig wissen muß? und woran sol ich doch erkennen / daß meine K \nigin mir gewogen sey / da solche unvertraulichkeit sich blicken låsset? Ach! dringet nicht ferner in mich / liebste C \lidiane! (sagte die Königin) und g \nnet mir noch diese nacht: morgen wil ich euch sagen / was ihr ja endlich wissen můsset. Was marter leget man mir doch zu / (widerredte C \lidiane) daß ich nun noch eine nacht mich quůlen sol / sonder die ursach meiner qual zu erfahren.

Hiemit trate die Prinzessin Ahalibama in das immer / und hatte ihre augen so rot geweinet / daß C \lidiane / [126] die nun voll schrecken war und alles unglück befahren muste / von neuen ihr einbildete / wie daß der Prinz Abimelech todt seyn müste. O ich elende! (begunte sie demnach zu ruffen) man birget mir vergebens den verlust / den ich erlitten: Abimelech ist nicht mehr vorhanden! mein herz saget mir solches nur all zu gewiße. Helfet mir doch (sagte hierauf die Königin zur Ahalibama /) diese Prinzessin ůberreden / daß sie gläube / wie sie des Abimelech tod ihr fålschlich einbilde / massen uns ja nichts hievon bewust ist. Wie nun Ahalibama solches mit vielen eidschwuren bekråftiget / fragte C \lidiane / warům sie dan geweinet. Weil man mich (antwortete diese betrůbte Prinzessin) dem Fürsten von Edom versprochen / und mit ihme frieden gemacht / auf so harte bedingnise / die meine ruhe und zufriedenheit zerstören. Der Prinz Amosis hat uns alles erzehlet / nicht vermeinend / daß er mich mit diesem bericht so sehr betrüben würde. Weil ich weiß / (gabe C \lidiane zur antwort) wie lieb der Prinzessin von Seir das andenken ihres Eliesers ist / als verwundere ich mich nicht /daß diese zeitung einige bewegung bei der beständigen Ahalibama erwecken können. Jedoch / weil dem ganzen hause Seir hierdurch viel gutes zuwächset /massen Amosis wird erzehlet haben / daß durch diesen frieden / und wan dessen bedingnise werden erfůllet seyn / die Seirische Fürsten Elath und Ezeongaber inbehalten sollen: so erfordert ja die grosmut / daß man / durch aufopferung seiner eignen ruhe / der seinigen wolfart bef \rdere. Ich falle dieser meinung der Prinzessin von Caphtor bei / (sagte die K \nigin) und gönne dem grossen Edom so viel gutes / daß Ahalibama mir nicht verůblen muß / wan ich sein wort rede.

Ahalibama seufzete hierůber / sonder darauf zu [127] antworten / als eben die K \nigin Eurilinde neben den andern in das gemach eintrate. Weil diese sich alsofort in das gespråche mångten / als verlore C \lidiane die gelegenheit / ferner bei der K \nigin üm offenbarung dessen anzuhalten / was ihr wenig vergnügung bringen konte. Demnach sich zur gedult bequemend /nachdem sie endlich von der gesellschaft sich absondern k \nnen / überlegte sie tausend dinge bei ihr selbst / üm zu erraten / was es doch immer seyn m \chte / daß ihr die K \nigin von Syrien zu sagen hätte: wiewol ihr / unter allem / doch das rechte niemals beifallen wollen. Also wurde / die darauf einbrechende nacht / so wol von ihr / als ihrer grosmütigen mitbulerin / in grossen ångsten zugebracht: weil folgenden tags die eine etwas sagen / und die andere etwas h \ren solte / das ihnen beiderseits schmerzentfindlich fallen muste.

Sobald der morgen angebrochen / ließe sich der Fürst Sosares mit dem Ninivitischen heer / und der dapfere Hezrai mit seinen mohren / vor Aroer sehen: welches der K \nigin anlaß gabe / selbige v \lker zubesichtigen. Hierdurch nun wurde / die geheime unterredung zwischen ihr und der C \lidiane / abermals aufgeschoben / und begabe sich die schöne K \nigin /neben ihrer schwester und der Danede / alsobald hinaus nach dem lager: da dan die ankommende Niniviten ihre Konigin / wie auch folgends ihre landsleute /mit großem freudengeschrei begrüßeten. Die K \nigin / erwiese sich gegen einem ieden unter ihnen / gar gnådig / und růmte ihre dapferkeit / die sie in diesem ihrem feldzuge nach Seir erwiesen hatten. Der junge Sosares vermeldete ihr / wie daß der Phalacus / ihr feldherr / innerhalb achttagen auch ankommen wůrde / welches er unterwegs von einen vorausgeschickten vernommen håtte. [128] Die Prinzessin Danede aber / übergabe der Königin den Hezrai / sie dessen und seiner bei sich habenden mohren getreuer dienste versicherend: welches die K \nigin mit grosser erkentlich- und höflichkeit anname / und dem dapfren Hezrai / der ihr aus dem gerůchte bereits bekant war / ihr sonderbares vergnügen bezeugte / bei itzigen ihren angelegenheiten seines beistandes zu genießen.

Weil der vorsichtige Husan die Königin ermanete /nun sie eben im lager wåre / kriegsrat zuhalten / als wurden zu ihr und ihrer schwester / der Prinzessin Aramena die anwesende Syrische und Ninivitische Fürsten / neben dem Prinzen Dison von Seir / und alle obriste kliegsbediente / ins gezelt versamlet. Husan tåte den vortrag / wie nåmlich hochn \tig wäre / daß man zuvörderst auf einen feldherrn gedächte / der diesen schweren krieg füren / und im namen der K \nigin / den befehl über das kriegsheer haben m \chte: worbei er der Königin / einen hierzu zu erkiesen / heimstellte. Ich solte zwar (sagte hierauf die schöne Königin) meiner Fůrsten einmal beschehene wahl gelten lassen und den Prinzen Dison von Seir in diesem amte beståtigen / welches er / in der lezten unruhe zu Damasco / bereits vertretten hat. Weil ich aber deme /samt meiner schwester / vermög des lezten willens meiner fraumutter / mein reich Ninive ůbergeben habe / und dieses landes bedrangter zustand ihres künftigen K \nigs gegenwart vor allen dingen erfordert: als treibet mich / die liebe zu jenem reich / ihme seinen beschirmer allhier nicht zu vorenthalten. Nun erfordert aber freilich auch die billige sorgfalt fůr Syrien / einen andern geschickten feldherrn bei itzigem zustande auszu wehlen. Ich habe dan mein absehen gerichtet /auf den Prinzen Abimelech von Gerar / dessen ungemeine geschicklichkeiten und tugend niemanden unter euch [129] verborgen seyn können: und zweifelt mir nicht /ich werde meinem reiche / mit einem solchen helden /wol geraten sehen / welcher bereits die ganze welt hat von sich lob reden gemachet.

Husan ließe / aus ehrerbietung / den Prinzen Dison erstlich antworten: welcher dan / das hohe erbieten der K \nigin von Syrien / mit schuldigster erkentlichkeit anname; so wol ihr / als ihrer schwester / der bestimten K \nigin von Ninive / lediglich heimstellend /an was ort er / bei ietzigem kriege / seinen dienst erweisen solte / daer / so wol in Syrien als in Ninive /fůr das durchleuchtigste Aramenische geblůte zu fechten / bereit wäre. Dieser Prinz merkte wol / daß die schöne K \nigin von Syrien / wegen ihres Abimelech /und ům des willen / was mit ihme in Damasco fürgegeangan / seine abwesenheit verlangte: daher er ihrem schluße / wiewol ihn der seiner Prinzessin gegenwart beraubte / sich nicht widersetzen wolte / zumal seiner Aramena båstes / und die wolfart des reichs / das er regiren solte / ein solches mit erforderte. Es leidet ietziger verwirrter zustand nicht / (sagte die jüngere Aramena) von teilung unserer angestamten reiche zu reden / und wird die sorgfalt für erhaltung des Syrischen und Ninivitischen trones / gleich heilsam und nötig seyn: allermeist / da beide länder einen gemeinen feind bekommen haben. Der Prinz Dison wird demnach / dem bedrangten Ninive / gleich wie diesem reiche Syrien der dapfere Abimelech / nützlichen beistand leisten k \nnen. Nun dan meine schwester (finge die K \nigin hierauf an) in Disons abreise williget ist /wegen Ninive / die sache richtig. Jetzund verlange ich von meinen vettern zu vernemen / wie ihnen mein fürgeschlagener feldherr gefalle.

Husan / der hierauf das wort name / bezeugte völlig [130] sein vergnügen an dieser wahl der K \nigin / worin ihm auch alle anwesende einhällig beifielen / und daß alsofort deswegen an ihm solte geschrieben werden /beliebten. Hierauf kame ferner in beratschlagung / wie man die kriegesmacht teilen wolte: und ward für gut befunden / daß / weil beide Aramenen in Syrien zur stelle wären / alle macht bei ihnen verbleiben / Dison aber ohne kriegsheer nach Ninive gehen / und daselbst des Tharsis hingebrachter völker / auch derer /die der Pildas noch unter seinem gehorsam haben würde / sich so lang bedienen solte / bis der Syrische zustand zuließe / ihn mit mehrerer manschaft zu versehen. Endlich beschloßen sie / solang still zu sitzen /bis die völker aus Ober Syrien / auch der Phalacus aus Seir / und die hůlfe aus Basan zu ihnen stoßen wůrde: worauf sie vor Damascogehen / selbige stadt belägern / und also den Assyriern und Canaanitern den kopf bieten wolten.

Wie nun hierauf der kriegsrat sich geendet / und sie wieder aus dem zelt zu den andern / unter denen der Prinz von Egypten / die Prinzessin von Cus / und Ahalibama befindlich waren / sich begeben / meldete man der K \nigin an / wie daß gesandte von den Philistern und Ammonitern mit grossem pracht durch das lager nach Aroer gezogen wåren / welche / daß ihre anwerbung auf nichts kriegerischs / sondern auf etwas fr \liches und eine heurat ziele / das gewönliche zeichen / nämlich verschiedene weiße fahnen / deren stangen mit blumen und allerhand zierat ümwickelt /mit sich fůreten. Es schoße der Königin alsofort auf das herz / diese würden von ihres Abimelech herrvattern kommen / üm sie zu werben / zumal sie ihren Prinzen iezt in Gerar zu seyn vermutete: welches ihr dan / bei ietzigem zustand / da Syrien notwendig einen König haben muste / mehr als angenem [131] war; und beunruhigte sie nichtes / als die arme C \lidiane /deren leiden / das sie hierüber entfinden würde / ihr herz allbereit voran mitfůlete. Um aber diese gesandten bald zu sprechen / die ihr von einem so lieben orte kamen / eilete sie mit den andern wieder nach der stadt. Sie ware kaum in ihren palast abgetretten / da sahe sie sich von ihrer liebsten mitbulerin ůmarmet /welche ganz munter ihr diese freuden-post brachte /wie daß gesandten von Gerar angekommen wären /und sonder zweifel die werbung bei ihr ablegen wür den; wodurch sie dan aller der ausgestandenen angst /die ihr die Königin vorigen abends erwecket / sich wieder ergetzet sähe.

Sol dieses nun (fure sie fort / scherzweis fragend) die betrübte post seyn / die ich heut erfahren sollen? und ist es nicht so / daß meine K \nigin von meinem Abimelech ihr etwas anders eingebildet / als sich nunmehr zu tage gibet? Ach C \lidiane! (sagte die Königin / darzu seufzend /) ich zweifele fast / ob die ankunft dieser gesandten euch die ruhe bringen werde /die ihr euch fürbildet / und ist nun keine zeit mehr ůbrig / euch zu verhelen / was bisher / der Abimelech aus schuldigster ehrerbietung / und ich aus recht-mitleidigem gemüte / euch verschwiegen haben. Ja /C \lidiane! der himmel sey mein zeuge / wie gern ich /eure ruhe zu befördern / mein leben fůr euch hingeben wolte / und wie schmerzlich es mir fållet / daß ich die jenige seyn muß / die euch sol bis in den tod betrüben. Die erschrockene C \lidiane / kein wort hievon begreifend / sahe halb erstorben aus / indem zugleich die gesandten sich anmelden ließen / bei der Königin gehör zu erlangen. Wie ihnen nun solche bewilligt worden / ersuchte die Königin die C \lidiane / so lang einen abtrit in ihr cabinet zu nemen: dahin sie / nach abh \rung der gesandten / alsofort zu ihr kommen /und ihr nicht länger [132] verhalten wolte / was sie nun wissen müste. C \lidiane / ganz aus sich selber / ließe mit sich machen / was man von ihr begehrte / und seumte sich nicht / von der stelle zu gehen.

Nachdem hierauf die gesandten von beiden Königen vorgelassen worden / täte der Ammonitische das wort: dessen anbringen / zu erst in einen grus von seinem K \nig / nachgehends in anwůnschung alles K \niglichen wolergehens / bestunde; wobei er anfůrete / wie daß sie in Ammon den verånderten und kriegerischen zustand von Syrien noch nicht gewust /sonst würde sein K \nig nicht ermanglet haben / Ihr Maj. zu der Syrischen kron und zu bevorstehendem krieg / alle glůckseligkeit und guten ausgang anzuwůnschen. Hiernächst dankete er der K \nigin / im namen seines herrn / für die gnade / sie der Prinzessin Ammonide bisher erwiesen / und schloße seine rede mit dem begehren / daß der K \nigin nicht entgegen seyn m \chte / diese Prinzessin zu erlassen / weil der gesandte des Königs der Philister befehl håtte / sie nach Gerar abzufordern. Hierauf trate der andere gesandte alsofort herfür / und gleichmäßige h \flichkeiten im namen seines Königs bei der Königin ablegend / brachte er ihr ferner nichts an / als daß sein König verhoffe / Ihr Maj. wůrden die Prinzessin Ammonide bereden helfen / gutwillig mit ihnen nach Gerar zu reisen. Dieser vortrag / dergleichen die K \nigin gar nicht vermutet / und die dabei herfůrscheinende kaltsinnigkeit des Philisters / der ihr auch von dem Prinzen Abimelech weder gruß noch schreiben mitgebracht / hätte ein weniger standhaftiges gemüt / als das ihrige / leichtlich verwirren m \gen. Sie aber sich ům nichtes annemend / antwortete beiden gesandten mit annemlicher gebårdung und wolredenheit / was die notdurft erheischte / [133] und erklärte sich dahin / wie sie die Prinzessin Ammonide nicht aufhalten wolte /wan diese abforderung mit deren gutem willen geschähe.

Nachdem die gesandten sich gebůrend hierfür bedanket / und ihren abtritt wieder genommen / gienge die Königin voll gedanken zu der Cölidiane in das cabinet: bei deren sie / sonder ein wort zu sagen / auf ein ruhbette sich nieder ließe / und so wol / als ihre beångstigte beisitzerin / schweigend / in ihrem gemüt ůberlegte / was doch wol die abforderung der Ammonide sagen / und diese kaltsinnige begrůßung von Gerar auf sich haben m \chte. Oft vermeinte sie / ihr Abimelech håtte die ungemeine treu der C \lidiane /welche ihn vom tod errettet / bei sich so viel gelten lassen / daß er seine liebe zu ihr gewendet / und daher nicht n \tig erachtet / bei dieser gesandschaft an sie zu gedenken. Wan aber schon (dachte sie ferner) diesem also wåre / was hat dan Ammonide zu Gerar zu thun /und was bedeutet diese gesandschaft / die ihrentwegen ist fůrgenommen worden? Indem ihr sol gewaltig durch den kopf gienge / und sie noch in so unruhigem nachsinnen begriffen war / trate die hofmeisterin der Prinzessin Ammonide zu ihr in das zimmer / und /nachdem sie der Königin angemeldet / wie die gesandten von Gerar und Ammon bei ihrer Prinzessin geh \r gesuchet / brachte sie ferner an / wiedaß selbige die Königin ganz flehentlich bitten ließe / sie in ihrem schutze zu behalten / imfall etwan ihr herrvatter sie wolte hinweg holen lassen. Die K \nigin erzehlte ihr hierauf / was dieser wegen mit ihr die gesandten geredet / und wie sie alles lediglich der Prinzessin freiem willen heimgestellet: mit der versicherung / daß wider willen ihr nichts solte angemutet werden. Als diese ihren abtritt wieder genommen / fragte C \lidiane die Königin / wie es hiermit [134] bewandt wäre? Sie muste aber wol dreimal diese frage thun / ehe die K \nigin es hörte und ihr antwort gabe. Wie nun endlich solches geschehen / bliebe C \lidiane so bestůrzt darůber / als die schöne Königin / und tausenderlei ångstliche gedanken ihr hierůber machend / mochte sie nichts weiter fragen.

Also saßen diese beede mitbulerinnen eine gute weile / wie verstummet / beisammen / bis endlich ein klang von allerhand seitenspielen / neben einem gemurmel des vielen volks / sie gleich als aus einem tieffen schlaff erweckte / und sie veranlaßte / an das fenster zu tretten. Sie wurden alda gewar / daß die beide gesandten / in zierlicher ordnung / mit solcher music und freudenszeichen / nach dem hause der Prinzessin von Ammon zu giengen: woraus C \lidiane /deren die Cananitische gebräuche wolbekant waren /alsofort urteilete / daß es auf eine heuratwerbung angesehen wåre. Indem sie nun dieses bedachte / kame kurz darauf Dersine gelaufen / und vermeldete / was massen in der Ammonide behausung / von den hineinkommenden Philistern / der ruff erschalle / daß sie /fůr ihren Prinzen Abimelech / üm diese Prinzessin wůrben.

O himmel! (rieffe allhier C \lidiane / zugleich zurück auf einen schåmel fallend) solte wol Abimelech die untreu begehen / mich zu verlassen und die Ammonide zu ehlichen? Ach allerliebste K \nigin von Syrien! diß ist die betrůbte post / die ich heut erfahren sollen. Hierauf befiele sie mit einer onmacht: weswegen die K \nigin / die in ihrer verwirrung selbst hůlfe nötig hatte / dieser trostlosen Prinzessin beispringen und mehr leute herzu ruffen muste. Man brachte sie alsofort in der Königin bette / alda ihr viele onmachten nacheinander zustießen. Nachdem sie wieder zu ihr selber gekommen / und so wol [135] die K \nigin Eurilinde /als ihre schwester Jaelinde samt der Prinzessin Danede / voll tränen ům sich fande / schauete sie ganz klåglich die Danede an / als welche noch das lezte mal sie bei ihren Abimelech vergnügt gesehen hatte /und sagte zu derselben: Wer hätte mir sollen in Cus sagen / daß ich darüm dem Abimelech das leben gerettet / damit Ammonide seiner liebe genießen m \chte. Ach! ist es dan immer můglich / daß dieser Prinz mich verlassen k \nnen? Hiemit verwehrte ihr die herzensangst / in ihren klagen fortzufahren: und weil das gerüchte / von der gesandten werbung bei Ammonide / nun bereits überall erschollen war / als wusten / weder Danede / noch die andern / dieser Prinzessin einigen trost beizubringen; daher sie allein bemůhet waren / die hůlfmittel fůr den schwachen leib herbei zu schaffen / weil sie fůr das so tief verlezte gemüte keines finden kunten.

Mitlerweile sie aber eine so traurige arbeit bei dieser Prinzessin verrichteten / waren die Prinzessin von Syrien und Ahalibama / bei der trostlosen K \nigin: die in ihr cabinet sich verschlossen hatte / und sich nicht enthielte / in gegenwart dieser ihrer schwester und freundin / ihrem billigen schmerzen völlig den zaum schießen lassen. Sie hatte nun ganz gewiß vernommen / daß man für den Abimelech ům die Ammonide geworben hätte / und konte sie / so gern sie auch wolte / keine entschuldigung fůr diesen Prinzen finden: welches ihr dan so frömd und ungereimt fürkame / daß fiel sie sich dem entsetzen und der entfindlichkeit muste gefangen geben / da sie doch sonst alle unglücksfälle mit ungemeiner standhaftigkeit jedesmal noch vertragen können. Ist es müglich / ist es müglich / ( sagte sie / aus ganz beklummenem herzen) daß dieses sich so verhalte? Wie Prinz von Gerar! verlässest du diese / die du dein lebenlang [136] geliebet? und zwar üm Ammonide willen? warüm nicht viel eher von C \lidiane wegen? Tausendmal lieber wolte ich / dieser Prinzessin halber / dir dein untreues beginnen zu gut halten. Hierauf ůberlegte sie bei sich / was doch immer diesen Prinzen hierzu verleiten können / ihr unbeståndig zu werden: da ihr endlich beifiele / was sich mit ihr und dem Dison zugetragen. Demnach sahe sie ihre schwester ganz kläglich an / und sagte: Euer Dison / euer Dison / richtet mir dieses alles an; sein aufenthalt in meinem frauenzimmer / hat diesen Prinzen zweifelsohn geärgert / daß er mich seiner liebe unwürdig erkennen müßen. Warum gehet aber deine rache / bis zu der unschuldigen C \lidiane? bin ich etwan dir so zu wider worden / daß du / auch in dieser edlen Prinzessin / meine gestalt nicht leiden k \nnen?

Aramena / welche gern ihren Prinzen Dison verantworten wolte / finge hierauf an / der Königin fürzustellen / wiedaß Abimelech jederzeit nichts als hohe tugend an ihr verspůret und wargenommen / und daher / an derselbigen zu zweifeln / weder grund noch fug hätte: můste also / eine andere dringende ursach /diese große änderung bei ihm erwecket haben. Ich bin mir nichts bewust / (antwortete die Königin) kan auch nicht ersinnen / wie einige staats-ursache diese heurat mit der Ammonide begleiten / und daher des Abimelech herz gewinnen können: zumal er auch sonst alle dieselben in betrachtung seiner liebe / hintan zu setzen pflegte. Wie sie hierauf der vorigen zeit sich erinnerte / drungen ihr die zåren so häufig aus ihrem sch \nen augen / daß ihre klage darüber verstummete. Als sie aber in einer marmornen wand / die so hell geschliffen war / daß man sich darin bespiegeln konte /sich in solchem wesen ersehen / verdroße es sie / daß sie seinetwegen sich so kläglich [137] gebärdet. Demnach ermannte sie sich / und trucknete ihre tränen ab / ganz mutig sagend: Wolan / diese zären sollen die lezten seyn / die ich üm dieses undankbaren willen vergieße. Ich habe meine schwachheit genug erwiesen: es ist zeit / daß ich dieselbe überwinde und von mir lege.

Hiermit stunde sie auf / des willens / nach der C \lidiane zu gehen. Sie wurde aber hieran behintert /durch der Ammonide plötzliche ankunft / welche /ganz entstellet / über der post / die ihr die gesandten angebracht / der Königin davon er \fnung thun wolte. So hart sich auch die Königin zu halten vermeinte / in ersehung dieser ihrer mitbulerin / so unfähig war sie doch / ihre verwirrung zu bergen: welches gleichwol die Ammonide / als ebenfals verwirret nicht beobachten konte. Ich komme / gnädigste K \nigin! (sagte sie) E. Maj. zu berichten / daß man mir .... Ich weiß bereits (fiele die K \nigin ihr in das wort) was ihr mir sagen wollet. Es bestehet aber / (fuhre Ammonide fort zu reden) lediglich bei E Maj. wessen ich mich entschließen und hierauf erklären soll. Meines rahts (sagte die K \nigin) habt ihr dißorts nicht vonnöten: ihr habt aber meinen willen / daß ihr thun möget /was ihr wollet. Als sie das gesaget / gienge sie / ihrer antwort unerwartet / aus dem zimmer / und nach der C \lidiane.

Ahalibama bliebe allein bei der Prinzessin von Ammon / und fragte dieselbe: ob es dan wahr wåre /daß der Prinz von Gerar ům sie werben lassen? Es ist mehr als zu wahr / (antwortete Ammonide) und weiß ich nicht / weil mir dieses so pl \tzlich kommet / wie ich mich hierein finden sol. Warům thut man dan (fragte die Ahalibama) so bestürzt hierůber? Ich habe / (antwortete sie /) nun etliche jahre das elend in der fr \mde [138] bauen und flůchtig fůr meinem herrvattern leben müssen; gerate aber nun unversehens in die große verånderung daß der König mein herrvatter mich lässet seiner gnade versichern / und mir den weltberůmten Prinzen von Gerar zum gemal gibet /auch dieser Prinz / üm ewigen frieden mit Ammon zu stiften / mich für die Prinzessin von Salem wehlet /die er ja / dem gemeinen ruff nach / geliebet hat. Solte mich nun dieses nicht befr \mden / da so schleunig mein zustand sich båssert / und ich mir so unvermutet das glůck wieder scheinen sehe / welches etliche jahre mir den rücken zugewendet? Ist dan meine Prinzessin (fragte Ahalibama ferner) zuvor des Abimelech liebe nicht versichert gewesen? Ich kan wol beteuren /(gabe sie zur antwort) daß ich nie das geringste an diesem Prinzen vermerket / und also vermuten muß /wie uns mehr der gehorsam / den wir unseren eltern schuldig / als die liebe / zusammen bringe. Jammert es aber die Prinzessin nicht / (versezte Ahalibama) daß sie an des Abimelech unbeständigkeit ursach seyn můssen. Es ist nicht dieses allein / (antwortete sie seufzend) so ich zu betauren ursach habe. Hiemit schweige sie still / und wolte ferner nichtes sagen /sondern stellte sich an / der Königin nach zu folgen: Ahalibama aber verwehrte ihr solches / mit bericht /daß die Königin bei der Prinzessin Cölidiane sich befånde: deren dan / bekanten ůmstånden nach / ihre gegenwart nicht gar angenem seyn wůrde.

Dieserwegen bliebe nun Ammonide zurücke / und als sie nach ihrer wonung ůmgekehret / meldete sich jederman bei ihr an / üm ihr / zu der wiedererlangten gnade ihres herrvattern / und zu ihrer bevorstehenden vorteilhaften heurat glůck zu wünschen. Die mitgekommene aus Ammon / stellten sich auch bei ihr håufig ein / ům ihr die freude zu erweisen / die sie ůber ihrem erlangten [139] glücke geschöpfet. Also wurde ihr palast den ganzen tag nicht leer / daher sie fast keine stunde sich abmüßigen konte / diesen ihren veränderten zustand bei sich recht zu ůberlegen. Die schöne Königin war inmittels bei der Cölidiane / und halfe ihr trost einsprechen: wiewol sie / wie sie selbst / und zwar mehr als sie / betrogen worden / ihr zu entdecken / auf andere zeit / da sie etwas ruhiger von gemüt seyn würde / verschobe. Ammonide begabe sich / folgenden tags / mit frůhem morgen / in den spazierwald zu Aroer / und sich in selbiger einsamkeit freier sehend / schüttete sie alles ihr anligen gegen dem himmel aus / und beschwerte sich über ihr glück / daß ihr solches grösser erschiene / als sie es verlanget. Sonder trånen kunte sie an ihren Ahusath nicht gedenken /und fülete sie nun / mehr als iemals / daß sie diesen ritter liebte / welches sie sonst / wie sie noch frei gewesen / ihr selbst nie zugläuben wollen.

In diesen ihren anligen / stieße auf sie die Mehetabeel: welche der külen morgenstunde sich zu bedienen / diesen allgemeinen spazir-platz erkieset hatte. Weil nun die beide eine sonderbare vertreuliche freundschaft zusammen gestiftet / als entsahen sie sich nicht / ihr herz gegeneinander auszuschütten. Wie / meine Prinzessin! (sagte diese Fůrstin zu ihr) muß man noch voll trauriger gedanken gehen / da der glücksstern so vollkommen scheinet? ist es wol möglich / daß man den wackern Prinzen Abimelech mit unlust ehliche? Ach Mehetabeel! (antwortete Ammonide) ich erkenne gnugsam mein glück / und bin auch nicht gesinnet /selbiges auszuschlagen. Aber ach! (sezte sie seufzend hinzu) was wird Ahusath sagen / wan er nun erfäret /wie ich ihn verlassen? Ich bin so oft (sagte Mehetabeel) vertr \stet worden / die ümstånde von des Ahusath liebe [140] zu vernemen: darf aber wol iezt nicht darüm ansuchen / weil / die erinnerung dessen / die unruhe meiner Prinzessin vergrößern möchte. Keines wegs /liebste Mehetabeel! (sagte Ammonide) ich rede gar gern von dem Ahusath / bin auch erbötig / euch von stund an hiemit zu vergnügen. Wir werden schwerlich (antworrete Mehetabeel) diesen ort lang allein genießen: darum bitte ich / daß solches bald geschehen möge. Wolan (versezte Ammonide) lasset euch hier bei mir nieder: ich bin bereit / euren vorwitz alsofort zu vergnůgen. Wie sie nun hierauf sich unter einen schattichten Cederbaum zusammen gesetzet / h \rte die Fůrstin folgender massen erzehlen /

Die Geschicht der Ammonide
Die Geschicht der Ammonide.

Ich bin so aus mir selber / ůber dem / was mir iezt begegnet / daß ich darům sehr unförmlich werde fürbringen / was ihr von mir zu wissen begehrt. Ich kan mich auch iezt nicht aller der ůmstände erinnern / die hierbei m \gen fürgegangen seyn: doch sollet ihr alles das / so mir noch beifallen wird / vernemen. Wisset demnach / daß / wie der lezte krieg in Basan entstanden /da die Salamis sich von der Teutschen foche zu entreissen vermeinte / mein herrvatter / der K \nig Hanon / sich auch in diesen krieg miteingemischet / und meinen bruder / den Prinzen Baalis / mit einem ansehlichen volk / dieser Königin zu hülf schickte. Diß verursachte / daß der Suevus / welcher gegen die Salamis stritte / uns unversehens ein mächtiges heer Teutschen von der andern seiten ins land schickte / und / uns unbewehrt findend / alles verheeren und verwůsten ließe. Diesem unheil zu steuren / erlangten wir eiligst hülfe von den Philistern / die der Bagastanes gefůret: der den Teutschen verwehrte / daß sie nicht weiter in Ammon eindringen konten. [141] Diese Philister wurden nun ům so viel besser von meinen herrvattern entfangen / je n \tiger uns damals ihre hůlfe gewesen.

Zu Carchar bekamen wir diese hülfv \lker zum erstenmal zu sehen / da / unter andern fůrnemen kriegsbedienten / die den Bagastanes begleiteten / der wackere Ahusath sich fürnemlich betrachten ließe: dessen ansehliche person und ungemeines wesen / ihme gleich einen vorzug fůr allen andern verursachte / also daß meine augen långer bei ihm / als bei seinem kriegs gesellen / angehalten wurden. Es ergienge auch also auf seiner seite / daß er mich unaufhörlich betrachtete: massen ich allemal seine augen auf mich gewendet fande / wan ich ihn ansahe. Ich konte mich nicht entbrechen / bei dem Bagstanes nach seinem namen anzufragen: der mich dan berichtet / wie daß dieser Ahusath sein pflegsohn wäre / der zu Gaza bei den K \niglichen kindern erzogen worden. Ich bekräftigte solches / wie man nämlich an ihn warnåme / daß er müste in guter zucht gewesen seyn. Auf des Bagastanes geheiß / muste er sich mir hierauf nähern / und erröteten wir beiderseits / unwissend warům / als er diese seine begrüssung bei mir ablegte. Der inhalt unsers gespråches bestunde darin / daß ich seine bei diesem uns zu hůlfe beschehenem feldzug erwiesene dapferkeit herausstriche / und er hingegen / seine thaten verkleinerend / sich selbst anklagte / üm daß er nicht also / wie er billig thun sollen / sich hierbei erwiesen håtte. Dergestalt ist diese unsere erste zusammensprache abgelaufen. Weil auch die Philister von ihrem K \nig befehl erhielten / zu unserer sicherheit bei uns im lande zu bleiben / verseumte nachgehends Ahusath nicht die geringste gelegenheit / üm mich zu seyn /und mir aufzuwarten: da dan tausend dinge fůrliefen /die seine liebe håtten andeuten [142] k \nnen / wan sein gemeiner stand ihme nicht wäre hinterlich gewesen / an mich zu gedenken. Dieser unterschied verursachte auch bei mir / daß ich mich im geringsten nicht scheuete / seine gesellschaft / die mir so angenem war / zu belieben; und ließe ich stäts geschehen / daß er mit mir ůmgienge / als wol versichert / daß niemand solches wůrde ůbel deuten k \nnen. Er stellte ohn unterlaß / mir zu ehren / mit seinen Philistern allerhand kostbare ritterspiele an / und munterte unsern ganzen hof auf: daher dan alle Ammoniter / und sonderlich unser frauenzimmer / ihn lieb gewonnen.

Unter diesen war eine / Aryda genant / welche von sehr gutem hause / und viel nach hof zu kommen pflegte / weil ihr vatter eine fürneme bedienung hatte und des K \nigs herz regiret. Diese nun betrachtete den Ahusath mehr / als alle die andern / und soge den liebesgift so stark in sich / daß es nachgehends eine unm \glichkeit war / desselben wieder los zu werden. Sie hielte auch ihre gewogenheit gegen ihme nicht heimlich / also daß bald der ganze hof davon zu reden begunte. Ahusath mochte wol der lezte gewesen seyn /dem dieses gerůchte zu ohren gekommen. Ich vername / unwissend warum / dieses gar ungern / und g \nte der Aryda nicht / daß sie des wackern Ahusath liebe überkommen solte: war demnach bemůhet / \fters ihre zusammenkunften zu hintern. Ich name auch einsmals gelegenheit / ihn zu fragen / ob er die Aryda liebte. Er wurde über dieser frage ganz berötet / sonder mir zu antworten; daher ich vermutend / daß er sich schuldig fände / wiewol mit widerwillen / zu lachen anhube und sagte: Man d \rfe nun hieran nicht mehr zweiflen /weil ihn seine farbe schon verraten hätte. Hierauf beteurete er mir gar hoch das gegenspiel / und daß er gegen die Aryda keine andere gedanken / als gegen[143] alle damen ingemein / hege / und wegen ihrer person sich ganz frei von aller liebe wůste. Diese lezte worte sagte er nicht sonder bewegung: daher ich fůrwitzig wurde / ihn zu fragen / ob er dan sonst liebte? Diese frage machte ihn bestürzt / und sahe er mich an / sonder zu antworten: daher ich noch mehr in ihn drunge /und seine geheimnise wissen wolte. Aber er entschuldigte sich mit so guter art / daß er dißmal davon kame: wiewol ich nachgehend ihn \fter mit dieser frage gequålet.

Nun hatte Bagastanes auch davon geh \ret / daß zwischen dem Ahusath und der Aryda eine liebe obhanden sey. Welches er dan mit grossen ernst zu verwehren suchete / und also ein ding den Ahusath verbote / welches zu unterlassen / er von selbsten mehr als wol geneigt war. Einsmals / wie der Aryda bruder den Philistern ein grosses gastmal / sonder zweifel auf anstiften seiner schwester / angestellet hatte / wobei ich auch erschienen / fůgte es sich / nach dem essen /daß wir allerhand spiele anfiengen / da / in überfarung der spielgesetze / beliebige straffen erkant wurden. Es traffe unter andern auch den Ahusath / deme ich etwas zu verrichten auferlegen muste. Dieses ware nun / daß er uns sagen solte / ob und wo er liebte. Niemanden in der gesellschaft gefiele dieses båsser / als der Aryda: welche nun hoffete / ihren namen nennen zu h \ren. Als aber Ahusath sich lange geweigert / erbote er sich endlich / es mir in geheim zu sagen. Wie ihme nun das vergönnet worden / raunete er mir diese worte ins ohr: Wåre ich ein Prinz / so wolte ich mich nicht fürchten / meine liebe zu bekennen. Hiemit gienge er wieder von mir / und ließe mich so bestürzt / als begierig die ganze gesellschaft war / mir auszufragen /wer des Philisters liebes-ziel wäre. Ich war sonder mein wissen errötet / und Ahusath ebenfals: daher der Aryda [144] begierde üm soviel mehr zuname / dieses zu wissen. Ich wiese sie aber alle ab / einwendend / daß ihnen an des Ahusath geheimnis nichtes gelegen sey /weil niemand in der gesellschaft vorhanden / so teil daran hätte.

Aryda erblassete ganz ůber diesen meinen worten /und wie sie folgends allein zu mir kommen konte /lage sie mir sehr an / ihr zu er \ffnen / was Ahusath mir vertrauet. Weil ich nun der Aryda macht bei ihrem vattern / und dieses menschen gewalt bei dem K \nig scheuete / sorgte ich / wan ich ihr die hoffnung ihrer liebe benäme / würde ihre darauf folgende todfeindschaft gegen dem Ahusath ihm groß unheil zu weg bringen. Demnach machte ich sie weiß / wie daß er mir hätte ihren namen genennet. Wer war nun fröher / als die Aryda? welche hienåchst kein geheimnis hievon machete / sondern bei allen ihren vertrauten /deren sie sehr viel hatte / ihr gutes glůck ausbreitete. Es lage ihr nun nichtes mehr an / als daß Ahusaths eigener mund ihr die zeitung nicht selbst entdecket hatte. Ahusath war nachdem etwas verzagter / mit mir ümzugehen / weil er spürte / daß ich seine worte nicht zum bästen aufgenommen; und ich sonderte mich mehr von ihm ab / als vordessen / und meldete alle gelegenheit / mit ihm allein zu reden. Wan er dan etwan solche suchen wolte / berieffe ich die Aryda in unsere gesellschaft: wordurch ich sie mir so sehr verbunden machte / daß ich völlig die vertraute ihrer liebe wurde / von welcher nun der ganze hof / als von einer ausgemachten sache / redete.

Den Bagastanes aber sezte solches in so große unruhe / daß er / des Ahusath beständigem vernemen nicht mehr glaubend / seine zuflucht zu mir name /und inständig mich ersuchete / diese liebe zu verhintern: weil er mir fůr gewiß sagen k \nte / daß sein König / der sehr viel [145] von dem Ahusath hielte / nimmermehr diese seine heurat mit der Aryda zulassen wůrde. Ich versicherte darauf den Bagastanes / daß sein pflegsohn die Aryda nicht liebte / weil ich dessen gewiße kentnis håtte. Solches sezte diesen Philister wieder in ruhe / wiewol nicht volkömlich: massen er nachgehends ja so begierig wurde / zu wissen / wen dan sein Ahusath liebte; weil er sattsam an ihm spůrte / daß er nicht mehr die freiheit hatte die er in Ammon gebracht. Ich wolte ihm nicht sagen / was ich dißfalls vermutete; deutete aber / durch meine gebården /meine unwissenheit nicht so warscheinlich an / daß Bagastanes mich auser verdacht håtte lassen k \nnen. Daher ich nachmals mich so wol von ihme / als von der Aryda / verfolget sahe: da iedes / wegen der håndel des Ahusath / von mir viel ausfragen wolte. Weil aber / wie gesagt / ich nun die gelegenheit / so viel müglich / meldete / mit dem Ahusath in gesellschaft zu seyn / spürte er genugsam / daß ich von seiner liebe etwas wissen müste. Demnach ward er sehr betrůbt / daß er sich so verlaufen hatte / und grämte sich deshalben also ab / daß jederman seine ånderung erkante / und nach dessen ursach anhube zu fragen.

Aryda / als die sorgfåltigste unter allen / lage mir ohn unterlaß in den ohren / dem Ahusath sein anligen auszufragen. Als ich ihr aber solches abgeschlagen /bediente sie sich einer list / mich hierzu zu verm \gen / und ließe den Ahusath durch einen meiner kåmmerer / in meinem namen / zu mir beruffen. Sie hatte mich selbigen tag besucher / und sich zu fleiß bei mir im gemach aufgehalten: da sie dan an der thůr laurete /bis Ahusath ankame. Dieser / sich verwunderend ůber meine gnade / daß ich ihn beruffen lassen / trate nicht sobald in die thür / da sagte Aryda / im hinaus gehen /zu ihme: Die Prinzessin [146] wil einmal euer anligen wissen; darüm verheelet ihr nicht / was der ganze hof an euch merket. Wie bestürzt wir beiderseits darob verblieben / ist leichtlich zu ermessen. Als wir uns hierauf allein beisammen sahen / wuste er nicht / was er sagen / noch weniger ich / was ich fragen solte. Wie wir nun eine weile also stum geblieben / erholete ich mich endlich wieder / und mich nach der ursach seiner ankunft erkundigend / bekame ich von ihme den bescheid / wie daß ich ihn ja håtte beruffen lassen. Ich merkte nun / mich ihrer lezten worte erinnerend / daß Aryda dieses wůrde angestellet haben / und sagte wider ihn: Ihr sehet / Ahusath! wie begierig Aryda ist / euer anligen zu wissen / also daß sie auch mich dazu gebrauchen wollen / solches von euch auszuforschen. Meinet ihr nun / daß sie es wissen dörfe / so bitte ich euch / sagt es ihr selber: dan mein vorwitz ist nicht so groß / als der ihrige / eure geheimnise zu wissen. Meine geheimnise (antwortete er mir / mit niedergeschlagnen augen) sind also beschaffen / daß ich / wo möglich / dieselben vor mir selbst verbergen und mich deren unwissend machen wil; und in dieser unwissenheit zu bleiben / wůnsche ich nichtes als den tod / der das einige mittel seyn kan / mein anligen mir zu benemen.

Ich muß bekennen / daß diese worte mich gerüret. Und weil ich die håftigkeit des leidens / so Ahusath fůlete / aus allem seinem wesen abnemen konte / als fande ich nůtzlicher für ihn / recht heraus zu gehen /als durch ferneres verstellen sein elend zu vermehren. Demnach brache ich gegen ihm in diese worte heraus: Ich weiß zwar eigentlich euer anligen nicht / vermute aber / aus den worten / die ihr mir neulich beim spiel gesaget / daß ihr müsset über euren stand lieben. Weil ich nun viel von euch halte / als rate ich euch / daß ihr euer edles leben nicht [147] mit so unmůglichen dingen martern / und wol gar verkürzen / sondern die wahre vernunft in euch die oberhand sollet behalten lassen /welche leichtlich solche aufsteigende gedanken in euch wird ůberwältigen können. Dieser raht / grosse Prinzessin! (antwortete er mir) wäre der jenige anzunemen fåhig / der keine großmut in sich fůlete / ein k \nigreich zu erlangen / das ihme die geburt versaget. So lang aber hierzu die hofnung bleibet / kan auch nicht die liebe / als welche von ihr die narung nimmet / vergehen / sondern sie tröstet sich stäts / durch künftige änderung die jetzige unmügligkeit zu überwinden.

Wan ihr dan (antwortete ich) die hofnung habet /warüm quälet ihr euch dan so ab / und lasset jederman sehen / daß euch ein verzweifeltes anligen naget? Dieses machet meine verzweiflung / (widerredte er) daß ich keine gegenliebe hoffen darf / wan schon der ungleiche stand mir nicht im weg stůnde: und dörfte ich diese furcht fahren lassen / so solte mir wol geraten seyn. Dieses sagend / sahe er mich so verliebt an /daß mein herz noch mehr gerüret wurde / und mich zu ihm sagen machte: Wer einen so großen muht hat / als ihr von euch růmet / wird durch bloße einbildung sein elend nicht gr \ßer machen / und zweifele ich / ob ihr gewiß wisset / daß man euch nicht lieben k \nne / wan ihr eine kron trůget. Diese wenig worte munterten den Ahusath also auf / daß er sich nicht enthalten kunte /mir zu füßen zu fallen / und dieselbige zu küßen. Ich aber / damit ich ihm fernere gelegenheit / sich mir deutlicher zu erklären / benemen möchte / hieße ihn aufstehen / und sagte: daß so eine danksagung mein gegebener rat nicht verdiente / und ich für ihn sehr zutråglich hielte / gegen die hohe person / die er liebte /solche ehrerbietung zu gebrauchen / daß sie nicht [148] eher das wort Liebe hören d \rfte / bis er ihr solches mit einem gekr \nten haubte sagen k \nte.

Hiemit schieden wir voneinander / und üm der Aryda abzukommen / stärkte ich sie nachgehends in ihrer liebe / mit dem bericht / wie daß des Ahusath anligen nichtes / als ihre kaltsinnigkeit / verursachte: wodurch ich sie dan noch tausendmal verliebter machte / als sie bereits gewesen / und dem Ahusath mehr qual verursachte / ihrem beginnen mit guter art zu begegnen.

Als es nun solcher gestalt bei uns zustunde / kame uns die unvermutete zeitung / dast der tod-vermeinte junge Marsius von Basan wieder lebendig worden /und mit einem mächtigen heer seiner Teutschen und Celten in anzug begriffen wäre / in Ammon einzufallen: weil mein herrvatter / als aller Teutschen abgesagter feind / fůr die gr \ste ursache angesehen und gehalten wurde / daß die K \nigin Salamis diesen aufstand in Basan wider ihn erreget hatte. Was schrecken dieses bei uns erwecket / ist unbeschreiblich. Es ware aber hierbei niemand beherzter / als Ahusath: der sich freuete / daß es etwas für ihn zu thun geben wůrde /dadurch er zugleich seinen mut und seine liebe hervorlegen könte. Man schriebe nun nach allen orten üm hůlfe / und wurde mein bruder / der Prinz Baalis /aus Basan abgefordert / auch alles / so viel müglich /wider diesen ankommenden feind in gute verfassung gestellet. Es kame auch zu uns der Prinz Bileam von Hemath / fůr uns fechten zu helfen. Wie nun unser heer dem Marsius / der schon bei Rabbath stunde /entgegen zu gehen / in begrif war / namen die Prinzen Baalis und Bileam / neben dem Ahusath und andern fürnemsten kriegsbedienten / von uns den abschied: da dan der Aryda betrübnis so offenbar herfůrschiene / daß sie sich nicht scheuete / vor [149] jederman zu weinen. Ich / sowol sie / als den Ahusath / zu vergnügen /name eine schärpe von meiner kleidung / und gabe sie der Aryda / scherzweise zu ihr sagend: Gebet diese feldbinde / dem ritter Ahusath / zum andenken mit /so wird er desto mutiger fechten / und unter dem schirm dieser eurer begünstigung weniger gefahr zu besorgen haben. Aryda bande mit ja so grosser vergnügung ihm die feldbinde an den leib / als erfreut er solche / nicht von ihrer hand / sondern von mir anname. Er würde auch / bei folgendem abschied / für diese gnadbezeugung sich sehr bedanket haben / wan ich ihme darzu zeit und gelegenheit gelassen håtte.

Wie nun das heer hinweg / und ich den Ahusath nicht mehr sahe / fülete ich / daß ich unruhiger worden / als ich vordeme iemals gewesen. Ich dultere nun gern der Aryda gesellschaft / weil sie stäts von ihrem Ahusath redete / und ohn unterlaß / fůr sein wolergehen / gen himmel seufzer schickte: die ich dan heimlich mit den meinigen begleitete / und von tag zu tag mehr in mir verspürte / daß Ahusath mir näher / als andere menschen in der welt / wäre. Wir bekamen aber nach und nach zeitung / daß Marsius mit seinem siegenden heer immer weiter in Ammon drunge / und ungeacht des widerstands der unsrigen / bereits Carchar hinweg genommen hätte. Endlich erfolgte gar die betrůbte post / daß man ein haupttreffen gehalten / die unsrige geschlagen / und unter vielen andern todten /auch der Ahusath geblieben wäre. Wir waren zu Ar /als dieses sich zugetragen: da dan / des dapfern helden verlust / uns allen fast so nahe gienge / als wie aller der andern erlittener schaden. Insonderheit war die Aryda nicht zu trösten: welche / auf einrat der årzte / die luft zu ändern / nach Aim auf das gebirge reisete / alwo ihrer mutter schwester sich aufhielte;[150] und wolte sie / in selbiger einsamkeit / ihre traurige tage hinbringen.

Es fügte sich aber / daß ein Hirt den Ahusath / welcher in der schlacht verloren worden / unter den todten fande / und ihn / weil er noch ein leben in ihm vermerket / aus mitleiden mit sich in seine höle name /die ihm an stat einer hütten dienete. Sowol die treue pflegung dieser guten schåferleute / als des Ahusath starke natur / brachte zu wegen / daß er allgemach wieder aufkame. Weil aber dieser hirte / der nach Aim und zwar unter die fraue geh \ret / bei welcher die Aryda sich aufhielte / keine mittel hatte / seinen kranken mit diensamer arznei zu versehen / meldete er solches der frauen an: welche / von mitleiden bewogen /den verwundten in ihr haus bringen ließe. Die Aryda erkante ihn alsofort für ihren Ahusath / und wåre bald für freuden gestorben / den jenigen so unvermutlich wieder ersehend / den sie schon als todt beweinet hatte. Alle pflege / die nur auszusinnen / wurde an ihn verwendet. Weil aber ein hitziges fieber dazu geschlagen / als wårete es sehr lang / ehe er aller lebensgefar entkommen. Niemand erfure / daß er noch lebte: weil das ganze land mit krieg ůberschwemmet war / und sie zu Alim in den bergen sich verstecket hielten / von dar ihrer keines auf das platte land sich herfür wagen dorfte.

Es fiele aber dieser Krieg für uns so unglůcklich /daß alle fäste städte des reichs von dem Marsius erobert / und wir in die mauren von Ar eingeschlossen wurden: da dan unser untergang für augen war / und wir kein bässers glůck / als wie vordeme der K \nig von Moab gehabt / vermuten konten. Der ůberrest von den Ammonitern / hielten zwar / in dieser fästen stadt / getreulich an ihrem König / und waren sie alle entschlossen / ihr leben bei uns aufzusetzen. Was half uns aber solches / [151] da unsere starke mauren und dapfere gegenwehr nicht verhüten konten / daß nicht der hunger zu uns eingedrungen / und also diese grausame qual uns auch noch begegnet wäre? Der König mein herrvatter wolte doch / in dieser äusersten noht /lieber sterben / als seine abgesagte feinde / die Teutschen / mit einem guten wort versönen: wir mochten ihm auch zureden / wie wir wolten / daß er lieber der gütigkeit des K \nigs von Basan sich ůberlassen / als dem hunger sein und unser aller leben unterwerfen solte. Weil er nun auf seinem fürnemen verharrete /als musten wir / wider sein wissen und willen / auf mittel denken / ihn und uns aus diesem elend und verderben zu erretten.

Derhalben fassete ich den schluß / als wir bereits in den dritten tag kein brod mehr hatten / und gienge mit allen frauenzimmer und kindern aus Ar hinaus / zu dem Marsius in das lager: dem wir ingesamt zu fuß fielen und ům gnade baten. Dieser gůtige herr / der die höflichkeit selber ist wurde durch dieses mein beginnen dermassen beweget / daß er alsofort die belägerung vor Ar ließe aufruffen / und seinen leuten gebote / lebensmittel in die stadt zu füren: welche der Prinz Daces / des Königs vetter / selbst hinein begleitete / und dabei meinem herrvattern / nicht allein den frieden / sondern auch die wiedereinråumung seines ganzen landes / anbote. Diese grosmütige that hätte nun billig des Hanons herze bewegen sollen / allen widerwillen und groll gegen die Teutschen faren zu lassen. Aber sein herz ward hierdurch nur noch mehr verhärtet / und täte ihm wehe / daß er also seinem feinde sich verpflichtet wissen solle. Euserlich zwar stellte er sich gar erkentlich / und tåte dem Daces alle ehr an: aber im herzen verbarg er die nůcke / die er nachgehends herfür brechen lassen. Der unvergleichliche [152] [154]Marsius / sein versprechen zu halten und Ammon zu räumen / kame hierauf in Rabbath / und wolte von dar aus alle gehörige anstalt machen / nach Moab zu gehen: verschobe auch / bis zu endschaft dieser verrichtung / uns in Ar zu besuchen / nachdem er mich /bis an das thor der stadt / mit aller höflichkeit begleitet. Alle einwoner in Ar / nennten mich ihre schutzg \ttin. Aber der König erwiese weniger freude / als er billig thun sollen: da doch das ganze land / wegen so wunderbarer weise erlangten friedens / frolockte.

Diese zeitung erschallte zeitlich auch nach Aim /und zwar mit dem zusatz / daß Marsius mich liebte: welches dan im ganzen lande für wahr ausgesprochen wurde. Der kranke Ahusath / solches gläubend / geriete hierdurch in solche betrůbnis / daß die Aryda eine merkliche verschlimmerung an ihm verspůrte /und mit grosser herzens qual sehen muste / daß seine krankheit täglich zuname und ärger wurde. Weil er nun den tod vermutete / zuvor aber seine liebe mir deutlich er \fnen wolte / als bate er die Aryda / ob es ihr nicht müglich wåre / ihm zu verhelfen / daß er die Prinzessin von Ammon / vor seinem sterben / noch einmal sprechen möchte: welches diese barmherzige liebhaberin ihm zuwegzubringen verhieße / auch nicht seumte / alsofort iemand an mich abzufärtigen. Ich entfinge demnach einen brief / in welchem ich von ihr auf die allerbeweglichste art hierům ersucht wurde. Ich kan nicht leugnen / daß ich vorher des Ahusath tod beweinet und beklaget: nunmehr aber / da ich von seinem leben / das doch nun nicht båsser als der tod war / nachricht bekommen jammerte mich seiner so sehr / daß ich ihm diese lezte erquickung nicht versagen konte / und daher mich entschloße / der Aryda bitte zu wilfaren und sie zu Aim zu besuchen. Ich konte sicher dahin kommen / [154] weil die Teutschen unsere feinde nicht mehr waren. Ich kein nicht beschreiben wie ich die Aryda mit dieser meiner überkunft erfreuet: welche sich mir groß verpflichtet bekente / daß ich ihr und ihrem Ahusath diese gnad erweisen wollen.

Als ich zu diesen kranken gekommen / merkte ich wol / daß meine gegenwart ihm ungemeine erquickung brachte und sagte er zu mir / nach abgelegten begrüßungen / mit schwacher stimme: Wollen sie wol / große Prinzessin! nach so vielfältig bezeigten gnaden / noch diese lezte und gröste hinzu thun / daß ich die fürneme person nennen m \ge / die der kůne Ahusath zu lieben sich unterfangen d \rfen? Ich begehre /auser diesem / nichtes mehr in der welt / und wil nachgehends gerne sterben / wan ich zuvor mein herz hiervon werde erleichtert haben. Redet kůnlich / edler ritter! (antwortete ich ihm) und seit versichert / daß ich) / euer geheimnis zu verschweigen / mich getreu erweisen werde. So sollen sie den wissen (fure er hierauf fort zu reden) daß Ammonide schönheit mehr / als ihr hoher stand / mich bezwingen k \nnen; daß ich in betrachtung des lezten / mich nicht abschrecken lassen / daß erste zu verlangen / und zwar mit solcher ehrsucht / daß ich nicht sonder hofnung gelebet / dermaleins den genus von meiner liebe zu erlangen. Ich war so verblendet / schönste Prinzessin! daß ich vermeinte / ich müste sonder zweifel eine kron erwerben: weil mir der himmel in den sin gegeben / eine Königstochter zu lieben. Nun aber spüre ich wol / daß keine irdische kron mir bestimmet gewesen / und daß der himmel dem großen Marsius das glůck ausersehen / welches ein nichtswůrdiger Ahusath begehren d \rfen. Derohalben lebet wol / mit diesem glücklichen liebhaber! Nur gönnet mir / in mein grab den trost mit mir zu nemen / [155] daß euch die offenbarung meiner künen liebe zu mehr mitleiden als zorn bewogen habe.

Die gemütsbewegung / womit er dieses herfürbrachte / mattete ihn dermassen ab / daß ich die lezte worte kaum vernemen konte. Weil ich ihn nun wie einen sterbenden ansahe / als wolte ich ihm / so viel mir müglich / sein leiden nicht schwerer machẽ / sondern vielmehr ihm tr \stlich erscheinen. Demnach gabe ich ihm eine solche antwort: Ihr seit / edler Ahusath! nicht in solchem zustand / daß ich ůber euer beginnen mich beschweren d \rfe; finde euch auch in eurer liebe so venůnftig / daß solche bei mir mehr ein mitleiden als unwillen erwecket. Härte euch der himmel eine kron gegönnet / so solle Ammonide so willig euer / als eines andern / geworden seyn. Marsius aber hat dergleichen gedanken gegen mir nicht / die ihr euch einbildet / wird also dieser mich nicht hintern /euer andenken stäts in meinem herzen zu hegen und zu verehren. O unbeschreibliche güte! (rieffe hierauf der halbtodte Ahusath) wie seelig bin ich in meinem sterben! Alles leiden wird mir hierdurch reichlich ersetzet / so ich in meinem leben ausgestanden: Als er diß gesagt / befiele er mit einer starken onmacht: daher ich / nicht anders vermeinend / als daß er jezt stürbe / voll tränen von ihm gienge / und den leuten im haus rieffe / ihm in seinem tode beizuwonen.

Er erholete sich aber bald wieder / und brache damit die krankheit: daher / von dem tag an / die årzte gute hofnung gaben / daß er wieder aufkommen würde. Aryda wurde hierüber \ffentlich so erfreut /als wie ich es heimlich ware. Nachdem ich etliche tage daselbst zugebracht / und auf die růkkehr gedenken muste / besuchete ich noch einmal den Ahusath /wiewol in beiseyn der Aryda / (damit ich von seinem anligen ihn nit ferner [156] müste reden hören /) und vermanete ihn / auf seine gesundheit wol acht zu haben /damit wir ihn bald zu Ar wieder sehen möchten. Er verhieße mir dieses / und bliebe nun so vergnůgt über meinem bezeigen / daß er nach vierzehen tagen / sich schon bei v \lligen kråften sahe / das bette und die kammer zu verlassen. Weil aber die Philister / aus furcht für dem Marsius / durch den K \nig von Gerar /gleich nach der unglůcklichen schlacht / die die unsrigen verloren / wieder waren abgefordert worden / als hegte mein herrvatter nun auch einen sonderbaren groll gegen die Philister: weswegen Ahusath / als er wieder bei hof erscheinen wollen / gewarnet wurde /solches einzustellen. Der Aryda vatter täte ihm selbst diese warnung / und ließe / weil er seine tochter an diesen edlen Philister getraut verlangte / ihm an die hand geben / daß er sie nur nach Gerar solle abfordern lassen / wan es sein zustand erheischen würde. Diese wilfärigkeit gefiele dem Ahusath so wenig / als müglich ihm fiele / dieselbe zu erfüllen. Er hatte bisher dieser Aryda sich bedienet / desto bequemer üm mich zu seyn: nun ihm aber solches zu fehlen begunte /ward er ůberdrůßig / ihrentwegen sich länger zu verstellen / und ließe ihr andeuten / wiedaß seine gelegenheit nicht erleiden wolle / sie zu ehlichen / wiewol ihr vatter diese ehre ihm håtte antragen lassen.

Als ich ihm erlaubet / in Milcoms tempel mich zu sprechen / erzehlte er mir dieses alles: hinan fügend /wie er es für eine sünde hielte / sich länger also anzustellen und wider seine wahre liebe zu handeln. Weil ich / bei seinen gesunden tagen so ein mitleiden / wie in seiner krankheit / ihme zu erweisen / nicht für n \tig hielte / als bezeugte ich ihm hierauf / daß mir nicht anstünde / hiervon zu h \ren / und m \chte er nun bässere ehrerbietung gebrauchen / [157] als ehmals / da die krankheit das bei ihm entschuldigen k \nnen / was nun die gesunde vernunft anderst von ihm erheischte; und gelte mir im übrigen gleich / ob er der Aryda liebe annemen oder ausschlagen wůrde. Diese unvermutete antwort machte den Ahusath so bestürzt / daß er verstummete / und nicht wuste / was er ferner sagen solte. Er erholete sich aber bald wieder / und mich tausendmal ům vergebung bittend / daß er gegen die mir schuldige ehrerbietung / gehandlet / verpflichtete er sich mit trånen / forthin dessen gegen mir nicht mehr zu erwehnen / sondern damit vergnůgt zu seyn /daß ich sein anligen wüste / und ihm versprochen håtte / deshalben ein mitleiden mit ihme zu tragen. Weil er nun allein dieses forderte / daß ich dabei beständig verharren möchte / versprache ich ihme solches und vermanete ihn / sich eine weile zu entfernen: da vielleicht die abwesenheit / dieser unmöglichen liebe ihn wůrde k \nnen vergessen machen. Er schůttelte hierüber das haubt / anzudeuten / daß nimmermehr einige vergessenheit bei ihm stat finden wůrde. Mir aber zu gehorsamen / bequemte er sich zur abreise aus Ammon / name abschied von mir / und zoge ohn seumnis hinweg: mich / wan ich es gegen euch gestehen darf / mit seinem gehorsam ja so unruhig /als die Aryda verzweifelt und erzůrnt / hinterlassend.

Wenig tage nach seiner abreise / fande ich in meinem cabinet etliche zeilen auf bast geschrieben / von denen ich nicht weiß / wie sie dahin gekommen / welche also lauten:


Wär ich der erste mensch / was hätt ich doch zu klagen?

es würde dir geburt nicht fåßlen meinen muht.

Nun aber macht mein stand / daß ich nicht eins darf sagen /

was mir das rauhe glůck / aus abgunst / böses thut.


[158] Aus dem inhalt konte ich abnemen / daß Ahusath dieses geschrieben. Weil eben die trostlose Aryda in mein gemach eintrate / besonne ich mich nicht sobald / diesen zettel für ihr zu verbergen / sondern ließe ihr ihn sehen: die dan gleich die hand erkante / und von dem tage an / neben den ihrigen / mir aufsetzig zu werden / und mich wegen des Ahusath zu beneiden begunte. Wie sich den bald darnach eine gelegenheit eräugete / ihre rache an mir zu verůben.

Es käme in der zeit der K \nig Marsius / mit seinen völkern / aus Moab wieder zurücke / nach Basan zu gehen: da er dan / sein wort zu halten / den Prinzen Daces mit den kriegsheer ließe fůrausgehen / er selbst aber mit wenig bedienten uns in Ar zu besuchen / und den friedensbund zu vollziehen / sich ansagen ließe. Das frolockẽ hierüber an unsrem hofe / war allgemein: wiewol mit dem unterschiede / daß der König von Ammon / mein herrvatter / sich dieser gelegenheit freute / den grossen Marsius in seine falle zu bringen; wir andere aber an der grosmut eines so mächtigen nachbarn / der unser bundsverwander werden wolte /uns unschuldiger weise ergezten. Wie nun Marsius /sich keines bösen versehend / zu uns in Ar kame / da ihn der Prinz mein bruder / mit allem m \gligsten pomp einholen müssen: sahe mein herrvatter diesen K \nig nicht sobald zwischen seinen ringmauren / da ließe er ihn unverantwortlich-tůckischer weise / an stat königlicher bewirtung / in ein gefängnis verschließen / und schriebe so fort an die rebellische in Basan / Moab und auf der Ammoniter gebirge / daß sie nun das joch der Teutschen vom halse werfen und ihme beispringen solten / weil er den K \nig von Basan hätte in seine gewalt bekommen.

Man kan ermessen / wie ich mich an diesen beginnen [159] geårgert / und wie es mich geängstet / daß / da dieser unvergleichliche held von mir hierzu beredet worden / aus bloßer grosmut uns den frieden zu schenken / ich nun ihm / zwischen unseren mauren /mit solcher undankbarkeit muste begegnen sehen. Niemand von den großen in Ar leistete mir in diesem meinem unmut gesellschaft / als der einige Prinz Baalis. massen alle die andern ihre gedanken nicht heraus ließen / und teils / als b \se statisten / ihres herrn ungerechtes beginnen gut und wolgetan hießen. Ich ginge mit meinem bruder lang zu raht / wie wir es möchten anfahen / den großen Marsius wieder zu befreien. Endlich gewonnen wir / nach vieler bemůhung / die wacht / so vor dem gefångnus aufwartete / daß sie uns bei nåchtlicher zeit hinein ließe / und uns verg \nte / den Marsius hinaus zu füren. Ich wil hier nicht weitläufig erzehlen / wie ich meinen vatter bei dem Marsius entschuldigt / und ihn ersuchet / daß er dieses ja nimmermehr an Ammon rächen wolte. Ich wil nit sagen / mit welcher erkentlichkeit und danksagung er die freiheit von mir angenommen / und mich versichert / daß er / ům meinet willen / ungeacht dieser unfreundlichen begegnis / solches nie anten wolte. Ich wil nur sagen / wie uns das glůck so wolgewolt / daß wir den K \nig aus der stadt brachten / sonder daß einiger mensch / auser der wacht / welche mit fort ginge / dessen gewar worden.

Als man am folgenden morgen erfure / daß der König von Basan nicht mehr vorhanden wåre / wolte mein herrvatter über diesem verlust von sinnen kommen. Keine bemühung und nachforschung wurde versparer / ům zu erfaren / wie dieses wäre zugegangen: wiewol alles vergeblich abliefe. Also sahe nun Hanon seine hofnung zu wasser geworden / samt allen den[160] großen anschlägen / die er mit den Moabitern und Amoritern gemacht hatte. Uns kame bald hierauf die zeitung / wie die ankunft des großen Marsius / in Basan alles hätte anderst aussehen gemacht / und daß sich nun iederman vor diesem großen König demütigte / der zuvor / in seinem unglůckstande / sich wieder ihn erhoben hatte. Weil man nun deshalben in Ammon nicht unbillig einen krieg vermutete / als unwissend / daß Marsius mir / sich nicht zu rächen /versprochen hatte / rüstete man sich hierzu mit aller macht / und wurden nochmals wiewol vergebens / die Philister ům hülfe angeruffen: die aber solches abgeschlagen / aus furcht für den Teutschen / und dieselben nit ferner zu reißen. Weil aber / wie gesagt / die rachgierige Aryda nacht und tag dahin bemühet war /mir schädlich zu seyn / indem sie mich für die jenige hielte / die neben dem Ahusath sie betrogen hatte: als erforschete sie endlich bei einer von meinen dirnen /daß ich die nacht / wie Marsius hinweggekommen /mit meinem bruder heimlich und ganz allein nach dem ort der gefångnis gegangen wäre. Dieses ließe sie alsofort / durch ihren vatter / dem König hinterbringen /und brache es / auf fernere nachfrage / endlich heraus / daß Baalis und ich des Königs von Basan erlösere gewesen.

Ich gläube nicht / daß iemals ein größerer grim einen menschen überfallen / als wie der König bei sich befande / da er dieses vernommen: und bannete er auf einmal alle våtterliche liebe so gar aus seinem herzen / daß er uns verrätere des vatterlandes scholte /und in Rabbath / alwo damals die hofstatt war / in gefångliche haft bringen ließe. Es wurde auch / ům uns von der krone ganz auszuschliessen / von einer anderweitigen verheuratung des K \nigs geredet: massen meine fraumutter fůr längst gestorben und mein herrvatter bisher in einsamen [161] stand blieben ware. Weil uns in dieses unglück kein begangenes laster / sondern vielmehr ein trieb der tugend gesetzet / als ertruge so wol mein bruder / als ich / mit gedult / alles das / so uns deswegen widerfure.

Es fůgte sich / kurz hierauf / daß unser vetter / der Hadoran von Moab / aus Elam zu dem K \nig nach Rabbath kame / und ihn ům hůlfe ersuchte / sein großes vorhaben wider Moab ins werk zu richten: welches ihm auch zugesagt / und alle anstalt / Rabbath Moab zu überfallen / gemacht wurde. Diesen nun jammerte meines bruders und meiner: daher er uns /fast auf gleiche art / wie wir dem Marsius aus Rabbath / darvon halfe. Wir schieden uns vor der stadt: da Baalis den weg nach Basan vor sich name / ich aber nach Tyro zu unserer mutter brudern reisete.

Weil es aber an selbigem hof mir also ergienge /daß iederman mich ansahe / als eine unglůcksfakel /die leicht ihr land in kriegesbrunst setzen können / befande die Königin Delbois für gut / mich nach Babel zu ihrer schwester zu senden: dahin ich auch / mit der Timna / reisete. Mein herrvatter hatte diese meine reise ausgekundschaftet / und mich bis in Mesopotanien verfolgen lassen: da der Aryda bruder / welcher diese nach mir ausgesandte gefůret / mich antraffe /auch bei nahe hinweg bekommen / wan nicht mein gutes glůck den Prinzen Abimelech und den Ahusath mir håtte zu hülfe geschicket. Diese nun erretteten mich / von ihnen / und brachten mich sicher nach Babel: worbei der erfreute Ahusath mir bezeugte / wie daß er / ungeacht er nichtes sagen d \rfte / dennoch seine alte gedanken gegen mir beständig hegte.

Wie es mir hierauf in Babel / folgends in Ninive /und letzlich hier in Syrien / diese jahre her / ergangen / [162] solches ist nicht wert zu erzehlen. Es mag ungefär in den vierten mond gehen / daß Ahusath das leztemal bei mir in Damasco gewesen: da er / auf sein inständiges ansuchen / und unverdroßenes bemůhen / endlich diese erklårung von mir erhalten / daß / wan er ein Prinz seyn m \chte / keiner in der welt vor ihme den vorzug bei mir haben solte. Ich hatte hiermit verliebten ritter in seinem betrübten gemüte dermassen aufgerichtet / daß er ganz wolzufrieden / hinweg schiede: ob gleich / in dieser meiner erklärung / nichts verbündliches enthalten / war; das sich dan ietzund zu tage gibet / da Abimelech das in einem augenblick /wornach der arme Ahusath so viel jahre vergeblich gestrebet.

Nun aber auf diese unvermutete anwerbung zu kommen / so sollet ihr wissen / daß / wie man mir gestern berichtet / die mishelligkeiten / zwischen Ammon und den Philistern / bisher noch immer gedauret: bis letzlich beider Cronen bediente sich dahin bemühet / durch eine heurat zwischen dem Prinzen Abimelech und mir / das alte vertrauen nicht allein wieder aufzurichten / sondern auch / mit andern Canaanitern / wider den tyrannischen Beor einen neuen bund zu schließen: weil sie dessen erhebung ůber die andere Canaanitische Könige / nicht länger gedulten wollen. Dieses ist ihnen nun geglůcket / und hat mein herrvatter sich bequemet / in betrachtung des Prinzen Abimelech / meinen bruder und mich wieder zu kindern aufzunemen: welches dan verursachet / diese gesandschaft hieher abzuordnen. Nun sehe ich im geringsten kein mittel / dieses zu verhintern: weil hieran / nicht allein mein einiges und höchstes glück / sondern auch die wolfart von Ammon / ja von auch ganz Canaan / hånget und beruhet. Ich weiß wol / daß Abimelech / nicht aus liebe / sondern aus andern stats-ursachen / mich [163] heuratet: daher ich / wan ich es sagen darf / lieber wolte / daß C \lidiane meine stelle vertråte. Ich kan aber nicht nach meinen wunsch hierinn verfaren / sondern mus blos meinem glücke folgen /und die augen für den armen Ahusath zuthun: den ich nie angenemer noch mir lieber zu seyn befunden habe / als diese wenig stunden / da ich erfaren / daß ich dem Philister-Prinzen verlobet hin / und selbigen nun lieben muß. Sehet demnach / liebste Fürstin! wie mit nur mein verhångnis spielet: da es mir allemal zu wenig oder zu viel angeboten / und nun / mich unversehens aus der tiefsten ernidrigung erhebend / in ein glück setzet / welches mir meine ruhe rauben / und mir darthun muß / daß nicht der stand / die hoheit oder ehre / des herzens ruhstand mehre.


* * *


Sie beschließen ihre erzehlung (sagte hierauf Mehetabeel / als Ammonibe aufgeh \rt zu reden /) mit einem reim: und zeigen damit an / daß nichtes / als dieses / wie es nun gekommen / sich bässer fůr die Prinzessin von Ammon gereimt hätte. Dieses ist von mir unwissend geschehen: (gabe Ammonide zur Antwort /) massen meine sinne iezt nicht so aufgeraumt sind / verse zu stellen. Wozu dienet aber diese unruhe? (sagte Mehetabeel) Ich sehe nicht / worüber meine Prinzessin sich hierbei sonderlich zubeklagen habe: da sie ja alle die gedanken gegen den Ahusath behalten d \rfen / die sie vordeme gegen ihm geheget /sonder daß dem Abimelech darin einiger abbruch widerfare. Ach Mehetabeel! (sagte Ammonide) mich jammert nicht allein des armen Ahusath / welcher hierbei viel verlieret; sondern auch ich leide verlust /indem ich gegen ihm die gedanken nicht mehr hegen darf / die mir sonst von ihm beigewonet. Diese lezte worte [164] begleitete sie mit vielen seufzern: woraus dan erschiene / daß diese Prinzessin den Ahusath håftiger liebte / als sie selber bisher vermeinet. Es ist je wahr /(sagte Mehetabeel) daß keine vergnügung einem menschen in dieser welt bescheret seye: massen das allergr \ste glůck immer ein Aber mit sich fůret / daß den genuß bitter machet. Wåre es nicht iezt ům den Ahusath zu thun / was hätte meine Prinzessin fůr ursach zu klagen / da sie / durch heuratung des weltberůmten Prinzens der Philister / sich nicht allein in ihres vatters gnade wieder setzet / sondern auch dem ganzen Canaan dadurch einen dienst erweisen kan.

Woher komt es aber immermehr / (fuhr diese Fürstin fort / zu fragen) daß der mächtige König von Basan meine Prinzessin so hülflos gelassen / und nicht einmal / in diesen jahren / als sie aus Ammon seyn můssen / nach ihr gefraget / da sie doch allein seinet wegen alle diese verfolgungen ausgestanden? Ach! dieser unvergleichliche König (antwortete Ammonide seufzend) hat \fters seine hůlfe wider Ammon mir anbieten lassen / wan ich sie nur hätte annemen wollen / und so lang er gelebet / sich iederzeit meinen sonderbaren freund erwiesen. Ist dan dieser K \nig nicht mehr im leben? (fragte Mehetabeel ganz begierig) und welchergestalt mag dan dessen tod sich begeben haben? Ich darf von diesen dingen / (sagte Ammonide) wegen eines harten eides / der mich bindet /nichtes melden: darum dringet nicht ferner in mich /und seit damit zu frieden / daß ihr wisset / dieser große König sei nicht mehr unter den lebendigen.

Sie stunden hiemit beide auf / weil die Ammonitische gesandten / wie auch die Fürsten Husan und Thaxe / neben der Perseis / Casbiane und Merene /dazu kamen / und dieser braut des Prinzens der Philister aufwarten [165] wolten: massen sie nun iederman feirete und verehrte / da ihr das glück so gůtig sich erwiese. Weil Ammonide von der Perseis verstunde / daß ihre K \nigin sich diesen tag nicht würde sehen lassen / als stellte sie ihr vorhaben ein / nach deren palast zu gehen / und begabe sich / wie sie noch eine weile bei der gesellschaft verblieben / nach ihrer wonung / alda alles zu ihrem aufbruch bereit gemacht wurde. Wie dan / sowol die Ammonitische gesandten / als die von Gerar / stark darauf drungen / daß sie / wegen der kriegs-unruhe in Syrien / ihre abreise beschleunigen m \chte: weswegen auch der folgende tag hierzu benamet und angesetzet wurde.

Weil durch ganz Aroer / das gerüchte von dieser heurat erscholle / als war die Timna nicht die lezte /so hiervon nachricht erhielte. Wiewol sie nun sich unpåslich befande / welches sie verhintert hatte / daß sie in etlichen tagen nicht zu ihrer Königin gekommen: so vermochte sie doch / nach dieser erhaltenen zeitung / nicht länger der kammer zu hüten / sondern eilete /so matt und schwach sie auch war / gegen abend zu ihrer Königin. Sie fande dieselbe im bette / und wurde gleich vorgelassen / da doch sollst iederman abgewiesen worden. Ihre bestürzung ließe sie kein wort herfůr bringen / weil sie die sch \ne K \nigin so entstellt fande / daß mitleiden und schrecken sich bei ihr zusammen gesellte: daher sie / sonder die gebürende ehrerbietung in acht zu nemen / auf einen sessel niederfiele / und also ihre K \nigin mit unverwandten augen ansahe. Was dünket euch / Timna! (hube diese sch \ne an zu reden) ům euren Abimelech / dessen wort ihr ståts bei mir so treulich geredet? hättet ihr euch wol můglich einbilden k \nnen / dieses zu erleben / was nun geschehen ist? Ach gnädigste Königin! (antwortete Timna) ich glaube es noch nicht / ja es ist unmüglich / [166] daß Abimelech sein selbst solte so gar vergessen haben. Inzwischen aber / daß ihr daran zweifelt / (sagte die K \nigin) ziehet Ammonide zu dem Prinzen / und wird an ihn getrauet.

Als die Timna / vor verwirrung / hierzu nichtes redte / fuhre ůber eine weile die K \nigin also fort. Erinnert ihr euch noch wol / als die Prinzessin von Ammon neben euch nach Babel kame / wie sie sowol als Abimelech err \tete / als der K \nig von Assyrien mit diesem Prinzen scherzte / daß man für ihn diese sch \ne Prinzessin fleißig aufbewaren wolte? Solte nicht schon damals Ammonide das in der that besessen haben / wozu ich den namen herleihen müssen? Ja wisset ihr auch noch / wie sie mich verraten / und dem Belochus entdecket / daß Abimelech bei uns in eurem zimmer gewesen? Ach wie war ich doch so gar blind /daß ich diesem betrieger geglåubet! und schmerzet mich nun nichts mehr / als daß ich ihn geliebet habe. Bedenket / Timna! in was unschuld ich mit ihm gelebet / und wie ich ihme mich vertrauet: massen ich noch gestern ihn allen meinem Fůrsten und haubtleuten fůr einen General fůrgeschlagen / in meinung / ihn zum König von Syrien zu machen. Nichtes gehet mir so nahe / als der schimpf / daß Abimelech nun über mich mit seiner Ammonide frolocken sol /und bin ich deswegen mir selber feind: und eben darum bin ich so schwach / indem ich dieses zu herzen fasse. Hat dan der Prinz / (fragte Timna) dieses sein beginnen / bei E. Maj. gar nicht entschuldigen lassen? Nicht ein gruß / (antwortete die K \nigin) nicht ein wort / ist mir von ihm angebracht worden. O grausame undankbarkeit! (rieffe hierauf Timna). Ich erstarre / wan ich diesem recht nachdenke / und finde nicht das allergeringste / womit ich diesen Prinzen entschuldigen konte. [167] Wåre ihm etwan / durch ein falsches geschrei / etwas widriges von seiner K \nigin zu ohren gekommen / so hätte er doch nicht also zufahren / sondern bäßere erkundigung einziehen sollen. Er hat ja so viel tausend proben E. Maj. unvergleichlicher treue und grosmůtiger tugend erlebet / daß er billig keinem argwan / wan er ja einen fassen k \nnen /hätte gehör geben sollen.

Ach! Timna / Timna! (sagte die K \nigin) euer böser anschlag / die Aramena betreffend / und eure verschwiegenheit / da ihr den Prinzen / euren vettern /in meinem frauenzimmer gewust / und mir es nicht geoffenbaret / sind wol große schulde mit / daß es also ergangen ist. Diese entfindliche fürrůckung sezte die Timna halb in verzweiflung: daher sie / voll trånen / vor dem bette niederfallend und der K \nigin füße kůssend / dieselbe inständig bate / daß sie doch solche t \dende worte gegen ihr nicht mehr gebrauchen wolte. Es mag vielleicht (täte sie hinzu) eher dem Abimelech zu ohren gekommen seyn / daß Elihu sollen Syrischer K \nig werden: weswegen er zu solch einem unvetantwortlichen beginnen sich entschlossen. Weil die K \nigin wol warname / daß die gute Timna ohnedas wegen ihres Eliphas h \chstbetrůbet war /wolte sie nicht leiden zu leiden setzen / hielte ein mit diesem vorwurf / und versicherte die Fürstin / daß sie ja so sehr / wie vordessen / sie liebte und sich ihr vertrauen wolte.

Als nun diese trostworte die Timna wieder aufgerichtet / redten sie beide ferner von diesem fr \mden handel / und sagte unter andern die K \nigin: Ich muß / zu meinem eignen leidẽ / auch das entfindliche anligen meiner liebsten C \lidiane mit fůlen / welche nicht zu tr \sten ist / daß Abimelech sie also verlassen. Ich hätte heut ihr zum trost eröfnet / wie ich so wol / und vielleicht mehr als [168] sie betrogen worden: wan nicht diese schwachheit mir wäre zugestoßen / die mir verbietet / vom bette zu kommen. Ich habe auch so viel nachricht von ihr / daß sie heut noch kläglicher / als gestern / sich gebården sol. Dieser betrieger ist nicht wert / (sagte die unwillige Timna) daß seinetwegen so edle trånen vergossen werden. Ich weiß auch / es werden E. Maj. ohn mein erinnern / diese untreu mit verachtung und vergessenheit belonen.

Ach Abimelech! (sagte hierauf die Königin bei sich selber) must du nun den namen eines betriegers davon tragen / da du jedesmal in solchem tugend-rum geschwebet? wie mag dieses doch immer zugehen? Scheinet es doch / der himmel habe / mich zu straffen / verhängen wollen / daß du / ô ehemals liebwůrdiger Prinz! hast müssen aufh \ren zu seyn / was du sonst allezeit gewesen bist! Doch was gedenke ich? (finge sie ůber eine weile an / mit stårkerer stimme /) nimmermehr hat in dir wahre tugend gewonet: dan diese ist unendlich / und bleibet / wo sie einmal sitz genommen. Darum leget man dir billig den namen zu / daß man dich einen betrieger nennet. Aber wie? vielleicht ist dein kindlicher gehorsam hieran schuldig / dazu ich dich ja selber so oft ermanet / der dich nun zwinget die Ammonide zu ehlichen? Wol! diese pflicht mag so weit gelten / als sie kan: sie håtte dir aber nicht verwehren k \nnen / mir vorher darvon nachricht zu geben. Nein! Nein! es ist allzu klar / (fuhre sie fort) daß du schuldig bist. Du hast meine verachtung und meinen haß verdienet: die sollen dir auch / weil ich lebe / ja so beståndig / als ehmals meine liebe /verbleiben. Timna h \rte alle diese harte worte der schönen K \nigin / und befande sich selbst so verbittert über den Abimelech / daß es ihr eine grausame freude war / diese entschließung zu vernemen: [169] welche sie auch mehr befästigen halfe / als widerriete.

Indem wurde der Königin leibarzt angemeldet /welcher / als er fůrgelassen worden / ihren zustand /seit selbigen morgens / gar nichtes verbåssert fande. Er wuste zwar nicht eigentlich ihr rechtes anligen /konte aber wol so viel mutmassen / daß ein großer schrecken diese verånderung in ihrem leibe muste verursachet haben. Demnach riete er der Königin / die warme båder unsern von Aroer zu gebrauchen / und zwar je eher je båsser. Die Königin entschloße sich /diesem rat zu folgen / und die fůrgeschlagene Cur nåchster tagen anzusahen. Weil der C \lidiane zustand mit dem ihrigen gleichf \rmig war / als wolte sie dieselbe auch mit darbei wissen. Demnach / als sie folgenden tags sich etwas stärker befande / fuhre sie zu dieser trostlosen Prinzessin / die nun wieder in ihren eignen verordneten palast sich hatte bringen lassen. Sie traffe vor ihrem bette bei ihr an / die Königin von Salem / neben der Prinzessin Jaelinde: welche beide dieser betrůbten mit trost zusprachen / und deren leiden mit ihrem erbärmnis vergesellschaften halfe. Weil der Königin von Syrien unpäßligkeit so kündig als kentlich war / bezeigten C \lidiane und die andern /desto höhere erkentlichkeit wegen dieser besuchung /und urteileten daraus die herzliche liebe / so die K \nigin zu dieser Prinzessin tragen muste.

Ich komme / allerliebste C \lidiane / (begunte diese schöne Aramena sie anzureden) in der hofnung / euch stärker als vor zween tagen zu sehen / und wolte erfreuet seyn / wan ich von euch hören m \chte / daß ihr des Prinzen von Gerar vergessen håttet. Vergessen! (rieffe Cölidiane) ach weh! wie ist das můglich? Ich liebe den Abimelech / ungeacht seiner untreue / und wil ihme dieses [170] leid nicht gönnen / daß durch meinen haß sein gewissen / ihn zu quälen / aufgereget werde /weil ich zu dieser ånderung ihm keine ursach gegeben. Meinet ihr dan / (sagte die K \nigin / sich zu ihr auf das bette setzend) daß Abimelech euch betrogen? Ach! ich habe vielmehr ursach / als ihr / mich ůber ihn zu beschweren? Ich laugne es nicht mehr / C \lidiane! Abimelech und ich haben einander von kindheit auf geliebet / und tåte er mir viel tausend versicherungen / mir allein treu zu verbleiben. Eure gewogenheit gegen ihm / die er mir iedesmal also beschrieben / als wan sie ihm sonder sein zuthun wiederfaren wåre / hat er zwar stäts in meinem beiseyn hoch erkennt / und dabei beklaget / daß seine liebe zu mir ihm verwehrte / dieselbe der gebůr nach anzunemen. Ich spüre aber nun wol / daß er mich so wenig / als euch gemeinet. Weil ich es eine sünde zu seyn erachtet / euch dieses in die länge zu verhalten / habe ich immerzu euch er \fnen wollen / daß Abimelech mich liebte. Es hat mich aber alles mal getauret / da ich eure unschuldige und häftige liebe gesehen / euch damit zu betrůben: bis ich endlich / vor etlichen tagen / den fästen schluß gefasset / euch in dieser unwissenheit nicht långer stecken zu lassen. Die unvermutete begebenheit aber mit der Prinzessin von Ammon / ist meinem fürsatze zuvor gekommen: daß also / nicht ich / sondern sie euch / allerliebste C \lidiane! andeuten m \ssen / daß Abimelech ein unbeständiger liebhaber und der gewogenheit unwürdig sei / die ihr in eurer unschuld / und ich in meiner einbildung / ihme zugewendet. Vergesset demnach / gleichwie ich thue /dieses Prinzen / und gönnet ihm nicht / daß er mit seiner Ammonide ůber uns honlåchlen könne.

C \lidiane wurde gleich einem steinernen bilde / als sie diese unverhoffte mähre von ihrem Abimelech[171] h \rte: und vermeinte sie anfangs / als ob die K \nigin von Syrien mit ihr scherzte. Wie sie aber die häftigkeit / neben dem traurigen wesen / dieser sch \nen Aramena erwogen / muste sie solches glåuben. Demnach schluge sie beide hånde gen himmel / und sagte: Ach mein Gott! du weist / mit was unschuldigem reinen herzen ich den Abimelech geliebet / und wie ich mich im geringsten nicht versehen k \nnen / solche dinge zu h \ren. Ich wil aber forthin in meinem klagen ganz geheim seyn / da die schönste Königin der welt also betrogen worden / und mich allerdings bemůhen /ihrem grosmůtigen beispiel nachzufolgen: nur dieses ausgenommen / daß ich des Abimelech vergessen solte / welches mir leider unmůglich fållet / maßen ich ihn / bis in den tod / beständig lieben werde. Woher kommet doch / in euch kinder von Caphtor / (finge die K \nigin von Salem hierauf an) diese sonderbare beståndigkeit / mit der ihr auch die unmügkeit zu ůberwinden gedenket. Jaelinde / eben also gesinnet / liebet einen todten / und C \lidiane einen lebendigen: von denen sie nun beiderseits wissen / daß ihre liebe nicht angenommen worden.

Als Jaelinde / über diesen worten / von der schönen K \nigin angesehen wurde / sagte sie: Ich scheue mich nicht / dieses zu gestehen / daß ich den edlem Cimber in seinem leben / und auch nun nach seinem tode / geliebet / ob gleich eine viel wůrdigere / als ich bin /sein herz eingenommen. Ich wil auch bei dieser gelegenheit / nicht bergen / daß eben diese die K \nigin von Syrien gewesen / die er mit der ehrerbietigsten liebe von der welt angebetet und verehret. Was saget ihr / Prinzessin von Caphtor? (fragte die Königin) wan ihr kentnis von dieses Prinzen begebenheiten habt / so werdet ihr ja wissen / an welchem ort er geliebet. Ich merke wol (antwortete [172] Jaelinde) daß E. Maj. die Prinzessin Hercinde meinen. Es ist aber anders nicht / als wie ich melde: des Cimbers eigener mund / und die nach seinem tode gefundene schriften /beståtigen die warheit meiner worte. Der Königin kamen diese reden der Jaelinde sehr fr \md für / und wuste sie nicht was sie hierzu sagen solte. Mitlerweile sie nun hierůber in tieffen gedanken bliebe / eilte Jaelinde nach einem cabinet / aus welchem sie ein lädlein mit allerhand schriften herfürlangte / solches der K \nigin überreichte / und sagte: Diese gedichte / und was sonst in diesem kåstlein enthalten / habe ich /nach dem trauerwůrdigen tode dieses Prinzen / in seinem gemache gefunden / und zu mir genommen; des vorsatzes / es E. Maj. dereinst zu ůbergeben / und den edlen Cimber noch damit zu vergnügen / daß seine Königin nach seinem tod erfahre / wie sehr er sie geliebet. Könte ich ein erbarmen / ja noch mehr als etwas solches / in E. Maj. herzen hiermit zu wege bringen / wolte ich solches mir zum troste dienen lassen / daß ich eine so unvergleichliche mitbulerin bei meinem todten überkommen.

Ich habe diesen großen Fůrsten (erwiderte die K \nigin) iederzeit so hoch geachtet / indem ich ihn für des Adimelech freund / nicht aber fůr seinem mitbuler angesehen / daß ich nicht wůste / wie ich iemanden meine vertreuliche freundschaft vollkommener zuwenden könte: niemals aber habe ich etwas von deme gemerket / wessen ihr mich überreden wollet. Wan mir vergönt ist / die übergebene schriften zu durchsehen / wil ich künftig mich erklären / wie weit meine beglaubigung diese nachricht verm \ge anzunemen. Wie nun Jaelinde der Königin dieses lådlein ůberlassen hatte / sagte Cölidiane: E. Maj. sehen / wie die beide unglückselige kinder von Caphtor / die gr \ste und sch \nste K \nigin der welt zu ihrer mitbulerin [173] zu haben / bestimmet sind; wiewol Jaelinde verhängnis darin båsser ist / als das meinige / daß sie ihren Cimber nicht in solcher ungnade / als ich den Abimelech /bei E. Maj. wissen darf. Wan Cimber noch lebte /(antwortete die K \nigin) würde er sich über des Abimelech beginnen halb todt verwundern: massen dieser Prinz allemal des andern sein vertrauter und unterhändler in seiner liebe / keineswegs aber sein mitbuler / gewesen. Also kan ich nun nicht vermuten / daß mir mit fug der name einer mitbulerin bei der Jaelinde k \nne beigelegt werden: gleichwie ich solchen hingegen / bis ietzund / bei der C \lidiane getragen / nun mehr aber davon befreiet / mit desto ruhigern gemůte meine liebste Prinzessin lieben werde. Dieses sagend / bückte sie sich zur Cölidiane / und kůssete sie herzlich: welche / so betrübt und verst \rt sie auch über allem dem war / so sie von ihrem Abimelech erfaren /dannoch mit innerstem vergnügen diese liebkosungen ihrer so werten K \nigin anname / und ihr gleiches mit gleichen erwiederte.

Die verständige K \nigie Eurilinde / diese edle und betrůbte gesellschaft von ihren traurigen gedanken ein wenig abzubringen / brachte hierauf andere dinge auf die bahn / und veranlaßte / daß so wol die Königin von Syrien / als die C \lidiane / an ihr begehrten /ihren und des Melchisedech lebenslauf ihnen zu erzehlen: welches sie / wie sie der Jaelinde vordeme gethan / verrichtete; womit dan die zeit verliefe / in welcher ihre zuh \rerinnen der betrachtung ihres eigenẽ leidens anstand geben musten. Weil nun Eurilinde /wie sie von dem Ammonitischen gesandten verstanden / zu ende ihrer erzehlung mit hinan fügte / daß iezt die meiste Könige in Canaan / einen bund wider den Beor zu machen / und den Melchisedech zu erlösen / im werk begriffen wåren / sagte die [174] K \nigin von Syrien: Es wird zweifelsohn dieser bund eine ursach mit seyn / daß der Prinz von Gerar die entschließung gefasset / die Ammonide zu ehlichen. Sein gehorsam (versezte C \lidiane) mag ja wol hieribei das gröste verrichten: doch weiß ich für ihn keine entschuldigung / wan ich glauben sol / daß E. Maj. von ihme sind geliebet worden. Daß er stäts ein solches vorgegeben / (widerredte die Königin) ist ganz gewiß / wie auch daß er es mich gläuben gemacht. Ob aber iemals sein herz dabei gewesen / daran muß ich nun zweifeln / weil alle ümstände ein anders anzeigen.

Ach allerliebste K \nigin! (sagte Cölidiane) was hatte ich dan verschuldet / daß man mir nicht eher entdecken wollen / wie ich mich in meiner liebe betr \ge? da nun diese liebe in mir so fäste wurzeln gesezt /daß / ungeacht des Abimelech untreue / ich doch nicht von ihm lassen / noch ihn hassen kan. Hätte dieser Prinz zu Salem mir gesaget / wie er bei der sch \nsten K \nigin der welt in gunsten stünde: so wolte ich gut zeit abgelassen haben / mir die einbildung zu machen / die nun in mir eine ewigwärende unruhe erwecken wird. Wie hat dieser Prinz (antwortete die K \nigin) meiner Prinzessin seine liebe gegen mir entdecken können / da er dieselbe niemals im ernst gehabt? Daß aber ich damit verschwiegen gewesen / daran ist allein mein mitleiden schuldig: welches ich doch endlich überwinden wollen / in dem ich nach Cus den eigentlichen verlauf geschrieben / so aber meiner Prinzessin nicht ist zu handen gekommen. Ach daß dan (rieffe die betrübte C \lidiane) diese briefe sind verloren worden! lieber wolte ich ja meinen Abimelech E. Maj. als der Ammonide / geg \nnet haben. Und ich (widerredte die Königin) gönne ihn niemanden weniger / als euch: weil seine leichtsinnigkeit ihn / die vollkommene Cölidiane [175] zu besitzen / unwůrdig machet. C \lidiane beseufzete dieses / sonder zu antworten. Weil es aber bereits spat worden war / auch die K \nigin wol fůlete / daß ihre schwachheit ihr nicht långer g \nnen wolte / vom bette zu bleiben / name sie abschied von der Prinzessin / wie auch von der Königin von Salem und der Jaelinde: nachdem sie zuvor mit ihnen abgeredet / daß sie in zwee tagen miteinander nach den warmen bädern reisen wolten / allwo Jaelinde die Cur mit anzufahen sich erklärte. Hiermit begabe sich die Königin wieder in ihrem palast / da sie den Husan fürfunde / der ihr anmeldete / wie daß der Nahor mit dreitausend Syrern im lager glůcklich angekommen wäre; welche post sie zur andern zeit wůrde erfreuet haben: nun aber war sie so in ihrem gemüt verwirret / daß sie alles gleich wenig achtete /auch / des Nahors bericht anzuh \ren / bis auf den andern Tag verschobe.

Selbiger Tag war zur abreise der Ammode bestimmet: und weil nun den Prinzen Abimelech alle Syrer und Niniviten fůr ihren General hielten / wolte ein jeder dieser seiner braut eine sonderbare ehre bei ihrem abzug erweisen. Die gassen in Aroer waren alle mit teppichen und blumen bezieret / alwo sie herdurch kommen solte. Das geth \n der trompeten / harffen /pauken und pfeifen erschallte überall: und weil selbiges / so wol die K \nigin von Syrien / als die hochbetrübte C \lidiane / aus ihrer ruhe gebracht / da sie beide erst gegen den morgen eingeschlummert waren /erinnerten sie sich der glůckseligkeit ihrer mitbulerin. Dieses nun verdoppelte ihre schmerzen / und risse ihre tieffe wunden von neuem auf: also daß sie nicht anders dünkte / als ob sie eine todenmusik vernämen /die alle ihre freude zu grab bringen solte. Niemals war Abimelech [176] der Königin von Syrien in ihren gedanken so angenem und gefällig fürgekommen / als diesesmal / und stellten ihre sinne ihr auf einmal vor /alle die geschicklichkeiten dieses Prinzen / und was er sein leblang ihr für proben seiner wahren liebe erwiesen: daher ihr das noch unglåublich fiele / was sie nunmehr von ihm erlebet / und ließe sie / auf etliche minuten / die liebe wieder in ihr wirken / die sie sonst gånzllich verbannet hatte.

Als indem die Perseis kame / und sie berichtete /wie die Ammonide / abschied zu nemen / sich anmelden ließe / und sie sich erinnerte / daß diese ihr raubte / was sie fast durch ihre ganze lebenszeit so herzlich geliebet: stunde sie lang bei sich an / ob sie dieselbe solte fůr sich kommen lassen. Endlich ůberwunde sie sich / und befahle / ihr ein lädlein auf das bette zu bringen: aus welchen sie verschiedene sehr k \stliche kleinodien hervorlangte / die ihr alle der Abimelech ehmals geschenket hatte / mit denen sie die Ammonide begaben wolte. Sonder trånen / so hart sie sich auch hielte / konte sie von diesen teuren pfanden ehmaliger liebe nicht abscheiden. Es ware unter andern darbei / des Prinzen Abimelech bildnis / in einer diamanten-schachtel verwaret: welches sie \ffnete / und mit verwunderung die diesem Prinzen aus den augen herfürleuchtende treu und aufrichtigkeit betrachtete /welche er doch nun nicht an ihr erwiesen. Sie verschlosse es aber geschwind wieder / weil sie entfande / daß ihr haß gegen ihm sich verminderte / ie länger sie ihn ansahe. Endlich sagte sie zu diesem todten bilde: Nun gute nacht / Abimelech! lebe wol! ich banne dich hiemit ewig aus meinen augen und gedanken.

Nach diesem gesprochenen endschluß / ließe sie der Ammonide sagen / daß sie wol zu ihr kommen möchte. Selbige erschiene nicht lang hernach / und name ihren [177] abschied: welcher in demütiger danksagung für alle genossene gnade bestunde / zugleich sich und ihren Abimelech ihrer Königlichen hulde ferner entfelend. Nachdem die Königin solches mit wenig worten beantwortet / gabe sie der Ammonide die kleinodien / sagend: Sie m \chte die für ihre geleistete aufwartung annemen / und sie ihr sonders lieb seyn lassen / weil sie meist von ihrem Prinzen herkäme / der sie ehmals damit in Babel beschenkt håtte. Ammonide / ůber der köstlichkeit dieser kleinodien ganz verblendet / wuste nicht worte gnug zu finden /ihre danksagung abzulegen und schiede mit trånen hinweg: da in der K \nigin vorgemach / die Prinzessinen Aramena / Danede / Ahalibama / wie auch die Mehetabeel / Perseis / Dersine / Casbiane / und das gesamte frauenzimmer / neben allen anwesenden Prinzen und rittern / ihrer warteten / ům sie aus der stadt hinaus zu begleiten / wie solches die K \nigin sonderlich begehrt hatte. Weil aber Ammonide zuvor auch von der K \nigin von Salem abschied nemen wolte /als fuhren sie vor deren palast fürüber / und stiegen daselbst ab: da ihr dan alle h \flichkeit von dieser K \nigin wiederfure / welche ihr ihres liebsten Melchisedech angelegenheit aufs båste anbefahle. Jaelinde /die sich von ihrer halb-todten schwester ein wenig abbegeben / ům zu verhintern / daß Ammonide nicht zu ihr käme / entschuldigte die Cölidiane / wegen ihrer großen unpäslichkeit: daher Ammonide / ihren grus und gute nacht an sie / der Jaelinde anbefole / und damit / neben den gesandten / und der ganzen gesellschaft / aus der stadt hinweg schiede / ja so unruhig und verwirret in ihrem gemüte / als wie sie ihre beide schönste mitbulerinnen in Aroer hinter sich verließe. Unter diesen war sonderlich die Prinzessin C \lidiane in so schweren zustand geraten / daß die onmachten /[178] deren eine nach der andern ihr zustieße / den anwesenden nicht geringe sorge für ihr leben verursachten.

Bei der Königin von Syrien war nun der fürsatz fäst gestellet / nicht mehr an den Abimelech zu gedenken. Und ihre gedanken von ihm desto eher abzuziehen / ließe ihr das lädlein mit des Cimbers schriften langen / das ihr von der Jaelinde war zugestellt worden. Wie sie nun solches durchsuchte / fande sie darin nicht allein verschiedene beschriebene täfelein und zettel / sondern auch mit h \chster verwunderung / ihr eigenes bildnis / welches dem jenigen gleich sahe /daß ehmals in Ninive / bei des Ninias angestelltem ritterspiel / ein frömder ritter davon gebracht und gewonnen hatte. Sie gedachte bei sich selbst / ob dieser Fürst wol m \chte der ritter gewesen seyn: konte es aber / allen ümstånden nach / unmüglich glåuben. Sie besahe hiernåchst einen zettel von bast / der ům dieses kleinod gewunden war / und sie folgendes lesen ließe.

Uber das bildnis der unvergleichlichen Delbois.

Nichts sterbliches hat dieses werk gemalet:

vom himmel schiest der blitz hier selbst herein /

der wunderbar aus diesen farben stralet.

drum wird es ja die Isis müssen seyn.

weil die sich dan in diesem bilde zeiget:

bestůrz' ich nicht / daß sie die freiheit beuget.


Weil die Celten und Teutschen / die heilige jungfrau / unter den namen der Isis / verehrten / als begriffe die K \nigin leicht / was den Cimber / ihr diesen namen beizulegen bewogen hätte. Als sie ferner suchete / kame ihr folgendes in die hände.

[179] Wahre liebe / und treue freundschaft.

Die treue freundschaft steht der wahren lieb zur seiten:

hält solche ab / wo sie sich lassen wolt verleiten.

ohn sie die andre stůnd geblendet und verst \rt!

sie \fnet ihr das aug / daß sie selbst in sich kehrt /

und folget der vernunft. Ist diß schon fr \md geliebet:

so wird jedoch dadurch die wahre lieb geůbet.


Die schöne K \nigin erinnerte sich ganz wol / daß der edle Cimber stäts eine solche liebens-art von sich hatte blicken lassen: die sie aber allein auf die Prinzessin Hercinde / und nicht auf sich selst / deuten können. Wie sie ferner nachsuchete / zeigte sich ihr folgendes:

Beweis / daß er heftig liebe.

Ob meine lieb schon suchte gegenliebe:

wird doch mein stand darum nicht bäßer seyn.

Wan sie mich gleich zu was unmůglichs triebe:

fänd ich doch nicht die mindrung meiner pein.

Und ob ich schon ein solches nicht verůbe:

folgt nicht / daß ich sei in der liebe klein.

Die glut / die sich hålt in der kluft zu sammen /

feurt wol so scharf / als da man siht die flammen.


Von diesen reimen vermutete die Königin / daß sie Cimber wůrde auf die ihrigen gemacht haben / die sie ihm vor ungefär sechs wochen / zu Damasco im garten / zu lesen überlassen. Also wurde sie immer begieriger / die folgende täfelein zu durchsehen / üm ferneres licht von deme / das sie unmůglich glauben konte / zu erlangen: da dan das vierte also lautete.

Klage / daß er lieben müße / und nicht lieben könne.

Womit hab ich verschuldt / ô himmel! diese plagen /

das ich geliebet ward / wo ich nicht lieben kan /

und daß ich lieben muß / wo nichts ist zu erjagen?

warüm nimt dan mein herz / was m \glich ist / nicht an?

[180]

Steht es in meiner macht / hierin mir wol zu wehlen?

bin ich dan noch mein selbst? die bande sind zu fåst /

die zwingen mich: daß mir viel süßer dieses quålen /

als alle ruh / die mir die andre sehen låst.


Daß die Prinzessin Jaelinde hiemit muste gemeinet seyn / konte die K \nigin leicht ermessen: ob aber sie selbst hierbei sollen verstanden werden / das wolte ihr noch nicht zu sinne / weil Cimber ihr für gewiß seine liebe zur Hercinde beschrieben hatte. Sie fande hierauf ein klinggedicht / das ihr v \llig aus dem traum halfe / und also redte.

Als er aus Damasco entweichen solte.

Sol mir dan nun auch diß forthin entzogen werden /

was so viel tausenden der milde himmel g \nt?

Ist auch der wunsch zuviel / daß ich nur schauen könt

die wunder-K \nigin und g \ttin dieser erden?

Ach! wer entfähet doch hierinn von mir beschwerden?

wird dir / mein herzensfreund! hierdurch auch was entwendt?

geht ihrer ehr was ab / die ihre hoheit kr \nt?

ich mein' es nicht; wer ist / der fůrchte hier gefården?

Zwar meine freiheit leidt: doch das kont mich erlaben.

was meine matte seel noch nehrte / das geht hin.

es war zu viel / daß ich noch dessen fåhig bin:

Mein unglůck wil / ich sol ganz keine labung haben.

doch weiß es nicht / wie tief mir die ist eingedrůckt /

die man mir aus dem aug / nie aus dem herzen / růckt.


O bescheidener liebhaber / (rieffe die K \nigin) deßgleichen kaum jemals der erdboden gehabt. Ich darf mich nicht entsehen / dich zu beklagen: da Abimelechs untreu / und dein tod / mir solches wol erlaubet. Hiernächst zeigte sich ihr eine schrift / welche sie nicht sonder entfindlichkeit lesen konte / die also lautete.

[181] Uber Disons unverdientes glück.

Hier handelt wol des blinden glückes trieb.

Kein fleiß / kein treuer dienst / ja kein verdienst / mag wehren /

daß der / so durch betrug gewirket / kom zu ehren.

Kan dulten diß / die teure treu und lieb?

Verlässest du / O wunder unserer zeit!

in so geschwinder eil / den fästen schluß der sinnen /

daß keiner solt dein herz / als einer nur / gewinnen?

ist deine wahl dir / schönste! wordenleid'?

Ach! ich verstum / weiß nicht / wie mir geschicht.

Was hätte Cimber wol / nach dieser that / zu hoffen /

nun seinem edlen freund diß unglück so getroffen?

Ja / ich verstum / kan diß begreifen nicht.


Nun sehe ich erst / (hube die K \nigin seufzend an zu sagen) was den Abimelech wendig machet: nämlich das falsche gerůchte von meiner und des Disons liebe / und daß ich diese betriegliche Aramena / so wol wissentlich bei mir gedultet / als endlich gar soll geliebet haben. Ach Prinz! wan dieses dich bewogen hat / mir unbeständig zu werden / so kan ich dich nicht verdenken / daß du auch / den gehorsam gegen dem König der Philister / dich zu dieser entschließung antreiben lassen. Aber wie? (fuhre sie fort / auf kurzes nachdenken) hast du wol / ô Abimelech! einem so ungegründten gerüchte so bald trauen / und auf so eine rache gedenken können / da du dein leblang mein herz anderst gekant / daß es zu solcher leichtsinnigkeit nie gemeint gewesen? Nein! nein! dieses entschuldiget dich nicht: massen du ja / in solchem fall / wol eher auf die Cölidiane / als auf die Ammonide / würdest gewehlet haben / wan ja andere / als bloße staats-gedanken und eigennützige ränke / dich von mir abgezogen. Wie sie dieses gesaget / griffe sie nach dem siebenden täfelein / daraus sie dieses lase.

[182] Er beklagt sein schweigen / und wil sich rächen.

Was hilft mich / daß ich schwieg? da nun ein ander träget

den lohn davon / der war für meinem freund geheget.

ein andrer kriegt den sieg:

was hilft mich / das ich schwieg?

Wüst sie es nur allein / wie ich sie hab geliebet;

hätt ich mich nur beklagt / wie mich ihr glanz betrübet /

so wolt ich ruhig seyn:

wüst sie es nur allein.

Sie wird es werden i / wan meine rechte rache

erscheint / und füret aus mein' und des freundes sache,

wer ich gewesen bin /

sol sie dan werden i .


Hierauf name sie wieder eines herfůr / dessen überschrift lautete: Als er einen neuen mitbuler besorgte. Sie wurde aber / solches zu lesen / durch die Timna behintert / die wegen ihrer noch anhaltenden unpåslichkeit / und wegen traurigkeit des gemůtes / mit der Ammonide nicht war hinaus gefahren / sondern indessen / ihre liebste Königin zu besuchen ihr fůrgenommm hatte. Mit was für arbeit / (fragte sie die K \nigin) finde ich E. Maj. beunmůßigt? Wol mit recht sonderlicher / (bekame sie zur antwort) und werdet ihr neben mir euch verwundern / wan ich euch sage / daß der edle Cimber / der unlängst so unglücklich sein leben verlieren müssen / mich geliebet habe. Dieses wundert mich darüm / (antwortete Timna) daß ich verneme / wie E. Maj. kentnis hiervon erlanget: sonst aber ist es mir nicht verborgen gewesen / massen dieser große held es mir entdecket. O gar zu verschwiegene Timna! (rieffe die Königin) was hat euch dan immermehr beweget / mir auch dieses zu verhelen? Der schwere eid / (gabe sie zur antwort) welchen Cimber von mir genommen / weil er [183] leben würde / ihn nicht zu verraten. Wie hat er euch aber (fragte sie ferner) dieses sein anligen beigebracht? Als die Prinzessin Hercinde (erzehlte Timna) krank zu mir in Damasco kame / die ich / auf dieses Prinzen inståndiges ersuchen / zu mir in meine behausung genommen /vertraute er mir / welcher gestalt sie seine schwester wåre / und h \chst n \tig håtte / daß ihr da-seyn verborgen bliebe. Wie? seine schwester? (fiele ihr die Königin in die rede) weiß ich doch solches bässer / und daß der K \nig Marsius von Basan ihr bruder sey.

Ich kan hiervon (fuhre Timna fort) nichts anders sagen / als wie sie beiderseits mich berichtet. Es bliebe auch nit bei dieser vertreulichkeit / sondern Cimber gienge noch weiter / indem er / durch veranlassung dieser seiner vorgegebenen schwester / die / in meinem beiseyn / seiner liebe gegen E. Maj. erwehnet /mir gestunde / üm mich zur verschwiegenheit zu bringen / daß er die damalige Königin von Ninive liebte. Ich hab mit höchster verwunderung diesen bericht angeh \ret / weil ich üm die große und verbindliche freundschaft zwischen ihm und dem Abimelech wuste. Er aber bedeutete mir / wie diese seine liebe also beschaffen wäre / daß sie dem Prinzen von Gerar keinen eintrag täte; und suchete er / in dieser seiner trostlosen liebe / nichts mehrers als die freiheit zu lieben / sonder einige hofnung der gegenliebe. So frömd mir nun diese liebens-art fürkame / so sehr bewunderte ich diesen grosmütigen Fürsten: der mich auch wie gesagt / mit einen schweren eide / dieses zu verschweigen / verpflichtete. Werden also E. Maj. es nicht ungnädig deuten können / daß ich ihm hierin bis in seinen tod bin getreu geblieben. Ich halfe auch / üm damals meine ehre zu retten / mit auf die bahn bringen / daß der Cimber seine schwester für seine liebste ausgeben muste: welches [184] E. Maj. neben dem Abimelech und den andern / bis auf diesen tag geglaubet haben. Ihr machet mich ganz verwirret / Timna! ( sagte die Königin) daß ich nicht weiß / was ich recht hiervon gedenken sol. Daß Hercinde des Marsius schwester sey / weiß ich mehr als zu gewiß: und nun würde hieraus folgen / daß Cimber der Marsius selbst müste gewesen seyn.

Von diesem König / (antworte Timna) wie ich von der Mehetabeel gestern verstanden / sol das geschrei gehen / daß er tod sei: würde es also / auch in diesem stuck / nicht ůberein treffen; wiewol ich sonst nicht wol glauben k \nte / daß dieser große K \nig so lang /sonder erkant zu werden / in Syrien sich aufhalten können. So ist dan ganz gewiß / (fragte die K \nigin) das Hereinde des Cimbers liebste nicht gewesen? Es ist / wie ich sage: (wiederholete Timna) und kan ich mit Gott beteuren / daß ich nie anders von ihm gehöret / als daß sie sich fůr seine schwester ausgegeben. Lasset uns ferner suchen / (sagte die Königin) ob etwan in diesem lädlein / das ich von der Jaelinde entfangen / noch einige erklärung dieser dunkelen dinge sich finden wolte. Solches sagend / zoge sie aus dem lådlein herfür / einen seidenen gewirkten beutel und aus demselben / als sie ihn eröfnet / verschiedene kleinodien. Das erste war ein goldstück / worauf zweier damen brustbilder erhoben getrieben waren: auf der andern seiten stunden in Celtischer sprache ihre namen (die die Königin / als die so viel Celtisch von dem Cimber gelernet / lesen und verstehen kunte) und hiese die vörderste / Valentia Fürstin der Janigener; die andere / Hesperia Fürstin der Janigener. Die Königin erinnerte sich aus der Hercinde erzehlung /daß darin dieser beiden schwestern meldung geschehen war. Sie besahe hierauf das andere klenod / welches ihr zeigte das bildnus [185] eines schönen kindes / aus einen onyx geschnitten / mit der überschrift / Tuscus Sicanus Prinz der Aborigener. Ferner kam ihr zu gesichte / in einen agat gegraben / das bildnis des Celtischen Fürsten Hermans / der an die Hesperia war verheuratet gewesen; und dan ein gůldnes armband /etwan einer hand breit / worauf diese teutsche reimen gegraben waren.


Diß band / das die dir schenkt / die dich zur welt getragen /

laß dir ein denkmal seyn /

daß / wo du dich in krieg und in gefahr wirst wagen /

du nimmer seist allein:

Der mutter bitten und ihr segen /

ist stäts üm dich / hält bei dir wacht;

Damit wirst du die feind' erlegen /

und fechten stäts mit siegespracht.


Hieraus erhellet / (sagte die K \nigin) daß Cimber nicht der Marsius k \nne gewesen seyn: weil er so klein aus Celten von seiner fraumutter gekommen /daß sie ihn mit solchem gedächtnis nicht versehen k \nnen. Doch wird vielleicht / (sezte sie hinzu) das folgende kleinod uns etwas mehrers sagen. Dieses war nun ein diamant / (wie man solche in einer Celtischen landschaft findet / die aber an tugend den diamanten aus Ophir sich nicht vergleichen) worin zwei bildnise / als der Hercinde Prinzessin aus Celten / und des Tuscus Sicanus Prinzens der Aborigener / geschnitten waren; auf der andern seite / stunden gegraben diese reimworte:


Die schwester stimmet hier mit ein /

daß dieser sol ihr bruder seyn.


Nun ist das räzel gelöset / (sagte die Königin) und Cimber ist sonder zweifel dieser Tuscus Sicanus / den die Hercinde zum bruder angenommen: und weil er diese Prinzessin sehr geliebet / als hat er mir darin die unwarheit [186] nicht berichtet / daß er ehmals in liebe gegen ihr sei entzündet gewesen. Ist nicht dieser König (fragte Timna) an die Roma verheuratet worden / und wie mich důnket / für betrübnis gestorben. Das gerüchte (antwortete die K \nigin) hat zwar hiervon also geredet: aber wie viel dinge begeben sich anderst / als man geglaubet.

Dieser dapfere held / (versezte Timna) mag gewesen seyn / wer er wolle / so bin ich doch versichert /daß er / wan er noch lebte / E. Maj. an dem undankbaren Abimelech hätte råchen sollen / und wolte ich mich so wenig scheuen / diesem unvergleichlichen Prinzen bei der schönen K \nigin von Syrien zu dienen / als sehr ich die zeit bereue / die ich ehmals /wegen des ungetreuen Philisters / bei der Königin von Ninive verloren habe. Nun dieser edle Celte nicht mehr im leben / (antwortete die K \nigin seufzend) kan ich solchen euren vorsatz euch wol zu gute halten: massen ich mich so geneigt finde / die gedächtnis dieses verschwiegenen liebhabers und unvergleichlichen heldens zu verehren / daß mir dessen standhafte ungemeine liebe eines teils zum troste dienet / in meinem jetzigen zustande / da der andere mich so schändlich betrogen. Indem sie dieses sagte / ließe sie zugleich die zären über ihre zarte wangen herab fließen.

Als sie endlich in dem beutel nichts mehr fande /und nun alle kleinodien wieder zusammen hinein gethan hatte / suchte sie weiter nach den schriften / und fande unter andern eines / daß sie der Timna folgendes inhalts fůrlase:

Selbst-Streit / ob ihme das leben oder der tod zu kiesen sei.

Wohin sol mein verlangen gehen?

Das leben nuzt mir nicht; der tod ist meine qual.

[187]

auf beiden wegen kan ich sehen /

wie daß verdruß und pein begleite meine wahl.

Leb' ich / muß ich die marter heelen /

die in mir hat entzündt / die hofnung-lose lieb.

Sterb ich / entzieh ich meiner seelen /

das labsal / die zu sehn / der ich mein herze gib.

Doch was nüzt mein geplagtes leben?

ich wünsche nur den tod: der kan mir wehren nicht /

üm meine schöne stäts zu schweben.

ich wil doch bei ihr seyn / laß' ich das lebenslicht.


Dieses fürnemen / (sagte die Königin) wird nun dem guten Prinzen nicht mehr beiwonen / da er die eitelkeit abgeleget; er wird auch in der freude / darin er zweifelsfrei iezt wonet / erkant haben / daß er seine liebe zu etwas nichtiges gewendet. Ich wil aber / von nun an / die gedächtnis dieses Prinzen hoch verehren /und wan ich zu ihm / wie ich wünsche und einig verlange / bald kommen werde / ihm in reiner unschuld die liebe erweisen / die er in dieser welt zu genießen vergeblich verlanget.

Als sie dieses gesagt / schloße sie das lädlein wieder zu / weil sie den Prinzen von Seir / neben den beiden Prinzessinnen / ihrer und seiner schwester / an kommen sahe: die nun die Ammonide hinaus begleitet hatten / und ihr verlangen / die K \nigin zu sprechen /hiermit erfüllen wolten. Es war ihrer keinem unbekant / wie es mit dieser schönen Königin und dem Prinzen der Philister vordem gestanden: daher sie leichtlich abnemen konten / was diese unvermutete änderung fůr eine gemüts-bewegung bei der Königin müste verursachet haben. Die nasse augen / mit denen sie diese sch \ne funden / zeigten solches gnug an / und leuchtete ihrer aller mitleiden herfůr / als sie deren qual sahẽ / die aller welt liebe und h \chster verehrung mehr als wůrdig war. Dison fůrnemlich / konte sich hierůber nicht zu frieden geben / als deme [188] am bästen bekant war / wie diese liebe ehmals so feurig gewesen / daher er zu der K \nigin sagte: E. Maj. gönnen mir / daß ich sie d \rfe an diesem leichtsinnigen Prinzen råchen /deme wir iezt seine braut hinaus begleitet / und daß mir möge erlaubet seyn / deme sein herz zu durchstechen / der mit so unverdienter gnade für allen sterblichen angesehen worden / und nun so schändlicher weise sich deren hat verlustig gemacht. Ach Dison! (antwortete die Königin) dieses ist nicht der rechte weg / an dem Philister mich zu råchen. Ich wil nicht b \ses mit b \sen vergelten / wol aber vergessenheit mit vergessenheit belonen / und mir einbilden / als håtte ich diesen Abimelech niemals gekennet.

Wan wollet aber ihr / Prinz von Seir! (sagte sie ferner) euren weg nach Ninive fortsetzen? Verlanget euch dan nicht / eurer Aramena ein ruhiges reich zu verschaffen? Dison wurde ganz berötet / über diesen fürruck der K \nigin / und antwortete: Sol ich dan E. Maj. bei ietzigem verwirrten zustand verlassen? und darf ich nicht meine dienste hier anbieten / für dero wolfart zu fechten? Ihr werdet solches (widerredte die Königin) bäßer zu Ninive / als hier / verrichten k \nnen: zumal mir sehr viel daran liget / daß die ganze welt wisse und ehist erfahre / wie daß meiner schwester mein reich Ninive geh \re / und daß sie euch zum gemal und König erkieset habe. Ich werde auch /zu dem ende / morgen-tags / ehe ich von hier nach den warmen bädern abreise / den Ninivitischen zepter und kron / in gegenwart meiner Fürsten / meiner schwester ůbergeben: die dan schon wissen wird / wem sie solche anvertrauen solle. Es begunte zwar / diesem beginnen der Königin von Syrien / so wol die Prinzessin / ihre schwester / als der Prinz von Seir / sich zu widersetzen / und einzuwenden / daß sie doch die Ninivitische [189] kron behalten möchte / bis sie in ruhige beherrschung von Syrien gelanget wåre: sie wolte aber von ihrem vorsatze sich nicht abwenden lassen. Indem ließe Husan ům geh \r ansuchen / und als er fůrgelassen worden / auch zu v \rderst seinen unmut wegen der Königin unpäsligkeit bezeuget / die Königin fragte / ob ihr gefällig / von dem Nahor zu vernemen / wie er alles auf seinem her-zug von den Mesopotamischen gränzen befunden habe? weil solche nachricht ihnen etwan nutz und vorteilig seyn k \nte. Die Königin war dessen gleich zu frieden / und ließe diesen Fürsten fůrkommen: welcher / als er erlaubnis zu reden erlangt / seinen bericht also abstattete.

Es mögen nun ungefår vierzehn tage seyn / seit daß ich mit viertausend Syrern / neben dem Canaaniter Aner / der eben so viel ihrer völker mitfürete /beordnet worden / ůber die h \he Amana zu gehen /und gegen Mesopotamien / zwischen Damasco und Acraba / bei einen paß mich zu setzen / üm auf des Belochus beginnen aufsicht zu haben: der aber / ungeacht alles angewandten fleisses / dennoch durch unser volk hindurch gebrochen und Damasco erreicht. Ich verlore wenig leute in diesem gefechte / welches wir mit den Assyriern hielten: weil sie vornemlich auf die Canaaniter getroffen hatten. Um aber diesen schaden /der unsere seite betroffen / zu ersetzen / suchten wir einen vorteilhaften ort aus / da der Prinz Bildat mit dem völligen Assyrischen heer durchziehen muste: welche wir so wol bewaretern / daß dieselbe nicht eher / als ietzund nach Damasco durchgelangen konten. Als ich etliche kundschafter ausgesendet / erfure ich von einem / der gar bis nach Acraba gekommen war / wie daß / alsofort nach des Belochus aufbruch /die Fürstin Dalimire / an stat ihme zu folgen / ihren weg nach [190] Ninive genommen: und redte man gar frömd von diesem beginnen / als wan nämlich diese Fůrstin / selbige kron aufzusetzen / begehren solte. Hierneben berichtete mich dieser ausgeschickte / daß ganz Meden wider den Belochus sich empöret / und daß man des Fürsten der Nabatheer in selbigem reich gewårtig sei / üm deme die kron anzubieten.

Diese zeitungen / so für uns gut zu seyn befunden wurden / machten / so wol die bei mir stehende Canaaniter / als auch meine Syrer / beherzter / also daß nun mit gr \ßerm muht / dem ankommenden Prinzen Bildat / der paß bestritten wurde: welcher mit dem ganzen heer still stehen / und nicht durch uns herdurch kommen konte. Weil er von unserer gemůts-änderung noch nichtes wuste / und die Syrer ansahe / als wan sie noch in friedlicher handlung mit seinem König stůnden / konte er sich ům so viel weniger in dieses feindliche bezeigen finden. Er sandte auch zu mir / als der ich sein naher verwandter bin / und ließe mich fragen / wie dieses gemeinet wäre? Ich verheelte ihm hierauf die warheit nicht / daß nämlich in Damasco / nach eigentlicher kentnis von E. Maj. person / alles ein anders aussehen gewonnen hätte / und wir nun nicht mehr für einen eingebildeten Syrischen K \nig / sondern für unsere Königin und den von ihr erwehlten Fůrsten Elihu f \chten / auch unsere freiheit wider die Assyrier bestreiten wolten. Dieser bericht machte den Prinzen so erhitzet / daß er mit aller macht in uns drunge: er konte aber nichtes schaffen /weil wir in einem vorteilhaften orte stunden / und mehr mit einem man / als er mit zehen / auszurichten vermochten.

Dergestalt nun hielten wir ihnen stand / bis der abgeschickte von E. Maj. zu mir kame / und die unvermutete post brachte / daß die Assyrier und Canaaniter [191] zusammen freunde / und also / auch diese / unsere feinde worden wåren: weshalben ich / mit guter art von dem Aner mich abzuziehen / trachten solte. Dieser Canaaniter bekame / zu gleicher zeit / eben diese nachricht aus Damasco: daher er heimlich dem Prinzen Bildat solches zu wissen machte / und denselben an sich zoge / ehe ich mit den meinigen mich zurück wenden konte. Diese ůberfielen mich nun unversehens / konten mir aber doch nicht verwehren / daß ich nicht bei dreitausend Syrer von den dreien gerettet und davon gebracht håtte: mit denen ich Damasco vorbei /hieher mich gewendet. Ich bekame unterwegs etliche gefangene aus der stadt / welche ausgesaget / daß daselbst große einigkeit zwischen beiden K \nigen sei /und diese fleißig mit dem Hus und andern Syrischen Fürsten in handlung stůnden / selbige auch völlig auf ihre seite zu bringen. Diß ist es / was ich zu berichten gehabt / und erbiete ich mich ferner / mein leib und leben fůr E. Maj. und des vatterlandes wolfart willigst aufzuopfern.

Als Nahor hiemit seine rede beschlossen / bedankte sich die K \nigin für seinen angewandten fleiß / und für die anbietung seiner ferneren dienste / sahe folgendes den Prinzen Dison an / und sagte: Wie sie nun fůr noch n \tiger / als zuvor / erachtete / daß er eiligst nach Ninive / ům der Dalimire bösem fürnemen zu steuren / sich wendete / und daß hieran keine stunde zu verseumen wåre. Der Prinz muste ihm dieses gefallen lassen / und wurde er am folgenden morgen /nachdem zuvor die Königin von Syrien / in gegenwart der anwesenden Ninivitischen Fůrsten / ihre schwester / die jüngere Aramena / zur K \nigin von Ninive ernennet hatte / nach Ninive zu gehen / beurlaubet. Die Ninivitische staats-gesetze / so wol auch der K \nigin Philominde leztes schreiben / [192] darin sie an die Königin Naphtis / ihre schwester / diese teilung beider reiche unter ihre töchter / die zwo Aramenen / begehret /machte daß keiner von den anwesenden hierwider geredet: und war nun nichts mehr übrig / so des Disons abreise aufhalten konte / als der abschied / den er von seiner geliebten Königin noch zu nemen hatte.

Weil diese sch \ne bisher ganz unerfahren in der liebe gewesen / als hatte sie noch nicht entfunden /wie schmerzlich es ankomme / von dem geliebten zu scheiden: daher dan ihre milde zåren / zu höchster vergnügung ihres verliebten Prinzens / hervordrangen / welche ihn so aus sich selber brachten / daß er langsam aus dieser entzückung sich würde haben erholen können / wan Ahalibama ihn nicht angetrieben håtte /hiervon ein ende zu machen. Diese treue schwester /sahe nun mit nicht geringerer wehmütigkeit / als die junge Königin von Ninive / den geliebten Prinzen abscheiden: und ward ihm / von ihnen beiden / tausendfältig glůck auf den weg gewünschet / welchen wunsch auch alle zurückbleibende Niniviten / mit seufzen gegen dem himmel / begleiteten. Tausend Niniviten gingen mit ihme fort / zu schirmung seiner person: denen die übrigen / wan die hůlfe aus Basan angekommen seyn würde / und noch einige von diesen Teutschen völkern / zu unterdruckung der Dalimire und ihres anhanges / folgen solten.

Die Königin von Syrien machte hierauf vorbereitschaft / mit der Cölidiane nach / den warmen bådern abzureisen: welches dan / weil selbige nit ferne von der stadt im gebirge gelegen / erst auf den nachmittag fürgenommen wurde. Alle die Königliche und große personen gaben diesen beiden durchleuchtigen kranken das geleite dahin: und machte der vorsichtige Husan die anstalt / [193] daß etliche tausend Syrer auf das gebirge ůmher verleget wurden / ům daselbst diesen Königlichen personen sicherheit zu verschaffen / weil diese heilbrunnen / aus ganz Syrien und allen benachbarten landen / häufig pflegten besucht zu werden. Sie fanden alda so viel gelaß / daß sie alle wol und gemächlich konten unterkommen: zumal / wegen des krieges in Syrien / wenig frömde damals sich eingefunden hatten / und also die meisten häuser noch ledig stunden. Die schöne Syrerin name mit den beiden Prinzessinnen von Caphtor eine wonung ein weil sie die Cur allein gebrauchen wolten. Der C \lidiane mattigkeit war so groß / daß sie so fort / nach erster ankunft / sich wieder muste zu bette begeben / und keinen augenblick über ende bleiben konte.

Der Königin leibarzt stellte alsobald / mit dem ordentlichen arzte / der bei diesen warmen bädern sich stäts befunden / eine beratschlagung an / wie diese drei durchleuchtige personen der Cur sich am bästen und nützlichsten bedienen solten: da dan / keine stunde zu verseumen / n \tig erachtet wurde / und wolten sie gleich den folgenden tag damit den anfang machen. Nachdem sie dieses abgeredet / verfůgte sich der brunn-arzt zu seinen andern kranken: unter denen einer fürnemlich seiner pflege höchst bedürftig war /der vor wenig tagen mit dem priester Abdastartus /seinem alten freund / aus Damasco dahin gekommen /und / üm verborgen zu bleiben / ein ganz abgesondertes haus / mitten in den felsen und klippen belegen /zu seiner wonung ausgewehlet hatte. Dieser war nun /der so wol am gemůte als am leib sehr schwache Prinz Cimber / den der getreue Abdastartus / seine gesundheit zu bef \rdern / heimlich dahin bringen lassen: muste er also diese pflege und wartung wider seinen willen annemen / und zugeben / daß man ihm sein[194] leben erhielte. Als der Arzt ihn zu besuchen kame /brachte er ihm gleich die neue zeitung mit / daß die K \nigin von Syrien / neben so vielen andern hohen stands-personen / daselbst angekommen wäre.

Dieser bericht verursachte neue beunruhigung in des verliebten Prinzen gemüte: massen er / sonder sich zu verwandeln / den namen seiner Königin nicht konte nennen hören. Abdastartus solches merkend /und des Prinzen gedanken auf etwas anders zu leiten /erzehlte ihm / was er den tag vernommen / wie nämlich der Philister Prinz / die Prinzessin von Ammon /als seine braut / aus Aroer hätte abholen lassen. Wie? Abimelech? (fragte Cimber) solte der wol auf diese weise sich haben rächen wollen? Als er hierauf sich etwas besonnen / stuzte er / und sagte weiter nichts /sondern h \rte nur wunderend alles an / was Abdastartus hiervon berichtete. Weil er allen dingen der welt so abgestorben / daß fast keine entfindlichkeit mehr in ihm ware / als bliebe auch sein meistes sinnen und verlangen nur dahin gerichtet / bald zu sterben. Weil ihme / alles in der welt / nur widerwillen und verdruß erweckte / als ware dieses insonderheit sein gr \ster kummer / daß er noch leben muste: massen auch /wan nicht fůrnemlich der himmel / und dan des Abdastartus sonderbarer treuer fleiß / dieses helden ungedultigen wunsch verhintert hätte / es unmüglich gewesen wäre / daß er so lang bestehen können.

Nachdem also / nicht allein er / sondern auch die andern in gew \nlicher unruhe die nacht hingebracht /und der tag nun wieder angebrochen / auch dieser Prinz das bad / so ihme von dem Abdastartus tåglich bereitet wurde / eben gebrauchen sollen / trate Tubal zu ihm in das zimmer: dessen unvermutete ankunft nicht so verwunderlich war / als dieses / daß er des Cimbers aufenthalt / [195] welchen er doch so geheim hielte / antreffen können. Des Tubals freude war unbeschreiblich / den Cimber wieder zu sehen / und bezeugte er dieselbe so fort / durch ein herzliches ůmarmen: welches dieser zwar wol aufname / dennoch aber in seiner tiefen traurigkeit verharrete / und schier nicht fragen mochte / woher er käme / auch wie es in Basan zustünde. Gleichwol berichtete ihn Tubal (wiewol mit leisen worten / daß die anwesende es nicht vernemen konten /) wie daß der Suevus mit den dreißig tausenden angekommen / und auf eine meile von Aroer sich gelagert håtte. Der Fürst Arsas (sagte er ferner / und zwar mit lauter stimme / weil ihn dünkte / daß der Cimber wegen seiner krankheit / sein geheimes reden nicht recht eingenommen hatte /) ist / üm dieser der K \nigin von Syrien versprochenen und nun angekommenen hülfe-v \lker willen / in Basan gewesen / und hat gegenwärtiges schreiben an unsern K \nig mitgebracht / welches der große Marsius hiemit meinem freunde zu lesen schicket / weil darin seiner gar vorteilhaftig erwehnung geschihet.

Der betrübte Prinz wandte hierauf die augen auf den Tubal / und begriffe leichtlich / daß der / wegen des Abdastartus und der seinen gegenwart / also redete. Er name / sonder zu antworten / das tåfelein aus des Tubals hand / und lase es durch: da er dan fast nicht einige zeile / sonder herzliches seufzen / zu rück bringen kunte. Wie? (sagte er bei sich selbst) kan wol die jenige mein gedächtnis nicht sonder tränen verehren / die mit solcher freudigkeit die zeitung meines todes vernommen? und wil die den Celten / in erinnerung meiner / zu dienste stehen / die den himmel darum gelobet / daß er sie eines solchen bösewichts /als ich seyn sol / entladen hat? O mehr als verwunderbare gleisnerei! Muß ich dan nur darum [196] leben / daß ich täglich mehr zeichen einer unartigen seele in einem so sch \nen leib erkennen m \ge? Ach Cimber! wan wil dan dein tod dich von der furcht erl \sen / die dir stäts auf dem herzen liget / daß du endlich derjenigen einen verächtlichen haß werdest zuwerfen / die du / mehr als etwas menschliches / insonderheit geliebet und verehret hast? Laß es nicht dergestalt auf das äuserste mit dir kommen / und verliere eher dein leben /als den vorsatz / sie bis in den tod zu verehren.

Es wůrde dieser Prinz in seinen schmerzlichen nachdenken noch lang verharret haben / wan Abdastartus ihn nicht hätte daraus gebracht / mit der anfrage: ob er das bad gebrauchen / oder zuvor mit seinem angekommenen freunde sich allem besprechen wolte? Ich / habe nichtes mit ihm zu reden / (sagte Cimber) und gehen mich alle welthändel so wenig an / daß es mir ein last ist / davon zu h \ren. Aus diesen worten kunte Tubal wol abnemen / daß die allerheftigste traurigkeit des Cimbers gemüt müste ůberfallen haben /und wuste er sich immer weniger darein zu finden / je mehr er der sache nachgedachte. Weil Cimber das täfelein / so er ihm ůbergeben / unachtsamer weise bei sich niedergelegt / name er selbiges wieder zu sich /und sahe wol / daß er nicht das jenige damit ausgerichtet / was er ihm eingebildet. Demnach wurde er sehr betrübet / und fragte in geheim den Abdastartus /was doch er von des Cimbers krankheit urteilte? der ihme diesen trost gabe / wiedaß noch hofnung vorhanden / und das bad allmählig die traurigkeit des gemütes aufzuheben verm \chte. Ach so lasset ihn den fleißig baden / (sagte der beängstigte Tubal) und verseumet ja nichtes / was diesem helden sein leben fristen kan. Gleichwie nun Abdastartus von selbsten hierzu geneigt war / also triebe er / auf des Tubals ermanung / [197] den Cimber an / daß er / das bad verordneter massen zu gebrauchen / sich in die hierzu bereitete wanne sezte.

Abdastartus / üm ihn aus seinen unruhigen gedanken zu bringen / fragte den Tubal / wie er sie doch immermehr an diesem abwegsamen verborgenen orte finden k \nnen? Weil ich euch vor vierzehen tagen zu Damasco verlassen / (antwortete Tubal) suchete ich /bei meiner widerkehr / meinen freund in dem vorigen hause / als ich / mit Egyptischen gesandten / die der Pharao Uchoreus an die Könige von Assyrien und Canaan geschicket / glücklich in Damasco angekommen. Als ich das leere haus gefunden / erfuhre ich durch nachfragen so viel / daß ihr / ehrwürdiger vatter! mit eurem kranken hieher gereiset. Ich eilete sofort euch nach / und gienge von haus zu haus / meinen freund und euch anzutreffen; da ich endlich / wie keines mehr als dieses ůbrig war / das glůck hatte / euch hier zu finden: dafür ich dem himmel danke / und von herzen wünsche / daß dieser ort so heilsam seyn möge / meinem freunde die gesundheit wieder zu bringen.

Daß wil ich (sagte Abdastartus) von dem gütigen himmel hoffen / nicht zweiflend / mein angewandter fleiß soll nicht vergeblich gewesen seyn. Euch aber hingegen zu berichten / mein herr! wie es uns / nach eurer abreise / in Damasco ergangen / so solt ihr wissen / daß die unvermutete ankunft des Königs von Assyrien / und unserer Königin flucht nach Aroer / daselbst alles in neue unruhe und verwirrung gesetzet: da teils Syrer zu den Babyloniern und Canaanitern fielen / teils noch beståndig unsere seite hielten. In unserem tempel wurde fleißig nach unserer Königin gesuchet / und wir sehr zugesetzet: weil man mich in grossem verdacht hielte / daß ich hiervon mehr wüste / als gestünde. Man fande den Fůrsten [198] Ninias von Ressen bei mir im hause: welches den verdacht auf mich ergrößerte / und anlaß gabe / mich in gefängliche haft zu ziehen. Mir gienge nichtes so sehr hierbei zu herzen / als eben dieses / daß mein edler kranker inzwischen seine rechte und höchstn \tige pflege nicht haben wůrde: weswegen ich auch üm so viel mehr mich bemühte / meiner haft zu entkommen. Solches fiele wir nun nicht schwer / weil man / in der grossen verwirrung / nicht so genau acht auf mich gabe. Ich seumte mich hierauf nicht / durch hülfe des Zophar /mit meinem kranken aus der stadt zu kommen: da wir dan glücklich hieher gelanget / und also der gefahr entronnen sind. Wie Abdastartus ausgeredet / rieffe Cimber diesen priester zu sich / und raunte ihm ins ohr / daß er ja seinem angekommenen freunde nichtes von dem eröfnen solte / was ihm von der K \nigin in Syrien ungnade bewust war: welches ihm Abdastartus versprache / und damit den Tubal bei ihm allein ließe.

Dieser wolte nun solcher gelegenheit sich bedienen / den zustand von Basan dem Cimber ausfůrlich zu erzehlen: er kunte aber kein gehör erlangen / da der Prinz ihn allein eiferigst antriebe / die angeko ene hülf-v \lker aus Basan der Syrischen K \nigin eiligst zu ůberliefern; und muste er ihm auch bei dem großen Teutates zuschwören / daß er weder der Königin /noch dem Suevus / noch einigem menschen / seinen zustand bewust machen wolte. Der Suevus weiß es aber / (wandte Tubal ein) daß der Cimber noch lebet /dem ich solches in Basan notwendig entdecken müssen. So weiß er doch nicht / (antwortete Cimber) daß ich alhier bin / und wil ich auch nicht / daß er solches eher / als nach meinem tod / erfahre. Tubal zoge hierzu die schultern / und muste sich zum gehorsam bequemen / den Cimber / sobald Abdastartus [199] wieder hinein gekommen / verlassen / und nach der K \nigin von Syrien sich begeben / üm derselben die ansehliche hülfe anzubieten / die fůr sie aus Basan angelanget war.

Er funde sie / neben den beiden Prinzessinnen von Caphtor und der Ahalibama / bei dem gesundbrunnen / da sie eben zu trinken angefangen hatten. Der erfreute Husan fürete diesen Celten vor seine Königin / ihr mit kurzen worten die ursach seiner ankunft vermeldend. Als folgends der Tubal eben dieses / im namen seines Königs / bei ihr abgeleget / erwiese sie eine geziemende erkentlichkeit über dieser grosmut des Königs von Basan: darbei mit seufzen erwehnend / wie sie solches dem edlen Cimber zu danken hätte / der ihr diese gůte beim grossen Marsius zuwege gebracht. So ist dan / (sagte sie ferner zu dem Tubal) das geschrei Gottlob erdichtet / daß der große Marsius tod sei / wie man mich bereden wolle? Nachdem Tubal sie dessen versichert / befahle die Königin dem Husan / dem Fůrsten Suenus eine Botschaft entgegen abzuordnen / und ihme den ort anzuweisen / wo sie ihr lager stellen solten: welcher dan nicht seumte /solches ins werk zu richten. Es entstunde hierauf überall / so wol bei den anwesenden / als zu Aroer und im feldlager / eine allgemeine freude / daß ihnen eine so ansehliche hůlfe zugekommen. Weil nun Tubal auch zum Suevus wieder abreisen wolte / als name er seinen abschied von der K \nigin: über die er / sie so verändert und in so betrůbtem wesen findend /sich nicht gnugsam verwundern kunte. Sobald er hinweg war / muste die matte C \lidiane sich wieder in ihre wonung bringen lassen. Die Königin aber und Jaelinde / weil sie etwas verm \glicher / und die årzte es nützlich befanden / wolten sich noch ein wenig bewegen / und erkieseten [200] einen eichenwald / der nahe an den brunnen stieße / zum spazirplatz: da ihnen die Ahalibama / wiewol sie die Cur nicht mit gebrauchet /gesellschaft leistete.

Welche von uns dreien (fieng die K \nigin an zu reden) ist wol die tůchtigste / die andern zu ergetzen /und aus den traurigen gedanken zu bringen? Ich sorge fast / es dörfte uns allen fehlen. Dan ihr / liebste Ahalibama! seit bekümmert / daß man euch zwingen wil /eures todten zu vergessen. Jaelinde und ich beweinen einen todten / dem diese Prinzessin in seinem leben ihre liebe geg \nnet / und nun nach seinem tode /durch offenbarung seiner gegen mich tragenden liebe /mich bewogen hat / wiewol auf eine ganz unschuldige und zulåssige weise / ihre mitbulerin zu werden. Wan der verdruß / (sagte Ahalibama) den ein undankbarer Prinz E. Maj. verursachet / nicht eine billige betrübnis und unwillen bei deroselben mit erwecket / so muß ich meine traurigkeit höher achten / als E. Maj. und der Prinzessin ihre: massen sie ja noch mit ruhe den jenigen beweinen können / den sie ihrer trånen wůrdig achten / welches mir zu thun so grausamlich wil verwehret werden. Ich gestehe es / (wandte Jaelinde ein) daß die Prinzessin von Seir hierin recht hat: und müste ich nicht besorgen / in ihren orden zu kommen / da man mir den Prinzen Adonisedech / gleich wie ihr den Fürsten Esau / geben wil / wolte ich noch mit meinem unglůck zufrieden seyn.

Auf solche weise (gabe die Königin zur antwort) werde ich dan das geringste leiden tragen / weil ich ungehintert beweinen darf / was ich wil / und nicht zu fůrchten habe / daß jemand komme / der des edlen Cimbers gedåchtnis bei mir ausrotte. Weil ich den hierin / von euch beeden / als die stärkste angesehen werde / so wil ich mich auch bemühen / euch bederseits zu bereden / den [201] Adonisedech und den Esau zu lieben / weil hierzu die gebür und die tugend euch antreibet. Doch gedenket nicht / Prinzessin von Caphtor! daß mich der eigennutz dieses rahten mache / ům also des Cimbers gedächtnus allein zu verehren: massen ich solches euch hierbei ganz wol zulassen und g \nnen kan. Und ihr / liebste Ahalibama! werdet mir auch leicht gläuben / daß ich dißorts des Esau person oder freundschaft nicht ansehe / sondern vielmehr euer haus / und die notdurft / so euch antreibet /selbigem durch diese heurat wieder aufzuhelfen. Jaelinde kan eher / als ich / ( sagte Ahalibama) meiner gnädigsten Königin einrat folgen: dan sie darf nicht verlassen die gedächtnis von einem / der sie geliebet habe / wie leider! ich thun muß / da meines Eliesers ungemeine treue mir ståts und ohn unterlaß vor augen schwebet / und mich abziehet / einem andern einzuraumen / was ihme allein gebüret. Eben diese beständigkeit / (wandte Jaelinde ein) macht es mir so schwer / einem andern mein herze zuzuwenden / das ich einmal den Cimber gewidmet. Dan / ob gleich derselbe meine liebe nicht angenommen / so dauret doch solche gegen ihme / ům deß willen / weil keine unbeståndigkeit / noch verachtung meiner person / sondern die unmügligkeit / und die schönste K \nigin der welt /deren ich gern weiche / mein herze anzunemen / ihn abgehalten.

K \nnet ihr aber beide nicht / (versezte die K \nigin) die todten / samt den lebendigen / zugleich lieben? Ach gnädigste K \nigin! (sagte Ahalibama) das dünket mich unmüglich zu seyn. Und ich (tåte Jaelinde hinzu) wil endlich wol dem Prinzen von Salem die eheliche hand geben / wan der mir erlauben wird / das gedächtnis des Cimber / ihme unschådlich / dabei zu verehren. Ein solches (antwortete die Königin) wird Adonisedech [202] euch nicht verůblen: gleichwie es ebenfals der Esau seiner Ahalibama nicht verargen kan /wan gleich der treue Elieser neben ihm noch geliebet würde.

Ahalibama schwiege zu diesem vortrag der K \nigin / und ware es auch der Jaelinde fast leid / daß sie sich so weit hatte heraus gelassen. Diese muste hierauf der Königin erzehlen / wie sie zu dem lädlein des Cimbers gelanget wäre: da sie dan berichtete / wie daß / als / nach der zeitung von seinem tode / niemand sich seiner hinterbliebenen sachen annemen wollen /sie in sein zimmer gegangen und dieses kåstlein heraus genommen / das übrige geräte aber / als seine kleider / geld und gewehr / unter seine slaven verteilet hätte. Wollet ihr dan / (fragte die Königin ferner) daß ich es bei mir in verwarung behalte? Es kommet niemanden billiger zu (antwortete Jaelinde) als E. Maj. und bin ich fro / daß ich meinen zweck erreichet /welcher darin bestanden / daß ich dieses großen helden herzliche und ehrerbietige liebe E. Maj. wissend machen / und ihme hiermit einen dienst erweisen m \chte. Ihr erweiset (antwortete die K \nigin) nicht allein ihme / sondern auch mir / hierin einen gefallen: massen ihr dadurch mir anlaß gebet / auf so unschuldige weise mich an einem Prinzen zu rächen / der eure schwester so wol / als mich / so schåndlich aufgefůret. Ich entsetze mich / (sagte Jaelinde) wan ich an diesen Prinzen gedenke / und kan .... Haltet ein / (fiele ihr die K \nigin in das wort) ferner von ihme zu melden / und helfet mir / durch stätige erwehnung des Cimbers /diesen undankbaren ganz aus meinem gedåchtnis bannen. Wolte Gott! (sagte Jaelinde seufzend) meine arme schwester folgte einer so grosmůtigen entschließung! die sie auch verhoffentlich von den unfehlbaren tod würde retten können. Lasset uns (beschlosse die Königin) diese werte [203] freundin besuchen! massen unsre müdigkeit uns ohnedas verwehret / diesen spazirgang fortzustellen. Also giengen sie wieder nach ihrer wonung / da sie die C \lidiane noch schwach und matt fanden: und war bei derselbigen die K \nigin von Salem / wie auch die Prinzessin Danede / die ihr alle handreichung tåten.

Selbigen abend / kam der Fürst Arsas von seiner gesandschaft aus Basan wieder an: welchen / weil er von allem dem / was seit seiner abwesenheit sich begeben / nichtes gewust / nicht wenig wunder name /seine Königin zu einer solchen zeit bei dem gesundbrunnen zu finden / da ihr so viel kriegsgeschåfte und verrichtungen auf dem halse lagen. Er erlangte sofort gehör bei ihr / wiewol sie sich bereits zu ruhe begeben hatte. Gleich anfangs / ehe er seine verrichtung erzehlte / überreichte er ihr ein verschlossenes tåfelein: welches sie / in meinung es käme vom König in Basan / alsobald er \fnete. Als sie aber darin des Abimelech hand und unterschrift fande / ginge es ihr so nahe / daß sie es sobald ůber eine glutpfanne hielte /die nahe bei ihrem bette stunde / und es dergestalt /sonder abzulesen / verbrennte. Wie da / gnädigste K \nigin! (fragte der bestůrzte Arsas) verfåret man also mit des Prinzen Abimelech schreiben? Ist euch dan verborgen / (fragte die K \nigin) wie dieser unbeständige sich unlångst bezeiget? Seither wan (fuhre Arsas ganz erschrocken fort zu fragen) hat dieser getreue liebhaber etwas begangen / das ihn in ungleichen verdacht bei seiner Königin setzen kan? Es sind ja nur wenig wochen / daß ich den Abimelech gesprochen habe. Ach! sagt mir nichtes von diesem betrieger! (antwortete die Königin) dan ich entfinde in mir /daß ich zu schwach bin / seinen namen nennen zu h \ren. Wie gehet diß doch immer zu? (sagte Arsas) und darf ich [204] dan zum wenigsten nicht wissen / was Abimelech begangen habe?

Indem trate Timna in die kammer / zu welcher die Königin sagte: Ihr kommet gleich eben recht / Timna! erzehlet doch dem Fürsten von Cale / die große liebeszeichen / die mir der Philister-Prinz erwiesen. Timna gabe hierauf dem Arsas ausfůrlichen bericht /von allem dem / was mit der Ammonide in Aroer fürgegangen / und wie dieselbe für wenig tagen / durch die gesandten von Gerar und Ammon / als eine braut des Abimelech / nach Gerar abgeholet worden. Dem Arsas kame diß alles wie ein märlein für / und erstummete er ganz / ja er starbe fast für schrecken und verwunderung / als er so unglåubliche und seinem bedunken nach unmůgliche dinge vername. Wie er nun zu reden verzoge / sahe ihn die Königin an / und fragte: Ob sie nun noch ursach hätte / des betriegers von Gerar briefe zu lesen? und ob er ihr verüblen könte /daß sie disen lezten dem feuer gewidmet? Arsas zoge die schultern / und bliebe so verwirret / daß er sich gar nicht wieder erholen konte. Ihr werdet mir wollen sagen / (sagte die Königin ferner /) daß die hülf-völker aus Basan angekommen. Ja / gnädigste K \nigin! (antwortete Arsas) ich bin in deren geleite hergereiset / und habe iezt meine verrichtung ausfůrlich abstatten wollen: bin aber so aus mir selber gebracht / daß ich /fast gedanken-los / nicht weiß / was ich sagen sol. Weil ich nichtes eiliges dabei vermute / (sagte die Königin) so wird morgen beim brunnen zeit gnug seyn / eure verrichtung anzuh \ren: mag es also bis dahin verschoben bleiben.

Hiemit ließe sie ihn von sich: da er dan die ganze nacht dieser wunderbaren begebenheit nachdachte /und unmüglich glåuben kunte / was er doch notwendig [205] glåuben muste. Folgenden morgen verfügte er sich gar frühe nach dem brunnen / da er die drei durchleuchtige brunn-gåste bei einander angetroffen. Nachdem er die trink-zeit aus gewartet / rieffe ihm die K \nigen / daß er sie nach dem spazirwald begleiten /und daselbst ihnen erzehlen solte / was er in Basan ausgerichtet. Weil C \lidiane nicht lang gehen kunte /als sezten sie sich zusammen nieder an einen schattichten ort / da die Königin zu den Fürsten von Cale also sagte: Ich vermute wol / daß ihr / in eurem bericht / des Philister-Fürstens werdet erwehnen müssen. Weil nun dessen bezeigte falschheit / so wol mir als der Prinzessin C \lidiane dienen kan / unsere verachtung ihme desto beständiger zuzuwenden / so ist mir nicht entgegen / daß ihr noch dieses mal seiner gedenket: nachgehends aber werde ich / so wenig von euch / als sonst von iemanden in der welt / seinen namen mehr nennen zu hören / vertragen können.

Weil mir dan vergönt ist zu reden / (finge Arsas hierauf an) so muß ich berichten / daß / als ich / ungefär vor einem mond / von E. Maj. nach Basan gesandt worden ich den großen Marsius im reiche nicht gefunden / und wegen dessen abwesenheit bei dem verweser des reichs / dem Prinzen Trebetes / zu Edrei gehör suchen / auch E. Maj. schreiben an seinen König ihme zu erbrechen einreichen müssen. Ich verspürte wol / daß Trebetes sehr erschrocken / als er das schreiben durchlase. Er ließe sich aber dessen gegen mir nicht vernemen / was die ursach seiner bestůrzung ware / sondern verließe mich bald / mit der vertröstung / daß ich nicht lang solte aufgehalten werden. Mir wiederfure darauf alle ersinliche h \flichkeit / und wurde ich von allẽ großen des reichs fleissig besuchet: die aber sämtlich sich betrübt anstellten / und damit ein sonderbares allgemeines anligen zu verstehen gaben. [206] Ich wuste nicht / was ich daraus vermuten solte. So eifrig ich auch auf meine abfärtigung drunge / so sehr waren sie bemühet / mich von einem tag zum andern aufzuhalten. Endlich kame der Trebetes zu mir / und vertraute mir / mit der h \chsten betrübnis von der welt / wiedaß sie vom tod ihres K \nigs / welcher /üm verborgener ursachen willen / ein zeitlang vom reich abgewesen / gewiße nachricht erhalten håtten: wodurch dan ihr zustand sich also geåndert / daß sie E. Maj. die verheisene hůlfe unmüglich schicken könten / und ům ihrer eignen sicherheit willen genötigt wären / den Suevus mit seinen dreisigtausenden aus der Nabatheer land wieder abzufordern. So schwätze auch das gerüchte / wiedaß der Aborigener König /Tuscus Sicanus / den man für tod gehalten / unter einen fr \mden namen und in unbekanter gestalt / in Syrien und bei ihnen wäre gesehen worden; ingleichen / daß ein måchtiges heer der Celten und Aborigener /von Riphatischen gebirge her / im anzuge begriffen sei: und můsten sie befürchten / daß es ihrem land gelten m \chte / weil erwehnter König der Aborigener / einen alten anspruch auf Basan hätte / aus dem vorwand / daß sein herrvatter / der Lucus / des vorigen K \nigs von Basan / des Abinaels / ålterer bruder / aus Basan vertrieben worden / und nach Kithim flüchten můssen.

Mit diesem unangenemen bescheid / ginge ich nun von Basan hinweg / und eilete / was ich konte / nach den Arabischen gränzen: des willens / zu dem Prinzen von Gerar zu gehen / und ihme E. Maj. schreiben zu überliefern / auch von dero angelegenheiten und gefärlichem zustand mich mit ihm zu bereden. Ich hatte das glück / ihn auf seiner reise nach Gerar / wie er eben aus dem reiche Cus gekommen / anzutreffen: da er dan / nicht allein [207] eine ungemeine freude / von E. Maj. etwas zu hören / und dero handschreiben zu sehen / blicken ließe / sondern auch mir ümståndlich erzehlte / was sonderbare gnadgewogenheit er von der Prinzessin von Caphtor entfangen; da ihn dan sehr quålete / daß er solche / wie er solte / nicht erkennen konte / und also in seinem hohen glücke sich unglücklich achten / und ein leiden fülen müste / das auser ihm wol keiner in der welt entfinden würde. Er hat ihme gar wol davon geholfen / (fiele alhier die Königin dem Arsas in das wort /) und war die heurat mit Ammonide das rechte mittel / von mir abzukommen /und der Cölidiane liebe zu erkennen.

Seine eil-reise nach Gerar (sagte Arsas ferner /) war so groß / daß ich kaum etliche wenig stunden ihn aufhalten können: und wuste ich damals nicht / håtte es auch nimmermehr vermuten k \nnen / daß seine angelegenheiten zu Gerar dieses frömde beginnen gebären sollen. Er gabe mir hinwiederum ein antwort-schreiben an E. Maj. mit / dessen inhalt / wie er mir dabei er \fnet / dieser gewesen: daß er / nach abgelegter seiner verrichtung / alsofort von Gerar nach Ninive mit den Assyrischen v \lkern reisen / und alda der Dalimire bösem fürhaben / die ihn dahin zu kommen beschieden / steuren / inzwischen aber den Phalacus /mit den Niniviten hieher zu gehen / abfärtigen wolte. Er sagte mir auch die ursach / warům er nach Ninive Assyrier / hieher aber Niniviten sendete: weil nämlich zu gläuben / daß die Assyrier daselbst wider die Dalimire / als nunmehr feindin ihres K \nigs / båßer fechtẽ / und die Niniviten alhier keinen anlaß haben würden / in die aufrürische håndel / so iezt in selbigem reiche vorgiengen / sich mit einzumischen. Was versicherungen ewiger treue gegen E. Maj. ich darbei von ihm vernommen / solches mag [208] ich hier nicht alles wiederholen. Kurz! er stellte sich also an / daß er wol einen scharfsinnigern / als ich bin / hätte betriegen sollen.

Wie er nun hinweg war / und auch ich / nach Damasco wieder zu kehren / meinen růckweg name / begegnete ich dem Prinzen Suevus mit seinen dreißig tausend Teutschen / die er hieher füren sollen / aber nun mit ihnen nach Basan zoge. Sie änderten aber plötzlich ihr vorhaben / als sie ganz unvermutet die fröliche zeitung erhalten / daß ihres Königs tod nur ein falsches geschrei gewesen / und derselbe in Basan noch lebe. Ich hatte ja so große ursache / als sie /mich dieser freude mitteilhaftig zu machen: eilete auch alsofort zu dem Suevus und triebe bei ihm E. Maj. angelegenheit. Er ware gleich willig / nach Syrien zu gehen: allermeist weil der Tubal / den ich daselbst beim heer fande / hierzu gar eiferig mit antriebe. Also bin ich nun mit ihme glůcklich alhier angekommen: hätte mich aber eher des himmelfalls versehen / als zu vernemen / was der Prinz der Philister beginnen d \rfen. Wäre es auch nicht / daß alle welt mir diß gegenspiel behauptete / so wolte ich ungescheut sagen / daß ich es unmůglich gläuben könte.

Also endete der Fürst von Cale seinen bericht / und ließe seine durchleuchtige zuhöreriñen in tiefem nachdenken: die ja so gern / als er / das jenige nicht hätten gläuben mögen / was ihnen so unmüglich als warhaft fürkame. Weil die schwache C \lidiane von dannen eilete / als leistete ihr die K \nigin gesellschaft / neben den andern / und begaben sie sich also alle wieder in ihre wonungen. Folgenden tags entschlosse sich die Königin / auf des Husans antrieb / das angekommene heer aus Basan zu besichtigen. Zu dem ende saße sie /nach dem mittag / zu wagen / in begleitung ihrer schwester / wie auch der Prinzessin [209] Danede und Ahalibama / und fuhre dahin / sich von diesen dapfern Celten und Teutschen sehen zu lassen. Ein allgemeines verwunderungs-geschrei erhube sich bei ankunft dieser schönen K \nigin / und eilete so fort der Prinz Suevus und die andern hohe kriegsbedienten ihr entgegen / ihr den rock zu küssen: da dan jener / im namen seines Königs / ihr dieses volk überlieferte /und mit einer sonderbaren ernsthaften annemlichkeit seine rede gegen ihr ablegte. Die K \nigin / die vordessen schon von dem dapfern Suevus viel gehört hatte / erwiese ihm alle geziemende ehre / und bedankte sich mit der höchsten erkentlichkeit / für diesen ansehnlichen beistand / den sein König ihr schickte: sich und ihr reich zu des grössen Marsius diensten hinwieder anbietend. Es muste aber / all dieses grosse heer / für ihrem wagen über gehen: da dan / neben ihr / alle zuschauere über dieses sch \ne volk sich verwunderten / desgleichen sie vordeme nicht gesehen hatten.

Unter dieser musterung / erinnerte sich Husan / der nahe bei der Königin wagen stunde / des Prinzen Abimelech / daher er zu ihr sagte: Ich m \chte wünschen /daß unser General sich bald einstellte / dieses schöne kriegsheer vor Damasco zu fůren / weil wir nun mächtig gnug sind / diese stadt anzugreifen. Solche worte trieben der Königin eine r \te ab / die aberdoch dem Husan / soviel müglich / ihr anligen verhelete / und /als sie sich wieder erholet / ihm antwortete: des Prinzen von Gerar zustand hat sich also verändert / daß ich ihn nunmehr nicht werde zu meinem General bekommen / und habe ich seither vergessen / euch /mein vetter! diese änderung / und daß ich nicht nach ihm geschicket / anzusagen. Husan bliebe hierüber ganz bestürzt / und erwehnte ferner / daß demnach hochnötig seyn würde / einen andern bald zuerwehlen. [210] Ich bin aber beschamt / (fuhre er fort) daß ich keinen unter allen Syrischen Fůrsten finde / der hierzu tůchtig wäre: welches der Assyrier verůbte list und weltklugkeit verursachet / indem sie jederzeit / so lang sie Syrien besessen / verhütet / daß keiner von uns zu kriegs åmtern und verrichtungen gezogen worden / damit solches ihnen nicht einmal k \nte zum nachteil geraten. Ich wüste also / auser dem Cyniras und Nahor /wol keinen / der dieses schwere amt verwalten k \nte: diese beide aber werden es schwerlich ůber sich nemen. Demnach wäre / meines ermessens / niemand hierzu tüchtiger gewesen / als der Prinz Abimelech: den ich auch nochmals fürzuschlagen mich unterwinden wolte / wofern die ursachen nicht zu erheblich wären / die E. Maj. hiervon abhalten.

Es ist einmal unmüglich / (sagte die Königin) daß der Philister-fürst k \nne mein General werden. Ich wil aber selbst / mit zuziehung euer aller / diesen krieg füren / und alle eiversucht unter euch aufzuheben / die befehle erteilen / und stäts bei euch im felde seyn. Die Cur / die ich wegen meiner gesundheit vornemen můssen / wird keine drei wochen mehr dauren. Inmittels werden die aus Ober-Syrien unter dem Fürsten Rames / ingleichen der Phalacus mit den Niniviten aus Edom / wie auch der Gaham / von den Nabatheern und denen in Hevila / verhoffentlich mit guter erklärung / ankommen: da wir dan / mit gesamter macht / etwas haubtsächliches gegen dem feind anschlagen m \gen. Diese grosmütige entschliessung /(antwortete Husan) ist so edel und unwidersprechlich / daß ich vielmehr deswegen meinem vatterland glůck wůnsche / als daß ich es widerraten solte. Um aber dem feind keine zeit zu gonnen / so k \nnen wir / mit diesen zwei und fünfzig tausenden / die wir nun beisammen haben / wol gleich Damasco berennen [211] lassen / und dörfen nicht warten / bis die drei wochen / so E. Maj. zu ihrer Cur bestimmet / zu ende / und die andere hülf-v \lker angekommen seien. Ich bin mit allem friedlich / (antwortete die Königin) und kan mit dem ehisten hierüber kriegsrat gehalten / auch / was alsden beschlossen / werkstellig gemacht werden. Nachdem sie diese erklärung von sich gegeben / und bis gegen den spaten abend bei dem heer sich aufgehalten hatte /fure sie wieder nach der brunn-wonung: da ihr dan viel tausend glückwünschungen mit auf den weg gegeben wurden / und hinterließe sie keinen im ganzen heer / der nicht / mit freuden sein blut für diese schöne Königin zu lassen / sich entschlossen hätte.

Wie man nun folgenden tags kriegsrat hielte / welchem die Königin / wegen der Cur / in person nicht mit beiwonete / sondern sich nachgehends daraus berichten ließe: wurde einhällig für gut befunden / alsofort Damasco zu berennen / und fiele der schluß / daß Nahor mit achttausend Syrern / Sosares mit sechstausend Niniviten / Gaisus ein Celtischer kriegsbedienter mit zehentausend Celten / und Hezrai mit seinen zweitausend Cussiten / unter anfürung des Egyptischen Prinzen Amosis / (deme sie den kriegserfarnen Hezrai zuordneten) diesen zug fürnemen solten. Der Suevus mit zwanzig tausend Celten / wie auch Zaphis mit drei tausend Niniviten / und Badezorus mit dreitausend Syrern / blieben bei den Königlichen personen / und am paß zwischen Damasco und Aroer: bis daß die K \nigin von Syrien selber mit vor Damasco würde gehen können. Mit dieser Königin gesundheit begunte es von tag zu tag sich båsser anzulassen / und finge sie nun an / auf gutfinden der ärzte / sich des warmen bades zu bedienen / welches sie nur vierzehn tage lang gebrauchen [212] solte: nach welchem ausgang sie dan höchlich verlangte / weil ihre einige begierde war / ihr reich Syrien von den Babyloniern zu befreien /und ihre untertanen wieder in frieden und ruhe zu setzen.

Wenig tage nach des Prinzen Amosis anzug vor Damasco / kame auch der Fürst Rames / neben dem Cyniras seinem sohne / aus Ober-Syrien mit zw \lf tausend Syrern: welches dan verursachte / daß Badezorus von den alten völkern noch dreitausend man dem Prinzen Amosis nachfüren muste. Der Fürst Rames berichtete / wiedaß ganz Ober-Syrien von den Babyloniern befreiet / auch Belopares mit allem seinem volke das reich geraumet und nach Ninive sich gewendet hätte. Die K \nigin / üm allen ihren völkern sich erkentlich vorzustellen / wolte diesen neu-angekommenen nicht weniger ehre / als den vorigen / erweisen: daher sie nachmittags / von niemanden als der Timna begleitet / an den ort / da sie sich gestellet hatten / zu ihnen hinaus fuhre / und durch ihre angeborne leutseligkeit dermassen ihrer aller herzen eingewonne / daß sie sich überseelig schäzten / eine solche schönheit zu ihrer K \nigin und heerfürerin zu haben. Wie sie nun die schwadern alle wol beschauet / name sie wieder den růckweg vor sich / ließe / in der einsamkeit ihre vergnügung suchend / alle ihre leute von sich / und behielte allein die Timna bei ihr: mit der sie aus dem wagen stiege / durch ein angenemes schattichtes thal nach ihrer wonung gienge / und von ihrem zustand sich mit dieser freundin besprachete.

Wer hätte uns beiden ehemals zu Babel sagen sollen / (sagte sie unter andern zur Timna) daß es uns in unserer liebe also ergehen wůrde / als wie wir es nun erleben müssen? Ich meines teils håtte mich wol ehedessen für unfähig und zu schwach gehalten / das auszustehen / [213] was mir nun begegnet ist. Das leiden /(versezte Timna) so wir noch nicht am hals haben / ist allemal schwerer / als das / so uns überfållet: weil wir das entfernte mit gutem bedacht und gesundem geist ansehen / hingegen das jenige / so uns drücket / unsere sinnen so betrůbet / daß wir nicht recht wissen /wie uns geschihet / und also fastentfindlos werden /indem wir nicht k \nnen zu uns selber kommen / unser leiden recht zu überlegen. Ihr saget gar wahr / liebste Fürstin! (versezte die K \nigin) und gestehe ich gern /daß ich noch nicht weiß / wie mir geschihet / und sind mir / gleich als in einem hitzigem fieber / alle sinnen eingenommen / also daß ich / so zu sagen / sinlos leide. Es hat der himmel / (erwiderte Timna) E. Maj. mit so ungemeiner grosmut versehen / daß sie eher /als iemand anders / ůberwinden k \nnen / was ihnen widriges begegnet. Mir aber wil es leider hieran fehlen / und füle ich wol an mir / daß ich nicht lange mehr mein unglück werde tragen k \nnen. Ich verlange auch nichtes mehr / als den tod: weil der noch das einige mittel ist / an meinem schmerzen ein ende zu machen. Ich weiß wol nicht / (sagte die Königin) ob ich mich der grosmut berůmen kan / die ihr mir zuleget. Dieses aber gestehe ich gern! daß ich mich bemühe /so viel mir müglich ist / mein leiden zu ůberwinden. Und weil dem reich Syrien mein leben noch zur zeit nützlich seyn kan / als wünsche ich mir den tod nicht: wiewol / die warheit zu gestehen / ich lieber von der welt seyn / als deren falschheit länger entfinden möchte.

Wie sie in solchen reden begriffen waren / überfiele sie unversehens ein starker platzregen / und zwar mit solcher häftigkeit / daß augenblicklich das thal / darin sie gingen / mit wasser anflosse / und sie ihren wagen / der [214] zimlich weit hinter ihnen her fure / nicht erreichen konten / sondern / der flut so wol von oben als unten / zu enfliehen / sich in ein haus begeben musten / das sie in den klippen und bergen herfür ragen sahen. Dieses war nun eben der ort / alwo Abdastartus des kranken Cimbers pflegte: welcher / als die K \nigin die tür des hauses eröfnete / ganz bestůrzet /des Cimbers kammertůr zu schluge / und den ankommenden entgegen eilete. Die Königin entsezte sich noch mehr / als er; wie sie ihn / als einen vermeinten freund ihres todfeindes des Ninias / vor ihr sahe: daher sie auch nicht wissend / was sie sagen solte /gern wieder hinaus gegangen wåre / wan es sich hätte schicken wollen.

Welch ein unverhofftes glůck / widerfäret mir hier /(redte er sie an) daß meine gnådigste Königin unter mein dach kommet. Wol recht das blinde glück /(gabe sie ihm zur antwort) hat mich hieher gefüret: dan es mein vorsatz nicht gewesen / den jenigen zu besuchen / der meinen årgsten feind zu schůtzen / mir dessen tod hat fälschlich anbringen dörfen. So wissen dan E. Maj. (antwortete er / ganz erschrocken) daß mein kranker noch lebet? Freilich weiß ich solches /(sagte sie ganz unwillig) und håtte dem Abdastartus nimmermehr zugetrauet / daß solch ein betrug bei ihme sich bergen können. Ich erkenne meine schuld /(gabe Abdastartus zur antwort / zugleich der Königin zu fus fallend) und habe nicht vermeint / E. Maj. unwillen und ungnade dadurch auf mich zu laden / daß ich also einen armen menschen dem zorn seiner Königin zu entziehen vermeinet. Ihr habet damit / (antwortete sie) einem meiner ärgsten feinde und gr \sten verfolgere gutes gethan / und wider eure landes-Königin einem solchen gedienet / [215] der mir verhaßter ist / als alles / so in der welt kan gefunden werden.

Weil / indem sie dieses sagte / die Timna in die kammer hinein gehen wolte / üm alda ein feuer zum abtrucknen zu suchen / und Abdastartus mit dem vorwand / daß ein kranker darin läge / sie zu rück wiese /vermeinte die Königin nicht anders / als daß der Ninias alda vorhanden wäre: weswegen sie wieder zum haus hinaus eilte / und lieber dem ungestůmen wetter /als diesem frechen liebhaber / sich vertrauen wolte. Er ist hier / er ist hier / dieser verwegene / (rieffe sie) der mich lieben dörfen! drum eilet / Timna! ehe er uns weiter überlast mache. Als sie nun in das ungestůme wetter sich wieder gewaget / traffe sie ihren wagen an: auf den sie mit der Timna sich eiligst sezte / und durch die flut / die schon wieder zu verlaufen begunte / hindurch rennte / bis das sie zu ihrer wonung gelanget. Jederman erwiese sich besorget / wegen dieses zufalles / und brachte man gleich die K \nigin zu einem feuer / auch folgends zu bette / damit diese erkåltung / ihrer gesundheit und angefangenem Cur /keinen schaden und nachteil bringen m \chte.

So unruhig sie aber die nacht zubrachte / so wenig genosse auch die ruhe der trostlose Cimber: welcher /zum ůberflusse seines schmerzlichen leidens / seiner Königin grausame donnerworte selbst mit anhören můssen. Abdastartus vermochte ihn nun nicht mehr zu trösten / noch ihn zu bereden / daß er seines lebens schonen möchte; wie er dan / ganz verzweifelt / von keinem arzney oder deren gebrauch mehr h \ren wolte. Sein getreuer Tubal / der keinen tag / sonder ihn zu besuchen / fürbei ließe gehen / kame in spater nacht zu ihme / weil er den tag über bei dem heer zuthun gehabt. Als er seines freundes zustand so verschlimmert gefunden / verlangte er dessen [216] ursach zu erfahren: es wolte ihm aber / weder Cimber / noch Abdastartus / etwas sagen. Gegen dem morgen / kame ein diener des Abdastartus gelaufen / der mit erschrockenen gebärden ihm die post brachte / wie daß man sie suchte / und ein Ninivitischer haubtman mit vielen soldaten auf dem weg wäre / ihr haus zubesetzen und sie gefangen zu nemen. O unerh \rte grausamkeit! (rieffe hierauf Cimber / der sich nun nicht länger halten konte /) welches Tyger hat dich aufgezogen? oder vielmehr / welche zauberei hält mich / diese Königin noch zu verehren / wil nicht sagen / zu lieben? Wiewol ich mein leben nicht achte / so wil ich ihr dannoch den willen nicht gonnen / in ihre hände zu geraten. Darüm / Abdastartus und Tubal! könnet ihr mich davon bringen / so thut es / und lasset mich nachgehends ohn ihr zuthun sterben.

Diese worte öfneten dem Tubal die augen / daß er verstunde / was bisher des Cimbers anligen gewesen; und darüm sehr verbittert / sagte er: Stehet nicht die ganze Celtische macht zu unsrem befehl? und sind wir nicht stärker / als die Syrer? was hält uns / daß wir uns nicht entschliessen / und aus diesem undankbaren land hinweg scheiden. Nein / Tubal! (sagte Cimber / der es bereuete / daß er sich also entdecket) hůte dich / solche unruhe alhier anzurichten! Es sollen dannoch die von Basan dieser grausamen dienen / ob sie gleich mit mir also verfäret. Weil hier (sagte Abdastartus) keine zeit zu seumen ist / so můssen wir /hinter dem hause / durch die klippen und felsen entrinnen / da mir verschiedene h \len bekant sind / uns zu verbergen. Die gröste schwerigkeit finde ich darin /wie wir unsren kranken m \gen fortbringen. Helfet mir nur von hinnen! (sagte der verzweifelte Cimber) hernach wird alles euer sorgen [217] überflůßig seyn. Schaffet nur / daß ich nicht in ihre hände gerate / und ihr die vergnůgung gebe / mich sterben zu sehen. Als er diß gesagt / warfe er sich vom bette / und die decke des bettes üm sich nemend / lehnte er sich auf den Abdastartus und Tubal: die mit ihm durch die hintertür hinweg eilten / und ihn in eine höle brachten / die von ausen mit vielen buschwerk verwachsen war.

Sie befanden sich kaum darin / da kamen der Königin von Syrien abgeschickte in das haus: welche befehl hatten / des kranken / den sie unfehlbar für den Ninias hielte / sich zu bemåchtigen / und ihn in sichere verwarung zu bringen. Sie fanden alles im hause ledig / und wie sie hin und her vergeblich gesuchet /hinterbrachten sie solches dem Barzes: welcher es folgends seiner K \nigin berichtete / und dieselbe in nicht geringe sorge dadurch setzete / aus furcht / daß nicht dieser verschlagene listige Fürst / der noch teils Niniviten sehr beliebt war / einen anschlag auf sie machen / und sich ihrer person bemächtigen möchte. Demnach ließe sie / alle ihre leibwachten / mit lauter Syrern besetzen und verstärken. Es wurde auch noch ferner aller orten fleißige haussuchung gethan / gleichwol aber die h \le nicht gefunden / die den verzweifelten Cimber aufbewarete.

Wie nun dieser also / mit den andern / sich den ganzen tag verborgen gehalten / da der hunger ihre geringste ungelegenheit gewesen / wagte sich der treue Abdastartus mit anbrechender nacht heraus / des vorhabens / von dem brunn-arzt / als seinem vertrauten freund / so wol speisen / als benötigte arzneien zu bekommen: damit seinen kranken so lang aufzuenthalten / bis sie einen gewissen schluß gefasset hätten /was sie fůrnemen wolten. [218] Wie nun Tubal inzwischen sich bei seinem freund allein sahe / finge er an / ihm zu zureden / und fragte ihn: Ob es auch seiner grosmut / ja der tugend / gemäs wäre / länger ein solches leben zu fůren / daß blos aus einer unmüglichen liebe herrůrte? ob auch sein gewissen ihn nicht triebe / die måchtige lande und reiche / ja so viel tausend seelen /zu bedenken / die ihm bestimmet / und deren heil und wolfart bloß und allein auf der erhaltung seines lebens beruhete? Dieses zusprechen ward von ihme so beweglich und umständlich fürgebracht / daß endlich Cimber / wie aus einen tieffen schlaf erwachend / in sich ginge / und dem Tubal in die hand angelobte / alsofort / wan ja der himmel beschlossen håtte / daß er noch långer leben müste / nach Basan wieder zu kehren / und das für ihn unglückselige Syrien mit seiner liebe zu verlassen. So große freude nun diese erklårung bei den Tubal erwecket / so sehr bereuete Cimber dieselbe gleich darauf in seinen herzen / und fülete / daß er niemals verliebter gewesen / als nun / da er den schluß von sich gegeben / nicht ferner zu lieben. Doch gabe er dem Tubal diese seine unruhe nicht zu erkennen / und war damit einig / daß er folgenden tags / zu ihrer abreise / alles in bereitschaft bringen möchte.

Dieser treue freund / als er zuvor noch ein- und anders / die Hercinde und den zustand in Basan betreffend / mit ihm geredet / unterließe nicht / den wiederkommenden Abdastartus zu berichten / wie sein kranker nicht allein zu leben / sondern auch hinweg zu ziehen / sich entschlossen hätte. Als er ihn hierauf der fleißigen pflege dieses priesters ůberlassen / begabe er sich von dannen / und wurde so schleunig mit dieser anstalt fårtig / daß er / gegen die folgende nacht / bei ihm in seiner h \le sich wieder [219] einstellte. Er brachte mit sich / nicht allein einen bequemen wagen / sondern auch tausend pferde der auserlesensten Celten: die ihm der Prinz Suevus / auf sein ansuchen / mitgegeben / ohne daß er von ihme die eigentliche ursach /wozu er die gebrauchen wolte / zu wissen begehrt. Abdastartus beschloße / nach Basan mit ůberzugehen / und reiseten sie also selbige nacht miteinander ab: da dan der Tubal mit so freudigem herzen aus Syrien schiede / als viel tödliche qual diese entfernung dem Cimber verursachte; der auch solche nicht hätte überstehen können / wan der himmel ihn nicht zu einem bäßern glůck hätte aufbewaren und erhalten wollen.

[220]
Das Zweyte Buch
Die Geschichte des alten Marsius - Königs in Celten und Basan
[229] Die Geschichte des alten Marsius / Königs in Celten und Basan.

Gleichwie der Teutschen erste ankunft aus den morgenländern gewesen / von dar unsere vorfahren sich nach und nach gegen abend gewendet / und nicht allein das Riphatische gebirge und das reich Ascenas /sondern auch gar Kithim samt den Inseln / und das weite und wüste Celten zu bewonen angefangen haben: also hat der große Teutates bei unseren zeiten es wunderbar gefäget / daß teils der unsrigen zu ihrem ersten ursprung wiederkehren / und hier in Asien einsitzen müßen. Der verstorbene König Marsius / war zu dieser weltberůmten großen verrichtung vom himmel ausersehen: darzu er dan auf so sonderbare weise geleitet wurde / als grosmütig und dapfer / auch mit unsterblichen ruhm / er solches ausgefůret. Dieser König war der jüngste / unter zweien brůdern / die dem Wigewon / dem großen König der Celten / von der Zadis Prinzessin aus Bätica / zu Marsburg geboren worden. Sein älterer bruder Bojus / hatte nichts vor ihme / als die erstgeburt: da hingegen er tausend geschicklichkeiten besaße / mit denen er dem Bojus überlegen war. Es wurde aber / gleichwie die tugend /also auch der neid und die verfolgung / mit ihm geboren: welche ihm von kindheit an auf dem fus nachtraten / und / da sie ihm die liebe und hochachtung aller menschen nicht nemen kunten / ihme doch seine zween nåchste blutsfreunde / den Bojus / und seine schwester / die Martinde / zu feinden erweckten; wodurch er dan stäts geübt wurde / und viel zu leiden von jugend auf gewonete.

Der K \nig sein herrvatter der ihn sehr liebte / sahe wol zuvor / was aus diesem bruder-haß werden würde [230] wan er nicht bei seinem leben den Marsius versorgte. Demnach raumete er ihm einen großen teil von dem Celtischen landen ein: welches er aber / üm eiversucht zu verhůten / also anstellte / daß Marsius das land mit dem schwerd gewinnen muste / das er beherschen solte: auf welche weise er auch mit dem Bojus verfuhre. Diese beide nun / indem sie durch diß mittel voneinander kamen / ließen ihre eiversucht in sich herschen / und waren dahin bedacht / wie sie / durch dapferkeit und überwindung der feinde / einer dem andern überlegen seyn m \chten. Die feinde / so sie hatten / waren die nachkommen des bekanten Assyrischen Fürstens Trebeta / welche auf das äuserste verfolget und ausgerottet werden solten: wie dan Wigewon und sein bruder Sodar / der mein herrvatter gewesen / diese v \lker sehr herunter gebracht hatten /und war nur noch der einige dapfere held / der Altobrox / der sie erhielte / und ihren gänzlichen untergang verwehrte. Dieser Fürst war der lezte von des großen Trebeta geschlechte / und hatte sich mit einer Celtischen Fürstin / der sch \nen Gomerine / aus dem Golischen reiche / verehlicht / die von ihrem vorigen herrn / dem Daces / einen sohn und tochter ihm zugebracht: von denen er den sohn / seinem stamvatter zu ehren / Trebetes nennen / aber der tochter Aurinia ihren namen ließe. Er selbst zeugte / mit dieser Gomerine / eine tochter die dapfere Arovinda: welche nun einige erbin aller ansprache des großen Trebeta verblieben / und von jugend auf einen so dapfren muht blicken ließe / daß sie dahero nicht geringe hoffnung von sich gabe. Sie folgte dem mutigen Altobrox allenthalben im kriege nach / und munterte dadurch ihre stiefschwester auf / dergleichen zu thun.

Wie nun dieser küne held / durch die beide Prinzen den Bojus und Marsius / an verschiedene orten / mit[231] einer starken heersmacht angegriffen wurde / ginge er selbst in person dem Bojus entgegen / und schickte wider den Marsius einen seiner bästen kriegs haubtleute / auf den er sich sehr zu verlassen pflegte: dem er auch seinen stiefsohn / den Trebetes / mitgabe / die Aroninda und Aurinia aber bei sich behielte. Ich wurde / von dem Wigewon / dem Marsius zugegeben / daher ich stäts ein zeuge seiner heldentaten seyn können / und würdigte er mich / neben dem Fůrsten Herman / der von der mutter wegen / ja so nahe / als ich / an das Königliche haus befreundet war / seiner allergeheimsten freundschaft: gleich wie im gegenteil des Hermans bruder / der Fürst Bodus / des Bojus herz ganz eingenommen hatte und regirte. Weil wir /von des Königs Celtischen alt-erfahrnen båsten kriegs-leuten angefüret wurden / als lernten wir mehr allein gar bald den krieg / sondern wir machten uns auch bald tüchtig / den krieg selber zu füren. Des Marsius arm siegte ůberall / so gar / daß in kurzer frist der Trebetes vor uns weichen und uns meister im feld hinterlassen müste. Verschiedene berghäuser /(dan wir in Celten / auser Trier / so damal der Altobrox noch innen hatte / von wenig städten wissen) bekamen wir ein / und gelangten gegen den winter sieghaft nach der Marsburg: da der alte K \nig seinen dapfern sohn mit herzlichen freuden entfinge /auch verordnete / daß er forthin den K \nigs-namen annemen / und nun die länder beherschen solte / die er mit seinem schwerd gewonnen hatte.

Mitlerweile / und wie dieser junge K \nig / ganz ruhm und ehrsüchtig über seinem sieg / den winter ůber in der Marsburg verbleiben wolte / ergienge es seinem bruder nicht so glůcklich: massen deme der Altobrox viel zu schaffen gemacht / und ihn endlich mit seinem [232] ganzen heer / in einen wald / der fast halb Celten durchstreichet / gejaget / auch darin also eingeschlossen / daß er weder sich durchschlagen / noch in die långe lebensmittel haben kunte. Wigewon richtete hierbei sein absehen auf seinen jüngsten sohn / und bildete ihm ein / wan der seinen älteren bruder in dieser gefahr zu hülf käme / und ihn erlöste / daß solcher dienst nachgehends dessen haß verringern / und zu brůderlichen einigkeit anlaß geben würde. Demnach musten wir / ungeacht der herben kälte / wieder zu feld / und täte der küne Marsius diesen zug ganz freudig / bloß mit der ehre vergnüget: dan er wuste wol /daß alles für seinen bruder bestimmet war / was wir dem feinde dißmal würden abgewinnen können. Altobrox / unsere ankunft vernemend / růckte uns entgegen / und lieferte uns eine schlacht / die an beiden teilen sehr blutig ablieffe. Doch behielten wir den sieg / und zwungen diese Fürsten / daß er dem Bojus muste luft gönnen / zu uns zu stoßen. Hierauf wurde der sieg mit gesamter macht verfolget / und trieben wir den feind bis in seine haubtstadt Trier: inzwischen der Bojus ein anderes heer der Trebetier / so die Arovinda / die schöne tochter des Altobrox gefüret / jagete und eben also / wie ihm zuvor geschehen / in einen wald einschlosse. Weil nun seine rachgier gegen des Trebetische haus sehr groß und häftig war / als fiele ihm diese grausamkeit ein / den wald rund ümher anzuzünden / und dergestalt die Arovinda mit ihrem heer aufzuopfern.

Der König Marsius und wir andere waren eben im anzuge begriffen / wie dieses geschehen solte / und eileten wir / als wir unterwegs davon gehöret / solche tyrannei zu verhůten. Der wald stunde aber bereits in voller glut / als wir zum Bojus kamen / dem der Marsius zuredete: Ob das auch grosmütig gehandelt sei /[233] solcher massen sich an seinem feind zu rächen? und wie er dem ruhm ihrer siegreichen waffen / den schimpf anthun mögen / solchen mit dieser unthat zu verdunklen? Bojus / der ohne das dem Marsius von herzen feind war / name diese einrede sehr ůbel aus /und seiner spottend / fragte er: Ob er auch ein Asianer wåre / daß er wolte die weiber anbeten? wie hiesige völker / bei uns wilden Celten / damals solche nachreden h \rẽ musten. Marsius / hierdurch noch mehr angereitzet / die Prinzessin zu retten / fassete in der noht diesen so eilig- als unvermuteten schluß / und den seinigen zuruffend / ihm zufolgen / sezte er mittẽ durch die flamme / und rante an den ort / da die Arovinda ware. Der viele dampf und rauch / der sich schon durch den ganzen wald gezogen / ließe uns keine weitere frist / als daß wir die Prinzessin auf ein pferd namen / und ihren halb-todten leuten zurieffen / uns zu folgen / weil wir sie zu erl \sen kämen. Als wir damit durch das feuer wieder durchgerant / darzu teils der unsrigen uns raum gemachet / sahen wir uns von dem ergrimten Bojus angegriffen / so daß es zu einem blutigen gefechte kame. Mitlerweile nun also ein Teutscher dem andern in den haare lage / brachte Marsius die Arovinda auf ein berghaus / ließe sie daselbst mit einer starken wacht / und kame wieder zum treffen: welches langsam würde ein ende genommen haben / wan uns die finstere nacht nicht geschieden hätte.

Folgenden tags / weil Bojus schwerlich verwundet war / und Marsius an diesem bruder-krieg kein gefallen hatte / zogen wir von dannen / des willens / wieder heim zu kehren: da auch die Trebetier / welche bei der Aroinda gewesen / mit guter art zu rücke gewichen waren. Es wolte aber Marsius vorher des Altobrox tochter ansprechen / und sie nicht dergestalt halbbefreiet [234] dahinten lassen. Ihre schönheit schiene damals ihme dermassen in die augen / daß er / mit einem wort zu sagen / sie häftig lieb gewonne / und auf ihr begehren / sie nach Trier zu ihrem herrvattern brachte: wiewol er nicht selbst in die stadt kame /sondern vor dem thor einen solchen abschied von ihr name / der viel zu verliebt für einen Celten war / und satsam erwiese / daß in unseren kalten landen / die liebe ja so mächtig und hitzig / als in diesen morgenländern / regiren können. Diese an sich selbst lobwürdige that / wurde nun nicht zum bästen bei unsrem hof aufgenommen / und brachte es / Martinde des Boius liebe schwester / und die andere fůr ihn gutgesinte /mit so verhafften ümständen vor den alten Wigewon /daß der zu befahren begunte / sein sohn stünde mit dem Trebetier-Fürsten in heimlichem bunde. Demnach wurde dem Marsius an die hand gegeben / nach seinem lande zu gehen / und nicht bei hof zu erscheinen. Also wandten wir uns / in die / den Trebetiern ab-eroberte landschaften. Aber dem verliebten Marsius / schwebte der Arovinda bild stäts fůr augen /daß sie nacht und tag eine gesellschafterin seiner gedanken war / und er dafůr fast zu keinem andrem nachsinnen gelangen konte. Daher ihm / nicht so sehr die sorge wegen vätterlicher ungnade / als wie er seine Arovinda erlangen möchte / auf dem hals lage: massen ihm dieses sehr schwer vorkame / weil sie seine feindin / auch der haß zwischen den Celten und Trebetiern unversönlich ware.

Bei diesem zustand / befiele der alte Wigewon mit einer t \dlichen krankheit / und ordnete / auf einblasen der Martinde / in seinem lezten willen / daß Bojus König nach ihme werden und über ganz Celten herschen solte / allein die landschaften ausgenommen /die er seinem andern sohn / dem Könige Marsius / bereits übergeben [235] hatte. Also wurde / nach Wigewons tode / der Bojus so mächtig / daß er nicht allem mit dem Altobrox den krieg håftiger / als vordessen fortsezte / sondern auch die gränzen des Marsius also beschnitte / daß er nicht viel zu thun vermochte. Der Bojus belägerte endlich die stadt Trier / und kunte Altobrox / weil seine macht von tag zu tag abname /nicht davor seyn / daß ihn sein feind in seinen eignen mauren nicht eingeschlossen hätte. Er wehrte sich zwar / als einem helden eignet und gebůret / entschlossen / nicht lebendig dem Bojus in die hände zu fallen: womit er aber mehrers nicht ausrichtete / als daß die zeit des unfehlbaren untergangs der seinigen in etwas verschoben wurde. Wie hierbei dem Marsius zu sin gewesen / lässet sich nicht beschreiben: welcher zwar seines hauses ehre durch den untergang der Trebetier gemehret / aber solchen / wegen seiner lieben Arovinda / weniger als seinen eignen untergang dulten konte. Daher saße er auch můßig bei diesem krieg / weil ihm unmüglich fiele / gegen die Arovinda und ihren vatter die waffen zu füren. Er war auch dem Bojus so verdåchtig / daß / wan er sich schon hätte anbieten wollen / man ihn doch würde abgewiesen haben.

Weil er nun so wenig wider / als fůr sie fechten kunte / wolte er jedoch in dieser schweren belägerung seine Arovinda nicht hülflos lassen. Demnach entschlosse er sich / selbdritte / nämlich mit dem Herman und mir / verkleidet in Trier hinein zu gehen / und die Arovinda heraus zu bringen. Es glücke uns alles hierbei nach wunsch / und kamen wir in die stadt / indem wir sturm mit liefen / der eben bei unserer ankunft zum dritten mal war abgeschlagen worden / nun aber eben glůckte / und den Bojus sieghaft hinein brachte. Wir eileten sofort nach des Altobrox schloße / den wir in den armen der [236] Arovinda fanden / da er eben den geist aufgeben wolte / als mit einem pfeil tödlich verwundet: und bejammerte er nichtes / als seine Arovinda / die er ermanete / eher zu sterben / als sich den Celten in die hände zu liefern.

Sie erkante meinen König gleich für ihren ehmaligen erlöser / und vermeinend / als ob er mit dem Bojus kåme / rieffe sie ihn üm schutz an: worzu er dan mehr als willig war / auch so fort etlichen von des Altobrox bedienten befahle / ihren herrn aufzunemen /und ihn / neben der Arovinda und Aurinia / ihm nachzufüren. Also ginge er allein füraus / dem Herman und mir befehlend / daß wir hinter ihnen bleiben solten / und brachten wir sie also / mitten durch den feind / aus Trier hinaus: da uns zwar zum bästen kame / daß die Celten auf das rauben und plündern mehr / als auf uns / acht gaben. Wir wurden aber doch von ihrer vielen angegriffen / und war es fast ein wunderwerk / daß wir also davon kamen. Wie wir nun drausen waren / namen wir eiligst vor uns den weg nach unsrem lande: da der gute Altobrox unterwegs /nachdem er dem Marsius seine einige tochter / samt ihrem recht an Assyrien / übergeben / mit der vergnügung sturbe / daß er seine Arovinda in eines so dapfren heldens sichrem schutz hinterließe. Der König ließe ihm hierauf diese schöne antrauen / und hielte sich nun für den seeligsten der welt / weil er einen so werten schatz besaße. Trebetes fürte uns hierauf alle übrige Trebetier zu / die nun den Marsius für ihren herrn erkenten: welches dan unsere macht ein wenig stårkte / daß wir dem feindseligen Bojus zimlich gewachsen seyn konten.

In solcher zeit fluchtete der Janigener König Blascon / aus Tuscia in Celten / und warfe sich unter des Bojus schutz: welchen der Hesperus / König in Bätica / von seinem reich verjaget / und sich selbst in Tuscia zum [237] K \nig gemacht hatte. Weil Blascons schwester /die Prinzessin Galathea / an den Bodus / den liebsten freund des Bojus / verehlicht war / als entfinge er allen guten willen zu Trier / und wurde wider den Hesperus der krieg beschlossen: daher dem Marsius luft gelassen wurde / daß man ihn sobald nicht zu bekriegen suchte. Blascon / durch den tod seiner gemalin / die ihm eine tochter zu Trier geboren / in den Witwerstand gesetzet / verheuratete sich alsofort wieder mit der Martinde / des Königs schwester: dadurch er sich dan noch fäster bei dem Bojus in gnade setzete / der nun seines schwagers angelegenheit fůr seine eigne achtete und ansahe. Um aber den mächtigen Janigenern gewachsen zu seyn / die die Aborigener auch auf ihrer seite hatten / (weil deren König Lucus sich an des Hesperus schwester / die dapfere Valentia verehlicht / und in Tuscia bei seinem schwager sich aufhielte bediente sich die verschlagene Martinde dieses mittels / und stiftete eine heurat zwischen ihrem bruder und einer Fürstin aus Celtiberien / deren schwester den Italus Kitim zum gemal hatte: wodurch sie zu weg brachte / daß Italus Kitim / der des Hesperus leiblicher bruder war / von der einen seite / indem die Celten auf der andern kamen / in Tuscia einbrache /und dem Hesperus soviel zu thun machte / daß der /neben seinem schwager dem Lucus / und seiner schwester der Valentia / entfliehen muste / und bei uns schutz suchte / der ihm auch nicht verweigert wurde. An stat aber / daß Blascon / auf diese flucht des Hesperus / hätte wieder sollen der Janigener König werden / sezte Italus Kitim selber die kron auf / und sahe Bojus hierbei durch die finger: weil seine gemalin / als schwägerin des Italus Kitim / bei ihm so viel vermochte / daß er der ihrigen bästes / seiner schwester angelegenheiten vorzoge.

[238] Gleichwie aber der Bodus des Blascons schwester in Tuscia geehlicht / also hatte sein bruder / der Herman / die Hesperia / des Hesperus und der Valentia jüngere schwester geheuratet: welches dan die verbitterung zwischen diesen brůdern / da ihre beide gemalinnen einander todfeind waren / also vermehrte / daß jeder seinen König / (als die da beider herz regirten) anfrischete / ihre alte feindschaft noch eifriger / als jemals / gegeneinander fortzusetzen. Also ließe der Bojus unsrem K \nig sagen: wofern er nicht gleich den Hesperus / und dessen schwager den Herman / nebst seiner gemalin der Hesperia / würde von sich thun /solte ihm hiemit ein ewiger krieg angekündet seyn. Unsere antwort / die wir hierauf gaben / bestunde in der tåtlichkeit: da wir sofort uns zum krieg rüsteten /und mehr unsern dapfern muht / als die ungleiche macht / ansehend / den Bojus weniger dannichts achteten. Fünf jahre daurete dieser innerliche brůderkrieg / da mein König tausend dapfere thaten verrichtete: mit denen ich E. Maj. einen ganzen tag unterhalten könte / wan ich dero gedult misbrauchen wolte.

Unter der zeit / wurde dem Marsius von seiner Arovinda ein sohn geboren / welcher sowol des vatters namen / als dessen helden-tugenden geerbet: also daß / wan er dermaleins in seiner liebe so glücklich als der vatter werden wird / kein vatter iemals einen gleichern sohn mag gezeuget haben. Der edle Fůrst Herman bůssete in diesen krieg sein leben ein / und hinterließe seine betrübte gemalin / mit einem sohn / dem der name Cimber zugelegt wurde / und der / weil er gelebet / an dapferkeit seinem vatter nichts nachgegeben. Die schöne Königin von Syrien seufzete zu dieser erwehnung des dapfren Cimbers / wolte aber des Suevus erzehlung nicht unterbrechen / [239] und hörte / sonder etwas zu sagen / die geschicht also fortsetzen.

Der tod des Fůrsten Hermans / war ein vorbote alles des unglückes / so uns nachgehends zu handen stieße: massen nach dem tage / alle unsere sachen den krebsgang gewonnen / und folgte uns die wiederwårtigkeit so sehr auf dem fuße nach / daß des Boius glück zu- und das unsere abname. Arovinda / die so gottsfürchtig als dapfer war / erkundigte sich / so wol bei den heiligen Aurinien / als bei den warsagern den Vacien / was die ursach dessen sein möchte? da ihr dan zur antwort wurde: Des Marsius glück blühe in Asien / und nicht in Celten / und müsse er sich dahin verwandeln / üm seiner gemalin recht an Assyrien durch das schwerd zu suchen und zu erlangen. Sie lage hierauf ihrem gemal immer in den ohren / Celten zu verlassen / und dieser weissagung nach zu setzen: sie vermochte aber eher bei ihm nichtes auszurichten /als bis er selbst nach dem berůmten hayn auf den brockenberg reisete / alda dem Tuiscon / unsrem ersten stamvatter / eine ehrenseule aufgericht stunde /welche / zu verschiedenen zeiten im jahr pflegt antwort zu geben. Als er nun daselbst sich befraget / vername er diesen /

Des Tuiscons Ausspruch.

Je länger daß dein fus wird Celtenland betreten /

ie später wird dein stätes glůck angehn.

Nicht hier / in Asien wirst du dich König sehn:

Doch deinen samen wird man künftig hier anbeten.

Von dir das Celtenland die Könige wird zehlen;

auch Assur sol für sich die deinen wehlen.


Dieser ausspruch war so vorteilhaftig für die Arovinda / daß sie endlich bei dem Marsius erhielte / was sie verlanget. Und weil sie eben wieder schweres leibes [240] ginge / wolte sie das kind / so sie gebären würde /heimlich in Celten hinterlassen: weil der Tuiscon gesaget / daß Celten so wol / als Assyrien / von ihrem samen K \nige zehlen würde; und bote sich die Hesperia an / die erziehung dieses kindes über sich zu nemen. Hierauf rüsteten wir uns alle zu dieser fernen reise / und zogen unser volk zusammen / des willens /teils durch das reich Ascenas in Asien zu gehen / teils von Kitim aus / zu wasser / nach Asealon uns übersetzen zu lassen. Bojus / der hiervon wind bekommen / zoge unsrem heer / das der Trebetes fürete / auf dem weg nach dem land Ascenas entgegen / und verlegte ihnen den paß / daß sie nicht hindurch kommen kunten: wodurch Marsius genötigt wurde / den Trebetes zu entsetzen. Also kame es zu manchem blutigen gefechte / da bald wir / bald die feinde siegeten. Nach dem wir also in dem gebirge etliche zeit zugebracht /schlugen wir uns doch endlich durch / und hatten damit / den weg in das land Ascenas / so ferne schon vor uns gebracht / daß es uns viel volk würde gekostet haben / wan wir erst wieder zu rücke gehen / und mit den übrigen / die bei der Arovinda in der Fürstin Hesperia landschaft noch stunden / uns håtten vereinigen wollen. Deshalben vertraute der K \nig mir und dem Trebetes diesen teuren schatz / nåmlich seine gemalin / und seinen sohn / daß wir ihm dieselben über see nachbringen solten: er aber gienge mit seinen völkern fort / ům / nach des Tuiscons ausspruch / in Asien wieder zu finden / was er in Celten fahren ließe.

Nachdem Trebetes und ich durch des Bojus v \lker heimlich durch gekommen / und der Hesperia schloß erreichet hatten / fanden wir die K \nigin Arovinda nicht mehr im leben / und an ihrer stat die kleine Prinzessin Hercinde / in deren geburt sie ihren edlen geist aufgeben [241] müssen. Weil Hesperia / dem lezten willen der K \nigin zu folge / diese tochter des Marsius erziehen wolte / ließen wir sie gern in Celten: zumal wir auch / mit einem so zarten kind / uns nicht gern auf das wilde meer wagen wolten. Also namen wir mit uns den jungen Prinzen Marsius / und unsere ůbrige v \lker: dergestalt Celten verlassend / üm unser glück in diesen morgenlanden zu suchen. Wir kamen / nach überstandener vieler mühselichkeit / in Ascalon an: da wir unser König vor uns fanden / und ihm die traurige post brachten / daß seine Arovinda in der geburt verschieden wäre.

Sein heldenmut konte ihm nicht verwehren / hierüber bitterlich zu weinen. Wie nun die daselbst anwesende K \nige / als der Aramenes von Syrien E. Maj. herrvatter / der K \nig der Philister / der K \nig von Hemath / und der Prinz von Caphtor / ihme trost einsprachen / war der kleine Prinz Marsius mehr dan sie alle bemühet / seinem betrůbten herrvattern diese traurigkeit zu benemen. Was für verständige grosmůtige reden / von verachtung des todes und der nichtigkeit dieses lebens / dieses kind damals auf die bahn gebracht / ist nicht auszusagen. Mein König fande an ihm seinen einigen trost / und ware nun eifrig bedacht / für dieses kind / der verstorbenen Arovinda recht an Assyrien / bis auf den lezeen odem zu bestreiten. Zu diesem ende ward / zwischen ihm und E. Maj. herrvattern / der damals / durch den Belochus / aus Syrien schon geflüchtet war / wie auch den Philistern und den dreien Canaanitischen Königen / als dem Ephron zu Kiriath Arba / dem Melchisedech zu Salem / und dem Regu zu Jericho / zu Ascalon ein bund aufgerichtet / und beschlossen / daß dem König Aramenes zu hülfe / der Trebetes in Syrien gehen / wir aber inzwischen / den durchzug durch Canaan [242] nach Babel / von allen Königen des landes begehren wolten.

Als man sich nun hierzu růstete / kame nach Gerar die Milda / der Königin Eglone fraumutter / und des K \nigs Abinael zu Basan gemalin / neben der Prinzessin Salamis ihrer tochter / wie auch den beiden Prinzessinnen der Moabiter und Amoriter / der Kezia und Ogire. Wie alle diese K \nigliche personen /neben der Aurinia und meiner schwester der Sonna /einsmals auf das herlichste von dem Abimelech bewirtet wurden / und alle / nach gehaltener tafel / in einem grossen saal beisammen stunden / lieffe der kleine Prinz Marsius unter allen diesen damen herum / und war geflissen / eine jede von ihnen / einem von uns zuzufreyen: da er dan dem Trebetes die Moabitische Prinzessin / dem K \nig von Hemath meine schwester / mir die Prinzessin der Amoriter / und der Aurinia den abwesenden Prinzen Zipor / den bruder der Kezia / zu ordnete. Wie wir nun hierůber unsern scherz trieben / fragte ihn der König von Syrien / ob dan sein herrvatter keine haben solte? Hierauf liefe der Prinz alsofort nach der Salamis / und wolte nicht eher davon ablassen / bis er sie dem K \nig Marsius zugefüret. Jedweder in der gesellschaft bliebe ůber dieser wahl des Prinzens vergnüget / und wolte er /von der zeit an / diese anderst nicht als mutter nennen: darin dan zu Gerar ihn jederman stärkte / weil man allerseits nichtes eifriger wůnschte / als daß der Marsius diese heurat thun möchte.

Es schiene fast nicht anders / als wåre der kleine liebesgott / von denen die Asianer so viel dichten / in unseren kleinen Prinzen gefahren: massen alle die personen / die er damals zusammen gefůget / von der zeit an / einander lieb gewonnen. Zwar dem Marsius wolte / das beståndige [243] andenken seiner Arovinda / lang nicht zugeben / die Salamis zu lieben. Doch ůberredte ich ihn darzu / und gebrauchte mich dieser schlußrede: wie daß ich / unser großes fürnemen auszurichten / nichts nůtzlicher fände / als so eine befreundung mit den Amoritischen Königen / die nachmals auf unsere seite tretend / unser beginnen wider Assyrien leichter machen und sehr befördern würden. Also ist /aus diesem kinderspiel des kleinen Marsius / ein ernst worden / uñ hielten wir alle zu Gerar auf einen tag unsere hochzeiten: nachdem die Königin Milda / so wol bei ihrem gemal / als bei dem K \nig der Amoriter und Moabiter / es zu entschuldigen ůbernommen hatte /daß hiemit / damaligen ümstånden nach / so schleunig verfahren worden.

Wir gedachten hierauf wieder an den krieg / und machten bald in Canaan von uns reden: also daß /ohne eitelkeit zu reden / unser bloßer name jederman einen schrecken einjagte. Wie aber die K \nige jenseit des Jordans / wiewol sie nun unsere schwiegervåtter waren / auf des Marsius ansuchen / uns nicht allein den durchzug durch ihr land verweigerten / sondern auch aller feindseligkeit sich gegen uns vernemen ließen / ginge der zug zum ersten wider sie / und brachen wir in der Amorite gebirge ein / mitlerweile Trebetes in Syrien war: da dan alles unserer macht wiche / also daß auch selbst der König Emori in einem treffen bliebe / und hierauf die Amoritische kron dem Marsius aufgesetzet wurde. Die freude über diesem unsren sieg / wurde uns durch eine widrige zeitung aus Syrien zimlich versalzen / indem wir von dem Trebetes die nachricht erhielten / wie daß er von den Assyriern / weil die Philister zurücke gegangen / und so wol ihn / als den K \nig von Syrien / verlassen hatten / bis aufs haubt wåre geschlagen worden. [244] Dieses brachte der fortsetzung unsers sieges nicht geringe hinternis / und hätte es die Königin Salamis nicht verhintert / würden wir deswegen mit den Philistern selber in streit geraten seyn. Wie besorgt aber diese K \nigin üm ihren schwager war / so wenig name sie hingegen zu herzen / als man / nach eroberung des landes Moab / ihren herrvattern in Basan bekriegte: weil sie nun lediglich allein / auf ihres gemales wolfart / ihr absehen richtete.

In wenig jahren / hatten wir alle diese länder über den Jordan erobert / und begabe sich Marsius nach Basan: alda er seine hofhaltung anstellte / auch / nach Abinaels tode / die kron von Basan aufsezte / und die andere beide K \nigreiche / als Moab und der Amoriter gebirge / dem Trebetes und mir / als statthaltern /zu regiren übergabe. Wir blieben nun / sonder ferner an Assyrien zu gedenken / eine gute zeit mit diesen eroberten landen vergnügt: zumal uns die riesen zu Astaroth gnug zu thun machten / welche zu bändigen wir alle unsere kräfte anwenden und beisammen behalten musten. Aus Celten bekamen wir inzwischen auch großen zulauf: weil die tyranney des Bojus viele von ihm wegtriebe / die da lieber das weite suchen und unter dem Marsio leben / als jenes grausamkeit ferner dulten wolten. Es kamen nicht allein kriegsleute / sondern auch Druyden und Vacien / in großer mänge: mit denen der König alle eroberte landschaften besezte / und die Celtische gebräuche einfürete /die der berümte Druyde Gambrivius bis noch in gutem stand und aufnemen erhalten.

Endlich / nachdem wir etliche jahre still gesessen /rüsteten wir uns von neuem / die Assyrier anzugreifen / und zogen in Mesopotamien / mit einem gewaltigen[245] heer auserlesener v \lker: da wir anfangs die städte einnamen / die vordem zu Basan geh \ret und die der Assyrier König davon gerissen hatte. Der Prinz Bildat von Chaldea / kame uns mit einem måchtigen heer entgegen / und folgete ihm der Belochus in person: welches uns dan alle aufmunterte / dapfer zu fechten /weil wir mit einem starken feind zu thun bekamen. Wir verlangten ein treffen mit ihnen zu halten: aber sie entzogen uns hierzu alle gelegenheit / und uns also aufhaltend / gingen sie inzwischen über das gebirge /und belagerten unsere stadt Maachati / hierdurch den rückzug uns auf zudringen vermeinend / Aber es fehlte ihnen: weil Marsius den schluß fassete / fortzugehen / und den dapfern Gaisus / der in Maachari lage /die erhaltung selbiger stadt zu ůberlassen. Also schweiften wir nun bis über den Phrat hinüber / und fasseten endlich den Belochus bei Edessa: da er / uns eine schlacht zu liefern / ihm muste gefallen lassen.

Wie nun folgenden tags dieses treffen / darauf so ein grosses bestunde / angehen solte / bekame der K \nig Marsius die unverhofte zeitung aus Basan /wie daß die riesen von Astaroth in Edrei eingefallen /und so wol die Königin / als den jungen Prinzen Marsius / und die kleine Prinzessin Mirina / gefangen hinweg gefüret. Was håtte wol trübseligers sich begeben können / diesen helden verwirrt zu machen / als eben dieses? das er zu einer solchen zeit erfure / da er den lieben seinigen nicht beispringen konte / und nur bedacht seyn muste / die bevorstehende schlacht / an der seine ehre hinge / wol anzuordnen. Die betrübte worte / die er hierüber gegen den himmel ausgeschůttet /gehen mir noch zu herzen / wan ich mich deren erinnere: und wurde er aller dinge überdrüßig weil er nicht wuste / für wen er sich nun bemühete / [246] wan sein Marsius / der einige ůberreste seiner Arovinda / und der allein an Assyrien zu sprechen hatte / nicht mehr im leben seyn solte. Dan dieses muste er von den grausamen riesen vermuten / daß sie seinen einigen sohn schon würden aufgeopfert haben.

Wiewol nun alles dieses uns keinen sieg profezeien konte / so fügte es dennoch der himmel / der nicht mit zweyen ruten auf einmal schläget / daß wir meister im feld blieben / und Belochus in Edessa entwiche. Wir hätten hierauf unser glück verfolgen sollen / welches auch alle unsere haubtleute rieten. Aber Marsius / ungeacht aller einrede / gieng zu růcke / und machte sich färtig / nach Basan zu eilen: den Trebetes hinterlassend / der das feld inbehalten / und auf der Assyrier ferneres beginnen acht haben solte. Aber diese boten den frieden an / weil ihnen der K \nig von Ellassar war ins land gefallen: welchen der betrübte Marsius mit beiden händen anname. Also endete sich für dißmal der krieg mit den Assyriern / oder / recht zu sagen / es geriete zum stilstand auf etliche jahre / weil ein gewisser fäster friede nicht kunte aufgerichtet werden. Wir waren nun eiferigst bedacht / auf die riesen und råuber los zu gehen: welche aber die Königin und die Königliche kinder / viel bässer hielten / als wir gehoffet / und nur darnach auswaren / ein gutes stůck gelds und einige freiheiten zu erobern. Sie erlangten auch ihren wunsch: massen der besorgte Marsius / seine liebe gefangene wieder ledig zu sehen / ihnen alles einwilligte / was sie begehrten.

Die freude war beiderseits unaussprechlich / wie die K \nigin / neben dem jungen Marsius und der kleinen Mirina / nach Basan wieder kame: nur an dem Prinzen erschiene eine traurigkeit / der es ihm für einen grossen hon achtete / daß er sich lassen gefangen nemen / und [247] nicht lieber den tod erwehlet hatte. Dieses grosmut-zeichen bewunderten wir alle an diesem jungen Lewen / und bemüheten uns vergeblich /ihm seinen unmut auszuredẽ. Er wünschete nichtes mehr / als des riesen Sesai gesellschaft zu haben: von dem er sagte / daß der krieg von ihm zu lernen wåre /massen er von ihm in der kurzen zeit / da er zu Astaroth gewesen / wol angefüret und unterrichtet worden. Dieses sein verlangen nach dem Sesai / wiederholte er täglich / und wolte von uns andern / die wir ja auch den krieg verstunden / nichtes annemen. Der K \nig ward endlich hierdurch / und zugleich auch von der staats-ursache / diese riesen ihm verbindlich zu machen / bewogen / den Sesai an seinem hof zu laden: der auch / nach grosser versicherung / sich einfande /und solche freude bei dem Prinzen erweckte / daß er /von dem an / seine vorige mutigkeit wieder an sich name / und diesen Sesai so lieb gewonne / daß er ståts üm und bei ihm seyn muste.

Man wendete nun alle sorgfalt ein / diesen edlen Prinzen wol zu erziehen. Alle fürnemste Celtische kinder / wurden ihme / zur aufwartung und gesellschaft / zugeordnet: unter denen der Prinz Daces / des Trebetes sohn / fürnemlich einer mit war / und die gunst des jungen Marsius vor allen andern an sich zoge. Es wurde nun der Basanische hof einer von den berümtesten in Asien / da wir / zu jedermans verwunderung / mehr angenemheit und h \fliches wesen / als viel unsere nachbaren / blicken liessen: welches niemand von den wilden Celten vermuten können. Weil ich meist ům und bei dem K \nig seyn muste / der auch / zu erweisung seiner sonderbaren / freundschaft / mich mit dem namen eines brudern bewürdigte / als erlangte auch meine einige tochter / die Amorite / die gewogenheit / mit der Prinzessin Mirina [248] auferzogen zu werden: welche / wan nicht der himmel dem Prinzen Marsius eine weitgr \ssere schönheit zu lieben /ausersehen und bestimmet hätte / und wan es nach dem willen des alten Marsius ergehen mögen nunmehr K \nigin von Basan heisen wůrde / aber / nachdem sie mich viel schmach erleben gemacht / elender weise ihr leben verlieren müssen.

Dem edlen Suevus stiegen hierbei die tränen so häufig in die augen / daß er nicht fortreden konte. Weil sich die K \nigin wol erinnerte / was mit dieser Prinzessin und dem König von Hemath fürgegangen /billigte sie nicht allein des Suevus betrůbnis / sondern sie ward auch aus mitleiden bewogen / ihme mit trost zuzusprechen. Sie sagte / wie daß sie gewiß wüste /daß seine tochter noch in Mesopotamien lebe: daher er sich zufrieden geben / und fůr sie ein bessers glück / als sie vor dem gehabt / erwarten solte. Diese unbesonnene / (antwortete Suevus) hat zwar / wie ich erfahren / nach Mesopotamien gewolt: es sind aber rauber und böse unmenschen an sie geraten / die sie erwürget / und ihr die bei sich habende kleinodien abgenommen / von denen mir etliche / die ich vordessen wol gekant / zu handen gekommen / und hat der fluch / den ihr grosvatter der K \nig Emori / in seiner lebensletze / auf die arme Ogire / ihre fraumutter / geleget / über uns haften müssen / daß wir nämlich lauter unglůck an unsern kindern erleben solten / üm willen / daß er den Amoritischen tron verlieren muste. Ich lasse dahin gestellet seyn / ob dieser fluch mit recht oder unrecht sei ausgesprochen worden: dieses aber hab ich erfahren / daß der eltern fluch nicht leer abgehe / wie solches mein eignes beispiel erweiset. Aber ich komme von meinen fürgesezten ziel zu weit ab /und habe fast vergessen / [249] daß ich des Marsius geschichte E. Maj. erzehlen wollen.

Als nun dergestalt unser hof in grossen ruff gekommen / und daselbst der friede mehr / als der krieg regirte / wolte endlich / die der Atovinda vom König gethane teure verheisung / nicht zugeben / also müssig zu sitzen / sondern es erforderte die ehre / daß wir wieder einmal anfingen von unsrem recht an Assyrien zu reden: daher ein neuer krieg wider sie beschlossen wurde / und waffnete sich alles / was nur fähig war /das schwerd auszuziehen. Wie nun der König der haubtmusterung beiwonete / und durch alle glieder des heeres ritte: weiß ich nicht / wie es zuginge / daß das pferd mit dem König strauchelte / und im fallen ihm ein bein brache. Jederman hielte solches fůr ein böses zeichen / und verlosche also der vorige eiver /zu diesem kriege. Dessen aber ungeacht / wolte der K \nig / daß der Trebetes mit dem heer fortgehen muste. Dieser hatte kaum drei tagereisen gethan / da kame die pest so plötzlich unter das heer / daß in kurzen etliche tausend dahin fielen.

Dieser zweite zufall / brachte den ersten wieder zu gedächtnis. Es wurden die Vacien beruffen / und sonderlich der oberste Druyde / der Gambrivius / befraget: die widerrieten alle dem König für dißmal / und stimmeten dahin / daß einer von den Druyden nach Celten zu des Tuiscons seule solte abgeschickt werden / einen ausspruch einzuholen / ob unser König Assyrien ferner angreifen / oder solche ausrichtung seinen sohn überlassen solte? dan es war in dem ersten ausspruche nicht enthalten / daß Marsius selbst in Assyrien die kron tragen / sondern nur / daß er in Asien ein K \nig werden wůrde. Wiewol nun unsere kriegshelden auf diesen einrat der geistlichen so groß nicht absahen / so ließe doch der König [250] zu / daß einer von den Druyden und Vacien nach Celten abreisete: denen er zugleich befahle / von seiner tochter / der Hercinde / nachricht einzuholen / wie es ihr erginge; und ward mitlerweile / bis zu ihrer widerkunft / nichtes ferner fürgenommen.

Sie kamen nach langer zeit wieder zu haus und brachten mit sich diesen

Ausspruch des Tuiscons.

Nicht die waffen / nur die lieb / muß Assyrien bezwingen /

und so des Trebeta sta$ wieder zu den seinen bringen.


Wir wusten aus diesen dunklen worten nichtes zu schliessen / weil auf eine heurat zwischen unsrem Prinzen und E. Maj. als damals vermeinter Prinzessin von Assyrien / niemand gedenken dorfte / nach dem die Trebetier / in denen meist unsres Königs geheimer raht bestunde / wider die Assyrier einen unversönlichen haß hegten. So wolte auch / wie ich zuvorhin erwehnet / mein König zwischen meiner tochter und seinem sohn eine heurat haben: weswegen auch ich des Lucus / Königs der Aborigener / ansuchen ausschluge / der / durch die wiedergekommene aus Celten / für den Tuscus Sicanus / seinen kohn / üm dieselbe anwerben lassen. Also wurde nun des Tuiscons antwort nicht recht gedeutet / und rieten wir alle dem König / weil dazumal eben der krieg zwischen den Assyriern und Meden einfiele / dieses zeitglůck nicht zu verseumen / sondern den Assyriern den kopf zu bieten. Der König zoge selbst zu feld / mich bei dem Prinzen seinem sohn hinterlassend: der sich nicht zu frieden geben wolte / daß er diesen feldzug nicht mit beiwonen dorfte. Er befiele auch / (ich weiß nicht / ob es dieser unmut / oder sonst eine schickung des himmels verursachet) mit einer t \dlichen hitzigen krankheit / also daß alle [251] ärzte unter den Druden ihn schon dahin gaben. Ich berichtete sofort diesen betrůbten zufall an unsren K \nig / und brachte damit zu wegen /daß der wieder heim kehrte / und auf zureden des ehrwůrdigen Gambrivius / diesen zug wider Assyrien einstellte: und schiene es also allerdings / daß wir mit diesem volk keinem krieg haben solten.

Als endlich des Prinzen starke natur dessen schwere krankheit übermeistert / und er seine gesundheit wieder erlangt hatte / gönte ihm der König alle freiheit / und ließe ihn / seinen dapfern muht zu zeigen /wider die aufrürische Amoriter mit ziehen / welche zu bändigen / ich vom König befelicht worden. Dieses waren aber nur kleine kriege von wenig monden / und vergienge damit die zeit: bis endlich / auf des Prinzen starkes antreiben / der schluß von neuem gefasset wurde / Assyrien anzugreifen / und diesen krieg nicht länger auszusetzen. Unser Prinz erhielte / durch vieles bitten / die erlaubnis / unter dem Trebetes mitzuziehen. Der K \nig beschlosse anfänglich / zu haus zu bleiben / weil sein auszug nun so oft unglůcklich gewesen / und ware willens hernachzufolgen. Nun schickte es der schluß des himmels / daß nach Basan der ruff von unsers Prinzen tod erschallen muste: welcher das grosmütige herz unsers K \nigs dermassen niederschluge / daß er / dem gram sich v \llig ergehend / in meinen armen den geist aufgabe. Håtte ich damals nur dieses vom himmel erwünschen sollen /daß mein K \nig / vor seinem ende / das leben seines sohnes noch erfaren m \gen / so wolte ich in diesen todesfall noch eher mich gefunden haben. Es ließe wol jämmerlich / daß der vatter mit dem schmerzlichen leiden / als wan sein einiger sohn / die hofnung aller seiner anschläge / dahin wåre / dieses leben verlassen / und so betrübt abscheiden [252] muste. Wiewol mich dieses noch tr \stet / daß ich versichert bin / die unsterbliche seele meines grossen K \nigs wisse jetzund alles /wie es seinem sohn ergehet / und daß die welt in diesem jungen Marsius noch bewundere / was sie vordem an seinem vatter gepriesen.

Wollen nun auch E. Maj. daß ich ihr die innerliche kriege in Basan / die sich nach meines K \nigs tod angesponnen / erzehlen sol / so wil ich damit den anfang machen: Wie die witwe meines Königs / mit der gewalt / die mir mein K \nig hinterlassen / nicht zufrieden / einen aufstand erreget / und nach Edrei mit ihrer tochter Mirina sich begeben. Ich weiß dieses allbereit mit allen ümstånden / (fiele ihm die Königin allhier in das wort) und ist mir nichtes verborgen / was / unter abwesenheit des jungen Marsius / in Basan fůrgegangen. Was aber nach seiner wiederkunft sich begebẽ /und was seither dieses dapfern helden verrichtungen gewesen / solches verlange ich zu vernemen. Es wird zwar Cyniras diese meine begierde erfůllen k \nnen /und mit eurem erlaubnis / mein Prinz! an dem ort wieder anheben zu erzehlen / wo ihr aufgeh \ret. Weil es E. Maj. also gefället (sagte Suevus /) auch niemand bässer / als dieser Fůrst / solches werkstellig machen kan / als werde ich mich seelig schätzen / einen zeugen abzugeben / daß die sch \ne Königin von Syrien meines jetzigen Königs lebenslauf zu wissen verlanget habe. Diese worte brachte der Suevus mit einer sonderbaren gebärde vor / die der Königin allerhand nachdenken verursachte.

Wie nun Cyniras eben seine erzehlung anfahen wolte / kamen die Königinnen von Ninive und Salem / neben den andern: welche die K \nigin von Syrien verloren hatten / und sie nun / nach vielem suchen / in dieser grotte fanden. Es kommet diese gesellschaft /(sagte [253] diese K \nigin zu dem Cyniras) zu rechter zeit: massen sie zuh \rerinnen mit abgeben k \nnen / dessen was ihr mir erzehlen wollet. Ach nein! gnädigste K \nigin! (antwortete Cyniras) des Königs von Basan lebensgeschichte ist nicht also bewandt / daß jederman solche wissen dörfe / und werde ich solche niemanden / auser E. Maj. allein / kund machen. Weil ihr dan so geheim / (wiederholte die Königin) oder vielmehr so misg \nstig seit / daß diese ankommende den K \nig Marsius neben mir nicht bewundern sollen: so wil ich mich bis auf eine andere zeit gedulten / euch aber dieserwegen in meine pflicht nemen / daß ihr in meiner schuld verbleibet. Wie sie das gesaget / eilte sie den andern entgegen / und zeigte ihnen den angenemen ort / den sie gefunden hatte: der dan ihnen sehr wol gefiele / und ruheten sie daselbst eine weile / bis sie endlich nach ihren wonungen ümkehrten.

Wie sie nun daselbst angelanget / und dieser tag bald zu ende war / kame der verkleidte Arteman an den benanten ort vor der Merone thůr / dahin ihn die Perseis beschieden hatte: und gelangte er ungehintert durch die wachten / weil jederman ihn für ein armes bettelweib ansahe. Perseis wartete daselbst seiner mit der Merone / und sobald er bei ihnen im zimmer allein war / finge ihre begrüssung mit einem gelåchter an / als sie diesen Niniviten so verstellt sahen. Perseis verwiese ihm hierauf / daß er sie in solche gefahr sezte / und in diese seine oder vielmehr Assyrische anschläge sie mit einwickelte. Sie sehen / edle Fůr stin! (antwortete er /) wozu mich / der eifer fůr das haus Assyrien und für die ruhe aller dieser reiche /treibet: und weil ich dißorts noch gleichmäßige neigung vermute / als hat mich das so kůn gemacht /mein hier-seyn und dessen ursach auch beiden zu er \fnen. Seit versichert / Arteman! (antwortete Perseis)[254] daß ich die treue / die ich dem König von Assyrien gelobet / noch unverbrůchlich zu erhalten gemeinet bin: allermeist / da es nicht wider meiner Königin bästes angesehen ist / sondern vielmehr deren ruhestand befördern wird. Ich weiß auch die Merone also gesinnet: weswegen ich / in deren hause / diese zusammenkunft anstellen wollen.

Wie nun Merone solches bekräftiget / und sie sich zusammen niedergesetzet / fienge Arteman an / ihnen den zustand in Damasco / und die ursach seiner hieherkunft zu berichten. Ich achte fůr unn \tig / (sagte er) mit ümständen zu erzehlen / wie jezt der König von Assyrien / und der von Canaan / miteinander für einen man in höchster einigkeit stehen / nicht allein Syrien wider unsere K \nigin / die nunmehr erkante Aramena / zu beschůtzen / als äuserst dahin sich zu bemůhen / wie sie so wol diese sch \ne / als die Prinzessin von Seir / wieder überkommen m \gen. Dieses lezte ist in ihrem raht fäst beschlossen / und vermeinet man dem krieg ein ganz anders ansehen zu verschaffen / wan / nicht durch gewalt / welches wir für un můglich halten / sondern durch list und geschwindigkeit / das gesamte Königliche frauenzimmer in Damasco k \nte hinein gebracht werden. Ich. darf auch hier wol sagen / daß so wol die Assyrier / als Canaaniter / sich zu schwach befinden / hiesiger gewalt /nun die von Basan dazu gekommen / zu widerstehen: und erhalten sie tåglich widerliche zeitungen von allen orten her / die ihnen sehr ihre anschläge verrůcken.

Es ist die Fürstin Dalimire unvermutet nach Ninive gegangen / da sie den Belopares und Spacetes / wie auch den Prizen Abimelech / mit ihren untergebenen Assyriern / an sich gezogen / und die Ninivitische kron aufzusetzen sich d \rfen gelüsten lassen. In Meden [255] ist der Nabatheer Fürst unversehens eingefallen / und hat alle Meden auf seiner seite / die ihn wollen zum König haben: und gläubet man / daß Dalimire auch mit hierunter stecke. In Elam ist der Laristhenes aufs haubt geschlagen / und herschet da der Sadrach nach seinem gefallen. Also wird den Assyriern aller beistand aus diesen beiden reichen entzogen. Der einfall der K \nigin von Ellassar in das Babylonische /erfordert die noch ůbrige Assyrische macht / und haben sie demnach allhier von haus keine hülfe mehr zu hoffen. Dem Beor ergehet es auch nicht bässer /wider den sich die meiste Canaanitische Könige empöret / und ist ihm überdas der König von Ararat oder Armenien ins land gefallen: daher er / so wenig als Belochus / hülfe von den seinen erwarten kan. Und ob sie gleich auf des Königs von Egypten beistand trotzen / auch über der Araber ankunft frolocken / so wird doch solche hülfe nicht gnug seyn / zugleich Syrien /und die andere angefochtene länder / als Babel /Meden / Ninive / Elam und Canaan zuverteidigen.

Bei so gestalten sachen / ist / wie ich anfangs erwehnet der raht genommen worden / auf alle weise dahin zu trachten / wie man / durch erlangung wenigst beider Aramenen und der Ahalibama / das jenige ausrichten m \ge / was sonst einen langwierigen krieg erfordern wůrde. Dan / wan diese in der K \nige hånde wåren / so könte sonder mühe / durch eine zwang heurat / Syrien an das Babylonische haus befästet /und der verliebte Beor / nach eroberung seiner Ahalibama / den angehenden feuer in Canaan zu steuren /gef \rdert werden. Dieses nun ist die ursach meiner ankunft / daß ich nämlich mich mit euch bereden sol /wie man hierzu am füglichsten gelangen möge. Durch eure nach und nach erteilte berichte / [256] haben die Könige hiesigen zustand gnugsam erfahren / und wie man aller orten so fleißig wacht halte / üm dergleichen emp \rungen zu verhüten. Man vermeinet aber doch bei uns nicht / daß es unmüglich sei: wofern nur die Fürstin Perseis / neben der Merone / auf unserer seite seyn wollen.

Es ist warlich ein schweres / (sagte Perseis) hierzu sich zu entschließen. Doch / weil es meiner Königin bästes ist / und die ruhe von ganz Asien kan zu weg bringen / so gehe ich endlich diesen vorschlag mit ein / und wil sie lieber zu ihrem nutzen betrůben / als ihr zu ihrem schaden dienen. Wie k \nte unsere Königin vorteilhafter heuraten / (sagte Merone hierzu) als wan sie diesen Monarchen der welt ehlichte? Es kan ja auch hierdurch allein / unser liebes Syrien / den frieden erlangen. Merone redet / (sagte Arteman) wie einer Syrerin gebüret. Ist aber auch die K \nigin zu dieser heurat zu bewegen? oder hat es wol einen schein / daß sie sich hierzu werde zwingen lassen? Ich gebe ganz genaue acht auf alles ihr thun / (antwortete Perseis) und kan nicht finden / daß ihr gemůt von einiger liebes-regung angefässelt sei: allermeist nun / da der Prinz der Philister die Prinzessin von Ammon geheuratet. Weil dan dißfalls kein widerstand zu besorgen / so kan der natůrliche widerwille gegen dem Belochus / wegen ihrer eltern / hierbei wenig hintern /und wird endlich die liebe sich wol einstellen / wan das eheliche band sie dazu verbindet.

Wie můssen wir es aber anfahen? fragte Arteman. Dieses (wiederredte sie) will ich von euch vernemen: dan ich mich zu schwach befinde / hierinn einen raht zu geben. Ich bin aber erbötig / einen gefassten anschlag ausfüren zu helfen. Ich will wol (fuhre Arteman fort) meiner Fürstin eröffnen / wohin [257] bei uns die gedanken zielen. Ardeus und ich haben noch vier tausend Niniviten zu gebot in Damasco stehen: mit denen wolten wir zu euch übergehen. Wir könten auch noch etliche tausend Syrer hernach bringen /deren haubtleute von dem Fürsten Hus / der nun ganz Assyrisch ist / heimlichen befehl / was sie thun solten / bei sich haben müsten. Wan nun diese allhier alle beisammen wären / wůrden fünf oder sechs tausend man noch wol etwas ausrichten können / das unsrem anschlag möchte zu statten kommen. In zehen tagen /(sagte Perseis) ist die Cur meiner Königin zum ende /alsdan rucken wir vor Damasco / und wird die belägerung mit gesamter macht vorgenommen werden. Wan alsdan dieser euer übergang zu uns geschehen / so vermeine ich noch wol gute dienste dabei zu thun /daß / sonder große mühe / wir mit der K \nigin in Damasco kommen. Sol ich / die versicherung dessen /(fragte der erfreute Arteman) den K \nigen zurůck bringen? Versichert ihr nur E. Maj. (antwortete Perseis) daß ich in der ihme und der vestorbenen Königin Naphtis geschwornen treue beständig verharren / und ům soviel weniger davon aussetzen werde / weil meiner K \nigin eigene wolfart mich also handlen machet. Der große Belochus wird / mir die gnade meiner Königin / die ich hiermit verscherze / dermaleins wieder zu erlangen / gnädigst eingedenk verbleiben.

Als nun Arteman / im namen des Königs / sie dessen versichert / und sie ferner hiervon sich unterredet hatten / kamen sie auch auf des Ninias zustand / da ihnen Arteman erzehlte / wie daß man diesen Fürsten in der Isis tempel krank gefunden / und gefänglich einziehen lassen: da aber Ardeus so wol bei ihm gethan / ihn wieder frei gemachet / und ihm aus Damasco geholfen. Demnach [258] k \nte er nun ferner nicht sagen / wo er geblieben. Man hält für gewiß / (sagte Merone) daß er hier sei / massen die Königin ihn allenthalben / wiewohl vergeblich / suchen lassen: und verursachet dieses / daß wir nun aller orten doppelte und stärkere wacht halten. Ich beklage von herzen (sagte Perseis /) dieses Fůrsten elenden zustand / der ihn endlich wird verzweiflen machen / weil er alle seine anschläge zerrinnen sihet. Ardeus und ich /(thäte Arteman hinzu) haben ihm so treulich geraten /was zu seinem bästen dienen m \chte: er erweiset aber / daß die liebe meister ůber ihn ist / und ihn zwinget /die unmůglichkeit zubestreiten. Warüm gehet er nicht nach Ninive / (fragte Perseis) da ja die stadt zu seinem gebot gestanden? Seit daß er sich entfernet / (antwortete Arteman) und Dalimire neben dem Belopares hinein gekommen / hat er alle seine gewalt daselbst verloren.

Ist aber dem also / (fragte Merone /) daß Ardeus dem Ninias in Damasco wollen behůlflich seyn / unsere Königin nach Ninive zu entführen? Ich bin dessen nicht in abrede: (gabe er zur antwort) doch müsset ihr wissen / daß damals alle dinge ein anders ansehen gahabt / und jetzo die wissenschaft von der Königin geburt nicht mehr leidet / für den Ninias zu sorgen. Wir denken iezt vielmehr / Syrien und (so zu sagen) die ganze welt zu beruhigen / auf das jenige / davon iezt unsere unterredung gehandelt. Es war schon zimlich weit in die nacht hinein / als Arteman solcher massen bei der Perseis und Merone sich befande: daher er / ům sie nicht ferner zu beunruhigen / endlich abschied name / und also verkleidet / wie er gekommen / sich wieder davon machte / seine gute verrichtung in Damasco zu bringen.

Die unschuldige Königin wuste nichtes von diesen gefärlichen anschlågen / die wider sie geschmiedet[259] wurden / und lage unterdessen in guter ruhe / weil die bewegung des vorigen tags ihr den schlaff hatte zu wege gebracht. Wie nun / bei anbrechendem tage / die leibärzte warnamen / daß es mit der K \nigin üm ein merkliches sich gebåssert / wurden sie schlůßig / tåglich / und zwar des nachmittags / ihr die bewegung zu raten. Sie brauchte den vormittag das bad / da ihre betrübte gesellschafterin / die schöne Cölidiane / ihr leiden / in erwehnung des Abimelech / stäts erneuerte: und stritten also diese beide immer miteinander /indem C \lidiane der Königin nicht nachgeben kunte /deren einrat zu folge / den Abimelech aus ihren gedanken zu bannen. Es machte demnach dieses mehr als geliebten Prinzen andenken die edle Prinzessin so matt / daß sie bei weitem nicht so stark / als ihre mitbulerin / sich befande / und daher wenig aus dem zimmer kame / auch der spazirlust nicht beiwonen konte.

Weil aber solche einsamkeit jemehr und mehr ihrer gesundheit schadete / als ward sie durch die schöne Königin von Syrien und die andern genötigt / daß sie eines nachmittags / als der himmel sonderlich heiter war / mit ausspaziren muste / und zwar / nach der Königin von Syrien grotte: die nun diesen zunamen bekommen / weil diese Königin selbige täglich zu besuchen pflegte. Findet ihr / liebste Prinzessin! (sagte die Königin von Syrien zu der Cölidiane / als sie dahin gelanget) diesen ort nicht sonderlich sch \n und bequem für unsere sinne? Ich gestehe solches gern /(antwortete C \lidiane heimlich) wan ich mit E. Maj. hier allein seyn k \nte. Versprechet mir nur / (versezte die Königin) ståts mit mir auszugehen: so wollen wir schon \fters uns hier allein befinden. Meine liebste K \nigin weiß ja zuvor schon / (widerredte Cölidiane) daß ich nirgend lieber / als bei ihr [260] bin / wan ich mag aus dem zimmer kommen: daher ich dieses leicht versprechen kan.

Weil indem die Prinzessin von Cus fürbrachte / wie sie nåchster tagen einen sonders schönen ort gefunden hätte / da der Königin von Syrien grotte nicht bei käme: wurden sie alle einig / denselben zu suchen und zu besehen. Also folgte nun die schöne Syrerin / alle die andern zu rücke lassend / mit ihrer schwester / und den Prinzessiñen Cölidiane / Jaelinde und Ahalibama / der Prizessin Danede: von der sie / durch diese grotte / einen zimlich rauhen ungebahnten weg / in ein thal gefüret wurden / welches rund ůmher mit hohen spitzigen klippen ümgeben war. Wie sie nun dieses thal zurücke gebracht / öffnete sich ihnen eine rundung von lauter felsen: da ein starker wasserfall mit so lautem geräusche hernieder brausete / das kaum eines des andern wort dafůr vernemen kunte. Dieses wasser ergosse sich zusammen in einen see / und floße über große steine / mitten durch diesen runden platz. Drůben am see / in der ferne / ließen sich verschiedene h \len sehen / dergleichen die Syrer für wonungen der wassernymfen zu halten pflegten. Danede zeigte der gesellschaft einen ausgehauenen sitz in einem felsen / der zum ruhen sonderlich bequem war: alda sie dan sämtlich sich niederließen / und mit sonderbarem vergnügen dem wasserfall ein zeitlang zusahen.

Der jungen Königin von Ninive dünkte endlich /als wan sie jenseit des wassers in den h \len etliche weibspersonen erblickte. Sihest du wol! (sagte sie zur Ahalibama) dort lassen sich wasser-Nymfen sehen. Wie nun Ahalibama ihre augen dahin gewandt / und diese hervorkommende auch ins gesichte gefasset /bekråftigte sie der Aramena meinung / daß es Nymfen seyn müsten: weil es nicht das ansehen hatte / daß zu diesen [261] greulichen klippen ein anderer weg / als über das wasser ginge / dieses aber so tief zu seyn schiene /daß ohne schiffe / die doch daselbst nicht vorhanden waren / kein mensch hinüber gelangen kunte. Cölidiane / diese beide also reden hörend / muste wider ihren sin und willen lachen / und sagte zu ihnen: Seit ihr noch in eurem angenommenen glauben so übel gegründet / daß ihr nicht wisset / es seyen keine wasserg \tter oder Nymfen / deren keine / auch iemals anderswo / als im gedichte der menschen / gefunden worden? Deme sei / wie ihm wolle / (antwortete Ahalibama) so ist es doch verwundersam / daß wir in dieser wildnis leute finden. Die wir dort drüben sehen /(versezte Cölidiane) haben ja so grosse ursache / sich über uns / als wir / uns über sie / zu verwundern.

Indem sie also miteinander redten / kamen diese fr \mde immer näher aus den h \len herfür / und waren ihrer dreie: die sich zusammen auf eine schmale klippe / welche in das wasser hinein sich streckte / und gleichsam eine halb-insel machte / niedersezten / und also ferner sich beschauen liessen. Die mittlere von ihnen / deutete durch ihre klägliche gebärden an / daß sie den andern beiden ihr leiden erzehlte. Nachdem Danede / die zimlich scharf sehen kunte / durch die hole hand eine zeitlang diese frömde betrachtet / rieffe sie unversehens auf: ô himmel! ich sehe die Delbora! Diese worte / machten die C \lidiane aufstehen / da sie auf einen aus dem wasser hoch herfürragenden stein sich stellte / und etwas aufmerksamer dahin sahe. Weil ihre augen der Danede meinung beståtigten /und sie solches den andern sagte / regte sich bei der Prinzessin von Cus ein ungedultiges verlangen / dieser ihrer schwågerin näher zu kommen. Wegen des starken geråusches vom wasserfall / war ihr ruffen vergebens / und konten sie von ihnen drůben nicht gehöret werden: [262] [264]gleichwie auch das winken nichts halfe / indem die dreie so ämsig miteinander redten / daß sie sich gar nicht ümsahen.

Danede befahle endlich einem kleinen moren / den sie bei sich hatte / und der wol schwimmen kunte /daß er über das wasser setzen / und der Prinzessin Delbora ihr da-seyn anmelden solte. Wie nun dieser zum überschwimmen / durch ablegung der oberkleider / sich bereitet / und schon im wasser ware / wurden jene gewar / daß sie ersehen worden / stunden demnach eiligst auf / und liefen wieder nach den h \len: daher der mohr / ob er schon hinůber kame /doch niemand finden kunte / auch vergeblich in den hölen nach ihnen ümsuchete. Er kame mit diesem bericht wieder herüber / und blieben deswegen die Danede und Cölidiane ganz unruhig: weil sie keinen weg wusten / zu dieser Prinzessin zu kommen. Es wird das bäste seyn / (sagte die K \nigin von Syrien) daß man sich bei den leuten hierüm erkundige / wo der weg zu diesen hölen gehet: dan weil die Prinzessin Delbora dahin gekommen ist / so wird ja der weg auch für uns noch offen seyn. Nachdem solches die andern bestätigt / rieffe die Königin von Syrien einem von der wacht / und befahle / daß er einen in dieser gegend wonhaften man suchen solte. Er fande gleich einen hirten / und n \tigte ihn / vor diese Königliche gesellschaft zu kommen.

Dieser / als man ihn befraget / berichtete / wie daß auf jenseit kein andrer weg / als ůber das wasser /ginge: wan man aber über land dahin wolte / můste man etliche meilen / und zwar durch Aroer reisen /und über den fluß Pharphar setzen. Ist dan in jenen hölen / (fragte die K \nigin von Syrien ferner) etwas zuthun / und wonet jemand darinnen? Diese frage jagte dem hirten eine r \te [264] ab / und bliebe er bei dem verneinen / daß er nichts darum wůste; und wiewol beides mit verheiß- und bedrohungen in ihn gesezt wurde / wolte er doch nichts aussagen. Er weigerte sich auch / ihnen den weg zu zeigen / mit vorwand /daß er in vielen jahren nicht dahin gekommen wäre. Wir wollen den weg wol finden / (sagte die Königin von Syrien) und must du mit laufen / üm in den hölen uns zu recht zu weisẽ. Hierauf ließe sie ihren haubtman von der wacht holen / und befahle ihm die bewahrung dieses hirtens: sie aber beschloße / von dem Pharphar schiffe auf wägen herüber bringe zu lassen /und auf denselben hinüberzufahren. Weil aber solches viel mühe und zeit erforderte / als musten Danede und Cölidiane sich bis auf den andern tag gedulten. Inzwischen wurde die ganze nacht mit anschaffung der schiffe zugebracht: also daß / gegen folgendem nachmittag / alles zu dieser überfart bereit und fårtig stunde. Weil nicht allein die Prinzessin von Cus und Salem / sondern auch die K \niginnen und alle anwesende / diese besuchung verrichten wolten / als verordnete der Fürst Husan / alle gefahr zu verhüten /daß etliche schiffe mit wolbewehrten soldaten voraus fahren musten: denen dan diese durchleuchtige gesellschaft nachfolgte / und solcher gestalt jenseit des sees angelangte.

Es wiesen sich ihnen alda verschiedene h \len / die ohn ende durch die tieffe felsen hindurch lieffen. Der hirte / den sie mit ůbergenommen / solte sie durch die gänge hinein füren: weil der aber sich mit seiner unwissenheit entschuldigte / als übername solches der Fůrst Arsas / und folgte etlichen mensch-fusstapfen /die er auf der erden im sand wargenommen. Wie sie nun eine gute weile gegangen waren / \ffnete sich ihnen an der rechten seiten eine höle: welche / weil oben / durch den durchgebrochnen [265] felsen / der tag hinein fiele / ihnen zeigte / daß alda etwas můste zu finden seyn. Wie sie etwas fortgetretten / ersahen sie eine thůr / über welcher / in Celtischer sprache / diese worte eingehauen waren.


Dem gedächtnis des Cimbers / ist dieser ort gewidmet.


Die K \nigin von Syrien und Jaelinde / die allein dieses lesen konten und Celtisch verstunden / wurden hierüber sehr bestürzt / und erklärten den andern diese worte: in welchen aber für Danede und Cölidiane nichtes enthalten war / das ihnen / die Delbora zu finden / ein licht geben können.

Sie giengen aber fürter durch diese thür / und fanden ein zimmer / gleich als ein tempel rund ausgehauen / und überall mit grünen moß bewachsen. In der mitten stund eine seule / von verschiednen siegs- und kriegszeichen mit Celtischen gewehren aufgefůret /und gar künstlich in stein ausgearbeitet. An den wänden umher / stunden schriften in Celtischer sprache eingehauen / die die Königin von Syrien und die Prinzessin Jaelinde begierig ansahen / und folgende reimen daraus lasen.


Der grauen ewigkeit sei dieses anvertrauet /

die kein verwesen hågt /

diß alles / was hier wird in diesem fels geschauet /

der diese würde trägt /

des großen Cimbers angedenken

in seinem rund zu schließen ein.

Es müß die zeit ja niemals kränken /

was hier sol eingegraben seyn:


Des Cimbers ehrenseul allhier ist aufgerichtet

der weil er in der welt /

des vatterlandes ruhm und preis nicht hat zernichtet /

und / als ein edler held /

[266]

bezeigt / woher er war entsprossen /

daß man in ihm den Herman sah /

und daß er hab die milch genossen

der edelsten Hesperia.


Des vatters dapfren muht / der mutter grosse tugend /

ererbte Cimber zwar.

doch machte sich ihm auch / gleich in der zarten jugend /

das unglück offenbar:

das seine eltern stäts entfunden /

weil dieses leben sie gebaut;

und wie sie solches ůberwunden /

hat man ihn stäts auch so gescheut.


Des himmels strenger schluß / der / was er wil / låst kommen /

führt' ihn in dieses land:

nachdem er ihm zuvor den vatter weggenommen.

Und wie sein muht entbrant /

der Celten waffen nachzugehen /

die Marsius sein König führt:

must er sich bald verwundet sehen /

von einem götterstral gerürt.


Assyrien ihm nam / was er ihm wolte nemen:

die freiheit ließ er da.

Was nüzte seine qual / sein schmerz-entfindlichs grämen?

was half ihm / daß er sah

den wunderglanz / der ihn verlezte /

der / einem Basilisken gleich /

mit solchen kräften in ihn sezte /

daß ihn must fällen solcher streich?


Ach! die zu deiner ehr und nachrum dieses schreibet /

kan hier doch schweigen nicht /

daß untreu dich regirt / so ungeandt nie bleibet:

damit du angericht

diß unglück / das dich hat getroffen;

da / von die stärkern liebes flam /

der du so häufig eingefoffen /

die rache mehr als scharf dir kam.


Doch bliebst du sonder schuld. Es war des himmels wollen /

der strafte dich und mich:

mich / daß ich nicht geliebt / den ich hätt lieben sollen;

dich / daß du liderlich

[267]

verließest / die du dir erwehlet /

gabst deine Hermione hin:

da ich / ob du schon bist entseelet /

dir doch mebr als beståndig bin.


Wir wollen nun hiervon ein mehrers nicht gedenken.

Mir sol nur ligen ob /

zu Cimbers ehr und ruhm / ein denkmal ihm zu schenken:

das seiner tugend lob /

von zeit zu zeit / mach immer grůnen /

so lang als dieser tempel steht;

der ihm zu seinem preis sol dienen /

bis das der bau der welt vergeht.


Solt nun sein dapfrer muht hier werden vorgestellet /

sein kriegerisch gemüt /

das / wie ein fels / niemals im sturm zurück geprellet /

und wie ein Lew gewůt:

So wůrden diese wånde

nicht alles können schließen ein;

es könten auch nur g \tter hände /

diß recht zu schreiben / tůchtig seyn.


Bei solcher Lewen wut / war keiner wol zu finden

von so gelindem sin /

wan es den freunden galt. Ihn kont die treue binden /

daß er sich selbst gab hin /

für seines freundes wohl-ergehen /

sezt dessen ruh der seinen fůr.

Bei ihme kunt man lehren sehen /

von eines waren freunds gebür.


Der zucht und mäßigkeit war Cimber so ergeben /

daß er zum beispiel dient /

wornach die tugendwelt anstellen kan ihr leben.

Auch hat in ihm gegrůnt

der wahre eifer / Gott zu ehren.

er liebte recht und billigkeit;

und seines K \nigs ehr zu mehren /

war stäts sein treues herz bereit.


In solcher treu ist er bis an das end geblieben.

der edle held ist tod.

Ach! klagt / ihr Celten / klagt! daß Cimber aufgerieben /

der euch aus sorg und noht

[268]

so dapfer pflegt zu retten;

der Cimber / eures namens ehr.

Assyrien ihn muste t \dten

Ach! euer Cimber ist nicht mehr!


Nicht nur Assyrien hat ihn dem tod gegeben:

Delbois zauber-schein

der t \det ihn zu erst / daß er war můd zu leben /

und wůnschte nicht zu seyn:

weil er die pein nicht kunt ertragen /

die diese lieb in ihm gewůrkt;

da sonder hofnung er must klagen /

daß ruh und freiheit ẃar ůmzirkt.


Was half ihm der gewinn / den Ninive ihm gabe /

da er im ritterspiel /

Delbois bild bekam? das ihn nun bringt zu grabe /

wodurch sein wolstand fiel.

Ach hätt er niemals m \gen schauen

diß sch \ne wunder unsrer zeit!

so hått man hier nicht dörfen bauen

die ehrenseul die ihm bereit.


Doch / was nun ist geschehn / das hat geschehen můßen.

Was nach ihm ůbrig bleibt /

sein ewigs tugendlob / das wollen wir begrůssen:

das keine zeit aufreibt.

Prinz Cimber / weil er hat gelebet /
erwiese / daß er war ein Celt /
ein held / deß lob auf erden schwebet:
gleichwie sein geist in jener welt.

Es waren / bei überlesung dieser reimen / die K \nigin von Syrien und die Prinzessin Jaelinde / sehr aufmerksam und åmsig / und vergossen beide ihre milde zåren / als sie so unvermutlich des edlen Cimbers ehrengedächtnis allhier antraffen. Weil auch die sch \ne Syrerin / wegen dieses todes / sich beschuldigt fande /gab ihr solches anlaß / zu der Jaelinde heimlich zu sagen: Haltet dan auch ihr / werte Prinzessin! wie diese unsere neue [269] mitbulerin Hermione / mich schuldig an dem tode dieses Prinzen / und erkennet ihr meinen zauberschein so schådlich / daß der diesen helden zu grabe f \rdern k \nnen? E. Maj. (antwortete Jaelinde / nachdem sie die zåren abgetrocknet) sind unschuldig eine ursacherin seines todes / und k \nnen nicht dafůr / daß alle welt von ihrem wunderglanz gefässelt und geblendet wird. Und wie solte ich mich nun ferner ůber den Cimber beschweren d \rfen / daß er seine liebe zu der sch \nsten von der welt gewendet / da diese Hermione / die doch schon von ihm geliebt gewesen / wieder abstehen / und seine unbeständigkeit vertragen můssen? Weil ich diesen Prinzen (widerredte die K \nigin) fůr den Tuscus Sicanus bisher gehalten / habe ich ihm nicht verüblet / daß er die Prinzessin Hercinde und Roma / als von welchen er geliebet worden / (sonderlich / wan die lezte / als seine gemalin / wie ich vermute / wåre gestorben gewesen /) verlassen. Daß aber Hermione / die er einmal geliebet / zurůcke stehen müssen / solches kan ich an ihm nicht entschuldigen: massen ich wůnschen wolte /dieses von ihm nicht erfahren zu haben / weil solches bei mir die bewunderung seiner seltenen tugenden etwas vermindert.

Als Jaelinde hierauf wieder antworten wolte /kamen die andern dazu / und wolten von ihnen wissen / was in diesen reimen / ihre tränen zu verursachen /enthalten wäre: da sonderlich Danede / üm von ihrer Delbora etwas zu h \ren / begierig anfragte. Die Königin erklårte ihnen / wie daß diese reimen einem Celtischen Fůrsten zu ehren aufgesetzet / und die gedächtnisseule ihm gewidmet: und dieser wåre der Cimber /den meisten unter ihnen bekant / dessen frůhzeitigen tod sie håtten beweinen müssen. Ich habe diesen Cimber auf einen angenblick gesehen / (sagte Danede) und zwar in Damasco / [270] als er / die Prinzessin Cölidiane zu retten / zu meinem bruder in das haus kame: und vermehrt dieses meine gegen ihm gesch \pfte hochachtung / daß ich die schönste augen der welt ihn beweinen gesehen. Wollen wir dan nicht weiter gehen? (fragte C \lidiane) üm endlich zu finden / was wir suchen? Mein verlangen hiernach (antwortete die schöne K \nigin) ist nun gr \sser / als es je gewesen. Hierauf gingen sie / nachdem sie alles in diesem tempel wol beschauet und bewundert / wieder hinaus /und folgten ferner dem Arsas: weicher sie bald auf einen offenen platz brachte / der rund umher mit felsichten mauren ümfangen / einen kräutergarten vorstellte / auch an der mittragsseiten aufgezogene weinranken zeigte; woraus sie abmerken konten / daß diese felsen und h \len müsten bewonet seyn.

Wie sie nun endlich / ůber selbigen platz / in lauter klippen und berge gekommen / und nun fast nicht weiter zu gehen wusten / wurden sie von fernen eines weibs gewar / die einen korb auf dem rücken truge /welcher / wie es schiene / mit allerhand mundkost angefüllet war / und damit in eine höle hinein gienge: deren sie dan auf der spur nachfolten. Der mit hinein gebrachte hirte / dieses weib ersehend / stellte sich erschrocken an / und wolte ihr zuruffen: es wurde ihm aber solches verwehret / und er mit etlichen soldaten zu růcke galassen / die acht auf ihn haben musten. Wie sie nun dem weib nacheilten / kamen sie lezlich in eine kůche / die in einen felsen gehauen war. Die leute / so darin waren / erschracken so sehr / als sie so viel fr \mde ankommen sahen / daß sie sofort / was sie in dem händen hatten / fallen ließen / und entlieffen. Nur eine m \rin / welche die Danede kennte / bliebe stehen / und fiele dieser Prinzessin zu fus / ihre unbeschreibliche freude bezeugend / sie wieder zu sehen. Wo ist deine Prinzessin [271] Delbora? ware alsofort der Danede frage. Die dirne antwortete heimlich / und in Arabischer sprache: Sie wäre nicht weit von dannen /und sie wolte sie zu ihr bringen / wan es ohne die andere anwesende geschehen könte. Wir haben die Delbora gefunden! (sagte hierauf Danede zu der C \lidiane) und (ferner die K \nigin von Syrien anredend /) verneme ich / daß sie gesellschaft scheu ist. Wan es nun E. Maj. erlauben / daß wir beide allein dörfen zu ihr gehen / sie anzusprechen / so wil ich von ihr nachricht zurücke bringen.

Wie nun die K \nigin solches fůr gut befunden / eileten Danede und C \lidiane mit der dirne fort / und wurden von ihr in ein gewölbtes zimmer gefůret: darin sie diese Prinzessin / neben noch zweien frömden / antraffe. Die erfreute Danede lieffe gleich / der erschrockenen Delbora üm den hals zu fallen: die sie eher küssete / ehe sie wuste / wer ihr diese liebe erwiese. Wie sie aber ihres gemals schwester / von der sie in Cus jederzeit so hoch geliebet worden / erkant hatte / verwandelte sich ihr entsetzen in eine freude /die ihr die tränen aus den augen triebe. Diese beide freundinnen lagen ein ander lang in den armen / sonder ein wort zu sagen: daß also C \lidiane / die immittels die andere beide schönheiten bewundert / eine weile zurůck stehen muste. Sie wurde von der Delbora gleich erkent / aber nicht so herzlich entfangen: weil diese Prinzessn sie mit ihrem Eridanus in nicht-geringem verdacht / und für eine ursacherin alles ihres unglůcks / hielte. Wie aber Danede die andere zwo sch \nen / so im zimmer sich mit befandẽ / auch ansprechen wolte / und nicht wuste / wofůr sie dieselben ansehen solte / sagte Delbora zu ihr: Diese beide Celtische Königinnen g \nnen mir allhier meinen aufenthalt / und ist diese die Königin Hermione / eine witwe des Morges Königs in Kitim / [272] die andere aber ist die Königin Roma / witwe des Tuscus Sicanus / K \nigs der Aborigener. Weil sie beide meine freundinnen sind / als kennen sie schon die sch \ne Danede aus meinen vielfåltigen erzehlungen / und lieben sie allbereit / mir zu gefallen: daß ich also ihren namen wol eröfnen darf / ob sie schon sonst fůr aller welt verborgen zu leben verlangen. Solcher gestalt / und als auch Danede ihrer gefärtin stand und namen den beiden K \niginnen entdecket / wurden diese Damen beiderseits einander bekant: und da von den zwei angekommen die Hermione und Roma sch \n befunden worden / so bekanten hingegen diese beide Königinnen in ihrem herzen / daß sie nie etwas schöners / als C \lidiane / noch etwas angenemers / als die Danede / gesehen hätten.

Wer hat dich (begunte Delbora die Danede zu fragen) diesen verborgenen unwegsamen weg / und was fůr ein gutes oder b \ses geschicke hat dich aus Cus hieher / gefůret? Ich verspare auf die lezte von deinen fragen zu antworten / (sagte Danede) bis wir hierzu mehr zeit und gelegenheit ůberkommen: was aber C \lidiane und mich hieher bringet / das wil ich dir sofort er \fnen. Hiemit erzehlte sie ihr kůrzlich / wie sie vorigen tags jenseit des sees wären ersehen worden. Als sie endlich erwehnte / wie daß die K \nigin von Syrien / neben andern hohen Frauenspersonen / in diesen h \len sich befände / und sie zu suchen ausgegangen wäre / bestůrzte fůrnemlich Hermione darüber /und kunte sich lang nicht entschließen / von dieser Königin sich sehen zu lassen. Wie aber sowol die Roma / als Delbora / ihr zuredten / und es eine unhöflichkeit zu seyn ermassen / diese grosse K \nigin / in deren lande sie waren / und die / sie zu suchen / sich so viel bemůhet / nicht anzusprechen: waren sie zu frieden / [273] daß Danede und C \lidiane die K \nigin von Syrien / neben wenigen von ihrer gesellschaft / in ihr zimmer bringen / jedoch ihre namen ihr nicht eher /als wan sie beisammen wären / ansagen mochten. Hierauf eilten Danede und C \lidiane wieder an das ort / wo sie ihre gesellschaft gelassen / und sagten diß den Königinnen: die dan / diesen beiden Prinzessinnen / mit der Jaelinde und Ahalibama / in das zimmer nachfolgten / und / in ersehung dieser drei frömden sch \nheiten an einem so ungew \nlichen orte / nicht wenig bestürzt blieben.

Die K \nigin Eurilinde erkante alsofort die Delbora / an der gleichheit / die zwischen ihr und ihrer fraumutter / der K \nigin Barzine / sich befunden: und weil sie deren große freundin in Armenien gewesen /als bezeugte sie sonderbare freude / diese ihre tochter zu sehen; weshalben sie auch gleich zu ihr eilete / und sie ůmarmete. Delbora / so sie anfånglich nicht erkante / erfuhre bald / von wem diese liebkosungen herrürten: daher sie nicht weniger erfreuet war / eine so gute freundin ihrer fraumutter zu sehen. Als sie hierauf zu der K \nigin von Syrien gekommen / sagte sie: E. Maj. sehen hier vor sich eine verlassene / die wider ihr wissen in dero reiche schutz gesuchet; den sie auch / E. Maj. weltbekanter güte versichert / noch ferner hier zu finden verhoffet. Das gerüchte (antwortete die K \nigin von Syrien) hat mir schon långst soviel gutes von der Prinzessin Delbora gesaget / daß ich mich seelig schåtze / selbige nun in person zu sehen. Ich biete euch auch / sch \ne Prinzessin! hiermit alles / was in meinem reiche ist / zu euren diensten an / und werde mich beglükt achten / wan ich euch in einigem dinge erweisen kan / wie hoch ich eure tugenden verehre. Wan das gerůchte (widerholete Delbora) meine abenteuren E. Maj. hat bekant gemacht / so [274] werden sie wissen / daß ich auf alle weise die unglückseeligste person auf erden bin / und ursach habe / mich für der ganzen welt zu verbergen: und diesem meinem zustand habe ich hiesige einöde so gleichf \rmig gefunden / daß mein höchstes verlangen ist / allhier verborgen zu leben / bis ich sterbe.

Ich widerspreche euch dieses / sch \ne Prinzessin! (antwortete die K \nigin von Syrien) als die ich dem Prinzen von Cus viel zu hoch verbunden bin / dan daß ich ein solches zugeben solte. Es wird so wol die Prinzessin Danede / als Cölidiane / meinem bitten zu hülfe kommen / daß man sich nicht allein aus diesem felsen hinweg begebe / sondern auch zulasse / dem Prinzen von Cus diese erfreuliche post von seiner gemalin / üm die er beångstigt ist / kund zu machen. Delbora sahe / auf dieses zureden / die K \nigin gantz wehmůtig an / und die augenbrunnen \ffnend / vermeinte sie / wie daß man / allein sie zu trösten / also mit ihr von dem Eridanus redete. Wie aber Danede solches merkte / trate sie hinzu / und beteurete ihr gar hoch des Eridanus reue / auch wie er / sie zu suchen /das reich Cus verlassen håtte / und nun zweifelsohn aller orten nach ihr sich befragen würde: welches auch die C \lidiane beståtigte. Wie man nun gern das jenige glåubet / was man wünschet / als fiele es diesen beiden Prinzessinnen nicht schwer / den Eridanus bei seiner Delbora wieder einzus \nen; massen sie / ganz wunter aussehend / zu der K \nigin von Syrien sagte: Wan mein gemal das unrecht / so er mir gethan / er kennet / bin ich nicht gewillet / meine gegenwart ihm länger zu entziehen / sondern verlange vielmehr / wiederum bei ihm zu seyn / als bei dem allein ich mit ruhm und ehre mein leben zubringen kan. Ich werde aber doch / diese wonung zu verlassen / mich eher nicht entschliessen dörfen / [275] bis meine beide wirtinnen hierzugegen soches mit bewilliget haben.

Diese worte der Delbora verursachten / daß die Königin von Syrien ihre augen auf die Hermione und Roma warfe / und aus deren majestätischem wesen ihren hohen stand urtreilend / fragte sie die Delbora ganz begierig / wer diese wären? E. Maj. überheben mich dieser frage / (antwortete Delbora) weil ich /ohne ihren willen / sie nicht nennen darf. Daß eine unter ihnen (sagte die sch \ne K \nigin) müsse Hermione heißen / haben mir / unweit von hier / in des Cimbers ehren-tempel / etliche Celtische reimen zu erkennen gegeben. Weil ich auch mich erinnere / daß der Adonias / gegenwärtiger K \nigin Eurilinde sohn /vor wenig jahren / aus Kitim / neben der K \nigin Hermione / auch die K \nigin Roma habe nach Asien übergefüret: als vermute ich / daß die Königin der Aborigener allhier auch zu finden sey. Hermione /über diesen reden ganz errötet / trate hierauf herfür /und sagte: Wan wir Celten viel götter glåuben dörften wolte ich denken ich sehe die gr \ste göttin hier vor mir; weil nicht weniger dero himlischer glanz / als ihre profetische stimme / mich solches vermuten machet. Ich sehe auch nicht / wie wir ferner uns bergen k \nnen / da bereits unsere namen sind erraten worden. Ich bin die unglückliche Hermione / und meine gefärtin ist die K \nigin Roma. Wir haben Kitim verlassen můssen / ům hier in Asien die unbeständigkeit der welt kennen zu lernen: die uns dazu getrieben / daß wir / so zu sagen / aus der welt zu gehen / und in dieser einsamkeit die übrige zeit unsers lebens hinzubringen / uns entschließen müßen. Niemals aber håtten wir besorget / in dieser einsamkeit gest \ret zu werden. Zwar hat es dem himmel zu meinem glücke gefallen / durch hieherkunft der Prinzessin [276] Delbora von Cus anlaß zu geben / daß ich die schönste K \nigin der welt / die wider ihr wissen mir meine ruhe genommen / vor meinem ende noch habe müßen zu sehen bekommen.

Wol recht saget die Königin von Kitim / (antwortete die von Syrien) daß sonder mein wissen ich ihre ruhe allhier verst \ret; massen ich daran so unschuldig bin / als am tode des edlen Cimbers: und möchte ich wůschen / dieser held håtte meinen Basilisken-blick nie gesehen / weil solcher an dieses Prinzen unbeständigkeit ursach seyn můßen. Ach große K \nigin! (gabe Hermione zur antwort) ich bekenne meine schuld /daß ich solcher worte in dem ehrengedåchtnis des Cimbers mich bedienet. Was thut aber nicht der entfindlichste gram? und was wird nicht / einer bis in den tod betrübten gut gehalten? Ich sage auch dieses nicht fürrückungs-weise / (widerredte die K \nigin von Syrien) sondern deute nur damit an / wie ich mein unglück beklage / daß ich einer so sch \nen Königin unruhe / und eines so edlen Prinzen wankelmütigkeit bef \rdern müssen. Nun ich die schönste Delbois gesehen / (wandte Hermione hinwider ein) unter welchem namen der Cimber sie angebetet / verdenke ich ihn nicht mehr / daß er die Hermione verlassen können: und muste es auch ein solcher wunderschein seyn / der / die vergessenheit meiner / in ihm erweckte. Ich beklage nun nicht mehr so sehr / (widerredte die K \nigin von Syrien) den tod dieses Prinzen / als seine an der K \nigin von Kitim erwiesene unbeständigkeit: und hätte ich diese nicht erfahren / solte ich mich wol nicht haben erwehren k \nnen / mich eine mitbulerin der sch \nen Hermione zu nennen. Nun ich ihm dieses verziehen habe / (sagte Hermione) bitte ich noch fůr ihn / daß die K \nigin von Syrien ihre hochachtung[277] gegen ihm nicht aufgeben wolle: zumal seine andere tugenden / die ihm überflůßig beiwonen / ein solches wol verdienen.

Es ist aber die wankelmůtigkeie (erwiderte die K \nigin von Syrien) kein geringes gebrechen / und weiß ich nun / das Cimber nicht allein die sch \ne Hermione / sondern auch die Prinzessin Hercinde aus Celten lieben und verlassen k \nnen. Wie? des großen Marfius tochter? (fragte Hermione ganz verwundert) wie solte das m \glich seyn können? Diese sch \ne (hube Roma hierauf seufzend an zu reden) hat auch einen andern Prinzen seiner treue k \nnen vergessen machen / daß wol noch ungläublicher geschienen. Zweifelsfrei (antwortete ihr die K \nigin von Syrien /) wird hierdurch der Prinz von Hevila verstanden? Ich verneme / (versetze die angeneme Roma) daß alles hier bekant ist / was unser beider unglück / und die hiesige freiwillige einsperrung / hat verursachen können. Ich weiß hiervon so viel nicht / (sagte die Königin von Syrien) als ich wol zu wissen verlange. Ich wil hoffen / da mir das glůck die kentnis zweier so großen K \niginnen erworben / ich werde auch in ihre vertreuliche freundschaft aufgenommen und tüchtig erkant werden / ihnen allhier in Syrien dienste zu leisren / auch ihres wol- und wehstandes mich teilhaft zu machen. Unser zustand (widerredte Hermione) ist also beschaffen / daß wir ungern diese wonung werden verlassen k \nnen: und wird uns nur hier das freie leben ferner geg \nnet / so genießen wir dardurch alle die guttaten / die wir zu entsahen fåhig sind. Wofern auch die sch \ne K \nigin von Syrien verlanget / die ursache die uns beide zu diesem schluße gebracht / eigentlicher zuvernemen / sind wir sie hierinn zu vergnügen erb \tig.

So groß mein verlangen ist / (antwortete die [278] K \nigin von Syrien) solches ůmständlich zu wissen / so wenig werde ich k \nnen zugeben / daß diese einöde länger zwei so große sch \nheiten beschliesse: wie ich dan hoffen wil / daß Syrien noch bequemere \rter haben werde / K \niginnen zu bewirten. Wir wollen hiernächst (sagte Roma) die K \nigin von Syrien selbst ein urteil fållen lassen / wan sie unsern zustand erfahren hat / ob wir befugt seien oder nicht / solch ein leben zuerkiesen / als wir jetzund füren. Wie nun auch die junge K \nigin von Ninive / neben der Jaelinde und Ahalibama / diese fr \mden begrüss t / und sich ihnen zu erkennen gegeben hatten sagte die K \nigin von Syrien: weil es dan nun auf mein urtreil ankommet / ob dieser ort ferner seine edle einwoner behalten solle / oder nicht / ich aber solches nicht eher fållen kan / bis mir der beiden K \niginnen ursachen bekant seyn werden; als wil ich erwarten / ob iezt /neben mir / meine mitgebrachte gesellschaft / von denen ich nichtes verborgen halte / diese ihre begebenenheiten m \chten anhören d \rfen. Wir seind hierin zu willigst (antwortete Hermione / nachdem sie zuvor heimlich mit der Roma sich beredet) und befinde ich diese gellschaft so edel / daß wir keinen schreu tragen dörfen / ihnen unsere begebenheiten bewust zu machen. Wir k \nnen (widerholte die K \nigin von Syrien) das übrige vom tag nicht bässer zubringen / als mit anh \rung dieser geschichte: und werde ich von hier nicht wegscheiden / bis ich weiß / ob ich meine beide K \niginnen mit mir von hier hinweg füren m \ge. Hierauf sezten sie sich alle / auf denen an den wänden ümher ausgehaunen bånken / zusammen nieder / und nach einer kurzen frist / fienge die sch \ne Celtin an zu erzehlen / die

Geschichte der Hermione Konigin von Kitim
[279] Geschichte der Hermione K \nigin von Kitim /und der Roma K \nigin der Aborigener.

Gleichwie das widrige glůck mir / fast so lang ich gelebet / keine ruhe gegönnet / also muste ich auch / ehe ich geboren worden / dessen tůcke entfinden / und mit meinen eltern / noch in mutterleibe / aus Tuscia / nach des Bojus hof in Celten flüchten gehen: da / wegen vielen schreckens und ungemach der reise / die Königin Evechoa / meine fraumutter / kurz nach ihrer ankunft / in Trier mich zur welt gebare / und darbei den geist aufgabe. Sie befahle mich aber vorher einer Medischen dame / die mit ihr aus Rages gekommen / als sie von dar neben ihrer schwester / für des Nadias wut / die weltkůndig ist / entfliehen müssen: von der sie begehrte / daß sie mich ehist zu ihrer schwester in Arabien / die an den Fürsten der Nabatheer verheuratet war / bringen solte; damit in ehlichung des jungen Nebajoth / meines vettern / ich wieder an den Medischen tron zu gelangen die hofnung haben k \nte. Es war auch diese verlobung zwischen dem Nebajoth und mir / vor unser beider geburt / von unsern můttern / auf ihrer flucht aus Meden abgeredet worden. Als nun die Königin / nach eröfnung dieses ihres lezten willens / die welt gesegnet / name die verständige Mesahab (so hieß die dame) sich meiner getreulich an /als wie eine mutter / und ware des fåsten vorhabens /ihrer Königen befehl / nach äusersten verm \gen / dermaleins zu erfůllen.

Weil der Blascon / mein herrvatter / von land und leuten verjaget / und wider den K \nig Hesperus / der aus Bätica gekommen und ihn vertrieben / bei dem Bojus schutz und beistand gesuchet / erlangte er zwar solche / [280] durch getreuen vorspruch seines schwagers /des Fürsten Bodus / der beim König Bojus fast alles vermochte. Er sezte sich aber noch fåster in des Königs gunst / durch ehlichung der Prinzessin Martinde /dessen schwester: welche heurat nicht so bald geschlossen war / da růstete sich ganz Celten wider den Hesperus. Es ehlichte auch / in der zeit / der K \nig Bojus die Celtiberische Prinzessin Bombis / die schwester der Königin Harsia der gemalin des Bätischen K \nigs Italus Kitim: wodurch / auf anregung der Martinde / zu weg gebracht wurde / daß auch Italus Kitim / sich zu dem Bojus und meinem herrvattern schlagend / den Hesperus / seinen leiblichen bruder /bekriegte. Er wurde auch endlich weister in Tuscia /und sezte die kron selbiges landes auf: welches er nach seinem namen Kitim nente / und den Hesperus daraus verjagte. Er vergaße hierbei / das reich / so er erobert / seinem rechten herrn / dem Blascon / wieder zu ůbergeben: welcher dan hierum / sowol bei ihm /als bei dem Bojus / vergeblich anhielte / und neben der Martinde mit schmerzen ansehen muste / daß des Bojus gemalin / als schwägerin des Italus Kitim /mehr / als sie / beim K \nig golte / und erhielte / daß man sich der neuen regierung in Kitim ganz nicht widersezte / sondern mit dem Italus Kitim / gute nachbarliche freundschaft haltend / meinen herrvattern ståts mit süßen worten abspeiste / und ihn sonst in allem / auser in diesem / das er am meisten verlangte /viel gunst erwiese.

Nach verfließung etlicher jahre / inzwischen er /sonder einige Hofnung / in Trier sich aufgehalten / als die Königin Bombis / und meine stief fraumutter die Martinde / nun vertraute freundinnen worden / richteten sie es in die wege / daß der Italus Kitim seine vier kinder / den Prinzen Morges / den Sicorus / und die Prinzessinnen [281] Electra und Roma / nach Trier sandte /alda sie an des Bojus hofe / mit dem jungen Kronprinzen / dem Ingerman / mit dem Camboblascon meinem / stief bruder / mit dem Tubal / des Fürsten Bodus sohn / und mit mir / solten auferzogen werden: damit nicht allein / auf solche weise / unter uns kindern eine vertreuliche freundschaft entstehen / sondern auch /durch wechsel-heuraten zwischen uns / aus beiden geschlechten des Blascons und Italus Kitim / einerlei stamhaus beständig aufgerichtet und erbauet werden m \chte. Also wurde / dem jungen Camboblascon /des Italus Kitim ältere Prinzessin die Electra; mir /der åltere Prinz aus Kitim / der Morges; dem Ingerman aber / die jüngste Prinzessin / gegenwärtige K \nigin Roma / zugedacht. Diesem schluß zu folge /ward uns allen und jeden anbefohlen / also mit einander ümzugehen / wie sie es gut befunden / und wie sie uns einander zugeteilet hatten. Weil wir noch allerseits kinder waren / als ließe es sich nicht gleich anfangs spüren / ob ein- und andrem diß gebot wol oder ůbel anstůnde / sondern ein iedes gesellte sich zu dem / dazu man uns bestimmet hatte: also daß Morges mir und Camboblascon der Electra fleißig aufwartete / Ingerman aber der Roma alle h \flichkeit erwiese.

Weil man / in dieser austeilug / dem jůngsten Prinzen aus Kitim / dem Sicorus / wie auch dem jungen Tubal / nichtes zuerkant hatte / wehlten diese selber ihnen von uns welche aus: massen der Tubal die Roma Sicorus aber meine person / mit mehrer håftigkeit / als unsere verordnete liebhabere / zu bedienen anfinge. Also gabe es manchen streit unter ihnen /indem Sicorus seinem åltern bruder / dem Morges / in bedienung meiner / etwas zuvor thun wolte / oder Tubal \fters / wegen des Prinzen Ingerman / ům die Roma nicht seyn kunte. [282] Die Mesahab aber / so mich erzoge / warnete mich immer / die Prinzen aus Kitim nicht zu lieben / sondern mein / herz fůr den Fůrsten Nebajoth aufzubewaren / als welcher der jenige wåre /den mir meine fraumutter bestimmet hätte; und daß ich an keinen andern tron in der welt / als an den Medischen gedenken müste / von dem ich die rechte erbin wäre / und den mir der Nebajoth solte zu wege bringen. Sie verursachte hiermit / daß ich jemehr und mehr meine kaltsinnigkeit diesen beiden Prinzen erwiese / und dadurch mir manchen verweis von dem Blascon / meinem herrvattern / wie auch von der Martinde / zu weg brachte / die eine andere bezeigung von mir sehen wolten. Keines lebte unter uns ruhiger und vergnügter / als Camboblascon und seine Electra: massen sie / sonder zwang und anfechtuug / in wechsel-liebe lebten / und keiner einrede noch vermanung n \tig hatten / das zu thun / was die K \nige so sehr verlangten. Die Roma / weil sie / von den Ingerman nicht genug geliebt zu seyn / ihr einbildete / und den Tubal nicht lieben kunte / war mit ihnen beiden so wenig / als mit ihr / zu frieden.

Es fügte sich / daß in solcher zeit der junge Cimber unbekant nach Trier kame: welcher diese reise / ům den berümten hof des Bojus zu sehen / übernommen /und die gefahr / aus antrieb der frischen jugend / nicht scheuete / die ihm / wan er wär erkant worden / håtte zuwachsen k \nnen: dan man bei uns / sowol seinem vatter / dem Fürsten Herman / als fürnemlich seiner mutter / der Hesperia / todfeind ware / und daher zweifelsfrei den sohn ůbel wůrde angesehen haben. Sein vorwitz / seine anverwandten zu sehen / (weil der Prinz Ingerman ihm nahe befreundet / des Italus Kitim kinder mit ihm geschwisterkind / und Tubal seines vatters brudern sohn [283] war) machte ihn einsmals einer unfern von Trier angestellten bärenjagt mitbeiwonen / worbei so wol die K \nige / als wir ingesamt /zu pferd erschienen: da das verhångnus wolte / daß er / mich ersehend / etwas anziehendes fande / welches ihn auch / die andern etwas genauer zu betrachten /verhinterte. Also kame es nun / daß er mich lieb gewonne / und fast die ganze zeit der jagt ůber / keinen augenblick mich verließe / sondern stäts meiner spur nachfolgte.

Nun begabe es sich eines tags / daß wir / indem wir etlichen bären nachjagten / uns allerseits voneinander zerstreuten: da ich mich dan ganz allein sahe / ohne daß dieser unbekante Cimber mir folgte. Weil ich ihn für einen von unsern leuten hielte / beachtete ich sein nachfolgen nicht / sondern rante meines wegs fort. Indem wischete plötzlich ein grosser bår aus dem dusch herfür / und liefe auf mich zu / den ich zwar mit etlichen bogensch \ssen grüste / aber ihn damit nicht abwendete: und war diß das ärgste / daß mein scheues pferd sich mit mir båumte / und mich herunter warfe. Ich würde ohn zweifel des todes gewesen seyn / wåre Cimber nicht zu rechter zeit dazu gekommen / welcher sofort vom pferd sprange / und sich zwischen mich und den båren stellte: da dan diß ergrimte thier auf ihn los ginge / aber seine dapfere und kůne faust bald entfinden muste / und zu seinen fůßen tod danieder fiele. Diese küne that / die ich mit angesehen /machte mich diesen frömden genauer betrachten: und wie er kame / mir seinen sieg anzukünden / auch daneben sein beileid zu bezeugen / daß dieser unfall mich in schrecken gesetzet / zeigte sich mir seine gestalt mit solcher heroischen annemlichkeit / daß ich ganz darob verwundert bliebe. Nemet an / große Prinzessin! (sagte er zu mir) dieses erste zeichen meiner bedienung / die ich euch [284] auf lebenslang beständig gewidmet / und die ihr nicht auszuschlagen / mir die gnade erweisen wollet. Edler / ritter! (gabe ich ihme zur antwort) euer erster dapfrer dienst / ist für mich so vorteilhaftig / daß ich meiner eigenen wolfart feind seyn müste / wan ich euer grosmůtiges erbieten nicht willigst annemen wolte. Ihr werdet mir aber gönnen /euren namen und herkunft zu wissen: damit mir nicht unbekant seyn möge / wem ich mein leben zu danken habe. Er antwortete: wie daß er mir hierin nicht wilfaren könte / bis er zuvor die gnade / mich zu sprechen / \fter genossen håtte.

Hiermit kamen etliche von unsren leuten dazu / und st \reten unsere fernere unterredung: und indem diese üm mich besorgt waren / verlore sich Cimber in das gehölze / also daß ich ihn selbigen tag nicht wieder zu sehen bekame. Als aber die K \nige und Prinzen erfuren / was vorgegangen / ware ihr entsetzen ůber meinem zufall nicht gr \ßer / als die begierde / diesen fr \mden zu kennen / der so dapfer mich erl \set hatte. Die Prinzen Morges und Sicorus / erwiesen sich hiebei mehr beschåmt / als begierig / diesen frömden zu kennen; und ersonnen tausend entschůldigungen / die ihnen in den weg kommend sie behintert hätten / mir diesen dienst zu leisten. Sobald ich aber bei der Mesahab mich wieder allein befande / und ihr meine abenteur erzehlte / machte ich sie damit glåuben / daß dieser fremde zweifelsohn der Nebajoth seyn můste: weil sie aus Asien / von der Fürstin Chinzira seiner fraumutter / die nachricht erhalten hatte / daß er ehist in Celten kommen würde. Ich sagte ihr: wan dieser der Nebajoth wåre / wůrde mir nicht schwer fallen /ihn zu lieben. Dieses gefiele ihr nun sehr wol: weil sie hoffete / daß Nebajoth gewiß vorhanden wäre.

[285] Der Prinz Cimber suchete hiernåchst alle ersinliche gelegenheit / mich wieder zu sprechen / und gelangte hierzu / als der Ingerman sein abschiedfest feirete: dan dieser Prinz hatte / auf inständiges anhalten / von dem König seinem herrvattern die erlaubnus erlanget /unter fürung des weißen Bardus / die Asiatische höfe und landschaften zu besuchen. Weil bei solchem feste / welches nach Celtischer gewonheit / in einem lustigen wald gehalten wurde / und die ganze nacht hindurch wärete / iederman erscheinen dorfte / fiele es dem Cimber nicht schwer / sich auch alda unter der großen månge einzufinden. Weil er auch allein mich suchete / als name er den ort wol in acht / wo ich mich befande. Wie die übliche spiele und dånze angegangen / stellte er sich mir von weiten unter augen: da ich ihn gleich erkente / und darob erfreuet / ihn der Mesahab zeigte / die eben bei mir ware. Er merkte wol aus unsern gebärden / daß wir seiner müsten wargenommen haben: daher er sich almåhlich nåherte / und zwar mit einer solchen art / die uns vermuten machte /daß er nicht gern bekant seyn wolte. Weil nun die gute Mesahab nicht anders glaubte / als daß es Nebajoth wäre / gesellte sie sich zu ihm / und redte ihn / als denjenigen / vor den sie ihn hielte / Arabisch an: damit keiner von den anwesenden Celten ihr gespråche verstehen m \chte. Zu seinem gutem glück / verstunde Cimber diese sprache / weil ihm von kindheit auf ein Asiatischer lehrmeister war gehalten worden /der ihn in allen sprachen unterrichtet. Daher / als sie ihn fragte / ob er nicht wegen der Prinzessin Hermione sich allhier hätte eingefunden? antwortete er mit ja / und daß diß die einige ursach seiner ankunft in Trier wåre. Findet ihr dan meine Prinzessin so sch \n / (fragte sie weiter) als wie der ruff sie [286] gemachet? und wollet ihr / daß wir hier gläuben sollen / sie habe euch eure freiheit genommen?

Cimber / gantz verwundert / die Mesahab also reden zu hören / hielte es fůr ein sonderbar gutes zeichen / und sagte / sie ganz beweglich anschauend: Nicht das gerůchte / sondern meine augen haben mich zu der Hermione gefangenen gemacht; und wůrde ich solches so künlich hier nicht bekennen / wan ich nicht hoffen d \rfte / dieses fragen geschehe zu meinem båsten. Hoffet / edler Fürst! (antwortete sie ihm) und seit versichert / daß ich euch dienen werde. Es fehlete nicht viel / Cimber wåre ihr / nach solcher guten versicherung / zu fus gefallen / so erfreut bliebe er hierůber. Er schiede damit von ihr / in der meinung / Mesahab håtte allein / ům sich ihme zu erkennen zu geben / Arabisch geredet: gleichwie auch sie mit den gedanken zu mir wiederkehrte / daß dieser ganz gewiß der Nebajoth wåre. Tausend gutes sagte sie mir hierauf vor / von diesem Fůrsten / wie gros sie nämlich dessen geschicklichkeiten fånde / und wie ein ungemeines helden-ansehen ihn begleitete: daher ich / meiner verstorbenen fraumutter gehorsamend / und meiner eigenen neigung nachfolgend / unschwer zu bereden war / diesen Fůrsten zu lieben. Nachdem die hierob erfreute Mesahab meine gute erklårung vernommen / seumte sie nicht / ihrem vermeinten Nebajoth /den sie zu ihr zu kommen beschieden / solches wißlich zu machen. Sie brachte ihn auch verborgen zu mir / damit wir miteinander die notturft abreden möchten / bevor er öffentlich in Trier und bei hof sich sehen ließe: welches sie zwar so sehr fürchtete / als verlangte / und \fters den raht gabe / (weil sie besorgte / der König mein herrvatter m \chte mich ihm nicht geben / sondern [287] lieber bei dem Morges bleiben wollen) daß ich heimlich nach Asien mit ihm davon ziehen solte.

Wie er nun zu mir gekommen / fiele er mir gleich zu fus / und wuste nicht worte gnug vorzubringen /seine erkentlichkeit wegen der unverdienten gnade /die ich ihm widerfaren ließe / zu bezeugen. Ich sagte zu ihm: Wie das ich nimmermehr / sonder wissen meiner obern / ihn zu sprechen mir die freiheit wůrde gegeben haben / wan ich nicht den lezten befehl meiner fraumutter vor mir hätte / der mich zu dem / was ich täte / so wol aus gehorsam / als aus eigener neigung / antriebe. Diese verbindliche worte sezten ihn fast gar aus sich selber: wiewol er nicht begreifen konte / was ich mit meiner fraumutter wolte verstanden haben. Und wie er mich hierüm gefraget / erwehnte ich gegen ihme / ganz unschudiger weise: Er würde ja bäßer als ich wissen / wie jederzeit unsrer beider mütter wille gewesen / daß Hermione den Nebajoth / und Nebajoth die Hermione lieben solte. Der name Nebajoth öffnete dem Cimber die augen / daß er so wol meinen als der Mesahab irrtum erkante / und wol verspůrte / wie wir ihn fůr einen andern ansähen: daher er so betreten wurde / daß er nicht wuste / wozu er sich entschließen solte. Sich von mir geliebt zu wissen / hielte er damals für seine höchste glückseligkeit: nun aber muste er fürchten / wan er mir seinen namen nennte / (weil sein vatter und mutter der meinigen abgesagte feinde waren) er m \chte alle erlangte gunst auf einmal wieder verscherzen / und alsdan nimmer für meine augen kommen d \rfen. Demnach beschloße er bey sich selber / diesen betrug / ob er ihn gleich nicht angefangen / unschuldig fortzusetzen /und / seiner liebe zum bästen / zu verschweigen / daß er nicht Nebajoth wäre. Demnach gabe er mir solche zweideutige antworten / [288] die mich immer hin bei meiner einbildung erhielten / und ihm die vergnügung ließen / von mir die versicherung zu vernemen / daß ich ihn liebte. Wiewol nun diese seine ruhe unvolkommen war / weil er nur unter dem namen eines andern sich geliebet sahe: so tr \stete er sich doch damit / daß er /ob er schon nicht Nebajoth war / gleich wol vor selbigem einen so großen vorzug bei mir håtte / welchen der Nebajoth / wan er ankäme / schwerlich bei mir würde austilgen k \nnen. Worinn er dan auch nicht geirret.

Es kame / nicht lang hiernach / der rechte Fürst Nebajoth / neben dem Prinzen Jethur von Hevila /und ließe sich \ffentlich an Trierischen hofe sehen: da sie dan / als frömde Fürsten / von dem König Bojus wol aufgenommen / und in betrachtung / daß sein sohn sich auch in ihren landen aufhielte / ihnen sonders gütig begegnet wurde. Ich wuste nicht / als ich ihre ankunft vernommen / was ich von dem Nebajoth gedenken solte / daß der es mir nicht zuvor gesaget /wie er \ffentlich bei hof erscheinen wolte. Indem ich aber mit der Mesahab hiervon redte / meldete man mir an / wie daß Nebajoth und Jethur mich zu besuchen kommen wolten. Als ich sie nun fůrgelassen / wurde ich von unbeschreiblicher entsetzung ůberfallen / als ich meinen Nebajoth unter diesen beden nicht fande /sondern zweier ganz frömden gestalten ansichtig wurde. Sie küsseten mir den rock / und der erste / so Nebajoth war / ůberreichte mir ein schreiben von der Fürstin Chinzira / seiner fraumutter: die mir darinn diesen ihren sohn aufs bäste anbefohle / und darbei erwehnte / wie sie herzlich wůnschte / daß das mit ihme und mir m \chte erfůllet werden / was sie und ihre schwester / meine fraumutter / mit einander so fåst abgeredet und gelobet [289] håtten. Meine verwirrung hierüber war so gros / daß sowol die beide frömde /als meine leute / solche an mir warnamen.

Nachdem ich diese erste besuchung / die gar kurz war / ůberstanden / und mich bei der Mesahab wieder allein sahe / begunten wir einander zu fragen / wie es mit dieser fr \mden begebnis müße beschaffen seyn. Weil der Mesahab die hand der Fürstin Chinzira wol bekant war / als musten wir glauben / daß eher mit dem ersten als mit diesem lezten Nebajoth / ein betrug vorgehen müste. Sie fienge nun gleich an die seite des lezten zu halten / und wolte mich ůberreden / alsofort den andern fahren zu lassen. Gleichwie mir aber solches / bevor ich mehrere erkundigung hievon eingezogen / so unmüglich als unbillig fůrkame / wolte ich den bishergeglåubten Nebajoth erstlich sprechen / und von ihm selber die aufl \sung dieses rätsels vernemen. Als er demnach gegen den abend fůr mich gekommen / fande ich ihn so verändert und erschrocken aussehend / daß ich nun nicht mehr zweifelte / er würde mich betrogen haben. Was sol ich hierzu sagen / (redete ich ihn an) daß zween Nebajoth alhier sich einfinden? Der Nabatheer Fůrstin / die Chinzira / bietet mir iezt / durch ein schreiben / ihren sohn an: für den ich euch nicht halten darf / weil ein anderer mir den brief ůberliefert hat. Demnach so helfet mir aus dem traum / und saget mir / welcher der Nebajoth sei / den ich lieben můße?

Als ich diese kurze frage gethan hatte / sahe ich unversehens den Cimber zu meinen fůßen niederfallen /welche er ümfassete / und so håufig mit seinen zären benezte / daß er lang kein wort herfürbringen kunte. Endlich wie ich ihn von der erden wieder auszustehen genötigt / sagte er: Wan Hermione keinen andern / als [290] den glücklichen Nebajoth / lieben kan / so muß ich sagen / daß Cimber der allerelendste von der welt ist. Wie? Cimber? fiele ich ihm ganz bestůrzt in das wort. Ja eben der Cimber / des verhassten Hermans sohn /(antwortete er mir) dessen unglückselige mutter allhier so sehr noch angefeindet wird / als wie ihr sohn unverdient bisher geliebet worden. So hat dan Cimber / (sagte ich wider ihn / als ich von meinem entsetzen mich etwas erholet) dergestalt eine unschůldige Prinzessin betriegen d \rfen? Ach grosse Prinzessin! (antwortete er mir) bedenket doch selber / ob meine inbrünstige liebe mein glůck / das sich mir gezeiget /habe ausschlagen und verachten k \nnen? und ob ich /da man mich fůr den glůcklichen Nebajoth gehalten /anders thun k \nnen / als schweigen / weil mein reden wůrde meiner liebe entgegen gewesen seyn? Habe ich dan vor der zeit mich unglůcklich machen sollen / und kommet es mir nun nicht frü zeitig genug / daß ich h \ren muß / es k \nne kein anderer / als Nebajoth / geliebet werden? Ach! wåre ich dieser Nebajoth / dazu ihr mich machen wollen! wie seelig wůrde ich seyn! da ich nun der unseeligste von der welt bin / weil ich Cimber und nicht Nebajoth heiße.

Diese klagworte brachte er so beweglich für / daß sie mich rüren musten / und fülete ich wol / daß Cimber mir so angenem als vorher ware / da er noch Nebajoth hieße. Zwar stellte ich mich anderst gegen ihm an / als ich es im herzen meinte / und entfande es hoch / daß er mich also hintergangen hatte. Gleichwol ihm nicht zu einer verzweifelung anlaß zu geben / fårtigte ich ihn also ab / daß er wol spüren konte / wie ich ihm nicht alle hofnung benemen wollen. Aber die Mesahab erzeigte sich ihme nicht so gůtig / sondern schalte ihn häftig aus / und [291] verbote ihm auf ewig meine gegenwart: da sie doch nicht wuste / ob ich auch diesen ihren befehl bekråftigen würde. Der Cimber kehrte sich auch nicht daran / und kame / ungeacht dessen / zum \ftern / mich zu besuchen: dardurch dan dieser beständig-vermeinte liebhaber zu weg brachte / daß ich weder der Mesahab vermanung /noch des rechten Nebajoth fleissige aufwartung / noch die feindschaft der meinigen gegen des Cimbers anverwandten / etwas bei mir gelten ließe / sondern mich ganz dem Cimber verpflichtete / ihn allein zu lieben. Zwar erfolgte dieses nicht sonder selbstreit in mir / da ich erwoge / was ich meiner fraumutter leztem willen schůldig / und wie mich die grosmut / mit dem Nebajoth in Meden zu herschen / antriebe. Doch behielte der angeneme Cimber die oberhand / und betrachtete ich in solcher jugend nicht / daß die liebe der wahren vernunft weichen müße.

Mitlerweile nun der Nebajoth \ffentlich bei mir suchte / was Cimber heimlich besaße / finge der Jethur auch an / der Prinzessin Roma fleißiger / als den andern / aufzuwarten. Er hatte / der abwesenheit des Ingermans sich bedienend / fůr den diese Prinzessin von der Königin Bombis seiner fraumutter bestimmet war / so gewůnschten fortgang in seiner liebe / daß er das bei dieser Prinzessin erhielte / wornach der Tubal sich bisher so vergeblich bemühet / und das auch dem Ingerman noch nicht zu teil werden können. Der König Bojus war dazumal nicht in Trier / sondern hatte eine ferne reise in der Eusterwoner landschaft fürgenommen / wie dieses alles bei uns sich also zutrage / und waren der Nebajoth und Jethur nicht ůber zweimal beim K \nig zur aufwartung gewesen: welche des Bojus abwesenheit / sowol diesen zweien / als dem verborgenen [292] Cimber / mehr freiheit und gelegenheit gabe / dem frauenzimmer aufzuwarten. Es merkten aber die beide Prinzen aus Kitim in kurzen / daß Nebajoth ihr mitbuler wåre: daher sie / mir ämsiger als sonst aufwartend / ihre beide schwestern / bei mir ihr wort zu reden / anstellten. Des Morges vertraute /wurde die Electra; die Roma aber / war dem Sicorus bedienet: und ward von ieder / ihres bruders angelegenheit / treulich bei mir getrieben. Roma bewürdigte mich daneben / mit entdeckung ihrer heimlichen liebe / mit deren sie dem Prinzen von Hevila ergeben war: welches ich gern mit gleicher vertreulichkeit hätte ersetzen wollen / wan mir nicht ihr bruder / der Sicorus / wär im wege gestanden / der mich schweigen machte.

Nun trug es sich zu / daß ich / wegen eines gethanen gelübdes / auf etliche wochen / bei den heiligen Aurinien auf ihrem berge / den sie unweit von Trier haben / mich verschlosse / und alda ihren heiligen gebräuchen mitbeiwonete. Dieses gabe allen meinen vier aufwartern anlaß / in geheim daselbst zu mir zu kommen / und an diesem heiligen orte / da keiner seines herzens gedanken verhelen / noch sich anders stellen darf / als wie er es meinet / aus mir zuerforschen /was jeder von ihnen zuhoffen hätte. Dem Morges fiele dieser anschlag am ersten ein / welchen er der Electra / seiner vertrauten schwester / eröfnete: die es dan sehr gut befande / und ihm heimlich hierzu zuverhelfen verhieße. Roma / die ihrer beiden vertraute unterredung / sonder ihr wissen / mit angehöret / er \fnete solches ihrem bruder dem Sicorus / und machte sich bei ihm anheisig / ihn gleichfalls unvermerkt zu mir zu bringen. Weil sich eben alles hierzu so schicken muste / als fiele gleicher Anschlag dem Nebajoth und Cimber ein: da jener von begierde / [293] meine erklärung zu wissen / angetrieben / der Mesahab / die nicht mit mir auf dem berge der Aurinien sich befunden / anlage / ihm daselbsthin zu mir verholfen zu seyn / weil er nicht länger in solcher ungewißheit leben könte; welches sie ihm auch verhieße / und es selber für das bäste mittel hielte / auf solche weise von mir den gewißen schluß zu erlangen. Den verliebten Cimber aber triebe nichtes / als die ungedult / mich zu sehen: weil er nicht / gleich den andern / n \tig hatte / auf dem heiligen berg der Aurinien das von mir zuerfragen / was ich ihme bereits anderweit sonder zwang gestanden hatte.

Es wehlten aber alle diese viere zugleich einen tag hierzu aus / als an einem grossen festtage / die K \nigin Bombis / wie auch die K \nigin Martinde / meine stieffraumutter / (die auch den königlichen namen fůrete / ungeachtet mein herrvatter keine kron mehr hatte) neben den beiden Prinzessinen / und der Fürstin Galathea / meines vatters schwester / des Bodus gemalin / auf den berg kommen wolten / die Aurinien zu besuchen: da dan Electra / Roma und Mesahab / ihre beide brüder und den Nebajoth / unvermerkt unter den hofbedienten mit sich namen / sonder daß einer von dem andern wuste / und dieselben hinter die bäume verbargen. Daselbst verblieben sie / wie die Königin samt den andern wieder hinweg waren / und in der nacht kame jeder aus seinem winkel herfür / des willens / bei dem feuer / daß im walde / der heiligen jungfrauen / die wir in Celten anberen / zu ehren angezündet war / mich zu finden und anzusprechen /und folgenden tags / wan die Königinnen würden wieder kommen / in ihrer geleitschaft sich von dannen zubegeben. Sie hatten die nachricht / daß ich an seibigem ort mich einfinden würde: wie sie mich dan [294] auch bald ersahen / daß ich / neben dreien von meinen dir nen / kniehend bei diesem feuer / meine andacht verichtete. Im hingehen / hatte keiner des andern /wegen der dicken nacht finsternus / wargenommen /auch kamen sie von dreien unterschiedenen orten herfür / und wurden wol höchlich bestůrzet / wie sie einen fr \mden ritter bei mir erblickten / der / in meiner andacht mich nicht stören wollend / sonder sich zu rüren / hinter mir stunde.

Die eiversucht triebe sich allerseits / das beginnen dieses fr \mden / so der Cimber war / zu beobachten: daher jeder an seinen orte stehen bliebe. Sie h \rten demnach alles / was wir mit einander redten. Ich fragte diesen verliebten / als er sich mir kund gegeben /und diese seine freiheit aufs båste entschuldiget / mit etwas unwillen: Was ihn bewöge / also ohne not meinen guten namen und seine person in gefahr zusetzen / und sich daselbsthin zu wagen / wo keine mansperson sonst gedultet wurde? Er antwortete: Wie daß die liebe ihn / alle gefahr aus den augen zusetzen / beredet / und ihn angetrieben im hätte / auch an dieser heiligen stelle die versicherung meiner gegenliebe aus meinem munde zu h \ren / und mich hierům zu ersuchen. Wie nun / Cimber! (war meine wiederantwort) verratet ihr nicht hiemit einen kleinen zweifel / den ihr von mir heget / indem ihr also mich gedenket auf die probe zusetzen? Ach! dörfte ich an diesem heiligen ort anders reden / als ich es meine! so wolte ich euch zur straffe sagen / daß ich den Cimber nicht liebe /sondern den Nebajoth ehlichen wolle. Nun aber wisset ihr / daß ich nicht lügen darf / und muß ohne meinen dank euch gestehen / wie Cimber / des Fůrsten Hermans sohn / der jenige allein sei und bleiben werde / der der Hermione aus Tuscia herz und gegenliebe [295] erworben hat. Hiemit fiele Cimber zu meinen fůßen nieder / und die hände gen himmel breitend /schwure er mir bei dem großen Teutates / ja bei sonne / mond und feur / so bei uns das allerheiligste ist / das niemals sein beständiges herze / was ich ihme fůr unverdiente gnade erwiese / vergessen / und daß eher der himmel als seine treue brechen solle.

Ach ja! dieses waren damals (fuhre Hermione seufzend fort) des Cimbers worte. Mitlerweile wir aber also zusammen redten / litten Nebajoth / Morges und Sicorus alle die marter / die unbeliebte personen anzustehen pflegen / und fassete jeder von ihnen einen sonderbaren schluß / wie er sich hiebei verhalten wolte. Nebajoth / der ungeliebt nicht lieben mochte /name ihm für / durch åmsige aufwartung sich zu bewerben / daß Cimber aus meinem herzen möchte ausgetrieben werden. Sicorus aber / der eines sehr rachgierigen herzens war / entschloße sich / böslicher weise dem Cimber zu schaden / und eilte so fort von dannen / üm der wacht anzumelden / die unten am berge die heilige Aurinien bewachte / wie daß des Königs Erbfeind / des Hermans und der Hesperia sohn / an diesem verbotenen ort sich befände: damit sie kämen / und ihn in gefängliche haft brächten.

Indem nun dieser hinginge / und der betrübte Morges sich auch von dannen begabe / fassete Nebajoth die entschließung / mich anzusprechen: kame also aus seinem verborgenen winkel herfůr / und sezte damit / so wol mich als den Cimber / in große bestürzung. Verůblet mir nicht / Hermione! (redte er mich an) daß ich hieher komme / eure und des Cimbers unterredung zu stören. Ich bin aber vielmehr gewillet /dieselbe durch meine erklärung ruhiger zu machen /und er \fne euch hiemit / daß [296] hinfort der unglückselige Nebajoth euch keine hinternis mehr geben sol / mit dem Cimber nach eignem gefallen zu leben. Ich sage euch hiemit gute nacht / weil ich wol erkenne / daß euch Nebajoth ohne den Medischen thron nicht anstehen könne: der auch euch nicht eher wieder unter augen kommen sol / bis er die kron selbigen reiches auf seinem haubte trage. Und ihr / Fůrst Cimber! (sagte er ferner / zu selbigem sich wendend) lebet wol mit Hermione! doch / ihrer wůrdig zu werden / bemůhet euch mit mir in die wette / wer ihr zu erst einen thron erlangen k \nne.

Nebajoth hatte gut reden / da weder Cimber noch ich uns sobald aus unsrem entsetzen erholen kunten. Indem wir aber also beisammen waren / kame der b \sliche Sicorus mit der gesamten wacht zurůcke: die alsofort den Cimber / wie auch den Nebajoth / überfielen / und ungeacht ihrer dapfren gegenwehr / sie gefänglich hinweg fůreten. Weil Sicorus / nach dieser that / keinen guten willen von mir hoffen konte / als bemühete er sich nicht / mich zu sprechen / sondern ließe allein seine rache herschen. Ich wurde hierdurch so gar aus mir selber gesetzet / daß ich onmächtig meinen dirnen in die arme fiele / und sinnlos hinweg gebracht wurde. Weil nun dieses einen grossen auflauf und schrecken verursachte / als wurden alle Aurinien wach / und vernemend / daß zween fr \mde /mich zu überfallen / sich erkünen d \rfen / schrien sie noch eifriger rache / als Sicorus gethan / ůber den armen Cimber und Nebajoth / und dorfte ich des ersten / wie ich gern gewolt / mich nicht annemen. Folgenden morgens breitete sich dieses gerüchte überall aus / und entsezten sich fůrnemlich sehr hierůber die Prinzessinnen Electra und Roma / wie auch die Mesahab / sonderlich die zwo letzere / welche höchlich beklagten / den [297] Nebajoth in solchen zustand geraten zu sehen: und weil keine von ihnen recht wuste / wie dieses zugegangen / waren sie begierig / mich bald zu sprechen. Deshalben kamen sie sofort zu mir auf dem berg: da sie mich dan auf dem bette antraffen / und zwar voll tränen / wegen der gefahr / die dem Cimber zugestossen.

Roma ware die erste / die sich erklärte / wie daß sie ihrem jüngern bruder auf den heiligen berg verholfen hätte: welches hierauf auch Electra und die Mesahab /wegen des Morges und Nebajoth / gestunden. Ich verwiese ihnen hierauf / daß sie so übel gethan: muste aber von der Mesahab / als sie allein zu mir kommen kunte / mir viel häftiger zureden lassen / die nun aus allen ůmständen ermerken muste / wie ich den Cimber dem Nebajoth vorzöge / und nicht üm des lezten willen / diese viele tränen vergöße. Demnach verhelete ich ihr nun nicht mehr meine zu dem Cimber tragende neigung / und achtete nicht so sehr ihr schelten / als die gefahr / worin mein Cimber schwebte. Diese triebe mich auch meine zuflucht zu der Roma zu nemen: deren ich vertrauete / wie es mit mir und den Cimber stůnde / und sie bate / daß sie ihren bruder Sicorus /nicht allein mich ferner vergeblich zu lieben abmanen / sondern auch dahin bereden solte / dem Cimber davon zu helfen. Die mitleidige Roma erbote sich gleich / mir hierin zu dienen: und so wenig ihres bruders verůbte grausamkeit billigend / als nun ferner sein wort bei mir zu sprechen gesonnen / bemůhete sie sich sofort / diesen Prinzen dahin zu bereden / daß er den Cimber so wol / als den Nebajoth / wieder in freiheit setzen m \chte.

Aber der boshaftige Sicorus wolte hiervon nichtes hören / und war es auch fast nicht mehr in seinen måchten: massen / zu allem unglück / der König Bojus / [298] der Blascon mein herrvatter / und der Fůrst Bodus / die abgesagte feinde des Cimbers wegen seiner eltern / eben in Trier wieder angelanget / und alle drei eine grausame freude entfunden / diesen unschuldigen Fůrsten in ihren händen zu haben / und ihn die schuld seiner eltern / fürnemlich der Hesperia / die meines herrvatters verjagung aus Tuscia bef \rdert /büßen zu machen. Den Fürsten Nebajoth / erliessen sie gleich wieder seiner gefängnis: doch ward ihm dabei an die hand gegeben / sich aus Celten hinweg zu machen / welches die K \nigin Bombis / ihres brudern sohne dem Prinzen Morges zu gefallen / am meisten triebe / und den vonwand daher name / daß er sich an unseren heiligen gebråuchen gröblich versůndigt hätte / und also im lande nicht gedultet werden k \nte. Mit dem Cimber aber verfuhre man nicht so bescheidenlich: massen die grausamkeit des Bojus so groß war / daß er diesen armen Fürsten verdammen ließe / dem Wothan geopfert zu werden. Es ist nun leicht zu ermessen / was ich hierbei erlitten: und bewegten meine trånen / diese gütige Prinzessin Roma /daß sie / alles ihr vermögen zu befreiung des Cimbers anzuwenden / sich entschloße / und sowol ihren geliebten Prinzen von Hevila / als auch den ungeliebten Tubal aufsprache / diesen gefangenen zu erl \sen.

Es bedorfte hierzu / bei diesen zweien Fůrsten /keiner großen beredsamkeit / weil ihre angeborne grosmut / der unschuld beizustehen / ihnen ja so sehr /als die sch \ne Roma / anbefohle: und triebe ůberdas den Tubal die nahe anverwandnis / ům den Cimber sich anzunemen. Dieses nun werkstellig zu machen /brachten sie eine gute anzal wolbewehrter junger unverzagter männer zusammen / brachen mit den selben bei nächtlicher weile in des Cimbers gefängnis / und hatten das glück / ihn zu erlösen. [299] Dieses erscholle folgenden morgens überall in Trier / und erfure man bald / daß der frömde Prinz von Hevila und des Bodus eigener sohn / die tätere gewesen: worüber des K \nigs zorn so häftig entbrante / daß er ihnen aller orten äuserst nachstellen / und fast ganz Celten aufbieten ließe / diese verwegene zu suchen. Sie wurden aber nirgend gefunden / und hatten sich so wol fůrgesehen / daß sie des Bojus nachstellungen glücklich entkamen. Sie entschlossen sich / miteinander hieher in Asien / und an des König Marsius ihres vettern hof nach Basan sich zu begeben. Jethur / der dem Nebajoth auch nach Asien wieder gefolget / erweckte durch seine abwesenheit / sowol als der Cimber / bei der Roma und mir eine betrübte unruhe: und ward dadurch das band unserer freundschaft noch unauflöslicher zusammengezogen / weil wir an einerlei leiden krank lagen. Wir růcketen auch einander nicht vor / daß Roma ihren Jethur meinet wegen verlieren / und ich durch ihren ersonnenen anschlag den Cimber also beunglůckt sehen müssen.

Die Prinzen Morges und Sicorus / nach dem sie also / durch des Nebajoth und Cimbers entfernung /luft bekommen / mich ungehintert mit ihrer liebe zu verfolgen / waren nun stäts meine verdrůßliche aufwarter: wiewol der boshaftige Sicorus kein gůtiges wort von mir bekame / und ihme weh zu thun / redte ich mehr mit dem bescheidenen Morges / als ich sonst würde gethan haben / ließe auch / auf zusprechen des Prinzen Camboblascon / meines brudern / der des Morges ältere schwester die Electra liebte / geschehen / daß er mir von seiner liebe fürsagte / ob gleich mein herz dem Cimber beståndig verbliebe.

Etliche jahre strichen dergestalt vorbei / bis unvermutlich [300] der Prinz von Hevila / wie auch der Cimber mit dem Tubal / sich heimlich bei uns in Trier wieder einfanden / und keine gefahr scheuend / uns zu sehen /diese weite reise über sich genommen hatten. Sie kamen aber nicht alle von liebe getrieben: dan der Tubal / hatte am Basanischen hof / in die junge Prinzessin Amorite / des Suevus tochter / sich verliebet /und also der Roma vergessen. Dieses aber wurde /durch die håftige liebe des Jethur / bei der Prinzessin von Kitim doppelt ersetzet: die auch dem Tubal seine vergessenheit nicht verübelte / weil solches ihre und Jethurs ruhe beförderte.

Sie erschienen bei uns in der gestalt und tracht auslåndischer kaufleute / kamen auch / weil sie zu solchem / ihnen haar und bart hatten wachsen lassen / so unkentlich / daß wir über eine stunde mit ihnen ümgingen / ehe wir wusten / wer unsere kaufleute waren. Wir musten durch einen dolmetscher mit ihnen reden lassen / und stellten sie sich so unwissend unserer sprache / daß wir meinten / wir könten alles künlich vor ihnen reden / sonder von ihnen verstanden zu werden. Die fr \mde und sch \ne waaren / die sie mitgebracht / blendeten uns so sehr die augen / daß wir mehr auf dieselbe / als auf deren verkåufere / sahen. Sie zeigten uns auch verschiedene gemålde von bunten farben / welche wir dan / als in Celten etwas unbekantes und fr \mdes / nicht gnugsam bewundern kunten. Wie aber Roma und ich / etwas abgesondert von dem frauenzimmer / dergestalt diese gemålde durchsuchten / fande ich unvermutlich meines Cimbers bildnis: das ihme dan änlicher war und mehr gliche /als er damals selbst aussahe. Ich kunte nicht umhin /solches der Roma zu zeigen / und zu ihr zu sagen: Sihe / liebste schwester! was mir allhier das glůck in meine hände liefert / da ich so unverhoft [301] den edlen Cimber in diesem wunderbilde zu sehen bekomme! Roma vermanete mich nun / das gemälde zu kaufen: und weil ich nicht allein hiernach / sondern auch / von diesem Prinzen etwas zu vernemen / begierig war / als muste unser dolmetscher / nicht nur nach dem preiß des bildes / sondern auch nach der person fragen / die es vorstellte. Der kaufman / dem es zustunde / war nun der Cimber selber / der mit h \chster vergnůgung meine begirde vername / sein bildnis zu haben / aber ein so überaus-grosses gelt dafůr forderte / daß der dolmetscher mir die summe nicht nennen wolte. Wie ich aber in ihn drunge / und es erfahren / zehlte ich sofort das begehrte gelt dar: wodurch dan mein beutel ganz leer wurde / also daß ich ferner nichts kaufen konte / und mehr gelt von meinem herrvattern holen zu lassen / nicht wagen durfte / weil damit hätte auskommen m \gen / was ich für eine torheit begangen. Wie nun / der über meiner verschwendung verwunderte dolmetscher / den kaufman ferner wegen dieses bilds befragte / bekam ich den becheid / wie daß der jenige / den dieses gemålde fůr stellte / eine zeitlang am hof des Königs von Basan sich håtte aufgehalten /nun aber / seines wissens / in Celten wäre; und m \chte wol die ursach dieser seiner fernen reise eine sch \ne Prinzessin seyn / die er noch beständig liebte.

Diese antwort machte mich den kaufman genauer betrachten / und weil / er seine verliebte augen unverwandt auf mich warfe / fande ich in demselben meines Cimbers wesen so eigentlich / daß ich ganz errötet mich ihm näherte / und ihn heimlich fragte / ob ich meinen augen trauen d \rfte? Der verliebte Prinz / der sich nun nicht länger halten kunte / fürnemlich da er meine beständige liebe erkennet / gabe sich mir hierauf zu erkennen: und fehlte es nicht viel / wir hätttn beiderseits vergessen / daß [302] wir nicht allein waren. In solcher unserer vergnügten bestürzung / kame die gleichfals bestůrzte Roma dazu: welche mir einen zettel zusteckte / den der Jethur / dessen hand sie kennte / mit diesen reimen überschrieben hatte.


Was wollet ihr / ô sch \nste! von uns kaufen?

ist alles doch schon / was wir haben / eur.

Die sonst die welt / gleichwie wir thun / durchlaufen /

die machen sich ům narung willen teur.

Wir aber nicht. Um unsre lieb zu nehren /

so liebt / und nemt / was wir ůmsonst verehren.


Dieses habe ich (sagte Roma zu mir) in einem lädlein voll herrlicher kleinodien gefunden / das mir einer von diesen kaufleuten in die hände geliefert / und ist es meines Jethurs hand: welches mich dan mehr als sehr befrömdet. Weil ich wuste / wie es ům den Cimber stunde / fiele mir nicht schwer / dieses råtsel aufzul \sen: demnach begehrte ich von der Roma / daß sie mir den kaufman zeigen solte / der ihr das lådlein überliefert. Dieser nun war der Jethur / wie ich so fort ihn an den augen erkante: und besorgend / Roma m \chte sich / in erkennung seiner / nicht zwingen und bergen k \nnen / name ich sie bei der hand / und eilete mit ihr in ein anders zimmer; alda ich ihr solches entdekte / und damit so große freude in ihr erwekte / als ihre furcht war / daß diese liebe kaufleute m \chten verraten werden. Wir gingen sofort wieder zu ihnen /blieben aber nicht lang / allen verdacht zu verhůten /sondern machten uns bald von dannen: nachdem wir zuvor diesen kramern einen kleinen zedel zugestecket / den ich in dem nebengemach geschrieben hatte /darin wir ihnen andeuteten / daß sie des andern tags /in der Fůrstin Galathea wonung / uns wieder finden wůrden. Dieses kame nun sehr wol / weil Tubal / ihr sohn / der auch einer von diesen kaufleuten [303] war / seiner fraumutter / als von der er sich versicherte / daß sie ihn nicht verraten wůrde / sich geoffenbaret / und den Cimber und Jethur zu sich ins haus genommen /doch ihrer keinen genennet: da dan diese gutherzige mutter / durch ihres sohns widerkunft in unbeschreibliche freude gesetzet / ům seinet willen / diesen vermeinten kaufleuten alles zu gut täte / was sie vermochte.

Wie nun Roma und ich abgeredter massen dahin kamen / hatten wir keine hinternis / mit unsren geliebten Prinzen nach genügen uns zu unterreden. Unser gespräche handelte von allen denen begegnisen / die wir / seitdeß wir voneinander gewesen / erlebet hatten: da uns dan die liebe tausenderlei dinge zu erzehlen in den mund gabe / die sonst des werts nicht gewesen / deren zu gedenken. Weil aber der Cimber /seine fraumutter zu besuchen / an des K \nigs Lucus hof reisen wolte / und Jethur / der als kaufman in die länge in Trier nicht bleiben kunte / auch mit dahin gienge / als wurden wir / der gegenwart dieser unserer geliebten Prinzen / bald wieder beraubet: doch redten wir vorher zusammen ab / daß / solang sie noch in Celten sich aufhalten würden / wir zuweilen gelegenheit suchen wolten / einander in geheim zu sprechen. Diß geschahe auch nachgehends / zu verschiedenen malen / und trugen sich dabei viel abenteure zu / welche hier zu erzehlen unn \tig ist.

Wie aber der dapfere Cimber seine besuchungen abgelegt / und inzwischen den fürruck des Nebajoth noch nicht vergessen hatte / da er ihn ermanet / ům einen tron fůr mich / sich mit ihm in die wette zu bemühen: als fassete er endlich den schluß / wieder nach Asien zu gehen / und daselbst in den kriegen des großen Marsius wider die Assyrier / sich dapfer zu halten; ob es etwan ihme / in eroberung selbigen großen Königreichs / den Chaldäischen [304] tron / worauf sein absehen gerichtet / zu erlangen / gelingen m \chte? da dan auch der Tubal / wegen seiner liebe zur Amorite /und wegen der mit dem Cimber gemachten freundschaft / diese reise mit übernemen wolte. Ich muste letzlich in diesen grausamen abschied willigen / der mir ům so viel schmerzlicher ankame / weil mein beklommenes herz mir zusagte / daß ich meinen Cimber zum lezten mal gesehen håtte. Roma / die dergleichen betrübnis nicht entfinden dorfte / weil Jethur heimlich in Trier verblieben / und sich bei ihren beiden brüdern verborgen aufhielte / war mein einiger trost in diesem meinen leidstande; und hatte ich hierbei noch diese labnis / daß ich / durch beförderung des Jethur / zuweilen briefe aus Basan von dem Cimber / und damit nachricht wegen seines ergehens / bekame.

Wie es nun also bei uns zustunde / kame ein gesandter des K \nigs Italus Kitim nach Trier / und begehrte / daß seine vier kinder / neben meinem bruder und mir / zu ihm in Kitim kommen m \chten: weil er vor seinem ende / da er / zwar mehr von ungesunder natur / als von alter / sehr schwach wurde / alles unter seinen kindern in richtigkeit zu bringen gedachte. Er war aber des vorhabens / weil ihn sein gewissen růrete / und er befande / daß mein bruder und ich / an dem tron von Kitim mehr anteil als er hätte / seine kinder mit uns zu verehlichen / und nach seinem tode sowol den Morges als den Camboblascon zu Königen in Kitim zu machen: da dem Sicorus / seinem jüngsten sohne / Celtiberien zu beherschen bestimmet bliebe. Wie wir nun / zu dem ende / von Trier abreiseten /stieße uns unterwegs ein zufall auf / der unsern zustand ganz veränderte. Wir wissen guten teils alles /(fiele alhier die Königin von Syrien der Hermione in die rede) was auf dieser reise euch begegnet / [305] wie der König Lucus auch gefangen bekommen / wie sein grosmůtiger sohn und die dapfere Hercinde euch befreiet / auch wie es nach gehends / mit der zwangheurat zwischen dem Tuscus Sicanus und gegenwertiger K \nigin Roma / zugegangen: daher die K \nigin von Kitim sich nicht bemühen darf / uns solches von neuem zu erzehlen / und wird / auser der C \lidiane und Danede / wol niemand unter uns seyn / der hiervon nicht ümständliche kentnis haben solte. Uns beiden (sagte hierauf Danede) ist dieses ebenfalls nicht verborgen: nur wissen wir nicht / wie es der Roma in der Aborigener lande / und der Hermione in Kitim nachmals ergangen ist. Eben dieses (widerholte die Königin von Syrien) verlange ich auch eigentlicher zu wissen: weil daraus erhellen wird / ob ich zugeben soll / daß diese höle ferner zwei so große K \niginnen verschließe.

Weil dan (fuhre die augeneme Hermione fort zu reden) alles dasselbe schon hier bekant ist / so muß ich nun meine ůbrige erzehlung teilen / und berichten / was der unglücklichen Roma an des Lucus / und mir an des Italus Kitim hofe / nach diesem begegnet ist. Es war der Italus Kitim auf die gedanken gekommen /seine jüngere tochter an den Prinzen Tuscus Sicanus zu verehlichen: weil man ům diese zeit den Prinzen Ingerman fůr todt hielte / der noch nicht aus Asien zurůcke gekommen war / und er also das gewiße fůr das ungewiße wehlen wolte. Wie nun / als ihnen hier wissend / diese zwang-heurat mit dem Tuscus Sicanus und der Roma fůr sich gegangen / und dieser beiden ihre geliebten / die Hercinde und der Jethur / unserer damaligen vermutung nach / ůms leben gekommen waren / füreten so wol Tuscus Sicanus / als die [306] Roma / das armseligste leben von der welt / und handelte ihre unterredung von nichtes / als der Hercinde und dem Jethur: da sie dan / ungeacht sie eheleute waren /dannoch einander fleißig ermaneten / ihrer ersten geliebten nicht zu vergessen / sondern die bis an ihr ende zu beweinen.

Solang ich noch in ihrer geselschaft bleiben dorfte /ehe sie nach der Aborigener land / und wir nach Kitim gingen / leistete ich der Roma treulich gesellschaft in diesem ihrem fammerstande. Wie wir aber uns scheiden müßen / beklagte ich abwesend diese meine herzens freundin / und konte lang nicht gewonen / nicht mehr bei ihr zu seyn / und nun niemanden zu haben /mit dem ich von meinem Cimber reden können: massen ich der Prinzessin Electra / ihrer schwester / nichtes davon sagen dorfte / als die bei mir ihres bruders Morges seite alzugetreulich hielte. Es war auch mit dessen liebe nun so weit und mir so nahe gekommen /daß man bereits von der hochzeit bei hof redte / und würde dieselbe / wan nicht der K \nigin Harsia / der gemalin des Italus / todsfall wåre darzwischen gekommen / angesetzet worden seyn. Weil ich aber / nach endung dieser traur / dasjenige wieder befahren muste / was hierdurch mir zum bästen nur war verschoben worden / als warfe ich meine zuflucht auf den abwesenden Cimber / und berichtete ihn von meinem zustand / mit bitte / eiligst zu kommen und mich nach Asien ůberzuholen. Einen treuen Celten / der ehmals dem Cimber gedienet / färtigte ich damit zu wasser ab / weil die stadt Veij / da Italus Kitim hof hielte / am mecre liget: und versprache mir dieser / innerhalb vier oder längst fůnf monden / gewiß wieder bei mir in Kitim zu seyn. Wie fleißig zehlte ich doch damals alle tage und stunden / ehe diese zeit der fůnf monden zum [307] ende liefe. Aber / an nichtes weniger / als an das / so mir vorstunde / gedenkend / bekame ich endlich einen brief von dem Cimber / dessen inhalt meinem gedächtnis viel zu tief eingepräget / als daß ich selbigen nicht von wort zu wort solte herzusagen wissen / massen er also gelautet

Schreiben des Cimbers an die Hermione.

Wan dieses einiger massen mein verbrechen könte geringer machen / daß ich die größe desselben zur gnüge erkenne / und mich für den allerleichtsinnigsten und strafbarsten von der ganzen welt achte / so wolte ich küner / als wie nun geschihet / diese zeilen an diejenige lassen abgehen / die mir mehr gnade und güte erwiesen / als einiger sterblicher würdig seyn können. Ja / schöne Hermione! eure beståndige treue liebe erforderte billig viel ein anders / als daß ich euch gestehen muß / daß mein grausames geschicke mich treibet / euch zu verlassen: da alhier in Asien / die ůberjrdische ja göttliche sch \nheit der Assyrischen und Ninivitischen Erbprinzesisin Delbois / mir so grausame fåsseln angeleget / daß ich überwunden /widerwillens deren slaven mich nennen / und einig und allein sie anzubeten / mich beqwemen můßen. Gedenket aber nicht / Prinzessin! euch dieser wegen an mir zu råchen: massen der Himmel euch bereits vollkömlich gerochen / indemich armseliger sonder einige hofnung lieben / und keine änderung / als den tod / in meiner ausstehenden marter zu gewarten habe. Lebet demnach wol / mit dem glückseligen [308] Prinzen Morges / den euch der himmel gibet! weil der / und nicht ich / dazu bestimmet ist / der würdigen Hermione eine kron aufzusetzen. Und wofern ihr den armen Cimber nicht beklagen wollet / so gläubet doch zum wenigsten vonihme / daß er dessen mehr / als einiger sterblicher / bedürftig ist / und daß der erdboden nie einen menschen getragen / an dem das grausame verhängnis mehr wut erwiesen / als an dem ungetreuen.

Cimber.


Ist es müchlig / (fiele die sch \ne K \nigin von Syrien Hermione alhier in das wort) daß Cimber an der K \nigin von Kitim solche leichtsinnigkeit verůben k \nnen? Eben diesen namen (sagte die betrübte Hermione) gab ich ihm damals: nun ich aber diese sch \nheit gesehen / die meines Cimbers unbeståndigkeit verusachet / verdenke ich ihn darům nicht mehr /sondern erkenne wol / daß er zu schwach gewesen /diesen kräftigen wunderstralen zu widerstehen. Er hat auch seine untreu gnugsam gebüßet / wie ich ferner berichten werde. Die andern baten die Königin von Syrien / in gedult zu stehen / bis die K \nigin Hermione ihre erzehlung hätte zu ende gebracht: weswegen sie auf diese lobreden der schönen auslånderin nichtes antwortete / sondern ihrer erzehlung ferner zu zuhören sich bequemte.

Ich ward einem steinernen bilde gleich / (fuhre die Hermione fort in ihrer geschichte /) wie ich dieses schreiben abgelesen und konte erstlich nicht glåuben /daß meine augen recht gesehen hätten: weswegen ich diese grausame zeilen zum öftern durchlase. Als ich nun allemal einerlei gefunden / ergabe ich mich endlich dem [309] schrecken und der entfindlichsten betrübnis dermassen / daß mein schwacher leib solches nicht auszustehen vermochte / und ich daher mit einer t \dlichen krankheit befiele: da ich mir erstlich die hofnung machte / meiner marter bald abzukommen / aber durch die erfolgende wiedergenesung innen wurde /wie daß der himmel meinem leiden noch kein ziel gestecket håtte. In diesem meinen zustand vermochte ich niemanden mein anligen zuvertrauen / als dem nach Asien abgeschickten Celten / mit dem ich mich hiervon \fters unterredte: der mir dan ausfürlich erzehlte /wie er den Cimber in Basan befunden / wie der zu einem schemen sich abgråmte / nachdem er diese neue liebe in sich herschen lassen / und wie er / als er / das bild der schönsten Delbois / zu Ninive auf einem ritterspiel gewonnen / nichts anders tåte noch fürnåme /als selbiges zubetrachten / und dabei zu beweinen /daß es ihn zwunge / mir unbeståndig zu werden. Ich muß gestehen daß / bei solcher bewandnis / ich den Cimber mehr beklagte / als anfeindete.

Nun aber sein andenken mir aus dem sin zu bringen / ließe ich mich endlich vom König in Kitim / wie auch von dem Camboblascon meinem bruder / und von der Prinzessin Electra / überreden / des Prinzen Morges liebe anzunemen / und ward also unser beilager / neben des Camboblascons und der Electra ihrem / auf einen tag angesetzet. Sicorus / der diese glückseligkeit seines brudern nicht ansehen kunte / zoge betrůbt hinweg / und verschaffete der König sein herrvatter / üm seine traurigkeit zu stillen / das er nach Celtiberien gehen muste / alda die kron aufzusetzen /die / durch seiner mutter bruders tod / dem Italus Kitim heimgefallen ware. Sobald er abgereiset / ward / mit frolocken des ganzen landes / meines bruders und meine hochzeit angestellet: worbei [310] ein jeder sich fr \lich erzeigte / auser mir und der getreuen Mesahab; wiewol unser anligen nicht einerlei ursach hatte / weil ihr der Nebajoth / mir aber der Cimber gedanken schwebte. Nach volzogener heurat / zwange ich mich nun sehr / des Cimbers zu vergessen / und gewehnte mich / den Prinzen Morges zu lieben: daher ich ein weit ruhiger leben / als vor dem / fürete.

Ich verharrte in solchem stilstande meines unglücks / bis der tod uns den König Italus Kitim hinweg name: welcher alles in Kitim ůber einen haufen warfe / und aus freunden feinde machend / die gepflogne vertreulichkeit unter seinen kindern aufhebte / und einen ieden / sein eigen båstes in acht zu nemen / aufmanete. Morges sezte nun die kron auf / und überließe meinem bruder den andern teil von der Janigener lande / der ihm / vermög des Italus Kitim lezten willens / zukommen kunte. Dieser aber / hiemit unvergnügt / fassete in seine gedanken / wie daß er /als des Blascons sohn / rechtmäßiger erbe von dem ganzen lande der Janigener wäre: daher er / gegen seinem schwager sich aufzulehnen / sich nicht entsahe. Also muste ich das unglück erleben / daß mein bruder und mein gemal wider einander krieg fůreten / und zwar so häftig und blutig / daß die ganze abendwelt davon zu sagen bekommen. Wir erlangten / unter andern / auch aus Celten hůlfev \lker / von dem damals-berümten dapfern Assur: welcher / nur mit etlich hunderten / wunderdinge in Kitim verrichtete. Doch dieses verwehrete nicht / daß nicht Camboblascon endlich wåre meister geblieben: nachdem der unglückselige König Morges / zugleich von ungedult und grosmut / lieber sein leben als seine kron zu verlieren / angetrieben / alles auf das äuserste wagte / und darüber tödlich verwundet / in meinen armen [311] den geist aufgeben muste. Sein tod brachte das ganze land unter meinen bruder / und sahe ich mein geschechte siegen /mit verlust meines ehgemals: welche ehre mir daher sehr teuer ankame / weil sie mich so was großes gekostet. Ich muste nun / mit tausend verdrüßen / unter eines bruders gebot leben / welcher / meine rachgier befahrend / mich ståts mit genauer aufsicht bewachen ließe. In der Electra geselschaft fande ich damals meinen einigen trost / und erkante / auf zureden der Mesahab / nun allererst / daß darům das unglück mich also verfolgte / weil ich meiner fraumutter leztem willen ungehorsam gewesen / und des Nebajoth liebe nicht angenommen hatte.

Die betrübte Roma kame / ům selbige zeit / zu uns in Kitim: von deren verändertem zustand ich zuvor mit wenigen reden muß / ehs ich weiter fortfahre. Diese hatte / in ihrem eheleben mit dem Tuscus Sicanus / keine fröliche stunde genossen: da sie immer ihren Jethur beklaget / er aber unaufhörlich den verlust seiner liebsten Hercinde beweinet / und sich also dem gram ergeben / daß endlich gar eine solche schwachheit des leibes und des gemütes dazu geschlagen / die dem Lucus / seinen herrvattern / aus bekůmmernis hierüber / und nachgehends ihm selber das leben gekürzet / als er eine kleine zeit den tron der Aborigener besessen / und sich K \nig gesehen hatte. Valentia / seine fraumutter / ům sein niedergeschlagenes gemüte mit einigem trost aufzurichten / hatte sich einer erfindung bedienet / und ihren sohn / in wärender dieser krankheit / beredet / wie daß er / als der Hercinde bruder / diese Prinzessin niemals hätte überkommen k \nnen: weil sie ihm nun nicht ferner bergen wolte / daß er / nicht ihr und des verstorbenen Lucus rechtes kind / sondern nur ihr angenommener sohn wäre / [312] massen er den König Marsius in Basan zum vatter / und die Arovinda zur mutter gehabt / die ihn ihrer pflege und aufsicht anbefohlen / und geschehen lassen / daß sie / ihn vor dem wütenden Bojus zu verbergen / ihn für ihren sohn ausgeben dörfen; welches dan sehr scheinbarlich lautete / weil ein ieder / der den jungen Marsius in Basan gesehen / zwischem deme und diesem K \nig der Aborigener / eine große gleichheit zu seyn bestätigte. Diese vorsichtige mutter brachte zwar hierdurch zuwege / daß Tuscus Sicanus etwas ruhiger wurde; sie vermochte aber seinen tod nicht mehr zu hintern / weil die krankheit allzu tiefe wurzeln bei ihm gesenket: und starbe er damit / als der Hercinde eingebildter bruder / die er / zeit seines ledens / mit so ungemeiner liebe verehret hatte.

Die K \nigin Roma / hierdurch in den witwenstand gesetzet / ůberließe der betrůbten Valentia die regierung des Königreichs / und kame in Kitim / wie ich erwehnet. Es diente uns zu merklichem troste / daß wir einander wieder zu sehen bekamen / und unser elend miteinander überlegen kunten. Jethur und Cimber hatten / bei unseren unterredungen / das meiste anteil. Weil Roma damals noch nicht wuste / wie Jethur sie üm die Hercinde vertrauschet / als hoffete sie noch immer / daß dieser treue liebhaber sich bei ihr einfinden wůrde. Ich aber konte vom Cimber nichts solches vermuten / weil dessen änderung mir mehr als zu wol bekant war: und bejammerte ich wol herzlich dieses edlen Fürsten elenden zustand / der auf so er bärmliche weise sein leben hinbringen muste.

Es wolte uns aber das unglück / auch in dieser einsamen ruhe / nicht länger lassen / sondern erweckte den König von Celtiberien / den Sicorus: welcher sich rüstete / [313] meinen bruder mit einer kriegsmacht zu überziehen / und des Morges tod zu rächen. Der Camboblascon / solche unruhe von seinem land abzuwenden / und nicht gehalten zu seyn / wider alle brüder seiner Electra zu kriegen / ließe mich dem Sicorus zur gemalin anbieten / und begehrte frieden. Sicorus name solches mit beiden händen an / und erwiese dadurch /daß sein zweck / nicht so sehr die rache seines bruders / als die erlangung seiner witwe / gewesen ware. Wie sehr ich hierüber erschrocken / als Comboblascon mir dieses anbrachte / ist leicht zu ermessen. Weil es schon eine geschlossene sache war / bei der meine einwilligung oder verweigerung nichtes mehr fördern oder hintern kunte / ersonne ich ein anders mittel /dieser zwang-heurat zu entgehen / und fassete den schluß / weil ich in ganz Celten keine sicherheit für mich sahe / nach Asien zu dem K \nig Marsius zu entfliehen: wozu die Mesahab mir häftig riete / weil sie hoffete / durch diß mittel mich noch dermaleins an den Nebajoth zu bringen. Roma wolte auf dieser reise mich nicht verlassen / weil sie nun ihr geschicke unabgesondert von dem meinigen zu haben begehrte. Weil eben damals des Königs von Creta gesandter /der Adonias / bei uns ware / erbaten wir denselben /daß er / uns auf schiffen nach Creta heimlich mit ůberzufüren / bewilligte. Dieses ginge nun glůcklich von statten / daß mein bruder nichtes davon innen wurde. Als wir Creta erreichet / da uns der K \nig alle höflichkeit erwiesen / gingen wir weiter nach Tyro: da wir unterwegs eine begebenheit hatten / die uns unseres gew \nlichen unglůcks erinnerte / das uns aller orten zu verfolgen / niemals ermůden wolte.

Es wird niemand in der gesellschaft seyn / (sagte die Köngin von Syrien) der nicht wissen solte / was dem Adonias und dem K \nig Sicorus damals begegnet / [314] als sie miteinander / unfern von Tyro / in das meer gefallen / und wie diesem Adonias / der der K \nigin von Salem hierzugegen einiger sohn ist / eine unvermutete begebenheit das leben gerettet: demnach verlangen wir allein zu vernemen / wie es ihnen nachgehends ergangen seie. Hermione wandte sich / auf diesen bericht / zu der Eucilinde / und bezeugte derselben mit vielen h \flichen worten ihre vergnügung / die mutter ihres so grosmůtigen und dapfren beschůtzers zu sehen / und vollfůrte darauf ihre erzehlung / wie folget.

Nachdem wir den dapfem Adonias solcher massen verloren / und uns von des Sicorus soldaten los gerissen hatten / änderten wir unsere erste meinung / und wandten uns nach Joppen: da wir zu land stiegen /und unsere herberge bei einem Celischen kaufman /einem verswandten des jenigen / der mir ehmals des Cimbers schreiben ůberbracht / und nun diese reise mit uns überkommen hatte. Ehe wir nun diesen ort wieder verließen / wolten wir zuvor von unserer schweren reise recht ausruhen. Weil wir in eine ganz andere und wärmere luft gekommen / als verursachte solches in uns keine geringe ånderung: also daß wir gehalten waren / etliche monden daselbst zu verbleiben. Mitlerweile sandten wir unsren Celten aus / den eigentlichen zustand in Basan zu erkundigen / und machten alle unsere mitgebrachte kleinodien zu gelde / üm davon in der fr \mde zu zehren. Von unsrem wirte erfuhren wir nun alles / was sich in Canaan bisher begaben: wie es der Ahalibama von Seir mit dem Beor ergangen / wie die Orosmada von Sidon / durch den König von Jarmuth / aus Tiro entfüret / und bei uns in Joppen durch den Adonias wieder befreyet worden / auch wie es sonst in den benachbarten låndern zustunde.

[315] Es fügte sich aber / daß der K \nig von Jarmuth /wie auch der Prinz Jethur von Hevila / und der von Gibeon / die eine zeitlang zu Tyro gewesen / nach Joppen ankamen / und in unsere herberge einkehrten: wodurch die Roma in eine angeneme bestürzung geriete / ihren ehmaligen geliebten Prinzen nun so nahe wissend. Weil wir ganz heimlich oben im hause woneten / als wurden diese ankommende fr \mde unser nicht gewar: wir aber / weil ihr gemach / da sie essen solten / recht unter unserem zimmer war / machten verborgene löcher in den boden / dadurch wir sie kunten speisen sehen. Der Prinz Jethur ware so verändert und abgegråmet / daß seine åuserliche gestalt sein innerliches leiden gnugsam an den tag gabe: und deutete die Roma solches alles auf sich / daß nämlich der verlust ihrer person ihn dergestalt abgemärgelt håtte. Weil sie nun verlangte / sich ihm zu zeigen / als beredte sie mich / daß wir / den abend nach ankunft dieser frömden / als wir den Jethur und den Prinzen von Gibeon im garten / der hinten am hause war / spaziren sahen / auch dahin gingen / und uns hinter einer hütten verbergend / in welche sie sich gesezt hatten /alles ihre gespräche vernemen kunten.

Wie teuer bezahlte aber die gute Roma diesen ihren fürwitz / als sie mit der gr \sten bestůrzung anhören muste / daß Jethur / den sie ihr so getreu zu seyn erachtet / dem Prinzen von Gibeon nach der långe erzehlte / wie er in Celten die sch \ne Hercinde lieb gewonnen / wie er ihr tausend dienste erzeiget / und mit unbeschreiblicher unbarmherzigkeit von ihr wåre abgewiesen worden: welches allhier umständlich zu wiederholen / viel zeit erfordern würde / wiewol es vermutlich allhier schon bekant seyn mag. Er beschlosse seine rede mit den worten / wie er noch der fåsten hofnung lebte / an dieser grausamen [316] sich dermaleins gerochen / und den fluch ihr auf dem hals ligen zu sehen / den er ihr beim abschied hinterlassen / daß sie nämlich die kraft der liebe / für ihre ietzige unentfindlichkeit / volkömlich fülen möchte. Ich brachte hierauf diese K \nigin / weil ihrer person nicht mehr erwehnt wurde / mehr todt als lebendig / wieder in unser zimmer: und ist kein so jåmmerliches wesen zu ersinnen /das man deme / welches sie gefüret / hätte vergleichen k \nnen. Weil ich / aus meinem eignen beispiel / ihr leiden wol erkante / kunte ich ihr mit nichtes / als mit meinem mitleiden / tröstlich seyn. Sie ergabe sich dergestalt dem kummer / daß sie gefärlich lågerhaft wurde: inzwischen der abtrünnige Jethur / von dem sie nichtes mehr h \ren noch wissen wolte / mit seiner gesellschaft wieder abreisete / und nicht erfure / daß wir ihm so nahe gewesen waren.

Nach ihrem abzug / stellte sich unser ausgesandter Celte auch wieder ein: welcher berichtete / daß der junge König Marsius / nach seines vattern tode / in Basan regirte / und daß alles daselbst in guter ruhe wåre. Von dem Cimber sagte er mir / auf mein befragen / wie daß der himmel mich an dessen unbeständigkeit gerochen håtte / indem er nicht mehr unter den lebendigen wäre. Diese unvermutete zeitung sezte mich so aus mir selber / daß ich alle sinnen verlierend / onmåchtig der Roma in die arme sanke / und damit zu tag legte / daß ich den Cimber annoch mehr liebte /als ich selbst vermeinet hatte. Nachdem man mich wieder zu recht gebracht / beklagte ich diesen Prinzen nicht anderst / als wan er niemals einige untreu mir erwiesen hätte. Ich wolte nun ausfůrlich die umstände von seinem tode wissen: da der Celte / des Cimbers vertrauten waffentråger / den er mit sich gebracht /mir vorstellete. Dieser [317] erzehlte mir / wie der edle Cimber / neben dem Tubal / in dem lezten kriege der Teutschen wider die Assyrier / in einer schlacht geblieben wäre: da er aber noch so viel kråfte gehabt /dem K \nig Marsius das fůr ihn und mich unglückliche bildnis der sch \nsten Delbois zu überreichen /und den zum besitzer dieses edlen schatzes zu machen. Hierauf hätte er sich zu ihme / als seinem waffenträger / gewendet / und ihm anbefohlen / mir in Kitim seinen tod zu verkündigen / und mich zu versichern / daß keine menschliche gewalt / sondern eine gottheit ihn von mir abgezogen / und daß ich deswegen üm so viel eher sein verbrechen ihme vergeben /und diese ruhe in seinem tode ihm verg \nnen möchte / daß er von mir beklaget / nicht aber gehasset /wůrde. Ich wil alles thun / (sagte ich hierauf) was Cimber von mir begehrt hat / und seine gedåchtnis verehren / weil ich lebe.

Hiermit ließe ich den waffenträger wieder von mir /und berieten die Roma und ich uns miteinander / was fůr eine lebensart wir erkiesen wolten / und ob / nach Basan / oder wieder zurück nach Kitim zu gehen / fůr uns zutråglicher seyn m \chte. Wir konten aber keines von diesen beiden erwehlen: weil so wol der Roma als mir unerträglich fiele / uns in Basan sehen zu lassen /da der Heecinde bruder / und des Cimbers blutsfreunde woneten; weil auch in Kitim meine alte plage mit dem Sicorus wieder angehen würde / wan der etwan sein leben / gleichwie der Adoniasaus / dem meer errettet håtte. Demnach fasseten wir endlich den schluß / uns nach Salcha im land Basan zu wenden / und zwar in den tempel der Brachmannen uns zu begeben / wovon uns die Mesahab vordessen so viel fürgesagt hatte. Diese riete nun måchtig mit ein / in der hofnung / weil Salcha an den Arabischen grånzen liget / von dem Nebajoth desto [318] eher etwas zu erfahren / und zwischen uns beiden / nach unserer můtter willen / noch eine heurat zu stiften. Also macheten wir uns auf / reiseten und kamen nach Salcha / da man uns in dem tempel wol aufname / und viel güte erwiese: und erfuhren wir daselbst alles / was zwischen dem Nebajoth / dem Prinzen Eridanus und gegenwårtiger Prinzessin Delbora / sich zugetragen hatte: welches dan der Mesahab hofnung nicht verminderte / da sie nun die Delbora an den Eridanus verehlicht wuste / und also des Nebajoth gedanken-änderung vermuten dorfte.

Es wolte uns aber auch in diesem tempel das unglück nicht in ruhe lassen / und muste es sich fůgen /daß der K \nig Sicorus / den die seinigen aus dem wasser errettet / uns solang nachforschte / bis er endlich erfuhre / wo wir uns aushielten. Die schuldige ehrerbietung gegen diesem heiligen ort / der uns zur sicherheit diente / und gegen uns als weibs personen /kunte diesen tollsinnigen K \nig nicht abhalten / daß er nicht seinen begierden geh \r gegehen / und einen anschlag auf uns gemacht hätte / uns zu entfůren. Wie unbillig nun dieses vorhaben war / so schwer fiele ihm auch / dasselbe ins werk zu richten. Er wendete viel zeit und gelt daran / bis er es so weit brachte /daß er etliche von den Brachmannen auf seine seite gewonne / und durch deren hülfe / in ihre tracht verkleidet / in den tempel kame. Wie er nun daselbst alle gelenheit abgesehen / und wargenommen / daß mein und seiner schwester zimmer nahe an der mauer gelegen war / liese er / drausen an der mauer / alle zu seinem vorhaben dienliche bereitschaft zusammen bringen. Wie nun die nacht angekommen / stiege und brache er / neben den Brachmannen / die ům seinen anschlag wusten / deren einer des obersten priesters naher blutsfreund [319] war / zu uns in die kammer / und mich in meinen nachtkleidern ergreifend / wolte er mit mir fortwandern. Der schrecken hatte mich aber so sinnlos nicht gemacht / daß ich mich nicht zur gegenwehr gefasset håtte. Ich ergriffe ein messer / daß aus sonderbarer schichung mir in die hånde geriete / und gienge damit auf den mir unbekanten Sicorus los: der / meiner wut weichend / seiner schwester in die hände geriete / welche eben also / wie ich / ihre ehre und freiheit zu verteidigen / ihme mit gleichen gewehr begegnete / und ihm etliche t \dliche wunden anbrachte /mitlerweile ich den vetter des Oberpriesters todt zur erden fårtigte.

Wie nun dieser handel ein großes geschrei verursachte / und die andere mitgekommene / mehr nach dem verwundten Sicorus und todten Brachmanne / als nach uns / sich ümsahen / erlangten wir inzwischen luft zu entrinnen / und eilten / was wir konten / nach den andern junfrauen / denen wir unsere begegnis erzehlten. Hierauf wurde alles im tempel wach / und wie der Oberpriester dazukame / und seinen vettern tod fande / bekümmerte er sich nicht so sehr ům dessen mishandlung / als wie er an den tåterinnen rache ůben m \chte. Demnach befahle er / an stat er des Sicorus leute hätte sollen verfolgen lassen / daß man die Roma und mich in haft nemen solte / damit wir / als m \rderinnen / k \nten abgestraffet werden. Also sahen wir uns nun von denen gefangen / die uns billig schůtzen solten / und erfuhren am folgenden morgen /mit nicht geringer bestůrzung / daß mein schwager und der Roma bruder dieses spiel angefangen / und daß dieser K \nig / auf den tod verwundet / seine schwester verlangte zu sehen. Die natürliche liebe zu einem bruder / und die zu mir tragende große freundschaft / stritten anfangs in der Roma / ob [320] [322]sie diese bitte dem Sicorus gewåren solte. Wie ich aber sie selbst darüm bate / und der Oberpriesteresge es geschehen ließe / daß man die Roma aus unsrem gefängnis zu ihm fürete / fande sie diesen ihren bruder / den sie selber also verwundet / in solcher beschaffenheit /daß er nicht fåhig war / ihre fürrückungen anzuhören. Die ursach / warüm er sie zu sprechen begehret / war seine reue / daß er die liebe sich also hatte sündigen gemacht: weswegen er sie dan ům vergebung bitten ließe / mit der versicherung / wiedaß er gern sterben wolte / wann er nur zuvor meiner gnade versichert seyn k \nte.

Das erbarmen triebe hiermit die Roma / mir dieses zu hinterbringen / und mich zu bitten / daß ich ihn besuchen wolte: welches ich ihr dan / mit des Oberpriesters erlaubnis / zu willen tåte / und also diesen unglůcklichen verliebten / mit der zufriedenheit / daß er mit mir ausges \net / und mein mitleiden aus vergießung meiner zären erkant hatte / in der Roma armen sterben sahe. Diese betrůbte schwester wolte sich über so einem erbärmlichen tod ihres bruders nicht zu frieden geben / und wachete alle ihre schwesterliche liebe wieder in ihr auf / mit der sie vor diesem ihme sonderlich war zugethan gewesen: daher sie / alles leides / so er nachgehends uns zugefůgt / vergessend /sehr klåglich sich gebårdete / und eine m \rderin ihres einigen bruders sich nennend / viel erbärmliche klagworte gegen den himmel ausschůttete; welches dan auch mich nicht wenig ängstete / da ům meinet willen dieses unglůck sich zutragen můßen.

Wir kamen hierauf wieder in unser gefångnis / und ließe so fort der ungerechte Oberpriester unsere sache durch ja so ungerechte richter / als wie er selber war /vornemen: von denen wurden wir nun einhällig zum feuer verdammet / weil wir hand an die heilige [322] Brachmannen geleget / und uns mit deren blut belchmitzen d \rfen. Wie nun dieser handel vieles reden hin und wieder verursachte / als gelangte es auch für die ohren des statthalters in Basan / des Trebetes / der in abwesenheit des Königs das reich regirte: der kame nun mit seiner hohen hand dazu / und wehrete den tollen Brachmannen / daß sie ihre unsinnigkeit gegen uns nicht auslassen dorften. Weil er von des todten Sicorus hinterbliebenen leuten erfuhre / wer wir waren /name er sich unser / als ein landsman / ům so viel eifriger an / und sezte zurück die alte feindschaft / die ehmals in Celten zwischen unsern eltern gewesen. Er kame auch selber zu uns nach Salcha / da die ganze stadt / wider uns als m \rderinnen ihrer Brachmannen /erhizt war: und hatte er viel zu thun / uns aus den händen dieser tollen leute zu erretten.

Wiewol uns unsere wieder-erlangte freiheit lieb war / so sahen wir doch ungern / daß Trebetes / und folgbar der hof zu Basan / uns kennen solte. Doch musten wir ihm nach Basan folgen / und durften dessen begehren nicht widersprechen / der uns unser leben erhalten hatte. Weil / wie gesagt / der König nicht zugegen war / als diente uns solches zum vorteil / nicht von vielen leuten gesehen zu werden. Wir kamen daselbst in kentnis mit dem Jokes / der ein vertrauter des Cimbers gewesen / und mich darüm liebte / weil er mein gemüte gegen seinem verstorbenen freund erkante. Dieser nun erzehlte mir alle ůmstände / von meines Cimbers leben und tode; und unser beider verlangen erkennend / in der einsamkeit zu leben /war er uns behülflich / daß wir / ohne des Trebetes wissen / aus Basan hinweg kamen. Wir hinterließen aber / ům nicht undankbare gåste zu heisen / ein schreiben / darinn wir ihme [323] mit wenigem unsern zustand und die ursachen zu erkennen gaben / die uns nötigten / alle große gesellschaft / so viel můglich / zu fliehen / und unbekant in einsamer stille unser leben forthin zuzubringen. Wir kamen hierauf / mit dem Jokes / hieher in Syrien / da er uns diese höle zeigte /die vor deme / zu des K \nigs Aramenes von Syrien zeiten / als der von den Assyriern gedrückt und verfolgt wurde / durch einen Syrischen herrn / (dessen töchter eine mit dem Jokes verehlicht war / daher er auch bässer / als sonst iemand / üm diese gelegenheit wuste /) also zubereitet worden: der darin / samt seinem weib und kindern / etliche jare sich verborgen aufgehalten / und von seinen landgütern / welche nahe bei Aroer gelegen / ihme die lebensmittel herbei verschaffen lassen.

Roma und ich / håtten keinen ort in der welt zu unsrem vorhaben tüchtiger finden können / als diesen: daher wir den schluß fasseten / unsere übrige lebenszeit allhier zuzubringen / auch den Cimber / Jethur wie auch den Morges / Tuscus Sicanus und Sicorus /zubeweinen / und uns für ferneren unglücks-anfällen zuverwahren. Des Jokes schwager / der Nebod / welcher unweit von hier ein landgut hat / wurde zum mitwisser dieser unserer entschließung erkieset: der dan etlich wenigen von seinen untertanen solches entdeckte / die uns / die ganze zeit ůber / seit daß wir hier gewesen / mit lebens-mitteln versorgen můßen. Ich kan wol sagen / daß unser lebenlang wir solche ruhe und vergnügung nicht genossen / wie uns dieser ort widerfahren lassen. Wir můssen aber befahren / nun wir so unversehens hier gefunden worden / daß der himmel wieder ein neues unglück über uns beschlossen habe.

Die Prinzessin Delbora war die erste / die vor wenig wochen aus der welt zu uns käme. Und ob wol[324] deren liebe gegenwart uns sehr angenem ist / wir auch unsere wonung ihr gern mitgeteilet haben / so můßen wir doch nun gestehen / daß sie uns unruhe verursachet: dan / aus vermutung ihres hier-seyns und aus begierde / die Delbora zu suchen / hat diese durchleuchtige gesellschaft / fast wunderbarer weise / diesen sonst fůr aller welt verborgenen ort finden můßen. Nicht sage ich solches / als wan uns zuwider wåre /die teure kentnis so hochfürtrefflicher personen / die ich alleine noch vor meinen sterben mir gewůnschet /und die anschauung der wunderschönheit / die meinen Cimber unbeständig gemacht / erlanget zu haben: sondern ich befahre nur / es werde / nun unser geheimer aufenthalt kund worden ist / das unglück uns allhier wieder zu finden wissen. Mich tröstet aber hingegen dieses / daß ich hoffen darf / die gütige K \niginnen und Prinzessinnen / so uns allhier gefunden / werden uns diese barmherzigkeit widerfahren lassen / und verhůten / was sie allhier vernommen und gesehen haben: damit Roma und ich vor neuen unglůcks-st \ßen sicher zu wonen / in desto gewißerer hoffnung verharren k \nnen.


* * *


Also endete die sch \ne Hermione ihre erzehlung /und war niemand in der gesellschaft / der nicht dieser beiden K \niginnen zustand von herzen bejammert hätte. Ich versichere die K \niginnen von Kitim / im namen aller anwesenden / (sagte die sch \ne Königin von Syrien zu ihnen) daß keine von uns iemals werde gesinnet seyn / ihre ruhe fürsezlich zu zerstören: und wolte ich selber die eifrigste mit seyn / ihr ferneres geheimes hierbleiben zu bef \rdern / wan ich befände /daß solches ihnen die länge widerfahren k \nte. Nun aber wissen alle [325] meine leute / die ich mit mir gebracht / und die noch drausen in den andren wonungen dieses felsens sich befinden / daß allhier etliche damen wohnen: daher ich keine versicherung geben kan / daß bei itzigem kriege ratsam seyn werde / länger also allein zu verbleiben. Der weg ist nun einmal ge \ffnet /und kan man durch das mittel / dessen wir uns bedienet / nun täglich zu ihnen herůber kommen. Ich wil demnach iezt der ursachen nicht erwehnen / ob meine beide K \niginnen befugt seien / diese lebens-art zu fůren / sondern nur die unmüglichkeit einwenden /daß sie sonder große gefahr nicht länger werden allhier bleiden können. Wåre nicht Syrien iezt (sagte C \lidiane) in vollem krieg / so wolte ich eher hierzu als davon ab-raten / daß man diese ruhige wonung nicht verlassen solte / und würde ich für meine person keinen bässern ort zu ersinen wissen / mein leben hinzubringen / als eben diesen. Wir haben einerlei gedanken / werteste C \lidiane! (antwortete ihr ingeheim die K \nigin von Syrien) ich weiß aber nicht / ob wir dem ungetreuen Abimelech auch ein solches ehrengedåchtnis / wie hier dem Cimber wiederfaren / aufrichten würden.

Cölidiane beantwortete dieses mit etlichen seufzern / und tratten hierauf Delbora und Danede zu der noch wankenden Hermione und Roma / sie zu bereden: die endlich selber befanden / daß fůr sie nichts båssers seyn wůrde / als sich in die zeit zu schicken / und diesen aufenthalt zu verlassen. Wie sie demnach ihre entschließung kund gemacht / sagte Delbora: Ich werde nun ům soviel lieber diesen ort verlassen / da meine beide wirtinnen mit von hinnen wollen; und wünsche ich von herzen / daß / gleichwie die ankunft dieser durchleuchtigen gesellschaft mir so unverhoft meine ruhe gebracht / selbige [326] auch / der Königin Hermione und Roma unglůcksstern zu verändern / der eingang seyn m \ge. Sie wissen beiderseits / was zu verschiedenen malen meine tröstungen gewesen / und daß Nebajoth und Jethur ihnen beiden wol wieder die ruhe verschaffen k \nnen. Diese worte machten so wol sie selbst / als die beide Königinnen erröten: und weil alle die andren wusten / wie häftig die liebe der Delbora zu dem Nebajoth ehmals gewesen / bewunderten sie ům so viel mehr ihre hohe tugend / die dergestalt sie meisterin ihrer selbst verbleiben gemacht.

Sollen wir dan nicht auch wissen / (sagte die Königin von Salem zu dieser Prinzessin) wie die sch \ne Delbora aus Cus an diesen ort geraten sei / der ja fast aller menschlichen gesellschaft bisher verborgen geblieben. Dieses kan ich mit wenig worten verrichten: (gabe die angeneme Delbora zur antwort) dan weil ihnen allen bereits kündig ist / was den zweifelmut in mir erwecket / und mich bewogen / aus Cus hinweg zu reisen / als habe ich anders nichtes hinzuzuthun /als zu berichten / wie ich es anschluge / daß ich entkommen und hieher gelanget. Ich vertraute mich einem von meinen getreuen kämmerlingen / der noch aus Meden mit mir gekommen war: welcher / bei nåchtlicher weile / mich samt etlichen meinen dirnen und dienern / aus Thauba hinweg brachte. Ich ware gänzlich gesonnen / so einen verborgenen ort in der welt zu suchen / da kein mensch / am wenigsten der Eridanus / nachricht von mir erhalten solte. Mein angenommener glaube verwehrte mir / selber hand an mich zu legen: sonst hätte der häftige schmerze / da ich das liebste in der welt / nämlich meine ehre / angetastet fande / mich zu selbst-mördlichen gedanken getrieben. Ich erkiesete / zu meinem aufenthalt / [327] eben den tempel in Salcha / da es der Hermione und Roma so widerlich ergangen ist. Weil ich aber darinn / verm \g ihrer neuaufgerichteten ordnung / anderer gestalt nicht konte gedultet werden / als wan ich den heiligen orden der jungfrauen annäme / und der gottheit / die sie daselbst verehren / mich mit einen eid verpflichtete / solches aber mein stand und gewissen mir nicht zuließe / als muste ich weiter fort wandern / und konte daselbst nicht erlangen / was ich gesuchet. Ich fassete endlich den schluß / nach Armenien zu meiner fraumutter freundschaft zu reisen.

Als ich aber unterwegs / durch Syrien gehend / unweit von hier / von einem starken haufen kriegsvolk verfolger wurde / verandassete mich die noht / in diesen felsen mich zu verbergen / bis sie fůrbei seyn wůrden. Ich bliebe die ganze nacht / mit meinen leuten / voll t \dlicher furcht / in diesen hölen / hatte auch folgenden tags den muht nicht / mich hervor zu machen / sondern schickte etliche der meinen aus auf die wege / üm kundschaft / ob sicherheit da wäre / fůrter zu reisen. Diese stießen auf einen hirten / welcher getränke in einem krug / auch dabei etliche brode unter den armen truge. Weil sie mich nun sehr heilig wusten / boten sie diesem menschen an / das / so er bei sich hatte / ihnen für geld zu überlassen: der aber dessen sich weigerte / und wie er sahe / daß man ihn dazu zwingen wolte / in die höle entlieffe. Er verursachte damit / daß etliche meiner leute seiner spur folgten: da sie ihn dan endlich einen nicht gar großen stein abwålzen und also hinein kriechen sahen. Dieses sagten sie mir gegen abend wieder / und deuteten mir daneben an / wie das kriegsheer sich hierům gelågert håtte / und ich / bevor sie wieder aufbråchen / schwerlich würde fůrter reisen k \nnen. Also muste ich zulassen / [328] daß meine leute / mir nahrung zuverschaffen /den bemerkten eingang in die h \le \fneten / und diesen von ihnen entlaufenen hirten sucheten. Sie fanden endlich / durch sonderbare schickung des himmels /alle diese wonungen / und kamen mit den bericht zu rücke / daß sie frauenzimmer gesehen hätten. Hierdurch ward ich aufgemuntert / mich hinein zu wagen /und bin solcher gestalt mit diesen beiden K \niginnen in kundschaft geraten: die mich / aus erbarmen / willig aufgenommen / und meinen bei mir habenden mansleuten bei dem Syrischen herrn / der unweit von hier aus seinem landgut wonet / aufenthalt solang verschaffet haben. Hätte nun das gute glück die Danede nicht hiehergefüret / und mich so erwůnschte post von meinem reumůtigen Eridanus wissen lassen / solte mir wol nimmermehr ein verlangen / von hinnen zugehen / angekommen seyn: massen ich gänzlich gewillet war / mein leben allhier zu enden.

Der Himmel liebet den Prinzen Eridanus viel zu sehr / (sagte hierauf C \lidiane) als daß er ihn länger in ietziger unwissenheit hätte sollen leben lassen / und hat es demnach also geschicket / daß seiner Delbora aufenthalt kund werden müßen / damit dieser edle Prinz an seinem ängstigen nachsuchen ein ende sehen m \ge. Verüblet mir nicht / sch \ne Cölidiane! (erwehnte die Delbora) wan ich euch bis her fůr eine ursach meines unglücks mitgehalten: massen ich nicht in abrede seyn kan / daß ich euch beeifert habe. So wenig ich solches verdienet / (antwortete Cölidiane) so begierig bin ich / dafůr nun der Prinzessin von Cus gunstgewogenheit volkomlich zu erlangen. Die ist und sol euch / schönste Prinzessin (sagte Delbora) ganz eigen verbleiben. Du wirst mir aber auch meinen teil lassen: sagte Danede / [329] zugleich diese ihre geliebte schwågerin ümhalsend: die ihr hinwieder gleiche liebkosung erwiese.

Die ganze gesellschaft dieser durchleuchtigen personen beschlosse hierauf / weil es begunte abend zu werden / sich von dar nach den brunn-wonungen zu begeben. Wie sie nun aus dieser h \le hervorgingen wurden die drei fr \mde von allen den andern mit verwunderung beschauet: da dan die sch \ne K \nigin von Syrien die Hermione / die K \nigin von Ninive die Roma / und die von Salem die Delbora ander hand fürete. Die bedienten dieser dreien / vernamen mit h \chster freude den entschluß ihrer obern / sonderlich die getreue Mesahab / die hierob am meisten ihre vergnůgung blicken ließe. Es wurde die anstalt gemacht /daß die meiste dieser bedienten die nacht alda verblieben: denen der Thare eine starke wacht zu verordnete / damit sie fůr allem frevel der kriegsleute sicher bleiben möchten. Der hirte und die andere landleute / die bisher ihre narung hiervon gehabt / weineten / als sie die K \niginnen sahen hinweg scheiden: wiewol Hermione sie vertröstete / daß sie nur auf ein zeitlang diese ihre wonung verließen / und bald wieder zu kommen gesonnen wären. Sie zoge aber einen statlichen ring von finger / und schickte ihn dem Syrischen landherrn / welcher bisher ům ihre verpflegung sich angenommen hatte. Es muste auch die Mesahab /unter diese gute leute / überflüßig geld austeilen. Sie schiede aber / neben der Roma / nicht sonder tränen aus dieser höle. Nachdem sie ůber den see gefahren /und bei spatem abend zu den wonungen der andern angelanget waren / wurde ihnen alsofort ein eignes haus eingeraumet / und nichtes gesparet / nach gelegenheit des ortes sie wol und k \niglich zu bewirten.

Folgenden morgens / als die K \nigin von Syrien[330] neben der C \lidiane und Jaelinde / ihr gewönliches bad gebrauchte / kamen sie von der gestrigen begebenheit zu reden / und sagte die schöne K \nigin zu der Jaelinde: Was důnket euch / werte Prinzessin! ům unsern Cimber? wollen wir uns ferner der Hermione mitbulerinnen nennen lassen? oder ist nicht bei euch /die hochachtung für diesen Prinzen / ein wenig gefallen / nun wir solche unbeständigkeit von ihm erfahren haben? In warheit / (antwortete Jaelinde) ich muß gestehen / daß ich des Cimbers beginnen nicht zu entschuldigen weiß / wofern ihme dieses nicht zu statten kommet / daß E. Maj. unvergleichliche sch \ne ihn ůberwältigen k \nnen. Ach Jaelinde! (gabe die K \ni gin zur antwort) beschuldigt mir doch nicht meine geringe kraft / als ob sie fähig wåre / die tugend zu verbannen. So kan auch dieses den Cimber keines wegs entschuldigen / weil er sich selbst hätte überwinden sollen: welches er nachmals mehr als überflüßig in allem seinem thun erwiesen / und habe ich ihn / so lang ich ihn gekant / ganz anderst gefunden / als er von der Hermione beschrieben worden. Demnach weiß ich nicht / was ich hieraus schließen sol. Kan es auch wol ein Cimber seyn / (finge C \lidiane an zu fragen) da der Hermione ihrer in dem Assyrischen krieg geblieben / der andre aber erst neulich in Damasco ümgekommen ist? Dieser irrtum / (antwortete die Königin) daß Cimber zu zweien malen sol gestorben seyn / machet keine zwei personen aus ihme: massen wir wissen / daß ein gleichmäsiges falsches geschrei in selbiger schlacht auch den jungen Marsius tod gesaget / der doch nachgehends wieder ist lebendig worden. Vieleicht hat der Cimber mit fleis / gegen der Hermione / seinen tod aussprengen lassen / ům desto ungehinterter mich zu lieben: bis sein warhafter tod dazu gekommen / und mit ihme [331] den garaus gespielet. Solte die Hermione erfahren / (sagte C \lidiane) daß Cimber viel zu früh von ihr als todt beweinet worden / wird solches ihren kummer merklich ergrößern. Dieses vermute ich zwar nicht / (antwortete die K \nigin) bin auch entschlossen / es ihr zu sagen: massen ja billig ist / daß sie die rechte beschaffenheit von ihrem Cimber erfahre.

Diese bezeigung des Cimbers / (finge Jaelinde an) ist der Königin von Salem måchtig zu statten gekommen: massen sie daher anlaß ergriffen / mich håftiger /als jemals / zu der liebe ihres sohns zu bereden; wie ich dan deshalben / fast diese ganze nacht / keine ruhe vor ihr haben können. In warheit / (antwortete C \lidiane) Eurilinde erweiset euch viel gůte / mich zu einer sache zu bereden / die ihr von selbst erwehlen soltet. Dan bedenket doch selber / liebste schwester! ob in dieser welt euch etwas vorteilhafters / und eurem hause wolanständigers / als eben diese heurat /widerfaren k \nnen. Ich erkenne dieses sehr wol / (widerholte Jaelinde) sehe auch darneben / daß ich der wahren vernunft widerstreben würde / wan ich nicht endlich / hierzu mich zuentschliessen / den vorsatz ergriffe. Aber / wie kan ich lieben / was ich nie gesehen? und hassen / was mir / so lange zeit / mehr als lieb gewesen? Das gerüchte von beiden (sagte die K \nigin von Syrien) kan euch zum lieben und vergessen bewegen / wan ihr nämlich einerseits die weltkündige tugenden des sogenanten Adonias / und anderseits das unbeständige gemüt des Cimbers betrachtet /die euch schon lehren werden / was ihr wehlen sollet. Aus E. Maj. reden (erwiderte Jaelinde) låsset sich gnugsam spůren / daß ich mein fürnemen nicht erreichet / den armen Cimber nach seinem tode bei seiner K \nigin geliebt zu machen.

Ich gestehe / (antwortete diese sch \ne) daß ich bis[332] gestern eure mitbulerin bei dem Cimber gewesen: aber nun fůle ich in mir nicht mehr den eifer / dieses Prinzen gedächtnis also / wie zuvor / zu verehren. Es scheinet / ich solle in dieser welt nichtes mehr lieben: weil auch die todten sich verändern müssen. Ich darf auch meinen beiden vertrauten freundinnen wol sagen / daß / nächst dem ungetreuen Abimelech / ich gegen keinem in der welt die liebesneigung in mir entfunden / als eben gegen diesem Cimber: weswegen ich auch mich nicht gescheuet / seinen tod zu beweinen / und sein edles gedåchtnis einig zu verehren. Nun ich aber erfahren / wie er die Königin Hermione / die ihm ganz keine ursach dazu gegeben / blos darüm verlassen /weil er mich sch \ner als sie zu seyn vermeinet / muß ich gestehen / daß ich solche leichtsinnigkeit nicht loben kan: und wůrde dieser Prinz / wan er noch lebte / gefärlich zu lieben seyn / weil man stäts in sorgen leben müste / daß eine sch \nere seine treu vertilgen m \chte. Dannoch hat er (widerredte Jaelinde) sein verbrechen erkant / auch bis zum tode E. Maj. mit der höchsten ehrerbietung geliebet / sonder es jemals bekant zu machen / oder einige hofnung in seiner liebe zu schöpfen. Dieses beweget mich auch nicht wenig: (versezte die Königin) doch ist mein sin also beschaffen / daß / was ich lieben sol / in keinem ding einigen mangel erweisen / noch so große unvolkommenheit an sich muß blicken lassen.

Als Jaelinde hierauf wieder antworten wolte /kamen der K \nigin leibårzte dazu / die von andern dingen zu reden anlaß gaben / und die gute wirkung erkenten / die das bisherige viele bewegen bei dieser Cur gethan hatte. Daher vermaneten sie fleißig / damit fortzufaren: sonderlich weil in drei tagen diese brunn-und bad-cur sich enden solte. Sie hatten aber viel mühe / die stäts betrübte C \lidiane hierzu zu bringen: welche / wen [333] sie nicht immer zum hervorgehen wåre gezwungen worden / ihr zimmer nie wůrde verlassen haben. Sie muste nun auch diesesmal / die fürgenommene besuchung der beiden Königinnen von Celten /mit verrichten / welche sie in gesellschaft der K \nigin von Salem / wie auch der Prinzessin Delbora und Danede / antraffen: und wolten diese fr \mden nicht gestehen / ob es gleich die warheit war / das sie daselbst bäßer diese nacht / als in ihren rauhen klippen / hingebracht håtten. Es wurde / in dem zimmer der Königin Hermione / mittagmal gehalten / wornach sie såmtlich den nächstbelegenen wald / weil es daselbst sehr schatticht und kůl war / zu ihrer spazirlust erkieseten / und sich voneinander verteilten / nachdem einer jeden dieser oder jener spazirweg angenem vorkame. Die sch \ne Königin von Syrien / bliebe bei der Hermione und Roma: da sie dan der ersten / den eigentlichen tod des Prinzen Cimbers / wie der nåmlich unlångst / nach ihrer meinung / in Damasco ümgekommen erzehlte / sie zugleich ermanend / nicht ferner mit dieses Prinzen andenken sich zu quälen / weil er durch sein bezeigen solcher gnade sich unwürdig gemacht hätte. Hermione konte ihr unmüglich einbilden / daß Cimber nicht eher solte gestorben seyn /massen sie davon gar zu eigentliche und gewiße nachricht hatte. Wie sie es aber glauben muste / stellte sie ihr für / wie glůckselig sie würde gewesen seyn / wan sie in der zeit / seitdaß sie aus Kitim in Asien gekommen / ihren Cimber nur noch einmal håtte sprechen m \gen: daß dan neue trånen und neues wehklagen bei ihr verursachte.

Wie aber / durch zureden der beiden K \niginnen /die sie begleiteten / solcher brast sich ein wenig gestillet hatte / kame sie auf den Tuscus Sicanus zu reden: von deme / die K \nigin in Syrien / der Roma bericht gabe [334] wie daß sie fůr gewiß geh \ret håtte / als wan dieser Königin noch leben solte / und daß auf dem Riphatischen gebirge ein grosses heer Aborigener und Celten sich befänden. Diese zeitung erwekte zwar / bei der Königin Roma eine sonderbare freude: sie war aber dabei so kleingläubig / daß sie es nicht wol annemen kunte. Ach! (sagte sie seufzend) wan dieser edle K \nig nicht wåre in meinen armen verschieden / ja wan ich ihm nicht selber die augen zugedruckt håtte / so wolte ich glåuben / was das gerüchte von ihm aussprenget. Nun aber trüget mich leider mein gedächtnis nicht / und ist es all zu wahr / daß der edle Tuscus Sicanus nicht mehr vorhanden ist. Wan aber (versezte die K \nigin von Syrien /) der Prinz Jethur von Hevila / die K \nigin Roma eine witwe zu seyn erachtend / wieder ůmkehrte / sie zu lieben: solte als dan wol des Tuscus Sicanus leben keine unruhe verursachen? Ganz keine! (antwortete Roma) massen der Aborigener K \nig / dem Jethur alle beförderung zu thun / sich befleißen wůrde. Die K \nigin von Syrien schauete / unter diesen reden / die K \nigin der Aborigener mit grosser verwunderung an / und wuste nicht / was sie denken solte.

Endlich finge die Königin Hermione an / und sagte: Ich halte es fůr unbillig / daß man vor der K \nigin von Syrien ferner verhele / was in gestriger gesellschaf nicht dorfte entdecket werden / nämlich / daß Tuscus Sicanus und Roma niemals eheleute zusammen gewessen seyn. Wie? was verneme ich? rieffe die bestůrzte Königin von Syrien. Es ist also / wie sie saget: (tåte Roma hinzu) und trage ich keinen scheu /die wahre beschaffenheit hiervon meiner sch \nen K \nigin zu er \fnen. Wie sie nun von derselben hierům ersuchet worden / finge sie folgender gestalt an zu erzehlen.

[335] Als Tuscus Sicanus und meine eltern / uns tyrannischer weise in ein eheband zusammen nötigten / und dieser Prinz / seine geliebte Hercinde / gleichwie auch ich / meinen Jethur / vom tode zu erretten / in diesen zwang bewilligt hatten / ware unser beider eigentliche meinung nicht / einander zu ehlichen / sondern nur vor den leuten uns also zu stellen / im herzen aber unsren geliebten beståndig zu verbleiben. Unser keines wuste anfangs von dieser gleichgesonnenheit /und war ich die erste / die / nach verrichteter trauung /hier von anregung tåte: da dan er / hierůber hoch erfreuet / mir hinwieder seine mit mir einstimmende gedanken eröffnet. Also wurden wir / aus eheleuten /vertraute freunde / und lebten als schwester und brüder zusammen: da dan allemal / Hercinde und Jethur /der inhalt unserer gespräche gewesen. Um auch einander einiger massen zu vergnügen / name ich an mich den namen der Hercinde / und er nennte sich Jethur; auf welche fr \mde art wir beiderseits unsere treue liebe mehrten: da mitlerweile die zweie / üm derer willen wir also lebten / unser wenig achteten / und sonderlich der ungetreue Jethur meiner gar bald vergessen hatte.

Weil aber / bei dieser wunderbaren lebens-art / der gram an uns beiden zehrte / als konte dem K \nig Lucus und der Valentia / zu ihrer h \chsten herzens qual / die traurigkeit ihres sohns nicht verborgen bleiben: wie er dan auch sich nicht scheuete / sie m \rdere seines lebens zu nennen / weil sie ihm seine Hercinde entwendet hatten. Sie hoffeten auch vergebens / daß die zeit endlich eine vergessenheit und sinn ånderung mit sich bringen m \chte / und verlangten wir beiderseits nichtes mehr / als den tod: da wir dan die abrede namen / daß / wan der himmel eines von uns zu grab f \rdern wůrde / das hinterbliebene / [336] des andern tod der Hercinde oder dem Jethur bewust zu machen / und zugleich unser gefůrtes leben / und wie wir in unveränderter beständiger liebe gegen verharret / ihnen zu erzehlen / gehalten seyn solte. Also setzeten wir es nun beiderseits auf das gråmen / da dan Tuscus Sicanus eher als ich seinen zweck erlangte / und so baufållig an seiner gesundheit wurde / daß alle årzte an seiner aufkunft verzweifelten. Dieses machte den betrůbten Lucus so voll kummers / daß er seines einigen sohns tod nicht erlebte / sondern / sich bald abgrämend / noch vor ihm die welt gesegnete.

Valentia / wie sie also ihren gemal verloren / sorgte nun / mehr als jemals / ům die erhaltung ihres sohns /und ersonne endlich dieses mittel / indem sie ihn mit scheinbaren ůmstånden beredte / zu glåuben / daß er der Hercinde bruder / und der jůngste sohn des K \nigs Marsius wår: wie solches gestern die K \nigin Hermione umståndlich erzehlet hat. Weil die Valentia mich taurete / und ich überdas wuste / daß alles / was Tuscus Sicanus tåte / die unentfindliche Hercinde für nichts achten würde / fiele ich mit auf deren seite /diesen König beim leben zu erhalten: und arbeiteten wir also / neben dem gesamten hofe der Aborigener /bis wir den Tuscus Sicanus solches glåuben machten. Dieses beruhigte ihn nun zwar nicht wenig / erweckte auch in ihm wieder die begierde zu leben. Aber es war leider zu spat / und das ůbel so eingesessen / daß dieser tugend liebende herz doch sterben / und die regirung des K \nigreichs seiner mutter / der dapfren Valencia / hinterlassen muste. Nach seinem tod / begabe ich mich nach Kitim / und halfe meine schwågerin die Hermione bereden / hieher nach Asien zu gehen: weil ich es dem geiste der Tuscus Sicanus schüldig zu seyn erachtete / der [337] Prinzessin Hercinde / von der wir / daß sie in Basan seyn würde / vernommen hatten / dieses unvergleichlichen liebhabers gefürtes leben und ende kund zu machen. Es fügte sich aber also / daß die reise ůber meer / anfangs nach Creta / und folgends nach Canaan ginge: da ich dan / als ich wider alles vermuhten die ånderung meines Jethur erfuhre / einen ganz andern schluß fassete / und mit der Hermione mein leben / wie sie erzehlet hat / bisher in einsamkeit zugebracht habe.

Ich bleibe ůber dieser nachricht ganz verwundert /(sagte hierauf die K \nigin von Syrien) und weil die Prinzessin Hercinde anietzo den Prinzen Baleus von Assyrien liebet / weiß ich nicht / ob Jethur / der nur aus unwissenheit gegen seine erste liebe gesündigt /nicht zu der sch \nen Roma wiederkehren würde / wan er wissen solte / wie es mit ihr und dem Tuscus Sicanus beschaffen / und daß sie ihm iezt so nahe lebet. Wan Jethur (antwortete Roma seufzend) mich also /wie ich ihn / geliebt håtte / würde er niemals mich zu lieben aufgeh \rt haben: und kan ihn meine eingebildte heurat nicht entschuldigen / weil gar wol / sonder hofnung und genuß / eine wahre liebe seyn und dauren kan. Es ist aber / (widerredte die sch \ne Syrerin) dem Jethur sein verbrechen eher zu vergeben / als dem Cimber / der ohne ursach seine erste liebe verlassen hat. Ach große Königin! (antwortete Hermione) redet nicht also scharf wider den gnug-gestraften Cimber! hat er doch sein verbrechen selbst erkant / und wåre der Aramena wundersch \ne nicht so måchtig / würde er wol diese untreu nicht begangen haben. Ich beklage / (versezte die sch \ne K \nigin) wan mir die natur solte vor andern etwas verliehen haben / daß solches /den sonst tugendhaften und grosmůtigen Cimber / zu so einer vergessenheit sein selbst [338] bewegen můßen: und wan er noch lebte / wolte ich die jenige seyn / die ihn solte seiner gebür gegen die sch \ne Hermione sich erinnern machen. Nach diesem gerieten sie wieder auf das gerüchte / von des Tuscus Sicanus leben: welches die Roma ihr durchaus nicht einbilden kunte. Wie sie solches lang bestritten / kamen sie endlich zu reden /von der Hercinde liebe gegen dem Baleus: wowon die Königin von Syrien diesen beiden K \niginnen ümständlichen bericht gabe.

Nachdem sie hierauf / vom gehen und erzehlen ermüdet / unter etliche schattichte båume sich nieder gelassen / kam der Fürst Husan / neben dem Arsas und noch entlichen andern / auf sie zugegangen: und waren diese letzeren anfånglich der K \nigin von Syrien unbekant / bis sie im näher-kommen gewar worden / daß es der Ninivitische feldherr Phalacus / und der Fürst Pannias ware. Sie erfreute sich / dieselben wieder zu sehen: sonderlich da sie des Phalacus treue versichert zu seyn vermeinte / und seinen beistand / den er mitbringen wůrde / für so n \tig als nützlich hielte. Wie nun Husan diese angekommene vor sie gestellet /fiele Phalacus auf ein nieder / seiner K \nigin den rock zu küssen. Ihr findet mich sehr veråndert wieder /Phalacus! (redte sie ihm zu) massen ich euch als K \nigin von Ninive ausgesendet / und nun wieder als K \nigin von Syrien wilkomm heiße. Es waltet aber zwischen beiden reichen eine so große einigkeit / daß ich / als eine Syrerin / die vorige dienste von den edlen Niniviten darf gewårtig seyn: und ob ich selber in Ninive nicht mehr gebieten werde / so regiret doch mein geblůte darinnnen / weswegen ich mir / das bäste sowol von Ninive als Syrien zubeobachten / jederzeit werde angelegen seyn lassen. E. Maj. seien versichert / (gabe Phalacus hierauf zur antwort) daß[339] alle mit mir ankommende Niniviten / wan sie diese verånderung mit ihrer K \nigin erfahren / gleiche bestürzung / als wie iezt ich und diese Fürsten / meine begleitere / darob entfinden werden. Doch sol ihnen sowol / als uns / dieses zum troste dienen / daß E. Maj. die großmůtige versicherung von sich stellen /das bäste von Ninive hiesigem reiche allemal gleich zuhalten.

Habet ihr dan in Seir noch nicht gewust / (fragte die Königin) daß sich diese große änderung allhier zugetragen? Das gerůchte (antwortete er) hat wider seine gewonheit so wenig hiervon geschwåtzet / daß wir nichtes / als nur von einer großen unruhe / die sich in Ninive und Syrien solte angesponnen haben /erfahren konten. Sehet alhier / (sagte die Königin von Syrien / als sie ihre schwester erblickte / die eben herzukame /) eure neue Königin! und weil ich sie als mich selbst liebe / werdet ihrleicht erachten / daß Ninive mich noch ja so sehr / als zuvor / angehe. Hiermit eilte Phalacus / wie auch der Pannias / dieser jungen K \nigin entgegen: welche / von ihrer schwester unterrichtet / wer sie wären / mit erweisung großer h \flichkeit sie entfinge / und die versicherung ihrer ergebnen treue mit solcher leutseligkeit anname / daß sie / ůber diesen wechsel sich zu beschweren / keine ursach fanden. Weil aber Phalacus / in so großer gesellschaft / die nach und nach sich verstårkte / seinen bericht / was ihre verrichtung in Seir gewesen / wie es mit seinen v \lkern beschafen / auch was ihnen unterwegs begegnet / nicht wol abstatten konte / Husan aber mächtig darauf drunge / ům / als ein vorsichtiger Fůrst / alles wol in acht zu nemen / was bei ietziger beschaffenheit ihnen konte zu nutzen gereichen / als stellten die Königinnen ihren spazirgang ein / und begaben sich wieder nach den wonungen: da man dan /noch selbigen abend / [340] in der Königin von Syrien gemach / gegenwarts ihrer schwester / alle anwesende Syrische / Ninivitische und Celtische hohe kriegsbedienten zusammen beruffen / ům mit anzuhören / was Phalacus berichten würde. Dieser / nachdem er von den beiden K \niginnen erlaubnus erlanget / hube an zu reden / wie folget.

Welcher gestalt wir / neben den Assyriern / unter dem dapfern Prinzen von Gerar / dem unvergleichlichen Abimelech / dem Fůrsten von Edom nicht allein zu seinem lande wieder verholfen / sondern auch ihme ganz Seir unterworfen / solches wird der junge Fůrst von Arvad / der Sosares / bereits berichtet haben. Gleichwie diesem unůberwindlichen helden der sieg allenthaben nachfolget / also waren wir kaum in Seir angekommen / da sahen wir uns schon des feindes meister. Nach endung dieses kriegs / als auch unser General nach dem Philister-land zu seinem herrvattern eiligst abreisen muste / bekame ich diesen befehl / mit meinen unterhabenden / deren / samt des Sosares v \lkern / sechzehen tausend sind / hieher nach Syrien zu eilen / weil die alhier entstandene unruhe ein solches erforderte. Ich reisete dan so fort von dem gebirge ab / meinen weg hieher nemend / und erlangte durch die voraus-gesandte kundschafter die nachricht / daß der König Pharao Uchoreus in person / mit einem heer von mehr als zwanzigtausend Egyptern /vor uns herz \ge / und eben auch den weg nach Syrien näme.

Dieses nun machte mich nicht wenig bestürzt / weil ich nicht wuste / ob der König von Egypten unser freund oder feind wäre. Ich muste das lezte vermuten /wan ich mich erinnerte / wie sehr die aufnemung der Prinzessin Amesses / seiner tochter / diesen König misfallen / die er etwan aus dem Ninivitischen tempel mit [341] gewalt wieder holen wolte. Ich stunde deshalben lang bei mir an / was mir zu thun seyn wůrde / und befande es eine lautere unmüglichkeit / durch einen andern weg neben-aus hieher zu kommen. Ich beschlosse endlich / gemach fort zugehen / und bliebe mit meinem heer vier tagreisen zurůcke / üm das volk sicher durch und hieher zu bringen. Weil verschiedene von ihren heer nicht folgen konten / sondern zu růck bleiben musten / wurden sie von den unsrigen eingeholet. Ich erlangte nun alle nachricht / die ich nur verlangen m \gen / von einem kranken haubtman unter ihnen / der mein alter bekanter und ein Ninivite von geburt ist: der sagte mir / wie daß der K \nig / sein herr / nach Syrien ginge / üm zwischen dem König von Babel und dem König von Canaan / seinen beiden bundsverwandten / frieden zustiften / wider das reich Ninive aber seine waffen zu wenden / weil wir ihme seine tochter / die von ihm iezt mehr als iemals geliebe Prinzessin Amesses / vorenthielten. Nachdem er aber unterwegs gewiße nachricht erhalten / daß die Prinzessin / von dem Sadrach entfüret / im K \nigreich Elam sich befinden solte / als håtte er dem Petasiris befehl erteilet / mit zw \lf tausend mann sich nach Elimais zu wenden / ům / wo müglich / die Prinyessin zu erobern / inzwischen er mit dem übrigen volk seinen weg nach Syrien fortsezte.

Diese zeitung håtte mir nicht gewünschter kommen k \nnen / weil ich also das Egyptische heer getrennt erfure / und demnach / alle furcht verlierend / auch mich stärker als sie befindend / an stat des bisherigen langsamen reisens / tag und nacht forteilete / bis ich bei Palmyra die Egypter einholete. Wiewol ich nun des Pharao heer mit leichter mühe hätte zerstreuen k \nnen / so hielte ich doch nicht fůr rätlich / ohn gewißere nachricht [342] aller ümstånde / einen so mächtigen und großen K \nig zu beleidigen / und dadurch den Niniviten einen gewißen krieg auf den hals zu laden: ließe mir demnach genůgen / neben den Egyptern an der seite fort zuziehen / welche / vermutlich auf erlangte nachricht von unserer macht / sich ům uns nicht annamen / und in der stille ihres wegs reiseten. Wie wir endlich die gegend von Damasco erreichet /fanden wir diese stadt von allen seiten berennet: da der Prinz Amosis von Egypten / meine ankunft vernemend alsofort mich vor sich kommen ließe. Von diesem erfuhre ich nun erst / den hiesigen wahren zustand / und alle die große verånderungen / die sich seit meiner abwesenheit allhier zugetragen: und wurde fůr gut befunden / daß ich so fort mit meinem heer hieher gehen / und fernern befehl alhier erwarten solte.

Diesem zu folge / habe ich nun / neben dem Fürsten Pannias / mich eingefunden / und wird der Elimadan / längst in zweien tagen / mit dem heer hernachkommen. Vor Damasco stehet es noch alles wol / und lästet sich der feind durch ausfälle selten vernemen. Der Prinz von Egypten / ům nicht gehalten zu seyn wider seinen herrvattern zu fechten / wird mit dem Ninivitischen heer herüber kommen / und dem Gaysus und Hezrai den befehl überlassen: welche / dem Pharao den einzug in die standt zuverwehren / sich gefasset halten / und wird ehist zeitung einkommen / was sie wider die Egypter ausgerichtet. Wie man mich gestern unterwegs berichtet / so sollen die Araber / Cussiten und Sabeer auch im anzuge seyn / sich zu den Assyriern zuschlagen; und wird deren hülfe sehr stark gemacht / wiewol das gerůchte davon vieleicht gr \ßer / als die warheit / seyn mag. Dieses ist mit wenigem der bericht von meiner hieherreise aus [343] Seir / und wünsche ich von herzen / daß die götter alle dapfere anschlåge dieserseits segnen / und E. Maj. rechtmäßigen waffen zutretten wollen. Es wird aber ein jeder von uns / sein gut und blut vor das vatterland aufzusetzen / fůr eine sonderbare glůckseligkeit achten.

Wie Phalacus hiemit aufgeh \ret hatte zu reden /und damit unter den anwesenden hohen kriegsleuten die beratsch agung angienge / ward beschlossen / je eher je bässer / mit der völligen belägerung vor Damasco den anfang zu machen / und gleich folgenden tags zehentausend Syrer unter dem Fürsten Rames /und soviel Celten / die der Prinz Suevus selber fůren wolte / denen vor der stadt zu zuschichen / üm auch der Araber zuzug zuverwehren. Und weil in dreien tagen der Königin brunncur sich enden solte / als ward sie entschlossen / sodan auch mit den ůbrigen v \lkern aufzubrechen / und vor Damasco zu rücken. Demnach befahle sie dem Phalacus / mit gutbefinden ihrer schwester / nach abgelegter danksagung / fůr seine in Seir erwiesene dienste / daß er seine Niniviten nicht fůrter gehen / sondern ihrer ankunft solte er warten lassen. Die junge K \nigin von Ninive erinnerte hierbei / ob man nicht / der abrede gemäs / dem Prinzen Dison nach Ninive hůlfv \lker nachsenden wolte; welches sie zwar sonder errötung nicht fürbringen kunte. Es wurde solches fůr notwendig erachtet /und daher beschlossen / daß der Zaphis mit seinen dreitausend Niniviten / die bisher den paß zwischen Damasco und Aroer bewahret / wie imgleichen einige von des Phalacus mitgebrachten v \lkern / sobald diese ein wenig würden ausgeruhet haben / dahin gehen solten. Phalacus berichtete ferner / wie daß vierzehntausend Assyrer / unter des Zalmons fürung /von dem Prinzen Abimelech / [344] nach Ninive zu gehen /wåren befehligt worden: zugleich versicherend / dieser Zalmon wůrde / in erfahrung / daß Assyrien nun feind geworden / wider der Königin bästes nichtes fürnemen / noch sich von ihnen wenden / sondern / als den Prinzen Abimelech ganz ergeben / ihnen zu lieb /alle andere betrachtungen hintan setzen / und diese seite halten.

Die K \nigin von Syrien schluge / zu diesen des Phalacus versicherungen / die augen nieder / und selbige unbeantwortet lassend / sagte sie: Es wird das K \nigreich Ninive von niemanden bässer / als von den Niniviten selber / k \nnen beschützet werden /weswegen ich sehr mit zuraten werde / daß / sobald unser hiesiges grosses fürhaben und die belågerung der stadt Damasco in rechte ordnung wird gebracht seyn / ihr ingesamt nach Ninive gehet ům so wol der Assyrier / als der Dalimire und des Ninias / beginnen zu begegnen. Diese benennung des Fürsten Ninias /machte den Pannias / seinen bruder / der mit zugegen / ganz beschåmet / und wolte er eben aufstehen / seine entschuldigung / daß er üm seines bruders böse händel nichts wůste / vorzubringen / als ihm die K \nigin von Syrien zuvorkame / und sagte: Gedenket / nicht Fůrst von Ressen! daß ich eures bruders beginnen an seiner ganzen freundschaft hasse / sondern ich werde den unschuldigen von den schuldigen wol zu unterscheiden wissen. Eure treu / die ihr meiner schwester hinfůro leisten werdet / kan alles das jenige wieder ersetzen / womit euer bruder mich beleidiget. Jederman priese diese grosmut der K \nigin von Syrien / und wuste Pannias seine erkentlichkeit nicht gnugsam an den tag zu geben. Hierauf / weil es nun daher nachtete / und der K \nigin leibårzte schon zu verschiedenen malen / wie daß es zeit wåre zu ruhe zu gehen / angereget hatten / ließe man die [345] K \niginnen allein beisammen / und begabe sich ein jeder an seinen ort / ům zu dem morgigen aufbruch nach Damasco sich färtig zu halten. Der getreue Husan / so keinen augenblich verseumen wolte / bliebe die ganze nacht auf / üm anstalt zu machen / daß der ben \tigte schanzen-zeug / mit schaufeln / spaten / hacken / schubkarren / leitern und anderer zugeh \r / in bereitschaft stehen m \chte.

Die morgenr \te war kaum herfürgebrochen / da befande sich der wachsame Suevus schon im felde bei seinen dapfern Teutschen: unter denen er siebentausend auswehlte / die / unter befehl des Fürsten Isters /bei der K \nigin bleiben solten; er selbst aber wolte /mit den ůbrigen zw \lftausend / (davon zweitausend /mit dem haubtman Altobor / bereits am paß bei Aroer stunden) zu den andern Celten vor Damasco / die der mutige Gaisus fürete / stossen und die belågerung mit anfangen. Der alte Fůrst von Jedlaph / der Rames /war gleichfalls geschäftig / seine zehentausend Syrer in ordnung zu bringen. Hiemit verginge der halbe tag / also daß sie erst gegen den nachmittag aufbrechen konten: worbei dan / das gesamte frauenzimmer / sich zu pferd sehen ließe. Als Cyniras von dem Suevus abschied name / sagte der heimlich zu ihme: Vergesset nicht / mein Fürst! meines K \nigs bästes bei eurer sch \nen K \nigin zu bef \rdern! welche ermanung den Cyniras gelegenheit suchen machte / die K \nigin von Syrien mit des Marsius lebensgeschicht zu unterhalten. Er ritte / zu dem ende / als sie nach den wonungen wiederkehrten / der schönen Königin stäts an die seite; welches sie wol in acht name und daher zu ihrer schwester / die neben ihr ritte / sagte: Der Cyniras verlässet mir kein auge; ich bin versichert / daß solches / ům mir des K \nigs von Basan lebenslauf [346] zu er zehlen / geschihet / worzu er sich anheisig gemacht. Ich habe aber / solche anzuh \ren / seither immer vermieden / nachdem ihr mir eröffnet / was euch ehmals die Prinzessin Amorite / von des Marsius zu mir tragender liebe / kund gemacht.

Ich wolte aber doch / (antwortete die Königin Ninive) wan ich in eurer stelle wåre / die wahre gewißheit dessen vom Cyniras einnemen: weil man hiernach /nicht sonder grossen nutzen / sich richten k \nte. Dan /ist es wahr / daß dieser König euch liebet / der euch iezt so måchtigen beistand leistet / so habt ihr hohe ursach / euch wol zu bedenken / wie ihr diese liebe aufnemen wollet: damit nicht euer hartes bezeugen diesen grosmůtigen König bewege / seine guttaten wieder einzuziehen. Solches aber zu verhüten / (gabe die Köngin von Syrien zur antwort) wolte ich lieber das nicht wissen / was mir Cyniras sagen wil. Solches kan aber hierbei wenig nutzen: (sagte die K \nigin von Ninive) weil der grosse Marsius darum seine liebe nicht einstellen wird / ob ihr sie gleich vom Cyniras nicht erfahren habet. Ach! was neue widerwärtigkeiten (sagte hierauf die sch \ne Syrerin seufzend) wird mir diese liebe noch verursachen / die ich schon wie im spiegel zuvor sehe. Wan ich die warheit reden sol /(widerredte die von Ninive) so sehe ich so sonderbare widerwärtigkeiten hierbei nicht / nun euch des Abimelech treulosigkeit euch selbst überlåsset / und werdet ihr doch den Syrern einen König geben müssen.

Ach liebste schwester! (antwortete hierauf die K \nigin von Syrien) ich bin unfähig / iemals einigem sterblichen mein herz wieder einzuraumen / wie es Abimelech / der treulose Abimelech / besessen hat; und ist solches mit so viel haß und verachtung gegen das mänliche geschlecht [347] angefüllet / daß der K \nig von Basan es mit entgelten muß. Warüm habt ihr dan (fragte die angeneme Ninivitin) mir den raht gegeben / einen man zu lieben / da ihr selber keinen zu trauen begehret? Damals (gabe die K \nigin von Syrien zur antwort) wuste ich noch nicht von des Abimelech untreue / und konte euch / die ihr noch nie betrogen worden / wol hierzu raten: da hingegen ein verbranter /wie ich / das feuer scheuet / und sich nicht zweimal verleiten låsset. Ist aber Dison (fuhre die jůngere Aramena fort) ehrlich und getreu / warům solte man das von den weltberümten Marsius nicht auch vermuten k \nnen? Der Teutschen ihre beständigkeit in der liebe / ist ja im grossen lobe! Und dieses hat (antwortete die ältere Aramena) der Cimber erwiesen / der seine Hermione verlassen / als er mich fůr sch \ner hielte. Ich gestehe euch / wan einiger mensch des Abimelech stelle bei mir vertreten oder mein herz gewinnen könte / so würde es der Cimber gewesen seyn: es muste aber / auch dieser / nach seinem tode / mir anderst bekant werden / und meinen vorsatz stärken / von nun an aller liebe abzusagen / und dieselbe wie ein schädlichs gift zu meiden. Ich wil aber dennoch eurem rat folgen / und den Cyniras reden lassen / ům die gewißheit dessen / was wir iezt vermuten / zu erlangen.

Als sie das geredet / wandte sie ihr pferd nach dem Cyniras / winkte ihm mit der hand / und sagte: Erinnert ihr euch auch / mein vetter! eurer verheisung /mir des K \nigs von Basan lebenslauf kund zu machen? Gnädigste K \nigin! (antwortete Cyniras) ich habe seither täglich diese gnade zu erlangen erwartet /und stehe bereit / E. Maj. befehl nachzukommen. Weil ich weiß / (widerredte die Königin) daß ihr niemanden / als mich allein / zum zuhörer verlanget / als wil ich morgen [348] nachmittag in meinem zimmer euer warten / und dieserwegen den gewönlichen spazirgang einstellen / ům zu erweisen / wie hoch ich die gedåchtnis des grossen Marsius verehre. Wie nun Cyniras / ům selbige zeit sich einzufinden / sich anheisig gemacht / und hierauf diese Königliche gesellschaft wieder nach ihrer wonung begleiten helfen / begabe auch er sich in die seinige / und bedachte sich die ganze nacht / wie er folgenden tags dem König von Basan zum bästen / bei der sch \nen Königin seine erzehlung wol ablegen möchte. Folgenden tags stellte er sich zur bestimten zeit ein / da alle die andern vergeblich aufgewartet hatten / sie beim spaziren zu begleiten. Wie sie nun alle hinweg waren / und er bei der sch \nen Königin Aramena sich allein befande / wurde ihm nicht anders zu sinne / als wan er einen gefärlichen anschlag fürzunemen hätte / an dessen glůcklicher ausfůrung ein grosses haftete. Doch ermannete er sich endlich / als die K \nigin ihm zu reden erlaubte /und finge seine erzehlung an / wie folget.

Begegnise des jungen Marsius / K \nigs in Basan.

Die freiheit / deren ich iezt mich unterfange / E. Maj. des Königs von Basan begegnise und geheimen lieben zu entdecken / entstehet daher / weil ich / als ein treuer Syrer und unterthan von E. Maj. es für eine unbilligkeit ja treuvergessenheit gehalten / etwas / das E. Maj. so nahe angehet / zu wissen / und solches nicht /zu nützlicher nachricht / deroselben zu offenbaren. Es ist E. Maj. so wol / als dem ganzen Syrien / hoch daran gelegen / daß sie erkennen / was für gedanken der grosse und mächtige König von Basan / wie auch dessen fůrnemste Fürsten / [349] gegen sie füren: massen er nicht mit einer gemeinen / sondern mit einer sonderbaren recht hohen liebens-art / E. Maj. schönheit anbetet und verehret. Ja / gnådigste Königin! diesem unůberwindlichen helden haben sie / ohne ihr wissen /die fåsseln angeleget: und wie seine höchste ehrerbietung gegen sie / ihn schweigen gemacht / also thut seine håftige liebe ihm soviel gr \ssere marter an / die in die långe diesen helden töden würde / wan nicht der edlen Celten / nåmlich des grossen Suevus und Trebetes / inståndiges flehen / welches durch mich /im namen aller Celten und des ganzen reichs Basan /hiermit abgehet / und E. Maj. erkentliche gůte / diesem unvergleichliches König das leben erhalten. Sonder sein wissen geschihet diese er \ffnung gegen E. Maj. und ist / wie gesagt / meine tren und der großen in Basan ihr bewegliches bitten / hieran ursach / daß E. Maj dieses geheimnis / so bisher kein mensch alhier gewust / nun erfahren můßen.

Ihr håttet dan wol gethan / Fůrst Cyniras! (sagte die Königin von Syrien) wan ihr dem beispiel des höflichen Königs von Basan gefolget / und ferner euch der verschwiegenheit beflissen håttet. Wan E. Maj. (erkůnete sich Cyniras hierauf zu antworten) den großen K \nig von Basan / und dessen grosmůtige hůlfe / die er anietzo E. Maj. und dem reiche Syrien erwiesen /betrachten / so zweiflet mir nicht / E. Maj. werden so gnådig seyn / mir nicht zu verůblen / daß ich ihr dieses Königs leben / auf dero befehl / ümständlich kund mache: welches ich aber nicht thun können / sonder seine liebe zu eröffnen. Wie kan dan dieser K \nig (fragte sie) mich so häftig lieben / wie ihr fürgebet /da er mich ja niemals gesehen hat? Wan meine gnådigste K \nigin (antwortete Cyniras) nur die gedult wolte nemen / [350] mir zuzuhören / wůrden sie gar bald aus diesem zweifel kommen. So recht dan! (sagte die Königin) doch hütet euch / mein vetter! ein mehrers /als einem bloßen geschichtschreiber zustehet / mir fůrzubrigen.

E. Maj. werden sich annoch erinnern (fuhre Cyniras hierauf fort) wie der dapfere Prinz Marsius / von dem K \nig seinem herrvattern erlaubnis bekommen / in den Assyrischen krieg unter dem Prinzen Trebetes mit fortzuziehen. Wiewol nun sein angeflamtes herz anders nichts als krieg verlangte / so muste es doch sich fůgen / daß auf diesem zug ein anders feuer sich in sein herz hineinspielte. Er hatte kurz vorher / bei dem Prinzen Cimber seinem vettern / das bildnis von E. Mai. als damals geglaubter Prinzessin Delbois von Ninive / zu sehen bekommen: welches ihn sobald bezaubert / daß nacht und tag die sch \ne Delbois ihm vor augen schwebte. Es hinterte ihn auch gar nicht /E. Maj. zu lieben / daß sie damals für seindes tochter gehalten wurde. Zwar stritte noch eine weile in ihm wider neue regung / der ihm angeborne widerwille gegen dem haus Assyrien: doch behielte die liebe noch die oberhand / und deutete er zu seinem vorteil /den vom Tuiscon erlangten ausspruch / der also galautet.


Nicht die waffen / nur die lieb muß Assyrrien bezwingen /

und so des Trebeta stamm wieder zu den seinem bringen.


Dieses / (sagte er / zu seinem vertrautsten freunde /dem Prinzen Daces) hat Tuiscon dahin verstanden /daß ich die wunder sch \ne Delbois verehren solte /und werde ich damit der Arouinda / meiner fraumutter / keinen ungehorsam erweisen / wan ich gleich diese schöne feindin liebe.

Als nun dieser schluß fåst gestellet war / gebare[351] seine liebe sofort eine eiversucht gegen dem Cimber /dem er das bild von E. Maj. zu besitzen nicht wol gönnen konte / und hierin denselben glücklicher als sich selbst schåzte / als der diejenige ståts im gemålde schauen konte / die sie beide verwundet hatte. Weil Marsius so bescheiden als verliebt war / wolte er seines gewalts gegen diesem seinem mitbuler sich nicht bedienen: zumal auch dadurch / das / was er vor aller welt geheim hielte / hätte k \nnen entdecket werden. Demnach bemühete er sich / durch vieles zureden /den Cimber von seiner unmüglichen liebe abzubringen / ihme insonderheit die treue / die er vor deme der Celtischen Hermione gelobet / vorhaltend. Es konte aber solches den Cimber nicht bewegen / von seiner liebe abzustehen: welcher vermerkend / daß Marsius mitliebte / sich gleichmåßiger abmanungsgrånde gebrauchte / daß nämlich die unmůgligkeit auf des Marsius seite ja so gros wäre / als auf seiner / und hårte er sich vielmehr ům die Amorite anzunemen / die ihm zu lieben bestimmet wäre. Diese des Prinzen Sueuus tochter ward / üm die zeit / von ganz Basan / fůr die verlobte ihres Kronprinzens angesehen / und ware der Marsius dieser schönen auch nicht ungeneigt: allein es schiene / daß er sonder große mühe nicht lieben konte / und daß er sich lieber üm die große Delbois můhsam bewerben / als die Amorite ruhig besitzen wolte.

Inzwischen ginge nun der zug fort wider die Assyrier / und erwiese sich der Prinz von Basan einen ungemeinen helden / in allen begebenheiten / also daß lauter erwünschte und fr \liche zeitungen von ihm an dem hof zu Basan erschollen. Wie endlich der K \nig Belochus von Assyrien / unfern von Acraba / dem Trebetes entgegen zoge / und es zu einer offenbaren feldschlacht [352] kame / tåte dieser Prinz abermal wunder-dinge / und erwiese satsam / daß Marsius sein vatter /und Altobrox der vatter seiner mutter gewesen. Wie aber die liebe den Cimber so häftig regirte / daß er /ungeacht er keinen nutzen hiervon absehen konte / in das Assyrische lager einbrache / und E. Maj. aus ihrem gezelt entfůret / wurde solches dem Marsius sobald nicht kund gemacht / da eilte er aus der schlacht /an den ort / alwo man ihm gesagt / daß er den Cimber finden würde; den er auch / E. Maj. vor sich auf dem pferd daher fürend / antraffe. Die ümstände des orts und der zeit / ließen ihm nicht zu / viel zu sprechen /und als E. Maj. ihn üm hülfe anrieffen / ergr \sserte solches seinen fůrsatz / ihr zu dienen / und gebote er so fort / daß man E. Maj. frei lassen solte. Cimber /der sich schuldig erkante / seinem Kronprinzen zu gehorchen / sahe sich hierzu gen \tigt: und werden E. Maj. sich noch wol erinnern / wie dieser dapfere ritter / so der Marsius war / sie wieder in der Königin Naphtis gezelt gebracht / und hierbei schwerlich verwundet / den wůtenden Assyriern kaum entkommen können.

Ich entsinne mich noch wol / (fiele alhier die Königin dem Cyniras in die rede) aller dieser begebenheiten / hätte aber nimmermehr vermeinet / daß der sonst so bescheidene Cimber diese that an mir zu begehen fähig seyn k \nnen / noch daß ich damals meine erl \sung dem Marsius zu danken gehabt. Es waren ja freilich diese beide verliebte (fuhre Cyniras fort) die also E. Maj. betrüben und erfreuen musten. Und da solcher gestalt der verliebte Marsius E. Maj. zum erstenmal gesehen / ware ihm völlig seine freiheit vergangen /also daß er nun noch mehr / als iemals / den beständigen schluß fassete / E. Maj. bis in den tod zu lieben. Was unbeschreibliche freude entfunde er die zeit über / als er E. Maj. nach [353] dem lager fůrete / und ihr also einen gefälligen dienst leisten dorfte! Etwan / von häftiger liebe getrieben / begunte er zu reden / und E. Maj. sein anligen zu er \ffnen: aber seine furcht und dero entsetzen musten diesen seinen vorsatz in der geburt erstecken.

Als er nun an stat der belonung / von den Assyriern / die ihn für einen rauber ihrer Prinzessin hielten / so übel zugerichtet / mit harter noht entkommen k \nnen /erquichten ihn diese seine wunden mehr / als daß sie ihn schmerzten / weil er seiner Delbois misfallen hierůber wol erkennet. Er konte aber / wegen des vielen verlornen bluts / der schlacht nicht ferner beiwonen /und ließe sich halb onmächtig / durch seine leute /samt dem Prinzen Daces / in die hütte etlicher fischer bringen / deren gutherzigkeit / ob sie schon feinde waren / dieser beiden helden edles leben erhielte. Nach etlichen stunden / brachte man auch den tödlich verwunden: Cimber / neben dem Tubal seinem vettern / aus der schlacht / in diese fischer-hůtte: die zwar den sieg der Teutschen und der Assyrier niederlage anmeldeten / aber dabei ihr leben einbůßen musten. Cimber erkante / vor seinem tode / alles sein verbrechen / daß er nicht allein gegen E. Maj. und dem Marsius es gr \blich versehen / sondern auch die K \nigin Hermione so unschuldig verlassen hatte. Er überreichte dem Marsius einen beutel voll kleinodien / worunter auch war das bildnis der sch \nen Delbois. Diesen schatz / neben seiner liebe / ihm überlassend / gabe er also den geist auf: und kame ich eben darzu / diese zween helden / den Cimber und Tubal / sterben zu sehen.

Die K \nigin von Syrien konte sich nicht enthalten /alhier abermals dem Cyniras in die rede zu fallen. Dieser Cimber (sagte sie) hat noch lang nach dieser zeit bei uns gelebet / und mögen es kaum sechs oder sieben [354] mochen seyn / daß er hier in Damasco ůmgekommen. So ist auch Tubal / noch vor wenig tagen /alhier bei uns gesehen worden. Was den wahren Cimber und Tubal belanget / (gabe Cyniras zur antwort) so k \nnen selbige unmüglich noch leben / weil ich ihre k \rper selbst / nach Celtischer weise / verbrennen gesehen. Ich weiß wol / daß ein Celte / namens Tubal / ein zeitlang in Syrien sich aufgehalten: es ist aber nicht dieser / von dem ich rede. Die K \nigin geriete hierauf in tiefe gedanken / und hörte ferner dem Cyniras begirig zu / welcher seine erzehlung also vollfürete.

Ich war ongefår von Babel / da ich / unter dem Prinzen Bildat / von jugend auf die waffen zu füren /mehr glůck als meine vettern gehabt / daselbst angelanget: und weil ich vorher den Cimber gekant / auch zwichen uns eine sonderbare freundschaft aufgerichtet war / h \rte dieser sterbender nicht sobald meinen namen nennen / da erwiese er eine sonderbare freude /mich noch einmal zu sehen / und erweckte in mir eine grosse betrůbnis / ihn so nahe beim tode zu finden. Er entsahe sich nicht / den Prinzen Marsius mir zu nen nen / und zu sagen / wie daß er dem die sch \ne Delbois zu lieben überlassen / und daß er mit ganz vergnůgtem gemůt sterbe / weil er also der marter abkäme / die ihn sein trübseliges leben hätte füren gemacht. Ich verwunderte mich nicht wenig / den sohn des grossen K \nigs von Basan / unsers feindes / von deme man so gewiß gesaget / daß er in der schlacht ůmgekommen wäre / lebend / und an seinen wunden meist genesen / vor mir zu sehen. Ich war so betrübt und bestürzt / daß ich nicht wuste / was ich sagen solte / als Marsius / der nun / nach des Cimbers entdeckung / sich nicht länger bergen konte / mir selber gestunde / was ich von dem Cimber geh \ret / doch dabei mir die [355] geheimhaltung seines da-seyns anbefohle. Ich wurde sofort von seinem heroischen wesen dermassen eingenommen / daß ich diesen grossen Prinzen lieb gewonne / und bei ihm / in seiner freundschaft / des Cimbers platz erbte / gleichwie des Cimbers verlust durch erlangung des Marsius gewogenheit mir ersetzet wurde.

Es starbe der Prinz Cimber noch selbigen abend /da ich am morgen angekommen; und folgte ihm sein freund / der Tubal / in selbiger nacht. Man konte nicht spůren / daß dieser Cimber des Marsius mitbuler gewesen: massen der edle Prinz ihn und den Tubal also beweinte / als ob sie seine brůder wären. Nachdem wir ihren leichnamen / so viel zeit und ort leiden mochte / den lezten dienst wiederfahren lassen / ergabe sich der Prinz Marsius dermassen seiner neuen liebe / daß kein zusprechen seines vettern / des Daces / ihn bewegen konte / die gegend ům Acraba zu verlassen / darin damals E Maj. mit dem König von Assyrien sich befunden. Weil ich auf die v \lker / die der Prinz Bildat von Babel dem K \nig zufüren wolte /warten muste / als verharrete ich inzwischen bei dem Marsius: da ich dan diesem helden mein beileid bezeigte / und der vertraute in seiner liebe wurde. Weil ich E. Maj. \fters zu Babel gesehen / als muste ich ihn ståts mit gespråchen von der schönen Delbois unterhalten.

Wir spazirten einsmals in dergleichen unterredung /bei nachtzeit / miteinander an den Phrat / und sahen beim schein des mondes etliche schiffe den strom hernieder fahren: die aber unfern von uns / an denen daselbst befindlichen klippen scheiterten / und einen erbårmlichen schifbruch litten. Dem verliebten Marsius sagte gleich das herze / daß er etwas liebes hierbei håtte / massen auch das geschrei sofort erscholle: man solte den Königlichen [356] personen von Assyrien zu hůlfe kommen. Kaum hatten wir diese stimme gehöret / da ersahe Marsius eine dame / von den ungestůmen wellen daher getrieben: welche zu retten er bei sich selbst angereget wurde / sich sonder bedenken in den strom wagte / und also E. Maj. glůcklich aus dem wasser heraus brachte. Prinz Daces und ich / wie auch die fischere / durch dieses grosmůtige beispiel angefrischet / täten gleiche hülfe dem Belochus / der Naphtis / und allen den andern. Prinz Marsius eilte mit E. Maj. nach der fischerhütte: da die weiber im haus E. Maj. als die ganz erkaltet und onmåchtig ware / alsbald bei ein feuer brachten / und den fast verzweifelten verliebten h \chlich erfreuten / als sie ihn versicherten / daß E. Maj. noch lebte / und es mit ihr keine gefahr haben solte.

Indem aber diese frauen E. Maj. etwas ungestům den überrock abrissen / fiele aus demselben eine diamantene schachtel: die im fallen sich öffnete / und ein gemaltes bild sehen ließe. Des Marsius vorwitz / dieses gemälde zu beschauen / war so groß / daß er eiligst damit an das feuer liefe / und darin die gestalt eines sch \nen bräunlichen jůnglings ersahe / mit der ůmschrift / Abimelech Prinz der Philister. Weil er aus meinen erzehlungen sich erinnerte / daß dieser Prinz am Babylonischen hof erzogen worden / und daher stäts ům E. Maj. gewesen / und ůberdas des sterbenden Cimbers bericht / wie daß E. Maj. als er dieselbe aus dem lager entfůret / zum öftern den namen Abimelech geruffen / ihm zu sin kame: entstunde so fort eine betrůbte eiversucht in seinem gemüte / indem es ihm auf das herze schoße / daß dieser Prinz von E. Maj. mit gegenliebe můste bewůrdigt werden.

Er legte dieses kleinod gleich wieder an seinen ort /[357] und nun wol vermutend / daß E. Maj. nach ihrem erl \ser fragen wůrden / bate er die wirtin des hauses /ihm einen verborgenen raum zu gönnen / und denen die nach ihm fragen würden / zu sagen / wie daß der jenige / so die Prinzessin von Assyrien errettet / sich hinweg verloren hätte. Nachdem sie ihm dieses verheisen / ginge er / sich in der hütte zu verbergen / da eben E. Maj. die augen wiederge \ffnet. Sie werden nun selber sich gnädig erinnern / wie / nach verlauf etlicher tage / sie ingesamt zu land wieder nach Babel abgereiset. Ich hatte mich ebenfalls / neben dem Daces / heimlich verstecket / weil dieser mich sehr darüm bate: dan er besorgte / wan ich mich sehen ließe / die Assyrier möchten mich erkennen / und /ihnen die beide Celtische ritter zu nennen / mich anlassen. Unsere sorge / wo Marsius m \chte geblieben seyn / daurete nicht länger / als bis E. Maj. von uns abgereiset: da wir wieder zusammen kamen / und einander unsere abenteure erzehlten.

Der Prinz von Basan zeigte sich viel betrůbter / als er zuvor gewesen / und offenbarete mir / was er gesehen / und wie des Abimelech bildnis ihn beunruhigte. Daces machte ihm dieses zu nutze / ihn von seiner liebe abzumanen: ihme noch ůberdas vermeldend /wie daß E. Maj. bereits an den Prinzen Baleus / ihren bruder / verlobet wåren. Er konte aber damit nichtes ausrichten / und diente diese neue hinternis mit dem Abimelech / nicht seine liebe / sondern seine ruhe aufzuheben. Er befande sich / nun er E. Maj. gesehen /häftiger als jemals verliebet: daher er / ungeacht aller gefahr und ungelegenheit / die den seinigen daraus zuwachsen konte / nach Babel E.M. heimlich zu folgen sich entschloße / und zu dem ende / neben dem Daces und mir / sich auf die reise machte. Ich konte sonder bedenken mit hinreisen / weil ich [358] nachricht erhalten hatte / daß der Prinz Bildat noch sobald nicht mit den v \lkern ankommen würde. Ich ware / als bekant in Babel / der fůrer dieses verliebten Prinzens / und dingte ihm ein haus / da er täglich die gelegenheit haben kunte / E. Maj. zu sehen / wan sie nach dem garten der Semiramis spaziren gingen. Dieses ware ihm nun die höchste erquickung / und machte ihn ganz unersåtlich / also daß er nie an seine wieder-abreise gedachte.

Es kame ihm aber die verdrüßliche und betrůbte zeitung aus Basan / wie daß sein herrvatter / weil man ihn fůr todt gehalten / vor kummer gestorben wåre /und seine stiefmutter / die Salamis / eine gefärliche empörung angefangen hätte. Dieses nun machte des Marsius vernunft seine liebe ůbermeistern / also daß er mit grosser reue in sich ginge / und håftig beklagte / daß seine verborgenheit / soviel unheil in Basan hatte angerichtet. Oft beschuldigte er / aus ungedult /E. Maj. selber / daß die / als die feindin seines hauses / von dem himmel hierzu ausersehen wäre / ihn unglücklich zu machen. Doch gereuete ihn dessen alsobald wieder / und schriebe er dieses seinem eignen unglück zu / welches die Assyrier auf alle weise über des grossen Trebeta nachkommen wolte triumfiren machen. Also schiede er betrübt aus Babel hinweg: und weil ich wegen meiner kriegsdienste / die mich nach Bactra trieben / diesen grossen helden verlassen muste / als tr \stete ich ihn mit dem versprechen / daß ich ihm von E. Maj. zustand allemal fleißig berichten / und sonderlich genaue erkundigung einziehen wolte / ob der Prinz von Gerar E. Maj. liebte; massen er sich mehr vor diesem / als vor dem Baleus / fůrchtete.

So verneme ich dan / (fiele die sch \ne Syrerin / die sich ganz entfärbt hatte / dem Cyniras alhier in seine[359] erzehlung) daß ich damals an euch unwissend einen kundschafter hatte. Mein gewissen (antwortete Cyniras) beunruhigt mich nicht deswegen: massen ich /einen freunde zu dienen / den ich so edel gefunden /für kein unrecht halten kunte. Ich war auch versichert / daß zwischen der Prinzessin von Assyrien und dem K \nig von Basan eine heurat zu stiften / keinem teile schådlich seyn wůrde: zumal mich / als einen Syrer /das Assyrische absehen / Ninive an die Babylonische kron zu bringen / zu nichts verbande. Ich erhielte nun / durch einen Chaldeischen kaufman / mit dem ich deswegen verlaß geno en / nach und nach briefe von dem Marsius / nunmehr König in Basan / und schriebe er mir alles / wie es ihm in wiedereroberung seiner lande ergangen: das dan E Maj. aus dem allgemeinen gerüchte nicht kan unbekant seyn / und meist in dapferen heldentaten des unvergleichlichen Marsius bestanden.

Ich spüre / mein vetter! (sagte die K \nigin lächlend) daß ihr mir sonst nichtes von diesem König wollet bewust machen / als was ich billig nicht wissen solte / und daß ihr in eurer erzehlung eher den namen eines kuplers / als eines geschichtschreibers / verdienet. E. Maj. mögen mich nennen / (antwortete Cyniras) wie sie wollen: wan ich nur meinen zweck erreichen mag / welcher dieser ist / daß E. Maj. des grossen Marsius von Basan liebe wissen und erkennen. Es ist mir lieb / (widerredte die K \nigin gar ernstlich) daß allein ein so bescheidener Fürst als der Cyniras ist / diese kentnus hat: weil ich dadurch versichert bin / daß er damit in den schranken der verschwiegenheit sich halten werde. Ich wil demnach eure erzehlung nicht mehr unterbrechen / sondern euch nun bis zum ende zuh \ren. Weil dan / (fuhre Cyniras fort) E. Maj. gütigkeit mir erlaubet / [360] diesen grossen liebhaber hier ferner bekant zu machen / so wil ich nun unter vielen briefen / die ich aus Canaan von ihm bekommen /einen hieher wiederholen / welcher also gelautet.

Schreiben des Marsius Königs von Basan / an den Fürsten Cyniras von Jedlaph.

Es ist nur allzuwahr / mein freund! daß Abimelech von unserer grossen Prinzessin geliebet wird: und kan ich ihren hohen verstand und gutes urteil daraus abnemen / daß sie einen so tugend-vollkommenen Prinzen erwehlet hat. Ja / Cyniras! ich finde alles an diesem Prinzen edel und unvergleichlich / und wůnsche nicht häftiger / ein beständiger liebhaber der überirdischen Delbois / als ein ergebner freund des Abimelech zu leben. Sehet / Cyniras! auf was weise ich liebe: da das / was von meiner schönen geliebt wird / in so hoher verehrung bei mir schwebet / daß ich auch lieber tausendmal sterben / als einer so wůrdigen liebe hinternus bringen wolte. Gleichwol werde ich bis in den tod / die Assyrische Prinzessin / ob schon sonder einige hofnung / anzubeten und zu verehren / nicht ablassen.


Marsius.


Diesem schreiben folgten noch viele gleiches inhalts / und erfuhre ich nach und nach / wie des Marsius waffen in Ammon / Moab und Basan siegten: daher ich ursach gewonne / ihm hierzu glůck zu wůnschen und darauf diese antwort entfinge.

[361] Schreiben des Königs Marsius von Basan / an den Fürsten Cyniras von Jedlaph.

Ach! warum wůnschet ihr mir glück / daß ich / in jetzigen kriegen wider die Salamis obgesieget? warum beklaget ihr mich nicht vielmehr / daß ich den tod in allen diesen gefärlichkeiten nicht finden können / der allein meine glückseligkeit mir zu geben vermöchte? Was helfen mich soviel siege / da die tugend / des Abimelech und der Delbois liebe ganz unüberwindlich machet / und ich sie nimmermehr bestreiten darf? Weil ihr dan wisset / daß ohne der Delbois besitzung / nichtes in der welt sei / das mich vergnügen könne und ich doch dieselbe niemals verlangen darf / so helfet mir den himmel erbitten / daß das ende von meiner qual bald kommen möge.

Marsius.


Es ware mir wol hochschmerzlich zu vernemen /den tugendhaftesten König von der welt in solcher qual zu wissen: und suchete ich alle meine beredsamkeit hervor / ihn von solcher beschwerlichen lebensart abzubringen. Ich richtete aber nichtes damit aus / als daß Marsius seltner an mich schriebe / ům ůberhoben zu seyn / meine so vielfåltige abmanungen zu lesen. Es waren ihm auch meine schreiben nicht mehr angenem / als ich / seiner liebe die narung zu entziehen /von E. Maj. zustand ihm nichtes mehr berichtete: massen ich ihm auch dieses verschwiegen / wie der Prinz Abimelech nach Babel zu E. Maj. wieder gekommen / weil solches doch nur seine qual vermehrt hätte. Es wurde aber nach der zeit / wie etliche jahre verflossen / dem unglücklichen [362] Zalmon / der wider die Bactrianer nicht viel ausgerichtet / der Prinz Abimelech mit neuem volke nachgeschicket / ich aber von meinem herrvattern aus Bactra abgefordert: weil der mich nicht långer unter den Assyrischen waffen wissen wolte / da keine beförderung fůr uns Syrer zu hoffen war; wiewol sich auch damals ein- und anders hier in Syrien eräuget / das zu dieser meiner abforderung anlaß gegeben.

Weil ich solcher gestalt dem reiche Basan wieder nåher gekommen / triebe mich mein verlangen / dem K \nig Marsius aufzuwarten / sobald ich nur von den meinigen mit fug abkommen kunte. Ich fande ihn / bei meiner dahinkunft / nicht anheimig: und hatte er / inzwischen er ausen seyn wůrde / dem Prinzen Trebetes die regirung aufgetragen. Ich vermutete gleich / daß diese reise ihn nach Ninive zu E. Maj. wůrde getragen haben. Ich beklagte / aus ungedult / bei einer unterredung mit dem Trebetes und Suevus / dieses großen K \nigs zustand / und brachte damit diese beide Prinzen in den argwan / daß sie mich der geheimnise ihres K \nigs mit-wissend mutmaßeten / und dahero mir hoch anlagen / zu des ganzen reiches bästem / ihnen hievon etwas zu eröfnen. Ich weigerte mich lang /ihrem ansuchen stat zu geben. Wie sie aber die an den K \nig bei der abreise verspürte betrůbnis mir so häftig beschrieben / hielte ich dafür / ich würde nicht wider die freundschaft handlen / wan ich diesen beiden fürnemsten des reichs offenbarete / was ihres Königs anligen ware: demnach sagte ich ihnen / wie daß der Marsius die schöne K \nigin von Ninive liebte.

Ich merkte / daß dieser bericht dem Prinzen Suevus näher zu herzen ginge / als dem Trebetes / weil jener noch immer eine kleine hofnung übrig behalten / [363] daß seine tochter / die Prinzessin Amorite / zur kron von Basan gelangen würde. Doch verbarge er hierbei seinen unlust / so gut er kunte / und betaurete nur /neben dem Prinzen Trebetes / daß diese liebe ihres K \nigs viel unheil nach sich ziehen wůrde. Weil zwischen diesen beiden Fürsten keine eiversucht noch haß regirte / unangesehen der Trebetes dem Suevus /bei dieses Königs regirung / in allen war fůrgezogen worden / und Trebetes nun das verwaltete / was Suevus bei dem alten K \nig vertreten / als ware auch ihre beratschlagung ganz einmütig / welche dahinaus ginge / das der riese Sesai / von welchem der Marsius in seiner jugend so viel gehalten / nach Ninive reisen /den K \nig daselbst suchen / und wan er ihn angetroffen / von diesem gefårlichen vorhaben abmanen solte: da sie dan / auf erhaltene nachricht / nicht seumen wolten / selber hernach zufolgen / ob sie ihn bereden m \chten / daß er in sein reich wieder kehrte. Der weiße Sesai name nun diese reise ůber sich / und schiede ich damit auch wieder aus Basan hinweg / als ich zuvor ihnen verheissen / wan ich ein mehrers erfahren würde / es ihnen gleich kund zu machen.

Als ich nun / auf der ruckreise / Hierapolis erreichet / stunde es nicht lang an / da bekam ich / durch bef \rderung des kaufmans in Babel / ein schreiben von dem König Marsius / darinn er mir sein anwesen in Ninive kund machte / und was erquickung er von E. Maj. anschauen entfinge. Wie ich nun solches /meiner zusage gemås / dem Trebetes und Suevus gleich wissen lassen / folgete allein Trebetes / weil sie beide zugleich nicht wol abseyn kunten / dem Sesai nach Ninive: welcher bereits den verliebten König daselbst angetroffen / und bei ihm das aufgetragene gewerbe angebracht [364] hatte. Soviel nun der Sesai und Trebetes sonst bei ihme golten / so wenig konten sie doch dißmal ausrichten / den König von seinem fürhaben abzubringen: und scheuete sich dieser große Monarche nicht / kniehend und mit trånen den Trebetes zu bitten / ihme doch zu erlauben / daß er noch ein zeitlang dieses sein leben fortfůren m \chte. Dieser weiße Fůrst / wol erkennend / daß hieraus noch ein gr \ßers unheil entstehen k \nte / entschloße sich endlich /nicht mehr hierwider zu reden.

Es liefe aber eine gefårliche zeitung ein / daß nåmlich Valentia / die K \nigin der Aborigener / ein mächtiges heer zusammen bråchte / des willens / ůber das Riphatische gebirge zu gehen / und dem reiche Basan den krieg anzukünden: weil sie / ihres gemals halber /der des vorigen K \nigs von Basan / des Abinael / älterer bruder gewesen / und den Lucus verjaget / eine scheinbare forderung an das reich Basan hatte. Dieses machte nun den Marsius von Ninive abreisen / und nach Basan ůmkehren: da dan alle seine ungnade auf mich fiele / ům daß ich sein verräter gewesen. Er stellte nicht allein die vorige briefwechselung ein /sondern er wurde auch nachgehends in allem seinem thun geheimer gegen mir / als gegen einigen menschen: welches er mir fatsam zu erkennen gabe / als ich wieder nach Basan eine reise tåte / und ihm aufwartete. Weil ich diesen K \nig herzlich liebte / und alles / was ich seinet wegen gethan / aus treuer wolneigung fůrgenommen hatte / fiele mir diese seine kaltsinnigkeit unertråglich / und suchte ich solche auf alle weise wieder von mir abzuwenden: ich vermochte aber nicht zu erlangen / daß er ferner mich gewůrdigt eåtte / der vertraute in seiner liebe zu heißen. Doch ließe er inzwischen nichtes erwinden / worinnen er mir Königliche gnade und guttaten erweisen kunte: womit [365] er dan mich einiger massen befriedigte / daß ich endlich mich darein ergabe / und mich gern befreiet sahe / seine ståtige liebesklagen anzuhören: zumal ich doch nicht hätte unterlassen können / denselben zu widersprechen / und also von neuen seine ungunst mir aufzuladen.

Wie ich nun endlich von Basan wieder nach Syrien abreisete / bekame ich den Prinzen Suevus / als er zuvor in seinem geschåften zu Hesbon gewesen / zum gefårten: der dan / wie man zu Basan beschlossen hatte / durch Syrien nach dem Riphatischen gebirge gehen wolte / üm alda mit den heranziehenden Aborigenern sich zu bereden / ihre forderung zu vernemen /und / wo m \glich / sie zu befriedigen. Er gedachte aber / bevor er diese ferne reise ůbername / zu seiner tochter nach Hemath zu reisen / ům dieselbe zu bereden / daß sie den König Jobad ehlichte: worüber / dieses K \nigs gesandte / bereits die erklärung von Basan eingeholet hatten / die ihnen der Trebetes / kurz vor des K \nigs und des Suevus widerkunft von Ninive /auf gut befinden des großen rahts / erteilt hatte. Es kame aber dieser gute Fůrst eher von dieser reise zurůcke / als er vermutet. Er ware / nach vollendtem hochzeit fest / noch wenig wochen von Hemath hinweg gewesen / da bekame er die traurige zeitung / wie elend es daselbst den beiden unglücklichen verliebten / der Amorite und dem Apries / ergangen ware: welches / als nun etwas weltkůndiges / E. Maj. zu erzehlen ich eine unnot erachte. Um des willen unterließe dieser betrůbte vatter seine reise nach dem Riphatischen gebirge / und kame zu uns nach Hierapolis: da er dan so klåglich sich gebårdete / daß der Rames /mein herrvatter / und wir alle / zu innigstem mitleiden bewogen wurden.

Sein sonst großmůtiges herz befande sich viel zu[366] schwach / dieses leiden sonder eine gefärliche krankheit / zu über stehen: massen ihn solche etliche monden / bis in den vergangenen frůling / bei uns bleiben machte. Unterdessen schickte uns der himmel noch einen fůrnemen kranken / nämlich den König der Aborigener / den Tuscus Sicanus / den ein Canaanitischer Arzt begleitete: wiewol dieser anfangs seinen kranken nicht meldete / wer er ware / sondern nur allein uns seine person / als an welcher viel gelegen /båst anbefohle. Nach der hand / wie diesem arzte / der den Suevus noch in Celten gekennt / durch lange beiwonung / kund wurde / was dieser Fürst / im namen des Königs von Basan / mit den Aborigenern zu handeln im sinn hatte / offenbarte er ihm von seinem kranken / wie daß selbiger der Tuscus Sicanus / des Lucus und der Valentia warhafter sohn wäre. Der gute Prinz sch \pfte hieraus / soviel es seine traurigkeit zuließe / eine herzliche vergnůgung / und erwiese eine sonderbare hochachtung und liebe gegen diesem König / weil er dessen fraumutter / die Valentia / ehmals in seiner jugend geliebet: und lebte er nun der hofnung / da ihn das glůck den Aborigener-K \nig selbst finden lassen / daß er für Basan alles zu gewünschten ende bringen wůrde. Der treue arzt ließe zu dieser unterhandlung sich åmsig gebrauchen / und berichtete den Suevus / daß die Aborigener / so auf dem Riphatischen gebirge sich befanden / von ihres Königs leben und aufenhalt in Syrien noch nicht wůsten: daher / weil sie und die K \nigin Valentia alles dieses / ohne des Tuscus Sicanus willen und wissen / vorgenommen / es leichtlich zwischen dem König von Basan und ihm / ohne krieg / zu gůtlichem vergleich gedeien wůrde.

Dieses wurde von dem Suevus sofort nach Basan berichtet / und stunde es nicht lang an / da kame der[367] K \nig Marsius selber / neben dem Trebetes / dessen sohne dem Daces / und etlichen andern seinen vornemsten Celten / zu uns nach Hiempolis: worům aber / auser uns / niemand wuste. Es ward hierauf zwischen beiden K \nigen ein bund aufgerichtet / dieses enthalts: daß nämlich / so bald der Marsius / nach abgang des K \nigs Bojus in Celten / selbiges grosse reich ererben würde / dem Tuscus Sicanus Basan verbleiben solte. Hierbei ließen so wol der Marsius als Trebetes / zu beruhigung des betrübten Suevus / dieses ihre sorge seyn / wie sie zwischen dem Tuscus Sicanus und der Prinzessin Amorite (von der sie nicht anders vermeinten / als daß sie nun wieder in Hesbon seyn wůrde / ) eine heurat stiften m \chten: als sich wol erinnerend / daß ehmals der Lucus / sein herrvatter / solches auch im sinn gehabt. Der arzt des Tuscus Sicanus / machte hierzu dem Suevus / im namen seines Königs / große hofnung: welcher handel auch /den guten Prinzen wieder aufzurichten / nicht wenig fåhig war / massen er / von dem tag an / neue kråfte bekame / und in kurzem seine v \llige gesundheit wieder erlangte. Mein herrvatter / ům der gegenwart zweier so måchtigen K \nige sich nüzlich zu bedienen / entdeckte ihnen unsere damalige angelegenheit /nämlich wie allenthalben viele von einem noch-vorhandenen Syrischen K \nig redende zettel gefunden wůrden: da sie uns dan verhießen / im notfall hülfliche hand zu leisten; wiewol es hiermit bei dem Marsius sehr kaltsinnig zuginge / weil er dieses versprechen E. Maj. entgegen zu seyn vermeinte.

Es war damals eben ům die zeit / wie E. Maj. ihren einzug in Damasco halten solten: da dan / wie leicht zu ermassen / der verliebte Marsius nicht zu rück[368] bleiben wolte. Er beredte sich deßwegen mit niemand / als dem Daces: wiewol es Trebetes auch wuste / und Suevus neben mir es wol vermuten kunte. Was aber dieser verliebte K \nig so heimlich und verborgen triebe / daß täte der Tuscus Sicanus offenbarlich: welcher sich vernemen ließe / wie hoch ihme daran gelegen wäre / E. Maj. einzug in Damasco beizuwonen. Weil nun beide Könige einander wie brüder liebten / als machten sie reis-gesellschaft dahin: doch ließen sie ihre leute nichts hiervon inn werden / und dorfte auch ich / weil ich es einmal verderbet / nicht mit in diesen raht kommen / sondern muste mich dessen unwissend anstellen. Ich muste auch meinen fürwitz / diesen E. Maj. pråchtigen einzug mit anzusehen / mir hierbei vergehen lassen / weil mein herrvatter meiner benötigt war / mich in damaliger geheimen handlung zwischen uns und den Canaanitern zu gebrauchen. Doch vername ich nicht lang hernach / wie zween frömde unbekante ritter E. Maj. von den grimmigen lewen errettet håtten: die ich dan fůr den Marsius und Tuscus Sicanus halten müssen / und weiß ich nicht / ob ich irre /wan ich sage / daß diese beide Könige damals mitbulere geworden. So genau ich aber folgends nach ihnen mich erkundigt / konte doch nichts von ihnen erfahren: bis ich / ongefär vor eilf oder zw \lf wochen /durch einen unkentlichen slaven / zu Hierapolis einen brief von dem K \nig Marsius folgendes inhalts entfinge.

Schreiben des Königs Marsius von Basan / an den Cyniras Fürsten von Jedlaph.

In hofnung / daß ihr in den dingen / die meine freundschaft angehen / euch geheimer / als [369] in meiner liebe /erzeigen werdet / gebe ich euch in vertrauen zu vernemen / daß die Prinzessin Hercinde / meine schwester /auf ihrer reise nach Basan / eines von euren zustehenden lusthåusern / das unsern von Naema gelegen ist /berůren / und ich samt ihr daselbst / mit eurer bewilligung / mich befinden / auch etliche huntert Teutschen zu ihrer sicherheit mitbringen werde. Wollet ihr nun hierin eurem alten freund wilfaren / so gebet bringern dieses einen befehl an euren daselbst wonenden hausvogt / auf daß derselbe willig sei / uns aufzunemen: und versichert euch / daß ihr diese freundschaft keinem undankbaren werdet erwiesen haben.


Marsius.


Was hätte mir wol erfreulichers wiederfaren k \nnen / als diesen kleinen dienst dem grossen Marsius zu erweisen? Wiewol nun damals bei uns in Ober-Syrien alles in h \chster unruhe stunde / so brache ich danoch so viel von meinen geschåften ab / und eilte selbst nach dem benenten lusthause: doch hatte ich zuvor / begehrter massen / meinem bedienten daselbst befehl erteilet / wie er sich verhalten solte. Ich kame aber zu spate dahin / weil meine große gäste schon angelanget waren / und fande ich die sch \ne Prinzessin Hercinde bettlågericht: daher ich deren wundersch \nheit nicht eher / als wie sie wieder abreisete / zu sehen bekame. Es war auch bei ihnen / neben dem Prinzen Suevus / der K \nig der Aborigener: der dan ja so voll betrübnis / als der Marsius / zu seyn schiene. Ich konte vor ihrem ståtigen seufzen nicht zur frage kommen / woher sie kämen / wohin sie [370] wohin sie wolten / und was sie vorhåtten. Daß vielleicht Tuscus Sicanus die Prinzessin Hercinde liebte / wie ich mich erinnerte / daß mir der verstorbene Cimber von solcher liebe etwas erzehlet / wolte daraus nicht erhellen / als beim abschiednemen / (worbei niemand / als Marsius / sie beide und ich waren / weil er sich vor seinen eignen leuten geheim hielte) die Hercinde diesen König ihren bruder nennte / und ihn ermanete /sich mit seiner unmůglichen liebe nicht ferner zu quälen / sondern ehist Damasco zu verlassen / und nach Celten zu der dapfern Valentia / seiner und ihrer fraumutter zu reisen: welches er ihr auch verhieße / und damit von ihnen schiede / sie beide auf dem weg nach Basan allein fortreisen lassend.

Es geschahe dieser aufbruch bei nacht / und so schleunig / daß ich es bald verseumt håtte. Weil ich eiligst nach Lais zu unsrem heer zu kommen beruffen worden / als reisete ich auch noch selbigen morgen von dannen / und war ůber dieser bezeigten unvertreulichkeit des K \nigs von Basan so unlustig / daß ich mich nicht zu frieden geben kunte. Aber der Syrische krieg ließe mir nicht zeit / hieran so viel zu gedenken / als ich wol sonst wůrde gethan haben / und brachte mich der in selbiger nacht nach Damasco / wie eben die wunder-hochzeit mit E. Maj. schwester und dem Prinzen Dison sich begeben hatte. Ich verharrete daselbst / bis die dinge so wunderbar sich verändert /daß ich vor dreien wochen / nach Hierapolis zu kehren / von E. Maj. befehligt worden. Unterwegs unfern von hier / traffe ich unversehens den Tuscus Sicanus wieder an / und zwar ganz erkranket: wiewol seine schwachheit mehr im gemüte als im leib herschete /und kunte ich aus ihm anders nichtes bringen / als daß ihn die grausame liebe in solchen stand hätte gesetzet. Auf ämsiges zureden des arztes / der immer [371] ům diesen K \nig war / ließe er zu / daß man ihn hieher nach den warmen bädern fůrete: und allhier geheim zu bleiben /kiesete er ein haus / daß ganz abgesondert in der klippen lage.

Von dem König Marsius konte ich gar nichtes vernemen / bis ich / meine růckreise mit den v \lkern hieher nemend / ungefär den alten Elamiten Sesostris antraffe / welcher einer von den treusten bedienten des Suevus war / und vordessen den Amoritischen Königen gedienet hatte. Dieser berichtete mich / wie daß der K \nig von Basan / seit daß er E. Maj. einzug in Damasco mit angesehen / in seinem reiche nicht mehr gesehen worden / sondern stäts verborgen geblieben: welches dan keine geringe betrübnis unter den grossen in Basan erwecket / und hätte insonderheit sein herr / der Prinz Suevus / sich sehr darob bekümmert /weil er / als hochverständig / wol absahe / worzu in die länge dieser gram erwachsen k \nte / wan deme nicht beizeit gewehret und geraten würde. Er erzehlte mir daneben / von dem tod der Prinzessin Amorite /der tochter seines herrn / die auf ihrer reise nach Mesopotamien ümgekommen: welches ich / ob es gleich in meine erzehlung eigentlich nicht geh \ret / doch darüm mit anfüre / damit E. Maj. sehen / wie der himmel alles / was des grossen Marsius liebe hintern k \nnen / aus dem weg habe räumen wollen. Weil ich diesen edlen Fůrsten iederzeit hoch verehret / als hat dieser bericht von dem verlust seiner einigen tochter /nicht weniger / als die lebensart des großen Marsius /mich betrüben k \nnen.

Ich veruame allhier / bei meiner ankunft / daß der Prinz von Gerar die Prinzessin von Ammon geehlicht / und also dieses grossen K \nigs eingebildter mitbuler nicht mehr vorhanden war: weswegen ich wieder auf[372] den vorsatz geriete / meinem vatterlande zum båsten /dem K \nig von Basan in seiner liebe bedient zu seyn / und / wie ich / durch deren ehmalige offenbarung /eine hinternis darein gebracht / durch ietzige eröffnung ihm eine grosse bef \rderung zu erwerben. Ich entdeckte dieses mein fůrhaben / (nämlich E. Maj. des grossen Marsius verehrung kund zu machen) dem Prinzen Suevus / wie der mit den dreißig tausend Celten hier ankame: der dan für freuden mich tausendmal ůmarmte / daß ich dem ganzen Basan / ja dem grossen Celtischen reiche / diesen dienst erweisen wolte. Er ließe sich vernemen / wie daß er / ob es schon sein K \nig nicht meinte / jedennoch wůste / wo er wåre /und daß sein zustand also beschaffen / daß / wan er nicht bald hůlfe bekåme / dieses unvergleichlichen helden geist unter seinem leiden würde erligen müssen. Ich drange sehr in ihn / aus begirde / hiervon ein mehrers zu wissen: er wolte mir aber nichtes mehr sagen / weil er es hoch verschwören můssen / und muste ich mich also damit vergnügen / daß ich dem grossen Marsius dienen konte / sonder daß ich von ihm / oder er von mir / etwas innen wurde. Als ich dem Suevus sagte / wie daß der Aborigener K \nig hier beim saurbrunn sich heimlich befånde / war er sehr begierig / ihn zu sprechen: deshalben er mir auftruge / dessen wonung und aufenthalt auszukundschaften. Ich übername zwar diese můhe / kam aber damit zuspate: massen der Tuscus Sicanus / eben die nacht zuvor / wie ich seine herberge gefunden / nach Basan abgereiset war.

Nun habe ich / große Königin! nichtes mehr übrig zu sagen / als dieses / daß E. Maj. die kentnis / die ich ihr von der grossen ungemeinen liebe des K \nigs von Basan gegeben / ihr wolle zum antriebe dienen lassen / ihre grosmütige erkentlichkeit zu erweisen / und die ganze [373] welt ihr verbindlich zu machen / in aufnemung dieses mächtigen Monarchen: den der himmel / zu keinem andern ende / mit so ungemeiner tugend und allen gaben des leibes und gemütes versehen hat / als daß er der gr \sten schönheit teilhaftig werden / und also die zwo einige vollkommenheiten der welt sich vereinigen solten. E. Maj. hocherleuchter verstand wird vonselbst begreifen / daß Syrien des grossen Aramenes wiedersprossenden stammen nicht verdorren lassen / und daher E. Maj. verehlichung höchst verlangen wird / gleichwol aber / durch des unglůcklichen Elihu frisches beispiel gewarnet / keinen Syrer aus unsrem mittel deroselben zum K \nig fůrzuschlagen vermag / und daher notwendig einen fr \mden und måchtigen K \nig suchen muß / der uns wider die Assyrier schützen k \nne. Hiernach nun zu trachten /wird / wie ich bereits erwehnet / der grosse Marsius unter allen Monarchen allein geschickt / und fåhig seyn: und weiß ich gewiß / daß meine kůnheit mich nicht sůndigen mache / wan ich sage / daß / auser ihm / kein sterblicher / unsere Königin zu besitzen / mag wůrdig erfunden werden.


* * *


Als Cyniras hiermit seine erzehlung beschlossen /schauette er die sch \ne Syrerin mit unverwandten augen an: welche / das gesicht zur erden kehrend /eine geraume zeit in tiefen gedanken verharrete. Endlich aber / nachdem sie sich erholet / sahe sie den Fůrsten von Jedlaph an / und sagte: Wan ich euer ietziges beginnen recht überlege / so finde ich / daß ich nicht so große ursach habe / mich ůber euch zu beschweren / als eure sorgfalt zu loben. Ihr habt es eine notwendigkeit zu seyn erachtet / und ich erkenne es auch dafůr / mich wissend zu machen / wie der große König [374] von Basan gegen mir gesinnet sei: daher ich diese freie liebes-entdeckung / die ihr mir von ihm gethan / nicht unwillig aufnemen kan / sondern euch zu gut halte / daß ihr eurem freund / eurem lande und mir / zugleich hiermit dienen wollen. Ihr werdet aber / als ein kluger Fůrst / dieses werk von solcher wichtigkeit erkennen / daß ich zuvor alles wol bei mir ůberlegen můße / ehe ich hierin einige erklårung von mir stellen kan. Seit aber dessen versichert / daß ich nicht unterlassen werde / so viel an mir ist / des grossen K \nigs von Basan zustand ruhiger zu machen.

Der mehr als iemals erfreute Cyniras / war mit dieser erklärung der K \nigin båst zufrieden / und unterließe nicht / noch mehr bewegliche ursachen anzufůren / die die K \nigin hierzu bereden m \chten. Sie fragte ihn unter andern / ob er nie nichtes von dem Cimber und Tubal geh \ret / die sich in Damasco bei ihr hätten aufgehalten / durch deren beförderung ihr auch die ansehnliche hůlfe aus Basan zugekommen wåre? Cyniras antwortete: Er hätte / als ståts abwesend / von dem ersten nichts geh \ret; von dem andern aber wüste er / daß der bei dem König der Aborigener sich aufgehalten / mit dem er auch / ungefär vor zehen tagen / von dar hinweg gereiset wåre. Dieser bericht sezte die K \nigin in neue verwunderung / und als Cyniras vermerkte / daß sie allein zu seyn verlangte /name er wieder seinen abtritt / nachdem er ihr verheißen / dieses / so er ihr entdecket / vor aller welt geheim zu halten.

Kaum ware er von ihr gegangen / da stellte sich Ahalibama und Timna bei ihr ein: von denen die lezte so erblasst aussahe / daß die K \nigin sich fůrchtete /nach ihrem zustand zu fragen. Sie erfuhre aber von ihr / wie daß der ståts-anhaltende gram / üm bewuster ursachen [375] willen / diese änderung ihrer gestalt verursachte. Nachdem Timna die K \nigin genau angesehen /sagte sie: Ich finde / wan ich nicht irre / E. Maj. auch nicht wenig veråndert / und haben sie gewiß etwas erfahren / das eine bewegung des gemůts verursachen k \nnen. Ach liebste freundinnen (antwortete die K \nigin) ihr urteilet nicht unrecht von mir / und ist es mehr als zu wahr / daß ich mich in der gr \sten verwirrung von der welt befinde. Mich liebet der K \nig Marsius von Basan / und hat deswegen seine måchtige hülfe mir zugeschicket: weil er / allem ansehen nach / Syrien selber zu besitzen verlanget. Man hat mir dieses kund gemacht / üm meine erklårung darüber zu vernemen / und bin ich daher sehr betreten: weil ich in jetziger bedrängnis nicht sagen darf / daß ich den K \nig von Basan nicht lieben kan / wan ich nicht dessen hůlfe verlustig gehen / und einen måchtigen feind mir auf den hals laden wil. Wie kan aber dieses (begunte Timna zu fragen) E. Maj. so schwer vorkommen / da die leichtsinnigkeit des Abimelech sie ihr ůberlåsset / und keine båssere rache / als diese / dem Prinzen von Gerar k \nte gezeiget werden / als wan eine uns so wol anständige vereinigung zwischen Syrien und Basan getroffen würde?

Ach Timna! (antwortete die Königin) wer einmal wie ich geliebet / der ist zum andermal hierzu nicht fähig. Meine rache sol darin bestehen / daß ich / üm Abimelechs willen / mich an keinen andren begehre trauen zu lassen / auser an den Cimber / wan der noch lebte: als welchen seine treu und seltene tugend / die er bis in seinen tod erwiesen / von allen ůbrigen menschen auch ausnimmet und absondert. Wie kommet der Cimber (fragte Ahalibama) zu dieser neuen gnade? Ich erinnere mich ja / daß / seit der K \nigin Hermione kentnis / [376] die huld gegen ihme nicht mehr so groß / als vordem / gewesen. Man wil mich ja nun (widerredte die Königin) ganz gewiß versichern und glauben machen / daß dieser Cimber / der der K \nigin Hermione unbeständig worden / schon fürlångst in der schlacht bei Acraba tödlich verwundt worden: massen Cyniras mir beteuret / daß er ihn und den Tabal / nach Celtischem gebrauch bei ihrem begräbnis habe verbrennen gesehen. Hieraus folget nun / daß der Cimber und Tubal / die beide ein zeitlang bei uns sich aufgehalten / andere personen seyn müßen: und wan ich nicht wüste / daß der König von Basan und der König der Aborigener noch lebte / wolte ich sicherlich glauben / daß einer von ihnen dieser Cimber gewesen wåre.

Hierauf erzehlte die Königin / diesen beiden Fůrstinnen von Seir / nach der länge alles das / was ihr der Cyniras berichtet. Wie nun die Timna den sachen ein wenig nachgedacht / sagte sie: was gilt es / ob nicht der König von Basan dieser Cimber ist? E. Maj. sind seines todes nicht so gewiß versichert / daß ihn nicht ein zufall håtte können beim leben erhalten. Ich erinnere mich / daß / wie ich berichtet worden / fast ům selbige zeit / als man den Cimber bei uns todt gesaget / auch in Basan dergleichen gerůchte von ihrem K \nig erschollen sei. Als der Arsas (sagte die K \ni gin / der Timna gedanken zu bekråftigen) mit meinem an den K \nig Marsius abgegebenen schreiben in Basan angekommen / brachte der inhalt desselben /von des Cimbers tod redend / eine allgemeine traur in Basan / welche solang gewäret / bis der Tubal bei dem Suevus ankame / und zweifelsfrei mitbrachte /daß diese zeitung falsch gewesen. Dieses (tåte Ahalibama hinzu) sind zwar gute grůnde / fůr den König von Basan. Wan ich aber alles [377] recht betrachte / so wolte ich dafür halten / der K \nig der Aborigener sei dieser tod-gesagte Cimber gewesen: und weiß ich nicht / was für eine verborgene mir unbekante regung mich treibet / diesem Tuscus Sicanus so wol zu wollen.

Ist Tuscus Sicanus der Cimber / (sagte die schöne Aramena) so berge ich euch nicht / daß dieser tugendhafte K \nig bei mir nicht in gemeiner betrachtung schweben wird. Ist aber Marsius derselbige / so sage ich ebenfalls / daß der allein wird können fåhig seyn /das vom Abimelech verlassene herz wieder zu bestreiten. Ich vermeine aber den tod des edlen Cimbers nur all zugewiß zu wissen / weil sein freund / der Tubal /mich dessen selber versichert hat. So wird es demnach unnötig seyn / diesen verstorbenen mit den noch-lebenden zu vergleichen / und muß ich / weil ich Cimbers leben nicht hoffen darf / mich mehr gefasst machen / mit guter art des K \nigs von Basan liebe abzuweisen / als dieselbe aus ungewißer einbildung zu erkiesen. Dan / wan der unvergleichliche Cimber ein anderer / als des Hermans sohn / etwan der Marsius oder Tuscus Sicanus ist / gleichwie sein sehr vermutlicher tod / und die zeit von dessen ableiben / mich dessen vergewißert / so gestehe ich ohne scheu / daß keiner in der welt die hochachtung bei mir erwerben sol / die ich ihme zugewendet / und die er auch schwerlich so vollkommen / wan er noch lebte /wůrde erlanget haben / als nun / da sein tod mir die versicherung gibet / daß er sich nicht mehr werde åndern können. Es ist nicht ohn / (sagte Timna) daß ich E. Maj. wahl / den tugendhaften Cimber belangend /sehr edel und gut befinde. Weil aber derselbige todt ist / und E. Maj. ihm niemals ihre treue gelobet / auch der König Marsius von Basan / vermög des allgemeinen [378] ruffes / alle tugenden besitzet / die einen helden zieren k \nnen / und daneben Syrien von ihme nutz und schaden zu erwarten hat: so wolte ich mich wol unterstehen E. Maj. anzuflehen / in betracht dieses K \nigs sich zu ůberwinden / und dem reiche Syrien ewige ruhe zu verschaffen.

Liebste Timna! (antwortete die K \nigin darzu låchlend) kurz zuvor woltet ihr den Cimber nicht todt haben / und aus selbigem grunde mich bereden / des K \nigs von Basan liebe anzunemen / in erwägung /daß er der Cimber seyn m \chte: nunmehr aber / tretet ihr davon ab / und bekůmmert euch nicht mehr ům des Cimbers leben oder tod / wan ihr nur den K \nig von Basan mir ins herz bringen könnet. Wan dieser Cimber / wie ihr selbst mutmaßet / noch bei leben wåre / woltet ihr mir dan nicht raten / ihme meine wahl vor allen anderen zu zuwenden / wan er gleich weder Marsius noch Tuscus Sicanus wäre? Ich weiß hierbei nicht zu raten / (gabe Timna zur antwort) wofern der unvergleichliche Cimber noch lebet: ist er aber todt / so bleibet meine stimme für den Marsius. Und die meinige / (sezte Ahalibama hinzu) weil die Roma und er nicht eheleute sind / fůr den Tuscus Sicanus. Und die meinige / (sagte die sch \ne Königin) für niemanden / weil Abimelechs beginnen mir alles lieben zuwider gemacht. So sol dan (fragte Timna) der weltberůmte Marsius sterben / weil Abimelech /sonder dieses K \nigs schulde / ist unbeständig worden? Die liebe t \det sobald nicht / (antwortete die Königin) und ist deren håftigkeit / oft mehr gestellet /als warhaftig. Ich bestehe fåst darauf / daß ich nicht fåhig sei / mehr als einmal zu lieben. Ich habe einen lebenden geliebet: weil nun der mir ungetreu worden ist / so liebe ich einen todten / von dem ich versichert bin / [379] daß er es nie werden k \nne. Doch bin ich auch dieser meiner liebe nicht so gar gewiß / wan Cimber /wider alles vermuten / derjenige seyn solte / der sonder ursach die schöne Hermione verlassen / und im lezten kriege der Assyrier wider die Celten / mich zu entfůren / sich hat unterfangen d \rfen: dan auf solchen fall sage ich aller liebe ab / und werde durch seine andere erwiesene dienste nicht k \nnen überredet werden / sein gedåchtnis hochzuachten.

Weil aber Cyniras (finge die Timna wieder an) des Königs von Basan zustand so gefärlich machet / so wird er zweifelsfrei sehr auf E. Maj. erklärung dringen / und wird an deren inhalt gar viel gelegen seyn. Weil dieser bescheidene K \nig / (antwortete die sch \ne Syrerin) so lang geschwiegen / als werden er oder die seinigen / die dieses ohne sein wissen also treiben / mir auch nicht verůblen / daß ich nicht gleich mit der antwort fårtig stehe. Weil auch die zeit ein arzt gefårlicher dinge ist / als wil ich hierinn langsam gehen / und diese meine erklårung / die ihr beide iezt von mir vernommen / nicht eher offenbar machen / bis es die höchste notwendigkeit erfordern wird.

Mit diesen und dergleichen gespråchen unterhielten sich / diese schöne Königin und ihre beide vertraute freundinnen: bis die nacht sie hieße von einander gehen. Die durchleuchtige Aramena verharrete in unruhigem nachsinnen / ůber dieser begebenheit / und stellte ihr tausenderlei sachen von dem noch-lebenden Cimber vor: die aber alle ihr keine vergnůgung geben kunten / wan ihr widerwillens der Abimelech dazwischen einfiele / und sie daneben glauben muste / daß doch der Cimber gar gewiß todt wäre. Ihre qual / die sie hierůber ausstunde wärete die ganze nacht hindurch / und mattete [380] sie sich damit nicht wenig ab /also daß am folgenden tag / der der lezte ihrer cur war / die årzte keine geringe änderung an ihr verspürten. Sie bliebe auch / weil sie ohndas arznei gebrauchen muste / den ganzen tag in ihrem zimmer / da allein C \lidiane und Jaelinde ihr gesellschaft leisteten: vor denen sie aber ihr neues anligen verhelete / üm nicht auch andere damit zu beunruhigen / und sonderlich der Jaelinde nicht neue sorgen zu machen / deren fast-erloschenes liebesfeur hierdurch leichtlich håtte wieder anglimmen m \gen.

Es liefe selbigen abend eine zeitung von dem heer vor Damasco ein / mit deren zugleich der Prinz Amosis angekommen: und verursachte deren wichtigkeit /daß so fort / neben diesem Egyptischen Prinzen / alle anwesende fůrneme kriegesbedienten in der K \nigin gemach sich zusammen tåten / üm dem bericht mit beizuwonen / der alda solte abgelegt werden. Sobald Amosis die Königin ersehen / eilte er / ihr den rock zu küssen / und legte sofort seine entschüldigung ab /daß er / aus kindlicher ehrerbietung gegen seinem herrvattern / die völker vor Damasco verlassen hatte. Nachdem die Königin ihn mit kurzen worten wilkom geheisen / sahe sie den Fürsten Nahor an / der von dem heer war abgeschicket worden / und / sowol in seinem / als des Husans angesicht einigen unmut lesend / ließe sie ihr schwanen / daß sie nichts gutes vernemen würde. Redet / Fůrst Von Haran! (sagte sie zu ihm) und scheuet euch nicht / unsern zustand / wie schlecht er auch seyn mag / mir zu er \ffnen.

Gnädigste K \nigin! (antwortete er) was ich zu berichten habe / macht eben unsren zustand nicht schlechter / sondern dienet uns nur zur warung / und zur aufmunterung / unsern dapfren muht zu erweisen /und für [381] E. Maj. unser leben zu lassen. Es hat der feind eine mächtig hülfe von den Arabern und Egyptern bekommen / da nicht allein der Pharao Uchoreus mit acht tausend Egyptern / sondern auch die K \nigin Petasiride mit sechs tausend Sabeern / der Prinz Mardocentes mit vier tausend Arabern / und der Eliphelet mit sechs tausend Cussiten / durch unsere völker sich durchgeschlagen / und nicht allein den Fůrsten Sosares samt seinen Niniviten gänzlich aufgerieben / sondern auch unter den Celten keinen geringen schaden verůbet haben. Es hat aber der unsrigen mishålligkeit / dieses unglůck verursachet. Dan wie der Prinz von Egypten / üm nicht gehalten zu seyn / gegen seinem herrvattern zu fechten / uns verließe / tåten sich Badezorus / Sosares / Gaisus / Hezrai und ich zusammen /und beschloßen / nach vielem wortgefechte / daß dreitausend von meinen Syrern / dreitausend Celten und so viel Niniviten / dem ankommenden Pharao solten entgegen gehen: welche dan / von dreien jeden volks haubtleuten angefüret wurden.

Als aber indem auch zeitung einlieffe / wie daß von jenseit der stadt die Araber in großer månge ankåmen / zogen wir uns alda zusammen / und stellten den Sosares mit seinen Niniviten an eine brůcke / den feind abzuhalten. Gaisus verlegte sich / mit seinen Celten /an des gebirge / üm aller orten acht zu haben / wo die Araber durchbrechen wolten. Wir andren aber / nämlich Hezrai / Badezorus und ich / blieben bei unsren posten / üm auf den feind in der stadt ein wachendes auge zu haben: wie sie dan / sonder zweifel nachricht habend / daß hülfvölker fůr sie im anzug wären / mit ståtigen ausfållen / das sie sonst nie gethan / uns zu schaffen gaben. Der Pharao Uchoreus ginge nun / [382] in der nacht / auf unsere neun tausend man los; und weil von des Eliphelet Cussiten / uns unwissend / noch viertausend mit ihm ankamen / vermochten die unsrigen / zumal sie unter einander selbst sich ůbel verstunden / sich nicht långer zu halten / und begunten zurück zu weichen: da sie dan / üm mehrere hůlfe /ins lager sendeten.

Weil wir eben im handgemånge mitten Assyriern begriffen waren / nachdem der Prinz Sinear einen starken ausfall gethan hatte / kunte ich von meinen bei mir habenden keine wol entraten / und ließe demnach dem Tabrinnon / welcher tausend von denen mit der Prinzessin Danede angekommenen / Cussiten fůrete / entbieten / daß er doch den unsrigen zu hůlfe kommen m \chte. Nun hatte es diesen verdrossen / daß sie anfangs nicht mit waren befehligt worden / den Egyptern entgegen zu gehen: daher weigerten sie sich hierwider / und wolten erst deswegen von dem Hezrai befehl erwarten. Als ich hiernächst den Celten Hesion aufmanete / ward ich mit gleichem abschlag beantwortet. Inzwischen brachte Pharao durch / und kame /mit zimlicher niederlage der unsrigen / in die stadt. Wie nun dieses keinen geringen verdruß unter uns erwecket / als wurden die Syrer so verbittert / daß / wie am folgenden morgen / der Eliphelet mit den Cussiten und teils Arabern / auf die Celten stieße / kein einiger ihnen begehrte zu hülfe zu kommen. Es machte auch des Sosares unzeitige dapferkeit / daß er den posten verlore / auch der K \nigin Petasiride und dem Prinzen Mardocentes anlaß gabe / ůber den strom zu kommen. Dan / wie dieser Ninivite sahe / daß die Sabeer heran zogen / welche / in warnemung seiner v \lker / sich anstellten / als wan sie fliehen wolten / sezte er über die brücke zu ihnen hinůber / und vermeinte sie zu schlagen: er hatte sich aber des mächtigen [383] hinterhalts nicht versehen / der jåhlings ihn überfiele / und ihn samt allen den seinigen aufriebe. Hierauf brache der helle haufe zu uns herein / da dan alles in großer unordnung ginge: und hätten sie / an stat nach Damasco zu eilen / sich unserer verwirrung bedienen wollen /würden sie uns ganz aufgerieben haben.

Dieser zufall machte mich hieher reisen / da ich unterwegs zu Aroer den Prinzen Amosis gefunden: üm allhier zu erinnern / wie daß wir unmůglich sonder einem General / dem alle und jene völker gleich gehorchen můssen / etwas gutes werden ausrichten können. Was ich aber sonst hierbei suchen wollen / nåmlich eilige hůlfe / das habe ich mit höchster freude allbereit auf dem weg angetroffen: massen nicht allein der Prinz Suevus / neben dem Fürsten Rames mit zwanzig tausenden / sondern auch das Ninivitische heer unter dem Elimodan / mir begegnet / die nun auch E. Maj. durch mich ersuchen lassen / eiligst in person nachzufolgen / und diesem heer einen obersten fůrer zu geben / ohne welchen dieses große werk kein gutes ende gewinnen kan. Es sind noch sechstausend Sabeer / vier tausend Araber / und so viel Cusiten /für den feind unterwegs: denen die vereinigung mit den andern zu verwehren / h \chstn \tig seyn wird.

Es ist nun meine sache (antwortete hierauf die sch \ne K \nigin von Syrien) etwas erhitzet: darum wil ich selbst mit zu felde gehen / und euren General fůrstellen. Der große Gott / und meine sache ist gerecht: darům zweifle ich nicht / an gutem ausschlag dieses kriegs. Weigert euch nicht / ihr dapfren helden (sagte sie ferner / sich zu ihnen allen wendend) einem weibe zu gehorchen! Von euch ingesamt sol der raht gegeben / von mir bestätigt / und sodan von euch volzogen werden. Und weil [384] ihr euer blut / fůr mich und mein reich aufzuopfern / mir verheissen / als verspreche ich euch hingegen / mein leben gleichfals nicht zu achten / sondern es allemal / wo ihr werdet fechten můssen / mit fůr die spitze zu stellen. Keiner unter allen anwesenden ware / in welchem nicht diese grosmut der schönen Syrerin so viel bewunderung / als wolneigung zu ihr / verursacht hätte: und fiele nun der einhållige schluß / daß man morgen mit dem tage nach Damasco aufbrechen müste. Des jungen Sosares tod ward von allen beklaget: da fürnemlich Dersine /seine schwester / wie sie es erfuhre / grosse betrübnis blicken ließe. Der Prinz von Egypten entschuldigte sich nochmals gegen der K \nigin von Syrien / und beteurete / mit des Nahors zustimmung / daß weder seine anwesenheit die mishälligkeit der kriegsbedienten verhintern / noch seine abwesenheit dieselbe befördern k \nnen. Die K \nigin gabe ihm zur antwort: wiedaß sie dieses ihm ganz nicht zuschriebe / und gar wol begreifen k \nte / daß wider seinen herrvattern zu fechten / der wolstand keines weges gedultet. Der Prinz versicherte sie hingegen / daß / ungeacht sein herrvatter in Damasco wäre / er dannoch in dieser belägerung sein leben / ihr zu dienst / willigst aufsetzen wolte: wofür sie sich ihm hochverbunden bezeugte.

Dieser Prinz eilte hierauf nach seiner geliebten Prinzessin / die er bei der Delbora / zwar so befr \mdet / als erfreuet / antraffe. Das geschrei von der Syrer niederlage / hatte sich in der Prinzessin von Cus wonung gr \ßer ausgebreitet / als sie an sich selbst war /und erschiene deswegen dem Egyptischen Prinzen seine Prinzessin mit nassen augen: die da betraurete /daß man dem Hezrai und ihren Cussiten die meiste schuld beilegen wolte. Wie aber Amosis die ursach ihres unmuts vernommen / [385] sprache er sie zu frieden /und verbliebe fast dieselbe halbe nacht bei ihnen: die sie dan miteinander in erfreulicher unterredung verbrachten / und endlich / als der Prinz sie verlassen /daß ůbrige dem schlaff widmeten. Diesem aber musten sie frůher / als sonst / wieder urlaub geben / weil der algemeine aufbruch alles wach machte / und jeder an seinem ort hierzu sich rüsten muste. Die beide K \niginnen Hermione und Roma / weigerten sich anfangs / diesen zug mit zu verrichten / und gingen deshalben zu der K \nigin von Syrien / ihr anzusagen /wie sie gewillt wåren / ihre hölen wieder zu beziehen. Aber die sch \ne Aramena kunte sich zu dieser absonderung nicht verstehen / und bate sie solang / mit hülfe der Prinzessin Delbora und der andern / bis sie sich entschlossen / bei der gesellschaft im lager zu bleiben.

Es hatte / dem beispiel der dapfren Syrerin zu folge / alles frauenzimmer sich kriegerisch gekleidet / und mit pferden versehen: da auch C \lidiane / ob es gleich ihrem leben und sin zuwider ware / eine heldin mit abgabe / und sich so stark befande / daß sie das reiten wol auszudauren vermeinte. Als die schöne K \nigin diese ihre liebste mitbulerin zu pferd erblickte / sagte sie zu ihr: Wolan Cölidiane! der unmut muß uns zu kriegern machen / und wollen wir darin glůcklicher /als in der liebe / werden. Ich bin ein soldat / (antwortete C \lidiane) der kein glůck begehret / sondern nur den tod verlanget. Dieses ungedultigen wunsches (versezte die K \nigin) ist unser treuloser nicht würdig / und begehre ich seinethalben nicht zu leben / noch weniger aber zu sterben. Hiemit / weil alle die andern dazu kamen / ginge der aufbruch fort: da diese heldin / ein verwundersames heer der meisten sch \nsten damen von der welt auffůrete.

Ihr majestätisches wesen / daß sich / bei dieser handlung / [386] [388]mehr zu einer ernsthaftigkeit zwunge / als ihr sonst von natur gewönlich war / bename ihrer sch \nheit gar nichtes / mehrte aber / bei denen die sie ansahen / ihre verehrung. Man sahe auch aus ihrem wesem einigen verdruß hervorblicken: der ihr aber /weil ihr alles wol anstunde / nichts von ihrer zierd bename. Allen ůberflüßigen weiberschmuck / hatte sie hinweg gelassen. Es bedeckte aber ihre guldne sturmhaube / die sie aufgesetzet / eine überauskostbare dia manten-krone: die doch nicht so viel / als ihre augenstralen / bei ihr den vorzug andeuteten / daß sie fůrerin dieses kriegs seyn wolte. Eine sch \ne tygerhaut /oben auf der schulter mit einem feurigen sehr großen rubin zusammen geknůpfet / bedeckte guten teils ihren leib: darůber ihr ein köcher mit pfeilen den rucken herab hinge / und fůrete sie einen von den pfeilen in der hand / der ihr an stat des generalstabs dienen muste.

Die K \nigin von Ninive / ihre schwester / die des reitens / als sie den Dison fůrgestellet / zimlich gewonet hatte / ließe sich nächst ihr mit nicht geringerer anemlichkeit sehen: deren dan die Königin Eurilinde zur seiten ritte / die / ob sie schon mit den andern ungleicher jahre war / dannoch diesen sch \nen haufen nicht verunzierte. Nach ihnen kamen die beide Celtische K \niginnen / ferner die zwo Prinzessinnen von Cus / sodan die C \lidiane und Jaelinde / folgends die Ahalibama und Mehetabeel / und dan alles der K \niginnen frauenzimmer / auch die gemalinnen und t \chter der Syrischen / Ninivitischen und Celtischen Fůrsten und vornemsten soldaten. Dieser aufzug gabe nun so ein sch \nes aussehen / daß das kriegsheer /welches sich in zierlicher schlachtordnung fůr das lager gestellet / mit einem himmel-anschallenden geschrei sie bewunderte und bewillkommete.

[388] Vierzehen tausend man folgten diesem weiblichen heer: von denen der Husan dreie / der Thare zwei /und Cyniras auch zweitausend Syrer fůrete / und die übrige siebentausend Celten waren / die unter dem befehl des dapfern Isters gingen. Sie kamen selbigen tag nicht weiter / als nach Aroer: alwo sie erfahren / daß ein starker ausfall aus Damasco diese nacht geschehen wåre / der aber mit sehr grossem verlust der Assyrier abgelaufen; so håtte auch des Suevus hinkunft alles in guten stand gebracht / und wäre man nun so ämsig /sich zu verschanzen / und eine wagenburg üm die stadt zu schlagen / daß verhoffentlich der ort / wo die Königinnen und das gesamte frauenzimmer lagern solten / noch vor ihrer ankunft fårtig stehen wůrde.

Die Königin von Syrien besuchte / gleich nach ihrer ankunft in Aroer / die weise Tirdane: welche eben etliche tage zuvor / durch des Eliphas waffenträger den Asareel / von der Timna zustande / nachricht erhalten hatte / und nicht wuste / was sie fůr bekůmmernis beginnen solte. Timna / die stäts unpäslich war / und daher fůraus nach Aroer sich fůren lassen /hatte ům dieses neue unglůck nicht gewust / als sie in der Tirdane haus geko en: daher ihr schrecken / wie sie dessen innen worden / der Tirdane ihrem gliche. Sie lagen beide zu bette / als die Königin mit der Ahalibama ankame: deren dan die ungedultige Tirdane nicht verheelete / was sie schmerzte / und so entfindlich ihren darob gesch \pften verdrus fürzubringen wuste / daß die Königin von Syrien / vor dißmal und bei solcher eilfärtigkeit / die arme Timna bei ihr auszusönen keine můglichkeit ersahe. Doch sprache sie ihr beweglich zu / das / so Timna gethan / nicht also übel zu deuten / und zu erwägen / daß der Fůrst von Theman von einem geschlecht wäre / dessen sie sich nicht schämen [389] dörfte. Dieses alles aber verfinge nichtes bei der bekůmmerten Tirdane / zumal wan sie ihr /zu der Timna betrug / auch des Eliphas unbeståndigkeit vorstellte. Also muste die K \nigin von Syrien hinweg scheiden / sonder etwas fůr ihre freundin /auser / daß sie ferner in ihrem palast solte gedultet werden / erlanget zu haben.

Wie sie aber vorher auch zu dieser trostlosen in die kammer gekommen / fande sie dieselbige in so elendem und erbårmlichen zustand / daß sie mehr mit ihr zu weinen / als sie zu tr \sten / vermochte. Weil deren herannahende geburt-zeit / neben ihrer aus der betrübnis geschöpften unpäslichkeit / dieser Fürstin verwehrte / mit der Königin für Damasco zu ziehen / verdoppelte solches ihr leiden / und war der abschied so schmerzlich / daß Timna in ihrer K \nigin armen onmåchtig wurde. Es verließe sie aber die schöne Syrerin / mit der fästen vertr \stung / daß sie vor ihr båstes nach aller m \glichkeit sorgen / und sie so wol mit dem Fürsten Eliphas / als mit der Tirdane / bald wieder auszusönen trachten wolte.

Sobald die Königin in ihren verordneten palast wieder angekommen / meldete ihr der Fürst Jothan von Chesed ihr kammerherr an / wie daß man den priester Abdastartus in Aroer gefunden / und zu gefångnis gebracht håtte / der bisher in großem verdacht gewesen / als wan er es mit dem Fůrsten Ninias von Ressen gehalten hätte / von dem er dan vermutlich wůrde nachricht zu geben wissen. Weil die K \nigin /so wol des Abdastartus ihr-erwiesene gute dienste /als was er ihr mit dem Ninias zuwider gethan / bei sich in gleiche erwägung zoge / wolte sie nicht / daß man ihm einiges leid anthun solte / und verlangte /ihn selber zu sprechen: der meinung von ihm zu erfragen / wo ihr feind der Ninias wåre / und was ihn doch bewegte / diesem veråter / [390] wider sie / so treue dienste zu leisten. Wie er nun vor sie gebracht worden / und sie jederman / auser Ahalibama / von sich hinaus gehen lassen / sahe sie ihn eine gute weile an / ehe sie anhube zu reden / und vermochte ganz nicht / sein ehrliches feines aussehen / mit seinen thaten zu vergleichen. Er hingegen / so ihme nichts b \ses bewust war / bewunderte / in seinen gedanken / dieses tyrannische verfahren der sonst allergůtigsten Königin und erwartete unerschrocken / wovon diese unterredung handlen würde.

Abdastartus! (h \rte er sie endlich reden) ist es wol müglich / daß ihr / nach so vielen mir erwiesenen gut taten / den fästem fürsatz haben könnet / mich zuverfolgen? warum zwinget ihr mich / solcher massen /wie nun geschihet / mich gegen euch undankbar zu erweisen? und womit habe ichs verschuldet / daß ihr meinem feinde / mir zum schaden / also wol wollet? Der himmel sol mein zeuge seyn / (antwortete Abdastartus) daß ich / sonder einiges b \ses fůrnemen / dem Cimber die bisherige pflege erwiesen / und hat mich anfangs .... Was sagt ihr / Abdastartus? (fiele ihm alhier die sch \ne Aramena in die rede) was wollet ihr damit / daß ihr den Cimber nennet? Dieser unglückselige (gabe er zur antwort) ist ja der jenige / der mich bei E. Maj. gleichwie sich selber / in solche ungnade gestürzet. Ich begreife es nicht / was ihr saget / (sagte die K \nigin) weil hier nicht die rede ist von einem Cimber / sondern von dem verwegenen Ninias / meinem verfolger / den ihr geschůtzet / und wider meinen willen / auch mir zum schaden / so wol in dem tempel zu Damasco / als nachgehends bei dem saurbrunn /ihme heimlichen aufenthalt gegeben. Ihr habt auch anfangs / mich zu betriegen / von ihm ausgeben d \rfen /daß er todt wåre: da doch hernach / verm \g [391] euer eignen bekentnis / das widerspiel sich befunden. Wie /gnådigste K \nigin! (fragte der so erfreut als bestürzte Abdastartus) halten sie mich dan darum fůr schuldig /daß ich den Ninias sol bei mir heimlich bewirtet haben? Bin ich dan dessen (fragte sie hinwieder) nicht mehr als genug befuget? Dieses (antwortete er) weiß ich nicht zu widerreden: aber mit der höchsten warheit kan ich sagen / daß ich nie von diesem Ninias einige kentnis gehabt / und daß der tugendhafte Celte / der Cimber / der jenige gewesen / den ich bisher in seiner krankheit bedienet.

Es fehlte wenig / daß der schönen K \nigin von Syrien nicht alle sinnen vergangen / so ein freudiges entsetzen hatte diese unvermutete zeitung von des Cimbers leben in ihr erwecket. Sie kunte es auch anfangs unmůglich glauben / als der treue und warhafte Abdastartus ihr ausfürlichen bericht gabe / wie seine schwester ihm den verwundten und in das wasser geworfenen Cimber in den Isis-tempel zugeschicket / da er ihn so traurig von gemůt / als verlezt am leib gefunden; wie er ihm daselbst / auf sein inständiges bitten / verholfen / daß er sie einsmals / bei spatem abend / durch ein fenster gesehen / welches ihm aber so ůbel bekommen / daß er onmächtig in sein zimmer wieder gekehret / und ganz trostloß sich angestellet; wie er hierauf / ihrem befehl zu folg / seinen kranken aus den tempel schaffen můssen; wie er / auf dessen begehren / und ihn von fernerer verfolgung zu befreien / ihr seinen tod fůrgesagt / und ihre darauf erfolgte herbe antwort ihm wieder hinterbracht / die seinen grossen kummer sehr vermehret; wie er dessen ursach vor seinem bästen freund / dem Tubal / so lang heimlich gehalten / bis er neulich / als sie in sein haus beim saurbrunn gekommen / in der nebenkammer /ihre harte [392] reden angeh \ret / und hierauf aus ungedult /gegen dem Tubal und ihm heraus gebrochen / daß er nicht ferner also elend leben / sondern nach Basan kehren wolte: dahin sie auch folgends / ungeacht seiner schwachheit / abgereiset wåren.

Die schöne K \nigin hatte bisher / mit gedultigster aufmerkung / dem Abdastartus zugeh \ret / konte aber nicht långer sich halten / ihre verwunderung zu bezeugen. Welche wunderdinge (sagte sie) verneme ich von euch / mein vatter! und wie unschuldig habe ich mich doch in den verdacht gesetzet / daß der edle Cimber mich fůr seine feindin geachtet. Alles / was ich widriges gegen euch von eurem kranken geredet / das ware von dem Ninias zu verstehen / und ist mir niemals in den sinn gekommen / diesen helden / den ich stäts für meinen freund geachtet / zu verfolgen. Aber ist es auch wol můglich / daß Cimber noch lebet? und haben sich diese irrungen also begeben k \nnen / daß ich nicht zeitiger die rechte warheit hiervon ergründen können? Ich entfinde / gnädigste K \nigen! (antwortete Abdastartus / des edlen Cimbers halber / von dem E. Maj. nur gewiß glauben m \gen / daß er noch lebe /eine solche freude / daß ich alle augenblicke beklage /die ich versaumen muß / ihme sein glůck zu hinterbringen / auf welchem seine gesundheit / ja die erhaltung seines lebens / beruhet. Ist er dan so nahe / (fragte sie) daß ihr so gleich euer verlangen erfůllen k \ntet? Wan E. Maj. (antwortete er) den fernern verlauf unserer reise nach Basan / und erfolgter wiederkehr /anh \ren wollen / wil ich sofort berichten / wo sich Cimber iezt befindet / und wie es ům ihn stehet.

Wie nun die K \nigin ihr håftiges verlangen / nach dieser erzehlung bezeuget / fuhre Abdastartus also[393] fort zu reden. Wir zehlen nun den zw \lften tag / seit daß E. Maj. den vermeinten Ninias an dem ort suchen ließen / wo Cimber und ich uns aufgehalten: das uns dan anlaß gabe / solang in einer höle uns zu verbergen / bis durch den Tubal zur reise nach Basan alle anstalt verfůget worden / und wir in der nacht / unter der schutzgeleitschaft von tausend Celten / uns fortmacheten. Ich wůste die betrübte reden / die der Cimber unterwegs gefůret / auf so erbårmliche weise / wie er sie vorgebracht / nicht fůrzustellen. Ich hörte aber nicht / daß er / in seinen klagen / etwas wider E. Maj. hohes ansehen geredet / und gabe er blos seinem unglück die schuld / welches also wider ihn wütete. Weil ich hierbei / allen ůmständen nach / so viel abnemen kunte / daß dieser Cimber etwas großes und nicht derjenige seyn müste / den er fürstellte / als bemühete ich mich sehr / seinen rechten stand zu erforschen: ich vermochte aber keine recht sichere nachricht zu erlangen / auser daß es munkelte / als wan er der K \nig der Aborigener / der Tuscus Sicanus /wåre. Die Celten / so bei uns waren / wusten selber nicht / wen sie begleiteten: massen er / so wol wegen seiner unpåslichkeit / als auch wegen geheimhaltung seiner person / auser dem Tubal / seinem arzte und mir / von niemand gesehen wurde. Weil er uns / vor grosser mattigkeit / unter den hånden vergehen wolte /musten wir sehr gemachsam reisen.

Es fůgte sich aber / durch sonderbare schickung des himmels / wie es nun der erfolg lehret / daß wir eben in ein dorf kommen musten / wobei das ganze heer der Cussiten stunde / welche Damasco zu entsetzen /im anzug waren. Weil diese råuberische leute nicht gern etwas vorbei lassen / sonder es anzusprechen /als fielen sie bei nacht mit etlich tausenden in unsere wonungen [394] ein / welches ihnen die wachsamkeit der Celten nicht verwehren kunte / zůndeten so fort alle håuser an / und begaben sich auf das rauben und morden. Tubal und ich waren in dieser gefahr allein beschåftigt / unsren Cimber zu erretten. Dieser verzweifelte aber / verlangte nichts häftiger / als den tod: massen er sagte / daß er nicht bässer sterben könte /als auf die weise / da niemand jemals erfahren wůrde /wie er ůmgekommen. Aber sein ungedultiges wůnschen machte unsere vorsicht / ein solches zu verhůten / nur desto eifriger: und wie die mohren in unser haus einbrachen / erhielten wir ihm und uns das leben / indem wir dem fůrer von diesem haufen sagten / wie daß der Cimber ein fůrnemer reicher herr wåre / dessen tod ihnen wenig nůtzen / aber sein leben ihme viel schätze und güter zu weg bringen k \nte. Dieses nun bewegte die geitzige mohren / uns wol in acht zu nemen / und wurden wir zu glůck / in einem besondern wagen zusammen gesetzet / auch von den andern ganz abgesondert.

Es hatte aber noch ein anderer / der so wol als Cimber unbekant leben wolte / diese reise nach Basan mit uns gethan / welches ich bis dahin nicht gewust: ům dessen zustand der Tubal sich sehr besorget erwiesen / weil er ihn fůr verloren hielte. Doch risse ihn aus dieser bekůmmernis ein mir unbekanter mensch /der dem Tubal / indem wir durch das Cussitische heer gefůret wurden / in Celtischer sprache von einem baum zurieffe: Sein herr sei nicht gefunden / und halte sich in einem keller verborgen; sie wolten / sobald sie nach Basan kåmen / unsern zustand daselbst kund machen / damit wir eiligst hülfe bekämen / und wieder befreiet wůrden. Uber diesem bericht stellte sich /so wol Tubal / als der Cimber / sehr erfreuet an / und damals nicht [395] vermeinend / daß ich Celtisch verstůnde / redten sie ein und anders zusammen / wiewol so heimlich / daß ich nicht alle worte vernemen / doch soviel verstehen kunte / was mich in meiner bereits gefassten einbildung stärkte / nämlich daß Cimber der Tuscus Sicanus seyn müste.

Nachdem wir zum andern heer der Cussiten wieder gelanget / musten wir also mit ihnen den rückweg nach Syrien nemen: da der eingebildte reichtum / den unser Cussite von uns verhoffte / uns alle gute pflege und wartung zuweg brachte. Es wolte unser gutes glůck / daß die Cussiten / unfern von Damasco / die stadt Asora überfielen / alda ungefär unser Cussite eine seiner schwestern antraffe / die einen Syrischen kaufman geehlicht / welcher mir langsther wol bekant gewesen. Ich machte mir dieses zu nutze / und beredte den Syrer / daß der seinem schwager / auf ein großes geld / für uns gut sagte / und wir also in Asota blieben / weil der kranke Cimber unmüglich weiter fort kunte. Solcher gestalt erlangten wir wieder unsere freiheit / und nachdem Tubal den kaufman ganz gewiß versichert / daß das fůr unsere befreiung versprochne geld sich einstellen solte / machten wir uns auf den weg / hieher nach Aroer zugehen: da wir dan vor wenig tagen angekommen / und ganz nahe bei E. Maj. palast unsere wonung genommen haben. Meine unvorsichtigkeit / oder vielmehr mein und des Cimbers gutes glůck / haben mich folgends in diese haft gebracht / da jemand von E. Maj. leuten / weil er mich auf der gassen heut ersehen / und / vielleicht vermeinend / daß ich mit dem verråterischen Ninias mich allhier aufhielte / meine verhaftung verursachet. Ich danke nun zu förderst dem gůtigen himmel [396] und der großen Isis / daß E. Maj. nicht allein meine unschuld erkennen / sondern auch / den edlen Cimber aus dieser noht zu retten / sich zweifelsfrei gnädigst erklåren werden: massen ich versichert bin / daß einig und allein in E. Maj. hånden sein leben und tod stehet / und er / wan er erfåret / wie es ein irrtum mit E. Maj. ungnade gewesen / seine verlorne kräfte und gesundheit gleich wieder erlangen wird.

Die schöne Syrerin / die dem Abdastartus mit großer aufmerkung zugeh \ret / blieb eine geraume zeit in unschlüßigen gedanken / was sie hierzu sagen solte: zumal sich auf einmal ihren sinnen alles vorstellte / so hierbei zu bedenken seyn mochte. Sie fande endlich notwendig / vor allen dingen den großen Cimber aus seinem irrtum zubringen / und befahle deshalben dem treuen Abdastartus / daß er so fort zu ihm gehen und ihm die wahre bewandnis dieser ganzen sache er \ffnen solte. Wan ich für meinen kranken (antwortete Abdastartus) eine gnade begehren dörfte / so solte es diese seyn / daß er aus dem holdseligen munde seiner Königin selbst die versicherung anhören möchte / wie mit dieser ungnade nicht er / sondern der Ninias / gemeinet gewesen / und daß E. Maj. die erhaltung seines lebens verlangen. Die Königin err \tete / als sie dieses begehren des Abdastartus vername: weil sie es aber nicht ungereimt befunde / als wolte sie es ihm weder ab-noch zusagen / und ließe ihn damit von sich / daß er dem Cimber erstlich diese post bringen / und sein eingenommenes gemůt vorbereiten solte / ihre besuchung / nicht als von einer feindin / sondern als von seiner freundin aufzunemen. Hierauf wurde dem Jothan anbefohlen / den Abdastartus auf freien fus zu stellen / und ungehintert gehen zu lassen.

[397] Sobald die schöne K \nigin mit ihrer vertrauten Ahalibama sich allein sahe / überlegte sie mit derselben alles / was sie nun erfahren / und kunte die wissenschaft von des Cimbers liebe in ihr die freude nicht bergen / die diese zeitung von seinen leben erweckt hatte. Das mitleiden / daß sie ihn / wiewol unschuldig / so sehr betrübet / stellte sich auch bei ihr ein: und wolte ihr öfters / so wol die rache wegen des Abimelech / als ihre eigne regung den raht geben / des Cimbers liebe wol aufzunemen; welcher gedanke iedoch von der wahren vernunft wieder untergedruckt wurde. Sie befande aber ihre unruhe durch nichtes mehr bef \rdert / als durch dieses / daß sie üm des Cimbers liebe wuste / und zugleich besorgte / daß er der Hermione ihr Cimber seyn m \chte: welches sie bald unwahr / bald wieder wahr wůnschete. Kurz ihr lebenlang hatte sie sich nicht in ihrem gemůte so verwirrt und unschlůßig / wie dißmal / befunden. Wollen dan E. Maj. (finge endlich Ahalibama an zureden) dem Cimber / nach so viel ausgestandener marter / nicht diese erquickung g \nnen / ihn vor dero aufbruch nach Damasco zu besuchen? Ach Ahalibama! (antwortete die Königin) wie willig wåre ich hierzu / wan ich nicht wüste / daß er mich liebte. Es weiß aber der Cimber nicht / (widerredte Ahalibama) daß / durch seine verborgene schriften / und durch die Jaelinde /E. Maj. solches bewust worden. Dem ist zwar also /(sagte die K \nigin) ich bin aber nicht versichert / daß er es künftig nicht erfahren solte: woraus er dan abnemen wůrde / daß ich seine liebe gebilliget. Wollen aber E. Maj. (fragte die Prinzessin ferner) darüber zůrnen / daß Cimber sie liebet? Wan er (gabe die Königin zur antwort) seine liebe mir eröfnete / würde ich mich ůber solche kůnheit zu beschweren haben: nun er aber [398] mir bisher mit so ungemeiner bescheidenheit begegnet / finde ich hierzu keine ursach; und m \chte nur wůnschen / daß ich seine schwachheit nicht wůste / damit ich des zwangs überhoben wåre / seine gesellschaft zu fliehen.

Wie wan er aber (fuhre Ahalibama fort) in solcher geheimen liebesart verbleibet? Das schadet nicht! (antwortete die K \nigin) es ist gnug / daß ich es weiß. Auf diese weise (sagte Ahalibama) wäre der Cimber glůcklicher in seiner liebe / wan er todt wåre / als nun / da er noch lebet. Versichert euch / liebste Prinzessin! (erwånete die K \nigin) daß oft solche ungereimte wůnsche bei mir aufsteigen / daß ich / mit mehr ruhe /des Cimbers tod / als sein leben / wissen wolte. Woher kommet aber dieses? (erkůnete die Prinzessin von Seir zu fragen) finden sie dan bei sich einigen widerwillen gegen diesem Cimber? und erkennen sie sich unfähig / eine so treue liebe von diesem K \nig der Aborigener (dafůr ich ihn gewiß halte) anzunemen? Wie dringet ihr doch in mich / Ahalibama! (gabe die sch \ne Königin zur antwort) und warům wollet ihr mich zwingen / etwas zu gestehen / daß ich meinen eigenen gedanken nicht gut heiße? Ihr wisset /daß ich einmal geliebet / und daß nun der betrug / den ich erleben můßen / mich abhält / zum zweitenmal diese gefahr zustehen. Zudem weiß ich ja noch nicht /wer Cimber ist / und bin dessen nicht gewiß versichert / daß nicht des Fůrsten Hermans sohn der jenige sei / der mich nun liebet / und dessen treubrůchigkeit /an der Hermione erwiesen / ihn meiner hochachtung /wil geschweigen eines mehrern / unfähig machet.

Daß ist leichtlich zu erfahren: (sagte Ahalibama) man fůre die Königin Hermione mit zu dem Cimber /so wird es sich leicht weisen / ob er der oder ein anderer [399] sei. Ihr redet meine gedanken / (antwortete die K \nigin) und habe ich dieses für den sichersten weg erachtet / aus diesem zweifel zu kommen. So haben sie dan fåst gesetzet / (wiederholte Ahalibama) den kranken Cimber zu besuchen? Wie arg seit ihr doch /(antwortete die K \nigin Aramena lächlend) daß ihr sobald aus meinen worten ergriffen / was ihr fůr den Cimber gut zu seyn erachtet. E. Maj. wissen / (gabe Ahalibama zur antwort / ) daß ich die bef \rderung dero wolergehens / mehr als mein leben / suche und verlange: daher ich billig wůnsche / daß ein so tugendbegabter dapferer held / wie der Cimber sich allemal erwiesen / möchte erkieset werden / über Syrien mit E. Maj. zu regiren. Ich verůble euch diesen wunsch nicht / liebste Prinzessin! (sagte die Königin von Syrien / ) allein es ist noch viel zu früh / hievon zu reden / oder einen schluß zu fassen.

Indem sie also redten / ließe sich Tubal bei der K \nigin anmelden: dem sie dan / vor sie zu kommen /nicht versagen dorfte / wiewol dessen ankunft ihre verwirrung nicht ům ein geringes vermehrte. Als er ins gemach eingetreten / gabe sein munteres aussehen genug zu erkennen / daß Abdastartus ihnen bereits die fr \liche post von der Königin gnade hinterbracht hatte. Er kniehete aber so fort zu der K \nigin f \ßen /und als er die geküßet / sagte er: Ich komme und verrichte dieses / im namen und von wegen des Prinzen Cimbers / der vom Abdastartus erfahren / wie daß ihm die gnade der K \nigin von Syrien noch nicht entzogen sei / gleichwie sein widriges glück ihn ein zeitlang hat wollen glauben machen. Seine unbeschreibliche freude ist hierüber so groß / daß er sich nicht enthalten k \nnen / so fort mich hieher zu senden / üm E. Maj. für diese erwiesene gůte zu danken: und hat des priesters Abdastartus bericht in [400] diesem augenblick mehr ausgerichtet / als alle die arzneien / mit denen er sich eine geraume zeit her gequålet. Er verlanget nun nichtes / als bald die gesundheit zu erlangen / üm E. Maj. in diesem krieg seine dienste zu leisten / und sein leben der sch \nsten K \nigin der welt aufzuopfern. Und wan ich es zu sagen mich erkünen darf /waltet bei aller dieser freude / so uns Abdastartus erwecket / ein kleiner zweifel / ob nicht dessen freundschaft zu dem Cimber ihn habe also reden gemacht: daher ich dan bei E. Maj. mich einfinden můssen / ům des Cimbers leben oder seinen tod aus dero munde selbst anzuh \ren.

Die sch \ne K \nigin hatte zeit genug / unter dieser rede des Tubals sich von ihrer verwirrung zu erholen /deme sie / als sie ihn aufstehen heißen / diese antwort gabe: Es thut mir sehr leid / wann ich mich erinnere /verursachet zu haben / daß der Prinz Cimber in den wahn geraten / als ob ich die undankbarste und unerkentlichste person von der welt wäre / indem ich seiner freundschaft also begegnet. Mir geschihet aber hierin groß unrecht / und bitte ich / den Prinzen Cimber zu versichern / daß ich seinen vermeinten tod von herzen beweinet / und daß alle reden / die bei ihm so widrige einbildungen erwecket / nicht ihme / sondern dem Ninias zuvermeint gewesen. Der Prinz Cimber hatte auch nicht ursach / wegen dieser von mir gesch \pften einbildung sich also abzumatten: und wåre ich seiner fernern freundschaft nicht würdig / wan ich eine solche gewesen wäre / wie er mich ihm eingebildet. Wan mein wünschen zu eiligster wiedererlangung seiner gesundheit etwas beiwirken kan / so versichert ihn / daß ich den himmel eifrig für ihn anruffen werde: weil mein eigen-bästes ein solches erfordert /[401] ům in gegenwårtigem krieg seines dapfern beistandes mich bedienen zu können.

Als Tubal / nach erlangtem diesen bescheid / hinweg zugehen verzoge / merkte Ahalibama / was er wolte / sagte deshalben zu der Königin: Es scheinet /dem edlen gemüte des Prinzen Cimbers sei diese einbildung von E. Maj. ungnade so fåst eingedrucket /daß solche schwerlich ihm wird völlig können benommen werden / wofern E. Maj. nickt selbst ihm die gütigkeit erweisen / ihn dessen pers \nlich zu versichern; massen ich nicht anders glåube / als daß der Abdastartus ihme hofnung hierzu gemacht habe. Der Prinzessin von Seir gůtigkeit / (tåte Tubal hinzu) gibet mir die kůnheit / ům eben dieses E. Maj. anzuflehen / und wird solches das einige mittel seyn den Cimber wieder aufzurichten. Wan ich hiermit (sagte die K \nigin / sich nicht wenig entfårbend / ) zu des grossen Cimbers wiedergenesung etwas f \rderlich seyn kan / wil ich nicht ermanglen / morgen vor mei nem aufbruch ihn zu besuchen. Mit dieser erklärung /(antwortete Tubal) werde ich den Cimber so weit bringen / daß ich hoffe / E. Maj. sollen ihn morgen mehr dan halbgesund antreffen. Ich erkenne mich unwůrdig / (widerredte die K \nigin) daß der große Cimber ům meine gnade und ungnade sich so håftig annimmet: und wolte ich wol vermeinen / dieses wůrde nicht viel zu seiner wiedergenesung thun können /wan ich gleich mich seines ergehens nicht teilhaftig machte.

Als Tubal das wiederspiel weitlåufig erwiesen /und nun hinwegeilen wolte / dem Cimber so gute post zu bringen / ersuchete er noch zuvor die K \nigin / so gütig zu seyn / und des Cimbers geheimhaltung zu befördern / dessen grosse ursachen sie kůnftig erfahren würde: welches dan die K \nigin zu thun verhieße /und sagte / daß sie [402] morgen / ihn zu besuchen kommend / niemand als die Prinzessin von Seir / und noch eine dame / mit sich bringen würde. Damit kehrte der erfreute Tubal wieder zu seinem freund: den er noch mit dem Abdastartus streiten fande / als wan die glůckseligkeit / deren sie ihn überreden wolten / nur von ihnen also erdichtet wåre. Wie aber Tubal ihm die gewißheit dessen mit vielen eidschwüren beteurete / und daneben sagte / wie daß morgen die K \nigin /ihn zu sprechen / kommen würde: muste dieser unvergleichlicher verliebter sich der freude und vergnůgung gefangen geben / und glauben / was er so herzlich wůnschte. Er ůmarmte so wol den Abdastartus / als den Tubal / zu tausendmalen / und brachte die ganze nacht sůssen gedanken von seiner K \nigin zu: welches ihn / auf folgenden morgen / ganz munter machte / und konte Abdastartus kaum so viel bei ihm zu wege bringen / daß er im bette zu bleiben / sich entschloße; alle augenblicke mit der höchsten ungedult zehlend /in / denen seine K \nigin zu kommen verzoge.

Als er endlich ihren wagen vor sein haus fahren hörte / fehlte es wenig / daß er ihr nicht entgegen gesprungen / wie sie neben der Hermione und Ahalibama zu ihm in die kammer trate. Diese sch \ne sahe nun zugleich auf den Cimber / und auf ihre beigeherin die K \nigin Hermione / in meinung / daß an diesen beiden / wan sie einander ansichtig wůrden / sich eine verånderung herfůrthun solte: welches aber nicht erfolgte / und wuste Hermione nicht / warum die K \nigin von Syrien sie mit hatte dahin genommen. Die änderung aber / so die Königin Aramena der Hermione absehen wollen stieße ihr selber zu / wie sie sich dem bette des Cimbers nåherte / und diesen Prinzen lebendig sahe / den sie so gewiß fůr todt beweinet / und in seinem tode mit keiner gemeinen [403] wert-achtung beseeligt hatte. Ich habe euch / edler Prinz! (redte sie ihn an) fůrlångst als todt betrauret / und nicht vermeinet /daß euch der gůtige himmel uns noch länger g \nnen wollen / wie ich iezt mit h \chster vergnůgung sehe. Ich komme nun darum hieher / euch zu ermanen / daß ihr / eure gesundheit bald wieder zu erlangen / euch bemůhen wollet / damit Syrien / in ietzigem schweren krieg / des grossen Cimbers beistand erfreuen m \ge.

Hermione sahe hoch auf / wie dieser name / den sie so sehr geliebt / genennet wurde. Wie sie aber ihren Cimber nicht daselbst fande / gabe sie ferner nicht so genau achtung / und redte mit der Ahalibama; inzwischen der verliebte Cimber / schier aus sich selber /seiner K \nigin also antwortete: So unwürdig ich dessen bin / daß die schönste K \nigin der welt meinem tod beklagen wollen / so seelig schätze ich mich deswegen / und weiß mich in mein unvermutetes glůck nicht zu finden / das so plötzlich meinen zustand verkehret. Ich kan nicht laugnen / daß ich die güte / wie ich iezt verspüre / bisher von E. Maj. mir nicht eingebildet / und hatte der wahn mir ein anders so fåst eingedrucket / daß ich iezt kaum fåhig bin zu glåuben /was meine sinne sehen und hören. Ja / schönste Königin! ich vermeinte ganz gewiß / aus dero eignem munde / das urteil meines todes geh \ret zu haben / als sie dem Prinzen Dison von Seir dankten / daß er den jenigen wollen aus den weg raumen / der ihr mehr als iemand unter allen ihren feinden zu wider wåre: daher ich auch billig in zweifelmut geraten müssen. Wie nachgehends Abdastartus mir anbrachte / daß E. Maj. mich nicht mehr in dessen tempel-wonung leiden wolte / kunte ich nichts anders daraus schließen / als daß ich der allerverhasteste bei meiner Königin wäre: dessen eine [404] probe zu nemen / Abdastartus meinen erfolgten tod ausprengen muste / den E. Maj. mit den worten aufgenommen; wie daß sie den himmel dankten / der sie eines solchen b \sewichts entladen wollen.

Womit habe ich doch verdienet / gedachte ich damals oft bei mir selber / daß mich die selbste gůtigkeit also verfolget / und daß sie aufhöret die jenige zu seyn / die sie jederzeit gewesen / ům mein elend zu bef \rdern. Wan ich meinen ganzen gefürten wandel überlegte / so fande ich nichtes / so hierzu ursach geben k \nnen. Ich stellte mir fůr / wie ich ja stäts E. Maj. mit der h \chsten ehrerbietung verehret / üm meines freundes Abimelech willen den Prinzen Dison zum kampf ausgefordert / und wissentlich nichtes iemals verlanget oder begangen / das der K \nigin von Ninive und Syrien entgegen seyn k \nnen. Weil ich nun / dessen allen ungeacht / mich so sehr gehasset sahe / als wurde ich meines lebens ganz ůberdrůßig /und wuste / E. Maj. diesen lezten dienst zu leisten /nichtes höher als den tod zu verlangen. Ich sagte: wan ich todt bin / so wird ja ihr zorn sich legen / und sie aufh \ren / wider einen schatten zu wůtẽ. Ich wuste aber damals nicht / daß die meinen tod beweinte / von der ich gläubte / daß sie mein leben und gedåchtnis nicht leiden k \nte. Nun! allergütigste K \nigin! ich bin / mit grossem vorteil fůr mich / betrogen worden /und genieße die ůbermaß gutes / für meine ausgestandene qual. Ich wil auch E. Maj. befehlen / so viel an mir ist / nachkommen / und so ich ferner das leben haben sol / dasselbige zu diensten der K \nigin von Syrien und zu ihres reichs bästem aufzuopfern / mir angelegen seyn lassen.

Als Cimber diese rede gethan / welche die sch \ne Syrerin mit ja so grosser bewegung / als er sie fürgebracht / angehöret / sagte sie zu ihm: Ich håtte wol [405] ursach / ůber den edlen Cimber mich zu beschweren /daß er alle diese gehabte einbildungen von nur sch \pfen k \nnen / da mir ja niemals einige ursach gegeben worden / mit des Ninias freveltaten andere zu beschuldigen. Nun ihr aber / großer Prinz! das unrecht / so ihr mir gethan / erkennet / fasse ich die sichere hoffnung / ihr werdet forthin nicht mehr mich in dergleichen argwon nemen / und die Aramena nicht anderst / als die Delbois / gesinnet erachten. Auf diese worte der K \nigin / sahe Cimber sie ganz entzůckt an und sagte: Wie die schönste Aramena gegen mir gesinnet zu seyn / sich erklären wil / das darf ich nicht einmal hoffen viel weniger begehren. Ich werde aber meine einbildungen also wissen zu mäßigen / daß ich niemals meiner unwürdigkeit dabei vergessen möge. Wan der Prinz Cimber (antwortete sie / mit niedergeschlagenen augen) also mein freund verharren wird /wie er allemal sich erwiesen / so wird sich Aramena niemals anderst als gut für ihn erklären: massen ich gern gestehe / daß ich keinen freund in der welt weiß /den ich dem Prinzen Cimber vorziehen könte. Hiermit fassete dieser verliebte die hand seiner K \nigin / selbige zum munde zu füren: sie aber zoge dieselbe von ihm zurůcke / und machte mit einem ernstlichen blicke / daß er nicht weiter aus sich selber ginge.

Wie er demnach sich erholet / und seine gemütsbewegungen båsser in zaum gefasset / sagte er ferner zu ihr: Ist es můglich / daß der Prinz Abimelech / die gr \ste schönheit der welt verlassend / sein mehr als irdisches glück also verscherzen k \nnen? In warheit ich erstaune darob / und halte es für eine unmöglichkeit /daß mein freund sich solcher massen verändern können. Uber diese frage ward die sch \ne K \nigin etwas ungedultig / und schwiege eine weile / sonder zu antworten; endlich aber [406] sagte sie: Wan des Cimbers freundschaft / der liebe des Abimelech gleich wåre /wůrde ich die tränen bereuen / die ich ům euren tod vergossen. Ich bitte aber / dieses treulosen nicht mehr gegen mir zu erwehnen; massen ihr einer von den grösten zeugen seit / wie dieser betrieger mich geteuschet. Es gehen iezt soviel irrtumer in der welt vor (antwortete er) wie mein eignes beispiel zeiget / daß ich zuweiln noch zweifele / ob Abimelech diese seltsame vergessenheit sein selbst begangen habe. Doch dem sei wie ihm wolle / so versichere ich doch mit warheit-grunde / daß keiner in der welt mir / an ergebenster treue gegen E. Maj. etwas zuvorthun solle: welche also beschaffen ist / daß ich auch meinen liebsten freund / wegen solches bezeigens / zu hassen mich bemůhen werde.

Die schöne Königin / besorgend / daß ein ferneres gespråche undienlich seyn möchte / wandte sich hierauf zu der K \nigin Hermione / zu der sie sagte: Ich wil nun nicht mehr bergen / warum ich die Königin von Kitim / mit mir hieher zu gehen bemůhet; massen ich vermeinet / sie solte alhier den jenigen lebendig finden / den sie so lang für todt beweinet. Ich spůre aber nun wol / daß gegenwårtiger Prinz Cimber derselbe nicht sei / der vordessen mit der K \nigin Hermione so bekant gewesen. Diese nennung der Hermione / machte den Cimber ganz aufmerksam / und als der Tubal sich zu ihm an das bette genähert / und ihme von ihr bericht erteilet / grüssete er sie mit sonderbarer ehrbezeigung: welche aus ihrer verwirrung sich nicht entwicklen konte / darein die nennung des Cimber und Tubals sie gesezt hatte. Weil nun Cimber verborgen zu bleiben begehrte / und die Königin von Syrien ihme / sich zu entdecken / als worauf die eröfnung seiner liebe hätte folgen mögen / keinen anlaß geben wolte / als vermieden sie beiderseits dergleichen gespräche. [407] Bald darauf schieden sie wieder von ihme / nachdem die K \nigin von Syrien ihn versichert / daß sie / mit höchsten verlangen / seiner nachfolge ins lager erwarten wůrde: welches der Cimber in kurzem werkstellig zu machen ihr versprache / mit der bezeugung / daß sein zustand sich schon ganz gebåssert / und also ihre erwiesene gůte kråftig gewirket hätte.

Wie nun die beide K \niginnen / neben der Ahalibama / sich wieder zu wagen gesetzet / und im schein / als hätten sie einen tempel bei so früher morgen zeit besuchet / wieder nach ihrem palast fuhren / fragte die schöne Syrerin die Hermione ganz begierig / ob sie sich nicht erinnern k \nte / ehedessen in Celten eine solche gestalt / wie dieser Cimber hatte / gesehen zuhaben? womit sie auf den Tuscus Sicanus zielte / von dem sie wuste / daß er dieser K \nigin nicht unbekant gewesen. Meines behalts / (sagte Hermione) wůste ich wol nicht / wohin ich dieses gesicht bringen solte: man můste dan einige gleichheit zwischen ihm und dem verstorbenen K \nig der Aborigener machen /welcher fast ein so liechtes haar / auch solche feurige augen / wie dieser fr \mder / gehabt. Von dem K \nig der Aborigener (antwortete die K \nigin von Syrien) sagt man fůr gewiß / daß er noch im leben sey / wie mich glaubhafte personen berichtet. Wäre aber dieser (wandte die Hermione ein) der Tuscus Sicanus / so würde er sich ja gegen mir / als die ich ihn wol gekennet / nicht also bergen. Er sol verlangen / (antwortete die schöne Syrerin) verborgen zu leben / und mag er darüm / weil ich zugegen gewesen / seiner alten freundin sich nicht haben kund machen wollen. Wan ich der Roma erzehlung bedenke / (widerredte die Hermione / ) wie warscheinlich sie des Tuscus Sicanus tod beschrieben / so erachte ich für eine unm \glichkeit / [408] daß er noch leben könne. Doch stehet solches leichtlich zu erfahren: massen er sich der Roma nicht also / wie mir / wird bergen k \nnen. Ich wolte wol nicht gern / (sagte hierauf die K \nigin von Syrien /sich zugleich entfårbend) daß man wider seinen willen ihm die larve abzöge: da er so sehr bezeiget / wie hoch ihm daran gelegen sei / daß er verborgen bleibe. Er wird / sobald seine gesundheit es gönnet / wie er mir versprochen hat / uns in das lager nachfolgen: bis dahin / m \chte ich wol wünschen / daß die Roma /ihn zu sehen / verschub nåme. Dieses stehet allein (gabe die Hermione zur antwort) zu der schönen Königin von Syrien ihrem willen / und wird Roma nichtes beginnen / ohne was dero beliebig seyn kan.

Hiermit kam sie wieder zu ihrem palast / da schon alles zum aufbruch sich bereitet und gerůstet hatte. Wie nun / unter andren damen / die sich daselbst versamlet / die Roma auch mit zugegen war / zoge die K \nigin von Syrien / in gegenwart der Hermione /dieselbe auf eine seite / und er \fnete ihr / wie sie den Tuscus Sicanus / ihren vermeinten gemal / gesehen zu haben / sich bedůnken ließe: welches aber der Roma ganz ungläublich fürkame / und wie sie darum / den Cimber / den sie für diesen König hielten / zu sehen und anzusprechen / ganz keine begierde zeigte / also fiele es auch der schönen Aramena gar nicht schwer /sie von dessen besuchung abzuhalten. Es spürete nun jederman eine sonderbare änderung an der K \nigin von Syrien / und kunte sie nicht aus Aroer scheiden /ohne an den tag zugeben / daß ihr darinn etwas sonderbares můste widerfaren seyn. Ihre nåchsten und liebsten / wie ihre schwester und die Prinzessinnen C \lidiane und Jaelinde waren / merkten dieses nicht zum lezten: weswegen sie so wol ihr [409] selbst / als der Ahalibama / anlagen ům etwas hiervon zu erfahren. Aber die Königin / so wol ihren freundinnen alle gelegenheit zu benemen / daß sie ihr ferner zu einer neuen liebe rieten / als auch fürnemlich der Jaelinde zartes gemüte nicht aufs neue zu beunruhigen verbliebe hierinn ganz geheim gegen ihnen: gleichwie auch die Ahalibama sich allerdings unwissend stellte / als die den willen der beiden K \niginnen hierunter wol begreifen konte. Weil auch / auf dieser reise nach Damasco / die sch \ne K \nigin ihre zugestossene abenteure ůberlegte / und daher nicht viel redte / fugeten ihr alle die andern hierinn / indem sie sich von ihr entzogen / und hier und dar zwo oder dreie sich zusammen gesellten / ům den weg mit gespråchen zu verkürzen.

Unter andern befande sich die K \nigin Hermione bei beiden Prinzessinnen / der Delbora und Danede: von welchen sie mitten eingenommen / und ihr eifrigst zugeredet wurde / den Fürsten Nebajoth zu lieben. K \nte ich dieses glůck (sagte Delbora) von Gott erbitten / den Nebajoth an die Hermione verbunden zu sehen / so wolte ich sagen / daß meinem gemůt / in dieser welt noch eine wahre ruhe zu genießen / bescheret gewesen: massen mein herz / eh solches geschihet / sich nicht kan zu frieden geben. Ich verspüre satsam hieraus / (antwortete Hermione) daß mich Delbora sonderlich lieben müße / weil sie mir ihr liebstes in der welt / nämlich den Nabatheer Fůrsten / ůberlassen wil. Aber / werte Prinzessin! es können sich nicht alle dergestalt von ihrer ersten liebe entledigen / daß sie fåhig werden / sich einer andern zu übergeben. Daß Nebajoth / (gabe Delbora zur antwort) mein liebstes in der welt gewesen / leugne ich nicht: nun mir aber der schluß des himmels einen andern zu lieben befolen / kenne ich / so zusagen / den [410] Nebajoth nicht mehr / und m \chte daher / seine ruhe wie die meinige zu f \rdern / diese heurat zwischen der K \nigin von Kitim und ihme gern gestiftet sehen. Ist es wol m \glich zu glauben / (fragte Hermione) daß Nebajoth nicht mehr solte geliebet werden? Solches vermeine ich / (war dieser tugendhaften Prinzessin antwort) kan die Königin von Kitim von ihrem eignen beispiel abnemen: massen ich nicht glåube / daß / mitlerweile der K \nig Morges gelebet / man den Cimber geliebt habe.

Ich bin bemůhet gewesen / (antwortete Hermione) meinem ehegemal alle schuldige ehrerbietung zuerweisen / und habe ihn geliebet / wie es von mir die gebür erfordert. Wan ich aber sagen solte / ich hätte in der zeit den Cimber gehasset / ob ich gleich dessen untreu erfaren / würde mir solches sehr schwer fallen: und habe ich darinn meinen willen nicht bestritten /was ich nicht fůr unrecht gehalten. Weil Cimber (versezte die Prinzessin Delbora) seine Hermione nicht mehr geliebet / und also von deme / was dem Morges allein gebürte / nichts gefordert / als ware diese grosmütige gütigkeit der K \nigin / gegen diesem ungetreuen / sonder gefahr und unschådlich. Hätte aber der Cimber diese liebe verlanget / wie der unglückliche Nebajoth bei mir gethan / so zweifele ich nicht / es wůrde ihm dieselbe versaget / und er gånzlich seyn abgewiesen worden. Es leget mir hiermit (sagte Hermione) die Prinzessin Delbora eine schwere frage fůr /und glaube ich wol nicht / daß ich den Cimber bis auf das hassen wůrde abgewiesen haben / wan er schon /in wårender meiner ehe / mir seine beståndige liebe bezeugt hätte. Ich sage auch hier nicht vom hassen /(antwortete Delbora) und erweise / daß ich dem Nebajoth wol wil / indem ich mich bemůhe / ihm [411] die gunst einer großen und sch \nen Königin zu erwerben / die ihme der himmel von anfang bestimmt hatte: es erheischet auch dessen gerechtigkeit / daß das rechte Medische geblüt der gestalt wieder vereinigt werde.

Ich falle meiner schwester bei / (finge Danede an zu reden) und wůnsche ebenfalls / wegen meines brudern / daß eine liebe zwischen dem Nebajoth und meiner schönen K \nigin zu stand kommen möge / die ich / in betracht aller ümstånde / und wegen des versprechens ihrer beider müttere / fůr höchst-billig erkenne. Ich widerstreite der billigkeit nicht (gabe Hermione zur antwort / ) und habe längst in gedanken mein unglůck aus dieser quelle geschöpfet / daß ich / wie ich thun sollen / des Nebajoth liebe nicht angenommen /als ihn der befehl seiner mutter deshalben nach Trier gefüret. Aber warům dringet ihr in mich / da bei mir nicht stehet / mein glück nunmehr meinen andren stand zu setzen. Solches stehet einig und allein (antwortete Delbora) bei der sch \nen Hermione / und wird / wan ich deren willen und entschließung habe /schon alles gethan seyn / was hierzu vonnöten ist: massen Nebajoth seinen willen so völlig meinem gutbefinden unterworfen / daß ich alle macht habe / seine freiwerberin zu werden. Wie sol das zugehen k \nnen /(fragte Hermione) dann ja ihme so wenig / als uns beiden / einfallen m \gen / daß wir iemals mit einander wůrden in kentnis geraten.

Wie Nebajoth (antwortete Delbora) seine unzeitige liebe sich ůbermeistern lassen / und mich nach Petra entfüret / brachte ich ihn endlich so weit / nach vieler angewendten bemůhung / daß er abließe / seine unmůgliche liebe ferner gegen mir zu hegen / und / sich überwendend / mich wieder in das reich Cus lieferte. Wir bekamen unterwegs nachricht / daß die beide Königinnen [412] aus Kitim / über meer / zu uns in Asien angekommen wären. Dieses gabe mir anlaß / dem Nebajoth zu zureden / daß er sein glück / so sich / durch diese unvermutete ankunft der schönen Hermione /ihm zeigte / nicht aus der acht lassen / sondern seiner ersten liebe / neben dem recht an Meden / nachstreben solte. Er muste mir auch solches endlich verheißen /und name ich ůber mich / selbst dahin bemühet zu seyn / daß die sch \ne Hermione / wan ich die wůrde zu sehen bekommen / sich hierzu m \chte bereden lassen. Daß nun mein vorschlag recht gewesen / bezeuget ietziger erfolg / da ich so wunderbarer weise hier in Syrien diejenige finden můßen / die hiermit des Nebajoth / des Eridanus / meine und ihre selbst eigne ruhe wird bef \rdern k \nnen. Der Fürst Nebajoth ist nun in Meden / üm seinen und der Hermione tron den Assyriern abzunemen: und hoffe ich ebenmåsig meine rache an den Assyriern noch zu erleben / gleichwie sie ehedessen den Sisimordacus und dessen blut an dem unglůckseligen Pharnus und der Barsine gerochen haben. Ich weiß hierzu nichtes zusagen / (antwortete Hermione / ) als daß ich die grosmut der Prinzessin Delbora hoch bewundere / die mich auch ie mehr und mehr in meiner ihr gewidmeten freundschaft wird stårken und befåstigen.

Wie sie das gesagt / kamen Ahalibama / C \lidiane / Jaelinde und Casbiane zu ihnen geritten / und mengten sich mit in ihre unterredung. Es war unter denselben fast ein gleichmåßiger streit entstanden / von annemung eines zweiten liebhabers / welches Casbiane wider diese drei Prinzessinnen verfechten wollen: und ob schon Jaelinde in etwas sich drein ergeben / so war doch C \lidiane unbeweglich in ihrer meinung geblieben. Und dieser wurde nun auch von der Ahalibama /wiewol [413] mit einiger ausname / beigepflichtet. Nachdem sie vernommen / daß der Hermione / Delbora und Danede gespräche auch von dergleichen handelte / begaben sich C \lidiane und Ahalibama auf der Hermione seite / und wolten dieser K \nigin meinung helfen bekråftigen. C \lidiane sagte: Ich finde es so unmůglich / zweimal zu lieben / daß meine liebste Delbora mir vergeben wird / wan ich ihre gegenseite halten / und der K \nigin von Kitim recht / die gedächtnis des Cimbers / ob er gleich untreu geworden / stäts zu verehren / und keiner andern liebe wieder raum zu geben / behaubten muß. Wer hat doch zu solcher unzeit (antwortete Delbora scherzweise) die Prinzessin von Caphtor zu uns gefůret / da ich fast über der K \nigin von Kitim gemůte den sieg erlangt zu haben vermeinet? Dieser sieg (sagte die K \nigin Hermione) war eben so gewiß noch nicht erlanget: dan es ist ein großer unterschied unter dem / was aus eigener wilkůr geschihet / und was man aus gebůr in der welt thun muß. Solte mich endlich die gebůr darzu treiben / der Delbora einrat zu folgen / so kan ich doch nicht zugeben / daß mein freier wille dabei seyn werde / gleichwie auch Delbora selber ihren Eridanus also hat zu lieben / angefangen.

Eben dieses ist auch meine gånzliche meinung /(tåte Ahalibama hinzu) und befinde ich bei mir / daß /wan ich ja / meinem haus und meinen eltern zu dienen / des Fürsten von Edom liebe solte annemen müßen /mich hierzu bloß die gebür / und keine liebe / wůrde antreiben können. Ich widerstreite auch dieses nicht /(gabe Delbora hierauf zur antwort) und bin eurer meinung nicht entgegen: nur allein gedenke ich dieses zu behaubten / daß es nicht sol und muß in unsrer freien wilkür stehen / das jenige / so unsre gebür erfordert /zu [414] thun oder zu lassen / sondern daß wir gehalten seien / deme / was uns obliget / auch gegen unsrem willen zu folgen. Wan die Prinzessin Delbora (sagte Jaelinde) es also verstehet / so glåube ich gewiß / wir werden hier alle einer meinung seyn. Ich halte es nicht dafůr / (wandte Casbiane dagegen ein) massen die Prinzessin C \lidiane für unmůglich hålt / daß man aus gebůr lieben könne / und wil sie die liebe / die aus zwang entstehet / fůr keine liebe erkennen. Hierinn (antwortete Delbora) thut die schöne C \lidiane / der K \nigin Hermione und mir / zu nahe / die wir beiderseits unsere ehegemale aus zwang zu lieben angefangen haben. Ich bin aber versichert / daß keine häftigere liebe sol gefunden werden / als die ich zu dem Eridanus trage: und weiß ich / daß der K \nig Morges /weil er gelebet / auch also geliebet worden. Diese eure liebe (sagte C \lidiane) die ihr beide gegen eure ehegemale getragen und noch traget / hat nicht den zwang /sondern die tugend / zur mutter gehabt: ich aber habe zuvor gegen der Casbiane nur das bestreiten wollen /wie ich nicht dafůr halte / daß man / aus eignem freien trieb / seine einmal-gefasste liebe åndern und einem andern zuwenden k \nne.

Eure meinungen in eins zu bringen / (ließe Danede sich vernemen) so muß man die liebe zu unterscheiden wissen. Die liebe / die aus freier wahl kommet /ist unånderlich: die aber / so aus der gebůr und tugend entstehet / kan nach den ümstånden sich veråndern /und herrschet über die freie liebe / ob sie gleich nicht fåhig ist / dieselbe zu vertilgen. Solcher gestalt hat die K \nigin von Kitim / aus freier wahl / den Cimber geliebet: die gebůr und tugend aber haben sie den König Morges lieben gemacht / die nun auch fåhig seyn werden / einen andern in dessen stelle zu bringen. Aus freier wahl / genoße [415] Nebajoth meiner schwester ihre erste liebe: meinen bruder aber liebet sie nun aus gebůr / und zwar so håftig / daß ich versichert bin /die erste liebe könne bei ihr vor dieser lezten keinen vorzug mehr haben. Eben also wird es der Prinzessin von Seir mit dem Fůrsten von Edom ergehen / wan die gebůr / ihn zu lieben / sie antreiben wird / und kan / ihre erste liebe zu dem Elieser / dieser lezten keine hinternis bringen. Wan man diesen unterschied recht in acht nimmet / so sind wir alle einig / und haben dieser wegen nicht ferner zu streiten.

Wolte Gott! (sagte Ahalibama seufzend) daß ich hierbei nicht zum beispiel dienen solte! dan ich wol absehe / daß diese liebe / die uns iezt die Prinzessin Danede beschrieben / gar sauer eingehen můße / dessen ich gern ůberhoben bleiben möchte. Weil meine unglückselige eltern / (finge Delbora an) fast üm dieses Fürsten willen / ihr leben enden můssen / möchte ich wol wünschen / daß ihme nicht eine so liebe Prinzessin zu teil wůrde / deren tugend ihme glůck und segen bringen wird: das ich ja billig ihme / als den mitverheerer meines hauses / nicht gönnen sol. Ich finde mich gehalten / (antwortete Ahalibama) den Fürsten von Edom hierinn zu verteidigen: weil er /sonder fůrsatz / des Königs Pharnus ermorder worden / und / als ein soldat / hierbei seine obligende pflicht erwiesen hat. Dieses ist (sagte Hermione scherzweise) das erste zeichen / daß die Prinzessin von Seir / von der andern liebes-art / die uns Danede iezt beschrieben / schon etwas anhebe zu entfinden.

Ahalibama beantwortete dieses mit vielem seufzen / und kamen sie damit såmtlich an den ort / welcher zum mittag-ablager verordnet war. Nachdem sie daselbst etliche stunden ausgeruhet / ginge der zug wieder fort nach Damasco / dessen pråchtige spitzen und ansehnliche [416] tůrne ihnen bald zu gesichte kamen. Die Königin von Syrien gedachte bei ihr selbst / wie sie für dißmal Damasco auf eine viel andere art / als vor dem / zu sehen bekäme: dan zuvor hatte man / sie einzuholen / alle tore der stadt geöffnet / auch ihr viel sch \ne ehrenpforten aufgerichtet / da nun / vor ihr /ungeacht sie ihre erbk \nigin / alle tore und eingänge verriegelt und versperret wåren. Nachdem sie angelanget / ward diese wundersch \ne heldin von dem ganzen heer / (auser denen / die auf der andern seite der stadt in ihren posten lagen) entfangen: da sie / in einem weiten ebnen thal / zu beiden seiten / sich in prächtige ordnung gestellet / und diesem sch \nen trupp der ankommenden damen so viel raum gegeben / mitten zwischen ihnen durch / nach ihrem verordneten lager zu reiten. Weil auch die sonne bereits untergienge / als hatten sie viel tausend feuer hin und wieder im lager angezůndet / welche diesem anzug einen desto herrlichern schein gaben. Die Celten und Cussiten / sowol als die Syrer und Niniviten / bewilkomten die beide durchleuchtige Aramenen / mit einem freudengeschrei / welches bis an den himmel erscholle /und denen in der stadt kein geringes entsetzen einjagte: massen sie hieraus mutmasseten / daß den Syrern eine große hülfe zugekommen seyn müste. Alle die großen / als Suevus / Rames / Elimodan / Gaisus /Hezrai / Badezorus / Sachar / Altobor / Hesion und Tabrinnon / hatten sich versamlet / die K \niginnen und Prinzessinnen in ihre gezelte einzubegleiten: worauf man alsofort zur ruhe ginge / ům auf den morgen desto munterer zu den kriegsgeschäften sich einzufinden. Die sch \ne Königin von Syrien ruhete gar wenig / weil ihren sinnen die begebenheit mit dem wiederlebenden Cimber fürschwebte / und sie ihr ein gewissen darob machte / daß sie / da ihr [417] doch dessen liebe bekant war / ihn zu besuchen sich bereden lassen: welches sie / als wan es wider ihren guten namen stritte /ihr einbildete.

Es hatten auch der Marsius und Abimelech ihr anteil / bei dieser ihrer gedanken-unruhe: da die unbekante liebe des ersten / und die erwiesene untreu des letzern / ihr stäts fürkame / und sie quålete. Dessen ungeacht / ware sie gleich munter / als die morgenr \te herfürzubrechen begunte / und ihre andere sorgen von sich legend / richtete sie nun alle gedanken auf ihr iezt fůrendes amt / und auf die kriegsgeschäfte. Wie die wachsamkeit nicht eine von dem geringsten eigenschaften eines kriegshelden ist / also erwiese auch diese heldin / daß ihr dieselbe beiwonete / indem sie fast die erste sich zu pferd befande / üm nach den schanzen zu reiten / die sie vor der stadt aufwarfen. Die Prinzen Amosis und Suevus / wie auch die Fürsten Husan / Thare / Rames / Nahor / Cyniras / und die Kriegsbediente Phalacus / Pannias / Hezrai und Gaisus / begleiteten die K \nigin neben dem andern frauenzimmer daselbsthin: und wurden / durch die gegenwart dieser heldin / die arbeitere / wie auch die soldaten / nicht wenig aufgemuntert / mit aller ämsigkeit ihre gebür zu verrichten. Weil sie sich zimlich nahe an die tore der stadt wagte / schossen die belagerten anfånglich scharf mit pfeilen heraus: welches aber bald eingestellt wurde / als sie die K \nigin von Syrien erkanten. Sie achtete aber diese gefahr nicht /und wolte ůberall mit darbei seyn / weil alles allein ům ihre angelegenheiten zu thun ware.

Wie sie nun / von einem posten zum andern / ganz Damasco rund ůmritten / da / vor die neun tore der stadt / das ganze heer / bestehend in dreißigtausend Syrern / neun und zwanzig tausend Celten / dreizehentausend [418] Niniviten und zweitausend Cussiten / sich gelagert hatte / ordnete die K \nigin alles selbst an /welchen posten ein jeder bewaren solte: und kame also der Fůrst Rames von Jedlaph / mit sechstausend vor das erste tor / der Gaisus / der Ninivite Sabad /der Tabrinnon / Nahor / Ister / Elimodan / Cyniras und Astobor / nach der ordnung vor die neun andere /zustehen / dieselbe zu beobachten / und sich alda zu verschanzen. Aber den Prinzen Amosis / den dapfren Suevus / den Husan / Thare / Phalacus / Pannias und Hezrai / behielte sie / als ihre kriegsräte / neben zwanzig tausend mann / bei sich in ihrem lager. Jederman bewunderte die anordnung der Königin / welche sie so klůglich ausgesonnen / daß keine ehr-eiversucht unter ihnen darob entstehen konte: massen jedem volke damit gleiche ehre widerfuhre / und die Syrer mit den Niniviten / Celten und Cussiten / in die vier und fünfzig tausend stark / also verteilet waren /daß keiner ůber des andern vorzug sich zu beklagen hatte.

Wie sie nun folgends im kriegsrat zusammen kamen / wurde beschlossen / daß / ům dem feind keine zeit zu lassen / sie / sobald můglich / die stadt an der seite gegen der Kemuelsburg stůrmen wolten: üm / wan sie diese burg erobern k \nten / desto eher meister von Damasco zu werden. Zu diesem ende wurde nun alle dienliche bereitschaft dahin gefůret: und vermeinten sie / in wenig tagen dazu den anfang zu machen. Weil auch gewiße nachricht eingelaufen /daß der König von Cus in person / wie auch der Araber Labdeon / mit viertausend Cussiten und achttausend Sabeern und Arabern / ůber das Arabische gebirge / zu ihren feinden zu stossen / im anzug wåren /und Petosiris mit zwölftausend Egyptern von Elam wiederzurůck käme / welcher unterwegs die Prinzessin [419] Amesses / die er gesuchet / angetroffen hatte: als wurden / unter dem Ninivitischen feldherrn Phalacus /tausend Niniviten und dreitausend Syrer beordnet /die dem Petosiris entgegen gehen / und ihn so lang beim gebirge Senir aufzuhalten sich bemühen solten /bis der Prinz Jethur von Hevila / der der K \nigin mit fůnfzehen tausend man aus Hevila zu hülf kame / zu ihnen würde stossen können / von dessen ankunft der Gaham ebenselbigen morgen erwůnschte nachricht erteilen lassen. Es bote sich auch der Prinz von Egypten an / diesen zug mit zu thun / ům seine liebste schwester aus den hånden des Petosiris zu erretten. Dem K \nig von Cus und den Arabern / wurde der dapfere Hezrai / neben dem Badezorus und Hesion / mit siebentausend Syrern und fünftausend Celten entgegen zu gehen / befehligt. Weil nun also nur viertausend man im lager bei der Königin übrig blieben / verhieße der Prinz Suevus mehrere hůlfe von seinem K \nig aus Basan zu erlangen. Der Thare name ůber sich / in Ober-Syrien zu gehen: ům alles / was von Syrischen leuten noch die waffen fůren konte / herbei zu bringen.

Wie nun / unter solchen beratschlagungen / fast der halbe tag verflossen war / bate die K \nigin von Syrien alle die grossen in ihr gezelt zur malzeit / da der Fůrst Barzes / ihr hofmeister / alles auf das pråchtigste zurichten und anordnen lassen: und erwiese sich jederman sehr freudig / daß sie so glückselig waren /unter der sch \nsten K \nigin von der welt die waffen zu füren. Nach der malzeit / růsteten sich so fort der Prinz von Egypten / wie auch der feldherr Phalacus und Hezrai / neben dem Thare / Badezorus und Hesion / zu ihrem abzug: da dan / beim abschied-nemen /der Prinzessin Danede bitte diese ware / daß ihr Prinz sich nicht zuviel in gefar begeben [420] sondern bedenken möchte / wie er ihr mehr rede und antwort von seinem leben / als wegen der Prinzessin Amesses / seiner schwester / zu geben håtte. Sie vermanete auch den Hezrai / so bescheidenlich dem K \nig von Cus /ihrem herrvattern / zu begegnen / daß er / zwar den sieg erlangen / nicht aber ihr die post von des Scheba tod zurůck bringen m \chte. Zweifelsfrei (sagte hierzu Amosis) geschihet diese sorgfåltige bitte deshalben /damit der Scheba dem Eliphelet noch dermaleins die versprochene tochter geben k \nne. Es kan ja (antwortete die K \nigin von Syrien / fůr die Danede) diese Prinzessin ihren vatter so wenig / als der Prinz von Egypten den seinigen / verleugnen. Dieser geheime fůrwurf (widerredte Amosis) gibet mir mein begangenes versehen zu erkennen / daß ich / vor dem Pharao zu weichen / hiesiges heer verlassen. Daß ich solches (sagte die sch \ne K \nigin) für billig gehalten / bezeuge ich ja hiermit / indem ich diese kindliche treue an der Prinzessin von Cus lobe. Wie sie diß gesaget /wandte sie sich zu der angenemen tochter des Italus Kitim / der Roma / und fragte sie ingeheim: ob sie den Jethur nichts entgegen zu entbieten hätte? Sie antwortete: wie daß sie alles versparen wolte / bis sie diesem unerkentlichen Prinzen selber seine verhältnis wůrde fůrhalten k \nnen.

Nachdem hierauf diese gesellschaft sich voneinander begeben / und Roma bei der Königin von Syrien und der Prinzessin C \lidiane allein im zelt verblieben war / name die schöne Aramena anlaß / mit dieser K \nigin wieder von dem Tuscus Sicanus zu reden: da dan Roma sie mit solchen ümständen des todes dieses K \nigs versicherte / daß sie nicht wuste / was sie daraus schließen oder davon gedenken solte. Vielleicht (sagte sie zur Roma) hat der himmel wunderbarer weise den [421] Tuscus Sicanus beim leben erhalten / ům es also zu fügen / daß aus der schein-ehe noch eine rechte und warhafte zwischen euch beiden werden m \ge. Keines wegs ist diese vermutung zu sch \pfen / (antwortete Roma) wan gleich Tuscus Sicanus / das doch unmůglich ist / noch leben solte / daß wir mit einer andern liebe / als wie es die freundschaft erfordert /einander begegnen wůrden; und sind unsere sinne viel zu beståndig / als jemals einer solchen änderung / wie Hercinde und Jethur begangen / fähig zu werden. Solte aber wol / (fragte die sch \ne Syrerin / nicht sonder entfårbung) der Tuscus Sicanus / wan er lebte /die Prinzessin Hercinde wieder anheben zu lieben /wan er erfůre / daß er nicht ihr bruder sei?

Hieran wolte ich wol nicht zweifeln / (antwortete Roma) wan ich nicht wůste / daß Hercinde sich geändert: weswegen sie auch schwerlich / bei dem Tuscus Sicanus / die hochachtung fůr ihre person wird erhalten können. Wåre dieser unvergleichliche K \nig noch im leben / so wolte ich ihm die schöne K \nigin von Syrien zugesellen: weil ich versichert bin / daß der erdboden kein edlers par jemals würde getragen haben. Doch ist nicht zu vermuten / daß eine so unvergleichliche sch \nheit sonder viele anbetere seyn k \nne / und mag vielleicht schon der platz berennet seyn / den ich für meinen todten erkieset. Es versichere sich die schöne Roma / (versezte die K \nigin von Syrien) daß mein herz iezt frei ist / und in solcher ruhe beståndig zu verharren verlanget: wiewol ich nicht leugnen kan / daß ich ehmals / aber sehr unglücklich / geliebet. Diese worte gaben der Roma anlaß / hiernach sich weiter zuerkundigen: und verhieße ihr die schöne Aramena / mit dem ehsten ihren lebenslauf ihr zu erzehlen. Hierauf / weil sie von der vielen tags-bemühung [422] etwas auszuruhen verlangte /ginge die Roma von ihr / zu der andern gesellschaft: da dan sie / und C \lidiane / hinter ihr gezelt / alwo auf einem ebenen platz etliche schattichte nußbåume stunden / sich verfůgten / und daselbst / nachdem iede einen von den bäumen hierzu erkieset / sich zu schlaffen niederließen.

Mitlerweile diese beide betrůbte schönheiten solcher gestalt der ruhe genoßen / würde dem Fůrsten Husan durch dem haubtman Heldai / der die äuserste wacht versahe / angemeldet / wie daß der Prinz von Gerar / der Abimelech / mit wenig personen ins lager angekommen wåre / und die Königin zu sehen verlangte: welche post diesem Fůrsten ůberaus angenem war / und ihn sofort dem Philister-Prinzen / ihn zubewilkommen / entgegen eilenmachte. Nachdem er ihn in sein zelt gefůret / und der Prinz daselbst seine reiskleider mit andern verwechselt hatte / ließe er sich von dem Husan nach dem gezelt der K \nigin bringen / und war so unfähig / sein verlangen zu bergen / daß man die sonderbare bewegung seines gemütes leichtlich aus dem åuserlichen thun abnemen konte: massen er alles / was Husan ihm erzehlte / oder ihn fragte /mit kurzen worten beantwortete. Wie sie nun vor das gezelt gekommen / und die wacht sie eingelassen /fanden sie darin die Fürstin Perseis / neben dem andern frauenzimmer der K \nigin: welche / den Prinzen Abimelech ersehend / ihn alle wilkom hießen / und nach seinem zustand fragten. Wie er nun mit gewönlicher h \flichkeit ihnen begegnet / und nach der K \nigin sich erkundigt / sagten sie ihm / wo sie wäre. Er name sobad die kůnheit / ihr in diesen baumhof zu folgen: ganz gewiß ihm einbildend / daß sein ůberraschen ihr nichtsanders / als ein ungenemes entsetzen /verursachen wůrde. Weil der Fürst Husan sonst etwas n \tiges zu [423] bestellen hatte / ließe er ihn dasebst / und ginge also der vergnůgte Abimelech voll sůsser einbildung alleine fort: da ihme dan zu erst die schlaffende C \lidiane zu gesicht kame.

Die hohe verpflichtungen / die er von dieser sch \nen Prinzessin truge / neben der verborgenen reitzung / die ihn triebe / ihr wol zu wollen / verursachte /daß er auf sie den weg zu name: da dan sein geråusche sie erwachen machete / als er nun ganz nahe vor ihr stunde. Weil seine gestalt ihr im wachen und im traume stäts vor augen schwebte / als erkante sie ihn gleich / und dieses fůr einen traum achtend / weil sie noch halb im schlaff war / sagte sie / mit betrübter stimme: Komst du wieder / treuloser Prinz! deine C \lidiane aufzufůren? Diese worte / welche ihn vermuten machten / C \lidiane wüste wissen / wie es mit ihm und der K \nigin stunde / gingen ihm nicht allein tief zu herzen / sondern sie veranlasseten ihn auch /seine auf diesen fall fůrlångst ersonnene entschuldigung bei ihr abzulegen. Demnach ließe er sich auf ein knie vor ihr nieder / und sagte: Der himmel sol mein zeuge seyn / unvergleichliche Cölidiane / wie schmerzlich es mich quålet / daß ich meine glůckseeligkeit also teuer kaufen müßen / und daß ich meine beständigkeit nicht ůben k \nnen / sonder eine so tugendhafte Prinzessin zu beleidigen. Ja / Cölidiane! das meiste / so mich wider euch sündigen machet / ist meine verschwiegenheit / daß ich euch nicht eher meinen zustand er \fnet: welches ich aber / in erwågung aller ümstände / unm \glich thun können. Vergesset meiner / himlische Prinzessin! und bennet mich gänzlich aus euren gedanken; nur allein hasse mich nicht: dan ich dieses so wenig würde ertragen k \nnen / als unfåhig ich eurer huld und wolgewogenheit gewesen bin.

[424] [426]Cölidiane / die mitlerweile sich recht erholet /wurde von so einem entsetzen überfallen / den Abimelech warhaftig vor sich zu sehen und also reden zu h \ren / daß sie solches mit einem lauten schrei an tag gabe / und geschwind aufspringend / sonder ihm ein wort zu antworten / nach dem gezelt eilete: da sie der Siringe onmächtig in die arme fiele / und von ihr und den andern alsofort zu bette gebracht wurde. Die Königin / von der Prinzessin geschrei erwachend / richtete sich gleich auf / und sahe ům sich; da sie dan / so wol die laufende Cölidiane / als den anwesenden Abimelech erblickte und erkennte: massen ihr die gestalt dieses so lieben Prinzens viel zu tief eingedrucket war / als daß die vergessenheit selbige so bald solte ausgelescht haben. Ihr entsetzen aber vergliche sich nicht ihrem eifer / den sie in sich fülete / als sie diese große künheit des Prinzen betrachtete / der mit ganz freiem wesen auf sie zukame: und kunte sie auch nicht verhůten / daß er ihr nicht zu fus gefallen wåre / und den saum ihres rockes zum munde gefůret håtte. Wie er aber anheben wolte / ihr seine herzliche freude zu bezeugen / daß er sie / und zwar in solchem zustande /wieder angetroffen / kame sie ihm zuvor / und sagte: Gehe / du so verwegen als treuloser Prinz! und hůte dich / jemals mehr mir unter augen zu kommen. Hiermit risse sie sich von ihm los / und fast nicht wissend / wie ihr geschahe / kame sie in ihr gezelte: da sie /aus beisorge / Abimelech m \chte ihr nach folgen /sich zu innerst begabe / und allen ihren leuten / die ihr begegneten / anbefohle / niemanden den eingang zu ihr zu verstatten.

Es war aber dieses gebots / ům Abimelechs willen /ganz unvonnöten: dan der selbst hierůber von einem so tödlichen entsetzen war ůberfallen worden / daß er eine gute weile nicht im vermögen hatte / einen fus aus [426] der stelle zu setzen. Er vermochte / eine so ungew \nliche begegnung von seiner liebsten K \nigin /dergleichen er niemals in seiner liebe ausgestanden /mit seiner sonst angebornen grosmut nicht zu ůberwinden; und fiele es ihm so unerträglich / daß wenig fehlte / er wåre auf der stelle todt zur erde gesunken. Seine unschuld wolte ihn ja noch ůberreden / daß hierunter ein irrtum verborgen låge / und die Königin ihn nicht gekennt oder gemeinet håtte. Wan er aber ihr gesichte / womit sie ihme mehr als genau und scharf unter augen gesehen / neben ihren dabei gefůrten donnerworten / betrachtete / entfiele ihm aller trost / und bliebe er ganz gedanken-los; fůlete aber darüm soviel mehr leiden / weil nichtes sich funde / so seinem schmerzen die gegenwage halten k \nnen.

Wie nun dieser elende Prinz sich also quålete /sahe er die Prinzessin Ahalibama auf ihn zu kommen: worůber er sich sehr verwunderte / weil er sie in Edom zu seyn vermutet hatte. Es gabe ihm aber ihre ankunft einen sonderbaren trost / weil er wuste / in was vertreuligkeit die K \nigin mit dieser Prinzessin lebte: und verhoffete er / daß sie ihm / von der ursach seines unglücks / wůrde nachricht geben k \nnen. Aber sie kame / sein unglück zu mehren: massen sie von der Königin befehl hatte / ihm zu sagen / daß er sich m \chte von dannen begeben. Wie sie nun dieses gewerbe mit sonderbarer kaltsinnigkeit abgeleget /sahe der betrůbte Abimelech sie ganz erbärmlich an /und sagte: Bin dan ich / mit diesem gebot der K \nigin gemeinet? Kein anderer / (gabe sie ihm zur antwort) als der Prinz Abimelech: und lässet sie euch zum überflus inständig hierum bitten / damit ihr sie überheben m \get / aller welt ihre schwachheit sehen zu lassen. Delbois lässet mich bitten / (widerredte er ganz verwundert) daß ich von hinnen gehen sol /damit [427] ihre schwachheit niemand sehen m \ge? O himmel / was ist damit gesaget? Entdecket mir doch / gütige Prinzessin! was ich gesůndigt habe! Ich glaube /(sagte hierauf Ahalibama / ihn zugleich beim arm anfassend) ihr wollet uns alle hier åffen. Erlaubet mir /daß ich euch darf von hinnen füren / und überhebet die mehr als hoch beleidigte K \nigin / solches durch die wacht verrichten zu lassen. Hiemit zoge sie den halbtodten Prinzen mit sich fort / und wie sie ihn /durch das K \nigliche gezelte / in den vorhof gebracht / ließe sie ihn stehen / und eilte wieder hinein zur K \nigin.

Sie fande dieselbe bei dem bette der Cölidiane / mit der sie von dieser des Prinzens verwegenheit redte. Wer håtte denken sollen / (sagte sie voll unmuts / ) daß Abimelech sich unterfahen dörfen / so frech uns unter augen zu kommen; und hat er mich damit so gar aus mir selber gesetzet / daß er meinen zorn mehr / als er wert ist / erkennen můßen. Welch eine freude muß ihme das nun seyn / daß er meinen verdruß über seiner anderwårtigen heurat gesehen: weswegen ich ihme bloß meine verachtung / und keinen zorn / zu zeigen gesonnen gewesen. Er hat aber auch hierin ůber mich siegen / und durch diese überraschung meine schwachheit erkennen můßen: die er nicht hätte sehen sollen / wan ich / mich zu erholen / hätte zeit haben m \gen. Was sol dan ich hierzu sagen / (finge die bis in den tod betrůbte C \lidiane an) da ich erkenne / wie hohe ursach E. Maj. haben / dem Prinzen von Gerar also zu begegnen? Er hat bei mir seine verhåltnis / soviel meine bestůrzung von seinen worten mich vernemen lassen / sehr entschüldigt / auch alle schuld auf seine gezwungene verschwiegenheit geschoben: und kan ich nicht begreifen / was er damit sagen wollen. Freilich ist das schweigen / (antwortete die [428] Königin) sein gr \stes verbrechen: dan håtte er ehedessen zu Salem / und hier bei uns erwehnet / daß er die Ammonide liebte / würde er uns beide nicht also haben auffüren k \nnen.

Er stellet sich / (sagte Ahalibama) ůberaus bestůrzt an / und habe ich ihn fast mit gewalt müßen aus dem gezelte ziehen. Das verstellen (gabe die Königin zur antwort / ) ist seine andere natur / und hätte ich nimmermehr geglaubet / daß die erde einen solchen schein-frommen erzbetrieger herfůr bringen k \nnen. Aber wolan / Cölidiane! lasset uns auch dieses ůber winden! quålet euer edles herze nicht mehr üm dieses menschen willen / und růstet euch hingegegen mit grosmůtiger verachtung! Ich werde solches auch thun / und wan die unümgångliche gelegenheit es ferner geben solte / daß wir ihn hier sprechen můßen / so verfaret mit ihme / als mit einem fr \mden / den ihr niemals gekent / und lasset ihn nicht merken / daß euch der Ammonide erwehlung verdrieße. Folget hierin meinem beispiele: und wie wir beide seine liebhaberinnen gewesen / also lasset uns nun miteinander auch seine veråchterinnen werden. Die weichmütige C \lidiane beseufzete diese lehren der Königin / und antwortete nichtes darauf: weil sie wol bei sich fůlete / daß ihr gemůt unfåhig wär / ihren haß oder verachtung dem Abimelech zu zuwenden.

Dieser verzweifelte befande sich mitlerweile in dem verwirrtesten und elendsten zustand von der welt /und hatte aller seiner kräfte vonn \ten / vor andern zu bergen / wie es ihm ergangen war. Er fande / vor der K \nigin gezelt / alle große kriegsbediente: welche /nachdem sie seine ankunft vernommen / ihn zu entfangen sich dahin versamlet hatten; und wolten insonderheit die Niniviten von ihm erfahren / wie es ihme in selbigem reich / [429] davon er iezt herkame / ergangen wåre. Er entschůldigte sich / hiervon einen ümständlichen bericht zu thun / für dißmal mit seiner můdigkeit / und begabe sich nach dem gezelt / welches der Husan für ihn aufschlagen lassen / ihnen bezeugend /wie er den abend daselbst allein zu bleiben verlangte: welches sie dan / wiewol ungern / musten geschehen lassen / und kaum des folgenden tags / ihn wieder zu sprechen / erwarten kunten. Wie wenig ware aber diesem helden mit der ganzen welt huld gedienet / da er nun diejenige verloren / die ihn allein zu laben vermochte.

Er warfe sich auf ein bette / und niemand von seinen mitgebrachten leuten / als den einigen Mitreus /ům sich leidend / überlegte er mit großen nachsinnen /seinen ganzen lebenslauf und gefürten wandel: da er dan auf seiner seite nichts fande / daß ihn anklagen oder einiger untreu gegen seine K \nigin überfüren mochte. Er erinnerte sich anderseits / wie sie / solang er sie gekant / die gůtigkeit selbst gewesen / und niemals ungehört jemand verdammet hatte. Ihre vollkommene tugend ließe ihm auch nicht zu / sie einiger unbeständigkeit zu beschüldigen: und wie er sie immer ihm fürstellte / so kunte er doch ihrerseits eben so wenig eine ursach dieser ungnade finden. Daß die C \lidiane ihm diesen haß erwecket / war ganz nicht glåublich: weil er nicht allein deren edles gemůte dieser bosheit / sondern auch die K \nigin / dergleichen angebungen anzunemen / unfähig kennte. Er wuste ihm auch nicht einzubilden / daß ein von ihm widrig-erschollenes gerůchte solches verursachen können /weil dißfalls alle anwesende im lager ihm solche liebkosungen nicht wůrden erwiesen haben: auser daß er sich besorgte / die boshaftige Dalimire möchte heimlich hieran schuldig seyn.

[430] Wie er aber / nach langem quälen und vergeblichen überdenken / eben so unwissend als zuvor geblieben /fiele ihm endlich Timna ein / die allemal seine herzensfreundin gewesen: von der er dan zu erfahren verhoffte / was es wåre / das ihm also mehr dan tausend t \de antäte. Demnach befahle er dem Mitreus / nach dieser Fürstin von Seir ihrem gezelt sich zu erkůndigen: der dan mit dem bericht zurůcke kam / wie daß sich die Timna zu Aroer befůnde. Weil nun sein ungedultiges verlangen war / zu wissen / was ihme dieses unglück verursachet / und er im lager keinen menschen üm die Königin wuste / von dem er solchen bericht hoffen konte / zumal der Arsas selber / der doch neulich mit ihme so vertreulich gelebet / ihn vor der Königin gezelt ersehend / ihm den rücken zugekehrt hatte: als fassete er den schluß / noch in selbiger nacht nach Aroer zu gehen. Seine můdigkeit / da er verschiedene tage und nächte unaufhörlich gereiset /konte ihn hiervon nicht abhalten: und muste Mitreus alsofort nach frischen pferden sich ůmthun. Als der Pannias ihm solche zukommen lassen / machte er sich gleich mit zweien dienern auf / und von seiner verzweilfelten liebe fort getrieben / kame er mit anbrechendem tag in Aroer: den Mitreus neben den andern im lager verlassend / welcher / wan es begehrt wůrde /den Ninivitischen guten zustand eröfnen / und seine schleunige wieder-abreise entschüldigen solte. Das erste / so Abimelech in Aroer fůrname / ware dieses /daß er sich in der Tirdane wonung bei der Timna anmelden ließe. Diese / h \chst bestürzet / ein so unvermutetes gewerbe von dem Prinzen von Gerar zu vernemen / wuste anfangs nicht / wie sie sich hierbei verhalten solte. Die erinnerung / wie er ihre liebste K \nigin betrogen / erneuete ihren auf ihn geworfenen haß üm so viel mehr / nun er / dessen ungeacht / [431] noch die kůnheit name / sie anzusprechen. Demnach schloße sie endlich / ihn mit seiner besuchung abzuweisen; und ließe sie darneben durch eine getreue slåvin / die er ihr vordessen geschenket / ihm zu entbieten: Wie daß sie den Prinzen von Gerar nun nicht mehr kennte / und keine gemeinschaft forthin mit ihm haben wolte / nun er also aller welt gewiesen / wie wenig man auf seine freundschaft zu bauen håtte. Wie nun diese slavin / neben seinem abgeschickten / zu ihme kam / und ihme der Timna fr \mde worte hinterbrachte / wuste er nicht / was er immermehr hiervon gedenken solte: und finge er an / sich selber für schüldig zuhalten / ob ihm gleich sein verbrechen unbekant war. Dieses aber zu erfahren / schriebe er etliche zeilen an die Timna / und bate sie / üm aller ehmaligen vertrauten freundschaft /ja üm der dienste willen / die er ihr ehmals in Aroer erwiesen / daß sie ihm nur so gůtig seyn wolte / ihm zu vermelden / was doch sein verbrechen wäre /womit er also seiner K \nigin und aller seiner freunde abhuld / ihm erworben håtte. Er entfinge aber hierauf keine antwort / und ginge vergebens vor der Timna wonung etliche stunden spaziren. Oft gedachte er in das haus zu gehen / und sie wider ihren willen zu sprechen: das er iedoch unterließe / nachdem er ihre unpåslichkeit vernommen.

Er war noch in solcher unruh begriffen / als ein wagen vor ihm fůrbei fuhre / auf welchem zwei manspersonen saßen: deren der eine sich in einen mantel gehůllet / der andere aber sein gesichte sehen ließe /und von ihm für den Tubal erkant wurde. Er erfreute sich / diesen vertrauten seines gewesenen freundes gefunden zu haben / und rieffe ihm alsofort bei namen: der dan den wagen halten hieße / und den Prinzen von Gerar erkennend / zu ihm heraus sprange. Indem sie aber einander [432] grůsten / sahe sich Abimelech unversehens von jemanden ůmarmet / der seinem liebsten Cimber allerdings gliche. Er håtte / wan er ihn nicht so gewiß todt geglåubet / ihn für diesen seinen herzensfreund alsofort angesprochen: nun aber machte die erkante gleichheit ihn seufzen / und wuste er nicht / was er aus diesem fr \mden machen solte. Selbiger aber gabe sich ihme gleich zu erkennen / und sagte: Wie nun Abimelech! kennest du deinen Cimber auch nicht mehr / und ist dir nun alles / was dir vordessen lieb gewesen / durch deine neue liebe vergangen? Die bestůrzung des Prinzen von Gerar / ließe ihn diese worte nicht so eigentlich vernemen / indem er allein bemühet war / dem Cimber seine freude und verwunderung / daß er ihn lebendig sahe / durch vielfältiges ümarmen zu verstehen zu geben. Weil Cimber /wegen des zulaufenden volks / befahrete / daß iemand ihn erkennen m \chte / nötigte er den Abimelech mit auf seinen wagen: da sie dan sich alle drei zusammen hinein sezten / und nach dem spazirwald / der mitten in der stadt belegen / hinfuhren.

Cimber und Abimelech sahen eine gute weile einander an / ehe sie zur sprache kamen: und betrachtete sonderlich der Cimber / mit höchster bewunderung /an dem Abimelech / dessen unbeständigkeit; welche /ob sie gleich die einige ursach seines glůckes war /ihm dannoch an ihme höchst misfiele. Ich habe so viel zu fragen / (begunte endlich Abimelech zu reden) /daß ich nicht weiß / wovon ich sol den anfang machen. Weil aber mein anligen mich am meisten treibet / als verzeihe mir / wertester freund! wan ich dich zu erst frage / ob du mir nicht weist zu sagen / worin ich gegen unsrer unvergleichlichen Königin mich versůndigt habe. Diese frage des Abimelech erweckte sowol bei dem Cimber / als bei dem Tubal / ein [433] hönisches gelächter / und sahen sie beide diesen Prinzen an /sonder ihm zu antworten. Die ungedult / welche Abimelech hierob entfunden war so häftig / daß er / auch den Cimber gegen sich verändert achtend / ein par nasse augen gegen dem himmel wandte / und fast ganz aus sich selber / in diese worte heraus brache: Wan dan alle welt mich für schuldig hålt / so wirst ja du / ô allwissender! meine unschuld an den tag bringen. Kanst du dan (finge Cimber an ihn hinwieder zu fragen) dich unschuldig preisen / da du die sch \nste K \nigin betrůbet hast? Womit dan? fragte der ungedultige verliebte. Damit / (antwortete Cimber) daß die Prinzessin von Ammon in dein ehebette aufgenommen worden / welchen platz die unvergleichliche Aramena bei dir zu nennen / vor allen sterblichen dich beseeligen wollen. Gläubet man dan dieses alhier von mir / (fragte der hierob erfreute Prinz) und rüret daher meiner K \nigin ungnade? Ist dan das (antwortete Cimber) auch fragens würdig? So sei dan dem himmel gedanket / (brache hierauf der Philister-Prinz heraus / zugleich die hände zusammenschlagend) daß ich nun weiß / was alle diese verwirrung alhier verursachet! Ich bin aber hieran ganz unschuldig / und ist Ammonide nicht an mich verehlicht / wol aber an den Prinzen Abimelech / meinen ältern bruder / fůr den der Ahusath / den du oft bei mir gesehen / zu Gerar ist erkant worden. Nun spůre ich / daß der zorn meiner liebsten K \nigin / aus ihrer zu mir tragenden beständigen liebe / hergerůret / und bin ich dir / wertster freund! tausendfåltig verbunden / daß du mich aus dieser t \dlichen qual gerissen hast.

Dem armen Cimber wurde hierbei nicht anders zu mute / wie er seines mitbulers unschuld vername / als wan man ihm sein herz hätte aus der brust gerissen /und [434] vergingen ihm auf einmal alle sinne / also daß er /gleich einem todten / dem Abimelech in die arme fiele. Dieser / dem die ursach dieses zufalls nicht wissend / erschracke håftig / und ließe sich von dem Tubal berichten / wie daß dieser Prinz an einer tödlichen krankheit bisher dadanieder gelegen / und / ům frischen luft zu schöpfen / heute zum ersten mal sich aus dem hause gewaget håtte: daher dan / weil er noch sehr schwach / diese onmacht kommen m \chte. Weil sie damals eben in dem spazirwald bei einem springbrunn sich befanden / wurde alsbald wasser geschöpfet / und der Cimber damit angespritzet: welcher /sich wieder erholend / die augen aufschluge / und /auf zureden der andern / sich nach seinem hause zurück füren ließe. Der treue Abdastartus kunte / aus der schleunigen widerkunft / und aus dem erblassten gesichte des Cimbers / wol abnemen / daß ihm diese ausfart ůbel müste bekommen seyn: demnach half er ihn so fort abkleiden / und zu bette bringen.

Nachdem der Cimder allerhand diensame står kungs-mittel zu sich genommen / und den Abimelech vor seinem bette sitzen sahe / streckte er die hand gegen ihm / und sagte: Versichere dich / allerliebster freund! daß / nicht die zeitung von deiner unschuld /sondern eine verborgene schwachheit / die mir noch anhänget / und mich noch nicht v \llig verlassen wil /mir diesen zufall verursachet. Ich bin üm deiner / wie auch der unvergleichlichen Königin von Syrien / ruhe willen / von herzen erfreuet / daß ich deine tugend unbeschmitzet / und dieser schönen ihren zorn gestillet sehe: und finde ich den himmel gerecht / der alles dieses noch zu rechter zeit an den tag hat kommen lassen. Deine versicherung / wertester Cimber! (antwortete Abimelech) sind unnötig und ůberflůßig / weil mir mehr als wohl bekant ist / wie treulich du mich[435] liebest: und beklage ich allein dieses in meiner jetzigen glückseligkeit / daß ich deinen zustand so schwach finden muß / der mich hintert / dich zum aussöner bei meiner erzůrnten K \nigin zu gebrauchen. Hast du bei ihr (gabe Cimber zur antwort) meiner dienste n \tig / so bin ich stark genug / etwas vor dich zu verrichten: und ware ich ohn das gewillet / morgen nach dem lager zu reisen.

Niemand kan båßer (sagte Abimelech) meine unschuld meiner K \nigin fůrbringen als der Cimber: und weil sie mir / auf ewig aus ihren Augen zu gehen / befohlen / als wil ich diß gebot / vor ihrem widerruf / nicht ůberschreiten / sondern ihr auch meinen gehorsam erweisen. Ich weiß und kenne dein verlangen /(sagte Cimber / mit großer standhaftigkeit) daß alle augenblicke dir wie jahre dünken werden / bis deine unschuld der Königin kund worden sei: darum wil ich alsobald mit dir nach dem lager reisen. Und weil ich gewiße ursachen habe / mich alda nicht von jederman sehen zu lassen / als wird es gut für mich seyn / wan wir in der nacht dahin kommen: da verhoffentlich in deinem gezelt ein räumlein für mich wird übrig seyn /da ich mich verborgen aufhalten könne. Nicht allein mein gezelt / (antwortete Abimelech / seinen freund damit ůmfassend) sondern auch mein herz / und alles was ich habe / ist zu meines Cimbers diensten: und wünsche ich nur / daß mir der himmel wolle gelegenheit fůgen / mich an dir mit treuen gegendiensten zu rächen.

Als er diß gesaget / stunde er auf / ům dem Cimber raum zu lassen / sich wieder anzukleiden: der dan /weder durch den Tubal / noch durch den Abdastartus /noch durch den arzt / sich von dieser reise wolte lassen abwendig machen. Lasst mich nur reisen! (sagte er zum Tubal / ) mein vorsatz ist / so lang ich noch leben werde / der [436] Königin von Syrien dienste zu thun: unter denen dieser der fürnemste seyn wird / wan ich ihr ihren getreuen Abimelech wieder bringe. So wird dan ja einmal (sagte Tubal heimlich zu ihm) mein König aufhören / dieser vergeblichen liebe ferner nachzugehen. Bald / bald sol es geschehen / (antwortete Cimber) doch wol nicht also / wie du dir einbildest. Wie nun / unter solchem gespräche / der Cimber sich angekleidet / und Tubal die reise zu bestellen übernommen hatte / wolte Abimelech zuvor der Timna aus ihrem irrtum helfen / und beredte den Cimber / neben ihm diese Fürstin zu besuchen: welcher sich hierzu ganz willig finden ließe. Cimber ließe sich nur allein bei ihr anmelden / und bliebe Abimelech /als sie zu ihr kamen / anfangs unter den dienern vor der tür stehen. Cimber wurde / mit bezeugung sonderbarer freude / von der Timna entfangen / und kunte sie ihm nicht gnugsam zu erkennen geben / wie lieb es ihr wäre / ihn lebendig zu sehen: da sie / neben der Königin von Syrien und andern seinen guten freundinnen / ihn fůrlängst als todt beweinet håtte. Weil die K \nigin / vor ihrem abzug aus Aroer / ihr diese gute zeitung wissen lassen / als kame ihr sein leben so gar fr \md nicht vor: und begehrte sie nur von ihm zu vernemen / was es eigentlich mit diesem seinem ausgesprengten tode für eine bewandnis gehabt.

Er wolte / ihr solches zu erzehlen / eben anfahen /als Abimelech zu ihnen in die kammer trate. Weil Timna im bette war / kunte sie dieser widrigen besuchung nicht entfliehen: doch gabe sie mit ihren gebården an tag / wie sehr ihr diese seine freiheit zuwider wåre / sonderlich / da sie ihn lachen sahe / als der nun / dessen ursach wissend / ihren unwillen wol vertragen kunte. Werte Timna! (redte er sie an) erzürnet euch nicht so sehr über den gemal [437] der Ammonide /und lasset gegen dieser armen Prinzessin euren unwillen nicht eher aus / als bis ihr eigentlich wisset / wen sie habe unbeständig gemacht. Meinen zorn (antwortete Timna) wird die Prinzessin der Philister so wenig achten / als wenig ich / hinfort die gedåchtnis ihres Prinzen zu verehren / mich schuldig erkenne. Warum aber das? (fragte Abimelech) ich erinnere mich ja /daß der erkante Prinz von Gerar / wie er noch Ahusath hieße / der Fůrstin Timna alle schuldige ehrerbietung erwiesen hat. Weil aber Abimelech die zeit gewinnen wolte / üm seine reise zu beschleunigen / als unterließe er / die Timna länger aufzuhalten / und eröfnete ihr kůrzlich / was es mit dieser verheuratung der Ammonide für eine beschaffenheit håtte. Die gute Timna begunte nun ihre sprache zu verändern / und sich aufs höchste zu entschuldigen / daß sie dem Prinzen von Gerar solche unhöflichkeit erwiesen hatte. Sie erfreute sich ja / ihrer Königin und dieses Prinzen halber / über seiner unschuld: doch betaurete sie darneben den edlen Cimber / dessen liebe ihr nicht unbekant war / und sahe sie ihm sein anligen wol an / ob er gleich solches verbergen wolte.

Er erzehlte hierauf ihnen beiden ausfürlich / wie es ihme in Damasco mit dem Dison / und nachgehends im Isis tempel / und mit allen den misverständen wegen der K \nigin von Syrien ungnade / ergangen ware: wuste aber doch sich so wol dabei in acht zu nemen / daß Abimelech nichtes von seiner liebe verspüren oder merken kunte. Diesem Prinzen kame alles dieses / sonderlich die verwandelung der Aramena in den Dison / sehr frömd für / als wovon er noch nie die rechte ümstände vernommen hatte. Um auch die Timna zu vergnůgen / tåte er ihr bericht / daß es dem Fürsten von Theman [438] noch wol erginge; welche worte ihr die zären håufig heraus locketen / und sagte sie ganz wehmůtig: diese nachricht könte ihr keine freude bringen weil Eliphas für sie nicht zu leben begehrte. Nachdem sie beide hierauf von ihr vernommen / was Eliphas ihr für ein unfreundliches schreiben geschicket / und wie es ihr iezt mit ihrer basen / der Tirdane /erginge: verhieße ihr der Prinz von Gerar / wiedaß er alle diese misverstånde wieder beizulegen trachten wolte. Als er auch bei der Fürstin Tirdane sich ansagen / selbige aber mit ihrer unpåslichkeit sich entschuldigen lassen / namen sie abschied von der betrůbten Timna / sezten sich / mit dem Tubal / Abdastartus und dem arzte / zu wagen / und jagten so geschwind / als nur můglich / dem lager zu: dahin sie mitten in der nacht angelangten. Abimelech und Cimber legten sich zwar zur ruhe / vermochten aber nicht zu schlaffen: weil die unruhige freude bei dem Abimelech / und das gedultige leiden bei dem Cimber / so håftig und schmerzlich war / daß ihre v \llig damit eingenommene sinne ståts munter gehalten wurden.

[439]
Das Dritte Buch
Erzehlung des Prinzen Abimelech
Erzehlung des Prinzen Abimelech.

Wie der große Edom / so wol von E. Maj. als dem K \nig von Assyrien / in seiner bedrängnis / die ansehnliche hůlfe der vierzig tausend Niniviten und Assyrier bekommen / und wir damit nach Edom und den Seirischen gebirge gingen / fanden wir / bei unserer ankunft / die seite der Seirischen Fürsten sehr schwach: weil sie keinen beistand mehr hatten / als die einige der Cananiter / von denen doch auch der Prinz Ephron sich abgesondert / und / wegen der unerh \rten tyrannei / die man an des Esau dreien gemalinnen verübet / nicht länger für sie fechten wollen. Der dapfere Prinz von Caphtor / stunde vor Bean /einem fåsten ort in Edom / und als wir mit unserer großem macht zu ihme gestossen / [448] ware nicht allein Bean gleich unser / sondern es ginge auch in schneller eile ganz Seir und Edom verloren: da die billige rache des Fürsten von Edom alles / ohne erbarmen / was ihm nur fůrkame / der asche seiner gemaliñen aufopferte / und vermochte / die beståndige liebe zu der Prinzessin Ahalibama hierzugegen / ihn hiervon nicht abzuhalten.

Wie nun Bazra / Arabath / Dedan / und alle andere festungen / sich ergeben hatten / und alles durch die schärfe des schwerds gefallen war / was noch von Canaanitern und denen von Seir fechten k \nnen / namen alle Fürsten von Seir die flucht nach Ezeongaber /alda sie vermeinten über das rohte meer zu entkommen / und ihren schutz in Egypten zu finden. Sie wurden aber von unserer geschwinden nachfolge hieran verhintert / und sahen sich also in ihre mauren eingeschlossen. Nach zweitågigem stůrmen / wurde die stadt erobert / und kamen also alle Seirische Fürsten und Fůrstinnen in des Esau hände. Ich will / die Prinzessin Ahalibama nicht lang zu ängsten / nur kürzlich melden: wie daß der Lothan / samt seinen s \hnen dem Hori und Heman / wie auch des Sobals zwei söhne der Sephi und Onam / neben dem Esban / Jethran /Chran und Aran / weil sie verzweifelt gefochten / in eroberung der stadt todt geblieben; die andern aber /als der herrvatter von der Prinzessin Ahalibama /neben ihrer fraumutter / wie auch der Fürst Sobal mit seinen beiden übrigen söhnen / dem Alian und Manahath / ingleichen der Zibeon und dessen beide söhne /und die übrigen Fürsten unsere gefangene worden.

Bei diesem zustand wachete / die nie-erloschene liebe des Esau gegen die Prinzessin Ahalibama /håftiger als iemals auf / und hegte er deswegen / bei aller seiner verbitterung [449] wider Seir / gegen dem Fürsten Ana und der Prinzessin Poliphide / eine sonderbare ehrerbietung: massen solche bei ihm soviel wirkte / daß er heimlich den Ana mit den seinigen los ließe / indem die andere mit harter gefångnis belegt wurden. Aber die treue dieses klugen Fürsten gegen sein geblüte / brachte bei ihm zuwegen / daß er / wie wir / unsrem sieg zu vollenden / vor Elath und Denhaba rückten / und der Eupales / so mit achttausend Assyriern in Ezeongaber geleget war / nicht acht darauf hatte / allen Fürsten von Seir ůber meer davon halfe: die dan sich in zwei haufen teileten / da der Sobal und der Zibeon mit den ihrigen nach Egypten / der Fůrst Ana aber / mit dem Ezer / Disan und deren kindern /nach Cus giengen / und von beiden K \nigen in schutz genommen wurden.

Weil wir / vieler bedenklicher ümstånde halber /wider Egypten nichts fürnemen dorften / zumal /sowol die Assyrier / die ich fůrete / gegen diesem bundsverwandten des Belochus nicht fechten / auch E. Maj. v \lker den mächtigen Pharao dem reiche Syrien nicht auf den hals ziehen wolten: als wandten wir uns nach Cus / und stießen zu dem Nebajoth / der eben in Cus ginge / und also den krieg hinein brachte. In Jotis / daß der König Scheba den Seirischen Fůrsten eingeraumet / wurden sie nun dermassen von uns beängstigt / das ohnzweifel ihr garaus erfolget / wan nicht das andenken der schönen Ahalibama das mittel gewesen wäre / so wol ihrem hause den frieden / als auch ihrem herrvattern die stadt Ezeongaber zu seinem aufenthalt zu erlangen. Diesen sieg ůber des Ana und der Poliphide gemůte / die nun dem verliebten Esau ihre einige tochter versprochen hatten / hielte dieser held viel höher / als alles / was er sein lebenlang erworben. Und weil man ihn glaubwürdig [450] berichtet / wie daß die Prinzessin Ahalibama sich verborgen in Edom aufhielte / als ginge sein einiges und höchstes verlangen dahin / von ihr selbst auch das jenige zu erhalten / was ihme von den ihrigen bereits ware zugesagt worden.

Ihr rächet euch an mir / Prinz von Gerar! (fiele alhier Ahalibama ihm in die rede) auf sonderbare art /üm daß ich / von unsrer K \nigin befehligt / euch vor zwei tagen allhier die tůr weisen můßen: dan / wan es ohn diese meine unschuldige verschuldung wåre /würde ich iezt nicht so viel verdriesliches h \ren dörfen. Weil nicht allein solches (verantwortete sich Abimelech) in meine erzehlung laufet / sondern auch ich vermeinet / daß es meinem freunde / dem Fůrsten von Edom / zum båsten gereichen / auch von der grosmůtigen Ahalibama würde beliebig aufgenommen wurden / habe ich nicht unterlassen können / dieses wenige hiervon zu melden: welches die Prinzessin von Seir nicht mit dem titel einer rachgier bekleiden wollen /massen ich hierin für sie nichts widriges finde. Wan ich aber eine rache zu verüben hätte / würde solche darin bestehen / daß ich ihr den großen Edom misg \nte: welches aber in warheit meine meinung nicht gewesen. Als Ahalibama dieses wieder beantworten wolte / verwehrte ihr solches die Königin / sagend: sie hätten wenig zeit ůbrig / des Abimelech erzehlung hinaus zu hören / weswegen man ihn nicht ferner aufhalten můste. Als nun Ahalibama ihr solches gefallen ließe / fuhre Abimelech fort seinen bericht zu erstatten / folgender massen.

Welcher gestalt Esau / neben dem Prinzen von Caphtor / dem K \nig Melchisedech zu hůlfe zu kommen / sich nach diesem entschlossen / auch was mir in Cus mit der mehr als grosmütigen Prinzessin Cölidiane begegnet / [451] und wie ich nach Gerar mich wendend /die Niniviten hieher / und die Assyrier nach Ninive gehen lassen: solches wird gegenwärtiger Fůrst Arsas den ich unterwegs gesprochen / E. Maj. berichtet haben. Ich wil mich demnach hierbei nicht aufhalten /noch auch zugleich die freude und den unlust beschreiben / so ich aus E. Maj. gnadreichen zeilen /und aus des Arsas bericht / von dero verwirrtem zustand allhier / und von des Cimbers tod / gesch \pfet: massen solches E. Maj. vonselbst ihnen fürbilden /auch aus meinen antwort-zeilen sich erinnern können / wie hoch ich beklaget / daß ich unümgånglich / auf meines herrvattern eifriges begehren / nach Gerar reisen / und also die gelegenheit / meiner Königin hier und in Ninive zu dienen / verseumen / auch wegen des so treuen als dapfren Cimbers tod E. Maj. in noch grösserer gefahr wissen müssen.

Diese zeilen (unterredte allhier die schöne Syrerin) musten damals meine wut entfinden / indem ich sie /sonder zu ůberlesen / verbrannt habe: weil sie mich in der fästen einbildung antraffen / daß mein Abimelech mir unbeståndig worden wäre. Wan meiner sch \nsten K \nigin ungnade (antwortete der verliebte Prinz) mit diesen flammen nun völlig erloschen ist / so werde ich das geschicke meines briefes nicht beklagen: und ist deme nichts anders widerfaren / als was alle meine ehmals abgegangene küne briefe verdienet hatten. Ihr wisset / liebster Prinz! (gabe sie ihm mit einem sůßen blick zur antwort) daß alles / was von euch kommet /mir das angenemste in der welt ist: und habe ich gegen euch nur damals / als ich euch nicht mehr fůr den meinigen halten d \rfen / also gewůtet. Aber ich begehe iezt selber / was ich zuvor an der Ahalibama gestraffet: darům werdet ihr nun eure erzehlung / ohn fernere hinternis / zum ende fůrẽ.

[452] Wie ich nun (fuhre er fort / ihrem befehl zu gehorchen) so geschwind / als immer müglich / nach Gerar geeilet / ům von dar desto eher wieder ledig zu kommen / sahe ich / zu meiner höchsten verwunderung /daß der Ahusath / im K \niglichen schloßhof / von allen grossen am hof / ansehnlichst begleitet / mich entfinge / und mich ůmarmend seinen bruder nennte. Bagastanes / der mit zugegen war / erklärte mir sofort dieses rätsel / mich berichtend / wie daß dieser Ahusath der ältste Prinz von Gerar wäre / und auch / wie ich / Abimelech hieße: dessen bisherige geheimhaltung / und deren ursach / ich hernach erfaren solte. Weil meine hierob bezeigte verwunderung / von allen anwesenden / und folgbar auch von meinem ältern bruder / für ein zeichen meiner bekümmernis / daß ich hierdurch die anwartung zur krone von Gerar verlöre /gehalten wurde / als verdoppelte dieser Prinz seine liebkosungen / und versicherte mich / wie er in Gerar gleiches stands mit mir leben / und keines wegs sich des rechts der erstgeburt über mich bedienen wolte.

Ich / der ich endlich aus meiner bestůrzung mich etwas erholet / gabe / über diese erlangte kentnis meines bruders / ihme und den andern meine innige freude zu verspůren: und gleich an E. Maj. gedenkend /befande ich / daß nichtes wäre / so mein hiesiges glück eher befördern k \nte / als eben dieser glůckfall /der / mich von der krone zu Gerar los machend / mir allhier eine weitbäßere / durch E. Maj. gůtigkeit /würde zueignen k \nnen. Gleichwie ich nun vordeme den unbekanten Ahusath herzlich geliebet / also vermehrte sich dieselbe gegen dem nunmehr bekanten Abimelech ům ein großes / und erschienen wir bei hof / eine solche vertraulichkeit erweisend / daß der K \nig und die Königin / wie auch des K \nigs schwester die Prinzessin Andagone / eine große vegnůgung[453] darob entfunden. Ich wil mich hier nicht lang aufhalten mit der erzehlung / wie gut ich bei hof entfangen worden / und wie der König mein herrvatter / meinen ältern bruder zu lieben / mich ermanet: sondern ich wil nur kůrzlich sagen / wie es mit dieser erkentnis des Ahusath / so mir nachmals der Bagastanes erzehlet / eigentlich zugegangen.

Wie mein herrvatter die Königin Eglone / meine fraumutter / geehlicht / und dieselbe keines wegs von ihrem falschen g \tterdienst abstehen / sondern bei ihrem Astaroth beståndig verharren wolte / kame ihr in den sinn / ihren erstgebornen sohn / ihrem herrvattern / dem König Abinael / nach Basan zuzuschicken / damit er daselbst in ihrem glauben m \chte auferzogen werden. Diesem nun / als es zu Gerar kund worden / zu steuren / ersonne die verständige Prinzessin Andagone das mittel / und name zu Gaza der Königlichen kinder ihre erziehung über sich: da dan / aus dem ganzen lande / wie auch von frömden orten / die knaben von gleichem alter / zur gesellschaft mit uns auferzogen / und uns in allem so gleich gehalten wurden / daß so wenig wir selbst / als die K \nigin Eglone / noch sonst jemand am hof / eigentlich wissen kunten / welche die K \nigliche kinder wären. Hierdurch wurde nun verhütet / daß Eglone / ihre kinder nicht kennend / deren abschickung nach Basan einstellen muste: es diente auch wol zu unserer erziehung / daß wir alles desto ämsiger von unsern belehrern aufnamen / weil die kentnis unserer hohen geburt uns keine hohfart und hinternis bringen kunte. Unser rechter stand aber ware allein meinem herrvattern und der Andagone bekant / die aus rümlicher sorgfalt und gutem fürsatz dieses also angestellet hatten.

Wie nun der König von Babel / einen sohn von[454] dem König Abimelech zu geißel begehrt / traffe mich die wahl / nach Babel zu ziehen: wobei dan ausgesprenget wurde / wie daß ich der einige Prinz von Gerar wäre / gleichwie ich selber auch nicht anders wuste. Also muste mein bruder Abimelech / unter den namen Ahusath / verborgen bleiben: damit nicht / in erfahrung dessen / der tyrannische Belochus darauf bestehen möchte / daß man auch diesen / gleich als mich / in seine hände liefern solte.

Das frische gemüt des Ahusath / wolte ihn in die länge nicht zu Gaza lassen: und ward er vom K \nig /dem weißen Bagastanes / meinem hofmeister / in seine aufsicht und erziehung anbefolen / weil Andagone mit ihm / wegen seiner wilden natur / nicht mehr zu recht kommen konte. Er erlangte auch endlich die erlaubnis / nach Babel zu gehen: da wir dan zum erstenmal / als erwachsen / einander wieder sahen / und / wiewol unwissend daß wir brüder wären / gleichwol mit brüderlicher liebe einer dem andern begegneten. Er lebte neben mir / als des Bagastanes sohn: welcher dan / so viel er kunte / unsere freundschaft nehren und befästigen halfe / auch algemach einen andern sitsamern menschen aus ihm erzoge. Er verliebte sich nachgehends in die Prinzessin von Ammon / wovon ihn sein ungleicher stand nicht abhalten kunte. Als /in dem damaligen Ammonitischen kriege mit dem K \nig von Basan / mein herrvatter dem K \nig Hanon hülfe gesendet / kame ein geschrei nach Gerar / daß Ahusath im treffen geblieben wäre; welches große bekůmmernis bei dem K \nig und der K \nigin erweckte / die auch etliche jahre gewehret / weil Ahusath / nicht wissend / was zu Gerar an seinen leben gelegen wäre /in der welt ümherreisete / und oft üm mich ware. Endlich / ungefär vor etlichen monaten / als ich ihn von Damasco [455] nach Gerar geschicket / erweckte er daselbst eine unvermutete freude / und ward für den Kronprinzen erkant.

Seine gedanken trugen ihn hierauf gleich zu der Ammonide: und wie dem König nichtes lieber seyn kunten / als durch solches mittel die stäte anwesenheit seines ältsten sohnes zu verschaffen / als wurden gesandte nach Ammon abgeordnet / und daselbst alles richtig gemacht / auch beschlossen / daß von beiden höfen nach Damasco eine botschaft abgehen solte /üm die Ammonitische Prinzessin zu werben und sie abzufordern. In solchem zustand hatte ich Gerar gefunden / und erwartete mein bruder täglich antwort von seiner Ammonide / mich inzwischen mit gesprächen von dieser seiner liebe stäts unterhaltend: welches ich dan hinwieder täte / und ihme meine freude eröffnete / daß durch die kentnis seiner geburt mir die gelegenheit wäre gegeben worden / in meiner liebe zu hoffen. Dieses nun war die ursach / warům man mich nach Gerar fordern lassen. Weil die Andagone mich von jugend auf herzlich / und mehr / als meinen bruder / geliebet / als war ihre sorgfalt meinetwegen nicht gering / und wolte sie mir immer etwas sonderliches und hochangelegnes offenbaren / daran sie aber allemal verhindert wurde. Weil sie mir sehr anlage / die Prinzessin C \lidiane zu ehlichen / als bewoge mich solches / gegen ihr geheim zu seyn / und lieber dem K \nig meinem herrvattern in vertrauen zu entdecken /was gnadgewogenheit E. Maj. mir erwiesen; der dan mit diesen worten seine einwilligung gabe: Ziehe hin /mein sohn! und erlange dieser schönen ihr reich Ninive wieder / ům dadurch dich wůrdig zu machen / daß sie dieselbe kron mit dir teile. Wir wusten damals zu Gerar den rechten hiesigen zustand noch nicht / und hatte ich ihnen nur von der Ninivitischen unruhe gesaget: daher mein herrvatter also allein [456] von dem reich Ninive geredet. Ich truge auch bedenken / ihnen zu eröfnen / daß E. Maj. nicht des großen Belochus tochter sei: weil ich besorgte / sie möchten üm des willen mir verwehren wollen / die todfeindin des Assyrischen K \nigs zu lieben / ům ihnen nicht dieses tyrannen haß von neuem aufzuladen.

Ich eilete nun / wie ich diese gute erklärung erhalten / von Gerar hinweg / üm Ninive so wol wider die Dalimire / als wider den Belochus und Ninias zu schützen / und dasselbe unter E. Maj. gehorsam zu bringen: weil mir damals noch nicht bekant war / daß dieses reich E. Maj. jüngerer schwester zuerkant worden / ich auch die Ninivitische gefahr fůr gr \ßer / als die hiesige / achtete / und meine gegenwart daselbst am nötigsten erkante. Dalimire und ihr ergebenster Belopares / hatten mich durch schreiben inständig ermanet / mit meiner überkunft zu eilen: weil sie den Ninivitschen tron nur mit zuwenden wolte / der ihr doch selber nicht zukame. Weil nun / bei solchen ůmstånden / ich mich mehr der list als der macht wieder sie zu bedienen hatte / als muste ich gegen meine natur mich zwingen / und diesen auftrag annemen: üm dadurch sie sicher zu machen / und mein vorhaben desto eher zu erreichen. Weil ich nacht und tag fortreisete / als kame ich geschwind bis an das gebirge Mescha: dahin ich den Zalmon mit der Assyrischen macht hatte fůrausgehen lassen / der noch nicht wuste / wozu ich sie gebrauchen wolte. Daselbst aber offenbarte ich heimlich allein ihme und dem Mitreus / weil ich dem Eupales / als des Belopares brudern / hierin nicht trauen kunte / wie es in Ninive stünde: wie alda die Dalimire und der Belopares wider den K \nig von Assyrien sich aufgeworfen, auch der Sparetes / den der König dahin gesendet / von seinem [457] K \nig zu ihnen getretten wäre: daher ihnen / als getreuen Assyriern / oblige / wider diese aufrůrer zu fechten / und die angelegenheit des großen Belochus in acht zu nemen. Sie billigten diesen meinen vortrag / und erboten sich darüm soviel williger / meinem befehl noch länger zu gehorchen / weil ich sagte / daß ich für ihren König stritte: dan sonst / mit der Seirischen verrichtung / der gehorsam / den sie mir zu leisten schüldig / bereits verloschen war.

Wie ich nun auf solche weise mich dieser achtzehntausend Assyrier versichert hatte / stellte ich eine andere geheime unterredung mit dem Eupales an / und dieses ganze werk mit gezwungener falschheit treibend / eröfnete ich ihme / wie sein bruder mir die Ninivitische krone neben der Dalimire zueignen wolte; und gabe ihm darbei zu verstehen / wie ich verhoffte /daß er mir hierin nicht entgegen seyn / und seines bruders vorhaben befördern wůrde. Nachdem er mir solches mit vielen eidschwüren versprochen / bediente ich mich seiner / ihn an die Dalimire und Belopares füraus zu senden / und ihnen meine ankunft zu verkünden. Ich schäme mich / wan ich daran gedenke /was h \fliche schreiben ich an diese Fürstin müssen abgehen lassen: wie ich dan / als ich / hier ankommend / E. Maj. ungnade verspüret / öfters vermeinet /es müße / ein dergleichen schreiben / E. Maj. ungefär in die hånde geraten seyn / und mir solchen unglimpf erwecket haben.

Wie nun Eupales abgefärtigt war / welches ich dem Zalmon und Mitreus nicht verhelet / folgete ich mit dem ganzen heer hernach / und sezte mich unfern von Ninive: da ich den zustand also befande / daß Dalimire / Sparetes und Belopares / (welcher aus ober-Syrien mit siebenzehentausend man zu ihr gestoßen /) meister [458] in Ninive waren; die getreuen Niniviten aber /unter dem Fürsten Peldas und seinem sohne Tharsis /den ort der stadt / so Cale genent wird / noch innen hielten / und sich daselbst / wiewol kümmerlich / zur gegenwehr sezten. Bei solchen ůmständen / sahe ich nun kein bäßer mittel / als ferner mich zu verstellen. Demnach ließe ich dem Belopares ankünden / wie daß ich diese achtzehntausend Assyrier / der Dalimire zum beistand / von Seir mit gebracht hätte / und wåren sie geneigt / gleich ihren brüdern / dem befehl der Dalimire zu gehorchen / und sich für sie zu erklären. Es ist leicht zu ermessen / wie der Dalimire und dem Belopares dieses müße gefallen haben / und kame der Belopares alsobald zu mir ins lager / mich im namen der Dalimire zu bewilkommen und in die stadt einzuholen. Zalmon und Mitreus erwiesen sich gegen dem Belopares auch ganz höflich und vertreulich / und weil diese beide das ganze heer zu ihrem gehorsam hatten / als fiele es uns nicht schwer / diese Assyrier dahin zu vermögen / daß sie blindlings folgten /worzu wir sie gebrauchen wolten.

Ich entschlosse mich demnach / in die stadt zu gehen / den Mitreus mit etlich tausend Assyriern mit mir nemend; und muste ich leiden / daß in allen gassen mir zugeruffen würde: Es lebe Abimelech und Dalimire in glücklicher regirung! welche worte mir durch das herze schnitten / und hatte ich aller meiner standhaftigkeit vonn \ten / meinen verdrus zu verbergen. Ich hätte aber schier dieselbe verloren / wie ich die Dalimire zu sehen bekame: die / auf E. Maj. tron ganz übermütig sitzend und zum prächtigsten gekleidet / mich entfinge / und sich soviel demütigte / mir etliche schritte entgegen zu gehen / auch mich / auf den tron an ihre seite zu sitzen / nötigte. Ich gedachte bei mir selbst / wozu es mir doch der himmel [459] kommen ließe / und bereuete sehr / daß ich mich mit meinen achtzehntausend Assyriern nicht alsofort öffentlich wider sie erklårt hatte. Wan ich aber betrachtete / in was weitläufigkeit ich mich dadurch wůrde gestürzt haben / befande ich / daß ich / die Dalimire zu fällen /mich ihr noch zur zeit gefällig erweisen müste. Ich hatte das vermögen nicht / sie anzusehen / weil ich fürchtete / ich möchte ihr solche blicke geben / die ihr nicht anständig wåren. Die noch bei ihr übrige wenige schamhaftigkeit / machte auch sie die augen oft von mir abwenden / und ihre sonst beiwonende beredsamkeit fast verlieren / als sie dieselbe gebrauchen wolte /mir den Ninivitischen zepter anzubieten.

Endlich hörte ich sie also zu mir sagen: Ihr sehet /edler Prinz / wie gerecht die götter mein fürhaben finden / indem sie es also glücklich lassen von statten gehen. Wie nun solches fürnemlich zu euren diensten geschehen / also nemet auch nun von mir diesen tron an / den ich fůr euch erlanget / und helfet mir den undankbaren Belochus ferner bestreiten / der üm Aramenen willen mich so liderlich verlassen d \rfen. Eine tiefe verneigung ware alles / was ich hierauf antwortete / und hielte ich / auch nur dieses / strafbar genug /weil ich damit meine genem haltung der Dalimire beginnens anzeigte. Wie ich nun ferner mich in ein gespräche mit ihr einlassen muste / welches wol die saureste verrichtung gewesen / die ich mein lebenlang gehabt / redte ich mit ihr ab / daß sie / zu erhaltung ihres zweckes / der ietzigen unruhe des Belochus sich bedienen / und / ům diesen K \nig desto kraftloser zu machen / seinen feinden beispringen solte; welches dan in Meden gegen dem Fürsten Nebajoth geschehen k \nte und můste. Sie ließe ihr alles wol gefallen / und verübelte mir nicht / daß ich nicht von liebessachen /[460] noch von meiner erkentlichen dankbarkeit / mit ihr redte: weil sie solches meinem kriegerischen sinne /und der wichtigkeit unserer angelegenheiten / zuschriebe. Also ließe sie mich dieses erstemal ganz vergnůgt von sich / ob ich gleich ihr wenig liebeszeichen erwiesen hatte.

Man sahe mich nun an / als den K \nig von Ninive /und stunde mir alles zu gebot. Demnach / vermög meiner mit der Dalimire genommenen abrede / ließe ich sofort den Oneballus und Ascasapes mit zehntausend man nach Meden gehen / und diese hülfe dem Nabatheer-Fürsten zufüren: wordurch des Belopares und Sparetes macht geschwächet wurde / und ich also samt meinen mitgebrachten Assyriern der stårkste verbliebe. Ich zoge dieselben nach und nach in die stadt /ům / wan es zeit seyn würde / mich ihrer zu bedienen. Weil in dergleichen fällen an der geschwindigkeit alles gelegen / und ich meine anschlåge nicht in die länge schalten dorfte / auch mit der h \chstẽ unruhe von der welt diese mir-unanständige person spielete /versicherte ich mich so fort des Mitreus / und warnemend / daß der mich liebte / vertraute ich ihme meinen rechten anschlag: wie ich nämlich Ninive für E. Maj. als die rechtmåsige K \nigin / wieder zu erobern / meine h \chste angelegenheit seyn ließe. Ich bate ihn hierauf / daß er mit seinen unterhabenden meine seite halten / auch daneben sich gebrauchen lassen wolte /dem Oberstathalter Peldas / wie auch dem Tharsis /meine meinung in höchster geheim / zu entdecken. Er name solches alles über sich / und war so glůcklich in dessen verrichtung / daß durch ihn warlich alles geschehen ist / was meinen zweck also zum guten ende hat bringen können. Weil mir nun Peldas und Tharsis heimlich alle nachricht gaben / wie Cale beschaffen war / als musten des Belopares haubtleute / [461] Dercylus und Abieser / dieses teil von Ninive an der stärksten seite unaufhörlich stürmen: dadurch sie also abgemattet wurden / daß nun ich / neben dem Zalmon / den meister spielete.

Hierauf erklärte ich mich unversehens fůr den K \nig von Assyrien / und ließe den Belopares / Sparetes und ihren anhang für rebellen ausruffen. Innerhalb acht tagen nach meiner ankunft in Ninive /brachte ich es in solche wege. Wie ich nun also die erste larve abgezogen / muste ich der Dalimire selber ankůnden / wie sie war betrogen worden: weil sie /dem gerüchte nicht glaubend / zu mir kame / dessen warheit von mir zu verdernemen. Ihre verzweifelte reden darf ich hieher nicht widerholen. Gleichwol ihre mir erwiesene guttaten nicht mit gar zu vielem undank zu belonen / ließe ich mir genügen / daß ich ihr die kron / so ihr nicht gebürete / abgenommen / und verschaffete / daß sie mit sichrem geleit nach Meden in ihr vatterland reisen konte: dahin auch Belopares /Sparetes und die anderen / auf ihr begehren / mit zugehen erlassen wurden. Weil ich sie schon mehr als zuviel gesehen hatte / wolte ich sie nicht ferner sprechen. Ich wurde aber berichtet / daß sie häftig über mich verbittert geblieben / und nichtes mehr gewůnschet / als den tag zu erleben / da sie ihre rache völlig gegen mir auslassen könte.

Solcher gestalt ware nun / die erste befreiung von Ninive / glůcklich abgelaufen / aber damit der schwerste stein zu ihrer völligen erlösung noch nicht gehoben. Weil ich / dem getreuen Zalmon / daß er seines herrn seite hielte / mit betrug ůbel abzulonen /nicht tugendhaft befande / auch die leute / die mir der König von Assyrien anvertrauet / gegen ihm selbst mit gutem gewissen nicht gebrauchen kunte: als gedachte ich zwar / sie ruhig von [462] mir ziehen zu lassen /vermochte aber solches sonder anhang nicht zu volbringen / weil die Assyrier meister von der stadt waren / und ich mich ganz allein sahe. Diesem nach ersonne ich diese list / und sagte / wie daß ich einen befehl vom Assyrischen hoflager bekommen hätte /darinn der Belochus begehrte / daß dem Prinzen Baleus / den die Königin Mirina aus Elassar / wie auch die Prizessin Hercinde aus Basan ůberzogen / eiligst welche von des Zalmons völkern zu hůlfe ziehen solten. Also brachte ich den Zalmon / mit zw \lftausend Assyriern / aus Ninive hinweg / und untername / mit den übrigen sechstausend die stadt zu verteidigen. Aber der Zalmon ware kaum hinaus / da öffnete ich dem Peldas und Tharsis die tore / und ließe sodan auch die übrigen Assyrier / ohne beschädigung / hinaus ziehen: da dan Mitreus nicht von mir wolte / sondern ståts bei mir zu bleiben / sich entschloße.

Nachdem die zeitung hiervon im land erschollen /kamen die hin und wieder verschüchterte Niniviten auch wieder vor den tag / und unter denselben des Fürsten Arsas reu-tragender herrvatter / der Fürst von Cale: deme ich / auf E. Maj. verhofftes gutbefinden /die freiheit / in Ninive zu bleiben / vergönnet habe. Wie nun also Ninive / so wol von den Assyriern / als von des Ninias anhange / gånzlich gereinigt war / und alles in guter verfassung stunde / überließe ich dem verständigen Peldas die fernere fůrung dieses werks /und eilete hieher: ům so wol meiner sch \nsten Königin dieses alles zu er \ffnen / als auch zu sehen /worzu ich etwan hier möchte nützlich erfunden werden. Hier hätte ich nun bald den tod / an stat einer eingebildeten vergeltung / entfangen: und würde ich /wan es ohn den beistand des treuen Cimbers / den ich ungefär und unvermutet in [463] Arver lebendig fande / gewesen wåre / noch sobald nicht aus diesem verzweifelten zustande entkommen seyn / der mir ganz unerträglich fiele. E. Maj. sehen nun Ninive wieder unter ihrer botmäßigkeit / und werden daselbst keine äuserliche gewalt mehr zu fürchten haben / weil alle innerliche unruhe / die diesen schaden angerichtet / aus dem weg geraumt ist / und der Belochus sich nicht /noch weniger aber Dalimire / in dem zustand befinden / von neuen wieder etwas feindliches daselbst anzufahen. Ich beklage nur / bei allen diesen glücklichen und geschwinden verrichtungen / daß ich alles mehr durch list / als durch dapferkeit / zu werk bringen /und dergestalt wieder meine natur und gesonnenheit handeln müßen.

Diese list / großer Prinz! (sagte hierauf die Königin von Syrien) war die wirkung eines dapfern muts /ohne welchen ihr nimmermehr so was großes würdet gewagt haben / und hatte allein dieses růmliche absehen / sonder beistand dieses reich von dessen vielen feinden zu befreien. Ich bin demnach euch hierum hoch verbunden / und danke dem gütigen himmel /der mir einen solchen helden zugeschicket / der in so wenig tagen ein ganzes K \nigreich befreien können. Ist aber nicht daselbst der Prinz Dison von Seir / wie auch der Zaphis mit seinen Niniviten / angekommen /oder sind sie euch nicht unterwegs begegnet? Sie sind beide dahin abgereiset / und hat dem Dison meine schwester / als ernante Königin von Ninive / selbige kron bestimmet. Ich habe ihrer keinen gesehen / (antwortete Abimelech /) auch weder in Ninive / noch auf dem weg / etwas von ihnen gehöret. Diese seine antwort beunruhigte / sowohl die Königin / als die Ahalibama: doch tr \steten sie sich mit der vermutung /daß sie / wegen der streifenden feinde / sich [464] verweilet / oder einen andern weg m \chten genommen haben.

Weil die kentnis von dem Ninivitischen zustand fürnemlich ihre schwester anginge / als muste der Arsas nach dieser K \nigin gehen / und dieselbe aus ihrem zelt / welches nahe bei diesem war / herůber holen: die dan sobald sich einstellte / und dem Prinzen Abimelech / in ihrer person / den sch \nen ehmaligen Dison vorstellte. Sie verwunderte sich aber nicht wenig / den Prinzen von Gerar bei ihrer schwester /und zwar also ausges \net / zu finden: bekame aber bald von allem völligen unterricht / da die Königin von Syrien ihr kürzlich seine unschuld / und dan auch den zustand in Ninive erzehlte. Die K \nigin von Ninive / erkente sich / vor diß letzere / verbunden / ihm höchlich zu danken: der hingegen sich seelig schäzte /der schwester seiner K \nigin einen dienst erwiesen zu haben. Sie konte nicht unterlassen / wiwol nicht sonder errötung / nach ihrem Prinzen Dison zu fragen: bekame aber gleichfalls die unvergnůgte antwort / daß er von ihm nichts wüste.

Die sch \ne Königin von Syrien / beschloße hierauf von neuem / nicht allein ihren Abimelech zum feldherrn zu bestellen / sondern auch / damit sie dem Belochus alle hofnung in seiner liebe benemen möchte /diesem geliebten Prinzen / mit dem ehisten / die Syrische kron aufzusetzen. Es verbitterte ihr aber ihre zufriedenheit / die erinnerung der C \lidiane und des Cimbers: worüber sie dan tief zu seufzen / sich nicht enthalten kunte. Als nun der verliebte Abimelech ům dessen ursach fragen wolte / kame sie ihm zuvor / und sagte: Ach Gott! wie tauret mich doch / bei diesem unsren glücklichen zustande / die tugendhafte Cölidiane / die eure unschuld liebster Prinz! sonder vergnůgung vernemen wird / nun [465] dieselbe / nicht ihr /sondern mir zum bästen gereichen muß! Ach! daß ihr doch zweimal in der welt wäret / damit ich mit wahrer völliger ruhe den einen und meinen lieben dörfte! So sehr vergnügten diese verbůndliche worte den Prinzen / daß seine erkentlichkeit ihn ihr zu den sůßen warfe. Aber nicht minder bewegte ihn daneben / die erinnerung der C \lidiane / nicht allein zu seufzen / sondern auch milde tränen zu vergießen: worin dan seine geliebte Königin / ihn zugleich von der erden wieder aufhebend / ihm gesellschaft leistete.

Indem sie aber noch hiervon redten / entstunde vor dem gezelt ein ungew \nliches geräusche / und wie der Arsas nach der ursach sich erkundigt / kame er mit dem bericht zurücke / wie daß der feind aus Damasco einen starken ausfall gethan / und mit den Cyniras im gefechte stünde. Die Königin von Syrien / üm hierbei mit zu seyn / forderte alsofort ihr pferd; und ob gleich der Prinz Abimelech sie inständig bate / ihrer zu schonen / und ihn fechten zu lassen / wolte sie doch nicht von ihrem fürhaben abstehen / einwendend: Sie wolle und můße / bis sie ihm ihr ganzes heer \ffentlich anvertrauet håtte / inzwischen die feldherrn-stelle vertretten. Als sie nun ihn auch beritten gemacht /saßen sie zu pferd / und ließen sich im lager sehen /da schon alles in waffen stunde. Sie bekamen eben nachricht / wie daß der feind in zwölftausend stark herausen wåre / auch bereits den dapferen Cyniras aufgerieben håtte / und nun auf den posten des Altobors loß ginge. Suevus / Husan und Pannias / wie auch der Tubal / begleiteten die Königin und den Abimelech nach dem ort des treffens: da ihre gegenwart gewünscht kame / und dem streit gleich ein anders ansehen gabe.

Der Prinz Sinear hatte mit sechstausend [466] Assyriern /zweitausend / Canaanitern / auch sovielen Egyptern und Arabern / diesen ausfall gethan: und begunte Altobor bereits zu weichen / wie die Syrische K \nigin mit ihren helden ankame. Abimelech bliebe ganz entzücket / seine K \nigin also kriegerisch zu sehen / und merkte an sich / daß die furcht wegen ihrer person ihm den muht bename / so frisch als sonst in den feind zu setzen: weil er stäts auf sie acht hatte / und an nichtes / als sie zu schützen / gedenken kunte. Aber der Suevus verrichtete das jenige / wovon dißmal die liebe den Abimelech abhalten muste: und befahle dieser weißer Celte alsofort / daß von des Isters v \lkern viertausend ihnen musten zu hůlfe kommen: wodurch der feind so dapfer zurůcke getrieben wurde / daß viel tausend auf dem platz blieben / und sie bis an das tor der stadt sich verfolgt sahen. Es bekamen auch die Syrer verschiedene gefangene / unter denen der Nechubes mitware. Sie hatten aber den Cyniras mit viertausend man verloren / welcher edler Fürst von iederman sehr beklagt wurde: und erinnerte sich die K \nigin von Syrien / wie der K \nig von Basun an ihm einen treuen freund verloren hatte.

Wie man nun wieder nach dem lager ritte / beschwerte sich Abimelech gegen seiner Königin zum höchsten / und sagte / wie daß er nimmer fechten wolte / wan sie ferner sich darbei befinden würde. Hiervon name sie gelegenheit / zu dem Fürsten Suevus / der ihr an der andern seite ritte / zu sagen: Der Prinz von Gerar hålt es ihm für einen hon / unter einem weibe zu fechten. Ich werde demnach wol thun / wan ich die waffen niederlege / und die fůrung meiner völker diesem helden anvertraue: der keine ehr-eiversucht erwecken wird / weil ihm alle diese verschiedene nationen gleich gelten / und nicht zu befahren stehet / daß er eine der andern vorziehen / [467] noch / weil er in diesem lager der einige Philister ist / seine landsleute über die Celten / Syrer / Niniviten und Cussiten erheben werde. E. Maj. wahl (gabe Suevus zur antwort) ist ganz edel und hochvernünftig / und wird niemand unter uns allen seyn / der es nicht für eine sonderbare ehre schätze / diesen Prinzen / als E. Maj. erwehlten feldherrn / zu verehren und ihm zu gehorchen. Es ist auch seine sorgfalt für E. Maj. person so groß / als die unsere: daher wir alle üm das zu bitten ursach hatten / wessen E. Maj. sich nun vonselbsten erkläret haben.

Diese worte brachte Suevus mit einer sonderbaren betrübnis vor / und merkte die K \nigin gar wol / daß die auss \nung des Prinzen Abimelech ihme / wegen seines Königs / nicht behagte / sich erinnerend / was der gute Fürst Cyniras ihr erzehlet / wie nåmlich der Prinz Suevus vor andern ihn angetrieben / des K \nigs von Basan wort bei ihr zu reden. Sie ließe sich aber dessen nicht merken / und sich zu dem Abimelech wendend / sagte sie: Ihr habt geh \ret / wie der Prinz von Celten meine wahl auf eure person fůr gut erkennet; darům werde ich mein fũrnemen fåst stellen / das vollkommene gebiete über dieses ganze heer euch morgen anzuvertrauen. Wiewol E. Maj. (antwortete Abimelech) unter sovielen helden / viel tüchtigere /als mich / erwehlen könten / so wird doch keiner in dem eifer mir vorgehen / E. Maj. und diesem reiche mit muht und blut zu dienen: wie ich dan / in annemung dieses hohen amtes / mein leben für E. Maj. wolergehen aufzuopfern / mich hiermit verbündlich mache. Ihr müßet aber dergestalt (sagte hierauf die schöne K \nigin) dieses amt versehen / daß ihr stäts darbei erwäget / wie viel mir und dem ganzen Syrien an erhaltung des Prinzen Abimelech gelegen sei / und darům [468] eure person ja so sehr schonen / als wie ihr heut von mir begehret. Diese verbindliche worte /hatte sie mit fleiß hinzu gethan / ům iederman zu erkennen zu geben / was für sie gedanken sie gegen den Abimelech fürete: dan sie fande nicht mehr nötig /ihre zu ihm tragende liebe heimlich zu halten. Das gerüchte liefe so fort durch das ganze lager / daß der Prinz von Gerar General werden würde / und war niemand der sich nicht darůber freuete: massen dieser held von allen menschen / sonderlich aber von den Syrern / geliebet wurde.

Nachdem sie im lager wieder angekommen / da man wegen der Syrischen Königin in großer sorge gewesen / begunte sowol die Königin von Ninive / als die von Salem / wie auch die Prinzessin Ahalibama /sich über sie zu beschweren / daß sie dergestalt ihre person in gefahr stürzte: sie ließen aber hiervon ab /als sie vernamen / daß sie nun das leztemal sich in dem streit mit befunden hatte / und forthin der Prinz Abimelech / als feldherr / ihre stelle vertretten würde. Wie aber diese schöne / unter allen alda sich befindenden damen / die C \lidiane nicht ersahe / vermutete sie bald / daß ein neuer gram sie zurůcke halten müste. Demnach / sobald sie gespeiset / und von der großen gesellschaft sich los machen kunte / auch als sie den Abimelech bei den andern gelassen hatte / ům ihnen den Ninivitischen zustand zu eröfnen: ginge sie nach dieser lieben Prinzessin / die sie im bette nicht sobald ansichtig wurde / da zeigten gleich alle gebärden der C \lidiane an / daß sie wissen müste / was mit dem unschuldigen Abimelech fürgegangen. Sie vermochte demnach kein wort hervor zu bringen / und wie sie mit augen voll tränen / diese Prinzessin herzlich ümarmet / und sich auf ihr bette gesezt hatte /sahen diese zwei freundinnen und mitbuleriñen / eine geraume zeit / einander [469] mit unverwandten augen an /ehe eine von ihnen zu wort kommen kunte.

Endlich brache Cölidiane dieses stillschweigen am ersten / und sagte: Ich bin mir selber gram / daß ich E. Maj. bei ihrer jetzigen vergnügung muß unruhe verursachen / und daß ich in mir die nårrische regung nicht ausbannen kan / die mir das angedenken des Prinzen gibet. Liebste Königin! (fuhre sie fort / als sie die augen abgetrocknet) hasset mich nicht / daß ich den Abimelech noch lieben muß / und lasset mich in der vergnugung sterben / daß ich mit reiner unschuldiger liebe bis in mein grab ihme bin zugethan verblieben. Ach wertste C \lidiane! (antwortete die betrůbte Königin) warum hasset ihr mich nicht / daß ich die einige hinternis eurer ruhe seyn muß? und warům wünschet ihr mir nicht den tod / ům eure so edle liebe gekrönt zu sehen? Dieser haß und ein solcher wunsch /(gabe C \lidiane zur antwort) můße auf mich kommen. E. Maj. nemen mir meine ruhe ganz ohn ihre schulde /und können dafůr nichtes / daß ich mir des Abimelech liebe eingebildet. Abimelech (sagte die K \nigin) ist aber auch ja sonder schuld / und betauret wol von herzen / daß er dazu müßen geboren werden / die vollkommenste tugend zu betrüben. Ach! seine zu große verschwiegenheit (antwortete C \lidiane) setzet mich in diesen jammer. Hätte er das erstemal zu Salem mir eröffnen mögen / wie es mit ihm und E. Maj. beschaffen gewesen / so wůrde nimmermehr die liebe so tiefe wurzeln / die nun nicht mehr auszurenten sind / in mir gefasset haben.

Was kunte er aber sagen / (widerredte die Königin) da / an der geheimhaltung unserer liebe / seine und meine wolfart hinge? Ach liebste Prinzessin! seufzet nicht über den armen Abimelech / daß ihr ihn nicht unglücklich [470] machet. Uberwindet doch die unmůglichkeit: dazu eure vollkommene tugend euch wird behülflich seyn k \nnen. Aus liebe zu ihm und zu E. Maj. (sagte Cölidiane / mit einem härtern ton) wil ich nach allen kräften bemühet seyn / euer beider ruhe zu bef \rdern / welches E. Maj. sicherlich glauben mögen. Aber nur üm eines will ich bitten: daß nåmlich Abimelech nicht kommen möge / mich zu suchen / bis ich die überwindung mein selbst völlig über mich erlanget habe. O große tugend! (rieffe die schöne Königin) wie ist es m \glich / daß dir der himmel kein bäßers glůck auf erden gönnet? Der himmel (antwortete C \lidiane) wil mich himmlisch haben / weil er wol weiß /daß ich mich in ein irdisches glück nicht wůrde schicken können. Es ist an dem haus Syrien verschuldet worden / daß es des Ahusath kindern so unglücklich muß ergehen / welcher / wiewol unschuldig / die ursach an dem unglück des Königs Aramenes / E. Maj. herrvatters / gewesen ist.

Wie hierauf die schöne Syrerin wieder antworten wolte / trate die Königin von Salem / neben der Delbora / Danede und Jaelinde / zu ihnen hinein: die / auf anregen der weißen Eurilinde / mit fleis die unterredung dieser zwei unvergleichlichen mitbulerinnen störten / als welche ihnen beiderseits nicht anders als verdrůslich seyn konte. Sie wusten nun allerseits / wie es mit dem Abimelech und der Königin von Syrien stunde: daher niemand war / der nicht das geschicke der schönen Cölidiane beklaget / und doch dabei sowol die K \nigin von Syrien / als den Prinzen von Gerar / unschuldig erkant hätte. Wie nun diese gesellschaft / von andren dingen zu reden / anlas gegeben /und man fürnemlich des edlen Cyniras tod beklaget /schieden sie bei spatem abend wieder von dannen /und ließen die C \lidiane [471] so betrübt in ihrem gezelte /als unruhig die K \nigin Aramena die nacht in dem ihrigen zubrachte.

Aber der nunmehr als hoch erfreute Abimelech entfunde nichtes von dieser bekümmernis / weil seine sinne unfähig waren / an etwas anders / als an seine bevorstehende glůckseeligkeit / zu gedenken / zu welcher sich nun alles so scheinbarlich anließe. Er befande sich / in seinem gezelt / bei seinem herzens freunde / dem Cimber: dessen zustand ihm allein in seiner vergnügung unruh erweckte / zumal er sich schůldig hieran achtete / daß der sich ůbel aufbefunden. Dieses war ja wol die warheit / ob schon nicht auf die weise /wie es Abimelech ihm einbildete: dan dieser wuste nicht / daß Cimber sein mitbuler wåre / und konte demnach auch nicht vermuten / daß dieses Prinzen schwachheit mehr aus dem gemüt / als von dem leib /herrůrete. Also vermehrte er unwissend dessen marter / indem er unaufh \rlich von seiner vergnügung redte /wie er in wenig tagen zu seiner h \chsten glückseligkeit zu gelangen verhoffete / und wieviel gnadenzeichen seine K \nigin ihm gegeben håtte / daraus er abnemen k \nnen / daß sie ihme das / so er verlangte /nämlich die volziehung ihrer Ehe / widerfaren lassen wůrde. Tubal der mitzugegen war / und wol sahe /wie solche zeitung den Cimber ie mehr und mehr anfochte / erinnerte zum öftern / daß es zeit seyn würde /zur ruhe zu gehen. Aber beide verliebte / so wol der unglůckliche / als der glückliche / beachteten solches nicht / und ward also ihr gespräche bis in die mitternacht erstrecket.

Nachdem sie hierauf / in einem zelt / zusammen sich zur ruhe geleget / und der vergnůgte Abimelech eingeschlummert war / erwoge der armselige Cimber seinen zustand / und von anfang bis zum ende seine liebe überlegend / [472] fande er / daß der himmel ihm ganz hierinn entgegen seyn můste / und daß er / ohne nachteil seines beruffs und verletzung der tugend / nicht länger in solchem unbekanten stand verharren könte. Daher er / wiewol nach langem gedanken-streit / ihme fästiglich fürname / sich selbst zu meistern / der unmůglichkeit zu weichen / und den gram so ferne zu überwåltigen / daß der ihm nicht hinterlich seyn k \nte / mit dem ehesten / und zwar bevor Abimelech die besitzung der schönen Aramena erlangen würde / sich hinweg zubegeben / und seinen rechten namen wieder anzunemen: massen er sich nun zu schämen begunte /daß er so lang also gelebet hatte. Oefters fiele ihm bei / die Prinzessin Jaelinde zu lieben: aber ein einiger gedanken-blick nach der sch \nen Syrerin / stieße dieses sein fürnemen gleich über einen haufen / und fülete er wol / daß es ihn ja so saur ankommen würde /eine andere liebe anzunemen / als seine erste zu verlassen.

Wie nun unter solchen seinen gedanken die nacht verstrichen war / und das sch \ne morgenlicht herfür brache / schlummerte Cimber erst ein / als ein feind des tages / und ermunterte sich hingegen der vergnügte Abimelech: welcher / seinen freund schlaffen sehend / mit leisen schritten von ihm ginge / und sich auf das herrlichste / wider seine gewonheit / heraus schmůckte / ům sowol dem ganzen heer / dem er solte vorgestellet werden / als seiner Königin / desto mehr zu gefallen: wiewol er dessen nicht n \tig hatte / weil ohnedas sein annemliches wesen alle welt bezaubern konte / daß er hierzu keinen äuserlichen zusatz bedurfte. Wie er nun also vor dem gezelt seiner Königin erschienen / fande er / daß diese schöne allschon für ihn ihre sorgfalt blicken ließe / indem / auf ihren befehl / alle die großen aus dem ganzen heer / sich daselbst bereits versamlet hatten / ům bei seiner [473] vorstellung gegenwärtig zu seyn. Es wurde das heer in drei haufen gezogen und gestellet / ům dem feind nicht raum zu geben / sich dieser zusammenfůrung zu seinem vorteil zu bedienen. Hierauf ließe sich die sch \ne K \nigin von Syrien / neben ihrer schwester / auch den meisten anwesenden K \niginnen und Prinzessinnen /vor dem gezelte sehen: und hatte sie nicht mindern fleis / als ihr geliebter Prinz / angewendet / ihme zu gefallen / sich etwas herrlicher / als sonsten / anzukleiden. Seine verliebte augen wandten sich niemals von dieser wundersch \nen ab; und sie / die nun ihrer tugendhaften zuneigung alle freiheit ließe / gabe hin wider ihrem Prinzen die holdseligste blicke: voraus dan alle / die sie sahen / auch diejenigen / denen zuvor von dieser liebe nichtes kund gewesen / wol abmerkten / daß keine gemeine zuneigung zwischen ihnen seyn můste. Es war auch keiner unter allen Syrern / der hierwider etwas dachte oder redte: massen sie alle zum himmel ihren wunsch aufschickten / daß dieser beliebte held ihr König werden möchte.

Als sie nun ingesamt zu pferd sitzen wolten /wurde der Prinzessin Ahalibama ein schreiben gebracht / in welchem sie ihrer mutter hand erkante /und daraus sich berichtete / wiedaß ihr herrvatter /zwar t \dlich krank / zu Aroer angekommen wäre /und sie zu sehen höchst verlangte. Dieses nun machte / daß sie die K \nigin von Syrien ům erlaubnis bate /zu ihm zu reisen: dahin dan die Königin von Ninive /ům ihres Disons vattern zu sprechen / wie auch die Mehetabeel / sie begleiten wolte; welches ihr die K \nigin von Syrien gefallen ließe. Mitlerweile nun diese / nach Aroer zu gehen / sich fårtig machten / ritten die andren nach dem heer: da das volk / mit allgemeinem freudengeschrei und glück-zu-ruffen / [474] die schöne Königin Aramena und ihren neuen feldherrn bewilkomten / und von dem höchsten bis zu dem nidrigsten eine sonderbare freude über dieser wahl der Königin blicken ließe. Also wurde nun der Prinz ihnen allen zum General vorgestellet / worbei die K \nigin eine sonderbare rede hielte: aus welcher die scharfsichtigen wol abmerken kunten / wiedaß es mit dem Abimelech nicht bei dem namen eines Generals verbleiben würde / sondern demselben noch eine viel höhere / und zwar die höchste würde / bestimmet wäre.

Der getreue Fürst Husan / der dieses vor andern merkte / kunte hierüber in seinem herzen sich nicht genug erfreuen / und hielte diese der K \nigin wahl für so edel / er nachgehends / wie sie wieder in ihrem gezelt und zwar allein sich befunde / mit ihr davon zu reden / gelegenheit suchte. Weil die ümstände nicht mehr erforderten / daß die Königin / wie bisher / ein geheimnis hiervon machte / als offenbarete sie diesem Fůrsten die ganze beschaffenheit ihrer zu dem Abimelech tragenden liebe / und beschlosse: wiedaß sie in der hoffnung stünde / die Syrer würden diese ihre wahl genem halten / und nichts dagegen einzuwenden haben. Husan / nachdem er sie dessen teuer versichert / gabe ihr den raht / nicht allein alsofort \ffentlich diesen Prinzen fůr ihren geliebten zu erklären / sondern auch mit volziehung der heurat zu eilen: damit man denen in Damasco alle hofnung benäme / durch ihre person mit dem hause Assyrien iemals vereinigt zu werden. Der sch \nen Königin wangen wurden ganz mit schamr \te bedecket / als sie diesen vortrag des Husans anhörete. Sie folgte aber seinem einrat / gabe auch ihm und dem Arsas das gewerbe an den Prinzen Abimelech / ihm diese fröliche [475] post zu bringen / daß das k \nigliche beilager innerhalb vier tagen solte gefeiret werden.

Dieser Prinz befande sich eben bei dem Cimber /der sich / ohne iemands wissen / in seinem zelt noch immer aufhielte / als Husan und Arsas / ihn zu sprechen / sich ansagen ließen. Wie er nun zu ihnen hinaus gegangen / und diese gewůnschte botschaft vernommen / ůmarmete er einen nach dem andern zu tausendmalen / und wuste nicht worte zu finden / seines herzens vergnügung gegen ihnen satsam auszureden. Sobald er nur von ihnen gekommen / eilete er erstlich zu dem Cimber / ihn seiner freude teilhaft zu machen. Hiernächst konte er sich nicht enthalten / seiner schönen K \nigin dafůr in person dank zu sagen. Als er zu ihr hinein kame / ward sie ganz er \tet / und stellete sich dabei gegen ihm so fr \mde / daß er anfangs nicht wuste / was er daraus schließen solte. Wie er aber verspürte / daß die schamhaftigkeit und ihr ehrbares gemüt sie also handlen machte / ließe er ihm diese bezeugung nichtes von seiner entzückenden freude benemen / und ergriffe ihre sch \ne hand: die er unzehlige-mal küssete / und dabei mit den allerbeweglichsten worten seine glückseligkeit priese / darein er von ihr gesezt würde.

Betauret ihr aber nicht / (fragte sie ihn / unter vielen andern gesprächen) daß hiedurch eine so tugendhafte Prinzessin / als wie die C \lidiane ist / wird müßen betrübet werden? Meine glückseligkeit (antwortete Abimelech) wůrde unaussprechlich seyn /wan mich nicht dieses andenken ein wenig zurück hielte. Doch bitte ich / meine liebste Königin wolle mir iezt keine erinnerung derer dinge geben / die meine ruhe verhintern k \nnen. Wan ihr aber nicht undankbar heißen wollet / (wiederholete die Königin) so müßet ihr diese tugendhafte [476] seele beklagen / die euch so viel gutes erwiesen / und deren ich es zu danken habe / daß mein Abimelech noch lebet. Freilich beklage ich sie / (gabe Abimelech zur antwort) und zwar mehr / als ich zu sagen weiß. Ich vermeine aber / es k \nne mir / in dieser meiner großen freude / nicht verüblet werden / daß meine sinne iezt einig und allein auf dieselbe gerichtet bleiben / und ich / in erwägung meines glückes / alles / was mich betrůben kan / auf die seite setze. Ihr werdet aber doch / dapfrer Prinz! (sagte die K \nigin) eurer hierbei nicht so gar vergessen / daß ihr euch nicht eurer sorgfalt für dieses große heer / das euch anvertrauet ist / erinnern soltet: massen ich befahre / das volk werde übel von seinem General urteilen / wan er zuviel zeit und stunden seiner liebe widmet. Diese worte gaben dem Prinzen zu erkennen / daß die K \nigin seine längere geheime unterredung nicht gern sahe: weswegen er / wiewol mit harter můhe / von ihr gleichsam abgerissen wurde.

Nachdem er sie verlassen / überlegte diese tugendhafte Königin bei sich / ob sie des Königs von Basan / und des Tuscus Sicanus oder Cimbers liebe nun länger dem Abimelech verhelen / und was sie mit dieses lezten seinen schriften und kleinodien vornemen solte / die ihr von der Jaelinde zugestellet worden. Weil Cimber nicht wuste / daß sie dieses sein kästlein in hånden / noch auch / daß sie kentnis von seiner liebe hätte / als befande sie ratsamer / ihme so wol / als dem Abimelech / dieses zu verhelen. Sie kunte auch /wiewol sie noch eine ungemeine hochachtung und ein großes mitleidẽ für diesen Prinzen in sich entfunde /nicht nachgeben / daß Cimber ferner ihr bildnis / mit ihrem wissen / besitzen solte. Also beschlosse sie /ihren Prinzen vor dem K \nig von Basan zu warnen /des Cimbers kleinodien aber in das lådlein [477] wieder zusammen zu legen / und auser ihrem bildnis und den schriften / wol verwahret dem Arsas zu überliefern /mit befehl / daß er solche unvermerkt in des Cimbers gezelt legen solte damit selbiger nicht wůste / wie sie dahin gekommen wären. Diß letzere / wurde nun / folgenden tags / durch diesen treuen Fürsten aufs bäste verrichtet: welcher eben die gelegenheit fande / die kleinodien dem Tubal in seinen rock zu bringen / daß er dessen nicht gewar wurde.

Abimelech entfienge inzwischen in seinem gezelt /von allen großen aus Syrien / die unter dem heer sich befunden / die glückwünschungen wegen des Syrischen trons / und wegen bevorstehender heurat mit ihrer schönsten Königin: massen er auch / in betracht dieser ůmstände / bereits als ihr König angesehen und verehrt würde. Der lehre seiner K \nigin nach zukommen / zwunge er sich / soviel er konte / von ihr zu bleiben / und ritte / mit dem Husan / Nahor / Sachar und andern Syrern / nach des Rames Fürstens von Jedlaph gezelt: welcher über den tod seines einigen sohnes / des wackern Cyniras / sich nicht zu frieden zu geben wuste. Diese ehre von seinem künftigen König / erquickte ihn nun nicht wenig / und machte /daß er / seinen ku er möglichst verbergend / seine grosmut zu erweisen / sich nachgehends / wie Abimelech wieder von ihm ritte / mit zu pferd sezte / und ihm zeigte / was seine leute an den schanzen arbeiteten / und wie weit sie damit gekommen wären.

Als sie hiermit / gerade gegen einem tor von der stadt ůber / vorbei kamen / öffnete sich dasselbe unversehens / und vermeinten sie anders nicht / als daß es wieder einen ausfall bedeutete: demnach wurde so fort des Rames v \lker zusammen gezogen / und dem Gaisus / [478] der ihm am nåchsten stunde / befehl erteilet /mit den seinigen sich fårtig zuhalten / ům ihres entsatzes versichert zu seyn. Indem nun ein großes heer aus Damasco auf sie zu kame / sahen sie / daß einer von ihnen füraus rante / welcher / vor den Abimelech gebracht / ihm zu wissen tåte / wiedaß Ardeus und Arteman mit viertausend Niniviten / wie auch Altadas mit zweitausend Syrern / zu ihnen übergingen / und ihr langes fůrnemen hiermit werkstellig machten / ihrer Königin Aramena ihre dienste anzubieten. Jederman war erfreut über diesem neuen zuzug und wurden nun die ankommende mit verlangen erwartet: denen der Abimelech den Mitreus entgegen sandte / ům sie zu versichern / daß sie wilkom seyn wůrden. Sie wurden auch folgends / mit großem freudengeschrei des ganzen heers / entfangen / und diese sechstausend man /von des Abimelech und Rames leuten ümschlossen /nach dem haubtlager gefůret. Weil Ardeus / Arteman und Altadas die K \nigin von Syrien zu sprechen verlangten / als brachte Abimelech sie sofort in ihr gezelt / da sie / vor ihr nieder kniehend / sie ům vergessung der vergangenen dinge inståndig anfleheten / und auf künftig alle treu und gehorsam ihr zu leisten angelobten.

Die gütigkeit der durchleuchtigen Syrerin Aramena ware gleich bereit / den Ardeus und Arteman aufzunemen / und sagte sie: Sie håtte / mit dem namen der K \nigin von Ninive / die gedåchtnis alles dessen /was ihr ehmals zuwider geschehen / hinweg gelegt /und wolte sie hoffen / daß ihre schwester / die K \nigin von Ninive / die ihr angebotene treue dienste vor Damasco zu leisten / ihnen gern erlauben würde. Hierauf ginge sie vor das gezelt hinaus / alle mit gekommene hohe kriegsbediente zu grüßen: da sie sonderlich dem Altadas und seinen [479] mitgekommenen Syrern bezeugte / daß diese ihre gefasste entschließung ihr sehr angenem wåre. Weil aber alle großen verlangten / von diesen aus Damasco angekommenen zu vernemen / wie es in der stadt zustůnde / als wurde Ardeus / Arteman und Altadas / nach eingenommenem mittagmal / worbei der Abimelech / Husan /Rames / Barzes / Arsas / und alle andere hohe kriegsbediente / sich eingefunden / in der Königin inneres gezelt zukommen / beruffen: da dan Ardeus / ihnen und dem anwesenden frauenzimmer / den nachfolgenden bericht erstattete.

Welcher gestalt der verschlagene Ninias von Ressen uns verfüret / und ursach gewesen / daß wir /ihme zu dienst / uns bisher Assyrisch erklåret / solches ist leider genug am tag / und daher unnötig / dessen mit mehrern zu erwehnen: massen auch / die himlische gütigkeit der großen Aramena / uns dieses schon verziehen hat. Wir fületen aber also fort eine håftige reue / wie wir allein in Damasco zurück blieben / und uns auf deren seite befanden / die nicht allein unser vatterland zu zerstören / sondern auch unsere K \nigin so unbillig alhier zu bekriegen / sich angelegen seyn ließen. Auf diese reue folgte nun der fůrsatz / uns des Assyrischen jochs zu entladen / und bei erster gelegenheit / wie auch nun erfolget ist /ůberzugehen / und zu E. Maj. völkern zu stoßen. So geschwind ließe sich dieses zwar nicht thun / und musten wir eine rechte bequeme zeit erwarten / da der Assyrier sicherheit unserer freiheit m \chte zu statten kommen. Unter solchem harren / musten wir nun mit verdrus ansehen / wie den beiden K \nigen von Babel und Canaan eine ansehnliche hůlfe / von den Egyptern / Sabeern / Arabern und Mohren zukame / die bei vier und zwanzig tausend man zusammen brachten: worbei der Pharao [480] Uchoreus in person / wie auch die Petasiride von Saba / und der Prinz Mardocentes sich befunden. Dieses brachte nun allen Assyrisch-gesinten in Damasco die gröste freude / und hielten sie es für so gut / als wan sie eine große feldschlacht gewonnen hätten.

Die sch \nheit der Perasiride stunde dem Belochus so wol an / daß man fast sprechen wolte / als wäre die fähig gewesen / ihn von seinen gedanken / E. Maj. betreffend / abzubringen: wiewol ich solches so gewiß nicht sagen kan. Doch ist dieses unlaugbar / daß /nach der Sabeischen Königin ankunft / der Belochus sich weniger unruhig ůber E. Maj. abwesenheit erwiesen / und hat man ihn von der sch \nen Aramena nicht mehr so viel / als vordessen / reden hören. Der K \nig Beor ist schwerlich krank / daher ich von ihm nicht sagen kan / ob seine unzeitige liebe zu der Ahalibama etwas habe abgenommen. Aber der verliebte König von Egypten hoffet / von einem tag zum andern / auf die ankunft seiner tochter / der Prinzessin Amesses /welche mit zw \lftausend Egyptern / und achttausend Assyriern / die der Laristenes aus Elam füret / erwartet wird. Und weil sie in Damasco sich wol einbilden können / daß man im lager allhier dieser ankommenden starken hülfe den durchgang bäßer / als das erstemal geschehen / bestreiten würde / als hat man ihnen entgegen gesandt / und sie warnen lassen / nicht den geraden weg aus Elam hieher / sondern durch das land Hus auf Palmira zu gehen. Weil nun überdas auch des K \nigs Scheba von Cus anzug mit zwölftausend man vermutet wird / als ist des frolockens in Damasco kein ende.

Es hat zwar diese freude sich zimlich vermindert /nachdem vor zween tagen der Chaldeische Prinz Sinear / mit so großen verlust / in die stadt zurücke geschlagen [481] worden / und eine ansehnliche manschaft im stiche lassen můßen. Es nimmet auch schon der hunger und die teurung sehr überhand / daher man dem feinde keinen größern abbruch / als mit der langsamkeit / wird thun k \nnen. Weil sie durch kundschaftere von hier erfahren / daß man sich růste / ehist auf der seite bei der Kemuelsburg die stadt zu stürmen / als haben sie sich alda stark zur gegenwehr gerůstet: daher man an selbigem ort viel volk verspielen / auch besorglich gar vergebens arbeiten möchte. Den Prinzen Dison von Seir haben sie in Damasco eingebracht / auf den ein heer von viertausend Assyriern / so von Babel kame / gestossen / alle die seinen niedergemacht / und ihn gefangen genommen: und kamen sie eben damals bei nacht in Damasco / als der König Pharao durch das lager gebrochen. Der K \nigin von Syrien betrůbnis ůber dieser nachricht / ließe ihr nicht zu / sonder zwischen-reden dieses anzuh \ren: und beklagte sie mit vielem seufzen dieses dem Prinzen Dison zugestossenes unglůck / von welchem sie leicht vermuten konte / daß es ihrer und seiner schwester große sorge verursachen würde.

Es wird zwar dieser Prinz (fuhre Ardeus hierauf fort) wol gehalten / weil ihn Belochus der Petasiride zum gefangenen geschenket: die anfangs von einem t \dlichen haß gegen ihm gesaget / aber nachgehends mildere gedanken geschöpfet / und nun nicht mehr so streng wider ihn verfäret. Weil er gehen darf / wohin er wil / als haben wir / diese gelegenheit nicht aus handen lassend / uns bei ihm angemeldet / und unser großes fürhaben ihm entdecket: da er dan begierig wurde / zugleich mit ůber zu gehen. Weil er aber große gefahr hierbei sahe / da man ihn / bei seiner freiheit / dennoch genau in acht nimmet / und nie ohn eine wacht von der Petasiride [482] getreusten leuten gehen låsset: als hielte er fůr ratsamer / seinem verhängnis länger nach zu warten / als E. Maj. diese unsere hiemit überbrachte hülfe zu entziehen. Unsere eilfärtigkeit / als wir eine bequeme stunde / unser fürnemen werkstellig zu machen / ersehen / hinterte diesen Prinzen / ein schreiben uns mitzugeben. Doch hat er uns aufgetragen / seinen zustand / und daß es ihme noch wol erginge / ob er gleich den namen eines gefangenen füre / zu eröffnen.

Der Fůrst Zophar lässet hierneben seinen ergebensten gehorsam E. Maj. vermeiden: und ist er ursach daran / daß Altadas mit zweitausend Syrern samt uns ist übergegangen / wozu wir auf solche weise geraten sind. Als heut ein allgemeines fest / der großen Isis zu ehren / angestellet worden / worbei alle fürnemste Assyrische kriegsbediente erscheinen musten / wurde dem Arteman daß tor / wo wir heraus gekommen / zu verwaren eingeraumet / und die daselbst gestandene Assyrier auf dem tempelhof zu erscheinen beruffen: daher uns leicht fiele / mitlerweile alles in h \chster andacht war / mit des Artemans hülfe / durch dasselbe tor zu entkommen. Wir sprengten dabei aus / üm desto leichter durch zu kommen / wie wir einen ausfall thun wolten / inzwischen die andern in ihrem gottesdienst begriffen wären. Dieses hat nun der himmel glůcklich lassen von statten gehen / und biete ich hiemit / im namen aller mitgekommenen Syrer und Niniviten / unser blut an / solches in E. Maj. diensten aufzusetzen: versicherend / daß wir forthin / mit getreuster ergebenheit / dasjenige wieder einzubringen uns befleißigen werden / was bisher unser unglück uns hat verseumen gemacht.

Hiemit beschloße Ardeus seinen bericht / und erweckte bei seinen zuh \rern allerhand nachsinnen: da sie [483] sonderlich in sorgen gerieten / es m \chte Phalacus der Egypter verfehlen / und also diese ansehnliche hülfe / dem feinde zum båsten / in die stadt gelangen. Daher ward beschlossen / gegen alle strassen in bereitschaft zu stehen / und inzwischen das fůrgehabte stürmen einzustellen: bis sie nachricht / sowol von dem Thare aus Ober-Syrien / als von des Phalacus und Hezrai verrichtungen / wie auch die bevorstehende hülfe des Prinzen von Hevila / würden erlanget haben. Um nun dem Ardeus / wie auch in dessen person dem Fůrsten Husan / seinem vettern / sich gefällig und erkentlich zu erweisen / wurde ihm die ledige stelle / die der edle Cyniras vertreten / anvertrauet /auch dem Arteman und Altadas ansehnliche kriegsbedienungen unter ihme zugewendet: dadurch dan Ardeus / mit seinen sechstausend Niniviten / ein eigenes tor vor Damasco zu beschanzen und anzugreifen bekamen / welches ihm dan wol zu seinem vorhaben diente.

Sobald aber der spate abend eingetreten / suchete er gelegenheit / die Fůrstin Perseis zu sprechen: die dan mit gleicher begierde seiner wartete. Wie sie nun ganz unvermerkt zusammen gekommen / sagte Perseis zu ihme: In was ängsten bin ich doch euretwegen gestanden / daß ihr so lang zukommen verzogen: massen ihr nur noch drei tage ausbleiben m \gen / so würde von diesem unsern grossen fürhaben nichtes geworden seyn / weil die Königin / dem Abimelech alsdan die ehliche hand zu geben / sich beschlossen hat. Ich habe unmüglich eher (antwortete Ardeus) hierzu gelangen mögen / und danke den göttern / daß noch zeit übrig ist: weil dieses das einige mittel seyn wird / den frieden zu verschaffen / und vieler tausend menschen blut zu verschonen. Ist aber allem dem also / (fragte Perseis) was ihr uns heut berichtet? [484] Nicht die hälfte davon ist wahr / (antwortete er) und muste ich mich mit lügen behelfen / üm meinen zuhörern mich beglaubt zu machen. Dan an stat / daß man in Damasco der angekommenen hůlfe sich groß freuen solte / lebet man in grossen sorgen / und sihet wol / daß ihnen die hiesige gewalt überlegen sey. So stehet es auch alles in Babel / Ninive / Meden und Canaan so übel fůr den Belochus und Beor / daß es nicht schlimmer dienet. Ist aber (fragte Perseis) unser K \nig in die K \nigin von Saba verliebet? Das muste ich nur vorgeben /(widerredte Ardeus) üm die K \nigin alhier sicher zu machen. So ist auch der Beor nicht krank: welches ich ersonnen / üm der Ahalibama alle furcht zu benemen /daß man iezt auf sie einen neuen anschlag schmiede. So kommen auch wol nicht Petosiris und Laristenes (fragte Perseis) durch einen ümweg aus Elam? Keines wegs! (antwortete er) und werden sie die gerade straße gehen.

Wie wan man aber hier erfåret (wandte Persis ein) daß ihr soviel dings nur erdichtet? Bis dieses geschihet / (gabe Ardeus zur Antwort) můßen wir schon in Damasco seyn. Ihr machet mir aber angst / (sagte die Perseis) mit eurem bericht / von der großen hungersnot / die schon in Damasco seyn sol. Meine Fürstin gläube das nicht! (erwiderte er) massen ich es zu dem ende ersonnen / üm sie hier dahin zu bereden / wie es mir auch schon eingetroffen / daß sie in allem langsam gehen / und wider die stadt nichtes mit voller macht anfahen. So wird auch dieses erdichtet seyn (sagte die Fürstin) daß der Prinz Dison von eurem übergang zuvor gewust habe? und wird der Zophar auch wol keine geheime unterredung deshalben mit euch gepflogen haben? Der Prinz Dison (gabe er zur antwort.) ist [485] durch des Ninivas list in Damasco gekommen / und weiß von uns nichts. Was aber den Zophar betrift / ist die warheit: dan wir so wol ihn / als euch allhier / betrogen / und ist er ursach daran / daß die zweitausend Syrer mit uns ůbergegangẽ. Er weiß aber nicht / daß ich die zu dem ende aus Damasco gefüret / üm die Königin von Syrien bald hinein zu bringen: gegen deren / und der Ahalibama / wie auch der Amesses / ankunft / das große Isisfest zu begehen /verschoben wird / welches man / allein in meiner erzehlung / heute feiret. Wie greifen wir es aber (fragte die Perseis) nun weiter an / und woher ist so ein schleuniges mittel zu nemen / so geschwind / ehe die heurat der Königin mit dem Philister-Prinzen volzogen wird / dieselbe / samt der Ahalibama / aus allen diesen viel tausend gewaffneten / die sie bewachen /zu entfüren?

Geehrte Fürstin! (antwortete Ardeus) dafür lasset nur mich sorgen. Es gehet alles so wol von statten /daß ich an dem guten ausgang nicht zu zweiflen habe. Man vertraute mir und meinen v \lkern / sobald ich nur angekommen / einen gewißen posten: wodurch ich die bäste gelegenheit erlanget / den weg nach der stadt offen und frei zu behalten. Wan nun der angestellte hochzeit-tag einen ieden nichts als zu freuden aufmanen wird / werde ich nicht feiren / nach der stadt das abgeredte zeichen zu geben / daß es nun zeit sey /unsren anschlag zu vollfüren: da dan ihr und Merone daß eure hierbei werdet zu thun wissen. Ich werde (antwortete Perseis) mich zu allem bereit finden lassen / und weiß / daß Merone eben also gesinnet ist. Ich vermag aber / mein Fürst: für dismal nicht länger bei euch zu bleiben / weil ich in der Königin kammer schlaffe / und mein längeres verziehen mir leichtlich einigen verdacht erwecken k \nte. [486] Hiermit gabe sie ihm urlaub / und unterließe er nicht / im hinaus gehen / alle gelegenheit wol in augenschein zu nemen / und die wachten zu betrachten: welche alle diesen Fürsten ungehintert hindurch gehen ließen / sobald sie nur seinen namen nennen gehöret; weil niemand im ganzen heer war / der nicht den Ardeus / wegen seines ůbergangs / hoch geschätzet und verehret hätte.

Folgenden tags kame von Aroer die Königin von Ninive / neben der Ahalibama und Mehetabeel / wieder ins lager / und als sie bei der K \nigin von Syrien abgestiegen / erkante die sofort / an der Ahalibama betrübtem wesen / die unzufriedenheit ihres gemůtes: und mochte sie nicht gleich nach dessen ursache fragen / als besorgend / daß etwan der Fürst Ana / ihr herrvatter / todes verblichen wäre. Ahalibama aber /bename ihr diese gedanken / indem sie selbst wehmütig ihr erzehlte / daß sie aus staats-ursachen / (wie vordessen auch mit dem Beor geschehen) die zwischen ihr und dem Esau aufgerichtete heurat-verschreibung unterzeichnen / und also ihre ruhe für das heil der ihrigen dahin geben müßen. Die K \nigin von Syrien war hierauf bemühet / ihr gemüte dieserwegen zu frieden zu sprechen / und wie sie allemal des Fürsten von Edom seite gehalten / also täte sie solches nun noch vielmehr / da es eine ausgemachte sache ware. Sie erfure folgends von ihnen / wiedaß des Ana unpäslichkeit so gefärlich nicht wäre / auch daß derselbe den ehmaligen groll gegen seinem sohn fahren /und große vergnůgung blicken lassen / als er vernommen / was es nun mit ihm und der K \nigin von Ninive für eine beschaffenheit hätte. Wie nun die Königin von Syrien ihnen hinwider erzehlet / was sich seit ihrer abwesenheit begeben / wie Ardeus ihnen zu hůlfe gekommen / und wie über zween tage ihr beilager mit dem Abimelech seyn wůrde / bezeigten [487] sie darüber höchste freude: wiewol hernach der bericht von dem Prinzen Dison / daß der in Damasco wäre /so wol der K \nigin von Ninive / als der Ahalibama /häufig tränen ausjagte: und muste nun die schöne Ninivitin auch entfinden / was eine herzliche liebe für leiden mit sich fůret. Die anwesende K \niginnen / wie auch die Prinzessin Delbora und Danede / kamen hierauf / der Königin von Syrien zu ihrer heurat / die nun überall erschollen war / glück anzuwünschen. Wie nun solches anlas gabe / von dieser edlen liebe /wie die nämlich sich angesponnen hatte / zu reden /vergnügte die schöne Syrerin sie allerseits / durch erzehlung ihrer begebenheiten mit dem Prinzen von Gerar. Und als hiermit der abend einbrache / blieben sie sämtlich bei ihr zum nachtessen / und bote sich jede von ihnen an / dieser K \niglichen braut bei ihrem hochzeitfest aufzuwarten.

Der verliebte Abimelech / der / üm wolstands willen / seine liebste K \nigin / bis auf den hochzeit tag /nicht sehen dorfte / befande sich inzwischen bei seinem bis in den tod betrůbten Cimber / dessen anligen er nicht merken konte / weil seine sinne von freuden ganz eingenommen waren / und unterhielte ihn unaufh \rlich mit gespråchen von seiner K \nigin: über nichts anders klagend / als über sein ungedultiges leiden / daß noch soviel stunden dahin waren / ehe er den lohn für seine treue liebe entfangen solte. M \chte ich doch (sagte er unter andern) von dem himmel erbitten / daß deine schöne Hercinde iezt auch hier und des willens wäre / dir deine liebe also zu vergelten! ach! wie herzlich wolte ich dir doch diese höchste vergnügung g \nnen! Du beseufzest zweifelsfrei deren ietzige abwesenheit / und bildest dir / mich betrachtend / den unterschied für / der sich iezt zwischen deinem und meinem zustand befindet. Diesen [488] unterschied / (antwortete Cimber) erwäge ich freilich / und sind wir darinn / was das glůck im lieben betrifft / so weit / als wie morgen und abend / unterschieden.

Verheele mir doch nicht länger (sagte der Prinz von Gerar) die ümstände dieser deiner liebe / und laß deinen Abimelech nicht also deiner lebens-geschichten unwissend leben. Gedulte dich bis morgen / liebster freund! (gabe Cimber zur antwort) so solst du alles erfaren / was ich bisher vor dir so geheim halten müßen. Diese kurze zeit (sagte Abimelech) wil ich noch gerne warten / und wünsche ich / daß du / aus dieser meiner begierde / deine begebenheiten zu wissen / die herzliche freundschaft abnemen m \gest / die ich zu dir trage: massen meine ietzige freude mich allein darům nicht völlig vergnůget / weil ich dabei an meinen betrübten Cimber gedenke. Wie herzlich ich dich hingegen liebe / (widerredte Cimber /) solst du morgen erfaren / wan ich dir die ursachen bekant mache / die mich bisher bewogen haben / also geheim gegen dir meinem herzensfreunde zu leben. Diese worte des Cimbers machten den Abimelech noch begieriger / ein mehrers hiervon zu vernemen: weil aber Cimber nur bis morgen üm aufschub bate / zwange er sich / bis dahin in gedult zu stehen.

Wie nun inzwischen die sinkende nacht eingetreten / suchten sie die ruhe: wiewol deren allein der Prinz von Gerar genoße. Dann der Cimber sahe sich nicht sobald mit dem Tubal allein / da růstete er sich zu seiner beschlossenen abreise. Er bestürzte aber nicht wenig / als Tubal die von dem Arsas ihm zugesteckte kleinodien herfürzoge / und er erkente / daß es diejenigen wären / die er in Damasco hinterlassen hatte. Der himmel / (sagte er /) gibt mir noch diese vergnůgung / die er mir ståts in meinem unglückseligen lieben gegönnet / daß ich das [489] bildnis dieser schönen besitzen mag / die mir meine freiheit genommen hat /indem nun ein ander ihre selbste person besitzen wird. Wie zu rechter zeit stellet sich doch dieser schatz bei mir wieder ein / ům einiger massen meine nun auf ewig beschlossene abwesenheit mir erträglicher zu machen. Hiermit langte er begierig nach den kleinodien / und suchte unter denselben der sch \nen Königin ihr bildnis. Als er aber solches nicht fande / ward er ganz betrůbt / und sagte / den Tubal anschauend: So entziehest du mir nun auch / grausamer freund! diese einige noch übrige vergnügung / in vorenthaltung dieses bildes / daß mir zu erst meine fåssel angeleget? Meinest du etwan dadurch diejenige aus meinen gedåchtnis zu bannen / die ich nun / üm ihrer ruhe willen / aus meinen augen gebannet? Ach nein / mein Tubal! suche nicht hierinn das mittel meiner genesung / und gib mir wieder / was noch allein fähig ist / mich in meinem armseligen zustand zu erquicken.

Der große Teutates sei mein zeuge / (gabe Tubal zur antwort /) daß ich nicht weiß / wie ich zu diesen kleinodien komme / und daher das bildnis der K \nigin von Syrien nicht entwenden können. Ich achte es fůr eine schickung des himmels / der also E. Maj. derjenigen üm so viel eher wil vergessen machen / die nicht ihr / sondern dem Prinzen Abimelech / von der ewigen versehung bestimmet ist. Wie nun Tubal mit tausend eidschwüren diese seine unwissenheit bekråftigt / fuhre der trostlose Cimber fort / sein mehr als grausames verhängnis zu bejammern / das ihme auch nicht die geringste vergnügung in der welt mehr gönnte: und fürete er so klägliche worte / daß nicht allein der Tubal / sondern auch Abdastartus und der arzt /welche / wie es eben tagen wolte / dazu kamen / ob wol diese beide lezte sein anligen [490] nicht recht wusten /ihre tränen mildiglich vergossen. Er verteilete unter sie die wiedergefundene kleinodien / wie auch andere noch köstlichere / zur vergeltung ihrer treuen dienste. Er wolte aber keinen von ihnen / auf seine reise nach Basan / mit sich nemen / und erwehlte allein zween slaven / deren treue er wol versichert war / die auch kentnis der wege hatten / und sich vermaßen / ihn sicher über das sonst unwegsame gebirge zu bringen. Beim abschied ümarmte er den Abdastartus / und sagte: Der himmel vergelte euch / mein vatter! die treue / die ihr an mir gethan habet. Wisset aber / daß ihr einem grossen König seither gedienet / der / weil er lebet / auch gutes zu thun sich bemühen wird. Ein mehrers / wolte er ihm nicht offenbaren.

Wie alles zur abreise färtig war / trate er zu dem noch-schlaffenden Abimelech in die kammer: den er ümfinge / und dadurch aus einem sůßen traum erweckte. Wie nun Abimelech seinen freund vor sich sahe / beschwerte er sich über ihn / daß er ihn aus den armen seiner K \nigin gerissen hätte. Ich komme eben / (gabe ihm Cimber zur antwort) dich / mein liebster freund! den armen deiner sch \nen ruhig zu überlassen / und dir auf ewig gute nacht zu sagẽ. Wie! (fragte der bestůrzte Abimelech) was ist damit gesaget? Als nun Cimber sich zu ihm auf das bette gesetzet / fuhre er fort / sich / ihm zu offenbaren.

Wertester freund! (sagte er) es ist nun nicht mehr zeit / dir zu bergen / wo ich seither geliebet. Ja / Prinz von Gerar! die stunde ist gekommen / daß meine verschwiegenheit aufhören / und ich dir entdecken muß /daß du bisher an mir einen mitbuler üm die sch \ne Königin Aramena gehabt. Was mich bewogen / sie zu lieben / solches darf ich dir nicht erst sagen: weil du an dir selbst befindest / wie mächtig ihre sch \nheit ist / unauflösliche [491] ketten anzuwerfen. Sonder hofnung und ohne misgunst / habe ich diese meine liebe / bloß mit genießung ihres anschauens / ernehret / und allståts ihre auf den edlen Abimelech geworfene huld so billig befunden / daß mir nie in den sin gekommen / einer so teuren liebe hinternis zu bringen. Nun ich aber befinde / daß ich ein mensch bin / und / ungeacht alles zwangs / den ich mir selbst anthue / mich nicht möchte überwinden können / einige schwachheit blicken zu lassen / da iezt deine höchste glůckseligkeit angehen sol: als habe ich für notwendig erachtet /mich hinweg zu begeben / ům nicht derjenige zu seyn / durch den einiger massen deine und der sch \nsten Aramena ruhe und vergnügung möchte gest \ret wer den. Gehabe dich demnach wol / mein liebster freund von allen / die ich iemals auf der welt gehabt / und vergiß deines Cimbers nicht / ob er gleich dein mitbuler gewesen. Es weiß die unvergleichliche Aramena nichtes / von meiner vermessenen liebe / und ich bitte dich / verhele solche noch ferner vor ihr / und gönne mir dadurch diesen trost / daß sie mich nie hassen möge. Laß dich auch nicht wundern / so du forthin von deinem Cimber nichts mehr hörest: dan heut ist der lezte tag / daß ich diesen namen füre. Und ob ich gleich nicht mehr dich sehen werde / so sei doch versichert / daß ich bis in den tod dein wertes andenken lieben und verehren werde.

Hiemit bückte sich Cimber nochmals zu dem Abimelech aufs bette / ihn ümarmend / und mit seinen tränen benetzend: worauf er / dessen antwort nicht erwartend / aus dem zelt hinaus ginge / zu pferd saße /den mantel / ům nacht erkant zu werden / üm sich schluge / dem Tubal gute nacht gabe / und ihm ins ohr raunete / was er der K \nigin von Syrien und dem Prinzen Suevus sagen solte. Er ritte aber vor dem zelt der K \nigin [492] fürůber / da er mit tausend seufzern abschied von dieser sch \ne name / und / solang er kunte / diesen ort ihres aufenthalts durch ståtes zurůckschauen / in den augen behielte. Wie ihm aber endlich auch diese vergnügung entzogen worden / ergabe er sich völlig dem schmerzen / und ließe sich / ganz aus sich selber / von seinen beiden slaven dahin fůren.

Der vom entsetzen halb-todte Abimelech / konte sich so spat aus seiner bestürzung ermuntern / daß /als er seinen nachtrock üm sich werfend / dem Cimber nacheilen wolte / er weder ihn / noch von den seinen iemand mehr sande / als den Abdastartus: welcher in dem nebenzelt das gedåchtnis des großen Cimbers noch beweinte / und die von diesem helden ihm geschenkte kleinodien vor sich auf einem tisch ligen hatte. Wo ist mein Cimber? (fragte so fort der Abimelech /) ach! wisset ihr nicht / mein vatter! wo er geblieben ist? Dieser unvergleichliche held (antwortete der betrůbte Abdastartus) ist gleich hinweg gereiset /und sind hier die zeichen seiner k \niglichen freigebigkeit / die er mir hinterlassen hat. Dieses sagend / zeigte er auf die kleinodien: welche Abimelech begierig beschauete. Er fande am ersten das bildnis des Tuscus Sicanus / in einen teutschen diamant gegraben: welches er genau betrachtend / dem Cimber ähnlich zu seyn vermeinte / und daher den Abdastartus ferner befragend / von ihm erfuhre / wie Cimber selbst beim abschied sich einen großen König genennet. Dieses nun machte ihn vermuten der Cimber müste gewiß der Tuscus Sicanus seyn / von welchem bisher so verschiedene reden gegangen. Dieses konte aber seine gedanken so sehr nicht einnemen / als die lezte worte /die dieser sein herzensfreund zu ihm gesaget / da er sich für seinen mitbuler zu erkennen gegeben. Es[493] dauchte ihn aber solches so unm \glich zu seyn / daß er sich gern überreden m \gen / er hätte selbige des Cimbers worte nicht eigentlich vernommen: muste aber solches glåuben / weil es iezt der ausgang bestätigte.

Nichtes in der welt (sagte er bei sich selber) hätte mir begegnen k \nnen / meine ietzige glückseeligkeit zu beunruhigen / als eben dieses / daß ich an dem Cimber so ganz unverhofft einen mitbuler finden muß / den ich bisher für den vertrautsten in meiner liebe gehalten. Aber unvergleichlicher freund! was ungemeine tugend zeiget sich in dir / die die überwindung dein selbst in dieser schwersten sache wirken k \nnen! und wie sehr beschämet mich dein sieg / worinn ich dir wol nicht nachzufolgen wüste. Warum fliehest du aber / liebster Cimber! deinen Abimelech / und wilst den nicht mehr sehen / der sonder eiversucht dich / als seinen mitbuler / hätte lieben wollen? Warům hast du nicht vielmehr ihm dein lieben ferner verschwiegen /wie du bisher mit so verwundersamer tugend gethan hast? Ach wärest du nur noch bei mir / ob ich schon dein anligen weiß! wie seelig wolte ich mich doch schåtzen! da ich nun hingegen / in meinem glück-stande / deine abwesenheit mit schmerzen dulten muß / und kein mittel zu ersinnen weiß / dir einige linderung in deinem leiden zu verschaffen.

Indem nun Abimelech mit dergleichen gedanken diesen neuen zufall bei sich beklagte / und sich inzwischen eiligst ankleiden ließe / üm kundschaft einzuziehen / wo sein Cimber geblieben wåre: brachte ihm der Fůrst Arsas von seiner liebsten Königin ein verschlossenes täfelein / welches er begierigst eröffnete /und darinn noch zwei andere fande / beide von der Prinzessin Cölidiane / und zwar eines an die K \nigin von Syrien / das andere [494] aber an ihn geschrieben. Er lase erstlich den ersten / der dan also lautete.

Schreiben der Königin Aramena von Syrien / an den Prinzen Abimelech von Gerar.

Sehet / liebster Prinz! was ich diesen augenblick von unserer unvergleichlichen Cölidiane entfange! welches mich also beweget / daß ihr mir nicht verůblen werdet / wan ich euch gestehe / daß mir dasjenige unruh und betrůbnis erwecket / was ich eurer liebe einzuwilligen mich entschlossen. Zwar sage ich nicht / daß ich solches bereue: weil ich allzu wol weiß /was ich euch / mein Prinz! und dem ganzen reiche schůldig bin. Ich kan aber nicht bergen / daß ich / an stat ůber unserer bevorstehenden ruhe mich zu erfreuen / eine ungemeine angst in mir entfinde / wan ich an die stunde gedenke / darin ich euch sol die eheliche hand geben. Um alles unglück / so mir ahnet / von uns abzuwenden / bin ich entschlossen / morgen in aller frühe dem Allerhöchsten im himmel ein opfer anzustellen / und ihm unsere Ehe vorzutragen. Wollet ihr hierbei erscheinen / so hat Arsas befehl / euch dahin zu begleiten. Inzwischen helfet mir unsere C \lidiane beklagen / und gläubet / daß ich / sie vergnügt zu wissen / ihr unglück gern übernemen wolte / wan es mir / an stat des Abimelech / mein leben solte kosten. Nun es aber diesen gilt / finde ich mich zu schwach / mich so ferne zu überwinden / [495] daß ich den namen ablegen könte / eurer bis in den tod ergebensten

Aramena.


Abimelech küssete diese lezte zeilen / die bei ihm alle / durch den anfang dieses schreiben erweckte /unruhe wieder stillten: wiewol dieselbe / in erinnerung der Cölidiane / sich nicht ganz verloren. Er \ffnete hierauf dieser Prinzessin an seine Königin überschriebenes täfelein / das ihm folgende zeilen zu lesen gabe.

Schreiben der Cölidiane / an die Aramena Königin von Syrien.

Es treibet mich mein unglück von hinnen / große Königin! weil ich finde / daß meine gegenwart an dem orte nichts nützen wird / wo der Prinz von Gerar die eheliche hand von E. Maj. entfangen sol. Nicht sage ich dieses / daß ich die fügung des weißen himmels tadlen oder einige unzeitige eiversucht wolte blicken lassen: sondern weil ich ermesse / daß E. Maj. und des Prinzen ruhe nicht bäßer kan befördert werden /als wan Cölidiane sich allhier unsichtbar machet. So neme dan E. Maj. diese meine entfernung für ein zeichen meiner ergebenen treuen liebe und freundschaft auf / und verüble mir nicht / daß ich nicht persönlich meiner liebsten Königin die lezte gute nacht sage: welches zu nichts anders gedienet håtte / als meine schwachheit / und E. Maj. mitleiden / aller welt kund zu machen. Der himmel ůberschütte E. Maj. und ihre vorhabende Ehe mit ewigem segen! [496] Und wan sie es gut befinden / so lassen sie beigefügte zeilen dero liebsten Prinzen sehen: die ich ihm / ohn E. Maj. bewilligung / nicht wollen zukommen lassen / und die die lezten seyn sollen / mit denen ihn beunruhiget


E. Maj. ergebenste

Cölidiane.


Die trånen stiegen hierůber dem Prinzen Abimelech so häufig in die augen / daß er lang nicht vermochte /das an ihn haltende schreiben zu er \ffnen. Wie er sich aber endlich hierzu genötigt / fande er folgenden inhalt.

Schreiben der Cölidiane / an den Abimelech.

Verdenket mich nicht / daß ich / bei eurer ietzigen glůckseligen zufriedenheit / euch diese zeilen lesen lasse: weil solches in der meinung von mir geschihet /eure beständige ruhe dadurch zu befördern / indem ich euch die warhafte versicherung hiermit gebe / daß ich nimmermehr / über euch zu seufzen / oder euch die ursach meines unglůcks zu nemen / mir in die gedanken kommen lassen / sondern vielmehr unaufhörlich den himmel anflehen wolle / euer vergnügtes wolergehen beständig und unendlich zu machen. Entschüldiget meine leichtglaubigkeit / die ihr durch eure verschwiegenheit befördert / daß ich mir das zugeeignet /was allein der grösten und schönsten Königin gebüret und urteilet darům nicht widrig von meiner tugend. Ich berge euch hierbei nicht / daß ich euch noch liebe. Damit [497] aber meine liebe weder euch beunruhigen /noch eurer liebsten Königin einiger massen nachteilig seyn könne / so sollet ihr von nun an von der Cölidiane nichtes mehr hören / und ist dieses die lezte gute nacht / die dem mehr als würdigen König von Syrien gibet die unglückselige

Cölidiane.


Der Prinz Abimelech wurde durch diese zeilen dermassen beweget / daß er / ům dem Arsas nicht seine weichmütigkeit zu zeigen / von ihme in sein nebengezelt eilete: da er dan sein unglůck mitten in seiner glückseligkeit betrachtete / und nicht verschmerzen kunte / daß er an dieser so schönen / als tugendhaften / Prinzessin unglück ursach seyn muste. Er fülete in sich eine so starke regung / sie zu lieben / daß er auf etliche minuten / seiner K \nigin von Syrien vergaße: deren ihr bezeugtes mitleiden er auch ganz nicht misdeutete / weil er sich selbst also gesinnet befande. Die begebenheit mit dem Cimber / und diese mit der Cölidiane / die nun deren ganz gleich und in einer stunde garauf gefolget / waren zween harte stöße wider seine gemütsruhe: und glaubte er / daß der himmel ihm darům / zu eben der zeit / da er sich höchstglückselig schäzte / dieses zuschicke / üm ihn niedrig zu halten /damit er sich seines glückes nicht überheben möchte. So fülete er auch / gleichwie seine K \nigin ihm geklaget / eine herzens-angst / die ihm eine erschaurung austriebe / wan er an den morgenden tag gedachte. Um aber erkundigung einzuziehen / wo der Cimber und die Cölidiane möchten geblieben seyn / eilete er /seiner K \nigin zu antworten: welches er / so gut es ihm seine verwirrung vergonte / in nachfolgenden zeilen verrichtete.

[498] Antwort-Schreiben des Prinzen Abimelech / an die Aramena Königin von Syrien.

Ich verdenke meine schönste Königin so wenig / ům ihr erwiesenes mitleiden / als gewiß ich hingegen mich versichere / daß mir nicht werde verůbelt werden / wan ich gestehe / wie unruhig auch ich mich hierüber in meinem gemüt befinde. Dörfte ich alles sagen / und verböte mir nicht der freundschaft gesetze das reden / so solten E. Maj. erkennen / daß nicht Cölidiane allein die jenige ist / die mich iezt beunruhiget. Es war meine glückseligkeit zu groß: darům musten sich solche Dinge einfinden / die mir dieselbe verwirrten. Aber wie dem allen / so wil ich diese unruh überwinden / wan ich nur meiner liebsten Königin unänderliche gnade behalte. Ich werde morgen nicht ermangeln / am bestimten ort bei E. Maj. opfer aufzuwarten: üm mich dabei zu erinnern / auch dem gůtigen himmel nochmals zu danken / daß ich dazu ehemahls ausersehen gewesen / E. Maj. den rechten Gottesdienst zu zeigen. Dieser Gott den sie verehren /wolle auch nun alles unheil abwenden / und der tugend volkommensten Königin von der welt / ihrer würdigkeit nach / ein beständiges glück blühen lassen. Nimmermehr aber verlange ich zu erleben / das ende eines so schönen lebens: weil ich meine freiheit dadurch allzu teuer wůrde kaufen můßen.


Abimelech.


[499] Als er dieses geschrieben / ginge er zu dem Arsas wieder hinaus / und bateden / ihm ümständlich zu erzehlen / was man von der Cölidiane abreise wüste. Hierauf entfinge er den bericht / wie daß die Prinzessin Delbora / neben der Danede und Jaelinde / in aller frühe und weinend zu seiner K \nigin gekommen /diese briefe von der C \lidiane ihr ůberbrachte / und dabei vermeldet hätten / was massen diese Prinzessin / in der nacht / mit etlichen von ihren frauen hinweg gekommen wäre / sonder daß sie die geringste nachricht davon geben k \nten / wie sie solches so geheim anfahen können / und wohin sie ihren weg möchte genommen haben. Dieses nun hätte unter dem frauenzimmer ein großes wehklagen erwecket: und wiewol man wegen der gefahr / so sie ihr also aufgeladen /üm sie sehr besorgt worden / habe man doch / in solcher bestürzung / fast unterlassen / auf mittel zu gedenken / wie man sie wieder auskundschaften könte. Es wäre mir unverantwortlich / (sagte hierauf Abimelech /) wan ich nicht mein müglichstes daran wendete / diese grosmůtige Prinzessin aus der gefahr / darein sie sich ům meinetwillen gestůrzet / wieder zu erretten. Es ist ja unmůglich / daß sie durch die wachten kommen k \nnen / sonder gesehen zu werden: derohalben muß alsbald bei allen wachten im ganzen lager nachfrage geschehen / und glaube ich fästiglich / daß wir hierdurch auf die spur kommen werden / üm zu erfahren / welchen weg diese sch \ne genommen.

Hierauf ließe er alsofort den Fürsten Nahor beruffen / und truge ihm / wie auch dem Sachar / auf /diese nachforschung anzustellen. Nachdem er folgends dem Arsas die schreiben zugestellet / auch morgen frü bei dem opfer zu erscheinen / und sich durch ihn dahin füren zu lassen / versprochen / sezte er sich selbst zu pferd / und ritte von [500] einem posten zum andern / üm zu erfaren / wo sein Cimber und C \lidiane wären hingekommen. Jedweder / der ihn sahe / konte aus seinen unruhigen gebården abnemen / daß ihm etwas sonderliches müste widerfaren seyn. Er wuste aber / bei dieser verrichtung / fast selber nicht / was er wünschen / oder wie er sich anstellen solte / wan er nun diese beide liebe personen wieder fände: weil er /den Cimber zu beruhigen / ihm seine K \nigin nicht abtreten / noch die Cölidiane zu befriedigen / die Aramena würde verlassen können; welches beiderseits das einige mittel war / diese edle verzweifelte wieder aufzurichten. Also suchete er nun / sonder recht zu wissen / ob ihn verlangte / zu finden / was er suchete.

Er vergaße aber hierbei nicht / alles / was ihme als den General und feldhaubtman oblage / wol in acht zu nemen / und was in einer so namhaften belägerung n \tig / anzuordnen. Weil er / eben ům mittag / in der gegend / da der Celte Gaisus seinen posten hatte /sich befunden / hielte er daselbst malzeit; und als er von dannen fürter geritten / sahe er zur linken hand einen zederwald ligen / den die soldaten fast ganz hernieder gehauen hatten. Daselbsthin begabe er sich /um etwas auszuruhen / und gebote allen kriegsbedienten / die ihm in großer mänge gefolget / ihn daselbst allein zu lassen. Seine fůrgenommene ruhe solte nun darin bestehen / daß er seinem zustand / und der abenteur / die ihme diesen tag zugestoßen / recht nachdenken wolte. Er fande ursach / sich zugleich für den seeligsten und unseeligsten menschen von der welt zu halten / und vermochte über der ehesten besitzung seiner schönen Königin sich nicht recht zu freuen / wan ihm dabei einfiele / daß solches ihn seinen liebsten freund und seine liebste freundin kostete / denen er mehr als einmal sein leben zu danken hatte.

[501] Wie er also allein zu seyn vermeinte / hörte er /hinter den büschen / etliche nahe bei ihm vorüber gehen; und dorthin schauend / wurde er gewar / daß es der Suevus und Tubal ware / die gar eifrig miteinander redten. Weil er wuste / wie vertreulich sein Cimber mit dem Tubal ståts gelebet / hoffete er / aus ihrem gespräche etwas von diesem seinem freunde zu erfahren: sprange derhalben auf / und folgte ihnen nach. Als er nahe hinter ihnen war / hörte er den Suevus in Celtischer sprache / die auch er wol verstunde /also sagen: So habe ich nun vernommen / wie es üm unsern König beschaffen. Wie stehet es aber üm den König der Aborigener / den Tuscus Sicanus? Diese frage machte den Prinzen von Gerar noch aufmerksamer / und vername er / daß Tubal also antwortete: Sobald dieser verliebte König hier erfahren / daß die jenige / welche er mit so herzlicher liebe verehret / sich für seinen mitbuler erkläret / fassete er den schluß /wiewol gar zweifelmütig / von hier nach Basan zu gehen; da dan ich ihme mehr zu- als davon abgeraten habe.

Warüm aber (fragte Suevus weiter) hat dieser König vor mir so verborgen / als wie sonst vor aller welt / leben wollen / da er doch wol weiß / wie herzlich ich ihn wegen seiner fraumutter liebe? Er scheuete sich (hörte Abimelech den Tubal antworten) seine liebe dem grossen Suevus zu offenbaren / welche die einige ursache seines bisherigen geheimen hier-seyns gewesen: weil er wol erkennte / was große verpflichtung er dem Prinzen Suevus schuldig / indem derselbe ihm seine tochter / die Prinzessin Amorite / wan die hätte sollen wieder gefunden werden / zu-ehlichen wollen; und darum hat er / seine andere liebe so geheim zu halten / sich entschlossen. Er hat ja dessen (versezte Suevus) nicht n \tig gehabt / in betrachtung /[502] daß diese armselige nicht mehr vorhanden ist. Ich wünschte aber / üm dieses großen Königs eigener ruhe willen / daß ihm seine unmögliche liebe vergehen m \chte. Ich / habe ja (antwortete Tubal) alles was zu deren austilgung dienen können / ihme vorgebracht / ihn nicht nur einmal / sondern vielfältig / der anwartung an das reich Basan erinnert / und ihme seinen stand zu gemüt gefüret: ist aber alles vergebens gewesen. Ich verfluche wol die liebe in meinem herzen /(sagte Suevus hierauf) die soviel unheil anrichtet: wie meiner eignen tochter / auch dieser beiden großen Könige / des Marsius und Tuscus Sicanus / ihr beispiel zu tag bringet / welche / der lieb zuviel folgend / fast vergessen haben / was ihr amt und schuldigkeit ihnen anfordert.

Weil hiermit Abimelech viele von des Suevus leuten auf sie zukommen sahe / scheuete er sich / ferner also verborgen ihnen nachzugehen / und bliebe zurücke: zumal er gnug vernommen zu haben vermeinte /und / ob er es schon nicht alles begriffen / nunmehr so viel wuste / wer sein Cimber wäre / und wohin derselbe sich gewendet hätte. Wie er nun wieder in sein zelt gekommen / und alle / die er / nach dem Cimber und der Cölidiane sich zu erkündigen / ausgeschicket / mit der nachricht wiederkehrten / daß niemand von allen wachten hierum etwas wissen wolte: vermehrte solches seine verwunderung / nicht wenig / und kunte er sich die ganze nacht hierüber nicht zu frieden geben /da auch die träume ihn erschreckten / und in seinem gemüt eine unbekante bangigkeit verursachten. Seiner geliebten Königin erginge es nichtes bässer: massen selbige / die ganze nacht / sich in solcher unruhe befunden / daß ihr nicht wenig ahnete / es muste ihr ein grosses unglück bevorstehen.

Der morgen des großen tags / da die Königin dem[503] reich Syrien einen K \nig geben wolte / war kaum angebrochen / da fanden sich / abgeredter massen / die K \nigin von Ninive / und die von Salem / die Prinzessin Delbora / Danede / Ahalibama / und die andre rechtgläubige / bei ihr ein / üm nach dem angestellten opfer sie zu begleiten. Es ware dieses der gottseligen K \nigin kein geringes leiden / daß sie also heimlich ihren Gottesdienst verrichten / und durch den abg \ttischen oberpriester in Syrien an ihren Prinzen sich solte trauen lassen: welches sie nicht ändern konte /weil bei solchem gefärlichen zustande nicht ratsam schiene / sich allschon zu offenbaren / da die gr \ste gewalt noch bei dem kriegsheer stunde. Weil sie nun /auch dieserwegen / Gott auszus \nen / gewillet war /als verfügte sie sich / mit den andern / nach dem zubereiteten ort / darzu sie ihren hinterhof gewidmet hatte: welcher nicht allein mit kleinen hügeln rund ůmfangen / sondern auch ůberdas mit den gezelten also verbauet war / daß sie daselbst ganz allein und ingeheim des Gottesdiensts abwarten kunten. Der getreue Arsas / der alles bereiten und die benötigte altare dazu aufrichten lassen / seumte nicht den Prinzen Abimelech auch dahin zu begleiten: da dan dieses hoch verliebte par nicht sobald einander wieder ansichtig wurde / da vergaßen sie all ihres ausgestandnen leidens / und erquickten sich von neuem in ihrer unschuldigen liebe / die ihnen kurz vorher / das andenken des Cimbers und der Cölidiane / bitter gemacht hatte.

Sie knieheten nun beide / und nach ihnen alle andere anwesende / vor den altar nieder. Als aber / unter dem gebet und gesänge / die opfer angezündet wurden / wolten dieselbe keines wegs brennen / noch einige flamme geben: welches sofort von allen fůr ein sehr b \ses zeichen gehalten wurde. Die feurige andacht /darin die [504] K \nigin von Syrien begriffen war / ließe ihr anfangs nicht zu / dieses zu beobachten. Wie sie es aber endlich wargenommen / schauete sie ihren Prinzen ganz beweglich an / und sagte: Was wil dieses für uns bedeuten / liebster Prinz! da auch die Gottheit unser opfer nicht annemen wil? Abimelech / seine eigne hierüber geschöpfte angst verbergend / gabe die schuld auf die jenigen / die das opfer nicht recht angezůndet. Demnach wurde noch mehr holz und stroh herbei gebracht / so zwar das opfer liecht machte: aber / die flamme / wider die natur unter sich lohend /schluge mit solcher häftigkeit den beiden K \niglichen verlobten in die augen / daß sie genötigt wurden / von ihrer stelle aufzustehen / und der hitze zu entweichen. Sie sahen sich hierauf einander ganz betrübt an /indem alle anwesende erstaunten: und wusten sie beide sich keiner unrechtfärtigkeit zu erinnern / die ihnen also den zorn des Allerhöchsten hätte aufladen können.

Abimelech / fast aus sich selber / ergriffe seine K \nigin bei der hand / und nachdem er sie etwas auf die halbe gefüret / sagte er zu ihr: Ich wůste nicht /worinn ich mich versůndigen können / da ich ja an der Prinzessin C \lidiane zufall eine unschuldige ursache seyn müßen. Und ich (antwortete die wehmütige K \nigin) vermeine ebenfals nicht / an dem Cimber mich versündigt zu haben / da dessen liebe ihn in zweifelmut gestůrzet. Weiß dan meine sch \nste Königin (fragte Abimelech) von des Cimbers liebe? Freylich ist mir solche bekant / (antwortete sie) und achte ich nun nicht mehr nötig / dieses zu bergen / da ich aus eurem gestrigen antwortschreiben so viel wargenommen / daß ihr seine liebe wissen müsset. Er hat mir / bei entdeckung derselben / (gabe Abimelech zur antwort) hart verboten / meiner Königin ja nichts hiervon [505] zu melden. Ich weiß es aber doch / (widerredte die K \nigin) und zwar nicht allein seine / sondern auch des Königs von Basan liebe: das ich euch zwar / mein Prinz! zu verhelen vermeinet / ům euer gemůt nicht zu beunruhigen.

Hierauf erzehlte er ihr / auf ihr begehren / was ihm dieserwegen mit dem Cimber begegnet: daß dan ihr die tränen häufig ablockte. Sie eröffnete ihm aber hinwider / wie sie nicht allein / durch den Cyniras / des K \nigs von Basan / sondern auch des Cimbers liebe erfahren: zugleich kürzlich mit anfürend / was es mit ihme / als dem vermeinten Tuscus Sicanus / und der Roma / fůr eine bewandschaft håtte / und wie Tubal nun dessen abreise bei ihr entschuldigen lassen / die er unümgånglich hätte übernemen müßen. Vieleicht hat es dan (sagte Abimelech) der himmel also versehen / daß Cimber / oder der unter diesem namen verborgene Tuscus Sicanus / der Königin von Syrien gemal werden sol? Vielleicht ist auch dieses (antwortete sie) durch den unwandelbaren ratschluß des höchsten verordnet / daß Abimelech und C \lidiane einander ehlichen sollen. Ach schönste K \nigin! (sagte er hierauf) wollen dan E. Maj. dieses zugeben? Wollet dan ihr / liebster Prinz! (versezte sie) gestatten / daß Tuscus Sicanus eure Aramena heuratete? Sie seufzeten hierauf alle beide / und beantworteten diese fragen mit ihren augen: aus deren sprache sie dan beiderseits wol begriffen / was ihre herzen wolten. Weil der wolstand und ort ihnen nicht gönte långer beisammen zu bleiben / als beteten sie nochmals daselbst / sich dem Höchsten zu befehlen / und schieden also / wiewol sehr unruhig / wieder voneinander.

Die sch \ne Syrerin begabe sich hierauf in ihr gezelt / daselbst man ihr einen gerollten und verschlossenen[506] zettel überreichte / welcher / an die durchleuchtige Syrerin Aramena ůberschrieben / vor dem gezelt war gefunden worden. Der priester Abdastartus / welcher /nach des Cimbers abreise / von des Abimelech heurat mit der K \nigin von Syrien / auch wie die Prinzessin C \lidiane / gleich dem Cimber / verzweiflend entwichen wäre / ümständlich vernommen / hatte seine gedanken hierüber auf diesem zettel verfasset / und als er von dem Tubal / des Cimbers abreise ihr anzukünden / an die K \nigin gesendet worden / denselben alda hinterlassen; welchen sie ablesend / dieses inhalts befande:


War diß die angst / die unsren Cimber quälte /

die ihn halbtodt legt' unter meine hand?

Ich weiß / wie ihn die treu oft schier entseelte /

die unbelohnt ganz kein erbarmen fand?

So gingen dan zur grossen Aramenen

die seufzer hin / die tausend heiße tränen?


Ich leugne nicht / ich muß es ja gestehen:

so eine schön' ist solcher schmerzen wert.

Durch dornen nur / kan man zu rosen gehen.

der sieg / die kron / nur dapfre kåmpfer ehrt.

Ists aber recht / nach lang- und bangem leiden /

erwerben nichts / verzweifelt müßen scheiden?


Was ist / das nicht der edle Cimber litte?

Es ließ den tron der große König stehn.

Verborgen ihm / der schmerz / das herz durchschnitte:

weil seine lieb zu tag nicht dorfte gehn.

Den freund must er / vor ihm / geliebet wissen:

war / ihm bei ihr zu dienen / doch geflissen.


O wunder-muht! sich also zwingen k \nnen.

ô wunder-lieb! selbst hintern den genuß.

ô wunder-treu! dem freunde das zu gönnen /

was man sucht selbst mit solchem angst-verdruß.

Ach! daß sich doch der himmel ließ vers \nen /

die trůbste lieb / die treuste neu / zu krönen!


[507]

Ihm erschiene ja der himmel ausgeheitert:

er fand schon gnad bei seiner Königin.

Sein' hoffnung nun hat in dem port gescheitert /

da diesen schatz nimt Abimelech hin.

Da dieser Prinz die alte huld findt wieder /

da schlägt das glůck den armen Cimber nieder.


Und muß dan auch C \lidiane leiden /

da ihre treu sie sterben hieß vor ihn /

daß sie nun sol den Prinzen ewig meiden?

und låst sie sich verzweiflung füren hin?

Muß einer dan / und eine / so geliebet

von zweyen seyn / daß bleiben zwei betrübet?


Durch dich hat ja / ô himmel! überstanden

der teure held / der Cimber / alle pein.

Vor ihn wird noch ein' hülfe seyn vorhanden.

Die treu muß ja nicht unvergolten seyn.

Ich weiß / es wird sich noch ein glück herfinden /

das diese vier' erfreuter sol verbinden.


Nicht ohne tränen wurden diese zeilen abgelesen /und wuste sie nicht zu erraten / von wem solche wåren verfasset worden. Sie hielte es / besag der lezten zeilen / für eine halbe weissagung / und zweifelte fast / aus mitleiden gegen der Cölidiane und dem Cimber / ob sie solches nicht wůnschen solte: zumal der himmel beim opfer solche vorzeichen gegeben /die hiermit einzustimmen schienen. Doch hatte ihre neigung gegen dem Prinzen von Gerar so tief gewurzelt / daß sie die glůckliche volziehung ihres vorhabens ängstig wünschen muste.

Die anwesende K \niginnen und Prinzessinnen hatten inzwischen / ihren k \niglichen schmuck in ordnung zu bringen / übernommen. Und ob gleich der krieg verwehrte / daß sie sonst in Syrien übliche gebräuche bei diesem k \niglichen beilager nicht ordentlich kunten in acht genommen werden / so war doch alles nach müglichkeit aufs prächtigste angestellet /und hatten der [508] getreue Fůrst Husan / und der verständige Barzes / keinen fleis gesparet / alles also zu ordnen / wie es der k \nigliche staat erforderte. Es wurde nun / unferne von der K \nigin gezelt / fast mitten im lager / eine große büne aufgerichtet / und mit den herrlichsten Sidonischen decken behänget / auch in die mitte derselben ein erhabener königlicher tron gesetzet: auf welchem die sch \ne Königin von Syrien /in gegenwart des ganzen heers / mit ihren Prinzen solte getrauet werden. Gegen dieser büne über / stunde ein andres gerůste von gleicher gr \ße: auf welchem die altäre der Juno / und der g \ttin Gad / mit allen opfer-bereitungen / stunden. Weil sie augenblicklich einen ausfall von dem feind gewärtig seyn musten /als ward nicht allein / aller orten / in waffen zu stehen / anbefohlen / sondern man hatte auch fürnemlich auf der seiten / über zehntausend bewehrter soldaten gestellet / und ward keiner im lager sonder gewehr gefunden.

Aber alles dieses ließ der listige Ardeus und sein anhang sich nicht irren / und hatte er die gewiße zuversicht / daß er die Königin von Syrien in Damasco liefern wolte. Weil ihm hierzu gleichsam alles fugen muste / als schickte es sich eben / daß Arteman mit viertausend man / am selbigen tag / vor der K \nigin gezelt die wacht hatte. Hinter diesem gezelt floße der Pharphar / welcher einen furt hatte / der sonst wenigen / auser den Ardeus und seiner rotte / bekant ware. Demnach hatten sie die abrede miteinander genommen / daß / wan Ardeus durch ein gewißes zeichen denen in der stadt das los geben würde / sie nicht allein vor allen toren lärmen machen / sondern fürnemlich vor seinem tor / da er die wacht hatte / einen starken ausfall thun / auch Arteman sofort die K \nigin /unter dem schein / sie zu retten / [509] neben der Königin von Ninive / und der Ahalibama über den Pharphar füren / und mit ihnen an das Libanonische tor gehen: da alsdan gleichfalls ein starker ausfall geschehen /und sie damit hinein gebracht werden solten.

Mitlerweile nun die menschen also heimlich sich bemüheten / hinternis in diese heurat / zu bringen /schiene der himmel nicht weniger diesem königlichen par entgegen zu seyn: indem unversehens / in begleitung eines starken platzregens / ein ungewönlicher sturmwind sich erhube / welcher alle gerüste und andere zubereitungen / samt dem königlichen tron / über einen haufen wurfe / und damit alles in die höchste unordnung gesetzet. Man ware zwar gleich wieder bemühet / und geschäftig / alles in vorigen stand zu bringen / und ward dieses einem ungefären zufall zugeschrieben: aber ein jeder machte ihm hierüber seine gedanken / und hielte man es heimlich / vor der K \nigin / üm dieselbe nicht damit zu beunruhigen.

Der Prinz Abimelech aber hatte solches alsofort erfahren / und ware noch in großer bestůrzung deswegen begriffen / als man ihm einen frömden in sein gezelt brachte / den er gleich für den Philister Asdod erkante. Weil ihme diesen tag alles zuwider schiene /was ihm begegnete / als fürchtete er sich / den Asdod üm die ursach seiner ankunft zu fragen. Dieser aber /nachdem er dem Prinzen die fůße geküsset / finge gleich an zu berichten / was für ein geschicke ihn ins lager gefüret. Ich komme / gnädigster Prinz! (sagte er zu ihm) aus dem lande der Philister / und zwar / dem vorsatze nach / in gesellschaft der Prinzessin Andagone / meines Königs schwester: die mit höchster eilfärtigkeit hieher nach Syrien eine reise ůbernommen /aber hierin so unglücklich [510] gewesen / daß sie / wegen anzugs des Königs Scheba von Cus / der unsren herweg ganz unsicher gemacht / unmüglich durchkommen / sondern zu Abela verbleiben müßen.

Weil nun solcher verzug sie fast in verzweiflung gestůrzet / massen sie erwehnte / daß die ruhe / ja die wolfart dieses ganzen reiches / daran haftete / meinen Prinzen bald zu sprechen: als bote ich mich an / ein schreiben von ihr hieher zu ůberbringen / welches sie ihr gefallen lassen / und mir diß wichtige werk anvertrauet. Sie gabe mir / als ich von Abela abreisete /tausend vermanungen mit auf den weg / mich keinen augenblick zu seumen: welches ich auch gethan / auch glücklich durch die Cussiten durchgekommen bin. Ich muß aber beklagen / daß ich das schreiben von der Prinzessin Andagone / nicht volståndig und verschlossen / wie es gewesen / alhier überliefern kan: massen / als ich diese nacht mit dem pferd in einen graben gestürzet / das tåfelein zerbrochen / und ich /wegen dunkelheit und schlammes / aus dem wasser nicht alle stücke wieder zusammen bringen k \nnen. Was nun noch daran übrig / daß ůberliefere ich hiermit: in der zuversicht / mein Prinz werde diese verwarlosung mehr dem unfall / als meiner verschuldung / beimessen.

Hiemit zoge Asdod das zerbrochene täfelein herfür / und überlieferte solches dem Prinzen: der es mit zittrenden händen zu sich name / und das siegel noch unverrückt fande / also daß nichtes davon hatte können gelesen werden. Er er \fnete aber solches / und fande diese gebrochene zeilen darinnen.

[511] Schreiben der Prinzessin Andagone an den Prinzen Abimelech.
So höchstnötig ich euch selber sprechen mögen.
ich es mir iedoch wegen ietziger unsicherheit . .
ich euch durch diese zeilen wissen / daß ihr . . .
mit der Aramena von Syrien nicht vollziehen . .
dieser Königin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aramenes von Syrien gehabt . . . . . . . . . . . . . . .
euch zu bergen und glaubet . . . . . . . . . . . . . . . . .
unwarheit euch berichten wil . . . . . . . . . . . . . . .
verlanget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Alle / die im gezelt bei dem Abimelech waren /merkten ihm wol an / daß dieses schreiben etwas sonderliches in sich halten müste: massen der Prinz / bei iedem worte / so er lase / bald bleich / bald roht wurde / und so bestürzt bliebe / daß er nicht wuste /was er sagen oder den Asdod fragen solte. Gleichwol seine bestůrzung zu bergen / rieffe er endlich dem Asdod in sein inneres gezelt / und ihn scharf anschauend / stellte er ihn zur rede / ob er nicht wüste / was ihm die Andagone schreiben wollen. Asdod entschůldigte sich beståndig mit seiner unwissenheit / und beteurete hoch / daß ihm nichts anders hiervon bekant wäre / als daß diese Prinzessin / wie nach Gerar das gerüchte bei ankunft der Prinzessin Ammonide erschollen / daß die Königin Delbois von Ninive für die Erbk \nigin von Syrien wäre erkant worden / alsofort mit dem König gar eifrig zu raht gegangen / und herüber [512] zu reisen beschlossen hätte. O himmel! (rieffe hierauf Abimelech) was sol ich immermehr hiervon gedenken? Nach ausstoßung solcher worte / begriffe er sich wieder / und ließe den Asdod von sich: üm denselben nicht ferner zum zeugen seiner schwachheit zu haben.

Als er nun wieder allein war / ůberlegte er der Andagone zerstümmeltes schreiben von wort zu wort /konte aber die ursach / warům die heurat mit der K \nigin von Syrien nicht zu vollziehen / gar nicht begreifen noch ausdenken. Er beklagte hierbei / daß das schreiben / so ihm hiervon ein mehrers licht geben sollen / zu schaden gegangen: welches er doch bald darauf ihm wieder gefallen ließe / weil der bericht nur fåhig wůrde gewesen seyn / ihme / durch vorstellung dieser unmüglichkeit / sein elend zu ergr \ßern. Demnach bediente er sich dessen zu seinen trost / indem der himmel es so wunderbar gefüget / daß dieses täfelein müßen zerbrochen werden. Endlich mit gewalt alles widrige aus dem sin schlagend / stellte er ihm allein seine glückseeligkeit für / die er in selbiger stunde antreten solte. Nachdem er nun ein ganz munteres wesen angenommen / zeigte er sich den Syrern und den andren / die sich in sein zelt versamlet hatten: unter denen der einige Suevus eine verborgene betrübnis / wegen seines K \nigs / blicken ließe / die doch niemand in acht name. Es waren fůrnemlich der Husan / Rames / Nahor und Ardeus / als Syrische Fürsten und der Königin blutsverwandten / in die wette beschäftigt / die königliche kleidung dem Abimelech anzuziehen / und ihn als einen k \niglichen bräutigam auszuschmůcken.

Wie nun Ardeus merket / daß das fest bald angehen solte / und der abend herein brache / stahle er sich heimlich hinweg / und eilete nach seinem posten: von dar er seinen [513] waffenträger / mit n \tigem unterricht /eiligst nach Damasco abfärtigte. Es stunde nicht lang an / da öffneten die belägerten auf einmal alle ihre neun tore / und machten ein so großes geschrei / daß Naharai / der / in abwesenheit des Fürsten Rames /dessen posten versahe / wie auch der Gaisus / Sabud /Tabrinnon und Hepher / in abwesenheit des Nahor /Ister / Elimodan und Altobor / sich alle in bereitschaft stellten / dem vermuteten ausfall des feindes zu begegnen. Als aber aus dem tore / vor welchem der Ardeus lage / der Prinz Mardocentes und Hemor mit sechstausend Arabern und soviel Canaaniten ausfiele / wiche Ardeus mit den seinen zurücke / und machten ihnen platz / ungehintert in das lager einzufallen: welches die aus den andren posten / weil sie ohnedas nun schwächer als sonst waren / nicht verwehren konten /sondern ihres orts wider einen gleichen ausfall stand fassen musten.

Wie man dieses dem General angemeldet / der iezt mit andren gedanken ůmginge / befr \mdete ihn solches nicht / massen er es wol vermuten können: und befohle er dem Rames / die zu dem ende zusammen gefürte zehentausend man dem feind entgegen zustellen. Wie aber nach und nach berichte einliefen / daß der feind begunte schaden zu thun / legte der dapfere Abimelech seinen k \niglichen schmuck ab / und mit helm und panzer versehen / sezte er sich zu pferd /und rante selbst dahin / alwo der streit am häftigsten war. Er rieffe den seinigen freudig zu / und sezte mit solcher herzhaftigkeit in den feind / daß alle die andere / durch sein beispiel aufgemuntert / ihrem neuen König dapfer nachfolgeten. Abimelech und Mardocentes traffen verschiedene mal aufeinander / wurden aber allemal von ihren dazwischen-kommenden [514] leuten verhintert / den angefangenen kampf auszufüren.

Wie dieses alles der schönen Königin von Syrien zu ohren gekommen / und sie vername / daß ihr Prinz sich selbst mit in den streit begeben / ůberfiele sie ein tödliches entsetzen: und deutete sie das am morgen übel-verrichtete opfer dahin / daß dem Abimelech ein unglück wiederfahren solte. Die Perseis und Merone /so mitgeschäftig waren / ihre K \nigin zu schmücken /entfanden allein unter allen eine innerliche freude /daß ihr anschlag sowol begunte von statten zu gehen: und wan man damals auf ihr wesen håtte acht gegeben / wůrde man erkant haben / daß ihnen eine sonderliche angelegenheit auf den herzen schwebte.

Indem kam der verschmizee Arteman / ganz erschrocken sich anstellend / zu ihnen hinein / und deutete der K \nigin von Syrien an / wie daß fůr sie keine sicherheit allhier länger seyn würde: massen ein großes heer vom feinde sich bereits durchgeschlagen hätte / und nun auf das K \nigliche gezelt losginge. Die Ahalibama zeigte sich über dieser nachricht / die erschrockenste / weil sie augenblicklich fürchtete /dem Beor in die hände zu fallen. Es war eben niemand bei der K \nigin im gezelt / als die K \nigin von Ninive / die Prinzessin Danede von Cus / und Ahalibama: weil die andere K \nigliche personen / ům gegen bevorstehender K \nglicher trauung sich an zu kleiden / in ihre gezelte sich begeben hatten. Diese viere nun entschlossen sich in der eile / auf des Artemans und der Perseis zureden / das zelt zu raumen /und anderswo sich so lang zu verbergen / bis dieser streif fürüber seyn wůrde: da dan Arteman nicht seumete / sofort etliche von den Königlichen wägen anspannen zu lassen.

Wie nun solche färtig waren / warfe sich die sch \ne [515] Syrerin samt all ihrem K \niglichen brautschmuck /neben den dreien Prinzessinnen / auf derselben einen /und hieße die Perseis / Dersine / Merone / Siringe /Tirza / Astale und ihr ganzes ůbriges frauenzimmer /ihr auf den andern folgen. Arteman und seine leute /füreten sie hierauf durch den Pharphar / nachdem er der wacht von den viertausenden / denen er zu gebieten hatte / anbefohlen / das Königliche gezelt zu beschützen / als wann die K \nigin noch darinn wåre: er aber name nur etliche huntert zu sich / denen er meist trauen dorfte / und eilete eines rennens / bei dunklem abendschein / mit den wågen nach der stadt. Es fůgte sich eben / daß er / bei ihrer ankunft / den Sinear und Mancaleus / vor dem Libanonischen tor / abgeredter massen / in einen starken ausfall und gefechte mit dem Elimodan und seinen Niniviten / begriffen fande: daher dan Arteman von niemand angehalten wurde /sondern ungehintert seinen raub bis an das stadtor bringen kunte. Weil die verwirrung / darin die beide durchleuchtige Aramenen neben der Ahalibama sich befanden / keiner unter ihnen zuließe / auf ein und anders acht zu geben / als merkte allein die Danede /wiewol zu spat / daß hierunter verråterei verborgen seyn müste.

Sie wolte eben der K \nigin von Syrien solches ansagen / als ihr wagen von vielen ansehnlichen manspersonen angehalten und ůmziegelt wurde: unter denen sich der Prinz Bildat / der Ahalibama mutter bruder / der Fürst Hus / der Baracheel / und der Aner / zu erkennen gaben / auch die beide K \niginnen /samt den zweien Prinzessinnen / n \tigten / in Damasco hinein zu kommen. Alles / was die K \nigin von Syrien bei diesem schrecken sagen kunte / war dieses / daß sie dem Arteman seine untreu verwiese /und damit die augen und [516] [518]hånde gen himmel kehrend /sich dessen verordnung und schickung in gedult unterwarfe. Wie sie folgends nach der stadt zufuhren /erholete sie sich aus dieser verwirrung / und begehrte von den andern / daß man ihr die K \nigliche brautkron abnemen solte: damit ihren feinden die gelegenheit benommen würde / über sie zu honlachen. Danede / die in dieser angst an den Eliphelet nicht gedachte / war / als die unerschrockenste / auch die tüchtigste /der schönen Syrerin diesen dienst zu erweisen. Endlich öffnete sich ihnen das tor von Damasco: in welcher Aramena billiger / als Erbkönigin / ihren siegeseinzug hätte halten sollen.

Der dapfere Abimelech fochte inzwischen immer fort / und / üm desto eher wieder zu seiner K \nigin zu gelangen / auch deren die ehliche hand zu reichen /verdoppelte er seine streiche / und eilte / den sieg zu behaupten: da dan in kurzer frist der feind genötigt wurde / wieder in die stadt zu kehren. Es würde aber ein viel-gr \ßers metzeln entstanden seyn / wan nicht die einfallende nacht sie voneinander geschieden hätte. Ardeus / als er erfahren / daß sein anschlag glůcklich von statten gegangen / begabe sich mit den andern nach der stadt. Wiewol nun die niederlage der belågerten hierbei gr \ßer / als der Syrer ihre / gewesen / so bliebe doch der sieg den Assyriern: weil sie die allergr \ste beuten / so sie jemals verlangen k \nnen / davon getragen. Wie nun der siegende verliebte wieder ins lager angelanget / und ihm die sůße hofnung machte / wiedaß nun alles widrige / daß ihm dieser tag gedrohet / mit diesem ausfall der feinde unterdruckt und ůberstanden wäre / eilte er / seine blutige waffen abzulegen / und die jenige kleider wieder anzuziehen / mit denen er vor seiner schönen Königin erscheinen solte.

Er wurde aber bald mit der zeitung beunruhigt /[518] daß / unter diesem gefechte / die Königin aus ihrem zelt hinweg gefahren / und noch nicht zurücke gekommen wåre. Demnach liefe er also fort dahin / und fragte den Ahasbai / dem der Arteman den befehl ůber die wacht vor der K \nigin zelt hinterlassen hatte / ganz ungedultig / wo die K \nigin wåre? Wie nun derselbe ihm eröffnet / was er hiervon wuste / und Abimelech vollends in das gezelt hinein getreten war / auch alda alles ledig gefunden hatte: begunte ihm sein herze zusagen / daß es hierüm nicht richtig seyn müste / und forderte er gleich ein pferd / üm dem weg zu folgen /den man ihm gezeiget / daß seine K \nigin denselben durch den Pharphar genommen hätte.

Er solte bald / im eifer / des rechten pfads verfehlet / und sich in die tiefe des stroms verloren haben. Doch truge ihn sein irisches pferd noch heraus / und rante er damit / wie ein unsiñiger / nach dem posten des Elimodans / der eben / die seinigen wieder zusammen zu bringen / im werk begriffen war / und sich nicht wenig verwunderte / in so ungewönlicher zeit den General des heers im feld zu sehen. Wo ist die Königin von Syrien geblieben? war das erste wort / so er von dem Prinzen vername: und wuste er hiervon keine nachricht zu geben / weil in der zeit / da sie Arteman nach der stadt gefüret / alles bei ihnen / wegen des ausfalles / in h \chster verwirrung gewesen. Also muste der ungedultige Prinz / ja so unwissend / als er angekommen / wieder ůmkehren / und hielte er still bei jedem geräusche das er vername: in meinung / von seiner Königin etwas innen zu werden. Alle / die er bei sich hatte / sandte er einen nach dem andern von sich / und nach allen toren der stadt / üm sich zu erkundigen / ob nicht jemand in heer etwas von seiner Königin wüste: und behielte er / auf die letze / fast keinem mehr ům sich / so [519] viel wege fielen ihm ein /da er seine K \nigin suchen ließe.

Bei seiner widerkunft ins lager / fande er die beide K \niginnen von Kitim / neben deren von Salem / und die Prinzessinnen Delbora und Jaelinde / wie auch die Casbiane / Mehetabeel und alles andere frauenzimmer / in der Königin von Syrien gezelt versamlet / und zwar alle miteinander voll trånen / über diesem wunderbaren zufall. Es war nicht eine unter ihnen / die nicht zu verschiedenen malen von dem ungedultigen Abimelech wäre befraget worden / ob sie nicht wůste / wo seine Aramena sich befände? Ihrer aller trånen und einstimmiges nein / verdoppelten seine wut / also daß er fast nicht wůste / was er täte. Als er hierauf wieder von ihnen eilte / befahle er / den Ahasbai gefangen zu nemen / und ihn peinleich zu befragen / ob er hiervon keine nachricht zu geben wuste. Gleichwie aber dieser befehl wider seine natur war / als gereuete ihn dessen alsobald wieder / und hieße er solches unterlassen Er wurde aber noch unlustiger / als alle seine ausgeschickte / mit einerlei bericht wieder kamen / nämlich daß sie von der K \nigin nichts erfraget håtten.

Er geriete hierauf in die gedanken / ob nicht etwan der K \nig von Basan / dessen liebe zu seiner K \nigin er nun wuste / einen anschlag auf sie machen / und sie hätte hinweg fůren lassen? Demnach begab er sich nach dem gezelt des Prinzen Suevus: der ihn / mit grosser höflichkeit entfinge / und nicht wuste / was diese spate besuchung auf sich hätte. Es wuste dieser Prinz noch nicht / in was sorgen man wegen der K \nigin von Syrien stünde: weil er / nach ausgang des gefechtes / sich in sein gezelt begeben / um alda allein seines Königs zustand / wegen dessen liebe zu der sch \nen Syrerin / zu betrauren / die nun [520] durch ihre verheuratung mit dem Abimelech / hoffnunglos worden war. Er bestürzte nicht wenig / als er von diesem glücklich-vermeinten liebhaber sich also anreden hörte: Verzeihet mir edler Prinz! wan ich meine widrige gedanken / die ich von dem grossen Marsius /eurem K \nig / fassen müssen / euch jezt offenbare. Ist nicht dieser K \nig schuld daran / daß die Königin von Syrien / unter dem gefechte / uns aus dem lager entfüret worden.

Hiermit sahe er den Suevus stark in die augen: welcher durch diese reden in zweifache bestürzung gesezt wurde / daran die offenbarung von seines Königs person / und die entfürung der sch \nen Aramena / zu gleich ihren teil hatten. Wissen sie dan / (fragte er hingegen) daß mein König die Syrische Königin liebet? Freilich weiß ich solches / (antwortete der ungedultige verliebte) und hat mir meine K \nigin nichts verhelet / was ihr Cyniras davon eröfnet. Diese antwort des Abimelech sezte den Suevus wieder etwas in ruhe / und sagte er hierauf: wan mein Prinz die bescheidene liebe meines Königs weiß / so wird er sich auch leicht vorstellen k \nnen / daß der tugendhafte Marsius nicht fähig sei / eine solche gewalttätigkeit an der jenigen zu verüben / die er stäts mit so großer ehrerbietung angebetet: und setze ich hiemit mein leben zu pfande / daß an diesem raube mein K \nig und alle unsere Celten unschůldig seien. Was mir das gerüchte (antwortete Abimelech) von des großen Marsius tugenden beschrieben / käme hiemit nicht überein / wan er hieran schüldig seyn solte. Ich weiß aber auch / daß mein Cimber / der dem Fürsten Suevus nicht unbekant / ganz unfåhig ist / die K \nigin von Syrien und mich also zu / betrüben. Weder Marsius noch Cimber / (sagte Suevus) sind hieran schůldig;[521] und wan mein K \nig diesen raub erfahren wird / weiß ich gewiß / daß er alle seine k \nigliche macht wird daran wenden / ům Syrien an den raubern seiner Königin zu rächen.

Was hilft mich elenden dieser trost? (rieffe hierauf der verzweifelte Abimelech) und warům ist Marsius nicht schůldig / damit ich wüste / wohin ich mich zu wenden hätte? Als er das gesagt / eilete er wieder von dannen / und zwar nach dem orte / da das treffen mit dem feind geschehen war. Als er daselbst nach dem Ardeus fragte / ward er innen / daß auch dieser nicht mehr vorhanden / und die gesamte Niniviten / die er aus Damasco gebracht / mit ihm wieder durchgegangen wären. Hiemit fiele ihm der Ninias ein / dessen seite Ardeus vordessen gehalten: daher er / für gewiß vermutend / daß der seiner Aramena rauber wäre /gleich alle wege verlegte / die dieser böswicht mit seiner edlen beute vor sich nemen k \nnen / und da tausend / dort wieder tausend man abordnete / ihn zu suchen. Er selbst ritte mit einer starken begleitung /gegen Aroer zu: weil er vermeinte / der Ninias m \chte da hindurch den weg nach Ninive genommen haben. Die sonne ginge nun wieder auf / bei seinem so schmerzlichen suchen / und erfreute in etwas diesen bis in den tod betrůbten: weil er nun bäßer üm sich sehen / und alle wege in acht nemen kunte.

Wie er nun also / wegen zu vieler gedanken halbsinlos / bald da / bald dorthin ritte / wurde ihm angemeldet / wiedaß der Prinz Jethur von Hevila mit fünfzehntausend man angekommen / und daß der Prinz von Egypten / neben dem Phalacus / sich auch mit dabei befunden: welche post / die ihn zur andern zeit wůrde hoch erfreut haben / er fast gar nicht beachtete /als er / auf nachfrage / hierbei nichtes von seiner verlornen Königin [522] hörte. Gleichwol machte ihn diese zeitung wieder nach dem lager ümkehren / und war er kaum in sein gezelt eingetretten / da fůrete Husan zu ihm hinein den Prinzen Amosis / den Jethur / den Phalacus / und einen ansehnlichen mohren: welchen Abimelech / vor betrůbnis / nicht genau betrachtete /sonst wůrde er ihn sofort erkant haben. Wie nun Amosis ihn ümarmet / und ihme den wackern Jethur überliefert / vermochte er kaum diesem Prinzen / mit etlichen höflichen worten / seine erkentlichkeit wegen so ansehnlicher hülfe / zu erweisen. Es war aber seine erste frage an den Phalacus / ob er nichtes von seiner Königin und dem Ninias gehört hätte; wie nun derselbe mit nein geantwortet / bezeigte Abimelech ferner kein verlangen / zu wissen / was Phalacus in diesem seinem zug ausgerichtet håtte: er wurde aber / durch zureden des Husan und Rames / wie auch des Suevus selber / gen \tigt / dessen bericht / als wornach sie sich in vielen wůrden zu richten haben / mit anzuh \ren. Solches tåte zwar dieser armselige verliebte / war aber mit seinen gedanken so weit davon entfernet /daß er gar nichts vername / was gesagt wurde. Phalacus / nachdem sie sich alle in einen kreis gesetzet / erzehlte ihnen / wie folget.

Es gehet nun in die zweite woche / seit daß ich nach dem Senirischen gebirge / die Egypter mit ihrer schönen beute daselbst aufzuhalten und ihnen den anzug zu verwehren / mit viertausend man von hier abgeschicket worden. Ich kame / zu gutem glůck /einen tag vor des Petosiris ankunft / an das gebirge /und besezte aller orten die påße mit meinen wenig leuten / so gut ich kunte / also daß der feind unmüglich durchzukommen vermochte: wiewol dessen macht / durch des Laristenes v \lker verstårket / sich in zwänzigtausend man erstreckte. Weil [523] aber / durch stätiges fechten / da der feind unaufhörlich durch zu brechen suchte / die meinigen sehr abgemattet wurden / als håtte es in die långe nicht bestehen können / wan nicht der Prinz von Hevila hier zugegen / mit seinen funfzehntausenden / zu mir gestossen wåre. Diese hülfe nun machte uns wieder so mutig / daß wir / ům der sache bald den ausschlag zu geben / auf den feind los gingen / da er dessen am wenigsten sich versahe /und an ihm eine so große schlacht verrichteten / daß der sieg v \llig unser bliebe / und alle diese zwölftausend Egypter / samt den achttausend Assyriern / hin und wieder zerstreuet in das gebirge sich verlieffen.

So habt ihr dan (fiele alhier der Husan dem Phalacus in die rede) den feind beim gebirge Senir noch angetroffen? der ehrvergessene Ardeus wolte uns ja hier eines andern berichten! und setzet mich dieses in den argwahn / er habe mit den Assyriern zugehalten / und ihnen wol gar unsere Königin in die hände geliefert. Abimelech / als aus einen tiefen traum erwecket /hörte nicht sobald seine K \nigin nennen / da vermeinte er / Phalacus müste von ihr wissen / und fragte deshalben ganz eifrig: ob solches gewiß wäre / daß sie sich in Damasco befände? Phalacus beantwortete dieses mit seiner unwissenheit / und vollfůrte seine erzehlung / als Abimelech sein fragen einstellte.

Wie nun / auf diesen unsren großen sieg / der Prinz von Egypten begierig war / die Prinzessin seine schwester zu erlösen / eilte er sofort nach des feindes lager. Als er aber so wenig sie selber / als einige nachricht von ihr erhalten kunte / auch weder den Petosiris noch den Laristenes gefunden / ward er nicht wenig betrübet: da ihme / an wiederfindung seiner schwester / soviel gelegen war. Weil mir die liebe / so unsere Königin zu dieser [524] tugendhaften Prinzessin träget / wol bekant ist / als bemůhete ich mich nicht minder / einige nachricht von ihr einzubringen / und ließe alle gefangene befragen / ob sie nicht wüsten / wo die Amesses geblieben wäre. Nach langem nachforschen /fande sich einer von der Prinzessin gewesenen bedienten / den der Prinz Amosis gleich erkante. Dieser nun erzehlte uns ůmståndlich / was seiner Prinzessin / so wol in Ninive / als nachgehends in Elam / begegnet: welches in diesen meinen bericht eigentlich nicht geh \ret. Ich wil aber nur das / so notwendig zu wissen ist / davon erzehlen / daß nåmlich das reich Elam sich ganz für die Königin Lantine und den Hadoran erklåret / und sowol den Sadrach / als die Assyrier / ausgetrieben / auch unserer K \nigin seite wider die Babylonier und Canaaniter zu halten / sich vernemen lassen.

Der bediente machte uns ferner wissen / daß / wie wir also den feind geschlagen / der Petosiris die beide Prinzessinnen / als die Amesses und die Orosmada von Sidon / mit ihren leuten / hinweg gefůret / und ihn in der hast zurůcke gelassen håtte: und k \nte er nicht anders vermuten / als daß er äuserst bemühet seyn würde / die Prinzessinnen in Damasco zu bringen. Dieser bericht bewegte den Prinzen von Egypten / daß er den Prinzen von Hevila ům etliche tausend man ansprache / mit denen er den Petosiris suchen und verfolgen wolte / ům verhoffentlich seine schwester zu erl \sen. Als ihme nun hiermit wilfaret worden / eilete er also fůr aus / mitlerweile wir andern gemächlich unsren rückweg hieher namen. Er erhielte zwar die gewiße kundschaft / das Petosiris mit den Prinzessinnen vor ihm wäre. Dieser aber / sich vom Amosis verfolget sehend / gebrauchte sich der list / und n \tigte beide Prinzessinnen / wie auch ihr [525] frauenzimmer / daß sie sich in mänliche kleidung verstellen musten: und ginge er also mit ihnen in einer nacht fort / alle seine Egypter im stich lassend.

Wiewol nun endlich Amosis auf diese getroffen /fande er doch das nicht / was er gesuchet. Als aber die Egypter ihren Kronprinzen erkanten / den sie sehr liebten / schlugen sie sich gleich zu ihme: wie auch vorher viele von den andern gethan hatten / die auf dem gebirge Senir zu uns ůbergegangen. Weil nun diese ihm entdeckten / wie es Petosiris mit seiner schwester angefangen / h \rte er nicht auf / ihn zu verfolgen / und auf alle wege / die nach Damasco gingen / ihm seine leute nachzuschicken. Es war aber alles vergeblich / und wie wir gestern / drei meilen von der stadt / jenseit des Flusses / uns gelagert / da auch Amosis wieder zu uns gestoßen / brachten unsere kundschafter uns gegen dem abend die nachricht / daß der feind aus zweien toren einen starken ausfall gethan hätte: woraus wir uns die vermutung machten /daß Petosiris diese gelegenheit ergriffen haben / und mit seinen verkleidten frauenzimmer in die stadt würde entkommen seyn. Hat dieser (fiele alhier Abimelech dem Phalacus ins wort) einen weg / in Damasco zu kommen / finden können / so ist solches dem Ardeus und Arteman auch nicht unmüglich gewesen. So ist es dan wol nicht anders / unsere Königin wird dem grausamen Belochus in die hände geraten seyn. Die vorbildung dieses unglückes / sezte ihn hierauf aus aller gedult / und vermochte er des Phalacus ferneren bericht nicht anzuhören: der auch zu seiner erzehlung nichtes mehr hinzu zu fügen hatten / als dieses / daß noch diesen abend des Prinzen von Hevila völker im lager ankommen würden.

Wie nun / bei solcher verwirrung / darinn sich [526] Abimelech und alle Syrer vom lager befunden / der mitgekommene ansehnliche mohre wol begriffen / daß man ihn langsam erkennen würde / triebe ihn seine ungedult / sich selbst kund zu machen. Hierauf nun den Prinzen Abimelech ůmarmend / sagte er zu selbigem: ob er dan sich nicht mehr des Eridanus von Cus erinnerte? welcher iezt hieher käme / ihm fůr die wolfart von Syrien fechten zu helfen. Mein Prinz verzeihe mir / (antwortete der betrübte Abimelech) daß mein unglück mich blind gemacht / den großen Eridanus nicht zu kennen. Ach dapferer Prinz! (fuhre er seufzend fort /) wäret ihr doch hier gewesen / ehe meine K \nigin entfüret worden! diese worte brauchete er auch gegen dem Jethur und Amosis: und weil diesen beiden Prinzen / da sie unterwegs / wie es mit der Königin von Syrien und ihm beschaffen / erfaren hatten / dessen liebe und sein großer verlust nunmehr bekant war /als ermangelten sie nicht / ihn beklagen zu helfen.

Der Prinz Amosis wuste noch nicht / daß seine Danede mit der Königin von Syrien wäre verloren worden. Weil nun ihn nach dieser seiner Prinzessin / auch den Eridanus zu seiner Delbora zu füren / verlangte /namen sie bald ihren abtritt / und wurden von dem Husan in die für sie zubereitete gezelte geleitet. Mitlerweile aber der Prinz Jethur mit dem Husan abredte / wohin seine ankommende völker solten verleget werden / eileten Eridanus und Amosis nach den zelten der beiden Pinzessinnen von Cus / und vermeinten beiderseits dieselben durch ihre unvermutete ankunft in angeneme bestürzung zu setzen. Weil noch niemand ihnen des Eridanus da-seyn angekündet / so hatte die Delbora sich nichts weniger versehen / als mit dieses ihres gemals gegenwart erfreuet zu werden. Sie befande sich eben in [527] der Königin Hermione gesellschaft / mit der sie von dem Nebajoth redte: als sie den Eridanus in die augen bekame / der mit dem Amosis in ihr zelt hinein trate / auch so fort / ehe sie sich recht besinnen kunte / zu ihr eilete / und sie mit seinen armen ümschlosse.

Vergebet mir / liebste Delbora! (redte er sie an /) daß ich mich so grausam gegen euch erwiesen / und schreibet alles meiner häftigen liebe zu / die mich zu solcher eiversucht gereitzet. Diese worte entdeckten der Delbora völlig / in wessen arme sie geraten. Und weil sie nun / nicht allein aus schůldigkeit / sondern auch freiwillig / diesem ihrem gemal eine herzliche liebe zutruge / als kunte diese zusammenkunft nichts anders / als sonderbare große freude / bei ihr erwecken: wie sie dan solches ihme auch äuserlich zu erkennen gabe / indem sie ihn so fäst in ihre arme schlosse / daß es schiene / als wan sie ihn wieder zu verlieren besorgte. Wisset ihr nun / (sagte sie zu ihme / wie die erste freud-bestürzung fürbei war /) daß eure Delbora unschůldig ist / und daß ihr zu viel gethan /euch also gegen ihr zu erweisen? Ich erkenne solches nicht allein / (gabe ihr Eridanus zur antwort /) sondern finde mich auch unwürdig / eure huld hinwieder zu erlangen / wan ihr mit mir nach recht verfaren woltet. Ihr seit versichert / wertester Prinz! (sagte sie hingegen) daß meine huld euch ewig ganz eigen verbleibet / wan ihr / der meinige zu seyn / euch entschließen werdet. Nimmermehr (versezte er) sol mein herz /auser Delbora / eine andere verehren. Und nimmermehr (fügte sie hinzu) sollet ihr von mir anders h \ren / als daß ich den Eridanus lieben werde.

Die K \nigin Hermione schauete / neben dem Prinzen von Egypten / diesem edlen par mit sonderbarer vergnůgung zu: aber es wurde dem Amosis endlich zu [528] lange / der in alle winkel nach seiner Danede sich ümsahe / die er doch nirgend finden kunte. Hermione /die sein anligen merkte / fragte ihn / wen er suchete? wie er nun geantwortet / daß es die Danede wåre /seufzete sie / sonder ihme zu antworten. Delbora hatte inzwischen dem Eridanus entdecket / wie es seiner schwester ergangen wäre. Wie nun solches hierauf der Amosis von ihm erfahren / bildete ihm die angst auf einmal alles das widrigste für / so seiner Prinzessin könte begegnet seyn: sonderlich wan er gedachte / daß sie in Damasco seyn möchte / alwo auch der Eliphelet sich befande. Demnach ůberfiele ihn eine tödliche furcht: daher er nicht minder / als der Abimelech / zu klagen begunte. Er eilete auch alsofort zu diesem seinem betrübten leid-gesellschafter / den er eben fande /wie er den Ahasbai / der die wacht vor der K \nigin gezelt gehabt / verhören ließe: da er dan / wegen gleicher angelegenheit / auf das genauste mit aufmerkte /was der fürbringen würde. Ahasbai / als unschuldig /bliebe bei der vorigen aussage. Die beide Prinzen kamen letzlich auch auf diese gedankẽ / es möchte die durchsetzung durch den Pharphar ihnen mislungen seyn / und das wasser sie ersåuft hinweg gefüret haben. Hiervon nun gewißheit zu nemen / sassen sie beide zu pferd / und rennten an dem ufer des Pharphar hinunter: da kein einiges fischer-hütlein von ihnen unbesucht gelassen wurde.

Nachdem sie hiermit den ganzen tag vergeblich verbracht hatten / stießen sie abends auf die ankommende völker des Prinzen von Hevila: die dieser dapfere Fürst dem betrübten Abimelech / wie auch den anwesenden Syrischen Fürsten / überlieferte. Es mangelte nichtes / als die Königin von Syrien / die freude hierüber v \llig zu entfinden: massen auch ihr zu willen diese ansehnliche [529] hůlfe angekommen war. Weil aber deren verlust alle freude im ganzen lager getödet hatte / als hörte man nichtes / dan winseln und wehklagen: und ware nur Abimelech noch ihr einiger trost / der doch selbst keinen trost für sich zu sch \pfen fähig ware.

Bei dieser allgemeinen / fülete nun die schöne Roma auch ihre besondere unruhe / indem / die zeitung von des Prinzen Jethurs ankunft / ihr gemůt so sehr eingenommen hatte / daß alles auf einmal bei ihr wieder reg wurde / was sie iemals wegen dieses Prinzen für qual ausgestanden. Sie kunte auch seine vergessenheit nicht verschmerzen / und suchte vergeblich dieses hülfmittel / durch gegen-verachtung sich seiner zu entschlagen. Die K \nigin Hermione / die stäts bei ihr war / auch leid und freude mit ihr gemein hatte /merkte ihr dieses ihr anligen bald ab / welches sie auf ihrem ruhbette / die ganze nacht / in unaufhörlichem ächzen hervorlegte. Hierdurch nun bewogen / ihr zuzureden / stellete sie ihr vor / wie sie nicht allerdings befugt wäre / wegen des Prinzen Jethur sich also zu bezeigen: da ja dessen unbeständigkeit sich nicht blicken lassen / als er in seiner liebe zu ihr noch hoffen dörfen. Da er aber diese hofnung / durch ihre verheuratung an den Tuscus Sicanus / verloren / da hätte ihn allererst der Hercinde schönheit eingenommen: worinn er darům noch zu entschuldigen wäre / und sähe sie kein bedenken / wofern er zu seiner ersten liebe wieder ůmkehren würde / warům sie ihn nicht wieder annemen solte.

Roma fůlete wol in ihrem herzen / daß diese meinung der Hermione ihr nicht entgegen war: massen des angenemen Prinzen von Hevila ehmalige treue liebe / so starke wurzeln gesasset / daß sie vergeblich sich bemůhte / dieselben auszureuten. Sie vermochte aber hierbei [530] nicht zu verschmerzen / daß er ihrer vergessen können / da sie ihm solche beständigkeit erwiesen. Sie fande auch darinn ihr gr \stes anligen /daß sie besorgte / Jethur würde in seiner andern liebe sich standhafter / als in der ersten erweisen / und nicht zu ihr wiederkehren: massen er ja diesen ganzen tag vorbei gehen lassen / sonder sich nach ihr ůmzusehen. Hermione befliße sich / der sch \nen Roma diese sorge durch allerhand scheinbare grůnde zu benemen / und entschuldigte des Jethur ausenbleiben / mit ietziger kriegs-unruhe: sich versichernd / daß er folgenden tags / wan er von den geschäften freier worden / sich anderst bezeigen würde. Roma zoge hierauf in bedenken / ob es ihr auch wolanståndig wäre / dafern es also erginge / ihn vor sich kommen zu lassen: weil sie nicht wuste / wie sie ihm begegnen solte / nachdem er sie so hoch betrübet. Hermione bename ihr auch diesen zweifel / einwendend / wiedaß aus seinem bezeigen das ihrige erfolgen / und wan er sich reuig erwiese / ihr amt seyn würde / ihn aus erbarmung wieder anzunemen.

Als diese beide freundinnen mit dergleichen gesprächen fast die ganze nacht zugebracht / und gegen dem morgen kaum eingeschlummert waren / vernamen sie sich bald wieder erweckt / durch die vor ihr zelt fürüber gehende v \lker aus Hevila: welche auf die posten / die sie besetzen solten / gefůret wurden. Weil seit der beiden Aramenen und Prinzessinnen verlustes / iederman / sonderlich aber das frauenzimmer / in schrecken und furcht lebte / als vernamen /diese beide Königinnen aus Kitim / dieses gedrösche /nicht sonder neue angst: welche aber nicht lang wårete / als ihre leute sie berichteten / was dessen ursache gewesen. Sie entschlossen sich aber / nachdem sie angekleidet waren / die Prinzessin Delbora zu besuchen / und ihr wegen ankunft ihres gemals glück [531] zu wünschen. Sie fanden auch dieses edle par beisammen /und bei ihnen die K \nigin von Salem / und die Prinzessin Jaelinde / welche ům gleicher ursache willen dahin gekommen waren. Alles / was das gerůchte von dem wackern Eridanus ausgebreitet / fanden sie zweifach an ihme / und kunten nicht worte gnug finden /ihr vergnügen an den tag zu geben / das sie ůber der glücklichen vereinigung dieser beiden entfunden.

Werteste K \nigin! (sagte Delbora / nach etlichen andern gespråchen / zu der Hermione) es findet der Prinz meine wahl sehr wol ausgedacht / indem ich dem Nabatheer-Fůrsten die sch \ne Hermione zuzubringen verlange / und gestehet er mit mir / daß dieses ein vorteilhafter tausch fůr den Nebajoth seyn wůrde. Diese worte jagten / sowol der K \nigin von Kitim /als dem Eridanus und seiner Delbora selber / eine r \te ab / die doch aus unterschiedenen ursachen entstunde: massen bei dem mohren ein kleiner rest von seiner vorigen eiversucht / bei seiner tugendhaften gemalin die strenge überwindung ihrer selbst / und bei der Hermione die schamhaftigkeit / ein solches gewirket hatte. Wie aber diese Königin der Delbora hierauf zu antworten verzoge / trate die von Salem hinzu / und sagte: Es ist so billig / daß die Königin von Kitim der Prinzessin Delbora vorhaben erfülle / daß ich mich mit auf ihre seite schlagen / und fůr den Nebajoth zu sprechen / mich bemühen werde. Ob des Cimbers tod / (antwortete Hermione) und der Delbora verehlichung / meiner und des Nebajoth fraumutter einigen wunsch zu stand bringen sol / solches stehet lediglich bei des himmels schickung: wan der es versehen hat /so werden sich unsere gemůter beiderseits / auch schon darnach schicken müßen / daß sowol der Prinzessin von Cus / als der K \nigin von Salem wolgemeintes verlangen [532] zu seiner zeit m \ge erfüllet werden. Wir bed \rfen weiter keiner erklärung / (sagte hierauf Delbora) und halte ich nun diese sache bereits für geschlossen: weil ich weiß / daß es der himmel also haben wil / und daß Nebajoth hierzu ganz geneigt sei.

Eridanus fragte folgends die Delbora heimlich /wer diese wåre / die mit der K \nigin Hermione zu ihnen gekommen? und hatte er nicht sobald ihren namen erfaren / da eilete er / sie zu begrüßen. Ich achte mich seelig / (sagte er) die K \nigin der Aborigener zu sehen / weil ich weiß / wie hoch ich damit einen freund / den ich mir neulich erworben / werde erfreuen können / wan ich dem die post bringen darf /daß die sch \ne Roma alhier vorhanden sei. Wer k \nte wol (antwortete sie / mit sonderbarer annemlichkeit) der freund seyn / den eine frömde und verlassene alhier erfreuen solte? Ist dan der Prinz von Hevila (versezte Eridanus) so gar vergessen / daß man sich dessen nicht mehr erinnert? Ich sorge / (fiele alhier Hermione der Roma ins wort) meine schwester möchte zu kaltsinnig auf diese frage antworten; darum wil ich es vor sie verrichten / und sagen: daß / wan Jethur noch der jenige ist / der er ehmals zu Trier gewesen / die Roma wol leiden könne / daß ihre anwesenheit ihn erfreue. Er ist mehr / als jemals / (antwortete Eridanus /der Roma nicht g \nnend / dazwischen zu reden) der verliebte Jethur / gleichwie er sich zu Trier erwiesen hat / und kan ich bezeugen / daß er mehr als tausendmal die stunden verfluchet / darin er die Prinzessin Hercinde geliebet: welches auch nimmermehr würde geschehen seyn / wan Tuscus Sicanus ihme nicht seine Roma genommen hätte. Es hatte aber / nach dieses Königs tode / (sagte die angeneme Roma) der Prinz von Hevila dannoch nicht abgelassen / die Hercinde zu lieben. Wie kunte sobald [533] (antwortete Eridanus) ein so häftiges feuer gedämpfet werden / welches weder anzuzůnden / noch zu leschen / in unserer macht stehet. Es hat aber die länge der zeit dem edlen Jethur aufgeholfen / und seine erste liebe wieder angefeuret / die niemals bei ihm völlig erloschen gewesen / ob gleich die verlorne hofnung sie zimlich untergedrucket.

Vielleicht hat (versezte Roma) die stäts-daurende verachtung der Hercinde / und deren wahl auf den Assyrischen Prinzen verursachet / daß Jethur müde worden / ihre sch \nheit ferner anzubeten? Meine schöne Königin (gabe Eridanus zur antwort) suchet allzu genau / eine ursach an dem Jethur zu finden. Es wird ja sein begangenes verbrechen nicht unter die jenige geh \ren / die nicht zu vergeben sind: sonst wůrde Delbora mir auch nicht haben verzeihen können / daß ich die Prinzessin C \lidiane geliebet / mitlerweile ich sie ungetreu zu seyn vermutet. Daß Cimber eine andere geliebet / (sezte Hermione hinzu) solte mich nicht abgehalten haben / ihn wieder anzunemen / wan nicht sein tod / darzwischen kommend / seine reue und wiederkehr verwehret hätte. Die Königin der Aborigener (sagte Eurilinde) sihet ja alle ihre einwendungen ausgeschlagen / und wird uns müßen gewonnen geben. Weil ich den Prinzen von Hevila kenne / muß ich hier sein wort reden / und mein verlangen bezeugen / ihn vergnůgt zu wissen / welches er mehr als wol verdienet. Die schöne Roma schluge hierauf zu diesen worten die augen nieder / sonder sie zu beantworten.

Als Delbora merkte / daß sie / sich zu erklären beschämet war / wollte sie ihr behülflich seyn / mehr bedenkzeit zu fassen / und sagte: Es war mein Prinz /was ihme / zeit seiner abreise aus Cus / begegnet /eben wie meine beide [534] Königinnen darzu kamen / uns zu erzehlen gewillet. Dafern es nun ihnen gefället /solches mit anzuhören / so wil ich meine begierde nicht bergen / die mich antreibet / ihn dieses seines vorhabens zu erinnern. Was werden sie / (fiele Eridanus ihr ins wort) an meiner wegen eures verlusts ausgestandenen marter / annemliches hören? jedoch /weil ich zugleich von dem wackern Jethur etwas werde zu erzehlen haben / bin ich bereit / auf begehren / meine abenteure allhier kund zu machen. Wir sind nicht hiehergekommen / (sagte Hermione) ichtwas zu stören / so euch beiden zur vergnügung dienen kan / sondern wollen es vielmehr befördern. Weil nun diß etwas solches ist / und man kein bedenken tråget / unsere anwesenheit dabei zu dulten / so versichere ich / daß uns nichts liebers wird widerfaren k \nnen. Wie nun hierauf Delbora nochmals ihren gemal hierüm gebeten / erfüllte er solches ihr verlangen / nachfolgender massen.

Wie sol ich beschreiben (hube er an / zu den drei Königinnen zu reden) die håftige bekümmernis / die mir zu Thauba / der Delbora entfernung / und ihr hinterlassenes schreiben verursachet? da dieselbe so häftig mich angegriffen / daß ich / fast meiner sinnen beraubet / alle meine angelegenheiten im Königreich Cus zurück sezte / und davon zoge / üm / wo müglich / die verlorne Delbora wieder zu finden. Ich muste auf lauter ungewiße vermutungen meine reise anstellen /und begabe mich erstlich hieher nach Syrien / vermeinend / alhier eher / als anderswo / etwas von ihr zu vernemen. Aber alles mein suchen war ůmsonst / und verwehrte mir der hiesige krieg / genåuere erkundigung einzuziehen: der mich auch glauben machte / es wůrde Delbora eher in ihr vatterland Meden gegangen seyn / als in diesem unsichern [535] lande zu bleiben sich entschlossen haben. Um nun dahin zu reisen / und es ferner auf ein ungewißes zu setzen / ginge ich durch das land Hevila: alwo ich alles in voller kriegs-rüstung fande / weil man der K \nigin von Syrien hülfv \lker schicken wolte. Ich vrrname auch daselbst /daß Nebajoth mit einem großen heer in Meden eingefallen / ům selbigen tron / als dessen erbe / zu bestreiten. Diese zeitung wolte fast meine alte eiversucht in mir wieder aufblasen / da dieses böse gift in mir die einbildung erwekte / es möchten etwan Nebajoth und Delbora ihrer sachen eins worden / und zu einerlei zweck in Meden beisammen seyn. Demnach verzoge ich in Hevila / und sandte einen meiner verständigsten und getreusten bedienten nach Meden / ům hiervon erkundigung einzuziehen.

Inmittels nun dieser den befehl verrichtete / erlangte ich die kentnis des wackern Prinzens Jethur / der mir so wol anstunde / daß die gleichheit unsrer sinne zwischen uns eine ånge freundschaft hegte / und uns beiderseits antriebe / daß ich ihm offenbarte / wer ich war / und er hingegen aller seiner geheimnise mich kündig machte. Also erfuhre ich dieses Prinzen ganze liebe / und wie es ihm / so wol mit der Roma / als mit der Hercinde / ergangen war: und kan ich mit warheit-grunde bezeugen / daß er der schönen Roma mit der höchsten ehrerbietung gedachte. Weil auch Hercinde noch damals ihr anteil in seinem klagen mit hatte /und er dieser Prinzessin verübte grausamkeit nicht vergessen kunte / als erwehnte er allemal dabei / daß der gerechte himmel es also gefüget / ihn zu straffen /ům daß er eine andere schönheit / als seine Roma /verehren wollen.

Mit der weile kame nun mein ausgeschickter wieder zurücke: welcher nicht gar nach Meden gewesen[536] war / weil er unterwegs so viel nachricht von meiner Delbora bekommen zu haben vermeinte / daß er Meden nicht sehen d \rfte. Seine kundschaft war diese / wiedaß ein gewaltiges heer Egypter im anzug wäre /die den weg von Elam daher kamen / und frauenzimmer bei sich füreten: unter denen er ganz gewiß / die Delbora gesehen zu haben / ihm eingebildet. Meine begierde erregte hierauf bei mir wol tausend fragen /die ich gegen ihm täte / ům dessen / was er sagte /gewiß zu werden. Er erzehlte mir aber nach der länge / daß er / wie er der Egypter durchzug mit anzusehen /sich in Acraba begeben / da der Assyrische haubtman / so darin gelegen / sie alle durch die stadt ziehen lassen / etliche verdeckte wågen mit frauenzimmer ins gesichte bekommen / aus deren vörderstem eine dame heraus gesehen / die eben solch ein lichtes haar / wie die Prinzessin von Cus / gehabt / und håtte er gleich gemutmaßet / daß sie es seyn müste. Er hätte ihnen hierauf in das nachtlager gefolget / und daselbst / weil er / als ein Cussite / die man fůr gut Assyrisch hielte /ůberall gedultet worden / gelegenheit erlanget / diese damen / und zwar im absteigen von den wågen /nochmals zu sehen: da dan die gestalt und länge /auch das betrůbte wesen der jenigen / die er fůr meine Prinzessin angesehen / ihr allerdings geglichen. Er hätte auch / auf ferneres nachfragen / so viel erfaren /daß zwo Prinzessinnen bei diesem heer sich befänden / deren eine aus Egypten / die andere aber unbekant wäre.

Ich rieffe hierbei gleich auf / daß meine Delbora die andere Prinzessin seyn můste / die mit der Prinzessin Amesses / wegen der liebe / die deren bruder / der Amosis zu meiner schwester Danede truge / wůrde kentnis gemacht haben. Ich triebe nun den Prinzen von Hevila eifrig an / den aufbruch seiner v \lker zu beschleunigen / [537] üm diesen Egyptern bei dem Senirischen gebirge den weg zu verhauen / und diese beide Prinzessinnen ihnen abzunemen. Also geschähe nun unser aufbruch in wenig tagen / und wie wir / an der Mesopotamischen grånze / das Singarische gebirge berüret / erhielten wir kundschaft / daß ein måchtiges und großes heer auf dem gebirge stünde / und uns im fortreisen gerad in die seite gehen / auch / wofern sie unsere feinde wåren / uns aufreiben wůrden. In diesem heer waren nun Assyrier / und Celten / auch die aus dem reich Elassar / und hatten zu heerfůrern / den Prinzen Baleus von Assyrien / die Königin Mirina von Elassar / die Prinzessin Hercinde ihre schwester /und den Prinzen Hiarbas aus Egypten. Der Prinz Jethur / konte den namen der Hercinde sonder große bewegung nicht nennen hören: und da wir noch zweifelhaft waren / ob wir sie für freunde oder feinde achten solten / versicherte uns der Syrische Fürst Gaham /den die K \nigin von Syrien an den Jethur abgeschicket / wiedaß dieser beiden Heldinnen ihr bruder / der große Marsius König von Basan / die Syrische seite hielte / und daher die schwestern nicht auf des bruders gegenseite seyn k \nten / sondern / wie es schiene / mit dem Prinzen von Babel frieden gemacht hätten / und nun / die unruhe in Syrien beilegen zu helfen / im anzug begriffen seyn möchten.

Wir befanden fůr gut / iemand an sie abzuschicken: worzu der Prinz von Hevila den Elika / seinen vertrautsten und fürnemsten bedienten / erkiesete / und ihn weitläuftig unterrichtete / was und wie er die botschaft ablegen solte. Wie nun dieser hinweg war / verschanzten wir uns aufs bäste: üm auf allen fall bereit zu seyn / ihren angriff auszuhalten. Wir warteten aber beide / mit großer ungedult / auf des Elika wiederkunft: [538] weil ich alle stunden diese verseumnis anklagte / und er die bezeigung der Hercinde zu vernemen /h \chst verlangte. Nun verhielte es sich nicht anderst /als wie der Gaham gemutmasset: massen zwischen den beiden Celtischen heldinnen / und dem Prinzen von Assyrien / der friede geschlossen worden / und nun ihr anzug hieher nach Syrien gehet / mit dem absehen / daß sie sich zwischen beide teile legend / und ein heer von funfzig tausend man zusammen bringend / sich damit gewachsen achten / die Könige von Assyrien / Egypten und Canaan / auch deren bundsverwandte / dahin zu zwingen / daß sie von ihrem unbilligen suchen abstehen / und dem ganzen Asien den frieden und die ruhe wieder geben müßen. Dieses ihres vorhabens wurden wir nicht allein von dem Elika / bei seiner rükkunft / verständigt / sondern es bekräftigte solches auch ein mit-abgeschickter von dem Assyrischen Prinzen / welcher an den Prinzen von Hevila befehl hatte. Uns auch allen guten willen spüren zu lassen / wurden wir von ihnen mit allerhand notdurft für unser volk reichlich versehen / und uns durch das ganze Singarische gebiete wol durchgeholfen.

Als hierneben der Jethur von dem Elika erfuhre /daß Baleus und die Hercinde einander liebten / und also diese Prinzessin von ihrer ehmaligen strenge nachgelassen hatte / verhönete ihn solches dermassen / daß er seinen ohndas-gefassten schluß noch fäster stellte / ihrer zu vergessen / und der sch \nen Roma /als nunmehr witwen / sich völlig wieder zu ergeben. Es ersturbe aber hierbei nicht so gar sein fürwitz / daß er nicht eine begierde solte gefület haben / zu wissen /wie doch die Hercinde sich angestellet / als sie von ihm diese botschaft vernommen. Der Elika stillte dieses sein verlangen / und beschriebe [539] ihm ihre beschåmung / die ihr bei anhörung seines grußes wåre zugestossen. Er erzehlte auch / wie sie zu dem Baleus gesagt hätte: dieser Prinz von Hevila wåre schuld daran / daß sie / ihn zu lieben / wäre gen \tigt worden. Welches Baleus damit beantwortet: wie daß er hierům diesen Prinzen sich sehr verpflicht erkente. Sie hätte hierauf ihn / den Elika / ümständlich befraget / wie es dem Jethur / nach seiner abreise aus Celten / ergangen? darbei wehnend / daß sie alhier vor Damasco ihn wieder zu sehen / das glück verhoffte.

Dieses alles / wie gesagt / stårkte den verh \nten Jethur in dem vorsatz / nicht mehr nach ihr zu fragen /und reisete er mit so freiem gemüte von dar ab / als wan er niemals die häftige liebesregung entfunden håtte / die diese Prinzessin ihm ehmals verursachet. Alle seine unterredungen / die er mit mir pfloge /waren von der sch \nen witwe des Tuscus Sicanus: da er dan mir alles erzehlte / wie es mit dieser zwang-heurat zugegangen / und wie ihre keusche liebe dadurch wäre getrennet worden.

Wir kamen hiernach an das Senirische gebirge / da wir den Prinzen von Egypten / neben dem feldhaubtman Phalacus / vor uns fanden / die den Egyptern und des Laristenes völkern den durchzug verwehrten: worzu wir dan sehr gewünscht kamen /massen es schon an dem war / daß des feindes macht durchdringen wollen. Der Prinz Amosis erfreute mich alda / mit der unverhoften zeitung von eurem hier seyn / liebste Delbora! und sahe ich mich also gar angenem betrogen: indem ich euch unter den Egyptern gesucht / und nun wieder verhoffen allhier finden solte. Wir erfuhren auch nachgehends / daß die Prinzessin / für welche man euch angesehen / die Orosmada von Sidon gewesen. Ach meine Orosmada! (fiele hier die Königin von Salem dem [540] Eridanus in die rede) so h \re ich einmal wieder etwas von dieser Prinzessin / nachdeme mir solang deren zustand unbekant gewesen! Es ist hier bei uns ein Egypter / (sagte Eridanus) der alle ůmstände zu sagen weiß / wie es der Orosmada und der Amesses in Ninive und Elam ergangen: welcher der Königin von Salem ein volles genůgen wird geben k \nnen. Eurilinde erwiese hierauf ein sonderbares verlangen / diesen Egypter zu sprechen: welchen der Prinz von Cus ihr zuzufüren sich anheisig machte.

Er beschlosse hierauf seine erzehlung mit dem bericht / von ihrem sieg wieder die Egypter und Assyrier / wie auch von der gewißen vermutung / daß die beide Prinzessinnen / von dem Petosiris / in Damasco gebracht worden: deren unglücklichen zufall sie dan sämtlich beklagten und betaureten / weil zu der Amesses ihr vatter eine unziemliche liebe truge / und die Danede nun wieder in des Eliphelet händen ware. Wie komt es aber / (fragte hiernächst die K \nigin Hermione) daß der Prinz von Hevila sich bei uns nicht einfindet / da er doch hier sein liebstes von der welt zu finden hat? Es ist ihm so wenig / als mir / (antwortete Eridanus) bekant gewesen / daß alhier die K \nigin der Aborigener sich aufhalte: massen der Prinz von Egypten ihrer mit keinem wort erwehnet.

Indem trate Abimelech zu ihnen in das gezelt / welcher den Cussitischen feldherrn Hezrai an der hand fürete / und ein freudigers wesen / als man nun an ihm gewonet war / erweisend / in diese worte heraus brache: Wir wissen nun / wo unsere K \niginnen und Prinzessinnen geblieben; man hält sie in Abela gefangen / und hat der edle Hezrai uns diese post mitgebracht. Sie waren alle erfreut / dieses zu vernemen. Wie aber Hezrai [541] den Eridanus erblicket / liefe er ihm entgegen / ihm die füße zu kůssen / und nennte ihn seinen König und herrn: woraus Eridanus vermuten muste / daß der König Scheba / sein herrvatter / nicht mehr im leben seyn wůrde. Weil er aber schon einmal mit dergleichen zeitung / wiewol nicht von dem Hezrai / war betrogen worden / als sahe er ihn an /wegẽ dieser frömden begrüßung / und fragte ihn / wie er solches verstünde? Der gerechte himmel (antwortete Hezrai) hat in die länge des Scheba tyrannei nicht dulten k \nnen / sondern diesen K \nig von der welt geräumet / und zwar durch die siegreiche Syrische waffen. Dan / als dem Hesion / Badezorus und mir /siebentausend Syrer und fünftausend Celten von hier mitgegeben worden / dem ankommenden Scheba und den Arabern / die der Labdeon gefüret / den durchgang nach Damasco zu verwehren: ist uns solches dergestalt geglůcket / daß die Araber gänzlich in die flucht gebracht / der K \nig Scheba und Labdeon auf der walstatt geblieben / und etliche tausend Cussiten /die mich kennten / zu uns übergegangen seyn; welche nun / ihren neuen König anzubeten / und ihm die lang-gewidmete treue zu schwören / innigst verlangen.

Auf diesen bericht / schauete Eridanus seine Prinzessin an / und sagte: Wir sind erl \set / liebste Delbora! wiewol nicht sonder schmerzen / da ich hierbei einen vatter zu betrauren habe / der uns so viel plage zugezogen. Hiermit drungen dem tugendhaften Prinzen die trånen aus den augen: und eilete er von dieser großen gesellschaft / die durch ankunft der andren Fürsten und kriegsbedienten gemehret wurde / mit seiner Delbora und den Hezrai / in ein neben-zelt /sich ein wenig zu erholen. Als hierauf die K \niginnen den Abimelech fragten / wie es mit den beiden durchleuchtigen Aramenen / [542] der Danede und Ahalibama /stünde? zeigte dieser so ungedultig als erfreute liebhaber auf den Badezorus / welcher dan folgenden bericht erstattete.

Nach unsrem glücklichen treffen mit dem Scheba und Labdeon / als wir vor zwei tagen / unfern von Abela / da diese große schlacht geschehen / uns gelagert / brachten uns etliche von unsren ausgestellten wachten diesen bericht / daß sie in den nahgelegnen weinbergen einen haufen frömder reuter ersehen / die etliche wägen mit frauenzimmer bei sich gehabt /unter denen sonderlich eine sehr sch \n gewesen / und / wie sie von ferne ausnemen konten / unserer K \nigin geglichen håtte. Diese nachricht bewoge den Hezrai /unsren feldhaubtman / sich dessen eigentlicher zu erkündigen: daher wurde ich mit etlich hunderten beordnet / diesen frömden nachzufolgen / üm zu vernemen / wer sie wären. Wie ich nun auf ihre spur gekommen / und sie meiner ansichtig worden / namen sie eiligst die flucht / und ranten so stark nach Abela zu / daß ich sie nicht einholen kunte. Die zu Abela öffneten ihm die tore: aber mir / als ich auch davor kame / wolten sie nichtes zu willen wissen. Weil eben damals von hier aus dem lager / etliche auf uns stießen / die uns die betrübte post brachten / daß man unsere Königin entfüret / zweifelten wir nicht / daß Abela diesen großen schatz in seinen mauren haben würde. Demnach hießen wir den Celten Hesion / mit etlich tausenden / Abela berennen / ließen das übrige volk im lager / und eilten herůber / dieses hier anzumelden. Wir können aber doch nicht sagen / wer der Königin entfürer sei / oder wie die leute in Abela / die doch stäts gut Syrisch gewesen / zu dieser bosheit seien verleitet worden.

Wolan / ihr edle Syrer! (rieffe hierauf der verliebte Abimelech) wir haben keinen augenblick zu verseumen / [543] damit unsere Königin befreiet werde: und zwar / so darf ich euch erst nicht anmanen / mir zu folgen /weil eure treu euch schon selber hierzu anreitzet. Rames / Husan / Nahor / und die andern / so zugegen waren / erwiesen / neben der freude über dieser post /ein allgemeines verlangen / Abela zu stürmen / und dasselbe / wegen dieser verwegenheit / in feuer aufgehen zu machen. Wie nun der mit-anwesende Prinz Suevus / in Abimelechs abwesen gute aufsicht bei der belägerung zu haben / übernommen / und alle beh \rige anstalt zu diesem zuge in h \chster eile gemacht wurde: trate der Prinz von Egypten / mit dem Prinzen von Hevila / zu ihnen in das zelt / die diese gute zeitung auch vernommen hatten / und daher angekommen waren / sich mit dem Abimelech darüber zu erfreuen. Abimelech ersahe nicht sobald den Amosis /da lieffe er ihme mit ausgesperreten armen entgegen /und ihn ümfassend / sagte er zu ihme: Danket mit mir dem himmel / daß wir unsere verlorne Prinzessinnen wieder gefunden haben / deren erledigung / mit hůlfe des H \chsten / uns nicht saur ankommen sollen / nun wir wissen / wo sie sich befinden. Amosis ward hierůber so vergnügt / daß er diese worte vor freude nicht beantworten konte.

Indem nun also zween liebhabere ihre zufriedenheit zu tage legten / wurde inzwischen der dritte / der Prinz von Hevila / mit dem anschauen seiner Roma /gleich wie von einem blitz überfallen / und kame ihm solches so unvermutet / daß er ganz aus sich selber bliebe / und seine bestürzung allen anwesenden zu erkennen gabe. Und wiewol / diese unversehene gegenwart des Prinzen / bei seiner schönen nichts solches erweckte / so fülete sie demnach bei sich eine große bewegung / als sie denjenigen so pl \tzlich wieder zu sehen bekame / den sie [544] von jugend auf mit so ungemeiner liebe zugethan gewesen / und von deme sie auf so grausame art war getrennet worden. Sie entfunde wol in ihrem herzen / daß Jethur ihr noch eben so lieb wäre / als vordessen / und vergaße auf einmal alles /so er ihr zuwider gethan / als sie ihn zu ihren fůßen ligen sahe.

Ist es můglich / (h \rte sie ihn reden) daß ich die unvergleichliche Roma soll hier finden? Ist es m \glich /(antwortete sie / ihn damit von der erden aufhebend) daß der Prinz von Hevila / eine unglückseelige noch kennet / die schon längst vergessen worden? Weil Jethur durch diesen fürwurf sich getroffen fande / stiegen ihm die tränen häufig in die augen / und wuste er nicht / ob er sich solte schuldig geben oder nicht. Aber die Hermione halfe ihm aus dieser verwirrung /die ihn ümarmend / zu ihm sagte: Sind euch dan eure alte freundinnen so gar aus dem sinn gekommen / daß ihr sie nicht mehr möget in die augen fassen? Jethur /hiermit des Blascons sch \ne tochter erkennend / unterließe nicht / sie zu begrüßen / und ihr sein vergnügen zu bezeugen / daß er sie so unvermutlich angetroffen. Hierauf trate auch die Königin von Salem hinzu / und erinnerte ihn der kentnis / die sie zu Sidon mit ihm gepflogen: da er dan die weiße Eurilinde so fort erkante / und mit verwunderung von ihr vername /daß sie des Melchisedech von Salem gemalin wäre.

Abimelech / dem seine K \nigin alles / wie es mit diesem Prinzen und seiner Roma / wie auch mit dem Tuscus Sicanus beschaffen / entdeckt hatte / erwiese hierob seine freude / den Prinzen von Hevila / den er nun anfinge sehr wert zu halten / so vergnügt zu wissen / und ersuchte ihn / daß er / neben dem Prinzen Suevus / in seiner abwesenheit / bei der belägerung bleiben / und dadurch [545] der gegenwart seiner schönen genießen wolte. Hierauf wandte er sich zu dem Eridanus / und fragte ihn: ob er nicht mit auf seyn wolte /seine schwester die Prinzessin Danede erl \sen zu helfen? Dieser König ware nun gleich hierzu bereit / und muste also seine Delbora ihn wieder von ihr scheiden sehen / da sie ihn kaum einem tag bei sich gehabt. Weil sie aber dessen wol gewonet war / und ihren gemal in seinem beruff zu seyn wuste / als gabe sie sich gutwillig darein / und wünschte seine ehiste rükkunft / auch daß er ihre liebste Danede ihr wieder mit bringen möchte.

Wie nun alles zum aufbruch nach Abela in bereitschaft stunde / wurde Zameis / des Assyrischen Prinzen hofmeister / vor den Abimelech gebracht: welcher sagte / wie daß er / von seines herrn wegen / bei dem dapfern General des Syrischen heers etwas sonderliches anzubringen hätte. Wie nun der Prinz mit ihm auf eine seite getreten / brachte ihm Zameis weitlåufig vor / wie sein herr / neben den beiden schwestern des großen Marsius / und der Hiarbas / zwischen Babel und Syrien frieden zu machen / bemühet wären / auch deshalben Baleus und Hiarbas in Damasco zu kommen / den paß durch das lager begehrten. Der eilfärtige Abimelech / keine ursach findend / ihnen dieses zu versagen / färtigte den Zameis alsofort mit gewůriger antwort ab / und saße hierauf / (sonder jemanden in der eile zu sagen / was des Zameis anbringen gewesen) mit dem König Eridanus / mit dem Amosis / und allen anwesenden Syrischen Fürsten / zu pferde. Also zogen sie / mit einem heer von achttausend auserlesenen Syrern / nach Abela fort: da dan / wie geschwind es auch fortginge / die beide verliebte dannoch über des zuges langsamkeit klagten.

Unterwegs kamen dem Abimelech tausend gedanken [546] in den sinn / die ihm wegen seiner Königin bange machten: unter denen nicht der lezte war / daß er besorgte / weil der Celte Hesion Abela berennet / derselbe möchte / wan etwan sein König Marsius diesen raub der schönen Aramena verübet / ihme / mit ihr davon zu kommen / gelegenheit geben. Bedachte er dan / daß etwan Cimber oder Tuscus Sicanus diese entfürung begangen / (welches er doch nicht gläuben wolte /) so wuste er nicht / wie er sich gegen diesem seinem freund gebärden solte / wan er ihm seine Königin wieder abnåme: und wünschte er öfters / daß doch dieses Königs und der sch \nen Roma vermålung nicht also eine schein-hochzeit gewesen wåre / damit er nun überhoben leben d \rfte / an seinem liebsten freunde seinen mitbuler zu haben.

Nachdem sie anderthalben tag und eine nacht auf diesem weg zugebracht / kamen sie folgenden abends vor Abela: da dan / ungeacht der soldaten müdigkeit /alsofort alles zum stůrmen bereitet wurde. Weil aber dieser ort so dapfren helden / die ihn angriffen / zu widerstehen nicht vermochte / als ginge gegen morgen die stadt über / und fiele alles über die schneide des schwerdes / was sich zur gegenwehr sezte. Als sie hierauf nach dem entfůrten frauenzimmer fragten /musten sie mit h \chster bestürzung vernemen / daß die nicht mehr vorhanden / sondern / so bald man vor die stadt gekommen / wären hinaus gebracht worden. Es fehlte nicht viel / daß Abimelech nicht von sinnen gekommen / wie er dieses vername. Als er aber / ein mehrers hiervon zu erfaren / bei den gefangenen ůmfragte / fande sich endlich einer / dessen ansehnliches wesen anzeigte / wie er mehr / als ein gemeiner mensch seyn müste / massen auch den Abimelech dünkte / daß er ihn ehedessen gesehen håtte. Sage mir / [547] mein freund! (redte er ihn mit sonderlicher leutseligkeit an) weist du nichtes von unsren zweien K \niginnen und Prinzessinnen / die man hieher gebracht? Hat nicht Ardeus / neben dem Arteman und Altadas / sich hier aufgehalten / und diesen raub verübet.

Der Prinz von Gerar / (gabe dieser zur antwort) irret sehr / wan er ihm einbildet / daß allhier die jenigen vorhanden gewesen / die er iezt benennet: massen auser seiner geliebten Prinzessin Cölidiane / die mein herr der Prinz von Hemath entfůret / und der Prinzessin Andagone / wir kein frauenzimmer alhier gesehen. Wie! (rieffe der verliebte Prinz) ist dan die K \nigin von Syrien nicht hier gewesen? Weder sie / (antwortete der andere) noch die benannte manspersonen /haben wir hier gesehen: und so der alte BaalHanan bei dem Prinzen Abimelech noch glauben findet / so wil ich hoffen / man werde diesen meinen bericht nicht in zweifel ziehen. Abimelech erinnerte sich hierauf / wie dieser BaalHanan zu Salem des Bileam hofmeister gewesen / der / nicht allemal mit dem unartigen wesen seines herrn friedlich / sein misfallen darüber öfters bezeuget hatte: daher er / bei seiner damaligen höchsten ungedult / dannoch sich erfreute / daß ihm der himmel diesen menschen in die hånde geliefert hatte / von deme er die warheit zu erfaren hoffen konte. Ach BaalHanan! (sagte er zu ihm) haltet mich nicht lang auf mit eurem bericht / und er \fnet mir bald / was ihr wisset.

Ich wolte mich seelig achten / (antwortete BaalHanan) wan durch den bericht / den ich dem Prinzen von seiner Cölidiane thun kan / ich zugleich das mittel könte weisen / sie aus meines herrn händen zu erretten / der iezt diese tugendhafte Prinzessin / mit der gr \sten lift von der welt / in seine gewalt hat bekommen. Wir waren [548] zu Hemath / alda sich mein herr eine geraume zeit aufgehalten / als wir die nachricht erhielten / daß die sch \ne Prinzessin von Caphtor im lande Cus sich befånde / dahin sie der Prinz Eridanus aus Damasco gefüret hatte. Die nie-erloschene liebe des Bileam / schöpfte aus dieser zeitung keine geringe erquickung: massen es ihm eine freude war / seinen mitbuler gequält zu sehen / da er ihm leicht einbilden kunte / wie der Prinz von Gerar sich ängstigen würde / wan er seine geliebte Prinzessin in der Cussiten gewalt wissen müste. Und da ihme bisher nur die gelegenheit / niemals aber der wille gemangelt / mit gutem oder bösem willen sich der Prinzessin Cölidiane zu bemächtigen / kame ihm nun von neuem in den sin / gleichwie er ehmals in Bactra sie entfüret / also auch iezt es noch einmal zu wagen / und sein heil im Königreich Cus an ihr zu versuchen. Hierbei musten nun allerhand ränke das båste thun: massen wir zu Hemath uns nicht in dem stand befanden / uns öffentlich an die Cussiten zu reiben.

Ich must nun mit fort / ungeacht alles meines einredens und abmanens / und kamen wir unbekant in Naphis an / da wir unsre herberg namen bei einem / namens Tabrinnon / der eine Medin namens Sephra gsheuratet / die wir vordem auf unsren reisen nach Bactra wol gekant hatten / und die uns allemal sehr viel gutes erwiesen. Weil bei ihr geschenke und gaben viel verrichten / als wurde sie bald des Bileams leibeigne / und bote sich an / ihme zu verhelfen / daß er die Cölidiane davon bringen könte. Sie ginge viel bei der Prinzessin Danede ab und zu / mit deren die C \lidiane in großer vertreulichkeit lebte: daher sie nicht fůr unmůglich hielte / durch hůlfe des Tabrinnon /ihres mannes / dem Bileam wol zu dienen / als welcher bei hof sich sehr viel vermochte / [549] und ein gut teil von dem heer auf seiner seite hatte. Wie aber der anschlag zu dieser entfůrung nun fäst gestellet war / und gleich iezt erfüllet werden solte / sponne die große unruhe sich an / durch welche alles in Cus über einen haufen gegangen: und weil sie selber / gnädiger Prinz! dabei gewesen / und daher wissen / was damals vorgelaufen / als können sie leicht erachten / wie des Bileams anschlag und fürhaben rückgångig geworden.

Ich wil hier nicht erzehlen / was dieses fůr unmut und verzweifelung in seinen gedanken erwecket / da er meinen gnädigen Prinzen / als seinen glůcklichen mitbuler / so vorteilhaft bei der Prinzessin eingeschrieben sahe. Ich wil auch nicht sagen / wie nahe es ihm gegangen / daß sie ihrem lieben Abimelech / mit verachtung des lebens / so ungemeine liebeszeichen erzeiget. Ich wil aber / ům die gedult meines Prinzen nicht zu misbrauchen / nur dieses sagen / daß / wie die Prinzessin Cölidiane mit der Danede hieher nach Syrien / unter andern auch von dem Hezrai begleitet /gesandt worden / der von dem Bileam erkaufte Tabrinnon auch mit ginge / und mit beirat seiner frauen zu verschiedenen malen bemühet war / uns / die wir unbekant immer mit-reiseten / die unschuldige Cölidiane unterwegs in die hände zu liefern: welches doch / durch tausend hinterungen / allemal vermieden bliebe / und muste Bileam zu Aroer / alwo wir uns immer heimlich aufhielten / von einem tag zum andern harren / bis Tabrinnon und Sephra ihr versprechen würden halten köñen. Oefters redte ich ihm zu / von solchem unfruchtbaren beginnen abzustehen: zumal er ja nicht glücklicher mit der C \lidiane / als ohne sie /seyn würde. Es wolte aber alles nicht verfangen / und tröstete ihn das beispiel der Prinzessin Delbora von Cus: [550] die auch sich bequemen můssen / den Eridanus /unangesehen sie den Nebajoth liebte / zu ehlichen / so auch wol abgelaufen wåre.

Weil nun im lager die Sephra stäts üm die Prinzessin war / als vertraute ihr dieselbe / nun ungefär vor sechs oder sieben tagẽ / (doch die ursach / so sie dazu triebe / verschweigend) wie sie gewillet wäre / heimlich ins land Caphtor nach Mazaca zu reisen / und bate sie / ihr dazu behülflich zu seyn. Die Sephra befande solches recht gewünscht für meinen herrn / und tåte es uns gleich nach Aroer zu wissen / mit benennung des tags / da wir auflauren solten. Bileam / voll unbeschreiblicher freude / ermanglete nicht / diesen handel aufs klüglichste anzustellen. Etliche von des Tabrinnons Cussiten begleiteten nun die Prinzessin /die ganz heimlich bei nacht aus dem lager sich hinweg gemacht. Wie nun derẽ fürer / der Cussite Mebunai / dieselbe unter Aroer uns auslieferte / wurde sie von tödlicher angst überfallen / sich in dessen hånden sehend / den sie mehr als den tod hassete. Des Mebunai frau / wie auch die andern weiber / so ům sie waren / fanden gnug mit ihr zu thun / sie lebendig fortzubringen: massen sie ohndas von einer uns-unbekanten betrůbnis angefochten wurde / also daß kein schmerzlichers leiden / als daß ihrige / könte beschrieben werden. Weil aber alles dieses den Bileam nicht zu bewegen vermochte / daß er sie håtte von sich gelassen / als muste diese trostlose mit uns fort /und an stat nach Caphtor den weg zu nemen / mit uns auf Hemath zu reisen.

Wir stießen aber / unfern von Abela / auf ein grosses kriegsheer: vor deme wir uns erstlich in den weinbergen versteckten / aber / weit wir daselbst nicht verborgen blieben / in Abela entweichen musten. Diese stadt / [551] so ehmals nach Hemath gehöret / \fnete dem Bileam willigst die tore / und name uns in ihren schutz / wiewol mit mehr treuherzigkeit als verstand: massen diese blinde leute ihren mauren zuviel zutraneten / und ihre kräfte weit långer gemessen / als sie sich erstrecket; und erweisen sie nun mit ihrer kläglichen niederlage / was des blinden pöbels hartnäckigkeit für früchte bringet. Wir fanden aber allhier die Prinzessin Andagone von Gerar: das dan der betrůbten C \lidiane nicht wenig trost gabe / in diesem ihren elend eine so nahe anverwandtin zu sehen. Sie sprache auch dieselbe diese nacht mit auf / als Bileam sie nötigte / ihm zu folgen: und hat Andagone / die Cölidiane nicht zu verlassen / lieber als eine gefangene des Bileams mit fortreisen / als ohn die C \lidiane frei bleiben wollen. Ein bürger in Abela halfe dem Bileam zu dieser flucht / den er / wiewol die stadt / noch vor des Prinzen von Gerar ankunft / von einigen völkern schon berennt und ümschlossen war / durch die morastige örter an der einen seite der stadt / und über den Libanon / ganz sicher hinweg brachte. Weil ich bei der eilfärtigen abreise mich verweilet / indem ich allhier mit den hinterbleibenden leuten meines herrn noch ein- und anders zu schaffen hatte / als bin ich nun der gefangenen einer: danke aber dafür dem himmel / weil ich hiedurch gelegenheit erlanget / der unvergleichlichen Cölidiane zu dienen / und / wo můglich / darzu zu helfen / daß diese tugendhafte Prinzessin möge wieder befreiet werden.

Als BaalHanan hiermit seine erzehlung geendet /befande sich der Prinz sehr unschlüßig / ob er wieder ümkehren / oder zuvor die Cölidiane zu erretten sich bemühen solte? Doch zoge ihn endlich die Königin von Syrien nach sich / sie ferner zu suchen. Gleichwol hierneben auch der Prinzessin von Caphtor beizuspringen / [552] ließe er aller orten dem Bileam nachjagen /sonderlich auf den straffen / die BaalHanan benennte. Inzwischen aber stunde er die grausamste marter aus /die iemals ein verliebter mag entfunden haben. Er wuste nun so wenig / als anfangs / wohin er sich wenden solte / und sahe seinen zustand elender / als vorher / da er noch hoffnung hatte / allhier seine verlorne wieder zu finden. Der König Eridanus war / bei solcher beschaffenheit / sehr bemühet / sowol diesem helden / als dem trostlosen Prinzen Amosis / einen muht einzusprechen. Wie aber / von ihnen und den anwesenden Syrischen Fürsten / alle umstände der entfürung dieser k \niglichen personen recht erwogen worden / fiele ihrer aller einhällige meinung dahinaus / daß sie Ardeus in Damasco můste gebracht haben. Daher beschlosse Abimelech / ohne seumnis Damasco zu stürmen.

Dieser verzweifelte Prinz / vermochte nun zu Abela nit länger zu bleiben. Demnach truge er dem Nahor auf / nach der Cölidiane ferner fleißige kundschaft anzustellen. Den Mitreus aber schickte er / in begleitung BaalHanans / nach Hemath / selbigem reiche den krieg anzukůndigen / wofern man die Prinzessin C \lidiane nicht alsobald wieder auf freien fus stellen wůrde. Weil er die mitgebrachte achttausend Assyrier wegen müdigkeit / nicht mit sich nemen konte / ließe er dieselben unter dem befehl des Nahors stehen / und musten ihm hingegen die zehentausend man folgen /welche der Hezrai von Celten / Syrern und Cussiten zusammen gebracht hatte: mit denen er folgends sein heer üm ein merkliches verstärket. Weil sie nacht und tag fort eileten / als konten sie / den andern nachmittag nach ihrem aufbruch von Abela / das feldlager wieder erreichen. Daselbst nun verursachte ihr leeres wiederkommen eine neue algemeine [553] betrübnis: weil jederman so gewiß verhoffete / daß sie dißmal ihre K \nigin wieder sehen würden.

Es waren aber / an deren stat / die beide dapfere schwestern des K \nigs von Basan / die Mirina und Hercinde / unversehens im lager angekommen: welche Abimelech / gleich nach seiner ankunft / zu besuchen keinen ümgang nemen kunte. Er fande bei der K \nigin von Elassar / neben ihrer fürtreflichen schwester /alle edle Celten und Teutsche / auser dem einigen Suevus / versamlet / und hatte niemand nötig / nach seiner verrichtung zufragen / weil sein betrübtes wesen ihnen gnugsam ankündigte / daß er vergeblich zu Abela gewesen wäre. Doch machte ihn solches nicht der ehrerbietung gegen dem frauenzimmer vergessen: massen er die beide heldinnen mit großer höflichkeit bewilkomte / und seine erkentlichkeit zu tag legte / üm daß diese durchleuchtige Fürstinnen / wie er hoffe / gleich ihrem bruder dem K \nig von Basan /die Syrische seite zu halten angekommen wären. Sie antworteten ihme mit gleicher h \flichkeit / und beklagten dabei zum höchsten / daß die Königin von Syrien / ům deren willen sie meist angekommen /nicht vorhanden ware: welche erinnerung dem armen Prinzen viel seufzen auspressete / und damit seine häftige betrübnis genugsam zu vorschein brachte.

Er konte aber die sch \nheit der Hercinde nicht gnug betrachten / noch begreifen / warům sein Cimber dieselbe zu lieben / sobald aufgeh \ret / massen er sie /noch vor wenig monden / in Damasco als verliebte beisammen gesehen hatte. Es ware ihm unwissend /was die Roma seiner Königin erzehlet / welcher gestalt die Valentia ihren sohn / den Tuscus Sicanus /überredet hatte / daß er der Hercinde bruder wåre: sonst wůrde er / gleich wie seine Königin / leicht die ursach gefunden [554] haben / die den Cimber (welchen sie beide für diesen König der Aborigener hielten /) bewogen / seine liebe von der sch \nen Hercinde / als seiner schwester / abzuwenden. Mir zur plage / (sagte Abimelech bei sich selbst) muß Cimber weder von der Roma / noch der Hercinde / schönheit gefässelt bleiben / damit ich nur die marter anstehen müße /meine Aramena nicht ohn einen mitbuler zu lieben. Diese gedanken vermehrten nicht wenig sein leiden. Gleichwie er aber nicht fähig war / an andere dinge /als nur auf seinen betrübten zustand / zu gedenken /als erkundigte er sich nicht sonderlich nach der eigentlichen ursache / die diese beide schwestern ins lager gebracht hatte / sondern eilete / sobald er nur kunte / wieder von ihnen hinweg: üm mit seinen kriegsbedienten abzureden / welcher massen sie es mit dem vorhabenden sturm anstellen wolten. Weil Mirina / vor des Prinzen ankunft / das lager zu besehen / gewillet gewesen / als machte sie solches nun werkstellig / und ward sie vom Gaisus aller orten ümher gefůret.

Die betrübte Hercinde bliebe mitlerweile allein /und überlegte mit ihrer getreuen Marpeis / ihren gegenwärtigen zustand. Ach! (sagte sie zu ihr) es ist bereits der dritte tag / seit daß Baleus sich in Damasco befindet / und / gegen unsrer abrede / uns nichtes von seinem zustand wissen lässet. Was kan ich andres hieraus schließen / als daß er entweder meiner vergessen habe / oder zu unglück gekommen sei. Das lezte ist nicht so leicht zu vermuten / als wie das erste: massen ich mich noch wol erinnere / wie sich Baleus angestellet / als er erfahren / daß die Königin von Ninive nicht seine schwester / sondern für die Syrische Aramena wäre erkant worden; es folgte eine entfärbung auf die andere / und bliebe er so aus sich selber /daß ich zu verschiedenen malen [555] ihn angeredet / sonder einige antwort zu bekommen. Ach Marpeis! die Aramenen sind fůr mich gefärlich. Und weil ich weiß / daß den Prinzen nie etwas anders / als sein glaube /und die einbildung / daß er ihr bruder sei / diese schöne K \nigin zu lieben / abgehalten / als sorge ich billig / das nun diese Aramena / mit deren er Syrien beim haus Babel erhalten kan / über die arme Hercinde siegen werde.

Keine liebe (antwortete hierauf Marpeis) ist iemals sonder eiversucht: darům auch meine Prinzessin solche entfindet / weil sie den Prinzen von Assyrien liebet. Gleichwie aber meist die einbildung eine mutter der eiversucht ist / also hoffe ich / daß nur sie in der großen Hercinde gemůte diese unruh ietzund gebäre. Es ist so unmüglich / daß der Prinz von Assyrien /was er meiner Prinzessin schůldig / vergessen solte /daß er eher zu leben / als sie zu lieben / aufhören wird. Die ursach aber / die diese bestürzung / in erfarung von der K \nigin von Ninive wahrer ankunft / bei dem Prinzen erwecket / kan leichtlich erraten werden; dan selbige ist nichts anders / als der verlust des Syrischen reiches: massen ein Monarch nicht sonder bewegung vernemen kan / daß er ein so großes K \nigreich / wie dieses ist / verlieren sol. Warüm bekomme ich dan keine post? (fragte Hercinde) und was ist die ursach / daß Baleus mir von seiner verrichtung nichts vermeldet? Wie viel tausend hinternisen (antwortete Marpeis) k \nnen solchen verzug verursachen? Wer weiß auch / wie der Prinz von Assyrien den König von Babel gefunden / und was ihme sonst in Damasco mag zugestoßen seyn? Deine liebe zu dem Zameis /(versezte Hercinde /) machet dich so gut Assyrisch /und heiset dich / wan du denselben treu befindest /auch also von dem Baleus urteilen.

[556] Indem die schöne Hercinde dieses sagte / trate Suevus zu ihr in das gezelt: der die zeit / da die Königin Mirina ausgeritten / in acht genommen / und nun / da er ihre schwester allein wuste / dieselbe besuchen wollen. Weil dieser Prinz die Hercinde hoch verehrte /und wie sein kind liebte / als pflage er sich auch / wie ein vatter / üm alle ihre angelegenheiten anzunemen: er ward auch hinwider von ihr / wie von einer wahren tochter / geliebet / und hatte sie / in Basan / ihm nichtes von allen ihren anligen verhelet; massen sie auch nun keine scheu truge / ihn aller ihrer gedanken teilhaftig zu machen. Wie / meine schöne Prinzessin! (redte er sie an) muß man dan stäts in solcher bekůmmernis leben? Wie schicket sich diese einsamkeit allhier zum kriege? oder ist solche etwan dem heroischen geist der Hercinde gew \nlich? Ach mein vatter! (antwortete sie ihm) die ehmalige Hercinde ist in Celten geblieben / und was ihr nun noch an ihr sehet /das zeiget euch alle das schwächliche / so sie vordem so freimütig zu überwinden wuste. Meine Prinzessin (sagte Suevus) urteile nicht also von einer wol-zuläßigen neigung / die uns der himmel eingibet / üm der ordnung nachzuleben / die in seinem unwandelbaren ratschluß ist gemacht worden. Eine keusche liebe zeiget keine schwacheit an / deren ja die gr \ste helden unterworfen sind. Und da die große Hercinde / durch des Tuiscons ehmaligen ausspruch / zur mutter des künftigen Assyrischen stammes benamet worden / so wird zweifelsfrei diese andere Semiramis der welt weisen / daß der Trebeta ihr stamvatter gewesen / und daß ein Celte sie gezeugt habe.

Ach Suevus! (widerredte sie) woher wisset ihr /daß des Tuiscons worte also müßen gedeutet werden /und daß mich Assyrien sol seine K \nigin sehen? Vermeinet [557] ihr nicht / daß diese schöne Aramena von Syrien / zur marter unseres ganzen hauses / noch werde dienen müßen? Suevus / der aus diesen reden wol abname / daß Hercinde des Assyrischen Prinzen wankelmůtigkeit besorgte redte ihr solches aus dem sinn /und sagte ferner seufzend: Diese sch \ne Syrerin /dörfte meine Prinzessin eher eines brudern / als eines liebhabers / verlustig machen / wan der Teutates so ein großes unglück nicht verhütet. Wo ist dan nun mein bruder? fragte hierauf die Hercinde. Er ist / (antwortete der Suevus) mit dem Tuscus Sicanus / nach Basan gereiset: weil diese beide unglückselige liebhabere nicht länger an dem ort verbleiben wolten / da ihnen stäts ihre qual vor augen schwebte. Vieleicht (sagte Hercinde) kan die abwesenheit sie an ihrer krankheit heilen: doch ist die nicht allemal so bewärt /ein solches auszurichten. Diesen trost müßen hierbei wir Celten zum wenigsten haben: (antwortete Suevus /) und wan nur erstlich die heurat alhier seine hoffnung getilget / so zweifle ich nicht / es soll endlich die vergessenheit auch seine liebe verzehren.

Aber / große Prinzessin! (fuhre er fort zu reden) darf ich dan nicht ümständlich wissen / wie es eigentlich / so wol mit endung des Babylonischen kriegs /als mit ihrer herüberkunft / zugegangen? und was befehlen sie / daß man hiervon an den K \nig nach Basan berichte / der täglich von allem / was hier sich begibet / post zu haben verlanget? Eure erinnerung ist billig / mein vatter / (antwortete sie) auch nötiger / als ihr wol vermeinet: weswegen ich ganz bereit bin /euch hierin alsofort zu vergnůgen. Wie nun die Prinzessin dem Suevus einen stul setzen lassen / erzehlte sie / was er verlanget / und vername er also den.

Verfolg der geschickte - der Königin Mirina und der Prinzessin Hercinde
[558] Verfolg der geschickte / der Königin Mirina und der Prinzessin Hercinde.

Es gehet nun ongefär in den vierten mond / daß ich nach Basan kame: und könnet ihr selber zeugen / wie verbittert ich über den Prinzen von Assyrien gewesen / daß der / auf des Rames schloß / sich so vorteilhaftig für die damalige jungfrau der Königin von Ninive /in meiner gegenwart / erklären dorfte. Ich triebe auch deshalben / meinem ersten fůrnemen gemäs / das mich aus Elassar gebracht hatte / so eifrig an der kriegsrüstung wider Assyrien / daß ich schon in zehntausend Celten / die meiner schwester solten zugefüret werden / völlig in bereitschaft hatte. Es kamen aber schreiben von der Königin zu Ninive / und von dem König /meinem bruder: die nicht allein den Baleus in allem entschüldigten / massen er in beigefügten reimen selbst mit gethan hatte / sondern auch mir befohlen /diese Prinzen liebe anzunemen / und damit des Tuiscons profezeiung zu erfůllen. Ein so angenemer befehl / der mir von meinem König kame / neben der h \flichen fürbitte der schönen Ninivitin / und der entschüldigung des Prinzen / konten keine andere wirkung bei mir haben / als wie sie es verlangt hatten.

Ich zoge nun zwar mit meinem heer fort / nicht aber in meinung / Assyrien zu bekriegen / sondern zwischen meiner erzürnten schwester und dem Prinzen Baleus frieden zu machen. Weil ihr meine schwachheit wisset / darf ich euch nicht beschreiben / was ich alles auf diesem weg in mir entfunden / und wie Marpeis keinen tag vorbeigehen lassen / darin sie nicht des Baleus wort bei mir gehalten hatte: wozu ihr dan der Königin von [559] Ninive schreiben måchtig zu statten kame / mit der erwehnung / daß sie den Prinzen Baleus nie verliebter noch betrübter gesehen hätte, und wie ganz Assyrien mir die erhaltung ihres einigen Prinzen wůrde zu danken haben. Hiermit wurde nun diese reise zugebracht / bis daß wir Elassar erreichten: da ich die K \nigin meine schwester /und ihr land in vollen waffen / fande. Es hatten teils ihrer völker sich schon an die Babylonische gränze gezogen / und warteten nur auf unsere nachfolge / üm einen einfall in Assyrien zu thun.

Meine ankunft erweckte anfänglich nicht geringe freude / wie man mich noch ja so verbittert / als wie die Mirina war / gegen den Baleus ansahe. Als ich aber meiner schwester dieses Prinzen unschuld zu entdecken begunte / und daß mein name Assur / den ich fůrete / alles dieses angerichtet håtte / auch wie ihre jungfrau Simede / neben meiner Marpeis / mich dem Baleus in der Mirina armen ligend bei nacht gezeiget: erbosete die K \nigin dermassen gegen die arme Simede / daß / ungeacht aller ihrer treuen dienste / und meiner inständigen vorbitte / sie vor ihre augen nicht mehr kommen / sondern den hof verlassen muste. Sie bliebe auch ja so verbittert gegen dem Baleus / als sie zuvor gewesen / und beharrete auf ihrem fürhaben /seinet wegen wider Assyrien den krieg anzufahen: massen sie ihme das nicht wolte zu gut halten / daß er / was er ihm ůbels von ihr eingebildet / also kund gemacht hatte. Ich wuste bei solcher beschaffenheit nicht / wie ich mich bezeigen solte: dan ich mit meinen zehntausend Celten mich zu schwach befande /der macht von Elassar zu widerstehen. Demnach hielte ich es fůr rätlicher / gemach zu thun / als durch unzeitigen eifer alles zu verderben.

Der hi el schickte aber eine sehr gewünschte gelegenheit / [560] die mir wol zu statten kame / und die ich auch heimlich stark befördern halfe / ům hinternis in diesen feldzug zu bringen. Es hatten die gesamte stånde in Elassar / lang vor meiner hinkunft / bei der Mirina inständig angehalten / daß sie sich verheuraten /und also dem reich beatändige ruhe verschaffen wolte: welches sie nun / da die Königin diesen feldzug vor-hatte / so eifrig trieben / daß sie für einen man zusammen traten / und sich verbanden / die Königin nicht ziehen zu lassen / bis sie sich zu heuraten erklärte. Die fürneme geschlechte in Elassar / trachteten alle nach dieser hohen würde / und war ihre meinung / daß der erwehlte K \nig im lande bleiben solte / mitlerweile Mirina in Assyrien den krieg füren wůrde. Weil das ganze kriegsheer auf der stånde seite war / und ich sie heimlich / wie gesagt / dapfer auffrischen halfe: als sahe sich Mirina endlich gen \tigt / ihren ständen eine gewůrige antwort zu geben. Es war aber ihr ernst nicht / und hatte sie eine blutige list ausgesonnen /hiervon abzukommen. Sie sagte / wie daß sie den jenigen / der den drachen / welcher eine geraume zeit am fluß Euleus sich sehen lassen / und grossen schaden im lande gethan hatte / erlegen wůrde / fůr ihrem gemal und zum K \nig in Elassar annemen und erklären wolte; üm einen alten ausspruch dadurch zu erfüllen / von dem sie in Elassar viel sagten / und den ihre g \ttin Atergatis ehmals sol gegeben haben / welcher also lautet:


Wan einst ein frömdes tier das land wird sehr verheeren /

so wird / Elassar! erst dein stolzes glück angehn.

Den würger dieses tiers wirst du als König ehren;

und er wird seine lieb alsdan belohnet sehn.


Was håtte Mirina scheinbarers / als eben dieses /ihren ständen vorbringen k \nnen? welches / so tyrannisch es [561] war / dannoch von keinem konte getadelt werden. Das fr \mde tier war nun vorhanden / und das land wolte auch einen König haben. Also kame alles der Mirina sehr wol zu statten: und würden die von Elassar / wan sie so eine erklärung hätten vermuten k \nnen / nicht so sehr darnach gerungen haben. Wie aber dieses volk eines von den ůbermütigsten unter der sonne ist / als verbargen sie die innerliche furcht /vor diesem grausamen tier / und zweifelten nicht / daß verschiedene Fürsten sich anfinden würden / der Atergatis ausspruch zu erfüllen / und mit dem drachen zu streiten. Dieser handel erweckte nun ein grosses geschälle durch ganz Elassar / und wurden alle tempel fleissiger als sonst besuchet: da alles volk ihre götter inständig anrieffe / daß der båste und würdigste / mit dapferkeit ausgerüstet / sich hierzu erklären / und den sieg davon tragen möchte. Mirina selber muste / wie sehr sie auch nach Assyrien verlangte / diesem großen werk in person mit beizuwonen / des hierzu angesezten tags erwarten.

Indem nun / unter den ben \tigten zurüstungen / etliche wochen verstrichen / kame inzwischen / das gerüchte hiervon / auch dem verliebten Hiarbas nach Ophir zu ohren: welcher ungeacht er das leztemal von der Mirina sehr ůbel abgewiesen worden / dannoch gegen ihr in beständiger liebe verharret. Er hatte seine heimliche kundschafter hinterlassen / die ihm nach Ophir alles berichteten / was in Elassar vorginge. Sobald nun dieser gehöret / daß durch ůberwindung des drachen seine Mirina zu erlangen wåre / bedachte er sich keinen augenblick / und fassete gleich die entschließung / unbekant nach Elassar zu gehen / und für einen kämpfer sich anzumelden. Er hatte aber einen schweren krieg auf dem halfe / mit dem Prinzen Armizar / der ihm die Kron von Ophir bestritte / [562] welche Hiarbas / nach des Jaziz tode / als ernanter erbe aufgesetzet hatte. Es stunden auch seine sachen eben nicht zum bästen / weil alles volk dem Armizar / als ihrem angebornen Prinzen / begunte zuzulaufen / und des Hiarbas seite verließe. Wiewol nun / üm des willen / seine dapfere gegenwart daselbst vonn \ten war /so sezte er doch alles hintan / üm seine liebe zu vergnügen.

Er kame an den ort / wo dieser kampf geschehen solte / eben den tag als wir und das ganze Elassar alda versamlet waren. Ich muß euch aber / mein vatter! zuvor diesen ort beschreiben / da der drache sich aufhielte / üm mich in meiner erzehlung vernemlicher zu machen. Es machet der fluß Euleus eine halbe Insel / ungefär auf ein viertel wegs groß / die auf der einen seite an dem erschrecklichen gebirge hänget /welches Ophir von Elassar unterscheidet: und ware dieses fr \mde tier / aus den hölen daselbst / etwan vor dreien monden am ersten hervor gekommen. Dieses ungeheur pflegte den ab- und zufluß des stroms / der sich mit dem mond vermehret und vermindert / in acht zu nemen / und allemal auf das land zu gehen / wan das wasser klein wurde: da es dan alles ůmher verheerte / und folgends / wan der strom wieder anliefe /sich zurůck in seine vestung begabe. Weil nun solches mit großem schaden der anwoner geschehen / als ware jederman furchtsam / sich vor diesem greulichen tier sehen zu lassen: zu geschweigen / daß iemand sich an dasselbe hätte reiben sollen.

Man hatte nun eine zeit benennet / da das wasser alle ufer anfüllte / und eine erhabene schaubůne an dem strand des Euleus für uns aufgerichtet: die aber /so kämpfen wolten / solten aus schiffen in die Insel fahren / und entweder zu dem tier in seine höle hinein gehen / [563] oder es auf den vördern platz der Insel heraus locken. Die K \nigin hatte hierbei bedungen / daß die kämpfer nur einen tag / üm solchen preis / solten zugelassen werden. Es ware fast das ganze Elassar daselbst versamlet / welche meistenteils in ihrem herzen die grausamkeit der Königin tadelten: doch hatte diese handlung / wegen des ausspruchs der Atergatis /einen solchen schein / daß niemand darwider reden dorfte. Mirina hielte auch nicht für möglich / daß iemand sich finden solte / der an dis ungeheur sich wagen dörfte: daher sie so frei sich selber zum preis des gewinns aufgesetzet.

Hiarbas / der unbekant sich herzu gemacht / besorgte / seine noch unsichtbare mitbulere möchten /ehe es an ihnkäme / das glück erlangen und den sieg davon tragen. Demnach erwartete er nicht / bis das zeichen solte gegeben werden / sondern eilete / weil iedem überzufaren erlaubt war / auf seinem bestellten schiffe unversehens gegen der Insel. Seine ansehnliche gestalt / neben seinem freien wesen / erweckte ihm gleich bei dem ganzen volk eine wolneigung / aus welcher dan ein großes erbarmen entsprunge / und die furcht / das dieser küne held in so gefårlichem streite unterligen m \chte. Indem er nun an der Insul ausstiege / sahe ich meine schwester an / und fragte: Ob sie nicht betaurete / daß ein so ansehnlicher ritter ihrentwegen so jämmerlich sein leben verlieren solte? Sie beantwortete dieses gar kaltsinnig / und sagte: Es sei solches seine eigne schuld und sein freier wille / und hätte sie darüm sich dahin erklåret / weil sie nicht geglaubet / daß iemand so nårrisch seyn wůrde / sich eines solchen zu unterfangen. Indem sie aber / wer dieser seyn möchte / sich begierig erwiese / und niemand sie berichten kunte / sahen wir das ungeheur /aus seiner höle hervor [564] [566]wischen: welches allen / auser dem einigen Hiarbas / ein schrecken einjagte. Das geschrei des volks machte das tier noch hitziger / das dan sofort auf den Hiarbas los-eilete: welcher dessen standhaft erwartete / und also einen verwundersamen kampf mit diesem drachen anfinge. Wie nun Mirina solches ersahe / begunte ihr allmählich die bis dahin erwiesene kaltsinnigkeit zu vergehen / und stellte sie sich sehr besorgt an / wan es zuweilen schiene / daß der brache obsiegẽ wolte. Es wärete dieser wunderkampf über eine stunde / der sie auch beide so müd machte / daß sie zu verschiedenen malen voneinander abließen / und luft schöpften. Das mitleidige volk begehrte / man solte diesem dapfren kämpfer zu hülfe kommen: aber viele von den anwesenden Fürsten widersprachen solches / weil der K \nigin schluß also lautete / daß einer allein das tier bekämpfen muste. Es waren aber eines ieden gedanken / wan dieser frömde / der nun ganz ermüdet schiene / unterligen würde / so wolte er sich hernach zum kämpfer einstellen / und alsdan mit leichterer mühe den sieg davon tragen. Aber es kame anderst / indem der drache / von allen seiten verwundet vor dem unbekanten ritter zu fliehen begunte. Als er in seiner hölen rettung suchen wolte /stellte sich Hiarbas vor den eingang / und ängstete ihn dermassen / daß er in den strom sprunge / und den weg nach uns herüber schwumme.

Niemand hatte vermutet / daß dieses tier schwimmen kunte / weil es sich nie ins wasser gewaget. Der schrecken wurde so groß / daß iederman sich auf die flucht begabe. Mirina und ich / blieben allein auf unsren stellen / und machten unsere b \gen färtig / die wir zu füren pflegten / üm den drachen damit zu entfangen. Aber der Hiarbas wolte uns diesen sieg nicht gönnen / sondern sezte / mit unser aller bestürzung /dem drachen in das [566] wütende wasser nach: und machte die liebe / neben der furcht / daß das tier seine Mirina beschädigen möchte / ihn so mutig / daß er die starken wellen ja so wenig als zuvor die giftige klauen des drachen scheuete. Er würde aber schwerlich dem tod entkommen seyn / wan nicht sein getreuer waffenträger ihm eiligst sein schiff nachgefüret / und also /zugleich mit dem tier / ihn an das ufer gebracht hätte. Mitlerweile nun ganz Elassar flohe / vollendete dieser dapfere held seinen sieg / erlegte das ungeheur / unfern von unsrer schau-büne / schluge ihm das haubt ab / und kame damit vor die Mirina: deren er solches zu füßen legte / aber damit / wegen viel vergossenen blutes / selbst onmächtig vor ihr niedersanke.

Man risse ihm gleich den helm vom gesichte / und ward er also für den König Hiarbas erkennet. Alle vorige bestürzung ware mit dieser nicht zu vergleichen /die hierüber bei allen anwesenden entstunde. Mirina selbst wuste solches nicht zu bergen / und sahe man wol / daß ihr dieser sieg lieber von dem Hiarbas / als sonst von jemanden / wäre. Man sorgte nun gleich für seine wunden / und ward er / als man ihn wieder erquicket / vor die ärzte gebracht: die zu unaussprechlicher freude des volks beteureten / daß keine von seinen wunden t \dlich oder gefärlich wäre. Ganz Elassar sahe ihn nun an / als seinen König / und feirete ich nicht / der Mirina so eifrig / als wie ihre stände / zuzureden / daß sie doch gutwillig sich dazu verstehen wolte / worzu sie nun von rechtswegen verbunden ware. Demnach entzoge sie sich nicht / den verliebten Hiarbas zu besuchen: da sie dan / durch die hofnung /die sie ihm gabe / sein gemüte dergestalt erquickte /daß sein leib dessen mit zu genießen hatte / und er also in weniger zeit wieder zu völligen kräften gelangte. Der ungehorsam / welchen Hiarbas ehmals seiner Mirina [567] erwiese / indem er euch mein vatter /wie auch den König Jaziz / ihrer wütenden rache aufzuopfern / sich geweigert / war nun hierdurch gänzlich ersetzet: und lebte er nun / als der glůckseligste /in seiner liebe.

Aber diese seine ruhe ward ihm verstöret / durch die widrige zeitung aus Ophir / daß Armizar aller orten obgesieget / und nicht allein Havila / die k \nigliche haubtstadt / eingenommen / und die seinigen, so ihm noch angehangen / in die flucht geschlagen / sondern auch bereits die königliche Kron aufgesezt hätte. Der verlust dieses großen reichs / schmerzte ihn nicht so sehr fůr seine eigne person / als wegen der Mirina: massen sein tugendhaftes gemüt ihm wol sagte / daß er doch dem Armizar das reich Ophir mit unrecht wůrde vorenthalten haben. Er beklagte nur / daß er nicht seiner Königin / gleichwie sie ihm / eine kron zubringen solte: wiewol solches bei ihr die liebe gegen ihm nicht verminderte / und tröstete sie ihn damit / daß er den Ophirischen verlust an Assyrien hinwieder könte ersezt bekommen / wan er selbiges reich ihr wolte bekriegen helfen. Hierzu erklärte er sich willigst / weil nun / in allen dingen der Mirina zu fugen / und / durch verweigerung / nicht zum dritten mal ihre ungunst auf sich zu laden / seine höchste angelegenheit ware.

Solcher gestalt vermochte ich nicht länger zu hintern / daß der zug nach Assyrien nicht fortgegangen wäre. Es kame zwar Zameis von dem Assyrischen Prinzen nach Susa / und entschüldigte auf das beweglichste / was sein herr ihr hatte zuwider gethan. Aber diese demůtigung wolte auch nichts verfangen / und steifte sie sich auf dem einmal gefassten schluß /durch verheerung des Babylonischẽ reichs / an dem Baleus sich zu råchen. Bei dieser beschaffenheit /wuste nun Zameis nicht / wie [568] er es mit mir hatte / ob auch ich ůber den Baleus noch unwillig wäre / oder nicht? dan weil ich auf die von Damasco entfangene schreiben nicht geantwortet / als ware ihm nicht bekant / daß ich des Prinzen entschüldigung bei mir hatte statt finden lassen / bis Marpeis ihme davon er \fnung täte: wordurch er bekünet wurde / bei mir geheimes gehör zu suchen / üm selbst von mir zu vernemen / wie seines herrn sachen stünden. Die versicherung meiner wolgewogenheit / erfreute den getreuen Zameis dermassen / daß er fast nicht mehr beachtete /was zornzeichen Mirina für seinen herrn und dessen lande blicken ließe. Er eilete mit dieser versicherung von mir hinweg / daß ich / auf zuschreiben der Königin von Ninive / auch auf gutbefinden meines bruders des Königs von Basan / dem Prinzen von Assyrien bei allen begebenheiten wolte zu erkennen geben /wie mir seine liebe nicht entgegen wäre. Hierneben ließe ich ihm sagen / daß er nichts widriges von mir gedenken solte / wan ich gleich mit der Mirina den zug nach Assyrien täte: massen ich / nicht als eine feindin / sondern / wo möglich / frieden zu machen /kommen wůrde / und das noch endlich über der Mirina gemüte zu erlangen hoffete / was mir bisher nicht gelingen wollen.

Wie nun Zameis hinweg war / ginge unser zug nach Assyrien fort / und redte ich meiner schwester nichts mehr entgegen / weil ich es für unzeitig erkante / sondern wartete nach einer bequemen gelegenheit /mein vorhaben ins werk zu setzen. Hiarbas muste mir hierzu am meisten dienen / dem ich vorstellte / wiedaß Mirina ohnzweifel den Baleus noch liebte / weil sie nicht verschmerzen könte / daß er sie verlassen hätte: m \chte er demnach acht haben / daß er nicht seinem mitbuler diente / indem er vermeinte / ihm schaden zu zufügen. Der verliebte [569] Prinz schluge diese meine erinnerung nicht aus der acht / und als er deshalben mit mir zu raht ginge / beschlossen wir zusammen / daß wir heimlich den Prinzen von Assyrien dahin wolten bereden lassen / wan nun die schlacht angehen würde / von seinem heer ganz allein zu dem unsrigen für-aus zu reiten / und gegen der Mirina \ffentlich sich demůtigend / vor aller welt zu zeigen /wie ihm leid wäre / daß er ihre tugend also betrübet: da dan / wan Mirina hieran kein genügen finden solte / Hiarbas und ich / neben allen großen des heers / die er auf seiner seite hatte / zusammen treten / und die Königin / als wie mit gewalt / zu diesem vergleich zwingen wolten.

Dieses nun ins werk zu stellen / täte ich heimlich dem Baleus / durch einen meiner getreusten Celten /zu wissen / daß er solte gelegenheit suchen / unbekant zu mir in unser lager zu kommen: welches ein befehl war / den er mit der höchsten vergnůgung ins werk sezte; und ginge es so ganz unvermerkt zu / daß niemand / als die es wissen dorften / seine ankunft erfuhren. Das erste / so er tåte / wie er mich ersehen / war dieses / daß er mir zu fus fiele / und durch tausend bezeugungen mir erwiese / wie ihn diese meine gnad-huld ganz auser sich selbst gesetzet. Ihr könnet leicht ermessen / mein vatter! wie mir müsse zu mut gewesen seyn / diesen angenemen zerstörer meiner ruhe dergestalt mein eigen zu sehen / und nun von aller andern liebesneigung frei zu wissen. Was wir alles geredet / ist unnötig hier zu wiederholen: und k \nnet ihr selbst euch solches leichtlich vorstellen / wan ihr zurück denket / wie ehmals eure unterredungen mit der schönen Ogire gelautet. Ich eröfnete ihm aber meinen anschlag / wie er die Mirina begütigen solte: das ihme dan alles wol gefiele. Nachdem wir länger / als ich anfangs [570] gewillt gewesen / beisammen geblieben /schiede er hinweg / mit dieser versicherung / daß er alles / meinem begehren gemäs / ins werk richten wolte.

Folgenden tags / da eine schlacht solte gehalten werden / ware die erhizte Mirina mit dem tage auf /alles selber in ordnung zu stellen: und verrichtete ich solches auch bei meinen Celten / wiewol nicht üm einerlei zwecks und ursache willen. Es stunden nun schon beide kriegsheere gegen einander / und solte indem das treffen angehen / als der Assyrische Prinz /abgeredter massen / mit niedergebogener lanze / dergleichen auch sein ganzes heer thun muste / auf uns zugerant kame / und vom weiten absteigend zu der Mirina eilte / sich gegen ihr bis auf die erde neigte /und zu ihr sagte: Ich finde mich schüldig / große Königin! und bezeuge vor aller welt / daß ich der tugendvolkommenen Mirina zu nahe gethan; weswegen ich auch gutwillig mich samt meinem heer überwunden erkenne / und alle die straffe auszustehen mich anheisig mache / die man wird von mir begehren können. Hiermit kehrte er sich zu mir / mir ebenfalls vor allem volk solche ehre zu erzeigen: mich ersuchende / daß ich meinen zorn fahren lassen / und seine unterwerfung willigst aufnemen wolte. Das hitzige gemüt der Mirina wankte noch im zweifel / was sie hiebei fürnemen solte / als Hiarbas und alle hohe kriegsbediente des heers herzu traten / und diese demůtigung des großen Baleus dermassen erhoben / daß ich fast nicht nötig hatte / etwas dazu zu sagen: dan sie richteten damit soviel aus / daß Mirina vom pferd sprange /und in gegenwart beider heere den Prinzen von Assyrien ůmarmete.

Hiarbas und ich / wären hierüber fast eiversüchtig worden. Aber die Mirina fürete den Baleus bei der[571] hand zu mir / und sagte: Nemet an von meiner hand /liebste schwester! diesen Prinzen / den eure schönheit gefangen hat / und versaget Assyrien den frieden nicht / den niemand auser euch / fäst uñ unverbrechlich diesem reiche geben kan. Ich hatte mich solcher bezeigung von meiner schwester nicht versehen: daher meine bestürzung der vergnügung des Prinzen gleich wurde. Er wolte aber nicht eher von meinen füßen sich erheben / bis ich mich öffentlich vor dem ganzen heer erklärt hatte / wie es mein wille mit wäre / daß auf solche art friede gemacht würde. Ein allgemeines freudengeschrei / sowol der Assyrier / als derer von von Elassar und Celten / erschallete hierauf bis an den himmel / und sahe man diese im augenblick ein heer werden / die kurz vorher einander schlagen und wůrgen wollen: und schiene es wol etwas himlisches und übernatürliches zu seyn / daß diese zwei widrige völker / die Celten und Assyrier / welche so lange zeit mit einander krieg gefüret / nun so pl \tzlich freunde geworden.

Wir zogen hierauf miteinander nach Sephar / und hielten raht / was wir ferner vorzunemen hatten. Baleus ware / bei aller seiner vergnügung / sehr unruhig / wan er bedachte / daß der König sein herrvatter /seine heurat / in betracht der K \nigin von Elam / die man ihme mit gewalt geben wolte / nicht billigen /und also der zwischen Basan und Babel aufgerichtete friede von den seinigen hintertrieben werden möchte. Hierzu kam noch dieses / daß von allen orten her soviel widrige zeitungen einliefen / die nicht gut für Assyrien waren: unter denen der aufstand in Meden / wie auch hiesige unruhe in Syrien / den Prinzen nicht wenig bekümmerten. Wir vernamen auch von hier so viel seltsames und ungewißes / daß wir nicht wusten /was wir gläuben [572] solten: bis endlich über Acraba einer ankame / der uns von allem rechten bericht brachte /und uns / von verwandelung der K \nigin Delbois von Ninive in die Aramena von Syrien / wie auch des Disons in die Aramena und dieser in jenen / von vereinigung der Assyrier und Canaaniter / von belägerung der stadt Damasco / von der Celten hülfe für die Syrer / und von gegenhülfe der Egypter und Araber / umståndlich erzehlte.

Wie nun Baleus vername / daß seine bisher-geglaubte schwester / die schöne Delbois / die Syrische Aramena wäre / entfärbte er sich ganz darüber / und geriete in so tiefe gedanken / daß er lang aus denselben nicht wieder zu bringen ware. Ich / die am meisten solches an ihm beobachtet / redte ihm deswegen zu / und sagte: woher komt es / mein Prinz! daß /diese zeitung von der Königin Aramena / euch so bestürzt lässet? Thut dan solches etwas zu verschlimmerung eures zustandes / nun ihr wisset / daß ihr an dieser sch \nen keine schwester mehr habet? Mein zustand (antwortete mir Baleus /) wird hierdurch nicht bäßer / daß die rechte erbin von Syrien sich wieder gefunden hat: massen wir üm des willen dieses mächtige reich nicht mit recht behalten k \nnen / durch dessen verlierung aber den Babylonischen tron sehr geschwächt sehen werden. Der König von Basan (widerredte ich ihm) liebet diese schöne nunmehr-erkante Syrerin / wie ich euch vertrauet: werdet ihr ihm nun verhelfen / ihre huld zu erlangen / so hat Babel sich niemals vor Syrien zu fůrchten; weil ich für den Marsius gutsagen wil / daß der forthin eures hauses treuer bundsgenoße seyn und bleiben werde. Der Prinz von Gerar / (antwortete er mir / und / wie mich důnkte / nicht sonder seufzen) stehet so fest in [573] dieser schönen ihrer huld / daß ihre beständigkeit allen andern die hofnung abschneidet / sie zu erlangen. Ich beklage von herzen ihren zustand / wan sie solte meinem herrvattern in die hände geraten: weil dessen liebe mir bekant ist / die er mit ungemeiner häftigkeit auf sie geworfen. Wan es aber / (wandte ich hingegen ein) zwischen dieser K \nigin und eurem herrvatter eine heurat abgäbe / so wůrde ja Babel an seiner macht nicht geschwächet werden. Nimmermehr wird sie dieses thun / (antwortete er mit sonderbarer häftigkeit) und wan schon Abimelech hierin keine hinternis brächte / so tåte es doch der widerwille gegen dem Assyrischen hause: massen ich mir wol kan furbilden / wie solchen bei ihr / die erinnerung / welcher massen man mit dem König Aramenes ihrem herrvattern verfahren / erwecken werde.

Solche und dergleichen reden fürete damals Baleus / deren ich zu dem ende hier erwehne / damit ihr daraus abnemet / wie meine jetzige unzufriedenheit nicht sonder grund sei / und ich nicht ohne ursach an des Assyrischen Prinzen beståndigkeit zu zweiflen habe: massen ich nochmals noch mehr dergleichen ůmstände beachtet / die mir dieses mehr dan zu viel angedeutet. Meine Prinzessin vergebe mir / (fiele alhier der Prinz Suevus ihr in die rede) wan ich hierinn ihr widerspreche / und sage: wiedaß ich aus deme / was ich noch geh \ret / keine solche unbeständigkeit des Baleus abnemen kan / dergleichen sie daraus erzwingen wollen.

Ach Suevus! (antwortete Hercinde) dieses saget ihr mir nur zum trost / und machet euch darin meiner schwachheit gefällig / die ihr hierdurch angefochten spüret. Um aber euch zu erweisen / daß ich nicht sonder ursach mit dem Baleus eifere / so wisset ferner /wie daß [574] nach diesem tage / als wir zu Sephar solche nachricht aus Syrien erhalten / der Prinz immer trauriger worden: da dan nicht ich allein / sondern auch alle anwesende / diese ånderung an ihm vermerkten. Damit auch Mirina ihr anteil unlusts entfinden möchte / begunte Hiarbas / nun bäßer / als vorher / zu überlegen / was so wol der K \nig in Egypten, sein herrvatter / als die ganze welt / hierzu sagen würde / daß er ihme Ophir / sonder deshalben sich zu bewegen / also abnemen / und dem Armizar seinen königlichen tron über-lassen. Daher gabe er der Mirina nicht unklar zu verstehen / wie ihn verlangte / nun es mit Assyrien ein ander absehen gewonnen / Ophir hinwieder anzugreifen: da dan viele von den Ophirischen bedienten / die er ům sich hatte / ihn in diesen gedanken stårkten. Wiewol nun die ehrsucht der Mirina dieses beginnen ihres Hiarbas nicht tadelte / fande sie dannoch sein recht so wenig gegründet / und hingegen den Armizar so berechtigt / König in Ophir zu seyn / daß sie des Hiarbas fůrnemen nicht zu fördern begehrte.

Wie nun sie / diese gedanken ihm aus dem sin zu bringen / beschäftigt war / und ich andersteils den Baleus ferner zu beobachten mir angelegen seyn ließe /fande ich ihn eines tags in einem walde ganz allein /da er sich an einem bach niedergesetzet / und ganz betrübt seinen sinnen geh \r gabe. Als er mich ersehen /name er zwar ein freudigere wesen an sich: selbiges aber ware so gezwungen / daß ich ursach genug hatte / ihn zu fragen / was ihn doch so sehr betrübte? Solte ich nicht / (antwortete er mir / seufzend) herzlich beklagen / daß ich mein haus in solchen zustand finde /und keinen raht zu ersinnen weiß / wie ich ihm dienen könne? Syrien / gehet verloren. Meden / stehet in gefahr. Und diejenige / die [575] ich ståts so hoch verehret /wird von den meinigen verfolget / da ich kraftlos bin /ihr / wie ich gern wolte / bei zuspringen. In Ninive haben die unsrige sich so stinkend gemacht / daß die Königin Aramena keine ursach hat / einigem Assyrier mehr zu trauen. Weil auch auf unserer seite überall die ungerechte sache regiret / vermute ich destoweniger den beistand des Höchsten; und bejammere dieses am meisten / daß ich dessen sohn bin / der solche unrechtfärtigkeit begehet. Ihr werdet / (antwortete ich ihm) durch solch euer betrüben / dieses nicht heben /was euch anficht: ihr müßet vielmehr einen raht ergreifen / wie es anzufangen / daß man alles diß unheil zum guten ausgang bringe. Wie sol aber das geschehen? wiederantwortete er seufzend. Wan ihr / (versezte ich) frieden zu machen / euch bemühen werdet: welches zu thun / mit zuziehung der Mirina und meiner v \lker / euch nicht schwer fallen wird; weil wir /bei funfzig tausend man stark / jedem von beiden teilen wol werden weisen können / was die billigkeit erheischet.

Diesen meinen raht name der Prinz ganz freudig an / und veranlaßete solcher / daß unter uns folgends hiervon unterredung gepflogen wurde. Nach ůberlegung aller ümstånde / fiele dieser schluß / daß wir alle dreie / Mirina und Baleus iedes mit ihren zwanzig tausenden / und ich mit meinen zehn tausend Celten /uns zusammen vereinigen / und / weder die Babylonische noch Syrische seite haltend / schiedsleute abgeben / und an die Syrische gränze uns setzen / auch beiden teilen / mit vorschlagung gewißer puncten /solches unser vorhaben alsofort ankünden wolten. Es ginge aber kürzlich unser vorschlag dahinaus / daß man an Syrischer seite das k \nigreich Ninive abtreten / und an das haus Babel ewig einverleiben / und zwar sofort der Prinz [576] Baleus die kron selbigen reiches aufsetzen / auch Belochus Syrien räumen / und solches den rechtmäßigen erben überlassen / hingegen die Syrer / fůr den König zu Babel das reich Meden wieder solten erobern helfen. Der König in Egypten / wie auch die Könige aus Arabien / solten die Assyrier und Canaaniter / und die Syrische bundsverwandten die Königin Aramena / hierzu bereden; und welcher teil solches einzugeben sich widerspänstig erweisen wůrde / der solte dazu genötig werden.

Wie nun dieses fäst gesetzet war / kame die zeitung / daß der Zalmon aus Ninive mit zw \lftausend Assyriern in das Babylonische angelangt wäre: welches uns unsren aufbruch beschleunigen machte / weil Baleus befahrte / daß mit der weile die macht der andern Babylonier zu sehr wachsen / und dadurch ihme sein ziel verruckt werden möchte. Es war aber die Mirina darüm hierbei mit ihrem beistande so willig / weil sie vernünftig überlegte / daß guten teils die ruhe von Elassar hierinn mit bestehen würde / wann Asien dergestalt den frieden erlangte. Ich wil aber hier in vertrauen euch nicht bergen daß ihr absehen heimlich zugleich mit auf Basan ginge / welches sie / als ihr grosvätterliches erbe / wider den Tuscus Sicanus verfechten wolte / wann der / im fall unser bruder / der Marsius / nach Celten gehen solte / als bei uns die rede sich ausbreitete / ům das reich Basan sich würde annemen wollen. Zwar sie hat mir diese ihre gedanken niemals er \fnet / weil sie wol weiß / wie hoch ich den Tuscus Sicanus liebe: massen ich zwischen dem und meinem bruder fast keinen unterscheid zu machen weiß / und daher des einen wolergehen so hoch als des andern wünsche. Ich habe es aber von dem Hiarbas erfahren / und werde euch solches ümståndlicher[577] eröfnen / weil ich weiß / daß ihr den König der Aborigener sehr liebet: üm zu verhüten / daß es / bei begebender verånderung / ihm nicht widrig ergehe.

Diese nachricht / (sagte hierauf Suevus) die mir meine Prinzessin hat gönnen wollen / ist warlich nicht aus der acht zu lassen. Es ist ja an deme / daß meines K \nigs unglückliche liebe ihn auf die gedanken gebracht / Asien zu verlassen / und in sein entferntes Celten zu gehen / üm desto eher die jenige aus seinem sinne zu bringen / die ihm alle seine ruhe gestöret /und ist er vorhabens worden / dem Tuscus Sicanus das reich Basan abzutreten: weswegen dan wol nötig seyn wird / auf der Mirina thun ein wachendes aug zu haben. Weil ich mit dem König der Aborigener briefe wechsle (antwortete Hercinde) als habe ich schon vor etlichen wochen / ihn dieserwegen / doch sonder die Mirina noch einige person zu nennen / gewarnet / üm sich in acht zu nemen / und sein volk auf dem Riphatischen gebirge zusammen zu ziehen / weil ihm eine sonderbare gefahr drohete. Dieses wird dan ursach gegeben haben (versezte Suevus) daß dieser K \nig sofort von hier nach dem Riphatischen gebirge gezogen: und hielte ich bisher dafür / daß allein seine verzweiftlte liebe ihn so weit hinweg getrieben hätte. Ob wol diese (sagte Hercinde) seine betrübnis måchtig bef \rdert / so hintert sie jedoch nicht seine fůrsichtigkeit / acht auf seine schanze zu geben / und seine angelegenheit zu bedenken.

Wir wollen aber (fuhre sie fort) hiervon hernach reden / und habe ich iezt / meine erzehlung zu volfüren / euch noch zu sagen / daß wir also mit fůnfzig tausend man aufgebrochen / und hieher uns wendend /bis an das gebirge Singara in Mesopotamien gelanget: alda wir eine weile ausruheten und auf die nachkommende [578] völker warteten. Inmittels kame uns von dem Prinzen von Hevila eine gesandschaft / die uns seinen anzug nach Syrien zu wissen täte. Ich kan nicht sagen / wie mir zu mut worden / als ich diesen Prinzen nennen hörte: welcher eben der jenige ist / der ehmals in Celten mich mit so ungemeiner liebe verehret / und so grausam von mir abgewiesen worden; der auch aus ungedult / mir beim lezten abschiede den fluch tåte /daß der grosse Teutates mich dermaleins die macht der liebe m \chte kosten lassen / die ich an ihm nicht kennen wollen. Ich hatte seit der zeit nichts von ihm gehöret / und erinnerte mich sofort / daß es mir nun /seinem wunsche gemås / erginge: massen ich / eben selbigen tag / gegen dem Baleus eine neue eifersucht geschöpfet hatte / als der Elika / des Jethurs gesandter / bei uns sich angemeldet.

Es hatte aber diese eiversucht daher gerüret / weil ich mich nicht überwinden konte / zu vertragen / daß Baleus / üm daß er der K \nigin von Syrien bildnis verloren / sich nicht zu frieden geben / sondern den kåmmerling Abdemon / der bei diesem verlust seine nachläßigkeit erwiesen / nicht eher wieder vor seine augen wolte kommen lassen / bis er dieses kleinod wieder gefunden håtte. Ich konte nicht ůmhin / dieserwegen mich zu beschweren / und sagte: wie daß ich nicht glaubte / daß er sich solcher massen wůrde betrüben k \nnen / wan er mein bildnis verloren hätte. Er widersprache zwar solches mit vielen h \flichen worten / ließe aber doch darbei den eifer nicht blicken /den ich dazu erforderte; und verdroße mich das am meisten / daß er / sich stellend / als ob er mein misfallen nicht merkte / gleichwol fortfuhre / seinen verlust zu beklagen. Ich sprache ihm trost ein / wiewol er nicht von herzen ginge / und sagte: wie daß ja sein verlust ihm wieder könte ersetzet werden / wan er zu der sch \nen Aramena [579] von Syrien käme. Seine antwort war: daß er nicht hoffen könte / daß sie ihm solches mehr geben wůrde / nun sie wüste / daß er ihr bruder nicht wäre. Diese antwort war nun fähiger / meine unruhe zu mehren / als zu mindern / und bekame ich noch verschiedene dergleichen / die mich in der meinung stärkten / daß der verlust / welchen Baleus an einer schwester erlitten / mir eine mitbulerin erworben hatte.

In solcher unruhe fande mich nun der Elika / den ich ehmals in Celten gekennet / und stunde Baleus bei mir / als mir der den grus von seinen herrn brachte. Weil ich zu dieser besuchung mein gemüte schon vorbereitet hatte / als ließe ich keine bestürzung blicken /wol aber eine gr \ßere freude / als ich in der that entfunde: üm einiger massen an dem Baleus mich zu rächen. Mitlerweile ich nun den Elika üm den zustand seines herrn fragte / gabe ich achtung auf des Baleus gebården: der aber nichts weniger / als eine eiversucht / die ich von ihm erwartet / erscheinen ließe / und ganz kaltsinnig anhörte / was ich vorteiliges für den Prinzen Jethur redete. Als auch der Elika abgefärtigt war / fuhre ich fort / den Prinzen von Hevila gegen dem Baleus zu rümen: der mir dan sich nur gar zu gefållig hierin erwiese / und wegen des guten gerůchtes /daß er von ihme geh \ret / ihn bis an den himmel mit erhube / und ferner ganz keine eiversucht noch sorgfalt erwiese / daß dessen ehmalige liebe ihm schaden möchte. Alle diese dinge vermehrten nun meine vermutung / daß die alte unbeständigkeit bei dem Baleus sich wieder eingefunden hatte.

Mitlerweile ich aber mich damit in geheim quälte /entfunde der Hiarbas auch sein leiden / da Mirina /keine geringe unversönlichkeit hierdurch bezeugend /ihren alten groll gegen euch / mein yatter / wieder hervorsuchte / und [580] dem Hiarbas ansonne / gut zu heißen / was sie mit vielen aus Basan die ihre seite hielten /sowol wieder euch / als wider den Tuscus Sicanus beratschlaget hatte. Weil sein versagen ihn ehmals bei ihr in große ungelegenheit gestürzet / als gabe er ihr dißmal / bloß mit stillschweigen / sein misfallen hierůber zu erkennen: das sie aber eben so wenig verstehen wolte / als der Baleus / daß ich eifersüchtig ware. Weil wir beide / Hiarbas und ich / uns zum klagen befugt fanden / als er \fneten wir auch einander unsere noht: da dan sein trost / den er mir gabe / da hinaus ginge / daß allein die liebe in mir solche einbildung erweckte; ich aber sprache ihn damit zu frieden / daß ich der gefahr / die euch drohete / sonder sein zuthun /schon vorzukommen wüste. Wie ich dan / hierzu mich schüldig erkennend / euch / mein vatter! hiermit in vertrauen völligen bericht geben wil / wie es in Basan / wegen der Mirina / jetzund beschaffen ist: damit solches euch zum unterricht diene / alles unheil bei zeiten abzuwenden.

Es hat diese K \nigin / nach ihrer flucht aus Basan /jederzeit heimlich einen grossen anhang im reiche behalten: massen fůrnemlich die riesen noch auf ihrer seite sind / sonderlich die Hazorim und Aim in Moab. Es ist auch der Gaisus / wie auch der Ister / und mehr andere von den grossen bei hof / ihr so ergeben / daß sie von ihnen bisher alles erfahren hat / was auch in dem geheimesten raht des Trebetes fürgefallen. Die schwürigkeit / so die Celten / wegen der ståtigen abwesenheit ihres Königs / erwiesen / kame der Mirina auch treflich zu statten / ihren anhang immer größer /und ihre person dem volk beliebter zu machen. Weil sie / wie gesagt / alles erfuhre / als bliebe ihr auch die ankunft des Königs der Aborigener nicht verborgen /noch weniger der zwischen [581] ihm und meinem bruder aufgerichtete vergleich / darin jenem das reich Basan zuerkant worden / wan Marsius in Celten gehen würde: welches zu hintertreiben / die Mirina mit allen kräften sich bemühete / und daher eifriger als vorhin /dahin arbeitete / durch einen aufstand sich erstlich des Amoriter-gebirges zu bemächtigen / und durch diese sonderbare / euch mein vatter / zuvermeinte rache /den anfang zu ihrem grossen fürnemen zu machen.

Die große kriegszurüstungen in Elassar / hatten fürnemlich dieses absehen / und war der Assyrische krieg nur die schein-ursache: massen sie / auf solche weise mit dem Baleus sich zu vergleichen schon beschlossen gehabt / wan er nåmlich / daß er ihr zu viel gethan / erkennen würde. Die hůlfv \lker / die ich ihr zugefüret / wie auch die dreißigtausend mann / so hier in Syrien unter eurem gebot stehen / helfen ihr fůrhaben sehr stärken und bef \rdern / weil deren abwesenheit Basan sehr schwächet. Nachdem auch alle fůrnemste Amoritische geschlechter / nämlich die Evi /Reken und Reba / ihr zu gebot stehen / und sie vernommen hat / daß unser bruder nach Celten gedenket / als ware ihr vorhaben / wie wir noch auf dem Singarischen gebirge stunden / (welches sie dem Hiarbas /und er mir / entdecket) daß sie / sobald wir hier wie der angelanget / und unsere friedenshandlung zwischen den Babyloniern und Syrern würden fürgenommen haben / den lärmen zu Hazezon Thamar wolte angehen lassen: da Hiarbas die Egypter auf ihre seite zu bringen / sich bemůhen / euch aber / mein vatter! vorher auf die seite raumen solte / als denjenigen / der ihrem vornemen die meiste hinternis bringen könte.

Ich entsehe mich / dieses von meiner schwester euch zu offenbaren. Weil aber ihre grosmut / oder vielmehr [582] ihr hoher geist / sie zu solcher unversönlichkeit treibet da sie euch ihrer flucht aus Basan ursächern nennet / als werdet ihr darüm nicht widrig von ihrer tugend urteilen / und sie fůr eine solche feindin halten / die da würdig ist / daß ihr euch bemühet / ihre freundschaft wieder zu erlangen. Der edle Hiarbas klagte mir alles dieses oberwehnte / und weil er euch wie seinen vatter liebet / als betauret er diesen haß /den seine Mirina gegen euch tråget: weil er auch alles ihr fürnemen unrechtmäßig findet / da ja das reich Basan dem Tuscus Sicanus / eher als ihr / zukommet. Es hat ja damit fast eine bewandnis / als mit Ophir /welches auch dem Armizar billiger / als dem Hiarbas gebüret: wiewol nicht allemal in dergleichen fällen auf das recht / sondern vielmehr auf die macht das absehen genommen wird und man alles für thunlich hålt / was die erwerbung eines trons kan zu wege bringen /daher auch Hiarbas so eifrig / seine ansprüche an Ophir fortzusetzen / als der Mirina in ihrem fůrnemen / auser was seinen woltåter den Prinzen Suevus angehet / zu dienen / entschlossen bleibet. Er war auch zu frieden / daß ich euch vor dem Gaisus und Ister warnte: als welche neben ihme / von der Mirina befehligt worden / euch auf die seite zu schaffen.

O unversönlicher haß / (rieffe alhier der Prinz Suevus) den ich mit recht-thun erlangt habe! Wie unterschieden ist doch diese Königin von ihrem edlen bruder / der niemals dergleichen zorn gegen einigem menschen hegen k \nnen. Weil sie in der ehrsucht sich also vertieffet / (antwortete Hercinde /) und ihr / mein vatter! dieselbe ihr verstöret / als kan solches von ihr nicht verschmerzet werden: und fůrchtet sie sich / wie vielleicht nicht unbillig / daß ihr ferner ihrem fůrhaben große hinternis bringen möchtet. Das werde ich versichert thun / [583] (sagte Suevus) und keine gefahr /noch einiges absehen achten / meinem K \nig und dem lande bis auf den lezten blutstropfen zu dienen. Ich erkenne solches der billigkeit gemäs / (versezte Hercinde) wil aber doch hoffen / weil ich euch das fürhaben meiner schwester entdecket / ihr werdet so gütig seyn / und hierin meinen raht gelten lassen / der mir ist beigefallen.

Wie nun Suevus / durch sein stillschweigen / zu tag gegeben / daß er solchen raht zu hören verlangte /sagte Hercinde ferner: der könig von Basan ist mir lieb; ich liebe auch den König der Aborigener / als einen bruder; Mirina / ist meine schwester; und euch verehre ich / als meinen vatter: daher euer aller wolfart mich angehet / und ich solche zu befördern wünsche. Weil nun Marsius nach Celten zu gehen / und dem Tuscus Sicanus seine eroberte reiche in Asien zu ůberlassen / gewillet ist: so thut dan so wol / und helfet beide K \nige bereden / daß sie / der Mirina ehrsucht zu vergnügen / ihr das gebirge der Amoriter /oder Moab / einraumen. Sie hat solches einiger massen / als eine tochter des alten Marsius / zu fordern: und werde ich ihr / auf den fall / auch mein anteil willigst abtreten. Sie wird / durch diese grosmut ůberwunden / sich entschließen / alles ihr vorhaben fallen zu lassen. Ihre macht / so wol aus Elassar / als auch in Basan selbst / und die sie aus Egypten zu hoffen hat / ist nicht gering noch zu verachten: und da sie /bei ietziger allgemeinen unruhe in ganz Asien / ihr fürhaben zu werk färtigen solte / würde solches unaussprechlich viel unheil nach sich ziehen: und sehe ich nicht / von wem und wie ihr solches zu wehren wäre. Zwar habe ich / wie ich bereits erwehnet / an den Tuscus Sicanus geschrieben / und denselben vermanet / sich mit seinen Aborigenern zu nåhern. Ich bin auch [584] wol zufrieden / daß ihr den König / meinen bruder / warnen möget. Aber wie dem allen / so bleibet Mirina des großen Marsius tochter / und folgbar meine schwester / die ich auch nicht werde k \nnen sehen zu grunde gehen: welches aber unfehlbar erfolgen müste / wan ihre verzweiflung / nun ich es offenbar gemacht / ungeacht alles widerstandes / sie zu diesem ihrem großen beginnen treiben würde. Folget derhalben meinem raht / edler Suevus! und eilet von hier nach Basan zu dem König / entdecket ihm diese ganze sache / stellet ihm weitläufig fůr / was ich euch iezt gesaget / und nemet euer leben in acht: dan Gaisus und Ister nicht feiren werden / ehist / wo es ihnen m \glich / der Mirina grausames begehren an euch werkstellig zu machen.

Was! (sagte Suevus hierauf) sol ich / der ich über dreißig tausend man hier zu gebieten habe / vor einem weibe fliehen / und derjenigen bei dem Marsius und Tuscus Sicanus ein k \nigreich zu wege bringen / die mein blut so dürstiglich begehret? Edler Suevus! (antwortete Hercinde gar sanftmůtig) ich verdenke euch nicht / üm euren billigen eiver / der euch also reden machet. Wan ihr aber solchen ein wenig beiseit setzet / und dieses werck recht ůberleget / so werdet ihr sicherlich andere worte füren. Es ist wahr / ihr habet dreißig tausend man zu eurem gebote. Wisset ihr aber nicht / daß unfern von hier bei funfzig tausend / der Mirina zum beistande / bereitet stehen / und daß /unter euren Celten / vieleicht wol die hälfte dem Gaisus / und folgbar meiner schwester / anhangen? Wollet ihr wider sie euch regen? Was würdet ihr dadurch für eine unruhe hier im lager anstiften? und was großen vorteil würdet ihr damit dem feinde einraumen /hiesiger verwirrung sich zu bedienen? Meinet ihr /daß ich alsdan [585] eure seite halten k \nte / wan durch meine offenbarung die Mirina in einige ungelegenheit geraten solte? oder seit ihr versichert / daß solches dem Marsius gefallen würde? Bedenket es wol / Suevus! und schaffet der ehrsüchtigen Mirina ein k \nigreich / nicht / weil sie nach eurem leben trachtet / sondern weil dadurch die algemeine ruhe in Asien gefördert wird / und ihr damit anlas gebet / daß diese sonst tugendhafte K \nigin wieder in sich gehe / ihren unfug erkenne / und / durch eure grosmut beweget / ihren unvers \nlichen haß schwinden lasse. Bedenket auch /daß ihr alles / was ihr thut / üm Hercinde willen zu thun schüldig seit: die dieses zur vergeltung von euch fordert / üm daß sie euch alle diese dinge hat kund gemachet.

Dieser grosmütigen Prinzessin zu ehren / (rieffe hierauf Suevus) wil ich dero rate folgen / und es also anschlagen / wie sie es verlanget. Weil ich aber / bei ietziger beschaffenheit / mein heer alhier nicht wol verlassen kan / zumal ich nun weiß / wie wenig ich mich zu dem Gaisus zu versehen habe / als werde ich nur noch wenig tage verziehen müßen. Ich erwarte alhier den Prinzen Baalis / mit zehntausend Celten: wan dieser angekommen / will ich so fort nach Basan gehen / und der schönsten Hercinde befehl ausrichten. Ehe und bevor der Hiarbas (sagte die Prinzessin) aus Damasco wiederkehret / ist eben die eilfärtigkeit so nötig nicht / weil ohne denselben die Mirina nichts beginnen wird. Doch ist dieses wol in acht zu nemen /daß ihr eure leibwachten mit treu-erkanten leuten besetzet / und euch wol vorsehet / daß nicht tůckischer weise / (dan \ffentlich hat es keine gefahr) euch nachgestellet werde. Diese gůtige vorsorge und erinnerung / (antwortete Suevus /) werde ich nicht aus der acht lassen. Weil wir aber / wegen [586] dieses handels / ganz von unsrem ersten fürhaben abgekommen / als bitte ich / meine Prinzessin wolle mir doch gar zu ende erzehlen / was sich auf ihrer herreise aus Mesopotamien ferner zugetragen habe.

Dieses kan ich / (gabe sie zur antwort /) mit wenig worten verrichten. Als unser heer an dem Singarischen gebirge ein zeitlang ausgeruhet / ginge der fortzug gerad hieher: da wir / im näher-kommen / einen schluß fassen musten / wie wir uns alhier bezeigen /und welcher gestalt wir unsere friedens-vorschläge beiden teilen ankünden wolten. Hiarbas riete / man solte ihn lassen nach Damasco reisen / da er den K \nig Pharao / seinen herrvattern / bald hierzu zu bereden verhoffete. Baleus beliebte solches / und erbote sich / hieher in das lager zu gehen / üm der Königin Aramena einen gleichmäßigen vortrag zu thun. Aber meine eiversüchtige liebe triebe mich / diesem vorhaben des Baleus zu widersprechen: und / die rechte ursach verhelend / welche war / daß ich ihn nicht bei der sch \nen Syrerin wissen kunte / ersonne ich etliche andere / brachte es auch / mit hülfe der Assyrier / die üm den Prinzen waren / zu diesem schluß / daß sie beide nach Damasco / meine schwester aber und ich hieher ins lager gehen solten: und wurde zu dem ende der Zameis abgefärtigt / bei dem Prinzen Abimelech / als hiesigem General / für beide Prinzen urlaubnis zu begehren / daß sie mit ihren leuten / durch das lager /nach Damasco gehen möchten.

Er kame bald mit gewüriger antwort zurücke / und ginge darauf die reise fort / die wir mit tausend Celten / tausend Assyriern und so vielen aus Elassar verrichteten: das übrige heer / unter dem befehl des dapfern Heleb aus Ophir / zu rück lassend / welcher stäts bei dem Prinzen Hiarbas geblieben war / und zur zeit seines [587] unglücks in Ophir / nicht von ihm weichen wollen. Unferne von Damasco / bei der äusersten wacht /schieden wir von unsern geliebten Prinzen: da sie die abrede mit uns namen / ihren zustand / und wie sie es in Damasco gefunden hätten / uns bald wissend zu machen. Es ist aber / bis heute / nichts erfolget / und muß ich sorgen / daß die vermutliche anwesenheit der K \nigin von Syrien dieses stilschweigen bei dem Baleus verursacht habe. Wan diese daran schůldig wäre /(sagte Suevus) so würde doch Hiarbas seiner K \nigin etwas haben zu-entbieten lassen. Ich kan aber nicht bergen / wie sehr diese entschließung der beiden Prinzen mich befr \mdet / daß sie solcher gestalt / ohne noht / ihren wunderlichen vättern sich in die hände geliefert: die / meines ermessens / diese friedenshandlung nicht billigen / und ihre söhne schwerlich zu schiedsleuten annemen werden. Alle Assyrier (versezte Hercinde) haben dieses dem Prinzen geraten / und muß ich gestehen / daß ich keine gefahr hierbei betrachtet: weil unsere funfzig tausend man sich in der nähe befinden / und auf den unverhofften fall / da man in Damasco sich gegen dem Baleus und Hiarbas widrig erweisen wolte / das vermögen haben / die belägerte zu gesündern gedanken zu bringen.

Wusten sie dan schon / (fragte Suevus) wie sie herkamen / daß die Königinnen von Syrien und Ninive uns entfüret worden? Das geringste nicht! (gabe die Prinzessin zur antwort /) dan der Zameis / weil er hierům sich nicht bekümmert / auch allein den Prinzen Abimelech ansprechen dorfte / hiervon keine nachricht erlangen k \nnen. Der himmel verleihe /(sagte Suevus) daß solches das mittel seyn möge /diesen landen den frieden zu geben. Und weil ich der Mirina wiederkunft augenblicklich vermuten muß /als [588] wird meine Prinzessin mir erlauben / mich von hinnen zu begeben / üm ihr erzürntes angesicht nicht sehen zu d \rfen. Ich lasse zwar acht darauf haben /(antwortete Hercinde) wan sie wiederkommet: doch wil ich euch / mein vatter! nicht långer aufhalten /weil ich wol begreife / daß mein gethaner bericht euch geschåfte bringen werde / die keinen verzug leiden.


* * *


Wie nun Suevus der Prinzessin / für diese eröfnung / nochmals gedanket / auch daneben sie ermanet / der traurigkeit / die aus bloßer einbildung herrůrte / sich nicht so sehr zuergeben / verließe er sie / und begabe sich nach seinem gezelt / alda er sofort mit seinen wachten eine andere anstalt machte. Er kunte nicht genug bei sich überlegen / wie es doch müglich wäre /daß sein alter K \nig / der ihn so herzlich geliebet /eine tochter hinterlassen können / die ihn mit so ungemeinem haß verfolgte? Und in solchem seinem nachsinnen verharrete er nicht allein selbigen abend / sondern es ware auch inzwischen ein großes teil der nacht verflossen.

Er wolte nun eben einschlaffen / als Sesostris / sein alter und treuster bedienter / zu ihm in das gezelt kame / und ihm ansagte / wiedaß der Fürst Thare aus Ober Syrien mit etlichen tausend neu-geworbenen völkern vor dem lager angekommen und bei der åusersten wacht der Celten / welche Hesion mit versahe / eine Prinzessin aus Canaan / die mit dem Thare angelanget / sich anmelden ließe / und ihn zu sprechen verlangte. Eine Prinzessin aus Canaan! (sagte der Suevus bei ihm selber) solte auch wol die Jerode sich eingefunden haben? Solches nun zu erfahren / ließe er sich alsobald ankleiden / und erteilte befehl an den Hesion / daß er diese ankommende frei durchlassen /und sie in sein zelt bringen [589] solte. Wie sie nun nicht lang hernach sich einstellte / wurde Suevus von nicht-geringer freud-verwunderung überfallen / als er die Prinzessin Coricide von Hebron erblickte: welche vordessen bei ihm zu Hesbon sich solang aufgehalten / und die unglůckliche reise mit seiner tochter nach Hemath gethan hatte. Diese lezte erinnerung gabe seiner geschöpften freude eine sonderbare betrůbnis zur gefårtin / und machte / daß er diese ihm so liebe Prinzessin / sonder ein wort zu sagen / ümarmete.

Mein vatter verüble mir nicht (redte sie ihn an) daß ich bei so ungelegner zeit komme / die der ruhe gewidmet ist. Mein verhängnis treibet mich hierzu und mein vertrauen macht mich so kün / daß ich an dem Prinzen Suevus noch meinen alten woltäter zu finden /und seines schutzes mich zu getrösten verhoffe. Befehlet mir nur / liebste Prinzessin! (antwortete ihr Suevus) worin ihr wollet / daß man euch hier dienen solle / und gläubet sicherlich / daß ich so fro als verwundert bin / euch an diesem ort zu sehen. Eurer bewunderung (gabe sie hierauf zur antwort /) bin ich würdiger / als eurer freudbezeugung. Doch wünsche ich / daß diese lezte niemals aufh \ren möge / gleich wie die erste thun möchte / wan ich euch meinen zustand werde eröffnet haben. Nichts geringes muß es seyn / (versezte er) das euch bei dieser zeit aus Canaan / und zwar hieher in diese kriegs-flammen / treiben können. Doch / so begierig ich bin / solches von euch zu erfahren / so besorget bin ich auch für eure ruhe: die ich euch zuvor zu verschaffen bemühet seyn werde / ehe ich mein verlangen erfüllt zu sehen begehre. Mein vatter erlaube mir / (sagte Coricide) daß ich d \rfe bei der Prinzessin Ahalibama mein lager nemen / die ich zu sehen / innigst verlange: und wil ich morgen [590] nicht ermanglen / ausfůrlich zu erzehlen / wie es in Canaan zustehet / und was mich hieher getrieben hat.

Diese eure große freundin (antwortete Suevus) ist hier im lager nicht vorhanden / sondern vor etlichen tagen mit der Königin von Syrien hinweg gekommen /und zweifels ohn ihrem verfolger / dem Beor / in die hånde geraten. Muß ich dan / (rieffe Coricide seufzend) gleich bei meiner ersten ankunft / etwas so unglückseliges vernemen? und ist der himmel noch nicht ermüdet / diese armselige zu verfolgen? So lang unser leben dauret / (sagte Suevus) wird diese ümwechselung des glůckes auch wåren / und haben wir auf erden anders nichts / als eine stäte verneuung unsrer plagen zugewarten. Es ist wol also / (widerredte sie) wie mein vatter saget / und gibet zweifelsfrei meine gegenwart anlaß / dessen zu erwehnen. Ihr verstehet hierdurch (antwortete er) meine Amorite / von der ich weiß / daß ihr sie zu lezt gesehen habet: und ist es nicht ohne / daß diese armselige mir eingefallen / wie ich euer bin ansichtig worden. Was ich von der zu sagen habe / (erwehnte Coricide /) wird noch wol würdig seyn / daß ich darüm ein absonderlichs geh \r bei euch erlange. Nun / da diese unglückselige nicht mehr verhanden ist / (sagte Suevus /) kan mir / viel von ihr zu hören / zu nichtes nützen / und werden dadurch meine wunden mehr erfrischet als geheilet. Ach! sol ich dan hier nichtes hören / (rieffe die Prinzessin) als lauter unglückseligkeit? und muß ich nun auch deren tod vernemen / die ich als mich selbst geliebet? Der armen Amorite (widerredte er) war auch nichtes bässer / als der tod / und hat der himmel wol gethan / daß er sie mir hinweg genommen.

Coricide beantwortete / diese des betrübten vatters reden / mit ihren tränen / und stunde nun / da die Ahalibama [591] abwesend / im zweifel / wo sie sich hinwenden solte / und besorgte / daß sie / bei so spater nacht /dem Suevus ungelegenheit machen wůrde. Er / der solches vermerket / sagte ihr / wiedaß nahe bei dem seinen ein lediges zelt wåre: welches sie mit ihren leuten beziehen m \chte / bis morgen bässere bequemlichkeit für sie k \nte gemacht werden. Sie name solches willigst an / und ließe von dem Sesostris sich dahin begleiten: bei dem sie sich der ehmaligen kentnis erinnerte / in deren sie mit ihm zu Hesbon und Hemath gelebt hatte.

Mitlerweile nun diese schöne ausruhete / befande sich der wachsame Abimelech mit seinen leuten an dem ort / da die stadt solte gestürmet werden / und leisteten ihm / der dapfere Eridanus / der verliebte Amosis / und der wackere Jethur / getreuen beistand. Sobald die sonne hervor gebrochen / kunten die Damascener / von den mauren ihrer stadt / die gewaltige zurüstungen sehen / die ihnen den sturm droheten. Als hiermit eben der Thare / mit seinen Syrern / zu gewünschter zeit ankame / besezte Abimelech mit denselben die posten der andern / die er hingegen zusammen zoge / üm den sturm mit ihnen zu verrichten. Und weil der Thare anmeldete / daß der K \nig von Hazor aus Canaan / mit einem großen heer / ihn in Ober Syrien verfolgt hätte / als wurde anstalt bei allen posten gemacht / ům einem befahrenden einfall gewachsen zu seyn.

Weil dieses des Abimelech fůrhaben das ganze lager wach machte / als kame es auch bald fůr der K \nigin Mirina und der Prinzessin Hercinde ohren: die dan hierüber nicht wenig erschracken / weil es ihrem anschlage ganz entgegen ware. Demnach schickten sie eiligst an den Husan / und ließen durch ihn dem Abimelech zu gemüte fůren / daß er doch nur so lang mit dem [592] stürmen einhalten wolte / bis man von dem Prinzen Baleus und Hiarbas nachricht erhalten hätte / welche ietzund / in der stadt / in friedenshandlung begriffen wären / die aber auf solche weise schlechten fortgang haben würde. Husan fande den Prinzen allbereit fårtig / mit leitern an die mauren zu gehen / und so erhitzet / daß er kaum diesem anbringen geh \r geben konte. Jedoch / auf starkes zureden des weißen Husans / trate er mit den andern Prinzen und hohen kriegsbedienten in ein zelt / diese sache weiter zu ůberlegen.

Er hatte wegen der verwirrung / darin er / seit daß er seine liebste Königin verloren / sich befunden / an nichts anders gedacht / als wie er dieselbe wieder finden m \chte / und daher nicht in sonderbare betrachtung gezogen / warüm die Prinzen Baleus und Hiarbas in Damasco sich befänden / und daß üm gleicher ursache willen die beide schwestern des großes Marsius bei ihnen im lager wären. Nun aber wurde dieses etwas näher von ihm angesehen / als Husan ihme hochvernünftig dartäte und erwiese / wie ihnen an beibehaltung dieser mittelspersonen sehr gelegen wäre /und daß sie denselben freundlich begegnen müsten /üm zu verhüten / daß sie nicht / zu ihrem nachteil /auf die seite der feinde treten möchten. Weil nun alle anwesende dem Husan beifielen / daß man nämlich mit dem stůrmen etwas inhalten můste / bis man erfůre / was für erklårung der Baleus und Hiarbas aus der stadt mitbrächten: als muste der ungedultige Abimelech sich auch darein ergeben.

Indem er nun den sturm wieder abkünden ließe /kamen die beide dapfere schwestern des Marsius selbst herzugerennet: des vorhabens / auf den fall / da des Husans bitte nichts verfangen wůrde / dem Abimelech selber zuzureden / und die gefahr / die hierbei ihren beiden liebsten [593] Prinzen drohete / abzuwenden. Die sch \ne Hercinde erwiese fürnemlich eine große angst bei dieser handlung / die jederman an ihr warname / und kunte sie sich nicht enthalten / den soldaten /die die sturmleitern trugen / zuzuruffen / daß sie damit zurůcke blieben: die dan üm so viel williger gehorchten / weil ihnen Abimelech gleichen befehl erteilet hatte. Wie nun dieser Prinz beiden schönen genåhert /sagte er zu ihnen: Euretwegen / dapfere heldinnen! zwinge ich mich / meine K \nigin nicht diesen augenblick aus des Belochus klauen zu reissen: welches ihr erkennen werdet / als das höchste zeichen / dadurch ich wüste darzuthun / wie hoch ich euch verehre. Eurer gedult / edler Prinz! (antwortete Hercinde) die ihr hierinn / uns zu gefallen / erweiset / wird euch nicht gereuen / wan wir hierdurch unser vorhaben er reichen allen diesen landen die ruhe und den frieden zu erwerben. Was hilft mich diese ruhe / (sagte der betrübte Prinz) wan des Belochus grausamkeit mir die jenige raubet / ům deren willen ich allein lebe! Ein standhaftes herz (redte hierzu Mirina) wie ich eines bei der Königin von Syrien vermute / lässet sich durch keine gewalt noch grausamkeit überwinden: darüm habet ihr nicht zu besorgen / daß der K \nig von Babel / über eurer K \nigin gemüt / ichtwas zu eurem nachteil werde erlungen können. Abimelech /der sich / unter diesem zureden der Mirina / wieder erholet / zwange sich / in gegenwart so vieler leute /seine gemüts-bewegungen nicht ferner an den tag zu geben.

Indem sie aber also beisammen waren / täten die aus der stadt unversehens einen starken ausfall / ům das vorhabende stürmen zu verwehren / und fürete sie der dapfere Mardocentes. Er fande aber die Syrer nicht unbereitet / weil sie ein solches vom feind wol vermuten [594] können. So begierig nun die beide dapfere schwestern waren / ihrem kůnen mute bei dieser gelegenheit zu folgen / und mit in den feind zu setzen / so sehr verwehrte ihnen solches ihr jezt-fůrender name: daher musten sie sich daran genůgen lassen / daß sie von ferne diesem gefechte zusahen. Der Prinz Abimelech / so h \chst erfreuet war / daß ihm der feind diese gelegenheit in die hände gespielet / fochte niemals mutiger / als dieses mal / und drunge dergestalt in sie hinein / daß er dem stadtor fast nåher als sie war / und da sie nun vor der Syrer dapfrem arm nach der stadt flohen / fehlte es nicht viel / daß er sich nicht mit hinein gedränget hätte. Eridanus war noch der jenige / so ihn hiervon zurück hielte: welcher dan / neben dem Amosis / mehrmals auf den Mardocentes getroffen hatte; der aber / sie erkennend / allemal von ihnen gewichen / und nicht mit ihnen fechten wollen.

Sie hatten aber / bei diesem ausfall / verschiedene gefangene vom feind bekommen: die der Abimelech /in gegenwart der Mirina und Hercinde / wie auch der andern / wolte abhören lassen / was sie von seiner K \nigin wüsten. Wie sie nun alle in deren gezelt vorgefůret worden / erblickten Abimelech und Husan unter ihnen / den Fůrsten Elhanan / den sohn des alten Fürsten Hus: welchen der Prinz / als einen vettern von seiner K \nigin / loszulassen befahle / folgends ůmarmte und zu ihm sagte: Wie komt es immermehr /werter Elhanan! daß ich euch wider eure Königin und vatterland muß fechten sehen / und daß ihr nicht vielmehr dem edlen beispiel eurer vettern und brůder folget / die / vor die Syrische freiheit ihr gelt und blut aufzuopfern / sich verbunden haben? Elhanan errötete zu dieser frage / und schluge die augen für sich nieder.

Als aber der Prinz die andere gefangene abfüren[595] lassen / und Elhanan sich nun allein bei ihnen befande / schauete er den Abimelech an / und sagte zu ihm: Sol dan / großer Prinz! der sohn darum leiden / was sein vatter / und zwar nicht aus b \ser meinung / begangen hat? Mein vatter vermeinet nicht / seiner Königin und dem vatterlande zuwider zu seyn / indem er geraten und dazu geholfen / daß das haus Syrien mit Babel beständig vereinigt bleibe / und unsere Königin den Assyrischen Monarchen heurate. Ob meine gedanken hierin meinem vatter beigestimmet oder nicht / solches habe ich bisher nicht wol zu tag bringen können. Nun aber / da mir die gelegenheit in die hände gewachsen / daß ich mich frei erklären darf / so trete ich zu den Syrisch-gesinnten / die nicht ihrer Königin gesetze wollen fürschreiben / sondern ihren gesetzen lediglich gehorchen / und sage ich ungescheut /daß ich nicht mehr für Assyrien fechten wolle / und daß ich für wiedererlangung der Königin freiheit ...

Wie ist es dan mit ihrem zustand bewandt? riefe und fragte der begierige Abimelech / der sich nicht zu zwingen vermochte / den Elhanan ausreden zu lassen. Sie befindet sich (berichtete er) auf der Kemuelsburg. Und wie ist es mit der Prinzessin Danede? fragte Amosis. Diese befindet sich in Damasco / (sagte Elhanan) Ahalibama aber und Amesses leisten iezt der Königin gesellschaft. Wisset ihr uns nicht zu vermelden / (fragte Hercinde) wie es dem Prinzen von Assyrien ergehet? Mehr als übel (antwortete Elhanan) ist dessen und des Prinzen von Egypten růmliches vorhaben aufgenommen worden. Hierauf triebe die ungedult den Abimelech / nach seiner Königin; den Amosis / nach seiner Prinzessin und schwester; den Eridanus / gleichfals nach seiner schwester; und die Mirina und Hercinde / nach ihren beiden Prinzen / zugleich und auf einmal zu [596] fragen. Weil nun der Fürst von Hus sie nicht alle mit eins vergnůgen kunte / als redte Husan dazwischen / welcher ja so begierig war / als sie alle / den zustand in Damasco zu wissen / und bate sie ob ihnen belieben möchte / dem Elhanan in gedult zuzuhören / der ihnen ümständlich und ordentlich würde erzehlen können / was sie so sehr zu wissen verlangten.

Husan hat recht / (sagte die Königin Mirina) und wird unser schweigen uns mehr erfahren machen / als unser unzeitiges reden. Redet dan / mein Fůrst! (sagte zu ihm der ungedultige Abimelech) doch gebrauchet euch / in der erzehlung / keiner weitläuftigkeit. Es wird aber nötig seyn / (versezte Husan) daß uns Elhanan etwas ümständlich berichte / wie es seither / nach unsrem abzug aus der stadt / in Damasco eigentlich zugegangen. Dan das / was uns Ardeus neulich davon vorgesaget / keinen glauben verdienet. Ach! des h \sewichts! (rieffe Abimelech) was hält doch meine rache / daß ich die nicht alsofort wieder ihn und meine an dere feinde wüten lasse? Wan mir zu reden erlaubet ist / (antwortete Elhanan) und man mich nicht mir dem betrůglichen Ardeus vergleichen wil / so werde ich / durch abstattung eines warhaften berichtes / hiemit darthun / daß ich meine treue / ja mein leib und leben / meinem erwehlten König aufzuopfern gesonnen bin. Dieses sagend / neigte er sich vor dem Abimelech: welcher aber / in seinem eiver / solche anerbietung nicht so sehr beachtete / als wie er die schleunige ablegung von Elhanans bericht verlangte: worüm er ihn auch nochmals bate / denselben ohne seumnis abzustatten.

Wie nun Elhanan alle seine zuhörer aufmerksam sahe / und ihn der Husan erinnert hatte / seine erzehlung von dem tag anzuheben / da die vereinigung zwischen [597] dem Belochus / Beor und den Syrern in Damasco ware geschlossen worden / verrichtete er solches folgender massen. Das absehen / welches stäts meinem herrvattern beigewonet / die Assyrische seite zu halten / hat keinen andern grund jemals gehabt /als die liebe zu der ruhe dieses landes: und kan ich für ihn gut sagen / daß er es treulich und wol mit Syrien gemeinet / ob es gleich in der that möchte anderst geschienen haben. Unser keiner wuste die hohe zuneigung / mit welcher der Prinz von Gerar von unserer K \nigin angesehen worden / und befanden wir nicht unschicklich / den gr \sten welt-Monarchen mit ihr vereinigt zu verlangen / und unsrem land also den frieden zu erlangen: zumal / mit gutbefinden aller Syrischen Fůrsten / die tochter des grossen Aramenes diesem König damals war angetragen worden / da wir noch vermeinten / daß wir den wiedergefundenen jungen Aramenes bei uns hätten. Als aber nachgehends des alten Thebah betrug kund geworden / und man dem Elihu unsere Erbkönigin bestimmet / muß ich wol bekennen / daß uns solches nicht gefiele: weil wir den Elihu / als eine aus unsrem mittel / für all zu schwach hielten / die Syrische kron gegen dem grossen Belochus zu erhalten. Hieraus ist nun erfolget /daß nach der zeit mein herrvatter allemal bei der meinung verblieben / es würde für Syrien nichts vorteilhafters seyn / als das nunmehr-gewohnte joch der Babylonier ferner zu tragen / und mit denen / durch beförderung dieser heurat / in erträglicher einigkeit zu leben.

Dieses war die ursach / daß die in Damasco befindliche Syrer / auf zureden meines herrvattern / sich mit den Assyrern und Canaanitern vereinigt haben. Weil ich nun also bei diesen Königen einen freien zutritt erlanget / als kan ich auch am bästen davon zeugen /mit was [598] ungedult sie die abwesenheit der Königin Aramena und der Prinzessin Ahalibama entfunden /und wie alle ihre bemühungen dahinaus gelaufen / sie wieder zu überkommen. Weil die macht nichts verfangen wolte / als muste es die list und der betrug thun: worzu sich dan der Ardeus und Arteman gebrauchen lassen. Ehe sie aber diese ihre anschläge zu werk gerichtet / kam der König von Egypten / wie auch die K \nigin von Saba / der Prinz von Arabien / und der Eliphelet von Cus / mit vier und zwanzig tausend man uns zu hůlfe: die dan keine gemeine freude bei dem Belochus und Beor erweckten / und wurde dieselbe noch üm ein großes vermehret / durch die unvermutete ankunft des Prinzen Disons von Seir / den der Zaphis verråterischer weise mit viertausend Niniviten dem Belochus überliefert; und hatte der die zeit in acht genommen / dieselbe nacht in Damasco zu kommen / wie die Egypter alhier durch das lager gebrochen.

Es stehet unschwer zu ermessen / wie der Belochus / als er von dem Zaphis erfahren / daß Dison ernanter König in Ninive wäre / sich müße ergetzet haben /denselben nun in seiner gewalt zu sehen. Es kame aber diesem Prinzen nichtes zu statten / daß Bildat und Mamellus / als beide seiner fraumutter brůder /bei dem König so wol daran waren / noch daß der König von Canaan seine schwester liebte: massen er dessen unbetrachtet / in schwere bande sich muste schließen lassen. Es war keine gr \ßere ursach / daß man gegen ihm so hart verfuhre / als die erinnerung /daß er in Aramenen gestalt an unserer Königin hofe sich so lang aufgehalten hatte: weil der eiversüchtige K \nig nicht in seine gedanken bringen konte / daß Dison dieselbe nicht solte geliebt haben. Wie hingegen der große Pharao / [599] auch die schöne Petasiride /auf das herrlichste von beiden Königen entfangen worden / ist hier unnötig zubeschreiben. Es ließe sich gleich spůren / daß der Pharao mit unsren zweien alten verliebten an einer krankheit litte: massen er die abwesenheit der Prinzessin Amesses / seiner tochter /häftig beklagte. Der Mardocentes wartete auch der Königin von Saba so fleißig auf / daß sein liebesfeuer nicht verborgen seyn kunte.

Wenig tage nach dieser ankunft / begaben sich alle königliche personen in den Isis-tempel / üm alda die gottheit / wegen glücklicher ausfürung dieses kriegs /anzuflehen: da dan / nach verrichteten opfern / die zween stiftere dieses tempels der Pharao und Belochus / wie auch die Petasiride / die alte Delbois und der Beor / neben vielen von uns anderen / die wir ihnen aufwarteten / die prächtige arbeit dieses neuen gebåudes zu besehen / von dem Mephris allenthalben ümher gefüret wurden / und wünschten sie / daß / bei einweihung der beiden bilder des Osiris und der Isis /die nun / da der bau so weit verfärtigt / in kurzem geschehen könte / sie an ihre geliebten zugleich sich m \chten trauen lassen.

In diesem ümgange kamen sie auch in eine kammer / darinn die wände mit traurteppichen behånget / und ein kleiner altar aufgerichtet war / auf welchem ein von sonderbaren kräutern angezůndtes feuer brennte. Belochus / als höchst begierig / alle diese ihm noch ungewönliche und unbekante gebräuche kennen zu lernen / erkůndigte sich hiernach bei dem K \nig von Egypten. Als aber auch dieser seine unwissenheit hierin bekante / muste Mephris die deutung dieses fr \mden Isis-dienstes erklåren. Dieser nun hube ganz wehmůtig an zu erzehlen / wie unglůcklich es ihnen unlängst in ihrem tempel ergangen / da zween von ihren priestern nicht allein [600] ausgebrochen und entronnen / sondern ůberdas auch den Syrischen Prinzen Aramenes / der zum heiligen opfer der Isis bestimt gewesen / freventilch mit sich davon gefüret hätten: weswegen die beleidigte gottheit auszůsunen / und diesen fall zu betrauren / solche klagopfer angestellet würden. Dieser bericht des Mephris sezte sie alle in verwunderung / die aber der Prinz Mamellus ihnen bename / indem er erzehlte: wiedaß die schwester unserer Königin diejenige gewesen / die er fůr den Syrischen Aramenes angesehen / und / seinem König zum bästen / also aus dem weg raumen wollen. Diese des Mamellus treu rümte der Belochus sehr und als er ferner nach den beiden priestern sich erkundigte / die diesem vermeinten Aramenes davon geholfen / berichtete der Stathalter ferner / daß selbige der Fürst Bethuel und der Prinz Dison / seine und seiner gemalin vettern / gewesen wären / die er / dem reiche zum bästen / in den tempel der Isis widmen wollen / zumal sie beide vorher schon in Egypten den geistlichen orden angenommen håtten.

Als Belochus dieses vernommen / gedachte er die Isis damit auszusönen / wan er ihrem tempel diesen Dison wider schenkte / und bote ihn derhalben dem Mephris wieder an: der aber sich weigerte / ihn zum priester aufs neue zu bestellen / einwendend / selbiger hätte sich eines so heiligen amtes unwürdig gemacht /und k \nte nicht lebendig unter ihnen gedultet werden. So gebe ich ihn euch dan todt / (sagte der grausame König /) als ein opfer der großen Isis / ihren zorn durch sein blut auszus \nen. Wie nun der Mephris /hiervor sich bedankend / das geschenke annemen wolte / verwehrte ihm solches die Königin Petasiride /welche an den König von Babel / ganz bewegt und erhizt / begehrte / [601] daß ihr dieser Dison möchte überlassen werden: weil derselbe sie so sehr beleidigt / daß sie / der Isis rache an ihm zu verůben / so befugt als gewillet wäre. Ich wurde gewar / daß der Prinz Mardocentes / dieses anhörend / ganz erblasste. Als aber den König von Babel so wol / als die andere anwesende / diß ihr begehren befrömdet / erzehlte sie öffentlich / wie dieser Prinz ehmals eine stadt / die sie ihm samt ihrer eigenen person anvertrauet / dem feind überlassen / auch die h \chste veråchtlichkeit / in ausschlagung der kron von Saba / ihr aufgebůrdet hätte /das er dan mit seinem blut bezahlen müste. Weder der König von Assyrien / noch einiger von des Prinzen Disons anwesenden verwandten / dorften solcher bitte der K \nigin von Saba / widersprechen: und wurde /dieser erzürnten Königin zu fugen / alsofort von dem Belochus befohlen / daß Dison den Sabeern solte ausgefolget werden.

Weil ich / dieses zur nachricht alhier bekant zu machen / für nötig ermesse / als werde ich verhoffentlich meiner durchleuchtigen zuhörer ungedult nicht erwecken / wan ich dieses ferner zum ende erzehle: massen guten teils / alles / was ich vorzubringen habe / hierauf sich grůndet. Also geriete nun Dison in die hände der erzürnten Petasiride / und wurde auf die Kemuelsburg gebracht / alwo sie hof hielte. Der Prinz Mardocentes / der die Königin häftig liebet / und doch auch den Dison für seinẽ herzensfreund hålt / wuste hiebei nicht zugleich seiner liebe und freundschaft zu raten /und ware ihm beiderseits angst / sowol üm des Disons leben / als üm dessen aussönung mit der Königin: auf welche letzere / er besorgte / daß ihre liebe sich wieder einstellen würde. Weil Hemor und er gute freunde sind / und ich bei dem Prinzen von Sichem einen großen zutritt hatte / als erfuhre [602] ich alle umstände / die hierbei fürgelaufen. Die zeit zu gewinnen /wil ich nur sagen / daß es also / wie Mardocentes besorgte / erfolget / und Dison nicht allein / nach wenig tagen / mit der Petasiride völlig ausgesönet / sondern auch mit ihrer ehmaligen liebe wieder beschlagen wurde.

Die Prinzessin von Saba / die Sapha / welche sich bei der Königin aufhålt / hatte diesen vertrag zu wege gebracht / und erscholle es bald überall / daß der Prinz Dison nicht allein frei wäre / sondern auch in sonderbarer hulde bei der Petasiride schwebte. Den Babylonischen hof befr \mdete zwar solches / und gabe es viel gespräche. Weil man aber in nichtes der Petasiride entgegen seyn wolte / und das Assyrische haus keinen nachteil noch schaden dabei fande / zwischen dem Dison und der K \nigin von Saba eine heurat zu vermuten / als ward hierdurch der haß und die feindschaft wider ihn aufgehoben / die zuvor die anwartung zur Ninivitische kron / und die sorge / daß er die sch \ne Königin von Syrien liebte / erweckt hatten: und richtete sich nun ein jeder nach diesem seinem glücke / ihme liebkosend / den sie zuvor todt haben wolten. Mamellus selbst / als der allerlistigsten staatsk \pfe einer / erwiese ihm sein sonderbares vergnůgen / und entschůldigte sein voriges rauhes verfahren gegen ihme: das dan Dison also hingehen ließe / weil seine gedanken allein dahin gerichtet stunden /diese seine erlangte freiheit den Syrern alhier im lager zum bästen anzuwenden.

Ich hatte in der zeit / da er bei voriger unruhe in Damasco unser General gewesen / seine huld erlanget: darům finge er nun wieder an / dieselbe gegen mir zu erweisen / also daß ich täglich bei ihm ware / und durch seine unterredungen je mehr und mehr darinn gestärkt [603] werde wessen ich mich iezt unterwunden habe. Ich erfuhre / in solcher vertreulichkeit / von ihme alles / wie es mit der Petasiride ergangen / und daß er sich nur also stellte / ihre gunstgewogenheit annemend / üm dadurch zu seinem zwecke zu gelangen / welcher ware / den Syrern die stadt einzuliefern. Er muste seinen freund / den Mardocentes / selber in diesem wahn erhalten / und ihn damit quälen: üm alle hinternise zu verhůten / die dieser Prinz / als ein bundsverwandter der Assyrier und Egypter / konte dazwischen bringen: der dan immittels die gr \ste eifersucht ausstunde / und mehr dan einmal dem Dison vorruckte / wiedaß er ja ihme vordessen die besitzung der Petasiride selbst zuerkant hätte.

Mitlerweile es also in Damasco stunde / schmiebeten Ardeus und Arteman ihr listiges fürhaben an des Belochus hofe / die entfürung der K \nigin von Syrien betreffend / und wurde alles / was diesen grossen anschlag f \rdern solte / zu werke gerichtet. Sie kamen mit den Niniviten und Syrern so eilig aus der stadt /daß weder Dison noch ich einige gelegenheit erlangen kunten / wie wir vorhatten / mit ihnen jemanden hieher zu senden / der die Königinnen gewarnet hätte. Zur bestimten zeit / die Ardeus durch heimliche posten andeuten ließe / musten Sinear und Mancaleus durch das Libanonische tor den ausfall thun / da sie die Königinnen hinein bringen wolten / mitlerweile der Hemor und Mardocentes auf der andern seite /durch einen starken ausfall / ihnen alhier zu schaffen machten: und glückte es alles so wol / daß Dison und ich mit großem leidwesen ansehen musten / als diese verråtere die beide sch \ne Königinnen von Syrien und Ninive / samt den beiden Prinzessinnen von Cus und Seir / in Damasco hinein brachten.

[604] Der Belochus / Beor und Pharao / wie auch die Königinnen Petasiride / Delbois und Lantine / die Prinzessinnen Milcaride und Indaride / neben dem Prinzen Dison und allen großen von Damasco / waren in dem königlichen schloßhof versamlet / und harreten die verliebten K \nige mit ängstlichem verlangen / auf die glückliche endschaft dieses ihres anschlages: als der Prinz Bildat / neben meinem vattern / auch dem Baracheel und Aner / diese vier schönheiten / mit großem frolocken des zulaufenden volkes / daher füreten / und den Königen überantworteten. Weil ich mich nahe mit hinzu gedrånget / ersahe ich bei den vielen angezůndtẽ fakeln / nicht allein unsere wunder-schöne Königin / in ihrem brautschmuck / sondern ich konte auch alles eigentlich h \ren / was sie mit dem Belochus redte. Was sagte sie doch? fragte alhier der beängstigte Abimelech / dem der schweis / bei anhörung dieser erzehlung / häufig ausbrache.

Sie sahe (antwortete Elhanan) den K \nig von Assyrien mit einem sonderbaren verdruß an / doch sonder einige furcht dabei blicken zu lassen / und ware sie die erste / die also zu ihm redete: Es thut mir leid /daß / da ich E. Maj. stäts als einen vatter geehret / ich nun solche bezeugung erleben muß / die mir mehr als zu gewiß andeutet / daß ich dem verfolger der meinigen bin in die hände geraten / und muß ich daher ůber denjenigen weh und ach schreien / den ich bisher wie ein kind geliebet. Doch weil dieses ůber mich und das arme Syrien verhångt ist / daß ich meiner eltern glück ererben / und mein land die Assyrische dienstbarkeit noch ferner erdulten sol / so wil ich auch nicht dagegen murren / noch weniger mich grämen / daß ich meinem grösten feinde durch diese verübte list bin zu teil worden: massen ich versichert bin / daß der große Gott / der allen tyrannen [605] vermag ein gebiß an zu legen / auch schon ein mittel finden werde / mich von diesen banden zu befreien. Ja er wird den dapfren arm meines geliebten Prinzen / dem ich iezt von der seite bin geraubet worden / also stärken / nicht durch tückische list / sondern offenbar und auf redliche weise / mich wieder von hier in meinen vorigen stand zu bringen. Belochus redte etliche mal dazwischen / üm diese reden der Königin abzureissen. Wie er sie aber solche müssen enden lassen / spürete man keine geringe bewegung an ihme / und kunte man nicht h \ren / was er ihr antwortete: nur sahe man / daß er sich sehr höflich erzeigte / und sie an der hand fürend / zu seiner schwester der Königin von Tyro brachte; von der sie /mit bezeugung großer liebe / ůmarmet wurde.

Ich betrachtete hierauf den verliebten Beor und die Ahalibama / die fast eben also gegen einander sich bezeigten / wie der Belochus und unsere K \nigin gethan hatten. Der verliebte Prinz Dison / als er seine sch \ne K \nigin ankommen sahe / verbarge sich vor derselben hinter die leute: üm / in gegenwart der Petasiride / ihr keinen anlaß zu geben / daß sie ihm ihre gnadgewogenheit erwiese. Als ich der Königin von Saba gebården / bei ansichtigung dieser jüngern Aramena / beobachtet / sahe ich sie stutzen: vielleicht weil sie ihre mitbulerin schöner befande / als ihr lieb ware. Weil man auf dem schloßplatz / nahe bei der Königin von Tyro / unserer Königin einen herrlichen palast zu bereitet hatte / als begabe sich die ganze gesellschaft dahin: und wolten sich die andere dreie von unserer K \nigin nicht absondern lassen / ob gleich eigene häuser auch fůr sie zugerüstet waren. Sie blieben bei einer stunde daselbst beisammen / da die Königin von Tyro das bäste tåte / sowol die betrůbte Aramena / als ihren [606] bruder / zu frieden zu sprechen / und an beiden seiten zu verhüten / daß nicht gar zu herbe worte fallen möchten: die doch in die länge nicht würden ausgeblieben seyn / wan man nicht / auf zureden der Delbois / unsere K \nigin allein gelassen / und auf diesen schrecken sich zu erholen und auszuruhen / ihr gegönnet hätte.

Weil selbige nacht gleichsam bestimmet war / alle verliebte K \nige in Damasco zu erfreuen / als fůgte es sich also / daß der Petosiris / des K \nigs von Egypten oberkämmerer / neben dem Laristenes / dem Pharao ganz unvermutlich / die Prinzessin Amesses / seine tochter / und zwar in manlicher kleidung / überlieferte / als eben selbiger K \nig von den andern sich abbegeben und in seinem palast zur ruhe gehen wolte. Sein freud-entsetzen håtte bald dasjenige bei ihm erwecket / was bei dieser tugendhaften Prinzessin die angst verrichtete: welche / ihren herrvattern ansichtig werdend / wie todt zur erden fiele / und fast kein lebenszeichen mehr von sich blicken ließe. Ihre schöne beigängerin /die eben also / wie sie verkleidet war / nämlich die angeneme Prinzessin Orosmada von Sidon / erwiese sich bei diesem zufall die beherzteste / und indem der hierob-erschrockene König / neben den andern / verweilte / der Amesses beizuspringen / brachte sie dieselbe wieder zu rechte. Pharao / als er sahe / wie seine gegenwart sie erschrecket / wolte dißmal mit ihr gelind verfaren / und sich selbst der vergnügung berauben / die / so er zu seiner straffe lieben muß / anzuschauen: demnach ließe er sie in ein abgesondertes zimmer bringen / und sie / neben der Orosmada / die bei ihr bleiben wolte / alda bedienen.

Am folgenden morgen erscholle überall / daß nicht allein unsere Königin und ihre schwester / sondern auch die Prinzessin aus Egypten / neben der von Cus /Sidon [607] und Seir / in unsren ringmauren wären. Weil man dem pöbel hierdurch hofnung machte / daß dieses wůrde das mittel seyn / den frieden zu erlangen /als ware niemand / der sich nicht herzlich darob erfreuet. Es wurde / an stat mehrerer ausfälle / dazu die kriegsverståndigen gewaltig rieten / nur von den koniglichen beilagern geredet / und alle vorbereitschaft darzu gemacht. O himmel! (rieffe alhier Abimelech) warüm bin ich so seumig / dieses zu verwehren? Die unpäslichkeit der Ahalibama (fuhre Elhanan fort /) neben der unbeschreiblichen betrübnis der K \nigin von Syrien / die sie nicht vom bette komen ließe / war eine hinternis / daß nicht sofort diese bestimte hochzeiten vollzogen wurden. Der Pharao gönnte seiner tochter / daß sie den anderen hochbetrůbten dorfte gesellschaft leisten: da dan eine von der andern getröstet wurde / und suchten sie darinn ihre einige vergnügung / einander zur beständigkeit in diesem ihren leiden anzumanen. Die verliebte Könige / wie auch der Cussite Eliphelet / verseumten nun keine stunde / bei ihren geliebten zu seyn: gingen aber allemal unvergnügt von ihnen / und musten ihren schönen gefangenen das zu gut halten / daß sie von ihnen auf das häftigste ausgescholten wurden. Dison / der nun / auf diese ihre gefängnis seine gefasste entschließung noch fäster stellte / so wol diese zu erl \sen / als Damasco in der Syrer hände zu spielen / ließe sich / üm allen argwan zu verhüten / niemals bei den Königinnen sehen: welches dan der K \nigin von Saba nicht wenig wolgefiele / und vermeinte sie / ihrer mitbulerin angesieget zu haben / raumte auch daher dem Dison immer mehr gewalt ein / also daß er ihrer Sabeer zu seinen diensten sich gebrauchen kunte.

In solchem zustande ließen / ongefär vor vier tagen / die beide Prinzen von Assyrien und Egypten sich anmelden / [608] üm in die stadt eingelassen zu werden: welches / wegen des Prinzen Baleus / allerhand nachsinnen bei hof verursachte / und stunde man lang an / ob man ihn einlassen wolte. Dan Belochus war sehr unwillig ůber diesen seinen sohn / nennte ihn einen verräter und aufwiegler / und erwiese in keinem dinge mehr / daß er sein vatter war / als so weit ihm dieser name anlaß gegeben / das fůrgebildte verbrechen des Prinzen desto größer auszudeuten. Doch fiele endlich der schluß dahin / daß man / durch dieses mittel sich des Baleus zu bemächtigen / ihn solte herein kommen lassen. Wessen beschüldigte man dan / (konte Hercinde sich nicht enthalten zu fragen) den Prinzen von Assyrien? Daß er / (antwortete der Fůrst von Hus /) sonder befehl vom hof / in Assyrien mit der K \nigin von Elassar frieden getroffen / auch nun sich d \rfen gelůsten lassen / mit ihr und den Celten sich zu vereinigen / und / unwissend aus was ursachen / mit einem so grossen heer sich Syrien zu nähern: worbei der eiversüchtige König nicht wenig befahret / daß es auf die K \nigin von Syrien angesehen sei / die der sohn / so wol als er / mit ungemeiner liebe verehret. Hat man dessen einigen grund? fuhre Hercinde fort zu fragen. Davon werde ich iezt bald sagen / (gabe Elhanan zur antwort) sofern der Prinz der Philister mir erlaubet /durch diesen neuen mitbuler ihm unruhe zu erwecken. Weil hierauf / als auf etwas unvermutetes / keine gegenrede erfolgte / als wurde von Elhanan diese erzehlung also fortgesetzet.

Der entrůstung des Königs von Assyrien / kame der unwille des Pharao gegen seinem sohne nicht ungleich / weil er denselben / K \nig in Ophir zu seyn / geglaubet hatte / und nun das widerspiel erfahren muste. Doch ließe er mit zu / daß er möchte in Damasco kommen: [609] wiewol so wenig seine / als des Belochus /gedanken waren / dieser Prinzen ihre fürschläge anzuh \ren. Wie sie nun beide hinein kamen / wurden sie /an stat vor die Könige gebracht zu werden / von dem Abdeel und Petosiris in ihren verordneten palast gefůret / daselbst mit einer starken wacht versehen / und von diesen beiden befraget / was sie anzubringen hätten? Sie bezeugten zwar ihr verlangen / die Könige selber zu sprechen / und beschwerten sich höchlich ůber dieses bezeigen: aber solches wurde nicht beachtet. Weil sie nun dem Abdeel und Petosiris die ursach ihrer ankunft nicht er \fnen wolten / als geschahe deswegen keine fernere nachfrage: und wurde hingegen diesen beiden Prinzen angekündet / daß sie gefangene seyn solten / weil man bei ietzigem zustande sich ihrer versichern můste.

Dieses harte verfahren årgerte jedermånniglich /und bediente sich der Prinz Dison / neben mir / dieses unwillens der Assyrier und Egypter / üm / wan es zeit seyn würde / uns dessen zu unsrem vorteil zu bedienen. Es erregten aber sofort des Prinzen Baleus wolgesinnte / als der Spiridates und Abdemon / in vorgestriger nacht / ehe man sich dessen versahe / einen aufstand in der stadt / und befreiten zugleich diese Prinzen und die Königinnen; die sie nach dem Isis-tempel füreten / sich daselbst verschanzten / und dem Belochus sagen ließen: Er solte seinem sohn die K \nigin von Syrien ůberlassen / ům also diesem reiche und ganz Asien den frieden zu gönnen. Dieses machte nun ganz Damasco aufrůrisch / und sezte alles in große verwirrung: massen uns gewundert / daß hiesige wachten dieses geschrei nicht geh \ret / und daß man eines so grossen vorteils sich nicht bedienet hat. Ich ware damals abwesend / (sagte Abimelech) meine[610] Königin zu suchen / als dieses sich begeben hat / und verlangt mich sehr / das ende davon zu hören.

Ich befande mich eben (fuhre Elhanan fort) bei dem Dison auf der Kemuelsburg / wie das geschälle hiervon sich erhube; und als wir dazu kamen / waren die Königinnen / wie auch die Prinzen / allbereit auf dem Isis-platze / und auf allen gassen lårmen / da jederman rieffe: Man solte dem Baleus ihre K \nigin geben / und frieden machen. Es war aber dieses von dem Spiridates und Abdemon zu unzeitig angefangen worden / und kunte den nachdruck nicht haben / weil sie keinen fästen ort / zum aufenthalt wider die große gewalt ihrer feinde / erwehlet hatten: daher der Prinz Bildat / der Hemor / Mardocentes / Eliphelet und alle andere kriegshåupter / die mit diesen aufstand keine gemeinschaft gehabt / durch die gegenwart ihrer K \nige angefrischet / mit hellem haufen zu ihnen einbrachen. Der küne Dison / seinen anschlag / den er mit mir geschmiedet / einmal werkstellig zu machen /und hierzu dieser unvermuteten gelegenheit / die gleich als vom hi el uns zukame / sich bedienend /fiele mit den Sabeern von der Kemuelsburg herab /als wan er diesen aufstand mitstillen wolte / nachdem er zuvor die K \nigin von Saba / sich nach deren von Tyro auf den K \niglichen schloßhof zu begeben / beredet hatte. Mitlerweile eilte ich mit dreitausend Syrern / die gänzlich zu meinem gebot stunden / in die Kemuelsburg / und besezte dieselbe / der rükkunft des Prinzen von Seir daselbst erwartend.

Dieser dapfere Prinz seumte nun nicht / mit seinen Sabeern in des Baleus heer zu setzen / und hatte er das glück / daß er eher als alle die andern an den ort kame / da beide K \niginnen / neben den vier Prinzessinnen und ihrem frauenzimmer / sich befanden. Er rieffe alsofort unserer [611] K \nigin zu / wiedaß er kåme /sie fůr den Prinzen Abimelech zu befreien. Dieses wort munterte die ůber diesem zufall sehr erschrockene K \nigin alsobald auf / daß sie / zu folgen / sich entschlosse. Als er aber hierauf zu seiner geliebten Königin kame / wandte die ihm den růcken zu / ihn einen undankbaren nennend / der ihr mehr zuwider wäre / als alle ihre andere feinde. Weil ihme gleich einfiele / daß dieser ihr unwille daher rüren wůrde /daß sie von ihm / als ob er in die Petasiride verliebt wäre / geargwånet / und folgbar dieses aus eiversucht redte / ginge es ihm / als unschuldigem / so sehr nicht zu herzen / sondern / dieses orts sich gegen ihr zu entschuldiegen / für unschicklich erkennend / ware er nur bedacht / sie davon zu bringen. Demnach die höflichkeit für dasmal beiseit setzend / wolte er sie vor sich auf sein pferd heben / wie zu gleicher zeit der Sabeer Casban / der dem Dison ganz ergeben war und ům unsren anschlag wissenschaft gehabt / mit unserer K \nigin täte. Sie aber riße sich von ihm los / und indem den Prinzen Hemor ersehend / rieffe sie demselben / daß er sie erretten wolte. Dieser ware / mit dem Sinear und einem haufen der Assyrier / die noch bei dem König hielten / eben dazu gekommen: da er dan alsofort / seiner ehmals geliebten Aramena befehl gehorchend / sie auf sein pferd hube welches auch der Sinear mit der Prinzessin Danede von Cus / und ein ander von ihrem heer mit der Orosmada / verrichtete.

Aber die Amesses und Ahalibama / namen zween von des Disons leuten vor sich / und ranten dem Casban nach / der unsere K \nigin nach der Kemuelsburg fürete / inzwischen der armselige Dison das nachsehen hatte / und seine Königin wider willens muste fahren lassen. Weil er aber die in solcher gefahr nicht wuste / wie ihre schwester / als folgte er / wiewol ganz betrübt / unserer Königin / [612] die ich in dem tor der burg entfinge / und das glück hatte / ihr am ersten anzukünden / wessen Dison neben mir / zu ihrer befreiung / sich unterfangen hatte. Ist sie aber (fragte Abimelech / fast aus sich selber) dergestalt erlöset worden? Es ist / wie ich erzehlet: (antwortete Elhanan) und fugete uns das glück so wol / daß niemand bis an den hellen morgen innen wurde / was wir begonnen hatten. Dison bliebe meister von der burg / und hatte die Königin von Syrien samt den zweien Prinzessinnen in seinem händen / ehe der geringste argwan erscholle / daß dieser dapferer Prinz einer so künen that sich unterfangen dörfen. Der unglückliche Baleus hingegen / muste nun das jenige büßen / was ein ander für ihn verrichtet hatte / und wurde mit so schwerer auch seinem stande und geburt übelanständiger gefångnis beleget / daß genug daraus erschiene / wie er einem tyrannischen mitbuler in die hände geraten wäre.

Weil man die Königin von Ninive und etliche Prinzessinnen wieder beko en hatte / als vernamen die verliebte Könige nicht eher ihren verlust / als bis sie ihre geliebten / nach völlig gestillter unruhe / besuchen wolten. Die empörung auf der Kemuelsburg wurde damit auch ruchbar / und sezte des Disons beginnen / so wol den Belochus / als die Petasiride / in die verzweifeltste eifersucht / also daß sie beide in person ihre leute anfüreten / diese burg zu stůrmen. Weil aber der Prinz sich dapfer wehrte / als kunten sie uns nichts angewinnen. Wie wir nun diesen morgen vernamen / daß man sich im lager zum stürmen růstete / befande Dison für gut / bei dem ausfall / den der Prinz Mardocentes deswegen täte / mich heimlich mit heraus zu senden / üm alhier den iezt-erzehlten zustand in Damasco kund zu machen / auch [613] wegen des vorhabenden stürmens / rechte anschläge zu geben. Dieses ist mir nun glücklich gelungen / und habe ich mich gutwillig lassen gefangen nemen / üm meinen zweck zu erreichen. Ein brief von unserer K \nigin /an den Prinzen Abimelech lautend / wird verhoffentlich die warheit meiner worte bekräftigen können. Hierauf zoge Elhanan ein täfelein herfür / und ůberlieferte solches dem verliebten Prinzen: der es mit unvergleichlicher vergnůgung anname / und seiner Königin hand erkennend / es zum munde fürete / und zu verschiednen malen küssete. Hierauf verlase er dasselbe /und zwar öffentlich: weil seine freude ihn so gedanken-los machte / daß er alle betrachtungen verloren /die ihn / hiermit geheim zu seyn / hätten bereden k \nnen. Demnach vernamen die anwensende von ihm folgende worte.

Schreiben der Königin Aramena von Syrien / an den Prinzen Abimelech von Gerar.

Urteilet nach eurem leiden / wertester Prinz! von meiner qual / die unsere so plötzliche trennung bei mir erwecken können: da / an stat euch die eheliche hand zu reichen / ich mich in meiner ärgsten feinde gewalt habe sehen müssen. Ich habe deren viele zu nennen: weil nicht allein Belochus mein verfolger ist / sondern auch der Prinz Baleus sich einen solchen hat erwiesen / und von neuem euer mitbuler worden ist. So ko et dan bald / und reißet mich aus ihren klauen: worzu euch der Fürst Elhanan den weg wird zeigen können /welchen der Prinz von Seir / zu dem ende / an euch abgeschicket. Nicht allein ich / sondern [614] auch die Prinzessinen von Egypten und Seir / erwarten diese eure hülfe: die mir erwerben kan / die eure zu leben. Wofern es aber der himmel anderst versehen / werde ich dennoch sterben

Eure getreuste

Aramena.


Mit nichten (rieffe hierauf der verliebte Prinz) wird der himmel die unbilligkeit verüben / noch geschehen lassen / daß diese hůlfe mislingen solte. Er \ffnet nur gleich / Elhanan! was ihr wisset / das hierzu erfordert wird. Wie nun der Fürst fortreden wolte / winkte ihm Husan: weil er nicht ratsam befande / daß in gegenwart der andern / sonderlich der Königin Mirina und Prinzessin Hercinde / ein mehrers hiervon geredet würde; welches der Prinz vermerkend / sich auch begriffe / und hiervon still wurde. Die h \chstbeleidigte Hercinde aber / vermochte ihre schmerzen / ůber des Baleus unbeständigkeit länger nicht auszustehen noch zu bergen / dachte deshalben nach ihrem gezelt / üm ihre tränen / welche zorn / mitleiden und verh \nung in ihr erregte / ungehintert auszuschütten. Demnach ware sie die erste / die den aufstand machte: welches Abimelech bef \rderte / desto eher mit dem Elhanan allein zu seyn. Er muste ihn aber doch / indem sie alle wieder nach dem haubtlager ritten / bei der Mirina lassen: welche auf dem ganzen weg ihn üm den Hiarbas fragte / weil er dessen / am ende seiner erzehlung / nicht weiter gedacht hatte. Sie vername auch von ihm / nicht sonder grosse zufriedenheit / daß er bei dem Pharao / seinem herrvattern / nach diesem / weil er seine unschuld erwiesen / in bäßeres vernemen geraten / [615] und daher nicht mehr so hart / als vorhin / gehalten würde.

Hercinde ritte / mitlerweile ihre schwester dieser vergnügung genoße / in größer betrůbnis daher / und sahe endlich den Prinzen von Hevila ihr nähern: welcher im verwichenen treffen / da sie am ersten waren zusammen gekommen / wegen der verwirrung / sie nicht ansprechen k \nnen. Weil ihm ihre liebe nicht unbekant war / als kunte er die ursach ihrer traurigkeit leicht ergrůnden: welches ihm dann eine grausame vergnügung erweckte / sie damit gequälet zufinden /was er ihr beim lezten abschied in Celten / aus verzweifelter ungedult hatte angewůnschet. Sehe ich mich iezt nicht gerochen / große Hercinde! (redete er zu ihr) und deuten diese tränende augen nicht an / daß der verachtete Macres seinen wunsch erlangt habe? Um / euch unsres lezten abschiedes zu erinnern / und darneben euch zu sagen / daß ich von dem laster der liebe / so weit es die Prinzessin Hercinde betrift / nun mehr befreiet bin / breche ich das gelübde / so ich damals gethan / euch nimmer wieder unter die augen zu kommen / und hoffe / meine gegenwart werde euch nun nicht mehr so widerlich sein k \nnen / nun ich keine schwachheit dabei blicken lasse.

Hercinde / unter dieser ansprache / des Prinzen von Hevila sich erinnerend / den sie / ob er gleich Elhanans abgestattetem berichte mit beigewonet / für großer aufmerkung / und begierde / von ihrem ungetreuen Baleus etwas zu hören / nicht gesehen hatte / fande sich sehr gerůret / wegen dieser seiner fürrückung /und daß er nun eben zugegen seyn müßen / da es ihr also erginge: daher sie / für rasender ungedult / fast nicht wuste / was sie beginnen solte. Ihr anligen zu verbergen / war unmůglich; solches aber dem Jethur zu gestehen / ihr unleidlich. [616] Wie sie nun eine weile zu antworten verzogen hatte / sagte sie endlich zu ihm /ihr pferd zugleich anfrischend: Ihr habt eure rache an mir gesehen / Prinz von Hevila! sollet aber nun bald auch von der meinigen h \ren / die ich wider meine verächtere verůben werde. Jethur konte ihr hierauf nicht antworten / weil sie damit fortrennte / und zum Abimelech sich gesellte: welcher mit großer ungedult diesen ritt verrichtete / weil er den Elhanan nicht sprechen kunte / und die Mirina selbigen solang mit gesprächen unterhielte / bis daß sie im lager wieder anlangten Sobald nun der verliebte Prinz die K \nigin von Elassar und die Prinzessin Hercinde in ihre gezelte gefůret / verschlosse er sich / mit dem Husan und Elhanan / in das seinige / üm von diesem zu vernemen / wie er es / mit gewinnung der stadt und erlösung seiner Königin / angreifen solte.

Die Hercinde warfe sich inzwischen auf ein bette /und sahe sich sobald nicht bei ihrer Marpeis allein /da verhielte sie nicht mehr ihren häftigen schmerzen /sondern ließe denselben vollkömlich aus / und fürete so verzweifelte reden / daß Marpeis / als sie des Baleus verhältnis in Damasco / auch was sonnenklare zeichen seiner neuen wankelmütigkeit er von sich blicken lassen / ůmständlich vernommen / nicht mehr sein wort bei ihrer Prinzessin zu halten vermochte /und so bestürzt / als mitleidig / ihrer Prinzessin teure zären mit den ihrigen begleitete / auch ihrem beispiel zu folge / eben also auf ihren Zameis schalte / als wie die Hercinde über den Assyrischen Prinzen sich beschweret. Es verlangte aber diese trostlose Prinzessin den Prinzen Suevus zu sprechen / den ihr abgeschickter eben auf dem weg antraffe / da er zu der neu-angekommenen Prinzessin von Canaan ginge: dan er hatte seine verheisene besuchung seither [617] nicht abstatten können / weil er / unter dem auflauf und gefechte mit den belagerten / auf alles im lager achtung geben můßen. Demnach gienge er nun / sein verlangen zu erfůllen / und von der Coricide zu vernemen / wie es zu Hebron stünde / und was alda die Jerode machte: der Hercinde aber ließe er sagen / daß er in wenig stunden bei ihr seyn wolte. Vergebet mir / liebste tochter! (sagte er zu der Prinzessin von Canaan / als er zu ihr gelanget) daß ich so spat meine schüldigkeit bei euch ablege: ietziger zustand bringt es also mit sich / und lässet mich nicht mein selbst seyn. Ich stunde nicht in geringen ångsten / (antwortete die Prinzessin) soviel geräusche und geschrei diesen morgen vernemend / und begunte zu vermuten / daß solches mir gelten m \chte / und daß meine feinde / mein hier-seyn wissend / mich bis hieher würden verfolget haben. Was sind dan das für mächtige feinde / (fragte Suevus /) die der Prinzessin von Hebron solche furcht einjagen können? Wan ich dieselbe beschreiben / und hierinn mich verständlich erklären sol / (gabe sie zur antwort) so müßet ihr meinen ganzen lebenslauf wissen: dan auser dem werdet ihr die ursachen nicht begreifen können / die den K \nig von Hazor iezt benennen /mich also zu verfolgen. Ich habe diß par stunden (widerredte Suevus) euch gewidmet: wollet ihr nun euren lebenslauf / den ich zwar vordeme zu Hesbon /aber nicht völlig vernommen / mir kund machen /werde ich solches mit begierde anhören. Ich wil /(antwortete sie) eurer gedult / mein vatter! nicht zu misbrauchen / in müglichste kürze fassen / was ich /üm hernach eures guten rahtes zu genießen / zu eurer nachricht vorzubringen habe. Wie sie nun hierauf sich zusammen gesetzet / vername er über eine weile / aus ihrem munde / wie folget.

Die Geschichte der Coricide
[618] Die Geschichte der Coricide.

Weil ich an dem Prinzen Suevus nicht einen zuhörer habe / der darinn ein vergnügen suche / wan ich ihm alle ümstånde beschriebe / die sich in der liebe / zwischen dem Prinzen Ephron und mir / von kindheit auf zugetragen: als wil ich nur mit wenigem anfüren / daß so lang ich denken kan / ich den Prinzen Ephron geliebet / der / als meines herrvattern bruder-sohn / auch meiner fraumutter schwester-sohn / zu Hebron bei uns erzogen worden. Weil dieser Prinz seines vattern liebster sohn / als hatte er auch auf dessen versorgung viel mehr mühe verwendet / als an den Elieser / und mit gutem vorbedacht ihn nach Hebron gesendet: üm dereinst / durch unser beider verheuratung / ihme einen großen vorteil / wo nicht gar die kron von Kiriatharba / zu zuschanzen. Der Fürst Beri / sein herrvatter / ist viel zu bekant / als daß ich dessen gemüte zu beschreibẽ n \tig hätte. Er ist zwar nicht so gar boshaftig / wie seine schwester / die Jerode / welche unwürdig die ehre hat / des Prinzen Suevus gemalin zu heißen: gleichwol regiret der eigennutz alle seine werke dermassen / daß er wenig thut oder fůrnimmet /worbei dieses laster nicht am meisten teil habe. Ich bin so unglůcklich / daß alle meine verwandten / auch die allernåchsten / viel an sich haben / so mehr zu schelten als zu rümen ist: und vermag ich deren mängel / wie sonst meine schüldigkeit wåre / nicht wol zu verschweigen / wan ich anders eine warhafte geschicht erzehlen wil.

Die Prinzessin Jerode / die mich so sehr liebte / als wie sie meine arme fraumutter gehasset / ließe ihr meine erziehung sehr angelegen seyn: wiewol sie die meiner fraumutter schůldige ehrerbietung mir nicht aus dem sin schwetzen konte / sondern das gerade wiederspiel damit [619] erlangte / indem sie mich derselben nur näher an das herze sezte / ie mehr sie mich von ihr abzuziehen bemühet war. Weil nun ihr haß gegen ihr sich auch auf alle die ihrigen erstreckte / als hatte sich Ephron dessen nicht zu erfreuen / daß er ihres bruders sohn war: weil er zugleich der K \nigin schwester-sohn / und also ein vetter ihrer feindin war. Daher verhinterte sie / auf alle ersinliche weisel / dessen herfůrglimmende liebe / und gebote wir ernstlich / mich seiner zu entschlagen / und keine gemeinschaft mit ihm zu haben / als der meiner viel zu unwůrdig wäre. Dieses ihr verbot glückte ihr aber so wenig / als das erste / und zoge mich ja so sehr an den Ephron / als wie ihre abmanungen mich zu meiner fraumutter brachten: welche dieses Prinzen liebe billigte / und ihn wie einen sohn liebte / auch zum teil hierdurch an der Jerode sich zu rächen / dessen armut und schlechte hofnung zur krone nicht beachtend / mir fast gebote /ihn wieder zu lieben.

Dazumal / als dieser Prinz / neben seinem ältern bruder / dem Elieser / aus dem Medischen krieg wieder zu haus gelangte / kame es so weit mit unsrer liebe / daß / auf der Königin anregen / der Beri / sein herrvatter / bei dem König ům mich / für seinen sohn anhielte. Ihr erinnert euch nicht / liebste tochter! ( fiele alhier der Suevus ihr in die rede) daß ihr mir dieses einsmals / im garten zu Hesbon / ausfürlich erzehlet: und entsinne ich mich daraus noch wol / wie übel euer herrvatter diese anwerbung aufgenommen / und wie der Beri nach Sichem zu seinem stiefbruder /seine s \hne aber nach dem gebirge Seir / sich begeben müßen. Ich weiß alles / was sich alda zugetragen: nur dieses ist mir noch unbekant / wie es euch mit dem Prinzen von Hazor / und mit dem Merotas von Tyro ergangen / die den abwesenden [620] Ephron nicht allein eiversüchtig machten / sondern auch gar zu der verzweiflung bringen konten / daß er / üm sich an euch zu rächen / die Melistea / des Elons tochter / zu ehlichen / sich entschlossen. Wie ich verneme / (antwortete Coricide) so wisset ihr / mein vatter! schon mehr von meinen begebenheiten / als ich geglaubet / und erinnere ich mich iezt / daß ich damals / aus gewißen ursachen / meine abenteur mit dem Merotas und dem Madon euch nicht erzehlen können / maßen auch die eiversüchtige Jerode / im garten zu Hesbon / uns daran verhinterte. Es ist / wie ihr saget / (versezte Suevus /) und hat eben diese unsere unterredung zu ihrem nachmaligen unglücklichen beginnen ursach gegeben / die mir so viele seufzer gekostet.

Weil dan der Prinz Suevus albereit weiß / (fuhre Coricide fort) was damals so wol den Beri / als seine söhne / von unsrem hof gebracht / als wil ich nur sagen / wie die Jerode sich bei dieser entfernung bezeiget. Diese hätte es nicht gewünschter sehen können / als es nun ergangen war. Dan / wie sie also den Ephron hinweg getrieben hatte / ware sie gleich bemůhet /andere in dessen stelle zu bringen: massen sie anlaß dazu gegeben / daß des alten K \nigs von Hazor einiger sohn / der Madon / an unsren hof kommen muste /üm eine heurat mit mir zu schließen. Dieser Prinz /der nun schon zimlich bei jahren war / schickte sich so wenig für meine jugend / als schlechten lust er selbst zeigte / ungeliebt zu heuraten: und konte man an ihme wol spüren / daß er / mehr seinen herrvattern zu vergnůgen / als aus eignem belieben / an unsrem hof erschienen war. Wie nun dieses sich bald geäusert / wiewol es die sonst-scharfsichtige Jerode nicht merkte / als verursachte solches zwischen uns beiden eine sonderbare geselligkeit / und ward er / an stat[621] stat eines liebhabers / in meiner liebe zu dem Ephron so gar mein vertrauter / daß er mich anmanete / diesem Prinzen meine treue zu lassen / und nicht von ihm abzustehen. Ich hingegen war bemühet / ihm die Prinzessin Jerode beliebt zu machen / die seinen jahren fast gleich kame: dan ich wåre gern dieser zuchtmeisterin los gewesen / als welche allein die ursach war / daß mein herrvatter den armen Ephron so übel abgewiesen hatte.

Mitlerweile ich mich nun hierüm bemůhet / schickten die g \tter einen andren liebhaber mir auf den hals / dessen ungeschicke und unerträgliche ungestümigkeit die gůtigkeit des ersten dermassen verbitterte /daß alle meine genossene ruhe mir dadurch auf einmal entginge. Dieser ware der Prinz von Tyro / der unartige Merotas: welcher / auser seiner hohen ankunft /nichts von der welt an sich hatte / das ihn konte gefållig machen. Seine äuserliche gestalt / vergliche sich mit seinem innerlichen gemüte: und war er wenig tage bei uns gewesen / da hatten wir dasselbe schon so ungeschickt / als gleich anfangs seine person / befunden. Weil er nichtes bergen konte / als brache gleich sein liebesfeuer herfůr: welches aber mit lauter groben h \lzern angelegt war / und ganz ungereimt vor den tag kame. Die Jerode / als dem Prinzen Madon von Hazor nicht ungeneigt / hatte meinem zureden / so ich ihr gethan / so viel gehör gegeben / daß es ihr nicht unangenem vorkame / diesen Prinzen zu lieben. Solches nun desto eher zu stand zu bringen / wolte sie /daß ich den Merotas ehlichen solte: weil sie / ungeacht ich zwischen dem Madon und ihr freiwerberin war / dannoch eine eiversucht gegen mir truge / und unsere ståtige vertreulichkeit / wenigst auf seiner seite / für eine liebe ausgedeutete; zumal weil er auch gegen ihr sich nicht also erwiese / wie ich ihr von ihm fürgesagt hatte. [622] Daher ich zugleich diese bede befehle von ihr entfinge: daß ich nåmlich des Prinzen Madons mich entschlagen / und den Merotas lieben solte.

Weil der ganze hof ůber den Merotas sein gesp \tte triebe / als war mir dieser befehl der Jerode nicht wenig låcherlich: massen ich auch nicht gläubte / daß sie es ernstlich meinte. Demnach alles in scherz aufnemend / verharrte ich in meiner vertreulichkeit mit dem Madon / und halfe ihm den Merotas verlachen. Dieses verdroße nun die Jerode höchlich / und / meinen ungehorsam zu straffen / brachte sie es bei dem K \nig ihrem bruder dahin / daß ich \ffentlich dem Merotas / in beiseyn der Tyrischen gesandten / als braut zugesaget wurde. Das gerůchte hievon / erweckte bei dem Ephron diese eiversůchtige rache / daß er die Melistea heuraten / und also verachtung mit gegenverachtung vergelten wolte: da ich doch / mitlerweile er mich so unschüldig hassete / äuserst bemühet war / meine treu ihm unverbrůchlich zu halten. Wie ich dan den Prinzen Madon für meinen einigen beistand erkennend / ihn anflehete / mich von dem Merotas zu erlösen: der mir auch solches verhieße / wiewol er mir nicht sagte / wie er es anstellen wolte. Seine verrichtung ware nun hierinn diese / daß er ihn eines tags / ohne mein wissen / bei des Baals tempel / verwartete / und ihn zu kampfe forderend / todt zu erden fårtigte. Weil des Madons vermumte dienere / des Merotas bei sich habende gleich verjaget / als wusten dieselben hernach nicht zu sagen / wer ihren herrn entleibet hatte. Das gerůchte hiervon kame bald nach hof / und folgbar auch mir zu ohren: da ich dan nicht wuste / ob ich diese sonderbare art meiner erlösung dem Prinzen Madon / oder iemand anderem / zu zuschreiben håtte.

[623] Ich überlegte solches noch bei mir / als Jerode zu mir in das zimmer trate / und mir dieses was ich bereits wuste / mit trånen / ankündigte. Weil ich / auf ihren bericht / ja so kaltsinnig als zuvor bliebe /schalte sie mich håftig aus / daß ich demjenigen / an den ich verlobt gewesen / nicht mehrere treu erwiese. Wie es nun hierauf eine harte wortwechselung zwischen uns abgabe / kamen wir auch auf den Prinzen Madon zu reden: dem die Jerode zuschriebe / daß ich solcher gestalt mich gegen den Merotas verhielte. Ich wolte ihr diese einbildung benemen / und bekråftigte hingegen / wiedaß dieser Prinz sie liebte: welches sie aber nicht anname / sondern ihr mißtrauen noch ferner bezeugte / das sie auf den Madon hatte geworfen. Das unglück wolte / daß sie indem diesen Prinzen / über den schloßhof nach meinem zimmer dahergehend / erblickte. Jetzund (sagte sie zu mir) wil ich des Prinzen von Hazor und eure aufrichtigkeit průfen / wan ihr / in meinem beiseyn / da ich mich hier vor ihm verbergen wil / von dieser sache mit ihm sprechen werdet / deren ihr mich überreden wollet. Ich dorfte hierzu nicht nein sagen / hatte auch nicht mehr zeit hierzu / weil Madon indeme zu uns in das gemach trate. Ich ware so voll angst / daß ich fast nicht wuste / was ich tåte.

Jerode stunde nun hinter dem teppich verborgen /und weil der Prinz mich allein zu seyn vermeinte /sagte er freudig zu mir: er hätte mich von dem Merotas erl \set; und erzehlte hierauf ůmståndlich / wie es damit zugegangen. Ich dorfte ihm hiervor nicht danken / weil Jerode zuhörte / und muste mich vielmehr beschweren / daß er eines so gewaltsamen mittels sich bedienet / das ich ja nicht an ihn begehret hätte. Um aber hiervon ihn abzubringen / kame ich gleich auf die Jerode zu reden / [624] [626]meine sorge ihm andeutend / daß / wan sie dieses von ihm erfahren solte / solches ihr die hochachtung für seine person benemen würde. Er beantwortete mir dieses mit so veråchtlichen worten von der Jerode / dergleichen er sonst niemals gegen mir sich vernemen lassen / und beteurete mir hoch /daß alle meine beredungen vergeblich wären / die Jerode zu lieben. Wollet ihr wissen / meine Prinzessin! (sagte er ferner zu mir) was mir für gedancken dieser tagen hievon beigefallen? Wiewol ich nun mich weigerte / solches zu vernemen / zoge er dannoch ein beschriebenes tåfelein hervor / welches er laut ablase /und nachgehends mir zustellte: daher ich solches nachmals meinem gedächtnus eindrucken konte / und ware es ein lied / welches also gelautet.


Da mich die zarte jugend /

die an gestalt und tugend

all andren hålt die wag /

hier nicht verleiten mag:

solt mich das alter sangen /

des abgenůzte wangen

und schlechter tugend schein

von keinen kråften seyn?

Nein / sch \nste! ihr můst wissen:

weil / eurer zu genießen /

die tugend mir verbeut /

daß keine mich erfreut.

Euch werd' ich nur verehren /

und / eure ruh zu mehren /

(ohn andre liebes macht)

bemüht seyn tag und nacht.

Legt mir nicht auf / zu lieben /

da / wo man führt betrůben.

Ich bitt vielmehr / erwegt /

daß / wer das böse regt /

ihm mache viel zu schaffen.

Meint ihr mich ja zu straffen:

so macht es nicht zu schwer /

straft / wo ist wiederkehr.


[626] Bedenket doch / mein vatter! wie der Jerode / so wol als mir / bei anh \rung dieser reimen / zu muht geworden / und ob ich nicht ihren zorn befahren müßen / da sie also des Prinzen von Hazor verachtung / und unsere vertreulichkeit vernommen. Ich besorgte nicht unbillig alles unglück fůr diesen Prinzen / ihr rachgieriges gemůte mir fůrstellend / und vermochte ihn nicht zu warnen / daß er hiermit einhalten solte / weil Jerode durch eine ritze im teppich mich ståts in den augen hatte / und alles mein wesen beobachten kunte. Wie ich ihm nun dieses freie gedichte verweisen wolte /kame zu meinem guten glůcke iemand dazu / der mich nach der K \nigin zu kommen beruffte. Wie nun der Prinz mich dahin geleitet / bekame die Jerode luft /hinter dem teppich wieder herfůr zu kommen. Sie erbosete üm soviel mehr / weil ich also gelegenheit erlangt hatte / im hingehen nach der K \nigin ihm zu entdecken / wie sie ihn behorchet håtte: massen ich sofort tåte / und dem Madon eröfnete / daß Jerode heimlich wäre zugegen gewesen. Man kan erachten /wie er sich hierůber entsetzet / und verwiese er mir so sehr / daß ich ihm nicht gewinket / als sehr ich beklagte / daß er in diese ungelegenheit geraten war.

Weil die Königin noch beständig des Ephrons seite hielte / auch die vertreulichkeit zwischen dem Madon und mir wol wuste / als verheelten wir ihm nicht / was fürgegangen: die uns hinwieder zu erkennen gabe /wie erfreut sie wäre / mich also von dem unartigen Merotas erl \set zu wissen. Sie sorgte aber dabei nicht wenig für den Prinzen von Hazor / weil des Merotas tod ein grosses wesen bei hof machte: dessen ůmstände die erboste Jerode nun schwerlich verschweigen würde. Aber diese listige Prinzessin erwiese sich ganz anderst / als wir vermeinet / und folgenden tags zu mir kommend / stellte sie [627] sich an / als wäre sie mit dem Madon mehr als wol zu frieden / und schluge alles in einen scherz / was er mir gesaget. Sie wolte mich auch ůberreden / daß er gegen ihr sich viel anderst heraus gelassen håtte / und allein / ům seine gedanken geheim zu halten / sich dergestalt gegen mir erwiesen håtte: welches ich ihr also zugefallen glaubte. Es verlieffen aber hiernach wenig tage / da wurde dieser edle Prinz todt in seinem zimmer gefunden /und also der schrecken in Hebron gemehret / da fast in einer wochen / zweier K \niglichen Prinzen ermordung sich zugetragen. Weil Jerode ihn so wol / als wir andere / beweinet / als fiele mir nie ein / sie fůr eine ursåcherin dieses mordes zu halten. Es wurden hierauf gesandte nach Tyro und Hazor abgeordnet / unsren hof wegen dieser betrübten fålle zu entschuldigen: da dan insonderheit der alte K \nig zu Hazor sich gar nicht wolte zu frieden geben / daß er also seinen einigen sohn und tron-erben verloren hatte. Er schwure auch / sich deswegen an unsrem hause zu råchen: woran er zwar damals sich behintert sahe / durch den K \nig Beor von Sichem / der ihme allen überlast täte / und nun / nach dem tode des Madons / sich erben des landes Hazor zu machen / bemühet war; worzu doch die Fürstin Mehetabeel von Seir / die / von der tochter dieses Königs / dem Fůrsten Sobal geboren worden / das nächste recht hatte.

Als ein zeitlang hernach / der reuige Ephron / mit dem Elieser und ihrer beiden herrvattern / sich bei uns wieder einfanden / welche höchstbeleidigt und erzürnet von Sichem waren abgegangen / versönten Ephron und ich uns wieder miteinander / und schiene uns der himmel etwas geneigter / indem der König / mein herrvatter / unserer liebe nicht mehr so sehr entgegen sich erweisend / geschehen ließe / daß Ephron hierinn hoffen [628] durfte. Ich weiß alles dieses / (fiele alhier der Suevus ihr abermals in das wort /) wie es mit eurem liebsten Prinzen / wie auch mit dessen brudern und der Prinzessin von Seir hierauf ergangen / und verspüre nun / daß ihr gutes vorsatzes / die geschicht mit der Jerode und den beiden Prinzen von Hazor und Tyro / ehmals zu Hesbon übergehen wollen / üm nichts solches von meiner gemalin mir fürzubringen /daß mich hätte betrüben k \nnen. Es ist nicht ohn /(antwortete Coricide /) daß mir damals bedenklich fiele / dieses von der Prinzessin Jerode vorzubringen. Ich wolte es auch noch iezt verschwiegen haben / wan nicht leider! dem Prinzen das boshaftige gemůte dieser Fürstin schon satsam bekant wäre: daß sich mir so v \llig erwiesen / daß ich eure h \chste bestůrzung /mein vatter! erwecken werde / wan ich nun mit meiner erzehlung dahin komme / da ihre håftigste bosheit sich hat zu tage gegeben. Kan die wol noch erschrecklicher seyn / (sagte der betrůbte Suevus) als ich bereits von ihr erfahren? Ihr sollet es bald vernemen /(antwortete Coricide) zumal ich mich damit nicht aufhalten darf / was mit der guten Prinzessin Ahalibama nach diesem bei uns fůrgegangen / da ich mich erinnere / daß ich solches alles euch bereits erzehlt habe. Weil des Ephrons hartnäckichtes glůck sich hierbei seines brudern zustande gleichf \rmig erwiese / als kunten wir auch nirgend zu gelangen: und erhielte uns blos die hoffnung / daß dermaleins eine bäßere zeit für uns kommen würde; die mich dan / sowol des geliebten Ephrons abwesenheit / welcher ståts seinem liebsten bruder folgte / und ihn niemals verließe / als meiner mume unaufhörliche verfolgung / ertragen machte.

In solcher zeit / da ich eben auch meiner liebsten fraumutter durch den tod beraubet worden / verhångten [629] die götter / daß der tugendhafte Prinz Suevus ům die Prinzessin Jerode bei uns anwerben ließe: die ihm auch versprochen wurde / und kamet ihr / mein vatter! hierauf zu uns / das beilager mit ihr zu vollziehen. Ich kan wol mit warheit sagen / daß ich damals euch beklagen / und eines so edlen Fürsten trübseligkeit / die ihme mit dieser heurat zukame / beweinen müßen: welche tränen dan leider! all zu wahre propheten gewesen / und hat es nachmals der erfolg ausgewiesen. Weil / nach ihrem abzug / meines bleibens in Hebron nicht mehr ware / auch deshalben der K \nig mein herrvatter begehrte / daß ich mit der Jerode nach der Amoriter gebirge gehen solte / als gehorchte ich diesem seinem gebote. Ich name aber zuvor / durch schreiben / abschied von meinem Ephron der damals /neben seinem bruder / zu Rabbath bei der Ahalibama sich aufhielte / und sandte meinen kämmerling den Nadop dahin: der mir hernach zu Basan die antwort einhåndigte. Weil ich ihme in reimen geschrieben / als hatte er deren sich auch bedienet. Die meinige / waren diese gewesen.


Fahr wol / meines lebens leben!

ich laß' Hebron / weil ich sol

auch bei fr \mden kentnis geben /

was die treue lieb vermag.

Folge mir! und / wie ich sag /

fahr wol!


Sei mein / wie ich dein mich nenne.

Kein gew \lk noch freuden schein /

Unser keusches band zertrenne.

Bleib beståndig felsen fåst /

bis das glůck dich h \ren låst:

sei mein!


Wie bald kan die zeit sich zeigen /

daß des trůben glůcks gestalt

sich geneigter muß eråugen!

[630]

dult indeß und harr mit fleis:

bis uns hofnung ruft / wer weiß /

wie bald!


Seine antwort / die ich hierauf bekommen / lautete also:

Wie bald die vergnůgte tage

bei uns sind geworden alt /

zeiget sich / ohn meine klage /

da ich dein muß můßig gehn!

M \cht ich dich erst wieder sehn!

wie bald.


Sei mein! wird uns gleich gewehret /

daß wir froh beisammen seyn.

Das entfernen doch nicht st \ret

unsrer keuschen liebe glut.

Bleib beståndig auf der hut /

sei mein!


Fahr wol! sch \nste aller sch \nen!

Canaan doch endlich sol

unsre keusche liebe kr \nen:

wan der treue sieg und ehr

fördert deine wiederkehr.

Fahr wol!


Ich håtte zwar wol etwas nötigers / als dieses /mein vatter! euch zu erzehlen. Weil aber die Jerode hinter diese reimen gekommen / und dieselbe in meinem nachtlådlein / neben dem entwurf der meinigen /gefunden / habe ich es melden sollen: ům euch desto deutlicher fürzustellen / wie die Jerode anlaß hiervon genommen / so wol die beharrlichkeit meiner liebe gegen diesem Prinzen mir zu verweisen / als auch aus seinen reimen zu erzwingen / und mir einzubilden /daß er mich seiner beständigkeit mit keinem worte versichert / und ich also mich viel verliebter gegen ihme / als er sich gegen mir / heraus gelassen hätte. Dieses nun gereichte mir zu keinem geringen spott /und ward ich zugleich darüber unmütig! weil ich / ob ich [631] schon die Jerode wol kennte / mir dannoch gedanken hiervon machte: und quålte ich mich so lang mit dieser einbildung / bis der himmel mir etwas gr \ßers zuschickte / das meiner sorge würdiger ware.

Ihr wisset / mein vatter! wie diese boshaftige anlaß dazu gegeben / daß ich / neben eurer tochter der Amorite / euren hof verlassen / und nach Hemath / nach dem unglůckseligen Hemath / reisen muste: da dan der bekante klågliche fall sich begebẽ hat. Ich entschlosse mich hierauf / mit der Ardelise und Amorite glůck und unglůck auszustehen / und mit ihnen nach Mesopotamien zu gehen / welches land sie erkieseten / ihr armseliges leben daselbst unbekant zuzubringen: massen Amorite sich scheute / vor eure augen ferner zu kommen / und ůber sich selbst so beschämet war /daß sie vor aller welt sich verbergen wolte. Ich fande Mesopotamien / wie es mir beschrieben worden / meinen sinnen so gleichf \rmig / daß ich lieber daselbst /als bei dem König meinen herrvattern / die ånderung meines glücks erwarten wolte. Aber die zeitung / die ich zu Canaan erhielte / daß mein herrvatter t \dlich krank danieder läge / brachte mich zu andren gedanken / und achtete ich es der kindlichen schüldigkeit entgegen / ihme in solchem zustand nicht beizuspringen. Der armseligen Amorite muste ich versprechen /den ort ihres aufenthalts niemanden zu benennen: welches ich auch nun halten wollen / wan nicht teils der Prinz Suevus mich gejammert håtte / solcher gestalt von dem zustand seines kindes unwissend zu leben /und ich ůberdas iezt erfahren můssen / daß diese meine herzensfreundin / dem von ihr so sehnlich verlangten tode zu teil geworden. Sesostris / den ihr kennet / (unterredte alhier der Prinz Suevus) hat mir ihren und der Ardelise tod für ganz gewiß und ümståndlich berichtet / das ich euch zur andern [632] zeit erzehlen wil: und hat / der lezten ihr ableiben / der Prinz Baalis von Ammon bei uns unaufh \rlich beweinet. Auch ich kan nun von keiner freude der welt mehr sagen / nun ich diejenige / und zwar auf so elende weise / verloren /die einig und allein mir den vatternamen geben kunte. Aber fahret fort / liebste Coricide! mir zu erzehlen /wie es / bei eurer wiederkehr nach Hebron / euch ergangen sei.

Als ich in Canaan ankame / (vollfůrete die Prinzessin ihre rede) fande ich nicht allein zu Hebron meinen herrvattern schwerlich krank / sondern ich vername auch gleich die betrůbte zeitung von meinem Ephron /daß ihn der König Beor / neben seinem bruder Elieser / weil sie die Ahalibama entfüren wollen / nach Salem in schwere gefångnis bringen lassen. Die freundschaft und liebe wirkten beide deswegen in mir eine ungemeine kümmernis. Es verursachten aber des K \nigs liebkosungen / damit er mich bewůrdigte / daß ich dessen anhaltende schwachheit noch häftiger entfunde / und daher / ům seiner wol zu pflegen / weder tag noch nacht von seinem bette kame. Er klagte mir /daß guten teils der Ahalibama verlust ihm diese krankheit verursachet / die er nun ja so sehr / als wie sein bruder der König Beor / liebte. Um meiner liebe zu dienen / widersprache ich in keinem dinge dieser liebe des K \nigs / ob ich schon selbige in meinem herzen nicht billigen kunte. Ich vergaße auch nicht /bei vorkommender gelegenheit / des Ephrons zu gedenken / und brachte in abwesenheit der Jerode / den König so weit / daß er abermals in dieses Prinzen liebe einwilligte.

Nach dieser erlangten erklårung / ware ich nun freier und \ffentlicher / als zuvor / mit meinem klagen über den zustand dieses Prinzen: richtete es auch / mir [633] zuziehung der gr \sten bei hof / in die wege / daß wir /dieser beiden Prinzen und der Ahalibama erlassung /beim Beor / mit ernstlicher bedrohung / auf verweigrenden fall ihn zu ůberziehen / suchen wůrden. Es wolte aber mein unglück / daß eben damals die Jerode bei uns wieder ankame. Diese flůchtige / die euch /mein vatter! wegen ihres bösen gewissens / verlassen / und ein zeitlang zu Hazor sich aufgehalten / hatte mich so wenig in Canaan vermutet / als ich bestürzt ihre ankunft erfuhre: und weil ich nun ihr wider mich erbostes gemut wuste / wovon ich aus Hesbon / ungeacht eurer vernůnftigen vorsicht / sie bei ehren zu erhalten / bericht entfinge / truge ich kein bedenken /mich ihrer \ffentlich zu entschlagen / und verheelte dem König nicht / wie es mir an eurem hofe mit ihr ergangen ware. Die bestůrzung des Königs / der diese schwester häftig liebte / war so groß / daß er nicht wuste / was er hierzu sagen solte. Und weil ich indessen / da ich allein bei ihm gewesen / sein herz gewonnen hatte / wankte er zwischen der liebe zu der tochter und schwester / unschlüßig / welcher von beiden er geh \r erteilen solte. Die ursach ihrer ankunft / die er bis dahin nicht ergründen k \nnen / muste er nun aus meiner gegebenen nachricht erkennen / und deswegen h \chlich betrůbet / ließe er / auf mein zureden / der Jerode nach Lus / da sie angekommen war / entbieten und sie bitten / daß sie daselbst bleiben / und bis auf weitern befehl nicht fůrter reisen solte / weil er sie nicht sehen k \nte / bis sie sich von den beschůldigungen gereinigt / die sie / von Hesbon und von ihrem gemal hinweg zu gehen / veranlasset hatten.

Der Prinz Suevus / der leider! mehr als zuviel diese boshaftige kennet / kan gedenken / wie / eine so unfreundliche begrůßung / von ihrem so lieben bruder /ihr [634] můsse gefallen haben. Es fiele ihr gleich bei / daß ich dieses wůrde angestellet haben: weswegen sie /alle ihre ränke herfürsuchend / diesen befehl des K \nigs ganz willig anname / und sich erbote / wan sie ja ihren lieben bruder nicht sehen d \rfte / daß sie doch schriftlich ihre unschuld / und die ursach ihrer ankunft / er \ffnen wolte. Als der abgeschickte mit dieser antwort wiederkehrte / sonder ein schreiben von der Jerode mit zubringen / spůrete ich wol / daß dieses dem K \nig misfiele: und begehrte er daher an seine schwester / daß sie dan ihre schriftliche entschůldigung ablegen solte. Wie aber ihr dieser befehl zukame / hatte sie sich krank gemacht / und zwar so gefärlich / daß sie zu schreiben nicht verm \chte. Wie nun der K \nig ihr seinen leibarzt gesendet / und ihn dan / ihre krankheit betreffend / ja so sehr / wie alle andere / betrogen hatte / ließe sie dem K \nig sagen: Er möchte sich ja vor gift und vor heimlichem ůberfall verwahren / auch niemals allein / ohn seine wacht / aus dem palast gehen. Der leibarzt / solches / neben ihrer gefärlichen schwachheit / dem K \nig hinterbringend / gabe dadurch anlaß / daß der in nicht geringe unruhe geriete: auch / da er mir solches sagte / und ich die hierunter verborgen-ligende betrüglichkeit der Jerode ihm fürstellte / merkte ich wol / daß ihm solches misfallen hatte.

Er finge nach diesem tag an / unvertreulicher mit mir ům zu gehen / und täte der Jerode viel heimliche botschaften / weiche / wie ich von etlichen am hof /die ich mir gewonnen hatte / erfahren / darin bestunden / daß er ihr stark anlage / ihm zu entdecken / wer dan seine feinde wåren / die ihn mit gift oder sonst hinrichten wolten. Es war aber / dieses ihm zu offenbaren / der Jerode noch nicht gelegen / und hielte sie ihn immer auf mit der bitte / [635] daß er doch desfalls nicht in sie dringen sondern zufrieden seyn wolte / bis sie ihre völlige gesundheit wůrde wieder erlanget haben: da sie dan zu erst die grobe beschüldigungen von sich ablehnen / und dan aller welt zeigen wolte /wie unglůcklich sie wäre / und wer / mit gift ůmzugehen / bäßer als sie gelernet hätte. Wie sie nun also den König etliche wochen aufgehalten / der inzwischen noch immer bettlågericht war / gewonne sie unterdessen verschiedene kåmmerlinge bei hof auf ihre seite /und unter andern einen / der ståts dem König pflegte das essen hinein zu bringen. Weil ich tåglich selber dem K \nig etwas kochte / und durch diesen kämmerling in seine kammer auftragen ließe / stellte sie es mit ihm an / daß er unvermerkt gift in die schüssel warfe. Wie nun / seit der Jerode geschehener warnung / alle speisen in beiseyn des leibarztes besichtigt / und wegen giftes vorgekostet wurden / fande es sich / daß eine derselben das stärkste gift bei sich hatte. Dieses machte den betrogenen König die augen / wie wol nicht recht / öffnen / daß er einen grossen verdacht auf mich fassete / und nachgehends keine speise von mir mehr essen wolte: ob er gleich zuließe / daß ich täglich dieselben ihm hinein schickte. Ich wurde dessen nicht innen / weil man es vor mir heimlich hielte / und der K \nig noch mehr proben hiervon sehen wolte /ehe er damit heraus bråche.

Inzwischen wurde dem gefassten schluß / die Ahalibama und die beide Prinzen von dem Beor abzufordern / nachgesetzet / und zu dem ende / ům nachdrücklich mit ihm zu reden / eine heimliche verfassung mit den benachbarten K \nigen wider ihn gemachet: worzu fürnemlich der alte König von Hazor / als des Beors abgesagter feind / wie auch die K \nige von Jericho / Jarmuth und Gibeon / sich willigst finden ließen. Diese [636] ordneten nun ihre gesandten nach Kiriath Sepher ab / (dan zu Hebron håtte es m \gen ein zu grosses aufsehen machen) üm von diesem bunde zu handlen: dahin dan / von meines herrvattern wegen / sein vertrautster freund / der Fürst Mamre / abreisete. Dieser nun muste daselbst vernemen / daß der gesandte von Hazor befehl hatte / wegen des an seinem Prinzen Madon vor etlichen jahren geschehenen mordes / zuvor eigentliche erkůndigung einzuziehen / und eher nicht die handlung zu schliessen / bis / nach genauer erforschung / diese unthat gebürlich gerochen und abgestraffet seyn wůrde.

So billig dieses ware / so willig wurde es auch von dem König beliebet: massen er in die Prinzessin von Seir so verliebt war / daß er / dieselbe zu erlangen /und seinem bruder schaden zu zufügen / wol ein weit mehrers / als dieses / würde eingegangen haben. Demnach bekame der Mamre befehl / in des K \nigs namen / und in gegenwart der Canaanitischen gesandten / in des gottes Berith tempel vor dem Altar / \ffentlich zu schwören / daß / wer hieran wůrde schüldig erfunden werden / ohne ansehen der person / dem Moloch zum opfer / und dem vergossenen blute des Prinzen Madons zur versönung / solte geschlachtet werden. Wie dieses geschehen / ließe man dem Ahiam / als gesandten von Hazor / volle macht / nach seinem belieben sich in Hebron zu erkundigen / und die nachfrage anzustellen: der dan / als von der boshaftigen Jerode / wie sie zu Hazor gewesen / schon unterrichtet und voreingenommen / neben seiner K \nigin / in dem fåsten argwan schwebte / daß ich wäre die m \rderin dieses Prinzen gewesen / und daher / die erforschung darnach einrichtend / alle meine bediente / die ich damals in Hebron mit gebracht / ernstlich und hernach peinlich befragen ließe / ob sie von dieser mordthat nichtes [637] wůsten? Ich beschwerte mich zwar sehr ůber dieses harte verfahren / muste aber alles geschehen lassen: weil der König nicht allein mit einem eide sich hierzu verbunden / sondern auch durch der Jerode creaturen in den wahn gebracht wurde / daß ich wol hieran nicht so gar unschůldig seyn möchte. Es betrůbte ihn zwar dieses von herzen / doch konte er nicht hintern / der untersuchung den freien lauf zu lassen.

Nun hatte die verboste lasterhafte Jerode diesen mord an dem edlen Prinzen von Hazor begangen / und aus ungemeiner rache / da sie sich von ihm nicht geliebt gesehen / selber hand mit angeleget / ihn zu ermorden. Sie ware hiezu gelanget / durch ihre damals-habende macht / da ein jeder ihr zu gebot stunde. Sonderlich aber hatte ein vetter des Madons / der Fůrst Achsaph / hierüm gewust / welcher an unsrem hof sich aufhielte / und die Jerode geliebet: aber nachgehends / als sie seine liebe nicht erkante / ihr aufsätzig worden / und darüm / sich an ihr zu råchen / mir diese unthat er \ffnet. Nun dan meine und meiner armen leute unschuld an den tag zu bringen / bate ich ihn /daß er mit mir zum K \nig hinein gehen / und ihm diese that seiner schwester erzehlen wolte. Er name zwar solches willig ůber sich: damit er aber hierauf der gefahr entfliehen / und dem gesandten des Königs von Hazor nicht in die hand kommen m \chte / ließe er seine pferde in den garten des K \nigs bringen / in welchen man gleich aus dessen kammer gehen kunte /üm alsofort sich hinweg zu machen. Wie er nun zum K \nig gekommen / und ihm diese that ůmståndlich berichtet / eilete er nach der garten-tůr / und kame also davon / den König in grosser bestürzung hinterlassend.

Weil ich mit zugegen gewesen / unterließe ich nicht / [638] den König anzuflehen / auf diese erlangte nachricht /die grausame verfolgung meiner leute abzustellen. Indem er aber unschlüßig war / was er beginnen solte / trate der gesandte Ahiam zu uns hinein / und vermeldete dem König / daß nun die täterin wäre gefunden worden / massen zween meiner kåmmerlinge auf mich bekant håtten. Weil / die liebe des K \nigs zu der Ahalibama / die liebe zu seiner tochter und schwester ůberwoge / als wolte er lieber uns beide fůr m \rderinnen ausruffen lassen als långer harren / dem König Beor den krieg anzukůnden: zumal zeitung von Salem einkame / daß daselbst dessen beilager mit der Ahalibama bereits angesetzet / auch daß der Prinz Elieser todt / und mein Ephron bei hof wieder in gnaden wäre. Er name deshalben / so wol des Ahiam / als des Achsaph bericht / fůr bekant an / und mich anschauend / sagte er: Ich müste samt der Jerode nach Hazor zu dem K \nig reisen / und alda mit dieser / welche von uns beiden schůldig seyn m \chte / so gut ich k \nte / es ausmachen. Wie mich diese grausame entschließung befr \mdet / ist leicht zu ermessen. Ich vermochte / weder mit trånen / noch mit vernůnftigen fürstellungen / diesen ungereimten tyrannischen willen des Königs zu hintertreiben / und wurde also dem Ahiam ůbergeben: welcher mich so genau bewachen ließe / daß ich keinen raum zur flucht / oder dem Ephron meinen zustand bewust zu machen / gewinnen konte.

Dieser war immittels zu Sichem / und hatte befehl /unter dem Fůrsten von Bethel / die Canaanitische hülfvölker den Fürsten vom gebirg Seir zu zufüren: und wurde er / so wol von seines herrvattern / als von des Beors leuten / so genau bewachet / daß er zu mir nach Hebron nicht kommen konte. Doch bemühete er sich / mir seinen und den Sichemetischen zustand schriftlich [639] kund zu machen: welches ihm auch gelunge / also daß ich den brief in meine hände bekame. Es ginge mir aber nicht so glůcklich mit meiner antwort: massen die / neben dem waffentråger des Ephrons /durch der Jerode creaturen aufgefangen wurde / und er also meines elenden zustandes unwissend verbliebe. Es verzoge aber der K \nig / solang Ephron noch im lande war / mich nach Hazor zu schicken: aus besorgung / daß dadurch dieser Prinz möchte bewogen werden / etwas wider ihn zur unzeit anzufahen. Demnach bliebe ich solang zu Hebron / bis Ephron nach Seir fort gezogen war: da inzwischen der K \nig die teils-erfreuliche teils-betrůbte zeitung bekame / daß seine Ahalibama zu Salem / wenig tage vor der angestellten hochzeit / sich verloren håtte. Wie nun dieses seine anschläge veränderte / da er von dem Beor / der die Ahalibama nun selber suchete / nichts mehr zu fordern hatte: verursachte solches / daß der K \nig / so wol mit der Jerode / als mit mir / etwas gelinder verfuhre / und nicht zu Hazor / sondern zu Hebron wolte ausgemacht haben / welche von uns beiden an dem morde des Madons schüldig seyn würde.

Zu dem ende kame auch die Jerode / die nun vermeintlich wieder gesund worden war / nach Hebron: und zwar sich h \chst beleidigt befindend / daß der K \nig sie in verdacht von einer solchen unthat ziehen d \rfen. Sie begehrte deshalben ihren bruder nicht zu sehen / und da ihr nun / so wol als mir / vergönnet war / unsere verteidigung fůrzubringen / unterließe sie nicht / alles / was zu behauptung ihrer unschuld dienen mochte / herfür zu suchen. Weil aber solche nicht båßer / als durch meine schuld / konte erwiesen werden / als finge sie an / mit allen den bosheiten öffentlich heraus zu brechen / die sie bisher heimlich geschmiedet und wieder mich ersonnen hatte.

[640] Sie sagte demnach: wiedaß ich zu Hesbon mit euch / mein vatter! in unzucht gelebet / und euch dazu verleitet håtte / sie mit gift hinzurichten: wodurch sie wåre bewogen worden / von Hesbon zu entfliehen /und bei ihrem ehmals-geliebten bruder schirm zu suchen. Denselben aber / mit fůrstellung der unthaten und bösen natur seiner einigen tochter / nicht zu betrůben / håtte sie bisher lieber schweigen und alles ůber sich wollen gehen lassen / iedoch aber nicht gar verheelen k \nnen / in was gefahr der König bei mir schwebte. Nachdem sie zu Hazor einen meiner slaven aufgefangẽ / welcher ein schreiben an den Ephron gehabt / habe sie das erbrochen / und daraus die greulichste unthaten ersehen / die sie zu er \ffnen / weil sie mich erzogen / sich fast schämen müste. Nun sie aber nicht mehr schweigen könte / weil es mit mir auf das äuserste gekommen wäre / als můste sie sagen / wie daß ich / ům dem Ephron auf meines vatters tron zu verhelfen / keine scheu getragen / mich des giftes oder einer verråterei wider den König zu bedienen: und hätte ich diesem Prinzen fästiglich versprochen / dasselbe werkstellig zu machen. Sie hätte dieses aus Lus / wie sie alda / auf mein angeben / im elend schweben müssen / verblümter weise dem K \nig zur warnung sagen lassen / und mich jedoch nicht genennet. Sie wolte auch meiner ferner verschonet haben / wan sie nicht diese lezte bosheit hätte erleben müssen / daß ich / sie zur m \rderin des Prinzen von Hazor zu machen / bemůhet gewesen: den sie doch so innigst geliebet / wie sie nun nicht mehr leugnen wolte / und daher dessen tod mehr / als einiger mensch / beweinte.

Wie nun dieses alles dem K \nig hinterbracht wurde / grausete ihm recht vor mir / daß er ein solches ungeheur zur welt erzeugt hatte. Doch ließe er zu /daß ich [641] auf diese greuliche beschuldigungen mich verantworten mochte: die er zwar meist glaubte / weil es mit vergiftung der speisen zum teil eingetroffen / auch ůberdas meine leute wegen des Madons tod / mich in bösen verdacht gesezt hatten. Wiewol ich nun an allem unschuldig war / so fiele mir doch schwer /diese beschuldigungen von mir abzuwelzen: weil ich euch / mein vatter! da diese boshaftige euch in ja so großen verdacht / als mich / gesezt hatte / zum zeugen meiner unschuld nicht beruffen dorfte / auch durch blosses verneinen nichts ableinen konte. Was aber die andere unwarheiten betraffe / daß ich / etwas so b \sliches / wider den K \nig / an den Ephron solte geschrieben haben / darin pochete ich auf den augenschein: weil ich nicht vermuten konte / daß sie eine solche schrift wůrde darlegen k \nnen. Hiemit vermeinte ich sie gewiß zu schlagen / und berieffe mich im ůbrigen / wegen des dritten / die ermordung des Madons betreffend / auf den Achsaph / begehrte auch die jenige von meinen leuten zu sehen / die mich solcher unthat bezüchtigen dörfen.

Wie man dieses der Jerode wieder fürbrachte / ware sie gleich erbötig / das begehrte schreiben vorzuweisen: massen sie auch sobald dem K \nig ein tåfelein /von meiner hand überschrieben / zusandte. Weil selbiges schiene im feuer gelegen zu haben / und daher hin und wieder ganze w \rter und zeilen ausgeleschet waren: als ließe sie dabei berichten / wie daß sie aus erbosung / diese schrift sofort ins feuer geworfen /nachgehends aber wieder herausgenommen / und bisher aufbewaret hätte. Als man mir diesen zerstůmmelten brief brachte / muste ich meine hand gestehen /besonne mich aber nicht gleich / daß dieses mein lezter brief an den Ephron gewesen: darin dan alle zeilen vom gewaltsamen tode / von gift / von des vatters [642] tron / und dergleichen dingen redten. Ich hatte můhe / diesen grossen argwan von mir abzuleinen / bis mir endlich einfiele / daß in dem lezten brief / den ich an den Ephron geschicket / dergleichen worte enthalten gewesen. Demnach suchete ich unter meinen schriften /da ich dan den ersten aufsatz dieses briefes fande. Ich ersahe / denselben gegẽ diese zeilen haltend / daß alles damit ůberein stimte: und muste vermuten / daß Jerode den brief aufgefangen / und nun dessen zu ihrer bosheit sich bediene. Um aber euch / mein vatter! eigentlicher fůrzustellen / wie sie dieses angefangen / wil ich euch das schreiben zeigen / welches ich hier bei mir trage: und habe ich darin die worte / so Jerode stehen lassen / und die nicht durch das feuer verzehret waren / unterzeichnet. Hiermit zoge sie ein tåfelein hervor / daß sie dem Suevus zeigte / und ihm solches fürlase / wie folget.

Schreiben der Prinzessin Coricide / an den Prinzen Ephron.

Weil eure freude und leiden mir gemein ist / als lasse ich euch urteilen / was fůr ein entfindlicher schmerz meine vergnůgung begleitet habe / zugleich eure freiheit und den tod eures edlen bruders zu vernemen. Ja liebster Prinz! dieses gewaltsame hinopfern des tugendhaften Eliesers / nimmet mir meine sinne also ein / daß ich bald darüber mein eignes leiden euch zu klagen vergesse / welches mir iezt in meines vatters hause begegnet: das aber euer waffenträger / und zugleich meine hofnung erl \st zu werden / die ich auf euch allein gesetzet / dem dapfren Ephron wird er \fnen. Eilet demnach / eure Coricide zu erretten / die hier so wenig vor gift als vor gewalt [643] sicher lebet / und die / zur vergeltung eurer treuen dienste / ihres vatters tron euch anwůnschet / und euch verspricht / bis in den tod sich die eure zu nennen.

Coricide.


Als ich nun ihre bosheit dergestalt gemerket / forderte ich gehör bei dem K \nig: der sich lang weigerte / mir solches zu erteilen / endlich aber / auf zureden etlicher von seinen bedienten / die noch meine seite hielten / mich vor sich kommen ließe. Ich zeigte die abschrift meines briefes / dabei entschuldigend / daß ich an den Ephron begehret / mich zu erretten. Ich richtete aber damit nichtes aus / und muste anhören /daß der K \nig mich auf das håftigste ausscholte / und mir fürrůckte / daß ich ihme bereits einmal mit gift hätte vergeben wollen. Meine unschuld machte mich dieses kůner beantworten / als ich gegen meinem König und vatter thun sollen / und da er mir sonderlich verwiese / daß ich seinen tron dem Ephron angewůnschet / machte mich die ungedult mit diesen worten heraus brechen: Ich hätte wol ursach solches zu wůnschen / weil ich sodan so elend nicht / wie nun /würde gehalten werden. Hiemit war nun alles verderbet / und alle K \nigliche gnade mir auf einmal aufgesaget: so gar / daß meine widerwärtige / dieser gelegenheit sich bedienend / durch meine schuld der Jerode unschuld beweisend / es dahin brachten / daß der K \nig sie wieder nach hof kommen ließe. Meine erzehlung zu kůrzen / wil ich nicht weitlåufig ihre gånzliche aussönung hier beschreiben / wie listig sie es damit angestellet. Ja sie brachte es bald so weit / daß der K \nig ihr sehr nachgehen muste / ihre v \llige gewogenheit wieder zu erlangen: massen sie ihn mehr /als vor der zeit / wieder in ihre stricke bekame / [644] und also ferner keine große můhe mehr brauchte / ihn zu allem / was sie verlangte / zu ůberreden.

Ich wurde nun angesehen / als wan ich aller der mir aufgedichteten laster / nämlich der ermordung des Prinzen Madons / der vorgehabten hinrichtung des Königs / und der verůbten unzucht mit dem Prinzen Suevus / völlig wåre ůberfüret worden. Jerode feirete auch nicht / bis sie es dahin brachte / daß ich des K \nigs von Hazor leuten ůberantwortet / und solcher gestalt / als die årgste ůbeltåterin / nach Hazor geschleppet wurde. Ich entsetze mich / (fiele ihr Suevus alhier in die rede) über diese unerhörte bosheit der Jerode. Ich würde aber solche noch mehr bewundern /wan nicht auch ihre brüder mir ursach gäben / ihre harte und tyrannische sinne zu betrachten / die sie wider ihr eigen fleisch und blut verübet haben. Aber saget mir doch / liebste tochter! was tåte Ephron hierbei? Mir ist bange für euch / ob ich euch gleich iezt frei bei mir sehe.

Dieser treue Prinz (sagte Coricide) war damals in Seir / und zwar meinetwegen sehr unruhig / weil er keine antwort von mir erhalten. Und ob man wol / als er noch in Canaan gewesen / alles mit mir sehr geheim angestellet / so hatte ihn dannoch mein übler zustand geahnet. Demnach / und weil auch eben damals die Fůrsten von Seir / an des großen Edoms dreien gemalinnen / unter denen auch seine schwester gewesen / die greuliche mordthat verůbet hatten / eilete er aus Edom hinweg / und kam eben in Canaan / als ich meinen betrůbten einzug in Hazor hielte. Wie es nun mit mir kein geheimnis mehr war / als erfuhre er alsobald / wie es mir erginge und daß er mich in gleicher grausamen todesgefahr anträffe / wie die / so auf dem Seirischen gebirge seine schwester aufgerieben hatte. Er eilete fůrter nach [645] Thapua zu seinem herrvattern: den er in grosser verwirrung und betrübnis / wegen des todes seiner tochter / der Fůrstin Judith von Edom /antraffe. Es war der Beri zu diesen trauerfållen nicht so unentfindlich / als wie er sich bei des Eliesers seinem angestellet: und weil ihm nun / auf diese beide so eilig aufeinander folgende todesfålle / der Prinz Ephron allein übrig geblieben war / als wandte er zu selbigem alle seine vätterliche hulde / ihme mehr als jemals liebkosend; daher er auch dessen schmerzliches anligen / meinen zustand betreffend / wol zu herzen fassete / und ihnen allen beistand zu leisten verhieße. Es entstunde aber eben damals die große kriegszurůstung in dem Sichemitischen K \nigreiche / da der Beor auf Syrien seine gedanken gerichtet / auch / weil er in erfahrung gebracht / daß seine Ahalibama sich hier in schutz begeben / selbst in person mit zu feld gegangen war / üm seine braut wieder einzuholen. Um des willen hatte nun Beri viel zu thun / als stathalter des reichs / alle drohende einheimische feindseligkeit abzukehren: zumal des Beors an dem frommen König Melchisedech von Salem / verübte tyrannei /indem er ihn zu Sichem unschuldig in verhaft und schwere bande genommen / ganz Canaan reg machte /und also Beri einen ehisten ůberfall von den benachbarten Königen befahren muste.

Wiewol nun Ephron / bei solchen ümstånden /keine \ffentliche hülfe von seinem hervattern wider den K \nig von Hazor / erlangen kunte / beredte er ihn dannoch dahin / daß er ihm / zu seinem ersonnenen anschlage / tausend man hergabe: mit deren hůlfe er /durch eine list / weil ihm hierbei mit gewalt etwas fůrzunemen verboten war / mich aus des Königs von Hazor klauen zu retten verhoffete. Er hatte durch kundschaft erfahren / daß [646] man mich würde in der Mobiter land / nach dem tal Hinnon / zu dem pråchtigen tempel des Moloch bringen / üm alda / für des Madons vergossenes blut / mich aufzuopfern. Demnach passete er heimlich auf / bei Jericho / und war so glůcklich / als die von Hazor mich dahin brachten /daß er mich aus ihren hånden erl \sete. Was ist es n \tig / unsere wechsel-freude hier vorzubilden / die wir beide hierüber entfunden? Ich mag nur sagen /daß ich hierdurch wie vom tod erwecket worden: weil ich bereits alle hofnung verloren hatte / davon zu kommen / und den willen der götter mich ergebend /in gedult erwarten wolte / was die ůber mich wůrden verhånget haben.

Mein Ephron / für vergnügung fast aus sich selber /brachte mich nach Thapua zu seinem herrvattern: der aber / so froh er auch / ůber diesen glůcklichen ausschlag von dem fůrhaben seines sohnes / sich erwiese / dannoch in bedenken zoge / mir meinen aufenthalt bei ihme zu g \nnen. Die ursach dessen ware / daß er besorgte / er m \chte dadurch noch ferner den Canaanitern anlaß geben / in des Beors land einzubrechen /da vorhin schon des Melchisedech verhaftung / wie gesagt / alle benachbarte Könige aufgeregt hatte. Demnach schluge er fůr / ich solte mich heimlich nach dem König von Sidon begeben / als dem nähsten und sichersten hof / da ich willigst wůrde aufgenommen werden: weil der K \nig gelegenheit gnug hätte / mich verborgen zu halten / wan er etwan / mich \ffentlich zu dulten / in bedenken ziehen möchte. Um den Beri bei gutem sinn zu erhalten / musten wir ohn widerrede dieses eingehen / ob ich gleich tausendmal lieber meine flucht nach Basan hätte nemen mögen / alwo ich eures beistandes / mein vatter! mich hätte versichern können. Weil demnach kein widerreden [647] fruchten mochte / ginge die reise nach Sidon fort: da dan /in meinem unmut / die gegenwart meines Prinzen mich noch erquickte / deren ich / nach so langer abwesenheit / mich nun gebrauchte / so wol mein ausgestandenes elend ihm zu klagen / als von ihm seine abenteure zu vernemen / die ihm begegnet waren.

Der K \nig zu Sidon name mich nun willigst auf /und versprache man mir daselbst ruhe und sicherheit /alwo damals die gr \ste unruh regirte. Dan ich befande / bei meiner ankunft / die Königin und den Kronprinzen gefangen sitzen / weil sie in offenbarer blutschande beisammen waren ertappet worden: und redte man bei hof von nichtes / als von der Prinzessin Orosmada / die man iezt wieder herbei verlangte / und gegen ihr eine grosse liebe und hochachtung bezeugte / weil sie vor ihrer stiefmutter von hof entfliehen můssen / und nun durch deren erkante schuld unschůldig war erfunden worden. Es muste aber der Prinz Ephron mich daselbst wieder verlassen / weil die unruhe in Canaan ihn nach haus beruffen: und stunde / bei seiner rükkehr / bereits alles in vollen flammen / indem der K \nig / mein herrvatter / neben dem König von Hazor und seinen andren bundsgenossen / in das k \nigreich Sichem eingefallen ware / üm / wie sie vorwendeten /den unschüldigen K \nig von Salem zu befreien / eigentlich aber / des Beors gewalt zu brechen / und ihn zu verhintern / daß er die Prinzessin von Seir nicht er langen m \chte / auch mich / die sie zu Sichem sucheten / wieder in ihre hånde zu ůberkommen.

Meinem Prinzen / deme das verhängnis auferleget /allemal für die sache zu fechten / deren er zuwider war / muste sich zum General wider die Könige von Canaan bestellen lassen / und also des Beors land /den [648] er doch zu hassen so grosse ursach hatte / beschützen / hingegen den unschüldigen Melchisedech verfolgen helfen / und wider dessen befreiere streiten. Also konten nun die K \nige den Sichemiten wenig abbruch thun / bis die Armenier von Ararath dazu kamen: deren dapfrer K \nig Togarma / und der berůmte Adonias / mit einer grossen macht in Canaan einbrachen / und den K \nig von Salem wolten befreien helfen. Weil nun der K \nig von Hazor / den übermut des Königs Beor zu dåmpfen / und mich / als das sün-opfer seines sohnes / in seine gewalt zu bringen /meist die waffen fůrete / die andre K \nige aber /neben dem grossen Togarma / den Melchisedech ihren bundsverwandten zu retten / ausgezogen waren / und der König von Kiriath Arba / mein herrvatter / die Ahalibama zu ůberkommen / seinen grösten zweck seyn ließe / worům er kriegte: als teilten sie sich dieserwegen in drei unterschiedene haufen. Der K \nig von Armenien / neben den K \nigen von Jericho / Jarmuth / Gibeon und Lachis wie auch der Prinz von Caphtor / und die Fürsten von Edom und Midian / so sich mit für den Melchisedech erklårt hatten / stritten wider den Beri. Der König von Hazor / weil er den ort meines aufenthalts erfahren / wandte sich nach Sidon. Mein herrvatter aber ginge / mit einem ansehnlichen heer / hieher nach Syrien: des willens / sich wider den Beor und seine Canaaniter / zu den Syrern zu schlagen / und alsdan eine gelegenheit abzusehen / wie er die Ahalibama aus hiesigem lager entfüren möchte.

Diesen lezten hatte die Jerode / nicht aus wahrer treue / sondern aus einem erschrecklich-bösen beginnen / hierzu beredet. Dan dieses unmensch ware /nicht vergnůgt an der rache / die sie über mich erhalten / auch selbigem ihrem leiblichen bruder im herzen feind [649] worden / ům daß er sie so lang zu Lus sitzen lassen / auch wegen des ermordten Prinzen Madons in verdacht halten d \rfen. Demnach erdachte sie wider eine greuliche und unerhörte verråterei / ihn nicht allein vom brod zu richten / sondern auch sich zur Königin von Hebron zu machen. Sie brachte zu wegen /daß er nach Syrien ginge: und machte heimlich die anstalt / durch ihre erkaufte b \swichte / daß er unterwegs solte hingerichtet werden. Was sol ich sagen /mein Prinz! ihr anschlag ginge ihr so glücklich von statten / daß Hebron sie fůr seine Königin erkante /nachdem ihr das haubt des Königs / meines herrvattern / als das erste opfer ihres tyrannischen regiments /wiewol ganz heimlich / gebracht worden. Nichtes gehet mir näher / bei diesem kläglichen tode des K \nigs / als daß er ohne zweifel seinen geist aufgebend / mich sein leibliches kind / für die ursach dieser seiner ermordung gehalten / weil er solches auf keine weise von seiner schwester ihm einbilden oder vermuten k \nnen. Erlaubet mir / meine trånen alhier zu vergiessen / die dieser vatter von mir fordert / ob gleich sein verfahren gegen mir mehr als hart und ungerecht gewesen: dazu ihn zwar die b \se Jerode verleitet / die ihm sein vatter herz genommen hatte.

Ich weiß gar nicht / was ich hierzu sagen sol /(finge der bestůrzte Suevus an zu reden / mitlerweile die Coricide ihre tränen abtrocknete) daß der himmel eine so boshaftige creatur mit solcher klugheit begaben wollen / die da fähig wäre / mit ihren listigen erfindungen die ganze welt ůber einen haufen zu werfen. Nunmehr ist mein verlangen unbeschreiblich / zu vernemen / wie es dieser neuen Königin ergangen sei. Der Simron / (fuhre Coricide fort) welcher an unsrem hofe stäts die bedienung eines feldhaubtmans versehen / war derjenige / [650] so der Jerode zu diesem greulichen beginnen behůlflich gewesen / und zwar in solcher geheime / daß weder eines noch das andre /wegen dieses bruder- und K \nigs-mords / in verdacht geraten. Sie beweinten beide diesen grossen verlust /welchen Hebron hierdurch erlitten / und name Jerode /als gezwungen / die regirung auf sich / ließe auch allen bunds-verwandten entbieten: daß sie neben ihr dahin bedacht seyn m \chten / dieses vergossene Königsblut / an dem Beri / dessen sohne und mir / zu rächen / weil sie und Simron so viel nachricht hätten erhalten / daß von uns dreien diese greuliche that wäre angestiftet worden. Sie erlangte hiermit ihrer aller mitleiden und beifall / und gingen sie hiernåchst noch frischer auf die Sichemiten los / also daß der Beri und sein dapfrer sohn der mänge weichen / und Sichem verlassen muste. Der unschůldige Melchisedech wurde hierauf wieder befreiet / und in Salem eingesetzet.

Der K \nig von Hazor war mitlerweile in das land Sidon eingefallen / und begehrte / daß man mich ihm solte folgen lassen: worzu zwar der großmůtige K \nig Siphon sich nicht verstehen wolte / gleichwol mir an die hand gabe / daß ich / indem die gesandten von Hazor in Sidon geh \ret wurden / heimlich entfliehen solte; massen er mir auch leute zuordnete / mich dahin / wohin ich verlangte / zu begleiten. Diesem nach wehlte ich Syrien zu meinem schutz-orte / und kame glůcklich bis nach Hierapolis: da ich den Syrischen Fũrsten Thare angetroffen / welcher ein neues heer Syrer samlete. Ich erfuhre von ihm allen hiesigen zustand / und von dem Achsaph / (den das glůck ungefär dahin gefůret) was verånderliches seither in Canaan war fürgegangen. Weil dieser sich bisher sehr bemühet hatte / meine unschuld wider die Jerode völlig an den tag bringen [651] zu helfen / als war er so glücklich gewesen / daß er dreie von ihren fůrnemsten bedienten /die üm alle ihre lose håndel ümståndlich wusten / in seine hånde bekommen: welche nicht allein mündlich und ausfůrlich aussagten / was ich iezt euch / mein vatter! erzehlet / sondern auch mit der Jerode eigenhåndigen briefen es bescheinen konten.

Weil sie ůberdas berichteten / das Jerode iezt darauf aus wåre / den Beri / ihren bruder / als rechtmäßigen K \nig von Kiriath-Arba / und dessen sohn den Prinzen Ephron / aus dem weg zu raumen / und daß ihrer viele hierzu heimlich erkauft wåren: wurde mir sehr angst fůr den Ephron / zumal ich nicht wuste /wo er sich befände. Ich tåte aber hierwider soviel / als ich konte / und schickte gleich den Achsaph / mit dessen bei sich habenden / zu den Canaatischen Königen und dem von Armenien / der Jerode bosheit ihnen kund machen: in hofnung / sie dadurch zu bewegen /daß sie ihre seite verlassen / und sie also machtlos machen m \chten. Wenig tage hernach / als diese abgefårtigt waren / bekame ich zeitung von meinem Prinzen / daß derselbe / neben dem Beri seinem vatter / einen aufstand in Kirath Sepher erreget / und sich desselben ortes bemåchtigt håtte / auch ůberall aus dem lande zulauf bekäme / und wider die aufgeworfne Königin Jerode sich stårkte: welches mir dan keinen geringen trost gabe / in hoffnung / daß / bei solcher bewandnis / des Achsaph abfårtigung an die gesamte K \nige zu rechter zeit kommen / und alles fernere unheil dadurch wůrde gestöret werden.

Ich reisete nun wolgemut mit dem Thare hieher warts / als der seine neue völker beisammen hatte /wurde aber in neue angst gesetzet / als wir auf dem wege nachricht erhielten / daß uns der König von Hazor mit einem [652] grossen heer verfolgte: welcher / als er meine flucht von Sidon ausgespüret / mich schier eingeholet håtte / wan nicht der Thare mit seinen Syrern so starke tagreisen gethan / und also ihnen entwischt wåre. Dieses ist nun kürzlich / mein vatter! der Coricide unglůckseliger lebenslauf / und der bericht von ietzigem zustand in Canaan: da der Beor / euer feind / alle seine gewalt verloren / eure unwůrdige gemalin K \nigin von Hebron heisset / Beri und mein Prinz in Kiriath Sepher sich wider dieselbe von tag zu tag stårken / und die Armenische neben der andern Canaanitischen macht / euch und den Syrern vermutlich / bald zu hůlfe kommen wird / wan ihr solches verlanget.


* * *


Euer gethaner bericht / liebste Prinzessin! (sagte Suevus hierauf) ist uns allen alhier sehr dienlich / und wird es nötig seyn / daß man sofort den zustand von Canaan im kriegsrat fůrbringe und ůberlege. Euer ausgestandenes und recht ungemeines leiden / wird der himmel bald mit glücke verwechslen: und wie eure unschuld schon an den tag gekommen / also wird auch forthin die ruhe und ein vergnůgter wolstand euer leben beständig begleiten. Wan ich ům die Jerode mich noch annåme / wolte ich mich bemühen / sie zu entschüldigen. Weil aber diese unholdin nicht wert ist / daß sie eures vattern schwester und meine frau heisset / als wil ich mehr / als iemand anders / sie verfolgen / und ihre gebürende abstraffung helfen bef \rdern. Hierauf erinnerte er sich der Prinzessin Hercinde / die ihn so nötig zu sprechen verlangt hatte. Solches nun zu vollziehen / gleichwol aber die Prinzessin von Canaan nicht im gezelt allein zu zuverlassen / bote er ihr an / ob sie nicht zu dem andren frauenzi er / das sich im lager bei ihnen aufhielte / [653] sich begeben wolte? Sie ließe ihr solches gefallen / und wie ihr der Suevus alle anwesende K \niginnen und Prinzessinnen hergenennet / wehlte sie auf die Königin von Salem: weil bei derselben die Prinzessin Jaelinde sich aufhielte /die sie vor dessen in Canaan wol gekant hatte.

Demnach ließe Suevus seinen wagen bespannen /sezte sich mit ihr darauf / und fuhre / in begleitung einer starken wacht / deren er sich / seit der Hercinde warnung / bedienet / nach dem gezelte der Königin von Salem. Unterwegs begegnete ihm der waffenträger des Prinzen Baalis / der dessen ankunft aus Basan mit zehntausend Celten berichtete: welches er der Hercinde / als eine gute zeitung mitbringen / und nun / seine abreise zu beschleunigen / ihm vornemen konte. Sie fanden aber / in der Eurilinde gezelt / eine grosse gesellschaft / nåmlich die Königinnen Hermione und Roma / den Prinzen von Hevila / die Fürstin Mehetabeel / und die Prinzessin von Caphtor /beisammen. Wie nun Suevus seine schöne frömde der Königin von Salem überliefert / die von der Jaelinde alsobald erkant worden / eröfnete er ihr mit wenig worten / wer die Coricide wäre / und was sie dahin brächte: daher Eurilinde diese schöne Canaaniterin auf das freundlichste entfinge / und ganz begierig /nach dem zustand in Canaan und nach ihrem liebsten Melchisedech / sich erkundigte. Ihre freude war unmeßlich / als Coricide ihr erzehlte / daß der König von Salem / durch ihren herrvattern / den König von Armenien / wäre erlöset worden / wozu auch der dapfere Adonias viel geholfen håtte. Weil sie also von den dreien personen / die ihr die nächsten und liebsten waren / gewünschte zeitung erhalten: erwiese sie nun /mehr als iemals / eine herzliche begierde [654] / wieder bei ihrem gemal zu seyn / und ihme den Adonisedech / so wol erzogen / zu überliefern.

Indem aber hiervon die gesellschaft ihre unterredung / auch der verliebte Jethur seiner Roma zu er zehlen / begunte / was für ein gespräche er mit der Hercinde gehalten / eilete Suevus wieder von ihnen nach dieser Prinzessin / die er in einem erbärmlichen zustand antraffe: massen sich dieselbe also dem entfindlichsten schmerzen ergeben hatte / daß Suevus zu grossem mitleiden bewogen wurde / ehe er noch die ursach ihres anligens von ihr vername. Sie hatte sich auf einen ausgebreiteten teppich / und ihr haubt in den schoß ihrer getreuen Marpeis / die bei ihr kniehete /geleget / die ihre milde zären unabläßig abtrocknete: und gabe sie / durch ihre vielfältige seufzer / ihre herzens-bangigkeit so sehr hervor / daß der Prinz hierüm so grosses entsetzen als erbarmen in sich fülete. Was ist immermehr hier geschehen (singe er an zu reden) das die grosmütigste Prinzessin der welt hat also können herunter bringen? Ach Suevus! (antwortete sie ihm) warům seit ihr nicht eher gekommen / da ich noch mehr wut als weichmůtigkeit in mir entfande /und mehr gesinnet war / mich zu rächen / als durch tränen meine schwachheit an den tag zu geben? Wer ist dan derjenige / (fragte er weiter) wider den diese rache ergehen sol? Der ungetreue Baleus! (sagte sie) der mich nur geliebet / so lang er nicht gewust / daß Aramena seine schwester wäre: nun er aber solches erfahren / setzet er die unglůckselige Hercinde hintan / und machet die ganz verächtlicher weise aller welt zu spotte / indem er ihre leichtglaubigkeit einer an dern schönheit aufopfert.

Haben sie dan (fragte Suevus) dessen einen wahren grund? Wie solte ich nicht haben / (antwortete die [655] betrůbte Prinzessin) da meine mitbulerin selber es schriftlich gegen dem Prinzen Abimelech gestanden /daß Baleus sie liebe. Hierauf erzehlte sie ihm in der kürze / was Elhanan berichtet / und machte damit /daß Suevus nicht mehr zweiflen konte / sondern den Baleus fůr unbeständig halten muste. Wie ihm nun solches nicht wenig zu herzen ginge / als name er daher gelegenheit / die Prinzessin zur rache anzumanen / ihr fürstellend / daß / nach diesem bezeigen des Baleus / sie nicht mehr gehalten sei / mit ihme im bund zu verbleiben / den sie / neben der Königin Mirina und dem Hiarbas / mit ihm aufgerichtet / und könte es nun nicht anders seyn / als daß man Assyrien den offenbaren krieg anb \te / und also an allen Assyriern die leichtsinnigkeit ihres Prinzens bestraffete. Ich bin eurer meinung / edler Suevus! (sagte hierauf Hercinde) wiewol ich nicht gleich mein gegebenes wort zurůck ruffen / und / wegen des Baleus / den Hiarbas und meine schwester verlassen kan. Ich werde demnach deren vorhaben so lang befördern /bis es zu einem zweck wird hinaus geschlagen seyn: wornach ich mich öffentlich erklären will / daß ich eine abgesagte feindin aller Assyrier zu sterben begehre. Nun sie aber (wandte Suevus dagegen ein) so rechtmäßig befugt sind / den Baleus zu verlassen /solte ich vermeinen / daß dieses nicht wäre aus der acht zu lassen: ům zugleich dadurch der Mirina bösliches fürhaben zu verhintern / das sie mir gestern vertrauet.

Ihr wisset / mein Prinz! (antwortete hierauf die Prinzessin) daß ich euch ein mittel fürgeschlagen /sowol der Mirina grim zu entgehen / als Basan vor ihren anschlägen zu bewahren / wan ihr nämlich eilen werdet / dem König meinem bruder bewust zu machen / was ich euch er \ffnet / und ihme meine vorschläge vorstellet / [656] die die Mirina besänftigen / und ihme / wie auch dem Tuscus Sicanus / friede und ruhe in ihren landen erhalten können. Die neue hůlfe aus Basan / (widerredte Suevus) ist unter dem Prinzen von Ammon bereits in der nähe: weswegen ich / wan meine Prinzessin auf vorigem vorschlag beharret / selbigem zu folgen / und mich / den weg nach Basan vor mich zu nemen / entschliessen werde. Eilet / mein Prinz! (gabe Hercinde zur antwort) und lasset euer edles leben nicht långer in solcher gefahr: massen Mirina nicht ruhen wird / imfall ihr långer allhier verweilet / bis sie an euch ihre wut erfülle. Ziehet hin und eröffnet meinem bruder / wie es mir ergehet / und wie /diese verachtung seiner schwester / rache erfordere. Stellet ihm vor / daß des grossen Marsius und der Arovinda tochter diejenige sei / die also beleidigt worden / und daß des Trebeta stammen oblige / sich des reichs Assyrien zu bemächtigen. Nichtes sol hinfort mich hiervon abbringen: und bekenne ich meine schuld / daß ich bisher / durch die liebe / von dem fůrnemen / so mich anfänglich aus Celten gefüret /mich ableiten lassen. Es wird aber der ungerechte Baleus nimmermehr bei meinem bruder sich damit entschüldigen / daß er durch die gröste sch \nheit der welt / die ihn selber gefangen hält / zur unbeständigkeit sich bewegen lassen: massen Hercinde noch wol würdig ist / daß ich / weder der Aramena / noch einiger andern / etwas nachzugeben begehre. Ja / Suevus! ich erkläre mich / dieser Königin ihre feindin zu seyn / weil sie mir mein liebstes entzogen.

Alhier nötigten diese beleidigte Prinzessin / die viele tränen und seufzer / daß sie zu reden einhalten muste: und verhiesse ihr Suevus / alles fũr sie in Basan auszurichten / was zu ihrer billigen rache dienen konte; sie daneben [657] ermanend / ihre grosmut hierinn zu gebrauchen / und zwar zorn und rachgier /doch ohne schmerzen / vorzukehren auch dem undankbaren Prinzen durch ihre tränen kein frolocken zu erwecken. Ach Suevus! (sagte hierauf die Prinzessin) wie edel wäre euer raht / wan mein gemüte fähig wäre / bei ietzigem zustande denselben alsofort zu ergreifen. Doch wil ich mich dahin bemühen / und das / so ihr iezt an mir sehet / fũr aller welt verbergen / und weder gegen dem Baleus / noch gegen dem frolockenden Prinzen von Hevila / meine schwachheit / die noch aus einem überrest der liebe herrüret / blicken lassen. Als sie diß gesagt / stunde sie eiligst von ihrem lager auf / des willens / die Königinnen von Kitim denen sie vorigen tags sich schon ansagen lassen / zu besuchen: ům dadurch zu erweisen / wie die zeitung von des Baleus untreu / ihr nicht so sehr zu herzen ginge / daß sie darům alle gesellschaft meiden / und ihrer zusage sich nicht erinneren wolte. Und ob sie gleich / da Suevus ihr berichtet / wiedaß er / bei diesen beiden K \niginnen / den Prinzen von Hevila gefunden hätte / wol vermutete / daß die Roma und Hermione von ihm alles ihr anligen wůrden erfahren haben: achtete sie doch solches nicht / sondern machte sich so stark / auser einer grosmůtigen verachtung /ihnen kein leidwesen sehen zu lassen.

Der Prinz Suevus aber / als er urlaub von ihr genommen / begabe sich nach dem gezelt des Abimelech / ům demselben / sowol die ankunft der zehntausend Celten mit dem Prinzen Baalis / als den Canaanitischen zustand und des K \nigs von Hazor näherung / anzumelden / auch wie er fůr seine person eine n \tige reise nach seinem K \nig ůbernemen můste. Er fande diesen helden unter seinen Syrischen Kriegs-bedienten / denen [658] er allerhand nötige kriegs-befehle erteilte. Er wurde von ihme mit so munterem wesen entfangen / daß er daraus abnemen kunte / wie daß diesem verliebten Prinzen eine sonderbare fr \liche post můste zugekommen seyn. Weil aber Abimelech sich deswegen gegen ihme nicht heraus ließe / als war er auch nicht so fůrwitzig / darnach zu fragen: massen ihme mehr im sinne lag / seines eigenen K \nigs und der seinigen zustand zu bedenken / als hierům sich sonderlich zu bekümmern. Demnach / wie er merkte /daß der Prinz in seiner gegenwart sich zwunge / eilte er bald wieder von ihme / nachdem er gutwillig seine erlassung erhalten / üm seine reise nach Basan vor sich zu nemen. Es stellte sich auch der Prinz / ůber die neue hůlfe aus Basan / nicht so frölich an / daß er n \tig befunden hätte / ihme mehr volks anzubieten.

Sobald er hinweg war / und es bereits abend zu werden begunte / sezte sich der verliebte Abimelech zu pferd / und ritte von dem Arsas und sonst wenigen der seinen begleitet / gegen der stadt: unterwegs / mit diesem treuen Fürsten / von seiner liebsten K \nigin /und von der glückseligkeit redend / die er nun bald in ihrer gegenwart zu genießen hoffete. Werter Arsas! (sagte er zu ihme) dünket euch nicht / daß nun einmal das wankelbare glück aufh \ren werde / meiner liebe und ruhe so mancherlei hinternisen zu bringen? da ich nun hoffen darf / ehest unsere Königin wieder zu erl \sen / und meister von Damasco zu werden? Arsas /den diese worte höchst erfreuten / wuste nicht / woher diese hofnung růrete weil ihme unbekant war / was Elhanan heimlich berichtet. Wie er nun hierům den Prinzen ganz begierig fragte / entzoge derselbe sich nicht / ihme mit wenigem zu entdecken / was der Prinz Dison fůr sie gutes angestellt hatte. Dieser edle Prinz / (sagte er) wil sich an mir råchen / [659] daß ich ihm sein bestimtes Königreich Ninive wieder erworben habe / indem er iezt bemühet ist / uns die stadt Damasco zu liefern: wie er dan einen verborgenen gang gefunden / der von der Kemuelsburg hinaus in das feld gehet / den er auszuraumen und zum durchgehen bequem zu machen / seit daß er iezt in Damasco ist /durch die ihm-ergebene Sabeer heimlich arbeiten lassen. Es ist ihme aber vorher die unvermutete gelegenheit in die hånde geraten / daß er nicht allein der Kemuelsburg sich bemåchtigt / sondern auch unsere liebste K \nigin dahin in sicherheit gebracht: da er nun / wider die ganze Assyrische macht / bereits etliche tage diese burg vertätiget. Er wird aber / ohn unsere hülfe / sich in die länge nicht halten können: weswegen Elhanan heraus gekommen / mir dieses zu eröffnen / und den ort ungefår an zu weisen / wo sie inwendig arbeiten; damit wir von dieser seite ihnen zu hülfe kommen / und desto eher dieses werk zur endschaft bringen mögen.

Dank sei dem Höchsten! (rieffe hierauf der getreue Arsas) daß es so gut ům unsere sachen stehet: und wundere ich nun nicht mehr / dieses vernemend / daß ich so ungemeine munterkeit an meinem Prinzen verspůret. Wie lang wird mir doch die zeit / (antwortete Abimelech) ehe die nacht einbricht / ům den glůckseligen ort zu suchen der mich nach meiner K \nigin fůren sol? Warům muß man dan hierzu der nacht erwartẽ? fragte Arsas. Die beschwerliche gegenwart der beiden schwestern des K \nigs von Basan / (widerredte Abimelech) wie auch der andern Celten und frömden völker / die sich hier befinden / verwehret mir / dieses offenbar zu machen. Dan weil Mirina und Hercinde / zwischen den Assyriern und uns / mittelspersonen abgeben wollen / als werden sie es hintern /der stadt meister zu werden / ehe sie wissen / wie ihr[660] fürtrag angenommen worden: da / ungeacht der Belochus seinen sohn den Prinzen von Assyrien gar ůbel hält / gleichwol der Prinz von Egypten bei dem Pharao beginnet båßer angesehen zu werden. Dieser möchte nun leicht zu wege bringen / daß die Assyrier sich bequemten / dieser friedens-handlung das ohr zu bieten: wodurch wir / bei notwendiger verweigerung /solche fürschläge einzugehen / fünfzig tausend man uns auf den hals ziehen werden / welche unfern von hiesigem lager / der Mirina und Hercinde / wie auch dem Baleus und Hiarbas / zu gebot stehen. Was fůr einen gefärlichen mitbuler ich an dem König von Basan habe / solches wisset ihr: und muß ich dem nach immer befahren / daß diese große hůlfe der Celten / zwar Syrien / nicht aber mir / zum bästen angesehen sei. Ich weiß auch nicht / ob diese nicht eher verwehren / als befõrdern wůrden / daß wir durch den heimlichen gang in Damasco gelangen. Dem Eridanus und seinen Cussiten / wie auch dem Prinzen Amosis /k \nnen wir hierin auch nicht völlig trauen: dan des Scheba tod / hat bei den Cussiten alles veråndert; und ist auch Amosis nicht zu verdenken / wan er seines vatters und bruders seite solte ergreifen wollen. Alle solche betrachtungen / mein Arsas! bewegen mich /dieses große fůrhaben so geheim zu halten / und solches niemanden / als den Syrern / zu er \fnen. Ich schließe die Niniviten hiervon aus / ob ich gleich iezt mit einem Niniviten spreche: weil deren bezeigungen / in verratung unserer Königin und des Prinzen Disons / mich abschrecken / ihnen ferner zu trauen.

Ich lebe dem grossen Abimelech (antwortete Arsas) üm soviel mehr verpflichtet / daß ich dieses geheimnises / ungeacht ich ein Ninivite bin / dörfen teilhaft werden / und befinde alle angeregte ursachen / dieses werk [661] verborgen zu halten / von grosser wichtigkeit. Ich halte aber dafůr / daß auch das mistrauen / so man gegen die Celten und Cussiten / wie auch gegen die beide schwestern des K \nigs von Basan / billig heget / so sehr / als dieser anschlag / vor ihnen můße verborgen bleiben: damit sie nicht dadurch / unsere seite gänzlich zu verlassen / bewogen werden. Eure gedanken / mein Arsas! (gabe Abimelech zur antwort) sind hochvernůnftig / und habe ich mit dem Fůrsten Husan / mit dem Rames / und mit eurem schwähervatter dem Thare / gleichlautende abrede genommen: daß nämlich / sobald ich mit meinen Syrern werde hinein gelanget seyn / sie mit den Celten und Cussiten die stadt angreifen sollen. Wie dan / zu dem ende / morgen im kriegsrate / sonder mein rechtes fůrhaben zu benennen / ein allgemeiner sturm sol fůrgetragen werden.

Indem Abimelech also redte / begegnete ihm der Elhanan / welcher ausgewesen war / den geheimen ort zu suchen / der nach der Kemuelsburg fürete. Der begierige Prinz ritte sofort mit ihm an eine seite / ům zu vernemen / was er ausgerichtet: da er dan h \chst erfreut von ihm h \rete / wie daß er ein altes gemäuer gefunden / das er für den ort hielte / wo man ehmals durch diesen verborgenen gang aus der stadt gekommen. Er erwartete deshalben / mit unbeschreiblichem verlangen / der nachtzeit / und beschloße abends in dem zelte des Rames zu speisen / als deme dieser ort nächst angelegen war: wiewol sein vorhaben ihn an kein essen gedenken ließe / und bediente er sich dessen nur zum schein / wegen seines abwesens vom haubtlager / keinen verdacht auf sich zu laden. Weil ihme auch wissend war / daß seine K \nigin in der Kemuelsburg hart bedrånget wurde / als hatte er viel kundschaftere bis gar an die stadtmauren ausgeschicket / [662] ům zu horchen / ob etwan ein grosser auflauf in der stadt wäre: die dan / als er eben ůber der malzeit sich befande / ihm die nachricht brachten / daß gegen der Kemuelsburg ein sehr grosses geschrei vernommen wůrde. Ach! nun werden die Assyrier (finge er an bei sich selbst zu sagen) die burg erobern / und abermals meine liebste K \nigin in ihre gewalt beko en. Uber diesen gedanken brache ihm der angstschweis aus / und sahe er ohn unterlaß gen himmel / ob es noch nicht nacht werden wolte.

Als dieses endlich erfolget / machte er sich ungeseumet auf / mit tausend man von des Rames leuten /die sich alle mit hacken und schaufeln versehen hatten / und eilete neben dem Elhanan / als seinem wegweiser / in aller stille / zu der alten mauer / die Elhanan gefunden hatte. Wie sie nun dieselbe durch suchet /fanden sie / an einer seite / ein kleines gew \lbe / und darin / neben einem zeltbette / allerhand anderes geräte: welches anzeigte / daß dieser ort můste bewonet seyn. Solches nun vermehrte seinen fleiß / diese einwonere anzutreffen: und name er aus dem weibergeråte ab / daß er auf einem tische / ligen sahe / das frauenzimmer daselbst vorhanden seyn můste. Wie sie aber lang vergebens gesucht / und weil sein vorhaben ware / daselbst nicht menschen / sondern einen verborgenen gang nach der stadt zu finden / als bemühete er sich nur üm dieses / und traffe endlich eine h \le unter der erden an / die nach dem augenmas und nach dem urteil etlicher bauverståndigen / die er bei sich hatte / nach der stadt fůren muste. Seine unbeschreibliche begierde / machte ihn zu einem von den ersten /die sich in diesen gang wageten. Sie waren aber kaum zwanzig schritte hinein gegangen / da fanden sie alles mit steinen und erden dermassen verfallen / daß sie nicht weiter kommen kunten.

[663] Hierauf musten nun die schaufeln und spaden das båste thun: und weil tausend man / von ihrem General selber aufgemuntert / zugleich an die arbeit gingen /als wurde in kurzer zeit ein grosser raum gemacht /und kamen sie vor anbrechendem tag so weit / daß sie wieder eine \fnung fanden: die aber / gleich der ersten / etwan zwanzig schritte lang wårete / und abermals verfallen war. Elhanan berichtete / wiedaß es / von der andern seite aus der Kemuelsburg / ihnen eben also ergangen wåre / und gabe damit dem verliebten Abimelech keinen geringen trost / daß sie bald zusammen stossen wůrden. Dieser sahe nun eben so ungerne den tag herfůr brechen / als angenem ihme vorigen abends dessen untergang gewesen. Weil er demnach nicht långer bei der arbeit bleiben kunte / als ůberließe er die aufsicht dem getreuen Arsas und eilete / ehe es v \llig tag wurde / wieder nach dem haubtlager: da er sich / ům einen augenblick zu ruhen / in sein zelt niederlegte / und mit der sůssen hoffnung einschlieffe / nun bald alle seine bemühung wol belonet zu sehen.

Der neue K \nig von Cus / wie auch der Prinz Amosis aus Egypten / befunden sich immittels / neben dem Hezrai und andren grossen von den Cussiten und Egyptern / versamlet / üm zu raht zu gehen / was ihnen bei diesem zustande zu thun seyn m \chte. Hezrai / und der angekommene weiße Balaat / den dieser feldherr der Cussiten / nach des Königs Scheba niederlage / mit den anderen Cussiten ins lager gebracht hatte / gaben dem Eridanus zu bedenken / daß /da nun sein herrvatter todt wåre / alle betrachtungen sich verlören / die ihn bisher wider die Assyrier fechten gemacht; und såhen sie nicht / wan ihme die Assyrier einiger massen ein genůgen täten / mit was recht und billigkeit sie wider diese [664] völker fechten könten /mit denen sie iederzeit in so fästem bunde gestanden. Eridanus / der den Abimelech liebte / wolte anfangs von diesen fůrtrag / der ihn von dessen seite abziehen wůrde / nichtes hören. Wie aber Balaat fort fuhre /sich zu erklären / daß es noch zur zeit nicht dahin gemeint wåre / den Abimelech zu verlassen / und daß /wan man alles / was man von den Assyriern zu fordern håtte / wůrde erlanget haben / der König / als eine mittelsperson / gleich der Mirina und Hercinde /den frieden wůrde k \nnen stiften helfen / gabe Eridanus ihme ein gedultigers gehör / und fragte: was er dan meinte / das man von den Assyriern fordern můste? Den verråter Eliphelet / (antwortete Balaat /) und alle unsere in Damasco sich befindende Cussiten / wie auch unsere Prinzessin Danede.

Kaum hatte Balaat dieses lezte wort ausgeredet / da fiele ihm der verliebte Amosis bei / und fande Eridanus auch nichtes dagegen zu sagen. Er billigte auch ferner des Amosis erinnerung / den Prinzen Hiarbas seinen bruder betreffend / daß man den zugleich / in dieser abschickung nach Damasco / abfordern solte. Weil nun dieses die K \nigin Mirina mit anginge / und ihrer aller zweck war / nach ihrem von den Assyriern erlangtem begehren / sich neben der Mirina zu mittelspersonen gebrauchen zu lassen / eilten sie ohne zeit-verseumen / zu dieser heldin in ihr gezelte. Sie fanden dieselbe in gesellschaft der dapfren Hercinde /ihrer schwester: die eben / von der untreu des Baleus redende / der K \nigin von Elassar versprochen hatte /dieserwegen nicht von ihr auszusetzen / sondern ihr gefallen zu lassen / was sie in angefangener sache /die friedenshandlung betreffend / fůrnemen würde. Weil nun Mirina / die in ihrem herzen den grossen anschlag auf Basan und alle [665] die andere von ihrem herrvattern eroberte K \nigreiche hegte / und selbigen hinaus zu fůren / alle ihre anschlåge dahin richtete /wurde nicht wenig erfreuet / von dem Eridanus und Amosis zu vernemen / was für ein vorhaben sie zu ihr gefüret. Sie gabe auch sofort ihren willen darein / daß sie / neben dem König von Cus und Prinzen von Egypten / diese abschickung in Damasco verrichten wolte: wovon dan (sagte sie ferner / die Hercinde ansehend) meine schwester sich auch / nicht entziehen wird / unangesehen des Baleus verfahren nicht verdienet / sich ferner ům ihn anzunemen.

Hercinde / die keine scheu mehr truge / von des Baleus unbeståndigkeit frei und öffentlich zu reden /ließe sich hierauf also vernemen: Ich weiß meine eigene sache / die mich den Baleus bis in den tod zu hassen n \tiget / von dem bästen des allgemeinen wesens so wol zu unterscheiden / daß ich / diese nicht zu hintern / jene gar gern bis zu seiner zeit wil ruhen lassen. Demnach bleibe ich / mit meinen Celten / in der aufgerichteten bůndnis / und kan geschehen lassen / daß fůr den Assyrischen Prinzen / wie auch fůr den Prinzen aus Egypten / unsren andern bundsverwandten /m \ge geredet werden. Diese sonderbare grosmut /(sagte Eridanus) so die sch \ne Hercinde erweiset /machet des Baleus verbrechen noch grösser / und aller menschen gemüte noch williger / der grossen tochter des Marsius wider diesen Assyrier zu dienen / wan zuvor der zweck wird erlanget seyn / der uns treibet /die allgemeine ruhe in Asien zu bef \rdern. Des edlen K \nigs von Cus hohes anerbieten / (sagte Hercinde) neme ich dankbarlich an: wiewol wir / wie gesagt /diese rache aufschieben můssen / bis bässere zeit und gelegenheit sich dazu wird eingefunden haben. So ist dan (sezte Amosis hinzu) kein augenblick [666] zu verseumen / eine gesandschaft deswegen nach Damasco abgehen zu lassen. Solte wol der bruder allein (fragte Mirina scherzweise) die ursache seyn / daß der Prinz Amosis dieses so eiferig treibet? ich halte dafůr / Danede habe an dieser gefassten entschließung den grösten anteil. Ich leugne solches nicht (antwortete Amosis /) wiewol auch dem Hiarbas / und hierdurch der K \nigin von Elassar / zu dienen / meine schůldigkeit erfordert.

Nach diesen und dergleichen gesprächen / wurde abgeredet / daß der weiße Balaat / in ihrer aller namen / an die Könige von Assyrien und Egypten in die stadt abgehen / und die Prinzen Baleus und Hiarbas / wie auch die Prinzessin Danede / und Eliphelet mit den Cussiten / abfordern solte: mit dem versprechen und bedrohen / daß sie / da man ihnen diese würde abfolgen lassen / zwischen beden kriegenden teilen schiedsleute abgeben / widrigen falls aber sich hiermit für ihre feinde erklären wolten. Wie nun dieses fäst gestellet war / wolten sie auch dem Abimelech / als welcher im lager allein zu befehlen hatte / hiervon eröffnung thun lassen / und dessen einwilligung fordern. Also wurde sobald der Hezrai an ihn abgefårtigt / welcher ihn antraffe / da er eben von seinem kurzen schlaff wieder erwachet / sich ankleiden ließe. Weil er dieses bereits vermutet hatte / als befrömdete es ihn nicht so sehr / und gabe er die erklärung von sich /daß im kriegsraht / der gleich iezt solte gehalten werden / man hievon reden und einen schluß fassen könte.

Wie nun alle hohe kriegsbediente / auch Eridanus und Amosis selber / insonderheit der Prinz Suevus /der Jethur von Hevila / der Husan / Thare / Phalacus und Hezrai / in sein zelt sich versamlet hatten / [667] stellte er ihnen vor / wie hochnötig es sei / einen allgemeinen sturm an die stadt zu laufen: weil Elhanan berichtet /was gestalt ihre K \nigin auf der Kemuelsburg vom feind beängstigt wůrde / deren man auf keine andere weise zu hülf kommen könte. Alle anwesende waren hiermit einig / auser dem Eridanus / Amosis und Hezrai: die den Abimelech inständig baten / und einrieten / so lang zu verziehen / bis man der Assyrier erklärung / die befreiung der beiden Prinzen betreffend /wůrde erhalten haben. Der Prinz ließe endlich ihm solches auch gefallen / als der ohndas nicht gemeinet war / diesen sturm fůrzunemen / ehe sein verborgener zugang nach der stadt offen seyn wůrde: massen alsdan der sturm allein darzu dienen solte / daß der feind abgehalten würde / der Kemuelsberg so häftig zuzusetzen.

Keiner hatte unter ihnen so eifrig zu diesem stůrmen geraten / als der Prinz Suevus / weil der nichtes lieber / als das ende von diesem kriege / sehen mögen: wordurch er sich dan in nicht geringen verdacht bei dem verliebten Abimelech sezte / als wan unter dieser wilfärigkeit etwas anders / das des Königs von Basan liebe zuträglich seyn können / verborgen läge. Wie nun / nach geendtem kriegsrate / der Balaat nach Damasco abgefärtigt worden / name Suevus urlaub von ihnen allen / weil er noch selbigen tag nach Basan abzureisen gesonnen war / massen der Prinz Baalis / seine stelle in seiner abwesenheit zu bekleiden / bereits angekommen. Ein jeder begabe sich hierauf von dannen / die antwort aus Damasco mit verlangen erwartend / als nach welcher sie alle ihre anschläge richten wolten: wiewol Abimelech solches nicht so sehr / als seine geheime arbeit / beachtete /die er nun bald zu besuchen gedachte.

[668]
Das Vierte Buch
Geburt-Geschichte des Syrischen Aramenes
Geburt-Geschichte des Syrischen Aramenes.

Ich kan nicht gnug die wunderbare regirung des Höchsten betrachten / die derselbe hiernieden auf erden / bei den hohen dieser welt und in ihren k \nigreichen / erscheinen låsset: da deren glück-wechsel so seltsam / und die fůrsorge vor deren erhaltung öfters so verborgen und weislich waltet / daß man satsam daraus ersehen und abnemen kan / wie nichtes alhier von ungefär geschehe / und dieser weiße regent alles zuvor wol geordnet und versehen habe. Diese höle muß iezt der ort seyn / darinn Aramenes zu erst erfahre / wer er sei; in deren er gezeuget ist / und die ehmals seiner fraumutter gedienet / ihren falschen götzendienst dem Dagon hier zu halten: und es muß nun dieser verborgene erdgang / dem sohne / den eingang in seine k \nigliche stadt er \ffnen / der von dessen fraumutter / ům durch ihren abfall / das unglůck über Syrien / und ůber ihren gemal und sohn zu füren / also zubereitet worden.

Es ist aller welt bekant / daß der grosse Aramenes erstlich die Philistina meine schwester geheuratet: mit der er dan bis in das zehende jahr lebte / sonder eine eheliche [682] frucht mit ihr zu zeugen. Weil nun dieses allein ihren sonst glůcklichen ehestand unruhig machte /also ware auch die Philistina am meisten besorget /ihren herrn so wol / als ganz Syrien / hierin zu vergnůgen: daher sie ůberall raht suchte / wo sich weiße leute funden / die ihr zur fruchtbarkeit verhelfen mochten. Nach vielen vergeblichen bemühungen /gabe sich eine alte dame aus der Philister lande an /die der K \nigin unfehlbar zu helfen versprache / und meine schwester mit dieser verheisung dermassen erfreute / daß ihr nichts so schweres von dieser frauen /die sich Manabath nennte / kunte auferlegt werden /das sie nicht willigst volzogen håtte. Wie nun also diese Philisterin geh \r bekommen / brachte sie nach und nach das gift ihrer falschen lehre der Philistina bei / und solches anfangs meisterlich verbergend /wandte sie andere ursachen fůr / dadurch sie die K \nigin überredte / gegenwårtige h \le bauen zu lassen: darinn sie aber / dem Dagon einen tempel anzurichten / gemeinet war. Sie triebe dieses werk so heimlich /daß weder der K \nig / noch einiger Syrer / hiervon etwas gewar wurde.

Weil die königliche hofhaltung damals auf der Kemuelsburg war / als ließe Philistina diesen verborgenen gang vom schloß bis zu dieser h \le füren / welcher fürter / auf der Manabath angeben / in das feld hinaus geleitet wurde: da sie unvermerkt ihre priester aus der Philister lande / die der König unser bruder von dannen verjaget / hinein kommen ließe / welche ihrem abgotte diesen ort zum tempel v \llig ausrüsteten. Weil Manabath mir nicht trauete / als verbote sie der K \nigin / mir hiervon etwas zu eröffnen: das dan der lieben schwester kein geringes leiden war / weil wir ståts so vertreulich mit einander gelebt hatten. Doch folgte sie gerne der [683] Manabath / ům an sich nichtes zu verseumen / das ihr den ehesegen zu wege bringen solte. Sie wuste aber anfangs nicht / wozu alle diese zurüstungen angesehen waren / und wurde nicht wenig bestůrzt / als eines tags / wie die Manabath sie hinein fürete / sie des Dagons bild / neben dessen altar / und verschiedene priester erblickte / und zugleich von der Manabath unterrichtet wurde / daß sie diesen gott anruffen můste / wan sie wolte einen sohn gebären. Sie wiedersezte sich damals diesem anmuten / eilete auch ganz betrůbt von dannen / und ließe eine sonderbare traurigkeit blicken / sonder deren ursache iemanden zu eröffnen / mit deren sie auch sich etliche wochen geschleppet. Sie kame zwar nicht wieder nach der höle: dultete aber doch die Manabath ferner ům sich / deren stätigen beredungen gehör erteilend.

In solcher zeit entsponne sich der krieg mit dem König in Armenien: da dan Aramenes höchst betrůbt mit seiner gemalin in ein gespråche sich einließe / und mehr als iemals ihre unfruchtbarkeit beklagte / einwendend / wiedaß dieses dem K \nig von Armenien zu solchem krieg bewege / weil er unbeerbt wåre /und daher Barzanes hoffete / daß die Syrer nicht so eifrig fechten würden / weil sie keinen Erbprinzen håtten. Dieses ginge der K \nigin so nahe / daß sie ihr geheimnis nicht länger verschweigen konte / sondern ihrem gemal eröffnete / daß sie wol einen sohn bekommen könten. Was håtte Aramenes erfreulichers /als dieses / vernemen können? welcher / nach fernerem unterricht / von der Manabath / die die K \nigin zu dem K \nig fůrete / sich ůbereden ließe / diesen tempel des Dagons zu besuchen. Es war in Syrien bereits die abg \tterei so sehr eingerissen / und fande sich bei so wenigen der wahre [684] und reine glaube / daß dieser abfall dem König so schwer nicht / wie ihr /ankame. Wie er nun v \llig der Manabath traute / daß er / durch verehrung des Dagons / seinen wunsch erlangen wůrde / beginge er heimlich / neben der Königin / ohne iemands wissen / diese torheit / etliche nächte nacheinander mit verehrung dieses g \tzens zu zubringen. Wie er nun mit der Königin zum öftern daselbst geschlaffen hatte / verhängte Gott (welcher /wan man / ům irdischer wünsche und eitelkeiten willen / die liebe zur warheit verlieret / in irrtum fallen lässet /) daß sie sich endlich schwanger befande: das dan der Manabath ruhm so groß machte / daß es ihr nun nicht schwer fiele / diesen ihren angefangenen g \tzendienst / durch herbeischaffung mehrer priestere / zu bestätigen. Weil damals noch keine götzentempel in der stadt waren / die erst hernach von Assyriern sind erbauet worden / als dorfte der K \nig der Manabath begehren hierinnen nicht erfůllen / öffentlich ihren g \tzendienst einzufüren / welcher dan in dieser höle verbliebe. Immittels ginge der zug nach Armenien fort / da die K \nigin auch mit reisete / als die nicht gewonet war / ihren herrn zu verlassen.

Was in diesem krieg vorgegangen / und wie sich der geendigt / gehöret zu meiner erzehlung nicht: demnach wil ich solches übergehen / und nur sagen /daß die K \nigin / meine schwester / nach geendigtem kriege / durch einen unglücksfall / wieder nach Damasco gekommen / und darauf euch gegenwårtigen meinen vettern zur welt geboren. Wiewol bei der hierob-entstehenden allgemeinen freude / nichts solches in ihr herz kame / und sie / gleich nach der entbindung /so traurig wurde / daß iederman darob sich verwunderte. Sie vertraute mir aber ihr anligen / wie nåmlich ihr gewissen [685] sie quålte / daß sie durch sůndliche mittel diesen sohn erworben / und deshalben falschen göttern nachgegangen wåre. Ich erschracke nicht wenig / alles das / so ich iezt erzehlet / von ihr zu vernemen: und erwiese sie hiernächst so grosse und ungemeine reue / daß diese bängung ihrer selbst ihr v \llig alle kråfte bename / und sie also zum tod förderte. Sie befahle mir aber zuvor gar sehnlich ihren kleinen Aramenes / (wie sie euch / mein vetter! nach dem König nennen lassen) und name von mir einen eid / nach ihrem tod euch aus Syrien hinweg zu bringen / und entweder zu Caphtor bei unsrem bruder dem Ahusath / oder zu Gerar bei dem König / unsrem åltern bruder / im wahren glauben zu erziehen: damit ihr also wieder ersetzen m \chtet / womit sie sich versündigt hatte. Der betrůbte König / so mit zugegen war / muste in dieses ihr begehren mit einwilligen: massen er es auch nach ihrem tod hielte / und mir vergönnte / euch / seinen einigen sohn / und das ůbrige von seiner liebsten Philistina / aus Syrien hinweg zu füren. Er hat aber ihrer andren bitte / des Dagons tempel auszurotten / kein geh \r gegeben: welches mich dan so viel mehr bewoge / von dem orte zu entweichen / da die abg \ttische Manabath so viel zu sagen hatte.

Ich wehlte zwar / lieber nach Caphtor / als nach Gerar / zu gehen / weil an diesem orte die Königin Eglone sich befande / die auch sehr abg \ttisch ware. Wie ich aber dahin nicht gelangen kunte / muste ich euch doch in der Philister land bringen. Als ich mit euch zu Gerar angekommen / hatte eben die Königin Eglone meinem bruder auch einen sohn geboren. Sie /die den göttern ůberaus ergeben war / wolte diesen ihren sohn heimlich nach Basan / zu ihrem herrvattern dem König Abinael / schicken: damit er daselbst im aberglauben [686] der falschen götter erzogen / und nicht den wahren glauben / den man zu Gerar bekennet /annemen m \chte. Aber der K \nig Abimelech erfuhre dieses / und meinem raht hierin folgend / gabe er mir seinen sohn / den kleinen Abimelech / und euch / zu erziehen: da ich dan mit euch beiden nach Gaza zoge /und viel kinder von den fůrnemsten aus dem lande /die euch an jahren gleich waren / mit aufname. Diese wurden euch in allem gleich gehalten / ům der Eglone die gelegenheit zu benemen / ihren sohn / wie sie sich verlauten lassen / von Gaza zu entfůren: weil es also angestellet war / daß sie denselben nicht von den an dern kindern zu unterscheiden wuste. Wiewol sie nun dieses sehr geschmerzet / so muste sie es doch geschehen lassen. Ich triebe hierauf zu Gaza diese kinderzucht mit so glücklichem fortgang / daß ich lauter wolgeratene knaben aus euch zoge. Ich sahe insonderheit meine lust an euch / mein vetter! und an eurem eiver zum wahren Gottes-dienst: den ihr / neben allen andren wolanständigen tugenden / so reichlich hervor scheinen ließet / daß ich euch vor allen andren lieben muste / und durch eure person den an meiner liebsten schwester erlittenen verlust zu verschmerzen begunte.

Es schickte aber der himmel etwas in den weg / das mir diese vergnůgung auf die allerschmerzlichste art entziehen und mich eurer berauben muste. Es ware /nach dem unglücklichen krieg in Syrien / der eurem herrvattern und der K \nigin Philominde das leben gekostet / auch Syrien den Babyloniern in die hånde gespielet / wegen dessen / daß mein bruder Ahusath und die Philister eurem herrvattern in diesem kriege gedienet / ein vergleich zwischen dem Belochus / und meinem bruder dem König Abimelech / aufgerichtet worden / des inhalts / daß der Philister K \nig seinen einigen sohn zur [687] geißel nach Babel schicken / und ihn fünfzehen jahre lang daselbst lassen solte: dessen sich Abimelech so wenig entziehen / als willig sich darzu entschliessen kunte. Weil etliche wenig jahre vorher /die Eglone ihre bis dahin behaubtete falsche meinung von den göttern verlassen / und rechtglåubig worden war / hatte sie damit erlanget / daß der K \nig sie den jungen Abimelech zu Gaza sehen ließe: welches eben ům die zeit geschehen / als euer herrvatter / der unglůckliche Aramenes / zu uns ins land kame / und wider die Assyrier ům hülfe ansuchte. Damals sahe er auch euch zum ersten und leider zum lezten mal / und schenkte euch ein gůldenes band am arme zu tragen /welches man auf eine verborgne weise öffnen kunte /und waren darin / meines behalts / diese worte zu lesen.

Trage dieses band / zu deines vatters Aramenes gedåchtnis: bis dir der himmel dermaleins gönnet / dessen reich einzunemen.

Ahalibama / dieses hörend / fande in ihrem gedåchtnis / wie die K \nigin von Ninive / die jůngere Aramena / ein solches band gehabt / welches ihr der alte Thebah gegeben / und berichtete dessen die Andagone; welches dem erkanten Aramenes anlaß gabe /zu sagen: Ich erinnere mich ganz wol / daß der K \nig von Syrien mir zu Gaza ein band gegeben; ich wuste aber nicht / daß es von meinem vatter mir ware geschenket worden / und habe ich dasselbe zu Babel verloren. Man fande fůr gut / (antwortete Andagone) euch so wol / als dem kleinen Abimelech / eure rechte geburt beståndig zu verhelen / üm dadurch keinen ůbermut in euch zu erwecken / noch euch tråge zu ma chen / alle wissenschaften mit solchen fleiß / wie ihr tåtet / anzunemen. Dan ihr lebtet in der einbildung /daß ihr mittelmäßigen standes wäret / und n \tig håttet / [688] durch großen fleiß euch geschickt zu machen / ům durch die welt zukommen. Weil nun / wie gesagt / die Königin Eglone ihren sohn kente / und dieses harte begehren von Babel ankame / lage sie ihrem herrn tag und nacht in den ohren / daß er euch / an stat des kleinen Abimelech / nach Babel zu geißel schicken wolte. Vergebens widersezte ich mich diesem ihrem vorschlag / und muste also zugeben / daß man euch nach Gerar brachte / und euch daselbst eröfnete / wiedaß ihr der Prinz Abimelech wåret / und daß ihr nach Babel reisen soltet.

Eure freude / ein K \nigs-sohn zu seyn / war in euch nicht so gros / als die zeitung / nach dem entfernten Babel zu reisen / und sahe ich mit verwunderung / wie freudig ihr zu diesem weiten weg / da auch die entfernung solang dauren solte / euch gerüstet. Der weiße Bagastanes wurde euer hofmeister / deme dan eure geburt wol bekant war / und befahle ich ihm eifrigst die aufsicht ůber euch. Ich gabe euch auch eine büchse mit / darin das bildnis eurer fraumutter samt einer verborgenen schrift von eurem herkommen / so kůnstlich verschlossen / daß / wer den handgriff nicht weiß / es nicht wird eröffnen k \nnen. Indem Andagone dieses sagte / lösete Aramenes diese bůchse von seinem halse ab / und überreichte sie dieser Prinzessin: welche sie sofort erkante / und mit leichter mühe er \fnete. Die ganze gesellschaft beschauete nun darin der K \nigen Philistina bildnis / und die Andagone zoge daraus einen zettel herfůr / aus deme sie folgendes ablase.


Wisset / daß ihr Aramenes / der erbe von Syrien /auch dieses Königs und der Philistina von Gerar sohn seit. Euer widriges verhängnis wil nicht leiden / daß ihr zu eurem nutzen eure [689] herkunft erfahret / bis der gerechte himmel / euch zu verfolgen ermůdet / verleihen wird / daß ihr auf eures vatters tron diese kentnis erlangen möget. Inzwischen lebet und erwachset / zur grossen hofnung dem verlassenen Syrien / und eurer Pflegmutter

Andagone.


Warum aber / liebste Mume! (fiele alhier Aramenes ihr in die rede) muste ich so lang unwissend leben /wer ich wåre? Darüm / (antwortete die Prinzessin) weil euer grosser leuenmut euch zur unzeit håtte wider den Belochus aufregen m \gen: und weil ihr ja an dessen hofe leben mustet als ware euch båßer / nicht zu wissen / daß ihr an eures abgesagten feindes hof lebtet / als wan / durch solche kentnis / ihr euch ein unglück sonder nutzen hättet auf den hals geladen.

Wie ihr nun / mein vetter! (fuhre sie fort zu erzehlen) erwehnter massen für den Prinzen Abimelech nach Babel fortgesandt waret / bliebe der warhafte Abimelech (unter dem namen des Ahusath / aus furcht vor Babel) noch ferner in meiner zucht: wiewol nachdeme mit so ůblem fortgange / daß dessen ungedult /von euch geschieden zu seyn / ihn zu allen dingen verdrüßig machte. Er erwiese sich so wild / und sehnte sich so häftig / in die welt zu kommen / daß er / wie er das achtzehende jahr erreichet / sich nicht länger wolte halten lassen / sondern dem König / der Königin und mir / so häftig anlage / daß die endlich fůr gut befanden / ihn unter dem namen Ahusath / nach Babel an den Bagastanes zu schicken. Also seit ihr beide wieder zusammen gekommen. Wie ich nun hiernåchst nach nichtes mehr trachtete / als euch zu eurem reiche wieder zu verhelfen / als [690] gedachte ich nacht und tag auf ein mittel / wie ich es in solche wege richten möchte. Aber die furchtsamkeit des K \nigs / meines bruders / die große macht der Assyrier hier im lande /und die schlechte einigkeit der Syrischen Fůrsten /machte mich von einem jahr zum andern aufschieben /wornach ich so sehnlich strebte.

Zwischen solcher zeit kame der Abimelech / unter des Ahusath namen / wieder nach haus / mit dem Bagastanes / welcher euch zu Salem bei der Prinzessin Cölidiane hinterlassen hatte: da der König / so wol als ich / erfreulich verstanden / daß zwischen euch und ihr eine liebe entsprungen; massen wir auch keiner Prinzessin lieber / als dieser / den Syrischen tron zu-g \nneten. Ich sahe mich aber in dieser hoffnung sehr betrogen / als bei eurer wiederkunft ich das gegenteil verno en / und ihr mir er \fnet / daß die schöne Delbois von Assyrien euch eure freiheit genommen hätte. Weil ich sie damals fůr eures hauses abgesagte feindin hielte / als bemühte ich mich sehr / euch von dieser liebe abzubringen: wiewol ich damit nichts ausgerichtet. Als ihr nachgehends in den Basanischen krieg ginget / bekamen wir nach Gerar die betrübte zeitung aus dem reich Ammon / daß der Ahusath /welcher alda unter dem Bagastanes die waffen gefůret / in einer schlacht mit den Teutschen / ůmgekommen wåre. Es würde ein überfluß seyn / das leiden des Königs und der Königin ůber dem verlust dieses ihres einigen sohnes hier fürzustellen. Mein bruder fassete hierauf den schluß / euch / mein vetter! der ihr bis dahin seinen sohn fürgestellet / forthin beståndig dafůr zu halten. Um des willen / schwatzte er mir aus dem sinn / euch ferner in meinen gedanken zum K \nig in Syrien zu machen; zumal solches ja ohnedas unmůglich schiene / [691] und der himmel euch / an dessen stat / den tron von Gerar bestimmet håtte.

Dieserwegen stellte ich nun auf ein zeitlang mein vorhaben ein / des willens / wan ihr dermaleins die kron von Gerar würdet aufgesezt und also mehr macht und gewalt gewonnen haben / alsdan euch kund zu machen / wie ihr noch ům ein größers reich euch anzunemen hättet. Also bliebe euch nun verborgen / daß ihr nicht Abimelech wåret / und verliefen also wieder etliche jahre: inner welchen der rechte Abimelech unter des Ahusath namen / nicht wissend / was für qual sein ausgesprengter tod dem Gerarischen hofe gemachet / in der welt ůmher schwebte; bis / ungefår vor sieben monden / die unvermutete zeitung nach Gerar erscholle / daß er noch lebte / und aus dem Bactrianischen krieg nach Babel glůcklich angekommen wäre. So gros vorher das leiden gewesen / so gros war nun auch die freude / und kunte man sich kaum bei uns darin mäßigen / welches doch / wegen des Königs von Babel / den man stäts hierin gefůrchtet / höchstn \tig ware: und muste Bagastanes jemand nach Babel absenden / der den Ahusath / nach Gerar zu kommen /beruffen solte.

Die freude des K \nigs / gabe mir nun auch die freiheit wieder / für euch zu sorgen / und ließe er zu / daß ich / durch verschiedene zetel / die ich ůberall in Syrien heimlich ausstreuen ließe / den Syrern dorfte zu wissen thun / wie ihres Königs Aramenes sohn noch vorhanden wåre: wodurch ich zu erfahren suchete / ob sie in Syrien beherzt gnug seyn wůrden / einen aufstand wieder den Belochus anzufahen. Inzwischen ich nun hierauf laurete / kame Ahusath zu Gerar an / und erregte mir solche freude / daß der K \nig und die K \nigin / ihrer ehmaligen regeln / sich zu bergen /vergessend / sich ihrem sohn entdeckten / [692] und ihn fůr den wahren Abimelech erklärten. Dieses erweckte in seinem gemüte so große bestůrzungs freude / daß er nicht wuste / wie ihm geschahe / als er so unversehens sich in hohen stand gesezt sahe / darnach seinen muht ståts verlanget hatte. Als er aber nach euch / als den bisher geglaubten Abimelech / fragte / wurde es noch zu früh zu seyn erachtet / eure wahre geburt zu entdecken: daher mustet ihr für einen jüngern Abimelech euch ausruffen lassen / den man / und nicht den åltsten / nach Babel schicken wollen. Ich ließe solches gern geschehen / in hofnung / euch diesen namen bald wieder abzunemen / und den rechten zuzulegen.

Wie nun / nach dieser kentnis / der Prinz Abimelech seine liebe zu der Prinzessin von Ammon kund machte / erhielte er alles / was er hierbei suchte / und wurde zugleich hierdurch die mishelligkeit / so bisher zwischen Ammon und uns geschwebet / gänzlich aufgehoben: da dan gesandten von beiden K \nigen nach Damasco abgefårtigt wurden / die Prinzessin Ammonide abzuholen. Der verliebte Prinz wolte hierbei seine Prinzessin průfen / ob sie ihn unter dem namen des Ahusath noch liebte / und verbote den gesandten /in Damasco nicht kund zu machen / was mit ihme sich zugetragen / sondern blos in des Prinzen Abimelech namen die anwerbung abzulegen: da sie / auf den fall / wan Ammonide sich mitzuziehen weigern wůrde / alsdan erst ihr alles entdecken / und erzehlen solten /wie ihr geliebter Ahusath eben dieser Abimelech wäre. Immittels kamet auch ihr zu uns nach Gerar / da ihr dan diesen euren vermeinten bruder fůrfandet. Ihr habt aber / wegen der liebe zur Königin von Ninive /und des fürhabens / ihr reich wieder zu erobern / solches nicht geachtet / daß ihr hierdurch die erstgeburt zu [693] Gerar verloren / da euch ein andrer tron hingegen offen stunde.

Wir beide / der König zu Gerar und ich / wolten damals diesem eurem fürnemen nicht widersprechen: in hoffnung / weil nun in Syrien die unruhe stark anginge euer anschlag auf Ninive solte die erste staffel seyn / euch auf den Syrischen tron zu erheben. Durch ein sonderbares verhångnis / mustet ihr uns zu Gerar nicht eröffnen / daß die K \nigin Delbois fůr die Aramena von Syrien erkant worden: welches wir erst erfuhren / als unsres Abimelech braut / die Ammonide /sich eingefunden / und uns diese zeitung mitbrachte. Ihr kont gedenken / wie ich mich entsetzet / hiedurch zu vernemen / daß ihr in eure leibliche schwester /eures vatters tochter / verliebt wäret. Ich fassete demnach alsbald den entschluß / selber eilends hieher zu reisen / und euch zu entdecken / wie es mit eurer geburt beschaffen: massen auch keine bequemere / als diese gegenwårtige unruhige zeit / sich herfůr thun können / mein lang-gehegtes fůrnemen nach wunsche werkstellig zu machen.

Ehe ich aber abreisete / muste ich zuvor die unruhe stillen helfen / die bei der Prinzessin von Ammon ankunft zwischen den beiden verliebten entstunde: massen Abimelech ganz ůbel zu frieden war / daß die Prinzessin / ohne ihn fůr den Ahusath zuerkennen /diese werbung angenommen; und sie hinwieder es ungleich entfunde / daß der Prinz sie in solche versuchung gesetzet / und nicht zugleich die wahre beschaffenheit seiner person ihr håtte zu wissen gemacht. Wie aber die gesandten dem Abimelech / seiner braut ståts-verspürte traurigkeit / so sie unterwegs erwiesen / sattsam beschrieben / und ich / wie erwehnt / sie beide wieder zu vereinigen / mich gebrauchen lassen / wurde endlich dieser liebesstreit aufgehoben /und [694] das beilager vollzogen. Ich reisete des andern tags ab / meinen weg hieher nemend: muste aber zu Abela / wegen unsicherheit / verbleiben / und also den Asdod mit briefen an euch abschicken: weil mir der sin zusagte / daß es hohe zeit und sehr nötig seyn wůrde / hiermit zu eilen ehe eure und eurer schwester unwissenheit euch in eine grobe blutschande stůrzen möchte.

Indem ich nun h \chst begierig auf antwort wartete /kame gegenwärtige Prinzessin von Caphtor / mit dem Bileam ihrem entfůrer / in Abela / und wurde so sehr über mein da-sein erfreuet / als ich über ihre ankunft bestůrzt und betrübt worden. Bileam / wie er erfuhre /daß ich der C \lidiane blutsfreundin wåre / verwilligte / daß wir zusammen kommen dorften: wiewol er ja vermuten k \nnen / daß unsere unterredungen ihm zuwieder seyn würden. Ich erfure von dieser meiner basen alles / was sie / aus dem lager vor Damasco hinwegzugehen / gen \tigt hatte / auch wie es alhier zustünde / und wie sie dem Baleam so unversehens in die hände geraten. Diß alles hatte mich sehr gerüret /nichtes aber so häftig / als daß ich befahren muste /euer beider heurat mõchte schon vollzogen seyn. Meine ungedult kame hierůber ganz aus schranken /und beklagte ich wol tausendmal / daß ich gegen euch so verschwiegen gewesen / und also zu dieser sůnde mitgeholfen hatte.

In solcher meiner gemůts-unruhe / die ich der C \lidiane nicht verhelete / wůrden wir in Abela von den eurigen belagert: welches dem Bileam anlaß gabe /mit der C \lidiane sich davon zu machen. Ich wolte diese trostlose nicht verlassen / und wie wir also miteinander vor euren siegreichen waffen flohen / stieße der Fürst von Haran / der dapfere Nahor / auf uns: der uns nicht allein befreiete / und den Bileam schwerlich verwundet in [695] die flucht triebe / sondern auch mir die fröliche zeitung brachte / daß eure heurat noch nicht vollzogen / sondern durch der K \nigin entfürung wåre gestöret worden. Demnach eilete ich / das lager hier zu erreichen / weil ein jeder augenblick / den ich versäumte / mich zu lang důnkte / euch aus dem irrtum zu setzen / darin euch die unwissenheit eurer geburt gestůrzet: und danke ich tausendmal dem H \chsten /der mich nun den tag erleben lassen / euch zu sagen /daß ihr Aramenes von Syrien seit / und euch in solchem zustande zu sehen / daß ihr eure krone den Babyloniern wieder abnemen könnet. Erwartet demnach von dem gütigen und gerechten himmel / einen unfehlbaren sieg wider eure feinde / und erweiset aller welt / durch / besteigung eures vätterlichen trones /daß der himmel doch gerecht bleibet / ob er gleich ein zeitlang die bösen hier auf erden herschen låsset.


* * *


Hiemit endete Andagone ihre erzehlung / und zweifelte Aramenes nun nicht mehr / wer er ware / daher er / die schöne Aramena seine schwester ansehend / zu ihr sagte: Nun ich ja meine K \nigin verlassen muß /so vergnůget / mich dannoch / daß ich dieselbige forthin als ihr bruder lieben darf. Euren einrat aber zu folge / liebste schwester! der meinem eignen willen ganz gleichförmig / werde ich das herze / welches bisher Delbois und Aramena besessen / der sch \nen Cölidiane ůbergeben / in hofnung / daß deren gůtigkeit /durch die eure erwecket / dieses anerbieten nicht aus schlagen werde. Meine unverruckte freundschaft (antwortete die sch \ne Eyrerin) bleibet ewig euch zu eigen / und wie ich gerne den Abimelech der sch \nen Cölidiane ganz überlasse / also wil ich hingegen den Aramenes mit ihr teilen / und sie zwar die besitzerin seines [696] herzens seyn lassen / aber nur so viel davon behalten / als eine schwester mit fuge begehren und ihr zu eignen kan. Ihr seit ja dessen zufrieden / werteste freundin! (sagte sie ferner / sich zu der Cölidiane kehrend) und wollen wir in diesem stuck forthin mitbulerinnen seyn / uns in die wette zu befleissen / welche von uns beiden am meisten ihre treue dem König von Syrien erweisen k \nne. Die schamhafte Cölidiane /die / in gegenwart sovieler personen / diese reden nicht zu beantworten vermochte / sprache dannoch durch ihre schöne augen / die sie so holdselig auf den Aramenes schießen ließe / daß er / bei aller seiner verwirrung / ganz vergnůgt und verliebt verbliebe.

Er erinnerte sich indem seines liebsten freundes /des Cimbers / den er bisher mit solcher marter fůr seinen mitbuler erkant hatte / und dessen glůckseligkeit nun auch zu befördern / sagte er zu seiner schönen schwester: Mir hat der himmel den verlust / den ich an euch erlitten / durch die ůberkommung der schönen Cölidiane ersetzet. Gleichwie nun dieselbe forthin meine Delbois und Aramena seyn sol / also bitte ich euch / meine schwester! auch den edlen Cimber / den wir nun fůr den Tuscus Sicanus erkennen / in des glücklich-gewesenen Abimelechs stelle anzunemen /und dessen unvergleichliche treue zu belonen. Eine häftige röte ůberzoge der schönen Syrerin zarte wangen / als sie diesen fürtrag anh \rte; doch erholete sie sich bald wieder / und sagte: Weil ich einmal so unrechtmäßig geliebet / als stehe ich billig an / mich zum zweiten mal aus meiner freiheit zu setzen? Wan ich / als euer König / (antwortete Aramenes) euch gebieten solte / den Tuscus Sicanus allen Potentaten in der welt vor zu ziehen / so wolte ich nicht zweiflen /daß dieser mein erster befehl von euch willigst wůrde angenommen werden. Nun ich euch aber / ům [697] unserer ehmaligen getreuen liebe willen hierům anflehe / als getr \steich mich üm soviel mehr / ihr werdet forthin den Tuscus Sicanus euren Abimelech seyn lassen / der eben so mein ander-ich ist / gleichwie ich in der C \lidiane die andere Aramena sehe. Weil mein K \nig /(antwortete die schöne Syrerin) auch mein bruder /und gewesner Abimelech / mir dieses befihlet / werde ich billig gehorchen můßen / zu einem zeichen des überrests meiner ehmaligen liebe. Diese worte / ihr Prinzessinnen! (sagte hierauf Aramenes zu der gesamten gesellschaft) und ihr / dapferer Prinz von Seir /sollen zeugen seyn / wessen meine schwester sich iezt erkläret: daß nåmlich weder Marsius von Basan /noch Baleus von Assyrien / noch einiger anderer / iemals einigen vorzug vor dem Tuscus Sicanus haben /sondern daß der allein der sch \nen Aramena liebe kůnftig genießen solle. Wie nun die anwesende vier Prinzessinnen / wie auch der Dison / solches bekräftigt / und ferner diesem neuen König von Syrien glůck gewünschet hatten / traten auch alle in der h \le sich befindende Syrer hinzu / und fielen nieder auf die erde / ihres Königs fůße zu kůßen.

Wie nun hierauf die zeit sie erinnerte / zu beratschlagen / was bei so-gestalten sachen / so wol auf der Kemuelsburg / als im lager / fůrzunemen seyn möchte / triebe Dison / als bei diesem handel der ruhigste von gemůte / die andre an / auf die Kemuelsburg zu kommen: welches sie auch beliebten. Es kame auch der Nahor eben wieder zu ihnen / mit dem bericht / wiedaß nun der gang geraumt / und bei tausend Syrer schon hindurch nach der burg gegangen wären. Wie sie nun vor die tür dieser höle kamen /und der Sabeer Casban in dem verborgenen gang sie fortfůrete / fügte es sich / daß die sch \ne Syrerin /neben der Amesses und Ahalibama / [698] die vörderste waren / Aramenes aber / samt der Andagone / Cölidiane und dem Dison etwas hernach kamen: da dan /weil die durchgegangene Syrer an beiden seiten in die frische erde zu weit hinein gearbeitet hatten / dieselbe von oben pl \tzlich herunter schosse / und die sch \ne Aramena mit den zweyen Prinzessinnen von den nachfolgenden absonderte / also daß dieselben kaum vor diesem erdbruch sich retten konten / und halbtodt den übrigen weg nach der Kemuelsburg verrichteten.

Der Fürst Nahor und seine Syrer / die hinter dem König Aramenes / dem Prinzen Dison und beiden Prinzessinnen hergegangen / erschracken über alle massen / so unvermutlich eine wand von der herabgeschossenen erde vor sich zu sehen / welche ihren König und dessen liebste Prinzessin / ihrer meinung nach / samt allen den andren / bedecket und lebendig begraben hatte. Ein so ungemeiner zufall / der sie aus der grösten hofnung in die h \chste verzweifelung gestürzet / erregte auch billig ein ungemeines entsetzen bei ihnen allen / und triebe sie endlich die furcht /damit sie nicht auch vom erdfall erschlagen wůrden /eiligst heraus zu laufen: da sie dan allen / die sie vor der h \le antraffen / ankůndigten / was sich begeben hatte. Sie machten hiemit die Syrer erstutzen / welche nach und nach / sich in die Kemuelsburg zu werfen /im anzuge waren / und erregten ein solches schrecken und klaggeschrei unter ihnen allen / daß in kurzer frist von einem zelt zum andern / und endlich durch das ganze lager / diese betrůbte post erscholle / wiedaß der neu-erkante König der Syrer / ihr gewesener General Abimelech / neben der Königin / dem Prinzen von Seir / und etlichen Prinzessinnen / wäre von der erden ůberfallen und erschlagen worden.

Der ort / wo diese erschreckliche begebenheit am[699] spåtsten ruchtbar wurde / war das gezelte / alwo der K \nig Eridanus / die K \nigin Mirina / und der Prinz Amosis / die ankommende aus der stadt Damasco mit denen es sich / ehe sie erschienen / bis dahin verweilet / eben aufgenommen hatten / und mit ihnen sich unterreden wolten. Die ursach ihres so langen ausenbleibens / hatte die noch anhaltende unordnung wegen des vorgewesenen stürmens verursachet / daß sie sobald nicht mit dem vielen volke in das lager kommen /noch den Assyrischen gesandten / den Fůrsten Baracheel / in sein verordentes zelt bringen können. Die Prinzessin Danede entfinge / der K \nig ihr bruder und der Prinz Amosis / mit großen freuden zeichen: und wurde der Prinz Hiarbas von der Mirina und seinem bruder / gleich also bewilkommet. Baleus aber bekame von allen eine kaltsinnige begrüßung / wiewol er solches nicht in acht name / als gar zu begierig / seine Hercinde / die er alda nicht fande / nun wieder zu sehen. Doch måßigte er sich in diesem seinen verlangen / und schwiege / üm den Cussiten Balaat sprechen zu lassen: welcher seine verrichtung dem Eridanus und der Mirina folgender massen erzehlte.

Wie ich gestern (sagte er) von hier aus dem lager in Damasco ankame / wurde ich so fort für die Könige von Assyrien / Egypten / und Canaan gefůret: die /neben der K \nigin von Saba / dem Prinzen von Arabien / und dem Eliphelet / in des Belochus palast mich anh \ren wolten. Ich richtete meinen vortrag an den Assyrischen K \nig / und unterließe nicht / auch den Eliphelet / ob er schon zugegen war / im namen meines K \nigs abzufordern. Ich vermerkte nicht undeutlich / daß der K \nig von Assyrien sich sehr bewegte / mich so küne reden zu hören / und schiene es nicht / daß ich eine gewůnschte [700] antwort erlangen würde: massen ich damals gar kaltsinnig abgefärtigt /jedoch in meinem verordneten palast mir mit aller höflichkeit begegnet wurde. Das glůck fügte es / daß einer von den Assyrischen bedienten / die mich bewirten musten / vordessen in Arabien mein guter freund gewesen / und lange freundschaft mit mir gepflogen hatte. Dieser / sich solcher unserer ehmaligen kundschaft erinnerend / vertraute mir viel dings / den zustand in Damasco betreffend: da ich unter andern von ihm erfuhre / daß / nach meinem vortrage / die Könige beschlossen hätten / ihr heil an der Kemuelsburg nochmals zu suchen / und die ganze nacht hindurch selbige stůrmen zu lassen: da / auf den glückfall / wan sie meister von der burg und der Königin von Syrien werden solten / sie nachgehends weder von loslassung der Prinzen / noch vom frieden reden h \ren / sondern mit einer kurzen antwort mich abweisen wolten.

Es erginge also / wie er berichtet / und war die nacht kaum angebrochen / da kamen die Könige in person vor die Kemuelsburg / und trieben ihre soldaten dapfer an / wiewol dieselben häufig ins gras beißen müsten: in hofnung / diesen verlust / durch eroberung der burg und deren schöner beute / ersezt zu bekommen. Ehe sie aber sich dessen versahen / wurden sie drausen zugleich an vier orten der stadt hinwieder angegriffen / und zwar mit solchem nachdruck und eifer / daß sie zu zweiflen anfingen / ob sie solcher gewalt würden widerstehen k \nnen. Wie nun die gefahr immer gr \ßer zu werden begunte / ließen mich die Könige vor sich fordern / und wolten mich anfangs einer verräterei beschüldigen / als wan ich ům das / so hierausen im lager wider sie fůr genommen worden / wissenschaft hätte. Weil dieses wenig zur sache täte / wan es schon wäre wahr gewesen / als hielte ich fůr unnötig [701] solches zu verantworten / und gabe ihnen dagegen künlich zu verstehen / daß es nur an ihnen låge / diesem stürmen ein ende zu geben. Wie nun der stathalter Mamellus / der sonderlich die gefahr groß machte / mich fragte / wie dan diß geschehen k \nte? begehrte ich ungescheut nochmals /daß man die Prinzessin Danede / wie auch gegenwårtige Prinzen von Assyrien und Egypten / den Eliphelet und die Cussiten / nur solte abfolgen lassen: mit der versicherung / daß die nicht sobald im lager seyn würden / so solte mit dem stürmen eingehalten werden.

Die Prinzessin Danede wurde mir hierauf bewilligt / wie auch / auf vieles zureden der Egypter / der Prinz Hiarbas. Wie es aber an den Prinzen Baleus kame /wolte Belochus lange nichts von dessen befreiung h \ren / auch den Eliphelet und die Cussiten nicht fahren lassen. Endlich aber / wie die gefahr immer größer wurde / erlangte ich auch dieses Prinzen freiheit. Der Prinz Mardocentes sprache auch den K \nigen zu /daß sie die freundschaft meines Königs / deß großen Eridanus / nicht ům den leichtfårtigen Eliphelet verscherzen wolten: welches so gewůnschte wirkung hatte / daß alfort die Cussiten auf einen großen platz zusammen gefüret / Eliphelet aber mit ihrer aller frolocken gefangen genommen / und befehl erteilet wurde / diese Prinzessin und Prinzen vor die K \nige zu bringen. Ich name das gewerbe selber auf mich /meines K \nigs schwester aus ihrem palast abzuholen; die ich so sehr mit der zeitung von ihrer freiheit erfreute / als sehr sie durch den bericht von endschaft ihrer verfolgung betrůbt wurde: weil sie den tod ihres herrvattern noch nicht gewust hatte / und / aus antrieb ihrer edlen natur / sonder tränen dieses nicht vernemen kunte / was ihr doch so große ruhe erworben.[702] Weil aber damals nicht zeit zum klagen war / als vermanete ich sie / sich zu schleuniger abreise zu růsten. Nachdem ich sie den K \nigen eingeliefert / ginge ich /die Cussiten meinem König schwören zu lassen. Wie ich das dritte mal wieder vor die Könige kame / fande ich die beide Prinzen bei ihnen / und den Assyrischen eben im werke begriffen / dem K \nig seinem herrvattern bei allen göttern zu zuschw \ren / wiedaß er die Aramena von Syrien nicht liebte / und daß man ihn unschůldig in solchem verdacht hielte.

Mirina / über diesen worten ganz err \tend / kunte sich nicht enthalten / dem Balaat hier in die rede zu fallen / und sagte: Man wird aber so falschen schwůren dort eben so wenig / als hier geschehen wůrde / glauben zugemessen haben. Diese worte öffneten dem verliebten Baleus die augen / die ursach zu erraten / warüm seine Hercinde nicht zugegen ware. Demnach beantwortete er / fůr den Balaat / diese der K \nigin von Elassar entfindliche reden / und sagte: wie ich verneme / so hålt man mich alhier fůr so schüldig / als in Damasco / und hat des Spiridates und Abdemons unbesonnene hülfe mir nichts als verdrus und ungelegenheit zuwegen gebracht. Ist es aber wol müglich / große K \nigin! daß man mich fůr so leichtsinnig halten kan / von mir zu glauben / daß ich die unvergleichische Prinzessin Hercinde so bald vergessen k \nnen? Daß ich ehmals die Aramena von Syrien geliebet / wie ich noch vermeinte / daß sie meine schwester wåre / solches laugne ich nicht. Daß aber nach deme / wie mich das glůck die wundersch \ne Prinzessin von Celten sehen lassen / und ich deren huld und gewogenheit bin gewůrdigt worden / mir dieselbe ehmalige liebe zu der K \nigin Aramena solte wieder in den sin gekommen seyn: solches hat nicht den geringsten grund [703] der warheit: und beteure ich bei dem H \chsten / dem Gotte aller Götter / daß ich diese Aramena nicht anderst / als wan sie meine schwester noch wäre / mit freundschaft liebe und verehre. Wozu diente dan (wandte Mirina hingegen ein) daß man die K \nigin von Syrien / mit so großer gefahr und schlechtem nachdruck / aus des Belochus hand zu befreien gesuchet? welches ja nicht die gesunde vernunft / sondern eine unbesonnene liebe / muste geraten haben. Und warům hat die Königin von Syrien / in einem schreiben / dem Prinzen Abimelech selber entdecket / wie Baleus / so wol als Belochus / sie mit ihrer liebe verfolgten?

Es wird wol n \tig seyn / (antwortete Baleus) daß ich hier eben die grůnde / die ich diese nacht in gegenwart des Balaats / dem König von Assyrien fürgestellet / wiederhole / und zu erweisung meiner unschuld erzehle / was es mit diesem irrtum fůr wahre bewandnis habe. Als ich / neben dem Prinzen von Egypten /so übel in Damasco entfangen / verhaftet worden / ärgerten sich die meisten unter den Assyriern an dieser verfarung / und war insonderheit der Spiridates bemühet / mir hierinn seine treue und liebe zu erweisen. Weil er mit dem Abdemon viel ůmginge / der vordeme mein kåmmerling gewesen / und von mir wegen seiner nachläßigkeit war abgeschaffet worden / da er unlängst der K \nigin von Syrien bildnis / samt andern briefsachen / die er in verwarung gehabt / liederlicher weise verloren hatte: als stiftete dieser es an / in meinung dadurch die verlorne gnade wieder zu erlangen /daß der Spiridates / mit den auf seine seite gewonnenen Assyriern nicht allein mich / sondern auch die Königin von Syrien / in einer nacht zu befreien / sich unterwunden / und dabei aller orten ausruffen ließen /daß Aramena von Syrien [704] und ich einander ehlichen solten. Dieses / weil die treue mehr / als der verstand /darbei gewirket / liefe so unglůcklich ab / daß wir nur etliche stunden der freiheit genoßen: wiewol es zufälliger weise dazu gedienet / daß dadurch die K \nigin von Syrien auf die Kemuelsburg entkommen / alwo sie sich auch noch befindet. Wir beide aber / Hiarbas und ich / fielen wieder in unsren vorigen stand: der mir ům so viel schwerer wurde / weil mein herrvatter mich nun v \llig / ungeacht aller widerrede / fůr seinen mitbuler hielte / und darüm alle vätterliche gewogenheit mir entziehend / nur dahin bedacht war / wie er mir satsam seinen zorn und ungnade möchte zu fůlen geben. Dieses ist die wahre geschicht / welche zu diesem verdacht anlaß gegeben hat. Und wan ich ja so unglůcklich solte seyn / keine beglaubung zu finden /so ist der Prinz Hiarbas hierzugegen / der weiß / so gut als ich selber / meine unschuld / und kan bezeugen / ob ich diesen unglimpf verdiene.

Ich kan mit höchster warheit sagen / (finge Hiarbas hierauf an zu reden) daß ich den Prinzen von Assyrien nie verliebter / als wie diese zeit über / in die Prinzessin Hercinde von Celten / erkennet: und haben wir täglich dieses in Damasco unsere unterredung seyn lassen / einander die unruhe vorzubilden / die / wegen unsers zustandes / die beide unvergleichliche schwestern alhier im lager ausstehen würden. Wan diesem also ist / (sagte Eridanus) so haben wir dem Prinzen von Assyrien zuviel gethan / einen solchen verdacht von ihm zu fassen: und ist billig / daß jeder von uns ihm dafůr seine dienste anbiete / seine aussönung bei seiner Prinzessin wieder zu bef \rdern. Wie angenem ist mir doch (rieffe Baleus) die ursach dieser ungnade / die eine wahre liebe andeutet / mit der diese sch \ne mich beseeliget! und důnken mich [705] nun alle augenblicke jahre zu seyn / daß ich meine Prinzessin nicht sehen sol / ům ihr selbst meine unschuld zu entdecken. Ich bin froh (antwortete hierauf Mirina) daß meine schwester / so wol als wir alle / sich betrogen: und wird der Prinz von Assyrien sich gedulten / an seine aussönung zu gedenken / bis der weiße Balaat uns völlig seine verrichtung abgestattet / an deren uns allen viel gelegen ist. Redet dan eiligst / Balaat (sagte der Prinz) ům mir zu helfen / daß ich aus ietziger unruhe mich bald m \ge erlöset sehen.

Wie der Prinz von Assyrien (fuhre Balaat demnach fort) fast dieses inhalts / wie er iezt gethan / gegen dem K \nig seinem herrvattern sich entschuldiget /wolte der / zur probe seiner unschuld / daß er / die Königin Lantine von Elam zu ehlichen / sich erklären solte. Dieses gabe dem Prinzen ursache / seine wahre liebe zu er \ffnen / und frei zu bekennen / daß er die Prinzessin Hercinde aus Celten liebte. Man sahe wol /was grosses misvergnügen diese entdeckung dem Belochus erwecket. Er zwunge sich aber / und gabe dem Prinzen mit diesem beding seine freiheit wieder / daß er solte schw \ren / nicht über einen tag im lager zu bleiben / und mit den völkern / die er in Babel finden würde / dem Nebajoth in Meden entgegen zu gehen: üm durch wiedererlangung dieses reichs / sein verbrechen auszusönen / und also darzuthun / daß er an der liebe zur Aramena von Syrien unschuldig wäre. Wiewol nun hiergegen viel einzuwenden ware / auch Baleus und Hiarbas ihre friedenspuncten fürbringen wolten / woraus dan wůrde erhellet haben / daß der Prinz von Assyrien / als eine fůrneme mittelsperson / bis zu austrag solcher handlung / notwendig zugegen bleiben můste: so litte es doch weder die zeit / noch des Belochus erhiztes gemüte / ihme solches vorzustellen. [706] Wir musten also / mit ermeldter bedingnis für den Baleus /weil post über post einliefe / daß es mit dem stůrmen ůberhand nåme / und die gefahr nicht grösser diente /uns fortmachen. Um aber auch der K \nigin von Elassar / der Prinzessin Hercinde und meinem König zu weisen / daß man sie zur friedenshandlung als mittelspersonen anzunemen beliebte / wurde Baracheel / der Fürst von Ram / uns mit gegeben: alhier nicht allein einen stilstand der waffen auf etliche tage anzubieten /sondern auch zu vernemen / worin die friedenspuncten bestehen solten. Dieser ist nun im lager / und erwartet / was man ihme derwegen fůrzutragen hat: worbei dan wol zu ůberlegen seyn wird / dieses werk also zu fassen / daß dadurch ein beständiger friede / zu beider teile vergnügung und belieben / zu stand gebracht werde.

Als Balaat hiemit seine rede geendet / trate Hezrai zu ihnen in das gezelt / der voll entsetzung ihn anmeldete / was für ein gerůchte im lager erschollen wåre /wie nämlich in einen verborgenen gang / der unter der erden nach der Kemuelsburg fůrete / und den der Abimelech heimlich gefunden / derselbe samt der K \nigin von Syrien / der Prinzessin aus Egypten / der C \lidiane / Ahalibama und dem Prinzen Dison / unversehens ůberfallen und erschlagen worden. So unglåublich nun diese zeitung ihnen vorkame / so sehr werde dieselbe gleich darauf durch den Celten Hesion bekräftigt / der noch diese ůmstände hinzutäte / daß Abimelech fůr den K \nig Aramenes von Syrien wäre erkant worden / und zwar kurz vorher / ehe dieses erschreckliche unglück sich zugetragen. Niemand in der gesellschaft / konte dieses sonder grausen und entsetzen anhören. Eridanus und seine schwester / betaurete am meisten / den dapfren Abimelech / und die C \lidiane /welche der Danede in Cus waren bekant worden; [707] die dan auch die schöne Aramena von Syrien beweinte. Baleus / alles anligen seiner liebe vergessend / kunte den Abimelech und die Aramena nicht gnug bejammeren. Amosis und Hiarbas / beseufzten den klåglichen tod ihrer schwester.

Mirina war bei ihrer aller bestůrzung / die beherzteste / weil sie keinen von diesen durchleuchtigen sonderlich gekennet: wiewol ihr dieses unglück nicht weniger / als den andren / zu herzen ginge. Aber / an stat die zeit mit klagen zu verlieren / sagte sie / man müste dieser schickung des himmels sich bedienen / und nun mit den Assyriern den frieden zu schließen / auch hierzu die bestürzte Syrer zu zwingen / nicht aus der acht lassen. Es konte aber diesen vorschlag ihrer keiner / auser dem einigen Balaat / vor entsetzen beachten oder beantworten / und eileten sie ingesamt aus dem gezelt / ům mehrere nachricht von diesem unerhörten trauerfall einzuziehen. Sie sahen / daß hier ein haufen / dort ein haufen erschrockener Syrer liefen /und die hånde zusammen schlagend / das erbårmlichste geschrei von der welt anstimmeten / auch ihren k \pfen so wenig die helme / als die haare / långer zu tragen g \nten / welche sie halb wůtend ausrissen /und in allem ihrem klåglichen thon dartäten / daß ihr verlust unersetzlich wäre. Husan / Rames und die übrige Syrische Fůrsten / saßen zu pferd / und bemůheten sich / dieses verzweifelte volk beisammen zu halten. Sie sprachen ihnen mit diesem troste zu / daß es ja noch ungewiß wåre / ob dieser erdfall die Königliche personen erschlagen håtte: und auf allen betrübten fall / so wåre ja noch die jüngere Aramena ůbrig / fůr die sie die waffen ferner füren und ihr den Syrischen tron erhalten solten. Aber dieses zureden wolte bei ihnen gar nichts verfangen.

[708] Der Badezorus und Arsas fůreten einen haufen Syrer / mit hacken und spaden / an die höle / dieselbe ausråumen zu lassen: da dan Baleus / Amosis und Hiarbas sich mit dahin begaben / ům zu erforschen /ob den verfallenen noch zu helfen seyn m \chte. Als sie nun unterwegs mit dem betrůbten Arsas von diesem zufall zu reden kamen / erzehlte der ihnen ůmståndlich / wie es ich alles begeben hatte / massen er selber mit dabei gewesen. Nachdem sie daselbst angelanget / funden sie / daß der Nahor bereits ausraumen ließe; dessen leuten sie dan zu hůlfe kamen. Sie fanden zwar verschiedene erschlagene / die zunåchst ům den Aramenes gewesen: von ihm aber und von der Königin / wie auch von dem andern frauenzimmer /wolte sich nichtes åusern. Endlich ward ein mantel herfürgezogen / welchen der Nahor für der C \lidiane ihren erkente. Sie bekamen auch einen abgeschlagenen fus / der eben also bewaffnet war / wie den tag der Abimelech sich getragen hatte. Weil das arbeiten und nachsuchen alda gar gefårlich war / und so viel erde von oben wieder nachfiele / als sie unten hinweg gebracht / richteten sie mit aller ihrer bemůhung sonst nichtes aus / als daß sie dieses traurfalles nur mehr versichert wurden: massen viele von den arbeitern zu schaden kamen / und zu tod befielen. Demnach wurde / bis zu weiterer verordnung / diese untersuchung eingestellet / und kehrten die drei Prinzen betrübt zurůcke: da sie das lager in noch gr \ßerer verwirrung antraffen / als sie es zuvor hinterlassen hatten.

Weil bei solcher unordnung man nicht unbillig zu befahren hatte / daß der feind sich deren bedienen /einen ausfall thun / und das ganze lager aufschlagen m \chte / als zogen die Ismaeliter / unter dem dapfren Jethur / ihrem Prinzen / sich zusammen / und machten eine [709] eine schlachtordnung. Dieses tåte auch der Prinz Baalis mit seinen Celten: und / weil der Suevus / vor seinem abzug / ihn gewarnet hatte / sich vor dem Gaisus und den andern Celten fürzusehen / als hielte er seine zehentausend allein beisammen / und stunde bei dem Jethur. Der Gaisus / Ister / Altobor / Hesion und die andre hohe kriegsbediente aus Basan / brachten hingegen ihre untergebene auch in die waffen: wiewol mehrerteils bereit und entschlossen / der K \nigin Mirina geboten nachzuleben. Phalacus / Pannias / Barzes / Jothan / Sabad und Elimodan / als die fürnemsten unter den Niniviten / zogen ihre völker auch in einen haufen / und gaben acht auf ihre schanze. Eben also verfuhre Eridanus mit seinen Cussiten: und den gefangenen Eliphelet unter den neu-angekommenen ersehend / ließe er ihn in sichere verwarung bringen /an des himmels gerechter rache / und dieses b \swichtes glůck-fall sich höchst ergetzend. Wie nun endlich die verschüchterte Syrer das beginnen der andren v \lker sahen / ließen sie von dem Husan / Thare / und Rames sich auch zusammen bringen / und stellten sich in eine schlachtordnung: unwissend / wessen sie sich zu den Niniviten / Celten / Cussiten und Ismaeliten zu versehen håtten / nun ihr General und K \nig samt der K \nigin nicht mehr vorhanden waren. In solcher grossen verwirrung liefe der tag zum ende / und bekame Baracheel kein geh \r / weil iederman so sehr geschåftig ware. Dieser entfande nicht wenig / ungeacht er gut Assyrisch / dieses große unglůck / so dem Königlichen Syrischen samen begegnet war / und stellte ihm seines K \nigs leidwesen für / wan er seiner geliebten K \nigin so elenden tod erfahren wůrde.

Diese trostlose befande sich inmittels auf der Kemuelsburg / dahin sie der Sabeer Casban / samt der[710] Amesses und Ahalibama gebracht hatte / im dem elendsten und jåmmerlichsten zustande / und kunte sich nicht darein finden / wiewol sie sonst die grosmut selber war / so pl \tzlich ihren liebsten Prinzen und bruder / ihre liebste freundin und allen beistand auf einmal verloren zu haben. Dieser zufall / den sie blos von Gott herrůrend achten muste / und worzu kein mensch etwas gethan hatte / kame ihr ům soviel erbårmlicher vor / wan sie ihr fůrstellte / daß der Allerhöchste ůber ihr haus solche zorn-zeichen kommen ließe: üm damit anzudeuten / wie unendlich sein grim ůber das arme Syrien brennte / und wie des Aramenes same ein fluch vor ihm wäre / der ganz kein glück auf erden zu hoffen håtte. Alles dieses ůberlegte sie bei ihr selbst auf ihrem ruhbette: auf welches sie sich geworfen / sobald sie aus diesen unglückseligen gang /der sie von ihren liebsten in der welt geschieden / auf die burg angelanget. Die trostlose Ahalibama leistete ihren jammertrånen gesellschaft / die nun von neuem den tod ihres bruders Dison beweinte / und dessen so plötzliches ende / eben zu der zeit / da sein dapfrer beistand ihnen so hochnötig gewesen / schmerzentfindlichst bejammerte.

Amesses / die / aus tugendhaftem erbarmen / alles leiden der Königin und der Ahalibama / als eigen mit entfunde / besonne sich vergebens auf einen trost /diese beide betrůbte damit aufzurichten / weil die wunde zu frisch und viel zu tief war: daher sie für ratsamer befunde / mit ihnen zu weinen / als so billige trånen zur unzeit abzustillen; wiewol ihre eigne angst / durch des dapfren Disons verlust / und durch den abschnitt der gehofften hülfe aus dem lager / in der K \nige hånde und gewalt wieder zugeraten / sich daneben bei ihr einstellte. Nachdem sie / gegen den abend / ihre beide leidensgefärtinnen ein wenig verlassen / gesellte sie sich zu dem betrübten [711] Elhanan und dem verzweifelten Sabeer Casban: die noch in stäter bestürzung begriffen waren / und nicht wusten /wozu sie greifen solten. Sie hatten vergeblich sich bemůhet / von den erschlagenen etwas zu erfahren: massen der ganz ůberall verfallen und ausgefůllt war / daß sie / alles wieder hinweg zu raumen / viel tage håtten zubringen můßen. Weil nun also die Syrer über dem tod ihres Generals / und die Sabeer ůber des dapfren Disons verlust / allen muht sinken ließen / als funde die Prinzessin von Egypten dieselbe zaghafter / als sie selbst ware / da sie doch trost bei ihnen zu holen vermeinte.

Wie sie nun also auf der maur stunden / und in die stadt hinunter sahen / wurde Amesses neben ihnen gewar / daß auf allen gassen die soldaten haufenweis zusammen liefen / und wie es schiene / zum streit sich růsteten. Sie besorgten erstlich / es wůrde nun wieder ihnen gelten: sahen aber folgends / daß sie sich auf die stadtmauren verteilten. Demnach verwendete sich ihre furcht in eine verwunderung / und kame es ihnen frömd für / daß / bei der ungezweifelten verwirrung im lager / von dar ein abermaliger sturm solte erwartet werden: zumal auch / die angebotene friedenshandlung / beiderseits ein andres riete. Um nun hiervon /auch sonst von allem / was in Damasco fürginge / einige gewisheit / zu ihrer nötigen nachricht / zu erlangen / und erkundigung einzuholen / wurden sie schlüßig / den Argob / einen verschlagenen Syrer / der dem Fůrsten Elhanan lang gedienet / und durch tausenderlei beweistum seine treue kund gemacht hatte /sobald es wůrde nacht werden / in einem korbe an der mauer herab zu lassen. Dieser ließe / ganz beherzet /sich willigst hierzu gebrauchen: und wurde abgeredet / daß er alle nacht an die mauer der burg kommen /[712] und was er erfahren / ihnen schriftlich in dem herab gelassnen korbe hinauf berichten solte.

Dieser getreue Argob seumte nun nicht / dasjenige auszurichten / wozu man ihn gesandt hatte / und nachdem er also bei nacht in die stadt gekommen / fande er die gassen aller orten voll volks / und vername /daß sie einen abermaligen sturm von den Syrern befahreten: weil sie von der stadtmauer abgesehen / daß sich im lager alles in ordnung gestellet / und daraus vermuteten / daß sie etwas gr \ßers im sinn haben müsten. Hierbei ließe sich ihrer aller furcht nicht wenig blicken / und gaben sie gnug zu erkennen / daß sie sich nicht getrauten / des feindes gewalt aufzuhalten: da auch die geborne Syrer nicht unklar zu vernemen gaben / daß sie / fůr das glůck ihrer brůder im lager /den himmel anfleheten. Wie nun Argob auf den mauren alle ihre gegenverfassung angesehen / da sie doch die ganze nacht vergeblich gewachet hatten / weil es zu keinen stůrmen gekommen / schliche er mit dem anbrechenden tag in des Zophar von Naema behausung / alda er sich zu erkennen gabe. Nachdem er etliche wenig stunden ausgeschlaffen / machte er sich wieder herfůr / und fande ůberall noch die vorige wachsamkeit.

Er konte aller orten ohne verdacht frei durchkommen / weil er allen denen / die ihn kanten / andeutete /wiedaß sein herr / der junge Fürst von Hus / ihn im stiche gelassen / als er die verräterei mit dem Prinzen von Seir auf der Kemuelsburg angefangen: und wurde er hierbei / wo er / seit daß die burg und die Königin von Syrien in Disons und Elhanans hånde geraten /sich aufgehalten hätte / von niemanden befraget. Weil er sich zu den leuten des alten Fůrsten von Hus gesellet / kame er mit ihnen in den k \niglichen schloßhof /und fande alda [713] die Könige versamlet / welche ihre ungedult \ffentlich zu vernemen gaben / ům daß der abgeschickte Fürst Baracheel nicht wiederkehrte / und besorgten / die loslassung der beiden Prinzen / würde nirgend zu gedienet haben / als ihre feinde noch mutiger zu machen / daß sie nun von keiner friedenshandlung mehr h \ren / sondern die stadt mit gewalt zu erobern trachten wůrden. Keiner schmähete und scholte so sehr hierüber / als Belochus: welcher alle schuld seinem sohne dem Baleus gabe / und ihn nun von neuem fůr seinen mitbuler hielte / auch gänzlich argwänete / daß der zu dem besorgenden sturm wůrde geraten haben / ům sich zum herren von Damasco und der Königin von Syrien zu machen. Weil er die häftigkeit seiner gemütsbewegung für allem volk heraus ließe / als bemüheten sich die Prinzen Bildat und Mamellus / ihn in seinen palast zu bringen: dahin sie ihn endlich / mit vorwand anderer ursachen / zu gehen beredten / wordurch dem Argob / ein mehrers zu h \ren /die gelegenheit entginge.

Er verfügte sich hierauf nach dem k \niglichen garten / alda / wie man ihm gesaget / die Königin von Elam / neben der gefangenen K \nigin von Ninive /die man in Damasco nur Prinzessin von Syrien nennte / wie auch die Prinzessinnen von Ophir und Sidon /anzutreffen. Weil etliche von des alten Hus bedienten bei ihme waren / als wurden sie von der wacht ungehintert eingelassen / und war sein fůrsatz / der K \nigin von Ninive / wofern er dazu gelangen könte / den betrübten zustand der K \nigin ihrer schwester zu eröffnen. Nachdem er aller orten nach ihr sich ůmgesehen / ward er endlich gewar / daß diese sch \ne / von der andern gesellschaft abtretend / mit zwei jungfrauen / auf die sie sich gelehnet / in eine an einen weinberg gebaute laubhütte ginge / [714] da er ungesehen hinter den weinstöcken sich bequemlich hin zu machen kunte. Wie er nun ihr nachgeeilet / und ganz nahe an die hůtte gekommen / wolte er / ehe er sich zu erkennen gabe / zuvor vernemen / wer bei ihr seyn m \chte. Demnach schliche er nahe hinzu / und gůkte durch das gebůsche: da er dan die Königin von Ninive zwischen den beiden ihm-bekanten jungfrauen des tempels den Diana / der Briane und Zimene sitzen / und zwar sie alle dreie håftig weinen fande / sonder ein wort zu sagen.

Nachdem dieses eine zeitlang gewäret / finge Aramena also an zu reden: Ach ja! solche unbeständigkeit muste ich erleben / zur straffe / daß ich mein gelůbde gebrochen / und der schnöden liebe gehör gegeben. Ach Briane! ach Zimene! bespottet mich nicht / sondern erweiset vielmehr euer mitleiden / daß es mir also ergehet. Wen solte dieses (gabe Briane zur antwort) nicht håftig dauren / da es mit der geheiligten Aramena dazukommen müßen / daß die zum abfall bewegt worden / die sonst allezeit so ungemeine beständigkeit blicken lassen? Des Disons erwiesene leichtsinnigkeit ist wol die geringste straffe / so hierauf erfolget: maßen ich diese viel h \her achte / die unsere große g \ttin dieserwegen über ihren weltberům ten tempel hat ergehen lassen. Solte ich dan wol (fragte Aramena) die ursach seyn / daß dieses herrliche gebäude und wonhaus unserer ehmaligen ruhe / also müßen in die asche gelegt werden? Wer wolte hieran zweiflen? (h \rte Argob die Zimene antworten) es muste ja die große Diana solches hoch empfinden /daß eine von den nachkommen ihres geschlechtes solcher maßen sich ihr ungetreu erweisen wollen. Man bildete mir (sagte die K \nigin von Ninive) all zu fäst ein / daß es mit unserer großen Diana nichtes / [715] daß ihre gottheit ein gedicht / daß sie so wol ein mensch wie wir / und das es sůnde wåre / sie zu verehren. Das waren die rechte griffe / (versezte Briane) gegen dem Dison eine liebe zu erwecken / und muste Ahalibama sich dessen gebrauchen / üm betrieglich auszufüren /was sie und Timna so listig hatten angefangen.

Meine schwester / (antwortete Aramena) bemühete sich üm diese meine bekehrung am meisten / und muß ich wol bekennen / daß ihre fürgebrachte grůnde mich haben bewegen können / dieselbe ohne des Disons betrachtung anzunemen. Die Königin von Syrien (sagte Zimene) hat wol den Dison zum zwecke gehabt / ům deme zu seiner Aramena zu verhelfen: weil auser dieser beredung keine müglichkeit gewesen / dem Prinzen von Seir einiges gehör bei ihr zu erwerben. Du sagest die warheit / Zimene! (gabe die Königin zur antwort) und wäre ich nimmermehr dazu gekommen / wan mich nicht mein vermeinter irriger glaube dazu gebracht håtte. Wie fein büße ich aber nun mein verbrechen / da dieser betrieger dergestalt mich geteuschet / und mich fůr die Petasiride verlassen / nun aber dieselbe wieder / für die K \nigin meine schwester / verstoßen hat. Sihe / wie dieser unbeständige uns alle dreie betrübet / da er der Petasiride und mir seine liebe wollen einschwåtzen / und solche nun so gewaltsamlich der K \nigin meiner schwester erzeiget / welches nichts anders / als großen verdrus / bei ihr erwecken kan: maßen ich weiß / wie sehr sie den Prinzen Abimelech liebet / und wie sie sich bemůhet /aller welt darzuthun / daß Dison sie niemals geliebt habe. Ihr werdet billig alle dreie (sagte Zimene) durch ihn gestraffet: massen Petasiride einen / der ihr zuvor keine liebe erwiesen / nicht lieben / die Königin von Syrien niemand von unserer großen Diana abwendig machen / [716] und unsere so beständig gewesene ordensschwester sich nicht verfůren lassen / sollen.

Dank sei der großen Diana / (rieffe hierauf Aramena) daß ich wieder bekehret worden / und meinen alten orden aufs neue angenommen habe. Wer ist dan ursach / (fragte Briane) an dieser neuen bekehrung? Das ist guten teils die Prinzessin von Sidon / (antwortete Aramena) die mir die wunderwerke beschrieben /so / bei der kläglichen einäscherung unsres tempels /sich mit dem bildnis der großen Diana begeben: und da nun euer beider gegenwart dazu gekommen / hat dieselbe / neben meinem verdrus / daß ich einen betrieger geliebet / in mir die begierde wieder angezůndet / mein voriges unschüldiges leben aufs neue zu erkiesen. Was elende saure zeit (finge Briane hierauf an zu klagen) haben wir auf der Kemuelsburg / von dem tage an / ausgestanden / da diese betriegliche hochzeit so gar anderst / als wir vermeinten / hinaus geschlagen / und da wir täglich mit ungleichen zeitungen /von dem ergehen unsrer Aramena abgespeiset werden: bis es endlich sich fügte / daß / nach eurer flucht aus Damasco / wir unsere freiheit erlangten / und gehen dorften / wohin wir wolten. Nun aber hat der gütige himmel / nach so langem und bittrem scheiden / uns wieder zusammen gefůret: wiewol in betrübtem zustand / weil der verlust unsres tempels / auch mit blutigen tränen / nicht gnug von uns kan beweinet werden. Als hierauf die beide ordensschwestern ihr klaggeschrei von neuem anfingen / tr \stete sie Aramena /und sagte: Gebt euch zu frieden / liebste schwestern! Gönnet mir der himmel mein reich / so sol dieser tempel-bau das erste werk seyn / so ich fůrnemen werde: und alsdan wil ich / meine regirung dem Bethuel / zur erkentnis seiner erwiesenen treuen liebe / ůberlassend / [717] der seeligen C \lia platz bei euch wieder bekleiden /und ungeschieden / weil ich lebe / die eure verbleiben.

Alle diese reden h \rte Argob mit an / und aus den selben abnemend / daß / dieser Königin / bei diesem gefassten entschluß / den zustand auf der Kemuelsburg zu entdecken / unnůtzlich seyn würde / änderte er seine meinung / sich ihr zu offenbaren. Doch hoffete er / vor seinem weggehen / noch etwas seinem herrn dienliches auszuforschen / als er die Königin Petasiride neben der Prinzessin von Sidon in die hůtte tretẽ sahe. Demnach verharrete er in seiner stelle / und horchete / was weiter fůrgehen wůrde / da er dan / die Königin von Saba / die von Ninive also anreden hörte: Wie / meine Prinzessin! wollen sie stäts einen betrieger beweinen / und ihm den willen thun / sich seinetwegen so betrübt zu erzeigen? Warům waltet nicht viel mehr ein grosmütiger haß in eurem herzen? und warům folget man nicht meinem beispiel / die ich mehr an rache als an einigen verlust gedenke? Wolten die Könige meinem willen folgen / so solte mir dieser verwegene nicht so lang auf der Kemuelsburg ruhig bleiben und unsere leichtglåubigkeit belachen. Nun aber muß ich gedult üben / da der staat es anderst erfordert. Ich versichere euch aber / Prinzessin von Syrien! ich wil euch råchen / sofern mir die götter mein leben fristen.

Ich bin bereits gnug gerochen / (gabe Aramena zur antwort) da ich seine qual mir fürstelle / die er wird entfinden / wan er sich ungeliebt sihet / und von der Königin / meiner schwester / den verweis anh \ren muß / den seine leichtsinnigkeit verdienet. Dieses ist mir rache genug / und begehre ich nicht / daß ihme etwas härters widerfahre. Ich aber wil ihn todt haben (antwortete [718] die erzůrnte Petasiride) und kan eher nicht ruhig seyn / ich habe dan denjenigen von der welt getilget / der sich berümen kan / Petasiride habe ihn auf verschmach geliebet. Hierauf kamen / die Königin von Elam / wie auch die Prinzessinnen von Ophir und Sidon dazu / und verursachten mit ihrer gegenwart /daß dieses fůr Aramena widriges gespråche sich endete. Weil sie hierauf nicht lang mehr im garten verblieben / sondern wieder nach den palåsten gingen / dahin sie / wegen der Aramena / eine starke wacht begleitet / als begabe sich Argob auch wieder von dannen. Gegen den abend / sahe er die ganze Königliche gesellschaft auser der Aramena und Orosmada / in der Königin von Tyro palast speisen: da er alle reden / die fürfielen / wol beobachtete / und so viel vername /daß / wan folgenden tags der Fůrst Baracheel nicht wieder aus dem lager ankommen wůrde / alsdan die Kemuelsburg nochmals mit aller macht solte angegriffen und gestürmet werden. Dieses alles brachte Argob in eine schrift zusammen / und als die nacht sich eingestellet / verfügte er sich nach der Kemuelsburg: da /auf erteiltes zeichen / der korb hernieder gelassen wurde / darein er seinen bericht legte / und darauf wieder hinweg eilete / um ferner etwas auszuforschen.

Es wurde aber diese nacht / eben wie die vorige /mit stätiger wachsamkeit und bereitschaft verbracht /und als der morgen wieder angebrochen / ließe Baracheel / vom lager wiederkehrend / am tore sich anmelden. Diese post machte ganz Damasco munter /und wurde er von einer unzäligen mänge des p \bels bis vor die Könige begleitet: welche / in das Belochus palast versamlet / sein anbringen mit häftigen verlangen erwarteten. Wie ihme nun / in ihrer und der Petasiride / und aller anwesenden Prinzen gegenwart / zu reden erlaubet war / [719] sahe er seinen König mit augen voll tränen an / und sagte: Ich solte wünschen / daß E. Maj. mich dieses anbringens erlassen m \chten / welches / dero und der andren Könige hohe gemüter gånzlich niederzuschlagen / kan fåhig seyn / wan ich nicht glåubte / daß eine ůber natürliche grosmut / das geschehene unglück zu verschmerzen / sich einfinden werde. Wie / Baracheel! (widerredte der erschrockene Belochus) welch ein fr \mdes anbringen ist mir dieses? Es ist so fr \md und klåglich / (antwortete Baracheel) daß die höchste potentaten der welt darüber zu weinen / sich nicht entsehen d \rfen: und wil ich endlich reden / wan ich erstlich einen absonderlichen befehl deswegen erhalte. Keiner von den Königen hatte den mut / dem Baracheel fortreden zu heisen / und sagte ihrer iedem der sin zu / daß es etwas böses seyn würde. Jedoch aber / wan sie betrachteten / daß ihr liebstes auf der Kemuelsburg wäre / davon ihnen Baracheel nichtes sagen k \nte / fasseten sie sich wieder / und bildete ihm jeder etwas anders ein. Belochus gedachte / es wåre etwan dem Baleus / seinem sohn /ein unglück begegnet. Pharao hatte gleiche gedanken /von seinen beiden söhnen. Beor vermutete eine noch bösere zeitung / als er bereits wuste / aus Canaan zu vernemen. Wie nun endlich der K \nig von Assyrien dem Baracheel befahle / heraus zu sagen / was er wüste / verrichtete der solches folgender massen.

Wie ich / vor zween tagen (sagte er) von E. Maj. mit den beiden Prinzen und den Cussiten ins lager abgeschickt worden / ům so wol den Syrern einen stilstand der waffen anzubieten / als die vorgeschlagene friedenspuncten von dem König aus Cus und der K \nigin von Elassar anzuhören / ware ich wenig stunden im lager gewesen / da entstunde in selbigem[720] ein plötzlicher auflauf / und beweinten alle Syrer den tod ihres K \nigs Aramenes und der Königin. Nach einem so frömden gerůchte mich bässer zu erkündigen / suchte und fande ich einen Syrischen haubtman: mit dem ich eine gute weile zu thun hatte / ehe ich ihn bereden kunte / an stat des klaggeschreies / zu sprechen und mir dieses gemeine anligen zu er \ffnen. Endlich erfuhre ich von ihme / (ô himmel! ich entsetze mich /es zu sagen) daß man vor etlichen tagen / unfern vom lager / einen verborgenen gang unter der erden gefunden / der nach der Kemuelsburg gefůret / den ihr General der Prinz Abimelech ausraumen lassen / und durch solchen weg die Königin von Syrien / wie auch die Prinzessin von Egypten und Seir / aus der burg hinaus holen / dargegen volks genug herein werfen und also der stadt sich bemächtigen wollen. Wie sie nun beide in diesem gange zusammen gekommen /und eben die Prinzessin Andagone von Gerar ihm eröffnet hatte / daß er nicht Abimelech / sondern Aramenes der erbe von Syrien / wåre / sei jählings die erde über sie såmtlich herunter gefallen / und habe sie alle pl \tzlich erstecket und erschlagen.

O ihr götter! (riefe der König von Canaan) ware Ahalibama auch mit hierbei? Dieser Prinzessin / (antwortete Baracheel) wie auch deren von Egypten und dem Prinzen Dison von Seir / ist / neben der K \nigin von Syrien und ihrem erkanten bruder / dieses unglück zugestossen. Eine allgemeine stille entstunde hierauf in dem Königlichen zimmer / und hatte niemand das herz / die drei Könige anzuschauen: die gleich den steinernen bildern unbeweglich blieben /und als ihrer sinnen beraubet / anzusehen waren. Petasiride / den tod des Disons vernemend / der ihn eben zu der zeit betroffen / da [721] er die gr \ste hoffnug erlanget hatte / die Königin von Syrien / auf die erkåntnis ihres bruders / lieben zu d \rfen / bezeigte hierbei mehr freude als leidwesen / und den Mardocentes anschauend / name sie war / daß deme die trånen håufig die wangen herab flossen / daher sie anlaß name / zu ihm zu sagen: Sind das vielleicht freudentrånen / weil ihr nun in eurer liebe hoffen dõrfet / da Dison todt ist? Disons tod / (antwortete Mardocentes heimlich) setzet mich zwar / durch E. Maj. hohe gůte / in einen glůckseligen stand: ich kan aber denselben sonder entfindung nicht vernemen / da er so unvermutet und plötzlich gekommen. Indem schauete Belochus den Baracheel mit nassen augen an / und befahle / sonder etwas zureden daß er seinen bericht vollfůren solte: welches er dan also verrichtete.

Ich finde unnötig / (sagte er) mit beschreibung meiner hierůber entfundenen bestürzung die zeit zu verlieren. Wie mir nun hierauf oblage auf alles ein wachendes auge zu haben / was diese große änderung im lager zu wege bringen konte / vername ich / daß im ganzen lager die uneinigkeit und das mistrauen nicht geringer als wie der schrecken wurde: massen sich alle völker / als die Niniviten unter den Fürsten Barzes und ihrem feldherrn Phalacus / die Ismaeliten unter den Prinzen Jethur / die Cussiten unter den Hezrai / der Celten ein teil unter den Gaisus / das andere unter den Prinzen Baalis / und die Syrer unter ihre Fůrsten sich rotteten / und ein volk für dem andren sich hůtend / ein iedes acht auf seine eigne schanze gabe / ům den abgang des Generals durch ihre vorsicht zu ersetzen. Ich konte demnach selbigen ganzen tag zu keinem gehör gelangen: weil der schrecken und die verwirrung viel zu gros war / als daß man håtte an mich gedenken [722] k \nnen. Der Zameis / des Prinzen von Assyrien hofmeister / war der einige / der mich selbigen abend besuchte / und mir vertraute / daß sein Prinz gesonnen wäre / der Prinzessin Hercinde nach Basan zu folgen: massen auch gestrigen morgens der Prinz selber zu mir kame / und mir seine angelegenheit anbefohle / wegen des Königreichs Ninive für ihn zu sprechen / welches ein punct der vorgeschlagenen friedenshandlung gewesen / ehe dieses große unglück sich zugetragen / und hätte / auf solche bedingnis / die Prinzessin Hercinde ihn zu ehlichen / sich eingelassen. Er klagte mir zwar dabei ihre jetzige ungnade /und wie sie auf / ihn erzůrnet / hinweg gezogen / üm des verdachts willen / den alle welt / wegen der liebe zur Königin von Syrien / auf ihn geworfen håtte. Etliche stunden hierauf / wie der Baleus bereits hinweg war / forderte man mich in des Eridanus gezelt zur verh \r / da ich diesen K \nig / neben der Mirina und den beiden Prinzen aus Egypten / antraffe: die mir die allgemeine verwirrung im lager entdeckten / und sich ferner anerboten / nicht allein frieden zwischen E. Maj. und den Syrern zu machen / sondern auch das K \nigreich Ninive und Meden wieder unter den Assyrischen gehorsam zu bringen. Ich vername hierbey /wie sie wegen der noch übrigen Prinzessin von Syrien / die sich alhier befindet / dahin zieleten / daß E. Maj. deroselben Syrien / üm die Syrier zu vergnügen / auch die Celten und Ismaeliten ihre bundsverwandten zu besänftigen / abtretten solten: welches alles ich so ferne angenommen / daß ich davon berichten wolte /und merkte ich wol / daß der K \nig Eridanus solches am meisten triebe / dem die Syrer darum in den ohren ligen mochten.

Als ich hierauf wieder in mein gezelt gekommen /fanden sich der Husan von Chesed / der Prinz von Hevila / [723] und der von Ammon bei mir ein / und trugen mit auf / in namen aller dreier völker / E. Maj. zu ersuchen / daß sie die jůngere Aramena / als nunmehr Syrische K \nigin / wieder in freiheit setzen / und auf vorerwehnte puncten / das reich Ninive und Meden betreffend / den frieden annemen wolten. Dieses ihr zumuten hielte mich gestern auf: massen ich auch mich gern haltẽ ließe / ům zu nötiger nachricht noch ein mehrers drausen zu erfahren. Wie ich dan hierin nicht fehl gedacht / und nun den bericht mitbringen kan / daß die gesamte Niniviten diese nacht unversehens aufgebrochen sind / nach Ninive zu gehen: weil sie wind bekommen / daß man damit ůmginge / sie unter Assyrien zu bringen. Als diesen morgen selbige zeitung mich nicht wenig befrömdete / erhielte ich in den augenblick noch eine andere / daß nåmlich die Königin Mirina mit den meisten Celten / auser den jenigen / die der Prinz von Ammon vor etlichen tagen ins lager gefüret / nach dem gebirge der Amoriter /unwissend zu was ende / aufgebrochen wäre. Der Prinz Hiarbas kame kurz vor meiner abreise zu mir /und deutete mir an / daß er nach ihrem heer / so in fünfzig tausenden bestehet / und die ihnen / wie auch dem Prinzen Baleus und den beiden Celtischen schwestern zu gebot stehen / hinreisen wolte / ům mit denen sich zu nähern / und den frieden stiften zu helfen. In solchem stande habe ich nun das lager verlassen: und weiß ich fast nicht zu sagen / ob wir noch belagert sind oder nicht / weil alles zerrissen ist / und die Syrer mit den Ismaeliten und Celten zusammen stehen / hingegen die Cussiten sich auch beisammen halten / und / mit den Egyptern / auf der Syrer thun und fürnemen gute aufsicht haben. Es stehet demnach der friede wol in unsren hånden / und wird zu [724] überlegen seyn / ob die erlangung dessen / neben den beiden reichen Ninive und Meden / würdig sein / Syrien dafůr fahren zu lassen.

Ach! gar zu großer verlust! (rieffe hierauf Belochus) der mich unfähig machet / hierin einen raht anzunemen oder zu geben. Als er diß gesagt / stunde er auf / und folgten ihme die beide gleichbetrübte Könige: da sie dan in verschiedenene cabinete sich verschlossen / ům alda ganz allein ihren klagen den freien lauf zu geben / die Belochus ůber der schönen Philominde und Pharao über seiner eignen tochter / Beor aber ůber der Ahalibama verlust / in sich entfunden. Bald hernach begaben sich Pharao und Beor in ihre eigene paläste: da sie sich zu bette warfen / und niemanden / als ihren vertrautsten / g \nnen wolten / selbigen tag vor ihr angesicht zu kommen. Unter diesen ware / bei dem Könige von Canaan / der Thahas und sein bruder / der alte Thebah / der bisher so treulich für des grossen Aramenes geblůte gearbeitet / und mit allen kräften darnach gestrebet hatte / seines verstorbenen K \nigs hinterbliebenen kindern ihrem verlornen tron wieder zu erlangen. Dieser nun wolte schier von sinnen kommen / als er eine so erschreckliche post vername: und da er bisher sich heimlich in seinem herzen genaget / daß es mit der Königin von Syrien nicht nach seinen wunsch ergangẽ war / vermeinte er nun gar zu verzweiflen / da er dieses unglück vernemen müßen. Gleichwie er aber anfangs für die noch ůbrige Aramena gearbeitet / also beschlosse er in dieser bestürzung noch ferner zu thun: wiewol er nicht sahe / wie ohne des Beors hülfe hierzu würde zu gelangen seyn / mit deme doch / wegen so frischer wunde / diesen tag noch nichtes konte geredet werden.

Diese betrübte post breitete sich nun bald ůberall[725] durch ganz Damasco aus: da dan / nicht allein die bedrangte einwoner / sondern auch die Königin von Tyro / die von Elam und die Prinzessinnen Tharasile /Milcaride und Indaride / große betrübnis erwiesen. Solche aber vergliche sich nicht mit dem schmerzen der K \nigin von Ninive / die nicht zu trösten war / als ihr der unvermutete todesfall ihrer schwester / und ihrer liebsten freundin Ahalibama / zu ohren kame: und ob sie gleich / den Dison anzufeinden / vermeinte befugt zu seyn / so fůlete sie doch in sich / daß sie auch jammerte / seinen tod zu vernemen / und daß sie lieber ein långeres leben ihm håtte gönnen m \gen. So eine barmhertzigkeit fande aber nicht in sich die Petasiride / welche hierbei nichts beklagte / als daß Dison den tod nicht von ihrer hand entfangen sollen. Weil nun also ihre rache gegen ihm zu ende war / wandte sie dieselbe gegen ihre abtrůnnige Sabeer / fůrnemlich aber gegen den Casban / der sich von dem Dison verleiten lassen / ihme die Kemuelsburg zu ůbergeben. Um nun diese abtrünnige der gebür nach abzustraffen / wurde sie rahts / die burg nochmals stůrmen zu lassen: wozu ihr Prinz Mardocentes / mit seinen Arabern / sich ganz willig erbote / und lage es nur an dem gutbefinden der Könige und ihrer råte. Weil aber diese /für traurigkeit / diesen tag sich nicht sprechen ließen /als wurde dieses vorhaben auf folgenden verschoben. Also hatte der aufmerksame Argob gelegenheit / diß alles / den abend vorher / durch den herabgelassenen korb / denen in der burg wißlich zu machen.

Wiewol nun diese entschlossen waren / bis auf den lezten blutstropfen sich zu wehren / und durch die erlangte hůlfe der tausend Syrer sich stårker wusten / so sahen sie doch wol daß sie in die länge nicht würden bestehen köñen: weil sie von ausen / bei dem zustand / da der erkante [726] Aramenes tod war / keine hülfe vermuten dorften. Also waren sie mehr verzweifelt / als beherzt / ihr leben bei der K \nigin von Syrien zu lassen. Wie es demnach wieder tag wordẽ / und die betrübte K \nige in der Petasiride begehren eingewilligt hatten / fürete der dapfere Mardocentes seine Sabeer zum stůrmen an: und ob er gleich mehrern widerstand / als er nach des Disons tode vermuten k \nnen / daselbst fande / drange er doch endlich durch die vormals-durchl \cherte mauren / und erstiege die burg; da dan alles von seinem schwerd fiele / und begehrte kein Sabeer das leben / ob es ihm gleich angeboten wurde. Die Königin von Syrien / neben beiden Prinzessinnen / die nun abermals ihrer freiheit sich beraubet sahen / und in der Königin hånde gerieten / waren noch von voriger angst so erstorben / daß sie dieserwegen keine neue bestürzung anzunemen nötig hatten. Sie gingen sofort den siegenden feinden entgegen / ům ihnen dadurch zu verwehren / einige gewalt an ihnen zu begehen.

Des Prinzen von Arabien entsetzung war unbeschreiblich / als er diese so gewiß todt-gesagte drei sch \nheiten ins gesicht bekame: von denen er anfangs schier glauben wolte / daß es der verstorbenen ihre geister wåren. Wie nun die schöne K \nigin ihn also stutzen und sie unbeweglich anschauen sahe / sagte sie zu ihme: Entsetzet ihr euch etwan dafůr / Prinz von Arabien! daß ihr darzu ausersehen seit / mir meine erst-abgelegte bande wieder anzulegen? so wisset daß ich den himmel danke / daß ich in eines so tugendhaften Prinzen hånde geraten bin / der / wan er ja mir meine freiheit nicht erlangen kan / daß ich zu den Syrern hinaus in mein lager komme / dannoch meine fåssel mir hier tragen helfen / und bei aller begebenheit zeigen wird / daß ihme nicht lieb sei / mich [727] und gegenwärtige verlassene Prinzessinnen unter solcher tyrannei zu wissen. Der himmel sei mein zeuge / (antwortete Mardocentes) daß weder ich / noch sonst iemand in Damasco vermutet / solche schönheiten alhier beschlosen zu finden / massen wir sie ingesamt als todt beweint: und wolte ich / hiermit das gegenspiel erfahrend / nich innigst erfreuen / wan ich dabei die macht hätte / nach meinen verlangen die freiheit auszuteilen. Doch werde ich allemal / der sch \nsten Königin von Syrien und ihren unvergleichlichen gefärtinnen / erweisen / daß ich also beschaffen sei / wie man iezt von mir die gute einbildung gesch \pfet.

Diese lezte worte sagte er heimlich / weil viel Assyrier dabei stunden / die sich mit bei diesen stůrmen gebrauchen lassen: die dan / aus unaussprechlicher freude / der K \nigin zu fus fielen / und einer noch håftiger als der andere seine vergnügung erwiese / sie lebendig zu sehen. Diese eileten auch / was sie kunten / nach dem K \niglichen schloßhof / solche gute post den Königen zu hinterbringen: die dan als im traum anhörten / was man ihnen nicht allein von dem leben ihrer liebsten / sondern auch von deren überkommung / fürsagte. Es hatte dieses freud-entsetzen fast so gefärliche wirkungen bei ihnen / als vordern tags die betrübnis: daher sie / weil beides so geschwind aufeinander ankame / fast zu schwach werden wolten / so häftige bewegungen zu ůbertragen. Sie ließen sich eiligst von ihren kammerherren zu wagen bringen / und rennten nach der Kemuelsburg / alwo Mardocentes bei diesen sch \nen gefangenen ihrer erwartet: der dan sich schåmte / diese edelste beute den Königen zu überliefern / die er lieber aus ihren klauen hätte reißen m \gen. Demnach machte er sich gleich unsichtbar /wie er diese alte verliebte ankommen sahe / und beschäftigte sich / seine [728] v \lker / nach diesem erlangten siege / wieder in ordnung zu bringen.

Belochus / sobald er seine Aramena ersehen / eilete ihr entgegen / und war so voll freuden / sie lebendig und in seinen hånden zu wissen / daß er schier nicht wuste / was er tåte. Ist es müglich / (fragte er ohn unterlaß) daß euch / meine schöne! der tod nicht aufgerieben? Der h \chste Gott (antwortete sie ihm / mit großer standhaftigkeit) wil noch nicht / daß ich durch solches mittel meines elends sol entladen werden. Die götter wissen / (versezte dieser verliebte) daß ein so sch \nes leben der welt noch großes vergnügen bringen kan / darum sorgen sie billig fůr dessen erhaltung. Inzwischen die K \nigin von Syrien also mit dem Belochus in widrigem gespräche begriffen war / erginge es der Amesses und Ahalibama nicht båsser: wiewol mit diesem unterschiede / daß Pharao mit jener / als mit seiner tochter / wenig h \flichkeit gebrauchte /massen er / seine väterliche gewalt zu erweisung seiner liebe anwendend / diese seine sch \ne tochter ungescheut küßete; Beor hingegen / ob er gleich fürlängst einen bräutgam bei der andren Prinzessin abgegeben / ihr dannoch alle ersinlichste ehrerbietung bezeigte / und fast unter diesen dreien der furchtsamste liebhaber war / wiewol er das meiste recht fürzuschůtzen hatte. Weil sie aber alle dreie ungeliebt waren / als schiene bei jedem die unzufriedenheit herfür: welches auch die Königin von Syrien mit einer grosmůtigen verachtung / Amesses mit ihren bittren tränen / und Ahalibama mit widrigen gebärden bezeugten. Doch gingen sie gedultig mit zu wagen / und ließen sich wieder nach ihrer alten herberge bringen: da überall / wo sie durchkamen / ein freudgeschrei auf den gassen erscholle / daß man sie nun wieder lebend wuste.

[729] Sie waren kaum abgestiegen / da sahen sie sich von den K \niginnen zu Tyro / Elam und Saba / und den Prinzessinnen Indaride / Tharasile / Milcaride und allem andren frauenzimmer ůmgeben: welche über ihrem widerkehren und leben unbeschreibliche freude von sich blicken ließen. Jederman verlangte nun zu wissen / wie es mit erhaltung dieser dreien zugegangen: und sorgte Belochus allbereit / daß er das leben des Aramenes auch würde vernemen müßen / bis die Amesses / als hierinn die unentfindlichste / alles erzehlte / wie dieser erdfall sich begeben / und wie Casban sie gerettet hatte. Wan unsere lebens rettung /(sagte hierauf die bis in den tod betrübte Königin von Syrien) alhier freude erwecket / so lasse man dieselbe so wol diesen Sabeer / als meinen vettern den Elhanan / geniessen / damit sie ihre freiheit wieder erlangen /die sie in unsren diensten verloren haben. Dem Elhanan sei das leben und die freiheit geschenket! (sagte Belochus zugleich befehlend / ihn los zu lassen) ob aber die Königin von Saba dem Casban gleichfalls begnadigen wolle / solches stehet lediglich bei deren gütigkeit / und habe ich darbei nichtes zu reden.

Nun mein feind Dison gewiß todt ist / (antwortete Petasiride) wil ich der K \nigin Aramena bitte nicht entgegen seyn / sondern auf ihren befehl dem Casban seine straffe erlassen: wiewol es mir sehr schwer fällt / daß er sich von dem verräterischen Prinzen verleiten lassen / der mich vor meinen leuten also zum gesp \tte und gelåchter machen d \rfen. Es hat ja mein armer bruder (sagte Ahalibama) mit dem tode gebůßet / was er wider seinen willen / ům seinen freunden zu dienen / der K \nigin von Saba zu wider thun můßen: darům solte ich wol vermeinen / daß deren unwille sich nun endlich legen [730] könte. Euer bruder / Prinzessin von Seir! (antwortete Petasiride ganz erhitzet) hat sich also erwiesen / daß er nicht würdig war / den namen eines Fürsten zu füren / noch aus dem Assyrischen stammen entsprossen zu seyn: und werde ich den für meinen todfeind halten / der jemals seine thaten zu beschönen / sich wird unterwinden d \rfen. Um dieser bedrohung willen / (gabe Ahalibama zur antwort) werde ich nicht unterlassen / des edlen Disons tugend und ehre gegen aller welt zu erheben / und hat er seinem stande nichts schimpfliches zugefüget / indem er / seinen unterdrückten freunden helfen wollend / sich nicht schůldig erkant hat / die Königin von Ninive ům die von Saba zu verwechslen. Indem trate / sowol der König von Canaan / als die K \nigin von Tyro / dazwischen / üm fernere wortwechselung zu verhůten: und mitlerweile Beor seine Prinzessin besänftigte /zoge Delbois die Petasiride an ein fenster / ům sie zu frieden zu sprechen. Es teilete sich auch hierauf die gesellschaft von einander / und fügte man der K \nigin von Syrien damit / daß man sie allen ließe / weil sie nicht bergen konte / wie sehr sie hiernach verlangte. Also wurde allein die Ahalibama / auf ihr begehren /bei ihr gelassen / und auch der Amesses verg \nnet /diesen zweien ferner gesellschaft zu leisten.

Sie waren nicht lang allein gewesen / da kame die jůngere Aramena neben der Orosmada zu ihnen in das zimmer: von denen die erste ihrer schwester mit ausgespanten armen zuliefe / und die andere solches bei der Amesses verrichtete. Ihre freudentrånen / sie wieder lebendig zu sehen / täten zu erst das wort für sie /die aber nachgehends in trauerzären sich endeten: in betrachtung / was elender zustand sie wieder zusammen brachte. Weil Argob in seinen kundschaften auch erwehnet [731] hatte / was großen unwilen die Königin von Ninive gegen dem Prinzen von Seir in ihren reden verspůren lassen / und wie sie ihr ehmaliges gelübde wieder angenommen / als entfanden die K \nigin von Syrien und Ahalibama / die solches alles wusten / ein doppeltes leiden / sonderlich darůber / daß sie diese edle seele / die schon einmal zum wahren erkentnis gebracht war / also von neuem verleitet sehen solten. Ihr alsbald hiervon zu sagen / fande die schöne Syrerin nicht ratsam / und unterhielten sie einander mit andern gesprächen / den erkanten Aramenes betreffend: den die jůngere Aramena nun mit-beweinte / und sich ferner neben der Orosmada bemühte / den andern dreien mit trost zu zusprechen / und sie zu vermanen /daß sie / wegen dieser verfolgung von ihren alten liebhabern / sich zu frieden geben solten.

Wir beide (sagte Orosmada / auf die K \nigin von Ninive zeigend) wüsten wol ein mittel / wie sowol die K \nigin von Syrien / als die Prinzessin von Seir /ihren verfolgern entgehen möchten / wan solches nur meiner Königin anständig seyn k \nte. Was du damit meinest / (fiele ihr die Königin von Ninive / nicht sonder err \tung / in die rede) kan meine schwester /wegen ihres reichs Syrien / nicht annemen / wol aber Ahalibama / wan sie klug wåre. Worinn dan (fragte Ahalibama) solte wol dieses bestehen? Darinn (antwortete Orosmada für die Königin von Ninive) daß man der Diana gelůbde annåme / und durch solchen guten zweck gestärket / auf mittel bedacht würde /von hier zu entkommen. Dieses lezte / (gabe Ahalibama zur antwort /) ließe sich wol ohn das erste thun. Wie kan aber die K \nigin von Ninive dieses mittel fůrzuschlagen gesinnet seyn / da sie ja viel eines bäßern unterrichtet ist? Ach Ahalibama! (antwortete diese K \nigin seufzend) [732] dein guter fürsatz / mir deinen ungetreuen bruder zu geben / brachte dir und meiner schwester dieses in die gedanken / mich von meinem glauben und gethanem gelůbde abzuleiten: welches aber nun nicht mehr nötig ist / da Disons tod und meine reue mich wieder in meinen vorigen stand gesetzet hat.

Muß ich dan / (finge hierauf die K \nigin von Syrien an) bei aller meiner widerwärtigkeit auch noch diß erleben / daß meine schwester / nach ihrer erleuchtung / wieder vom liecht abfalle und den irrweg ergreife /den sie einmal verlassen? Weder Dison / noch einige weltliche betrachtung / hat mich bewogen / eure bekehrung so begierig zu suchen / sondern der eifer gegen dem himmel / und euch zu dem wahren licht zu bringen / sind ursach hieran gewesen: und wäre gleich Dison unbeständig worden / dessen er doch mit unrecht beschůldigt wird / so solte man sich doch solcher gestalt nicht rächen / da man selber den gr \sten schaden / und zwar an der seele / zu gewarten hat. Vermeinet dan die K \nigin von Ninive / (tåte Ahalibama hinzu) daß mein bruder fåhig seyn können /seine Aramena zu verlassen? Hat es dan nicht die that erwiesen / daß er / ům seine Königin und uns befreien zu können / der K \nigin von Saba geliebkoset? und ist dieses die belonung fůr meinen armen bruder / daß / indem er für uns stirbet / seine Aramena ihren glauben åndert / üm seiner zu vergessen? Ich halte dafůr /(antwortete die K \nigin von Ninive) daß Petasiride so wol / als ich / sei betrogen worden / und daß Dison uns beide nicht gemeinet / sondern meine schwester /die er eher als mich geliebet. Ihr stecket / liebste schwester! (sagte die sch \ne Syrerin) voll gemüts-und seelen-irrtümer / und thut dem edlen Dison / euch selbst und uns allen / gleiches unrecht an. Beweinet[733] diesen treuen Prinzen / dessen ihr große ursach habet /und g \nnet mir / was mir iezt die betrübnis verwehret / euch künftig im rechten glauben wieder fåst zu machen.

Diese worte gingen der K \nigin von Ninive nicht wenig zu gemůte / und beunruhigten sie dermassen /daß sie / an stat der antwort / håftig zu weinen anhube: und stellte sich ihr damals der unschuldige Dison /mit allen seinen sch \nen geschicklichkeiten / so volkommen für / daß ihr der haß gegen ihm auf einmal verginge / und sie nur / fůr den andern ihre liebe zu bergen / sich bemůht erzeigte. Weil aber / wegen des ausgestandenen schreckens / und aller erlittenen angst / die K \nigin von Syrien zu ruhen verlangte / als redte man hievon nicht mehr / und wurde sie mit ihrem frauenzimmer allein gelassen: welches / solang sie auf der Kemuelsburg gewesen / alda beisammen geblieben war / und nun mit innerster freude sich wieder bei ihrer Königin befande. Sie erteilte ihnen allen / auser der Perseis und Merone / einen gütigen blick: diese beide aber / weil sie ihre verråterei erfahren / schaffte sie aus ihren augen. Amesses und Ahalibama folgten ihrem beispiel: bei welcher lezten dan die Königin von Ninive verbliebe / als die sich ja so schwach als die anderen / und die ruhe ihr gleich nötig / befande.

Dieses ausruhen hielte die K \nige ab / ihre geliebten nach mittag / wie sie willens gewesen / wieder zu besuchen: und blieben sie also / fůr übermäßiger freude / so plötzlich ihr glück veråndert zu sehen / ganz unentschlossen / was sie beginnen solten / bis auf den andern morgen: da / auf fleißiges zureden der Assyrischen räte / und sonderlich des Syrischen stathalters Mamellus / bey dem Pharao Uchoreus eine zusammenkunft veranlasset [734] wurde / deren allein die drei K \nige / neben dem Bildat / Mamellus / Baracheel /Petosiris und Thahas beiwoneten. Daselbst nun ůberlegten sie wie man sich dieses großen erlangten glückes gebrauchen wolte / üm dadurch sowol dem staat als der liebe geholfen zu sehen. Nach dem sie alles reiflich erwogen / ward beschlossen / fürnemlich dahin zu trachten / daß niemand im lager erfahren möchte / wie die Königin von Syrien noch lebte: damit hierdurch die vorhabende friedenshandlung nicht schwerer gemacht wůrde. Ferner so solte man die Syrer und einwoner in Damasco / durch verheisung tausend freiheiten und gerechtigkeiten / dahin gewinnen / daß mit ihrem guten willen ihre K \nigin an den Belochus verehlicht würde / wie sie dan deren / und der Ahalibama / wie auch der Amesses / vermälung fůr h \chstn \tig hielten / ehe jener ihr verlobter Fůrst) der große Edom / aus Canaan herzu kåme / und dieser ihre beide brüder / der Amosis und Hiarbas /hiervon nachricht bekämen / und hinternis dazwischen brächten.

Es sorgten zwar die drei verliebten nicht / daß diese zwangheuraten unglücklich seyn m \chten / weil dergleichen geschichten / sonderlich des Königs von Cus / vor augen waren / da solche heuraten nachgehends wol geglücket. Die gr \ste schwerigkeit fande sich /wo man mit der jůngern Aramena bleiben wolte / die das reich Ninive begehrte. Doch machte endlich der König von Assyrien diesen schluß / daß er sie und mit ihr das reich Hemath / an welches der Baracheel einen billigen zuspruch hatte / dem Elihu / des Baracheels sohne / geben wolte: fůr welche unvermutete gnad-bezeigung der Fürst von Bus nicht worte gnug finden kunte / seinem K \nig zu danken / und seine erkentlichkeit satsam an den tag zu geben / daß er / seinen gefangenen [735] sohn / einen K \nig / und zwar einen schwager des grösten weltmonarchen / sehen solte. Um aber den Prinzen Bildat von Chaldea auch zu vergnůgen / wandte sich Belochus folgends zu demselben / und bote ihm / fůr seinen sohn den Prinzen Sinear / die K \nigin von Elam an: der dan nicht weniger / als Baracheel / diese gnade tief erkante. Und vermeinte Belochus hierdurch das mittel gefunden zu haben / seinem K \niglichen stul die k \nigreiche Syrien / Ninive / Elam Hemath und Meden fäst unterwürfig zu machen.

Nachdem diese beratschlagung sich geendet / ware nun ůbrig / das beschlossene zu werk zu richten. Baracheel übername / wieder hinaus ins lager zu gehen / und sowol den Syrern und ihren bundsverwandten / als den Cussiten / anzubringen daß man sich an Assyrischer seite / dieser lezten gethane friedens fůrschläge (doch sonder des reichs Ninive dabei zu erwehnen / welches Baleus sofort regiren solte) gefallen ließe / und der Syrer begehren / ihnen die überbliebene schwester der Königin von Syrien abfolgen zu lassen / wan erst der friede unter ihnen völlig würde aufgerichtet und beschlossen seyn / auch erfůllt werden solte. Ehe Baracheel sich auf den weg machte / verbote er zuvor bei lebensstraffe seinen leuten / die er mit ins lager name / daß sie niemanden / von der Königin von Syrien / noch von der andern beiden Prinzessinnen leben / etwas er \ffnen solten.

Wie dieser hinweg war / name Mamellus ůber sich / mit den Syrern und einwonern in Damasco zu reden / und seines K \nigs verlangen ihnen anzutragen: weswegen der alte Fůrst Hus / wie auch der Zophar / und die fürnemsten aus der stadt / in seinen palast zu kommen / ersuchet wurden. Daselbst nun stellte er ihnen mit großer beredsamkeit für / wie sie den gůldenen [736] frieden in ihren händen håtten / und denselben nicht allein ihrer bedrangten stadt und dem lande /sondern auch dem ganzen Asien / erteilen k \nten /wan sie mit ihrem guten willen geschehen ließen / daß ihre Königin / des großen Belochus gemalin / und durch solches sůsse band / Syrien mit Babel auf ewig verbunden / wůrde. Der alte Hus / so fürlängst dieser meinung gewesen / wiewol er es in seinem herzen anderst gewůnschet / fande nichtes hierwieder zu sagen. Zophar zoge hierzu die schultern / ohne ja oder nein zu antworten. Aber alle die andren / weil sie des kriegs von herzen můde waren / erwiesen sich willig hierzu / und / durch die sůße vertr \stungen des Mamellus von ihrer kůnftigen freiheit / geblendet / widerten sie sich nicht / unter Assyrien ferner zu bleiben /sondern schieden frölich von dannen / und breiteten es sofort durch die ganze stadt aus / daß in wenig tagen friede werden / und man ihre Königin an den Assyrischen Monarchen trauen wůrde.

Wie Belochus diese gute verrichtung des Mamellus vernommen / begabe er sich nach seiner schwester /der K \nigin von Tyro / eröffnete ihr alles dieses / und bate sie / seiner schönen anzutragen / daß sie ihm nach dreien tagen / bei angesezter einweihung der beiden tempel des Osiris und der Isis / die ehliche hand geben wolte. Die K \nigin von Tyro / so ihren bruder in allem gern fugte / gabe ihm hierauf zu bedenken /ob nicht diese angesezte zeit zu kurz seyn würde / der K \nigin von Syrien gemüte zu einer solchen entschließung zu bewegen? massen der todesfall ihres bruders des Aramenes / ihr wenigst neun tage die traur zu halten vergönte. Sie entfinge aber zur antwort: wiedaß der zustand es iezt nicht anderst erlitte /weil / wan man so lang warten wolte / bis Hiarbas /der nach seinen v \lkern gereiset / mit denen zu [737] růcke kåme / oder Baleus aus Basan wieder kehrte / oder der K \nig Marsius mehr hülfv \lker den iezt-bestůrzten Syrern zuschickte / oder diese erfüren / wie die Königin Aramena noch lebte / hierdurch leichtlich alles ihr fürhaben zernichtet und rückgångig werden k \nte. Die Delbois / diese gründe bei sich gelten lassend /name über sich / der Königin von Syrien solches anzubringen / dabei sagend: daß der König von Egypten und der von Canaan ihnen andere freiwerbere bei ihren bråuten verschaffen m \chten / weil sie für keinen / als allein für ihren bruder / zu reden begehre. Belochus ließe ihm solches nicht misfallen / massen er selbst die heurat des Pharao misbilligte / auch seine schwester nicht verdenken kunte / daß sie die heurat des Beors ungern sahe: doch musten sie beides geschehen lassen / weil solches der staat und des Belochus eigennutz erforderte.

Der Königin von Tyro konte / wegen einer sonderbaren andacht / die sie eben auf selbigen tag / im tempel der göttin Gad / abzulegen ihr fürgenommen hatte / der K \nigin von Syrien nicht gleich diese unlustige botschaft bringen / und muste solches bis gegen abend versparen: sie verhieße aber den Belochus / die g \ttin üm glücklichen fortgang dieses seines fürhabens mit anzuruffen. Dieser K \nig wolte solches auch von seinen göttern erbitten / und ginge neben dem Pharao und Beor / nach den Isis-tempel / daselbst anzubeten / auch zugleich alles anzuordnen / was bey der einweihung dieses tempels / der nun v \llig färtig /auf das ansehnlichste und prächtigste solte fůrgenommen werden.

Die sch \ne gefangene befanden sich inzwischen /zu ihrem vergnügen / beisammen: da dan ihre ergetzung meist darin bestunde / daß sie ståts von ihrem elende redten / und selbiges beweinten. Die Fůrstin Dersine / so [738] mit zugegen war / ihre K \nigin von der traurigkeit auf ein par stunden abzubringen / brachte die begebnise der Prinzessin von Egypten und deren von Sidon auf die bahn / die ihnen beiden / so wol zu Ninive / als nachgehends in Elam zugestoßen: und machte damit / daß man hiervon zu reden begunte /und die sch \ne Syrerin den eigentlichen verlauf zu wissen verlangte: fürnemlich um deß willen / weil bei verbrennung des tempels in Ninive sich etwas solte zugetragen haben / das ihrer schwester anlaß geben k \nnen / von den angenommenen rechten glauben wieder abzutreten. Demnach bate sie die schöne Orosmada / als die ruhigste von gemüt / ihr den gefallen zu erweisen / und zuberichten / was ihr und und der Prinzessin Amesses begegnet / seit daß sie von Damasco hinweg gereiset. Diese Prinzessin übername solche erzehlung willigst / und legte dieselbe gleich darauf ab /nachfolgender massen.

Als die Prinzessin von Egypten / vor der nie-erh \rten wut ihres bulerischen vatters / nach Ninive fliehen müssen / stunde es nicht lang an / daß ich gleiche entschliessung zu fassen / durch die K \nigin von Tyro gedrungen wurde: welche / ihren sohn zu heuraten /mich unwürdig erkennend / durch den Cosdron mir an die hand geben ließe / daß ich meine einmal-gefaste meinung nicht ändern / sondern den tempel von Ninive zum aufenthalt erkiesen solte. Dieses nun stårkte mich in meinem vorsatz / und machte mich entschlossen / der bösen welt auf ewig abzusagen / und eine geheiligte jungfrau der Diana zu werden. Ich hatte sobald nicht Ninive erreichet / da er \ffnete ich der ehrwürdigen Cölia mein fůrnemen / und werde nicht allein von ihr und den gesamten jungfrauen freundlich entfangen / sondern auch willigst meiner bitte gewåret / in ihren heiligen orden treten zu [739] dörfen. Wie ich nun bald darauf in ihre kleidung mich begeben / und mein gelübde abgeleget / erwiese sich die Prinzessin Amesses / die wegen des Prinzen Armizars / nicht also /wie ich / diß mittel / den verfolgungen der welt zu entkommen / ergreifen kunte / der C \lia und uns andren so gefällig / daß ihr geg \nt wurde / die geistliche kleidung mit anzulegen: in welcher tracht sie / durch eine aus unsrem orden / die wol mahlen konte / sich abbilden ließe / und solches gemåle dem Prinzen von Ophir zuschickte; mit dem sie / auf verg \nstigung der Oberpriesterin / ståts briefe wechselte / und ihren zustand ihm er \ffnete / auch hinwieder den seinigen / insonderheit aber den glücklichen fortgang seiner waffen / in eroberung seines K \nigreichs / wider ihren bruder / erfuhre.

Wir lebten nun also in guter ruhe / bis das unwesen in Ninive sich angesponnen / welches so sehr überhand name / daß auch unser heiliger tempel nicht verschonet bliebe: massen Ninias / der Fůrst von Ressen / seinen schutz und sicherheit darin suchte / wider den Fürsten von Cale / der ihn belagerte / und die heiligkeit des orts nicht ansehend / seinen feind in allen winkeln zu verfolgẽ / fůr seine kriegsregel achtete. Also wurde in den heiligen platz zu uns hinein gedrungen / da die zu uns geflůchtete nicht weniger angst / als wir im tempel / ausstehen musten. Wie wir nun / diese allgemeine noht von uns abzuwenden /einsmals bei nachtzeit alle / auser der Amesses / die da nicht hinein kommen dorfte / in unsrer heiligen innern capelle / da der großen Diana bild stunde / versamlet waren / und beteten / entzůndete sich pl \tzlich der åusere bau dieses herrlichen wunder-tempels / und geriete sofort in volle flammen: welches uns bewegte /vom gebet abzulassen / und nach diesem unglücke zu sehen.

Sobald wir mit der Cölia den vorderplatz betreten /[740] kame die ersckrockene Amesses auf uns zu gelaufen /und ward verfolget von etlichen gewaffneten månnern / die auch nicht von ihr ließen / ungeacht sie ihre zuflucht hinter die ehrwürdige C \lia name. Diese / so sehr sie auch über dem entstandenen brand / und über der gegenwart dieser manspersonen an einen so heiligen ort bestürzt war / unterließe doch nicht / mit großer herzhaftigkeit / dem v \rdersten von diesen in die arme zu fallen / und ihn dergestalt aufzuhalten. Mitlerweile aber dieser ungleicher streit wärete / kame einer auf mich zu / den ich sofort / weil die brunst die nacht zum tag machte / für den Prinzen von Tyro erkante. Ihme zu entfliehen / name ich gleich die entschließung / mich hinter das wunderbild der großen Diana zuverstecken. Weil ich die Amesses auch mit dahin nemen wolte / als fassete ich deshalben dieselbe eiligst beim arm / und liefe mit ihr / so schnell ich kunte / nach dem inneren tempel: nimmermehr gedenkend / daß Tiribaces / und der Sadrach / welcher der war / den die Cölia aufgehalten / so verwegen seyn solten / diesen heiligsten ort mit ihrer gegenwart zu entehren. Wie wir uns aber kaum hinter die seule der Diana gestellet / und dieselbe nun ůmfasseten / sahen wir den tempel / in welchen noch nie / seit dessen erbauung / einiges mansbild gekommen war / von dem Tiribaces / Sadrach und ihren leuten angefüllet / die ohne ehrerbietung auf uns zudrangen / und uns entfüren wolten. Die große g \ttin / ihr misfallen sehen zu lassen / bewegte sich nicht allein von ihrer stelle /sondern ließe auch von ihrem angesicht helle stralen auf diese ihre entehrere schießen: worbei zugleich ein so häftiges erdbeben entstunde / daß die allerwildesten dadurch in furcht geraten sollen. Aber solches alles wolte bei diesen lieb-verblendeten nichts verfangen / die uns verwegentlich angriffen / aus dem [741] tempel zogen / auf ein schiff sezten / und also mit sich davon fůreten.

Ist diß das große wunderwerk / (fiele alhier die K \nigin von Syrien der Orosmada in die rede) das meine schwester von neuen bewegen k \nnen / abgöttisch zu werden. Ist dan das kein grosses wunder /(verantwortete diese frage / die schöne Niniviten) daß Diana ihre gottheit damit zu erkennen gegeben /indem so ein heller strahl von ihr geschossen / daß die erde gebebet? Ein gr \ßers wunder (versezte die sch \ne Syrerin) solte es gewesen seyn / wan Diana euch beide fůr euren entfůrern håtte schützen k \nnen: dan daß sie solches thun wollen / bezeuget das erdbeben / und der von ihr geschossener blitz / welchen eine onmåchtige gottheit / und zweifelsohn der feind des wahren Gottes / ům die irrende in ihrem unglauben zu stårken / muß hervorgebracht haben.

Indem die jůngere Aramena hierzu stillschwiege /volfürete Orosmada ihre angefangene erzehlung. Amesses und ich (sagte sie) waren fast halb todt / wie wir mit unsrem schiffe über den Hidekel sezten / und /mitlerweile der edle tempel ganz und gar abbrente / in der nacht unsren entfůrern folgen musten: die dan alleben \tigte anstalt dazu gemacht hatten / wågen in bereitschaft zu halten / ům damit uns aus den reich Ninive nach Elam hinweg zubringen. Weil diese gewalt sich keines wegs entschuldigen ließe / als entfinge Tiribaces so wenig bei mir / als Sadrach bei der Prinzessin Amesses / ein gnädiges gehör; und wiewol sie / zu ihrer entschuldigung / die gr \ße und håftigkeit ihrer liebe fürschüzten / so verfinge doch solches alles bei uns nichtes: massen ich auch dem Prinzen von Tyro /nicht die ehmalige hochachtung fůr seine person /sondern vielmehr / der [742] Amesses beispiel folgend / soviel ich nur konte / meinen haß bezeugte. Also hatte dieser Prinz wenig nutzen davon / daß er mich im tempel der Diana bekommen. Wir setzeten nun / allerseits unvergnůgt / unsere reise fort / bis nach Elimais: welches dem Sadrach willigst die tore \ffnete / auch ihn als ihren herrn aufname und verehrte. Der große und bekante aufstand / den er folgends wider der Elamiten rechte Königin / die Lantine / erreget / war anfangs so glücklich für ihn / daß er in kurzer zeit die vollkommene gewalt in selbigem reich erhielte / und nun nach eigenem belieben schalten und walten dorfte. Durch diese erlangte hoheit / hoffete er bei der Amesses bäßer gehör zu erlangen. Aber sie bliebe /einen weg wie den andern / hart und widerspenstig gegen ihm / und bestunde darin aller ihr trost / daß sie auf die eiligste rettung von Armizarn ihre hofnung gegrůndet hatte.

Solche ihre hoffnung / war auch die meinige / daß nåmlich ihre befreiung meine erl \sung wůrde mit zu wegen bringen. Mitlerweile wir nun einander trost einsprachen / und uns mit gedult rüsteten / kame auch Laristenes mit Assyrischen völkern in Elam; deme der verschlagene Sadrach / also zu begegnen wuste / daß sie beide eins wurden: massen er sich anstellte / wiedaß alles / was er in Elam fürgeno en / dem Assyrischen König zum bästen gemeint wäre. Wie aber der Hadoran / von wegen der K \nigin Lantine / in Elam erschienen / und die Elamiten dadurch aufgemuntert wurden / ihrer rechten K \nigin zu dienen / fielen nach und nach die großen stätte in Elam dem Sadrach ab /und spielte der dapfere Hadoran überall den meister: daß dan uns in Elimais keine geringe freude zu vernemen war / und musten unsere ungeliebten mit höchstem schmerzen hören wie wir ihren widersachern alles gute glůck anwůnscheten.

[743] Weil aber der Prinz Tiribaces des Sadrach beginnen in seinem herzen nie gebilligt / auch so wenig an dem brand des tempels in Ninive / als an der aufruhr in Elam belieben getragen / sondern nur / aus ermanglender eigenen macht / sich solcher gelegenheit mit bedienet / mich aus einen orte hinweg zu nemen /dahin ich / seiner einbildung nach / nicht gehörte: als fiele es ihm die länge sehr schwer / des Sadrachs freund zu bleiben / und hielte er es gegen die tugend zu seyn / seiner schwester / der Königin Lantine / an die Elamitische krone habendes recht zu widerfechten / und ihren rebellen bedient zu seyn. Demnach wandte er sich plötzlich von dem Sadrach ab / als der sich zu Hala befande / (doch sonder einige untreu hierbei zu begehen / weil er ihm allemal in die augen gesaget /daß er sein unrechtes thun schelten můste) und gesellte sich zu dem Hadoran / der mit seinem heer unferne von Elimais stunde: von dar aus ließe er mir / durch den Borgias seinen hofmeister / entbieten / was er für eine entschließung gefasset / und und wie er wünsche / daß ich auch mir m \chte gefallen lassen / Elimais zu raumen / und ihm in des Hadorans lager nach zu folgen. Borgias / der eine vollkommene creatur der Königin von Tyro ist / brachte mir des Prinzen ansinnen dergestalt an / daß er meinen gegen ihm erweisenden widerwillen nicht sehr tadelte / auch / auf mein veranlaßen / mir an die hand gabe / daß ich wol / neben der Prinzessin Amesses / heimlich nach Syrien entkommen könte / wan mir nicht gefiele / ferner in Elam zu bleiben.

So willig ich nun diesen raht anname / so lächerlich kame mir darbei für / daß des Tiribaces eigener bedienter mir ein solches anbringen täte. Wie ich nun mit der Amesses hierauf alles abgeredet / die wol nichtes [744] höher / als aus des Sadrachs klauen zu entrinnen / verlangte / betrogen wir den guten Tiribaces wieder / zu vergeltung seiner entfůrung aus Ninive /und bedienten uns zwar seiner eigenen leute und mittel / aus Elimais zu entkommen: als er aber uns bei dem Hadoran im lager zu entfangen vermeinte / wandten wir uns auf die andere seite / und eileten mit großen tagreisen fort / in Syrien zu kommen. Aber das neidische glück brachte uns bald wieder ům diese erlangte freiheit und schickte uns den Petosiris mit seinen Egyptern in den weg / der uns gefangen nehme /auch / ungeacht alles widerstandes der Syrischen völker / die unterwegs auf ihn stießen / uns hier in Damasco einbrachte / und in verstellter kleidung dem K \nig von Egypten überlieferte: und geschahe solches eben damals / als auch die sch \ne Königin von Syrien / neben ihrer schwester und den andren Prinzessinnen / ihren verliebten K \nigen in die hände gerieten.

Das Königreich Elam / wie wir unterwegs erfahren / stehet nun seiner K \nigin v \llig zu gebot / und ist Sadrach / wie man sagt / in einer schlacht / die er dem Hadoran geliefert / ůmgekommen. Aber der Prinz Tiribaces sol auf dem weg seyn / mit einem ansehnlichen heer Elamiten zu uns zu stoßen: wiewol ich hieran zweifele / und eher glåube / er werde zu den Syrern ůbergehen. Die Königin von Tyro / die wegen seiner wiederkunft in fr \licher hoffnung schwebet / würdigte mich nicht ihrer ansprache: onzweifel aus beisorge /sie m \chte von mir vernemen / daß ich ihren sohn liebte / dafůr ich ihr doch gern eine versicherung geben wil; massen ich nimmermehr mein der großen Diana gethanes gelůbde zu brechen begehre / und die welt so böse finde / daß [745] ich nicht länger / als ich iezt gezwungen thun muß / dann zu leben verlangen werde.

Hat dan die weiße Eurilinde (finge hierauf die Königin von Syrien an) die Prinzessin Orosmada in ihrer jugend nicht bäßer unterrichtet / noch sie gelehret /daß wir nur einen Gott haben / den wir verehren müssen? Die Eurilinde / deren königlichen stand die K \nigin von Ninive mir eröffnet / (antwortete Orosmada) hat mir freilich von diesem Schöpfer der welt viel fůrgesaget: weil ich aber nachgehends am Sidonischen hofe mehrern unterricht bekommen / daß nåmlich unter ihme die gerecht-verstorbene tugend-menschen k \nnen vergöttert werden / als vermeine ich nicht / daß dem grösten Gott an seiner ehre etwas abgehe / wan auch ich die unter-g \tter und g \ttinnen verehre. Wer versichert euch aber / (fuhre die K \nigin von Syrien fort zu fragen) daß diese verstorbene /g \tter seien / die ihr dafür erkennet / und daß die ehre / die ihnen erwiesen wird / dem höchsten Gott gefalle. Der gebrauch / (antwortete Orosmada) und die ganze welt! Habt ihr aber (fragte die schöne Syrerin) dieser wegen kein eigenes gebot auf zu weisen / das euch köñe sicher in eurem glauben machen?

Wie nun Orosmada hierauf nichtes fürzubringen wuste / fuhre die Königin also fort: Unsres vatters Noe gesetze / so noch bei uns vorhanden / welches er seinen kindern auf dem gebirge Ararath gegeben / lehret hievon viel anders / und gebeutt ernstlich / daß wir einen Gott allein ehren sollen / und daß den / der andren g \ttern folget / der H \chste straffen wolle. Vermeinet ihr dan / es wisse iezt die welt den willen Gottes bäßer / als damals / da Noa / sein auserwehlter /gelebet? Wie nun Orosmada hiergegen nichtes zu sagen wuste / schauete die Königin von Ninive sie an / und sagte: [746] Warüm seit ihr iezt so stum / Prinzessin von Sidon! da ihr doch ehmals soviel fürzubringen wustet / mich zu ůberreden / daß ich / üm an dem Dison mich zu rächen / meinen alten glauben hier wieder annemen solte? Ich finde nun / (antwortete Orosmada) daß ich zu schwach bin / gegen die K \nigin von Syrien dasjenige zu behaubten / was der meiste teil der welt mit mir glaubet / und das ich schwerlich verlassen werde / da ich es meinem sinne so gleichförmig befinde. Ein gelübde / nicht zu heuraten / (sagte die K \nigin von Syrien) kan man wol thun / sonder abg \ttisch zu werden: wiewol die liebe des tugendhaften Prinzen von Tyro billig ein andres raten solte /und finde ich nichtes / als eine harte mutter / die dieser liebe entgegen ist / die sich aber bald bequemen wird / wan sie der Prinzessin von Sidon unschuld /und daß ihr in ihres vatters hause zuviel geschehen /vernemen wird.

Nicht allein die harte mutter / (antwortete Orosmada) ist hierinn entgegen / sondern noch mehr der ehmals-geliebte Adonias / den man mich solang für todt beweinen lassen / und dessen leben ich erst kürzlich wieder erfahren habe. Als ihr / werte Prinzessin! (versezte die Königin von Syrien) in Ninive euer gelůbde annamet / wustet ihr noch nichtes von dem Adonias: und hätte damals die K \nigin von Tyro ihres sohnes liebe gebilligt / wůrdet ihr euch schon gütig für ihn erkläret haben. Was ihr nun einmal für ihn zu thun gewillt gewesen / davon lasset euch ein so geringes /das sich bald ändern wird / nicht abhalten. Wir kommen ganz ab von dem ersten zwecke / (sagte Orosmada) ha wir von dem rechten Gottesdienst redten. Weil meiner schwester liebeseifer (antwortete die Syrische Königin) sie den rechten glauben verlassen gemachet / auch [747] die Prinzessin Orosmada nur darům der Diana so gewogen worden / ům an dem unschůldigen Tiribaces rache zu ůben / als bin ich eben so gar weit nicht von unsren zweck abgewichen / da ich dieses dem Prinzen von Tyro zum båsten geredet.

Wolte der Himmel / (finge die K \nigin von Ninive hierauf seufzend an) daß man / dem armen Dison zum båsten / mir auch etwas fůrsagen k \nte! wie gern wolte ich doch meinem begangnen fehler erkennen /und bereuen! Solches werdet ihr ja / liebste schwester! ohne das thun / (antwortete ihr die von Syrien) und so wol von euch selbst / als von unsrem K \nigreiche / den zorn des Höchsten / durch herzliche bereuung eures begangenen groben versehens / abwenden helfen. Der himmel ist schon mehr als zu viel /wegen abgötterei / über das arme Syrien und ůber unser haus / ergrimmet / wie solches / nicht allein aus ietziger kriegsflamme / sondern auch aus dem klåglichen fall des liebsten Abimelech / unsres erkanten bruders / und des edlen Disons / erhellet / welche uns also entzogen worden / nun Syrien ihrer hülfe am höchsten benötigt ware: und wan der himmel uns nicht sonderlich hilft / auch ehest einige rettung uns zuschicket / so ist es mit uns allen gethan und verloren.

Indem wurde ihr von der Siringe angemeldet / wiedaß die K \nigin von Tyro / sie zu besuchen kåme. Es schoße ihr gleich auf das herz / daß diese K \nigin ihr etwas widriges würde anzubringen haben. Wie sie nun die augen getrocknet / weil des Abimelech wertes angedenken / ihr am ende ihrer rede die tränen häufig ausgepresset / machte sie sich bereit / die Delbois zu entfangen. Selbige stellte sich auch bald ein / und /soviel andere bei ihr antreffend / name sie die Syrerin bei der [748] hand / und ginge mit ihr in ein cabinet. Nachdem sie daselbst sich verschlossen und zusammen gesetzet / sahe die von Tyro eine gute weile diese K \nigin an / und begunte endlich sie also anzureden: Wan ich euch sage / liebste K \nigin! daß ich von meinen bruder komme / so werdet ihr / als ich glåube / mein anbringen leicht erraten können. Der König von Assyrien (antwortete die betrübte Syrerin) kan mir so viel gutes / auch so viel böses / sagen lassen / nachdem er seiner gůte oder seiner macht über mich zu gebrauchen begehret / daß ich nicht weiß / auf was ich hiervon raten solte. Wan ihr (fuhre Delbois fort) die ungemeine häftige liebe betrachtet / die mein bruder auf eure schönheit geworfen / so zweifele ich nicht / ihr werdet es ohne befr \mdung anhören / daß ich euch iezt den tag ankündigen muß / da ihr K \nigin von Assyrien / und mein bruder König von Syrien / werden sollet.

Kan ich dan dieses / (antwortete die schöne Aramena ganz beängstigt) ohne befrömdung anhören /daß mein und der meinigen todfeind bei mir darf liebe fůrgeben / und in der hoffnung stehet / dieselbe zu erlangen? Fället kein solches urteil / (antwortete die K \nigin von Tyro) von dem K \nig zu Assyrien / als solte der euer und eures hauses todfeind seyn. Ob schon vergangene dinge euch dessen erwehnen machen / so ist doch nun alles veråndert / und dieses kein zeichen einiger feindschaft / daß Belochus die schöne Aramena in sein ehbette begehret. Wie kan ich einige liebe daraus erkennen / (gabe die schöne Syrerin zur antwort) da man mich hier gefangen hält / da man mein K \nigreich mit kriegesmacht überzogen / da man auf Ninive einen gefärlichen anschlag gehabt /und noch neulich meiner schwester / selbige für den Aramenes von Syrien haltend / [749] listiger weise nach dem leben getrachtet? Suchet man so wenig grosmut bei mir? und kan man sich wol von mir einbilden /daß ich die freiheit der Syrer samt der meinigen also liederlich in die schanze schlagen / und in dieses anmuten willigen werde? Werteste Aramena! (antwortete Delbois / dieselbe bei der hand fassend /) die götter haben euch in einen solchen stand gesetzet / daß meines bruders macht und habende gewalt alhier begehren kan / was sie wil / und wolte ich nicht gerne / daß / auf ein vergebliches versagen / die schöne Königin von Syrien müste gezwungen werden / die Assyrische kron aufzusetzen.

Was! (sagte die Königin von Syrien / ganz entrüstet) wil man mir / einer freien K \nigin / vom zwang fürsagen / die ich so viel tausend Syrer / neben vielen meinen großen bundsverwandten / hier nahe an den mauren stehen habe / welche noch nicht / uneracht ihres großen verlustes / so onmächtig worden sind /daß sie mich nicht solten wieder in freiheit setzen können? Nein warlich! Belochus kennet des großen Aramenes tochter noch nicht recht / wan er vermeinet / daß sie sich schrecken lasse. Seit ihr eine große K \nigin / (antwortete Delbois) so wisset / daß Belochus noch ein gr \ßerer König ist / weil ihm das glück die große Königin von Syrien in seine gewalt geliefert. Es thut mir leid / daß ich euch überdas verkündigen muß / wie daß es drausen im lager nicht also zustehet / als ihr wol vermeinet / sondern daß die Assyrier daselbst ja so viel gute freunde als die Syrer haben. Bedenket euch demnach wol / was ihr durch mich für eine erklärung meinem bruder erteilen wollet: der mich an euch schicket / und euch zu wissen thut / daß / bei des Osiris und Iris großer tempel-einweihung / er euch zur Babylonischen Königin machen [750] wil / und ist die zeit von heute an ůber drei tage fest gesetzet / darinn dieses geschehen sol. Keine menschliche gewalt / kan oder mag dieses vornemen hintern: der himmel wird es auch nicht thun / weil es gerecht und gut ist. Wofern euer armes land / und so vieler tausende blut / euch tauret / so werdet ihr / also den frieden zu stiften / nicht ausschlagen / und aller welt zeigen / daß sich die schöne Aramena überwunden /und ihrem reiche zum bästen / eine ihrem gemüte sonst-unanständige heurat angenommen habe.

Nachdem die Königin von Syrien diesen vortrag eine weile bei sich ůberleget und erwogen / seufzte sie tief / schauete gen himmel / und sagte: Ach dapfrer Abimelech! mutiger Dison! wer hilfet mir nun / da ihr nicht mehr verhanden seit? O küner Cimber / der du neben diesen beiden der dritte warest / mich dortmals von den grimmigen leuen zu erretten! wo bleibest du iezt mit deiner hůlfe? sihe / wie deine Aramena von aller welt verlassen ist / und ůberdas sol genötigt werden / dasjenige / so ihr bittrer als der tod ist / einzugehen! Indem diese schöne also klagte / erweckte sie ein so großes mitleiden in der Königin von Tyro gemůte /daß sie / so gern sie auch diese vereinigung zwischen Babel und Syrien sahe / dennoch darüber weinen muste. Weil es aber nicht anderst seyn kunte / fuhre sie fort / ihr zu zureden / und sagte: Eure weltbekante grosmut wird euch dißmal nicht stecken lassen / und wisset ihr ohndas wol / daß unsers gleichen nicht nach wilkůr / sondern nach erforderung des staats /heuraten můßen. Ich wolte solches gern wissen und übernemen (versezte die Syrische K \nigin) wan es der staat von Syrien erforderte: deme aber hingegen /durch dieses beginnen / mehr geschadet als geholfen[751] wird / indem die Babylonische dienstbarkeit dadurch auf ewig diesem Reich aufgebürdet bleibet.

Hiermit schauete sie die K \nigin von Tyro ganz beweglich an / und sagte ferner: wan ich von der gunst / die ich vor deme bei der Königin von Tyro gehabt / noch das geringste zu genießen habe / so bitte ich / üm derselben willen / sich meiner zu erbarmen /und diesen zwang von mir abzuwenden; massen ich mich lieber / zu sterben / als dieses einzugehen / erklåren werde. Versichert euch / liebste K \nigin! (antwortete Delbois) daß / wan es in meiner macht stůnde / ich euch hierzu nicht zu bereden begehren wolte. Nun aber ein verliebter Monarch / der hierbei nichtes als seine liebe anhöret / hierinn zu walten hat / so kan und weiß ich euch unmüglich zu helfen / als blos mit diesem einrat / daß ihr euch ůberwindet / und durch ein unzeitiges nein euren zustand nicht schlimmer machet. Hierauf name die schöne Aramena ein ganz andres wesen an sich / und sagte zu der K \nigin von Tyro: Wolan! so wird man mir doch eine nacht bedenkzeit g \nnen / und morgen sol der König von Assyrien meine erklärung vernemen. Diese worte erfreuten die alte Delbois so sehr / daß sie zu verschiedenen malen die K \nigin von Syrien ümarmte / und ihr zu dieser bedenkzeit gute gedanken anwünschend / von ihr abschied name / üm dem König ihrem bruder diese vor-antwort zu ůberbringen.

Dieser verliebte wartete ihrer mit unbeschreiblichen verlangen / und hatte ihm keine so gute erklärung / als er nun vername / nicht eingebildet: wiewol sein fürsatz fäst bliebe / auf ermanglende und nicht zureichende gůte / sich seiner gewalt zu bedienen. Wie er dan / zu dem ende / alle wachten üm der Königin palast verstärken lassen / und hart anbefohlen / keinen einigen menschen [752] mehr zu ihr zu lassen: daher auch ihr eigene schwester / die jůngere Aramena / wie auch die Prinzessin von Sidon / von ihr bleiben musten /und ward dieses verbot sofort auch allem andren frauenzimmer angekůndet. Weil dem Beor / zu Salem /seine braut ehemals so listig entkommen / als hatte er den Belochus gewarnet / sich wol fürzusehen / daß es nicht auch dißmal also ergehen möchte: und kame der eben / neben dem Pharao / zu dem Belochus ins gemach wie die Königin von Tyro / die antwort der schönen Aramena ihrem bruder fůrgebracht hatte.

Belochus sahe diesen beiden verliebten an / daß sie übel zufrieden seyn můsten / und fragte nach dessen ursache / sobald die Königin von Tyro abgetretten. Er h \rte hierauf den Pharao klagen / wiedaß er gleich iezt von seiner tochter kåme / die er auf keinerlei weise bereden k \nte / sich mit ihme trauen zu lassen /und hätte sie sich dergestalt kläglich erwiesen / daß er nicht länger bei ihr verharren k \nnen. Eine gleichmäsige beschwerung fůrete Beor / über seine Ahalibama. Endlich dienete diesen dreien verliebten Königen dieses zum troste / daß ihre habende gewalt das ersetzen k \nte / was man ihnen mit gutem willen versagen wolte. Wie sie nun den abend beisammen verblieben /und auf des Baracheel wiederkunft aus dem lager vergeblich gewartet hatten / der ihnen durch seinen waffentråger bei spatem abend hinein entbieten lassen /wiedaß / wegen eines sonderbaren fůrfalles / er den folgenden tag erst wieder hinein ko en k \nte / begaben sie sich in ihre paläste zur ruhe: mit den süßen gedanken sich weidend / die ihnen die eheste besitzung ihrer so geliebten sch \nheiten vorstellte.

Die K \nigin von Syrien immittels / die keinen trost hatte / als an ihre beide trostlose leidgesellinnen / [753] die Amesses und Ahalibama / welchen man alleine noch /neben ihrem frauenzimmer / sie zu besuchen verg \nnet / überlegte / nachdem sie sich in ein cabinet verschlossen / bei sich alles dasjenige / so in ihrem ietzigen zustande zu bedenken war. Indem sie erstlich alle menschliche hülfe / die sie mochte zu erwarten haben / ihr fürstellte / fande sie / daß solche auf ihren Syrern / auf dem König von Basan / und auf dem von ihr geliebten Cimber / dem Tuscus Sicanus / bestehen würde. Die erste hülfe der Syrer / ware ihres ermessens viel zu schwach / da deren General / ihr ehmals-geliebter Abimelech / nicht mehr vorhanden / und sie also keinen dapfren anfůrer mehr hatten. Die andre aus Basan / dauchte ihr viel zu gefärlich / weil sie selbiges K \nigs liebe wuste / und also in der lebensverfolgung nur person wechseln wůrdẽ. Wiewol der Marsius nicht so zuwider / als der Belochus / war / und so es immer möglich seyn können / daß sie / nach ihres Abimelech tode / einen andern / als den Cimber / zu lieben sich entschließen sollen / würde die wahl eher auf den tugendhaften Marsius / als auf den tyrannischen Belochus / gefallen seyn. Die dritte hülfe des Cimbers / wäre ihr wol die liebste und angenemste gewesen: sie hatte aber zu selbiger die schlechteste hofnung / weil sie nicht wuste / wo dieser Cimber geblieben / und anders nicht vermuten kunte / als daß er bei seinen Aborigenern auf dem Riphatischen gebirge sich befinden / oder wol gar / aus zweifelmut / nach Celten m \chte entritten seyn.

Wie sie nun / in diesem ihrem unglůck / alle menschliche hůlfe zerrinnen sahe / wandte sie sich lediglich zu dem himmel / und begunte ihr niedergeschlagenes gemüte damit aufzurichten / daß ihrem Gotte kein ding unmöglich wäre / und er sie gar leicht durch ein wunderwerk [754] erl \sen und aus des Belochus hånden befreien könte. Ob aber deme solches würde beliebig seyn / daran finge sie kurz hernach an zu zweiflen / indem sie ihr fürstellte / daß auf ihrem haus und vatterland ein sonderbarer fluch haftete / und daß der himmel ihr kein zeitliches glück und wolergehen g \nne / weil ihre vorfahren sich und ihre nachkommen dessen verlustig gemacht hätten. Demnach begabe sie sich alles zeitlichen / sagte der eitlen welt ganz ab / in glåubiger hoffnung / daß Gott ihr in jener welt die vergnügte ruhe geben wůrde / die sein unerforschlicher raht ihr auf erden nicht nützlich erkante.

In solchen gedanken verlangte sie nun nach dem tode / den sie ihr ganz süße fürstellte / in betrachtung / daß der sie zu ihrem Abimelech und zu ihrer C \lidiane wieder bringen wůrde. Das einige andenken des Cimbers / machte sie noch etwas unruhig: doch schluge sie auch solches aus dem sinne / ihr fürbildend /daß es doch dem Cimber erträglicher seyn wůrde / sie in des todes / als in des Belochus armen zu wissen. Wie sie aber / als eine rechtgläubige / ohne sünde den tod suchen solte / das war das meiste / so sie unschlůßig machte. Es ware ihr / in gegenwart der K \nigin von Tyro / eingefallen / wie sie an dem g \tzenbilde der Isis / wan deren einweihung geschehen wůrde /sich vergreifen und also den unvermeidlichen tod auf sich ziehen wolte. Dieses fürnemen zoge sie nun in reifere und fernere betrachtung / und fande endlich /daß ihr glaube ein solches erforderte / und daß sie /ohne große sünde / nicht ferner den heidnischen gebråuchen beiwonen / noch vor dem Isis-bild niederfallen könte / welches / wie sie wuste / durch ein allgemeines gebot / bei lebensstraffe / wůrde anbefohlen werden.

Sie hatte eben / nun ganz ruhig und getrost / dieses[755] fürnemen bei sich fåst gestellet / als die Amesses und Ahalibama ganz voll tränen zu ihr hinein traten. Die munterkeit / die die sch \ne Syrerin an sich genommen / leuchtete so sehr aus ihrem wesen herfür / daß diese beide ankommende Prinzessinnen sich nicht gnug darob verwundern kunten / und bewegte solches die Ahalibama / zu ihr zu sagen: Wie / allerliebste K \nigin! finde ich E. Maj. ietzo so munter / da so große noht vorhanden ist? Die noht ist nicht so groß (antwortete sie) daß nicht ein großer entschluß dieselbe solte überwinden k \nnen. Ach! wan man nur den tod (sezte Amesses hinzu) ohne sünde befördern d \rfte /wie gern wolte ich doch meinem getreuen Armizar seine Amesses unbefleckt aufopfern! nun aber weiß ich / aus der edlen C \lidiane lehre / daß uns ein solches zu thun verboten ist. Eigne hand an sich legen /(gabe die Königin von Syrien zur antwort /) ist sůnde und verboten: der himmel hat mir aber ein mittel gewiesen / dadurch unsere verfolgere selber / wider ihren willen / sollen gedrungen werden / uns t \den zu lassen.

Uber diesen vortrag der Königin blieben sie beide stum / und gaben ihr damit zeit / sich ferner zu erklären. Es ist (sagte sie) über drei tage / bei einweihung beider Egyptischen tempel / unsere ungereimte trauung an die drei K \nige angesetzet: da dan / wie ich gewiß weiß / ein gebot ergehen wird / daß iederman vor dem Osiris und der Isis niederfalle / und sie als götter anbete; mit der bedrohung / daß der / so sich dessen weigern würde / wer er auch sei / ohn alle gnade sol verbrant werden. Dieses gebot haben die in Damasco sich befindende Syrer schmieden helfen /ům also die verehrung dieser Egyptischen g \tter ernstlich einzufůren: und weil solches die drei Könige mit beschworen / als können sie ihren eid nicht wiederruffen. Seit ihr nun gesinnnt vor diesen [756] götzenbildern niederzufallen / und ihnen göttliche ehre zu erweisen? Weil die Amesses und Ahalibama leicht abnemen kunten / wan sie wůrden nein sagen / was die K \nigin fůr einen schluß davon machen wůrde / schwiegen sie still zu dieser frage / und hörten / mit nicht geringer verwunderung / die sch \ne Syrerin ferner also reden: Gott weiset mir / daß ich bisher mich versůndigt /indem ich meinen glauben heimlich gehalten / und den nicht vor der welt bekant habe. Ich wil demnach solches bei dieser gelegenheit thun / und aller welt zeigen / daß mich die furcht des todes nicht abhalten mögen / \ffentlich zu bekennen / daß ich den wahren Gott einig und allein bekenne und verehre.

Da aber der tod (widersprache Ahalibama) gewiß hierauf erfolgen sol / wie kan die sch \ne K \nigin von Syrien also ihr anvertrautes reich verlassen? Ich diene Syrien hierin / (antwortete sie) weil dadurch der tyran von Babel den zweck verlieret / durch ehlichung meiner person sich dieses trones meister zu machen: welcher durch meinen tod auf meine schwester fållet / die vielleicht ein båßeres glůck als ich erleben wird / üm Syrien wieder von seinem joche frei zu machen. Wil man aber (fuhre Ahalibama fort zu fragen) so fürsetzlich den getreuen Cimber betrůben? Welches wird ihm größere qual seyn / (fragte sie hinwieder) die Aramena als die seinige tod / oder lebendig eines andern / zu wissen? Vergnüget euch nicht mehrers /Prinzessin von Seir! daß euer Elieser todt ist / als wan er lebte und ein andre liebte. Ich gestehe solches gern: (versezte Ahalibama) wan aber hier noch hülfe zum entkommen vorhanden wåre / solte man gleichwol sich also in den tod stürzen? Wan ich alles / (sagte Aramena) und meine obliegende gebür erwåge / so finde ich nicht / wie ich bei der tempel-einweihung[757] anderst verfahren k \nte / als wie ich iezt gesaget; und wåre schon die lust zu sterben nicht bei mir / so můste ich doch / als eine rechtgläubige / mich also erweisen.

Man könte aber wol / (versezte hierauf Amesses) von den heidnischen gebrauchen hinweg bleiben / und vorher seinen glauben kund machen. Wůrdet ihr aber / sch \ne Prinzessin! (erwiderte die Königin) hierdurch euch von der heurat des Pharao erledigen? Wan ganz keine hülfe vorhanden / (versezte jene) so wil ich lieber den tod / als diese schändliche ehe / begehren. Habt ihr beide dan hoffnung / (fragte hierauf die K \nigin) daß einige hůlfe uns widerfahren k \nne? Ich bin (antwortete Ahalibama) so mancher gefahr meine lebtage entkommen / daß ich iezt noch nicht allen mut kan sinken lassen: doch begehre ich willigst zu sterben / wan meine K \nigin bei diesem fůrsatze verbleibet. Lasset zu deme uns entschließen / (sagte die schöne Syrerin) was uns obliget und gebüret: wil uns dan der H \chste erretten / so wollen wir etwas so unvermutetes von seiner hand annemen / sonst aber uns freudig erweisen / dieser eitlen welt gute nacht zusagen. Was mich auf dieser welt zu bleiben reitzet /(gabe Ahalibama zur antwort) ist so gering / da ich meine liebste freunde verloren / daß ich deswegen keine stunde zu leben begehre. Aber die grausamkeit eines gewaltsamen todes schrecket mich nicht wenig /und machet mir vor der qual / nicht aber vor dem tode / grausen. Um die ehre seines Gottes sterben / (antwortete die Königin) ist so rumwürdig / daß alle marter dargegen gering zu halten. Und wer sich dem himmel opfert / achtet nicht / wie er von dem leib komme. Eine so grosmütige fůrgångerin / (versezte Ahalibama) als wir haben / ist tüchtig / alle menschliche furcht zu benemen: und bin ich meines teils ganz [758] bereit / meiner liebsten K \nigin zu folgen / will auch gern so ein strenges mittel ergreifen / ům wieder zu meinem Elieser zu kommen. Weil mein Armizar (fügte die Prinzessin Amesses hinzu) auf dieser welt meiner nicht kan teilhaftig werden / so wil ich doch demselben / durch dieses mittel / meine unverrückte treue bis in den tod beståndig erhalten. Solcher gestalt entschloßen sich diese beide Prinzessinnen / mit der grosmütigen Königin von Syrien willig zu sterben; und redten sie demnach mit einander ab / wie sie folgenden morgens ihre erklårung den verliebten Königen erteilen wolten; massen auch beide Prinzessinnen / gleichwie die K \nigin / eine nacht bedenkzeit genemmen hatten.

Kaum ware das taglicht wieder herfür gekommen /als der verliebte Belochus seine schwester antriebe /bei seiner sch \nen die lang-verlangte antwort abzuholen; und sandte / zu gleichem zweck / der furchtsame Beor die Prinzessin Milcaride / seines sohns gemalin /zu der Ahalibama / und der König von Egypten den Petosiris zu seiner tochter: da dan diese drei abgesandten jede von den betrübten bråuten ruhiger fanden / als sie vermeint hatten. Die Syrische Königin ersahe nicht sobald die von Tyro / da kame sie ihrer frage zuvor / und sagte: Ich sehe wol / daß es mir / wan ich meine rechte gemůtsmeinung hier eröffne / zu nichtes nützen wůrde; darüm bin ich entschlossen / mich in allem gedultig finden zu lassen / was man mit mir fürzunemen beschlossen hat / und wird verhoffentlich der König von Assyrien mit dieser erklårung zu frieden seyn k \nnen. Die K \nigin von Tyro / so hiemit mehr als wol vergnůget war / ůmarmte ihre künftige bruders-gemalin / mit bezeugung sonderbarer liebe /und eilte so fort wieder von ihr / ihrem bruder diese gute antwort zu bringen. Milcaride [759] und Petosiris /kamen mit gleichmäßiger guter erklärung von den beiden Prinzessinnen zu růcke. Dieses nun erweckte zwar / bei den dreien Königen / eine unbeschreibliche freude / iedoch darbei kein kleines mistrauen / daß hinter dieser geschwinden und einmůtigen erklårung etwas anders stecken müste. Dieses warfe fürnemlich der öfters-betrogenen Beor den andern in den sin /und erhielte damit / daß vor dieser bräute gemächer starke wachten gestellet wurden / und dorften diese dreie nicht mehr zusammen / auch sonst niemand zu ihnen hinein kommen. Diß waren zwar schlechte liebesbezeigungen: doch hielten sie es für die båste versicherung / und hoffeten nachgehends / durch ståtes liebkosen / dasjenige wieder zu ersetzen / was sie iezt / ům ihren zweck zu erlangen / unterlassen musten.

Weil sich diesen gekr \nten verliebten das glůck auf einmal ganz gůnstig zeigen wolte / als kame selbigen mittag der Fůrst Baracheel auch wieder aus dem lager an / da eben die drei Könige bei der Königin von Saba aufder Kemuelsburg / alwo sie wieder ihre wonung genommen / sich befanden / und wurde Baracheel daselbst vorgelassen: der dan sofort durch sein munteres freudiges aussehen den K \nigen zu erkennen gabe / das er gute zeitung bråchte. Gnädigster K \nig! (sagte er) Die götter segnen so scheinbarlich alles beginnen von E. Maj. daß ich nicht vermeinte zu irren / wan ich gleich E. Maj. zu dem Syrischen trone von neuem glůck wünschete. Eröfnet uns dan / (sagte der erfreute K \nig) was euch so gute einbildung fassen machet.

Als ich gestriges morgens (fienge Baracheel hierauf an zu erzehlen) von E. Maj. hinaus ins lager geschickt worden / fande ich daselbst alles in einem so verånderten zustande / daß ich mich fast nicht mehr kante /[760] und war es aller orten so leer von volk / daß es ehe einem aufgebrochenen als noch-stehenden lager ånlich sahe. Etliche der Syrischen Fůrsten kamen gleich zu mir / mein anbringen zuvernemen. Wie ich nun / in gegenwart des K \nigs Eridanus / des Celtischen Generals und des Prinzen von Hevila / meinen fůrtrag zu thun begehrte / erfuhre ich von ihnen / daß die nicht mehr bei ihnen im lager wären / auser dem Prinzen Baalis / der jenseits der stadt mit seinen Celten stunde. Weil sie mir ein mehrers nicht sagen wolten / zoge ich erstlich in bedenken / mein gewerbe ihnen allein fůrzutragen. Ich tåte es aber doch endlich / und merkte aus ihrer antwort / daß sie voll bestůrzung waren /und alles einzugehen beliebten / was zum frieden die nen k \nte; daher sie auch die zeit / hierunter zu handelen / zu unsrem belieben stellten. Wie ich hierauf in mein gezelt gekommen / erkundigte ich mich heimlich nach den eigentlichen ůmstånden / die mir die Syrische Fürsten nicht entdecken wollen / und erlangte folgende nachricht.

Sobald die unglückliche geschicht mit dem Abimelech oder erkanten Aramenes sich zugetragen / hatte das gesamte frauenzimmer / so noch im lager vorhanden / als die Königinnen von Cus / Salem / Kitim und der Aborigener / ingleichen die Prinzessinnen von Cus / Caphtor und Kiriath-Arba / nach Aroer sich begeben. Die lezte von diesen / die Prinzessin Coricide /war vor wenig tagen im lager angeko en / und zwar flüchtig für dem König von Hazor: der sie mit einem starken heer beståndig verfolgend / und unferne vom Libanon sich befindend / durch seine kundschafter erforschet / daß sie / neben andren / in Aroer sich aufhielte. Demnach hatte dieser König sich eilends herzugemacht / die stadt unversehens ůberrumplet / und also dieses ganze fůrneme [761] k \nigliche frauenzimmer in seine gewalt bringend / dem K \nig Eridanus / wie auch dem Prinzen Amosis und dem von Hevila anlaß gegeben / diesen verlassenen eiligst beizuspringen /und Aroer zu belågern. Also stehen sie nun vor selbigem ort / und bef \rdern damit unwissend E. Maj. fůrhaben / die heurat mit der Syrischen Königin ungehintert zu vollziehen. Wie ich ferner erfahren / so sind auch die andere K \nige aus Canaan / neben dem Fůrsten von Edom und dem Prinzen von Capthor / zu ihnen gestoßen.

Dieses alles eigentlich zu erforschen / hielte ich mich mit fleis diese nacht im lager auf / und diente mir dieses zur schein-ursache / daß ich / wegen etlicher puncten / die friedenshandlung betreffend / diesen morgen noch eine unterredung mit den Syrischen Fürsten veranlasset: da sie mir dan weitläufig fůrgetragen / auch schriftlich mitgegeben / welcher gestalt sie den beståndigen frieden mit E. Maj. zu schließen /erb \tig wären. Es wird aber ietzo solches zu erörtern unn \tig seyn / weil die instehende heurat mit der K \nigin von Syrien / die sie noch als todt beweinen /den sachen eine ganz andere gestalt gibet. Dieses ist aber nicht alle die gute post / die ich bringe / sondern es eräuget sich noch ein neues glück / das vorige erst recht zu befåstigen / indem nicht allein der Zalmon mit zwölftausend Assyriern unferne von hier stehet /sondern auch Oneballus und Ascrasapes mit zehntausend man aus Meden dazu gestoßen / und beide förderlichst alhier vor der stadt seyn werden. Dercylus hier zugegen / hat mir diese nacht / da er mich im lager ausgekundschaftet / diese gute post gebracht /und bittet der / im namen der andern / ům gnade / daß sie sich von der Dalimire und dem Belopares verfüren lassen / und zu dem Nebajoth in Meden ůbergangen: wie sie dan [762] solche that bereuen / und ihr verbrechen durch kůnftige treue dienste zu ersetzen sich anheisig machen.

Als Baracheel hiermit seinen bericht geendet / stellte er den Dercylus vor den Belochus: der dem König zu fus fiele / und also auf begnadigung wartete. Die ümstände ließen nicht zu / dieselbe ihm und denen /die ihn abgeschickt hatten / zu versagen: deshalben der König ganz gnådig ihm aufzustehen gebote. Wie man nun über diesem allem sich hoch erfreuet / ward ferner beschlossen / mit den angestellten dreien hochzeiten fortzu fahren / auch / nach deren volziehung /die larve abzuziehen / und sich den Syrern anderst zu zeigen. Hiernächst richteten sie alle ihre sinne und gedanken dahin / die tempel-einweihung des Osiris und der Isis aufs herrlichste zu begehen: massen selbigen nachmittag / von den gesamten Isispriestern zu der wahl des hohenpriesters geschritten / und in allen tempeln zu Damasco deswegen opfer und gebete angestellet und gehalten wurden: worbei die K \nige und alle vorneme / wie auch die Königinnen von Tyro und Saba / und die andere / sich mit einfanden / üm von den göttern zu erbitten / daß diese wahl / daran so viel gelegen / wol und glůcklich ablaufen m \chte.

Der ehrsůchtige Mamellus / welcher wol wuste /daß ihm dieses hohe amt werden wůrde / massen er heimlich alle Isis-priester auf seine seite erkauft hatte / trachtete hierdurch in Syrien sich rechte fäste zu setzen / und also wider alle besorgende ungunst der K \nigin von Syrien / deren er nicht trauete / sich zu versicheren / weil sie nachgehends über ihn keine gewalt mehr haben / da er nicht allein von dem König /sondern auch von der g \ttin Isis / seine ehre fůren wůrde / die ihm dan kein mensche nemen konte. Er ware eben bei dem König [763] von Assyrien in des Rimmons tempel / als Mephres mit der gesamten priesterschaft / so viel ihrer aus dem tempel gehen durften /daselbst erschienen / und ihme die post brachten / daß die wahl des hohenpriesters auf ihn gefallen wäre. So bestürzt er sich hierüber anstellte / und seine unwürdigkeit fürschützete / so erfreut erwiese sich Belochus hierůber: massen der immer in sorgen gestanden / daß die wahl einen Syrischen Fůrsten treffen m \chte. Es wurde bald durch ganz Damasco ruchtbar / daß ihr stathalter der Isis hoherpriester worden wåre: und weil er das stathaltertum deswegen nicht verlassen dorfte / als stellte sich iederman hierůber erfreuet an; wiewol es vielen nicht von herzen ginge / die nämlich seine harte verfolgungen am meisten gefület. Er wurde mit großen pomp nach seinem palast begleitet /da / noch selbigen abend / alle K \nige und die großen in Damasco zu ihme kamen / und ihm / wie auch der Tharasile / ingleichen dem Prinzen Hemor und der Milcaride / deswegen glück wůnschten.

Man h \rte nun in Damasco von keinem kriege mehr / und ertönete allein auf allen gassen die freudenstimme über die bevorstehende Königliche heuraten / wie auch über die einweihung des großen Isis-tempels: der dan hinkünftig / neben der Egypter g \tzendienste / die richtschnur seyn solte / wornach man in Syrien den glauben von den himlischen dingen / und ihre geistliche satzungen und gebräuche / richten můste. Es ware dem blinden volke fäst eingedrucket / daß sie nun den rechten reinen gottesdienst ůberkommen / und solcher allen segen über ihr land und stadt bringen würde: welche vorbildung künftiger glückseligkeit iederman munter und wacker machte. Gegen die nacht / sahe man auf allen gassen lustfeuer leuchten / die freude über des Mamellus [764] erwehlung zum hohenpriester / zu bezeugen. Unter diesen freuden aber / entfunde der betrůbte Fürst Zophar samt den seinigen / und der getreue alte Thebah / ein schmerzliches leiden / wegen des betrůbten zustandes der K \nigin von Syrien und des ganzen reiches / da nun / durch diese zwang-heurat / Syrien auf ewig unter das Babylonische joch geriete: und håtte der alte Thebah wol wünschen mögen / daß die ältere Aramena K \nigin von Ninive geblieben wäre / und ihrer jůngern schwester Syrien überlassen hätte / welchenfalls man wider diese heurat nichts würde zu sagen haben.

Weil aber solches eher zu wůnschen als zu hoffen war / besonnen sie sich auf andere hůlfmittel / und hielten für ratsam / den Syrern drausen zu wissen zu thun / daß ihre K \nigin noch lebe / und sie dadurch mutig zu machen / ihr leztes heil an der stadt zu versuchen. Dieses nun werkstellig zu machen / schriebe der verschmizte Thebah auf verschiedene zetel ihren zustand / und schoße dieselben / an pfeile gebunden /bei finstrer nacht / über die mauren hinaus: der hofnung lebend / daß zum wenigsten einer den Syrern in die hände geraten wůrde. Dieser anschlag hatte auch nicht fehl geschlagen / wie aus der Syrer unversehener entschließung folgenden tags erhellte: dan sie begunten / ehe man in Damasco dergleichen vermuten können / an zwei orten die mauren zu stürmen / und brachten dadurch die ganze stadt in einen neuen lärmen. Die sicherheit verwandelte sich nun in einen großen schrecken / zumal man nicht wuste / wie der feind aufs neue so mutig worden wåre. Hemor und Sinear musten einen ausfall thun / ům dergestalt dem feind eine hinternis zu bringen: inzwischen die andern auf den wållen / unter des Prinzen Bildat anfürung /ihren möglichsten fleis täten / die fast schon auf [765] den mauren sich befindende Syrer wieder abzutreiben.

Wie nun die beide Prinzen von Canaan und Chaldea in das feld kamen / fürete das glück ihme ganz unversehens den Zalmon mit zwei und zwanzigtausend Assyriern zu / die in voriger nacht jenseits der stadt gestanden / und sich bemůhet hatten / durch der Syrer verschanzungen sich durchzuschlagen / nun aber / durch ihre kundschafter diesen ausfall erfahrend / sich hieher gewendet hatten. Diese fielen mit solcher wut in das lager ein / auf des Prinzen Baalis seine Celten los gehend / daß / nach langem harten gefechte / der sieg und das feld den Assyriern verbliebe. Es sezten auch die aus der stadt ihrem angefangenen sieg so dapfer nach / daß sie die Syrer ganz aus dem lager verjagten / und etliche meilen bis an das Libanonische gebirge zu růcke fliehen machten. Diese große niederlage spielte mit den Syrern den garaus / und verwandelte der K \nige furcht in noch gr \ßere sicherheit: massen sie / durch diese des Zalmons und Oneballus zugefůrte hülfe / so mutig wurden / daß sie ganz keine gefahr mehr achteten / sondern nun den krieg als geendet ansahen / und deshalben alle ihre gedanken zum frieden und zur liebe kehrten / deren sie nun in wenig stunden zu genießen verhoffeten.

Wie demnach solcher grosser tag erschienen / sahe man / bei herfůrbrechender sonne / auf allen gassen /von dem K \niglichen schloßplatz bis an den Isis tempel / die häuser mit den herrlichsten teppichen behånget / und stellten sich die soldaten / so in Assyriern /Niniviten / Sabeern / Egyptern / Canaaniten und Arabern bestunden / an beiden seiten in ordnung / mit ihrer růstung und gewehr. Es waren auch sonst alle plåtze / wie auch alle thore / so [766] wol mit manschaft besetzet / daß man keiner gefahr sich zu besorgen hatte. Viel tausend menschen von beiderlei geschlecht / erfüllten den vördersten platz vor den Isis-tempel / und war kaum soviel raum gelassen / daß die K \nigliche gesellschaft herdurch kommen konte. Wie nun etliche stunden in dieser zubereitung verstrichen / hörte man endlich / den thon der trommeten und anderer seitenspiele / in unzehlicher månge erschallen / und zoge hierauf dieser ansehnliche haufe der gr \sten und sch \nsten gesellschaft von der welt / vom K \niglichen schloßplatze nach dem tempel / in nachfolgender ordnung.

Zu erst ritten dreitausend wolgewaffnete månner /von der leibwacht der drei Kõnige / der K \nigin von Saba und Tyro / und des Prinzen von Arabien / welche der Fürst Abdeel fürete. Hierauf kame / nach einer starken musik von mehr den huntert jungen leuten /die ganze geistlichkeit der alten priester vom Isis-tempel: denen der Prinz Mamellus auf einem wagen nachfolgte / von vielen edlen aus Damasco begleitet / die auf das herrlichste sich gekleidet hatten. Seine leibwacht von tausend pferden / ritte nächst hinter dem wagen / und an beiden seiten desselben ließen sich zu pferd sehen / der Prinz Bildat von Chaldea / des Mamellus bruder / und der Prinz Sinear dessen sohn / die als nächste befreundte des neu-erwehlten hohenpriesters / denselben begleiteten. Hierauf folgte der Prinz Mardocentes / und der Hemor / zu pferde: deren der erste ein so unruhig betrübtes wesen fůrete / daß alle welt solches an ihm warnemen kunte; doch riete niemand auf die eigentliche ursache dessen / welche war / das große misfallen / die sch \ne K \nigin von Syrien in solchem zwang zu wissen / und daß er / seinen fůrsatze nach / da alles dieses so schleunig gekommen / ihr nicht helfen kunte. Es ümgabe sie beide ein[767] sch \ner ansehnlicher haufe von Arabern und Canaaniten / und ließe sich darauf eine herrliche musik von trommeten h \ren. Diesen folgte der Belochus / in seinem Königlichen schmuck auf einem wagen sitzend: der / wegen der vergnůgung seines gemütes / alle seine sonst-erweisende strengheit abgeleget / also daß man sein angesicht sonder furcht betrachten kunte. Der wagen war mit sechzig knaben ümgeben / welche alle in gold gekleidet gingen. Nach ihm fuhre der K \nig von Egypten / gleichfalls in seinem Königlichen schmuck / aber / bei aller dieser seiner vergnůgung / die augen niemals aufschlagend: weil er sich selbst vor der that schåmte / die er iezt beginge. Seinen / wie auch des verliebten Beors wagen / der zunåchst folgte / ümgabe eine gleiche anzahl knaben /wie bei des Belochus seinem sich sehen lassen.

Alles volk warfe nun begierig seine augen auf das /so hernachfolgte. Dieses war der aufzug der drei Königlichen bråute / die beisammen auf einem erhobenen wagen saßen. Vierhundert knaben mit k \rben voll frůchte / wie auch fackeln und allerhand rauchwerk /gingen vorher; und an beiden seiten begleiteten sie alle jungfrauen aus Damasco / die mit instrumenten und gesånge sich auf das lieblichste h \ren ließen; jedannoch der zuschauenden ohren nicht also einnamen / wie deren augen / durch den wunderglanz der schönen K \nigin von Syrien und ihrer beiden beisitzerinnen / bezaubert wurden. Diese Königin saße in der mitten / eben also gekleidet / wie sie in Damasco am tag ihrer mit dem Abimelech angestellten trauung /gefangen angelanget war. Und ob man ihr wol ansahe / daß sie betrůbt war / so leuchtete doch ein solcher glanz von ihr / daß ein großes wundergeschrei ůberall erscholle / wie sie daher gefahren kame. Ihre sch \nste augen / die ståts nach dem himmel [768] gerichtet stunden /bezeugten das sehnen ihres herzens / und zoge der alle ihre gedanken so gar an sich / daß sie fast aus sich selbst entzückt war / und nicht beachtete / was mit ihr sich begabe.

Die beängstigte Prinzessin Amesses / so ihr zur rechten saße / fande so wenig ursach / ihre trånen zu bergen / daß sie solche ungescheut über ihre sch \ne wangen herab laufen ließe: und seufzete sie vergeblich nach ihrem Armizar / daß der kommen und sie erlösen solte. Ahalibama auf der andern seite / lehnte sich an der K \nigin linken arm / und stellte ihr alle ihre wunderbegegnise für / da es ihr ehmals schon so nahe wie nun gewesen / und sie dannoch davon gekommen wäre / womit sie sich in etwas tr \stete: wiewol / das verlangen nach ihrem Elieser / solchen zeitlichen befreiung-wunsch ihr sofort wieder bename /und gedachte sie deshalben mehr / sich zum tod zu fördern / als von dem Beor erlöset zu werden. Eine starke wacht von zweitausend Assyriern / die der Laristenes fürete / folgete diesem wagen / ům alle feindliche anschlåge abzuwenden. Hiernåchst kamen die K \niginnen von Saba / Tyro / Elam und Ninive / wie auch die Prinzessinnen Tharasile / Milcaride / Indaride und Orosmada / neben allen Syrischen Fürstinnen /und dem sämtlichen frauenzimmer aller dieser K \niginnen / auf wågen hernach gefahren: und wurde endlich dieser pråchtige einzug mit einer ansehnlichen reuterei von vielen tausenden beschlossen.

Sie zogen in solcher schönen ordnung / durch die stadt / bis sie den tempel der Isis erreichten: da der Mephris / in seinem priesterlichen zierat / an der åuseren pforte die ankommende entfinge / insonderheit aber / mit seinen priestern von allen sieben orden /den Prinzen Mamellus aufname / und ihn in den hohenpriester-tempel [769] begleitete. Es waren alda / für alle K \nigliche personen / herrliche trone aufgerichtet /ům von dar zuzusehen / was bei einfürung des hohenpriesters vorgehen würde. Sobald dieselben von den Königen / K \niginnen und Prinzessinnen bekleidet worden / fůrete man den Prinzen Mamellus für einen altar / da er das erste opfer anzünden / nachgehends den gewönlichen eid ablegen / und ferner den purpur ůmhången muste / der ihme / als einem hohenpriester / zu tragen gebürete. Hierauf salbten sie ihn mit dem heiligen \le / welches bis dahin der König von Egypten in verwarung gehabt / und durch den Epha den priestern ůberantworten ließe. Auf dieses / brachten sie ihm die hohepriesterliche krone / und sobald er dieselbe aufgesetzet / huben sie ihn empor / und trugen ihn auf einen tron / der für ihn zubereitet stunde: da sie alle vor ihm niederfielen / und den eid des gehorsams ablegten. Nach diesem traten die anwesende Syrische Fürsten / auch alle ratsherren und alle fürnemste aus Damasco / hinzu / und beglůckwůnschten den neuen hohenpriester: inzwischen die seitenspiele laut ertöneten.

Man fürete hierauf den neuen hohenpriester in die capelle / woselbst die bilder des Osiris und der Isis seitdaß sie aus Egypten hieher gewandert / und mitlerweile man am tempel gebauet / aufbewaret gestanden. Diese wurden / mit großer verehrung / von ihm gekůsset / und folgends / auf sein geheis / von acht fürnemsten unter den priestern aufgehoben und unter einem k \stlichen himmel fortgetragen: da er mit einem rauchfaß voran und nach dem innern tempel ginge /alwo ihnen eine stelle verordnet war / da sie künftig solten stehen bleiben. Im fůrůber tragen / fielen die K \nige / wie auch alle anwesende / auf ihr angesicht zur erden / und verehrten also diese neue g \tter: denen aber die Königin von Syrien und [770] die andere zwei bräute nicht die geringste ehrerbietung erwiesen / welches zwar von ihrer wenigen gesehen / und folgbar weder beachtet noch geantet worden. Es folgten aber die Könige und iederman diesen bildern nach / in den heiligsten tempel: da erstlich / durch die hierzu verordnete priester / viel opfer geschlachtet wurden / die alle der hohepriester auf dem großen altar anzündete. Wie diß geschehen / trate der weiße Mephres auf /und hielte eine herrliche rede zum volk / von dem lobe dieser beiden Egyptischen g \tter / und von den fůrnemsten geheimnissen ihres gottesdienstes. Der beschluß seiner rede war eine vermanung an seine zuhörer / die ihme mit heller stimme nachruffen musten: wie daß Osiris und Isis die heiligste und gr \ste g \tter der welt wåren!

Wie nun alle anwesende / auser den dreien schönen bräuten / solches mit großem getöne verrichtet / rieffen etliche königliche herolde / in- und auser dem tempel / mit heller stimme dieses gebot aus / daß iederman in Damasco wan sie wůrden trommeten h \ren / bei lebensstraffe / auf sein angesicht niederfallen solte: weil alsdan / wie sie fåst glaubten / die beide g \tter hernieder kommen und diese ihre bildnise beziehen würden. Jederman richtete sich nach diesem gebot / und wie die junge priester von der heiligsten ordnung in die trommeten stießen / fiele alles / so wol in- als auser dem tempel / wie auch auf allen gassen /nieder / und hießen also die Isis und den Osiris willkommen. Weil nun hierbei die K \nigin von Syrien /wie auch die Prinzessin Amesses und Ahalibama / auf ihren tronen sitzen blieben / entstunde darüber ein großes entsetzen im tempel / und ginge der hohepriester / auf anregen der andern priestere / zu diesen dreien bräuten / sie ihrer gebůr zu erinnern: da dan die drei bestůrzte Könige nicht wusten / was sie hiervon gedenken [771] solten. Wie sie nun also mit unverwandten augen auf sie schaueten / wurden sie gewar / daß sie alle dreie dem altar zu-eilten / das darauf befindliche rauchopfer / so fůr das allerheiligste gehalten wurde /und erst angezůndet war / herunter rissen / und mit den brånden des heiligen holzes auf die Isis zu warfen / endlich sie gar von ihrer seule herab stießen / daß sie auf den boden fallend / in stücken zerbrache.

Diese unvermutete that / sezte alles anwesende volk in solchen schrecken / daß ein allgemeines geheule und zettergeschrei entstunde / sonderlich unter den priestern / die ihre kleider zurissen / ihre haare ausrauften / sich an die erde wurfen und so übel gehuben / daß nichts erbårmlichers konte gesehen werden. Der hohepriester / so im herzen sich ja so sehr hierüber freute / als er äuserlich sich betrübt anstellte /befahle seinen priestern / sich diese unsinnigen zu bemächtigen / ehe sie sich noch weiter auch an des Osiris bilde vergriffen. Wie nun also diese drei sch \nheiten von den Isispriestern / wiewol mit aller ehrerbietung / gehalten wurden / drunge die junge K \nigin von Ninive / und die Prinzessin Indaride von Ophir /durch das volk / und rieffen überlaut: wiedaß sie auch den Gott der Königin von Syrien bekenten / und deme zu ehren / die Isis und den Osiris / als abgötter / verfluchten. Hiermit ergriffen sie der Isis abgefallenes haubt / und warfen dasselbe / mit aller stårke / mitten unter das volk. Diese verdoppelten den ersten schrecken / und fehlte es wenig / daß nicht der ergrimte pövel / sonderlich die vergiftete Egypter / hinzu gedrungen / und selbst hand an diese sch \ne zerst \rerinnen ihres neuem g \tzendienstes geleget. Mamellus und Mephres / samt den obersten unter den priestern /eine gr \ßere entheiligung dieses ihres heiligsten ortes zu verhůten / [772] [774]ließen / die beide K \niginnen / neben den dreien Prinzessinen / in ein gew \lbe bringen / in welches man gleich neben dem altar ko en kunte: und weil selbiger ort mit eisernen flügeln wol verwahret war / als wurden die gleich fürgeschlossen / und damit der pöbel zurůcke gehalten.

Die verliebte Könige wusten hierbei nicht / wie ihnen geschahe / und waren eben also aller sinne /gleichwie ihre g \tter ihrer ehren beraubet: weil sie /da sie in dem augenblicke die allerglückseligsten in ihrer liebe zu werden gehoffet / durch ein so unerh \rtes grausames mittel sich aller hoffnung entsetzet sahen / worüber sie schier håtten verzweiflen mögen. Belochus / wie auch der Pharao / die sehr der abg \tterei ergeben waren / entfanden diese beschimpfung ihrer götter so ůbel / daß ihr eifer anfånglich alle liebe aus ihren sinnen verbannte / und sie auf nichts als auf rache gedenken machte. Der Beor aber / der weder einen / noch viel götter glaubte / achtete nicht so gros der Isis entheiligung / als seiner Ahalibama beståndigen vorsatz / lieber zu sterben / als ihn zu ehlichen: daher auch dieser verliebte der erste war / der sich bei diesem schrecken erholte / und den andern beiden zusprache / dahin zu sehen / daß von der ergrimten priesterschaar ihren schönen kein leid noch gewalt zugefügt würde. Demnach rieffe Belochus / gleich als aus einem traum erwecket / seinem haubtman von der wacht / dem Nechias / und ließe dem hohenpriester sagen / bei seinen priestern darvor zu seyn / daß der Königin und den andren kein leid wiederfüre. Mamellus verfügte sich hierauf selbst zu den K \nigen / und åuserst betrůbt sich anstellend / daß bei seiner einweihung ein so großes uno frömdes unglück sich zugetragen / und ihm die ehre / die Syrische Königin an den Assyrischen Monarchen zu trauen / so plötzlich benommen worden. Er versicherte [774] auch / daß diesen tempelstůrmerinnen von den priestern nichts hartes begegnen solte: doch wäre hochnötig / daß sich die K \nige bald aus dem tempel begåben / ům den p \bel / der immer mehr und mehr zu wüten anfinge / solchergestalt auch herauszubringen.

Diesemnach eileten die betrůbte K \nige / und begaben sich aus diesem tempel in ein nebengemach /dahin allbereit die erschrockene K \nigin von Tyro /neben der Petasiride und den andern / dem tobenden p \vel / der nun auf das ganze frauenzimmer übel zufrieden war / und rache an allen üben wolte / üm des willen / was nur etliche unter ihnen begangen hatten /entflohen waren. Als Belochus die Delbois / seine schwester / weinen sahe / kunte er auch die lang-verbissene tränen nicht weiter aufhalten / sondern ließe denen den freien lauf / und mit ihr in ein fenster allein tretend / sagte er ganz wehmůtig zu ihr: Bin ich nicht unglücklich / liebste schwester! daß auch Aramena muß tugendhaft zu seyn aufhören / üm mich zu quälen? Wer håtte sollen gedenken / daß / bei aller meiner habenden macht / mir dannoch diese so boshaftige als schöne entgehen solte. Als er in dieser seiner klage fortfaren wolte / trate der Prinz Bildat hinein / anmeldend: wie daß der p \bel sich noch nicht wolte bändigen lassen / da fürnemlich die Araber und Egypter das gew \lbe zu stůrmen sich bemůheten / darin die K \nigin und Prinzessinnen verschlossen waren. Was ist dan hier zu thun? fragte der erschrockene Belochus? Mein bruder hält für ratsam / (gabe Bildat zur antwort) wan E. Maj. sich selbst vor dem volk sehen ließen / und sie vertr \steten / daß das / so an dem heiligen bilde der Isis begangen worden / ernstlich solte gerochen werden. Wolan! (antwortete Belochus) so lasset uns dan gehen / und thun / was unser grausames verhängnis erfordert.

[775] Wie er diß gesagt / name er den Pharao und Beor bei der hand / und begabe sich auf einen gang oben in tempel / als eben das volk die eiserne türen aufbrechen wolte: die dan von dem Prinzen Mardocentes hierzu angefrischet wurden / als welcher durch solches mittel diese K \niginnen und Prinzessinnen heimlich davon zu bringen suchte. Haltet ein! haltet ein! (rieffe Belochus) ihr edle eiverer der großen Isis! und entheiliget diese nicht noch mehr mit eurer unzeitigen rachgirde. Seit aber versichert / unsere g \ttin sol gerochen werden / so wahr ich diese gottheit verehre / und so lieb mir meine königliche würde ist / die der himmel mir zugewendet. Bei sprechung dieser lezten worte / ließe Mamellus und die gesamte priesterschaar sich auch sehen / und den K \nig bei diesen gethanen eide fassend / sagte er zu dem volke: Nun der große weltmonarch euch diese versicherung gethan /daß er unsere beleidigte Isis rächen wolle / so fallet nicht in ein frömdes amt / sondern seit damit vergnüget / daß ihr bald die jenige sollet im feuer aufgehen sehen / die euch und uns heute so schmerzlich betrůbet haben. Diese harte worte / an welchen die Könige sich ärgerten / stillten der Egypter ihren eifer / daß sie abzogen. Die Araber konten auch nichts mehr fůrnemen / weil ihr Prinz hierauf sein heimliches vorhaben einstellen muste.

Also wurde der tempel vom volke geraumet / den der Mamellus alsofort verschließen ließe: doch blieben sie ausen rund üm den tempel / üm acht zu haben / daß die K \niginnen und Prinzessinnen nicht entkommen möchten. Wie nun hierauf das gerüchte von dieser begebnis / durch ganz Damasco / sich ausgebreitet / verwandelte sich dadurch die allgemeine freude in ein klågliches winseln und wehklagen / und stritten die Syrer in ihrem gemüte / ob sie mehr liebe gegen ihrer K \nigin / als [776] gegen ihrer angenommenen göttin / erweisen solten: doch ward endlich diese that von allẽ für so greulich angesehen und gehalten / daß sie zwar ihre Königin beklagten / aber sie zu retten /unmůglich fanden / weil das verbrechen zu gros war und sie unter der Assyrischen gewalt lebten. Demnach überfiele sie alle eine tödliche traurigkeit / solcher gestalt ihre große hofnung sterben zu sehen / und an beiden t \chtern ihres großen Aramenes diesen erbärmlichen untergang zu erleben. Der alte Hus / wie auch der Zophar / und der getreue Thebah / waren hiebei nicht zu trösten / und hätten gern entschuldigt / was geschehen war / wan es ihnen / bei diesem ihrem glauben / (wiewol sie es ehedessen bäßer gewust) wäre möglich gewesen.

Die K \nigliche personen befanden sich indessen noch im tempel / und verlangten ihre drei bräute zu sprechen / üm die ursach dieser ihrer begangenen freveltat von ihnen zu erfragen. Mamellus widersezte sich zwar sehr diesem beginnen / muste es aber / wie er ihren ernst sahe / geschehen lassen. Demnach wurde von den priestern das gewölbe ge \ffnet / und die drei K \nige samt der Königin von Tyro eingelassen. Sie fanden sie alle fůnfe ganz unerschrocken beisammen sitzen / da sie einander zur beständigkeit /den tod beherzt anzustehen / vermaneten: und war die Königin von Syrien über der grosmütigen bekehrung ihrer schwester so erfreut worden / daß ihr keine größere erquickung / bei ietzigem zustand / håtte wiederfaren k \nnen. Die Isis-priestere / die mit ihnen in diß gewölbe gegangen waren / stunden von ferne / und waren so vergaffet in ihre sch \nheiten / daß fast die verwunderung die betrůbnis überstiege / die sie wegen entheiligung ihres tempels bei sich entfanden.

Wie nun Belochus seine schöne K \nigin erblicket /[777] eilte er auf sie zu / sie anzusprechen. Sie aber / ihme den rücken zukehrend / brache ganz verächtlich in diese worte heraus: Wie / tyrann! wonet dan so wenig grosmut bei dir / daß du gegen mir üm das nicht eifrest / was ich deinen vermeinten g \ttern habe zuwider gethan? Ich komme / (antwortete er ganz sanftmütig) alhier zu vernehmen / ob keine reue über diese begangene erschreckliche that vorhanden sei? Nimmermehr (wieder antwortete sie) sol mich dessen gereuen / was ich mit so gutem vorbedacht gethan hab. Ach Aramena! (sagte die Königin von Tyro / und wolte zugleich / den K \nig von Assyrien anzusehen / sie bewegen) ihr werdet ja nicht also der wahren vernunft widerstreben! Was ich thue / (antwortete die Königin von Syrien) ist der wahren vernunft so gemäs / daß ich würde sündlich handlen / wan ich anderst täte. Hiemit begabe sie sich nach einer tür / die in ein andres gewölbe hinein ginge / des willens / vor dem da hinein zu entweichen / der aber nun selber / ůber ihr verächtliches beginnen zum eifer bewogen / nicht länger sich aufhalten wolte / sondern voll zorns mit beiden K \nigen und der Delbois / die nicht weniger als er verbittert waren / wieder hinaus eilte. Also wurden diese schöne gefangenen / dem Mamellus und den gesamten Isis priestern / zur verwarung im tempel hinterlassen / und das / was mit ihnen fürzunemen / auf reifere beratschlagung verschoben.

So ordentlich und freudenvoll nun der hinzug nach dem tempel gewesen / so verwirrt erfolgte nun die růkkehr nach den K \niglichen palästen: und wolten die K \nige den tag sich nicht ferner sprechen lassen /sondern ein ieder / sich verschließend / schůttete alles das gegen die götter und wider ihr grausames verhängnis aus / was ihnen ihre große ungedult in den sin gabe. [778] Ihrem beispiel zu folge / waren auch ihre hofleute ganz bestürzet / also daß jeder den kopf hängen ließe / und keiner wuste / was bei so-gestalten sachen fürzunemen wäre. Unter allen in ganz Damasco /war der einige Mamellus in seinem gemüte wol zu frieden / und håtte er es nicht båßer / als wie es nun kame / erwůnschen können. Er ginge / sobald die große unordnung in tempel gestillet war / mit dem Mephres allein in ein zimmer / als mit dem er / eine zeit her / große vertreulichkeit gepflogen / auch ihm alle seine geheimnise und angelegenheiten entdecket hatte / und ihn ganz freudig ümarmend / sagte er zu ihm: Welch ein unverhoftes glück ist mir doch heut erschienen / das mich von allen den sorgen los zehlet /die ich eine geraume zeit her bei mir entfunden. Wie /mein Prinz! (antwortete der bestůrzte Mephres) kan dieses große unglück / so unsren tempel betroffen /euch noch also reden machen? Findet ihr dan nicht /(fragte Mamellus) was dieses für großen nutzen nach sich ziehen wird? Noch zur zeit (gabe Mephris zur antwort) sehe ich keinen.

Ihr wisset (finge hierauf Mamellus an / sich ihme zu erklären) wie besorgt ich bisher gewesen / mein amt / auch meine große macht und gewalt / die ich so lange zeit in Syrien ruhig besessen / zu verlieren /durch die ungunst der wieder gefundenen Königin von Syrien: die nimmermehr / wan sie an meinen König wåre verehlicht worden / mir dieses würde gelassen haben / was ich bislang genossen; und ist mir der weiber heimliche macht viel zu bekant / als daß ich hoffen können / daß mein König beståndig in der alten gnade gegen mir würde verharret seyn / wan Aramena in seine arme gekommen wäre. Solches vorstehende unglůck zu verhüten / habe ich nach dem hohenpriester-amte getrachtet: das mir [779] auch angegangen / und zeiget mir das glück / daß ich für meine einige g \ttin halte / eben an dem tage meiner krönung / daß mein wolstand nun auf alle weise und wege sol beståndig bleiben. Aramena ob sie schon Königin ist / hat durch die an der Himmelskönigin begangene freveltat den gewißen tod verdienet: den auch bereits der K \nig über sie beschlossen / indem er / auf mein anstiften /diese b \se that hart abzustraffen / dem volke versprochen hat. Er hat solches beschworen / und kan nun nicht zurůcke: weil die gesetze / das ganze volk / und sein eid / ihn dazu verbinden. Wan demnach Aramena und ihre schwester todt sind / habe ich ferner nichtes mehr zu fůrchten / sondern kan versichert leben / daß Syrien / nach wie vor / mich als seinen König / wo nicht im namen / iedoch in der tat / verehren werde; und komme ich dadurch der sorge ab / eine schimpfliche veränderung meiner so lang genossenen würde in meinem alter zu erleben. Muß auch schon hierbei meine schwester-tochter / die Ahalibama / den tod mit leiden / so wächset mir / bei so geringem verlust / ein weit größerer gewinn zu: indem der Prinz Hemor /mein tochterman / einer mächtigen und schådlichen stiefmutter dadurch erledigt wird / die ihme in ererbung des Canaanitischen trones viel ungelegenheit hätte erwecken mögen. Endlich / mit einem wort zu sagen / so ist dieses für mein ganzes haus so vorteilhaftig / daß ich greiflich sihe / die göttin Gad sei hierin meine fürsorgerin gewesen.

Der Mephres / welcher / durch des Mamellus geld geblendet / alles billigte / was derselbe wolte / ließe sich dieser antwort vernemen: Ich habe dieses werk also / wie ich es nun erkenne / noch nicht ůberleget; wiewol ich / wan es ohn so große beschimpfung unsres tempels hätte zugehen m \gen / hierbei ruhiger seyn wolte. Wie [780] könte größere ehre (versezte Mamellus) dem tempel wiederfahren / als das ihme / zur auss \nung / das blut sovieler K \niglicher personen sol geopfert werden? Wan es nur gewiß wäre / (gabe Mephres zur antwort) daß die liebe der Königin dieses zulassen wolte? Dahin můßen wir / (sagte Mamellus) gleichwie es in unserem vermögen ist / uns eifrigst bearbeiten / und sollen die Assyrer und Araber /fürnemlich aber die Egypter / uns hierzu merklich dienen.

Indem sie also zusammen redten / kamen etliche von den priestern / sich befehls von dem hohenpriester zu erholen / wie sie sich / in bewirtung der gefangenen K \niginen und Prinzessinen / fürnemlich aber mit ihrer so schrecklich zernichteten und zerbrochenen g \ttin / verhalten solten. Wie nun dieses zweierlei fragen waren / als verordneten Mamellus und Mephres auch zweierlei art priestere dazu / und befahlen / daß die jenigen / so mit weltlichen händeln zu schaffen hatten / die versorgung der Königlichen personen ůbernemen solten. Also kamen sie in eben selbige gemächer / darinn beide Aramenen vordessen von dem Abdastartus waren bewirtet worden: und weil man einer ieden eine aufwarterin gönnte / als wurden Siringe / Tirza / Astale / Zamede und Melinde / zu ihnen hinein gelassen / üm ihnen die benötigte handreichung zu thun. Wegen des zerfallenen Isis bildes / aber begabe sich Mamellus selber / mit den allerheiligsten unter den priestern / in den tempel: da dan / mit großer ehrerbietung / das zerstůmmelte bild aufgenommen / und etlichen priestern zur wieder-ergånzung ůbergeben wurde. Hierauf stellten sie besondere klag-opfer an / denen der Mamellus bis fast üm mitternacht in person beiwonete: wornach er sich wieder nach seinen palast begabe / welchen er / als [781] stathalter von Syrien / ferner zu bewonen sich entschlossen hatte.

Er verbrachte aber das übrige der nacht / sonder zu schlaffen / und sahe sobald den tag nicht wieder herfůr kommen / da beschiede er zu sich den Petosiris /wie auch den Egypter Busiris / der bei dem volke viel vermochte / und stellte ihnen mit großem klagwesen vor / wie schmerzlich er es entfünde / daß ihren g \ttern eine so große beschimpfung widerfahren wåre /die nicht allein durch ganz Egypten / sondern durch die weite welt erschallen / und eine unausleschliche verachtung zu wege bringen / wan nicht nach gebůr die göttin gerochen / und diese unthat bestraffet /wůrde. Darüm solten sie ja / mit ihnen den priestern /beständig darauf beharren / daß man / da es die ehre der großen Isis erforderte / kein Königliches geblüt ansehen müße / und auf allen besorglichen fall / wan die verliebte K \nige hinternis hierein bringen wolten /fäst zusammen halten / daß der eid / den der König von Assyrien gethan / nicht gebrochen / sondern erfüllet wůrde. Petosiris und Busiris / welche eiferer ům ihre g \tter waren / ließen sich leicht von dem Mamellus bereden / als ohnedas hierzu mehr als geneigt /und namen über sich / sowol das volk / als ihren K \nig / zu vermanen / daß sie die ehre der Isis allen betrachtungen in der welt fürziehen solten. Mamellus / nachdem er diese von sich gelassen / redte eben dergleichen mit den Assyrischen hohen kriegsbedienten /dem Laristenes / Eldaa / Abdeel / Oneballus und mehr andren: welche gegen seine grůnde nichts einzuwenden wusten. Ascrasapes der fůrnemste unter den Arabern / ließe sich auch beschwatzen / sein volk / des Mamellus wunsche nach / zu der Isis rache zu bewegen.

Wie er nun also dreier völker gemüter auf seine[782] meinung gebracht / welche auch beständig den Isis-tempel bewacheten / verfůgte er sich wieder nach demselben / und mit den angefangenen klag-opfern fortfarend / hielte er folgends raht mit der gesamten priesterschaft / und ward also beschlossen / durch eine ansehliche abschickung bei den K \nigen anzuhalten / daß mit volziehung der zum tode verdamten übeltåterinnen geeilet / und nicht långer die Isis also erzürnet gelassen würde. Indem nun Mephres mit mehr den huntert ansehnlichen priestern / diese gesandschaft abzulegen / in trauriger gestalt den Königlichen palåsten zugingen / winselten und klagten die einwonere in allen håusern der stadt Damasco / ůber dieses unglück ihrer Königinnen / und konten / die Isis-priester ersehend / leicht erraten / was diese begehrten: das dan ihr leiden vermehrte / weil sie fůr billig ermessen musten / daß ein so nie-erh \rtes verbrechen abgestraffet wůrde. Es waren aber auch die Syrische Fůrsten / neben etlichen Ratsherren der stadt / auf des getreuen Thebah anstiften / dieserwegen am morgen zusammen gekommen / und hatten in ihrem raht beschlossen / bei den K \nigen für die beide durchleuchtige Aramenen / wie auch für die andere Prinzessinnen / dergestalt bitte einzulegen / daß / wan sie / durch buße und verehrung der großen Isis / ihr verbrechen erkennen und bässern wůrden / ihnen das leben geschenket / und diese ihre reue fůr eine auss \nung der großen Isis angenommen werden möchte. Demnach ordneten sie aus ihren mittel / beide Fůrsten den Hus und Zophar / samt dreißig ratsherren ab / die fast zugleich mit dem Mephres ankamen / und die Könige / in des Belochus palast geheimen raht haltend / antraffen.

Diesen verliebten ware der erste eiver nunmehr vergangen / und fületen sie bei sich mehr liebe als zorn:[783] daher ihre beratschlagung dahinaus ginge / wie man die schöne Syrerin und die anderen von dem tobenden volk erretten m \chte. Der Prinz Mardocentes Bildat /Hemor / Sinear und der Fůrst Baracheel / so alle mit dabei waren / fielen solchem vorhaben der Könige gleich bei / und schlugen vor / daß man die gesamte Isis-priesterschaft zu einer vorbitte bereden solte. Der Bildat / wolte eben / solches bei dem hohenpriester /seinem bruder / in die wege zu richten / sich abfärtigen lassen / als zugleich der Mephres mit seiner priesterschaar / und die abgeordnete von den Syrern / sich anmelden ließen. Wie man nun den Mephres fůrgelassen / begunte der den Königen beweglich fůrzustellen / daß ihre g \ttin / die große Isis / můste gerochen werden: weswegen er / in aller priestere namen / der beiden Syrischen Aramenen / wie auch der Amesses / Indaride und Ahalibama blut hiemit fordere / üm ihren tempel wieder auszus \nen. Wie man nun den Mephres und die seinen / sonder ihnen einige erklärung zu geben / abtreten lassen / wurde der alte Hus mit den bei sich habenden fůrgefodert: der dan etwas weit-angenemers begehrte / und fanden die K \nige für billig / daß / nach solcher bekehrung des frauenzimmers / die Isis sonder blut k \nte ausges \net werden. Man fårtigte demnach die Syrische abgeordnete mit guter vertröstung ab / und gabe den Isis-priestern keinen anderen bescheid / als daß der Prinz Bildat und der Fůrst Baracheel solten abgeordnet werden / der Könige erklårung so wol dem hohenpriester als dem volke anzusagen: Wie dan alsofort Baracheel nach dem volke / und Bildat zu den Mamellus nach dem tempel / in botschaft abgingen.

Dieser erriete gleich / was sein bruder ihm anbringen würde / verstellte und erklärte sich auch / als er es [784] vernommen / daß er seines ortes diesen K \niginnen und Prinzessinnen das leben gern g \nne / auch vielleicht erhalten k \nne / wan sie ihre begangene unthat erkennten / dafůr \ffentliche buße tåten / und also die Isis und ihren tempel wieder heiligten. Soviel erbote sich Mamellus / weil er nicht gläubte / daß sie hierzu sich verstehen wůrden. Um aber die sache etwas schwer und ungewiß zu machen / musten die stimmen nicht nur von allen Isis-priestern / sondern auch von den andren geistlichen in der stadt / hierůber eingeholet werden: die dan endlich dahin schloßen / wie es die verliebte K \nige und die Syrer verlangten / daß nämlich diesen schönen verbrecherinnen / weil sie Königliche personen / das leben endlich k \nte gelassen werden / wan sie \ffentlich / im tempel der Isis /ihre begangene that bereuten / und allen irrtumen absagend / sich anheisig machten / ihre lebtage / durch stäte verehrung dieser g \ttin / ihre aussönung zu suchen. Die aufgewigelte Egypter / Assyrier und Araber musten / auf Baracheels zu reden / hiermit auch friedlich seyn / weil dieser fůrschlag von den geistlichen kame. So sehr aber die verliebte Könige wůnschten und fleheten / daß ihre sch \nen sich bekehren m \chten / so gewiß hoffete Mamellus / daß sie beståndig bleiben / und den einmal erkieseten tod nicht verabscheuen würden. Seinem wunsche und verlangen nach / fiele die wahl auf ihn / daß er dem gefangenen frauenzimmer diese ihre erlösung / mit erwehnten ümstånden / antragen solte: worbei er dan nicht die kräftigste bered-grůnde vorzubringen gesonnen war / ob er gleich solches den K \nigen / die selbst zu ihm in den tempel gekommen / teur versprochen hatte.

Mitlerweile nun dieselbe den opfern beiwoneten /welche wegen dieser bekehrung angestellt waren /[785] ginge Mamellus zu den Königinnen und Prinzessinnen hinein: welche / ihn ersehend / verhoffeten / er würde ihnen die zeit zum sterben ankündigen / wornach nun ihr höchstes verlangen stunde. Er aber /sagte zu ihnen: Ich komme / als abgesandter der dreien K \nige / und des ganzen geärgerten volkes / die ihre beständigkeit im lieben noch hierinn zu erweisen begehren / indem sie gewillet sind / mit den beschlossenen heuraten fortzufaren / wan zuvor die verübte that \ffentlich in der Isis tempel zubereuen / und einen widerruff zu thun / von der K \nigin und den Prinzessinnen alhier wird beliebet werden. Wie / Mamellus! (antwortete die schöne Syrerin) stehet das auch eurem jetzigem amte wol an / daß ihr eurer Isis abgesagten feinden solche worte fůrbringet? Als Mamellus noch mein vatter hieße / (fůgte die Aramena hinzu) lehrte er mich viel ein anders / als solcher gestalt sich wankelmütig zu erweisen. Ist dieses meinem hohenpriesterlichen amt entgegen / (gabe Mamellus zur antwort) so rede ich hier / als stathalter von Syrien und ein diener des großen Belochus / deme und seinen bundsverwandten in seiner liebe beförderlich zu seyn / ich meine schüldigkeit zu seyn ermesse. Wan ihr dan dieses (erwiderte die Syrische K \nigin) für eure schüldigkeit achtet / so wollen wir euch hinwieder die unsrige er \ffnen: welche darin bestehet / daß wir nimmermehr von dem einmal-erkanten wahren Gotte absetzen / sondern dessen namen einig und allein zu verehren werden gesonnen bleiben / und soll uns weder noht noch tod von unsrem glauben abbringen / noch die lust zu leben uns verleiten / euren falschen göttern nachzuhången. Die ungereimte liebe der K \nige / machet uns den tod süße / den wir allein / als ein gnaden-zeichen / von unsern tyrannen anzunemen verlangen. [786] Ist das (fragte Mamellus / eine nach der andren ansehend) euer aller meinung? Wie sie nun sämtlich ja gesaget / ginge er von ihnen wieder hinaus: bliebe aber / ům die K \nige in den wahn zu setzen / das er eine lange zeit / sie zu bereden / verwendet håtte /noch etliche stunden in dem nebengebåude.

Endlich / wie es fast wolte abend werden / kame er wieder hervor / und fande die K \nige / die augenblicklich seine wiederkunft verlangten / in des Beors palast: da ein frömder allein bei ihnen im cabinet ware / und åmsig mit ihnen redte. Sie ersahen ihn nicht sobald / da kamen sie alle dreie üm ihn her /seine verrichtung zu vernemen. Wie stehet es / mein vetter! (fragte Belochus) d \rfen wir hoffen / das unsere schönen sich bekehren werden? Es ist sonst hohe zeit / hiermit zu eilen / weil dieser Canaanite uns iezt die zeitung bringet / daß der König von Basan mit einem mächtigen heer im anzuge sei / die K \nigin von Syrien zu befreien / und besorglich innerhalb zwei tagen hier vor den toren stehen möchte. Diese zeitung / deren sich Mamellus nicht versehen / machte ihn so eifrig / als bestürzt / mit desto gr \ßerm nachdrucke zu reden / und sagte er: Wan deme also ist / muß man keine zeit versåumen / die große Isis zu rächen / wofern wir deren beistandes wider die feinde uns getr \sten wollen.

Ja gnädigste Könige! (fuhre er fort / ihre entsetzung warnemend) es ist zeit / daß man hier alle liebesentfindlichkeit ablege / und k \niglich / das ist / gerecht handele / damit wir nicht selbst unglůck auf unsren hals laden. Was fůr greuliche gottslästerung und nie-erh \rte hartnäckigkeit sich bei denen findet / die ich amtshalber nicht anders als die allerverfluchteste weibsbilder nennen kan / solches lässet sich nicht aussprechen: und [787] wird man müßen hier wehlen / ob man lieber mit land und leuten untergehen / oder ein unnützes blut von der erden vertilgen wolle. Mitlerweile Mamellus also redte / stunden die drei K \nige solche qual aus / die unvergleichlich viel größer war /als die vorige / da sie diese ihre liebsten für todt gehalten hatten. Ihre tränende augen redten vor sie / und nachdem sie den Canaaniter / mit ernstlichem verbot /die zeitung von ankunft des Königs Marsius niemanden zu sagen / ům keine furcht in der stadt zu erwecken / von sich gelassen / behielten sie allein den Mamellus bei sich: welcher ihre unschlůßigkeit warnemend / alle seine beredsamkeit herfůr suchte / ihnen das beizubringen / was sein glücke befåstigen solte.

Wollen dan E. Maj. (sagte er zu ihnen) dieses nicht zu herzen nemen / daß die große Isis beleidigt worden? welche / wan wir sie nicht völlig versönen / uns weder glück noch segen forthin wird erleben lassen. Wollen sie die gefahr nicht achten / die ihnen die ůbelzufriedenheit des ganzen volks androhet? welche /von göttlichem eifer getrieben / die verlezte ehre der Isis gerochen sehen wollen. Oder wollen sie wenigst nicht erwägen / daß ihrer liebe damit gar nicht wird geholfen seyn / wan sie schon diesen unwürdigẽ wolten das leben lassen. Dan wie könten E. Maj. von denen sich etwas gutes versehen / die den göttern nicht treu verblieben / und aus unmenschlicher künheit so ein großes wagen d \rfen / welches nicht wird geschehen seyn / solang die welt gestanden? Welchen tag / welche stunde werden E. Maj. ihres lebens versichert seyn können / bei solchen weibspersonen / die aus einem angebornen haß und widerwillen lieber vor aller welt die schändlichste creaturen heißen / als ihre ehliche liebe annemen wollen. So begehren sie dan[788] (fragte Pharao) sich gar nicht zu bequemen? Keine ist widerspånstiger / (antwortete Mamellus) als die Prinzessin Amesses / und sagte sie: Man m \chte nur von ihr glåuben / daß / üm ihres vatters liebe zu entgehen / sie fähig wäre / nach verrichtung der gestrigen that /alles in der welt / auch das allerunmůgligst-scheinende / zu verüben. Also wird aber (versezte der König von Canaan) die Ahalibama nicht geredet haben? Die bereits einmal (antwortete Mamellus) dem großen Beor dörfen ein messer an die gurgel setzen / gibt leicht von sich zu urteilen / was sie ferner zu thun fähig sei.

Wan ja / die große Isis zu versönen / (sagte Belochus) blut muß vergossen werden / wäre es dan nicht genug an einer person? Lasset uns die Indaride von Ophir verdammen / üm die andern zu erretten. Wofür sol aber (erkünete Mamellus hierwieder einzuwenden) diese rettung nůtzen / wan sie schon thunlich wåre /da die Königin von Syrien so wenig / als die andren /zu leben begehren / und ihr leben blos zu schaden ihrer K \nige / von denen sie angebetet werden / anwenden würden? Wie wan man noch einmal versuchte / (wandte Belochus hiergegen ein) sie auf einen båßern weg zu bringen. Um zu weisen / (antwortete Mamellus) wie gern ich E. Maj. vergnůgung m \chte bef \rdert sehen / so wil ich meiner eignen tochter erlauben / bei der K \nigin und den Prinzessinnen sich hierunter zu bemůhen: die vielleicht / als ein weibsbild / mehrern zutritt bei ihnen finden / und ein geneigters geh \r erlangen m \chte. Dieses erbieten namen die drei Könige für bekant an: wiewol der Pharao in seiner liebe sehr zu wanken anfienge. Hierauf wurden der Bildat und Baracheel beruffen / und mit ihnen abgeredet / daß man den verbrecherinnen noch den morgenden tag / sich zu bedenken / überlassen[789] wolte. Inmittels solte / ům das volk zu stillen / alle opferbereitschaft im tempel fårtig gehalten werden /üm unzweifelich übermorgen mit der hinrichtung /oder mit den trauungen / fortzufaren / ehe der K \nig von Basan mit seiner macht dazu kommen / und es hintern m \chte.

Diesem neuen feinde einhalt zu thun / riete der Prinz Bildat / daß man ihm ein ansehnliches heer entgegen schicken / und es auf eine schlacht ankommen lassen / ingleichen die ledige schanzen der Syrer besetzen / und also den feind von der stadt abhalten solte. Dieses werkstellig zu machen / wurde dem ratgeber anbefohlen: welcher auch die ganze nacht mit kriegsverfassung zubrachte / und muste der Prinz Sinear / mit dem Zalmon und Epha / vierzig tausend man aus Damasco füren / da niemand als sie dreie wusten / daß es dem Marsius gålte. Inzwischen wurde / die widerspånstigkeit der Königinnen und Prinzessinnen / durch ganz Damasco ruchtbar: darein dan niemand sich zufinden wuste / und verlangte jederman / was nun die Prinzessin Milcaride bei diesen verstockten ausrichten / und wie dieser lezte streich gelingen würde.

Diese kame nun / bei anbrechendem morgen /neben dem Mephres und sechs andren priestern / zu den fünf sch \nen in den tempel: da Mephres ihnen allen den tod des feuers / wan ihre beståndige verhärtung erfolgen solte / ankündigte / und hierauf die Milcaride / sie eines bäßern zu erinnern / allein bei ihnen ließe. Diese mitleidige Prinzessin / finge nun an / viel ernstlicher / als ihr der Mamellus ihr herrvatter anbefohlen / ihre im tempel erlernte grůnde / die vielheit der götter betreffend / herfür zu suchen / und solche den K \niginnen und Prinzessinnen fürzuhalten. Diß ware der gottseligen Aramena keine verdriesliche unterredung / weil sie dadurch gelegenheit [790] überkame /ihren glauben zu schårfen / und sowol sich als die andern zu erbauen. Alles / was sie jemals aus des so liebgewesenen Abimelech und der werten Cölidiane gesprächen / auch aus des Henochs und Abrahams schriften von ihrem glauben / erlernet hatte / das brachte sie mit so sůßer wolredenheit herfür / und bewiese die einige Gottheit so statlich / daß / durch sonderbare himmelsschickung / die Milcaride diese kräftige grůnde anname / und an stat der g \ttin Isis etliche zuzufüren / selbst von derselben und von ihrem heidnischen glauben abtrate / und zu dem wahren Gott himmels und der erden sich bekante. Dieser erlangte sieg / machte die sch \ne Syrerin in ihrem geiste ganz freudig / und sprache sie dieser neuen rechtgläubigen eiferigst zu / daß sie keine furcht noch liebe der welt sich solte schrecken lassen / diesen glauben öffentlich zu bekennen: massen sie selbst befände / daß sie sich damit versündigt / indem sie / üm zeitlicher ursachen willen / bisher verschwiegen hatte / was ihre glaubens-bekåntnis gewesen.

Milcaride / dieser lehre nach zu kommen / begehrte nicht wieder aus dem tempel / sondern wolte gleiches glück und unglück mit den andern anstehen: und wiewol die Königin ihr hierinn gewaltig abriete / ihr die lebensgefahr fürstellend / darein sie sich stůrzen würde / achtete sie doch solches nicht / sondern beteurete hoch / daß sie ohnedas des lebens satt und überdrůßig wäre. Bin etwan ich hieran schuldig / (sagte die Königin von Ninive) weil es geschienen / als ob des Prinzen Hemors ehmalige liebe gegen mir wieder anglimmen wollen. Dieses thut zwar etwas (antwortete Milcaride) zu meinem sterbensverlangen: das fůrnemste aber mag ich nicht melden / da ich mich vor mir selbst entsehe / daß ich solches weiß. Weil nun ferner keine hierüm fragte / [791] da ihre gedanken auf kein irdisches mehr sinnen wolten / geschahe nichtes mehr mit der Milcaride / als daß sie von den anderen willigst in ihre todten-gesellschaft aufgenommen worden.

Wie nun der Mephres nachmittag mit seinen priestern wiederkame / ům ihre endliche erklårung zu vernemen / wornach die Könige und das volk so sehr verlangte / bestürzte er nicht so sehr / als er der beiden Aramenen / und der andern drei Prinzessiñen beharrlichen sterbvorsatz vername / als über die schleunige ånderung der Milcaride / die ganz verächtlich ihn ansehend / ihm ankündigte / wiedaß sie der andern ihr beginnen billigte / und als eine verächterin der Isis mit ihnen zu sterben verlangte. Weil in den gesetzen der Isis enthalten / daß / wan in dem geschlechte der priestere / sonderlich des hohenpriesters / eine person gefunden würde / die wider die ehre dieser g \ttin handelte / dieselbe ohn alle gnade zum feuer solte verdammet werden: als konte ihm der Mephres leichtlich fůrstellen / wie es dieser tochter des hohenpriesters ergehen / und welche herzensqual ihr vatter darůber anstehen wůrde. Demnach begabe er sich betrůbt von dannen / und mit dem wagen der Milcaride / der vor dem tempel aufwartete / nach des Mamellus palast eilend / verschwiege er unterwegs gegen dem volke nicht / wie es im tempel stunde: dadurch alles in neuen lärmen geriete.

Mamellus fülete nicht geringen schrecken / wie er den Mephres so allein und so beångstigt ankommen sahe. Sein herz / das ihme sein unglück ankündigte /machte ihn ganz kraftlos / den Mephres zu fragen: und dieser hatte auch den muht nicht / das bewuste anderst / als durch ståtes seufzen / fürzubringen. Endlich kame die Tharasile dazu / und diese beide also stum findend / [792] fragte sie / was die Prinzessin / ihre tochter / im tempel ausgerichtet hätte? Mamellus sahe nun den Mephres stark in die augen / und dieselben voller trånen findend / schluge er in die hände / und rieffe überlaut: Ach! meine tochter ist verloren! Mein unglůck wil / (sagte Mephres) daß ich der bote seyn muß / der diese zeitung bekräftige. Nun hab ich genug / (antwortete Mamellus) und sehe / was alle list und rånke mir geholfen. Wie er diß gesagt / eilte er /gleich einem unsinnigen / von ihnen / und verschloße sich allein in sein cabinet: worauf die erschrockene Tharasile von dem Mephres ůmståndlicher vername /was sich mit der Milcaride begeben hatte. Weil sie deren todesgefahr nicht für so gewiß hielte / wie es ihr gemal und der Mephres wusten / als vergliche sich auch ihre unruhe nicht / mit des Mamellus angst: den sie mit gewalt aus seiner einsamkeit brachten / als die Könige den Abdeel nach ihm schickten / und nachricht haben wolten / wie es im tempel stünde. Sie fanden ihn auf einer ruhebank ligen / da er das gesicht gegen der wand gekehret / und mit beiden händen in den haaren seines haubtes tobete. Als er den Abdeel vernommen / ließe er ihm keine zeit zu reden / sondern kame ihm zuvor / und sagte: Entschüldigt mich bei den K \nigen / daß ich nicht selber kommen kan. Ich weiß nun ferner keinen raht zu geben / und verlange selber nichtes / als zu sterben. Weiter konte man kein wort von ihm bringen. Abdeel / als er von dem Mephres eigentlich vernommen / wie es stunde /ginge mit demselben nach den Königen: alda dieser alte ůmståndlich erzehlte / was der sch \nen gefangenen im tempel endliche erklårung wåre / auch wie des hohenpriesters tochter sich ebenfalls verfüren lassen /und mit den andern sterben wolte.

[793] Die drei Könige schauten einander hierauf eine gute weile an / ehe einer ein wort herfůrbrachte. Letzlich brache der Pharao dieses schweigen / und gar zornig sich gebärdend / sagte er: Wolan dan / weil Amesses meine liebe verachtet / so sol sie meinen haß fülen / und wil ich morgen meine lust daran sehen /wan ihr die flammen über dem kopfe zusammmen schlagen. Wiewol nun Belochus und Beor dergleichen haß gegen ihre geliebten nicht in sich entfanden / so ergaben sie sich doch auch darein weil es anderst nicht seyn konte / und wolten lieber deren tod / als ihre fernere verachtung / und die gefahr / sie in andere hånde geraten zu sehen / erleben. Und in diesem fürsatze / den sie unümgänglich fassen musten / wurden sie noch gestärket / durch die zeitung / die ihnen in dem augenblick der Sinear / durch den Dercylus / aus dem lager entbote: daß sie nämlich bereits auf das vörderst heer des K \nigs von Basan gestoßen / und es sich / allen ůmständen nach / zu einem blutigen treffen ansehen ließe. Dercylus berichtete daneben / wie sie in erfarung gebracht / das von Aroer der große Edom mit einen heer sich herzu näherte / auch der K \nig Armizar von Ophir im anzug wäre. So wollen wir dannoch / (sagte der ergrimte Belochus) ungeacht aller drohenden gewalt / den grausamen sieg über diejenige erhalten / üm deren befreiung willen alle diese große macht uns überziehet. Und sollen Esau und Armizar / (sezte Pharao hinzu) vergebens kommen / mit ihrem geliebten über uns den spott zu treiben.

Hierauf färtigten sie den Mephres wieder ab / und verwilligten / daß man auf morgen zum rach-opfer der grossen Isis / alle bereitschaft machen solte. Hiernåchst wandten sie alle ihre gedanken auf den krieg /üm dapfere gegenwehr zu thun / und sandten den Dercylus [794] wieder hinaus / durch welchen der Belochus dem Prinzen Sinear sagen ließe: Er solte gedenken /daß er für die freiheit seiner bestimten Königin von Elam mit zu fechten habe. Hierauf saßen die drei Könige selbst zu pferd / und ritten / neben den gesamten hohen kriegsbedienten / auf alle posten ůmher / ům anstalt zur gegenwehr zu machen / auf den unglücklichen fall / da der Sinear geschlagen werden / und der feind bis an die mauren / die stadt zu stůrmen / durchdringen solte. Es erfuhre / durch solche öffentliche verfassung / die ganze stadt / daß man sich eines neuen feindes befarete / und brache damit aus / warům der Sinear mit einem so måchtigen heer aus Damasco gezogen. Was sie aber diese neue gefahr nicht sonderlich beachten machte / war die allgemeine bestůrzung und traurigkeit / darin sie schwebten / indem sich ihren gedanken das traurspiel fürstellte / welches den andern tag mit hinrichtung der allersch \nsten personen von der welt solte fürgenommen werden. Hiervon unterhielte sich ganz Damasco / und war kein haus noch einige gesellschaft zu finden / da nicht mit gleicher häftigkeit / die nie-erh \rte entheiligung der Isis /und die hierauf bevorstehende grausame rache / beklaget und beweinet worden. Weil auch die Isis / von hohen und niedren / als die gr \ste göttin / verehret und angebetet wurde / als kunte noch dorfte kein einiger mensch darauf gedenken / ům erhaltung des lebens dieser sch \nen sich zu bemühen: massen die macht der tollen eiferer so groß war / daß nicht allein die Syrer / sondern die K \nige selber / sich davor scheuen und fůrchten musten.

Diese unterließen nun nicht / in der růkkehr / den betrůbten hohenpriester in seinem palast anzusprechen: und fanden bei ihme den Prinzen Hemor / welcher auf [795] keinerlei weise sich wolte zufrieden geben /daß die Milcaride / seine gemalin / solcher gestalt von der Isis abgefallen war; weswegen er auch den K \nigen / wiewol vergebens / zusprache / nicht zu dulten /daß man mit den K \niglichen personen also verfůre /sondern ihnen fernere bedenkzeit zu g \nnen. Wiewol nun Mamellus diesem fürtrag gern fortgeholfen hätte /so dorfte er doch seinem ersten gegebenẽ raht nicht widersprechen: zumal es auch schon zu spat war / und die v \llige gewalt ůber die gefangenen / nicht allein den Isis-priestern / sondern auch allen andern in Damasco befindlichen g \tzenpriestern / übergeben war /die / von dem ganzen heer gestützet / allen beifall hatten / zu thun / was ihnen gelůstete. Demnach legte er alles auf das verzweifelte grämen / und verwiese fast den verliebten K \nigen mit seinem beispiel / daß sie nicht so übel / wie er / sich gebärderten / da sie doch ebenfalls ihr liebstes verlieren solten. Belochus / ihn seines hohenpriesterlichen amtes erinnerend / vermanete ihn zur gedult / worzu er selbst ihn und die andre K \nige noch neulichst bereden wollen. Nachdem er ferner den Hemor mit seinem eignen beispiel getröstet / eilete er / neben den Pharao und Beor / wieder von dannen: weil dieser trauer-ort nur dienete / ihre ohnedas-gequältes gemůter noch mehr zu ängstigen. Sie waren auch nun so verwirret / daß sie / nirgend ruhe finden kunten: und sahe man sie / selbigen abend /mehr als einmal auf die gassen der stadt reiten / in tausenderlei leeren anschlägen / ihre geliebten zu erretten.

Die K \niginnen und Prinzessinnen wurden inzwischen / von einer großen mänge der priester / mit brennenden fakeln / auch bei anstimmung eines klagliedes / mit traurigem thon und gebården / aus ihrer wonung / in einem besondern tempel gefůret: darinn sie die nacht [796] verbringen / und des folgenden grausamen morgens erwarten musten. Weil das widern vor dem tod / sonderlich vor einem so abscheulichẽ tod /allen menschen natürlich ist / als stellte sich dessen bittere erinnerung auch bei diesen künen Gottes-eivereriñen ein / und hatten sie gnug mit sich selbst zu kämpfen / üm beständig zu bleiben / und den tod nicht zu achten. Milcaride / die am weichmütigsten sich erwiese / gleichwie die K \nigin von Syrien die mutigste unter allen war / erholte sich immer trostes bei dieser schönen Königin / und dienten deren heilsame lehren ihr und den andern zur kräftigen bestårkung / in diesem streite die oberhand zu behalten.

Gedenket / liebste Prinzessinnen! (sagte sie zu ihnen) was / auf diese angst / die uns iezt betroffen /fůr eine unendliche ruhe uns bereitet ist / und wie uns so wol seyn wird / wan wir in seeliger ferne das betrachten können / was wir iezt / und sonst in unsrem leben / haben erdulten müßen. Morgen üm diese zeit /wissen wir nichtes mehr von der qual / die man uns bereitet / sondern schweben in der freude / von deren Henoch so viel sůße beschreibungen in seinem schriften uns hinterlassen / und die er doch so vollkommen nicht fürbilden k \nnen / als wir sie in der that befinden werden. Solte ein augenblickliches leiden nicht zu ertragen seyn / worauf ein immerwårendes wolergehen erfolget? Scheuet man auch wol eine bittere arzenei /die uns kan zur gesundheit verhelfen? Und wie verlanget man doch zu bette / wan man von der arbeit müde ist! solte dan nicht uns nach der ewigen ruhe gelüsten / die wir dieser welt leiden so vielfältig gekostet haben? Lasset uns / durch ein augenblickliches feuer / dem angstfeuer entfliehen / das uns bisher gequälet hat / und mit diesem zeitlichen leben ablegen alle verfolgungen / die uns so häufig darin zugestossen! [797] Euer Dison / liebste schwester / und euer Elieser / werteste Ahalibama! warten euer mit verlangen. Weil wir von des höchsten Gottes gerichten nicht urteilen müßen / so wollen wir hoffen / daß auch Amraphel seine Indaride in jener welt mit freuden ersehen werde. Bleiben Armizar / Hemor und Cimber nach uns in der welt / üm unsren tod zu beweinen: so bin ich doch versichert / daß Armizar und Cimber uns lieber todt / als in des Pharao und Belochus armen / wissen werden. Wan auch Hemor dermaleins / wie ich ihm wůnsche / zur wahren glaubenskentnis gelanget /wird er erfreuet sich erinnern / daß seine Milcaride üm deß willen ihr leben hat verlieren wollen.

Wan ich nichts (versezte Indaride) den trost haben solte / meinen Amraphel dort für zu finden / wůrde mir / wo es müglich / auch in der seeligkeit / die ruhe ermanglen. Ach nein! dieses edlen Königs tugend war viel zu gros / als daß ihme der himmel die wonung der seeligkeit hätte versagen können! Meinem Hemor wünsche ich / (sezte Milcaride hinzu) daß mein tod ihn zur erkentnis bringe / mir die liebe zu erweisen /die er mir in meinem leben versaget. Und meinem Dison (sagte die Königin von Ninive) wird mein tod in jener welt anzeigen / wie ich bereue / daß ich auf ihn unschüldigen einen haß geworfen. Kommet /(sagte die K \nigin von Syrien) und lasset uns / das übrige der nacht / mit heilsamer zubereitung zu unserer morgigen reise / verbringen! Und weil die einsame stille betrachtungen die bästen sind / als wehlet euch /meinem beispiel zu folge / von diesen erkern iede einen aus / deren eben sechse sind / als wan sie fůr uns erbauet wären / und begrabet darinn alle eure weltliche gedanken und sorgen: üm nachgehends[798] desto geschickter zu seyn / mit himlischen gedanken dieses leben zu verlassen.

Als sie diß gesagt / begabe sie sich ganz allein in ein ausgebäude des tempels / da ihr / die klarheit der vielen hin und wieder angezůndten lampen / eine marmorne bank zeigte / auf die sie sich niederließe. Indem die andern in den ůbrigen auslagen dergleichen täten / überlegte sie bei sich ihren ganzen lebenslauf /wie so nichtig und flüchtig das wenige gute gewesen /daß sie darin genossen / und wie hingegen das widrige ihr so lang und häufig zugestoßen. Die unwissende ungerechte liebe zu dem Aramenes ihrem bruder /dem sie unter des Abimelech namen so herzinnigst gewogen gewesen / bereuete sie nicht weniger / als wie sie auch die fůrsorge des H \chsten hierbei prieße / die allemal ihrer vermålung so viel hinternise in den weg geschicket. Das lezte / worüm sie ihre lezte tränen vergoße / war der schleunige tod dieses ihres mehr dan lieben bruders / und das gedåchtnis des Cimbers / den sie hinter ihr lassen muste. Wie aber dessen andenken einen widerwillen zum tode in ihr erwecken wolte / bannete sie diesen treuen liebhaber aus ihren sinnen / und gabe ihm tausend guter nacht: nichtes mehr beklagend / als daß sie / vor ihrem sterben / nicht die gelegenheit haben sollen / dem Tuscus Sicanus / als ihrem geliebten Cimber / bewust zu machen / wie sie seine liebe wol erkant / auch ihres bruders leztem befehl gemås / ihm wieder liebe zu erweisen bereit gewesen.

Hierauf wandte sie sich ganz von der welt ab / und schwunge sich mit ihren gedanken in den himmel: da dan die sch \nheit desselben / und die beständige ruhe / welche sie darinn zu gewarten hatte / ihr die sinne dermassen einname / daß sie nun sich recht glůcklich zu achten [799] anfinge / weil sie / für das irdische / ein so herrliches ewiges reich beziehen solte. In solcher betrachtung fielen ihr / auf ihren zustand / diese reimen ein / welche sie mit einem griffel in die marmorne wand eingezeichnet.


Was solt mich wol auf Erden halten /

da mir der himmel offen steht?

mein sehn und sehnen aufwarts geht:

ich wil nicht mehr hiernieden schalten.

der erd wil ich die erde geben /

mit meinem geist im leben leben.


Muß ich / das sternen-reich zu fassen /

schon brechen durch den bittren tod:

es daurt nur einen blick die noht /

die mich sol ewig leben lassen.

ein saurer weg ist leicht gegangen /

wan wir ein süßes ziel erlangen.


Muß schon mein leib zernichtet werden:

was nüzt das alte wonhaus mir?

da mir ein neues stehet fůr /

das nicht gebauet ist von erden.

Ich laß die bauerhütte schwinden:

weil ein palast für mich zu finden.


Verlaß ich hier schon liebe freunde:

den liebsten freund / den find ich dort.

Verlaß ich güter: jener ort

gibt mir die kron / trutz allem feinde!

Was ich hier hinter mir kan lassen

das werd ich dort weit größer fassen.


Mir wird nit folgen nach / das leiden;

es stirbet mit / und bleibt zurůck:

dafür erlang ich fästes glück /

das nie kein unbestand mag scheiden.

Solt ich den tod dan nicht erkiesen /

da mir wird solche freud gewiesen?


Lang leben hier / ist lange sterben.

Ein früher abschied mir behagt.

Das harren / nicht der tod / mich plagt.

[800]

Drům wůnsch' ich eilend zu verderben:

üm desto eher / mit den frommen /

zu heisen ewiglich-vollkommen.


In diesen schönen sterbensgedanken / wurde sie durch die ankunft der Isis-priestern gestöret: welche ihnen eine herrliche malzeit auftrugen / und sie n \tigen wolten / sich zu setzen / und von den speisen zu genießen. Wie sie sich aber dessen geweigert / machten diese priestere sich darüber her / und verzehrten alles an ihrer stat / worbei die gefangene große angst anstunden: weil die Königin von Ninive / als deren ihre weise wol bekant war / die andern warnete / vor diesen betrunkenen / die ihnen etwas ungebürliches ansinnen m \chten / sich fürzusehen. Die fünfe namen demnach ihre zuflucht hinter die K \nigin von Syrien: welche ein messer herfür zoge / üm / auf bedürfenden fall / ihre und der andern ehre damit zu beschirmen. Es ware aber hierinn ihre sorge vergebens: weil die ehrerbietung bei diesen priestern / ungeacht sie sich angesoffen / soviel gewirket / daß sie / sonder den gefangenen etwas zu sagen / ihres wegs wieder fortgingen / nachdem sie wol gezechet und gezehret hatten.

Die Könige hatten unterdessen in ihren palästen sich etwas zu ruhe begeben / konten aber deren nicht lang genießen: massen der Prinz Bildat die unglückliche post anmeldete / wiedaß der Prinz Sinear / sein sohn / mit dem gesamten heer geschlagen / und vor dem K \nig Marsius flüchtig / mit den ůbrigen in die stadt entronnen auch der feind nun schon an der stadt wäre / und zum stůrmen alle anstalt machete. Wie der Bildat noch also redte / kame der verwundte Sinear dazu / und dem König von Assyrien zu fus fallend /beklagte er sein unglůck / daß er einem so großen heer der Teutschen nicht långer wiederstand thun /noch seinem König mehr [801] dienste leisten können. Er ůberlieferte zugleich etliche gefangene von des Marsius heer: welche / nachdem Belochus den Sinear aufstehen lassen / verh \ret wurden / und beståtigten /wiedaß diß heer sechzig tausend man stark wäre. Einer unter ihnen / ein Egypter von geburt / gabe den K \nigen diese ausfůrliche nachricht.

Es hat mein herr / der König von Basan / (sagte er) fürlängst / wiewol ganz heimlich / sich hier in Syrien aufgehalten / und zwar aus liebe zu der Königin von Syrien: deren zu dienst alle manschaft in Basan und auf dem Amoriter gebirge aufgeboten / und also bei huntert tausend man zusammen gebracht worden. Von diesen hat der Suevus erstlich dreißig tausend / nachgehends der Prinz Baalis zehen tausend / und nun unser König selber sechzig tausend / zu hülfe den Syrern / hieher gefůret. Dieses lezte heer / stunde an den grånzen von Basan und Syrien / als vor einem paar wochen / unser K \nig / ganz betrübt aus Syrien zu uns kame / und dem Prinzen Trebetes befahle / uns nach Syrien zu füren. Aber bald darauf ånderte sich dieser schluß / weil zeitung einliefe / daß die K \nigin von Syrien in Damasco hinein wäre entfüret worden: daher unser König selber mit uns nach Syrien ümkehrte. Im nåher-kommen erfuhre er / daß die Königin / wie auch ihr erkanter bruder / der vermeinte Prinz Abimelech von Gerar / in einer gruft befallen wären: da er dan seine bisher-geheime liebe nicht långer zu bergen vermochte / sondern mit so häftiger gemüts-bewegung hervor brache / daß er schwure / zu rächung des todes dieser beiden / keinen stein in Damasco auf dem anderen zu lassen.

Wir gingen also in Syrien: da weder des Prinzen[802] Suevus warnung / der uns begegenete / noch der K \nigin von Elassar anzug nach dem Amoriter-gebir ge / unsren König zurück halten k \nnen. Gestriges tages wurde er in unbeschreibliche freude gesetzet /als er von denen zu uns gestoßenen Syrern vername /daß die Königin alhier noch lebe: welche zeitung unsren halbtodten K \nig völlig wieder aufgemuntert /also daß er mit gr \ßerm mute seinen zug gegen diese stadt fortgesetzet / und / nach iezt-erlangtem ersten siege / nun die stadt zu stürmen gewillet ist. Er eilet aber damit also / weil etliche von hiesigen gefangenen uns berichtet / daß die K \nigin in großer lebens gefahr schwebe.

Wie hiermit dieser Egypter seinen bericht beschlossen / fragte ihn der Pharao / weil Belochus in tiefen gedanken stunde / ob die seinen nichtes von dem anzuge des Armizars aus Ophir wůsten? Dieser K \nig (antwortete der Egypter) ist bereits mit einem großen heer in Mesopotamien / und wird auch der Fürst Esau / von Aroer her / morgen bei uns erwartet. Wir wissen nun gnug! sagte hierauf Belochus / und befahle diesen gefangenen abzufüren. Hierauf sahe dieser bestůrzte König die andren wehmütig an / und sagte: Was raht ist hier zu fassen / da die verteidigung dieser ringmauren das lezte ist / so Babel / Egypten und Canaan von einer nie-erh \rten beschimpfung ihrer K \nige erretten kan? ô verfluchte liebe! die uns in dieses elend stürzet / und solchen abbruch unsrer ehre uns leiden machet!

Gnädigster König! (sagte Bildat) E. Maj. stellen bei diesem handel ihr gemüt zu ruhe: es ist noch mancher treuer und dapferer soldat hier in Damasco / der seinen kopf daran wagen / und solchen lieber verlieren wird / als daß er seines Königs freiheit notleiden sehe. So viel tausend Assyrier / Egypter / Canaaniter und [803] Araber / die wir noch beisammen haben / worden ja verhůten / daß nicht gleich der feind meister von der stadt werde: und können wir nur etwas zeit gewinnen / so weiß ich gewiß / daß die Cussiten / wie auch die fůnfzig tausend man / die der Prinz Hiarbas herzu zufůren / auf dem wege begriffen ist / ingleichen der Königin von Elassar fürhaben wider ihren bruder / so auf das land der Amoriter gerichtet / und die ankunft des Prinzen von Tyro / den wir aus Elam erwarten /uns zum vorteil dienen / und dieser gefahr ein anders ansehen geben werden. Man thue demnach nur gleich zur sache / und setze sich in gute gegenwehr: Damasco wird nicht so leicht erstiegen seyn.

Durch dieses mutige zureden des Prinzen von Chaldea / wurden die niedergeschlagene gemüter der Könige wieder aufgerichtet. Und weil sie nun / die liebe und alle andere betrachtungen hintangesetzet / ihre gröste vergnügung seyn ließen / sich an ihren feinden gerochen zu sehen / als ließen sie geschehen / daß /gleich bei anbrechen des tages / die hinrichtung der schönen verurteilten / (die sie / da sie sich von ihnen beständig verachtet sahen / nun auch tödlich zu hassen begunten) in dem Isistempel solte vorgenommen werden / ehe der verliebte K \nig von Basan / wie auch der Armizar und Esau / es verhintern könten: und war ihre wut so groß / daß sie selbst in person solchem blutigen opfer beiwonen / und also ihre rachgierde bůßen wolten. Weil immittels post über post einliefe / daß die gefahr sich größerte / und sie bereits drausen zu stürmen anfingen / begabe sich alles / was fechten kunte / auf die türne und mauren / ihre stadt bis auf das äuserste zu verteidigen.

Dieses verstörte des Prinzen Mardocentes und Hemors anschlag / den sie mit dem Elhanan und Thebah[804] diese nacht gemacht hatten / die Königinnen und Prinzessinnen zu befreien. Diese viere fületen mehr eifer für diese schönen / als verehrung fůr die göttin Isis /und machten ihnen kein gewissen / die jenigen zu erlösen die alle welt des todes würdig erkante. Was hierin bei dem Mardocentes die bloße grosmut verrichtete / daß tåte bei dem Hemor die liebe zu der jůngern Aramena / und das erbarmen gegen der Milcaride /bei dem Elhanan und Thebah aber / die liebe zu dem Syrischen Königlichen geblüte. Sie waren nun eben /als dieser auflauf entstunde / schlůßig worden / mit den Arabern und teils Canaanitern / die der Piream auf des Hemors seite gebracht / in den tempel zu brechen / das frauenzimmer zu erlösen / und mit ihnen aus der stadt nach Aroer zu eilen / ům sie alda / bei den Cussiten und den andern völkern / in sicherheit zu bringen. Es sezte sie aber aus dieser entschließung /das geschrei von des K \nigs von Basan erlangtem siege ůber den Sinear / und von dessen starkem angriff auf die stadt: und wusten sie nicht / wie sie nun bei diesem zufall sich bezeigen solten. Einen lårmen bei solcher bewandnis in der stadt anzufahen / und dadurch die ihrige zu schwächen / auch deren gegenwehr wider den feind zu verhintern / hielten sie fůr bedenklich / auch ihnen selbst gefärlich. Sie konten sich aber auch nicht entschließen / die schöne gefangene hůlflos zu lassen: zumal wie sie erfaren / daß mit dem morgen die hinopferung erfolgen solte.

Sie gingen zu den Königen / und suchten viel vernůnftige gründe hervor / sie zu ůberreden / daß es mit dieser hinrichtung im tempel so lang anstand haben möchte / bis man den feind von den mauren würde haben abgetrieben. Sie richteten aber nichtes aus /und musten geschehen lassen / daß die K \nige / nachdem sie dem [805] Prinzen Bildat / wie auch dem Zalmon /Laristenes / Epha und Aner / die verteidigung der stadt anbefohlen / selbst nach der Isistempel gingen /üm diesem grausamen opfer beizuwonen. Weil Beor den Prinzen Hemor / seinen sohn / in tiefen gedanken ersahe / schwanete ihm / was er im sinn hatte: und hiervon ihn abzuhalten / befahl er ihme / den ausfall der zehentausend man / den sie thun wolten / neben dem Zalmon / gegen dem feind zu fůren. Der verzweifelte Hemor dorfte sich diesem befehl nicht widersetzen / sondern muste gehorchen: wiewol sein scheiden von dem Isistempel / bei dem sie sich nahe befanden /mit solcher bewegung zuginge / daß ihm die trånen scheinbar aus den augen drungen. Wie er nun alle hofnung verloren hatte / die jenige zu erretten / die ihm so lieb ware / name er ihm fůr / den tod bei diesem ausfall zu suchen / und eilete demnach mit dem Zalmon und den zehentausend soldaten hinaus / des willens / nicht lebendig wieder in Damasco zu kommen.

Mardocentes / dem seine jugend und sein frischer muht nicht zuließe / bei diesem zustande mit den Königen müßig nach dem tempel zugehen / muste / weil auch die K \nigin Petasiride zu pferd daher kame /und ihn aufmanete / ihr zu folgen / den fürsatz fahren lassen / die gefangenen zu erl \sen. Wie man ihme nun sein pferd gebracht / und er die Petasiride nach den mauren / da sie den stürmen mit zusehen und ihre Sabeer anfrischen wolte / begleitet / erlitte er solchen verdrus in seinem gemüte / und ward in seiner unschlůßigkeit / so verdrossen / daß seine Königin nicht wuste / was sie von ihm gedenken solte. Er dorfte ihr /auf ihr befragen / weil sie schon mit der Königin von Ninive geeivert / sein anligen nicht entdecken. Er konte aber / als die Petasiride des elenden zustandes der beiden Königinnen und vier Prinzessinnen [806] erwehnte / sich nicht enthalten / tief darüber zu seufzen / und also sein mitleiden zu verstehen zu geben.

Ihr beseufzet billig diese unglůckseligen (sagte sie zu ihm) und gestehe ich mit euch gerne / daß der klägliche untergang der kindern des hauses Syrien sehr frömd und beklagens wůrdig sei. Aber Mardocentes! da es der götter ehre betrift / und diese elenden nicht allein selbst vorsetzlich in diß unglück sich gestürzet / sondern auch hartsinnig dariñen verharret haben: sehe ich nicht / wie man / sonder die götter zu beleidigen / dieses tadlen dörfe / was iezt mit ihnen geschehen sol. Gleichwol ist nicht erhöret / (antwortete Mardocentes) daß eine solche metzelung an so hohen Königlichen personen jemals fürgenommen worden. Weil auch die zwangheuraten sie guten teils / wiewol nicht alle / zu dieser verzweiflung getrieben / den tod auf so fr \mde art zu suchen: finde ich nicht / daß wol gethan sei / der göttin rache durch verheißung dieses K \niglichen blutes zu fördern. Unser blut (gabe Petasiride zur antwort) ist vor den g \ttern nicht edler / als das blut anderer menschen: und da eine solche entheiligung geschihet wie man hier erlebet hat / muß die straffe billig sonder ansehen der personen / vorgenommen werden. Weil sie damit zu den mauren kamen / bliebe Mardocentes überhoben / dieses verdriesliche gespråche zu erlängern. Als er nun seine K \nigin auf die mauren gefüret / sahen sie / bei der morgendemmerung / das gewaltige heer der Celten /wie solches ům Damasco her sich ausgebreitet / und wie nicht weit von ihnen eine poste / die die Araber besetzet hielten / gewaltig gestürmet wurde. Weil diese nicht zum dapfersten fochten / rante Mardocentes dahin / sie anzufrischen: da dan die Petasiride ihren Sabeern auch zusprache / und [807] alle helden in Damasco zum widerstand ihr äuserstes täten.

Die drei K \nige befanden sich indessen bei dem Mephres in tempelbau der Isis / und warteten mit verlangen auf den anbrechenden tag: weil nicht / verm \g ihrer gesetze / als beim sonnenscheine / dergleichen blutopfere kunten verrichtet werden. Man hatte / im innern hof des tempels / sechs unterschiedene holzhaufen / und vor iedem einen altar / aufgerichtet /auch alle opferbereitschaft darzu geleget. Wie man aber lang auf den hohenpriester / den Prinzen Mamellus / vergeblich gewartet / üm die neue einweihung der g \ttin Isis / welche vorhergehen muste / vorzunemen / schickten endlich die Könige den Abdeel zu ihme / ihn anzutreiben / daß er bei dieser großen verrichtung sich einfinden solte. Wie dieser in des Mamellus palast gekommen / und fürgelassen worden /fande er den hohenpriester auf dem bette / mit so verstellten augen und gråßlichem aussehen / daß er sich sehr dafür entsezte.

Nachdem er seine anwerbung gethan / gabe Mamellus ihm dieses zur antwort: Saget dem K \nig von Babel / daß ich mich unwürdig erkenne / das hohepriesterliche amt zu fůren / weil ich / als ein Königsm \rder / nicht wert bin / mit meinen händen heilige dinge zu verrichten. Meine ehrfucht nicht allein Syrien unter meine gewalt zu bringen / sondern auch des grösten weltreiches mich endlich zu bemächtigen / hat mich gereitzet / dem grossen Belochus ein langsames gift beizubringen / daß ihn in wenig tagen tödten wird. Die zeit leidet es nicht / ist auch nun nicht mehr nötig / alle anschläge / die ich hierbei im sinn gehabt /hier kund zu machen. Alles / was geschehen / hab ich gethan / um meine einige tochter gros zu machen. Weil aber / die gerechte rache und [808] straffe des himmels mir diese iezt nimmet / bin ich ermüdet / forthin mehr bosheit in der welt zu verůben. Ich wil dieses ehrsüchtige blut / daß mich der erbarkeit und tugend /auch aller meiner gebůr und pflicht vergessen gemacht / hiermit ausschůtten / als ein rach-opfer für meine begangene unthaten. Als er diß gesaget / zoge er einen dolch herfür / den er bei sich verborgen ligen gehabt / und stieße ihm solchen zweimal nacheinander mit solcher gewalt in die brust / daß er mit dem lezten das herze treffend / seinen kåmmerlingen unter den hånden verschiede.

Abdeel war so erschrocken und entstellt ůber diese greuliche bekäntnis und begebnis / daß er lange nicht wieder zu sich selber kommen kunte. Das geschrei der bedienten im hause / erweckte die Tharasile / und machte sie aus ihrem schlafgemach herzu laufen: da sie dan ihren gemal in so elendem zustand antraffe. Man hatte ihr verhelet / was es mit ihrer tochter / der Milcaride / fůr eine bewandnis hatte: daher befande sich die Prinzessin in zimlicher gemüts-ruhe / als ein so großes unglück sie so pl \tzlich daraus setzete. Daher war ihr schrecken ům so viel größer / also daß sie / wie todt / bei ihres herrn leiche niederfiele.

Indem nun dieses unglück alles im ganzen palast wach machte / und man der Tharasile beizuspringen bemühet ware / entstunde unversehens auf der gassen ein großes getümmel / und wurde geruffen: wiedaß die stadt gewonnen und von den Celten erstiegen wäre. Abdeel / hierdurch vollends in t \dlichen schrecken gestürzet / eilte aus des Mamellus palast / üm den Königen diese unglückliche botschaft zu bringen. Auf der gassen sahe er alsobald den augenschein dessen: massen die feinde schon über all haufenweis liefen /die håuser [809] zu ersteigen und beute zu machen / und er also mit mühe durchkommen konte. Wie er nun den Isis-tempel erreichet / war er der erste / so den unversehenen ůbergang von Damasco daselbst kund machte. Er verursachte hiermit / daß die zwölftausend man / so den tempel ümlägert hatten / sich in eine schlachtordnung zusammen zogen / ům den ankommenden feind aufzuhalten.

Die ergrimte K \nige befahlen also fort / daß man /mit der hinrichtung der Königinnen und Prinzessinnen fortfahren solte / sonder die sonst bestimte und ůbliche gebräuche dabei zu begehen: damit der feind diese nicht lebendig in seine hände bekåme / üm derer willen er dieses stůrmen vorgenommen hatte. Die priestere / so die hinrichtung verrichten solten / eilten hierauf zu diesen unschüldigen hinein / und schleppten sie ohn alle ehrerbietung / deren sie doch bisher gegen ihnen sich gebraucht hatten / auf den platz: da die unsinnige K \nige mit unmenschlicher belustigung zu sahen / wie man diese schönen auf die holzhaufen sezte / auch ihre zarte hände und arme mit ketten an die pfäle anfässelte. Die priestere gingen folgends /die fakeln / welche sie auf dem altar der Isis im inneren tempel anzünden musten / herbei zu holen / üm damit diesen scheiterhaufen das feuer zu geben / welches die edelste und schönste creaturen der welt verzehren solte. Die Königin von Syrien die mit ihrem geiste schon aus der welt war / seufzete ohn unterlaß /in dieser lezten todesnoht / zu ihrem Gotte: deren herrlichen beispiele die andere eifrig nachfolgten.

Inzwischen hatten die siegende Celten das heer der Assyrier zertrennet / und ließen sich eben auf den platze bei den Königen sehen / als diese mordfakeln ankamen / und der schönen Aramena scheiterhaufe schon angezündet wurde. Der dampf begunte ihr allbereit [810] [812]gewaltig zu zusetzen / als sie durch die flammen einen ritter / der ganz blutig war / auf sie zu dringen sahe / dan sie sofort / ungeachtet ihrer todesangst / fůr den edlen Cimber erkante. Dieser l \sete ihr die fässel ab / name sie folgends auf seine arme / sprange mit ihr durch das feuer / und brachte sie onmåchtig in eines von den nähsten gebäuden am tempel. Als diese schöne daselbst wieder zu sich selber kame / sahe sie sich in den armen ihrer schwester und der andren Prinzessinnen / die gleichfalls vom tod errettet waren: wiewol der ihnen nicht so nahe gewesen / weil ihre scheiterhaufen noch nicht angezůndt waren. Wie gehet dieses zu / (fragte die schöne Syrerin /) daß wir noch leben? und was für ein wunderwerk hat den Tuscus Sicanus hieher gefůret / uns zu erlösen. Nicht dieser / (antwortete Ahalibama) sondern der König von Basan ist es / der uns befreiet hat: wie mir solches der Prinz von Ammon gesaget / den das glück zu meinem holzhauffen geführet. Dieser brachte mich / durch das blutige gefechte / hie herein: da ich E. Maj. neben der Prinzessin Indaride und Amesses / vor mir gefunden.

Der so genannte Cimber / (sagte Indaride) hat freilich die K \nigin von Syrien errettet / massen ich ihn selbst gesprochen: und befahle er mir die sorge für seine K \nigin / die er verlassen müste / sowol / weil er schwerlich verwundet / als weil ietziger zustand ihn / bei den soldaten zu seyn / antriebe. Und mir sagte er / (sezte Amesses hinzu) daß wir uns nicht fůrchten solten / weil wir an diesem orte sicher wären. Es stehen aber etliche tausend man / hier vor dem eingange / zu unserer sicherheit: von denen ich zwar nicht sagen kan / ob sie dem K \nig von Basan / oder dem König der Aborigener / zugeh \ren. Gott gebe / daß sie des lezten seien / (sagte [812] die Königin von Syrien mit seufzen) sonst wůrde mein zustand sich mehr veråndert als verbåssert haben. Es sind freilich die Celten unsere erlöser / (sagte die K \nigin von Ninive) dan der / so mich hieher gebracht / war der Prinz Suevus: welcher seinen geschwinden abtritt damit entschüldigte / weil er nach seinem K \nig sich begeben müste. Wan die todes-angst (sezte Milcaride hinzu) mich hat recht sehen lassen / so vermeine ich / der Prinz Hemor / mein gemal / sei derjenige gewesen / der mich hieher gebracht. Dem sei / wie ihm wolle / (sagte die sch \ne Syrerin seufzend) so sehen wir doch aus dieser begebenheit / daß unsere stunde des todes noch nicht vorhanden war / und daß der Höchste uns noch länger die widerwårtigkeit der welt wolle kosten lassen.

Indem trate ein ansehlicher großer ritter zu ihnen hinein / den keine von ihnen kante / welcher zu der K \nigin von Syrien eilend / sie bei der hand name /und sagte: Ich komme / auf befehl des K \nigs von Basan / meines herrn / E. Maj. von hier / aus dieser abermaligen feuersgefahr / in sicherheit zu bringen /und ihr anzukünden / daß sie von allen ihren feinden befreiet / und alle Celten zu ihrem gebote stehen / sich deren / wie ihrer Syrischen untertanen / zu gebrauchen. Vergebet mir / unbekanter ritter! (gabe ihm die Königin zur antwort / sich ihme zu folgen weigerend) daß mein schrecken mir iezt hinterlich ist / nach gebür für so gute zeitung zu danken / und daß ich mich erkündige / wo man mit mir hinwolle? Mein König hat verordnet / (sagte dieser hinwieder) E. Maj. und die anwesende Prinzessinnen auf die Kemuelsburg zu begleiten / die von allen feinden geraumet ist / weil S Maj. vermeinen / sie werden daselbst am bästen und ruhigsten sich aufhalten können. Alhier ist / aus gerechter rache des himmels / der tempel [813] in brand geraten / der so eine vollkommene sch \nheit verbrennen wollen. Meines K \nigs wunden verwehren ihme / dieser ehre zu genießen / und E. Maj. abermals zu erlösen: drum hat er solche mir gegönnet / der ich der Sesai von Astaroth bin / welchen ganz Basan für einen treuen diener des großen Marsius kennet.

Diese worte befriedigten die besorgte K \nigin /und truge sie ferner kein bedenken / dem Sesai zu folgen: der sie mit den andren auf wägen sezte / und in begleitung einer starken reuterei / nach der Kemuelsburg fürete. Im abfahren zeigte sich ihnen so fort der große brand des tempels / wie auch die blutige niederlage der Assyrier über deren todte leichname sie herfuhren / und auch die drei Könige / ihre verfolgern / in ihrem blut ausgestrekt ligen sahen. Dieses traurschauspiel / kunten die Königinnen und Prinzessinnen sonder grausen nicht ansehen. Die tugendhafte Amesses / der geilheit ihres vatters auf einmal vergessend / ließe ihrer kindlichen entfindlichkeit den freien zaum schießen / und schickte / in ihrer befreiungs-freude / ihr klaggeschrei gen himmel. Die grosmütige Syrerin folgte dem beispiel dieser Prinzessin mit den andern / und beweinten also diese schönen / der dreien K \nige unglůckliches ende / baten auch ihre begleitere / zu verschaffen / daß die k \rpere so großer Könige auf die seite gebracht und ferner unbeschimpft bleiben möchten. Nachdem solches durch den Sesai befördert worden / und die Königin von Syrien / im fürbeifahren / das plůndern und morden ersahe / rieffe und bate sie / daß man mit solcher grausamkeit einhalten wolte: welches dan mehr kraft und nachdruck bei den Celten hatte / als alle dieserwegen vorher von ihren obern beschehene scharfe bedrohungen. Es schiene demnach / als wan allein die gegenwart dieser sch \nen den [814] frieden und die ruhe in Damasco wiederbrächte / und rieffen alle Celten / die ihrer nur unsichtig wurden: wiedaß sie die schöne K \nigin von Syrien für ihre Königin erkennten / die der himmel mit ewigem glücke beseeligen solte.

Unter solchem glůcks-zuruff / kamen sie auf die burg / woselbst sofort der alte Hus / der Zophar und Elhanan / und der getreue Thebah / neben der Königin frauenzimmer sich einfunden / ihrer erlösten K \nigin ihre freude zu bezeugen. Der alte Fůrst von Hus / bate mit trånen und auf den kniehen üm vergebung / wan etwan sein bezeigen der K \nigin misfallen håtte. Der Thebah aber konte für freudentränen kein wort hervor bringen / seines K \nigs Aramenes beide töchter in diesem unvermuteten glückswechsel zu sehen. Wenig stunden hernach / stellten sich auch die übrige Syrische Fůrsten in Damasco ein: da der Husan / Nahor /Thare / Rames und die andern schier für freuden gestorben wåren / als sie ihrer Königin ansichtig wurden. Der verwirrte zustand g \nnte ihnen nicht / dißmal einander ausfürlich zu berichten / wie alles dieses zugegangen / und vergnügten sich die Syrer damit /des Königs von Basan / als ihres erlösens / lob und ruhm himmel-an zu heben / und ihn den befreier von Syrien zu nennen: das dan der K \nigin von Syrien nicht wenig nahe ginge / weil man ihres Cimbers dabei ganz vergaße / welcher / was die errettung ihres lebens betraffe / den meisten dank billig davon tragen sollen. Gleichwie sie aber sich scheute / öffentlich dessen zu erwehnen / also ware sie daneben in geheim sehr bemühet / von diesem vermeinten K \nig der Aborigener etwas zu erfragen. Sie wurde aber mit so großer angst als verwunderung ümgeben / wie sie bei dem Prinzen Baalis / welcher ihr [815] aufzuwarten kame /sich erkundigte / wie es mit eroberung der stadt wäre zugegangen / und diese nachricht von ihm bekame.

Als wir im lager (erzehlte er) nach dem wir etliche tage E. Maj. todt beweinet / durch einige herausgeschossene pfeile die fr \liche nachricht erhalten / daß E. Maj. noch lebte / und uns dabei die gefahr / darin sie schwebten / entdecket worden / fasseten wir den schluß / Damasco zu stürmen: waren aber so unglůcklich / daß / weil eben zu den Assyrern ein neues heer stieße / wir abkehren / unser lager verlassen / und an den Libanon uns zurück ziehen musten. Dieses unser unglück / tåte ich sofort meinem König nach Basan zu wissen: wiewol er es bereits unterwegs erfahren hatte / und darům seine hieherkunft beschleunigt. Also haben wir zu rechter zeit zusammen gestoßen: da dan der Prinz Sinear das treffen gestern verloren /und der unvergleichliche Marsius nun meister von dieser mächtigen haubtstadt des Syrischen reiches worden ist. Es haben diesen Monarchen keine betrachtungen von der welt k \nnen abhalten noch wendig machen / dergestalt die K \nigin von Syrien von ihren feinden zu erlösen. Und ob gleich die Königin von Elassar / seine schwester / unversehens einen gefährlichen aufstand bei uns erreget / auch der König der Aborigener / von dem Riphatischen gebirge /seine völker nähret / und durch viele ůmstände nicht wenig argwan von sich gibet / daß er eher unser feind als freund seyn wolle / so ist doch / E. Maj. heil zu bef \rdern / seine einige sorge gewesen: wie er dan auch iezt / da ich gleich von ihm komme / so gefårlich er auch an seinen wunden krank liget / für nichts anders sorget / als daß er seiner Königin wolergehen /und sie der ruhe / die er ihr mit seinem blut erlanget /nach wunsch genießen m \chte.

[816] Als der Prinz von Ammon vermerkte / daß / diese lezte worte / der K \nigin eine röte abjagten / sagte er ferner: E. Maj. verzeihen mir / daß ich so kůnlich dem großen Marsius das wort hier rede / und E. Maj. seine Königin nenne: ich habe ja so wenig ursache / dieses unvergleichlichen tugendhelden nunmehr weltbekante liebe zu verschweigen / als dieselbe nicht fůr höchstbillig zu achten. Mein ietziger zustand / (antwortete die K \nigin) da ich kaum dem tode aus dem rachen entkommen / machet mich so unfähig / meine gedanken auf etwas anders zu richten / daß der Prinz von Ammon mir nicht verůblen wird / wan ich ihm hierauf keine antwort zu geben weiß. Doch kan ich mich nicht entbrechen / zu fragen / ob der K \nig der Aborigener kein teil an diesem erlangten siege des K \nigs von Basan mit habe? Niemand / als der unüberwindliche Marsius / (wiederantwortete Baalis) hat bei diese fast-unglaubliche heldenthat verübet / und wird keine zeit eines solchen wundersiegs gedenken / wie wir heut erlebet. Die schöne K \nigin scheuete sich / dem Baalis zu er \ffnen / wie der Tuscus Sicanus / als sie gläubte / sie aus dem feuer errettet / weil sie aus allen ůmständen warname / daß dieser K \nig heimlich mit den Celten in Damasco můste gekommen seyn: daher sie auch diese unterredung abbrache.

Wie sie aber nachgehends allein sich befande /stellte sie ihrem gemüte alles grausamste von ihrem Cimber fůr / und bildete ihr nicht anders ein / als daß er ümgekommen wäre: zumal die Prinzessinnen Indaride und Amesses ihn hart verwundet gesehen hatten. Ist mir nur darům mein leben gefristet / (sagte sie bei sich selber) daß ich noch des treuen Cimbers tod erfaren / und dieser neuen sorge unterworfen seyn müste /[817] mich in eines mächtigen liebhabers handen zu sehen /dem ich mein K \nigreich Syrien zu danken habe / und dem ich / sonder undankbarkeit / nicht sagen darf /daß ich ihn nicht lieben könne? Ach weh! warüm haben die flammen mich nicht erstecket? oder was hat es dem armen Cimber geholfen mich von demselben zu befreien / da ich / nicht die seine zu seyn / von dem himmel ausersehen bin? Warüm muste ich den tod nicht finden / da ihn mein Abimelech und Cimber gefunden? Habe ich dan noch nicht gnug gelitten? und sol sich der feirabend noch nicht einstellen / der mir heut so nahe gewesen? Aber hüte dich / Aramena! (sagte sie ferner / über eine weile) gegen dem himmel also zu murren. Fange dein neues leben nicht mit ungedult an / sondern erwarte ferner in der stille / was dir sol aufgelegt werden. Mit der zeit wird doch einmal das ende kommen / und dein sieg desto herrlicher seyn / je mehr anfechtungen du ausgestanden.

Mit solchen trostworten richtete sie ihr niedergeschlagenes gemůte wieder auf / und nachdem sie sich hierbei fast ganz in tränen ertränket / gönnte sie ihren leuten / ihre halb-verbrante kleider ihr abzunemen /und sie zu bette zu bringen. Sie ließe auch zu / auf deren inständiges zureden / daß ihr die ärzte / für den ausgestandenen schrecken / etwas zubrachten: wiewol solche arzenei nicht fähig war / ihrem gemüte die kräfte / so der leib davon entfande / mitzuteilen. Diese erste nacht / nach so unvermuteter erlösung / wurde nun von diesen schönen / auser der Königin von Syrien und der Milcaride / zimlich ruhig verbracht: da indessen das wůrgen und metzeln in der stadt / die ganze nacht hindurch / gewäret.

[818] Milcaride / über dem ungewissen zustand ihres Hemors und ihrer eltern beängstigt / kunte kaum das taglicht erwarten: da sie von neuem anfinge / bei allen Celten und Syrern / die auf die burg kamen / sich zu erkundigen / ob sie nichts von dem Prinzen Mamellus / oder von dem Hemor gehört hätten? Die / so den kläglichen fall ihres vatters wusten / stellten sich dessen unwissend / und wolten sie nicht betrůben. Die andre aber / denen davon noch nichtes zu ohren gekommen / boten sich an / hiervon erkundigung einzuziehen. Der Fürst Nahor / ihr nächster blutsverwandter / gabe ihr von dem Hemor die nachricht / wie daß er an seinen wunden zu bette läge. Wegen des Mamellus sie auch zu befriedigen / sezte er sich zu pferd und verfügte sich mit seinen Leuten nach dem palast des stathalters. Es zeigte sich ihm daselbst ein greuliches schauspiel / weil die soldaten in diesem köstlichen gebäude alles verheeret / und kein lebendiger mensch darinn mehr anzutreffen / auch alle gemächer ausgefüret waren. Als er in des Mamellus kammer eintrate / fande er denselben todt auf der erden ligen: welches ihm nicht wenig zu herzen ginge.

Nachdem er etlichen seinen leuten / bei dem körper zu bleiben und den / bis auf weitere verordnung / zu bewachen / anbefohlen / ritte er fůrter / von der stathalterin bei der Königin von Tyro etwas zu vernemen. Er fande / vor deren palast auf dem königlichen schloßplatz / eine starke manschaft von etlichen tausend Celten: welche / mehr die königliche personen wider alle besorgende gefahr vor den unbändigen soldaten zu beschützen / als sie wie gefangne zubewachen / dahin gestellet waren. Wie er nun frei hindurch gelassen worden / und in den vorsaal der Delbois sich eingefunden / meldete [819] man ihn gleich bei dieser betrůbeten Königin an: welche begierig / einen bekanten zusprechen / ihn so fort für sich kommen liesse. Er fande in ihrem zimmer eine traurige gesellschaft beisammen / als / neben der alten Delbois / die Königin ihre tochter / die Petasiride von Saba / und die Prinzessin Tharasile / welche miteinander ihr elend beweinten. Aber ihrer keine war trostloser / als die stathalterin: die fast von sinnen kommen wolte. Weil ihnen allerseits noch anderst nicht wissend war / als daß die Königinnen von Syrien und Ninive / neben den andern / darunter auch Milcaride sich befunden /im Isis-tempel verbronnen wären / als mehrete solches ihren kummer: massen sie diese nicht weniger / als den König von Assyrien / den Prinzen Mardocentes /ihre verlorne freiheit und des Mamellus unstern / beklagten.

Ach! Fürst Nahor! (sagte die Königin von Tyro) wie teuer kostet euch und uns die eroberung dieser stadt / da ihr nicht allein eure Königinnen verloren /sondern auch eure dienstbarkeit nur verwechslet / und / an stat der Assyrier / die von Basan zu herren bekommen! Wie / gnädigste Königin! (antwortete Nahor /) stehen sie dan in dem wahn / als solte unsere Königin samt unsrer freiheit verloren seyn? Ach nein! der so gerechte als gütige Himmel gönnet uns annoch beides / und ist der große Marsius nicht gemeinet /unser herr auf andere weise / als mit gutem willen unserer Königin / zu werden. Wie nun die Königin von Tyro hievon ausfürlichern bericht begehrte / eröffnete ihr Nahor alles / wie es in Damasco zustünde / und sagte: Es ist die hülfe des Königs von Basan uns zu so rechter zeit erschienen / daß / wann er noch einen augenblick gesäumet hätte / unsres grossen Aramenes tochter der grausamen [820] wut der Könige wäre aufgeopfert worden. Aber der Celten glückliche ankunft auf dem Isisplatze / verwendete dieses traurspiel / und musten die Könige das leben einbüßen / als sie solches eben den unschuldigen Königinnen und Prinzessinnen wolten nemen lassen. Der Prinz Hemor / der kurz vorher einen ausfall mit dem Zalmon thun müssen / kehrte wieder in die stadt / als er erfuhre / daß die Celten bereits die mauren erstiegen hätten: und weil diese hieriñ eines sinnes mit ihme waren / die bedrangte Prinzessinnen zu erlösen / schluge er sich zu ihnen / und brachte also seine Milcaride glücklich von dem scheiterhaufen / an den sie schon angefässelt ware. Dieses habe ich / meiner höchstbetrübten mume zum troste / vorzubringen / nicht ermanglen sollen. Dieser Prinz / nunmehr König in Canaan / kranket jezt an seinen wunden: wiewol deren keine t \dlich ist / wie mich dessen ärzte versichern.

Die halbtodte Tharasile / erholete sich nicht wenig / dieses von dem Nahor vernemend / welcher / als er die andern noch aufmerksam ersahe / in seiner erzehlung also fortfuhre: Der König von Basan ist auch schwerlich verwundet / weil er mehr als menschlich gefochten / und hat ihm niemand gr \ssern widerstand gethan / als der Prinz Mardocentes / welcher bis auf das äuserste wider die Celten gestanden: doch hat unsere gerechte sache uns den sieg erobert / und liget nun dieser dapfere Prinz / wie auch der Prinz Sinear /an vielen wunden darnieder. Soviel man sonst bei jetziger verwirrung erfahren können / so sind nächst den dreien Königen / von fürnemen kriegsbedienten / auf der walstat geblieben / der Prinz Bildat von Chaldea /der Laristenes / Oneballus / Ascrasapes / Aner / Epha / Ardeus / Arteman und Zaphis / der Fürst Abdeel und der Abieser. [821] Diesen morgen haben / die noch übrige Egypter / neben ihrem fůrer dem Petosivis / sich ergeben / und von dem Marsius erlaubnis erlanget / aus Damasco ihrem neuen König / dem Amosis / entgegen zu ziehen / der heute / mit dem König von Cus /dem Prinzen von Hevila / dem Fürsten von Edom und allen Canaanitischen Königen / auch dem königlichen frauenzimmer / welches sie in Aroer aus des Königs von Hazor händen errettet / alhier ankommen werden. Die Assyrier / so unter dem Zalmon noch vorhanden /haben auch erlaubnis / zu gehen wohin sie wollen. Wegen der Sabeer und Araber / wird es nun lediglich bei der Königin Petasiride stehen / wan sie unsere freundin zu seyn begehret / daß die auch ihre freiheit wieder erlangen können. Dan der grosmütige Marsius / wie gesagt / begehrt ihm diesen erhaltenen sieg weiter nicht zu nutze zu machen / als unserer Königin /die er liebet / und unsrem reiche / damit zu dienen: und wird er / der ganzen welt den frieden zu geben verlangen / nun er diesen seinen edlen zweck erreichet.

Also endete Nahor seinen bericht / und hatte damit seine zuhörerinnen in nicht geringe zufriedenheit gesetzet. Die Königin von Tyro / ob gleich ihre tränen /über den tod ihres lieben bruders / und ihrer beiden vettern / des Bildat und Mamellus / noch i erflossen / befande sich doch nun etwas ruhiger / da sie der Königin von Syrien und der andern ihr leben vernommen / deren besorgter erbärmliche tod ihr so nahe / als alles ihr andres leiden / gegangen ware. Sie hoffete auch eine leidlicher gefängnis / weil Aramena noch lebte / und daß die / üm ehmaliger freundschaft willen / sie nicht verlassen würde. Die Königin von Elam /muste hierher sich zwingen / ům ihre freude nicht so völlig kund zu [822] machen / die sie in sich entfande. Petasiride ward auch üm ein gutes ruhiger als zuvor / da sie nun gewiße nachricht erhalten / wie es dem Mardocentes und ihren völkern erginge. Jede von ihnen /gab ihre vergnügung dem Nahor zu verstehen: und als die betrübte Tharasile ferner von ihm vernommen /daß ihre tochter / nach dem zustand ihres vattern / des Mamellus / sich zu erkundigen / ihn ausgeschickt hätte / bate sie ihn / daß er ihr / zwar nicht dessen tod / doch aber dessen grausame art / und die selbst-ermordung (die sie ihm hingegen erzehlte /) verhelen wolte.

Er wolte eben wieder von ihnen gehen / als der Prinz von Ammon sich anmelden ließe / wegen des Königs von Basan ihnen etwas anzubringen. Wie dieser fürgelassen worden / begrůste er sie alle im namen des grossen Marsius / der ihnen sein misbehagen ließe zu erkennen geben / daß er solcher massen sie beunruhigen müssen: worfůr er ihnen anderweit seine dienste anbote / und hiermit ihnen zu wissen gabe / daß sie in Damasco so frei als zuvor wären / ihnen heimstellend / ob sie auch hierüm die schöne Aramena / als nunmehr gebietende Königin von Syrien / begrüßen wolten. Diese höflichkeit des Königs von Basan / sezte sie alle in eine sonderbare hochachtung für seine person: und gaben sie hingegen ihre erkentlichkeit / dem Prinzen Baalis zu verstehen / bezeugten auch ihre sorgfalt für den zustand ihres grosmütigen überwinders. Sie folgten auch alsofort / nachdem Baalis seinen abscheid wieder genommen / des Marsius erinnerung / und schickten den Cosdron an die Königin von Syrien ab / derselbigen zu ihrem wolveränderten zustande glück zu wünschen / und ihre freiheit auch von ihr zu begehren.

Der Fürst von Haran begleitete diesen gesandten[823] dahin / und wurde die schöne Syrerin ganz beschämet / solche demůtigung von den andren Königinnen zu vernemen. Sie färtigte demnach den Cosdron mit aller höflichkeit wieder ab / und sezte sich folgends mit den bei sich habenden zu wagen / diese drei K \niginnen selber zu besuchen. Sie entfingen daselbst einander mit tränen / und der geschehenen dinge nicht erwehnend / um allen anlaß einiger verbitterung zu verhüten / versicherten sie einander einer ewig-beståndigen freundschaft. Tharasile und Milcaride fielen einander fast onmächtig um den hals: und weil deren verlangen beiderseits dahin ginge / den Hemor zu besuchen / unterließ die Petasiride nicht / um des Mardocentes willen / sie dahin zu begleiten.

Wie nun diese / gleichwie auch die Königin von Ninive / neben der Amesses und Indaride / die Orosmada anzusprechen / hinweg gegangen waren / blieben die Königinnen von Syrien und Tyro / neben der von Elam und der Ahalibama / eine weile allein beisammen; da dan / unter andren gesprächen / die von Tyro die schöne Syrerin erinnerte: Ob ihr nicht gefällig / den König von Basan zu besuchen? so wolte sie ihr dahin eine gefärtin abgeben. Diese ansprache sezte die Königin von Syrien in nicht geringe beunruhigung: massen die billigkeit erforderte ihrem erl \ser diese höflichkeit zu erweisen / die sie aber der liebe gegen ihrem Cimber entgegen zu seyn befande. Die Delbois und ihre tochter merkten gleich / daß diese frage bei der schönen Aramena eine bestürzung erwecket: die sie doch nirgend hin zu deuten wusten /weil ihr anligen ihnen nicht bekant war. Endlich sagte diese Königin zu der von Tyro: Sie hielte es für noch zu frühe / durch diese besuchung den K \nig von Basan zu beunruhigen / weil [824] seine wunden / wie sie vernommen / also beschaffen wären / daß die ärzte ihm verboten hätten / viele gesellschaft zu sich zulassen. Solcher gestalt wurde / fůr dißmal / diese besuchung abgewendet. Die Königin von Tyro ließe hierauf die Perseis und Merone vor sie kommen / und bate üm deren aussönung: da dan die schöne Syrerin sich so grosmütig erwiese / und ihnen verziehe; doch musten sie auser ihren diensten verbleiben.

Nachdem sie folgends / neben der Königin von Ninive und den Prinzessinnen / in der Königin von Tyro palast gespeiset / begabe sie sich mit ihren gefärtinnen wieder nach der Kemuelsburg. Sie war nicht lang daselbst gewesen / da wurde ihr durch den Husan angemeldet / wie daß ihre ganze ehmalige k \nigliche gesellschaft / die sie in lager vor Damasco gehabt /neben den andern Canaanitischen K \nigen / in Damasco angekommen wären: welches sie dan mit sonderbarer freude vername. Weil diese gesellschaft verlangte / die Königin von Syrien wieder in so glücklichem zustande zu sehen / als unterliessen sie nicht /so fort bei ihr sich einzufinden: da dan der König Eridanus seine Delbora / der König Amosis die Prinzessin Danede / der Melchisedech seine liebste Eurilinde / der Fürst von Edom die Königin Hermione / der Prinz von Hevila die Königin Roma / der Ephron seine Coricide / und der Prinz Adonisedech die Jaelinde / in der Königin von Syrien gemach hinein füreten / denen der König Thogarma von Armenien / der Ahusath von Caphtor / und die andere Canaanitische Könige / wie auch die Mehetabeel und Casbiane folgten / und das zimmer also anfüllten / daß man sich fast nicht darinn regen kunte.

Eine jede von diesen ankommenden Damen / wolte[825] die nächste bei der Königin von Syrien seyn. Mitlerweile aber bei der das ümhelfen und küssen kein ende gewonne / begabe sich der Amosis zu seiner schwester: welche beide einander mit tränen üm den hals fielen / und also ihre leidfreude zu erkennen gaben; welches auch die Delbora und Danede / bei dieser Prinzessin erwiesen. Wie Ahalibama und der Fürst von Edom einander erblicket / erröteten sie beiderseits / und eilte er zu ihr / ihr den rock zu küssen: da sie ihn hingegen / als ihren versprochenen bräutgam /entfinge / wiewol mit einer solchen gebärde / die satsam anzeigte / wie bei ihr mehr der zwang / als die liebe / regirte. Die Königin Eurilinde fůrete hierauf ihren liebsten Melchisedech zu der Königin von Syrien / ihr denselben zu kennen gebend: da sie dan beide mit grosser vergnügung einander entfingen / und sich glücklich achteten / den tag nunmehr erlebt zu haben /daß eines das andre zu sehen bekame / welches sie beiderseits so oft gewünschet. Die mänge der andern ließe aber nicht zu / sich in ein weitläufiges gespräche einzulassen: welches dieser ansehnliche alte alles auf eine bequemere zeit versparte / und indessen dem König von Armenien / seiner Eurilinde vattern / raum machte / seine begrüßung abzulegen / welches auch die andern alle nacheinander verrichteten. Die schöne Syrerin konte den dapfern Ahusath / ihrer Cölidiane herrvattern / wie der sich ihr zu erkennen gabe / nicht sonder tränen und seufzen ansehen / in fürstellung des verlustes dieser so edlen Prinzessin. Es lockte ihr auch / des Edoms gegenwart / die tränen häufig aus den augen: weil sie sich / bei ihme / seines liebsten freundes / des Abimelech / erinnerte / und daran gedachte / wie sie beide zugleich von ihr das leztemal aus Syrien abgeschieden waren.

[826] Mich dünkt / es sei ein traum / (redte sie diese fürtrefliche gesellschaft an) so viel liebe freunde und freundinnen hier in Damasco bei mir zu sehen / und zwar bei so verändertem zustande / da ich in meinem reiche / nicht mehr gefangen / sondern frei mich nen nen darf. Der gerechte himmel / (antwortete hierauf Melchisedech in ihrer aller namen) hat endlich erwiesen / daß er auch wisse gütig zu seyn / wann die rechte zeit vorhanden ist / und daß doch die gedult noch gekrönet werde / ob es schon zuweilen lang anstehet. Des K \nigs von Salem eignes beispiel / (gabe die Königin von Syrien zur antwort) bekräftiget dieses / und sehe ich mit nicht geringer vergnügung / daß auch die K \nigin Eurilinde aus ihrer so lang-erduldeten unruhe entkommen ist. Gott hat mich sehen lassen / (antwortete Melchisedech) was ich nimmermehr verhoffet /und erkenne ich mich unwürdig alles des guten /womit der himmel mich überschüttet.

Die Prinzessin Jaelinde (sagte die schöne Syrerin) wird / als ich spüre / des Prinzen Adonisedech liebe aufgenommen haben / wie seiner fraumutter verlangen allemal gewesen? Wir haben beiderseits (antwortete Jaelinde) unsere erste liebesneigung verlassen / und der wahren vernunft gefolget. Diese worte jagten / so wol dieser Prinzessin / als dem Adonisedech und der sch \nen Königin / eine röte ab: welche / bei der Aramena die erinnerung des Cimbers / verursachte. Dieser Königin fiele hiermit die Cölidiane wieder ein /daher sie / diese ihrer freundin schwester ganz beweglich anschauend / zu ihr sagte: Ach werte Jaelinde! wie finden wir einander wieder? welchen grossen verlust haben wir indessen beiderseits erlitten? Der himmel (versezte Jaelinde) hat bei diesem traurfalle / dennoch erwiesen / daß er es in allen [827] seinen ordnungen heilsam und gut meine: massen meine schwester nicht vergnüglicher hätte sterben können; und hat des Abimelech tod diesen liebhaber überhoben / einen andren an seiner stat geliebt zu sehen.

Hiemit brachte Ahalibama die Coricide zu der Königin / welche sie / als ihr unbekant / noch nicht begrüsset hatte / und sagte ihr / wer sie wäre; daher die Königin / der Jaelinde zu antworten / verhindert wurde / und dieser Prinzessin von Canaan also zusprache: Ich bin erfreut / eine so liebe freundin meiner Ahalibama kennen zu lernen / und zwar dieselbe /weil ich ihre lezte verfolgung vernommen / nun wieder frei zusehen. Mein unstern / (antwortete Coricide) der fast alle diese königliche personen in Arror mit betroffen / würde mich die unglückseligste von der welt gemacht haben / wenn dadurch das unglück / so der Königin von Syrien gedrohet / völlig zugeschlagen wäre: dan / wie dieserwegen der König von Cus und die andren aus dem lager giengen / haben sie damit verursachet / daß alhier der Assyrier gewalt wider E. Maj. gewachsen ist. Ich habe (sagte der Prinz von Hevila) meinen aufbruch aus dem lager hoch zu entschuldigen / dadurch den Syrern / und ihrer grossen Königin / so ein mächtiges unheil zukommen können. Und ich / (sagte Eridanus) misgönne dem König von Basan diese ehre / der alhier das gethan hat / was ich zu thun mich schuldig befunden. Wan E. Maj. (sezte der Esau hinzu) von mir nach dieser meiner lezten bezeigung urteilen / so werde ich den namen des allerundankbarsten davon tragen / daß ich nicht mehr geeilet / E. Maj. als meine höchste woltäterin / aus dieser grossen gefahr erretten zu helfen. Es hat niemand von euch ursach / (antwortete die sch \ne Königin) dieserwegen einige entschuldigung zu machen: [828] massen ich weiß / daß es keinem an dem willen gemanglet / und bezeuget mir nun euer aller freude genugsam / daß der himmel mit vielen freunden mich versehen habe. Was aber die befreiung der Prinzessin Coricide und der andren angekommenen betrifft / davon verlange ich ůmständlichere nachricht / was nämlich in Aroer sich damit begeben habe. Die Prinzessin Jaelinde machte sich hierauf anheisig / bei etwas mehr ruhiger zeit / der Königin verlangen zu erfůllen.

Nachdem diese unterredung noch eine weile gedauret / und der abend anfinge einzutreten / begabe sich diese gesellschaft wieder voneinander: wiewol die beide K \niginnen von Kitim / wie auch die Coricide /Jaelinde / Mehetabeel und Casbiane / auf der Kemuelsburg verblieben. Aber der junge K \nig von Egypten / der K \nig von Cus samt dessen gemalin und schwester / der König von Armenien / der K \nig und die Königin von Salem / der dapfere Ahusath / der große Edom / Prinz Ephron / die K \nige von Jericho /Jarmuth / Lachis und Gibeon / wie auch die Prinzen von Hevila und Salem / wurden / auf verordnung der Syrischen Königin / durch dero Fůrsten / in verschiedene paläste der stadt Damasco verleget: und verschoben sie / bis auf den andern tag / ihre besuchung bei dem K \nig von Basan abzulegen.

Wie aber nun die unruhige K \nigin von Syrien wieder allein war / und durch alle ihre ausgeschickte kundschaftere nicht das geringste von ihrem Cimber erfahren hatte / legte sie sich endlich h \chst-betrůbt zu bette. Als aber kein schlaff in ihre augen kommen wolte / vermeinte sie ihr ruhe zu schaffen / wan sie von ihrem neuen leiden mit der Jaelinde redte. Demnach ließe sie dieselbe vor ihr bette kommen / und nachdem sie sich [829] auf dasselbe niedersetzen müßen /sagte sie zu ihr: Ich würde mich entsehen / werte Jaelinde gegen euch ferner des ehmals-geliebten Cimbers zu erwehnen / wan ich nicht heut erfreulich vernommen hätte / daß ihr nunmehr den Prinzen von Salem liebet. Demnach wil ich euch nicht bergen / daß Cimber bis gestrigen morgen noch gelebet / daß ich ihn erkant / als er mich von dem tod errettet / und daß ich ihn auch zuvor im lager gesehen und gesprochen habe. Wie / große K \nigin! (fragte die bestůrzte Jaelinde) lebet der Cimber noch? Ob er noch lebe / (antwortete sie seufzend) solches kan ich nicht sagen. Dieses aber weiß ich / daß er nicht / wie ihr und iederman vermeinet / dortmals in Damasco ümgekommen /massen er mich gestern aus dem feuer erl \set: wiewol ich dabei muß sorge tragen / daß dieser unvergleichlicher held und liebhaber hierbei sein leben habe eingebüßet. Ach! wan dem also wäre / (gab Jaelinde zur antwort) so müste man sagen / der himmel hatte ihm nur solang sein leben gefristet / üm diesen dienst der großen K \nigin von Syrien zu erweisen: weil weder er / noch sonst einiger sterblicher / wůrdig erkant worden / nach des Abimelech tode / die unvergleichliche Aramena zu erlangen. Ach! viel eher (sagte diese schöne) bin ich seiner nicht wert gewesen: darüm lässet mich der himmel leben / und schicket mir nun diese neue anfechtung zu / daß mein erlöser / der König von Basan / mich muß mit seiner liebe verfolgen. Ob gleich der Cimber (antwortete Jaelinde /) von mir nicht mehr also geliebet wird / wie vordessen / so ist ihm doch mein herz noch so gewogen / daß ich für ihn bitten muß / E. Maj. wollen ihm ihre gnadgewogenheit / er sei lebendig oder todt / unverrůckt lassen. Liebste Jaelinde! (beantwortete die K \nigin dieses) nimmermehr werde ich zum drittenmal [830] der liebe geh \r geben. Und kan es nicht seyn /daß meines erkanten bruders lezter wunsch und verlangen / an den Cimber mich vermålt zu sehen / erfůl let werde / so sol sonst keiner / solang ich Königin heiße / diesen tron betretten.

In diesen vorsatz wurde sie durch die Jaelinde måchtig gestärket: von welcher sie hierauf begehrte /ihr zu erzehlen / was ihnen in Aroer mit der Coricide und sonst begegnet wåre; üm damit für dißmal ihre schlafflose unruhe zu kůrzen. Ich werde dißorts (begunte die Prinzessin / ihr wilfarend / zu erzehlen) E. Maj. nicht weitlåufig fůrbringen / was für ein schrecken uns sämtlich im lager überfallen / als wir die zeitung von dem jämmerlichen erdfall erfuhren: massen solches E. Maj. als denen unsre treu bekant ist / vonselbst leicht ermessen können. Einmal ware dieserwegen unsere traur so groß und allgemein / daß wir /nach Aroer zu ruck zu ziehen / uns entschloßen: ům alda sůglicher in der einsamkeit / als im lager / unsren verlust zu beweinen.

Die Prinzessin Coricide / die wenig tage vorher zu uns ins lager gekommen / tåte mit uns diese reise. Nun verfolgte sie der K \nig von Hazor / der / sie in seine gewalt zu bekommen / ihr mit einem großen heer aus Canaan bis in Syrien nachgesetzet. Wie nun dieser zu Aroer sie ausgekundschaftet / wardselbige stadt von ihme / den anderen tag nach unserer dahinkunft / überraschet und eingenommen. Dieses pl \tzliche schrecken / neben der vor-ausgestandenen betrůbnis / verursachte bei der Fürstin Timna / die wir da selbst angetroffen / daß sie zu den geburt-wehen griffe / und mit einem jungen sohne / den sie Amaleck nennen lassen / niederkame. Wiewol nun diese trübselige / vieler ursachen wegen / nichts als den tod verlangte /da E. Maj. und der Ahalibama [831] verlust / bei ihren andren widerwärtigkeiten / ihr unerträglich fiele: so muste sie dannoch leben / verhoffentlich zu einem bäßern glůcke / als sie ihr vermuten können. Wie wir nun also des K \nigs von Hazor gefangene worden / hatte es niemand schlimmer als die arme Coricide / welche ohn alle gnade sterben solte; und keine bäßer / als die Fürstin Mehetabeel / welcher er / als seiner tochter kinde / große zuneigung erwiese: massen wir andere durch ihre vermittelung erlangten / daß wir wol gehalten wurden. Die ursach dieses hasses mit wenigem zu rüren / so hatte der K \nig von Hazor / durch anstiften der Prinzessin Jerode / die unschüldige Coricide in verdacht / als hätte sie ehmals zu Hebron seinen einigen sohn / den Prinzen Madon / ermorden lassen: daß dan dieser unvers \nliche vatter mit ihrem blute råchen wolte / und nach vielen vergeblichen bemühungen nunmehr seinen zweck erreichet zu haben vermeinte.

Indem er nun mit dieser rache ümginge / hörten der König von Cus / der Prinz von Egypten / und der Jethur von Hevila alhier im lager / wie es uns ergangen; daher sie / ihre geliebte K \niginnen und Prinzessinnen wieder zu erlösen / in der eile vor Aroer rückten /und dem K \nig von Hazor sagen ließen: Er solte das frauenzimmer alsobald heraus geben / oder gewärtig seyn / daß er und alle die seinige durch die schärfe des schwerds aufgerieben würden. Der Fůrst von Seir /der Ahalibama herrvatter / der sich in Aroer aufhielte / ware mittelsperson zwischen beiden teilen / und håtte der König von Hazor uns andere / auser der Coricide / wol fahren lassen / wan der böswicht Eliphelet nicht wäre aus seinen banden entronnen / und in Aroer gekommen: welcher / als ein ehmaliger aufwärter der Prinzessin Danede / sofort des Königs von Hazor gemüte einname / [832] und ihn deredte / uns alle anzuhalten / weil es wider seine Königliche hoheit wäre / auf drauworte nachzugeben / mit der vertröstung /daß die Assyrier aus Damasco ihnen beistehen würden. Hierdurch nun wurde die handlung ümgestossen. Aber der K \nig befiele / zu diesem guten glücke / mit einer schweren krankheit: weswegen die opferung /die er mit ihr in des Milcons tempel wolte fürnemen lassen / aufgeschoben wurde.

Immittels stießen / die Könige von Canaan und der von Armenien / wie auch mein herrvatter / und der Fůrst von Edom / der Prinz Ephron und der damals so-genante Adonias / mit einem großen heer zu den Cussiten. Als sie auch die gefahr der Coricide vernommen / sandten sie den Fůrsten Achsaph / einen verwandten des Königs von Hazor / zu ihm in die stadt: welcher ům alles wuste / wie der Coricide zu nahe geschahe / und daß nicht sie / sondern die Jerode des Prinzen von Hazor tod angestiftet hatte. Achsaph / solches in Canaan laut machend / hatte damit alle K \nige / so bisher der Jerode und ihren lügen glauben beigemessen / von ihr abgewendet / also daß sie / von iederman verlassen / aus Hebron / (alwo sie / nach heimlicher ermordung ihres brudern / sich zur K \nigin aufgeworfen) unwissend wohin / entfliehen müßen. Dieses verursachte / daß alle Canaanitische K \nige / mit dem Beri / als rechtmäßigem K \nig zu Kiriath Arba / frieden gemachet / folgends mit dessen sohne / dem verliebten Ephron / und mit ihren bundsverwandten / hieher ihren zug genommen / üm sowol die Coricide und uns andere zu befreien / als hier in Syrien E. Maj. wider die Assyrier beizuspringen.

Als Achsaph bei dem König von Hazor gehör erlanget / und mit der Jerode eigenen briefen / auch mit dreien lebendigen zeugen / deren bosheit ůmständlich erwiesen [833] hatte / öffnete der K \nig die augen / und sahe sich genötigt / seinen unbilligen zorn wider die unschůldige Coricide fahren zu lassen. Also ward friede gemacht / und der Eliphelet / an stat so vieler tausenden / die er aufopfern wollen / zur wolverdienten straffe seiner übeltaten / an die sonne aufgehenket: womit man zugleich die tore von Aroer geöffnet / und die / so uns belagert / eingelassen.

Wir waren alle in des K \nigs palast beisammen /wie unsre erlösere hinein kamen: da ich dann nicht gnug die freude beschreiben kan / die der gute Melchisedech und Eurilinde / einander wieder sehend /bezeigten: massen diese große vergnügung gleichsam der andern ihre geringscheinend gemachet. Weil der K \nig Thogarma / der Eurilinde herrvatter / bereits in Canaan gegen dem Melchisedech sich für der Eurilinde vatter zu kennen gegeben / und dadurch dieses frommen K \nigs gemüte / das soviel jahre unruh erlitten / zufrieden gestellet / erkeñte er sie gleich / ungeacht sie so lang von einander gewesen / und fehlte es nicht viel / sie wären eins in des andern armen verschieden / so häftig ware hierbei ihre gemůtsbewegung. Endlich trennete sie der Adonias welcher seiner fraumutter zu fus fiele / und dergestalt ihr dankte /daß sie sich seiner erziehung so wol angenommen. Sie gedachte / in dieser ihrer großen freude / alsofort an mich / und indem ich mich nicht enthalten kunte /bald meinen herrvattern / bald meinen pflegvatter / zu ůmarmen / fürete sie mir diesen ihren sohn zu / und sagte: Sehet hier / Jaelinde! den Adonisedech / der euer verlobter von kindesbeinen an gewesen. Lasset nun meine freude vollkommen seyn / die mir iezt der himmel gönnet / und erkläret euch fůr meine tochter /in annemung meines sohnes / der eure schönheit anbetet. Hiemit fiele mir der Prinz zu [834] fus / und als ich mei nen herrvattern angesehen / welcher so wol als Melchisedech mir deswegen zugeredet / hube ich den Adonisedech von der erden auf / und gabe ihm die versicherung / die ich zu gleicher zeit von ihm entfinge /daß wir einander beständig lieben wolten. Indem dieses zwischen uns fürginge / hatten auch Ephron und Coricide mit tausend freudbezeigungen sich zusammen gefunden. So waren / der Eridanus und seine Delbora / der Amosis und die Danede / der Jethur und die Roma / auch lange zeit nicht voneinander zu bringen: bis endlich der wolstand erforderte / den König von Hazor anzusprechen / und mit deme den frieden zu bestätigen; der auch bald darauf mit seinen v \lkern wieder zurůcke nach Canaan abgezogen.

Solcher massen verginge nun selbiger glůcklicher tag / in welchem auch der große Esau mit seiner besuchung die Timna noch erfreute / und ihr gute vertröstung gabe / den Eliphas bald wieder zur wahren vernunft zu bringen: und sagte man damals / wiedaß er in Edom sich befånde. Weil alle freude / wegen E. Maj. und der andren vermeinten todes / unvolkommen ware / als musten wir / dieselbe zu ergänzen / mit der zeitung von E. Maj. leben noch selbigen abend beseligt werden / das dan uns allen / sonderlich aber dem Fürsten von Edom und dem alten Ana / wegen seiner tochter / eine angeneme botschaft war. Der große Esau ginge / E. Maj. aus hiesiger gefahr zu erlösen /mit einem heer füraus: deme wir andere in gesamt den andern tag folgeten. Wir behielten unterwegs tausend widrige zeitungen / bis uns endlich der augenschein selber wiese / was wir nun glauben können. Weil in dieser welt nichts vollkommen seyn kan / als muß des Abimelech / des Disons und meiner schwester ableiben / neben der ungewißheit [835] von des Cimbers zustande / die v \llige vergnůgung hier verwehren: wiewol wir unterwegs uns mit der hofnung gespeiset / daß /gleichwie E. Maj. aus diesem erdfall errettet worden /also es auch den andren möchte ergangen seyn. Weil Jaelinde hiermit warname / daß die Königin Aramena eingeschlummert / stunde sie sacht vom bette auf /und begabe sich in ihr zimmer: da dan / das andenken von dem noch lebenden Cimber / ihren sinnen widerwillens einen guten teil der nacht hinweg name. Doch hinterte sie solches nicht an der liebe / mit der sie nun ihrem verlobten Abdonisedech ewig treu verbleiben wolte.

Am folgenden tag kamen auch in Damasco unvermutlich an / der K \nig von Ophir / der Prinz von Tyro und Hadoran: welche / da sie mit einem måchtigen heer aus Ophir und Elam im anzuge gewesen /auf erhaltene nachricht von dem zustand in Damasco /fůraus geritten waren. Sie verteilten sich in der stadt /wie einen jeden seine neigung triebe / und eilte der Armizar nach des Amosis palaste / Tiribaces und Hadoran aber gingen nach der K \nigin von Tyro: die von ungemeiner freude überfallen wurde / als sie ihren sohn so unvermutlich ersahe. Sie hatte eben iemanden von Tyro bei sich / durch den ihr gemal ihr zu wissen tåte / wiedaß man in Sidon die Königin samt dem Prinzen Sidon heimlich hinrichten lassen / weil man wahr befunden / was Orosmada ehmals von ihnen beiden ausgesaget: daher der verliebte Tiribaces nicht gewünschter hätte kommen k \nnen / da hierdurch der K \nigin / seiner fraumutter / aller groll gegen der Prinzessin von Sidon vergangen war. Daher sie ihm auch gern erlaubte / nach der Orosmada zu gehen: welche er aber nicht in ihrem zi er fande / weil sie /sobald sie am morgen vernommen / [836] daß die Königin Eurilinde in Damasco sich befände / nach deren palast gefahren war; dahin ihr dan Tiribaces folgte / den Hadoran inmittels bei der K \nigin von Elam / seiner schwester / lassend.

Er fande seine Orosmada / in gesellschaft des Melchisedech / der Eurilinde und des Adonisedech: und gerieten diese zwei / neben der Orosmada / in nicht geringere bestürzung / als er selber / wie sie solcher gestalt wieder zusammen gekommen. Tiribaces wuste nicht / wen er von diesen vieren zu erst ansprechen solte / und stunde noch in solchem zweifel / als Melchisedech / wie ihm Eurilinde seinen namen gesaget /ihm entgegen eilte / ihn zu ümarmen. Der Prinz von Tyro / (redte er ihn an) kommet zu recht-gewünschter zeit / ům den streit aufzuheben / der sich zwischen meinen sohne und meiner tochter kinde / gegenwårtiger Prinzessin von Sidon / angesponnen. Es haben diese / unwissend wer sie waren / einander geliebet; und weil man sie beiderseits betrogen / indeme man den Adonisedech überredt / Orosmada liebte den Jethur von Hevila / ihr aber fürgesaget / als wan ihr Adionas todt wäre / als wollen sie nun einander die schuld geben / daß eins dem andern ungetreu worden. Ungetreu! (antwortete der verliebte Tiribaces) kein gewünschters wort håtte ich vernemen können. Ich wil auch nicht hoffen / daß / wan Orosmada den ehmals-geliebten Adonias verlässet / ein ander / als Tiribaces / seine stelle werde bekleiden d \rfen. Wie er diß gesagt / warfe er sich zu der Orosmada füßen /und diese noch wankende Prinzessin desto eher zu bewegen / er \ffnete er ihr / welcher gestalt der himmel sie an der Naema und dem Sidon gerochen / und sie ihre bosheit / welche ruchtbar worden / mit ihrem leben hätte bezahlen lassen. Dieses war der Orosmada eine erfreuliche [837] zeitung / und / den Tiribaces aufhebend / sagte sie zu ihm: Ihr wisset / Prinz von Tiro! mein gelübde / daß ich der Diana abgelegt / das auch mit ihrem herrlichen tempelbau / den ihr verbrant /nicht mit zu rauch worden ist.

Wie / Orosmada! (sagte Eurilinde) ist das meiner treuen unterrichtung gemäs / also abg \ttisch wieder den reinen glauben zu reden. Es hat mir Eurilinde (sezte Melchisedech hinzu) gerůmt / wie glücklich sie allezeit in eurer erziehung gewesen: welches aber diese eure reden keines wegs erweisen. Eur grosherrvatter / (sagte Eurilinde ferner) befihlet euch / sowol als ich / daß ihr den Prinzen von Tyro lieben sollet. So einen befehl (antwortete sie) bekommet aber der Prinz nicht von seiner fraumutter. Vergebet mir /schöne Prinzessin! (versezte Tiribaces) daß ich euch dessen gegenspiel erweise: die Königin / meine fraumutter / wünschet nichts häftiger / als dieses. Wollet dan ihr / Prinz von Salem! (sagte Orosmada zu dem Adonias) daß ich euch meine treu / gleichwie ihr mir gethan / aufsage? Da der himmel wil / (antwortete dieser) daß wir uns als schwester und bruder lieben müßen / so verüble ich der sch \nen Orosmada nicht mehr / wan sie dem Prinzen von Tyro meinen platz gibet. Weil nun Orosmada sich von allen seiten geschlagen sahe / gabe sie endlich ihren willen darein /und machte den Prinzen von Tyro ihre liebe hoffen: wordurch dieser getreue liebhaber in eine solche freud-enzůckung gesezt wurde / daß er fast nicht wuste / wie ihm geschahe. Adonisedech begabe sich hierauf von dar nach der Kemuelsburg / zu seiner Jaelinde: üm diesen verliebten nicht hinterlich zu seyn /ihre gemütsneigungen einander zu entdecken. Der verliebte Armizar befande sich immittels in eben solcher vergnügung / [838] bei seiner sch \nen Amesses / zu der ihn der K \nig / ihr bruder / auf die burg ganz unvermutet gefüret hatte: er stunde aber noch tödliche angst für sie aus / wan er ihm fůrstellte / wie sie bereits auf dem scheiterhaufen gestanden ware. Seine schwester / die Prinzessin Indaride / genoße dieser freude auch mit /diesen ihren liebsten bruder wieder ersehend. Indem sie aber dieses verliebte par beisammen ließe / und der K \nig von Egypten mit der Danede schwäzte / die seine schwester zu besuchen gekommen war / muste Ascadates / den der Armizar aus Ophir mitgebracht /ihr erzehlen / wie es ihrem bruder seit seiner abwesenheit ergangen ware: das dan / dieser ihr getreuer bedienter / folgender massen verrichtete.

Die K \nigin Rehuma / meiner gnådigen Prinzessin fraumutter / (sagte er) ist aus antrieb ihrer rumwürdigen grosmut / die einige ursach gewesen / daß dero herrbruder sich iezt kan K \nig in Ophir sehen: womit sie das unrecht ersetzen wollen / welches vordessen dem Armizar angethan worden als derselbe / in seiner zartesten kindheit / aus seinem vatterlande nach Egypten / entweichen muste. Die abwesenheit des Hiarbas / beförderte nun auch nicht wenig den glücklichen fortgang unsrer waffen in Ophir / und wie der Armizar seinen våtterlichen tron eingenommen / ward diese seine erlangte glückseligkeit gemäßigt durch die widrige zeitung aus Elam / wiedaß alda die Prinzessin Amesses in des Sadrach hände geraten wäre. Dieses machte den verliebten König andere betrachtungen hintan setzen / und bewegte ihn / den Migdol als stathalter im reich hinterlassend / mit einem heer in Elam einzufallen. Wir kamen daselbst an / als nicht lang vorher die Prinzessin hinweg gekommen. Weil der siegende Hadoran / der in einer [839] schlacht den Sadrach ůberwunden / uns nachricht gabe / wo die Prinzessinnen Amesses und Orosmada geblieben wären / als beschlossen wir / neben dem Prinzen von Tyro / ihnen hieher zu folgen: das wir nun auch / wiewol zu spat /ins werk gerichtet / massen unsere hülfe hier wenig würde gethan haben / wan nicht der gerechte himmel den König von Basan also zur rechter zeit hergeschickt hätte. Ohne dessen beistand / (sagte hierauf Indaride) wåre es freilich mit uns aus gewesen: wiewol / was meine person betrift / ich lieber / durch dieses mittel / der erde hätte gute nacht sagen mögen /die ich nur mit unlust betrete.

Als Ascadates dieses beantworten wolte / kam der König Eridanus mit seiner Delbora zu ihnen in das zimmer: der den Armizar auf das höflichste entfinge /und über dessen wolergehen / auch der vergnügung seiner Prinzessin / sich hoch erfreute. Diese fůrete folgends ihren Armizar zu der sch \nen K \nigin von Syrien hinein: die auch ihre freude erwiese / daß ihr also dieses weltberümten helden kentnis zu teil wurde. Nicht lang hernach / stellte sich auch der Prinz Tiribaces ein: daß also in ihrem zimmer alle diese fürneme gesellschaft endlich zusammen kame. Nachdem sie eine weile von allen vorgefallenen begebenheiten sich unterredet / und nun / bei den K \niginnen von Tyro /Elam und Saba / auch bei den K \nigen Marsius und Hemor / den Prinzen Mardocentes und Sinear / ihre besuchung abzulegen / sich wieder von einander begaben / bliebe Ephron mit seiner Coricide bei der betrůbten Ahalibama allein: die ihr ihres Eliesers verlust von neuem fürstellte / sobald sie dieses seines lieben bruders war ansichtig worden. Dieserwegen handelte ihre ganze unterredung von dem Elieser / und wolte sie schier in trånen [840] sich ertrånken / wan sie daran gedachte / daß sie an dem Fürsten von Edom verlobt ware. Ephron und Coricide sprachen sie zu frieden /soviel sie konten / und leisteten dieser trostlosen Prinzessin gesellschaft / bis an den abend.

Der Prinz Ephron wurde endlich von dannen beruffen / einer unterredung mit beizuwonen / die in des K \nigs von Cus palast solte gehalten werden: worbei / neben dem Eridanus / und den vier Königen der Canaaniter / die Könige von Armenien / Salem / Egypten und Ophir / wie auch die Fůrsten von Caphtor / Seir /und Hevila / samt ihre räten und kriegsbedienten /sich bereits eingefunden hatten. Die beratschlagung ware / wie man beständigen frieden in Syrien / auch in den benachbarten landen und Königreichen / stiften und erhalten m \chte: da Eridanus und Amosis / als bundsverwandten des hauses Babel / für den abwesenden Baleus sorge trugen. Gleichwie sie nun bereits dem K \nig von Basan / als welcher / durch die Prinzessin seine schwester / ein schwager des Baleus /werden solte / und den andern verwundten / die sie besuchet / verheißen hatten / ingesamt dahin zu trachten / daß die Babylonier mit den Syrern ausgesönet wůrden / also warẽ etliche / die dem Baleus auch wider die Meden beizustehen sich anheisig machten: wiewol der Jethur / und Esau als nächste blutsfreunde des Nebajoth / hierzu nicht einstimmen konten. Nach diesem kamen sie auf den Hemor zu reden / dessen land die andere K \nige von Canaan meist hinweg hatten: und wurde / auf zureden des Melchisedech / die sache dahin verglichen / daß ihm das Königreich Sichem / wie es vordem gewesen / wieder eingeraumt werden und unverruckt verbleiben solte. Zwischen dem Armizar und Hiarbas / wie auch [841] zwischen der Mirina und dem Marsius / wolten sie sich bemühen /frieden zu machen.

Weil das fürnemste / so zur beständigen ruhe dienen konte / dieses war / daß sich die schöne Königin von Syrien / den Marsius von Basan zu heuraten bequemen möchte / als wurde fůr gut angesehen / dieses / neben dem ersten punct / den Syrischen Fůrsten anzutragen. Demnach wurde der Hus / Husan / Rames /Thare / Elhanan / Nahor / Gahan und die andren hinein beruffen / und solches ihnen fürgestellet: welche mit h \chst-erfreutem gemüte dieses annamen / und es selbsten für h \chstbillig erkennend / den Königen angelobten / ihre Königin hierzu zu bereden. Weil der Prinz Suevus dieses bereits vorher / aus äuserster sorgfalt / die ruhe und glückseligkeit seines Königs zu bef \rdern / den Syrischen Fürsten hatte zu verstehen gegeben / als ließen sie sich hierzu dißmal desto williger finden. Wie diese hinweg waren / ließen die Könige auch den Prinzen Suevus fůrfordern / und gaben ihm diese ihre meinung an den großen Marsius zu hinterbringen: der dan / dessen liebe zu der schönen Aramena / ihnen nicht gnugsam zu beschreiben wuste / die auch mit solcher ehrerbietung begleitet wäre / daß er / ungeacht seiner habenden gewalt /auch der ihr und dem reiche Syrien erwiesenen dienste / sich dennoch niemals vonselbsten wůrde erkünet haben / seine häftige liebe der Königin Aramena fürtragen zu lassen. Dieser treue Prinz erfreute sich darüm üm soviel mehr wegen seines K \nigs / daß nun durch andere der schönen Syrerin solte angebracht werden / was der große Marsius von ihr verlangte.

Wie man hierauf / den Zalmon an dem König Baleus / den sie in Basan bei der Hercinde zu seyn vermuteten / und den Petosiris zu dem Prinzen Hiarbas[842] abgefärtigt hatte / üm ihnen die gegenwärtige bewandnis der sachen und die große veränderung / so sich in Damasco zugetragen / anzumelden / begabe sich diese große K \nigliche gesellschaft wieder voneinander. Nach diesem arbeitete nun alles in Damasco / dahin alle stånde aus Syrien sich versamleten / die heurat zwischen dem grossen Marsius und der schönen Aramena von Syrien zu befördern: von welcher der getreue Suevus mit fleiß überall unter den Celten ausbreiten ließe / daß hieran ihres Königs leben und wolfart einig und allein hinge; ům dadurch das volk /von den Syrern diese heurat zu erlangen / desto eivriger zu machen. Wie nun dieselben auch ihres orts nichtes höher wünschten / als muste die Königin von Syrien noch selbigen abend von ihren gesamten Fůrsten diesen fürtrag anhören: Wiedaß / einen beständigen frieden in Asien zu erhalten / nicht allein die siegende Celten / sondern auch alle anwesende Könige / ja ihre eigene verwandten und unterthanen /einmütig verlangten / dem K \nig von Basan mit ihr verlobt zu sehen. Es ware ihr dieses anbringen nicht so frömd als widrig / weil sie es wol vermuten k \nnen / und gabe sie ihnen / mit mehrerer wehmut / als sie sonst gewonet war / diese antwort: Erinnert sich keiner unter euch / des zugleich ersten und lezten befehls meines bruders Aramenes / da er von mir begehret /daß ich niemand als den Tuscus Sicanus / liebensolte. Waren nicht euer etliche dabei / wie ich ihm dieses verhieße? Und bedingte er nicht darbei ausdrücklich /daß ich weder den König von Basan / noch einigen andern / diesem treuen liebhaber / der des Abimelech herzensfreund gewesen / fůrziehen solte? Ich war ja zugegen / (antwortete Nahor) wie diese reden in der unglůckseligen [843] h \le fürgingen. So habt ihr ja vernommen (fragte sie ferner) wessen ich mich habe anheisig gemacht?

Wann Tuscus Sicanus (finge der Fůrst von Hus an) die dienste / so der K \nig von Basan gethan / unsrem reich erwiesen hätte / und mit gleicher macht sich in Syrien befände / wolte ich nichts dagegen sagen. Nun aber spricht alles für den unvergleichlichen König von Basan / und wollen wir nicht unsren völligen untergang auf uns laden / so kan und muß es nicht anders seyn / als daß E. Maj. sich hierzu bequemen /was ihr die wahre vernunft / die sorgfalt für ihre unterthanen / und die schuldige erkentlichkeit rätet und lehret. Das arme Syrien (sezte Rames hinzu) seufzet nun so lange nach dem edlen frieden / daß es unmüglich ist / daß unsere so gůtige Königin / uns denselben zu verschaffen / solte können in bedenken ziehen. Wir sind verloren / (sagte Thare) wan E. Maj. nicht die Celten / welche mächtiger als wir sind / in einer so billigen sache vergnůgen. Nun die kentnis des Aramenes (redte Husan dazu) und dessen tod E. Maj. von der / dem Abimelech gelobten / liebestreue ledig spricht / finde ich je keine schwerigkeit dabei / dem unvergleichlichen Marsius die ehliche hand zu geben: zumal / da Syrien einen K \nig fordert / dieser aber der würdigste unter allen menschen ist / unsere Aramena zu lieben / und Syrien zu beherschen. Ihr seit alle (gabe hierauf die betrübte Königin zur antwort) auf des Marsius seite. Nicht wir allein (fiele ihr der alte Hus in die rede) sondern auch das ganze volk wil den Marsius / der sie aus der Assyrischen dienstbarkeit erl \set / zum König haben: weil / wan es wäre ohn diesen helden gewesen / es uns ewig an der hoffnung fehlen wůrde / das / so wir nun besitzen / iemals zu erlangen. Uber diesen reden des alten Hus / bliebe die schöne Syrerin eine [844] weile in gedanken / endlich aber erholte sie sich wieder / und sagte: Ich wil Syrien vergnůgen / und sol morgen mit dem tage alles volk sehen und erkennen / daß ich ihnen den frieden zu verschaffen begehre. Diese worte brachte sie mit solcher standhaftigkeit herfůr / daß ihre Fürsten über so schleuniger entschließung sich so sehr verwunderten /als erfreuten: und fielen sie ihr ingesamt zu fus / ihr in namen des ganzen Syrien für diese grosmütige erklärung zu danken.

Wie sie nun hierauf die K \nigin verlassen / ginge dieselbe zu ihrer schwester / der Königin von Ninive /bei denen sie die Casbiane ganz allein antraffe. Es überlegte die sch \ne Niniviten / mit dieser ihrer vertrauten freundin / ihren ganzen lebenslauf / und den tod ihres Prinzen Disons dabei herzlich beweinend /sagte sie / als eben die Königin von Syrien zu ihr in das gemach trate: Dessen wåre ich gånzlich gesonnen / mich in der Diana tempel zu verschließen / und den Niniviten den Bethuel zum König zu geben. Wie /liebste schwester! (redte ihr sobald die Königin von Syrien ein) sprechet ihr noch von dem g \tzentempel der Diana? Ich spreche von demselben / (antwortete diese K \nigin) weil ich denselben ehmals verehrt habe / solches aber nun nicht mehr thue / gleichwol aber wünsche / daß ich / bei meinem ietzigen glauben / eine solche absonderung von der welt / wie dieser tempel ware / finden m \chte: alsdan wolte ich doch noch mein fůrhaben erfüllen / dem Bethuel / zur vergeltung seiner ungemeinen liebe / mein reich zu überlassen / und meinen Dison in solcher einsamkeit stäts zu beweinen. Wie gleichförmig sind doch unsere sinne! (gabe die åltere Aramena zur antwort) und komme ich iezt eben / euch zu eröffnen wie es mir ergehet. Als hierauf Casbiane / aus ehrerbietung / hinaus gegangen / [845] und sich nun diese beide durchleuchtige Aramenen allein beisammen sahen / fuhre die ältere fort / sich also zu erklären: Man zwinget mich /liebste schwester! den K \nig von Basan alhier zum K \nig über Syrien zu machen / weil mein ganzes land denselben zum König begehret: und kan ich mich hierin nicht widersetzen / ohne alles in unruhe / und Syrien in äuserstes verderben zu stürzen. Weil aber / den treuen Tuscus Sicanus / der mich so lang unter des Cimbers namen geliebet / zu verlassen / mir unmüglich fället / als wil ich / üm zugleich meine liebe und mein volk zu vergnügen / mein kron und zepter dem König von Basan übergeben / und mit euch nach Ninive reisen / ům mein übriges leben alda in stiller einsamkeit zu zubringen wan ja / wie ich gläube / der treue Tuscus Sicanus nicht mehr in der welt seyn solte. Wie hoch sind wir beiderseits dieses zu thun befugt / da uns der tod diejenige genommen / üm derer willen wir allein gelebet haben; und da uns selbst bereits der tod so nahe gewesen / daß dieses absterben der eitlen welt uns nicht wird k \nnen verůblet werden.

Ich bin zu schwach / (gabe die jüngere Aramena hierauf zur antwort) gegen diese gründe etwas einzuwenden: zumal ich an mir selbst befinde / wie unmüglich es mir fallen würde / den Bethuel zu lieben / da ich den Dison verloren besorge: Ich halte aber dafůr /der König von Basan / wan er häftig liebet / werde damit nicht zu frieden seyn / wan er Syrien sonder seine Königin ůberkommet. Man hat mir diesen K \nig (antwortete die åltere) von solchem gemüte beschrieben / daß seine bescheidenheit ihm nicht zulassen wird / wider die unmůglichkeit etwas von mir zu verlangen. So beklage ich dan billig diesen helden /(versezte die andere) daß der himmel nicht ihn / an stat des Tuscus Sicanus / zum [846] Cimber werden lassen. Der dem Bethuel (wandte die K \nigin von Syrien dargegen ein) die gaben nicht verliehen hat / sich so beliebt als der Dison zu machen / der hat es auch also geordnet / daß ich den Tuscus Sicanus für den Marsius lieben muß / ob gleich des letzern tugend ja so weit / als des ersten sein ruhm / durch die welt gegangen ist. Mit solchen und dergleichen gespråchen /brachten diese beide betrübte K \niginnen einen guten teil der nacht zum ende / und wandte die von Syrien das ůbrige von derselben dazu an / sich wol zu bedenken / wie sie folgenden tags ihr vorhaben zu werk richten wolte.

Die sonne war nicht sobald wieder herfürgekommen / da ließe sie ihre Fürsten beruffen / und befahle dem Hus / die Syrische kron und zepter ihr zu bringen / die er in seiner bewarung hatte. Wie nun solches geschehen / sandte sie den Elhanan nach dem K \nig von Basan / und ließe ihm sagen / daß sie kommen wolte /ihn zu besuchen. Dieser brachte die antwort zurücke: daß er solcher gnadbezeugung der Königin sich unwert erkenne / und seine wunden anklage / die ihn des bettes hüten hießen / und ihn hinterten / dieses / so er zwar fůr sein h \chstes glůck hielte / wegen seiner unwürdigkeit bei ihr abzuwenden; er můste aber geschehen lassen / was ihrer gütigkeit hierin fürzunemen beliebte. So lasset uns dan gehen! (sagte die Königin /mit sonderbarer bewegung) üm für das heil von Syrien zu sorgen. Hiemit stiege sie zu wagen / und folgte ihr der Fürst Hus / mit der K \niglichẽ krone / auf einem andern wagen / wie auch alles ihr frauenzi er /und ihre gesamte Fürsten. Weil bereits durch ganz Damasco erschollen war / daß die Königin von Syrien zu dem König von Basan fahren wolte / und sich erklårt hätte / den zu ehlichen / als drunge das volk von allen nationen / [847] sonderlich aber die Celten und Syrer /häufig hinzu / üm dieser schönen Königin glůck zuzuruffen / und ihr den segen von himmel anzuwünschen. Sie / voll unruhe / sahe immittels nach allen häusern hinauf / wo sie fürbei fuhre / ob sie nicht ihren Cimber an einem ort erblicken möchte. Es war aber solches alles ůmsonst / und kame sie endlich vor den palast des K \nigs von Basan. Sie wurde alda von dem Prinzen Suevus / auch den fürnemsten Celten / mit ungemeiner freude entfangen / und zu dem K \nig ins zimmer begleitet.

Es ware darin ganz dunkel / weil die årzte es also geordnet / und sahe sie den König von Basan im bette ligen mit verbundenem haubte / welches er / wegen einer geschwulst / so ihm das halbe gesicht bezogen /mit tüchern also bedecken můssen: üm deß willen sie seine gestalt nicht erkennen kunte. Nachdeme man ihr einen sessel gebracht / und sie auf denselben sich niedergelassen / auch alle anwesende / in das andre ecke des zimmers / weit von ihnen sich begeben hatten /sagte er zu ihr mit schwacher stimme / weil er nicht wol sprechen kunte: Womit habe ich solche gütigkeit verdienet / die mich meine schönste K \nigin iezt genießen lässet? da billig meine begangene kůnheit /daß ich die unvergleichliche Aramena lieben dörfen /dessen kein sterblicher würdig ist / anderst hätten sollen angesehen werden. Dieses sagte er / weil ihme von den Syrischen Fürsten bereits er \fnung geschehen /wie die K \nigin üm seine liebe wůste / und dieselbe billigte.

Er entfienge aber diese antwort: Ich bin dem großen K \nig von Basan so viel schůldig / als deme ich mehr als einmal mein leben und meine freiheit zu danken habe / daß / wan ich mehr in meinem vermögen håtte / als dieses / so ich zur erkentlichkeit hier überliefern [848] wil / ich solches hierzu zu thun nicht unterlassen würde. Alle meine stånde und unterthanen / begehren den König von Basan zu ihrem herrn und regenten. Ich finde diese ihre wahl / für sie und das ganze land / so nůtzlich / daß ich dem obsieger von Damasco / nicht allein diese stadt / sondern ganz Syrien / hiermit abzutreten und zu ůbergeben / gesonnen bin: wie ich dan / zu dem ende / mein kron und zepter mit gebracht / ům solche dem großmůtigen Marsius zu überliefern. Diß ist es alles / dapferer held! womit ich meine erkentlichkeit kan zu tage legen. Ein mehrers vermag ich nicht / weil ich so unwůrdig als unfähig bin / diese liebe anzunemen / die E. Maj. gegen mir eine geraume zeit mit solcher bescheidenheit geheget. Ich weiß alles / wie mein unglückseliges bildnis eine so edle ruhe stören müßen / und wie der große Marsius unter verdecktem namen und stand /sich bei mir in Syrien aufgehalten. Wie aber damals meine liebe zu dem Abimelech E. Maj. so billig befunden / daß sie auch / ům selbige nicht zu stören /lieber schweigen und leiden / als sich erklären wollen: also erwarte ich iezt eben dergleichen grosmut von dem unvergleichlichen K \nig zu Basan / und entsehe mich nicht / E. Maj. offenherzig zu entdecken / daß der König der Aborigener / Tuscus Sicanus / gleicher massen sich verborgen bei mir aufgehalten / und meine gewogenheit / durch vermittelung meines Abimelech / wie der in der unglůckseligen höle für meinen bruder erkant worden / völlig erlanget: massen er mir geboten / daß ich forthin den Tuscus Sicanus meinen Abimelech solte seyn lassen / weil der eben so sein ander ich / als wie Cölidiane die andere Aramena / wäre. Dieses habe ich diesem lieben bruder zu-schw \ren můßen / und waren damals seine lezte worte / die er auf erden geredet / daß er alle anwesende [849] zu zeugen angeruffen wie ich mich erklårt hätte / daß ich weder dem König Marsius von Basan / noch dem Baleus von Assyrien / noch einigem andern / iemals einigen vorzug vor dem Tuscus Sicanus g \nnen / sondern den allein / vor allen künftig meine gunst wolte genießen lassen. Dieses habe ich geschworen / und dieses machet mich untůchtig / des Königs von Basan eheliche hand anzunemen. Und ob zwar mein volk zu dieser heurat mich zwingen wil / auch E. Maj. alle gewalt über mich haben / zweifele ich doch nicht / sie werden die jenige verlassen / die an einen andren verlobt ist / und auser demselben / er sei lebendig oder todt / keinen menschen iemals in der welt zu lieben /sich fähig befindet.

Nachdem sie ausgeredet / schluge der K \nig von Basan die hände über sich zusammen / und brache in die worte heraus: O Abimelech! ô Tuscus Sicanus! erkenne ich euch also? Hiermit wurde er etwas stille /endlich aber die Königin anschauend / die doch das herz nicht hatte / sich nach ihm ůmzusehen / sagte er zu ihr: Ich habe genug geh \ret! es ist nun fůr mich nichtes mehr übrig / als der tod: diesen / und nicht die kron von Syrien / verlange ich / zu meiner beruhigung. Weil Marsius leise redte / und die sch \ne K \nigin voll verwirrung war / als hatte sie diese worte nicht eigentlich vernommen. Aber dieser sonderbaren besuchung ein ende zu geben / womit ihnen beiderseits nicht gedienet war / stunde sie auf / und ginge zu dem Fürsten von Hus / der an der tür des gemaches sich befande / name kron und zepter von ihm / und legte dieselbe auf des Marsius bette / der eben onmächtig zu werden begunte. Hierauf eilte sie aus dem zimmer hinaus / und die Celten / wie auch ihre Fürsten / im vorsaal antreffend / wandte sie sich zu ihnen / und sagte: Ihr habt nun euren König von Syrien /[850] nach welchem euch so sehr verlanget. Mein zepter und kron / sind in des großen Marsius handen / und begehre ich von aller meiner gehabten macht ein mehrers nicht / als dieses / daß ich mich aus Syrien ehist hinweg begeben dörfe. Niemand von den ůmstehenden wuste aus diesen reden etwas zu fassen / und als die Syrische Fůrsten ihrer K \nigin folgen wolten /verwehrete sie es ihnen / und sagte: Lasset mich allein meinen rückweg nemen / und bleibet bei eurem König / den ich euch / auf euer begehren / hinterlasse. Hierauf sezte sie sich mit ihrem frauenzimmer zu wagen /und kehrte wieder nach der Kemuelsburg / allein von ihrer leibwacht begleitet.

Als sie daselbst angelanget / beschiede sie so fort den Fůrsten von Edom zu sich / dem sie entdeckte /was sie gethan hatte: worüber dieser held in solche verwunderung geriete / daß er nicht wuste / was er ihr solte zur antwort geben. Sie bate ihn ferner / daß er /auf allen notfall / mit seinen Edomiten sie schützen wolte / wan etwan der Marsius / mit dieser ihrer erklårung nicht vergnůgt / wider ihre person etwas beginnen wolte: worzu er sich willigst erbote. Es bliebe hierauf nicht lang heimlich / was für eine ungemeine grosmut die sch \ne K \nigin von Syrien erwiesen /und wie sie / lieber ihr Königreich abtreten / als dem Tuscus Sicanus / den sie liebte / untreu werden wollen. Ganz Damasco truge sich mit dieser zeitung / und vergaßen alle anwesende Könige und herren ihrer eigenen angelegenheiten / üm dieses zu bewundern. Indem aber iederman das ende hiervon zu erfaren verlangte / erscholle am folgenden morgen das unvermutete gerüchte / daß der kranke König von Basan / selbige nacht / in einer sänfte davon gereiset wäre. Der darauf folgende aufbruch der Celten / die häufig aus Damasco zogen / bekräftigte diese [851] zeitung. Es wusten aber die Celten selber nicht / warüm sie so schleunig fort müsten: auser daß man ihnen gesagt / wie die gefahr in Basan / wegen des einfalls der Königin Mirina / sehr groß wäre. Als aber die K \nigin von Syrien dieses vername / kunte sie einer so guten zeitung kaum glauben: und überlegte sie annoch dieses beginnen bei sich selber / als der Prinz Baalis bei ihr angemeldet wurde. Wie sie ihn fůrgelassen / überlieferte er ihr wieder den zepter und die kron von Syrien / neben einem schreiben von dem K \nig aus Basan / welches er / wegen eignen unverm \gens / dem Suevus / dessen hand es war / in die feder gesagt hatte. Sie lase / und fande folgenden inhalt.

Schreiben des Königs Marsius von Basan / an die Aramena Königin von Syrien.

Behaltet / grausame Aramena! euer kron und zepter: dan nicht diese / sondern eure wunder-schöne / hat mich geblendet. Da ihr nun mir / als einem sterblichen / solche nicht gönnen wollet / so bewaret sie auch /mit gleicher strenge / vor dem Tuscus Sicanus; weil er ja so wenig / als ich / würdig ist / dieser himlischen schönheit zu genießen. O wunderbares verhängnis! wie kanst du doch zugeben / daß dieser in seiner liebe so wankelmütige / mit dem herrlichsten lohn der allergetreusten liebe sol bekrönet werden: der kaum einen augenblick sich üm das bemühet / wornach ich mit so großer gedult so lange zeit getrachtet: Ist es wol möglich / daß mein unverdrossenes lieben und meine kaum-angeglommene [852] hoffnung solcher gestalt sol abgewiesen werden: Ach große Königin! eure ruhe zu befördern / habe ich alles bisher erdultet. Diese gedult ist aber nun mit des Abimelech leben erloschen / und werdet ihr nicht zůrnen / wan ich / bis auf den lezten blutstropfen / diesem neuen mitbuler die besitzung der Königin von Syrien zu bestreiten mich unterfange. Dieses treibet mich von euch. Diese vorhabende rache / erhält mir noch allein mein leben. Nun ich der schönsten Aramena nicht gefallen können / verlange ich nichts als den tod: der muß aber aus des Tuscus Sicanus blut entstehen. Gehe ich mit ihm zu grunde /so sterbe ich vergnügt: weil ich dadurch / die himlische Aramena / von zween unwürdigen liebhabern werde befreiet haben.


Marsius König von Basan.


Dieser des briefs inhalt / erweckte bei der schönen Syrerin allerhand besorgliches nachsinnen. Die bedrohungen / fůr den Tuscus Sicanus / gingen ihr sehr zu herzen. Dessen wankelmütigkeit / womit er beschuldigt wurde / deutete sie darauf / daß er ehmals die Hercinde / und nachgehends / des Marsius einbildung nach / die Roma geliebet. Es thut mir leid / (sagte sie zu dem Prinzen von Ammon) daß ich ursach seyn muß / an der beunruhigung dieses großen K \nigs /und daß mein freies bekentnis / so ich von meiner liebe gethan / zween so edle helden sol in feindschaft setzen / die sonst seither einander mit wahrer freundschaft gemeinet. Daß ich fůr die gutthaten / die ich von dem K \nig aus Basan genossen / erkentlich seyn wollen / das habe ich damit erwiesen / indem ich ihme mein Königreich gutwillig ůbergeben. [853] Daß er es aber nicht anzunemen begehret / solches kan mir zu keiner undankbarkeit ausgedeutet werdẽ. Ich bin annoch erbötig / dem großen Marsius alles zu dienste zu thun /was er / auser meiner liebe / von mir verlanget.

Auser derselben / (sagte Baalis / ganz betrübt) ist nichtes in der welt / so diesen unvergleichlichen K \nig vergnügen könte. Er ist so zweifelmůtig hinweg gezogen / daß ich sorge / die eheste post von seinem tode / werde die große hoffnung nicht allein in Basan / sondern auch in dem entfernten Celten-lande /in den staub legen / und zu wasser machen. Keiner von allen seinen Celten und Teutschen / konte diese schleunige abreise verhintern / und sagte er zu verschiedene malen: Lasset mich aus Syrien ziehen / üm der großen Aramena die sorge und unruhe zu benemen / die ihr meine anwesenheit verursachet. Als sich / etliche von den hitzigsten / ungedultiger dräuworte verlauten ließen / daß wir ja Syrien in unserer gewalt hätten / färtigte er die mit harten worten ab / und gabe nicht allein dem Prinzen Suevus befehl / mit allen Celten von hinnen aufzubrechen und ihme zu folgen /sondern sie musten ihm auch zu-schw \ren / daß / wan er unterwegs sterben würde / sie dannoch Syrien raumen solten. Hierauf wehlte er mich aus / E. Maj. dero kron und zepter wieder einzuhändigen / neben ieztverlesenem schreiben: und wüste ich sonder tränen die reden nicht zu wiederholen / die dieser verzweifelte liebhaber dabei ausgestoßen. Ich habe nun befehl /alle hier anwesende Könige / wie auch die Syrer / zu vermanen / E. Maj. in allem beförderlich zu seyn. Er überlegte auch zuvor allerdings / ob er / sonder E. Maj zu schaden / von hinnen reisen k \nte: dessen er den sich beredte / in betracht sovieler völker / die E. Maj. hier zu gebote stehen / auf den fall / wan ein überrest von der vorigen [854] unruhe sich anspinnen wolte. Ich meines teils beklage von herzen dieses unglück /daß dem tugendhaftesten helden von der welt begegnet / und daß der himmel einer so edlen verbindung so entgegen ist / die soviel tausend gewünschet und so fäst gehoffet haben.

Versichert euch / Prinz von Ammon! (antwortete hierauf die K \nigin von Syrien) daß mir die unruhe des großen Marsius so sehr / als einigem menschen in der welt / zu herzen gehet / und stůnde es in meinen kräften / ihm seine vergnügung zu verschaffen / ich wolte wol nichtes an mir erwinden lassen. Dieses stehet ja (sagte Baalis) lediglich bei E. Maj. güte Keines wegs / mein Prinz! (gabe sie zur antwort) dan euch ja nun wissend ist / daß mir Tuscus Sicanus / wan er noch lebet / auser ihm aber sonst kein mensche / zu lieben bestimmet ist. Diese liebes-entdeckung (antwortete Baalis) hat den K \nig von Basan in so häftige bestürzung gesetzet / daß wir ihn onmåchtig fanden /als E. Maj. von ihm abgingen. Nichts weniger / als dieses / hat er iemals können vermuten: und nunmehr des Aborigener-Königs bisher-gespürte kaltsinnigkeit begreifend / ist er auch dermassen über diesen K \nig erbittert / daß / wofern der himmel nicht sonst ein mittel dazwischen schicket / diese beide helden unfehlbar einander aufreiben werden. Die besorgte K \nigin wolte hierauf nicht melden / daß sie den Tuscus Sicanus in Damasco zu seyn vermutete / ům nicht dadurch die ergrimte Celten zuruck zu ziehen. Endlich färtigte sie den Baalis ab / und ließe dem König von Basan sagen: daß sie kron und zepter / die er ihr wieder geschicket / zu seinen diensten zu füren / ihr iederzeit wolte angelegen seyn lassen. Gleichwie sie auch unwürdig wåre / daß zween so große helden / als er und Tuscus Sicanus / ihretwegen in feindschaft [855] leben solten / als wolte sie bei diesem lezten / ihrem verm \gen nach / wo ihr der himmel die gelegenheit gönnte / es dahin vermitteln / daß er alles anwenden solte / des großen Marsius freundschaft wieder zu erlangen. Weil der Prinz von Ammon auf kein antwortschreiben drunge / als bliebe die Königin damit verschonet.

Hierauf begabe sich / dieser wegen seines K \nigs betrübter Prinz / von dannen / nach denen in Damasco anwesenden Königen / die er bei dem K \nig von Armenien versamlet antraffe / über diesen frömden dingen sich zu unterreden. Mit ungemeiner verwunderung hörten sie diesen fürtrag des Prinzen an / und da sie zuvor die grosmut der K \nigin von Syrien / in so gutwilliger ůberlassung ihres reiches / mit bestürzung angehöret / befr \mdete sie nun diese des Königs von Basan nicht weniger. Es ware keiner unter ihnen / der diesen großen K \nig in seiner liebe nicht beklagte /und es gern anderst hätte sehen mögen. Es erbote sich aber ein jeder / der vermanung dieses unvergleichlichen liebhabers nachzukommen / auch der Königin von Syrien båstes zu bef \rdern und in obacht zu halten. Und hiervon der Königin selber versicherung zu thun / begaben sie sich alle / nach des Baalis abzuge /(der zuvor auch bei den Syrischen Fůrsten sein gewerbe abgeleget) auf die Kemuelsburg. Wie sie nun der K \nigin von Syrien zusprachen / bezeugten sie zugleich verwunderung / daß Tuscus Sicanus der K \nigin liebhaber wäre: weil den meisten unter ihnen /dessen begebenheit mit der Roma / nicht anderst bekant war / als daß dieselbe an ihn verheuratet gewesen. Die sch \ne Roma / so zugegen war / bekante hierauf / vor der ganzen gesellschaft / daß sie noch unverheuratet / und Tuscus Sicanus sie nie berüret håtte: welches alle anwesende / sonderlich [856] aber der hierüber beunruhigte Jethur / als deme sie es noch nie sagen wollen / so sehr bewunderte / als wie die Roma selbst sich nicht darein finden kunte / daß dieser König / der so gewiß unter ihren händen gestorben /wieder erstanden seyn solte.

Mein fürsatz ist zwar niemals gewesen / (redte hierauf die sch \ne Syrerin zu den anwesenden) dieses unvergleichlichen liebhabers gegen mir habende gedanken aller welt sobald zu offenbaren / ehe er selber iemals aus meinem munde diese versicherung gehöret / daß ich seine liebe aufnemen wolle. Weil aber die bekante ůmstände / so sich herfür gethan / mich dazu gen \tigt / als finde ich mich verbunden / vermög des lezten willens des Aramenes meines brudern / wie auch wegen meines gewissens / den Cimber / unter welchem namen dieser König der Aborigener sich so lang bei mir aufgehalten / seine liebe zu vergelten /und ihme / neben meiner person / das K \nigreich Syrien zu übergeben. Zwar war dieses letzere dem großen Marsius zugedacht / und hätte ich / ům mein wort zu halten / dem Tuscus Sicanus gerne nach Celten gefolget. Nun aber des Königs von Basan grosmut es anderst gefüget / als wird ihm diese meine öffentliche erklårung nicht können entgegen seyn: und hoffe ich /alle diese große helden / die ich hier üm mich sehe /werden den K \nig von Basan dahin bereden helfen /des Tuscus Sicanus freund zu bleiben / und alle rache gegen ihm / als einem unschůldigen / einzustellen. Zwar erweise ich vielleicht diese sorgfalt vergebens /(fuhre sie seufzend fort) und mag es wol seyn / daß dieser held / den ich iezt zum König von Syrien ernennet / nicht mehr im leben sei: weil ich / nachdem er mich aus dem feuer errettet / nichtes mehr von ihm erfahren k \nnen.

So hat dan dieser / und nicht der K \nig von Basan / [857] (fragte Eridanus ganz verwundert) die Königin aus dem feuer erlöset. Die beide Prinzessinnen von Ophir und Egypten (antwortete Aramena) können mir dieses bezeugen / die damals mit dem ihnen wolbekanten Cimber geredet haben. Als nun Indaride und Amesses dieses bekräftigt / entstunde bei ihnen allen eine nicht geringe verwunderung / wo dan dieser K \nig müste geblieben seyn? Als indem die Syrische Fůrsten auch dazu kamen / und nun / da sie die Celten nicht mehr zu fůrchten hatten / auf ihrem fůrsatz / den Marsius an ihre Königin verehlicht zu wissen / nicht so eiferig mehr bestunden / schluge der Husan für / ům nachricht von dem Tuscus Sicanus zu erlangen / daß man /durch ein \ffentliches gebot / allen inwonern in Damasco auflegen solte / ihre bei sich habende verwundete anzumelden: wodurch man endlich würde erfahren können / ob dieser K \nig noch vorhanden wåre; den alle Syrische Fürsten nun hoch zu achten und zu lieben anfingen / da sie hörten / daß der Cimber / welchen sie wol gekant / der Aborigener-König gewesen. Solchen fürschlag des Husans / ließen sie ihnen alle wolgefallen. Wie hierauf die Königin von Syrien bei ihren Fürsten alleine gelassen worden / und sie mit denselben wegen des Syrischen zustandes raht hielte: gesellte sich immittels die Ahalibama zu der Roma /welche sie veranlasste / mit ihr in einen garten / der hinter dem tempel der Juno gelegen / spaziren zu gehen. Als sie daselbst angelanget / befragte sie diese ihre gefärtin wie sie mit dem Tuscus Sicanus leben können / daß alle welt sie fůr dessen gemalin angesehen / welches ihr unm \glich důnkte? Roma beschriebe ihr darauf umständlich / wie sie und Tuscus Sicanus hierbei sich verhalten.

Sie ware noch in dieser erzehlung begriffen / als [858] ihr geliebter Prinz / der Jethur von Hevila / wie auch der Fürst Esau von Edom und Seir / dazu kamen / und sich in diese unterredung mit einließen. Wir haben eben auch hiervon geredet / (sagte Esau) was unsrer schönen gespråch-inhalt ist / und gibt es dem Prinzen von Hevila keine geringe vergnůgung / seine Roma nicht K \nigin der Aborigener / sondern Prinzessin von Kitim zu wissen. Ich kan nicht sagen / (finge dieser verliebte Prinz an) wie unruhig ich eine zeit her gewesen / des Königs der Aborigener leben zu vernemen: und wiewol die schöne Roma mich eines andren versichert / so hat iedoch das beständige gerüchte hiervon mich in unbeschreiblichen sorgen gelassen. Dieses sorgen (antwortete Roma) kan man zwei-deuten / und mag etwan der Prinz von Hevila / sich darüm bekümmert haben / daß Tuscus Sicanus / als ein gefärlicher mitbuler bei der sch \nen Prinzessin Hercinde / von den todten wieder erstanden wäre. Wie lang sol es doch wären / grausame Roma! (gabe Jethur zur antwort) daß wan mir meinen begangenen fehler fürrůcke / üm den ich doch ja genug gebüßet habe? Zu dem weiß meine sch \ne Prinzessin wol /daß nimmermehr der Hercinde schönheit mich wůrde eingenommen haben / wan ich / die Roma noch zu erlangen / hätte hoffen k \nnen. Dennoch ist gewiß /(versezte sie) daß Jethur nicht so treulich / als wie ich / geliebet. Dieses werde ich zwar zugeben / (antwortete er) aber doch dabei bedingen / daß forthin kein beståndigerer liebhaber / als ich / sol gefunden werden.

Wer håtte uns sagen sollen / (finge Ahalibama hierauf an zu reden) daß wir den Tuscus Sicanus / unter des Cimbers namen / so lange zeit bei uns gesehen? Nimmermehr kan ich solches glauben / (fiele ihr die Roma in das wort) daß es dieser Tuscus Sicanus [859] sei /den ich in der Aborigener landschaft gekant habe. Wie viel wunderbare begebenheiten tragen sich zu /(ersezte Esau) da todgeglaubte leute wieder lebendig werden. Ahalibama ließe / zu diesen worten / einen tiefen seufzer schießen / und fande Esau / sie hierüm ansehend / daß ihr die trånen in die augen stiegen. Weil er es nun dahin deutete / daß sie an ihren Elieser gedenken můste / fassete er sie bei der hand / und ginge mit ihr / als eben die Königinnen von Ninive /Cus und Kitim / der Prinz Adonisedech / die Jaelinde / Coricide und Mehetabeel / neben ihren bedienten /auch in den garten kamen / in einen gang beiseits / da sie lang heimlich miteinander redten: mitlerweile die andern von dem Tuscus Sicanus und der K \nigin von Syrien gesprachet. Hiermit verliefe nun viel zeit / bis endlich diese schöne Königin selber dazu kame / und nicht vermeinend / so viel gesellschaft alda zu finden /diesen ort / ihren betrůbten gedanken allein gehör zu geben / ihr auserkieset hatte. Weil nun die anwesende aus ihrem betrübten wesen wol abnamen / daß ihr mit gesellschaft nicht gedienet war / verteilten sie sich von ihr: da Delbora und Hermione / auch Adonisedech und Jaelinde / ihnen einen besondern spazirgang erwehlten / Coricide und Mehetabeel bei der Königin von Ninive blieben / auch der Jethur mit der Roma einen eignen weg vor sich name / da sie ungeirrt von ihrer liebe reden kunten.

Wie nun die schöne Syrerin also allein gelassen /sich in eine hütte begeben / und alda mit ruhe ihren jetzigen zustand bei sich überdachte / fande sie den so elend und verwirret / daß ihr alle ruhe des gemütes darüber verginge. Tausendmal wünschte sie / daß sie im Isistempel vom leben gekommen wäre: weil der tod sie zu ihrem liebsten bruder wider gebracht / und jetziger sorge [860] ům ihren Cimber / auch des verdrußes /ihre zuneigung gegen ihme vor aller welt (weil solches / sich von dem König in Basan los zu wirken /das einige mittel gewesen) kund zu machen / sie würde ůberhoben haben. Sie stellte ihr nun für / was Cimber von ihr gedenken wůrde / waner diese ihre erklårung erfüre / und ob er sie nicht einiger leichtsinnigkeit beschuldigen würde / daß sie ihre zuneigung aller welt eröffnet / bevor er ihr dieselbe selbst entdecket. Ihr kame dabei auch zu sinne / wie häftig er ehmals die Hercinde geliebet / und machte sie ihr die sorge hiervon / daß selbige liebe wieder aufwachen k \nte / wan er vernåme / daß er nicht der Hercinde bruder wäre. Die bedrohungen des Königs von Basan / samt dessen bezeigter grosmut und ungemeiner liebe / blieben auch nicht aus ihren gedanken / sie irr zu machen. Was sie aber am meisten quälte / ware dieses / daß sie den Tuscus Sicanus an seinen wunden gestorben zu seyn erachten muste: das ihr dan tief in die seele schnitte / und die tränen aus ihren schönen augen häufig herfür dringen machte. Es war ihr auch hierbei keine geringe anfechtung / die ungedult / welche sie für so sündlich hielte / als häftig sie dieselbe in ihr fülete: massen die lange zeit / seit daß ihr unglůck gewåret sie dermassen abgemattet / daß sie vermeinte / sie könte es nimmer ausstehen. Daher es ihr fast an trost zu gebrechen begunte / der doch sonst allemal / in ihrem leiden sich aufzurichten / ihr reichlich beigewonet hatte. Jedoch erholte sie sich wieder / und verzagte nicht an der hülfe des gůtigen himmels: dem sie alles heimstellte / und ferner sich mit gedult rüstete / zu ertragen / was ihr würde auferleget werden.

Nachdem sie also ihr gemüte gefasset / ersahe sie durch das gebůsche einen menschen in priesterlicher kleidung / den sie / nach dem sie ihn wol betrachtet /fůr den [861] Abdastartus erkante. Dieser / als ein guter freund des Cimbers / kame ihr zu gewünschter zeit /und hoffete sie von ihm einige nachricht zu erlangen. Wie sie ihm nun bei namen geruffen / kame er zu ihr /in die hütte hinein / und seine freude über ihren zustand zuerweisen / fiele er ihr zu den füßen / die er dan küssete. Er bliebe lang also auf der erden ligen /bis ihr befehl ihn endlich aufstehen machte / da sie zu ihm sagte: Haltet ihr dan / Abdastartus! mich noch für eure freundin / da ich mich an euren tempel und göttin also vergriffen habe? Die keine g \tter sind / (antwortete Abdastartus) an denen kan sich kein mensch versůndigen: und hat mich der gütige himmel in des K \nigs von Salem schule gefüret / da ich von seinen leuten bin unterrichtet worden / welchen Gott ich verehren müßte. So lieb mir dieses zu vernemen ist /(gabe die Königin zur antwort) so sehr verlange ich die ursach eurer ankunft zu h \ren. Dieselbe ist der Cimber: sagte Abdastartus. Ach mein vatter! (antwortete Aramena) haltet mich doch nicht lang auf: lebet dieser K \nig noch? oder bringet ihr mir botschaft von seinem tode? Beides zugleich / gnädigste K \nigin! (gabe Abdastartus zur antwort) und werden sie aus dieser schrift ersehen / daß ich die warheit rede. Als er diß gesagt / überreichte der Königin ein täfelein: welches sie mit zittrenden händẽ von ihm name / und ihres Cimbers hand darin gleich erkennte. Es war aber so unleslich geschrieben / daß sie mit mühe diese reimen konte zusammen bringen.


Urteilet meine ruh ja nicht aus meinem dichten.

Diß lezte schwanenlied stimt an mein matter geist /

den eure strenge nun aus seinem körper reist /

Mein tod sol meine last und eure lust zernichten.

Es wird / wan Cimber todt / die lieb erst recht berichten /

wer er gewest / der stäts euch solche treu geleist /

die keiner ja vor ihm erwiesen / noch erweist /

[862]

auch künftig weisen wird. Die liebe sol noch richten /

und gönnen mir die lust / von jenen himmels-auen

zu schauen an die qual / die unruh und die noht /

die ihr empfinden werdt mit reu ob meinem tod.

Forthin sol Cimbers nam' erwecken euch ein grauen /

daß ihr getödt / der euch so oft das leben gab /

daß wahre treue lieb mit Cimbern ligt im grab!


Wie / liebster Cimber! (sagte die Königin / fast ganz aus sich selber) was hat dich immermehr bewogen / dieses zu schreiben? womit t \de ich dich? womit erweise ich meine strengheit? da ich ja aller welt meine zu dir tragende liebe entdecket. Redet /Abdastartus! was euch hiervon wissend ist / und er \ffnet mir / wie mein Cimber auf solche gedanken ge kommen. Wan mir erlaubet ist zu reden / (antwortete er) so wil ich E. Maj. berichten / wie ich zu dem Cimber gekommen / und was ich alles bei ihm gesehen und gehört habe. Als ich gestriges tages / von Aroer kommend / in einem dorf unfern von hier übernachten muste / weil ich Damasco nicht erreichen kunte / traffe ich daselbst keinen menschen an / weil jederman wegen des kriegs hinweg geflohen / behalfe mich demnach / mit dem Sephar / einem priester von Salem / so gut wir konten. Nachdem wir in ein wüstes haus eingekehret / zündeten wir daselbst ein feuer an / üm darbei zu kochen / was wir von speisen mit uns gebracht hatten. Als wir nun solcher gestalt bis nachmitternacht uns allein befunden; entstunde unversehens nahe bei uns ein geräusche / und kame bald darauf einer zu uns hinein / der uns fragte: ob wir nicht einen kranken / nur auf ein par stunden / aufnemen / und deme seinen großen durst stillen wolten? Nachdem wir uns zu diesem werk der barmherzigkeit alsofort erboten / stunde es nicht lang an / da brachten sie eine sänfte vor das haus / aus welcher sie diesen kranken heraus huben: den [863] ich / mit so großer befr \mdung als betrübnis / für den Cimber oder Tuscus Sicanus erkennte. Er war so matt und kraftlos / daß er mich lang nicht ersahe.

Wie wir nun ihn auf eine streu geleget / und ich ihm zu trinken gebracht / dadurch sein geist ein wenig wieder zu ihm gekommen / ersahe er endlich / wer bei ihm stunde; daher er mir die hand bote / und zu mir sagte: Ich sterbe / liebster Abdastartus! nicht aber an den wunden / die ihr sehet / sondern an denen / die mir die grausame Aramena geschlagen hat. Diese unbarmherzige verlässet mich / da ich in der süßesten hoffnung lebte / ihre huld zu erlangen / und gibet ihr herz einem andern / von dem ich nimmermehr / daß er mein mitbuler wäre / hätte glauben k \nnen. Gleichwie ich nun üm alle diese dinge nichts wuste / als konte ich ihm auch nicht darauf antworten: wiewol er auch so schwach ware / daß ich / mit viel-reden / ihn nicht plagen sollen. Wie er nun eine weile also gelegen /fragte er mich / ob ich hieher zu E. Maj. reisen würde? wie ich solches mit ja beantwortet / forderte er von mir ein tåfelein / in welches er / mit überaus-großer můhe / die reimen schriebe / die E. Maj. iezt verlesen haben / und mir selbige zustellend / sagte er: Erfüllet diese meine lezte bitte / bringet der K \nigin diese zeilen / und saget ihr / daß ich ihr getreuster liebhaber sterbe / und daß sie ni ermehr an dem Tuscus Sicanus .... Allhier befiele ihn eine onmacht / die so håftig war / daß ich mit den ůmstehenden nicht anders vermeinte / als daß er todt wåre. Indem wir aber uns bemůhten / ihn wieder aufzubringen / entstunde unversehens eine feuerflamme / die / unser haus augenblicklich in volle flammen setzend / uns nötigte /mit diesem so gut als todten K \nig hinaus zu eilen: da ihn die seinigen wieder in die sänfte brachten / und also mit ihme fortreiseten / mich in der ungewißheit[864] hinterlassend / ob er noch leben oder sterben würde. Ich habe nun / seinem befehl zu folge / dieses tåfelein ůberliefern wollen / worzu ich nicht eher / als iezt /gelangen k \nnen.

Die schöne Syrerin bliebe ganz unbeweglich / als Abdastartus seine rede beschlossen / und wie sie zu verschiedenen malen das tåfelein überlesen / sagte sie endlich zu dem Abdastartus: Wisset ihr / was ihr mir für eine post gebracht? Ihr habet mir den tod des jenigen angekündet / dem ich heute / allen meinen stånden / und den anwesenden Königen / zum K \nig in Syrien / und zu meinem gemal / ernennet habe. Verüblet mir demnach nicht / wan ich gleich einer witwe /diesen meinen König beklage / und ruffet meinen leuten / daß sie mir helfen / von hinnen zu kommen. Der bestůrzte Abdastartus / so an der Königin schwacher stimme und erblassung warname / daß ihr begunte eine onmacht anzustoßen / eilte von ihr / um jemanden zu ihr zu bringen. Wie nun / auf mein ruffen / die Dersine und Siringe: sich bei ihr eingefunden / winkte sie mit dem haubte / daß man sie hinweg bringen solte: deshalben diese beide sie unter den armen ergriffen / und also mit ihr aus dem garten eilten. Ihr übel-aufseyn erscholle gleich ůberall / und nachdem man sie zu bette gebracht / wurden die ärzte geholet. Ihre starke natur / so sie nicht gar die sinnen verlieren lassen / gönnte ihr / alles in acht zu nemen / was bei ihr in der kammer fůrginge. Wie sie nun üm ihr bette /die K \nigin ihre schwester / die Königin Hermione /die Prinzessin Indaride / und die Ahalibama / stehen sahe / welcher viere ihr geschicke sie ihrem zustande ganz gleichförmig wuste / sagte sie zu ihnen: Ihr gesellet euch billig zu mir / weil der himmel uns einerlei leiden zugeschicket? undwie ihr den Dison / Cimber /Amraphel und Elieser beweinet / also muß ich nun den Tuscus Sicanus beklagen. [865] Diß ware es / worům ich mein leben behalten müssen: damit ich nämlich noch das allerentfindlichste leiden kosten m \chte.

Die viere begleiteten der sch \nen Königin reden mit ihren heißen tränen / und als man sie nachgehends / bei eingetretner nacht / üm der ruhe zu genießen / allein verlassen / stellte sie ihr für / was doch den Cimber dazu bewegen können / solche gedanken von ihr zu fassen. Sie bildete ihr ein / daß die bei dem König Marsius abgelegte besuchung solches müste verursachet haben: weil auch ganz Damasco daraus vermutet / daß solches besuchen eine heurat mit dem König von Basan bedeuten würde. Dieserwegen beweinte sie selbiges ihr fürnemen / womit sie doch alles gut zu machen vermeinet. Sie dachte auch / wie sie sich eher in diesem leiden zu frieden geben wolte / wan sie sich damit nicht quälen dörfte / daß ihr Cimber mit solchem unwillen gegen ihr gestorben. Diese ihre betrübnis erscholle folgenden tags durch ganz Damasco /und kame ein jeder / sich nach ihrem zustande zu erkundigen und ihr sein mitleiden zu bezeigen. Unter andern kamen auch die Königinnen von Tyro / Elam und Saba / sie zu besuchen. Sie fanden sie aber in einem viel erträglichern zustand / als sie vemutet: dan Abdastartus / und die anwesende K \nige / hatten ihr den gewißen tod des Tuscus Sicanus aus den gedanken geschwatzet / auch die Fürsten Nahor und Elhanan abgeschicket / dem weg nachzufolgen / den seine leute mit ihm genommen / üm eigentliche kundschaft von ihm einzuholen.

Weil Ahalibama eine n \tige reise nach Aroer zu thun hatte / und ihre liebste K \nigin in solchem zustand sahe / daß sie wol auf etliche tage von ihr abseyn konte / als name sie dieserwegen urlaub: und gabe ihr die K \nigin von Syrien an ihre liebste Timna viel gewerbe [866] mit / die sie bei derselben ablegen solte. Der Fürst von Edom geleitete sie dahin / und erwiesen sich diese beide nun viel vergnügter / als die vorige tage: daher jederman glaubte / daß sie nun ihrer sachen würden bäßer eins geworden seyn. Man wartete nun mit verlangen / auf die verrichtung der beiden ausgesandten Fürsten: weswegen auch alle Könige in Damasco beisammen blieben. Weil auch nun die ruhe zuließe / an alles båsser / als im anfang / da man in h \chster verwirrung stunde / zu gedenken / als forderte die schwesterliche und kindliche schuldigkeit der Königin von Tyro / des jungen Königs in Egypten /des Hemors und der Milcaride / wie auch des Sinear und Jethur / daß sie denen in dem lezten gefechte auf dem Isis-platze / tod-gebliebenen K \nigen / wie auch dem stathalter / dessen brudern dem Prinzen Bildat /und dem Ismaeliter Abdeel / die lezte ehre erwiesen /und ihre körper / nach gewönlicher balsamirung / zur erden bestatten ließen: worzu die Egyptische ärzte /als in solcher wissenschaft die erfarneste / gebrauchet wurden. Diese nun fanden / mit nicht-geringer bestürzung / in des Belochus körper ein starkes gift / welches dan viel redens verursachte: wiewol niemand auf die warheit kommen kunte / weil Abdeel / der die lezte bekentnis des Mamellus allein angeh \ret / auch todt war / und Milcaride / ihres vatters schande zu entdecken / ein billiges bedenken truge; dan dieser hatte es der stathalter vorher auch er \ffnet / welches die ursache gewesen / daß sie / aus růmlicher grosmut dieses widersprechend / darüm den tod so willig erkieset.

Diesem beispiel nachzufolgen / befahle die schöne Syrerin / ihres bruders / wie auch des Prinzen von Seir / der Prinzessinnen Andagone und C \lidiane körper /in dem gange / darin sie so elender weise befallen waren / aufzugraben. Diese betrübte verrichtung ůbername der Fůrst [867] Husan / und wurden über tausend personen dazu gebrauchet / den ort schleunig aufzuraumen. Wie sie nun etliche tage mit solcher arbeit zugebracht / fuhren einsmals die beide durchleuchtige Syrerinnen / als ihnen von den årzten / frische luft zu schöpfen / geraten worden / mit dem König von Armenien / der seine Andagone noch immer beklagte /und mit dem Prinzen von Caphtor / nach diesem gange. Wie sie nun hineingekommen / fande die Königin von Syrien ungefår die h \le / darin sie ihrem Abimelech am lezten / und den Aramenes zum erstenmal gesehen hatte. Als sie mit den andern begierig hinein trate / sahen sie / daß unferne von ihnen eine eiserne tür zugeschlagen wurde. Dieses machte sie vermuten / daß hier leute wonen müsten: und schoße es der K \nigen von Syrien gleich auf das herze / weil unter allen gefundenen k \rpern / die jenige nicht gewesen / die sie suchten / die güte des hi els m \chte sie noch bei leben erhalten haben. Sie ließe demnach alsofort werkleute kommen / die den felsen losbrechen / und also die tür ausheben musten.

Als sie dahinein traten / zeigte sich ihnen ein so unvermutetes als angenemes gesichte / indem ihnen nicht anders fürkame / als sähen sie den Aramenes und die C \lidiane: da zugleich diese Prinzessin / von einer andern dame / mit einem t \dlichen gewehr angefallen wurde / welches aber nicht sie / sondern einen andern traffe / der dazwischen gesprungen / den sie /indem er fiele / fůr den Prinzen Bileam erkenten. Wie nun auf dessen geschrei / aus der nebenhöle der Prinz Dison und die Andagone herzu sprangen / liefe in dem augenblick die K \nigin von Syrien dem Aramenes / ihrem bruder / in die arme dergleichen auch die jüngere Aramena mit ihrem Dison täte. Als auch Thogarma seine Andagone / und der dapfere Ahusath seine tochter C \lidiane erkante / eilten sie denen auch entgegen. Keines von diesen vier paren / [868] [870]hielte fůr warhaftig / was ihnen begegnete: dan die vier tod-geglaubte hatten gleichfalls die beide Aramenen fůr todt gehalten. Daher das freud-entsetzen schier das bei ihnen allerseits wirkte / was eins von dem andern geglaubet: massen sie / gleich dem felsen / der sie ümgabe / unbeweglich stunden / und nur durch die augen miteinander spracheten.

Wie nun der Fürst Husan und die andre anwesende / welche häufig hinzu drangen / mit gleicher erstarrung diese wunderdinge ansahen / zoge endlich die Dame / welche den Bileam also verwundet / ihrer aller augen und ohren an sich / indem sie folgender maßen zu reden anhube. Verwundert euch nicht / ihr anwesende! über das / so ihr alhier sehet / und wisset / daß es Dalimire sei / die alles dieses angestellet. Ich hatte / meinem hohen muht folgend / und an dem Assyrischen Monarchen mich zu rächen / den tron von Ninive mir erworben: den mir aber dieser treulose Prinz / verräterischer weise wieder entwendet. Ich ward hierdurch bewogen / meine rache wider ihn zu suchen: weswegen ich ihm heimlich bis hieher in Syrien nachgefolget. Diese höle in welche mich eine alte priesterin / die Dagone / aufgenommen / diente mir /meinen verborgenen aufenthalt in wärendem kriegswesen hieselbst zu haben. Indem ich nun eine bequeme gelegenheit zu meiner rache suchte / schickten es die götter / daß die Königin von Syrien mit dem Prinzen von Seir / und bald darauf gegenwärtige Prinzessinnen und Prinzen / in eine dieser hölen kamen. Durch eine verborgene tür / sahe und hörte ich alles /was geschahe / und wie Andagone von des Aramenes geburt erzehlte. Indem ich nun herfürspringen / und diesem erkanten König von Syrien das verräterische herze durchstoßen wolte / kamen die elemente selber meiner rache zu hülfe / daß dieser erdgang einschließend / [870] diese viere / sonder beschädigung / in diese höle herein dringen / und sie also zu meinen gefangenen / machte.

Was thut nicht die verfluchte liebe? Ich sahe kaum diesen mehr den angenemen böswicht in meiner gewalt / da entfiele mir die macht und der wille / ihm zu schaden / und ließe ich mich vor ihm sehen / nicht als eine feindin / sondern als eine / die da vermeinte durch alles das / so ich seinetwegen gethan / ihn zu bereden / daß er mir die Syrische kron / weil er mir die Ninivitische genommen / aufsetzen möchte. Dieser verächter zoge mir aber unbedachtsamer weise die Cölidiane vor / und wurde ich / wegen meiner sicherheit / genötigt / den Belopares und Sparetes / die mich hieher begleitet / zu hülfe zu ruffen / üm den Aramenes und Dison von der Andagone und Cölidiane abzusondern. Inzwischen kame der Prinz Bileam von Hemath / durch sonderbare schickung / auch in diese höle / auf anleitung der Dagons-priestere: welche jenseit des gebirges ihre verborgene zugänge hieher haben / auch uns die ganze zeit über mit speise und narung versorgen musten. Sein geschicke war dem meinigen ganz gleich / indem er die Cölidiane eben also / wie ich den Aramenes / verehrte / und gleich so übel von ihr / als ich von ihm / gehalten wurde. Alle unsere bemühungen sind bishero vergebens gewesen /sie auf andren sinn zu bringen. Belopares und Sparetes berichteten uns täglich den zustand in Damasco: da ich dan mit freuden des Belochus tod vernommen. Wie wir nun endlich auch gewar worden / daß man zu dieser höle raumte / täten ich und Bileam den lezten versuch / unsere unerkentliche auf unsere seite zu bereden. Weil aber solches nichts verfangen wolte / als triebe mich endlich die wut / wenigst meine mitbulerin hinweg zu raumen. Ich bin [871] aber so unglůcklich gewesen / daß ich / an stat ihrer / den Bileam / getroffen. Diesen fehler nun zu ersetzen / und nicht meinen siegenden feinden zu spotte zu leben / wil ich über mein leben und tod die herrschaft behalten / und als Dalimire sterben / nämlich / als die jenige / deren es nicht an muht und verstand / sondern nur am glücke gemangelt / eine krone zu tragen.

Als Dalimire dieses ausgeredet / stieße sie ihr den Dolch in die brust / und verursachte damit bei den anwesenden ein neues entsetzen: massen sie so viel verwundersames auf einmal hörten und sahen / daß sie fast dadurch aller ihrer sinne beraubet blieben. Es hatte aber / der Dalimire bericht / die hocherfreute Syrerin und ihren noch-lebenden bruder nunmehr versichert / daß sie nicht im traum / sondern warhaftig / ein ander leben sähen. Liebster Aramenes! liebste Aramena! hörte man hierauf durch die ganze höle erschallen / worunter auch des Disons name zum öftern vernommen wurde: und hätte dieser liebhaber / seine Königin ihm so gnädig ersehend / für freuden fast vergehen m \gen. Der Cölidiane vergnügung ware auch unbeschreiblich / ihren herrvattern und ihre liebste Königin / welche sie bisher als todt so schmerzlich beweinet / bei sich zu sehen. Sie liefe demnach / aus den armen des Ahusath / in die arme dieser ihrer Königin / und schrånkte die ihrigen so fäst üm dieselbe / daß es schiene / als wären sie ein leib geworden. Als auch die Andagone noch nicht wuste / wer ihr gleichmäßige liebkosung erwiese / gabe sich ihr der König von Armenien zu erkennen: und rürte diß nicht wenig ihr herz / als sie erkante / daß dieser Monarch / in so langer zeit / seine neigung gegen ihr nicht verloren.

Das gerücht von dieser wundergeschichte / erscholle alsofort durch die ganze stadt / und hielte es jederman für einen traum: daher die begierde / hiervon eigentlichere [872] kentnis einzuziehen / nicht allein fast alle einwonere aus Damasco lockte / sondern auch alle anwesende K \nige / Königinnen / Prinzen und Prinzessinnen hinaus zukommen bewegte. Sie traffen sie alle noch in der höle bei einander an / und ware ihrer aller freude ungemessen / die vergnügung dieser durchleuchtigen kinder des grossen Aramenes mit anzusehen. Der König Melchisedech und die Eurilinde /hielten die Prinzessin Cölidiane lang in ihren armen beschlossen: aus welchen Jaelinde diese ihre liebste schwester risse / und für freuden fast todt bliebe / sie wieder lebendig zu sehen. Delbora und Danede /seumten auch nicht / bei dieser ihrer freundin sich einzufinden. Der Prinz Mardocentes / dem seine wunden zugelassen / mit heraus zu kommen / konte nicht ablassen / seinem freunde dem Dison üm den hals zu ligen. Es wuste auch der Prinz Abusath seine freude nicht gnug hervor zu legen / als er seine liebste schwester Andagone wieder zusehen bekame. Hierbei entstunde unter ihnen die angenemste verwirrung von der welt / indem sie ingesamt einander fragen und erzehlen wolten / was ihnen mitlerweil in dieser höle und in Damasco begegnet war. Die K \nigin von Tyro so mit zugegen / bewunderte für allem das gerechte geschicke des himmels / bei dem fall der stolzen Dalimire / die sie da in ihrem blut vor sich ligen sahe: da dan auch Delbora sie betrachtete / und einer süße rache wegen ihrer eltern hierüber schöpfte. Die gesamte Syrische Fürsten / wie auch der alte Thebah /fielen bald ihrem K \nig / bald der Andagone zu fuß: dem ersten zu seiner Krone glück zu wünschen / und der andern für die erhaltung dieses ihres Königs zu danken.

Sie beschlossen endlich / nach der stadt wieder zukehren: da dan Aramenes / zwischen seine schwester Aramena und die Prinzessin Cölidiane / als seine zwei [873] liebste freundinnen / auf einem wagen / sich mitten einsezte. Ihnen folgte die Königin von Ninive /mit dem Prinzen Dison / und ferner alle diese königliche gesellschaft. Also hielten sie den prächtigsten einzug in Damasco: und ware nie keiner mit wenigerer zurüstung geschehen / da er doch herrlicher / als alle /geschienen. Das freudengeschrei des zulaufenden volkes ertönte gen himmel / und namen sie die einkehr auf die Kemuelsburg: alda ihre wechsel freude wieder anginge. Es verliefe damit der ganze tag / daß Aramenes / Aramena und Cölidiane einander von der Dalimire / von dem Bileam / Belochus und andren ihren verfolgern / erzehlten. Es wurde hierbei auch des geliebten Cimbers nicht vergessen: da dan Aramenes eine hohe freude entfande / zu vernemen / wie standhaft und grosmütig seine schwester / diesen unvergleichlichen liebhaber / dem grossen Marsius vorgezogen.

Gleichwie aber zuvor die schöne Aramena 'ihr cron und zepter dem König von Basan zuwenden wollen /also übergabe sie nun / mit mehrerm recht und grösserer vergnůgung / dieselbe an ihrem liebsten bruder: welcher aber solche nicht anderst annemen wolte / als dieses mächtige reich mit ihr zu teilen / massen er ihr das reich Mesopotamien / als einen teil von Syrien /ann \tigte / und muste sie geschehen lassen / daß man sie forthin die Königin von Mesopotamien nennte. Sie erinnerte sich aber der warsagung des weißen Chaldeers Nebozar / und machte ihr die hoffnung /weil nun alles das andere so wol eingetroffen / daß auch das übrige noch würde erfüllet werden / da einem von des Aramenes kindern die regirung des Celtenlandes war profezeiet worden: welches sie dan dahin deutete / daß ihr Tuscus Sicanus dieses mächtige reich einnemen und dermaleins mit ihr beherschen solte. Hiemit [874] nun sich tröstend / hoffete sie / bald gute zeitung durch den Nahor und Elhanan von ihm zu er langen.

Es ware nun alles in Damasco voll freude / ungeacht sie zwischen ihren mauren so viel königliche leichen hatten: zu denen sie auch des Bileams und der Dalimire körpere bringen liessen. Unter solcher wonne / kame der Fürst Esau von Seir / mit seiner Ahalibama und ihren eltern / wieder in die stadt: die zu Aroer diesen unvermuteten glückwechsel vernommen / und deshalben herüber geeilet hatten. Die freude ginge bei dieser ankunft von neuem an / indem der Esau seinen liebsten freund / und zwar in solcher glückseligkeit / wieder zu sehen bekame / und der alte Ana / neben der tugendliebenden Poliphide / ihren todbeweinten sohn / nunmehr ernennten Ninivitischen König / begrüssen kunten.

Esau und Ahalibama hatten zu Aroer / auf inständiges anregen des Ana / ihre heurat vollzogen: deren beispiel dan zu folge / alle verliebte in Damasco auch ihren liebsten anlagen / sie nun völlig glückselig zu machen. Weil dan deren wille ihrem verlangen gleichförmig ware / als wurden auf einen tag / nach der königlichen krönung des Aramenes und Cölidianen /dessen beilager mit derselben / wie auch des Disons mit der jüngern Aramena / des Amosis mit der Danede / des Armizar mit der Amesses / des Mardocentes mit der Petasiride / des alten K \nigs Thogarma mit der Andagone / (die hierzu von dem Ahusath / ihrem bruder / war beredet worden) und des Hadorans mit der Lantine / (darein die Königin von Tyro ihren willen gegeben / und dem Prinzen Sinear die erteilte zusage wieder abkündigen lassen) angestellet: welche krönung und sieben königliche trauungen / der gottselige König Melchisedech / in einem grossen saal / mit allem ersinnlichen pracht verrichtet. Folgenden tags wurden die [875] Prinzen Tyribaces / Jethur / Ephron und Adonisedech / an ihre geliebte Prinzessinnen / die Orosmada / Roma / Coricide und Jaelinde / auf gleiche weise / vermälet. Es war aber diese algemeine vergnügung noch unvollkommen / weil die schönste Königin Aramena allein übrig bliebe / und der jenige sich nicht einfande / der unter allen sterblichen / diese vollko enste schönheit zu besitzen / ausersehen war: da ihr dan die Hermione und Indaride / in solcher einsamkeit / treulich gesellschaft leisteten.

Wie man nun etliche tage mit diesen königlichen beilageren zugebracht hatte / sahe man die Fürsten Nahor und Elhanan in Damasco sich wieder einfinden: deren ankunft die schöne Königin zwischen furcht und hoffnung sezte / also daß sie das vermögen nicht hatte / diese beide fürsten vor sich kommen zu lassen. Aber der König Aramenes / ihr bruder / verrichtete solches an ihrer stat / und kamen also / in gegenwart der meisten von den anwesenden königlichen personen / nicht allein der Nahor und Elhanan / sondern auch der Zalmon / Petosivis und der Mitreus /von denen der erste an den Baleus nach Basan / der andere zu dem Hiarbas nach dem heer / und der dritte nach Hemath verschicket gewesen / in das gemach hinein getreten. Die schöne Aramena sahe den Nahor mit unverwandten augen an / üm aus dessen wesen ihr wol oder weh abzunemen und zu erkennen: der aber zuvor / neben dem Elhanan / ihrem neuen König zu eilte / ihm die fůße zu küssen. Wie nun ihnen zu reden erlaubt worden / begunte Nahor diesen seinen bericht abzulegen.

Gleich wie wir (sagte er) auf unserer hinreise den zum Syrischen reich ernanten König sucheten / also haben wir / bei unserer wiederkunft / unsern angebornen K \nig gefunden / und können auch nun melden /daß wir von dem grossen Tuscus Sicanus gewünschte[876] nachricht mitbringen. Dan wie wir heimlich durch das Celtische heer / die ihren kranken und verwundten König nach Basan füreten / uns hindurch stahlen /und uns allenthalben nach dem Tuscus Sicanus erkundigten / waren wir / nach vielen vergeblichen bemühungen / endlich so glückhaft / daß wir / auf dem berge Gilead / gegenwärtigen Zalmon / welcher eben von seinem herrn kame / antraffen: von dem wir vernamen / daß der König Tuscus Sicanus / bei seinem König Baleus von Assyrien und der Prinzessin Hercinde / zu Edrei / zwar krank / aber auser gefahr / sich befände / und daß diese beide sich bemüheten / die misverstände aufzuheben / die zwischen dem König Marsius und dem Tuscus Sicanus entstanden waren. Wir hörten daselbst ferner / daß die Königin Mirina /in ihrem angefangenen aufstande wider den König ihren bruder / so weit gekommen / daß sie fast des ganzen landes Moab sich bemächtigt / und daß alles in Basan sich rüstete / dieses neue unwesen zu unterdrucken. Weil aber fürnemlich unser zweck war / eigentlich zu erkundigen / wie es dem König Tuscus Sicanus erginge / als beschlossen wir / selbst nach Edrei zu gehen / und nicht eher wieder zu kehren / bis wir entweder den Tuscus Sicanus selber gesprochen / oder doch ein mehrers / als was uns Zalmon sagen können / erfaren håtten.

Wie wir Edrei erreichet / fanden wir daselbst allein die Prinzessin Hercinde: massen Baleus nach Assyrien / und Tuscus Sicanus zu seinen völkern auf das Riphatische gebirge / abgereiset waren. Weil wir /wegen bekanter ümstände / in bedenken zogen / uns vor der schwester des Königs von Basan sehen zu lassen / hielten wir uns heimlich bei einem Syrischen kaufman auf / der uns die gelegenheit verschaffte / mit dem Bato / einem von den fürnemsten feldobersten aus dem heer [877] der Aborigener bekant zu werden / welcher / üm einiger angelegenheit willen / neben andren Aborigenern / in Edrei zurück geblieben war / und seinem König zu folgen / sich verweilet hatte. Diesem entdeckten wir aller Syrer verlangen / den großen Tuscus Sicanus zum König zu haben / daß auch unsere Königin ihn bereits in Damasco öffentlich darzu ernennet / und wir in grossen sorgen stünden / wegen seines zustandes / den man uns so krank beschrieben hätte. Dem Bato kame dieses anbringen so angenem als fremd für / und gestunde er uns / daß ihm von seines Königs liebe nichts bewust gewesen / weil er solche sehr geheim gehalten: auser was er von einem seiner vertrautsten erfahren / daß er nämlich ungeliebt liebte / und daher für gram in diese krankheit geraten wäre. Er täte aber solches den andern anwesenden Aborigenern alsbald zu wissen: die mit höchster freude überfüllt wurden / durch uns das jenige zu erfahren / was sie bisher nicht ergründen können / und uns versprachen / ihrem könig hiervon bericht zu geben.

Weil wir also genug nachricht hatten / als verzogen wir nicht / wieder üm zu kehren: da der Petosiris /Zalmon / und Mitreus unterwegs zu uns gestossen: die dan selbst am bästen werden berichten können /was sie ausgerichtet. Wir stellen nun unsres Königes hohem nachsinnen heim / wie man dem König der Aborigener werde begegnen müssen / da unser gethanes versprechen / Syrien betreffend / ihm nicht kan gehalten werden. Wan ich den unvergleichlichen Cimber recht kenne / (sagte hierauf der König Aramenes) so wird ihm der verlust der Syrischen kron keinen verdrus erwecken / und er deshalben nicht ablassen / die Königin von Mesopotamien zu lieben. Weil / meines liebsten bruders begehren zu folge / (sagte die schöne Königin) [878] ich mich anheisig gemacht / diesen bescheidenen liebhaber anzunemen / als wil ich auch dabei beständig verbleiben / und fro seyn / wan ihme von mir die falsche einbildung / die ihn jezt quälet / wird können benommen werden. Diese worte brachte sie mit so muntrem und angenemen wesen fůr / daß die ganze gesellschaft ihre vergnügung mit entfunde. Es wurde folgends abgeredet / daß der König Aramenes eine gesandschaft an diesen seinen ehmals-geliebten Cimber ehist abordnen möchte.

Der Zalmon legte hierauf / den Königen von Cus und Egypten / auch den andren / die ihn ausgeschicket / seinen bericht ab / was er in Basan verrichtet: wie nämlich der Baleus den tod des Königs / seines herrvattern / sehr zu sinne genommen / dabei aber den Syrern ihr glückliches wolergehẽ / als eine billige sache / von herzen gönnte / und mit allen friedens-puncten einig wäre. Er sei nun mit der Prinzessin Hercinde völlig wieder verglichen / und wolle nach seinem reiche Babel aufbrechen / üm alle übrige unruhe daselbst zu stillen / und die waffen gegen Meden zu wenden. Petosivis brachte / dem König in Egypten / ein schreiben / von dem Prinzen Hiarbas / darin er ihm anmeldete / wie er mit seinen völkern zu der Königin Mirina ginge / des willens / sie zur billigkeit für ihren bruder anzumanen. Mytreus / der aus Hemath wieder kame / vermeldete / wie daß selbiges reich / nun der König Jobal todt / sich gutwillig unter Syrien begeben wolte. Aramenes / den Baracheel / so mit zugegen /anschauend / sagte zu ihme: Ich weiß eure beschwerung / mein vetter! die ihr wegen Hemath billig füret. Eurem sohne / dem edlen Elihu / sei dieses reich geschenket / nun der gerechte himmel / durch den untergang des Jobals kinder / selber anzeiget / wer rechtmäßiger erbe von Hemath sei. Baracheel / der solche güte von dem Syrischen König ihm [879] nicht vermutet hatte / wuste nicht worte genug zu finden / sich für diese gnade zu bedanken.

Wie nun also der friede und die ruhe in Syrien gestiftet war / und die anwesende Könige / als der Dison / Amosis / Eridanus / Armizar / Thogarma / Melchisedech / Hemor / Mardocentes / Hadoran und die Canaanitische Könige / ingleichen die Fůrsten Esau /Ahusath / Jethur / Tiribaces / Adonisedech / Ephron und Sinear / nach ihren reichen und landen wieder abzureisen gedachten / ließen sie / wegen des einfallenden winters und beschwerlichen reisens / ihre liebste Königinnen und Prinzessinnen in Damasco: die alle /auser den Königinnen von Tyro / Sichem und Saba /bei der Aramena verblieben / und an jener stat die Timna / und des Abdeels witwe / die Eldane / sich wieder einfanden. Wie sie nun also abschied namen /machte ein jeder sich anheisig / gegen künftigem früling wieder zu kommen / üm alsdan die schöne Aramena nach Mesopotamien zu begleiten. Inzwischen verbliebe / auch diese Königin / in Damasco und halfe dem König den wahren Gottesdienst wieder aufrichten: der hingegen täglich des Cimbers gedächtnis bei ihr erneurete; wiewol solches von selbst in ihrem getreuen herzen so tief gewurzelt hatte / daß diesem geliebten König bei ihr keine abwesenheit schaden kunte.


Ende des Vierten Theils. [880]

Der Fünfte Theil

Zuschrift an die unbekante Freundin
[3] Zuschrift an die unbekante Freundin: den Kupfer-Titel erklärend.
Komt schon die Trefflichkeit vor das Gesichte nicht:
Aus Strahlen / die man siht von fernen oft zu-länden /
Thut sie sich zeitlich kund / gleich als ein Fakel-Liecht.
Auf sie / das Fernseh-Glas führt Augen aller Enden.
Recht / wie der Nachtigall unsichtbares Gerücht
Ist fähig / manches Ohr geschwind ihr zu-zu wenden;
Nimt Hertzen durch den Thon auch in Hochachtungs-pflicht:
Also auch Unbekant scheint Tugend von den Hånden /
[3]
Regt wahre Freundschaft auf. Geh / Aramena! hin /
Ein solche Freundes-Huld unkentlich anzu künden.
Grab dein Gedächtnis auch daselbst inEichen-Rinden:
In dieser bilde sich der fäst-geneigte Sinn.
Noch lässt sich dieser Baum auch so geartet finden /
An ihm daß sich hinauf das Epheu möge winden.
Das Erste Buch
Die Geschichte des Nahors und der Aprite
Die Geschichte des Nahors und der Aprite.

Gleich wie ich von jugend auf das einsame feldleben /so die meinigen treiben / mit sonderbarem widerwillen angesehen / also ware mein ståtig- und einiger wunsch / daß ich m \chte von dieser lebens-art erl \set werden. Ich konte lang nicht darzu gelangen. Weil meinem vatter nichts mehr / als eben dieses / entgegen ware / daß ich nämlich den krieg mehr / als das schåferleben / beliebte / wolte er mit aller gewalt mich anhalten / der verordnung des Bethuels unsers grosvattern zu folgen / in den hůtten zu bleiben und bei den schafen meinen zeitvertrieb zu suchen. Sein ernster zwang / vermehrte erst meinen eckel / und folgte ich hierinn der unart der meisten leute / die das verbotne am eifrigsten suchen und verlangen. Mein sinnen und trachten gienge nur dahin / wie ich mit guter art in Syrien zu dem Prinzen Mamellus / als meines vattern schwestermann / kommen / und bei ihme vorschub finden möchte / in ritterschaft mich ůben zu können.

Inzwischen ich aber auf eine bequeme gelegenheit hierzu wartete / stellte es mein vatter mit eben diesem[28] Prinzen in raht / mich zu hause zu behalten: und ward für das bäste mittel erachtet / daß man mir eine frau geben solte. Daher / sonder mein wissen / Mamellus /und der Bildat / sein bruder / der meiner mutter schwester geheuratet / es also karteten / daß die Prinzessin von Elassar / die Eulea / ausersehen wurde /mir das bleiben in Haran beliebt zu machen. Also kamen diese beide Prinzen / neben ihren gemalinnen und dieser Prinzessin / nach Haran / ehe sich jemand dessen versehen k \nnen. Meine freude war unbeschreiblich / den Mamellus zu sehen: weil ich nun zu erlangen verhoffte / wornach ich so lang gestrebet. Mein sehnen ginge so sehr dahin / daß ich kaum der Eulea warname / noch ihre ankunft beachtete. Weil der Birsa / ihr herrvatter / sie zu Ur erziehen lassen /bei der gemalin des Prinzen Bildat / als hatte er ihr auch die versorgung dieser seiner tochter ůbergeben /und ihr heimgestellet / sie nach ihrem guten willen zu verheuraten. Also war diese heurat eine ganz ausgemachte sache / wie sie in Haran ankamen.

In den ersten tagen / wurde mir nichts hievon gesaget / weil sie hoffeten / der Eulea schönheit solte den anfang dessen wirken / was nachgehends ihrer aller vortrag solte zu endschaft bringen. Sie ließen uns demnach alle gelegenheit / viel beisammen zu seyn: da sie aber mit höchstem misfallen meine kaltsinnigkeit vermerkten / und wie ich nichts weniger als liebe / an mir spüren ließe. Meine mutter war die erste / die mir dieser wegen zuredte / und kan ich nicht sagen /wie ungereimt es mir vorgekommen / daß eine Königs-tochter solcher gestalt das landleben mit uns führen sollen: wie ich dan einsmals / in einem gespräche mit dieser Prinzessin / das landleben aufs h \chste verachtet. Sie hielte [29] mir hierinn die gegenseite / und versicherte mich / daß sie nie vergnügter / als in Mesopotamien gelebet. Wir kamen hierůber in wortwechselung so hart aneinander / daß ich / dieser Prinzessin niedriges gemüt verachtend / nicht alle die höflichkeit gebrauchte / die man dem frauenzimmer zu leisten schuldig ist / und dadurch anlas gabe / daß sie mit threnen von mir schiede.

Wie nun dieses gleich überall kund worden / als gebare es mir / bei meinem vatter und den andren /einen starken verweis / und brache es damit herfůr /warüm und aus was ursachen Eulea nach Haran gekommen wäre / und daß ich mich entschließen müste /diese K \nigs-tochter zu ehlichen. Meine entschuldigung war / daß / sonder einen zepter zu führen / ich diese ehre nicht begehren k \nte / und wie ich es für die h \chste unbilligkeit hielte / k \nigliche personen in unsere schåferhůtten zu bringen / und also ihren stand zu verkleinern. Man finge hierauf an / mir fürzustellen / wie diese lebens-art von dem Fůrsten Bethuel / unsrem grosvatter / nicht aus noht / sonderen aus sonderbarer beliebung / wäre fürgenommen worden / und daß die beispiele der Prinzessin Milca von Chaldea /unserer grosmutter / wie auch der Fürstin Semira von Hus / unserer mutter / genug bezeigten / wie es Prinzessinnen kein schimpf sey / den schäferstab zu führen. Es wolte aber solches alles bei mir nichts verfangen / und bliebe ich bei dem schluß / man solte mir zuvor erlauben / mich der Prinzessin Eulea würdig zu machen / ehe man mich zwingen wolte / sie zu heuraten.

Wie unlustig mein vatter / und die andern dieser wegen über mich worden / stehet nicht zu beschreiben / und zoge es ihm der Prinz Bildat am meisten zu sinne / weil er dieser heurat anfånger gewesen. [30] Dieser gabe endlich den raht / daß man mich mit gewalt zu dieser heurat zwingen solte: deme zu folg meine einwilligung nicht weiter erfordert / sonderen der hochzeit-tag angestellt wurde / da ich der Eulea die ehliche hand geben solte. Es fiele mir aber lauter unmüglich /hierein zu willigen / unangesehen ich gegen die person der Eulea keinen widerwillen in mir gefület. Demnach fassete ich die entschliessung / heimlich davon zu gehen / und mein glůck in der welt zu suchen. Meine jůngere schwester Rahel / unangesehen sie damals noch sehr klein war / muste mir bef \rderlich seyn / hinweg zu kommen: welche mir bei nacht / als die da ståts in der kammer meiner eltern schlieffe /einen guten anteil geldes und kleinodien aus dem kasten in die hand spielte / damit ich in der fr \mde m \chte zu leben haben. Ich ließe / an deren stat /durch sie eine schrift in den kasten legen / darinn ich diese meine entwendung aufs bäste besch \nte / und es doppelt zu erstatten verhieße / wan ich im krieg etwas wůrde erworben haben. Der Eulea auch allen haß zu benemen / hinterließe ich an sie ein schreiben / darinn ich mein beginnen entschüldigte / und sie / wiedaß ich / üm ihrer besitzung wůrdig zu werden / dieses fůrgenommen håtte / h \chst versicherte. Ich wil euch /mein Demas! nicht weitläufig erzehlen / wie man zu Haran meine flucht aufgenommen. Ich sage allein /daß meinem bruder Bethuel / der damals noch ein kind gewesen / nachgehends von seinem übelgeratenen bruder viel vorgesagt worden / und ich zum beispiel dienen müßen / sich an meiner that zuspiegeln und desto williger das ruhige schåferleben anzunemen: wie er dan auch solches / nach des Labans wunsch und verlangen / ståts beliebet.

Die Prinzen Bildat und Mamellus / zogen mit der Eulea [31] ganz unwillig wieder davon / und thåten mir nachmals / als ich unter dem König von Assyrien in die waffen gekrochen / alle ersinnliche hinternis / ům zu verwehren / daß ich zu keinen hohen kriegs-åmtern gebrauchet werden / und dergestalt meine ehrsucht vergnůgt sehen m \chte. Aber die gunst des Prinzen Sinear / die mich auch bei dem Assyrischen Prinzen in wolneigung gesetzet / ersezte die verfolgung dieser beiden widrigen vettern / und erlangte ich durch dessen vermittelung / daß der K \nig von Babel mich in verschiedenen feldzügen / bald wider die Bactrianer /bald gegen die Teutschen / bald gegen die Meden /mitgehen ließe: Da mir dan das glůck nicht entgegen schiene / sonderen ursach gabe / so wol in deme / was meine ehre / als auch / was mein ehrliches auskommen beförderte / mehr dan wol zufrieden zu seyn.

Weil üm selbige zeit etwas vorfiele / so den K \nig von Babel antriebe / dem König Birsa hülf-v \lker nach Elassar / wider seine aufrůrische unterthanen /zu zusenden / als traffe es eben mich / diese hůlfe dahin zu fůhren. Also sahe ich nun wieder / zu Susa /die Prinzessin Eulea / deren damals von dem Elamiten Berug / welcher einer von den vier regenten in Elimais war / aufgewartet wurde. Ich machte bald wieder meinen frieden bei ihr / wie sie mir verg \nnte / daß ich ihr dorfte meine ursachen můndlich fůrtragen / die mich bewogen aus Mesopotamien zu gehen. Weil sie mir nicht übel wolte / auch mich in meiner damaligen rittertracht wol so angenem / als zuvor in der hirtenkleidung befande / gabe sie nicht unklar zu verstehen / daß ich ihr wol so lieb / als der Berug seyn solte /wann ich dessen platz bei ihr zu vertreten mich entschließen würde. Wie mich nun solches annoch zu frůhzeitig důnkte / und ich erst recht [32] beståndig mein glück einzurichten gesinnet war / als ließe ich mich nicht weiter gegen ihr heraus / dan daß ich von der zeit erwarten můste / ob der himmel mich ausersehen hätte / meine gedanken nach einer großen Königs-tochter lenken zu d \rfen. Hieneben riete ich ihr ab /daß sie ja nicht dem Berug die ehliche hand geben solte / und vergnügte sie so sehr mit dieser lezten bezeugung meiner zu ihr tragenden gedanken / als wenig sie sonst damit zufrieden bliebe / daß ich mich noch so weit warfe / sie selber zu begehren.

Wir wurden damals eben wider die kinder Eden zu feld gefůhret / die der Birsa bekriegte: daß ich also die Eulea verlassen muste. Ich war aber nicht lang von hofe gewesen / da thäte sie mir zuwissen / wie der König ihr herrvatter gånzlich gewillt wåre / sie dem Berug zu geben: deshalben ich kommen m \chte / sie zu erl \sen. So ungern ich nun solches hörte / so unmüglich fande ich es / diese ihre befreiung werkstellig zu machen. Und ob ich sie schon entführen können /so wåre mir doch mit keiner Prinzessin auf solche weise gedient gewesen. Ich verzoge derhalben etliche zeit / ehe ich ihr antwortete: inzwischen ich immer von ihr mehr und stärkere anmahnungen bekame. Also ward ich endlich bewogen / von dem feldherrn Belopares verlaub zu begehren / üm nach Susa zu reisen. Ich wuste selber nicht / was ich daselbst thun wolte / und mehr von ehrsucht als liebe getrieben /volführte ich meinen weg bis etliche stunden von Susa: da ich die nachricht erhielte / daß des Berug beilager mit der Eulea schon volzogen wåre. Daß mich dieses solcher massen solte betrübt haben / wie es die verzweifelte liebe erfordert / kan ich nicht sagen. Ich kehrte zwar traurig zurůcke / doch dergestalt / daß ich mich bald wieder [33] tr \stete / und allgemach der Eulea so gar vergaße / als wan ich sie niemals gekennt håtte.

Was mir nun an ihrer person entzogen worden /solches ersezte mir das glück anderweit / durch erlangung vielen geldes und gutes / also daß ich mit reicher beute aus Elassar hinweg zoge. Um nun den zorn meiner eltern zu tilgen / und ihnen in erstattung des entwandten meine gethane zusage zu halten / kame ich /nachdem etliche jahre verlaufen waren / unvermutlich in Haran wieder an / und theilte den meinigen von meiner erlangten beute so reichlich mit / daß ich dadurch ihre huld bald wieder gewonne / und alles vorgegangene vergessen machte. Wie auch der Laban sahe / daß meine neigung gånzlich dahin gerichtet bliebe / dem krieg ferner nachzufolgen / gabe er seinen willen darein / und g \nnte mir / daß ich zum andermal dorfte von ihm ziehen. Ich ginge / mit dem Prinzen Baleus / in den Ophirischen krieg: welcher als er sich / wie weltkundig / geendet / und wir nun mit dem Assyrischen heer zu Babel wieder angelanget / wurde mir / neben andern kriegsbedienten / von dem König die landschaft Mesopotamien angewiesen / mit unsern v \lkern uns dahin zu verlegen / bis wir / nach ankunft des Assyrischen Prinzen / mit dem v \lligen heer weiter zu gehen / wůrden befehligt werden. Ich war fro / daß mich / bei dieser v \lker verlegung / die reihe eben traffe / nicht nach Haran / sondern hieher nach Amida zu kommen: weil ich also den meinigen keine plage seyn dorfte.

Ich wuste aber nicht / daß es der himmel also versehen hatte / üm die gegen der Eulea erwiesene kaltsinnigkeit an mir so sehr abzustraffen / und zu Amida mir meine freiheit zu nehmen. Ja / liebster bruder! und [34] wehrter Demas! dieses war also ůber mich bestimmet / und wil ich euch nun sagen / wie es mir bei dieser meiner ankunft ergangen. Gleichwie ihr jezt alhier /mein Demas / das amt eines verwesers in dieser landschaft versehet / also war damals der Almesia ihr mann der jenige / der solches amt verwaltete. Es ist euch der Liches wol bekant: daß ich also nicht ursach habe / euch denselben weitlåufig zu beschreiben. Dieser / aus antrieb seiner eigensinnigkeit / wolte mir verwehren / ům Amida meine leute zu verlegen / und wiese mich nach Samosata an den daselbst sich befindenden haubtman: eine sonderbare freiheit fůrschützend / welche die von Amida stäts gehabt håtten / von keinen kriegs-völkern belegt zu werden. Weil ich / als ein Syrer / bei meinen untergebenen Assyriern leichtlich einen verdacht auf mich håtte ziehen k \nnen / als wan ich gar zu gut für dieses landvolk wåre / und weil sie / als ermüdete soldaten / sehr verlangte / einiger ruhe zu genießen / als muste ich / auf ihren antrieb /wider den Liches gewalt gebrauchen / als der ganz unbesonnener weise die schåfere zusammen gerottet und dieselben angefrischt hatte / mir den durchzug bei einem paß / den der berg Masius unfern von hier machet / zu verwehren. Alda gabe es nun ein ungleiches gefechte / und der ungedůltige soldat / durchdringend / begunte in dieser landschaft nach eigenem mutwillen und gefallen zu leben: welches ich vor der hand nicht gleich verwehren kunte / weil diese aufrürische hirten dadurch musten bestraffet und die ergrimte soldaten dergestalt besånftiget werden.

Wie nun hierdurch die stille ruhe / deren die schäfere bei ihren heerden genossen / gånzlich aufgehoben /und alles üm Amida in die h \chste verwirrung [35] geraten / da ich auch den Liches gefangen zu nemen mich nicht entbrechen k \nnen: mochten kaum drei tage nach meiner ankunft verstrichen seyn / da wurde mir in Amida eine schåferin für gebracht / die man /wegen eines an einen der fůrnemsten haubtleute von unsrem heer begangenen mordes / hatte gefangen genommen. Als ich sie zur verhör kommen lassen / kan ich nicht sagen / ob ihre wunderschöne / oder ihr majestätisches unerschrockenes wesen / oder diese ihre dapfere that (die man mir zugleich erzehlte) mich am meisten bewogen und eingenommen habe: massen meine augen / ohren und sinne so v \llig bezaubert wurden / daß ich das in dem augenblick an mir zu fühlen begunte / was ich vordessen nie entfunden hatte. Ihre anklågere brachten nach der länge vor / wie ihr haubtman / der sich Mesistus genant / diese dirne /welche sie unter den hirtinnen gefangen bekommen /zu seiner lust gebrauchen wollen: da sie aber / mit unerh \rter verwegenheit / sein schwerd ergriffen / und ihn damit dermassen verwundet / daß er davon sterben müssen. Eine angeneme schamr \te ůberzog ihre wangen / als man mir diese that / die man ihr anmuten d \rfen / so offentlich erzehlte.

Nachdem ich ihr befohlen / sich zu verantworten /sahe sie mich mit solcher herzhaftigkeit an / zugleich ihren unmut erweisend / daß sie båßer die stelle des richters / als eines beklagten / hätte bekleiden m \gen. Ich habe zu der verantwortung nichtes hinzuzufügen /(sagte sie) die meine anklågere bereits fůr mich gethan / und verhält es sich allerdings / wie sie zu meiner rechtfärtigung erzehlet haben. So haltet ihr das (fragte ich sie) für ein geringes / an einen k \niglichen haubtman hand anlegen? Um meine ehre [36] zubewahren / ( antwortete sie ganz mutig) wolte ich K \nige selbst also abfärtigen / wan die des sinnes wůrden / den der ehrlose Mesistus erweisen d \rfen. So beherzter reden (versezte ich) håtte ich von einer gemeinen schåferin mich nicht versehen. Versichert euch / Fürst von Haran! (gabe sie zur antwort) daß alle meine gespielinnen in Amida also reden werden / wie ich / und daß nicht der stand / sondern die tugend / herzhaft mache.

Es will aber der thon eurer sprache anzeigen /(sagte ich ferner) daß ihr nicht in diesem lande bürtig / und das ein anderer ort / als Amida / so kůhne dirnen herfůr bringe. Ich bin hier freilich fr \md / (widerredte sie) doch habe ich unter denen von Mesopotamien soviel tugend und erbarkeit / als schande und laster unter den Babyloniern / gefunden. Wofern aber der Fůrst Nahor mich und die andere bedrangte hirtinnen nicht schützen wird / so wil ich sagen / daß er unwürdig sei / zwei so tugendhafte schwestern zu haben /als der himmel ihme gegeben. So sind euch (fragte ich) meine schwestern bekant? Ich habe zu Haran (antwortete sie) so viele gůte von des Fürsten Labans kindern entfangen / daß ich niemals ihre gesellschaft wůrde verlassen haben / wan nicht eine sonderbare ursach mich dazu bewogen hätte. Ich erzehle euch alle diese kleine gespråche / die ich mit der schöne Aprite geführet / ům euch dadurch fürzustellen / welcher gestalt ich den liebesgift / wiewol unvermerkt / in mich gesogen habe.

Ich ließe sie hierauf wieder abfůhren / und fande zwar in ihrer that viel mehrers / das lobwůrdig / als das strafbar ware: ich muste aber / den Assyriern zu gefallen / diese meine gedanken verbergen / und / des entleibten Mesistus fürneme verwandten zu [37] vergnügen / diese sache fůr den feldherrn Laristhenes gelangen lassen / welcher mit seinen völkern zu Phalaga sich befande. Dieser wolte / in der ersten hitze / so fort mit ihr zum feuer / und bekame ich diesen unverhofften befehl / als jezt mein liebes feuer gegen diese sch \ne immer größer wurde: massen es mich auch getrieben / meine gefangene zum öftern / wiewol heimlich / in ihrem gefångnus zu besuchen. Weil ich so eine grausamkeit von dem Laristhenes nicht vermutet / als hatte ich die Aprite auf ihre erlösung gewiß vertr \stet / auch / üm in allen dingen ihr zu fugen / ihr zugelassen / daß eine schäferin / Baalise genant / stäts bei ihr bleiben dorfte / die sie überaus liebte / und allen ihren trost in deren gesellschaft fande. Ich wuste nun nicht / wie ich diesen dingen thun solte / und den ůblen bescheid verbergend / den ich entfangen / ritte ich selbst nach Phalaga / ům den Laristhenes mit beweglichen grůnden zu mildern gedanken zu bereden.

Alles was ich erhalten k \nnen / ware dieses / daß man ihr das leben geschenket: im ůbrigen solte sie aus Amida schimpflich verwiesen / und vorher / andern zur abschreckung / an einen pfal gestellet werden /welches in Mesopotamien für die höchste beschimpfung und fůr unehrlich gehalten wird. Ich muste also wieder abziehen / und damit zufrieden seyn / daß ich der Aprite zum wenigsten das leben gerettet hatte. Sobald ich nach Amida wieder gekommen / verzoge ich wol acht tage / ehe ich / dieses urtheil ergehen zu lassen / mich entschließen kunte / und geriete in die h \chste betrůbnus: wie dan jederman eine große ånderung an mir verspůrte. Ich hielte aber alles das / so mich hierbei krånkte / für ein sonderbares mitleiden gegen der tugendhaften Aprite / und wolte mir selber nicht gestehen / daß ich [38] diese bettlerin liebte: ob ich wol in mir alle die wirkungen fůhlte / die eine håftige liebe zu erwecken pfleget. Ich nenne sie eine bettlerin: weil ihre armut so groß war / daß sie bei andern hirtinnen zur heür innsaße / und ihre nahrung damit verdienen muste / daß sie ihnen das vieh hütete / und auf die weide triebe. Dieses ihr unvermögen / auch der unbekante stand / samt der ihr nun bevorstehenden beschimpfung / machten mich innerlich beschamt / einige liebe gegen ihr zu entfinden.

Weil nun solche / durch ihr anschauen / immer gemehret wurde / als name ich mir vor / sie nicht mehr zu sehen: zumal ich auch nicht wuste / was ich ihr sagen solte / nachdem ich gehalten war / das beschlossene urteil über sie ergehen zu lassen. Ich befahle demnach einem von meinen treusten kriegshaubtleuten / das urteil an der Aprite zu volstrecken / und sie folgends nach Haran zu meinen schwestern zu bringen: die ich bitten ließe / sich ihrer anzunemen. Ich stellte auch diesem haubtman eine stuck geldes zu / die er der Aprite / wan sie wůrde in Haran angekommen seyn / von meinetwegen zustellen solte. Ich selber reisete von Amida hinweg: weil mir unmüglich fiele / dabei zu seyn / wan man mit der Aprite also verfahren wůrde. Indem ich nun zu Samosata in schmerzlichster unruhe mich aufhielte / wurde / auf dem großen markte zu Amida / die unschůldige Aprite an den schandpfal gestellet / und folgends /gleich den schåndlichsten mißtätern / aus selbiger landschaft verwiesen. Man kunte mir nicht gnug beschreiben / wie freudig sie sich hiebei erzeiget / und wie sie es für die h \chste ehre gehalten / üm solcher that willen solche schmach zu leiden. Sie hatte auch die und ümherstehende und håftig weinende hirtinnen[39] vermahnet / ihrem beispiel zu folgen / und / zu erhaltung ihrer wahren ehre / diese vermeinte ehren-kränkung nicht zu scheuen.

Als der haubtman / den ich ihr bis nach Haram mitgegeben wiederkame / erzehlte mir der auch / wie willig man in Haran diese schöne aufgenommen / wie Lea und Rahel sie gleich als in einem triumf eingeholet / und sich im geringsten an ihrer erlittenen beschimpfung nicht geårgert håtten / sie in ihre gesellschaft nicht kommen zu lassen / und sie anderst als lieb und wehrt zu halten. Ich kan nicht beschreiben /was ungemeine vergnügung mir dieses erwecket. Als er mir aber ferner sagte / wie daß Aprite das geld / so ich ihm für sie mitgegeben / keines wegs annehmen wollen / und er daher genötigt worden / es der Rahel zu hinterlassen / welche über sich genommen / es der Aprite noch beizubringen: bekame meine vergnůgung eine starke beunruhigung zur begleiterin / indem ich mir fürstellte / daß diese schöne einen haß auf mich müste geworfen haben / weil sie / bei ihrer bekanten grossen dürftigkeit / von meiner hand etwas anzunemen / verschmähete. Ich bildete mir vor / daß diese schöne mich vielleicht für die ursache ihrer beschimpf- und verbannung halten würde: wiewol ich /durch meinen hauptman / sie eines andern versichern lassen / und daß ich zu allem diesem gezwungen würde.

Ich entschlosse demnach selbst eine reise nach Haran zu thun / ům mir die vergnůgung wieder zu geben / die mir das anschauen der schönen Aprite erwecken kunte. Bei den meinigen aber die wahre ursach dieser meiner hinreise zu bergen / kame mir sehr wol zu statten / daß der damalige Kron-prinz von Babel / Baleus / ůber Haran nach Syrien reisend /bald dahin kommen wolte: deme ich dann entgegen /und mit ihm vollends nach [40] Damasco zu gehen / befehligt war. Als ich nun die gegend Haran erreichet / liesse ich alle meine leute von mir nach der stadt gehen /und begabe mich ganz allein unter die hirten: die nur den ort zeigeten / wo meine schwester bei den schafen sich aufhielte. Weil die verliebten sehr scharf sehen /wurde ich bei ihr der Aprite huld gewar: die aber nun båßer als sonst / unter den andern herfůr schiene /weil sie der Rahel ganz gleich gekleidet war / und nicht mehr so armselig sich sehen liesse. Es ist zu erachten / wie mich dieses ergetzet: weil ich daraus vermutete / daß mein geld diese änderung ihres zustandes bei ihr würde zu wege gebracht haben.

Der fürwitz triebe mich / weil ich sie mit meiner schwester ämsig reden fande / ihrer unterredung heimlich zuzuhören. Demnach schliche ich hinter den baumen hinzu / und als ich ganz nahe gekommen / h \rte ich eben die Aprite also reden: Dringet nicht ferner in mich / sch \ne Fürstin! euch zu entdecken / was meine tränen verursachet! massen ich / sonder an meinem Gott / bei dessen namen ich / solches niemanden zu offenbaren / geschworen / treubrüchig zu werden /nicht wůrde thun k \nnen. Weiß doch die Baalise euer anligen? h \rte ich Rahel antworten: Liebet dan diese euch mehr / als ich thue? Baalise (fuhre Aprite fort zu reden) ist allezeit und ůberall in meinem leiden zugegen gewesen: daher ich ihr das nicht vertrauet / was sie selbst mit belebet / auch daran nicht wenig anteil hat. So folget dann hieraus nicht / daß ich meine Für stin / die mir so viel gutes thut / weniger lieben solte /als die Baalise. Nachdem sie biß gesagt / wolte sie der Rahel die hånde küssen: die ihr aber / an deren stat / den mund darreichete.

Indem wischete ich hinter den bäumen herfůr / und ganz vergnůgt / sie in solcher freundschaft beisammen [41] zu wissen / ließe ich mich von ihnen sehen / und machte mit meiner ankunft bei meiner schwester so grosse freude / als viel bestůrzung ich bei der Aprite erwecket. Dann / als ich jene geküsset / sahe ich diese hinweg eilen. Ich rieffe ihr zu: sie solte doch nicht fliehen / weil sie in Haran nicht ursach hätte / mich zu fůrchten / als wie in Amida / da ich / wider den meinigen / der grausamen Babylonier willen erfůllen müssen. Mir ist (antwortete Aprite) zu Amida von dem Fürsten Nahor nichts böses wiederfahren / und habe ich / was man mir / zu verkleinerung meiner ehre / daselbst erweisen wollen / als die h \chste ehrbezeigung aufgenommen: weil man / mich für aller welt aufstellend / derselben damit kund gemachet / daß ich die ehre und das glůk gehabt / meine ehre zu retten und zu bewahren. Ihr seit freilich / (gabe ich zur antwort) mehr beehret als beschimpfet worden: welches auch mich / der ich dieses ungerechte urteil ergehen lassen můssen / getr \stet und beunruhiget / ob es gleich die unbesonnene Babylonier nicht also verstanden. Eure dapfere that verdienet / daß man euch in Mesopotamien eine ehrenseule / zum ståtswårenden gedåchtnis /aufrichte / und damit euren ruhm der nachwelt kund machen.

Aprite schluge zu diesen worten / aus schamhaftigkeit / die augen nieder / und kame damit mehr gesellschaft zu uns / die mich bewillkommeten / worunter auch etliche von unsern brüdern waren: daher ich mich entsahe / vor so vielen aufmerkern mit der Aprite ferner zu reden. Ich nam derhalben die Rahel bei der hand / und sonderte mich von den andern ab / ům allein mit ihr zu reden und von der Aprite zustand etwas ůmståndlichers zu erfahren. Weil Rahel mich /von Kindesbeinen an / vor allen ihren geschwistern geliebet / als konte ich [42] mich ihr auch am sichersten vertrauen: daher ich ihr nicht verhelete / wie mir die Aprite so wol gefiele / und sie bate / mir zu sagen /was sie eigentlich von ihr wůste. Also erfuhre ich /daß Aprite und Baalise / vor weniger zeit / ganz dürftig und armselig nach Haran angekommen wåren /und in unsers vatters haus ihren aufenthalt gesuchet /auch solchen so fort erlanget. Ich vername / daß sich gleich ihre ungemeine tugend herfür gethan / und darüm Lea die Baalise / Rahel aber die Aprite / ihr mehr zu freundinnen als mägden erkieset / auch in vertraulicher gesellschaft mit ihnen gelebet. Diese hatte lang ruhig gedauret / bis des Oberpriesters im tempel des Teraphim einziger sohn / der Chersis /sich so heftig in die Aprite verliebet / daß er dafür nicht ruhen können: weswegen sein vatter bei dem Laban zu weg gebracht / daß diese beide frömde Haran verlassen / und nach Amida sich begeben müssen. Weil aber Chersis ihnen dahin gefolget / wäre der Oberpriester bewogen worden / diesen seinen sohn gar aus Mesopotamien hinweg zu nemen / und nach Ur zu schicken: da er sich auch noch befånde.

Als Rahel mir dieses sagte / kunte ich mir nicht wehren / ihr in die rede zu fallen / und sie zu fragen: warum dan / der Oberpriester Telecles / dieser liebe seines sohnes so entgegen wäre? Ist das auch fragens würdig? (antwortete mir Rahel / mit verwunderung) Telecles hat ja mehr als grosse ursach / dieser liebe seines sohns zu widerstreben / weil sie seinem ehrenstand und hohem haus ein ewiger schimpf seyn würde. Diese worte der Rahel machten mich err \ten /und sie / die meine änderung beachtet / mich üm deren ursache befragen. Ich wurde ůber mich selbst ungedultig / daß ich also mein gemüt entdecket / und daß meine jůngere [43] schwester / die so viel jahre weniger als ich hatte / mich lehren solte / wie die gebůr unsers Fůrsten-standes erforderte / durch eine gemeine heurat denselben nicht zu entehren. Ich bliebe demnach ganz verwirret über dem / was ich antworten wolte / und sagte endlich zu der Rahel sonder auf ihre frage bescheid zu geben: Ihr liebet ja einander so sehr / wie ich iezt wargenommen / daß ich vermeine / ihr wůrdet dieses glůck / des Telecles sohn zu ehlichen /ihr nicht misgönnen können.

Keines wegs wolte ich (gabe mir Rahel zur antwort) ihr dieses misg \nnen / wenn es ihr håtte werden m \gen. Sie ist aber selber so hochverståndig / daß sie dergleichen / was ihr nur haß und verfolgung erwecken wůrde / nicht begehret; und überdas allem heuraten so gar zu wider / daß der ihr freund nicht bleibet /der ihr solche dinge fürsaget. Ich habe ja diese tage mit ihr gescherzet / das ich sie wolte meinem manne zum kebsweib geben: daß ihr aber so entfindlich zu h \ren gewesen / daß ich gnug mit ihr zu schaffen hatte / es ihr wieder aus dem sinne zu bringen. Solte dann das (fragte ich / mit nicht minderer verwirrung /als zuvor) dem Fürsten Jacob / oder euch selbst /nicht nachteilig seyn / eine solche ehegesellin zu bekommen? Keines wegs! (antwortete Rahel) weil ein kebsweib von herkunft seyn darf / wie sie wil / und zu keinem geschlechte gerechnet wird. Diese worte brachten mir in die gedanken / auf solche weise die Aprite für mich zu begehren: und offenbarete ich hierauf der Rahel diese meine meinung / ihr nichts verhelend / von allem dem / was ich in mir entfunden / seit daß ich diese sch \ne zu Amida gesehen. Weil Rahel mich liebte / und die Aprite sonders verehrte / als wůnschte sie / dieses mein verlangen erfüllet zu sehen. Sie verschwiege mir aber nicht / daß auf der[44] Aprite seite hierzu wenig hoffnung wåre: weil sie / da ihr das heuraten zuwider / viel weniger auf solche weise den ehestand belieben würde. Sie erzehlte mir nun ferner / wie daß sie immer traurig wäre / und stäts weinete / wann sie sich allein såhe: welches dann aus einem sonderbaren anligen herrůren müste.

Nachdem ich ihr hierauf dieses mein anligen båster massen anbefohlen / und mich folgends allein befande / erwoge ich meinen gefassten entschluß: der mir eher entfahren war / ehe ich ihn recht bedenken k \nnen. Ich hatte mir selbst noch nie gestehen wollen / daß ich liebte / muste es aber nun gern nachgeben / und fande meine liebe so häftig / daß ich mich selbst dafür entsezte. Mein hoher geist verkleinerte mir die Aprite dermassen / daß ich sonder err \ten an sie nicht gedenken konte: da hingegen meine liebe sie dermassen erhube / daß ich sie weit ůber die Eulea und alle k \nigliche Prinzessinnen schätzete. Ich halte mich aber mit allen diesen kleinen sachen so lang auf / daß ich besorge / meinen zuh \rern damit einen verdruß zu machen. Ich wil mit wenigem nur noch dieses sagen /daß nach meiner ankunft in Haran / ich keinen tag verabseumt / die Aprite zu suchen und mit ihr zu reden. Einsmals name ich anlaß / gegen ihr es zum höchsten zu beklagen / daß ich nicht lieber alles mein glück bei den Assyriern verscherzet / als daß ich zu gelassen / daß man dergestalt zu Amida mit ihr verfahren. Worauf sie mir zur antwort gabe: Ich håtte ihr keinen gr \ßern gefallen / als eben diesen / erweisen k \nnen. Als ich nun inståndig bei ihr anhielte / mir dieses zu erklåren / sagte sie endlich: Håtte der Fůrst von Haran sich anderst hierin gegen mir erwiesen / so möchte meine ehre gar leicht eine böse nachrede bekommen haben / als wan diese barmherzigkeit des Nahors [45] aus unzimlichen dingen herrůrete; daß mir dan unerträglicher / als der tod / würde gewesen seyn. Schöne Aprite! (antwortete ich ihr /) ich weiß nicht /was es euch für üble nachrede bringen solte / wan schon die welt aus dieser meiner barmherzigkeit erkant hätte / daß ich euch liebe. Diese meine worte machten die Aprite err \ten / und da sie zu antworten verzoge / fassete ich sie bei der hand / zu ihr sagend: Vermeinet ihr dan / sch \nste hirtin! daß man eure augen ansehen könne / sonder deren gefangener zu werden? und sehet ihr mich fůr so unentfindlich an /daß mich eure himmlische sch \nheit nicht verwunden solte?

Diese meine freie erklärung setzete sie in åusersten zorn / und sagte sie / mich ganz verächtlich anschauend: Eben also redete mit mir Mesistus / und wie ich deme den lohn gegeben / den er verdienet / so bin ich auch fähig / gegen die ganze welt meine ehre zu verteidigen. Hiemit ginge sie von mir / und hatte ich nicht den muht / ihr zu folgen / ware auch so gar aus mir selber / daß ich wol fühlete / wie ich nicht fähig wäre / ihren zorn zu ertragen. Ich ginge / des andern tags hiernach / zu meiner schwester / ům die anzutreiben / daß sie der Aprite den vortrag thäte / wie ich sie zum kebsweibe begehre. Ich muste aber von ihr vernemen / wie die Aprite bei ihr gewesen / und sich zum höchsten ůber mich beklaget / daß ich sie so hoch beleidigt; und als sie hierauf meine meinung ihr entdecket / sey sie mit solchem widerwillen abgewiesen worden / daß sie die geringste hoffnung für mich nicht übrig sehen k \nte. Alle diese widrige bezeigungen der Aprite vermehrten nur meine liebe / und name darbei meine ehrerbietung gegen ihr also zu / daß ich soviel herze nicht mehr hatte / mich ihr zu nåhern / sondern sie / gleich der höchsten K \nigin der welt / [46] förchtete. Also bliebe sie von fernerer verfolgung meiner liebe unangefochten / und verschobe darum ihr vorhaben /Haran zu verlassen / weil sie ohn zweifel vermutete es würden mir diese gedanken gegen ihr wieder vergangen seyn.

In solcher zeit / kame der Prinz Baleus in Mesopotamien / und war ich gehalten / mit demselben nach Damasco zu reisen: da ich dan / vor unsererm Aufbruch / nochmals gelegenheit suchte / mit ihr von meiner liebe zu reden. Ich fand sie / den abend zuvor /bei meiner schwester / da sie sich meiner ansprache gar nicht versehen. Ich lage ihr zu füßen / ehe sie und die Rahel meiner gewahr geworden. Alles / was nur eine heftige liebe hervorzubringen vermag / wurde dieser unempfindlichen angebracht: die aber mit solchem hochmut mich abwiese / daß auch Rahel / so lieb ihr sonst die Aprite war / zu unwillen gegen ihr darduch bewogen wurde. Ich mußte nun also sonder hoffnung hinweg scheiden / und weil unwille und liebe mich zugleich besaßen / fühlte ich nachgehends manchen kampf in mir / welches von diesen beiden überwinden sollte: da dan / bald die liebe / bald der haß / die oberhand bei mir behielten. Mit solchen anfechtungen verbrachte ich in Syrien die ganze zeit. Es verursachte zwar die große unruhe in Damasco / daß ich zuweilen der Aprite vergessen / uns wichtigere Dinge beobachten mußte: wiewohl allemal / so oft ich meinen gedanken gehör geben kunte / ihr bild sich meinem gemüte / und zwar mit dem größten annehmlichkeiten / fürstellete / wodurch meine liebe stäts bei nahrung erhalten wurde.

Wie nun / in vergangenen herbst / diese große änderung in Syrien sich begaben / und wir so unvermutlich / des Babylonischen jochs entledigt / unsern rechten [47] herrn / den König Aramenes / wieder bekahmen /entstunde zwar / bei allen Syrischen Fürsten / als des Königs blutverwandten / die hoffnung / daß sie nun bei dieser neuen Regierung bässer zeit haben / und mehrerer glückseligkeit genießen würden. Es wiese sich aber / daß der Fürst Baracheel des Königs vorhaben billigte / daß alle tempel und deren geistliche in Damasco hinweg geschaffet wurden: die sich da an uns hängten / und uns um schutz anflehten / so aber von uns vergeblich fürgenommen wurde.

Ich spürete nachmals / weil ich für die ehre der götter zeimlich frei geredet / daß des Königs und der Königin angesicht gegen mir nicht war / wie sonsten /und wurde ich endlich bewogen / den hof zu verlassen: zumal mir auch / in der gesandschaft an den König der Aboriginer / des Mitreus fürgezogen wurde / da ich die ehre gesuchet / diesem König die heurat unserer Königin anzutragen. Also begabe ich mich/im anfang des winters hieher in Mesopotamien /meine schöne Aprite zu Haran noch zu finden vermeinend. Ich wurde aber bei meiner ankunft innen / daß sie / und zwar meinet wegen / sich von dar hinweg begeben: weil der Laban / unser vatter / etwas von meiner gegen ihr tragenden Liebe erfahren / und darum durch schimpfliches reden sie veranlasset habe / unser gegend zu verlassen. Wie dieses mich geschmerze /kann ich nicht beschreiben: wiewol ich / gegen die meinigen / außer der Rahel / solches nicht ausließe. Nach fleissiger kundschaft / erfuhre ich endlich / daß Aprite in dieser Landschaft [48] Amida sich aufhielte: dahin sie nun frei kommen dorften / weil der Babylonier herrschaft und gewalt in Mesopotamien nun zum ende war / und sie nach deren verbot sich nicht mehr zu richten hatte.

Meine liebe triebe mich so fort / hieher zu kommen: und werdet ihr / mein Demas! euch noch wol erinnern / wie ich heimlich die herberge bei euch genommen / und durch eure vermittelung allhier verborgen geblieben / daß niemand / wer ich war / erfahren m \gen. Wie ich nun unter der hirten-tracht / des folgenden tags nach meiner ankunft / den unseren von hie belegenen tempel des Teraphim besuchet / hatte ich das glůck / daß ich in demselbigen die Aprite unter anderen hirtinnen erblicket. Hatte nun bisher /die abwesenheit / meiner liebe nit schaden k \nnen / so werde dieselbe nun ům soviel mehr vergr \ßert / da ich diese sch \ne wieder in die augen bekame / die ich noch eben so liebreitzend als vor dem befande: massen alle die große unvergleichliche schönheiten / die ich entzwischen in Damasco gesehen / die verwunderung vor die Aprite in mir nicht vermindert hatte. So sch \n aber ihre gestalt war / so armselig sahe ich sie herein gehen. Ich stellte mich unter den andern hirten /und fragte einen meiner beistehern / auf die Aprite zeigend / ob ihm selbe schåferin bekant wäre? Dieser berichtete mich hierauf ümståndlich / wie Aprite bisher / neben noch einer andern frömden / bei ihnen gewohnet / und eine eigene schåferei geheuret / aber derentwegen / weil sie nicht bezahlen können / mit einem schäfer / namens Oromedon / im recht lebte: worüber folgenden tags / vor dem verweser Demas /da die sache anhängig / ein urteil solte gesprochen werden / welches wol für diese beide frömde nicht zum bästen ablauffen wůrde.

[49] So sehr mich nun dieses schmerzte / so begierig ware ich / der Aprite hierunter zu dienen / und name ich mir für / ihr ein stuck geldes / zu bezahlung der kaufsumme austruge / darzuzehlen / und verhoffte /mich dadurch in ihre gunst wieder zusetzen. Nachdem ich den folgenden tag mit verlangen erwartet / wurde da in eurem hause / mein Demas! diese sache zwischen dem Oromedon und der Aprite und Baalise fürgenommen: da dan / wie ihr noch wissen werdet / dem Oromedon dieser beiden ihre schäferei zugesprochen worden / woferne sie nicht in kurzem ihme die zahlung thun wůrden. Sobald nun euer haus von dieser schäfer-gesellschaft wieder geledigt worden / folgte ich heimlich der Aprite / wiewol von fern / auf dem fusse nach / und wie ich ihre wonung in der stadt Amida bemerket / ginge ich zu ihr hinein: da ich sie bei der Baalise sitzen und weinen fande. Sie kenneten mich anfangs nicht / unter dieser hirten-kleidung. Wie ich aber anhube zu reden / und mich ihnen zu offenbaren / spürete ich / daß solches eine ungemeine bestürzung bei der Aprite erweckte. Ich hatte so viel geld /als sie dem Oromedon auszahlen solten / mit mir genommen / finge / üm mich damit angenem zu machen / meine unterredung damit an / und ůberlieferte es der schönen Aprite / sich und die schäferei dadurch frei zu machen.

Was hatte da diese grausame zu thun? An stat / daß sie mir hiefůr dancken / und über so unverhofter hülfe sich fr \lich anstellen sollen / ließe mich ein erzůrntes unwilliges gesicht sehen / und sagte mir frei in die augen: Es wůrde ihr die armut und herzens not nicht so unerträglich seyn als / daß sie mir auf einige weise verpflichtet leben solte. Ich vermeinte sie auf einen gelinderen sin zu bringen: aber es vermochte alles nichts [50] bei ihr / und lieffe sie endlich von mir hinweg in den molken keller: den sie hinter ihr verschlosse /und mich also mit meinem gelde bei der Baalise allein ließe. Dieser sprache ich nun ferner zu / ihre freundin auf andere gedanken zu bringen / und richtete bei der so viel aus / daß sie das geld zu sich name / und die Aprite zu bereden verhieße / daß sie es von mir annåme: daher ich etwas wol gemut von dannen schiede. Aber des andern morgens kam ein kleiner hirtenknab in meine kammer / der mir mein geld wieder brachte /und sofort wieder hinweg eilete / daß ich ihm nichtis sagen kunte.

Ich spürete nun hieraus / daß Aprite nicht zu bereden wåre / und bewunderte die ungemeine grosmut dieser hirtin. Bald hernach vername ich mit nicht geringer befrömdung / daß Aprite und Baalise sich für mågde an die Almesia / des Liches witwe / verkaufet: die dafůr den Oromedon bezahlet / und den schäferhof eingenommen / welchen den sie solang besitzen und geniessen wolte / bis Aprite und Baalise so viel würden verdienet haben / daß sie ihn selbst wieder annemen k \nten. Wiewol ich nun hierdurch von meiner liebe hätte sollen abgeschrecket werden / so fůhlete ich doch zum gegenspiel / daß Aprite mir gleich angenem verbliebe / sie mochte magd oder Königin / reich oder arm / veracht oder geehret seyn: wie ich dan hierauf aus dieser landschaft so verliebt wieder hinweg zoge / als ich jemals mochte gewesen seyn.

Ich schämte mich aber in Haran / der Rahel / nun ferner zu gestehen / daß ich Aprite / als eine magd /noch liebte: und / ům so wol meiner eltern verlangen /als meine liebe zu vergnůgen / folgte ich dem beispiel meines brudern / des Bethuels / (welchen die liebe zu gleicher entschließung gebracht /) und begabe ich mich in das hirtenleben / das ich zuvor mein lebenlang gehasset. [51] Um aber den Jacob und unseren andren brüdern keinen eintrag zu thun / verließe ich Haran /und begunte in Amida mein wesen anzufahen. Allhier habe ich nun zum \ftern meine schöne gesehen: die aber / so sehr ich mich üm den genuß ihrer gegenwart bemůhet / so sehr hingegen die meinige zu meiden und zu fliehen sich beflissen. Ich habe aber nun bei mir fest gesetzet / sie zur rechtmäßigen Ehe zu begehren / und dadurch zu ersetzen / daß ich ihr vordessen angemutet / mein kebsweib zu werden / wovon auch nichtes in der welt mich abbringen sol: und finde ich so große ungemeine tugend bei dieser schönen / daß sie unmüglich von gemeiner geburt seyn kan. Es wird mich auch nicht beschimpfen k \nnen / wann ich eine so tugend vollkommene schönheit / sonderlich bei diesem landleben / das wir führen / in dem Fůrstenstand erhebe.


* * *


Als der verliebte Nahor hiemit seine rede geendet /und mit fleis die neue eifersucht / die ihme sein erkanter mitbuhler verursachet / verschwiegen hatte / ům diese beide Fůrsten / welche daselbst ganz unbekant seyn wolten / nicht melden zu d \rfen / stunden Bethuel und Demas an / in erwågung / wie håftig dieser Fürst seine liebe fürgebracht / ihn so fort davon abzumahnen. Indem wurden sie alle dreie gewar / daß unfern von ihnen / ein wagen mit etlichen reisenden personen / durch den fluß Masca setzete / und zwar an einem orte / da der strom gar tief war: daher / weil diese fr \mde / so der furt nicht recht kündig / daß auch die schnelle flut den wagen ůmwiegte / und also diese reisfahrende in leib- und lebens gefahr stürzte. Diese dreie nun / vom mitleiden gereget / liefen ungesäumet den berg hinab / und [52] rieffen ihren unfern davon sich befindenden hirtenknaben / eiligst herbei zu kommen / und diesen fr \mden beistand zu leisten. Wie sie nun an das ufer gelanget / fanden sie alda zu gutem glück etliche kleine nachen: welche sie so fort los schnitten / und musten sich etliche von den knaben hirten hinein werfen / und nach dem orte fahren /da dieser ümgeworfene wagen samt den verwickelten pferden im strom lage / allwo die darinn sich befindende personen eiligster hülfe mehr dan h \chst ben \tigt waren. Indem nun etliche die strånge der pferde losrissen dieselbe zu retten / boten die andern denen im wasser ligenden ihre hirtenstäbe und fischerstangen / an die sie sich hielten / und damit in die kähne gezogen / auch so fort zu lande gebracht wurden.

Dieser unbekanten waren fünfe / und unter denselben drei weibspersonen: von welchen die eine / die wegen ihrer pråchtigen kleidung und aus anderen anzeigungen die fürnemste zu seyn schiene / mit solcher fürtrefflichen sch \nheit herfür leuchtete / daß der schrecken und die ausgestandene todes-angst solche keines wegs zu verdunklen vermocht hatten. Und Nahor von dem wunderglanz seiner Aprite eingenommen war / ingleichen der Bethuel eine von den fůrnemsten sch \nheiten der welt geliebet / auch annoch ein dergleichen wunderwerck der natur liebte / so blieben sie doch beide / neben dem Demas / ganz verwunderet / als ihme diese frömde zu gesicht kame: und musten sie gestehen / daß sie wenig ihres gleichen gesehen / und daß / auser den beiden Syrischen Aramenen und der K \nigin von Syrien / keine den vorzug ůber sie mit fug begehren k \nte. Weil sie von dem bereits-eingeschlukten wasser ziemlich geschwächet / und von der nässe schier verklummen war / als bedankte sie sich gegen ihre erlösere / fůr [53] die erwiesene hülfe / mit wenigen / jedoch sehr angenemen worten! der Demas erbote sich also fort / sie mit den ihrigen in sein haus aufzunemen / daß sie alda dieses erlittenen unfalls sich erholen möchten: welches sie sehr erkentlich anname.

Hierauf wandte sie sich nach ihren beisichhabenden / und fragte / ob der Megadostes noch nicht bei ihnen wäre? Indem aber dieselben ihr bescheid geben wolten / ersahen sie ihn eben / wie mit etlichen seiner dienern zu pferd er durch den strom sezte / und auf sie zukame / auch / weil er die rechte flut getroffen /glücklich hindurch kame. Dieser gabe seine ansehnliche Majestetische gestalt / im nåher kommen / den anwesenden Mesopotamiern vollk \mlich zuerkennen /truge seinen arm in einer schårpe / und bezeugte mit gebärden seine bestürzung / diese fr \mde dame in solcher gestalt zu finden. Nachdem er vom pferd gestiegen / und diesen unfall mit wenigem vernommen /wandte er sich zu dem Nahor und den andern / und sagte: Ihr habet / edle hirten! diese guthat keinen undankbaren erwiesen / und werdet auch / gegen versicherung gewißer erkentnüs / fernere gütigkeit einwenden / dieser sch \nen euren hůlflichen beistand zu leisten. Wir bieten alles an / was wir verm \gen / (gabe Nahor zur antwort /) einiger massen durch unsere dienste die ungelegenheit zu ersetzen / so dieser sch \nen von den unbescheidenen wellen zugezogen worden: massen die hirten unseres standes / ohne entgelt gastfrei und dienstfårtig zu seyn / alhier gewonet sind.

Weil die zunemende schwachheit der fr \mden nicht vergönnte / sich alda länger aufzuhalten / als brache der unbekante das gespräche ab / fassete diese dan unter den arm / und hube sie mit des Nahors hůlfe auf den wagen / den inzwischen die hirtenknaben aus dem strom herbei [54] gebracht hatten: worauf der Demas nach seinem hause voran ginge / ům ihnen den weg dahin zu zeigen. Aus h \flichkeit / wolten Nahor und Bethuel sie dahin begleiten / namen derhalben den fr \mden ritter zwischen sich ein / und folgten also dem wagen nach. Unterwegs bewunderte dieser fr \mde nicht wenig die grosse zurůstungen / die ihm in die augen fielen / da das ganze gefilde mit hirten / schäfferinnen und heerden / auch mit mannigfaltigen triumf- und ehren-pforten angefůllet ware: daher er sich nicht enthalten kunte / nach dessen ursache zu fragen. Wir erwarten heut unsre K \nigin (gabe ihme Nahor hierauf bericht /) die aus Syrien zu uns kommet / ům forthin allhier / und zwar auf jenem schloße / welches Samosata genant wird / ihre regierung ůber Mesopotamien zu fůhren. Es ist ohne zweifel weltkündig / was große änderungen bei uns in Syrien sich zugetragen / und wird dannenhero auch mein herr von diesem glůck-wechsel wissenschaft haben / den uns der gütige himmel erleben lassen / und der den heutigen freuden tag begehen machet.

Wem solte nicht bekant seyn / ( antwortete der frömde) wovon der ganze erdboden mit verwunderung redet? daß aber eben der heutige tag den Mesopotamiern ihre weltberümte K \nigin bringen wůrde / solches ist mir / als einem fr \mden / unbekant gewesen: und finde ich in mir / ungeacht meiner sonst-schlechten begierde nach allen händeln der welt / ein ungemeines verlangen / diesen königlichen einzug mit anzusehen. Es ist solcher (sagte Nahor) der beachtung eines fr \mden noch wol würdig / zumal die fůrnemste und sch \nste gesellschaft / so jezt lebet / heute zugleich in Mesopotamien erscheinen wird. Es ist darum auch fůr etwas sonderbares zu achten / daß diese sch \ne / welche wir jezt [55] begleiten / sich auch eben heut allhier einfinden müßen. Eure h \flichkeit erweiset sich in allen dingen / (gabe der frömde zur antwort /) und wan man aus eurem beispiel von den andren Mesopotamischen hirten urteilen mag / so můssen alle leute von hof hieher zur schule kommen / ům von euch recht leben zu lernen. Nahor lachete hierzu / sonder es zu beantworten / und bothe ihm an / verordnung zu thun / daß er seine begierde vergnügen / und den k \niglichen einzug mit ansehen k \nte: welches der frömde mit hohem danke anname.

Unter solchen gespråchen / gelangten sie in des Demas behausung: der so fort befohle / ein feur anzuzünden / daß dabei die frömden sich wårmen und abtruckenen könten: welches dan gleich / in einer bequemen kammer vollzogen wurde. Es funde sich / zu gutem glůck / eine wase des Demas / die vor weniger Zeit aus Aroer zu ihm gekommen / noch im hause / da alle die andern im feld waren: die dan / die bewirtung dieser ankommenden / ůber sich nemen kunte. Als sie nun hand mit anlegte / die fr \mde abzukleiden / inzwischen Demas mit den andern in ein nebenzimmer gegangen war / dünkte sie diese sch \ne zu kennen /wie sie dan endlich anhube zu ruffen; Ihr götter! ist es wol möglich daß ich meine Ahalibama habe. Diese worte veranlasten die sch \ne / die sich also nennen hörte / der andern recht unter augen zu sehen: die dan auch von ihr erkant / und mit ihrem namen Sataspe genennet wurde. Hierauf fielen sie einander üm den hals / und war diese angekommene üm ruhiger als zuvor / weil sie so bekanten leuten war in die hände gerahten. Als aber ihre erste freude vorbei war / bate sie die Sataspe / ihren namen und stand heimlich zu halten / weil ihr sehr viel daran gelegen wåre: welche ihr solches verhieße / gleichwol [56] ihre h \chste freude nicht verbergen kunte / ihre so geliebte Fůrstin bei sich zu sehen.

Inzwischen nun dieser Fůrstin alle pflege / deren sie auch mehr / als ben \tigt / widerfuhre / erfuhre auch der fr \mde ritter / im gespråche mit dem Nahor und Demas / was dieser Fürst und der Bethuel für schäfere waren: daher er noch mehr / als zuvor / ihnen so wol seine erkentlichkeit als höflichkeit erwiese. Dem Demas wurde von dem Nahor aufgetragen /diese seine neue gåste / der K \nigin und ihrer fürtrefflichen gesellschaft einzug / mit aller bequemlichkeit anschauen zu machen. Weil nun damit der mittag einfiele / namen Nahor und Bethuel / wegen der angelegenheiten dieses tags / ihren abschied von dannen: und musten sie / wie begierig sie auch waren / diese frömde zu erkennen / sich mit gedult fassen / auch hierzu einer bequemen zeit erwarten.

Wie sie nun hierauf nach des Nahors Hůtte giengen / üm alda das mittag brod zu essen / wandte sie der Fürst Elihu von ihrem fůrhaben ab: welcher ihnen begegnete / und sie n \tigte mit ihm zu speisen. Sie fanden bei demselben / die fürnemsten aus Amida / und erzeigten sie sich alle sonders fr \lich / auser dem Elihu / Nahor und Bethuel: welche mehr ihren eigenen gedanken / als den fůrfallenden gesprächen gehör gaben. Oromedon der fůrnemsten und reichsten schåfern einer / der diese traurigkeit fůr allen andern in acht name / und die begebenheiten / welche Elihu und Bethuel in Damasco gehabt / guten theils wuste /name daher gelegenheit \ffentlich also zu reden: daß der Fürst von Ram / wie auch der Bethuel / an diesem freuden-tag so still und voll gedanken sich befinden /bewundere ich nicht / weil es sonder grosse verånderung bei ihnen nicht zu gehen [57] kan / daß sie die jenigen sch \nheiten wieder sehen sollen / die ihnen ehmals ihre freiheit genommen. Was aber den Nahor beunruhige / kan ich nicht begreiffen.

Weil nun durch diese freche worte alle drei fůrsten zugleich angegriffen worden / als wolte zu erst keiner unter ihnen dem andern vorgreiffen / solche zu beantworten / ob schon iedem tief zu herzen gangen. Weil aber Nahor gegen dem Oromedon / wegen der seiner Aprite erwiesenen unh \flichkeit / einen alten groll hegte / als brache er zu erst heraus / mit diesen worten so wol sich / als die andern zu verantworten: Sei versichert / Oromedon! daß die ankunft unserer K \nigin und der andern K \niglichen gesellschaft / als ihrer blutsfreunde / uns näher als euch angehe / und wir daher / unserer vergnügung ein åuserliches zeichen von uns zu geben / nicht nötig haben. Welcher gestalt Elihu und mein bruder ihre freiheit bei den beiden durchleuchtigen Aramenen verloren / oder wieder gewonnen / davon gebůret euch nicht zu urtheilen. So werde auch ich dem Oromedon von meinen gedanken keinen zoll geben d \rfen / dem ich ja mit keiner schuld verhaftet bin / ům deren willen von ihm angeklagt zu werden / mich befahren müsse. Alle anwesende gönnten dem hochmutigen Oromedon / diesen verweis des Nahors / sonders gern: der aber darům nicht nachgeben / sondern mit harten widerreden sich weiter zu verantworten wolte. Weiln nun Nahor sich auch je mehr und mehr erhitzete / als wåren sie wol mit harten worten an einander gerahten / wan nicht Athamias heimlich bestellt hätte / daß man mit den waldhörnern und schalmeien / hinter der tafel angestimmet: welches grosse gethön die fernere wortwechselung einstellen machte.

Wie nun die malzeit verrichtet / begab sich die gesellschafft [58] wieder von einander / und zwar ein jeder an das ort / wohin er bei entfahung der K \niglichen gesellschaft zu erscheinen / verordnet war. Elihu und die beide brůder von Haran / blieben noch eine weile beisammen / und als sie endlich sich auch auf den weg macheten / nach ihrem ort zu gehen / sagte Elihu: Ich muß bekennen / daß Oromedon mich getroffen / in dem ich keine geringe gemütsbewegung in mir entfinde / nun die zeit sich nähert / darinn ich der schönsten K \nigin von der welt sol wieder ansichtig werden /die ich mit so grosser hofnung geliebet. Es gehet mir fast auch also: (erwehnte Bethuel) jedoch bleibet dabei meine entschliessung fäst / an stat der K \nigin von Ninive / diese drei unbekante sch \nheiten beständig zu lieben / die den Fürsten von Ram zu meinem Mitbuhler machen.

Wehrter Bethuel! (antwortete Elihu) nicht allein mein gehorsam / der K \nigin Aramena in ihrer ruhe forthin keine hinternus zu bringen / und die anmahnung der wahrn vernunft / von einer unmüglichen liebe abzustehen / sondern auch der wunderglantz dieser dreier unbekanten / haben euch fürnemlich von unserer Königin frei gemachet / und nun in andere hande geleget: die üm so viel verwundersamer sind /weil sie mein herz zugleich zu dreien fůhren / die ich mit gleicher liebe und ehrerbietung anbete und verehre. Es musten auch / (setzte Nahor hinzu /) ihrer dreie seyn / daß sie der gr \sten schönheit die gegenwage halten k \nten. Und wie ihr sie wol ehe beschrieben /so můste nichtes vollkommenes in der natur zu finden seyn / wan dieselbe eine person aus diesen dreien gemacht håtte. Wan das geschehen wåre / (sagte Bethuel) so würde ich nicht mit solcher ruhe / als wie ich thue / den Fürsten von Ram für meinen mitbuhler [59] erkennen: Da ich nun versichert bin / daß er mir nicht mehr als eine von diesen dreien nemen kan / und also meinen theil mir überlaßen muß. Ich finde aber /(wandte Elihu hingegen ein) nichts schwerers in der welt / als hierinn eine wahl zu treffen und bin versichert / wan ich eine von diesen dreien meine aufwartung wol aufzunemen beredet hätte / würde ich die so fort nicht so sch \n / als wie ihre beide schwestern /befinden.

Ich bekenne / (sagte Nahor /) daß der weiße Elihu uns andere entschuldigen kan / wan wir ungereimt lieben. Jedennoch (gabe Bethuel hierauf heimlich zur antwort) ist unter deiner und unserer wahl ein großer unterschied. Du darfst mein bruder! (antwortete Nahor gantz laut / daß es Elihu h \ren kunte) vor dem Fürsten von Ram wol öffentlich von meiner liebe reden / weil / dieselbe gegen aller welt zu gestehen /ich kein bedenken mehr habe; und wil ich diesen klugen Fůrsten zu unseren richter erkiesen / und die frage seinem urteil untergeben / ob ich nicht bäßer / als er und du / in der liebe gewehlet. Bethuel err \tete / seinen bruder also reden zu h \ren / weil er sich fůr dem Elihu schåmte / daß der diese ungereimte liebe gegen der Almesia magd erfahren solte. Wie er demnach zu antworten verzoge / verrichtete Elihu solches an seiner stat / und erwiese keine geringe begierde / des Nahors liebesbegebenheiten zu erfahren: die ihnen dan dieser verliebte Fürst / mit eben den ůmständen erzehlete / als er den vormittag seinem bruder und dem Demas gethan hatte.

Wie nun dieses zum ende / und Bethuel dem Elihu eben einen wink geben wolte / seinem bruder in dieser ungereimten liebe einzureden / erlangten sie post / wie daß die gantze königliche gesellschaft ankåme: daher sie / diese [60] unterredung bis zu bequemer zeit ausstellend / ieder nach seinem ort eilete. Den Bethuel war der v \rderste nahe beim Dorf Sarug angewiesen /allwo auch der vörderste ehrenpforte aufgerichtet stunde / und das gebiete von der landschaft Amida anhube. Bei ihnen befanden sich zweihuntert hirten / die alle aufs båste / nach ihrem stand und lands art / sich ausgezieret hatten / und an beiden seiten vor ihre heerden in zimlicher ordnung stunden. Sobald sie von weitem die königlichen trompeter vernamen / begunten sie auch ihre feldschalmeien zu bestimmen. Sie sahen erstlich eine große menge Syrischer Fürsten und adels / auch der andren Königin hofbedienten / ankommen: worauf ihnen endlich ihre unvergleichliche K \nigin / auf einem wagen / zwischen ihren bruder /dem K \nig Aramenes von Syrien / und der K \nigin C \lidiane / seiner gemalin / sitzend / zu gesicht kame / und solche mit majestet vermängte holdseligkeit und anmut von sich blicken ließe / daß sie in ihrer aller hertzen zugleich verwunderung und liebe erweckten.

Nachdeme sie durch die ehrenpforte gefahren / trat der höfliche Fůrst Bethuel / mit etlichen von den fůrnemsten selbiger landschaft / zu der Königin an den wagen / und bewilkommte sie mit einer kurzen rede / ihr zugleich / im namen der ganzen schäffergesellschaft / einen ůberaus köstlichen triumfwagen anbietend / und sie bittend / daß sie ihr / auf selbigem ihren einzug zu halten / wolle belieben lassen. Nachdem die K \nigin Aramena / dem Bethuel / mit sonderbarer hochachtung fůr seine person / seine rede beantwortet / sahe den König ihren bruder und dessen gemalin an / sie mit den augen fragend / ob sie solches für gut ansahen: welche es nicht allein mit einem wink bejaheten / sondern ihr selbst behülflich waren /von dem ihrigen ab- und auf den andern wagen [61] zu steigen. Dieser wagen / ob er gleich von schåffern her kame / war dennoch so überaus prächtig / daß seines gleichen vorhin nie war gesehen worden. Er war mit dem reinsten gold üm und ům überzogen / auch allenthalben mit kränzen und gebänden von obst und blumen behånget: welche von gold verfärtigt / und nach ihren natůrlichen farben mit rubinen schmaragden / safiren / diamanten und anderer art edelgesteine reichlich besetzet warn. Vier weiße arabische pferde zogen diesen wagen / welche pråchtig-gestickte decken auf sich ligen hatten: und schiene es / als wan sie nun noch eins so mutig gingen / weil sie das aller edelste gesch \pf der welt füreten.

Der Fůrst Bethuel begrůßete hierauf ferner die nachfolgende königliche personen: unter denen / als der K \nig und die K \nigin von Syrien in ihrem wagen vorbei waren / auf dem dritten die jůngere Aramena / Königin von Ninive / sich zeigete: welche diesen ihren ehmals treu eifrigen und beståndigen aufwårter nicht sonder entfårbung und große bewegung anschauen kunte: Wiewol er hingegen sie mit einem so freien wasen entfinge / daß niemand / der ihn vordessen so verliebt betrachtet / ihn nun mit solcher liebe noch behaftet glauben konte. Dieser sch \nen Königin saße zur seiten / ihre alte freundin die Ahalibama / die gemalin des großen Edoms: welche / bei diesem einzug / an ihrer seite die stelle des Königs von Ninive vertrate / weil der und Esau / ihrem versprechen zu wider / sich nicht eingefunden håtten. Auf dem vierten wagen / folgete die K \nigin von Ophir /die angeneme Amesses und Lantine die Königin von Elam und Moab: die auch / mit schmerzlichen verlangen der ankunft / ihrer geliebten K \nige erwarteten. Ingleichem unvergnůgen saße die Roma / des Jethurs gemalin / auf dem fůnften wagen / vergesellschaftet[62] mit der K \nigin Hermione / der Prinzessin Indaride aus Ophir / und der Fůrstin Timna.

Nach diesen / erschienen alle die Könige mit ihren gemalinnen / welche bei antretendem früling / abgeredter massen / in Damasco eingelanget waren / als der K \nig Amosis von Egypten mit seiner geliebten Danede / der König Eridanus von Cus mit seiner tugendhaften Delbora / der junge Tiribaces mit seiner nunmehr ihm ganz ergebenen Orosmada / (welchem sein herrvatter / selbigen winter zu Tyro sterbend /diese kron hinterlassen hatte) der Mardocentes aus Arabien / mit Petasiride / seiner dapfren Königin von Saba / der gottsfürchtige K \nig von Salem mit seiner grosmůtigen Jaelinde / und dan der Prinz Ephron von Canaan / mit seiner getreuen Coricide. Diese königliche reihe beschlossen endlich / die Mehetabeel aus Seir / die Fůrstin Eldane und viele von den Syrischen Fürstinnen / samt dem frauenzimmer aller dieser K \niginnen: daß dan einen so unvergleichlich prächtigen einzug machte / dergleichen niemals vorher in der welt gesehen worden. Neben den K \nigen von Ninive / Ophir / und Elam / auch den Fürsten von Edom und Hevila / waren noch ausen geblieben / der Thogarma K \nig von Aramenien mit seiner Milcaride / die alte Königin von Tyro / und Ahusath der Prinz von Caphtor. Aber alle diese wurden so sehr nicht vermisset / als der geliebte Cimber: welchen iederman / an diesem ehrentag / seiner unvergleichlichen Königin hatte mögen an die seite wůnschen.

Wie nun diese G \tter gesellschaft / unter dem zuruff der Mesopotamier / die das wort / Es lebe Aramena! tausendfältig und unaufhörlich gen himmel schikten / zu dem andren haufen / dem der Fürst Nahor [63] vorstunde / gelanget / und nun durch die zweite ehrenpforte passiret waren / bewilkom auch dieser seine Königin mit nicht minderer guter art / als wie vorher sein bruder gethan hatte: und kunten alle die jenigen / so ihn vordessen im kriege gesehen / diesen neuen hirten nicht gnugsam bewundern. Er überreichte gleichfals der K \nigin / im namen der ganzen schäfer-gesellschaft / ein geschenke / welches in vielen heerden von schafen und låmmeren von ziegen / rindvieh / und camelen bestunde: welche letzere mit allem hausgerät beladen waren / welche zu anstellung einer meierei erfoderet werden. Mit diesen geschenken håtten / die hirten und schåferinnen / sich zu beiden seiten des wegs in ordnung gestellet: und schenkte ihnen / ihre gůtige Königin / für diese bezeigung ihres guten willens / ihr herze / welche sie / durch ihre holdselige blicke / einen jeden mittheilete. Nach diesen / ließe sich eine große månge kinder von beiderlei geschlechte sehen / die mit einem großen freudengeschrei ihre K \nigin bewilkommete / und teils blumen und kränzen auf den weg streueten / teils auf kleinen trommeln / geigen und pfeifen sich auf das lieblichste h \ren ließen.

Diese unschüldige gesellschaft / begleitete sie bis an die dritte ehrenpforte / da ihrer der Fůrst Elihu wartete: welcher / mit niedergeschlagenen augen / üm nicht von neuem der Königin wunderkraft zu entfinden / sie gleichfalls im namen des Mesopotamischen volkes entfinge. Die K \nigin entfunde keine geringe bewegung / als sie diesem Fůrsten erblikte. Nachdem er seine rede / mit der einladung zu einem nahe darbei in einer Låube angestelten gastmal beschloßen / sagte sie zu ihm: Ich habe mir heut das glück nicht vermutet / den König von Hemath allhier zu sehen. Gleichwie die unvergleichliche gůte [64] der K \nigin Aramena /(gabe Elihu zur antwort) mir diese wůrde bestimmet hat / also hab ich dieselbe einem vatter ůberlassen /der den zepter zu führen / bässer als ich verstehet: und schätze ich mich viel seeliger / allhier in Mesopotamien ein hirt / als zu Hemath ein K \nig zu seyn. Diese worte des Elihu trieben der Königin eine r \te aus /weil sie aus diesen worten fast schließen muste / als wan diesem Fürsten / den sie sonst so hoch verehrte /seine liebe noch nicht vergangen wåre. Weil aber daselbst die zeit nicht war / in ein gespråche sich einzulaßen / ließe sie sich allein willig vernemen / bei dem gastmal zu erscheinen / dahin sie auch sofort zu fuhren.

Im annåheren / sahe sie eine große schaar der Mesopotamischen schäferinnen / alle in weiß gekleidet /und mit kleinen blumen-hüten bedecket / ihr entgegen kommen. Weil ein ebener anger diese schöne gesellschaft truge / da es ganz bequem zu gehen war / wolte die K \nigin auch nicht ferner auf dem wagen fahren /sondern stiege aus / und ginge diesen schåferinnen gleichfalls entgegen: da dan alle die andere königliche personen ihrem beispiel folgeten / und damit / sich unter diese gesellschaft mängend / eine angeneme unordnung machten / und sich also von selbigen sch \nheiten / die nicht gemein waren / bewilkommen ließen. Almesia / die witwe des vorigen verwesers in Amida / und die Aneriste / des verwesers Demas hausfrau / waren die jenigen / welche ihre K \nigin /im namen der anderen / entfingen: von deren sie hinwieder / nicht als schäferinnen / sondern als wan sie ihres standes gewesen wären / mit der gr \sten leutseligkeit aufgenommen wurden. Die sch \ne Amphilite /wie auch die angeneme Artainte und Sandanise /schienen am meisten herfür / und hatten das glück /den preis der sch \nheit für allen andren [65] davon zu tragen: indem zu ihrem vorteil diente / daß der Almesia zwei schöne mågde / die Aprite und Baalise / nicht mit zugegen waren.

Die Königin von Ninive fragte mit großer begierde / nach den beiden schönen t \chtern des Fürsten von Haran / und vername / daß sie noch zu Haran wåren: Wie dan auch Ahalibama nach den Prinzessinnen Ardelisie und Amorite sich vergeblich ümsahe / welche sie noch lebend glaubte / ob man sie schon ganz gewiß todt gesagt hatte. Indem sie aber also ümschauete / sahe sie unversehens zu ihren füßen den Demas ligen / der mit tausend freud-bezeugungen sich ihr für den jenigen zu erkennen gabe / den sie ehmals / neben der Aramena / aus ihrem gefångnüs zu Salem erlöset. So lieb ihr nun ware / diesen ihren getreuen landsman / der ihr so große dienste gethan / nun wieder zu sehen / so schmerzlich stieße ihr dabei an / die gedächtnůs ihres so lieb gewesenen Eliesers: daher sie / mit augen voll thrånen / ihres damals-erlittenen verlusts sich erinnerend / den Demas entfinge. Die junge Königin Orosmada von Tyro / die ihr eben zur seiten stunde / verwiese ihr diese thränen / und sagte: Sie müste solche entfindlichkeit gegen den Elieser nicht mehr hegen / nun sie des Edoms gemalin wäre. Worauf diese betrůbte Prinzessin zur antwort gabe: Es gehet dem Edom hiebei nichtes ab an der treue / die ich ihm gelobet / und wůrde er selbst / wan er zugegen wäre / meine thränen billigen. Dieses gespräche h \rte der Prinz Adonisedech mit an / der dan zu der Orosmada sich nahete / und ihr in das ohr raunete: So höre ich wol / sch \ne Orosmada! daß fůr den armen Adonias kein erbarmen übrig wåre / wan er dessen vonn \ten hätte. Zu diesen worten errötete die Orosmada / welches [66] [68]dan Tiribaces / ihr gemal / von weiten sahe / und dadurch zu nicht-geringer eiversucht bewogen wurde / welche aus all zu håftiger liebe gegen ihr entsprungen.

Diese königliche gesellschaft kame endlich / durch anführung der hirtinnen / an den ort / da von laub und allerhand wolriechenden gesträuchen eine große hůtte aufgebauet stunde / und darinn die malzeit auf das herzlichste angerichtet stunde. In blauen irdenen Schüßeln / die man aus Ophir bringet / wurden alle speisen / und in dergleichen schalen allerhand milch zwischen den speisen aufgesetzet / auch alles / was nur selten und sonderbar / herbei geschaffet: daß also diese malzeit so wenig / als die übrige entfahung / zu gemeinen hirten sich reimte.

Wie nun alle königliche personen sich gesetzet /und nicht allein von den hirten und schäferinnen bedienet / sondern auch von viel tausend menschen /durch die allerseits gemachte \ffnungen / angeschauet wurden / gesellte sich Demas inzwischen zu seinem gaste / den er selbigen vormittag / in sein haus aufgenommen / und ihm versprochen / ihn alles / was diesen tag vorginge / sehen zu machen. Zu dem ende fürete er ihn hinter die tafel / und zwar an einen ort / da eben eine mit blumen ümwundene seule stunde / hinter die er sich bergen / und also ungesehen alles mit anschauen kunte. Er war eben gerad gegen die sch \ne Königin von Mesopotamien ůber / zu stehen gekommen: deren wunderschein er / bei seiner sonst-gew \nlichen traurigkeit / nicht genug betrachten kunte. Er war noch in diesem anschauen vertiefet / als unversehens nahe bei ihm / etliche hirten hervor sprangen: von denen einer der jenigen dame / an der tafel üm den hals fiele / die den rücken zu ihm gekehrt hatte. Gleicher freiheit gebrauchten sich noch [68] drei andere hirten / die eben auch / wie der erste / der die Königin Lantine ümarmet hielte / mit den K \niginnen von Ninive / und Ophir / und mit der Roma / sich gemein machten. Wie dieses nun ein allgemeines geschrei und schrecken über der tafel erweckte / als sahen sich die beide Prinzessinnen Indaride und Ahalibama / welche der K \nigin Lantine zu rechten saßen / nach diesem frechen hirten üm: den sie sofort fůr den Hadoran /und die drei andere für die K \nige Dison / und Armigar / und fůr den Prinzen Jethur erkennten.

Es vergingen aber / dem fr \mden gaste des Demas zugleich fast alle sinne / als er dieses mit ansahe / und kunte er auf die freude nit acht haben / so die unvermutete ankunft dieser drei lezten / bei den Königinnen / ihren gemalinnen / auch bei der ganzen gesellschaft /erwecket. Es fehlte nicht viel / daß er nicht / gleich ihnen / an die tafel hinzugedrungen. Doch begriffe er sich wieder / zu sich selbst sagend: Ach nein! meine augen triegen mich / ich sehe die nicht / die ich zu sehen vermeine. Indaride und Ahalibama wandten hierauf ihre angesichter nicht mehr herüm / weiln sie zwischen sich und der K \nigin Lantine für den Hadoran raum gemacht hatten; daher dieser unruhige zuschauer den Demas / seinen beisteher / mit bebender zunge fragte / wer die personen wåren / welche iezt von der K \nigin Lantine sich abgesetzet hätten. Die eine (antwortete ihm Demas) ist die Prinzessin Indaride von Ophir / des Königs Armigar schwester: welcher iezt / mit den Königen Dison und Hadoran / und mit dem Fürsten Jethur / sich hier eingefunden; die andre aber ist die Fůrstin Ahalibama / die gemalin des Fürsten Esau von Seir. Diese nachricht setzete den fr \mden fast vollends aus sich selber / und wolte er daselbst nicht [69] långer verweilen / sondern: muste ihn also / ein hirtenknabe des Demas / wieder nach dessen behausung begleiten.

Die freude inzwischen / so der Dison / Armigar /Hadoran und Jethur bei ihren geliebten erwecket / ist nicht zu beschreiben / und hatte das fragen kein ende /wie es ihnen in der zeit ihrer abwesenheit ergangen wäre? Weiln aber ort und zeit nicht zuließen / solche befragungen ausfůrlich zu beantworten / als ward solches auf bequemere zeit ausgesetzet / und erzehlten sie vor der hand nur kůrzlich / was gestalt die anderen dreie zu den K \nig Dison nach Ninive gekommen /und daselbst miteinander die abrede genommen hatten / sich als schäfere zu verkleiden / und also ihre liebste gemalinnen in Mesopotamien zu entfangen. Hierbei beschriebe ein jeder seiner K \nigin / wie sie kaum das verm \gen gehabt / sich so lange zu bergen / bis die malzeit angegangen.

Wolte Gott! (sagte die vergnůgte Königin von Ninive /) daß / ům diesen freuden-tag volkommen zu machen / der Aborigener König sich hier auch einfinden möchte / auf dessen ankunft wir nun so lang gehoffet. Dieser wunsch / jagte dem König Aramenes und seiner gemalin / auch der Königin von Mesopotamien / eine röte ab / die aus unterschiedlichen ursachen entstunde / die auch ihrer jedes an den andern in acht name. Euren wunsch / liebste schwester! ( sagte die åltere Aramena) wird der höchste zu seiner zeit erfüllen / wan er es für nůtzlich erkennet / daß des Königs meines brudern und eurer andern wille und begehren in dieser sache geschehe. Indessen ist dieser tag schon seelig zu preisen / weil er so wol euch / als die K \niginnen von Ophir und Elam / neben der Prinzessin von [70] Hevila / ihr liebstes hat wieder gegeben. Wäre nur auch der große Edom / und der Fůrst Eliphas / mitgekommen / so wüste ich ietziger vergnůgung nichtes zu zusetzen. Der K \nig von Egypten wolte hierauf reden / als deme des Esau zustand am båsten bekant war; aber Hermione kam ihme zuvor /und sagte: Der so lang / wie Esau / der frauen gewohnet / kan keine solche neulichkeit mehr nach ihnen /wie andere / erweisen. Es hat der Fůrst von Edom /(sagte Ahalibama hiergegen /) an der Königin von Kitim einen so guten fürsprecher / daß / wan auch Nebajoth der König von Meden / wegen seines ausenbleibens / einen verweiß verdienet / ihn niemand båßer / als die sch \ne Hermione / würde entschůldigen k \nnen. Wer geschwiegen håtte / ( raunete Roma hierauf der Hermione ins ohr) der d \rfte sich nun nicht schämen: Hermione / ganz entfärbet / wuste nicht / wie sie diesen scherz der Ahalibama beantworten solte: zumal die ganze gesellschaft hierüber sie anschauend / zu lachen begunte. Der Prinz Jethur aber thåte für sie das wort / und sagte: wan jemand des K \nigs Nebajoth fürsprecher seyn müste / üm daß er sich hie noch nicht eingefunden / so verstehe ich mich am ersten dazu; massen ich beteuren kan / daß sein verlangen unbeschreiblich ist / seiner stände begehren zu erfüllen / und allhier sich finden zu lassen.

Diese versicherung des Prinzen von Hevila / brachte die K \nigin Hermione vollends aus aller bis dahin erwiesenen kaltsinnigkeit / und schöpfte insonderheit die K \nigin Delbora hierob ein wolgefallen / ihre freundin also unruhig zu sehen / welches sich satsam aus allen ihren gebärden zu tag legte. Aber der König Eridanus / ihr gemal / beobachtete ganz genau / wie der [71] name Nebajoth niemals genennet werde / daß sie sich nicht entfärbet hätte: welches ihme dan keinen sonderbaren lust machte / des Nebajoth ankunft gleich den andren zu verlangen. Gleichwie nun dieserwegen der liebes eifer bei ihm sich spůren ließe / der gleich falls den jungen K \nig von Tyro quälete / also bliebe derselbe auch nicht aus bei dem König von Saba /dem Mardocentes: welcher eigentlich war genommen hatte / wie die K \nigin Petasiride sich veråndert / als der König Dison sich kund gegeben. Dieses alles /neben der ungemeinen stille und traurigkeit / die der K \nig Aramenes und seine Cölidiane nicht allein damals / sondern auch eine gute zeit in Syrien blicken lassen / wie auch die beunruhigung der schönen Aramena / mäßigte die grosse freude dieses tages: welche aber doch bei den meisten sich blicken ließe / die dieses anligen der K \niglichen personen nicht wusten oder beachteten.

Wie nun / nach eingenommener malzeit / die tafel aufgehoben worden / und bereits die sonne unterzugehen begunte: sezte sich die ganze k \nigliche gesellschaft wieder zu wagen / und wurden sie / von der gesamten hirtenschaar / durch lauter lustige auen und thäler / nach Samosatha gefůret und begleitet. Unweit vom thor daselbst unten am berg / auf welchem dieses schloß lage / erschienen / der Oberpriester des Theraphim / der ansehnliche Telecles / mit der sämtlichen priesterschar / wie auch die vier richtere von Amida mit ihren frauen / ihre neue K \nigin zu entfangen und einzusegenen. Weil in Damasco die gar zu zeitig angefangene ausrottung der götzen-tempel keine geringe gefahr nach sich gezogen / als ward / mit gut-befinden des frommen K \nigs Melchisedech für ratsam gehalten / daß die K \nigin Aramena anfänglich / diesen aberglaubischen leuten in [72] Mesopotamien / bei denen die verehrung der falschen Götter häftiger / als an irgend einem ort in der welt / im schwange ginge /nachgeben solte. Demnach ließ diese gottseelige K \nigin alles geschehen / was der Telecles und sein anhang für gebråuche begingen. Also muste sie einer opferung beiwohnen / die sie daselbst im felde auf verschiedenen altären angestellet: worauf sie / vom Telecles / mit einem durch ihn geheiligten kranz von öelblätteren bezieret / und zugleich eingesegnet wurde. Endlich kamen sie auf das schloß / welches so bequeme zur wonung fůr die K \nigin angerichtet war / daß sie im geringsten keinen mangel verspüren kunte.

Die Könige und K \niginnen von Syrien / neben Ninive und Salem / neben dem Adonisedech / den Prinzessinnen Jaelinde und Ahalibama und der Timna /blieben bei der Aramena auf dem schlosse. Die andern aber / als die K \nige von Egypten / Ophir / Elam / Tyro / Cus und Saba / neben den Prinzen von Hevila und Hebron / wurden samt ihrem frauenzimmer / auch die K \nigin Hermione und Prinzessin Indaride / in die stådte Amida und Edessa / die nur ein feldweges von Samosatha entlagen / eingewiesen und daselbst bewirtet. Weil die nacht bereits eingetreten / begaben sie sich alle zur ruhe / mehr als wol vergnüget mit der ehre / die ihnen von den Mesopotamischen hirten wiederfahren. Es ließen aber diese / die gantze nacht hindurch / im felde ihre freude / durch anstimmung ihrer hirtenmusik / erschallen. Insonderheit hörte die K \nigin Aramena / ehe sie sich der ruhe ůberließe / unten am schlosse / durch etliche schäferinnen / in den thon etlicher harffen / ihr dieses lied zu ehren singen:


[73] Aramena / unsre Sonne / will zwar nemen iezt die ruh /

die uns heut zu erst beschienen.

Doch sucht unser treues dienen

diese gnade / daß sie h \r noch etwas zu

unsrer wachen schäfer-wonne /

Aramena unsre sonne.


Aramena / unsre sonne / gieng uns heut hochleuchtig auf /

nach des babel-joches nächten /

nach dem blut-betrieften fechten.

Diß gefilde wehlet sie zu ihrem lauf /

diesen himmel / uns zur wonne /

Aramena unsre sonne.


Aramena / unsre sonne / wird mit ihrer stralen-huld

diese unsre schåfereyen

ůberstreuen und erfreuen:

Das / mit wachsthum / diese gegend uns verguldt.

Freylich bringt uns tausend wonne /

Aramena unsre sonne.


Aramena / unsre sonne / wird mit ihrem Götter-tritt /

als die Pales / unsre auen

mit der blumen malwerk bauen.

Gras und kråuter sie aus ihrem rocke schütt /

hirten und der heerd zu wonne /

Aramena unsre sonne.


Aramena / unsre sonne / sol forthin der innhalt seyn

unsrer lieder und gedichte:

daß die pflicht zeig ihre frůchte;

daß die båche / unsrer schåflein wiesen-wein

lernen lallen diese wonne /

Aramena unsre sonne.


Aramena / unsre sonne / sey wilkommen tausendmal!

Ihr sol unser wunsch erbitten /

was sonst einzel pflegt zu schůtten

auf die erde / der gestirnte himmel-saal.

Nun / so ruhe dan mit wonne /

Aramena unsre sonne!


[74] Die in des Demas hause sich befindende sch \ne fr \mde / genossen wenig ruhe / vor diesem get \ne /massen man daselbst die musik der fr \lichen sch \fern gar eigentlich hören kunte: daher die Fürstin / ihre alte bekantin / die Sataspe / die gantze nacht hindurch bei sich behielte / und mit ihr sprachete. So gern aber Sataspe alle die begebenheiten dieser Fürstin / neben den ursachen / die sie in Mesopotamien gebracht /håtte wißen mögen / so wolte sie dennoch nicht zugeben / daß sie ihr diese mühe anthun / und ihrer gesundheit / zumal ihr ein kleines fieber zugestoßen /damit schaden solte. Sie befriedigte sich demnach mit der hofnung / daß sie folgenden tags solche von ihr würde anhören k \nnen / und verließe sie endlich gegen den morgen / als sie merkte / daß sie eingeschlummert ware. Sie ginge sofort nach den ställen /so wol das rindvieh in das neue gras auszulaßen / als auch anstalt zu machen / daß die melkende schafe und saugende låmmer zu feld geführet würden. Wie sie nun mit dieser morgen-arbeit färtig war / und / ům ein wenig zu schlaffen / hinten im hof / unter einen baum sich niedergelegt hatte / verst \rte ihr diese ruhe bald wieder / der Demas ihr vetter: welcher kame / und inständig bei ihr anhielte / ihm zu sagen / ob sie wüste /wer diejenigen wåren / die er ietz in seinem haus bewirtete.

Das wenige / so mir noch zur zeit davon wißend ist / (antwortete Sataspe) kan ich leicht berichten / nåmlich / daß ich niemand von diesen reisenden kenne /als die fr \mde dame: und ist selbige die Ahalibama /Fürstin von Seir / die Nefe Zibeons / die man von der andern Ahalibama / welche an den Esau getrauet / sie zu unterscheiden / weil ihrer beider vätter Ana geheissen / also zugenennet. Was ihre abenteuren sind / hat sie mir zu er \fnen [75] versprochen: massen sie / wegen alter kentnus / sich mir gantz vertraut. Ich wil nicht ermanglen / euch mein vetter! davon auch nachricht zu ertheilen / wofern sie mir solches erlaubet. Woran ich dan gar nicht zweifele / zumal wan sie erfahren wird / daß ihr mein blutsfreund seit. Der ansehnliche fr \mde / (sagte Demas /) der mit ihr angekommen / ist iezt / allein bei ihr / und sol er / wie Aneriste mich berichtet / die ganze nacht nicht geruhet / sondern hier im hofe auf und ab gespaziret / und durch alle seine gebärden angezeiget haben / daß er ein sonderbares anligen haben müße. Solte er wol etwan der Eliphas von Themas seyn / der / wie das gerůchte gegangen /die Timna verlaßen und mit dieser Ahalibama sich vermälet hat? Ich kan hievon nichtes sagen / (versezte Sataspe) versichere mich indessen / dieser dame zustand mag seyn wie er immer will / mein vetter werde / ihr mit raht und that beizustehen / sich niemals entziehen. Ich bin / von vielen Jahren her / (antwortete Demas) dem hause Seir / sonderlich dem Zibeon /höchst verpflichtet: daher eure anmanung ein überfluß ist / und werde ich von selbst mich meiner schuld erinnern / dieser seiner Nefe / da ich das verm \gen haben solte / alle dienste zu erweisen.

Indem kam eine von der fr \mden ihren mitgebrachten slavinnen zu ihnen / welche die Sataspe ersuchte /zu ihrer Fůrstin zu kommen: die dan sich nicht seumete / ihr so fort in deren zimmer zu folgen. Sie fande daselbst bei ihr / den fr \mden ritter / der sie zu ihrem bette hinfůhrete / und folgends neben ihr / auf der Ahalibama befehl / sich niderließe. Ihr habt / wehrte Sataspe! (finge die Fůrstin an) verlangen getragen /die ursachen zu wissen / warüm ich iezt alhier in Mesopotamien mich befinde / und was mir / seit daß wir einander nicht [76] gesehen / begegnet sey. Weil ich nun /euch und unsere freundschaft zuvergnügen / iezt die bäste gelegenheit habe / als bin ich gesonnen / gegenwårtigem Megadostes und euch meinen lebenslauf zu erzehlen: massen diesem ritter noch mehr / als euch /daran liget / selbigen recht eigentlich zu wissen. Wie nun Sataspe mit wenig worten / fůr dieses anerbieten /sich bedanket / auch Megadostes eine sonderbare aufmerkung spůren ließe / hieße die sch \ne Fürstin die kammer verschließen / und vernamen darauf ihre zuhörer von ihr / wie folget / die

Begegniße der Ahalibama - der Nefe Zibeons
Begegniße der Ahalibama / der Nefe Zibeons.

Ihr sollet / edler Megadostes! am ende meiner erzehlung die ursach vernemen / warum ich euch meinen lebenslauf gleich iezt erzehle / da ihr von mir eine erklärung auf euren gethanen vortrag erwartet. Und ihr /geliebte Sataspe! werdet hiebei erkennen / wie sehr ich mich eurer verschwigenheit vertraue / indem ich euch nun solche geheimniße kund mache / die / wan sie nicht bei euch vergraben blieben / mir und vielen andern große ungelegenheit verursachen k \nten. Es ist bekant / daß meine fraumutter Ahalibama / die von dem riesen aus dem hause Thalami entsproßen / durch den tod mir frůzeitig abgegangen: wodurch der fürst Ana / mein herrvatter bewogen wurde / mich nach der Tirdane in Syrien zu schicken / die mich erziehen solte. Ich achte für unn \tig / allhier weitläufig zu berichten / was mich von derselben hinweg / und wieder in Seir zu meinen verwandten gebracht: weil ihr / Sataspe! alles solches zu Damasco und Aroer mit belebet / und der Megadostes dieses bereits vordeme von mir vernommen hat.

Meine Wiederkunft auf das gebirge / brachte dem[77] Zibeon / meinem großherrvattern / nicht geringe vergnügung: deme ich so fort eine so liebe Nefe wurde /daß er / so zu sagen / fast keinen augenblick ohne mich sein kunte. Weil meine zuchtmeisterin / die Prinzessin Tirdane / von kindheit auf mir einen eckel zum heuraten gemacht hatte / als verharrete ich auch bei solchem sinne / niemals zur ehe zu schreiten / es kåme dan / daß es mir sonderlich von meinen eltern anbefohlen wůrde. Der Zibeon so wol / als der Ana /erzeigten sich mit dieser meiner erklårung wol zufrieden / und wolte insonderheit mein großherrvatter nicht / daß ich bei seinem leben heuratete: weil er sich so gar an mich gewehnet / daß er meinte / er k \nte sonder mich nicht leben. Meine und seine ergetzung bestunde in ståtigem jagen / und gewehnte ich mich /durch diese ůbung / dermassen zu manlichen verrichtungen / daß / wie bald hernach der unglückselige krieg in Seir mit dem Fůrsten von Edom sich angesponnen / ich mit den Zibeon und Ana zu felde ginge /und / sonder ruhm zu melden / verschiedene glückliche thaten verrichtete / das dan dem gerůchte / viel von mir zuschwätzen / anlas gabe. Weil aber das unglůck / den garaus mit uns zuspielen / beschlossen hatte / als muste es sich so fůgen / daß alle unsere bundsverwandten uns verließen / und der große Edom ůberall meister in Seir spielte / und alle Seirische Fůrsten / aus ihrem vatterlande zu entfliehen / durch seine siegreiche waffen genötiget wurden.

Daß ich bei dieser flucht / die nach Ezeongaber ginge / nicht mit zugegen gewesen / kame daher / weil ich damals / mit einem eignen heer / in Edom mich aufhielte / allwo der Fürst Eliphas von Theman / mich von den andern abschnitte / und mich zwange / auf das Edomitische gebirge die flucht zu nemen. Ich enthielte mich [78] zwar etliche tage daselbst / muste aber / in ermanglung der benötigten hůlfe / endlich mich ergeben / und mich des Eliphas gefangene nennen. Die kentnüs / so ich mit diesem Fůrsten ehmals in Damasco gehabt / gabe mir trost / båßer in seinen / als andren hånden / aufgehoben zu sein: wiewol die grausamkeit / welche die meinigen an seiner fraumutter /der Fůrstin Ada / verůbet / mir solchen fast wieder bename.

In so zweifelhafter hofnung / kame ich vor meinen ůberwinder: welcher gleich anfangs mir mehr höflichkeit erwiese / als ich von dem sohne des erzernten Edoms vermuten k \nnen. Weil ich seinetwegen ehemals zu Aroer bei der Tridane / und zwar unschuldig /viel erlitten / auch ihre erbschaft verloren hatte / finge er seine unterredung davon an / und beklagte solches zum höchsten. Er entschuldigte zugleich sein itziges beginnen / daß er mich in solches ungemach stürtzen můßen / mit der unůmgånglichkeit des krieges / bate mich üm vergebung / und beteurte / daß er solches nicht ändern k \nnen. Ich stellte ihme dagegen fůr /wie er gar nicht ursach håtte / mit einer unglůckseligen so höflich ümzugehen / als deren anverwandte diesen krieg angesponnen / und seine fraumutter so jåmmerlich zum tod gefördert. Er beantwortete solches mit seufzen / und sagte lezlich: man müste die unschuldigen von den schüldigen absondern / und könte ich da nicht für / womit die meinigen ihn betrübet. In solchen und dergleichen h \flichen bezeigungen verliefe dieses erste ansprache / und wurde ich / an statt meines gefängnus / in ein wolausgeschmücktes gezelt gefüret / und / (wie er mir durch den Asareel seinen waffenträger sagen lassen) bloß wider den frefel der ergrimmten Edomiten bewachet / damit sie keinen mutwillen noch gewalt an mir verůben möchten.

[79] Als er folgenden tags wieder kame / mich zu besuchen / und unter andern seinen höflichkeiten / mir zu verschiedenen malen seine dienste anbote / faßete ich ihn bei seinen worten / und sagte: wan ich von seiner gůtigkeit etwas hoffen dörfte / so wåre es dieses / daß ich möchte erlaubnus erlangen / den meinigen ins elend nach Ezeongaber zu folgen. Wie / Ahalibama! (sagte er hierauf / mit einer sonderbaren art mich ansehend) wollet ihr lieber eines ergrimmten vattern grausame wut erfahren / als unter des sohns beschůtzung verharren? Ich wil lieber / (antwortete ich ihme) mit den meinigen alles unheil anstehen / als durch mein hier-sein dem grosmütigen Eliphas einige ungelegenheit verursachen. Keine ungelegenheit von der welt / (antwortete er hinwieder) sol mir so unerträglich seyn / als der schönen Ahalibama entfernung. Damit verstummte er / und gienge von mir / ganz err \tet. Ich merkte nun wol / daß er mich liebt / welches mir entfindlicher / als mein anderes unglůck vorkame: und achtete ich mich / bei allem meinem elenden zustande / dennoch viel zu hoch / als daß ich gutwillig dessen liebe annemen solte / der bereits mit der Timna verheuratet ware. Wie ich demnach alle seine h \flichkeiten / als stricke / mich damit zu fällen / ansehen muste / als stellete ich mir erst recht die größe meines elendes fůr / und wurde / aus ungedult / zum weinen gereitzet.

Er fande mich folgenden tags in solcher verrichtung: und weil er mich warhaftig liebte / kunte er mich also nicht sehen / sonder meine traurigkeit v \llig mit zu entfinden. Weil ich solche anfangs nicht erwiesen / urteilte er gleich / daß mich etwas anders / als meine bande / kränken můste. Er richtete aber / mit allen seinen fragen / bei mir mehres nicht aus / als daß ich inständig anhielte / mich [80] nach Ezeongaber ziehen zu laßen. Seine antwort ware: wie daß er solches unmüglich mir zugeben k \nte / weil er mir nicht müste behülflich seyn / mich selber ins feuer zu stürzen. Weil auch sein zustand erforderte / nach Bean zu reisen / als muste ich mit dahin: und erfuhren bald alle einwonere selbiger stadt / daß der Eliphas mich liebte. Dieses nun verursachte unter dem pöbel solchen unwillen / daß sie deswegen unser gesamtes haus tödlich anzufeinden begunten / und schlůssig wurden / diese liebe zu verst \ren / auch an den Eliphas iemand aus ihren mittel abschikten / der ihm andeuten müste / nicht allein mich fahren zu lassen /sondern auch ihrer gerechten rache mich zu ůbergeben. Weil aber / so wol die grosmut / als die liebe /den Eliphas bewegte / eine abschlågige antwort von sich zu geben / finge das volk zu Bean einen aufruhr an / und stürmeten das schloß / wo ich mit dem Eliphas ware: sie fanden aber bei diesem dapfren Fürsten solchen wiederstand / daß sie endlich / nachdem er sich so lang gewehret / bis etliche seiner getreusten ergebensten soldaten dazu gekommen / abziehen / und diesen frevel einstellen musten.

Es war aber Eliphas / in diesem gefechte / so schwerlich verwundet worden / daß man ihn für todt in sein zimmer truge. Weil er nun alles dieses ům meinetwillen ausgestanden / kunte ich nicht anders thun / als ihn besuchen: ob mir gleich seine liebe håftig entgegen ware. Ich fande ihn in einen schlechten zustande / und gaben die wundärzte wenig hofnung /seiner genesung. Diß bewoge mich / mit ihme gütiger / als ich sonst wůrde gethan haben / ümzugehen. Und wiewol ich in der zeit von seinen leuten / die ům seine geheimnůß wusten / ůmständliche nachricht erlangte /wie er die Timna wegen ihrer keuschheit in verdacht hielte / auch [81] dadurch / sie zu verlassen / wåre bewogen worden: so machte doch das alles seine liebe mir nicht angenehmer / sondern ich wurde / durch verborgene regungen / immer abgehalten / ihm ein geneigtes ohr zu verleihen. Es name aber seine schwachheit so sehr überhand / daß er den gewißen tod befahren muste / und daher / seine häftige liebe / die er zu mir truge / zu vergnügen / mich zur erbin aller seiner gůter zu machen beschloße. Nun diesen seinen lezten willen gültig zu machen / ließe er eine \ffentliche erklårung ausgehen / die er mit seiner eigenen hand unterschriebe / und mit seinem pitschaft bestätigte / und darinn die Timna für sein kebsweib / mich hingegen für seine rechte gemalin und einige erbin ernennete.

Dieses sein beginnen ward offenbar / ehe ich das geringste davon innen worden / und hatte er bereits den Asareel damit nach Syrien abgefårtiget / wie man es mir zu wissen thate. Ich ginge gleich zu den Eliphas in das zimmer / üm solches zu wiedersprechen /fande ihn aber nicht in dem zustande / daß ich viel mit ihm hätte reden k \nnen: und baten mich seine freünde mit thrånen / ich möchte doch dem sterbenden Eliphas wenigst diese gütigkeit erweisen / meinen widerwillen verbergen / und ihn mit der vergnügung / daß ich seine liebe nicht ungütig aufgenommen / abscheiden lassen. Hierbei lagen mir auch meine leute stäts in den ohren / daß ich doch meinen armen und verdorbenen zustand betrachten / und das Fůrstentum Theman nicht ausschlagen solte / ům damit nicht allein mir selber / sondern auch den meinigen / aufhelfen zu k \nnen. Dieses alles bewegte mich / ohne widerrede zu dulten / daß man mich des Eliphas erbin und gemalin nennte. Als aber / über alles vermuten der ärzte / des Eliphas krankheit sich brache / und man unversehens an ihm spürete / daß er [82] wieder aufkommen wůrde / gabe ich allen den seinigen öffentlich zu verstehen / wiedaß ich zu nichtes gehalten seyn wolte /dafern der Fürst von Theman genesen solte. Sie ließen zwar solches dahin gestellet seyn / baten mich aber dabei inständig / mit dieser grausamen erklärung solang zu růck zu halten / bis der Eliphas auser aller lebensgefahr seyn würde. Ich konte dessen / in betrachtung / was ich diesem Fürsten schůldig / mich nicht entbrechen: wiewol es mit großem widerwillen zuginge / daß ich / durch mein stilschweigen / ihn mit vergeblicher hofnung nehren muste.

Inzwischen liefen täglich die zeitungen ein / wie es den meinigen in Ezeongaber erginge / und wurde ich nicht wenig erfreuet / als man endlich mir die post brachte / wiedaß / nach dem Ezeongaber an den dapferen Esau übergegangen / und alle meine verwandten in seine hände gerahten / er die ungemeine grosmut erwiesen / und heimlich ihnen såmtlich davon geholfen / daß sie über meer entrinnen können. Ich unterließe nicht / diese erzeigte gůtigkeit des großen Edoms gegen seinen sohn zu rühmen: der sich damit nicht wenig vergnügte / weil er vermeinte / ich ließe gegen seinen vatter / als eine schwieger-tochter / solche zuneigung blicken. Als aber etliche zeit hernach /in welcher die langweilige krankheit des Eliphas /wiewol mit ståtiger bäßerung / immer anhielte / dieses unvermutete gerůchte in Edom erscholle / daß wir mit dem großen Esau frieden bekommen / und daß die Ahalibama / des Ana tochter / in dieser friedenshandlung / ihme ehelich wäre zugesaget worden: fühlete ich hierob eine solche bewegung / die ich vordessen in mir nie entfunden. Das große gerůchte von dieses helden unvergleichlichen thaten / die den meinigen erwiesene grosmut / und deren wille / vermeinten [83] daß ich diesen Fürsten heuraten solte / bereitete mein gemůte augenbliklich / wiewol ich ihn noch nie gesehen / ihm vor allen menschen in der welt hold zu werden.

Wie nun diese zeitung täglich / von allen orten her / beståtiget wurde / daß ich nicht mehr daran zweiflen dorfte / hielte ich es fůr unverantwortlich / den Eliphas långer in seinen bisherigen wahn zu erhalten sonderlich da auch gewiße nachricht mit einlieffe /daß der große Esau in Edom kommen / und seine versprochene braut besuchen wolte. Ich scheuete mich demnach nicht / dem Eliphas dieses alles zu entdecken / wie ich nåmlich / dem willen der meinigen zu gehorchen / deren befehl ich mir ståts eine richtschnur meines thuns seyn lassen / den Fůrsten Esau ehlichen müste: bate ihn deshalben / hierinn sich nicht zu widersetzen / sonderen der unmöglichkeit zu weichen /zumal ich ohnedas / seine erwiesene liebe allein mit freundschaft zu beehren / mich tůchtig befände. Wan ich noch daran gedenke / wie der arme Eliphas sich hierbei gebärdet / kan es in mir ein erbarmen erwecken: und håtte ihn / weil er meiner gunst sich versichert geachtet / dieser unvermutete abschlag schier zum tode bef \rdern sollen. Er sparete weder worte noch thrånen / meinen sin hievon abzulenken / und wolte mich bereden / wiedaß sein herrvatter die andere Ahalibama / meines grosvatters bruderstochter liebete / und ich also hiemit nicht gemeinet wåre. Er richtete aber mit alle diesen bei mir nichtes aus / und weil ich / von dem tage an / ihn weniger besuchte /bliebe ich überhoben / sein stätswärendes klagen anzuh \ren: wiewol mir überflüßig berichtet wurde / wie er ein unbeschreibliches elend triebe / und von neuen schwerlich befallen wåre.

Es stellte sich aber / wenig tage hernach / der Fürst[84] von Edom zu Bean ein / und war das erste / so er nach seiner ankunft thäte / daß er sich bei mir anmelden ließe / mich zu besuchen. Weil ich mich zu dieser ansprache schon längst vorbereitet hatte / und den Esau als den jenigen ansahe / deme ich von denen meinigen bestimmet war / ließe ich sofort zu / daß er zu mir kame / und entsahe mich nicht / diesen helden / als eine überwundene über deren ganzes land und haus er gesieget / auf das demütigste zu entfangen. Sobald er mein ansichtig worden / spůrte ich eine sonderbare enderung an ihme / so gar / daß er / sonder ein wort zu sagen / mich ohn aufh \ren betrachtete. Weil er in solchem wesen beharrte / muste ich die erste seyn /die ihn anredete. Ich sagte / wie ich ihm mich zum h \chsten verbunden erachtete / daß er so grosmütig sich erzeigen / und meinen anverwandten den frieden geben wollen. Er beantwortete dieses / mit so verwirrten als wenigen worten: welches ich dan alles auf die liebe gegen mir deutete / die ihn also auser sich selbst bråchte. Ich habe vergeßen zu sagen / daß eine meiner alten basen / die Fůrstin Masa / des Ezers gemalin /aus Seir zu mir nach Bean geflůchtet. Diese nun war mit zugegen / als diese ansprache geschahe: da sie dan unser beider verwirrung verspürend / sich in unsere unterredung mit einmischte / und so wol des Esau wort bei mir / als das meinige hinwieder bei ihm hielte / und also uns beiden erklårte / was wir selber einander nicht sagen mochten. Sie priese beides / daß der Fůrst von Edom sich mit unsrem haus befreunden /auch mein herrvatter in solches einwilligen wollen /und ermanete mich dabei / dieses glück / so mir die G \tter anb \ten / mit aller erkentnüs anzunemen zu gleich ihn versicherend / daß ich mich im geringsten nicht dem schluße der meinigen wiedersetzen würde.

[85] Esau bliebe / bei allen diesen der Masa worten / so bestůrzt / als zuvor / und sprachte wenig mit mir /konte doch dabei von mir nicht kommen. Also muste ich alles / was ich nur auszusinnen wuste / hervor bringen / ům die zeit mit ihm zu verbringen. Weil nun hiebei des Eliphas und seiner unpäßlichkeit auch meldung geschahe / gabe ich anleitung / daß wir miteinander denselben zu besuchen gingen. Es war aber hiermit dem armen Eliphas wenig gedienet / weil er an seinen vatter einen glůcklichen mitbuler sahe. Ich ließe endlich / nachdem ich eine weile mich daselbst aufgehalten / vatter und sohn beisammen / und überlegte nachgehends bei mir allein / dieses bezeügen des Esau / ganz nicht wissend / was ich daraus schließen solte. Meine meiste sorge war / daß er mich nicht nach seinem verlangen gefunden hätte / und es ihn gereuen müste / daß er / bevor er mich gesehen / sich gegen die meinigen anheisig gemacht / mich zu ehlichen. Diese einbildung nun beunruhigte und schmerzte mich nicht wenig / wiewol ich sie / so viel müglich / aus den gedanken triebe / und zuvor / ehe ich es glaubte / eine mehrere gewißheit suchen wolte. Der Fůrst von Edom unterließe nicht / mich immer / wan er nur dorfte / zu besuchen. Und ob er gleich ůberaus höflich mit mir ümginge / auch wie angenem ihm meine gegenwart auf alle weise zu tag legte / so sagte er dannoch gar nichtes von unserer verlobung / sonderen seüfzete ohn unterlaß / wan er mich eine weile betrachtet: also wuste ich nicht / weil er solches tåglich triebe / was ich endlich daraus machen solte.

Ich erfuhre mit der weile / daß er / von meinet wegen / mit seinem sohne sich hart überworfen / und den mit aller macht überreden wollen / von mir abzustehen / und [86] der Timna beständig zu bleiben / auch deren unschuld ihn wollen glauben machen: wordurch mein wahn / daß er mich liebte / gestärket wurde. Weil er aber dessen gegen mir nicht erwehnte / und wider seine freie natur / so eingezogen mit mir ůmginge / muste ich solche gedanken bald wieder fahren lassen. Ich fassete endlich den schluß / als er bei mir war / und gabe ihm zu verstehen: daß seine art / wie er mit mir ümginge / mich nicht wenig befr \mde / und ich anders nicht urteilen könte / als daß er mich so nicht also müste befunden haben / wie mich ihm das gerüchte mögte beschrieben haben; daher ich ihn ersuchte / mir nur künlich solches zu gestehen / und sich meinetwegen ja keinen zwang an zuthun / massen ich lieber meinen eltern ungehorsam werden / als ihn bei mir unglůckselig sehen wolte. Als ich ihm diese freie erklårung gethan / sahe er mich / sonder zu antworten / eine gute weile an / und stiegen ihm die threnen häuffig in den augen. Endlich fassete er meine hand / die er zum mund führete und küssete / dabei sagend: der himmel sey mein zeuge / schönste Ahalibama! wie herzlich ich euch liebe / und wie überseelig ich mich achte / daß ich euer herz geneigt finde /meine liebe wol aufzunemen / wåre es nur nicht ....

Allhier verstummete er wieder / und sahe mich mit vielen seufzen an / daher ich ihn fragte / was er mit diesen abgebrochenen worten hette sagen wollen? Sonder hierauf zu antworten / fuhre er fort / mich seiner liebe zu versichern / und sagte: Niemals habe ich mich in so glückseligen stande / als wie iezt / gesehen / da ich glauben darf / daß mich die schöne Ahalibama liebe. Ich liebe den Fürsten von Edom / (fiele ich ihme in das wort) weil es meine eltern haben wollen /massen derselben gutachten iederzeit eine richtschnur meines willens [87] gewesen. Zu dieser meiner erklärung seufzete er / öfnete auch zum öftern den mund / etwas darauf zu antworten. Er konte es nicht zu wort bringen / sondern name damit wieder seinen abtritt. Ich kan nicht sagen / daß ich hierauf ruhiger wordẽ: weil diese seine erklärung mit solchen ůmständen geschehen / die mich nicht wenig befrömdet.

Wenig tage hiernach / fande ich ihn ganz allein in dem weinberge / der vor Bean liget: da er sich unter die trauben gesetzet / und den kopf in beide hände geleget. Ich stunde eine gute weile bei ihm / ehe er mein gewar wurde / und machten seine tieffe gedanken ihn viel bei sich selbst reden: davon ich aber nichtes vernemen konte / auser daß er meinen namen zum öftern genennet. Endlich erblickte er mich / und so fort von seiner stelle aufstehend / name er ein freieres wesen an sich / und entschüldigte sich hoch / daß er mich nicht eher ersehen hatte. Des Fůrsten von Edom anligen (antwortete ich ihm) ist also beschaffen / wie ich sihe / daß ihm nicht zu verdenken stehet / wessen er sich ietz entschüldigen wollen. Dafern ich aber glauben sol / daß man mich liebe / so muß ich dieses anliegens teilhaftig werden / und wil iezt vernemen /was es sey / das ein so großes gemůt also kränken kan. Nachdem Esau hierauf sich eine weile besonnen /sagte er: Liebste Ahalibama! solte es einen verliebten nicht betrüben / daß ich von euch vernemen müßen /wie ihr / allein auf befehl der eurigen / meine liebe annemen könnet? dan hieraus muß ich stäts befahren /euch wieder zu verlieren / wan eure verwandten euch geb \ten / einen andern zu lieben. Wozu dienet diese sorgfalt / (gabe ich zur antwort /) da mich die meinigen einmal an den großen Edom versprochen? und wil ich fůr sie wol gut sagen / daß sie ihr versprechen unverbrüchlich halten werden.

[88] Dieses vergnüget mich noch nicht ganz (widerredte er) sondern ich m \chte gern diese erklärung aus der schönen Ahalibama munde vernemen / daß sie von selbsten / ohne einiges gebot der ihrigen mich zu lieben sich geneigt befinde. Wan ich hiemit / (sagte ich hinwieder) dem Fürsten von Edom seine unruhe benemen kan / so wil ich gern das wort von mir geben /gleich wie ihr es begehren m \get. Diese rede brachte ich so getrost für / weil ihn der meinigen bewilligung nicht versicherte / und setzete damit den verliebten Esau in solche freude / daß er sich nicht enthalten kunte / mir zu fus zu fallen / und solcher gestalt seine zufriedenheit mir zu verstehen zu geben. Nach diesem tage / ließe er auch keine unruhe mehr blicken / sondern zeigete sich ganz vergnüget: womit er so lang anhielte / bis seine geschåfte ihn n \tigten / von Bean abzureisen / ům in Mesopotamien seinen bundsverwandten beizustehen. Seine betrůbnus / daß er mich verlassen muste / ließe sich nun merklich spůren / und bezeugte er mir eine so häftige liebe / daß ich / als für seine verlobete mich achtend / ihm große gegenliebe dafür zu erweisen / mich schüldig erkannte. Als ich aber sagte / daß ich / in seiner abwesenheit / nach Egypten zu meinen verwandten reisen wolte / widersprache er mir solches / so wol die gefärlichkeit des weges / als andere ursachen / einwendend / und beredte mich / in Seir nach Denhaba zu reisen / weil er mich auch zu Bean / wegen seines sohnes / nicht lassen wolte: welchem er nicht trauete; massen der ihme bereits einmal eine braut / nämlich die Fürstin Timna / entführet hatte.

Ich ließe mir dieses alles wol gefallen / forschete auch nicht nach der ursache / warum er nicht so fort mit mir die heurat volziehen wolte. Und / seiner verordnung in [89] allen folgend / zoge ich / sonder von den Eliphas abschied zu nemen / mit den Esau bis nach Denhaba: da er mich verließe / zuvor aber von seinen leuten mir eine hofstatt zuordnete: welche mir / zwar alle ersinliche ehre und aufwartung erwiesen / dabei aber so genau mich bewahreten und beobachteten /daß ich nichtes sonder ihr wissen thun oder fürnemen kunte. Ich schickte / zu verschiedenen malen / etliche von ihnen / nach Egypten ab / des Fůrsten Zibeons und Ana zustand zu erkundigen: von denen aber keiner wieder zurůcke kame. Endlich / nach verfließung etlicher monden / kam der Azron / des Esau waffentråger und vertrautester unter allen seinen bedienten /aus Syrien / bei mir an / und brachte mir schreiben von seinem herrn: welches ich mit h \chster freud-begierde erbrache / und dieses inhalts befande.

Schreiben des Esau / Fůrsten von Seir und Edom / an die Ahalibama / die Nefe Zibeons.

Wann ich nicht / liebste Fürstin! auf euer versprechen mich verließe / daß ihr mich / ohne der eurigen gebot /aus eigenen freien willen lieben wollet / wůrde ich nicht mit so guter zuversicht / als wie ich nun thue /diese botschaft an euch schicken / und euch endlich eröffnen laßen / was ich euch bisher notwendig verhalten müßen. Erteilet demnach dem Azron ein gnädiges gehör / und beurteilet / nach allen meinem verfahren / die größe meiner liebe / die in mir eure schönheit erwecket / eure gütigkeit ernehret / und der himmel selbst gestiftet hat. Dessen schlus beständig nachzuleben. Ich achte mich so wol [90] schuldig / als überseelig /euch beständig zu lieben / und werdet ihr mir erlauben / daß ich ehist mich bei euch einfinden dörfe / üm euch persönlich zu versichern / daß mit der beständigsten liebe euch / bis in den tod / ganz ergeben verbleiben werde

Esau Fürst von Seir.


Meine begierde war nicht gering / als ich diese dunkle worte gelesen / selbige erkläret zu wißen. Wie ich demnach dem Azron erlaubet hatte zu reden / vernam ich von ihme mit der gr \sten bestürtzung / daß der Fürst von Edom meine base / die andere Ahalibama / in Syrien geliebet / die ihme auch / bei den zwischen ihm und unseren verwandten aufgerichteten friedenschluße / zu Sotis im lande Cus / von dem Ana und der Poliphide ihren eltern versprochen worden: daher / als man ihn für gewis berichtet / daß diese Fürstin sich zu Bean aufhielte / er ins land Edom gekommen / und mich an deren statt alda gefunden hätte. Bis hieher hörte ich dem Azron gedultig zu: als ich aber mir fürstellete / wie ich / durch meine falsche einbildung / dem Esau anlaß gegeben / mich liebend zu glauben / kunte ich meinen zorn nicht bergen / üm daß er nicht sofort sich mir eröffnet. Ich schalte seine leichtsinnigkeit / daß er / bei solchen ümständen / bei mir liebe fürgeben d \rfen. Aber der Azron entschuldigte solches alles aufs bäste / und erzehlte mir ůmständlich / was Esau fůr einen streit in sich gefühlet / als er das erste mal von mir gekommen / und wie ihn nicht allein meine person / sondern auch / daß ich ihn so unschuldig meiner liebe versichert / bewegen müßen / mich der andren Ahalibama fůrzuziehen /weil selbige niemals seine liebe annemen wollen. Hierbei laugnete er mir [91] nicht / daß / ob gleich seine liebe von tag zu tag gegen mir gewachsen / er dennoch die andere Ahalibama dabei lieb behalten / und dahero die gr \ste unruh ausgestanden / weil er so wenig die eine als die andere verlaßen / und beide /sonderlich mich zu erlangen / keine müglichkeit absehen k \nnen. Dieses alles nun hatte den Edom bewogen / also mit mir ůmzugehen / daß ich zu Denhaba aufbehalten worden; bis die zeit und das glück ihnen ein mittel zueignen m \chte / seine zu mir tragende liebe vergnůgt zu sehen: welches dan / wie Azron ferner sagte / sich nun eingefunden hette.

So ist es dan meiner eltern wille / (fiele ich ihm alhie in das wort) und tritt des Ana tochter mir den Fůrsten von Edom ab? das erste / (antwortete mir Azron) verhoffet mein Herr zu erlangen / weil sich das andere also begeben / und es mit der andren Ahalibama einwilligung / ja h \chsten wunsch und verlangen zugehet / daß mein herr die sch \ne Nefe des Fürsten Zibeons lieben darf. Als er dieses gesagt / überreichte er mir ein schreiben von der Ahalibama / der tochter Ana / das ich / ungeacht meiner großen verwirrung / dennoch eröffnete und diese zeilen daraus lase.

Schreiben der Ahalibama / der tochter Ana / an die Ahalibama die Nefe Zibeons.

Es vermeinet unser überwinder / der große Edom /daß er ein gůtiger gehör bei der schönen Nefe Zibeons erlangen werde / wen ich diese zeilen den seinigen zufüge / und euch nicht allein seiner wahren und ungefärbten liebe versichere / sondern auch daneben beteuret / daß mir in [92] der welt nichts liebers seyn würde / als euch / werteste base! zur mitgesellin in unsrem ehestand zu haben. Beides kan ich mich demnach mit höchster warheit versichern / und dieses noch hinzufügen / daß niemals bei mir einige eifersucht gegen euch aufglimmen sol / ja daß ich die völlige und einige liebe des Edoms euch die zeit meines lebens gönnen wil / und daß dieses meine höchste glückseligkeit sei / deren ich auf erden zu genießen fähig bin / wan ihr euch / neben mir / nennen wollet


Ahalibama Ehegemalin des

großen Edoms.


Diese wunderbare bitte der Ahalibama / befr \mdete mich nicht weniger / als die schleunige volziehung ihrer heurat zu vernemen: Und war ich nicht långer fåhig / des Azrons gegenwart / nach dem ich so viel wunderliches auf einmal vernommen / für dißmal zu erdulten. Ich verschloße mich ganz allein in mein Cabinet / und überlegte bei mir / was ich auf einmal vernommen hatte. Daß mich das gerüchte anfänglich betrogen / der Esau mich darin erhalten / meine eltern von dieser meiner versprechung nichtes wusten / und Esau nun bereits geheuratet hatte: solches alles gienge mir nicht so nahe / als wie dieses / das ich in mir fůhlete / wie ich den Esau noch liebete; daß ich / von dessen liebe abzustehen / mich zu schwach befande; und daß mein vorsatz mir schmerzlich ankame / forthin von dem Esau nichts mehr anzuh \ren / und nach meinen verwandten in Egypten mich zubegeben. Doch siegte ich noch über mich selber / und bliebe fäst / bei dem schluße / ob ich gleich den Esau aus [93] meinem herzen nicht bannen könte / ihme dennoch äuserlich zu erweisen / daß mich der betrug schmerzte / darein er mich gesezet / und daß ich mich seiner gänzlich zu äuseren begehrte. Dieses mein fůrnemen öfentlich kund zu machen / wůrde nirgend zu gedienet haben /als solches zu verhintern: daher war ich sehr geheim damit / und wegen meiner krankheit die kammer hůtend / bliebe ich den Azron zu sprechen ůberhoben /und kunte ruhiger auf meine flucht gedenken.

Wie ich nun bei mir zu raht ginge / wie solche meine reise nach Egypten / sonderlich in den angehenden wintertagen / anzuschlagen / fůhrete der himmel von ungefår den Eliphas nach Denhaba / der nun erst völlig genesen / war / und unbekandter ům mich zu suchen / sich daselbst eingefunden hatte. Weil er /durch eine meiner vertrautesten slavinnen / sich in geheim bei mir anmelden lassen / ům / wie er sagen ließe / auf ewig bei mir abschied zu nemen / fiele mir sofort ein / mich dieses Fůrsten zu meiner flucht zu bedienen. Ich wil euch nicht lang die reden beschreiben / die seine liebe ihn machte herfürbringen / sondern es kurz machen / und nur dieses melden / daß ich auf seinen liebesvortrag weder ja noch nein gesaget /sondern ihn zwischen forcht und hoffnung setzend /ihn dahin beredet / mir behülflich zu seyn / daß ich meine vorhabende reise nach Egypten vollziehen k \nte. Niemand von der welt håtte hierzu sich williger finden lassen / als eben dieser Fürst thäte. Wie ich nun alles / was zu meiner reise vonnöten war / herbei geschaffet / hinterließe ich in Denhaba ein schreiben an die Ahalibama / so der Azron / an stat seiner abfärtigung / mit nach Syrien zurücke nemen solte / dessen inhalt etwan also gelautet:

[94] Antwort der Ahalibama der Nefe Zibeons / an die Ahalibama die tochter Ana.

Es ist genug / wehrteste base! daß ihr mich / ob gleich sonder schuld / einmal verfůhret habt / den fürsten Esau zu lieben / zum andern mal wird es euch nicht so leicht / noch mir so verantwortlich seyn: massen ich nicht begehre / eine liebe zu nehren die durch betrug hat ihren anfang gewonnen. Behaltet demnach den großen Edom fůr euch allein / weil ihr / und nicht ich / dem hause Seir den frieden dadurch geben sollen; und glaubet / daß meine eltern mich davon frei erkennen / in mehrerm als in diesem euch gleich zu seyn /daß ich die ehre habe / euren namen zu fůhren


Ahalibama Fürstin von Seir.


Wie es mir unterwegs auf dieser mühseligen reise ergangen / sonderlich in Gesellschaft eines liebhabers / dem ich alle hofnung laßen muste / üm mein vorhaben zu bef \dern / solches könnet ihr euch selber fürstellen / und kam ich endlich nach Sais in Egypten /alwo ich den alten Zibeon / wie auch den Ana meinen herrvatter / wiewol den ersten sehr unlustig / (weil meine abwesenheit ihn gekrånket) beysammen antraffe: und erweckete es bei ihnen eine große freude / daß sie mich wieder sahen. Sie wusten nichtes von allem deme / was mir begegnet war / sint der zeit wir voneinander gewesen / und vermochte ich nicht / sonder schamröte ihnen zu erzehlen / wir es mir mit dem Fürsten Esau ergangen. Sie priesen [95] beiderseits meinen entschluß / daß ich aus Denhaba gewichen / und mich also von des Esau gewalt befreiet hatte: dabei mir andeutend / daß ihnen dieser verst \rer ihres hauses kein angenemer schwiegersohn wåre. Ich muß / zu meiner eigenen verhönung / hier gestehen / daß es mich innerlich geschmerzet / diesen haß der meinigen gegen den Edom zu vernemen: und glaube ich / daß ich ihnen leichtlich alles wůrde verziehen haben / wan Zibeon und Ana mir anbefohlen hätten / ihn zu lieben. Aber besagter ihr will und befehl / machete mich alle andere gedanken unterdrůcken / auch so weit mich ůberwinden / daß ich bei dem festen fürsatz bliebe /mich des Esau beständig zu entschlagen.

Es ware nun noch übrig / den Eliphas von mir zu weisen / den ich nach Sais nicht \ffentlich mitbringen wollen / ům ihn nicht / mit schlechten dank für seine erwiesene dienste / bei den meinigen in gefahr zu stůrzen / die sich / ungeacht des friedens zwischen uns und den Edomiten / etwan an ihm håtten rächen m \gen. Ich beschiede ihn heimlich zu mir zu kommen / und er \ffnete ihme meine rechte und lezte meinung /wie daß ich nämlich unfåhig wäre / seine liebe anzunemen / und wie unrecht er thåte / an der Timna / seiner gemalin / sich also zu rächen begehrend / massen ich gewiß wüste / daß er sie unschůldig in so b \sen verdacht hielte. Weiln ihme diese erklårung nicht gefiele / muste ich endlich / auf sein ferneres anhalten /die unh \flichkeit begehen / und ihn also allein stehen lassen: und habe ich nachdeme weil er von Sais hinweggezogen / weiter nichts von ihm erfahren.

In solcher zeit kam der neue König der Egypter /der Pharao Amosis / aus Syrien an / welcher mit großem gepränge in Tanis eingeholet worden: da dan die gesamte [96] Fürsten von Seir / so in Egypten wohneten /sich auch nach dieser königlichen hauptstadt begaben / üm die bestätigung des schutzes / den der vorige Pharao uns gegeben / von diesem neuen K \nig zu erlangen. Dieser wegen blieben wir den ganzen verwichenen winter / am hof zu Tanis: dan die angetretene regierung des Amosis / wie auch die ansehnliche begräbnis des Uchoreus / verursachte so viel mühe / und name so viel zeit hinweg / daß wir langsam unsere abfårtigung erlangen kunten. Es fehlete auch daselbst nichtes / als die junge K \nigin Danede / der Egypter freude volkommen zu machen. Wie nun solches viel fr \mden nach Tanis zoge / also kame ihr edler Megadostes auch selbst da an / und zwar eben an dem tage / wie die Egypter ein großes fest angestellet / da sie /in einem dazu bereiteten schauplatze / mit den Crocodilen kåmpfen wolten. Es befanden sich hiebei /neben dem K \nig / viel tausend zuseher / und hatten sich alle grossen und edele in Egypten gerůstet / bei diesen kämpfen ehre einzulegen.

Der Fůrst Ana mein herrvatter / neben seinem bruder und etlichen andern von unsern vettern / um nicht mindern muht als die Egypter zu erweisen / waren auch mit von dieser gesellschaft / und hatte ich / nicht weit von dem König / bei den Egyptischen Fůrstinnen / meinen platz / üm dieses gefechte mit anzusehen. Weil hiebei nicht geringe gefahr / als håtte ich lieber selber mitmachen / als meinen herrnvattern dabei wissen mögen / und schwanete mir nicht vergebens / daß für ihn nichts gutes vor-wäre: maßen / das gr \ste Crocodil unter dem hauffen / auf ihn loß ginge / und ihm so viel zu schaffen machte / daß er / als solches kåmpfens ungewohnet / das leben håtte einbüßen můßen: wan nicht / der dapfere Megadostes hiezugegen / von der schaubühne / da er unter [97] unter andern personen mit zusahe / auf den kampfplatz herab gesprungen /und ihn gerettet hätte. Des Zibeons und meine ausgestandene angst / verwandelte sich in eine unbeschreibliche freudverwunderung / als wir dieses unbekanten manliche that erblickten: welcher hierauf noch zwei Crocodilen erlegte / wiewol er nicht darnach gewaffnet ware / und den preis davon brachte / daß ihm die siegeskron / als einem überwinder / von den richtern aufgesetzet wurde. Wie sehr er / diese ehre anzunemen / sich weigerte / so muste er es geschehen laßen. Wan er nicht selbst hie zugegen wäre / und ich seine große demut nicht zu beleidigen sorgte / wolte ich hier nicht in solcher kůrtze die verwunderung und das Lob beschreiben / so er von dem ganzen Egypten erlanget.

Er wolte sich zwar nachgehends wieder unter das volk verbergen / aber die meinigen ließen ihm solches nicht zu / sondern begleiteten ihn nach unsrem palaste: da der alte Zibeon anfinge / durch tausend bezeigungen / diesem frömden sein erkentliches gemůt kund zu machen. Er muste die herberge bei uns nemen / und verg \nnen / daß seine bei sich habende auch zu uns kamen. Unter diesen befande sich ein Chaldeischer Sternseher / der / wie es nachmals Megadostes erzehlet / fürnemlich die ursach gewesen /daß er sich in diesen Crocodil-kampf begeben / und ware es damit also beschaffen. Es hatte unlängst der edle Megadostes ein sonderbares anliegen / welches ihn den tod unaufh \rlich wünschen gemacht. In solchem seinem zweifelmut / stieße auf der reise ungefär dieser Chaldeer auf ihn: welcher mit ihm sich bekant machend / ihm profezeite / daß er nicht so unglücklich wäre / als er wol vermeinte / und daß er in Egypten /zwischen den Crocodilen / den anfang seiner ruhe finden solte. Als er demnach / in Egypten kommend /diesem [98] schauspiele zusahe / fielen ihm des Chaldeers worte ein: welche er also deutete / daß seine ruhe der tod seyn würde. Solchen nun alhier rümlich zu finden / und auch im tode gutes zu thun / indem er zugleich meinen herrvattern das leben retten konte / wagete er sich unter diese thiere: die aber von ihm entfiengen /was er bei ihnen gesuchet. Der Zibeon und Ana namen hiervon anlaß / ihm zu zureden / daß er leben /und des Chaldeers warsagung auswarten solte: als welcher beståndig dabei verbliebe / der Megadostes wůrde wieder in seinen ehemaligen wolstand gelangen. Welcher gestalt aber dieser Ritter solchen ruhstand vordem besessen / auch welches sein vatterland und herkommen sei / hat er uns niemals entdecken wollen: weiß ich also von ihme anders nichtes zu berichten / als daß er der edelste tugendbegabteste Ritter ist / den der erdbodem iemalen getragen.

Megadostes konte sich nicht enthalten / bei dieser der Ahalibama lobrede ihr in das wort zu fallen: sie aber winkte ihm mit der hand / daß er schweigen /und ihre erzehlung nicht abreissen m \chte. Also lebten wir nun zu Thanis (fuhre sie fort) in ståter gesellschaft dieses unbekanten Ritters / und seines Chaldeers: welcher / wegen seiner wissenschaft / und daß er dem Fůrsten Dison / als jetzigem König von Ninive / zuvor gesaget / daß er die Prinzessin Aramena / wie nun am tag / heuraten würde / in großen ruffe gekommen. Ich wurde darum auch vorwitzig /mein glück von ihme zu wissen / und forschete einsmals von ihm / wie es mir wol künftig ergehen wůrde? ich bekame den bescheid / ich würde eine der glücklichsten frauen von der welt werden / wan ich nach dem willen und gefallen meiner eltern heuratete /und müste ich den krieg nachfolgen / der da mein element wåre / wan ich mich und die meinige in recht ruhigen stand [99] setzen wolte. Dieses nun / was er mir gesagt / traffe gantz mit meinem fürsatz ůberein: wiewol ich nun nicht laugne / daß des Esau andenken / wider meinen willen / mich in diesen fůrhaben beunruhigt.

Wie wir nun so lebten / kame der große Edom unvermutlich selber nach Thanis: da er dan alle ersinliche ehre von dem König Amosis entfangen. Die ursach seiner hinkunft war / mich wieder suchen und zu seiner liebe zu bereden: Daher er / wenig tage nach seiner ankunft / bei meinen eltern / die zu besuchen /sich einfande. Weil der friede / so zwischen ihm und den meinigen aufgerichtet / es erforderte / kunten wir ihm diese besuchung nicht abschlagen: wiewol sie /an des Zibeons und Ana seiten / sehr kaltsinnig abging / da hingegen er sich also erwiese / daß gnugsam daraus abzunemen war / wie sehr er unsere freundschaft suchte. Wie er / bei mir allein zu seyn / gelegenheit erlanget / ware wol unser beider verwirrung gleich groß: weil wir beiderseits nicht wusten / was wir reden und wovon wir das gespräche anheben solten. Wir meinten an beiden theilen befugt zu seyn /uns übereinander zu beschweren: er nämlich / daß ich / wider meine zusage / seine liebe ausgeschlagen; und ich / daß er mich durch sein verhelen also betrogen /hatte: doch wolte keines / hiervon zu reden / den anfang machen.

Endlich ůberwand ich mich / ihn fragend. Was die Fürstin Ahalibama / seine gemalin machte? Er errötete hierüber / und mich ganz verliebet ansehend / antwortete er: Ihr wůrdet / grausame Ahalibama! solches selbst am bästen wissen können / wan ihr diesen namen zu führen begehrtet. Ich besorge / (gabe ich ihm zur wiederantwort /) daß dißfalls die tochter Ana von der Nefe Zibeons wůrde vernemen müssen / was ich ietzt von ihr [100] verneme. Jene Ahalibama (widerredete er) ist mit dieser meiner erklärung mehr als wol zu frieden. Ich aber nicht! (versezte ich / unbedachtsamer weise) weil ich kein halbes herz verlange zu besitzen. Mein ganzes herz / (antwortete der verliebte Esau /und fiele mir damit zu fuße / ehe ich es verhinteren kunte /) ist eurer verehrung einig und allein ergeben /und d \rfet ihr das mit niemanden teilen / was ich euch allein anbiete. Was ich nicht behalten kan / (widersprache ich /) so lang ich wil / das begehre ich auch nicht anzunemen. Es m \chte mir / wie der ersten Ahalibama / ergehen / wan eine dritte sich bald bei euch einfinden solte. Eure erklärung / schönste Fürstin! (gab er zur antwort /) vergnüget mich mehr / als ihr wol vermeinet. Und wan es nur daran liget / mich glůcklich zu machen / so schw \re ich euch zu / daß ihr die lezte seyn sollet / die ich zu lieben begehre. Nachdem er hierauf einen eid von mir genommen /daß ich gegen niemand melden wolte / was er mir er \ffnen wůrde / entdeckte er mir etwas / so mich endlich bewegte / gegen ihme so weit mich herauszulaßen / daß / wan er des Zibeons und Ana einwilligung bekommen könte / ich nachgehends keine schwerigkeit mehr davon machen würde / ihn zu lieben. Dieses / so er nach verschiedenen besuchungen bei mir erlanget /setzete ihn in die höchste vergnügung / und sparete er darauf keine mühe noch fleis / dem Zibeon und Ana wol zur hand zu gehen: die aber damals viel ein anders mit mir fürhatten / das sein begehren nicht ver gnůgen k \nnen.

Hier muß ich euch nun die rechte geheimnüße offenbaren / worzu eure verschwiegenheit höchst vonn \ten ist / und werdet ihr / wehrte Sataspe / ob ich schon eurer treue wol versichert bin / zu meiner beruhigung / mir zu schw \ren / daß ihr alles / was ihr nun vernemen werdet / [101] nimmermehr aus eurem munde wollet kommen laßen. Sataspe / ům ihre liebste Fürstin zu vergnügen / legte ihre hand auf ihre entblöste brust / und schwure ihr also: worauf Ahalibama in ihrer erzehlung also fortfuhre. Ihr sollet demnach wißen / daß die Riesen / so da meine blutsverwandten von der mutter seiten sind / unlängst auf dem Tamischen gebirge zusa en gekommen / und sich miteinander verbunden / mit gesamter ihrer vorfahren / der Enakim / in Kitim am vesuvius ligendes land / aus welchem sie vorzeiten der Coslöus verjaget / wieder zu erobern. Alle Enakim vom hause Sesai / Ahiman und Thalmai / so bisher in Basan zu Astaroth gewohnet / neben den Riesen von Hebron / Debir / Anab /Sammesunim / Emim / Aim / Rapha und Caphtorim /feind in diesem bunde. Weil das haus Thalmai / so unter ihnen das fůrnemste gewesen / mit meiner fraumutter ausgestorben / und ich also allein die übrige davon bin / als wurde dieses ihr fürhaben meinen eltern kund gemachet: die dan in ihre bůndnus mit eintratten / und daneben abredeten / daß man / im hinwege / des gebirges Seir sich wieder bemächtigen / und selbiges mir für mein anteil zuwenden solte. Also wird nun das eine heer zu land / über das Riphatische gebirge / das andere aber bei Ezeongaber / über meer / nach Kitim gehen.

Dieses letzere heer / welches auch zu eroberung Seir soll angewendet werden / auszuführen / ward von den Enakim meinem herrvattern aufgetragen: der aber / sich entschuldigend / mit bewilligung des Zibeons /gegenwärtigen Megadostes dazu erkiesete / und ihme zugleich anbote / mich zu heuraten / und also herr von Seir zu werden. Megadostes ließe sich nicht mercken /daß ihm dieser fürsatz mißfällig. Ich aber / die ich /eine gehorsame tochter zu seyn / mich lebenslang beflissen / ware gleich [102] bereit / den Megadostes fůr den jenigen zu ehren / dazu ihn der Zibeon und Ana erkieset: aber ihn so fort zu lieben / wolte das andencken des Fůrsten von Edom nicht zulaßen / als welcher mehr / als zu meiner ruhe dienete / mein hertz eingenommen hatte. Ich ůberwande mich aber / so viel ich kundte / und name nach dem tage mir gänzlich für /mich des Edoms zu entschlagen / doch ihme zuvor die ursach dieser meiner änderung zu entdecken. Als er nun zu mir kame / sagte ich ihm zwar nicht / daß es seinen uns ab eroberten lande gelten solte / noch auch / daß Megadostes derjenige wäre / an den man mich verlobet / sondern eröffnete ihm nur ingemein / daß mir die meinigen / einen andren zu lieben / befohlen håtten / denen ich dan ohne widerrede gehorchen / und er mich also nicht mehr sehen můste. Es bliebe / dieser sonst unerschrockene held / ganz unbeweglich /als er diese unverhofte erklärung von mir vernommen / deren er sich im geringsten nicht versehen / weil ich ihm / wenig tage zuvor / so große hoffnung gemacht hatte. Er wolte endlich / nachdem er sich wieder erholet / viel einwenden / ům auf einen andern sin mich zu bringen. Ich aber / als zu schwach mich findende / in erdultung seiner gegenwart länger den sieg über meinen willen zu erhalten / beschlosse / mich von ihm zu entfernen / und sagte ihm diese lezte worte: Gehabt euch wol / Esau! und glaubet mir zu / daß ich euch lieben wůrde / wan ich d \rfte. Damit verließe ich ihn /seine antwort nicht erwartend / war auch in dieser meiner überwindung so verwirret / und fast aus mir selber / daß ich nicht recht wuste / was damals fürginge / oder wie mir geschahe.

Welcher gestalt dieser Fürst solches mein verfahren entfunden / legte sich hierauf sattsam zu tage: massen sofort der ganze hof seine betrübnüs vermerket. Weil[103] sowol der König / als andere großen / ihn sehr liebten / als ware ein jeder bemühet / die ursach seines leidens zu erforschen. Wie er nun gegen dem Pharao keine geheimnis davon machte / als bote der ihm seinen beistand an / und redete meinen eltern selber zu /dem großen Edom ihre tochter nicht zu versagen. Alle entschuldigung / so sie hingegen eingewendet / bestunde darin / daß sie bereits verlobet wäre: daher bei jederman die begierde wuchse / denjenigen zu kennen / den ich heuraten solte. Auf den Megadostes riete niemand: weil es / unangesehen dessen hoher geschickligkeiten / nicht vermutlich war / daß meine eltern mich an ihn / als einen fr \mden / und der nicht begütert zu sein schiene / wůrden versprochen haben. Der König suchte alle mittel herfür / dem verliebten Edom seine betrübnüs / die hierob von tag zu tag bei ihm zuname / zu benemen stellte es auch deshalben öfters an / daß er / weil ich in meinem hause mich von ihm nicht mehr sehen ließe / in öffentlichen zusammenkünften mich zu sprechen bekame: da er dan kein augenblick versäumte / seine qual mir zu entdecken / an bei mich zum \ftern bate / ihme wenigst nur so gůnstig zu erscheinen / und zu melden / wer sein glücklicher mitbuhler wäre. Er richtete aber hiermit nichtes aus / weil äuserlich meine kaltsinnigkeit sich ja so sehr / als seine liebe / vermehrte: wiewol ich innerlich große qual fůhlete.

Weil nun der Zibeon mir meinen gram bald anmerkte / als ware dieses / unter andern / eine ursache mit / daß wir unsere abreise aus Egypten zu beschleunigen bedacht wurden: wiewol die eigentliche ursach diese war / daß die zeit sich näherte / da wir auf dem Taurischen gebirg / neben den beiden Königen von Basan und der Aborigener / die in der Riesen bunde mit begriffen / [104] zur besprechung einfinden solten. Mein gram rührte aber nicht so sehr daher / daß ich den Esau nicht haßen / als daß ich den Megadostes nicht gnug / wie mir gebůhrte / lieben k \nte. Ich thäte nur demnach allen gewalt an / und entfande darinn meine ruhe / daß Megadostes keiner von den ungestümmen liebhabern were / sondern ja so kaltsinnig mit mir / als ich mit ihm verführe und uns beiderseits alles gezwungen abginge.

Als nun / zu anfang dieses frůlings / der König von Egypten nach Syrien abreisete / ům die K \nigin Danede / seine gemalin / von dar abzuholen / die sich den winter über in Damasco aufgehalten / massen er gestern mit ihr und andren Königlichen personen / die Königin von Mesopotamien hieher einbegleiten helfen: bliebe der Esau noch zu Thanis / weil ihme unmüglich fiele / mich zu verlassen / und bekamen wir wind davon / daß nicht allein er damit ümginge / mich in sein Fürstentum zu entfüren / sondern auch / daß der Amosis seinem reichsstathalter / dem Esau hierzu alle hůlfe und vorschub zu thun / anbefohlen hatte. Diese seine vermessenheit schmerzte mich so sehr /als wie es den meinigen verdrossen. Und weil wir der Egyptischen macht nicht gewachsen waren / erwehlten wir heimlich die flucht / und gingen Zibeon / Ana /Megadostes und ich / mit unseren leuten und nötigstem geräte / bei nacht aus Thanis hinweg / ehe ein mensch das geringste davon gewar wurde. Wir stelleten hierauf unsere reise nach dem Thamischen gebirge an / und als der weg uns durch Mesopotamien führte /kamen wir / vor ungefär fünf tagen / glücklich nach Phalaga an: da wir über den phrat setzen / und fürter unsere reise hieher nemen wolten.

Desselbigen abends nach unserer dahinkunft / wie ich an dem strande des phrats mit einer meiner slavinnen [105] spaziren gegangen / sezete ich mich endlich /nachdem ich ermüdet / in einem ausgeholten felsen nieder / und wuste nicht / daß Megadostes / mit seinen vertrauten Chaldeer nahe bei mir in einer ecken dieser klippen sich befande. Ich redete daselbst mit dieser dirne / welche üm alle meines herzens geheimnisse wissenschaft träget / meiner gewonheit nach /gar vertraulich / und beklagte mich / daß / ungeachtet alles streites in mir / ich dannoch eine solche schwerigkeit bei mir entfände / den edlen Megadostes also zu lieben / wie mir obläge; und daß ich / von meiner ersten liebe / solche anregungen zur beståndigkeit fühlete / die ich doch / als nunmehr lasterhaft / billig solte und müste verbannen. Diese klage fůhrete ich gar weitlåufig / und schloße endlich damit / wie ich wůnschete / daß Megadostes / mich zu lieben / meinen eltern hätte versagen mögen. Dieses gespräch daurete / bis die sonne untergienge / und wurde ich darauf ganz stille: daher endlich meine dirne vermeinend / weil ich mich nicht regte / daß ich eingeschlummert seyn wůrde / aus dem felsen von mir ginge / und sich an einem andern ort an das wasser sezete.

Nun hatte Megadostes alle meine worte mit angehöret / und als meine dirne mit ihrem geräusche / so sie im hinweggehen machete / bei ihm die einbildung erwecket / daß ich mich von dar begeben hätte / brache er in diese worte heraus / die ich ganz deutlich vernemen kunte: Habt ihr gehört / mein vatter! was die unvergleichliche Ahalibama / (also beliebte ihme /mich zu nennen) itz geredet hat? Ach! es wäre ja höchst billig / diese volkommene tugend zu lieben /wan nur mein herz einige andere liebe anzunemen fåhig wäre. Ich begehre nicht / edler Megadostes! (hörte ich den Chaldeer antworten /) in euren geheimnůßen zu forschen: dieses aber [106] kan ich euch / aus meiner wissenschaft entdecken / daß Ahalibama unfehlbar euer glück machen wird / und daß ihr zu eurem ersten ruhestand durch sie wieder gelangen werdet. Ach! wie kan das geschehen / (antwortete Megadostes tiefseufzend / da der grausame tod mir die jenige genommen / die einig und allein meinen ruhestand machen konte?) Glaubet mir / (widerredete der Chaldeer) Ahalibama wird euer glück / und zwar in kurzer zeit zu wegen bringen: volführet nur mit ihr / eure angefangene weise zu leben. Ihr habet aber vernommen /(sagte Megadostes /) wie sie wünschet / daß ich sie nicht lieben möchte. Ich wůrde demnach ja bässer thun / wan ich / um ihrer ruhe willen / ihr eröffne /daß ihr wunsch erfůllet sey: weil mich die unmüglichkeit abhålt / eine andere liebe anzunemen. Wozu wůrde diese endeckung dienen / (versezte der andere /) als daß ihr wider euch selber handlen würdet: maßen ihr mir ja öfters gestanden / daß ihr auf der welt keine person kennet / die ihr zu lieben euch fähig befindet / als eben diese Fůrstin. Wer weiß demnach /ob es der himmel nicht also versehen / daß euer beider verehlichung sie von der liebe zum Edom / und euch von eurer todten liebe / befreien solle? Himlische Prinzessin! (sagte hierauf Megadostes /) die du nun unter den göttern wohnest! Gib mir doch in mein herze / was ich thun sol: und dafern dir nicht zuwider / daß ich die schöne Ahalibama neben dir liebe / so regiere auch ihren sinn / daß sie mich hingegen lieben möge.

Hiermit stunden sie beide auf / und gingen hinweg. Ich / ganz voll bestürzung / hatte keine zeit / dieses /was ich gehöret / recht zu überdenken / weil indem einer zu mir in meine höle kam / und mir / da ich ihm entgegen ginge / die hand bote / mich heraus zu fůhren. Weil [107] es mit dem abend im schimmern war / und ich diesen für den Megadostes hielte / weigerte ich mich so wenig / mit ihm zu gehen / als sehr entstellt und unentschlossen ich war / was ich mit ihme reden solte / weil ich nun wuste / daß er meine reden angeh \ret / und mich eben also / gleich wie ich ihn / nun kennete. Diese unschlüßigkeit bande mir den mund /und urteilte ich / aus seinem stillschweigen / seine gleichmåßige bestürzung. Also gingen wir / sonder zu reden / immer fort / und war ich so verwirret / daß mir der weg nicht lang wurde / nicht beachtend / daß wir das wirtshaus viel eher håtten erreichen sollen / und der weg so lang nit war / daß er so viel zeit erfordert håtte. Wie mir nun endlich nicht recht hiebei dünkte /stutzete ich / zu dem / der mich führte / sagend: Wo gehen wir hin / Megadostes! der herweg war nicht so lang / den ich von unsrem wirtshause bis an das wasser genommen. Meine håftige liebe / (antwortete mir dieser mein begleiter) und eure gütige erklårung / die ich in diesem felsen mit angeh \ret / haben mich so kühn gemacht / euch hieher zu bringen / da ein wagen unser wartet / der euch nach Seir / eurem vatterlande /fůhren sol.

O verwegener Esau! (rieffe ich hierauf / ihn an seiner stimme erkennend) solt ihr euch auch unterstehen dörfen / mich dergestalt zu beleidigen? und habet ihr nicht bäßere gedanken von meiner tugend / als daß ich nicht tausendmal lieber den tod als diese ehrenrürige entfůrung erleiden solte? Hiemit war ich bemühet / mich los von ihm zu reißen / er aber setzete bei solcher gelegenheit die blödigkeit auf die seite / und /weil er sich zweifels frei darauf verließe / daß er wuste / wie ich ihm nicht abhold wåre / fuhre er in seiner angefangenen künheit fort / und mich auf seine arme fassend / truge er [108] mich bis an den wagen: da er mit mir hinein sprange / und so fort denselbigen feld eingehen ließe. Ich h \rte nicht / für entsetzen und ungedult / was Esau ferner zu mir sagte / diese seine that zu entschüldigen / und brache endlich der morgen wieder an / wie wir uns nicht weit von Anzora befunden / weil die pferde ermüdet / und der Esau nicht vermeinte / daß man ihm so eifrig nachjagen wůrde /gönnete er mir ein wenig ruhe.

Ich hatte deren kaum etliche stunde genossen / da kame Megadostes mit seinen leuten auf einem schiffe den phrat herrunter fahren: welcher / sobald er meine entfürung / durch einen von des Esau dienern / der in der eile sich verspätet / vernommen hatte / uns nachgefolget. Er ländete eben an / als der Esau seinen wagen wieder bespannen ließe / und gleich am ufer stunde. Ihr wortwechselung bestunde beiderseits in entbl \ßung der schwerder: da sie / mit gefolge der ihrigen / aufeinander los gingen / und ein getůmmel erregten / daß nicht allein ich davon erwachte / sondern auch ganz Anzora zugelauffen kame / ům die ursach dieses unwesens zu erfahren. Ich bedachte mich hiebei nicht lang / was mir zu thun wäre / sondern entschloße mich sofort / diesen beeden helden ihr leben zu erhalten / und mit dem Megadostes nach Phalaga wieder zu kehren / demnach ließe ich mich unter die menge des zulauffenden volkes / und rieffe ihnen zu /daß sie mir folgen solten / diese streitende mir voneinander bringen zu helffen. Als ich nun bald ein zimliches heer hinter mir sahe / die ich / meiner alten kriegerischen gewonheit nach / wol anführen konte /drunge ich mit ihnen / mit denen zwischen den Esau und Megadostes ein / ihnen beederseits und ihren leuten den frieden gebietende. Sie legten sowol aus ehrerbietung als weil ich mit dem volk aus Anzora die stårkste war / [109] da sie bereits beide verwundet waren /die waffen nieder.

Hierauf bote ich dem Megadostes die hand / und sagte zu dem Esau: Sehet / wie der himmel eurem ungerechten verfahren entgegen ist / indem er mich also aus euren hånden errettet. Ich will es ferner seiner rache befehlen / wie ihr mich beleidigt / und werde ich von diesem tage an / euch als meinen ärgesten verfolger zu fürchten / mir åuserst angelegen seyn lassen. Als er diese worte von mir vernommen / erblasste er /gleich einer leiche / welches dan auch seine entfangene wunden mit verursachten. Ich aber wandte mich damit zu den bürgeren von Anzora / die ich ersuchte /diesem wůtrich zu steuren / daß er mir nicht hinterlich seyn möchte / mit dem Megadostes nach Phalaga wieder zu kehren. Weil die vornemsten unter diesen leuten den Fürsten von Edom kennten / als erfüllten sie dieses mein begehren mit großer bescheidenheit / und baten ihn üm das / was sie ihm wol verwehren konten / nämlich daß er mich ungehintert m \chte reisen lassen. Er war aber von wut / unwillen und beschamung so eingenommen / auch daneben so schwach wegen des verlohrnen Blutes / daß er das vermögen nicht hatte / sich daselbst länger sehen zu lassen. Demnach begabe er sich / so wol dem pövel aus dem wege zu kommen / als meinen abzug nicht mit anzuschauen /sonder mir ein wort zu sagen / mit den eltisten der stadt in ihren tempel. Ich aber ginge / ohn ferners såumen / mit dem verwundten Megadostes zu schiffe /und kamen wir erst gegen den abend / weil wir gegen den strom fuhren / wieder nach Phalaga.

Ich muß euch nun auch wol die unterredung erzehlen / die ich unterwegs mit meinem erl \ser auf dem[110] schiffe gehalten. Dieser meine sonderbare betrůbnůs verspürend / name daher anlaß / mich also anzureden. Ich weiß nicht / sch \ne Ahalibama / ob des kühnen Fürsten von Edom / oder mein beginnen / an dieser herfürscheinenden traurigkeit schuldig sey? Ist es das letzere / warüm widersprechet ihr also eurem eignem herzen / wan ihr sagt / daß ihr dem großen Edom so abhold seiet? Ich weiß / Megadostes! (antwortete ich ihm) was euch / diese reden zu fůhren / veranlaßet: ihr habt mich gestern abends behorchet. Ihr sollet aber wissen / daß ich eure geheimnise sofort auch erfahren / da ich / die unmüglichkeit mich zu lieben / aus eurem eigenem munde angeh \ret. Ich bin demnach billig betrůbet / daß es der himmel nicht also gefüget /daß ihr Esau / und Esau Megadostes worden wåre. Er bestürzte nicht wenig / mich also reden zu h \ren. Nachdem er sich aber wieder begriffen / sagte er zu mir. Wan ihr dan alle meine worte geh \ret / so werdet ihr auch meinen herzlichen wunsch vernommen haben / den ich gethan / euch zu lieben / und eure gegenliebe hinwider zu erlangen. Es ist ja wahr / Megadostes! (gabe ich ihm zur antwort /) ich habe dieses gehöret: und wil ich / üm euch zu weisen / daß ich nun des Esau vergessen wolle / keine stunde mehr seumen /euch die eheliche hand zu geben / und damit unserer liebe einen anfang zu machen. Megadostes / sein vergnůgen darüber zu bezeugen / fiele mir zu fuß / als er solche erklärung vername / und versicherte mich / daß ihn seine abgestorbene liebste / ferner nicht abhalten solte / eine lebendige zu lieben. Ich gelobte ihm hingegen an / daß ich des Esau vergessen / und ihn allein lieben wolte.

Mit solcher wechsel-versicherung / die zwar mir /wie ich nun gestehe / saur ankame / kehrten wir wider zu dem besorgten [111] Zibeon und Ana / die nun / für dergleichen fernerem zufall sicherer zu seyn / für nützlich befanden / in zween haufen zu reisen: da dan sie mit ihren leuten auf Samosata zugingen / wir aber uns hieher nach Amida wendeten. Hier hat uns nun der gestrige zufall in eur haus gebracht / und an unserer fürter-reise gehintert. Diese aufhaltung nun / welche nicht von ungefår geschehen / hat anlaß gegeben / daß / nach des Chaldeers vorsagung / der Megadostes ganz unverhoft und unvermutlich zu seiner ersten glückseeligkeit wieder gelanget ist. Dan als derselbe gestern den prächtigen einzug eurer K \nigin mit angesehen / hat er unter ihrem frauenzimmer die jenige person lebendig gefunden / die er als seine liebste /bisher für todt beweinet. Dieses hat er mir gleich iezt eröfnet / und dabei mir die aufrichtigkeit erwiesen /daß er mir nicht verheelen wollen / wie so fäste bande ihn an diese wieder lebendig-gefundene Prinzessin anfässelten / daher er auser ihr eine andere zu lieben /nimmer fähig wäre; Ich muß gestehen / daß dieses mich sehr bestůrzet gelassen / wiewol nicht aus den ursachen / als wan ich in des Megadostes verfahren etwas zu tadeln fände: und habe ich deshalben / wehrte Sataspe! in seiner gegenwart sofort darauf / als ich dieses von ihm erfahren / euch hieher holen lassen /üm euch beden meinen lebenslauf zu erzehlen / damit ihr / Megadostes / alle ůmstände desselben mit anhörend / die euch alle zuvor noch so bekant nicht gewesen / müget urteilen können / daß nicht allein die tugend / sondern auch meine eigene regung und die noch stäts-anhaltende neigung für den Edom mich antreiben / von meinem gehabten rechte gutwillig abzustehen / und euch von eurer liebe loszusprechen. Ihr aber / Sataspe! sollet deßen ein zeuge seyn / daß ich ietz dem Megadostes [112] seine freiheit wieder gibe. Wie ihr dan auch aus dieser meiner vertreulichkeit werdet abnemen können / daß ich noch gegen euch die alte ungeänderte Ahalibama seyn wolle / wie ihr mich ehmals bei der Tirdane gekennet.


* * *


Hiemit beschloße diese angeneme Fürstin ihre rede / und ließe Megadostes der Sataspe keine zeit / hierůber etwas zu sagen / indem er für der Ahalibama bette nieder kniehete / und mit den bewegligsten worten / die er nur ersinnen kunte / ihr zu verstehen gabe /wie sie in der welt keinen ergebeneren diener als ihn haben solte / und wie er äuserst bemühet seyn wolte /ihre eltern dahin zu bereden / daß sie in die liebe des großen Edoms einwilligen möchten. Ich habe euch (antwortete Ahalibama) auf meiner eltern befehl geliebet / verhoffe auch / wan sie eure ursachen nun h \ren / daß ihr mich nicht etlichen könnet / sie damit werden friedlich seyn / daß ich meine liebe wieder zurücke genommen / und dieselbe in eine freundschaft gegen euch verwandelt habe. Wollen sie dan den Esau zu ihren schwiegersohn nicht haben / werde ich auch ihren willen niemals widerstreben / dabei aber euch nicht verwehren / euer můglichstes bei ihnen für den großen Edom anzuwenden / damit durch euch / dieser trostlose seine Ahalibama wieder erlangen möge / die ihr ihm zuvor entwendet. Diese worte konte sie sonder thränen nicht vorbringen / und wurde Megadostes dadurch nicht wenig gerüret: Der ihr auch verhieße /seine eigne glückseligkeit so lang hintan zu setzen /und ungeseumt nach Anzora zu kehren / um den Fürsten von Edom in seiner unruhe zu tr \sten. Dieses wolte sie aber nicht zugeben / bis es ihre eltern verwilligt hätten. Sie widersprache auch lang seinem fůrnemen / daß er [113] sie nun / da er seine Prinzessin wieder gefunden / dennoch nach dem Tamischen gebirge begleiten wolte: davon er aber sich nicht abbringen ließe. Hierauf ward beschlossen / weil ihr die sorgfalt ihrer eltern / und sonderlich des Zibeons bekant war /daß sie sofort den andern tag / ungeacht ihrer schwachheit / wieder abreisen wolten / deme sich die getreue Sataspe vergeblich widersezte.

Als diese endlich zu worten kommen konte / bezeugte sie ihre verwunderung über die sonderbare liebe dieser beiden / und beteurete der Ahalibama nochmals / daß sie keinem menschen etwas hiervon entdecken wolte / was sie von dem fůrhaben der riesen vernommen håtte. Daß dieses sehr geheim seyn müße / (sagte Ahalibama) läßet sich daraus abnemen /weil alle die K \nige / unter denen die Riesen zerstreuet wohnen / dieses werk hinteren würden / wan sie es zu früzeitig erfahren solten / da keiner gern sein land / durch ihren abzug / wird wollen sehen \de werden / und dörfte man sonderlich hier in Mesopotamien / als nächste nachbaren / dieses zu verhinteren suchen / damit unsere macht nicht zu groß werde / andren gesetze fürschreiben zu können. Ich begreife dieses gar wol: (antwortete Sataspe) damit aber mein vetter der Demas / einiger maßen erfahren möge / wer seine gäste seien / so werde ich ja ihme / als einen vom gebirge Seir / und der überdas dem Fürsten Zibeon ehmals so viele dienste erwiesen / meiner Fůrstin namen nicht verschweigen / noch auch ihren weg nach dem Taurischen gebirge verhelen müßen? Dieses stehet euch frei / (sagte Ahalibama) nur daß das übrige bei euch bleibe / und verlange ich selber dem getreuen Demas meinen namen zu entdecken und deswegen ihn zu sprechen.

Wie nun Sataspe der Fürstin willen wuste / säumete [114] sie sich nicht / den Demas hinein zu beruffen; welcher / wiewol ihm Sataspe bereits gesaget / wer diese fr \mde wåre / es doch verhelete / bis sich Ahalibama ihm selber entdeckte: da er dan seine dienste nach aller möglichkeit ihr anbote / und / auf ihr begehren /ihr alles erzehlte / wie es ihm in Canaan ergangen /und wie der lezte krieg / auch des Beors tyrannei / ihn in Mesopotamien gebracht hetten. Unter solchen gesprächen / fiele der mittag ein: da dan / weil Ahalibama sich den tag noch schonen und im bette bleiben wolte / der Demas mit dem Megadostes von ihr gienge. Wie er nun hierauf die speisen / in einer im hinterhofe aufgerichteten låube / wolte auftragen lassen /kame Nahor und Bethuel dazu / die der fürwitz daher triebe / um von des Demas gästen ein mehrers zu erfahren.

So angenem mir meine Fůrsten sind / (sagte Demas zu ihnen) so unvermutet kommen sie mir: maßen ich mir eingebildet / nun der hof zu Samosata ist / es wůrde diese auen unserer fürstlichen schäfere gånzlich wieder seyn beraubet worden. Wir suchen beide nichtes (antwortete Nahor /) in Samosata / was unsere sinne vergnügen kan: doch hätten wir / dessen ungeacht / unsere aufwartung bei hof ablegen wollen / wan man uns nicht gesaget / daß die königliche personen sich heute nicht sehen lassen / sondern von ihrer reise ausruhen wolten. Hiemit grüßete Nahor / sowol als der Bethuelden ansehnlichen Megadostes / und wie sie sich mit einander zu tische gesetzet / fragte Nahor diesen frömden / ob er gestern den königlichen einzug mit angesehen hätte / welches als er es bekråftiget /gabe solches anlas / hievon weitlåuftiger zu reden. Wan der edle Megadostes (sagte Bethuel) nicht selber eine so fürtrefliche sch \nheit in unser land gebracht hätte / so wolte ich wol vermeinen / [115] daß der wunderglanz von einer unter den vielen schönheiten / die wir gestern gesehen / fåhig seyn k \nnen / die bestürzung zu erwecken / die ich an ihme wargenommen. Wie /mein Fürst! (antwortete Megadostes / ganz verwundert /) habet ihr das ersehen? ich dachte nicht / daß mich jemand beachten solte / da so viel zu besehen war. Ich stunde zum nächsten bei euch / (versezte Bethuel /) als die königliche hirten so unvermutlich an die tafel kamen / und h \rte ich euch sagen: Ach nein! meine augen betriegen mich / ich sehe die nicht / die ich zu sehen vermeine. Megadostes / ganz beschamet / daß Bethuel so viel von ihm zu sagen wuste / verbarge sich / so gut er kunte / und argwohn zu verhůten / gestunde er / daß er / in ersehung der Prinzessin Ahalibama von Seir / vermeint / er såhe eine dame /die ihm ehmals war kentlich gewesen.

Er bliebe hierauf / dieses ferner zu beantworten ůberhoben / und kamen sie nun auf den unterscheid der sch \nheiten zu reden / da Megadostes zu sagen angelassen wurde / welche fůr die sch \nste / nach den Königinnen Aramena und Cölidiane / (als welche billig den preis vor allen den andern behielten) zu achten wäre? Wan ich schon mein urteil (antwortete Megadostes) von so unvergleichlichen schönheiten geben wolte / so wůste ich doch ihre namen nicht zu sagen /weil ich keine kenne / als die beide Prinzessinnen /die mir der Demas gestern genennet. Die eine von denselben (sagte Bethuel) um die / wie ich hörte / der Demas befragt wurde / war die schöne Prinzessin Indaride aus Ophir / die / nach ihres Königs Amraphel tode / in ihrem unglücke das glück gehabt / daß keiner sie mit neuer liebe betrůbet oder gequälet hat. Ihre sch \nheit ist doch wol so groß / (antwortete Megadostes /) daß sie ihr leichtlich anbetere erwerben [116] könte. Sie hat / ich weiß nicht was / in ihrem gesichte / (setzete Nahor hinzu) das einem eher eine furcht als liebe solte erwecken k \nnen / und glaube ich / das sei die ursach / daß man so gar nichtes davon geh \ret / wie sie / ausser dem einigen K \nig von Elam / von iemand sei geliebet worden. Dieser K \nig (antwortete Megadostes) hat / wie das gerüchte gemeldet / dennoch so häftig sie geliebet / daß alles / so er ihrentwegen ausgestanden / genug anzeigen kan / was volkommenheit er an ihr müße erkant / und folget eben nicht /daß sie nicht mehr liebhabere solte gehabt haben / ob sich schon keiner bei ihr gemeldet. Unmůglich kan die liebe geheim seyn (gabe Nahor zur antwort) und ist das kein feur / welches keine flammen von sich gibet. Ich wil dieses nicht widerstreiten (sagte Megadostes) sondern nur sagen / daß Indaride wůrdig sei / in aller welt anbetere zu haben.

So folget dan daraus / (unterredete Demas) daß Megadostes den preis der schönheit dieser Prinzessin gibet / darůber ietzt sein urteil begehret worden. Ich wüste in warheit nicht / (widerredete Megadostes) ob etwas ungerechtes bei solchem urteil seyn wůrde / unterneme mich aber darum nicht / über so hohe personen meine gedanken zu eröffnen. Das wolgefallen (sagte Bethuel) ist der sch \nheit richterin / und verursachet dieses die wahl bei dem Megadostes: welche ich meines teils auf die jüngere Aramena / die Königin von Ninive / richten můste / ob ich schon iezt von ihren banden befreiet lebe. Sol ein ieder (thäte Nahor hinzu) eine besondere schönheit preisen / so wil ich die Ahalibama / des Esau gemalin erwehlen. Ihr nemet mir / mein Fůrst (fiele ihm Demas in das wort) die meine aus dem munde / massen auch ich dieser den preis der sch \nheit geben [117] wollen. Desto eher werde ich solchen fůr sie gewinnen (versezte Nahor) weil ich nun zwo stimmen habe.

Mit diesen und dergleichen gesprächen verbrachten diese viere die malzeit / und konten Nahor und Bethuel weder aus des Megadostes noch aus des Demas reden erfahren / wer dieser ungemeine fr \mde seyn můste: zumal auch die Nefe Zibeons / um unbekant zu bleiben / sich nicht sehen ließe. Demnach namen diese beide Fürsten wieder ihren abschied / nachdem sie den Megadostes und seine bei sich habende sch \ne ihrer möglichsten dienste versichert. Sie gingen hierauf nach ihren heerden / da ihre hirtenknaben an stat ihrer im thal weideten / und stimte / im fortgehen / der Bethuel folgendes lied an / das er auf seinen zustand gerichtet.


Da mich der hof noch hatte /

da lief mir dessen schatte /

verdrus und unglück / nach

ich dacht / ich will mich hassen /

das prächtig' elend lassen

entfliehn dem ungemach.


In feldern ist gut wohnen /

da sind der hirten kronen

ruh' und zufriedenheit.

Ob gold die großen krönet:

das glück sie wieder hönet /

vertrübet ihre zeit.


Diß denkend / ich mich gabe /

mit diesem schäferstabe /

zu weiden eine heerd.

ich dacht in grünen gründen

die ruhe hier zu finden /

die meine wonne nehrt.


Doch kan ich / in den heiden /

nicht mein verhäugnis meiden

Die ruhe flieht vor mir.

[118]

Mein wartet' hier die liebe:

zeigt / daß sie mich betrübe /

mir eine wunderzier.


Was nicht am hof zu hoffen /

wird auch nicht angetroffen

in stiller felder-welt.

Noch lehret mich / mein brennen /

die unruh ruhe nennen.

Mich fällt / was mir gefällt.


Als Bethuel dieses lied geendigt / sagte sein bruder zu ihme: du hast mir hiermit anlaß gegeben / daß ich auch auf meinen zustand ein lied zu dichten verlange. Es fehlet mir aber an der wissenschaft / die reimen recht zusammen zu setzen. Ich wil dich demnach ersuchen / daß du deinen poetischen geist mir hierzu leihen wollest. Ach Nahor! (sagte Bethuel / ihn zugleich gantz beweglich ansehend) solte ich ein lied von deinem lieben aufsetzen / so wolte ich darinn melden /daß du der Aprite auf ewig gute nacht sagtest / oder doch sie nicht so ehrerbietig liebtest. Hüte dich / Bethuel! (antwortete Nahor) mich also zu betrüben / und achte die Aprite nicht so geringe / bevor du sie gesehen hast. Wie kan man sie h \her ehren / (wandte Bethuel ein /) als es ihr zustand mit sich bringet / und habe ich alle hochachtung fůr sie / die eine magd der Almesia von rechts wegen erfordern kan.

Indem Bethuel also redte / fuhre unweit von ihnen ein mistwagen vorbei / den sie gleich / an den pferden / der Almesia zustehend erkanten / welche ihn auf ihren acker schickte. Weil zwo mågde mit mistgabeln hernach gingen / schwanete gleich dem Nahor / daß Aprite eine von ihnen seyn würde. Ob es ihn nun wol verhönete / daß sein bruder seine liebste also solte aufziehen sehen / so überwande doch die liebe bei ihm alle betrachtungen / [119] daß er sich nicht enthalten konte / seinen bruder zu verlassen / und sofort auf sie zu zu eilen. Schöne Aprite! (redte er sie an) wie lang wollet ihr euch selber dieses unrecht anthun / lieber also zu dienen / als durch mich in freyheit wieder zu kehren. Ist euch etwan die gesellschaft des Elisa so lieb / daß ihr lieber mit denen die knechtschaft / als mit mir den ehrenstand / erkiesen wollet. Weil die schöne Aprite bereits von der Rodine verstanden hatte / daß Nahor darbei gewesen / als sie gestriges tages mit dem Elisa von seiner liebe geredet / als kame ihr diese frage nicht frömd fůr / und beantwortete sie solche also: Es wird mein rechter ehrenstand darinn bestehen / daß ich treulich meinem beruff abwarte / und durch keine mittel / die mir einen bösen namen geben k \nten / aus meiner jetzigen dienstbarkeit zu entkommen suche. Der Elisa ist mir weiters nicht lieb / als so weit wir zusammen dienstboten sind / und einer herrschaft brod essen. Solte aber / sein ůmgehen mit mir /bei einigem menschen mir verdacht erwecken / so schw \re ich / daß ich ihm nicht bässer / als andern /begegnen würde / die da sucheten meinen guten namen zu verkleinern.

So werde aber ich / liebste Aprite! (sagte Nahor sie bei der hand fassend) euren guten namen nicht verkleinern / wan ich euch zur Fürstin von Syrien zu machen / und in die fürnemste freundschaft der welt euch zu bringen / hiermit verheiße. Machet demnach zwischen mir und andern einen unterschied / und erkennet meine eheliche liebe / die ich zu euch trage / so die heurat zum ziel hat / und eure ehre auf die höchste staffel zu setzen bemühet ist. Diese entdeckung thäte Nahor mit so verliebten gebärden / daß gnugsam erhellte / wie es ihme ein rechter ernst wäre. Aber Aprite hatte solches mit gleicher und ihr-gewönlicher kaltsinnigkeit angehöret / [120] [122]und ließe sich dadurch keines wegs bewegen / dem Nahor einen freundlichern blick zu geben. Glaubet mir / Fürst von Haran / (sagte sie zu ihm) daß mir der Fürsten-stand mehr zu wider ist /als ich mit worten aussprechen kan / und haße ich ihn unter andern auch dieser wegen / daß er euch diese künheit erlaubet / so frei mit mir zu reden / und mir auferleget / aus schüldiger ehrerbietigkeit / meinen darob geschöpften unwillen zu rück zu halten / und den nicht also / wie ich wol wolte / auszulassen. Ach grausame! (rieffe der verzweifelte Nahor /) habt ihr nun euren haß über mich armseligen genug ausgelassen / und habt ihr wol etwas zu rücke behalten von deme / das mir mehr als tausend töde anzuthun fähig wäre.

Aprite schwiege zu diesen klagen des Nahors / und begegnete ihme damit ein wagen / auf welchem die Ahalibama mit der Timna und Casbiane saßen / des willens / den Demas und die Sataspe zu besuchen: als von denen Ahalibama und Casbiane den ersten /Timna aber die andere / gar wol kenneten / zumal diese eben die jenige war / in deren hause sie sich zu Damasco an den Eliphas trauen lassen. Weil diese Fürstinnen so fort den Nahor erblicket / rieffen sie ihm zu / daß er ihnen den weg zeigen solte: der aber anfånglich zu ihren stimmen taub ware / bis Aprite /die sich neben der Baalise vor diesen ankommenden sehr verbarge / dem Nahor zuredte / von ihr ab und dahin zu gehen / wo ihm geruffen würde. Weil nun dieser verzweifelte liebhaber die höflichkeit nicht gar hintan setzen durfte / als muste er seine Aprite verlassen / und nach den andren eilen / gabe aber in allen seinen gebärden gnugsam an den tag / daß er bis in den tod betrübt und unruhig wäre. Die drei Fůrstinnen sahen ihm dieses an / daher [122] Ahalibama lächlend zu ihm sagte: hätten wir den Nahor in einer andern gesellschaft gefunden / so můsten wir gewiß glauben /daß wir ihn von einem angenemen ort abgezogen håtten. Nahor befunde sich so untůchtig / dieses zu beantworten / daß er dazu still schwiege / und als ihn Casbiane / seine base / fragte / wo der weg nach des Demas hause hinginge / sich anheisig machte / so wiedrig ihm auch alle gesellschaft ware / sie dahin zu begleiten. Die Timna hatte ihr söhnlein / den Amalek / auch bei sich / üm selbiges der Sataspe zu zeigen: welche / neben dem Demas / einer solchen fůrnemen besuchung sich nicht versehen hatte.

Es fehlte wenig / daß sie nicht die Sataspe und den Demas / bei der Nefe Zibeons und dem Megadostes angetroffen: welche kaum aus dem zimmer entkommen kunten / als jene schon in das haus eintraten. Aneriste / des Demas hausfrau / entfinge und hielte sie so lang auf / bis die andren beide zu ihnen hinab kamen. Der Sataspe freude war übergroß / die Fůrstin Timna wieder zu sehen; und als sie hörte / daß das kind /welches sie auf dem arm truge / der Amalek / ihr und des Eliphas sohn wäre / kunte sie sich nicht enthalten / ihr solches aus den armen zu nemen / und es an ihre brust zu drücken / dabei sagende: der himmel sei gepreiset / der mich den tag erleben lassen / die frucht von dieser heurat zu sehen / die ich habe volziehen helfen. Ach Sataspe! (antwortete die betrübte Timna) wie ist diese heurat für mich so unglůcklich hinaus geschlagen / und wie sehr hat sich des Eliphas liebe gegen mir geåndert! diese worte sagte Timna / indem sie den windelsteig hinauf traten / und wurden solche von der Nefe Zibeons in ihrem zimmer mit angehöret / weiln sie ganz nahe für ihrer thür über gingen: daher ihr nicht geringe anregung [123] kame / diese ihre alte freundin / wie ingleichen ihre base / die andere Ahalibama / als gewißer massen ihre beide mitbulerinnen /zu sehen. In erwågung aber / wie gefärlich es für sie seyn wůrde / und wie leicht es dem großen werke / so unter den Enakim / ihren verwandten / fůr ware / eine hinterung bringen k \nte / zwunge sie ihre begierde: wiewol nicht so völlig / daß sie nicht gewünscht hätte / wenigst des großen Edoms enkel / den kleinen Amalek / zu sehen.

Dieses ihr verlangen eröffnete sie einer ihrer slävinnen / die noch allein bei ihr im zimmer war /weil Megadostes auch von ihr gegangen / und sich /üm nicht von diesen ankommenden gesehen zu werden / in seine kammer verschlossen hatte. Diese verschmizte slåvin / üm ihrer Fürstin willen zu erfüllen /ersahe eine gelegenheit / zu der Sataspe allein zu kommen / als sie eben / den kleinen Amalek noch auf dem arm tragend / von der Timna aus dem gemach ginge / ům ihr etliche begehrte schriften von arzneien / darinn sie sonderlich erfahren war / zu holen. Wie nun Sataspe das verlangen der Nefe Zibeons vernommen / eilete sie mit dem kinde in das gemach und fůr das bette dieser Fürstin / üm ihr selbiges zu zeigen: die dan eine solche gleichheit zwischen den kleinen Amalek und dem großen Edom fande / daß sie sich nicht entbrechen kunte / es herzlich zu küßen / und ihm zu liebkosen. Weil aber das kind / sich unter lauter frömden sehend / häftig zu weinen und zu schreien anfinge / h \rte Timna solches in dem nebengemach /liese deshalben / von mütterlicher sorgfalt getrieben /in dasselbe zimmer / und zwar so geschwinde / daß es Sataspe nicht verhinteren kunte. Von ungemeinem entsetzen wurde sie ůberfallen / als sie so fort ihre glůckliche mitbulerin erkente / und zwar solcher gestalt / daß [124] dieselbe ihr liebstes söhnlein / das übrige von ihrem Eliphas / fůr sich im bette auf den armen hielte. Sie wuste fast nicht / wie ihr geschahe / und wurde auch die andere so bestürzet / daß sie so wenig als die Timna sich erholen kunte.

Sie sahen beiderseits eine weile / ganz sonder bewegung / einander an / bis endlich Sataspe / die / fůr der Timna ruhe / diese unvermutete zusammenkunft nicht ungern sahe / also anfinge / nachdem sie den Amalek zu sich genommen / und sagte zu der Nefe Zibeons: Beschüldiget mich nicht / werte Fürstin / als hätte ich euch verrahten! der himmel hat es also gefüget / damit ihr dieser trostlosen Fürstin / wegen des Eliphas / aus dem irrigen wahn helfen k \nnet. Allerliebste Timna! (sagte hierauf die Nefe Zibeons) wie herzlich bin ich doch erfreuet / dich wieder zu sehen! sonderlich da ich dir sagen kan / daß ich deinen Eliphas dir nicht geraubet. Glaube mir solches zu / werteste freundin! daß ich an diesen verdacht unschůldig / und daß es nirgend anliget / als daß Eliphas deine unschuld erfahre / üm wieder zu dir zu kehren. Ein starker tränen-bach ergoße sich hierauf ůber der Timna wangen / der so wol von leid als freude herrürte / und kunte sie nicht glauben / daß Ahalibama wahr redte / noch auch was håftigers verlangen /als daß es wahr seyn möchte. Sie sahe bald diese ihre bisher-geglaubte mitbulerin / bald die Sataspe an /und schůttelte das haubt / zum zeichen ihrer kleingläubigkeit; weswegen Sataspe sowol / als die sch \ne Nefe Zibeons / fortfuhre / sie mit so vielen eidschwüren / auch mit kurzer erzehlung von des Eliphas begebenheiten / dessen zu versichern / daß sie endlich glaubte / und daher diese ihre alte freundin / sonder groll und unwillen / mit herzlicher freudbezeugung ůmarmte und an ihr brust drukte.

[125] Ach unverhofte ånderung meines zustandes! (finge sie hierauf an) wer hätte mir sagen sollen / daß ich in der Sataspe hause / also meine ehre wieder erlangen wůrde; und was hat euch / grausame freundinne! bewegen k \nnen / mir dieses dergestalt zu verhelen? Das recht der wirtschaft / (antwortete Sataspe) hat mich schweigen gemacht / da meine gåste so sehr mich beschworen hatten / sie geheim zu halten. Warům aber das? fuhre Timna (fort zu fragen) da ja du / werte Ahalibama! wustest / wie du mir das leben wieder geben k \nnen? Weil ich dich / (antwortete die Nefe Zibeons /) nicht hier im hause allein wuste / erachtete ich für keine müglichkeit / in gegenwart der andern / mich dir zu offenbaren / ware also willens /es der Sataspe zu überlassen / daß sie bei gelegenheit dir dieses ansagen solte / wie sehr ich zu eilen gehabt / und daher dir selber meine unschuld / den Eliphas betreffend / nicht entdecken können. Wo ist dan mein Eliphas? (fragte Timna) und welch gros geheimnis bringet und führet dich so geschwind hieher und wieder hin? Du begehrest so viele und schwere dinge zu wissen (antwortete die Nefe Zibeons) daß ich nicht sehe / wie ich sobald dich werde vergnügen können /doch hoffe ich ehest wieder bei dir zu seyn: alsdan solst du alles erfahren. Inzwischen ist dein Eliphas /als ich glaube / zu Theman / gehabe dich wol / liebste Timna! und wisse zum abschied / daß dein schwiegervatter / der große Edom / zu Anzora an etlichen entfangenen wunden krank liget. Sage solches seiner gemalin / unserer basen / sonder mich ihr zu nennen /noch auch dem Esau es kund zu machen / daß dieses von mir kommet / was ich dir nun sage / und glaube /daß ich deine ergebenste dienerin sterben werde. Ein mehrers wolte ihr die Nefe Zibeons nicht entdecken /[126] und wie Timna sahe / daß ihr so hoch daran gelegen war / so wol geheim zu bleiben / als bald hinweg zu kommen / ergabe sie sich darein / diese freundin nur auf einen augenblick gesehen zu haben / verhieße ihr auch / keinem menschen zu er \ffnen / was sie nun erfahren.

Damit schiede sie so vergnügt von ihr / daß / wie sie zu den andern wieder kame / dieselbe eigentlich eine änderung an ihr spůren konten / und ware sie gar nicht fähig / ihre vergnügung zu verbergen. Man berichtet mich iezt / (redte sie zu des großen Edoms gemalin) daß mein Eliphas noch nicht an die Nefe Zibeons getrauet sei / und daß ich hoffen dörfe / ihn wieder zu bekommen. Warüm muß dan (antwortete Ahalibama / die inzwischen mit dem Demas geredet) die Sataspe / die dir / wie ich vermute / diese gute post wird gebracht haben / bei dir mehr glauben / als ich / finden; habe ich dir diese zeitung nicht fürlångst gesaget; Sataspe weiß es bäßer / (gabe die erfreute Timna zur antwort / und redet solches nicht aus bloßer freundschaft / gleich wie du gethan hast / sondern aus grunde der warheit). Ich gönne ihr diesen fürzug gerne / (sagte Ahalibama) und bin schon zufrieden /nun ich deine gemüts-beruhigung nur hoffen darf. Ich weiß aber sonst noch etwas / (finge die Timna wieder an /) das diese meine vergnügung zimlich verringern kan. Wie nun Ahalibama hiernach gefraget / fuhre sie fort / und sagte ihr / welcher gestalt der große Edom /ihr gemal / verwundet und krank zu Anzora låge. Ahalibama / weil Demas zugegen war / entfärbte sich nicht wenig hierüber: dan sie hatte sich eben / in ein gespräche von ihrem liebsten Elieser mit denselben so vertieffet / daß alle ihre gedanken damit waren erfüllet worden. [127] Wie sie nun hierauf zu antworten verzoge /fuhre Timna fort / ihre sorgfalt hierüber an den tag zu geben / und sagte: Wan du dort hin reisen wilst / als ich vermute / ihn zu besuchen / so wil ich dich begleiten; dan ich alda dem Eliphas auch näher als hier seyn werde / als der sich nun wieder zu Theman befinden sol. Weil der wolstand es nicht anders litte / als daß Ahalibama diese reise zu thun sich entschließen muste / fiele sie der Timna bei / und bote sich hierauf auch Demas an / ihnen nicht allein aller orten mit frischer fůrspann / und nachgehends zu Phalaga mit einem ben \tigten schiffe zur hand zu gehen / sondern auch selber mit zu reisen / und sie durch das land zu bringen.

Dieses anbot namen sie zu dank an / und beschlossen folgenden tags abzureisen: wovon Nahor / ob er gleich ståts zugegen war / bei seinen vielen gedanken / nichtes vernommen hatte / und deswegen / als sie von der Sataspe und Aneriste beglückwůnschet wurden / mit verwunderung fragte / wohin sie zu reisen gedächten? Es ist nicht anders / (sagte scherzweis die Casbiane) ihr müßet lieben / mein vetter: Weil eine von den eigenschaften der liebe ist / daß sie taub und blind machet. Daß ich liebe / begehre ich nicht zu leůgnen / (antwortete Nahor /) aber diese leidenschaft erzeiget sich so grausam gegen mir / daß ich dieses für eine ihrer geringsten eigenschaften gelten ließe /wan sie mich also / wie ihr saget / meiner äuserlichen sinne allein beraubte. Es war niemand unter den anwesenden / als Demas / der üm des Nahors zustand wuste: daher diese reden bei allen / den andern eine große verwunderung verursachten / weil man den Nahor sonst allemal als einen unentfindlichen feind der liebe angesehen hatte. So hat dan Mesopotamien nicht ohn ursache das glůck [128] (sagte Ahalibama hierauf) diesen fůrstlichen schäfer in seinen feldereien zu wissen / und vermute ich gänzlich / diese kleidung sei einer sch \nen schäferin zu ehren angenommen worden. Ihr saget wahr / Prinzessin von Edom! (gabe der betrübte Nahor zur antwort) und sollet ihr in wenig tagen erfahren / wer diese sei / die ich liebe / und was die liebe bei mir auszurichten vermocht habe. Hierauf / weil er dißmal ferner nichtes sagen wolte / hörten sie auch auf / ihn zu befragen / und fuhren wieder nach Samosata: dahin zwar dieser verliebte ihme das geleite gabe / und folgends / die ganze nacht hindurch / in seiner schäferhůtte sich mit unschlůßigen gedanken quälte / wie er es in seiner liebe anschlagen solte.

Weil der folgende morgen zur abreise / sowol der gäste des Demas / als seiner selbst mit den beiden Prinzessinnen von Edom bestimmet war / brache die sonne sobald nicht wieder herfür / da namen die sch \ne Nefe Zibeons / und der ansehnliche unbekante Megadostes ihren abschied von ihren tugendhaften gastfreien wirten / und n \tigten die Aneriste / so wol auch die Sataspe / etliche schöne kostbare klein oder /für ihre bemůhung / von ihnen anzunemen. Sataspe /die den Megadostes sehr gerne kennen m \gen / fragte die Ahalibama / ob sie dan gar nicht wüste / wer er eigentlich wäre: die aber ihr zu schwure / wie sie ihn noch nicht kennte / und er ihr verheißen håtte / sich ihr so fort zu offenbaren / sobald sie auf dem Taurischen gebirge würden angekommen seyn. Sataspe fragte ferners / warům sie / da sie ja den großen Edom liebte / sich so erfreut angestellet / als sie erfahren /daß die andere Ahalibama nach ihm hinreisen würde? Die Fürstin antwortete / wiedaß sie ihr solches nicht bergen wolte / hube auch sofort ihre erzehlung [129] an /die sie ihr aber / wegen der Aneriste und ihrer töchter ankunft / heimlich ins ohr zu ende sagen muste. Und hiermit bezeugte sie der Sataspe / wie sehr sie sie liebte. Es ließe aber Megadostes einen seiner leute bei dem Demas im hause / dem er heimlich viel verrichtungen anbefohle. Damit zogen sie so vergnůgt von ihrem wirt hinweg / als wie derselbe von ihren gästen zufrieden verblieben.

Der Demas / nachdem er in seinem hause alles in gute ordnung gestellet / begabe sich nach Samosata /ům / seiner zusage zu folge / die beide Prinzessinnen von Edom nach Anzora zu begleiten: die dan bereits reisefärtig waren / und schon urlaub / von der Königin in Mesopotamien / wie auch von den andern / genommen hatten. Der K \nig von Ninive / der Ahalibama bruder / wie auch dessen gemalin / die jüngere Aramena / wolten sie ein feldwegs mit hinaus begleiten: zu dem ende sie sich gesamt zu wagen sezten /und ihren weg durch das lustige thal vor Samosata /namen. Dieses war von so manchen wollen-heerden angefůllet / die hier und da in der weide gingen / daß es dem gesicht eine sonderbare vergnůgung brachte. Es ließen sich auch die stimmen der schäferinnen /neben den fl \tender hirtenknaben / in die wette h \ren / daß die ůmliegende welder davon erschallten. Solte nicht / liebste schwester! dieses vergnügte leben /(finge der König Dison an) eure wiederkehr beschleůnigen können? Wofern der Fůrst Edom (antwortete Ahalibama) sich in solchem zustande befindet / daß ich ihn bald verlaßen kan / werde ich nicht lang verziehen / mich allhier wieder einzufinden. Wie lange wilst du doch / (sagte die K \nigin von Ninive) den großen Edom / nicht deinen gemal nennen? Du sagest allemal nur seinen [130] namen / gleich als wan er dich nicht anginge. Wir können uns nicht alle so bald /(gabe Ahalibama zur antwort) als wie die Aramena /gewönen / die niemals meinen bruder / K \nig von Ninive / sondern ihn allemal ihren König nennet. Thue ich dan daran unrecht? (fragte die K \nigin) und habe ich auch einigen König in der welt / aufer ihn / auf solche weise zu verehren?

Dieses sagend / ümhalsete sie den K \nig Dison ihren gemal / der dan mit gleicher freundlichkeit ihr begegnete / und sagte: die schöne Aramena sol auch dagegen meine Königin einig und allein verbleiben. Wan ich meinen König nicht kennte / (versezte die Ninivitin) so könte ich diese versicherung von der Aramenen auch wol auf meine schwester deuten. Das sind vergangene dinge / (antwortete Dison) und habe ich / seit daß ich nicht mehr Aramena geheißen / keine andere Aramena / als euch / meine Königin / geliebet. Dannoch ist / (sagte Ahalibama scherzweis) die Petasiride / in der lezten belagerung der stadt Damasco /geliebet worden. Wie gerne wolte doch Ahalibama (sagte die Königin) unter uns eine unruhe anrichten /blos / ům / sich zu råchen / daß ich ihr vorgeworfen /wie sie nicht gnugsam den großen Edom liebe. Ich liebe den Edom / (antwortete Ahalibama) wie er es von mir verlanget und begehret / und bezeuge ja gnugsam damit meine schüldigkeit / indem ich ihn iezt besuche. Håtte nicht die Timna (versezte die K \nigin) zu dieser reise dich beredet / nimmermehr wäre dir es von selbsten eingefallen. Ach daß ich doch nur (sagte Ahalibama) den Bethuel hieher wünschen könte! der solte mich an der verwehnten K \nigin von Ninive rächen. Diese worte jagten / so wol dem Dison / als seiner Aramena / eine r \te ab; doch unterließe [131] die Königin nicht / hierauf also zu antworten und sie zu fragen: worin dan wol des Bethuels rache solte des bestehen k \nnen? daß er das königreich Ninive von dir fordern wůrde / (sagte Ahalibama) welches du ihme zugedachtest / als du meinem bruder ungnådig warest. Erzehlet mir doch / (redete Dison hierzu) wie dieses zugegangen.

Ich trage dessen keine scheu / (finge die schöne Ninivitin an) und sol Ahalibama dennoch hierdurch nicht erlangen / daß sie uns könne zusammen hetzen. Hierauf erzehlte sie ihrem gemahl alle ihre gehabte eifersucht / wie sie in den Dianatempel sich begeben /und dem Bethuel ihr kron und zepter / zur erkentlichkeit / für seine liebe / überlaßen wollen: welches ich (fuhre sie schließlich fort) dem edlen Bethuel / nicht aber mein herze / geben wollen / weil dieses keinen besitzer mehr begehrte / da es mein Dison / meiner einbildung nach / verschmähet håtte. Was für iammer (sagte Dison hierauf) triebe ich damals in meinem herzen / als ich diese ungnade meiner Königin vernemen müßen / ohne daß ich deren ursach ergrůnden können! und eiferte ich nicht so sehr über den Hemor von Sichem / als ůber den Bethuel / als welchen ich mehr fůr den jenigen achtete / der mir eure huld entwendet hatte. Lasset uns nicht mehr (versezte die Königin) von so verdrießlichen dingen reden / welche Ahalibama / üm uns zu quälen / auf die bahn gebracht hat / weil es sie verdriest / daß wir einander mehr liebe / als sie und ihr gemahl / erzeigen. Warum sagst du nicht vielmehr / (fügte Ahalibama hinzu) daß ich mit meinen bruder eifere / ům daß er dich mehr / als mich / liebe? Dieses ist wiederům ein stich / (antwortete die K \nigin) womit du auf meine schwester zielest / die solche beschuldigung leiden muß / als g \nnete sie der C \lidiane nicht den vorzug [132] im herzen meines bruders. Da sei der h \chste für / (gabe Ahalibama ganz ernstlich zur antwort) daß ich dieser unvergleichlichen K \nigin solchen verdacht beilegen solte! viel eher wolte ich das widerspiel sagen / daß unserer Königin betrübnis daher rühre / daß sie den K \nig von Syrien annoch gegen ihr verliebter befahret / als einem bruder gebüret.

Es ist gut / (finge Dison hierauf an) daß ihr hievon gedenket. Ich finde ja große traurigkeit an den dreien k \niglichen personen / der Aramena / dem Aramenes und der Cölidiane: solte dem wol also seyn / wie meine schwester jezt erwehnet / daß der K \nig von Syrien seine schwester noch liebet? Ich weiß hiezu nichtes zu sagen / (antwortete die Königin) als daß mein bruder von herzen betrübt ist / daß meine schwester ihr deßwegen allerhand zu sinne ziehet /und daß die Königin C \lidiane ebenfalls nicht recht weiß / was sie hiebei gedenken soll. Wan ist dan solches angegangen? (fragte Dison) wie ich aus Damasco reisete / war ja alles sehr ruhig. Seit daß der Mytreus (antwortete die K \nigin) von seiner gesandschaft an dem K \nig der Aborigener / deme / wie mein König weiß / die Königin meine schwester durch ihn angetragen worden / wieder zurucke gekommen / hat man diese unruhe an meinen bruder verspüret / die nachmals auch seine Königin und meine schwester eingenommen / sonder daß man recht ergründen kan / was eigentlich die ursach sei. Ich befahre aber / Aramenes vergeße zu zeiten / daß er nicht mehr Abimelech heiße. Wan dem also wäre / (sagte Dison) so wåre hinwider zu wünschen / daß der Tuscus Sicanus sich bald einstellen m \chte: üm / durch volziehung der heurat mit der Königin / ferneres unheil zu verhüten.

Ich kan nicht ersinnen / wo doch dieser K \nig so lang [133] bleiben mag / (sagte Timna) wie er noch Cimber hieße / erwiese er sich ja so verliebt / daß ich darům sein langsames kommen nun noch weniger ergründen / noch auch erdulden kan. Verlanget dich so sehr wieder nach den Cimber? (fragte Ahalibama scherzweis) wilst du etwan dem Eliphas neuen anlaß zu eiferen geben? du sträubest dich heut (antwortete Timna) wider alle deine freundinnen / und übest dich vielleicht also in krüttelen / ům es wol zu k \nnen / wan du nun nach Anzora kommest. Die Timna (sagte die Königin von Ninive zur Ahalibama) hat sich so wol verantwortet / daß sie uns allerseits an dir gewohne. Weil aber die scheidenszeit verhanden / als wil ich nicht in unfrieden von dir gehen / sondern ausgesönet / und als deine freundin / dich deine straße ziehen laßen. Diese worte begleitete die sch \ne Königin mit etlichen kůßen / die sie ihrer Ahalibama gabe. Nachdem sie hierauf voneinander abschied genommen /reisete diese Prinzessin / neben der Timna / dem Demas / und ihren bei sich habenden leuten fürter nach Anzora / der König und die Königin von Ninive aber kehreten wieder nach Samosata.

Diese kamen / auf dem růckwege / von den Ninivitischen zustand zu reden / da der vergnůgte Dison seiner K \nigin ůmståndlich erzehlen muste / wie er es in selbigem reiche gefunden und verlaßen hatte. Er verrichtete solches mit höchster freude / weil in diese erzehlung nichtes widriges mit einliesse / sondern alles zu seiner schönen Aramena v \lligen zufriedenheit gereichte: dann sie erfuhre damit / den beständigen frieden in ihrem reiche / wie auch den untergang aller aufrůrere / als des Ninias / Pannias / Zaphis und anderer; sie wurde auch dadurch der liebe ihrer unterthanen / gegen diesem ihrem neuen K \nig / völlig versichert. So gönnet uns dan [134] endlich der gütige himmel /(sagte diese sch \ne zu ihrem Dison) eine beständige glůckseligkeit / indeme nun von allen seiten sein gnadenschein uns anleuchtet / und tausendfach das leiden ersetzet / so wir zuvor ausstehen müßen: und wie wenig wir / vor kurzem / ein solches vermuten k \nnen? Wie unglaublich schiene es uns / daß wir iemals aus dieser verwirrung entko en würden / in die wir uns verwicklet gesehen? Dem höchsten ist nichtes unmůglich / (antwortete der K \nig von Ninive) und sorget der ofter båßer fůr uns / als wir es selber wůnschen mögen: maßen unser beider beispiel solches erweiset. Wie widerspånstig waren wir zu Dedan / einander zu lieben / wie sehr auch iederman sich deswegen bemůhete / und muste ich doch noch Aramena /Aramena aber Dison werden / ům nach des himmels ratschluß zu meiner ietzigen glückseligkeit zu gelangen. Saget nicht allein von eurer glůckseligkeit / (fiele ihm alhier die K \nigin in die rede) sondern nennet sie auch die meinige: weil ich nun hierdurch des edlen Disons herze besitze. Diese verbůndliche worte /brachten den vergnügten K \nig bald aus sich selber /und beantwortete er solche mit vielfältigen ümarmungen / seine Aramena so fäst ůmfaßend / als wäre er noch befugt gewesen / zu sorgen / daß er sie wieder verlieren möchte.

In dieser ihrer keuschen vergnůgung / stießen sie auf des Königes von Salem leute / welche nach einem walde ritten / der zur seite bei Samosata gelegen ist. Wie sie nun von ihnen vernommen / daß der Melchisedech mit der Königin Cölidiane in selbigem walde spazirend sich befånde / beschlossen sie / mit diesen hofbedienten sich auch dahin zu verfůgen. Also stiegen sie von ihrem wagen ab / ům zu fus diesen beiden königlichen personen zu folgen: welche sich ganz allein mitten in den wald hinein [135] begeben / und allen ihren bei sich habenden geboten hatten / sie daselbst alleine zu lassen. Dieses gebot kan uns nicht gelten /(sagte die Königin von Ninive) und wird die C \lidiane gerne sehen / daß wir zu ihr ko en / weil ihre traurige gedanken sie allemal gleichsam anreitzen / gesellschaft zu verlangen: und wird zweifelsfrei ihre traurigkeit daher růhren / daß mein bruder (wie ich zuvor erwehnet) sich merken lassen / wie er seine alte liebesneigung noch in sich entfinde. Wan dem also wäre / (versezte Dison) so solte es mich wol herzlich betrůber. Doch kan ich / dem großen gemüte des Aramenes / schwerlich etwas solches zugleuben / und halte es vielmehr / bei Cölidianen / für eine wirkung ihrer gar zu häftigen liebe. Es stůnde meinem K \nig (sagte Aramena) noch weniger / als meinem bruder /zu verdenken / wan er der ersten liebesneigung folgte: massen des Jacobs beispiel zeiget / daß man wol zwei schwestern ehlichen dörfe; aber seine leibliche schwester zu lieben / ist wider das g \ttliche recht / scheinet auch wider die natur zu streiten. Liebste K \nigin! (antwortete Dison) meine erste liebe seid ihr / unter abbildung der Diana / gewesen / und hat eure person /neben der unmüglichkeit / meine liebe zu eurer schwester / gänzlich in mir ausgetilget.

Als er dieses gesaget / kamen sie an den ort / alwo sie den K \nig von Salem / und die C \lidiane unter einen schattichten baum / die rücken zu ihme kehrend / sitzen sahen. Sie schlichen demnach leise hinzu / üm diese beide in ihrem gespråche nicht zu verst \ren /und auch dessen inhalt mit anzuh \ren. Und diese behorchung vermeinten sie ohne laster zu verrichten /weil es / nicht ihnen damit zu schaden / sondern vielmehr sie zu trösten / angesehen ware. Als sie ganz nahe an sie gekommen / hörten sie die Königin Cölidiane von Syrien also reden: [136] Wäre es immer můglich /mein vatter! daß ich den Aramenes mit der Königin von Mesopotamien teilen k \nte / wie herzlich gern und ohn alle eiversucht wolte ich doch solches thun: nun aber wird mir hierdurch die ruhe benommen / da ich iezt h \ren müßen / daß solches nicht seyn könne. Nein / liebste tochter! (antwortete Melchisedech) dieses ist verboten / und kan des Fürsten Abrahams angezogene heurat nichtes hiebei erweisen: dan der hat /nicht seines vatters tochter / sondern dessen Nefin /seines bruders tochter / geheuratet; und wiewol solches auch sehr nahe / so ist es doch noch einen grad weiter / als dieses. Aber gesetzet / es wåre thunlich: wollet ihr den wol / C \lidiane! so niedrigen gemütes werden / den namen der Königin einer andren zu überlassen / und aus des K \nigs fürnemster frauen /die ihr iezt seit / eine geringeres standes zu werden? Noch viel ein mehrers / als dieses / (gabe Cölidiane zur antwort) wolte ich thun / wann ich die ruhe und zufriedenheit meines K \nigs / und meiner liebsten freundin dadurch befördern k \nte: ja ich begehrte die nidrigste magd im königlichen hause zu heissen / wan meines Aramenes seufzen / und meiner Aramena gråmen / damit k \nte gestillet werden.

Habet ihr aber / meine tochter! (fragte Melchisedech /) dessen rechten grund / was ihr euch einbildet? erzehlet mir doch mit wenigem / woher ihr dieses mutmaßet? Ich wil ganz gerne (antwortete sie) meinem vattern hierin ein genügen leisten / und bin leider! mehr als zu gewis versichert / daß ich nicht irre. Meine erzehlung nun etwas weit herzunemen / so sol mein vatter wissen / daß / als durch die ietzige K \nigin von Armenien / die Andagone / offenbar worden /daß der Prinz Abimelech Syrischer König / und ein bruder seiner [137] geliebten Aramena wäre / die erste bestůrzung diesem tugendhaften Aramenes nicht verwehret / sofort sich gegen mir zu erklären / daß er mich lieben wolte: massen er solches hernach / in der höle vor Damasco / die uns so wunderbarer weise ůberfallen / und von den anderen abgesondert / so viel er für der Dalimire thun konte / sattsam erwiese / auch nachgehends / wie wir zusammen getrauet waren /eine große ruhe und vergnügung von sich blicken ließe / und ich das geringste an ihme nicht warnemen können / daß er seine Aramena anderst / als eine schwester / angeschauet. Des geliebten Cimbers vergnügung / der nun für den König Tuscus Sicanus erkant war / auch zu bef \rdern / wurde der Assyrier Mitreus nach den Aborigenern abgefårtigt / und ginge kein tag in Damasco vorbei / da nicht mein K \nig mit seiner schwester und mir ganz freudig und frei von diesem König geredet / und sein sonderbares verlangen / nach des Mitreus wiederkunft / bezeuget håtte /als welcher die Königin von Mesopotamien demselben in heurat antragen müßen.

Es ist nicht zu beschreiben / mit was freude die post erschollen / als Mitreus von seiner fernen reise von dem Riphatischen gebirge wieder gekommen. Weil Aramena und ich / eben den tag / uns im bade bei einander befunden / waren wir nicht dabei / als Mitreus bei dem K \nig seine verrichtung abgelegt. Wie ich aber nachgehends zu meinen herrn in die kammer eintrate / funde ich ihn so erblasst und verstellet / daß ich / ganz erschrocken / mich nicht entbrechen kunte / ihn zu fragen / ob etwan der Cimber tod wäre? wolte Gott! (h \rte ich ihn hierauf / mit halb gebrochenen worten / bei sich selber sagen) daß deme also seyn möchte! Wie / mein K \nig! (rieffe ich hierüber) wünschen E. Maj. ihres [138] Cimbers tod? diese meine frage brachte ihn wieder zu sich selber / und sofort sich begreiffend / auch ein anders wesen annemend / wolte er mir nicht gestehen / daß er diese worte geredet. Wie ich nun ihn ferner fragte / was dan der Mitreus mitgebracht håtte? sagte er zwar / mit kurzer antwort: alles gutes! aber es erschiene nicht /daß sein herz mit seinem mund ůbereingestimmet.

Indem kame die Königin Aramena auch dazu: die verursachte mit ihrer gegenwart / daß der König sich auf ungemeine weise entfärbte / und ganz entstellt verbliebe. Aramena / die solches so fort / wie auch mein verändertes wesen / erkennte / befiele gleich mit tödlichen entsetzen fůr ihren Cimber / hatte aber den mut nicht / hiernach zu fragen / und thäte nichtes / als daß sie / bald ihren bruder / bald mich / ansahe. Sie bliebe in solcher bestürzung / bis der K \nig sie fragte: Ob Mitreus nicht bei ihr gewesen wåre? Ein ganz erschrockenes nein / war ihre antwort: worauf der König sie so wol als mich bei der hand fassete / und mit uns in der K \nigin Hermione gemach ginge / alda Mitreus sich befande / und dieser K \nigin erzehlte /was er bei den Aborigenern von dem zustand in Kitim / und von ihrem bruder dem Camboblascon vernommen hatte. Wollet ihr nicht euer gewerbe / (sagte der K \nig zu ihme / mit einer gezwungenen freudigkeit /) bei meiner schwester ablegen? hierauf trate Mitreus herzu / und erzehlte der Aramena seine ganze reise /und berichtete von dem König der Aborigener / daß er / wegen vieler hinternůßen / vor dem früling nicht würde zu uns kommen können. Er vergaße dabei nicht / dieses Königs verlangen und häftige liebe der Königin aufs bäste fůrzustellen. Sie aber / hiermit vergnůget / fragte den Mitreus / ob er [139] ihr den kein schreiben von ihrem König mitbråchte? Diese frage machte den Mitreus stutzen / mein K \nig aber antwortete für ihn und sagte: Es sind dem Mitreus unterwegs rauber aufgestoßen / die ihm alles abgenommen / dabei dan diese briefe auch verloren worden.

Eine kleine errötung der Aramena / gabe mir hierauf zu erkennen / daß sie dieses nicht völlig glaubte: wie dan auch ich thäte / und mir gleich einbildete /daß es hierům anders seyn müste / als mein König sagte. Unser beider unruhe nun zu stillen / bliebe der K \nig / selbigen ganzen abend / bei uns in der Hermione zimmer / da ein danz angestellet worden / und machete er sich über sein verm \gen lustig. Ich konte nachgehends / wie wir zusammen zu ruhe gingen / aus seinem stäten seufzen abnemen / daß ihn ein großes anligen drucken müste. Ich wartete bis gegen den morgen / die ganze nacht schlaflos hinbringend / ehe ich nach der ursache seines anligens mich erkundigte. Wie ich aber solches endlich / mit vergießung vieler tränen / verrichtet / und er anfänglich alles auf das leugnen gesetzet / gestunde er mir lezlich / daß ihn was sonderliches betrübte / welches zu verschweigen höchstn \tig wäre. Er bate mich auch / nicht ferner in ihm zu dringen / sondern mit dem vergnügt zu seyn /was er mir hievon er \fnet: und muste ich ihm angeloben / niemals beiden Aramenen / seinen schwestern /noch einigem andern menschen zu melden / daß er mir seine betrübnis gestanden håtte.

Ich war anfangs mit dieser seiner vertraulichen erklärung zu frieden / in hofnung / ich wůrde nach gerade immer mehr erfahren. Wie aber solches nicht erfolget / und die betrůbnus des Königs mehr zu- als [140] abname / muß ich gestehen / daß ich anfinge zu sorgen /die ehmalige liebe des Abimelech gegen der Delbois /müste in dem Aramenes gegen die Aramena wieder aufgeflammet seyn: welches zu vermuten / ich von tag zu tag mehr anzeigungen bekame. Dan / wan Aramena bei uns ware / und von dem Cimber anfinge zu reden / entfärbte sich der K \nig allemal / und brache solches gespräche ab / so bald er nur kunte. Er finge auch öfters an / das einsam leben dem ehestand fürzuziehen; wiewol er allemal dabei beteurete / daß er vor seine person es wol getroffen hette: und schiene es /als suchte er seine schwester zu ůberreden / daß sie ungeheuratet bleiben solte. Bald rümete er wieder gegen ihr / den K \nig von Basan / sonderlich in der zeit / als dessen gesandte nach Damasco kamen / und ům die Königin Aramena anhielten. Ihre große beståndigkeit gegen den Cimber / machte dieser gesandten anbringen fruchtlos / und erwiese sie sich nimmer verliebter in den Cimber: mit welchen namen sie stäts den Tuscus Sicanus genennet. Mein König wolte / in der zeit / ihr immer etwas in geheim vertrauen / bliebe aber iedesmal bei dem ersten wort bestecken.

Weil sie / ob sie gleich niemals mit mir hievon geredet / in eben den gedanken stunde / die ich führete /daß ihr bruder sie von neuem lieben möchte / finge sie an / und meidete alle gelegenheit / um meinen K \nig allein zu seyn. Sie begunte eben also sich innerlich zu nagen / wie mein K \nig und ich thåten. Dieses wårete so hin / bis dieser früling uns hieher in Mesopotamien hat geführet. Weil vielleicht die Königin die abwesenheit fůr das bäste mittel hielte / den König ihren bruder von seiner liebe zu heilen / als bestunde sie anfånglich gar sehr darauf / daß mein K \nig und ich in Damasco [141] bleiben / und nicht mit hieher reisen solten: da sie dan viele schein-ursachen herfür suchete / dieses dem K \nige beizubringen. Aber er wolte im geringsten nichts davon hören / seine schwester zu verlassen / und übername mit uns die reise: da er dan unterwegs eben dieselbe lebensart gefůhret / die er nach des Mitreus wiederkunft an sich genommen.

Ich / dieser beständigkeit warnemend / ward endlich bewogen / auf ein mittel zu gedenken / wie ich diese beide unglůckselige verliebte m \chte vergnůgt machen. Es kame mir ungefär dieser tagen / als wir auf der herreise begriffen waren / das geschichtbuch der Philister-Könige zu handen / darinn ich funde /wie der Ebreer Fůrst Abraham gegen dem damaligen König Abimelech erwehnet / wie die Sara / seines vatters tochter / nicht aber seiner mutter tochter gewesen / und doch sein weib geworden wäre. Hierbei fiele mir nun gleich ein / daß Abraham und Sara ja so nahe / als der K \nig Aramenes und die Aramena befreundet / und also diese beide / so wol als jene / wol zusammen heurahten könten. Ich überdachte dieses eben bei mir / als die K \nigin Aramena zu mir in das zimmer trate / und das buch in meinen händen findend /begierig wurde / zu sehen / was ich låse. Weil ich es zu ihrer ruhe dienlich erachtet / und viele anzeigungen dahin deutete / als ob ihr der Cimber nicht mehr so lieb wäre / als der ehmalige Abimelech / weigerte ich mich nicht / dieses ihr so fort zu zeigen: da sie dan zu erröten / auch eine besondere unruhe von sich blicken zu lassen / sich nicht erwehren kunte. Sihest du wol /liebste schwester! (sagte ich zu ihr) daß die brůder-und schwester-liebe nicht allerdings verboten ist / wie wir uns ůberreden. Mit bestůrzung (antwortete sie mir) lese ich diese geschichte / die mir doch sehr ungläublich fürkommet.

[142] Was ist das / (fragte der K \nig von Syrien / der eben zu uns hinein trate) so ihr / liebste schwester! nicht glauben k \nnet? Aramena bestürzte ůber dieser frage dermassen / daß ihr das buch aus den händen fiele. Ich name selbiges wieder auf / und wolte dem König das jenige / so wir gelesen / aufschlagen. Aber sie begriffe sich bald wieder / und / mir mit den augen winkend / name sie mir das buch aus den hånden / zu ihrem bruder sagend: Wir haben hier / in den geschichten der Philister-K \nige viel unglåubliche wunderwerke gelesen / die ihr götze Dagon sol verrichtet haben / welches mich zu den worten / die mein bruder mit angeh \ret / bewogen hat. Hierdurch wurde nun sein ferneres nachfragen eingestellet / und kamen wir auf andere gespräche. Mir bliebe aber / nach dem tage / noch immer in dem sin / wie ich nach dem beispiel Abrahams / diese meine zwei båste freunde auch ehelich zusammen bringen und dadurch vergnügen möchte. Mit der Aramena hievon zu reden / habe ich gestern den anfang gemacht: die aber gar nichts davon hören wil / sonder zweifel weil sie / aus herzlicher liebe gegen mir / ihre eigene vergnügung hintan setzen wil / üm die meinige nicht zu betrůben. Daß sie an ihres Cimbers beständigkeit / ob ihr gleich von dessen untreu / eine verdächtige person / nämlich mein K \nig / sagen wollen / solches verheelet sie zwar nicht gegen mir: sie wil aber dabei kurzum nicht gestehen / daß sie ihren bruder noch liebe / oder dessen liebe vermerke. Ich zweifle aber gar nicht mehr an diesem / und das erste muß ich auch fåst glauben.

Weil nun der schwerste punct gehoben scheinet /daß solches ohne sünde geschehen kan / und ich meinen K \nig in diesem gram nicht långer sehen kan /auch mir selber die hierob entfindende schmerzen gern lindern [143] m \chte: als habe ich zu euch / mein vatter / meine zuflucht nemen wollen / nicht zweiflend /des gottseligen Königs von Salem gut befinden und unterhandlung werde / bei diesen beiden unglückseligen verliebten / alles in guten stand setzen können /und ihnen beiderseits meine herzliche liebe dadurch kund zu machen wissen. Ich begehre fůr mich nicht den ganzen Aramenes / sondern nur allein sein halbes herz: und mag hierin an meiner wůrde abgehen / was da soll / so wil ich doch mit allen vergnüget seyn /wan ich nur dadurch meinem K \nig und meiner liebsten Aramena werde dienen können. Machet etwan euch mein vatter! die liebe gegen mir / also reden /daß ihr diese heurat des Aramenes und der Aramena nicht billigen wollet / so bitte ich euch / bedenket doch / daß ihr mich damit tödet / indem ihr den unfehlbaren tod meines Königes dadurch zuwege bringet / weil er unmůglich in die länge diesen kummer wird ausstehen k \nnen. Was nützet mir Aramenes / wan ich ihn nicht sol lebendig behalten? und wolte ich ihn ja lieber gar mißen / als seinen tod erleben.

Die milde tränen dieser schönen K \nigin / verwehrten ihr / ein mehrers zu sagen. Als aber der König Melchisedech hierüber sich ferner wolte vernemen lassen / hörten sie nahe hinter ihnen ein geschrei; das war die stimme der Königin von Ninive / die sich rückwarts von der Königin / ihrer schwester / ůmarmet spürte / und / ehe sie dieselbe erkant / vor schrecken also geruffen hatte: daher Melchisedech und Cölidiane so fort aufstunden / sich ihnen zu nåhern. Es hatte aber die sch \ne K \nigin von Mesopotamien /ihre schwester eben also beschlichen / gleichwie selbige die C \lidiane belauret: deren sie auch verwiese daß sie also vorwitzig sich erzeiget / [144] anderer ihr geheimnüs anzuh \ren. Es ginge dieses allerseits mit großer verwirrung zu: massen die K \nigin von Ninive über das / was sie von der Cölidiane vernommen /sich herzlich betrübte; wiewol sie hoch verneinte /daß sie etwas gehöret / und halfe der König Dison /ihr gemal / solches bekråftigen. C \lidiane glaubte solches zu ihrem troste: weil sie ungern wolte / daß iemand ihre unterredung mit dem Melchisedech solte vernommen haben.

Soltest du also (sagte Aramena zu C \lidiane) mich zu Samosata allein lassen / und / sonder mich / dieser spazierlust genießen? weist du nicht / daß ich die stunden für verloren halte / darinn ich dich nicht sehen darf? Weiln ich dich bei deinem bruder wuste /(antwortete C \lidiane) wolte ich eure unterredung nicht zerst \ren. Ich gedachte auch nicht / so lang auszuseyn / daß ich von dir solte gemisset werden. Mein bruder (antwortete Aramena) hat nichtes mit mir zu reden / das seine liebste Cölidiane nicht hören d \rfe /und entschuldiget dich dieses nicht / daß du mich nicht hast mit hieher genommen. Hiemit fassete sie die C \lidiane bei der hand / und weil man sahe / daß sie gerne mit ihr allein reden wolte / fugeten ihr die andern darinn / indeme Melchisedech sich zwischen den König und die Königin von Ninive begabe / auch die Jaelinde Casbiane und Eldane aber / die mit der Königin von Mesopotamien gekommen waren / von ihnen entfernet blieben.

Als nun Cölidiane und Aramena eine weile / sonder ein wort zu reden / fortgegangen waren / sagte endlich diese letzere: Weist du auch Cölidiane! wovon heute dein gemal mit mir geredet? er hat sich abermals bemůhet / mir seine vermutung fůrzustellen / daß er nåmlich des Cimbers langes aussenbleiben nirgends hin / als [145] auf dessen unbeständigkeit / zu deuten wisse. Bedencke doch / wie mich solches quälen müße / da ich zwar nimmermehr mir einbilden kan / daß dieser sonderbargetreuer liebhaber einer solchen leichtsinnigkeit k \nne fåhig seyn / dennoch aber befahren muß / mein bruder rede dieses nicht sonder grund / oder wisse gar seinen tod / und wolle mir / solchen zu vertragen / durch dergleichen beschuldigungen leichter machen. Ach liebste schwester! weist du etwas hievon / so verhele es mir nicht / und quäle nicht meine seele mit solcher ungewißheit / die mir unerträglicher als der tod selber ist. Ich weiß es / Aramena! (antwortete ihr Cölidiane) daß du nicht fähig bist / dich zu verstellen / und darum fange ich nun an zu glauben / daß du den Cimber noch liebest. Wie da? noch liebest! (fiele alhier die ungedultige Aramena ihr in das wort) welche reden seind das? habe ich dan iemals aufgehöret / diesem liebhaber wol zu wollen / seit daß ich ihn habe lieben dörfen? zu meines Aramenes ruhe / (finge C \lidiane seufzend an) wolte ich wůnschen / du liebtest nicht mehr den K \nig der Aborigener. Ach! warüm das? (fragte Aramena /) ist dir dan etwan wissend / warum mein bruder diesen seinen alten freund also hasset? Er hasset ihn nicht: (antwortete C \lidiane) er liebet aber so sehr seine Aramena / daß er darüm des Cimbers glückseligkeit nicht vertragen kan und ....

Halte ein / Cölidiane: (fiele Aramena ihr in die rede) mich also zu betrüben. Du hegest eine falsche einbildung / von deinem gemal: deine vollkommenheit / und sein gewissen / sprechen ihn frei von diesem verdacht / den du von ihm führest. Du verdoppelst mein leiden / wan du mich dergleichen worte hören lässest. Nun Aramena! (sagte Cölidiane / und sahe ihr scharf in die augen) ich beschw \re dich bei dem lebendigen Gott / daß du mir [146] sagest / ob du nicht einen gleichen argwohn von deinem bruder fůhrest? Was nůzte dir das / (antwortete Aramena / wan ich deine frage recht beantwortete? und håtte ich gleich solchen wahn / wie du hast / so wůrde doch daraus nicht folgen / daß wir uns die warheit einbilden). Du bist noch lange nicht offenhertzig gegen mir / (sagte C \lidiane) als ich gegen dir bin / da ich dir hiemit gestehe / daß ich nichtes in der welt lieber sehen wolte /als daß die heurat zwischen dir und meinem gemal volzogen würde: dan ohne solche / wirst du und ich den grossen Aramenes bald verlieren. O himmel! (rieffe Aramena / und schluge in die hände) hat dan Aramenes der C \lidiane er \ffnet / daß er mich noch liebe? Solches hat er mir (antwortete C \lidiane) zwar nicht durch worte / aber durch wercke genugsam er \ffnet / und wil ich es von dir fordern / wan deine hartnåckigkeit meinen Aramenes solte von der welt bringen.

Diese lezte reden begleitete ein heißer trenen bach /der dan auch die sch \ne Aramena verhinterte / so fort hierauf zu antworten. Nachdem aber / diese beide herzfreundinnen / eine weile in die wette zusammen geweinet hatten / erholete sich Aramena zum ersten wieder / und sagte zu der Königin von Syrien: Was beweget dich doch immermehr / so unmügliche dinge zu begehren / die wider Gott / wider das gewissen /wider die erbarkeit und den wolstand lauffen wůrden? Bist du dan nicht unterrichtet / daß man seinen bruder nicht lieben müße? Bist du dan nicht bereits Königin von Syrien / welchen namen nur eine vertreten kan? und glaubest du von mir / daß ich den K \nig der Aborigener und mein reich Mesopotamien verlassen wůrde / ům des Syrischen K \nigs frau zu werden? Ist dan das wider Gott / (antwortete C \lidiane) was sein treuester [147] knecht der Abraham gethan hat? hat der nicht seine stiefschwester geheuratet? Ist es nicht bäßer / du werdest Königin von Syrien / als daß ich solchen namen behalte / und dabei den großen Aramenes verliere? Und weil der König saget / daß der Cimber ungetreu sei / so glaube mir zu / er wird dessen grund haben. Wie k \ntest du demnach eine beßre rache üben / als wan du den Cimber hinwieder verließest / und deine erste liebe wieder annämest?

Deine ungemeine tugend (gabe ihr Aramena zur antwort) machet dich also reden. Ich kan dich aber versichern / daß ich nimmermehr den Cimber verlassen werde / wofern derselbe mich nicht zuvor verläßet. Wan auch solches auf ihn wird erwiesen seyn /wil ich dennoch lieber sterben / als dir deinen ehrenstand rauben / und durch sünde und unrecht des Aramenes leben zu erhalten begehren. Ich liebe diesen bruder / als mich selbst: ist es aber wahr / daß er mich anderst als eine schwester lieben solte / so wil ich lieber seinen tod / als seine und meine unehre erleben. Ich bitte dich deshalben / allerliebste C \lidiane! sage mir nimmermehr davon wieder / und schlage dir diese einbildungen aus den sinne. Ist es ia / zu unser aller unglůck / wahr / so wil ich schon ein mittel finden /das diesem unheil steuren könne. Cölidiane thäte hiezu nichtes / als weinen / ob sie gleich / wider ihren willen / eine große ruhe in sich fůlete / daß Aramena sich also gegen ihr erklärt hatte.

Indem kamen diese beide unvergleichliche Königinnen / aus dem wald / auf eine wiesen / da sich ihnen eine große schaar der hirten und schäferinnen zeigete / die sich alda versammlet hatten / üm ihre Königin zu sehen / und ihr aufzuwarten. Sie ware /nach dem tag ihres prächtigen einzugs / aus Samosata noch nicht gekommen: [148] daher die begierde bei allen ihren unterthanen groß war / keine gelegenheit zu versäumen / um dieser ihrer neuen K \nigin hoher gegenwart zu genießen. Sie wurden auch ingesamt von ihr ganz gütig gegrůßet / und name sie / so wol als C \lidiane / ein ganz munteres wesen an sich / als sie unter diese gesellschaft gerieten. Die so unschůldige als vergnügte lebensart dieser hirten / ware dem sinne der Aramena so gleichf \rmig / daß sie nicht wenig sich unter ihnen belustigte. Sie gienge / mit ihrer bei sich habenden gesellschaft / die ihr aus dem walde gefolget / durch alle diese felderei / und beschauete die herden / wie nicht weniger die sch \nen schåferinnen /welche / unter so schlechtem gewande / dennoch mit sonderbarer zierde herfůr leuchteten.

Unter allen diesen / behielte Amphilite den fůrzug /die bereits am ersten tag von der Königin war in acht genommen worden. Sie muste aus dem hauffen der andern herfür kommen / und den königlichen personen sich näheren. Ihre schamhaftigkeit / die doch mit keiner blödigkeit vermischet war / gabe ihrer natürlichen schöne keinen geringen zusatz. Als auch die K \nigin mit ihr sich in ein gespräch eingelassen / erwiese sie nicht weniger einen großen verstand / und beantwortete alle fragen mit so vernünftiger bescheidenheit / daß die Königin ein sonderbares vergnügen an ihr sch \pfte. Weil Nahor / Elihu und Bethuel eben dazu kamen / und die K \nigliche gesellschaft begrüsten / sagte die sch \ne Königin zu ihnen: Ich wundere nun nicht mehr / daß sich allhier Fürsten im hirtenstand befinden / nun ich solche angeneme schåferinnen ansehe / die wol würdig sind / von ihnen verehrt zu werden. Elihu kame dem Nahor zuvor / dieses zubeantworten / und sagte: E. Maj. glauben mir / daß der vorsatz / keine schönheit mehr zu sehen / als [149] nach solchen fůrwitzig zu seyn / mich in dieses einsame leben gefůhret habe. Daß aber unser Mesopotamien solche schönheiten hege / die auch die sch \nste K \nigin der welt zum lobsprechen bewegen k \nnen / solches ist fůr uns eine solche ehre / daß wir deßwegen unseren angenommenen stand noch eins so wehrt und edel halten můßen. Der Fůrst Elihu (finge hierauf eine schäferin an / welche sich Sandenise nennte / und der Amphilite gespielin war /) hat fug / über dem gegebenen lob unserer Königin vergnůgt zu seyn / weil dadurch alles frauenzimmer in Mesopotamien / und nicht allein die gegenwårtigen / verstanden werden.

Elihu errötete / zu dieser freien rede der Sandenise. Aber die Königin Aramena / so von dieses Fürsten neuer liebe noch nichts wuste / und darum auch aus diesen worten der Sandenise nichts machen kunte /scheuete sich / ferner hier nachzufragen: üm allen schein zu vermeiden / als wan sie / des Elihu händel zu wissen / vorwitzig wäre / da zu Damasco dieses Fůrsten liebe zwar ihr so kündig gewesen. Sie sahe demnach den Nahor an / und sagte: Allhier manglen nur noch eure beede schwestern / ům die völlige zierde diesem gefilde zu geben / und hat mir das gerüchte von diesen zweien Fůrstinnen so viel gutes fürgesaget / daß ich nicht wenig verlangen trage / sie dereinst auch zu sehen. Es würden E. Maj. (antwortete Nahor /) ihrer vielen in dieser gegend unrecht thun / wan sie der Lea und Rahel wolten den vorzug geben. Ich will iezt nicht von andern sagen / sondern allein von der jenigen / die das ungeschickte glück hier zu Amida in dienstschaft gebracht hat / die doch wůrdig ist / von aller welt bedienet zu werden. Kan die jenige / die ihr also rühmet / (antwortete Aramena) wol angenemer seyn / als gegenwårtige Amphilite?

[150] Diese schäferin / über solchem lob der K \nigin gantz beschämet / schluge die augen fůr sich nieder; und weil Nahor / aus höflichkeit / in ihrer gegenwart seine Aprite ihr nicht fůrziehen wolte / antwortete die lustige Sandenise an ihres bruders stat / sagende: Die / so der Fürst Nahor meinet / heisset Aprite / und erhället daraus ihre schönheit / daß sie der Amphilite /einen sonst getreuen liebhaber / hat können abwendig machen. Sie hat es unschuldig gethan / (antwortete der verliebte Nahor /) und weiß ich wol / daß es an ihr nicht lieget / daß der Chersis noch nicht zu seiner schäferin ümgekehret. Aprite kan freilich nichtes dafür / (widerredte Sandenise) sondern unsere ungerechte richtere sind daran schuldig / daß eine so keusche liebe getrennet worden. Bei diesen worten / stiegen der sch \nen Amphilite die tränen häufig in die augen / wie sehr sie auch solche verbergen wolte: wodurch nicht allein die Königin von Mesopotamien /neben den andern / zu mitleiden beweget / sondern auch begierig wurde / das jenige / was von ungerechten richtern gedacht worden / etwas ůmständlicher zu vernemen: zumal sie nun fůr ihr obliegen achtete / als ihre K \nigin / sich üm die gerechtigkeit anzunemen /und darnach zu sehen / daß einem jeden recht wiederfahren möchte.

Wie gerecht und gütig ist doch der himmel / (sagte hierauf Sandenise) der uns nun einmal erl \sen wollen von den drangsalen / die wir bisher so vielfältig erlitten. Sprich nun / Amphilite! und klage deine noht unserer Königin: die stunde ist nun vorhanden / da der himmel deine tränen und seufzer erh \ren will. E. Maj. vergeben einer verblendten freundin ihren unzeitigen eifer / (finge hierauf Amphilite an zu reden) die / unsere schäfer-händel für so hohe ohren zu bringen /[151] sich erkünen dörfen. Ich klage über nichtes / und bin mit meinem zustande schon zu frieden / habe auch alles das jenige vorlängst den göttern befohlen / was man mir zu wider gethan hat. Eine unzeitige furcht /(sezte die kühne Sandenise hinzu) machet meine gespielin also reden: sie schauet die macht und vielfåltige schwiegerschaft der richtern / und bedenket nicht /daß unsere K \nigin noch über sie sei / und mehr zu reden habe / als alle ihre große verfolgere. Indeme mir Sandenise dienen wil / (antwortete Amphilite / mit sonderbarer annemlichkeit) beschüldiget sie mich einer so großen unbesonnenheit / als wan ich an der gewalt und güte unserer Königin zweifelte; und schadet sie mir also mehr / als sie mir vorteil bringet. Sie sol euch nichtes schaden / meine schöne! (sagte die Königin zu ihr) sonderen vielmehr euer bästes schaffen: wan ihr mir nur eröfnen wollet / worinn euer anligen bestehet. Nimmermehr kan ich dulten / daß euch unrecht geschehe / und biete ich euch alle hůlfe an /die ihr von eurer K \nigin erwarten könnet. Amphilite fiele der Königin / für dieses gnädige anerbieten / zu fuße / und küssete ihr den saum des rockes.

Wie sie aber nachgehends annoch verzoge zu reden / fuhre Sandenise fort / ihr anwalt zu seyn / und sagte: Wan E. Maj. von mir allergnädigst anhören wollen /was der Amphilite ist begegnet / so wil ich für sie sprechen: Weil ich wol spüre / daß viele neben-absehen sie noch stumme machen. Ich bin hiemit friedlich / (antwortete die Königin) und weil ich mir fůrbilde /daß dieser schönen schåferin nichts gemeines begegnet sei / als lade ich hiemit die ganze gesellschaft /diese geschicht mit anzuhören; Als sie das gesaget /name sie die Amphilite selber bei der hand / und ginge also / mit gefolge [152] aller der andern / wieder zurůck an das äuserste des waldes / da sie das gesichte gegen der wiesen frei behielte. Wie sie nun unter einen schattichten baum sich niedergesetzet / thaten der K \nig von Ninive / die K \nigin C \lidiane / die jůngere Aramena / der Melchisedech / und die andern / auch desgleichen: da dan die Königin von Mesopotamien / mit sonderbarem vergnůgen / die vertreulichkeit zwischen ihrem schwager und den Bethuel ansahe / massen Dison und seine Aramena denselben zwischen sich eingenommen hatten / und ihm alle ersinliche höflichkeit erwiesen. Die freunde der schönen Amphilite hatten alle dieser königlichen gesellschaft mitgefolget: wiewol die meiste und fůrnemste schäfere / als ihre gegenere / zu růcke verblieben. Wie nun Sandenise erlaubnus bekommen zu reden / stellte sie sich in den kreis / den die k \nigliche personen gemacht hatten / und ihre freundin / die sich hinter die Königin Aramena verkrochen / anschauend / hube sie also an zu erzehlen.

Die geschichte des Chersis und der Amphilite
Die geschichte des Chersis und der Amphilite.

Wan Amphilite so viel herz als schönheit håtte /würde sie / viel bässer als ich / ihre sache fürbringen /und ihr ein mitleiden erwerben können. Nun aber gleichwol ihre unschuld so hell am tage ist / hoffe ich nicht / daß ihr eine so üble fůrsprecherin / als ich bin /sol können schaden bringen: sondern ich bin dessen vielmehr versichert / daß / ungeacht meiner ůbelredenheit / ich dannoch meiner durchleuchtigsten zuhörern herzen bewegen werde / meiner verlassenen freundin beizustehen / und ihr recht zu verschaffen. Amphilite ist bürtig aus jenem dorfe / das da nahe fůr uns lieget. Ihr vatter [153] der Ghebron / so noch im leben /verheuratete sich mit der Danis / die mit ihrem bruder / dem Reba / und einer schwester der Berinthe / von dem Taurischen gebirge hieher gekommen / und ihre wonung in Amida aufgeschlagen hatten. Sie waren von dem fůrnemen geschlechte der Enakim / auch fůrtreflich reich: daher der Chebron nicht allein eine herrliche heurat mit der Danis traffe / weil sie sehr tugendhaft und begüteret war / sondern er geriete auch dadurch in die vornemste schwiegerschaft dieser ganzen gegend; massen seiner frauen schwester / die Berinthe / den Targas / unseres Oberpriesters brudern /zur ehe hatte / welcher der fürnemste richter in Amida war / und auch den Reba / seinen schwager / zu dieser ehre befördert.

Das erste jahr beschiene seinen ehestande mit lauter glücke / indem die Danis sofort gesegnet wurde. Als aber ihre geburtzeit sich näherte / brachte sie zwar gegenwärtige Amphilite glücklich zur welt /muste aber dabei selber die augen zuschließen. Also sahe sich Chebron / durch diesen großen verlust /schier aller hofnung beraubet / die er von dieser vorteilhaften heurat vordem genossen hatte. Die kleine Amphilite erhielte dieselbe noch ein wenig: massen der richter Reba / ihrer mutter bruder / sich sofort ihrer anname / und / seine zu der Danis getragne liebe völlig zu erweisen / sie zum einigen erben aller seiner güter ernennte / auch in seinem hause sie auferziehen ließe / da sie nicht anders / als des richters Reba tochter / genennet wurde. Ob nun wol die Berinthe / des Reba noch lebende schwester / dieses glůck der Amphilite beeiferte / und lieber ihren beiden töchtern /der Phalerinthe und der Tilidee / solch ein großes gut gegönnet hätte / so dorfte sie doch nichtes dagegen sagen / sondern muste dem / Reba / ihrem bruder /seinen [154] willen lassen / der mit seinem wolthun ungezwungen verfahren wolte.

Unser Oberpriester / der Telecles / hatte eine tochter und einen sohn / die Halida und den Chersis / von denen jene schon zehen / dieser aber sechs jahre alt war / wie Amphilite gebohren worden. Weil nun dieselben stets in des Targas hause aus- und eingingen /auch öfters / wan der Oberpriester in amts geschäften verreiset war / ganze halbe jahre bei diesem ihres vatters brudern verblieben: als gewoneten Chersis und Amphilite von kindheit auf zusammen / also daß sie einander liebten / ehe sie noch die liebe verstunden. Der Reba / als der Amphilite pflegvatter / förderte dieses nicht wenig / weil er eine so große heurat niemand lieber / als der Amphilite / g \nnete. Telecles selber / als er hiervon erfuhre / ware diesem beginnen nicht zuwider / und hatte auch Chebron ganz keine ursach / hierin entgegen zu seyn. Also wurde / nicht allein durch dieser kinder eigene neigung / sonderen auch durch das wollen der ihrigen / diese liebe zwischen ihnen angezündet: die auch / mit den zunemenden jahren / so ungemeine proben der beständigkeit und treue zu tag legten / daß sie / in dieser ganzen gegend / allen verliebten zur nachfolge und beispiel /fůrgestellet wurden.

Gleichwie nun selten ein glůck ohne neid sich findet / also misg \nnten auch / die meiste schäfer hierüm / dem guten Chebron und seiner tochter diesen vorteil / und ware sonderlich der Liches / damaliger verweser in Amida / wie auch sonst ein schäfer / namens Orimedon / hierbei bekůmmert / daß Chebron hierdurch das ver / weser-amt an sich ziehen / und so dan des alten grolles / der zwischen ihme und dem Orimedon ware / gedenken wůrde: dan dieser schåfer war dem guten Chebron [155] in vielen dingen zu nahe getreten / und hatte / durch des Liches hülfe und ansehen / damit durch gedrungen. Wie nun diese beide hierům besorget waren / fůgte es sich / daß der junge Helidor / des richters Diocles sohn / in seiner liebe gegen die Halida / des Oberpriesters tochter / so glücklichen fortgang hatte / daß ihm diese einige tochter zur ehe gegeben wurde. Weil nun des Helidors schwester / die Eunome / den Oromedon geheuratet hatte / als wuchse diesem / durch diese schwågerschaft / nicht wenig der mut / also daß sich die furcht fůr des Chebrons macht bei ihm verringerte / hingegen der haß und neid wider zuname. Es macheten auch er und Liches / bald darauf / eine ihnen bederseits noch vorteilhaftere heurat /zwischen des Liches frauen brudern / dem Sineab /und des richters Targas ältster tochter / der Phalerinthe: wodurch sie zu wege brachten / daß dieser Sineab eine richter-stelle bekommen. Wie nun Diocles eben ům diese zeit auch starbe / folgte ihm der Helidor /sein sohn / im amte nach: womit dan Liches und Oromedon fast alle richtere / samt den Oberpriester /auser dem einigen Reba / auf ihre seite bekamen / und nun mit aller macht anfingen / hinternüße auszudenken / wie die heurat des Chersis mit des Chebrons tochter könte hintertrieben werden.

Weil Telecles / aus herzlicher liebe zu seinem sohn / ihme in allem fugete / als dorfte ihm / weder seine tochter / noch sein schwiegersohn / noch auch sein bruder / und der Sineab / der seines bruders tochter gefreiet / wider die Amphilite etwas fürbringen: daher dachten sie an den Chersis selber sich zu machen /und des Targas jůngste tochter / die Tilidea / ihm anzufreien. Tilidea / so von herzen einfältig und gar nicht sch \n war / hatte wol schlechte gaben / die Amphilite auszustechen: daher [156] sie wol sahen / daß die liebe den Chersis hierzu nicht wůrde verleiten können / und sie eine andere ursach erdenken můsten. Die Almesia / des verweser Liches frau / sprache endlich den schåfer Abinael auf / der hier mit zugegen ist / daß er der Amphilite aufwarten / und sich ům ihre gute gunst bemühen solte. Es hatte bisher diesen schåfer nichtes /als die unm \glichkeit abgehalten / die schöne Amphilite zu lieben / weil er sie mit dem Chersis verlobet wuste. Als ihme aber die Almesia fürstellte / wie solches so gar gewiß nicht wåre / und des Chersis freunde solche heurat schwerlich zugeben wůrden / er auch selbst seiner basen / der Tilidea / aufzuwarten begůnte: ließe er sich leicht zu einer sache bereden / dazu er von selbst so sehr geneigt ware. Gleichwie nun Almesia sonder mühe den Abinael verliebt machte / also fiele es auch der Halida und Phalerinthe nicht schwer / die unschuldige Tilidea zu ůberreden / wiedaß der Chersis sie liebte. Wie nun hierauf dieselbe ihre gegenliebe mehr als zu sonnen klar herfür blicken ließe /bedienten sich / der Chersis und die Amphilite / dieser unschuldigen zu ihrer belustigung / also daß Amphilite wol zu frieden war / daß Chersis in unseren versamlungen der Tilidea aufwartete / und ihr von liebe fürschwäzte.

Ich billige zwar nicht / daß sie diese unschůldige also aufgeführet: was thut aber nicht die verwehnte jugend / wan sie / von lauter guten tagen angefüllet /nicht weiß / wo sie genug lust suchen sol? Tilidea hielte sich nun / ihrer einbildung nach / des Chersis ganz versichert / und war dieses ihr fůrnemstes leiden / daß sie so geheim damit sein muste: wiewol sie es mir und meinen gespielinnen / wie auch dem Abinael / vertraute / und gegen diesem sich anerbote ihme bei der Amphilite mit einem [157] guten worte zu dienen. Abinael name dieses von der Tilidea mit allem danke an /und ob er gleich von uns andern / auch sonst aus allen umstånden / wol merkte / daß es mehr scherz als ernst mit dem Chersis und der Tilidea seyn mochte / so bediente er sich doch derselben / ům durch sie der Amphilite seine bescheidene liebe fürtragen zu lassen. Tilidea seumte auch nicht sein wort bei der Amphilite zu reden: wodurch diese bewogen wurde / zu glauben / wie daß Abinael / gleich uns anderen / mit der Tilidea sich vexirete. Sie liesse demnach dem Abinael viel gute vertr \stungen geben / welcher solches voll guter hoffnung der Almesia endeckte / die es wieder ihrem bruder / dem richter Sineab / sagete / durch den es auch dem Reba zu ohren kame.

Man kan erachten / mit was schrecken dieser vernommen / daß seine pflegtochter einen andern / als den Chersis / und zwar einen gemeinen schåfer liebe. Helidor und dessen schwager der Oromedon / imgleichen der verweser Liches / feireten nicht / den Reba ferner zu verhetzen / und ihme zu gemüt zu fůhren /daß auf diese weise sein groß erspartes gut unter fr \mde und dazu gemeine hirten kommen würde. Reba entschlosse sich in der hitze / selber zu heuraten / üm damit an der Amphilite sich zu rächen / und ihme andere erben zu schaffen. Zu der Amphilite grossem unglück / war sie damals nicht zu hause / wie dieses fürlieffe / sondern mit uns nach Haran verreiset: und ob gleich Chersis sie sonst nie zu verlassen pflegte / so hatte er doch dißmal nicht mit reisen können / weil der Oberpriester etwas unpäßlich worden /und daher ihm nicht erlauben wollen. Wie nun derselbe bei seinem vatter sich befande / brache Tilidea ihr versprechen / geheim zu bleiben / und eröffnete dem Targas und der Berinthe / wie die sachen mit ihr [158] und dem Chersis stünden. Diese / hierüber mehr als hoch erfreuet / weil sie solches vorher niemals glauben können / machten es also fort durch ganz Amida lautbar: daher es zu Nisibis / da der Oberpriester wohnete / auch nicht lang verschwiegen bliebe.

Dieser vername mit bestürzung die sin-änderung seines sohnes / und håtte lieber gesehen / ob gleich Tilidea seines bruders tochter war / daß Chersis bei der Amphilite geblieben wåre / weil die von dem Reba ein so großes gut zu hoffen hätte. Als er aber den Chersis hierüber zur rede stellte / eröfnete der ihm alles / wie es stunde / wie sie / die Tilidea aufzufůhren / dieselbe bei ihrer einbildung bisher gelassen håtten: und versicherte er hierneben seinen vatter / daß er lieber sterben / als die Amphilite verlassen wolte. Telecles verwiese ihm hierauf sehr / daß er ursach dazu gegeben / daß sein bruder und andere der Tilidea befreundte dieses von ihme glaubten. Um aber dem unlust / der hieraus entstehen konte / bei zeiten vorzukommen / reisete er selber / wie matt er noch von seiner krankheit ware / nach Amida / den Chersis nicht mitnemend / und vermeinte / den Targas und die Berinthe dieser wegen zu befriedigen. Als er / nach dreien tagreisen / den abend in Amida angelanget / fande er niemand in seines bruders hause / und sagten ihme die leute / daß der / neben allen fůrnemen leuten in Amida / bei dem verweser Liches zu gast wåren /massen alda der richter Reba / mit der Sireme / des Liches tochter / hochzeit machte.

Eine so unvermutete zeitung / kunte nicht anders /als große verwunderung bei dem Telecles erwecken. Er wuste nicht / was er davon gedenken solte / daß Reba so schleunig seinen sin geåndert: auser daß er diß für die ursach achtete / daß er seines sohnes und der Amphilite [159] heurat rückgängig wurde geglaubet haben. Dieserwegen finge er von neuem an / auf seinen sohn zu scheiten / und in dem unwillen ginge er nach dem hochzeit hause: da alle anwesende ihn mit soviel freuden entfingen / als wenig vergnůgung er dagegen blicken ließe. Seine tochter und deren mann /wie auch die Phalerinte mit ihrem manne / merkten und errieten gleich des Oberpriesters unwillen: die auch diesen handel mit der Tilidea angestiftet hatten. Targas aber / nicht anders vermeinend / als daß dem Chersis můste etwas zugestoßen seyn / so seinen vatter also unlustig machte / zumal er selbigen nicht bei ihme sahe / fragte also fort nach ihme / den namen eines schwiegersohnes ihme beilegend. Dieses machte den Telecles noch mehr wundern. Doch barge er sich /bis auf den andern morgen: da er erst den großen misverstand seinem bruder entdekte / der zwischen dem Chersis und der Tilidea fürgegangen.

Weil die andere / so üm diesen betrug wusten / wol vermutet hatten / daß es also kommen / und Chersis sich entschüldigen wůrde / traten sie alle fůr einen mann / und redeten dem Telecles zu / diese beschimpfung der Tilidea nicht zu dulten / sondern seinen sohn dahin zu halten / daß er sie ehlichen müste. Weil Amphilite die Hoffnung zu des Reba erbschaft verloren /welches große gut den Telecles am meisten bewogen hatte / sie zu einer schwiegertochter zu wehlen / als kostete es die vier richtere / ihre weiber und verwandte / keine sonderbare mühe / den Oberpriester zu ihrem willen zu bringen: der dan mitbeliebte / daß Tilidea seine schwiegertochter werden solte. Als Telecles diese erklårung von sich gabe / kame eben Amphilite mit mir / von der reise aus Haran / wieder nach Amida: dahin ich sie nicht [160] allein begleiten / sondern auch wegen unserer gestifteten freundschaft / eine zeitlang bei ihr bleiben wolte. Wir waren kaum in das haus eingetreten / da begegnet uns Sireme / und hieße uns wilkommen. Weil Amphilite die Sireme / als des Liches und der Almesia tochter / wol kennete / lachete sie anfangs / über dieser der Sireme angemaßeten bewirtung. Wie ihr aber dieselbe mit einem ernstlichen wesen ansagte / daß sie des Reba ehefrau wäre / verginge ihr bald alles lachen / und schoße es ihr so fort auf das herz / daß vor sie ein großes unglůck müste bereitet seyn.

Bei solcher ihrer bestůrtzung / kame Reba selber dazu: der dan / wegen Abinaels sie noch für schuldig haltend / mit einem hönischen wesen sie grüßete / und gegen ihr seine heurat mit der Sireme entschuldigte /daß nämlich seine verschwiegenheit aus der ihrigen geflossen wåre / indem sie eben so geheim mit ihrer liebe gewesen / und er von anderen erfahren můßen /wie sie ihr hätte den Abinael auserwehlet. Sie wolte zwar hierauf sich entschuldigen / fande aber kein gehör / und muste sie bei mir ihren trost suchen: den ich aber anderst nicht zu geben wuste / als daß ich ihr unglück mit beweinete. Es bliebe auch nicht bei diesem unstern / und musten wir gleich darauf erfahren /daß Telecles seinen sohn an die Tilidea verlobt håtte. Der Amphilite wurde auf einmal zu schwer soviel zu ertragen / und war alles ihr anderes leiden gegen diesem fůr gering zu achten / weil sie den Chersis so herzlich liebte: wiewol sie auf dessen beständigkeit nun noch ihren ůbrigen trost sezte. Er erfuhre bald zu Nisibis / was in Amida fürginge: das ihn dan bewoge / ungeseumt zu uns zu kommen. Er besuchete / alle andere betrachtungen hinten setzend / seine Amphilite am ersten / und machete damit ihrer viele von sich[161] reden / und urteilen: bei ihr aber erweckte er eine so herzliche freude / daß sie alles ihres leides vergaße /nun sie seiner treue sich versichert sahe. Reba / die einigkeit dieser beiden verliebten sehend / geriete in nicht geringe verwunderung / und finge / wiewol zu spat an / zu merken / daß er sich sehr ůbereilet hatte. Doch ginge nun der Sireme liebe allen anderen betrachtungen bei ihme weit für / also / daß er das unrecht / so er der Amphilite erwiesen / so sehr nicht beherzigte / als wan er noch unverheuratet gewesen wäre. Er bote aber ihnen beiden seine dienste an /sowol bei dem Telecles / als bei seinem schwager den Targas / und sich der Amphilite den alten freund noch in etwas erweisend / erklårte er sich dahin / daß / wan Sireme ohne kinder stürbe / sein gut der Amphilite allein werden solte.

Unsere beide verliebte / achteten dieses anerbieten nicht sonders / ausser daß es den Telecles bewegen konte. Sobald aber Chersis von seiner Amphilite abzukommen vermochte / eilete er zu seinem vatter /welchem er soviel fürweinete / daß er sich gleich wieder bewegen ließe / auf seines sohnes seite gegen die anderen zu treten. Dieses verursachte nun in ganz Amida einen großen lårmen / da nicht allein der Tilidea eltern / sondern auch ihre verwandten / als der Sineab und andere dieses hoch entfunden / und schlůßig wurden / bei den K \nig zu Babel / als unsrem damaligen herren / hierůber zu klagen / weil die richtere in Amida / als die es mit anginge / in dieser sache nicht selber sprechen kunten. Telecles bemůhete sich dagegen mit allen kräften / dieses abzuwenden / auch gingen Reba und Helidor dazwischen / wiewol sie beide mehr nach des Targas seiten hingen. Inmittels wurde dem guten Chebron / dem vatter der Amphilite / so bange gemacht / daß er / die gerichts-unkosten zu ersparen / [162] mit dem Abinael sich nach Amida verfůgte /und alda \ffentlich sich erklårete / wie sein wille wåre / daß seine tochter diesen schäfer ehlichen solte. Abinael / von liebe übereilet / zeugete auch wider die Amphilite / daß die ihm große versicherungen ihrer gegenliebe hätte geben lassen. Also wurde der Oberpriester von neuem irre gemacht / und als man diese sache untersuchet / fande es sich / daß es alles daher gerühret / daß man die Tilidea aufführen wollen. Weil aber Chersis fůr liebe und sorgen kranck wurde / und durch seine gute gönner den Oberpriester ůberreden ließe / wie er sterben müste / wan er die Amphilite nicht bekäme / als muste der gute Abinael bald wieder abstehen: Da dan auch der Chebron / auf zureden der freunde des Chersis / sich dahin erklärte / daß er seiner tochter ihre freiheit laßen wolte / denjenigen zu ehlichen / der ihr belieben wůrde.

Wie nun also wieder eine angst vorbei war / und indeme man noch in solcher verwirrung lebte / riete gegenwärtige schåferin Eidania der Tilidea / eine priesterin in des Teraphim tempel zu werden: weil doch vermutlich wåre / daß Chersis mit ihr nimmermehr wol leben würde / und sie also / einer bösen ehe zu entgehen / dieses mittel nůtz- und růhmlich ergreifen würde. So einfåltig Tilidea sonsten war / so begriffe sie doch dieses wol / und kame pl \tzlich mit dieser ihrer erklärung herfür / als niemand von uns im wenigsten daran gedachte. Man kan ermeßen / mit was freuden ganz Amida dieses vernommen: Weil dieses das einige mittel war / ohn fernere weitlåuftigkeit und rechts-fürung / aus diesem handel zu kommen. Und wiewol ihre eltern / wie auch ihre schwester / und die andere wiedersacher der Amphilite / es lieber anders gesehen håtten / so musten sie doch nun aus der noht eine tugend machen / und ihren unwillen [163] verbergen. Gleichwol brachten sie bei dem Telecles zu wegen /daß er / üm ihnen einiger maßen / für die von seinem sohn und der Amphilite an der Tilidea person erlittene beschimpfung / eine vergnügung zu thun / dem Chersis befohlen / nicht so fort seine heurat mit der Amphilite zu vollziehen / sondern sich eine zeitlang aus Amida zu entfernen / inzwischen Amphilite bei ihrem vatter / dem Chebron / in unserem dorfe verbleiben solte / das wurde auch also vollzogen / und achteten unsere beide verliebte diese kurze trennung nicht sonders / weil sie hernach auf immer solten vereinigt werden.

Wie treuherzig und verbůndlich ware doch der abschied / den sie in Amida voneinander namen / und befohle mir der Chersis die aufsicht über seine Amphilite / die ich tåglich seines andenkens erinneren solte. Auf einen tag geschahe aus Amida dieser dreifache auszug / da Tilidea mit allen ihren anverwandten und dem Oberpriester / nach des Teraphim tempel /Chersis nach Ur / und Amphilite nach ihrem dorfe reisete. Alle unsere hirten und schäferinnen / wurden über ihrer ankunft erfreuet / und stellte sich des Orimedons frau / die Eunome / da doch ihr man / als ein abgesagter feind des Chebrons / neben ihr / zu der Amphilite verfolgung viel geholfen hatte / zum allerhöflichsten gegen ihr an / bewarbe sich auch fůr anderen ům ihre gunst / vorgebend / sie müste sie / als kůnftige Oberpriesterin dieses landes / und ihre näheste schwågerin / da ihr bruder / der Helidor / des Chersis schwester geehliget / vezehren und ansehen. Weil ein gutes gemüte leichtlich glaubet / als fiele es der Eunome nicht schwer / die Amphilite zu gewinnen. Also waren diese beede stäts beisammen / und folgte Amphilite der Eunome raht in vielen stücken /so gar / daß sie / auf ihr gut-befinden / zu verschiedenen malen den hirten / bei [164] ihrem wettlaufen / sieg-kränze aufsezte: das dan zum öftern den Abinael traffe / der von der hand der schönen Amphilite / mit großem vergnügen / sich gekr \nt sahe / weil er sie noch immer / wiewol sonder hofnung / liebete. Wiewol nun Amphilite so vorsichtig sich erwiese / zu verhüten /daß sie nicht mit dem Abinael allein zu reden käme /kunte sie doch solches nicht allemal vermeiden: wiewol er sich nicht wird berühmen können / daß sie jemals seinen liebesreden geh \r gegeben.

Dergestalt verstriche nun die zeit / die Chersis ausbleiben sollen / und brachte uns Eunome eines tags die post / wie er in Amida angekommen wåre. Wie nun die verliebte Amphilite mit der Artainte (die hier zu gegegen) und mir / in diesem holze / gegen der abendzeit / spaziren ginge / und uns beiden ihr verlangen nach dem Chersis bezeugte / kame der Eunome hirtenknab gelaufen / welcher uns anmeldete / wiedaß des Oberpriesters sohn ankåme. Amphilite eilete mit uns beiden dem knaben nach / der uns den weg zeigete. Wie nun / unter den schattichten bäumen / drei mannspersonen uns begegneten / vermeinten wir / daß der Chersis darbei seyn würde. Indem lieffen uns diese dreie mit ausgespannten armen entgegen / und kůßeten uns / ehe wir uns ihrer erwehren kunten: Es waren aber / diese personen / drei verkleidte weibsbilder / als die Eunome / welche des Abinaels båstes kleid / so er bei den festagen zu tragen pflegte / angeleget / und Eidania / und Melidia / so hier beide gegenwärtig sind: und waren diese beide von der Eunome aufgesprochen / der Amphilite eine lust zu machen / die sich dan auch in ihrer männer kleider verstellet hatten. Wie nun dieser aufzug viel lachens gabe / also vertrate ferner die Eunome die stelle des Chersis / und sagte der Amphilite [165] viel verliebte worte für / solche mit so vielen ümarmungen begleitend / daß Amphilite gestehen muste / sie hielte dem gesandten mehr zu gut / als wan der herr selbst gekommen wäre.

Wie nun Melidia und Eidania bei der Artainte und mir verblieben / legten sich Eunome und Amphilite /unweit von uns / in das gras / weil Eunome fürgabe /daß sie můd wäre / und hörte daselbst der falsche Chersis nicht auf / ihr zu liebkosen. Dieses wårete so lang / bis Amphilite im schummern / weil die sonne bereits unterzugehen begunte / einen mann erblikte /der durch das holz ginge. Dieserwegen sprange sie eiligst auf / indem ihr einfiele / was es ihr für einen bösen namen geben könte / also bei einem manne /den die Eunome fürstellte / gefunden zu werden / und hube an nach dem dorfe zu lauffen / da ihr die Eunome nachliefe / und wir andere ihnen folgeten / in meinung / daß etwan Amphilite ein wildes thier möchte gesehen haben. Als wir in das dorf gekommen / ginge unser gelächter von neuem an / als wir vernamen / wie die große fürsorge der Amphilite diese unsere flucht verursachet håtte. Also schieden wir den abend voneinander / und dachten nicht ferner hieran / auser daß wir des rechten Chersis mit schmerzen erwarteten.

Am folgenden morgen / verreisete Eunome mit ihrem manne / dem Oromedon / nach Aphadana / und begleitete sie der Abinael / nachdem er zuvor von der Amphilite abschied genommen. Wir erfuhren bald darauf / daß Chersis / neben seiner schwester und ihrem manne / dem richter Helidor / der der Eunome bruder ist / vorigen abends / in unserem dorfe gewesen. Amphilite wuste nicht / was sie hievon denken solte / daß Chersis sie nicht angesprochen / doch schluge sie [166] [168]alles widrige aus den sin / und hoffete auf seine ankunft / von einem tage zum andern: da etliche wochen hinliefen / und kein Chersis sich eingefunden. Ich name ůber mich / mit der Eidania nach Amida zu gehen / ům daselbst / mit gelegenheit / in des richters Sineab hause / worinn Eidania bekant ist / von den Chersis etwas zu erfahren. Es stunde nicht lang an /da kame Chersis selber dahin / die Phalerinthe / seine base / zu besuchen. Er veränderte sich nicht wenig /als er mich ersahe / und thåte / als ob er mich nicht kennte: daher ich von ihm / nicht einmal einen gruß /zugeschweigen einer ansprache genoße / das mich dan sehr verwundert ließe. Ich redte ihn an / und fragte: Wie lang wir / in unserem dorfe / der ehre von seiner gegenwahrt noch solten beraubet bleiben? Ich wüste nicht / (antwortete er / ganz hönisch) was ich in eurem dorf solte zu thun haben / allwo Abinael wol allein euren schönen / sonder mein zuthun / kan aufwartung leisten. Phalarinthe / sich besorgend / Chersis möchte mir etwan ein mehrers sagen / zoge ihn mit gewalt von mir / und eilete mit ihme hinweg / mich so bestürzt zurück lassend / daß ich lange mich nicht wieder erholen kunte.

Weil Eidania in Amida noch etwas zu thun hatte /als kehrte ich allein wieder nach unsrem dorfe: daselbst ich anfangs der Amphilite verhelen wolte / was ich geh \ret. Ich konte es aber endlich nicht mehr verschweigen / und merkten wir bede wol / daß der Amphilite feinde eine plauderei von ihr und dem Abinael můsten ersonnen haben / die diese eiversucht bei ihrem Chersis erwecket. Ihre unschuld darzuthun /ware sie so begierig / als betreten sie ware / wie sie es anschlagen solte: und beklagete sie der Eunome abwesenheit / als die am båsten / wie sie vermeinte / von ihr würde zeugen [168] können. Es verhönte sie auch nicht wenig / daß ihr Chersis so leichtglåubig wäre: doch entschüldigte sie ihn ihr selber wieder / mit der eifersucht / als welche allemal eine häftige liebe begleitet: sich mit der hoffnung tr \stend / daß er sie hernach desto lieber haben würde / wan er die warheit und ihre unschuld erfahren hätte. Nach vielen bedenken /schriebe sie an den Reba / ihrer mutter brudern / eröfnete ihm / wie es ihr mit dem Chersis erginge / und bate / daß er sich doch dißmal ihrer annemen / und ihre unschuld / den Abinael betreffend / glauben m \chte. Ich ließe mich / mit diesem brief / nach Amida wieder abfårtigen: bekame aber / an stat einer antwort / zween briefe an den alten Chebron / die der Reba / und die Berinthe seine schwester / an ihn geschrieben hatten.

Amphilite / voll sorgen und unruhe / überbrachte diese schreiben ihrem vatter selber: der dan in beiden einerlei inhalt fande / und zwar diesen / daß Chebron m \chte dahin bedacht seyn / ie eher ie bässer seine tochter an den Abinael zu verheuraten / üm dadurch die schande und nachrede von ihr zu nemen / so sie beide / der Reba und die Berinthe / mit verdrus von ihr / als ihrer verwandtin / håtten erleben müßen. Es schriebe auch der Reba / er wolte / ob es schon Amphilite nicht üm ihn verdienet / ihr doch ein ungewißes stuck geldes geben / damit der Abinael sie desto williger möchte wieder zu ehren bringen. Ich kan nicht sagen / ob der vatter / oder die tochter / nach verlesung dieser briefe / mehr zu beklagen gewesen: dan sie beiderseits sich so jämmerlich gebärdeten /daß ich / die ich allein zugegen gewesen / fast ohne trånen nicht daran gedenken kan. Es fiele nicht allein hiermit alle hofnung des guten Chebrons auf einmal in den brunnen / sondern er muste auch diese [169] schwach an seiner einigen tochter erleben / daß die einer solchenverhältnis beschüldigt wurde / wovon ihre verwandten / sich ihrer zuspråchen / ursach bekommen. Er stunde bei sich an / ob er sie befliegen oder mit-anklagen solte. Er fande aber bald / daß das erste nötiger wåre: massen Amphilite in meinen armen als todt niedersanke / und aus dieser onmacht allein darům wieder zu sich selber kamen / daß sie ihre billige klagworte himmel-an schicken kunte. Daß der Chersis sie verlassen / schmerzte sie nicht so sehr / als die ursach dessen / daß er nämlich / mit den andern in Amida / glaubte / wie sie ihre ehre nicht nach gebühr bewahret håtte. Dieses nun verdroße sie dermassen auf den Chersis / daß sie in dem eifer sich verschwure / ihme / wan er schon ihre unschuld erfahren würde /diese seine leichtglaubigkeit nimmermehr zu vergeben.

Hierauf lage sie ihren vatter an / daß er doch diesen schandflecken nicht auf seinem haus sitzen lassen /sondern öffentlich für ihre ehre sprechen wolte: worzu auch alle unsere nachbaren ihren beistand versprachen. Sie macheten sich auch also fort mit dem Chebron auf den weg / bei dem richter Reba und der Berinthe in Amida zu erforschen / woher Amphilite diesen bösen namen bekommen hätte / dessen gegenspiel sie bis auf das äuserste verfechten wolten. Den Chersis fanden sie nicht mehr in Amida / sondern vernamen / daß er / aus zweifelmut und ungedult wegen seiner Amphilite leichtsinnigkeit / hinweg gezogen /und sich nach Haran begeben hätte. Wie sie aber für den Reba kamen / auch auf den grund und beweis der Amphilite übel verhaltens drungen / weigerte sich derselbe anfånglich sehr / dem Chebron hierinn ein genügen zu thun. Endlich aber / wie er und seine[170] nachbaren håftiger darauf drungen / und über gewalt rieffen / ließe er den richter Helidor / dessen fraue die Halida / und die Phalerinthe / herfür kommen / und bate dieselben dem Chebron selber zu sagen / was sie von der Amphilite gesehen hatten. Diese nun erzehlten dem guten alten / wie sie / den und den tag / als sie den Chersis nach seiner braut begleiten wollen / in diesem holze die Amphilite bei dem Abinael auf der erden gefunden / da sie sich ümhalset / und / als iemands dazu gekommen / miteinander dorfein gelauffen wären: welches sie mit sicheren ümständen bedeuteten / daß der gute Chebron und seine gesellschaft wůnschen m \gen / daß sie nicht so eifrig hiernach gefraget håtten / und diese that vor den richtern / die sie nun zur straffe ziehen würden / vertuscht geblieben wäre.

Sie kamen / voll trånen und betrübnůs / wieder nach unserem dorfe / und wie Amphilite ihrem vatter wolte entgegen laufen / ihr zu bewilkommen / stieße er sie von sich / und gebote ihr / von nun an sein angesicht zu vermeiden. Sie kame hierauf halbtodt in meiner mutter haus / und wuste nicht / was sie für elend beginnen solte / da ihr nun auch dieser lezter trost benommen war. Sie überdachte ihr ganzes leben / und kunte nichtes darinn finden / das sie anklagte: da sie doch / bei solcher unschuld / sich / als die gröste übeltåterin / verlassen und verfolgt sahe. Meine mutter / die sich ihr unglůck jammeren lassen / ginge zu ihren vatter / ům zu vernemen / was er dan von seiner tochter gehöret / das ihn zu solchen unwillen bewegen können? und / als sie solches von ihm erforschet / kame sie / die Amphilite dessen zu berichten. Es ware / dieser armseligen / die angenemste post /als sie nun auf die feine kame / woher [171] dieser böser argwahn entstanden / und daß Eunome verkleidung hierzu anlaß gegeben. Sie bate hierauf meine mutter /mit ganz freudigem mute / dem Chebron den ganzen verlauf dieser geschichte zu eröfnen / und begleiteten ich und Artainte dieselbe nach diesem alten / weil wir beide mit zugegen gewesen / und hiervon zeugen konten.

Es würde ein überflus seyn / des Chebrons freude allhier zu beschreiben: der die Amphilite sobald wieder in sein haus aufname / und gleich nach Amida /seinem schwageren / diese freuden post zu entbote /aber kaum eine antwort darauf entfinge. Als auch ich bald hernach in Amida gekommen / üm hievon mit der Halida zu reden / wolte die solches gar nicht annemen. Wir merkten also / daß der Amphilite neidere über diß ihr unglück frölich waren / und zu ihrer unschuld keine bef \rderung zu thun begehrten. Daher ward / mit zuziehung der gesamten freundschaft beschlossen / daß man bei allgemeinen gerichtstage / der alle vier wochen einmal in Amida / die sachen / die der verweser nicht zu recht bringen können / zu er \rtern und zu schlichten / gehalten wird / der Amphilite unschuld öffentlich darthun / und für dem ganzen volke beweisen solte.

Wie nun derselbe tag angekommen / da der Targas / Helidor / Reba und Sineab / in ihrem richterlichen schmuck / unter dem thor der stadt Amida saßen / und eben / zu der Amphilite glücke / sehr viel volkes alda fůr gericht versamlet war / worunter auch der Oberpriester Telecles / (weil sachen für waren / die in sein amt liefen) sich mit befunden: erschienen Chebron und Amphilite / von der Melidia / Eidanie / Artainte und mir / wie auch von unserer ganzen dorfschaft /auser den [172] dreien verreisten / begleitet. Sein vorbringen ware nun / von seiner tochter beschüldigung /samt ihrer unschuld / und ersuchte er die richtere /nicht allein die Melidia / Eidanie / Artainte und mich abh \ren zu lassen / sondern auch nach der Eunome und dem Abinael selber zu schicken / daß sie sich fůr gericht stellen und aussagen möchten / wie Eunome in des Abinaels kleidern / bei der Amphilite gewesen /und dieser hirte ihr dieselben an eben den tag geliehen / als des Oberpriesters sohn / mit seinen bei sich habenden / sie beisammen gefunden. Weil auser dem Oberpriester und den vier richtern / ihrer wenige um diesen Handel wüsten / als dunige das begierige volk häuffig hinzu / wie sie diese fr \mde dinge / und also die ursach vernamm / worüm der Chersis die Amphilite so schleunig verlassen hätte / welche sie bis dahin nicht hatten ersinnen können.

Die vier richtere gaben gleich ihre unrechtfärtigkeit an den tag / indem sie die angegebene zeugen erstlich nicht annemen wolten / und sagte Helidor: er håtte warhaftig den Abinael gesehen / und sei es ein gedichte / daß seine schwester / die Eunome / diese verkleidung angestellt. So wil ich es dan / (finge Amphilite an) mit euch / ô Helidor! zu thun haben / und heiße euch aus dem gerichte aufstehen / weiln ich euch hiemit zum beklagten mache / und euch auffordern / mir die große unthat zu beweisen / deren ihr mich beschůldiget. Diese künheit der Amphilite machte alles volk bestürzt / und muste Helidor / vermög der rechte / von seinem stul aufstehen / und als beklagter gegen die Amphilite sich verantworten. Dieser nun rieffe zu zeugen / den abwesenden Chersis /dessen schwester / als seine frau / die Halida / und des Sineabs fraue. Dagegen drunge Amphilite in die richtere / uns viere zu verh \ren: das [173] dan auch geschehen muste. Eidania und Melidia sagten einhällig aus /wiedaß sie / neben der Eunome / in manneskleidung selbigen abend zu uns gekommen / an welchem Chersis und Helidor den Abinael / dessen kleid Eunome angehabt / bei der Amphilite solten gesehen haben. Als Artainte und ich solches bekräftigten / wurden die richtere durch das volk / welches die Amphilite sehr liebte / wie auch durch den Oberpriester / ungeacht er ein schwiegervatter des Helidors war / dahin vermocht / diese sache gerichtlich / und wie es sich gebürte / fürzunehmen / und zu dem ende die Eunome und den Abinael / gegen den folgenden gerichtstag /fürzufordern. Bis dahin nun wurde dieser sache anstand gegeben / und schieden wir mit der Amphilite etwas frölicher aus Amida: weil wir die sichere und gewiße hoffnung hatten / daß der Eunome aussage dieser gantzen sache abhelfliche maße geben würde.

Wie wir nun wieder in unser dorf angelanget /schikte der Oberpriester den hirten Athamias / der viel bei ihm ab- und zuginge / zu der Amphilite / und ließe ihr sagen: daß / dafern sie unschüldig wåre / als er hoffete / er ihr seinen sohn wieder bringen wolte. Aber die Amphilite wolte diß erbieten gar nicht annemen / sondern ließe ungescheut dem Telecles antworten: Sie verlange / nicht ům des Chersis willen / ihre unschuld aller welt darzu thun / sondern wegen ihrer eigenen ehre / die niemand h \her / als eben der Chersis / beleidigt hätte / indem er solchen verdacht und so b \se einbildung von ihr haben können. Wir andere /gleichwie auch Athamias / entschüldigten alle den Chersis bei ihr / daß er / sie mit der verkleidten Eunome ersehend / nicht anders verfahren k \nnen. Es wolte aber alles bei ihr nichts verfangen / und muste Athamias mit dieser ihrer [174] erklärung abziehen: doch ersuchten ihn wir andern / daß er dem Oberpriester dieses nicht sagen wolte.

Telecles reisete hierauf selber nach Haran / da sich sein sohn befande / üm ihn in seiner betrübnus zu tr \sten / mit derer / wegen Amphiliten eingebildten untreu / aus Amida geschieden ware / Er fande aber /daß sich der Chersis bereits an der Amphilite gerochen / und eine frömde schäferin zu lieben angefangen hatte / die sich bei des Fůrsten Labans töchtern aufhielte / und eben die Aprite ist / deren allererst der Fůrst Nahor erwehnet. Weil nun eine so ungereimte liebe / da Aprite ganz arm und unbekant / dem Telecles nicht gefiele / als hinterte er dieselbe mit allen kräften / und brachte bei dem Fůrsten von Haran zu wegen / daß der die Aprite aus seinem brod hinweg schaffte. Selbige begab sich nun hieher in das gebiete von Amida / zoge aber den Chersis bald nach sich: da dan der Amphilite leiden / durch seine gegenwart /vermehrt wurde.

Wie nun endlich der gewönliche gerichtstag wieder erschienen / fande sich keine Eunome / aber wol der Abinael ein: welcher / der Amphilite ehre zu retten /hoch beteurete / wiedaß Eunome damals von ihm seine kleider entlehnet / und daß er niemals von der Amphilite die gerinste gunst genossen oder entfangen hätte. Helidor wandte hiergegen ein / wiedaß den Abinael die liebe also reden mache: und wurde Amphilite nun wieder auf den künftigen gerichtstag vertr \stet. Inzwischen reisete der alte Chebron mit großen unkosten nach Aphadana / und brachte daselbst zu wege /daß die Eunome zu Amida fůr gericht erscheinen muste. Alle welt war nun begierig / hievon das ende zu sehen. Und ob gleich Chersis die Aprite häftig liebte / auch die Amphilite ganz gewiß fůr schůldig hielte / so thåte er es doch [175] seinem vatter zu willen /und ginge unbekant mit unter das gerichts thor / ům alles mit anzuhören.

Wie nun Eunome befragt wurde / die warheit von dieser begebenheit auszusagen / leugnete sie alles /und verschwure sich / daß ihr niemals in den sin gekommen wäre / von dem Abinael kleider zu borgen /oder die Amphilite also zu verführen / oder scherz mit ihr zu treiben. Kein mensch ware nun zugegen / auser die jenigen / so es bässer wusten / der nicht die Amphilite schuldig gläubte. Artainte und ich / wie auch Eidania und Melidia / neben den Abinael / wolten hierauf die meineidige Eunome des gegenteils überweisen: aber die richtere ließen uns weiter nicht reden / und wie wir in gesamt einen abtritt nemen müßen /schmiedeten sie immittels ein urteil / welches wir / als man uns wieder fůrgefordert / dieses inhalts vernamen: Wie daß nåmlich Helidor / so wol als die Eunome / von aller anklage loß zu sprechen / die Artainte /Melidia / ich und Eidania / dem alten Chebron die gerichts unkosten zu bezahlen / auch der Eunome ein gewißes stuck gelds zu geben / verfallen / Amphilite aber den Abinael zu ehlichen solte gehalten seyn.

Gnädigste Königin! E. Maj. beherzigen einmal diese ungerechtigkeit / so uns hier wiederfahren / und urteilen / ob wir nicht allerseits hierüber uns zu beschweren mehr als befugt seien. Die furcht brachte den alten Chebron dazu / daß er für uns nicht ferner klagen / noch an diesen rechtshandel etwas wenden wolte. Auch Abinael / von der liebe beredet / war mit diesem urteil mehr als wol zu frieden. Also musten wir anderen viere gedultig / wiewol unschůldig / die zuerkennten strafgelder erlegen / und zu deren behuff etliche meierhöfe verkauffen / üm den geitzigen Orimedon / der [176] Eunome ehemann / zu vergnůgen. Der alte Chebron aber / wolte nichts von uns nemen: und muste ja dem richter Reba das gewissen rühren / weil er heimlich / nicht allein dem Chebron die gerichts-unkosten schikte / sondern auch ein ansehnliches stuck gelds der Amphilite / zu ihrer aussteur verehrte. Der Chebron / weil er dessen bedůrftig / weigerte sich nicht / es anzunemen. Aber Amphilite wolte so wenig hiervon hören / als den Abinael ehlichen: massen sie es diesem in die augen sagte / daß sie lieber sterben /als hierdurch den b \sen argwahn auf sich vermehren wolte / den sie mit ihm unschůldig leiden muste.

Weil nun ihr vorher-geführter guter wandel allen in dieser landschaft bekant war / als beklagte sie iederman / und murrete man heimlich ůber das unrecht / so ihr wiederfahren. Sie ůberwand endlich alles mit grosmut / und / nachdem sie den Abinael beredet / ihrer müßig zu gehen / der / aus liebe / ihre ehre dadurch zu fördern / solchen zwang über sich name / lebte sie seither ruhig / mit uns andern / in diesem dorfe / und kehrte sich an den Chersis nicht mehr: welcher / auf befehl seines vatters / nach Ur reisen muste / üm der schönen Aprite zu vergeßen. Solches aber würde ihm nicht so viel geholfen haben / von ihr abzulassen /wan nicht dieses dazu gekommen wåre / daß Aprite /wegen eines begangenen mordes / wiewol sie deswegen mehr zu loben als zu tadeln war / hier öffentlich an den schandpfal gestellet und sofort wäre verwiesen worden. Diese beschimpfung leschete in dem hohen gemůte des Chersis alle liebe aus / und schriebe er solches seinem vatter zu / erlangte auch von ihme /fůrter in Ur zu bleiben: da er sich noch iezt befindet /und / wie man glaubhaft berichtet / sol er öfters der Amphilite noch gedenken / und wůnschen / [177] daß ihre unschuld recht klar zu tage kommen m \chte. E. Maj. können nun hierzu verhelfen / wan sie / diese sache nochmals zu untersuchen / gnädigst befehlen wollen: und wird / in der nachfrage / so viel zu der Amphilite unschuld rettung dienliches sich finden / daß ich versichert bin / es werde ihr elend und unser aller kummer nunmehr sich enden / zumal uns der himmel die ůberirdische Aramena zur Königin verliehen hat.


* * *


Als Sandenise / nicht sonder vergießung vieler zehren / ihre erzehlung also geendet / und sich damit zu ihrer gespielin gestellet / erwiese die K \nigin von Mesopotamien nicht geringen unmut über diese augenscheinliche ungerechtigkeit der richtere / und verhieße / nicht allein der Amphilite ihr recht zu verschaffen / sondern erklärte sich auch / vor der ganzen gesellschaft dahin / daß sie selbst in person den gerichtstägen forthin beiwohnen / und ihren unterthanen das recht sprechen wolte. Alle anwesende ließen hierůber eine solche freude spüren / daß sie auch des öffentlichen jauchzens sich nicht enthalten kunten: und gabe iederman der Sandenise viel lobes / die durch ihre künheit solches zu wegen gebracht hatte. Weil aber / der Sandenise freunde / der richtere gewalt deswegen befahreten / als gaben sie ihr an die hand / die K \nigin ům schutz anzuflehen / wen man etwan an ihr sich rächen wolte / daß sie iezt wider die regierung geredet. Sie erhielte dieses so gut bei der K \nigin /daß sie ihr und der Amphilite anbefohle / unter ihrem frauenzimmer zu bleiben / und sich mit nach Samosata zu begeben: dahin nun alle königliche personen aufbrachen / weil die mittagszeit heran nahete / und sie den K \nig Aramenes nicht långer allein laßen wolten.

[178] Weil der verliebte Nahor / alle gelegenheit / die er nur haben kunte / ergriffe / üm seine liebe zu der Aprite kund und offenbar zu machen / als gesellete er sich zu der Königin / wie die neben den andern nach Samosatha zu ginge / und die wägen hinter sich herfahren ließe / und sagte zu ihr: E. Maj. kommet wol fr \md vor / daß die sch \ne Aprite sobald von den Chersis hat können geliebet werden / da er solang sein gemůte / die Amphilite zu ehren / gewönet hatte. Aber meines erachtens ist dieses höher zu bewundern / daß Chersis diese wunderschöne hat wieder verlaßen k \nnen: wiewol ich nicht ursach habe / es ungern zu sehen / daß er diese wankelmütigkeit begangen hat. Ihr redet / mein vatter! (antwortete ihm die K \nigin von Mesopotamien) mit solcher art von dieser Aprite / daß ich schier glauben muß / sie werde von euch geliebet. Doch machet mich etwas hieran zweifeln / so ich von ihr weiß / nämlich daß sie einen mord begangen / von hier verwiesen und nun eine dienstmagd worden ist: welches alles sich dan nicht wol zu eurer liebe schicken würde.

Ich trage kein bedenken / (gabe Nahor zur antwort /) E. Maj. zu gestehen / daß ich die Aprite / ungeacht aller dieser ümstände / liebe. Dan / daß sie / ihre ehre zu retten / ihren verfolger getödtet / durch ein unrechtmäßiges verurteilen der Assyrischen kriegsleute von hie verwiesen worden / und nun / aus armut / der Almesia dienet / solches kan mich nicht abschrecken /sondern vielmehr anfrischen / neben ihrer großen schöne / auch ihre unvergleichliche tugend / von der dieses alles herrůret zu lieben und zu bewundern. Wan sie so tugendhaft / wie ihr sie beschreibet / (antwortete die Aramena) so wird sie eure liebe nicht wol aufnemen / weil sie nimmermehr hoffen darf / eure ehgemalin zu werden. Es manglet nur [179] an ihr / (versezte Nahor) sonst wůrde sie den namen einer Fürstin diese stunde haben. Die Königin von Mesopotamia kunte hierauf sich nicht enthalten / den Nahor etwas genäuer zu betrachten / und machte ihre verwunderung / daß sie ihm nichts antworten konte.

Bethuel aber und Elihu / die alle diese reden mit angehöret / entfunden darob keinen geringen widerwillen / und befästeten deswegen / ihren zuvor schon abgeredten schluß / alle ersinliche hinterung / und zwar eiligst / dazwischen zu bringen / und dieses ungereimte fůrnemen ihres vettern und brudern zu verwehren. Redet dieses euer bruder in ernst / (begunte die Königin von Ninive den Bethuel heimlich zu fragen /) was er iezt gegen meiner schwester hat vorgebracht? Man solte schier daran zweiflen / (antwortete ihr Bethuel) wen ich nicht aus der erfahrung wůste /daß der blinden liebe nichts ungereimt fürkommt. Wer so vernünftig ist / wie der Fürst Bethuel / (widerredete sie) wird der liebe solchen raum nicht lassen. Ich weiß zwar nicht / (gabe er zur antwort) wie weit sich hierin meine kraft erstrecket: dessen bin ich aber versichert / daß ich die Aprite nicht lieben würde /wann ich Nahor wåre.

Es ist dennoch gewiß / (sagte der K \nig von Ninive) daß die liebe nichts ansihet / auch weder unmüglichkeit noch ungleichheit scheuet: massen mein blindes verlieben in der Diana bild / hiervon zeugen kan /welches mich schier meiner selbst vergessen gemacht. Nachgehends liebte ich eben so ungereimt die iezige Königin von Mesopotamien / von der ich doch nichts zu hoffen wuste: und weiß ich nicht / ob ich iemals von dieser krankheit genesen wåre / wen nicht der gůtige himmel mir so unvermutet meine liebste Aramena in die arme gegeben håtte. Mein beispiel /(sagte der bescheidene [180] Bethuel) erweiset ebenfalls das jenige / so der König von Ninive jezt behaubtet: ich liebte auch auf unmůglichkeit. Und ob ich mich gleich darinn iezt völlig ůberwunden / und meine unnwürdigkeit erkant habe / so kan ich doch nicht sagen / daß ich meine kaum erlangte freiheit habe wissen in acht zu nemen / oder zu bewahren. Sage nichts / mein liebster Bethuel! (fiele der König Dison ihm in die rede) von deiner unwůrdigkeit: mein glůck allein / ist gr \sser als das deine gewesen. Wie ich nun verneme / (sagte die Königin von Ninive) so hat mein vetter seine freiheit abermals verloren: und wůnsche ich von herzen / so wol diese geliebte person zu kennen / als ihr und dem edlen Bethuel nützliche dienste zu erweisen.

Ich kenne selber die jenige nicht / (antwortete Bethuel / der erfreuet war / daß er nun gelegenheit erlanget / seine neue liebe zu offenbaren /) die ich liebe. Dieses aber weiß ich / daß sie keine dienstmagd ist /wie die Aprite / und k \nnen solche geschenke / als ich von meiner unbekanten bei mir habe / nichts anders als eine hohe gedurt andeuten. Dieses sagend / zoge er das kleinod herfür / welches eine gůldene armspange war / mit so überaus großen diamanten versetzet /dergleichen die Königin von Ninive vorhin nicht gesehen hatte. Die ümstände / (sagte diese schöne K \nigin) welche sich bei dieser euren neuen liebe zu tage geben / machen meinen vorwitz noch gr \ßer / hievon ein mehrers zu wissen / und beschw \re ich euch / üm unserer alten freundschaft willen / daß ihr mich zur vertrauten in eurer liebe machen wollet. Diese lezte worte hörte die K \nigin von Mesopotamien mit an /und name daher gelegenheit / zu fragen / was dieses zu sagen hätte.

Wie nun ihre schwester mit wenig worten es ihr erkläret / [181] und Bethuel / die ümstände seiner liebe mit dem ehsten ihnen kund zu thun / sich anheisig gemacht hatte / wolte Elihu diese gelegenheit auch nicht aus handen lassen / seiner K \nigin zu eröffnen / wie frei er nunmehr von ihrer liebe wäre / und sagte: Es weiß der Bethuel meinen sin / daß ich keine geheimnis aus den dingen mache / die er alhier zu eröffnen sich iezt verlobet hat. Mich gehen dieselbe ja so sehr an / als ihn / und kan er nicht von sich rühmen / daß er unsere unbekanten håftiger / als sich / liebe. Daher ich den zum überflus / ům E. Maj. nicht wenigern gehorsam / als dieser mein mitbuler / zu zeigen / dem Bethuel erlaube / neben der seinigen / auch meine ungemeine liebe allhie kund zu machen. Die ganze k \nigliche gesellschaft / so dieses angeh \ret / sahe mit verwunderung auf den Elihu so wol / als auf den Bethuel.

Ob wol die schöne Aramena nichts angenemers /als eben dieses / h \ren k \nnen / so befr \mdete sie dennoch / als Elihu mit seiner neuen liebe so unvermutet herfür brache: dan es důnkte sie / als håtte der Fürst von Ram dieses mit etwas verächtlichkeit geredet / ům sich an ihr zu råchen / daß sie ehmals seine liebe nicht angenommen. Doch schluge sie es so fort wieder aus den sin / und ganz freudig den Elihu ansehend / sagte sie zu ihme: Nun wird es offenbar /warum diese schäferkleidung die Fůrsten alhier bedecket. Wie ich aber alles dessen / was den Fürsten von Ram angehet / mich gern wolte mitteilhaftig machen /also vermag ich mein verlangen nicht zu bergen / das ich trage / die ůmstånde von des Elihu und Bethuels neuer liebe zu erfahren / welche gewiß ganz ungemein seyn werden / den Fůrsten Nahor beschwöre ich ebenfalls / mir ein mehrers von dem zu eröffnen / was er mir iezt gesaget / und hielte ich es für eine [182] unbilligkeit / in meinem K \nigreich unwissend zu leben / was darin fůrgehet. Elihu / Nahor und Bethuel / versprachen hierauf / daß sie ihrer K \nigin befehl nachkommen wolten.

Wie nun endlich die Königliche personen / vom gehen ermůdet / sich zu wagen gesetzet / verließen sie die schäfergesellschaft / und wurden von Elihu /Nahor und Bethuel vollends nach Samosata begleitet: da sie den König Aramenes / in gesellschaft der Königin Emilinde / wie auch seiner Syrischen Fürsten / antraffen. Er entfinge seine liebste C \lidiane mit ausgespanten armen / und bezeugte damit öffentlich seine herzlich zu ihr tragende liebe. Den K \nig Melchisedech erfreute solches ůber alle maßen / weil es gegen der C \lidiane einbildung lieffe: wiewol er dabei auch in acht name / daß der Aramenes sich nicht wenig verwandelte / als er hierauf seine schwester / die K \nigin Aramena / entfinge / da er sich über sie beschwerte /daß sie allein sonder ihn aus Samosata lustwandelen gefahren wäre. Ich vermeinte / (antwortete ihm hierauf die sch \ne Aramena) mein bruder wåre bei der Königin Cölidiane / darum wolte ich nicht allein daheim bleiben / sondern euch suchen / wo ich euch billich håtte finden sollen. Wie artig bringet ihr mir doch diesen verweiß bei / (gabe der König von Syrien zur antwort) den ich billich verdienet hätte / wan ich nicht eurethalben / liebste schwester! zu haus geblieben wåre. Es solte mir leid thun / (antwortete sie / sich in etwas entfärbend) mich die ursach zu sehen / daß Aramenes und Cölidiane nicht allemal könten beisa en seyn / und bin ich zum wenigsten ganz unschüldig hieran schüldig. Ich habe (sagte hierauf Aramenes) mit den Syrischen Fůrsten abgeredet / was zu einrichtung eurer neuen regirung alhier n \tig sein [183] möchte: das mich dan abgehalten hat / so wol der C \lidiane als der Aramena zu erweisen / wie gerne ich mich um sie befinde.

Als der König solches gesaget / name er diese seine beide liebste freundinnen bei der hand / und fůhrte sie in den Eßsaal: da sie das mittagmal hielten. Nach endigung dessen / versamleten sich die Syrische Fůrsten in der K \nigin von Mesopotamien zimmer / worbei auch der König / ihr bruder / sich befande. Selbige waren der alte Hus / der Husan / Rames / Thare / Zophar / Elhanan / wie auch der Elihu / Nahor und Bethuel / samt den getreuen Thebasch: und wurde daselbst von der Aramena krönung / auch von andren dingen / ihre neue regirung betreffend / geredet / und der schluß gefasset / daß nach zwei monaten die Königin gekrönet / und alle anwesende königliche personen / bis dahin in Mesopotamien zu bleiben / solten eingeladen werden. Als hierbei die Königin auch eröffnete / wie sie fůrhabens wåre / forthin den gerichtstägen selber bei zu wohnen / und zugleich erwehnte /wie alles volk über die ungerechtigkeit der richtere sich beschwerte / hielte der alte Hus für ratsam / daß man mit diesen leuten zu anfang h \flich verfahren möchte / weil sie einen großen anhang hätten / und mächtiger wären / als sie wol schienen: zumal der Reba / als ein verwandter der Enakim / die iezt auf dem Thaurischen gebirge / unwissend warům / in großer månge sich versamlet hielten / durch ihre beförderung leicht einen aufstand erregen könte. Dieser guten erinnerung des Fürsten von Hus / fiele der weise Elihu mit bei / und sagte: wiedaß an keinem ort in Mesopotamien so ein aufrůrisches volk / als eben in der landschaft Amida anzutreffen wåre / und wůste er gewiß / daß dieses einen großen [184] lårmen verursachen würde / was heut wegen der schåferin Amphilite fůrgegangen / weil deren feinde die mächtigsten im lande wären. Dieses verursachte / daß die sch \ne Königin / ihrem bruder / und den andern / erzehlte / was Sandenise ihr geklaget: da dan niemand war / der nicht der K \nigin verfahren höchst billigte und es rümete / daß sie die Amphilite und Sandenise in ihren schutz genommen; doch besorgten sie dabei / daß des Elihu furcht nicht vergeblich seyn möchte.

Habt dan ihr / meine vettern! (sagte hierauf die K \nigin zu den dreien fůrstlichen hirten) allhie eure gewalt nicht brauchen / und der ungerechtigkeit dieser richtere euch widersetzen k \nnen? Was mich betrifft /(antwortete Elihu /) so habe ich / auser dem fürstentum Bus / in diesem gebiete von Amida nichtes zu sagen / und lasse mir daran genügen / daß ich unter die zahl der fürnemsten schäfern mich rechenen darf. Eine gleichmåßige bewantnüs (sagte Nahor) hat es auch mit mir und meinen bruder / die wir mehr in Haran / als hier in Amida / zu sprechen haben / und ein richterliches amt alhier zu üben nicht befugt sind. So mus es den (sagte der K \nig von Syrien /) sonst eine verborgene ursach haben / die meine vettern also hierzu wohnen / kan veranlassen. Ich weiß dieselbe /mein bruder! (antwortete für sie die K \nigin Aramena) und werde euch dessen mitteilhaftig machen /wan diese drei verliebte mir hiervon werden ausfůrlich / wie sie versprochen / werden erzehlet haben. Dieser zuname / (gabe der Aramenes zur antwort) den ihr ihnen beileget / verursachet in mir keinen geringen fůrwitz / hiervon ein mehrers zu wissen / und biete ich euch / meine vettern in euren angelegenheiten allen beistand an / den ihr nur von mir verlangen werdet. Diese ihres Königs [185] gütigkeit war dem Elihu und den beiden brůdern von Haran so angenem / daß sie dafür ihre erkentlichkeit ersinlichst erwiesen.

Wie nun Elihu übernommen hatte / die jenigen schäfere zu befriedigen / die etwan durch der hirtin Sandenise freien bericht mochten seyn beleidigt worden / name der Zophar neben den alten Thebah gleichfalls über sich / nach Amida zu den richtern zu gehen / ihnen alle gute meinung von ihrer neuen Königin beizubringen und sie zuversehen / wie es ihrem richterlichen amt keinen eintrag / sondern vielmehr zierde geben würde / daß die Königin in person bei ihnen sich forthin einfinden wolte. Hierauf ginge Aramenes und die K \nigin von Mesopotamien wieder zu der andern gesellschaft / und redte mit ihnen ab / wie sie ingesamt nach Amida und Edessa fahren wolten /üm die alda sich befindende königliche personen zu besuchen: und wurde dieses so fort zu werk gerichtet. Aber Nahor und Bethuel sonderten sich von ihnen ab / und eilten wieder nach ihren schåfer hütten / und zwar / wiewol nicht auf gleiche weise / durch das andenken der Aprite hierzu bewogen: dan der Nahor truge sich eiferigst mit den gedanken / wie er diese sch \ne / und zwar bald / in seine hånde und gewalt bekommen m \chte: da hingegen Bethuel darauf sonne / wie er diese dirne aus Amida hinwegschaffen / und also das ärgernüs / welches sein bruder gegeben / aus dem weg räumen k \nte.

Sie brachten beiderseits / über diesem vorhaben /selbigen abend und die folgende nacht / unschlůßig zum ende. Wie aber das tagelicht wieder angebrochen / begabe sich Bethuel ungeseumt nach Edessa / zu den Fürsten von Hus / seinen vettern / und klagte demselben / wie es mit dem Nahor stünde: der dan / als sehr grosmütig / [186] des Bethuels vorsichtigkeit hierinn rühmte / und dessen anschlag ihm gefallen ließe / daß man nåmlich ie eher ie bässer diese Aprite heimlich aus Amida hinweg schaffen můste. Der Hus erbote sich /sie in das land Ausitis zu seinem bruder / dem König Hiob in Uz / abzufärtigen: da sie / bei dessen töchtern / ohn iemands wissen / ihren aufenthalt haben k \nten. Sonsten fande er bei dieser sache nichtes schwerer /als wie man die Aprite in Amida aus der Almesia haus erlangen m \chte / das aber Bethuel hingegen für sehr leicht ansahe / und allein darüber ihme gedanken gemacht hatte / wo man mit der Aprite bleiben solte. Wie er nun das anbieten des Fürsten von Hus erwogen / und sehr gut befunden / sagte er: Wie man ganz sonder mühe der Aprite sich versichern könte / weil er erfahren hätte / daß dieselbe fast täglich mit ihren gespielen / gegen abendzeit / nach Edessa zu kommen /und daselbst den leuten milch und käse zu kauf zu bringen pflegte. Diesem nach stellten sie es an / daß /wan der Almesia mågde in das thor daselbst kämen /man sie nach des Fürsten von Hus wohnung weisen solte / weil sie alda kaufere für ihre milch finden würden.

Dieser anschlag ginge nun glücklich von statten; massen die Aprite und Baalise / ihrer gewonheit nach / als Bethuel den ganzen tag / bei dem Fürsten Hus /auf sie gewartet / gegen abendzeit / sich einfunden /und in dasselbe haus ihre sachen zu kauf brachten. Die schönheit dieser dienstmägde / sonderlich der Aprite / schiene dem Bethuel so verwundersam in die augen / daß er in seinem herzen die liebe seines bruders entschuldigen muste. Als er aber hierbei ihren stand erwoge / ließe er alle solche betrachtungen auf einmal wieder fallen / und verharrete bei seinem vorhaben / diese liebesglut [187] durch die entfernung zu zerstören / und sein haus fůr beschimpfung zu bewahren. Die Fůrstin Jetura / des alten Hus gemalin / die üm diesen anschlag mit wuste / fragte gleich nach der Aprite namen / hiese sie / als sie solchen erfahren / ihre milch niedersetzen / und sagte zu der Baalise / wiedaß des Fůrsten von Jedlaph gemalin auch milch kaufen wolte / dahin sie unterdessen gehen m \chte / mitlerweile der Aprite das geld solte gezahlet werden. Weil nun diese beide vor nachts wieder in Amida zu seyn verlangten / als redten sie mit einander ab / daß keine auf die andere warten / sondern iede fůr sich ihren weg aus dem thor nemen / und sie bei dem berge Masius wieder zusammen kommen wolten.

Also blieb Aprite allein im hause / und befahle ihr die Jetura / daß sie ihr in den keller nachfolgen solte /dahin auch der Bethuel / neben dem alten Hus / sich begeben hatte. Sie ware nicht sobald darinn / da kündigten sie ihr an / daß sie sich entschließen müste /ins land Ausitis zu reisen / ům fůr des Fůrsten Nahors liebes verfolgungen sicher zu leben. Aprite ward anfang hierůber etwas bestürzet: wie sie aber vername /daß sie dadurch dem Nahor entkommen / und in die gesellschaft der t \chter des Königs von Uz kommen solte / erholte sie sich bald wieder / und mit sonderbarer herzhaftigkeit den Bethuel anschauend / welchen sie / ob er gleich nie auf sie acht gehabt / dannoch wol kennte / sagte sie zu ihm: dieses wird ohne zweifel von dem Fůrsten Bethuel herrůren / daß man allhier diese dinge mit mir fůrnimmet / ům dadurch das haus von Haran für schimpf zu bewahren. Es wäre aber solcher gewaltätigkeit nicht nötig gewesen / weil ich von selbsten kräfte gnug hatte / dem Nahor zu wider stehen / [188] und mir / den Fürsten-namen durch ihn zu erlangen / ja so widerlich ist / als euch seinem anverwandten; daher ich eben so sicher in der Almesia hause / als zu Ausistis / geblieben wäre. Ich bin aber in euren händen / und m \get ihr mit mir thun / was euch gefället: nur handlet mit mir so grosmütig / daß ich nicht wegen meiner ehre bei euch in sorgen stehen dörfe. Ihr habt es errahten / Aprite! (antwortete ihr Bethuel) daß ich der urheber sei von diesen anschlage: der aber fůr euch zu keinem b \sen hinaus schlagen / sondern euch aus einer dienstmagd zur freien machen / und von des Nahors unangenemer gegenwart erlösen sol. Eurer ehre wegen / traget hierbei keine sorge: Mein vetter wird euch an seines bruders hof schicken / da die tugend und erbarkeit selber wohnet.

Was wird aber (widerredte Aprite) die Almesia von mir sagen? Wird die nicht aller orten mich ausruffen /daß ich von ihr betrüglich entlaufen sei; Was hier geschihet / (sagte die Fůrstin Jetura) ist alles ohne euer wissen fůrgenommen / und kan sich euer gewissen wol zu frieden geben / in einer sache / daran ihr unschüldig seit. Ach! daß ich nun (finge Aprite wieder an und seufzete) die Baalise bei mir haben m \chte! mit freuden wolte ich ins land Ausitis reisen. Wisset ihr ihren sin / (fragte Bethuel) daß sie gutwillig diese reise mit euch thun wůrde? Sie liebet mich so sehr /(gabe Aprite zur antwort) gleichwie ich auch sie liebe / daß meine entfernung ihr tod seyn würde / wan sie mich für verlohren achten solte. Der Hus / Jethura und Bethuel sahen hierauf einander an / und beschlossen /die Baalise aus des Zophars hause holen zu lassen. Also ward nach ihr gesendet: da man sie wieder einholte / weil sie eben aus dem thor gehen wollen. Sie kame eilends herbei / und [189] als man sie zu den andern in den keller geführet / und die dinge / so da fürgingen / ihr eröffnet / sprache sie der Aprite eifrig zu / nach Ausitis willig und gern zu reisen / und also aus ihrer ietzigen dienstschaft zu entko en. Und wiewol sie selbst ihres teils / ihr des Javans betrübnůs fůrstellte /die ihr verlust bei ihm erwecken wůrde / so wolte sie doch / ům des willen / ihre eigene ruhe nicht hindan setzen / sondern hoffete mit der zeit die gelegenheit /ihme kund zu machen / wo sie wåre hingeraten. Also thåten diese beide gern / was sie thun musten / und begaben sich bei eintretender nacht zu wagen / von einer alten slävin und zween treuen bedienten des Fürsten von Hus begleitet: die mit ihnen unvermerkt aus Edessa hinaus fuhren / und den weg nach Ausitis über das gebirge vor sich namen.

Der verliebte Nahor hatte inzwischen von seiner liebe sich dermassen meisteren lassen / daß er / die hartnåckigkeit seiner Aprite betrachtend / auf den sin gerahten / sie mit gewalt zu entfůren und zum weibe zu nemen. Demnach wartete er / bei dem berg Masius in einen busche / mit seinen dieneren und hirtenknaben des vorhabens / die Aprite auf dem rückweg von Edessa hinweg zu nemen. Nachdem er aber / bis in die sinkende nacht / vergebens gewartet / kunte er nicht ergründen / was sie in Edessa aufhalten müste: auser daß ihm beifiele / es möchte ihr etwan sein anschlag seyn entdecket worden. Dieser zufall nun war fast fåhig / ihn in verzweiflung zu bringen: massen er wol erriete / wie wenig für ihn würde zu hoffen seyn /wan ihm dieser anschlag mislingen / und es daneben auskommen solte; daher er alles / was ihm die ungedult nur in den sin brachte / wider seinen unstern ausschüttete. Wie er nun seine Aprite vergeblich bis für das thor von [190] Edessa gesuchet / und die ganze nacht also ůmher geirret hatte / traffen auf ihn / bei aufgehender sonne / die zween knechte der Almesia / der Javan und Elisa / die des wegs von Edessa herkamen /und ja so beångfugt / wie er / sich erwiesen. Sie liefen beiderseits eiligst zusammen / und fragten einander /ob keinem von der Aprite und Baalise etwas wissend wäre. Wir missen diese beide / (sagte Javan) seit gesteren abends / und kommen iezt von Edessa / da niemand etwas von ihnen wissen wil. Ach große Fürsten! (antwortete der betrübte Nahor) ich suche sie so wol als ihr: lasset uns nur keinen fleiß sparen / ům sie wieder zu erlangen. An der eilfärtigkeit wird hier alles bestehen. Sie můßen entweder noch in Edessa / oder doch nicht weit von der stadt / sich aufhalten. Wir wollen uns in drei wege verteilen / und unser heil versuchen: vielleicht ist uns der himmel so gnädig / daß wir sie wieder bekommen.

Die art / mit welcher der Nahor diese worte herfür brachte / zeigeten sattsam den verliebten Daces / (der sich Elisa nennte) daß das gerüchte / von dieses Fůrsten liebe gegen der Aprite / nit unwahr wäre / und er also an ihm einen mitbuler bekommen hätte. Indem er aber ihrer beder gleiches elend ihm fürstellte / er wiese er keine eiversucht / sondern sprache vielmehr dem Nahor selbst noch ferner auf / in suchung und ausforschung der Aprite an sich nichtes ermanglen zu lassen. Hierauf teilten sie sich von einander / und weil sie alle hirten / die ihr vieh austrieben / fragten / ob sie die Aprite und Baalise nicht gesehen hatten? machten sie es bald damit in der ganzen gegend ruchtbar / daß diese beide schöne dienstmågde der Almesia wären verloren worden. Weiln Almesia des richters Reba schwiegermutter war / und darüm unter den hirten zu Amida [191] in großem ansehen lebte / als machte sich iederman ihres hierinn erlittenen schadens mitteilhaftig / also daß alle hirten und schäferinnen zu suchen mit anfingen. Solcher gestalt erscholle der name Aprite und Baalise / durch alle berge und thåler: Wiewol mit keiner andren wirkung / als daß dadurch ie mehr und mehr dieser beden sch \nen warhafter verlust sich zu tag legte.

Es verliefe dieser ganzer tag in solchem nachsuchen / und war so wol in Amida / als in Edessa und Samosata / kein haus übrig geblieben / darinn der Nahor nicht nach ihnen gefragt hätte. Dieser kam endlich ganz matt und kraftlos / gegen die nacht / wieder in seine wohnung: da er die nachtstunden sonder schlaff zubrachte. Er hatte kaum die morgenr \te erwartet / da machete er sich wieder ganz allein auf den weg / wiewol er nicht wuste / wohin er gehen solte. Wie er nun auf dem berg Masius / da derselbe am h \chsten ist / herrům irrte / geriete er an zwei personen / die ihm anfånglich unbekant waren / und gar åmsig mit einander redten. Er gedachte so fort / diese můsten etwas von seiner Aprite wissen / schliche demnach hinter sie her / ům aus ihren worten was zu erforschen. Er h \rte / daß der eine also zu dem andern sagte: Wie sie den ort vernamen / wohin sie solten /wurde es meinem herrn mit ihrer entfürung gar nicht schwer / sondern es schiene fast / als wan sie lieber daselbst hinreisen / als hier verbleiben wolten. Der ungedultige Nahor / wolte ihnen nicht ferner zuhören /weil er bereits genug zu wissen vermeinte / konte auch sich nicht enthalten / diesen frömden anzufassen / und mit großer ungestüm ihn zu fragen: Wo ist dan der ort / dahin dein herr diese sch \ne geführet hat? gestehe mir so fort die warheit / oder wisse / daß du dein leben verlohren habest. Indem drohete er ihm / mit seinem in [192] der hand fürenden werfpfeil / und jagte ihm ein solches entsetzen ein / daß er lange nicht fähig war / auf diese frage des Nahors einige antwort zu geben. Wie aber sein gefärte ihm beispringen und dem Nahor zu leibe wolte / erkante er ihn so fort fůr des Fürsten Labans sohn: daher stellte er alle feindseligkeit ein / und gabe sich ihm für den Retheus zu erkennen / der aus Haran bůrtig / und von jugend auf sein bekanter gewesen were.

Nahor / über dieser kentnůs hoch erfreuet / hielte auch innen / dem andern zuzusetzen / und diesen Retheus ümarmend / sagte er zu ihm: Wie zu rechter zeit führen euch die g \tter zu mir / wehrter Retheus! saget mir doch / an welchen ort man diese hingeführet / die ich iezt so sehnlich suche? Retheus sahe hierauf seinen gefårten an / als wolte er von ihm urlaub bitten /dieses geheimnis zu eröffnen. Dieser aber gabe sich für des Prinzen Sinears von Chaldea waffenträger zu erkennen / und truge kein bedenken dem Nahor das jenige zu eröffnen / so er zu wissen verlangte / weil er solches seinen herren nicht schädlich erachten konte. Mein Prinz (sagte er zu ihm) hat diese sch \nen / von denen er die ältere liebet / ins land Ausitis zu den König Hiob geführet / und ist eigentlich dieses sein beginnen / fůr keine gewalttåtige entfůrung zu achten / weil es alles mit ihrem guten willen geschehen ist. O himmel! (rieffe hierauf Nahor) so beko e ich noch einen vielmåchtigern mitbuler / als ich bereits gehabt / der auch von der Aprite geliebet wird / daher die verachtung meiner wird entstanden seyn. Wie? lieben sie dan (fragte Retheus ganz verwundert) auch diese unbekanten? ich vermeinte / allein die Fürsten Elihu und Bethuel håtten bei ihnen liebe fůrgegeben? Was beweget euch / (fragte Nahor) dieses zusagen / da Elihu und Bethuel niemals die Aprite geliebet? Wie sie heiße / [193] weiße ich nicht / (antwortete Retheus) diß ist aber gewiß / daß die drei unbekante sch \nheiten /die iezt der Prinz Sinear nach Ausitis geführet / von dem Elihu und Bethuel sind geliebet worden.

Ach weh! (rieffe hierauf Nahor) nun h \re ich erst /daß ich betrogen bin / und ihr mir nichtes von der Aprite zu sagen wisset / die ich allein suche / und nicht die drei schönheiten / die bisher zu Sarug sich haben aufgehalten. Der waffentråger / nun ganz erfreuet /daß er seines herrn geheimnis keinen er \ffnet / der teil hieran hatte / bekräftigte den Fůrsten von Haran / mit den gr \sten eidschwüren / daß sein herr von dieser Aprite nichtes wůste / sondern daß diejenigen / die er nach dem K \nig von Uz gefüret / die so-genante schönheiten von Sarug wåren. Der verliebte Nahor /wiewol er nun sich wieder beruhigt sahe / weil der Prinz von Chaldea sein mitbuler nicht ware / geriete nun wieder in seine vorige unwissenheit / und klagte dem Retheus / wie es ihme ergangen war / ihn bittend / daß er doch auch seines orts nachricht einziehen wolte / ob er etwas von dieser Aprite erfahren möchte. Retheus / der sich hiebei erinnerte / daß gemeldte Aprite zu Haran bei der Rahel gewesen / und / wegen des gespråches mit dem Fürsten Nahor / von dannen entweichen müßen / hätte lieber diesem verliebten zugeredet / von seinem beginnen abzustehen. Weil er aber wol sahe / daß dieses dem Nahor gar zu häftig müste anligen / fugete er ihm in allen / und erbote sich /überall in Sarug / da er wohnete / nachfrage anzustellen. Er n \tigte auch diesen verliebten so lange / daß er endlich sich nicht erwehren kunte / auf sein begehren /mit ihm nach Sarug zu gehen / und das mittagbrod in des Retheus haus einzunemen.

Weil Nahors gedanken allein nach seiner Aprite[194] gingen / als erwiese er nicht den geringsten fürwitz /üm zu wissen / wie es eigentlich der Prinz Sinear mit entfůrung der drei unbekanten schönheiten angeschlagen. Er eilete / gegen den nachmittag / wieder aus Sarug / und fiele ihm unterwegs ein / als er nach Amida zu gehen gedachte / daß er bei dem gotte Teraphim / in deßen tempel / am bästen sich würde rahts erholen können / wo seine Aprite geblieben wåre /weil dessen ausspruch allen leuten / die ihn befragten / ein gutes genügen zu geben pflegte. Er war / seit des verlusts seiner Aprite / nie freudiger von sinnen gewesen / als nun / da ihm dieses hůlf-mittel eingefallen. Er kehrte deswegen von seinem wege nach Amida wieder ům / und eilete nach seiner wonung: da ihn seine hirtenknaben berichteten / daß sie in ihrem nachsuchen nichtes ausgerichtet / und daß die Syrische Fürsten neben seinen bruder da gewesen / und sich sehr nach ihm erkundigt håtten. Für diesen nun seine reise nach des Teraphims tempel geheim zu halten / weil sie ihm daran håtten hinterlich seyn m \gen /sagte er allein zweyen seiner getreuesten dienere hie von / die zu dieser reise alles musten in bereitschaft bringen. Mit diesen reisete er / noch selbige nacht /auf Camelen / nach dem Taurischen gebirge: an dessen fuße / dieser berümte tempel des Teraphim erbauet stunde.

Gleichwie nun diesen verliebten / der Aprite verlust / in solche unruhe gesetzet / also entfanden solche auch nicht weniger / der so genante Javan und Elisa: welche / nachdem sie aller orten vergebens nach Baalise und Aprite gefraget / ganz trostlos und sonder hoffnung / nun wieder in ihrer frauen / der Almesia hause / zu Amida sich eingestellt hatten / weil sie /verm \g ihres angenommenen standes / die geringste hausarbeit zu thun gehalten waren / als musten sie auch die camelen allemal ům mitternacht [195] tränken / zu dem ende das abends / aus dem brunnen für Amida /das wasser in der Almesia haus gebracht wurde. Weil aber solches dißmal vergessen worden / wegen der verwirrung / darinn sich alles im hause befunden: als gingen diese beide betrübte verliebten / beim schein des mondes / aus der stadt hinaus / um das benötigte wasser zu holen. Wie sie an den brunnen gekommen /ersahen sie verschiedene personen und pferde / die sich ům denselben gelagert hatten / und fanden einen ansehnlichen ritter auf dem rande des ausgehauenen brunnes sitzen. Dieser sagte / indem Javan und Elisa das wasser schöpften / zu einem seiner bei sich habenden / in Celtischer sprache / ům von niemand sonst verstanden zu werden: diese leute könten uns wol nachricht geben / ob unter den Königlichen personen / die in unserer stadt ligen / diese person sich auch befinde / die wir suchen. So fern E. Maj. damit einig / (antwortete ihm der andere / in gleicher sprache) so wil ich bei diesen hirten hiernach fragen? Thu es nicht! (sagte der erste wieder) dan diese erkundigung uns leicht verraten k \nte. Wir wollen uns schon zu rechte finden / wen wir erst zu dem Demas werden gelanget seyn / deme ich mich sicherer vertrauen darf.

Diese worte hörete der Prinz Daces alle mit an /und weil er / als ein Celte / dieselben wol verstunde /und daneben sich dünken ließe / daß er die stimme des jenigen kennete den der eine mit den K \nigs-titul beehrt hatte / schoße es ihm auf das herze / ob es nicht der K \nig Tuscus Sicanus seyn m \chte. Demnach fassete er den schluß / und redete diese fr \mde in Celtischer sprache also an: Wan meine landsleute alhier in dieser frömde von mir einige dienste entfangen können / so biete ich mich hiermit an / und wolte mich sonders glücklich [196] schätzen / wann ich solche dem großen Tuscus Sicanus auf einigerlei weise leisten k \nte. Wie der so-genante Elisa dieß gesaget /wurde er gewar / daß der / welchen er fůr den Tuscus Sicanus hielte / das angesicht ihm zuwandte / und erkennte er ihn für denselben / bei dem hellen schein des mondes. Solches bewoge nun diesen seinen freund / daß er ohn ferneres bedenken den krug mit waßer aus den hånden sezte / und ihme mit ausgespanten armen entgegen lieffe. Wie / mein K \nig! (sagte er zu ihme /) lässet der große Theutates mich die glückseligkeit so unverhofft erleben / daß der treue Daces seinen Tuscus Sicanus hier wieder sehen darf? Ist es wol můglich / (antwortete der König) daß ich dem Prinzen Daces also nahe bin? Wie er nun hierauf sich ihm endecket / und sie einander ům den hals gefallen /trate Baalis auch hinzu / sich kund gebend: das dan ja so sehr des Königs der Aborigener verwunderung mehrte / diese beide Prinzen in solcher hirtentracht zu finden / als wie dieselben über dieses K \nigs gegenwart bestürzt verblieben.

Der ort und die zeit erlitte es nicht / alda weitläufig einander zu fragen / was ihre angelegenheiten wåren. Demnach ersuchte der Daces den Aborigener-König /daß er für seine person mit in die stadt kommen / und in der Almesia hause das übrige der nacht in ihrer kammer zubringen wolte: da sie dan ein mehrers wůrden abreden k \nnen. Tuscus Sicanus liesse ihm solches gefallen / und befahle seinen bei sich habenden leuten / mit anbrechenden tage des verwesers Demas wonung auszufragen / und selbigem ein schreiben / welches er zuvor schon aufgesetzet / heimlich zu ůbergeben / sonst aber niemanden seinen namen zu eröffnen. Also ginge er mit den beiden Prinzen nach Amida: die auch / ungeacht [197] ihrer verwunderung und freude / nicht vergaßen / ihre krüge / mit wasser für die camele / mit zurück zu nemen. Als sie in das hinterhaus gekommen / da diese zween fürneme knechte der Almesia ihre wonung hatten / führeten sie den k \nig in ihre ka er / die noch sauber gnug aussahe / und anzeigte / daß königliche hirten dieselbe bewoneten. Sie boten ihm / zu ruhen / ihre bette an: das er aber nicht annemen wolte / sagend: Er wäre nicht da / zu schlaffen / sondern mit ihnen / seinen freunden / zu reden.

Wovon sol aber wol zuerst (sagte er unter andern zu dem Daces) unser gespräch handeln / da ich so mancherlei zu fragen und zu sagen habe? Von unsrem grossen Marsius / (antwortete Daces /) massen ich gar zu großes verlangen trage / zu vernemen / wie es ihm ergehe? Ach! dieser große held / (gabe Tuscus Sicanus zur antwort /) verzehret sich eben also / wie ich /in dem feuer der tyrannischen liebe. Hat dan die zeit und vergessenheit / (fragte Daces) noch nicht vermocht / meinen liebsten König von seiner krankheit zu heilen? Gleich wie in meinen augen / (sagte Tuscus Sicanus) unaufhörlich das bildnis der jenigen schwebet / die meiner / wiewol ohne laster / vergeßen hat /also gehet es auch dem großen Marsius mit seiner Aramena. Ich habe denselben etliche tagreise hinter mir verlaßen / und ist er / so wol als ich / gewillet /nach dem Taurischen gebirge ům einer gewißen zusa enkunft willen / mit den riesen zu reisen. Mich aber hat dieses einen absprung hieher nemen machen / weil ich / nicht zu meiner ruhe / sondern zu vermehrung meiner qval / die jenige noch einmal zu sehen verlange / die ich noch lieben muß / ob gleich ihre heurat mir auf ewig alle hofnung / sie zu erlangen / entzogen hat. Euch beide allhier zu finden / waren wol meine[198] wenigste gedanken. Es hat zwar der Marsius / euer König / mir eure entfernung / wie auch deren ursach /erzehlet: er weiß aber nicht / daß Mesopotamien zween so große Prinzen unter seine hirten zehlet /sondern vermeinet / daß ihr euch im Königreich Ammon aufhaltet. Er hat auch dahin geschicket / üm euch wieder bei sich zu haben: weil eure entfernung ihme nichts fruchtet / und er bei seiner unveränderlichen meinung verharret / die Königin Aramena bis in den tod zu lieben.

So h \re ich dan / (rieffe Baalis / mit höchster verwunderung /) daß der König der Aborigener und der K \nig von Basan keine mitbulere seien? Keines wegs / (antwortete Tuscus Sicanus) und spüre ich aus dieser eurer unwissenheit / mein Prinz! daß Daces sein wort gehalten / da er dem Marsius und mir auf dem Riphatischen gebirg angelobet / niemand zu sagen /was zwischen uns beiden damals fůrgegangen. Dieses habe ich freilich gehalten / (sagte Daces) gleich wie ich auch willig von meinem liebsten Könige mich entfernet / in hofnung / daß es ihm etwas fruchten solte. Nun ich aber leider vernemen muß / daß nichtes diese betrůbte beständigkeit zu zerrütten vermag / achte ich alle augenblicke verloren / die ich nicht bei meinem König zubringen kan / und werde E. Maj. ich ganz willig einen gefårten nach dem Taurischen gebirge abgeben / weil ich meinen K \nig daselbst zu finden hoffe. Dieses sein freies anerbieten / begleitete der Daces mit etlichen seufzern / indem er des verlustes seiner Aprite sich erinnerte: worinn ihme dan auch Baalis / wegen seiner geliebten Baalise / gesellschaft leistete. Tuscus Sicanus name daher anlaß / diese beide zu fragen / was dan diese ihre hirtentracht bedeute / und worinn ihr anligen / das er ihnen wol anmerkete / eigentlich bestůnde?

[199] Ach! die unbezwingliche liebe (antwortete Baalis für sich und dem Daces /) bringet uns in diese kleidung und dienstbarkeit / daß wir mit zwang Mesopotamien werden verlaßen můßen! Wie / Prinz von Ammon! (fragte Tuscus Sicanus / ganz verwundert /) habet ihr eurer Ardelise so gar vergessen / daß ihr eine andere lieben könnet? Die beständige liebe /(antwortete er /) die ich zu dieser todten trage / machet einig und allein daß alhier ich liebe. Und ihr /Prinz Daces! (fuhre der König fort zu fragen) finde ich euch nun auch unter diesem joche / dafür ihr euch bis lang so beständig habet gehütet und fůrgesehen? Dem ist also / (antwortete Daces /) daß ich nun einmal bin gefangen worden / und befinden Baalis und ich uns in dem unseligsten zustande / den jemals verliebte m \gen ausgestanden haben. Ihr machet beiderseits (sagte der König der Aborigener /) mich so begierig / hievon ein mehrers zu wissen / daß ich nicht ablaßen werde / euch zu bitten / daß ihr mir eure liebesgeschichten erzehlen wollet / die zweifelsohn fr \md seyn můssen / da sie solche wirckungen / als ich hie für augen sehe / k \nnen zu wegen bringen. Beide Prinzen boten sich hierauf an / den K \nig der Aborigener zu vergnügen: doch wolten sie nicht die nachtzeit dazu anwenden / sondern gaben diesem ihren fürnemen gaste so viel gute worte / daß er sich endlich muste schlaffen legen. Und ob ihn wol seine gedanken wenig ruhen ließen / so bliebe er doch zu bette / bis der anbrechende tag ihn anmanete / dieses lager wieder zu verlassen.

Als die beide Prinzen / ihre knechtische arbeit im hause zu verrichten / von ihm gegangen waren / zoge er immittels von ihren hirtenkleidern / die er an der wand hangen fande / eines an: in welchem er sich ihnen zeigte / als sie wieder hinein kamen / ihn zu besuchen. Ich bin [200] nun worden / als euer einer (sagte er zu ihnen) doch werdet ihr nicht allein mir diesen begangenen diebstal vergeben / da ich diese kleidung nur als gelihen annemen wil / sonderen mir auch erlauben / nach dem Demas zu gehen / dahin ich diese nacht meine leute gesendet habe. Um eure begleitung darf ich nicht bitten / weil ich ohndas mich deren getr \ste / und müßet ihr mir noch viel sagen / was ich nicht weis / und doch mehr als wůrdig ist / daß ich darnach ein verlangen erweise. Wan E. Maj. (antwortete Daces) uns wollen bei sich haben / so můßen sie uns helfen die ziegen austreiben / die wir / so lang wir Elisa und Javan heißen / zu warten gehalten sind. Unser weg gehet eben mit denselbigen vor des Demas haus vorbei / und wird es also ganz unvermerkt zugehen / einen so großen König bei uns zü fůhren. So bedeutet mir dan (gabe der K \nig zur antwort /) euer beider namen / und gebet mir auch einen dergleichen: damit ich / wan wir unter wegs auf andere hirten gesellschaft stoßen solten / mich nicht verschwåtzen m \ge. Wie sie nun dem Tuscus Sicanus entdecket /wer von ihnen Javan und Elisa hieße / er auch den namen Jared angenommen hatte / gingen sie aus der Almesia hause / und folgends aus Amida hinaus / ihre heerde vor sich hintreibend. Wie sie nun über den wald / üm den andern hirten zu entweichen / sich gewendet / manete Tuscus Sicanus seine beide gefårten /ihme zu erzehlen / was für eine begebenheit sie in diesen stand gesezt hatte? Baalis übername dieses zu verrichten / und begunte nach kurzer bedenkzeit / solches folgender maßen ins werk zu stellen.

Geschichte des Baalis und Daces
[201] Geschichte des Baalis und Daces.

Welcher gestalt von mir die sch \ne Prinzessin von Hemath / die Ardelise / geliebet / und ihr erbårmlicher tod beweinet worden / solches wissen E. Maj. guten teils / und sind dessen / an unsers Königs von Basan hofe / ein sichtlicher zeuge gewesen. Ich würde auch ganz überflüßig mich bemůhen / alles das klagen und trauren zu beschreiben / so der unglücklichen Ardelise elender tod aus mir gelocket: das dan so beståndig gewesen / daß ich mit deren betrůbten erinnerung täglich aufgestanden und zu bette gegangen. Dieses kummerwesen triebe ich / bis ich / ungefär für zweien monden aus Meden kommend / meinen weg hier durch Mesopotamien auf Amida zugenommen / und daselbst / gerade gegen dem haus über / darin wir heute gewesen / mit meinen leuten übernachtet. Weil ich / nach meiner gewonheit / die nacht nicht schlaffen kunte / legte ich mich ans fenster / und sahe auf die gassen: da ich dan / gegen mir ůber / zwei weibsbilder an der haustür erblikte / die sich daselbst nieder gesetzet / und bitterlich zusammen weineten.

Der helle mond / der ihnen gerad in die augen schiene / gabe mir gelegenheit sie wol zu betrachten: und důnkte mich nicht anders / als wan ich / an der einen / das wahre ebenbild meiner todten Ardelise er blikte. Weil mein gedächtnüs mir ihre gestalt stäts für augen stellte / als bildete ich mir selber ein / diese gleichheit müste nur in meiner einbildung bestehen. Wie ich sie aber ferner auch reden hörte / das mir die stille der nacht und die änge der gassen erlaubet /fande ich den thon sowol / als die gestalt / meiner Ardelise so ganz gleich / daß ich schier darüber aus mir selber kame. Als ich fürter auch [202] ihre gefårtin betrachtet / fande ich gleichfalls das wahre bild der Amorite: welche / wie bekant / stäts bei der Ardelise gewesen /auch mit ihr ůmgekommen. Ich hielte alles dieses fůr zauberei / und stunde lang bei mir an / was ich hiebei beginnen solte / als diese beide angeneme gespenster wieder in das haus gingen / und mich also ihrer gegenwart / zu meinem großen leidwesen / beraubten: da ich dan / das übrige der nacht / stäts mit ihnen zubrachte / und mir \fters die süße hoffnung machte / es m \chte vielleicht ein sonderbares geschickte diese beide Prinzessinnen beim leben erhalten haben.

In solcher süßen einbildung / kunte ich kaum den morgen erwarten / und wie ich mich gekleidet / und wieder an das fenster getreten war / wolte mein glück mir nicht weniger bei tag / als bei der nacht / gůnstig seyn. Dan als ich kaum das fenster eröffnet / da öffnete sich zugleich die hausthür gegen über / und sahe ich meine vermeinte Ardelise / neben der Amorite / in gemeiner mägde tracht heraus treten / und trugen sie auf den schultern drescheflegel / womit sie anzeigten /was ihre arbeit seyn solte. Sie sahen beide nach meinem fenster hinauf / und blieben deshalben / wie ich mir einbildete / etwas stehen / sahen auch / da sie fürter gingen / sich etliche mal nach mir üm. Weil dieses in meinen gedanken und glauben mich gestårket / als eilete ich so fort ihnen nach / und traffe sie auf der dreschtennen an / da sie / neben den andern knechten und mågden der Almesia / das korn ausschlugen. Ich sahe ihnen mit verwunderung zu / und stellte mich gerad gegen ihnen über / ům sie recht in augenschein zu nemen. Ich verharrete solang in dieser augen weide / bis diese / die ich fůr die Amorite ansahe / vom dreschen ermůdet / üm etwas auszuruhen / sich niedersezte. Ich name so fort [203] diese gelegenheit in acht / üm ihnen mich kund zu thun / und gesellte mich zu derselben: die aber / als ich sie gegrüßet / mir dankte /sonder einiges anzeichen / daß sie mich kennte. Wie ich nun ferner mit ihr reden wolte / huben die andern mägde an auf sie zu schelten / daß sie ihnen die arbeit alleine überließe. Ich wurde hierdurch bewogen /ihren dreschschlegel / den sie bei sich niedergelegt /zu ergreifen / und diese ungewohnte arbeit für sie zu verrichten.

Ich stellte mich demnach zu der vermeinten Ardelise / die sich aber kaum nach mir ümsahe. Weil ich solches dahin deutete / daß sie für den andern begehrte unbekant zu bleiben / redte ich sie auf Celtisch an /welcher sprache ich die Ardelise wol kündig wuste /und sagte: wie / sch \ne Ardelise! kennet ihr dan euren Baalis nicht mehr? und wollet ihr ihm nicht g \nnen /daß er sich über euer leben erfreue? Diese worte sagte ich etliche mal zu ihr / ehe ich eine antwort bekame. Endlich / wie ich nicht wolte nachlassen / sahe sie mich an / und sagte: Ich weiß nicht / frömdling! was ihr mir wollet / ich verstehe keine andere sprache als die Syrische. Diese rede ware der Ardelise ihrer so gleich / daß ich / zu lachen anhebend / in Syrisch zu ihr sagte: O schalkhafte Prinzessin! vermeinet ihr euch also mir zu bergen? Wie! (erwiderte sie ganz ernstlich) nennet ihr mich eine Prinzessin? Man ich diese wäre / d \rfte ich nicht also / wie ich thue / mein brod verdienen. Pflegen dan / in eurem lande / die Prinzessinnen solche arbeit zu thun? die Prinzessinnen bei uns / (antwortete ich ihr) sehen eben also aus /wie hier die schäferinnen / und hat die schöne Ardelise / mit der kleidung / ihr königliches wesen nicht ablegen können. Wer ist diese Ardelise? fragte sie. Eben die jenige (antwortete ich / und lachte) die [204] darum fraget. Ihr irret euch / fr \mdling! (gabe sie zur antwort) mein name ist Baalise / und mein stand nicht anders /als wie ihr ihn sehet. Ich sehe nichtes anders / (widerredte ich) als lauter k \nigliches wesen / und gibet mir dieser angenommene name Baalise den süßen trost /daß Baalis bei euch noch nicht vergessen sei.

Indem ich hierauf eine antwort von ihr erwartete /kame die andere / welche der Amorite gliche / auch dazu / und fragte mich / ob ich müd wåre? Als ich solches mit nein beantwortet / name sie ihrer gespielin den drischel aus der hand / und sagte: es sei billig /daß sie auch etwas ausruhete. Wie sie nun / an ihrer stat / neben mir fort drasche / machte ich es eben also mit ihr / als wie mit der vorigen / und redte sie auf Celtisch an / zu ihr sagend: Ich habe von dem Prinzen Suevus einen grus an seine tochter. So wenig diese worte sie bewegt hatten / so deutlich zeigte sie an /daß sie hiervon nichtes verstünde / und h \rte sie sich verschiedene male von mir Amorite nennen / sonder daß sie sich nur nach mir ümgesehen hätte. Dieses bewoge mich / in Syrisch zu ihr zu sagen: was beweget euch und die Ardelise doch immermehr / euch solcher gestalt für eurem båsten freunde zu bergen? Sie sahe mich hierauf verwundert an / sonder zu antworten; und indem ich eine weile auf ihre erklärung wartete /verharrete sie in ihrem stillschweigen / und fuhre in ihrer arbeit fort / ohne ferner auf mich acht zu geben. Bald wurde sie / von einer andern dirne mit namen /und zwar Aprite / geruffen: wodurch ich noch mehr gestårket wurde / sie für die Amorite zu achten / in meinung / daß sie / in gedåchtnis ihres liebsten Apries / diesen namen würde angenommen haben. Ich ersonne demnach diese list / ob ich sie / [205] sich zu entdecken /bewegen m \chte / und sagte zu ihr: die Götter haben den Prinzen Apries / eben so als euch / das leben erhalten / und ist er in der nähe / üm von seiner Amorite kundschaft einzuziehen. Gehen dan mich diese worte an? (fragte sie hierauf / ganz kaltsinnig / sonder sich im geringsten zu bewegen) oder redet ihr diese unverständliche dinge mit euch selber? Wie ich dan dergleichen personen kenne / die ihnen selber also pflegen gesellschaft zu leisten. Nein / Amorite! (antwortete ich) sie gehen euch an. Amorite! fragte sie ganz verwundert) was wolt ihr damit sagen?

Indem ich hierauf antworten wolte / hörte ich hart hinter mir ein geschrei / und als ich mich ümgesehen /erblickete ich die Baalise / die mit beiden händen ihre blutige stirn hielte: dan ich hatte ihr / mit dem drischel eine wunde geschlagen / indem sie mir zu nahe gekommen / und sich / indem ich den schlägel gehoben / nicht fůrgesehen hatte. Man kan erachten / wie mir dieses zu herzen gegangen. Ich ward / indeme ich meine entschüldigung bei ihr verrichtete / von den andern knechten und mågden wol ausgelachet / daß ich /als ein unerfahrner in dieses handwerk mich einmischend / an stat diesen beiden sch \nen zu dienen / der einen soviel schadens zugefůget håtte. Weil die wunde häftig blutete / als wurde sie von ihrer gespielin in der Almesia haus geführet. Ich wuste fast nicht /für unwillen / was ich thun solte / und war ungehalten auf mich selber; bliebe auch / selbigen ganzen tag /voll unruhe und in meiner herberge / und schikte ohn unterlas hin / ům zu fragen / wie es ihr erginge; Man brachte mir ganz wunderliche und ungereimte antworten / und als ich es zuviel machte / wurden meine diener endlich gar abgewiesen: daher ich auch des trostes beraubt bliebe / etwas [206] [208]von der jenigen zu hören / die ich nun nicht mehr sehen dorfte.

Weil das kriegsheer / so ich aus Meden zurück brachete / sich nåherte / war ich gehalten / bei selbigem mich wieder einzufinden. Also muste ich Amida verlassen / unwissend / ob ich die Ardelise oder nicht gefunden håtte. Ich schickete der Almesia / als der frauen dieser sch \nen dienstmägde / ein ansehliches stuck geldes / üm dafür die Baalise heilen zu lassen. Es hatte nun niemand in Amida erfahren / wer ich gewesen: Weil ich unbekant in der stadt mich aufgehalten /ům alles verdriesliche gepränge zu verhüten / so man mit mir würde angestellt haben. Ich habe nicht das vermögen meine unruhe E. Maj. fürzubilden / die ich in mir / auf der hinreise / bis in Basan / gefület. Solche war nun ungleich größer / als zuvor / da ich die Ardelise fůr todt beweinet: dan ich muste nun zwischen furcht und hofnung stehen / was ich von ihr mir einbilden solte. Eines teils hielte ich es für unmüglich / daß zwo personen zweien andern so ganz ånlich und gleich seyn könten / sonder die jenigen zu seyn /denen sie glichen. Anders teils aber muste ich daran zweifelen / wan ich nicht allein dieser beider dienstmäge zustand betrachtete / sondern auch an ihre reden gedachte / die sie gar zu unschüldig fůrgebracht / und ich daraus nicht schließen kunte / daß sie mich betriegen wollen.

Als ich nach Basan kame / fande ich den Marsius in eben der traurigkeit / darinn ich ihn / vor meinen hinzug in Meden / verlassen hatte. Sein einiges dichten und reden / handelte von seiner unglückseeligen hoffnunglosen liebe / und musten Daces und ich / den hof zu Basan auf ein jahr zu verlassen / uns darüm verpflichten / damit die nötige vergessenheit der Aramena [208] bei diesem König sich desto eher einfinden möchte. Weil man uns / in das königreich Ammon zu gehen / fürgeschlagen / vermutete iederman / daß wir solchen weg vor uns nemen würden. Aber auf mein zureden / ließe ihm der Prinz Daces gefallen / mit mir hieher in Mesopotamien zu gehen. Ich erzehlte ihm meine begebenheit mit der vermeinten Ardelise / erwekte damit seinen vorwitz / daß er auch seine vermeinte base / die Amorite / unter der Aprite namen /zu sehen und zu betrachten verlangte. Wie wir nun /unfern von Amida / in dies vor uns ligende holz gekommen / welches damals noch nicht so schatticht als iezt ware / wolte uns so fort das glůck so wol / daß wir die Baalise und Aprite antraffen: welche gefälltes holz auf einen wagen luden / das zu den schaffhürden solte gebrauchet werden. Wir stellten uns hinter etliche dicke stämme / da wir ungesehen alles in acht nehmen kunten: und fande der Prinz Daces eine solche gleichheit zwischen der Aprite und der Amorite /daß er kaum sich halten kunte / nicht gleich öffentlich heraus zu brechen.

Wie? (sagte er heimlich zu mir) ist wol der geringste zweifel hierbei zu hegen / daß diese sch \ne nicht die Amorite sei? solte ein solcher bei mir sich regen /so můste er daher kommen / daß ich diese / so sich Aprite nennet / schöner als meine base befinde. Und ich (antwortete ich) ersehe die so-genannte Baalise keines wegs sch \ner / als die Ardelise / wůrde auch diese nicht lieben k \nnen / wan ich bei ihr einen fůrzug sehen solte. Wie / Baalis! (antwortete mir Daces) wolltest du dan wol diese lieben / wan sie schon nicht Ardelise wäre? Ich seufzete zu dieser frage / weil ich nicht eigentlich wuste / was ich für eine erklärung hierüber von mir geben solte: wiewol ich mich fåhiger fůhlte / dieses mit ja / als [209] mit nein /zu beantworten. Wie wir nun also in betrachtung dieser beiden sch \nen verharreten / wurden wir gewar /daß die knechte mit den beladenen wägen fortfuhren /die Baalise und Aprite alleine hinterlassend / welche das übrige gefållte holz inzwischen solten zu haufen samlen / bis die wågen wůrden wieder kommen.

Dieser gewünschten gelegenheit uns zu bedienen /wischeten wir / als die knechte weit genug hinweg waren / hinter unsern bäumen herfür / und eilete Daces zu der vermeinten Amorite / ich aber begabe mich zu der Ardelise ebenbild: und beschwerten wir uns beiderseits ũber sie / daß sie uns nicht also / wie wir sie / erkennen wolten. Sie blieben beide bestürzt und sehr befr \mdet / sowol ůber unsere schleunige ankunft / als auch / unser freies reden zu vernemen. Es wolte aber Aprite so wenig von dem Daces / als Baalise von dem Baalis / wissen: daher wir endlich glauben musten / wir såhen die jenigen nicht / die wir vor uns sahen. Seit ihr dan nicht Ardelise und Amorite? fragten wir sie von neuem. Worauf Aprite / für sich und ihre gespielin / uns also antwortete: Es muß zwischen uns beiden / und denen die ihr benennet /eine große gleichheit seyn: weil nicht ihr allein euch so betrieget / sonderen auch vordessen dergleichen uns begegnet ist / daß ein frömder uns / für diese unbekanten / hat angesprochen. Der bin ich gewesen /(antwortete ich) und habe ich noch hohe ursach / es zu entschuldigen / was ich damals der schönen Baalise für schmerzen verursachet. Seit ihr der jenige / (sagte hierzu Baalise / und sahe mir genau in die augen) der mit uns zu Amida das korn gedroschen? Ach! wie ist es můglich / (antwortete ich / auf meinen alten wahn wieder gerahtend) daß ihr mich nicht mehr [210] kennen soltet? ich habe nicht allein zu Amida / sondern auch zu Hemath / euch vielfältig gesehen / und eurer gnade genossen.

Wie? Meiner gnade? (antwortete Baalise / und lachete) diese kan ich allein meinen schafen erweisen /und glaube ich fůrwar / daß dieser mensche rase. Dieses lezte sagte sie zu Aprite / die dan auch also dem Daces antwortete / welcher es ihm nicht wolte ausreden lassen / daß sie Amorite wåre. Also stritten wir viere miteinander / allerseits unwissend / ob wir allerseits in scherz oder im ernst redten. Der Almesia knechte und andere mågde / kamen mitlerweiln mit den ledigen wågen zu růcke / und als sie uns beide fr \mdlinge erblicket / fragten sie die Aprite / wer wir wåren / und ob sie uns kenneten? Worauf diese mit nein antwortete / und neben der Baalise / sonder ferner an uns sich zu kehren / das holz aufladen halfe /und damit nach dem orte fortginge / da die Almesia ihre hürden wolte aufbauen laßen.

Als wir wieder zu unsern leuten gekommen / die wir mit den pferden unten im thal warten lassen /kehrten wir folgends bei einen hirten ein / der uns nach gelegenheit all gütlich thäte / und von vielen sachen / wornach wir fragten / uns guten bescheid erteilte. Dieser erzehlte uns / daß Baalise und Aprite / zwo frömdlinge / bei ihnen wären / und wuste viel von ihren abenteuren zu sagen: das zwar zu dieser meiner erzehlung nicht geh \ret / uns aber so viel zu erkennen gabe / daß wir in unserer einbildung gestårket wurden / daß sie Ardelise und Amorite seyn můsten / wan sie es gleich nicht gestehen wolten. Wie dieses mich gekränket / kan ich nicht gnug beschreiben: da ich fürdeme mit der Prinzessin von Hemath so vertreulich gelebet / und nun eine so frömde [211] kaltsinnigkeit an ihr sehen muste / die ich auf keinerlei weise zu ergrůnden wuste / und solches bei mir bald beståtigte / bald widersprache.

Gleichwie nun ich hiermit meine zeit in nicht geringer qval hinbrachte / also ergienge es auch dem Daces / wegen der schönen Aprite / nicht bäßer: wiewol mit diesem unterschied / daß in ihm eine neue glut angeglommen / in mir aber nur die alte sich wieder erneuret. Wir liebten nun / kurz zu sagen / alle beide: doch golte es dem Daces endlich gleich viel / ob die jenige / so ihm sein herz abgewonnen / Aprite oder Amorite heissen mochte. Mich aber nagete es / wan ich zuweilen mir fůrstellte / daß Baalise nicht die Ardelise seyn m \chte. Unser wirth / der sich Athamias nennte / führete uns nun aller wegen mit aus / wo sich eine schäfergesellschaft beisammen befunde: da wir dan / nicht allein in wenig tagen fast alle hirten in dieser gegend kennen lernten / sondern auch verschiedenlich unsere beide schönheiten dabei zu sehen bekamen: wiewol sie nicht unter die fürnemste gezehlet wurden / sondern sich zu den knechten und mågden halten musten.

Weil uns nun nicht aus dem sin zu bringen war /daß diese die Ardelise und Amorite seyen / als gabe uns die liebe in den sin / gleich ihnen / den knechtstand zu erwehlen / und zwar zu ihrer frauen / der Almesia / uns zu verdingen: weil wir also / tåglich mit ihnen ümzugehen die gelegenheit haben / und also endlich auf die warheit wůrden kommen k \nnen. Gegen den früling / geschihet allemal diese erlassung der alten / und eintretung der neuen knechte: daher wir / weil eben die zeit da ware / uns bei der verweserin Almesia anmeldeten / und unter den namen Elisa und Javan ihr unsere dienste anboten. Weil wir zimlich gros und stark von gliedern / [212] name uns Almesia willigst für andern in ihren dienst / und erlangten wir dadurch das glück / täglich / ja stůndlich / um unsere liebsten zu seyn: die auch gute gesellschaft mit uns hielten / und erwiese sich sonderlich Baalise erfreuet /daß wir für andern waren ihre mitknechte worden.

Eines tags / wie wir beisammen waren / die horden zu binden / sagte ich zu dieser: Wie lang sol es dan noch währen / bis ihr euch bequemen wollet / wiederum Ardelise zu werden? Ich weiß ja / daß ihr diese seit / und kennet ihr mich so wol / als ich euch kenne: wozu sol dan immermehr dieses verstellen dienen? Wann es euch also gefället / Javan! (antwortete sie mir) so wil ich mich wol Ardelise nennen. Daß ich aber fůr eine andere mich ausgeben solte / darein kan ich / sonder euch zu betriegen nicht willigen. Die unschuldige weise / mit der sie diese worte fürbrachte /machte mich ganz irre / und sagte ich hierauf: wie ist es den immer möglich / daß der erdboden zwei schönen von solcher gleichheit hat können herfürbringen? Diese Ardelise / (redete sie mir ein) muß eine liebe person gewesen seyn / weil ihr alståts ihren namen im munde führet. Ja / schöne Baalise! (antwortete ich ihr /) diesem ist freilich also / und laße ich euch daraus urteilen / wie lieb mir Ardelise můße gewesen seyn /weil ich euch / als ihr ebenbild / ja so häftig / als sie selber / liebe / und dieserwegen den hirtenstand angeno en habe / ům euch solches zu entdecken / und um euch leben zu können. Baalise name diese meine liebs-entdeckung geneigter auf / als ich gehoffet / und gabe mir zur antwort:

Wen euch Ardelise so lieb gewesen / so kan ich nicht wol glauben / daß ihr eine andere zu lieben tüchtig seit. Wan ihr auch nicht (widerredete ich) der Ardelise so [213] sehr gleichet / ja solche selber wäret / so würde ich euch auch nicht lieben k \nnen. Wie wan aber (sagte sie) diese gestalt und gleichheit an mir sich verl \re? Ihr můstet (antwortete ich) eure augen /ja euer ganzes gesicht / neben eurer sprache und gemüte verlieren / wan ihr die andere Ardelise zu seyn aufhören woltet. So liebet ihr mich dan (fragte sie) als Ardelise? Ich liebe euch / (antwortete ich ihr) wie ich euch sehe / und wünsche von herzen / daß euch der himmel wolle zur warhaften Ardelise machen. Als Ardelise / (antwortete sie mir ganz freundlich) neme ich dan eure liebe an / mit welcher aber Baalise nichtes sol zu thun haben / bis diese verwandelung / die ihr wünschet / geschehen m \ge. Hierauf gönnte sie / daß ich ihre hand küssete / und ward diese unsere vergnůgung durch die Aprite verstöret / die ihre gespielin beim arm erwischt / und mit ihr davon eilte.

Ich erzehlte meinem gesellen / dem Elisa / mein gutes glücke: der dan begunte auf mich eiversichtig zu werden / daß ich mehr muht als er blicken laßen / und bereits in meiner liebe so weit gekommen wer. Er wolte deshalben nicht ferner warten / sondern bediente sich der ersten gelegenheit / der Aprite seine liebe zu entdecken. Er wurde aber nicht so gütig / wie ich /entfangen. Und ob er gleich in hofnung / daß der baum von mehrern streichen fallen würde / täglich fortführe / üm ihre gute gunst sich zu bewerben / so richtete er doch ganz nichtes bei ihr aus: also daß er lezlich seine zuflucht zu mir und der Baalise nemen /und uns ansprechen muste / ihm in seiner liebe beförderlich zu seyn. Baalise war so gütig / daß sie ihm alle gute dienste bei ihrer gespielin verhieße. Er gewonne auch überdas noch eine schåferin / die in unserm haus diente / nåmlich die Rodine: die dan / fůr ihn / der Aprite ståts in den ohren lage / und sie / den[214] Elisa zu lieben / bereden wolte. Ich kan wol sagen /daß ich niemals einen håftigern liebhaber / als eben diesen Daces / gesehen habe: und änderte die schönheit der Aprite so gar seine natur / daß er nun ja so entfindlich und bestandmůtig worden / als kaltsinnig er vordessen in seinem verlieben gewesen.

Wan ihme / gleichwie auch mir / zu zeiten einfiele /daß wir nicht die Prinzessinnen Ardelise und Amorite / sondern zwei schlechte dienstmägde / liebten / so entsahen wir uns wol ein wenig: doch richtete ihre sch \nheit unsere liebe gleich wieder empor / und dachten wir an nichts weiter / als sie zu lieben / den zweck und das ende / so unsere liebe haben solte / uns aus den gedanken schlagend. Wir h \reten hiebei nicht auf / sie öfters auf die probe zu stellen / ob wir aus ihnen bringen möchten / daß sie die beide Prinzessinnen wåren. Einsmals redten wir miteinander ab / in ihrer gegenwart / ůber dem essen Celtisch zu reden: da mir Elisa erzehlen solte / wie er gewiße zeiturg aus Basan bekommen / daß der Prinz Suevus / für betrübnüs ůber den verlust seiner tochter gestorhen; und aus Hemath / daß der Prinz Apries nicht todt / sondern an seiner stat einer von des K \nigs unrechten söhnen /der ihm gleiche / wäre gerichtet worden. Wiewol wir nun dieses meisterlich ins werk stellten / kunten wir doch an beiden nicht die geringste bewegung warnemen: massen sie inzwischen mit der Rodine ihren scherz trieben / und so freien gemůts blieben / daß wir endlich aufh \ren musten / sie in den verdacht dieser verstellung zu halten.

Demnach liebten wir sie nun / als Aprite und Baalise / und war ich der vergnügteste liebhaber von der welt / Elisa aber der häftigste. Auf solche weise verbrachten wir seither unser hirten-leben: bis endlich der [215] himmel ermůdet / mich in so volkommener glückseeligkeit zu sehen / und dem Elisa ferners nicht g \nnen wollen / bei seiner Aprite zu seyn: massen diese beide / fůr etlichen tagen / unversehens verloren worden / und hinweg gekommen / daß wir die geringste nachricht nicht erlangen können / wo sie mögen geblieben seyn. Es hat zwar des hiesigen Oberpriesters sohn die Aprite auch geliebet / und kunte man von ihme wol vermuten / daß er sie samt ihrer gespielin nach Ur entfüren lassen: es ist ihm aber solches nicht zu zutrauen / weil Athamias / unser aller wirt /uns gewiß versichert / daß Chersis zu seiner ersten liebsten / die er vor dem allhier bedienet / und die sich Amphilite nennet / wiederkehren werde. Der Fürst von Haram / der Nahor / liebet auch die Aprite / und möchte von ihrer und der Baalise entfürung etwas wissen: Wir haben ihn aber / nach ihrem verlust / ja so verzweifelt und betrübt / als wir selber sind / angetroffen. Wir kamen gestrigen abends gar spat von unsrem nachsuchen wieder / das wir den ganzen tag getrieben / und wissen nicht zu sagen / ob ein wildes thier sie zu rißen / ob sie etwan in dem strome Masca zu unglůcke gekommen / oder ob sie entfůret worden. Es urteile nun der König Tuscus Sicanus / der selbst wol erfahren in der liebe ist / ob dieses unser zugestossenes unglůck nicht eines von den gr \sten und schmerzhaftesten sei / so uns widerfahren mögen /und ob wir nicht befuget / unsren unstern anzuklagen / der dieses leiden über uns ergehen lässet?


* * *


Der Prinz Baalis endete hiemit seine erzehlung /die der verliebte Daces oder Elisa mit tausend seufzeren begleitet. Der König der Aborigener befände dieser [216] beiden ihre liebe frömd und sonderbar / kunte auch nicht in abrede seyn / daß sie befuget wären /ůber dieses ungemeine unglůck sich billig zu betrüben und zu beklagen. Ach Prinz Baalis! (sagte er unter andern zu diesem häftigen liebhaber) wan ich die gelegenheit hätte / also wie ihr zu lieben / oder wissen k \nte / daß meine abtrünnige an ihrem ietzigen ehgemal mein ebenbild / wie ihr der Ardelise ihres an der Baalise liebte / so wolte ich mich noch endlich zu frieden geben. Nun aber darf ich nicht hoffen / daß der himmel zweimal einerlei wunderwerk schaffen werde; und weiß auch wol / daß zwischen diesem glückseeligen und mir gar keine gleichheit sich findet / durch den ich nun aus einen sonst so sehr getreuen herzen bin vetrieben worden. Ach Baalis! ach Daces! euer beider verlust ist zwar gros / doch kommet er in keinen vergleich mit dem meinigen. Ihr könnet noch hoffen: ich aber nicht. Und verlieret ihr endlich die Baalise und Aprite / so raubet euch der himmel zwei personen / die ihr doch wegen ihrer geringen geburt nicht ehlichen wůrdet: da mein verlust hingegen viel h \her zu achten ist.

Ich stehe nun fast bei mir an / (antwortete der betrübte Daces /) ferner E. Maj. zu zureden / daß sie von ihrem unendlichen gram ablassen sollen / wie ich vordessen in Syrien und Basan gethan habe: Weil der himmel mich nun selber schmecken lässet / wie kråftig die liebe sei. Ich erkenne also nunmehr des K \nigs der Aborigener anligen / kan aber dabei nicht in abrede seyn / daß mich důnket / mein leiden und unglůck sei viel gr \ßer: weil ich / in meiner liebe / nicht die geringste gegenliebe iemals genossen / und also mit nichtes mich tr \sten kan. Ach saurer trost! (sagte der König der Aborigener) mich kränket eben nichts mehr / als dieses / [217] wan ich zurůck denke / was ich ehmals fůr vergnůgte zeit gehabt / und wie ich derselbigen nun immerdar muß beraubet leben: und solte warlich mein leiden so groß nicht seyn / wan ich nicht soviel gutes verloren hätte.

In solchen gespråche kamen sie fůr des Demas behausung / da einer von des Tuscus Sicanus bedienten stunde / und ihme anmeldete / wiedaß gedachter Demas verreiset / und also nicht einheimisch wåre /weswegen er das an ihn haltende schreiben nicht hätte von sich gegeben. Dieses bekräftigte des Demas frau /die Aneriste / wie auch die Sataspe / die dem König /den sie nicht anders / als einen freund des Demas /kennten / und wegen seiner tochter fůr einen schäffer hielten / ihr haus zu beziehen anboten: welches er /der söhnen Jared nante / willigst anname / und etliche kammeren des hinter gebåudes sich anweisen ließe /da er so lang mit seinen leuten bleiben wolte / bis der Demas wůrde wieder zu haus gekommen seyn. Die zween betrůbte hirten der Almesia / ließen ihn nun daselbst / üm so wol fernere kundschaft wegen ihrer verlornen einzuziehen / als ihre feldgeschäfte abzuwarten. Sie verhießen aber dem frömden Jared / daß sie gegen den nachmittag wieder kommen / und ihn auf die große wiese vor Samosata führen wolten /allwo täglich die ganze königliche gesellschaft / zu gewißer stunde / aus Samosata / Edessa und Amida zusammen zu kommen / und sich mit einander zu ergetzen / pflegte / da er dan auch seine betrübte augenweide wůrde haben k \nnen. Wie nun Javan und Elisa sich unter die andern hirten im feld begeben / fragten sie bei allen ankommenden ům die Aprite und Baalise / erlangten aber eben dergleichen antwort / als sie hierüber von sich gaben / wan sie von [218] anderen befraget werden / daß sie nämlich von nichtes wüsten.

Elihu und Bethuel kamen indem auch des wegs von Edessa her: vor denen die beide knechte der Almesia sich nicht wolten sehen lassen / sondern so fort feld-ein gingen. Diese blieben auch bei den andern hirten stehen / üm nach dem verlust dieser beiden schäferinnen / von dem sie doch bäßer als iederman zu berichten wusten / wie auch nach dem Fürsten Nahor zu fragen: von welchem letzern / dessen zurück gelassenen knaben berichteten / daß er diese nacht verreiset wåre. Zweifelsohn (sagte Elihu heimlich zu den Bethuel /) wird dein bruder die Aprite zu Ur suchen / und vermeinen / der Chersis sei an ihrer entfürung schuldig. Mich jammert in warheit die qual / (antwortete Bethuel / indem sie beide von der gesellschaft fůrter gingen) die ich dem guten Nahor verursachen můßen / und kan ich / als in der liebe erfahren / leichtlich abnemen / wie ihme bei diesem verlust zu mut seyn müße. Doch stunde es nicht zu åndern / da Nahor seiner so gar vergessen / und die ehre des Syrischen hauses es also erforderte. Du hast mir gesagt / (versezte Elihu) daß diese dienstmagd / neben einer ungemeinen tugend / auch eine fürtrefliche schönheit besitze. Deme ist also / (gabe Bethuel zur antwort /) massen von dem ersten ihre verůbte thaten zeugen / und habe ich das lezte mit verwunderung an ihr gesehen.

Weist du / mein Bethuel! was ich hiebei gedenke? sagte Elihu / dazu lachend. Sonder zweifel dieses /(antwortete er /) daß du woltest / Aprite håtte mir so wol gefallen / daß du allein die drei schönheiten von Sarug lieben m \chtest. Nicht viel gefehlet / mein Bethuel! (versezte der Fůrst von Ram) und kenne ich dich zwar eben also gesinnet / massen du vielleicht woltest / [219] daß ich dich iezt nicht / auf diesem weg nach Sarug / begleitete. Gedenkest dan du dahin zu gehen? fragte Bethuel. Laß du mich also fragen / (antwortete der andre) weil dieser weg / den du gehest / sonst nirgend hin gelten kan. Wan du (sagte der Fůrst von Haran) nach Samosata / unsere sch \ne K \nigin zu sehen / hin gedenkest / so must du dich weit zur rechten hand wenden. Die K \nigin von Ninive (antwortete Elihu in gleichmäßigem scherze) sol / wie man mich berichtet / zu Amida bei der Roma seyn: darüm wirst du müßen ümkehren / wan du ihr aufwarten wilst. Ich habe (wiederholete Bethuel /) von dieser sch \nen / die bereits verheuratet ist / nichtes zu hoffen. Aber das ausbleiben des Tuscus Sicanus / kan bei dir noch wol das alte liebes-feur wieder aufglimmen machen. Man saget / (versezte Elihu) was man zum dritten male beginne / das gerahte am bästen. Ich habe zweimal vergeblich geliebet / als das erste mal deine schöne schwester die Rahel / nachgehends die unvergleichliche Aramena / und nun .....

Die drei schönheiten von Sarug zugleich / wilst du sagen: (fiele Bethuel ihm in das wort) und vermeinest du / deinen schaden reichlich zu ersetzen / an stat der beiden ersten / die dir nicht geworden / dreie mit einander zu erlangen. Sage mir / Bethuel! (fragte Elihu) welche von diesen dreien schönen liebest du am meisten? damit ich mich / in meiner wahl / darnach richten möge. Eben dieses verlange ich von dir zu wissen / (antwortete Bethuel) und gebüret billig dem Fůrsten von Ram der fůrzug / nach seinem gutbedünken zu wehlen. Wan ich nun (sagte dieser hinwieder) die jenige nåme / die dir zum båsten gefiele / woltest du mich sodan ungehintert lieben lassen? Unsrem streit ein ende zu machen / [220] (gabe Bethuel zur antwort) so wehle du fůr mich / ich wil für dich wehlen / und wollen wir gehalten seyn / ieder beståndig und allein an die jenige von den dreien sich zu halten / die ihm uns also wird zukommen. Wie ginge es dan mit der dritten / (fragte Elihu) welche alsdan allein ůbrig bliebe? Dieselbe wollen wir (wiederholete Bethuel) mit einander lieben. Hieraus wůrde (antwortete Elihu) von neuem unter uns eine eiversucht entstehen. Die aber der Prinz von Chaldea (sagte Bethuel) leichtlich wird aufheben k \nnen / wan er es also wie wir machet /und ihm eine von diesen dreien erkieset. Wie wan aber der / (wandte Elihu ein) die schönste für sich hinweg näme? Wan du dieselbe kennest (sagte Bethuel) so wehle sie für dich / ehe der Prinz Sinear wiederkommet.

Deinem ausspruch zu folge / (sagte Elihu) will ich dir die wahl für mich überlassen / und bin zu frieden /daß du die håßlichste für mich erkiesest: ich hingegen wil mich bemühen / die schönste fůr dich auszusuchen. Ach Elihu! (sagte Bethuel) thue diesen sch \nheiten nicht ein solches unrecht an / eine unter ihnen fůr schöner / als die andern / oder auch fůr håßlicher zu erkennen. Ihre gleichheit ist so groß / daß sie einen solchen unterscheid nicht erleiden kan. Weil wir dan das wissen / (antwortete Elihu) so wollen wir unser bisher gefůhrte lebens-art verändern / und uns lassen gleich viel seyn / welche wir von diesen dreien zu unserer gegenliebe bereden können. Ich bin dessen zu frieden / (erklärte sich Bethuel /) und ůberlasse dir hiemit die beide erste: die lezte / von der ich dieses armband trage / für mich ausbedingend. Was! diese holdseelige / (sagte Elihu /) die nicht dir allein / sondern auch mir / ihre erkentlichkeit in der that hat genießen lassen? Wolan? [221] (wiederholete Bethuel) so fern dir diese am basten gefället / so wehle ich fůr mich die zweite. Du weist aber / Bethuel! (antworte Elihu /) daß ich für dich muß wehlen. Es sei also! (sagte Bethuel) so gib mir dan eine!

Elihu bliebe hierauf lang sonder antwort / endlich hube er in sich selbst an zu lachen / und sagte: Ich hab allemal die liebe für eine torheit gehalten / und werde es nun an mir selber mit schaden innen / daß sie toll mache. Ich finde mich zu schwach / liebster Bethuel! für dich und mich zu wehlen. Diß wollen wir aber thun / wan wir nach Sarug kommen / dahin / wie ich sehe / du / so wol als ich / gedenkest: Es sol die jenige / von den dreien dir allein zu lieben frei stehen / die uns zu erst in der hausthür begegnen wird: und wil ich dir angeloben / von derselben mich ganz abzuwenden. Hingegen versprich du mir wieder / an die übrige zwei dich auch nicht mehr zu kehren. Auf solche weise (antwortete Bethuel) bekämest du zweie /und ich nur eine. Wilst du dan mehr als eine; fragte Elihu. Wie nun Bethuel diese frage mit nein beantwortet / sagte Elihu ferner zu ihm: Ich gelobe dir zu /daß ich auch / von den ůbrigen beiden / allein die jenige bedienen wil / die unter ihnen zu erst mit mir wird zu reden anheben; und wil ich alsdan / wegen der dritten / weder dich noch Prinzen Sinear / beeiferen. Wan aber keine von den beiden mit dir reden wolte / (fuhre Bethuel scherzweis fort /) so wůrde ja dein gelübte aufgehoben seyn? Vielmehr alsdan /(antwortete Elihu /) wan ihrer keine uns würde in der hausthür entgegen kommen. Fürwar / (sagte Bethuel) wan iemand diese unsere unterredung anh \ren solte /man würde ein wunderliches urteil von uns fällen. Weil unser wesen anzeiget / (antwortete Elihu) daß wir recht verliebet sind / so gibet sich der [222] schluß von selbsten / daß wir nicht recht bei sinnen seyn können.

Unter solchem gespräche / kamen sie an die stadt Sarug / die nur ein feldwegs von Amida und nahe bei Edessa gelegen ist. Wie sie in das stadthor eintraten /begegnete ihnen die angeneme schåferin Melidia /nebst ihrem bruder / dem Ausicles / und dessen frauen / der Eidania: die voll betrübnis diese beide Fürsten grůßeten / und dieselbige in ihrem herzen / wegen dessen / so sie wusten / beklagten. Weiln Elihu und Bethuel an diesen hirten und schäferinnen schon gewohnet waren / daß sie / nach dem schmerzlichen todesfall der tugendhaften Suriane / ihrer schwester /immer traurig aussahen / als gaben sie nit acht auf diese ihre gebärden. Elihu fragte den hirten Ausicles: warüm er und seine schöne gesellschaft so bald ümkehrten / und nicht långer in Sarug verharreten; Es thut mir leid / (antwortete dieser schäfer) daß ich /hierüm befraget / die betrübte post bringen muß / daß in Sarug nicht mehr diejenige vorhanden sind / die bisher die gröste zierde unsrem Mesopotamien gegeben haben: und verdoppelt dieses unsren unmut / daß wir / mitten in friedenszeiten / eine solche gewalt erleiden und erleben můßen. Elihu und Bethuel blieben gleich den mauren unbeweglich stehen / aus bestürzung ůber dieser frömden mähre: und als sie darauf /in den augen der drei schäferinnen / die tränen ersahen / fehlte es nicht viel / daß sie auf der stelle für unmut vergangen wären.

Weil nun jene wol erkanten / daß es båßer seyn würde / diesen beiden verliebten alles frey heraus zu sagen / als sie lang in ungewißer qval aufzuhalten /finge Melidia an / den Elihu und Bethuel also anzureden: Wie wir heut / unserer gewonheit nach / die so-genanten drei [223] schönheiten von Sarug zu besuchen gingen / und sie nach unserer Königin / welche sie zu sehen hoch verlangte / begleiten wolten / fanden wir nicht allein ihren meierhof / den sie bisher bewohnet /ganz wüst und leer / sondern es sagten uns auch die ümherwohnende / daß / bereits vor etlichen tagen / in der nacht / einige vermumete leute mit pferden und wägens in diesen hof eingefallen / und sie samt allen ihren leuten mit sich hinweg geführet hätten. Wir k \nnen nicht sagen / wie uns dieses zu herzen gehe: und ist meinen Fürsten wol wissend / wie Eidanie und ich von diesen königlichen schåferinnen sind geliebet worden. Ach Melidia! (rieffe Elihu) ich verdenke euch so wenig eure betrübnis / als ihr mir die meinige verůblen werdet. Euch und dem ganzen Mesopotamien ist bekant / wie ich diese große schönheiten verehret und angebetet / wie ich sie mehr als mein leben geliebet: und muß ich mich selber anspeien / daß ich diesen raub nicht habe verwehren können.

Nachdem er biß gesaget / eilte er in die stadt / und wolte Ausicles / in dieser bekümmernüs / weder ihn noch den Bethuel verlassen: daher er ihnen folgte /und seine frau und schwester allein nach ihrem dorfe wieder kehren ließe. Dieses unglück / (gedachte und redte Bethuel bei sich selbst) habe ich an meinen bruder verschuldet / und zeiget mir nun der himmel satsam / daß ich mit dieser meiner vorsichtigkeit ein unrecht begangen habe / indem ich so fort mit gleicher straffe heimgesucht werde. Hierüber stiegen ihme / so wol als dem Elihu / haufenweis die tränen in den augen. Weil auch allen leuten in Sarug ihre liebe bekant worden / als ware niemand / der sie sahe vorüber gehen / der nicht herzlich mit ihnen geweinet håtte. Sie gingen / fast aus sich selber / nach dem meierhof /der bisher ihre [224] drei schöne unbekante beherberget: und ob sie gleich nicht wusten / warům sie solches thäten / so vermeinten sie doch eine erquickung in anschauung des ortes zu finden / da sie ihr liebstes so oft besuchet hatten. Das gerade widerspiel stellte sich aber bei ihnen ein / als sie die ledigen stellen / und den nun-betrübten garten sonder lust und zierde fanden / nun die hinweg waren / die einig und allein ihnen bisher allen schein mitgeteilet hatten. Sie ließen keinen winkel im ganzen hause undurchsuchet / und beschwerten sich gegen allen leuten / die sie zu trösten kamen / daß man ihnen diesen raub und ihren verlust nicht eher hätte zu wissen gemacht. Sie bekamen aber zur antwort / wie sie nicht anders vermeinet / als wan sie selbsten die entfürere dieser schönen gewesen wåren / weil sie sich solang in Sarug nicht hatten sehen lassen. Wiewol nun Elihu und Bethuel diese rede ůbel entfunden / so hätten sie doch an dieser entfůrung sich schuldig wünschen m \gen.

Wie sie nun / nach aller erkundigung / nichtes mehr erfahren k \nnen / als was sie / zu ihrem großen jammer und unglück / bereits mehr als gewiß wusten /gingen sie / gegen den mittag / in begleitung des Ausicles / aus Sarug wieder nach ihren wonungen / und waren so voll kummer / daß sie nicht wusten / was sie beginnen solten. Wäre ihnen / wie dem Nahor / des Teraphim tempel zu sin gekommen / sie würden ohnzweifel gleich dahin geeilet haben / sich dessen ausspruchs zu bedienen. Wiewol dem Elihu / als einem rechtglåubigen / dieses mittel nicht beifallen k \nnen: der sich dafür in seinem gemüte mit tausend gedanken qvälte / und mit denselbigen ganz Mesopotamien /auch alle benachbarte K \nigreiche durchlieffe / üm seine verlorne alda wieder zu finden. Er riete / neben dem Bethuel und Ausicles / auf [225] den Prinzen Sinear von Chaldea / und wurden sie / nach vielem rahtschlagen / schlüßig / dem Ausicles dieses aufzutragen / daß er eine reise in das angränzende Chaldea thun / und an Sinears hofe hiernach ganz genaue erkundigung anstellen solte. Dieser hirte übername solches treulich auszurichten / und weil ihnen alle augenblicke jahre dünkten / trieben sie ihn an / zu dieser seiner reise sofort alles in bereitschaft zu stellen: welches er auch verhieße / und darum urlaub von ihnen name / nach seinem dorfe zu gehen.

Er wurde daselbsthin von ihnen begleitet / weil sie nirgend rasten oder ruhen konten: und fanden sie noch einige vergnügung bei der Eidania und Melidia / weil diese beide schåferinnen die meiste kentnis mit ihren unbekanten schönen gehabt / und bei ihnen in sonderbarer hochachtung gewesen waren. Ob diese beide verliebte nun gleich nicht speisen wolten / so sezten sie sich doch zur gesellschaft mit zu tische. Die verweserin Aneriste sandte ůber der malzeit zur Eidanie /und ließe ihr sagen: daß ihre beide t \chter / die Briside und Rodope / gegen den nachmittag zu ihr kommen solten / wan sie dieselben mit sich auf die königliche wiesen nemen wolte. Dieser ort / so nahe vor Samosata gelegen / ward also genennet / weil daselbst die k \nigliche gesellschaft sich täglich gegen den abend zu versammlen pflegte. Weil Eidanie der Aneriste nicht wol etwas versagen dorfte / als ließe sie ihr zur antwort wissen: wie daß Briside und Rodope ihr allemal wilkommen seyn solten / und ihre schuldigkeit sei / dieselben nach dem versamlungs-platze zu begleiten. Es verbliebe aber solches / weil / wie nachmals die Aneriste sagen ließe / die königliche personen einen fürfall bekommen hatten / üm des willen aus ihrer zusammenkunft selbigen tag nichtes wurde.

[226] Nicht lang hiernach / kam die schäferin Artainte in der Eidanie haus / und eröffnete ihnen die ursach /warům die königliche versamlung nicht fůr sich ginge / daß nämlich des Prinzen Jethurs von Hevila gemalin / die schöne Roma / unpåslich geworden: weswegen alle große nach Amida gefahren / üm sie zu besuchen. Eidanie sahe diese hinternis nicht ungerne / weil die ihr g \nnete / bei ihrem manne noch diese kurze zeit vor seiner abreise zu bleiben.

Der betrůbte Elihu verschlosse sich nun ganz allein in des Ausicles kammer / ům von der gesellschaft sich abzusondern / die ihm iezt alle ganz widrig war. Inzwischen nun Bethuel mit der Melidia von seinem unglück redete / und Ausicles / gegen der nacht in der kůhle fortzureisen / alle anstalt machte / fande der Fürst von Ram / nachdem er etliche stunden mit seinen gedanken sich gequålet / ein lådlein auf dem tische: welches er / weil es nicht verschlossen / er \ffnete / und darin allerhand kleine und große beschriebene täfelein fande. Die lange weile triebe ihn mehr / als der fürwitz / etliche von denen heraus zu nemen / und zu lesen. Er fande / daß es reimen von allerhand hånden und von verschiedenem inhalt waren: welches ihm / als einem großen freunde der versekunst / mehr begierde gabe / diese verse zu durchsehen. Er ware noch in fleissiger durchlesung begriffen / als Bethuel /neben ihrem wirte / dem Ausicles / dessen frauen und schwester / wie auch der Artainte / zu ihm in die kammer traten / und ihn also unter diesen ausgestreuten schriften sitzen fanden. Verüblet mir nicht / mein Ausicles! (sagte Elihu zu diesem hirten) daß ich hier eure geheimniße lese: ihr seit selbst schuld daran / daß ihr sie nicht bäßer bewahret.

Indem der Fürst dieses sagte / erblickte Melidia etliche [227] täfelein / so sie geschrieben hatte: daher sie /ganz errötet / dieselbe hinweg nemen wolte. Elihu aber verwehrte ihr solches / und sagte: Gönnet mir /sch \ne Melidia! eure geheimniße zu wissen / massen es doch nun schon zu spat seyn wird / solche vor mir zu bergen / da ich bereits verschiedene reimen von eurer hand gelesen habe. Alles / was mir begegnet /(antwortete Melidia) ist so wenig denkwürdig / daß man kein geheimnis daraus zu machen / noch davon zu reden ursach hat: und ist meine verstorbene schwester hieran schuldig / daß diese nichtswerte dinge seind aufbehalten worden / die mein bruder / nach ihrem tode / unter ihren sachen gefunden / und nun mit eben so unnützem fleis / gleichwie Suriane gethan / bewahret. Es ist mir nicht allein (sagte Ausicles) alles heilig / was ich in der liebsten Suriane verlassenschaft gefunden / sondern es sind auch eure reimen /liebe schwester / ohnedas wol wůrdig / daß die ein bruder aufbehalte. Ich habe von dieser Suriane (finge Elihu an) sehr viel ruhmwürdiges geh \ret / und ist nicht dieses auf ihren tod gemachet worden? Solches sagend / nam er ein täfelein herfür / das er folgendes inhalts der gesellschaft fůrlase.

An den betrübten Ausicles / und seine geliebte Eidania.

Ach! ist die tugend nun von hinnen?

wie? sterben auch die himmels sinnen?

sind Engel dan unsterblich nicht?

sind Göttinnen nicht frei vom sterben?

volkommenheit nicht vom verderben?

wie daß der tod untödlichs bricht?

hatt nicht in diesem herzen platz /

unsterblich- hoher tugend-schatz?


[228]

Ach allergrausamsts herz-verletzen!

darf dan die sens' an dieses setzen

der tygerthier-tyrannisch tod /

in dem zwei liebe seelen leben?

wie kan den stoß er einer geben /

daß nicht die ein' auch komm' in noht /

und beide nicht erleget seind /

weil so untrennlich sie vereint?


Wie kan seyn auf ihr herz geschossen /

das Ausicles in seins geschlossen /

daß man das äusre nicht durchdringt?

Was schmerzen mus das herze leiden /

das von dem innern sich mus scheiden /

doch fůrchten mus / wan es zerspringt /

daß auch das erz-herz werd gerůhrt /

Eidania zum tod geführt?


Soltst du dan nicht / o tod! verschonen

der helden- und der engel-kronen?

ach! weiche dieser tugend schaar /

vortrefflichkeit laß långer leben /

die Sonnen nicht in tränen schweben?

die herzenherscherin doch spar!

Und wan du doch ja tödten wilt:

erlege mich / für dieses bild!


Ach! laß doch Suriane leben /

die mir so manche freud gegeben:

wirff / ihr leib-eigne mich dahin /

beschwere mich mit grabessteinen /

und lasse lebend sie erscheinen.

Mein lebens kerz mit lust zerrünn /

wann / durch mein glückliches vergehn /

ein Engel könt vom tod erstehn.


Wann ich / Ausicles! deiner seelen

benemen k \nt das schmerzen-qvålen /

wolt ich an jener stelle seyn /

für sie mich in die grube stůrzen /

dein leben dir noch sůß zu wůrzen

mit meinem tod und leichenstein:

[229]

damit das herzgeschwister-band

blüht' unzertrent im lebensstand.


Eidanien gehäufte schmerzen /

als qvellen aus Ausicles herzen /

die ich als tugend-göttin ehr' /

ich ebenfalls mit lust verbünde /

wan ich vor diese sterben künde /

von der der leid-ursprung kömt her.

Eidania! verschmähe nicht

mein leben / meiner treue pflicht.


Euch beiden / die kein tod müß trennen /

begunt ich mich schon längst zu nennen

ein unbekante dienerin:

gar / freundin / wolt ihr mir erlauben.

nun! diesen namen zu beglauben /

gäb ich mit lust mein leben hin:

Weil wahre freundschaft in der noht

sich macht bekant durch treuen tod.


Uranie.


In warheit (sagte Bethuel) dieses reimgedicht ist über-wol gemacht / und zeiget diese person einen überaus hohen geist an: ich habe aber / meines wissens / diese Uranie nie nennen h \ren. Sie wohnet in Babel: (antwortete Ausicles) und wiewol ich / gleichwie auch Eidanie / und meine verstorbene schwester /sie niemals gesehen / so hat sie doch / durch etliche von unsern schriften dazu bewogen / die sie durch einen meiner freunde zu lesen bekommen / solche freundschaft zu uns geworfen / daß sie auch der lieben Suriane ihren tod durch diese trost- und klagschrift beehren wollen: daher ich solche / bei diesen andern reimen / des aufbewahrens wol würdig ermessen. Sonst ist Uranie von fürtrefflichem verstande / wie nicht allein dieses gedicht / sondern auch ihre andere schriften ausweisen. Sie suchet auch ihre einige ergezlichkeit / in dergleichen hohen gemůts-übungen:[230] daher sie alle die jenigen liebet / die sich auch in solchen wissenschaften üben. Sie mag auch wol dieserwegen nicht ohne leiden seyn / weil die schwere haushaltung / darein sie gerahten / ihr öfters hinterlich ist /ihre gemüts-belustigungen für die hand zu nemen /und sie zwinget an dinge zu gedenken / die ihr von natur zuwider sind: daher ihr vieleicht mancher widerwille bei denen / da sie notwendig mit ümgehen muß /mag zu handen stoßen / das ihr dieses leben all sauer und verdrieslich machet. Ein klinggedicht / so sie auch auf der Suriane ableiben gestellet / redet noch ferner von ihrem sterbens-verlangen / und wil ich solches auch ablesen / wan es verlanget wird. Mein Ausicles! überlasset mir solches / (sagte Elihu) und sparet euch / mir iedes zu erklåren / was ich nicht verstehen werde. Hiemit name Elihu das tåfelein von dem Ausicles / und lase daraus folgendes.


Ach! warüm trennt der tod biß Reh-geschwister-paar?

ach! k \nte doch sein streich ein andres wol vereinen:

warüm nimt er nit mich / und bringt mich zu der meinen /

die långst im himmel schon / wie ich / durch sehnen / war?

Ach! daß diß paar doch nicht sol leben immerdar /

und eins das andre stäts mit gunst und brunst anscheinen!

Ich aber ruhte sanft dort unter jenen steinen /

in meiner schwester grab / ohn unglück und gefahr.


Ach! warům wil der tod den doppel-baum zerreißen?

O! näm er doch vielmehr mich einzels zweiglein hin!

kein unfall-donner darf in solche bäume schmeißen:

da allen unglück ich ganz unterworfen bin.

Tod! mach die teilung recht: was hell und hoch / laß leben;

und dunklen / wolst du ruh in dunkler erde geben.


Uranie.


Es wåre unbillig / (sagte Elihu ferner) daß dieser fürtrefflichen dichterin ihr wunsch sobald solte erfůllet [231] werden / und ist sie noch eins so lang zu leben würdig / da sie mit solcher grosmut zu sterben verlanget. Wie begierig ich aber bin / diese eure noch-lebende freundin / mein Ausicles / zu kennen / so sehr verlange ich auch / euch von dieser eurer todten freundin reden zu h \ren: welche ganz ungemeine tugenden muß besessen haben / weil sie / nicht allein von euch /ihrem bruder / sondern auch von aller welt / die sie nur gekant / gerühmet wird. Nicht zu geringen troste dienet mir dieses / (antwortete der betrübte Ausicles) daß ich noch / bei so manchen tugendhaften / die verstorbene Suriane lebend finde. Und wan ich hiemit dem Fůrsten von Ram / wie auch dem Fürsten Bethuel / die betrübte zeit verbringen kan / wil ich gerne diesem begehren gehorsamen.

Suriane und ich haben / von kindesbeinen an / einander herzlich geliebet / und so gar einerlei sin gehabt / daß solches auch fast an der äuserlichen gestalt zu sehen gewesen / indem wir von bildung einander zeimlich glichen: wiewol Suriane bräunlich war / und schwarze augen hatte. Weil das neidische glück wuste / wie fähig ihr edles tugendhaftes gemůt war / viel gutes in der welt zu stiften / wan sie dereins zu einer vorteilhaften heurat gedeien würde / als legte es /gleich in ihrer zarten jugend / eine hinternüs in den weg / üm zu verhüten / daß nicht ihre äuserliche sch \ne der innerlichen zierde gleichen möchte / und fügte es also / daß sie von den sogenanten kinderblattern sehr verstaltet wurde. Sie betrübte sich zwar nicht darüber / weil sie allem heuraten entgegen war /und wandte sich desto mehr zu den freien künsten: massen sie in stätigem lesen guter schriften / und selbst eigener verfassung derselben / ihre ergetzung suchte / und also ihre junge jahre in großer vergnügung zurück brachte.

[232] Weil sie in meiner gesellschaft ihre einzige ruhe /auch in meinem glůcke alles ihr wolsein entfande / als machte sie sich alles dessen mitteilhaftig / was mich anginge: daher ich wol sagen kan / daß sie mehr in mir / als in ihr selber gelebet. Meine ruhe zu befördern / machte sie diese heurat zwischen der Eidanie und mir / weil sie dieselbe meinem und auch ihrem sinne gleichförmig fande. Als ich die Eidanie geheuratet / begunte sie / aus håftiger liebe gegen mir / mit dieser meiner frauen zu eiferen / welche unter ihnen beiden von mir zum innigsten geliebt wůrde: nicht erkennend den unterschied zwischen der ehelichen und brüderlichen liebe / weil sie an die erste so wenig gedachte / als sie solche iemals zu üben verlangte. Es kame deswegen zu manchem unwillen: der aber nicht hinterte / daß Eidania und sie einander als sich selbst geliebet / auch Suriane in ihrer liebe gegen mir beståndig fortgefahren.

Gleichwol mochte dieses bei ihr eine ursach mit gewesen seyn / daß sie / wie der reiche Calcas aus Haran sich bei uns anmeldete / und sie heuraten wolte / keinen widerwillen / wie ehmals / zum ehestand spüren ließe / sonderen / ungeacht der schlechten geschiklichkeiten dieses hirten / demselben die ehliche hand gabe. Sie mochte auch / wie ich mir einbilde / aus liebe gegen mir / zu dieser heurat geschritten seyn /üm mit den mitteln / die sie dadurch erlangte / meinem schlechten zustand aufzuhelfen / auch mir ruhe zu schaffen: weil sie vermeinet / daß ihre ståte gegenwart mir anfinge verdrieslich zu werden / und ich es fůr eine last halten möchte / nun ich Eidanien hatte /auch ihr noch ferner meine liebe zu bezeugen. Woferen die himlische Suriane einigen mangel in ihrem leben gehabt / so ist es diese einbildung gewesen /und dan die gar zu große ehrsucht: die aber / von [233] aller hoffart abgesonderet / ganz tugendhaft und rümlich ware. Doch erwiese der himmel / daß er solchen an ihr so wenig / als auch an mir / vertragen können. Dan (meine abenteure allhier zu verschweigen) die tugendhafte keusche Suriane muste in ihrem ehestand so viel widriges erfahren / daß auch / wegen des Calcas unordentlichen geilen lebens / sie von ihm / die erschreckliche krankheit / den aufsatz / bekame. Dieser machte sie alle gesellschaft fliehen / gleichwie auch alle welt vor ihr flohe: auser Eidanien und mir / die wir verschiedenlich bei ihr waren / und ihr nach m \glichkeit trost und gedult einsprachen.

Zwar hatte sie das letzere nicht von nöten / weil sie von dem himmel mit dieser tugend dermassen versehen war / daß sie darinn aller welt zum fürbilde dienen k \nnen. Sie konte so gar nicht dulten / daß man dieserwegen ihrem manne solte feind werden / daß sie mich öfters mit tränen bete / ihn üm ihret willen zu lieben / mich nach ihrem tode seiner an zu nemen /und nimmer gegen ihm zu anten / daß er sie in diesen elenden zustand gesetzet. Um auch mich zu tr \sten /stellte sie sich lustiger gegen mir / als sie im gemüte war / und vertraute nur allein der Eidania ihr herz /mit der bedingung / daß sie / ům mich nicht zu betrůben / mir nichtes hiervon sagen solte. In solchem jammerhaften zustand muste sie etliche jahre leben / bis endlich der himmel sich ihrer erbarmet / und sie von der welt name: deren sie so freudig gute nacht sagte /daß ich weiß / wan sie aus jenem Elyser-felde zu uns schauen könte / sie wůrde mich und die Eidanie darům verdenken / daß wir uns durch diese trånen vermerken lassen / wie wir / ům eigennutzes willen /und ihrer gesellschaft und trostes nicht beraubet zu seyn / sie aus ihrer ietzigen glůckseeligkeit wieder zu uns erwünschen möchten.

[234] Ausicles vermochte für trånen nicht fortzufahren /worinn auch Eidanie / und Melidia seine schwester /ihm treulich gesellschaft leisteten. Elihu und Bethuel bekennten / daß die tugendhafte Suriane mehr zu bewunderen / als zu beklagen wåre / indem sie / mit so ungemeiner standhaftigkeit / den sieg ůber ihr leiden davon getragen. Weil der betrůbte Elihu nichtes bequemer fande / seine traurigkeit ein wenig zu hemmen / als solcher gestalt den langen abend zu verbringen /wolte er auch alle die andern reimen noch verlesen /und bei einem ieden des Ausicles erklärung anh \ren. Er ergriffe demnach ein frisches gedichte aus dem lädlein / welches also lautete.


Sie bleibt doch / die sie ist: gewölk du magst bedecken

der Sonne angesicht / mit einem schwarzen flor:

sie steht am himmel doch und schwebet hoch empor /

ob du dich stellst vor ihr / ô Mond! mit deinen flecken.

was welt-weit leuchten sol / das läst sich nicht verstecken

verhintert man den schein / den glanz es nicht verlor /

der desto gůldner nur noch endlich bricht hervor.

Die zeit / dem wolken-neid ein kurzes ziel wird zwecken

Wan / eine nebelduft / der Sonne biett den krieg:

sie dringt doch endlich durch / und wirft den feind zur erde /

dan fåhrt sie im triumf / und pranget mit dem sieg.

es leuchten noch so sch \n / ihr wagen und die pferde.

Stůrm' immer her / gewölk / mond / nebel / wer du bist!

die Sonne liget ob. Sie bleibt doch / die sie ist.


Diese reimen (sagte die angeneme Eidanie) sind /von einem guten freunde meines mannes / auf mich gemacht / der in Babel wohnet / und Belisar heiset. Solche zu verstehen / (fügte Ausicles hinzu) so můßen noch andere von eben diesem fürtrefflichen poeten gelesen werden / dessen gleichen ich in unserer sprache nicht zu nennen wüste / so sich allhier finden möchte. Hiermit suchte er sie aus dem kästlein hervor / und gabe sie dem Elihu / der sie / folgendes inhalts / ablase:


[235]

Zieht immer her / ihr düstre wolken-wellen!

seit / was ihr seit / des himmels trauerflor;

der Sonne zieht den schwarzen fůrhang vor /

droht eine nacht / ein furchtbars donner-bellen

zieht immer her! ihr solt vorüber schnellen.

Die Sonne steht ob euch zu hoch empor /

die nie ihr liecht von dem gewülk verlor.

ihr rührt sie nicht: sie solt ihr nicht enthellen.


Zieh immer her / du kleiner übergang!

kom / daß du fliehst. Und woltest du verweilen:

der Sonne strahl dir drohet mit bedrang /

der wird dich bald durchbrechen und zerteilen.

Sonn bleibet Sonn: trotz allem widersinn.

komt ein gewolk; es heist: zieh wider hin!


Ach! m \chten auch wir dieses sagen können /(sagte Bethuel) daß diß gewölk / so itzund unsre sch \nen vor uns unsichtbar machet / auch bald werde fürbei ziehen. Wer will hieran zweiflen? (antwortete Melidia) alle hofnung ist ja nicht verloren / diese verlornen wider auszufragen. Was hat dan (fragte Elihu den Ausicles) den Belisar bewogen / auf euch beide diese trostgedichte abzufassen? Ein sonderbarer zufall (antwortete Ausicles) der mir vordessen begegnet / da in Sarug / woselbst ich wohnte / als mein vatter noch lebte / ich einsmals eine widrige begebenheit mit Faladias meinem nåchsten blutsfreund gehabt / die mich bewogẽ / ob ich gleich / auf geheiß meines vatters /und auf gutbefinden meiner freunde / mich mit ihm vertragen můßen / seine gesellschafft fürter nach m \glichkeit zu meiden / sonderlich bei meines vatters leben: um dadurch zu verhůten / daß er mich nit ferner beschimpfen / und ich / gewalt an ihm verůbend /mehr betrůbnis unter unsren anverwandten anrichten m \chte. Dieses mein gutes fürhaben aber deuteten meine widerwärtigen so übel aus / daß sie meinen alten vatter zu großem unwillen gegen mir bemůßigten: und [236] war eine meiner nächsten schwägerinnen so neidisch auf die unschuldige Eidanie / daß sie meinen vatter beredte zu glauben / als wan sie die einige ursach wåre / daß ich so hart gegen dem Faladias verbliebe / und ich es so hoch nit anten würde / wan nur sie nachgeben wolte.

Wieviel dieses der Eidanie tränen gekostet und mir unmut verursachet / kan ich nicht beschreiben: und verhönte mich dieses am meisten / daß man mich meinem vatter und andern also abbildete / als wan ich selbst nit wüste / wie ich meinen erlittenen schimpf rächen solte / und solches von einer frauen lernen müste. Daher kame nun / daß ich / gleich der guten Suriane / sehr gedemütigt wurde in meiner angebornen ehrsucht / und mich dem gram viel ergebend /meinem freunde / dem Belisar / mein unglück klagte: der dan / die Eudanie und mich zu tr \sten / und unsre nidergeschlagene gemüter wieder aufzurichten / diese klinggedichte aufgesetzet. Ich vermeinte (finge Bethuel hierauf an) es fånde sich unter euch schäferen nicht soviel widriges / und ihr gen \ßet für anderen einer vergnügten ruhe. Es m \chte wol also scheinen / (sagte Eidanie) aber das unglück und die widerwärtigkeit weiß uns sowol / als die hohen der welt / in unsren schlechten hůtten zu finden / und seine misgunst uns sehen zu lassen. Wan nicht / die liebe zu meinem manne / mich erhielte / würde wol nichts in der welt sich finden / das mir mein leben ertråglich machen k \nte.

Du hast aber vor mir noch grossen vorzug / (unterredte ihr Melidia /) die ich keinen mann mehr habe /ům dessen willen ich zu leben verlangen solte. Ihr habt wol gewiß / sch \ne Melidia! (sagte Elihu) auf eure ehmalige liebe diese reimen gestellet / die ich hier mit eurem namen unterzeichnet finde. Hierauf lase er solche / sonder ihre antwort zu erwarten / und waren es diese:


[237]

Ich will euch lebenszeit

für meinen freund erkennen:

wan ihr werdt seyn bereit /

mich anderst nicht zu nennen /

auch nichtes mehr begehrt / als was ich euch kan geben.

Dan k \nnet ihr in ruh / und ich zufrieden leben.

So bleibet dan mein freund /

sprecht nicht von andrem lieben.

Die stell von freund und feind

steht nur bei euch zu ůben.


Diese reimen / (sagte Eudanie) sind gemacht auf den Wigestes / einen hirten in Chaldea / der sich vergeblich bemühet / die Melidia zu ůberkommen: und wird der Fürst von Ram derer hier noch mehr finden /die die grausamkeit dieser schäferin gegen dem Wigestes anzeigen können. Melidia / die sich schåmte /daß man solte ihre reimen lesen / erwischte derselben soviel / als sie mit beiden händen auf einmal fassen konte / und liefe mit denselben hinaus / da sie solche im kůchenfeuer verbrennte Die andren beschwerten sich zwar hierůber / sonderlich ihr bruder Ausicles. Weil es aber nun geschehen war / als suchte Elihu mit so grösserm fleiß nach den übrigen. Er fande bald eines / von des hirten Wigestes hand unterzeichnet /welches er den andern fůrlase.

An die glückselige hündin Fillis.

Fillis! dein glůck ist all zu gros /

und billig mehr als hoch zu schätzen:

weil du nun in so sch \nem schos

nach allem lust dich magst ergetzen.

Ich wůnsche so / wie du / zu sitzen:

vor freude wůrd ich ja nicht schwitzen.


Melidia die liebet dich:

doch klagst du über wenig essen.

wie wår das eine sach vor mich!

ich wolte aller speis vergessen /

[238]

k \nt ich nur das / was du / besitzen /

d \rft gar nicht sorgen / fůr mein schwitzen.


Ich sehe wol dein blindes glück /

(des du dich nicht weist zu bedienen)

mit misgunst / alle augenblick' /

und neide diß dein gros erkůnen.

den vorteil wolt ich båßer nůtzen /

und wol nicht im geringsten schwitzen.


Zwar / Fillis! so viel ich verspůr /

wächst dir die witz an selben orten.

Die gute lehr nüzt viel an dir.

Man merkt es auch aus deinen worten.

Möcht ich in solcher schule sitzen:

viel wůrd ich lernen ohne schwitzen.


Drum bitt' ich / Fillis! trachte ståts /

mir deiner hirtin gnad zu mehren.

Ja lasse sie / durch dein geschwätz /

mein angedenken vielmals hören.

Möcht ich an deiner stell nur sitzen /

ich weiß / daß mir verging das schwitzen.


Berichte mich auch ferner hin /

was deine hirtin thu und lebe /

ob sie nicht / mit ergrimtem sin /

dir meinethalben stöße gebe?

ob etwan diß / und nicht das sitzen /

dir mache dein beklagends schwitzen?


Doch glaub' ich / daß die hirtin gern

mehr lieb' an dir / als mir / werd ůben.

Ich wünsch / daß sie von dir nur lern

das / was sie liebt / sein auch zu lieben.

Sonst muß ich ståts auf unruh sitzen /

vor ungedult und kummer schwitzen.


Jedoch halt diß wol in geheim /

laß sie ja diesen brief nicht lesen.

Dan ob gleich frei ist jeder reim /

auch nicht gedanken hat zum b \sen:

förcht' ich doch ihrer augen blitzen /

daß sie mich machten ämsig schwitzen.


[239]

Dan / wan ihr dieser brief vorkäm /

erwege / was sie wůrd' gedenken.

Vielleicht wär er unangenem?

das solt mich in der seele krånken;

und iedes orts / wo ich würd sitzen /

müst ich vor angst und kummer schwitzen.


Doch / wan glůck / oder vorwitz wolt /

daß ihn Melidia möcht lesen /

wie das geschick sich seltsam rollt:

so bitt' ich / merke recht ihr wesen /

ob ungedult sie treibt vom sitzen /

macht sie fůr zorn und unmut schwitzen?


Wan nun das aug sich nicht verstellt /

darfst du mich frei den schreiber nennen.

Wan aber solcher nicht gefällt /

so must du ja kein wort bekennen:

laß dich eh schlagen / pfåtzen / pfitzer /

das du vor angst und weh möchtst schwitzen.


Diß einig wird von dir begehrt:

gelob ihr meinen dienst und pflichte /

und daß ich deine schrift geehrt.

Hierbei ihr dieses noch berichte:

Mein hertz wünscht und wolt gerne küßen

die fůs / so ihn durch schreiben grüßen.


Wigestes.


Diesen des Wigestes reime-brief (sagte Ausicles) verståndlich zu machen / muß ich melden / daß dieser hirt meiner schwester einen kleinen hund geschenket: die / auf mein veranlaßen / (weil ich nicht laugnen kan / daß ich ihm in seiner liebe bei ihr gedienet) etliche dankreimen ihm dafůr zuschikte / welche zweifelsohn der Melidia grausamkeit iezt mit ins feur wird geworfen haben. Es ware / meines behalts / des schwitzens darinn gegedacht / welches Fillis nun bei ihr ausstehen würde: wovon der Wigestes anlaß genommen / an seinen gewesenen [240] hund den verlesenen brief abzugeben. Ich finde hier / sagte Elihu) noch etwas von der Melidia hand: vielleicht ist diß der brief worauf des Wigestes seiner zielet. Damit lase er / was er gefunden / und waren diese reimen:


Soll ich mich dan nun ergeben /

und nicht mehr mein eigen seyn?

kan dan Aulidor nicht leben /

wan ich nicht still seine pein?

ey so wil ich / dich zu retten /

meine freiheit lassen tödten.


Weil der himmel es versehen /

mir auch deine treu bekant:

wil ich dem nicht widerstehen /

sondern andren meinen stand.

Du solst seyn für mich erkoren /

gleich wie ich fůr dich geboren.


Dieses / so mein herz beschlossen /

ist der lohn / für deine treu.

Du und ich sind so entsprossen /

daß wir tragen keine scheu /

fäst zusammen uns zu binden.

Unsre lieb sol nie verschwinden.


Himmel! gib uns deinen segen /

laß uns deine gnade sehn.

fůre uns auf unsren wegen /

daß wir stäts in ruhe stehn.

Fůr und fůr zu unsren zeiten /

wolst du uns mit gnaden leiten.


Melidia.


Diese reimen (sagte Ausicles /) sezte Melidia / als sie sich an den Aulidor verheuraten wolte. Warüm aber (fragte Elihu) ware dieser glůcklicher / als Wigestes? Des Aulidors haus / (antwortete Ausicles) der in Samosata gewohnet / ware fürnemer / als des [241] Wigestes seines. Melidia hat allemal hoch hinaus gewolt /und hierin auch ihre ehrsucht / gleich uns andern /blicken lassen / die ihr dan auch eben also bekommen ist: massen sie nunmehr witwe / und eben nicht zum glücklichsten und ruhigsten lebet. Ihr wisset / mein bruder! (antwortete Melidia) daß ich / nach unserer eltern willen / den Aulidor habe dem Wigestes fürgezogen / und also hierbei mehr gehorsam / als ehrsucht /blicken lassen: wolle demnach der Fürst von Ram hierin meinem bruder nicht glauben / der / als ein alter freund des Wigestes / dieses also fürbringet. Ich glaube euch beiderseits / (antwortete Elihu) und wünsche von herzen / daß sich bald bei der schönen Melidia einer einfinden möge / der dem Wigestes an liebe und geschiklichkeit / und dem Aulidor an glůcke gleiche.

Hiemit zeigten sich ihme noch andere täfelein / die er / unerwartet der Melidia beantwortung / herfürname / und deren viere mit dem namen Gerontas unterzeichnet fande. Er fragte den Ausicles / wer dieser wäre? Es ist Gerontas (berichtete Ausicles) ein hirte aus dem Babylonischen lande / und / wie mich dunket / mit der fůrtrefflichen Uranie etwas befreundet. Sein artiger geist und guter verstand lässet sich aus diesen gedichten erkennen / die er mir einst / als er bei uns zu Sarug war / geschenket. Weil Suriane alle dergleichen sachen fleißig aufbewahret / als habe ich sie /nach ihrem tode / wieder in meine hände bekommen. Elihu name und lase hierauf das erste von diesen vieren / welches also lautete.

Er redet / die wohnung seiner liebsten / und endlich sie darinn verborgen / an.

Hier quillt mein schmerzen-brunn. Hier ward mein leid erzogen,

Hier hab ich meine pein / aus ihrer zier / gesogen.

[242]

Hier bist du worden jung / du meine liebes-noht!

die sonst kein anders ziel nicht kennet / als den tod.

Ach! Chloris! komt hervor / komt / oder heist mich kommen /

hört mich noch einmal an: hernach will ich verstummen.

Ich bin iezt nah / und werd bald ferne seyn von hier.

Ach komt / und höret noch das lezte wort von mir.

Doch nein! ach! meine freud! verstecket eure wangen.

Last eure augen nicht / vor meinen augen / prangen /

nein / sonne! steck mich nicht mit strahlen ferner an:

die flamm ist stark genug / daß sie mich töden kan /

die schon im herzen brennt. Zwar wůnsch ich / euch zu sehen:

jedoch ich fürcht / ich dörft im ersten blick vergehen /

und eine leiche seyn. Nein! bleibet / wo ihr seit.

Ich reise hin / wo mir vieleicht schon steht bereit

ein allzu frůhes grab. Doch meine lieb sol leben /

mein lieb! und eure zier soll ihre flůgel heben /

und ganz unsterblich seyn / ja steigen wolken-an /

dort wo die götter stehn selbst auf der sternen-bahn.

Nun / Chloris! weiter nichts! diß wort ich euch noch sende:

der tod an mir zugleich mein lieb- und leben ende!


Elihu und Bethuel / fanden dieses liebesgedichte ihrem sinne so änlich / daß / auf anregung des einen /jener es nochmals ablase: und begehrten sie an den Ausicles / ihnen zu sagen / was ihme von des Gerontas håftiger liebe bewust wäre. Als aber Ausicles mit seiner unwissenheit sich entschüldiget / griffe Elihu nach dem nåchstfolgenden; welches ein klinggedichte dieses inhalts ware.


Der / auf das ungewiß / wolt in die erde graben /

zu suchen große schätz' und wehrte edelstein /

mit großer herzens-angst / im leeren falschen schein:

Der wůrd ja nur / zum lohn / vergebne arbeit haben /

und sich ja töricht gnug in seinem sin vertraben;

Wan er nåm große můh / und ůberschwere pein /

zu suchen zweifelhaft das ungewiße seyn;

wolt an der hoffnung mehr / als an der that / sich laben.


So gings / o hirtin! mir / wan ich ům euch solt sterben.

Ich hab gesehen viel / und sehe täglich mehr:

[243]

durch derer sehen ich mir kan mehr freud erwerben.

Mein! heuchlet euch nit selbst! Ich kranke mich nit sehr.

Und bringt mich sonst nichts ům / als daß ich euch nit seh:

so leb' ich ståts / weil ich hierum zu grab nit geh.


Gerontas.


Diese reimen zu stellen / (sagte Melidia / und lachte dazu) sol / wie uns Gerontas erzehlet / eine sichere schäferin verursachet haben / welche / aus beisorge /daß er sich in sie verlieben möchte / sich von ihm nicht sehen lassen / auch nicht in einige gesellschaft hat kommen wollen / so lang er sich zu Nisibis aufgehalten. Wie kaltsinnig aber diese lauten / so lieb-entfindlich ist hingegen das andere / so mein Fůrst iezt in händen hält. Elihu lase dasselbe / und fande diese zeilen.


Wie k \mt es doch / o göttin meiner sinnen!

daß / wan ich schon mich in gesellschaft sih /

zufridenheit mich doch ůmgibet nie.

Kein lust kan eine lust mir abgewinnen.


Mich důnkt allstäts in solcherlei beginnen /

ich sei allein / und niemand bei mir hie:

weil euch mein licht / von dem ich brenn' und glüh /

ich in der schaar nicht hab' erblicken können.


Gleich fålt mir bei / diß muß die ursach seyn:

ich leb' in euch / und kan ohn euch nicht leben.

Mein geist der schwebt ům und bei euch allein:

drum wolt der leib ihm gern gefärtschaft geben.

Ich bin zertrennt: mein geist sezt von mir aus;

bei euch ist er / und nirgend sonst / zu haus.


Gerontas.


Ja warlich! (rieffe Bethuel) dieser Gerontas hat recht geredet / wan er jemals recht geliebet. Ich befinde mich jezt eben also / wie er sich hier beschreibet /und ist es mehr als zu wahr / daß mein geist von mir aussetzet / und nun nirgend zu haus ist. Lasset uns das lezte auch vernemen! (sagte Elihu /) und lase damit / wie folget.


[244]

In den feldern / in den wåldern /

die der grůne Tyger leckt /

ům die håine / hole steine /

wo der Echo sich versteckt /

gieng Gerontas / in dem herzen

hart verwundet von den kerzen /

die da machen liebes-schmerzen.


An der stirne voll gehirne

man sein leid geschrieben las'.

auf den wangen / sein verlangen

selblich abgebildet saß.

Seufzer flogen aus dem munde /

der vor leid nicht reden kunde /

und das aug voll tränen stunde.


Sol ich schweigen / oder zeigen /

meine schmerzen? fing er an.

Ich wil klagen / halb verzagen /

weil ich ja nicht anderst kan.

H \rt / ihr thåler / berg' und bůsche /

wo ich spiel der heerd zu tische /

wie ich wort und seufzer mische.


Meine trånen / sich gewehnen /

ach! nur sie zu beten an.

Sie mein leben / kan mir geben /

was nur sie / sonst niemand / kan.

Ihre herz entzůckend' augen /

mich nur zu entseelen taugen /

mir oft geist und herz aussaugen.


Nun / mein glůcke und geschicke /

mag mir aus den augen hin

Chloris rauben: sie bei glauben

komt mir nicht mehr aus dem sin.

Last mich alle welt verhůten /

tausend marter in mich wůten!

mir soll nichts die lieb verbieten.


In ihr leben / in ihr schweben /

wird mein leben seyn allein.

Bei ihr bleiben / von ihr schreiben /

ist mein trost in h \chster pein.

[245]

Wan mich auch der tod gebunden /

sol in meines herzens wunden

werden noch ihr bild gefunden.


Gerontas.


Wie hätten wir (sagte hierauf Bethuel) etwas bäßers finden können / unsere betrůbte sinne zu ergetzen / als eben diese sch \ne gedichte? die da verursachen /daß ich den Gerontas / ob er mir gleich unbekant ist /lieben muß. Er ist solcher liebe (antwortete Ausicles /) mehr als zu würdig / und finden sich wenige seines gleichen / die also vollkommen die tugend / wie er /besitzen.

Nach diesen und dergleichen unterredungen / als der spate abend eingebrochen war / machte Ausicles sich auf den weg / nicht mehr als einen seiner hirtenknaben mit sich nemend: da die beide verliebte Fůrsten ihm / bis ienseit des berges Masius / das geleite gaben. Nachdem sie hierauf ihre angelegenheit ihm nochmals båst anbefohlen / verfůgten sie sich nach ihren hůtten: da sie die nacht so betrůbt und voll sorglicher gedanken hinbrachten / daß folgenden tages alle hirten eine gewaltige änderung an ihnen verspůrten. Weil sie ihr leiden nicht heimlich hielten / auch fast iederman in der gegend von Amida um ihre frömde liebe wuste / als wurden sie von allen beklaget /auch der verlust der dreien schönen von Sarug betauret. Doch trösteten sie sich alle mit der hoffnung / daß diese gewaltsame entfůrung nicht lang verborgen bleiben / sondern bald würde ausbrechen müssen.

Das gleichmäßige geschicke der Aprite und Baalise / so zu eben selbiger zeit sich begeben / machte in der ganzen gegend von Amida viel redens / und wurden diese beide von iederman beklaget: weil sie / ungeacht ihres geringen standes / aller menschen liebe an sich gezogen hatten. [246] Ihre frau / die verweserin Almesia /kunte sich am wenigsten hierüber zu frieden geben: weil / zu dem daß sie für diese ihre beide dienstmågde gut gesprochen / der geitz auch das seinige bey ihr thåte / und sie ångstig machte / wegen des schadens /den sie hierunter leiden muste. Sie hörte auch nicht auf / nachforschung anzustellen / und kunten ihre beide knechte / der Javan und Elisa / ihr dißfalls nicht gnug thun / ob sie gleich viel ein gr \ßers anteil hierbei hatten / diese verlornen wieder zu finden. Als sie vername / daß der Fürst Nahor nirgend anzutreffen /sondern heimlich davon gereiset wäre / fiele ihr gleich in den sinn / dieser müste ihre mägde entfüret haben: weil ihr nicht unbekant war die zuneigung / die dieser Fürst zu der Aprite getragen. Deshalben triebe sie sofort den Javan und Elisa / wie auch die Rodine / wieder aus Amida / üm bei des Nahors und Bethuels leuten sich von ihm zu erkundigen.

Wie nun diese dreie solche fernere nachsuchung ganz willig über sich genommen / und jene zween miteinander von ihrer liebe / worinn Rodine ihre vertraute war / sich bespracheten: sahen sie einen unbekanten menschen auf sie zu ko en / welcher gleich die magd der Almesia fragte / ob sie nicht die Rodine wåre? Nachdem sie sich hierzu verstanden / überreichte er ihr ein tåfelein / und liefe damit eilends wieder von ihnen feld-ein / also daß sie ihn gleich aus dem gesichte verloren. Rodine öffnete ganz verwundert diesen brief / und fande / in der unterschrift / der Baalise namen / auch dabei noch ein eingeschlossenes tåfelein / welches an den Javan überschrieben war. Sie verzoge nicht / solches / mit freuden / diesen beiden vermeinten hirten vorzulesen / die dan aus den ersten dessen inhalt vernamen.

[247] Schreiben der Baalise an die Rodine.

Weil du die Aprite und mich liebest / so kan ich leicht erachten / daß du dich ietzund üm uns betrüben werdest. Wir beide thun auch eben also / daß wir dich nicht bei uns haben. Sofern du etwan des Javans vermutliche traurigkeit so groß befinden soltest / daß kein trost bei ihme haften wolte / so stelle ihm diß beigelegte schreiben zu / und diene ihm ferner / wie du bisher gethan / in seiner liebe. Ich darf dir nicht sagen / wo wir hinreisen / noch was uns aus Amida gebracht habe. Dieses aber hilf / so wol bei der Almesia / unserer frauen / als bei allen andern / verfechten /daß wir nicht / ihren schaden zu fördern / aus ihrem dienste gegangen / sondern daß wir hierzu seien genötigt worden.

Baalise.


Liese doch / du glücklicher liebhaber! (sagte hierauf der Elisa / zu seinem gefärten /) das schreiben der Baalise: ob etwan auch ein trostwort fůr mich darinn zu finden seyn möchte. Javan eröffnete demnach höchst begierig das an ihn haltende schreiben / aus welchem er / den andern beiden / folgende zeilen fürlase.

Schreiben der Baalise an den Javan.

Ihr habt mich / edler Javan! euer beständiges wolwollen so vielfältig lassen erkennen / daß ich undankbar handlen wůrde / wan ich euch in eurer jetzigen unruhe ließe / die zweifelsohn meine unvermutete entfernung in euch erwecket hat. Wisset demnach / daß es der Aprite und mir wol ergehet / und daß man uns an einen ort [248] fůhret / da wir nichtes zu befahren haben /und mir nichtes als meines Javans gegenwart / ermanglen wird. Diese aber zu erlangen / darf ich / wegen meiner freundin nicht begehren / noch veranlaßen: massen sie dadurch des Elisa mitůberkunft besorget /den sie / durch die abwesenheit / von seiner liebeskrankheit / weil er nichtes zu hoffen hat / gern heilen möchte. Lebet wol / und vergesset eurer Ardelise nicht! Weil hierinn die beständigkeit bestehet / welche von euch erwartet eure

Baalise.


Javan fůrete wol tausendmal diesen brief zum munde / mitlerweile der betrübte Elisa fast ganz in tränen zerfloße. Doch mäßigte sich / so wol des ersten freude / als des andern leidwesen / als sie diesen dingen ferner nachdachten. Dan die ungewißheit / wo Baalise hingekommen / name dem Javan alle ruhe aus den herzen; der ungeliebte Elisa aber tr \stete sich mit der zeit / die eine mutter vieler änderungen ist / und hoffete / daß diese endlich seiner schönen einen gütigern sin verleihen würde. Dergestalt zeigte sich der ungeliebte ruhiger / als der geliebte / und hatte Rodine mehr ursach / dem Javan trost einzusprechen / als dem Elisa. Sie beklagten allerseits / daß sie den fr \mden brieftråger nicht bößer beobachtet / sondern also entwischen lassen. Sie kunten auch nicht ersinnen / wo die Baalise und Aprite můsten hingekommen seyn / und sahen nun wol / daß ihre fernere erkündigung bei der beiden Fürsten von Haran leuten vergeblich seyn wůrde. Demnach der Rodine diese vergebliche nachfrage ůberlassend / gingen sie nach des Demas hause / üm den K \nig der Aboriginer wieder anzusprechen.

[249] Dieser erwiese nun ein sonderbares ungedultiges verlangen / seine geliebte unter der k \niglichen gesellschaft bald zu ersehen. Wie sie demnach von den leuten im hause vernommen / daß den nachmittag die gew \nliche zusammenkunft geschehen wůrde / gingen sie die benamte zeit miteinander nach der K \nigswiesen: iedoch waren sie gar vorsichtig / ům nicht gesehen und erkant zu werden / warfen deshalben noch lange mäntel ůber ihre hirten kleider und stellten sich hinter einen busch auf einen etwas erhabenen hůgel: da sie / ungesehen / alles / was im thal fürginge / ganz eigentlich beschauen kunten. Auser der Königin Hermione / dem Prinzen Jethur / und seiner geliebten Roma / wie auch dem Prinzen Ephron und seiner Coricide / waren alle die andren / als die Könige und Königinnen von Syrien / Ninive / Salem / Egypten /Ophir / Cus / Elam / Tyro / und Saba / bei der schönen Königin von Mesopotamien alda versammlet /und / neben allen Syrischen Fůrsten und aller dieser Könige hofbedienten / auch die meiste schäfere und schäferinnen: das dan unvergleichlich schön und prächtig anzusehen war.

Der verliebte Tuscus Sicanus weidete sich eine gute weile mit dieser herrlichen fürstellung der månge von allen diesen gr \sten schönheiten der ganzen welt / und bewunderte fürnemlich die unvergleichliche Aramena in seinem herzen: bis endlich seine unveränderliche liebe / die jenige vor allen zu betrachten / ům deren willen er dahin gekommen war / seine augen allenthalben herüm irren machte: doch suchte er vergebens / und kunte unter diesem ganzen haufen die jenige nicht finden / die ihme so wol abwesend als gegenwårtig große und stäte qual verursachete. Ach gönnet mir dan der himmel / [250] (sagte er / daß es seine beide gefärten höreten) auch nicht diese grausame vergnügung / daß ich die jenige sehen dörfe / die er mir geraubet hat? der himmel handelt hierinn gut / (antwortete ihm Daces) weil dieses sehen mehr leiden / als vergnügen / mit sich bringen würde. Deme ist zwar also / (widerredte Tuscus Sicanus) doch ist das leiden / so vom sehen kommet / mir angenem / weil ich alle marter /die mir ihrentwegen nun zust \ßet / gern leide / und mich deren nicht zu entziehen begehre. O ungemeine treue! (sagte Daces) die der himmel billig håtte bäßer belohnen sollen. Hiemit / weil Tuscus Sicanus / für betrübnis / ferner nichtes sagte / schwiegen auch die andere beide / und sahen neben ihme mit an / was vorginge.

Es hatten aber die gesamte schåfer / der königlichen gesellschaft zu ehren / ein wettlaufen angestellet / da sie / an stat des ziels / nach einem hamel liefen: den der jenige / neben dem aufgesezten kränzlein / gewinnen solte / der den hamel am ersten ergreifen würde. Die Königin von Mesopotamien wolte selbst dem gewinner den kränz überreichen / welchen sie /ihre königliche freigebigkeit zu erweisen / mit perlen und diamanten hatte ausbinden lassen: daher alle junge hirten desto eifriger und begieriger wurden /diese ehre / dabei so großer nutze war / zu erlangen. Wie sie sich demnach alle an einen ort zu ende der lauf-bahn versammlet / und das zeichen ihnen war gegeben worden / liefen sie mit solcher geschwindigkeit fort / daß es schiene / als wan sie alle gewinnen wolten. Je mehr sie aber dem ziel nåherten / ie mehr verminderte sich die gleichheit / und eilten ihrer viere /als der Abinael / der Timonax / der Athamias und der Nisan / den andern vor / die einander die wage hielten: [251] bis endlich die dreie zurück blieben / und dem Timonax den fůrzug und sieg ůberlassen musten.

Dieser erfreute schåfer / sahe so fort seine geliebte Sandenise / die neben der Amphilite unter der Königin Aramena frauenzimmer stunde / ganz rumsůchtig an / und wie ihn der Barzes vor der K \nigin thron gefüret / entfinge er kniehend / von so sch \nen händen /den kranz: welchen er so fort auf sein haubt sezte /und dadurch bei allen seinen gesellen keine geringe misgunst erwekte. Hierauf hielten die hirten und hirtinnen einen danz / ům den gewonnenen hamel / den der überwinder mitten im kreis am strick füren / und verwehren muste / damit die andern von des hamels wolle nichtes bekommen m \chten: die dan straf-fållig wurden / wan sie / nach endigung des danzes / keine wolle darzeigen kunten. Diese schäfer-lust / war den königlichen personen nicht unangenem / und hielten sich die danzende schäfere so wol / daß ieder von der wolle etwas hinweg brachte.

Auf der Königin befehl und begehren / musten die schäferinnen nun auch ihre gewönliche spiele vornemen / die dan unter anderen eines anfingen / daß in fůrstellung einer gewißen geschicht bestunde: welche eine partei von ihnen / durch gebården und stumme handlungen fürbilden / und die andere errahten / oder in straffe verfallen seyn muste. Sie hatten sich dißmal also geteilet / daß Eidania den ersten / Melidia aber den andern haufen fůrete: und machten insonderheit die angeneme Briside und Rodope / des verwesers Demas töchter / welche Eidania mit unter ihre gesellschaft genommen hatte / ihnen hierbei ein ansehen. Sie spielten den anderen zu / die geschichte der Königin Semiramis / wie die den K \nig Ninus / ihren gemal / üm [252] das leben bringen lassen. Wie nun die angeneme Melidia / mit ihrem haufen / diese geschichte errahten / und sich also auser der straffe gesetzet /stellte sie mit ihrer gesellschaft hingegen für / diese begebenheit / wie der Egyptische K \nig Osimandias die opfer und schlachtung eines Isis-priesters eingefůret: daß dan Eidania mit ihrer partei auch erriete / weil sie ehmals diese geschicht gespielet hatte.

Die Königin Aramena befunde diese art zu spielen so angenem / daß sie / den König ihren bruder zu ergetzen / die ganze königliche gesellschaft dazu vermochte / auch dergleichen spiele anzufůren: worinn die schäferinnen Amphilite / Melidia und Eidania sie unterrichten / und anfüren musten. Es wolten aber so wol die manns- als frauen-personen / dieses spiel mitmachen / und teilten sie sich in drei haufen / weil ihrer so viel waren. In den ersten befanden sich / die beide Aramenen / der K \nig und die K \nigin von Egypten /wie auch der Armizar und die Amesses aus Ophir /neben der Casbiane / Zelinte / Eldane / Dersine / Siringe / Tirza / Zamede / neben dem Arsas / Barzes /Petosiris / Ascadates / Elhanan / und den beiden schäferinnen Amphilite und Sandenise. In dem andern waren / der König von Syrien mit seiner gemalin der Cölidiane / der K \nig von Ninive / der König und die Königin von Cus / die Prinzessin Indaride / der Adonisedech und die Jaelinde / mit der Mehetabeel und Melisse / wie auch der Mitreus / Tharsis / Balaat /Hezrai / Husan / Thare / und die schäferin Eidania. Den dritten machte der K \nig Mardocentes und seine Petasiride / der K \nig und die K \nigin von Elam / der König und die K \nigin von Tyro / die Sapha / Calaride / Jethura [253] und Iphis / wie auch der Zophar / Borgias und Ledor / der Fürst Rames / und die schäferin Melidia. Der alte Melchisedech / neben der Königin Eurilinde / wie auch der Fürst Hus / blieben unter den zusehern.

Nachdem der erste hause sich abseits begeben / und die notturst mit einander abgeredet / spielten sie die geschichte der Fůrstin Sara / welche ihr in Egypten widerfahren / samt der opferung des Isaacs / ihres sohnes. Die andere gesellschaft so dieses gleich errahten / machte die begebenheit des Zoroasters / des alten Bactrianischen K \nigs / fůrstellig / mit dessen angerichteten zaubereien: auf welches sich keiner von den zusehenden besinnen kunte / und also straf-pfånder zu geben schüldig wurden. Die dritten bildeten ab / das gedichte des Phaetons / wie der die erde mit seines vatters sonne-wagen verbrennet / und darüber ůmgekommen: welches auch lange nicht errahten worden /bis es endlich der K \nigin Danede beifiele / die also sich und die andern von abermaliger bestraffung befreiete.

Es ward ihnen ingesamt zu einlösung der ersten pfande / auferleget / eine solche geschicht zu ersinnen und fůrzustellen / die man unmüglich errahten k \nte. Die K \nigin von Mesopotamien name solches an /und wie sich die vom dritten haufen auch zu ihnen gesellet / als welche in gleicher straffe waren / redten sie zusammen ab / eine feldschlacht fůrzubilden / da das frauenzimmer von dem siegenden teile solte hinweg gefüret werden. Wie sie nun dieses also ins werck richteten / rieten die zusehende vergebens / was für eine entfůrung oder schlacht hiemit solte gemeinet sein: massen die spielende alle die begebenheiten /welche die andern anzogen / nicht für diese annemen wolten. Endlich gewonnen sie damit / [254] als sie sagten /daß sie nur eine feldschlacht in gemein fůrgebildet hätten: womit sie sich dan los machten / und ihre pfånde wieder bekamen.

Unter solchen belustigungen trate nun der abend herein / und brachte Cölidiane / wie sie sahe / was sonderbares vergnügen der König / ihr gemal / aus diesen spielen gesch \pfet / auf die bahn / üm ihn bei dieser aufmunterung zu erhalten / daß dergleichen spiele / ob schon also das errahten davon bliebe /noch annemlicher fallen würden / wan man dabei redte. Die K \nigin Aramena fiele so fort diesem einfall der Cölidiane bei / und solches zu werk zu bringen / beredten und verglichen sie sich sämtlich / in diesen dreien haufen / wie sie sich dißmal abgeteilet /zu verbleiben: da ieder haufe eine geschichte reimweise fůrzubringen / sich bereiten solte: und wurde von den schwächern ausbedungen / daß sie die K \nigin Hermione / und die andere / die iezt abwesend / in ihren haufen nemen / auch sechs tage zur zurüstung zeit haben möchten. Es fügte sich eben / daß diese benamte zeit das erste mal auf den tag einfiele / da die Königin von Mesopotamien zum ersten mal in Amida gericht zu sitzen / beschlossen hatte: das dan die ganze gesellschaft gar füglich befande / ům also die lust und ergetzlichkeit mit ernstlichen geschåften zu untermängen.

Weil Elihu und Bethuel vermisset wurden / die man / als gute dichtere / gern mit hierbei haben und gebrauchen wollen / als kame damit deren leidwesen vor den tag: daß dan die ganze k \nigliche gesellschaft / voraus beide schöne Aramenen / begierig machte /dieser beiden fürsten ihre sonderbare begebenheiten zu vernemen. Sie gingen hierauf wieder voneinander /iedes nach seinem orte: da dan auch der Tuscus Sicanus / [255] mit seinen beiden gefärten / sich wieder nach des Demas haus verfügte. Als dieser folgenden tags /nicht ohne seines unmuts ergr \ßerung / erfahren / was die ursach der abwesenheit seiner geliebten Prinzessin gewesen / wurde er schlüßig / auf des Demas wiederkunft zu warten. Inzwischen genoßene der gesellschaft des Baalis und Daces / die alle stunden / bei ihm waren / die sie von ihrer hirten-arbeit abbrechen kunten / und ihm alles kund macheten / was in ihrer gegend fürlieffe: insonderdheit wie Nahor von der nachsuchung der Aprite und Baalise unfruchtbar wiedergekommen / auch Elihu und Bethuel / wegen ihres erlittenen gleichen verlustes / ganz trostlos die einsamkeit sucheten / und sich dem tiefsten gram ergeben hätten.

[256]
Das Andere Buch
Die Geschichte des Sinear - Elihu und Bethuels
Die Geschichte des Sinear / Elihu und Bethuels
[258]
Die Geschichte des Sinear / Elihu und Bethuels /mit den dreyen unbekanten schönheiten.

Ist iemals iemand gewesen / der die liebe verachtet /deren nichtige wirkungen erkant / und sich für ihr mit äuserster sorgfalt gehütet / so kan ich wol sagen / daß ich derselbe gewesen sei. Wann aber auch iemals iemand tief in der liebe stricke gefallen und von derselben hart verfolgt worden / so muß ich ebenfals bekennen / daß ich denselben fůrbilden k \nne. Ich wil zwar / dieser durchleuchtigsten gesellschaft nicht verdrießlich zu seyn / meine jugend allhier ůbergehen / muß aber doch davon nur dieses sagen / wiedaß mein herrvatter / der Baracheel / mich so fleißig in allen göttlichen wissenschaften unterrichten lassen / daß ich mich nicht gescheuet / als ich sechszehen jahre alt war / bei meinem vettern / dem weitberümten K \nig von Ausitis / den Gott-ergebenen Hiob / mich in einen scharffen wortstreit einzulassen: dessen hier weitlåufig zu erwehnen unnötig ist / weil solches alles in ein buch ausfůrlich ist zusammen getragen worden / und wenigen von dieser königlichen gesellschaft unbekant seyn wird. Ich habe es aber darüm berůren wollen /üm die verwunderung ůber mich zu mehren / daß ich /mit zuwachs der jahre / so weit an verstand abnemen können / weniger / als in meiner ersten jugend / mein selbst meister zu bleiben / und so gar den liebesregungen unten zu ligen.

Die sch \ne Rahel von Haran / die schwester gegenwårtigen Bethuels / war die erste / die mich mit ihrer sch \nheit geblendet. Als ich derselben aufzuwarten[259] begunte / erlangte ich an dem Prinzen Sinear von Chaldea einen gesellschafter / welcher die Fůrstin Lea / deren ältere schwester / mit gleicher liebe verehrte. Es war aber die Lea damals noch gar sch \n von gestalt / als sie diese des Prinzen von Chaldea liebe anfeurete. Weil wir allerseits noch jung waren / als wurde dieses beginnen von unsren eltern wenig beachtet: massen wir auch selbst nichtes weiters / als bei unseren schönheiten geliebt zu seyn / sucheten und verlangten.

Also verstriche unsere zeit in Haran / ohne sonderbare widerwårtigkeit / und blieben wir so lang vergnüget / bis die Lea mit einer t \dlichen krankheit befiele: welches uns alle / fürnemlich aber den Prinzen Sinear / in höchste unruhe stůrzte. Er ware nacht und tag bei ihr / und kehrte sich nicht daran / daß ihr ihre sch \nheit gänzlich verginge: weil er hoffete / daß ihre genesung solche wieder mitbringen würde. Als aber nachgehends die gesundheit erfolgte / die schönheit aber ausbliebe / verlore sich bei ihm die liebe / gleichwie die hoffnung von tag zu tag erlosche / daß die Lea iemals ihre vorige gestalt wieder erlangen möchte. Sie und ich merkten am ersten diese seine kaltsinnigkeit /und als sie solches / das ich doch von selbst bereits ersehen / mir klagte / war ich hingegen bemůhet / es zu verheelen / und ihr diese einbildung aus dem sinn zu bringen. Daher unser vielfåltiges unterreden und vertrauliches ůmgehen die Rahel eifersüchtig / und den Sinear schlüßig machte / auch einige eifersucht fůrzuwenden / üm desto bequemer die Lea zu verlassen. Wie er nun ein geschrei hierüber ausgebracht /also daß ganz Haran von der Lea und ihm zu reden begunte / zoge er hinweg / und ging zu kriege.

[260] Mein herrvatter / der dieses am k \niglichen hof zu Babel vernommen / ließe mich gleichfalls abfordern: weil er nicht wolte / daß ich mich an eine von des Labans töchtern verheuraten solte / sondern viel höhere dinge mit mir vorhatte; wiewol ich solche alle hintan gesetzet / üm der schönen Rahel beständig zu bleiben. Weil ich so eilig nach Babel abgefordert wurde /kunte ich meiner schönen ihre gefasste eifersüchtige gedanken nicht v \llig benemen: die ich auch gern an ihr erdultete / als ein zeichen / daß sie mich liebte. Also schiede ich / sonder große sorgen / aus Haran hinweg / und begunte folgends / so wol mit der Lea /als mit ihr / beständig briefe zu wechselen: da ich der ersten / alles was ich vom Sinear erfahren / eröffnete /die andere aber meiner beståndigen liebe versicherte /und ihr zu gleicher verhåltnis anmanung gabe. Ich entfinge allezeit hiergegen ihre stichlende kaltsinnige antworten / quålete mich aber darüber nicht sonders: weil die verständige Lea mir dabei immer guten trost schriebe / wiedaß ihre schwester mich liebte.

Dieses thun wårete nun viel zeit / bis meine angelegenheiten mich wieder nach unsrem Fürstentum Ram zurůck forderten / und ich also wieder gelegenheit bekame / die Rahel zu sehen. Ich fande sie schöner als iemals / wie ich ihrer wieder ansichtig wurde; und was mich hierneben hoch erfreuet / ware dieses / daß auch die Lea sich sehr veråndert hatte / und hůbscher geworden war: worüber ich so wenig meine freude bergen / als meine verwunderung über der Rahel schönheit / verhelen kunte. Lea name mich viele gůtiger auf / als die Rahel: und weil der himmel sie mit sonderbaren gaben des gemütes versehen / beliebte ich ihre gesellschaft dermassen / daß ich mich allemal bei ihr erquickte / [261] wan mir von der Rahel hart begegnet wurde.

Es bemühete sich diese grosmütige allemal / ihre schwesteer bei mir zu verteidigen: da hingegen die eifersůchtige Rahel sie meinetwegen in verdacht fassete / auch üm des willen / daß Lea und ich freundschaft zusammen hielten / mich anzufeinden / ja endlich recht ernstlich zu hassen begunte; da doch meine liebe / als wie ihre ungnade / tåglich wuchse. Als ich nun fast ohne ihre gegenliebe nicht mehr zu leben vermochte / erwiese sie mir ihre v \llige ungunst / indem sie dem aus Canaan ankommenden Fürsten von Heber / dem Jacob / ohne widerreden / ihre treue gelobte /und ihn nach verlauf sieben jahre zu ehlichen verhieße.

Wie dieses mich verh \net / nachdem ich die gr \ste traurigkeit überstanden / kan ich damit zu erkennen geben / daß ich / von dem an / dem beispiel der tugendhaften Lea zu folge / nicht mehr zu lieben mich entschlosse / welches auch sie / nach der unbeständigkeit des Sinears / gelobet hatte. Ich war auch nun so glůcklich / daß ich / ob ich gleich die Rahel ståts fůr mir sahe / doch mit der grösten kaltsinnigkeit ihr begegnen kunte / und gegen ihr so wenig unwillen als liebe verspůren ließe / daß ich daher / in ganz Mesopotamien / den namen eines unentfindlichen erlangete.

Wie ůbel ich nachgehends diesen glůcklichen zunamen in Syrien verwahret / ist allhier zu erzehlen unnötig. Es war meine ehrsucht hierbei so wol gegründet /und meine wahl so edel / daß ich mich dieselbe verleiten lassen / etwas zu begehren / daß kein sterblicher mit fug verlangen kunte. Ich wurde aber / für meine verwegenheit / viel zu wenig gestraffet / da man / mir noch den [262] namen eines freundes zu lassen / versprochen. Wie ich nun denselben einiger massen zu verdienen / bemühet war / geriete ich in des erzůrnten Königs von Babel hände: der mich in ketten werfen /und so nach Babel gefänglich fůren ließe. Alda den tod erwartend / erlangte ich meine freiheit / als der ietzige König von Babel / der Baleus / zum tron kame: und wurde mein glůck mir von neuem günstig / indeme mir zugleich die kron von Hemath angetragen wurde / die meinen mütterlichen vorfahren zugestanden.

Weil mir zuvieles glück auf einmal verdächtig war / als dachte ich meiner wiedererlangten freiheit lieber allhier in stiller ruhe zu genießen / als ferner mich der unbeständigen welt zu ergeben: und vermochte ich meinen herrvattern dazu / daß er für mich die kron von Hemath anname / und mir die vergnügung gönnte / so lang er leben wůrde / allhier in stiller einsamkeit mich aufzuhalten. Auf diese weise vermeinte ich das zu ersetzen / was ich vordessen in der welt übersehen hatte. Ich erlangte / an gegenwärtigem Bethuel / einen gefärten: welcher / gleichwie ich / mit den flügeln sich am feuer verbrennet / und forthin sich hüten wolte /einiger liebe sich wieder zu untergeben / da ihme die erste so ůbel bekommen war.

Was kunte wol seinem und meinem sinne anständiger seyn / als diese unsere gleichf \rmige gesellschaft? da ich ihn / und er mich / immerdar stärken muste /bei unsren fürsatz unverrückt zu verharren / und nichtes / als die gedåchtnis der beiden durchleuchtigsten schwestern / forthin zu verehren: die wir / üm unserer eigenen ruhe willen / nicht mehr zu sehen / zugleich beschlossen hatten. Mit dergleichen betrachtungen /die wir oft durch reimen einander zu erkennen gaben /[263] verbrachten wir nun unser hirtenleben; und kan ich nicht ůmhin / zwei klinggedichte hier zu wiederholen / deren eines ich dem Bethuel machte / und von ihm das andere zur antwort bekame / die dan also lauteten.

Des Fürsten von Ram Liebes-Absag.

Gehab dich wol! ich bin entwischt /

du unbeliebt-liebloses lieben!

es liebe dich / wer liebt betůben.

mein herz iezt ruh und freiheit mischt.

Ich lige hier im wald verbüscht /

hab mein gelübd in baum geschrieben:

Ich wil kein lieben fort mehr ůben;

leb sicher / wo die heerde tischt.

Doch / Aramenen zu verehren /

mein herz wird ihr gedächtnis nehren.

Mein weidgenoß auch also sol /

sein und mein ungemach zu råchen /

mit mir in sůßer stille sprechen

lieblose lieb! Gehab dich wol!

Des Fürsten Bethuels antwort.

Ich lobe deinen sinn / mein hirt!

kein blick fort mehr werd abgesendet

zu Sonnen / die uns fast geblendet.

Mit uns im felde nun spazirt

die freiheit / die uns hergefürt.

die süße ruh sich zu uns wendet.

das bange lieben ist geendet:

forthin es uns laß unberürt.

Der süßen flammen angedenken

mag leben zwar / doch uns nit kränken.

Uns der verlust ward ein gewinn:

wer wolt nicht / üm so güldnes leben /

die schönste dienstbarkeit hingeben.

Mein hirt! ich loben deinen sinn.


[264] Es stunde aber nicht lang an / und wir hatten kaum in dieses ruhige feldleben uns etlicher massen eingerichtet / da fande sich der neid des unbeständigen glückes / und musten wir dieses ruhstandes / durch eine sonderbare begegnis / uns wieder entsezt stehen. Dan zu anfang des ietzigen frůlings / als wir beide miteinander nach der stadt Mambuta reisen wolten /und durch der Gumathener landschaft gingen / verfehlten wir des weges / und verirrten uns in die klippen daselbst: weswegen wir / üm einen wegweiser zu finden / auf etliche für uns ligende hütten zuritten. Wir traffen auf selbigem wege / in einem tal / viel leute an / die durch ihre geråtschaft anzeigten / daß man aldort gejaget hätte. Wie wir nun nach dem rechten weg fragten / erkante ich einen unter ihnen / für des Prinzen Sinears alten bedienten. Ich erfuhre von diesem / wiedaß sein herr in dem nåchsten wald sich befände / und alda vom jagen etwas ausruhete. Ich name / üm diesen meinen alten freund zu sprechen /neben dem Bethuel / den fussteig unter mich / den man uns dahin zeigte / unsere knechte bei des Sinears leuten hinterlassend.

Wie wir nun eine ecke fortgegangen / fanden wir bei einem brunn eine dame sitzen / fůr welcher der Prinz von Chaldea auf der erden lage / und aus seinen verliebten gebården uns errahten ließe / was der inhalt seines gespräches seyn müste. Der tag / so dieser sch \nen gerad in das gesichte fiele / gönnte uns / sie v \llig zu betrachten: und werde ich ihre himlische schönheit / meinen durchleuchtigen zuhörern / nicht båßer beschreiben oder fůrbilden können / als wan ich neben dem Bethuel gestehe / daß wir / ungeacht wir beide die zwei gr \ste [265] schönheiten der welt geliebet /dannoch von dieser ihrem glanze ganz eingenommen und geblendt verblieben / und in dem augenblicke mein gefärte zum anderen / ich aber zum dritten male / die freiheit wieder verloren.

Wir schaueten dieses wunderbild sonder bewegung an / die das haubt auf ihren linken arm / über des brunnens lähne / gestützet hatte / und in der rechten hand einen schåferstab hielte: welcher aber einen geringen stand nicht andeuten kunte / weil so wol ihr haubtschmuck / als die ganze kleidung / von köstlichsten edel-gesteinen glimmerte. Ihr haar hinge ihr in zierlichen locken bis auf die schultern: und indem es glinzend schwarz war / gleich ihren angenemsten augen / gab eine perlenschnur / die allenthalben durch ihre locken geflochten war / demselben keine geringe zierde. Ein kleiner strohut / der aber überall mit diamanten beworfen war / bedekte oben ihr haubt / ließe aber doch ihre stirn ganz offenbar sehen / welche /gleich den andren stůcken ihres angesichtes / neben ihrer herfürblůhenden jugend / auf das herrlichste daher glänzte.

Wir hätten wol / einen fus ferner zu verrucken / uns nicht entschließen können / wan wir nicht ersehen hätten / daß / nachdem ihre unterredung lang gewåret / die schöne unbekante endlich / und zwar jälings /aufgestanden / und davon geeilet / und ihr der Prinz von Chaldea nach gelaufen: da dan Bethuel und ich ihnen auch nachfolgten / unwissend / was uns zu diesem fürwitz triebe. Wir sahen / daß Sinear / als er sie ereilet / sie wider ihren willen anfassete / und / wie es schiene / ihme zu folgen / sie n \tigen wolte: da sie aber sich von ihme los risse / und uns beiden / [266] [268]die wir gemachsam folgeten / gerad in die arme lieffe.

Ach ihr hirten! (rieffe sie / uns fůr solche wegen unsrer kleidung haltend) schützet mich / und haltet diesen menschen auf / der mir wil gewalt anthun. Wir hätten das / was sie an uns forderte / auch sonder diesen angenemen befehl gethan / weil wir bereits ganz in sie verliebt waren: und scheuete ich mich nicht /meinen alten freund etwas zuwider zu thun / da es dieser sch \nen konte zu gefallen gereichen. Als Bethuel und ich sie demnach zwischen uns durch gelassen /stellten wir uns dem Sinear mit unfern wurfpfeilen in den weg / und rieffe ich ihme so fort zu / daß er innhalten / und diese nicht ferner verfolgen solte / die wir beschützeten.

So verwirrt er ware / so erkante er mich doch sofort an meiner stimme / und sagte: wie / Elihu! must du der jenige seyn / der mich an meinem fůrnemen hintert? Verdenke mir dieses nicht / ô Sinear! (antwortete ich) weil ich dein beginnen nicht recht befinde. Ach Elihu! (fuhre er fort / und wolte sich zwischen uns durch drengen) du weist nicht / was mich hinzu treibet: laß mich / ehe sie mir entwischet! Ich lasse dich nicht / (versezte ich) sondern bin gewillt / bis in den tod diejenige zu beschützen / die du verfolgest. Als er hierauf / ungeacht dieser meiner warnung / dannoch durchbrechen wolte / fasseten wir ihn in die arme /und hielten ihn dergestalt eine geraume weile / bis wir alle drei darob ermůdeten / und von des Sinears leuten etliche dazu kamen: die ihren herrn und uns also findend / nicht wusten / was sie davon gedenken solten.

Mein anschlag ist vergebens / (sagte zu einem unter [268] ihnen / der wütende Prinz) und / da ich diese gelegenheit muß aushanden lassen / ist keine hoffnung für mich mehr übrig / iemals wieder dazu zu gelangen. Gehab dich wol / grausamer freund! (sagte er ferner /mich anredend) und wisse / daß / wan du mir hättest tausend töde angethan / ich dir solches eher wůrde vergeben haben / als dieses unglück / so du mir verursachet. Hiemit / sonder meine antwort zu erwarten /warfe er sich auf ein pferd / so ihm zugefůret wurde /und rante mit den seinen davon / daß wir in kurzem von ihnen nichts mehr sahen.

Diese frömde begebenheit / die uns so ganz unvermutlich zugestossen / sezte uns in die unschlüßigkeit /daß wir anstunden / was wir hiernåchst beginnen solten: und war Bethuel ja so begierig / als ich / von dieser schönen etwas mehrers zu wissen / die da mehr /als es zu unserer ruhe dienlich war / uns wol gefiele. Wir sagten zwar einander hiervon unsere gedanken nicht / doch triebe uns einerlei fůrsatz / noch etwas im holze zu verharren / ehe wir nach unsren leuten ümkehrten.

Wie wir nun also den rückweg für uns namen / erblikten wir von ferne / durch die båume / eine weibsperson / die wir / im näheren / wegen gleicher långe und kleidung / fůr die vorige hielten. Unsere freude ward mit einer verwunderung begleitet / daß wir diese / die wir erst so voll schreken und flüchtig gesehen /nun so ruhig fanden spaziren gehen. Und was noch mehr war / wir sahen eine harffe in ihren händen / und hörten / daß sie spielte und darein sange. Oben an den harffenknopf hatte sie einen zettel geklebet / auf welchem das lied geschrieben stunde. Wir wurden beide /von [269] ihrer himlischen stimme / schier ganz entzucket /und glaubten wir nicht / daß etwas anmutigers in der welt seyn könte.

Wir folgten ihr langsam nach / bis der wind den zedel ergriffe / von der harffen abriße / und mir gleich in die hände wehete. Ich hatte solchen kaum aufgefangen / da sahe diese schöne herüm / und zeigte uns ganz eine andere sch \nheit / als die vorige gewesen. Dan / an stat der schwarzen haare / ersahen wir an dieser das schönste silber-haar / welches mit grossen smaragden-körnern durchflochten war. Sie ließe ein paar dunkel-blauer augenlauf uns schießen / und zwar mit solcher kraft / daß wir beiderseits die andere wunde von ihr entfingen / und dieser / in unsren herzen / den fůrzug fůr ihrer vorigen gestalt zu geben begunten. Ich gebrauche mich dieser redensart / weil wir / als ganz verbast / diese beide damals fůr eine person gehalten / und sie das erste mal nicht recht betrachtet zu haben vermeinten. Wie wir sie nun also voll bestürzung anschaueten / lächelte sie uns an / zu mir sagende: ob mir gefiele / ihr den zedel wieder zu geben /den ihr der wind geraubet hätte. Ehe ich allhier meine antwort erzehle / muß ich zuvor dieses lied wiederholen / welches also lautete:

Verachtung der welt / und verlangen nach dem himmel.
1.
Meine seel hier findet nicht /
was ersättigt ihr belieben.
Was der himmel dort verspricht /
das ist in diß herz geschrieben
[270]
Ich wil dich / ô welt! verachten:
nach dem himmel will ich trachten.
2.
Meine Herberg nur du bist.
hier wir wohnen nicht / wir wallen.
solte / wo man fremdling ist /
das verweilen wolgefallen?
Halt mich nicht / du welt-getümmel!
dort mein heimat ist / der himmel.
3.
Ich muß dich / du marter-höl!
eine buben-grube nennen:
wo man einer frommen seel
nichts als plagen pflegt zu g \nnen.
Solt mich nicht hinaus verlangen?
nur gen himmel fortgegangen!
4.
Wer kan haben lust zu dir /
Welt / du zuchthaus guter herzen?
man hat müh und arbeit hier /
dient der eitelkeit mit schmerzen.
Droben / wo die sternen glasten /
meine seele wůnscht zu rasten.
5.
Haus des elends / du Spital!
krank und arm sind deine gåste.
Ach! der schöne himmel-saal
der bewirtet auf das bäste.
Wer wolt gern hier schmächtig ligen?
dort ist gnůge und vergnügen.
6.
Welt! bist du ein kerker nicht?
ach! wer liget gern gefangen.
[271]
ists nicht båsser / zu dem liecht
aus der finstren qual gelangen /
zu der Gotteskinder leben /
das mit freiheit bleibt ůmgeben.
7.
In dir find' ich keine ruh /
Welt / du tollhaus tummer seelen!
die dem falle steigen zu
und viel torheit-stuffen zehlen.
Ich wil / mit den Gottes weißen /
nach des himmels ehr-burg reisen.
8.
Solt mich laben hier dein wust /
wüste wildnis / distel-heide?
Unlust endet deine lust:
du vergiftest mir die weide.
In der sterne feldereien
will ich meine wůnsche streuen.
9.
Wer wolt gerne lang auf dir /
ô du weg vol dornen! gehen?
du verwundst die fůße mir.
Sichrer dort ich werde stehen
in des vatterlandes thoren /
da mein geist sich hin verloren.
10.
O du schla -thal / das mich trägt
durch die trůbe trůbsal-pfůtzen!
hått ich dich doch hinterlegt!
Droben wolt ich trocken sitzen
auf den sch \nen himmels-höhen.
dorthin / seele / laß uns gehen!

[272] Weil dieses schöne lied fürnemlich handelte vom verlangen / dieses leben mit jenem zu verwechslen /name ich daher anlaß / ihr diese antwort zu geben: Die winde finden diesen wunsch so unbillig / daß sie solchen vor so sch \nen augen nicht långer dulten wollen / und m \chte ich fast deshalben bei mir anstehen /ob ich es wieder von mir geben solle / wan nicht das gebot meiner schönen unbekanten alle andere betrachtungen bei mir verschwinden machte. Hiemit warfe ich mich auf ein knie / und ůberreichte ihr also den zedel wieder / den sie mit großer holdseligkeit von mir anname / und sagte: Vermeinet dan ihr / edler hirte! daß mir / dergleichen lieder zu singen / nicht gebüre. Die der himmel (antwortete ich) so wunder-sch \n erschaffen hat / die kan / sonder der erde unrecht zu thun / sich nicht von hinnen wůnschen. Eine angeneme röte ümzoge ihre wangen / als sie dieses lob anhörte / und sagte sie darwider: Ich bin wol gewonet / dergleichen höflichkeiten von den Mesopotamischen hirten / unter die ich mich rechnen muß / zu hören. Gesezt aber / ich besåße etwas von dem himmel / so ist es ja billig / daß ich nach demselben / als nach meinem ursprunge / verlangen trage. Auf gewiße maße / (versezte ich) und soferne der unerkentliche erdboden nicht recht beobachtet die schuldige verehrung / die solchen himmelssch \nheiten gebüret / kan dieses verlangen wol stat finden. Wan aber alle welt also / wie ich / zu erkennen wüste oder wolte / was uns der himmel fůr güte erzeiget / indem er uns solche creaturen gönnet anzubeten / so würdet ihr / sch \nste! nicht nötig haben / euch über die welt zu beklagen. Diese eitle ehre / wan mir die ja manglen solte / (antwortete sie låchlend) beweget mich gar nicht hierzu /der welt feind zu seyn / sondern vielmehr ihr eitles thun / das ja so unbeståndig [273] ist / als das wenige schöne / so ihr an mir zu finden vermeinet.

Indem ich hierauf wieder antworten wolte / kam eine alte frau gelaufen / die ganz beängstigt dieser sch \nen etwas in das ohr raunete: Worüber die sich nicht allein bestürzt anstellte / sondern auch so fort von uns abschied name / und mit der alten forteilete. Beim abschied-nemen sagte sie: Wan ihr den Ausicles und seine freundschaft kennet / so grüßet sie / wan es euch gefället / von derjenigen / deren sie / dieses sch \ne lied des fürtrefflichen poeten Belisars / mitgeteilet. Ich kenne diesen hirten Ausicles sehr wol /(antwortete ich /) werde auch nicht ermanglen / solchem befehl gehorsamst nachzukommen: den ich aber noch deutlicher würde ausrichten und bestellen k \nnen / wan ich den namen meiner schönen wissen dörfte. Sie kennen mich schon / (antwortete sie) und bedarf es keiner ůmstände. Hiemit schiede sie davon /und hinterließe / den Bethuel und mich / so vergnügt als betrübet: da sonderlich dieser mein neuer mitbuler mein glück zu beeifern anfinge / daß ich mehr / als er / in ihre kentnüs gerahten war. Sein verlangen ware nun nicht geringer / als das meine / den hirten Ausicles in unserer wiederkehr zu sprechen / weil wir hoffeten / von demselben dieser unbekanten ihren namen zu erfahren.

Wie wir nun / nach dieser andren begebenheit / auf dem rückweg begriffen waren / h \rten wir / unferne von uns / ein geschrei einer zarten weibsstimme / die da rieffe / daß man doch m \chte zu ihr kommen. Diß bewegte uns beide / nach dem thon zu eilen / und brachen wir so lang durch die bůsche und d \rner / bis wir die ins gesicht bekamen / die uns also geruffen hatte. Wird es aber wol können geglaubet werden / wann ich sage / daß wir [274] zum dritten mal eine weibsperson /gleich den beiden ersten gekleidet / zu sehen bekommen? die uns so fort entgegen lieffe / und uns bate /daß wir ihr den weg nach Abarne weisen wolten /weil sie sich verirret hätte / und ihre lebtage in keiner gr \ßern angst gewesen wåre. Indem ihr holdseliger mund dieses zu uns sagte / hatten wir zeit / sie zu betrachten: da wir sie dan den beiden vorigen schönheiten ganz änlich fanden / auser daß sich uns an ihr / an stat des schwarzen und des silber-haares / lichtbraune haarlocken zeigeten / die mit diamanten durchflochten waren. Wir schaueten ihre himmelblaue augen / die als zwo sonnen funkelten / mit solcher verwunderung an / daß diese sch \nheit uns die dritte wunde gabe. Weil wir aber dieses alles für eine bezauberung anhuben zu achten / ließe uns die bestůrzung nicht zu / so fort dieser schönen auf ihre bitte zu antworten / bis endlich Bethuel sich ermunterte / und zu ihr sagte /wie daß er sie nach Abarne bringen wolte.

Er wuste so wenig / als ich / den weg nach diesem orte / den wir vorher niemals hatten nennen h \ren: dannoch gabe ihm die liebe dieses kůne anerbieten in den sinn / üm also desto länger bei dieser schönen zu verbleiben. Sie war ůber dieses sein verheisen h \chst erfreuet / und ließe so fort ihre grosmůtigkeit blicken /indem sie ein überaus köstliches diamantenes armband von der hand zoge / und selbiges / zur vergeltung / dem Bethuel verehrte. Hatte er nun zuvor / über mein glück / das ich bei der vorigen genossen / zur eifersucht ursach gehabt / so stellte sich nun diese liebesgefårtin auch bei mir ein / und konte ich / sonder beunruhigung / an des Bethuels arm nicht sehen / was ihm eine so schöne hand geschenkt hatte. Ich bedachte nun aber bei mir selbst / wie dieses ablaufen / und wie Bethuel bestehen wůrde / wann er [275] Abarne nicht finden solte. Er ginge aber ganz unverzagt fort / und begleiteten wir diese schöne / sie mit gespråchen unterhaltend: bis wir lezlich / recht aus blindem glůcke /ganz ungefår auf die heerstraße gerieten / die nach Abarne zu ginge. Unsere unbekante sch \ne war die jenige / die solches zu erst er \fnete / und wäre sie so gütig / daß sie uns mit ihr in Abarne zu kommen nötigte. Sie erzehlte uns im hingehen / daß sie die jüngste von dreien schwestern wäre / die viele erbgüter in der Girmathener lande besäßen: wie dan Abarne ihrer ältern schwester zugehörte / alwo sie sich nun eine weile hätten aufgehalten.

Wir wurden durch diese nachricht höchlich erfreuet / und hoffeten / es solte ferner heraus kommen / wer sie wåren / und wie sie hießen: das sie aber / bei aller ihrer vertraulichkeit / meisterlich zu bergen wuste. Endlich kamen wir für ihr haus / wie es bereits begunte abend zu werden: da dan viele vom gesinde uns entgegen kamen / die so wol ihre angst als ihre freude bezeugten / als sie / nach so langem ausbleiben / diese sch \ne wieder zu sehen bekamen. Weil wir ihr gesagt hatten / wie wir ihre åltere schwester von der verfolgung des Prinzen aus Chaldea gerettet / auch daß wir ihre mitlere schwester gesehen håtten / als zoge sie daher ihre verpflichtung so groß an daß sie mir ebenfalls / wie dem Bethuel / zur erkentlichkeit / eine statliche diamantene armspange schenkte / und uns beiden die zusag abn \tigte / morgen zu ihr zu kommen und sie zu besuchen. Mit solchem versprechen schieden wir ganz vergnůgt von ihr / und fůr liebe alle andere dinge vergessend / gedachten wir selbigen abend nicht an unsere zurůckgebliebene leute / die vor dem holz unser warteten / sondern sahen uns nur üm nach einem hause / da wir übernachten k \nten / das wir auch bald ůberkamen.

[276] Wie wir nun hierauf uns allein sahen / begunten wir erst recht diese wunderbegegnis zu ůberlegen. Weil wir folgenden tags diese drei wundersch \nheiten wieder sehen solten / ware hiernach unser verlangen ganz unbeschreiblich / und gestunden wir einander /daß wir liebten / ohne daß wir zu unterscheiden wusten / welche von den dreien uns am meisten gerůret. Wir gedachten nun / bei der andern besichtigung /alles eigentlicher zu beobachten / verheleten aber einander / üm alle eiversucht zwischen uns aufzuheben /daß jeder von uns sie alle dreie liebte. Was wir aber einander nicht sagten / das bedachten wir desto mehr bei uns selbsten / und verbrachten damit die ganze nacht / da wir bald der schwarzen / bald der weissen /bald der braunen / den vorzug der schönheit gaben. Doch fiele bei mir die wahl auf die zweite / mit den weissen haaren / als welche ich änlich fande der unvergleichlichen sch \nheit / die ich ehmals verehret: und gedachte ich bei mir selber / daß vieleicht der himmel dieses also geschicket / ům dadurch zu verschaffen / daß ich meines vorigen leidens ergetzet würde / und dessen ům so viel leichter und beständiger vergessen m \chte. Eben also erginge es auch dem Bethuel / welcher / in erinnerung seiner vorigen liebe / die jüngste / nämlich die mit den bråunlichen haaren / erkiesete.

Wie nun der morgen angebrochen / und wir / bei unsern schönen uns anzumelden / es zeit zu seyn erachteten / gingen wir nach ihrem hause: da uns eine ansehnliche alte dame / neben den beiden sch \nheiten / die Bethuel und ich fůr uns ausgewehlet hatten / wilko en hieße. Diese kunte uns ihre dankbarkeit und erkentliches gemüte nicht gnug an den tag geben / um daß wir die åltere von diesen schwestern / welche sie ihre basen neñte / von dem unbescheidenen Prinzen der Chaldeer errettet [277] hatten. Sie sagte ferner / wie der schrecken und die furcht dieselbe bettlågerig gemacht: doch würde sie es gern sehẽ / wen wir sie besuchen wolten / üm dadurch die gelegenheit zu ůberkommen /uns für die gestrige hülfe mehrern dank zu sagen. Die majestät und gute art / mit welcher diese dame alles vorbrachte / gaben uns / so wol als auch ihre pråchtige kleidung / zu erkennen / daß sie etwas fůrnemes seyn müste. Wie wir nun mit gegenh \flichkeiten dieses beantwortet / wurden wir von ihnen in der åltern schwester ihre kammer gefůret / die mit herrlichen goldgewirkten decken behangen war / und lage sie auf einem helfenbeinernen bette / und erschiene in ihrer nachtkleidung so schön / daß Bethuel und ich anhuben / in unserer liebes-wahl zu wanken. Ihre danksagungen / und unsere verringerungen der ihnen erwiesenen dienste / ware der inhalt unseres gespråches.

Wie wir hierauf zum essen gehen solten / dazu sie uns / ob wir gleich von ihnen für gemeine hirten gehalten wurden / aus großer höflichkeit dannoch einluden / kamen unsere leute / die uns die ganze nacht gesuchet / in Abarne / und gleich unsern namen ausbringend / verursachten sie dadurch / daß unsere schöne wirtinnen erfuhren / wer wir waren / und daher keine gemeine freude blicken ließen / sonderlich daß sie mit den Fůrsten von Ram / (als ihre worte lauteten /) in kentnůs gerahten. Des Bethuels entdeckter name machte auch große freude / wiewol solche sich mehr bei den jungen / als bei der alten / blicken ließe: welche nicht aufh \ren konte / den himmel zu preisen /daß der sie den tag erleben lassen / des Baracheels sohn zu sehen. Wir gingen nun / nach dieser kentnis /zum essen / da alles königlich / so wol was die geschirre / als was die speisen anbelanget / daher ginge. Bethuel und ich hatten die vergnůgung / unsere [278] beide sch \nheiten zu sehen: wiewol solche mit dieser unruhe vermånget war / daß wir von unserer ersten wahl abschritten / und bei aller augenweide / die wir alda so ůberflüßig genoßen / dannoch mit unseren gedanken bei der ersten sch \nheit waren / die des bettes hütete.

Nachdem wir aufgestanden / begaben wir uns wiederzusammen in der kranken ihre kammer / da die alte des Sinears beginnen nicht gung auszuschelten wuste / und dermassen auf ihn schmähete / daß auch endlich die schöne kranke sich nicht enthalten kunte / zu ihrer mumen zu sagen: Ich habe wol ehe von dem Prinzen Sinear geh \rt / daß der Fürst von Ram und er große freunde seien / daher wird es diesem unsrem gaste wol kein angenemes h \ren seyn / daß hier sein alter freund also durchgezogen wird. Er hat verdienet / (antwortete ich) daß man auf sein freches beginnen schelte / und sage ich ihm alle ehmalige freundschaft auf / nun er sich solcher that wider meine sch \ne unterfahen d \rfen. Er hat aber (versezte sie) auser diesem seinem lezten beginnen / viel edle tugenden an sich / die wol wert sind / daß man darum sein freund verbleibe. Diese worte sagte sie mit so sonderlichen gebården /daß sie mich vermuten machte / es můste Sinear bei ihr noch geliebet / oder wenigst nicht in solcher ungnade seyn / wie bei ihrer alten mume. Daher erweckte in mir die liebe den eifer / diesen platz anzugreifen / den ich zum schwersten erlangbar vermuten muste: und liebte ich also selbigen tag die ältere unter diesen dreien schönen.

Bethuel folgte mir hierinn / und ginge neben mir /als unsere unterredung noch lang gewäret / so verliebt in diese åltere / von dannen / daß er nachgehends /wie wir allein waren / solches mir nicht gnug beschreiben kunte. Ich vermeinte ihn zu bereden / [279] daß er eine von den andren beiden lieben m \chte / wan er ja sich noch einmal der liebe ergeben wolte: er aber gebrauchte eben meine gründe wider mich selber / und stellte mir fůr / daß / weil Sinear die åltere liebte / ich bäßer thun würde / wan ich einer von den andern aufwartete. Wir waren viel zu gute freunde / als daß wir einander håtten verhelen sollen / wie wir beiderseits von diesen sch \nheiten uns verwunden lassen: daher wir zugleich verliebte / vertraute in unser liebe / und mitbulere zusammen wurden. An stat nun unsere reise nach Mambuta zu beschleunigen / gedachten wir dieser gelegenheit ferner abzuwarten / ům unsere schönen zu sehen / und von ihrem zustande mehr zu erfahren. Daher wir folgenden tags uns wieder bei ihnen anmelden ließen / und so fort eingelassen wurden. Wir fanden niemand / als die mitlere von den dreien schwestern: weil die ältste arzneien gebrauchet / und sich also nicht sehen ließe / die jüngste aber mit ihrer alten mumen ausgegangen war.

Was sol ich sagen? wir fanden beide damals diese schönheit so fürtrefflich / daß ich seinem vorigen raht folgen wolte / die ältere ům diese zu verlassen: gleichwie auch er / ům mir zu gefallen zu seyn / nun diese für jene erkieset. Wir ergezten uns etliche stunden /mit anh \rung ihrer himlischen stimme / und der sch \nen geistreichen lieder / die sie selber gedichtet /und uns fůrsange / schieden auch nicht eher von ihr /als bis uns der wolstand dazu vermanete. In unsrem wirtshause vermeinte ich den Bethuel sonderlich zu erfreuen / als ich ihm die nachricht gabe / daß ich seinem raht gefolget / und nun / dieser sch \nen aufzuwarten / beschlossen håtte. Aber er offenbarete mir eben dergleichen / und wolte mich bereden / bei meiner ersten entschließung zu bleiben / [280] üm dadurch zu verhüten / daß wir nicht mitbulere würden. Ich vermochte ihm solches nicht zu versprechen / weil ich dergestalt von dieser schönheit eingenommen war /daß mir unmůglich dünkte / von ihr abzulassen.

Wir gingen hernach zum dritten mal wieder an diesen zauber-ort / und traffen / neben der alten / die beide jüngsten zusammen an: da ich dan / die dritte eigentlich zu betrachten / mir fürname / und sie ja so sch \n als die andern erkennend / dem Bethuel zu fugen gedachte / indem ich mir gewalt anthåte / die augen von der zweiten ab / und dieser allein zu zuwenden. Damit aber unser nårrisches geschicke volkommen würde / muste Bethuel eben also denken: dergestalt blieben wir mitbulere / so sehr wir auch /solches zu verhüten / uns bemüheten. Als wir wieder allein waren / erkenten wir dieses durch unser beiderseits offenbarung / die wir einander hiervon thäten /und fanden wir so wol die torheit / die wir begingen /als die unmüglichkeit / davon abzustehen. Unsere sinne waren auch dermassen hievon eingenommen /daß unsere leute nicht wusten / wie sie mit uns daran wåren / und vergeblich uns etliche mal anmaneten /ob wir nach Mambuta die reise fortsetzen möchten. Wir verschoben aber selbige von einen tag zum an dern / und fanden immer entschüldigungen / die uns zu Abarne anhielten. Weil aber unser verlangen groß war / diese drei sch \nheiten zu kennen / als erkundigten wir uns deswegen zu erst bei unsrem wirte: der wuste uns keinen andern bescheid zu geben / als daß diesen damen viel landgüter in der Gumathener gebiete zustůnden; daß alle ihre leute sagten / sie wåren k \nigliche personen; und daß sie / zu ende des vergangenen herbstes / so bald der friede erschollen / mit ihrer [281] alten basen dahin gekommen / und das schåferleben unter ihnen angefangen håtten. Mit diesem bericht konten wir nicht vergnůgt seyn / sondern bekamen vielmehr noch größere lust / diese / so sich also verborgen hielten / recht auszukundschaften. Aber / nach fleissiger erkundigung / erfuhren wir nichtes mehr /als was wir bereits wusten / und wurden berichtet /daß ihre eigene leute sie nicht kennten / die sie alle /teils aus Arabien / teils von den Musianern allhier / in dienste genommen hätten.

Gleichwie dieses unsere verwunderung mehrete /also name auch unsere unruhe merklich zu / als wir almählich nicht mehr so wol gelitten / als anfangs / in ihrem hause waren / und die alte uns \fters allein für sich kommen ließe / sonder daß eine von den dreien schwesteren für das taglicht kame. Es gabe uns auch die alte nicht unklar zu verstehen / wiedaß wir wol thun wůrden / wan wir unsere reise fortsetzeten / weil ein långeres bleiben leichtlich einen b \sen verdacht würde k \nnen verursachen / und wären sie in ihrem hause solcher vielen besuchungen nicht gewonet. Dieses muste uns willig oder unwillig zu dem schluße bringen / nach Mambuta fortzureisen. Wir hielten vorher an ům erlaubnis / daß wir von ihnen mochten abschied nemen. Weil die alte nun unser los zu werden hoffete / willigte sie in dieses unser begehren /mit aller h \flichkeit. Wir fanden / die drei überirdische schwestern / in einem schönen garten / den sie hinter ihrem hause hatten / da sie in einem herrlichen ausgezierten cabinet stunden / und uns entfingen. Wir hatten sie noch nie beisammen gesehen / und da uns /der glanz von einer allein / zuvor die sinne bemeistern k \nnen / ware es nun auch nicht zu bewunderen / daß ihrer dreie mehr als eine vermochten: [282] massen wir von ihrer klarheit so geblendet blieben / daß wir schier vergassen / die gebürende höflichkeiten abzulegen.

Weil wir die jůngere lezlich am häftigsten geliebet / sahen wir anfangs am meisten nach derselben. Wie aber die andere zwo / mit ihrer verborgenen macht /unsere augen auf sich zogen / wurden wir ganz irre /also daß bald die erste / bald die andere / und dan bald wieder die dritte / bei uns den fürzug behielte. Es ware sobald keine wahl von uns verrichtet / so gedachten wir / wir thäten dadurch den andern beiden unrecht: daher wir / alles wehlen einstellend / dißmal in alle dreie zugleich verliebet blieben / und also mit der gr \sten unruhe von der welt / bei dieser besuchung / gequålet wurden. Dan der Bethuel / wan er mit der einen redte / konte nicht leiden / daß mich die anderen mit gespråchen unterhielten; und mich verdroße es ebenfalls / daß ich die jůngere mit dem Bethuel so åmsig reden sahe / ob ich gleich der beiden andren gesellschaft hatte. Weil die åltere nicht viel redte / sondern uns andere / indem sie an ein fenster ginge / allein ließe / erzehlte mir die zweite die ursach / warüm sie so unbekant in der Girmathener land lebten: daß nämlich ihre alte base / neben ihr / aus den gestirnen ersehen / wie ihnen in Mesopotamien ein großes unglück zustoßen wůrde / wan sie daselbst solten bekant werden. Und üm deß willen lebten sie also einsam in den klippen / ihre zeit mit erlernung des himmelslaufs zubringend / und darbei mit dem landleben sich ergetzend.

Diese vertraulichkeit name ich mit der h \chsten erkentlichkeit und vergnůgung auf / zugleich aber / mit der grösten eiversucht warnemend / des Bethuels gleichmåßiges glůck bei der jüngern / und die [283] traurigkeit an der ältern / als welche ich dahin deutete / daß der Prinz Sinear von ihr můste geliebet seyn. Eben solche seltsame regungen fülete in sich der Bethuel /der immer die augen nach uns und nach der älteren schwester gerichtet hielte: da ihm die jüngste noch vielmehr / als mir die meinige / geoffenbaret / wie ich bald sagen werde. Wir musten nun endlich abschied nemen / und gabe mir die åltere diesen befehl mit /daß / wan ich einsmals wůrde zum Sinear kommen /ich ihm nochmals / wessen er sich erkůnen d \rfen /häftig verweisen / auch daß ich den Ausicles / die Eidania und Melidia / ihrentwegen grůßen solte. Hingegen wurde Bethuel von der jüngern / mit der unschüldigsten und angenemsten art von der welt gebeten /bald wieder zu ihnen zu kommen. Sie errötete aber hierbei / indem sie dieses sagte: dessen sich ihre mitlere schwester auch teilhaftig machte. Also schieden wir hinweg / und erkanten erst die häftigkeit unserer liebe / als wir die schöne ursacherinnen unseres leidens nicht mehr sahen.

Auf der hinreise nach Mambuta / erzehlte mir Bethuel / was ihm die jůngste er \ffnet / daß sie nåmlich fürneme Prinzessinnen wären / die aus ihres vatters hause sich nach der Girmathener land mit ihrer mutter schwester begeben müßen / weil ein großer herr in der nachbarschaft die ältste unter ihnen lieb gewonnen: dem sie aber die ihrigen nicht geben / sondern sie ihm aus den augen bringen wollen / ům ihn desto eher zu bewegen / daß er von ihr ablassen m \chte. Um des willen můsten sie also verborgen leben. Worzu noch käme / was sie aus dem gestirne / deren wissenschaft sie sich von jugend auf beflissen / wargeno en / daß nåmlich Mesopotamien ihnen ein großes unglůck drohe / wan daselbst [284] ihr stand und name würde offenbar werden. Er hatte auch von ihr vernommen / wie der Sinear von der ältsten geliebet sei. Ich geriete hierůber in noch gr \ßere unruhe: weil ich nicht allein beeiferte / daß man gegen dem Bethuel vertraulicher /als gegen mir gewesen / sondern auch weil ich mich nicht zufrieden geben kunte / daß die åltste den Prinzen von Chaldea liebte. Alle diese meine qual teilete ich dem Bethuel auch mit / und wan ich gleich oft in mich selber ginge / und mein wunderbares leben verlachen muste / so kunte ich mich doch nicht ůberwinden / sondern muste meinem geschicke folgen / das mich zu dieser wunderbaren liebensart verdammet hatte.

Wir hielten uns zu Mambuta nicht lang auf / weil uns verlangte / in der wiederkehr / zu Abarne wieder einzusprechen. Wie wir aber wieder dahin kamen /fanden wir das leere nest / und erfuhren in der nachfrage / daß die alte mit ihren dreien basen / gleich nach uns / aufgebrochen und von dannen gezogen wåre. Niemand wuste uns zu sagen / welchen weg sie genommen / oder wo sie hin gekommen / und kame uns alles dieses so fr \md für / daß wir oft anhuben zu zweiflen / ob es nicht bloß ein zauberisches gesichte gewesen sei. Wir eileten / als wir wieder hieher in die landschaft Amida gekommen / so fort zu dem hirten Ausicles / ům bei deme etwas von unsern dreien schönen zu erfahren. Wir erhielten von ihme die erfreuliche nachricht / daß sie zu Sarug / und also uns ganz nahe / sich befänden: dahin sie sich begeben / weil sie / vor dem Prinzen von Chaldea / in einer stadt sicherer zu seyn vermeinten / als auf den offenen lande. Wir hatten dieses kaum zu ende gehöret / da gaben wir der Melidia und Eidania / wie auch der schåferin Sandenise alhier zu gegen / die auch in [285] der Girmathener lande sie kennen gelernet / so gute worte / daß sie mit uns nach Sarug gingen: da wir diese dreie / ja so sch \n und ja so gütig / als zu Abarne wieder antraffen / und / durch vermittelung obbenanter schåferinnen /zu ihnen fůrgelassen wurden.

Weil wir sie alle dreie beisammen funden / hatte ihre macht die alte wirkung in uns beiden / daß wir in sie alle drei gleich håftig verliebet blieben / auch so gar / daß unsere bis dahin gepflogene vertraulichkeit anhube kälter zu werden / und die eiftesucht uns triebe / gegen einander geheim zu seyn: da dan ein ieder für sich / auf alle mügliche weise einen vorteil in dieser fr \mden liebe zu erjagen / bemůhet bliebe. Dieserwegen suchete Bethuel / so wol als ich / gelegenheit /wie ein ieder allein bei unsern schönen seyn m \chte: das uns aber sehr selten anginge / weil das gleiche geschicke uns fast allemal zugleich triebe / auf eine zeit und stunde in Sarug zu kommen. So bekant nun / in kurzer zeit / die drei sch \nheiten von Sarug in dieser ganzen gegend geworden / so offenbar wurde auch dabei unsere liebe: an deren entdeckung zu allererst die vorwitzige Sandenise schuld hatte / die dessen gegen ihre andere gespielinnen gedachte / welche davon ihren vertrauten wieder erzehlten / und es also unter alle einwohner dieser gegend ausbreiteten. Weil Bethuel damals eine unůmgängliche reise nach Haran thun muste / hatte ich etliche wochen luft / bei unseren schönen allein zu seyn.

Ich feirete dazumal nicht / der åltsten / des Sinears unbeständiges gemüte / zu beschreiben / welches er nicht allein gegen der Lea / sonderen auch darinn erwiesen / da er eine große K \nigin hierzugegen / im verwichenen Syrischen kriege / heuraten sollen / und solcher glückseligkeit / als er deren beraubet worden /sobald vergessen [286] k \nnen; daraus dan zu schließen wåre / daß er ihrer nicht mehr achten wůrde / nun er ihre schönheit nicht fůr augen hätte. Ich richtete hiemit bei ihr dieses aus / daß sie anfinge unruhiger zu werden. Als ich darauf auch der jůngsten erzehlte /wie håftig ehmals der Bethuel geliebet / machte ich die damit fůrwitzig / ein mehrers hievon zu hören. Der mitleren wuste ich dergleichen nichtes zu sagen /und hütete ich mich wol / ihr und den andern / meine schwachheit / die ich gleicher massen in meiner vorzeitigen liebe erwiesen / zu entdecken.

Nachdem ich dergestalt / bei diesen dreien / das vergnůgteste leben ein zeitlang gefüret / verst \rte der wiederkehrende Bethuel meine ruhe. Ich fůlete nun mehr als iemals meine eiversucht / als ich diesen mitbuler bei meinen sch \nen wieder sehen muste. Weil in allen dingen unser geschicke gleich seyn solte / als fügte es sich / daß / den dritten tag nach des Bethuels wiederkehr / ich notwendig nach meinem fůrstentum Ram reisen muste: in welcher zeit er alles das nachholete / was er zuvor verseumet hatte. Ob er mir nun zwar / was den Sinear betraffe / bei der ältsten keinen schaden thåte / so erzehlte er doch der zweiten / meine ehmalige liebe / und bemůhete sich die dritte / als die ihn damit zu vexiren anfinge / zu bereden / wiedaß er nicht mehr an vorigem hohen ort liebte.

Wie ich / nach verlauf einer wochen / wieder nach Sarug kame / fande ich den Bethuel / bei diesen dreien sch \nen / hierüber im kriege: die den mich alle zum beistand rieffen / ihnen zu sagen / ob es nicht wahr wåre / daß Bethuel am bekanten ort noch liebte. Es schmerzte mich / daß ich / durch entdeckung der warheit / meinem mitbuler dienen solte / und sagte ich demnach / wiedaß ich es nicht wůste. Bethuel name daher gelegenheit / [287] die frage ihnen an die hand zu geben / ob ich nicht auch noch liebte / wo ich nichtes zu hoffen håtte? Ihnen hierauf zu antworten / hatte ich nicht allein damals / sondern auch nachgehends /immer genug zu schaffen / und wolten sie so wenig mir / als dem Bethuel / zutrauen / daß wir so vernůnftig seyn k \nnen / unsere liebe / wegen der unmüglichkeit / aufzuheben. Sie hatten wol ursach / solches von uns zu vermuten / weil sie unsere törichte liebe / mit deren wir gegen sie selbst verhaftet / wol vermerkten. Weil wir uns aber an keine von ihnen besonders macheten / als litten sie / so wol als ihre alte mume / daß wir in unserer lebens-art fortfahren dorften.

So ungereimt und låcherlich nun diese ware / so gabe sie uns doch beiderseits in den siñ / etwas freier als bis dahin geschehen / unseren schönen / unsere liebe in versen kund zu machen / die wir ihnen / und zwar auf einen tag / und fast auf einen schlag (massen wir / zu meiner verwunderung / einerlei reimung auf die dreie / und doch keiner des andern reimwörter /gefůret) ůberreicheten. Des Bethuels seine liebes-entdeckung / lautete also:


Kan sich die lieb ins herz durch eine sch \nheit streuen:

was wird geschehn von dreien?

kan man nicht unverliebt die sch \nheit schauen an:

so wird man ja verzeihen

dem Bethuel / daß er die lieb nit lassen kan.

Solt mir / des hasses eis / den weg zur gunst verschneien /

gehårtt vom wankel-wahn?

das herz / durch solche zier / sich zum bestand låsst weihen.

Ich schwöre / bei der bahn

der sonne / daß in mir die wunden ewig seien.

Die meinige aber / hatte ich / in diese zeilen verfasset.

Wan eine sonne kan der erd viel hitz verleihen:

ich stehe hier bei dreien;

[288]

was wunder ist es dan / wann ich entzůndet bin /

und muß nach kůlung schreien?

Sol meine brunst dan auch / die ich trag' in dem sinn /

sich anzumelden scheuen?

Es lohe diese lieb nach ihrem ursprung hin /

auf gnådiges gedeien.

Lasst ihr die flamme nicht / Elihu dem getreuen /

tod und verzehrung dreuen.


Unsere sch \nen / hielten diese unsere reimen fůr rätseln / und legten mir demnach auf / des Bethuels schrift / und ihm / die meine zu erklären. Wir wurden hierob beiderseits beschåmet und betreten / und wůrden einander in unser liebe gedienet haben / wan wir einer des andern verse ihnen recht hätten ausgeleget. Ich wandte aber dieses ihr begehren von mir ab /mit der entschuldigung / wie sie selbst so hocherleuchten verstandes wären / daß sie keines anderen erklärung bedůrften. Bethuel aber sagte: Er wolte sich wol deutlicher gegen sie erklären / wan sie es begehrten. Weil sie nun dieses nicht verlangten / als haben sie auch nicht ferner in uns dringen wollen. Viel dergleichen dinge begaben sich zwischen uns / welche hier zu erholen / viel zu weitlåufig fallen würde. Gleich wie wir nun nie vermochten / sie zu bereden /daß sie aus Sarug kommen möchten / also konten wir auch nicht ihren stand von ihnen erfahren. Wir fuhren also in dieser lebens-art fort / bis diese königliche gesellschaft mit unserer Königin alhier ankame: die dan / wiewol verborgen / zu sehen / unsern drei schönen ein großes verlangen erwiesen / und gleichwol dem Bethuel und mir dise ehre nicht gönnen wolten / daß wir ihnen hierinn gedienet hätten / sondern den hirten Ausicles dazu erkieseten.

Wie nun dieser mit seinem frauenvolke / ongefår vor acht tagen / nach Sarug kame / ům diese sch \nen[289] heimlich an den ort zu füren / wo diese königliche gesellschaft sich zu versamlen pfleget / musten sie / ach leider! von den inwonern in Sarug vernemen / wie die zierde ihrer stadt / wenig tage zuvor / gewaltsamer weise in der nacht wåre entfůret worden. Als Bethuel und ich dieses unglücks inn geworden / rieten wir gleich auf den Prinzen von Chaldea / daß der diese gewaltättigkeit můste verübet haben. Wir sandten demnach jemand hin nach Ur / sich hierum zu erkundigen. Dieser ausgeschickte / ist nun gestrigen abends wieder gekommen / und hat seine reise nicht bis nach Ur fortgesetzet / weil ihn unterwegs etliche reisende kaufleute aus Ur berichtet / daß in etlichen monaten ihr Prinz nicht anheimig gewesen / auch eine gute zeit zu Babel bei dem K \nig Baleus sich aufgehalten hatte. Diese nachricht hat uns noch mehr irre gemacht / als wir zuvor gewesen. Indem ich alhier die warheit gestehe / daß wir so håftig diese unbekante schönheiten lieben / als man immer lieben kan / erachte ich es fůr eine unnoht / unsren ietzigen schmerzen hier abzubilden / den in uns dieser große verlust / und die unwissenheit / wohin wir uns wenden sollen / erwecket hat. Ich weiß demnach dieser erzehlung nichtes mehr anzufügen / als dieses / wie Bethuel und ich / in erkentnis unserer langen torheit / nun eben miteinander fåst gestellet / daß jeder von uns ihm eine von diesen dreien sch \nheiten ausersuchen / und dieselbe allein zu lieben anfahen solte / und wir also aufhören wolten / mitbulere zu seyn / als uns diese betrübte post von ihrem verlust vorkame: daraus wir dan abnemen müßen / wie der himmel es sonderlich also versehen habe / daß wir beide die unglückseligste und elendeste liebhabere von der welt seyn und bleiben sollen.


[290] * * *


Elihu hatte kaum dieses lezte wort gesaget / da traten die richtere von Amida / nebst ihren frauen und andren bei sich habenden / in den saal: das dan die k \nigliche gesellschaft verhinterte / von der izt-angehörten wundersamen liebesgeschichte des Elihu und Bethuels / ihre gedanken zu eröffnen. Die K \nigin von Mesopotamien gienge diesen leuten gleich entge gen / und begrůste sie auf das allerleutseligste: ob man gleich den verdrus / den diese ungerechte leute /wegen des fůrnemens ihrer Königin / in sich entfunden / an ihnen satsam verspürn konte. Die Berinthe /Halida / Sireme und Phalerinte / als die ehefrauen der vier richtere / wurden auch von der K \nigin zum h \flichsten entfangen: und leuchtete dieser frauen ihr stolz und ůbermut gnugsam hervor / massen sie mit k \stlichern kleinoden / als die Königinnen und Prinzessinnen selber / ausgezieret waren. Die schäferin Sandenise / die neben der sch \nen Amphilite unter der K \nigin frauenzimmer stunde / sagte / diesen pracht ersehend / zu ihrer gespielin: sihe / wie unsere richterinnen / von der armen Mesopotamier schweis und blute / glånzen! Die furchtsame Amphilite / die ohne das beångstigt war / weil sie wuste / daß ihre sache fůrkommen würde / steurete dieser ihrer lustigen freundin / so viel sie kunte / und befohle sich dabei dem himmel / ihr / in ihrer gerechtsame / hülfe widerfahren zu lassen. Als nun die K \nigin Aramena an ihren wagen / welcher eben der jenige war / den ihr die gesamte Mesopotamier geschenket / von den richtern sich begleiten lassen / folgte sie denselben / in gesellschaft des K \nigs / ihres bruders / und ihrer liebsten Cölidiane / und fuhren hierauf auch alle die andren / in zimlichster ordnung / aus Samosata / bis unter das thor von Amida: alda ein erhabener [291] tron für die Aramena aufgerichtet war / auf welchen der Targas / Helidor / Reba und Sineab sie hinauf fůreten /und sich unter sie auf den untersten tritt niedersezten. Alle K \nige und Königinnen / begaben sich auf die dazu bereitete schaubünen.

Wie nun das begierige volk häufig herzu drange /muste der alte Thebah / auf befehl der Königin / eine rede zu demselben thun / welches dieser treue Syrer mit freuden-tränen verrichtete. Der inhalt dieser rede war / daß den Mesopotamiern hiemit nochmals angedeutet wurde / wie hinfůro die Königin in person alle gerichtståge bei ihnen halten / ihre klagen anh \ren /und einem jeden sein recht wolte widerfahren lassen. Hierauf / als Oromedon / im namen der gesamten schåfere / dafůr gedanket / wurde von dem Fůrsten Barzes ausgeruffen / wie daß nun das verh \r geöffnet / und ein jeder kläger herfůrtreten möchte. Als der betrůbte Nahor solches thun wolte / kame ihm die verweserin Almesia zuvor / und nachdem sie an den ort /der für die klågere gewidmet / sich gestellet / begunte sie ihre klage also anzubringen.

Ich schåtze mich wol seelig in meinem unglücke /grosmächtige Königin! daß ich die erste mich nennen werde / die alhier von E. Maj. rechtliche hůlfe erlanget. Dan / ob gleich ein Fürst / ja gar ein vetter von E. Maj. der jenige ist / den ich anklage / so zweifle ich doch darüm im geringsten nicht / daß mir nicht solte recht wiederfahren. Ich leide gewalt / große K \nigin! und zwar die gröste / die man bei der friedensruhe ausstehen kan: indem der Fürst Nahor von Haran sich nicht entfärbet / fůr weniger und zwar eben in dieser zeit / da bereits E. Maj. gerechtester glanz diese unsere gegend beschienen / meine zwo dienstmågde / namentlich die Aprite und [292] Baalise / mir heimlich zu entfůren / um also dieselbigen nicht allein aus meinem dienste zu rauben / dadurch meiner haushaltung ein großer schaden geschihet / sondern auch diese armseligen damit zubetrůben / weil ich sie als meine t \chter geliebet / und sie bei mir sich sichren schutzes trösten k \nnen. Diese schåndliche that redet von selbsten /daß ich also nicht n \tig habe / deren gr \ße und straffwürdigkeit hier anzufüren. Demnach bitte ich allein üm recht / daß mir m \gemein schade ersetzet / und diese beide unschůldigen mir wieder eingehändigt werden: das ůbrige / so der Fürst von Haran hiermit verwirket / dem allergerechtesten ausspruch E. Maj. anheim stellend.

Als Almesia hiemit ihre rede geendet / sahe alle welt auf den Nahor: welcher / auf erhaltene erlaubnus / nachdem er sich auf der beklagten platz hingestellet / also antwortete. Ich håtte mich wol eher des himmelfalls versehen / als daß ich aus einem kläger / den ich hier fůrstellen wollen / nun ein beklagter werde / und zwar in eben der sache / in welcher ich E. Maj. üm recht anzuruffen vermeinet. Die entfůrung der sch \nen Aprite gehet mir selber / und versichert sehrer / zu herzen / als der Almesia / meiner anklägerin / und wolte ich wůnschen / daß der Almesia ihr verdacht wahr / und ich an der Aprite entfürung schuldig seyn m \chte: weil ich als den hoffen könte / daß meine gnädigste Königin mir / in ansehung der großen liebe / die ich zu der Aprite trage / diese begangene that nicht verüblen wůrde. Allein / gnädigste Königin! ich bin so glůcklich nicht / als mich Almesia machen wil / sondern lebe leider! mit ihr in gleicher ungewißheit /wo die Aprite und Baalise m \gen hingekommen seyn. So wird demnach Almesia ihren argwan von mir müßen fallen lassen / und vielmehr mein [293] beistand wider die jenigen werden / die ich billiger / als sie mich / in verdacht habe / daß sie an der Aprite und Baalise entfũrung schuldig seien. Und weil dieses ein licht in dieser sache wird geben k \nnen / so bitte ich E. Maj. üm erlaubnis / meine klage erstlich fůrzubringen / ehe ich gegen der Almesia mich ferner verantworte: dan ihre anklage beruhet in dieser / und meine unschuld wird an den tag kommen / wan ich / als kläger / in dieser sache mag gehöret werden.

Die K \nigin Aramena / dieses begehren des Nahors ganz billig befindend / erlaubte ihm / auf den platz der klägere zu treten / da er den seine anklage also fůrbrachte. Ich solte / in betrachtung der hohen geburt / die ich mit meiner gnädigsten K \nigin gemein habe / nach einbildung ihrer vieler / mich wol billig entsetzen / allhier offentlich vor so fůrnemer hoher gesellschaft zu bekennen / daß ich eine schåferin / ja eine dienstmagd der Almesia liebe / und zwar mit einer solchen liebe dieselbe verehre / die die heurat zum zwecke hat / und sie in den fürstenstand zuheben gemeinet ist. Weil aber / der Aprite schönheit hintan gesetzet / ihre unvergleichliche tugend sie schon zur fůrstin machet / und sie ganz nicht gemeines in diesem nidren stande fürstellet / als finde ich keine ursach / die mich abhalten solte / allhier vor meiner Königin / vor allen anwesenden königlichen personen / vor meinen anverwandten / und vor diesem volke zu gestehen / daß ich die Aprite liebe und lieben werde / solang ich lebe. So ist dan unn \tig /meine verzweifelte betrůbnus alhier fürstellig zu machen / die ihr verlust in mir erwecket / als ich denselben vernommen. Ich wuste nicht / wen ich den ursacher dieses unsternes nennen / oder an wen ich mich halten solte: bis mir endlich einfiele / des Teraphim ausspruch hierůber zu vernemen / der [294] mir verhoffentlich / in dieser dunklen sache / ein licht würde geben k \nnen.

Ich reisete demnach / ja ich floge / zu diesem berůmten tempel / und wie ich der gottheit mein anligen er \ffnet / bekame ich diesen ausspruch:


Dein nåchstes blut ist schuldig an der that:

wiewol dich schon die lieb gerochen hat.


Mit dieser zwar-dunklen antwort / muste ich wieder abziehen / und vermochte ich / nachdem ich recht bei mir alles überleget / aus diesen worten / Dein nächstes blut! nichts anders zu schließen / als daß mein bruder Bethuel / der meiner liebe zu der Aprite sehr widersprochen / hieran schüldig seyn müße. Mich stärket auch nit wenig in meiner vermutung / daß dieser gottes-ausspruch ferner saget / es habe die liebe mich bereits gerochen: dan ich deute solches dahin /daß ich den Bethuel nun mir gleich unglücklich finde / indem er auch den verlust seiner liebsten erfahren müßen. Diesemnach ist es der Bethuel / Große Königin! den ich hier \ffentlich anklage. Es ist mein nåchstes blut / so ich dessen beschuldige / was mir Almesia aufbůrden wollen. So flehe ich dan E. Maj. gerechtesten tron an / dem Bethuel aufzulegen / daß er hier sagen müße / wo die schöne Aprite geblieben /und ob er nicht / üm meine liebe zu hintern / sie habe wollen aus dem wege schaffen.

Hiemit schwiege Nahor / und muste Bethuel sich verantworten / der dan solches folgender massen verrichtete. Ich gebe / in meines bruders iezt-fürgebrachter klage / dieses gerne nach / daß ich auf alle ersinliche weise gehinteret / daß die ungereimte liebe / die er zu einer dienstmagd der Almesia geworfen / nicht zum stande / wie er es verlanget / geraten möchte: daher ich auch nicht schamrot stehen wolte / wan er mich dieser that [295] überwiesen håtte / deren er mich iezt beschůldiget. Weil aber alles sein fůrbringen auf einem ganz dunklen ausspruch des Teraphim beruhet / den man erklären kan / wie man wil: so bitte ich meine gnädigste Königin demütigst / mich von meines bruders klage so lang frei zu sprechen / bis er båsser bewiesen / daß ich die mågde der Almesia entfüret habe.

Wie nun hierauf die Almesia / wider den Nahor /ferner nichtes anbrachte / sagte dieser ungedultige verliebte zu seinem bruder: Wie kanst du doch / O Bethuel! gegen mir dich so grausam erweisen / da du eben das erleidest / was ich so schmerz-entfindlich ausstehe. Ich weis / wohin die drei schönheiten von Sarug entfůret sind: ich wil dir aber das nicht eher er \ffnen / bis du mir auch meine qual wirst benommen haben. Du bist schůldig / Bethuel! du magst sagen /was du magst. Wilst du aber dir in deiner liebe geholfen sehen / so gestehe mir / was du gethan hast / und mache dich und mich dadurch gluckselig. Als Bethuel dieses vername / wåre er schier durch liebes-trieb heraus gebrochen / und håtte sich kund gegeben. Der vorsichtige Elihu aber / kame ihm in dieser verwirrung zu hůlfe / und für der K \nigin tron eiligst nieder kniehend / rieffe er dieselbe an / den Nahor bei seinen worten zu fassen / und dahin zu halten / daß er sagen müsse / was er von den dreien sch \nheiten von Sarug wůste.

Wie nun also / in dieser ersten sache / der vortrag und die verantwortung der klagenden teile sich geendet / traten die richtere zu der K \nigin / üm von derselben zu vernemen / ob es ihr gefällig / in eine kleine kammer / die gleich hinter ihren tron war / mit ihnen abzutreten / und sich daselbst eines ausspruches zu vergleichen. Aber die K \nigin weigerte sich dessen / und sagte: sie [296] hätte schon geschlossen / wie das urteil lauten solte. Wie sie dan solches also fort / mit so großer majestet als annemlichkeit / in diesen worten aussprache. So grosses recht die Almesia hat / sich über ihren erlittenen verlust zu beklagen / so wenig hat sie noch zur zeit erwiesen / daß der Fůrst von Haran daran schüldig sei. Daher / wan sie diese klage wider ihn fortsetzen wil / sol sie gehalten seyn / bäßern beweistum gegen ihn anzufüren. Ebener massen erkennen wir auch für des Fůrsten Nahors schüldigkeit / von seinem bruder mit der klage abzulassen /daß der die entfürung der gemeldten personen verursachet / weil der dunkle ausspruch / den er erlanget /den Bethuel keines wegs schüldig machet. So muß auch Nahor zuvor seiner eltern und anverwandten einwilligung haben / seine liebe betreffend / ehe er mit fuge iemand wegen dieser entfürung besprechen k \nne. Was des Fürsten von Ram ansuchen belanget /so erkennen wir auch den Nahor fůr schůldig / diesem Fůrsten und seinem bruder / den aufenthalt der so genanten dreien schönheiten von Sarug / zu er \ffnen /weil er solches weiß / und vor dem gerichte nicht verschweigen kan oder solle.

Jederman war mit dieser entscheidung der K \nigin wol zu frieden / auch die klagende teile selber: weil Almesia wol sahe / daß Nahor unschůldig war / und dieser Fürst / aus den worten der Königin / die hoffnung schöpfte / daß sie die einwilligung seiner verwandten nicht verhintern / und Bethuel nach solcher /dafern er etwas von der Aprite wüste / ihm ferner kein geheimnis davon machen wůrde. Der K \nigin befehl aber ein genůgen zu thun / erzehlte er / was ihme von den dreien schönheiten wissend war / und wie der Prinz Sinear von Chaldea dieselbigen / nach dem König [297] von Uz / ins land Ausitis / entfüret hätte. Dieser bericht sezte den Elihu und Bethuel in solche freud-entzückung / daß sie beide den Nahor ümarmeten / und fehlte es nicht viel / daß sie nicht mit ihrem geheimnis hinwieder heraus gebrochen / und den Nahor mit den bericht erfreuet / wie seine Aprite ebenfalls in Ausitis sich befünde. Aber sie zwungen sich / wegen der andern anwesenden Syrischen Fürsten / und ließen also den betrübten Nahor in seiner unruhe: dabei in ihren gedanken schlüßig / so fort des folgenden tags nach dem königreich Ausitis abzureisen / dem Sinear die ältere gutwillig zu überlassen /und sich für aufwårtere der andren beiden zu erklären.

Wie nun so weit diese erste sache zum ende war /kame Oromedon herfür / und klagte zum höchsten ůber die Sandenise / daß die neulich seine frau / die Eunone / in der Amphilite geschicht-erzehlung /gegen der K \nigin so ůbel beschrieben hätte / weswegen er gebůrlich recht von ihr begehren můste. Diese klage brachte Oromedon so frech herfůr / weil er sich auf seine schwägere die richtere verließe / daß man vermeinen sollen / er hätte das gr \ste recht gehabt. Wie aber die K \nigin der Sandenise geboten / sich zu verantworten / stellte diese dem Oromedon und der Eunone ihren unfug so sonnenklar fůr augen / daß die K \nigin gute gelegenheit bekame / der Amphilite unterdrůcktem zustande auf zu helfen. Und um die richtere / welche einen gr \ssern anhang hatten / nicht \ffentlich zu beschimpfen / woraus eine gefårliche unruhe håtte entstehen k \nnen / muste Amphilite nur blos die Königin üm recht anflehen / sonder alle ümstände zu benennen. Worauf sie / mit den vier richtern / in das zimmer hinter ihrem tron abtrate / daselbst sie ihnen ůmständlich fübildete / wie [298] dieser unschůldigen schäferin so großes unrecht widerfahren wäre. Die Eunone wurde folgends hinein gefordert / deren die K \nigin zuredte / die warheit zu gestehen / ob sie nicht in des Abinaels kleidern / neben der Eidania und Melidia / bei der Amphilite gewesen wäre? Sie wolte es anfangs nicht bekennen. Wie aber die K \nigin ihr damit drohete / daß die ganze sache aufs neue můste fürgenommen und untersuchet werden / winkten ihr die richtere / die warheit zu gestehen: das sie den thäte / und ihre verhelung damit besch \nete / daß sie sich fůr dem Oromedon / ihrem strengen manne / gefürchtet / der ihr diese genommene freiheit / sich in manskleider zu verstellen / sehr würde verüblet haben. Wiewol nun die Königin die rechte ursache wol wuste / so name sie doch diese an / weil sie ihren zweck dadurch ja so wol erlangen kunte. Wie sie demnach sich wieder auf den richtstul gesetzet / und alles volk h \chst-begierig war / die endschaft dieser verwirrten sache zu vernemen / fållete sie nachfolgendes urteil.

Weil Oromedon sich billig seiner frauen annemen můßen / da ihme nicht anders bekant gewesen / als daß die beschüldigungen / womit die Sandenise sie beleget / unwahr wären / als hat er rechte ursach gehabt / sich ůber die Sandenise zu beschweren. Weil aber diese schåferin in ihrem gewissen versichert ist /daß sie die warheit geredet / auch Eunone iezt alles gestanden / was sie bisher gelaugnet / als ist billig Sandenise von der klage los zu sprechen / Eunone aber auch zu entschůldigen / weil sie / aus furcht für ihrem manne / das verhelet / was sie aus keiner b \sen meinung / sondern zur lust / mit der Amphilite angestellet. Und weil nun auch / nach diesen er \ffneten ümstånden / die vorhin den richtern unbekant gewesen / erhellet / daß das wider die [299] Amphilite erteilte urteil müße gemildert werden / so mildern wir solches hiemit / und erkennen diese schäferin fůr ganz unschüldig / hingegen den Chersis für schůldig / ihr die ehliche versprechung zu halten. Wir wollen aber / aus unsren k \niglichen mitteln / die aussteuer zu dieser hochzeit hergeben / von deren dan auch alle die unkosten / die der alte Chebron / wie auch die Melidia /Eidania / Artainte und Sandenise tragen müssen / bezahlet werden / und sie allerseits alles vergangene in vergeß zu stellen / und forthin / als freunde / einander zu lieben / gehalten seyn sollen.

Ein großes allgemeines freuden-geschrei des ganzen volkes entstunde / ůber diesem urteil der Königin / und verbargen die richtere / wie auch ihre frauen und anverwandten / ihren innerlichen verdrus hierüber / so gut sie kunten: dabei in ihrem herzen bewunderend /daß die Königin es so glimpflich in die wege gerichtet hatte / sie bei ehren zu erhalten. Die sch \nheit der Amphilite / glänzte hierauf noch eins so herrlich herfůr / nun sie also vollkomlich ihre ehre wieder erlanget. Und ob sie wol mit dem Chersis so wol nicht stunde / daß sie deme gutwillig die eheliche hand geben k \nnen / so durfte sie doch wieder das gesprochene urteil nicht reden / und vermeinte sie solches hernach noch wol bei der K \nigin wieder zu hintertreiben. Der verliebte Abinael / der / aus ungemeiner grosmut / sich mit erfreute / daß die Amphilite nun v \llig wieder war zu ehren gekommen / gabe seine freude nicht weniger an tag / als alle ihre andere freunde.

Es wolte aber diese sch \ne schåferin / auf eine sonderbare weise / diesem hirten ihre erkentlichkeit dafůr sehen lassen / indem sie seine anklågerin wurde / und folgender gestalt ihre klage der Königin fůrbrachte. Gnädigste [300] Königin! (sagte sie) wan einer wider sein eigen båstes handlet / und sich vorsezlich in unheil stůrzet / so pfleget die richterliche obrigkeit / aus tragender fürsorge / ihn wol dazu zu zwingen / daß er seine wolfart båßer in acht neme / und dergestalt sein vormund zu werden. Ein solches bedarf nun auch gegenwårtiger hirte Abinael / der / aus einer fürsezlichen traurigkeit / wil nicht sagen aus verzweifelung /alles sein glůck verseumet / und darinn seine ruhe suchet / daß es ihm recht elend ergehen möge. Diesem hirten ist neulicher zeit ein stuck ackers / wie auch eine heerd schafe von drei hundert k \pfen / durch einen erbfall zugestammet: die er mit dem beding erlangen kan / wan er eine schöne hirtin / von den fůrnemsten dieser gegend / ihm wil trauen lassen /weil sie des verstorbenen schwester tochter ist / und dem Abinael neben dieser erbschaft zugedacht worden; und ohne diese heurat / wird dieses erbe einem nähern / als den Abinael / müssen zu teil werden. Sie verordnen demnach / gnådigste K \nigin! daß Abinael / der sonder dieses glůck verloren ist / dasselbe nicht also fürsezlich verscherze. Es wird hierdurch / neben mir / die ganze gegend von Amida erfreuet werden /daß also einer von unsern hirten / und zwar von solcher tugend / wie Abinael ist / solcher gestalt aufenthalten wird. Es k \nnen auch E. Maj. keinen båßern und getreuern unterthanen erlangen / als eben diesen hirten / den auch seine feinde selber loben / und ihm ein rümliches zeichnis geben můssen.

Diese sonderbare klage der Amphilite / wurde von iederman mit großer belustigung angeh \ret / und wie die K \nigin dem Abinael befehlen lassen / hierauf zu antworten / thäte er solches folgender massen. Es ist grausam / daß Amphilite meine ietzige lebens-art mir[301] nicht gönnen kan: da sie doch weiß / wie einig und allein darinn meine ruh bestehe / daß ich bei mir selbst erwågen mag / was ich weder ihr noch einigem menschen mehr entdecken werde / nåmlich / daß ich sie /wiewol sonder hoffnung / annoch liebe. Sie wil auch dieses ůbrige in mir ausgerottet wissen / daß ich mir selber nicht mehr er \ffnen d \rfe / wie sehr ich sie verehre. Um aber völlig mich zu ůberwinden / und das maß ihrer unbarmherzigkeit voll zu machen / so unterwerfe ich mich ganz und gar / der verordnung meiner gnädigsten Königin / und wil / als ein gehorsamster unterthan / dem ienigen schüldigster massen nachleben / was mir wird hierinn auferleget und zuerkant werden.

Als die K \nigin hierüber den ausspruch thun wolte / drunge eine junge schåferin durch das volk / und warfe sich für den richterstul nieder / mit weinenden augen bittende / daß man sie vorher hören m \chte. Man erkante sie gleich fůr die Briside / des verwesers Demas åltste tochter / und war sie eben die jenige /die ihrer mutter bruder / dem Abinael ihrem vettern /neben dem erbe / hatte zugefreiet. Weil nun ihr einwenden muste gehöret werden / als erlangte sie so fort erlaubnis / folgendes fůrzubringen. Ich werde alhier /gnädigste K \nigin! gleichsam feil geboten / ohne daß man meinen willen begehret zu wissen / ob ich auch damit einig sei oder nicht? Ich bin die jenige / die meiner mutter bruder / auf seinem todbette / an sein gut gebunden / und selbiges nicht ohne mich verwenden wollen. Ich bin die jenige / die die Amphilite dem Abinael aufdringen wil / dessen sie selber nicht begehret. Ich bin die jenige / die der Abinael / nach erhaltenem urteil / entweder heuraten wil oder nicht. Und lezlich bin ich die jenige / die weder mit des verstorbenen leztem willen / noch auch [302] mit dem verfahren der Amphilite und des Abinaels / zufrieden ist /sonderen von E. Maj. gütigkeit hoffet / daß sie so wenig diesen hirten / als mich / zwingen werden /wider unseren freien willen etwas zu thun / so der Amphilite ihre ruhe und zufriedenheit könne zu wege bringen. Diese gehorsamste bitte ist / wie ich vermeine / so rechtmäßig / daß E. Maj. versichert mir dero gnädigste hůlfe nicht werden versagen / noch mich unerhört lassen k \nnen.

Es hatte Abinael noch niemals die angeneme Briside also betrachtet / wie dieses mal / und fande er sie unter ihrem weinen so sch \n und gefällig / daß er / so wol die Amphilite zu vergnůgen / als durch diese heurat sich in guten stand zu setzen / nun mit gutem willen thäte / worzu er kurz vorher / bloß dem ausspruch der Königin zu gehorsamen / sich entschlossen hatte. Und nun / bei dieser neuen liebe / eine neue unruhe entfindend / erwartete er mit angst der Königin ferneren urteil-spruch / welcher dieses lauts erfolgte: Gleichwie Amphilite billig / so wol fůr ihr eigen båstes / als fůr ihres freundes wolergehen / sorge träget /also ist auch nicht unbillig / was sie iezt wegen des Abinaels gesuchet. Wird demnach diesem hirten hiermit rechtlich auferlegt / die schåferin Briside forthin zu bedienen / und sich ihr durch alle ersinnliche dienste gefällig zu machen: um also / mit ihrem freien guten willen / des vermachten erbgutes sich habhaft zu machen. Alle anwesende waren mit diesem urteil der Königin mehr als wol zu frieden: und machte sich Abinael so fort zu der Briside / ům dadurch den anfang seines gehorsams zu erweisen.

Als hierauf die hirten noch so viele klagen vorbrachten / daß sie nicht alle den vormittag kunten entschieden werden / als bestimte die K \nigin hierzu den nachmittag: [303] welches / weil es vorher von den richteren nie geschehen war / ein großes frolocken unter dem volk erwekte; und musten diese / mit großen verdruß /offentlich reden hören / wiedaß in diesem halben gerichtstage bereits mehr / als vordessen in etlichen / geschehen wåre / und daß nun Mesopotamien ursach hätte / sich unter solcher regirung überseelig zu schåtzen. Es hatten aber die richtere / in des Reba haus zu Amida / ein herrliches gastmal fůr die k \nigliche personen zubereitet / dahin dan nun die ganze gesellschaft / mit der Königin / sich verfügte: und war alles so überk \stlich zugerichtet / daß sie sich nicht gnug darob verwundern kunten. Die Phalerinthe / des richters Sineab frau / hatte im gedrång eine k \stliche perle verloren: worüber alle ihre anverwandten sich håftig bekůmmerten / auch so öffentlich und ämsig darnach sucheten / daß sie schier ihrer aufwartung darůber vergassen. Daher die Königin von Mesopotamien / diesen verlust zu ersetzen / eine überaus-k \stli che perle von ihrem halsgebånde abname / und solche der Phalerinthe verehrte: welche zwar diese königliche mildgebigkeit bewunderte / darüm aber ja so wenig / als ihre anverwandten / den groll aus ihrem herzen bannen kunte / den diese ihre tugendhafte oberrichterin bei ihnen allen erweckt hatte.

Wie nun die malzeit sich geendet / und die Königin hierauf / den nachmittag noch ferner gericht gesessen /auch sehr viele streitsachen abgethan hatte / fuhren sie / gegen den abend / wieder nach Samosata: da aber die schöne Aramena sich so ermůdet befande / daß sie / an stat der fürgenommenen geschicht-spiele / gleich zur ruhe gehen / und solche auf den andern tag aussetzen muste. Es war hiermit sonderlich die Zelinte / des Fürsten Rames tochter / wol zu frieden / als welche /bei diesem [304] spiel / fast das meiste auswendig zu lernen bekommen hatte. Der Elihu und Bethuel / namen noch selbigen abend / nach erlangter erlaubnis / ihren abschied von den k \niglichen personen / ům nach Ausitis zu reisen: da ihnen fürnemlich die beide durchleuchtige Aramenen viel gutes auf den weg wünschten / als die nichtes mehr und höher verlangten / als diese ihre beide ehmalige liebhabere vergnůgt zu wissen.

Des andern tags wurde / im garten hinter dem schloße von Samosata / durch den Fürsten Barzes /alle anstalt zu den geschicht spielen gemacht / und ein weiter platz / der gegen den nachmittag / da die spiele anheben solten / ganz schatticht war / sowol für die spielende als für die zusehende / zubereitet. Es solten / allein die fůrnemste hofleute / hierzu eingelassen werden: weil der weiße Hus / und die andere Syrische Fůrsten / nicht ratsam fanden / solche belustigung in \ffentlicher versamlung vorzunemen / indem hiedurch leichtlich / dem königlichen ansehen / einiger abbruch hätte wiederfahren können. Wie nun / gegen erwehnte zeit / so wol von Amida / als von Edessa / die k \nigliche personen sich eingefunden / und diese / so nicht mitspielten / auf ihre verordnete stellen sich niedergelassen hatten / begunte / hinter den båumen / eine verborgene musik von trompeten und pauken zu ert \nen / und zwar auf eine solche weise / daß die zuh \rer hierbei eine feldschlacht ihnen fůrbilden musten. Weil diese noch wårete / ließe der Jothan / der Königin kåmmerer / sich sehen: welcher den königlichen personen viele beschriebene zedel ůberreichte / auf denen der inhalt des spieles / und die spielende personen /verzeichnet waren / die dan der K \nig Aramenes laut ablase / wie folget.

Streit der Grosmut und Liebe
[305] Streit der Grosmut und Liebe.

Diese person stellet vor


Oxiartes K \nig in Bactra.
Rodias des K \nigs vertrauter.
Sisiphus Bactrianischer feldherr.
Milda des Sisiphus gemalin.
Sicania der Milda bediente.
Dalene Fürstin aus Bactra.
Giris der Dalene bediente.
Balinde Prinzessin aus Elam.
Siparis ihre vertraute.
Morine Prinzessin aus Elassar.
Macresilea Prinzessin aus Babel.
Memphis bediente der Morine.
Sila feldherr der Balinde.
Jaboth K \nig in Ophir.
Migdol sein feldherr.
Nacres Prinz aus Indien.
Sirene des Migdol gemalin.
Midea der Sirene vertraute.
Elhanan Fůrst von Hus.
Petosiris Egyptischer feldherr.
Arsas Fůrst von Cale.
Tirza kammerjungfrau der K \nigin von Ninive.
Casbiane Fůrstin von Cale.
Eldane Fůrstin der Ismaeliten.
Siringe jungfrau der K \nigin von Mesopotamien.
Zelinthe Fůrstin von Jedlaph.
Amesses K \nigin in Ophir.
Aramena K \nigin in Mesopotamien.
Aramena K \nigin von Ninive.
Danede K \nigin in Egypten.
Ascadates des K \nigs von Ophir kammerherr.
Armizar K \nig in Ophir.
Barzes Fůrst von Arvad / hofmeister der K \nigin von Mesopotamien.
Amosis K \nig in Egypten.
Dersine Fůrstin von Arvad.
Zamede ka erjungfrau der K \nigin von Ophir.
Die geschicht begibt sich - in dem lager des Königs von Bactra
Die geschicht begibt sich / in dem lager des Königs von Bactra.

Inwarheit / (sagte hierauf der König von Syrien) die verzeichnis dieser personen / wie auch der Titel dieser geschicht / erwecket eine sonderbare begierde / sie spielen [306] zu sehen. Ich wůste mich aber wol nicht dieser geschichte zu besinnen / noch auch solcher namen /als wie hier den K \nigen sind gegeben worden. Ich habe befehl / (antwortete Jothan) alhier zu berichten /daß es eine ganz warhafte geschichte sei: doch sind die K \nigreiche und namen veråndert / welche dan zu errahten / mithin ganz fleissig gebeten wird. Wolan! (sagte Aramenes) wir wollen unser båstes hierbei thun / und ist diese erste erfindung sehr hohen preises würdig. Als hiemit Jothan wieder abgetreten / öffnete sich / gerad gegen den zusehenden über / ein gebůsche /welches so kůnstlich unter den andern båumen gestanden / daß man vermeinen sollen / als wäre alles natůrlich gewesen. Es ließen sich dahinter / in der fernung /viel kriegsgezelte und ein heer-lager sehen: aus deren fürnemstem / der König von Bactra und der Elamitische feldherr / herfůr traten / und also das spiel anfingen.


Oxiartes Sila.


OXIARTES.
Ach! steh mir ferner bei / du dunkle schatten-nacht!
halt noch den mond zurůck / bis daß mein will vollbracht
Nun mich hier niemand siht / seh' ich auf meine liebe /
nicht / was der staat erheischt. Balinde! was ich ůbe
fůr treue iezt an dir / daraus nim klårlich ab /
wie daß ich nichts / vor dir / auf erden werters hab!
Ein großes K \nigreich laß ich gutwillig schwinden:
Balinde ihrer haft und fåssel zu entbinden.
Ja / Sila! ich erweis / daß ich erkennen kan /
was deine Prinzessin fůr gutes mir gethan.
SILA.
Dem ganzen erdenkreis / wirst du ein beispiel geben /
so / wie du / großer held! nun lebest / auch zu leben.
OXIARTES.
O himmel! dir sei dank: der Jaboth hier erscheint.
ja / ja / ich sehe recht!
SILA.
Wer håtte das gemeint /
in so geschwinder eil?

Rodias bringet den Jaboth.
RODIAS.
Es ist mir nun geglůcket /
herr K \nig! dein befehl / und ganz nach wunsch beschicket.
[307] ich bring den Jaboth her. im lager ist es still /
es merket keiner nichts.
OXIARTES.
So ist erfůllt mein will.
JABOTH.
Wie / Oxiartes / wie! seh ich mich frei von banden?
OXIARTES.
Dein leben schenk ich dir: erwart' / aus deinen landen /
das meine wieder auch.
JABOTH.
Wie ist diß zu verstehn?
OXIARTES.
O K \nig von Ophir! vernim / was da geschehn
bei dieser großen schlacht / die dir die freiheit name.
Gleichwie dich mir das glůck geliefert / also kame
auch in der deinen hand / die dapfre Prinzessin /
Balinde / die ich lieb / die sich / aus lieb / dahin
wolt stůrzen in gefahr. Den sieg mir zu erwerben /
sie selbst sich achtet nicht / und rannt in ihr verderben.
Gedenke dan / wie du so teuer mir gewest /
da in des Migdols hand mein unglůck kommen låst
die sch \ne / die ich lieb / fůr die allein ich lebe /
fůr deren leben auch ich dir nun deines gebe.
Dein tod der war bestimt. Die ruhe von dem staat /
sprach dir dein leben ab. hier fand sich keine gnad.
Um Bactra und Ophir hinwieder zu vereinen /
so solt nur eine sonn' in beiden reichen scheinen.
Der himmel wiese mir / durch deinen unglůcksfall /
daß von mir solte gehn der neue K \nigs-schall.
Schau aber / wie mein glůck steht meiner lieb entgegen.
Balinde sol / wie du / ihr leben niederlegen:
so dreuet mir dein volk. So bald dein tod wůrd kund /
so haben sie bestimt / daß in derselben stund
auch ihrer folgen sol. Ach! was hilft mir mein siegen /
wan meine K \nigin darunter soll erligen?
Drum / Jaboth! eil von hier. ach eil zu deinem heer /
verwehre diesen schlag / und sei mein feind nicht mehr.
Die großen meines volks muß ich selbst fůrchtend ehren:
die dieses wissen nicht / und eifrigst noch begehren /
daß / wan der tag anbricht / man dir abschlag dein haubt.
sie achten nicht / ob schon dadurch mir wird geraubt
auch meines lebens licht. Der staat acht keine liebe.
All menschlichs muß vergehn / daß er sein wesen ůbe.
Drum / Jaboth! eil von hier. ach! eil zu deinem heer.
Balinden schick zurůck: mit der ich fried begehr.
JABOTH.
Ich weiß ja deinen ruhm nit gnugsam zu erheben.
Eh noch der tag anbricht / will ich dir wieder geben
[308] die sch \ne Prinzessin: die durch mein unglůck dringt /
auch beiden reichen nun den edlen frieden bringt.
OXIARTES.
Den frieden nem' ich an: schick nur bald die Balinde!
JABOTH.
Sie sol gleich bei dir seyn / wan ich die freiheit finde.
OXIARTES.
Zum frieden / und / die ich dir ietzund gib zu růck /
zur freiheit / gebe nun der himmel auch sein glůck!
Eil / Rodias! verricht / ohn ferners zeit-verlieren /
was dir ligt ob / von hier den K \nig zu entfůren.

Nachdem sie diß geredet / begaben sie sich wieder von dem schauplatze / und ließe sich hierauf eine sanfte musik vernemen / die stille nacht vorzubilden. Hierauf kamen / aus einem von den gezelten / herfůrgetreten / diejenigen / so da fůrstellten die


Morine / Macresilea / Dalene und Giris.


MORINE.
Wie schwer ist mir mein herz! ich finde nirgend ruh.
MACRESILEA.
Die ursach ist bekant / die dich hier bringet zu.
MORINE.
Du meinest / Jaboths tod / den er sol morgen leiden /
mach meine traurigkeit.
MACRESILEA.
Ach leid! das sonder meiden
ein ieder hier entfindt. Wir haben diß gemein
mit dir / daß Jaboths tod muß allen klåglich seyn.
Doch dir noch mehr / als uns. Du bist fůrlängst besti et
auf seinen tron. Dein blut / das man in ihm dir ni et /
presst billig aus die angst. Bist du von lieben frei /
steht die erbarmung doch dir ia so treulich bei /
die thut der liebe werk / und n \tigt dich zum zagen /
kan sonder trånen nicht das leid von Ophir tragen.
MORINE.
Du bringst die warheit fůr. Der Bactrianer glůck /
erreget meine qval. Ich sehe wol zurůck /
wie meine hoffnung fehlt / in Ophir zu regiren /
daß ich nicht bin bestimt / den zepter dort zu fůren.
MACRESILEA.
Hat keine lieb in dir erwecket dieser held?
der nun durch unbestand des eitlen glůckes fållt.
MORINE.
Zu lieben weiß ich nicht. Dir ist bekant mein leben.
Du kennest meinen sinn. Ich war niemal ergeben
der liebe: und sie hat so schåndlich mir gelohnt /
daß kein verlangen mehr nach ihr in mir nun wohnt.
Zwar / wan es wår versehn / daß ich hått sollen steigen
auf meiner våtter tron / hått ich mich wollen zeigen
dem himmels-schluß gemås / und Jaboth nemen an.
Ob man schon liebet nicht: iedoch man ehren kan.
[309]
MACRESILEA.
Es wår die liebe noch gefolgt auf diß dein ehren.
MORINE.
Wilst du / was ich nicht weiß / zu wissen wol begehren?

Memphis kommt.
MEM.
Prinzessin! Nacres komt / und wil so fort herein.
MACRESILEA.
Wie? Nacres! solt der wol alhier im lager seyn?
Ich glaube / Memphis tråumt. Der feldherr von den feinden /
wagt so sein leben nicht?

Nacres kommt.
NACRES.
zu dienste guten freunden /
wagt man sich willig hin /
MACRESILEA.
O Nacres! seh ich recht?
NACRES.
Macresilea siht hier ihren treusten knecht.
MACRESILEA.
Ihr irret euch / o Prinz! ihr meinet die Balinde.
NACRES.
Ich liebe sie nicht mehr / nun ich euch wieder finde.
MACRESILEA.
Doch seit ihr schuld daran / daß hier / und mit verdrus /
Balinden vorenthalt der K \nig wissen muß.
NACRES.
Nicht unser ist die schuld: sie ist ja euer eigen.
Wann man sich anders möcht fůr unsren K \nig zeigen /
und solche tiegerwut bei ihme stellen ein /
so solt Balinde bald hier wieder bei euch seyn.
Des Oxiartes lieb uns hoffnung hat gegeben /
er ihrenthalber werd mit unsrem K \nig leben /
wie sonst ein kriegesheld sich bei dem sieg erzeigt.
Nun muß man aber sehn / wie freventlich er beugt
hier aller v \lker recht / und den zum tod ernennet /
der Gott nur über sich / gleich wie auch er / erkennet.
DALENE.
Doch ist es Jaboths schuld / daß Ophir sich gekehrt
von unsrem K \nigreich. Wie kan er sein verehrt
hier anders / als wie der / so sich aufrůrisch zeiget /
der Oxiartes macht und ansehn hat gebeuget?
MORINE.
Dalene den verficht / der sie doch nicht mehr acht.
schaut / wie beståndigkeit die lieb unendlich macht!
DALENE.
Nicht red ich darům diß / weil ehmals mich geliebet
der Bactrianer herr. Was Jaboth hat verůbet /
das muß zwar neben mir die ganze welt gestehn:
doch folget darum nicht / daß ich sein untergehn
nicht herzlich mit bewein.
NACRES.
Diß lezte macht mich hoffen /
ich habe nicht alhier verråter angetroffen.
MACRESILEA.
Nein / Prinz! entsezt euch nicht. Dalene ist uns treu.
redt / was ihr reden wolt / fůr ihr nur ohne scheu.
NACRES.
Die freundschaft / und das recht / mitleiden / und die liebe /
die fůren mich hieher. Die liebe / die mich triebe
[310] zu euch / o Prinzessin! macht nichtig die gefahr:
weil mit den dreien sie genau verschwestert war.
Balinde tauret mich: ihr tod der ist bestimmet /
imfall das leben hier man unsrem K \nig nimmet.
Solch unrecht abzuthun / so beide v \lker drůckt /
so hat der himmel mich ins lager her geschickt.
Ich such / den Jaboth hier von banden zu erretten:
um Bactra und Ophir / aus ihren harten n \ten /
die Jaboths tod nun droht / zu reißen ingesamt.
Ist euch Balinde lieb / ist Jaboth ie benamt
Morinen ehgemal / ist Nacres hier gelitten:
so thut hier mit zur sach von selbsten / ohn mein bitten /
macht unsren K \nig los. Wann ihr diß ůbernemt
GIRIS.
Ich h \re ein geråusch.
DALENE.
sih zu / ob iemand k \mt.
MACRESILEA.
Nacres! verberget euch.
GIRIS.
Die feldherrin erscheinet.

Nacres verbirgt sich.
NACRES.
Hier ist verraht.
MORINE.
Ich sorg / diß sei nit wol gemeinet.

Milda und Sicania kommen an.
MILDA.
Der Jaboth ist entwischt. Hier ist verråterei.
MORINE.
Was h \re ich!
MILDA.
Ihr h \rt / was ihr wisst zweifelsfrei.
Den Jaboth liebet ihr / und habet raht erteilet
zu unsres feindes flucht.
MORINE.
Diß wort mich ůbereilet.
bedenket / was ihr sprecht.
MACRESILEA.
Der hi el sei gepreist!
der / durch des Jaboths flucht / uns sichren frieden weist.
MILDA.
Was / frieden! werden wir nun Ophir nicht verlieren?
MACRESILEA.
Last andren / was ist ihr.
MORINE.
Ihr werdet sichrer fůren
die waffen / wan das recht an eurer seite steht.
MILDA.
Der feldherr ist ihm nah: wer weiß noch / wie es geht?
wird Jaboth nur ertapt / so wird man hier nicht råchen
an euch / was sonnenklar andeutet eur verbrechen.
Ich geh von euch: ich hab ja mehr als gnug erkant /
daß ihr mit fug und recht hier schuldig werdt ernant.

Milda gehet ab.
MACRESILEA.
Schaut dieses weibes trotz! wie will es uns ergehen?
MORINE.
nicht schlimmer / als der schluß des himmels es versehen.
NACRES.
O angeneme post / so Milda hat bericht!
Weil nun mein K \nig los / so seum' ich ferner nicht /
und eile fort hinweg. Diß sol uns frieden geben:
ihr k \nt / auf dieses wort / nun wol in ruhe leben.
MORINE.
O himmel! steh' uns bei / gib Ophir ferner glůck;
zeuch ja / nach diesem glanz / nicht deinen schein zurůck.

[311] Hierauf gingen sie alle wieder in ihre gezelte / und indem hierauf eine kriegerische musik sich vernemen ließe / sagte der König von Syrien zu seiner gemalin: Ich sinne hin und her / ohne daß ich zu ergrůnden wůste / was dieses fůr eine geschichte seyn sol. Ich hatte hievon (antwortete C \lidiane) viel andere gedanken und glaubte / daß mein König diese begebnis kennen wůrde. Dan / als die Königin von Mesopotamien / unter der Morine namen / sagte / sie wåre einmal der liebe ergeben gewesen / die ihr aber schåndlich gelohnet / seufzete mein K \nig nicht allein / sondern sagte auch bei sich selber: dieses ist wol die warheit! daraus ich dan nicht unbillig einige kentnis vermutet habe. Aramenes err \tete / als ihm C \lidiane dieses fürhielte. Wie er aber sich hierinn verantworten wolte / traten die spielende wieder herfůr: daher er es einstellen muste / und neben den andern aufmerkte /was weiter wůrde fůrgebracht werden. Es ließe nun der K \nig von Bactra sich am ersten sehen / der mit dem Rodias also sprachete.


Oxiartes Rodias.


OXIARTES.
Wie hat man so geschwind des Jabohts flucht verno en?
RODIAS.
Als durch die lezte wacht er sicher durch gekommen /
ward an der andren seit' im lager lårm gemacht:
das dan den Sisiphus aus seinem schlaffe bracht.
Man rieffe ůberall: man hått vom feind gesehen
iemand / beim sterne-licht / nach den gezelten gehen /
wo sich Morine findt. Der feldherr lief so fort
nach dem gefångnis zu / und fand den leeren ort.
Drauf nam er / in der hast / von den bewehrtsten knechten /
und jagte Jaboth nach. Ob der nun wird verfechten /
sein leben / lehrt die zeit. Inzwischen ist berant
Morinen ihr gezelt / weil Milda macht bekant /
daß sie die Prinzessin / bei ungewohnten stunden /
und sehr entstellt dabei / gekleidet hab gefunden.
OXIARTES.
Doch wissen diese nichts von Jaboths seiner flucht.
RODIAS.
Man gibet allen schuld / wan man den thåter sucht.
[312]
OXIARTES.
Ach! wan nur Sisiphus den K \nig nicht erjaget!
RODIAS.
Wan er ihn findet nicht / bevor und eh es taget /
so sind wir auser sorg.
OXIARTES.
Der Sila komt zurůck.

Sila komt.
SILA.
Ach weh!
OXIARTES.
Wie ich vernim / verlåst uns unser glůck.
SILA.
Herr K \nig! es ist aus! der Jaboth ist gefangen.
Dein volk ihn fůhrt daher / mit großem siegesprangen.
Die grosmut / die du hast erzeigt / ist sonder frucht:
weil Jaboths untergang der himmel selber sucht.
OXIARTES.
Ach! ach! betrůbtes end von solchen guten blicken /
das iezt / dem falschen glůck gefiel / mir zu zuschicken.
Nun guter raht ist teur / da alle hoffnung aus.
Ich weiß kein mittel mehr in diesem unglůcks-straus.

Sisiphus bringt den gefangenen Jaboth.
SISIPHUS.
Herr K \nig! deinen feind / der uns schier wolt entrinnen /
ich dir zu fůßen leg. So frefles flucht-beginnen
sezt diesen schluß nun fåst / das werde ungeseumt
der feind von deinem staat hier aus dem weg geråumt.
Wan du wilst K \nig sehn / so thue K \nigs-thaten.
Nicht gůte / nur das recht muß seyn bei deinem rahten.
OXIARTES.
Bisher hat mich die gůt in schaden nicht gesezt!
SISIPHUS.
Auch war der staat noch nie also / wie iezt / verlezt.
OXIARTES.
Du siehest / Jaboth! wie das glůck sich widrig zeiget.
JABOTH.
Ich wår vergnůgt / wan ich alleine wůrd gebeuget.
OXIARTES.
O schmerz! wan ich bedenk / was in der feinde hand.
JABOTH.
Nicht fehlts an mir / daß die dir nicht wird zugesandt.
SISIPHUS.
Herr K \nig! still dein volk / das fordert blut und frieden.
Schon deiner selbst / daß nit werd haubt uñ kron geschiedẽ.
OXIARTES.
Ich werde / wie ich sol / nachfolgen deiner lehr.
So bald der tag anbricht / versamle man das heer.
Nun wil ich seyn allein.
SISIPHUS.
Ich werd dein volk erfreuen.
mit diesem K \nigs-wort. Die treu sich wird erneuen /
die uns ligt allen ob.
JABOTH.
Nicht rechne mir es zu /
wan du / durch meinen tod / verlierest deine ruh.

Sie gehen ab.
Oxiartes allein.

Was soll ich immermehr beginnen?
fůr welchen teil ist hier ein raht wol aus zusinnen?
es wackelt meine kron: es bebet meine lieb.
Wan ich Balinden mich ergib /
so gehet Bactra ganz verloren.
[313] Erwehl' ich mir das reich: muß die / die ich erkoren /
des bittren todes seyn. was kies' ich unter euch?
da ich ja leider! nicht zugleich
fůr beide hier vermag zu leben.
Balinde zieh ich fůr: der schluß ist bald gegeben.
Doch wan mich die solt sehn von stand und land verjagt /
so wird unbillig nicht gefragt /
ob sie mich nicht alsdann werd hassen /
daß ich so schlechten mut hierin hab blicken lassen?
wer eine kron verscherzt / ist keiner krone wert.
ohn tron / sie meiner nicht begehrt.
Doch wan ich die dan sol verlieren /
in der ich nur allein den odem pfleg zu fůren:
was hilft mir dan die kron? was hilft der hoheit licht /
wan ich Balinde habe nicht?
wol! kan ich dan ohn sie nicht leben?
kan ich auch / ohne spott / ihr nicht ihr leben geben:
so sterb ich dan mit ihr. So dien ich / Bactra dir.
so dien ich meiner liebsbegier.
Wolan der schluß ist fåst. Laß Rodias! dich sprechen.

Rodias kommt.

Ich spůr / daß ich den sinn / des volkes nicht kan brechen.
Sie wollen Jaboths tod: drum muß es wol geschehn;
es soll auch / mit dem tag / das blut-urteil ergehn.
So bald es ist verricht / so lasst uns / sonder scheuen /
einbrechen in den feind; Balinden zu befreien.
Und kommen wir zu spat: wir finden doch den tod.
Diß ist der lezte schluß / diß ist mein letz-gebot.
RODIAS.
O himmel! sih darein / errette die Balinde:
weil auch Siparis heil ich blos hierinnen finde.

Als diese waren abgetreten / h \rte man von weiten eine sehr traurige Feldmusik anstimmen: worauf sich ein gezelt zu beiden seiten öffnete / in welchem der Jaboth / an ketten gefåsselt / sich sehen ließe.


Jaboth im gefångnůs.


Schick dich zum tod! der himmel kan

dich långer nicht auf erden leiden.

Kan dir auch widern fůr dem scheiden /

das dich fůhrt zu der sternen-bahn?

[314] das dich entreist aus aller noht?

Sei wol gemut / schick dich zum tod.


Gehab dich wol / du schn \de welt!

Dein blinder schein wird mich nicht fassen /

mit widerwillen dich zu lassen.

alls / was du gibest / das zerfållt.

das / was nur ist betruges-voll

das hålt mich nicht. Gehab dich wol!


Je eher dort / ieh eher man

der schn \den eitelkeit kan lachen.

was? solt mich dieses kleinlaut machen /

daß ich den tod muß treten an

der alles jammers lezter port?

ie frůher todt / ie eher dort.


Ich bin bereit / mein' hůtte hie

zu lassen / wan es Gott gefållet.

die wonung / die mir ist bestellet /

bleibt immer und vergehet nie.

dort herschet man in ewigkeit.

drum fort mit mir! ich bin bereit.


Dieses lied wurde von dem K \nig Armizar / der den gefangenen Jaboth fůrstellte / in ein verborgenes seitenspiel gar beweglich gesungen / massen dieser herr überaus wol die musik verstunde: und wurden alle zuhörer dadurch beweget / sonderlich aber seine schwester / die Prinzessin Indaride / welcher die tränen häufig in die augen stiegen. Dieses wurde zwar von wenigen in acht genommen / weil sie alle sehr aufmerksam waren / zu vernemen / was die beide durchleuchtige Aramenen fůrbringen würden / welche sie zu dem Jaboth / unter den namen der Morine und Macresilea / in das gefångnis treten sahen.


Morine. Macresilea. Sicania. Jaboth.


MORINE.
Sicania! ist hier des K \nigs aufenthalt?
MACRESILEA.
Hier siht man / wie das glůck / mit großen leuten schalt.
[315]
SICANIA.
So råchet Milda sich an euch / daß sie verg \nnet /
daß ihr nun euren freund noch einmal sprechen k \nnet.
MORINE.
Uns diese rach ist sůß: wiewol die Milda denkt /
wird werden zweifach nur durch diese gunst gekrånkt?
Herr K \nig! seht uns hier. Wir kommen / nicht zu tr \sten
den / dessen edler geist ist einer von den gr \sten /
sich selbst zu fassen weiß. Wir kommen her zugleich /
die lezte gute nacht zu nemen nur von euch.
JABOTH.
Was hått wol immermehr mich so erquicken k \nnen /
als daß Morine mir noch diesen trost wil g \nnen /
dadurch sie ihre huld so klårlich legt zu tag:
das all mein leid versůst / und stillet meine klag.
Ich stritte nur fůr euch. fůr euch wil ich auch sterben.
Euch dieser tron gebürt: den wird auch noch erwerben /
fůr euch / mein treues volk. Last sinken nicht den muht /
schlagt euch zu meinem heer / habt acht auf eure hut.
MORINE.
Ach! was sol mir der tron / wan Jaboth nicht mehr lebet?
JABOTH.
Durch diese sůße wort' ihr mir das leben gebet.
MORINE.
Wann Jaboth ist dahin / so lebt Morine nicht.
JABOTH.
Nun leb' ich recht / nun diß eur holder mund ausspricht.
MORINE.
Ach kurze lebenszeit / drauf folgt ein ewigs sterben!
JABOTH.
Wie k \nt ich / Prinzessin! vergnůgter doch verderben.
MORINE.
So sterbe ich dan mit.
JABOTH.
Bedenkt das arme land /
das seinen K \nig sucht. helft ihm aus diesem stand /
den ihme Bactra droht. Lebt / herschet / und mich liebet!
erlang' ich diß / so sterb ich froh und unbetrůbet.
SICANIA.
Der morgen bricht schon an / es ist nun zeit zu gehn.
JABOTH.
So geht / und last mich ståts in eurem herzen stehn!
MORINE.
Muß alle hoffnung dan auf einmal so verschwinden?
kaum kunte Ophir sich durch euch erl \set finden
von Bactra schwerem joch / da fållt hin alle macht.
Nun / Jaboth! ich muß gehn: zu tausend guter nacht!

Sie gehen ab.
Jaboth allein.

Leg nun / was menschlich noch in dir sich m \chte finden /
o Jaboth! hinter dich. Laß allen unmut schwinden.
besieg dein scheeles glůck. Und / da dir hier der tron
von Ophir wird versagt / erwarte dort die kron.

Hiemit wurde das gefängnis wieder geschlossen /und stimmeten die trompeten an / als zum feldzuge.[316] Keiner von den zusehenden kunte noch ersinnen / was diß fůr eine warhafte geschichte seyn solte / und wurde daher ihre aufmerkung immer größer: die dan bald wieder vergnügt wurde / indem / nach gar kurzer frist / folgende personen auf den schauplatz traten.


Oxiartes. Sisiphus. Rodias. Sila.


OXIARTES.
Ist alles dan bereit: last das gericht ergehen.
Doch muß so fort darauf der einfall auch geschehen.
Wir můßen nun den sieg verfolgen bis zu end /
und brauchen unser glůck / eh daß es sich verwend.
SISIPHUS.
Wan ist ihr K \nig todt / wird / ohne ferners kriegen /
ganz Ophir und sein heer zu deinen fůßen ligen.
Wag nicht dein teures haubt / und dein volk / sonder noht.
Der sieg ist dein ohndas / wan Jaboth nur ist todt.
OXIARTES.
Nein / Sisiphus! ich wil / mit waffen in den hånden /
die krone von Ophir zu Bactra wieder wenden.
ein sieg / worbei man legt die hånde in den schoß
der stehet mir nicht an / der ist des lobes bloß.
Wo aber ligt es an / daß Jaboth sich nicht stellet;
uns ist ein augenblick sehr teuer / der hinfållet.
SILA.
O himmel! seh' ich recht? komt meine Prinzessin?

Balinde / Sirene / Midea und Siparis kommen.
OXIARTES.
Balinde! seh' ich euch? weiß ich auch / wo ich bin?
ach! ist es nicht ein traum? werd ich auch glauben můßen
diß / was ich schau? ich werf mich hin zu euren fůßen /
und wil aus eurem mund vernemen / wer ihr seit.
Balinde! sprecht / ob mich die blinde lieb verleit.
Seit ihr es?
BALINDE.
Ja / ich bins!
OXIARTES.
ach! wer hat euch gerissen
aus unsrer feinde macht? schier solt' ich eifren můssen /
daß mir ein andrer ist hierin gekommen fůr!
O unverhoftes glůck! das meine herz-begier
mit euch zu sterben / nun in solche freud verkehret.
BALINDE.
Eh ihr euch ferner freut / lasst mich seyn angeh \ret.
Ich bin nicht / wie ihr mich hier seht / von banden loß.
Auf mein gegebnes wort / hab ich erlanget blos
die freiheit / euch zu sehn / und hier mich zu bemůhen /
den K \nig von Ophir dem tode zu entziehen.
Ha! eure grausamkeit ist groß und nie erh \rt.
Wir / Oxiartes! wird eur ruhm so gar zerst \rt /
[317] daß ihr euch můst also des glůcks im krieg bedienen.
Ach! last in eurem thun noch ferner tugend grůnen.
Ich liebe euch / und nicht die krone / die ihr fůhrt.
Die tugend nur / die ich alståts in euch verspůrt /
die treibet mich hieher / und nicht die lieb zu leben.
Wie gerne wolt ich doch den geist hier von mir geben /
wann ich nur hoffen k \nt / daß Oxiartes blieb
von lastern unbefleckt. Daß meine große lieb /
die ich ihm zugewandt / den fůrruck nicht dorft h \ren;
daß ich nicht wol gekiest / und lassen mich beth \ren.
Schont meiner ehr / wan euch die eure nicht ist wert /
und folgt' Balinden raht: die nun von euch begehrt /
daß Jaboth werde frei. Wo nicht: daß doch sein leben
bleib ohn gefahr. Was man zum tausch fůr ihn wil gebẽ /
ist zwar der wůrde nicht: man biett / fůr ihn / mich an.
Wan seine freiheit nun ich nicht erlangen kan /
so muß ich wieder hin. Und solt er sterben můßen /
so muß Balinde auch so fort ihr blut vergießen.
Drum / Oxiartes / wehlt! sagt / wolt ihr meine haft?
sagt / wolt ihr / daß mir werd mein leben weg gerafft!
Wolt ihr / wan ihr schon denkt die liebe nicht zu achten /
dennoch den tugend trieb so wenig hier betrachten /
und gehn den lasterweg / zu mehren euren staat?
der doch sehr zweifelhaft hierdurch sein aufnam' hat?
die feldherrin des feinds ist auch hier mit zugegen /
die hat mich herbegleitt: üm zeugnis abzulegen /
daß ich die warheit sag. So gebt entweder frei
den K \nig: oder wisst / daß ich des todes sei.
SIRENE.
Was hier Balinde hat weitlåufig fůrgestellet /
das ist die warheit selbst. Daraus dan klar erhellet /
wie Ophir sei geneigt zum frieden und zur ruh.
Auf der Prinzessin wort und eidschwur / ließ man zu /
daß sie sich stellet hier: weil wir versichert leben /
sie werd / wie sie gelobt / uns ein genůgen geben /
und / wan auf allen fall alhier sie nichtes richt /
in ihre bande gehn.
OXIARTES.
Nein! das geschihet nicht!
Balinde ist nun frei: wer wolte sie mir rauben?
BALINDE.
Ich h \re euch nicht zu / und werd / ohn eur erlauben /
schon finden meinen weg / den ich hieher gethan.
Mein eid / mein ehr / mein mut / die melden / was ich kan.
[318]
SISIPHUS.
Daß die von Ophir euch / Prinzessin! fahren lassen /
zwingt uns zur nachfolg nicht / daß man můst gleicher massen
den Jaboth lassen los. Wir sorgen mit fůr euch /
wan ihr nun K \nigin werdt seyn von beidem reich.
BALINDE.
Wůst' ich die ganze welt hierdurch auch zu erlangen /
wolt ich / durch unrecht-thun / mit solcher ehr nicht prangen.
SIRENE.
Und wan ia Ophir gleich den Jaboth missen můst /
so ist noch mancher held fůr unsren schutz gerůst.

Oxiartes zu Sisiphus
OXIARTES.
Halt noch das urteil auf / bis ich allein gesprochen
die sch \ne Prinzessin.
BALINDE.
Mein sinn wird nit gebrochen.

Die andern gehen ab.
Oxiartes Balinde.
OXIARTES.
Balinde! g \nnet mir / nun wir uns sehn allein /
zu zeigen meine freud / daß ich bei euch kan seyn.
Ich habe euren tod so sicher můssen glauben /
daß auch mein lezter trost war der / mir selbst zu rauben
mein leben: da ich wolt mich stůrzen in den streit /
und suchen so den tod.
BALINDE.
Ihr seit nun deß befreit /
da ihr mich lebend seht / wan ihr den raht wolt fassen /
den K \nig von Ophir zu seinem volk zu lassen.
OXIARTES.
Die grosmut / die aus euch auch redet / trieb mich an /
zu retten ihn: ich hab / was ich vermocht / gethan.
der himmel ist mein zeug. Doch war die můh vergebens.
Nicht ich / mein wůtends volk ist meister seines lebens.
Entweder muß ich selbst von meinem trone gehn:
wo nicht / so muß alhier das blut-urteil geschehn.
BALINDE.
So habet gute nacht.
OXIARTES.
Wohin / wohin / Balinde!
BALINDE.
Ich gehe / weil ich hier nichts mehr zu schaffen finde.
OXIARTES.
Meint ihr / daß ich euch werd hinlassen zu dem feind?
BALINDE.
Was slaverey ist diß! wie ist es wol gemeint?
Ich bin von helden-blut / so wol als ihr / entsprossen.
sol mir das / was ich ja beim feinde selbst genossen /
wol werden hier versagt? Seit ihr der K \nig nicht /
der mich oft so geehrt?
OXIARTES.
Ich folge meiner pflicht /
Und bin noch eben der / der euch alståts geliebet.
BALINDE.
Nein! ihr seit der nicht mehr / weil ihr mich nun betrůbet.
OXIARTES.
Betrůb ich euch damit / wan ich zeig meine lieb.
BALINDE.
Ihr schwåchet meine ehr!
OXIARTES.
betracht der liebe trieb.
[319]
BALINDE.
Vergebens ist es nur. Werdt ihr den Jaboth t \dten /
so bleib ich nicht: ich můst fůr hon und schimpf err \ten.
Behaltet dan das reich / bewahret euren tron.
Balinden tod sezt fåst auf euer haubt die kron.
OXIARTES.
Erwåget in gedult / Balinde! mein beginnen.
Verm \gt ihr / einen raht hiergegen zu ersinnen /
der diesem ůbel wehr / so will ich gern hierinn
gehorchen eurem wort / und folgen eurem sinn.
Schaut meinen zustand an. Will ich den Jaboth retten /
so ko ' ich ům mein reich. Ach! werd ich auch / in ketten /
erhalten eure huld / wan ich ein bettler bin?
wird dan nach mir alsdan sich sehnen euer sinn?
Ja solt es auch dazu gelangen / wan ich eben
iezt euren willen thåt: wolt ich selbst nicht zugeben /
daß ihr mir ferner bliebt mit treuer lieb verwandt.
So rahtet dan! wolt ihr / daß ich verlier mein land /
und so verscherze euch / daß ich laß meine ehre?
so sol der Jaboth seyn sofort bei seinem heere.
Sprecht / fållt ein urteil nur: was ihr wolt / sol geschehn.
Den lezten liebestrieb / solt ihr hieraus ersehn.
BALINDE.
Mein K \nig! ihr habt recht: ich kan es wol besinnen.
Doch ůberlegt nun auch / mein thun und mein beginnen.
Ihr wollet meinen raht: ich fordre euren schluß.
sagt / Oxiartes! sagt / was ich dan schaffen muß?
Vom feinde komm' ich her / und hab mein wort gegeben /
zu kehren wieder hin / wan ihres K \nigs leben
ich hier nicht wirken kan. Wolan! was rahtt ihr mir?
sol ich meineidig seyn? sol ich der ehr gebůr
wol schlagen in den wind / ům meiner liebe willen?
ich wil ja / was ihr wolt und rahtet / gleich erfůllen.
OXIARTES.
Balinde! bleibet hier / schůzt euch mit meiner macht.
BALINDE.
Last dan den Jaboth los / und eure kron verlacht.
OXIARTES.
Sol ich ein bettler seyn / und noch Balinde lieben?
BALINDE.
Sol ich sein sonder ehr / und solche tůcke ůben?
OXIARTES.
Was ist dan hie zu thun?
BALINDE.
Fůr mich wehl ich den tod.
OXIARTES.
Und diesen wehl ich auch: so endt sich unsre noht.
BALINDE.
So geh' ich nach dem feind.
OXIARTES.
und Jaboth der muß sterben.
BALINDE.
Last / sonder eure schuld / den Jaboth hie verderben.
[320] Weil ihr ja sucht den tod / so sterbet als ein held /
schůzt Jaboth / bis eur volk ...

Siparis kommet.
SIP.
Daß ich unangemeldt
mich hier darf stellen ein / wird man mich nicht verdenken.
Der himmel ist ermůdt / euch ferner nun zu krånken:
dan der Prinzessin that hat hie das volk bewegt /
daß unser wut und grim fůr Jaboth sich gelegt.
Es muß der Sisiphus / den p \bel zu vergnůgen /
auch selbst mit stimmen ein. So kan die tugend siegen.

Oxiartes zum Sila / welcher kommet.
OXIARTES.
Ach Sila! ist dem so / wie uns Siparis meldt?
SIL.
Es wird der Jaboth gleich dir werden fůrgestellt /
vom volke frei gemacht.
OXIARTES.
Wie kont sich das begeben?
BALINDE.
Dem ist unmůglich nichts / der allen gibt das leben.

Jaboth kommt mit dem Sisiphus und Rodias.
SISIPHUS.
Der K \nig von Ophir / des seel in unsrer hand
bisher gestanden hat / ist nunmehr frei erkant.
Dein volk / herr K \nig! wil Balinden hier behalten:
dafůr magst du / wie dir beliebt / mit Jaboth schalten.
JABOTH.
Balinde! ich bin frei / und das durch eure hand.
Was ich vermag / sol seyn zu eurem dienst verwandt.
Mein leben / und mein reich / wird ståts euch beiden dienẽ /
ihr liebes tugend-par. Nun můß der friede grůnen!
last Bactra und Ophir in ståtem bunde stehn:
so f \rdern wir zugleich der v \lker wolergehn.
BALINDE.
O schleunige verkehr / die uns der himmel schenket!
OXIARTES.
Der himmel sei gepreist! Des gůt an uns gedenket.
Mein K \nig! glaube mir / hinfort wil ich dein freund
und treuer bruder seyn.
JABOTH.
So bleiben wir vereint.

Morine. Macresilea. Milda. Dalene. Sicania. Giris Memphis. Sirene und Midea kommen.
SIRENE.
Wie selig schåtz ich mich / die glůckskehr zu erleben.
JABOTH.
Morine kan mir nun mein glůck volkommen geben.
MORINE.
Was ich zu eurer ruh kan schaffen / sol geschehn.
JABOTH.
So kan ich auch mein glůck im h \chsten grade sehn!

Nacres und Migdol kommen.
NACRES.
Mein K \nig! g \nne uns / auch unsre freud zu zeigen /
daß nun das glůck sich wil zu deinen fůßen beugen.
[321]
MIG.
Ich komme mit hieher / vom Nacres her begleitt.
Ich suchte hier den tod: nun find' ich solche freud.
OXIARTES.
Der fried ist nun gestifft: den nichts forthin betrůbe!
Es siegen beiderseits / die grosmut und die liebe.

Hiemit war das spiel zum ende / und gingen alle spielende personen zu den zusehern / von ihnen zu vernemen / ob sie ersinnen k \nten / was sie fůr eine geschicht fürgestellet. So wol zufrieden und vergnůgt sich diese nun allerseits erzeigten / ůber das / so sie geh \ret und angesehen hatten / so unmüglich fiele es ihnen / diese geschicht zu errahten. Sie dachten alle geschichtbůcher durch / so sie jemals gelesen / und wusten sich doch nicht zu besinnen / daß ihnen dergleichen wåre fůrgekommen. Dieses erfreute die spielende höchlich / und gabe der Königin von Mesopotamien anlaß / zu der Königin von Kitim / der Hermione / zu sagen: Ich habe eure person / sch \ne Hermione / so übel fürgestellet / daß daher euch und den andern das rahten schwer fället. Meine person! (antwortete Hermione) wie komme ich in diese geschichte? Ihr habt ja / (wiederholte die K \nigin von Mesopotamien) das gröste teil / an des Nebajoth begebenheit. Dieser bin ich gewesen / (sagte der K \nig Armizar) und wůnsche ich von herzen / daß sich der rechte Medische K \nig bald einstellen m \ge. Ich habe wol /(finge hierauf der Prinz von Hevila an) die vermutung zuweilen gehabt / ob nicht diese geschicht / die begebenheit des Nebajoth mit dem K \nig von Babel und der Prinzessin Hercinde / fürstellen sollen: die künstliche einfürung aber der beiden Prinzessinnen Morine und Macresilea / haben mich wieder irr gemachet.

Also wurde nun offenbar / daß der lezte Medische krieg / und was sich darinn begeben / dieses geschichtspiel gewesen: das dan ein jeder ganz deutlich darauf ziehen kunte. [322] Armizar / der die reimen erfunden / entschuldigte sich daß er die Hermione und Roma als gegenwårtig mit eingefůret / weil solches zu auszierung dieser geschichte sehr gedienet. So bin ich sonder zweifel (sagte Jethur) der Nacres gewesen /den der K \nig von Egypten fůrgestellet. Und ich die Macresilea / (fügte die angeneme Roma / seine gemalin / hinzu) die die schöne K \nigin von Ninive fůrzustellen ihr gefallen lassen. Ich habe ståts (antwortete diese K \nigin) die schöne Roma angesehen / wan ich mit dem Nacres geredet / üm ihre holdseligkeit an mich zu nemen / und mich also kentlicher zu machen. Ich tadele bei diesem spiele nichtes / (sagte der fůrst Rames) als daß man meine tochter eine der fürnemsten personen hat seyn laßen / die doch nicht das ansehen hat / die dapfere und schöne Hercinde fůrzustellen. Ich muß ihr aber das zeugnus geben / (antwortete der K \nig von Syrien) daß sie sehr wol gespielet /und niemand es bäßer / als sie / håtte machen k \nnen.

Zelinte err \tete / aus schamhaftigkeit / ůber diesem lob / so ihr ihr König gabe. Und als Elhanan / der den Baleus fürgestellet / sich ihr nåherte / ům ihr seine freude hierůber zu verstehen zu geben / sagte dessen vatter / der alte Fůrst Hus: Nun ist mein traum so weit wahr worden / den ich vor etlichen nåchten gehabt /daß ich nåmlich meinen sohn würde König sehen /und sagte man mir dabei / daß alsdan unfehlbar seine glůckseeligkeit angehen solte; welches letzere aber noch nicht erfůllet worden. Es kan aber wol erfüllt werden / (antwortete der König Dison) wan der Fürst von Hus und der Fůrst von Jedlaph damit zufrieden sind / daß Elhanan und Zelinte forthin in ernst solche liebesworte einander fůrsagen dörfen / als wir von ihnen anitzo mit sonderbarem vergnůgen angehört haben. [323] Diesem vortrag des K \nigs von Ninive / fielen alle die andere bei / weil sie wusten / daß sie dem edlen Elhanan dadurch einen gefallen thåten. Sie brachten es auch / bei den eltern dieser beiden / so weit / daß die ihre einwilligung dazu gaben / und ihre kinder einander lieben hießen. Dieses erwekte bei allen / sonderlich bei denen / die gespielet hatten /eine große freude / und sagten diese: Es erhelle nun hieraus / was großen nutzen diese art spiele mit sich fürete / da sie dißmal ein so gute parung håtte k \nnen zu wege bringen.

Ich hoffe / (sagte nach diesem der König von Syrien zu der K \nigin seiner schwester) daß wir uns an euch wollen råchen / und es euch ja so schwer fallen sol / die geschicht zu errahten / die wir euch fůrstellen wollen. Vor übermorgen kan aber nichtes daraus wer den / weil ein und andere zurůstungen von n \ten / die noch nicht bei der hand sind. Dieses warten / (antwortete die sch \ne Aramena) machet mein verlangen üm so viel gr \ßer. Doch wil ich mich zwingen / und nicht vor der zeit darnach forschen. Ich habe / bei unsrem spiel / (sagte der K \nig von Cus / zu der Königin Danede / seiner schwester) eben so wenig als ihr / zu reden gehabt / und scheinet es / sie finden alhier die mohren nicht tůchtig / ihr gedåchtnis sonderlich anzugreifen. Daran solte es mir (antwortete die Königin von Egypten) wol eben nicht manglen / nur fållet mir /die Syrische sprache in reimen zu reden / all zu schwer / und habe ich darüm den zuh \rern mit mehrerm nicht beschwerlich fallen wollen. Diese entschůldigung habe auch ich einzuwenden / (sagte die K \nigin Amesses) üm damit meine hartlehrigkeit zu besch \nen: doch habe ich mich noch bässer angegriffen / als meine jungfrau die Zamede gethan / welche gar nichts geredet. Zamede / die [324] nicht weit davon stunde /und diß gehöret / beschwerte sich über den König Armizar / ihren herrn / daß der ihr keine verse auswendig zu lernen geben wollen. Mit solchen und dergleichen gespråchen / verbrachte die k \nigliche gesellschaft diesen abend / in h \chster vergnůgung / und blieben sie sämtlich beim abendessen / da sie / auf verordnung der Königin Aramena / köstlich bewirtet wurden. Endlich schieden sie voneinander / mit dem verlaß / den folgenden tag / auf der gewönlichen wiesen zwischen Samosata und Amida / wieder zusammen zu kommen.

Als aber die nacht vorbei / und die sonne am himmel wieder zu sehen war / erschienen in selbiger gegend die beide Fürstinnen von Edom / die Ahalibama und Timna: welche ihre reise abgeleget / und nun mit ihrem fürer / dem Demas / nach seiner wonung zu růcke kamen / ům seinem bitten ein genügen zu thun /und bei ihme das morgenbrod zu essen / ehe sie nach Samosata sich wendeten. Briside und Rodope / die beide t \chter des Demas / verließen sofort ihre heerden / die sie bereits in der frůhstunde ausgetrieben hatten / und eileten ihrem vatter entgegen / der vor dem wagen der Prinzessinnen herritte / und sie mit nach haus name / daß sie ihm seine gåste bewirten hůlfen. Unterwegs fragte er nach allem / was sich inzwischen zugetragen / und erfuhre von ihnen alles /auser was zwischen der Briside und dem Abinael fürgegangen / welches sie selber ihm nicht vermelden wolte. Daher dieser schäfer / der mit zugegen war /und sie hin begleitete / zu dem Demas anfinge: die sch \ne Briside vergisset sich selber in dieser erzehlung / und hat sie / von unserer Königin / bei neulichem gerichtstage / ein urteil bekommen / daß sie mir sol dazu behülflich seyn / die erbschaft zu erlangen /die mir der [325] Aneriste bruder / für allen andern von die ser gegend / zu-gönnen wollen.

Demas bliebe verwundert / ůber diesen des Abinaels worten / massen er denselbigen nicht anders / als einen liebhaber der Amphilite / bis her gekennt hatte. Als er nun auch sahe / wie sich Briside hierob entfärbet / fragte er die Rodope / seine jüngere tochter / die am nåchsten bei ihm ginge / was doch dieses / so Abinael fůrgebracht / zu sagen hätte? Diese berichtete ihm nun von allem / was fůrgelaufen war. Und ob wol Abinael des Demas beifall und einwilligung wol hoffen durfte / so beobachtete er doch ganz furchtsam und genau dessen gebården; die er dan ihme nicht entgegen spürte / zumal als Demas / nach eingenommenen bericht / ihn freundlich ansahe / und zu ihm sagte: Weil ich verneme / was die Königin meiner tochter auferleget / so wil ich auch nicht der jenige seyn / der ihren willen hintere / noch euch ům eure erbschaft bringe. Abinael bükte sich tief zur erden / als er diß wort von der Briside vatter vernommen / und wurde darauf beherzter / mit dieser schäferin ümzugehen /nun ihme / in ihrer gegenwart / diese gute erklärung widerfaren war.

Es vergnügte dieser handel den Demas so sehr /weil er allemal hoch von dem Abinael gehalten / daß er dafůr nicht sonderlich beachten kunte / was ihm seine töchter von ankunft eines fr \mden gastes vorsagten / sondern demselben nicht ferner nachsinnend /n \tigte er den Abinael mit in sein haus / als er auch die Ahalibama und Timna hinein fůrete: die dan / von der Aneriste und Sataspe / wie auch von allen hausgenossen / aufs höflichste bewilkommet und entfangen wurden. Es kame / das gerůchte von ihrem da-seyn /bald fůr des Königs Tuscus Sicanus ohren: der / ob [326] er gleich nichts angenemers / als die gegenwart seiner Prinzessin / vernemen können / dannoch hierůber schier ganz aus sich selber bliebe. Er befande sich in seinem zimmer / das man ihm / auf sein begehren / im hinterhaus eingeraumet / und war besorget / wie er so wol geheim bleiben / als auch die Ahalibama sehen m \chte. Indem er aber noch also bei sich anstunde /schikte es sich ungefär / daß Ahalibama / Timna und Sataspe für seinem fenster ůber gingen / und nahe unter seinem gemach sich auf eine bank zusammen niedersezten / ům alda zu harren / bis Aneriste mit zurichtung des essens fårtig seyn würde. Daher er alles /was sie redten / vernemen konte.

Also h \rte er / die Sataspe / zu der Timna sagen: darf ich fragen / liebste Fůrstin! wie sie zu Auzora den großen Edom gefunden haben / und wie es nun diesem Fůrsten ergehe? Die Ahalibama / seine gemalin / (antwortete Timna) solte und k \nte wol dieses billig und bäßer / als ich / beantworten. Weil ich aber darüm gefragt werde / so muß ich sagen / daß der leib nicht so schwach sei bei meinem schwehervatter / als krank und bekümmert sich dessen gemůte befindet. Warüm aber das? fragte Sataspe. Meines wissens /(gabe Timna lächlend zur antwort) ům keiner anderen ursache willen / als weil ihm die Ahalibama nicht soviel liebe erweiset / als er von ihr verlanget. Glaubet dieses nicht / Sataspe! (sagte Ahalibama hierauf) was euch hier die Timna fürbringet. Ich liebe den großen Edom / als ich sol / und wie er es von mir erfordert. So růret auch seine betrübnis gar nicht daher / sondern hat viel eine andere ursach / die ich nicht darf offenbaren.

Es kunte dem armseligen Tuscus Sicanus nichtes schmerz-entfindlicher fallen / als eben aus seiner [327] Ahalibama eignem munde zu h \ren / daß sie den Esau liebte. Doch merkte er ferner auf / was fůrgehen wůrde / und h \rte die Timna weiter sagen: Ich weiß /liebste Sataspe! daß ihr begierig seit / unserer reise ablauf zu wissen; die ich euch dan / so viel mir davon bewust ist / mit wenigem erzehlen wil. Als euer bruder uns glücklich nach Auzora über gebracht / und wir alda uns nach dem Fůrsten Esau erkundigten / berichtete man uns alsofort / daß wir denselben im tempel der stadt / unter den priestern der g \ttin Gad / antreffen wůrden. Diß geschahe auch / und fanden wir ihn zu bette / und zwar so matt und kraftlos / daß er kaum das vermögen hatte / uns zu zu sprechen. Weil ich die Ahalibama / als seine gemalin / bei ihm allein lassen wolte / ginge ich inzwischen zu den priestern des tempels: die mir erzehlten / wiedaß Esau / fůr weniger zeit / eine unbekante dame entfůret / die ihm ein anderer abgenommen / und ihn dabei also verwundet hätte. Es wäre aber die verwundung an sich selbst so gefärlich nicht / als die schmerzliche betrůbnis / daß ihm diese geliebte person aus seiner gewalt entkommen: welches ihn dermassen anfechte / daß er dadurch in diese tödliche krankheit geraten. Ich kunte mich hierüber nicht genug verwundern / daß der große Edom seine alte lebens-art / nachdem er seine liebste Ahalibama erlanget / annoch triebe. Ich machte aber hiervon ein geheimnis gegen ihr / üm sie nicht zu betrüben / oder ihr anlaß zu geben / ihme noch kaltsinniger / als sie schon thut / zu begegnen. Ich stellte mich demnach / als wůste ich nichtes / wie ich zu ihnen beiden wieder kehrte / und wolte sie auch bereden / diese nacht bei ihrem gemal zu verbleiben. Sie weigerte sich aber dessen / und name mit mir eine kammer nahe bei dem tempel ein / da wir zu nacht blieben.

[328] Folgenden morgens gingen wir gleich wieder / ihn zu besuchen. Ich thåte / wie den vorigen tag / und ließe diese eheleute wieder allein beisammen. Bei meiner rükkunft / fande ich sie beide mit trånen benetzet: welches mich vermuten machte / Esau håtte ihr seine neue liebe / oder vielmehr seine reue bekant /und sie hergegen ihm ihr mitleiden erwiesen. Dieses nun von ihr zu erfragen / ließe ich ihr keine ruhe / als ich bei ihr konte allein seyn / sondern lage ihr an / mir ihr geheimnis zu er \ffnen. Sie wolte mir aber eher nichtes sagen / bis ich diesen fund erdachte / und mit halben worten ihr zu verstehen gabe / wie daß ich vieleicht mehr wissenschaft von ihren sachen håtte / als sie vermeinte / und m \chte ich wol / hier in Mesopotamien / ihre mitbulerin gesehen / und von ihr des Fůrsten von Edom verwundung erfahren haben. Dieses lezte sagte ich / aus großer vermutung / die ich hatte / daß die andere Ahalibama / die Nefe Zibeons /an des Esau liebeshändeln teil haben můste. Sie ließe mir hierauf keine ruhe / sondern plagte mich so viel /daß ich ihr alles das entdeckte / was mir / werte Sataspe! vor unserer abreise / alhier in eurem hause begegnet. Ich richtete damit dieses bei ihr aus / daß sie zwar sehr fro sich zeigte / aber dabei gleich unvertraulich gegen mir wurde. Sie eilete hierauf nach ihrem gemal / dem sie vermutlich von allen nachricht gegeben / weil er sofort munterer wurde / und zuließe / daß ihm die priestere arznei beibrachten: wie dan in dreien tagen deren gute wirkung sich also spůren ließe / daß er nicht mehr des bettes hüten dorfte.

Ahalibama ware stäts ům und bei ihme / auser bei nacht nicht / mit vorwand: es wůrde sich nicht wol schicken / mich auf einer reise / die ich ihr zu gefallen übernommen / allein zu lassen. Aber eine sonderbare begebenheit [329] verursachte / daß sie diese entschuldigung / bei ihrem manne nicht zu schlaffen / einstellen muste. Es kame / liebste Sataspe! mein Eliphas ganz unversehens nach Auzora / und so wenig unser da-seyn / als wir sein dahin kommen / vermutend / wurde er / so wol als ich / mit nicht-geringem entsetzen ůberfallen / als wir in des Esau kammer einander begegneten / sonder vorher etwas voneinander zu wissen. Ich fiele der Ahalibama onmächtig in die arme /als ich seiner ansichtig wurde / und ginge es ihm nicht viel båßer: also daß Esau und Ahalibama gnug mit uns zu schaffen hatten / uns wieder zurecht zu bringen. Es ist unn \tig / euch hier weitläufig zu erzehlen /wie wir damals miteinander zankten / und uns endlich verglichen haben. Ich sage allein / daß Esau und Ahalibama zwischen uns getretten / und sowol mich begütigt / des Eliphas bezeigen zu vergessen / als auch ihme seine unfug fürgestellet / daß er von meiner tugend solche böse einbildung schöpfen k \nnen. Der kleine Amalek war zwischen uns der bäste friedmacher / und vergaße ich auf einmal alles leid / so man mir zugefüget / dem himmel dankend / der meine schmach von mir gewendet hatte.

Dieses nun brachte zu wegen / daß Ahalibama meine schlafgesellin nicht bleiben kunte / sondern widerwillens sich dazu bequemen muste / bei ihrem manne zu bleiben: wiewol ich nicht weiß / ob es wahr ist / daß sie / selbige nacht / bei einer der priesterinnen im tempel ihr lager genommen. Sie war so unvertreulich gegen mir / daß ich nicht das geringste von ihren geheimnisen erfahren k \nnen. Es geschahe so fort / den tag nach des Eliphas ankunft / unser aufbruch / da wir / in gesellschaft unserer beiden månner / bis nach Phalaga gingen: woselbst sie uns aber wieder verließen / und uns [330] allein unseren weg / mit eurem bruder / hieher fortsetzen ließen. Ich habe / von meinem manne / welcher / wie es schiene / an allen ihren heimlichkeiten mit teil hatte / kaum soviel erfahren können / daß sie nach dem Taurischen gebirge sich gewendet. Diß ist alles / werte Sataspe! was ich euch sagen kan. Ahalibama aber weiß weit mehr / als ich /an die ich euch verweise / ob sie etwan vertreulicher alhier / als zu Auzora / seyn wolte.

Der himmel sei gepreiset / (sagte hierauf Sataspe) der mich diese post h \ren lassen / daß der Fürst von Theman und deßen gemalin wieder verglichen sind. Was die geheimnise der Prinzessin von Edom betrifft / werde ich mich nicht erkůnen / nach selbigen zu forschen / sondern vielmehr damit vergnůgt seyn / daß ich / als ein getreues Seirisches landkind / ům glůcklichen fortgang aller vorstehenden anschlåge / gen himmel möge seufzen dörfen. Es beschuldiget mich die Timna / (finge hierauf Ahalibama an) daß ich den Fürsten Esau / meinen gemal / nicht gnug liebe / und beschweret sich doch daneben / daß ich ihr dessen geheimnise nicht entdecken wil. Ist aber eben dieses nicht ein zeichen meiner ehrerbietigen liebe / daß ich dasjenige verschweige / was mir / verborgen zu halten / anbefohlen worden. Alles aber hier zu verantworten / wessen mich Timna angeklaget / so habe ich mich nie geweigert / zu meinem herrn ins ehebette zu kommen / sondern / in unterlassung dessen / seinen befehl erfüllet: massen ich hiemit der fůrwitzigen Timna trotz biete / ob sie ihrem manne mehr gehorsam / als ich dem meinigen / erweisen könne.

Demas und Aneriste kamen hiemit dazu / und n \tigten die Prinzessinnen zur malzeit: dadurch ihre unterredung abgerissen / und also der betrůbte Tuscus Sicanus dieser grausamen vergnůgung / der Ahalibama [331] ferner zuzuh \ren / beraubet wurde. Dieser unglückselige K \nig / warfe sich so fort auf ein bette /und die augen voll trånen fassend / beklagte er seinen unstern / der ihn zwunge / diejenige so häftig fort zu lieben / die doch nun einem anderen war zu teil worden. Und wiewol er diß zuvor schon gewust / so hatte er es doch aus der Ahalibama munde selber noch nicht gehöret / daß sie den glückseligen Esau liebte /sondern noch stäts gehoffet / daß er in ihrem herzen /ob gleich von ihr für todt gehalten / vor dem Edom einen vorzug hätte / und daß der / nur aus zwang /ihren leib besitze. Wann er aber alles recht erwoge /kunte er seine Ahalibama darům nicht schelten / sondern muste es ihrer großen tugend beimessen / daß sie sich also bezeigte. Indem kame ihm auch die sch \nheit der Königin von Mesopotamien zu gedächtnis /und stellte ihm seine glůckseligkeit fůr / die ihme / so wol der König ihr bruder / als sie selber / zugedacht hätten / und welche anzunemen / einig und allein bei ihm stůnde: woran ihn nichtes / als die betrachtung seiner Ahalibama und seines freundes / des K \nigs von Basan / hinterte.

Was wůrde doch (sagte er bei sich selbst /) die Ahalibama liebers sehen k \nnen / als wann ich /gleich wie sie gethan / mich verheuratete? üm aller welt den argwahn / der ihrem guten namen nachteilig seyn k \nte / zu benemen / daß ich nåmlich sie noch liebte? Was kan Basan / oder vielmehr das große Celten-land / eher in ruhe bringen / und ihm seinen König lassen / als eben dieses / wan ich die Aramena heurate? die er zu lieben / und sich ihrentwegen auszumerglen / nimmermehr abstehen wird / so lang noch das geringste hofnungsfũnklein in ihm ůbrig bleibet /daß er sie erlangen könne. Erkläre dich dan / O verblendter Tuscus Sicanus! deine glückseligkeit [332] anzunemen / die dich die gröste schönheit der welt lieben heiset / und dabeneben dich fähig machet / deinen beiden liebsten freunden zu dienen. Vergiß der Ahalibama ... Allhier stutzete er / und bliebe in seinen gedanken irrig / ward auch von dem leibarzt / den er bei sich hatte / ganz verwirrt angetroffen: der ihn vergebens nötigte / speise zu sich zu nemen. Es erriete dieser gleich die ursach von des K \nigs neuer betrübnis /weil er wol wargenommen / wie nahe ihm die Prinzessin Ahalibama gewesen: daher er / seiner gewonheit nach / ihm zuredte / daß er / als ein König / und nicht nur als ein liebhaber / sich anstellen / auch endlich /so wol seiner eignen ruhe halber / als seinen unterthanen zum båsten / sich ůberwinden / und unmůgliche dinge fahren lassen wolte.

Nachdem dieser getreue leibarzt / mit solchen vermanungen etliche stunden / bei ihme zugebracht /trate der Demas zu ihnen in die kammer: welcher / als er seiner andern gäste aus seinem hause ledig worden / sich dieses seines fr \mden gastes erinnerte / den seine leute in seiner abwesenheit aufgenommen hatten / und deshalben kame / ihn anzusprechen. Der leibarzt / der / gleich dem König / als ein hirte gekleidet war /kame ihm zu erst in die augen / und hatte er den zu Salem / auch sonst in Canaan / viel zu oft gesehen /als daß er ihn nicht so fort / für den Midaspes / des Königs Beor gewesenen leibarzt / hätte erkennen sollen. Wie finden wir einander hier / Midaspes? rieffe er / ihn zugleich ůmarmend. Midaspes eilete nach der thůr / die er zumachte: üm zu verwehren / daß niemand zusehen m \chte / wie Tuscus Sicanus und Demas einander entfangen wůrden. Dieser K \nig sprange so fort vom bette auf / und dem Demas ům den hals fallend / gabe [333] er sich ihme fůr eben den Prinzen Elieser zu erkennen / den er vordessen in Canaan so wol gekennt hatte. An stat der freude / die der Demas hierůber entfinden sollen / wurde er von einem grausenden entsetzen ůberfallen / wickelte sich auch aus dieses vermeinten todten seinen armen heraus /und schluge für schrecken in beide hånde / sonder ein wort zu sagen.

Wie / mein Demas! (redte der K \nig ihn an) entsetzet ihr euch dergestalt fůr euren Elieser? Wie? Elieser! (antwortete der erschrockene Demas) ist es můglich / daß ich den für mir sehe? Es ist můglich /mein werter freund! (gabe ihm der zur antwort) und hat mein unglůck nicht gewolt / daß mein leiden so bald aufhören / und ich warhaftig / wie die welt vermeinet / durch den tod / meines jammers abkommen sollen. Ich stelle mich iezt hier ein / üm euch zu bezeugen / wie daß mein veränderter name und zustand mich gegen euch gar nichts verwandlet habe / sonderen daß mich / nach wie vor / der Demas einen ergebenen freund finden werde. Demas / der sich inzwischen etwas erholet / und nun glauben muste / daß er den Elieser und Midaspes vor sich sahe / kunte / für verwunderung / sich noch nicht recht hierein schicken / deshalben Midaspes zu ihm sagte: Es ist kein wunder / daß unsere / und sonderlich des Eliesers ankunft / euch / mein Demas! fr \md fürko et / dan ihr / so wol als alle welt / betrogen worden / indem ihr seither geglaubet / daß dieser große held des todes wåre. Ich sehe aber wol / daß kein anderes mittel sei / euer gemüte dißfalls in ruhe zu setzen / als die erzehlung dessen / was bei der lebens-erhaltung dieses K \nigs sich zugetragen: welches dan euch den glauben völlig in die hand legen wird. Wan ich gleich / ( sagte hierauf Demas) durch solchen bericht / [334] noch mehr gewißheit ůberkäme / als mir meine augen und ohren bereits gegeben / so wird doch dadurch die verwunderung bei mir nicht kleiner werden / daß Elieser / den ihr einen König nennet / noch lebet.

Es ist solches freilich zu bewunderen / mein Demas! (antwortete der K \nig) und fürnemlich deswegen / daß ich in meinem unglück so lang dauren können. Ihr wisset / wie herzlich ich die Ahalibama geliebet / auch was große zeichen einer ewigen treue ich von dieser Prinzessin entfangen: und könnet daher abnemen / wie grausam ihr verlust mich schmerzen můße. Ja / Demas! was ich stündlich und augenblicklich erleide / ist ärger / als der tod: den ich nur einmal anstehen d \rfte / und der mich ruhig von der jenigen abscheiden ließe / die nun ihres treuen Eliesers also vergessen hat. Ach! håtte Midaspes / wie ich tausend mal gewünschet / mich damals sterben lassen! wie glůckselig wåre ich doch gewesen / und wie ruhig håtte Ahalibama als dan ihren Esau lieben k \nnen? Demas wuste auf diese billigmåßige klagen nichtes einzuwenden / und wolte dem Elieser nicht entdecken / daß seine Ahalibama / ungeacht ihrer heurat / ihn dennoch liebte: weil er wol bei sich ermasse / daß diese wissenschaft ihme mehr betrůbnis / als vergnügung / erwecken würde. Weil er nun nichtes sagte /name Midaspes das wort / und / so wol seinen K \nig in etwas von seinen klagen abzubringen / als auch damit er des Demas verlangen / dieß wundergeschichte von wiederbelebung des Eliesers zu wissen / abstillen mochte / bate er diesen seinen herrn / ihm zu erlauben / daß er dem Demas hiervon erzehlen möchte. Der begierige Demas muste so fort / auf des Königs bewilligung und befehl / sich zu ihm auf das bette setzen / da er dan den Midaspes folgender gestalt erzehlen hörete /

Die geschichte des Tuscus Sicanus - Königs der Aborigener
[335] Die geschichte des Tuscus Sicanus / Königs der Aborigener.

Als die beide Prinzen von Basan / der Lucus und Abinael / des riesen Astaroth kinder / wegen der k \niglichen hoheit / in streit und gefårliche kriege gerieten /zoge hierbei der Lucus den kůrzern / daß er dem Abinael / seinem jůngern bruder / das k \nigreich Basan ůberlassen / und fůr demselben über meer / bis gar in Tuscien hinein / flüchtig wurde: da der Janigener K \nig / der Hesperus / ihm seine schwester / die Prinzessin Valentia zuheuratete / nachdem er zuvor /durch seine dapfere faust / der Aborigener landes sich bemächtigt / und die kron von selbigem reiche aufgesetzet. Weil aber Hesperus / so wol ihn / als die Valentia / sehr liebte / als hielte sich der König Lucus stäts bei diesem schwager auf / und stunde ihm treulich bei / in seinen kriegen wider den Blascon: bis die unglückseelige veränderung fürlieffe / daß der Italus Kitim in das land einbrache / und seinen bruder / samt dem ganzen k \niglichen geschlechte / eben also nach Celten verjagte / als wie der zuvor den Blascon / den ehmaligen K \nig der Janigener / dahin vertrieben hatte.

Ein s \hnlein von dem Lucus und der Valentia /bliebe in dieser flucht zu růcke / und geriete dem grausamen Italus Kitim in die hånde: welches / ungeacht es seiner schwester kind war / des todes sterben solte / solchem auch schwerlich entgangen wäre / wan ich nicht eben dazu gekommen / und diesem kleinen Prinzen sein leben gerettet håtte. Es hatte der gerechte himmel es also versehen / daß ich schon damals diesem zarten Königs-kinde / als nunmehr gegenwärtigem König der Aborigener / dem Tuscus Sicanus /sein leben fristen [336] [338]muste: der mir in die hånde geriete /als ihn eben / des Italus Kitim knechte / in k \stliche windeln eingewunden / daher trugen / des willens /ihn in die Tyber zu werfen. Weil ich von geburt ein Cananiter bin / und also Basan mit für mein vatterland haltend / eine sonderbare liebe für dieses sprößlein aus Basan in mir fülete / als jammerte mich nicht allein dieses kindes / sondern ich bemühete mich auch / es aus dieser mördere händen zu erl \sen. Dieses ginge mir von statten / indem ich durch ein großes stuck geldes / das ich bei mir fůrete / üm damit in Celten zu denen in der arzenei berůmten Druyden zu reisen / ihn los kaufte: da ich zuvor ihnen zuschw \ren müßen / mich so fort mit dem kind ůber meer zu begeben / und es nicht eher wieder hinüber kommen zu lassen / noch ihme seinen namen und stand zu er \ffnen / bis daß der Italus Kitim todt seyn wůrde. Vor des Gottes Berith seule / die etliche reisende Canaaniter alda am ufer des meers aufgerichtet / geschahe dieser eid: welchem dan schůldigst nachzukommen /ich noch selbige stunde / mit dem kleinen kinde Tuscus Sicanus / zu schiff ginge / und / nach überstandener beschwerlicher seefart / zu Joppen angelangte.

Ich gabe ihm den namen Elieser / und kame mit ihm in das k \nigreich Kiriath-Arba: da der Fürst Beri / welchen damals sehr nach einem sohn verlangte /weil der König / sein bruder / auch keine erben hatte /und also das land auf ihn sahe / wegen meiner kunst mich \fters üm raht fragte / wie er eine gesegnete ehe bekommen möchte. Weil / aus allen ůmstånden / die er mir erzehlte / ich anders nicht abnemen kunte / als daß der mangel an seiner gemalin seyn můste / wiewol sie etliche jahre hernach den Ephron geboren / als sprache [338] ich ihme alle hoffnung ab / und brachte ihn damit auf / daß er den kleinen Elieser / mit so viel gelt / als ich vor ihn gezahlet / mir abkaufte / und selbigen für seinen sohn ausgabe. Weil er / als vom königlichen hofe damals verbannet / in der einsamkeit lebte /als merkte kein mensch diesen betrug / sondern iederman glaubte / daß Elieser des Beri sohn wåre.

Ist es wol můglich / (fiele alhier der Demas dem Midaspes ins wort) daß der Prinz Elieser nicht des Fůrsten Beri sohn gewesen? Der hi el / (fuhre Midaspes fort) hatte den Tuscus Sicanus viel zu lieb / als daß er ihm einen so unartigen vatter solte gegeben haben. Es hat ja auch nachmals dieser Beri / in allem seinem thun / genugsam zu erkennen gegeben / daß er kein fůnklein våtterlicher liebe gegen diesem tugendhaften sohn in sich hegte: massen ja euch und aller welt mehr als bekant ist / wie er ihn selbst dem Beor gefänglich eingebracht / und auf das åuserste verfolget. Und wiewol sein rechter sohn / der Ephron / solches allemal mit anstehen můßen / so ware doch der Beri dessen versichert / daß dieser / als der am wenigsten schůldig / nicht so hart / als Elieser / wider den es ům die Ahalibama zu thun war / von dem Beor wůrde gehalten werden: massen auch in der that geschehen / und Ephron gleich wieder los gekommen /als Elieser vermeintlich sein leben gelassen.

Die tugendhafte mutter des Ephrons / wie auch mein stätiges zureden / da ich dem Beri immer fürhielte / was beschimpfung ihm darauf stůnde / wan er dem Elieser den sohnes-namen rauben wolte / verursachte / daß er ihn / nach des Ephrons geburt / in seinem hause noch so fort gedultet: wiewol er nachmals nicht betrübt darüm war / als er vermeinte / daß der himmel / [339] durch Eliesers tod / ihn von dieser last erlõset håtte. Ich ware damals im dienst beim K \nig von Canaan / wie der in die Ahalibama / des Eliesers braut / sich verliebet / und diesen durch den Prinzen Hemor verwundten unglückseeligen in seinen banden hatte: da ich dan diesen grausamen befehl von dem Beor bekame / dem Elieser ein gift beizubringen /welches ihn allmählig t \dten und hinrichten m \chte. So wenig ich nun diß zu thun gesinnet war / weil ich den Elieser als mein kind liebte / so sehr befahrete ich / wan ich es abgeschlagen håtte / des K \nigs ungnade / und daß dannoch ein anderer hierzu würde gebrauchet werden. Demnach übername ich / des K \nigs gebot auszurichten / und brachte es / durch gewiße kråuter / die den leib aufblasen / und eine onmacht von etlich vielen stunden verursachen / so weit / daß zu Salem dieser Prinz vermeintlich sturbe / und mir sein k \rper / denselben zu balsamiren und zur begråbnis fårtig zu machen / von dem Beor übergeben wurde. Dieser gedachte nun also vor aller welt zu bergen / daß Elieser durch gift ůmgekommen / und ich erlangte damit die bequemste gelegenheit / den Elieser auf die seite zu schaffen / und einen andren k \rper /von einem in meiner cur gewesenen verstorbenen /heimlich in seine stelle zu bringen: welchen ich in einer kråuter-lade / als wären meine specereien darin gelegen / auf das schloß tragen / und in eben selbiger hingegen den Elieser hinunter in meine wonung bringen ließe.

Daselbst nun trachtete ich / durch dienliche båder und andere mittel / den Elieser wieder zu sich selbst zu bringen: das mir auch glůcklich gelunge / wiewol es viel arbeit machte / und langsam daher ginge / ihm seine gesundheit wieder zu erstatten / weil die natur sehr war [340] geschwächet worden. Was ihm aber den meisten schaden thåte / ware dieses / daß das gemůte in ihm soviel erlitte: weil er ståts an seine Ahalibama gedachte / und selbige in eines so måchtigen mitbulers händen wissen muste / auch daneben ihm wol fůrbilden kunte / wie sein tod ihr würde zu herzen gehen. Er wuste es auch daher mir fast wenig dank /daß ich ihm sein můhseeliges leben erhalten / da er /allem ansehen nach / seine Ahalibama verlieren solte. Damit ich aber nun anderweit ihn etwas erfreuen m \chte / und weil ich gewiß wuste / daß Italus Kitim todt war / offenbarete ich ihm seine k \nigliche geburt / und daß er des Lucus und der Valentia ältster sohn /der Tuscus Sicanus / wäre. Dieses ware ihm / ungeacht seiner betrůbnis / nicht eine so gemeine zeitung /daß sie ihn nicht hätte sollen bewegen können / sich seinem vätterlichen reiche zu sparen / und den tron der Aborigener zu verlangen.

Der himmel fůgte es damals also / daß ein arzt /einer von meinen alten bekanten / eben aus Chitim zu mir nach Salem kame / der mir allen zustand von selbigen reichen erzehlet: wie nåmlich der Aborigener K \nig Lucus / nach dem er mit der Valentia noch einen sohn gezeuget / der / zu gedåchtnis des åltern sohnes / auch Tuscus Sicanus genennt worden / so wol als dieser / für betrübnis gestorben / und also der Aborigener land der Valentia zu regiren hinterlassen håtte; wie auch diese / mit einem måchtigen heer / auf dem Riphatischen gebirge angekommen / und einen anspruch auf Basan machen wolte. Dieses reizte den Tuscus Sicanus nicht wenig / seiner fraumutter und den Aborigenern sich kund zu geben / und ihr in ihrem dapfern beginnen beizustehen. Als ich diesen růmlichen fůrsatz an ihm gemerket / feurete ich denselben noch [341] mehr an / und beredte ihn / nach dem Riphatischen gebirge zu reisen: welches er / so krank er auch ware / und so ungern er seine Adalibama in des Beors klauen zurůck ließe / ihm so fort gefallen ließe. Ich suchte urlaub bei meinem König / dem Beor / auf ein jahr auszureisen: welches er mir / in betrachtung des großen dienstes / den ich ihme mit hinrichtung des Eliesers erwiesen / gleich verstattete / auch mich mit reise-zehrung überflüßig versahe.

Also machte ich mich / mit meinem todten / bei nacht auf den weg / und kame glücklich mit ihm in Syrien nach Hierapolis: alda wir den Prinzen Suevus fürfunden / der mit den Aborigenern auf dem Riphatischen gebirge sich besprachen / und ihre anforderung auf Basan vernemen solte. Ich ware bei diesem Celtischen Fůrsten vor deme in kentnis gewesen / und zwar an dem hofe des Italus Kitim da er der Prinzessin Valentia fleißig aufgewartet / und üm ihre gute gunst / wiewol vergeblich / sich bemühet. Diesem entdekte ich demnach / wie ich den sohn seiner eh mals-geliebten Valentia bei mir hatte / und daß darům der König von Basan fürnemlich mit diesem / als mit dem rechten Aborigener-K \nig / seine handlung anstellen müste. Es wäre diese zeitung dem Suevus ein mårlein gewesen / wan er mich nicht / von so vielen jahren her / für ehrlich und aufrichtig gekant / auch an den Tuscus Sicanus das wahre leibhafte ebenbild der Valentia / seiner fraumutter / gefunden hatte: daher er / mir glauben beimessend / solches so fort nach Basan berichtete. Ich aber ůbername inzwischen die reise /nach dem Riphatischen gebirge zu gehen / und der Königin / wie auch den Aborigenern / dieses ihres noch lebenden sohnes und K \nigs zustand zu er \ffnen.

[342] Zu meinem glück und zu bescheinung der warheit /fande ich bei der Valentia zween alte slaven / welche mich kennten / und eben von denen waren / die mir den kleinen Tuscus Sicanus verkauffet hatten. Wie nun diese meinen bericht bestätigten / erweckte ich eine solche freude unter den Aborigenern / und fůrnemlich bei der betrübten K \nigin / daß sie mich allerseits gleich einem gott verehrten / und mit mir etliche der fürnemsten Aborigener zurůck abschickten /die ihren König zu Hierapolis entfangen solten. Unterwegs begegneten uns etliche / so die zwischen beiden K \nigen bereits getroffene friedenshandlung mitbrachten. Ich funde / weil ich sehr eilete / und nacht und tag fortreisete / den K \nig von Basan und den K \nig der Aborigener / in Hierapolis noch beisammen / wiewol sie wenigen bekant waren. Es ginge das gespråche / daß mein K \nig die Prinzessin Amorite /des Suevus tochter / heuraten solte: worzu ich dan meines ortes ihn zu vermanen und zu bereden nicht ermangelte. Ich håtte auch damit durchzudringen hoffen können / weil man bei uns fåst geglaubet / daß die heurat mit dem Beor und der Ahalibama für sich gegangen / wan nicht / zum unglück / die zeitung nach Hierapolis erschollen wåre / welcher gestalt diese Prinzessin von Salem entronnen / auch sich in der damaligen Königin von Ninive schutz begeben / und ehist mit derselben nach Damasco kommen würde.

Diese nachricht / verdrengte in meines verliebten Königs herzen alle staatsgedanken / und kunte ich kaum so viel erlangen / daß er seine liebe heimlich hielte: wiewol daran höchst gelegen war / und er allen beistand aus Basan / sonderlich des Suevus freundschaft und nůtzliche hůlfe verscherzen k \nnen / wan diese seine neue bundsverwandten erfahren hätten /daß er ihre Prinzessin / [343] die Amorite / nicht im sinn hatte / deren vorgeschlagene heurat gleichwol ein großes zu der vertreulichen vereinigung beider Könige gethan håtte. An stat nun / daß ich vermeinte / wir wolten nach der Königin Valentia reisen / fiele meinem König in den sinn / mit dem K \nig von Basan unbekant nach Damasco zu gehen / und der damaligen Königin von Ninive einzug alda anzusehen /fůrnemlich aber seine Ahalibama zugleich anzusprechen. Ich war viel zu schwach / mich hierinn zu widersetzen / und wurde ein h \fliches schreiben an die K \nigin Valentia aufgesetzet / auch damit iemand an sie abgeschicket / der des Tuscus Sicanus ausenbleiben entschüldigte / und ehiste überkunft daneben versprache.

Also ginge nun unser weg nach Damasco / und ob gleich beide Könige einander den zweck dieser ihrer reise noch nicht entdekten / so waren sie doch sonst sehr viel bei einander / und sezten große liebe zusammen. Diese freundschaft erstrekte sich auch auf den Prinzen Daces / der allein mit reisete / und sonderliche hochachtung fůr meinen König bezeugte. Um aber ganz unbekant zu bleiben / hatten der Marsius sich Cimber / und der Daces Tubal genennet: welche namen zween ihrer vettern gefüret / die im lezten Assyrischen kriege waren ümgekommen. Weil mein K \nig seinen namen auch ändern solte / nennte er sich ebenfalls Cimber / welches ein gemeiner name ist bei den Celten: üm damit fũrnemlich auch die einigkeit anzudeuten / die er mit dem andern Cimber zu halten gesonnen war. Nahe vor Damasco / stieße meinem König ein fieber zu / damit er / seit seiner wiederbelebung / noch immer behaftet gewesen: welches ihn n \tigte / etwas zurück zu bleiben. Wir kamen aber nur einen tag später / als [344] die andere / und also noch zween tage vor der Königin einzug / in Damasco an.

Ich habe daselbst eine verwandtin wonhaft / bei der ich dan mit meinem König einkehrte: und weil ich unterwegs dem andern Cimber und dem Tubal hievon nachricht gegeben / stunde es nicht lang an / da kamen diese beide / uns zu besuchen. Wir erfuhren von ihnen / daß sie in dem haus einer Fůrstin von Seir eingekehret / und daß der Marsius mit der ankunft seines alten freundes / des Prinzen Abimelech / der nunmehr König in Syrien ist / erfreuet worden: welcher ihn / ungeacht ihrer großen vertraulichkeit und freundschaft / die sie ehmals zu Salem mit einander gestiftet / dennoch nicht anders / als unter den namen des Cimbers / kennte. Diese ihre fleißige ansprache sezten sie fort / bis auf den tag / da der einzug geschahe: welchen wir aus unserem hause / als welches abgelegen /nicht sehen kunten / aber bald erfuhren / was wegen losbrechung der Löuen sich dabei begeben hatte. Die angst des verliebten Tuscus Sicanus ist nicht zu beschreiben / die er hiebei fůr seine Ahalibama hatte /und stillte sich seine unruhe nicht eher / als bis der K \nig von Basan zu uns kame / und uns erzehlte /wie es abgegangen wäre.

Die art / womit dieser verliebter Cimber solchen bericht abstattete / und die weise / mit deren es von dem andern Cimber / meinem K \nig / angeh \ret wurde / öffnete ihnen beiden die augen / daß sie einander anmerkten / wie sie beiderseits liebten. Sie wurden hierauf nach und nach so vertreulich zusammen /daß sie einander ihr ganzes herz er \ffneten / und nichtes von ihrer liebe verhåleten. Der K \nig von Basan name es meinem König gar nicht für übel / daß er seine Ahalibama noch liebte / unangesehen er in der zeit / da er sie an den Beor verheuratet [345] geglaubet / bei der friedenshandlung / für dessen base / die Amorite /sich erkläret hatte. Also erfuhre Tuscus Sicanus /durch hülfe des K \nigs von Basan und des Prinzen Daces / alles / wie es seiner Ahalibama erginge: das dan / sie selbst bald zu sprechen / und ihr sich lebendig zu zeigen / bei ihm das verlangen so gros machte /daß solches merklich zu seiner wiedergenesung halfe.

Als er nun nicht mehr der kammer hüten dorfte /suchte er gelegenheit / die Prinzessin Ahalibama zu sehen / und begabe sich demnach / neben mir / der ich ihn niemals verlassen wolte / mit einen mantel wol verhůllet / auf den großen spazirplatz in Damasco / da die K \nigin / neben allen anwesenden Prinzessinnen und dem andern frauenzimmer / eben lustwandlen fuhre. Wir sahen daselbst die Prinzessin Ahalibama /in dem zweiten wagen / mit andren damen sitzen / und ritte ihr der Fůrst von Edom an der seite / der die ganze zeit über mit ihr sprachte: da sie sich so h \flich hinwider gegen ihm bezeigte / daß eine kleine eifersucht / die allen verliebten gemein ist / bei meinem K \nig anzuglimmen begunte. Ihn dünkte / Ahalibama wåre nicht betrübt genug über seinen tod / und fande er sie auch sch \ner / als sie billig der gram über ihren Elieser håtte lassen sollen. Mit dieser unruhe kehrte er wieder in das haus / und half ich seine eifersucht mit fleiß vermehren: weil ich auf sein bästes sahe / und also nicht wünschen kunte / daß diese verbindung mit dem hause Seir geschähe / die meinem König schiene mehr schädlich als nůzlich zu seyn. Als ihme nun hierauf in den sinn gekommen / ehe er die Ahalibama anspråche / zuvor erkundigung einzuziehen / wie sie mit dem Esau lebte / höreten wir nicht allein von allen orten / sondern auch [346] von dem so-genanten Tubal / daß Esau diese Prinzessin liebte / und sie ihm nicht abhold wäre.

Dieses hatte zwar / meinem wunsche nach / die glůckliche wirkung / daß es meinen König mehr als eifersüchtig machete: es schwächte aber dabei auch seinen leib dermassen / daß er abermals zu bette ligen muste. In erwägung aller ümstånde / und der notwendigkeit / die heurat mit der Prinzessin Amorite / des Suevus tochter / möglichst zu befördern / brachte ich den König von Basan / wie auch den Tubal auf meine seite / und finge mit ihnen beiden an / meinem K \nig fürzustellen / wie / eine so schleunige vergessenheit der Ahalibama / mit gegenvergessenheit zu bestraffen wäre. Weil der Marsius und Daces / ihrer eignen angelegenheit halber / wünschten / daß Amorite Königin der Aborigener werden m \chte / als halfen sie mir hierinn treulich / also daß kein tag verginge / in welchem nicht meinem K \nig eine neue geschichte von der Ahalibama liebe zu dem Esau fůrgebracht wurde. Ich sahe gern seinen leib hierdurch sich abmatten / in hoffnung / daß sein gemüt allgemach von dieser liebe wůrde geheilet werden. Und weil die entfernung das båste mittel zu seyn schiene / als triebe ich es tåglich /daß man doch niemal an die růckehr nach Basan gedenken möchte: womit ich aber bei dem verliebten Marsius nichtes ausrichtete / unangesehen ich hierinn auch den Daces auf meiner seite hatte. In solcher zeit kame ganz verborgen / die ietzige Königin von Babel / als damalige Prinzessin von Basan / die Hercinde /unter månnlicher kleidung / zu Damasco an / und geriete ganz ungefår in das haus / darinn wir woneten. Sie hatte bei sich viel fürneme Celten / welche selbst diese Prinzessin nicht anders / als unter dem namen Assurs / kennten. Weil ich erfuhre / daß sie [347] Celten waren / machte ich mit ihnen kundschaft / und wurde von dem Gaisus / einem unter ihnen / erkant / der mich ehemals in Celten gesehen hatte. Diesem entdekte ich meines Königes zustand / brachte es auch in die wege / daß er den Tuscus Sicanus zu sprechen bekåme: welches die Prinzessin Hercinde / unter Assurs namen / als sie hiervon verno en / auch begierig machte / den bruder des vorigen Tuscus Sicanus zu kennen / der ihrentwegen fůr liebe gestorben war. Also sahe sie meinen König / der folgends dem Marsius / als der ihn wieder besuchte / hiervon vermeldete / und damit ursach gabe / daß sie von ihm fũr seine dapfere schwester / erkant und beredet wurde / weibliche kleidung anzulegen / und also in der Fürstin Timna behausung / bei ihme einzukehren. Gaisius ware / mit den andern Celten / bereits nach Basan abgereiset / ům des Assurs ankunft alda anzumelden /wie dergestalt der Marsius und sie einander erkennten.

Mein K \nig hatte hierauf die ehre / diese damals von liebe und eifer gegen dem Baleus erkrankte heldin / nicht allein in ihrem weiblichen schmucke zu sehen /sondern auch in ihre vertreuliche kundschaft zu geraten: da sie ihm dan / in gegenwart ihres bruders / alles erzehlte / was sie wider den Baleus hatte / und welcher gestalt sie die jungfrau Aramena / aus welcher nun der K \nig von Ninive geworden / beeiferte. Ihren damaligen haß gegen den Baleus auch darzuthun / beweinte sie herzlich den Tuscus Sicanus / den bruder meines Königs: und weil sie denselben als eine schwester geliebet / als name sie auch meinen K \nig zum bruder an / und nachdem sie kürzlich seinen zu stand erfahren / vermanete sie ihn so sehr / die Ahalibama ferner nicht zu lieben / als sehr sie selbst sich vermaße / forthin den Baleus [348] bis in den tod zu hassen / den sie auch nun zu bekriegen / sich ernstlich angelegen seyn ließe.

Ich berůre dieses alles nur mit wenigem / weil ich wol weiß / daß euch / mein Demas! diese begebnise zwischen dem Baleus und der Hercinde nicht unbekant seyn können; und ist das gefechte so weit erschollen / welches Baleus / Aramena und Assur vor Damasco miteinander gehalten / daß ich unnötig hiervon viel worte machen wůrde. Ich will allein sagen /daß dieses damals geschehen / als Marsius / neben meinem König / die Hercinde / bis auf das schloß des Syrischen Fürsten Rames / begleiten wolte / dahin der Prinz Suevus gekommen war / üm die Prinzessin abzuholen und sich mit seinem K \nig zu bereden. Sie kame verwundet zu uns / und mitlerweile wir alda waren / ließe ich nichtes an meinem fleiß erwinden /beide Könige zu bereden / daß sie doch mit der Hercinde nach Basan gehen möchten. Aber die ungemeine liebe des Marsius war in ihm so mächtig / daß weder ich / noch der Suevus / etwas bei ihm auszurichten vermochten: und muste ihm dieser Fürst zuschwören / sein da-seyn in Basan ganz geheim zu halten / und ihm in seiner liebe nicht einzureden. Ich zwar / hatte mit meinem König etwas mehr glück /indem derselbe / für dem Suevus sich bergend / auf dessen zureden / so wol als auch aus natürlicher begierde / den schluß fassete / die reise nach seiner fraumutter / der Königin Valentia / nicht länger aufzuschieben: zumal weil er versichert ware / daß inzwischen ihm in seiner liebe kein eintrag geschehen könte / da der Esau / sein glůcklicher mitbuler / aus Damasco hinweg gezogen war / und wider die vom hause Seir krieg fürete.

Also beschlossen wir nun / auf des Fürsten Rames hause / gerade nach dem Riphatischen gebirge zu gehen / [349] und nicht zuvor nach Damasco wieder zu kehren: welches anfånglich mein K \nig zu thun ganz ernstlich gewillet war / ům sich seiner undankbaren Ahalibama zu erkennen zu geben. Er schriebe aber an diese Prinzessin ein bewegliches brieflein / welches er dem Daces zustellte / und es ihr bei bequemer gelegenheit zu überliefern bate: das aber dieser hernach nicht von sich gegeben / daher es nicht vor der Ahalibama augen gekommen. Wie wir nun dergestalt uns in drei teile gewandt hatten / da der Cimber und Tubal wieder nach Damasco / Hercinde aber nach Basan /und mein K \nig nach dem Riphatischen gebirge ginge / hatten wir unterwegs keine andere reise-kürzung /als von der Ahalibama: von der mein König ihm nimmermehr fürbilden kunte / wie sie seiner sobald hätte vergessen können. Zuweilen wolte er sie entschuldigen und machete ihm viel hoffnung vor seinen brief /den er ihr geschrieben / daß der nämlich alles in vorigen stand setzen wůrde. Nachmals aber verzweifelte er wieder daran / als er so gar keine antwort erhielte /da ihme doch / von dem so genanten Tubal / zu verschiedenen malen über Basan briefe zukamen.

Wie wir endlich das Riphatische gebirge erreichet /und die Aborigener ihren neuen König sahen / entstunde unter ihnen eine unaussprechliche freude; und ware wol niemand / der an der warheit dieser geschichte zweifelte / weil der Valentia wahres ebenbild / neben der leibhaften gestalt des tapferen Lucus / sich an ihme ganz scheinbar herfürthåte. Also beehrten sie ihr glůck / das ihnen der himmel g \nnte / mit großer erkentlichkeit / namen ihn auf einen großen schild /und trugen ihn also mitten durch das heer / bis nach dem gezelte der Königin: die schier für freuden onmåchtig wurde / einen sohn / [350] den sie so viel jahre als todt beweinet / nun wieder lebendig zu sehen. Ich zeigte ihr die windeln / wie auch etliche kleinode / die ich bei dem kleinen Tuscus Sicanus gefunden: so ihr alles noch gar wol bekant ware. Also erhube sich ein allgemeines wol-leben / dessen iederman genoße / ausser dem Tuscus Sicanus selber: welcher in stäts-wärender betrübnus verblieben / und alle die königliche ehre / die ihm widerfuhre / als ketten ansahe / die ihn anfässelten / und bei seiner Ahalibama nicht seyn ließen.

Wie wir nun also eine weile unter den Aboriginern uns befanden / und mein König in den kriegen / welche sie mit ihren benachbarten fůreten / viel dapfere thaten erwiesen / auch dadurch sich noch beliebter bei seinem volke gemacht hatte / bekamen wir aus Basan die betrůbte zeitung / daß der K \nig Marsius todt wåre; und bald darauf / etwan nach zwei oder dreien wochen / schriebe auch die Prinzessin Hercinde / daß mein König acht auf seine schanze haben / und sich Basan zu nåhern / sein volk zusammen ziehen solte. Diesem einraht zu folge / zogen sich die Aborigener gegen Canaan. Mitlerweile aber Valentia wieder nach Celten reisete / ginge mein König / mit mir und wenig anderen / unter des Cimbers namen / unbekant nach Basan / ům sein bästes nicht zuversåumen / und / als rechter erbe / wahren grund von diesen dingen einzuziehen. Auf dieser reise hatte mein König / unfern von Edrei / einsmals bei nächtlicher zeit eine sonderbare begebenheit: die ich darum hier mit erzehlen muß /weil sie zur erlåuterung dienen kan / warům der jetzige K \nig in Syrien nachgehends / meinem König / als ich bald sagen werde / in anbietung der Königin Aramena / seiner liebsten schwester / solche sonderbare gewogenheit erweisen wollen.

[351] Wir reiseten / zwischen dem gebirge / bei dunklem sternenlicht / und h \reten / bei der großen nacht-stille / vor uns im thal / ein gefechte. Indem wir nun still hielten / ům solches etwas eigentlicher zu vernemen /ranten ihrer zween spornstreichs bei uns fůrbei / deren einer zu dem andren sagte: es wåre mit ihrem herrn /dem Prinzen Abimelech / gethan / wann sie nicht bald seine übrige leute könten herbei schaffen. Dieser name / der meinem König anzeigte / was für ein edler held solcher gestalt noht litte / bewegte ihn so fort /nach dem geklinge der schwerter hin zu reiten: da er dan im schimmern ersahe / wie ihrer viele über etliche wenige her waren / die sich aber trefflich zur wehre stellten. Unter diese wenige zehlte er nun nicht unbillig den Abimelech / drunge also mit großer dapferkeit in die andern hinein / und machte den streit bald ein anders ansehen gewinnen / also daß / wie endlich Abimelechs leute dazu kamen / dieser held bereits von allen seinen feinden befreiet und erl \set ware. Wem habe ich immermehr (rieffe dieser Prinz) mein leben zu danken? ich spůre ja / daß eine ungemeine dapfere faust mich errettet hat. Wen es dem Prinzen von Gerar (antwortete ihme mein K \nig) einiger maßen zur vergnügung dienen kan / meinen namen zu wissen / so wil ich einem so edlen helden nicht verhelen / daß ich / unter des Cimbers namen / der Aborigener K \nig Tuscus Sicanus bin / der nun das glück gehabt / dem dapfern Abimelech sein leben zu fristen. Hiemit rante mein König von dannen / sonder eine antwort zu er warten / und sezte seinen weg weiter fort: weil er in Basan unbekant leben wolte / und hier / nach dieser entdeckung seines namens / långer zu verharren / fůr undienlich erkante.

Wir stellten aber / wegen des Marsius vernommenen todesfalls / genaue nachfrage an / und erfuhren[352] endlich / nach vielem forschen / von dem Daces / den wir in Basan fanden / daß es hiemit ein misverstand wäre / doch gleichwol gefårlich mit ihm stünde. Der Daces muste meinem K \nig alles erzehlen / was / seit seiner abwesenheit / in Damasco und Syrien sich zugetragen hatte. Er war fůrnemlich h \chst begierig /von seiner Ahalibama etwas zu h \ren: das ihm aber schlechten trost brachte / weil er vernemen muste /wie der friede zwischen den häusern Seir und Edom auf diese bedinge gestiftet wåre / daß Ahalibama des Esau ehegemalin werden solte.

Ist dan Ahalibama / (fragte mein betrůbter K \nig) hiermit einig? Sie sol / (antwortete Daces) wie ich hier von Basan vernommen / nach Edom gereiset /und der Esau ihr bereits dahin gefolget seyn. Hat sie dan (fuhre mein K \nig fort zu fragen) keine freude oder einige verånderung von sich blicken lassen / als sie mein leben aus meinem schreiben ersehen? Keines wegs! (antwortete Daces / wie ich mit ihm hatte abgeredet / daß er sagen solte) und scheinet sie ganz geneigt / ihrem vatterlande zum båsten / dem Edom die eheliche hand zu geben. Wolan! (sagte ich hierauf) so erweisen sich dan E. Maj. nicht geringer / als Ahalibama / und sorgen auch fůr ihr vatterland / gleichwie sie gethan / in ehlichung der Prinzessin Amorite /welche heurat ihr merklich dienen kan / den tron von Basan fůr sich fäst zu stellen. Ich erlangte mit dieser anmanung so viel / daß mein betrůbter König mir folgte / und neben dem Daces seinen weg nach dem Prinzen Suevus vor sich name / der mit einem gewaltigen heer damals im anzuge ware / in Syrien zu gehen.

[353] Er håtte damals / aus begierde / an seine Ahalibama sich zu rächen / die lezte einwilligung zur verheuratung mit der Amorite / von sich gegeben / wan diese unglückseelige Prinzessin noch wäre im leben gewesen. Aber wir erfuhren deren erbårmlichen tod bei dem betrübten vatter / dem Prinzen Suevus: deme der Sesostris / so die Amorite aus Hemath begleitet /diese klägliche zeitung eben angebracht / daß sie /neben der Prinzessin von Hemath / auf ihrer reise nach Mesopotamien / von vermumten Hemathitern /die zweifels ohn der tyrannische Jobath hierzu erkauffet / wåre ůmgebracht worden. Ob nun zwar ihr so erbärmliches ende meinem K \nig sehr zu herzen ginge /so erwerkte es doch fast daneben in ihm eine ruhe /daß er nun ůberhoben ware / dergestalt an seiner Ahalibama sich zu råchen. Also begunte hierauf die liebe in ihm wieder aufzulohen / also daß er sich äuserst abkränkte. Ich fande endlich keinen raht mehr / als daß er der gesundbrunnen und warmen bäder bei Aroer in Syrien sich gebrauchen solte: dahin wir dan zogen / und keinem menschen davon sagten / als dem Daces und dem Fürsten Cyniras / der unterwegs in Ober-Syrien uns aufstieße / und meines K \niges vertrauter bekanter vordeme zu Hirapolis worden war. Um daselbst geheim zu bleiben: namen wir in den abwegsamen klippen unsere wonung: da es sich dan fůgete / daß der König Marsius / der auch fast tödlich krank war / so verborgen als wir / den gesundbrunn gebrauchte / und / durch den Daces von unsrem da-seyn berichtet / so betrübt und schwach er auch war /dannoch ein verlangen erwiese / seinen vettern und vertrauten freund wieder zu sehen.

[354] Also kamen die zween unglůckliche verliebte Cimber / welchen namen sie noch immer fůreten / bei nacht zusammen / und klageten einander ihre noht: da man / ohne tränen / diese beide zweifelmütige Könige nicht ansehen / noch ihr gespråche vernemen kunte. Daß die K \nigin Aramena / als sie / von des Königs zu Basan liebe / wiewol nur unter des Cimbers namen / nachricht bekommen / einen so unvers \nlichen zorn und grim wider denselben blicken ließe / und Ahalibama ihres Eliesers so leicht vergessen k \nnen / solches machte sie beiderseits unaufhörlich den tod wůnschen. Sie stritten immer mit einander / welcher von ihnen wol der unglůckseligste liebhaber wäre: da Marsius behaubten wolte / daß mein K \nig sich noch tr \sten k \nte / weil die Ahalibama / so lang sie ihn lebendig gewust / ihn beständig geliebt hätte; da hingegegen er sich dessen ganz nicht zu berůmen wůste /daß er iemals wäre geliebt worden. Mein K \nig wolte ihm aber solches nicht gestehen / einwendend / daß eine wahre liebe auch nach dem tode bestehen müße: weswegen er schl \ße / daß die Ahalibama ihn niemals recht geliebt hätte / weil sie seiner sobald vergessen k \nnen. Wir verheleten aber vor dem Tuscus Sicanus / mit aller sorgfalt / daß die Ahalibama bei der K \nigin in selbigem saurbrunn und ihm so nahe war. Ich brachte es doch endlich mit meinem K \nig so weit /daß er / dem leibe nach / seine v \llige kräfte wieder erlanget: und verharrete er nur darum noch daselbst /üm dem K \nig von Basan mit trost beizuwonen.

Inzwischen kame ihm unvermutlich von der Prinzessin Hercinde ein schreiben aus Assyrien / welches ungefår also lautete.

[355]
Schreiben der Prinzessin Hercinde an den Tuscus Sicanus / König der Aborigener.

Ich habe so viel gutes / von der Königin Valentia /ehmals in Celten genossen / zu dem daß ich eine ursach an dem unglücklichen tod ihres jüngern sohns gewesen / daß ich ganz unerkentlich seyn müste / wan ich nicht / in allem / dem großen Tuscus Sicanus dafür dienete / und also einiger maßen ersezte / was ich so wol dem vorigen König der Aborigener zu leide gethan / als auch was ich der Valentia fůr ihre wolthaten schuldig bin. Diesem nach / mein bruder! warne ich E. Maj. für unsrem nächsten blutsfreunde /und bitte / sie wollen / nach entfahung dieses / keinen augenblick seumen / in Basan zu gehen / und dahin ihre Aborigener zusa en zufůren. Ein mehrers darf ich nicht melden. Es bestehet aber hierinn der ruhestand von Basan / daß E. Maj. diese warnung wol aufnemen von ihrer getreusten schwester


Hercinde.


Weil / wie gesagt / diese Prinzessin meinen König sehr liebet / ob sie gleich wenig ům ihn gewesen / als wurde auch diese ihre sonderbare warnung von uns desto bedachtsamer erwogen: und kunten wir hieraus nichts anders schließen / als daß / durch diesen blutsfreund / der Marsius selber můße gemeinet seyn / der etwan / auf anstiften seiner großen / die getroffene friedens handlung ůmstoßen / und meinem K \nig von dem reiche Basan und den zugewandten landen auszuschließen [356] gedenke. Was mich dieses zu glauben bewegte / ware eines teils dieses / daß wir von dem Prinzen Daces selber vertrauliche nachricht erhalten hatten / wie sein herrvatter / der Prinz Trebetes /neben etlichen des reiches / dahin getrachtet / daß er /wie man den Marsius für todt gehalten / sich selber zum K \nig in Basan machen / und die gewalt nicht aus handen lassen wollen: in welchen gedanken / ob gleich der Marsius noch lebte / er vielleicht noch verharren m \gen / auch von dem K \nig zu Basan / auf den fall / wann mein K \nig / nach des alten K \nigs der Celten tode / daselbst die kron annemen wůrde /beifall bekommen hätte / zumal der für seine person doch anders nichtes / als den verzweifelten tod / verlangte. Anders teils \ffnete mir auch dieses die augen / daß die von Basan die gränzen båst verwahret hatten / damit etwan unsere Aborigener nicht möchten nåher kommen: da doch mein König ihnen \fters / bei damaliger kriegs unruhe / seine völker zu hůlfe anbieten lassen. In erwågung alles dessen / ginge mein einraht bei meinem K \nig dahin / daß er der Prinzessin Hercinde ihrem f \rderlich nachkommen / und gegen Basan sich wenden solte.

Weil der K \nig Marsius / unter Cimbers namen /eben zu selbiger zeit / wie er ihm einbilden muste /von der K \nigin Aramena war ausgekundschaftet /und ganz feindlich verfolget worden / reisete er mit uns in einer nacht hinweg: da gleichwol noch große vertraulichkeit bei beiden K \nigen zu spůren war / ob gleich mein König von dem Marsius solche widrige einbildungen gefasset. Wir gelangten auf dem wege in ein dorf: in welches bei nåchtlicher weile die Cussiten / so dort herüm lagen / einen starken einfall thåten /und den König Marsius / wie auch den Daces / gefangen bekamen.

[357] Mein K \nig rettete sich noch in einen keller / und ich verbarge mich auf einen baum: daß wir also davon kamen / und folgends / was wir kunten / nach Basan eileten / ům dieses unglůck ihres Königs daselbst anzumeldẽ / damit ihm so fort eiligste hůlfe widerfahren möchte; wodurch ich dan verhoffte meines K \nigs båstes zu fördern / und bei dieser gelegenheit die Aborigener mit guter art in Basan zu ziehen. So großen schrecken nun unser anbringen dem Trebetes brachte /so sehr wurden er und die großen des reichs wieder erfreuet / als wenig tage hernach der Daces an seinen herrvattern schriebe / wiedaß sie aus der Cussiten hånden entkommen / und ihr König nicht allein mit der Aramena ausges \net wäre / sondern auch nun in grosser hoffnung wegen seiner liebe lebte. Eben dieses bekame auch mein K \nig / von dem Marsius selber / in einem handschreiben zu lesen.

Dieses nun verkehrte alle ratschläge der königlichen geheimen rähte in Basan. Trebetes / seinen K \nig nun als Syrischen Monarchen betrachtend / liesse mit voller macht werben / üm hůlf-v \lker wider die Babylonier und Cananiter vor Damasco zu schicken. Ich deutete dieses mit dahin / daß diese macht meinem K \nig schådlich seyn wůrde / und bearbeitete mich also hin und wieder / wo ich es n \tig erachtete /meines K \niges gerechtsame nach möglichkeit in acht zu nemen. Ich ließe auch deswegen den Batto / der Aborigener feldherrn / von dem gebirge zu uns kommen / üm mit ihme alles in raht zu stellen. Der Prinz Baalis von Ammon / so sich in Basan befande / geriete in der zeit mit meinem König in sonderbare vertraulichkeit / und macheten sie / wegen der gleichheit ihres zustandes / da dem Baalis die Prinzessin Ardelise von Hemath / und [358] mein K \nig seiner Ahalibama /abgestorben ware / eine sonderbare freundschaft zusammen / die uns auch nicht wenig diente / von des Trebetes vorhaben eine und andere nachricht zu erforschen: da aber dieser Prinz / so lang er in Basan ware / massen er bald mit einem kriegsheer in Syrien ginge / allemal hoch versicherte / wiedaß er nichtes in des Trebetes anschlågen ergründen können / so meinem König nachteilig wåre.

Wir hießen zwar / dessen ungeacht / als der Batto ankame / die Aborigener sich von dem Riphatischen gebirge herunter ziehen / wurden aber / den raht der Prinzessin werkstellig zu machen / behintert: weil in dem reiche Ascenas / so an das Riphatische gebirge stoßet / sich eine unruhe entsponne / die der K \nig von Kitim / der Camboblascon / daselbst angerichtet /indem er die unsrigen / so diß land inn hatten / zu verjagen vermeinte. Indessen kame der betrübte Marsius wieder in Basan / der von neuem alle hoffnung in seiner liebe verloren / und den tag aus dem lager vor Damasco abgereiset war / als der K \nigin Aramena trauung mit dem Prinzen Abimelech geschehen sollen. Er klagte meinem K \nig / mit der erbårmlichsten art /alles dieses / und wie ihn sein unglück so gar auch der vergnůgung / das bildnis dieser sch \nen ferner anzusehen / beraubet håtte. Dieses bildnis der sch \nen Aramena / hatte der Marsius / von dem Prinzen Cimber / des teutschen Fürsten Hermans und der Hesperia sohn / in dessen tode / neben andren kleinoden / entfangen: welche alle ein zeitlang verloren gewesen /nun aber / auser diesem bildnis / sich wieder eingefunden hatten.

Alle diese übrige kleinode / die dem verstorbenen Cimber angehöret / schenkte der Marsius dem Tuscus Sicanus: weil die meisten von seinen blutsverwandten [359] herrůreten / und deren bildnisen fůrstellten / und dem Cimber / als seinem blutsfreunde / von meines Königs verstorbenem bruder ehmals zugekommen waren. Es hatte aber das glůck meinem K \nig / der Aramena bildnis / ongefår in die hände geliefert / welches ihm etliche Arabische kråmer / kurz vor des Marsius ankunft in Basan / zu kauf gebracht. Dieses gabe er dem verliebten K \nig hinwieder / zum entgelt für besagte kleinode / und beruhigte damit in etwas dessen gemüte: wiewol es eine grausame vergnůgung war / indem er / bei anschauung des bildnises / sich erinneren muste / daß solche schönheit ein anderer besaße. Ungeacht aber dessen / růstete er sich mit aller macht /der Aramena ferner wider die Babylonier beizustehen. Und weil er von seinen in Syrien sich befindenden leuten / tåglich nachricht erlangte / als erfuhren wir alles / was bei der belägerung Damasco fürfiele: da dan endlich auch die betrůbte post kame / wie nicht allein des Marsius geliebte K \nigin vom Belochus /am tag ihrer angesezten hochzeit / gefangen worden /sondern auch solches unglück die Ahalibama mit betroffen / und selbige in des Beors hånde geliefert håtte.

Diese zeitung machte nun meinen K \nig von neuem schlůßig / seiner Ahalibama ohn einigen genieß zu dienen / und sie aus seines alten feindes / des Beors / klauen zu erl \sen. Demnach zoge er mit dem Marsius also fort vor Damasco / ob gleich / der zu stand im reiche Ascenas / billiger seine gegenwart und hülfe erfordert håtte. Diesen seinen Syrischen feldzug aber vor den abwesenden Aborigenern zu verhelen / ward beschlossen / daß solcher / unter dem einmal-angenommenen namen Cimber / geschehen solte. Also erfuhre niemand / daß Tuscus Sicanus mit bei den Celten ware. Wie [360] wir fůr Damasco kamen /befielen beide verliebte K \nigin mit unbeschreiblicher angst / als sie berichtet wurden / daß man in Damasco / wie nun weltkündig ist / die sechs k \nigliche personen / unter denen nebenst der Aramena / die Ahalibama auch mit ware / der Isis brandopfern wolte. Sie gingen daher / mit fast ůbermenschlicher dapferkeit / den sturm an / erstiegen auch noch zu rechter zeit die mauren von Damasco / ehe die wut der drei alten K \nige von Babel / Egypten und Canaan /welche ihr leben dabei verloren / an den königlichen personen erfůllt werden k \nnen.

Mein König wurde / in diesem gefechte / dermassen verwundet / daß er die vergnügung / so der Marsius hatte / nicht erlangen kunte / seine Prinzessin vom scheiterhaufen zu erretten / welches der Prinz Baalis fůr ihn verichtete / und muste er fast halb-todt sich in ein haus bringen lassen: da ich / weil mir das glůck unbeschädigt in die stadt geholfen / so fort nach seinen wunden sahe / und deren keine tödlich fande /ob er gleich viel blut verloren hatte. Sobald er wieder zu sich selber kame / war dieses seine erste frage / ob auch die Ahalibama zu rechter zeit wäre gerettet worden? Wie er nun den verlauf von allen / und unter andern auch des Königs von Basan gute hoffnung / die er / wie bekant ist / wegen des Abimelech vermeinten todes / auch wegen seiner dißmal geleisteten dienste /in seiner liebe erlanget / vernommen hatte / erfreuete ihn zwar solches üm seines freundes willen: aber er stellte ihm selber hierbei desto mehr sein elend für /da er dergleichen von der Ahalibama nicht hoffen kunte / als die / ungeacht sie / wie er glaubte / sein leben aus seinem brief erfahren / doch nicht nachgelassen hatte / den Esau fůr ihn zu erkiesen / und seiner zu vergessen.

[361] Um des willen entfinge er / von dem Suevus / die zeitung von des Marsius glůcklichem ergehen / nicht sonder tränen: welches hernach die eifersucht verstårkte / die der Marsius gegen meinen K \nig gefasset / als / wider aller menschen vermuten und hoffen / die schöne Aramena sich gegen ihm erklärte / wie sie /vermög des lezten befehls von ihrem bruder / dem K \nig Aramenes / den man damals noch für todt hielte / sich zu keiner andern heurat / als mit dem Tuscus Sicanus / verstehen könte. In so tödtliches entsetzen dieses den verliebten Marsius gebracht / in eben solche bestürzung geriete auch mein König / als er diese wahl der schönsten K \nigin der welt vername: die er nirgend anders hin deuten kunte / als daß sie von dem ehmaligen dienst / den er dem Aramenes / als er noch Abimelech geheisen / in rettung seines lebens bei Edrei erwiesen hätte / herrůren müste. Er sahe aber hierinn seine ehrsucht mehr / als seine liebe / vergnüget; massen seine beständigkeit ihm nicht zuließe /die sch \ne Aramena neben dem reiche Syrien fůr seine Ahalibama anzunemen / und wolte er / ungeacht seiner verlornen hoffnung / dannoch zu dem glücke nicht greifen / daß ihm die ruhe mit so reichem vorteil in die hånde spielete. Ich aber ware mit meinem König hierinn ganz nicht einig / weil ich nichtes in der welt fande / so ihm hätte mögen fürträglicher seyn / als eben dieses. Ich hielte es demnach fůr kein unrecht / sonder sein wissen / die abgeschikte des Marsius / der eben auch wie mein K \nig verwundet lage /und darüm nicht zu ihm kommen kunte / im namen meines Königs / in dieser sache abzuhören / und ihnen / nach meinen gutbedünken / diese antwort zu erteilen: mein K \nig werde keines wegs das glůck verscherzen wollen / so ihm der himmel mit anbietung des Syrischen [362] reichs und dessen sch \ner Königin zeigte / sondern sich dabei nach m \glichkeit erhalten. Was kunte den verzweifelten Marsius mehr / als dieses / gegen meinen K \nig verbittern? und bildete er ihm ein / mein K \nig můste schon fůrlångst / neben ihm / die sch \ne Aramena geliebet haben. Und hier inn stärkte ihn der Baalis / ihm erzehlend / wie er solches / als er die K \nigin zum ersten mal besuchet / an ihr gemerket / und daher diese lůgen ersonnen hätte /daß Tuscus Sicanus auf dem Riphatischen gebirge /und nicht mit in Damasco wåre / noch teil an der eroberung hätte. Martius schwure hierauf meinem König den tod / und zoge bei nacht / mit allen seinen Teutschen / halb verzweifelt aus Damasco hinweg /diesen seinen vermeinten mitbuler und dessen wenig leute alleine hinterlassend. Ich fande solche entfernung fůr uns nicht undienlich / und lage hierauf meinem K \nig sehr an / sich in Damasco kund zu geben /und seiner Königin / die ihn zu ihren gemal erwehlet /sich zu zeigen. Er wolte aber durchaus nicht einwilligen / sondern ganz ungedultig sich erweisend / dachte er auch / ungeacht seiner wunden / auf die abreise /machte auch selbige sofort werkstellig / also daß wir fast eher in Edrei / als Marsius zu Basan / angelangten.

Der Baleus / so nun mit seiner Hercinde wieder ausgesönet / befunde sich neben ihr auch daselbst. Diese war h \chst erfreuet / meinen K \nig zu sehen /und erklärte ihm ihr schreiben / daß sie nåmlich damit / nicht den Marsius / sondern die Mirina / ihre schwester / verstanden hätte: wie dan dessen erfůllung sich schon öffentlich verspüren ließe / indem diese Mirina / in Moab und auf der Amoriter gebirge / alles bereits in unruhe gesetzet / und es zum offenbaren kriege [363] gebracht hatte. Weil die Hercinde hierbei verdroße / daß die Aramena ihrem brudern die ehe versaget / wolte sie / so wol meines Königs glück zu fördern / als ihres bruders ruhe zu stiften / beide K \nige bereden /daß der eine die Aramena fahren ließe / der andere aber sie annemen solte: daher sie / neben dem Baleus / sich sehr bemühete / und viele botschaften nach Basan zu ihrem bruder thäte / dieses ins werk zu richten. Weil aber Baleus / wegen des Belochus tod /nach Babel eilte / und die Aborigener inständig bei meinem König anhielten / daß er zu ihnen kommen wolte / als wurde hieraus nichtes / und zogen wir /sonder den Marsius zu sprechen / nach dem Riphatischen gebirge.

Es erscholle sofort / nach unserer ankunft / unter den Aborigenern / daß mein König die K \nigin Aramena von Syrien liebte / und von ihr wieder geliebt würde: worüber den eine allgemeine freude entstunde / weil iederman vermeinte / daß die an ihm bisher-verspürte traurigkeit / von dieser liebe hergerüret / und nun so glücklich sich geendet hätte: dan der Batto / so nach uns in Edrei geblieben / hatte dieses von den beiden Syrischen Fürsten / dem Nahor und Elhanan /verstanden. Inzwischen wir nun allerseits hierinn bei unsrem K \nig arbeiteten / daß er doch sein herrliches glůck nicht ausschlagen wolte / kame eine gesandschaft von dem neuen K \nig aus Syrien / dem Aramenes / nåmlich der Mitreus / der uns / die wundersame wiederhervorkunft dieses ihres K \nigs aus den verfallenen hölen / erzehlte / und in dessen namen / dem Tuscus Sicanus / die Aramena / seine schwester /neben dem königreich Mesopotamien / antruge / zugleich auch / einen ewigen bund zwischen beiden K \nigen zu stiften / und den Aborigenern allen beistand zu ihrer künftigen [364] ansprache auf Basan / anzubieten befehligt war. Wie hätte uns nun das glůck båßer anscheinen können? Aber vernemet / mein Demas! die wunderbare kraft der liebe! die solche beständigkeit meinem König eingepflanzet / daß ihm die ganze welt nicht fůr die Ahalibama anzunemen anstunde / da ihm doch diese nicht kunte zu teil werden.

Er h \rte des Mitreus anbringen mit aller h \flichkeit an / und ließe ihn folgends etliche tage auf das herrlichste bewirten. Endlich wurde der eines morgens allein in des Königs gezelt beruffen / da ihm Tuscus Sicanus die abfärtigung ungefär mit diesen worten gabe: Saget dem König von Syrien / eurem herrn / wiedaß ich mich für den allerunglückseeligsten menschen achte / indem nicht allein meine unwürdigkeit / sondern auch die unmůglichkeit / mich abhålt / eines so unvergleichlichen heldens schwager / und ein besitzer der grösten schönheit der welt zu werden. Ich vermag aber meinen unstern nicht zu meistern / der mich zwinget / eine unerkentliche schönheit beständig zu lieben: welches die ursach ist / daß ich des Königs /eures herrn / erkentlichkeit nicht annemen kan / die er vielleicht dem Tuscus Sicanus vermeinet schüldig zu seyn / für das jenige / so er ihm ehmals unter des Cimbers namen erwiesen. Weil er die macht der liebe wol erkennet / als wird er diese meine erklärung dergestalt aufnemen / daß ich dadurch sein mitleiden /nicht aber seinen haß / mir erwerben m \ge: welcher mir unertråglicher fallen würde / als alles unglůck /womit mich der himmel beleget. Den angetragenen bund neme ich daher willigst an / und so ich den König von Basan dörfte fürschlagen / ihm die mir-angetragene glückseeligkeit zu zuwenden / und ihn zum besitzer der sch \nsten Aramenen zu machen / [365] würde ich mich dafür dem K \nig von Syrien ja so hoch verbunden achten / als wan dieses glück mir selbst widerfahren wäre.

Also lautete des Syrischen gesandten abfärtigung /die mit vielen herrlichen und kostbaren geschenken begleitet wurde: und hielte mein König dieses fůr seinen rähten heimlich / ümwillen nicht allein dieselben /sondern auch das ganze volk / nicht anders meinten und wůnschten / als daß diese vorteilhafte heurat ihren fortgang solte gewonnen haben. Weil ich es nicht wider meine treu zu seyn erachtete / meinen König zu behorchen / was er dem Mitreus sagen wůrde / als hatte ich mich in seinem gezelt verborgen / und h \rte mit dem gr \sten misfallen an / wie er also wider sein eigen båstes redete. Ich folgte sofort dem Mitreus in sein gezelt nach / üm ihn zu bereden / daß er noch etwas bei uns verziehen möchte: verhoffend /es noch in die wege zu richten / daß mein K \nig sich anders erklåren solte. Ich fande aber diesen abgesandten so unwillig / als bestůrzt / über meines K \nigs antwort / und sagte er: daß man sich eher in Syrien des himmelfalls / als dieser ausschlagung so übergroßer glůckseeligkeit / versehen würde. Als er hinweg war / bemühete ich mich vergeblich / meinen K \nig auf andere gedanken zu bringen / und muste fast besorgen / der himmel müße es also beschlossen haben /daß Tuscus Sicanus / gleich seinen bruder / durch eine unmügliche liebe vom leben kommen solte. Dan der Ahalibama andenken / quälte und kränkte diesen getreuen liebhaber ohn unterlaß: und ob er gleich seine reichsgeschåfte dabei nicht verseumte / so waren doch alle seine einsame und můßige stunden seiner Ahalibama gewidmet.

Bald hierauf erscholle bei uns das gerůchte / wiedaß [366] der König Marsius mit einem großen heer im anzug wäre / uns zu bekriegen. Weil mein K \nig nicht wuste / was ich zu Damasco dem Marsius / die liebe gegen der Aramena betreffend / in seinem namen sagen lassen / als vermutete er nicht / daß die eifersucht diesen König zu dieser feindseeligkeit triebe /sondern kame auf die alte gedanken / wiedaß der Trebetes hieran schüldig seyn můste / üm ihme die nachfolge auf den Basanischen tron zu bestreiten. Er zoge demnach alles sein volk auf dem gebirge zusammen: wiewol es den Aborigenern kein ernst war / ihren brůdern feindlich zu begegnen / und lebten noch in der fåsten hoffnung / es würden diese misverstånde sonder schwerdschlag sich beilegen lassen. Zu dem ende zogen / die fürnemsten von ihnen / dem Marsius entgegen / ům zu vernemen / was eigentlich sein vorhaben wåre. Wie diese nun h \rten / daß die sch \ne Aramena von Mesopotamien die ursach des kriegs seyn solte / von welcher die Aborigener ingesamt glaubten / daß die von ihrem Tuscus Sicanus häftig geliebt würde / verloren sie alle hoffnung des friedens / und kamen betrübt wieder zurücke: machten aber meinen König ganz ruhig / als sie ihm die eigentliche ursach meldeten / warům der Marsius angezogen käme. Ich war allein derjenige von allen meines K \nigs leuten / der zum krieg riete / und suchete alle meine witz herfür / ihn zu überreden / daß er die gedächtnus der Ahalibama fahren lassen / und sich der Aramena von Mesopotamien schenken solte: aber meine můhe war ganz vergebens / und entschloße er sich / den Marsius allein zu sprechen / ehe die beide heere feindlich zusammen růckten.

Marsius / der meinen König unzweifelich fůr seinen mitbuler hielte / kunte sich kaum zwingen / diese zusammen [367] sprache zu belieben. Wie er aber endlich sich dazu bequemet / war er der erste / der meinen K \nig also anredete. Was gedenkst du mir wol zu sagen / O Tuscus Sicanus das mir schmerz-entfindlicher seyn könte / als eben dasjenige / so deine untreu mir schon sehen lassen? Wilst du mich etwan vermanen / der K \nigin Aramena in deiner person zu schonen / weil sie dich liebet? oder geschihet es aus mitleiden / weil du deines sieges schon gewiß bist / da /fůr dein wolergehen / die gröste schönheit der welt den himmel anflehet? Sofern es dieses lezte ist / so spare nur dein erbarmen: dan ich lieber von dir den tod annemen wil / als leben / und mich in der liebe von dir überwinden wissen. Der Aramena in deiner person zu schonen / will die rasende liebe / die mich nun an stat der ehrerbietigen besitzet / mir nicht mehr zulassen: sondern es findet mein herz in dieser rache seine einige ruhe / wan es ihm fůrstellet / daß ich den glůcklichen liebhaber der Aramena kan von der welt raumen. Darum eile mit deinem vorbringen / und / da du mir alles entzogen hast / so halte mich auch nicht långer auf / mich noch des einzigen / so mir übrig bleibet / nåmlich der rache gegen dir / zu bedienen.

Mein K \nig h \rte ganz gedůltig / sonder sich zu bewegen / diese des verzweifelten Marsius harte reden an / die er folgends also beantwortete. Du bist / liebster bruder! in deiner einbildung betrogen / und hast so großen unfug / also gegen mir zuverfahren / als großes recht du hierinn zu haben vermeinest. Daß mich der K \nig von Syrien erwehlet / seine schwester zu ehlichen / und daß diese K \nigin ihren willen darein gegeben / ist das wol genug / mir den krieg anzukünden / und mich einen ungetreuen freund zu schelten? Worinn bestehet [368] [370]diese untreu / und woher weist du / daß ich die Aramena liebe? Wan ist dir zu ohren gekommen / daß ich der Ahalibama vergessen / oder daß ich des Syrischen gesandten anbringen angenommen. Bietest du mir deshalben den krieg an / daß ich dem Syrischen König sagen lassen / er m \chte die glůckseligkeit / die er mir bestimmet / dir zuwenden? wilst du darům mein land und mein volk verheeren /weil ich / Mesopotamien anzunemen / mich geweigert? Ist dieses nicht vielmehr eine schein-ursach / ům dadurch deinen sinn zu bemänteln / indem dich und die Teutschen gereuet / daß ich / nach deinen abzug in Celten / König zu Basan werden sol? Der Marsius bliebe ganz bestůrzt / als er meinen König also reden hörte; der aber lang keinen glauben bei ihm fande /bis er ihme wol tausend fragen beantwortet / und ihm die warheit dessen beståtigt hatte.

Ist es müglich / (sagte hierauf dieser verliebte K \nig) daß du / mein bruder! die Königin Aramena nicht liebest? und hast du fůr ihrem wunderstrahl dich verbergen können? kanst du auch ein so großes glůck verschlagen? Du weist / mein bruder! (antwortete Tuscus Sicanus) daß ich / der Ahalibama zu vergessen / so unfåhig / als / dich zu betriegen / untůchtig bin. Hat dir ja Midaspes / aus vermeinter treue / andere gedanken zu Damasco in den sinn gebracht / so glaube doch sicherlich / daß ich hierinn ganz unschůldig gewesen. Hast du dan nicht / (fragte Marsius) mit dem Aramenes / und mit der Aramena / geheime kundschaft in Damasco gepflogen / als du / gleich wie ich / unter des Cimbers namen alda gelebet? Woher wuste Aramena dein da-seyn / und was bewegte sie /dich ihres bruders ander-ich zu nennen? Dan also lauteten ihre worte / als sie mir den grausamen absag /mich nicht [370] lieben zu k \nnen / angekündigt. Was die Aramena (antwortete mein K \nig) eigentlich bewogen / dir dieses zu sagen / solches kan ich nicht wissen. Dieses aber ist gewiß / daß sie mich nie gesehen / und habe ich auch mit ihrem bruder keine andere kundschaft / als daß ich ihm einsmals bei Edrei / in der nacht / das leben gerettet: welches er nachmals in solche hochachtung mag haben ziehen wollen.

Marsius bliebe ganz betrůbt / als sich mein König dergestalt erklåret. Und ob er gleich nun allen seinen zorn und rache fallen ließe / auch öffentlich vor beiden heeren / den Tuscus Sicanus ümarmete / und damit zwischen den Aborigenern und ihren brůdern im augenblick frieden und ein heer machte / so verminderte sich doch sein anligen deshalben gar nicht /sondern er wurde fast noch trauriger / als zuvor: weil er alles dieses bezeigen der Aramena dahin deuten muste / daß niemand in der welt ihr so zu wider als er wåre / und sie lieber einen ihr ganz frömden und unbekanten zu ehlichen erkiesen wollen / als ihn / der ihr doch so viele und große dienste erwiesen hatte. Es kame niemand in diesen raht der beiden K \nige / als der einige Prinz Daces: der dan / mit zuthun des Tuscus Sicanus / so viel zu wege brachte / daß der verliebte Marsius sich etwas bäßer zu fassen / und alle ůmstände ůberlegend / zu hoffen begunte / daß der König Aramenes / in erinnerung ihrer alten freundschaft / für ihn sprechen / auch / wan er alle ümstände seiner liebe erfüre / ihm bei der sch \nen Aramena dienen / und die auf seine seite bewegen wůrde. Dieses machte den Marsius halb wolgemut wieder nach Basan kehren: dahin ihn mein K \nig nicht begleiten kunte / weil er aus der Aborigener lande / von der Königin Valentia / seiner fraumutter / [371] briefe entfangen /wie alda ein gefärlicher aufstand obhanden wåre / der seine eiligste gegenwart erforderte.

Weil ich wol vermute / daß ihr / mein Demas! werdet begierig seyn / zu vernemen / wie des Königs von Basan vornemen / eine gesandschaft nach Syrien / seiner liebe halber / abzuschicken / abgelaufen sei: als wil ich / bevor ich erzehle / was uns in Celten begegnet / hiervon einen kurzen bericht geben. Es sandte der Marsius / den Prinzen Suevus / wie auch den Daces / gleich nach seiner wiederkunft / gen Damasco / und zwar den ersten an die Königin Aramena von Mesopotamien / den andern aber an seinen alten freund den Abimelech / als nunmehr K \nig in Syrien. Weil unterwegs / unferne von den Syrischen gränzen /der Prinz Suevus ein unglůck hatte / indem er mit dem pferd gestürzt / als muste er seine fürter-reise etwas aufschieben / und den Daces allein laßen voran gehen: der auf den Suevus nicht warten wolte / weil er sehr eilte / und begierig war / seines Königs gewerbe wol auszurichten. Wie er Damasco erreichet / war der K \nig von Syrien allein daselbst / die K \nigin Aramena aber / neben allen bei ihr sich befindenden K \niginnen / nach Aroer zu der Prinzessin Tirdane gereiset. Weil die gesandschaft mit ihrem völligen staat bei dem Prinzen Suevus geblieben / als wolte Daces sich nicht als einen gesandten von Basan lassen angeben / sondern / als er vername / daß der König sich allein befände / trate er zu ihm in das zimmer / ehe man ihn kaum / unter des Tubals namen /den er ihm selbst noch gabe / anmelden kunte.

Der K \nig / der doch vordeme diesen Tubal bei dem Cimber wol gekennt / bezeugte nicht die geringste [372] freude / diesen seinen alten freund wieder zu sehen / sondern erwiese ihm hingegen eine sonderbare kaltsinnigkeit / und fragte ihn gleich / woher er käme? Von meinem K \nig / (antwortete Daces) der sich / als der alte Cimber / seinem Abimelech aufs bäste befihlet / und so wenig änderung bei dem Syrischen Monarchen vermutet / als er selbst bei sich entfindet. Darům hat er mich abgeschicket / E. Maj. dessen zu versichern / daß – – – Haltet ein / Tubal! (fiele ihm der K \nig in die rede) es bedarf gar keiner solchen versicherungen. Wolte Gott / ich hätte den Cimber niemals gekennt / oder könte mich überwinden / ihme als einem frömden zu begegenen! so soltet ihr wol allhier nicht also gedultet werden. Ihr werdet aber solcher gedult nicht misbrauchen / sondern euch ie eher ie båsser aus Damasco wieder zu eurem herrn begeben. Daces / ganz bestürzt über diesen des Königs worten / die ihn zugleich nicht wenig verdroßen /fragte: ob er dan von seinem König nicht anbringen dörfte / worům er ihn abgeschikt håtte? Ich begehre nichts von ihm zu hören / (antwortete Aramenes) und sage euch noch einmal / Tubal! ie eher ihr Damasco und mein reich raumen werdet / ie båsser werdet ihr erweisen / daß ihr keinen gefärlichen krieg auf euch zu ziehen begehret. Der krieg schrecket uns nicht /(gabe Daces ganz unwillig zur antwort) und ist mein König also / wie ich / gesinnet / so wollen wir nicht warten / bis uns derselbe wird angekündet werden.

Hiemit ginge Daces aus des Königs zimmer / und reisete noch selbigen tag wieder aus Damasco. Er kunte aber / wie er fürhatte / zu dem Suevus nicht gelangen / üm ihm zu warnen / daß er seine reise zur Königin nicht fortstellen solte: weil von dem vielen regen die wasser sich also ergossen hatten / daß er[373] einen weiten ümweg nemen muste. In solcher zeit verfolgte Suevus seinen weg / und legte zu Aroer sein gewerbe ab / als er der Königin Aramena da-seyn vernommen hatte. Wiewol nun Aramena ihn höflicher /als ihr bruder den Daces / entfinge / so erklårte sie sich doch nicht fůr den König von Basan / sondern erwehnte gegen dem Suevus \ffentlich / daß sie dem K \nig der Aborigener beständig lieben wolte. Suevus / der nicht wuste / ob er gleich auf dem Riphatischen gebirge mitgewesen / was die beide K \nige mit einander geredet / und wie mein K \nig gegen dem seinen /diese liebe betreffend / sich erkläret hatte / kunte des Tuscus Sicanus kaltsinnigkeit nicht fürschützen / ům damit dem Marsius zu dienen / sondern muste mit dieser abfärtigung wieder abziehen: als er zuvor auch den K \nig Aramenes gesprochen / und von ihme /welches zu bewundern / alle ersinnliche höflichkeit entfangen hatte.

Es kame aber Daces eher wieder nach Basan / als der Suevus / und berichtete / wie es ihme mit dem König in Syrien ergangen war. Marsius konte nicht aussinnen / wie es doch immer zugehen můste: zumal da er und Aramenes / als dieser noch Abimelech geheisen / einander so sehr geliebet / als iemals zwischen freunden mochte geschehen seyn. Wie nun Suevus auch dazu kame / und mit seinem bericht den verliebten K \nig vollends hoffnung los machte / ergabe er sich so gar dem gram / daß fast eine t \dliche krankheit / mit der er befiele / den garaus mit ihm gemacht hätte. Daces begunte zum krieg wider Syrien zu rahten; aber Marsius wolte davon nicht hören / weil er seinen alten freund und die Königin von Mesopotamien viel zu hoch verehrte / als daß er auf solche weise an ihnen rache suchen / und die [374] schranken der ehrerbietung überschreiten solte. Weil die Druyden / die übernommen hatten / den König gesund zu machen /für ratsam hielten / daß die Prinzen Baalis und Daces sich von hofe begeben musten / mit denen der betrübte Marsius stäts von seiner unglůckseligen liebe und freundschaft zu reden pflegte: als bliebe / nach ihrem abzug / der König in der Druyden ihrer cur / bis wir aus Celten nach Basan wieder ankamen. Meinen König triebe dahin eine sonderbare ursach / die ich euch / werter Demas! in h \chstem vertrauen / entdecken wil: und eben diese hat mit anlaß gegeben / daß ihr den großen Tuscus Sicanus nun allhier fůr augen sehen könnet.

Es haben die gesamte riesen / die unter hiesigen königreichen überall zerstreuet wonen / und bisher schwere schatzungen geben musten / durch den zu Astaroth angesessenen Sesai / der sehr viel beim K \nige Marsius gilt / sich zusammen verbunden /ihres joches sich frei zu machen / und alle miteinander nach Kitim zu gehen / um alda das Vesuvische gebirge / als ihrer vorfahren land / wieder einzunemen. Diese entschließung er \ffneten sie meinem K \nig /als er eben mit dem Camboblascon einen schweren Krieg bekommen / der ihn auch / nach dem lande der Aborigener / wie zuvor erwehnet / zu reisen / bemůßigt hatte. Wir fanden uns daselbst gegen dem Camboblascon zu schwach / daher wir desto williger in diesen bund mit eintraten: der eigentlich wider diesen K \nig / als den besitzer des Vesuvianischen landes /gerichtet war. Wie nun / unter den puncten selbiger verbůndnis / auch dieser enthalten / daß das gebirge Seir den Fürsten selbiges namens wieder werden soll: als beschloße mein König / mit dazu zu helfen / und also beides den verwandten seiner Ahalibama / [375] und den bedrangten Aborigenern / zu dienen. Weil das Taurische gebirge dazu ernennet worden / dieses große werk der Enakim zum endschluß zu bringen /als reiseten wir / ungeacht des rauhen winters / tag und nacht fort / bis wir Basan erreichten: da wir dan alles das erfuhren / was ich euch ietzo von der un glůckseeligen liebe des großen Marsius erzehlet.

Es begunten / neben mir / alle die großen in Basan / meinem K \nig zu zureden / daß er doch / die vorteilhafte heurat / mit hiesiger sch \nen K \nigin / die sich /ungeacht seiner dem Mitreus gegebenen widrigen antwort / für ihn erklärte / nicht ausschlagen wolte / üm die macht der Celten und Teutschen / durch herzubringung des reiches Mesopotamien / zu vergr \ßern /auch zugleich ihrem König damit zu dienen. Dieses wůnschte der Marsius selber / wiewol mit großem widerwillen und trauerwesen. Also gingen diese beide Könige auf eine recht sonderbare weise mit einander üm / da Marsius / sich aller seiner wůnsche begebend / meinem König verwiese / daß er sein glück nicht båßer beachtete; hingegen Tuscus Sicanus dem andern zusprache / daß er die hoffnung nicht fallen lassen / und seiner habenden gewalt hiebei sich bedienen solte / durch die er / wan der riesen anschlag würde geendet seyn / die Königin in seine hånde bekommen könte / zumal die måchtigsten unter hiesigen schäfern mit in den bund der Enakim treten wůrden. Man hat mir auch dieses auftragen wollen / so wol mit euch /als mit andern euren anverwandten / dieser bůndnus halber / zu reden.

Sesai sprache hierneben den Marsius so sehr zu /daß er endlich sich gewinnen ließe / mit nach den Taurischen gebirge zu gehen. Und ob er gleich / aus großer tugend / nicht alles billigte / was ihm Sesai /seine Aramena zu [376] erlangen / fürsprache / so erquikte ihn doch dabei die einbildung / daß er durch dieses mittel seine Königin wůrde wieder können zu sehen bekommen. Er wolte aber dieses / wegen seines ůber-edlen gemütes / ob man es ihm schon anmerkte / niemand wissen lassen / und barge sich hierinn sonderlich fůr meinem König / weil es ihm schmerzlich fiele / daß er den zu seiner liebe vertrauten haben solte /der vor ihm erwehlt und geliebt wurde. Seine ungemeine tugend ließe ihm aber dabei nicht zu / ihn zu hassen / ob er ihm wol so große hinternis in seiner liebe brachte / weil er dessen unschuld von seinem glücke wol zu unterscheiden wuste. Er sonderte sich aber so viel von ihm ab / als er konte / üm nicht stäts den geliebten seiner Königin fůr augen zu sehen: worinn ihm auch mein König sehr fugete / und so oft der Marsius die einsamkeit suchte / auch seinen gleichmäßigen betrübten zustand bei sich überlegte. Also konte er / ungeacht alles unsres zuredens / sich nicht überwinden / die angetragene glückseeligkeit anzunemen / sonderen ginge nur mit dem Sesai zu rahte / wie man / bei diesem vorhaben / dem Marsius dienen möchte.

Der zug beider Könige / mit den fürnemsten bedienten / ginge nun nach dem Taurischen gebirge fort / und schieden wir von dem Marsius / auf der grånze von Mesopotamien / mit diesen wenigen bei uns habenden hieher gehend: damit mein K \nig sein verliebtes verlangen / des großen Edoms gemalin allhier zu sehen / vergnügen / und ich mein vorerwehntes gewerbe bei euch / mein Demas / ablegen könte. Damit uns aber bei euch die einkehr offen stünde / schikte mein K \nig an euch ein schreiben / darinn er euch die ankunft eines von euren alten freunden zu wissen thäte. Wie wir aber eure abwesenheit vernamen / verharreten wir [377] dannoch in der entschließung / allhier die einkehr zu nemen / und auf euch zu warten. Ich habe nun nichtes mehr übrig zu sagen / als was den bund mit den Enakim und diesen beiden K \nigen angehet /darein man euch allhier begehret / vermög gewißer puncten / die ich euch / und den anderen hirten von eurer verwandschaft / zu bequemerer zeit werde fůrbringen können.


* * *


Hiemit schwiege Midaspes / und bliebe der aufmerksame Demas über allem deme / was er geh \ret /so verwundert / daß er sich nicht sobald begreifen konte / ein wort hierzu zu sagen. Endlich aber erinnerte er sich seiner gebür / den nun-erkanten großen König anzusprechen: das er dan kniehend verrichtete /und sowol seine schůldigkeit / als seine freude / zugleich an den tag gabe. Tuscus Sicanus hube diesen seinen alten freund so fort auf / und wolte solche ehrerbietung von ihm nicht annemen / daneben zu ihm sagend: Ihr wisset nun / werter Demas! mein ganzes leben / und meinen zustand. Můsset ihr dan nicht bekennen / daß das glůck seltsam mit mir spiele / und mich mit seinen großen gaben gleichsam erstecke /ům mich desto elender zu machen? Es ist alles / (antwortete Demas) was ich von E. Maj. leben vernommen / ganz verwundersam / und daher unmůglich /daß der himmel so fr \mde schickungen nicht lezlich mit einem guten ende beseeligen solte.

Wie kan dieses geschehen / (sagte Tuscus Sicanus seufzend) da Ahalibama fůr mich nicht mehr lebet? Ihr wisset / wie wir einander geliebet / wie sie weder kronen noch glůckseligkeit geachtet / ům ihrem Elieser beständig zu bleiben / und was fůr heldenthaten sie deswegen verůbet: und nun / ach leider! durch meinen vermeinten tod betrogen / liebet sie einen andern / und [378] hat dessen sobald vergessen können / der /üm ihrentwillen / als sie glaubet / den tod hat leiden müßen. Ich habe iezt selbst aus ihrem mund geh \ret /daß sie den Esau liebe: was hätte mir wol schmerzlichers begegnen k \nnen? Ich verlange nun nichtes mehr / als mich ihr zu offenbaren / und dan auf ewig /üm ihrer und meiner ruhe willen / mich von ihr zu entfernen. Wan dieser lezte schluß / (antwortete Demas) ohn das vorhergehende / geschehen k \nte /wůrde es den zweck / nåmlich die beruhigung beider gemůter / viel eher zu wege bringen. Last mir meinen willen / (widerredte Tuscus Sicanus) und hintert mir nicht diese meine lezte rache / ihr fürzurücken / daß sie meiner sobald vergessen können. Ihr můsset /mein Demas! mir hiezu beförderlich seyn / daß ich sie sprechen möge. Und ihr / getreuer Midaspes! sollet hierauf so viel schwerigkeit / wie bisher / bei mir nicht mehr finden / eurem einraht zu folgen. Dieses lezte sagte der verliebte König / üm den Midaspes auf seine meinung zu bringen: welcher auch daher große hoffnung schöpfend / dem Demas mit zuredte / seinem K \nig hierinn zu dienen; der dan hierzu sich anheisig machte.

Indem kamen die beide vermeinte hirten / der Javan und Elisa / in das haus / und fragten nach dem frömden Jared / welchen namen der Tuscus Sicanus fůrete. Einer von des verwesers leuten / meldete sie an / und verursachte damit / daß die unterredung sich endeten. Wie nun der Tuscus Sicanus zu diesen beiden hirten ginge / blieben Midaspes und Demas allein beisammen / und spracheten von der großen bůndnus mit den riesen: welche auch / wie Midaspes sagte / den Teutschen in Basan / und den Aborigenern / großen nutzen schaffen solte / nåmlich in erlangung der Mesopotamischen [379] K \nigin / entweder fůr den Tuscus Sicanus oder fůr den Marsius / auch die Syrer desto füglicher zu bekriegen. Er erzehlte aber / wie man hierinn ungleicher meinung wäre. Dan ihrer etliche / als der Sesai und sein anhang / wolten / daß man mit gewalt die Königin Aramena entfůren / und sie zwingen müste / den Marsius zu ehlichen. Andere / als der Suevus und Trebetes / wolten / durch diese bůndnis /an den unerkentlichen K \nig von Syrien sich råchen /wegen der beschimpfung / die dem Daces zu Damasco / auch dem Marsius selber / in versagung der K \nigin Aramena / begegnet war. Die Aborigener aber trachteten dahin / wie sie die heurat des Tuscus Sicanus mit dieser K \nigin befördern / und dazu der Mesopotamischen schäfere beistand gebrauchen möchten.

Demas nun von allem unterrichtet / fande nicht allein sehr thulich / durch diese bündnis die freiheit zu erlangen / die er / als einer von der riesen geschlechte / bei ihrem allgemeinen unglücke / mit verloren hatte /sondern erkennte auch der Aborigener vorhaben fůr billig / die heurat mit der Aramena zu befördern /zumal die Königin selbst / neben ihren bruder / hierzu geneigt wåre. Er wünschte auch / vor allen andern /den K \nig Tuscus Sicanus / als seinen alten Elieser /König in Mesopotamien zu sehen. Um nun keine zeit zu verseumen / versprache er dem Midaspes / noch selbigen nachmittag / den richter Reba und seine andere anverwandten / die vordessen auf dem gebirge Seir gewonet / in sein haus zu bringen / und mit denen / sonder von des Tuscus Sicanus anwesenheit etwas zu gedenken / diese sache und den fůrtrag des Midaspes zu überlegen / und darinn einen schluß zu machen.

Die drei verliebte k \nigliche schäfere / befanden sich [380] inzwischen / auf ihrem angestellten spazirwege /in ihrer gewönlichen betrübten unterredung beisammen / und erzehlte Tuscus Sicanus den andren beiden / seine begebenheit mit der Ahalibama in des Demas hause / und seinen fůrsatz / sich ihr zu offenbaren /und dan auf ewig von ihr zu scheiden. Ich finde (sagte der Daces) dieses fürhaben sehr gut: es muß aber allein Elieser sich melden / sonder des Tuscus Sicanus zu gedenken / so ferne dieses nicht in der Königin Aramena gegenwart geschehen soll / die sich also für E. Maj. erklåret hat. Ach Daces! (antwortete der Aborigener-K \nig) wie unfähig bin ich doch / diese glůckseeligkeit anzunemen / die mir alle Celten zuwenden wollen / und wodurch ich zwar vieler verlangen erfüllen würde / dabei aber den großen Marsius und mich selbst betriegen můste. Wie ist das zu verstehen? fragte Baalis. Wan ich (gabe ihme der K \nig zur antwort) die jenige dem König von Basan entzöge / die er so häftig liebet / und / vermög des Sesai anschlages / in seine gewalt bekommen kan / wůrde ich damit nicht diesen meinen freund / und zugleich mich selbst betriegen / meine rache gegen der Ahalibama suchend / die ja meiner unverånderlichen liebe ganz entgegen wåre.

Was das erste betrifft / (antwortete Daces / so weis ich gewiß / daß mein K \nig von Basan ni ermehr gewalt brauchen wird / die Königin von Mesopotamien in seine hände noch auch zu seiner liebe / zu bringen /weil die ehrerbietung für diese schöne bei ihm all zu tief eingewurzelt ist: und gesezt / daß er sich von seiner liebe also übermeistern ließe / so werden doch wir Teutschen ni ermehr eine zu unserer K \nigin annemen / die da / neben ihrem hause / fůr die ihr erwiesene große dienste / uns also mit schimpfe gelonet. Ich sol zwar billig mit aller ehrerbietung [381] von dieser Königin reden / weiln ich hoffe / daß sie noch werde die K \nigin der Aborigener werden. Wan ich sie mir aber fůrstelle / als die verråtherin des großen Marsius / und als die schwester des jenigen / der mir das lezte mal zu Damasco so schimpflich begegnet / so kan ich nicht ůmhin / meinen unwillen gegen ihr an den tag zu geben. Dieser euer unwille / liebster vetter! (gabe Tuscus Sicanus ihm zur antwort) ist so billig / daß ich euch solchen nicht verüble: und ficht mich der ům so viel weniger an / weil ich an der Königin von Mesopotamien nicht begehre teil zu haben.

Ich muß bekennen / (sagte hierauf Baalis) daß es fůr mich ein harter kampf seyn würde / wan ich mich in des Königs der Aborigener platz befinden / und also / wie er / der grösten glückseeligkeit widerstreben solte / ům beständig in meiner ersten liebe zu verharren. Daß ihr / mein Prinz! (antwortete ihm Tuscus Sicanus) nicht also gesinnet seit / erweiset euer beginnen / indeme ihr der Prinzessin Ardelise sobald vergessen können. Diese beschůldigung (versezte der Prinz von Ammon) verdiene ich nicht / weil Baalise /die ich liebe / der Ardelise ander-ich / wo nicht sie selber ist. Es ist aber doch (sagte Tuscus Sicanus) dieses euer beider lieben verwundersam / und weiß ich nicht / was ich davon urteilen sol: da es schier wider die natur zu seyn scheinet / daß eine so gleichförmige änlichkeit bei zwei personen sich finden soll. Es ist aber dem also / (gabe Daces zur antwort) und möchte allein dieser unterschied sich finden / daß Aprite der Amorite an schönheit ůberlegen ist. Dieses kan ich (sezte Baalis hinzu) von der Baalise nicht sagen / muß aber gestehen / daß ich sie nicht weniger / als die Ardelise / liebe. Mir würde auch ihre unbekante entfernung ganz unerträglich fallen / [382] wan nicht ihr schreiben mich tröstete / und versicherte / daß sie an einen guten ort seien.

Des Teraphim ausspruch / (sagte Daces) so er dem Nahor gegeben / zeiget an / daß Bethuel / oder ein anderer von den Syrischen Fürsten / an der entfürung unserer schönen schüldig sei ob er schon deshalben vor gerichte sich weis brennen wollen. Ich hatte wol damals aller meiner gedult von nöten / üm mich zu zwingen / daß ich nicht öffentlich für gericht trate /und / gleich dem Nahor / den Bethuel angeklaget. Ich habe auch / daß es die Almesia / unsere frau / nicht gethan / ihr gnugsam verwiesen / und bin versichert /daß man / wan diese sache båßer wåre geregt worden / etwas gewißers hätte erfahren können. Es sol der Nahor (antwortete Baalis) nach Haran / zu seinen eltern gereiset sein / ům von ihnen die verg \nstigung zu erlangen / daß er die Aprite ehlichen möge: worauf er eher zu erfahren vermeinet / wo diese hirtinnen m \gen geblieben seyn. Wollet ihr aber / ( fragte Tuscus Sicanus diese bede verliebte) auf dessen wiederkunft hier warten / und nicht vielmehr eure reise mit mir nach dem Taurischen gebirge fortsetzen? Weil unser König / (antwortete Daces) unser begehret / und wir doch allhier auf lauter ungewißheit warten würden / so bleibet unser fůrsatz fåst gestellet / den K \nig der Aborigener auf dieser seiner reise zu begleiten. Eine gleichmåßige erklärung gabe auch der Prinz Baalis von sich / und wurden sie also zusammen schlůßig /so fort mit einander hinweg zu reisen / wan die fürgenommene entdeckung des Tuscus Sicanus gegen seiner Ahalibama würde geschehen seyn: worzu dieser verzweifelter verliebter folgenden tags zu gelangen verhoffte.

In solchem gespräche / stießen sie auf eine gesellschaft / [383] die etliche von dem hohen frauenzimmer zusammen gemachet: welche / weil die sonst-gewönliche versamlung wegen der Ahalibama und Timna wiederkunft / eingestellet worden / und die K \nigin bei diesen sich aufhielte / sich hieher verfüget / des vorhabens / nach Edessa zu gehen / und alda die K \niginnen von Saba / Elam / und Tyro zu besuchen. Sie hatten ihre wagen und bediente in dem nächsten dorfe zurůck gelassen / und waren selbige die K \nigin Amesses von Ophir / die Delbora von Cus / die Hermione von Kitim / die Roma des Jethurs gemalin / die Prinzessin Indaride von Ophir / und der Prinz Ephron von Canaan: welcher letzere diese fůnf schönheiten fürete / und ihnen den weg nach Edessa zeigete. Weil Ephron viel zubald seinen vermeinten bruder / den Elieser / unter des Tuscus Sicanus angenommener hirten gestalt würde erkant haben / als wiche dieser /neben seinen beiden gefärten / in einen busch / als diese gesellschaft ankamen. Der Daces zeigte ihm die Roma / die er gar genau betrachtete / als die jenige /die auf so frömde weise / den namen der Königin der Aborigener / und der gemalin seines verstorbenen bruders / gefüret hatte. Sie begaben sich hierauf wieder nach des Demas hause / mitlerweile die sch \ne gesellschaft / so sie gesehen / ihren weg nach Edessa fortsezte: die dan mit einander von dem schauspiel redten / welches / den folgenden tag / der K \nig von Syrien mit seiner gesellschaft fůrstellen wolte.

Die Königin Delbora und die Prinzessin Indaride /die mit unter diesen spielenden seyn solten / wurden von den anderen dreien / wie auch von dem Ephron /im scherz angefochten / ihnen zu sagen / wovon dieses spiel handlen würde: die aber sich nicht weiter wolten heraus lassen / als daß sie ihnen ihre namen /welche sie [384] brauchen würden / benennten / die dan eben die jenige waren / welche sie stäts fůreten. Die Königin Amesses wolte hieraus schließen / sie wůrden etwan die geschichte des Amraphel und der Indaride fůrstellen: das aber diese betrůbte Prinzessin ihr bald bename / einwendend wie ihr gar nicht wůrde anståndig seyn / solcher gestalt aus ihrem großen unglůck ein spiel zu machen; massen sie / wegen ihrer ståts wärenden trauer / sich wol nimmermehr mit zu diesen spiel würde haben gebrauchen lassen / wan sie es der Königin von Syrien nicht hätte zu gefallen gethan.

Mitlerweile sie nun / mit der Amesses und Roma /hiervon redte / gingen Delbora und Hermione etwas fůr aus / und gerieten auf das andenken des Nebaioth: welchen die tugendliebende Delbora der Hermione beliebt zu machen / ståts äuserst bemühet war. Zu solchem ende / hatte sie die schöne Hermione zur liebsten angenommen / und nennte sich ståts / unter dem namen Nebajoths / ihren aufwärter: also daß sie / wan sie bei ihr allein seyn kunte / gleich als Nebajoth mit ihr redte / und sie dessen liebe versicherte. Dieses thåte sie auch für dißmal / zu ihr unter des Nebajoth namen sagende: Versichert euch / schönste Hermione! daß euch Cimber niemals / vor seiner untreu / also geliebet / noch auch Delbora / vor ihrer verehlichung /von mir also geliebet worden / als wie ich iezt euch anbete und verehre. Wendet demnach euer herze zu dem jenigen / den euch der himmel bestimmet hat /und gebet den Meden ihre rechte K \nigin / die fůrlängst von ihnen ist verlanget worden. Edler Nebajoth! (antwortete Hermione / in gleichmåßigem scherze) wan mir der lieben Delbora ihre eigene ruhe nicht so wårt wäre / so wolte ich euch ermanen / diese eure obgleich hofnunglose liebe gegen ihr [385] zu bewahren /und mir zu g \nnen / daß ich einen ungetreuen ferner beweinen möge. Weil ich aber einer so werten freundin hierinn dienen kan / wan ich euren iezt fůrgebrachten worten glauben beilege / so thue ich es allein üm ihrent willen / wan ich den Medischen tron anneme / der sonsten ihr selber / wegen ihrer unvergleichlichen tugend / solte geblieben seyn / wan der himmelsschluß allemal also verfahren wolte / wie wir menschen etwas fůr billig erkennen.

Nicht ům der Delbora willen / (gabe diese Königin / als Nebajoth / zur antwort) müsset ihr / meine schöne! eure gunst mir zuwenden / sondern aus eignem freien willen mich und das ganze Meden also glückseelig machen. Rahtet mir nicht / die Delbora ferner zu lieben / deren ich ganz vergessen habe / die auch an eure sch \nheit bei weitem nicht kommet / auch wegen ihrer ungerechten vorfahren billig den Medischen tron hat verlieren müssen. Rächet euch auch nicht ferner an mir / daß ich ehmals / unvergleichliche schöne! euer vergessen / und diese Medin lieben k \nnen: da ich doch wuste / daß ich für euch bestimmet ware. Wan solcher gestalt / (antwortete Hermione) die unvergleichliche Delbora von dem Nebajoth verachtet wird / so fållet billig bei mir alle hochachtung fůr ihn / und muß ich mich eben dergleichen befahren. Also werde ich dan båßer thun / wan ich im anfang nicht glaube / als wan ich hernach / mir zu spatt / meine leichtgläubigkeit bereue. Da sei der himmel für / (sagte die den Nebajoh fůrstellende sch \ne) daß meine reden bei der unvergleichlichen Hermione so übel wirken solten! Alles / was ich fürbringe / zielet allein dahin / ihre gegenliebe zu erlangen: und werde ich dan sicherer forthin das jenige denken / dessen heraussagung meiner sch \nen ein misfallen erwecket.

[386] Wan Nebajoth / (wandte die Hermione hingegen ein) allemal also redte / wie er ietzo thut / so bekenne ich / daß ich ihn nie lieben könte. Es erscheinet aber wol / daß er mich iezt nur auf die probe setzet / üm mein gemüte / wie es eigentlich gesinnet sei / zu erforschen. Wo die tugend / (sagte Delbora / unter Nebajoths namen) so volkommen herfür scheinet / da ist ganz keiner forschung vonn \ten / und sind nicht aus solchen ursachen / sondern die warheit fůrzubringen / meine ietzige reden geflossen. Um aber mich meiner schönen Hermione gefållig zu machen / wil ich forthin der Delbora auf keinerlei weise mehr erwehnen / und dieselbe in ihrem wert und unwert lassen; wan ich nur dabei die versicherung haben darf /daß Hermione auch meiner allein gedenken wolle. Wan ich dem König von Meden / (antwortete Hermione) auf meiner liebsten freunde zureden / die eheliche hand geben werde / so wil ich freilich / auser ihme / niemand in meinem gedåchtnis behalten / und dem tugendhaften beispiele der grosmůtigen Delbora folgen / die ihren gemal / dem großen Eridanus / auf so ungemeine art sich ganz und gar ergeben hat.

Als hierauf die Delbora wieder antworten wolte /kamen die andern dazu / und mängten sich mit in ihr gespråche: das dan ursach gabe / dasselbe abzureissen / und den übrigen weg mit andren reden zu verbringen / bis sie endlich nach Edessa gelangten. Es begegneten ihnen daselbst / unter dem thor / zween hirten / die sich / bei der Delbora / Hermione und Roma / fůr den Jokes und Nebod zu erkennen gaben. Diese waren die jenigen / die in Syrien / in den h \len bei Aroer / diese drei sch \nheiten bewirtet / nachgehends aber für den krieg flůchtig worden / und unter die Mesopotamische hirten in die landschaft Amida sich begeben hatten. Ihre [387] freude / die Königinnen / und zwar in solcher vergnůgung / wieder zu sehen / war nicht geringer /als dieser ihre / als ihnen ihre getreue wirte also unvermutlich vor augen kamen. Hermione begehrte /daß sie ehist nach Amida zu ihnen kommen / und sie besuchen solten: welches diese beide zu thun versprachen / und damit ihren weg fůrter namen. Es ist groß wunder / (raunete Delbora der Hermione ins ohr) daß meine sch \ne nicht / nach des Cimbers ehrengedåchtnis / das in der h \le des Jokes von ihr aufgerichtet worden / bei diesen beiden sich erkundigen wollen. Es wird Nebajoth (antwortete Hermione) nicht so eifersůchtig gegen den todten seyn / da ich es nicht einmal gegen den lebendigen zu seyn begehre. Die lebendigen (widerholete Delbora) sind nicht in so fåstem andenken / als die todten. Wan Nebajoth / ( wandte Hermione ein / als sie eben in das haus der K \nigin Petasiride eintraten) mir allemal den Cimber also fůrrücken wolte / so wůrde ich bei ihm auch der Delbora schwerlich verschonen k \nnen.

Delbora kunte hierauf nicht antworten / weil indem das gemach der K \nigin von Saba sie entfinge: die dieser ansprache sich nicht versehen / und eben mit der K \nigin von Elam und Tyro / wie auch mit ihrem frauenzimmer / beschåftigt ware / gewiße kleidungen in ordnung zu bringen / die sie nicht gerne vor den ankommenden wolten sehen lassen. Darům ließen sie sofort / durch ihre leute / dieselben hinweg bringen /als diese in das zimmer traten. Kommen wir etwan (fragte Delbora) der K \nigin von Saba zu ungelegener zeit? Keines wegs! (antwortete diese) und sind gute freunde zu ieder zeit angenem. Warüm verbirget man dan vor uns (fragte die schöne Amesses die Orosmada) die dinge / mit denen ihr / vor unserer ankunft / [388] hantirt gehabt? Darům / (antwortete die K \nigin von Tyro) daß ihr noch nicht sehen sollet / was wir fürhaben. Orosmada (sagte die K \nigin Lantine) spricht hiermit schon zu viel / und weiß sich noch nicht recht zu bergen. Was sol es gelten / (finge die Königin Delbora an) ihr wollet euch / zu eurem vorhabenden spiel / vorher verkleiden. Gesezt / daß deme also wåre / (sagte Hermione / die mit unter diese spielende von der dritten ordnung geh \rte) so wird man euch doch solches nicht sagen / ob ihr gleich darnach fraget. Diese antwort brachte die ganze gesellschaft zum lachen / und gabe anlaß / ihre unterredung davon anzuheben: da sie das gestrige spiel ůberaus lobten / und daneben ihr verlangen nach dem morgigen bezeugten.

Die Prinzessin Coricide / des Ephrons gemalin /trate hiermit in das gemach / als eine hirtenmagd gekleidet: welche / die Delbora und Indaride / wie auch die Amesses / ersehend / zu schreien anfinge / und wieder hinweg laufen wolte. Sie wurde aber durch die Königin von Egypten angehalten / die ihr verwiese /daß sie ihr und den andren nicht gönnen wolte / sie in solcher kleidung / die ihr nicht ůbel kåme / zu sehen. Coricide wuste nicht / was sie hiergegen fůrbringen solte. Die K \nigin Petasiride aber / erklårte dieses geheimnis / und sagte / wie sie gewillt wären / wan ihr bestimter tag käme / ein schåferspiel fürzustellen /und sich dabei zu verkleiden: da dan die Delbora /wie auch Amesses und Indaride / den andern in Samosata und Amida solches nicht zu entdecken / angelobten / ům selbigen dadurch die ergezlichkeit so viel gr \ßer zu lassen. Es sonderte sich aber bald hierauf die Coricide von den andern ab / und gesellte sich zu dem Ephon ihrem gemal: mit dem sie in ein fenster allein ginge / und eine zimliche weile [389] mit ihm sprachete. Die andere / so auf sie acht hatten / sonderlich die Königin Lantine / namen war / daß sie etwas häftig mit einander redten: daher sie veranlaßet wurden /endlich nach dem inhalt ihres gespråches zu fragen.

Ich beschwere mich ůber meinen gemal / (sagte Coricide) daß der so saumselig ist / sein eigen båstes zu befördern / indem er seine freunde so wenig in acht nimmet / und sich ihrer gar nicht / wan er kan / zu sei nen nutzen zu bedienen begehret. Coricide hat recht /(sagte Mehetabeel / die mir zugegen war) und ist es nicht anders / als wie sie saget. Ich muß immer diesen fürwurf leiden / (antwortete Ephron) als wan ich meine freunde nicht wůste zu beobachten oder zu erhalten: da ich doch in meinem gewissen befinde / daß ich ein nur gar zu treuer freund bin / und gerne diene /wan sich gelegenheit dazu eräuget. Das ist zwar wahr: (gabe Coricide zur antwort) ich kan aber auch nicht laugnen / daß / dessen ungeacht / alle freunde meines herrn sich über ihn beschweren / daß er so unentfindlich sei / und so wenig die freundschaft recht in acht zu nemen wisse. Dieses / wovon sie reden / (widerredte Ephron) bestehet in liederlichkeiten / die nichtes zur wahren freundschaft helfen: da ich sonst / wie gesagt / keinem weichen werde / wan sich die tätliche freundschaft erzeigen sol. Was beweget euch immermehr / (fragte die Königin Lantine / die Prinzessin Coricide) diese beschwernis nun auf die bahn zu bringen?

Coricide låchelte hierzu / sonder zu antworten / und sahe ihren herrn an / der dan fůr sie das wort name /und sagte: wan ich deutlich erklåren solte / was zu diesen reden anlas gegeben / so můste ich der Fürstin Mehetabeel liebesgeschichte erzehlen / deren einwilligung [390] ich aber zuvor erwarte / wie auch von dieser durchleuchtigen gesellschaft den befehl / ob sie die zeit mit anhörung solcher begebenheit verbringen wollen. Die angeneme Mehetabeel errötete / als sie den Ephron also reden hörte. Die K \nigin Lantine aber / und die andern / erwiesen ingesamt eine sonderbare begierde / von der geheimen Mehetabeel etwas mehrers zu wissen / als ihnen bisher von ihr kund gewesen. Daher sie / so wol diese Fůrstin / als den Ephron / dahin vermochten / daß jene ihm erlaubte / und er es übername / ihnen die zeit mit dieser erzehlung zu verkůrzen / welches er sofort folgender massen zu werk richtete.

Geschichte des Ariates Königs von Gibeon - und der Mehetabeel
Geschichte des Ariates Königs von Gibeon / und der Mehetabeel.

Es wird keinem von meinen zuh \rern unbekant seyn /wie des alten K \nigs von Hazor einiger sohn / der Prinz Madon / durch beförderung der boshaftigen Jerode / zu Hebron üms leben gekommen / und wie dieses nachgehends viel unruhe und ungelegenheit in Cnnaan erwecket / auch meiner liebsten Coricide sonderlich große gefahr verursachet. Weil dan solche ganz kund ist / als wil ich nur sagen / daß dieser todesfall des wackern Madons / den K \nig seinen herrvattern so sehr geschmerzet / als wie es seine vettern erfreute. Dan er hatte / von vier schwestern / s \hne /die nun den tron von Hazor zu besteigen verhoffeten. Seiner ältsten schwester sohn / war Ariates / nunmehr König zu Gibeon; der zweiten ihrer / der Jehus /K \nig von Jericho; der dritten / Abinab / K \nig zu Jarmuth; und der jüngsten ihr sohn / Saphiel König zu Lachis. Dieser viere ihre ehrsucht / wurde / wie gesagt / durch des Madons tod aufgewecket / daß sie alle hoffeten. [391] Und ob gleich gegenwårtige Fürstin Mehetabeel näher als sie alle war / in dem sie von der Leda / der tochter des K \nigs von Hazor / geboren worden / so wolten sie doch ihr vordringen / und die kron davon tragen.

Dieser wegen machten sie sich nicht allein beliebt bei dem K \nig von Hazor / sonderen sie sucheten auch beistand / so wol an des Beors / als an meiner Coricide herrvatters hofe: da der Beor / weil er mit den gedanken ümginge / selber ein erbe von dem k \nigreich Hazor zu werden / dem K \nig von Jarmuth / wie auch dem damaligen Prinzen von Gibeon /sehr liebkosete; gleichwie auch zu Kiriath Arba / den K \nigen von Joricho und Lachis / wiederfahre. Doch merkten Abinab und Ariates bald / daß Beor mit ihnen betrieglich ůmginge: daher sie Sichem verließen / und / auf einrat des K \nigs von Hazor / nach Tyro gingen / allwo damals ein bündnis wider den Beor /weil der so vielen gewalts ůber die andere Cananitische Könige sich anmassete / solte geschlossen werden. Ehe sie dahin reiseten / erklärte sich der K \nig von Hazor \ffentlich / für den jenigen von seinen vier vettern / der sich bequemen wůrde / die Mehetabeel /seiner tochter kind / zu heuraten; heimlich aber versicherte er dem Prinzen von Gibeon / daß ihme keiner lieber als er seyn solte / und er so sehr die andere /daß sie bei der Mehetabeel nichts ausrichten möchten / verhintern / als ihm zu der Mehetabeel gunst beförderlich seyn wolte. Er zeigte aber öffentlich gleiche gütigkeit gegen alle viere / ům aller besorglichen unruhe und zweitracht vorzukommen. Also waren sie nun såmtlich wolgemut / am meisten aber der Prinz von Gibeon / wie diese erklårung hervor kame.

Als nun derselbe / neben dem König von Jarmuth /nach Tyro reisete / vermeinte der Saphiel / König von[392] Lachis / inzwischen den andren fürzukommen / und am ersten ům die gute gunst der Mehetabeel sich zu bewerben. Demnach begabe er sich nach dem gebirge Seir / und fande die Mehetabeel / wie auch die Bilha des Ezers tochter / auf einem von des Sobals ihres herrvattern schlößern / beisammen. Aber der K \nig von Hazor ließe die Mehetabeel warnen / sich für dem Saphiel fůrzusehen / weil sie / nicht diesem / sondern dem Ariates / ihre gegenliebe geben müste. Also wuste Mehetabeel schon von des Saphiels ankunft /ehe er noch erschiene: und / sowol des Königs ihres grosvattern befehl / als ihrem eignen willen / zu folgen / weil sie damals einen andren glückseelig zu machen vermeinte / gehorchte sie so weit / daß sie fůr des Saphiels liebesanbringen sich hůtete / ob sie gleich gesonnen war / dem Ariates nicht båßer zu begegnen. Des Königs von Lachis aber abzukommen /gebrauchte sie sich einer sonderbaren list / und beredte die Bilha / ihre wase / ihren namen anzunemen /und also an ihrer stat des Saphiels liebe anzuh \ren. Weil Saphiel nicht unangenem war / und der Bilha /eine K \nigin in Canaan zu heissen / nicht misfiele /als ginge dieser betrug so wol von statten / daß Saphiel mit ihr / als der Mehetabeel / sich verlobte: da er dan / ganz vergnügt wieder nach Hazor abreisete / ům dem K \nig seine gute verrichtung zu hinterbringen.

Dieser hatte selbigen tag eben / von Tyro / zeitung erhalten / daß der Ariates / an stat fůr die Mehetabeel seine liebe zu sparen / in die K \nigin Lantine hierzugegen / die damals noch Prinzessin von Elam hieße /sich verliebet: welches ihn dermassen auf den Prinzen von Gibeon verdroße / daß er / diese andere nachricht von dem Saphiel / nicht mit solchen widerwillen / als wie [393] sonst geschehen wäre / aufgenommen / und / wiewol ihn hierbei der Mehetabeel vermeinter ungehorsam nicht wenig verdruß machte / so verschmerzte er doch solchen / ům den Ariates zu straffen / und name den Saphiel an / ordnete auch gesandten ab nach Arabath in Seir / ům die Mehetabeel abzuholen. Diese kamen eben dahin / wie / zu gutem glůck / die Mehetabeel / mit der Bilha ihrer basen / daselbst allein ware: daher es ihr so schwer nicht fiele / als wan ihre eltern dabei gewesen wären / diese gesandten von sich ab zur Bilha zu weisen / mit vermeldung / was es hiermit für eine bewandnis hätte. Also wurden / bei ihrer zurük kunft / dem K \nig von Hazor / so wol als dem von Lachis / die augen aufgethan / daß jener erkante / wie Mehetabeel seinen geheimen befehl nicht ůberschritten / und dieser sich betrogen sahe. Demnach ånderte sich nun die ganze verfassung zu Hazor /und / weil der K \nig nicht mehr ursach fande / seinen widerwillen gegen dem Saphiel zu bergen / erwiese er ihm denselben \ffentlich / verbannte ihn gleichsam von hofe / und richtete fürter seine gedanken auf den Jebus / den K \nig von Jericho: welchen er nach Hazor kommen ließe / ům die heurat zwischen der Mehetabeel und ihm zu stiften.

Dieser Jebus / hatte fůrlängst die Prinzessin Rahabine von Tyro geliebet / welches er aber heimlich hielte / ům die kron von Hazor nicht zu verscherzen: massen er sich willigst anstellte / des K \nigs begehren ein genügen zu thun / und sich ům der Mehetabeel gewogenheit zu bewerben. Wie er aber die reise nach dem gebirge Seir von einer zeit zur andren aufschobe / ward es zu Hazor endlich kund / daß Jebus die Prinzessin von Tyro liebte. Nichtes entfindlichers / als eben dieses / hätte dem K \nig begegnen können / weil er nun [394] alle seine vier schwester-söhne untüchtig fande / ihme im reich zu folgen: in dem der Prinz von Gibeon die damalige Prinzessin von Elam / der K \nig vom Jarmuth die damalige Prinzessin Orosmada / der König von Lachis die Fürstin Bilha / (welche er euch geheuratet) und der K \nig von Jericho die Prinzessin Rahabine / an stat seiner Nefin liebte. Dieses erwekte bei ihm einen solchen haß gegen diese viere / daß er sie weder hören noch sehen wolte.

Daher vername er auch gern die zeitung / die ihm der Sobal / der Mehetabeel herrvatter / zuschriebe /daß nåmlich diese seine tochter an den Fürsten von Theman / den Eliphas / verlobt wåre: und gabe er hierzu seine einwilligung / vermeinend / weil dieser Fůrst des großen Edoms sohn war / es wůrde dessen gewalt und bekante dapferkeit / dermaleins seinen tron / fůr die Mehetabeel / wieder ihre vettern / behaupten k \nnen. Es daurete aber auch diese vergnůgung nicht lange / weil / wie bekant / auf dem Seirischen gebirge bald ausbrache / wer des Eliphas rechte braut war / und wie die Mehetabeel hintergangen worden. Dieses war nun der lezte streich / den alten König vollends toll zu machen / der eben damals auch von dem Beor und den andern Canaanitischen K \nigen sich so gezwakt sahe / daß er kaum so viel luft schöpfen kunte / seine haus-verdrieslichkeiten recht zu ůberlegen. Es kame ihm nun / der verlust seines einigen sohnes / wieder zu gedåchtnis / als welcher ihm alle diese andere verdrůße meist verursachte. Darům name er ihm kräftig vor / dessen tod zu rächen / und rükte in die bündnis / die er und der K \nig von Kiriath-Arba / meiner Coricide herrvatter / wider den Beor miteinander aufrichteten / mit ein / daß daselbst die mördere des Madons solten ausgeforschet / [395] und zu gebůrender straffe ůbergeben werden / ehe und bevor unter ihnen dieser bund geschloßen wůrde.

Es werden alle meine zuh \rer wissen / wie es hierbei meiner gemalin ergangen: massen sie teils / bei der belägerung zu Aroer mit gewesen / wie der K \nig von Hazor / durch den Fůrsten Achsaph recht unterrichtet / seinen unwillen und zorn fallen lassen / und v \llig mit uns ausgesöhnet / nach Canaan wieder gekehret. Er hatte zu Aroer die vergnůgung / seine geliebte Nefe / die Mehetabeel / zu sehen / deren er vorher nie in seinem leben genossen: begehrte er von ihr /daß sie mit ihm nach Hazor reisen / und alda / solang er noch lebte / weil doch nun in Seir / wegen der daselbst geschehenen verånderung / fůr sie nichts mehr übrig wäre / bei ihm verharren solte. Sie verhieße ihm / ehist dahin zu folgen / und bate / ihr nur noch zu g \nnen / daß sie mit der andren gesellschaft nach Damasco kehren / und von den Königinnen urlaub nemen m \chte. Er bewilligte ihr solches / iedoch mit dem ernstlichen verbot / daß sie weder dem K \nig von Gibeon / der nun nach seines vatters tode solchen namen angenommen / noch den von Jarmuth oder Jericho / die mit nach Damasco gingen / einigen guten blick verleihen solte / wan sie etwan sich gereuen ließen / daß sie / ihr aufzuwarten / vordessen so liderlich sich ausgedrehet. Dieses hatte sie ihm zwar versprochen / hielte es aber nicht länger / als es der himmel ihr zuließe: massen derselbe versehen hatte / daß der wackere Ariates sie lieb gewinnen / und ihre gegenhuld erlangen solte.

Es hatte dieser K \nig sie vordeme noch nie gesehen / und ware also wol zu entschůldigen / daß er eine ihm unbekante nicht geliebet. Nun er aber / wegen der Königin von Elam verheuratung / selbiger liebe abgesaget / [396] begunte er sein eigen båstes zu betrachten: daher er / die Mehetabeel erwehlend / ein solches leben anfinge / dergleichen ehmals der König von Hazor von ihm verlanget hatte. Er erkiesete mich zum vertrauten in dieser seiner neuen liebe / gleich wie auch die Prinzen von Hevila und Salem / als mit denen er ehmals zu Tyro war bekant worden. Der Prinz Adonisedech dienete ihm gerne hierinn / ům dem K \nig von Jarmuth dadurch wehe zu thun / der sein alter feind war / und nun / gleich dem Ariates /anfinge / die Orosmada zu verlassen / und der Mehetabeel aufzuwarten. Der K \nig von Jericho / weil er etwan zeitung von seiner Prinzessin aus Tyro beko en / die ihm nicht gefiele / gesellte sich auch / als ein aufwårter / zu der Mehetabeel. Also sahe sich diese Fürstin von liebhabern ümlagert / und hatte genug zu thun / den von ihrem grosvatter erhaltenen befehl wol zu beobachten. Bei keinem fiele es ihr schwerer / als bei dem Ariates / welchem sie holder war / als sie selbst vermeinte: und richteten Coricide /wie auch Adonisedek Jethur und ich / so viel bei ihr aus / daß der König von Gibeon einen guten blick von ihr bekame / und anders / als die Könige von Jamuth und Jericho von ihr gehalten wurde.

Des Ariates vergnügung / gliche der anderen beiden ihrer verzweifelung / als er solcher gestalt die gewogenheit seiner sch \nen erlanget / und name ich über mich / fůr ihn zu Hazor ein gutes wort zu reden: bis dahin Mehetabeel in Damasco verharren / und ihre vorgehabte reise / mit der Königin Milcaride von Sichem / ins land Canaan aufschieben solte. Als wir nun vergangenen winter ingesamt aus Damasco / und zwar ein jeder nach dem seinigen abreiseten / begabe ich mich / sobald nur meine eigene angelegenheiten mich von [397] Hebron abkommen ließen / nach Hazor: da mich mein alter freund / der Achsaph / zum König hinein fürete / und mir alle anleitung gabe / wie ich meine verrichtung glůcklich enden m \chte. Es richtete aber seine vielverm \genheit bei dem König so wenig aus /als alle meine bemůhung / und kunte dieser unversönliche alte sich nicht ůberwinden / seinen gefassten zorn und unwillen zu måßigen. Das erste / so er hierauf fürname / ware dieses / daß er den Ahiam / seinen Cammerherrn / nach Damasco schickte / üm die Mehetabeel abzuholen. Weil aber dieselbe für ihres grosvatters eifrigem sinn sich fůrchtete / und Ariates in einem schreiben sie flehentlich bate / ja nicht dahin zu kommen / als entschüldigte sie schriftlich ihr ausenbleiben / so gut sie konte. Sie schriebe auch darbei an den K \nig von Gibeon / daß sie die seine bis in den tod beståndig verbleiben wolte / und solte er nur bemühet seyn / ihres herrvattern / des Sobals / einwilligung aus Egypten zu erlangen: wornach sie sich nicht ferner weigern wolte / ihm die eheliche hand zu geben. Aus versehen / verwechselte sie die überschriften dieser beiden briefe / also daß der / so an den König von Hazor gestellet / in des Ariates hånde fiele / der ihm-vermeinte aber / darinn diese v \llige entdeckung ihrer liebe enthalten / hingegen dem König zukame.

Dieser wurde von unaussprechlichen eifer überfallen / als er den anhaltenden ungehorsam der Mehetabeel / auch der verachtung seiner person / indem sie nicht auf seine / sondern nur auf des Sobals einwilligung zielte / vernemen muste. Er fassete sofort diesen unbarmherzigen schluß / sie so wol / als seine vier vettern / zu enterben: und hierbei die augen auf mich werfend / wehlte er mich zu seinem nachfolger im reich / weil ich seiner verstorbenen gemalin / der Mesamia / [398] bruders / des K \nigs Esron / enkel war / auch die Coricide / die sein sohn der Prinz Madon haben sollen / geehlicht / und also dessen person in seinen gedanken vertrate. Er gewanne mich auch sofort dermassen lieb / daß ich oft / mit meiner großen ungelegenheit / bei ihme zu Hazor mich aufhalten muste. Ich nenne dieses eine ungelegenheit / weil die sachen zu Kiriath-Arba nicht also stunden / daß ich lange von dar abseyn k \nnen: massen der K \nig Beri / mein herrvatter / wegen einer zugestoßenen gemütsschwachheit / dem regiment so übel fürstunde / daß ich tåglich / ja stündlich / dessen abnemen und verderben für augen sahe.

Die ursach der blödigkeit dieses Königs war / daß er ihm einbildete / wie er an des Eliesers / meines liebsten bruders / tode schuldig wäre: das ihn dan also nagete / daß er weder tag noch nacht ruhe hatte. Von den Aborigenern / die auf dem Riphatischen gebirge mit großer heerskraft sich zusa enzogen / machte er ihm die sorge / daß die des Eliesers tod bald råchen wůrden; und hörte er den Tuscus Sicanus niemals nennen / daß ihm nicht ein kalter schweis ausgebrochen wäre. Weil nun diese einbildungen aus einer gemütskrankheit herrüreten / als wurden alle berümte ärzte hierzu beruffen / und nichtes gesparet / was zu seiner gesundheit dienen kunte: wie sie es dan so weit mit ihm brachten / daß ihme zu gewißen zeiten ganz wol war / und man ihme nichts anmerkte; wiewol er bald darauf wieder in die vorige traurigkeit fiele / und also bei unbeständiger gesundheit lebte. Weil hiedurch / wie erwehnt / das K \nigreich in verwirrten zustand geriete / als wolten die stånde und fürnemsten in Kyriath-Arba / daß mein herrvatter mir die regirung anvertrauen / und sich in ruhe begeben solte. Er ware zwar \fters hierzu geneigt / und begunte [399] mit mir davon zu reden: bald aber / und manchmal im augen blick / verånderte er sich / und wolte / an stat der liebkosung und vertraulichkeit / die er erst mit mir gepflogen / von mir weder hören noch wissen.

Ich muste endlich / diesem immer-zunemenden ůbel zu wehren / mir freunde schaffen / um deren hůlfe und einrahts mich zu bedienen. Der K \nig Ariates von Gibeon war einer von diesen / wie auch der fůrst Achsaph: deren der erste mit seiner eigenen macht / der andere aber mit gutem einraht und vorspruch bei seinem herrn / dem König von Hazor / mir seine dienste anbote. Dieses geschahe eben ům die zeit / als diesem König einfiele / mich zu seinen nachfolger im reich zu ernennen: das dan dem Ariates /wegen seiner habenden ansprůche / nicht gefallen /und also leichtlich unsere freundschaft baufällig machen k \nnen. Ich erklärte mich aber gegen dem Ariates dahin / daß / wofern er wůrde auf dem sinn verharren / mir zu dem reiche Kiriat-Arba zu verhelfen / ich hingegen ihm den tron von Hazor überlassen wolte /sobald ich selbigen betreten wůrde. Diß ware nun ja ein freundesstůck / und thun mir daher die Mehetabeel und Coricide groß unrecht / indem sie mich einer kaltsinnigkeit gegen meine freunde beschuldigen. Wie dieser vergleich unter uns beiden in vertrauen aufgerichtet war / sahe Ariates / ohne eiversucht / meinen wachstum im k \nigreich Hazor / und ließe mich daselbst machen: mitlerweile er / wiewol ganz unbekant / eine reise nach Damasco thäte / um aus seiner Mehetabeel eignem munde die versicherung ihrer gegenliebe anzuhören. Er hatte mit mir verlassen / ich solte /ihm abwesendem / fieißig von allem bericht senden /was in Hazor fürginge: zu welchem ende er eigene boten unterwegs verleget / üm desto geschwinder die briefe hin und wieder zu [400] f \rdern: da ich aber / wegen meines verdrůßlichen zustandes / und weil in Canaan nicht viel fůrfiele / ihm wenig schriebe / ob ich gleich viel briefe von ihme / wie auch von meiner gemalin /entfinge / die mit lauter liebessachen angefůllet waren. Dieses gabe anlaß / daß Ariates nicht allein einer kaltsinnigkeit mich beschůldigte / sondern auch zuweilen anfinge zu zweiflen / ob ich auch meine zusage halten würde / ihme dereins den tron von Hazor abzutreten. Demnach eilete er eher / als er sonst gewillt gewesen / aus Syrien: da er aber sein und der Mehetabeel gemüte bald wieder beruhigte / als er meine beståndigkeit erfuhre / und ihr solche nach Damasco zu entbote.

Aber die andere K \nige von Canaan / sahen mein glück nicht mit solcher ruhe an / sondern erweckten im k \nigreich Hazor tausenderlei unruhe und aufruhren: die zwar allemal zu rechter zeit wieder gestillet wurden / aber vor-anzeigten / was ich / nach des Königs von Hazor tode / für ein unruhiges regiment haben würde. Diesem nach fiele dem alten König ein /bei seinen lebzeiten mich auf seinen tron zu setzen: worzu der Achsaph mächtig rahten halfe / dem K \nig fůrstellend / wie dieses das rechte mittel seyn würde /nicht allein ruhe in seinem reiche zu schaffen / sondern auch meinen herrvatter desto eher dahin zu bewegen / daß er / seinem beispiel zu folge / die regirung auch von sich lege. Um nun den König Beri /meinen herrvattern / hierzu zu bringen / wurde Achsaph öfters nach Hebron geschicket / und ihme fürgestellt / wie måchtig er seinen sohn machen k \nte /wan er in die abtretung seines regiments einwilligte: weil allein mit diesem bedingnis / auch der K \nig von Hazor mir seinen tron zu ůbergeben gesonnen wåre. Mein herrvatter ließe / wegen dieser vorteilhaften [401] ümstände / sich verlauten / wiedaß er sölches thun wolte / sobald der König von Hazor würde den anfang gemacht haben. Also stritten diese beide K \nige hierüber / und einen ehren-punct daraus machend / hielten sie beiderseits ein dieses ihr fürhaben ins werk zu stellen. Dem ungedultigen Ariates / wurde die zeit hierbei zum långsten / und wolte er mich öfters ůberreden mit gewalt den Beri vom tron zu setzen / dazu er mir seinen beistand verhieße. Ich wolte aber solches nicht annemen / ob gleich das elend in unsrem lande / durch die ůble regirung / immer gr \ßer wurde.

Auf solche weise ist es nun in Canaan beschaffen /von dannen ich / meine liebste Coricide zu sehen /und sie nach Hebron abzuholen / mich auf etliche wochen gleichsam abgestolen habe: massen ich sonder schaden fast keinen augenblick abseyn kan / und werde ich / nach hiesiger kr \nung / ferner nicht verweilen dörfen / mich alda wieder einzufinden. Die ursach aber / warüm der verliebte Ariates nicht mit gekommen / ist diese / daß er / in meiner abwesenheit /auf alles ein wachsames auge halten muß / üm dem König von Jarmuth und den andren / die ům das reich Hazor buleten / zu wehren / daß sie nicht eine unruhe anfingen / wan etwan der alte König inzwischen sterben solte. Warům aber meine liebste Coricide / wie auch die Fůrstin Mehetabeel / mir fürgerücket als wüste ich nicht gnug meine freunde in acht zu nemen /so ists folgendes / das sie auf diese gedanken bringet.

Der Fürst Achsaph / so / bei der lezten belägerung von Damasco / unter des K \nigs von Hazor v \lkern zu Aroer mit ware / zoge / aus begierde / die viele k \nigliche personen in Damasco beisammen zu sehen / mit uns dahin: und als er daselbst mit der K \nigin Aramena [402] frauenzimmer sich bekandt machte / gefiele ihm Dersine / die Fürstin von Arvad / so wol / daß er die zu lieben begunte. Er er \ffnete mir gleich dieses sein anligen / und forderte meinen beistand: den ich ihm / als ja so fr \md wie er / in nichts anders erweisen kunte / als daß ich zuweilen veranlassete / daß die Dersine sich bei meiner Coricide einfunde / und ihme also / mit ihr zu reden / gelegenheit gemacht wurde. Weil sie von seiner liebe gar nicht hören wolte / als reisete er damals ůbel zu frieden mit uns andren aus Damasco hinweg / und truge mir / bei meiner ietzigen wiederkunft / dieses gewerbe auf / daß ich sein wort bei dieser Fůrstin reden / und sie zu seiner liebe bewegen solte. Dieses habe ich nun / seitdaß ich hier in Mesopotamien gewesen / fleißig verrichtet. Es hat mir aber diese schöne entdecket / wiedaß sie den Prinzen Jonadas von Hemath liebe / und also unfähig sei / des Fürsten Achsaph ansinnen anzunemen. Was kan ich demnach / bei solchen ůmständen / für meinen freund hierinn ferner thun? mit was nutzen werde ich der Dersine von ihme sagen / da sie ihr bereits einen andren erkieset? Gleichwol wil meine gemalin mir solches ansinnen / vermeinend / ich werde allen beistand des Achsaph / der mir bei dem König von Hazor so nötig ist / verlieren / wan ich ihm die Dersine nickt zu wege bringe: gleich als wann es an mir läge / daß sie diesen Fůrsten nicht lieben kan.

Es ist dieses nicht meine meinung (fiele Coricide lächlend dem Ephron in das wort) und weiß ich gar wol / daß mein gemal daran nicht schůldig sei. Ich wünsche aber nur / daß ihm gefallen möchte / fůr den leuten in dieser sache sich eifriger anzustellen. Dan /wir haben nicht allein von des Fůrsten Achsaphs vertrautesten bedienten etliche bei uns / die alles genau in acht [403] nemen / und nach Canaan berichten / sondern es ist auch allhier die schwester dieses Fürsten / des Gahams von Syrien gemalin / die mein liebster Ephron zu besuchen / bis noch aufgeschoben hat / deren er doch / als seines freundes schwester / fůr andern solte liebkosungen erweisen. Da mir der himmel g \nnet / (antwortete Ephron) daß ich bei solchen schönheiten seyn darf / als ich hier fůr mir sehe / so wird man mir nicht verdenken / daß ich dafůr die alten fahren laße. Man muß aber nicht immer das jenige thun / (sagte Mehetabeel hierzu) was einem wolgefållet / sondern sich zu zeiten auch zu zwingen wissen /wan irgend ein nutze dabei kan gefunden werden.


* * *


Mehetabeel hat recht / (finge die Königin von Saba hierauf an zu reden) und wůrde der Prinz von Canaan nicht ůbel thun / wan er an des Gahams gemalin erwiese / daß der Achsaph sein freund sei. Daß man aber diesen Prinzen beschůldigen wil / als wan er die freundschaft nicht recht ůbete / darinn bin ich ganz der gegenmeinung / und muß vielmehr gestehen / daß nicht viel solcher freunde / wie der Ephron / gesehen werden / die ein königreich hinweg geben / ům ihrem freunde damit auf zu dienen. Diesem urteil der Petasiride fielen die andern alle bei; und bezeugten auch diejenige / so den wackern Ariates kennten / daß die Mehetabeel wol gewehlt hätte.

Sie hatten hiervon ihre fernere unterredung / bis die Könige von Tyro und Cus zu ihnen in das haus kamen: fůr welchem letzern die verkleidete Coricide zu verbergen / damit der ihr vorhaben den andren von seiner spielgesellschaft nicht verriete / schoben sie dieselbe eiligst in ein nebengemach; worbei Deldora und Orosmada [404] sich am meisten bemůhet erwiesen /und eben die thůr zuschlugen / als die K \nige hinein traten. Weil Eridanus zu Amida vernommen / daß Nebajoth der Medische König den vorigen abend in Sarug angekommen / als vermeinte er / dieser håtte hier seine Delbora gesprochen / und wäre vor ihm verstecket worden: das dan eine solche veränderung bei ihm verursachte / daß sie alle / fürnemlich die Delbora / solche an ihm erkanten. Der Orosmada ginge es mit ihrem Tiribaces nicht bäßer / massen der gleiche eifersüchtige gedanken von ihr hatte / als wåre ihr ehmals-geliebter Adonias / der Prinz Adonisedech / bei ihr gewesen / der sich bei seiner ankunft verborgen hätte. Solcher gestalt machte / dieser beider gegenwart / die gesellschaft mehr still als fr \lich. Als auch Tiribaces erzehlte / wie der K \nig Nebajoth sich zu Sarug befånde / err \tete darůber die Delbora / so wol als die Hermione / weil ihnen diese zeitung so unvermutlich kame: das dan die eifersucht des Eridanus noch gr \ßer machte.

Solche muste auch folgends bei dem Tiribaces zunemen / als ihm die Orosmada verlaugnete / daß Adonisedech / den er doch auf den wege nach Edessa angetroffen / bei ihnen sich befunden hätte. Zwar zwunge er sich / wegen der andren anwesenden K \niginnen / so viel er kunte / seinen liebes-eifer nicht blicken zu lassen. Als aber bald hernach Adonisedech durch eben die thůr zu ihnen hinein trate / durch welche die Coricide von der Delbora und Orosmada war hinaus gelassen worden / hielte er nun seine einbildung für wol gegrůndet / und glaubte / der Adonisedech ließe sich darům wieder sehen / weil ihn etwan seine gemalin in dieser verborgenen kammer gefunden: massen ihm dieselbe auf den fus nachfolgte / und auch herein kame.

[405] Ich bringe gute post: (sagte dieselbe / die K \nigin Hermione ansehende) der K \nig von Meden ist vorhanden / und würde vieleicht schon zugegen seyn /wan er hier diese gesellschaft vermuten könte. Ich habe ihn im untern hof angetroffen / und von seinen leuten verstanden / daß man ihn nicht recht angefüret /weil er den Prinzen von Hevila / der sich in Amida befindet / anzusprechen gedenket. Alles was ich den augenblick / darinn ich ihn gesehen / in acht nemen k \nnen / beredet mich / daß das gerůchte nicht unrecht von ihm urteile / welches ihn als einen der wackersten helden der welt beschreibet. Deme ist auch also / (antwortete Petasiride / die ihn in Arabien gekennt hatte) und thut mir nur leid / daß wir nicht sofort die ehre haben sollen / ihn bei uns zu sehen. Ist dan Nebajoth (fragte Eridanus seine Delbora) nicht iezt allhier gewesen? Nein! (antwortete dieselbe) wir wissen hier von ihm nichtes. Wie kanst du das sagen /(sagte Hermione / wiewol ganz leise / zu ihr) da wir ja erst diesen König in unserer gesellschaft gehabt? Dieses sagte sie in scherz / und zielete damit auf ihre vorher gepflogene unterredung / da Delbora Nebajoths person bei ihr fürgestellet hatte.

Der aufmerksame Eridanus hatte dieses mit angeh \ret / und wurde dadurch in seiner eifersüchtigen einbildung gewaltig gestärket: massen er auch sofort die gesellschaft wieder verließe / ům nach Amida ům zu kehren. Delbora entschlosse / ihn dahin zu begleiten / weil sie einige änderung an ihm warname / die sie der ankunft des Nebajoth zuschriebe. Dieser aufbruch machte / daß auch alle die andern sich aufmachten / und den weg nach Amida vor sich namen: auser dem Prinzen Adonisedech / der mit seiner Jaelinde nach Samosata sich wandte. Unterwegs spracheten diese beide / [406] von der verspůrten eifersucht des K \nigs von Tyro / da Adonisedech hoch beteurete / wie er so wenig / als die tugendhafte Orosmada / dazu anlas gegeben hätte: welches Jaelinde gar gern glaubte / massen sie ihren gemal auf keinerlei weise verdachte /noch durch solche last ihm ihre liebe an den tag gabe. Sie fanden / zu Samosata / alle königliche personen bei der Ahalibama und Timna / da ihnen die letzere erzehlte / wie sie mit ihrem Eliphas wieder ausgesönet worden: worůber dan / mit ihr / der ganze hof sich erfreute / sonderlich die Königin von Mesopotamien /die dieser ihrer freundin alles vergnůgte wolergehen gunte.

Am folgenden morgen / in aller frůhe / ware / unfern von Samosata / auf einem lustigen hügel / durch den K \nig von Salem ein großes opfer angestellet /bei welchem alle anwesende königliche personen / die dem wahren glauben beipflichteten erschienen / und also allein die K \nige von Egypten / Cus / Elam /Tyro und Arabien / neben der Königin Lantine und Petasiride / wie auch die meisten von den Syrischen Fürsten / die noch an dem falschen gottesdienst hingen / davon blieben. Der K \nig von Meden fande sich auch daselbst ein / und wurde von allen und ieden auf das höflichste entfangen / auch von der Königin in Mesopotamien selber zu der angenemen Hermione gefüret: die / in gegenwart so vieler aufmerkere / keine gebårde zu fassen wuste / diesem ihrem bestimten liebhaber zu begegnen. Weil aber hierbei geistliche verrichtungen fürgingen / als ware sie ůberhoben /lang mit ihme zu sprechen / und sahe vielmehr / mit den andern / auf die opfere / die des frommen Melchisedechs priestere / unter denen der Abdastartus auch einer mit ware / alda verrichteten. Die sch \ne Aramena / diesen getreuen [407] freund ihres Cimbers ersehend / erinnerte sich von neuem ihres zustandes / und seufzete innigst gen himmel / üm dermaleins aus ihrer ietzigen unruhe erlöset zu werden / sunge auch / mit großer andacht / neben den andern / folgendes lied / das aus dem buche des gottseeligen und gedultigen K \nigs von Hus / des Hiobs / vorgesungen wurde / welches der König von Salem bei sich hatte / und lautete dasselbe / wie folget.


1.
Der Mensch hat wenig fug / viel auf sich selbst zu achten /
wann er sein elend wird betrachten /
und recht in seinen ursprung schaut.
Er wird / mit angst und weh / von einem weib geboren.
sein leben dauret nicht: gar selten / daß es graut.
in lauter ungemach er seine tage baut.
zum wolseyn ist er nicht / zur unruh' nur / erkoren.
2.
Gleich einer zarten blum / die in den morgen-stunden /
bei külem tauen / wird gefunden:
so glånzt zwar seine sch \n' herfůr.
Doch / komt der abend an / so fållt die sch \nheit abe;
ein augenblick erweckt und t \dtet seine zier.
nie ist er / was er war / nie bleibt er: weil alhier
er / einem schatten gleich / hinfleugt und eilt zum grabe.
3.
Doch ůber ihm / o Gott! stäts deine augen brennen.
du gibst dem menschen zu erkennen /
daß du acht habst auf seinen pfad.
Der schatten / der da ist von deinem licht entsprossen /
folgt er dir / wie er soll / so folgt ihm deine gnad:
wo nicht / so findet sich das recht / an deren stat /
du zeuchst ihn fůr gericht / hast alle güt verschlossen.
4.
Doch wie kan / großer Gott! von so unreinem wesen /
vor dir was reines seyn erlesen /
wan deine hand es nicht verricht?
Du / du kanst nur allein die b \se unart wenden.
[408]
so lang der mensche lebt / låst er die sůnde nicht.
kein reiner findet sich vor deinem angesicht /
wan du nicht himmel-ab ihm hůlfe wilst zusenden.
5.
Ach dann! in deinem grimm ja nicht mit ihm verfahre.
betrachte doch die kurzen jahre.
erwäge die bestimte zeit /
die du ihm hast geschrånkt. von dir selbst sind gezehlet
die monden / die er sol in dieser eitelkeit
verbringen / da dein ziel nie keiner überschreitt.
So sei dan du sein schutz / wann ihn diß eitle quälet.
6.
Vermehr nicht seine tag' / ům seine pein zu mehren.
laß ihn sein leztes ziel bald h \ren /
das du ihm einmal hast gesezt.
Thu deine hand von ihm / auf daß er ruhe habe.
g \nn ihme / daß er doch auch werd also ergezt /
wie ein tagl \ner sich mit seiner arbeit lezt /
und auf den abend hofft. g \nn ihme den / im grabe.
7.
Ein baum in hoffnung schwebt / wann er gleich abgehauen /
daß er sich k \nn erjůnget schauen:
dan seine sch \ßling dauren noch.
ob seine wurzlen gleich in kalter erd veralten /
und sein stam in dem staub erstirbt / so grůnt er doch.
das wasser ihn erquickt / daß er wåchst noch so hoch /
und daß er einher prangt in vorigen gestalten.
8.
Nicht also kan der mensch von seinem zustand sagen.
Wird er einmal zu grab getragen /
so tråget er mit sich hinweg /
hin in des todes reich / die hoffnung dieses lebens.
Wo ist die hand / die hier die todten mache reg?
gesetzt / daß man im grab die aschen wol durchfeg:
wo findet sich der mensch? die můhe ist vergebens.
9.
Gleichwie ein schneller fluß / der aus dem meere rinnet /
den ruckgang nimmermehr gewinnet:
weil die natur treibt solchen fall.
[409]
in truckner zeit gar bald verschwindet und versieget /
als wär er nie gewest / des baches sein krystall /
daß keines künstlers witz kan halten sein gewall /
da er sich für der hitz der Sonne willigst bieget.
10.
So ist es / wan der mensch einmal danider liget:
die macht des todes ihn besieget /
daß er nit selbst weiß aufzustehn.
Die erde hålt ihn fåst mit ihren mutter-hånden:
er kan in ihrem schoß die lange ruh begehn.
eh wird der himmels-bau / gleich einem rauch / verwehn /
eh er erwachen solt / und seinen schlaff vollenden.
11.
Doch / daß es so bewandt / macht mir mein leid nicht größer.
wie k \nt' es mir ergehen båßer /
als wann ich in dem grabe blieb?
Daß mich die grube tief verbůrge und verdeckte /
dis daß sich / o mein Gott! legt deines zornes hieb /
und du mir stellst ein ziel / daran ich deine lieb
ersehen k \nt' und dan mich deine hand erweckte.
12.
Doch / was begehr ich wol? kan auch ein todter leben?
hab ich den ausspruch nicht gegeben /
kein wiederkehr sei nach dem tod!
Ach herr! verzeihe mir / was ich so t \richt sage.
Laß seyn mein harren fåst / in meinem streit / mein Gott!
daß ich voll hoffnung bleib / in meiner leidens-noht /
ich werde seyn erweckt / an jenem großen tage.
13.
An solchem wundertag / wirst du mich / Herr! erwecken /
wan deine stimm voll trost und schrecken /
die todten vor gericht berufft.
dan laß / o heiland! mich getrost dir antwort geben /
wann nun der faule staub aus seiner finstren gruft
wird herrlich und verklårt erscheinen in der luft /
als deiner hånde werk: so werd vor dir ich leben.
14.
Wahr ist es: wann ich denk / daß du all meine gänge
schon hast gezehlt in ihrer månge /
so fůrcht ich deinen richter-grimm.
[410]
doch bist du nicht allein gerecht / du hast auch gůte.
die fehler der natur nicht all zu streng aufnimm /
hab ja nicht acht auf sie. Laß deine vatter-stimm
mich h \ren / die erquick mein ånstiges gemůte.
15.
Diß ist mein starker trost. Dann / ob du gleich die sünden
nie låst aus deinen augen schwinden /
und sie fåst in ein bůndelein
versiegelt und gefasst: macht doch der buße quelle
mich hoffen / daß du hier verlångest meine pein /
damit die sůnde dort m \g ausgeleschet seyn
aus deinem lebensbuch. Des tr \st sich meine seele.
16.
Bedenk ich auch / o Gott! wie du so schwere werke
verrichtest durch geringe stårke /
so komt mich ein verwundren an.
Zerfållet doch ein berg / und muß vom wind vergehn.
ein felse wird verruckt, das weiche wasser kan
durchboren harte stein' / und selbst die klippen-bahn
ein schwaches tr \pflein muß wegfl \ßen und verdrehen.
17.
Wie solte dan der mensch nicht leicht seyn zu besiegen /
wan du wilt / daß er sol erligen?
diß fordert solche stårke nicht.
er ist kein berg / kein fels: er ist nur staub und erden.
wilst du / daß er verderb / alsdan sein hoffnung bricht
die sich verliert zugleich mit seinem lebens-licht.
ein wort / o starker Gott! ist gnug / fůr sein entwerden.
18.
Wilst du dan auch / daß er noch soll auf erden wallen /
eh du nach deinem wolgefallen
ihn st \ßest ům: so wird er doch
in seinem wesen ståts veråndert und vernichtet
indem des todes bild / mit seiner jahre joch /
ihm tåglich stehet vor. So stirbt er / eh er noch /
hinfåret in sein grab: das endlich alles schlichtet.
19.
Und wann er da zulezt sein zelt hat aufgeschlagen /
wird er nach keiner freude fragen /
die sich ihm machte offenbar.
[411]
er kennet nichtes mehr / was er hat hinterlassen.
ob ehre oder schand trifft seiner kinder schar /
diß ihme gilt gleich viel: er wird es nicht gewar.
so / wie man sein vergist / vergist er gleicher massen.
20.
Viel seeliger dann ist / der in der erde rachen
ihm kan so stille tage machen /
als der / so noch sein fleisch antrågt.
Was schmerz und ungemach muß er nit ståts entfinden?
mit schrecken / noht und qual / ist ståts sein fleisch belegt.
die seele tråget leid / die er im kerker hegt;
sie winselt ohne mas / und harrt auf ihr entbinden.

Dieses lied wurde / von wenigen in dieser fürnemen gesellschaft / ohne tränen mit gesungen / sonderlich aber hatte es die betrübte Indaride und die Ahalibama sehr beweget / die an ihre todten gedachten / und es schmerzlich entfunden / daß die vergessenheit im tode den Amraphel und Elieser hintern solte / ferner an sie zu gedenken / oder ihrer zu achten: wie sie dann auch / die ganze opferzeit hindurch / im weinen verharreten. Weil die hirten håufig waren hinzu gedrungen / diese opferung / als die ihnen frömd und ungewonet war / mit anzusehen / als ware der unter des Jared namen und kleidung verstellte Tuscus Sicanus auch nicht dahinten geblieben / sondern mit seinem wirte / dem Demas / dahin gegangen: ům eine gelegenheit abzulauren / da er sein vorhaben werkstellig machen / und sich seiner Ahalibama offenbaren könte. Er sahe die über ihre wangen herab fliessende trånen nicht für solche an / die ihme gälten / sondern urteilte vielmehr / daß sie die für ihren abwesenden Esau vergöße. Inzwischen er also seinen kummer mit verdrieslichen gedanken nehrte / und die opferungen zum ende kamen / trachtete auch Demas darnach / wie er dem König der Aborigener seine zusage halten möchte. Wie er nun sahe / daß die k \nigliche [412] gesellschaft sich verteilte / und die Königin Aramena von Mesopotamien / mit der Ahalibama / einen besondern spazirweg erkiesete / zeigte er ihm solches an: der dan sofort / hinter den båumen / dem orte zuschliche da diese beide sich beieinander befanden.

Er verbarge sich / üm nicht eher / als wan es zeit seyn würde / sich sehen zu lassen / und zwar in eine kleine str \herne schåfer-hütte: da / durch sonderbare fügnis / die Aramena und Ahalibama sich hart daran nieder ließen / und vermeinend / daß sie allein wären /in ein vertrauliches gespräche sich einließen / wovon Tuscus Sicanus alles vernemen konte. Wann ich (finge die sch \ne K \nigin von Mesopotamien an zu reden) des Tuscus Sicanus oder meines Cimbers sinn und gemůte recht bei mir ůberlege / so befinde ich /daß er ein båßerer freund als liebhaber sei / und daß es ihm iezt eben also mit dem K \nig von Basan / als zuvor mit meinem bruder / wie der noch Abimelech hieße / ergehe. Ich kan nicht ůmhin / (antwortete Ahalibama) / diesen K \nig zu vertåtigen / ob ich gleich alles das auch also befinde / was E. Maj. von ihm gedenken / und sage / wie ich nicht vermeine / daß Cimber gegen einem ungeliebten liebhaber sich also bezeigen werde / wie er ehmals gegen einen geliebten gethan hat. Wie kan man es aber anders ausdeuten /(erwiderte die Königin) da Tuscus Sicanus und Marsius auf dem Riphatischen gebirge ihrer sachen sobald eins geworden / und nun dieser erste verziehet hieher zu kommen / da wir doch die nachricht von ihm haben / daß er schon lang in Basan gewesen? Kan man daraus / und aus der unruhe des K \nigs /meines bruders / wol etwas anders schließen / als daß Cimber meiner nicht achte / daß er dem Mitreus eine andere antwort gegeben / als er zurücke gebracht /und [413] daß er / mit einem wort zu sagen / mich seinem freund und verwandten / dem K \nig von Basan /überlassen habe? Ach Ahalibama! wann ich dieses mir fůrstelle / so gestehe ich gerne / daß mir alle gedult vergehet / und daß ich mein selbst nicht meisterin bin / dieses / wie alles mein voriges leiden / zu ůberwinden. Soll dan also ein sterblicher von mir sich berůmen können / daß ich ihme angetragen worden /und er mich verachtet / ja einem andern ůberlassen habe?

Ich bin versichert / (fiele Ahalibama der K \nigin in das wort) daß E. Maj. ihrem getreuen Cimber hierinn unschuldig verdenken. Sie erwägen doch bei sich /und stellen ihr diesen liebhaber fůr / wie große proben einer ungemeinen liebe er E. Maj. erwiesen / da er sie nicht allein von den l \uen errettet / sondern auch nachmalszu verschiedenen malen sein leben fůr sie gewaget. E. Maj. bedenken doch die viele reimen / die er auf seine liebe gedichtet / so alle E. Maj. sind fůr augen gekommen. Sie wiederholen nur das lezte klinggedicht / so ihr der Abdastartus von ihm gebracht / als er in der einbildung lebte / daß er bei seiner K \nigin in ungnaden wåre: wie beweglich stellte er doch darinn seine liebe für! und haben nicht / die zween lezte reimen / also gelautet;


Daß ihr get \dt / der euch so oft das leben gab;

Daß wahre treue lieb / mit Cimbern / ligt im grab.


Ist wol / auf solch bekentnis / an des Cimbers treue zu zweiflen? und thun E. Maj. ihm nicht unrecht / indem sie von ihm solche gedanken füren? Solte ja einige andere ursach seines so langen ausenbleibens / als die ihm vieleicht der staat an die hand gibet / vorhanden seyn / so ist es wol diese / daß diesem ehrerbietigen liebhaber die einbildung noch nicht v \llig vergangen ist / die er von E. Maj. ungnade gefasset: und mag er /die abschickung [414] des Mitreus / wol eher für eine probe von der alten freundschaft des K \nigs von Syrien / als fůr ein zeichen von E. Maj. gnade / angesehen und gehalten haben.

Ach Ahalibama! (gabe die K \nigin zur antwort) ihr urteilet hiervon / wie ihr es mir gerne g \nnet / ob ihr gleich in eurem herzen mit mir einig seit. Tuscus Sicanus hat wol eher in so håftiger liebe / als er nachgehends mir erwiesen / gelebet: und ist das ein großer anzeig / da er der schönen Hercinde zu vergessen fähig gewesen / ob er gleich ům deren willen die schöne Roma zu ehlichen sich geweigert / daß er noch einmal solcher vergessenheit fähig seyn könne. Man wil aber fůrgeben / (sagte Ahalibama) Cimber sei nicht der Tuscus Sicanus / der die frömde heurat mit der Roma getroffen / sondern ein anderer / massen jener ganz gewiß sol gestorben seyn. Wan nun dem also wäre / so fiele ja diese beschüldigung von sich selbst / und Tuscus Sicanus würde unschůldig erfunden. Wan dem schon also wåre / liebste Ahalibama! (versezte die K \nigin) so ist doch darům mein anligen nicht geringer: dan wan Cimber unschůldig ist / so wird mein bruder desto schůldiger. Allhier verwehrten / die viele seufzer / der Königin das fernere reden /und sagte Ahalibama: Ich verstehe wol / was E. Maj. hiermit meinen / und weiß ich zu des Königs von Syrien entschüldigung nichtes einzuwenden / sondern muß bekennen / daß ich glaube / es sei Abimelech wieder aufgewachet.

Zum großen unglůck für mich! (antwortete die K \nigin) und wolte ich mir dieses gern selber aus dem sinn reden / wan es müglich wåre: Ich bekomme aber leider! täglich mehr proben / die mich dieses glauben machen. Bin ich nun nicht unglücklich / Ahalibama! [415] da ich ursach seyn muß / daß ein so gottsf \rchtiger K \nig sich versůndige / und auf so irrige gedanken gerahte? Er årgert damit nicht allein sich selbst / und seine liebste gemalin / sondern auch mich / indem er mich an meine vorige liebe gedenken machet / die mir / wie ihr wisset / so angenem gewesen. Entdecket dan auch der König (fragte Ahalibama) E. Maj. sein anligen? So weit ist es noch nicht gekommen / (antwortete die Königin) und hüte ich mich äuserst / ihm hierzu keine zeit zu geben. Ich muß aber diesen liebsten bruder in stätiger betrůbnis sehen /und schauet er mich nie sonder seufzen an / bringet auch \fters solche reden auf die bahn / die den Cimber / seinen alten herzensfreund / mir veråchtlich machen / den ich doch auf seinen befehl liebe. Ich muß auch /was ich hiervon merke / nicht nur gegen ihm / sondern auch gegen meiner liebsten Cölidiane verbergen / und dieser aus den sinn reden / was ich doch selber mehr als zuviel glaube. Ich besorge und bedenke auch hierbei die häftigste wirkungen / die eine so ungerechte liebe nach sich ziehen kan: massen es nicht anders scheinet / als wolle der K \nig die Aborigener bekriegen / und also / an stat der schwester / dem jenigen eine undankbare feindschaft an den hals werfen / den er bisher / wie sich selbst / geliebet. Ach verfluchte liebe! was elend richtest du doch an / in diesem leben / wan du dich aus dem geleite der tugend verlierest? und wer hätte doch wol vorsagen sollen / daß der unvergleichliche Aramenes also würde fallen k \nnen /der bisher / als ein tugendspiegel und beispiel / allen regenten und helden fürgeleuchtet? Wie herzlich wůnsche ich doch den tod / der alles unglůck / so noch zu erwarten stehet / abwenden k \nte! und lieffe es nicht wider meinen glauben / ich wolte gern / für die wolfart meines vatterlandes / fůr die ruhe [416] meiner liebsten Cölidiane / und fůr die ehre eines so werten bruders / mich selber aufopfern.

Weil sie beide hierauf etwas innhielten / also daß der verborgene Tuscus Sicanus ferner nichtes / als ihre seufzer / vernemen kunte / überlegte er / mit großer verwunderung / was er gehöret / und erriete aus allen ůmstånden / daß manche irrung fürlaufen / und er derjenige Tuscus Sicanus nicht seyn müste / dan die schöne K \nigin von Mesopotamien liebte. Aber seine sonderbare bewegung / die er / wegen so naher anwesenheit seiner Ahalibama / in sich fůlete / ließe ihm nicht zu / diesem verwirrten handel genauer nach zu sinnen: und war er nur bedacht / wie er es anschlagen solte / der Ahalibama sich zu zeigen / die er /nach solchem stillschweigen / wieder zu reden anfahen hörte. Ach! wolte Gott! (sagte sie) daß ich den wunsch / den iezt E. Maj. gethan / auch an mir erfůllt sehen könte! wie viel lieber wolte ich doch / im grabe / meinem liebsten Elieser gesellschaft leisten / als iezt auf der welt den namen füren / daß ich dieses Prinzen ungemeiner treu und liebe also vergessen können. Liebet ihr dan (fragte die K \nigin) euren Elieser an noch so sehr / daß euch gereuen muß / dem großen Edom die ehliche hand gegeben zu haben? Was ich /den Esau betreffend / gethan habe / (antwortete Ahalibama) dessen muß mich / in betracht der dienste / die ich den meinigen dadurch geleistet / niemals gereuen. Daß ich aber deshalben aufhören solte / den Elieser zu lieben / das kan ich mir nimmermehr gebieten /und werde ich wol an diesen edlen Fůrsten gedenken /solang ich lebe. Er hat mich nun / zu verschiedenen malen / im traume mit seiner liebsten gegenwart erfreuet / da ich ihn fůr mir gesehen / als wan er warhaftig lebte: welche kurze freude aber nur mein trauren[417] wieder erfrischet / wan ich aus so sůssem schlaff erwachet.

Es fehlte nicht viel / Tuscus Sicanus wäre / dieses h \rend / so fort herfůr gesprungen / und håtte sich seiner Ahalibama / als ihr Elieser / zu füßen geworfen. Er wurde aber hiervon zurůck gehalten / wie er die Königin also reden hörte. Es wůrde nunmehr / liebste Ahalibama! (sagte sie) nicht gut fůr eure ruhe seyn /wan Elieser von den todten wieder kåme: dan / da ihr nun alle eure liebe dem Esau zuwenden müsset / würdet ihr sonder qual dem Elieser nicht sagen k \nnen /daß ihr fůr ihn nichtes mehr übrig habet. Ahalibama antwortete nichts hierauf: doch vername ihr Elieser so viel / daß ihre häufige tränen das bejaheten / was die K \nigin vorgebracht hatte. Diesem nach ånderte er alsofort seinen schluß / sich ihr zu zeigen / und / ihre ruhe dieser seinen kurzen vergnügung fůrziehend /wolte er lieber damit zu frieden seyn / daß er sich noch von ihr geliebt wuste / als sie damit beunruhigen / wan er ihr eröffnete / daß er noch lebte. Demnach schliche er / wiewol nicht ohne großen gedanken-streit / heimlich von dannen / weil er ihrem gespräche nicht länger zuhören wolte. Als er den Demas wieder angetroffen / welcher von weiten aufgelauret hatte /wie dieses ablaufen wůrde / ginge er mit demselben nach haus / und erzehlte ihm unterwegs / was er gehöret und wie er sein vorhaden geåndert hätte.

Demas kunte nicht anders thun / als dieses beginnen des Tuscus Sicanus rümen: deme nachgehendes der getreue Midaspes auch beifiele. Es beschloße aber dieser unglückseelige liebhaber / sofort nach dem Taurischen gebirge zu dem König von Basan zu reisen / und nicht allein diesem seine vermutung zu entdecken / daß [418] er ihn fůr den von der Königin Aramena geliebten Cimber hielte / sondern auch der warnung sich zu bedienen / daß Syrien ihm und seinen Aborigenern einen krieg drohete / ům in guter verfassung sich finden zu lassen. Demas berichtete inzwischen den Midaspes / was er bei den andren hirten vom riesengeschlechte / sonderlich bei dem richter Reba /ausgerichtet: welches dan da hinaus liefe / daß sie alle bereit wären / die auf dem Taurischen gebirge geschlossene bůndnis zu bef \rdern; zu dem ende der Reba selber eine reise dahin thun wolte / üm von allem rechte abrede zu nemen. Der Javan und Elisa /stellten sich folgends bei dem Tuscus Sicanus auch wieder ein: welche / als sie seinen abreis-entschluß /neben dem bericht / was er diesen morgen gesehen und gehöret hatte / höchst erfreut vernommen / so fort auch schlůßig wurden / Mesopotamien zu verlassen /und mit ihm zu ihrem K \nig wieder zu kehren; und vergassen sie darüber fast ihres eignen leides / als sie nun des großen Marsius glůckseeligkeit hoffen kunten.

Der Demas / so diese beide verkleidete Prinzen zuvor nicht gekennt hatte / entsezte sich nicht wenig /sie hiervon reden zu hören: massen sie nun vor ihm keine heimlichkeit mehr davon machten / wer sie wären. Nachdem sie ihre sachen in Amida zu richtigkeit gebracht / und / nach einer abwesenheit von etlichen stunden / bei dem Demas sich wieder eingefunden / stellten sie diesem verweser ein ansehnliches stuck geldes zu / solches / nach ihrem abreisen / der Almesia einzuliefern / üm dadurch ihr den schaden zu ersetzen / der ihr verursachet wurde / indem also /auser der gewönlichen zeit / diese ihre beide hirtenknechte aus ihrem dienst getreten waren. Gegen den nachmittag / ginge nun nach dem Taurischen gebirge[419] die reise fůr sich / und wuste / auser ihm selber / niemand in des Demas hause / was sie / unter des Jared namen / fůr einen fürnemen gast bewirtet hatten. Er gabe ihnen bis jenseit Samosata das geleite / und wie er sie dem himmel befohlen und nun wieder auf dem růkwege war / sahe er / vor der gartenthür zu Samosata / etliche wagen halten: da es dan schiene / als wan die / so darbei waren / sich mit dem torhůter zweieten. Im nåher-kommen erkante er / daß es die vier frauen der richtere von Amida waren / welche in den garten begehrten eingelassen zu seyn / ům dem spiele mit zuzusehen / das durch den K \nig von Syrien und seine k \nigliche gesellschaft alda solte gehalten werden. Weil der pf \rtner befehl hatte / niemand einzulassen /als hatte er diesen den eingang verwehret: daß dan diese stolze frauen so unwillig machte / das sie sich nicht entsahen / allerhand ungedůltige worte den K \nigen hinein sagen zu lassen. Der vernünftige Demas begütigte sie / so gut er kunte / und sprache ihnen zu / von dannen ümzukehren / ehe sie weiter möchten beschimpfet werden: das sie dan endlich thäten / wiewol mit murren und grossen drohworten.

Die k \nigliche gesellschaft war mitlerweile im garten beisammen / und weil der Husan die anordnung bei diesem spiel ůbernommen / als hatte er die zusehende an das ufer des Flußes Euphrates gefüret / der daselbst am garten herfloße / und eine kleine insel machte / die rund ůmher mit hohen klippen und felsen ůmfangen / der strom aber / zwischen dieser insel und dem ufer / nicht zehen schuhe breit ware. Alda stunde nun der schauplatz / auf welchem sie spielen wolten: denen die andere disseits gemåchlich zu sehen / und /wie wol das wasser zwjschen ihnen / alles eigentlich vernemen kunten. [420] Wie nun die zuschauere sich nieder gelassen / erschallte aus den felsen und klippen der insel eine musik von flöten / so die ungestůmigkeit der see fürbilden solte / und kame indem ein kleiner mohr durch das wasser geschwommen: welcher / auf einem zedel / den inhalt und die namen des spieles und der spielenden / der Königin von Mesopotamien ůberreichte / welche denselben dem Fůrsten Barzes /ihrem hofmeister / gabe / der ihn folgendes lauts der ganzen gesellschaft fůrlase.

Der tugend und laster lohn.

Aramenes / liebhaber der Cölidiane.

Cölidiane / liebste des Aramenes.

Dison / liebhaber der Mehetabeel.

Mehetabeel / liebste des Disons / schwester des Aramenes.

Indaride / schwester des Aramenes.

Adonisedech / liebet die Cölidiane.

Jaelinde / verliebt in den Aramenes.

Delbora / mume des Aramenes.

Eridanus / liebhaber der Delbora.

Mitreus / vatter der Cölidiane / bruder der Delbora.

Husan / vatter des Aramenes.

Tharsis / bedienter der Jaelinde.

Balaat / bedienter des Adonisedech.

Hezrai / bedienter der Jaelinde.

Thare / ein wilder mann der auf der Insul wohnet.

Die geschicht begibt sich
Die geschicht begibt sich / auf einer abgelegnen wůsten insel im meer / unfern von Cypern.

Dieses ist fr \md genug ersonnen / (sagte die K \nigin von Mesopotamien) indem sie ihre eigene namen behalten / und mit denen die rechten verbergen wollen /die sie vorzustellen gedenken: wird also das errahten zwar schwer fallen / iedoch sehr angenem seyn / sonderlich / da es uns so einen guten inhalt verspricht /den die überschrift im munde füret. Die K \nigin Eurilinde von [421] Salem / wolte dieses mit ihrer antwort bekräftigen / als die erscheinung etliche von den spielenden personen sie davon abhielte / die sich auf der insel sehen ließen / und also dem spiele den anfang gaben.


Delbora. Dison.


DELBORA.
Ach du ungetreues meer! ihr so wild' als falsche wellen!
warům thut ihr nun gemach? warum legt sich nun das schwellen?
warüm gehn / in solcher stille / eure silber-fluten her?
darum / weil ihr obgesieget / und an uns nichts findet mehr /
das da euren grimm verdien. Unsre freunde sind verschlungen.
wir / die wir noch ůbrig sind / werden so vom glůck bezwungen /
daß uns bäßer wär / gestorben / als in solchem leben seyn.
hätte doch die abgrund-tieffe uns verdecket / fůr der pein /
die uns nun die erd anthut! Ach! Cölidianen trånen /
Aramenes ungemach / ihrer liebe klåglichs sehnen /
treibet ůber meine wangen bitter-heiße zåren ab:
weil ich fůr sie keine hůlfe / und nur trånen / ůbrig hab.
DISON.
Dieses ist auch meine klag / daß mir alle macht beno en /
meinen freunden dienst zu thun. Wozu ist es mit uns kommen?
hat der hi el sich verschworen / zu befördern unsre noht?
weil ja gegen uns zusammen erd und wasser sich gerott.
Muß dan dieser wůste raum / der von aller welt entlegen /
eben unsre årgste feind hier in seinen klippen hegen /
dahin uns das unglůck triebe? klar gibt dieses zu verstehn:
daß man doch nit / was man thue / dem verhångnus k \nn' entgehn.
DELBORA.
Hat Cölidiane nicht fůr Adonisedechs wůten /
und fůr seiner hinterlist / wissen sonst sich wol zu hůten?
DISON.
Jaelinden gleicher massen Aramenes sonst entrann:
und alhier nun můßen beide ihre quåler treffen an.
DELBORA.
Da die wellen rund ůmher alles fliehen uns verwehren.
DISON.
unser feind / mit aller macht / was ihm lůstet / kan begehrẽ.
DELBORA.
Sih darein / gerechter himmel! und diß keusche liebespaar
aus so harten kummer rette, deine kraft mach offenbar!

[422] Thare. Delbora. Dison.
THARE.
Tåglich find' ich / liebste gäst' / eure wangen voller tränen.
saget mir / was euch gebricht? wohin gehet dieses sehnen?
habt ihr etwan liebe freunde in den wellen hier gemisst?
oder heget diese insel / was euch so entgegen ist.
DELBORA.
Beides quålt uns / was ihr sagt. Ach! wie wir nicht anders wissen /
hat verschlungen dieses meer / freunde / die wir bei uns missen /
uns dagegen unsren feinden in die hånde ůberbracht.
dieses f \rdert unsre trånen. diß ist / was uns traurig macht.
THARE.
Die / so ihr als todt beweint / k \nnen seyn / wie ihr / entronnen.
aber / wer ist hier bei uns / euer feind zu seyn / gesonnen.
DISON.
Alle / die hier üm uns schweben / auser euch / die sind bereit /
unser elend zu vermehren / und zu nehren unser leid.
THARE.
Die das glůck an diesen ort / gleich als euch / hat angetrieben /
sind ja / wie man mich bericht / ganz geneiget / euch zu liebẽ.
DELBORA.
Eben diß macht unser quälen; dieses lieben uns mishagt.
THARE.
Ists auch recht / wan man sein glůcke kan ernehren / daß man klagt?
der Adonisedech schwebt in so hohem ehrenstande /
daß ihn jederman verehrt dort an Lemnos seinem strande.
Jaelinde gleicher maßen mit so hoher schönheit prangt /
daß ja wird in allen landen ihre gegenhuld verlangt.
ihre macht ist groß dabei; was sie wollen / sie vermügen.
hůtet euch fůr ihrem haß / die ihr k \nt mit lieb besiegen.
DELBORA.
Eure sorgfalt / die ihr zeiget / machet eure gunst bekandt:
drum wir billig euch eröffnen / wie es ist mit uns bewandt.
Als Cölidiane war (also heißet unsre sch \ne)
noch in ihrer eltern haus auf der insel Stalimene /
wurde sie von diesem ritter / den ihr iezt so hoch erhebt /
mit vergebner lieb gesuchet / weil ihr der stäts widerstrebt.
dan der Aramenes war / långst vor ihm / in ihren hulden.
das dan dieser frevelsinn nicht vermochte zu erdulden /
darum braucht' er seiner måchte / fůrte meine bas davon.
Aramenes sie erl \ste: dem sie sich dan gab zu lohn
fůr so einen werten dienst. Dieser zweie keusches lieben /
bracht' in Delos ebenfalls Jaelinden ein betrůben /
[423] weil sie Aramenes hasste / gegen dem sie war entbrant;
mit ganz ungemeiner liebe / deme sie ihr vatterland
mit verraht zuschanzen wolt. doch entrann aus ihren stricken
Aramenes / und beschloß / (ach hått' es nur wollẽ glůcken!)
mit uns allen fortzugehen / ůber meer / nach Cypern zu.
Aber dieses meergewůte brachte uns aus aller ruh.
Unser schiff an eine klipp ward geworfen / da wir kamen
voller todes angst hieher / zu euch unsre zuflucht namen.
Da wir kaum dem wilden wůten des erbosten meers entgehn /
lassen sich in dieser insel unsre widersacher sehn:
die uns beiderseits verfolgt; und / durch sturmhier angetrieben /
nun erreicht was sie verlangt. Hier sie halten ihre lieben
nun in ihrer macht und banden / und gedenken durch gewalt
sie zu ihrer lieb zu reitzen. Schauet / diß ist die gestalt
unsers lebens / unsers stands! sind wir dan nicht zu beklagen?
THARE.
Nun es so mit euch bewandt / weiß ich nichts dazu zu sagen.

Adonisedech. Delbora. Dison. Thare.
ADONISEDECH.
Hieher hab ich nun beschieden / meine sch \ne / die mich quålt /
die / fůr ruh und freuden-tage / selbst diß ungemach erwehlt!
Sagt / Delbora! sol noch lang eurer freundin hårte dauren?
felsen zu erweichen sind / ja die zeit bricht dicke mauren:
aber von Cölidianen låst sich solches sagen nicht /
die ist härter als ein demant / den kein stal noch eisen bricht!
DELBORA.
Wahre tugend hat alståts ihren lebenslauf bezieret /
sie keñt keine änderung. Nie wird grosmut abgefůret
von dem wol erwehlten wege. Ihre treu ist felsen-fåst /
die durch euer barbar-wesen niemals sich bewegen läst.
ADONISEDECH.
Daß ich sie bewachen laß / daß ich acht hab auf ihr leben /
dafůr wird mir nun der nam eins barbarn zugegeben.
Solt ich Jaelinde wůten nicht verhůten / wie ich kan?
diese ihren tod begehret: und hierum nem' ich mich an.
[424]
DISON.
Wan ihr wollet euren dienst dieser sch \nen lassen sehen /
so verg \nnet / daß wir gleich ab von dieser insel gehen.
eure macht und manschaft gleichet / Jaelinden ihrẽ heer:
wollet ihr / wir d \rfen fůrchten ihre tolle wut nicht mehr.
ADONISEDECH.
Wan ich wolte / wie ihr wolt / wůrde ich mein glůck verachten /
das mir in die hand gespielt / wornach mein so sehnlichs trachten
viele jahre ist gewesen. Ich hab nun in meiner macht /
die der himmel mir erkoren / die das glůck mir zugebracht.
warüm wolt ihr diesen ort / fliehen / da euch ruh besti et?
Wan nur Aramenes wil / alles leid ein ende nimmet.
wehlet er die Jaelinde / die so viel bei ihm gethan /
und beredt Cölidiane / daß mich die mag nemen an /
so wird ruhe ůberall hier in diesen inseln wohnen /
und die liebe / nach gebůr / unsrer treuen liebe lohnen.
DISON.
Wer den Aramenes kennet / der hab ja die hoffnung nicht /
daß er werd ům Jaelinden brechen seiner treue pflicht.
DELBORA.
Und Cölidiane wird / eh den tod / als euch / erkiesen:
der ihr / da ihr sie geliebt / ihr so schlechte ehr erwiesen.
ADONISEDECH.
Ihr dient nicht / ihr recht zu rahten / und erkennt nicht meine macht.
DISON.
Ich sprech / als es heischt die tugend: laster-weg ist mir veracht.
ADONISEDECH.
Gehet fort / ihr tugendleut! meine sch \ne hier erscheinet.
ich bin / eure gegenwart hier zu dulten / nicht gemeinet.

Delbora / Dison und Thare gehen ab.
Cölidiane kommt / von dem Balaat und Tharsis gefůret.
Adonisedech zum Balaat.
ADONISEDECH.
Sage / wie es dir ergangen? trauet Jaelinde mir /
daß sie låst aus ihren banden / meine sch \ne / meine zier?
BALAAT.
Tharsis ist mit hergesandt / sie nun wieder abzufůren /
wann geendt ist eur gespråch.
THARSIS.
Wie sie sagt / so will sie spüren
hierdurch / ob sie euren worten kůnftig glauben geben kan.
sie erwartt von eurem willen eben das / was sie gethan.
ADONISEDECH.
Was m \cht' ihr verlangen seyn?
THARSIS.
daß sie Aramenes spreche.
ADONISEDECH.
Dieses ist wol ausgedacht / daß sie gleich mit gleichem råche.

[425] Zu Cölidianen.

Dörft' ich doch / o sch \nste! hoffẽ / daß ich eure gegenwart /
die mir iezt der hi el g \nnet / nicht gen \ß auf solche art /
die euch widerwillẽ bringt; daß ihr woltet euch bequemen /
gegen euren treusten knecht eure gůte anzunemen /
die sonst all eur thun begleitet / auser wan ich bei euch bin /
da mein unglůck muß verhårtẽ euren sonst so weichen siñ:
so wolt ich euch stellen fůr / daß von herzen ich beklage
daß in Jaelinden hand sind gerahten eure tage.
diese / die sich sehr beschweret / wie ihr einig habt die schuld /
daß der / den sie håftig liebet / ihr versaget seine huld /
låsst nun alle ihre wut ůber euch / o sch \nste! schießen;
ja sie drohet / daß ihr solt euer leben bald beschließen /
wan daß ihr nicht bald verlasset diesen / den sie ihr erkiest.
Weil dan nun / aus diesen dingen / all mein weh und wol herfliest /
und ich Jaelinden kan in die länge nicht so zwingen /
da hier unsre stårke gleich: fůrcht' ich endlich ihr volbringẽ.
Långert doch / Cölidiane! euren sch \nen lebens-lauf.
dieses k \nt ihr leichtlich schaffen: nemet mich zum diener auf.
CÖLIDIANE.
War es diß / was ihr gewolt? habt ihr mir sonst nichts zu sagen?
ADONISEDECH.
Es geschiht aus treuer lieb / was ich euch iezt fůrgetragen.
CÖLIDIANE.
Eure sorgfalt ist zu preisen / die nur eigennutz erregt.
ADONISEDECH.
Billig wird mein h \chst-vergnůgen eurem lebẽ beigelegt.
CÖLIDIANE.
Solt mein leben seyn fůr euch / wehl' ich tausendmal das sterben.
ADONISEDECH.
Eber sterb ich tausendmal / eh ich zulaß eur verderben.
CÖLIDIANE.
Sterbet / wan es euch beliebet: nur last mir den willẽ frei.
ADONISEDECH.
Wolt ihr leben / müst ihr g \nnen / daß nur ich der eure sei.
CÖLIDIANE.
Ni ermehr bringt ihr zu weg / daß ich meine treu verletze /
die ich / wegen todes-furcht / von der tugend nie aussetze.
kan ich nicht fůr Aramenes leben / ei so sterb' ich sein:
solten alle unglůckswinde darum zu mir stůrmen ein.
Alles leid / so ich erdult ům des Aramenes willen /
halt ich fůr kein ungemach; es kan meinẽ wunsch erfůllen.
ja die hande / die mich fåsseln / sind die zeichen meiner lieb:
die den sieg mir můßen lassen / daß ich nie gewonnen gib.
ADONISEDECH.
Wisset ihr / was ihr begint? ihr den Aramenes t \dtet /
kein heil fůr ihn ůbrig ist. Und es wird mir abgen \tet /
[426] daß ich hier muß frei gestehẽr wan daß ihr mich nemet an /
dieses nur / allein diß mittel / ihn vom tod erretten kan.
CÖLIDIANE.
Ach tyrañ! wie droht man mir! diß wird Jaelinde wehrẽ.
ADONISEDECH.
Jaelinde ist zu schwach / meine rache abzukehren.
CÖLIDIANE.
Allerwertster Aramenes! ach! so droht man dir den tod!
ADONISEDECH.
Es sol nicht beim dreuen bleiben: gleich ergehet diß gebot.
Balaat! daß man so fort ...
CÖLIDIANE.
haltet ein / lasst eur gewůte
ůber mich allein ergehn.
ADONISEDECH.
Bei euch steht / was mich begůte.
CÖLIDIANE.
Was begehrt ihr / fůr sein leben?
ADONISEDECH.
daß ihr meine lieb erkennt.
CÖLIDIANE.
Daß ich Aramenes lasse?
ADONISEDECH.
daß ihr mich den euren nennt.
CÖLIDIANE.
Ach mehr als zu bittre wahl! g \nnet mir / daß ich ihn spreche.
ADONISEDECH.
Schaut / was eur befehl vermag! selbst ich mein vergnůgen schwåche.
es sei / schönste! euch erlaubet. Aber brauchet diese zeit /
als die lezte / die euch ůbrig / daß er werd vom tod befreit.
Balaat! verschaffe gleich / daß sich Aramenes finde /
hier an diesem ort und platz / wan er komt von Jaelinde.
sch \nste! hier ihr k \nnet warten / ůberlegt wol euer thun.
Tharsis! was ich hier beginne / driñ wird unser heil beruhn.

Hiemit ginge Adonisedech hinweg / und wurde Cölidiane von dem Tharsis / auf die andere seite in die felsen abgefüret / und darauf die vorige musik mit flöten gar beweglich wiederholet. Alle zuschauere spareten ihr urteil hierüber / bis sie ein mehrers von dieser geschicht würden vernommen haben. Sie gaben demnach / mit großer begierde / ferner acht auf den erfolg / da der König Aramenes von Syrien / mit ketten gebunden / von dem Balaat herfür gefůret wurde / und zugleich die K \nigin Cölidiane auf der andern seite neben dem Tharsis sich sehen ließe.


Aramenes. Cölidiane. Balaat. Tharsis.


CÖLIDIANE.
Aramenes! seh' ich euch meinet wegen nun in ketten?
eure hånde / die gewohnt / mich so \fters zu erretten /
[427] werden die mit spott beleget; Unerh \rte tyger-wut!
Ach! wie k \mt es / daß ihr toben nicht auf mich nur seine brut
sendet / die ich auch allein unsre feinde so betrübe?
Ach! wie ist es můglich doch / daß euch Jaelinde liebe /
da sie dieses låst geschehen? warum wird doch ihre macht /
die ihr hier der himmel g \nnet / båßer nicht zu stand gebracht?
ARAMENES.
Solte mir es båßer wol / als Cölidianen / gehen?
Allerliebste! muß ich nicht euch in gleichen banden sehen?
Ach Adonisedech! denke / daß der himmel råchen muß /
daß du diese unschuld setzest so in leiden und verdrus.
Liebest du / so liebe recht / und erl \se deine sch \ne.
CÖLIDIANE.
Haltet ein! daß solche klag ferner unsre lieb nicht h \ne.
Wie? und nennt ihr mich die seine? bin ich dan die eure nicht?
ARAMENES.
Jaelinden tolles wůten drohet eurem lebenslicht.
Ich kom von dem tyger her / konte noch mit můh verwehren /
einen augenblick / den schluß / ihren lezten grimm zu kehren
wider euch / ô meine sch \ne! sie wil / daß ihr sterben solt /
wan ihr nicht Adonisedech eure hand hinreichen wolt.
CÖLIDIANE.
Sagt vielmehr: wo ihr nicht selbst wollet Jaelinde lieben!
ARAMENES.
Eines aus dem andren folgt!
CÖLIDIANE.
Wollet ihr dan diß verůben /
und mich so vom tod erretten? sagt / erklåret euren sinn!
ARAMENES.
Da es / sch \nste! gilt eur leben / ich zu allem willig bin.
CÖLIDIANE.
Zieht ihr Jaelinde für / daß ihr sie die eure nennet?
ARAMENES.
Nichtes / als der herbe tod / mich von eurer liebe trennet.
Aber / daß Adonisedech – –
CÖLIDIANE.
Haltet ein! ihr t \det mich.
ARAMENES.
Auser diesem / ist kein mittel: der verwehrt den todes-stich /
den euch Jaelinde droht. Ich erschrick / es aus zu sagen:
dieser tag ist schon ersehn!
CÖLIDIANE.
all mein leiden zu verjagẽ.
ARAMENES.
K \nt ihr euren tod verlangen / da euch meine lieb bekant?
CÖLIDIANE.
Könt' ihr mir zum leben rahten / wan ich eur nicht bin ernant?
ARAMENES.
Ach! das wår zu viel gesagt / meinet wegen zu verderben.
CÖLIDIANE.
Euertwegen leb' ich nur: euertwegen wil ich sterben.
BALAAT.
Wisst ihr meines herren willen / warům ihr beisa en seit /
und wie der / euch zu bedenken / euch gegeben wenig zeit?
[428]
CÖLIDIANE.
Ich erschrick / wan ich bedenk / was mir der tyrañ gesaget.
ARAMENES.
Ich kan sagen / was es sei / hab ich euch schon nit befraget.
CÖLIDIANE.
Ihr wisst meine treue liebe / und daß mir die ganze welt /
sonder meinen Aramenes / nicht behaget noch gefållt.
Alles / was ich wirken kan / dieses teuren lebens wegen /
das der welt so edel ist / wil ich ja mit fleis anlegen.
Drum ich g \nn' / ob gleich mit schmerzen / daß ihr Jaelinde liebt:
weil man mir von eurem leben / sonder diß / nicht hoffnung gibt.
Gute nacht! vergesset mein / und in Cypern glůcklich lebet.
Also man dem himmel-schluß / der diß wil / nicht widerstrebet.
Tharsis! darf ich Jaelinden / auf ein wort nur / sprechen zu?
es wird / was ich hab zu sagen / måchtig f \rdern ihre ruh.
ARAMENES.
Wan ihr so mein leben nehrt / werdet ihr mich tåglich t \dten.
CÖLIDIANE.
Warům solt ich leben noch / wan ich můst dabei err \ten?
ist der tod nicht viel vergnůgter / der die tugend in mir låst?
k \nt ihr nicht der meine bleiben / bin ich euer doch gewest.
THARSIS.
Jaelinde kommet selbst: die kan diesen streit entscheiden.

Jaelinde kommet / mit vielen soldaten.
JAELINDE.
Ich hab eur gespråch geh \rt. solt ich solchen hon wol leiden?
solt ich / da mir gibt der hi el volle macht in meine hand /
meine feindin lassen leben? Einmal ist mein gri entbrañt
und erheischt von beiden rach: die soll ungeseumt ergehen.
Undankbarer! deine lieb solst du hier geschlachtet sehen /
als ein opfer das mich labet. Weil ich dich nicht t \den kan /
wil ich / daß du fůlest straffe / tasten dir dein liebstes an.
CÖLIDIANE.
Dieses ist der rechte weg / dein und meine ruh zu schaffen.
ARAMENES.
Låssest walten du die wut / sol dich meine hand selbst straffẽ.
ja ich schw \re: du wirst fristen mir das leben / dir zum tod.
Mich / mich opfre deiner rache: so errettstu dich aus noht.
CÖLIDIANE.
Wende nicht von mir den grimm: ich bin ursach deines schmerzens /
und daß Aramenes sich zeiget so verhårten herzens.
Bin nur ich hinweg geraumet / wird sich keine schwerigkeit /
mehr bei deiner liebe findẽ. Mein tod / t \dten soll dein leid.
ARAMENES.
Liebstes herz! was reitzet euch / so in euren tod zu rennen?
CÖLIDIANE.
Daß ich meine treuste lieb euch m \g geben zu erkennen.
[429] ich trag sorg für euer leben.
ARAMENES.
Mir steht dieses sorgen zu.
und / daß ich an euch mich råche / so vernemet / was ich thu.
Jaelinde! sih auf mich: ich wil mich dazu bequemen /
(schone dieser sch \nen nur) dich zum ehgemal zu nemen.
CÖLIDIANE.
O verråter! wilst du also lohnen meiner liebes treu?
ARAMENES.
Was ihr selber iezt begehret / deme fall ich auch mit bei.
JAELINDE.
Wie ich sih / man spottet mein. nein! ich muß zum handel schreiten.
Hier! greift meine feindin an. was ihr thun wolt / thut bei zeiten.

Adonisedech kommet mit einer schar soldaten gelaufen: zucket das schwerd ůber den Aramenes.
ADONISEDECH.
Haltet ein / O Jaelinde! oder Aramenes muß
also fort sein leben lassen.
JAELINDE.
welche marter? was verdrus!

Cölidiane zu Adonisedech.
CÖLIDIANE.
Halt / Adonisedech / halt! wilst du meine huld gewinnen /
t \d ja diesen helden nicht.
ARAMENES.
ach! was sol doch diß beginnen?

Adonisedech zu Cölidianen.
ADONISEDECH.
Hört ihr müsset euch verstehen beiderseits zu unsrer lieb.
Du / die hand gib Jaelinden! und ihr folget dan dem trieb /
den euch die vernunft gelehrt / sch \nste! mich hier zu erwehlen.
Also wird / im augenblick / eingestellt seyn alles quålen /
daß wir ietzo såmtlich fůlen. Wozu dienet der verzug?
reut euch daß / was ihr gesaget? habt ihr deß nicht gnugsam fug?

Jaelinde zum Aramenes.
JAELINDE.
Undankbarer! nim mich an!
ADONISEDECH.
Hartes herz! laß dich erweichen.

Zu Cölidianen.
Jaelinde zu Aramenes.
JAELINDE.
Schaue / wen ich tödten kan.
ADONISEDECH.
Soll er dan sein ziel erreichen;

Zu Cölidianen.
Cölidiane zum Aramenes.
CÖLIDIANE.
Was seit ihr zu thun gewillet? hie muß sein ein fäster schluß.
Last ihr unsrem feind mich ůber / weiß ich / was ich wehlen muß.
[430]
ARAMENES.
Ich wil sterben / weil ich kan meine treu nicht båßer zeigen:
hoff' / Adonisedech werd die gefahr schon von euch neigen.
CÖLIDIANE.
Dieses trau ich gleicher massen Jaelinden liebe zu /
und verlang mit euch zu sterben / zu bef \rdern unsre ruh.

Jaelinde zu Adonisedech.
JAELINDE.
Die gedult verliert den platz. ich muß meine rache ůben.
thut / was ihr mich sehet thun / und verbannet alles lieben.

Adonisedech hålt sie.
ADONISEDECH.
Last noch diesen tag verstreichen: wer weis / sie bedenken sich?

Jaelinde zum Aramenes.
JAELINDE.
Wol! es sei! ům deinet willen / undankbarer! geb ich mich.

Adonisedech zu Balaat.
ADONISEDECH.
Laß den Aramenes gleich wol verwahrt zum kerker fůren.

Jaelinde zum Tharsis.
JAELINDE.
Tharsis! gib auf diese acht / und laß deine treue spüren.
THARSIS.
Niemals solt ihr anders h \ren.
BALAAT.
Euch auf meine hut verlasst.

zum Adonisedech.
Jaelinde zum Tharsis.
JAELINDE.
Denke / daß in deinen hånden du mein ganzes glücke hast.

Die beiden werden abgefüret.
Adonisedech allein.

Was hilft mir meine macht / die mir das glück gegeben?
kan ich darům vergnůgter leben /
daß ich den gr \sten schatz bewahr?
Gleich wie ein l \ue sizt im käfich / und doch brůllet:
also beherrsch' ich mit gefahr
die / die mich selbst beherscht / und nie mein leben stillet.
Ist gleich mein glůck so gros / als ich es mag verlangen:
weiß ich doch nicht damit zu prangen.
ich bin nicht herr von diesem gut.
Die ich so lange zeit gesucht / hab ich in handen /
iedoch nicht ihren l \uen-muht /
der meine wut verlacht / verspottet mich in banden.
An stat der sůßen ruh / schåtz ich mich dan verlassen:
weil ich / fůr lieben / hab ihr hassen /
und selbst muß dessen zeuge seyn /
wie man ehrt meinen feind. Was hab' ich dan erjaget?
nichts / als was mehrt des herzens pein.
das / was mir bringt den tod / mir ståts wird fůrgesaget.
[431] Sol ich dan wol die rach / sol ich die wut erkiesen /
nun mir wird solcher hon gewiesen /
und nichtes mir zu hoffen bleibt?
Ja / ja die tolle lieb / die will / im sterben / t \dten.
selbst sterbend / sie zugleich aufreibt
die ursach / die sie bracht in solche kummmer n \ten.

Hiemit verlore sich Adonisedech in die klippen /und ward wieder die vorige musik angestimmet: nach deren endigung / sich auf dem schauplatze sehen ließen


Jaelinde. Hezrai. Tharsis.


JAELINDE.
Ach! was ungeneme post! hat das unglůck dan beschlossen /
v \llig ůber mich zu gehn / eh ich meiner lieb genossen?
doch / was lieb! ich wolte sagen: eh' ich meine rach vollendt /
eh mit meiner feinde leben / meines sich von mir gewendt?
Sprich / Hezrai! ist es wahr / hast die schiffe du verno en /
die / zu meiner feinde hůlf / in die insel hier gekommen?
HEZRAI.
Eridanus und Mitreus / auch der Husan / kommen an:
diese hab ich selbst gesehen / dieses ich bezeugen kan.
JAELINDE.
Weist du nicht / ob ihnen kund / wie es steht mit ihren freunden?
HEZRAI.
Sie beweinen sie / als todt: dieses h \rt' ich von den feindẽ /
die ich in dem boot ereilte / das den andern folgen solt /
und die alles mir entdecket / was ihr ietzund wissen wolt.
JAELINDE.
Eile dan mit deiner rach / lasse das erbarmen schwinden /
zeige aller welt den muht / der sich findt' in Jaelinden.
Einmal nur hat sie bezwungẽ die verblendte liebes-kraft:
doppelt muß sie sich nicht sehen in verachtung und in haft.
Tharsis! reiche mir dein schwerd; eile zu Cölidianen /
sag Adonisedechs wacht / daß ich wolle sie ermahnen /
ihren herren anzunemen. Zeig mir diese lezte treu.
schaffe auch / daß Aramenes mit alhier zugegen sei.

Tharsis gehet ab.
HEZRAI.
Des Adonisedechs volk / wie ich h \re / sie bewachet.
JAELINDE.
Wisse / daß ein solcher schluß wurde unter uns gemachet.
Als das glůck uns / in die hände / beide bulen brachte zu /
wehlte ich den Aramenes / zu erhaltung meiner ruh /
weil ihm sein mitbuler droht' / ihm das lebẽ nicht zu lassẽ.
Weil Cölidiane auch sicher nicht für meinem hassen /
[432] name sie Adonisedech. Doch gab Tharsis auf sie acht /
gleich wie Balaat auf jenen: daß an keinẽ wird volbracht
was oft wut und liebe rått. So hat man bisher gelebet.
Nun sol doch mein gri ergehn / wornach ich so lang gestrebet.
kan ich nur Cölidianen von der erde tilgen hin /
alsdan geh es / wie es gehet; alsdan ich gerochen bin.

Adonisedech kommet gelauffen.
ADONISEDECH.
Jaelinde! wisset ihr? unser glück hat uns verlassen /
und die feinde hergeführt diese unbekante strassen /
gleich ietzund sie hier anlånden. Was raht! was beginnen wir?
JAELINDE.
Da die noht so groß erscheinet / heische man nicht raht von mir.
ADONISEDECH.
Was sol diß entbl \ste schwerd?
JAELINDE.
Mich gefangen nicht zu geben.
folget meinem beispiel nach / und verteidigt euer leben.

Indem ließe sich auf einem schiffe sehen / der Eridanus und Mitreus / die Indaride und Mehetabeel / der Husan / und viele soldaten / die an das land stiegen. Zu gleicher zeit kame auf der andren seite die Cölidiane herfůr / von dem Tharsis gefůret / wie auch der Aramenes / mit ketten gebunden.


ADONISEDECH.
Trieget ihr mich / meine augẽ? was erblick ich auf einmal?

Jaelinde lauft auf die Cölidiane zu.
JAELINDE.
Also trenne deine liebe / und dein leben / dieses stahl.

Adonisedech springt dazwischen / entfähet den stos /und fället nieder.
ADONISEDECH.
Haltet ein! Ich bin verwundt! ach! ich sterbe / ich vergehe!

Indem der Adonisedech hiermit niederfiele / und aus einer blase voll blut / die er unter den kleidern verborgen gehabt / das blut hervor springen ließe /entsezte sich die Königin von Tyro / die Orosmada /darůber / daß sie ůberlaut anhube zu schreien: wornach sie doch sofort sich wieder begriffe / und diese ihre vergebliche furcht mit siner schamröte entschüldigte. Aber dieses stiege / so sehr [433] als das vorhergehende / dem K \nig Tiribaces / der ohne das schon eifersüchtig war / zu kopfe / und vermehrte seine unruhe. Dennoch zwunge er sich / und sahe dem spiel ferner mit zu / da Mitreus zu der Cölidiane / Indaride aber zu dem Aramenes lieffen / und dieselbe ümarmeten.


MITREUS.
Liebste tochter! find' ich dich?
CÖLIDIANE.
Seh' ich auch / was ich hier sehe?
INDARIDE.
Ach! mein bruder! hat der hi el / eur leben noch gefrist?
ARAMENES.
Ist es můglich / was ich schaue / daß es nicht ein träumẽ ist?

Delbora und Dison kommen dazu.
ERID.
Ach Delbora! lebt ihr noch? nun muß ich den hi el preisẽ /
der / wan alles hoffen aus / dennoch rettung kan erweisen.
DELBORA.
Eridanus! eure hůlfe / stellt zu rechter zeit sich ein.
MEHET.
Ach mein Dison!
DISON.
glůklichs kehren / nach dem langen unglůcks-schein!
Nun erweiset das geschick / daß / so ungerecht es scheinet /
es doch endlich leg zu tag / wie sei alles wol gemeinet.
JAELINDE.
Schauet / ich bin Jaelinde! ihr / die ihr zugegen seit
lernt an mir des glůckes wechsel / wie sich wenden freud und leid.
wenig stunden sind dahin / da ich mich verm \gend sahe /
dorfte schalten / wie ich wolt / wuste nicht / daß mir so nahe
diese glůcks-verkehr iezt wäre. Ich gebrauchte meiner macht /
die zu mir den Aramenes und Cölidiane bracht.
Meine liebe ist bekant / und wie man mich hat verschmåhet /
neben diesem / den ihr hier schon erkaltet ligen sehet.
Mich bewegte meine rache / meiner feindin durch den tod
darzuthun / daß sie alleine wår die ursach meiner noht.
Aramenes! deinen haß dir recht bitter einzutränken /
wolte ich der andren welt die Cölidiane schenken.
Aber schau: an ihrer stelle / hab ich deinen feind erlegt /
und so selber widerwillens / ein vergnůgen dir erregt.
daß nun das volko en sei / will ich auch mit eignen håndẽ /
daß du habest ruh fůr mir / meine matte seel fortsenden.
doch sol die dich ståts begleitẽ / dir den undank růcken fůr /
daß du meine lieb verschmåhet / mir versperrt die lebens-thůr.

[434] Hiemit stache sie ihr den degen in die brust / und fiele bei dem Adonisedech nieder.
ARAMENES.
Ach verwundersamer fall! der des himmels rache zeiget
ůber die / die unrecht thun. So wird die gewalt gebeuget /
die aus frevelmut entstehet. So gewinnet die gedult /
und darf letzlich sich berümen / daß sie hab der tugend huld.
DELBORA.
Diese rache / die wir sehn / macht uns sůße alles leiden:
weil die rettung / daurt es lang / endlich doch erscheint mit freuden.
HUS.
Last uns dan nach Cypern kehren! Diese insel zeug davon /
daß wir hier mit angesehẽ / tugend und der laster lohn.

Die Königin von Mesopotamien kunte kaum so lang verziehen / bis Husan diese lezte reimen gesaget / da gabe sie sowol den zusehern / als den spielenden zu erkennen / wie sie diese geschicht errahten hätte /hinzu fügend / es wåre ihr noch viel zu gegenwårtig /wie Dalimire den Bileam und sich selbst erstochen /als daß sie selbiger klåglichen begebnis sich hiebei nicht erinnern solte. Alle die andern fielen dieser meinung der schönen Königin bei / und wie die spielende es gestanden / daß es errahten wäre / fůreten sie / auf kleinen nachen / die ganze gesellschaft hinüber zu sich in diese felsichte insel: da der K \nig von Syrien /in einer angenemen grotte / ein herrliches abendessen fůr diese k \nigliche gesellschaft zubereiten lassen. Ihrer keines bliebe zurück / als nur der einige König von Tyro: welcher / ehe man dessen sich versehen konte / von den andren hinweg und nach Eoessa sich verstahle. Niemand / als seine gemalin und seine schwester / vermuteten die eigentliche ursache dieser absonderung: wiewol solche dem Printzen Adonisedech auch nicht allerdings unbekant ware. Weil nun keine sondere nachfrage nach ihm geschahe / als bliebe die ganze gesellschaft frölich beisammen / bis in die spate nacht / von diesen spiel sprachende.

[435] Ob wol die Prinzessin Jaelinde ihre person sehr wol fürgestellet / so wolten sie sie doch einer sache halber nicht loben / nämlich daß sie / bei ihrer fürstellenden bosheit gar zu gůtig ausgesehen hatte: wie dan solches auch an dem Prinzen / ihrem gemal / getadelt wurde / daß er viel zu ehrlich für den Bileam ausgesehen; welches die Königin Orosmada nicht bekråftigen dorfte / ob gleich ihr eifersüchtiger gemal nicht mehr zugegen war. Man scherzte nun auch gnugsam / über dieser K \nigin bezeigtem entsetzen / als der Prinz von Salem war zur erde gefallen. Die Königin Eurilinde / seine fraumutter / sagte: Es würde ihr fast eben also ergangen seyn / wann sie nicht an dieser ihrer pflegtochter eine fürgängerin gehabt / an der sie sich gespiegelt / und daher sich begriffen hätte. Der König von Meden růmete niemand mehr / als die Delbora /daß sie die Andagone sehr wol fůrgestellet: welches den K \nige Eridanus / der nicht vergnügter als Tiribaces war / ob er ihm gleich mehr zwang anthäte / je mehr und mehr in seiner eifersucht stårkte. Die tugendhafte Delbora hatte bereits vorigen tags diese krankheit ihm angemerket; daher sie / ihn auf andere gedanken zu bringen / zu dem Nebajoth sagte: daß er / wan er etliche tage eher angekommen wäre / sich und die Königin Hermione selber würde haben spielen gesehen.

Wan die begebnis / (antwortete Nebajoth / nicht sonder err \ten) die ich ehmals am Trierischen hofe mit dieser schönen Königin gehabt / alhier ist fůrgestellet worden / so bin ich fro / daß ich nicht zum andernmal dabei hab müßen gegenwärtig seyn / da ich so unbarmherzig abgewiesen worden / und dem Cimber weichen müßen. Dieses war es nicht / (sagte Delbora) sondern man hat hier den krieg des Königs von Meden / mit den K \nig [436] von Babel / wobei die tugendhafte K \nigin Hercinde so großen anteil gehabt / gespielet: und ob gleich die K \nigin Hermione dabei nicht zu gegen gewesen / so hat doch der K \nigin von Mesopotamien gefallen / deren person anzunemen /und sie aufzufüren / wie sie sich wůrde gebärdet haben / wan sie bei der vorgewesenen hinrichtung des Nebajoth wäre gegenwårtig gewesen. So muß ich /(antwortete Nebajoth / zugleich die sch \ne Aramena ansehend) von E. Maj. vernemen / wie sie den sinn und das gemůte der K \nigin von Kitim befunden /und ob sie dieselbe freudig oder mitleidend ůber meinen zustand fürgestellet. So verliebt (versezte die K \nigin Aramena) ist sie aufgetretten / als es der König von Meden verlangen künte / und als ich weiß / daß er es würdig / und die sch \ne Hermione befugt ist / ihme zu begegnen. Hermione wurde / ůber diese reden der K \nigin von Mesopotamien / ganz beschåmet: doch gabe sie dem Nebajoth zu erkennen / daß man von ihr nicht unrecht geurteilet. Dieses brachte dem neu-verliebten König große vergnůgung / zumal weil er nun gänzlich sich ihrer sch \nheit ergeben /und also beydes den befehl der Delbora / und dem willen seiner eltern nachzuleben bei sich beschlossen hatte.

Wiewol nun / aus diesem freien fůrbringen / so die Delbora gethan / der Eridanus abnemen sollen / daß sie an dem auf sie geworfenen verdacht unschüldig wåre / so bliebe er doch in seinem wahne: welchen er damit stårkte / daß man ihm verlaugnet / wie vorigen tags der Nebajoth bei seiner gemalin gewesen / da er doch das gegenspiel aus der Hermione geheimen reden / wie er es auslegte / vernommen hatte. Sein stilles wesen / das ihme sonst eben nicht gewönlich war / ärgerte bald die ganze gesellschaft und sagte die scherzhafte [437] Timna / die bei der Mehetabeel saße / zu derselbigen: wie daß vielleicht der König von Cus und sie deshalben so wenig spracheten / weil sie in dem spiel sich so můde geredet und zusehr abgemattet hätten. Dieses verursachte ein allgemeines lachen / da die Prinzessin von Ophir / weil sie sich hiemit auch getroffen sahe / solches für die andre mit zu verantworten / sagte: Uns gebüret billig zu schweigen / da man / bei diesem spiel / uns zu mehreren reden ungeschickt befunden; weßwegen wir dan billig den verfaßer dieses geschichtspieles anklagen můssen / daß der / durch seine verdrossenheit / uns nun in solchen verdacht bringet / als wan wir nichtes mehr / als was wir fůrgebracht / håtten k \nnen auswendig lernen.

Ich würde mich müssen schüldig erkennen / (antwortete der K \nig von Ninive / als welcher den aufsatz dieses spieles gemachet) wann mir hätte beifallen wollen / wovon die Prinzessin Indaride / in fůrstellung der Königin von Mesopotamien / reden können: weil aber dieselbe keinen liebhaber dabei hatte /maßen der Tuscus Sicanus nicht mit zugegen gewesen / als muste ich meine schöne Prinzessin stu bleiben laßen. Dieses ist ůbel verantwortet! (sagte die K \nigin / seine gemalin) es redte ja die Mehetabeel / die meine person fürgestellet / noch weniger / als die Prinzessin von Ophir / ob gleich ihr liebhaber mit zu gegen war / und bestunde alle ihre freude / als sie denselben wieder lebendig sahe / allein darinn / daß sie diese wenig worte / Ach mein Dison! herfür brachte. Ich wolte meine liebste Aramena / (verteidigte sich Dison) nicht eiversüchtig machen / darum habe ich mein gespråch mit der Mehetabeel so schleunig abgebrochen. Mit dieser angenemen verantwortung ihres Disons / bliebe die schöne Königin von Ninive mehr als wol zufrieden. Unter solchen und dergleichen [438] gesprächen brache die nacht zimlich herein / als daß sie auf die heimkehr gedenken musten. Die ganze k \nigliche versamlung begleitete die Königin von Mesopotamien in das schloß / alda die jenigen / so nach Edessa und Amida musten / ihren abschied namen: nachdem sie versprochen / sich den andern tag wieder einzustellen / und dem lezten geschichtspiel zuzusehen /welches die von der dritten gesellschaft fürstellen wolten.

Die unruhige Orosmada / sezte sich bei ihres herrn schwester / der Königin Lantine / mit ein / und fuhre also mit ihr nach Edessa: da ihr dan / ie näher sie der stadt kame / ein herzschlagen zustieße. Sie eilete /nicht sonder furcht / nach ihrem hause / da der Ledor /ihr alter hofmeister / sobald sie in ihr zimmer getreten / ihr von ihres herrn wegen ankůndigte: Sie m \chte diese nacht in ihrer kammer verbleiben / weil er beliebet / allein zu schlaffen. Dieser befehl / desgleichen sie nicht gewonet war / důnkte sie ganz unerträglich /und hielte sie dafůr / sie würde im gehorsam mehr sündigen / als wan sie solches gebot überschritte. Daher wagte sie es / und ginge / nachdem sie sich abgekleidet / zu dem Tiribaces in die kammer / und legte sich ganz leise zu ihm in das bette / vermeinend / daß er schlieffe. Es konte aber diesem unruhigen König so gut nicht werden / ob er gleich / als er seine gemalin ankommen sahe / sich also stellte. Weil ihre unruhe der seinigen gliche / als verharrte sie / gleich ihme /im ståten wachen: da dan ihre vielfältige seufzer / die ihm ihre unschuld darthun sollen / hernach seiner einbildung vorkamen / als wan sie nach ihrem geliebten Adonias abgingen. Gleich wie er sie håftig liebte /also waren auch alle wirkungen der liebe / unter welche auch die eifersucht gehöret / bei ihme ůbermåssig / und wuste er sich so wenig zu zwingen / nun er einmal seiner [439] einbildung glauben beigeleget / daß er aus diesen irrungen sich nicht wieder heraus wicklen können.

Weil Orosmada ihn belaurete / als kunte er sich so wol nicht zwingen / daß er nicht zu zeiten geseufzet hätte / daß ihr dan sein wachen anzeigte: daher sie es wagte / wie es schon zu tagen anfinge / und ihn ganz beweglich fragte / was doch sein anligen wäre? Anfånglich schwige er hierzu stille; wie sie aber etliche mal dieses fragen wiederholte / sagte er endlich: Ihm läge nichtes an / das sie nicht bässer als er wüste /und es thue ihm leid daß er sie můste beunruhigen /weswegen er auch ihr bedeuten lassen / in ihrer kammer zu bleiben / damit sie ihre ruhe desto bequemer haben k \nte. Diese fr \mde reden krånkten die unschůldige Orosmada bis in die seele / und als sie /sich zu entschüldigen / ihr angefangenes gespräche fortsetzen wolte / stunde er gehling von ihr auf / und sagte: sie hätte der ruhe von n \ten / darüm wolte er sie allein lassen. Damit eilete er so geschwind von ihr hinaus / daß sie ihm nichtes dawider sagen kunte. Mitlerweile sie nun ganz in trånen sich netzete / ließe er sich geschwind ankleiden / und begabe sich zu pferde: da er / allein von dem Borgias und seinem waffenträger begleitet / feld ein ritte / und / sonder sein wissen / des weges / der nach Sarug ginge / forteilete.

Borgias / der vermeinte / sein herr wůrde daselbst etwas sonderliches zu thun haben / ware allein bemůht / ihme auf dem fus nachzufolgen. Er verwunderte sich nicht wenig / als er sahe / daß sein herr / nahe vor dem thor der stadt / stutzete / sein pferd ůmwandte / und wieder růckwarts gedachte. Seine freiheit / da er von jugend auf den Tiribaces erzogen / erlaubte ihm / zu fragen / wohin dan die reise gehen solte? Der König von Tyro gabe ihm zur antwort: Er wisse es selber nicht / [440] und sei allein / sich zu erfrischen / ausgeritten. Die betrübnis / so bei diesen worten herfůr schiene / neben seiner häftigkeit / die sich in allem seinem thun sehen ließe / machte den vernünftigen Borgias schließen / daß hierunter müste etwas anders verborgen ligen. Er hielte demnach an / ům dieses aus seinem K \nig zu erfragen: der aber / sich entsehend /ihme zu bekennen / daß er eifersüchtig wåre / sein wahres anligen verschwiege / und immer gemach fortreitend / endlich an den berg Masius gelangte. Die einsamkeit desselbigen ortes schickte sich so wol zu seinem zustande / daß er alda abzusteigen / und etwas zu verharren beschlosse. Wie er demnach in das dicke gebůsche sich hinein begeben / und an einer springquelle sich nieder gelassen / die aus den klippen daselbst herfür rieselte / finge er an / alles auf das widerlichste ihm für zubilden / was ihm seine eifersucht /ihn unglückseelig zu machen / in die gedanken brachte. Was hilft es dir / armseliger Tiribaces! (redte er sich selber an) daß du die sch \ne Orosmada besitzest / da ein ander ihre liebe genießet? wårest du nicht viel seeliger zu preisen / wan du sie weniger kenntest /und noch die vorige einbildung von ihrer strengen erbarkeit håttest? Ach Orosmada! wo bleibet eure tugend? könte ich diese noch behaupten / so wolte ich mich in meinen leiden getrost erweisen / und nur allein mein unglück beklagen: nun aber muß ich / neben meinem elend / eure eigene schande beweinen. Warüm habt ihr mir die eheliche hand gegeben / wan ihr euch nicht entschließen können / forthin des Adonias zu vergessen? Wåre es nicht båßer gewesen / daß ihr mich / in meinem ansuchen / vor euren füßen hättet sterben lassen / als daß ihr euch mir mit so falscher art zugeeignet? zum wenigsten wäre ich alsdan mit der vergnůgung abgeschieden / daß [441] ich in der Orosmada person die vollkommenste tugend geliebet / da ich nun / dieselbe besitzend / an deren so einen großen mangel erleben muß?

Hierauf verwehrten ihm die viele seufzer / diese einsame unterredung fortzusetzen / und kamen eben auch etliche reisende hirten dazu / die ihn hierin verstörten. Diese / so des Königs von Tyro an diesem orte sich nicht versehen / begaben sich hieher / weil es mittag war / in den schatten / und langten die kalte kůche aus ihren taschen herfůr / malzeit zu halten. Ob nun gleich selbige in wenigem bestunde / so bekame doch der abgemattete Tiribaces einen lust / sich bei ihnen zu gaste zu bitten: das dan diese gutherzige leute gern geschehen ließen. Unter dem essen erzehleten sie ihme / wie sie nach dem tempel des Teraphim zu reisen gedåchten / ům die gottheit daselbst ůber eine sache zu befragen / die sie sämtlich gleich nahe anginge. Kan dan die gottheit daselbst (fragte der König /) alles entscheiden / und alle zweifelhafte sachen erklären? Ihr můsset (sagte einer von ihnen / der sich Athamias nennte) kein einheimischer seyn / weil ihr diese frage fürbringet: dan in Mesopotamien wird niemand sich finden / deme nicht die ungemeine kraft des großen Teraphim bekandt seyn solte. Diese antwort gabe dem verliebten Tiribaces anlas / darauf zu sinnen und zu gedenken / wie er die schuld oder unschuld seiner Orosmada von dieser gottheit erfahren möchte. Demnach ließe er sich mit diesen hirten in ferneres gespräche ein / und begehrte von ihnen etwas deutlichere erklärung / was es mit diesem Teraphim /davon man in andren landen nichts wüste / fůr eine bewandnus hätte.

Der ietzige Teraphim / (sagte Timonax ein anderer hirte) ist mein bruder gewesen / und hat nun sechs jahre [442] [444]geweissaget. Wie? euer bruder? (fragte Tiribaces) ihr habt ja diesen Teraphim allererst einen gott genennet! Er ist es auch / (antwortete der schåfer) aber mein bruder ist zu dieser g \ttlichen ehre gelanget. Kan man nicht hievon (fragte der begierige K \nig) mehrere erklärung haben? Gar wol! (sagte der hirte) und wäre es unrecht / daß einer in Mesopotamien leben / und hievon keine nachricht haben solte. Hierauf / als der König von Tyro / neben dem Borgias / sich zwischen diese drei schåfere gesetzet / und sie nun abgespeiset hatten / finge Athamias folgender gestalt an zu erzehlen.

Von dem eigentlichen Ursprung des Teraphim /weiß ich euch / mein herr! keine gewiße nachricht zu erteilen: dieses aber kan ich sagen / daß schon / etliche huntert jahre her / unser land mit diesen göttern beglückseeligt gewesen / und hat es mit selbigen diese beschaffenheit. Es wird ein erstgeborner / der sich freiwillig dazu anbietet / geschlachtet / und dessen haubt wol balsamiret / folgends mit edlen steinen besetzet / und ihm eine besondere heilige schrift / auf einem zedel / in den mund geleget. Dieses haubt stellen die Teraphim-priestere in ihren tempel / und werden denselben / neben vielen andern gebräuchen /nacht und tag liechter gebrennet. Dieser Teraphim kan so lang aussprüche geben / als die schrift in seinem munde unverweset bleibet: die dan zum wenigsten zehen jahre zu dauren pfleget. Mein bruder ist bereits sechs jahre in dieser g \ttlichen wůrde gestanden / und sind wir alle seines geschlechtes / vor allen und anderen hirten / in dieser gegend deshalben in ansehen /daß wir so hohe ehre genießen. Wie kame dan euer bruder (fragte Tiribaces) zu dieser sonderbaren ehre? Aus zweifelmut / (antwortete Timonax) als er die sch \ne Fůrstin von Haran / die Rahel / geliebet / ohne [444] daß er diese seine unmůgliche liebe iemals von sich gesaget. Wie er nun vername / daß sie an den Hebreischen Fürsten / den Jacob / verlobet worden / geriete er in so tieffe traurigkeit / daß ihn verdroße ferner zu leben. Und weil eben damals der vorige Teraphim aufgeh \ret zu reden / bote er sich mit h \chster standhaftigkeit hierzu an / und wurde also / wie erwehnet /in gegenwart des ganzen Mesopotamien / zum Teraphim geschlachtet.

Die liebe / (antwortete Tiribaces seufzende) hat wunderbare wirkungen / man sie in einem menschen den meister spielet. Dieses entfinden wir tåglich in dieser gegend / (sagte Athamias) und verursachet eben dieselbe / daß wir iezt diese reise ůbernommen. Tiribaces / der nicht vorwitzig war / anderer ihre händel zu wissen / da er mit seinen eignen so viel zu schaffen hatte / erkundigte sich nicht ferner / nach ihren liebes-begebenheiten / sondern fragte allein nach der weite des wegs / und nach allen ůmstånden /die bei erfragung des ausspruches von n \ten wären. Hierauf entschlosse er sich jälings / mit ihnen die reise nach diesem tempel zu verrichten. Borgias bestürzte nicht wenig ůber dieser entschließung seines herrn / und als er mit ihme von den hirten etwas abseits gegangen / gebrauchte er sich seiner alten ůber ihn habenden freiheit / und sagte: Welche entschließung ist dieses / gnädigster König? was haben E. Maj. fůr ursach / den ausspruch des Teraphim zu suchen / und deswegen die königliche gesellschaft zu verlassen? wissen sie nicht / daß diesen abend das spiel sol gehalten werden / worzu ihre person erfordert wird? was wůrde das für ein aufsehen erwecken /wann E. Maj. davon blieben / und also diese k \nigliche lust zerst \rten?

Ach Borgias! (antworte Tiribaces / mit tränenvollen [445] augen) ich muß euch mein anligen er \ffnen. Ich finde die Orosmada nicht so getreu / als ich wol gehoffet. Des Adonias gegenwart / ist für meine ruhe viel zu gefårlich / und leider! nur allzu wahr / daß ich ursach habe / an ihrer tugend zu zweiflen. Die håftige liebe / die ich stäts zu ihr getragen / und noch in meinem herzen entfinde / bringet mich zu diesem zweifelmut / und wil ich daher den Teraphim befragen / ob ich ihre unschuld noch hoffen dörfe? Die liebe / mein Borgias! treibet mich zu dieser entschließung / und ist dieses noch das einzige / so ich übrig habe für die Orosmada zu verrichten. Die bestůrzung des Borgias war ungemessen / wie er seinen herrn also reden hörte. Weil ihme dessen håftigkeit wol bekant war /und daß er sich nicht sofort von seinem fůrsatz pflegte abbringen zu lassen / als wolte er diese reise nicht widerrahten. Er bate aber nur üm aufschub auf etliche tage / und brachte seinen herrn so weit / daß er fast darein willigte. Als er aber die hirten befragte / wie weit bis nach dem tempel wäre / und ob sie nicht noch etliche tage warten könten / üm ihn zum gefårten zu bekommen / gabe ihm Timonax zur antwort: Wir d \rfen keinen augenblick verziehen / wofern wir die reise nicht wollen ümsonst verrichten. Es ist das große fest des Teraphim fůr der thůr / welches järlich hier in Mesopotamien gehalten wird / dahin kaum noch zwei volle wochen vor-seyn werden / und pfleget man / acht tage vor dem fest / nicht mehr üm den ausspruch zu fragen / auch die gottheit / drei monat nach dem feste / keine antwort mehr zu geben. So wůrden wir demnach viel zu lang nachwarten můßen / wan wir dißmal die zeit verseumten. Man kan ja auf dem feste (sagte Borgias) die gottheit üm alles fragen / so einem anliget! Keines wegs / (antwortete Athamias)[446] sondern es wird allein / von dem oberpriester / um das wolergehen des ganzen reichs / der Teraphim befraget: der auch alsdan sonst niemanden einige antwort erteilet.

Ihr sehet dan / Borgias! (sagte Tiribaces / als er ihn beseits gezogen) daß hier kein vorschub platz habe /und müste ich in meinem kummer vergehen / wan ich so lang verziehen solte bis diese gottheit wieder redend wůrde. Vermeinen aber E. Maj. (fragte Borgias /) daß ihr dieser ausspruch des Teraphim ein sonderbares licht werde geben können? Diese antworten sind gewönlich sehr dunkel / und fůren einen doppelten verstand mit sich. Was halfe es den Fürsten Nahor / als er sich daselbst rahts erholet? ist er dadurch auch klüger worden? bliebe er nicht vielmehr in voriger ungewißheit / wegen des verlusts der schåferin / die er suchete. Dem ist zwar also: (wiederholte Tiribaces) ich wil aber alles erstlich versuchen / ehe ich die Orosmada v \llig verdamme. So harre man wenigst noch heute / (widerredte Borgias /) damit die k \nigliche gesellschaft durch unser ausenbleiben nicht geärgert werde. Dünket euch dan / (sagte Tiribaces /) daß ich bei meinem jetzigem gemůte / zu solcher spiel-lust geschickt seyn k \nne / und daß ich nicht dabey mehr verderben / als gut machen wůrde? Was wird man aber (versezte Borgias) von unsrem ausenbleiben urteilen? Der wolstand erfordert ja / daß man es denen mitspielenden von unserer gesellschaft anmelde. Tiribaces / der besorgte / wan er dieses dem Borgias zuließe / er m \chte an seinen fůrnemen gehintert werden / bestunde mit großer eigenwilligkeit darauf / daß diese reise / ohne zurůcksendung / fůr sich gehen solte. Er fragte die hirten / in wie viel zeit sie den tempel zu erreichen vermeinten? [447] Als sie ihm gesaget /daß sie / weil sie zu fuß wåren / erst in vier tagen / andere aber auf kamelen in zweien / dahin kommen könten / erkundigte er sich nach kamelen / und erfuhre /daß nahe bei ihnen in einem schåferhause einige üm geld zu bekommen wären: die er dan bestellen ließe /und damit diese drei hirten beritten machte.

Weil Borgias von neuem einwendete / wie daß sie nicht gnug reisegeld bei sich hätten / sandte der K \nig seinen vertrauten waffenträger nach der stadt / und unterrichtete ihn / wie er sich / bei abholung geldes /verhalten solte. Inzwischen nun dieser nach Edessa fortjagte / bate Tiribaces die hirten / ihme zu sagen /was sie eigentlich bewegte / den ausspruch des Teraphim zu verlangen? weil er aus diesem bericht ein mehrers liecht zu erlangen verhoffete / was hülfe er von diesem fůrhaben zu gewarten hätte. Die schåfere weigerten sich gar nicht / diesem ihrem freigebigen reisgefårten zu wilfahren: massen Athamias so fort diesen bericht abstattete.

Um die zeit / als des Timonax bruder / der Pasicles / sich freiwillig zum Teraphim machen wolte / lebte ich so wol / als meine gefärten / der Nisan und Timonax / in einer unglůcklichen und widerwärtigen liebe /indem die schönheit der Sandenise uns alle drei verletzet / und zu ihren / wiewol ungeliebten / aufwärtern gemacht hatte. Diese schäferin / die / ich weiß nicht aus was fůr einem eigensinn / keinen unter uns lieben wolte / hielte uns dennoch alle dreie mit so guter art auf / daß keiner von uns sagen kunte / er wåre von ihr gehasset; und schiene es / als wan sie eine ehre darinn suchete / daß sie viel aufwårtere hatte / die alle gleich wenig bei ihr gälten. Dieses nun begunte uns zu verdrießen / und / meiner meinung nach / verachtung mit gegenverachtung zu vergelten / wartete ich einer andern hirtin auf / die sich [448] Artainte nennet: welche aber so wenig / als Sandenise sich bequemen wolte / ihre gegenliebe mir wiederfahren zu lassen. Es machte aber ihre hårte die Sandenise erweichen / also daß sie / der andern nicht g \nnende / daß sie ihr solte einen aufwärter genommen haben / mir günstigere blicke zu verleihen begunte / ům von der Artainte mich wieder abzuziehen.

Wie sehr mich solches erfreute / so großen verdruß erlitten darüber der Timonax und Nisan: da dieser üm eben das mittel / dessen ich mich unschůldig bedienet / zu gebrauchen / auch von der Sandenise abginge /und der Amphilite / die iezt bei hofe / wegen ihrer begebenheit mit dem Chersis / und wegen des guten urteilspruchs / den sie erlanget / sich zimlich bekant gemacht / aufzuwarten begunte. Weil Sandenise / mit guter art / nicht zween auf einmal unterhalten kunte /als ließe sie mich fahren / und kame auf den Nisan: es für einen gr \ßeren sieg haltend / wan sie der Amphilite / als wan sie der Artainte / einen aufwarter abspånstig machte / indem die letzere nicht in solchem ruff wegen ihrer sch \nheit ware / als wie die andere. Solcher gestalt hatte Timonax den schlechtsten dank / fůr seine beståndige liebe: da hingegen der Nisan und ich unsere unbeständigkeit båßer erkennet sahen. Weil ich mehr aus rache / als aus liebe / angefangen hatte /der Artainte aufzudienen / als hatten der Sandanise liebkosungen mich leichtlich wieder zu ihr gezogen. Dieses bewoge nun auch den Nisan / ihr sich v \llig wieder zu ergeben: und erlangte er so große hoffnung ihrer gegenliebe / daß seine mutter dadurch veranlast wurde / bei der Sandenise mutter ům sie anwerbung zu thun. Dieses geschahe in eben der zeit / da auch mein vatter / zu der Sandenise vattern ginge / und fůr mich diese schäferin begehrte.

[449] Beide freiwerbere brachten fůr / wie daß Sandenise denjenigen / fůr welchen iedes anhielte / liebte: daher ihr vatter / so wol als ihre mutter / ohne sich zuvor miteinander zu bereden / das jawort von sich gaben. Also wurde der Nisan von seiner mutter / und ich von meinem vatter / zugleich mit so guter post erfreuet. Wie aber Sandenise von ihren eltern dessen berichtet wurde / und dieselben sahen / daß sie ihre tochter /dißfalls ihnen beiderseits gleichen gehorsam zu leisten / nicht zwingen könten / bearbeitete sich jedes von ihnen dahin / seinen fůrgeschlagenen vor dem andern zu erheben. Die Sandenise schöpfte aus diesem zwange / der ihr angethan wurde / mehr widerwillen als liebe gegen uns beide / und den Timonax / der sonder fürsprach ihr aufwartete / båßer betrachtend /begunte sie demselben mehr gunst zu erweisen. Wie ich / anstat meiner eingebildten glückseligkeit / diese kaltsinnigkeit vermerkte / wurde mir bei diesem handel auch anders zu sinn / und vermeinte ich an der Artainte etwas zu finden / so der Sandenise fürginge: daher ich \fters in meinem herzen wünschte / daß mein vetter diese fůr mich erwehlet hätte.

In solcher zeit ginge die opferung des Pasicles für sich / da ganz Mesopotamien in des Teraphim tempel versamlet und zugegen ware: und wurde dieser neue Teraphim nicht allein beweinet / sondern auch höchst beehret / und dessen hinterbliebenen freunden / wie gebråuchlich / alle hochachtung erwiesen. Timonax /des Teraphim bruder / genoße solcher ehre am meisten / und wurde ihm von dem Oberpriester an die hand gegeben / etwas zu begehren / so er verlangte /daß ihm nicht solte versaget werden: üm also den verlust / den er an einem so lieben bruder erlitten / desto leichter zu verschmerzen. Die liebe gabe diesem hirten so fort in den sinn / was er [450] fordern solte / und ware es die schöne Sandenise. Weil Sandenise / eben üm diese zeit / eine sehr große erbschaft bekommen /die auch guten teils dem Nisan und mir mit zufiele /weil die verstorbene unsre base gewesen / und wir also / bei dieser verlassenschaft / zu gleicher teilung gingen: als suchten unsre beiderseits eltern dem Timonax in seinem begehren hinterlich zu seyn / und lagen der Sandenise stäts in den ohren / dem Nisan oder mir die eheliche hand zu geben. Diese nun / ihre eltern nicht zu erzürnen / und doch ihrer neigung / die nun gantz für den Athamias war / zu folgen / erdachte einen fund / und erklärte sich dahin / wie sie denjenigen lieben wolte / den ihr der ausspruch des Teraphim zu ehlichen anbefehlen wůrde. Ihre hoffnung war /weil Timonax des Teraphim bruder / es würde dieser neue gott / fůr seine freunde gůnstiger / als fůr uns andere / sprechen. Es geschahe auch hierinn keine widerrede / weil es alle / sonderlich oer Oberpriester Telecles / für billig befanden. Der neue Teraphim / der nun / nach verrichteter ordentlicher einweihung / allen und jeden die aussprůche erteilte / wurde demnach befraget / und erlangten wir von ihm diese antwort.


Wann die sch \nste hand wird das reich regiren /

eines hirten haubt selbst mit krånzen zieren:

dan blůht euer glůck. Bis dahin verzieht /

liebet / wie ihr liebt / und seit ståts bemůht /

alle dreie diß zu fassen.

Liebe muß nie hoffnung lassen.


Dieser ausspruch ware nun für uns alle / und weil des Teraphim gebot daß heiligste ist / so wir verehren und in acht nemen / als lebten wir nach der zeit / wie uns befohlen worden. Wir verharrten in unserer liebe /und speiseten uns mit der hoffnung / dereinst in unserer liebe ein gewůnschtes ende zu erleben / ob wir gleich solches [451] noch nicht absehen kunten. Aber keines von uns war vergnügter / als Sandenise und Timonax / noch übler zufrieden / als Nisan. Dan gleich wie jener hierdurch die freiheit erlanget / seiner schäferin aufzuwarten / von deren er sich geliebet hoffete: also verlöre dieser hingegen allen zuvor-gehabten vorteil /und muste er besorgen / daß er / ob man ihn gleich hoffen hieße / wol nimmermehr in seinen ehmaligen stand wiederkehren möchte. Was mich betraffe / so důnkte mich immer / ich hätte wollen vergnügter leben / wan dieses lieben einzustellen / mir wåre geboten worden. Doch wolte ich nicht wider den entfangenen befehl handeln / sondern wartete der Sandenise immer auf / ob gleich meine gedanken \fters nach der Artainte gingen. Die Sandenise hatte nun auch ruhe für ihren eltern / weil dieselben blindlings den ausspruch des Teraphim gehorsam leisteten / und vön einem jahr zum andern auf die zeit hoffeten / da die geweissagte veränderung hiesiger regirung anheben solte. Diese zeit hat sich nun endlich eingefunden /und ist nicht allein unsere schöne Königin alhier erschienen / sondern sie hat auch das Timonax haubt selbst bekränzet.

Sehet aber / mein herr! wie es uns hiebei ergehet. Der verdruß / so sich stäts bei mir gefunden / eine hirtin selb dritte zu bedienen / ůberwältigte mich endlich / der Artainte heimlich aufzuwarten / und ihr das allein zu sagen / was Sandenise in allen gesellschaften von mir h \rte. Weil das unglůck ihrer verwandten sie mitbetroffen / daß sie zimlich verarmet / als bewegte sie dieses / meine liebe nicht also / wie das erstemal /auszuschlagen / und erhielte ich von ihr allen geneigten willen. Gleich also verfuhre auch Nisan bei der Rodope / der jüngsten tochter unsers verwesers: die ihn auch gütiger / [452] als die Sandenise / aufgenommen und entfangen. Weil die liebe nicht lang heimlich bleiben kan / als brache es bald in dieser gegend aus /daß Nisan und ich dem Timonax das feld raumeten: welches dan bei des Nisans mutter / meinem vatter /und der Sandenise eltern / solchen unlust erregte / daß wir sie allerseits nicht befriedigen kunten / bis wir ihnen verhießen / unserer liebe so lang anstand zu geben / bis wir alle dreie / in des Teraphim tempel /die eigentliche erklärung würden eingeholet haben /ob Timonax die Sandenise / Nisan die Rodope / und ich die Artainte / sonder verscherzung unsres glůckes / ehlichen d \rften. Wir haben ihnen auch bei diesem gotte geschworen / welches unter uns hirten das allerverbündlichste ist / dessen befehl gehorsamlich nachzuleben / und es also zu lassen / wie der es entscheiden wůrde. Die Sandenise hat dieses gleichfalls zu thun versprochen / wiewol nicht sonder angst auf beiden seiten: massen solche dem Timonax ohn unterlaß die seufzer auspresset. Ich meines teils lebe hierbei ganz wolgemut / und traue sicherlich / es sei damals der trost uns nicht umsonst gegeben worden / daß wir / bei unserem lieben / die hoffnung nicht solten fallen lassen / uns dermaleins sämtlich vergnügt zu sehen.

Tiribaces hatte / mit sonderbarer aufmerkung / des Athamias erzehlung angeh \ret / und erinnerte sich ganz wol / daß er mit zugegen gewesen / als Timonax in dem von dem hirten angestellten wettlauf den siegeskranz gewonnen / und von der Königin Aramena damit gekr \net worden. Inzwischen er aber diesen dingen nachsonne / fragte Borgias die schäfere / wie es dan käme / daß / da der Teraphim alles so deutlich entdeckte / die Amphilite und ihre anverwandten /ihre unschuld wegen des hirten Abinacles zu retten /dieses mittel [453] nicht ergriffen hätten? Worauf Nisan antwortete: Weil euch / mein herr! dieser schåferin begebenheit wissend ist / so werdet ihr auch wol vernommen haben / daß unsere richtere / als die mächtigsten dieser gegend / ihr sehr aufsätzig gewesen; daher sie / durch ihre habende macht / verwehret und gehintert / daß Amphilite und die ihrige niemals zu diesem hůlfmittel haben schreiten d \rfen / weil der Oberpriester sie nicht zugelassen / wann sie sich schon angemeldet hätten. Mich wundert aber sehr / (versezte Borgias) daß es der Chersis solches nicht gethan: dan wie håtte er leichter / als durch eben dieses mittel / auf die warheit kommen k \nnen? Was man ganz gewiß vermeint zu wissen / (sagte Nisan) darüm darf man den heiligen Teraphim nicht befragen / sondern man muß ehrerbietig mit dessen aussprüchen ümgehen: daher auch dan Chersis dieses unterlassen hat / weil er das verbrechẽ der Amphilite fåstiglich geglaubet.

Der betrůbte König von Tyro / dieses hörend / entfunde in sich keinen geringen streit / ob er nicht auch sein unglück fåst glaube / und also vergeblich nach dem tempel reisen wůrde. Doch name er ihm vor /hieran noch zu zweiflen / damit er sein vorhaben erfüllen könte. Also wartete er / mit großer ungedult /auf die wiederkehr seines waffentrågers / immer das jenige / so der Borgias heimlich hoffete / befahrend /daß nämlich iemand dazwischen kommen / und ihme sein fürnemen zerst \ren würde. Endlich stellte sich derselbe wieder ein / hatte aber für seinen herrn alles wol ausgerichtet / also daß er von niemand befraget worden. Diesem nach seumten sie nicht ferner / sich auf den weg zu machen / und gingen zu erst nach dem hause / da sie die camele geheuret / deren sich die drei hirten bedienen solten / üm desto geschwinder fortzukommen.

[454] Es ward aber dieses K \nigs abseyn und ausenbleiben in Edessa nicht eher gemerket / als wie der nachmittag heran genahet: da die in dem dritten spiel befindliche personen / in des K \nigs von Arabien palast / abgeredter massen / sich versamlen / alda in ihre schåferkleidung kriechen / und also miteinander nach Samosata gehen wolten. Die betrůbte Orosmada / die für traurigkeit nicht vom bette gekommen war / die erste / so an ihres gemals wiederkunft zweifelte. Wie nun die Königin Lantine / neben der Prinzessin Coricide / zu ihr kame / üm sie nach der Petasiride mit zunemen / erfuhren sie von dieser trostlosen K \nigin /was sonderlich bei der Lantine / als der schwester des Tiribaces / hohe betrübnis erwekte. Sie sandten an alle orte nach dem König von Tyro aus / da aber die boten alle unverrichter sachen wiederkamen / und dadurch so großen schrecken / neben allerhand urteilen /verursachten / daß sich die vorgesezte lust in lauter unlust verwandelte. Man schikte gleich nach Samosata und Amida / diesen unverhofften zufall alda kund zu machen / der ihnen hinterlich ware / ihr vorhaben ins werk zu stellen. Die K \nigin von Mesopotamien /wie auch viele von den andren k \niglichen personen /wurden hierdurch bewogen / nach Edessa zu kommen / ům ihr mitleiden hierůber der Orosmada sehen zu lassen.

Diese betrübte Königin wolte fast gar verzweiflen /wan sie ihr fürstellte / daß der Tiribaces / aus zweifelmut / wol gar möchte ům sein leben gekommen seyn. Niemand ware fähiger noch geschikter / ihr trost einzusprechen / als die Timna / weil die angleicher krankheit gelegen hatte: die dan ihr beispiel ihr fürhielte / daß ihr eifersüchtiger man doch endlich wieder zu ihr gekehret wäre. Delbora / die auch mit zugegen / kunte nicht mit [455] so freier art der Orosmada trost einsprechen / weil sie eben das heimlich erlitte / was die K \nigin von Tyro öffentlich anstunde. Sie hatte /selbigen tag / einen gewaltigen streit mit dem Eridanus / ihrem gemal / gehabt / der sie ůberfüren wollen /wiedaß der Nebajoth bei ihr in der Königin Lantine zimmer gewesen wåre / den sie bei seiner ankunft verstekt håtten. Diesen irrtum nun ihm v \llig zu benemen / begunte sie in dieser ansehnlichen versamlung von der ursache zu reden / die den König Tiribaces zu dieser eifersucht m \chte bewogen haben / und sagte: Sie wolle ja nimmermehr hoffen / daß / wie sie unlangst / neben der Orosmada / die Prinzessin Coricide / weil sie sich verkleidet / in dem zimmer der K \nigin von Elam beiseit gefůret / der König Tiribaces daher in einen argwahn gerahten sei / als wan sie iemanden für ihme versteckt hätten? Freilich ist dieses eine ursache mit / (antwortete die betrübte Orosmada) und wolte er ihm solches nicht lassen aus dem sinne reden / daß der Prinz von Salem nicht bei uns gewesen.

Und wan es auch wåre / (sagte Timna) was håtte man dan damit gesůndiget? Es thut mir von herzen leid / (sezte die Coricide hinzu) daß ich also hieran ursach worden / und durch mein verstecken zu einer solchen eifersucht anlaß gegeben. Wir erfahren nun also / (sagte die Königin von Mesopotamien) was ihr zusammen fürgehabt / und für uns ander verbergen wollen: das wir aber lieber nicht wissen m \chten / als daß eine so betrübte ursach uns solches kund machen müßen. Ach mein unglůcklicher schrei / (finge Orosmada an) hat mir dieses unheil zugezogen / woraus mein gemal etwas b \ses vermutet / so es doch von mir aus rechter und lauterer unschuld geschehen ist. So hat [456] dan unser spiel (antwortete der K \nig von Syrien) so widrige dinge wirken müßen? da hingegen das eurige / liebste schwester! eine heurat zwischen dem Elhanan und der Zelinte gestiftet / und also glůcklicher / als das unsere abgelaufen. Es hat unser spiel (gabe Aramena zur antwort) nicht allein den Elhanan verliebt gemacht / sondern auch der schönen Hermione lehren gegeben / wie sie dem König von Meden begegnen soll. Diese lehren (sagte Hermione) habe ich bisher tåglich von der Königin Delbora bekommen / die ståts den Nebajoth bei mir fürgestellet /dessen liebe / als wan er selber mit mir redte / mir beteuret / und sich also erwiesen / als wan ihr die ganze welt daran låge / mich in diesen König verliebt zu machen.

Indem die Hermione dieses sagte / war Nebajoth in das zimmer gekommen / und hatte diese reden mit angeh \ret / daher er sofort das wort name / und sagte: Ich wil darům mit der Königin von Cus nicht eifern /daß sie bei der sch \nen Hermione meine stelle vertreten / sondern ihr vielmehr deswegen hohen dank wissen / daß sie sich dergestalt fůr mich bemühen wollen. Der König von Meden weiß / (antwortete Delbora /mit grosser standhaftigkeit) wie viel mir daran gelegen / daß mein gemal der König von Cus / und alle welt wisse / wie nunmehr die sch \ne Hermione meine ehmalige stelle bekleide: deshalben ich auch dazu alles / was ich nur vermocht / habe wollen herbei tragen / üm diese liebe fäst zu setzen. Es ist auch die h \chste billigkeit (gabe Nebajoth mit gleichmäßiger ernstlichkeit zur antwort) daß ich / dem befehl der sch \nen Delbora / dem willen meiner eltern / und der glůcklichen fügnis meines geschickes / enach lebe /und mich üm die huld der himlischen Hermione bewerbe. Dieses sagend / fiele er der K \nigin [457] von Kitim zu fuße / die ihn aber bald wiedee aufhabend / zu ihm sagte: die Königin Delbora hat mich so wol unterrichtet / daß der K \nig von Meden alles von mir zu hoffen hat. Diese öffentliche erklårung erfreute die ganze gesellschaft / so viel der Orosmada betrübter zustand ihnen zuließe / und sch \pfte hieraus der Eridanus nicht geringe vergnügung / ob er dieselbe gleich ja so sehr / als seinen vorigen kummer / verborge hielte.

Weil aber die listige Timna / die alles genau zu beobachten pflegte / an diesem König die eifersucht wol vername / brachte sie wieder auf die bahn / von dem laster der eiversucht zu reden / und wie solche personen wert wåren / daß ihnen das widerfůre / womit sie ihre geliebten so unschůldig belegten. Solte so ein gesetze gegeben werden / (sagte die K \nigin Cölidiane) so wůrde manche ehrliche person die tugend müssen fahren lassen: massen der Timna selbst wůrde auferlegt gewesen seyn / sich mit unrecht-thun an ihrem Eliphas zu rächen. Ich sage nicht / (verantwortete sich Timna) was die beleidigten thun sollen / sondern nur /was die beleidiger zu erleiden würdig wåren. Ich für meine person / (sagte der K \nig von Syrien) wůrde ungestrafft davon kommen / dan ich von keiner eifersucht weiß / und mich an der C \lidiane tugend håftig versůndigen wůrde / wan mir die liebe / einen b \sen argwahn von ihr / solte in den sinn bringen wollen. So würde ich ebenfalls frei ausgehen / (antwortete diese schöne) dan die eifersucht so weit von mir entfernet ist / daß mein K \nig lieben d \rfte / wen er wolte /sonder deswegen meinen zorn zu befahren: dan ich lasse allein dessen vergnügung die meinige seyn / und da ich gleich solte dabei hintan gesetzet werden /wolte ich doch zufrieden seyn / in betrachtung / daß es mein K \nig also begehrte. Ich [458] glaube / (sagte die K \nigin von Mesopotamien hinzu) solcher art frauen d \rften sich wol wenig finden / und weiß ich nicht /ob ich der Königin von Syrien wůrde beifall geben k \nnen / wan ich ihrem stand lebte. Ich bin auch dieser meinung (ließe die K \nigin von Ninive sich vernemen) und würde ich meinem Dison das nicht zu gut halten / wan er sich mehr nach anderen frauen / als nach mir / ůmsehen solte. Es ware / als die jüngere Aramena dieses sagte / die Königin Petasiride nicht zugegen / welche sonst leichtlich dieser worte sich annemen und solche håtte übel deuten können: dessen auch der König Dison sich befahrete / und nach deren sich ümsahe / womit er den andern anlas gabe / darüber mit ihme zu scherzen.

Weil aber indem die Königin Eurilinde / und ihr sohn der Prinz Adonisedech / dazu kamen / als ånderte sich das gespråche / und bezeugten diese beide ihr inniges mitleiden gegen der betrübten Orosmada /sonderlich der Prinz / als welcher eine wiewol unschüldige ursach dieses handels ware. Er erbote sich auch sofort / dem K \nig von Tyro zu folgen / und ihm / wan er ihn fånde / seine unfug fürzuhalten: das aber alle anwesende ihm wiederrieten und aus dem sinn redten / weil davon ein widriger ausschlag zu befahren stunde. Es verrichteten aber alle bediente vom Tyrischen hof dasselbe / worzu der Adonisedech sich erboten / und verteilten sich durch die ganze landschaft Amida / üm ihren herrn zu suchen. Wie nun / selbigen abend / der trostlosen Orosmada von allen königlichen personen zugesprochen worden / also geschahe solches nachgehends bei ihr täglich: daher des K \nigs von Tyro palast der beständige sammelplatz war / da sie sich allerseits einfunden. Wie nun etliche tage mit der nachsuchung üm den Tiribaces verstrichen [459] waren / kame endlich der Ledor mit dieser zeitung in Edessa an / wiedaß er hirten gesprochen / die von dem tempel des Teraphim gekommen / welche ausgesaget / daß ihnen dahin reisende personen begegnet / die sie eben also beschrieben / wie der K \nig von Tyro und der Borgias / den tag ihres verlustes / gekleidet gewesen. Hierauf entstunde nun die vermutung bei allen / daß der eifersüchtige Tiribaces nach diesem tempel seinen weg würde genommen haben: welches dan der Orosmada noch einigen trost gabe. Es wurde auch der Ledor sofort abgefärtigt / nach dem tempel zu reisen /und wahre erkundigung einzuholen.

Wie nun / diese zeitung / die ganze gesellschaft wieder aufgemuntet / als gedachten sie von neuem an ihr schäferspiel / das sie den andern fůrstellen wollen / und ward beschlossen / solches nun werkstellig zu machẽ. Weil aber die Orosmada nicht mit machen wolte / und also / neben ihrer person / der K \nig ihr gemal / wie auch der Borgias und Ledor / als mitspielende / ermangelten / als bote sich die Timna an / der Orosmada reden auswendig zu lernen / gleich wie der Nebajoth / und zween von seinen mitgebrachten hofbedienten / der drei andere ihre stellen zu vertreten /sich anheisig machten. Es verstriche hiermit bei nahe eine woche / ehe sie konten färtig wurden: weil dem Nebajoth die gesellschaft seiner Hermione so lieb ware / daß er / von ihr zu bleiben / und seine aufgegebene reimen zu lernen / ihm wenig zeit geben kunte.

Wie aber endlich diese gesellschaft sich bereit fande / und eines nachmittags die zuschauere an den gewönlichen ort / nämlich in den garten bei Samosata / sich versamlet hatten / stellten sich die spielende /als hirten und hirtinnen såmtlich verkleidet / bei der feld-musik der [460] sackpfeiffen und schalmeien / in zierlicher ordnung ein / und erlangten / durch diesen ersten aufzug / schon ein allgemeines lob von den anwesenden / das ihnen dan schwanen machte / sie würden auch in dem übrigen gewinnen / und den preis davon tragen. Wie sie sich nun alle hinter die bäume begeben / die ihnen anstat des schauplatzes dienen solten /trate einer aus ihrem mittel / nämlich des Nebajoths Cammerherr der Nasir / in hirten-tracht herfür / und überreichte der gesellschaft ein tåfelein / darauf folgendes zu lesen ware.

Schäferspiel von Jacob - Lea und Rahel
1. Akt
1
1.

Jacob. Rahel.


JACOB.
Ihr seit es ja / ihr sch \ne Harans-heiden!
wo ich zu erst sah meine Sch \ne weiden.
RAHEL.
Du / Chaboras! du bist der liebe fluß /
wo Jacobs mund mir gab den ersten kuß.
JACOB.
Ich fande sie / mein Lamm / hier bei den heerden:
da ich mir selbst must ersten blicks entwerden.
RAHEL.
Ihn ich entfieng hier bei dem schafe-born:
da meine seel in seine sich verlorn.
JACOB.
Du / Masius / mit deinem hohen růcken /
mich sahest oft die zarte hånde drůcken.
RAHEL.
Du / klarer bach! trugst oft mit dir davon
manch heißes wort von meinem Isaacs-sohn.
JACOB.
Ach ja! was oft der wald mir nachgesprochen /
von meiner lieb / das bleibe unverbrochen:
Mein andre seel! ô Rahel! dein allein /
dein treuer hirt / sol Jacob ewig seyn.
RAHEL.
Auf manchem blat verwundter bäume-rinden /
wird man die schrift von meinen wunden finden /
diß treue wort von meiner sůßen pein:
Dein / Jacob! sol die Rahel ewig seyn.
[462]
JACOB.
Wan komt die zeit / die uns mit freuden paare?
RAHEL.
Es sind vorbei die Sieben Dienstes-Jahre.
JACOB.
Die ich / aus lieb / fůr tage nur geacht.
RAHEL.
Deß werde stäts auf erd mit ruhm gedacht!
JACOB.
H \re / was du oft geh \ret /
Himmel! unsren liebes-bund /
und was Jacobs treuer mund
nun so lang von dir begehret:
Mit der Rahel / deinem kind /
durch das ehband ihn verbind.
RAHEL.
H \chster / ô du GOtt der G \tter /
den mein Jacob preist und ehrt!
h \r / was er und ich begehret:
Menschen-vatter! diesen vetter /
der mich liebet / den ich lieb /
seiner Rahel eigen gib.

Abgang.

2
2.

Bethuel. Regu. Nabal.


BETHUEL.
Mir ziemt ja nicht / von Laban mis zu reden:
doch m \chte wol schier der verdruß mich t \den.
Ganz Haran redt / und schimpfet auf die that.
NABAL.
Daß / zum verkauf / der Laban t \chter hat.
REGU.
Fůr Jacob nur: der selbst den kauf beliebet /
und gerne dienst ům seine Rahel gibet.
BETHUEL.
Ein langer dienst!
NABAL.
um einen langen kauf!
REGU.
Nun endet sich der sieben jahre lauf.
Was saur ankomt / nur desto sůßer schmecket:
NABAL.
wie nůsse-kern / der tieff in schalen stecket.
REGU.
Die Rahel ist noch solcher můhe wert.
NABAL.
Der knechtschaft lohn.
BETHUEL.
Und Laban hat verzehrt /
was er indeß hått knechten můßen geben
fůr Jacobs dienst.
REGU.
Wer haben wil / muß streben.
es helf / was hilft! so hålt man klůglich haus.
BETHUEL.
Biett fr \mde feil! die t \chter steurt man aus.
NABAL.
Also man geld aus eignen fleisch kan l \sen.
REGU.
Kan andre nur / was Jacob nicht / erb \sen?
er dienet gern.
BETHUEL.
und wol.
NABAL.
weil daß er muß.
BETHUEL.
Dem Laban fållt / durch seinen treuen fuß /
[463] der segen zu. Die vormals-kleine heerde /
deckt iezt ein großes teil der Harons-erde.
es wimmelt ja / von zick- und låmmer-zucht.
NABAL.
Die trinkt / fůhlt nur mehr durst / die wassersucht.
REGU.
Er dient ihm selbst dem ward der t \chter eine:
ein gůter-teil / wird einst auch seyn das seine.
NABAL.
Wol klein genug! wer langt nach Labans gut /
der nimmet ihm das herze / seel und blut.
BETHUEL.
Nun Jacob wird noch långer dienen müßen /
von Labans heerd ein anteil zu genießen.
REGU.
Vor arbeit biett der himmel gůter feil.
NABAL.
Ich feyre gern: was wird dan mir zu teil?
BETHUEL.
Wie wird alsdan der arme Jacob bůßen!
man heischt von ihm / was wolf und wild zerrissen /
der dieb entwandt. Man wird / ich weiß es schon /
wol zehenmal veråndern ihm den lohn.
REGU.
Die Rahel kan versůßen die verdrůße.
NABAL.
ja! so ein mund gibt gar zu sůße kůße.

Abtritt.

3
3.

Laban. Jacob.


LABAN.
Ich muß es ja zu ruhme sagen nach /
mein vetter! dir, seit ich durch dich bewach
mein wollen vieh / seh ich es sehr vermehret.
Der HErr / durch dich / zu mir den segen kehret.
die ich vordeß oft hab ůmsonst gesucht /
die find' ich iezt / der heerde reiche frucht.
JACOB.
Ich diente dir aus allen meinen kråften.
es war kein schlaff bei mir / in den geschåften.
bei tag bin ich von hitze fast verschmacht:
ich war / fůr frost / oft halb erstarrt bei nacht.
LABAN.
Ich weiß es wol / hab deinen fleiß erkennet.
JACOB.
nun sieben Jahr'.
LABAN.
ich weiß auch / was dich brennet.
JACOB.
so lange zeit.
LABAN.
und was ich dir geredt.
JACOB.
das auch geschah an eben dieser stått.
und wan dan sol mein / meine Rahel / werden?
LABAN.
Die dir bisher oft hůten half der heerden.
JACOB.
Mein La .
LABAN.
dein lohn.
JACOB.
dein dank.
LABAN.
mein jůngstes kind.
JACOB.
Die Lea wol auch meines gleichen findt.
[464]
LABAN.
Weissagest du?
JACOB.
warüm?
LABAN.
du hast gesprochen /
was ich gedacht. Nun! eh man noch zwey wochen
zurůcke zehlt / sol Rahel heisen dein.
JACOB.
Dafůr will ich dir ewig danckbar seyn.

Abtritt.

4
4.

Nahor. Tharah.


NAHOR.
Du sagst mir viel: davon ich wenig glåube.
THARAH.
Du schiltest mir / was ich mit wollust treibe.
NAHOR.
Ich schelte das / was man nicht loben kan.
THARAH.
Diß / was ich sag' / ist warheit / und kein wahn.
NAHOR.
Solt ich also ein můßigs leben leben?
THARAH.
dem war / in ruh / die erste welt ergeben?
NAHOR.
Die neue iezt / der alten albern lacht:
THARAH.
die gůlden war / und nun sich eisern macht.
NAHOR.
Das eisen muß das gold zu zeiten schůtzen:
THARAH.
ein teurer schutz / der menschen-blut macht spritzen?
NAHOR.
Durch kriegen man kriegt reichtum / land und leut.
THARAH.
Durch waffen wird der lånder gut verstreut.
NAHOR.
Weg mit der trift! nach hof steht mein verlangen.
THARAH.
Ob sie von gold / wer mag mit fåsseln prangen?
NAHOR.
Ein stern sich gern hin zu der sonne macht.
THARAH.
im reich des liechts: auf erd ist nichts als nacht.
NAHOR.
Die h \flichkeit vom hof sich nennt und kommet:
THARAH.
die nirgend zu / als zum betrůgen / frommet.
NAHOR.
Wer leucht ům sich / mir eine sonne heist
THARAH.
Viel heller scheint / ein stiller grosser geist.
NAHOR.
Ein muht sich nicht nur einem winkel schenket:
THARAH.
Die weite sucht / wer sich in sich nit lenket.
NAHOR.
Nur der ist groß / der großen ruhm erwirbt:
THARAH.
doch / unbekandt ihm selber / endlich stirbt.
Sag mir / was du wilst: ich wehle /
fůr die unruh / sůße rast.
Lust der h \fe / ist nur last /
wo ich list und laster zehle.
In dem feld wohnt reine lust /
die der tugend nur bewust.
NAHOR.
Krieche du in deinen grůnden:
ich wil Bergen fliegen zu.
In der unruh such ich ruh.
[465] Tugend ihren feind wil finden.
Faule erde fault und stinkt:
feuer feiret nicht / und blinkt.
THARAH.
Winde auf die berge riesen /
auf die hohen / stůrmen los:
in der niedren thaler schoß /
man der stille kan geniessen.
Fliege nur / wer fliegen will:
Phaeton ihm zeigt das ziel.
NAHOR.
Tugend / labet auch im ligen.
große wagnis / machet groß.
THARAH.
wer sich fernt vom donner-schloß /
darf sich vor dem keil nit biegen.
NAHOR.
Hof und hoheit lådt mich ein.
THARAH.
Ich will hirt und nidrig seyn.

Abgang.

2. Akt
1
1.

Laban. Semira.


LABAN.
Es ist geschehn! ich hab sie ihm verheisen.
SEMIRA.
Wol werden dich des landes t \chter preisen.
LABAN.
Die männer doch.
SEMIRA.
die bl \d von sinnen sind.
LABAN.
Sie ist ja sein: er hat sie saur verdient.
SEMIRA.
Auch Lea hått sein lohn wol werden k \nnen.
LABAN.
Er liebt sie nicht: man muß ihm Rahel g \nnen.
sie liebt auch ihn.
SEMIRA.
Der kinder unverstand /
muß fåsseln nicht der eltern freie hand.
LABAN.
Im G \tter-raht wird iedes paar gebunden.
SEMIRA.
Hast die Cantzley des himmels du gefunden?
wo ist der brief / da Rahel stehen sol?
LABAN.
Die herzen sind's! was seyn sol / schickt sich wol.
Der himmel macht die seelen wechsel-lieben /
die / als ein paar / sind in sein buch geschrieben.
SEMIRA.
Schreibt wol der himmel so ein unrecht ein /
daß Lea sol vom glůck verstossen seyn?
LABAN.
Um Lea hat der Jacob nicht gedienet.
SEMIRA.
Des Landes sitt / so noch bisher gegrůnet /
gibt nicht die jůngste vor der åltsten aus.
LABAN.
So fůhr' er sie all-beide dan zu haus.
SEMIRA.
Wol gut!
LABAN.
und wie? er wil bei Rahel ligen
in nåchster nacht.
SEMIRA.
so muß man ihn betriegen.
[466]
LABAN.
Durch list!
SEMIRA.
was schadts?
LABAN.
ich hab es schon bedacht.
SEMIRA.
Sie komt! es muß ihr werden vorgebracht.
2
2.

Laban. Semira. Lea.


LEA.
Nun Labans haus sich trägt mit hochzeit-sachen /
wil nicht hierzu Semira anstalt machen?
ich komm / und will befehl iezt h \ren an /
worinn mein fleiß hierbei sich zeigen kan.
SEMIRA.
Ein großes thun dir nun zu handen kůmmet.
LEA.
Ich h \r?
LABAN.
es ist diß Fest fůr dich bestimmet.
LEA.
für mich?
SEMIRA.
du bist die haubt-person im spiel.
LEA.
ja wol! wan man zurůck sie zehlen wil.
LABAN.
Denk du / dich sch \n mit schmucke zu beladen.
LEA.
So gehts! der spott gesellt sich zu dem schaden.
SEMIRA.
Du bist die braut.
LABAN.
erbebe dein gesicht.
LEA.
Man scherzt mit mir! ich heiß ja Rahel nicht.
SEMIRA.
Doch morgen solst du braut und Rahel werden.
LEA.
Man håufe nicht beschwerden mit beschwerden:
es sei genug / daß mich natur geschändt.
LABAN.
Man weinet nicht / wann sich das elend endt.
SEMIRA.
Die Lea sol mit dem zu bette gehen /
der sich mit Rahel wird getrauet sehen.
LEA.
Mit Jacob / ich?
LABAN.
ja du!
LEA.
an ihrer stat?
LABAN.
Diß ist der schluß;
SEMIRA.
und deiner mutter raht.
LEA.
Solt Jacob sich durch mich betrogen spůren?
solt ich den mann der Rahel so entfůhren?
probirt mich nicht? die schwester ist mir lieb:
der ich gar gern den glůckes-vorzug gib.
SEMIRA.
Dank du dem glůck / wann es dich will anlachen.
LEA.
Ich will mich nicht / durch laster / glůckhaft machen.
LABAN.
Lieb dein geblůt: iedoch dich selbst voran.
LEA.
Nach hass ich wol / mich liebend / rennen kan.
SEMIRA.
Man sorgt vor dich: ist dieses dir entgegen?
LEA.
Die list sol mich zu keinem bråutgam legen.
LABAN.
Gehorche du!
LEA.
Ich thu / was tugend spricht.
SEMIRA.
Was wan dir sagt / das ist kein laster nicht.
LEA.
Ach nein!
LABAN.
sprich / ja!
LEA.
wie soll ich?
SEMIRA.
wirst du streiten /
hartnåchichts kind! mein zorn sol dich begleiten.
LABAN.
Nenn ja forthin dich Labans tochter nicht /
wan nicht mein will bei dir findt kindespflicht.
[467]
LEA.
Ach! soll ich so diß liebe paar betrůben?
Er liebt mich nicht.
SEMIRA.
er wird dich kůnftig lieben.
LABAN.
als weib.
LEA.
als die / die ihn bracht ům sein weib.
SEMIRA.
dafůr ist raht!
LEA.
daß ich veråchtlich bleib.
LABAN.
sein herz ist gut.
SEMIRA.
du must es niemand sagen.
LEA.
Möcht man mich doch dafür zu grabe tragen!

Abtritt.

3
3.

Jacob. Rahel. Lea.


JACOB.
Mein glůcke lacht: und unsre Lea weint.
RAHEL.
Ob man vieleicht ist meiner freude feind?
LEA.
Ich weine nicht. der rauch hat mich gebissen.
JACOB.
Du hast geweint: darf man die ursach wissen?
LEA.
O harte frag!
JACOB.
Ich sahe / sieben Jahr' /
euch beide ståts ein treues schwestern paar:
sol Lea nun mit Rahel sich nicht freuen?
will sie nun leid in unsre freude streuen?
RAHEL.
Wird etwan mir mein Jacob misgegönt:
JACOB.
schmerzt dich das fest / das meine treue kr \nt.
LEA.
Ihr kennt mich ja! diß herze redlich liebet:
das iederzeit nur gerne tugend ůbet!
nun aber!
RAHEL.
wie? was krånkt dich?
LEA.
herzenleid.
JACOB.
Ich leide mit!
LEA.
das mir ståts ist bereit.
RAHEL.
Sag / was es sei? mein leiden ist / das deine.
LEA.
ach wår es nicht! ach wår es mein alleine!
RAHEL.
Theil deine sorg mit mir / wie oft geschah.
LEA.
und iezt geschiht. Es ging dir wol so nah /
als mir / wan ich es dörfte von mir sagen.
RAHEL.
So hab es dir / soll ich mit helfen tragen.
LEA.
Dich meine last wird drücken nur zu frůh.
JACOB.
So hab ich dan / zu tr \sten / doppel můh.
RAHEL.
Sei / was es sei! ich hab nicht zeit zum krånken.
ich muß ietzund auf lauter freuden denken.
kom / Jacob du! laß uns zur heerde gehn.
die Lea mag allein hier traurig stehn.

Abtritt der beiden.

4
4.
Lea allein.

Muß Tugend so / und der Gehorsam / streiten
in meiner seel? muß ich mich dann bereiten /
[468] ein meinen mann verhasstes weib zu seyn?
sol der betrug mich ihme liefern ein?
sol mich forthin die liebe schwester hassen?
muß mich die welt in b \sen leymund fassen?
Als bruder / mir war Jacob lieb und wehrt:
der Rahel stell hab ich wol nie begehrt.
Du kennst mein herz / o himmel! dieses fromme.
mit unschuld ich zu dieser schulde komme.
Ich ehre ja / mit treuer kindes-pflicht /
der eltern sorg / und kan sie schelten nicht:
sie wollen so mich wol versorget wissen.
ich werd verfolgt seyn / oder folgen můßen.
vielleicht theil' ich mit Rahel noch den mann:
die neben ihr mich ja noch leiden kan.
nehm' ich den leib: ihr bleibet doch das herze.
mit meinem / wird also geheilt ihr schmerze.
Du Jacobs-Gott / den ehret meine seel!
dir meine angst mit trånen ich befehl.
Ich weiß / daß du / wie alles / diß versehen.
du kanst / daß es dem guten weg můß gehen /
es machen wol. Siht Jacob mich nit sch \n:
er sol mein herz voll treu und tugend sehn.
wer weiß was Gott mir gibet noch fůr gaben /
zu werden wehrt / daß er mich m \g lieb haben?
Wer weiß / ob ich nit Rahel ůberleb' /
und dan allein an meinem Jacob kleb?
vielleicht sein haus durch mich mag fruchtbar werden?
vielleicht von mir noch komt das heil der erden?
Ob man in diesem thun ein laster findt:
man denk / daß es thåt ein gehorsams kind.

Abgang.
5
5.

Egla. Naema.


EGLA.
Ists recht / daß man / vor Lea / Rahel gibet?
NAEMA.
Man gibet recht / dem Jacob / was er liebet.
EGLA.
Man gibet recht zuvor die åltste aus.
NAEMA.
Die lieb sich nicht kehrt an das recht im haus.
EGLA.
Freylich ist sie blind zu nennen:
sie wil nie kein recht erkennen.
\ffne / sind die augen zu /
die vernunft / tyrannin du!
[469]
NAEMA.
Liebe ist nit blind zu nennen /
die / was sch \n ist / weiß zu kennen.
durch die augen / ihre kerz
steigt und leuchtet in das herz.
EGLA.
Ließ Jacob sich von Rahel sch \nheit brennen?
NAEMA.
so sehr / daß er von ihr ist nicht zu trennen.
EGLA.
ha! sch \nheit ist nur eine sch \ne haut:
NAEMA.
doch machet sie so manche dirn zur braut.
Nicht die haut nur: sch \ne augen /
sch \ne lippen / k \nnen taugen /
sch \nes lachen / sch \ne red;
daß man ganz in flammen steht.
EGLA.
Ubel freyt sichs mit den augen /
die oft zu verfůren taugen.
Sch \nheit / gleich den rosen / steht
unter dornen / bald vergeht.
NAEMA.
Die Rahel ja / vor Lea / kan behagen.
EGLA.
Die etwan mag im herzen unform tragen.
NAEMA.
Ihr sch \ner leib / ist des gemütes bild.
EGLA.
oft einen wurm das apfel roht verhůllt.
Man muß nicht dem scheine trauen.
man muß ins gemüte schauen
mit dem innern angesicht:
diese augen triegen nicht.
NAEMA.
Man kan wol der stirne trauen.
aus den augen pflegt zu schauen
des gemůtes innre zier.
es verrätt den wirt die thůr.
EGLA.
In Lea Leib / wohnt eine sch \ne seele.
NAEMA.
Man wehlet nicht / daß man die augen quåle.
EGLA.
der seele glanz geht weit dem åusern fůr.
NAEMA.
er wird vermehrt durch seines leibes zier.
Sch \nheit ist doch augenweide /
augenweid ist herzens-freude /
herzens-freude macht verliebt.
Ungestalt das aug betrübt.
EGLA.
Sch \nheit ist verdruß und schmerze /
wann mit ihr nit sch \nt das herze.
[470] Siht ein sch \ner weit heraus /
ziert er auch ein schlechtes haus.
NAEMA.
So mag dich dann ein solcher Schåfer trauen:
ich aber will nach einem sch \nen schauen.
EGLA.
So wehl du dir die weide fůr das aug:
schau nur / daß dich nit beiße rauch und laug'.
3. Akt
1
1.

Rahel. Naema. Thamar. Egla.


NAEMA.
Hier bringen wir den spiegel unsrer auen:
THAMAR.
in dem forthin sich Jacob wird beschauen.
NAEMA.
Wie sch \n saß sie doch gestern in dem bad:
EGLA.
da sie Diana selbst beneidet hat.
THAMAR.
der Luna schnee prangt ům die rosen-wangen.
NAEMA.
ach! sehet doch die silber-fäden hangen.
RAHEL.
Wie macht euch heut die freude so beredt!
THAMAR.
Weil Jacob sol mit Venus gehn zu bett.
EGLA.
Nicht schöner Heva war im garten Eden.
RAHEL.
Ihr werdet mich mit euren fratzen t \den.
NAEMA.
Sitz nun hieher / du engel auf der erd!
laß tragen dich die selle von der heerd.
EGLA.
Nun / sch \nes haar! du must dich lassen kämmen.
THAMAR.
wir wollen dich aufschneckeln / kråusen / flåmmen.
NAEMA.
wie wird doch heut in diesen locken-zwirn /
in dieses netz / sich Jacobs seel verwirrn!
THAMAR.
aus diesem flachs ihm Clotho spinnet leben.
RAHEL.
Ich muß euch heut viel lobe-pfennig geben.
NAEMA.
diß ist das garn / womit man herzen fångt.
THAMAR.
das meine selbst sich in die maschen mångt.
EGLA.
mich důnkt / ich seh die sonne mit den strahlen.
NAEMA.
O bild! das man nit sch \ner k \nte mahlen.
THAMAR.
Nun sezt ih auf / der blum / den blumen-kranz.
EGLA.
Sie hat aich ihm gebunden solchen glanz.
NAEMA.
Hier ist der rock / der gauz vom filze starret:
EGLA.
in diesem muß der bräutgam seyn erharret.
NAEMA.
der gildne Schleyr verhůlle diß gesicht:
THAMAR.
daß man es seh vor scham err \ten nicht.

[471] Die drei schäferinnen danzen in eine feldmusik.


NAEMA.
Komt / ihr schwestern / an den reien!
lasst uns schreien:
Rahel sol den Jacob freien.
NAEMA. THAMAR. EGLA.
Ja wir schreien:
Jacob wird die Rahel freien
THAMAR.
Lasset uns im reien springen /
lasst uns singen:
Rahel wird mit Jacob ringen.
NAEMA. THAMAR. EGLA.
Ja wir singen:
Jacob wird mit Rahel ringen.
EGLA.
Lasset uns im springen sagen /
Rahel fragen:
ob sie lang den kranz wird tragen?
NAEMA. THAMAR. EGLA.
Ja wir fragen:
Wirst du lang den kranz noch tragen?
NAEMA.
Ja / wir sagen / singen / schreien /
THAMAR.
an dem reien:
EGLA.
Freien / Rahel wird erfreuen.
NAEMA.
Ja das freien
wird die Rahel nie gereuen.
THAMAR.
Ja wir sagen / schreien / singen /
in dem springen /
NAEMA.
eh wir sie zu bette bringen:
NAEMA. THAMAR. EGLA.
sůsses ringen /
wird der Rahel freud-gelingen.
RAHEL.
Hört ihr nicht auf / die Rahel zu beschämen:
so zwinat ihr sie / die flucht von hier zu nemen.
NAEMA.
Wir knůpfen ihr nun auch den gůrtel an:
THAMAR.
den niemand heut / als Jacob /l \sen kan:
2
2.

Jacob. Jabal. Boas. Nabal. samt den vorigen.


JABAL.
Hier kommet nun des schåfer-ordens ziehe.
NAEMA.
Der lang gewůnscht / daß dieser tag bald wůrde.
BOAS.
Der aus der fern fůr dich / ô Rahel! kam.
NAEMA.
Der unsren hirten hier diß kleinod nan.
[472]
JABAL.
Geh / Hůrden-Fůrst! zum sieg / auf palmenzweigen.
BOAS.
bewerfet ihn mit schoten und mit feigen.
JABAL.
Dort steht die braut: gib / Jacob! ihr den gruß.
NAEMA.
Darauf wird heut noch folgen mancher kuß.
JACOB.
Gott meiner våtter! der mich hergefůret /
der meine zeit heut so mit freude zieret:
der Rahel mach glůckseelig diesen tag /
daß er ihr zu ein gůldnes leben trag.
JABAL.
Nim hin den kranz / den Rahel dir gewunden.
NAEMA.
Viel sůsse kůß' hat sie darein gebunden.
BOAS.
Sie kr \nt forthin dein herz mit lauter freud.
NAEMA.
Hier fůhrt er nun die augen auf die weid /
an stat der heerd. – – –
3
3.

Laban. Semira. Lea. Nahor. Bethuel. Thara. Regu. der Oberpriester. samt den vorigen.

Hinten im garten / ist ein baldaquin oder zelthimmel von laub und blumen aufgerichtet / dahin gehet der Oberpriester voran / ihm folget Jacob mit den mannspersonen / und diesen die braut mit den weibspersonen. Die schäfere und schäferinnen /spielen und singen ůmeinander / und machen gleichsam zween Ch \re


1 CHOR.

Es komme wilkommen / der fromme / der treue /
der Abrahams-nefe / Rebeccen ihr sohn /
Fůrst Jacob / der schåfere wonne und kron.
Der himmel ihn segne / diß freien erfreue!
2 CHOR.
T \chter Haran! schauet an /
schaut den Jacob in der krone /
damit / seiner treu zu lohne /
Rahel ihn bekrånzen kan /
heut bei seiner hochzeit-freude /
am tag seiner herzens-weide.
1 CHOR.
Es komme wilkommen / die liebe / die sch \ne /
die Fůrstin von Haran / das treffliche bild /
die wonne / die sonne von unsrem gefild!
der himmel sie hege / mit segen bekr \ne!
[473]
2 CHOR.
Wer ist / die nun tritt herzu
so gerad / wie eine kerze?
Rahel / Jacobs andres herze /
edle Fůrsten-tochter du!
sch \n und herrlich ist dein gehen /
wie die marmor-seulen stehen.

Indem der Oberpriester mit beiden verlobten unter dem zelthimmel stehet / sie mit dem handgelůbde zusammentrauet / einen Becher mit wein segnet und ihnen auszutrinken reichet / und Rahel dem Jacob einen ring anstecket / wird von den Ch \ren ferner gespielet und gesungen.


1 CHOR.

Himmel! heil und segen thaue!
Jacob / Rahel / stehn zur traue.
2 CHOR.
Schliest die hertzen / wie die hände.
niemals reisse diß gebande.
1 CHOR.
Eure zeit viel freuden schaue /
als viel gråslein trågt die aue.
2 CHOR.
Euer haus von segen wimmel' /
als viel sternen hegt der himmel.
1 CHOR.
Mit des reben blutes sůße /
glůck und leben in euch fließe.
2 CHOR.
Eure lieb sich ståts verjůnge:
wie sich findt kein end am ringe.
1 CHOR.
Mehret euch / erfůllt die erde:
eure nachwelt weltkund werde.
2 CHOR.
Eure zeit in frieden graue /
der kindskinder kinder schaue.

Die Schäfere und Schäferinnen / gegeneinander über stehend / singen wechselweis ein loblied der beiden vertrauten.


JABAL.

Solte Rahel wol nit lieben
unsres Harans werten gast?
Liebe hat ihn hergetrieben /
die er in sein herz gefasst.
BETHUEL. NABAL.
Lasset uns / aus vielen proben /
Jacobs teure treue loben!
[474]
NAHOR.
Solte Jacob auch nit lieben /
Rahel unsre Harans zier?
keine sch \nheit wird beschrieben /
die sich finde nicht an ihr.
THAMAR. EGLA.
Lasset uns / mit vielen weisen /
unsrer Rahel sch \nheit preisen!
BOAS.
Reise / Jacob! (Isaac sagte)
hol aus Haran deine flamm.
Rahel er / die ihm behagte /
ferne hier zu suchen kam.
NAHOR. JACOB.
Lasset uns / aus vielen proben /
Jacobs teure treue loben!
THARA.
Jacob in der fern' entbrante /
von der Rahel sch \nheit ruhm
ihre zier abwesend kante:
die nun wird sein eigentum
EGLA. NAHOR.
Lasset uns / mit vielen weisen /
unsrer Rahel sch \nheit preisen!
NABAL.
Sie / der nordstein / ihn / das eisen /
zog mit unbekanter macht.
Nach der liebsten můhsam reisen /
das wird billig hochgeacht.
JACOB. BETHUEL.
Lasset uns / aus vielen proben /
Jacobs teure treue loben!
EGLA.
Solcher wangen rosen-blůhen /
solcher augen tauben-blick /
kan ein herze an sich ziehen /
daß es ihr besitz beglůck.
NAHOR. THARA.
Lasset uns / mit vielen weisen /
unsrer Rahel sch \nheit preisen.
JABAL.
Keinen schweiß hat er gescheuet /
keiner můhe sauren dienst /
tåglich ward sein fleiß erneuet:
ům den lieben liebgewinst.
BETHUEL. NAHOR.
Lasset uns / aus vielen proben /
Jacobs teure treue loben!
[475]
NAEMA.
Diese goldgerollte locken /
dieser lippen purpur-saum /
dieses halses weisse flocken /
fůllten ihn mit sůßem traum.
THARA. EGLA.
Lasset uns / mit vielen weisen /
unsrer Rahel sch \nheit preisen.
BOAS.
Siebenmal sich neu-begrůnte /
seit er kame / diß gefild /
sieben jahr' ům sie er diente:
die er nur für tage hielt.
NAHOR. JACOB.
Lasset uns / aus vielen proben /
Jacobs teure treue loben!
THAMAR.
Rahel glånzet / als die Sonne /
gehet himlisch auf der erd.
Ihm erwerben solche wonne /
ist wol solcher můhe wehrt.
EGLA. NAHOR.
Lasset uns / mit vielen weisen /
unsrer Rahel sch \nheit preisen!
NABAL.
Rahel sch \nheit / Jacobs treue /
eines ist des andren wehrt.
Hier in unsrer schåfereie
beides ewig werd verehrt.
JACOB. BETHUEL.
Lasset uns / aus vielen proben /
Jacobs teure treue loben!
EGLA.
Du bist sch \ne / unsre sch \ne!
sch \ne bist du / Jacobs zier!
sch \nes glůck dich allzeit kr \ne!
unsre Trift rufft fůr und fůr:
THARA. NAHOR.
Lasset uns / mit vielen weisen /
unsrer Rahel sch \nheit preisen!
LABAN.
– – – Lasst uns zur malzeit gehen!
SEMIRA.
Die tische schon mit kost besetzet stehen.
NAHOR.
Der liebe tag mit wonne werd volbracht.
NABAL.
Fůr Jacob folgt hierauf die freuden-nacht.

Abgang.

4. Akt
1
1.

Laban. Semira. Lea. Rahel.


LABAN.
Die gåste stehn. das mahl ist nun verzehret.
Ihr t \chter! komt / und euren vatter h \ret.
SEMIRA.
die mutter auch.
RAHEL.
was ist der eltern will?
LABAN.
daß dem geschick du heut solst halten still.
RAHEL.
Ich lasse gern / was mich erfreut / geschehen.
SEMIRA.
Nein! Lea soll mit ihm zu bette gehen.
RAHEL.
mit wem?
LEA.
ach mir!
LABAN.
mit Jacob.
RAHEL.
meinem mann?
SEMIRA.
Dir / Sch \ne! noch ein andrer werden kan.
RAHEL.
Nein! diesen mir der Priester hat gegeben.
LABAN.
Mir steht es zu. du must nit widerstreben.
RAHEL.
Verst \st man mich?
SEMIRA.
Es ist nicht sitt im haus:
die erstgeburt heist erstlich steuren aus
das åltste kind.
RAHEL.
um mich er sieben jahre
gedienet hat.
LABAN.
das mir nit eben ware.
RAHEL.
Mich liebet er. heist das / belohnen treu?
LABAN.
denk / daß ich herr in meinem hause sey.
RAHEL.
Doch vatter auch.
SEMIRA.
der sorgt fůr alle kinder.
RAHEL.
Wen straffet man? ist Jacob dann ein sůnder?
ach erstgeburt!
LABAN.
die er dem bruder nam.
SEMIRA.
die er der Lea auch zu nemen kam.
RAHEL.
Ach! nun find ich die quelle deiner threnen.
kontst du dich so nach meinem Jacob sehnen?
der eltern herz must so gewonnen seyn.
darfst / Lea! du mein ehbett nemen ein?
LEA.
O himmel! sprich / sei meiner unschuld zeuge.
vor euch ich hier die knieh' / ihr eltern! beuge:
h \rt meine bitt. h \rt auch die Rahel an.
lasst ihr / den sie und der sie lieb gewann.
Ich weinte ståts / diß unrecht zu begehen.
RAHEL.
Ich weine nun / verstossen mich zu sehen.
ach vatter! laß doch meinen Jacob mir.
LEA.
ach mutter! laß doch ihren Jacob ihr.
RAHEL.
nimm ihm nit mich / die er so teur erworben:
LEA.
ohn die er ståts wird leben / als gestorben.
LABAN.
Es kan nit seyn. Semira! es ist zeit:
in Jacobs bett die Lea hin begleit.
kein lampen-liecht laß in der kammer stehen:
er muß heut nicht / was er ůmarmet / sehen.
[477]
SEMIRA.
Sie widersteht.
LABAN.
So geh ich selber mit.
LEA.
man reisst mich hin. – – –
2
2.
Rahel allein.

– – – Hilf / himmel! was geschiht?
hat Laban dan der tugend ganz vergessen?
darf mich Semira so mit kummer pressen?
Mein Jacob! ach! nunmehr mein Jacob nicht!
was wird uns iezt für unglůck zugericht?
ach! ich muß dich / ach! du must mich / verlassen.
womit hab ich verdient der eltern hassen?
Schåmt man sich gar vor keiner schand nit mehr?
verschimpft man so des Nahor-hauses ehr?
Muß meine lieb im porte schiffbruch leiden?
Ich stunde nun im antritt meiner freuden:
wie daß mich so iezt leid und unglück fållt?
hått man mir doch dafůr mein grab bestellt!
Die ich bisher der preis von Haran ware /
das ehren lied gesamter hirten-schaare:
soll ich forthin der leute spott-spiel seyn?
T \d mich doch bald / du ungemessne pein!
Es konten mich ům meinen Jacob neiden /
die hirtinnen: nun tr \stet sie mein leiden.
ô harter schimpf! doch schmerzt mich mehr in mir /
daß man also nimt meinen Jacob mir.
Er war ja mein. Darf Laban so betriegen?
der ihm versprach: bei Rahel solst du ligen /
ům deinen dienst! Ist Lea nun die braut?
da man doch ihm verkauft hat meine haut!
Nun dann! der tod ist mir bestimt.
weil man mir meinen Schäfer nimt /
so nimmet man mir auch das leben.
Die lange lieb der sieben jahr /
kan enden nur die schwarze baar.
diß nemen / mich dem grab wird geben.
Ich kan den schmerz verschmerzen nicht.
ich will / aus aller welt gesicht /
hin zu dem wald und wilde laufen.
weil Jacob nicht kan werden mein /
so soll es auch kein ander seyn.
ich laß mich keinem mehr verkaufen.
[478] Ihm nur sei morgen / wann es tagt /
die lezte gute nacht gesagt:
er sol noch einmal Rahel sehen.
Lig / Lea nun an meiner stått.
ich weiß / daß Jacobs ehebett
dir kůrzlich auch leer werde stehen.

Abgang.
3
3.

Silpa. Bilha.


BILHA.
Und lachst du noch?
SILPA.
ich muß des possens lachen?
BILHA.
der Rahel kan betrůbt und weinend machen.
SILPA.
ům einen mann? sind nicht der månner mehr?
BILHA.
kein Jacob doch.
SILPA.
der Lea laß die ehr.
BILHA.
die mit betrug must einen mann bekommen:
SILPA.
daß ihr nit wůrd die erstgeburt genommen.
BILHA.
wann sie diß recht auch in der sch \nheit hått!
SILPA.
die sihet man bey nacht nit / und im bett.
BILHA.
wann sie nur nicht verriet die morgenr \te.
SILPA.
vielleicht man dir auch nicht zuwider thåte /
wann man dich so zuleget' einem mann.
BILHA.
der spiegel mir noch etwas zeigen kan /
das mir bei tag wird einen mann erwerben.
SILPA.
Ich denke wol / du wirst nit jungfer sterben.
G \nn Lea nur / daß sie den Jacob hat:
die Rahel findt wol auch im bette stat:
BILHA.
Was redest du?
SILPA.
Ich wolte viel verwetten /
der Laban werd' auch ihr zu Jacob betten.
BILHA.
kan Jacobs herz die teilung gehen ein?
SILPA.
er muß doch wol. die Lea ist nun sein.
BILHA.
Auf solche weis kan man viel weiber kriegen.
SILPA.
vielleicht komst du noch selbst bei ihm zu ligen?
BILHA.
Glåub mir es zu: mir traumt' in nåchster nacht /
wie in sein bett mich Rahel hab gebracht.
SILPA.
und Lea mich: mir ists auch vorgekommen.
BILHA.
So hått' er dan der weiber vier genommen.
SILPA.
Nun! unsren traum auslegen wird die zeit.
BILHA.
Gott wend nur bald der Rahel hertzenleid.

Abgang.

4
[479] 4.

Jabal. Nabal.


JABAL.
Ists m \glich auch? ward Jacob so betrogen?
NABAL.
warf Rahel aus: die Lea hat gezogen /
das liebesgarn.
JABAL.
wer hat es dir gesagt?
NABAL.
Ich sahe gehn die Silpa / Labans magd /
mit einem rock / der Lea sol bekleiden /
als Jacobs braut: sie sagt' es mir mit freuden.
JABAL.
Ich weiß es ja / wie Rahel ihn geliebt /
und Jacob sie: wiedaß man so betrůbt
ein treues paar?
NABAL.
mit deinen albern fragen!
so bringet man / die im gesicht nit tragen
ihr heuratgut / die jungfern an den mann.
JABAL.
Was unrecht ist / das ist nit wol gethan.
NABAL.
Was nůtzt / ist recht. – –
JABAL.
Kan dann auch die bosheit nůtzen?
kan sonst was / als tugend / schůtzen?
Unrecht / steht auf schwachem fus.
Recht / das wird doch recht verbleiben /
das die frommen herzen treiben.
Bosheit endlich fallen muß.
NABAL.
Und was sol die frommheit nůtzen?
Tugend kan sich selbst nit schůtzen:
List / zieht ihr oft ab den balk.
nacktes recht / kan wenig frommen.
wer wol durch die welt wil kommen /
der muß seyn halb-fromm halb schalk.
JABAL.
Wär sonst keine treu auf erden:
sie sol wohnen bei den heerden.
Einfalt schaf' und schåfer ziert.
hier die hůrden unsrer hirten
můßen nicht betrug bewirten /
die in stådten teuer wird.
NABAL.
Schafe m \gen / dein behagen
Einfalt / mit der wolle / tragen:
Schåfern sie steht ůbel an.
Wer ist mit vernunft begabet /
nicht wie tummes vieh eintrabet /
gehet auf der klugheit bahn.
[480]
JABAL.
Nichts so schåndlich ist / als lůgen
und mit falschen worten triegen.
worte sind des herzens bild.
Ein Gemål kein lob erreichet /
das nicht seinem selb-bild gleichet /
das mit schlimmen farben spielt.
NABAL.
Eine zusag / ist ein sagen.
worte / keine schuld auftragen.
den verstand nicht bindt der mund.
Sein versprechen treulich halten /
war ein albers thun der alten:
Triegen ist der neuste fund.
JABAL.
– – Wer lůgen lobt / der lůget.
nein! Laban fehlt / der Jacob so betrieget /
ihm Rahel nimt / die er versprochen hat.
NABAL.
Sag / was du wilst: die welt lobt diese that.

Abgang.

5. Akt
1
1.

Jacob allein.


Wie bin ich nun geäffet und betrogen!
wie hat mich doch der falsche mann belogen!
Ist Haran so des truges vaterland?
muß solchem haus Rebecca seyn verwandt?
sie hat / und ich von ihr / kein solchs geblůte.
in Jacob wohnt ein redliches gemůte.
pfui herzen-wust! so ein gesind sich findt
in einem Land / wo man den G \tzen dient.
Ich diente hier / ům Rahel / sieben jahre.
die mir vorlangst zum lohn versprochen ware /
mit Lea mir ward heut gewechselt aus.
Ich hole schimpf aus meines vettern haus.
Ich dacht / ich hått / was mir der priester gabe:
am morgen ich dafůr die Lea habe.
Sie zwar hat diß ohn ihre schuld gethan:
sie zeiget mir den zwang mit trånen an /
das fromme herz. Was kan hiervon ich machen?
ich muß ja selbst des losen possens lachen.
dem bruder ich die erstgeburt entzog:
dafůr der Rahel schwester mich betrog.
[481] Die mutter mir / mit list / gab Isaacs segen:
mit list nun auch must Laban zu mir legen
die after-braut. Was ich dem Esau thåt /
von Lea mir iezt auch zu handen geht.
ich werd gestraft. Wie werd ich mich nun fassen?
Ich kan mein weib / die Lea / nicht verlassen.
ich laß auch nicht von Rahel / meiner braut /
die gestern mir ist worden angetraut:
solt ich nach ihr noch sieben jahre streben.
Man hat also zwei weiber mir gegeben:
bei tage die / und jene bei der nacht.
Abrams Gott / du mein begleiter!
der du bei der himmels leiter
mir im traum versprochen hast:
daß du ůber mir wolst wachen /
meinen Samen groß zu machen /
als viel staub die erde fasst /
daß du mich nit wollest lassen.
dich ich und dein wort wil fassen.
Dein und meines vaters segen
sei mit mir auf meinen wegen.
dein geschicke trågt mir auf /
zweier schwestern mann zu heisen:
deine worte wahr zu weisen /
daß ich werd ein v \lker-hauf.
Schaff dann auch durch dieser eine /
daß dein Heil der welt erscheine.
2
2.

Jacob. Rahel.


RAHEL.
Fragt Jacob nicht / was seine Rahel macht?
JACOB.
Ach! meine braut! kom! daß ich dich ůmarme.
RAHEL.
mit armen / die der Lea machen warme.
JACOB.
Wir sind geåfft!
RAHEL.
getrennt!
JACOB.
nein! dieses nicht.
ich habe dir auf ewig mich verpflicht.
RAHEL.
Ja / treuer hirt! du hast ümsonst gedienet /
ümsonst nach dir mein hoffen hat gegrůnet /
die sieben jahr'. ietzund hat Lea dich.
nun schwågerin / mein bråutgam / nennet mich.
Vor schimpf / darf ich die augen nich aufheben.
Ich mag nicht mehr vor menschen-augen leben.
[482] zu guter nacht / mein Jacob! lebe wol!
mein' herzens-angst der tod bald enden sol.
JACOB.
Getrost!
RAHEL.
ohn trost!
JACOB.
Solt ich ohn Rahel leben?
RAHEL.
Die Lea mir wird ihren mann nicht geben.
JACOB.
an dich ich bin / an Lea nicht / getraut.
RAHEL.
Sie ist dein weib: ich bleibe nur die braut.
JACOB.
Du hast das herz.
RAHEL.
was sol es mir / ohn leibe?
RAHEL.
Verlaß mich nicht!
RAHEL.
ich gehe.
JACOB.
nein doch! bleibe!
RAHEL.
zu Harans spott! – –
3
3.

Jacob. Lea. Rahel.


LEA.
– – – Die schuld mich schamrot macht /
zu der mich hat der eltern will gebracht.
du wirst mir ja / mein Jacob! diß verzeihen?
und Rahel! du?
RAHEL.
mein leid / ist dein erfreuen.
LEA.
Zu Gott ich schw \r': er sei mir nimmer hold!
wann ich hierbei / was ich gethan / gewolt.
der zwang must mich an Jacobs seite legen.
RAHEL.
an den mich hatt vermålt des priesters segen.
ich bin die braut.
LEA.
und ich nunmehr sein weib:
kein mann / als er / hat recht zu meinem leib.
JACOB.
Die Rahel will sich der verzweiflung geben:
RAHEL.
weil sie nicht kan in solcher schande leben.
LEA.
Der Laban dich / dein Jacob nicht / verstieß.
JACOB.
Ich wåre todt / wann Rahel mich verließ.
RAHEL.
verlohr' ich ihn: bald sol der tod mich binden.
LEA.
wo wird man dan mich / ohn euch beide / finden?
Mich nem der tod: nim du den Jacob hin /
und lern / daß ich die treue schwester bin.
JACOB.
Die unschuld muß hiebei nit straffe leiden.
RAHEL.
Ich wil dich nicht von deinem manne scheiden.
LEA.
Dein ist der mann.
JACOB.
Im himmel wohnet gnad:
der diesem unheil weiß zu schaffen raht.
lasst uns vor ihn mit heißer bitte stehen:
ich weiß / es wird noch alles wol ausgehen.
4
4.

Laban. Semira. Jacob. Lea. Rahel.


LABAN.
Wie schlieff man heut?
JACOB.
muß man noch leiden spott?
diß unrecht siht der große Isaacs-Gott:
er wird es noch / er der gerechte / råchen.
[483]
RAHEL.
daß man also darf sein versprechen brechen.
SEMIRA.
Nennt unrecht nicht / das recht von diesem land.
JACOB.
So scheuet man in Haran keine schand?
hat man also die braut mir d \rfen nemen?
RAHEL.
mir meinen mann?
LEA.
diß muß mich ja beschåmen.
LABAN.
die åltste hier man gibet erstlich aus.
SEMIRA.
man bricht nicht diß gesetz in unsrem haus.
RAHEL.
die zusag wol.
JACOB.
Um Rahel ich ja diente.
wan man nit so mit worten spielen kůnte /
hått man diß recht mir erstlich angesagt.
LABAN.
So håtte wol der dienst dir nicht behagt.
LEA.
O Erstgeburt! ach! wår ich nie geboren!
SEMIRA.
So håtte dich der Jacob nie erkoren.
RAHEL.
der mich verliert.
JACOB.
der dich nit lassen kan.
gebt mir mein weib.
LEA.
gebt Rahel / ihren mann.
LABAN.
Er ist nun dein: er hat bei dir gelegen.
RAHEL.
Er ist auch mein: mich hat des priesters segen
ihm angetraut.
SEMIRA.
so seit dan beide sein!
5
5.

Nahor. Bethuel. Thara. Regu. Jabal. Boas. Nabal. Naema. Thamar. Egla. Silpa. Bilha. samt den vorigen.


NAHOR.

Stellt man sich nicht zur hochzeit wieder ein?
BETHUEL.
was steht man hier?
RAHEL.
kan ohne braut man halten
die hochzeit noch?
THAMAR.
Laß du den himmel walten!
REGU.
ja! ůberlaß der Lea deine stell.
RAHEL.
Ist iederman des Labans Trug-gesell?
NABAL.
Man tråget auch zu kauf nit schöne håute.
BOAS.
Die tugend-zier / nicht nur die haut / macht leute.
schilt Lea nicht.
NABAL.
die Rahel wår mir lieb.
JABAL.
du m \chtest sie?
NABAL.
so wahr ich sei ein dieb!
NAEMA.
Man wird ja nicht die Rahel so verstossen.
NABAL.
dir wol nicht wår gedient mit solchen possen.
EGLA.
Der Lea muß man Jacob nemen nicht.
NABAL.
Er mag sie kaum: sie hat ein bl \ds gesicht.
THAMAR.
du loses maul.
NABAL.
sih nun!
LEA.
der hon mich t \det.
RAHEL.
mich der verschmach.
LABAN.
die sach' ist abgeredet.
Es gehe dan nach euer beider sinn.
SEMIRA.
nim / Jacob / du / zur Lea / Rahel hin:
dir diese sei auf jene nacht versprochen.
LABAN.
Doch halt mir aus / die sieben jahre-wochen.
[484]
JACOB.
Ich nem von dir die Rahel / als ihr mann /
noch ům den dienst von sieben jahren an.
NABAL.
muß er dan so die beide t \chter kaufen?
JACOB.
Ich will / mit schweis / ům deine heerden laufen /
wie ich gethan.
NABAL.
Er nimt zwei weiber hin:
von einer ich genug geplaget bin.
SEMIRA.
du / Lea / wirst hiermit auch seyn zufrieden.
NABAL.
Diß paar viel kriegs wird / ům den Jacob / schmieden.
LEA.
Ja / ich gehorch' / als wie ich heut gethan.
Ich theile gern mit Rahel meinen mann.
nim / Jacob / hin die Rahel / deine liebe!
dir / Rahel / ich hiermit den Jacob gibe.
mein ganzes recht nim selbst von meiner hand.
dein halbes herz mir bleibe zugewandt /
sein halbes auch. woltst du noch mehr verlangen:
ich laß an dir den ganzen Jacob hangen.
ein theil von mir schliest euren herzen ein.
uns dreie lasst ein treues kleeblat seyn.
NAHOR.
Es komt vom HErrn / was sich allhier begibet.
JACOB.
Mein herz forthin zween liebe gatten liebet.
kom / liebste braut / mein bitter-sůßer lohn!
nim diesen kuß / du aller sch \nen kron!
NABAL.
das schmecket sůß / auf so ein saures leiden!
RAHEL.
So sol ich dan nicht meinen Jacob meiden?
nun dieser kuß versigle meine treu.
der Lea ich werd friedlich wohnen bei.
NABAL.
wan sie nur nicht sich ům die nåchte zanken.
JACOB. LEA. RAHEL.
Es sol keinmal die Mannes-liebe wanken.
Es sol keinmal die Schwester-liebe wanken.
SEMIRA.
Die Silpa ich zur magd gib / Lea / dir
LABAN.
und / Rahel / du nim an die Bilha hier.
So lebt beglůckt / wachst in viel tausend glieder!
SEMIRA.
Und euer sam schlag' alle feinde nieder!
NAHOR.
des himmels thau euch netze iederzeit!
BETHUEL.
Euch mache reich / der erde fettigkeit.
THARA.
Der Nahors-Gott / mach euch die Lånder fůllen /
und bleibe ståts / mit segen / euch zu willen.
REGU.
Verflucht sol seyn / der eurem samen flucht!
gesegnet sei / der euer båstes sucht.
[485]
JACOB.
Hat man eine ie gesehen /
die ward eher frau / als braut?
NAEMA.
Gestern sah man Lea gehen
in das ehbett ungetraut.
BOAS.
Hat man iemals noch gesehen
eine so vertauschte braut?
THAMAR.
Also siht man Rahel gehen /
heut und gestern / zwier getraut.
NABAL.
Rahel ihren mann verlieret
und gewinnet / ůber nacht.
EGLA.
Weil er zwo zu bette fůret /
wird die hochzeit neu gemacht.
JABAL.
Eine frau hat er verlanget:
zwo er in die arme schliest.
NAEMA.
Also Jacob doppel-pranget:
nie zuviel des guten ist.
BOAS.
Er sol v \lker-vater heisen /
wie man ihm geprofezeit.
THAMAR.
Dieses nun erfůllt zu weisen /
wird er zwei-gepaaret heut.
NABAL.
Nun / ihr dreie / lebt in treue!
lebt / ihr zweie / ungezweit!
EGLA.
alle freude euch erfreue!
vor euch fliehe alles leid!
LABAN.
Es wird (h \rt' ich jůngst den Chaldeer sagen)
diß Schwestern paar / zween große månner tragen.
NAHOR.
Der Rahel Sohn / sol nehren Jacobs haus.
BETHUEL.
Von Lea Sam / der Held sol gehen aus /
durch welchen wird die welt erl \set werden.
LABAN.
Ein großer Fůrst wird jener seyn auf erden /
als wie die Sonn' auf der saffirnen bahn /
den Jacobs s \hn' / als sternen / beten an.
JABAL. BOAS. NABAL.
So senden wir / zu Gott / hertz / augen / hånde.
NAEMA. THAMAR. EGLA.

daß Jacobs Sam' auf erd sich nimmer ende.


[486] Also endete sich / mit höchstem vergnůgen und lobspruche der zuschauere / dieses spiel / und verteilten sich hierauf die andere k \nigliche personen unter diese k \nigliche hirten: da ihnen diese tracht so wol gefiele / daß / auf veranlaßung der Königin von Mesopotamien / sie sich allerseits dazu entschloßen / die übrige zeit / die sie in Mesopotamien seyn würden / in solche hirtentracht sich zu kleiden. Die Petasiride /welche die sch \ne Rahel fůrgestellet / erschiene / unangesehen sie sonst sehr heroisch- und kriegerischen wesens war / unter diesem schäferkleide so sanftmütig und dabei fürtreflich sch \n / daß fast die K \nigin von Ninive nicht leiden kunte / wan ihr Dison sie zu viel ansahe. Wie sie nun / den abend / im grůnen eine schåfermalzeit gehalten / und fast die halbe nacht hindurch mit danzen und allerhand spielen zugebracht hatten / schieden sie endlich mit dem fůrsatze voneinander / sich nicht wieder in so \ffentliche versamlung einzufinden / bis daß sie alle in ihren schåfer-kleidungen würden erscheinen k \nnen.

[487]
Das Dritte Buch
Die geschichte der drei Prinzessinnen Jemima - Kezia und Kerenhapuch
Die geschichte der drei Prinzessinnen Jemima /Kezia und Kerenhapuch.

Der K \nig von Ausitis als herrvatter meiner dreien Prinzessinnen / sonderte sich sofort in seiner jugend von seinen verwandten ab / und im land Ausitis allein wonend / stellete er alda ein so gottseliges leben an /daß man ihn mit recht den andren Enoch hette nennen mögen. Die abgötterei / so üm ihn eingerissen / thåte er / für seine person und unter seinen leuten / gänzlich ab / und ware auch derselben so gar zu wider / daß er keines wegs sich wolte abbilden lassen / wie sehr auch solches der stathalter von Syrien verlanget: weil er besorgte / daß solches eine sůnde seyn oder einfüren m \chte. Er verheuratete sich / wie er schon zimlich alt war / mit des Königs von Gesur tochter / der Palmis / und hatte mit derselben eine fruchtbare ehe: wie ihn dan Gott / in allem / gesegnet hatte. Ich zweifle nicht / es werde allen meinen durchleuchtigen zuhörern bekandt seyn / was [519] meinem König widerfahren /und wie der Allmächtige seine sonderbare gedult geprüfet: massen davon eine kluge hand ein eignes buch reimweis verfasset / darinn des Fůrsten Zophars von Naema hier zugegen / mit erwehnet wird.

Ich will demnach solches übergehen / und nur sagen / wiedaß ich eben zu diesem gottseeligen K \nig gekommen / als dessen zustand sich geåndert / und er seine vorige glückseeligkeit wieder erlanget. Es war damals / der königliche hof zu Ausitis / von allen des Hiobs anverwandten angefůllet / die mit ihme ůber seiner glůcklichen veränderung sich erfreuten: und bekame ich also zu sehen / den Fürsten Hus seinen bruder / ingleichen den Prinzen Bildat von Chaldea / den schwager meines Königs / wie auch den Fůrsten Laban hier zugegen / der ebenfalls eine schwester von meinem König geheiratet. Es waren auch daselbst der Eliphas von Theman / der damals noch sehr junge Fůrst von Bus / der verständige Elihu / und der Zophar von Naema: die alle / auser denen Fürsten von Hus und Haran / teil haben an der geschicht-beschreibung deren ich erst habe erwehnet. Ob nun gleich mein K \nig ein vatter dieser seiner anverwandten seyn und heisen können / weil er bereits das hunderte jahr überlebt hatte / so waren doch seine kråfte noch so frisch / und sein gemůt so munter / daß er an dieser gesellschaft / und sie hinwieder an ihme / sich erlaben und vergnügen kunten. Sie blieben auch so lang beieinander / bis der Prinz Bildat / als feldherr / nach Babel beruffen wurde / Eliphas und Elihu aber nach Ur gingen / und die andere gleichfalls nach ihren landen und geschäften wieder abreiseten.

Die hierauf erfolgte einsamkeit / wurde sowol durch die glůckselige geburten unserer fruchtbaren Königin / die [520] die verlorne zehen k \nigliche kinder wieder brachte / und also das k \nigliche haus mit sieben Prinzen und diesen dreien Prinzessinnen beseeligte / als auch durch deren schwester die hochverständige Calmana / ersetzet. Diese name sofort die erziehung dieser dreien töchter über sich / das zwar der König geschehen ließe / aber / weil diese Prinzessin selber des wahren glaubens noch fehlte / darneben durch mich im rechten gottesdienste sie unterrichten ließe: daher ich von mir růmen kan / daß ich eben also die aufsicht über ihre seelen / als wie die Calmana ůber ihr gemüter und leiber / hatte. Wie glücklich wir nun beiderseits in unserer erziehung gewesen / solches wolte ich wol weitläufig vorbringen / wan die gegenwart meiner dreien Prinzessinnen / die ich / zu ihrer schamröte / ins geschichte loben würde / und die bescheidenheit / mir solches nicht verböte. Sie ergezten und übeten sich aber fůrnemlich / in erlernung des himmelslaufes: in welcher wissenschaft sie so weit kamen / daß kein Chaldeer noch Egypter ihnen etwas zuvor thun kunte. Es ware solches auch meinem König nicht zu wider / weil sie den misbrauch davon ließen / der die meisten hierbei zu verfůren pfleget.

Solcher gestalt wurde nun auch / der hof zu Ausitis eine rechte hohe schule / da / zu iedermans verwunderung / die kinder lehrmeistere waren und die alten unterrichteten: daher auch / von allen benachbarten orten / die weltweißen an unsrem hofe sich einfanden. Der fürwitz triebe nun auch den Prinzen von Zoba / unsren nåchsten nachbarn / daß er sich bei unsrem hof einstellte. Gegenwärtige Prinzessin Jemima / die åltste von ihren schwestern / mochte damals kaum funfzehen jahre haben / als der Cesias ankame: der sich dan gleich von ihrer schönheit dermassen einnemen lassen / daß er mehr [521] dieses erd-gestirne / als das firmament des himmels / betrachtete. Weil Calmana dem hause Zoba sonderlich zugethan war / auch aus dem himmelslauf ersehen hatte / daß einer von diesen Prinzessinnen / als ihren Nichten / die kron von Zoba bestimmet wäre / ließe sie ihr diese liebe des Prinzen nicht misfallen / und sahe gern / daß also sein sin und der gestirne einflus ůbereinstimmete. Sie er \ffnete auch hiervon dem K \nig ihre gedanken: der aber /wegen der grossen abgötterei / die die von Zoba trieben / solcher befreundung ganz entgegen ware / und öffentlich sich erklärte / daß er nimmermehr eine tochter in ein so abgöttisches land geben wolte. Calmana machete sich hierauf an ihre schwester: die aber sich hierinn weder zu- noch abgeneigt erklårte / und es auf die freie wahl ihrer tochter ankommen ließe.

Also wurde diese Prinzessin von der Calmana sehr angefochten: die aber ja so grossen widerwillen gegen den Prinzen von Zoba / als ihr herrvatter / erwiese. Es halfe nicht / daß ihr Calmana aus den gestirnen zeigte / wie ihr die kron von Zoba bestimmet wäre: weil solches / wie sie sagte / nicht mehrers auf sie / als auf ihre beide schwesteren deutete / oder auch wol auf ihre brüder k \nte gezogen werden. Was nun Calmana für ihn nicht auszurichten vermochte / das wurde auch dem verliebten Cesias selber unmüglich: massen der vergebens / so wol seine seufzer anfangs fůr sich reden ließe / als nachgehends dieselbe mit worten erklärete / und bliebe sie bei ihrer weise / ihm zwar h \flich / aber daneben ganz kaltsinnig / zu begegenen. Dieses sezte den Prinzen in die tiefste traurigkeit /und die Calmana in ein solches mitleiden / daß sie schlůßig wurde / dem K \nig von Zoba schriftlich zu entdecken / wie es mit seinem sohn stünde. Weil Cesias ein einiger sohn / und grosse [522] geschicklichkeiten befasse / als ward er nicht nur vom vatter / sondern auch von allen inwonern des reiches Zoba / innigst geliebet: daher der Calmana bericht solche wirkung hatte / daß der K \nig von Zoba selber zu uns kame /ům diese sache für seinen sohn richtig zu machen.

Als er die Jemima ersahe / fülete er eben dasjenige / was seines sohnes anligen verursachet / und von einerlei verhängnis getrieben / verliebte er sich in diese junge Prinzessin ja so sehr / als sein sohn / und wurde / an stat dessen fůrsprach zu seyn / sein eigener freiwerber. Weil er ein måchtiger K \nig war / und die sitsamkeit seines sohnes nicht hatte / als entdekte er gleich sein anligen dem Hiob: der über so etwas ungereimtes bestürzend / weder ja noch nein sagen wolte /weil er das erste nicht zu thun vermochte / und das andere nicht thun dorfte / wegen der grossen gewalt dieses tyrannen; weswegen er ihn mit guten worten aufzuhalten beschlosse. Calmana sahe nun / obwol zu spate / wie wenig ihr anschlag dem Prinzen genutzet: massen der / auf befehl seines eifersüchtigen vatters /sofort Ausitis raumen muste. Wie nun dieser stachel aus dem wege gebracht war / sezte er mehr / als zuvor / an die Jemima: die aber / ungeacht ihrer jugend und der ihrigen furchtsamkeit / dannoch mit solcher strenge ihm begegnete / daß er ihr nichtes angewinnen kunte. Doch zwange er sich / in hoffnung / sie endlich noch zu erobern / und reisete also wieder davon / weil die geschäfte seines reiches ihme kein längeres ausbleiben verstatteten.

Zu Zoba brante nun sein liebes feuer nicht minder /als zu Ausitis / und machte ihn seine g \tter üm raht fragen / wie er dazu gelangen solte / daß des Hiobs tochter möchte Königin von Zoba werden. Er bekame[523] hierauf diese greuliche antwort: er solte seinen einigen sohn dem Moloch opfern / so würde die kron von Zoba an des Königs von Ausitis töchter eine kommen. Was vermag nicht eine häftige liebe? sie machte / bei dem König von Zoba / alle liebe zu seinem tugendhaften sohn verschwinden / also daß er / seinen hitzigen begierden folgend / diese einige hoffnung seines reiches / den edlen Prinzen / schlachten ließe: und vermeinte er den Moloch / durch diese wilfärigkeit /dahin zu vermögen / daß er in seiner liebe ihn m \chte glücklich machen. Wir erfuhren diese greuliche mordthat / wenig tage hernach / als es geschehen war / und ware kein mensch im lande Uz / der nicht den edlen Cesias beklagt hätte. Jemima selbst vergosse mildiglich ihre tränen hierüber / weil sie (wiewol eine unschuldige) ursach seines todes ware. Wie wir nun sahen / daß des Königs von Zoba liebe so häftige wirkungen hatte / musten wir uns dergleichen gewalttaten mehr versehen / und lebten daher in nicht-geringer angst / was weiter sich begeben würde.

Ehe wir aber einen raht ersinnen konten / wie allen besorgenden unfällen möchte begegnet werden / vernamen wir / daß zwar des Königs von Zoba liebe zu unserer Prinzessin erloschen / hingegen aber ein bitterer haß in dessen und aller einwonere von Zoba herzen / gegen diese unschůldige entstanden wäre: wel che sie \ffentlich die ursach von dem verlust ihres Prinzen nennten / und sich der bedrohlichen reden vernemen ließen / wie sie das vergossene blut des Cesias rächen / und also das land wieder aussönen wolten. Dieses bewegte meinen König / auf die entfernung seiner töchter zu gedenken: dan die von Zoba droheten auch den andern beiden / weil ihrer götter ausspruch also gelautet / [524] daß eine von ihnen die kron von Zoba erlangen würde; die sie aber keiner von ihnen günnten / sondern ihnen gehäßiger / als ihren ärgsten feinden / waren. Es konte aber des von unmut fast rasenden K \nigs von Zoba feindliches fůrnemen nicht so fort zur tätlichkeit ausbrechen / weil wir in guter hut stunden / und der hülfe des Königs von Gesur / auf allen bedürfenden fall / versichert waren. Also gewonnen wir zeit / auf eine sichere entfernung zu gedenken / und wurde ich von meinem König an die Mesopotamische gränze abgeschicket / der Gumathener land von den Musianern zu erkaufen: welches der König den dreien Prinzessinnen zum erbteil gabe /und sie nachgehends / neben der Calmana und mir /vergangenen herbst heimlich dahin ziehen ließe / daß kein mensch wuste / wo wir hingekommen.

Daselbst nun / und zwar zu Abarne / stellten wir unser hauswesen an / und / ům desto heimlicher zu bleiben / veränderten wir zum öftern unser hausgefinde: massen von allen / die üm uns waren / kein mensch unsere herkunft wuste. Die drei Prinzessinnen kleideten sich wie schäferinnen: worbei aber / auf der Calmana verordnung / k \niglicher schmuck seyn muste / üm sie von andern zu unterscheiden. Wir lebten dergestalt ganz vergnügt / und von aller frömden gesellschaft abgesondert / dazu uns die klippen und das abweg same gebirge beförderlich war: und hätten wir uns nicht glůckseeliger wünschen können. Der Ausicles / neben seiner frauen / der Eidanie / und seiner schwester / den Melidia / die sich nun unter hiesigen schäfern befinder / waren von unsern bästen nachbaren / mit denen wir auch kentnis macheten. Und weil diese auch auf den himmelslauf sich verstunden /als namen wir unser studiren [525] in den gestirnen wieder vor die hand: welches sich zu dem unschüldigen land-und schäfer-leben so wol schickte / daß keines dem andern hinternis brachte / sondern beides zugleich bestehen kunte. Meines Königs absehen war / daß die Prinzessinnen so lang daselbst verborgen leben solten / bis der zustand in Zoba sich würde verändert haben.

Wie nun dieser nächste winter schier vorbei war /und eines tags die drei Prinzessinnen / neben mir /den hirtinnen Melidia und Eidania das geleite gaben /die hieher nach Mesopotamien reisen wolten / stieße unversehens der Prinz Sinear von Chaldea auf uns: der / wol recht durch schickung des himmels / diese sonstabwegsame strasse reisen / und in den klippen sich verirren müssen / üm solche ungemeine wegweiserinnen fürzufinden. Weil uns / frömde leute zu pferd zu sehen / gar ungewönlich war / massen / wie gesagt / wir von aller gesellschaft und ansprache befreiet lebten / als erweckte die furcht in uns sofort die flucht /als wir den unbekanten Sinear erblickten. Wie der aber uns nachsezte / und uns leichtlich einholend /bloß nach dem weg sich erkůndigte / fasseten wir wieder einen muht / ihme zu stehen / und antwort zu geben. Ausicles / der ehmals diesen Prinzen in Chaldea gesehen / erkante ihn endlich / und / dessen namen und stand uns anmeldend / gabe er uns anlaß /ihm / als dem schwester-sohn meines Königs / wol zu begegnen / und / ob wir uns gleich nicht zu erkennen gaben / ihn zu bitten / daß er mit seinen leuten in Abarne bei uns einkehren möchte. Es bedorfte nicht viel můhe / den Prinzen hierzu zu bereden / welcher nichts lieber thäte / als bei denen länger zu verbleiben / die ihme / im ersten anblick / alle begierde fůrter zu reisen benommen: massen die schönheit [526] [528]meiner Prinzessinnen ihn so sehr eingenommen / daß er halb verblendet sich nach Abarne füren ließe.

Calmana / als sie uns mit dieser frömden gesellschaft ankommen sahe / erwiese sofort einen unwillen / daß wir den Prinzen Sinear eingeladen / und wäre ihr lieber gewesen / daß wir uns seiner geäusert hätten. Weil es aber eine geschehene sache war / als verbarge sie / sonderlich für ihme / ihr misfallen / und erwiese ihm alles / was das recht der wirtschaft mit sich bringet: in hoffnung / daß er bald / und zwar den folgenden tag / wieder abreisen würde. Es kame aber gar anders / als sie gedachte: massen der Sinear so wenig den ersten / als den andern tag / vom fortreisen sagte /und sich so verliebt / als begierig diese schönheiten zu kennen / erweisend / ein eigenes haus in Abarne mietete / und also / einigen fürwand ersinnend / der ihn daselbst aufhielte / ein beständiger einwoner unseres gebirges wurde. Dieses frömde beginnen / zumal da wir wusten / und es ümständlich von ihm erfahren hatten / wie der tod seines herrvattern ihme die regirung über Chaldea überlassen / und also seine gegenwart daselbst hochnötig war / öffnete uns die augen /daß Calmana und ich anhuben zu merken / was den Prinzen bei uns aufhielte: weswegen wir beiderseits einen ungleichen schluß fasseten / wie wir uns hierbei bezeigen wolten.

Ich meines teils fande keine ursach / dem großen Sinear in seinem beginnen entgegen zu seyn: weil ich nicht sahe / wie meines Königs tochter vorteilhaftiger wůrde heuraten können. Aber die Calmana / die das Assyrische haus / daraus der Sinear entsprossen / üm deß willen hassete / weil Armatrites / seines grosherrvattern bruder / ihren herrvattern / den König von Gesur / sehr gedemütigt / und ihn zimlich eingeschränkt [528] gehalten hatte / hinterte und wehrete / wie sie kunte / daß weder Jemima / noch deren schwestern /des Sinears liebe annemen möchten. Also sahe nun die Prinzessin Jemima / auf welche des verliebten Prinzen seine wahl fiele / von drei teilen sich angefochten: als erstlich von dem Sinear selber / der / so oft er gelegenheit hatte / ihr von seiner ehrerbietigsten liebe fůrsagte; ferner von der Calmana / die sie hiervon abmanete; und letzlich auch von mir / der ich stäts des Prinzen wort bei ihr hielte. Sie begegnete aber uns allen dreien mit grossem verstande / daß keines von uns ůber sie klagen kunte: indem sie / gegen den Sinear weder zu gütig noch zu streng sich erwiese / gegen mir aber auf ihren herrvattern sich berieffe /und der Calmana das klägliche beispiel des Cesias fürhielte. Weil ich dem Prinzen wol wolte / als verschwiege ich ihm nicht / wiedaß die Prinzessin alles auf ihre eltern verschöbe: die ich ihm aber nicht nennte / weil ich es in bedenken zoge / auch wegen meines abgelegten eides nicht thun dorfte. Ich machte ihm aber die hoffnung / daß ihre eltern seiner liebe nicht entgegen seyn wůrden.

Der Prinz Sinear war hoch erfreut / wie er also in seiner liebe sich glücklich hoffen dorfte / und unterließe nicht / hievon gegen der Jemima zu erwehnen: die dan endlich sich auch nicht länger bergen kunte /sondern dem Prinzen / auf sein inständiges anhalten /gestunde / wie sie / sich dem befehl der ihrigen gutwillig zu unterwerfen / gesonnen wäre / wan diese wolten / daß sie ihn / den Prinzen / lieben solte. Wiewol nun dieses / einen liebhaber vollkömlich zu vergnügen / nicht gnug ist / so machte doch meine verheisung / die ich ihm hierbei thäte / daß er sich glücklich achtete. Er erbate mich auch letzlich / daß ich ihm verhieße / an die eltern [529] seiner schönen zuschreiben: üm die vergönstigung für mich / daß ich ihm ihre herkunft entdecken / und für ihn / daß er eine von ihnen lieben dörfe / zu erlangen. Ich stellte so fort ins werk / wessen ich mich hatte anheisig gemacht / und färtigte nach Ausitis einen getreuen slaven ab: der aber / wie ich nachdem erfahren / auf den hinwege verunglücket und ümgekommen ist.

Mitlerweile wir nun auf dessen wiederkunft vergeblich harreten / fiele in Chaldea etwas für / das den Prinzen nötigte / dahin zu reisen: und schiede er zwischen furcht und hoffnung von uns / weil ihm die Jemima keine andere versicherung geben wolte / als die aus dem befehl ihrer eltern herrüren würde. Zwar kunte sie / bei aller eingezogenheit / sich so völlig nicht bergen / daß man nicht hätte warnemen sollen /wie sie dem Sinear gern möchte geholfen sehen: welches dan auch diesen liebhaber einig und allein erhielte / üm mit etwas hoffnung von uns zu scheiden; da ich ihm auch versprache / sobald mein bote wieder kommen würde seyn / ihme davon bericht einzusenden.

Die verschmizte Calmana merkete alle diese heimliche handlung / und gebrauchte sich eben dieses mittels / dieselbe zu hintertreiben / indem sie gleichfalls iemand nach Ausitis abfärtigte. Ihre botschaft glückte ihr bässer / als mir die meinige: und weil sie von des Sinears person ganz widrig berichtet / als wirkte sie soviel aus / daß mein König / im zurück schreiben /hierinn der Calmana fürung und ordnung alles anheim stellte. Der gute König wolte ihrem einraht nicht mehr wiederstreben / da es mit dem Cesias / weil er ihrem raht nicht gefolget / so unglücklich abgelaufen ware. Als der Calmana diese gewünschte antwort u-kame /zeigte die sofort der Jemima / was ihr her [530] vatter ihr für macht über sie gegeben / und hube damit auf einmal alle hoffnung auf / die ihr die Prinzessin / von ihres herrvattern einwilligung / heimlich gemacht hatte. Ihre ungemeine tugend halfe ihr dißfalls sich selbst überwinden / üm den schüldigen gehorsam allen andern betrachtungen vorzuziehen / und konte weder Calmana / noch ich / einige ånderung an ihr spüren: massen sie in eben der gemütsruhe verharrete / die sie vormals hatte blicken lassen.

Ich muste nun auch meines Königs befehl bei mir gelten lassen / und glauben / weil ich keine antwort bekommen / daß der Sinear zu Ausitis gar nicht angenem seyn müste. Als nun dieser hoffnung-volle Prinz wieder kame / verhelete ich ihm nicht / wie sich seine sachen verändert / und daß ich ihme / so gern ich auch wolte / ferner nicht zu helfen wüste. Mein bericht machte ihn noch nicht so völlig verzweiflen / als wie es nachgehends geschahe / da Jemima ihn ganz ernstlich abwiese / auch / auf befehl der Calmana / ihn ersuchte / sie nicht mehr zu sprechen. Dieser befehl dunkte den Sinear unerträglich / und bemühete er sich hierauf bei der Calmana vergebens / in ihre gute gunst zu kommen: die aber weder seine tränen / noch seine hohe tugenden betrachtete / sondern ein für allemal ihm gebote / ihr haus und gesellschaft zu meiden. Weil nun die Prinzessinnen nicht dorften aus dem zimmer kommen / solang der Sinear in Abarne war /als triebe ihn die höflichkeit endlich von uns: weil er vernommen / wie die Prinzessinnen sich über ihn beschweret / daß er sie als gefangen hielte. Seine entfernung erstrekte sich aber nicht all zu weit / massen er in den nächsten klippen verbliebe / weil er unmůglich den ort völlig verlassen kunte / da sein leben lebte: und erfuhre er / durch [531] gewisse kundschaftere / inzwischen alles / was in Abarne fůrginge.

Wie er nun einsmals vername / daß die drei Prinzessinnen / bei einer hirtin / die zu ende des waldes unferne von Abarne wonete / zu gaste gehen würden /belaurete er sie mit seinen bei sich habenden leuten: von denen keiner / als sein waffenträger / üm seines herrn fürnemen wuste. Selbiges ware / daß er / die ältere von den dreien Prinzessinnen / nach Ur entfüren /und also mit gewalt der Calmana diese gar zu gehorsame Nichte entwenden wolte / die nicht aus eigenem widerwillen / sondern aus kindlicher schůldigkeit /ihm in seiner liebe entgegen ware: und diese meinung / die er von der Jemima hatte / entschüldigte einiger massen seine gewalttätigkeit. Wie er nun den dreien Prinzessinnen / fast bis gegen den abend / vorgelauret / und endlich wargenommen / daß iede von ihnen ihr einen spazirgang im wald erkieset / ware er so glücklich / daß er auf die spur der ältern Prinzessin kame: die er sofort auf das höflichste anredte. Er bekame zwar von ihr einen verweis / üm daß er ihr gebot brache / und sich vor ihr sehen ließe: doch vermerkte er darbei / daß sie so eiferig nicht war / als wenn die Calmana wäre zur stelle gewesen. Und dieses bemutigte ihn / nicht allein von seiner liebe ausfůrlich mit ihr zu reden / sondern auch ihr zu eröffnen / wie er gesinnt wäre / sie nach Chaldea zu entfůren / und daselbst ihm antrauen zu lassen.

Alle gedult verginge der Prinzessin auf einmal /wie sie den Sinear also reden hörete; und da sie zuvor seinen liebesreden ein zimlich-geneigtes ohr verliehen / stellte sich nun bei ihr die reue ein / indem sie vermeinte / ihre erwiesene gůte håtte den Prinzen also frech gemachet. Solche nun verfluchend / begunte sie hingegen ersinlichste [532] strengheit vorzukehren / und gabe ihm nicht allein die hårteste worte von der welt /sondern machte sich auch auf die flucht / und wurde durch die bede Syrische Fürsten Elihu und Bethuel /die das verhängnis eben dahin fürete / errettet / daß der verliebte Prinz sein vorhaben nicht ins werk richten kunte. Diese gewaltthat nun / neben den darauf folgenden liebesbezeugungen der Fürsten von Ram und Haran gegen meine Prinzessinnen / bewegte die vorsichtige Calmana / unsere wonung zu verändern /und ungeacht / daß ihr stäts für Mesopotamien gegrauset / weil sie aus den sternen vermeint gesehen zu haben / daß ein großes unglück in diesem lande unseren Prinzessinnen drohete / wehlte sie die stadt Sarug zu unserer aufenthalt: dahin wir dan reiseten / und zwar in solcher geheime / daß niemand in der Gumathener gebiete erfuhre / wo wir uns hin verwandelt.

Was kan aber der wachsamen liebe verborgen bleiben? Die dem Sinear sofort eröffnete / wo sich seine liebste Prinzessin befånde. Und wiewol er in seinem ersten anschlage so unglücklich gewesen / so ware ihm doch deshalben der muht nicht gar entsunken / es noch einmal auf diesem wege zu versuchen. Er thäte aber solches mit größerer vorsichtigkeit / und erkiesete mich hierinn zu seinem ratgeber / ům mit desto bäßerm fortgang diese sache anzugehen. Also kame er ganz heimlich und unversehens zu mir nach Sarug /ehe ich mich dessen versehen / und wuste mir so gute worte zu geben / daß ich endlich mich bereden ließe /auf seine seite zu treten / und ihm in seiner liebe zu dienen. Er wurde von einem einwoner zu Sarug / der sich Retheus nennet / heimlich beherberget / dahin ich oft zu ihm kame / und mit ihm [533] abredte / was zu erfüllung seines anschlags ersprieslich seyn konte: allermeist wie ich vername / daß er gesinnet war / die Prinzessin nach seiner mutter brudern / dem König Hiob / zu fůren / von welchem er noch nicht wuste /daß er selbst der vatter dieser schönen wåre. Ich stärkte ihn demnach in diesem vorsatze / und gabe ihm an die hand / uns sämtlich mit dahin zu nemen: um damit / seiner geliebten Prinzessin / diese entfůrung erträglicher zu machen / und daß sie die ihrigen zu gesellschaft haben möchte. Wegen der Calmana / stunde der Prinz lang bei sich an / ob er solches eingehen solte. Weil er aber meinen raht / ům mich gut zu behalten / nicht wol ausschlagen dorfte / als ließe er ihm solches endlich gefallen: in hoffnung / daß / wann sie zu Ausitis seyn würden / der Calmana macht daselbst aufhören / und seines vettern / des Königs Hiob /ůberredungen so kräftig seyn würden / seine schöne auf seine seite zu bringen. Er kennte zwar den König nicht von person: weil ihm aber dessen wandel aus dem gerůchte wol bekant war / als hoffete er / daß er sich seiner in dieser sache annemen wůrde / weil sie die heurat zum zweck hatte. Ich meines teils halfe zu allem diesem / weil ich dadurch meine Prinzessinnen in sicherheit zu bringen / und daneben dem Sinear zu dienen verhoffete: zumal / auser diesem anschlage keine mügligkeit gewesen / diesen måchtigen verliebten in die långe abzuhalten / daß er nicht wider uns seine gewalt gebraucht hätte. Dem Prinzen aber mit meinem betruge nicht zu schaden / wurd ich sinnes /nach Ausitis vor aus zu reisen / und dem König den nutzen dieser heurat fůrzustellen.

Wie nun alles / was hierzu benötigt / von des Prinzen leuten und mir / war herbei geschaffet worden /begabe er sich in der ersten nachtwache / durch den garten / in [534] der Calmana haus / wie eben dieselbe /neben unseren dreien Prinzessinnen / oben auf dem dache sich befande / und nach den gestirnen ümsahen. So unvermutet er ankame / so großes entsetzen erweckte er bei ihnen: wiewol seine furcht nicht geringer war / als die ihrige / wan er bedachte / wie er diese beleidigen würde / die er / auser dieses gewaltsamen mittels / nicht zu erlangen wuste. Er lage zu der Jemima fůßen / ehe dieselbe sich recht besinnen kunte / und kündigte ihr an / daß sie nach Ausitis reisen můste. Sie hörte anfangs / für schrecken / diesen namen nicht / sondern erkante nur des Sinears stimm: daher gleich eine abermalige gewalttätigkeit vermutend / wolte sie nach der thür des daches zu laufen. Aber des Sinears leute / so dieselbe besetzet / hielten sie auf: daher sie alle nicht wusten / was sie beginnen solten. Ich trate zur Jemima / und redte ihr heimlich zu / gutwillig mit nach Ausitis zu reisen: weil sie dadurch in ihrer eltern hände / und in die beste sicherheit / gelangen könte. Calmana / dieses hörend / sprache auch gleich mit darzu: und verhoffend / hierdurch den Sinear wol zu betriegen / und an ihm ihre rache zu sehen / indem er also seine Prinzessin ihrem eigenen vatter unwissend in die hånde liefern würde / ergabe sie sich willig darein / daß man sie ingesamt nach Ausitis füren möchte. Der Sinear / auf der Calmana begehren / und auf mein zureden / gönnete ihnen etliche stunden / ihre sachen und geräte aufzupacken und mit zu nemen: welche zeit er bei seiner Jemima zubrachte / wiewol sie ihm kein gutes wort widerfahren ließe.

Also ginge nun aus Sarug die reise in der nacht fort / daß kein mensch daran hinterlich ware. Die Calmana erwiese unterwegs dem Sinear so viel liebkosungen /daß er nicht wuste / wohin er solche plötzliche ånderung [535] deuten solte; und merkte er nicht / daß es beschahe / ihn desto sicherer zu machen. Innerhalb acht tagen verrichteten wir die reise / da ich / wie vor-erwehnet / die zwo lezte tagreisen vor-aus ginge / und dem König Hiob unsere seltsame ankunft eröffnete. Ich bereitete dabei dieses meines herrn gemůte / den Sinear gütlich aufzunemen / und stellte ihm nicht allein dessen tugend und geschicklichkeiten / sondern auch seine ungemeine gewalt für / womit er gegen den König von Zoba uns würde künftig schutz leisten können: daß also Hiob nicht abgeneigt bliebe / diesem seinen vettern eine tochter zu geben. Als nun hierauf Sinear mit seiner schönen gefangenen ankame / ůberfiele ihn ein ungemeines freud-entsetzen / als er so ganz unverhofft innen wurde / daß die Jemima seiner mutter bruderstochter / und dieses das haus ihres vattern / wåre / wo er sie nun hatte hingefüret. Er wuste nicht worte zu finden / gegen dem König und der Königin seine begangene that gnugsam zu entschuldigen / und muste anhören / wie die Calmana sich über ihn beschwerte / und den König vermanete /das jenige zu anten / was der Prinz wider seine tochter verübet.

Der gůtige Hiob / welcher schon gute gedanken von diesem seinem vettern fürete / an stat der Calmana zu folgen / erwiese sich ganz gütig und geneigt gegen ihme / und stellte es der Jemima anheim / was die für eine straffe hiefůr dem Sinear auferlegen wolte. Die Prinzessin / ganz verwirrt und beschamet / stritte in ihr selbst / ob sie mehr ihren zorn / als ihre freude solte blicken lassen / daß diese ihre entfürung also ware abgelaufen. Es kunte aber der verliebte Sinear von ihr kein gutes wort erlangen / noch seinen begangenen fehler bei ihr aussönen / bis es der König ihr selbst befohle / und mit dieser bedingnis [536] dem Prinzen von Chaldea seine tochter zusagte / daß er zuvor unsern / als den wahren und rechten glauben und gottesdienst / annemen / und sich dazu bekennen solte. Dieses verhieße der verliebte Sinear alsofort / und erfreute sich / ůber dieser beschwågerung der häuser Chaldea und Ausitis / der ganze hof / auser der einigen Calmana: die sich hierbei nicht kunte zufrieden geben / sondern ganz öffentlich ihr misbehagen erwiese. Aber nicht also beständig verbliebe die Jemima in ihrem unwillen: welche / als sie ihrer eltern willen vernommen / sich gar bald darein fande / dem Sinear zu vergeben. Und hatte sie nun kein anders leiden /als wie sie ihre mume begütigen möchte: die sie nicht mit ruhe unwillig sehen kunte / weil sie dieselbe / als ihre erzieherin / hoch liebte und verehrte.

Es wolte aber bei derselben kein liebkosen verfangen / und wurde sie vollends ganz ůbel zu frieden / als der König für gut ansahe / daß die Prinzessinnen wieder hieher nach Mesopotamien reisen / und unter dem schutz von E. Maj. als der preiswürdigsten Königin dieses landes / sich begeben solten. Sie beteurete auch hoch und eiferigst / daß / wofern die drei Prinzessinnen in Mesopotamien kämen / ihnen unfehlbar ein großes unglůck zu handen stoßen müste. Der gottseelige König / üm zu erweisen / daß sein vertrauen auf Gott viel steifer gegründet wäre / als daß er dieses fürchten solte / verlachte diese warsagung der Prinzessin von Gesur / und sagte: Er wäre versichert / daß es seinen töchtern / bei einer so Gottliebenden Königin / zu deren er sie nun schickte und unter deren botmåßigkeit ihre erbgůter lägen / kein leid noch arges wiederfahren könte. Also ginge nun diese unsere reise fort / und zwar eiligst / weil wir zu Ausitis erfuhren /daß man zu Zoba ein großes heer [537] zusammenbrächte: weswegen wir nicht unbillig befahreten / daß sie einen anschlag auf die Prinzessinnen haben möchten.

Weil auch dem K \nig nicht verborgen bliebe / mit was ungemeiner liebe / die Fürsten Elihu und Bethuel / zu Sarug den Prinzessinnen / seinen töchtern / aufgewartet / als gabe er / in zurůckdenkung / wie er den verståndigen Elihu vordem gekant / und in erinnerung der blutfreundschaft mit dem Bethuel / diese sachen /der verordnung von E. Maj. lediglich anheim / und verlanget er / daß sie / für diese ihre basen sorge zu tragen / sich möchten gefallen lassen: massen mein König alles genem halten wird / was E. Maj. hierin /auch in volziehung der heurat des Prinzen von Chaldea / schließen werden. Dieses / habe ich sonderlich im befehl gehabt / E. Maj. fürzutragen / und weiß ich nun ferner meiner erzehlung nichts mehr zuzusetzen /als dieses / daß wir ohne die Calmana / welche kurz um nicht mit uns gewolt / hieher abgereiset. Und haben wir nun ursach / dem himmel zu danken / daß wir diese reise so glücklich und wol geendet / und in den lang verlangten sichern schutz von E. Maj. gerahten sind: der meinen Prinzessinnen so kräftig erscheinen wird / daß sie nicht mehr / wie vordem / nötig haben werden / fůr dem wüterich zu Zoba verborgen und heimlich zu leben.


* * *


Hiemit neigte sich der Alte zur erde / und hörte auf zu reden: alle seine zuhörer über dem / was er ihnen gesaget / vergnůgt verlassend. Sonderlich erwiese solches die K \nigin von Mesopotamien / die sowol dem Prinzen Sinear / als diesen dreien sch \nen Prinzessinnen / ihre dienste anbote / und ihnen verhieße / dem guten vertrauen gemäs / so der König ihr herrvatter in sie gesetzet / [538] ihnen nach äuserstem verm \gen an die hand zu gehen. Ich finde hiebei / (sagte unter andern diese sch \ne K \nigin /) so viel ursachen / mich zu erfreuen / daß ich selbige nicht satsam weiß zu tag zu legen: massen des Prinzen Sinears bekehrung / die kentnis meiner drei schönen basen / und die gelegenheit / dem edlen Elihu und Bethuel in ihrer liebe zu dienen / in mir nichts anders / als ein ungemeines vergnügen / erwecken k \nnen. Die schöne Kezia und Kerenhapuch entfårbten sich beiderseits / wie sie die Königin also reden h \reten. Je mehr aber die beide durchleuchtige Aramenen sie betrachteten / je mehr sie in ihrem herzen / so wol als öffentlich / die wahl des Elihu und Bethuel hoch hielten.

Die K \nigin von Ninive gabe solches mit folgenden worten zu verstehen: Ich muß / die warheit zu sagen / nun wol bekennen / daß ich mich daran geärgert / wie ich die ungemeine liebens-art des Fürsten von Haran vernommen; nun ich aber diese drei unvergleichliche sch \nheiten zu sehen bekommen / die so eine fr \mde wirkung verursachet / wundert es mich nicht mehr / sondern ich gestehe / daß ich es nicht anders machen wůrde / wan ich Bethuel wäre. Und wåre ich Elihu / (sagte die K \nigin von Mesopotamien zu ihrer schwester) so würde ich einen mitbuler bei euch abgeben. Es sind diese meine beide vettern (erwehnte der K \nig von Syrien) nach Ausitis gereiset / üm ihre entfůrete schönen wieder zu finden / und habe ich in dieser erzehlung zu vernemen gehoffet / daß ihr unterweg einander wůrdet haben angetroffen. Lea und Rahel / die hiemit sich nåherten / um von ihrem bruder etwas zu h \ren / erlangten von der Prinzessin Jemima diese nachricht / wie daß Bethuel / neben dem Elihu / einen tag nach ihrer abreise aus Ausitis / daselbst angekommen [539] wåren / das sie von einem ihrer bedienten vernommen / welcher auf der herreise ihnen gefolget.

Warüm aber hat man (fragte Lea / die den Bethuel sonderlich liebte / und um seine liebe wol wuste) meinen armen bruder zu beruhigen / ihme nicht zurück entboten / und zu wissen gethan / daß ihm seine Prinzessin so nahe war? Welche von uns dreien (antwortete Kerenhapuch mit sonderbarer annemlichkeit) solte diese nachricht wol angeschaffet haben / da Jemima den Prinzen von Chaldea liebet / aber Kezia und ich nicht wissen / welche unter uns beiden von dem Bethuel gemeinet sey? Ich vermeine / daß ihr es wol seyn werdet / schönste Kerenhapuch! (gabe Lea zur antwort) die mein bruder am meisten verehre. Und ich glaube sicherlich / (sezte Rahel hinzu /) daß die Prinzessin Kezia für den Elihu bestimmet sei. Für euren alten liebhaber? fragte die Königin von Ninive. Ja /liebste K \nigin! (antwortete Rahel) dan also muste es seyn / daß Lea und ich einerlei geschicke mit diesen schönen Prinzessinnen haben solten. Jederman / der dieses h \rte / vermerkte gar wol / was sie hiemit wolte / und daß sie solches auf den Sinear geredt hätte. Dieser Prinz / sich getroffen findend / kunte des errötens sich nicht erwehren / und die Lea anschauend / sagte er zu ihr: Werteste base! es erscheinet / aus deme / was eure schwester jezt vorbringen wollen /daß sie / mit dem glücklichen wechsel / den ihr getroffen / nicht zufrieden / mir noch alte geschichte fůrrücken wolle / deren eure grosmut långst vergessen hat. Ihr saget die warheit / mein Prinz! (antwortete Lea /) und da ich für den Fůrsten der Hebreer / ihr aber fůr die sch \ne Prinzessin von Ausitis / bestimmet gewesen / haben wir beiderseits einander wol vergessen k \nnen. Ich wolte euch auch wol meines Jacobs reichtum an [540] frauen wůnschen / wann ich nicht meinem liebsten bruder / und dem edlen Elihu / dadurch schaden müste / denen ich ihre vergnügung nicht weniger /als euch / von herzen g \nne.

Ich bin nicht so geitzig / wie diese eure beide freunde / (antwortete Sinear /) und da mir die Prinzessin Jemima ihre huld g \nnet / wil ich den Bethuel und Elihu allein dieserwegen beeifern / daß sie meine Prinzessin / neben der Kezia und Kerenhapuch / zu lieben sich unterfangen dörfen. Nahor / der mit zugegen war / wolte seinem bruder / wie auch seinem freund / einen dienst hiebei thun / und sagte: Ich bin dessen versichert / und habe es vielfältig aus meines brudern / wie auch des Fürsten von Ram / reden wargenommen / daß sie / als sie von der Prinzessin Jemima vermutet / was sich iezt an tag leget / den schluß gefasset / ihrer unm \glichen liebe ein ziel zu setzen /und die andere beide Prinzessinnen allein zu bedienen; und wird es nun bei meinen schönen stehen /welchen iede unter ihnen erwehlen wolle. Es ist wol auf diese art sonderbar geliebet / (finge die Prinzessin Kezia an) und wann unsere wahl hierzu erfordert wird / d \rfte es vieleicht lang anstehen / ehe ein gewißer schluß erfolge. Ich werde / von meiner basen herrvattern / (sezte die K \nigin von Mesopotamien hinzu) mit dem auftrag gewürdigt / in dieser sache nach gutdünken zu verfahren: wie ich dann / auf erste wiederkunft dieser beiden Fůrsten / mich bemühen werde /fůr den Elihu zu sorgen / gleichwie meine schwester fůr den Bethuel / thun wird; dadurch zu erkennen und völlig zu ersetzen / daß sie uns beiderseits geliebet /auch deshalben viel anstehen und erleiden můßen.

Wer weiß / (antwortete Kezia) ob E. Maj. vorsorge dem Fůrsten von Ram anståndig seyn d \rfte? und glaube [541] glaube ich schwerlich / daß er selber wisse /was er verlanget. G \nnet mir nur / liebste Prinzessin! (gabe ihr die K \nigin Aramena zur antwort /) daß ich fůr ihn sorgen möge: und weiß ich wol / daß ich fůr ihn nicht ůbel wehlen werde / wann ich ihm die Prinzessin Kerenhapuch zuerkenne. Der Kezia holdselige wangen entzündeten sich / als ein feuer / wie sie diese worte der K \nigin vername. Und Kerenhapuch / die noch weniger ihre gedanken bergen kunte / sagte auf so unschůldige / als angeneme weise: Es würde Elihu mit mir nicht glücklich werden / weil ich mich nicht fähig finde / ihn lieben zu k \nnen. Wol aber den Bethuel! fiele ihr die K \nigin von Ninive in das wort. E. Maj. haben es errahten / (antwortete Sinear für sie) maßen sie mir solches unterwegs gestehen müßen. So geheim (sagte Kerenhapuch / und zwange sich / böse zu werden) der Sinear zu Ausitis gewesen / eben so verschwiegen ist er anjetzo / und würde der König unser herrvatter niemals erfahren haben / wie die Fůrsten von Haran und Bus mit uns gelebet / wan der Chaldeer Prinz es nicht entdeckt hätte. Um (antwortete Sinear) von zweien mitbulern mir abzuhelfen / und mir dagegen zwei gute freunde zu erwerben / muste ich dem K \nig von Ausitis dieses sagen / was so wol sie / als mich / solte glückselig machen. Ich erkenne nun überflůßig (sagte Lea) die glückseligkeit meines brudern / die er durch die huld einer so sch \nen Prinzessin erlanget. Kerenhapuch sich getroffen findend /wolte sich nicht weiter / als durch veränderung ihrer sch \nen wangen / verreden / und h \rte alles ohne wiederrede an / was die K \nigin von Ninive / auch Nahor und Lea / zum vorteil des Bethuels / ihr fürsagten: dergleichen auch die K \nigin von Mesopotamien /neben der Rahel / bei der Kezia / für den Elihu thäte.

[542] Unter solcher angenemen unterredung / verstriche eine gute zeit des tages / die dan so lang wårete / bis der Fürst Barzes von Arvad anmeldete / wie die gesamte hirtenschaar / mit ihren vier paar hochzeitern /bereits im anzug wären / zu Samosata bei der k \niglichen gesellschaft sich einzufinden. Demnach gingen sie voneinander / üm sich zu diesem feste zu rüsten. Wie nun / bald darauf / die übrige königliche personen von Edessa und Amida auch eingelanget / und sie nun sämtlich in den garten sich begeben hatten / da fůr diese große gesellschaft in lauberhůtten die malzeit zubereitet stunde. Der Oberpriester Telecles stellte sich mit seinen priestern am ersten ein / nachdem er im tempel des Teraphim / welcher nahe vor Samosata gelegen / und zu solchen gebräuchen erbauet worden /die trauungen verrichtet hatte. Ihme folgten / bei einer lustigen feldmusik / der Abinael mit seiner Briside /der Nisan und die Rodope / Timonax neben der Sandenise / und Athamias mit der Artainte / von den unverheirateten hirten und schäferinnen begleitet / welche alle mit singen und springen sich in die wette h \ren ließen. Diesen folgten alle anverwandten der hochzeitere / neben den verheirateten schäfern. Es mangelte fast niemand in dieser volkreichen versa lung / als die vier richterinnen von Amida / und etliche hirten / die neben denen aus der ferne angekommenen fr \mden / auf das große fest / nach dem berümten tempel bereits voraus gereiset waren. Die ursach aber / daß die frauen der richtere ausblieben /war diese / daß sie nicht / gleich den k \niglichen personen / in hirtentracht sich kleiden wollen / üm / ihrer einbildung nach / an ihrem ansehen nichtes zu verlieren / und darüm / vermög des gebotes / nicht erscheinen dorften: wiewol man sie auch / unter dieser großen mänge / nicht vermissete.

[543] Es wurden / auf der K \nigin Aramena unkosten /alle diese Mesopotamische hirten auf das herrlichste bewirtet: und war das fůrnemste / so diese vierfache hochzeit zierete / daß so viele k \nigliche personen sich dabei sehen ließen / und dieser hirtenfreude beizuwonen / nicht verschmåhen wollen. Die malzeit wärete bis in die spate nacht / worauf / bei angezündten vielen tausend liechtern / die allenthalben an die bäume und den ůmgang des garten-platzes aufgehenget waren / der danz gehalten wurde. Dieser wårete /wegen der kurzen nachtzeit / so lange / bis die morgenröte wieder begunte herfürzubrechen: da Demas und Aneriste ihre beide t \chter / der Sandenise und Artainte eltern aber / neben dem Ausicles / der Eidanie und Melidia / diese andere zwo bräute / zu sich namen / und nachdem sie ihrer mildtåtigẽ Königin tausendfältig gedanket / von der hirtengesellschaft sich absonderten / und sofort die vier bråute / jede in ihrem dorfe / ihren geliebten hirten zu bette brachten. Wegen des anbrechenden morgens / begunten die schäfere die vier bräutgame zu bescherzen / wie daß sie mit ihren bräuten das jenige nicht zu befahren håtten / was dem Fůrsten Jacob in seiner hochzeit begegnet ware.

Selbiger ganzer tag wurde nun / von den königlichen personen / fast nur mit schlaffen zugebracht: und weil der darauf folgende / zur abreise der Mesopotamischen K \nigin nach dem großen tempel des Teraphim / bestimmet war / als hatte kaum die nacht der morgenröte wieder platz gemacht / da ware in der ganzen gegend Amida jederman wach / und zur abreise oder wallfart nach dem tempel gerüstet. Alle königliche personen begaben sich nach Samosata / üm der K \nigin Aramena auf etliche meilen das geleite zu geben: da dan keines unter allen ware / so nicht / über dem abreisen dieser ihrer [544] sonnen / ein leidwesen fůlete. Sie fanden diese schöne in ihre angenommene hirtentracht gekleidet / die aber mit köstlichen perlen und edelgesteinen dabei ausgezieret ware: welches sie / auf einrat des Königs / ihres brudern / thun müßen /weil sie von allen ihren untertanen im tempel solte gesehen werden / um zugleich ehrerbietung und liebe bei ihnen zu erwecken / wan sie also ihre K \nigin zugleich in hirten-tracht und königlichem schmuck betrachten würden. Die drei töchter des Hiobs / gleich der Aramena gekleidet / wolten ihr reisegefärtinnen abgeben / weil sie / wegen ihrer landgüter und schåfereien / sich unter die Mesopotamische hirten rechneten: und ließe der Oberpriester ihre grůnde gelten / die sie deswegen anfüreten. Der betrůbte Sinear / so zurůck bleiben muste / håtte es gern anders gesehen /muste sich aber entschließen / seiner Jemima auf ein zeitlang zu entbåren: welche zeit er / wie er ihr versprache / inzwischen anwenden wolte / sich in dem rechten wahren glauben f \rmlich unterrichten zu lassen.

Der Jacob gesegnete auch seine beide frauen / und sonderlich seine liebe Rahel / die sich vernemen ließe / den großen Teraphim inståndig anzuruffen / daß sie möchte mit einer leibesfrucht gesegnet werden: welches er ihr aber nicht gut sprache / sondern sie vielmehr an den warhaften Gott verwiese / von deme man allein etwas erbitten könte. Die sch \ne Königin kame eben dazu / wie Jacob und Rahel in diesem gespråche waren / und verhieße sie dem Hebreer-fürsten / ihr bästes anzuwenden / daß er an der Rahel eine rechtglaubige frau zurücke bekommen m \chte. Sie ersuchte hierneben diesen gottseligen Fürsten / fůr sie zu beten / daß ihr / diese reise nach dem falschen g \tzen-tempel / nicht möchte zur sůnde gereichen: in hoffnung /daß Gott / der das herze kennt / [545] ihr hierunter suchendes gutes fůrhaben beachten / und mit segen ansehen würde.

Wie nun alles zum aufbruche fårtig / und die Aramena / neben der ganzen k \niglichen gesellschaft /sich zu wagen begeben / reiseten sie / in begleitung der gesamten schåfere und schåferinnen / wie auch der richtere und ihrer weiber / von Samosata hinweg: da dan von ihnen / als wie von einem großen kriegsheer /das blache feld zwischen Samosata und Amida bedeckt wurde. Die vier neue verheuratete hirten und hirtinnen ließen sich hiebei auch mit finden: und vermeinten sie hierzu fürnemlich ursache zu haben / um dem großen Teraphim für ihre erlangte glůckseligkeit zu danken. Zu mittag legten sie in einem dorfe ab /alda sie / wegen übermäßiger hitze / etliche stunden auszuruhen beschlossen. Und weil von dar die meiste k \nigliche personen / auser dem König Aramenes /der C \lidiane / dem Dison / der jüngern Aramena /auch der Ahalibama und Timna / (welche sechse das erste nachtlager mit der Königin noch halten wolten /) wieder ümzukehren gedachten / als erschiene deshalben bei allen keine geringe traurigkeit: welche dan verursachte / daß die gesellschaft sehr stille war / und fast niemand / sowol über dem essen / als nachgehends / wie sie in einen schattichten wald / der das dorf ümgibet / sich begeben / ein wort zu reden belieben truge.

Dieses scheiden / (sagte endlich die K \nigin Amesses) stellet uns für / wie uns einmal wird zu mute seyn / wenn wir auf lange zeit einander werden gute nacht sagen. Sonderlich wird solches mich treffen / wenn ich erst in dem entfernten Ophir seyn werde / da mir wenig hoffnung übrig bleiben kan / jemals diese werte gesellschaft / und meine liebste Aramena wieder zu sehen. Dieses zeiget die eitelkeit aller dinge an / (antwortete die Königin [546] von Mesopotamien /) daß in dieser welt keine beständige freude zu hoffen / und wie sehr man sich erlabet / so kan doch gleich / die erinnerung des endes / und daß die freude aufhören muß /allen lust im hertzen versterben machen. Darum ist der himmel allein der wahre ort / (sagte die gottselige C \lidiane) der uns beständig vergnügen wird / weil dessen leben keiner änderung unterworfen: und mögen wir / diese jetzige versamlung so vieler guter freunde / als eine fůrbildung künftiger zeiten ansehen / und darum uns fr \lich erweisen / so lang wir noch beisammen seyn k \nnen. Die Königin von Syrien (gabe die Timna hierauf zur antwort /) hat einen guten ausspruch gegeben / den alle diejenige mögen in acht nemen / die sich gern vor der zeit betrüben. Ich wüste auch wol etwas / so da fåhig wäre / diese ganze gesellschaft aus ihren traurigen gedanken zu bringen /wann man nur meinen vorschlag anzunemen beliebte.

Wie nun die ganze gesellschaft in die Timna drunge / sich deutlicher zu erklären / sahe sie den Tharsis Fürsten von Sepharvaim an / und sagte: Wann diesem Fürsten auferleget würde / uns allhier seine geheime liebesgeschichte zu erzehlen / die wol niemanden in dieser gesellschaft / als mir und derjenigen / die es am meisten angehet / mag bekant seyn / so kan ich versichern / daß die traurigkeit uns allen bald vergehen solte. Die K \nigin von Ninive entfärbte sich hierůber nicht wenig / in erinnerung / wie der Tharsis sie geliebet. Wie sie aber indem ungefär die Fůrstin Eldane /des Abdeels witwe / ins gesichte bekame / merkte sie wol / aus deren hervorscheinender verwirrung / daß sie mehr anteil an dieser geschicht haben müste. Demnach erholete sie sich wieder / als eben der Tharsis folgendes fürbrachte: Ich glaube nicht / daß in der welt eine lösere person lebe / als [547] eben diese Timna /welche kaum von ihrem leiden und anligen ledig worden / und nun schon wieder damit ůmgehet / wie sie ihre schalkheit nur immer an andern verüben möge. Tharsis ist ůber mich nicht so ergri et / (antwortete Timna) als er fürgibet / und sihet es in seinem herzen gern / daß ich dieses von ihme auf die bahn gebracht: weil ihme solches nůtzen kan / ein gewůnschtes ende in seiner liebe zu erlangen. Weil er / und die / so er liebet / beiderseits geschworen haben / keinem menschen zueröffnen / wie es zwischen ihnen beschaffen /als thue ich ja ein gutes werk / indem ich ihnen von diesen verdrieslichen eid abhelfe / und verschaffe /daß man ihr anligen erfahre / ohne daß solches von ihnen herrüre.

Eure worte / Timna! (sagte hierzu die K \nigin von Mesopotamien /) lassen mich ganz verwundert / und wüste ich nicht / wie der Fürst Tharsis so heimlich lieben k \nnen / daß es niemand unter uns solte gemerkt haben. E. Maj. verwunderung / (antwortete Timna /) wird sich üm ein großes vermehren / wan sie / neben des Tharsis geheimer liebe / auch die ůmstån de erfahren werden / wie er geliebet. Seit dan versichert / Tharsis! (sagte die K \nigin von Mesopotamien /) ihr werdet nicht davon kommen / uns ferner zu bergen / was die fůrwitzige Timna hat ausgekundschaftet: und wird die ganze gesellschaft vermutlich hierinn mit mir einig seyn / daß ihr / zur straffe dessen / daß ihr eure liebe für der Timna nicht heimlich halten können / uns andren dieselbe auch entdecken müßet: doch habet ihr / an stat fernerer bestraffung / zu erwarten / daß wir / in diesem euren liebesanligen /euch alle bef \rderung thun werden. Eine so gůtige straffe / (antwortete Tharsis / sich zur erden neigend /) solte mich billig E. Maj. befehl gehorchen machen /wann nicht Timna selbst hierin mein wort geredet /[548] und meine entschuldigung vorgebracht håtte / indem sie berichtet / daß mich ein eid zurück halte / etwas hiervon kund zu machen. Tharsis hat zwar recht /(gabe die Königin zur antwort /) kan aber ganz wol dieses gethanen eides erlassen werden / wann Timna /an stat seiner / uns den namen der jenigen nennet / die er liebet: worauf er dan sich ferner nicht wird weigern k \nnen / uns die ümstånde zu erzehlen / von seiner liebe / die er nicht zu erst entdecket hat.

Wann man auf die schöne Eldane håtte acht gegeben (sagte hierauf Timna /) so würde man dieser meiner offenbarung nicht benötiget seyn: dann ihre unruhe so satsam zu tage leuchtet / daß sie bereits dadurch ihren eid gebrochen / indem sie / eher als ich / bekant machet / daß sie dem Tharsis seine freiheit genommen habe. Jederman sahe hiermit auf die schöne witwe des Abdeels / und fande sich an ihr eine große verånderung: welche daher entstunde / weil nun auf einmal offenbar wurde / was sie so lang hatte heimlich gehalten. Sie schluge die augen für sich nieder / und indem alle ihre gebården an ihrer stat redten / die sich doch ůbel verantworteten / ergienge es dem Tharsis nicht viel båßer: maßen der / ungeacht seiner sonst-gewönlichen herzhaftigkeit / nicht wuste / wie er hierbei sich bezeigen solte. Er war eines teils frölich / daß es /sonder brechung seines gelůbdes / also gekommen; anders teils aber wolte er / sonder Eldanen einwilligung / ferner nichts gestehen / und sahe doch nicht /wie er dem befehl so vieler königlichen personen entgegen thun könte. Weil nun diese ingesamt eine ungemeine begierde erwiesen / hievon mehr zu wissen /und nicht abließen / so wol in sie / als in ihn zu dringen / sagte Arsas / der Eldane bruder / den sie als einen vatter liebte / zu dieser seiner schwester: sie solte sich nicht ferner [549] weigern / den anwesenden hohen personen bewust zu machen / was sie anizt verlangten. Dann / weil er ihrer tugend gewiß versichert war / als glaubte er nicht / daß sie ursach haben würde / sich dessen zu schåmen / was zwischen ihr und dem Tharsis war fürgegangen.

Mein gewissen machet mich dieser wegen nicht roht / (antwortete die schöne Eldane /) und lehret mich daneben mein gehorsam / wie ich königlicher personen befehl nachkommen solle. Weil aber / wan dasjenige / so die fürwitzige Timna auf die bahn gebracht / solte erzehlet werden / es nicht wol ohne verkleinerung meines gemals / des Fůrsten Abdeel / geschehen könte / als bitte ich dafür / daß man mich dessen überheben wolle. Abdeel war ja unsers vatters bruder / (sagten der K \nig Nebajoth von Meden und der Prinz Jethur von Hevila) doch wissen wir / so wol als andere / daß er die Fürstin Eldane zu besitzen nicht wůrdig gewesen / und daß sie keine ursach habe / fůr uns oder andern zu bergen / was diesem unbesonnenen / seine torheit / wieder sie hat begehen gemacht. Dem sei wie ihm wolle / (widerredte Eldane) so bin ich dannoch seine witwe / und wann es ja nicht kan verboten werden / so mag Tharsis erzehlen / was er weiß: nur allein bitte ich / daß ich so lang aus dieser gesellschaft abtretten dörfe / üm nicht gehalten zu seyn / das jenige noch einmal in anhörung dieser geschichte zu leiden / was ich bereits einmal habe anstehen můßen. Hiemit begabe sie sich / unerwarteter antwort / von dannen / und wurde ům deß willen von ihnen allen gerümet. Wie nun aller augen auf den Tharsis verwendet blieben / und er wol sahe / daß er sich nicht långer entziehen könte / diese königliche gesellschaft zu vergnůgen / machte er sich anheisig /was sie wissen wolten / zu erzehlen: nachdem er zuvor ausbedungen / daß [550] der K \nig von Meden / und der Prinz von Hevila / es nicht ůbel deuten m \chten /wann ihres vettern in dieser geschichte nicht zum bästen gedacht wůrde. Hierauf besonne er sich eine weile auf das / was er sagen wolte / und begunte endlich / als er seine zuh \rer in großer aufmerkung sahe /ihnen nachfolgender massen zu erzehlen.

Die geschichte des Tharsis und der Eldane
Die geschichte des Tharsis und der Eldane.

Gleichwie / der Eldane und mein herrvatter / im Königreich Ninive die zwei höchste bedienungen verwaltet / da der meinige stathalter des reichs / der ihrige aber unterstathalter zu Ninive gewesen / als gabe solches gelegenheit / daß Eldane und ich von kindheit auf beisammen seyn kunten und wir die liebe / so zu sagen / fast mit der muttermilch in uns gesogen. Wir gewoneten auch so gar zusammen / daß wir auf die letze fast nicht mehr von einander seyn kunten. Weil diese unsere liebe oder freundschaft von niemand gehintert / vielmehr von iederman befördert wurde / als liebten wir ohne einige sorge oder anligen / die sonst gemeinlich die liebe zu begleiten pfleget. Dieses wärete solang / bis die Fürstin Perseis / der Eldane vatters schwester / diese ihre Nichte nach Babel holen ließe: da sie der jetzigen K \nigin von Mesopotamien /als damaligen Erbprinzessin von Ninive / zur aufwartung gegeben wurde / und an deren hofe leben solte. Wie dieses scheiden nun vor ware / fületen wir beiderseits am ersten / was uns die liebe noch nie hatte entfinden lassen / und kunten an diese entfernung nicht sonder grausen gedenken.

Damit wir aber beieinander bleiben möchten / lage ich dem stathalter meinem herrvattern an / mich auch mit nach Babel zu schicken / daß ich / gleich der [551] Eldane brudern / dem Fůrsten Arsas / an unserer künftigen Königin hofe aufwarten m \chte. Er schluge mir aber dieses mein begehren ab / mit einwendung / daß ich mich noch zuvor viel geschickter machen / und etwas lernen můste / ehe ich an einem so großen hof erscheinen könte. Durch diese antwort sahe ich / mehr meine ehrsucht / als meine liebe vergnüget / und ergabe mich also endlich darein / daß Eldane abreisete /und ich allein zu Ninive verbliebe. Die versicherungen ewiger treue und standhafter liebe / wurden beim abschied nemen nicht gesparet / und wiederholeten wir solche nachmals / bei allen posten / durch briefe: da wir allemal den tag mit schmerzen erwarteten / an welchen solche / sowol nach Babel / als nach Ninive /anzukommen pflegten. Weil aber mein zustand in die länge nicht leiden wolte / zu haus zu bleiben / und mein herrvatter fürnemlich das absehen darauf gerichtet hatte / daß ich solte ein soldat werden / indem er ihm vorstellte / daß unsere und die benachbarte lande / meine lebens-zeit hindurch / nicht sonder krieg verbleiben würden: als muste ich fort / in die welt / und geriete unter dem Prinzen Bildat / den herrvattern des Prinzen von Chaldea / welcher als Assyrischer feldherr / eben damals / wider die Teutschen aus Basan /an den gränzen von Mesopotamien kriegte.

Diesen meinen feldzug / thåte ich sofort der Eldane nach Babel zu wissen / und verlangte von ihr diese gunst / daß sie mich mit einer feldbinde / so sie selbst gewirket / beschenkte und mir dabei tausend ermanungen zuschriebe / daß ich / in deren anschauung /ståts an sie / und dabei dieses gedenken solte / wie ich ihr rechenschaft von meinem leben zu geben schůldig wäre / und darům dasselbe nicht zu viel wagen můste. Hierauf kame ich nun in den krieg / und wurde so glücklich / daß ich [552] meine Eldane zu sehen bekame /als der König Belochus / mit der ganzen hofstatt und dem frauenzimmer / selbst mit zu feld ginge. Es ist unnötig / allhier unser beiderseits freude und vergnůgen bei dieser zusammenkunft / und darauf folgendes leiden zu beschreiben / als / nach geendetem kriege /sie wieder mit der hofstatt nach Babel reisen / ich aber unter dem Bildat bei dem heer verbleiben / und uns allein die beiderseits angelobte beständigkeit tr \sten muste. Und als ich / mit meinen untergebenen v \lkern / an die Mesopotamische gränzen bei Mambuta verlegt worden / ließe ich keine woche vorbei gehen / da ich nicht iemand aus dem heer nach Babel gesendet / ům der Eldane briefe zu bringen / und von ihr welche abzuholen: das dan mir stäts die h \chste vergnůgung zu geben pflegte.

Ich entfinge einsmals briefe von Babel / in gegenwart des edlen Fůrsten von Jedlaph / des Cyniras / der mein kriegsgefärte und mein vertrauter in meiner liebe ware / die mir die unvermutete zeitung brachten / wie daß der Assyrische Prinz Baleus meine Eldane zu lieben begünte. Eldane hatte mir dieses nur erzehlungsweise geschrieben / sonder dabei zu melden / ob sie dieses betrübte oder beruhigte. Weil ich aber das erste ganz sicher vermutete / als schriebe ich ihr hinwieder / ich könte so wenig den Prinzen Baleus verdenken /daß ihre wunder-schöne ihn geblendet / als versichert ich mich achtete / daß ihre beständigkeit dieser großen versuchung wůrde widerstand zu thun verm \gen. Auf dieses mein schreiben / erhielte ich nur eine můndliche antwort / da mir entboten wurde / wie sie unmüglich schreiben können / weil der Prinz sie fast keinen augenblick verließe. Mich jammerte deswegen ihrer / weil ich vermeinte / daß sie hievon großes ungemach würde auszustehen haben. [553] Demnach schriebe ich ihr ein verliebtes trostschreiben / und ermanete sie mehr zur gedult / als zur beständigkeit: weil ich so verblendet war / daß ich dafůr hielte / es k \nte der erste und h \chste tron der welt / wofür damals der Assyrische billig anzusehen war / die Eldane nicht bewegen / ihr gelůbde und versprechen zu brechen / und ihren Tharsis zu verlassen. Gleichwol stunde es hiernach wenig monden an / da entfinge ich von ihr einen brief / welcher ungefår also lautete.

Schreiben der Eldane an den Tharsis.

Der Prinz von Assyrien / bietet mir kron und tron an. Und ob ich wol zuvor euch üm raht fragen solte / vermög unsrer stäts-gepflogenen vertrauten freundschaft / ob mir dieses anzunemen sei oder nicht / so habe ich doch / unerwartet dessen / dieses hohe glůck nicht ausschlagen wollen: weil ich ganz versichert bin / daß ihr mir nicht anders rahten könnet / wofern ihr / als ihr oft beteuret / mein bästes zu suchen / begehrt. Ich kan hierdurch / nicht allein meinem ganzen haus /sondern auch allen meinen freunden / aufhelfen. Daher ist leicht zu vermuten / was großen teil Tharsis an meiner künftigen gewalt haben wird / wofern er sich vernünftig bezeigen / und mir von nun an gelegenheit lassen wird / daß ich mich erweisen könne seine

erkentliche freundin Eldane.


Kein donnerschlag hätte mich also zu boden werfen k \nnen / als diese unversehene nachricht fähig war /[554] mein gemüt auf einmal nieder zu schlagen. Weil ich ståts in der h \chsten glůckseligkeit / die von verliebten kan verlanget werden / gelebt hatte / als fülete ich diesen unvermuteten wechsel dermassen / daß ich fast nicht bei sinnen bliebe. Wann ich endlich alles ůberlegte / so sahe ich / daß Eldane nicht unrecht thåte; und wann ich mich recht prüfete / befande ich / daß ich selbst nicht anders würde gethan haben / wan mir auf solche weise die Assyrische kron håtte k \nnen zu teil werden. Gleichwol schmerzte es mich über die maßen / daß ich Eldane verlieren solte. Weil sich eben die gelegenheit eräugte / daß mich der Bildat nach Babel sandte / als sparete ich meine antwort bis auf eine můndliche unterredung: dazu ich auch so fort / nach meiner dahinkunft / gelangte / und konte die Eldane / ob sie es vielleicht willens gewesen / sich deren nicht entziehen / weil ich in der K \nigin Naphtis zimmer / als alle die andre damen der K \nigin nach den garten der Semiramis folgten / sie antraffe /und mich / in die thür des gemaches stellend / ihr den ausgang verwehrte. Ein jedes wird sich leicht können fůrbilden / wovon diese unterredung gehandlet / und ware alles / was mich darin vergnügte / dieses einige /daß ich sie weinen sahe / als sie mich bate / daß ich nicht mehr / oder doch zum wenigsten nicht eher / bis sie Prinzessin von Assyrien heisen wůrde / sie sehen solte.

Die ankunft des Prinzen Baleus überhobe mich /daß ich ihr nicht versprechen dorfte / diesem grausamen befehl nachzukommen. Er fragte sofort nach der ursach ihrer traurigkeit / und manete sie auf / mit ihm in der Königin garten zu kommen. Ganz freudig folgte sie diesem ansinnen des Prinzen / und verlore auf einmal / ihn ersehend / alle traurigkeit: die dan desto häftiger und gedoppelt mich ůberfiele / als ich / alleine gelassen / [555] diesen meinen unstern recht bei mir überlegen kunte. Weil aber hierinn / allein die gedult /oder die vergessenheit / mir zu helfen vermochte / als stellte ich alles auf diese beide hinaus / und tr \stete mich noch einiger maßen damit / als ich mir zu Babel sagen ließe / wie daß / ungeacht des Prinzen häftiger liebe / aus dieser heurat mit der Eldane nichtes werden würde. Weil nun also in Babel mich nichts mehr hielte / als reisete ich wieder nach den völkern / und ware / ob es mich gleich wenig ergötzen können /dennoch so fůrwitzig / daß ich meine stäte post von Babel unterhielte / und dadurch ie mehr und mehr meines unglücks vergwißert wurde. Doch vername ich bald etwas / das mich nicht wenig erfreute: wiedaß nåmlich der Prinz / dem König von Elam zu hůlfe /einen zug nach Ophir thun würde: dahin ich ihn dan auch mit begleiten muste / aber nicht wieder in Babel kame / weil wir / aus unserm lager / gleich den geradesten weg nach Ophir fort gefüret wurden.

Ich fande hierbei eine ruhe / daß ich meinen mächtigen mitbuler nun nicht bei der Eldane wuste / und hoffete ich eine ånderung von der zeit: massen auch solche / wiewol ganz anders / als ich gewünschet /sich bald herfür thäte. Weil ich in Babel immer einen hatte / der mir alles schreiben muste / als erfuhre ich /wie daß die Eldane unversehens / und zwar den Fürsten Abdeel / den erzkåmmerer des Königs / geheuratet hätte. So wenig / als ich mir dieses müglich einbilden kunte / so sicher muste ich es glauben / weil ich eben das an des Baleus hoflager vername / und diesen Prinzen deswegen so betrůbt und abgegrämt sahe /daß daraus seine große liebe / die er zur Eldane getragen / satsam abzunemen war. Ich solte wol an dieses meines mitbulers leiden mich erg \tzet haben / wann es mich nicht eben so / [556] wie ihn / getroffen hätte: und fiele es mir tausendmal schmerzlicher / die Eldane in des Abdeels armen zu wissen / als wan sie K \nigin von Babel geworden wäre. Auf des Prinzen betrüben /folgte so fort eine verachtung ihrer person / weil die Königin von Mesopotamien / als seine damals-geglaubte schwester / ihm geschrieben / wie daß Eldane unbeständig worden / und gutes willens den Abdeel geheuratet hätte. Dieses sezte mich nun in die höchste verwunderung / und kunte ich mich gar nicht darein finden / wie das zugehen müste / und wie so wol der verstand als die tugend der Eldane solches zugeben k \nnen.

Mit diesen gedanken quälte ich mich sofort ab / bis wir / nach geendigtem kriege / nach Babel wieder kamen / und ich daselbst erfuhre / wiedaß die arme Eldane / so wol von den k \niglichen personen / als von ihren eltern / zu dieser heurat wåre gezwungen worden: ům dadurch zu hintern / daß der Prinz in seiner liebe nicht fortfahren m \chte. Wie es sich nachdem geäusert / so waren der Eldane verwandten so gut Assyrisch / daß sie deswegen alles thåten / was dem Babylonischen hof gefallen mochte: und sahe ich nun also der Eldane ihren hochmut gestraffet. Ich litte aber hierbei so sehr / als zuvor / und fůlete mich noch häftiger / als iemals / geneigt / sie zu lieben / ob ich gleich die geringste hoffnung nicht mehr ůbrig hatte /und mich schon längst ihrer begeben / als ich vermuten müssen / daß sie Assyrische Prinzessin werden wůrde. Aber Baleus fůlete nicht solchen schmerzen /wie ich / der fast nicht mehr an sie gedachte. Wie kaltsinnig er sich aber ihrentwegen erwiese / so wolte doch der eifersůchtige Abdeel ihm nicht trauen: daher er / sobald der Prinz wieder nach Babel kame / seine Eldane einsperrte / und allen müglichsten fleis anwendte / daß [557] sie nicht m \chte gesehen werden. Des Prinzen warhafte vergessung / deutete er fůr eine verstellung aus / und hielte ihn noch fůr so verliebt / als ich in der that ware. Weil ich allemal meine liebe geheim gehalten / als argwänte und gißete niemand auf mich: daher ich mich versichern kunte / daß Eldane nicht meintwegen also eingesperrt gehalten wůrde.

Ich bekame sie / das erste mal / im tempel der Juno zu sehen / da alles frauenzimmer in Babel / zum angestellten geburtstag-feste des K \nigs / erscheinen muste: und fande ich diese schöne so entstellet und betrübt aussehen / daß ich sie schier nicht mehr gekennt hätte. Alle ihre kleidung / womit sie sonst so nett und sonderlich gewesen / hinge ihr ohne ordnung am leibe. Ihr haar war mit keinem fleiße aufgesetzet /und der köstliche schmuck / den sie aus befehl des Abdeels anlegen můßen / saße in solcher unordnung /daß man wol sahe / wie sie niemanden zu gefallen begehrte. Sie gefiele mir aber darům nichts desto minder / und da erbarmung und liebe in mir zusammen kamen / zůndete das erste das letzere so håftig an /daß ich wol nie mag verliebter gewesen seyn. Weil ich sie stäts in den augen hatte / als wurde ich gewar /daß sie den Baleus keinen augenblick verließe: das dan in mir die dritte bewegung / nämlich die eiversucht / erweckte / und schmerzte es mich / daß sie sich nicht vielmehr nach mich ümsahe / der ich gegen ihr in so beständiger liebe brante. Baleus gabe auf sie ganz keine acht / dessen kaltsinnigkeit ich so gern sahe / als wie sie der Eldane schmerzlich fiele: welche / neben dem Prinzen / von dem Abdeel aufs genäuste betrachtet wurde. Ich werde hiemit / der tugend dieser schönen / nicht zu nahe geredt haben / wan ich hinzu setze / wie sie allein dieses geschmerzet / daß sie mit list / und zwar durch einen [558] falschen brief / von den Prinzen war abgebracht worden / und daß Baleus diese leichtsinnigkeit von ihr glaubte: weswegen sie gewünschet / daß er / ihre unschuld wissend / gegen ihr sein mitleiden håtte m \gen blicken laßen.

Wie nun / beim ende des gottesdienstes / der Abdeel / als erzkämmerer des K \nigs viel geld unter die armen austeilen muste / und inzwischen die K \nigin von Mesopotamien / als unsere damalige Prinzessin Delbois / neben dem Baleus / zur Eldane ginge /maßen alle hofleute sich unter das frauenzimmer verteilten: machte der Prinz dieser armseligen eine kaltsinnige mine / und redte kaum etliche worte mit ihr /woraus jederman / der acht darauf gehabt / wol absahe / daß kein fünklein der vorigen liebe bei dem Prinzen noch übrig wåre. Dieses bezeigen / ob es wol die Eldane verhönen mochte / so beruhigte es doch dabei ihr gemüte: weil ihr bisher angelegen / wie sie ihre heurat gegen den Baleus entschuldigen solte /welches sie nun zu thun nicht mehr ursach hatte / da sich der Prinz nicht mehr an sie kehrete.

Wie nun der bald von ihr ab- und zu den andern damen ginge / name ich die gelegenheit in acht / und nåherte mich der Eldane / zu ihr heimlich sagend: Ich vermeine nicht / grausame Eldane! daß euer befehl an mich / euch nicht mehr zu sehen / noch gelten werde /nun ihr nicht von dem Baleus mehr geliebet / noch Assyrische Prinzessin worden seit: sonst wolte ich mir noch ferner gewalt angethan haben / euer angesicht zu fliehen. Jezt aber suche ich dasselbe / üm euch mein mitleiden zu bezeugen / das ich ům eures ietzigen zustandes willen füle / und daß ich noch der alte Tharsis bin / dessen beständige liebe indessen /weder euer vorteil noch nachteil hat verändern können. Diese wenig worte / die der Eldane ihre [559] untreu /ihre von dem Prinzen zugestoßene verachtung / ihre getroffene unglückliche heurat / und meine nochanhaltende liebe / auf einmal vorstellten / sezten sie dermassen auser sich selbst / daß sie ganz erblasset / und mir kein wort dagegen zu sagen vermochte. Sie ware beschämt / mich zu sehen; und bliebe dabei verwundert / daß ich sie noch liebte / da ich so große ursach hatte / ihre verachtung mit gegenverachtung zu ersetzen. Sie erkennte sich demnach viel zu schüldig / als daß sie mir sofort ihren unwillen bezeugen solte / üm daß ich ihr / als einer ehefrauen / meine noch-daurende liebe so kůnlich eröffnen dörfen.

Wie ich nun / dieser gelegenheit mich ferner zu bedienen / ein mehrers mie ihr reden wolte / gabe mir der Abdeel selber die båste gelegenheit hierzu / indem er / durch einen seiner leute / mich bitten ließe / ob ich seine frau aus dem tempel begleiten wolte / weil er noch lang alda verbleiben müste / und nicht abkommen k \nte: wobei den auch sie befehl bekame / die gesellschaft zu verlassen / und heim zu gehen. Diesem nach bote ich ihr ganz freudig die hand / und mit ihr durch das volk dringend / sagte ich zu ihr: Ich glaube ja nicht / daß Abdeel ursach habe / für dem Prinzen sich zu fůrchten / und deshalben sein grausames manns-recht auszuüben sich befugt achte / die schöne Eldane aus der gesellschaft hinweg zu schicken. Abdeel (antwortete Eldane) ist alles / was er wil / zu thun befuget: und ob gleich der Prinz so vernünftig ist / daß er erweiset / wie man müße mit eheweibern ümgehen / so glaubet doch der erzkåmmerer / ich habe noch zu kurze zeit einen mann gehabt / üm recht zu begreifen / wie ich / in meinem jetzigen stande / unter leuten mich bezeigen müsse.

[560] Ich bekenne / (antwortete ich) daß ich so witzig nicht bin / wie der Prinz von Assyrien / und daß ich langsther mehr gewonet / sonder hoffnung zu lieben /als jemals davon abzulassen. Ich vermeine aber /Tharsis! (gabe sie mir zur antwort /) daß ihr mehr ursach habet / mich zu hassen / als der Baleus: weil mich / von euch mein hochmut / von den Prinzen aber mein unglůck / abgebracht hat. Hasset mich nur nicht / schöne Eldane! (widerredte ich) daß ich euch noch liebe: so wil ich mich noch / in alles mein unglůck /zufinden wissen. Ach Tharsis! (sagte Eldane / mich ganz wehmütig ansehend) keine größere straffe könnet ihr / für meine untreu / mir anlegen / als wañ ihr in solcher liebe beharret / die mich zwingen müste /euch zu meiden / und dabei tausend ungemach und widerwärtigkeiten mir auf den hals würde ziehen können. Warům wolt ihr mich deshalben meiden / (fragte ich) da ich wider eure tugend nichtes begehre? und was für ein ungemach habt ihr hieraus zu befahren /da Abdeel nicht weiß / was allein uns beiden bekant ist?

Sie wolte eben antworten / als Abdeel bei uns stunde: der sein amt dem Eldaa aufgetragen / und uns aus dem tempel gefolget war / als bereuend / daß er seine gemalin meiner aufsicht anbefohlen hatte. Unser beider verwirrung war so gros / daß seine eifersucht / die ihn sehr scharfsichtig machte / sofort argwänte / wie wir etwas unrechtes můsten miteinander geredt haben: daher er zur stund eine trennung zwischen uns machte / und mit einem paar verdrieslichen worten fůr meine ůbernommene můhe sich bedankend / mich stehen ließe. Die arme Eldane / wurde hierauf von ihme mit so harten worten heimgeleitet / daß ihre profezeiung gleich selbigen tag begunte wahr zu werden / wie sie nämlich / [561] meiner liebe wegen / viel ungemach anstehen wůrde. Demnach ihrem eiversüchtigen mann alle gelegenheit zu benemen / ward sie sinnes / die briefe /die ich vordem an sie geschrieben / und die sie noch immer aufbewahret / ins feuer zu werfen. Dieses aber misglückte ihr / indem er eben zu ihr in das zimmer trate / wie sie darůber zu werk ware. Dieses machte nun den ganzen handel offenbar / und sahe mich /nachgehends der Abdeel als seinen mitbuler an / mir das durch gebården erweisend / was er seiner armen gemalin in der that zu fůlen gabe.

Mein tichten und sinnen ginge nur dahin / wie ich die Eldane wieder sehen möchte. Aber sie kame ferner nicht von hause / und wurde so wol bewahrt / daß mir unmöglich fiele / eine botschaft an sie zu bringen. Endlich gewonne ich / durch geld und viel geschenke / einen von des Abdeels fürnemsten bedienten auf meine seite: der mir nicht allein alles sagte / wie elend es der armen Eldane erginge / sondern mir auch versprache / mein schreiben an diese sch \ne zu überliefern. In diesem ersuchte ich sie / unter andern / ům erlaubnis / daß ich sie sprechen m \chte: das ich dañ endlich von ihr / wiewol sehr schwerlich / erhielte. Ocledes / der gewonnene diener / fürete mich / als sein herr bei hofe war / durch den keller heimlich in der Eldane gemach. Ich wil mich nicht / aufhalten /unsere unterredung hier zu erzehlen: die darauf hinaus lieffe / daß sie mir erlaubte / zu zeiten zu ihr zu kommen / und auf so unschüldige weise mich mit ihr zu besprechen.

Weil diese unsere geheime unterredung zwei oder dreimal wol ablieffe / wurden wir hiemit immer sicherer: bis einsmals Abdeel / wegen eines fůrfalls / eher /als Ocledes vermutet / wieder nach haus kame / wie ich noch bei der Eldane mich befande. Ocledes kunte uns [562] nicht so zeitlich warnen / daß ich håtte entkommen mögen / indem gleich hinter ihm der Abdeel die windelstiege hinauf ginge. Ich konte mehr nicht thun /als daß ich mich hinter einen teppich verbarge / der an der wandseiten hinge / da man aus der thür gehen muste. Weil der teppich nicht so gar dicht gewirket war / kunte ich alles dadurch sehen / was geschahe /und hatte also eine sonderbare augen- und ohren-weide / zu vernemen und zu betrachten / wie Abdeel mit der Eldane ümsprange. Seine erste h \flichkeit war ein scharffer verweis / daß sie so müßig såße / und die frage / weswegen sie ihre gewönliche arbeit hätte aus den händen geleget? Eldane / die meinetwegen bestürzt und voll t \dlicher angst war / kunte hierauf dem Abdeel nicht nach gefallen antworten: das dan diesen unbesonnenen bewoge / seine zweite h \flichkeit ihr mit einer maulschelle zu erweisen; und hätte ich für unmut vergehen m \gen / da ich diesen frevel mit ansehen muste / und solchen nicht rächen dorfte / üm der Eldane ehre nicht in gefahr zu setzen.

Als er hierauf ihr befahle / so fort an ihre arbeit zu gehen / bekame sie neue angst: weil die rame / in welcher sie an einem seidenen teppich nehen muste / nahe bei mir hinter der tapezerei stunde. Um nun mich nicht zu entdecken / wolte sie lieber / durch unnůtzes widerreden / seinen zorn ferner auf sich laden: welcher dan / weil er dessen an ihr nicht gewont war /diesen wüterich triebe / eine peitsche von der wand zu nemen / um diese sch \ne damit zu züchtigen / massen solche zu diesen gebrauch / wie sie mir nachgehends bekant / ståts an der wand hinge / und zwar recht vor mir / da ich verborgen stunde. Unmüglich kunte ich mich zwingen / dieses geschehen zu lassen: daher fassete ich / die peitschen / durch die decke / und hielte die so lang / bis Eldane die thür ergreifen und hinaus laufen [563] kunte. Als der Abdeel endlich die peitsche los risse / und für eifer meiner nicht gewar wurde / sondern der Eldane folgte / liefe die / mit gutem fůrsatze /dem garten zu: da dan Ocledes in das zimmer zu mir kame / und mich anmanete / durch den keller davon zu eilen. Man kan erachten / mit was herzens-qval ich die Eldane bei dem tollen manne gelassen / das ich doch notwendig thun muste.

Und da ich mir ihren unglückseligen zustand vorher nicht so gar arg eingebildet / jammerte es mich anitzo um soviel mehr / eine solche sch \nheit unter eines solchen unmenschen gewalt zu wissen. Am folgenden tag / brachte mir Ocledes von der Eldane ein schreiben / darinn sie auf das höchste ihren herrn entschuldigte / und mich ůberreden wolte / daß er ihr vordem niemals also begegnet håtte / und daß er üm meine gegenwart müste gewust haben: weswegen sie mich auch ersuchte / daß ich ihre ansprache ferner nicht mehr begehren wolte / üm sie bei gutem namen und bei guten tagen zu erhalten. Aber mein klågliches bitten und flehen / so ich hierauf in etlichen schreiben an sie abgehen ließe / bewegte sie endlich / diese gefärliche ansprache mir noch einmal zu erlauben / und zwar an einem festtage / da der König von Babel alle seine großen und gewaltigen / folgbar auch den Abdeel / zum essen geladen hatte. Es ginge / durch des Ocledes haus / ein verborgener gang in des Abdeels keller / der mich dan dißmal zu der Eldane fürete. Unsere meiste unterredung war / daß sie mich beschwure / niemanden zu sagen / wie der Abdeel mit ihr ümginge / noch auch sie an ihme zu rächen / sondern sie als eine elende zu verlassen / und nicht mehr an sie zu gedenken.

[564] [566]Indem ich ihr solches widersprechen wolte / wurde ich durch den Ocledes davon abgehalten / welcher eiligst gelaufen kame / und uns anmeldete / wiedaß der Abdeel auf sein haus daher kåme. Als ich kaum zeit gewonnen / in den keller mit dem Ocledes zu laufen /und daselbst hinter die fåßer mich zu verbergen / trate des Abdeels schaffner zu uns hinein / und begunte von verschiedenen weinen in gefäße zu zapfen / auch solche seinem herrn hinauf zu bringen. Die ursach dessen war / daß Abdeel bei hofe von einem gewißen wein geredet / den er im keller hätte / welchen der K \nig zu kosten verlanget / und Abdeel dadurch veranlaßet worden / selbst hierum nach hause zu fahren. Weil aber der schaffner den rechten wein nicht finden kunte / als wolte Abdeel selber darnach sehen / und ginge deswegen nach dem keller. Ocledes kame voran gelaufen / und halfe mir / daß ich mich in ein leeres faß verkroche / das / zu meinem glůck / an einer seite offen war: welches er also an die wand schobe / daß man diese \ffnung nicht sehen kunte.

Weil Abdeel trunken war / liebkosete er der Eldane mehr als sonst / und fürete sie an der hand in den keller: da ich dan / durch die ritzen des faßes / alles sehen kunte. Wie nun in dem nächsten faße / so bei mir lage / und etliche eimer wein in sich hielte / der rechte wein gefunden worden / befahle er / daß man aus demselben zapfen / und das leere faß / darinn ich lage / damit erfůllen solte. Man stellte ihm fůr / daß dieses faß hierzu untůchtig / auch voll ritzen und löcher wåre. Weil er aber gantz beräuschet war / und auf seinen befehl verharrete / als musten sie anfahen einzufüllen. Dieses thäte mir aber keinen andern schaden / als daß es mich ganz feucht machte: massen der wein so fort durch alle ritzen wieder ausliefe. Dieses der Abdeel ersehend ließe er ab von [566] seinem eigensinn / und befahle die anfüllung mit einem andern faße vorzunemen. Dieses war also meine andere abenteur /und muß ich die deshalben so weitlåufig erzehlen /damit der fůrwitzigen Timna ihr wille erfüllet werde /die eben darüm dieses auf die bahn gebracht / um dieser durchleuchtigen gesellschaft durch meine abenteuren / etwas zu lachen zu geben.

Ocledes verschwiege nachgehends diesen zufall der Eldane nicht / die / so lächerlich er auch war / dannoch in tödliche furcht darüber geriete / und ihr nun gänzlich vorname / diese gefahr nicht mehr zu stehen /sondern alle fernere ansprache mir zu versagen. Ich schriebe / ich bate / ich klagte: nichts wolte bei ihr verfangen. Daher ich endlich / weil es mich unmüglich dünkte / in Babel zu leben / sonder sie zu sehen /ohn ihr wissen / mich bemůhete / zu ihr zu kommen. Ich redete mit dem Ocledes ab / kame unter bauren-gestalt in ihren garten / und begunte mit den andern tagl \nern zu graben. Weil Eldane erlaubnus hatte /des tags zwo stunden in den garten zu gehen / als ermangelte sie auch dißmal nicht / dahin zu kommen. Weil mich Ocledes schon in allem unterrichtet hatte /als wuste ich / daß sie pflegte in ein gewisses garten-cabinet zu gehen / das / von marmor aufgefüret / in einem kleinen See stunde / und ware nur ein eingang zu selbigem / mit einer zugbrücke. Wie ich nun wargeno en / daß sie da hinein gegangen / eilete ich sofort hinter ihr her / und fande sie sitzen: da sie herzlich weinete / und dem himmel ihr elend klagte. Sie erschracke nicht wenig / als sie mich sahe und erkante / und verwiese mir höchlich meine verwegenheit / daß ich mich nicht scheuete / sie also oft in gefahr zu setzen. Ich wandte dagegen meine liebe vor / und wie ich deswegen käme / sie aus ihrer noht zu erretten: wan sie meinem raht folgen / [567] und mit mir nach Ninive zu ihren eltern flüchten wolte / welches sie ja zu thun befugt wåre.

Sie wolte aber von diesem vortrag nichts hören /und waren wir noch in solchem streit begriffen / als mein wunderbares verhängnis wolte / daß Abdeel muste in den garten kommen. Weil nur ein ausgang ůber die zugbrůcke aus diesem cabinet fürete / und man aus den fenstern / die mit eisen vergittert / nicht ko en kunte / als ware da kein anderer raht zu fassen / als sich wieder zu verbergen. Dieses geschahe in einer schlaffbank / welche Eldane ůber mir zumachte /und sich darauf sezte. Als nun Abdeel zu uns in das cabinet gekommen / und die zugbrůcke hintersich aufgezogen / entschuldigte Eldane ihr sitzen-bleiben mit einer unpäslichkeit. Aber Abdeel / dessen ungeacht /wolte sie n \tigen / mit ihm zu bette zu gehen / und zwar in eben der schlaffbank / darinn ich verborgen lage: wie er sie dañ auch zum aufstehen n \tigte / und die schlaffbank aufmachen wolte. Ihre todesangst /verursachte ihr eine warhafte schwachheit / daß sie onmåchtig bei ihm zur erde nieder fiele: daher er abliesse / die schlaffbanck zu \ffnen / und aus dem fenster rieffe / daß eine von den weibern der Eldane herzu kommen / und ihrer frauen beispringen solte. Ich hatte inzwischen / in der ruhebank / mich unter die decken und kůßen verkrochen: daher / als man dieselbe er \ffnet / die halbtodte Eldane hinein zu legen / man von mir nichtes gewar wurde.

Wie angenem ware mir damals diese liebe last zu tragen! und daurete ich also etliche stunden aus / bis die Eldane sich v \llig wieder erholte; da sie dan sich meiner erinnerte / und mich ni er gegenwärtig glåubend / nicht wuste / wie ich davon gekommen wäre. Ihre angst ließe sie nicht fůlen / wie hart sie lage. Als sie zu schlaffen [568] begehrte / ginge Abdeel und ihre frauen von ihr / und verschlossen die thür / daß ja niemand an dieser ruhe sie hintern möchte. Ich lasse nun iederman / von meinen damaligen zustand / urteilen. Weil ich nicht långer also dämpfig zu ligen vermochte / rürete ich mich / mit leiser stimme der Eldane namen nennend. Ihr großes entsetzen hätte sie fast wieder in ihren vorigen stand gesetzet / und schrie sie überlaut /ehe sie sich recht besinnen kunte. Eine von ihren weibern / dieses h \rend / kame eiligst hinzu gelaufen: deren klagte sie / wie sie so großen haubtschmerzen erlitte / und wie sie verlangte / in ihrem wonhause zu seyn. Diesem nach warfe sie sich eiligst aus dem bette / und sich befarend / ich m \chte sie also abgekleidet sehen / machte sie geschwind den deckel von der schlafbank zu / und nachdem sie sich angekleidet /ließe sie sich / durch den garten / in ihre kammer füren / den Abdeel / ům ihn aus den garten zu locken /ersuchend / bei ihr zu bleiben. Wan sie ihn nicht hierum gebeten håtte / möchte er zweifelsfrei / ům sie zu plagen / mit ihr gegangen seyn: nun sie es aber haben wolte / muste er auch darinn seine herrschaft erweisen / und bliebe im garten.

Er begabe sich in das cabinet / da ich noch in meiner alten stelle lage. Seine faule glieder ausruhen zu lassen / öffnete er die schlafbank / und legte sich mit kleidern und allem hinein: da alles hausgesinde fůr ihn ko en muste / ům bericht abzustatten / was seine gemalin / seit er nicht im hause gewesen / gethan und fůrgeno en hätte. Er erwehnte dabei / wie er / sie wol zu zerpeitschen / willens gewesen / wan sie nicht wäre krank worden: und zwar deswegen / daß die Prinzessin von Ninive begehrt hätte / er solte sie nach hof kommen lassen / welches er von ihr angestiftet achtete. Weil nun / dieser so wol von leib als gemüte grober mensch / mir eine schwerere [569] last / als der schönen Eldane / ware / als vermochte ich in die länge nicht also zu dauren. Demnach entschloße ich mich endlich / und jålings den Abdeel ům den leib fassend / warfe ich mich samt der decke herüm / daß er unten und ich oben zu ligen kame / und damit sofort aufspringend /erwischte ich die thür / und entrann also durch den garten: den Abdeel und seine leute / vor entsetzen halbtodt in dem cabinet hinterlassend.

Wie ich hernach erfahren / so hat er / neben allen anwesenden / ob sie mich schon gesehen / mich für ein gespenst gehalten: und machte dieses gartengespenst in Babel einen solchen ruff / daß niemand mehr den garten bewonen wolte. Jederman deutete dieses also aus / daß es den unfehlbaren tod der Eldane nach sich ziehen würde. Es halfe aber hingegen diese zeitung / als sie solches erfuhre / zu ihrer wiedergenesung. Doch entschloße sie sich deswegen /mich auf ewig von ihr zu bannen: wie sie dan sofort /durch den Ocledes / mir ein schreiben zubrachte / und darinn ganz ernstlich gebote / aus Babel zu ziehen /und in etlichen jahren nicht wieder zu ko en. Ocledes sagte mir dabei / wie daß er befehl håtte / keine antwort von mir anzunemen: und vermanete er mich für sich selbst / aus liebe zu seiner frauen / daß ich diesen ihren willen erfůllen / und ihn nicht ferner hierinn gebrauchen möchte / weil es ihm sonst sein leben kosten würde. Also verließe mich Ocledes ganz trostlos / und wurde ich endlich bei mir schlüßig / ihr zu gehorchen / und Babel zu verlaßen. Es fiele mir aber unmůglich /sonder schriftlichen abschied / da der můndliche mir verboten war / hinweg zu scheiden. Demnach setzte ich / meine liebesgedanken hierüber / in diese reimen.


[570]

Vergönn mir / dich / Verhängnis! anzuklagen.

du thust gewalt Eldanen großer zier.

der sie verehrt / muß weichen jetzt von ihr:

der andre bleibt / der sie nur pflegt zu plagen.

Muß mich hinweg von meiner Sonne tragen

ein hartes wort / das sie entboten mir?

zieh fort! spricht sie. mein herz rufft: bleibe hier!

Mein' hoffnung weit vom porte wird verschlagen.

Ich wil ja fort. nur / himmel! laß nicht zu /

daß unverstand verst \r' Eldanen ruh.

vermittle doch der selbsten tugend leiden.

Noch sag' ich diß. Ich scheide mit dem leib:

gönnt / sch \nste! nur der seele / daß sie bleib.

Euch kan ich nicht / zwar Babel will ich / meiden.


Dieses klinggedichte / so ich in ein mit edelsteinen verseztes täfelein geschrieben / name ich mit mir / und laurete auf / als Eldane bei hof war / das dan sehr selten geschah: da ich ihr solches / im vorbeigehen / in den ermel steckte / und darauf zur abreise mich färtig machte. Dieses hatte / zu großen unglůck der Abdeel ersehen: der dan kaum erwarten kunte / bis er mit ihr nach haus gekommen. Da muste nun diese armselige das täfelein vorzeigen / und ginge damit über sie ein solche peinigung / daß sie alles bekennte / was ich bisher erzehlet. Ob sie nun wol hierbei unschůldig war / so wolte es doch dieser tyrann nicht also aufnemen / sondern die erschrecklichste nie-erhörte list aussinnend / üm recht auf den grund der warheit zu kommen / ob nämlich Eldane schuldig wåre / oder nicht / zwange er diese seine gemalin / mir folgenden brief zu schreiben.

Schreiben der Eldane an den Tharsis.

Ihr seit viel zu unerfahren in der liebe / wertester Tharsis! indem ihr meinem gebote gehorchen wollet /das euch aus Babel treibet. [571] Selbiges ist nicht von mir / sondern von meinem eifersüchtigen gemal / ersonnen worden: ům dadurch euch und eure Eldane zu töden. Bleibet demnach alhier / und kommet morgen bei nacht: weil alsdan der Abdeel wird verreiset seyn / in mein haus / und zwar mit bewehrter hand / damit /wan ja das unglück wolte / daß wir / als die vorige male / solten verraten werden / ich meine unschuld damit bezeugen könne / daß ich von euch mit gewalt zu deme sei gezwungen worden / wozu ich euch allein erkiesen möchte / wan die liebe erhören wolte die wůnsche von eurer ergebensten

Eldane.


Diesen brief brachte mir ein knab von der Eldane /mit bericht / wie daß seine Fürstin ihm befohlen hätte / auf keine antwort zu warten. Mit unaussprechlichen freuden begunte ich diesen brief zu lesen / wurde aber ůber dessen ende so bestürzt / daß ich nicht wuste /ob ich traumte oder wachete. Die tugendhafte Eldane (sagte ich bei mir selber /) schreibet an mich solche worte / deren ich gegen ihr zu gedenken / mir nicht habe lassen in den sinn kommen / und die so sehr gegen die erbarkeit laufen. Ich dachte / es möchte etwan eine betrůgliche schrift seyn: aber die hand ware mir viel zu wol bekant / daß ich also nicht daran zweiflen konte. Daher erleschte dieses auf einmal in mir alle liebe gegen der Eldane / und hielte ich sie in meinem gemůte so gering / als hoch ich sie vordem geschåtzet hatte. Weil ich nun alles zu meiner abreise / verm \g ihres ersten befehls / färtig hatte / als seumte ich nicht långer / wiewol mit höchstem verdrus / aus Babel abzureisen: kehrte mich auch nicht [572] daran / was Eldane von mir denken möchte / wann ich auf die bestimte zeit nicht erscheinen würde. Es hatte aber sofort diese armselige / in einem nebenbrieflein / die wahre bewandnis dieses handels mir zugeschrieben /und dem Ocledes dasselbe zugestellet / mit ernstlichem befehl / mir solches eiligst einzuhåndigen. Ocledes / mich nicht mehr zu hause findend / als er von den leuten vernommen / daß ich hinweg gereiset /sezte sich zu pferd / mir nach zu jagen. Er thåte aber /unferne von Babel / einen so gefärlichen fall / daß er das bein brache / und lange daran zu bette ligen muste: daher ich dieses schreiben nicht entfinge / und also nach Ninive fortreisete.

Der boshaftige Abdeel / der nicht anders vermutete / als daß ich zu der bestimten zeit kommen würde /hatte viel bewehrte månner bestellet / die mir aufpaßen und den rest geben solten. Hierbei ließe er es nicht bewenden / sondern / die Eldane noch båßer zu probiren / name er ihm für / in meine gestalt vermu et und bewehrt zu ihr zu kommen / und zu sehen /wie sie sich gegen ihrem geliebten Tharsis anstellen würde. Eldane / von allem diesen nichts wissend /hatte dem Abdeel die gewiße versicherung gegeben /daß ich nicht kommen würde / und ihn zugleich gebeten / nahe bei ihr zu bleiben: damit / wañ ich mich ja einfinden solte / er vernemen könte / was sie mit mir reden wolte. Dieses lezte verhieße er ihr zwar / kunte es aber nicht halten / weil er selber meine person hierbei fürzustellen beschlossen hatte. Wie nun die bestimte nacht angebrochen / kame Abdeel mit etlichen bewehrten knechten / gantz vermu et / in die kammer der Eldane / und machte dieselbe nicht anders vermuten / als daß ich es wäre.

Weil sie sich nicht abkleiden wollen / als fande sie Abdeel nicht auf dem bette / und hörte / wie sie ihm /ihn [573] für den Tharsis haltend / seine große verwegenheit fürhielte / daß er solcher gestalt zu ihr kommen d \rfen. Er / sonder ihr zu antworten / fassete sie mit gewalt ům den leib / und warfe sie auf das bette: da er /wiewol sie ohn unterlaß dem Abdeel mit namen rieffe / daß er sie zu retten kommen wolte / seinen willen /indem die knechte sie halten musten / mit ihr volbrachte / und damit stillschweigend wieder hinweg ginge / als wie er auch angeko en ware. Die arme Eldane / nicht anders vermeinend / als daß ich diese bosheit an ihr verübet / schrye über mich / was sie konte / und rieffe den gerechten himmel üm rache an. Abdeel kame nun / in seiner eignen gestalt / wieder zu ihr / und fande sie auf der erde ligen / auch ihr haar ausraufen. Als sie seiner ansichtig worden / sprange sie auf / gleich einem tyger / fiele ihm in die haare /und schalte ihn einen leichtsinnigen nichts werten menschen / der da ungeantet zugeben k \nnen / daß sein ehweib geschåndet worden.

Alle demütige liebkosungen der Eldane / hatten ehdessen den Abdeel nie so sehr vergnůget / als süße ihm nun die schläge dieser seiner eifrigen gemalin waren: die er dan ganz gedultig hinname / und sich entschuldigte / wie daß er / fůr meinen bewehrten vielen leuten / sich nicht herfür wagen d \rfen. Hierauf finge er an / sie zu frieden zu sprechen / und sagte: wiedaß sie ihm so lieb / ja noch lieber / als vorhin seyn solte / weil er nun versichert wäre / daß sie den Tharsis nicht liebte / den sie forthin / neben ihme / auf das äuserste und bis in den tod zu verfolgen / ihr m \chte angelegen seyn lassen. Er vermochte aber hiermit die verzweifelte Eldane keines wegs zu befriedigen / und verursachte ihre grosmut / daß sie mich wegen meiner vermeintlich-verůbten verwegenheit /den Abdeel aber wegen seiner verächtlichen zaghaftigkeit / [574] bis in den tod anzufeinden begunte. Sie befiele auch / für eifer und kü ernůs / mit einer so gefärlichen krankheit / daß an ihrem wiederaufko en gezweifelt wurde. Abdeel war nacht und tag ům und bei ihr / und gabe ihr die båsten worte von der welt. Wie er nun sahe / daß sie dem tod nicht würde entgehen können / weil sie kein mittel zu ihrer aufhelfung gebrauchen wolte / muste er endlich dieses geheimnis ihr er \ffnen / und ihr gestehen / daß nicht ich / sondern er selbst / bei ihr gewesen wäre. Mit verdrus sahe er hierauf / daß diese versicherung der unschuld ihres Tharsis / sie bald wieder genesen machete: daher er / die furcht fůr ihr sterben ablegend / zugleich seine tyrannische eifersucht wider zu sich name / als die Eldane ganz gesund wurde / und ihr gemüt in ruhe stellte. Ihr altes leiden ginge damit von neuem an: das ihr aber so unerträglich nicht fiele / als zuvor die einbildung / daß ich sie so hoch beleidigt hätte / und was ich hierbei von ihrer schlechten tugend wol gedenken und halten mögen.

An diesem letzern fehlte es ja bei mir nicht / massen ich nachdem keine person in meinem hertzen mehr verachtete / als eben die Eldane. Dieser mein argwahn von ihr wårete so lang / bis ich das lezte mal von meiner gnädigsten Königin aus Syrien nach Ninive abgeschickt worden: da ich ungefär in meinem palast / meine sachen untersuchend / ein noch-verschlossenes päcklein fande / das der Ocledes an mich ůber schrieben hatte. Ich vername / in der nachfrage / von meinem verwalter / wie daß vor langer zeit dieses päcklein von Babel dahin gekommen: und weil ich damals von haus gewesen / auch darauf die unruhe in Ninive angegangen / als wäre es unter mein andres geräte geworfen / und den krieg hindurch nicht ferner beachtet worden. Ich erbrache hierauf [575] das päcklein ganz begierig / und fand in des Ocledes schreiben enthalten / wie ihm sein beinbruch / der Eldane schreiben mir selber zu überbringen / verwehret / und er / der sachen angelegenheit und wichtigkeit nach / f \r n \tig erachtet hätte / mir eiligst dieses nach Ninive nachzusenden / daraus ich der Eldane unschuld und tugend erkennen würde. Wie ich nun noch begieriger auch das ihrige erbrochen / zeigten sich mir folgende worte.

Schreiben der Eldane an den Tharsis.

Ihr werdet von selbst urteilen / daß von dem / was ich euch heut / einem eigenwilligen manne zu gehorchen /schreiben müssen / mein gemůte weit entfernet sei. Lasset euch demnach nichtes abhalten / eure abreise aus Babel fortzusetzen / und höret damit endlich auf /mir unerträgliche verfolgungen aufzubürden / die ich nacht und tag von demjenigen erleiden muß / den mir der himmel zu lieben hat auferleget.

Eldane.


Wie schmerzlich und zugleich erfreulich mir dieses zu vernemen ware / kan ich nicht ausdrůcken. Ich vermochte auch den himmel nicht genug zu danken / als ich dabei vername / wie derselbe / durch absterben des Abdeels in Damasco / diese unschůldige tugendhafte Fürstin von ihrer marter erlöset hätte. Meine alte liebe / die hinzwischen durch andere und höhere gedanken eingeschläfert worden / erwachete nun wieder: zumal sie iezt von der hoffnung begleitet wurde. Ich liebte nun die Eldane häftiger / als jemals / und wartete mit schmerzen auf die zeit / da mein König hieher reisen wůrde. [576] Wie nun dieselbe erschienen ist / war ich so glůckselig / daß ich die Eldane schöner / gütiger und geneigter angetroffen / als ich sie jemals vordessen gekant habe. Weil aber hierbei ihre tugend sehr entfindlich war / und sie es wider die erbarkeit zu seyn erachtete / ohne vorhergepflogene beredung ihrer anverwandten / und vorauswartung der trauerzeit /eine neue liebe ruchtbar zu machen: als muste ich ihr zu-schwören / hiermit geheim zu seyn / bis die zeit herum seyn würde. Sie hat mir gleichfalls / unsere liebe verborgen zu halten / angelobet: um willen ich befahret / daß die meinigen / aus vielen betrachtungen / hinternis dazwischen zu bringen / suchen wůrden /wann sie es zu zeitlich vor der hochzeit erfůren. Weil aber nun Timna / (welche / wie ich aus allen ůmständen vermute / uns einmal in Samosata muß behorchet haben /) diese unsere heimliche liebe iezt ruchtbar gemacht / als muß sie nun auch dazu bef \rderlich seyn /daß diese Königliche geselschaft meine schöne dahin verm \ge / sich zur endlichen vollziehung unserer liebe zu verstehen / und ohne ferneren verschub mich glůckselig zu machen. Imfall sie nun das für mich erlanget / will ich ihr diesen verraht verzeihen / und auch bei der Eldane anhalten / daß sie ihr diesen fürwitz vergeben wolle.


* * *


Wie nun Tharsis seine erzehlung hiermit geendet /bekante Timna / daß sie ihn und die Eldane neulich behorchet / und alles aus ihren reden abgelauret håtte / was Tharsis iezt fůrgebracht: und hierauf wendete sie sich zur K \nigin von Mesopotamien / üm bei ihr des Tharsis wort zu reden. Aber diese kame ihr zuvor / und verhieße von selbsten dem Fürsten von Sepharvaim / wiedaß sie ihm bei der Eldane alle gute dienste thun wolte. Husan und Arsas / als ihrer beider nächste anverwandten / [577] erwiesen hierauf ihr vergnügen über dieser heurat. Es ware auch niemand in der ganzen gesellschaft / so nicht der Eldane ausgestandenes leid von herzen bejammert hätte. Es gabe aber diese geschicht ferner anlaß / von der eifersucht zu reden: da man dan mit der Königin Orosmada scherzte / daß die sich fürsehen solte / bei dem Tiribaces der Eldane glůck nicht zu erleben. Selbige versicherte hingegen /wie sie davon sich befreiet wüste / und die Delbora anschauend / sagte sie scherzweise: es solten sich nur andere fürsehen / daß sie nicht die frůchte der eifersucht / gleich der Eldane / entfinden möchten. Delbora wolte sich dessen nicht annemen: ob es ihr gleich im herzen wolgefiele / daß die ungereimte eifersucht also herdurch gezogen wurde.

Inzwischen nun Nebajoth und Jethur / neben den andern / die wunderbare lebens-art des Abdeel / zum h \chsten tadelten / eileten Timna und Casbiane nach der Eldane / die sie in gesellschaft etlicher hirtinnen antraffen / und kůndigten ihr an / wie ihre sachen stůnden: wie nämlich nicht allein Husan und Arsas /sondern auch die K \nigin von Mesopotamien / verlangte / daß sie dem Tharsis zu teil würde. K \nte ich nur an der Timna mich rächen / (sagte Eldane) so wolte ich mich zu frieden geben. Ich fordere vielmehr eine vergeltung / (antwortete Timna /) daß ich eure sachen in so guten stand gesetzet. Hiemit namen Casbiane und sie die Eldane zwischen sich ein / und fůreten sie wieder zu der gesellschaft: da diese schöne sich schåmte / die augen aufzuschlagen / weil nun ihrer so viele wissenschaft davon hatten / was ihr alles bei ihrem manne begegnet war. Ich bewundere eure verschwiegenheit und gedult / (redte die K \nigin von Mesopotamien ihr zu) daß ihr niemals über dieses grausame verfahren des Abdeel geklaget / [578] und verdienet ihr / werteste Fürstin! ein fürbild aller tugendhaften weiber genennet zu werden. Es laße der gůtige himmel (antwortete Eldane /) mich die lezte auf der welt seyn / die dergleichen proben der gedult geben můße. Ich hoffe nicht / (sagte die K \nigin von Ninive) daß Tharsis den Abdeel nachgeraten werde. Es ist nur ein Abdeel in der welt gewesen / (antwortete Tharsis) und wolte ich lieber mich selber töden /als wissentlich einiges ungemach der schönen Eldane zufügen. Ihr redet schon / (versezte die Königin von Ninive) als wann Eldane euer wäre: verziehet / bis wir sie allerseits dazu bereden / es noch einmal zu wagen / und einen man zu nemen. Tharsis sahe hiemit seine Eldane an / und wie die errötete und ihn anlächlete /vermeinte er / keiner fernern überredung nötig zu haben / weil sie ihn so gütige gedanken ihres herzens lesen ließe.

Wie sie nun noch eine weile beisammen geblieben /und also mit allerhand gesprächen sich ergetzet hatten / kame die zeit heran / wieder fort zu reisen: da es dan an ein betrůbtes scheiden ginge / und sagte ihnen schier der siñ zu / daß sie so ruhig nicht wieder zusammen kommen m \chten. Der gute Melchisedech gabe der K \nigin tausend segen mit auf den weg / und mitlerweile die k \nigliche personen voneinander abschied namen / gesellte sich die Calaride / des Zophars gemalin / zu der åltesten Prinzessin von Ausitis: bei deren sie sich heimlich erkundigte / ob nicht vor weniger zeit zwo hirtinnen / die der Fůrst Hus / ihres herrvattern bruder / an ihren hof geschicket / daselbst angekommen wären? Jemima eröffnete ihr hierauf /wie daß dem also wäre / und sie dieselben in geheim wieder mit sich zu růcke gebracht / auch zu Samosata bei ihren anderen leuten / bis zu ihrer rükkunft / gelassen håtten. Daß nur der Nahor / (sagte [579] Calaride /) hievon nichtes erfahre! Ich weiß diese geschicht /(antwortete Jemima) und habe ihr verheisen / sie nicht zu melden / sondern nach möglichkeit ihre anwesenheit für dem Fůrsten von Haran zu verbergen.

Indem trate der betrübte Sinear herzu / ům von seiner Prinzessin abschied zu nemen / weil er mit den andern wieder zurück muste. Ach! warům bin ich nicht auch ein schåfer / (sagte er) üm dieses betrůbten scheidens ůberhoben zu seyn? Mein Sinear eilet mehr / (antwortete Jemima) als er nötig hat / massen ja die K \nige von Syrien und Ninive heut noch bei uns bleiben werden. Es bedorfte keiner mehrern worte / den verliebten Prinzen zu bereden / daß er noch ein nachtlager mit ihnen halten wolte. Wie er nun / als die andern abgeschieden / neben den K \nigen und Königinnen von Syrien und Ninive / wie auch der Ahalibama und Timna / bei der Mesopotamischen schåfergesellschaft geblieben / reiseten sie fürter / gegen dem Taurischen gebirge. Weil sie die meiste zeit / wegen des steinigten und bergigten weges / an stat zu fahren /das gehen erkieseten / als hatte sich die K \nigin von Mesopotamien zu dem Sinear und den dreien Prinzessinnen von Ausitis gesellet / mit denen sie in ein angenemes gespråche geriete: mitlerweile die jüngere Aramena die Lea und Rahel zu sich genommen / der K \nig von Syrien ganz allein ginge / und Cölidiane /neben dem Dison / der Ahalibama und Timna / unter die andere hirtengesellschaft sich gemengt hatte.

Saget mir doch / Prinz von Chaldea! (sagte die Königin Aramena) wie wurde euch zu sinne / als ihr eure schöne beute nach Ausitis brachtet / und alda so jählings erfuhret / daß ihr dem vatter unwissend seine t \chter zugefüret. Wäre Hiob nicht meiner mutter bruder gewesen / [580] (antwortete Sinear /) so würde mein entsetzen sich weit gr \sser haben blicken lassen. Die gute zuversicht / die ich gegen ihm getragen / ihme meine Prinzessin anzuvertrauen / bewegte diesen K \nig / mir sofort zu vergeben / was ich aus liebe an seinen t \chtern begangen hatte. Es war aber auch hierbei meine freude so übermäßig groß / als ich erfahren hatte / von was haus meine schöne war / daß daher kein entsetzen bei mir raum haben kunte: und dankte ich nur dem himmel / der es wider mein gewissen und hoffen also erwůnscht geschickt hatte. Hat euch aber auch die schöne Jemima bald verziehen /(fragte die K \nigin ferner /) daß ihr an ihr eine solche gewalthat verübet? Die ůmstånde (antwortete Sinear /) machten meine that weniger böse / als sie wol sonst geschienen håtte. Dann / daß ich meine Prinzessin /aus den händen einer strengen mume / zu einem gottseligen fro en König entfůren wollen / zeigte ja an /daß ich alles gutes fůr sie hierunter gesuchet. Es ware auch die sch \ne Jemima nicht länger auf mich ungehalten / als so lang die Calmana das regiment ůber sie gefůret.

Ihr habet / mein vetter! (sagte Aramena scherzweise / der Jemima nicht zeit lassend / dazwischen zu reden) mit mir noch keinen abtrag gemachet / daß ihr in meinem lande diese gewaltsame entfůrung angestellet / dadurch der schutzfriede ist gebrochen worden. Um des willen / große Königin! (gabe er zur antwort) stellte ich mich in person hier wieder ein / um mich aller der straffe gutwillig zu unterwerfen / die mir E. Maj. dafür werden zuerkennen. Diese straffe soll seyn / (versezte die K \nigin) daß der Prinz forthin der sch \nen Jemima seine liebe und aufwartung beständiger erweise / als er bei der Fürstin Lea / bei der K \nigin Lantine / und wan [581] mir recht / auch bei der Ahalibama / gethan hat. Jemima / die K \nigin also reden hörend / sahe ihren Sinear an / welcher errötete / und also sich verantwortete: Was die Fůrstin Lea betrifft / so bekenne ich meine schuld / daß meine damalige flüchtige jugend mir nicht rahten wollen /derjenigen beståndig zu verbleiben / deren die natur nicht beståndig geblieben wäre. Was aber die Königin von Elam und die Prinzessin von Edom belanget /so vermeine ich mich deswegen noch wol zu entschuldigen / da nämlich andere mir solche heuraten fürgeschlagen / ehe ich selbst darauf gedacht: und weil ich keine gewogenheit verspüren k \nnen / als bin ich auch kaltsinniger in meiner aufwartung gewesen / und habe mehr dem befehl der Königin Delbois von Tyro /und dem gebote der stathalterin von Syrien / als meiner eigenen neigung / nachgelebet. Es k \nten aber E. Maj. mir keine angenemere straffe auferlegen / als die ich iezt vernommen: massen ich von nun an bei allen göttern schwöre / daß / auser Jemima / wan auch der himmel schon so grausam seyn solte / ihre schönheit ihr zu nemen / und ich ganze Königreiche bei andern erlangen k \nte / ich dennoch keine lieben / sondern der ihrige allein bis in den tod verharren wolle.

Euer fürsatz / mein Prinz! wåre wol gut / (sagte Jemima) wan ihr nicht / durch diesen gethanen schwur /alles håttet über einen haufen geworfen. Wisset ihr nicht mehr / mit was beding der K \nig mein herrvatter mich euch gegeben hat? daß ihr nämlich (sezte Aramena hinzu) die falsche g \tter verleugnen / und folgbar nicht bei denen so vergeblich schw \ren soltet. Ich bin noch ein schüler in diesem neuen glauben /(antwortete Sinear /) und habe sonder fürsatz / blos aus gewonheit / die götter genennet. Weil ihr bisher so viel g \tter verehret / [582] (fragte die Königin ferner /) als möchte ich wol wissen / wie ihr euch erwehren können / neben der schönen Jemima nicht auch ihre beide schwestern zu lieben / wie Elihu und Bethuel gethan haben. Als ich (antwortete Sinear) meine Prinzessin am ersten zu sehen bekame / ware sie nur allein / und ihre beide schwestern noch nicht v \llig erwachsen: daher sie damals vor den ander zweien einen großen fürzug hatte / welchen nachgehends die jahre unter sie ganz gleich getheilet haben.

Daß ich wieder (sagte die Königin /) auf euren falschen aberglauben ko e / so wundert mich nichts mehr / als warüm der Bildat / euer herrvatter / euch in demselben erziehen lassen / da er doch für seine person den wahren einigen Gott erkennet: welches gnugsam aus den aufgeschriebenen gesprächen erhellet /die er mit dem König von Ausitis gepflogen hat. Ich weiß dieses nicht zu beantworten / (versezte Sinear /) weil ich / so lang ich lebe / meinen herrvattern nicht anders gekant / als in dem glauben / darinn ich bin erzogen worden. Zu der zeit / wie dieses sonderbare streit-gespräche zu Ausitis fürgegangen / hat mein herrvatter auf seinem gute Suah gewohnet / und ist vom Babylonischen hof verbannet gewesen / um daß er gesuchet / Chaldea zum Königreich zu machen /wozu es ihme damals mehr an verm \gen / als an recht / gefehlet hat. Es kan dan wol seyn / daß / wie er nachgehends zu Babel wieder ausgesönet worden / er den hofglauben angenommen / und dadurch in des K \nigs gute gunst sich fäster setzen wollen. Er hat damit sehr ůbel für sich gethan / (antwortete Aramena) und möchte ich von herzen wünschen / daß er seinem gott mehr beståndigkeit erwiesen hätte.

Unter solchen gespråchen gerieten sie wieder auf einen guten weg: daher der König von Syrien zu ihnen kame / [583] und seine schwester fragte / ob ihr nicht wieder zu fahren beliebte? Sie dorfte solches dem König nicht wol abschlagen / ob sie gleich im herzen sich scheuere / mit ihm allein zu seyn: maßen es sich auch also fügte / daß die andere in ihrem spaziren-gehen ferner beisammen bleiben wolten. Die tiefe traurigkeit des Königs / schiene aus allen seinem gebården überflůßig herfür / und weil die Königin Aramena deren ursach zu wissen vermeinte / als begehrte sie so wenig darnach zu fragen / als dem Aramenes anlas zu geben / ihr davon etwas deutlichers zu entdecken. Wie nun diese beide große kinder des großen Aramenes ein zeitlang / sonder ein wort zusammen zu reden /fortgereiset / sahe der König endlich seine schwester an / zu ihr sagende: Wird auch wol / liebste schwester! in des Teraphim tempel / der fürwitz euch treiben / auch dessen ausspruch von dem zustand eurer liebe zu verlangen? O keineswegs! (antwortete Aramena) weil ich so wenig von einem götzen die warheit hoffen kan / als wenig es mir bereits daran fehlet /weil ich weiß / daß der Cimber mich liebet. Diese wissenschaft / (sagte der König /) kommet her von eurem tugendhaften wahne: ich habe euch aber verschiedenlich gewarnet / nicht zu sehr auf diesen Cimber euer vertrauen zu setzen. Mein vertrauen / (gabe Aramena zur antwort /) setze ich lediglich auf Gott /und auf keinen menschen: ich glaube aber hiebei / daß Gott den getreuen Cimber auserwehlt habe / mich zu lieben / und von mir allein hinwieder geliebt zu werden.

Aramenes schwiege eine weile / auf diese rede der Königin / fassete aber endlich den schluß / sich ihr völlig zu entdecken. Demnach / sie ganz beweglich anschauend / sagte er zu ihr: Wer hätte denken sollen / liebste schwester! daß des Cimbers bäster freund noch derjenige seyn [584] wůrde / von dem ihr / was ich euch nun entdecken werde / erfahren müßet? Ja / Aramena! es ist nicht ferner zeit / gegen euch ein geheimnüs hievon zu machen / was meine bisherige traurigkeit hat verursachet / und das euer edles gemüt zweifelsfrei auch wird beunruhigen können. Die gute K \nigin vermutete / bei anh \rung dieser ersten worte / nicht anders / als daß nun heraus kommen würde /was sie mehr als den tod selbst fůrchtete. Daher wuste sie keine gebärde zu fassen / und in der ungewisheit /was sie thun solte / ließe sie ihn ungehintert fort reden. Ihr seit betrogen (sagte er) in der guten zuversicht / die ihr bisher von dem Tuscus Sicanus / oder eurem Cimber gehabt: maßen derselbe gegen meinem abgeschickten / dem Mitreus / sich also erklåret / daß er euch nicht lieben könne / weil er anderswo verknüpfet sei. Ich habe / euch solches zu sagen / seither nicht vermocht / weil ich an mir selbst wol entfande /daß dieses verfahren des undankbaren Cimbers bei euch sonder gefärliche bewegung nicht abgehen k \nte: daher ich lieber noch eine weile damit zurück halten / als vor der zeit euer edles gemüt betrůben wollen. Weil ich aber nun sorgen muß / daß euch der Teraphim / durch verhängnis Gottes / alles dieses entdecken m \chte / als darf ich länger nicht schweigen /üm euer gemüte zusolchen fr \mden dingen vor zu bereiten. Ihr werdet aber / weil eure grosmut unvergleichlich / dieses verächters leicht vergessen k \nnen: und hoffe ich von eurem fůrbilde auch noch båßer zu lernen / wie ich denjenigen / den ich als mein eigen leben bisher geliebet / völlig aus meinem gedächtnis verbannen möge.

Ich vermeine nicht / (antwortete die Königin / mit unverwandten augen ihren bruder ansehend /) daß ihr mühe findet / den Cimber von eurer ehmaligen freundschaft [585] zu verstoßen / und erweiset der dienst /den ihr ihm iezt bei mir leisten wollet / zur gnüge daß ihr / sein feind zu seyn / euch v \llig habt überwinden können. Diese antwort gabe sie dem König / weil sie von allem dem nichtes glaubte / was er von dem Cimber ihr hatte fürgebracht / sondern vielmehr daraus schließen wolte / diese beschuldigung wåre von ihm ersonnen worden / üm nachgehends desto leichter in ihr lediges herze sich wieder einzubringen / welches er vordeme / als er noch Abimelech gewesen / so völlig besessen hatte. Demnach ginge ihr solches / in erwågung aller ůmstånde / so nahe daß sie nicht ümhin kunte / ihr beklummenes herz durch einen heißen tränen bach auszuschütten: und jammerte es sie viel zu sehr / daß sie sehen solte / wie ihr liebster bruder / ihrentwegen die tugend und alle erbarkeit von sich zu bannen / keinen scheu truge. Aramenes wurde so wehmütig / als er die teure zären seiner liebsten schwester sahe / daß er / auf ihre gethane antwort keine gedanken schlagend / nur åuserst sie zu tr \sten bemühet bliebe. Diesem nach ließe er es an nichtes erwinden /was er für n \tig erachtete / ihr für zu sagen. Er erinnerte sie / unter andern / an des K \nigs von Basan leztes schreiben zu gedenken / da er den Tuscus Sicanus einen wankelmütigen genennet. Er stellte ihr auch für / wie diese beide K \nige / nicht als erhizte mitbulere / sondern als vertraute herzfreunde / auf dem Riphatischen gebirge einander gesprochen / und nun /wie die gemeine rede ginge / in gleichmåßigem vertrauen auf dem Taurischen gebirge beieinander wären.

Inzwischen / da der K \nig Aramenes dieses alles nach der långe vorbrachte / begriffe sich die Königin völlig wieder / und / wiewol nicht ohne großen zwang / sich anstellend / daß sie alle diese treulosigkeit ihres Cimbers [586] glaubte / gabe sie dem Könige diese erklärung: Wann dan Cimber solcher maßen sich meiner fernern liebe unwürdig gemacht hat / so sol hinfort kein sterblicher seinen platz bei mir wieder bekleiden; massen ich auch mehr als zu viel spůre / daß der himmel mich nicht ausersehen habe / jemals ehelich zu werden. Eure grosmütige entschließung (antwortete ihr Aramenes /) ist / was den Cimber betrifft / nicht zu verbäßeren. Da sei aber der himmel für / daß deswegen die schöne Aramena – – – Haltet ein / mein bruder! (fiele ihm die K \nigin in das wort /) und betrůbet mich nicht ferner / mir von einer andern liebe fůr zu sagen. Sol und kan der Cimber nicht mein werden / so will ich auch in keine andere verheuratung jemals willigen. Daferne auch euch eure schwester lieb ist / so lasset sie weiter nichtes h \ren von deme / das da fähig ist / sie zu t \den. Der eifer / womit die Königin diese worte herfürbrachte / stillete bald den K \nig ihren bruder / in dieser sache ihr nit fůrter einzureden / und bate er sie nur allein / den Cimber nicht so würdig zu achten / daß sie seinetwegen sich der traurigkeit ergeben solte. Sie verhiesse ihm solches / zugleich aber in ihrem herzen gedenkend / wie sie mehr befuget wäre / sich ůber ihren bruder / als über den Tuscus Sicanus / zu betrůben: da jenen / seine ungerechte liebe / das recht der freundschaft brechen machte / diesen aber nichtes / als sein langes ausenbleiben /und ein ungegründter verdacht / bei ihr anklagen kunte.

So unruhig aber die schöne Aramena hierüber wurde / so sehr entfande auch solches der König ihr bruder / als er seinem alten treuen Cimber diesen üblen dienst geleistet. Alle die freundes-gutthaten /die er seine lebtage von ihm entfangen / wurden auf einmal in ihme wach / und machten ihm bange / daß er ihn aus seiner [587] Königin gnade gesetzet: welches er doch / in fernerem nachsinnen / nicht bereuen kunte /weil dieser Cimber / aus einer so unbekant- als verwundersamen ursache / die Aramena für die seinige nicht mehr erkennen wollen. So bald er demnach an diese beschimpfung wieder gedachte / wuste er von keinem Cimber nichtes mehr / sondern fande sich mehr als wol befugt / den Tuscus Sicanus anzufeinden / und war froh / daß er dieses endlich vom herzen geledigt / und seine liebste schwester aus ihrem bisherigen irrtum gebracht hatte. Ihr bezeigen hiebei / das nicht so ungedultig war / als die größe dieser verachtung wol verdienet / und er vermutet hatte / gab ihm hierneben die hoffnung / und den trost / daß ihre grosmut diese unbilligkeit in ihr würde überwinden helfen.

Um auch ihre gedanken auf etwas anders zu bringen / ånderte er den inhalt dieser unterredung / zu ihr sagend: Ich muß euch nun / liebste schwester! nach des Teraphim tempel also allein hin ziehen lassen /üm der Mesopotamier gebräuche nicht zu brechen. Mir ist aber bei dieser sache eben nicht zum bästen zu mute / weil ich nicht allein die aufwieglerische inwonere der gegend Abagara / darinn der tempel liget /wol kenne / sondern auch mich dessen noch erinnere /was uns der Nahor / von dem stolzen und nadenklichen gespräche der richterin Phalerinte mit der Almesia / neulich erzehlet hat: woraus satsam erhellet / daß die riesen auf dem Taurischen gebirge wider uns etwas gefärliches schmieden / und nicht ohne wichtige ursache die Könige an sich gezogen haben. Die tiefsinnige Aramena überlegte eben in ihrem herzen / was doch ihr Cimber auf dem Taurischen gebirge machen müste / als der König dieses sagte: daher sie auch bald anlaß name / ferner hiernach zu fragen. Hat man dan dessen grund / (fragte sie) daß [588] die Könige bei der riesen versamlung sich befinden? Gewiß kan ich es nicht sagen / (antwortete der K \nig /) weil der Mitreus / den ich / wie dieses gerůcht erschollen / nach dem Taurischen gebirge abgeschicket / noch nicht zu růcke gekommen. Meine vermutung aber gehet dahin / es werde auf Syrien / und folgbar auch auf dieses land / als ein teil desselben angesehen seyn. Es wird vielleicht Marsius / dem wir euch versaget / seine rache suchen / auch Tuscus Sicanus meiner billigen antung zuvorkommen / und den vermuteten krieg lieber anbieten / als erwarten / wollen.

Seit ihr dan gesinnet / (fragte die Königin /) den Aborigener-König zu bekriegen? Dieses / liebste schwester! (antwortete der K \nig /) stehet bei euch /und soll meine rache sich nach eurem wollen schicken. Die sch \ne Aramena / schwiege zu diesen worten ihres bruders / und in ihrem geschöpften argwahn fortfahrend / hielte sie dieses alles fůr gefårliche vorschlåge / die ihre und des Cimbers keusche liebe zerst \ren solten. Er hingegen schloße / aus diesem stillschweigen / eine in der Aramena herzen noch übrige gewogenheit gegen dem Tuscus Sicanus / und sagte: Mich wundert nicht / daß die beståndige Aramena noch wanket in ihrer billigmäsigen rache / da ich weiß / was ich bis ietzo dieserwegen erlitten / und wie die freundschaft und beschimpfung in mir gestritten haben. Ich habe den Cimber bisher geliebet / als mich selbst: ich liebe aber die K \nigin von Mesopotamien nicht weniger / und muß billig / da diese also geteuschet worden / den schuldigen verlassen / um der unschuldigen beizustehen.

Die verwirrte Aramena / sahe den König unaufh \rlich an / und beobachtete sein unschůldiges wesen /damit er diese reden fürbrachte: daher sie endlich anhube zu [589] zweiflen / ob ein sonst so edles gemüt auch fåhig seyn könte / so falsche dinge zu ersinnen. Sie geriete daher immer tieffer in die gedanken / und so sehr in ihr die unruhe abname / wann sie gedachte /daß ihr bruder unschuldig wåre / so sehr name sie hinwieder zu / wann sie auf solchen fall ihr den Cimber muste schuldig fürstellen. Dieses kame ihr aber ganz unmüglich vor / und weil sie demnach nicht wuste /was sie denken oder sagen solte / seufzete sie in ihrem herzen zu Gott / und befohle ihm lediglich diese sache. Sie bate folgends ihren bruder / daß er ihr hievon nichtes mehr sagen wolte. Weil sie sich noch nicht bereit und standhaft genug befände / solche fr \mde dinge zu vernemen. Hierauf redeten sie mit einander ab / daß / wann der Königin / von den riesen aus Abagara oder sonst im Teraphim-tempel / einige ungelegenheit aufstoßen möchte / sie solches alsofort durch den Nahor berichten solte: massen der bereits ware besprochen / auch reitende boten unterwegs verleget worden / daß man ihren zustand desto eiliger in Samosata erfahren k \nte.

Indem kamen sie sämtlich an den ort / da sie ihr nachtlager halten wolten. Jederman kunte / so wol an den K \nig von Syrien / als an der schönen Königin von Mesopotamien / eine große ånderung verspüren /sonderlich an dieser / die so entstellet war / daß C \lidiane und die K \nigin von Ninive ihn öfters zweimal ein wort sagen musten / ehe sie es hörte / und ihnen antwort gabe. Sie deuteten beiderseits diese traurigkeit dahin / daß etwas von des Aramenes liebe wůrde fůrgefallen seyn. Dieses machte nun fürnemlich die C \lidiane betrůbt und unruhig / wiewol die nicht so eifersůchtig als besorgt sich erwiese / daß Aramena nicht also möchte geantwortet haben / wie es wol der K \nig ihr [590] gemal verlangen mögen. Um demnach / zu vergnügung ihres liebsten Königs / alles herbei zu tragen / was ihr möglich ware / vermeinte sie / es würde nun die rechte zeit seyn ihrer liebsten Aramena deswegen noch einmal zuzureden. Demnach suchete sie gelegenheit / sie allein zu sprechen: dazu sie sofort gelangte. Sie fande diese betrůbte K \nigin in dem hintern hof des wirtshauses / da sie an ein für beifließendes bächlein sich gesetzet / und ihren tiefsinnigen gedanken gehör gabe.

Verüble mir es nicht / liebste schwester! (redte Cölidiane sie an /) daß ich komme / dich zu beunruhigen. Es verursachet solches die herzliche liebe zu meinem König / und daß ich gern dessen unfehlbaren tod verhüten m \chte / weil ich wol vermerke / wovon ihr miteinander geredet / und daß du dem Aramenes alle hoffnung werdest entzogen haben. Bedenke doch /Aramena! wie unglücklich dieser treue liebhaber dich verlieret / darum / daß er dein bruder ist erkant worden: dieses einige machet sein verbrechen / und hebet bei dir die beständige liebe auf / die du sonst fůr ihm zu hegen pflegtest. Es kan aber / weder dieser name eines halbbruders / noch unsere verehlichung / dir anlas geben / ihme treulos zu werden: weil der von Gott selbst erwehlte Fůrst Abraham also geheuratet /und ich dir gern und gutwillig den vornemsten platz unsres ehebettes / neben dem Königlichen tron in Syrien / abtreten und überlassen wolte. Wie qvålest du doch dich und mich / werteste Cölidiane! (antwortete ihr die Aramena /) mit solchen nie erh \rten fürschlägen / die du aus großer liebe / wiewol sonder noht /also ersinnest. Mein bruder füret ja nicht gegen mir solche gedancken / wie du dir einbildest / und hat er mir gleich jezt geoffenbaret / was seine bisherige unruhe und betrübnis verursachet. Der Cimber liebet mich nicht / [591] wie wir uns bisher eingebildet / und verh \net es meinen bruder / daß ich ihm durch den Mitreus bin angetragen worden / er aber sich geweigert /mit dem Syrischen hause sich zubefreunden.

Deine kaltsinnigkeit / (widerredte C \lidiane /) mit der du dieses fürbringest / gibet mir zu vernemen /daß du solches nicht gläubest / oder doch wenig achtest. Gläubest du es nicht / so kanst du ja leicht ermessen / warum Aramenes dir solche dinge fůrsage. Achtest du es aber nicht / so ergibe dich ům so viel williger deiner ersten liebe wieder. Erhalte damit /dem reich Syrien seinen K \nig / und C \lidianen ihr leben: das du ja ohne sünde thun kanst / wan du es nur recht bedenkest. K \nt es gleich ohne sünde zu gehen / (widerredte Aramena /) so wolte ich doch lieber sterben / als dir deinen König rauben. Nun aber hält mich / alle andere betrachtungen hintan gesezt /mein gewissen hiervon ab / und lässet sich des Fürsten Abrahams beispiel nicht hieher ziehen / da Sara seines bruders tochter gewesen / und er neben ihr keine frei-geborne zur ehe gehabt.

Als C \lidiane solches widerreden wolte / kame der König von Syrien zu ihnen: der dan / unwissend wovon ihr gespräche gehandelt / sich gegen seiner gemalin entschuldigte / daß er vor ihr so verschwiegen gewesen / und ihr nicht entdeckt hätte / was diesen winter hindurch sein betrůbtes anligen verursachet. Ich weiß / (sagte er ferner) wie herzlich ihr einander liebet: darum habe ich lieber unvertreulich seyn / als zu eurer mitbetrůbnus anlas geben wollen. Beide Königinnen sahen hierauf den Aramenes scharf in die augen / und lächelte C \lidiane ihn an / ob ihr gleich dabei die trånen aus den augen stießen / zu ihme sagend: Ist diß die rechte und einige ursach von meines K \nigs anligen gewesen? Ach! [592] warům zweifelt ihr? (antwortete Aramenes) wolte Gott / es verhielte sich nicht also! wie gern wäre ich doch überhoben / den jenigen meine rache spüren zu lassen / den ich mehr als mich selbst geliebet. Die tränen stiegen auch dem König in die augen / als er dieses sagte / und ginge er damit zu seiner schwester / die er ůmarmte / sprechend: Was ihr an dem unerkentlichen Cimber verlieret / das sollet ihr zweifältig wieder an mir haben; und verpflichte ich mich / so lang ein blutstropfe in mir ist / den hon zu råchen / welchen Tuscus Sicanus dem hause Syrien beweisen dörfen.

Hebet darüm eure freundschaft mit ihme nicht auf /(sagte Aramena /) daß er mich verachtet hat / sondern überwindet euch / gleichwie ich thue: wenigst vergesset desjenigen / der unser vergessen hat. Ist es möglich / (widerredte der K \nig / seine schwester ganz verwundert anschauend /) daß ihr solch ein unrecht / das euch widerfahren / so bald verschmerzen könnet? Einem bruder zu gefallen / (antwortete sie /) auch dessen reich und lånder in ruhestand zu erhalten / wolte ich / wan noch was gr \ssers zu erdulten wäre /alles gern und willig über mich nemen. Ich werde auch eure brüderliche freundschaft hieraus erkennen /wan euch wird gefållig seyn / auf keinerlei weise dem Cimber euren unwillen kund zu machen / sondern noch wie vor ihn als euren freund zu lieben. O unvergleichliche tugend! (rieffe der König /) die nichts menschliches bei sich heget / und die würdig wäre /daß man sie båßer verehrte! Hätte ich dieses vermuten d \rfen / ich wolte nicht so lang verschwiegen haben /was bisher mein herz gequålet. Ich kunte mir ja nicht anders einbilden / als daß eure billige rache mich sofort antreiben wůrde / den unerkentlichen König der Aborigener zu bekriegen. Keines wegs! (antwortete[593] Aramena / und lächelte dazu / wiewol es ihr nicht von herzen ginge /) mit meinem willen / sol dem Tuscus Sicanus kein krieg zuwachsen / und würde ich es meiner ehre zuwider achten / wann die welt glauben müste / daß ich mich von ihm beleidigt hielte.

Wie die K \nigin von Mesopotamien diß gesagt /kame Nahor dazu: welcher / neben seinem vatter /dem Fůrsten Laban / der wirtschaft fürstunde / weil von der Königin bedienten niemand zugegen ware. Dieser meldete an / wiedaß die abendmalzeit bereitet wåre. Die Königin Aramena hatte so wenig lust zu essen / daß sie die andern ließe zur tafel gehen / und sich mit der Timna in ihre schlafkammer verfügte /sich daselbst abkleidete und zu bette legte. Sie erzehlte hierauf dieser ihrer vertrauten freundin / was ihr den tag begegnet ware: die dan åuserst erschracke /solche fr \mde dinge zu vernemen / und nicht wuste /so beredt sie auch sonst ware / was sie dazu sagen solte. Haltet ihr wol den Cimber für schuldig? fragte die Aramena. Was soll ich sagen / gnådigste K \nigin? (antwortete Timna) dieses ist so unmůglich zu gedenken / wan ich die unvergleichliche Aramena und den edlen Cimber betrachte / daß vielmehr zu glauben / der K \nig von Syrien – – – liebe die unglückselige Aramena! volfürete die K \nigin der Timna rede / und finge damit so häftig an zu weinen / daß eine träne der andern folgend / sie fast gar erstecken wolte. Betrachte ich den tugendhaften Abimelech oder Aramenes /(sagte Timna) so ist ebenfalls unmüglich / was E. Maj. von ihme mutmaßen / und liebet er ja die gottselige Cölidiane / nicht zum schein / sondern recht herzlich / daher ich versichert bin / es habe die unmüglichkeit alle andere gedanken bei ihme ausgebannet.

Ist Aramenes unschuldig / (sagte die K \nigin /) so[594] muß Cimber schuldig seyn. Jedes von beiden ist fähig / mich zu t \den: und weil eines notwendig wahr seyn muß / so sehet ihr ja / Timna! meinen neuen ja er /darein der himmel mich gestürzet. Was soll ich glauben? oder wen soll ich verlassen? einen so werten bruder / oder einen so lieben Cimber? Des Cimbers ausenbleiben / neben der beståndigen künen aussage des Königs / meines brudern / streiten häftig gegen diesen sonst treuerfundenen liebhaber. Die furcht aber / daß Aramenes mich liebe / und daß die liebe diesem unglückseligen bruder in den sinn gegeben und geraten / durch solch ein gedichte den Cimber aus meiner guten gunst zu setzen / beschützen ihn bei mir wieder / und überwägen weit den glauben / den ich meinem bruder geben solte. Daher waren seine bemůhungen nichtig / die mich bereden wolten / einem kriege bei zustimmen / welchen er meinetwegen dem Tuscus Sicanus ankůndigen wollen: den ich zwar sonst in eigner person wider ihn fůren würde / wan ich glauben müste / daß er mich so verächtlich halten k \nnen. Ach Timna! ich hoffe / und fůrchte! Und endlich / ich glaube von diesen dingen / was ich wil / so kan ich mein großes und schweres elend und unglůck nicht völlig ůbersehen / noch begreifen. Die verstumte Timna / thäte zu diesen klagen ihrer K \nigin nichtes /als das bloße zuhören / und fande die wahl sehr schwer / unter so zwei tugendhaften helden einen auszukiesen / der sich / entweder durch unverantwortliche verachtung der sch \nsten und edelsten Königin der welt / oder durch unrechtmäßige liebe / verleiten lassen / von der tugendbahn so gröblich abzuschreiten. Es war ihr noch niemals etwas so schweres / als dieser handel / fürgekommen / und verirrte sie sich darinn ie mehr und mehr / je weiter sie dem ding nachgedachte.

[595] Die königliche personen / auser den dreien Prinzessinnen von Ausitis / kamen mit der Ahalibama / nach gehaltener tafel / zu ihnen: und weil der König von Syrien / dem Dison und seiner jüngern schwester /auch der Prinzessin von Edom / gleichfalls entdeckt hatte / was er zuvor der Königin von Mesopotamien vertrauet / als kame / der Aramena sich äuserende traurigkeit / ihrer keinen frömd vor / und waren sie alle äuserst bemühet / ihre entfindlichkeit hierůber zu erkennen zu geben. Cölidiane finge nun auch an zu glauben / weil sie ihren liebsten K \nig viel zu wert hielte / als daß sie ihm solche falschheit und lůgen zueignen solte: und entfande sie nun in sich eine ungew \nliche ruhe / indem sie anhube zu hoffen / daß sie ihrem König / ihn in seine schwester verliebt achtend / bisher unrecht gethan hätte.

Aber der schönen Aramena / wolte solche einbildung noch nicht aus dem sinn. Und ob sie gleich bis in den tod betrübt und unruhig war / so ůberwande sie sich dannoch in dieser gesellschaft / und dieselben /da sie üm ihr bette stunden und sie beweinten /freundlich und wolgemut anlachend / sagte sie: Sehet dann ihr / meine liebsten / mich für so kleinmütig an /daß ich in diese änderung / davon iezt das gespräche handelt / mich nicht solte finden können? die ich doch / eine zeit her / von dem himmel gnugsam gehärtet worden bin / alle weltliche zufälle auszustehen und zu ertragen. Ihr sehet und findet mich auch nicht dieserwegen im bette / sondern weil ich mich ohn das nicht wol befunden / auch morgen frühe reisen / und sonder euch eine verdrießliche wallfart thun muß / als hat mich der unmut / eher als sonst / die ruhe suchen gemacht. Wollet aber ihr / mein bruder! und ihr / meine werteste freunde! befördern helfen / daß ich in dieses neue anligen mich desto bässer möge schicken [596] lernen / so müsset ihr / nicht allein gegen mir dessen nicht mehr gedenken / sondern auch es unterdrucken / daß niemand etwas davon erfahre. Dieses lezte versprachen sie ihr einhällig / und glaubten / ihr zu gefallen /daß dieses leiden sie so sehr nicht anföchte / wie zwar der augenschein klårlich dartäte. Als sie nun vollends bis in die nacht bei ihr geblieben / ließen sie die Ahalibama und Timna bei ihr: mit denen sie die ůbrige nacht hindurch / sonder einigen schlaff in ihre augen kommen zu lassen / sich hiervon unterredte / und gegen diese zwei freundinnen sich nicht zwingend /ihrem trauren den völligen freien lauf ließe; weswegen auch die Ahalibama ihres eigenen anligens vergasse /üm der schönen Aramena klagen zu helfen.

Der morgen brache endlich wieder herfůr: da dan /wie die Königin gekleidet war / die andre hinein kamen / und abschied von ihr nemen wolten. Es kan nichts berrübters zu sehen seyn / als dieses scheiden ware: weil sie die K \nigin von Mesopotamien zu einer solchen zeit verlassen musten / da ihr ihrer freunde trost sonders n \tig gewesen. Der K \nig von Syrien erwiese einige reue / daß er sein geheimnis entdecket: in betrachtung aber der ůmstånde / befande er / daß er es nicht anders machen können. Indem sie aber sich scheiden wolten / kame unvermutlich Elihu und Bethuel mit ihren leuten daher geritten / welche /als sie vor den Königlichen personen erschienen / sofort von der Königin in Mesopotamien mit einer sonderbaren munterheit gefragt wurden / wie ihre reise abgelaufen / und ob sie sich nun vergnůgt achteten. Wir kommen zwar / (antwortere Elihu für sich und den Bethuel /) vergnůgter von Ausitis wieder / als wir dahin gezogen: es fehlet uns aber noch an der vollkommenen zufriedenheit / die unsere liebe [597] erfordert. Berichtet uns doch / (sagte die schöne Königin /) wie es euch ergangen: dan wir haben noch wol so viel zeit übrig / dieses zu vernemen / ehe wir fürter reisen můssen.

Wiewol nun Elihu vermuten konte / daß die Königin mehr / als sie selbst / von dieser ihrer geschichte wüste / so gehorchete er doch / und hube also an zu erzehlen. Als wir das Königreich Uz erreichet / erkundigten wir uns sofort aller orten / nach dem Prinzen Sinear von Chaldea / und erlangten bald die gewůnschte nachricht / daß er mit bei sichhabendem frauenzimmer nach Ausitis gekommen wåre. Wir eileten ihme nach / so geschwind als uns můglich / und als wir den königlichen hof erreichet / erfuhren wir /daß Sinear / den tag zuvor / schon wieder hinweg gereiset wåre. Gleichwie uns nun dieses sehr beunruhigte / also unterliessen wir nicht / dem alten K \nig aufzuwarten. Dieser entfinge uns mit höchster freude /und bezeugte öffentlich seine vergnügung / daß er den Bethuel / als seiner schwester sohn / und mich / als seinen alten bekandten / zu sehen bekommen. Die lieblosungen / die wir von ihm entfingen / waren unzehlig: daher wir ihm auch unser anligen nicht verheleten / das uns dahin zu kommen bewogen hatte. Er hörte unsere sonderbare liebens-art mit lust an / die wir ihm / auf sein begehren / ümständlich erzehlten. Nachdem wir ganz ausgeredet / gabe er uns zu verstehen / wie daß der Prinz Sinear unsere drei sch \nheiten ihme zu gefůret: dem er auch beförderlich gewesen /der ålteren ihre gegenliebe zu erlangen. Es wäre aber der Prinz / mit seinen des Königs t \chtern und diesen dreien sch \nheiten / nach Samosata zu E. Maj. wieder abgereiset: da er üm uns in unserer liebe bef \rderlich zu seyn / an E. Maj. uns ein schreiben mitgeben wolte / welches / wie er hoch versicherte / die kraft [598] haben würde / uns völlig vergnůgt zu machen. Hierbei stellte er uns sehr auf die probe / ob wir auch in unserer fürgegebenen liebe beständig gesiñet wären / und ob uns das nicht schreckte / daß wir ihren stand nicht wusten. Wir gaben ihm hingegen alles vergnůgen /und drungen so sehr auf unsere erlassung / daß wir /als wir zween tage daselbst ausgehalten / und unsere ehiste wiederkunft versprochen / mit diesem schreiben an E. Maj. abgefärtigt worden / das wir dan hiemit gehorsamst überreichen.

Nachdem Elihu der Königin von Mesopotamien das täfelein übergeben / fuhre er also fort: Die ruckreise nach Samosata ginge eilig von statten: alwo wir aber / bei unserer ankunft / niemand fanden / weil alle welt E. Maj. hieher begleitet hatte. Die leute / so auf dem schloß daselbst geblieben / berichteten uns / wiedaß sie von keinen andern sch \nheiten geh \ret hätten / die der Prinz Sinear mitgebracht / als von des Königs Hiob dreien t \chtern. Dieses brachte uns nun nicht geringe unruhe / und vernamen wir / nach fernerer erkundigung / daß etliche weibspersonen / die mit den Prinzessinnen von Ausitis geko en / daselbst im schloße sich heimlich aufhielten / und / auf sonderbare verordnung dieser Prinzessinnen / von einem torhüter / zeit ihrer abwesenheit / gespeiset würden. Wir gedachten sofort / wir hätten nun unsere sch \nen gefunden / und gewonnen den torhüter mit gelde / daß er uns / wider verbot / hinein ließe / wo diese frömden verborgen waren. Wir fanden aber ganz andere schönheiten / als wir gesuchet: und uns also betrogen findend / erlangten wir von diesen so viele nachricht /daß wir unfehlbar unsere schönen bei E. Maj. antreffen würden. In dieser hoffnung sind wir nun herůber gekommen. Unterwegs erfuhren wir von dem troß des Königs aus Egypten / welcher mit den andren [599] K \nigen zurück reisete / daß hier bei E. Maj. keine andere frömde w \ren / als des Bethuels zwo schwestern / und die drei Prinzessinnen von Ausitis / neben dem Prinzen von Chaldea: daher wir in neue sorge gerieten /unsere schönen möchten mit den andern k \niglichen personen wieder zurůcke gewesen seyn / da sie doch /als schäferinnen / diese wallfart wol håtten mit verrichten können. Also sehen E. Maj. daß wir zugleich vergnügt und unvergnügt leben / und bitten wir ům die gnade / uns zu berichten / was wir ferner zu hoffenhaben.

Es wäre nicht recht / (sagte hierauf die schöne Aramena / mit sonderbarer annemlichkeit /) daß ihr beide / ohne zuvor ein wenig zu leiden / euch so fort solte glückselig sehen. Verziehet aber alhier bei der Ahalibama und Timna / bis ich mit meinen brůdern und schwestern einen kleinen abtritt genommen: ich wil bald wieder bei euch seyn / und euch des K \nigs von Ausitis willen eröffnen. Als sie dieses gesagt / raunete sie den beiden Fůrstinnen von Edom heimlich ins ohr / daß sie diesen beiden verliebten nichtes von der warheit entdecken solten / und ginge sofort mit den beiden K \nigen und K \niginnen von Syrien und Ninive aus ihrem zimmer / ůber einen gang nach dem gemache der drei Prinzessinnen von Ausitis: die sich in gesellschaft des Sinear / des Nahor und dessen beider schwestern befanden / und nicht wusten / daß Elihu und Bethuel angekommen waren. Daselbst verlase sie \ffentlich das schreiben des K \nigs von Uz / dessen inhalt dieser war: daß der Hiob / die Königin ersuchte / sich seiner t \chter / wie auch ihrer beiden vettern /anzunemen / und dem Fürsten von Ram die Prinzessin Kezia / dem Fürsten von Haran aber / die Prinzessin Kerenhapuch / zu geben / weil er an diesen beiden Fürsten wargenommen hätte / daß ihre neigungen [600] also fielen; wiewol sie noch nicht wüsten / daß er der vatter ihrer geliebten wäre / welches er ihnen mit fleiß verhelen wollen / ům ihre vergnügung desto größer zu machen.

Als die beide schöne töchter des großen Hiobs dieses vernamen / fanden sie ihres herrvattern wahl der ihrigen so gleich / daß sie ihre daraus geschöpfte zufriedenheit nicht bergen konten. Wie sie nun hierauf in allem sich der Königin verordnung ergeben hatten /redte die mit den andern ab / was sie den beiden verliebten Fůrsten anbringen wolten. Die Königin von Ninive ließe / neben ihrer schwester / sich hierzu gebrauchen / und gingen also / diese beide ehmals-geliebte des Elihu und Bethuel / wieder zu ihnen: da die Königin von Mesopotamien den Fürsten von Ram /die jůngere Aramena aber den Bethuel / für sich name / und iede mit dem ihrigen sich absonderlich beredte.

Es ist zeit / edler Bethuel! (sagte die K \nigin von Ninive) daß ich euch aus dem traum helfe / und euch entdecke / daß ihr bisher keine wahre menschen / sondern nur gespenster / geliebet. Der erschrockene Bethuel wolte hierzwischen reden / die K \nigin ließe es ihm aber nicht zu / sondern fuhre also fort: dieses hat den Gottseligen König von Ausitis bewogen / damit er euch von dieser krankheit heilen möchte / eine seiner t \chter euch anzubieten; massen er auch also dem Prinzen von Chaldea geholfen / und ihm seine ältste tochter / an stat des dritten gespenstes / gegeben hat. Ich entsinne mich noch gar wol / was ich euch schuldig bin / und bin deshalben froh / daß ich euch einiger maßen hiebei dienen kan / da ich euch eine sehr schöne tugendhafte Prinzessin erworben: die / auf mein zureden / und verm \g ihres herrvattern befehls / euch zu lieben geneigt ist / und die ihr / so [601] wol um eures eignen bästens willen / als wegen meiner / annemen werdet. Als sie diß gesagt / und nun sahe / daß ihre schwester / von dem Elihu ab / nach der thůr zu ginge / folgete sie ihr nach / sonder die antwort des Bethuels zu erwarten. Es blieben aber diese beide verliebte so gar bestürzt und aus sich selber / daß sie schier von ihrer stelle nicht abtreten kunten. Ahalibama und Timna hatten sie verlassen / als die beide K \niginnen zu ihnen gekommen: daher waren sie nun allein / und merkte einer dem andern wol an / daß ihnen einerlei vortrag müste geschehen seyn. Was fůr ein zwang ist dieses / (sagte endlich Elihu /) daß man uns aufbürden will / die jenigen zu lieben / die wir nie gesehen haben? Und daß man uns n \tigen will / (sezte Bethuel hinzu /) unsere schöne geister zu verlassen / deren anschauung uns mehr vergnügen können / als alle andere irdische schönheiten?

Wie sie dieses kaum gesaget / traten die beide Königinnen wieder zu ihnen in das gemach / und fůrete jede eine von den zweien jüngern t \chtern des Hiobs an der hand. Die beide verliebten erkanten sie so fort für ihre sch \nheiten / und eileten ihnen entgegen / sie zu entfangen. Hier habt ihr / edler Elihu! (sagte die schöne Aramena zu diesem) den lohn eurer tugend und eurer liebe! Nemet an von meiner hand / die Prinzessin Kezia / die der himmel für euch hat aufgehoben. Eben solcher worte gebrauchte sich die jüngere Aramena gegen dem Bethuel / indem sie die sch \ne Kerenhapuch ihm überlieferte. Es hatten diese beide verliebte noch nie so eigentlich / wie dißmal / erkant /daß zwischen diesen neuen und ihren alten geliebten eine so grosse gleichheit wäre: massen sie nicht anders dünkte / als ob sie / an diesen schwestern / das wahre ebenbild ihrer beiden [602] Aramenen sähen. Wie nun diese zween also artig waren betrogen worden /auch auf einmal / die hohe geburt ihrer sch \nen / und deren geneigten willen gegen ihnen / bei ihrer wiederfindung erfuhrẽ / konte solches nichts anders / als eine grosse bestürzung bei ihrer freude wirken und erwecken: die ihnen aber nicht hinterlich war / ihre grosse glůckseeligkeit dabei zu erwägen. Bei ihrer so vergnügten verwirrung / kamen alle die andern auch herzu / und erwiese sich sonderlich die Lea sehr erfreut / den Bethuel / ihren liebsten bruder / in solcher vergnügung zu sehen. Sinear trate damit auch herfůr /diese seine beide schwägere zu ümarmen: und sahen sie diesen Prinzen nun nicht mehr als einen mitbuler an / weil sie ihm die Prinzessin Jemima gerne g \nnten / und mit ihrem schönen anteile mehr als wol vergnůgt blieben.

Der alte Laban fande sich zu dieser allgemeinen freude auch mit ein / und genosse derselben nicht wenig mit / wie er sahe / daß / sein zweiter sohn eine so schöne Prinzessin / die auch landgüter und schäfereien unferne von Haran besasse / überkommen solte. Gleichwie ihm nun dieses bässer / als des Nahors wahl / gefiele / in welche er zwar auch schon meist gewilligt hatte / also entfande unterdessen dieser in die Aprite verliebte Fürst / bei aller der anderen vergnügung / sein geheimes leiden / und deshalben mit der Rahel an ein fenster besonders tretend / überlegte er mit ihr sein anligen: die ihme dan keinen andern trost / als diesen / zu geben wuste / daß er seine fürhabende reise auf das Taurische gebirge fortsetzen / und mit der hoffnung sich aufrichten solte / wie er bei dem Prinzen Daces nachricht von seiner Aprite finden würde. Daß dieser Prinz / neben dem Baalis / bisher in Mesopotamien verborgen gelebet / [603] hatte Nahor die ser seiner liebsten schwester nicht verhelet: daher sie ihm diesen trost gegeben / welcher zwar sein niedergeschlagenes gemüt wenig aufrichten kunte.

Man gedachte nun / an den aufbruch / und dorfte die Königin von Mesopotamien sich nicht länger säumen / weil sie noch weit zu reisen hatte. Um des willen kame es nun zum abscheid-nemen und gute nacht-sagen: und ob sie gleich / innerhalb acht tagen wieder zusammen zu kommen / vermuten dorften / so kame doch dieses scheiden beiden teilen sehr schmerzlich an: da der König von Syrien die beschirmung seiner schwester / dem Nahor / Elihu und Bethuel anbefohle / und endlich diese sch \ne verließe / zuvor aber sie heimlich bate / wegen des Cimbers untreu sich nicht zuviel dem gram zu ergeben. Es sol dieses / mein bruder! (antwortete ihm die Königin) was ihr mir eröffnet / keine andere wirkung in mir haben / als daß ich forthin aller liebe absagen / und ferner nicht meine freiheit verspielen werde. Mich aber zu lieben / (antwortete er / sie ümarmend) werdet ihr dabei nicht verreden. Als ein bruder / (gabe sie zur antwort) sollet ihr mir der liebste auf erden bleiben. Hiemit / üm dieses gespräche abzureissen / trate sie von ihme zu der C \lidiane / deren sie heimlich sagte: hüte dich / eine kupplerin bei deinem gemal fůrzustellen / und erwehne ja dessen gegen ihme mit keinem worte / was wir mit einander geredt haben. Cölidiane / die nun voll hoffnung stunde / wie sie in ihrer einbildung geirret hätte / ware ganz willig / ihrer Aramena hierinn zu gehorchen: und wie sie / mit den andern königlichen personen / und dem betrůbten Sinear / wie auch der Ahalibama und Timna / sich zu [604] wagen begeben /fuhre sie samt ihnen / den weg nach der landschaft Amida / wieder zu rücke.

Die K \nigin von Mesopotamien / mit den dreien Prinzessinnen von Ausitis / den beiden Fürstinnen von Haran / den vier fürstlichen hirten von Syrien /den richteren und richterinnen von Amida / und dem gesamten heer der Mesopotamischen hirten und schåferinnen / die in vielen tausenden bestunde / sezte nun auch ihre reise fort nach dem tempel des Teraphim: da sie die Prinzessin Jemima / und die Fürstin Lea / zu sich auf ihren wagen genommen. Weil sie mit diesen beiden / die ihr zwar angenem / aber noch frömd waren / von ihren angelegenheiten nichtes reden kunte / als schwiege sie die meiste zeit / und überdachte nur bei ihr selbst / in was verwirrten zustand sie gerahten ware. Weil sie auch das Taurische gebirge / dahinwarts der tempel lage / stäts in den augen hatte / konte sie nicht unterlassen / dasselbe anzuseufzen / als den ort / da sich ihr Cimber nun solte aufhalten. Warüm ist er so nahe / (gedachte sie bei ihr selbst) und kommet nicht / mich zu besuchen? Warüm schreibet er mir nicht zum wenigsten / und lässet so viel monate verstreichen / sonder mir die geringste nachricht von seinem aufenthalt zu geben? Ach wehe! (sagte sie ferner in ihrem herzen) Aramenes hat die warheit geredet: Cimber achtet der Aramena nicht mehr / gleichwie er auch der Hercinde und Roma bald vergessen können. O leichtglåubige! warüm hast du dir ein bessers glück fůrgebildet / als diese beide sch \nheiten hatten / welche der Cimber ja so hoch als dich verehret? Und ist er nicht allemal / so lang du ihn kennest /ein båsserer freund als liebhaber gewesen / der seines freundes ruhe der seinigen weit fürgezogen? wer wolte dan bewundern / wan er auch iezt [605] dem verliebten K \nig von Basan wiche / und dich demselben ůberlassen wolte?

Hiemit ruhete sie in etwas von fernerem nachsinnen / bis sie ihr endlich wieder die lezte begegnise von dem Cimber fürstellte / wie er im argwahn ihrer ungunst gelebet / und solches so wol schriftlich / als mündlich durch den Abdastartus / ihr andeuten lassen. Solte wol / (sagte sie deshalben bei sich selbst) dem Cimber diese einbildung noch nicht benommen / und er daher ermüdet seyn / mich ferner zu lieben? Unmüglich ist ja dieses / da nicht allein ich vor dem ganzen Syrien meine öffentliche erklärung gethan / daß Tuscus Sicanus / vor dem Marsius / zu meinen gemal und König ernennt seyn solte / sondern auch deswegen eine \ffentliche abschickung / von den König meinem bruder / an den Aborigener-König / geschehen ist? Darum kan es nicht fehlen / Cimber muß meiner můd geworden seyn / und die zeit bereuet haben /die er vordeme bei mir in Damasco verschwendet. Sie hatte aber kaum diese beschüldigung bei ihr bedacht /da bereuete sie solche beschüldigung wieder: weil sie nicht glauben kunte / daß der tugendhafte Cimber einer solchen leichtsinnigkeit fähig seyn k \nte; und stellte sie ihr damit auf einmal vor / alle dessen tugenden / die ihn eines solchen lasters mehr dan frei und ledig sprachen. Die vorbildung seiner unschuld brachte aber ihrem gemůte nicht sobald einige erquickung /da warfe dieselbe wieder über einen hausen / der vermeinte bösliche betrug / den ihr sonst so lieber als grosmütiger bruder angestellet / ům von dem Cimber sie abzubringen: daran sie nicht gedenken kunte / sonder bis in den tod sich zu betrüben.

Sie vermochte / für ihre beisitzerinnen / nicht also die trenen / als wie die zunge / zu zwingen: massen die so [606] håufig anhuben / ihre schöne wangen zu benetzen / daß der Jemima und Lea unmüglich fiele / zu schweigen / und dieses anzusehen. Sie fragten demnach beiderseits die Königin üm ihr anligen / und bekamen den bescheid / wie daß sie ihr in ihrem leiden für der hand keine hülfe bringen könten / sonst sie nicht ermanglen wolte / ihm dasselbe zu eröffnen. Hierauf / sich überwindend / name sie ein freiers wesen an sich / und verschobe / bis sie ganz allein seyn wůrde / ihrem unglück ferner nachzudenken. Indem hörten sie in dem wagen / der dem ihrigen nachfolgte / iemand singen / so die Prinzessin Kezia ware: wodurch die Königin veranlasset wurde / die Jemima auch anzumanen / ihre stimme h \ren zu lassen; die dan / üm ihren gehorsam zu erweisen / folgendes lied mit sonderbarer annemlichkeit anstimmete.


Der mensch / der Gott-gelassen /

bleibt wie er einmal ist.

er kan sich immer fassen /

auf alle fäll gerůst.

k \mt b \ses oder gutes:

er ist ståts gleiches mutes.


Was andren schådlich scheinet /

er ihm zum nutzen acht.

er weiß / wie der es meinet /

der alles schafft und macht.

Vom Guten kan nichts kommen /

als was uns bringe frommen.


Ob wir es nicht absehen /

durch unsre menschen-witz /

wie es noch wird ergehen:

so kan / der seinen sitz

so hoch erhaben / schlichten /

was unser keins kan richten.


[607]

Muß armut auch uns drůcken:

der mangel ist uns gut /

er macht uns seufzer schicken

zu dem / der gibet mut /

und stärket das vertrauen /

zu hoffen sonder schauen.


Wie wenigs ist von n \ten /

das unsren leib erhält!

wie pl \tzlich kan Gott t \dten /

hätt man die ganze welt!

was soll das gelt dan nůtzen /

das uns nicht kan beschůtzen?


Wan Gott uns schickt gebråchen:

es ist nicht bös gemeint.

es kan die seel nicht schwåchen /

die oft gesůnder scheint /

und leucht / im kranken tagen /

als wan nichts ist zu klagen.


Wird man verh \nt / verachtet /

und gilt nichts in der welt:

es nützet / weil man trachtet /

dadurch ins himmels zelt /

da ehre ohn verkehren

wird lang und ewig währen.


Es komme dan / was wolle!

uns komm kein sorgen zu.

Wir stehn in Gottes rolle:

der schaffe / schick' und thu /

was er will allermassen.

wir bleiben Gott-gelassen.


Die K \nigin hörte / mit sonderbarer vergnügung /diesem gesange zu / und straffte sich selbst / daß sie in ihr so viel fůnde / das die volkommene Gott-gelassenheit noch nicht anzeigte. Sie ließe sich auch hierauf / mit ihren beiden beisitzerinnen / in ein gespräche ein / von dieser hohen sache: womit ihr nicht allein der weg verkürzet / [608] sondern auch sie von ihrer traurigkeit abgebracht wurde. Das mittags-ablager hielten sie / unter aufgeschlagenen gezelten: da die drei richtere / mit ihren frauen und der Halida / die K \nigin bewirteten / und sich der herrschaft immer mehr anzunemen begunten / ie nåher sie zu dem Taurischen gebirge kamen. Der vergnůgte Elihu und Bethuel / verließen keinen augenblick / so wol über dem essen / als auch sonst / ihre liebsten Prinzessinnen / und waren schier noch nicht recht wieder zu sich selbst gekommen / seit daß sie so plötzlich / aus ihrer unruhe / in so vergnügten stand geraten waren. Die hirten Nisan /Abinael / Timonax und Athamias schåtzeten sich nun ebenmåssig / bei ihren vor wenig tagen ihnen angetrauten schäferinnen / unter allen ihren weidgesellen /für die seeligsten / und erhuben den grossen Teraphim himmel-an / der ihnen zu deren besitzung geholfen hatte.

Wie sie nun ihren gefärten den von diesem g \tzen erlangten ausspruch erzehlten / und sie / inzwischen man ausruhete / (massen auch ihre K \nigin solche zeit / nach verrichter malzeit / zum schlaff / dessen sie h \chst ben \tigt war / erkieset) sich hievon mit einander unterredten / h \rte Oromedon / wie auch der Abinam / Jezer und andere / die die seite der richtere hielten / solches auch mit an / und urteilten nichts gutes aus diesen des Teraphim worten /


Weil ich mich bald mit euch werd můssen letzen /


auch daß ihnen ein grosses unglück vorstůnde. Hierbei gaben sie nicht unklar zu vernemen / wiedaß solches ihre unglaubige K \nigin / die einen eigenen und fr \mden gottesdienst hielte / verursachen müste. Also entstunde hierüber kein geringer streit unter den hirten / der doch endlich / durch des Labans zwischenkunft wieder gestillet / [609] iedoch nicht gänzlich beigelegt wurde. Dieser / ob er gleich / in seinem herzen / des Oromedons und seines anhangs meinung hielte / brache doch damit nicht heraus / sondern fiele den andren bei / die da behaubteten / wie es unmůglich wåre /daß ihre unvergleichliche Königin ihnen einiges unglück zuziehen könte. Weil nun der aufrürische Oromedon / den Fůrsten von Haran an sich zu ziehen / für höchst n \tig erachtete / als name er gelegenheit / wie nun wieder der aufbruch geschehen / und die reise fortginge / in des Labans geleite und gesellschaft zu bleiben: da er dan anhube ihm zu erzehlen / wie spöttisch man ihn neulich zu Samosata durchgezogen / da man ihn und die seinen in einem spiele aufgefůret /und viel schimpfliches / sonderlich was den geitz anbetrifft / von ihm gemeldet hätte; welches / weil der Laban hierdurch sich getroffen fande / ihm sehr schmerzlich fiele / und keine geringe verbitterung in ihm erweckte.

Weil die meisten von den vornemsten / die sich auf dieser reise der wägen bedienten / abgestiegen waren /und zu fus gingen / als kame Bethuel mit seiner Prinzessin eben dazu / wie Laban in der grösten entrüstung ware. Weist du / mein sohn! (redete dieser ihn an) wie man neulich so wol dich / als deinen vatter /bei hofe hat herdurch gezogen / und unsere personen durch andere schimpflich fůrgestellet? Ich bin zwar (antwortete Bethuel) damals nicht zu Samosata gewesen: ich weiß aber wol / daß / bei fůrstellung des Jacobs und meiner beiden schwestern / nichts fürgefallen / so uns verkleinerlich seyn könte. Man hat aber (widerredte Laban /) wie ich verneme / nicht vergessen / auf das sp \ttlichste vorgestellet / die art und weise / wie ich den Jacob üm meine töchter dienen lassen / und wie der geitz mich behersche. Das muß (gabe Bethuel zur antwort) der verfasser [610] dieses reimgedichtes verantworten: und ko et der hirte Ausicles eben daher / der mehr / als ich / hievon berichten kan /weil bei ihm diese unsere geschicht / in ein buch verfasset / ist gefunden worden. Also hatte Bethuel hiemit sich los gewirket / und den guten Ausicles seinen vatter auf den hals gebracht: der gnug zu thun bekame / sich zu entschuldigen / daß er den k \niglichen personen dieses werk des poeten Belisars nicht versagen d \rfen.

Bethuel spazirte nun mit seiner Prinzessin fürter /und vollfürete seine angefangene erzehlung / wie es ihm auf der reise nach Ausitis ergangen ware. Er verseumte hierbei nicht / ihr auf das beweglichste fürzustellen / wie ihr verlust ihn angefochten hätte. Diese angeneme Prinzessin widersprache ihm hierinn / und sagte: wiedaß sie hiebei die geringste unruhe in ihm wůrde erweckt haben / weil er sie nicht allein / sondern auch ihre beide schwestern / geliebet und gesuchet. Ob ich wol dieses nicht laugnen kan / (erwiderte Bethuel /) so hat doch mein herz allemal mehr der sch \nen Kerenhapuch / als den andern beiden / angehangen / und truge es mir der sinn zu / daß mir eure schöne zu teil werden solte. Wůrdet ihr aber wol (antwortete diese schöne) euch geweigert haben / wan der König / mein herrvatter / euch / an meiner stat / die Kezia hätte zuerkennet / welches ja leicht geschehen mögen? massen es nur / menschlich zu reden / etwas recht ungefäres ist / daß ich bin die eure worden. Meine sch \ne Prinzessin (gabe Bethuel zur antwort) stellet mich so gar auf die probe / daß ich nicht weiß /was ich antworten soll. Die g \tter kennen aber mein herz / welches mir saget / daß es / wider mein eignes wissen / die Kerenhapuch am meisten geliebet. Als er dieses sagte / ümarmte er seine Prinzessin: die dan keine schwerigkeit davon machte / ihme auch zu gestehen / daß sie allemal [611] mehr sinn zu ihme / als zu dem Elihu / gehabt hätte. Durch solche bekentnis /wurde die flamme dieses verliebten noch mehr anglühet / und wuste er seine glůckseeligkeit nicht gnug zu rümen / die ihm der himmel / nach so langem leiden /nun zugewendet hatte.

Nachdem er in seiner erzehlung vorgebracht / wie sie zu Samosata / auf der růckreise / sich nach ihnen erkundiget / und im nachsehen die Aprite und Baalise gefunden / berichtete er ferner / wie deren antreffung ihn bestürzt gelassen / weil er der urheber ihrer entfürung nach Ausitis gewesen / und sie in Mesopotamien wieder anzutreffen nicht vermeinet. Die Prinzessin gabe ihm hierauf zu vernemen / wie daß diese zwei schöne schäferinnen zu Ausitis nicht zurück bleiben wollen / als sie von ihrem herrvattern wieder nach Mesopotamien gesendet wurden: doch håtten sie dabei sehr ausbedungen / daß man sie ja heimlich halten wolte / damit ihr verfolger / der Nahor / ihre wiederkunft erfahren möchte. Der ungereimten liebe meines brudern zu steuren / (sagte Bethuel /) ersonne ich dieses mittel / sie hinweg zu schaffen: und wolte ich wol nicht gerne / daß meine liebste Prinzessin eine solche schwägerin bekommen solte / die von knechtischer geburt ist / und unsrem ganzen haus einen schandflecken anhången wůrde. Der Nahor war ihm so nahe / als Bethuel dieses sagte / daß Kerenhapuch nicht darauf antworten kunte: und gesellte sich dieser verliebter zu ihnen / üm / wo můglich / von seinem bruder zu erfragen / ob er nichts von seiner Aprite wůste.

Du sihest dich nun in der h \chsten vergnügung /mein bruder! (redte er ihn an /) und kanst den unterschied deines jetzigen und vorigen zustandes erkennen. Laß demnach auch den meinigen dir zu herzen gehen / und da ich / der Königin ausspruch gemås /unsrer eltern [612] einwilligung erlanget / als verdenke mir nicht / daß ich ferner in dich dringe / und von dir erfragen will / wo meine Aprite sei hingekommen. Hat Laban und Semira / (antwortete Bethuel /) darein gewilligt / daß eine dienstmagd Fůrstin von Haran werde. Sie erkennen bässer / als du / (sagte Nahor /) die würdigkeit der tugend / und daß diese der geburt weit fürzuziehen sei. Frage den Teraphim noch einmal / (erwiderte Bethuel /) dahin wir iezt miteinander reisen / ob die Aprite sol dein werden: dann / ehe du dessen versichert bist / wird dir ja nicht nützlich seyn / dich nach ihr / wo sie geblieben / zu erkündigen. Die schåferinnen Melidia und Eidania kamen indem dazu / von denen die letzere dem Fürsten Bethuel verwiese / daß er ihren mann und seinen herrvattern zusammen gesetzet hatte: massen sie zugehöret / wie der Fürst Laban dem Ausicles hart fürgehalten / wie er ursach daran wäre / daß man seiner zu Samosata also gespottet. Der Bethuel entschůldigte sich damit / wie ihme nicht zu verdenken stünde / wann er sich befliesse /seiner neuen glückseligkeit bei seiner Prinzessin abzuwarten / und das / was ihn hieran hintern wolte /auf alle weise von sich zu schieben.

Der betrübte Nahor ginge hierauf wieder von ihnen / die ihn so wenig getr \stet / und seine übrige hoffnung darauf setzend / daß er auf dem Taurischen gebirge von seiner verlornen schäferin etwas erfragen würde / begleitete er die Königin / bis an das feste schloß Amida: welches / mit der landschaft und der stadt Amida gleiches namens / auf einem berge belegen / und von dem schiffreichen fluße Tigris ümfloßen war. Man hatte daselbst / für sie und die fůrnemsten von ihrer geleitschaft / das ablager zubereitet: da die gesamte hirtenschaar / auf den ümligenden wiesen sich behalfen / und [613] gleich einen großen kriegsheer sich ausbreitend / ihre feldschalmeien die ganze nacht hindurch hören ließen. Unferne von dar / ginge das gebiete des tempels an: in welchem kein thier / auser was zum opfer gebraucht wurde / bei feierung dieses festes / sich dorfte sehen lassen. Daher musten alle wallfarten / von hier aus bis nach den tempel / zu fuße geschehen / das dan fast eine gute halbe tagreise austruge. Um des willen ward fůr gut befunden / daß man mit dem tag so fort auf seyn solte / üm diese wallfart desto bequemer zu verrichten.

Wie nun die nacht vorbei / und die K \nigin mit ihrer schönen gesellschaft sich eben auf den weg begeben wolte / ward Mitreus bei ihr angemeldet: welcher von dem Taurischen gebirge zurück kame / und nicht vorbei reisen wolte / sonder einen befehl an seinen herrn von der Königin mit zu nemen. Sie ließe ihn / so begierig / als unruhig / vor sich kommen und verlangte so sehr / seinen bericht zu hören / als sehr ihr dafür grausete. Er / der wol vermutete / daß der K \nig ihr dasjenige würde entdecket haben / wovon er bisher ein so großes geheimnis gemachet / entsezte sich nicht / als die Königin ihn fragte / ob der Tuscus Sicanus vordeme / auf dem Riphatischen gebirge /ihm eine solche antwort gegeben / wie ihr der K \nig ihr bruder erzehlt hätte? So wissen dan E. Maj. (antwortete er /) was mir mein K \nig bisher auszusagen so sehr verboten hat? Ich weiß es / (gabe sie zur antwort /) vermeine aber nicht / daß Tuscus Sicanus fähig sei / ohn gegebene ursach oder anleitung also zu reden. Was diesen König hiezu bewogen / (gabe Mitreus zur antwort /) ist mir unbewust. Weil nun dieses E. Maj. nicht mehr verborgen ist / als bitte ich demütigst / mir zu vergeben / daß ich / bei meiner damaligen wiederkunft / die unwarheit [614] berichten müßen. Mein König wolte es also haben / und vermeinte / es wůrde der Aborigener-König noch auf andere gedanken zu bringen seyn: der aber / an stat das gröste glůck der welt anzunemen / inständig für seinen freund / den K \nig Marsius von Basan / anhielte /daß deme E. Maj. möchten zu teil werden; welches er eben so hoch achten wolte / als wan es ihm selbst so gut worden wäre.

Mitreus! (sagte die K \nigin / und name alle ihre majeståt an sich / ům ihren ernst ihm sehen zu lassen) redet ihr die warheit / oder hat der K \nig mein bruder euch dazu erkauft / mich also zu teuschen? Verberget mir ja nicht den grund / wie es hierüm stehet / und glaubet / daß ich des standhaften gemůts sei / die zeitung / von dem verlust so wol eines tugendhaft-geglaubten liebhabers / als eines getreuen brudern / anh \ren und vertragen zu können. Wie? gnådigste Königin! (antwortete Mitreus / mit großer standhaftigkeit /) vermeinen dan E. Maj. daß mein K \nig fåhig sei /etwas zu ersinnen / das seinem liebsten freund schädlich seyn / und seine so werte schwester betrüben k \nne? Nein warlich! der große Aramenes und alle dessen treue bediente sind bisher anders erkant worden / und lasse mich der gerechte himmel nicht lebendig von hier gehen / wan ich E. Maj. nicht reine war heit sage.

Uber diesen bericht verstumte zu anfangs die Königin / die augen himmel-auf wendend / und nachdem sie endlich sich erholet / sagte sie: Vergib mir dan /werter Aramenes! daß ich von dir einen so unrechten verdacht gefasset. Ich vermeinte nicht / daß Cimber dessen fähig seyn könte / was ich nun erfahren. Ich will aber lieber / daß er sich gegen mir unbeständig erzeige / als daß mein bruder aufhöre / der große Aramenes zu bleiben. [615] Versichert dessen den K \nig / mein Mitreus! und saget ihm dabei / wie schwachgläubig ich gewesen / seinen worten recht zu trauen. Nun ich dan dessen versichert bin / will ich nicht ferner davor seyn / daß dem König der Aborigener der krieg nicht angekündet werde / weil er unsere freundschaft vor aller welt dermassen verlachen und verhönen dörfen. Diese worte / welche die Königin aus einem billigen eifer herfür brachte / bewegten sie so sehr / daß sie ganz feurig dabei aussehend wurde: und ob zwar solche änderung / ihrer natürlichen schöne nichtes bename / so machte sie doch ihr angesicht so furchtbar /daß Mitreus sie ohn erzittern nicht anschauen kunte. Er verhieße ihr aber / alles / was sie ihm befohlen / zu Samosata fleißig auszurichten.

Wie sie nun ferner nachricht begehrte / was er auf dem Taurischen gebirge für einen zustand gefunden hätte / gabe er ihr nachfolgendes zu vernemen. Es sind nunmehr fünf tage / daß mein herr / der K \nig /von Samosata nach dem Taurischen gebirge mich abgeschicket / ům daselbst geheime kundschaft einzuziehen / ob das gerůchte die warheit rede / daß die König von Basan und der Aborigener / mit den riesen / sich daselbst aufhielten / und was dieses eigentlich bedeuten m \chte. Weil ich nacht und tag forteilete /üm wieder bei meinem herrn zu seyn / ehe E. Maj. hieher sich verwandelten / als kame ich in zwei tagen auf das gebirge. Ich hielte mich ganz heimlich und verborgen / um nicht vor einen kundschafter angesehen und erkant zu werden / und fande in der that / daß das ganze gebirge mit Celten / Aborigenern und riesen angefüllet war. Mein glück fůrete mich zu dem Batto / einem von den fůrnemsten Aborigenern / mit dem ich vordessen auf dem Riphatischen gebirge / ehe ich die unglůckliche gesandtschaft [616] verrichten muste /in vertrauliche kundschaft geraten ware. Dieser gabe mir bericht von vielem / wiewol er / die eigentliche haubt-ursache ihrer versammlung / und was sie mit den riesen fürhätten / mir nicht er \ffnen wolte. Ich erfuhre aber von ihm / daß sie / die Aborigener / neben einem teil deren von Basan / und der Mesopotamischen hirten aus dem geschlechte der riesen / fůrhabens wåren / die heurat zwischen E. Maj. und dem Tuscus Sicanus / zu stande zu bringen.

Nimmermehr (fiele alhier die beleidigte K \nigin /dem Mitreus in das wort) sol dieses geschehen! worauf sie sich aber wieder begriffe und den Mitreus also fortreden ließe. Der Batto sagte mir auch hierbei /wiedaß die andere hälfte der Teutschen aus Basan /die auch etliche von den hiesigen riesen an der hand håtten / hingegen sich bearbeiteten / E. Maj. fůr ihren K \nig / den grossen Marsius / zu erlangen: welcher für seine person / mit der häftigsten liebe und tiefsten betrübnis fortfüre / E. Maj. zu verehren. Es hätte aber einer von des Tuscus Sicanus vertrautsten leibärzten /den er mir Midaspes nennte / ihm die versicherung gethan / daß ihr König nunmehr sein glůck bäßer / als bisher / erkennen / und die angetragene heurat belieben wolte. Ich erfuhre ferner von ihme / welcher gestalt diese änderung bei ihrem König sich verspüren lassen / daß er / mit dem Daces / des Prinzen Trebetes sohn / vor wenig tagen auf dem gebirge bei ihnen angelanget / und von dar / unwissend wohin / bisher verreiset gewesen / üm die jenige sch \nheit noch einmal zu sehen / die er / ob sie schon verheuratet / dennoch bis iezt hätte lieben můssen.

Sonder zweifel (sagte die K \nigin) ist er nach Babel gereiset / ům die K \nigin Hercinde zu sehen: und gaben mir nun alle ümstände klar zu verstehen /daß bei [617] dem Tuscus Sicanus seine ehmalige liebe wieder aufgewachet / die er vordeme in Celten zu dieser sch \nen getragen hat. Warüm muste aber ich also aufgefüret werden / und diesen schimpf erleben / daß man sich vor aller welt weigerte / mich zu ehlichen /deren man so ungemeine proben einer wahren / beständigen und aufrichtigen liebe erwiesen hat? Ha /Cimber! dieses hat Aramena üm dich nicht verschuldet / die ich deinetwegen den tron von Basan und das mächtige Celten ausgeschlagen / ja gar / üm dir beständig zu bleiben / mein kron und zepter habe wollen fahren lassen. Alhier verstummete diese sch \ne / und quollen ihr häufig die tränen aus den augen: da ihr dan die angst üm so viel nåher ginge / weil der Mitreus diese ihre schwachheit mit ansahe. Ich bin ein mensch / (sagte sie zu ihm) und den bewegungen / so wol als andere / unterworfen. Ich habe auch / meine lebenszeit hindurch / nicht gemeine widerwärtigkeiten ausgestanden / und solche noch mit zimlicher standhaftigkeit können überwinden / dieses dünkt mir aber zu schwer zu seyn / daß ich muß meine ehre also verkleinert wissen / als hätte ich einen mann geliebet /der meiner nicht begehret. Jederman weiß ja oder kan leicht ermessen / daß der König / mein bruder / die abschickung an den Tuscus Sicanus / sonder meine einwilligung / nicht gethan hat: muß also die ganze welt diß urtheil fällen / daß Aramena sich verliebt habe. Nichtes habe ich iemals mehr gehasset / als so eine nachrede: darům greifet mich Gott daselbst an /wo es mir am wehsten thut. Ach Cimber! warüm mustest du mich von den leuen / ja gar von dem scheiterhaufen erretten / ům diesen viel grausamern tod mir anzuthun / der meine ehre so sehr mit-verwundet.

E. Maj. erlauben mir / (sagte Mitreus) etwas hiergegen [618] zu sagen. Die unbedachtsame antwort des Königs der Aborigener / die er mir gegeben / wissen /auser E. Maj. meinem König / und wem der es sonst mag eröffnet haben / allein etliche Aborigener / die in ihres Königs geheimster vertraulichkeit leben. Wan demnach der reuende Tuscus Sicanus wieder ümkehrte / wie Batto dessen mich versichert / so thåten ja E. Maj. nicht übel / wan sie sich überwänden / diesen K \nig wieder anzunemen? Schweiget / schweiget /Mitreus! (fiele ihme alhier die K \nigin in die rede) es ist genug / daß ich es weiß / und kan keine reue das ersetzen / was mir dißfalls zu leid geschehen ist. Aber faret fort / mit eurer erzehlung! es ist zeit / daß ich von hinnen aufbreche. Als mir der Batto (sagte Mitreus) das besagte hinterbracht / verlangte ich seinen K \nig in geheim zu sprechen. Was habt ihr gethan? rieffe alhier die Königin. Ich bin aber nicht darzu gelanget / (fuhre Mitreus fort) und sagte mir Batto / daß selbiger / gleich nach seiner ankunft / weit in das gebirge hinein / zu dem jungen K \nig von Tyro / und dem Esau / die sich mit etlichen der Syrischen Fůrsten und Fürstinnen daselbst befänden / verreiset wäre /üm dieselben anzusprechen. Es ware auch der Marsius / König von Basan / nirgend zu sehen / welcher noch vorher / ehe der Aborigener König mit dem Baalis und Daces auf das gebirge gekommen / wie Batto mich berichtet / von seiner hofstat sich heimlich hinweg gemacht håtte. Ein mehrers / als dieses / kunte ich aus dem Batto nicht bringen. Weil ich hierneben die grosse kriegsbereitschaft sahe / und zugleich warname / daß sie viel zu raht gingen / dauchte mich es zeit zu seyn / meinen König hiervon zu berichten: dan es wol nicht anders ist / als daß wir hiebei grosses anteil haben / und [619] also mehr als wol befugt seyn werden / uns in schleunige gegenverfassung zu stellen. Ich beklage zum h \chsten / daß ich die zeit verseumet / und meinen K \nig nicht mehr bei E. Maj. angetroffen: dan ich auf solchen fall verhoffet / daß eher / als nun / ein nützlicher schluß hätte k \nnen getroffen werden / wie man bei solchen anscheinenden dingen sich regiren und bezeigen wolle.

Wan gleich mein bruder / (sagte hierauf die K \nigin) hierzugegen wäre / so wůrde ich doch keinen anderen schluß als diesen fassen / daß ich nämlich weder den Tuscus Sicanus / noch den Marsius / noch iemals einigen andern / zu ehlichen begehren / und daß / wan es zum kriege kommen soll / ich mit freudigen mute / denselben wider die Aborigener zu fůren /mich entschließen würde. Dieses saget meinem bruder / berichtet auch ihn und die K \nigin seine gemalin dabei / daß sie ja meinetwegen ihnen nicht zu viel sorgen machen sollen: weil ich / nächst der hůlfe Gottes / dieses widrige / so wol als alles vorige / zu ůberstehen verhoffe; ob ich wol nicht leugne / daß dieses das härtste ist / so ich iemals entfunden habe. Hiemit hatte Mitreus seine abfärtigung / und weil diese unterredung heimlich lang gewäret / als machte es bei den anderen allerhand nachsinnen: sonder / ich bei den richtern / die immer in argwahn lebten / daß die entdeckung ihrer anschlåge zu zeitig geschehen möchte.

Hierauf ginge nun die wallfart nach dem tempel fort / und sahen alle / die üm die Königin waren / daß ihre betrůbnis ungemein seyn müste / weil die aus allen ihrem thun und wesen herfür schiene. Sie ließe sich aber dadurch nicht hintern / auf das höflichste denen zu begegnen / die nach und nach ihr entgegen kamen / sie einzuholen und zu bewilkommen. Die ersten von ihnen [620] waren / die hirten selbiger gegend / aus der landschaft Abagara / alle von dem riesen-geschlechte der Horiten / von deme sich der verweser Demas auch herrechnete / auch meistenteils stolze aufwieglerische leute / und daneben auf den dienst des Teraphim dermassen verpicht / daß sie eher ihr leben gelassen / als wider dessen ehre etwas hätten beschehen lassen. Weil sie schon von den richtern / und von den ůbelgesinnten hirten aus Amida / waren unterrichtet worden / wie ihre neue K \nigin einen viel andern gottesdienst ergeben wäre / als verursachte solches /daß sie dieselbe kaltsinniger entfingen / als wol sonst geschehen wäre / ob sie gleich allerseits ůber ihrem wunderglanz und erweisender güte enzücket blieben.

Wie nun diese / bei dem thon ihrer feldmusik / ihre Königin also daher begleiteten / erschienen alle priesterinnen des tempels / in ihrer geistlichen kleidung /die sonst / auser diesen sonderbaren fasttägen / ståts verschlossen lebten / und sich nie sehen ließen. Unter diesen ware Tilidea / des Oberpriesters tochter / die die Amphilite der Königin zeigte. Es befanden sich auch daselbst die Briane und Zimene / die beide jungfrauen des Diana-tempels zu Ninive: die sich unter diesen orden / seitdaß ihr tempel abgebrant / begeben hatten. Sie entfingen die Aramena mit einem gewönlichen gesang / darinn sie die göttin Gad anrieffen / daß ihrer K \nigin ankunft ihnen gedeulich erscheinen möchte. Sie gingen also singend vor der K \nigin her /bis sie der weg zum ersten tempelbau fürete / alda beim eingange dieses prächtigen gebåudes / der Oberpriester Telecles mit der gesamten priesterschar / sich sehen ließe: welcher von Samosata füraus gereiset war / üm alhier die Königin zu entfangen.

[621] Er verrichtete solches mit einer zierlichen rede /und begleitete sie folgends / samt dem ganzen heer /zu denen auf einen weiten platz aufgerichteten altären: da man die Königin auf einen dazu bereiteten tron fůrete / üm / inzwischen die opfere der schäfere und hirtinnen geschlachtet wurden / daselbst auszurechnen. Weil neben ihr / die drei sch \ne Prinzessinnen von Ausitis / wie auch die Fürstin Lea / der Fůrst von Ram / der hirte Ausicles mit seiner frauen und schwester / rechtglaubige waren / als blieben diese zusa en bei ihr / und opferten nicht mit: daß dan / bei den aufmerksamen priestern / und den riesen aus Abagara /keinen geringen verdrus erweckte. Es waren auch hiebei viele aus dem reich Zoba / so wol unter den priestern / als unter den hirten / die daselbst sich wonhaft niedergelassen: die dan insonderheit auf die drei t \chtern des Hiobs sich verbittert erwiesen / weil die ältste von ihnen / wiewol unschüldiger weise / den tod ihres Erbprinzens verursacht hatte. Damit aber die Königin des volkes gewogenheit hiebei behielte /ließe sie / durch dem Ausicles / etliche tausend schafe einhandlen / die daselbst in unzahlbarer månge zum opfer zu gebrauchen / von den schäfern verkauffet wurden / und hieße ihn solche unter die arme hirten austeilen.

Weil diese opferungen etliche stunden wäreten / als suchten die drei Prinzessinnen / neben der Lea und dem Fürsten Elihu / immittels ihren zeitvertreib darinn / daß sie alle die ordensjungfrauen oder priesterinnen des Teraphim / aus ihren gesicht-bildungen beschrieben / wie sie gesinnet oder genaturet wären: daß dan / nach aussage der beiden hirtinnen Melidia und Eidania / denen die meiste bekant waren / sehr eigentlich und wol zutraffe. Die sch \ne Aramena / die dieses von ihrem tron wargenommen / wolte / ům ein wenig ihrem [622] trauren zu steuren / hiervon ein mehrers vernemen: demnach rieffe sie ihnen / daß sie näher zu kommen / und diese kurzweil in ihrer gegenwart fortsetzen solten. Es hatten sich die priesterinnen unferen von ihnen / in eine ordentliche reihe gestellet: die sungen immer fort / unter dem opfern / daher man / sie zu beschauen / gelegenheit gnug hatte. E. Maj. können erforschen / (sagte Jemima) ob unsere wissenschaft richtig sei / weil so wol die Fůrstin Lea / der Elihu und diese beide schåferinnen / als deme alle diese priesterinnen bekant sind / urteilen mögen / ob wir zugetroffen haben.

Jene / (sagte sie ferner) die keine geringe sch \nheit von sich blicken lässet / ist so gütig von äuserlichem wesen / als neidisch dabei im herzen. Sie scheinet viel verstand zu haben: sie verderbet aber denselben / mit ihrer rumredigkeit. Sie ist auch nicht wenig voll einbildung und argwahn: daher sie alles zum årgsten /selten aber etwas zum guten deutet. Sie unterlässet hiebei nicht / guttätig zu seyn / und / wo sie / treue zu erweisen / ihr vorgenommen hat / hält sie ja so beståndig daran / als unbeständig sie sonst ist / wan sie meinet / daß es ihr båstes erfordere. Schon genug er raten! (finge die Lea an) und wüste ich wol nicht / wie man diese frau båsser beschreiben k \nte. Die neben dieser stehet / (fuhre Jemima fort) und / wiewol sie noch jünger als die vorige scheinet / dannoch fast wenigern glanz von sich gibet / hat gar keinen verstand /aber grosse rumredigkeit. Sonder lügen / von denen die meisten fast boshaftig sind / wird sie selten anzutreffen seyn. Sie ist im h \chsten grad unbarmherzig; und feindet niemand mehr an / als gegen welche sie die gröste verbindlichkeit hat. Sie beneidet und verachtet alles / was ihr nicht angehöret: erhebet hingegen in den himmel / was ihr zukommet. [623] Sie eifert über ihre nächsten / nicht allein in weltlichen / sondern auch in geistlichen dingen: also daß sie nicht leiden kan / daß ein andrer gottsfůrchtiger gepriesen werde /als wie sie selbst gern scheinen wolte. Sie kan ihren geitz nicht sättigen / und ům eigennutzes willen / alle ihre freunde / auch die liebsten / verlassen. Sie ziehet die ungemächlichkeit aller ruhe fůr / wan es ihr båstes erfordert / wiewol sie sonst sehr gemächlich ist / und solches oft allem wolstande fürziehet. Es ist nicht müglich / (sagte Lea) meine Prinzessin muß diese person ganz genau kennen: weil / in dieser beschreibung / deren ganzen lebenslauf warhaftig begriffen ist.

Es ist heute das erste mal / (antwortete Jemima) daß ich alle diese personen sihe / und gibet mir die äuserliche bildung ihrer gesichter / wie auch ihre gebärde / zu erkennen / was ich von ihnen berichte. Wie ist dan wol diese untersezte kleine person gesinnet /(fragte die Königin) die so sch \ne schwarze augen hat / und eine sonderbare annemlichkeit von sich scheinen låsset? Auf E. Maj. erlaubnis / (antwortete Kezia) will ich dieselbe beschreiben. Es ist dieser ihr sinn so hoch / und eitel / daß / wie sie noch weltlich gewesen / sie ihre gr \ste ergetzlichkeit darinn gesuchet / fůr allen andern / in kostbaren kleinodien und herrlichen kleidern daher zu prangen. Es manglet ihr dabei nicht an rumredigkeit: und ob sie gleich sich demütig stellet / will sie doch gerne ůber alle andere geehret seyn. Sie ist ein wenig unbeståndig / und weil sie gerne grosspricht / kan sie nicht allemal die warheit reden. Hiebei hat sie aber auch viel gute geschicklichkeiten /und ist nicht unverständig: daher sie nicht wenig der leute gute gunst gewinnen kan. Dieses letzere / (erwehnte die K \nigin) finde ich schon wahr zu seyn /massen ich in mir selbst [624] füle / daß ich zu dieser eine sonderbare neigung trage. Es ist auch das erste so warhaft getrofen / (sagte Eudanie) daß ich / die ich diese priesterin wol kenne / sie nicht besser zu beschreiben wůste.

Sind dan / (fragte die K \nigin) unter diesen geistlichen keine ohn solche haubtmångel / zu finden? Dort stehet eine / welche ein feines angesicht und frommes wesen hat: solte die auch wol etwas bergen / das die åuserliche gestalt nicht an den tag gibet? Ist mir eine iemals (gabe Kezia zur antwort) fürgekommen / die ich habe můssen böse erkennen / so ist es diese. Ich wolte auch wol behaubten / daß sie nicht eifrig von sinnen / sondern auch sehr verliebter art sei / und / so erbar sie scheinet / dannoch nicht immer von der liebe sei frei geblieben. Sie scheinet dabei freigebig zu seyn / auch wol über ihr vermögen. Sie ist sehr heimlich in ihren sachen / und ihren freunden sehr getreu. Warlich! (sagte Elihu) ich fahe schier an / schönste Prinzessin! mich für euch zu fůrchten / weil ihr erweiset /daß ihr fast allwissend seit. Es verhält sich mit dieser person allerdings also / gnädigste K \nigin! wie die schöne Kezia berichtet: und wer diese priesterin / in ihrem weltlichen stande / wie ich / gekennet / wird müssen gestehen / daß sie nach allen farben abgemalet sei.

Weil ihr mich / mein Elihu! (antwortete Kezia) fůr so allwissend haltet / so k \nnet ihr ja auch leicht erachten / daß ich euch kennen müsse / und folgbar wol wisse / daß eure vorgegebene furcht in einer herzlichen liebe bestehe / damit ihr eure Kezia beehret. Für diese verbindliche worte / kunte der verliebte Elihu sich nicht entbrechen / seiner Prinzessin ohn unterlas den rock und folgends die hände zu kůßen / und sagte die sch \ne Kerenhapuch zu ihr: wie glücklich bist du doch / für uns beiden! da [625] Jemima ihren Sinear gar nicht / ich aber meinen Bethuel nicht anders / als mit verdrus / bei diesem götzenopfer / schauen kan. Was meinen bruder betrifft / (antwortete Lea / an stat der Kezia) so versichere ich die schönen Kerenhapuch /daß er bald dieses abgöttische wesen verlassen sol. Und Jemima / (sezte die Königin dazu) kan ihres Sinears abwesenheit auch ům so viel leichter ertragen /weil sie weiß / daß er nun ům so viel fleissiger /indem er allein ist / sich in dem wahren gottesdienst unterrichten lässet / auser welchem er sein Prinzessin nicht begehren darf. Ich bin doch die glücklichste von euch allen / (erwehnte Kezia) weil ich das schon habe / worauf ihr andere noch hoffen müsset.

Ich gedenke iezt (sagte die Königin) an meiner basen sonderbare wissenschaft in verborgenen dingen: welche aber doch zuweilen triegen muß. Ich besinne mich ja / daß man mir erzehlet / wie ein grosses unglück / das euch / wan ihr in Mesopotamien bekant leben wůrdet / gedrohet / euch bewogen / zu Abarne /und nachgehends zu Sarug / verborgen zu bleiben: da doch nun / dieses besorgte unglück / zu so glücklicher ånderung ausgeschlagen / daß ihr nicht sobald in Mesopotamien bekant worden / da habt ihr auch euch wunsch-vergnügt gesehen. Diesem ist freilich also /(gabe Jemima zur antwort /) und wolte auch der K \nig / unser herrvatter / sich gar nicht daran kehren /als unsere mume / dieses längst-gesehene unglůck zu verhüten / unsere hieherreise sehr wiederriete / massen er / solches fůr eine sünde achtend / uns der aufsicht des starken Gottes / der über die gestirne regiret / und nicht an deren einflüße oder anzeigungen gebunden ist / anbefohlen / und hat es sich / zu unser aller vergnügen / nun also ausgewiesen. Es ist aber doch nicht ohne / (sezte Kerenhapuch hinzu) daß [626] uns noch was groß-widriges drohet / es mag auch kommen /wan es wolle. Ich lebe aber dabei wolgemut / weil ich versichert bin / wir werden / mit des h \chsten hůlfe und beistand / uns daraus wicklen k \nnen. Die Prinzessin Calmana / (sagte Kezia) name deswegen / mit trånen und großem leidwesen / von uns abschied: weil sie sicherlich glaubte / wir würden in das gröste unglück geraten / und darinn zu boden gehen. Die gestirne (versezte Jemima) sind zwar hierinn mit der Calmana einig: ich weiß aber gewiß / weil wir keinen glauben daran haben / es werde uns dieses alles / so uns drohet / nicht schaden k \nnen.

Lasset uns vielmehr (sagte der verliebte Elihu) unsere vorige verrichtung wieder fürnemen / als von diesen fůrchtbaren dingen reden! Und eröffnet mir doch /werteste Kezia! wan es euch beliebet / ob ihr mir wol könnet sagen / wie jene priesterin gesinnet sei / die da fast über alle die andere / wegen ihrer länge / herfůrraget / die auch / ob sie gleich nicht zum vollkommensten gebildet / dannoch nicht unterlässet / schön zu scheinen. Dieses äuserliche scheinen / (antwortete Kezia) zeiget das innerliche gemüte an / welches von sonderbarer tugend und heiligkeit leuchtet / ob es gleich im grund viel anders mag damit bewandt seyn. Sie hat den ruff von einer sonderbaren klugheit / besitzet dabei aber mehr åuser- als innerliches / und redet lieber b \ses als gutes von andern: wiewol sie ihre worte allemal also zu kehren weiß / daß sie den schein einer sonderbaren andacht behalten möge. Weil sie sich fůr sonderlich klug hålt / gehet solches ohne falschheit nicht ab / die sie dabei zu gebrauchen für nötig erachtet. Sie weiß sich in allerlei sinne zu schicken / tritt aber zu zeitẽ über die weisheit hinaus /also daß sie darum fůr töricht angesehen wird. Ihr wesen stehet nicht jederman [627] an / weil sie / ob sie gleich bemühet ist / sich beliebt zu machẽ / eher eine furcht und abscheu den leuten einjaget. Prinzessin! (sagte Elihu) ich kenne diese priesterin von jugend auf / kan aber hoch beteuren / daß ich sie nicht kentlicher håtte wissen fůrzubilden / als ich iezt angehöret.

Auf solche weise / (erwehnte die Königin) findet sich / unter diesem grossen haufen / noch keine / die nicht ihre merkliche mängel habe / und m \chte ich wol auch eine gute beschreiben h \ren. Es werden wenige leben / (antwortete Lea) die / wan man sie genau betrachtet / nicht ihre mångel haben. Weil aber E. Maj. eine gute beschreibung vernemen wollen / so wird diese / die jezt hieher sihet / und das lichte haar hat / dazu anlaß geben k \nnen. Wer die Eidanie kennet / (sagte Jemima) der kennet auch diese priesterin /und sind diese beide von sinnen einander so gleich /als wan sie schwestern wåren. Es ist / in ihnen beiden / eine wahre ungefärbte Gottesfurcht: ob gleich diese priesterin den rechten Gott nicht erkennet. Sie sind rechtfärtig in allem ihrem thun / auch so gar / daß sie deshalben von denen / die sie nicht recht kennen / für b \se gehalten werden. Aufrichtigkeit / milde und erbarmen / erscheinet in allen ihren thaten. Und ob sie gleich etwas argwänisch / so sind sie es doch nicht /andern zu schaden / sondern sich für andern fůrzusehen. Es wonet in ihnen / eine klugheit / sonder aufblasen. Wan sie einmal betrogen worden / trauen sie hernach nicht leichtlich wieder: ehe sie aber den betrug erkennen / trauen sie oft all zu bald / und vermeinen /die ganze welt sei so ehrlich / als wie sie sind; daher sie oft selbst ursach sind / daß man sie teuschet. Worauf sie ihre begierde fallen lassen / das wollen sie haben: entfehlern aber damit ihren lüstrenden sinn /daß sie niemals etwas böses begehren / oder was zu verlangen nicht erlaubet ist. Sie [628] sind in dem fall unglůcklich / daß sie dessen beschuldigt werden / was sie von andern erleiden můssen: daher sie öfters / an stat daß sie die beneidete sind / die neidere selbst genennet worden.

Meine Prinzessin vergisset sich / (fiele ihr die schåferin Eidania in die rede) indem sie hiervon so viel worte verlieret. Wie jene priesterin von gemůt und sinnen sei / solches wil ich nicht verfechten: von mir aber weiß ich wol / daß meine Prinzessin mehr aus der freundschaft / die sie auf mich geworfen / als aus dem sternen-hi el / geweissaget habe. Wann ich demnach von der sch \nen Jemima hinwieder eine beschreibung machen d \rfte / so wolte ich sagen / daß sie keinen mangel habe / als nur diesen / daß sie zuweilen auch die freundschaft sich blenden lässet. Wann ihr / werte schäferin! (antwortete diese Prinzessin) auf den himmelslauf und auf die gesicht-beschreibung / euch verstündet / würdet ihr viel ein mehrers an mir finden / das mir fehlet.

Als Eidania dieses wieder beantworten wolte /ward sie durch die K \nigin daran verhintert: welche so wol iezt / auf diese gute beschreibung / als vorher schon / eine sonderliche huld auf diese hirtin geworfen hatte. Demnach verlangte sie von ihrem und der Melidia zustand / mehrere wissenschaft / und fragte sie / woher sie wären? weil sie nicht dünkte / daß rechtglaubige unter den Mesopotamiern sich befinden k \nten. Wir sind Canaaniter / (antwortete Eidania) und haben nicht allemal im schåfer-stand gelebet. Der Hebreer Fůrst Isaac / hat uns zum rechten Gott bekehret; und das verlangen / das übrige unsers lebens in stiller ruhe zuzubringen / machte uns / für etlichen jahren / unser vatterland verlassen: welches uns dan wol geglücket / indem wir dadurch unter eine so gewůnschte regirung geraten sind. Diese [629] wenig worte brachte sie mit solcher annemlichkeit für / daß die Königin damit ganz wol vergnügt bliebe.

Sie erblickte indem / unter den haufen der priesterinnen / eine / die der sch \nen Melidia in etwas gliche: daher sie anlaß name / auch nach dieser schäferin gemüte zu forschen / und die Prinzessin Jemima zu fragen: ob sie / zwischen der Melidia und dieser priesterin / auch eine solche änlichkeit des gemůts / als wie in der åuserlichen gestalt / fände? Auf alle weise! (antwortete Jemima) und weil ich sehe / daß es E. Maj. zu wissen verlangen / als sage ich / daß diese beide eine so schöne seele / als die åuserliche zierde ist / besitzen. Sie sind verståndig / halten aber damit sehr zu rücke. Es ist bei ihnen eine besondere bl \digkeit / die sie eines stolzen geistes beschůldigt / den sie doch nicht haben. Es ist ihnen üm der leute gunst zu thun / ob sie sich gleich åuserlich nicht darnach bemühen. Sie sind / von natur / lustig an sinnen / so erbar sie auch von ausen scheinen. Sie erkiesen ihnen wenig freunde: die sie aber haben / die halten sie lieb und wert. Man kan sie eher karg / alt verschwendisch nennen. Was Melidia angehet / solte sie wol ein wenig noht von der eifersucht haben / wan ihr der himmel wieder einen mann geben wolte. Trifft dieses auch ein / schöne hirtin! (fragte die K \nigin die Melidia) was unsere profetin von euch geweissaget? Es ist fůr mich (antwortete Melidia) gar zu vorteilig gesprochen worden: ohne was das lezte betrifft / daß ich so wenig mehr nötig zu haben / als damit behaftet zu seyn / vermeine. Jemima raunete hierauf der Melidia etwas ins ohr / welches dieser schäferin eine r \te ausjagte.

Weil es nun das ansehen gewinnen wollen / als ob /die gleichheit der åuserlichen gestalt / allemal auch einerlei gemůte anzeigen müste / wie solches aus den beispielen [630] der Melidia und Eidania mit den ihnen gleich-sehenden priesterinnen / erhellet: als wurde die Königin hierdurch bewogen / von der Prinzessin Jemima zu begehren / daß die ihr noch eine priesterin beschreiben solte / die sie ihr zeigte / und von der sie sagte / daß sie einer person zu Babel gliche / deren gemütsneigung gar sonderlich gewesen wåre. Als nun die Prinzessin selbige priesterin eine weile beschauet /sagte sie endlich: diese person ist die ehrlichkeit selber / und ob sie wol etlichen närrisch von wesen oder leichtsinnig vorkommen möchte / so ist sie doch recht verståndig und ehrlich. Sie ist zugleich lustig im höchsten grad / und auch so traurig dazwischen / als man seyn kan. Ob sie gleich etwas einbildert / so kan sie sich doch bald wieder überwinden. Es mag wol keine gefunden werden / die eine so treue freundin /als sie in der warheit ist / abgeben k \nte. Nicht das geringste von dieser beschreibung / (sagte die Königin /) trifft mit dem überein / was ich von meiner Babylonerin weiß: dan die ist nårrisch / leichtsinnig /plauderhaft / und ganz alber / also daß ihr nichtes zu kommet von allen den stücken / die ihr dieser priesterin zugeleget. Hieraus erhellet nun / daß nicht allemal das innerliche mit dem äuserlichen eine gleichf \rmigkeit habe.

Wann aber (sezte Elihu hinzu) aus den äuserlichen linien das urteil zu fällen ist / so würden wol meine schöne Prinzessinen nicht fehl-schlagen / wann sie diese Babylonierin beschreiben solten. Es verhålt sich anderst hiemit / (antwortete Kezia) und pflegen wir unsere anmerkungen nicht hieraus allein / sondern auch aus den gebärden und aus einen gewissen natur-wesen zu nemen / daß man anderen / die diese wissenschaft nicht haben / unmüglich bedeuten kan / und das bei gleich-sehenden personen / dennoch unterschieden ist. Haben dan [631] (fragte Lea) die / so der Eidanie und Melidia gleichen / alle gebärden und das unbedeutliche wesen mit ihnen so gar gemein / daß sich zwischen ihnen nicht der geringste unterschied finden solte? In vielen stůcken / (gabe Jemima zur antwort) ist die gleichheit zwischen ihnen nicht vollkommen: dann die / so der Eidania gleichet / ist bößer von sinnen / als sie / vergibet auch nicht so leicht das ihr zugefůgte unrecht; und ob sie wol auch sehr ehrlich / so beeifert sie doch nicht mit solchem ernste die leichtfärtige personen / wie Eidania thut / die nichtes mehr hasset / als solche leute / die der unzůchtigen liebe nachgehen. Die Melidia betreffend / so hat auch dieselbe mehr verstand / als die ihr gleichende priesterin / bildet ihr auch nicht so leicht etwas widriges ein /als jene / sondern trauet gerne / und ist erbar / auch fast mehr / als ihre noch junge jahre von ihr erfordern. Dort sehe ich noch eine / (finge hierauf die K \nigin an) die möchte ich mir auch wol beschreiben hören. Als sie nun der Jemima selbige gezeiget / stellte die von ihr folgendes urteil. Diese ist tugendhaft / und ihren freunden getreu / wann es ihr übel gehet. Gehet es ihr aber wol / so ist sie der änderung sehr unterworfen / und vergisset leichtlich / was ihr ehmals fůr gutes widerfahren. In ihrer meinung ist sie sehr hartnåckig / und kan nicht wol schweigen: daher sie ihr öfters / mit ihrem eignen maule / unglůck anrichtet. Wie ist es müglich / (rieffe Elihu / der diese priesterin wol kennte) daß man also / durch das äuserliche / in das innere sehen kan?

Als Jemima hierauf antworten wolte / wurde sie /durch die ankunft der vornemsten hirten selbiger gegend / davon abgehalten: welche / weil die opfere nun geendigt waren / von der K \nigin zu vernemen kamen / ob ihr gefällig wäre / ihr ablager bei den priesterinnen [632] zu nemen / und von dar / den folgenden tag / in des Teraphim tempel sich zu begeben / üm alda dem grossen ausspruch / den diese gottheit alle jahre den Mesopotamiern auf diesem feste zu geben pflegte /bei zu wohnen? Wie nun die Königin sich hierzu willig finden ließe / ward sie auch von den fůrnemsten priesterinnen aufgesprochen / und folgends / von der ganzen schaar dieser geistlichen jungfrauen / in deren palast begleitet. Dieses grosse und pråchtige gebäude / stunde zur linken seiten des tempels / und war so weitläuftig / daß es alle anwesende hirtinnen die nacht bewirten kunte: da gleichwol die priesterinnen ihre absonderliche verschlossene wonung für sich behielten. Die Syrische Fürsten und die schåfere / verfügten sich in des Oberpriesters palast / der auf des tempels andrer seite lage / üm gleichfalls alda zu ůbernachten. Die Königin fande / in der gesellschaft dieser priesterinnen / viel dings / daß mit dem übereinstimte / was die Prinzessinnen von Ausitis ihr zu vernemen gegeben håtten.

Wie sie aber / gegen die nacht / allein seyn kunte /überdachte sie ruhiger / zu bef \rderung ihrer unruhe /alles das jenige / so ihr der Mitreus erzehlet: und wurde sie immer verwirrter / ie mehr sie solchen dingen nachsonne. Weil der helle mond ihr gönnte / daß sie wie bei tage sehen kunte / als forderte sie von der Amphilite / die bei ihr in der kammer schlieffe / ihr kåstlein / darinn sie des Cimbers reimschriften aufbewahret hatte: welche sie / eine nach der andern / herfür name / und durchlase. Das erste / so ihr in die hände geraten / ware das / so er auf ihr bildnis gemachet. Ach treuloser Cimber / (sagte sie) du meldest hierinn / als hätte ich dir deine freiheit gebeuget: welches ich nun bässer / als vordem / verstehen kan. Weil ich deinen sinn gebogen / aber nicht [633] gebrochen / also hast du nun deine freiheit völlig wieder genommen. Hierauf kame ihr vor gesichte / was er auf die wahre liebe und treue freundschaft gereimet. Ja wol (sagte sie) hast du frömd geliebet / und brauchest nur gar zu viel deiner vernunft / die dir den namen eines wahren freundes / aber nicht eines liebhabers / låsset. Wie ihr ferner die reimen mit der überschrift / Beweis / das er häftig liebe / in die hand kamen / sagte sie: du leugest / Cimber / du leugest! du hast niemals häftig geliebet. Hierauf durchlase sie ferner seine klage / daß er lieben můsse / und nicht lieben könne; und als sie auf die worte kam / wie er bei sich selbst gestritten / ob ihm das leben oder der tod zu kiesen sei / brache sie in diese worte heraus: Ach! warüm bist du nicht gestorben / als du diese reimen gemacht! so wäre ich der beschimpfung ůberhoben geblieben / die mir nun dein leben verursachet. Oder warům lebe ich noch / und zwar durch deine hülfe / da du mich aus den flammen rissest / die mir einen so süssen tod anlegen solten? Ach! wäre ich damals von der welt geschieden! wie wol wåre mir iezt / an stat dieser betrůbnis! und wie ruhig hätte ich doch mit den gedanken abfahren k \nnen / daß der Cimber es mit mir treulich gemeinet.

Eitles vergnügen! (finge sie / nach einer guten weile / wieder an) was ist es nun / daß ich noch lebe /und sehe / wie ich betrogen worden? dieses muste ich noch kosten / und darüm von meinem feinde beim leben erhalten werden. So will ich ihm dan auch den willen nicht thun / die gedult zu verlieren / die mich stäts in allem unwesen begleitet: ich will den mit verachtung überwinden / der mich verachtet hat. Hierauf kame ihr in den sinn / wie beståndig Marsius der berůmte K \nig von Basan sie liebte / wieviel der ihrentwegen gethan / und [634] wie des Chaldeers Nebozars warsagung dahin gezielet / daß sie dem Celtischen Monarchen bestimmet wåre. Sie prüfete demnach ihr herz /ob sie auch diesen grossen helden erkiesen und von neuem lieben könte? Sie wolte / in betracht des treulosen Cimbers / ihr gewalt anthun / üm den Marsius zu lieben: befande aber / daß es ihr unmůglich fiele /und daß sie nicht fähig wäre / eine neue liebe in sich aufkommen zu lassen / da es ihr / erstlich mit ihrem Abimelech / und nachgehends mit dem Cimber / so widrig ergangen. Unverheuratet zu bleiben / war endlich der entschluß / den sie fassete. Und weil ihr aus des Melchisedech unterrichtungen bekandt war / aus welchem geschlechte der versprochene heiland der welt solte gebohren werden / als vermeinte sie / daß sie sonder sünde den ehestand verachten könte: indem sie versichert war / daß sie ihr selbst dadurch die ehre nicht raubte / den versprochenen weibessamen zur welt zu tragen. Dan es strebten damals alle rechtgläubige weibsbilder nach dieser würde: massen auch daraus diese meinung unter ihme entstanden war / daß die / so nicht zum heuraten kamen / für unglückseelige personen gehalten wurden. Weil nun dieser Königin die verheisung / so dem Abraham geschehen / bekant war / als kunte sie wol diesen fürsatz erkiesen /den sie sonst ohne sünde nicht ergreifen dörfen. Sie sezte es demnach bei sich ganz feste / daß sie / wan sie / wie sie ihr fürgenommen / ihr anvertrautes reich Mesopotamien zum rechten gottesdienst würde bekehret haben / in eben diesem palast der Teraphimischen priesterinnen verbleiben / und die regirung ihrem bruder wieder ůbergeben wolte.

Mit solchen gedanken verbrachte sie die ganze nacht / und weil dieses fůrnemen sie etwas wieder beruhigt / [635] als erschiene sie / den folgenden morgen /wieder in ihrer vollkommensten zierde / als die drei Prinzessinnen / wie auch die Lea und Rahel / samt den richterinnen / zu ihr kamen / üm sie nach den tempel zu begleiten. Diese lezte wallfart geschahe in gar zierlicher ordnung / und waren die priesterinnen mit weissen wachskerzen die ersten / die sich auser ihrem palaste sehen ließen / und den haufen fůreten. Alle hirtinnen / auf das zierlichste mit blumen geschmůcket / stunden an beiden seiten des wegs / ům ihrer Königin die schůldige ehre zu erweisen / und ihr nach den tempel zu folgen: welches dan / als die schönste reihe von der welt / anzusehen ware. Laban und seine söhne / der Elihu / und die richtere von Amida und den andern Mesopotamischen landschaften / waren mit der gesamten hirtenschar in dem hofe des tempels versamlet / und entfingen alda ihre K \nigin: die / mit den dreien Prinzessinnen / gleich der Venus und den dreien heldinnen / welche diese göttin immer begleiten / sich sehen ließe. Tausend glůckwůnschende zurüffe / begleiteten sie bis in den tempel: allwo in dem thore der Telecles in seinem Oberpriesterlichen schmuck stunde / und ihre K \nigin vollends aufname.

Man fürte sie damit in den tempel / zu ihrem thron / den man fůr sie / unferne von der seule / darauf das haubt des Teraphim stunde / zubereitet hatte. Mitlerweile nun alle nachfolgende und das ganze volk einen lobgesang dem Teraphim zu ehren anstimmeten /seufzete die schöne Aramena zu ihren Gotte / daß er diese arme blinde leute bekehren / und ihr selbst es nicht zur sünde rechnen wolte / daß sie / ům ihr untergebenes volk zu gewinnen / diesen abg \ttischen gebråuchen mit beiwonete. Wie nun alles volk in diesen weiten tempel sich befande / rieffe der Oberpriester dreimal mit lauter [636] stimme / daß / wan ja über vermuten eine person / so sich unter die Mesopotamische hirten nicht zehlen könte / unter dieser gemeine vorhanden wåre / dieselbe so fort sich hinaus machen /und ihre versamlung nicht entheiligen solte. Wie nun darauf die thüren versperret worden / rieffe der Oberpriester wiederüm / daß das volk / mit gebürender andacht und grosser stille / das gebet zu dem Teraphim verrichten / ihm die glůckliche regirung ihrer Königin anbefehlen / auch üm eine gewünschte antwort und gůtigen ausspruch für sie und ihr land / die gottheit ersuchen solte.

Wie nun eine allgemeine stille unter dem volk entstanden / und der Telecles / neben den andern priestern / den Teraphim mit statlichem weirauch beråuchert hatten / thåten sich auf einmal die lichter aus /so fůr seinem haubt angezůndet waren: da es zugleich lautete / als wan ein erdbeben entstanden wåre. Das ganze volk sahe und vername dieses mit grossem entsetzen / und drange hinzu / zu vernemen / was der heilige todtenkopf / der etliche mal das gebiß růrete /sagen würde: der dan also anfinge.

Ausspruch des Teraphim.

Mesopotamia! beklage meinen fall.

Du wirst von mir nicht mehr geheimnis h \ren.

Ein frömder findet sich hier in der schåfer zahl /

der fördert mein entehren.

Nicht der allein raubt mir / was mir gebůret;

auch hirtinnen sind hier / durch deren hand

ich leichtlich werde sein entfůret:

wehrt es nicht deine treu / ô liebes vatterland.

Aus Fůrsten-blut zehlt man das schwester-paar /

von der die sch \nste dan mir drohet die gefahr.

Die hůlfe nun hierinn bestehet.

Zum Teraphim muß man den frömdling schlachten.

Mißglůcket diß / alsdan die rach' auf die ergehet /

die da nach meinem raube trachten.


[637] So still es vorher im tempel gewesen / so ein grosses heulen und schreien entstunde nun / als sie diesen ausspruch vernommen hatten. Es ward sofort mit allem fleisse nach den frömden gesuchet / dessen der Teraphim erwehnet; und stunde es nicht lange an / da rieffen sie einhällig: sie hätten den böswicht gefangen. Mit grossem geschrei und ungestůmmer unordnung /brachten sie hierauf denselben fůr den thron ihrer Königin: die von tödlichen entsetzen überfallen wurde /als sie erkante / daß es der Cimber ware. Wiewol er /von den unbändigen schäfern / mit schlechter ehrerbietung daher gefůret wurde / so verursachte doch sein majestetisches wesen bei seinen håschern eine furcht / daß sie ihn als einen gefangenen leuen ansahen. Er / auf ihre ungestümme worte nichts passend /verwandte nie seine augen von seiner Königin / die er mit so grosser verehrung / als misvergnügung / auf dieselbe gerichtet hielte. Er konte fůr des volks getöse / nicht vorbringen / was er zu sagen gewillet war: da auch die K \nigin aus ihrer bestürzung sich nicht zu erholen vermochte / weil dieses ihr gar zu unvermutlich kame. Sie wuste sich nicht zu entschließen / ob sie ihm ihren zorn / oder ehre verachtung / oder ihre angst über seinen gefärlichen zustand / solte blicken lassen: zumal sie auch / allem ansehen nach / vermuten muste / daß er ihrentwegen in diese gefahr sich gestürzt håtte.

Endlich doch begriffe sie sich / und den mittelweg /nåmlich eine kaltsinnigkeit mit untermengter sorgfalt annemend / winkte sie dem tobenden volk mit der hand / daß sie schweigen möchten / und begehrte /daß man diesen frömdling für ihren tron bringen solte. Wie nun dieses geschehen / das getümmel aber nicht still wurde / sagte sie zu ihm in Celtischer sprache /(die [638] [640]sie von ihm selbst gelernet hatte) ům von den nächstůmstehenden nicht verstanden zu werden: Ist diß auch klüglich gethan / daß ein so grosser König sich also in gefahr begibet? und sind dan auch anders wo die hiesige gesetze so verborgen / die den frömden bei lebensstraffe den eingang alhier verbieten? Ich habe ja / grausame Aramena! (antwortete Cimber / in gleicher sprache) die gefahr wol vorher gesehen / ehe ich mich darein begeben. Aber ein verzweifelter / der den tod verlanget / fürchtet sich nicht fůr demselben /üm deswegen zu unterlassen / wozu ihn seine verzweifelte liebe reitzet. Es ist nicht zeit / (erwehnte Aramena ganz kaltsinnig) dieses zu beantworten: ich muß vielmehr sorge tragen / daß ich einem K \nig sein leben retten m \ge / gleichwie mir vordessen von ihm geschehen ist. Ich achte mein leben wenig / (widerredte er / mit den allerverliebtesten gebärden) weil ich nicht in Aramenen herzen leben kan. Ich sage nochmals / (antwortete sie / dazu lächlend) daß es iezt ganz auser der zeit ist / von dingen zu reden / die da niemals / wil geschweigen ietzund / der wichtigkeit sind / sie einer antwort zu würdigen.

Hiemit drunge der Oberpriester mit den fürnemsten des volkes herzu / ům zu vernemen / was dieser miståter der Königin vorgebracht håtte: und weil so wol an ihr / als an ihme / eine nicht-geringe bewegung verspüret wurde / wuchse daher bei ihnen die begierde / ein mehrers hievon zu wissen. So viel ich aus diesen fr \mdling bringen können / (sagte zu ihnen die Königin) so muß ihn der blosse fůrwitz hieher an diesen verbotenen ort gebracht haben: daher ihr wol thun werdet / wan ihr ihn so fort / durch etliche aus eurem mittel / auf das Taurische gebirge schicket / zumal er angelobet / einen grossen schatz geldes zu eures tempels unterhalt herzuschießen; [640] womit euch dan mehr wird gedienet seyn / als wan ihr woltet auf eine andere abstraffung gedenken. Indem die Königin dieses sagte / wurde Cimber von den beiden Fürsten / als dem Nahor und Elihu / auch erkant: die dan / die sch \ne Aramena also reden h \rend / leicht vermuten kunten /warům sie das sagte. Sie fielen auch so fort ihrer meinung bei / und gedachten das unwillige volk zu bändigen. Sie musten aber von dem Oberpriester ein anders vernemen / welcher auf der Königin fürtrag also antwortete: Wan nicht des grossen Teraphim gebot uns im weg stůnde / der ausdrücklich befohlen hat / diesen fr \mden / und zwar zum Teraphim / zu schlachten /so solte E. Maj. gnådigstem befehl / wie billig / gehorchet werden. Nun aber stehet es nicht in unseren måchten / den jenigen los zu lassen / den die götter unter ihre zahl zu nemen beschlossen haben.

Die schåfere von Abagara / neben den abgöttischen Horiten / fielen diesen worten des Telecles so fort bei / und sich grosser dreuworte vernemen lassend / bewegten sie die K \nigin dazu / daß sie der gewalt wieche / und / um desto bässer ihre meinung zu bergen /ganz kaltsinnig dem Oberpriester gebote / diesen fr \mden in seine verwarung zu nemen / und ihren gesetzen gemäs / wan die sache reiflich würde unter ihnen erwogen seyn / mit ihm zu verfahren. Also wurde Cimber den priesteren ůbergeben / und in ein gewölbe unter der erden gefüret / dahin man die körper von denen / die zum Teraphim geschlachtet und zubereitet worden / zu begraben pflegte. Dieser frömde handel / brachte nun alles in unordnung und verwirrung / und hielte man mit der ferneren gewönlichen opferung / zurůcke / bis die frage unter den geistlichen / dazu sie auch etliche von den fůrnemsten[641] hirten zogen / wůrde erörtert seyn / ob man nun dem Teraphim opfer bringen d \rfte / bevor seine entehrung ausgetilget wåre / und man eigentlich wüste / wie es mit dem neuen Teraphim gehalten werden solte / solang dieses seine jahre / die er reden muste / noch währen würden? Die Königin / welche auch / wiewol auf eine andere art / als die andern / beunruhigt war /begabe sich wieder nach dem palast der priesterinnen: alda / an stat des herrlichen gastmals / das fůr sie zubereitet worden / nichts als åchzen und klagen vernommen wurde / weil ihr Teraphim einen so betrübten ausspruch gegeben hatte. Es verwandelte sich auch / das vorgestellte wolleben der schåfere und hirtinnen / in eine große stille / und handelten ihre versamlungen / an stat der lust und freude / von lauter unglücklichen fůrstellungen / was dieses für unheil nach sich ziehen wůrde.

Weil aber kein augenblick zu verseumen war / den gefangenen König zu erretten / als welchen Aramena /ohngeacht ihres zorns / in dieser noht nicht lassen wolte: als sandte sie sofort / wie sie in ihrem zimmer allein war / nach dem Nahor und Elihu: welche / als sie erschienen / von ihr befraget wurden / ob sie den gefangenen kennten / der in das fest diese verwirrung gebracht hatte? Wir haben (antwortete Nahor fůr sich und den Elihu) den großen Cimber so oft in Syrien gesehen / daß dessen gedåchtnis uns sobald nicht entfallen k \nnen. Was beweget aber immermehr diesen K \nig / sich in solche gefahr zu stůrzen? Wir haben ja schon längst / (sagte Nahor /) wiewol nicht auf solche weise / dieses unsers künftigen Königs ankunft erwartet. Die sch \ne Aramena err \tete zu diesen worten / die sie aber nicht / ihren gedanken nach / beantworten wolte / sondern vielmehr auf des Cimbers erl \sung gedenkend / erwehnte [642] sie / wie sofort hiervon den Aborigenern und ihrem bruder müste nachricht gegeben werden / damit sie an beiden teilen herzu kåmen / ihn zu retten: massen sie die hartnäckigkeit dieser riefen und der götzen-pfaffen wol erkennete /die seiner nicht schonen würden / wann sie gleich /daß er ein großer K \nig wåre / erfahren solten. Elihu und Nahor befanden dieses fůr das sicherste mittel /und wie die K \nigin / deswegen an ihren bruder zu schreiben / mit ihnen abgeredet / verhieße Nahor / mit selbigem brief / einen von seinen unter-hirten / durch die verlegte posten / eiligst nach Samosata zu schicken: mitlerweile er selbst auf das Taurische gebirge reisen / und den Aborigenern ihres Königs zustand entdecken wolte. Es triebe ihn hierzu / sowol der eifer / seiner K \nigin zu dienen / als seine liebe: und inzwischen er sich zu dieser abreise rüstete / auch Elihu nach seiner Prinzessin ginge / sezte sich die K \nigin über / und schriebe folgendes an ihren bruder.

Schreiben der Königin Aramena von Mesopotamien / an ihren bruder / den König Aramenes von Syrien.

Wann ich mich wolte entschuldigen / daß ich einen so tugendhaften edlen bruder in so bösem argwahn halten können; wann ich gedächte zu beschreiben / die bewegungen meines gemůtes / die sich bei mir eingestellet / seit daß ich des Cimbers treulosigkeit glauben müßen; oder wan ich iezt mit allen farben fürbilden wolte / wie mir zu muht ist / daß ich meinen ärgsten feind alhier einfangen gesehen / und ihm sein leben zu retten / mich verbunden finde: so würde ich zuviel[643] zeit damit verseumen / die mir jezt so edel ist / ům den König von Syrien bald wissen zu machen / daß Cimber alhier bei den wilden Horiten in haft geraten /und daß ich glaube / es könne der wolstand nicht an ders zugeben / als in meinem reiche diesen König von einem schmählichen tod zu befreien. Man wil den Cimber zum Teraphim schlachten: der abgott hat solches befohlen / und ist er verloren / wan Syrien und sein volk ihn nicht errettet. Nahor gehet zu den Aborigenern / und dieser brief nach Samosata / ům solches zu verhüten: und gönne ich dem Cimber ům des willen sein leben / damit er noch erfahren möge / wie /meine verachtung / der seinigen weit vorgehen müße.


Aramena.


Es ist wol nie ein brief verwirrter geschrieben /noch mit gr \ßerer eile / als eben dieser / abgefärtiget worden. Wie nun Nahor hinweg geschieden / und bei seinem vatter / auch den andern / fürgegeben hatte /daß er nach Nisibis gehen und in wenig tagen wieder zugegen seyn wolte / redte Aramena ferner mit dem Elihu und Bethuel ab / daß sie auf alles / was fůrgehen würde / wol acht haben / und so viel hirten / als immer můglich / auf ihre seite bringen solten: üm sich deren / in fall der noht / zu bedienen. Sie hielten fůr ratsam / auch den Demas zu gewinnen / als der nicht allein unter den Horiten viel galte / sondern auch sonst eines guten gemůtes war / also daß man auf seine redlichkeit sich wol verlassen kunte. Gleichwie nun der verständige Elihu / dieses bei den hirten auszuwirken / ůbername / also wolte Bethuel sein heil bei den priestern versuchen / weil er im tempel etliche [644] gesehen / die vordem zu Damasco in dem verstörten Isis tempel gedienet / und seine gute bekandten gewesen.

Sie verfügten sich demnach beiderseits an ihre bestimte \rter / und ließen die sch \ne Aramena allein: die nicht gnug ihr wunderbares geschicke betrachten kunte / welches sie n \tigte / in erwägung aller ůmstände / so wol in ihrem reich ihre habende gewalt zu bergen / als für dessen erhaltung zu sorgen / den sie zu hassen so sehr befugt zu seyn vermeinte. Es verdroße sie auf sich selber / daß ihr des Cimbers gefahr solche angst verursachte. Wann sie betrachtete / was diesen König doch möchte bewogen haben / nicht nur in den tempel also allein zu kommen / sondern auch /auf des oberpriesters dreimalige warnung / darinn zu bleiben / konte sie nicht anders urteilen / als daß er sie noch lieben můste / zumal seine mit ihr gewechselte reden ein solches bestätigten. Es fiele ihr aber unmüglich / diese seine liebe mit seinem bezeigen auf dem Riphatischen gebirge zu vereinigen: und wolte sie / üm ihrem gemůte keine zweifache unruhe zu erwecken / nicht wieder auf die gedanken kommen / ob auch hieran ein ander / als der Cimber / schuldig seyn möchte / sondern vielmehr ihr die einbildung machen / es m \chte den Cimber gereuet haben / daß er sie dem Marsius überlassen wollen. Diese gedanken milderten nun nicht wenig ihren zorn / und ware sie auf solchen fall unschlüßig / ob sie ihn darüber vernemen solte / oder nicht? Weil es in ihren måchten stunde /mit vorwand / daß sie ihn selber verh \ren wolte / ihn fůr sich kommen zu lassen / als wurde sie des sinnes /durch solches mittel die warheit zu erfahren. Doch hielte sie damit wieder an sich / wan sie ihr die hohe beschimpfung und verachtung fürstellte / die ihr der Cimber erwiesen / da er sich [645] weigern d \rfen / sie zu ehlichen. Hierauf fiele ihr des Teraphim ausspruch ein / der da gesaget / wie Cimber sein entehren bef \rdern wůrde: welches sie auf den fall ausdeutete / daß derselbe mit ihr in Mesopotamien regiren / und diesen g \tzentempel zerst \ren solte. Aber dieses kame ihr sofort wieder aus dem sinn / und betrachtete sie hingegen mit verwunderung / wie Gott dem b \sen geist zwar so große macht zuließe / solche aber also beschränkt hätte / daß er nicht alles b \ses thun k \nte /was er wolte / sonst hätte er ja verschweigen müßen /wie sie diesen abgöttischen tempel-dienst auszurotten gesonnen wåre / welches ihr ja / bei ihren noch-unbåndigen unterthanen / kein geringes ungemach zuziehen könte.

Indem die schöne Königin in solchen betrachtungen begriffen war / kame die Amphilite zu ihr in das zimmer / und sahe so erschrocken aus / daß Aramena / ein neues unglůck / und zwar wider den Cimber / besorgend / nicht ümhin konte / sie ängstiglich darum zu fragen. Gnädigste Königin! (sagte diese schöne hirtin) der Chersis ist ursach an meinem verstörten gesichte / der / wider meinen willen / mich etliche stunden mit gesprächen unterhalten hat: und ist Sandenise schuld hieran / die ihn heimlich in eine kammer / darinn ich mich befande / gefüret / da ich ihme nicht entkommen können. Ist nur dieses euer leiden? (antwortete die K \nigin / dazu låchlend) wisset ihr nicht / wozu euch und den Chersis mein ausgesprochenes urteil verbindet? Dieses urteils (widerredte Amphilite) wil sich Chersis zu seinem vorteil bedienen / und vermeinet / ich sei schuldig / ihm alles vergangene zu vergeben / und zu vergessen / was er mir zu wider gethan hat. Chersis hat recht / (sagte die Königin) und kan es nicht anders seyn / ihr müsset euch solchen urteil gemäs bezeigen. Solte ich [646] aber den / der mich so verachtet / (antwortete Amphilite) und der von meiner ehre solche dinge glauben k \nnen / wieder annemen müssen / nun er die spate reu erweiset? Allerdings! (sagte die Königin) und ob ja ihr nicht wollet / so wil doch ich es also haben / und begehre ich /daß sofort der Chersis zu mir komme.

Sandenise / die hinter der Amphilite stunde / und ihr in das zimmer nachgefolget / liefe gleich / diesen verliebten herbei zu holen: der dan / wie er ankame /mit so guter art die K \nigin begrüste / daß sie daraus / wie auch aus seinem andern feinen wesen / seine innerliche gemüts gaben erraten kunte. Chersis! (sagte sie zu ihm) ihr habt große ursach / dasjenige bei der Amphilite zu entschuldigen / womit ihr sie bisher betrübet: und könte ich mein urteil widerruffen / so wůste ich wol nicht / ob es noch so vorteilhaft für euch hinaus schlagen wůrde / sonderlich wann ich nicht eine wahre reue bei euch solte vermuten d \rfen. Wem diese reu / (antwortete er) die alles mein verbrechen auss \nen sol / sich nicht so völlig / als wie ich sie im herzen entfinde / kan zu tage legen / so bin ich nicht schuld daran / sondern meine große freude / die in mir erwecket die hoffnung / daß ich / durch E. Maj. gůtigkeit / zu meiner vorigen glückseligkeit wider gelangen werde. Was wollet ihr mehr / Amphilite! (sagte hierauf die Königin) wollet ihr wol die erste in meinem reiche seyn / die mir ihren ungehorsam erweise? Chersis warfe sich zu der Amphilite füßen / und die augen mit trånen füllend / beschwure er sie / ihm zu glåuben / daß er / bei allen diesen widerwärtigkeiten / sie allemal in seinem herzen verehret und geliebet. Amphilite / so wol von ihm als von ihrer Königin überwunden / hube ihn von der erden wieder auf / und hingegen sich fůr der K \nigin niederwerfend / verhieße sie derselben / sich gehorsam zu [647] erweisen / und zwar sonder einigen zwang / weil sie den worten des Chersis zu glauben anfinge.

Dieses lezte sezte den Chersis in die h \chste vergnügung / und wie darauf diese beide in gegenwart der Königin / einander ůmarmen / auch zu beståndiger wechsel-liebe sich verpflichten můssen / bote der verliebte Chersis sein leib und leben / ja alles sein vermögen / der K \nigin an / üm zu bezeugen / was hohe gnade und guthat sie ihm hiedurch erwiesen hätte. Ihr könnet gleich ietzund / (sagte die Königin) mir einen guten dienst thun / wan es euch ein ernst ist / was ihr mir anbietet. Wie nun Chersis hierauf sein versprechen mit eidschwuren bestätigt / und seiner Königin ewige treue angelobet / eröffnete sie ihm / wie sie dieses fůr einen von den gr \sten diensten / die er ihr erweisen k \nte / halten wolte / wan er mit seiner macht / die er bei dem Oberpriester seinem vatter hatte / es dahin vermittlen hůlfe / daß mit dem gefangenen / der heute das grosse fest zerstöret / nicht zu eilig verfahren / und er in seinem gefängnis wol gehalten würde. Chersis versprache dieses / nach allen müglichsten kräften / zu werk zu richten.

Der Fůrst Bethuel kame eben darzu / als es bereits zum abend ginge / der inzwischen bei den priestern im tempel gewesen war. Der Königin verlangen /seine verrichtung bald zu vernemen / neben der zuversicht / die sie in des Chersis treue gesetzet / verursachte / daß sie sich nicht scheuete / in seiner und der beiden schåferinnen gegenwart / den Fürsten von Haran zu fragen / wie es im tempel stünde? Bethuel wolte anfangs / wegen dieser ihrer anwesenheit / zurück halten: als er aber unterrichtet worden / das sie auf ihrer seite wären / stattete er der Königin folgenden bericht ab. Ich bin dißmal glückhaft / daß ich von meinen alten bekanten / die ich [648] vordem im Isis-tempel gehabt / etliche unter den hiesigen priestern angetroffen: massen ich diese / so erbittert sie auch noch sind /daß E. Maj. ihren tempel zu Damasco zerstören helfen / gleichwol geneigt finde / sich mir zu vertrauen /und mir alle dienste zu erzeigen. Ich habe ihm demnach / sonder E. Maj. zu nennen / er \ffnet / was ich /wegen des fůrnemen gefangenen / von ihnen verlange / und darauf vernommen / daß sie den grossen König bereits kennen / ihn aber / zu glück / weder dem Oberpriester noch ihren andern mitbrüdern / verraten haben: wie ich sie dan beredet / daß sie es ferner verschweigen wollen. Sie bieten sich zu allem willigst an / was ich dem K \nig zu dienst verlange: und / was das gr \ste glück ist / so haben eben diese die aufsicht ůber die gefångnis / und sind schon so weit heraus gegangen / daß sie keine schwerigkeit davon machen wollen / mich zu diesem k \niglichen gefangenen einzulassen.

Diese nachricht erfreute die K \nigin nicht wenig /und als sie an dem Chersis warname / daß der sich über den vernommenen K \nigs-titel verwundert bezeigte / wolte sie ihn / üm ihn desto mehr zu gewinnen / zu ihren v \lligen vertrauten machen. Demnach entdeckte sie ihm / wiedaß der Aborigener König der jenige wäre / den sie im tempel des Teraphim gefangen hielten. Chersis ware der vorgegangenen geschichten nicht so unkündig / daß ihm håtte sollen unwissend seyn / was es mit diesem König und der schönen Aramena fůr eine bewandnis hatte. Demnach verwunderte er sich nicht mehr über deren erweisende sorgfalt / wol aber ůber dieses Königs bezeigen / der /seiner einbildung nach / nicht n \tig gehabt / so heimlich und mit solcher gefahr dahin zu kommen / allwo er als kůnftiger K \nig solte verehret werden. Was beweget doch [649] diesen grossen König / (sagte er) bei seinen künftigen unterthanen auf solche weise zu erscheinen? und was hat es fůr schwerigkeit / diesen König auf freien fus zu stellen / da es ja nur ein wort kosten würde?

Ob Mesopotamien (antwortete die Königin) iemals von dem Aborigener-König wird regiret werden / ist eine frage / die hieher nicht gehöret. So erachte ich es auch für unnötig / die ursach zu erforschen / warüm Tuscus Sicanus dergestalt sich hier in gefahr stürzen wollen. Daß ihr aber vermeinet / mein Chersis! es wůrde sofort / wan man hier kund machte / wer des Teraphim gefangener sei / seine erl \sung erfolgen /daran muß ich sehr zweiflen: massen mir bekandt ist /wie man hier des Teraphim ausspruch verehret / und was grober natur die Horiten neben den hirten von Abagara sind / die keinen K \nig / und vieleicht diesen am wenigsten / achten und erdulten können. Es ist nicht ungemein / (gabe Chersis zur antwort) daß des Teraphim ausspruch oft anders / als er lautet / müsse verstanden werden / und eine geheime ausdeutung erfordere: daher ich wol sagen wolte / das schlachten zum Teraphim sei also zu verstehen / daß man diesen fr \mden zum Teraphim in Mesopotamien / das ist /zu unsern Obersten und K \nig machen sol / der würdig ist / also von uns verehret zu werden / als wan er ein Gott oder Teraphim wäre. Ich zweifele / edler Chersis! (antwortete Bethuel) ob eure auslegung mit der andern ihrer meinung ůbereinkomme: massen mir meine bekandten unter den priestern entdecket / was dieserwegen bei ihrer beratschlagung fürgefallen.

Es hat dieselbe (fuhre er fort) diesen ganzen nachmittag gewäret / und sind / neben den priestern / die riefen von Abagara / die Horiten / die richtere von[650] Amida und den andern landschaften / wie auch mein herrvatter / und teils unserer hirten / beisammen gewesen. Die meinung der geistlichen / welche den gefangenen / wiewol sie ihn nicht kennen / für einen grossen herrn halten / liefe anfånglich dahinaus / daß man allerdings die gottheit vergnügen / beide Teraphim gebrauchen / mit den opferen auf diß fest nicht innen halten / auch wegen der vermeldten fürstlichen schäferinnen nachforschung anstellen / und ein mittel / deren bösliches fürhaben gegen die Teraphim abzustellen / ersinnen solte. Die von Abagara / neben den Horiten / haben / auser was die opferung betrifft / dieser meinung gleich beigepflichtet. Mein herrvatter hingegen / und nach ihm die andern / haben zwar nicht die fortsetzung der opferung / aber dieses sehr widersprochen / daß man einen neuen Teraphim machen solte: sonderlich weil zu vermuten / daß dieser nicht aus dem hirtengeschlecht wäre. Ich kan leicht vermuten / daß der Laban solches darům nicht gerne sehen mag / weil der ietzige Teraphim / als er noch der hirte Pasicles war / meine schwester geliebet / und darům mein herrvatter die sichere einbildung hat / daß bei diesem alten Teraphim ihm aller segen und wolstand zugewachsen sei / und daß er solchen wieder verlieren möchte / wan ein neuer Teraphim aufkåme. Weil auch die fůrstliche schåferinnen / auser den dreien Prinzessinnen von Ausitis / keine andere / als meine beide schwestern / seyn können / als hat Laban mit unseren hirten dieses auch widersprochen / und noch zur zeit für unn \tig erachtet / nun man den gefangenen hätte / hiernach sich weiter zu erkundigen. Wegen dieser ungleichen meinungen / ist endlich beschlossen worden / diese nacht die gottheit noch einmal üm alles zu fragen: und haben mir die [651] priestere gesagt / wie sie sich såmtlich dahin vereinbaret håtten / darauf zu beruhen / und deme sofort nachzukommen / was die gottheit auf ihre frage antworten würde.

So ist es dan mit dem Cimber aus / (sagte die K \nigin) weil ich eurem gotte seinetwegen nichts gutes zutraue. E. Maj. fassen einen båssern mut! (antwortete Chersis) der himmel ist gerecht / und die hinrichtung eines so grossen K \nigs wäre hingegen h \chst unbillig: darüm weiß ich gewis / der heilige Teraphim wird sich in dieser andern antwort also erklären / wie es die gerechtigkeit erfordert / und uns einen irdischen Teraphim / das ist / einen K \nig verleihen / der uns so wol regire / daß wir forthin nicht nötig haben / ům unsers landes wolfart in diesem tempel anzufragen / und uns an so dunkle aussprüche zu binden. An Gottes gerechter regirung zweifele ich auch nicht: (gäbe die K \nigin zur antwort) wir wissen aber nicht / was der öfters über uns verhången will. Ob aus eurem Teraphim der wahre Gott rede / darůber kan ich mich iezt nicht erklåren: dieses aber muß ich besorgen / daß / wan ihr es lediglich auf des Teraphim ausspruch ankommen lassen / und sonst eure beihülfe dem König nicht erzeigen wollet / es mit ihm verloren / und mir damit nichts gedienet seyn werde / daß ich hiebei eure hülfe begehrt habe.

Gnädigste Königin! (antwortete Chersis / und zwar mit grosser bewegung) ich habe zu Ur in des grossen Aramenes / der damals noch der Prinz von Gerar hieße / wie auch in des Fürsten Eliphas und weisen Elihu gesellschaft / so viel zeit belebet / daß ich E. Maj. gedanken von der wahren einigen Gottheit wol vernomen habe. Weil aber die weisen [652] Chaldeer meinen wankenden sinn allemal auf meiner vätter und meinen angebornen glauben wieder gezogen haben /als bin ich bis iezt / wiewol allemal unruhig / ein verehrer der g \tter gebliebẽ. Solte aber unser Teraphim deutlich aussagen / daß der König bei uns sterben müste / den E. Maj. dieses land mit ihr zu regiren /vor allen andern erkieset / so schw \re ich / daß ich aus dieser unrechtfärtigkeit abnemen werde / es wohne kein guter geist in unsrem tempel. Demnach haben E. Maj. sich von mir zu versicheren / daß ich mein gut und blut dabei aufsetzen werde / den König zu erl \sen und ihm von hier zu verhelfen. Glaubet mir / Chersis! (beantwortete dieses die sch \ne Aramena) daß nur ein Gott im himmel sei / der nicht auf die art /wie iezt die meisten weltmenschen vermeinen / will verehret seyn. Diesem / und nicht mir / zu gefallen /erlöset nun den König der Aborigener: weil ihr iezt selbst vernünftig geurteilet / daß man ungerecht mit ihm verfahre. Ob ihr hiermit eurem vaterland einen dienst thun werdet / wie ihr euch einbildet / solches wil ich bis zur andern zeit unbeantwortet lassen. Es wird aber / mir und allen meinen unterthanen / dadurch von euch ein grosser dienst geschehen wan ihr also verwehret / daß / unter meiner regirung / auf diß land kein unschüldiges / zumal ein k \nigliches blut geladen werde.

Elihu kame eben in das zimmer / als die schöne Aramena dieses sagte: der dan nichts ausgerichtet hatte / weil er den Demas nicht finden können / wie sehr er sich auch darnach bemůhet. Er erkante sofort den Chersis / und erfreute sich nicht weniger ůber sein da seyn / als zu vernemen / wie geneigt er wåre / seiner K \nigin zu dienen. Wie man nun hierauf ferner von dieser sache geredet / fiele endlich der schluß dahin / daß [653] Chersis die nacht dabei seyn solte / wan sie den Teraphim um den ausspruch fragen würden /üm ihre anschläge darnach anzustellen: das dan auch dem Elihu / zu einrichtung seines vortrags an dem Demas und die andere hirten / dienen konte. Hierauf begaben sich beide verliebte Fůrsten zu ihren Prinzessinnen / die mitlerweile unter den priesterinnen ihre zeit verbracht hatten / und holeten bei denen wieder nach / bis die nacht einbrache / was sie diesen tag über verseumet hatten. Chersis gebrauchte sich auch dieser zeit / bei seiner Amphilite: und wiewol selbige \fters von ihm abgehen wolte / mit den vorwand / die Königin abzukleiden / so muste sie doch verbleiben /weil Sandenise an ihrer stat hinginge / die Königin zu bedienen.

Endlich triebe die nacht diese verliebte von einan der / und so bald Chersis beide Fürsten heimbegleitet / verfügte er sich nach dem tempel: da er / als des Oberpriesters sohn / einen freien zugang hatte. Alle die jenigen / so den tag miteinander raht gehalten /waren nun daselbst beisammen / und als sie / mitgew \nlichen gebräuchen / ihre befragung verrichtet hatten / wurde wieder ein erdbeben im tempel verspůret /und hörte Chersis / neben den andern / den Teraphim also antworten:


Der himmel ist den hohen håubtern hold /

und hält ob sie die hand.

Drum / was ihr wolt /

verricht auf diesem fest / eh sich das blat gewandt.

Bald thut zur sach / eh daß sich wend eur freier stand.


Wiewol hierauf der Telecles und die andern bemühet waren / durch verschiedene fragen aus dem Teraphim ein mehrers zu bringen / so wolte doch der nichtes mehr sagen. Daher begaben sie sich wieder von dannen / und gingen zu raht / was sie nun weiter beginnen [654] solten. Sie schlossen einhällig / mit hinrichtung ihres gefangenen fortzufahren / und den zum neuen Teraphim zu schlachten / auch die fernere fest-gebräuche uneingestellt fortgehen zu lassen. Die lezte worte des abgotts /


Bald thut zur sach / ehdaß sich wend' eur freier stand /


trieben sie zu so grosser eilfärtigkeit / daß sie gleich folgenden morgens sich hierzu růsten wolten / üm den zweiten tag darauf färtig zu seyn / die opferung und das schlachten des neuen Teraphim fürzunemen. Daß / auf versaumung dessen / ihr freier stand sich wenden solte / solches reizte am meisten die Horiten und die riesen von Abagara / sich ferner kein bedenken hierüber zu machen: wie dan auch der Laban und alle die andern hierzu schwiegen / und alles ohn widerrede ergehen ließen / weil sie des Teraphim unänderlichen willen vernommen / und wie der Mesopotamier freiheit darauf beruhete / diesen hohen und fůrnemen fr \mdling aus der menschen zahl unter die götter zu schicken.

Weil Chersis / sonder verdacht / allen diesen beratschlagungen beiwonete / fůgete es sich eben / daß sie ihn / als einen jůngling / kieseten / nach ůblichem gebrauch / dem neuen Teraphim den tod anzukündigen. Er bekame dabei befehl / von ihm zu erforschen / wer er wol seyn m \chte / und was die ursach gewesen /daß er sich dergestalt in ihren tempel gewaget? massen sie nicht anders glaubten / als daß er gutes willens / etwan von den g \ttern hierzu erleuchtet / sich dahin begeben håtte / ům ein Teraphim zu werden. Weil nun alles hiemit eilfärtig zugehen solte / als muste / noch in selbiger nacht / diese ankůndigung geschehen: und hielte es der Chersis für ein gutes zeichen / daß eben er hierzu war [655] erkieset worden / das er dan / der K \nigin zu dienen / sehr beförderlich fande. Er ginge demnach zu dem K \nig in das gefångnis / dahin ihm etliche von den priestern leuchteten: die auch / zu guten glücke / von denen waren / die der Bethuel auf seine seite gewonnen hatte. Weil Chersis / aus des Fůrsten von Haran beschreibung / sie dafür erkante / als entdekte er sich ihnen / wie er zu des Bethuels rotte gehörte: wodurch er sein fürnemen desto leichter erhielte / mit dem Cimber allein zu reden / weil diese priestere sich nicht weigerten / im eingange der gefängnis stehen zu bleiben / und nur ihn / mit einer fackel in der hand / hinein zu lassen.

Der verliebte Cimber / war eben in ämsiger betrachtung der schönen Aramena begriffen / und vermochte kaum dafür an seinen eigenen zustand und an die gefahr zu gedenken / darein er sich gestůrzt hatte /als Chersis zu ihm hinein kame. Dieser / wiewol er ihm / nicht den tod / sondern das leben anzukünden bedacht war / wolte gleichwol den anfang seiner ansprache von seinem aufgetragenen gewerbe machen /und redte ihn also an: Kůner frömdling! der du dich gewaget und unterfangen / die heilige gebräuche unsers tempels zu brechen / und den grossen Teraphim zu entehren: wisse / daß du dafür dein leben lassen must! Du wirst aber dadurch in einen weit-herrlichern stand geraten / indem die götter dich ausersehen / daß du ihres gleichen werden / und hinfüro unser heiliger Teraphim seyn sollest. Ich bin darüm an dich hiemit abgesendet / dir deinen tod und diese ehre anzukündigen. Ich vermute an dir für dem tod kein entsetzen /weil der die thůr seyn wird / dadurch du zu der höchsten seligkeit und wůrde gelangen wirst. Die / so mich abgeschicket / begehren deinen namen und stand /neben der ursach deiner ankunft / zu [656] wissen / ům solches in ihre zeitbücher einzuschreiben / und damit dein ehrengedächtnůs zu verewigen.

Hiemit schwiege Chersis / und erwartete des Cimbers antwort / der solche / sonder einige bewegung /also von sich gabe: Es ist so lange / seit daß ich den tod wünsche / daß dessen ankündigung mir kein entsetzen erwecken kan. Und weil ich vermute / daß eure K \nigin diesen meinen tod mit-beschlossen / als weiß dieselbe / ohn mein zuthun / zu berichten / wer ich bin / und was mich bewogen / in euren tempel zu kommen. Aber / ům ihres und eures reiches ruhestand willen / bitte ich euch / die K \nigin dahin zu verm \gen /daß sie nimmermehr melden wolle / wer ich gewesen: weil mein volk und meine unterthanen alles daran setzen wůrden / ganz Mesopotamien samt diesem euren tempel ůmzukehren / wan sie erfahren solten / daß ich alhier zum Teraphim dienen můsse. Ich will auch wider solche ehre gebetten haben / weil ich nicht sagen kan / ob nachgehends die verschwiegenheit / als wie nun / bei mir wohnen k \nne / wan ich euer Teraphim worden wäre.

Chersis / ůber diese grosse standhaftigkeit sich verwunderend / änderte hierauf seine rede / zu dem Cimber sagend: dieses vorige habe ich / als ein abgeschikter von den Mesopotamiern / fůrgebracht; nun ist es auch zeit / daß ich unserer Königin gewerbe anbringe. Dieselbe ist nicht zu trösten / über dem unglück / daß E. Maj. hieher gefüret / und bearbeitet sich / den grossen Cimber zu erlösen! Wie / mein freund! (fiele ihm Cimber in die rede) wollet ihr noch euren spott mit einem sterbenden treiben? habe ich nicht selbst angehöret / wie mich die grausame Aramena euren priestern übergeben? und schweben mir nicht / von ihr /tausenderlei erinnerungen eines ganz-unversönlichen hasses gegen meine zu ihr [657] tragende liebe / stäts fůr augen? E. Maj. einbildungen (antwortete Chersis) ko en diesesmal mit der sachen wahrer verhåltnis nicht überein / maßen ich den hi el zu zeugen ruffe /daß unsere Königin åuserst bemühet ist / ihren erwehlten K \nig zu erlösen. Daß sie gestern / im tempel / E. Maj. den priestern alhier ůbergeben müssen / das haben die ůmstände ihr aufgenötigt. E. Maj. wissen nicht / unter was fůr unbåndige leute sie geraten sind /die ihrer eigenen Königin den gehorsam versagen würden / wan sie \ffentlich / gleichwie sie heimlich thut / sich ům E. Maj. annemen wolte. Ich bin von ihr geschicket / E. Maj. ihre bemühung und fürhaben zu entdecken / und habe ich / als des Oberpriesters sohn / alhier so viel macht / daß ich meiner K \nigin willen / E. Maj. zu erlösen / zu erfůllen verhoffe. Sie verlassen sich demnach / auf meine treu und redliche fürsorge: und weil man / wie ich anfangs angemeldet / alhier gesinnet ist / unsers Teraphim grausamen befehl an E. Maj. in der hast zu volziehen / als soll künftige nacht alles bereit seyn / E. Maj. von hier nach dem Taurischen gebirge zu verhelfen.

Indem Chersis dieses redte / h \rte ihm der Cimber mit großem aufmerken zu / und / wiewol er allerdings zweifelmütig war / wolte er doch sich nicht weigern /seinen unterthanen und Königreichen zum båsten /ferner zu leben / sonderlich da seine K \nigin sein leben verlangte. Demnach schluge er nicht aus der acht / was ihm angebracht wurde / und antwortete also dem Chersis: Ihr kennet mich / mein freund! wie ich verneme: doch wisset ihr nicht alles / was da mein gr \stes anligen machet / woraus ihr wůrdet absehen können / daß mir die ankündigung meines todes oder lebens gleich angenem sei. Um aber derjenigen allen gehorsam zu erweisen / [658] die euch abgeschicket / so neme ich mein leben an. Soll ich aber desselben geniessen / so müsset ihr mir zu wege bringen / daß ich die Königin selbst sprechen und von ihr vernemen möge / wessen ihr mich ůberreden wollet. Ich kan nicht glauben (antwortete Chersis) daß die K \nigin dieses ihrem König versagen solte. Weil aber / wegen E. Maj. befreiung und dieser gesuchten ansprache /kein augenblick zu verseumen ist / als wil ich wieder von E. Maj. hinweg eilen / ům zu ihrer vergnügung die hand anzulegen. Gehet dan / mein freund! (sagte der verliebte Cimber) und thut nach eurem versprechen: saget der Königin / daß ich leben wolle / weil sie es begehret; daß aber mir der tod eben so angenem seyn soll / wann sie in ihrer alten ungnade gegen dem armen Cimber verharren wolte.

Hiemit name Chersis wieder seinen abtritt / und ehe der tag völlig anbrache / redte er mit den auf ihre seite gebrachten priestern ab / was zu des Königs erlösung erfordert wurde / und was er denen / so ihn aus dem raht der geistlichen zu dem neu-bestimten Teraphim abgeschicket / zur antwort bringen solte. Hierauf ginge er / mit aufgang der sonne / fůr der K \nigin gemach / ům deren alles anzumelden. Sandenise war die jenige / die ihm die thür \ffnete / weil seine Amphilite die übrige nacht bei den Prinzessinnen von Ausitis geblieben. Die schöne Aramena ließe sich bereits sehen / deren unruhiges gemüt ihre munterkeit befördert: daher Chersis sofort zu ihr hinein gelassen /und gleich von ihre ehe er seinen fůrtrag thäte / befragt wurde / wie des Teraphim ausspruch gelautet hätte. Chersis erstattete hierauf völligen bericht von allem / und wie willig er den großen Cimber zum sterben gefunden / auch was massen derselbe sich ůber ihre grausamkeit beklaget / und sie [659] zu sprechen sehr verlange. Verschiedene gemůtsbewegungen stellten sich nun auf einmal bei der K \nigin ein / und wolte sie fast den Chersis ausschelten / daß er dem Cimber von ihr solche versicherungen gethan / und ihm seine gesuchte ansprache so leicht gemacht hatte. Sie funde aber alles / was er gethan / ihres innersten herzens gedanken so gleichf \rmig / daß sie zu keinen unwillen hierüber sich zwingen konte / sondern vielmehr /durch ihr schweigen / ihre unschlüßigkeit zu tag legte.

Chersis wuste nichts / von allen den dingen / die zwischen der sch \nen Aramena und dem Cimber waren fůrgegangen / und alles nur darnach beurteilend / was die ganze welt von dem König der Aborigener und von der Königin in Mesopotamien sagte / zweifelte er nicht / daß er hierinn seiner K \nigin einen großen dienst würde geleistet haben: und ware er deswegen voll freuden / daß ihme der himmel sobald eine gelegenheit erteilet / seine treuste erkentlichkeit für die erlangung seiner Amphilite blicken zu lassen. Er fuhre demnach fort / der Königin sein fürhaben / die erlösung des gefangenen Cimbers betreffend / fůrzustellen. Die beide fůrsten Elihu und Bethuel / die nicht weniger bemühet waren / diesen großen K \nig zu retten / kamen eben darzu / wie Chersis sich bei der Aramena befande. Diese bekråftigten nicht allein /was jener von der vorstehenden opferung des gefangenen erwehnet / massen solches bereits unter allen hirten erschollen war / sondern es erzehlte auch Elihu /wie der verweser Demas nicht bei der hand / auch bereits gestern frů / ehe das fest angegangen / verreiset /und / so viel er erfahren können / seinen weg nach dem Taurischen gebirge genommen / folgbar nicht einmal bei dem ausspruch des Teraphim zugegen gewesen wåre. Hiemit fiele nun die hoffnung / die sie auf die [660] hirten / durch des Demas beförderung / gebauet hatten: und alles nach allen ümstånden überlegend / fande sie kein bäßeres hülfmittel / als welches Bethuel und Chersis an die hand gaben / daß man nämlich / durch die gewonnene priestere / die nåchstfolgende nacht dem Cimber davon zuhelfen / trachten müste.

Ich wil / (sagte Chersis) sobald die sonne untergegangen / den Aborigener-König zu E. Maj. hieher bringen / auch pferde und diener färtig halten / die ihn folgends von hinnen fůren. Er wird wol nicht ganz allein gekommen seyn / daß ich dan von ihm werde vernemen können: üm seine hier-verborgene leute auszufragen / daß sie mit ihm wieder abreisen. Die schöne Königin errötete / wie Chersis dieses fürbrachte / und weil Elihu und Bethuel / neben ihme / solches in acht namen / als sagte der Fůrst von Ram: Ich kan leicht urteilen / es můße E. Maj. königlichem gemüt nahe gehen / daß sie / in ihrem eignen reich / denjenigen heimlich sprechen / und ihme mit list davon helfen müßen / den der himmel zu unsren K \nig ausersehen hat. Allein / zu rechter zeit nachgeben k \nnen / ist die höchste kunst im regiren: und weil E. Maj. ihre teils-unbåndige untertanen / durch gůte / zur wahren vernunft gewinnen wollen / ist hierzu kein bäßerer weg /als dieser / den E. Maj. gehen / zu erkiesen gewesen. Es befr \mdet mich auch dieses nicht / mein vetter! (antwortete Aramena) und bin ich mit allem einig was ihr mir fůrgeschlagen / auser / daß ich den Cimber sprechen sol.

Wan das nicht geschihet / (antwortete sofort der Chersis) so sehe ich keine hoffnung zu des Königs erledigung: dan die fåste einbildung / daß er in seiner Königin ungnade lebe / machet ihn den tod erkiesen /davon er auch nicht wird abzubringen seyn / wan E. Maj. ihn [661] nicht eines andern persönlich versichern. Ich zweifle nicht / (sagte Elihu) einige irrung werde ursach seyn / daß dieser große K \nig sich also verborgen hieher gewaget / dahin er wol \ffentlich kommen dörfen: und werden E. Maj. wol thun / wan sie solche ihm selbst abfragen / die sie auch ihm am bästen werden benemen können. Die beunruhigte Königin ginge in ihrem zimmer auf und nieder / indem Elihu dieses sagte / und betaurete / sich in solchem zustande zu sehen / daß sie niemand von ihren vertrauten bei sich hatte / gegen die sie ihr herze recht ausschůtten m \chte. Daß Cimber auf dem Riphatischen gebirge sich geweigert / sie zu ehlichen / kame mit seinem jetzigen bezeigen / da er sonder noht ihrenthalben sich in todesgefahr gestürzet / und dabei solche reden gefüret / ganz nicht überein. Wie nun die liebeserbarmung für ihn sprache / ward sie almählich beredet /ihn zu sehen; weil solches wenigst dazu dienen konte / seine große leichtsinnigkeit / die er begangen / ihm fůrrücken zu können / auch seine entschüldigung darüber anzuhören. Demnach verwilligte sie endlich /daß er zu ihr kommen möchte.

Sie färtigte eben den Bethuel und Chersis mit solchem bescheid ab / als der Telecles und die richtere /neben den fürnemsten von der gegend Abagara / sich anmelden ließen / ům ihr das anzubringen / was ihr bereits von dem Chersis war angedeutet worden. Wie nun Chersis heimlich hinweg gegangen / und diese fürgelassen worden / sagten sie ihr: wiedaß man gerne / ihrem befehl gemås / in dieser sache langsam verfahren wollen / wann nicht der neue ausspruch des Teraphim ein anders geboten håtte / dem sie nachkommen müsten / weil darinn des ganzen reiches wolstand beruhete. Die K \nigin ließe solches in seinem wert und unwert [662] beruhen / und gabe dabei zu verstehen / daß ihr zwar lieber seyn würde / wan sie anders hierinn verfüren / weil sie nicht wůsten / wen das geschicke ihnen in die hände geliefert hätte. Er sei / wer er wolle / (antwortete Tilador / einer von den fürnemsten riesen) so ist er des todes schüldig worden / weil er unsere heilige gesetze ůberschreiten dörfen. Nun er aber / an stat der straffe / zum Teraphim bestimmet worden / so erhellet ja daraus / daß die götter ihn hergesandt /ům unser land / bei antretung E. Maj. regirung / mit doppelter wůrde und glůcke zu beseeligen. Ich vermeinte aber / (gabe die Königin zur antwort) ein Teraphim můße gutwillig sich hierzu bequemen /auch aus eurem hirten-geschlechte entsproßen seyn: welches etwan bei eurem gefangenen sich nicht finden möchte. Es hat mein sohn (antwortete Telecles) uns noch keinen bericht abgestattet / was er von ihm ausgefraget / wer dieser und wessen er gesinnet sei. Aber dessen allen ungeacht / so redet unsers heiligen Teraphim klarer ausspruch / der uns anweiset / was wir thun můßen. Weil Aramena des Cimbers erlösung hoffen konte / hielte sie fůr unn \tig / sich hierüber in weiteres widersprechen einzulassen / sondern vermeinte genug zu seyn / daß sie ihr mißfallen hierbei bezeuget: das sie auch mit aller ihrer k \niglichen macht öffentlich blicken zu lassen entschlossen war /wan es etwan dem Bethuel und Chersis / in befreiung des Cimbers / misglücken solte.

Telecles und die andern / hielten sich bei der Königin nicht auf / sondern begaben sich so fort wieder nach dem tempel / üm hierzu fernere anstalt zu machen / auch von dem Chersis zu vernemen / was er bei dem geheiligten gefangenen ausgerichtet. Weil Chersis schon mehr als halb / zur erkentnis der falschen gottheit des Teraphim [663] gewonnen war / und dabei mit treuer seele an seiner K \nigin hinge / als truge er ganz keine scheu / so wol seinen vatter als alle die andern zu betriegen. Demnach verbarge er ihnen nicht allein die warheit / von deme / was er von dem Cimber wuste / und mit ihm geredt hatte / sondern er erdichtete auch dabei / ům sie von fernerem nachfragen abzuhalten / wiedaß der gefangene ganz willig wäre / sich zum Teraphim schlachten zu lassen / auch zu dem ende in ihren tempel gekommen / und von den g \ttern wåre hergetrieben worden / sein K \nigliches blut dem ganzen Mesopotamien zum bästen aufzuopfern. Was fůr ein K \nig ist er dann? fragte Telecles mit großer begierde. Er trågt bedenken / (antwortete Chersis) seinen namen zu nennen: so viel verstehe ich aber / daß er aus dem entfernten Kitim / und wol gar der Camboblaseon seyn müße. Dieses sagte der verschlagne Chersis / weil er wol wuste / wie die riesen mit diesem König stunden. Er richtete auch hiermit so viel aus / daß die anwesende / und folgends auch die andern / wie sie hievon nachricht erhielten / ganz vergnügt und sicher wurden / auch bei solchen ůmstän den / den mit diesem neuen Teraphim erworbenen schatz wieder zu verlieren nicht die geringste sorge trugen.

Weil nun hierauf iederman fr \lich wurde / und nicht allein im tempel die gew \nliche fest-opfer gehalten / sondern auch die gew \nliche vorbereitschaft zur schlachtung des Teraphim gemacht wurde / als sahe man in der ganzen gegend eine große veränderung: maßen nun von keiner traurigkeit mehr zu hören war / und holeten sie mit ihrem wolleben dasjenige zweifach wieder ein / was sie den ersten fest-tag verseumet hatten. Weil die K \nigin / ihren unterthanen sich auf das äusserste gefällig zu zeigen / gesonnen war / als ließe sie bei [664] diesem fr \lichen hirten-leben sich auch sehen / und kame / ungeacht ihres beklummenen herzens / nicht allein zu dem herrlich-zubereiteten gastmal / sondern begabe sich auch / den nachmittag / neben den Prinzessinnen von Ausitis und den beiden Fůrstinnen von Haran / mit an den ort / da / in einem weiten feld / und sehr-angenemen thal / die junge schäfere und hirtinnen ihre lustspiele angestellet. Diese bestunde nun / in vielerlei arten / da teils ihrer in die wette liefen; andere / und zwar die vom riesen-geschlecht / im ringen sich übten; etliche / nach dem thon der feldschalmeien / dånze und reigen hielten; wieder andere / mit der schleuder und flitzbogen /nach einem aufgestellten ziele schoßen: worbei dann allerhand gewinne aufgesezt wurden.

Bei keinen hielte sich die K \nigin långer auf / als bei dem haufen / darinn die hirtinnen von Amida mit waren: woselbst ein spiel gehalten wurde / welches sie die Götter aussprüche nennten / weil folgenden tags / die hinrichtung des zum neuen Teraphim gewidmeten gefangenen geschehen solte / worbei dieser gottheit zu ehren dergleichen spiele zu halten gebråuchig ware / ům damit anzudeuten / wie sie viel gutes von des Teraphim aussprüchen genößen. Es bestunde aber die art dieser spiele darinn / daß man unter der gesellschaft eine person auswehlte / die den ausspruch auf alle fůrkommende fragen / einem jeden / entweder mit einem wort / oder mit einem reime /thun muste: welcher hernach / von dreien oder mehrern unter den mitspielenden / die die fragende person dazu erkiesete / erlåutert / und dessen dunkelheit erklåret wurde; und musten diese ein strafpfand geben /wan sie den eigentlichen verstand / wie es der ausspruch gemeinet / nicht erraten können.

Die / so eben den andern den ausspruch gabe / als[665] die Königin dazu kame / war die schäferin Artainte: welche auf einem erhabenen hügel sitzend / und einen lorberstrauch in händen haltend / denen fragenden /nach gutdünken / die antwort erteilte. Es hatte Abinael bei ihr angefraget / ob der Chersis ganz sonder straffe davon kommen würde / daß er / der schönen Amphilite aufzuwarten / so viel zeit versaumet? worauf sie geantwortet: Briside. Es wurde / was sie damit verstånde / dem Jokes / der Eidania und der schäferin Astarine / zu erklåren aufgetragen. Jokes sagte: weil Briside keine straffe von dem Abinael forderte / um daß er sie zu bedienen so spat angefangen / als wůrde die der Amphilite zum fůrbilde dienen / auch gegen dem Chersis ihre antung einzustellen. Eidania / vergliche sich mit dieser meinung des hirten Jokes. Astarine aber erwehnte / es wäre darum geschehen / daß Briside die straffe des Chersis ernennen solte. Die Artainte erklårte hierauf selber dem Abinael ihre meinung / welche war: daß er vielmehr der angenemen Briside recht aufzuwarten / sich bemůhen / und nicht so fürwitzig seyn solte / üm andere dinge sich zu bekůmmeren / die ihn nicht angingen. Hiemit hatte dieser hirte seinen bescheid / und wurde dem Jokes / der Eidania und der Astarine aufgelegt / ihre pfande der Artainte zuzustellen / um solche / nach endigung des spieles / mit einer straffe wieder einzulösen.

Weil die drei prinzessinnen von Ausitis / die neben der Königin stunden / ein sonderbares vergnügen an diesem spiel fanden / beredten sie die sch \ne Aramena / daß sie / so betrübt und unruhig sie in ihrem herzen ware / auch mitzumachen ihr gefallen ließe /und durch solche gůtigkeit bei dieser hirtengesellschaft nicht wenig freud erweckte. Artainte wolte ihr amt ihrer K \nigin überlassen: die sich aber weigerte /solches anzunemen / und lieber / [666] gleich den andern /ihre fragen vorbringen wolte. Demnach verlangte sie von der Artainte zu wissen: ob morgen die opferung des Teraphim glůcklich wůrde fůr sich gehen? Der Artainte antwort war:


Der himmel weiß / zu allen / raht /

wann man sich dem gelassen hat.


Die deutung dieser reimen / forderte die K \nigin von der Eunome / Sataspe und Seladia: welche letzere aus Haran bůrtig / und mit den beiden frauen des Fůrsten Jacob gekommen war. Eunome gabe diese erklärung; weil wir den himmel angeruffen / als hat der uns den raht gegeben / zu unsres landes bästem / morgen das sonderbare opfer des neuen Teraphim anzustellen. Sataspe sagte: ob gleich dieses beginnen / daß wir künftig zween Teraphim verehren sollen / uns ungew \nlich und frömd důnken m \chte / so můßen wir uns doch dem willen des himmels untergeben / der båßer weiß / als wir / was uns nutzen k \nne. Weiß der himmel zu allem raht / (sagte Seladia) so wollen wir nicht für unm \glich halten / daß dieses unschuldige blut noch wol morgen könne beim leben ethalten werden. Die Seladia (rieffe hierauf Artainte) hat es errahten /und bin ich ja so wenig blutsůchtig / als sie / auch mit unsrem ietzigen Teraphim wol zufrieden. Weil der dir und mir (sezte Sandenise lächlend hinzu) hat einen mann bescheret. Die K \nigin ergezte sich sehr an diesem spiel / das ihren ernstlichen gedanken so gleichf \rmig kame / und schöpfte gute hoffnung daraus /daß ihr ihre frage also war beantwortet worden.

Die Prinzessin Jemima / begehrte hierauf von der Artainte zu wissen / was iezt wol der Prinz von Chaldea machte? Ihre antwort war / daß sie jähling auffuhre / und feuer feuer rieffe. Die ümstehende sich hierüber [667] verwundend / sahen nach einem orte / dahin Artainte ihre augen gewendet / und wurden gewar / daß unferne vor ihnen im thal eine hohe flamme aufginge. Dieses feuer hatte die Artainte erschrecket / und ware nur ein lustfeuer / welches die schåfere von allerhand gesträuche angezündet hatten / und üm dasselbe ihre dånze hielten. Wiewol nun zu vermuten / daß Artainte / auf der Prinzessin frage / sonder bedacht mit dem worte feuer feuer geantwortet / so wollen sie doch ingesamt / daß es bei dem ausspruch verbleiben solte. Wie nun die schöne Jemima / ihre schwester Kezia /neben der Melidia und Sandenise / erwehlet / diese antwort auszulegen / sagte die Prinzessin: weil der Sinear weiß / daß wir ehmals aus den gestirnen ersehen / wie uns hier in Mesopotamien eine feuersnot drohe /als gedenket dieser verliebte nacht und tag daran / und ist nun deswegen zu Samosata voll sorgen / daß uns hier dergleichen begegenen möchte. Das feuer bedeutet die liebe: (erwehnte Melidia) weil nun der Prinz von Chaldea voller liebe ist / hat Artainte solches durch das feuer andeuten wollen. Weil dieser unser Teraphim / (sagte Sandenise / auf die Artainte deutend) selber nicht weiß / was er spricht / so darf ich auch nicht sorgen / daß ich werde fehl-rahten. Gleichwie das feuer uns nicht brennet / das wir dort von ferne sehen: also hat Artainte mit ihrem ruff andeuten wollen / daß der Prinz Sinear nicht mehr verliebt sei /nun er von seiner Prinzessin so weit entfernet lebet.

Der lustigen Sandenise werde dieser scherz von allen zu gut gehalten / und urteilte darauf diese spielgesellschaft / daß Artainte solte von ihrem amt entsetzet seyn / weil sie so unbedachtsam den ausspruch gegeben. Sie erwehlten dagegen einhällig ihre Königin: welche / wiewol [668] sie / sich zu ergetzen / gar nicht aufgeräumet war / gleichwol ihre werte schäferinnen / bei dieser ihrer angestellten lust / keine fehlbitt wolte thun lassen. Wie demnach Artainte die bewahrte pfande / nach willkůrlicher straffe / wieder verteilet / sezte Aramena sich auf den hügel / üm die aussprüche zu geben. Lea war die erste / so ihre frage fürbrachte: die dan wissen wolte / warům der Fůrst Elihu / wie auch ihr bruder und der Chersis / sich hierbei nicht einfänden / alwo sie doch ihr liebstes håtten? Die sch \ne Aramena antwortete mit diesem reimspruch:


Was ungewiß / das muß uns sorge geben;

und was gewiß / darnach darf man nit streben.


Melidia / Ausicles / und Athamias / wurden erwehlet /dieses zu erklåren / da die erste sagte: Unserer K \nigin worte sind so klar / daß ich denen nichtes weiß zu zusetzen. Glückliche liebhaber / sind allemal die fåulste aufwärtere. Unsere Königin / (sagte Ausicles) verweiset der Fürstin Lea / ihre sorgfalt fůr drei sorgenlose liebhaber. Unsere Königin (sezte Athamias hinzu) hat hiermit andeuten wollen / es seien wichtige geschäfte / die diese drei verliebte nötigen / von unserer gesellschaft weg zu bleiben. Ich vermute / wie Athamias gesagt / (sagte die Königin) und ist er also meinen gedanken zum nåhsten gekommen.

Hierauf stellte sich Kezia ein / und fragte: Es hat gestern der Teraphim / im tempel / zweier fürstlicher schwestern gedacht; solte er damit nicht die schöne Rahel verstanden haben / die etwan / aus alter liebe zu dem Pasicles / diesen raub an ihm zu begehen verlanget? Nichtes ist der Bosheit zuviel! gabe hierauf die K \nigin den ausspruch. Kerenhapuch / neben den schäferen Nisan und Nebod / solten dieser worte deutung sagen / [669] da die schöne Prinzessin von Ausitis also urteilte: weil man bosheit oft für schalkheit nimmet /als ist es meiner vorwitzigen schwester nicht zu viel /auf solche weise die unschüldige Rahel hiemit zu belegen. Wan es můglich wäre / (sagte Nisan) daß man den Teraphim einiger bosheit beschüldigen könte / so wůrde er dessen hierbei sich schůldig machen / indem er / wie die Prinzessin vermeinet / eine so unschůldige und ihm ergebene Fürstin / als wie unsere Rahel ist /mit solchem verbrechen belegen wollen. Nebod fiele dieser des Nisans meinung bei / und sagte die Königin / die sich nicht völliger erklåren mochte / diese zween hätten am nächsten zugetroffen. Hierauf trate Rahel herfůr / und verlangte zu wissen: Ob sie dan nimmermehr dem Jacob würde kinder gebären? da sie dan / von der Königin / diesen reim zur antwort entfinge:


Gute tage schwerer sind zu tragen /

als die bösen / die da voller plagen.


Ich bedarf (sagte Rahel und lächelte) keiner weitern erklärung von andern / was dieser ausspruch lehren wolle. Warüm nicht? (versezte Jemima) meine base neme mich an / dieses auszulegen. Ich bin damit friedlich / (antwortete Rahel) und wil / auser meiner Prinzessin / sonst niemand mehr hierzu erkiesen. Die sch \ne Rahel wil wissen / (sagte demnach Jemima) ob sie noch kinder tragen solle. Unser mehr dan heiliger ausspruch antwortet / die guten tage seyn schwer zu tragen: anzudeuten / daß solche bald bei der iezt-ruhigen Rahel aufh \ren / und dagegen die bösen mit den kindern sich einstellen sollen / die sie so gar voll plage finden wird / daß wol der tod davon ko en m \chte. Ich frage nichts nach demselben / (antwortete Rahel) wan ich nur kinder bekomme. Hiernächst kame Oromedon / und wolte [670] wissen / ob das jahr gesegnet seyn würde? Die Königin fårtigte ihn mit diesem worte ab: Fleis gibt lohn. Timonax / Briside und Astarine / die dieses zu erklären erkieset worden / hatten alle dreie einerlei meinung / daß der erwünschte land-segen durch der inwonere fleissige arbeit muste erarnet werden: worinn ihnen auch die K \nigin beifiele.

Wie nun also die zeit / bis gegen den abend / mit diesen spielen verbracht worden / und die Königin nach ihrem palast wiederkehrte / begegneten ihr alle anverwandten des Oberpriesters / als die richtere und richterinnen von Amida / und andere seine freunde: welche / dem herkommen gemås / mit ihm zu nacht speisen wolten / ům sich mit ihm zu erfreuen ůber der ehre / die er nun abermals erlebet / einen neuen Teraphim zu schlachten Chersis war mit unter diesem haufen / der dan die schöne Amphilite / sie unter den nachfolgerinnen der K \nigin erblickend / bei diesem gastmal / als eine neue anverwandtin / mit haben wolte: und wiewol sie für ihren gehåssigen schwågern und schwiegerinnen sich scheuete / so muste sie doch dem Chersis folgen; welcher der Königin mit augen-winken / zu verstehen gabe / weil er vor so vielen aufmerkern es nicht sagen kunte / daß ihre anschläge noch wol gingen. Es bekräftigte solches nachgehends der Bethuel / der bei der K \nigin in ihrem zimmer sich einfunde / und ihr seine verrichtung vermeldete: die darinn bestunde / wie nun alles zu des grossen Cimbers flucht färtig stunde; wie der Chersis mit ihme bei diesem König gewesen / und deme die freuden-post gebracht / daß er die K \nigin sprechen solte / welches er mit unbeschreiblichem vergnůgen hätte angehöret; wie er hierauf ihnen nachricht gegeben /daß sie zween seiner bedienten / in einer h \le / die[671] dem riesen Harab zuständig / antreffen wůrden; wie sie solche auch gefunden / und diese nacht an einen gewißen ort bestellet / mit ihrem herrn fortzugehen.

Sagte dan der K \nig nicht / (fragte die beunruhigte K \nigin) was ihn bewogen / solcher gestalt hieher zu kommen. Diß war die häftige liebe zu der sch \nsten Aramena / (antwortete Bethuel) und die besorgung ihrer ungnade: welcherwegen er der glückseeligkeit /E. Maj. offentlich / mit ihrem vorwissen / sehen zu dörfen / sich nicht versehen können. So ist er ihm dan bewust / (sagte die K \nigin) daß ich / ůber ihn zu zůrnen / befuget sei? Weil unsere unterredung (versezte Bethuel) sehr eilfårtig zuginge / und die hiervon mit-wissende priestere uns wenig verließen / als kunten wir ein mehrers nicht / als was ich iezt wiederholet / von ihm erfahren. Soviel erhellet aber aus allen ůmstånden / daß er seiner Königin höchste ungnade ihm eingebildet: massen er von unglaublichem freud-entsetzen überfallen worden / als wir ihn des gegenteils versicherten. Was habt ihr gethan / mein vetter? (fragte die K \nigin ganz bestůrzt) wie wisset ihr / ob Tuscus Sicanus bei mir in gnaden sei? zum wenigsten vermute ich solches / (antwortete Bethuel) und weiß ja mit der ganzen welt / daß E. Maj. diesen K \nig erwehlet haben / diß land neben ihr zu regiren. Daß aber inzwischen irrungen entstanden seien / solches erscheinet aus allen ümstanden. Ich / zwar als deren unwissend / kan hiervon nicht erteilen: doch vermeine ich nicht / daß E. Maj. befugt seien / gegen einem so ehrerbietigen liebhaber ihr herze zu åndern / der ja nicht bässer lieben könte / als er in reden und gebärden verspüren lässet.

Wie sagtet ihr dan / (fuhre die K \nigin fort zu fragen) [672] als ihr ihme meiner gewogenheit versicherung gabet? Wir sagten ihme / üm sein klagen zu stillen /(antwortete Bethuel) der grosse Cimber hätte nicht ursach zu glauben / daß unsere Königin ihm abhold wäre. Sagte er dan nichtes / (fragte Aramena ferner) was ihme mein bruder / durch einen gesandten / auf das Riphatische gebirge entbieten lassen? Er ware so voll freuden / (sagte Bethuel) daß er ferner / solang wir bei ihm waren / von nichts anders redte / als von dieser für ihren treusten Cimber überglůcklichen änderung seiner Königin. Diesen namen Cimber gabe er ihm sich allemal selber: wir musten auch / als wir seinen bedienten in des Harabs höle ansagten / wie es mit ihrem herrn / stunde / auf sein begehren / ihn anders nicht als Cimber nennen. Vieleicht schämet er sich (sagte die K \nigin) den namen Tuscus Sicanus zu füren / weil er weiß / wie er mit demselben mich beleidiget? Weil dem Bethuel von diesen dingen nichts bewust war / als unterfinge er sich auch nicht /solches zu beantworten: und verließe er endlich die K \nigin / nachdem sie ihm / wiewol fast gezwungen /nochmals die versicherung gethan hatte / wie sie des Cimbers üm mitternacht in ihrem gemach erwarten wolte.

Viele und mancherlei anfechtungen stunde sie nachgehends aus / als sie sich allein sahe / da ihr bald der reuende Cimber / bald der mishandlende Tuscus Sicanus fürkame: und wurde sie immer irriger und unschlůssiger / ie nåher die zeit heran kame / daß sie ihn sprechen solte. Sie / die sonst die beredsamkeit selbst ware / studirte nun vergebens auf eine unterredung /die sie mit dem Cimber halten wolte / und důnkte sie alles / was ihr deswegen einfiele / entweder zu hart /oder zu gelinde seyn. Hierzu kame auch die ångstliche sorge / [673] daß der vorhabende anschlag misglücken / und dieser große K \nig in solcher lebens-gefahr ůmkommen möchte. Wan sie solches recht bedachte / so wuste sie von keinem unwillen mehr. Fiele ihr aber ein / daß er würde los und zu ihr kommen / so vermeinte sie / ihre ehre wäre viel zu viel beleidigt / als so schlecht hin den Cimber wieder zu gnaden aufzunemen.

Unter solchem ihrem gedanken-quälen / kame der Elihu zu ihr / welcher bei verschiedenen hirten / und zwar mit großem nutzen / sich bearbeitet hatte / derer auf bedürfenden fall versichert zu seyn / wan etwan des Cimbers entkommung misglůcken solte: wovon er dan der K \nigin ausfůrlichen bericht abstattete. Allen argwahn zu vermeiden / ginge er mit zu dem abend-essen / dazu er die Horiten eingeladen worden / dahin auch der Fürst Laban seine beide töchter zu erscheinen vermocht hatte. Also bliebe niemand bei der Königin / als die drei Prinzessinnen von Ausitis: welche ohne sie nirgend hin zu gehen begehrten / und also /gleichwie sie gethan hatte / bei den priesterinnen / mit ihnen zu speisen / sich entschüldigen lassen. Also ware nun / in der ganzen gegend des tempels und der landschaft Abagara / ein allgemeines wolleben / und wurden / nicht allein im tempel / in den schlößern und häusern / gastereien angestellet / sondern die schäfere hielten auch malzeiten im freien feld / und zecheten /auf ihres neuen Teraphim gesundheit / so dapfer drauf / daß in der ganzen gegend fast keiner mehr nüchtern anzutreffen ware.

Wie nun die mitternacht einfiele / da Bethuel und Chersis ihren großen anschlag wolten werkstellig machen / verschliche sich dieser lezte aus der gesellschaft / die in seines vatters hause versamlet war / als er es zeit zu seyn merkte / und den Bethuel / wie sie zusammen abgeredt [674] hatten / in dem thor des tempels findend / ginge er mit ihm hinein: massen diese nacht die thůren des tempels nicht verschlossen wurden /sondern / wegen des vielen darinn verrichteten schlachtens / und anderer zurüstung zum grossen opfer / das folgenden tags solte gehalten werden / fůr iederman offen stunden. Die priestere / die den Cimber bewacheten / waren wegen dessen / daß sie halb trunken / noch mutiger / als vorhin / den König zu erl \sen: und weil sie wol wusten / daß nachgehends alda ihres bleibens nicht mehr seyn würde / als hatten sie sich entschlossen / mit auf das Taurische gebirge zu gehen / und den Celten und Aborigenern forthin für Druiden zu dienen. Sie ließen sofort diese beide zu dem Cimber hinein: der nicht so viel an seine erlangende freiheit / als an die glückseeligkeit gedachte /daß er mit der unvergleichlichen Aramena reden solte / ům deren ansichtigung allein er sein leben also gewaget hatte. Werte freunde! (sagte er zu ihnen) ist es nun zeit / die K \nigin zu sehen. Wan E. Maj. beliebt /(antwortete Chersis) so wollen wir / vor unserer abreise / diese ansprache verrichten. Lasset uns dan (sagte er ganz freudig) keinen augenblick verseumen / mich solcher glůckseeligkeit teilhaftig zu machen.

Damit ließe er sich von ihnen hinaus füren / und namen ihn die priestere mitten unter sich / daß niemand / zumal es auch nacht war / seiner gewar wurde. Unterwegs / ehe sie an der K \nigin wonung gerieten /fragte Cimber den Chersis: ob sie dan / wie er aus seinen reden verstanden / mit ihm reisen wůrden? Worauf dieser antwortete: Er fůr seine person / wåre solches zu thun gesinnet; aber der Fürst Bethuel würde nach Samosata gehen / üm dem König in Syrien von diesen dingen bericht zu thun. Ohne zweifel (sagte Cimber) [675] geschihet eure flucht deshalben / weil ihr dem Teraphim nicht trauen d \rfet / der den dienst /welchen ihr mir iezt leistet / in der anfrage verraten möchte. Eben deswegen / (sagte einer von den priestern / der zimlich bezecht ware) gehen wir auch mit nach dem gebirge: dan uns das bleiben ůbel bekommen dörfte / wan man erfüre / was wir iezt begehen. Ich erkenne mich darům soviel mehr verbunden / (erwehnte Cimber) fůr das / so mir iezt widerfåret / und werde mich gegen euch dankbar finden lassen. Hiemit traten sie in der K \nigin palast: die die drei Prinzessinnen von Ausitis dazu vermocht hatte / bei ihr zu bleiben / und eben so entstellt wurde / als der verliebte König / wie sie einander zu sehen bekamen. Ihm fiele auf einmal ein / was für worte die sch \ne Aramena das lezte mal mit ihm in Damasco geredet / welcher gestalt man einen andern für ihn erwehlet / und seiner treuen dienste vergessen / auch wie sein alter herzensfreund / der König von Syrien / gegen seine abgeschikte sich erwiesen håtte. Dieses alles / ließe ihn / von dieser ansprache / wenig trost hoffen.

Dessen aber ungeacht / und von seiner feurigen liebe angetrieben / warfe er sich jählings zu der schönen Aramena füssen nieder / und sagte zu ihr / fast aus sich selber: Was darf oder sol ich hoffen / von dieser gnade / die mir iezt gegönnet wird / meine Königin zu sehen? solte es wol eine anzeig seyn / daß man dem unerkentlichen König Tuscus Sicanus die ehmals-angebotene glůckseeligkeit zu entwenden /und einen erkentlichern damit anzusehen gedenket /der / weil er gewust / was lieben ist / die unvergleichliche Aramena verehret? Weil die Königin das lezte von diesen worten nicht eigentlich in acht name / und durch die trånen des Cimbers sich erweichen lassen /ihm zu vergeben / was sie von ihm unrechtes [676] [678]erlitten zu haben vermeinte / als gabe sie / ihn zugleich von der erde aufhebend / folgende antwort: wan ich mich /von dem reuenden Tuscus Sicanus / dergleichen bezeigungen nicht mehr befahren darf / daß er ferner ein bässerer freund als liebhaber seyn wolle / so soll ihme das nie entwendet werden / was ihme einmal ist zugedacht gewesen. Hingegen beteure ich hiemit vor den allsehenden Gotte / daß ich alles entfangene unrecht vergessen will / daß ich meinen bruder zu gleicher güte zu bewegen verhoffe / und daß ich es nie an mir wil erwinden lassen / des Tuscus Sicanus liebe mir treuer gegenliebe anzusehen und zu erkennen.

Der arme Cimber / seine Königin also reden hörend / hatte damit das lezte end-urteil seines todes vernommen / und verließen ihn auf einmal alle seine kräfte / daß er / wie todt / zur erden nieder sanke. Weil auch eine unvermutete freude dergleichen wirkung verursachen kan / als vermeinte die Königin nicht anders / diese schwachheit wåre dem Cimber daher entstanden: weswegen sie bereuete / daß sie sofort mit so guter erklärung herfůr gebrochen / und nicht vielmehr etliche verweise lassen füran gehen /üm sein gemüte zu der nachfolgenden freude zu vorbereiten. Sie muste aber nun auf schleunige hůlfmittel denken / diesen verliebten wieder aufzumuntern. Bethuel und Chersis / die inzwischen bei den dreien Prinzessinnen sich befunden / und mit ihnen in ein gespräche sich einließen / liefen auch eilig hinzu / ům zu sehen / was dem Cimber fehlte: da sie dan / über diesen zufall ganz entstellet / dem onmächtigen K \nig die brust blößeten / ům ihme dadurch luft zu schaffen.

Es wurde aber ihrer aller entsetzen üm ein großes vermehret / als sie in dem augenblick ein geschrei und auflauf [678] im hofe des palastes vernamen / da man rieffe: fahet ihn! fahet ihn! er ist hieher entrunnen. Die priestere / so vor der K \nigin gemach aufgewartet / verloren bei dieser angst alle ehrerbietung / und liefen in das zimmer hinein / anzumelden / wie sie mit einander verraten wären. Die K \nigin bliebe / bei allen diesen dingen / die herzhafteste / und hieße den Cimber sofort in ihre kammer bringen: da Chersis und die priestere bei ihm bleiben musten / üm ihm aus seiner starken onmacht aufzuhelfen. Hierauf ginge sie / von dem Bethuel gefüret / und nach ihr die drei Prinzessinnen / dem orte zu / alwo das geschrei am lautsten und stårksten war. Wie sie dahin gekommen / des gänzlichen fürsatzes / sich nun öffentlich für den K \nig der Aborigener zu erklåren / und ihn zu schützen / erblickte sie ein greuliches schauspiel: da die tolle und volle schäfere aus den Horiten / eine priesterin bei den haaren daher schleppten / und ihr allerlei marter und pein antäten / ům aus ihr zu erpressen / wo derjenige wäre / den sie / wider verbot / in der priesterinnen kammer diese nacht eingelassen hätte. Verschiedene andere priesterinnen waren dabei / und stellten sich ja so erbittert über sie an / als ihre peinigere. Der zulauf mehrte sich nach und nach / und wůrde es nicht wol abgelaufen seyn / wan der K \nigin gegenwart dieser rasenden wut nicht gesteuret håtte.

Sie fragte sofort: was sie hiermit wolten? und bekame endlich / wiewol sehr verwirret / zur antwort: wie daß ein fr \mder / durch hůlfe und vorschub dieser alten / eine vor etlicher zeit hier angekommene priesterin entfüret hätte. Aramena wolte hierauf befehlen /gemachsamer mit ihr ümzugehen: es ware aber zu spat / weil indem / einer von den tollen riesen / ihr das haubt abrisse / und also seine mitgesellen anfrischte /folgends auch wider [679] den übrigen leib zu wüten. Hiemit stillte nun der auflauf / und verliefen sich diese rasende mit den zerstümmelten stücken: da die Königin sich in das thor gestellet / und den andern / die haufenweis herzu dringen wolten / den eingang verwehrte. Indem kame auch der riese Harab dazu / als der oberste befehlhaber in selbiger gegend: welcher den auflauf stillte / und / gegen der K \nigin / diese zugefügte unruhe entschuldigte. Telecles / Targas / Helidor / und Sineab / wie auch der Fürst Laban / und alle vornemste / stellten sich nun auch ein: und wiewol der Oberpriester / neben den andren / sehr trunken war /so entfande er es doch gar übel / daß dieser heilige ort hiermit zweifältig / nämlich durch entfürung einer priesterin / und durch ermordung einer andern / war entehret worden; massen auch solches iederman für ein unglůckliches zeichen hielte. Es wurde auf alle straßen dem thäter nachgeschicket: es war aber nicht m \glich / und hatte man nicht zeit / eigentliche erkundigung einzuziehen / welchergestalt sich diese entfůrung begeben håtte; daher man des folgenden tags er warten muste / hiervon ein mehrers zu vernemen. Sie begleiteten die K \nigin wieder nach ihrem zimmer /und begaben sich folgends die nachtzeit / zur ruhe: üm desto munterer bei dem morgigen großen opfer zu erscheinen.

Sobald nun die Königin mit den Prinzessinnen und dem Bethuel wieder alleine war / eilete sie nach der kammer-thür / ům zu sehen / wie es dem Cimber erginge. Sie fande aber daselbst alles leer und ledig: welches sie vermuten machte / sie würden unter diesem auflauf sich hinweg gemacht haben und entkommen seyn. Sie entfinge auch bericht hierüber / von dem Fürsten Elihu / welcher / wie spat es auch war /bei ihr sich anmelden ließe / und ihr eröffnete: wie daß er / sobald er den [680] auflauf vernommen / von des Tiladors gastmal aufgestanden / und verråterei besorgend / seine hirten zur hand gebracht hätte / ům dem Cimber beizuspringen: indem er aber mit ihnen im anzug gewesen / sei ihme dieser / mit dem Chersis /auf einem wagen begegnet / und also samt den priestern / die sich auf kamele geworfen / glücklich davon gekommen. Hat dan der K \nig / (fragte Aramena) mir nichtes sagen lassen? und wie habt ihr ihn gefunden? dann er ist bei mir onmächtig worden / als ich ihn /wegen des auflaufs / verlassen muste. Wir hatten keine zeit / (antwortete Elihu) viel miteinander zu reden / weil alles in der ganzen gegend wach ware: und vername ich nur soviel von dem Chersis / daß ich E. Maj. berichten solte / wie er den K \nig glůcklich auf das gebirge über zu bringen verhoffete; und hat er hierbei mir auch seine Amphilite anbefohlen.

Man setzet demjenigen nach / (sagte die beängstigte Königin) der alhier den raub an der priesterin verůbet hat: wie leicht kan es nun ko en / daß sie auf den Cimber stoßen / und alles damit verraten werde? Dieserwegen (gabe Elihu zur antwort /) seien E. Maj. nur unbesorget: dann / ehe diese trunkene auf die pferde kommen / deren auch hier wenig an der zahl sind /haben die andern bereits etliche meilen in das gebirge voraus gerucket: und werden sie nicht still halten / bis sie sich v \llig in sicherheit sehen. So müßen sie auch bald auf die vermutlich herabkommende Aborigener stoßen / die der Nahor / zu rettung ihres K \nigs / wird aufgesprochen haben. So eilet dan nun auch / mein vetter! (sagte die K \nigin zum Bethuel) ehe euch die gefahr alhier überfalle / und saget dem K \nig / meinem bruder / fůrnemlich aber der Cölidiane / wie es mir ergehet / und wie ich mich bewegen lassen / den Cimber wieder anzunemen: [681] der / meine weichmůtigkeit nicht vermutend / darob fůr freud-entsetzen schier gestorben wåre. Ihr werdet von ihnen / alle meine begegnise mit diesem König / vernemen k \nnen / die ich euch iezt in der eile nicht erzehlen kan. Soltet ihr auch / als ich vermute / den K \nig unterwegs antreffen / so sprecht ja ihme zu / daß er eile / auf das schloß Amida hier in der nähe zu kommen: üm alle befahrende gewalttåtigkeit von uns abzuwenden. Bethuel verhieße / diesem allen gehorsamlich nachzukommen /und hierauf zu seiner Prinzessin sich wendend / name er von ihr einen viel-betrübtern abschied / als die kurze zeit / die er auszubleiben vermuten kunte / erfordern m \gen. Hierauf reisete er noch in der nacht hinweg / den einigen Elihu / der K \nigin an hand zu gehen / bei ihr zu Abagara hinterlassend.

Dieser Fürst / der auch nichts an sich wolte erwinden lassen / seiner Königin nützliche dienste zu leisten / gabe ihm selber kaum so viel zeit / etliche stunden auszurechnen: weil er wol vermuten kunte / was fůr eine unruhe folgenden tags entstehen wůrde. Er verfůgte sich / mit aufgang der soñen / zu denen ihm-anhangenden hirten / deren er bei vierhuntert beisammen hatte: mit denen er dan dem palast der Königin sich nåherte / ům desto bässer auf alles ein wachendes auge zu haben. Indessen kamen auch alle andere schäfere und hirtinnen / nach ihrer art auf das båste bezieret / und lagerten sich ům den tempel her: da gleichfalls die Horiten / die von Zoba / und alle hirten aus Abagara erschienen / und mit verwunderung die spate öffnung des tempels warnamen. Die ursach ware / daß der Telecles und die andere geistliche / von dem nachtgeschwälge sich noch nicht ermuntert hatten /sondern noch der ruhe pflegten. Doch musten sie dieselbe endlich verlassen / und zu dem vorhabenden[682] großen werk sich färtig machen. Sie kamen demnach in prächtiger ordnung hervor / und / weil an diesem tage der Oberpriester gleich als ein gottverehret wurde / indem er einem zum gotte schlachten solte / als fiele alles volk auf die erde / wie sie ihn ersahen. Sie ließen folgends ihn und die priester allein in den tempel gehen / die gebräuche vorzunemen: dahinein auch sie ihrer K \nigin / wan die durch ihre fürnemsten abgeholet würde / folgen wolten.

Sobald der Telecles und seine schaar in den tempel gekommen / gingen sie gerades fußes dem gefängnis zu: alda sie aber so wenig die verordnete hůter / als nachgehends den gefangenen selber / fanden / und nach ihme vergeblich alle orte im tempel durchsuchten. Ihr schrecken und entsetzen war hierüber so häftig / daß sie / gleich den marmornen seulen / auf denen das gew \lbe ihres tempels ruhete / stehen blieben / und / sonder ein wort herfürzubringen / einander ansahen. Doch erholte sich der Telecles am ersten /und / diesen zufall fůr dem volk heimlich zu halten /für h \chstnötig erachtend / stellte er / in alle pforten des tempels / priester / ům vor jederman den eingang zu verwahren. Er fůr seine person / ginge vor das haubt des Teraphim: da er zur erden fiele / und die gottheit inbrünstig anrieffe / sich vernemen zu lassen /wie es mit dieser entkommung des zum neuen Teraphim bestimten gefangenen zugegangen wåre. Aber sein eifriges gebet / das von den andern mit gewönlichem rauchwerk von köstlichem weirauch reichlich begleitet wurde / bliebe unerhöret / weil der Teraphim nichts antwortete / sondern ganz stumm verbliebe: ob gleich seine zeit / still zu schweigen / noch nicht anginge / und er bis zu ausgang des festes reden sollen. Dieses verdoppelte nun den ersten schrecken / und musten [683] die andere priester den Telecles fast halb-todt von dar in eine gew \lbte kammer fůren / da sie sonst raht zu halten pflegten.

Wie er daselbst ein wenig sich erholet / überlegte er mit den verståndigsten unter ihnen / was hiebei zu thun seyn m \chte: da dan einhellig geschlossen wurde / man müste / mitlerweile nach den verlornen gefangenen ümgesuchet würde / dieses alles dem volk verhelen / und fürgeben / wie daß man den gefangenen noch nicht also befunden håtte / ihn vor etlichen tagen zum Teraphim schlachten zu können / und daß der ietzige Teraphim geboten håtte / alles volk nach haus zu lassen / und bis auf ferneren bescheid sich des opferens zu enthalten / auch inzwischen mäßig zu leben. Dieser ratschlag / ob er gleich nicht auf die daure angesehen / wurde dannoch vor der hand fůr das bäste mittel gehalten: ům alle aufstände zu verhüten / und das ansehen des Oberpriesters bei ehren zu bewahren. Also trate nun Telecles / seine innerliche angst verdruckend / zum volk heraus / und thäte ihnen die ankündigung / daß aus der opferung heute nichtes werden würde. Er ginge folgends zu der Königin: die fast eben so unruhig als er war / und den ausgang dieses handels mit schmerzen erwartete. Wie sie nun vername / was er ihr fürbrachte / und daß er ihr die warheit / davon ihr doch die ůmstånde båßer / als ihme / bekant waren / verhelete / bezahlte sie ihn mit gleicher münze / in deme sie alles glaubhaft anname / und ihn also wieder von sich ließe Die beruhigung aber des volkes / ware hierbei nicht so groß / als die ihrige: maßen ein sonderbarer schrecken sie alle überfallen /als sie diesen unversehenen aufschub vernommen.

So viel sinne und neigungen unter ihnen waren / so viel meinungen entstunden auch hierůber. Die / so die [684] allerergebneste des Teraphim seyn wolten / hielten dafür / die gottheit wåre ergrimmet / daß der raub an seinen priesterinnen fürgegangen / und wolte also darum / da sein tempel entheiligt / diese heilige opferung nicht gestatten. Andere / unter denen sich die richtere von Amida befunden / schoben es auf ihre unglaubige Königin / und vermeinten sie dadurch bei dem volke schwarz zu machen. Andere gißeten die warheit / ob auch wol der gefangene entkommen / und vermuteten / daß der wol gar der rauber ihrer priesterin seyn m \chte. Weil hieraus allerhand verwirrungen unter den hirten erfolgten / als wurde das übrige dieses tages nicht so frölich zugebracht / als wie der vorige. Weil noch fünf tage ihres festes waren / da sie musten beisammen bleiben / als stellten sie sich des folgenden tags früh vor dem tempel wieder ein / üm zu vernemen / ob nun nicht die opferung des Teraphim geschehen könte? darnach sie so sehr verlangte /weil ihnen zugleich verboten worden / ihre ergetzlichkeiten fortzusetzen. Sie erhielten von dem Telecles diesen bescheid: daß sie nur noch den tag verziehen möchten. Dieses machte sie so unwillig / daß es sich nicht übel zu einem aufstand ansehen ließe: daher der Oberpriester sich genötigt sahe / den ältesten und fürnemsten unter ihnen die warheit zu vertrauen / und sie zu bitten / ihre untergebene in den schranken des gehorsams zu halten. Weil diese hiervon kein großes geheimnis machten / und es nach und nach unter die leute brachten / als wuste / in wenig stunden / die ganze gegend von Abagara / daß ihr zum Teraphim bestimter gefangener samt den priestern entkommen wäre.

Weil man mithin den Fürsten Nahor / wie auch den Bethuel / Demas und Chersis vermissete / gabe es allerhand fr \mde urteile: daher sie einhållig darauf[685] drungen / daß man den Teraphim befragen solte / wie es hiermit bewandt seyn m \chte? Telecles / ob ihm wol sehr bang hierbei ware / daß also die verstu ung des Teraphim ausbrechen würde / muste iedoch / den andern morgen / die algemeine opferung des volkes fortgehen lassen: deren aber die Königin / auf einrat des Elihu / nicht mit beiwonete; und hielte dieser getreue Fůrst / mit den hirten von Amida / die wacht für ihrer Königin palast / sie auf allen notfall zu beschůtzen. Es erginge im tempel / wie Telecles gesorget /und ware da keine antwort von dem Teraphim zu erzwingen: wie sehr auch die priestere / samt dem volk /hierum anhielten. Dieses war nun fåhig / alle lust und freude des festes auf einmal aufzuheben / und durfte der Oberpriester das volk nicht mehr ermanen / eingezogen zu leben / weil ihnen nun von selbst ihre große bekümmernis ein solches riete. Es gingen aber die geistliche / wie auch die fürnemsten unter den Horiten und den andern / fleißig zu rate / was bei dieser beschaffenheit fürzunemen seyn m \chte / sowol den großen Teraphim zu vers \nen / als dem betrübten hirten-volk ein gnůgen zu schaffen.

[686]
Das Vierte Buch
Die begebenheit der Rahabine und Zoroastra
Die begebenheit der Rahabine und Zoroastra.

Der König von Tyro / mein herrvatter / zeugte mit der Königin / meiner fraumutter / die des Oxiartes Königs von Bactra tochter war / drei kinder / den unglücklichen Merotas / mich und die Zoroastra / meine jüngere schwester. Unserer fraumutter tod stürzte uns in dieses erste unglück / daß auf unsere erziehung nicht zum båsten acht gegeben wurde. Solches aber änderte sich nachgehends / als der K \nig zur andern heurat schritte / und die Delbois von Assyrien / die witwe des Königs von Elam / zur ehe name / die uns in allen tugenden fürleuchtete / also daß ihr nicht beizumessen gewesen / was etwan Merotas oder wir beide nicht haben annemen wollen. Welcher gestalt unser bruder in Canaan ümgekommen / solches kan E. Maj. nicht unbekant seyn: und kame uns dadurch die hoffnung zu / auf das Bactrianische reich zu gedenken / weil der Oxiartes / unser grosherrvatter / keine s \hne hatte /auch meine schwester und ich seine nächste unverwandten waren: daher die / so üm uns waren / unsern hohen geist immer damit aufbliesen / daß der thron von Bactra unser wartete / und in unserer wahl stehen wůrde / selbigem reich dermaleins einen K \nig zu geben.

[692] Dieses erwekte auch nicht allein zwischen der Zoroastra und mir eine eifersucht / sondern wir wurden auch dadurch angetrieben / iede ihr einen zu erkiesen /der unsere ansprüche m \chte behaubten können. Unserer stieffraumutter sohn / der junge K \nig von Elam / und der Hadoran / ietziger K \nig dieses reiches und in Moab / waren die jenigen / die wir also gedachten glückseelig zu machen. Wie wir aber in dieser wahl uns betrogen fanden / indem ihnen die hoffnung zum reiche Bactra nicht so lieb ware / daß sie üm des willen unsere personen solten erkieset haben / kame eben der Jebus / damaliger Prinz von Jericho / an unsren hof / und an mir etwas findend / das der Amraphel nicht sehen k \nnen / finge er an / mich zu bedienen /und erwiese mir auf so vielerlei art seine ergebenste liebe / daß ich zum wenigsten mich nicht entbrechen kunte / ihm dafür wol zu wollen. Aus diesem gut-seyn entstunde endlich eine gegenliebe / die mich des Amraphel vergessen machte. Und weil des Jebus zustand erforderte / daß wir hiermit sehr geheim leben musten / als merkte niemand zu Tyro / was wir einander verheisen hatten: bis daß dieser / als er bald darauf / nach seines herrvattern ableiben / K \nig wurde / selber damit herfůr brache und es unter die leute kommen ließe. Dieses verursachte / daß der K \nig von Hazor /der ihm seiner tochter kind / die Fůrstin Mehetabeel /zu-freien wolte / aufstůtzig wurde / und ihme die hoffnung zu dem thron von Hazor deswegen gänzlich entzoge. Weil nun ein solcher verlust den Jebus nicht wenig schmerzte / als spůrte ich einige kaltsinnigkeit an ihme / wie er hierauf nach Tyro wieder kame / uns zu besuchen: und kunte meine beständige gegenliebe ihn nicht also erquicken / daß ihme deswegen der verdrus vergangen wåre / die ihn bei allem seinem [693] thun begleitete. Die hoffnung / welche ich ihm zu dem Bactrianischen reich machte / das viel herlicher und höher zu schätzen / als die kron von Hazor / vermochte ihn nicht zu vergnůgen: weil damals der schwere krieg zwischen meinem grosherrvatter und dem K \nig von Assyrien anginge / der / aller vermutung nach /wie es auch erfolget / für die Bactrianer übel ausschlagen / und ihme also / gegen einem so gewaltigen Monarchen etwas anzufahen / keine hoffnung übrig lassen konte. Hierůber entstunde nun zwischen uns mancher streit / der doch allemal wieder beigelegt wurde. Dieses wärete so hin / bis der Prinz von Sidon nach Tyro kame / und sich bei uns ein zeitlang auf hielte. Solches geschahe eben üm die zeit / als unsere stieffraumutter nach Damasco zu E. Maj. reisete / und kurz hernach der schwere handel zu Sidon fůrginge /da die Prinzessin Orosmada diesem Prinzen und der K \nigin Naema eine blutschande beimasse / und solche nicht beweisen können: weswegen er sich vom Sidonischen hof entfernen muste / damit sich das geschwätze unter den leuten verlieren möchte. Er wurde so wol wegen seiner guten geschicklichkeit / als weil er uns so nahe befreundet / und nun unschuldig erkant war / von dem König meinem herrvattern wol entfangen / und thåte er sich dermassen zu / daß er wie ein sohn bei uns gehalten wurde / und der K \nig nichts mehr verlangte / als daß er / eine von uns beiden / ihm zu-heuraten / und also eine tochter K \nigin von Sidon sehen m \chte. Er stellte sich auch also gegen uns an /daß Zoroastra neben mir sich von ihme geliebt glauben muste.

Weil hierbei meiner schwester hoffnung gr \sser war / als die meinige / da sie noch frei / ich aber von dem König zu Jericho so lang war bedienet worden /als eignete [694] sie ihr den Prinzen von Sidon gänzlich zu /und finge an zu beeifern / daß ich mit ihm ümginge: welches sie dan auf alle weise und wege zu hintern suchte / auch öfters / wan der Prinz bei ihr ware / ihm verbote / mich heim zu suchen. Weil er aber sie so wenig / als mich meinete / kehrte er sich nicht an dieses verbot / sondern wartete mir ja so fleissig auf / als ihr. Was ihme meine gesellschaft beliebiger machte /ware diß / daß ich nicht also / wie meine schwester /mit ihm zankte / und weniger eiferhsucht erwiese. Wiewol er auch damit der Zoroastra sich zuwider machte / so wuste er sie doch allemal wieder zu begůten / daß sie nicht lang zůrnen kunte. Also fürete er nit uns ein vergnügtes leben / indem er uns stimmete wie er nur wolte / und uns also befande / daß wir alles ihm zu-glaubten. Daher ließe ich mich nun gänzlich überreden / daß er mich liebte / und hielte / was er gegen meiner schwester thåte / nur für ein angestelltes wesen. Meiner schwester ginge es eben also / und machte diese ihre gute einbildung / daß sie weniger /als zuvor / über nich eiferte / und wol geschehen lassen kunte / daß ich mit ihm / als meinem schwager /ümginge. Wiewol ich nur glaubte / daß er diesen namen bei mir nicht zu fůren begehrte / so kunte ich mich doch anfänglich nicht bequemen / seine liebe also anzunemen / daß ich darüm dem Jebus den kauf aufgesagt håtte / sondern hielte noch immer beständig an denselben. Doch muß ich gestehen / daß mir die schmeichlerische worte des Sidons wol gefielen: zumal ich sahe / daß diese heurat viel vorteilhafter /als die andere / für mich seyn würde / er auch mir mehrhöfliche liebkosungen erwiese / als der König von Jericho iemals gethan hatte.

Es wolte aber mein unglůck / daß eben ům selbige zeit der Jebus nach Tyro kame / und also selbst mit ansehen [695] muste / wie mich der Prinz Sidon bediente: worůber er dan åuserst eifersüchtig wurde. Und diesem unwesen zu steuren / davon er den erfolg fůrchtete / machte er / wider meinen willen / am hofe laut und ruchtbar / daß ich mich mit ihm versprochen hatte. Bei uns ware bisher diese liebe noch heimlich /und sonderlich meinem herrvattern verborgen gewesen / ob sie gleich in Canaan schon überall kund worden: und weil ich wol wuste / wie der K \nig von Tyro den Jebus nicht sonders wol wolte / als ginge es mir sehr nahe / daß diese unbesonnenheit des K \nigs von Jericho mir an der gnade meines herrvatteren schädlich seyn solte. Wie ich besorget / also erginge es auch / und hatte mein herrvatter nicht sobald durch seine höflinge ihm dieses vorbringen lassen / da muste ich zu ihm kommen / üm deswegen einen starken verweis anzuhören. Er eröffnete mir dabei / wiedaß er nimmermehr seinen willen hierzu geben wolte: weswegen ich mich überwinden / und den Prinzen von Sidon lieben müste / wan ich / nach als vor /seine liebste tochter verbleiben / und seinen vatter segen hoffen wolte. Man lässet sich leicht überreden /wan man selbst zu einer sache geneigt ist: daher thåte ich auch / wie eine gehorsame tochter / und verhieße dem K \nig / seinen willen in allem nachzuleben.

Als ich / von meinem herrvattern abgieng / fande ich den K \nig von Jericho vor dem gemach / der mir die hand bote / mich nach meinem zimmer zu füren. Ich sagte ihm / was massen seine offenhertzigkeit / so wol zu Tyro / als zu Hazor / ihme geschadet / und dorten die anwartung des königsreichs / hier aber meine person / geraubet hätte / das er demnach ihm selber beimessen möchte. Er wurde ganz bestůrzt /mich also reden zu hören: und ob es mich wol im herzen schmerzte / daß ich [696] ihm also begegnen müssen /so bliebe ich doch bei meiner entschließung / seiner zu vergessen / und dem Sidon mich zu ergeben. Demnach meine grausamkeit noch weiter erstreckend /ließe ich ihn stehen / und ginge in mein cabinet / zu ihm sagend: Gute nacht / K \nig von Jericho! heut habt ihr mich zum lezten mal die eure gesehen. Meine leute haben mir nachdem gesaget / daß er sich sehr übel gebårdet: wie er dan gleich darauf von Tyro hinweg gereiset / sonder von einigem menschen abschied zu nemen.

Weil der Prinz von Sidon unsere liebe auch vernommen / als unterließe er nicht / mit mir zu scherzen / daß ich fůr ihm so geheim seyn k \nnen / und sezte seufzend hinzu: wiedaß er die gaben nicht hätte /wann er liebte / solches also zu verbergen. Wie nun hierauf ein wort das andre gabe / merkte er gnugsam /daß ich seiner liebe glaubte / und erwiese sich darüber so vergnůgt / als jemals ein liebhaber håtte seyn k \nnen. Zoroastra / die nicht am lezten den verlauf von allen diesen dingen erfahren / wolte schier verzweiflen / daß sie von dem Sidon sich also auffüren lassen: und verwiese sie es ihm sehr / als er nachdem zu ihr kame / seiner gewonheit nach sie zu besuchen. Weil er die kunst / sich zu verstellen / meisterlich gelernet / schwazte er der Zoroastra so viel fůr / daß sie ihm von neuen glaubte / und sich bereden ließe / er müste dem König das nur zu gefallen thun / daß er mich bediente / da doch sein herz sie allein verehrte. Hiermit bewegte er diese armselige / daß sie an die K \nigin Naema nach Sidon schriebe / und ihr vertraute / wie es mit ihr und dem Prinzen stůnde. Diese antwortete meiner schwester hinwieder auf das verbůndlichste / wie lieb ihr diese schwiegertochter seyn solte / und legte einen nebenbrief an den Prinzen mit ein /darinn sie ihn [697] vermanete / in seiner liebe ja beständig zu verbleiben.

Inzwischen sie heimlich solchen brief-wechsel trieben / schriebe der K \nig mein herrvatter dem König Siphon / seinem bruder / und thåte ihm zu wissen /daß ich fůr seinen sohn bestimt wåre. Er brachte damit zu wege / daß der König von Sidon mir \fters schriebe / und seine freude ůber dieser verbindung mir bezeugte: darneben seinen sohn vermanend / hiermit fort zu fahren / und dadurch aller welt seine unschuld / wegen der Königin / noch beglaubter zu machen. Weil aber dieses dem Sidon kein ernst war / als ůberredte er mich / wie ich wenig gute tage bei seiner stiefmutter haben würde / wann ich zu Sidon wonen solte: daher er bemühet wäre / die stadt Biblis zu seiner hofhaltung zu erlangen. Und wiewol sein herrvatter ungern daran kåme / ihm etwas eigenes bei seinen lebzeiten einzuraumen / so hoffete er iedoch / solches bei ihm auszuwirken. Ich ließe mir alles gefallen / und lobte diese seine gute fürsorge / dadurch meine kůnftige ruhe gef \rdert würde.

Wie ich nun also vergnügt lebte / geriete Zoroastra ungefår über des Prinzen geheimnise / die ihr alles entdeckten / wie er mich und sie betrogen hatte: das dann also zuginge. Sie beide hatten immer ihre heimliche zusammenkünfte / so gar / daß sie / ům nicht entdeckt zu werden / \fters zu ihme in sein zimmer kame / wann sie wuste / daß ich mit dem König in tempel ware. Eines tags nun / als sie dieses thäte /fande sie den Prinzen nicht zur stelle: weil er / nachdem er sie dahin beschieden / eiligst zum K \nig war beruffen worden / dem opfer mit beizuwonen. Sie ginge demnach in des Prinzin cabinet / und weil er ihr den schlůßel vertrauet / der alle seine thüren schloße /triebe sie der fůrwitz / seine sache durchzusehen / ob sie etwas finden könte / worůber sie nachgehends[698] ihren scherz mit ihm treiben möchte. Sie fande zu erst / in einem tuch eingewunden / ein köstliches kleinod von rubin / wie ein herz geformet / das ihr / in der er \ffnung ein weibsbild zeigte: welches weder ihr noch mir / sondern / allem vermuten nach / der K \nigin Naema seiner stiefmutter / gleichte. Weil diß gemälde in dem rubin-gehåuse ledig lage / als name sie solches heraus / und ersahe auf der andern seite diese reimen.


Mein herz ist nicht so hart / wie dieser stein:

ich schließe auch nicht solch' ein bild darein.

drum schenk ich nichts / mit dieser schlechten gabe:

weil ich das nicht / was ihr begehret / habe.


Zoroastra / voll bestürzung / steckte dieses kleinod bei sich / und suchete ferner: da sich ihr endlich ein eisernes kästlein zeigte / darein sie wol etwas sonderbares verschlossen vermutete. Weil sie es aber nicht öffnen kunte / als name sie es zu sich / und eilete /nachdem sie alles wieder wol verschlossen / nach ihrem zimmer; da sie dañ einen schmied kommen ließe / der ihr das kåstlein aufbrechen muste. Sie fande nun darinn eine große månge schreiben / alle von der K \nigin Naema hand: die ihr sofort die augen \ffneten / und zu lesen gaben / wie die Prinzessin Orosmada die warheit geredet / und dieser Prinz der K \nigin buler wäre. In den lezten schreiben spottete Naema / ůber der Zoroastra und meine einfalt / und über die einbildung / die wir uns machten: und dieses geschahe mit so h \nischer art / daß Zoroastra schier alle gedult verlore. Ihre rachgier aber riete ihr / sich zu bergen: und name sie ihr ernstlich für / nicht zu ruhen / bis daß sie / dem Sidon und der Naema zum schaden / ausgebracht håtte / was sie beide so heimlich miteinander getrieben.

Sobald der unglückselige Prinz wieder in sein zimmer [699] gekommen / zeigte sich ihm der große verlust /den er erlitten / und wolte er schier unsinnig werden /als er nirgend fande / was er bisher / mehr als sein leben / bewahret hatte. Die angst / die er deshalben anstunde / war so håftig / daß er solche nicht bergen kunte: und wuste ich nicht / was ich davon machen solte / als ich ihn so veråndert fande. Er gißete zwar auf die råuberin / weil er seine schlüßel in meiner schwester hånden wuste / durfte aber nicht darnach fragen. Er konte auch an ihr nicht das geringste merken / daß sie hiervon solte wissenschaft haben / und lage sie ihm so inständig / als ich / in den ohren /seine betrůbnis zu er \ffnen / die aus allem seinem wesen herfürleuchtete. Tausenderlei erfindungen brachte er auf die bahn / dieses sein anligen damit zu besch \nen: die zwar von mir / aber nicht von der Zoroastra / beglaubt wurden / welche nun nacht und tag darauf studirte / wie sie sich rächen möchte. Das beispiel der Orosmada stunde ihr vor augen / wie es derselben ergangen war / als sie der Naema und des Sidons buberei entdecket: weswegen sie nicht unklüglich bedachte / daß sie es anders angreifen můste /wann sie hierinn obsiegen wolte. Weil sie aber allein mit ihr selber hiervon raht halten muste / als verweilte es sich etwas / ehe sie zum schluß kame.

Der Sidon seumte inzwischen nicht / so fort der Naema zu entdecken / wie unglücklich es ihm ergangen wåre. Diese befiele hierüber mit nicht geringerer angst / und auf die Zoroastra argwänend / hielte sie fůr das beste mittel / daß Sidon die liebe / die er bei ihr bisher fůrgegeben / nicht allein offenbar machen /sondern es auch gar zur Ehe solte kommen lassen: ům damit meine schwester / die ihn geliebet / schweigen zu machen. Damit auch hierinn keine zeit verseumet würde / sagte sie dem [700] König ihrem herrn / wie der Prinz / sein sohn / ihr geschrieben hätte / daß ihm die Prinzessin Zoroastra viel bässer / als ihre schwester /gefiele / und er unglůcklich mit mir / hingegen überseelig mit ihr / sich schätzen würde. Sie brachte hiermit zu wegen / daß der König Siphon selber nach Tyro kame / um bei seinem bruder / der diese heurat mir gönnete / zu erlangen / daß von ihme diese verwechselung der schwestern bewilligt / und also seinem sohn möchte geholfen werden.

Weil der Prinz allem dem folgte / was seine bulerische stiefmutter wolte / als gehorchte er gleich ihren rat / und ginge zu der Zoroastra: deren er diese er \ff nung thåte / wiedaß er nun seine liebe gegen ihr ausbrechen lassen / und des Königs seines herrvattern beistand dazu erfordern wolte / damit der unsrige hierein willigen m \chte. Dieses anbringen / welches Zoroastra eben also deutete / wie er alle seine vorige liebesreden verstanden / übermeisterte ihre gedult so gar / das sie vergaße / sich zu verstellen / und mit etlichen stichelworten heraus fuhre: die dem Prinzen versicherten / daß sie üm seine und der Naema håndel wissen müste. Diesem nach brache er gegen ihr los /und vertraute ihr alles / was zwischen der Naema und ihm ware fürgegangen: sagte aber dabei / wie daß er solches alles herzlich bereuete / und eben / ům sich von ihr völlig abzuthun / an das heuraten gedåchte /auch sie hierzu erkieset hätte / ihn völlig von der liebe gegen die Naema abzubringen. Diese offenherzigkeit bewegte die Zoroastra so sehr / daß sie ihrer alten liebe wieder platz gabe / und mit ihrer gegenvertraulichkeit heraus brache / wie daß sie nåmlich ům alles wuste / und in ihren händen håtte / was die K \nigin von Sidon und ihn betraffe. Der listige Prinz hielte darauf inständig bei ihr an / diese sachen und schriften [701] wieder von sich zu geben. Sie wolte aber hierzu sich nicht verstehen / sondern verhieße ihm / an ihrem hochzeittag / in seiner gegenwart / alles zum feuer zu bringen / und also aus der welt und aus ihren gedåchtnis zu verbannen. Er ließe sich hiemit befriedigen /und ware mehr als wol vergnůgt / daß er dergestalt dieser abermaligen angst entrinnen können.

Sein herrvatter kame eben den tag zu uns / als er dieses bei der Zoroastra hatte ausgerichtet: da ich voll hoffnung wurde / diese ankunft wůrde mir die volziehung meines beilagers mit dem Prinzen bringen. Der König von Tyro bildete ihm eben solches ein / vername aber / die folgende tage / nicht sonder befr \mdung / daß nicht ich / sondern meine jůngere schwester / die braut fůrstellen solte. Weil ich ståts / vor der Zoroastra / einen vorzug in seinem herzen gehabt / als wolte er diese beschimpfung nicht dulten / die mir damit widerfuhre / sondern stråubete sich sehr dawider / durch die Zoroastra mir den bråutgam entwenden zu lassen. Wie verdrüßlich auch mir dieses fůrkame / kan ich nicht beschreiben / und konte ich diese wankelmütigkeit und große falschheit des Sidonischen Prinzen eher nicht glauben / als bis ich es selbst aus seinem mund geh \ret. Weil er mich nie recht gemeinet / als fiele es ihm gar nicht schwer / mir den kauf aufzusagen. Er ware / böses zu thun / so gar gewonet / daß er für ein geringes hielte / meiner tränen zu spotten und meine leichtglaubigkeit zu verlachen. Ich machte mir vergebliche arbeit / seine vielfältige eidschwüre ihm fürzurůcken / weil er kein gewissen fülete / das ihn deswegen schamrot machen konte.

Als er überdrüßig wurde / mein weinen länger an zusehen / ließe er mich allein / mir raum gebend /meine beschimpfung recht zu überdenken / und ginge nach der [702] Zoroastra / dieselbe ferner mit süßen worten zu betriegen. Dieser ihre freude / ware nun meinem leidwesen ganz gleich / sonderlich als der K \nig unser herrvatter sich endlich bereden ließe / und gestattete / daß ich zurůck stehen / und der Zoroastra den fürzug gönnen solte: da er / ům mich anderweit zu versorgen / dem König von Jarmuth an die hand geben ließe / üm meinet willen nach Tyro zu kommen. Aber dieses war gar nicht fåhig / mein gemůte zu befriedigen / weil ich mich nun untüchtig befande /einen andern zu lieben; zumal ich dem König Jebus von Jericho / wegen des Sidons / abgewiesen hatte. Dieses vermehrte nun meinen unmut / und bereuete ich / wiewol zu spat / daß ich diesen beständigen liebhaber verlassen hatte.

Das beilager des Prinzen mit meiner schwester /ward nun angesetzet / und zwar in aller stille: weil ganz Canaan / und das benachbarte Syrien / in voller kriegesflamm stunde. Es fehlte aber doch an keiner ergetzlichkeit / da die schiffere von Tyro und Sidon /die nacht vor der angestellten trauung / auf dem meer ein lust-rennen auf kleinen dazu bereiteten schiffen angestellt: denen die ganze königliche gesellschafft /auser den beiden hochzeiterin / am ufer / in sonderbar-ausgebauten artigen grotten zusehen wolte. Diese grotten waren zubereitet / daß es schiene / als wären es natürliche cabinete in ausgehauenen felsen: darinn auch ein jedes seinen platz allein hatte / da es der angestellten lust zuschauen kunte. Die viele lampen / die hin und wieder in den ausgehölten steinen verstecket waren / machten einen angenemen tag mitten in der nacht. Der Prinz von Sidon war erfinder dieses werks / durfte aber nach landesgebrauch / nicht \ffentlich mit zusehẽ / sondern muste / den tag ůber / mit der braut allein im schloße sich enthalten.

[703] Alles frauenzimmer aus Tyro und Sidon / kame /diesem fest beizuwonen: da dann auch ich nicht zu růck bleiben dorfte / ob schon mein innerlicher schmerze mich keine lust entfinden ließe. Ich wurde /als ich dahin kame / von dem hofmeister des Prinzen /der alles dieses anordnete / in das fůr mich bereitete cabinet eingewiesen: welches ich so hell und von so vielen öffnungen fande / daß mich daselbst alles volk ganz genau betrachten kunte. Ich wurde demnach ůberdrüßig / dergestalt jederman zum gespötte zu dienen / mir einbildend / es rede iederman von meiner hierbei erlittenen beschimpfung / da ich des Sidonischen Prinzen \ffentliche braut gewesen: ginge also aus meiner stelle / die ich einer anderen fůrnemen Tyrerin überließe / nach einem cabinet / das ich ganz dunkel fande / und daher vermutete / es würden daselbst die liechter seyn vergessen worden.

Ich hatte mich kaum gesetzet / diß freuden-fest mit meinen tränen feiren zu helfen / da hörte ich mich /aus dem verborgnesten orte der grotte / also anreden: Kommet ihr / liebste Naema! euren Sidon / zu guter letze / noch allein zu sprechen? Was sage ich aber? der eurige werde ich wol allein verbleiben / ob ihr gleich mit Zoroastra meinen leib teilen můßet. Ich kame so aus mir selber / als ich diese worte gehöret /daß meine erstaunung mir hierbei zu dem nötigen stillschweigen diente. Wie er nun sich mir nåhern wolte / ward er zweimal bei namen geruffen. Er erkante so fort diese stimme fůr der Naema ihre / und erschracke / die jenige von ferne zu vernemen / die er so nahe bei sich vermutet hatte. Indem er nun dieser stimme zueilete / gewonne ich zeit / wieder hinaus zu wischen. Meine rache triebe mich nun / ohn langes nachsinnen / diesem betrieglichen Prinzen einzutränken / was er an mir verübt hatte. Also liefe ich nach [704] [706]der grotte / darinn der König Siphon dem lustspiel zusahe: den ich ungescheut bei der hand ergriffe / und mir zu folgen ersuchte. Dieser König / als gegen das frauenzimmer über die maße höflich / wolte mir mein begehren nicht verweigern / und folgte mir / unwissend /was ich fůrhatte.

Ich name eine lampe aus einer von den grotten zu mir / und fürete diesen betrogenen König an den ort /da er seine ehebrecherische gemalin und seinen sohn beisammen fande. Ich verließe ihn daselbst / und eilte auf das k \nigliche schloß / um die freude zu haben /und meiner schwester anzukünden / wie sie / so wol als ich / von dem Sidon war betrogen worden. Sie /die / wegen seiner vorgewandten reue / bisher alles verschwiegen / eröffnete mir hierauf / was ich bisher erzehlet / und / nunmehr nicht weniger / als ich / verbittert / beschloße sie / des Sidons fall zu befördern. Solcher ware auch nun über diesen armseligen bestimmet / auch seine und der Naema straf-zeit heran gekommen: maßen der erzürnte K \nig Siphon / diese beide bulende auf sichtlicher that ertappend / durch seine leute / die er sofort zusammen rieffe / anfassen /und gefånglich setzen ließe. Hiermit brache nun aus /die warheit dessen / was die Prinzessin Orosmada vordem entdecket / und deshalben aus Sidon fliehen müßen.

Man kan nun erachten / wie hierdurch das hochzeitfest verwirret / und alle freude verkehrt worden: indem der hochzeiter vermisset / und an stat der beehrung / in ketten geschmiedet / nach Sidon geschickt wurde: dahin man die Naema auf gleiche weise fortgeschaffet. Zoroastra unterließe nicht / alle bulerei-briefe / und der Naema bildnis / herfůrzubringen: das dan diese unglückselige vollends zu grund richtete. Also endete sich [706] alle freude so wol zu Tyro / als zu Sidon / und entstunde ein allgemeines klagen über diesem elenden fall des Sidonischen Kronprinzen: maßen / nicht lang hernach / derselbe / neben der Naema / zu wolverdienter straffe / heimlich in Sidon hingerichtet / und die abwesende Prinzessin Orosmada zur erbin des reichs ernennet wurde. Der gram des guten Siphons hielte hierauf beståndig an: da hingegen mein herrvatter / über dem verlust dieses schwiegersohnes sich eher wieder tröstete / indem er nicht allein hoffete / daß sein sohn / in erlangung der Orosmada / die kron von Sidon an die seinige bringen /sondern auch / daß der König von Jarmuth sich für mich bald einstellen würde. Meine gedanken waren aber viel anders / indem meine ehmalige liebe gegen dem K \nig von Jericho ganz wieder aufglimmete /sogar daß ich mich nicht entsahe / ihme zu schreiben /und den brief auf diese weise einzurichten.

Schreiben der Rahabine Prinzessin von Tyro / an den König Jebus von Jericho.

Wann ich bisher / in verlassung des Königs Jebus /und in annemung des Prinzen Sidons / gesündigt / so habe ich auch straffe gnug dafür erlitten: indem es mit dieser vorgewesenen heurat sich also geendet / wie es am tag und nun weltkündig ist. Mein kindlicher gehorsam hat verursachet / daß ich also treubrüchig scheinen müßen. Nun aber werde ich forthin keinen andern in meinem herzen verehren / als den König von Jericho. Ich muß solches darüm vermelden / weil man mich von neuem zwingen wil / [707] mich zum andern mal ein gehorsames kind / und nicht eine getreue liebhaberin / zu bezeigen. Da ich aber / diesen lezten namen / bis in den tod / allen andern fürzuziehen entschlossen bin / so stehet es bei dem König Jebus von Jericho / zu werkstellung dieses fůrsatzes mich fähig zu machen.

Rahabine.


Mit diesem briefe fårtigte ich einen meiner getreusten kämmerlinge ab / der zu Jericho den König antraffe: dahin selbiger / gegen vergangenen winter /neben den andern Canaanitischen K \nigen / wieder zu rück aus Syrien gekommen war. Es stunde nicht lang an / da kame mir von ihm diese antwort zurücke.

Antwort des Jebus Königs von Jericho / an die Prinzessin Rahabine von Tyro.

Es hat mir / schöne Prinzessin! euer schreiben / damit ihr einen unglůckseligen bewürdigen wollen / euren jetzigen zustand zur gnüge bekant gemacht. Ich beklage demnach sehr / daß euch dergestalt die hoffnung zur Sidonischen krone fehlen můßen. Wir beide leben unter einerlei verhängnis / maßen es mir eben so widrig ergehet / da ich / die krone von Hazor zu erlangen / die Fůrstin Mehetabeel von Seir / wiewol ganz vergeblich / zu Damasco bedienet / und mich üm deren gute gunst beworben habe. Ich fordere nichtes von euch / als daß ihr mich dieserwegen beklagen wollet: gleichwie ich auch unfähig [708] bin / mich gegen euch anders / als von herzen mitleidig / zu erzeigen.


Jebus König von Jericho.


Dieser brief schnitte mich durch das herz / und geriete ich daher in eine solche bekůmmernis / daß ich den fůrsatz fassete / der welt abzusagen / und mich unter diese geistlichen in des Teraphim tempel zu begeben. Daß ich von den Prinzen Sidon verlassen worden / ware mir nicht so nahe gegangen / als dieses verächtliche bezeigen des Königs von Jericho. Es beredte mich aber zu dieser welt-absagung eine Mesopotamierin / die ich bei mir im dienst hatte / welche die hiesige sitten und gebräuche alle wol verstunde /und darinn mich unterrichtete. Zu meinem zweck nun zu gelangen / wurden viele ümstände erfordert / da man nicht allein heimlich gehen muste / sondern auch der instehende winter / und die weite des weges / in nötige erwågung kamen.

Es stellte sich / in der zeit / neben der K \nigin von Tyro und dem damaligen Prinzen Tiribaces / meinem bruder / der König von Jarmuth bei uns ein: der dan /wiewol ganz verborgen / eine dame mit sich fůrete /die etliche zeit in Tyro sich befande / ehe wir die geringste vermutung haben kunten / daß selbige die weltbekante Jerode wåre. Diese / so sich kurz vorher zur K \nigin in Kiriath-Arba aufgeworfen / und endlich von Hebron entfliehen müßen / hatte sich zu dem Abinab K \nig von Jarmuth gewendet / der sie heimlich mit nach Tyro brachte / und ihren klugen anschlägen folgend / es in allen dingen also machte / wie diese Prinzessin es gut befande. Ihr einraten machte auch / daß er zwar / auf des Königs meines herrvattern begehren / mit dem fürhaben bei uns sich einfunde / eine seiner t \chter zu ehlichen / [709] und durch uns /wie er mit der Jerode den anschlag geschmiedet / zu dem Bactrianischen reiche zu gelangen. Es ware Bileam / der Prinz vor Hemath / in Syrien ůmgekommen / dem der verstorbene Oxiartes die Bactrianische kron zu-vermeinet: wie dan die Königin Clotis / ihres herrn leztem willen gemås / allemal fůr diesen Prinzen gearbeitet / auch / ihme zu gut / einen aufstand in Bactra erwecken wollen. Nun aber dieser Prinz todt war / gedachte sie wieder an uns / als ihrer tochter kinder; und in vertraulicher freundschaft mit der Jerode lebend / thäte sie dieser Prinzessin / durch den Belgar / einen fürnemen Bactrianer / zu wissen / wohin ihre große anschläge zielten.

Weil in Canaan fůr die Jerode nichtes mehr übrig ware / alda man sie nun zu wol kennte / als fiele ihr gleich ein / ihrem vorteil hiebei zu machen. Demnach / sich an den König Abinab hängend / brachte sie ihn nach Tyro: wiewol sie / wie ich bald melden wil / viel andere dinge / als sie fürgabe / heimlich im kopf brütete. Weil der König von Jarmuth / in ersehung meiner schwester / gleich gerůret wurde / sie zu lieben /als bliebe ich nicht allein von der befürchteten liebes-verfolgung befreiet / sondern ich beredte auch meinen herrvatter / ihme nicht entgegen zu seyn lassen / daß Zoroastra abermals vor mir den vorzug behielte. Also wurde nun meine schwester öffentlich an den K \nig von Jarmuth verlobet. Wie aber das königliche beilager fortgehen solte / schickte der himmel eine traur dazwischen / indem der König mein herrvatter mit tod abginge / und also mit Tyro der zustand sich ånderte. Also wurde / die vollziehung dieser heurat / bis zu des Tiribaces krönung ausgesetzet.

Inzwischen machte der König von Jarmuth meine schwester mit der Jerode bekant / die \ftmals heimlich [710] zu ihr in ihr zimmer kame / und mit ihr von dem großen anschlage sich beredte / den sie wegen Bactra fůrhatten. Mich / schloßen sie ganz aus ihrem raht /weil ich / als die erstgeborne / zu selbiger krone nåher war / als meine schwester. Also wurde ich nichts von dem gewar / was sie / zu meinem großen nachteil /nahe bei mir zu schmieden sich unternamen. Gleichwie aber hierinn die Zoroastra mich betroge / also ward sie hinwieder von der Jerode betrogen: maßen deren rechte meinung nicht war / dem König von Jarmuth und ihr zum Bactrianischen throne zu verhelfen / sondern vielmehr selber durch sie zu demselben zu gelangen. Wie sie nun alles / was zu ihren großen fürhaben dienlich / mit dem Bactrianer Belgar / und etlichen andren / die aus selbigem reiche ab- und zureiseten ausgemacht hatte / beredte sie den K \nig von Jarmuth / eine reise nach Bactra zu thun / weil daran hoch gelegen wåre / und solche ganz keinen verzug litte: weswegen auch der Abinab die hochzeit aufschieben muste.

Jederman bei uns / ausgenommen Zoroastra / verwunderte sich über dieser schleunigen abreise. Es vergingen aber wenig wochen / da kame die post / wiedaß der K \nig von Jarmuth unterwegs wäre ermordet worden. Dieses hatte Jerode also angestellet / und durch ihre creaturen dem Abinab auflauren lassen: die ihn dañ überfallen / und als todt / an der gränze von Armenien / in dem gebirge / verlassen hatten. So lieb nun dieser boshaftigen ware / daß ihr der anschlag geglücket / so sehr und fleißig bemůhete sie sich / die hierüber betrübte Zoroastra zu trösten. Als auch diese / auf mein zureden / sich entschloße / neben mir geistlich zu werden und aus der welt zu gehen / sprache sie mächtig zu solchem fůrhaben / und erbote sich / uns auf dieser reise eine gefårtin [711] abzugeben. Ich bekame damals die Jerode am ersten zu sehen / und geriete in ihre völlige vertraulichkeit / auser was die vorgewesene anschläge auf Bactra betraffe. Mich nicht all zu lang aufzuhalten / will ich nicht weitläufig erzehlen /wie wir es angeschlagen / heimlich aus Tyro zu entkommen. Wir musten aber verborgen gehen / weil die Königin / unsere stiefmutter / uns nimmermehr wůrde gegönnet haben / von ihr zu reisen: aus beisorge / daß wir mit den Bactrianern etwas anstellen möchten /davon sie vieleicht wind bekommen hatte / und solches / als eine Assyrerin / auf alle weise und wege zu hintertreiben trachtet.

Wir waren nun so glücklich in unsrem anschlage /daß wir / ungefär vor zwei monden / in diesen tempel ankamen: da uns die priesterinnen willigst aufnamen /und uns die geistliche tracht anzuziehen erlaubten. Jerode stellte sich åuserlich / als ob sie mit uns gleiches sinnes wäre / eine priesterin des Teraphim zu werden: heimlich aber triebe sie mit ihren creaturen ihren anschlag immer fort / der dahinaus liefe / daß sie die zur aufruhr geneigte Bactrianer / wan es zeit seyn würde /besuchen / ihnen eine von uns / als ihre angeborene Prinzessin / zeigen / und nachgehends / weil ihr keine bosheit zuviel war / dieselbe vom brete bringen / und die Bactrianische krone selbst aufsetzen wolte. Als sie nun mit dem vortrage / mat mir nach Bactra zu gehen / gegen mir zu erst ausbrache / ließe ich mich hierzu zimlich geneigt finden / in hoffnung / daß alsdan der König von Jericho zu mir wieder kehren wůrde / wan ich ihm die Bactrianische kron erlangen könte. Ich eröffnete ihr / in vertrauen / diese meine gedanken: da sie sich zwar anstellte / als ob sie solches sehr gern h \rte / im herzen aber fürchtete sie sich für diesem meinen starken anhang / und wurde darum [712] des sinnes / an stat meiner / meine schwester hierzu zu gebrauchen. Aber diese wolte hier gar nicht an / und fugete ihr in keinem dinge / auser darinn / daß sie vor mir diesen fürtrag heimlich hielte. Also wurde ich / von der Jerode betrug nichtes merkend / immer hingehalten / und rüstete mich zu der angesezten entfůrung: weil wir auf keine andere weise aus diesem tempel gelangen kunten.

Bevor ich aber diese meine erzehlung vollfůre /muß ich mich nochmals zu dem König von Jarmuth wenden / und berichten / wie es deme / nach seiner verwundung / an den Armenischen grånzen ergangen. Belgar und sein anhang / hatten diesen König für todt ligen lassen: und weil sie den verfolg von den seinen fürchteten / blieben sie nicht lang daselbst / sondern eileten zurůcke / der Jerode heimlich hievon eröffnung zu thun. Es war aber einer von den Bactrianern / der im gefechte von dem König verwundet worden / und von allen anschlägen der Jerode wissenschaft hatte /neben demselben auf der walstat ligen geblieben. Wie sie nun beide von seinen / des K \nigs / leuten gefunden und wieder zu sich selbst gebracht worden / er \ffnete dieser lezte alles / was die Jerode angestellet. Hierdurch wurden dem Abinab die augen aufgethan /daß er hinter alle ihre bosheiten und betriegereien kame. Demnach / list mit list zu vergelten / volfürete er / sobald er gesund worden / seinen weg nach Bactra / und machte sich mit der Königin Clotis bekandt /daß es niemand erfuhre. Wie nun diese ihn alles dessen berichtete / was Jerode ferner triebe / kame er endlich auch dahinter / wie sie / mit einer von uns beiden / aus des Teraphim tempel nach Bactra sich wolte entfůren lassen. Mit großer list gewonne er eben die jenigen auf seine seite / deren [713] die Jerode sich hierzu bediente: und so wol auser dem tempel / als darinn /seine gewiße kundschaften habend / kame er hier an /ehe man sich dessen versehen k \nnen. Er ließe sich /unter Belgars namen / bei ihr anmelden. Sie / nachdem sie die thůren / bei nacht herein zu kommen / ihm und den seinigen ge \ffnet / fůrete den vermeinten Belgar nach der Zoroastra kammer / und sagte ihm / im hingehen: wiedaß er bei ihr gewalt brauchen můste /weil sie ihm gutwillig nicht folgen wůrde.

Von ungefär schliefe ich selbige nacht bei meiner schwester / und weil Jerode vorher gegen mir erwehnet / wie sie vermute / daß bei gegenwärtigem feste des Teraphim / die Bactrianer / als unsere entfůrere /ankommen würden / schwanete mir gleich / wie ich das geräusche vername / und darauf die Jerode mit gewaffneten männern erblikte / daß es diese seyn würden. Ich sprange sofort auf / ihnen anzudeuten / daß ich gesonnen wäre / mit ihnen zu gehen. Ich muste aber / wider vermuten / von der Jerode vernemen /daß meine schwester / und nicht ich / hiermit gemeinet wäre. Weil Zoroastra und ich noch in kleidern waren / als bedorfte es keins wartens / die Zoroastra zu entfüren: die aber anfinge zu ruffen / wiedaß sie mit ihnen nicht fort-wolte. Als nun ich / so wol ihren widerwillen / als der Jerode betrug / erkante / liefe ich von ihnen / machte überall im palast lårmen / und rieffe / daß man uns helfen solte / weil uns gewalt geschähe. Es wurde hierauf alles wach / und kame nicht allein sofort die wacht / sondern es fanden sich auch viele von den hirten herzu / die in der nacht auf das fest gezechet hatten. E. Maj. waren selber dabei / als die unglückliche Jerode für die verräterin des heiligen palastes erkant wurde / und geriete sie / weil Abinab /sie mit weg zu füren / sich geweigert / dem [714] erzůrnten pövel unter die hände: die dan also mit ihr verfuren /daß ihr leben samt allen ihren anschlägen zu grund ginge.

Eine von ihren aus Canaan mitgebrachten dirnen /thåte mir darauf alles dieses / so ich iezt erzehlet /ausfürlich zu wissen: massen auch ein knab des Königs von Jarmuth / der in dem getümmel von seinem herrn abgekommen / und sich in unsren tempel verkrochen / mir den ganzen aufstand in Bactra erzehlet. Ich halfe diesem unvermerkt wieder hinaus / und gabe ihm briefe mit / an den König Abinab und an meine schwester: darinn ich widersprache / was sie zu meinem nachteil fürgenommen / und wie ich mich meines rechtes an Bactra keines wegs begåbe. Diß ist nun alles das jenige / was ich E. Maj. eröffnen wollen: und schließe ich mit der demütigsten bitte / daß sie /wie sie allen bedrangten und verlassenen zu helfen pflegen / auch mir wollen hülfe wiederfahren lassen /daß die Bactrianer durch E. Maj. erkennen lernen /wie ich / und nicht Zoroastra / ihre rechte Königin seyn k \nne / und sie mich vor meiner schwester erkiesen sollen.


* * *


Als die Prinzessin Rahabine ihre rede hiemit beschlossen / vermochte die Königin Aramena Gottes gerechte gerichte nicht gnug zu bewundern / die er so wol an der Naema und dem Sidon / als an der Jerode /erscheinen lassen. Wie sie nun hierauf der Prinzessin von Tyro verheißen / daß dieser unglůckseeligen ihr zerrissener körper solte gesuchet und unter erde gebracht werden / versprache sie ihr ferner / daß sie /was sie nur immermehr zu ihrer vergnügung thun könte / herzlich gern vor die hand nemen wolte. Aber an die aufrürische Bactrianer für euch zu schreiben /(sagte sie) [715] das will mir bedenklich fallen / weil der König von Assyrien ihr bundsgenoß ist: und zweifele ich sehr / ob wider diesen mächtigen Monarchen / solche empörung etwas fruchten / auch eure schwester und der König von Jarmuth ihre rechnung finden werden. Kan ich aber etwas darzu thun / daß der König von Jericho zu seiner ehmaligen liebe wiederkehre /so wil ich hiemit allen beistand versprochen haben. Rahabine bezeugte sich dafůr höchst verbunden / und von der Königin ferner befraget / wie sie es dan nun anschlagen wolte und ob ihr beliebte / daß man sofort im tempel ihrer bisher verborgen-gehaltenen stand erfüre? erklärte sie sich / wie sie alsdan erst / wan die Königin / nach endung des festes / von dannen ziehen würde / sich kund zu geben vermeinte: welches Aramena ihr gefallen ließe auch hierauf noch etliche stunden dieser Prinzessin im garten gesellschaft leistete /und von den erzehlten dingen / mit ihr sprachete.

Ihr eigenes anligen aber / nämlich die ungewißheit / darinn sie lebte / und das verlangen / etwas von dem Cimber und ihrem bruder zu erfaren / schikte sie endlich wieder nach ihrem zimmer / dahin sie den Elihu /gegen selbige zeit / beschieden hatte. Sie fande diesen getreuen Fůrsten bereits alda zur stelle / als sie mit ihrer schönen gesellschaft ankame / der ihr dan diese post brachte / wiedaß der Reba / einer von den vier richtern aus Amida / vom Taurischen gebirge / neben dem verweser Demas und den gesandten der riesen angelanget / und daß sich sofort / unter den Horiten und den andern riesen / eine grosse freude verspüren lassen: die auch / seit deren ankunft / ja so fleissig /als vorher die geistlichen / zu raht gegangen / und sei man / wegen des verstumten Teraphim / noch zu keinem schluß gekommen / [716] wie der abgott zu begütigen /und die Mesopotamier wieder zu befriedigen seyn möchten. Des Demas wiederkunft / erwekte bei der K \nigin nicht eine schlechte freude / und verhoffte sie von ihme / da Nahor und Chersis ausblieben / etwas ihren Cimber betreffend zu vernemen / das sie beruhigen k \nte: und diese freude verursachte / daß sie die geheime beratschlagung der riesen nicht sofort beherzigte / da doch des Nahors warnung / die sie / vor ihrem abzug aus Samosata von ihm angehöret / ihr billig allerhand nachdenken beibringen sollen.

Weil sie / fast alle abend / ihre bekandte schäferinnen / die mit ihr in selbigem palast woneten / zu besuchen pflegte / als wolte sie dißmal zu der Sataspe /des Demas basen / gehen / in meinung / ihren vetter /den verweser / bei ihr anzutreffen. Demnach ließe sie / wie sie abends gespeiset / durch den Elihu sich dahin fůren: deme sie auch auftruge / wegen der entleibten Jerode erkundigung einzuziehen / daß deren körper m \chte zur erden bestattet werden. Es waren eben bei der weißen Sataspe / die hirtinnen Melidia und Eidania / als die schöne Aramena in ihr zimmer hinein trate: die dan / aus schüldiger ehrerbietung /abtreten wolten / aber von der gütigen Königin angehalten wurden. Bleibet / meine freundinnen! (sagte sie zu ihnen) ihr hintert mich in keinem dinge / was ich mit Sataspe zu reden habe. Hierauf / als sie sich gesetzet / fragte sie diese schäferin: wie es käme / daß sie den verweser Demas / ihren vetter / nicht bei ihr fände? massen sie ja wol wüste / was sie ihm fůr eine liebe base wäre. Mein vetter (antwortete Sataspe) hat / nach seiner wiederkunft / so fort den hiesigen beratschlagungen müssen beiwonen / die da / wegen der in unsrem fest entstandenen unruhe / täglich [717] gehalten werden: daher ich ihn / seit seiner ankunft / noch nicht können zu sehen bekommen.

Solte dan auch den Demas (fragte die Königin) betrüben können / was hier fürgegangen? Ich vermeinte / er wäre viel zu lang in der schule zu Salem gewesen / als daß er noch an den Teraphim glauben solte. Es wäre unrecht / (gabe Sataspe zur antwort) wan man für seiner obrigkeit / wie bisher vor andern / ein geheimnis hiervon machen wolte. Ich werde demnach E. Maj. nicht laugnen / daß Demas und ich den wahren Gott verehren / daß auch mein vetter / meist deswegen / diese versamlung verlassen / und sich unsichtbar gemachet hat / üm ihme selbst und andren kein ärgernis zu geben. Warüm aber (fragte die Königin ferner) folgen er und ihr nicht / dem beispiele des Ausicles / und gegenwärtiger beiden hirtinnen / die ungescheut sich zu mir gesellten / als die opferungen fůr den Teraphim verrichtet wurden? Weil er verweser von Amida ist /(antwortete Sataspe) dorfte er dieses nicht wagen: daher wolte er sich lieber gar davon absondern: wie dan auch ich / eine unpäßlichkeit fürschützend / mit meines vettern beiden töchtern zurůck geblieben. Abinael und Nisan (versezte die Königin) vermeinen aber dem Teraphim viel zu sehr verpflichtet zu seyn /als daß sie solten gern sehen können / daß ihre frauen mit ihnen nicht diesen vermeinten Gott verehren wollen. Weil wir / wie erwehnt / (wiederholte Sataspe) bisher mit unsrem glauben sehr geheim gewesen / als wissen diese beide hirten nicht darüm / daß ihre frauen einen andren Gott verehren.

Hiermit kamen sie auf die frage: ob es auch ohne sünde geschehen könne / seinen glauben zu bergen /oder für den menschen / ũm zeitlichen nutzens willen / sich zu [718] stellen? Diese frage ward von allem / fürnemlich von der Prinzessin Jemima / und ihren schwestern / verneinet / und daher der sch \nen Königin anlaß gegeben / sich zu entschüldigen / daß sie bisher in ihrem neuen k \nigreich sich also bezeigen müssen. Ich ziehe es mir nicht wenig zu gemüte /(sagte sie unter andern) daß ich / meine ganze lebenszeit hindurch / mit meinem glauben so heimlich gewesen: da die notturft / die unbändige Niniviten im zaum zu halten / ein solches höchlich erforderte. Wan ich auch gegen die Mesopotamier mich anders bezeigte /würde ich grosse empörungen und andere gefärliche dinge verursachen: das doch zu nichtes / als zu einer verderblichen zerrüttung dienen / und keine bekehrung bei meinen verblendten unterthanen / nicht aber dasjenige wirken würde / was ich / mit der zeit / und wan ich sie recht gewonnen / von ihnen hoffe. Diese höchstnötige verstellung / die ich gegen ihnen gebrauchen muß / hat mich auch iezt in diesen tempel gefüret: da ich weder meine königliche gewalt / noch meinen willen darf blicken lassen. Es sind aber nur noch zween tage / so ist diß fest geendet / und wird alsdan von meiner krönung zu reden seyn / nach welcher es sich gemachsam schicken sol / daß ich meinen hirten den wahren Gottesdienst beibringen / und diesen abgöttischen tempel ohne schwerdschlag vertilgen k \nne. Dieses redte die Königin ganz ungescheut /weil Rahel nicht mit zugegen / und lauter rechtglaubige bei ihr im zimmer waren: die dan ihre wůnsche /für dieses löbliche fůrhaben / gen himmel schikten /und die Gottseelige Aramena hierům nicht gnugsam rümen konten.

Unter solchen gespråchen / begunte es schier zu nachten: daher die Königin nicht länger auf des Demas [719] ankunft warten kunte / und nach ihrem zimmer ginge / der Sataspe den befehl hinterlassend / ihrem vettern / wan er sie zu sprechen käme / zu sagen / daß er folgenden tags unfehlbar zu ihr kommen solte. Kaum aber ware sie hinweg gegangen / da kame Demas zu der Sataspe: welcher / von seiner basen vernemend / wie ihre Königin ihn zu sprechen begehrte / sofort die ursach erraten kunte. Werte base! (sagte er zu ihr) daß ich so spat noch zu euch komme / verursachet die begierde / die ich habe / euch nunmehr nicht allein kündig zu machen / was ich bisher für euch verbergen müssen / sondern auch eures vernünftigen beistandes mich zu bedienen. Wir sind befreiet /Sataspe! von der slaverei / in der wir eine so lange zeit für allen völkern gelebet / und ist daneben .... Ach mein vetter! (fiele ihm Sataspe lächlend in die rede) ich habe diß geheimnis schon längst gewust /aber durch mein verschweigen zeigen wollen / daß ich solche kunst vollkomlich gelernet habe. Wie? (fragte Demas ganz bestürzet) wisset dan ihr / was dem ganzen Mesopotamien bisher verborgen gewesen? Die Fürstin Ahalibama / (antwortete sie) die wir unlängst bewirtet / hat mir alles entdecket: und bin ich fro /nun zu vernemen / daß dieses große fůrhaben zu glücklicher endschaft gedyen ist. Dieses war (sagte er) eine von den ursachen meiner reise auf das gebirge /und wan ihr mich hören wollet / will ich euch alles erzehlen / was bei dieser bündnis fürgegangen / auch was ihr für einen gefangenen hier gehabt / den man zum Teraphim schlachten wollen / und was mir sonst auf dieser meiner reise wiederfaren / auch iezt mein fůrhaben ist. Es wird nacht / (antwortete Sataspe) und dörfte es Aneriste übel nemen / wan ich ihr so lang den man vorenthielte: darum wil ich mein verlangen /[720] diß alles von euch zu hören / bis morgen aufschieben. Ich muß morgen wieder abreisen / (antwortete Demas) und habe die Aneriste schon gesprochen: die auch weiß / daß ich nun mit euch mich bereden wil. Wolan dan! (sagte sie) so lasset uns für die thür zusammen sitzen gehen / da wir zugleich der külen luft / bässer als hier / genießen können. Als dieses geschehen /hube sich die erzehlung des Demas an / wie folget.

Weil ihr bereits wisset / werte Sataspe! daß alle /die von dem geschlechte der riesen sind / den bund mit den K \nigen von Basan und der Aborigener / wie auch mit den Fürsten von Seir / aufgerichtet / und so wol in dem entfernten Kitim gegen den Camboblascon / als auch gegen dem Fürsten von Edom / krieg füren / und daneben ihrer dienstbarkeit / mit deren sie bisher unter allen v \lkern belegt gewesen / sich entledigen wollen: so habe ich nicht ursach / euch dieses erst zu entdecken. Der K \nig Tuscus Sicanus / der neulich unter des Jared namen bei uns im hause gewesen / war der erste / so mir dieses zu wissen thäte. Unser richter / der Reba / ůbername deshalben / nach dem gebirge zu reisen / und im namen der Mesopotamischen riesen mit den beiden Königen / und den Fürsten von Seir / zu schließen. Ich folgte ihm / als wir hieher auf dieses fest reiseten: zwar nicht allein dieser ursache halber / sondern weil ich des fürhabens war / die heurat zwischen unserer K \nigin und dem Tuscus Sicanus / zugleich mit stiften zu helfen / welcher eben der Elieser ist / so vordessen die Ahalibama / des grossen Edoms gemalin / so herzlich geliebet.

Was höre ich / mein vetter! (rieffe alhier Sataspe) vergebet meiner billigen verwunderung / die mich zwinget / euch in die rede zu fallen / und zu fragen /ob es immermehr [721] müglich seyn k \nne / daß Jared ein König / und zwar der Elieser sei / der die Prinzessin Ahalibama bisher als todt beweinet? Hätte ich es an der zeit / (sagte Demas hierauf) so wolte ich euch alles ümståndlich erzehlen / wie Elieser beim leben erhalten / und für den Aborigener-König erkant worden. Nun aber kan ich nicht mehr sagen / als was ich schon erwehnet / das nämlich Elieser noch lebet / daß er Tuscus Sicanus ist / und das ich seinetwegen mit auf das gebirge gereiset / üm es dahin zu bringen /daß er unsere K \nigin heuraten / und der Ahalibama /nun die einen andern zugehöret / vergessen möge. Sataspe wolte alhier / noch einmal dazwischen sprechen: aber / in erinnerung ihres eidschwures / den sie der Fürstin Ahalibama / der Nefe Zibeons / bei deren abreise / gethan hatte / nimmermehr zu melden / was dieselbe ihr entdecket / hielte sie an sich / dem Demas zu sagen / daß diese seine bemühung / nun Tuscus Sicanus der Elieser wäre / vergebens seyn dörfte. Sie hörte ihn aber also fort-erzehlen.

Es hatte Tuscus Sicanus / vor seiner abreise von hier / die Ahalibama / mit unserer Königin sprechend / heimlich behorchet / und aus allen ümständen ihres gespräches soviel abnemen wollen / daß die Königin /den Tuscus Sicanus liebend / in dem namen irren /und nicht ihn / sondern den König von Basan / den Marsius / verstehen müsse. Demnach bliebe er entschlossen / solches dem verliebten Marsius / zur guten zeitung / auf das gebirge zu hinterbringen: da er zugleich mit dem vorsatz abreisete / den verlust seiner Ahalibama auf ewig zu beweinen. Aber sein leibarzt /der Midaspes / fürete / neben mir / hiervon viel andere gedanken: massen die gewiße ümstände / da unsere K \nigin mit dem [722] König Marsius in Damasco selber geredet / und ihm ihre gegenliebe abgesaget / auch der Mitreus / dieser heurat wegen / in gesandschaft an den König der Aborigener abgereiset / sonnenklar andeuteten / daß der König von Syrien / und unsere Königin seine schwester / keinen andern / als eben diesen Tuscus Sicanus / zum hiesigen regenten erwehlen wollen / und also allen getreuen Mesopotamiern und Aborigenern / die es mit diesem reiche und ihrem König recht gut meineten / obligen müße / dahin zu trachten / daß dieses nüzliche vorhaben zu gewůnschtem ende gedeyen möchte.

Dieses nun triebe mich fürnemlich auf das gebirge: zumal ich überdas auch erfaren hatte / daß viele von unsern hirten / ja unsere richtere selbst / mit den gedanken ůmgingen / unsere Königin an den König von Basan zu bringen / ům dadurch diese löbliche regirung / die uns iezt der himmel gönnet / die aber ihnen eine last ist / von sich zu schieben / und auf solche weise unsere unvergleichliche Aramena in das weit-entfernte Celten gleichsam zu verbannen. Wie ich das gebirge erreichet / fande ich daselbst / an stat des Königs von Basan und des Königs der Aborigener / die beide dapfere schwestern des Königs von Basan / mit ihren gemalen / dem K \nig Baleus von Assyrien / und dem König Hiarbas / die diese beide Könige zu besuchen angekommen waren. Aber die Celten / neben den Aborigenern / und den riesen unseren brüdern / gingen fleissig zu raht / und schlossen eben mit dem Reba den grossen bund / der sie dorthin zusammen beruffen hatte. Ich erkundigte mich / wo dan beide Könige wären? da mich Midaspes berichtete / wie er nicht anders wůste / als daß sein herr / neben dem Prinzen Baalis und Daces / den K \nig von Basan suchte / der sich / aus [723] schwermut / weiter in das gebirge hinein begeben / und diesem verzweifelten König den trost eröffnen wolte / den er ihme in seiner liebe zu geben / sich fähig befände. Ich sahe demnach höchstnötig / neben dem Midaspes dem Tuscus Sicanus zu folgen / und dieses abzuwenden. Ich muste aber fůr dem Reba dieses mein fũrnemen heimlich halten: weil der / mit dem riesen Sesai / welcher in hohen und sonderbaren gnaden bei dem Marsius lebet / dahin arbeitete / unsere Königin an seinen herrn zu bringen. Er muste aber solches gleicher massen verborgen treiben / weil die Celten aus Basan / ůber unsere Königin und ihren bruder höchst verbittert / auf alle müglichste weise dahin trachteten / wie dieser liebe ihres Königs gesteuret / und deshalben dem Aborigener-König die Aramena zu teil werden m \chte.

Als ich nun / etliche tage nach meiner ankunft / da es fast schon gegen den abend ginge / und ich vorher den beratschlagungen / unsre bündnis betreffend / beiwonen müssen / in das gebirge fürter reisen wolte /kame der Fürst von Haran / der Nahor / auf der post an / und brachte uns die zeitung / daß Tuscus Sicanus allhier im tempel gefangen worden / und in lebensgefahr / üm zum Teraphim geschlachtet zu werden /stünde / wan die Aborigener nicht bald ihn zu erledigen kämen. Das ganze gebirge geriete hierüber in lärmen / und waren nicht allein die Aborigener / sondern auch ihre brüder / die Celten / färtig / mit voller heereskraft einzufallen / und diesem König das leben zu retten. Der Sesai und Reba hingegen wiegelten die mächtigen riesen auf / welche den Teraphim hoch verehren: die dan kurzum nicht leiden wolten / daß so eine entheiligung des grossen tempels geschehen solte / dabei aber [724] sich erboten / sofort eine ansehnliche gesandschaft hieher abzuordnen / und den Aborigener-König mit güte abzufordern. Die Aborigener ließen ihnen endlich / nach langem streit / diesen fürschlag gefallen: wiewol sie nicht allein / etliche von ihren fürnemsten / dieser gesandschaft zuordneten / sondern auch mit dem ganzen heer nãher ruckten / üm / auf den notfall / bei der hand zu seyn / und ihren König zu erlösen.

Der Midaspes und ich / waren mit unter dieser botschaft / gleichwie auch etliche fürneme Assyrier und Celten / die der Prinz Suevus in person fůrete. Wir beide wusten nicht / was wir daraus erraten solten /daß sich Tuscus Sicanus in diese gefahr begeben hatte / auser daß wir es aus zweifelmut beschehen glaubten / üm dergestalt vom leben zu kommen: welches ich doch auch / wegen seines reinen glaubens / nicht vermuten kunte. Nahor / weil er nun sein gewerbe verrichtet / und dabei / wie er mir vertraute / nachricht erlanget hatte / was massen der Prinz Daces / tief im gebirge / mit etlichen damen wäre gesehen worden /unter denen er seine geliebte Aprite zu finden vermeinte / reisete er dahin / wohin ihn seine liebe triebe. Dieses nun befrömdete mich noch mehr in meinem nachsinnen / als ich ůberdas vernemmen muste / daß Daces nicht bei dem Tuscus Sicanus wäre: der doch /mit diesem König / aus der landschaft Amida die reise nach dem gebirge gethan hatte. Es ist aber / der Almesia knecht der Elisa / eben dieser Celtische Prinz gewesen / den ihr öfters in unsren gefilden gesehen habet.

Wie wir nun hieherwärts eileten / begegneten uns vor morgens in der demmerung / als wir die nacht durch gereiset / im blachfelde zwischen den gebirgen /der Chersis auf einem wagen / von vielen priestern aus hiesigem [725] tempel begleitet: welcher eine ansehnliche person in seinen armen hielte / die von unsren mitgekommenen Celten alsofort für ihren K \nig / den Marsius / erkant wurde. Sie liefen gleich / mit ihrem fürer / dem Suevus / voll freud-entsetzen hinzu / ihren König zu entfangen. Es ware an ihm / nächst dessen majestetischem wesen / eine solche traurigkeit zu sehen / daß er schier / fůr betrübnis / nicht beachtete /was seine leute mit ihm redtẽ. Zurücke / zurücke! (sagte er) und lasset keine freude blicken / mich wieder zu sehen! ich begehre / auser den tod / von keiner ergetzlichkeit mehr zu wissen. Hiermit hüllete er sich in seinen mantel / und wir alle sahen den Chersis an /daß er uns er \ffnen solte / woher er mit diesem König käme.

Indem entstunde / nahe bei uns / ein geschrei / welches eine dame verursachte / die in geistlicher ordens-kleidung auf einen wagen sich sehen ließe / und die pferde selbst regirend / dem Chersis also zurieffe: Ihr / der ihr seit der vorsteher unsers tempels! schützet mich wider diese Bactrianer / die ihr dort von ferne ankommen sehet / mich zu verfolgen. Hiemit rante sie auf uns zu / und wie wir diese für eine priesterin aus hiesigem Teraphim-tempel erkanten / fande Chersis /als dessen vorsteher und beschirmer / welches amt allemal dem sohn des Oberpriesters zukommet / sich sowol als wir verbunden / sie zu erretten. Demnach eileten wir denen / die sie verfolgten / entgegen / ům sie zurücke und abzuhalten. Es ritte vor diesen ankommenden her / ein gewaffneter ritter: der / wie wir hernach erfuhren / bei dieser priesterin erstlich auf dem wagen mit gesessen / aber durch ihre geschwindigkeit war hinab gestossen worden; welches auch folgends dem widerfahren / der die pferde regirte /daher sie selber den wagen leiten müssen. Sein und seiner bei sich habenden ermüdete pferde / [726] deuteten satsam an / daß sie bereits eine geraume zeit diese flüchtige also verfolgt hätten.

Chersis / der nun zu fus war / entfinge sofort eine sehr gefärliche wunde von diesem ritter / daß er als todt zur erden fiele; worauf das gefechte an beiden teilen scharf anginge / und erhielten wir endlich die oberhand / weil die unsrige immer verstärket / und also diesen frömden überlegen wurden. Die anwesende Celten und Aborigener / hatten immittels den wagen des K \nigs / wie auch der angekommenen priesterin / ümringet: und als wir sieghaft den fůrer der Bactrianer gefangen brachten / öffnete der so bald nicht seinen helm / da hube die priesterin an zu schreien / und mit höchster bestürzung den namen des Königs Abinab von Jarmuth etliche mal zu nennen. Wir wusten nicht / was ihr ankame / als sie mit ausgespannten armen diesem König entgegen liefe / und ůber dessen leben grosse freude blicken ließe. Liebster Abinab! (rieffe sie) den ich fůr todt beweinet: ist es müglich / daß die götter dich mir wieder gegeben? Wie kan euch dessen leben erfreuen / (antwortete er ganz unwillig) gegen den ihr euch iezt so feindlich erwiesen? Ach! wan ich doch wissen solte / (sagte sie) daß der tod-geglaubte Abinab der jenige sei / der mich aus den tempel entfüren wollen. Als er dieses beantworten wolte / trate ein Assyrier aus unserer gesandschaft herzu / der sich Zalmon nennte / und bei den vorigen kriegen in Assyrien sich sehr bekant gemacht: der / im namen seines Königs / den König von Jarmuth mit seinen bei sichhabenden leuten und Bactrianern / als gefangene anname / und grosse freude spůren ließe / daß der himmel den feind seines Königs ihm so unvermutlich in die hände geliefert hatte. Er erklärte auch kůrzlich uns ümstehenden / wie es hiemit beschaffen [727] war / wie nämlich die Bactrianer einen aufstand wider den Baleus erreget / und diesen Canaaniter zu ihren König erwehlen wollen: das wir dan allerseits nicht billigen kunten / sondern des von Jarmuth und seiner Bactrianer bande für gerecht erkennen musten. Dieser unglůckselige sahe nun seine Prinzessin (massen diese priesterin die Zoroastra von Tyro ware) so wehmütig an / als wie sie reuend ihn betrachtete / daß sie ursach an diesem seinem unglůck seyn müßen: massen auch wir allerseits in diese frömde begegnise uns nicht zu finden wusten.

Wie wir aber abreden wolten / was ferner anzufahen wäre / traten die mitgekommene Teraphim-priestere herzu / und eröffneten uns / mit allen ümständen / daß dieser / den sie mitgebracht hätten / der jenige wäre / den man hier im tempel gefangen bekommen /und zum Teraphim schlachten wollen / und der / auf der Königin von Mesopotamien geheis / von dem Chersis mit list wäre hinweg gebracht worden. Ja /diese grausame (finge der betrůbte König hierauf an zu reden / der allen diesen bericht der priestere mit angehöret) hat mich darüm vom tod erretten wollen /damit ihr sieg desto herrlicher über mich werden / und sie in meiner qual mich länger wissen möchte. Die meisten von den ümstehenden / wusten nicht / was hiermit solte gesaget seyn. Aber der Prinz Suevus trate zu seinem König / und redte ihm heimlich zu /nicht so offenbar den Celten seine schwachheit sehen zu lassen. Nachdem er hiemit sich zu ihm auf den wagen gesetzet / und seine schwachheit vermerkend /den Midaspes auch dazu vermocht hatte / ginge unsere rückreise nach dem gebirge zu: da man allerseits sich höchst glückseelig schäzte / daß sich dieses dergestalt geendet / und so wol der grosse [728] Marsius und Tuscus Sicanus auser gefahr gesetzet / als des Teraphim tempel unentheiligt geblieben wäre.

Wir ließen den verwundten Chersis bei etlichen riesen / die daselbst woneten / und zogen auf dem gebirge gleich als in einem triumf ein / indem wir nicht allein den Marsius / sondern auch den gefangenen König von Jarmuth mit seiner Prinzessin in das Celtische lager füreten. Die K \nige Baleus und Hiarbas /mit ihren geliebten K \niginnen / als den beiden schwestern des Marsius / entfingen diesen ihren schwager und bruder mit unaussprechlicher freude: wiewol sie dabei dessen herz entfindliche traurigkeit mit betrůbnis erkennten / die ihn aller andern entfindung unfåhig machte / also / daß er nicht die geringste freude blicken ließe / bei seinen liebsten blutsfreunden sich wieder zu befinden. Jederman ware nun für witzig / zu wissen / wie dieses mit dem König sich zugetragen / daß er in solche gefahr geraten: und urteilten fast die meisten die warheit / daß ihn / die liebe zu der schönen Mesopotamierin / an solchen verbotenen ort müste geleitet haben.

Ich erfuhre die eigentliche ümstände / von dem Midiaspes / der / indem er zu des Königs cur mit gebrauchet worden / von ihm selbst alles vernommen hatte /um es seinem K \nig / dem Tuscus Sicanus / wieder zu hinterbringen. Er erzehlte mir demnach / welcher gestalt dieser verliebte und ungeliebte K \nig / ob er gleich des beständigen fůrhabens gewesen / nicht mehr an unsere K \nigin zu gedenken / dannoch sich nicht ůberwinden können / als er sie so nahe gewust /sie nicht noch einmal zu sehen. Deshalben hatte er /nur mit zweien dienern / sich heimlich aufgemacht /und / am tag der großen opferung / in den tempel des Teraphim sich gewaget / auch alda diese wunder-schöne beschauet: die ihn / als er verraten [729] worden /gefangen nemen / und folgends durch den Chersis erlösen lassen. Das jenige aber / so hierbei seine gr \ste traurigkeit / ja zweifelmütigkeit / verursachte / wie mich Midaspes berichtet / ware dieses / daß unsere K \nigin / als sie ihn nach seiner erledigung vor sich ko en lassen / ihm diese ausdrückliche erklårung sol gethan haben / daß sie niemand anders / als den Tuscus Sicanus / lieben wolle: worůber er dan auch / in ihren zimmer / onmächtig zur erden niedergefallen.

Dieses stårkte nun mächtig / so wol den Midaspes /als mich / in unsrem vorhaben / den König der Aborigener an unsere Königin zu bringen: womit auch aller Celten und Aborigener / auch selbst des Baleus und Hiarbas / der Hercinde und Mirina / meinungen einhållig einstimmeten / um durch solche heurat den großen Marsius an seiner liebes-krankheit zu heilen. Es ist auch allein dieses / das der Celten verbitterung stillen kan / die sie wider Syrien und unsere Königin gefasset: massen sie / den Aborigenern zu gefallen /an unserer herrschaft / wegen der erlittenen beschimpfung / sich nicht zu råchen begehren / wofern Aramena den Tuscus Sicanus heuraten wird. Der Marsius selbst ware nun hiemit einig / und ließe ihm gefallen /daß nach dem Aborigener-König so fort geschicket würde / hierinn eine richtigkeit zu treffen: von deme man post hatte / daß er / unfern von dar / in einem andern teil des gebirges sich befände / und den K \nig von Basan daselbst bisher gesuchet hätte.

Wie nun selbiger sehr nahe war / so vermochte doch der Marsius / so grosmůtig er sich auch erwiesen / nicht gegenwärtig zu bleiben / und seines mitbulers glück ihm selber anzukůnden: wie er dann heimlich /die nacht vorher / mit dem Sesai und wenigen seiner leute / hinweg [730] reisete / nachdem er dem Midaspes / an den Aborigener-K \nig / dieses gewerbe aufgetragen /wie daß er von nun an gutwillig die Aramena von Mesopotamien ihm überlasse / auch ihn selbst ersuche /dieses glück nicht auszuschlagen / sondern / dieser großen Königin zu gefallen / der Ahalibama zu vergessen / gleichwie auch er / üm ihr seinen åusersten gehorsam zu erweisen / sie / samt seinem leben / bald aus seiner gedächtnis zu bringen bemühet seyn wolte. Es lautet ja jåmmerlich / dieses einen so grossen und tugendhaften K \nig sagen zu h \ren / und da dessen unfehlbarer tod muste befahret werden.

Es bliebe aber Sesai und sein anhang mehr als jemals darauf versteuret / unsere Königin auf alle weise und wege ihrem K \nig zuzubringen. Demnach schickte er iemanden / noch in selbiger nacht / wie er mit dem Marsius hinweg ginge / an den Reba und mich /und ließe uns ersuchen / daß wir ungeseumt ihm nachfolgen wolten. So gern ich nun des Königs Tuscus Sicanus ankunft erwartet håtte / so h \chstnötig erachtete ich auch / des Sesai anbringen zu vernemen. Ich ůberließe demnach / die fürung dieses werks / dem Midaspes allein / und machte mich mit dem Reba auf den weg / dem Marsius zu folgen: der sich in ein unůberwindliches berghaus / so einem von des Sesai vettern zuståndig / und unfern von hier liget / begeben hatte /und alda ganz verborgen für aller welt leben wolte /üm in seiner tiefsten traurigkeit / und in dem fůrsatz /also zu sterben / nicht verst \ret zu werden. Wie uns Sesai fůr sich kommen lassen / fanden wir viel tausend der vornemsten riesen bei ihm versamlet / und thäte er uns weitlåufiger / als ich nun sagen kan / diesen vortrag / daß wir zu seinem anschlag / unsere K \nigin von hier zu entfůren / behůlflich seyn m \chten. Der Reba / war hiezu gleich erb \tig. [731] Ich meines orts / hätte ihm zwar gern widersprochen: weil ich es aber nicht zu hintertreiben vermochte / als name ich mich dessen ja so eiferig an / als der Reba /und verhieße / die hiesige riesen und schäfere dahin zu bereden / daß dieser Königliche raub / der Mesopotamien in frieden und wolstand erhalten könte / für sich gehen m \chte.

Mit dieser vertröstung / sind wir nun von dem Sesai abgereiset / und zwar in gesellschaft der gesandten von den Enakim an hiesige priesterschaft und die Horiten / welche abgeordnet sind / ihr leidwesen /wegen der entstandenen unruhe in hiesigem feste /ihnen zu bezeugen / und dabei ihnen kund zu machen / wie der verliebte K \nig von Basan ihr gefangener gewesen: worbei sie sich dann zu erfreuen hätten /daß sie an diesem ihrem großen bundsverwandten sich nicht in unwissenheit vergriffen / und dadurch den gänzlichen untergang auf sich geladen hätten. Diesen nachmittag ist nun alhier der vortrag geschehen / und hat sich hiesige unruhe dadurch sehr gestillet. Nun wird man morgen ingesamt zu raht gehen /wie / dem ausspruch des Teraphim zu folge / derselbe anderweit möge ausgesönet werden. Weil wir mit dem Sesai verlassen / daß ich morgen wieder bei ihm seyn / und ihm die erklärung unserer hirten bringen wolte /zumal / vieler ursachen halber / kein augenblick hierinn zu verseumen ist / als habe ich meinen schwieger-s \hnen / wie auch den andren / denen ich mich vertrauen dörfen / zugeredet / daß sie nimmermehr in die entfürung ihrer K \nigin willigen / sondern ihr leib und leben bei ihr aufsetzen m \chten: die mir dan nicht allein dieses / sondern auch / ihre mitgesellen auf ihre seite zu bringen / versprochen haben. Das widerspiel hievon / habe ich dem Reba vermeldet / der dan alle Horiten / [732] wie auch die andere richtere und viele von unsren hirten / auf seiner seite hat: und ist beschlossen worden / daß über zween tage / wan das hiesige fest zu ende seyn wird / die lieferung unserer K \nigin an den Sesai geschehen sol.

Diese erklärung muß ich ihm nun morgen früh überbringen / und habe ich euch / liebe Sataspe! von diesem allen er \ffnung thun wollen: damit ihr sofort unsere Königin dessen berichten / und sie warnen k \nnet / sich hierbei fůrzusehen. Dan ich scheue mich / selber zu ihr zu gehen: üm keinen verdacht auf mich zu laden. Euer guter verstand wird euch schon an die hand geben / was ihr von allem dem / so ich euch erzehlet / der K \nigin sagen sollet: und muß man ihr ja bergen / sowol die häftige liebe des Marsius / als daß der Aborigener-K \nig seiner Ahalibama noch nicht v \llig vergessen hat / damit sie nicht ihre entschließung åndere / und den K \nig von Basan dem andren fůrziehe. Viel nůtzlicher werdet ihr ihr von des Tuscus Sicanus ihr zu-tragenden liebe sagen / die so brůnstig sei / daß ich sie euch nicht gnug beschreiben k \nnen. Vor allen dingen aber můßet ihr dahin trachten / daß die Königin ja nicht seume / von hier nach dem schloß Amida aufzubrechen / ehe diese zween tage vorbei seyn werden.

Demas schwiege hiemit / und h \rte die Sataspe sagen: Ich bin so voll verwunderung über allem / was ich von euch vernommen / daß ich mich fast nicht zu erholen weiß. Wan ich aber die warheit gestehen sol /so tauret mich der grosse Marsius so sehr / daß ich lieber fůr ihn / als für den Tuscus Sicanus / sprechen m \chte. Die wolfart aber unsres landes / (antwortete Demas) wie auch die ruhe der gemalin des grossen Edoms / als unserer Ahalibama / die ihr mit mir gleich hoch verehret sprechen fůr den Tuscus Sicanus: wie dan auch unsere [733] Königin / und der König von Syrien / dieses wol erwogen / und auf den Aborigener-König selbst gewehlet haben. Die wahl unserer Königin und ihres brudern / (gabe Sataspe zur antwort) lasse ich in ihren wůrden: daß aber unserer Ahalibama ruhe hieraus entstehen müsse / kan ich nicht glauben: dann .... Alhier verstumte sie / und begriffe sich: weil ihr etwas einfiele / so sie abhielte / ihre gedanken vollends heraus zu sagen. Demas / der dieses nicht beachtet hatte / fure fort / sie zu vermanen / daß sie dieses gewerbe ja wol ausrichten solte / und verließe sie hierauf / ům die ůbrige nacht auszuruhen / damit er gegen die morgige reise desto munterer seyn möchte.

Sobald nun die sonne an den Taurischen gipfeln sich wieder sehen lassen / eilete Sataspe nach der Königin zimmer / üm sie alles dessen zu berichten / was ihr der Demas aufgetragen. Nachdem sie von der Amphilite angemeldet worden / muste sie fůr der Königin bette kommen: weil diese gleich ahnete / daß solche frůzeitige besuchung etwas sonderbares auf sich haben wůrde. Habt ihr den Demas gesprochen? fragte sie / als Sataspe in die kammer trate. Nicht allein /gnädgiste Königin! (antwortete sie) habe ich denselben gesprochen / sondern er ist auch ursach / daß ich iezt hieher komme. So saget dan heraus / (sagte die K \nigin / voll grosser begierde) was ihr fürzubringen habet. Mein vetter (finge die Sataspe an) hat auf den Taurischen gebirge eine verråterei wider E. Maj. ausgekundschaftet / indem der riese Sesai und seine gehülfen damit ůmgehen / E. Maj. für den K \nig von Basan zu entfüren. Viele von den hiesigen Horiten /wie auch von den richtern und schäfern aus Amida /ligen mit unter diesen anschlag / und soll übermorgen / wan sich das [734] fest geendet / diese frefel-tat verübet werden. Des Demas ergebenste treue gegen seiner Königin / machet ihn dieses entdecken: und vermeinet er / E. Maj. würden wol thun / wan sie alhier nicht länger verweilten / sondern sich nach dem schloß Amida in sicherheit begäben.

Mich befr \mdet nicht wenig / (sagte die K \nigin) was ihr mir anbringet / weil ich so einer gewaltthat /weder von dem h \flichen K \nig in Balan / noch von hiesigen meinen unterthanen mich versehen können. Ich m \chte aber wol wissen / ob der Aborigener-K \nig zur stelle sei: der verhoffentlich diese gewaltsamkeit zu verhintern wüste. Wie Sataspe / auf diese der K \nigin worte / etwas stillschwiege / fuhre sie also / fort zu reden: Hat euch Demas nichtes von dem Tuscus Sicanus gesaget? oder ist ihme die begebnis mit dem entkommenen gefangenen unbewust / den sie hier zum Teraphim schlachten wolten? Sataspe / die ihr fürgenommen hatte / von diesem allem nichtes zu erzehlen / ům sich nicht zu verreden / wandte fůr /Demas håtte / wegen der eilfårtigkeit / von diesen dingen ihr nichtes sagen k \nnen / und wůste sie allein dieses aus seinem bericht / daß Tuscus Sicanus auf dem gebirge / und zwar sehr wol / sich befånde. Hierauf erzehlte sie / ům die Königin hiervon abzubringen / was Demas ihr von der entfüreten priesterin er \ffe net / und wie selbige / neben ihrem entfürer / unter den Assyriern nun gefangen säße. Sie verschwiege aber hierbei die verwundung des Chersis / die Amphilite nicht zu betrüben / die mit in der K \nigin kammer ware.

Die schöne Aramena wurde etwas ungedultig / daß Demas eben davon zu melden vergessen hatte / was sie zum nächsten anginge. Wie sie demnach sich ankleiden lassen / wurde nach dem Fůrsten Elihu geschicket: [735] der dan nicht lang seumte / sich einzustellen / weil er schon auf den wege begriffen gewesen / der Königin aufzuwarten. Er brachte ihr post / von dem Aramenes ihrem bruder / und meldete zugleich den alten Thebah bei ihr an / der mit briefen an sie ware abgeschikt worden. Ihr verlangen / denselben zu sprechen / machte sie das / was sie dem Elihu zu sagen hatte / so lang aufschieben / bis sie den Thebah gesehen håtte. Dieser kame nun zu ihr hinein / wie ein hirte verkleidet / und als er ihr den rock geküsset /ůberreichte er ihr zween briefe / die von dem K \nig und der K \nigin in Syrien an sie geschrieben waren. Sie er \ffnete dieselben höchstbegierig / und fande in der Cölidiane ihrem / welcher noch zu Samosata abgeben worden / daß diese K \nigin nun völlig vergnügt und sonder eiversucht lebte. Aber in dem brief ihres brudern / den er auf dem schloß Amida geschrieben / zeigete sich ihr dessen sonderbare freud-bezeu gung ůber den reuenden und ausges \nten Cimber. Sie beziehen sich auf euren můndlichen bericht / mein vatter! (sagte sie wider ihn) darum meldet mir nur bald / wie es ihnen und den andern hinterlassenen ergehet.

Gnädigste Königin! (antwortete Thebah) die ganze gegend von Amida schiene bisher traurig / seit dem ihre sonne sich nicht bei ihnen sehen låsset; und hat man fast die minuten gezehlet / bis hiesiges fest m \chte seine endschaft erreichen. Es kamen zwar /wenig tage nach E. Maj. abzuge / die Canaanitische K \nige / als der Hemor von Sichem / Ariates von Hazor / (woselbst dieser nun regiret / nachdem der alte K \nig von Hazor gestorben) der Jebus von Jericho / mit der K \nigin Milcaride und ihrer fraumutter /der alten Syrischen stathalterin Tharasile / nach Samosata: aber sie vermochten [736] ingesamt das nicht zu ersetzen / was ihnen an E. Maj. einiger person ermangelt. Wie nun der Fůrst Nahor / die post von dem gefangenen K \nig der Aborigener / uns zuschriebe /womit auch E. Maj. brief an den König in Syrien sich einstellte / verwunderte man sich nicht allein über dieses Königs beginnen / und růmete dabei E. Maj. fůrsatz / ihn zu erlösen / sondern man vor-sahe auch viel verdriesliche weitlåufigkeiten / die hieraus entstehen könten. Mein König machte sich so fort auf den weg / nach dem schloß Amida / das unferne von hier gelegen / ům E. Maj. desto nåher zu seyn. Er vermochte auch den König von Ninive dazu / daß er eiligst in sein reich schickte / ům / als der nächste /seine kriegsv \lker an hiesige gränzen zu schaffen. Er ließe auch sofort den Elhanan nach Syrien gehen / ům alles volk / was in der eile aufzubringen / hieher zu füren / damit der Horiten besorglichem aufstand gewehret / und dabei auf die Celten und Aborigener /die sich auf dem gebirge alhier versamlet / ein wachendes auge k \nte gehalten werden.

Der verliebte Sinear thäte die reise mit dem K \nig /und wie wir unferne vom schloß Amida waren / stieße Bethuel auf uns / und kůndigte dem König an / wie es E. Maj. mit dem so-genanten Cimber ergangen ware. Ich kan wol sagen / daß ich den König / seitdaß er in Mesopotamien gewesen / nie so freudig gesehen habe. Er machte auch vor uns andren kein geheimnis davon / was die liebe dieses K \nigs zu der großen tochter meines verstorbenen herrn betraffe / und was sich dabei zugetragen: woraus dan ich insonderheit unbeschreibliche freude sch \pfte / und dem gerechten himmel dankte / der mich dieses übrige von meiner verlangten glückseligkeit nun auch noch erleben lassen /E. Maj. völlig vergnügt [737] zu wissen. Wie wir nach Amida kamen / wolte mein K \nig / weil er / verm \g hiesiger gesetze / unter wårendem Fest nicht selber herüber ko en durfte / E. Maj. alsofort sein da-seyn zu wissen thun / und zugleich sich ferneren verlaufs erkundigen.

Er muste aber / mit nicht-geringer befrömdung /vermen / daß alle wege hieher von den Horiten abgeschnitten waren / und dieselbe keinen menschen diese straße wolten reisen lassen. Seine herzbrůdeeliche liebe zu E. Maj. machte ihn gleich für sie das widrigste fůrchten. Er ware zwar willens / wie ihme dan leicht zu thun gewesen / mit gewalt durch zu brechen /worzu der verliebte Sinear stark riete: doch beschlosse er / ein gůtlichers mittel zu erwarten. Endlich bote ich mich an / in hirten-kleideren mich hieher zu wagen: welches ich ohne sonderbare gefahr thun k \nnen / weil ich / diesen stand anzunemen / ohndas entschlossen bin / und unferne von hier bereits landgüter erkauft habe / daher man mir / wan ich solte verraten werden / nichts wird anhaben können. Mein fůrnemen ist mir nun geglůcket / und erkennen also E. Maj. wie es uns ergehet / was sie ferner von meinem König zu begehren / oder ihme hinwieder zu entbieten haben / so ich mit gleicher treu und sorgfalt zu bestellen / mich erbiete.

Ihr hättet wol / mein vatter! (sagte hierauf die Königin) zu keiner gewünschtern zeit / als nun / euch hier einfinden k \nnen: und erkenne ich hieraus die sonderbare fůrsorge des h \chsten / der euch eben zu mir schicket / da mir hůlfe und raht so hoch vonn \ten ist. Wisset demnach / (sagte sie ferner / den Elihu und Thebah anschauend) daß man hier einen raht ůber mich beschlossen hat / mich dem König Marsius von Basan ein zu lieferen / und hält allein das noch-wärende fest die [738] Barbaren zu rücke / nicht so fort hand an mich zu legen. Der glimpf / womit ich bisher diesen leuten begegnet / und der mich / ihre gute gunst zu gewinnen / hieher auf ihr fest mit erscheinen gemacht / stůrzet mich nun in solches unwesen. So ratet mir dan / meine freunde! was hiebei zu thun sei: ob ich mich ferner bergen / und heimlich von hinnen zu entwischen bedacht seyn / oder öffentlich meinen bruder zu mir ziehen / und meiner königlichen gewalt mich bedienen soll?

Elihu und Thebah blieben hierůber sehr bestůrzt /und sahen als im spiegel / was dieses fůr weitlåufigkeit und unruhe nach sich ziehen könte. Also befanden sie beiderseits für das zuträglichste und båste /daß die K \nigin / sonder ferneres zeit-versaumen /nach Amida sich davon machen / und also dieser drohenden gefahr zuvor ko en solte. Demnach wurde abgeredet / daß Thebah von stund an nach dem K \nig von Syrien wieder ümkehren / und einen wagen mit einer starken anzahl von seiner leibwacht / im nächsten holz fårtig stellen solte / die Königin / folgenden morgens in der frühe / von hinnen zu fůren. Die drei Prinzessinnen von Ausitis / kamen eben dazu / als dieses beratschlaget wurde: da der Thebah / der åltsten und jüngsten / briefe vom Sinear und Bethuel überreichte / deren inhalt war / daß sie ihr ausenbleiben entschůldigten / und dabei ihr verlangen andeuteten / ihre schöne Prinzessinnen bald wieder zu sehen. Wie nun diese von dem / was fürgegangen war / nachricht erhalten / wolten sie nicht dahinten bleiben / wan die Königin abreisen würde: welches sie / in ihren antwortschreiben / ihren geliebten fürsten zu wissen thäten.

Wie nun Thebah / von der Königin und diesen dreien / mit briefen wieder abgefärtigt war / und vom hofe des tempels wieder hinab ginge / ersahe ihn Oromedon: [739] der / neben andern der richtere creaturen /ståts acht hatte / was bei der Königin geschahe / und wer bei ihr aus und einginge. Er hielte diesen alten /weil er ihn nur rükwarts gesehen / für den Demas: eilete auch deshalben zu Reba und den andren richtern /und meldete ihnen an / wie er den Demas von der K \nigin hätte abgehen sehen. Dieses befr \mdete die richtere nicht wenig / weil sie nicht anders wusten /als daß Demas bereits in der de erung hinweg gereiset ware / welches auch in der nachfrage sich ålso befunden. Demnach schlossen sie endlich / daß es der alte Chebron můste gewesen seyn / der seine tochter die Amphilite besuchen wollen.

Es verfůgten sich aber / die vier richtere / nach des Oberpriesters palast / ům dem großen raht beizuwonen / der alda von allen geistlichen / auch von den vorstehern des tempels / und etlichen fůrnemsten unter den Mesopotamischen hirten / deren auch Laban einer war / solte gehalten werden: ům endlich / da nur noch ein tag vom Fest übrig war / einen end-schluß zu machen / wie der große Teraphim k \nte ausgesönet /und also dieses Fest fr \lich beschlossen werden. Die von den Enakim gestriges tags angekommene gesandten / weil sie auch hirten waren / wurden gleichfalls mit hierzu gezogen. Wie nun ihr bericht / daß der große Marsius der Mesopotamier gefangener gewesen / ihnen v \llig die wieder-einholung dieses bestimt-gewesenen Teraphim und die versönung der gottheit /aus dem sinne gebracht / wendeten sie alle ihre gedanken auf den gegebenen ausspruch / welcher also gelautet: daß hirtinnen aus fůrstlichem geblůte vorhanden wären / die den großen Teraphim gedåchten hinweg zu rauben / und daß wider dieselben die rache ergehen solte / wenn man den fr \mden [740] zum Teraphim nicht schlachten k \nte. Weil nun diß letzere sich begeben hatte / als truge der Oberpriester das erste vor /daß ieder seine meinung darůber entdecken solte. Weil er und seine geistliche den schluß in dergleichen beratschlagungen zu machen pflegten / als ließen sie erstlich die weltliche reden: da man / den abgeordneten von dem gebirge / die ehre g \nnte / mit ihrer ratstimme den anfang zu machen.

Diesen fiele bei / wie eben den tag / als man den Marsius zu ihnen gebracht / die Prinzessin von Tyro /die Zoroastra / als eine priesterin des tempels / auch dahin gekommen / deren schwester / die Rahabine /ihrer aussage nach / ebenfalls priesterin alhier wäre: daher vermeinten sie / weil die gottheit von einem schwester-paar geredet / und Zoroastra bereits durch ihre flucht erwiesen / daß sie fåhig seyn könne / dem großen Teraphim seine ehre zu rauben / es müste dieselbe / oder die Rahabine / welche von beiden die sch \nste wäre / der gottheit zum sůn-opfer / geschlachtet werden. Nach diesem / redten die Horiten: welche die gedanken ihrer brüder / der Enakim /darum verwarfen / weil der Teraphim seine rauberinnen ausdrücklich hirtinnen genennet / welchen stand die Prinzessinnen von Tyro niemals angeno en / und also hiermit nicht k \nten gemeinet seyn. Sie stimmeten aber hingegen / wiewol sie es ungern vorbrachten / auf die Lea und Rahel / und zwar auf diese letzere /als die sch \nste: massen bekant wäre / daß der jetzige Teraphim / als er noch Pasicles gewesen / die Rahel geliebet / und werde er sie nun / durch den tod / näher zu sich rucken wollen. Den Fůrsten Laban überfiele ein kalter schaur / wie er die Horiten also reden h \rte: dorfte und wolte aber doch hierwieder / weil er dem g \tzendienst des Teraphim sehr ergeben war / nicht das geringste sagen / [741] sondern erwartete / was die geistlichkeit endlich hierinn schließen würde.

Wie nun auch an ihn und die richtere aus allen landschaften von Mesopotamien die reihe zu sprechen kam / fielen ihre stimmen dahinaus / wie der Teraphim ihre K \nigin / die ihm seine ehre dadurch geraubet / indem sie dem gefangenen Marsius davon geholfen / gemeinet / und / unter dem wort der rache / dieses wolle verstanden haben / daß man sie zwingen můste / den König Marsius von Basan zu lieben /deme sie stäts / in ihrer wahl / den König der Aborigener fůrgezogen. Wiewol nun keiner in der versamlung war / der dieses nicht gebilligt / daß man die heurat ihrer K \nigin und des großen Marsius befördern müste / so wolte doch den andern nicht einleuchten / daß der Teraphim hierdurch würde k \nnen ausges \net werden.

Als endlich auch die von Zoba zu sprechen hatten /fürete der Harad das wort / und begunte also zu reden: Ich verwundere mich billig / daß keiner von so vielen hocherleuchten geistern / die ich hier vor mir sehe /erraten können / was unser großer Teraphim doch so deutlich von uns heischet. Er spricht:


Auch hirtinnen sind hier / durch deren hand

ich leichtlich werde seyn entfůret /

wehrt es nicht deine treu / ô liebes vatterland!

Aus fůrsten-blut zehlt man des schwestern-par /

von der die sch \nste dan mir drohet die gefahr.


Weiß dan niemand von euch allen / daß wir die fůrstliche hirtinnen / des Hiobs töchter / hier bei uns haben? die nicht / wie Rahel thut / den großen Teraphim anbeten / sondern eine fr \mde gottheit verehren / von der wir nichtes wissen. Solte auch hier unbekant seyn k \nnen / wie man / aus dem lande Uz / alle altåre / tempel [742] und håyne der heiligen götter ausgebannet und zerstöret? wåre es dan ein wunder / wan diese der K \nigin ihre ratgeberinnen wůrden / und sie verleiteten / unsern großen tempel auch also auszurotten? Sie selbst / wie ich gehöret / haben ihnen geprofezeiet /daß / wann sie würden in Mesopotamien bekant werden / ihnen ein großes unglück vorstünde. Dieses kan nun erfůllet werden / wann man dem befehl des großen Teraphim ein genůgen thut / und diese götterstůrmerinnen von der erden tilget. Der Teraphim saget: die schönste drohe ihm die gefahr. Welche ist aber unter diesen dreien die sch \nste? machen sie nicht /alle dreie / die vollkommenste schönheit / also daß sie auch zugleich sind geliebet worden? Wil man sich hierbei für unserer Königin / die sie beschützen d \rfte / oder fůr der onmåchtigen macht von Ausitis und Chaldea / fůrchten / so můste ich sagen / man scheuete mehr die menschen / als die g \tter. Sol des großen Teraphim befehl erfůllet werden / und unser land in ruhe und segen verbleiben / so muß geschehen /wovon ich rede.


Als dan die rach' auf die ergeht /

die da nach meinem raube trachten:


Diß sind des Teraphim worte. Die rache / bedeutet die hinopferung; und das folgende wort / die / will sagen /daß mehr als eine zu solchem sůn-opfer dienen müße.

Hiemit h \rte Harad auf zu reden / und entstunde sofort eine allgemeine stille in der versamlung / die da anzeigte / daß dieser fürtrag des Harads ein allgemeines nachdenken erweckt håtte. Dieser Harad / ware des Prinzen Cesias von Zoba hofmeister gewesen /und hatte / gleich allen von Zoba / seitdaß sein Prinz wegen der Jemima ümgekommen / einen unvers \nlichen haß [743] gegen diese Prinzessin und ihre beide schwestern gefasset: daher er mit freuden diese gelegenheit ergriffen / ihme schaden zu thun. Er hatte aber vorher schon heimlich unter den anwesenden Enakim / und den andern / fürnemlich aber unter den priestern / viele auf seine seite gebracht / und denen sein vorhaben er \ffnet. Wie nun alle stimmen abgelegt waren /und schlüßig die geistliche sprechen solten / hörte man sie derer von Zoba meinung beipflichten / denen sofort auch alle die andere beifielen. Also wurde einhållig der schluß gemacht / daß man / die drei t \chter des Hiobs / dem Teraphim zum sün-opfer schlachten můste. Um nun hierzu zu gelangen / und alle dabei anscheinende hinternisen / deren nicht wenig / aus den weg zu raumen / wurde ferner beschlossen / dieses bis folgenden morgen in höchster stille zu halten / und alsdan / wan das ganze volk vor den tempel sich würde versamlet haben / hiermit auszubrechen / der K \nigin die drei Prinzessinnen abzunemen / und sie in den tempel zu fůren.

Der Reba und die andern / die den anschlag gemachet / daß ihre Königin dem Sesai solte ůberliefert werden / fanden dieses zu ihrem fürhaben nůzlich /und daß dadurch alles leichter von statten gehen wůrde / was sie dem Sesai versprochen hatten. Also endete sich dieser grosse ratgang: unter welchem alles volk / so auf dem fest erschienen / mit schmerzlichem verlangen geharret / was doch endlich der schluß seyn würde. Demnach wurden die heraus kommende hier und da befraget: die dan allerseits den guten bescheid gaben / daß folgenden tags die grosse auss \nung ihres Teraphim geschehen solte. Hierbei ließe auch der Oberpriester den schåfern sagen / daß sie nur sich frölich bezeigen / und länger nicht eingezogen leben solten / weil nun das [744] wäre gefunden worden / was ihre gottheit vergnůgen könte. Also wurde nun die ganze gegend von Abagara wieder wach und munter / da sie vorher als erstorben geschienen. Und damit auch die Königin hiervon nachricht haben m \chte / und ihr hierunter die schůldige ehrerbietung wiederfůre /fårtigten sie den Oberpriester in person an sie ab: der ihr kund thäte / daß am folgenden tag / als dem lezten des festes / eine allgemeine versamlung des ganzen volkes vor dem tempel geschehen / das fest mit deme /was sie heut für gut gefunden und morgen eröffnen wolten / geendet / und dan die růkkehr nach haus solte angestellet werden. Die Königin erwiese keinen fürwitz / dasjenige zu wissen / was sie unter sich beratschlaget / sondern sagte: wiedaß ihr alles mit gefällig wåre / wie sie es anstellen wůrden.

Hierauf kamen zu ihr / die abgesandten von den kindern Enak / wie auch die fůrnemsten aus Abagara: die alle gegen ihr verheleten / daß sie darüm wůsten /wie sie dem König Marsius håtte davon geholfen. Die / so sie vor deme noch nicht gesehen / bewunderten nun nicht mehr die häftige liebe dieses K \nigs / da sie ihre wunder-schöne erkanten. Die drei schöne t \chter des Hiobs / so mit zugegen / und nicht wusten / was ihnen bereitet war / erweckten auch kein geringes mitleiden bei diesen riesen: und wandte der Telecles die augen von ihnen ab / üm nicht / wider sein amt /weichmůtig für sie zu werden. Es vergliche sich nun /dieser tag / mit dem ersten im feste / und war ein allgemeines wolleben allenthalben zu spüren / welches fast die ganze nacht hindurch gewäret: weil der oberpriester den hirten so gute vertr \stung gegeben hatte.

Es finge nicht so bald wieder an zu tagen / da stellte sich Elihu bei der K \nigin ein / ům dieselbe /neben den [745] dreien Prinzessinnen von Ausitis / nach dem holze hinzufůren / da der wagen / und ihres bruders leibwacht / ihrer warten wolte. Athamias / Ausicles / Abinael / Nisan / Timonax und die andern / hatten sich / auf des Elihu verordnung / in grosser mänge auch dahinwarts versamlet / üm auf allen notfall ihrer K \nigin beizuspringen. Weil Aramena / bei ihrer selbst-eigenen not / auch des anligens anderer nicht vergessen konte / als erinnerte sie sich der Prinzessin Rahabine / und ließe derselben durch die Amphilite sagen: sie solte nur in gedult stehen / ihr König von Jericho wåre zu Samosata / den wolte sie schon dahin vermögen / sie bald aus dem tempel abzuholen. Wie nun diß bestellet war / und sie auch der Lea und Rahel / durch eben diese hirtin / viel guts sagen lassen / ginge sie / als wan sie in der morgenzeit lust-wandlen wolte / mit den dreien Prinzessinnen feld-ein / da Elihu ihr den weg wiese. Sie stießen sofort auf den unbescheidenen Oromedon / der / von dem nachtgeschwelge noch halb-beråuschet / sie nicht verlassen /sondern mit ihnen gehen wolte. Weil der vorsichtige Elihu es ratsamer befunde / daß er bei ihnen bliebe /als wan er / von ihnen abgewiesen / ihr ausgehen den andern anmeldete / als fassete er ihn bei der hand /und n \tigte ihn / ihme etwas zu thun zu schaffen / daß er möchte auf seinem horn eins hören lassen.

Dieser war hierzu gleich willig / hatte aber kaum etliche mal in sein horn gestossen / da kamen von den Horiten und denen aus Zoba etliche herzu: dan sie hatten / bei ihrem nachtgeschwelge / einander diese losung gegeben / daß sie / wan sie das horn frů morgens würden blasen h \ren / sich versamlen wolten /ům sodan ingesamt nach dem tempel zu gehen. Zum unglück / befanden sich unter diesen etliche / die da wissenschaft davon [746] hatten / was ůber des Hiobs drei töchter war beschlossen worden: die dan gleich vermuteten / dieses frühe spaziren-gehen / d \rfte etwas anders und eine flucht bedeuten. Demnach beredten sie sich / teils ihnen zu folgen / teils es dem oberpriester und den richtern anzumelden. Den dreien Prinzessinnen wurde angst für ihre K \nigin / die ihre eigene gefahr nicht wusten / und ermanneten sie sich / diesen leuten zu zureden / daß sie der Königin an ihrer spazir-lust / die in der einsamkeit bestůnde / nicht hinterlich seyn solten: die aber dessen lacheten / und nur mehr sich ihnen nåherten. Die Königin / nicht anders vermutend / als daß sie verraten wåre / bliebe endlich stehen / und mit ihrer majestet diese hirten anschauend / sagte sie zu ihnen: wonet dan bei euch so wenig ehrerbietung fůr eure K \nigin / daß ihr dessen / was ihr iezt beginnet / euch erkünen dörfet? Auf diese frage / stutzeten sie in gesamt; und wie eben auch Elihu dem Oromedon (der / ob er gleich die andere seite hielte / doch deren geheimnise nicht recht wuste) beredet / diesen ungestümen zu zusprechen / daß sie die Königin allein lassen möchten / machte dieser sie bei ihm stehen blieben.

Die Königin / ginge nun mit dem Elihu und den Prinzessinnen / stark fort / also daß sie fast das holz erreichten / da sie den wagen und die Syrer finden solten. Weil aber die vorsichtige riesen alle zugånge zu ihrem tempel mit wachten besetzet / als hatten sie bereits nachricht erhalten / daß ein haufe Syrer im holz angekommen wåre: da zugleich etliche Horiten anmeldeten / wie sie die K \nigin mit dem Elihu und den dreien Prinzessinnen / auf dem weg nach dem holz /im feld angetroffen hätten. Die geistlichen versamleten demnach sofort das volk nach den tempel / üm ihnen / durch den [747] oberpriester / die erklårung von des Teraphim willen / ankünden zu lassen: inzwischen der Tilador / Harad / Reba und Helidor / mit allen Horiten / was nur bewaffnet war und zu pferd kommen kunte / dem k \niglichen frauenzimmer nachsezten /üm deren flucht zu verhintern. Das versamlete volk erfuhre nun / durch eine bewegliche rede des Oberpriesters / wie auf keine andere weise der grosse Teraphim k \nte begůtigt und ausgesönet werden / als durch das blut der drei k \niglichen schäferinnen von Ausitis: die man ihnen aber iezt entfůren / und also alles unglůck über ihren tempel und ůber ihr land bringen wolte. Dieses brachte bei diesen aberglaubischen so viel zu wege / daß sie ingesamt / von dem Oberpriester selbst gefůret / den andren nacheileten: des willens / ihre K \nigin / fůr die sie doch alle ehrerbietung behielten / anzuflehen / daß sie diese bestimte opfer ihnen überlassen / und durch ihre mitleidigkeit Mesopotamien nicht in elend stůrzen wolte.

Wie diese bei vielen tausenden ankamen / fanden sie ein håftiges gefechte / zwischen den frömden Syrern und den Horiten: da jene der dapfere Sinear fůrete / und diese den Tilador zum obersten hatten. Neben diesem pferd-gemånge / ware auch zu fus der streit angegangen / da die hirten / so auf der K \nigin seite waren / unter anfürung des Elihu und wieder-angekommenen Bethuels / dem Oromedon und seinem anhange gnug zu schaffen macheten. Die Königin und die drei Prinzessinnen / stunden / mitten zwischen diesem gefechte / auf einem hügel / und vermochten nicht / wie sie gewillt waren / hindurch und zu ihren wägen zu kommen / ům auf denselben davon zu fahren. Wie nun / zu dieser verwirrung / da die Königin ihrenthalber unter ihren unterthanen ein solches blutbad angehen sahe / ein [748] lediges pferd / so seinen herrn verloren / hinzu gelaufen kame / erwischte sie dasselbe beim zügel / schwunge sich hinauf / rennete sofort zwischen beide teile / und rieffe ihnen zu / daß sie mit dem fechten einhalten solten. Ein jeder / der die K \ni gin sahe / ware willig ihr zu gehorchen.

Weil sie nicht anders vermeinte / als daß dieses ihr allein gälte / üm sie für den K \nig von Basan zu erobern / und weil sie üm der Prinzessinnen gefahr nicht wuste / als gedachte sie nur an ihre selbst-eigene freiheit / und ritte / als sie das grosse volk ersahe / das mit dem Oberpriester angekommen war / auf dasselbe zu / in hoffnung / dieses heer auf ihre seite zu bringen. Sie sagte ihnen: Sie vermeine nicht / gegen ihren unterthanen sich also verhalten zu haben / daß man sie an einen fr \mden König solte verråterlich übergeben wollen. Wer nun unter ihnen seine treu und liebe ihr wolte sehen lassen / der solte ihr helfen / daß sie / mit diesen angelangten Syrern nach Amida zu ihrem bruder kommen m \chte. Weil die meisten unter dieser großen hirten-schar von dem vorstehenden verraht nichts wusten / und nun ihre Königin also reden h \rten / erboten sie sich alle für einen man / bei ihr zu stehen / und drungen sofort in die Horiten / zugleich ruffend: daß man wider ihre große K \nigin nichtes beginnen / sondern ihr alle freiheit lassen müste. Die seite derjenigen / die die entfůrung der Königin befördern wollen / fande sich viel zu schwach / dieser großen volk-mänge zu widerstehen. Wie sie nun sahen /daß ihr fürnemen nicht fortgehen konte / verneinten sie beständig / so wol gegen dem volke / als vor der K \nigin / daß sie etwas anders vorgehabt / als des großen Teraphim ehre zu retten: weil sie ihnen eingebildet / der Prinz von Chaldea wäre darüm / [749] mit seinen bei sich habenden / wider die heiligen gesetze ihres landes / in ihre gränzen eingebrochen / ům die drei Prinzessinnen von Ausitis zu entfůren / die der große Teraphim zum sůn-opfer haben wolte.

Inzwischen Tilador und Reba also zur K \nigin redten / riefe Harad unter das volk: wir vergreifen uns keines wegs an unserer Königin / sondern wir fordern nur die bestimte opfere unsres gottes / die drei Prinzessinnen von Ausitis: mit denen wir alle wolfart unsres tempels / ja des ganzen landes / verlieren würden. Dieses wiederholte auch der Telecles und die andere mitgekommene geistliche / und wurde hierdurch das volk so eiferig gemacht / daß sie ganz laut und inständig riefen: man můste dem großen Teraphim sein opfer lassen. Es hatte die K \nigin kaum luft geschöpfet / als nunmehr allem widrigen entgangen zu seyn vermeinend / wie dieses neue unwesen herfůrbrache: welches sie / so wol als die drei verliebte Fürsten /mit h \chster bestůrzung anhörete. Sie begehrte unterricht von dem Telecles / wie es hiermit bewandt wäre. Inzwischen ihr nun der erzehlte / was über diese drei unschüldige nach des Teraphim ausspruch war geschlossen worden / sahe sie / daß das volk auf die drei Prinzessinnen eindrunge: die dan einander ůmfasset hielten / und also ihr geschicke mit grosser standhaftigkeit erwarteten. Die K \nigin rante sofort dahin /und riefe: man solte sich an denen nicht vergreifen /die in ihrem schutz wären.

Der halbtodte Sinear / wie auch der erschrockene Elihu / und der bestũrzte Bethuel / frischeten immittels die ihrigen an / die Prinzessinnen beschůtzen zu helfen: da aber keiner / als der Sinear / gehör erlangte / weil die hirten ingesamt / auser zween oder dreien /die [750] nicht abg \ttisch waren / solche verehrung für den Teraphim hegten / daß keiner hand anlegen wolte /ihm sein bestimtes opfer zu entwenden. Aber die leibwacht des Königs von Syrien / folgte dem verzweifelten Sinear / der mit ihnen durch das volk drange / des vorhabens / also in der hast die Prinzessinnen davon zu bringen. Nachdem er ihme mit seinem sebel raum gemacht / und verschiedene vom volk schwerlich verwundet und erleget hatte / kame er zwar bald an dem hügel / wo die Prinzessinnen stunden / und die K \nigin bei ihnen zu pferd hielte: es ware ihm aber unmůglich / sein vorhaben zu volbringen / da der Harad / mit den Horiten und allem volk herzu drange / und ohne ansehen der K \nigin / die die Prinzessinnen / so sich an ihr pferd gelehnet / mit beiden armen umfangen hielte / dieselben hinweg rissen / und sie so tief unter das volk brachten / daß sie nicht mehr konten gerettet werden. Telecles und die geistlichen / fasseten sie damit bei den händen / schlossen ům sie einen kreis / daß sie nicht von dem tobenden p \bel zertreten wůrden / und wandten sich also mit ihnen wieder nach dem tempel: da zugleich der Tilador abgeschickt wurde / dieses beginnen gegen die K \nigin zu entschuldigen / und sie alles schůldigsten gehorsams /auser in dem / was den gottesdienst betraffe / von dem volke zu versichren.

Aramena bliebe / ůber diesem zufall / so erstorben und aus sich selber / daß sie fast nicht wuste / wie ihr geschahe. Und als sie den verzweifelten Sinear erblickte / der vergeblich seinen mitgebrachten Syrern zuriefe / noch einmal in das volk zu setzen / brache sie gegen ihm in diese worte heraus: Ach Sinear! wie übel bewahre ich euch diese / die ihr in meinem schutz gebracht habet! Er / der für verwirrung hierauf nichts antworten konte / rante [751] allein unter das volk /hiebe und metzelte so lang ům sich / bis sie ihn vom pferd herab zogen / und also gefangen mit fortschleppeten. Abinael / Timonax / Athamias / Nisan / Ausicles und ihre gesellen / hielten immittels den Elihu und Bethuel mit gewalt zurücke / die gleichfalls ihren sch \nen nachsetzen wolten. Wie nun dieses sich also zutruge / und die Königin / unter einer großen anzahl hirten / die sich daselbst noch bei ihr befanden / unschlůßig bliebe / was sie thun solte: wolten Reba und Helidor ihr heil noch einmal versuchen / in dieser verwirrung die K \nigin davon zu füren / und zu dem riesen Sesai auf das unferne von dar entlegene bergschloß zu bringen. Sie sprachen deshalben die Horiten auf / und hatten sich schon zimlich gerottet / als der Mitreus und der Thebah / deren der erste die Syrische leibwacht hergefůret / und / ům die Königin zu beschůtzen / dem Sinear nicht gefolget hatte / zu ihr gerennt kamen / und ihr zuredten / ferner alda nicht zu verziehen / sondern eiligst mit ihnen nach Amida sich zu begeben.

Die K \nigin wurde fro / bei solcher ihrer unruhe diese beide zu sehen / und fragte sofort den Thebah: ob er es nicht fůr nützlich hielte / daß sie wieder nach dem tempel ůmkehrte / ům durch ihre gegenwart zu verwehren / daß den Prinzessinnen von Ausitis nichts widriges begegnete? E. Maj. gegenwart / (antwortete Thebah) wird im tempel den Prinzessinnen nichts mehrers / als wie iezt geschehen / vorteilig seyn künnen. Sie eilen dafůr nach unsren König / und reden mit ihm ab / was zu geschwinder befreiung dieser Prinzessinnen wird vonnöten seyn. Ich versichere aber E. Maj. daß die Teraphim-priestere in etlichen tagen mit der vorhabenden opferung nicht fortfahren k \nnen / weil mir ihre gebräuche wol bekant sind / und sie /nun durch das heutige gefechte [752] dieser heilige platz entweihet ist / zuvor etliche tage fasten anstellen / und die erde alhier wieder heiligen můssen. Inzwischen kan nun auf eine hülfe gedacht / und den Prinzessinnen mit nachdruck geholfen werden. Diese worte des Thebah / bewegten die Königin / den weg nach Amida zu nemen.

Wie sie nun nach dem wagen zuritte / stieße sie auf die hirten: welche den Elihu und Bethuel mit mund und hand abhielten / sich nicht in gefahr zu stůrzen. Dieser beiden verliebten zustand taurete sie nun von grund der seele / und zwar meist darum / daß dieses in ihrem reiche geschehen / und doch von ihr nicht konte gewendet werden. Sie riefe ihnen zu / ihr zu folgen: das sie dan / wiewol mehr todt als lebendig thaten. Wie nun auch die andre hirten sie begleiteten / sagte Aramena heimlich zu dem Ausicles / daß er auf alles /so da fůrgehen wůrde / wol acht haben / und dan kommen solte / ihr solches in Amida anzusagen. Hierauf /nachdem ihr der hirte solches versprochen / begabe sie sich zu wagen / auf welchen Elihu / Bethuel und der alte Thebah sich zu ihr setzen musten.

Mitreus aber teilte sein volk in zween haufen / um so wol von hinten als vornen alle gefahr abzuwenden. Wie er dan / dessen n \tig zu haben / bald befande /als Reba und sein anhang / wie sie mitten im holze waren / auf sie los ginge / und die Königin vermeinte davon zubringen. Die hirten / welche vor dem holze wieder nach dem tempel ümgekehret / wurden hievon nichtes gewar / und sezten die Horiten so dapfer an /daß / wan Mitreus und seine Syrer nicht auf dergleichen ůberfall sich hätten versehen und färtig gemacht / die K \nigin nochmals große gefahr håtte anstehen m \gen. Es zogen aber hiebei die Horiten den kürzern / und musten den [753] Reba im stich lassen / der von einem pfeil hart getroffen worden / daß er / unferne von der K \nigin wagen / den geist aufgabe. Sehet ihr wol / Elihu und Bethuel! (sagte die K \nigin zu diesen beiden trostlosen) wie der himmel in allem seine gerechte gerichte ergehen lässet! Lasset euch dieses zur hoffnung dienen / daß der auch die unschüldige t \chter des gottseligen Hiobs an ihren feinden rächen / und diese fromme seelen aus jetziger noht erretten werde. Ach weh! (antwortete Elihu / mit augen voll trånen) wer kan uns versichern / daß Gott das thun wolle / was er wol vermag zu thun? Sind nicht schon einmal dem König Hiob seine erste kinder erbårmlich ůmgekommen? Wer weiß / ob ihm nicht iezt dieselbe versuchung von neuem drohet? Ich habe mich schon wieder (versezte die K \nigin) in meinem geist gefasset / auch selbst so fr \mde abenteuren belebet / da die gefahr nicht geringer als diese gewesen / daß ich der fåsten hoffnung lebe / dieser handel werde uns wol eine kurze angst / aber kein beharrliches trauren / verursachen.

Redet / Thebah! (sagte sie ferner / diesen alten anschauend) und stårket / in diesem troste / mich und diese beide verliebte / die sich noch nicht so viel / als wie ich / begreifen können. Gnädigste Königin! (antwortete dieser alte) es ist zwar gegenwårtiger handel mehr als frömd / und scheinet sehr gefårlich / weil die Prinzessinnen in solcher leute hånde geraten / die /den Teraphim zu verehren / ihres eigenen lebens nicht verschonen / und unfehlbar mit der opferung fortfahren werden / wan man es ihnen nicht mit gewalt verwehret. Solches kan aber wol geschehen / und haben wir wenigst / wie ich schon vorhin erwehnet / noch zween tage frist: in welcher zeit nicht allein die Niniviten mit den Chaldeern / sondern auch die hier in der nähe sich befindende Aborigener [754] k \nnen beruffen werden / und ankommen / diesen tempel zu zerstören / und also die Prinzessinnen zu erlösen.

Bethuel sahe den Thebah ganz verfåret an / wie er ihn also reden h \rte; der dan leicht urteilen kunte /warüm sein reden ihn befr \mdete / und deshalben zu ihm sagte: Glaubet ihr dan / mein Fůrst! noch an den Teraphim / nun ihr sehet / wie der g \tze so wenig nůtz- und löbliches wirket? Von einem Gott / uns ja lauter gutes komme: k \nnet ihr aber diß für gut halten / was der Teraphim im lezten ausspruch zu thun befohlen hat? Ach Thebah! (sagte Bethuel) d \rfte ich meines herzens gedanken er \ffnen / ihr soltet sehen /daß ich mit euch gleicher meinung lebe. Aber – – – Ich weiß / mein vetter! (fiele ihm die Königin in die rede) was euch noch wanken machet / diesem falschen götzendienst abzusagen. Unser aller bestůrzung lässet jezt nicht zu / euch v \llig zu bekehren. Glaubet mir aber / daß / wan ihr nur den fürsatz fassen werdet /den wahren Gott zu kennen / so wird solches schon eine große beförderung und hůlfe zu eurer Prinzessin errettung bringen. Könte ich damit (sagte der verliebte Bethuel) die himlische Kerenhapuch erlösen / so wolte ich gleich den Teraphim verfluchen / der uns in solchen jammer stůrzet. Der müße stäts verflucht bleiben / (sezte Elihu hinzu) weil kein guter geist ihn reden machet / und fůrchte ich nicht so viel sein grausames maul / als die macht und gewalt der priester und Horiten / die ihm folgen / und unsere sch \nen in ihren händen haben.

Solcher gestalt verbrachte diese betrübte gesellschaft die zeit ihrer hinreise nach Amida / und indem der wachsame Mitreus ståts ům sich sahe / ob auch neue verfolgere sich möchten blicken lassen / ersahe er von fernen einen [755] großen haufen reuter / die sporenstreichs auf sie daher rennten. Er ermangelte nicht /solches sofort der K \nigin anzumelden. Wie sie aber still hielten / und sich gefasst machten / den dritten streit auszustehen / wurden sie gewar / indem diese ankommende sich nåherten / daß es Aramenes der K \nig von Syrien war / der / seine schwester zu entfangen / von Amida aus geritten / und aus ihrem langen ausenbleiben nichts gutes vermutend / so ferne von dem schloß / üm sie zu suchen / sich abgerissen hatte. Er / der von ihren lezten begegnisen nichts wuste / deutete die an ihr verspürte unruhe lediglich auf ihre furcht / von den Celten ertappet zu werden. Demnach / indem er sie freundlich ůmarmte / sagte er zu ihr scherzend: Es scheinet / liebste schwester! euch sei noch bange / daß man euch dem K \nig von Basan liefern m \chte. Seit aber versichert / daß ich forthin derjenige nicht seyn werde / der euch dem edlen Cimber rauben helfe. Ach mein bruder! (antwortete diese sch \ne) weil meine furcht fůr dem König von Basan vorbei ist / so denke ich nicht mehr an dieselbe: wol aber an die noht unserer basen / der drei Prinzessinnen von Ausitis / die des todes sind / wan ihnen nicht schleunige hůlfe widerfäret.

Die heiße zåren / mit denen die sch \ne K \nigin diese worte herfürbrachte / růreten dem Aramenes dermassen das herz / daß er ein mitleiden fülete / ehe er von diesem handel wissenschaft erlangte. Der alte Thebah seumte sich nicht / als unter ihnen der ruhigste von gemůte / dem K \nig ausfůrlich zu erzehlen /alles was sich mit ihnen und den Prinzessinnen von Ausitis zugetragen hatte. Die tränen des Elihu und Bethuel bekråftigten des Thebah worte / und ob diese beide schon nicht nötig hatten / den König ům hůlfe anzuflehen / weil er [756] von selbsten schon dazu geneigt war / so thäten sie es doch / und hätten wol gern gesehen / daß den augenblick die hůlfe erfolget wåre. Was nun der Thebah zuvor der K \nigin geraten / das wiederholte er jezt gegen dem König: welcher dan mit dem schluß nicht warten wolte / bis sie in das schloß gekommen wåren / sondern gleich daselbst im freien feld / nach reifer ůberlegung / fåst stellte / daß man dieser gelegenheit / den Teraphim-tempel und die abgötterei aus Mesopotamien zu vertilgen / sich bedienen / und gleich mit aller macht auf die Horiten los gehen / auch den Tuscus Sicanus und seine Aborigener üm beistand anruffen solte.

Es wurde so fort der Mitreus an diesen K \nig abgeschicket / und waren sie kaum eine tagreise von dannen / wo die Aborigener auf dem gebirge ihr lager aufgeschlagen hatten. Werde ich auch bey dem K \nig der Aborigener / (fragte Mitreus) sonder ein schreiben von seiner K \nigin / glauben finden? Befahrest du etwan / (beantwortete dieses / der König von Syrien) daß es dir wieder so unglůcklich / als auf dem Riphatischen gebirge / ergehen m \chte? Nein / Mitreus! der Cimber hat sich nun geändert / und wil forthin die liebe der freundschaft fürziehen / wie ich / mit unaussprechlicher freude / von euch / werteste schwester! vernommen habe. Saget dem K \nig / (fůgte die sch \ne Aramena hinzu) daß es seine Aramena sei /die ihn ům diese schleunige hülfe ersuchen lässet /auser welcher ihr nichts angenemers von ihm wieder fahren könne. Und weil mir der König von Basan also zusetzet / so werdet ihr das auch / ihn zu bereden / gebrauchen k \nnen / daß er desto eiliger komme / mit seiner macht mich zu schützen. Hiemit hatte Mitreus seine abfårtigung / und mitlerweile die beide verliebte Fürsten ihn ferner / hierinn zu eilen / anmaneten / [757] sezten sich die beide kinder des großen Aramenes zusammen auf einen wagen / und fuhren vollends nach dem schloß Amida: da sie unterwegs von ihren eignen håndeln schwatzeten. Die sch \ne K \nigin / muste einen verweis von ihrem bruder anh \ren / daß sie ihn in verdacht haben können / als weñ er noch mit seiner vorigen liebe gegen ihr wäre entbrant gewesen. Was håtte wol dieser sch \nen angenemer seyn k \nnen / als eben dieses / da sie ihren liebsten bruder also frei von einer sache reden h \rte / die sie so viel tränen und so große betrůbnis gekostet hatte? Sie erzehlte ihm hingegen ausfürlich / was gewiße zeichen einer wahren reue und inbrůnstigen liebe der Cimber von sich blicken lassen / und wie ihn ihre gütige erklårung fůr freuden fast get \det / indem er / aller sinnen beraubet / vor ihr zur erde gefallen. Wie groß ist doch mein verlangen /(sagte hierauf Aramenes) von diesem meinem freunde die ursachen zu vernemen / die ihn zu solcher kaltsinnigkeit gegen uns / und folgends wieder zu so håftiger neigung bewogen / daß er sein leben in die schanze schlagen wollen / ům allein euch zu sehen / worzu er doch ja sonder můhe håtte gelangen k \nnen. Viele irrungen (antwortete Aramena) můßen hierunter verborgen ligen / und vermute ich wol / der K \nig von Basan werde an dieser geschichte / die uns noch so unbekant ist / ein großes anteil haben.

Wie verwundersam ist es mir doch gewesen / (sagte der K \nig von Syrien) dieses zu vernemen / wessen der Marsius / der sonst in aller welt so höflich und tugendhaft beschryene K \nig / sich hat unterwinden dörfen / daß nåmlich eine große Königin / durch ihre eigene unterthanen / ihme sollen zugefůret werden. Alle hochachtung für ihn / beginnet deswegen in mir zu erleschen. Und ob gleich die liebe viel entschüldigen kan / so vermeine [758] ich doch nicht / daß die vergessung einer schuldigen ehrerbietung mit darunter könne gerechnet werden. Wir haben nun nichts gewißers / (sagte die Königin) als einen Krieg von den Celten / zu gewarten: und beklage ich nur / daß die unzeitige liebe so großen haß erregen sol / ein so grimmiges blutbad anzurichten. Es sind alle diese dinge (versezte Aramenes / als er ihre vermutung wegen des kriegs bekråftiget) ehe wir deren ümstände recht wissen / so fr \md als verwundersam / und kan ich ja auch nicht aussinnen / wie der Marsius seine zu Damasco erwiesene große höflichkeit / und hingegen der Cimber seine erkentlichkeit / müße verloren haben.

Sie kamen hiemit in das schloß / alda die K \nigin in ihr zimmer gefůret wurde / und man bald darauf zur malzeit ginge / weil Aramena den tag noch nichtes genossen hatte: wiewol die angst ihr den hunger so sehr vertrieben / daß sie wenig genießen kunte / und nur stäts zu rücke nach dem tempel gedachte / wie es daselbst den guten Prinzessinnen ergehen möchte. Mit dieser ångstlichen sorge verbrachte sie auch folgends die ganze nacht / da des schloßhaubtmanns frau bei ihr die aufwartung verrichtete / weil sie niemand von ihren eignen frauenzimmer bei sich hatte: daher diese mehr mit ihr sprechen und wachen / als der ruhe pflegen kunte. Sobald es nur wieder tagete / stunde sie von ihrem lager auf / und wolte eben zu ihrem bruder gehen / ům zu vernemen / ob noch keine nachricht von den vermuteten Niniviten und Chaldeern zurůcke gekommen wäre / als dieselbe / den Ausicles bei der hand fůrend / da der Elihu und Bethuel ihnen folgten /zu ihr in das zimmer trate.

Wir haben nichtes zu befahren / liebste schwester! (redte er die K \nigin an) maßen dieser bote uns gute[759] post von unserm Prinzessinnen bringet. Der himmel sei dafůr gepreiset! (antwortete die Königin) doch kan ich aus des Elihu und Bethuels traurigem wesen abnemen / daß Ausicles nicht so gar gute zeitung müße mitgebracht haben. Wan sind wol (versezte der K \nig) die verliebten völlig zu frieden / wan sie der gegenwart ihrer geliebten nicht genießen können? zu geschweigen / wan sie selbige müßen in banden wissen. Die hoffnung / (sagte Elihu) die Ausicles uns gegeben / ist mit solcher gefahr vergesellschaftet / daß darum die angst fůr unsere schönen sich nicht mindern låsset. Redet dan / Ausicles! (sagte die begierige Königin) und machet mir auch kund / wie es bei eurem tempel zustehet.

Gnädigste K \nigin! (antwortete dieser hirte) als ich / E. Maj. befehl gemäs / auf alles fleissige acht gabe /was mit den dreien gefangenen Prinzessinnen / und dem Prinzen von Chaldea fürgehen wůrde / sahe ich diese unglückselige durch die priestere in den tempel schleppen / und sie alda / mit großem jubelgeschrei /vor die seule des Teraphim stellen. Das volk drunge /durch alle thore / häufig mit hinein / ům den verlauf mit anzusehen: da dan unsere hirtinnen ingesamt / fürnemlich aber des Labans beide töchter / und diejenige / so diese Prinzessinnen vordeme zu Sarug gekennet /bei aller freudbezeigung der andern / ein erbårmliches weinen und klagen trieben. Der Oberpriester / der vor den Teraphim kniehend sein gebet verrichtet / stunde endlich wieder auf / und sprache dem volk zu / daß sie zu diesem sonderbaren opfer sich zu heiligen håtten / welches zwar erst in zweien tagen solte gehalten werden / weil zuvor / wegen des vergossenen blutes der entleibten / der heilige platz üm den tempel wie der můste gereiniget werden. Aber der Harad / neben den andern von Zoba / wiegelte [760] das volk auf / wider diesen verzug zu sprechen: mit ursache / daß inzwischen / durch E. Maj. oder der Syrer anstellung / diesen gefangenen Prinzessinnen hülfe: wiederfaren könte.

Der Oberpriester und die geistlichen hätten sich vielleicht bereden lassen / die vorhergehende gebråuche einzustellen / wan nicht etwas frömdes dazwischen gekommen wåre / das dem ganzen werk ein andres ansehen gegeben. Es ware der gefangene Sinear auch mit in den tempel gefüret worden. Dieser begunte nun unversehens überlaut zu ruffen: Wiedaß er sich hiemit anb \te / für die Prinzessinnen zu sterben / und / als ein erstgeborner / zu einem Teraphim sich schlachten zu lassen / wovon ja die Mesopotamier größere vergnůgung haben würden / als wan sie dieser unschüldigen ihr blut vergössen. Dieser vortrag des Prinzen von Chaldea / erregte bei allen anwesenden verschiedene meinungen / und hielte es der Oberpriester mit seiner schaar für hochn \tig / daß hierůber der große raht gehalten wůrde / weil vom Teraphim keine antwort mehr zu hoffen wäre. Man name demnach den Sinear / als einen / der sich zum Teraphim willig anerboten / mit ehrerbietung auf / und fürete ihn in das verordnete gewölbe: wie dan auch die drei Prinzessinnen / unter denen die Jemima erst anhube sich kläglich zu gebården / als sie ihren Prinzen in solcher gefahr sahe / in einen besondern ort des tempels gebracht / und etliche priesterinnen ihnen zugeordnet wurden / ihnen an hand zu stehen.

Weil / auser denen von Zoba und dem mehrern teil der geistlichen / alle die andern ein mitleiden gegen die drei sch \ne Prinzessinnen in sich entfanden / als kame es in der versamlung / die gestern abends noch gehalten worden / zu einem gewaltigen streite: und wolten fůrnemlich [761] unsere hirten von Amida und die schåfere aus Paddan-Aran die Prinzessinnen ledig haben / und den Sinear zum Teraphim geschlachtet wissen. Als aber die andere solches widersprachen /ginge man ohne schluß von einander: des vorhabens /heut in aller frůhe wieder zusammen zu kommen. Weil nun unsere hirten ihnen fürgenommen / fåst darauf zu bestehen / und eher einen aufstand zu machen /als zu dulten / daß man fůr den neuen Teraphim diese drei unschüldige Prinzessinnen opfern solte: habe ich nicht unterlassen wollen / solches sofort hier anzumelden / und bin ich diese ganze nacht gegangen / um nicht vermisset / noch von den wachten ersehen zu werden.

Wie låsset sich alles dieses so wol an / (sagte hierauf die K \nigin) unsren Prinzessinnen ihre freiheit zu verschaffen / und müste ich euch beiden / mein Elihu und Bethuel / unrecht geben / wan ihr nun nicht auch hoffnung schöpfen woltet. Die zween verliebte seufzeten / an stat zu antworten / und fületen / bei ihrer sorge / auch eine eifersucht / daß Sinear / zu befreiung der Prinzessinnen / mehr als sie gethan hatte. Daher fasseten sie den schluß / die nächstkommende nacht mit dem Ausicles nach den tempel zu gehen: ům wenigst mit dabei zu seyn / wan die hirten ihren fürgenommenen aufstand werkstellig machen würden / und also fůr ihre Prinzessinnen ihr leben mit zu wagen. Weil sie vermuten konten / daß der König von Syrien und die K \nigin Aramena dieses ihr fürhaben ihnen widersprechen m \chten / als hielten sie es heimlich /und machten sich / gegen den abend / ohne iemands wissen / mit dem Ausicles auf den weg / üm dieses ihr vorhaben ins werk zu stellen. Der K \nig Aramenes /hatte inzwischen reitende boten nach Ninive / Ur und Samosata abgehen [762] lassen / üm der Niniviten und Chaldeer ankunft zu beschleunigen / und den hinterlassenen königlichen personen anzumelden / wie es ihnen alhier erginge. Die Königin / die aus dieser gegend nicht abreisen wolte / die Prinzessinnen von Ausitis wären dan erl \set / verlangte nach der C \lidiane und den anderen: weswegen sie die K \nigin von Syrien schriftlich ersuchte / mit ihrer gesellschaft ehist nach Amida zu kommen / und ihr nicht länger ihre werteste gegenwart vorzuenthalten.

Sie hatte aber auf diese vergnügung vier oder fünf tage zu warten / von denen nun schon zween vorbei waren / als mit frühem morgen der Tharsis / so nach Ninive verschickt gewesen / mit sechstausend auserlesenen Niniviten / und der Chaldeer Belhaddon mit vier tausenden / neben dem Tigris / am fuße des bergschloßes Amida / sich fast zugleich sehen ließen /auch der Aborigener Batto / und der Ausicles / vom tempel zu pferd ankamen. Weil sie alle viere zu einer zeit angemeldet wurdẽ / als erlangte der lezte am ersten verh \re / auf dessen wiederkommen man schon des vorigen tags / wiewol vergeblich / gehoffet hatte. Stehet es noch wol / Ausicles! (fragte der K \nig) oder kommet ihr / unsere hülfe zu begehren? Die ist so hochnötig / (antwortete der hirte / der sich fast aus dem odem geritten hatte) daß kein augenblick zu versaumen ist / wan die Prinzessinnen und der Prinz Sinear sollen beim leben erhalten werden. Es ist / nach langem streiten und gezånke / der schluß dahin gefallen / so wol den Sinear zum Teraphim zu schlachten /als die Prinzessinnen zum sůn-opfer hinzurichten. Heute / gegen den abend / sol beides volzogen werden. Weil Mitreus / mit etlichen tausend Aborigenern / diese tage in der nähe gestanden / und zu uns hirten geschicket / es ihme wißlich zu machen / wan wir seiner hůlfe [763] bedůrften / als ist derselbe / gleich zu uns zu stoßen / bereits ersuchet worden.

Es ist unter der gemeine fåst gestellet / daß man /wan die opferung angehen wird / in den tempel einfalle / ům die Prinzessinnen zu erledigen / und den Sinear zum Teraphim fůr sie schlachten zu lassen. Elihu und Bethuel / die unsere schåfer anfüren / haben dieses / nur der gemeine zu gefallen / mit bejahet: und soll es / wan Gott glück gibet / mit dem Sinear sich auch wol schicken / daß er erlöset werde. Batto / der iezt auch angekommen / hat von seinem König befehl / E. Maj. beiderseits zu begrůßen / und mehrere hülfe / unangesehen er mit den Enakim im bunde ist / anzubieten / wan es solte begehret werden. Weil die Horiten und die andern aus Abagara / von uns einen aufstand / wie auch hülfe von hier / fůr die Prinzessinnen / gewiß vermuten / als haben sie sich in großer månge zusammen gethan / und alle zugånge des tempels wol besetzet und bewahret. Wir werden auch unser gutes vorhaben schwerlich allein ins werk richten / woferne von hier aus der sache kein schleůniger nachdruck gegeben wird.

Nachdem der Ausicles seinen bericht abgelegt /wurde darauf der Batto eiligst vorgelassen / üm dessen anbringen zu vernemen / bevor man anstalt machte / ihre gesamte heers-macht nach dem tempel zu schicken. Batto erstarrete schier / als er der Königin ansichtig wurde / die seinen herrn / fůr allen andren potentaten der welt / ausgewehlet hatte / ihn zum besitzer ihrer unvergleichlichen sch \nheit zu machen. Gleichwie nun sein und aller Aborigener h \chstes verlangen ware / daß es bald mit dieser fůr sie vorteilhaften heurat möchte zu stande kommen / also unterließe er nicht / seines K \nigs liebe der Aramena auf das håftigste fürzubilden / und [764] ihr mehr versicherung davon zu geben / als er im befehl hatte. Die zeit g \nnte es nicht / daß die K \nigin / wie sie wol verlanget / in ein weitlåufiges gespråche sich mit ihm eingelassen hätte: massen nun ihrer aller richten und trachten allein dahin ginge / die bedrangte t \chter des Hiobs zu erretten.

Demnach brache sie kurz ab / und wurden der Tharsis und Belhaddon in das zimmer gefordert: denen man andeutete / daß sie alsofort / unangesehen das volk etwas ermůdet seyn m \chte / nach dem Teraphim-tempel gehen solten. Der dapfere Aramenes wolte sie selber anfüren / und Aramena auch nicht dahinten bleiben / weil sie hierbei / als Königin des landes / das gr \ste anteil hatte. Sie ließe ihr demnach eines von ihres brudern pferden vorfůren / und zeigte sich / neben ihme / den Niniviten und Chaldeern so mutig / daß sie / durch ihre ansichtigung aufgemuntert / von keiner ausgestandenen arbeit mehr wusten / sondern diesem k \niglichen geschwister-par ganz freudig folgten / die aus so l \blicher ursache diesen kriegszug verrichteten.

Als sie an die grånzen des tempels kamen / ließen sie sofort die wachten daselbst auffangen / damit ihre ankunft nicht zu frů lautbar würde: und also thäten sie folgends mit allen / die ihnen begegneten / bis sie nahe an die åusere ringmauren des pråchtigen tempels gelanget. Sie vernamen daselbst / daß im inneren hofe der streit bereits angegangen war. Die häftige liebe des Elihu und Bethuel hatte diese eilfärtigkeit verursachet: massen es fast noch zwo stunden dahin hatte /da die opferung angehen sollen / als sie mit den Aborigenern auf den tempel los gegangen. Die Horiten und die von Zoba / wehrten sich treflich gegen diesem ersten einbruch. Als aber der K \nig Aramenes und seine unvergleichliche [765] schwester dazu kame / wendete sich bald das blat / also daß sie ihre posten verließen /und es / in das gebirge hinein / auf das fliehen legten.

Weil der boshaftige Harad nur fůrnemlich damit ůmginge / wie er sich möchte an den Prinzessinnen von Ausitis rächen / als eilte er / mitten unter dem gefechte / wie er sahe / daß die von seiner seite beguntẽ den kürzeren zu ziehen / in den tempel / des vorsatzes / die Prinzessinnen zu ermorden. Er kame eben dahin / als Sinear sich bei ihnen befande / der aus seinem gefängnis ausgebrochen / und von den fliehenden priestern erfahren hatte / wo seine Prinzessinnen anzutreffen wären. Die wut / mit deren Harad und seine nachfolgende auf sie zusprangen / gabe dem verliebten Sinear bald zu verstehen / worzu diese kåmen: demnach stellte er sich für seine Prinzessin / und wehrte sich so lang mit einem stuck eisen / welches er aus seiner gefängnis-thür gebrochen / bis Elihu und Bethuel dazu kamen: die den Harad mit den seinen nieder gemacht / und also ihre Prinzessinnen erl \set.

Mitlerweile nun diese drei par verliebte ůber solchem ihren glůck-wechsel sich erfreueten / brachen die Chaldeer in den palast der priesterinnen / woselbst auch alle schåferinnen bei diesem lärmen sich verkrochen hatten: und wurden sie nichts gutes daselbst angestellt haben / wan die Königin von Mesopotamien nicht / zu guten glück / dazu gekommen wäre / und sofort / alle priesterinnen samt den hirtinnen in den tempel zusammen zu bringen / und denselben aller orten mit starken wachten zu besetzen / befohlen hätte. Sie wandte sich hierauf nach der andren seite des tempels / da es noch ein scharfes gefechte zwischen den Horiten und den andren schåfern abgabe: und rieffe sie den streitenden zu / daß sie beiderseits einhalten / und die waffen niederlegen [766] [768]solten / weil sie ja brůder / und einer so wol als der andere ihre unterthanen wåren. Die von der gegend Amida / gehorchten sofort ihrer K \nigin. Die verbitterte Horiten hingegen / wolten zwar weichen / aber nicht als gehorsame unterthanen / sondern sie erkieseten die flucht /sich nach dem Taurischen gebirge wendend / alda sie ihre brüder und bundsverwandten hatten.

Weil aber ein geschrei entstanden war / als wan der Chaldeer-Prinz zum Teraphim-priester bereits geschlachtet wåre / brachte dasselbe eine solche verbitterung unter die Chaldeer / daß sie in des oberpriesters palast einbrachen / dahin alle priestere nebẽ ihm sich verkrochen hatten / und in solcher wut dieses gebåude anzündeten. Weil an kein löschen kunte gedacht werden / als namen die flammen jählings überhand: und ward also nicht allein dieser herrliche palast ganz eingeäschert / sondern auch der tempel von dem feuer ergriffen. Die meiste priester verdurben in der fla e / oder fielen durch das schwerd der Chaldeer: und ware es der mitleidigen K \nigin keine můglichkeit / dieses zu verwehren / weil die Niniviten / die den wůtenden Chaldeern hätten steuren k \nnen /nicht bei der hand waren / sondern mit dem K \nig von Syrien unsichtbar worden waren.

Wie nun also auch der tempel zu brennen anfinge /kamen Sinear / Elihu und Bethuel mit ihren dreien Prinzessinnen herfür / und machten das toben der Chaldeer sich in eine ungemeine freude verwandeln /als sie ihren herrn wieder lebendig sahen. Wie nun alle priesterinnen und schäferinnen aus dem tempel /dessen dach bereits in vollen flammen stunde / heraus liefen / stahle die Rahel heimlich den Teraphim hinweg / und verbarge ihn unter ihren rock / als eben der Fürst Laban dazu kame / und keine geringe klage fürete / daß also der große [768] Teraphim / der alte gott der Mesopotamier / solte ganz ausgerottet werden. Sie ůberlieferte ihrem vatter diesen raub: der damit sich ůberseelig schätzend / alles leids vergaße / nun er sich einen besitzer des großen Teraphim sahe. Er beschloße gleich bei sich / diesem gotte in seinem hause zu Haran einen tempel aufzurichten / und ihn daselbst verehrend / alle geheimnise von ihm zu erfahren: welches ihn zu einem von dem allerseeligsten menschen auf erden machen würde.

Inzwischen er nun also in geheim sich hierůber ergezte / und mit dem Teraphim sich auf die seite machte / ware der Königin freude nicht geringer / welche sie über der sch \nen Prinzessinnen von Ausitis wieder-erlangten freiheit hatte. Sie begabe sich mit denselben und ihren geliebten Fůrsten / auch allem frauenzimmer / in den großen vorhof des tempels /weil der brand sie nicht mehr im inneren hofe dulten wolte. Die Aborigener / so wol als die Chaldeer / halfen zwar den hirten nun fleißig leschen: es war aber alles vergebens / und fielen / in frist etlicher stunden /alle diese schöne und herrliche gebåude über einen haufen. Die gottselige K \nigin ware zwar fro / daß hiermit der abg \tterei in Mesopotamien gesteuret wurde: sie håtte aber wol wünschen mögen / daß es nicht durch ein so grausames mittel geschehen wåre.

Die große verwirrung / welche dieser brand überall verursachet / ließe anfangs die K \nigin nicht an ihren bruder gedenken. Wie aber nach und nach kleine haufen von den Niniviten sich wieder einstellten / und bei keinen der K \nig Aramenes zu sehen war / fragte sie endlich / wo dan ihr bruder bliebe? Niemand wuste ihr hierauf rechten bescheid zu geben / und erfuhre sie allein dieses / daß / gleich im anfang des gefechtes /der K \nig [769] mit den Niniviten auf das gröste heer getroffen / welches auf jenseit des tempels / nach dem gebirge zu / vor dem åusern thor gehalten / und / den andren zu hůlf zu kommen / alda einbrechen wollen: das aber Aramenes mit unbeschreiblicher dapferkeit verwehret / und nach langem wiederstande sie in die flucht getrieben. Wo kommet ihr dan ohn den K \nig her? (fragte die Königin / deren das herz begunte schwer zu werden) seit ihr dan von ihm befehligt worden / sondern ihn und allein hieher wieder zu kehren? Er gebote uns / (sagten sie) nach E. Maj. uns üm zu wenden / weil er unser aller im nachjagen nicht vonn \ten zu haben vermeinte. Waren es dann Horiten (fuhre sie fort zu fragen) die ihr in die flucht triebet? Wir haben etliche gefangene von ihnen bei uns / (antworteten sie) die wir im nachjagen ertappet / die werden hiervon bässern bericht / als wir / geben können.

Als nun die K \nigin dieselbe zu sehen begehrte /und man solche vor sie gebracht hatte / wurden sie fůr kinder Enaks vom Taurischen gebirge erkennt; und da die K \nigin sie scharf befragte / woher sie kämen /und was es hierüm für beschaffenheit hätte? gestunden sie / daß sie von dem riesen Sesai / der auf dem nächstbelegenen bergschloße sich befånde / wåren befehligt worden / in zweien haufen hieher zu gehen: da drei tausend von ihnen sich dem tempel genåhert / andere sechstausend aber / eine meile von hier / an dem ufer des Tygris stehen geblieben. Zu was end aber? fragte die K \nigin? Solches wissen wir nicht / (gaben sie zur antwort) und lassen dafür unsere obere sorgen / die uns zu befehlen haben. Diese nachricht brachte nun der K \nigin neue unruhe / und weil alle Horiten /auch die richtere von Amida / und fast die meisten von den fürnemsten aus Abagara / [770] hinweg waren /kunte die K \nigin nicht erfahren / ob diese Enakim beruffen worden / oder von sich selbst gekommen wåren. Sie sandte auf alle wege / die nach dem gebirge gingen / nach dem König von Syrien und den Niniviten sich zu erkundigen: und konte sie / von diesem ausenbleiben des Aramenes / nichts gutes vermuten.

Sie ward aber durch einen neuen aufstand beursachet / alle ihre gedanken dahin zu wenden. Diesen erregten die gesamte hirten / welche / als sie ihres großen Teraphim tempel in die asche sitzen sahen /deswegen ůber die Chaldeer / als dieses brands urhebere / ungedultig wurden / und sich vernemen ließen /wie ihre meinung nur gewesen / die drei Prinzessinnen von Ausitis / nicht aber den Chaldeer-Prinzen zu erretten / als welcher billig ein opfer des großen Teraphim werden sollen. Die abergläubigste unter ihnen /bildeten sich ein / daß der brand noch wůrde zu leschen seyn / wann man die opferung des Sinear fortgehen ließe. Daher kamen sie unversehens / von dem Abinam / Oromedon und Jezer gefüret / er \ffneten dieses ansinnen der K \nigin / und gerieten so fort mit dem Sinear und seinen Chaldeern in ein handgemånge und blutiges gefechte.

Die Königin sahe nicht / wie sie hierbei ihre unterthanen schůtzen / und die Chaldeer begůtigen solte /und stunde daher in großen sorgen: als unvermutlich der Nisan / Athamias / Chebron und Abinael eine kůpferne tafel daher brachten / die sie in einer vom brand zerfallenen seulen des tempels gefunden hatten / und ihrer Königin vorzeigten. Man fande diese worte darein gegraben:


[771] Wann das geschlechte des Sems / das land zwischen den beiden wassern / wird besitzen / so sol alsdan der einwonere wahre glůckseeligkeit angehen: wann ihre götter verstummen / ihre tempel verbrennen / und sie unter der regirung von des Japhets nachko en geraten werden.


Auf der andern seite / gaben sich folgende worte zu lesen:


Die große Sambethis / unsers vatters Noa ehefrau / hat diese warsagung ihren nachko en hinterlassen: die / bei erbauung des fůrtrefflichen tempels des Teraphim / von der Königin Semiramis zu Babel / in diese seule / zu ewig-wärendem gedächtnis / vermauret / und der nachwelt auf bewahret worden.


Nichts erwůnschters / als dieses / hätte damals der K \nigin kommen k \nnen / und hoffete sie hierdurch ihre hirten zu befriedigen: wie sie dan gleich unter die streitende ausruffen ließe / daß sie aus ihren mittel etliche zu ihr senden solten / ům diese gefundene tafel zu lesen. Timonax und Nebod stellten sich darauf ein / welchen almåhlich mehrere folgten / indem der innhalt dieser warsagung sich nach und ausbreitete: da die verwunderung / ihrem fůrwitz gleichend / sie sofort die waffen niederlegen / und der großen Sambethis glauben machte. Es erfolgte eine plötzliche gemůts-beruhigung / als sie vernamen / daß / bei verstummung ihrer g \tter / wie auch bei einäscherung ihrer tempel / ihre wahre glückseligkeit erst angehen solte. Sehet / meine lieben! (sagte die Königin zu ihnen) ihr gewinnet / bei eurem verlust / [772] und sol die verstummung des Teraphim / wie auch die zerst \rung dieses tempels / euch gar nicht schaden / sondern vielmehr hoch ersprieslich fallen. Darum wütet nicht ferner wider die unschüldigen / sondern beruhigt eure gemüter / wann ihr das ende dieser profezeiung erleben wollet. Diese wenig worte der sch \nen Aramena hatten so viel kraft / daß im augenblick / nicht allein friede wurde / sondern auch eine allgemeine freude und jubiliren unter dem volk entstunde: da sie nicht mehr / wie zuvor / den verlust ihres großen Teraphim beweinten / sondern dem himmel dankten / der ihnen dadurch diese warsagung lassen kund werden / die ihnen so viel gutes verhieße. Für den nachkommen des Japhets der ůber sie regiren solte / hielten sie den Tuscus Sicanus: welches die anwesende Aborigener bekräftigen / und / in betrachtung ihrer wunderschönen Königin / ihres Königs glückseligkeit himmel an erhuben.

Man sahe hierauf keinen so großen eifer mehr / den brand zu löschen / und muste die K \nigin durch die finger sehen / indem sie das silber und andere herrliche geråte / so im schatz des tempels aufbehalten worden / unter sich teilten / und alles preis machten. Weil die Königin den ganzen tag keine speise zu sich genommen / auch das heer sehr abgemattet war / als wurde die verordnung gemacht / daß man im blachen felde sich zum essen lagerte: da die jenigen / so kurz vorher feindlich auf einander los gegangen / einander auf das freundlichste bewirteten / und alles / was sie kunten / herbei trugen. Es brache bereits der abend herein / wie diese feld-malzeit gehalten wurde / die zwar den gemeinen bäßer schmeckte / als den vornemen personen: maßen die ausgestandene todes-angst der drei sch \nen Prinzessinnen / und ihrer drei liebhabere große furcht für sie / auch der [773] sch \nen K \nigin sorge für ihren ausbleibenden bruder / ihnen allen hunger bename.

Endlich kame Tharsis / mit einer zimlichen anzahl seiner Niniviten / daher gerennt: welcher / wie er vor die Königin gekommen / ihr diese betrübte post brachte / daß der K \nig von Syrien gefangen wäre. Die sch \ne Aramena erblassete allerdings / wie sie diese zeitung vername / und hatte nicht das verm \gen / den Tharsis zu fragen / wie solches wäre zu gegangen: der aber von selbst ihr hiervon folgenden bericht abstattete. Als der K \nig von Syrien / (sagte er) vier tausend meiner mitgebrachten Niniviten / gegen das heer der vermeinten Horiten anfürete / die an dem hintern thor des tempels sich sehen ließen / traffen wir auf dieselbe mit solcher gewalt / daß / nach langem gefechte / sie den stand nicht hielten / sondern die flucht nach dem gebirge erkieseten. Der K \nig sezte /mit uns andren / ihnen dapfer nach. Weil er aber an E. Maj. zurück gedachte / als musten / zu den zwei tausend hier-gebliebenen Niniviten / sich viele von unsrem haufen absondern / und den růckweg nemen. Hierdurch wurden wir nun so geschwächet / daß / als uns an des Tigris ufer unvermutlich ein neues heer der Enaks-kinder begegnete / wir denselben nicht zu widerstehen vermochten: weil sie uns gleich an allen seiten ũmringten / und mit denen / die wir bisher gejaget / ein heer von acht in neun tausend machten.

Ungeacht dessen / stritte der König Aramenes / wie ein ergrimmter leue / und verrichtete wunderdinge unter diesen riesen / die ihn aber gefangen bekamen: und weil es ihnen üm des Königs person allein zu thun war / als ließen sie uns alle ungehintert unsres wegs reiten / fůrgebend / wiedaß sie wider die Niniviten nichtes håtten / sondern derer freunde verbleiben wolten. Weil [774] ich nun alda nichtes mehr auszurichten vermochte / auch daneben nicht wuste / wie es E. Maj. alhier ergehen m \chte / name ich die freiheit an /und eilte hieher zurůcke / diesen unfall E. Maj. zu berichten. Ich kan aber mit allen bei mir habenden beteuren / daß / wie gerne wir unser leben hierbei allerseits aufgesetzet hätten / uns lauter unmüglich gewesen / diesen unfall zu verhintern / und selbigen durch unser blut abzuwenden.

Es ist / sonder zweifel / (antwortete hierauf die K \nigin) hiebei verräterei fürgegangen / und weiset es sich nun aus / was die geheime zusammenkunft auf dem Taurischen gebirge bedeute. Hiermit sich zu den Aborigenern wendend / welche neben andren / als Tharsis angekommen / hinzu gedrungen waren / sagte sie: Wollet dan ihr oder euer K \nig dieses dulten /daß man mit dem großen K \nig von Syrien also verfahre? und wird Tuscus Sicanus / da er die schwester liebet / den bruder in der riesen händen lassen k \nnen? Batto und die andere anwesende kriegsbediente der Aborigener / beteureten hierauf einmůtig / daß man dieses an den riesen rächen und den K \nig los machen müste. Die Niniviten brachten damit etliche gefangene herfůr / die / in scharfer verh \r / aussagten: wiedaß der Sesai den verweser von Amida / den Demas / lassen gefangen nemen / und zwar deswegen wie verlauten wollen / weil er entdecket / wie man gesonnen gewesen / die K \nigin zu entfüren. Es hätte auch gemeldter Sesai / nach erhaltener nachricht / wie man die Prinzessinnen von Ausitis erl \sen würde /diesen anschlag gemacht / und ein heer von neun tausenden nach dem tempel geschicket / ům / wie nun geschehen / sich des K \nigs von Syrien zu bemåchtigen / und ihn auf ein vestes bergschloß zu entfüren / alwo der K \nig von Basan sich aufhielte. [775] Vermutlich (sagte hierauf die ungedultige Aramena) bin ich / an stat meines bruders / damit gemeinet gewesen. Wollet ihr aber wol / Prinz Sinear! und ihr / edle Chaldeer! zugeben / daß der große Aramenes / üm euret willen /solche schmach erleide? und k \nnet ihr Niniviten dieses verschmerzen / daß man euren anfůrer dergestalt hinweg genommen? Die dapfere Aborigener / wie auch meine Mesopotamier und Syrer / bedörfen keines vermanens: weil ich schon versichert bin / daß sie lieber ihr leben darbei aufsetzen / als den Syrischen Monarchen in der gefängnis lassen werden. Ein allgemeines geschrei aller anwesenden völker / entstunde auf diese worte / und wolte immer einer mehr als der andere seinen eifer sehen lassen / diese begangene frechheit des Sesai abzustraffen.

Die K \nigin ginge sofort mit dem Sinear / Elihu /Bethuel / Tharsis / Batto / Mitreus / Belhaddon und dem alten Thebah / in ein gezelt: da sie sich berieten /was hiebei würde fürzunemen seyn. Der schluß ginge einhällig dahin / daß man / mit anbrechendem tag /das bergschloß berennen und stürmen / auch durch den Mitreus / den Königen von Babel / Elassar und der Aborigener / wie auch den Celten / des Sesai unfug fůrstellen / und hůlfe von ihnen / oder wenigst von dem Tuscus Sicanus / begehren solte. Also wurde / an stat der ben \tigten ruhe / die ganze nacht hindurch / zu dem beschloßenen fůrhaben anstalt gemacht / und blieben alle soldaten in den waffen / ům gegen allem ůberfall fårtig zu seyn / wan etwan die benachbarte riesen etwas feindliches beginnen wolten. Um auch den unruhigen Mesopotamieen alle gelegenheit zu neuem lärmen zu benemen / ward auf einer langen stange / die gefundene tafel mit der Sambethis warsagung aufgestellet / und [776] ein großes feuer ůmher angezůndet / damit ein jeder die schrift lesen k \nte. Die K \nigin verordnete auch / daß alle diejenigen / so nicht mit zu kriege wolten / oder darbei nichts nützeten / sich wieder nach ihren hůtten wenden solten: da sie von den schåferinnen / allein die Amphilite bei sich behielte.

Also name Laban / neben seinen beiden t \chtern /noch ehe es tagete / seinen abschied von der Königin /welches an seite der Lea und Rahel nicht ohne trenen abginge: und weil sie auf Samosata reisen wolten / als gabe sie ihnen dahin verschiedene befehle mit / an die k \nigliche personen; wiewol sie vermutete / daß selbige bereits auf der herreise begriffen seyn würden. Abinael / Timonax / Ausicles / Athamias und Nisan /wolten dem beispiel des Elihu und Bethuel folgen /und soldaten mit abgeben; das dan ihren jungen schåferinnen kein geringes leiden verursachte / welche gerne bei der Königin geblieben wåren / aber sich dessen nicht dorften merken lossen. Die priesterinnen des Teraphim / gaben sich alle mit unter die schäfergesellschaft / üm nach Edessa zu gehen / und bliebe von denen allein die Prinzessin Rahabine zurůcke /die / neben den dreien Prinzessinnen von Ausitis / nirgend sicherer / als bei der Königin von Mesopotamien / sich aufzuhalten wusten. Telecles und die frauen der richtere / auch alle die / so unter das geschlechte der Horiten sich rechneten / auser der betrůbten Sataspe und Aneriste / waren schon in das gebirge geflohen. Diese růckreise / wurde zugleich mit dem aufbruch der K \nigin angetretten / als die morgenröte nun wieder begunte herfůr zu brechen. Es ware / das fest des Teraphim / wol nie / als dieses lezte mal / so unruhig beschlossen worden: und truge man die gefundene tafel / gleich als im triumfe / voran / ům sich / bei deren anschauung / [777] zu trösten / daß sie bei einåscherung ihres tempels nichts verloren håtten. Elihu und Bethuel hatten / unter allen hirten von Mesopotamien / vier tausend dapfere jünglinge ausgesuchet / die /mit den sechs tausend Niniviten / deren wenig in dem gestrigen scharmůtzeln geblieben waren / und den vier tausend Chaldeern / auch so vielen Aborigenern /und tausend Syrern / neunzehen tausend man auserlesenes volk machten: und wurden sie / von der schönsten K \nigin selber / nach dem gebirge gefůret.

Mitreus / der zu den K \nigen üm hůlfe reisen solte / begleitete die K \nigin einen guten weg / und h \rete tausend versicherungen aus der holdseligen Aramena munde / die er von ihrer beståndigen liebe / dem Tuscus Sicanus / als ihrem einig-geliebten Cimber / ůberbringen solte. Weil er / wegen der bande seines Königs / von etwas anders zu reden unfåhig war / auch sonst nit nützlich befande / die K \nigin von neuem irre zu machen / als verschwiege er ihr / wie er den Tuscus Sicanus / von deme er vor dreien tagen ge kommen war / gefunden hatte / und kunte in seinem herzen nicht gnug bewundern / daß er so große liebe bei der K \nigin / und hingegen so schlechte erkentlichkeit bei diesem König verfpůren můssen. Wie er nun endlich seinen abschied genommen / da ihm der Batto verschiedene junge Aborigener zum schutzgeleite mitgegeben / ritte er mit denselben auf die andere seite eines hohen berges / da er das ganze heer eine gute weile vor sich im thal sehen kunte.

Auf diesem weg ließe er von einem jungen Aborigener / mit dem er auf der herreise kentnis gemacht /ihm erzehlen / was ihme von ihres K \nigs zustand kündig ware: ům etwan daraus abzumerken / woher die kaltsinnigkeit des Tuscus Sicanus gegen der K \nigin [778] eigentlich herrüren m \chte. So lang ich meinen König kenne (sagte dieser Aborigener) das zwar nur etliche wochen austråget / weil ich erst neulich aus unsrem lande der Aborigener bin hieher gekommen /habe ich nichts anders / als eine tiefe traurigkeit / an ihm erkennen können. Ich erlangte das glück / ihn das erstemal auf diesem gebirge zu sehen / als er aus Mesopotamien kame / da er eine weile unbekant sich aufgehalten. Er bliebe aber wenig tage bei seinen Aborigenern / und reisete sofort wieder ab / nach dem König von Basan: welcher damals / wie man vermeinte / im hinter-gebirge gegen Ararat solte anzutreffen seyn. Ich begleitete den König auf dieser reise / da er mit dem Prinzen von Ammon / und mit des Celtischen Fůrsten Trebetes sohne / stäts geheime unterredung hielte.

Als wir zu den riesen an die grånze des berges Ararat gekommen / fanden wir den K \nig von Basan nicht daselbst / und vernamen anderweit / daß bei denen Fůrsten von Seir / die unferne von dar ihre gezelte aufgeschlagen / der große Edom sich befinden solte / da auch von einer Ahalibama geredet wurde /die dieser held liebte. Dieses kame allen / die es hörten / gar fr \md vor / weil die Seirische Fürsten zu dem ende auf das gebirge gekommen / wieder diesen besitzer ihres landes mit den Enakim einen bund zu schließen. Es hatte aber / der name Ahalibama / bei meinem K \nig die sonderbare kraft / ihn dahin eilen zu machen / üm dieselbe zu sehen. Aber ein schreiben von den Celten / neben etlichen abgeschikten von den unsern / hinterten ihn an diesem fürnemen / und machten uns auf die rükkehr gedenken.

Wir fanden bei uns die Könige von Babel und Elassar / mit des Marsius beiden schwestern / die den[779] Tuscus Sicanus entfingen / und / mit allen Celten und Aborigenern / ihme die Königin von Mesopotamien zur ehe antrugen. Der K \nig Marsius hatte selbst hierein gewilligt / ob er gleich diese sch \ne håftig liebte / und ware / den abend vor unserer ankunft /heimlich hinweg gezogen: üm nicht gehalten zu seyn /seinem freunde und mitbuler seine bereitete glůckseeligkeit selbst anzukůnden. Man hätte nun vermeinen sollen / daß dieses bisher meinem König auf den herzen gelegen / und seine traurigkeit ihm benemen sollen. Aber es erfolgte das gerade widerspiel: massen die vorige unruhe weit geringer war / als die jenige /die er nach diesem zu erweisen begunte. Weil ich ihme von der Königin Valentia / seiner fraumutter /sonderlich war anbefohlen worden / als hatte ich die gnade / stäts in seinem zimmer und ům ihn zu seyn: da ich dan \fters aus den reden / die er mit dem Midaspes seinem leibarzt fůrete / abnemen kunte / daß er einen großen kampf in sich entfande / dem König von Basan seine so sehr-geliebte K \nigin abzunemen / da Midaspes ihme deswegen immer zusprache.

Inzwischen kamet ihr / mein herr! zu uns / ům hülfe für die Prinzessinnen / die man dem Teraphim opfern wolte / zu erlangen. Weil die anwesende riesen ein mehrers nicht wolten geschehen lassen / als gingen der unsrigen nur viertausend hieher: da dan Midaspes den K \nig åuserst / aber vergeblich / bate / seiner K \nigin zu gefallen / selbst mit zu gehen / und ihr /zu bezeigung seiner liebe / diesen dienst zu erweisen. Was die ursach dieser seiner unentschlossenheit sei /das kan ich nicht sagen. Es erscheinet aber / daß / die freundschaft zwischen ihme und dem König von Basan / große reitzung hierzu gebe / und daß / das mitleiden fůr den Marsius / die liebe gegen die Königin überwågen müße. Wan dan euer König [780] (sagte hierauf Mitreus) ein so ungemeiner freund des Königs von Basan ist / was werde dan ich in meiner gesandschaft bei ihm auszurichten verm \gen? wird er auch wol / meines K \nigs båstes zu f \rdern / wider die von Basan streiten wollen? Ich vermeine wol nicht / (antwortete der Aborigener /) daß iemand dieses dem König von Syrien erwiesenes unrecht werde billigen können / worzu auch unser König viel zu grosmůtig ist.

Mit dergleichen gespråchen kůrzten diese reisende einander den weg / und weil in der eilfårtigkeit viel bestunde / als namen sie unterwegs im gebirge frische maulthiere / um desto geschwinder fort zu kommen. Weil sie / den ganzen tag / also darauf jagten / als gelangten sie / gegen antretender nacht / an das heerlager der Königin: alda sie / in vielen gezelten / den Baleus mit der Hercinde / den Hiarbas mit der Mirina /und den Tuscus Sicanus / neben den fürnemsten der Enaks-kinder / und das heer der Aborigener / beisammen fanden. Mitreus wolte nicht verziehen / bis der tag anbrechen möchte / sondern ließe sich gleich bei dem K \nig der Aborigener anmelden: bei dem er seine gewönliche gesellschaft / den getreuen Midaspes / und ihn / an stat der ben \tigten ruhe / sich mit ihm unterredend / fande. Dieser König vermeinte /wie Mitreus sich anmelden ließe / daß dessen anbringen seyn wůrde / von der hülfe / die er nach des Teraphim tempel geschicket. Als er aber ihn vor sich kommen lassen / vername er / mit nicht-geringer bestůrzung / die gefängnis des K \nigs in Syrien / und daß daran der König in Basan schuld haben solte: welches ihn so unmůglich dünkte / als höchst es ihn befrömdete. Er fande auch diese sache von so großer wichtigkeit / daß sie so fort eine beratschlagung erforderte. Demnach / weil [781] er ohnedas noch in den nachtkleidern sich befande / legte er geschwind seine kleider wieder an / und den Mitreus bei der hand nemend / ginge er mit ihm nach des K \niges von Babel gezelt: welchen er / ob er gleich mit seiner liebsten Hercinde schon zur ruhe war / nach habender freiheit / aufweckte /und ihm diese fr \mde zeitung sagete.

So sehr er zuvor selbst darůber erschrocken / so sehr erschreckte er auch damit den Baleus: der es anfangs nicht glauben kunte / bis Mitreus es ihme mit allen ůmstånden erzehlte. Die K \nigin Hercinde wolte ihren bruder / von deme sie bis dahin nichts gewißes erfahren können / verteidigen / mit dem vorwand seiner großen liebe / die er jederzeit zu dem K \nig von Syrien getragen: weswegen er unmöglich hierum wissen könte / und zweifels ohn alles allein von dem Sesai würde angestellet seyn. Dieses kame aber den andren nicht glaublich für / und erforderte man ferner den König Hiarbas / wie auch von den Celten die beide Prinzen Suevus und Trebetes / (Baalis und Daces waren nicht zugegen / und hatten sich tiefer in das gebirge befunden) neben etlichen der fůrnemsten von den Enakim / als den Gelanor und Hur / üm hierüber raht zu halten. Wie nun diese in des K \nigs von Babel gezelt gekommen / muste Mitreus in ein eignes gezelt / daß sie ihm einraumen ließen / abtreten / und er \ffnete hierauf der Baleus / was ihn bewogen / sie in so spater nacht ersuchen zu lassen. Keiner unter ihnen allen ware / der nicht anfangs große bestürzung und verwunderung hierüber blicken ließe: und so fro die beide Celtische Fürsten wurden / daß sie nun erfuhren / wo ihr K \nig geblieben / so wenig kunten sie sich darein finden / daß er dieses wider den König von Syrien solte angestellt haben. Wiewol auch [782] nicht alle dem Aramenes im herzen gut waren / so wusten sie doch nicht zu billigen / daß man den krieg wider Syrien / der von so großem bedenken war / auf solche weise anfahen solte.

Die Königin Mirina kame indem auch zu ihnen /die dan sofort / als sie dieses vernommen / zum krieg riete / und behaubten wolte / daß ihr bruder / der Marsius / durch verweigerung der Aramena / genug wåre beschimpfet und veranlasset worden / solcher gestalt seine rache fürzunemen. Aber Tuscus Sicanus widersprache dieses / wie auch Baleus / und sagte der erste: Er befånde sich verbunden / der K \nigin von Mesopotamien / zu wiederbefreiung ihres bruders / auf alle weise und wege beizustehen. Suevus und Trebetes baten den Tuscus Sicanus / hierinn sich nicht zu ůbereilen: und ob sie es gleich nicht deutlich meldeten / so merkte man doch so viel / daß sie der Mirina meinung beipflichteten. Gelanor und Hur aber / in betracht /daß ihre brůder unter dem Sesai dieses zu werk gerichtet / widersprachen dem Tuscus Sicanus \ffentlich / und boten sich an / daß sie gleich nach dem Sesai schicken / und ehe man etwas schlöße / von diesem handel erkundigung einziehen wolten. Trebetes und Suevus fielen dieser meinung bei / und kame es also /bei dieser ersten unterredung / zu keinem gewißen schluße / welcher bis auf den anderen tag ausgestellet wurde.

Sobald nun derselbe erschienen / ließen die riesen Avi und Rekem / von dem Sesai abgeschicket / sich anmelden: deren anbringen zu vernemen / man höchstbegierig wurde / und darům sie sofort in des K \nigs von Babel gezelt fürete / dahin alle anwesende Könige und große sich versamleten. Als nun / die riesen / unter denselben den K \nig der Aborigener erblikten / wolten sie / [783] in dessen gegenwart ihren vortrag nicht ablegen / und entschüldigten sich deswegen auf aller glimpflichste. Wolan! (sagte Tuscus Sicanus) wan ihr an mich nicht mit abgeschicket seit / so wil ich gern diese versamlung verlassen / ům deren nicht hinterlich zu seyn / daß sie ihre begierde bald vergnüget sehen. Hiemit ginge er hinaus / und finge folgends der Avi also an zu reden. Es zweiflet der Sesai / so uns abgefårtigt / ganz und gar nicht / es werde sein beginnen sehr frömd und ungleich aufgenommen worden seyn / daß er / ohne vorgepflogenen raht / sich der that unternommen / einen gewaltigen König gefangen zu setzen. Weil es aber das leben des unvergleichlichen Marsius betrifft / der allhier zwo schwestern / zween schwågere / auch bluts- und bundsverwandten zehlet / als zweiflet der Sesai gleichfalls nicht / wan die ursach alhier offenbar wird / daß sein verfahren eher werde gelobt als getadelt werden.

Es befindet sich dieser große held / der Marsius /der seine lebtage in allen dingen unüberwindlich gewesen / auser daß ihn die liebe übermeistern müssen /auf meinem berghause: dahin er so heimlich gekommen / damit niemand von den seinigen ihn abhalten oder hintern m \ge / in den schmerzlichsten gram sich zu vertiefen / und darinn / seinem verlangen nach /bald den geist aufzugeben. Die ursach seines grams ist / die Mesopotamische Königin: welche / ob er sie gleich dem K \nig der Aborigener / weil der von ihr ihme fůrgezogen wird / gutwillig überlassen / dennoch aus seinem gedächtnis nicht kan gebannet wer den / sondern fähig ist / diesen großen Monarchen in das grab zu bringen. Dieses hat den getreuen Sesai bewogen / auf mittel zu gedenken / damit dieser unvergleichliche held beim leben erhalten werde. [784] Nun ist aber kein andres vorhanden / als daß er die sch \ne K \nigin Aramena erlange. Was nun mit dem König von Syrien fůrgenommen worden / daß zielet alles dahin / diese heurat zu stande zu bringen. Demnach låsset der Sesai E. Maj. allerseits versichern und vermanen / daß sie nichts widriges hierbei befahren sollen / sondern ihn allein machen lassen / und dieses dinges sich nicht annemen wollen: und verspricht er /mit hůlfe des himmels / unfehlbar zu seinem vorhaben zu gelangen.

Es war zwar keiner unter des Avi zuh \rern / der nicht in seinem herzen gewůnscht håtte / daß / durch dieses beginnen des Sesai / der unvergleichliche Marsius hätte können in ruhe gebracht werden. Es wolte aber keinem in den sinn / daß dieses das rechte mittel wäre: daher zwischen ihnen ein großes fragen und ratschlagen entstunde. Der Avi und Rekem blieben dabei / sich deutlicher erklärend / daß Sesai bei verlust seiner ehre / in wenig tagen das halten wolte / was er hiemit versprochen hatte. Sie berichteten auch ferner /wie des Avi berghaus von der K \nigin zu Mesopotamien vorigen tags berennet worden / solches aber zu eroberen eine unmůglichkeit wåre. Es befänden sich auch daroben / neben den beiden Königen / alle flüchtige Horiten aus Abagara / wie auch der Oberpriester Telecles / und etliche der richtere aus Mesopotamien: die alle einhällig dahin zielten / daß nicht Tuscus Sicanus / sondern der Marsius / ihre Königin haben solte und müste. Haben dan die beide Könige (fragte Baleus) die vordeme in so vertraulicher freundschaft gelebet / einander nicht gesprochen? Der große Marsius (antwortete Rekem) weiß von allen diesen fůrgegangenen dingen noch nichtes / kommet auch nicht aus seinem zimmer / und darf niemand / [785] als der einige Sesai / zu ihm gehen. Wie sol man (finge Hercinde an) dem König der Aborigener die liebe wieder benemen / die ihm einzubringen uns můhe gekostet? Es vermeinet Sesai / (sagte hierauf der Avi /) daß / da es des großen Marsius leben betrifft / man den König der Aborigener dabei nicht anzusehen habe: und treibet ihn die treue fůr seinen K \nig dazu / ihm fůrgenommener massen zu dienen / wañ auch alle welt /das doch nicht vermutlich ist / ihn verlassen solte.

Wie nun dergestalt diese beide abgeschickte ihr gewerbe allerdings angebracht / hieße man sie hinaus gehen: und fiele nach langer beratschlagung / ihrer aller einhellige meinung dahin / daß / unangesehen man nicht begreifen k \nte / was Sesai eigentlich vorhätte / man doch ihme nicht hinterlich seyn / und inzwischen den Tuscus Sicanus aufhalten solte / mit der hůlfe nicht zu sehr zu eilen / die er der K \nigin Aramena zuzuschicken gewillet war / weil ja dieser handel sich in wenig tagen enden solte. Die K \nigin Hercinde ůbername / dem König der Aborigener beizubringen / was fůr neue beschwernise in seiner liebe sich herfürthåten: und ward ferner beschlossen / daß mit dem Avi und Rekem etliche zu dem Sesai zurücke gesendet / hingegẽ Mitreus bei ihnen aufgehalten /und dabei auf alles ein wachsames auge solte geschlagen werden. Den riesen Gelanor traffe die wahl / diese reise nach dem Sesai zu übernemen: und ob wol der Suevus und Trebetes ein herzliches verlangen nach ihrem K \nig erwiesen / so dorften sie doch an diese mitreise nicht gedenken / weil Avi und Rekem nicht gut dafůr sagen wolte / daß Sesai sie einlassen wůrde. Wie nun diese drei riesen miteinander abgereiset / beschlosse man / der gesandten anbringen heimlich zu halten / ob gleich die belagerung des schloßes / und dessen ursach / [786] ruchtbar war: massen es unter den Babyloniern / Celten / Aborigenern und riesen / hiervon allerhand reden gabe.

Weil inzwischen die K \nigin von Mesopotamien das bergschlos nåher ůmlagert / als fanden die gesandten den paß verrennt / durch welchen sie heraus gekommen waren daher sie fast nicht sahen / wie sie es angreifen solten / wieder hinein zu kommen. Weil sie aber in allen kriegs-rånken wol geübet waren / als verbargen sie sich / bis die nacht anbrache: da sie /durch die wacht der Aborigener glücklich durchkamen / und fürter auf die Syrer stießen. Sie hörten / vor dem gezelte / etliche miteinander reden / und schlichen /sie zu behorchen / ganz leise hinzu / da sie dan folgendes gespräche vernamen. Wie hat doch / (sagte einer) des Sesai anmuten die Königin erschrecket! sie sol / ungeacht sie sonst so wachsam gewesen / heute noch nicht aus ihrem gezelte gekommen seyn. Ich zweifle nicht / (antwortete ein andrer Syrer) sie werde / unsrem K \nig das leben zu retten / sich dazu verstehen / was ihr die riesen angesonnen. Ich aber zweifle sehr daran / (sagte der dritte) und besorge / sie werde den Tuscus Sicanus nicht verlassen wollen: auf welchen fall ich dann anstehen müste / ob wir Syrer nicht gehalten wären / aus pflicht gegen unsrem K \nig /selbst dahin zutrachten / daß die K \nigin von Mesopotamien zu der fürgeschlagenen heurat gebracht wůrde. Die Mesopotamier (antwortete der erste) wolten wir wol auf unsere seite bringen / die sind aber hier nicht viel stärker als wir; und müßen wir die Aborigener scheuen / die da nimmermehr das recht /so ihnen an der K \nigin Aramena zustehet / werden fahren lassen.

Weil hierauf ein und andres geräusch den Avi und seine gefårten hinterte / ein mehrers zu vernemen / als begaben [787] sie sich in der stille von dannen / und fragte Gelanor die andern / was sie von diesem gespräche hielten? Diese gestunden ihm hierauf / ům damit nicht so geheim gegen ihme zu seyn / als wie sie notwendig bei den K \nigen gewesen / wiedaß der Sesai der K \nigin von Mesopotamien ansagen lassen / sich innerhalb vier tagen zu erklären / ob sie den König von Basan heuraten wolte: nach deren verfließung / und auf ihre verweigerung / sie ihr das haubt ihres liebsten brudern herab senden / und sie also zu einer ursacherin machen wolten / daß Syrien seinen König verlieren můßen. Nun kan ich begreifen / (sagte Gelanor /) was diese Syrer geredet. Damit gingen sie fůrter / und kamen ungehintert durch alle wachten / bis an den schmalen fussteig / der sie auf das schloß hinauf fůrete. Diesen schmalen weg kunte nur ein mensche steigen / und war er ůberdas auf allen absetzen in den felsen mit mañschaft besetzet / daß man also fast unmũglich hinauf kommen kunte. Weil er auch mit gebüsche und gestråuche håufig bewachsen war / als verursachte das geråusche / daß die nächste wacht der Niniviten ihrer gewar wurde / und alsofort lärmen machte.

Wie nun die haubtleute zusammen gekommen / und einen ůberfall vom feind befahreten / blieben sie auf ihrer hut / bis der tag anbrache: da sie im sande die fusstapfen derer erkenten / die den berg hinauf gegangen waren. Man urteilte gleich daraus / daß dieses einen geheimen zugang bedeuten wůrde. Man brachte solches alsofort vor die K \nigin: welche / gleichwie den vorigen tag / also auch die ganze nacht hindurch /in t \dlicher qwal um ihren liebsten bruder geschwebet / und stäts die grausame worte des Sesai ihr wiederholend / in der wahl sich abängstete / welchen sie von ihren beiden liebsten [788] freunden erkiesen oder verlassen solte. Gleichwie ihr aber dieser bericht etwas hoffnung machte daß es noch einiger maßen můglich seyn k \nte / das schloß zu stürmen / als wolte sie durch solchen weg ihr leztes und äuserstes heil versuchen /ihren bruder zu retten. Sie berieffe deshalben alle vorneme kriegs-haubtleute zu sich / und vermanete sie /es an diesem orte zu wagen / ob sie die burg ersteigen möchten. Gedenket / (sagte sie zu dem Sinear) daß der König / mein bruder / euer und eurer Prinzessinnen wegen in dieses ungemach gekommen: darum stehet mir nun auch dapfer bei / ihn befreien zu helfen. E. Maj. haben nicht vonn \ten / (antwortete Sinear) dem jenigen diese vermanung zu geben / der von selbst sich schuldig erkennet / sein gut und blut fůr den großen Aramenes aufzusetzen. Und daß E. Maj. sehen / wie bei mir werke und worte übereinstimmen /so wil ich der erste seyn / der mit seinem fůrbild andren weise / wie man müße in E. Maj. dienste sein leben in die schanze schlagen.

Als er diß gesagt / name er seinen schild über den arm / und ůberlaut ruffend / daß ieder ihm folgen solte / der den namen eines dapfern helden begehrte davon zu tragen / ginge er den felsen hinan / da das ganze lager / ihm nachzufolgen / sich aufmachte / und also das stůrmen anhuben. Die K \nigin ware selbst mit zugegen / und achtete nicht den gewaltigen hagel der pfeile und steine / die die riesen auf einmal ließen auf diese stůrmende herab fallen: massen auch ein pfeil /der Königin rechte schulter dergestalt růrete / daß sie /dadurch verwundet / und also abgemattet / in ihr gezelt sich zurücke begeben muste. Der eifer / ihren bruder zu erlösen / ließe ihr kaum zu / daß sie erlaubte /nach der wunde zu sehen / und muste man ihr immer post bringen / wie [789] es den stürmenden erginge. Aber alle zeitungen brachten mit / wie es eine lautere unmüglichkeit wäre / und daß dieses das rechte mittel seyn wůrde / das ganze heer auf einmal zu verderben.

Dieses brachte ihr / aus ungedult / die tränen in die augen / und sahe sie indem / ganz unvermutlich /zehen K \nige / als den von Ninive / Egypten / Ophir /Cus / Elam / Saba / Meden / Sichem / Hazor und Jericho / und die Prinzen Adonisedech / Jethur und Ephron / samt den Syrischen Fůrsten / zu ihr in das gezelt treten: die von Samosata kamen / und sie in solchem unmut findende / dessen ursache ihnen bekant war /sie höchlich beklagten / und ihr zugleich ihre dienste /so wol in eigener person / als mit ihrer macht / anboten. Werte helden! (sagte sie zu ihnen) was hilft mir euer anerbieten / da keine menschliche macht mir förderlich seyn kan / den Aramenes aus seinen banden zu befreien. Das müste nicht gut seyn / (antwortete Dison) daß menschen nicht solten dahin gelangen k \nnen / was menschen hände gemacht haben: und getraue ich mir / wann ich nur die geringste \ffnung finde / hindurch zu kommen. Auf solche weise redeten auch die andern: und wie der Hemor / neben dem Ariates und Jebus / die die Königin noch nicht in Mesopotamien gesehen hatten / ihre begrůßungen nach beschaffenheit damaliger ůmstånde eiligst bei ihr abgeleget / folgten sie / såmtlich dem Dison nach / üm dieses berghaus zu stürmen / und den Aramenes zu befreien. Alle die verwundte / so zurücke kamen / vermochten sie nicht von diesem kůnen fürhaben abzuschrecken / und wurden sie von ihrem muht angefeuret / auch gar wider die unmůglichkeit zu streiten /und sich solcher dinge zu unternemen / die kein mensch ausrichten kunte.

Weil der König von Ninive am hitzigsten daran[790] ginge / als erlangte er endlich für seine person den zugang / zu diesem hohen felsen: wiewol es seine freiheit kostete / und ihme wie dem Prinzen Sinear erginge / den die riesen im schloß auch hatten gefangen beko en. Sie füreten den Dison sofort vor den Sesai /der in einem herrlichen gezelt / von den fůrnemsten Enakim ůmgeben / sich sehen ließe / und ihn mit großer bescheidenheit entfinge / auch in werken und worten darthåte / daß er keines wegs ihn feindlich zuhalten begehrte. E. Maj. haben alhier (sagte er zu ihm) alle freiheit / die sie nur selbst verlangen m \gen / und begehre ich so wenig meines vorteils mich zu bedienen / als in feindschaft mit dem großen Dison und den andren K \nigen / deren ankunft ich vernommen / zu leben. Diese unvermutete begrüssung / milderte nicht wenig des K \nigs von Ninive verdrus / daß er sich muste gefangen sehen: welcher den Sesai recht betrachtend / nichtes an ihm fande / das einer solchen tyranney ihn beschüldigen konte / wie man ihme /wegen des K \nigs Aramenes beimessen wolte. Es stehet bei euch / Sesai! (antwortete er ihme) daß ich dieser euren versicherungen könne glauben geben: und wann ihr nicht / ihr die ihr hier vom gebirge seit / alle macht der K \nige / die iezt wider euch gewaffnet sind / euch auf den hals ziehen wollet / so gebet dem König von Syrien seine freiheit wieder / den ihr /wider aller völker recht / alhier gefangen haltet.

Es thut mir leid / (wiederantwortete Sesai) daß E. Maj. mir etwas befehlen / so ich einzugehen unfåhig bin. Zwar kan der König von Syrien diesen augenblick seine freiheit wieder erlangen / wan nur die K \nigin von Mesopotamien etwas darzu thun wil: die sich erklären muß / ob sie verlange / zweien großen K \nigen ihr leben zu erhalten. Es ist grausam / (versezte Dison) [791] ein freies k \nigliches gemüt solcher gestalt zwingen wollen. Noch grausamer aber ist / (antwortete Sesai /) einem unvergleichlichen helden / als mein König von Basan ist / sein leben rauben wollen / mit deme man doch überseelig leben könte / wan man sich nur bequemen wolte / dessen liebe anzunemen. Der große Marsius (sagte Dison) ist so tugendhaft und grosmütig / daß er / wie ich glaube / nimmermehr eine große Königin / durch so tyrannischen zwang / zu seiner liebe zu zwingen begehren wird. Ich glaube wol / (widerredte Sesai) daß mein K \nig dergleichen gedanken nicht haben würde / wan er wüste /was hier vorgehet. Weil ich aber / neben meinen anverwandten / allein aus wahrer treue gegen dem großen Marsius / und zwar sonder sein wissen / dieses habe fürgenommen / als muß ich es verfechten / ob es tugendhaft oder grosmütig gehandelt sey / was ich iezt beginne.

Darf man dan (fragte der ungedultige Dison / den diß gespräche zu verdrießen begunte /) euren König von Basan nicht sehen? Sesai schůttelte hiezu das haubt / weil er solches fůr ehrerhietiger achtete / als wan er dieses begehren des K \nigs mit Nein beantwortet hätte. Doch diesen abschlag in etwas zu begütigen / sagte er zu ihme: Gefället E. Maj. den König von Syrien zu sprechen / so sol dero begehren von stund an erfüllet werden. Dison wurde fro / daß ihme Sesai dieses anbote / was er zu begehren sich gescheuet hatte. Wie er nun sein verlangen hiernach erwiesen / begleitete ihn der Sesai nach dem ort / wo der König Aramenes gefangen saße. Es war aber das gefängnis / darinn dieser große König an ketten geschlossen lage / in einen felsen gehauen / und vermochte Dison die trånen nicht zu bergen / als er diesen unvergleichlichen helden in solcher gestalt zu sehen bekame. [792] Damit aber diese beide K \nige desto freier miteinander sich besprechen m \chten / bliebe Sesai vor der thůr / und ließe dem Dison allein hinein gehen.

Weil dieser fůr wehmut schwiege / wurde er von dem Aramenes also angeredet: Ach! mein bruder! fůret dich nun das verhångnis an eben den ort / dahin ich geraten bin? und hat der himmel uns beide zumal in die hände unsrer feinde übergeben wollen? Dich zu retten / liebster bruder! (antwortete Dison) haben wir ingesamt diese burg gestürmet: da dan mein eifer gr \ßer / als mein glück / gewesen ist. Wiewol ich diesem letzern noch dieses danken muß / daß es mir /dich zu sehen / verg \nnet. Was traurige vergnügung kan das erwecken / (sagte Aramenes) da mein zustand also beschaffen ist / daß ich augenblicklich den tod erwarten muß. Zwar ich fůrchte mich nicht für demselben / wan ich allein auf mich sehe. Gedenke ich aber an die arme Cölidiane / wie auch an meine schwestern / und an mein land / so tauret es mich /daß ich die durch mein sterben in großes ungemach und leidwesen werde stürzen müßen. Wir alle (versezte Dison / mit vergießung vieler tränen) würden einen unwiederbringlichen verlust an dem großen Aramenes erleiden / wan der Königin von Mesopotamien schleunige erklärung / oder unsere glückliche waffen /ein solches nicht verhůten. Beides ist nicht zu hoffen /(sagte Aramenes) weil ich mein leben durch meines freundes unglůck nicht zu kaufen begehre / und dieser ort also beschaffen ist / daß er mit nichtes / als durch hunger / kan bezwungen werden / solcher aber / weil er auf etliche jahre mit lebensmitteln versehen / nicht zu befahren ist. Ach! was wollen wir von jahren sagen! (sagte der verzweifelte Dison) es sind / wie ich höre / nur noch etliche tage dahin / da die Königin von Mesopotamien [793] entweder den Marsius lieben /oder ihren bruder sol sterben sehen.

Weiß dañ auch die Cölidiane / (fragte Aramenes /nicht sonder seufzen) was hier fůrgehet? Als wir (antwortete Dison /) von Samosata abreiseten / lebten wir alle in der hoffnung / die Königin von Mesopotamien in der vergnügung auf dem schloß Amida anzutreffen / darinn wir sie verlassen hatten. Als wir aber noch eine tagreise von dar waren / kame uns die zeitung entgegen / wie der König von Syrien den riesen in die hånde geraten. C \lidiane fiele meiner gemalin und der Ahalibama onmächtig in die arme / wie sie dieses vername / und wolte nachgehends bei ihr kein trost etwas fruchten / weil ihr der sinn die gefahr so häftig fürstellte / daß menschen-hülfe dagegen nichtes verfangen wůrde. Alle Könige und Prinzen eileten hierauf /neben mir / ins königliche lager / üm mehrere gewißheit hiervon zu erlangen. Wir waren aber kaum heute früh angelanget / da sprache uns die trostlose Königin Aramena auf / diesem sturme beizuwonen / der schon vor unserer ankunft war angefangen worden: der mich nun lebendig auf diesen felsen bringen müssen / damit meine augen selbst ansehen möchten das unrecht /daß der himmel ůber dich / mein liebster bruder! ergehen lässet. Der himmel ist gerecht / (antwortete Aramenes) und dessen ursachen erheblich / ob wir sie schon nit allemal sehen und verstehen können. Aber /mein bruder! an welchem ort ist die trostlose Cölidiane geblieben? Sie wird / (antwortete Dison) neben allen K \niginnen und Prinzessinnen / diesen abend im lager erwartet / und bilde ich mir schon die qual für /die diese beide herzens-freundinnen entfinden werden / wan sie nun das verhångnis zusammen fůret. Meine schwester / [794] (sagte Aramenes) wird / wegen der haft ihres Disons / ihren teil auch dabei haben / und bin ich ja wol unglůcklich / daß ich / durch meine bande /beiden schwestern / sich über ihre geliebte also zu ängstigen / ursach geben muß.

Wofern dem Sesai zu trauen ist / (antwortete Dison) so kan ich meine freiheit erlangen / wan ich wil. Doch begehre ich solche nicht anzunemen / wan ich alhier dem K \nig von Syrien mehr dienste / als im lager / werde erweisen k \nnen. Größere dienste (gabe Aramenes zur antwort /) erwarte ich von dem K \nig zu Ninive / an dem orte / da meine trostlose freundinnen sich befinden / als hier / da ich mein unglück wol allein überdenken kan. Was sol ich aber / (fragte Dison) diesen freundinnen sagen / das ihnen könne trost geben? daß ich (antwortete Aramenes) der Cölidiane danken lasse / für alle die sonderbare liebe und treue / die sie mir erwiesen / und daß ich sie ersuche /ja nicht meinen tod dergestalt zu herzen zu nemen /daß ihr solches an der leibesfrucht k \nne schaden bringen / mit der sie der himmel gesegnet hat. Nim dich dieser trostlosen an / wertester bruder! und verlasse sie nicht in dem großen leidsturme / darein mein tod sie versetzen wird. Der Königin Aramena sage /daß sie ja meinetwegen ihre großmut nicht verlieren müße / sich zu einer heurat zwingen zu lassen / die ihr / ihre treue zu brechen / würde anlaß geben. Ich begehre nicht / mit des Cimbers ewigem verlust / ihrer freundschaft ferner zu genießen / deren ich ohndaß genug versichert bin / und gewiß weiß / daß sie mein tod nicht weniger / als die C \lidiane / ängsten werde. Meine jůngere schwester dir anzubefehlen / ist unnötig / weil ich weiß / wie herzlich du sie liebest. Verharre also / wertester Dison! und hilf / nach meinem tode / m \glichst befördern / das diese königreiche in ruhestand verbleiben. [795] Letzlich wollest du auch dem K \nig der Aborigener / als meinem alten freunde Cimber / vermelden / daß / wie ehmals seine grosmut mir die Aramena ůberlassen / also es mich ietzund vergnůge / daß ich / üm seiner vergnügung willen /und damit er diese seine schöne behalte / den tod leiden muß; und werde ich mit der hoffnung sterben /daß er meine schwester iederzeit mit herzlicher liebe verehren und wol-halten werde.

Der K \nig Dison kunte sich über die standhaftigkeit des Königs von Syrien nicht gnug verwundern /die er in diesem zufall blicken ließe / und weil er fůr seine person sich nicht so hart befande / als vermochte er diese lezte reden des Aramenes mit keinem worte zu beantworten / sondern wurde so weichmůtig / daß er / nach dem er verschiedene male seinen schwager ümhalset / von ihm aus der gefångnis eilete / auch dem Sesai und den anderen ein gesichte sehen ließe /daß von tränen ganz übergossen / eine innerliche todes angst vorzeigte. Ha tyrann! (redete er den riesen an) scheuest du dan nicht den herrn des himmels / da du dich für keinem weltlichen König zu fürchten begehrest? vermeinest du wol / daß du dessen straffe entrinnen werdest / wan es schon sich also begeben solte / daß dieses raubschloß dich ein zeitlang fůr so vielen Königen schůtzen k \nte? Gehe in dich / Sesai! und åndere dein mehr als grausames beginnen. Ich gelobe dir / an stat aller der andren K \nige / daß dieser frefel nimmermehr an dir und deinem geschlechte sol gerochen werden / hingegen alles was dein herz begehret / dir widerfahren sol / wan du den Aramenes wirst ledig lassen. Großer König! (antwortete Sesai /mit aller bescheidenheit) es liget nicht an mir / daß der K \nig von Syrien seiner bande sich nicht befreiet sihet. E. Maj. selbst verm \gen viel hierbei zu thun /[796] wan sie die K \nigin von Mesopotamien ůberreden helfen / daß sie den beiden grösten K \nigen der welt ihr leben friste. Dieser schluß ist unånderlich / und kan keine furcht des todes solchen in mir aufheben. Sol Aramena grausamkeit den Marsius töden / so muß Aramenes nicht sterben. Wil man aber den K \nig von Syrien retten / so muß man den König von Basan lieben.

Hiemit neigte sich Sesai mit dem haubte bis zur erden / fůr dem König von Ninive / und begabe sich hintan / alle seine bediente und die andere fürneme riesen / seine anverwandten / bei ihm lassend / die ihre aufwartung ihme anboten / ob er etwan speisen /oder die unůberwindliche vestung besehen / oder aber wieder nach dem lager sich begeben wolte? Es war aber Dison so entstellet in seinem gemüte / daß ihm ůber diesen bezeigenden h \flichkeiten die gedult verginge. Weil ihme angeboten worden / nach dem lager zu gehen / und er verschiedene seiner mitgefangenen /als den verwundten K \nig von Jericho / den Prinzen Adonisedech / den Tharsis und andere / stehen sahe /erbate er ihnen die freiheit / und ließe folgends mit ihnen sich hierunter füren. Tharsis der da wuste / daß auch der Prinz Sinear gefangen war / raunete solches dem König ins ohr: der dan sich ůberwande / dem riesen Avi / der zu nächst bei ihm ginge / zu zureden /ob der Chaldeer Prinz nicht auch k \nte los kommen? Wir můssen hierinn / (antwortete Avi) die zu uns aus Abagara geflůchtete Horiten / und die priestere des Teraphim / vergnůgen / die dem Chaldeischen Prinzen und seinem volke die schuld geben / daß ihr berůmter tempel zerst \ret worden / und daher bei uns ausgeboten haben / keinem Chaldeer das leben zu schenken. Solte aber der Königin von Mesopotamien erklärung /[797] als wir hoffen / für den König von Basan gut fallen /so verspreche ich E. Maj. daß / neben dem Aramenes / auch der Sinear seine freiheit wieder erlangen sol.

Dison schwiege zu diesem erbieten / erkante mit dem h \chsten verdrus der welt / im hinab-gehen / die unmůglichkeit / diese vestung zu erobern / und kame endlich / mit den andren / wieder in das lager: da jederman / ungeacht der allgemeinen bestůrzung / große freude blicken ließe / daß sich diese verlorn-geschåzte Könige und Prinzen wieder einfanden. So fr \lich aber die Niniviten waren / so kläglich stellten sich hergegen die Chaldeer an / als sie ihren Prinzen unter diesem haufen vermisseten / und daneben die große gefahr erfuhren / darinn er schwebte. Dieses gerüchte breitete sich bald aus / bis in das gezelt / alwo die drei schöne Prinzessinnen von Ausitis sich bei der Prinzessin Rahabine befanden / und von der betrůbten Königin Aramena / weil dieselbe schlieffe / sich abbegeben hatten. Die schöne Jemima hatte kaum von der ersten angst sich wieder erholet / die sie in des Teraphim tempel für ihren liebsten Prinzen entfunden / als diese neue nun dazu stieße: die ihr vollends allen mut und trost bename / also daß ihre rosenwangen erblasseten / und sie / sonder ein wort zu sagen / auf das nächste ruhbette niederfiele. Ihre beide schwestern sprangen in dieser noht ihr zwar treulich bei / fanden aber ihren schmerzen so rechtmåßig / daß sie ihr mehr mitleiden / als trost / zu bezeigen vermochten.

Wie sie nun in solcher betrübten verrichtung sich befanden / schauete ohn unterlas die Prinzessin Rahabine aus dem gezelt: weil sie wuste / daß der K \nig von Jericho mit in das lager gekommen war / und doch nicht erfahren konte / wo er geblieben / und wie es ihm ergehen m \chte. Ihr verhängnis wolte / daß sie ihn [798] eben damals ganz blutig und onmächtig daher tragen sahe: massen ihm diese schwachheit zugestoßen war / als er mit dem Dison zu den meisten von den andren Königen in des Königs von Cus gezelt angekommen. Sein bildnis / welches sie ståts am arm truge / war ihr dergestalt in die gedåchtnus gepråget / daß sie ihn sofort erkante / und ihrer sinnen nicht so viel måchtig bliebe / daß sie sich gescheuet hätte / unter die mänge so vieler Canaaniter / als des Jebus hofbediente / sich zu begeben / und ihres erblasseten Königs hånde mit ihren trånen zu benetzen. Jederman verwunderte sich über dieses ihr beginnen / und weil niemand sie kante / indem sie noch in ihrer geistlichen kleidung ginge / als wusten sie nicht / was sie hiervon machen solten. Weil die Könige von Gibeon und Hazor / und dieser Jebus / ein gezelt innhatten / als brachten sie diesen verwundten / in begleitung der Rahabine / daselbst hin: da der Ariates die Prinzessin sofort erkante / als welche er oft zu Tyro gesehen /und deshalben sie begrůßend / ihr seine wilfärige dienste anbote. Weil ihm ihre liebe bekandt war / als wunderte er das / so sie thåte / nicht so sehr / als wie die andere. Wie nun der Jebus zu bette gebracht / und die wundärzte herbei geholet worden / bliebe Rahabine so lang bei ihme / bis man sie versicherte / daß es mit dem K \nig nicht die geringste gefahr håtte / sondern bloß die erhitzung / und die verweilung mit dem verbinden / an dieser schwachheit ursach wåre. Sie wolte gleichwol den Jebus nicht ansprechen / welches auch Ariates nicht ratsam befande / weil es eine schådliche änderung bei diesem verwundten verursachen m \gen / sondern begabe sich / von diesem König begleitet / wieder nach ihrem gezelte.

Sie ware kaum daselbst angelanget / da erscholle[799] ůberall im ganzen lager / wiedaß das k \nigliche frauenzimmer ankäme. Alle die Könige / welche in das Eridanus gezelt raht gehalten / eileten / auf diesen bericht / ihren liebsten K \niginnen entgegen / sie zu entfangen: da dan keiner sonder tränen die unglůckselige Cölidiane anschauen konte / die in des Melchisedech und der Eurilinde armen ligend / daher geschleppet wurde. Weil keiner ihr trost zu geben wuste / als urteileten sie aus ihrem weinen / daß nichtes gutes zu hoffen stünde; sonderlich deuteten ihr des Disons verzweifelte gebärden an / daß es gar übel stehen můste. Aramenes ist todt! sagte sie mit ganz schwacher stimme / und lehnete das haubt auf der Eurilinde schulter: die diese zustoßende onmacht an ihr warnemend / mit ihr eilete / was sie konte / daß sie in das nächste zelt gebracht wurde. Sie / und die K \nigin von Ninive /wie auch der C \lidiane schwester / die Jaelinde / die Ahalibama und Indaride / gingen mit in dieses gezelt /üm dieser halbtodten Königin beizuspringen: mitlerweile die Könige und Prinzen / mit ihren Königinnen und Prinzessinnen / nach ihren zugeordneten gezelten sich begaben / und allerseits von diesem betrübten handel sich bespracheten. Sie verlangten ingesamt /die K \nigin von Mesopotamien bald zu sehen: zu deren / die Fůrstin Timna / neben der Eldane und der Königin hof-frauenzimmer / als der Casbiane / Dersine / Siringe und den andren / sich zu erst hin begaben / und diese sch \ne von gram und sorgen so abgezehret fanden / daß sie daraus ihres herzens anligen wol abnemen kunten.

Sie ware eben erwachet / als diese ankame; und weil sie vermutete / daß Cölidiane auch zugegen seyn wůrde / ware dieses ihre erste frage: wo die K \nigin von Syrien wåre. Timna berichtete / in was zustande man sie [800] verlassen håtte: daß dan der Aramena so nahe ginge / daß sie gleich vom bette aufsprange / üm diese ihre freundin gleich zu besuchen. Und ob ihr schon geraten wurde / wegen ihrer wunden sich inzuhalten /so achtete sie doch solches wenig / da sie so sehr den tod wünschte. Also ginge sie / von der Timna und Eldane an beiden seiten gefüret / aus ihrem gezelt heraus: da / im hingehen / sie vor vielen verwundeten soldaten vorbei kame / welche an der straße lagen /und den eifer / ihr und dem hause Syrien zu dienen /durch verlierung ihrer gesundheit zu tage gelegt hatten. Weil sie / als die in etlichen nåchten nicht geruhet / diesen halben tag / wiewol sehr unruhig / geschlaffen / als hatte man ihr noch nicht bericht gethan / wie das stürmen war abgelaufen: darnach sie auch nicht fragen dorfte / weil der augenschein es gabe / daß alles vergeblich gewesen.

Ach Timna (sagte sie) was důnket euch bei diesem neuen leiden / so mir der himmel zugeschicket? gehet dieses nicht noch über alles / was ich meine lebtage habe ausgestanden? Bedenket doch den zustand des armen Cimbers / den ich verlassen muß / wan ich anders meinen bruder erretten wil: und urteilet / wan ihr je geliebet / wie in mir nun die freundschaft und liebe kämpfen und streiten. Ich gerate so pl \tzlich in dieses unglůck / daß ich nicht weiß / wie mir geschihet: und weil ich stündlich die ankunft des Tuscus Sicanus erwarten muß / der kaum eine tagreise von hier ist / und durch den Mitreus des Aramenes gefängnis nun erfahren hat / als lasse ich euch ermessen / wie mir zu sinn seyn k \nne / wan ich mir diesen treuen liebhaber und dabei die armseelige C \lidiane / zugleich vorstelle. Ach! wolte Gott / (antwortete Timna) der Cimber wäre so unbeständig gewesen / als ihn der K \nig von Syrien am [801] tag unsers abscheidens bei E. Maj. gemacht hat! so wåre der große Marsius / um den unvergleichlichen Aramenes beim leben zu erhalten / leicht zu erwehlen. Ich wünsche eben dieses / (gabe die betrübte Aramena zur antwort) ob es gleich sonst das allerschmerzlichste ist / so uns in der liebe begegnen kan. Sie waren hiemit so nahe bei dem gezelt / darin Cölidiane war / daß sie ferner nichts reden kunten. Als sie hinein tratten / ware eben diese armselige aus ihrer schweren onmacht wieder aufgebracht worden. Aramena eilete / fast aus sich selber / sonder die andern anzusprechen / zur Cölidiane fůr das bette / und als sie ihr tränendes angesicht auf ihrer freundin wangen niedergelassen / hätte sie wünschen mögen / in solcher gestalt zu verscheiden. Die Königinnen von Ninive und Salem / wie auch die anwesende Prinzessinnen / als dieses ümhalsen zu lang anstunde / befahreten eine onmacht beider Königinnen: daher die jůngere Aramena / neben der Ahalibama / die Königin von Mesopotamien unter die arme fasseten / und sie dergestalt von der Cölidiane abbrachten.

Wie sie sich demnach bei ihr auf das bette gesetzet / sagte sie zu ihr: Was gedenkst du wol von mir /C \lidiane! daß ich dir noch nicht deinen Aramenes habe wieder verschaffet? Weil ich dich aus mir selbst erkenne / (antwortete diese) so kan ich dich nicht verdenken / daß du den Cimber einem bruder fürziehest. Aber / Aramena! du weist noch nicht / was das sei /einen man lieben: dan da kommet freundschaft und liebe zusammen. Du kanst deshalben dich nicht zu mir vergleichen / da du lange nicht so viel an dem Cimber verlieren würdest / als viel mir mit meinem gemal wird entwendet werden. Wir wollen jezt (widerredte Aramena) nicht er \rtern / wer von uns beiden den grösten verlust hiebei leiden werde / [802] sondern wir wollen vielmehr unser gemeines unglück miteinander beweinen / und beklagen / daß der h \chste auf so sonderbare weise uns heimsuchet. Wol recht sonderbar! (antwortete C \lidiane) da alles das jenige nicht bei zu rechnen ist / was wir ehmals haben ausgestanden. Wie mein gemal im K \nigreich Cus dem tod so nahe war / tr \stete mich noch die hoffnung / daß ich durch meinen tod ihme könte das leben fristen. Als wir / in der höle vor Damasco / in des Bileams und der Dalimire händen waren / und den tod für äugen sahen / erquickte uns unser gleiches geschicke /und daß wir miteinander sterben würden. Nun aber sehe ich meinen liebsten Aramenes in einer todes-gefahr / daraus ihn keine menschliche gewalt reissen kan / weil er in eines verzweifelten hånde geraten / der nichts achtet noch ansihet / üm sich abhalten zu lassen von dem grausamen fürnemen / das er ersonnen /seinem K \nig in dessen liebe zu dienen. Und was das allerjåmmerlichste / so muß zu meinem großen verluste diejenige helfen / die mir meinen gemal gegeben hat.

Alhier verwehrten ihr die trånen / in ihren klagen fortzufahren / und fande sich Aramena darob so gerüret / daß / wann es müglich gewesen / sie gerne sofort hätte von der welt scheiden m \gen. Was vermochte sie / da sie selber trostlos war / ihrer freundin für trost mitzuteilen / da solcher in nichtes anders bestehen kunte / als daß sie sich dahin erklåren sollen / den Cimber zu verlassen? welches sie zwar selbst für das einige mittel erkante / so dem K \nig Aramenes möchte das leben fristen / aber doch / zumal sie noch zween tage bedenkzeit hatte / noch nicht von sich sagen konte. Man gibt mir noch ein paar tage frist: (sagte sie endlich / die C \lidiane ümarmend /) wer weiß / was Gott indessen noch schicket. Ich bin [803] wol ehmals dem feuer so nahe gewesen / als wir iezt unserem unglůcke sind / und habe dannoch rettung erlanget. Die hand Gottes ist nicht verkůrzet: die kan nun so wol / als damals / uns eine hülfe zuschicken / die wir iezt noch nicht absehen k \nnen. Wer weiß aber /(sagte Cölidiane) ob Gott nicht haben wolle / daß du den K \nig von Basan liebest? Man sagt ja / die heuraten werden im himmel gemachet. So hat auch der Chaldeer Nebozar dir / nicht der Aborigener land /sondern das große Celten zu beherschen / gewarsaget. Gott gebe mir in den sinn / (beantwortete dieses die sch \ne Königin) was ich seinem willen gemås fürnemen sol. Versichere du dich inzwischen dessen / werteste freundin! daß ich lieber mich / als dich / werde unglůcklich machen.

Hiemit kamen der König von Ninive / wie auch die Könige und K \niginnen von Egypten und Ophir /dazu: da die Danede und Amesses / mit bezeugungen herzlichen mitleidens / die Königin von Mesopotamien ansprachen. Mit der weile / wie es bereits spater abend war / versamleten sich auch alle die andere königliche personen dahin: da die Milcaride / und ihre mutter Tharasile / in begrüßung der sch \nen Aramena / höchlich beklagten / daß sie in solcher verwirrung sie antreffen müßen. Wer håtte uns sollen sagen / (begunte diese sch \ne die gesellschaft anzureden /) daß wir einander in solchem zustande wieder finden wůrden / und wie wenig stunde uns doch dieses fůr /was wir nun erleben müßen? Alle hoffnung ist noch nicht aus / (sagte hierauf der König von Cus) und baue ich sehr auf die weltbekante grosmut des K \nigs von Basan / welcher nimmermehr zugeben wird / daß man die Königin Aramena / und zwar auf so grausame weise / ihn zu ehlichen zwinge. Man bedenke doch / wie dieser bescheidene K \nig / [804] als er lezlich aus Damasco abschiede / da nicht allein alle Syrer ihn zum König begehrten / sondern auch er mit seinen Celten so måchtig in der stadt war / daß er damals wol alles nach seinem gefallen håtte thun k \nnen /wie er / sage ich / die ehrerbietung / der liebe fürgezogen: solte er dan sich so gar geåndert haben / und durch laster-thun / begehren sich glůcklich zu machen? welches ich gegen seine natur zu seyn achte.

Gleichwol (antwortete die betrübte Aramena) erweiset er jetzund das gegenspiel. Er weiß nichts üm dieses alles / (finge Dison an zu reden) wie mir Sesai selbst gestanden. Um nun diese seine worte glaubbar zu machen / erzehlte er / wie es ihm auf dem schloß ergangen: da dan / in erwehnung / wie er den König Aramenes gesprochen / C \lidiane so wol / als die beide Aramenen / sich sehr aufmerksam bezeigten /und sich von neuem den entfindlichsten schmerzen wieder ergaben / als sie vernamen / wie kläglich dieser beiden K \nigie unterredung gelautet. Dison thåte es mit fleis / und wolte dieses nicht verhelen / weil er in seinem herzen ganz dahin zielte / daß die Königin von Mesopotamien alles eingehen solte / üm ihren bruder zu erretten / weswegen er auch seine erzehlung also beschlosse: Ich sehe meines bedunkens kein andres mittel / den großen Aramenes beim leben zuerhalten / als daß man den K \nig von Basan ehliche. Sesai handlet nicht allein hierinn / als ein verzweifelter mensch / und der die künftige gefahr ganz nicht achtet / sondern er hat auch aller riesen ihren beifall /und also eine große macht: daher wir ihm unmüglich etwas anhaben können. So bin ich auch dessen versichert / Tuscus Sicanus werde selbst der K \nigin von Mesopotamien eher rahten / ihn zu verlassen / als durch ihre treue den großen Aramenes ums leben zu[805] bringen / und Syrien in einen elenden zustand zu stürzen. Die arme Cölidiane schauete hierzwischen die Aramena ganz klåglich an / als von der sie / auf diesen des Disons gethanen vortrag / ihres Aramenes leztes endurteil erwartete.

Nachdem hierauf die K \nigin von Mesopotamien eine weile in gedanken gestanden / brache sie jälings in diese worte heraus. Nun ich glauben darf / daß der K \nig von Basan nichtes hierům wisse / so beginnet meine hoffnung wieder aufzuglimmen / und bin ich entschlossen / den Marsius selber zu sprechen: welches begehren mir ja der grausame Sesai nicht wird versagen k \nnen. Alle / die im gezelt waren / bestätigten dieses fůrnemen der Königin. Es hatten die K \nige ohndas beschlossen / in ihrer aller namen eine botschaft an den Sesai und die riesen abzuschicken /wozu sie den weißen Cussiten Balaat erwehlet / ům ihme seine unfug fůrstellen zu lassen. Diesem nun wurde auch das ansuchen der Mesopotamischen Königin mit aufgetragen / und befanden sie für gut / daß / wiewol es schon nachtete / er dannoch sofort nach dem feinde sich begeben solte: üm keine zeit zu verseumen / und denen im schloß desto längere bedenkweile zu verschaffen. Also ginge dieser sofort nach der burg / da zugleich der Fůrst Husan / von allen Königen / auf das gebirge zu den andern Königen / als dem Baleus / Hiarbas und Tuscus Sicanus / abgefärtigt wurde / über diesen fr \mden handel sich mir ihnen zu bereden / und den abgeschickten Mitreus wieder ümzuholen / dessen langes ausenbleiben keiner begreifen kunte.

Die unruhige Aramena wuste nicht / was sie bei dieser botschaft dem Aborigener-König zu entbieten solte / und sagte sie dem Husan / als er abschied name / wiewol [806] heimlich / nur dieses: Ihr k \nnet dort berichten / mein vetter! was ihr hier geh \ret und gesehen /und daß ich dem König Tuscus Sicanus / wan es meine wunden / die mir die hand schwellen machen /zuließen / håtte schreiben wollen / wie ich nie den tod so sehr gewůnschet / als eben jezt / ům zugleich eine treue liebhaberin und schwester zu verbleiben. Weil die eintretende nacht diese gesellschaft endlich voneinander triebe / als schieden sie von der Aramena und Cölidiane / mit erweisung eines innigsten verlangens / die verrichtung des Cussiten Balaats bald zu vernemen: da diese beide freundinnen / neben der Ahalibama und Timna / noch etwas beieinander verbleiben / letzlich aber auch einander verließen / weil sie nicht nůtzlich befanden / stäts beisammen zu seyn / und dadurch ihr gemeines leiden einander nur schwerer zu machen. Bei der Königin von Syrien bliebe dero hof-frauenzimmer / neben der Timna / und die Ahalibama bei der sch \nen Aramena: da ihre verrichtung darinn bestunde / daß sie miteinander die ganze nacht hindurch weineten / und / sonder einigen trost zu sch \pfen / das wiederkehrende tagesliecht erwarteten.

Weil / den abend vorher / die K \nigin Orosmada von Tyro vernommen hatte / wie ihres gemals schwester / die Prinzessinn Rahabine / auch im lager wäre /als wolte sie / ům auf alle weise die hochachtung für ihres herrn freunde darzuthun / diese Prinzessin sofort mit anbrechendem morgen besuchen: daher sie /neben der Fürstin Mehetabeel von Seir / die sich zu ihr hielte / sich aufmachte / und nach dem gezelte der drei Prinzessinnen von Ausitis ginge / alwo die Rahabine sich auch befande. Die beide verliebte Fůrsten /Elihu und Bethuel / leisteten eben ihren betrůbten Prinzessinnen gesellschaft / als die Königin von Tyro mit der Fürstin ankame: die [807] dann daselbst alles in tränen findend / anfangs vermeinten / daß das algemeine leidwesen wegen des Aramenes ein solches verursachte. Wie aber / sowol der Jemima noht / als der Rahabine anligen / ihnen kund wurde / bemüheten sie sich / diesen beiden trost einzusprechen: welches für die Prinzessin von Tyro gar leicht geschehen kunte / weil sie selbst gestehen muste / daß die wunden des Königs von Jericho / ům welchen sie weinete / nicht t \dlich waren. Mehetabeel / die von ihrem geliebten Ariates verstanden hatte / wie der Jebus meist deswegen die reise nach Mesopotamien übernommen / ům seine ehmals geliebte Rahabine im tempel des Teraphim zu suchen / und dieselbe seiner wieder-angeglommenen liebe zu versichern / gedachte sich hiemit gleich anfangs in dieser Prinzessin gute gunst zu bringen / und erzehlte ihr / wie / nach des alten K \nigs von Hazor tode / der K \nig von Gibeon / als er / verm \g der geschehenen aussönung zwischen diesen beiden zuvor-gezweiten Königen / die krone von Hazor aufgesetzet / so fort daran gewesen / seinem bundsgenoßen / dem K \nig von Jericho / zuzureden / daß er die bedienung der Prinzessin Rahabine ihm wieder solte lassen angelegen seyn: welchem einraht er auch gefolget / und zu dem ende aus Canaan gekommen wäre. Ich kan daneben / (sagte sie ferner) die Prinzessin von Tyro versichern / daß der König Jebus über das vorhergegangene eine sonderbare reue erweiset /und sich nicht seeliger achten wird / als wan er in die alte huld kan wider gesetzet werden / deren er vordessen zu Tyro genossen hat. Rahabine / die ihre bisher geglaubte mitbulerin also reden hörte / wurde / an stat daraus verdruß zu sch \pfen / ganz wolgemut / und ihre liebe zu dem Jebus keines wegs verhelend / sagte sie: weil meiner Fůrstin / als ich verneme / alles dasjenige [808] bekant ist / was zwischen dem K \nig von Jericho und mir ehmals fürgegangen / so wird daraus abzunemen seyn / daß ich mehr befugt bin / als der Jebus / die geschehene dinge zu bereuen: und sol es darum demjenigen nicht sauer werden / sich in meine huld fäst zu setzen / dem ich fürlångst mein reuendes herz wieder habe zugewendet.

Diese lezte worte / kamen dem K \nig Ariates zu ohren / der eben / als er seine Mehetabeel in ihrem gezelt nicht gefunden / sie allhier zu suchen kame. Was für ein heilsames pflaster (sagte er sofort) könte für meines vettern wunden erdacht werden / als eben diese gütige erklärung der Prinzessin von Tyro? und bin ich versichert / wan er solche selbst hören solte /daß er gleich seine gesundheit wieder erlangen wůrde. Ich bin von ihm abgeschicket / seinetwegen die danksagung abzulegen / daß die schöne Rahabine gestriges tags auf so gůtige weise offentlich ihr mitleiden wollen sehen lassen / das sie für seinen zustand heget: welches ihn auch dergestalt erquicket / daß er in wenig tagen sich starck hoffet / seine schůldigste erkentlichkeit pers \nlich dafür abzustatten / und seiner Prinzessin eben die verehrung zu erweisen / die sie vordeme zu Tyro von ihm so gůtig hat aufgenommen. Rahabine beantwortete dieses anbringen des jungen Königs von Hazor / wie es ihr die liebe in den mund gabe: und indem sie hierauf anhube zu erzehlen / was ihr im tempel begegnt war / kamen eben der Prinz Ephron und die Prinzessin Coricide dazu / die an dieser erzehlung den gr \sten teil hatten. Weil ihnen / der so gerechte als grausame tod ihrer verfolgerin / der Jerode / noch nicht ware kund worden / als h \rten sie mit sonderbaren entsetzen der Rahabine zu / und kunten nicht [809] gnug bewundern / wie sonderbar der Allerhöchste mit seinen bestraffungen zu verfahren pflegte.

Nachdem sie hiervon / zu fernerer unterredung /anlaß genommen / wurde solche von der Fůrstin Zelinte gestöret / welche dazu kame / und ihnen ankündigte / wiedaß ihr abgesandter / der Balaat / neben andren abgeschickten von den riesen / auch vielen wägen mit brod und allerhand lebens-mitteln / im lager angelanget wäre. Die bis in den tod betrůbte Jemima vername diese zeitung nicht sobald / da verlore sich an ihr die bisherige stille / und sprange sie jählings von ihrem ruhbette auf / alle anwesende ersuchend / ob sie nicht wolten mit ihr nach der K \nigin von Mesopotamien gehen / ům die verrichtung des Balaats / und das anbringen der riesen / zu vernemen? Sie waren alle hiezu gleich willig und begierig / und als sie hinaus getreten / sahen sie im lager die viele wägen halten / üm die das volk sich häufig herüm machte / und den mangel / den sie bereits in dieser wildnis zu fůlen angefangen / durch diese unvermutete hülfe / die ihnen vom feind zukame / zu ersetzen begunten. Wie spottet doch unser der verwegene Sesai /(sagte Elihu) der hierdurch zeigen wil / daß er gar wol eine langwůrige belagerung aushalten k \nne. Vieleicht wird diß ein zeichen seyn / (antwortete die schone Kezia) daß er friede machen und sich bequemen wolle. Jemima wůnschte dieses mehr in ihrem herzen / als sie es hoffete. Wie sie nun / durch das zusammengelaufene volk / schwerlich zu der K \nigin Aramena gezelt gelanget / fanden sie darinn / auser der K \nigin Cölidiane und der Prinzessin von Salem /welche letzere bei dieser ihrer trostlosen schwester geblieben war / alle die andere königliche und fürstliche personen versamlet / die üm den Cussiten Balaat / wie auch um die [810] mitgekommene riesen / als den Rekem und Zur / einen kreis geschlossen / und anh \ren wolten / was derselbe nun eben ihnen anzubringen begunte / der dan / seine rede zu der Königin von Mesopotamien richtend / sie also anredete.

Weil E. Maj. einig und allein diesem jetzigen verwirrten handel abhelfen können / als statte ich billig an dieselbe diesen bericht ab / und sage / daß ich dem Sesai / im namen aller anwesenden Könige / als mir befohlen worden / weitläufig fürgestellet / wie er aller dieser måchtigen potentaten haß und feindschaft / zu seiner und seines ganzen geschlechtes äuserster vertilgung / auf sich laden würde / wann er in diesem fürnemen verharrte / auf so unerh \rte weise an den K \nig von Syrien sich zu vergreifen / und dadurch der großen Aramena freiem willen gewalt anzuthun. Er h \rte diß alles so kaltsinnig / als bescheidentlich an /und thäte mir darauf große versichrungen / wie er sich unglückselig schäzte / daß die treue gegen seinem K \nig / und die ungemeine liebe / die er zu demselben trüge / ihn unfähig mache / so vieler Könige befehl anzunemen / und sich anders / als er nun thäte / zu bezeigen. Sein einiges vorhaben sei / dem großen Marsius / durch der K \nigin Aramena gegenliebe / das leben zu retten. Wolte man nun dazu hiesiges ortes sich nicht bequemen / sondern seinen liebsten K \nig /den unvergleichlichen Marsius / als ein opfer der Aramena grausamkeit / (wie seine worte lauten) sterben lassen / so müste der K \nig von Syrien ihm gesellschaft leisten / solte auch deswegen die ganze welt ümgekehret werden. Ich sagte ihm hingegen / wie ich nicht glauben k \nte / daß der König von Basan hieran gefallen hätte / oder solcher gestalt E. Maj. gegenliebe verlangen würde.

[811] Als er hierauf nicht antwortete / gabe ich ihm ferner zu verstehen / wie daß E. Maj. verlangten / vorher den Marsius zu sprechen / ehe sie ihre v \llige erklärung von sich stellten. Dieser bericht machte ihn ganz munter / und nachdem er sich eine weile besonnen /ließe er mich in ein gezelt fůren: mitlerweile er / wie mir nachgehends hiesige seine abgeschikte erzehlet /sich zum König von Basan verfüget / und deme alles ůmständlich er \ffnet / wessen er bisher / ihme in seiner liebe zu dienen / sich unterwunden hätte. Mit grausen und håftigem widerwillen hatte der tugendhafte K \nig solches angeh \ret / und ein so großes misvergnůgen deshalben erwiesen / daß er dem Sesai / den er sonst als seinen vatter sol geliebet haben / gar harte verweis-worte gegeben: der aber / seines K \nigs zürnen nicht achtend / sich gesteifet / seine sonderbare fürgenommene hůlfe auf das äuserste zu treiben /auch wider dessen willen solches alles dergestalt ergehen zu lassen. Zu dem ende fürete er mich nachgehends / neben dem Rekem und Zur / die hier zugegen / zu dem K \nig von Basan hinein: den ich auf einem bette antraffe / aber / ungeacht seiner tiefsten traurigkeit / ein so ungemeines heroisches wesen an ihm warname / daß sich mein herz schüldig achtete / ihme mit sonderbarer ehrerbietung zu begegnen. Kommet ihr (fragte er mich) von der sch \nen K \nigin Aramena? Als ich nun solches bekräftiget / auch dabei erwehnet / wie E. Maj. ihn zu sprechen verlangten /sagte er ferner: was wird diese grausame mir wol anders sagen wollen / als was ich bereits weiß / daß nåmlich Tuscus Sicanus ihre huld besitze? Ist sie nicht damit vergnůget / daß ich in dieser einsamkeit /für aller welt mich verbergend / den tod verlange / ům sie ruhig dem K \nig der Aborigener zu ůberlassen /und dünket ihr diese zeit zu lang zu seyn / [812] daß sie darům selbst mit ihren donner worten mich auf der stelle zu tödten vermeinet? Die Königin von Mesopotamien / (antwortete ich) wird vermutlich darüm den großen Marsius sprechen wollen / üm für das leben ihres bruders / des Königs von Syrien / zu bitten / den E. Maj. alhier in banden haben. Ganz wider meinen willen (sagte der König von Basan) begehet Sesai diese ungereimte dinge / und sol der König von Syrien sofort seine freiheit wieder bekommen / die ich ihme auch nie genommen habe.

E. Maj. vergeben mir / (fiele ihm hier Sesai in die rede) daß ich diese losgebung des Aramenes nicht kan geschehen lassen. Fehle ich hierinn an dem schüldigen gehorsam gegen meinem K \nig / so thue ich doch dabei / was zu E. Maj. bästem dienen wird. Ha! grausamer freund! (riefe der ungedultige Marsius) wie wenig bef \rderst du durch diese deine habende macht mein båstes / da du den haß meiner K \nigin mir damit noch völliger erwirbest / und alle welt glauben machest / daß ich dieser unthat mit habe fähig seyn können? Saget eurer K \nigin / (sprache er ferner /sich zu mir wendend) wie ich alles mein unglück / so ich jemals ausgestanden / ja ihre eigne bisher-erlebte ungnade / gegen diesem leiden gering achte / daß ich sie in solcher unruhe meinetwegen wissen muß. Und weil Sesai alles aus blinder liebe zu mir begehet / als hoffe ich / er werde sich noch erweichen lassen / von diesem seinem beginnen abzustehen. Und ihr Rekem und Zur! (finge hierauf der verbitterte Sesai an zu reden) ihr sollet den Balaat nach dem lager begleiten /und der K \nigin von Mesopotamien sagen: daß / wo sie nicht morgen im tage hierunten am berge erscheinen / und in gegenwart unser aller / durch den ober priester Telecles / an den K \nig von Basan sich [813] ehelich trauen lassen / auch die ehe bündnis / welche ihr alsdan sol vorgeleget werden / unterzeichnen wird / so soll sie mit ihren augen ansehen / wie dem König von Syrien / hieroben auf eines felsen spitze / den ich dazu wil lassen platt und eben machen / sein haubt abgeschlagen werde.

Ha tyrann! (riefe Marsius /) was beginnest du? meinest du dan / daß ich mich hiezu bequemen werde /mich pers \nlich daselbst einzufinden / wo du diese zwangheurat zu schließen gedenkest? Da mich die verzweifelung einmal getrieben / (antwortete Sesai) auf die frömdeste art und weise meinem König zu dienen / so wird mir auch hiebei wol erlaubet seyn / den åusersten zwang / auch gegen meinen herrn selber / zu gebrauchen. Demnach so saget ihr / der unbarmherzigen Aramena / daß / wan gleich des Marsius blödigkeit ihm verwehren solte / der K \nigin die eheliche hand willig zu geben / so muß sie doch mit der unterzeichnung ihres teils fortfahren / wan sie nicht ihres bruders tod / auch Syrien und alle reiche der welt in die höchste unruhe wil gestürzet sehen. Als der ungedultige Marsius ferner hierwider reden wolte / hieße der Sesai uns sofort hinaus gehen / und gebote / in unserer gegenwart / der wacht / sonder sein wissen und befehl den König von Basan nicht aus dem zimmer zu lassen: woraus den satsam zu tage leuchtet / welcher macht der Sesai sich anmasset. Diese beide von ihm abgeschikte werden / was ich iezt fůrgebracht / bekråftigen k \nnen: und habe ich weiter nichtes zu sagen / als daß ich hiermit meine abfårtigung von dem Sesai bekommen habe.

Große Königin auch alle alhier versammelte K \nigin! (finge der riese Rekem hierauf an zu reden) der schluß / den uns der mächtige Sesai zu überbringen gegeben [814] / lautet also: daß morgen die ehe-verschreibung und königliche trauung zwischen dem König von Basan und E. Maj. auf dem nåchsten wiesenthal vor dieser burg unfehlbar geschehen muß / oder Syrien sol seines K \nigs beraubet / und ein blutiger krieg / dafůr wir uns / weil wir unsere macht kennen / im geringsten nicht fůrchten / angefangen werden. Wir möchten zwar solchen auf alle weise gern von uns abgelehnet wissen / weil wir nichtes höher verlangen /als in friede und ruhe zu leben. Wie wir dan auch / zu erweisung eines so geneigten gemůtes / fůtterung und speise fůr hiesiges volk mitbringen / weil die gefangne uns berichtet / daß hier großer mangel seyn soll an lebensmitteln. Wir erbieten uns sonst ferner zu aller willfärigkeit / verhoffend / es werden sich alhier auch friedliebende gemüter finden / die mit uns ůmtreten / und das leichte mittel / welches wir / zu erhaltung des wolstands aller dieser lånder / fůrgeschlagen / nicht aus der acht lassen werden.

Hiermit neigten sich Rekem und Zur / vor allen anwesenden königlichen personen / bis auf die erde /und wie sie von der Königin Aramena einer antwort erwarteten / befande sich dieselbe so untüchtig / ein wort herfůr zu bringen / daß sie dem Fürsten Barzes befehlen muste / diese gesandten abzufüren / bis man / wegen der erklärung / sich wůrde miteinander beredt haben. Wie nun solches geschehen / sahe sie die anwesende K \nige nacheinander an / zu ihnen sagend: Wan es mein leben antråffe / und Sesai dasselbe haben wolte / solte es mir nicht schwer fallen / mich von stund an zu entschließen. Aber bei dieser bewandnis / weiß ich nichtes zu thun / als mein über-großes unbegreifliches elend zu beweinen / daß mir der himmel hat zugeschicket. Niemand war im gezelt /den diese worte nicht beweget håtten. [815] Und ob gleich die meisten bei sich dahin zielten / daß es nicht wol anders seyn könte / und die Königin / zu rettung ihres bruders / zur heurat mit dem Marsius sich würde bequemen müßen / so ware doch keiner / der solches gerad heraus sagte. Weil sie auch allerseits die kraft der liebe wol erkennten / und wie schwer / die verlassung des so-genanten Cimbers / der Königin eingehen k \nte / da derselbe auf so unschůldige weise von ihr geliebt wurde: als verargten sie ihr gar nicht / daß sie sich darüber dergestalt bängete und abmattete. Sie befanden für das båste / sie eine weile allein zu lassen /damit sie in der stille ihre gedanken zusammen ziehen und sich recht fassen möchte.

Sie hatten auch ohnedas ursach / von dannen zu eilen / weil es unter dem kriegesheer begunte ein ansehen zu gewinnen / als wan es zum gefårlichen aufstande der Chaldeer und Syrer wider die Mesopotamier und Aborigener geraten wolte. Es hatten diese untereinander angefangen / über die entschließung zu wortwechslen / welche die K \nigin von Mesopotamien von sich zu geben befugt seyn wůrde. Die Aborigener / neben den hirten aus Amida / redten für den Tuscus Sicanus / die andere aber für den Marsius / und war es schon unter ihnen zum handgemänge geraten /als die zwischenkunft der K \nige dieses feur in der asche sofort dåmpfte / und wieder beilegte. Sie waren nun allerseits gleich betrübt und bestürzt ůber diesen handel / und weil sie wusten / daß das meiste frauenzimmer bei der K \nigin von Egypten sich versamlet hatte / begaben sie sich auch dahin / um alda ihre betrůbte stunden zu verbringen. Es ware daselbst alles in tränen / und behaubteten eben die K \niginnen Delbora / Hermione / Petasiride und Orosmada / wider die andern / daß die [816] Königin von Mesopotamien gegen die tugend handlen würde / wofern sie / in dieser sache der liebe zu folgen / auch ihre beständigkeit dem Tuscus Sicanus zu erweisen / hingegen ihren unschüldigen bruder zu verlassen / gewillet seyn solte.

Daß ihr viere (sagte hinzu die angeneme Amesses) dieses also verfechtet / solches růret lediglich daher /weil ihr wol mehr aus staats-ursachen euch verheuratet / als daß die wahre liebe euch darzu håtte bewegen sollen. Petasiride / die solchen fürwurf in gegenwart des Disons h \ren muste / entfande solches am allermeisten / und daher für die andre dreie / welche ihrer meinung waren / das wort nemend / sagte sie: Ich bin gar nicht in abrede / daß ich den König Mardocentes /meinen gemal / aus staats-ursachen geehlicht / und ihn vordeme nicht also / wie iezt / geliebt habe. Ich finde aber / daß ich k \niglich / und wie mir obgelegen / darinn gehandlet / und daß ich mich lasterhaft würde erzeiget haben / wan ich nicht mehr meines reiches båstes / als etwan meine eigene vergnügung / håtte dabei beobachten wollen. Meine K \nigin (sagte hierzu Mardocentes) hat durch diß einige wort / daß man mich iezt mehr / als vordem / lieben wolle / verursachet / daß ich nichtes hiergegen zu sagen habe. Wer verteidigt aber uns? (finge Delbora an zu reden) die K \nigin von Ophir thut mir unrecht / daß sie mich beschüldigen wil / ich habe den Eridanus nicht aus liebe geehlicht. Ach liebste Delbora! (antwortete ihr der König von Cus) ihr k \nnet nicht in abrede sey / daß Amesses euch getroffen habe: erklåret euch demnach nur also / wie die Königin von Arabien gethan hat /so wil ich mehr als wol vergnügt leben. Diese erklärung / (gabe sie zur antwort) solte ja mein König täglich aus meinem wandel ersehen können: [817] wan ich nur das glück / wie Petasiride / haben möchte / daß man meine treue liebe erkennen wolte. Eridanus ümhalsete seine Delbora / wie sie dieses fürbrachte / üm damit anzudeuten / daß er ihren worten glaubte.

Dieses gabe dem Nebajoth anlaß / seine Hermione anzusehen / und zu sagen: Ich weiß wol nicht / wie die K \nigin von Ophir es verstehe / daß sie unter die K \niginnen von Cus / Saba und Tyro / meine K \nigin hat mit gerechnet; massen ich ja versichert bin / daß die sch \ne Hermione mir aus bloßer liebe ihre huld habe zugewendet. Es verstehet die Königin Amesses hierunter nicht mich / (antwortete die Königin von Kitim) sondern den König von Meden selber / der /aus gehorsam / und weil er es seinem reiche zuträglich findet / euch zu bedienen hat angefangen. Was fůr unruhe (sagte Armizar zu seiner gemalin / und wolte dem Nebajoth nicht zeit lassen zu antworten) habt ihr / meine sch \ne! doch angerichtet / daß diese vier K \niginnen dergestalt angegriffen! wir wollen alle auf ihre seite fallen / und ihre meinung wider euch behaubten helfen. Wolan! (antwortete Amesses) ich neme es an / und wil gleich průfen / ob mein König dieses in ernst meine. Ich setze den fall / ich hieße noch Amesses von Egypten / und wåre die schwester meines K \nigs / die Indaride gefangen / die da sterben solte / wofern mein Armizar nicht sofort mich verlassen würde: wolte mein König wol das thun / und seiner Amesses solcher gestalt vergessen?

Armizar stutzete ůber diesem vortrag / und indem er zu antworten verweilte / sagte Petasiride zu dem König von Egypten: H \ren sie wol / was weniges sie sich zu ihrer schwester zu versehen haben / die lieber den bruder würde sterben sehen / als ihren geliebten verlassen? Ich kan die Amesses (antwortete Pharao Amosis) [818] hierům nicht verdenken: ich aber / ehe ich meine Danede verließe / wolte alle meine blutsverwandten dahin geben. Wiewol auch mir (sezte Danede hinzu) der Eridanus ein sehr werter bruder ist / so můste er mir doch das nicht verüblen / daß ich den Pharao ihm fürz \ge / wan mir ein solches unglück begegnen solte / daß ich unter ihnen beiden wehlen můste. Ich bin / liebste schwester! (sagte Eridanus) ganz eurer meinung. Gott lasse es nicht darzu kommen! (widerredte Delbora) sonst würde ich es der Danede wenig dank wissen / daß sie sich also erklåret hat. Man muß (finge hierauf der K \nig von Ophir an) einen unterschied machen / zwischen verliebten und verheurateten personen: und sind diese lezte so fåst zusammen verbunden / daß sie sich nicht scheiden k \nnen. So höre ich wol / (fiele ihm Amesses in das wort) wan ich noch unverheuratet wåre / so müste ich die gefahr stehen / von meinem Armizar verlassen zu werden. Nunmehr / liebste Amesses! (antwortete Armizar) kan sich der fall nicht mehr zu tragen / darům ist es eine unnot / hiervon zu reden.

So bleibet aber wahr / (widerredte Amesses) daß die Königin von Mesopotamien nicht anders thun kan / als daß sie den König von Syrien verlasse / und ihrem Tuscus Sicanus getreu verbleibe. Welche grausamkeit wäre das / (antwortete Hermione) einen solchen mord geschehen lassen / den man doch verwehren kan? Woltest du dan wol (fragte sie Roma) den Cambo-blascon / deinen bruder retten / und den Nebajoth verlassen / wan ein solcher fall mit ihnen sich zutrüge? Ich vermeine es nicht: sagte Jethur. Und ich besorge es: widerredte Nebajoth. Sorget nichts / mein K \nig! (antwortete Hermione / ihn ganz freundlich ansehend) ich wůrde euch fůr den Camboblascon[819] nicht lassen. Hierauf riefen alle die / so wider diese vier Königinnen waren: Hermione wåre nun gewonnen. Aber der K \nig Dison widerstritte solches / und sagte: Es ist ein großer unterschied zwischen diesen brüdern zu machen. Der Camboblascon wird von seiner schwester wenig / hingegen Aramenes von der K \nigin zu Mesopotamien håftig / geliebet: und wan Camboblascon stůrbe / erlangten viele lånder ihre ruhe / da hingegen ganz Asien in unruhe und in ein greuliches blutbad / durch des Königs von Syrien tod / würde gestürzet werden. Dieser meinung des Disons ward von den andern / als den Königen von Elam /Saba / Cus / Ophir / Egypten und Meden / auch von den Canaanitischen K \nigen / beigefallen: daher die Amesses / Danede / Lantine / Roma und die andern stille wurden / und nicht ferner wider die Delbora und ihrem anhang streiten wolten. Dieses aber gestunden sie alle einmůtig / wiedaß dieses eine sache wäre /welcherwegen man die schöne Aramena / sowol als die C \lidiane / wie auch den Aramenes / Tuscus Sicanus und Marsius / hoch zu beklagen hätte.

Wie sie nun allerseits bei dem K \nig von Egypten gespeiset hatten / verteilten sie sich / sowol die betrůbte Aramena / als die trostlose Cölidiane / zu besuchen: da der K \nig von Egypten neben seiner gemalin / der K \nig von Cus mit der Delbora / Mardocentes und Petasiride / auch die Prinzessin von Ophir / nach der Königin von Syrien / die andere aber nach der Königin von Mesopotamien / gingen. Bei der ängstigen Cölidiane traffen sie an / den König und die K \nigin von Salem / wie auch die meiste Syrische Fürsten /und die Prinzessin Jaelinde ihre schwester: da dan nichts klägliches kan zu sehen seyn / als wie diese Königin sich gebärdete. [820] Sie wuste alles / was die gesandten angebracht hatten / und weil ihr gezelt gerad gegen dem bergschloß über stunde / als hatte sie / zu mehrung ihres jammers / ins gesicht bekommen / wie die grausame riesen den felsen eben machten / und die bäume verhauten / wo den andern tag ihr geliebter Aramenes solte gerichtet werden. Sie hatte zwar wol eher dessen tod so nahe gesehen / aber mit dem unterschied / daß damals noch hoffnung der errettung ware. Nun hingegen durfte sie nicht vermuten / daß Aramena sich für ihren bruder erklären würde / da ihr bekant war / wie herzlich sie von neuem den Tuscus Sicanus liebte. Ach! dürfte ich nur mit ihme sterben! (sagte sie) und stůnde dieses von dem grausamen riesen zu erhalten / daß man mich zu ihm ließe / und ein eisen / unsere leiber trennend / unsere seelen wieder zusammen bråchte! Ihr ůberredet mich aber / grausame Syrer! daß dieses nicht zu erlangen stehe. Ach! vieleicht ersinnet ihr solches / üm mein und meiner armen leibes-frucht zu schonen: die aber schwerlich wird zur welt kommen / wan nicht sonderlich der himmel mich straffen wil / mir übernatürliche kräfte zu verleihen / meinen Aramenes einen augenblick zu überleben.

Gnådigste Königin! (antwortete Rames) dieser handel ist noch nicht so gar verzweifelt / als er wol scheinet / daß man zu dem åusersten mittel / nämlich zum tod / schreiten müße: dan wir haben ja in den hånden /was uns helfen kan. Die K \nigin Aramena vermag gutes willens den schluß nicht zu fassen / die treue /welche sie dem Aborigener-König gelobet / zu verlassen: sie wird aber von allen diesen großen und måchtigen K \nigen dazu können erbetten werden / die ja ein großes von ihrem königlichen ansehen verlieren wůrden / wan sie solten [821] gehalten seyn / sämtlich anzusehen / daß man ihrem bundsverwandten / dem großen Aramenes / in ihrer gegenwart / unschuldig das leben neme. Es erlanget ja dergestalt die K \nigin von Mesopotamien / in verlierung des Tuscus Sicanus /den großen Marsius / und wir behalten unsern K \nig /auch ganz Asien den edlen frieden und die gewünschte ruhe. Dieser vortrag des Fürsten von Syrien / den er im namen aller der andern gethan hatte / gabe der k \niglichen gesellschaft kein geringes nachsinnen /und ob wol die große ehrerbietung fůr die sch \ne Aramena ihnen im weg stunde / so fanden sie doch / daß es endlich nicht anders seyn konte / und daß ihrer aller / ja der K \nigin selbst eigenes / ansehen und guter name darunter leiden würde / wan sie anders verfüre.

C \lidiane war diejenige / so sich am längsten widersezte / dieses mittel zu billigen: das sie aber endlich gut hieße / iedoch erst auf den fall / wan auf ihr inståndiges flehen und bitten / welches sie zuvor zur hand nemen wolte / die Königin Aramena sich nicht bequemen würde. Demnach beschloße sie / mit allen anwesenden K \nigen und Syrischen Fürsten dahin zu gehen. Weil sie von gram ganz kraftlos worden war /als namen Delbora und Petasiride sie unter die arme /und füreten sie dergestalt aus dem gezelt: da ein allgemeines klaggeschrei unter den Syrern entstunde / als sie ihre K \nigin erblickten. Die mitgehende Syrische Fůrsten / trieben sie und die Chaldeer an / ihnen ingesamt zu folgen / weil dieser gang dem Aramenes und Sinear das leben retten solte. Diese lezten ließen sich hierzu ganz willig finden / weil sie ohnedas / auf anregung der Prinzessin Jemima / schon entschlossen waren / bei der K \nigin von Mesopotamien fůr ihren Prinzen zu bitten / massen [822] [824]Jemima mit dem Belhaddon sich schon zu dem ende auf den weg gemacht hatte. Es fůgte sich eben / daß beide parteien / auf dem breiten platze vor der Königin von Mesopotamien gezelte / zusammen stießen.

Diese schöne wolte eben / mit der gesellschaft / so sie zu besuchen gekommen war / zu der C \lidiane gehen. Wie sie nun dieselbe ankommen sahe / und ihr entgegen eilte / ließ diese trostlose sich unversehens vor ihr nieder bis auf die erde / und ihre beine ůmfassend / rieffe sie mit kläglicher stimme: Ich flehe / ům meines Aramenes leben! und weil selbiges allein in den händen der Königin / seiner schwester / stehet /als will ich / von deren gütigkeit / mein leben / oder meinen tod / erwarten. Eine große stille aller ůmstehenden entstunde hierauf / weil ihre aufmerkung sehr gros war / was die K \nigin Aramena antworten würde. Diese / die augen gen himmel kehrend / schlug beide hände ineinander / und sagte: wolan dan / man muß sich selbst ůberwinden! ich opfere mich zum anderen mal fůr der Cölidiane ruhe / und erkläre mich hiemit / daß ich den K \nig von Basan ehlichen wolle. Weil sie / zu dieser harten entschließung / aller ihrer kräfte vonnöten gehabt / ům solche herfůr zu bringen /als verließen sie dieselben auf einmal / also daß sie /sonder hülfe der Ahalibama und Timna / zur erden gesunken wåre. Als aber diese sie begriffen / fassete sie alle ihre noch-übrige stärke zusammen / um / vor so vielem volke / keine schwachheit blicken zu lassen. C \lidiane lage ihr hierauf ohne ablaß üm den hals /und vergoße / so wol vor freuden / als aus mitleiden /ihre milde zåren: darinn ihr alle die andere folgten /auser dem volk / welches seine hierob geschöpfte freude himmel an erschallen ließe.

Dieses kame nun bald für die ohren der gesandten[824] des Sesai / die bisher schmerzlich auf die lezte erklärung der Königin gewartet hatten. Sie eileten so fort dahin / wo diese fürtrefliche gesellschaft beisammen ware. Die Königin Aramena / als sie diese ins gesicht bekommen / dünkte nicht anders / als wan ihr herz von einem donnerstral gerůret würde; doch wolte sie ůber sich den v \lligen sieg erhalten / und sagte zu ihnen / mit großer entschließung: des Sesai / wie auch aller anwesenden K \nige / ihr wille sol geschehen! ich bin bereit / dem K \nig von Basan die eheliche hand zu geben. Nur ům dieses bitte ich / daß man mir noch drei tage zu den morgigen vergönnen wolle /damit ich mich recht bereiten k \nne / diese entschließung werkstellig zu machen. Die gesandten fanden bei diesem lezten begehren der K \nigin keine schwerigkeit / und fielen ihr für freuden zu fus / üm ihr fůr solche erklärung zu danken.

Sie wolten eben abziehen / als die schöne Jemima durch das volk drange / und / der Königin von Mesopotamien auch zu fus fallend / bei dieser bewandnis /auch ům des Prinzen von Chaldea freiheit bate. Liebste Prinzessin! (antwortete ihr die K \nigin / sie zugleich aufhebend) ich vermeine nicht / daß ihr mehr zu sorgen ursach habet / weil an meines bruders erlösung auch diese hanget. Ob es zwar (sagte hierauf Rekem) mit dem Chaldeischen Prinzen eine andere gestalt hat / als mit dem K \nig von Syrien / so wil ich dannoch hoffen / daß auch er seine freiheit wieder erlangen werde. Die betrübte Jemima wurde durch diese erklårung nur halb getr \stet / und entschloße Belhaddon / selbst mit den gesandten nach der burg zu gehen / und fůr seinen Prinzen zu sprechen: wie er dan zugleich ůbername / des Sesai erklärung / wegen der begehrten drei tage-frist / mit zurücke zu bringen. Also schieden sie voneinander / und [825] begleitete Cölidiane die Aramena in ihr gezelt / wolte auch diese grosmütige freundin keinen augenblick mehr verlassen / aus beisorge / wan sie allein seyn und recht zu gedanken kommen wůrde / daß sich alsdan die reue bei ihr einstellen dörfte.

Wie aber der Batto mit seinen Aborigenern vername was vorgegangen war / versamleten sie sich alle für der Königin von Mesopotamien gezelt / und sandten / sehr ůbel zufrieden / den Batto zu ihr hinein /ihre untreu / so sie ihrem Könige erwiese / ihr fürzuhalten. Wann es Ahalibama nicht gemittelt und ihn angemeldet hätte / so wäre dieser Aborigener nicht für die K \nigin gelassen worden. Wie er nun / wider der andren willen / fůr die K \nigin gekommen und seines volks beschwerung ihr anbringen wolte / kame sie ihm zuvor / und sagte: Ach Batto! ihr sehet / wie es mir ergehet. Das unverhoffte ausenbleiben eures K \nigs / der nur eine kleine tagreise von uns ist / verursachet mit / daß ich diese erklärung von mir geben müßen. Ich habe damit seinem liebsten freunde / den er jemals in der welt gehabt / das leben gerettet / und ist er bereits gewonet / seine Aramena zu verlassen: darum wird er sich auch nun ům so viel eher darein finden / da er mich / üm seiner beiden liebsten freunde willen / verlieren muß. Zwar hoffe ich nicht lang auf dieser welt zu leben: welches der einige trost ist / der mir bei diesem zufall kan ůbrig bleiben. Weil die tränen / neben der herzens-angst / dieser schönen verwehrten / ein mehrers zu reden / als verstummete sie mit diesen worten / und wuste Batto fast nicht / was er dazu sagen solte. Demnach / an stat mit ihr sich in ein weitläufiges gespräche einzulassen / fragte er sie nur / ob ihme und den Aborigenern erlaubt wäre / zu seinem herrn wieder zu kehren? weil er nicht sehen künte / was [826] sie hier ferner nůtzen würden. Sie erlaubte ihm solches / und sagte: Ich bin unfåhig / eurem König etwas hiebei zu entbieten / auser dieses / daß er mich nicht unbeständig / sondern nur unglůcklich achten / und meiner vergessen wolle.

Hierauf winkte sie ihme mit dem haubt / anzudeuten / daß er sich von dar begeben m \chte: welches er dan / nicht ohne große verwirrung / thäte. Als er in das vorder-gezelt kame / begegnete ihm die Roma /welche ihn ehmals in der Aborigener land gekennet /und erneuerte / durch ihre entdeckung / seine alte schmerzwunde / über den todesfall seines vorigen herrn / des Tuscus Sicanus / den sie vermeintlich hatte zur ehe gehabt. Weil sie sehr verlangte / von dem eigentlichen zustande der Aborigener und ihres jetzigen K \nigs etwas zu vernemen / zoge sie den Batto an eine seite / und ließe sich ausfůrlich hiervon unterrichten: da sie dan alles / was mit diesem K \nig war fůrgegangen / erfuhre / auser deme / wie er vor seiner erkentnis genennet worden / welches dem Batto selbst nicht bekandt war. Die Ahalibama gesellte sich hierauf zu ihme / die / durch sonderbare ursachen bewogen / den Batto ersuchte / mit seinen v \lkern erst den andern tag aufzubrechen: das er ihr dan verhieße / und zu den Aborigenern sich wieder verfügte / ům dieselben zu dem morgigen aufbruche sich rüsten zu heisen.

Selbigen abend kamen auch ins lager / die Aneriste / des Demas hausfrau / und ihre beide töchter / neben der Aprite und Baalise: welche zwei letzere ganz heimlich mitgereiset waren / und so fort / durch beförderung der Briside / in das gezelt der Prinzessinnen von Ausitis sich begaben / als die andern von dem Abinael und Nisan aufgenommen und entfangen wurden. Die ursach [827] von der Aneriste ankunft war / daß sie unterwegs vernommen hatte / wie die riesen / die ihren man gefangen hielten / ihme den tod androheten: weswegen sie mit den andern den weg nach der landschaft Amida nicht fortsetzen sollen / sondern / für ihren man zu bitten / mit ihren beiden töchtern hieher sich gewendet hatte. Mitlerweile nun diese von den hirten sich erzehlen ließe / wie es hier stunde / traffen Aprite und Baalise / zu ihrem guten glůcke / die drei Prinzessinnen von Ausitis ganz allein an: die sich nicht wenig verwunderten / sie alda zu sehen. Weil die betrůbte Jemima auf dem bette lage / als liefen Kezia und Kerenhapuch diesen beiden schönen entgegen / und wie sie dieselben vor ihrer schwester bette gefůret / fragten sie: was fůr ein geschicke sie hieher brächte? Weil wir keinen sicherern ort in der welt wissen / (antwortete Baalise) als bei den Prinzessinen von Ausitis / darum kommen wir hieher / und erkünen / unsren beschůtzerinnen zu folgen. So ganz allein! fragte Kezia: das ist ie nicht wenig gewaget / sich also in ein heerlager zu begeben. Es haben uns (gabe Aprite zur antwort) verheuratete hirtinnen hieher begleitet / und wan nur Nahor und Elisa uns hier nicht finden /so wissen wir niemand / der uns eine furcht hier einjagen k \nte. Eure sch \nheit / werte hirtin! (sagte Jemima) kan euch aller orten verfolgere erwecken / und wird es gewiß auch zu Samosata nicht so leer seyn abgegangen / weil ihr es auf diese herreise gewaget.

Es ist billig / (gabe Baalise zur antwort) daß wir unsren Prinzessinnen erzehlen / was uns eigentlich hieher getrieben habe. Wie wir zu Samosata unlångst allein zurůcke verblieben / genoßen wir / bei den bedienten unserer Prinzessinnen alle die gutthaten / so wir verlangen m \gen / und blieben ganz heimlich und verborgen / [828] bis die beide Syrische Fürsten der Elihu und Bethuel / als die von Uz wieder kamen / uns ausgekundschaftet / und unser da-seyn erfuhren: welches uns jedoch keinen schaden brachte / weil diese mehr zu bef \rdern / als zu hintern gedachten / daß wir möchten geheim verbleiben. Wie aber diese hinweg waren / und nachgehends die k \nigliche personen /die das schloß Samosata bewonet / sich hieher aufmachen wolten / auch zu dem ende in die stadt Amida sich begaben / kamen gleich den tag nach ihrer abreise / der Baracheel K \nig von Hemath / und der Fürst Jonadas / der aus dem vorigen k \niglichen geschlecht von Hemath entsprossen / in Samosata an und muste es sich also fůgen / daß wir / die wir wegen abreise der andern sicher geworden / eben mit unsrem torhüter / gegen den abend / uns einmal ausgemachet und in den schloßgarten begeben hatten / als diese auch hinein kamen. Weil der Fürst Jonadas uns / und wir ihn / wol kennten / als machte seine jähliche ankunft uns so bestůrzt / daß Aprite überlaut zu schreien und damit zu fliehen begunte. Ich folgte ihr auf den fuße nach / ware aber so unglůcklich / daß ich zu boden fiele: womit ich dan so viel zeit verlore / daß Jonadas / der uns gefolget / mich ereilte / und auf unsere alte kentnis mich ansprache.

Weil ich gros bedenken hatte / mich ihme kund zu geben / als sezte ich mein laufen fort / sonder ihm zu antworten / entkame auch mit Aprite aus dem garten und in unser zimmer: da wir uns versperrten / um alda so sicher für diesen / als für den vorigen / königlichen personen zu bleiben. Weil aber Baracheel / sowol als Jonadas / vermeinten / daß ihnen viel / ja ein großes /daran gelegen wåre / uns auszuforschen / als stellten sie die genåuste nachfrage an / und machten unsrem torwårter [829] so bange / daß der uns endlich ankůndigte /wie er nicht wol unser da-seyn långer verhelen könte. Diesem nach ersonnen wir eine list / und der treue des torwärters / durch etliche kleinode / die uns das glück noch in händen gelassen / uns versicherend / beredten wir ihn / den Hemathiten anzumelden / wiedaß wir davon gereiset / und / als er von uns erhorchet / den weg nach Hemath durch Syrien genommen hätten. Nichts war fåhiger / als eben dieses / sie vollends in unruhe zu setzen / und begabe sich Jonadas sofort aus den rückweg / üm uns einzuholen: inzwischen der König Baracheel zu Samosata verblieb. Wir aber machten uns bei nacht / mit dem alten / den unsere Prinzessinnen von Ausitis mitgebracht / auf den weg /alhier unsere sicherheit zu finden. Unterwegs stießen wir auf das heer der von des Teraphim tempel zurük-kommenden schåfere: da wir dan / die verweserin Aneriste / neben ihren beiden töchtern / zu reisgefärten bekamen / an stat des alten / welcher seinen weg nach Ausitis genommen / üm den K \nige zu berichten /wie es hier seinen t \chtern und dem Prinzen von Chaldea ergehe. Dieses ist nun kürzlich der verlauf unserer begegnise / und sind wir fro / daß wir unsren zweck glůcklich erreichet / daneben aber nicht wenig betrůbet / daß wir unsere Prinzessinnen in solcher unruhe haben antreffen müssen.

Werte Baalise! (sagte Jemima hierauf) ihr findet uns freilich viel anders wieder / als wir zu Samosata sind voneinander geschieden / und muß ich noch zwischen furcht und hoffnung leben / ob ich den Prinzen Sinear werde retten k \nnen? Ach! dieses unglůck hat der edle Prinz ihme damit aufgeladen / indem er / aus gar zu großer liebe / sich so vergessen / daß er die sünde begangen / sich zum Teraphim anzubieten /weshalben ihm [830] nun Gott solche straffe zugeschicket. Ein seltenes beispiel treuer liebe (antwortete Baalise) hat der Prinz hierinn erwiesen / welches die nachwelt wird an ihme loben müßen. Dem Bethuel (sagte Kerenhapuch) ware diese gelegenheit benommen / mich durch darbietung seines lebens zu retten / weil er nicht / wie der Sinear / ein erstgeborner ist in seines vatters hause. Und Elihu / (versezte Kezia) konte /wegen seines rechten glaubens / diese abgötterei nicht begehen. Wie unn \tig ist es doch / (sagte Aprite hierzu / und lächelte) daß meine beide Prinzessinnen hiemit ihre geliebte Fůrsten entschuldigen wollen / die ja aller welt gnug dargethan / wie häftig sie lieben / ob sie gleich ein solches äuserliches zeichen nicht erwiesen haben. Ich muß aber (sagte sie ferner / sich zu der Kezia wendend) bei meiner Prinzessin dafür bitten /daß der geliebte Elihu unser hier-seyn nicht erfahren m \ge: damit nicht auch auf ihn komme / die unruhe des K \nigs seines herrvattern / die der ihme über unsrer kentnis gemachet hat. Das sei euch zugesagt /sch \ne Aprite! (antwortete Kezia) und vermeine ich darinn nicht wider die gesetze der liebe zu handlen /wan ich auf diese weise meiner Freundin mich gefällig erzeige. Ich solte aber auch hingegen begehren d \rfen / die eigentliche ursach zu wissen / warum die Hemathiter / in erkennung der schönen Aprite und Baalise / sich unruhig zu bezeigen. Wir d \rfen / aus zwang eines eides / (antwortete Aprite) ein solches nicht sagen: dieses aber k \nnen wir wol hoch beteuren / daß die Hemathiter dessen keine wahre ursach haben / und der Fůrst Elihu / als kůnftiger König von Hemath / sonder gefahr und nachteil leben kan / ob er gleich von unsren håndeln nichts erfäret. Hiemit lehnete es Aprite ab / sich weiter zu offenbaren / und raumeten die Prinzessinnen diesen beiden [831] hirtinnen /unter ihren dienerinnen / weil sie es also begehrten /im hinter-gezelt / einen besondern ort ein / da sie sich verborgen aufhalten konten: bis man ferner sehen würde / wie alles dieses verwirrte wesen sich enden wolte.

Indem kame der Belhaddon wieder von der burg /in begleitung des Gelanors: der aber gleich durch das lager reisete / um nach den andren Königen und riesen / die ihn abgeschicket / sich wieder zu begeben Belhaddon aber / weil er der Jemima eine so gute zeitung zu bringen hatte / eilete am ersten zu ihnen hinein /und machte diese halbtode Prinzessin gantz wieder lebendig / ihr verkůndigend / wie man dem Prinzen von Chaldea auf der burg bässer zu halten angefangen /als die gesandten die erklårung der Königin von Mesopotamien dem Sesai hinterbracht / auch daß der riese nicht allein die begehrte drei tage verwilligt /sondern auch sich sehr frölich erwiesen: vermutlich deswegen / ům den König von Basan in solcher zeit dahin zu bewegen / daß er diese fůr ihn erworbene glückseligkeit annemen möchte. Habet ihr dan (fragte die erfreute Jemima) den Prinzen selber gesehen. Ich habe ihn nicht allein gesehen / (antwortete Belhaddon /) sondern ich bringe auch diese reimen von ihme / die er seiner liebsten Prinzessin zu überreichen / mir aufgetragen hat. Die Prinzessin name dieselben zu sich /und fande sie folgenden inhalts:


Zween kerker / fåsslen mich: hier meinen leib der feind /

und meine freundin dort mein herze / hålt gefangen.

die eine haft lässt mich zur andren nicht gelangen.

Die dritte / tröstet mich. Weil ihr mir zuvermeint

Prinzessin! eure treu: so ist ja / wie es scheint /

auch euer herz / aus gunst / bei mir in haft gegangen.

Mein leib hofft hier nun bald die freiheit zu entfangen:

iedoch / die seel in ihm / bleibt ihres kerkers freund;

Sie wil nit werden frei / sie wil gefangen bleiben.

Die seel / in der ich mehr / als in der meinen / leb /

[832]

wird auch so gerne ja in meinen banden bleiben:

gleichwie / zu meinem glůck / ich in den ihren schweb.

Laß / himmel! bald allhier die fåssel ihn entlassen /

und Sinear dafür Jemimen arme fassen.


Ach! (sagte sie / nach verlesung dieser reimen /voll unruhiger vergnügung) wären doch diese drei tage vorbei! ich muß noch immer befahren / daß die zeit etwas widriges dazwischen bringe. Ihre beide schwestern sprachen ihr hierauf einen muht ein / und weil Belhaddon der K \nigin von Mesopotamien muste bericht abstatten / als eilete er von ihnen / und ließe sich bei der Aramena anmelden: da dan diese bis in den tod betrübte vername / wie der Sesai ganz freudig die verlangte drei tage-frist bewilligt hätte. Es brachte ihr aber dieses / wiewol sie es begehrt hatte /keine beruhigung: wie sie dan auch hierüber nicht die geringste freude blicken liesse. Cölidiane weinete nun mit ihr in die wette / üm daß sie ursach dazu geben müßen / daß Aramena ihrem Cimber ungetreu werden solte. Weil die nacht indem einfiele / als scheidete dieselbe diese beide K \niginnen voneinander. C \lidiane ware zwar des vorsatzes / die nacht über bei der K \nigin von Mesopotamien zu bleiben: aber Ahalibama hinterte solches / unter dem vorwand / daß der Aramena nichts nötiger wäre / als die ruhe / zu welcher sie bei gesellschaft nicht gelangen könte.

Sobald aber Cölidiane hinweg war / und Ahalibama sich allein bei der Aramena sahe / trate sie zu ihr für das bette / und sagte: Wollen sie wol / gnädigste Königin! meinen einfall vernemen / der verhoffentlich E. Maj. aus allem diesem leidwesen / setzen / und sie / ihrem Cimber treu zu bleiben / wird fähig machen k \nnen? Ach liebste Ahalibama! (antwortete die betrübte Königin) was ist wol zu ersinnen / das mir in meinem anligen [833] zu hülf komme? Köntet ihr mir den tod ankůndigen / daß der mich gleich aus der zahl der lebendigen hinwegraffen wolte / so würde ich sagen /ihr håttet das einige und rechte hülfmittel gefunden. Nicht so etwas grausames / (widerredte Ahalibama) sol diesen verwirrten handel åndern / sondern es ist ein mittel vorhanden / dessen ich mich selbst bedienet / meinem Elieser die ewige geschworne treue zu halten. Die K \nigin richtete / ganz verwundert / ihre tränende augen auf die Prinzessin / als sie so frömde dinge fürbrachte / und sagte: wollet ihr mir rahten /den Marsius zu ehlichen / und den Cimber dabei zu lieben / gleich wie eure ehe mit dem Esau euch nicht hinterlich ist / die gedåchtnis eures Eliesers dabei stäts zu behalten? E. Maj. můssen (widerholete Ahalibama) mit dem König von Basan sich also vermålen lassen / wie ich mit dem Esau verehlichet bin. Ach Ahalibama! (fiele ihr die Königin in die rede) spottet man meiner noch also / zu meinem unglůcke? Ich weiß / daß ich den Marsius werde ehlichen můßen; ich wil aber / von der stund an / aufhören / den Tuscus Sicanus zu lieben: wie ich es mir dan schon tief zu gewissen ziehe / daß ich / nach meiner gethanen erklårung / diesem unglückseligen noch so hold zu seyn / in mir entfinden muß.

Wollen E. Maj. mich gedultig anhören / (antwortete Ahalibama) so wil ich mich recht erklären / wie meine reden müßen verstanden werden. Die K \nigin schwiege hierzu stille / und bezeugte damit / wie ihr nicht entgegen wåre / daß Ahalibama sich deutlicher er \ffnete: die dan / auf der K \nigin bette fůr ihr sich nieder lassend / also zu reden fortfuhre. E. Maj. müßen es mir fůr keine unvertraulichkeit ausdeuten /daß ich mit deme / was ich iezt offenbaren wil / bisher so verschwiegen gewesen. Die ümstånde haben es nicht anders erleiden [834] wollen / und ich muste sorgen /das E. Maj. mich daran hätten verhintern wollen wessen ich hierinn mich unterfangen. Ich bin nicht des Fůrsten von Edom gemalin / wie alle welt vermeinet /sondern allein zum scheine mit ihm getrauet worden /gleich wie ehedessen in Kitim die Roma sich des Tuscus Sicanus gemalin genennet. Dieses mittel fiele mir ein / als meine eltern in mich so häftig drungen / den Esau zu ehlichen / und dadurch in Seir frieden zu verschaffen. Ich wagete es demnach / als Esau das leztemal / nach der eroberung von Damasco / in die stadt kame / und offenbarete ihm ganz freimütig meine gedanken / wie es mir nåmlich unmüglich fiele / des Eliesers zu vergessen / und er sich und mich unglücklich machen würde / wann er darauf bestehen wolte /mit mir / die ich ihme von meinen eltern gegeben worden / verehlicht zu werden. Demnach m \chte er / um dem zwischen ihme und den Fürsten von Seir aufgerichteten friedenschluß ein genügen zu thun / damit zu frieden seyn / daß ich vor den leuten seine fraue hieße / in der that aber dieselbe nicht wůrde / sondern meinen jetzigen stand immerdar bei ihm behalten dörfte.

Er h \rte / mit so großer verwunderung / als dabei herfürscheinender vergnügung / diesen meinen vortrag an / und gabe mir dieses zur antwort: Nun sehe ich /werte Prinzessin! wie der himmel es nicht haben wolle / daß ich sol der eure werden: maßen er alles dazwischen schicket / was dieser meiner liebe muß entgegen stehen. Zudem ende habe ich auch müßen eure base / die Fůrstin Ahalibama / die Nefe Zibeons /auf dem gebirge Seir zu sehen bekommen: die mich liebet / und meine gegenliebe schon besitzen würde /wan ich diese eure erklärung daß ihr mich unmüglich lieben k \nnet / hätte erfahren mögen. Weil ihr dan /den todten Elieser / dem lebenden [835] Esau vorziehet / so gönnet mir / daß ich die andere Ahalibama an stat euer lieben d \rfe / und seit mir beförderlich / daß ich dieser ihre huld beständig behalten m \ge. E. Maj. k \nnen gedenken / wie mich dieser vortrag des Esau vergnůget. Ich wil mich aber hier nicht aufhalten /alles weitlåufig zu erzehlen / was nachdeme zwischen uns fůrgegangen: weil E. Maj. gemüte iezt nicht also beschaffen ist / dergleichen sachen zu beachten. Ich wil nur sagen / daß wir sofort zu Aroer diese unsere schein-hochzeit / üm meine verwandten zu vergnůgen / fůr sich gehen lassen / und daß ich darauf angefangen / ihme durch schreiben an meine base / die andere Ahalibama / zu dienen / und deren gegenliebe / als welche sich bei ihr verringert / wie sie erfahren / daß er mich geheuratet / fůr ihn zu erlangen. Es hat aber dieses ihme nachgehends viel saure můhe gekostet /und fande ich ihn neulich zu Auzora deshalben fast ganz verzweifelt: da ich ihme dan / nach m \glichkeit /mit trost zugesprochen. Und weil ich wuste / wo seine Ahalibama sich befande / und daß sie gegen ihme bäßer gesinnet wäre / als er vermutet / verursachte ich / durch die nachricht / die ich ihm hiervon gabe / daß er die reise nach dem hiesigen Taurischen gebirge übernommen: daselbst er / an den Armenischen gränzen / bei dieser schönen sich iezt befinden soll. Nun finde ich / dieses mein fürbild an E. Maj. zu bringen /ganz keine schwerigkeit / und bin versichert / daß der König von Basan nicht mindere grosmut / als der Fürst von Edom / hiebei erweisen werde / wan E. Maj. ihme dergleichen fürtrag thun wollen.

Ach Ahalibama! (sagte die K \nigin) wan mein gemüte iezt tüchtig wäre / auser betrachtung meines leidens / etwas zubewunderen / so würdet wol ihr es seyn / da ihr mir solche frömde dinge von eurem zustand erzehlet. [836] Aber wie wenig ist doch solches fåhig / mir zum troste zu dienen / da ich nicht absehen kan /daß ich / eurem beispiele zu folgen / das vermögen habe. Warům aber nicht / allerliebste Königin! (fragte Ahalibama) was solte wol hier können im wege stehen? Ich sihe ja nichtes / das diesen handel solte schwer machen / auser dem mittel / wie man dieses dem König von Basan kund thun möge. Doch wird sich auch solches leicht finden / wann E. Maj. darbei beharren / den Marsius / vor der angesezten trauung /allein zu sprechen: welches Sesai nicht versagen wird. Es hat auch dieser K \nig sich viel zu tugendhaft und edelmütig in seinem ganzen leben erwiesen / als daß er E. Maj. diese bitte versagen / und nicht dahin trachten solte / dem König von Syrien das leben zu retten / und die große Aramena von einem unleidlichen zwang zu erlösen / der ihme ja schon iezt / wie unsere feinde selbst gestehen müßen / als der tod zuwider ist.

Was einem angenem ist / (sagte Aramena) das nimmet man gerne an. Ich wolte mir wol die süße hoffnung machen / und dieses für thunlich achten / wan nicht sofort vielerhand ümstände diese anglimmende hoffnung wieder in die asche legten. Marsius weiß bereits meine erklärung: meinet ihr nun wol / daß er solchen widerwillen gegen dem Sesai / wie bisher / noch hegen werde / da er mit so großer häftigkeit liebet /daß ihn solches auch fast gar sein selbst hat vergessen gemacht? Ach nein / Ahalibama! ein verzweifelter liebhaber wird eine so gute gelegenheit nicht leicht verscherzen / die ihme nur einmal wiederfahren kan. Ware nicht schon damals (widerredte die Ahalibama) eine solche gelegenheit vorhanden / wie der große Marsius in Damasco / [837] als überwinder / sich befande /und alle Syrer an der hand hatte / E. Maj. mit gutem fuge zu begehren? aber er ließe sich krank aus Syrien füren / ům E. Maj. nicht zu betrůben / und zeigte damit satsam an / daß er / der großen Aramena vergnůgung / der seinigen weit vorz \ge. Worinn hat Marsius inzwischen sich geåndert? erweiset er sich iezt nicht eben also / da er / dem Tuscus Sicanus seine glückseligkeit zu g \nnen / sich von allen den seinen entfernet / und lieber sterben / als E. Maj. vergnügung zerst \ren wollen. Ist es aber nicht sündlich / (fragte die Königin) \ffentlich ein gelübde thun / das man nicht zu halten gewillet ist? Auser dringender noht /(antwortete Ahalibama) halte ich es selbst fůr unrecht: wann es aber die beståndigkeit eines gelübdes / wie bei meinem bruder und E. Maj. schwester / oder die befåstigung eines nützlichen friedens / wie bei dem Esau und mir / oder die erhaltung von eines großen Königs leben / wie hier / zu wege bringen sol / vermeine ich nicht / daß es werde zu tadeln seyn.

Der Fürst von Edom (fuhre die Königin fort) konte wol einem todten mitbuler dieses zu gefallen thun: aber hier ist ein lebendiger. Desto mehr grosmut (antwortete Ahalibama) kan Marsius erweisen / wann er sich nichts destoweniger überwindet. Wie lang aber (fragte Aramena ferner / deren dieses allgemach begunte thunlich fůrzukommen) můste dieser betrug wären? Långer nicht / (versezte Ahalibama) als bis man den K \nig von Syrien aus des Sesai händen errettet hätte. Was wird aber (ware abermals der Königin frage) der arme Cimber hiervon gedenken? Was gedenket er nun / (sagte Ahalibama) wan ihme seiner Aramena entschließung ist fůr ohren gekommen? Ach Ahalibama! [838] (antwortete die K \nigin / und hube bitter an zu weinen) ich sorge vieleicht dieserwegen ümsonst / und bin eher befuget / von dieses K \nigs ausenbleiben alles widrige zu urteilen: zumal auch alle /die man nach ihm abgeschicket / von dem gebirge nicht wiederkommen. Der Chersis / so ihn aus des Teraphim tempel geleitet / lässt sich noch nit sehen; Mitreus / will sich nicht wider einstellen; und der Husan hat / von seiner überkunst / noch nichtes zurück entboten. Vieleicht wil Cimber von neuem einen bäßern freund als liebhaber abgeben / und lebet daher so eingezogen / üm durch seine gegenwart dem Marsius nichtes zu verderben? E. Maj. fassen nicht solche einbildungen / (gabe Ahalibama zur antwort /) von diesem treuen liebhaber! hat er einmal gefehlet / wiewol die eigentliche ůmstände uns noch verborgen sind / so wird er solches nicht \fter begehen. Und wer weiß / wie es üm dieses ausenbleiden bewandt ist? Etwan ist er / für traurigkeit über diesem zufall /schwerlich erkranket? oder er wird / von des Marsius anwesenden schwestern / und den Celten / angehalten / daß er dieses Königs glückseligkeit alhier nicht hintern m \ge?

Es kan alles also seyn / (versezte Aramena) wie ihr saget. Aber / ob ihr mich schon beredet / dieses lezte hülfmittel zu versuchen / so vermag ich doch solches /ohne vorwissen meines Cimbers / nicht anzusahen. Ich bin auch dieser meinung: (gabe Ahalibama zur antwort) aber es kan ihme so fort geschrieben werden. Wie kan ich / (sagte die Königin) da mich der schwulst von der entfangenen wunde hintert / den schreibgriffel zu füren. So will dan ich solches verrichten! (versezte Ahalibama) und ist damit keinen augenblick zu verweilen: [839] maßen wir nicht wissen können / was dieser verzweifelte liebhaber etwan anstellen m \chte. Wan aber Marsius nicht wolte /(wandte die Königin ein) was nůzte es diesem armseligen / daß man ihm vergebliche hoffnung gemachet? Mich důnket (antwortete Ahalibama) ich sei seiner einwilligung ganz gewiß versichert: und dörfte ich es ihm nur anbringen / ich weiß / daß ich ihn gleich bereden wůrde. Wolte Gott! (sagte die Königin) daß Ahalibama meine stelle hierbei vertreten můße! dann ich befinde mich viel zu furchtsam / dem König Marsius einen solchen frömden fůrtrag zu thun. Der Aramena stäts-erwiesener helden-muht / (gabe Ahalibama zur antwort) wird ja nun nicht unterligen / da er eine so herrliche liebes-probe erweisen kan. Gnädigste Königin! was geschehen soll / das muß so fort fürgenommen werden: damit nicht Tuscus Sicanus von iemanden eher / als von uns / erfahre / was E. Maj. heut fůr eine erklärung von sich gegeben. Ich ersuchte zu dem ende den Batto / diese nacht mit seinen v \lkern noch hier zu bleiben: damit ihr K \nig nicht sofort die nachricht erlangen möchte / wie es hier zustehet. Wie sorget ihr doch / liebste freundin! (antwortete die K \nigin) für meine wolfart / und richtet mein niedergeschlagenes herz wieder auf / das bereits alle hoffnung hatte sterben lassen / und nichtes / als den tod /fůr sich mehr ůbrig sahe. Der himmel wird mein fürnemen segnen: (erwiederte Ahalibama) dann es ja unmüglich ist / daß dessen gerechtigkeit diesem unrechtfårtigen wesen in die länge zusehen könne. Als sie diß gesaget / holete sie ein tåfelein aus der K \nigin schreibzeug / und sezte sich an den tisch / da sie folgende zeilen abfassete.

[840]
Schreiben der Ahalibama von Seir / an den Tuscus Sicanus K \nig der Aborigener.

So kůhn ich mich erweise / diese zeilen an einen großen K \nig zu schicken / so leichtlich hoffe ich dafür vergebung zu erlangen / wann E. Maj erwägen werden / daß dieses auf befehl dero liebsten Königin geschihet: die ihren zustand selbst nicht berichten kan /weil sie bei neulichen stürmen einen zufall an der hand bekommen / der ihr das schreiben verwehret. Dieser wegen muß ich E. Maj. sagen / daß sich die K \nigin niemals in einem erbärmlichern zustand befunden / als wie sie sich genötigt gesehen / ihrem liebsten bruder das leben zu retten / und darüm so wol dem grausamen Sesai / als denen bei ihr sich aufhaltenden Königen versprechen můßen / dem K \nig von Basan / innerhalb dreier tage / die eheliche hand zu geben. Ich weiß / wie dieses den großen Tuscus Sicanus befr \mden wird. Doch werden sie davon auch groß freude schöpfen / wann E. Maj. vernemen werden / daß dieses eben das mittel seyn soll / dem Cimber seine Aramena zu lassen: massen die Königin von Mesopotamien entschlossen ist / auf keine andere weise dem Marsius die ehliche hand zu geben / als wie es der Aborigener K \nig / E. Maj. bruder / und die Prinzessin Roma gemacht haben; ja wie ich selbst / neben dem großen Edom / zum lebendigen beispiel dienen kan / da wir zum schein getrauet sind und er mir gönnet / [841] meinen verstorbenen Elieser bis in mein grab zu betrauren. Dieses mein geheimnis entdecke ich zu dem ende / damit E. Maj desto eher glauben mögen / wie thunlich das sei / wessen ihre Königin sich unternemen wil: üm sowol des Cimbers alten freund / den liebsten Abimelech / zu retten / als auch ihme selber beständig zu bleiben. Es bittet die Königin / daß E. Maj. solches von ihr sicherlich glauben /und daran sich nicht wollen irren lassen / daß sie diese schein-untreu erweisen muß: da sie bei dem höchsten Gott schwöret / daß es bei der erklärung bleiben sol / die sie dem großen Tuscus Sicanus jůngsthin bei des Teraphim tempel gegeben hat.


Ahalibama Fürstin von Seir.


Es wurde dieser Prinzessin so wunderlich zu sinne / als sie diesen brief vollendet / daß sie selbst nicht wuste / wie ihr geschahe. Sie brachte ihn der Königin für das bette / die ihn selbst durchlase / und nichts dabei zu erinnern fande / als nur dieses / woher sie wüste / daß der Roma ihr Tuscus Sicanus / der bruder ihres Cimbers gewesen wåre? Ahalibama erzehlte ihr hierauf / was ihr vorigen abends der Batto hiervon berichtet hatte. Wie es nun zur frage kame / wer das schreiben überbringen solte / befanden sie keinen hierzu tüchtiger / als den Fürsten von Cale / den treuen Arsas. Dieser wurde nun / ům mitternacht / in der K \nigin zelt beruffen: da sie ihm das schreiben zustellte / mit n \tigem unterricht / was er darneben / so wol dem Aborigener-König / als den andren / sagen solte. Weil dem Arsas niemand an treu und fleiß vorginge / als saumte er keinen augenblick / sich zu dieser reise färtig zu machen / und begabe [842] sich sofort nach mitternacht auf den weg / nur von etlichen seinen dienern / auch einer wacht von etlichen und zwanzig Syrern / üm sicher durchzukommen / begleitet. Weil er einen alten knecht bei sich hatte / der von jugend auf in seinem hause auferzogen worden / und also die treue mit seines herrn brod in sich geessen hatte / muste der ihn mit gespråchen unterhalten / ům den verdrus des nachtreisens (welches zwar / bei damaligen kurzen nåchten / nicht lang wårete) zu kürzen.

Er kame / unter andern / auf die nun eine geraume zeit her an seiner gemalin verspürte traurigkeit zu reden / und beklagte / daß er nichts in der welt ersinnen künte / so da fåhig wäre / seiner Casbiane die betrübnis zu benemen. Ich weiß wol / (sagte dieser alte) was der Fürstin von Cale anligen verursachet: es ist aber nicht nůtze / daß mein herr kentnis hiervon erlange / weil unbekante dinge uns am wenigsten quålen. Mir wird diese wissenschaft (antwortete Arsas) keine gr \ßere unruhe bringen können / als ich bereits in mir entfinde / da ich diese betrübnis muß täglich fůr augen sehen: drum verhele mir nicht / was dir hiervon kündig ist. Ich habe bereits zu viel gesaget / (gabe der alte zur antwort) und håtte wol vermuten sollen / daß man mich von fernerer entdeckung nicht frei lassen werde. Ich wil aber dem befehl gern gehorsamen / iedoch dabei bitten / daß man sich / nach als vor / der unwissenheit bedienen / und der Fürstin nie zu erkennen geben wolle / wie man von ihren geheimnisen nachricht habe. Der begierige Arsas versprache solches zu thun / und hörete darauf seinem diener zu /der also zu erzehlen begunte. Als die jetzige K \nigin von Ninive / unter Disons namen / in Canaan lebte /und für einen ritter der Prinzessin von Seir von aller welt angesehen wurde / bezauberte dieses holdseligen[843] jůnglings schönheit die Casbiane dermassen / daß sie nicht allein ihn anhube zu lieben / sondern auch / wie das glück ihr diesen ritter zu Damasco / bei der K \nigin Aramena einzug / in ihre behausung brachte / von ihren begierden dermassen gemeistert wurde / daß sie sich zu dieser verkleidten ins bette legte / aber gleich damals durch meines Fürsten wieder-ankunft von Salem ůbereilet und also angetroffen wurde.

Was verneme ich? (fiele alhier der wundrende Arsas dem alten in die rede) ware das die Königin von Ninive / die ich bei meiner gemalin im bette an getroffen / und die sich gleich darauf aus unsrem hause wieder verloren / unter dem vorwand / daß ihre verwandten sie hätten abholen lassen? Es ist also /wie ich sage: fuhre der alte fort. Es entstunde aber hiernächst eine so häftige reue in der guten Fürstin ihrem gemüte / daß / ob sie gleich hernach / auf entdeckung der Aramena / ruhiger werden sollen / sie dennoch fortfuhre / uns zu beweinen / daß sie sich also verleiten lassen / und ihren lüsten nicht stårker widerstanden. In solcher traurigkeit verharret sie nun noch / und lässet / sobald sie allein seyn kan / ihr anligen aus / ruffet auch unaufh \rlich den himmel an /daß der ihr diß verbrechen verzeihen wolle. Sie hat aber sonst gegen keinem menschen sich hierüber ausgelassen / als gegen der Königin von Ninive / mit der dieser handel fürgegangen / wie auch gegen der Prinzessin Jaelinde von Salem / und meiner frauen / welche ihre amme gewesen / und von ihr als eine mutter geliebet wird. Von dieser lezten habe ich dieses alles /und kan mir die nicht gnugsam beschreiben / was für qual diese reuende Fürstin in sich entfindet: daher der grosmütige Arsas unrecht thun würde / wann er / nach dieser kentnis / anders als vordem / mit seiner gemalin verfahren wolte.

[844] Der Fürst von Cale wurde ganz still / als der alte hiemit seine rede geendet / und ůberdachte lang diese begebenheit / ehe er etwas dazu sagte. Es muste aber solches eine sonderbare verwirrung in ihm erwecken /da er / zu einer zeit / seine gemalin / schuldig und unschuldig / auch voll solcher schmerzlicher reue / vernommen: wobei aber in ihm das erbarmen die antung weit überwoge / weil hiebei seine ehre nicht war verletzet worden / und er nun die jenige / die ihn solcher gestalt beleidigen wollen / so reuig wuste. Er entdeckte auch endlich seine gedanken diesem seinen treuen diener: der nicht unterließe / ihn in so gutem fürnemen gegen seine gemalin zu stärken. Der morgen brache heran / als sie noch in solcher unterredung begriffen waren. Weil nun das taglicht dem Arsas behülflich war / geschwinder als bei nacht fort zu reisen / als wandte er solchen fleiß an / daß er / noch vormittags /den ort des gebirges erreichte / wo der Tuscus Sicanus mit den andren K \nigen sich befande. Wenig stunden vor seiner ankunft / hatte sich der riese Gelanor auch wieder alda eingefunden / und berichtet / wie es auf des Sesai bergschlosse zustunde: worüber zu ratschlagen sie alle noch in des Baleus gezelt beisammen waren / wie Arsas bei dem Tuscus Sicanus sich anmelden ließe.

Dieser ware nicht bei den andern im rahte / weil seine Aboriginer diesen tag über solchen fleiß bei ihm angewandt hatten / daß / ungeacht der Königin Hercinde zuredens / und seiner selbst-eignen bisher-gehabten meigung / die K \nigin von Mesopotamien dem großen Marsius zu überlassen / und die Ahalibama beståndig zu lieben / er schlüßig worden ware /die huld der sch \nsten Königin der welt anzunemen /und mit seinen Aborigenern / ohne der andern wissen / ungeseumt nach der [845] Aramena lager zu eilen / und dieselbe / durch entfürung / von dem zwange zu erlösen / den ihr des Sesai grausamkeit anthun wolte. Mit diesen gedanken ginge er eben üm / und war gesonnen / solche dem Husan / der bisher bei ihnen aufgehalten worden / zu eröffnen / als er des Arsas da-seyn vername: dessen gewerbe er dan leicht erraten konte / daß es nämlich eine eröffnung von der K \nigin erklärung seyn wůrde / welche der Gelanor ihnen bereits kund gemacht hatte.

Wie er nun diesen abgesandten zu sich kommen lassen / ließe der / in das königliche gezelt eintretend /eine große bestůrzung von sich blicken: weil er den Cimber / den er in Syrien so oft gesehen / daselbst nicht fande. Jedoch / auf des Baldons antrieb / der ihn hinein gefůret / trate er fort / und vermeldete dem K \nig / nach abgelegter gebräuchlicher verehrung /daß er zwar / an den Tuscus Sicanus / ein schreiben von der Prinzessin Ahalibama mitgebracht hätte /aber solches an den Cimber gerichtet achte / der sich vordem in Syrien bei ihm håtte aufgehalten. Wie /mein Fürst! (fragte Tuscus Sicanus / ganz begierig /ja schier aus sich selber) bringet ihr mir ein schreiben von der unvergleichlichen Ahalibama? haltet mich doch nicht auf / dessen inhalt zu erfahren. Hiemit name er dem Arsas / der bei sich anstunde / ob er das tåfelein diß orts von sich geben solte / dasselbe aus den hånden / und es eiligst erbrechend / fůrete er es etliche male zum munde / wie er die schrift seiner ehmals-geliebten Prinzessin erkante. Er thäte fast gegen seinem willen also / und folgete den ersten bewegungen / die ihn seines fůrnemens / sein herz von der Ahalibama ab- und zu der Aramena zu lenken / vergessen machte.

Er lase hierauf / h \chstbegierig zu vernemen / was ihm die Ahalibama sagen wolte / und geriete in unbeschreibliche [846] freud-enzückung / als er lase / daß sie an dem Edom nicht recht getrauet wäre / und dieser ihr gönnte / ihren verstorbenen Elieser bis in ihr grab zu lieben. Er wuste nicht / wie ihm hiebei geschahe / und muste etliche mal diese zeilen lesen / ehe er glauben konte / daß er recht gelesen hätte. Er vermochte auch /für freude über dieser er \ffnung / die er nimmermehr vermuten dörfen / so fort auch die andere puncten nicht zu begreifen / die in diesem brief enthalten waren: massen er sein nachsinnen einig und allein auf diese wieder erlangte glůckseligkeit verlegte / die ihn auch von der erst-gefassten entschließung / sich der K \nigin von Mesopotamien zu ergeben / gånzlich wieder ableitete / und zu seiner Ahalibama fürete. Ist es wol můglich / Fürst von Cale! (sagte er zu dem Arsas /) daß Ahalibama mir die warheit meldet / und daß ihre heurat mit dem Esau nur zum scheine und nicht in der that volzogen worden? Arsas / der hiervon keine wissenschaft hatte / bliebe darob ja so verwundert / als über dem vorigen bezeigen / so er an dem Tuscus Sicanus hatte wargenommen / und vergaße schier darůber alles / was er dabey mündlich anzubringen hatte: weil er aus allen ůmständen merkte /daß man ihn hätte an den unrechten abgeschicket.

Weil er nun deshalben mit der antwort verzoge / als lase der begierige K \nig das schreiben zu ende / und von der versicherung vernemend / die er in des Teraphim tempel von der Königin von Mesopotamien solte entfangen haben / finge er an / die augen recht aufzuthun / und einen irrtum hierunter zu vermuten. Hierauf nochmals das ganze schreiben mit bedacht durchsehend / bewunderte er nicht allein / daß seine Ahalibama diejenige war / die ihm zu erlangung der Aramena verhelfen wolte / sondern er fande auch die irrung / und daß er dieser [847] geliebter Cimber nicht seyn müste. Edler Arsas! (sagte er demnach zu diesem Fůrsten) ihr werdet mir die dunkle worte dieses schreibens erklåren / die ich nicht recht begreifen noch verstehen kan. Mich wundert nicht / (antwortete Arsas) daß E. Maj. der inhalt dieses briefes dunkel fůrkommet: maßen ich gleich anfangs erwehnet / daß man mich an den jenigen Cimber abgeschicket / der zu Damasco / als ein freund des damals so-genanten Abimelech / sich aufgehalten / und von deme man bei uns geglaubet / wiedaß er der König der Aborigener wäre.

O gütiger himmel! (riefe Tuscus Sicanus / den Arsas nicht fortreden lassend) wie wunderbar wicklet sich nun dieses rätsel auseinander! nun erkenne und begreiffe ich alles. Der K \nig von Basan / der große Marsius / ist dieser geliebter Cimber / der in Damasco gelebet: und sehe ich ganz klar / wie der irrtum / indeme man diesen Cimber für den Aborigener K \nig gehalten / zu wege gebracht / daß der Mitreus / in gesandschaft / auf dem Riphatischen gebirge mir die Königin Aramena antragen můßen / und daß diese sch \ne / in meinung / sie thue alles für ihren liebsten Cimber / bisher unwissend gegen ihrer eignen liebe gestrebet / und mir das zugeeignet / was sie allein dem großen Marsius zugedacht hatte. Nicht ich / sondern eben dieser K \nig ist bei ihr im tempel des Teraphim gewesen: und da sie ihm die erklärung gegeben /daß sie dem Tuscus Sicanus wolle bis in den tod getreu verbleiben / hat sie damit nicht mich / sondern den Marsius verstanden / aber damit bei diesem unvergleichlichen liebhaber / der es aufgenommen / wie es gelautet / zu wege gebracht / daß er in eine onmacht / ja schier gar in den tod gestůrzet / das doch zu erhaltung seines lebens angesehen gewesen.

[848] Der getreue Arsas / hörte alle diese reden des Tuscus Sicanus schier aus sich selber an / und nun ja so deutlich / als er / erkennend / was hierbei die irrung des namens gewirket / wäre er schier fůr freuden gestorben / daß er die qual seiner K \nigin dergestalt solte geendet sehen. Er verlangte auch gleich wieder abzureisen / ům der beängstigten Aramena dieses anzukůnden. Aber Tuscus Sicanus hielte ihn auf / und nun ganz freudig ihn bei der hand nemend / ginge er mit ihm nach des Königs von Babel gezelt / bei dem er die Hercinde / den Hiarbas / die Mirina / auch alle vorneme Celten und riesen / beisammen antraffe. Baleus erkante sofort den Arsas / und eilte deshalben ihm entgegen / ihn zu begrüssen. Wie sie auch alle /die ungewönliche munterkeit an dem Tuscus Sicanus erkanten / wurden sie begierig / die ursach davon zu vernemen / die dan dieser erfreute König sofort ihnen kund thäte / und sagte: Dieser Fürst ist der glücks-botschafter / der alle die verwirrungen aufheben kan /in denen wir bisher gelebet / und vermeine ich nicht /daß ich euch allerseits größere freude werde erwecken können / als wan ich euch sage / daß die K \nigin von Mesopotamien den großen Marsius liebet / und daß die Ahalibama in solchem zustande sich befindet /daß ich ihre erlangung hoffen kan.

Was das erste betrifft / (antwortete Baleus) so hat Gelanor hierzugegen uns schon davon berichtet: wiewol man den zwang / den die K \nigin von Mesopotamien ihr dieserwegen anthut / keine liebe nennen kan /und sol auch der große Marsius nicht zu trösten seyn /ům daß er seiner Aramena diese qual verursachen muß. Daß aber der Fůrst von Edom gestorben / wie hieraus folgen muß / weil Ahalibama sich anders nicht frei sehen kan: solches ist eine zeitung / davon man hier noch [849] nichtes vernommen hat. Weder des Sesai zwang / (gabe Tuscus Sicanus zur antwort) noch des großen Edoms tod / richtet des Königs von Basan und meine hoffnung auf / sondern diese erwůnschte zeitung / daß Aramena / aus irrtum / mich an stat ihres liebsten Cimbers geliebet / und Ahalibama / mir getreu zu bleiben / eine schein-heurat mit dem Esau / üm den frieden mit Seir zu bestätigen / getroffen hat. So freud-bestürzt dieser bericht sie allesamt im gezelt machte / so sehr befrömdete den Arsas / was Tuscus Sicanus von der Ahalibama erwehnet: der dan folgends noch höher erfreut wurde / als er überdas vername / daß eben dieser Tuscus Sicanus der Prinz Elieser wäre. Er muste hierauf den anwesenden dasjenige bekråftigen / was ihnen iezt der Aborigener-K \nig gesagt hatte: das dan des Marsius beide schwestern / wie auch den Suevus / Trebetes und alle anwesende Celten / in so unermeßliche freuden sezte /daß sie nicht wusten / wie sie ihre vergnügung recht an den tag geben solten.

Sie gingen sofort zu raht / was nach dieser kentnis vorzunemen wäre / und wurden schlüßig / sich nach dem bergschloße zu erheben / und den verliebten Marsius aus seiner qual zu setzen. Und ob wol des Tuscus Sicanus verlangen unbeschreiblich gros war /sich seiner Ahalibama lebendig zu zeigen / so folgte er doch dem willen und gutbefinden der andern: die an ihn begehrten / daß er sich noch die wenige zeit gedulten / und mit ihnen vorher nach dem Sesai gehen m \chte / üm dadurch / wie sie es fürhatten / die wahre liebe der sch \nen Aramena noch bäßer zu erkennen /und dem verliebten Marsius diese vergnügung zu g \nnen / daß er selbst aus seiner sch \nen eignem mund seine glückseligkeit vernemen m \chte. Demnach stellten sie es also an / daß Mitreus / [850] Husan und Arsas / die zwar ihre abfårtigung sehr verlangten / bei ihnen bleiben solten / und verordneten / daß die Aborigener / (deren häubtern man hiervon heimlich teil gegeben / nun wol zu frieden waren / daß ihr König den Marsius die Aramena überließe / weil er seine Ahalibama wieder erlanget /) unter anfürung des Baldons / eines ihrer kriegs-obersten / nach dem lager gehen solten / als wan sie der Königin Aramena zu hůlfe geschicket würden. In dieser geleitschaft / gingen die k \nigliche personen / auch der Suevus und Trebetes selber / wiewol ganz heimlich / mit fort: und stießen sie unterwegs auf dem Batto und sein heer /mit welchem sie / gegen den spaten abend / so nahe an das lager gelangten / daß Baldon seine ankunft der K \nigin von Mesopotamien noch konte wißlich machen / welche / ihres treuen Cimbers andenken daraus abnemend / ihr diesen bericht sehr wol gefallen ließe /und nun auch des Arsas wiederkunft augenblicklich erwartete.

Aber keine solche ruhe / als Aramena ůber dieser vorsorge des Aborigener-Königs in sich entfande /hatten auch die andere Könige im lager / wie ihnen diese ankunft der Aborigener zu ohren kame: maßen sie besorgten / Tuscus Sicanus würde der befreiung des Aramenes / und der vorstehenden vertrauung der Aramena mit dem König von Basan / eine hinternis bringen wollen. Wie dan dieses ihnen anlaß gabe /noch in der nacht raht zu halten / und ihre völker zusammen zu ziehen / ům den Aborigenern zu wehren /wenn sie etwas beginnen wolten. Diese waren aber viel anders gesinnet / und wie sie nun in dem gebirge post gefasset / machte sich Gelanor / der die Könige mitgebracht / bei dunkler nachtzeit auf den weg / üm ůber den verborgenen steig [851] auf die burg zu gehen /und dem Sesai der K \nige ankunft zu vermelden. Weil die im lager nicht mehr so genaue wacht hielten / da es auch fast keiner belågerung mehr gleich sahe /als kame Gelanor sonder můhe hindurch / und fande auf dem schloß alles in lärmen: weil Sesai nachricht erhalten hatte / daß die Aborigener mit einer starken heeresmacht in anzug wåren. Seine sorge war / daß solches auf eine entfůrung der Königin Aramena wůrde angesehen seyn: weswegen er eben den Rekem ins lager abschicken wollen / üm alda anzukůndigen /daß / wan Aramena / wider ihre gethane zusage / die flucht nach dem Tuscus Sicanus erkiesen wolte / alsdan sofort die hinrichtung des Aramenes geschehen solte.

Aber Gelanor hintertriebe dieses vorhaben / indem er die zeitung brachte / wie glücklich sich alle sachen verändert / und wie die K \nige auf die burg begehrten / üm diesem ganzen handel ein gewůnschtes ende zu geben. Weil Sesai ursach zu haben vermeinte / auf alles mistrauisch zu seyn / als wolte er lange nicht daran / daß die Könige / und sonderlich Tuscus Sicanus / zu ihm auf die burg kommen solten. Endlich aber / sich auf seine macht / die er auf dem schloß hatte / verlassend / bewilligte er / daß Baleus / Hercinde / Hiarbas / Mirina / Tuscus Sicanus / Suevus und Trebetes / mit wenig dienern / zu ihme hinauf kommen möchten: und schwebete er zwischen furcht und hoffnung / ob Gelanors bericht von dieser glücklichen ånderung wahr seyn m \chte. Mitlerweile nun dieser riese wieder den felsen hinab ginge / ům die k \nigliche personen hinauf zu füren / ermanete Sesai seine bei sich habende Enakim zur beständigkeit / und daß sie treulich bei ihme stehen m \chten / üm dieses werk / so dem großen Marsius solte das leben erhalten / [852] wol hinaus zu fůren: welches sie ihm alle einhällig verhießen.

Die Könige und Fůrsten / fanden sich / sonder von jemand im lager gesehen zu werden / auf dem schloß ein / und wurden von dem beherzten Sesai wol entfangen / auch / auf ihr begehren / gleich zu dem Marsius in die kammer / da er bisher bewachet worden / hinein gefüret. Es ware niemand mit ihnen / als die drei abgeschickte / der Mitreus / Husan unb Arsas / wie auch der Zameis / die Marpeis und Simede / und der Midaspes: die dan in des Marsius zimmer mit eintraten /und den fortgang dieses wunderhandels absehen wolten. Der betrůbte Marsius lage / wiewol in den kleidern / auf einem ruhbette / als diese unvermutete gesellschaft ankame: und dünkte ihm / als ob ihm traumte / als er von dem Tuscus Sicanus / der vor die andere aus gedrungen / sich ůmarmet sahe. Sei wolgemut / mein bruder! (riefe der Aborigener-K \nig) ich gibe dir deine Aramena wieder / und sol der treue Sesai nicht den dank allein davon haben / daß dir diese K \nigin zu teil werde / sondern ich wil auch meine hülfe dabei erweisen. Ach Tuscus Sicanus! (antwortete Marsius) Sesai ist mein årgster feind / den ich habe / und kan er mir / so wenig als du / zu wege bringen / daß die grausame Aramena mich liebe. Der große Cimber / (finge der erfreute Arsas hierauf an /der sofort / in der person des Marsius / seiner Königin geliebten Cimber erkante) urteile anders von meiner Königin / die E. Maj. mit beständig-treuer liebe bis in den tod ergeben verbleibet.

Hiemit traten des Marsius beide schwestern / wie auch seine schwäger / hinzu / und bekråftigten ihm das jenige / was er iezt mit ungemeiner befr \mdung vernommen hatte. Man wiese ihm ferner der Ahalibama [853] schreiben / und brachte ihn endlich dahin / daß er anheben muste / seine glückseligkeit zu glauben. Weil sowol eine jähliche freude / als ein pl \tzlicher schrecken / leichtlich töden kan / als truge der leibarzt Midaspes nicht unbillig sorge fůr den großen Marsius /und zoge einen herrlichen balsam herfůr / sich dessen hierbei zu bedienen. Die meisten im zimmer vergoßen hierüber freuden-trånen / und als Sesai spůrete / daß es so glücklich in der liebe seines Königs liefe / fiele er ihm zu fuße / und beteurete / daß er nun gerne sterben / ja den schmähligsten tod / wegen seiner erwiesenen kůnheit und ungehorsams / freudigst erleiden wolte / nun er diese begebenheit erlebet hätte. So verwirrt der K \nig Marsius noch ware / so wol erkante er doch / bei allen diesen ümständen / daß es Sesai treulich mit ihm gemeinet hatte: daher gabe er ihm die versicherung / daß / wan alles sich also verhielte / wie man ihn iezt bereden wolte / seiner begangenen that nicht mehr solte gedacht werden.

Zweifelt ihr dan noch / mein bruder! (fragte ihn die Königin Hercinde) daß eure Aramena euch liebe? Wie kan ich (antwortete der verliebte Marsius) ein solches glück hoffen / der ich meine lebtage bin unglücklich gewesen? hat nicht Aramena mir selbst / zu zweien unterschiedenen malen / entdecket / daß sie den Tuscus Sicanus lieben wolle? Weil sie (sagte der Aborigener-König) in der einbildung lebte / ihr Cimber wåre Tuscus Sicanus / als liebte sie meinen namen /aber dabei deine person. Hierauf muste Arsas berichten / woher es gekommen / daß man bei ihnen in die gedanken geraten / den Cimber fůr den Tuscus Sicanus zu halten: weil man nämlich / unter des Cimbers sachen / dieses K \nigs bildnis / neben einem armband von der Königin Valentia / auch deren und der Hesperia abbildungen / [854] gefunden hatte. Dieses nun stärkte diesen verliebten in seiner beglaubung / und verlangte er / ům dessen volkommenen beweis zu haben / seinen alten freund / den König Aramenes / zu sehen: da dan so fort der Sesai / mit dem Husan und Mitreus /nach dessen gefängnis liefen / und ihn / vom schlaff erweckend / ermaneten / nach dem Marsius zu kommen.

Es kan nichts vergnůgbarers zu sehen seyn / als wie diese beide freunde einander entfingen / und was sie für herzensfreude bezeugten / da sie erfuhren / in was irrigem wahn sie bisher gestecket. Aramenes thåte nichtes / als sich höchlich entschüldigen / daß er seinen treuen Cimber in so b \sem verdacht haben können. Und wie er den Arsas erblicket / muste ihm der von seiner C \lidiane erzehlen: deren angst dan zu stillen / er so fort verlangte / daß man im lager diese glückliche änderung kund machen möchte; welches auch Tuscus Sicanus für gut ansahe. Aber der verliebte Marsius / so / nach gewonheit der wahren verliebten / noch stäts das ärgste befahrete / wolte aus seiner Aramena an den Sesai erteilten erklärung schließen /daß sie nun anders sinnes gegen ihrem Cimber müste worden seyn: demnach beliebte er den vorschlag / den seine schwester die Hercinde thäte / daß man nåmlich des angesezten tags erwarten / und aus der sch \nen Aramena eignem munde ihre rechte meinung vernemen solte / üm durch so angenemen betrug ihrer aller freude desto vollkommener zu machen. Weil dem Tuscus Sicanus hierbei einfiele / daß er / durch solchen betrug / die wahre neigung seiner Ahalibama auch probiren konte / als ließe er ihm diesen schluß mit gefallen: und gabe er hierinn dem Marsius nichtes nach / seine håftige liebe damit zu erweisen / indem er in ein- und anderem zu grůblen anfinge / und viele selbst-erdichtete mutmaßungen [855] seiner glůckseligkeit entgegen sezte / die ihm sein gemůte beunruhigen musten.

Es wurde heller tag / ehe diese k \nigliche gesellschaft aus des Marsius zimmer ginge / und / üm etwas auszuruhen / voneinander schiede. Der Sesai erlangte / auch bei dem K \nig von Syrien / seine auss \nung: worauf er gleichfalls dem Prinzen Sinear / wie auch dem Demas / ihre freiheit wieder gabe. Die anwesende Horiten / neben denen von Abagara / und des Teraphim priestere / auch die richter aus Amida / sahen zwar ungern / daß der Chaldeische Prinz der verhofften aussönung ihres gottes dergestalt entrinnen solte: sie dorften aber nichts dagegen sagen / weil sich nun alles geändert hatte / und musten vielmehr sorgen /wie sie sich selbst bei diesen ůmstånden erhalten k \nten. Die meiste zeit dieses tages / wurde mit schlaffen / oder wenigst mit innhaltung in den gemächern / geendet: da dan Marsius / Aramenes / Tuscus Sicanus und Sinear / wegen häftigen verlangens nach ihren geliebten / in so unruhig- als vergnůgten gedanken ihre stunden zubrachten. Aber der wachsame Sesai ordnete immittels alles an / wie es den folgenden tag solte gehalten werden / und ließe / unten am berge / verschiedene gezelte aufschlagen / wo die unterredung der K \nigin von Mesopotamien mit dem Marsius / worüm sie nochmals anhalten lassen / und folgends deren vertrauung / geschehen solte. Mit todesangst / vername diese sch \ne solche zurůstungen /und harrete von einer stunde zur andern / wan der Arsas wiederkommen würde. Weil C \lidiane sie keinen augenblick verließe / als ware sie auch der vergnügung beraubet / von ihrem anligen öffentlich zu reden: und sahe sie nur zu zeiten die Ahalibama an /die durch ihr kopfwinken zu verstehen gabe / daß sie von des Arsas rükkunft noch nichts wüste.

[856] Unter solchem vergeblichem harren / brache die nacht wieder herein: da erst / bei dieser treuen liebhaberin / die rechte angst sich einstellte / wan sie bedachte / was ihr morgen vorstunde. Tausendmal wurde sie schlüßig / zu den Aborigenern über zu gehen. Doch ånderte sie diese meinung bald wieder /wan sie des Aramenes und der C \lidiane sich erinnerte / die sie auf solche weise üm das leben bringen würde. Die ungedult gabe ihr oft in den sinn / daß sie / wan sie nicht rechtgläubig wäre / sich selbst entleiben wolte: üm also ihren bruder zu erretten / und doch eine beständige liebhaberin zu bleiben. Die erweisende kaltsinnigkeit ihres Cimbers / stiege ihr hierzwischen ebenfalls zu kopf / daß der weder ihre gesandten zu rück schickte / noch auch selber sich einstellte: welches ihr dan fast zum schmerzlichsten fallen wolte. Aber die Ahalibama sprache ihr / die ganze nacht / allerhand trost ins herze: bis endlich die morgenr \te des großen tages herfürbrache / die ihr die sch \ne Aramena ja so grausam fürbildete / als erfreulich er ihr und andren seyn solte.

In vielen tagen / war die sonne / nicht so hell und schön ausgegangen / als wie dieses mal: und da vorhin die trůbe wolken die hohe gipfel des Taurischen gebirges umzogen hatten / schienen diese nun in der heitern luft ganz herrlich herfür; gleich als wan sie mit ansehen wolte / was sich in ihren tälern verwundersames zutragen würde. Die trübselige Aramena deutete es aber viel anders aus / und vermeinte / weil ihr himmel und erde zu wider schiene / es erzeigten beide sich darum so munter / üm ihr unglůck mit anzuschauen. Sie wolte sich mit ihrem alltåglichen schäferrocke bekleiden: aber die K \niginnen / so zu ihr kamen / redten ihr dagegen ein / mit fürwenden /daß / wan Sesai sie nicht als eine braut würde geschmückt sehen / er leicht an der beständigkeit [857] ihrer entschließung zweiflen / und zu fernerer grausamkeit k \nte bewogen werden. Diesem nach ließe sie mit sich machen / wie sie es begehrten / und wurde also auf das herrlichste geschmůcket: da aber / unter allen solchen pracht und zierat / ihre tiefste traurigkeit dermaßen herfürleuchtete / daß die fast so mächtig ware /fast ůber ihre unvergleichliche schönheit zu siegen /und deren wunderschein in etwas zu verdunklen. Ihre sonst-feurende augen / schienen als gebrochen / und waren stäts mit einer wolke von trånen bedecket. Ihre wangen waren / gleich dem munde / an stat der rosen /mit blassen lilien ůberzogen. Weil ihr auch die angst ein stetes herzklopfen verursachte / als holete sie ohn unterlaß odem / und wurde immer onmåchtiger / je näher die zeit heran kame / daß sie nach den bestimten platz gehen solte. C \lidiane und Jemima / die das gröste anteil hierbei hatten / schaueten diesen zustand der Aramena mit tödlicher furcht an / und höreten nicht auf / ihr einen muht einzusprechen: das aber bei ihr nicht so viel verfinge / als der Ahalibama heimliches fürsagen / die ihr ohn unterlaß zuschwure / wie sie von der weltbekanten grosmut des K \nigs von Basan das erhalten würde / was sie ihm anzusinnen gedachte.

Wie nun endlich die bestimte stunde angekommen /auch alle K \nige und Fůrsten in der Königin von Mesopotamien gezelt sich eingefunden hatten / kündigte ihr Dison an / wie es nun zeit wåre / dahin zu gehen. Wan er ihr ihren tod håtte angesaget / würde sie nicht also erschrocken seyn / wie sie thåte. Doch übermannte sie sich / und bote dem K \nig von Ninive die hand / der sie aus dem gezelt fürete: und stüzete sie sich mit dem rechten arm auf die Ahalibama / die ihr solcher gestalt muste gehen helfen. Alle königliche personen folgten ihr in ordentlicher [858] reihe nach / und war das ganze heer der Syrer / Niniviten und Chaldeer / in eine schlacht-ordnung gestellet: zwischen denen sie hingingen / bis an den ort / unten am felsen / da die gezelte aufgeschlagen stunden / und man den altar aufgerichtet hatte / vor welchem die K \nigliche trauung durch den Telecles geschehen solte. Weil Aramena mit dem Marsius ganz allein zu reden begehrt hatte / als blieben die andere zurůcke / und ůbergaben sie den beiden riesen Rekem und Hur: die sie entfingen / und folgends in das gezelt hinein füreten / alda /sie sagten / daß sich der K \nig von Basan befände. Sie fassete all ihre sinne und kråfte zusammen / indem sie hinein trate. Ein ansehnlicher ritter entfinge sie daselbst / den sie / ihn für den König von Basan haltend / also anredte.

Großer König! wan ich nicht wůste / daß E. Maj. edelmütigkeit und tugend ja so vollkommen / als ihre liebe / die sie zu mir gefasset / ihr gemüt beherschten / so wolte ich mir keine hoffnung machen / dasjenige zu erlangen / worüm ich iezt diese geheime unterredung gesuchet. Es ist unnötig / E. Maj. meine zu dem König der Aborigener tragende liebe nochmals anzukünden / da ihr ja / als aller welt / bekant ist / wie dieser König / unter des Cimbers namen / mich geliebet /und meine gegenliebe erlanget hat. Nichtes / als des Sesai grausamkeit / ist fähig gewesen / meine beständigkeit zu fällen / und mich zu zwingen / üm des K \nigs von Syrien leben zu retten / E. Maj. für meinen gemal zu erkiesen. Ach ja! ich bin des großen Marsius verlobte / und muß den Tuscus Sicanus verlassen / wan E. Maj. darauf beharren / eine unbeständige / eine ungetreue zu lieben / die wegen dessen /das sie aus zwang begangen / mit stätswůrigem gram ihr leben abquälen / und E. Maj. keine andere ergetzlichkeit / als mit unaufh \rlichen ächzen sie zu beunruhigen / [859] verursachen wird. Wollen nun E. Maj. zu des Cimbers tod / zu der Aramenen verderben / und zu ihrer selbst-eignen unruhe keine ursach geben / so ůberlegen sie diese ümstånde wol / und entschließen sich / da Sesai uns beiderseits zur ehelichen trauung zwinget / mich allein zum schein zu ehlichen / und solches nur / so lang für der welt auszugeben / bis wir den Aramenes aus des grausamen Sesai hånden errettet sehen. Dieses wird des großen Marsius namen unsterblich machen / und werde ich dafůr / da ich den König von Basan nicht lieben kan / dannoch dessen ergebenste und verpflichteste freundin lebenszeit verbleiben.

Kaum hatte sie dieses ausgeredet / da \ffnete sich eine tapezerei / aus welcher der Cimber herfůr sprange / und sich jählings zu seiner Königin füßen nieder werfend / zu ihr sagte: Soferne es wahr ist / schönste Aramena / daß man den K \nig von Basan nicht zu lieben verm \ge / so ist Cimber des todes / weil an dieses K \nigs glücke sein leben hanget. Aramena wurde so entstellt / ihren Cimber an diesem orte zu sehen / daß sie nicht wuste / wie ihr geschahe. Wie sie ihn aber nun also reden h \rte / erinnerte sie sich sobald der großen freundschaft dieser beiden K \nige /und vermeinte / des Cimbers ausenbleiden hätte daher gerůret / daß er heimlich auf dem burgschloße bei dem Marsius gewesen / und dasjenige / wessen der Sesai sich unternommen / mit beliebet hätte. Demnach geriete sie von neuem in eine große verbitterung gegen ihme / daß er sie also / wiewol er ihrer beständigen liebe versichert war / zum andern mal einem andren ůberlassen können. Um des willen / ihn keiner antwort würdigend / entschloße sie sich pl \tzlich /den K \nig von Basan zu ehelichen / und nahete sich deshalben zu dem vermeinten Marsius / so der warhafte Tuscus Sicanus ware / [860] zu ihm sagend: Wolan /großer K \nig! weil Cimber nicht leben kan / ich vergnůge dan den Marsius / so erklåre ich mich hiemit /diese stunde E. Maj. die eheliche hand / nicht zum scheine / sondern in der that / zu geben. Ich muß schönste Königin! (antwortete ihr Tuscus Sicanus) wie ich bereits auf dem Riphatischen gebirge gethan /dieses angetragene große glůck ausschlagen / und hat der himmel nicht mich / sondern diesen König / dazu ausersehen / der unvergleichlichen Aramena sch \nheit anzubeten und zu besitzen.

Indem die K \nigin von Mesopotamien diesen zweiten abschlag / mehr bewunderte / als sich darüber betrůbte / und ganz bestůrzet stehen bliebe / traten die beide schwestern des Marsius / die sch \ne Hercinde und dapfere Mirina herfür / welche die verwirrung dieser verliebten nicht länger dulten könnend / dazu kamen / üm von allen diesen dingen der sch \nen Aramena wahren bericht zu geben. Wie sie demnach diese K \nigin ümarmet / fůrete Hercinde ihren bruder zu ihr / und sagte: dieser ist der warhafte Marsius /deme unter des Cimbers namen die sch \ne Aramena bisher ihre huld gegönnet; und weil man den König der Aborigener fůr diesen glůcklichen Cimber gehalten / als sind alle diese irrungen daraus entstanden /die bisher sich zugetragen. Marsius ließe hierauf seiner K \nigin nicht zeit / dieses zu beantworten / sondern ihr ferner zu fuß fallend / sagte er / mit h \chster freud-enzückung: Ist es wol müglich / daß man den unwůrdigen Cimber also lieben k \nne / wie man mich dessen ůberreden will? und soll ich die versicherungen / die dem Tuscus Sicanus geschehen / auf mich deuten d \rfen? Redet / sch \nste Aramena! und lasset mich selber / aus eurem holdseligen munde / meine glückseligkeit vernemen. Mitlerweile er dieses [861] sagte /hielte er ihre kniehe fåst ůmschlossen / und geriete die sch \ne Königin aus einer bestürzung in die andere. Doch war ihr dieses lezte entsetzen so angenem / und fůr ihre liebe so vorteilig / daß die ihre zerstreute sinne wieder zusammen bringen halfe. Also erwachte sie / wie aus einem traume / da sie dieses verwirrte rätsel aufgewicklet sahe / das sie bisher betrogen hatte.

Demnach / ihren Cimber nicht mehr mit erzürnten augen ansehend / hube sie ihn ganz freundlich von der erden auf / und gabe ihm / wiewol mit wenig worten /die versicherung / daß sie ihn / nach der kentnis des Abimelech / einig und allein geliebet / und ihre liebe ihm auch bis in ihr grab / er m \chte nun Tuscus Sicanus oder Marsius seyn / beständig lassen wolte. Eine schamröte ümzoge ihre wangen / als sie ihrem Cimber so \ffentlich diese erklärung thäte: und stellte sich indem ihre volkommene wunder-sch \ne auf einmal bei ihr wieder ein: worüber der nun v \llig-glůckselige Marsius schier für freuden / wie lezthin bei des Teraphim tempel für traurigkeit / vergangen wäre. Baleus und Hiarbas / die ebenfalls im gezelt verborgen gewesen / gesellten sich nun auch zu ihme / und machten sich der vergnügung dieses unvergleichlichen pares mit-teilhaftig: da sie dan der sch \nen Aramena von allen bericht gaben / wie es hiemit zu gegangen / und wie sie / dem noch-zweiflenden Marsius alle furcht zu benemen / es also angestellt håtten / daß der Aborigener K \nig des Königs von Basan person fürstellen můßen / damit dieser verborgne selbst mit anh \ren könte / wie der Königin erklärung / der Ahalibama abgelassenem schreiben / ganz gleichlautig wäre.

Tuscus Sicanus entschuldigte hierauf / daß er zu diesen / wiewol unschuldigen betrug sich gebrauchen lassen / und fügte hinzu: weil er der Königin nun zu ihrem wahren [862] Cimber verholfen / als m \chte sie so gütig seyn / und ihme hingegen auch die besitzung seiner Ahalibama wieder erlangen. Aramena / die noch nicht wuste / daß dieser K \nig der Elieser war /vername dieses anmuten mit großer befrömdung. Wie man ihr aber sagte / daß eben dieser Tuscus Sicanus der vom tod erweckter Elieser wåre / vergaße sie eine weile ihrer eigenen vergnůgung / üm sich / wegen dieses unverhofften glůckwechsels fůr ihre liebste freundin / zu erfreuen. Es schiene und důnkte sie alles so ungläublich / was ihr da begegnete / daß zwar die schmertzliche betrůbnis / nicht aber das verwundern und die bestürzung / bei ihr aufhörte. Sie alle wůrden / fůr vergnůgung / vergessen haben / ihr langes beisammen-seyn abzukůrzen / wan der begierige Tuscus Sicanus nicht angetrieben håtte / daß man doch nun auch auf seine glückseligkeit denken möchte. Um seine liebste Ahalibama zu prüfen / und ihrer angenemen bestůrzung eine kleine angst fürgehen zu lassen /vermochte er die Königin von Mesopotamien dazu /daß sie übername / der Ahalibama anzutragen: wie sich der K \nig von Basan durch ihre tränen erweichen lassen / von ihrer liebe abzustehen / iedoch mit der bedingnis / wan sie die Ahalibama dazu bereden k \nte / seine nun zu ihr gewandte liebe anzunemen.

Mit diesem auftrag ginge die schöne Aramena / von dem Rekem und Hur gefüret / aus dem gezelte: da sie dan der anwesenden bisheriges verlangen / welche ihr langes ausbleiben befr \mdet / nun noch mehr anfeurete / als sie / zwar ganz munter / aber so allein und sonder den Marsius / daher kame. Die beångstigte C \lidiane vermutete hieraus für sich nichts gutes /und wäre schier für entsetzen gestorben / als sie / zu gleicher zeit / oben auf dem felsen / ihren Aramenes von vielen kriegsknechten [863] ůmgeben / herfürtreten sahe / und augenblicklich besorgen muste / daß das bestimte blut-urteil über ihn ergehen möchte. Sie hatte das herz nicht / die Aramena üm die ursach ihrer rükkunft zu fragen / die sofort auf die Ahalibama zugehend / zu derselben sagte: Liebste Prinzessin! es stehet bei euch / daß ich meinen Cimber behalten k \nne. Der König von Basan / begehret nicht mehr mich / sondern die schöne Ahalibama / zur ehe: dan er weiß / daß ihr / nur zum schein / und nicht in der that / an den Edom getraut seit. Wan ihr demnach den Syrern ihren König / allen diesen landen den frieden /und eurer Aramena ihre vergnügung geben wollet / so weigert euch nicht / die krone von Basan sobald anzunemen / und erweiset damit / daß ihr meine wahre freundin seiet.

Alle anwesende verwunderten sich ůber diesem vortrag der sch \nen Aramena / welcher die Ahalibama in große bestůrzung sezte / also daß sie ganz erblasset ihre K \nigin ansahe / und kein wort herfür zu bringen wuste. Weil sie schon so lang beharret /ihrem Elieser / ob sie den gleich todt glaubte / ihre liebe nicht zu entwenden / als fiele es ihr um soviel schmerzlicher / also unvermutlich diesen antrag zu vernemen. Wie sie nun zu antworten verzoge / wolte es der K \nigin Aramena und den andern zu lang werden: daher fasseten sie die unschlüßige Ahalibama unter die arme / und eileten mit ihr nach dem gezelte. Die ungedult fürete gleichfalls den verliebten Elieser ihnen entgegen: der dan viel zu tief in seiner Ahalibama herzen abgebildet war / als daß er nicht gleich hätte sollen von ihr erkant werden. Ach Elieser! riefe sie / dieses fůr ein gesichte haltend / und sanke damit den beiden Königinnen von Mesopotamien und Syrien / die sie füreten / in die arme: welche sie diesem verliebten König überließen / der sie so herzlich ümfinge / daß endlich ihr geist wieder [864] zu ihr kame /und ihr den geliebten todten wieder lebendig vorstellte / den sie so schmerzlich beweinet hatte / und so beständig geliebet. Alle die / so unter den anwesenden den Elieser vordem gekant / wusten nicht / wie sie daran waren / einen so lang todt-geglaubten im leben zu sehen: und drunge vor andern der Ephron hinzu /seinen liebsten bruder zu ůmarmen. Marsius und Hiarbas / wie auch die K \niginnen Hercinde und Mirina / die dem Tuscus Sicanus nachgefolget / erzehlten den anwesenden kůrzlich / was es hiemit für eine bewandnis hatte: und fehlte es nicht viel / die Ahalibama håtte in ihres Eliesers armen den geist gar aufgegeben / so fr \md důnkte sie dieses alles / so ihr da begegnete. Außer den namen Elieser / wuste sie in langer zeit kein wort herfůr zubringen / und bliebe sie also an ihn fåst geschlossen: mitlerweile auch Midaspes erzehlte / wie er wåre beim leben erhalten worden. Marsius und Aramena / aus beisorge / einander wieder zu verlieren / sonderten sich auch nit voneinander: unn entstunde eine allgemeine unbeschreibliche freude unter hohen und niedern / als sie diese verwundersame und glückliche ånderungen vorgehen sahen.

Aber Cölidiane und Jemima freueten sich nur halb /bei allen diesen vergnügen der andern / weil Aramenes und Sinear noch nicht bei ihnen waren / und schaueten ohn unterlas nach dem felsen / da sie den K \nig von Syrien noch immer stehen sahen. Es hatte der mistrauische Sesai noch nicht allerdings diesem handel wollen glauben beimessen: weswegen er noch nit von dem schloß herab ginge / sondern auf seiner hut stunde / auf allen fall / wan etwan ein betrug hierunter walten solte / mit seinem blutschluße fort zufahren / wie er dan / als er vergeblich darauf gehoffet /daß die trauung des Marsius und der Aramena durch den Telecles geschehen solte / bewogen wurde / den riesen Avi / dem er am meisten vertrauete / [865] hinunter zu schicken: welcher den Königlichen personen andeuten solte / wiedaß er / der Sesai / nicht eher trauen k \nte / bevor er die gesuchte vermålung seines Königs mit angesehen hätte. Nachdem aber dieser gesandter alles selbst im augenschein genommen / und erfahren / wie die sachen stunden / eilete er wieder auf die burg / und brachte mit seinem bericht bei dem Sesai zu wegen / daß er / so vielen königlichen personen ferner gesetze fürzuschreiben einstellte / und neben dem König von Syrien und Prinzen von Chaldea herab kame / sich mit den andern über dieser glücklichen endschaft zu erfreuen.

Es ließen die beide Aramenen / sonderlich die K \nigin von Mesopotamien / der C \lidiane kaum so viel raum / ihren König zu entfangen / und wolte auch unter dem K \nigen immer einer näher als der andere seyn / üm den großen Aramenes seine freude über dessen erlösung zu bezeugen. Nichts vergnüglichers konte anzusehen / oder anzuh \ren seyn / als was Marsius / Aramenes / und Tuscus Sicanus / und ihre geliebte K \niginnen zusammen redten / da sie in die wette eines ůber des andern glůckseligkeit sich erfreuten / und dafür den himmel priesen. Sinear befande sich in gleichmåßiger vergnügung bei seiner Jemima. Es wurden aber / dergestalt nicht allein die Königliche personen / sondern auch die anwesende hirten von Amida erfreuet / indem der Demas sich ebenfals wieder einfande / und seiner Aneriste / wie auch allen seinen anverwandten und freunden / mit seiner gegenwart ihre bekümmernis bename.

Die Königin Orosmada / ware fast unter diesem großen haufen die einige / die noch unzufrieden bliebe: weil sie in ihrer vermutung fehl geschlagen hatte / daß ihr Tiribaces / den sie auf dem gebirge zu seyn geglaubet / sich mit einstellen würde. Und ob wol auch die ståts-betrůbte Prinzessin von Ophir / in anschauung der Ahalibama glůckseeligkeit / die ihren todt-vermeintẽ Elieser wieder bekommen hatte / durch ihre heiße seufzer den hi el anklagte / daß der ihr zu trost nicht gleichfalls ein wunderwerk an dem verstorbenẽ Amraphel / [866] geschehẽ ließe / so gabe sie doch / gleich wie auch Dersine / Zelinte und Amphilite / die heimlich nach dem Jonadas / Elhanan und Chersis seufzeten / ihr anligen nicht so \ffentlich an den tag / wie die K \nigin von Tyro: die bei den angeko enen K \nigen / wie auch bei allen Celten und riesen sich åmsig erkundigte / ob ihnẽ von dem Tiribaces nichtes bewust wåre. Weil aber dieser tag ein allgemeiner freuden-tag seyn solte / als muste es sich also fůgen / daß / wie diese unvergleichliche gesellschaft der grösten und edelsten von der ganzen welt in so großer freuden-bestürzung noch beisammen waren / ein heer von dem gebirge auf sie angezogen kame: unter denen / der K \nig und die Königin von Armenien / der verlangte K \nig von Tyro / der alte Prinz Ahusath von Caphtor / der große Edom / der Fůrst Eliphas / Hanoch Fůrst von Midian / auch verschiedene Fürsten von Seir / unter denen auch des K \nigs von Ninive und der Ahalibama herrvatter und fraumutter / samt der sch \nen Ahalibama der Nefe Zibeons / ingleichen der fr \mde Megadostes / der Baalis / Daces und Nahor sich befanden. Alle diese anko ende hatten bereits unterwegs im lager vernommen / wie glůcklich es diesen K \niglichen verliebten ergangen ware: daher sie / ihre darob entfindende große freude zu bezeugen / diese drei unvergleichliche pare voneinander scheideten / indem Esau seinen herzens-freund den K \nig Aramenes / der Prinz von Caphtor die C \lidiane seine tochter / Daces den großen Marsius / die K \nigin Andagone die sch \ne Aramena /Baalis den Tuscus Sicanus / und Ana / samt der Poliphide / ihre tochter / die vor freuden halb-todte Ahalibama /ůmarmten / und mit trånen entfingen. Tiribaces erwiese auch seiner Orosmada wiewol mit untermengter unruhe /große liebkosungen. Weil die mit angeko ene sch \ne Nefe Zibeons ihnen allen / auser der Timna / unbekant war / als liefe sie zu derselben / so bald sie nur von ihrem gemal / dem Eliphas / abko en kunte / ům sie zu begrůßen. Keine angenemere verwirrung mag wol jemals seyn gesehen worden / da alle diese hohe personen zugleich fragten und bericht gaben / wie es ihnen ergangen und alles zugegangen wåre: das doch / weil die freude zu gros war / unordentlich fůrgebracht wurde / und nit kunte vernemlich verstanden werdẽ. Es bekame aber diese große gesellschaft noch eine neue ursach / sich h \chlich zu erfreuẽ / wie sie den frömdẽ Megadostes in der Prinzessin von Ophir armen erblickten: die zwar / fůr bestůrzung /kein wort sagte. Aber die bei ihr stehende K \nigin von Elam / und deren gemal der Hadoran / rieffen einhållig den namẽ Amraphel / und gabẽ damit an tag / daß dieser tod-geglaubte K \nig auch wieder wåre gefunden worden. Liebste Indaride! liebster Amraphel: [867] h \rte man hierauf diese beide verliebte sagen: die sich dan so fåst mit den armen ůmschloßen hielten / daß die begierige Lantine /wie auch der getreue Hadoran / lange nicht dazu gelangẽ konten / einem so lieben bruder und freund ihre herzensfreude zu vernemen zu geben. Wie sie nun endlich solches verrichtet / bezeugte Hadoran \ffentlich / wie willig er das reich Elam seinem rechten herrn ůberließe / und an dem K \nigreich Moab ihm wolte genůgen lassen / nun er das glůck erlebet / seinen König wieder lebendig zu sehen: das dan die Lantine mit bekråftigte. Damit traten nun alle K \nige hinzu / den großen Amraphel zu begrůßen: der durch seine gegenwart das gute gerůchte / so man jederzeit von ihme gehabt / ganz nicht verminderte /sondern im augenblick ihm aller anwesenden gute gunst erwurbe. Die sch \ne Indaride wuste bei diesem glůck wechsel nicht / wie ihr geschahe / und bliebe / gleich der Königin Aramena und der Ahalibama / ganz erstorbẽ: also daß ihre freude mehr innerlich war / als daß sie sich recht håtte zu tag legen k \ñen. Inmittels ginge bei den andern das freud-bezeigen und wilkomm-heißen i er fort: da Daces seinen K \nig nun so glůcklich sehend / sein eigenes anligen darüber vergaße / und von dem K \nig in Syrien tausend entschuldigungẽ bekame / daß er ihm unlångst zu Damasco so unh \flich begegnet hatte / indem er seinen K \nig in verdacht gehalten / als wan er seiner schwester solche verachtung erwiesen håtte. Mitreus / Husan und Arsas / kamẽ damit auch herfür / und nun nicht n \tig achtend / ihre verrichtungen und langes ausenbleiben auf dem gebirge zu erzehlen und zu entschuldigen / legten sie nur / neben allen andren Syrischen Fůrsten / ihre beifreude herfůr / daß es sich so wol gefůgt hatte. Der riese Sesai wolte nun auch nicht långer verziehen / seinen frieden mit allen diesen K \nigen / die er so sehr beleidigt / zu machen / trate deswegen herfůr / stellte sich ihnen ganz unerschrocken dar /und sagte: wiewol er keine reue in sich entfånde / daß er /dem großen Marsius zu liebe / das / so ihnen nun allerseits kündig / gethan hatte / so wolte er doch / aus schuldigster ehrerbietung / vor so vielen K \nigen sich strafbar erkennen / und gutwillig ihrer bestraffung sich unterwerfen; doch båte er allein / daß man der andern riesen / die er mit zu seinẽ grossen anschlage gebrauchet / verschonẽ m \chte. Weil der K \nig Aramenes und die K \nigin von Mesopotamien am meisten von ihme waren beleidigt worden / als stellten alle die andere es denen anheim /was man mit dem Sesai vornemẽ solte: die aber diesen kůnen riesen die ursach ihrer glückseligkeit erneñten /und den bund / so zwischen den Enakim / und den K \nigen von Basan und der Aborigener / wie auch den Armeniern und Fürsten von Seir / geschlossen [868] war / mit annamen / auch alle die andern K \nige mit darzu beredten. Telecles / wie auch die richtere von Amida / und die anderen von den Horiten / warfen sich zu der K \nigin von Mesopotamien fůßen / und baten üm vergebung / wegen dessen / was in dem tempel des Teraphim fůrgegangen: das dan die gůtige K \nigin ihnen gleich verziehe. Wie der Sesai hierauf erinnerte / und fragte: ob nicht die trauung des großen Marsius und der sch \nen K \nigin Aramena gleich fortgehen solte? lehnete es diese bescheidenlich damit ab / daß sie / als eine rechtglåubige / keinen abg \ttischen priester hierzu brauchen / sondern die ehre haben wolte / daß der K \nig von Salem / gleichwie er die andere K \nigliche trauungen zu Damasco verrichtet / auch sie an den Marsius verbinden solte. Dieser verliebte K \nig dorfte nichtes hiergegen sagen / ob er wol im herzen des Sesai meinung gebilliget / und ein ende seines so langen wartens sehnlich verlangte. Der treue Abdastartus stellte sich auch bei seiner K \nigin und dem Marsius ein und erwiese seine vergnůgung / sie und dem Cimber in solchem zustande zu sehen. Letzlich gingen alle diese verliebte / samt den ůbrigen K \niglichen personen / ům ihrer glůckseligkeit båßer zu genießen / von dem volke /daß sie allenthalben ümzinglet hatte / wieder nach dem lager: da man sich nicht wůrde erinnert haben / malzeit zu halten / weil es schon mehr als hoher mittag war / wan nicht Melchisedech / Eridanus / Amosis und die andere /so hierbei zum ruhigsten von gemůte waren / die verliebten dazu angereget håtten. Wie nun in verschiedenen gezelten alle diese K \nigliche personen gespeiset / versamleten sie sich wieder zu der sch \nen Mesopotamierin: da sie den ganzen nachmittag beieinander blieben / und mit h \chster begierde anh \rten / was so wol der Marsius / als Tuscus Sicanus / von ihren abenteuren fůrbrachten / und die erzehlung Amraphels / wie ihm die Jubalis sein leben errettet; worbei sich Nahor erinnerte / daß er einsmals / in der nacht / zween soldaten hiervon reden geh \ret. Weil Amraphel / des Fůrsten von Edom und der sch \nen Nefe Zibeons / mit erwehnet / als wurde Esau dadurch bewogen / die Ahalibama / als seine bisher-geglaubte gemalin / also anzureden: Wan bei jetziger vergnůgung einige beschwerung stat fånde / so wolte ich dieselbe auf die bahn bringen / daß man mich also verlåsset / da man doch mit mir vertrauet gewesen. Ahalibama err \tet / gänzlich ůber diesen des Esau fürwurf / und sagte / ihre eltern anschauend: der Fürst von Edom erin nert mich billig meiner gebůr / und straffet mich / daß ich ihnen noch nicht den betrug abgebeten / den ich gegen ihnen durch diese schein-heurat gespielet. Ich bin [869] aber ihnen und nicht dem Edom / in die straffe gefallen: maßen der Fůrst Esau mich eher / als ich ihn / verlassen /in dem er / die Nefe Zibeons / an stat meiner / zu lieben erkieset. Die ganze gesellschaft bezeugte hierauf ihre begierde / von dieser neuen liebe des großen Edoms etwas ausfůrlichers zu wissen: der sie dan von stund an vergnůgte / und ihnen alles erzehlte / was sich zwischen der sch \nen Nefe Zibeons und ihnen zu getragen / und wie er auf dem gebirge / bei Zibeon und den andern anverwandten dieser sch \nen / ihre gegenliebe erlangt håtte. Es kame nun an den Tiribaces die reihe / die ursach seiner abreise aus Edessa / und seines bisherigen ausenbleibens / zu erzehlen: dessen er sich dan auch nicht weigerte / und es folgender gestalt verrichtete. Ich laugne nicht / (sagte er) daß mich die eifersucht aus Edessa getrieben / die mich auch noch bis heut beunruhiget. Wie ich nun damals nach des Teraphim tempel mich begabe /und den ausspruch alda fragte / ob meine einbildung recht gegrůndet wäre oder nicht? entfinge ich von dem Teraphim eine solche antwort:


Wolt ich die schon unschůldig hier ernennen / Die deinen eifer-geist und liebesglut entzůndt. ich zweifle doch / ob man mir glauben kůnt. Dein misvertrauen du wol gibest zu erkennen. Doch solst du bald auf Taurus seinen auen / wan sich dir läst daselbst ein neuer eifrer schauen / von deiner qual befreiet seyn. drum laß nicht diß gebirg / bis dir dein glůck erschein.


Mehr vergnůgt / als übel zu frieden / bliebe ich über dieser antwort des gottes. Nachdem ich nun meine bei mir habende schäfere nach Amida abgefärtigt / gehorchte ich des Teraphim befehl / und reisete sofort in hiesiges gebirge: da mich das glück zu dem K \nig Amraphel / meinem bruder / fürete / der / neben denen Fůrsten von Seir und der schönen Nefe Zibeons / bei den riesen vom hause Thalmai / im Taurischen gebirge sich befande. Weil ich meinen namen nicht verbarge / als ward ich von ihm eher / dan er von mir / erkennet / und lebte ich so lang / ihn für den Megadostes haltend / in seiner angenemen gesellschaft / bis der Fůrst von Edom dazu kame / und / sich für die Nefe Zibeons erklårend / seine andere schein-heurat mit der hiesigen Ahalibama er \ffnete: das dan meinen bruder veranlaste / daß er sich auch fůr den Amraphel zu erkennen gabe / und sofort / durch seinem großen fůrspruch / die vom hause Seir des Edoms neue liebe billigen machte / die ihn auch / an stat ihn zu bekriegen / in den bund der riesen mit einnamen.

Weil sie den K \nig von Armenien auch mit herbei zu ziehen sucheten / als musten Amraphel und ich gedult fassen / noch etwas [870] an den gränzen des gebirges Ararat zu bleiben / ob schon unser beider verlangen nach der Indaride und Orosmada unvergleichlich war. Nachdem sie endlich auch mit dem Thogarma zum schluß gekommen / machten wir uns mit ihm auf die reise / und erfuhren unterwegs alles das / was wir heut mit unsern augen so ůberglůcklich geendet sehen. Meine eifersucht stillte sich aber inzwischen nicht / ob sie gleich war geringer worden: bis mich heut / in diesen glůcklichen auen / ungefår mein geschicke nahe zu dem Prinzen Adonisedech fürete: der / inzwischen alle die andere in so großer vergnůgung schwebten / sich ganz betrůbt an einen baum gelehnet hatte / und mit einem seiner bedienten sich besprache. Ich bildete mir so fort ein / Orosmada wůrde der inhalt ihrer unterredung seyn. Wie ich demnach hinzugeschlichen /horchte ich / was mein glůcklicher mitbuler fůrbringen m \chte / und vername / daß er selbst über seine gemalin eifersůchtig worden war: da er dan die qual / die er darob entfande / und die håftige liebe / mit deren er die Jaelinde dabei verehrte / so beweglich an den tag gabe / daß ich in dem augenblick von meiner eifersucht mich ledig sahe /und / nach des Teraphim ausspruch / gånzlich davon befreiet worden. Wie / mein Prinz! (redte hierauf die Jaelinde zu ihrem gemal) kan es wol müglich seyn / daß ich ursach zu solcher eifersucht gegeben habe? Wer håtte gedenken k \nnen / (antwortete der beschåmte Adonisedech) daß der K \nig von Tyro dieses vernemen sollen / was ich vor aller welt / ja fast selbst vor meinem eigenen herzen / gedachte verborgen zu halten? Doch hat es vieleicht darüm der himmel also geschicket / damit ich / gleich diesem K \nig / von so törichter wirkung meiner häftigen liebe befreiet wůrde. Ihr wisset / liebste Jaelinde! daß mir unverborgen / wohin vordem eure neigung gegangen / ehe ihr mich geliebet. Weil nun ... Haltet ein! (fiele ihm Jaelinde in das wort) mich in so großer gesellschaft zu beschåmen. Ich kan euch aber nun / mit dem h \chsten Gott / versichern / daß ich von allen alten regungen frei bin /und auser meinem Adonisedech von keiner liebe weiß. Der verliebte Prinz von Salem / war mit dieser erklårung seiner gemalin mehr dan wol zu frieden: da die meisten in dieser großen gesellschaft / auser den K \niginnen von Mesopotamien / Syrien / Salem und Ninive / und dem großen Marsius / keine rechte kentnis hiervon hatten /auch sich nicht hiernach zu erkundigen begehrten / weil sie sonst genug zu bewundern hatten. Es waren nun Baalis / Daces und Nahor noch ůbrig /von denen man zu wissen verlangte / wo sie so lang sich aufgehalten håtten. Sie unterließen nicht / zu vergnůgung der gesellschaft / ihre wunderbare [871] liebe zu erzehlen: da dem guten Suevus das herz gerůret wurde / als er vername / daß sich eine person fände / die seiner tochter / der Prinzessin Ammonide / so ånlich wåre. Er erwiese demnach nicht weniger verlangen / als Daces und Nahor /nach der verlorntn Aprite: welches dem Bethuel und den dreien Prinzessinnen von Ausitis / aus betaurung / anlaß gabe / zu er \ffnen / wie die beide schäferinnen Baalise und Aprite in ihrem gezelt verborgen sich aufhielten. Das vergnůgen dieser drei verliebten / gabe sich hierauf so sehr zu tage / daß sie nicht warten kunten / bis man diese schåferinnen herzu holete / sondern selbst neben dem Bethuel dahin eileten / und mit ihrer ankunft diese beide sch \nen eben so bestůrzt machten / als wie auch sie /über dieser wiederfindung / aus sich selbst verblieben. Baalise / die ihrem Prinzen nicht abhold ware / kunte nicht so wol ihre zufriedenheit / als Aprite ihr misvergnůgen / verbergen / und dem Baalis gutwillig die hand bietend / verursachte sie damit / daß Aprite wider willens folgen / und sich von dem Daces und Nahor zu der k \niglichen gesellschaft muste begleiten lassen. Suevus hatte kaum diese schåferin erblicket / da truge ihm das herze zu / was seine augen beståtigten / daß er seine tochter sähe. Demnach eilte er ihr mit ausgespannten armen entgegen /sie zu ůmfangen. Aprite / die warhaftig die Amorite ware / kunte gegen ihrem vatter sich nicht so wol verstellen / als wie sie gegen andren gethan hatte / sondern ließe sich durch ihre kindliche regung ůberwinden / und bekennte / daß sie des Prinzen Suevus tochter wåre. Ihre traur- und ihres vatters freuden-trånen / bewegten hierauf die ganze gesellschaft: da fürnemlich / der König von Basan die K \niginnnen von Elassar und Ninive / die Prinzessinnen Ahalibama und Coricide / dieser glůcklichen wiederfindung / sich mit teilhaftig machten. Amorite erzehlte ihnen kůrzlich /welcher gestalt sie etliche gutherzige hirten / als die rauber sie überfallen / von denselben erl \set und in Mesopotamien gebracht håtten. Die erkennug der Baalise folgte nun von selbst hieraus / die auch nicht länger zu laugnen begehrte / daß sie die Prinzessin Ardelise von Hemath wåre. Der Prinz Baalis / so wol als Daces und Nahor / gerieten ganz aus sich selber / als sie aus ihren hirtinnen dergestalt sahen Prinzessinnen werden / und dieselben nun so unverhofft wiederfanden / die sie so viel wochen vergeblich in dem gebirge gesuchet hatten. Dan der Nahor / in der einbildung / daß diese beide bei dem Baalis und Daces wåren / hatte ihnen ståts gefolget: hergegen waren diese beide Prinzen / weil sie vermutet / daß Nahor ihre beide geliebten heimlich zur Prinzessin Poliphide[872] würde gebracht haben / ståts auf dem gebirge geblieben. Die sch \ne K \nigin von Mesopotamien machte den anfang / diese zwei Prinzessinnen zu begrüßrn / deren dan die andere alle nachfolgten. Wie sie nun sämtlich ihre freude erwiesen / daß der himmel / an diesen großen wundertag / so viel tod-geglaubte lebendig gemacht hatte / sahe die betrůbte Amorite gen himmel / und seufzete tief / zu verstehen gebend / daß fůr sie allein kein todter auferstehen wolte. Es solte aber dieser glückstag / gleich wie er sich mit vielen wundern angefangen / sich auch also enden: darům muste / eben um die königliche personen dergestalt üm die wiedergefundene Amorite und Ardelise stunden / des Elihu herrvatter / der K \nig Baracheel / mit dem Prinzen Jonadas / von Samosata her / alda sich einfinden. Sie fůreten zwischen sich einen schönen jůngling / den sie dem K \nige Marsius von Basan ůberlieferten: Großer K \nig! (sagte Baracheel) an diesem glůcklichen tage / da mich der himmel diese längst gewünschte vereinigung der Celten und Syrer mit ansehen låsset / g \nnet mir / für allen anderen / mein gutes geschicke diese ehre /daß ich der erste bin / der den dapfren Marsius zu dem großen Celten-reiche glůckwůnschen kan. Der Boius ist gestorben / und gegenwärtiger K \nig der Celtiberer bringet diese zeitung / neben dem unbeschreiblichen verlangen / das die Celten nach ihrem neuen K \nig tragen. Es ist also / wie der K \nig von Hemath saget / (finge hierauf der jüngling / den der Baracheel den Celtiberer König hatte genennet / mit sonderbarer annemlichkeit an zu reden) und haben mich die Druiden / wie auch alles volk / abgeschicket / dem großen Monarchen der Celten dieses kund zu thun / wiedaß sie nunmehr den anfang ihrer glůckseeligkeit erlebet / und bald aus ihrer hoffnung in deren v \lligen genuß / durch ihres K \nigs gegenwart /gesetzet zu werden verlangen. Es ist wol für ein gutes zeichen zu achten / daß wir eben heute solchen bericht abstatten můssen / da der Himmel die getreue liebe des Marsius so wol belonet / und dem Celten land eine so unvergleichliche K \nigin hat geben wollen / die nichts als glůck und segen unsrem reiche wird mitbringen und zuwenden können. Mitlerweile dieser fr \mde also redte / verwunderte sich Marsius nicht so sehr ůber dessen bericht / als ůber seine person: indem er nicht allein / den Sicorus tod wissend /nicht ersinnen kunte / wer nun dieser König in Celtiberien seyn můste / sondern auch dieses jůnglings gesichte ehmals vermeinte gesehen zu haben / ohne daß er sich dessen eigentlich zu besinnen wuste. Er dankete / ihm und den Baracheel / mit gar h \flichen worten / fůr ihren gethanen glůckwunsch zu der Celtischen Monarchei /und [873] wolte eben sich genauer nach diesem neuen Celtiberer-K \nig erkundigen / als der / die Amorite erblickend /die auf ihn keine acht gegeben / sondern mit der Coricide geredet / eiligst zu ihr hinliefe / und sie ůmarmete. Es war / das entsetzen der K \nigin von Mesopotamien / wie sie ihren Cimber fůr den Marsius erkant / auch die erstaunung der Ahalibama und Indaride / als die ihre tod geglaubte liebhabere lebend erblicket / und des Suevus freude ůber seine wieder gefundene tochter / kaum so håftig gewesen / als diese der Amorite gemůtsbewegung ware /da sich ihr die warhafte gestalt des Apries zeigte: den sie nimmermehr lebendig glauben k \nnen / weil sie sein abgeschlagenes haubt so gewiß vermeinte in hånden gehabt zu haben. Sie erstarrte demnach / ein so liebes bild vor ihr sehend / und funde darinn ergetzlichkeit / was ihr zugleich ein schauern verursachte. Edler geist! (sagte sie mit schwacher stimme) wilst du mich nun auch erqwicken / da heut so viele sind erfreuet worden? Nicht nur mein geist / (antwortete ihr dieser jůngling) sondern auch mein lebendiger leib / zeiget sich euch / liebste Prinzessin! und hat mich der gütige himmel darzu aufbewahret / daß ich diesen tag mit seinen wundern noch edler machen k \nte. So lebet mein Apries? rieffe Amorite / und wurde darauf ganz unentfindlich /indem sich das entsetzen mit der freude vereinigte. Inzwischen nun ihr die andern / üm sie wieder aufzumuntern /zu hůlfe kamen / fiele die Ardelise ihren bruder ům den hals / und glaubte sofort sein leben / weil bereits selbigen tag dergleichen wunderwerk sich begeben hatten. Jederman / auser den armseligen Daces und verlassenen Nahor / entfande hierůber eine herzliche freude / und indeme man nun / mit großer belustigung / der Amorite / Ardelise und dem Apries zusahe / stellte sich das verlangen ein /auch diese lebens-fristung / wie des Tuscus Sicanus und Amrapheel ihre / zu erfahren. Da dan der Prinz Jonadas /die gesellschaft zu vergnügen / das wort name / und ihnen folgendes erzehlte. Es wird alhier keinem unbekant seyn können / was zu Hemath / nunmehr weit ůber das jahr / sich zugetragen /und wie mein verhångnis gewolt / daß ich das grausame richter-amt bei dieser denkwůrdigen handlung / die alle welt hat reden gemacht / verlieren můßen. Die erhaltung des Prinzen Apries lage mir hiebei so sehr im sinn / als sehr ich mir äuserlich angelegen seyn ließe / dieses strenge urteil volziehen zu lassen. Ich ersonne demnach das mittel / und verbarge einen unechten sohn meines K \nigs / der dem Prinzen Apries ziemlich gliche / heimlich unter die růstbůne: der dan / durch sonderbare geschwindigkeit des nachrichters / [874] als es zeit war / herfůr gezogen / und dagegen der gebundene Prinz hinunter gelassen wurde. Dieser armseelige verlore also sein leben / und ließe ich den Apries hinweg bringen: den ich einem Celtiberer / so mit dem König Sicorus war heraus gekommen / anvertraute / mit dem ernstlichen verlaß / ihn ungeseumt nach Celten mit zu nemen / damit in diesen landen niemand etwas von ihm erfüre. Das glück / so des dapfren Apries heldenmut begleitet / ist ihme folgends so gůnstig gewesen / daß er in den Celtiberischen kriegen sich wol gehalten / und darinn von dem volk / wie sie des Sicorus tod vernommen / zu ihren König gemacht worden. Die ihm die Celten nach des Bojus tode antrugen: Er ůbername hierauf willigst diese reise / da das stätige verlangen nach seiner Amorite ihn mit hieher triebe. Er kame / ungefär vor etlichen wochen / glůcklich in Hemath an: da ihn die große veränderung nichts befrömdete / und nennte er die schickung des himmels ganz gerecht / der dem Baracheel / als rechten erben / die kron von Hemath wieder zugewendet hätte. Weil wir die königliche personen in Samosata besuchen wolten / und der Apries nach dem Taurischen gebirge sich zu wenden gedachte / reiseten wir mit einander in die landschaft Amida: da wir im schloßgarten zu Samosata zwei schäferinnen erblicketen / welche völlig der Prinzessinnen Ardelise und Amorite glichen. Wir konten sie aber nicht einholen / weil sie / uns ersehend / zu schnell davon wischeten. In der nachfrage erfuhren wir / daß sie wären nach Hemath / durch Syrien / fort gereiset: deshalben der verliebte Apries / mit mir / ihnen nachfolgete. Wir verrichteten aber solche nachsuchung vergebens / weil sie nicht dahin / sondern hieher / sich gewendet hatten: welches der K \nig Baracheel / der zu Samosata bliebe / nachgehends erfuhre / und uns zu entbieten ließe. Demnach haben wir uns auch hieher gewendet / und es nun alhier also gefunden / wie es am tage ist. Der himmel sei ewig gepreiset / der alle diese glückliche änderungen hat an diesem tage geschehen lassen. Wie Jonadas hiemit seine zuh \rer vergnůgt hatte / und selbige nun / ůber so vielen auf einmal erschienenen begebenheiten / sich unter einander ergezten / sahe er sich ům nach seiner Dersine die er unter den großen haufen anfänglich nicht finden k \nnen / endlich aber zu ihr kame / und seiner beständigen liebe sich versicherte /auch dergleichen von ihr hinwieder hörete: da dan / dieser beiden vergnügung / die allgemeine freude vermehrte. Aber der Daces und Nahor / fanden allein keinen trost /auser diesem / daß sie der Amorite liebe ganz billig / und sich beiderseits gleich unglůckselig erkanten. / und daher über nichtes sich beschweren [875] kunten. Weswegen sie sich auch beseits begaben / ům ihr seufzen nicht unter der andern ihr frolocken zu vermengen. Der Prinz Suevus / der auf einmal soviel gutes erlebet / indem er seinen K \nig das reich der Celten erben und in seiner liebe vergnůgt sahe / auch seine verlorne tochter wieder bekommen hatte / erfure zugleich / von der Prinzessine Rahabine /den tod der Jerode / seiner gemalin: worüber er dannoch sein mitleiden an den tag gabe / ob er schon große ursach hatte / dem himmel fůr solche erlösung zu danken. Weil Rahabine / in erzehlung des kläglichen endes der Jerode /ihrer schwester auch erwehnen muste / als wurde dadurch kund / daß dieselbe / neben dem König von Jarmuth / bei dem Babylonischen hoflager gefangen fasse: daher Tiribaces / neben der Rahabine / den Baleus üm deren freiheit baten / welcher gleich befahle / daß sie solten auf freien fus gestellet werdẽ. Wie nun / unter allen diesen begebenheiten / die nacht endlich einbrechen wolte / schiede diese große gesellschaft von einander: wiewol sie solches nicht üm schlaffens willen thåten / sondern die meisten zu diese verliebten sich verteilten / bei denen sie wolstands halber ver blieben; weil die verliebte Könige unmůglich sich beqwemen konte / ihre sch \ne so bald zu verlassen / ehe sie noch ferner von ihrer glückseeligkeit sich mit einander beredet hätten. Demnach verharreten / bei dem Marsius und seiner Aramena / der König und die Königin von Syrien; bei dem Tuscus Sicanus und seiner Ahalibama / der Dison und dessen gemalin; bei dem Amraphel und seiner Indaride / der Hadoran und die Lantine; bei dem Apries und der Amorite / der Ephron und seine Coricide; bei dem Sinear und der Jemima / die Tharasile und der alte Hus; bei dem Baalis und der Ardelise / der Adonisedech und die Jaelinde; bei dem König von Jericho (der nun an seinen wunden wieder genesen war) und der Rahabine /der Hemor und die Milcaride: und bei dem Jonadas und Dersine / der Arsas und Casbiane. Aller dieser ihre vergnůgung ginge erst recht an / wie sie ihren verånderten stand ruhiger überdenken konten. Marsius fragte wol tausendmal seine Aramena / ob es auch müglich wäre / daß sie ihn liebte? dagegen sie ihme / wiewol mit großer holdseligkeit / fůrhielte / daß er nicht also seinen namen verschweigen sollen / daraus alles ungemach / so er ausgestanden / seinen ursprung gewonnen hätte. Tuscus Sicanus und Amraphel / musten ihre liebste Prinzessinnen mehr dan tausendmal versichern / daß ste noch lebten: dergleichen bekräftigung auch die Amorite von ihrem Apries forderte. Sinear / Baalis / Jebus und Jonadas / sagten ihren geliebten auch alles das jenige für / was sich auf ihren zustand schickte. [876] [878]Die sonne war begierig / diese verliebte bald wieder zu sehen: daher sie eher den erdboden wieder beschiene / als dieser ihre unterredung sich endete. Sie hätten auch darinn wol gar kein ende finden k \nnen / wan nicht endlich der wolstand erfodert håtte / von einander zu gehen / üm der nötigen ruhe zu genießen / deren sie alle wol bedurften / weil sie so viele nächte sonder schlaff zugebracht hatten. Womit sie nun wachend ůmgingen / das kam ihnen auch im traume vor / und spüreten sie nun warhaftig / daß der himmel ermüdet / sie ferner zu verfolgen /und daß sie befugt wären / sich fůr die allerseeligsten der welt zu achten. Neben dem König von Jarmuth und seiner Zoroastra / die auf Bactra ihre ansprüche fahren ließen / fanden sich auch Elhanan / der in Syrien gewesen /ingleichen der Chersis / so bisher an seinen wunden darnieder gelegen / und alle Celten / Aborigener und kinder Enaks / im lager / ihre mit-freude zu bezeugen. Also ware nun iederman vergnügt / auser dem Daces und Nahor: die / auf erlangte erlaubnis / mit einander für aus nach Celten gehen wolten / ům alda / in entfernter abwesenheit / ihres leides zuvergessen / und zur kůnftigen regirung des großen Marsius alles in gute ordnung zu stellen. Amorite ließe gegen ihnen beiderseits ihre sonderbare hochachtung blicken / als sie kamen / von ihr abschied zu nemen. Die ganze königliche gesellschaft / reisete nun wieder zurücke nach Samosata: da sie den die Königin von Tyro / wie auch den König der Philister mit seiner Ammonide /fůrfunden / deren die erste über Amraphels leben / und die andere ůber ihrer liebsten freunde glückseeligkeit /dem himmel nicht gnugsam danken kunten. Der Beri hatte auch wollen von Kiriath Arba kommen / ware aber jählichen todes gestorben: das zwar den Ephron / als einen tugendhaften sohn / betrůbte / aber nicht abhielte /den ergezlichkeiten der andren beizuwonen. Das königliche beilager des großen Marsius / nunmehr Königs der Celten / und der unvergleichlichen Königin Aramena /wurde hierauf mit allem ersinnlichen pracht angestellet und in Samosata gehalten: da der König von Salem dieses unvergleichliche par zusammen trauete / welches der nachwelt / zu einem wahren muster treuer und keuscher liebe / dienen kan. Nie ware Aramena schöner erschienen / als an diesem ihrem ehrentage. Man hatte / in einem großen dazu bereiteten saal / einen herrlichen thron fůr sie und ihren König aufgerichtet / welchen alle anwesende Könige und Königinnen auf ihren thronen ümgaben: und wurde iederman eingelassen / ům diesen ausbund der herrlichkeit der ganzẽ welt mit anzuschauen. Der Tuscus Sicanus / als nunmehr König zu Basan /wurde den andren tag mit seiner Ahalibama auf gleiche weise getrauet / [878] und die folgende tage der Amraphel /K \nig von Elam / mit der Prinzessin Indaride; der Apries / König in Celtiberien / mit der Amorite; der Ariates /König zu Hazor / mit der Mehetabeel: der Nebajoth /König in Meden / mit der Hermione; der Esau / Fürst von Seir / mit der Ahalibama / der Nefe Zibeons; der Jebus /König von Jericho / mit der Rahabine; der Baalis / Prinz von Ammon / mit der Ardelise; der Sinear / Prinz von Chaldea / mit der Jemima; der Abinab / König von Jarmuth / mit der Zoroastra; der Elihu / Erbprinz von Hemath / mit der Kezia; der Bethuel / ernanter König von Zoba / (weil selbiger tyran gestorben / mit der Kerenhapuch; der Tharsis / Fůrst von Sepharvaim / mit der Eldane; der Elhanan / Fůrst von Hus / mit der Zelinte; der Jonadas / Fůrst von Hemath / mit der Dersine; und der Chersis / mit seiner Amphilite. Also verflossen diese siebenzehen tage / in h \chst-feyerlicher frölichkeit / und wie solche vorbei waren / verteilten sich die k \nigliche perso nen / unter die angeneme schåfer-gesellschaft / die sich von der schar der priesterinnen des Teraphim vermehret sahen. Der Sesai / neben den Enakim und allen Horiten /wurden durchgehends frei erkant: die dan sofort ihren weg nach Kitim vor sich namen / den Camboblascon in der Vesuvischen landschaft zu bekriegen. Sie blieben also den ganzen sommer noch bei einander: da dann endlich / gegen den herbst / an die růkkehr gedacht wurde. Es ginge ihnen allen das scheiden gar sauer ein / weil sie also zusammen gewonet hatten / daß / wan es nicht ihrer reiche und lande bästes erfordert håtte / sie sich nimmermehr wůrden getrennet haben. Baleus /Dison / Amraphel / Nebajoth / Armizar / Ana / Sinear und Tharsis gingen / mit ihren gemalinnen / auch mit der Briane und Zimene / die die jůngere Aramena zu hof-jungfrauen anname / morgen-warts in ihre Königreiche und lande. Amosis / Eridanus / Mardocentes / Hanoch und Jethur / mit ihren Königinnen / gegen mittag; Thogarma / Ahusath / Hadoran und Bethuel / gegen mitternacht; und Tuscus Sicanus / Hiarbas / Abimelech / Melchisedech / Tiribaces / Ephron / Baracheel / Baalis / Esau / Eliphas / Jebus / Abinab / Hemor / Ariates / Adonisedech / Jonadas und etliche der Fůrsten von Seir / mit ihren angetrauten / gegen abend: also daß / bei dem Marsius und der Aramena / endlich niemand mehr / als Aramenes und Cölidiane / Apries und Amorite / Elihu und Kezia /und die Syrische Fůrsten / verblieben. Die K \nigin von Mesopotamien gebare / ehe sie von ihren lieben schäfern in das entfernte Celten abreisete /eine Prinzessin / als / vier monat vorher die K \nigin C \lidiane mit einem Prinzen ware nieder gekommen: die sie dan der erziehung ihres liebsten [879] bruders hinterließe / und solte dieselbe dermaleins an ihrer stat K \nigin in Mesopotamien werden / und diesen jungen Prinzen heuraten: welches den betrůbten schåfern und schåferinnen noch etwas zum trost gereichete. Diese bekamen den Elihu zum stathalter des reichs / und musten endlich ihre sonne abgehen sehen: die sich / mit ihrem liebsten Marsius /abend warts wandte / und Asien verließe / ům den glůckseeligen Celten ihr edles licht forthin mitzuteilen. Der K \nig von Celtiberien / neben seiner Amorite / begleitete sie dahin / samt allen Celten / und schluge Marsius sein hoflager zu Trier an: da sie viel jahre / in vergnůgtem wolstande / diese große lånder regirten / ihren unterthanen l \blich und wol fůrstunden / und bei ihnen den wahren Gottesdienst einfůreten. Damit aber die seltene wunder-begebnise / die ihnen und ihren anverwandten begegnet / der nachwelt kund bleiben m \chten / als muste Bardo / einer von den gelehrten Celten / diese geschicht in ein buch auf bleiernen tafeln zusammen tragen. Dieses buch hat / etliche tausend jahre / bis auf unsere zeiten / verborgen gelegen: da es unlångst in Niedersachsen / unferne von der Asseburg /in einem alten gemåuer gefunden / und / auf begehren fünf fůrnemer Damen / in unsere hochteutsche spräche ist übersezt worden. Die mitlere von diesen / welche hierbei die gröste bef \rdererin gewesen / hat das ende dieses werkes nicht ableben můssen: wird sich aber wol über solchem verlust tr \sten / da sie nun / fůr diese gedichte /alle warhafte geschichten volkomlich erkennen kan. Man håtte / sonder anregung ob-erwehnter Damen / es schwerlich dem druck ůbergeben: weil zu besorgen / es d \rften / wie bereits geschehen / einige darüber kommen / die ein årgernis davon nemen / daß man Biblische ge schichten mit eingefůret hat / und es / zum spott / eine Satyrische beschreibung der H. Schrift / oder ein Liebes-buch der Patriarchen / nennen m \chten. Weil aber den reinen alles rein ist / auch Josephus und andere geschichtschreiber / die geist- und weltliche dinge unter einander mengen d \rfen: als hat alles befahrende ůbel-urteilen nicht hintern k \nnen / daß dem befehl der fůnf Freundinen / denen dieses werk zugeschrieben / nicht wåre gehorsamlich nachgelebet worden.


ENDE. [880]

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