Ein Wahrheitslied

Als Gott der Herr geboren war,
Da war es kalt,
Was sieht Maria am Wege stehn?
Ein Feigenbaum,
Maria laß du die Feigen noch stehn,
Wir haben noch dreißig Meilen zu gehn,
Es wird uns spät.
Und als Maria ins Städtlein kam,
Vor eine Thür,
Da sprach sie zu dem Bäuerlein,
Behalt uns hier,
Wohl um das kleine Kindelein,
Es möcht dich warlich sonst gereun,
Die Nacht ist kalt.
Der Bauer sprach von Herzen ja,
Geht in den Stall!
Als nun die halbe Mitternacht kam,
Stand auf der Mann;
Wo seyd ihr dann, ihr armen Leut?
Daß ihr noch nicht erfroren seyd,
Das wundert mich.
Der Bauer gieng da wieder ins Haus,
Wohl aus der Scheuer,
Steh auf mein Weib, mein liebes Weib,
Und mach ein Feuer,
Und mach ein gutes Feuerlein,
[255]
Daß diese armen Leutelein
Erwärmen sich.
Und als Maria ins Haus hin kam,
Da war sie froh,
Joseph, der war ein frommer Mann,
Sein Säcklein holt;
Er nimmt heraus ein Kesselein,
Das Kind thät ein bischen Schnee hinein,
Und das sey Mehl.
Es that ein wenig Eis hinein,
Und das sey Zucker,
Es that ein wenig Wasser drein,
Und das sey Milch;
Sie hiengen den Kessel übern Heerd,
An einen Hacken, ohn Beschwerd
Das Müßlein kocht.
Ein Löffel schnitzt der fromme Mann
Von einem Span,
Der ward von lauter Helfenbein
Und Diamant;
Maria gab dem Kind den Brei,
Da sah man, daß es Jesus sey,
Unter seinen Augen.
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