Erster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

Erster Theil,
enthaltend: Die Geschichte des ewigen Juden, die Abenteuer der sieben Schwaben, nebst vielen andern erbaulichen und ergötzlichen Historien.

[3] Vorwort.

Das Volksbüchlein, welches in zweiter Auflage im Jahre 1835 zu München erschienen ist und das seiner Zeit sowol in Süd- als Norddeutschland großen Anklang gefunden, indem es Jung und Alt, Gelehrt und Ungelehrt anzusprechen wußte, wird dem deutschen Volke hiemit auf's Neue dargereicht. Der Verfasser hatte es, um seine Persönlichkeit in den Hintergrund treten zu lassen, und damit das Werk gleichsam als ein aus dem Volke selbst herausgewachsenes Gebilde gelten könne, in allzugroßer Bescheidenheit und Selbstlosigkeit anonym herausgegeben, so daß sein Name fast nur dem engeren Kreise von Literaturkennern bekannt ist. Von schlichter Herkunft und in seinem ganzen Fühlen und Denken so recht mit dem Volke verwachsen, weiß derselbe das Leben nach seiner ernsten und ebenso nach seiner heitern Seite gleich meisterlich zu schildern. Auch sucht er nicht blos flüchtige Unterhaltung zu gewähren, sondern bietet der größten und achtungswerthesten Classe von Menschen eine wahrhaft gesunde, geistige Nahrung. Er ist nämlich einerseits bestrebt, dem Volke in erbaulichen Sagen und Historien jene Wahrheiten und Grundsätze ans Herz zu legen, die allein Wohlfahrt und Gedeihen in Familie und Gesellschaft zu begründen vermögen, andrerseits versteht er es, mit kernigem Humor auch die heitere Seite des Volkslebens in den ergötzlichsten und launigsten Scenen mit lebensfrischen Farben zu schildern.

Es ist nun gewiß eine Pflicht der Billigkeit und zugleich der Dankbarkeit, die Leser dieser gemüthvollen, herzerfreuenden Schriften mit dem Namen und den Lebensschicksalen des Autors bekannt zu machen.

[3] Ludwig Aurbacher

ist geboren am 26. August 1784 bairischen MarkteTürkheim und gehört also dem Schwabenlande an, der Heimat so vieler vortrefflichen deutschen Dichter und Schriftsteller. Seine Ahnen führten den Pflug. Sein Vater, ein Nagelschmied, hatte für eine sehr zahlreiche Familie zu sorgen, die er nur schwer vor Mangel schützen konnte, obwol er durch den Nähverdienst der mit musterhafter Aufopferung und Liebe sich ganz den häuslichen Pflichten widmenden Hausfrau unterstützt wurde. Um so eifriger hielten die Eltern ihre Kinder zu Arbeitsamkeit und Genügsamkeit an und pflanzten ihren Herzen frühzeitig Gottesfurcht und strenge Rechtschaffenheit ein, die ihnen selbst eigen war. Schon im zarten Alter wurden die Kinder zu angemessenen Beschäftigungen herangezogen, aber auch geistige Anregung fanden sie im Elternhause. An Winterabenden wurden die Hausgenossen versammelt, Legenden vorgelesen, Geschichten und Mährlein erzählt, Räthsel aufgegeben und muntere Gespräche geführt. Und welche Wonne brachte erst das Krippele! Auch das öffentliche Leben in jenem wohlgeordneten Gemeinwesen, das überall Bilder der Eingezogenheit und des friedlichen Beisammenlebens darbot, gab der Schaulust und dem Frohsinn gar vielfache Nahrung. Nach der Weihnachtsfreude kam die Fastnachtslust mit ihrem Mummenschanz, wo auf den unsinnigen Donnerstag der rußige Freitag und der schmalzige Samstag folgte, und wo Hanswurst noch unverpönt sein tolles Wesen auf offenem Markte trieb. Auch gab es das Jahr über Volksfeste, Aufzüge, ländliche Spiele und gar manche frohe Hochzeit, was alles unauslöschliche Eindrücke in dem Gedächtniß des Knaben zurückließ.

Nachdem Aurbacher vom fünften Jahr an zu Türkheim, dann bei einem Verwandten im nahen Kirchdorf die ersten Elemente sich angeeignet hatte, einige Zeit auch vom Prediger im Kapuzinerkloster, in welchem der Knabe als Ministrant diente und bei Bruder Koch und Gärtner wohl gelitten war, Unterricht genossen, brachte ihn der sorgsame [4] Vater trotz seiner Mittellosigkeit nach Landsberg, wo ein weit und breit geachteter Lehrer wirkte. Auf dem Wege dahin, so erzählt Aurbacher in seiner handschriftlich hinterlassenen Selbstbiographie, sagte der Vater, als das Schulhaus in Sicht war, scherzend zu dem Knaben: »Wenn du jetzt etwas Rechtes lernst, kannst du auch einmal in der Kutsche fahren; lernst du aber nichts, mußt du Zeit Lebens zu Fuß gehen, wie ich.« In Landsberg wurden Wohlthäter für das arme stille Kind gefunden, und ein Geistlicher unterrichtete es im Gesang. 1793 konnte er als Singknabe in das Kloster Dießen am Ammersee aufgenommen werden, wo er weiter Unterricht auch im Latein genoß. Drei Jahre später ward Aurbacher nach München in das von Benedictinern geleitete Seminar empfohlen. Sein Vater brachte ihn dorthin, obwol er die Kosten kaum bestreiten konnte. Aber theils Heimweh, theils die fortwährenden Neckereien der Kameraden, die ihn als Schwaben verhöhnten, sowie der anfangs wegen ungewohnter Methode geringe Erfolg seiner Studien veranlaßte ihn, nach der Heimat zu entlaufen, wo ihn die Mutter, in deren stillen Wünschen es lag, daß er sich geistlichen Stande widme, mit Vorwürfen, der Vater aber freundlicher, als er erwartet hatte, empfing, da ihn dieser nun für das Handwerk zu gewinnen hoffte. Doch das Leben in der Werkstätte behagte dem mehr für geistige Beschäftigung geschaffenen Knaben wenig und der sichtliche Gram der Mutter bewog ihn bald zur Rückkehr zu den Studien. Gegen Ende 1796 traf er wieder in München ein. Die Neckereien wurden abgestellt und der Fortgang besserte sich in erfreulicher Weise. Da aber der Vater nicht länger im Stande war, die Ausgaben für ihn zu erschwingen, so suchte er den Sohn in Ottobeuren unterzubringen, einem der stattlichsten und hervorragendsten Benedictinerstifte der damaligen Zeit, wo ihm wirklich Wohnung und Freitisch gewährt wurde. Am dortigen Gymnasium und Lyceum studirten Pensionäre aus allen Theilen Schwabens und der Schweiz, selbst aus Frankreich und Italien strömten Zöglinge herbei. Alte Kirchenmusik wurde in dem prächtigen Tempel eindrucksvoll aufgeführt, auch die Instrumentalmusik sehr gepflegt,[5] so daß sogar Haydns große Tondichtungen gegeben werden konnten. Ausflüge ins freundliche Wertachthal bildeten den Geschmack für Naturschönheiten. Kaum 15 Jahre alt trat Aurbacher in den ersten philosophischen Curs des Lyceums und wurde damals schon mit den eben herrschenden philosophischen Richtungen, namentlich der Kantischen Philosophie bekannt, die ihren Weg bis zu den Lehrstühlen des Klosters gefunden hatte. Wegen der überraschend guten Fortschritte hatte sich Aurbacher bald der besondern Gunst des ehrwürdigen Abtes zu erfreun, dessen Famulus er wurde. Die Hoffnung, als Novize im Kloster aufgenommen zu werden, sicherte sich ihm mehr und mehr. Am 18. October 1801 erfolgte wirklich sein Eintritt in's Noviziat. Alle die Beschwerden und Entbehrungen, die mit dem Novizenleben verbunden waren, ertrug er standhaft, so daß er bei seinem Hang zur Einsamkeit und wissenschaftlichen Beschäftigung nun bald eine ihm ebenso wie den Wünschen seiner Eltern vollkommen zusagende Stellung zu erreichen hoffen durfte. Allein es sollte anders kommen. Kurz vor Ablauf seines Noviziates wurde das Stift in Folge des Lüneviller Friedens an Baiern abgetreten und die Novizen im nächsten Frühjahr entlassen. Aurbacher sah nun seinen Lebensplan ohne seine Schuld zerstört. Ohne Vermögen, ohne Empfehlung, ohne Welterfahrung, von Natur schüchtern und bescheiden – wohin sollte er sich nun wenden? Da er seiner bisherigen Berufswahl treu bleiben wollte, suchte und fand er Aufnahme in dem vorder-österreichischen Stift Wiblingen unweit Ulm. Aber bald mußte er fühlen, wie groß der Unterschied zwischen dem fürstlich prächtigen Ottobeuren und diesem Wiblingen war. Letzteres, heruntergekommen und überschuldet, stellte an die Novizen in ihren Studien und an die Ordensgeistlichen in ihren Verrichtungen übermäßige Anforderungen. Aurbacher bildete sich dort mit allem Eifer weiter, lernte Griechisch und machte gute Fortschritte in Mathematik und Physik. Doch die unausgesetzte geistige Anstrengung, die Beschwerden eines mehr als zweijährigen Noviziates mußten bei dem Mangel an Erholung, bei dürftiger Nahrung und unterbrochenem Schlafe die sonst gesunde Constitution des [6] Jünglings erschüttern und ihm körperliche Leiden verursachen, deren Folgen nie mehr schwanden, indem düstere Melancholie ihm nachmals viele Stunden seines Lebens verbitterte. Aber auch Qualen des Gemüthes gesellten sich zu diesem krankhaften Zustande. Religiöse Zweifel, die von einigen zufällig in seine Hände gerathenen neologischen Schriften in ihm erweckt wurden, machten ihm das klösterliche Leben immer mehr zu einer wahren Höllenpein. Ein anderer Umstand kam hinzu. Er empfing Grüße aus der Heimat, die ein junger Mensch entrichtete, den dessen Braut zu ihm beschieden hatte. Das Mädchen hatte in der Kindheit gern mit dem Knaben gespielt; es weinte als er ins Kloster trat; ein verborgenes Leid, dessen Ursache Niemand kenne, so wurde ihm erzählt, nage an ihrem Frieden. Die Verwirrung des Jünglings steigerte sich nun derart, daß er sich entschloß, die Fesseln zu sprengen, deren Last er nicht mehr tragen konnte. Die Entlassung aus dem Kloster wurde ihm nach längerer Bedenkzeit bewilligt. Zum Skelette abgemagert, ohne Führer und Freund, begab er sich nach dem nahenUlm, wo er von einem Famulus in der »Glocke« abgesetzt wurde. Dort fand er – vielleicht vom Abte, der ihm wohlwollend geblieben, ohne sein Wissen empfohlen, – gastliche Aufnahme. Die mitleidige Wirthin pflegte ihn und suchte den Rathlosen mit mütterlicher Theilnahme zu trösten. Doch seine aussichtslose Lage brachte ihn der Verzweiflung nahe. – Da besuchte er eines Tages wieder das Münster, um dort Stärkung zu suchen. Eine zufällig aufgeschlagene Stelle in Thomas von Kempis erfüllte ihn plötzlich mit Gottvertrauen und Zuversicht. Im Abenddunkel zurückkehrend, traf er durch wunderbare Schickung einen alten väterlichen Freund, seinen ehemaligen Novizenmeister zu Ottobeuren, Theodor Klarer, der sich in Begleitung des vormaligen Stiftskanzlers befand. Dieser suchte eben für seinen Sohn einen Informator und Klarer empfahl Aurbacher für diese Stelle. Niemand hatte eine größere Freude als die gutmüthige Wirthin. – Jetzt stattete Aurbacher auch seinen Eltern wieder einen Besuch ab. Die Mutter, durch das abgehärmte Aussehen des Sohnes in Mitleid versetzt, nahm denselben liebevoll auf und er ward [7] von nun an der Rathgeber und Helfer in jeder Noth und Verlegenheit der Familie.

Die Hofmeisterstelle bei Herrn von Weckbecker zu Ottobeuren versah Aurbacher vom Jahre 1804–1808. Aber nur kurze Zeit konnten die Eltern die Freude an ihrem guterzogenen Sohn genießen, denn der Vater, schon länger kränkelnd, wurde durch den Kummer, den ihm ein leidiger Prozeß verursachte, dem Tode zugeführt; ihm folgte nach einiger Zeit die so treffliche Mutter. »Ich sterbe gern,« sprach diese in ihren letzten Stunden; »ihr seid alle groß und brav.« Gewiß ein Zeugniß, wie eine Mutter sich und ihren Kindern kein schöneres ausstellen kann. Nach der Eltern Tod blieb Aurbacher sein Leben lang mit treuer Liebe und Sorgfalt seinen Geschwistern und ihren Angehörigen zugethan, und half nach Kräften, wo er konnte.

In der Familie des Kanzlers hatte man alle Ursache mit Aurbachers Wahl zufrieden zu sein. Fehlte es ihm auch in Folge der Klostererziehung an Anstelligkeit zum Weltleben und konnte er sich niemals entschließen, der Feinheit des Benehmens die Offenheit des Charakters zum Opfer zu bringen, so bewährte er sich doch als gewissenhaften und fähigen Lehrer. Dem Aufenthalt in der fein gebildeten Familie – die Frau des Hauses war aus einem rheinischen Adelsgeschlechte – verdankte er manche freiere und erweiterte Ansicht des Lebens. Diese eignete er sich besonders in dem Umgang mit einem Hausfreunde an, einem emigrirten Franzosen, durch welchen er auch eine genauere Kenntniß der französischen Sprache und Literatur gewann. Vor allem war Aurbacher nun bemüht, die Lücken, welche die klösterliche Erziehung in seinem Wissen gelassen, auszufüllen, indem er nunmehr die deutschen Classiker studirte. Bald fühlte er sich aufs Mächtigste von den Herden unserer Literatur angezogen. Mehrere Jahre beschäftigte ihn fast ausschließlich Schiller, dessen sittlicher Ernst, dessen Gefühl für menschliche Würde ihn am meisten ansprach. Der Aufenthalt in Ottobeuren war für die Zukunft des jungen Mannes überhaupt von sehr wohlthätigen Folgen. Sein Gemüth, das vor kurzem noch von so trostloser Unruhe und Gährung bewegt war, fand allmählich [8] Besänftigung in diesen seinen Studien bei den so erwünschten Lebensverhältnissen; die voll ständige Klärung trat freilich erst in spätern Jahren ein. Geachtet von der Familie, erfreut durch die Fortschritte des lenksamen Zöglings, sah er auch seine Gesundheit allmählich wieder befestigt. Ohne sein Zuthun eröffnete sich für ihn plötzlich die Aussicht zu einer seinem Streben ganz angemessenen Anstellung. Sein Freund Klarer stellte ihn dem vormaligen Stiftskapitular Ulrich Schiegg vor, der als Hofastronom und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in München einflußreich war. Als sich im August 1808 die Stelle eines Professors des deutschen Stils und der Aesthetik am königlichen Cadettencorps zu München erledigte, ward Aurbacher auf dessen Verwendung in Vorschlag gebracht und schon zu Ostern 1809 erfolgte die definitive Anstellung. Mit der Familie von Weckbecker blieb Aurbacher auch in der Folge in den freundschaftlichsten Beziehungen.

So wechselvoll das Schicksal des Jünglings gewesen, so gleichmäßig verlief die Lebenszeit des Mannes. Fast vierzig Jahre lebte Aurbacher nun zuMünchen in stiller Zurückgezogenheit seinem Beruf, gelehrten Studien und literarischen Arbeiten. Das tiefere Eindringen in den ihm zugewiesenen Unterrichtsstoff führte ihn bald zur Abfassung von streng theoretischen Lehrbüchern nach eignen Ideen. Vom Jahre 1813 an erschienen theils unter seinem Namen, öfter aber anonym zahlreiche für Lehrer schätzbare Werke über die verschiedenen Zweige der deutschen Sprach- und Stillehre. Die namhaftesten davon sind u. A.: »System der deutschen Orthographie«; »Lehrbuch des deutschen Stils«, in 2 Theilen, anonym; »Grundlinien der Rhetorik, Poetik, Rhythmik«; »über die Methode des rhetorischen Unterrichts«; »Andeutungen zu einem neuen und einfachen Entwurf der Psychologie.« In dem kleinen »Wörterbuch der deutschen Sprache« (Sulzbach 1828) und in den anonym erschienenen »phylologischen Belustigungen« (2 Bdch. München, 1824) schenkte er den oberdeutschen Mundarten besondere Berücksichtigung.

Dem allgemeinen Gebrauch dient: »Theorie und Mustersammlung des Brief- und Geschäftsstils.«

[9] Speciell für Militärs schrieb er: »Soldatenspiegel; ferner: Handbuch zur intellectuellen und moralischen Bildung für angehende Offiziers.«

In das Gebiet des Unterrichtswesens, zunächst des elementaren, sind einschlägig: Die von ihm redigirten »Schulblätter« (1829–32), die vielgelesenen, gehaltreichen »pädagogischen Phantasien« (München, 1838). »Berlenburger Fibel, oder literarische Leiden und Freuden des Schulmeisters Mägerl«; die instructive Humoreske: »Aus dem Leben und den Schriften des Magisters Herle und seines Freundes Mänle.«

Aesthetische Gegenstände behandeln: die Schrift über »Kunstdarstellung besonders in der Musik«; Leipzig 1818, 2. Auflage; die »Studien«, Beitrag zur neuesten Dramaturgie.

Als Manuscript ward gedruckt: »Vorschule zur Geschichte und Kritik der deutschen Literatur«; außerdem erschienen von ihm Recensionen und Kritiken über die wichtigsten literarischen Erscheinungen der Zeit in verschiedenen Journalen.

Ausgaben veranstaltete Aurbacher von des »Angelus Silesius geistlichen Hirtenliedern«, und von dessen »cherubinischem Wandersmann«; auch schrieb er eine »Anthologie deutscher, katholischer Kirchengesänge«. Daran reihen sich seine »Perlenschnüre«, Dichtungen im Geiste des Silesius und andere lyrische Productionen, sowie die »dramatischen Versuche«: »Fürstenweihe, Fürstenkampf, Fürstensieg, der Geschichte Albrechts des Weisen entnommen.«

In dem anonym erschienenen »Büchlein für die Jugend« (München, 1834), besonders aber in seinem »Volksbüchlein« (2 Bde. 1835 und 1839 lit.-art. Anstalt) weiß Aurbacher mit ausgezeichnetem Geschick die im Volksmunde lebenden Sagen zu behandeln. In letzterem Werk pflegt er auch die poetische Volkserzählung, wozu er den Stoff aus den deutschen Schriftstellern des 16. und 17. Jahrhunderts nimmt. Unübertrefflichen Humor zeigt er in den »Abenteuern der sieben Schwaben« und den »Abenteuern des Spiegelschwaben«, indem er dabei aus dem Sprachschatz des Volkes schöpft.

[10] Außerdem finden sich von ihm in belletristischen Zeitschriften, Taschenbüchern und Volkskalendern zahlreiche Erzählungen, Novellen und Gedichte.

Aurbacher blieb unvermählt. Im Jahre 1834 trat er nach 25jähriger, ersprießlicher Amtsführung wegen zunehmender Kränklichkeit in den Ruhestand und starb, nachdem er seine Kräfte in unablässig thätigem Streben aufgebraucht hatte, an Nervenlähmung am 25. Mai 1847 im 63. Lebensjahre.

Von seinem literarischen Nachlaß, der u. A. aus seiner Selbstbiographie, Novellen, Xenien, lyrischen Gedichten, einem Drama und den Vorarbeiten zu einem »schwäbischen Idiotikon« besteht, – letztere verwerthet v. Keller in Tübingen – veröffentliche sein Freund, der Dichter Friedrich Beck, die in Versen geschriebene »Historia von den Lalenbürgern« im 5. Bd. der fliegenden Blätter, woselbst eine interessante Charakteristik nebst dem gelungenen Porträtbild Aurbachers, gezeichnet von Hermann Dyck, niedergelegt ist. (Vergl. den Nekrolog von Dr. Beck in der Allg. Zeitung vom 15. Juni 1847 Nr. 166, Beilage, jedes Conv.-Lex., bes. Meyer, II. Auflage.) In derAllgemeinen deutschen Biographie hat ihm ein schönes Ehrendenkmal errichtet sein Freund, Schulrath Dr. Julius Hamberger.

Aurbachers Geistesrichtung war eine durchaus edle: Milde des Urtheils, tiefinnige Religiosität, Grundsätze nur dem Wahren und Gediegenen zugewendet, echt deutsche Gesinnung bei aller Anhänglichkeit an das engere Vaterland, die lauterste Humanität kennzeichnen nebst der in allen Stilarten classischen Darstellung seine Schriften. Darum war der seltene Mann verehrt von trefflichen, bald hochgestellten Schülern, wie v. Spruner, als auch befreundet mit Männern, wie Ladislav Pyrker, E.v. Schenk, Baader, Görres, Schmeller, Schubert; von seinen gar vielseitigen Leistungen aber nahmen hervorragende Literatoren billigermaßen die ehrenvollste Notiz, so: Rosenkranz, Maßmann, Marbach, Simrock, Lewald, Menzel, Moriz Brühl, K. Gödeke, Lindemann, H. Kurz, Hamberger, Hyacinth Holland u.v.A.

[11] Daß nun dieser vorzügliche Volksschriftsteller, wie er es verdient, in deutschen Landen allgemeiner bekannt werde, dazu möchte hiemit sein Scherflein beitragen des Autors Großneffe:

Edenkoben i.d. Pfalz,
Weihnachten 1878.

Joseph Sarreiter, k.b. Studienlehrer.

1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[12] [15]I. Geschichte des ewigen Juden.

Erstes Kapitel

Erstes Kapitel.

Als der Herr Jesus – dessen Name hochgelobt sei! – durch die Straßen von Jerusalem sein schweres Kreuz trug nach Golgatha, da ward er matt und müde ob der schweren Last; und, um eine Weile zu ruhen, wollte er sich auf eine Bank setzen vor dem Hause Ahasveri, eines Juden aus dem Stamme Nephthali. Dieser aber wehrte es ihm, sagend, ein Gottesläugner und Sabbathsschänder und Verführer des Volkes solle keine Gemeinschaft haben mit ihm noch mit Allem, was sein sei. Da blickte ihn der Herr an mit dem zürnenden Blicke des Richters, und sagte: Ahasvere, weil du denn des Menschen Sohn keine Rast vergönnst, so sei auch dir fortan keine Ruhe vergönnt, und du sollst wandeln und wandern, bis daß ich wieder kommen werde. Mit diesen Worten ging der Herr weiter; und die Schergen, die ihn führten, zwangen einen gewissen Simeon aus Cyrene, daß er ihm das Kreuz tragen helfe. Ahasverus aber folgte dem Zuge von ferne nach, und es däuchte ihm, als höre er eine Stimme sagen: Und wenn dieser Mensch auch ein Gottesläugner gewesen wäre, und ein Sabbathsschänder und ein Volksverführer, so leidet er da jetzt die Strafe für seine Schuld, und du hättest ihm nicht den Liebesdienst verweigern sollen. Er aber dachte bei sich: Wie hätte er verdient, daß ich Mitleid mit ihm haben sollte. Hat er ja doch den Fluch über mich ausgesprochen. – Und er folgte dem Zuge weiter, und stand unfern dem Hügel Golgatha, wo der Herr ans Kreuz geschlagen und am Kreuze erhöht wurde. Und er sah, wie die Mutter des Gekreuzigten und andere fromme Frauen und viele gerechte [15] Männer um den Sterbenden trauerten und weinten, und eine Stimme sagte, daß er's hören mochte: Wahrhaftig, dieser Mann ist gerecht. Er aber dachte bei sich: War dieser Mensch gerecht vor Gott, und ein Wohlthäter des Volkes, warum hat er die Rache nicht Gott überlassen und mich mit Fluch belegt und Strafe? – Und um die neunte Stunde neigte der Herr Jesus das Haupt, und verschied. Und die Sonne und der Mond wurden verfinstert, die Erde erbebte, die Todten stiegen aus ihren Gräbern und der Vorhang des Tempels riß entzwei von oben bis nach unten. Da erbleichte Ahasverus, und ein Schreck durchzuckte seine Glieder, daß er erzitterte, und ein furchtbarer Gedanke stieg auf in seinem Innern, und er glaubte und rief: Wahrhaftig, mich hat Gottes Fluch getroffen. Und verzweifelnd an der Gnade rannte er von dannen und ward nicht mehr gesehen in der Nähe der Gottesstadt.

Zweites Kapitel

Zweites Kapitel.

Als man zählte das fünfzigste Jahr nach unserm Heil, da kroch ein fremder, wilder Mensch hervor aus einer Höhle des Libanon. – Ein Jünger des Herrn, der des Weges vorbei zog, sah ihn. – Lange Haare deckten das Gesicht und die Brust; zerlumpte Kleider hingen an seinem Leibe: Haupt und Füße waren unbedeckt; und wie er aus der Höhle getreten war, ballte er seine Fäuste und schlug sie gewaltig auf seine Brust, daß es klang, wie von einem geschlagenen Erz; und der Mensch ächzte und stöhnte und rief: »O! nicht sterben können, nicht sterben können!« Dann sah er mit verstörtem Blick auf die Gegend umher, die schön geschmückt war wie eine Braut, im Frühlingsschmucke, und überall war fröhliches Leben und lauter Jubel, wie an einem Hochzeitfest. Der arme Mensch aber freute sich nicht, sondern ächzte und stöhnte wieder und rief: »Nicht sterben können! O, und nicht leben wollen!« – Dann wankte er wieder weiter und stand nun vor dem Jünger des Herrn. [16] Der redete ihn an mit dem Gruße des Christen: Gelobt sei Jesus Christus! Da sah ihn der Fremde mit starrem Auge an, und, indem er die Faust drohend erhob, rief er: »Verflucht!« daß der Berg widerhallte von dem schrecklichen Worte. Der Jünger wandte sich von ihm ab, voll des Entsetzens, und der Fremde brach in ein gräßliches Hohngelächter aus, als lachte die Hölle aus ihm. – Es war Ahasverus, der ewige Jude. Seit jener Zeit, als er, wie Kain vor dem Angesichte Gottes, von der heiligen Schädelstätte weggeflohen, hatte er sich in den Schluchten und Höhlen des Libanon aufgehalten; er aß und trank nicht, und lebte doch fort; er quälte und marterte sich, und stieß das Haupt an den Felsen, und stürzte sich in den Abgrund, und konnte doch nicht sterben; er wollte wenigstens das Angedenken an das frühere Leben auslöschen, und floh die Welt und die Menschen, aber seine Schuld schwebte doch immer vor seinem Gedächtniß, und er fühlte, daß er lebe, leben müsse zu seiner Qual und Strafe. Und die vielen Jahre und die langen Tage waren ihm so dahin geflossen in banger Verzweiflung; und er sah immer noch vor sich kein Ende, eine Erlösung. So stand der Unglückselige in der weiten Gotteswelt allein, und er sah die Frommen fliehen vor ihm, wie vor einem Verpesteten, wie vor Kain, den Gott gezeichnet. Da lachte er voll Hohn und Spott, und er rief: »Nicht sterben können? Wohlan, so will ich dennleben, – dem Nazarener zum Trotz!« Und er lief von dannen, wie ein gescheuchtes Wild, das vom Pfeil des Jägers getroffen ist.

Drittes Kapitel

Drittes Kapitel.

In Rom, der Stadt, die damals den ganzen Erdkreis beherrschte, war so eben eine unzählbare Menge Volkes versammelt, um den blutigen Spielen zuzusehen, welche der Kaiser gab zur Feier seiner Erhebung auf den Thron. Unter den hundert und tausend Fechtern, welche auf den [17] Wahlplatz traten, und mit einander kämpften auf Leben und Tod, war einer, der die Augen Aller auf sich zog. Obgleich er nur von mittelmäßigem Wuchse war, und in der Fechtkunst, wie man wol sah, nicht erfahren, so überwand er doch alle seine Gegner; und alle ihre Faustschläge und ihre Dolchstöße prallten ab von seinem Körper, als wäre er von gediegenem Erz. So wurde er denn zuletzt im Triumph in den Palast des Kaisers geführt, und dort mit allem versehen in Kleidung und Nahrung, was nur Kostbares gedacht werden kann. Aber Ahasverus – denn dies war der unbezwingliche Fechter – konnte keine Freude empfinden an allen diesen Herrlichkeiten. Denn wie einer, der ein Fehl an seinem Auge hat, den schwarzen Fleck überall sieht, auch an dem schönsten Gegenstand, wo er nur hinschauen mag, so sah auch er immer seine Schuld vor sich, und er konnte sich seines Lebens nicht freuen. Und als drei Tage vergangen waren, so trieb es ihn fort aus Rom, er mochte wollen oder nicht. So durchwanderte er nun viele Jahre lang Italien von Ort zu Ort; er sah Städte und Menschen, aber ihr Getümmel und Getreibe wollten ihm nicht behagen; er suchte Freuden überall, aber es däuchte ihm, daß sich ihr Antlitz, wenn er's näher besah, in scheußliche Gestalt verwandelte; er soff die Wollust ein wie Wasser, aber das Andenken an seine Schuld und an seine Strafe mischte sich wie Galle in jeden Genuß, und er war unglücklich mitten im Glücke. – Da kam eines Tages das Gerücht zu seinen Ohren, daß Jerusalem von den Römern belagert werden solle; und an die heilige Stadt gedenkend und an die Gräber seiner Väter, beschloß er dahin zu gehen, und für das Gesetz zu streiten und zu sterben. »Zu sterben?« rief's in seinem Innern. Er aber nährte die Hoffnung, daß Juda obsiegen werde über Heiden und Christen, und daß mit der Vernichtung des Namens dessen, den er nicht auszusprechen wagte, auch der Zauber schwinden werde, womit er umstrickt war.

Viertes Kapitel

[18] Viertes Kapitel.

In Jerusalem, der heiligen Stadt, war Elend, Jammer und Noth, wie's nie erhört worden war, und nie wird erhört werden. Denn sie war verworfen von dem Herrn, seit sie des Gerechten Blut vergossen. Die Heiden umlagerten sie bereits schon zwei Jahre lang, und drängten sie immer mehr, und warfen ihre Mauern darnieder, und tödteten ihr Volk, das auserwählte, das der Herrn verworfen. Und es war Wehgeschrei und lautes Jammern in den Häusern und auf den Gassen; und der Hunger wüthete so sehr in ihren Eingeweiden, daß die Mutter ihr eigenes Kind schlachtete und es aufzehrte... Ahasverus sah den Jammer, aber er rührte sein Herz nicht. Er sah Tausende zu seiner Linken hinsinken, und Tausende zu seiner Rechten, aber er schritt über die Erschlagenen hin, und zwischen die Schwerter der Feinde, wie ein Gespenst, das weder dem Leben noch dem Tode angehört. Er suchte den Tod, und fand ihn nicht; er suchte sich vom Leben zu befreien, und er konnte es nicht von sich schleudern; denn wie eine Schlange umwand es ihn, und er fühlte es nur an dem Schmerz seiner giftigen Bisse. Als nun die Zeit der Rache vollendet war, und die Heiden bis in das Innerste der Stadt gedrungen und an das Allerheiligste, den Tempel, Feuer angelegt, das ihn verzehrte; und als nun Ahasverus auf den Trümmern der eingeäscherten Stadt stand und zwischen Leichenhügeln seiner erschlagenen Brüder, da raufte er sich die Haare aus und er jammerte und fluchte, daß er allein nur übrig bleiben mußte in der allgemeinen Verwüstung, und daß er nicht sterben könne... Und wie die heidnischen Kriegsknechte ihn nun ergriffen und banden, ließ er sich ohne Widerstand abführen; und so ward er denn nebst einigen Tausenden, die vom Gemetzel verschont geblieben, gefangen nach Rom geschleppt.

Fünftes Kapitel

[19] Fünftes Kapitel.

Ahasverus lebte nun mehrere Jahre lang als Sklave in Rom, und mußte sich zu den schwersten Arbeiten und zu den niedrigsten Verrichtungen gebrauchen lassen. Er aber that und duldete alles, als wenn es ihn nicht anginge; wie vordem die Freude, so machte jetzt das Leid keinen Eindruck auf ihn; denn er kannte schon kein anderes Unglück mehr, als das Leben, und sehnte sich nach keinem andern Glück, als nach dem Tod. Er trotzte dem Schicksal, das ihn verfolgte, und nichts in der Welt berührte ihn mehr, als der Gedanke an seine Schuld und Strafe. Er war wie ein Mensch, der an der Starrsucht krank liegt; der sieht und hört, als sähe und hörte er nicht, und empfindet keinen andern Schmerz, als den Schmerz des Daseins und dieses furchtbaren Zustandes eines Scheinlebens und Scheintodes. Um jene Zeit brach in Rom eine grausame Verfolgung der Christen aus, und Richter und Henker ersannen alle nur erdenklichen Martern, um die Gläubigen von Christo abwendig zu machen, und sie zu zwingen, daß sie den Götzen opferten. Ahasverus sah mit boshafter Freude, wie die Anhänger Dessen, der ihn verflucht, von den Heiden verfolgt und gemartert wurden, und um seine Rache an ihnen auszulassen, bot er sich selbst an zum Henkerdienste. Und manches unschuldige Opfer wurde von seinen Händen erwürgt mit gedoppelter Qual. Er aber konnte sich der Rache nicht erfreuen; denn das Beil, womit er schlug, durchschnitt seine eigene Seele, und das Gift, das er reichte, wüthete in seinem eigenen Herzen, und das Feuer, das er schürte, brannte in seinen eigenen Eingeweiden; und er sah sie ja sterben, die Märtyrer, freudig sterben, und er mußte leben, qualvoll leben!... Eines Tages, als nach der Hinrichtung eines heiligen Greises, der, Gott lobend und dankend, seinen Geist aufgegeben, aus der Menge der Zuschauer sich mehrere Christen hervordrängten, [20] und immer mehrere, rufend: Auch sie seien Christen, und wollten für Christo sterben; und als der weite Platz erscholl von dem einen Zeugniß des gekreuzigten Gottes, und die Zeugen auf der Stätte umher lagen, Leichen an Leichen, eine große, heilige Saat, da wurde Ahasverus von dem Geiste ergriffen, und er warf das Henkerbeil hinweg, und stellte sich unter die Christen, die noch des Todes harrten, und rief bebend: Auch ich glaube an Christum. Da packten ihn die Schergen, und, ergrimmt über das böse Beispiel, das er vor allem Volke gegeben, sparten sie ihn zu den letzten und grausamsten Martern auf. Er aber, in der freudigen Hoffnung, daß er nun den Tod erleiden werde, den er vor allem wünschte, empfand keine Schmerzen; und das glühende Erz, das sie ihm in den Mund gossen, floß ihm hinab, wie kühlender Trank, und die Wunden, die sie ihm am Leibe schlugen, däuchten ihm Rosen, als aus denen ihm der Tod erblühen würde. Und so ließen ihn die Henker für todt auf der Stätte liegen. Er aber war nicht todt, sondern er schlummerte nur, zum ersten Male seit jenem schrecklichen Tage, ruhig, ohne böse Träume, in seliger Vergessenheit seiner selbst...

Sechstes Kapitel

Sechstes Kapitel.

In der folgenden Nacht kamen die Gläubigen, um in aller Stille die Leichname der Heiligen hinweg zu tragen und zu begraben. Und ein frommer Mann nahm auch Ahasverum auf seine Schulter, und trug ihn von dannen in eine der unterirdischen Grüfte von Rom, wo die Gläubigen ihre Todten begruben, und bei den Gräbern der Märtyrer ihren Gottesdienst hielten. Und das versammelte Volk stimmte heilige Gesänge an, und sie lobten Gott und den er zum Heile der Welt gesandt, Jesum Christum, und sie priesen selig Alle, die für seinen Namen gestorben und die Krone der Zeugschaft erhalten haben. Unter den Gebeten und Lobgesängen erwachte Ahasverus; er richtete [21] sich auf unter den Todten, die umher lagen, und er rief mit herzzerschneidendem Jammer: »Ja wol selig die, welche gestorben sind in dem Herrn. Aber ach, mich Unglücklichen verfolgt das Leben, denn es ist sein Fluch!« Die Gläubigen erbebten vor seiner Stimme, und jener fromme Mann, der ihn dahin getragen – es war der Priester der Gemeine, und sein Angesicht leuchtete, wie das Angesicht eines Engels – der trat zu ihm und tröstete ihn, und fragte ihn, als ob er ihn kennete: »Ahasvere, glaubst du an Christum?« Ahasverus verbarg sein Antlitz, und antwortete mit dumpfer Stimme: »Ich glaube und – zittere.« Der fromme Priester aber ließ nicht ab, ihn zu trösten, und er sagte: »Ahasvere, hast du eine schwere Sünde begangen an dem Herrn, so verzweifle nicht an seiner Gnade. Er hat verziehen der Sünderin Magdalena, und dem Jünger, der ihn verläugnet. Und als er auf Golgatha am Kreuze sterbend hing, betete er noch für seine Peiniger, sagend: Herr, verzeih ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun. Und zu dem Mörder, der neben ihm am Kreuze hing, und der vertrauend an ihn glaubte, sagte er: Heute wirst du noch mit mir im Paradiese sein!« Ahasverus aber sagte: »So hat er denn Allen verziehen, nur mir nicht; auf mir allein noch ruht sein Fluch, seine Strafe; drum so muß ja meine Schuld größer sein, als die Schuld Aller, und für mich ist kein Erbarmen, kein Tod, bis daß er kommen wird.« Bei diesen Worten verließ er die Versammlung der Gläubigen, und verschwand aus Rom und floh alle Gegenden, wo das Kreuz gepredigt wurde.

Siebentes Kapitel

Siebentes Kapitel.

Wollte ich dir, christlicher Leser, alles erzählen, was sich ferner in den folgenden Jahren und Jahrhunderten mit dem ewigen Juden zugetragen und dir auch nur alle die Länder nennen, die er durchzogen, ohne irgendwo Ruhe zu finden: ich müßte ein Buch schreiben, wozu ein ganzes [22] Menschenleben nicht zureichen würde. Ich will dir daher hievon nur so viel sagen, daß es kein Land in der Welt gibt, in das er nicht gekommen – denn es war ihm zuwider, einen und denselben Weg zu machen – und daß keine Widerwärtigkeiten zu gedenken, denen er nicht ausgesetzt worden, oder sich selbst ausgesetzt hat, aus Haß gegen sich und sein Leben. Einmal durchzog er die unwirthbaren Wälder und Sümpfe des alten Deutschlands, und drang hinauf bis in die Länder, wo ewiger Schnee die Erde deckt, und eine lange, lange Nacht alljährlich die Menschen umfängt; und die Decke von Eis däuchte ihm ein kühlendes Pfühl für sein brennendes Herz, und die Nacht stimmte zur Finsterniß, von der sein Geist umhüllt war. Ein anderes Mal wanderte er über die langen Steppen von Asien, und hinunter gen Arabien, und die Wüsten von Afrika hindurch; und sein Gehirn wurde schier versengt von dem heißen Sonnenstrahl, und die Zunge klebte am Gaumen vorbren nendem Durst, und kein Schatten, keine Quelle, keine Nahrung erquickte den Wanderer. Und er konnte doch nicht sterben. Er mengte sich in halbem Wahnsinn in die blutigen Kriege wilder Horden, und warf sich mitten unter die feindlichen Schaaren, und verbreitete Tod und Verderben, hoffend, daß der gereizte Feind ihn tödten würde. Die feindliche Waffe verletzte ihn nicht. Er suchte die unglückseligen Oerter auf, wo die Pest wüthete, und gesellte sich zu den Kranken, und leckte an ihren Beulen, und sog den Tod in sich. Der Tod schadete ihm nicht. Er stürzte sich in das Meer, in die brausende Brandung, in die tiefsten Wirbel; das Wasser warf ihn wieder aus. Er konnte nicht sterben. – Jedoch gab es nur hie und da Zeiten, wo er sich so unsinniger Dinge vermaß, dann nämlich, wenn der alte Stolz und Trotz wieder in seinem Herzen aufstiegen, als hätte der Herrn unbarmherzig und grausam an ihm gehandelt durch die Strafe, die er über ihn verhängt. In der übrigen Zeit aber, seit jenem Tage an, wo er die Marter [23] erlitten von wegen des Bekenntnisses, und in der Gemeinde der Christen erwachte vor dem frommen Mann, deß Angesicht geleuchtet, wie das eines Engels, seitdem war er meistens ruhig bei all seiner Unruhe, und still bei all seinen Leiden. Denn er dachte an die schwere Schuld, die er verschuldet an dem Herrn, als er ihm verweigert, auszuruhen auf seinem schweren Gange zu seinem Tode, und er fühlte wohl, daß ihm Recht widerfahre, wenn er deßhalb nirgends Ruhe finden würde sein ganzes Leben lang. So zog denn allmählich Demuth in sein Herz ein, und mit Demuth jene Ergebung, die den vergeblichen und unrühmlichen Kampf aufgibt gegen eine höhere, gerechte Macht.

Achtes Kapitel

Achtes Kapitel.

Es waren ungefähr vierhundert Jahre nach Christi Geburt verflossen – beinahe in der ganzen damals bekannten Welt war schon das Zeichen des schmählichen Kreuzes als Triumphzeichen des Heiles aufgerichtet – da kehrte Ahasverus, der ewige Jude, wieder zurück aus fernen Welttheilen über Jerusalem gen Rom zu. Hundert Geschlechter der Menschen waren indessen dahin gegangen; viele Städte, der Stolz und die Pracht ihrer Zeit, waren verschwunden, und nur Trümmer davon waren noch sichtbar, als Zeichen ihrer ehemaligen Größe; ganze Nationen von anderer Herkunft bewohnten nun jene Länder, worin die alten Heiden hausten, und er stand allein da unter ihnen, der einzige Mensch aus einer urgrauen Zeit; aber die Zeit hatte nichts vermocht über ihn, denn er war noch in der Kraft des Mannesalters, wie damals, wo der schreckliche Fluch über ihn ergangen. Wie er nun so das Land durchwanderte und die Inseln des Mittelmeeres, und alles verändert sah, nur sich selbst nicht; und als er die Christo geweihten Tempel vorbei zog, und die Gräber der Christen, die nun ausruhten von den Mühen des Lebens, der Früchte ihres Glaubens theilhaftig; und wie er sah und hörte, daß der Name[24] Dessen, den er von seiner Schwelle weggestoßen, von allen hochgepriesen wurde als der Heiland der Welt, da ergriff ihn eine unendliche Wehmuth, und er versank schier in Verzweiflung wegen seiner Schuld, ob sie ihm je vergeben werden könne. Und er rief aus: »Ist denn keine Sühne für mich, Herr des Lebens und des Todes? Soll ich noch länger umher wandeln, wie Kain, als ein von Gottes Fluch getroffener Sünder? Er, der erste Mörder, ist doch gestorben; und ich soll fortleben zu meiner Qual und zum Aergerniß Anderer? Ich will die Welt befreien von meiner verhaßten Gegenwart, und Gott genade mir, wenn ich mich in die Arme seiner Barmherzigkeit werfe.« So sprach er, und er stieg den Aetna hinan, der so eben aus seinem weiten und tiefen Schlunde Feuer auswarf, das wie Blitze Gottes durch das Rauchgewölke leuchtete, während der Donner furchtbar aus seiner Tiefe herauf scholl. Und er stand am Schlund, und sah hinab, und Grausen packte ihn. Aber er faßte Muth, und rief: »Wenn noch ein Himmel für mich ist, so ist er nur in der Hölle!« und stürzte sich hinab.

Neuntes Kapitel

Neuntes Kapitel.

Aber der feuerspeiende Berg behielt ihn nicht, sondern warf ihn wieder aus mit seinen Flammenwirbeln. Und Ahasverus lag am Fuße des Berges, besinnungslos, am ganzen Körper voller Brandmale und röchelnd und stöhnend, wie einer, in dessen Eingeweiden der Tod wüthet. So traf ihn ein frommer Einsiedler, der am Fuße des Aetna seine Klause hatte; der trug ihn in seine Wohnung, und pflegte ihn und heilte seine Wunden, bis dem Unglücklichen mit der Genesung die Besinnung wieder kam. »O!« – rief Ahasverus, als er aus seinem langen Schlafe wieder erwachte – »warum rufest du mich wieder ins Leben zurück, in dieses mir so verhaßte Leben? Wenn mich der Berg wieder ausgeworfen hat aus seinen brennenden [25] Eingeweiden, warum hast du meinen Körper nicht der Fäulniß überlassen, und dem Fraße wilder Thiere? So haben sich denn nicht nur alle Elemente gegen mich verschworen, sondern auch die Menschen, um mich zur Qual des Lebens aufzusparen für immer. Ach, leben! – leben müssen! – zur Strafe leben müssen! – O ihr Glücklichen, die ihr euch Sterbliche nennt, sterblich seid! Ihr wißt nicht, was das heißt: leben müssen im Bewußtsein seiner Schuld! Was euch Segen zu sein scheint, das ist mir Fluch!« – So klagte der Unglückliche. Der fromme Einsiedler sprach ihm Trost zu und redete mit ihm, als mit einem, dessen Person und Schicksale ihm genau bekannt waren. »Ahasvere,« sagte er, »war des Herrn Strafe schwer, so war deine Schuld noch schwerer; und ist aber auch deine Schuld groß, so ist des Herrn Gnade noch größer! Darum habe Geduld, und trage mit Ergebung die Bürde des Lebens, bis der Herr kommen und sie dir abnehmen wird.« Dann redete er zu ihm weiter von der Huld und Gnade des Herrn, und daß er, »der Welt Heiland, vom Himmel hernieder gestiegen sei, um alle Menschen selig zu machen, deren Sünde er auf sich genommen, und für sie gestorben am Stamme des heiligen Kreuzes.« Ahasverus hörte dem frommen Einsiedler mit Aufmerksamkeit zu; und wie jener ihm die schönen Gleichnisse von dem verlornen Schafe und von dem verlornen Sohne erzählte, und das liebevolle Wort des Erlösers hinzusetzte, daß mehr Freude sei im Himmel über einen bußfertigen Sünder, als über neun und neunzig Gerechte, da weinte Ahasverus die erste Thräne der Reue, der Freude und des Dankes; denn seine Augen waren vertrocknet seit jenem unseligen Tage seiner Schuld und seiner Strafe. – Nachdem er wieder gesund geworden, verließ er den frommen Einsiedler, und begab sich auf dessen Rath in die Wüste von Thebais in Ober-Aegypten.

Zehntes Kapitel

[26] Zehntes Kapitel.

Die Wüste von Thebais war zur damaligen Zeit bewohnt von vielen Tausenden frommer Eremiten, welche hier, in gänzlicher Entfernung von der Welt und ihren Freuden, Gott dienten im Gebet und in Betrachtung. Dahin kam Ahasverus, und da sein Inneres reiner und stiller geworden war, so fand er sogleich Behagen in dieser äußern Umgebung. Denn er sah, wie diese gottesfürchtigen Männer auf der Welt lebten, ohne in der Welt zu leben; daß sie das Leben selbst nur als eine schwere Bürde ansahen, die ihnen Gott zu tragen auferlegt, bis daß Er komme – als eine immerwährende Vorbereitung zum Tode, ja als den Tod selbst, um des höhern, des ewigen Lebens sich würdig zu machen; und daß sie endlich dessen ungeachtet mit Geduld in diesem Elend ausharrten, und voll Hoffnung lebten auf die Zukunft des Herrn. Das Beispiel dieser frommen Männer, ihre stille Lebensweise und ihre einfältige Denkungsart wirkten wohlthätig auf ihn ein, und er wurde von Jahr zu Jahr ergebener in sein Schicksal. Er diente den Brüdern, die weit und breit zerstreut lebten in abgesonderten Hütten, besonders den Altvätern, die der Aufsicht pflegten über die jüngern Brüder, und befliß sich in allen Dingen der treuesten Ausrichtung. Doch ließ er sich nie mit Je mand in eine Unterredung ein; auch ihre Versammlungen vermied er, und nahm keinen Theil an ihrem Gottesdienste. Er verhehlte den Obern nicht, die ihn deshalb zur Rede stellten, daß er ein Jude sei, und daß er keine Gemeinschaft haben könne mit den Christen. Denn, obwol Ahasverus allmählich durch die Gnade Gottes, die ihn bei so vielfältigen wunderbaren Ereignissen ergriffen und getrieben hatte, von seinem trotzigen Stolze geheilt und zur Erkenntniß seiner selbst, zur Demuth geführt worden war, so fehlte es ihm doch noch am Glauben – an dem lebendigen Glauben an Jesum Christum, in dem allein das wahre Heil, der wahre Friede zu finden ist.

Eilftes Kapitel

[27] Eilftes Kapitel.

So waren wieder ein paar Jahrhunderte verflossen, und sie däuchten Ahasvero, wenn er auf sie zurückblickte, wie ein paar Jahre; denn für den Menschen ist nur die Zukunft eine Zeit, die Gegenwart vergeht ihm, ohne daß er sie bemerkt, und die Vergangenheit ist ihm verflossen, als habe er sie nicht gelebt... Da erscholl bis in die Wüste von Thebais das Gerücht: es sei in dem fernen Arabien ein neuer Prophet auferstanden, der sich über Christum erhebe, und das Christenthum als Abgötterei verdamme und ausrotte. Seine Losung sei: »Allah ist Gott, und kein anderer Prophet, als Muhammed.« Wie das Ahasverus vernahm, da erwachte plötzlich in seinem Innern wieder der Gedanke, der lange in ihm geschlafen, daß Jesus nicht Gott sei, sondern nur ein Gottgesandter, ein Prophet; und daß sein Reich jetzt zu Ende gehen werde bei der Erscheinung eines neuen Propheten und Wunderthäters. In diesem Wahn und in der Hoffnung, daß die Zeit auch seiner Erlösung gekommen sei, verließ er noch an demselbigen Tage die Wüste, um den neuen Propheten aufzusuchen, um sich unter sein Volk zu stellen. Die Heiden, welche von ihrem Afterpropheten Muhammedaner hießen, hatten aber bereits Arabia in ganzen Heerschaaren verlassen, und zogen gen Palästina und Syrien hinauf, um dort die neue Lehre mit Feuer und Schwert zu verbreiten. Ahasverus begegnete den wilden Horden unfern Jerusalem, und er zog mit ihnen in die Stadt ein, unter dem Rufe: Allah ist Gott, und kein anderer Prophet, als Muhammed. Und während die Heiden die christlichen Tempel plünderten, und auf ihnen statt des Kreuzes den Halbmond aufsteckten, ging Ahasverus in der wilden Freudigkeit seines Herzens hinaus zum heiligen Grabe, wo einst des Erlösers Leichnam geruht, und wo der Herr von den Todten auferstanden [28] ist. Und vermeinend, er werde sich um den neuen Propheten dadurch ein großes Verdienst erwerben, daß er mit eigener Hand die heilige Stätte verwüste, ergriff er im Wahnsinn des Aberglaubens eine brennende Fackel, und lief in den Tempel, um ihn anzuzünden. Sieh! da stand der Herr vor ihm, wie er glorreich aus dem Grabe erstanden; und wie damals die Wächter des heiligen Grabes plötzlicher Schrecken ergriff, so packte auch jetzt den Frevler ein heiliger Schauer und er fiel anbetend auf die Erde nieder und rief: »Mein Herr und mein Gott!« – So fanden ihn auf dem Boden liegend die Mönche, die das heilige Grab bewachten; und da sie erkannten, daß er an Christum glaube, den lebendigen Gott, so gaben sie ihm die Taufe noch zu derselbigen Stunde und an demselbigen Orte. Des andern Tags aber zog er mit ihnen fort in das Gebirge des Libanon, wohin sie sich vor den Heiden flüchteten.

Zwölftes Kapitel

Zwölftes Kapitel.

Von dieser Zeit an, als er des Heils gewürdigt worden, fühlte Ahasverus sein Innerstes ganz verwandelt. Durch seinen Glauben war ihm Gnade widerfahren, und die Vergebung seiner Sünde geworden; und obwol die Folge jener Sünde, die Strafe, nicht aufgehoben werden konnte, weil das Wort erfüllt werden mußte, so hat er doch von Stund an selige Ruhe und heiligen Frieden empfunden, wie ein Kind, das an der Folge einer schweren Krankheit leidet und langsam zum Tode reif wird, das aber im Schooße der mütterlichen Barmherzigkeit ruht, und daher willig und geduldig das unheilbare Weh erträgt unter der Pflege eines liebenden Herzens. So lebte Ahasverus in seliger Abgeschiedenheit von der Welt unter den frommen Mönchen in den Höhlen und auf den Felsen von Libanon, bis es ihnen durch die wunderbare Fügung Gottes vergönnt ward, wieder zurück zu kehren ins heilige [29] Land, und am Grabe des Erlösers sich wieder anzusiedeln. Denn, um die Schmach des Kreuzes zu rächen, und die geweihte Erde, allwo Christus selbst gewandelt, zu reinigen von dem Unrath der Heiden, beschlossen die Völker des Abendlandes einen Kreuzzug gegen die Ungläubigen, und sie verjagten die Anhänger der Lehre Muhammeds, und pflanzten wieder statt des gotteslästerischen Halbmondes das heilige Kreuz auf. Ahasverus war unter den heldenmüthigen Kriegern, welche die heilige Stadt Jerusalem eroberten, und es war ihm unter der Fahne Christi ganz anders zu Muthe, als damals, als er dieselbe Stadt vertheidigte gegen die alten Heiden mit dem Volke, das Gott verworfen. Er diente auch in allen folgenden Kriegen, die ein paar Jahrhunderte lang gegen den Erdfeind in diesen Landen geführt wurden; und als zuletzt doch, aus unbegreiflichen Rathschlüssen Gottes, die Heiden die Oberhand behielten, doch aber so, daß das heilige Grab den Christen erhalten wurde, so ergab er sich ganz dem frommen Dienste des Herrn und seiner Gläubigen. Von der Zeit an ist er der beständige Geleitsmann derer, welche von fernen Gegenden herkommen, um das heilige Land zu besuchen, und ihre Andacht zu verrichten bei dem heiligen Grabe; und er dient ihnen als treuer Dolmetsch alles dessen, was Jesus Christus auf Erden gethan, gelehrt und gelitten hat, und führt sie umher an alle die heiligen Oerter, wo der Heiland eine Spur hinterlassen hat seiner wunderthätigen Gnade und Barmherzigkeit. Auch seine eigene Geschichte verschweigt er nicht, obwol er sich nur sehr wenigen und sehr frommen Seelen entdeckt; und welche von heiliger Wißbegierde getrieben, ihn um die Schicksale befragen, die seit so vielen Jahrhunderten über ihn ergangen und vor ihm vorübergegangen am Menschengeschlechte, denen erzählt er sie mit anmuthiger Ausführlichkeit und überfließender Salbung, so daß keiner von ihm hinweggeht ohne wahre Stärkung im Glauben, in der Liebe und Hoffnung... [30] Ahasverus aber sieht, wie ein Jahrhundert nach dem andern vorüberzieht wie ein Jahr, und die Menschengeschlechter wie Geschöpfe eines Tages; und er harret in frommer Geduld und treuer Hingebung, voll des Glaubens und unter den Werken der Liebe, auf die Zukunft des Herrn – auf den heiligen, großen, ewigen Sabbath, der anbricht nach den sechs Tagen, die wir Jahrtausende nennen.

2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[31] II. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien.

1. Legende von dem Ritter Sankt Georg.

Im Reiche Libya liegt eine Stadt, genannt Selene. Unfern der Thore befindet sich ein großer See, zwischen welchem aus dem daran stoßenden Gebirge der einzige Zugang zur Stadt und zu dem übrigen Lande ist. Nun begab sich's, daß einstens ein erschrecklicher Lindwurm in dem See seinen Aufenthalt nahm, und jeden, welcher des Weges ging, tödtete und verschlang. Und wenn er des Fraßes ermangelte, so schleppte er sich bis an die Mauern der Stadt, und blies seinen vergifteten Athem in die Stadt hinein. Das hatte der alte Feind, der Satan, so veranstaltet, auf daß nicht die erfreuliche Botschaft des Christenthums in diese Lande kommen möchte; und es geschah wol auch mit Gottes Zulassung und zur Strafe, weil die Einwohner der Stadt und des ganzen Landes die schändlichsten Götzen anbeteten und ihnen sogar Menschenopfer brachten. Um nun den Lindwurm fern zu halten, beschlossen die Einwohner, ihm täglich zwei Schafe an das Ufer des Sees zu bringen zu seiner Nahrung; und als sich aber die Zahl der Schafe mit jedem Tage verminderte, kamen sie nach gepflogenem Rathe überein, dem Wurm täglich nur ein Schaf zu geben, und neben dem Schafe noch ein Kind; und welches Kind durch das Loos getroffen würde, das sollte man ihm geben. Da begab sich's, daß letzthin auch des Königs einzige und ausbündige Tochter durch das Loos getroffen wurde. Darüber gehub sich der König sehr übel, und sprach zum Volke: Nehmt all mein Gold und Silber und die Hälfte meines Reiches, und laßt [32] mir meine Tochter. Das Volk aber ward zornig, und sprach: Du selbst, König, hast diese Weise geordnet; also geziemt dir auch, derselben zu gehorchen. Unsere Söhne und Töchter sind uns auch lieb gewesen, gleichwol haben wir sie hergegeben, als die Götter es über sie verhängten. Thue, was das Gesetz verlangt, oder wir wollen dich und dein Haus mit Feuer verbrennen. Der König mochte wollen oder nicht, er mußte sein Kind hergeben. Die Tochter zog königliche Kleider an, schmückte sich mit Perlen und dem köstlichsten Geschmeide. Dann fiel sie dem Vater zu Füßen und bat um seinen Segen. Der Vater umhalsete sie mit tausend Thränen. Weh mir, rief er, mein herzliebes Kind! Bist du zu solchem grausamen Verhängniß so groß und schön geworden? Ist das die Hochzeit, die ich dir bereitete? Ist das der Bräutigam, dem du gespart wurdest? Muß ich mein einziges Kind dem Drachen zur Speise geben? Wollten die Götter, ich wäre gestorben, ehe ich ein solches Herzeleid erlebte. Die fromme Tochter tröstete den Vater, und sprach: Gebt Euch zufrieden, lieber Vater. Sterbe ich doch für Euer und des Reiches Bestes. Nachdem der Vater ihr hierauf seinen Segen gegeben, entwand sie sich seinen Armen, ging getrost zu den Stadtthoren hinaus, und begab sich an das Gestade des Sees. Das Volk aber sah zu aus der Ferne.

Während nun die Jungfrau des Drachen Ankunft weinend erwartete, kam gerade durch Gottes Fügung ein stattlicher Ritter daher gesprengt auf einem schneeweißen Rosse, sein Schild war mit einem blutrothen Kreuze verziert, und eine goldene Taube schwebte mit ausgebreiteten Schwingen über seinem Helm. Der Ritter nahte sich der Jungfrau, saß ab, trat zu ihr mit adeligem Anstande, und sprach: Ich beschwöre Euch, edles Fräulein, daß Ihr mir entdecket, weshalb Ihr hier wartet und traurig seid. Sie sprach: Wackerer Ritter, setzet Euch eilends wieder auf Euer Roß, und fliehet von dannen, auf daß Ihr nicht eines[33] schmählichen Todes sterbet. Der Ritter sprach: Seid meinethalb unbesorgt; nur entdeckt mir die Ursache Eures Kummers. Die Jungfrau erwiderte: Ich sehe, daß Ihr eines hohen Gemüthes seid. Eben darum sollt Ihr nicht mit mir umkommen. Ich bitte Euch, fliehet eilends. Der Ritter versetzte: Ich werde von dannen weichen, bis ich erfahre, was Euch fehle, und worin ich Euch dienen könne. Als die Jungfrau hierauf ihm den ganzen Vorgang entdeckte, sprach er: Seid gutes Muthes! ich will mit Gottes Hilfe dem Lindwurm schon obsiegen. Ach nein, rief die Jungfrau, edler Ritter, Ihr würdet umkommen, und mich nicht retten; darum bitte ich, fliehet, und laßt mich alleine sterben. Während sie noch redete, bewegte sich das Wasser, und der Drache hob mitten aus dem Strudel sein erschreckliches Haupt empor. Als die Jungfrau den Drachen erblickte, zitterte sie über und über. Sanct Georg aber schwang sich behend auf sein Roß, schlug ein Kreuz, und rannte auf den Drachen ein. Der Drache schoß auf ihn los mit grimmiger Geberde. St. Georg befahl seine Seele Gott, legte die Lanze ein, und traf den Wurm so hart und gewaltig in den Nacken, daß er augenblicklich zu Boden stürzte. Der Ritter sprach zu der Jungfrau: Tretet eilend herzu, werft dem Drachen Euren Gürtel um den Hals, und fürchtet Euch nicht. Die Jungfrau that, wie ihr der Ritter geheißen. Sie legte dem Ungeheuer den Gürtel um den Hals, und der Drache folgte ihr, gleich einem zahmen Hündlein.

Als das zuschauende Volk wahrnahm, daß diese beiden mit dem Drachen daher kamen, flohen sie in die Berge und Wälder, rufend: Laßt uns fliehen, oder wir müssen alle sterben. Der Ritter aber winkte, rief und sprach: Fürchtet euch nicht. Gott hat mich zu euch gesandt, euch von dem Drachen zu befreien. Glaubet an Christum, so will ich den Drachen tödten. Als nun der König und das Volk erklärten, daß sie mit Freuden glauben wollten, zog der Ritter sein[34] Schwert, tödtete den Drachen, und befahl, ihn aus der Stadt zu bringen, da dann kaum vier Paar Ochsen vermögend waren, das Ungeheuer auf das Feld zu schleppen, wo es mit Feuer verbrannt wurde. Es wurden aber diesen Tag mehr denn zwanzig tausend Menschen getauft, ohne Weiber und Kinder. Der König war gar froh, daß er seine Tochter lebendig hätte, und er sprach zu St. Georg: Wir haben viel Gemachs und Guts von dir, darum wollen wir thun, was du willt. Und er wollte ihm viel Goldes und Silbers geben aus der Schatzkammer. Da sprach St. Georg: Wollt Ihr mir Geld und Gut geben, so gebt's den Armen an meiner Statt; damit dienet Ihr Gott. Da ließ der König ein schönes Münster machen Unserer Frauen zu Ehren, und machte einen Altar in dem Münster, und ehrete auch St. Georgen mit dem Münster. Da that Gott ein großes Zeichen, seiner lieben Mutter zu Ehren: denn es entsprang gar ein klares Wasser auf dem Altar, und das Wasser hatte die Kraft, welcher Mensch siech war und des Wassers trank, der ward davon gesund. Von den Zeichen ward der christliche Glaube sehr gestärket an dem Volke, und was sie St. Georg lehrte, das behielten sie mit allem Fleiße. Und sie hatten ihn sehr lieb und ehreten ihn gar hoch. Dies fiel dem heiligen Ritter schwer, und er gedachte, nicht länger da zu bleiben. Also nahm er Urlaub bei dem König und seiner Tochter, und schied von dannen.

Es war aber dieser Ritter St. Georg ein Markgraf von Palästina, und der Sohn christlicher Eltern. Er hatte von ihnen groß Land und Gut geerbt; sein ganzes Erbe aber hatte er seinen Brüdern überlassen, und war in die Fremde gezogen, um wider die Feinde Jesu Christi zu streiten und Gottes Kirche auszubreiten auf Erden. Manches Land hatte er gesehen, manches Reich erobert; und von seiner Thaten Ruf erscholl die Welt von einem Ende zum andern. Nachdem er zuletzt den Drachen zu Selene erlegt, [35] zog er endlich gen Hof, wo der Sitz des heidnischen Gräuels war, und er nahm sich vor, mit Gottes Gnade hier dem Unglauben gleichsam den Herzstoß zu geben. Es hielt aber der Kaiser so eben einen großen Ring vor der Stadt, und es waren viele Könige und Fürsten und Grafen versammelt im Lager, die sich mit Waffenspiel und anderer ritterlichen Kurzweil ergötzten. Da schlug der Ritter Georg sein Zelt neben dem Lager auf, und hing seinen Schild aus mit dem rothen Kreuz im Felde. Es kannte den Ritter aber Niemand. Als der Kaiser nun vernommen, daß ein christlicher Ritter angekommen, ließ er ausrufen: Wer da an Christum glaubet und an seine Mutter, der soll es öffentlich sagen, und er werde deshalb viel leiden müssen. Da ging der Ritter Georg vor den Kaiser, und sprach: Herr, ich bin auf Gnade hergekommen, so gewährt mir denn, daß ich mich als Ritter gebaren dürfe. Der Kaiser sprach: Es sei. Da trat St. Georg in den Ring vor allen Herren, die da waren, und er sprach: Wer wider Christum ist und seine Mutter, mit dem will ich streiten. Denn ich bin ein Christ. Will mich deß Jemand bestehen? Da sprach der Kaiser: Hätte diese Rede der Markgraf von Palästina gethan, sie wäre kühn genug. Der Ritter sprach: Ich bin der Markgraf von Palästina. Da sprang der Kaiser auf, und empfing den Ritter höflich; denn er hoffte, daß er denselben von seinem Glauben abbrächte. Er lud ihn ein, in seinem Palaste zu wohnen, und versprach ihm, er wolle ihn mit Land und Leuten begaben, und ihn halten, wie seinen eigenen Sohn; aber seinem Gotte müsse er abschwören, und des Kaisers und des Reiches Gotte ein Opfer bringen. St. Georg fragte: Wer ist denn dein Gott? Der Kaiser sprach: Apollo, welcher ist ein Gott der Sonne. Der Ritter erwiderte: Die Sonne ist aller Ehren werth; jetzt aber ist es Abendzeit, und sie scheinet nicht mehr. Gib mir Frist bis morgen, ich werde dann sehen, was ich zu thun habe.

[36] Es nahm aber St. Georg der Ritter jene Nacht Einkehr bei einer armen Wittwe. Als er in ihre Hütte trat und sie um Herberge ansprach, da fiel das Weib ihm zu Füßen – denn er war ihr wie ein Gott erschienen – und sie sprach: Ach, Herr! wie mögt Ihr Herberge nehmen bei einer armen Wittwe? Diese Hütte schützet Euch nicht wohl. Auch habe ich kein Brod, das ich Euch reichen könnte. Und, wollt' ich Euch auch von Herzen gern Dienste erweisen, so vermöcht' ich's nicht; denn seht, dies mein Knäblein ist blind von Geburt aus und gelähmt am ganzen Leibe, und ich muß seiner warten bei Tag und bei Nacht. St. Georg sprach: Sei getrost! Dem Gott, an den ich glaube, ist kein Ding unmöglich. Willst du an Christum glauben, wenn er dein Knäblein gesund macht durch mich, seinen Diener? Die Wittwe sagte: Ach ja, Herr! Der Ritter küßte das Kind, und es genas alsogleich von allen seinen Gebrechen. Voll Freuden nahm die Mutter das Kind, lief hinaus, zeigte es allen Nachbarn und erzählte, welche große Barmherzigkeit ihr widerfahren wäre. Als sie wieder zurückgekommen, und Brod und Wein für den Gast mitgebracht hatte, da zeigte sich vor ihren Augen ein noch größeres Wunder. Die hölzerne Säule, auf der die Hütte ruhte, war zu einem grünen Baume geworden, der hoch über das Haus gewachsen war; die Aeste breiteten sich aus und hatten schöne große Blätter, und aus den Blättern trieben Blumen empor; auch bedeckte der Baum das Haus ganz und gar mit seinen Zweigen, und viel tausend Vögel saßen in den Zweigen und sangen auf das allerliebste, und die Blumen brachen auf und rochen wie lauter Rosen und Violen. Die Wittwe erstaunte bei diesem Anblick. Was ist dieß? sprach sie; draußen liegt der Schnee vor allen Thüren, und hie innen ist Maitag. Der Ritter sprach: Laßt uns essen, denn mich hungert. Die Frau wollte decken. Siehe, da stand eine Tafel von Rubin unter dem Baume, und ein Tischtuch, wie von Lilien gewoben, [37] war darüber gebreitet. Mittlerweile hatten die Blüten Früchte angesetzt, die Früchte waren reif geworden, und fielen auf die Tafel. Der Geschmack der Aepfel war sehr wunderbar; man durfte nur irgend eine Speise sich gelüsten lassen, sofort hatten sie den Geschmack. Und so aßen denn St. Georg und die Wittwe sammt dem Knäblein, und sie waren fröhlich im Herrn. Inzwischen hat sich der Ruf des Wunders, was in der Wittwe Haus geschehen, in der ganzen Stadt verbreitet, und ist bis in den kaiserlichen Palast gekommen. Des Kaisers Gemahlin machte sich alsbald auf mit ihren Kammerfrauen, um das Wunder zu besehen. Und als sie es nun anstaunte, wurde sie vom Geiste ergriffen, und sie sagte: Edler Ritter, ich glaube an Jesum Christum, und ich bitte Euch, daß Ihr mich der heiligen Taufe theilhaftig machet. Als sie die Worte gesprochen, schwebte eine leichte Thauwolke zum Fenster herein, und hing über dem Haupte der Kaiserin. St. Georg erkannte den Willen Gottes. Und während er nun die weihenden Worte aussprach, ließ die Wolke sich auf die Kaiserin herab, und sie ward getauft in der Wolke. Nach vollzogener Taufe schied die Kaiserin voll Freuden von dannen. Der Ritter aber begab sich zur Ruhe.

Am folgenden Tage versammelte der Kaiser alle Fürsten und Großen seines Hofes, damit sie zusehen möchten, wie der fremde Ritter seinem Gotte opferte. Und er ließ den Markgrafen von Palästina zu sich entbieten, und sandte ihm ein großes Geleite von Rittern, die ihn herbeiführen sollten. Eine Menge Volkes geleitete ihn zum Palaste des Kaisers. Als sie aber auf den Markt kamen, sah St. Georg einen steinernen Sarg stehen; der Sarg war wohl verschlossen, und auf dem Deckel waren eingegraben diese Worte: Wer mich anrührt, er sei Mann oder Weib, der ist des Todes. St. Georg fragte, was es mit dem Sarge für ein Bewandtniß habe. Das wissen wir nicht, sagten die Umstehenden; denn wegen der drohenden [38] Inschrift wagte es noch kein Mensch, den Inhalt zu untersuchen. Der Ritter St. Georg trat näher, und klopfte auf den Deckel des Sarges; augenblicklich borst der Deckel auseinander, und man sah den Sarg angefüllt mit Menschengebeinen. Da sprach St. Georg zu der Menge, die ihn begleitete: Ihr habt gesehen, wie die Natur Zeugniß gegeben von der Macht dessen, dem ich diene und den ich anbete; so möge denn auch der Tod selbst Zeugniß geben von Christo, welcher der Herr ist des Lebens und des Todes. Und er trat zum Sarg, und sprach mit lauter Stimme: Ich gebiete euch, ihr dürren Gebeine im Namen dessen, der euch schuf und erlöste, daß ihr wieder lebendig werdet und aus dem Sarge hervorgehet. Augenblicklich ward ein Gewimmel im Sarg; die Gebeine wurden wieder lebendig, und es gingen viele Männer hervor, welche sofort niederfielen vor des Ritters Füßen, und die Taufe begehrten. Der Ritter zeichnete mit dem Schwert ein Kreuz auf die Erde, und alsbald entsprang ein Brunnen an der Stelle. Aus diesem Brunnen taufte er die Männer im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Darnach sprach er zu ihnen: Der Hölle seid ihr quitt und ledig. Eilet nun und bettet euch wieder in den Sarg, und fahret in das Paradies, und grüßet mir meine liebe Mutter Alexandra, wie auch die Jungfrau Maria und den Herrn Christum. Willig stiegen die Männer wieder in den Sarg. Der Sarg schloß sich über ihnen zu, und der Deckel war heil und ganz wie zuvor. Von diesem großen Wunder wurden wieder unzählig Viele gläubig in ihrem Herzen, doch verhehlten sie es aus Furcht vor dem Kaiser.

Als nun der Ritter St. Georg in den Palast kam, und in den Saal trat, wo der Kaiser, die Fürsten und Großen versammelt waren, so sprach der Kaiser zu ihm: Wohlan, tapfrer Ritter, Ihr habt gestern versprochen, unserm Gotte zu opfern. Sehet nur, wie lieblich die Sonne scheint. So thut nun, wie Ihr gelobt habt. St. Georg [39] antwortete: Die Sonne ist aller Ehren werth, und noch größerer Ehren der, welcher sie erschaffen. Wo ist aber der Abgott, dem Ihr mir zumuthet zu opfern? Der Kaiser antwortete: Er steht draußen in seinem Tempel. Der Ritter sprach: Er mag sich her bemühen, wenn ich ihm opfern soll. Der Kaiser sprach: Kommt, wir wollen zu ihm gehen. St. Georg antwortete: Mir ist nicht gemüthlich, zu ihm zu gehen. Sollen wir ihm eine Ehre erzeigen, so mag er sich einmal zu uns bemühen. Nun stand unter dem Haufen der Zuschauer auch die Wittwe sammt dem Söhnlein, das er geheilt hatte. Da ging St. Georg auf sie zu, und er sprach zum Knäblein, indem er ihm eine Ruthe gab: Gehe eilend in den Tempel des Apollo, und sage dem Abgott: St. Georg der Ritter befehle ihm, augenblicklich dir zu folgen; weigert er sich dessen, so schlage ihn mit der Ruthe, und treibe ihn vor dir her, bis du ihn uns bringest. Der Knabe sprach: Es soll geschehen, wie Ihr befohlen habt, nahm die Ruthe und ging. Er hatte einen schönen weißen Leibrock an, und ein Kränzlein zierte seine Stirn. Als er ohne einigen Unfall in den Tempel gekommen, trat er vor den Götzen, und sprach: St. Georg der Ritter gebeut dir, im Namen des allmächtigen Gottes, daß du zur Stunde zu ihm kommest in den Saal des Kaisers. Diese Worte wiederholte er zu dreien Malen, und da sich der Götze noch nicht rühren wollte, so schlug er denselben mit der Ruthe, und trieb ihn also vor sich her, mitten durch die Stadt, bis in den kaiserlichen Palast. Als St. Georg den Götzen kommen sah, so sprach er mit lauter Stimme zum Kaiser und zu denen, die ihn umgaben: Weil ihr denn weder meinen Worten glaubt, noch den Zeichen, die ich thue in der Kraft des alleinigen Gottes, so mögt ihr das Zeugniß vernehmen aus dem eigenen Munde dessen, den ihr als euern Gott, den allsehenden, anbetet. Und er wandte sich zu dem Götzen: Ich beschwöre dich, sprach er, daß du bekennest, wer du seist. Der Abgott [40] hub an gräßlich zu brüllen, dann sprach er: Christus ist wahrhaftiger Gott und des lebendigen Gottes Sohn. Ich aber und meine Brüder sind vom Himmel in den Abgrund verstoßen. Darum suchen wir die Menschen Gott abtrünnig zu machen, und verführen sie, uns anzubeten, und bereiten ihnen das ewige Feuer. Da sprach der Ritter: Fahre in den Abgrund, du Verfluchter. Alsbald verschwand der Teufel, und die Bildsäule zersprang in unzählige kleine Stücke.

Als der Kaiser sah, daß sein Abgott zu Schanden geworden und gar vertilgt sei, gerieth er in einen wüthenden Zorn, und befahl, den Ritter zu greifen. Er hatte ein Rad zurichten lassen, das mit zweischneidigen Schwertern nach innen und nach außen wohl versehen war. In dessen Speichen ließ er den Ritter flechten. Als aber das Rad in Schwung gekommen, fuhr es mit großer Gewalt auseinander, und beschädigte viele Heiden, der Ritter aber stand unverletzt auf dem Boden. Der Tyrann ließ einen Kessel füllen mit geschmolzenem Blei, und den Märtyrer hineinwerfen; allein das glühende Blei umfloß seine Glieder gleich einem erfrischenden Quellwasser. Der Kaiser nahm seine Zuflucht zu den Zauberern, die aus Natterngift und Schierlingssaft einen der tödtlichsten Tränke bereiteten; aber St. Georg, wie er den Becher nahm, schlug ein Kreuz darüber und trank ihn rein aus; und als nun das Gift ihm keinen Schaden that, bekannten die Zauberer sich überwunden, und nahmen selbst den christlichen Glauben an. Sofort befahl der Kaiser, sie hinzurichten. Zu seiner Gemahlin aber sprach er: Ich muß sterben vor Unmuth, wofern es mir nicht gelingt, dieses Lästerers mächtig zu werden. Die Kaiserin antwortete: Höre einmal auf zu wüthen, Wütherich. Siehest du nicht, daß dieser Ritter dir zu mächtig ist, und daß die Kraft Jesu Christi durch ihn wirket? Als der Kaiser hörte, daß auch seine Gemahlin eine Christin geworden, schäumte er vor Grimm und befahl, sie so lange zu geißeln, bis sie den Geist aufgäbe. Den heiligen Georg [41] aber ließ er durch alle Straßen der Stadt schleifen, und hierauf in seiner Gegenwart dem Märtyrer das Haupt abgeschlagen. Indem er aber von der Richtstätte zurück zu seinem Palaste fuhr, fiel Feuer vom Himmel, das verzehrte ihn und seine Diener.

2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2. Die blauen Berge.

Unfern vom Gebirge lebte eine stille, fromme Gemeinde. Die Menschen nährten sich von den Früchten der Erde, die sie bauten, und von der Milch der Thiere, deren sie pflegten; und was sie aßen und tranken, das geschah in Zufriedenheit und mit Danksagung. Jeden Morgen besonders zogen sie hinaus ins Freie; und, mit dem Antlitz gen Osten gewandt, beteten sie zu dem unsichtbaren Gott, der ihnen aus den schönen, blauen Bergen die Sonne herauf führte, und die Wasserströme darnieder stürzen ließ, um ihre Aecker und Weiden zu tränken, und dessen Wetterstürme donnerten und leuchteten voll majestätischer Pracht.

Es war aber ein Mann in der Gemeinde, den es gelüstete, sich näher umzusehen in den Bergen, und die Geheimnisse des Sonnenscheines, und der Wasserströme, und der Winde und Wetter zu erforschen. Und er ging eines Tages fort, und that, wie ihm sein Geist zu gebieten schien. Nach einiger Zeit kehrte er wieder zurück, und er sprach vor der versammelten Gemeinde: Was ihr, liebe Leute, bisher von den blauen Bergen dort und dem Gotte oben gemeint und geglaubt habt, dem ist nicht also, und ihr seid in großem Irrthum. Ich habe Alles in der Nähe besehen, und ganz anders befunden. Die Berge, die euch so schön blau her scheinen, sind eitel schroffiges, unfruchtbares Gestein; und die Gewässer, die aus ihren Schluchten herabschießen, sind wilde, verheerende Gießbäche, und die Winde und Wetter sind natürliche Lufterscheinungen, die [42] sich von selbst erzeugen und wieder zerstören. Und die Sonne, die geht weit, weit hinter jenem Gebirge auf; und von einem Gott, wie man gefabelt, ist nirgends nichts zu sehen in den blauen Bergen.

Die Gemeinde stutzte ob der Rede des Mannes, den sie als einen Wissenden verehrten. Und einige sagten voll Unmuth: So haben uns denn unsere Väter bethört, daß wir Mährlein glaubten als wahrhaftige Dinge! Und sie gingen seit der Zeit nicht mehr hinaus, daß sie zu Gott beteten, der die Wunder verrichtete in den blauen Bergen; und sie arbeiteten von nun an verdrossen und lebten unter einander in Unfrieden. Viele unter ihnen aber gingen nun selbst in die Berge, um zu schauen, was zu glauben wäre; und sie müdeten sich vergebens ab im Auf- und Niedersteigen, und manche fielen in die Abgründe oder verirrten sich in dem weiten Gebirge, wo sie vor Hunger umkamen. Nur ein alter Mann in der Gemeinde achtete nicht der Rede des Wissenden, sondern glaubte an das, was seine Väter ihm gesagt von den blauen Bergen und dem Gotte, der darin wohne; und er ging täglich, nachwie vorher, hinaus ins Freie und betete da, mit dem Antlitz gen Osten gewandt, zu dem Unsichtbaren, der ihm die Sonne heraufführte, und die Wasserströme niederstürzen ließ, und dessen Wetterstürme donnerten und leuchteten in den blauen Bergen. Und wenn er also gebetet hatte voll der Andacht und des Glaubens, da ging er jederzeit gestärkt an sein Tagwerk, und die Arbeit seiner Hände war gesegnet und jeder Wunsch seines Herzens gestillt.

3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

3. Der Name Gottes.

Es traten zu einer Zeit die Weisesten des Landes zusammen, um zu berathen und zu entscheiden, mit welchem Namen Gott am meisten geehrt und am würdigsten dargestellt [43] würde. Einige meinten, man sollte ihn den Gott der Macht nennen, weil er der Bewältiger des Meeres und der Gebieter der Stürme und der Lenker der Schlachten sei. Andere sagten, er solle der Gott des Reichthums heißen, weil die Erde voll sei von seinen Schätzen, und Alles, was da lebt und webt, Leben und Gedeihen von ihm habe. Wieder Andere schlugen vor, man solle ihn den Gott der Weisheit nennen; denn Reichthum und Macht seien ja in der Hand Gottes nur darum heilsam und segenbringend, weil er sie zum Nutzen und Frommen zu gebrauchen wisse. Zuletzt, als alle übrigen ihre Aeußerung gethan, wurde noch der älteste unter ihnen, der bisher stillgeschwiegen, um seine Meinung gefragt. Dieser aber bat sich Zeit aus bis auf den folgenden Tag, um der Sache weiter nachsinnen zu können. Des andern Tags, als er wieder gefragt wurde, sprach er: Je mehr ich nachdenke, was Gott sei, und welcher Name ihm vor Allem gebühre, desto weniger kann ich es erforschen. Man verwilligte ihm noch einen Tag zu weiterem Bedenken, und der Alte unterzog sich demüthig dem Auftrage. Als nun am dritten Tage die Versammlung wieder gehalten wurde, trat der Greis mit verklärtem Angesicht unter sie, und öffnete den Mund und sprach: Vernehmet, was mir in einer heiligen Stunde veroffenbaret wurde. Indem ich die Nacht wieder der Betrachtung obliegen wollte, wie ich seit zwei Nächten gethan, kam mir der Gedanke in den Sinn, daß doch Gott nur allein wissen könne, was er sei, und der Mensch nur so weit, als es ihm Gott offenbare. Dieses bedenkend, warf ich mich auf die Kniee, und harrte in brünstigem Gebete wol drei Stunden lang. Und Gott erhörte mein Flehen. Denn es erschien mir ein Jüngling, in schneeweißem Gewande, mit Strahlen um sein Haupt, und mit einem Bildniß auf seiner Brust. Und er deutete auf das Bildniß. Erlaßt mir die Beschreibung; denn mein Mund kann nicht aussprechen, was mein Auge gesehen. Dieß Eine vernehmt: Die Gestalt [44] streckte die Rechte aus, als verheiße sie; und sie hielt die Linke dar, als erwarte sie; und wo das Herz schlägt, da war die Brust offen und frei, und aus dem milden Antlitz, welches gegen das bewegte Herz sich senkte, sprach es in einer, nur dem Herzen verständlichen Sprache: Ich verzeihe! Da ward es mir mit einem Male klar und gewiß, mit welchem Namen Gott am würdigsten genannt werden solle. Denn indem ich mein und der Menschen Leben vor den Augen meines Geistes vorübergehen ließ, gewahrte ich überall Spuren und Zeichen, wie Gott den Frommen Glück und Segen verheiße, die Sünder zur Buße und Bekehrung erwarte, und die Unbild und den Undank, den ihm die Menschen erweisen, gern verzeihe. Und darum – schloß der Greis seine Rede – ist und sei sein Name: Der Gott der Gnaden. Die Versammlung gab Beifall, und faßte den Beschluß, daß alsbald dem ganzen Volke verkündet werde: Es gäbe keinen Namen, der Gott mehr ehrte und Gottes würdiger wäre, als der Name: Gott der Gnaden!

4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

4. Die Wunder.

Es hielten zwei Männer der Gemeinde vertrauliche Zwiesprache über die Irren und Wirren ihrer Zeit. Der eine, ein Mann in rüstigen Jahren, nach allen Seiten hin umsichtig und rührig, der sich aber überall gehemmt sah in seiner Wirksamkeit, und betrogen in seinen besten Erwartungen, blickte mit Kummer auf die Gegenwart hin, und ohne Hoffnung in die nahe und ferne Zukunft. Er klagte dies seinem Nachbar, einem bejahrten, vielgeprüften Manne, der nach mannichfaltigen Erfahrungen eines langen Lebens eine Ruhe, Sicherheit und Klarheit in Geist und Gemüth errungen hatte, wie wir sie an dem Spiegel unsers Innern, an dem Himmel wahrnehmen, wenn er nach[45] stürmischen Gewittertagen wieder seine Heiterkeit gewinnt, und rein und mild auf die Erde niederschaut. Es drängt sich mir – sagte jener – mit jedem Tage mehr der furchtbare Gedanke auf, als sei die Welt aus ihrem Fundamente gerissen und als Spielball preisgegeben den bösen Mächten, welche ein zürnender und strafender Gott losgelassen zur Züchtigung eines verderbten Geschlechtes. Wohin wir die Augen wenden, wir sehen überall nur Zerrüttung und Verkehrung menschlicher Verhältnisse. Alte Throne stürzen ein, die auf Granitvesten erbaut zu sein schienen; neue er richten sich auf Sandhügeln, welche der Wind des morgigen Tages wieder verwehen wird. Die Völker sind, und – sind nicht mehr; denn die Satzungen und Rechte der Väter wurden verworfen, und es haben sich neue eingeschlichen und eingedrängt, welche die Auflösung schon in ihrem Entstehen an sich tragen. Ueber den Formen, um welche man streitet, wird das Wesen, der Bestand und Gehalt des Volkslebens bloßgestellt; und indem man vorgibt, immer nur das Bessere zu suchen, verliert man vollends das Gute. Und in Allem, was sie satzen, treiben und thun, ist es überall nur auf das Irdische, das Vergängliche abgesehen, und Eigennutz regiert die Welt. Was sonst als der Anfang der Weisheit der gegolten hat, und als das Ende alles Lebens und Strebens, und als der Mittelpunkt, an dem sich das Wohl und Wehe ganzer Völker, so wie Einzelner angeknüpft und gehalten hat: das Ewige, Göttliche, es ist aus dem öffentlichen Leben, von dem unheiligen Markte verschwunden, und mit ihm Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit. Und die wenigen, die ihr Herz dem Heiligen noch erschlossen und geweiht, retteten sich und ihr Geheimniß aus dem Marktgetümmel, und verbleiben einsam und stumm; denn ihre Stimme, wie die Stimme des Rufenden in der Wüste, würde doch nur eitel verhallen an den Ohren und Herzen eines thörichten Geschlechtes. O Freund! – schloß der Bewegte – wer soll in diese Irren [46] und Wirren Ordnung und Licht und Frieden bringen? Wenn hier kein Wunder geschieht, so steht der Welt Auflösung nahe in Blut und Feuer. – Der Nachbar sah ihn mild lächelnd an, und indem er seine Hand ergriff, sprach er mit dem Tone der Zuversicht und des Glaubens: Wahrlich! es geschehen noch Wunder; und wenn wir sie auch mit unsern Augen nicht schauen können, sie geschehen doch – wie das Licht die Nacht des Gewölkes durchbringt und die Luft den Verschluß des Abgrunds, obgleich wir den Quell nicht gewahren, aus dem sie strömen. Es geschehen noch Wunder! Erst noch neulich habe ich deren zwei gesehen, die mir ein eben so großes Vertrauen gegeben, als sie mich in Erstaunen gesetzt haben. Es war in einer Nacht, als ich vor Kummer nicht schlafen konnte; da trat ich ins Freie, und ich erblickte nun ein hohes, weites, unermeßliches Gewölbe über meinem Haupte, und unzählige Sterne funkelten an dessen Decke, und die schlummernde Erde ruhte sicher, wie ein Menschenkind, unter dem schützenden Obdach. Und nirgends sah ich doch Pfeiler, darauf der Meister das Gewölbe gesetzt hätte, und es fiel dennoch der Himmel nicht ein, und er stand fest, auch ohne jene Pfeiler. Da sprach ich zu mir: Sollen wir arme Menschen drum zappeln und zittern, den Einfall und Sturz des Himmels befürchtend, weil wir die Stützen nicht greifen noch sehen, die ihn halten? Und soll es uns nicht genügen, zu wissen, daß Gottes wunderbare Hand den Bau gebildet, und daß ihn dieselbe Hand in der sichern Schwebe trägt und erhält? Und ich ging beruhigt in meine Hütte zurück, und überließ mich getrost dem Ruheschlummer, da ich wußte, daß ein Wächter wacht über die Welten, und über die Hütten der Menschen. – Und ein anderes Mal, als ich an einem Tage von schwerer Trübsal niedergedrückt war, blickte ich zum Fenster hinaus, und da sah ich große dicke Wolken über mir schweben, und sie zogen einher, wie Meereswogen vom Sturme fortgetragen, und die Gewässer drohten herabzustürzen [47] und schier den Erdball zu ersäufen. Aber es floß der Regen gar sänftiglich nieder, und erquickte Feld, Wald und Flur, und das Gewölbe zog fort, um den Segen weiter zu verbreiten in die Länder der Menschen. Da sprach ich zu mir selbst: Wo ist denn der Boden, auf dem die Wolken ruheten oder fußeten? oder wo die Kufen, darein die Gewässer gefasset wären? Und wessen Hand leitet diese gewaltigen Massen in den Lüften hin, und wessen Arm stützet die hohen, schweren Wassersäulen, daß sie nicht mit all ihrer Wucht auf uns zumal herabstürzen? Und sieh! indem ich mich noch so fragte, da erbaute sich in der Ferne ein lichtglänzender Bogen mitten in die Wolkennacht hinein, und ich erkannte ihn sogleich als jenes Zeichen, das Gott unsern Vätern gesetzt hat zum Bunde zwischen ihm und uns, daß er das Menschengeschlecht nimmer vertilgen werde auf Erden. – Seit jenen Tagen, als mir diese Gesichte geworden, kann kein Zweifel mehr mein Gemüth beschleichen, und aller Kummer verschwindet vor dem Lichtblicke, der in mein Innerstes gefallen. – Der Freund verstand und würdigte die Worte des Freundes. Und er klagte nicht mehr über die Irren und Wirren der Zeit; wol aber trug er, nach dessen weisem Rathe, desto mehr Sorge für den engern Kreis seiner Familie und der Gemeinde, daß sie so viel möglich gesichert stünden gegen den Ungestüm des Verhängnisses, welches die Völker und Länder zu bedrohen schien.

5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

5. Das Vögelein.

Ein frommer Ordensmann las eines Morgens in der Bibel: Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag. Diese Worte und ihr Sinn wollten seinem blöden Verstande nicht eingehen, und je mehr er darüber nachdachte, desto unklarer und verworrener wurden seine Gedanken.

[48] Da ging er, um sich zu zerstreuen, in den Garten; und indem er die Blumen und die Bäume und den blauen Himmel und alle die Werke Gottes mit Wonne und Andacht betrachtete, gewahrte er auf dem Wipfel eines Baumes ein seltsames, überaus schönes Vögelein; und wie dasselbe nun seine buntfarbigen Flügel ausbreitete und seine wunderschöne Stimme hören ließ, da durchzuckte den Mann ein nie gehabtes, innerstes Wonnegefühl, so daß er wie außer sich dastand, und Ohren und Augen nicht abwenden konnte von der überaus lieblichen Gestalt und dem seelenvollen Gesang des Vögeleins. Dieses aber hüpfte von Zweig zu Zweig, und flog von Baum zu Baum, und schüttelte die Farben aus dem bewegten Gefieder und strömte melodische Töne aus der sangreichen Kehle; und so flog es, immer singend, aus dem Garten in den angrenzenden Wald; und der Ordensmann, seiner selbst nicht mehr bewußt, folgte ihm nach, und wendete weder Aug' noch Ohr ab, und stand zuletzt wie bezaubert mitten im Walde, daß er die Wildniß nicht sah ob der Regenbogenpracht, die ihn umfloß, und den Wasserfall nicht hörte ob dem Wundergesang, der ihn entzückte. Doch mit welchen Worten wäre so etwas zu beschreiben! Wie wenn am frühen Morgen, bei der ersten Dämmerung, über dem höchsten Gipfel eines Berges sich plötzlich ein Punkt von einem Wölklein zeigt, das nun allmählich in zarten Wollenstreifen auseinander fließt: der erste Strahl der aufgehenden Sonne verwandelt es zauberisch in lauteres Gold; dann erweitert und verdichtet sich die Wolke immer mehr, und Goldstreifen durchzucken sie, wie Blitze, und verbrämen sie um und um, wie mit leuchtenden Rubinen; und es lösen sich dann Wolken von der Wolke ab, und verschwimmen in dem Meere des azurnen Firmamentes, und Lichter und Farben wechseln und spielen in unendlichen Abstufungen in- und auseinander, und das Auge vermag schon nicht mehr alle die herrlichen Gestaltungen zu überschauen, und den Glanz und die [49] Fülle und die Mannichfaltigkeit der himmlischen Erscheinung zu fassen und zu begreifen: so mannichfaltig, so reizend und bezaubernd war der Gesang des Vögeleins; es legten sich die Melodien wie ein Goldgewebe um des Hörers Herz und umstrickten es ganz und gar, wie mit einem Zaubernetze, und durchdrangen und erfüllten es, daß es ganz trunken wurde in überseliger Empfindung. – Endlich verstummte das Vögelein, und ward plötzlich nicht mehr gesehen; und der Ordensmann, voll des genossenen Glückes, kehrte zu seinem Kloster zurück.

Es mochte nach seiner Berechnung eine Stunde verflossen sein, seit ihm die Erscheinung geworden; und er stand, noch am frühen Morgen, vor der Pforte und läutete an. Der Pförtner erschien. Sie erkannten sich einander nicht. Der Ordensmann nannte seinen Namen; der Pförtner sagte: es befinde sich kein Mönch dieses Namens im Kloster. Man ging zum Abte; auch dieser kannte weder den Mann noch dessen Namen; wol aber setzte er bei: Wie die Chronik melde, so sei vor hundert Jahren ein Mönch dieses Namens plötzlich aus dem Kloster verschwunden, und man habe seit der Zeit nichts mehr von demselben vernommen. Da erkannte der Ordensmann, daß er eines großen Wunders von Gott gewürdiget worden, und er fiel dem Abte zu Füßen, und bekannte und beichtete und erzählte, was sich mit ihm begeben.

Und nachdem er noch in derselben Stunde das Sacrament empfangen, that er gegen Niemanden mehr den Mund auf, sondern verharrte in stillem Gebete bis gen Mitternacht, wo er selig in dem Herrn entschlief.

6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

6. Schule der Weisheit.

Zu jener Zeit, als es noch Schulen der Weisheit gab, kam ein Jüngling von schöner Gestalt und guten Sitten [50] zu einem Meister, und bat, daß er ihn in Lehre und Zucht nehmen möge. Der Meister, der ihn vom Ruf kannte, sprach zu ihm: Wie soll ich dich lehren und ziehen, da, wie ich höre, dein Betragen unter den Menschen und vor der Welt rein und tadellos, schlecht und gerecht ist? Der Jüngling antwortete: Mein Ruf ist wol besser, als ich selbst bin. Ich weiß gar wohl, daß mir noch vieles fehlt zur Weisheit, und darunter das Erste und Nothwendigste. Und was ist das? fragte der Meister. Könnt' ich es sagen, antwortete der Jüngling, ich würde wol nicht bei dir zusprechen. Ich fühle zwar meine Gebrechen, aber ich kenne sie nicht, und weiß sie drum auch nicht zu heilen und zu verbessern. Der Meister betrachtete den Jüngling mit Wohlgefallen; dann sprach er: Du erzeigest dich fähig und würdig, um in die Schule der Weisheit zu gehen. Denn die erste Stufe dazu ist die Selbsterkenntniß, die zweite die Demuth, die dritte die Zuversicht und der Glaube. Dies aber bedenke: daß die Kunst der Weisheit schwer, und die Zeit der Schule lang sei. Du mußt vorerst lernen schweigen und hören, dann fragen und antworten, endlich handeln und leiden. Der Jüngling versprach, daß er's an gutem Willen nicht werde fehlen lasen, um des Meisters Kunst zu erlernen. Also ward er als Schüler und Jünger der Weisheit aufgenommen. Er erfüllte auch und übertraf beinahe die Hoffnungen des Meisters während der drei Jahre, die er unter seiner Lehre und Zucht gestanden. Er wurde schweigsam, beredsam und handsam; er lieh sein Ohr guten Räthen und weisen Sprüchen, er öffnete den Mund nur zu verständigen Reden, und Hand und Herz waren immer bereit, um Gutes zu spenden, Widriges zu ertragen und das Beste zu wollen und zu thun. Da, nach Verfluß der drei Jahre, trat eines Tages der Meister zu ihm, und sprach: Ich gebe dir Urlaub, mein Sohn! Du bist nun bereits auf dem rechten Wege, der zur Weisheit führt. Es ist freilich nur der Anfang des Weges, nicht [51] das Ende; aber weiter vermag dich kein anderer zu geleiten; du mußt dich nun selbst führen, auf daß du endlich das Ziel erreichest. Ueber diesen Worten wurde der Jüngling schier traurig, zumal darüber, daß er erst am Anfang der Weisheit stehe, und nicht schon am Ende, da er sich doch bewußt war, daß er das Vollkommenste erstrebt habe in Gedanken, Worten und Werken. Das klagte er dem Meister in der Sprache eines zuversichtlichen, obwol noch demüthigen Bewußtseins. Der Meister versetzte: Was ich an deinen Worten und Handlungen wahrgenommen, es ist Alles löblich, und ich bin gewiß, daß sie ein treuer, unverfälschter Ausdruck deiner Gesinnungen waren. Aber dies merke: Des Menschen Herz ist unergründlich, wie das Meer, und was dasselbe verbirgt in seinem dunkeln Abgrund, das hat noch Niemand erforscht. Dies dein Herz erkenne ich noch nicht; es ist dir selbst noch verborgen; die Ungeheuer, die da noch in der Tiefe sich umthun, und von Zeit zu Zeit aufsteigen, sind furchtbar und verderblich; und wer sie nicht wahrnimmt und sich ihrer wehrt, den ziehen sie in ihren Abgrund. Der Jüngling betrübte sich noch mehr über diese Rede, und er bat den Meister, ihm diese Ungeheuer zu bezeichnen, die in des Herzens verborgener Tiefe hausen, damit er ihrer achten und sich erwehren könne. Der Meister antwortete: Das ist vergeblich; ich müßte dir alle Laster neunen; denn sie alle gleichen jener Hyder, aus deren gefällten Häuptern immer neue und verjüngte erwachsen. Doch vor drei lasterhaften Gelüsten will ich dich besonders warnen, welche dem Menschen am meisten gefährlich, weil am meisten hintertückisch sind. Es ist die Schadenfreude ob fremdem Unglück, der Neid ob fremdem Glück, und die Rachelust bei erlittener Beleidigung. Diese sterben nie aus in des Menschen Herzen, so lange es fühlt und schlägt. Der Jüngling verhüllte sein Angesicht, und sprach dann: Ach, wer ist dann weise unter den Menschen? Niemand, antwortete der Meister, nur Gott ist weise; wir armen Menschen [52] können wol die Weisheit lieben, aber nicht haben. Drum sei dir dies noch zum Trost und zur Ermuthigung. Den Keim des Guten hat Gott in uns gelegt, und den Keim des Bösen der Satan. Pflegen wir darum der guten Saat, und reuten wir zumeist das Unkraut aus, so wird auch Gott das Gedeihen geben. Denn er ist der Anfang und das Ende der Weisheit. Der Jüngling dankte, und entfernte sich mit denselben Gefühlen, mit denen er gekommen war: mit erweiterter Selbsterkenntniß, noch größerer Demuth, und mit befestigter Zuversicht und unerschütterlichem Glauben an den, der der Anfang und das Ende der Weisheit ist.

7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

7. Von der Selbsterkenntniß.

Meister! – redete ein Jüngling einen weisen Mann an – es geht die gemeine Lehre, daß Selbsterkenntniß der Anfang sei zur Weisheit. Nun aber sage mir, wie man zur wahren Selbsterkenntniß gelangen könne? Der Meister erwiderte: Doch wol dadurch, daß du dich, deine Gedanken, Begierden und Neigungen beobachtest, und sonach dir ein Bild deiner ganzen Sinnes- und Gemüthsart zusammen setzest. Denn, sage, wer wäre dir näher, als du dir selbst, und wer könnte dein Inneres besser erkennen, als eben dein Innerstes, das Gewissen? Aber, versetzte der Jüngling, das Gewissen ist parteiisch in der eigenen Sache, und wie ich täglich erfahre, mindestens bald zu streng, bald zu milde in seinen Urtheilen, so daß es mich vollends irre macht an mir selbst. Wohlan, sagte der Meister, so richte dich denn nach den Urtheilen der Menschen. Ihre Meinung von dir diene dir als ein Spiegel, darin du deine Gebrechen wie deine Tugenden, klar erkennen magst. Wahrlich! versetzte der Jüngling, da wäre ich noch übler daran, wenn ich meinen Werth oder Unwerth nach dem Urtheile der Welt ermessen sollte. Sie kennt ja an mir nur, was ich [53] scheine, und nicht was ich bin; und in diesem Schein und Widerschein selbst flimmert alles, Licht und Schatten, so durch einander, daß sich nur ein verzerrtes, gespenstisches Bild gestalten will. Der Meister schwieg, als wäre er um weitern Rath verlegen. Nach einer Weile, gleichsam als ob er nachgesonnen, sprach er: Weil du denn meinest und erkennest, daß weder dein eigenes, noch der Menschen Urtheil dir zur wahren Selbsterkenntniß verhelfen könne, so kann und muß wol die Quelle dieser Erkenntniß anderswo zu suchen und zu finden sein, dort, wo die Wahrheit und die Weisheit selbst ist: in Gott. Der Jüngling sagte: Freilich wol! aber wer hat den Muth, an ihn diese Frage zu stellen, und von ihm Antwort zu erhalten? Der Demüthige, antwortete jener. Er spricht zu Gott: Herr, wer bin ich? und wer bist du? Und so nahet er denn im Bewußtsein der Schwäche und der Schuld, die ihm inne wohnt, und er entfernt sich im Bewußtsein seiner Kraft und seiner Würde, die von oben kommt. Er weiß, daß er nichts sei ohne Gott, und alles durch Gott. Und das ist jeder Mensch. Der Jüngling fühlte sich durchdrungen von der Wahrheit dieser Worte, und er sprach: Also ist die Selbsterkenntniß, wie sie jene anpreisen, zu nichts nütze? Nein, antwortete jener; denn das Wissen, das aus sich selbst ausgeht, blähet auf. All unser wahres Erkennen und rechtes Wollen aber kommt aus Gott; und es ist darum kein anderer Weg, der da zur Weisheit führt, als die Gottesfurcht.

8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

8. Der Weisen Sprüche.

Ein König berief die sechs weisesten Männer seines Landes zu sich, und sagte: es sollte ein jeder von ihnen eine Frage stellen, die der andere zu beantworten habe, welche Antwort aber jener selbst durch eine noch weisere Antwort übertreffen sollte. Wer von ihnen hierin die [54] Meisterschaft über alle übrigen beweisen würde, der sollte fortan sein Rath bleiben für immerdar. – Der erste fragte: Was ist schwerer als die Erde? Dem antwortete der zweite: Der Menschen Bosheit. Nein, sagte jener; der Zorn Gottes ist schwerer zu ertragen als der Menschen Bosheit. – Der zweite fragte entgegen: Was ist das Beste in der Welt? Der erste antwortete: Ein guter Freund. Nein, sagte er, ein gutes Gewissen ist noch besser. – Der dritte fragte den folgenden: Wer ist der Klügste? Antwort: Der viel Bücher gelesen hat. Nein, der nur zwei Bücher studirt, die Bibel und das Buch der Natur. – Der vierte: Wer ist der Reichste? Antwort: Derjenige, welcher am meisten Geld hat. Nein, der sich mit dem wenigen genügen läßt. – Der fünfte: Welches ist die größte Ehre in dieser Welt? Antwort: Ein tapferer Soldat und ein gelehrter Mann sein. Nein, die Demuth und die Friedfertigkeit. – Der sechste: Welche Kunst ist die größte? Antwort: die Welt regieren. Nein, sich selbst regieren. – Der König lobte sie alle wegen ihrer weisen Antworten; dem sechsten aber gab der König den Vorzug; denn, sagte er, daß sich selbst regieren die schwerste Kunst sei, das erfahre er selbst täglich an sich; und also habe jener nicht nur eine Wahrheit gesagt, sondern zugleich auch eine königliche Wahrheit.

9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

9. Die Fabel geht dich an.

Die alten Weisen haben eine gute Art erfunden, wie man den Menschen die Wahrheit fein zeigen mag, ohne sie ihnen grob ins Gesicht zu sagen. Sie hielten ihnen nämlich einen wunderbarlichen Spiegel vor, darin allerlei Gethier und seltsame Dinge vor das Auge kamen, und ein eben so ergötzliches als erbauliches Spiel machten. Das nannten sie eine Fabel; und was nun die Thiere Thörichtes oder Kluges darin verrichteten, das mochten die Menschen [55] auf sich beziehen, und bei sich denken: die Fabel geht dich an. Und also konnte es Niemand für ungut nehmen. Als zum Exempel: Da waren zwei Berge, und auf jedem Berge stand ein Schloß, und ein Hund durchlief das Thal, und schnüffelte vor sich hin, als suche er Rebhühner oder Mäuse, um seinen Hunger zu stillen. Da erklingt auf einmal die Trompete auf dem einen Schloß, wie dies in derselbigen Zeit zu geschehen pflegte, wenn zum Essen gerufen wurde, und der Hund läuft sogleich den Berg hinauf, um hier etwas zu erschnappen. Wie er aber auf der Mitte des Berges ist, da hört der Trompeter auf zu blasen, und es fängt der Trompeter auf dem andern Schlosse an. Da denkt der Hund: Hier hat man schon gegessen, und dort wird man essen; und springt wieder herab, und den andern Berg hinauf. Jetzt aber fängt der erste wieder zu trompeten an, und der andere hört auf; und der Hund läuft nun wieder herab und wieder hinauf, und macht so fort, bis endlich alle beide Trompeter stillschweigen, und die Mahlzeit da und dort vorüber ist. Nun rathe einmal, günstiger Leser, was der Weise mit diesem vorstellen will, und wer der Narr sei, der sich müde läuft hin und her, und nichts erhascht weder hier noch dort?

10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

10. Unsers Herrgotts Affe.

Als Gott der Herr den Menschen erschaffen hatte nach seinem Ebenbild, daß er auf Erden erkannt und angebetet werde: da soll, wie eine alte Sage meldet, auch Satan, der Widersacher Gottes sich vorgenommen haben, ein Wesen zu schaffen nach seinem Ebenbilde, das ihn anbete und ihm diene. Und er nahm einen Letten, und knetete daraus ein Ding, das darnach war. Es glich dessen Haupt schier einem Menschenhaupte, und es schien, als ob das Geschöpf in Haltung und Handlung dem Menschen es gleich zu thun [56] vermöchte. Aber sein Schädel war so klein und spitzig, daß nur gar wenig Hirn darin Raum hatte, und der Mund ragte hervor, gleich einem Rüssel, mit seinen gefräßigen Zähnen; und das Wesen hatte gar viele und lange Finger, mehr zum Nehmen als zum Geben, und es mochte gehen auf seinen vier Händen gleich den Thieren; und, statt der feinen, glatten Haut, war dessen Leib mit einem schäbigen Fell überzogen, und nur der häßlichste Theil war nackt geblieben, der Steiß. Zuletzt, nachdem das Gemächte vollendet war, blies Satan der Creatur auch seinen Athem ein, und sprach: Pfuat! 1 und – der Affe war fertig. Satan erwartete nun, daß das Geschöpf ihn alsogleich anbete, wie der Mensch seinen Schöpfer. Aber der Affe fletschte die Zähne gegen ihn, und kehrte ihm den Rücken, und kletterte den nächsten Baum hinan, um da dem Fraße obzuliegen.

Diese Geschichte ist lustig, aber auch erbaulich. Denn wir können dabei die Bemerkung machen, daß und wie, leider! der Mensch selbst oft unsers Herrgotts Affe an sich werde, – dann nämlich, wenn er das Ebenbild Gottes an sich verunstaltet zu einem Ebenbilde Satans, voll der Tücke, des Hasses und des Neides und aller sinnlichen Gelüste.

Fußnoten

1 Fiat! Es werde!

11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

11. Das Grömlein.

Ein Mann hatte vier Rosse, ein Bräunlein, einen Schecken, einen Schimmel und ein Grömlein, ein altes, schwaches Rößlein, das vor Last der Jahre und der Arbeit den Kopf hängen ließ, und die Füße mühsam nachschleppte. Diesen vier Rossen lud er jeglichem eine Bürde auf zum Tragen; wie er aber des Wegs weiter zog, dachte er sich: Warum soll ich das junge und das starke und [57] das gute Roß lange scheren und plagen? Und er nahm die Bündel von den dreien, und lud sie alle zumal mit einander auf das Grömlein; und die drei starken Rosse ließ er ganz ledig dahin laufen, das Grömlein aber trieb er heftig an, daß es bald unter der Last erlegen ist. – Merk: dieser Narr bist du, wenn du die Buße aufschiebst bis in dein hohes Alter. Das will ich dir in Kürze erklären. Die vier Rosse sind die vier Zeiten der Menschen. Das erste Pferd ist die Kindheit von zehn Jahren bis in das zwanzigste. Da heißt es – und die Mutter hilft auch dazu – was soll ein Kind von zwölf oder vierzehn Jahren thun? es weiß noch nicht, was die Sünde ist. Man findet doch manchen Alten, der nicht Buße thut. Und hiermit entschuldigt sich das Bräunlein. Das andere Pferd ist die Jugend oder das blühende Alter, von dem ein und zwanzigsten bis ins dreißigste. Da sagt man: Ich bin jetzt in meiner besten und blühenden Zeit, ich muß gut leben haben, da es mir gedeihet, denn, komm' ich nun in die Ehe, so ist nichts denn Ach und Wehe. Hiermit entschuldigt sich derScheck auch. Das dritte Pferd, der Schimmel, ist das männliche Alter von dem dreißigsten Jahre bis ins sechzigste. Das wirft auch die Bürde von sich, und sagt: Wenn ich nun gar alt werde, alsdann will ich Buße thun; es ist noch Zeit genug dazu, wenn ich ein Bettriß oder sonst ein alter Greis werde. Also werden diese Bürden alle gespart bis in das Alter, und sie werden alle dem Grömlein auf den Rücken geworfen, das muß dann tragen, daß es darunter erliegt.

12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

12. Die Thiere und der Mensch.

Eine heidnische Fabel erzählt: Nachdem der höchste Gott Jupiter die Thiere und zuletzt den Menschen erschaffen, so trat der Esel vor dessen Thron, und fragte ihn: Wie lange [58] er zu leben und was er zu thun habe? Darauf versetzte Jupiter: Dein Leben wird dreißig Jahre währen, und dein Thun wird sein, daß du Lasten tragest, Hunger und Durst leidest, und falls du lässig bist, noch Prügel kriegst obendrein. Da seufzte der Esel tief auf und sagte: Ach, gerechter Gott! wenn es doch also beschlossen ist, daß ich ein so elendes Leben führen muß, so kürze mindestens meine Jahre um zwanzig ab bis auf zehn. Das bewilligte ihm Jupiter, und der Esel ging zufrieden von dannen. – Hierauf erschien der Hund und fragte gleichfalls, wie lang er zu leben und was er zu thun habe. Jupiter antwortete: Dein Leben wird dreißig Jahre währen, und dein Thun wird sein, daß du den Menschen und sein Habe bewachest Tag und Nacht, und die Diebe verscheuchest durch Knurren, Bellen und Beißen. Das gefiel dem Hunde nicht, der gern der Freiheit genossen hätte, und er bat den Jupiter, daß wenn er doch zur Sklaverei geboren, die Jahre ihm abgekürzt werden bis auf zehn. Jupiter willfahrte seiner Bitte und der Hund entfernte sich dankbar. – Nach diesem erschien der Affe, der gleichfalls fragte, wie lang er zu leben und was er zu thun habe? Dem antwortete Jupiter: Dein Leben wird dreißig Jahre währen, und dein Thun wird sein, daß du in deiner Mißgestalt den Menschen als Schauspiel dienest und zum Gespötte der Kinder. Darüber erboste sich schier der Affe, und er sagte: Wenn ich doch zu weiter nichts nutz sein soll auf dieser Welt, so kürze mir mindestens meine Jahre ab bis auf zehn. Das ward ihm auch zugesagt. – Zuletzt erschien auch der Mensch vor dem Throne Jupiters, und er fragte den Gott: Wie lange er zu leben habe? Jupiter antwortete: Dein Leben wird dreißig Jahre währen. Wie, fragte der Mensch, nur dreißig Jahre? Ist diese kurze Lebenszeit würdig des vollkommensten Wesens, das aus deiner Hand hervorgegangen? Da sagte Jupiter: Wohlan, so will ich dir denn noch die zwanzig Jahre zulegen, die ich dem Esel, und die zwanzig, [59] die ich dem Hunde, und die zwanzig, die ich dem Affen abgenommen habe. Dann sei aber auch dein Thun und Leiden: daß du von deinem dreißigsten Jahre an bis zum fünfzigsten Lasten tragest, und schwitzest, und entbehrest, und duldest, wie der Esel; und daß du von deinem fünfzigsten bis zum siebenzigsten dich und dein Habe ängstlich hütest, wie der Hund, knurrend und murrend; und endlich, daß du die weitern zwanzig Jahre, bis zu deinem neunzigsten, zu nichts mehr dienest, als wie der Affe, zum Gespötte der Kinder. – Und also ist es auch geschehen, sagt die heidnische Fabel; und wir erfahren es auch täglich an Menschen, die den Thieren gleich nur das Irdische wägen und suchen.

13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

13. Hans Pfriem.

Hans Pfriem, der Fuhrmann, hatte die böse Gewohnheit an sich, daß er alles an andern beschnarchte, und daß ihm niemand etwas recht thun konnte. Wenn er die Straße fuhr, und ihm ein Wagen begegnete, so blieb er jederzeit stehen, und musterte die Pferde, das Fuhrwerk, den Mann und hatte immer was auszustellen; bald waren ihm die Pferde zu kurz angespannt, bald schien ihm der Wagen nicht gut beladen zu sein; und er schüttelte dabei den Kopf, oder sagte es laut, so daß der andere den Tadel wol merken oder hören mochte. So machte er's in allen Sachen, auch in denen, die nicht zu seinem Gewerbe gehörten; und die Wirthsleute, bei denen er einkehrte, hatten schwere Noth mit ihm, und sie sagten oft: Dem Hans Pfriem könnte es nicht einmal ein Engel im Himmel recht machen.

Einstmals träumte ihm, er sei gestorben. Er kommt vor die Himmelsthür, und St. Peter läßt ihn hinein, jedoch mit Verwarnung, daß er zu allem stillschweigen und da nichts beschnarchen und tadeln solle, was er auch sehen [60] möge. Hans Pfriem verspricht's. Wie er nun so im Himmel sich befand unter den lieben Engeln und Heiligen, und vor sich hinschaute: da sah er zwei Engel vorbeigehen, welche einen Balken in der Quere trugen, daß sie allenthalben damit anstießen. Hans Pfriem war schon Willens zu tadeln; doch besann er sich noch und dachte: Wenn man nur durchkommt, so ist's zuletzt gleichviel, ob man den Balken so oder so trägt. – Nach einer Weile, als er wieder aufschaute, bemerkte er zwei Engel, welche aus einem Brunnen Wasser schöpften in ein durchlöchertes Faß. Hans Pfriem dachte bei sich, der Warnung eingedenk: Hm! wer eben nichts Besseres zu schaffen hat, der mag so etwas auch thun, wenn's ihm Pläsir macht. – Bald darauf, als er sich umsah, gewahrte er einen Wagen, der in einem tiefen Loche stecken geblieben war; und es kam ein Engel herbei, und spannte zwei Pferde vornen und zwei hinten an. Da das Hans Pfriem sah, kam er ganz außer sich, und sagte: Talk! was machst du denn? Und er wollte den Engel zurecht weisen. Es hatte ihn aber schon ein anderer gepackt, der ihn nun zur Himmelsthür hinaus trillte. Unter der Thür blickte Hans Pfriem nochmals hinein, zu sehen, was aus dem Wagen geworden. Und siehe da! der Wagen ging in die Höhe, von den vier geflügelten Pferden getragen. – Hiermit erwachte Hans Pfriem. – Und nun, was glaubt ihr, liebe Zuhörer, was zu lernen sei aus der Geschichte von Hans Pfriem?

14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

14. Der Einsiedler.

Wer der Welt Ade sagt, und in die Wüste zieht, wird darum nicht schon ein Heiliger; denn so lange die Neigung zum Bösen im Innern ist, so findet sie auch leicht einen Reiz von Außen und die Sünde ist vollbracht. Das erfuhr Jener, von dem eine alte Geschichte Meldung thut. Dieser Mann war von einer sehr zornigen Natur; statt [61] aber den Grund davon in sich zu suchen, schob er die Schuld auf die Menschen, die ihn zum Zorn reizten, und er dachte: Ist's also, so schadet mir die Welt, und es ist besser, daß ich sie verlasse, als daß ich meine Seele verliere. Er begab sich daher in die Wüste, und baute sich eine Hütte mitten im Walde, nahe bei einer Quelle, und das Brod, das er genoß, ließ er sich täglich durch einen Knaben bringen, der es fern von der Hütte auf einen Felsen hinlegen mußte. Und so ging es einige Tage ganz gut, und er schien sich selbst der friedfertigste und sanftmüthigste Mensch geworden zu sein. Eines Tags ging er, wie gewöhnlich, mit dem Krug zur Quelle, und er stellte ihn hin, damit das Wasser hineinlaufe. Da aber der Boden steinig und uneben war, so fiel der Krug um. Er stellte ihn wieder hin, und behutsamer; aber das Wasser, das ungleich hervorsprudelte, schlug ihn wieder um. Da ergriff er zornig das Gefäß, und stieß es gewaltsam gegen den Boden, daß es in Scherben zersprang. Nun merkte er, daß der alte Zornmuth wieder ausgebrochen sei, und er dachte: Ist's also, so frommt mir die Einöde nicht, und es ist besser, daß ich sogleich in der Welt meine Seele zu retten suche, dadurch, daß ich das Böse meide, und das Gute übe. Und er kehrte wieder in die Welt zurück. – Merk: Es gibt böse Neigungen, die man durch Flucht der Gelegenheit bezwingen kann; und es gibt andere, die man durch Widerstand bezwingen muß. Um aber das eine wie das andere zu vollbringen, braucht man eben nicht die Welt zu verlassen, sondern nursich selbst.

15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

15. Ei so beiß!

Ein Holzhacker hatte die Gewohnheit, daß er bei jedem Hieb, den er that, keuchend sagte: Ei so beiß! Das hörte einmal der Graf, in dessen Wald jener arbeitete; und der [62] Herr setzte ihn darüber zur Rede, warum er denn immer so sagte: Ei so beiß! Der Holzhacker antwortete: Mit Verlaub, gnädiger Herr! Hätte Adam nicht in den Apfel gebissen, so stünd' es wol mit uns armen Leuten besser, und ich brauchte nicht im Schweiß meines Angesichts das wenige schwarze Brod zu verdienen, wie ich leider! thun muß. Und darum zürne ich billiger Weise auf den alten Sünder, und sage unwillig: Ei so beiß! – Als der Graf, der ein leutseliger Mann war, diese Worte gehört hatte, sagte er zum Holzhacker: Wäret Ihr an Adams Stelle gewesen, Ihr hättet wol eben so gethan. – Straf mich der Himmel, wenn ich nur daran denken könnte, so etwas zu thun! – sagte der Holzhacker. Vollauf zu haben im ganzen großen herrlichen Garten, und nur sagen dürfen: Maul, was willst? Nein, Herr? Da könnte mir gar nicht einfallen, von dem verbotenen Baum zu kosten. Nun, sagte der Graf, weil Ihr denn gar so ein kluger, rechtschaffener Mann seid, so will ich Euch ein besseres Loos bereiten, ein so gutes, als Ihr nur wünschen möget. Kommt mit mir, holt Euer Weib; ich will Euch von nun an in meinem Schlosse also tractiren, daß Ihr es im Paradies nicht besser haben möchtet. Und also ist es geschehen. Der Holzhacker und sein Weib wurden auf das Kostbarlichste ganz neu gekleidet: es wurden ihnen schön gezierte große Zimmer eingeräumt, wo sie bequem schlafen, essen und wohnen konnten; und Mittags setzten ihnen eigens bestellte Diener ein, zwei, drei, vier, fünf, sechs Schüsseln vor, voll der feinsten, schmackhaftesten Speisen. Zuletzt, nachdem sie schon lange gesättigt waren, brachte ihnen noch ein Diener eine siebente, von gediegenem Silber, mit schönen, goldenen Zierrathen, die mit einem Deckel verschlossen war. Diese setzte der Diener gleichfalls auf den Tisch, sagte aber: Es sei des Herrn strengster Befehl, daß sie dieselbe nicht öffnen, viel weniger davon verkosten dürften. Der Mann sagte: Sie hätten ohnehin schon genug, er solle sie nur gleich wieder [63] forttragen. Das Weib aber wollte sie etwas näher betrachten, und konnte nicht genug die Zierrathen bewundern; trug aber sonst kein Gelüste, und die Schüssel wurde wieder unberührt weggetragen. Des andern Mittags wurde zuletzt auch wieder die silberne, bedeckte Schüssel vom Diener gebracht und auf dem Tisch zurück gelassen. Die Frau betrachtete sie mit noch größerem Wohlgefallen, als gestern, und auch der Mann schien Vergnügen zu haben an der wunderschönen Gestalt des Gefäßes. Curios! sagte die Frau, was doch der Graf für eine Absicht damit haben mag? Um das Ding blos so zu unserer Lust zu betrachten, das kann's wol nicht sein. Denn da dürften wir doch auch wol hinein schauen, wo es sonder Zweifel noch viel schöner ist, als von außen. Laß das Geschwätz, sagte der Mann; sei's was es sei, du rühr's mal nicht an. Und mit diesen Worten ging er vom Tisch, und legte sich auf das Polster. Die Schüssel wurde wieder unberührt abgetragen. Bei all dieser Herrlichkeit war es kein Wunder, daß der Holzhacker seine Arbeit vergaß, und den Adam, und das: Ei so beiß! und er war vollkommen zufrieden mit Gott und seinem gnädigen Herrn. Die Frau aber konnte fast die ganze folgende Nacht nicht schlafen. Die Schüssel ging ihr immer im Kopfe herum, und sie träumte, es sei darin weiß Gott was Wunderschönes enthalten; es däuchte ihr, als sei sie mit lauterm Gold und kostbarem Edelgestein ausgelegt, und ein großer, reiner Krystall funkelte dazwischen, aus dessen Spiegel ihr die ganze Zukunft in die Seele leuchtete. Als daher Mittags die verbotene Schüssel wieder auf den Tisch kam, so konnte sie ihr Gelüste nicht mehr verschweigen. Sie erzählte ihrem Manne zuerst den Traum, und schilderte ihm die Kostbarkeiten, die sie gesehen. Dann meinte sie: sehen koste ja nichts, und es sei keine Gefahr dabei, da sie Niemand bemerkte. Dann sagte sie, es solle nichts berührt oder gar genommen werden; nur in den Krystall wolle sie schauen, [64] und die Zukunft darin lesen. Der Mann schüttelte anfangs den Kopf, und sagte: Nein. Als sie aber wiederum von Neuem anfing und nicht aufhörte zu bitten und zu betteln: nur ein wenig den Deckel zu heben, um wenigstens zu sehen, ob was drinnen sei; da, nachdem er sich vorher überall umgesehen, ob Niemand sie belauschte, gab er ihr nach, und sagte: Ins Teufels Namen! so lug, damit ich Ruhe habe. Sie lupfte den Deckel, und sieh da, – ein Mäuslein sprang heraus und davon, und ins nächste Loch hinein. Die beiden Leute sahen sich einander ganz erschrocken an; und wie sie noch stumm und still, wie leblos, da saßen, kam der Graf herbei, und fragte sie, was sie hätten? Nichts! sagte die Frau zitternd. Der Herr, wol merkend, was geschehen, hob den Deckel auf, und sagte dann: Also habt ihr mein Verbot nicht geachtet? Mein Weib da! sagte zornig der Mann. Dein Weib, versetzte der Herr, ist eine Eva, und du ein Adam. Lüsternheit hat euch, wie die Schlange unsere Stammeltern, in Versuchung geführt, der ihr nicht habt widerstehen können. Darum sollt ihr büßen gleich ihnen, und wiederum das Brod im Schweiße eures Angesichtes essen. Und so mußten denn er und sie sogleich die kostbaren Kleider wieder ablegen, und die schöne Wohnung verlassen, und zu ihrer Hütte und zur Arbeit zurückkehren. Seit der Zeit hat der Holzhacker nicht mehr auf den Adam, den alten Sünder, gezürnt, und sein Lebenlang nicht mehr gesagt: Ei so beiß!

16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen.

Als der Herr noch auf Erden wandelte, ging er einstmals mit seinen Jüngern über eine weite und lange Haide; und sie verirrten sich. Es war aber ein schwüler Sommertag; und es gingen keine Menschen des Weges, daß man sie fragen konnte. Endlich sah St. Peter unter einem Baum [65] einen Menschen liegen, der schlief. Er ging auf ihn zu, und fragte nach dem rechten Wege. Der aber that unwillig und war so faul, daß er nicht einmal das Maul aufthat, sondern er streckte nur seinen rechten Fuß aus, wie der Meilenzeiger den Arm, und St. Peter mußte errathen, was er damit sagen wollte. Der Herr und seine Jünger gingen also des Weges weiter. Nach einer Weile sah St. Peter ein Mägdlein, die abseits vom Wege das wenige Gras mähete, welches auf der Haide wuchs, und emsig arbeitete. St. Peter rief dem Mägdlein; die verließ sogleich die Arbeit und kam herbei; und als sie um den rechten Weg befragt wurde, zeigte sie ihn nicht nur williglich sondern ging auch eine große Strecke mit, bis dahin, wo sie des Weges nicht mehr verfehlen konnten; dann nahm sie Abschied, und ging zurück zur Arbeit. Ueber diese Bereitwilligkeit war St. Peter hoch verwundert, und er sagte zum Herrn: Er sollte dem wackern Mägdlein für den geleisteten Dienst Gnade erweisen, und ihr einen braven Mann zubringen. Der Herr sprach: Das wolle er thun; und jener faule Mensch sei es eben, den das Mägdlein zum Manne bekommen werde. Darob wurde St. Peter schier erzürnt, und vermaß sich, den Herrn zu tadeln. Der Herr aber sagte in seiner Milde: Petre, du verstehst nicht, was in den göttlichen Fügungen Weises liegt. Diese beiden gehören allwege zusammen; denn das fleißige Weib läßt den faulen Mann nicht ganz und gar zu Grunde gehen, und der Faule wird die Fleißige zur Arbeit anhalten und zur Geduld und Frömmigkeit. Und also ist jedem mit dem andern geholfen hier und dort.

17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

17. Die Geschenke.

Es war einmal ein König, der hatte eine einzige Tochter. Da kamen nun aus allen Landen viele Freier herbei, [66] die sich um die Hand der Prinzessin bewarben; denn sie war reich und schön. Aber sie hatte zur Bedingniß gesetzt, daß sie nur denjenigen zum Manne haben wollte, der sie im Wettlauf besiegt hätte; wer aber von ihr besiegt würde, der sollte an seinem Leben bestraft werden. Da standen nun die meisten von ihrer Bewerbung ab; denn die Prinzessin war so behend im Laufe, daß sie ein Reh auf freiem Felde einholte. Andere, welche den Versuch machten, und die Wette eingingen, mußten es mit ihrem Leben büßen. Nun lebte nicht weit vom Hofe ein armer Mann, der bekam Lust, um die schöne und reiche Königstochter zu werben, und mit ihr den Wettlauf zu bestehen. Er hatte aber oft gehört, daß ein artiger Freier Geschenke mitzubringen habe für die künftige Braut; und da er ohne Mittel war, aber geschickt in jeder Handarbeit, so flocht er erstlich einen schönen Kranz aus Blumen; sodann wob er einen kunstreichen Gürtel aus Damast; endlich strickte er einen seidenen Beutel, und that die wenigen Münzen hinein, die er besaß, und die er recht fein schliff, daß sie gar schön glänzten und glitzerten. Mit diesen Geschenken ging er nun nach Hof, und meldete sich als einen, der um die Prinzessin freien wollte. Als die Königstochter den armen Mann sah, ward sie schier zornig über dessen Frechheit; ihrem gegebenen Worte aber getreu, ließ sie sich allsogleich mit ihm in einen Wettlauf ein. Der arme Mann strengte sich sehr an, aber er blieb gleich anfangs zurück. Da warf er der Prinzessin den Blumenkranz vor den Weg, und diese, wie denn Mägdlein Freude haben an Blumen, hob ihn sogleich auf, setzte ihn auf ihr Haupt, und besah sich wohlgefällig in dem Bache, der vorbeirann. Indem überholte der Mann die Königstochter im Laufe; aber sobald sie es bemerkt hatte, lief sie behenden Fußes nach, und als sie ihn wieder eingeholt, gab sie ihm eine Maulschelle, und sprach: Das nimm vorerst für deine Frechheit, daß du um eine Königstochter zu werben dich unterstehest. Dann lief sie fort [67] und ließ den Mann wieder weit zurück. Dieser aber warf ihr alsbald den schön gewobenen damastenen Gürtel vor den Weg, und als diesen die Prinzessin gewahrte, konnte sie der Lust nicht widerstehen, ihn aufzuheben; sie betrachtete das künstliche Gewebe aufmerksam, und band sich dann den Gürtel um den Leib, zu sehen, wie er ihr anstünde. Indessen hatte der Mann schon eine weite Strecke voraus gewonnen; als dies aber die Prinzessin gewahrte, verdoppelte sie ihre Schritte, und holte den Läufer bald wieder ein. Sie gab ihm wieder eine Maulschelle, und rannte hohnlachend weiter. Sie war schon nahe am Ziele, während der Mann mühsam nachkeuchte; da warf er ihr den offenen Beutel vor den Weg hin, so daß die glitzernden Münzen zerstreut umher fielen. Er wußte, daß Mägdlein an allem, was glänzt, ihre besondere Lust haben; und so geschah es denn auch, daß die Prinzessin sogleich den Beutel aufhob, und die schönen Münzen zusammenlas, und jedes Stück mit Vergnügen betrachtete. Indem sie damit noch beschäftigt war, hatte der Mann von ihr unbemerkt, den Vorlauf gewonnen und das Ziel erreicht. Also mußte sich die Prinzessin gefangen geben, und sie ist des armen Mannes Frau geworden.

Geliebteste! Die Prinzessin ist jedes Mädchen; der arme Mann ist jeder Mann. Der Wettlauf bedeutet die Bewerbung; die Behendigkeit zeigt an die Sprödigkeit der Jungfrauen; die Maulschelle ist das Schmollen; die Todesstrafe endlich die abschlägige Antwort, um deren willen schon mancher junge Mensch in Verzweiflung gerathen ist. Ein kluger Mann nimmt daher zu Geschenken seine Zuflucht; denn Mädchen lieben Geschenke, als da sind: Ohrenringe, Halsketten, Shawls. Solche Dinge erproben sich als wahre Zaubermittel, und es gibt kein Beispiel, daß ein Mann damit nicht den Sieg davon getragen hätte.

18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[68] 18. Ehelicher Gehorsam.

Ein Mann heirathete eine Wittwe, welche, wie er wohl wußte, mit ihrem vorigen Manne nicht zum friedlichsten gelebt hatte. Er aber dachte sich: Entweder hat sie's nicht recht verstanden, das Wort bei der Einsegnung, oder sie hat's wieder vergessen. Daß es nicht mehr geschehe, dafür will ich schon sorgen, so oder so – sagte er, und führte sie getrosten Muthes zum Altar. Als nun der Pfarrer bei der Copulation zu den Worten der Bibel kam: Und er sei dein Herr! da unterbrach ihn der Mann und sagte: Hochwürdiger Herr, seid so gut und leset doch die Worte noch einmal, und langsamer und stärker, damit sie es recht vernehme, daß in der Bibel stehe: Dein Herr, und nicht: Dein Narr. Der günstige Leser, wäre er dabei gestanden, hätte wol über den Eifer dieses Ehemannes gelacht und bei sich gedacht: Schaden könne es für keinen Fall, wenn man's den Weibern recht an's Herz legt, was ihre Pflicht ist. Der Pfarrer hat auch so gedacht, und, ohne jedoch zu lachen, sondern in vollem heiligen Ernst, sagte er nochmals zur Frau: Gott sagte zur Mutter aller Lebendigen, zu Eva: Sei unterthan dem Mann, und er sei dein Herr. – Und zu Abraham sagte er – mit diesen Worten wendete er sich an den Ehemann, der begierig war, was denn Gott zu Abraham gesagt habe – und zu Abraham, dem Vater aller Gläubigen sagte Gott: Alles, was Sara dir gesagt hat, dem gehorche!... Also will der Herr, fuhr der Pfarrer fort, daß das Weib dem Manne, und der Mann hinwiederum dem Weibe gehorche in vernünftigen und billigen Dingen. Und wenn ihr dies thut, so werdet ihr, nach des Apostels Mahnung, eine Seele in zwei Leibern sein.

19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[69] 19. Der Talisman.

Prinz und Prinzessin lebten noch in ihren Honigmonaten. Sie fühlten sich überaus glücklich und zufrieden; nur eines beunruhigte sie zu Zeiten, der Gedanke, ob es wol immer so bleiben werde. Daher wünschten sie wol, sie möchten einen Talisman erhalten, der sie sicher stellen könnte gegen jegliche Unzufriedenheit in der Ehe. – Nun hatten sie oft von einem Einsiedler gehört, der als ein Wissender galt unter dem Volke, und der jedermänniglich gern zu Rathe stand in den Nöthen Angelegenheiten des Lebens. Zu dem begaben sich nun Prinz und Prinzessin, und trugen ihm ihr Anliegen vor. Der Einsiedler, als er ihr Ansuchen vernommen, sagte er zu ihnen: Ziehet durch nahe und ferne Lande, und wo ihr irgend ein zufriedenes Ehepaar findet, da bittet euch ein Stücklein aus von ihrem Hemde, und so ihr dies erhaltet, so tragt es bei euch immerdar. Das ist ein probates Mittel. – Prinz und Prinzessin ritten fort, und balb ward ihnen ein Rittersmann genannt, der mit seiner Frau in überaus glücklicher Ehe lebe. Sie kamen auf das Schloß und befragten dieselben, ob sie so ganz zufrieden seien in ihrer Ehe, wie die Rede von ihnen gehe. Da ward ihnen die Antwort: Ja, bis auf das Eine, daß wir keine Kinder haben. Es war also der Talisman bei diesen nicht zu finden, und Prinz und Prinzessin mußten weiter ziehen, um nach ganz zufriedenen Eheleuten zu forschen. – Sie kamen darauf in eine Stadt, wo sie vernahmen, es sei ein Bürgersmann daselbst, der mit seinem Weibe in großer Eintracht und Zufriedenheit lebe. Zu dem gingen sie und befragten ihn gleichfalls, ob er wirklich so zufrieden sei in seiner Ehe, wie die Leute sagen. Der Mann antwortete: Ei ja wol! wir leben glücklich mit einander und sind auch zufrieden, bis auf das Eine, daß wir so viele Kinder haben, die uns freilich viel Sorge und Kummer machen. Von diesen war [70] also der Talisman auch nicht zu erwarten, und Prinz und Prinzessin zogen weiter durch das Land, und erkundigten sich überall nach zufriedenen Eheleuten; es geschah aber weiter keine Meldung davon. – Eines Tages, wie sie Felder und Wiesen entlang ritten, bemerkten sie einen Hirten unfern des Weges, der gar lustig auf seiner Schalmei blies. Und sie sahen, wie so eben ein Weib zu ihm herbeikam, das ein Kind auf dem Arme trug und einen Knaben an der Hand führte. Und der Hirt, als er sie sah, ging ihnen entgegen und begrüßte sie, und er nahm der Frau das Kind ab, das er küßte und herzte; und an den Knaben kam der Phylax heran, der ihn liebkosete, bellend und frohlockend. Das Weib aber stellte indeß den Topf zurecht, den sie mitgebracht, und sagte: Vater, jetzt komm und iß! Und der Mann setzte sich und langte zu; das erste Bißlein bekam aber das Kind, und die andern theilte er mit dem Büblein und dem Phylax. Das alles sahen und hörten Prinz und Prinzessin; und sie kamen herbei und redeten die Leute an, und sagten: Ihr seid ja doch wol Eheleute, und zwar recht glückliche und zufriedene Eheleute? Ja, sagte der Mann, das sind wir, Gott sei Dank, und Prinz und Prinzessinnen können es nicht mehr sein. – Nun, so vernehmt und gewährt uns, sagte der Prinz, ein kleines Ansuchen. Es soll euch nicht gereuen, wenn ihr uns willfahret. Gebt uns ein Stücklein von euren Hemden. Hirt und Hirtin sahen wunderlich drein beim dieser Anrede; zuletzt sagte der Mann: Ei wie gern wollten wir euch nicht nur ein Stücklein geben, sondern das ganze Hemd. Aber, leider! haben wir keins. – Also mußten Prinz und Prinzessin unverrichteter Dinge weiter ziehen; und da sie des langen, eitlen Herumfahrens müde geworden, so kehrten sie wieder ihres Weges zurück. Als sie nun wieder zur Hütte des Einsiedlers kamen, schalten sie ihn, daß er sie so übel berathen habe und erzählten ihm die Geschichte. Der Einsiedler lächelte und sprach: Seid [71] Ihr denn umsonst des Weges gezogen, und kommt Ihr nicht reicher zurück an Erfahrung? Ja, sagte der Prinz, ich habe erfahren, daß die Zufriedenheit ein gar seltenes Gut auf Erden sei. Und ich habe gelernt, sagte darauf die Prinzessin, daß man, um zufrieden zu sein, eben nichts brauche, als – zufrieden zu sein. Drauf gaben sich Prinz und Prinzessin die Hand, und sahen sich mit liebreichen Blicken an. Und der Einsiedler segnete sie und sprach: Ihr habt ihn gefunden, den rechten Talisman, in eurem Herzen. Bewahret ihn sorgfältig, und der böse Geist der Unzufriedenheit wird euch nichts anhaben können auf ewige Zeiten.

20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

20. Von einem eifersüchtigen Mann.

Es schreibt ein hochgelehrter weiser Mann: Der hütet Heuschrecken in der Benne 1, und schüttet Wasser in den Brunnen, der sein Weib hütet, daß es fromm und treu bleibe. Damit will er zu verstehen geben, daß solche Hut ganz unnöthig und vergeblich sei; unnöthig bei den braven, und vergeblich bei den bösen Weibern. Davon merke einen guten Schwank. Es war auf eine Zeit ein solcher eifersüchtiger Ehemann in einem Flecken, der hatte ein sehr hübsches Weib. Er hatte aber ihretwegen große Besorgniß, und mochte nicht leiden, daß andere Männer oder auch Gesellen mit ihr redeten und guter Dinge wären. Er ließ sie auch nur selten und ungern zu andern Nachbarn, wenn sie zur Sommerszeit an der Gasse saßen. Auch kamen sie fast niemals zu Hochzeiten und andern Lustbarkeiten. Der Phantast sorgte allezeit, sie möchte ihm gefressen werden aus Liebe. Dies nahmen einige Spottvögel und Speikatzen mit Fleiß wahr, und sie gingen nun desto mehr um das Haus spazieren, darin die Frau war. Und wann [72] das gute Weib bei ihren Nachbarn saß, stunden sie hinzu, und trieben gute Schwänke und Possen mit ihnen. Dies und dergleichen wollte den Tüpel schier unsinnig machen. Er durfte es auch gegen sein Weib nicht merken lassen; denn es war ihm unverborgen: was man den Weibern unterstehet zu verleiden oder zu verbieten, darnach verlanget sie erst. Die Frau aber, die an allen seinen Geberden wol abnahm, weß er gesinnet sei, ließ sich's je länger je weniger bekümmern, und trieb ihre Kurzweil mit Jedermann desto offener und freier. Als nun der dumme Eiferer dies wahrnahm, dacht' er auf Mittel und Wege, wie dem Uebel abzuhelfen wäre. Er besann sich kurz, und kaufte ein Haus in einem andern Flecken, und raffte seine Siebensachen zusammen, lud sie auf Karren und Wägen, und machte Anstalten zum Abfahren. Die gute Frau, die mehr Witz hatte, als ihr Mann, ließ sich die Sache wol gefallen, und stellte sich, als wenn es ihr fast lieb wäre; denn so erfuhr sie fein sittlich von ihrem Mann, was die Ursache wäre seines Aufbrechens. Dieser gestand ihr und sagte: Wie es ihm so gar zuwider wäre, daß ihm solche Gesellen täglich um das Haus gingen; und wiewol er ihr nichts Arges gönne noch vertraue, möchte er es dennoch nicht sehen; sonst hätte er gar keine Ursache, warum er hinweg zöge, als eben diese. Die Frau faßte diese Worte in ihre Ohren. Als sie nun mit ihrem Hausrath aus dem Flecken fuhren, und weit hinaus in das Feld kamen, springt die Frau vom Wagen, und sagt: O weh, Hans! ich habe das Allernothwendigste dahinten gelassen. Halt ein wenig still! Der Mann fragt, was sie denn vergessen habe? Ei, sagt sie, ich habe kein Feuer mit mir genommen. Du große Närrin, sprach er, meinst du denn, wir ziehen an einen feuerlosen Ort? Du wirst Feuer, Holz und Stroh gleich sowohl dort finden, als da wir her kommen. Wenn dem so ist, sagt die Frau, so bist du viel närrischer, als ich. Finden wir Feuer dort, so werden wir ohne Zweifel auch solche Leute [73] finden, die deine Eifersucht merken, und dir zum Trotz und Spott um das Haus gehen. Darum wäre mein Rath, du ließest uns bei dem Unsern bleiben, und an dem Ort, da die Leute uns, und wir die Leute kennen. Also ging der Narr in sich, erkannte seiner Frauen Rath für gut, und zog wieder zurück in seine alte Herberge. Auch ließ er von nun an seinen Eifer fahren, und ward ein rechtschaffener Hausmann.

Fußnoten

1 Wagenkorb.

21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

21. Hauszucht.

Mann und Weib müssen nicht nur ihre Kinder in Zucht halten und ihre Dienstboten, sondern auch sich selbst unter einander, und das letzte ist sogar das Nothwendigste – und auch das Schwerste. Mit guten Worten und gutem Beispiel geht's aber doch, es müßte denn nur der Mann ein ganz ausgemachter Bruder Liederlich sein, und das Weib eine überjährige Schwester Schlampampe. – Eine Frau hatte einen Mann, bei dem das Liederlichsein so eben im Anflug war. Der saß manchen lieben Tag im Wirthshaus bei einem Krug Wein und einem Kapaunen, und spielte, statt daß er zu Haus gearbeitet, und mit dem Hafermuß und mit einem Krug Wasser vorlieb genommen hätte. Die Frau ertrug's lange Zeit mit Stillschweigen und Geduld; sie lag nach- wie vorher fleißig ihrer Arbeit ob, und nach verrichtetem Tagwerk aß sie mit ihren Leuten das Hafermuß und trank das Wasser; und es hätte ihr noch besser geschmeckt, wenn der Mann mitgehalten hätte. Endlich, wie sie sah, daß es immer noch schlimmer wurde, statt besser, beschloß sie, den liederlichen Mann zur Rede zu stellen, und ihn frei von der Leber weg zu fragen: Willst? oder willst nicht? Und das war recht; denn Stillschweigen hätte in diesem Falle nicht geholfen, und Zanken die Sache gar verdorben. Wie denn ihr Mann eines Abends spät wieder nach Haus kam, und hatte nichts gethan den ganzen [74] Tag, aber viel verthan, so fand er den gedeckten Tisch zu Haus; auf der einen Seite stand das Hafermuß und ein Krug mit Wasser, auf der andern ein gebratener Kapaun, weißes Brod und eine Kanne Wein. Und der Mann, wie er das sah, dachte bei sich: So ein Bißlein und ein Schlücklein kannst du noch mitnehmen vor dem Schlafengehen. Die Frau aber sagte: Hauswirth, nun setze dich an welchem Eck du willst, an den Tisch. Willst du dich zum Hafermuß setzen, so will ich dir helfen mitarbeiten, daß mir das Blut zu den Nägeln ausgeht, falls du anders auch mit arbeitest. Willst du dich aber zum Kapaunen setzen, so mußt du mich gehen lassen an Ort und Ende, daß ich sehe, wo ich sie her bekomme. Der Mann bekam Respect vor der Rede, vielmehr vor seiner Frau, und er sagte: Appetit habe ich heute keinen mehr zum Hafermuß, aber an die Arbeit will ich morgen mit dir, und ins Wirthshaus nimmer. Er hielt Wort, und des andern Tags war er schon mit dem frühesten Morgen auf dem Felde; und Mittags aßen die beiden Leute den Kapaunen, und tranken die Kanne Wein in Frieden und Einigkeit zusammen; und es war ein so fröhliches Fest, wie an ihrem Hochzeittag.

22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch.

Es war eines Sonntags Morgen. Die Sonne schien hell und warm in die Stube; linde erquickliche Lüste zogen durch die offenen Fenster, im Freien unter dem blauen Himmel jubilirten die Vögel; und die ganze Landschaft, in Grün gekleidet und mit Blumen geschmückt, stand da, wie eine Braut an ihrem Ehrentage. Aber während nun draußen überall Freude herrschte, brütete im Hause, in jener Stube nur Trübsal und Trauer. Selbst die Hausfrau, die sonst immer eines heitern und guten Muthes war, saß [75] heute mit umwölktem Antlitz und mit niedergeschlagenem Blicke da beim Morgenimbiß, und sie erhob sich zuletzt, ohne etwas zu essen, vom Sitze, und eine Thräne aus dem Auge wischend, eilte sie gegen die Thür zu. – Es schien aber auch in der That, als wenn der Fluch auf diesem Hause lastete. Es war Theurung im Lande; das Gewerbe ging schlecht; die Auflagen wurden immer drückender; das Hauswesen verfiel von Jahr zu Jahr mehr, und es war am Ende nichts abzusehen, als Armuth und Verachtung. Das hatte den Mann, der sonst ein fleißiger und ordentlicher Bürger war, schon seit langer Zeit trübsinnig gemacht; dergestalt, daß er an seinem fernern Fortkommen verzweifelte, und manch mal sogar äußerte, er wolle sich selbst Leids anthun, und seinem elenden trostlosen Leben ein Ende machen. Da half denn auch kein Zureden von Seiten seiner Frau, die sonst immer aufgeräumten Sinnes war, und alle Trostgründe seiner Freunde, weltliche und geistliche, verschlugen nichts, und machten ihn nur schweigsamer und trübseliger. – Der geneigte Leser wird denken, da sei es kein Wunder gewesen, daß denn zuletzt auch die Frau all ihren Muth und Freude verloren hat. Es hatte aber mit ihrer Traurigkeit eine ganz eigene Bewandtniß, wie wir bald hören werden. Als der Mann sah, daß auch sein Weib trauerte und nun forteilte, hielt er sie an, und sprach: Ich laß dich nicht aus der Stube, bis du mir sagst, was dir fehle. Sie schwieg noch eine Weile, dann aber that sie den Mund auf, und indem sie einen tiefen Seufzer holte, sprach sie: Ach, lieber Mann! es hat mir heute Nacht geträumt, unser lieber Herrgott sei gestorben, und die lieben Engelein seien ihm zur Leiche gegangen. Einfalt! sagte der Mann, wie kannst du denn so etwas Albernes für wahr halten oder auch nur denken? Herzlieb! bedenk doch, Gott kann ja nicht sterben. Da erheiterte sich plötzlich das Gesicht der guten Frau, und indem sie des Mannes beide Hände erfaßte und zärtlich [76] drückte, sagte sie: Also lebt er noch, der alte Gott? Ja freilich! sprach der Mann. Wer wollte denn daran zweifeln? Da umfing sie ihn, und sah ihn an mit ihren holdseligen Augen, aus denen Zuversicht und Friede und Freudigkeit strahlte, und sie sprach: Ei nun, Herzensmann, wenn der alte Gott noch lebt, warum glauben und vertrauen wie denn nicht auf ihn – er, der unsere Haare gezählt hat, und nicht zuläßt, daß eines ohne sein Wissen ausfalle, der die Lilien des Feldes bekleidet, und die Sperlinge ernährt, und die jungen Raben, die nach Futter schreien? – Bei diesen Worten geschah es dem Manne, als fielen ihm plötzlich Schuppen vom Auge, und als lösete sich das Eis, das sich um sein Herz gelegt hatte. Und er lächelte zum ersten Male wieder nach langer Zeit; und er dankte seinem frommen lieben Weibe für die List, die sie angewandt, um seinen todten Glauben an Gott zu beleben, und das Zutrauen zu ihm hervorzurufen. Und die Sonne schien nun noch freundlicher in die Stube auf das Antlitz zufriedener Menschen, und die Lüfte wehten erquicklicher um ihre verklärten Wangen, und die Vögel jubilirten noch lauter in dem Dank ihrer Herzen gegen Gott.

23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen.

Das Recept ist von keinem Doctor der Erziehungskunst erfunden und angewendet worden, sondern von einem einfältigen Tyroler Landmann, der im Jahre 1825 zu Gries, im Thale Sellrain, seine goldene Hochzeit hielt, und die Freude erlebte, zwölf große wohlerzogene Kinder um sich zu sehen, nebst einem zahlreichen Nachwuchs von Enkeln. Als ihn nämlich einer, der bei seinem Ehrenmahl zu Gast saß, über Tisch fragte, wie er's angefangen habe, so viele Kinder zu erziehen, ohne daß eines von ihnen aus der Art geschlagen wäre: antwortete er: das ist eine [77] leichte Sache; man darf nur das erste gut erziehen, die andern erziehen sich von selbst. Wie verstehst du das, Alter? fragte der Schulmeister. Ich meine, versetzte der Landmann, daß dann die Kinder einander selbst erziehen, und die Eltern dabei nur das Nachsehen haben. Erkläre dich deutlicher, sagte der Schulmeister, wir Jüngern können von euch Alten immer was lernen. Ja – sprach jener – wie soll ich's euch erklären? So etwas läßt sich wol machen, aber nicht sagen. Kurz und gut: der Hansel dort war der erste Bub, und die Lenel das erste Mädel, die wir kriegten; und wie man nun die ersten und die letzten Kinder am liebsten hat – die mittlern hat man freilich auch gern – so haben wir uns, mein Weib und ich, allerdings viele Mühe gegeben, um sie rechtschaffen zu erziehen und in Gottesfurcht. Das Erziehen aber erlernet sich nicht, wie unsere Schreiber sagen, sondern man muß es eben schon wissen, und das Herz thut dabei mehr, als der Kopf. Wir beide hielten uns aber an die Art und Weise, wie wir selbst erzogen worden sind von unsern frommen Eltern – Gott hab sie selig! – und wir sind dabei gut gefahren. Hansel und Lenel – ich sollt' sie nicht loben in ihrer Gegenwart – sind schon als Kinder so brav gewesen, daß alle Leute ihre Freude an ihnen gehabt haben, und wir beide am meisten. Nun ist drauf die kleinere Zucht nachgekommen, Buben und Mädeln unter einander. Da hat's denn geheißen: Hansel, gib Acht auf dein Brüderl! und: Lenel, gib Acht auf das Dienl! und sie haben's gethan, besser als wir selbst gekonnt hätten. Die Kinder sind nämlich, müßt ihr wissen – Gott verzeih mir den Ausdruck! – wahre Affen, und was eins am andern sieht, das macht es nach, Gutes und Böses. Und darin, seht, liebe Nachbarn, liegt das Geheimnis, wie Kinder durch Kinder erzogen werden. Aber das zweite Geheimniß ist: daß die Eltern selbst überall mit gutem Beispiel voran gehen – denn Worte machen's nicht. – Und das dritte und größte [78] Geheimniß ist (und dabei lüpfte er seine Kappe), daß Gott seinen Segen gibt; der uns aber nicht fehlen kann, wenn wir das Unserige gethan haben. Das ist alles – schloß er – was ich euch sagen kann, liebe Nachbarn! – Die Nachbarn tranken auf seine und der Frau Gesundheit und die Kinder und Kindeskinder kamen herbei und gaben den Eltern die Hand, und ihr Herz war auch dabei.

24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

24. Die Kinderprozession.

Am dritten December 1800 Morgens haben die Bewohner in der Gegend von St. Wolfgang beiHohenlinden nicht vermuthen können, daß es Mittags um ihre ruhigen Hütten herum so stürmisch hergehen werde zwischen den Kaiserlichen und den Franzosen und sie schickten daher, wie gewöhnlich, ihre Kinder in die Schule zum Klausner, welcher von ihren Einödhöfen zwei bis drei Stunden Wegs entfernt, im Walde wohnte. Und nach gehaltener Morgenschule saßen die Kinder Mittags ganz ruhig in der Stube, und verzehrten mit gutem Appetit ihr Mittagbrod, das sie von Hause mitgenommen hatten, und dachten an nichts. Da hörte man auf einmal in der Nähe Piff, Paff! und aus der Ferne Pumm, Pumm! Und der Klausner, der gleich vermuthete, was das bedeute, ging hinaus, und sah und hörte nun zu seinem Schrecken, daß das Treffen schon nahe sei, und daß die Kinder nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren könnten. In der Angst seines Herzens faßte er einen Entschluß, der wol der beste war, den er in dieser bedrängten Lage fassen konnte. Er holte das Kruzifix aus dem Kirchlein, und stellte die Kinder Paar und Paar auf, und so zog er mit den Kleinen, das Zeichen des Friedens an der Spitze, über das Schlachtfeld, Panduren und Sanscülotten vorbei, und die wilden Menschen thaten den Kindlein nichts zu Leide und ließen sie fürder ziehen in [79] Frieden. Und so kamen sie glücklich in St. Wolfgang an, wo die armen Waislein von den Einwohnern freundlich aufgenommen und verpflegt wurden, bis gegen Abend ihre Eltern kamen und sie heimführten. Und die Eltern vergaßen des Jammers, den sie hatten, daß ihre Hütten geplündert waren, ob der Freude, daß Keines von ihren Lieben verloren gegangen sei.

25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

25. Eine Desperations-Kur.

Ein braver, ehrlicher Mann hatte einen Sohn, der ein Lump war, ein Fall, der eben nicht selten vorkommt in der Weltgeschichte. Als jener nun zu seiner Tage Ende gekommen, so ließ er den Sohn zuletzt noch vor sein Bett rufen, und sprach zu ihm: Erwarte nicht, daß ich noch vergebliche Worte an dich richte, weder im Guten noch im Bösen. Ich habe beiderlei nicht gespart zu seiner Zeit; es ist aber alles umsonst gewesen. Ich sehe auch deines Lebens Lauf und Ablauf voraus. Du wirst in kurzer Zeit all mein Geld und Gut verdemmen und verschlemmen und es wird dir zuletzt nichts übrig bleiben, als Armuth und Schande. Dann aber stehen dir nur zwei Wege offen: entweder zu rauben oder zu verzweifeln; und das Ende wird sein, daß du gehenkt wirst, oder dich selbst henkest. Für den ersten Fall wird nun schon die Obrigkeit sorgen, für den andern Fall – sieh, lieber Sohn! – hab' ich gesorgt. In der hintern Kammer droben, wo der Plunder liegt, da habe ich noch in den jüngsten Tagen, um dir Mühe und Geld zu ersparen, einen Strick befestigt an einem Nagel, der hält. An diesem magst du dich dann aufhängen; es sieht dich da kein Mensch und es kräht dir kein Hahn nach. Erwäge denn die Sorgfalt deines Vaters und erfülle seine letzte Willensmeinung. Nach diesen Worten starb der Vater. Der Sohn that, wie der Vater gesagt. [80] Er verschlemmte und verdemmte in kurzer Zeit all dessen Geld, Hab' und Gut, und es blieb ihm zuletzt nichts übrig, als Armuth und Schande. Und wie er nun bedachte, was weiter zu thun wäre, so hielt er's noch für's beste, daß er sich selbst aufknüpfe, wie es des Vaters Wille gewesen. Also eilte er zur dunkeln Kammer hinauf, und legte sich den Strang um den Hals. Aber in dem Augenblicke, als er anzog, sieh! da lösete sich die Falle an der Decke, und es überrieselte ihn alsbald mit Gold- und Silberstücken. So hatte es der gute Mann veranstaltet, und er hat sich auch in seiner Hoffnung nicht betrogen. Der Sohn erwägte die Sorgfalt seines Vaters, und erfüllte nun seine rechte letzte Willensmeinung. – Merk: eine solche Desperations-Kur ist ein Fall, der gar selten vorkommt in der Weltgeschichte.

26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

26. Das Testament des Vaters.

Ein Vater hatte drei lasterhafte Söhne. Der eine war ein Buhler, der andere ein Spieler, der dritte ein Säufer. Als er nun zum Sterben kam, verordnete er in seinem Testamente: daß derjenige, der unter ihnen als lasterhaft befunden würde, von den andern enterbt werden sollte. Da entstand denn großer Streit unter ihnen. Jeder warf dem andern sein Laster vor, und jeder entschuldigte das seinige, und keiner wollte am wenigsten vom Erbtheil lassen, das ihm ohnedies zugestanden wäre. Endlich, als sie auf diese Art kein Ende des Streites vor Augen sahen, so beschlossen sie, das Urtheil einem Manne zu übertragen, der als ein weiser und unbescholtener Schiedsrichter in der Stadt bekannt war. Dieser, nachdem er ihren Vortrag angehört, erklärte rundweg: er wisse nicht, welches Laster größer, vor Gott sündhafter und des Menschen Seele und Leib verderblicher wäre, ob die Buhlerei, oder die Spielsucht oder die Trunkenheit. Und er suchte ihnen nun, einem jeden, [81] das Schändliche und Schädliche seines Thuns und Treibens vorzustellen. Der Buhler und der Spieler ließen sich auch bald berichten, und sie vermochten zuletzt zur Entschuldigung nichts vorzubringen, als ihre Jugend und ihren Leichtsinn. Nur der Säufer suchte allerlei Einreden zu machen, und hängte seinem Laster ein Mäntelein um, daß es ein ganz unschuldiges Ansehen gewann. Da nahm der Richter das Wort und sprach zu demselben: Ich will dir eine Geschichte erzählen, woraus erhellt, wie ein gar großes Laster die Trunkenheit sei. Es lebte zu einer Zeit ein Mann, der Haus und Hof verlassen hatte, und in die Einöde gekommen war, um da Gott zu dienen in Armuth, bei Arbeit und Gebet. Und er brachte es auch gar bald zu einem solch heiligen Sinne und Leben, daß er sich keiner unlautern Regung, keines sündhaften Gedankens mehr bewußt war. Aber der alte Feind, der nie ruhet, beschlich zuletzt doch sein Herz, das freilich nicht leer war von Stolz und Dünkel. Er erschien ihm im Gewande eines Engels des Lichts, und sagte: du dünkest dich hoch in Gnaden bei Gott, aber du fühlest nicht, wie tief du stehest, tiefer noch als jene, deren Sünden du meidest. Weißt du nicht, daß einer, der in eine Sünde fällt und wieder aufsteht, vor Gott angenehmer ist, als neun und neunzig Gerechte? Willst du also das höchste Heil erwerben, so mußt du eine schwere Sünde begehen. Ich nenne dir aber deren drei, die von Belang sind: den Todtschlag, den Diebstahl und die Trunkenheit. Der fromme Mann, als er dies gehört, entsetzte sich über den Antrag, und schlug ihn, so viel er vermochte, aus dem Sinne. Aber von der Zeit an empfand er Unruhe, und er konnte sie nicht bewältigen; denn der lüsterne Gedanke, durch die Sünde zur höchsten Gnade zu gelangen, stak in seinem Herzen wie ein Stachel, der ihn peinigte. – Nun geschah es eines Tags, daß bei finsterer Nacht, während es draußen stürmte und regnete, ein Wanderer zu der einsamen Zelle kam, und um Obdach bat. [82] Es war ein Kaufherr, der sich in dem Walde verirrt hatte, und mit seinem ermüdeten Pferde nicht mehr des Weges weiter konnte. Der Einsiedler öffnete, und der fremde Mann trug Sack und Pack in die Stube, nachdem er das Roß versorgt hatte. Indem nun beide einander gegenüber saßen, langte der Kaufherr ein Paar Flaschen guten alten Weines hervor, und lud den Einsiedler ein, an dem köstlichen Labsal Theil zu nehmen. Der Waldbruder weigerte sich anfangs dessen; als aber der Kaufherr weiter in ihn drang, so nahm er ein Gläslein an, das ihm wohl schmeckte. Der Kaufherr erzählte nun von seinen Reisen und den Abenteuern, die er bestanden, und er schenkte dem Einsiedler von Zeit zu Zeit wieder ein, das sich dieser gefallen ließ. Allgemach merkte er jedoch, daß ihm der Wein zu Kopfe stieg, und er wollte sich noch zu rechter Zeit zurückziehen. Er hatte aber so viel Wohlgefallen an den Geschichten und Schwänken seines Gastes, daß er sich von seiner Gesellschaft nicht zu trennen vermochte. Und indem ihm der Kaufherr noch immer zusetzte, er sollte als guter Wirth Bescheid thun, da fiel ihm jener Gedanke und der Rath ein, durch eine böse That Gott zu versuchen, und er dachte sich: ein Räuschlein sei doch unter allem Schuldigen das Unschuldigste. Und er trank und trank, bis er schier von Sinnen kam. Dann entfernte er sich, und legte sich auf sein Lager. Aber er konnte nicht schlafen. Die Geister des Weins regten alle Geister auf. Es traten die Freuden der Welt vor sein Auge, und die sinnlichen Gelüste, die bisher geruht, wachten auf in seinem Herzen. Und es überkam ihn ein unaussprechlicher Ekel an seinem, von Welt und Menschen entfernten, lieb- und freudlosen Leben in der Einsamkeit, und er faßte den Entschluß, mit dem Kaufherrn des andern Tags wegzuziehen und zur menschlichen Gesellschaft zurückzukehren. Aber indem er nun in Traurigkeit seiner Armuth und seines Ungeschickes gedachte, um in der Welt fortkommen zu können, da fiel ihm ein Gedanke ein, der [83] ihn zu jeder andern Zeit mit Entsetzen erfüllt hätte, jetzt aber mit Hoffnung und Freude erfüllte. Und er führte ihn sogleich aus; denn er erschlug den Mann, und raubte ihm sein Geld und Gut. Also ward er aus einem Trunkenbold zugleich ein Räuber und ein Mörder. – Siehst du nun – sagte der Richter, indem er sich wieder an den Jüngling wandte – wie groß das Laster der Trunkenheit sei, da es der Anfang und die Ursache aller andern und der größten Laster ist. Der junge Mensch stand beschämt da, und er erwartete schon das strenge Urtheil, das ihn, als den Lasterhaftesten, enterben sollte. Da nahm der Richter wieder das Wort, und sprach: Und so seid ihr denn alle drei gleich verdammenswerth, und keiner hat Ursache sich über den andern zu stellen. Nun aber vernehmt, was, wie ich glaube, euren Vater zu dieser seiner letzten Willensmeinung bestimmt haben mag. Er wollte wol nichts Anderes damit, als daß einer den anderen tadle, drohe und bestrafe, und daß jeder von euch in sich gehe, damit er nicht in die angedrohte Strafe verfalle. Und dieses Testament seiner Liebe und Vorsorge erfüllet nun denn, und jeder thue es dem andern zuvor in einem löblichen Lebenswandel vor Gott und den Menschen. Mit diesen Worten entließ er die drei Brüder, und jeder hütete sich nun wol, daß er nicht in das alte Unwesen verfiele, aus Furcht, es möchten ihn die beiden andern enterben. Und so war der Anfang zu ihrer Besserung gemacht; wie es denn des Vaters Absicht gewesen bei seinem Testament.

27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

27. Der Wahrheit Lohn.

An einem Abend spät saß noch vor eines Bauern Haus ein Wandersmann auf einem Block. Da der Bauer vom Feld kam, sprach er zu ihm: Guter Gesell, was sitzest du da? warum gehst du nicht in eine Herberg, daß du nicht [84] da unter dem Himmel die Nacht weilen müssest? Der Wandersmann sagte: Lieber, guter Freund, ich habe eine Gewohnheit an mir, die mich unleidentlich macht allen Leuten, so daß sie mich nirgendswo vertragen mögen. Der Bauer fragte: Was ist das für eine Gewohnheit? Er antwortete: Ich sage Jedermann die Wahrheit. Ei, sprach der Bauer, das ist eine gute Gewohnheit. Komm zu mir herein; du bist mir ein werther Gast. Der Gesell ging mit dem Bauer in das Haus. Der Bauer rief seiner Hausfrau, und sprach: Grete, back' Küchlein; ich habe einen Gast überkommen. Da sie also aßen, da nahm der gute Gesell alles wahr, wie man Haus hielt. Und es war Niemand in dem Haus, als der Bauer, der hatte ein Bletzlein vor dem Auge, und dessen Hausfrau Grete, die hatte nur ein Auge, und ihre Katze, die hatte ein Auge, das troff. Als man nun am besten Essen war, so sprach der Bauer: Lieber Gesell, du sprichst, du sagest allwegen die Wahrheit. Sag mir nun auch die Wahrheit. Der Gesell antwortet: Lieber Wirth, Ihr werdet zornig und bös über mich. Der Bauer sagte: Nein. Da betrachtete der Gesell nochmal die Katze, den Mann und sein Weib, und sprach dann: Wenn ich recht sehe und ich mich anders nicht irre, so habt ihr alle drei, du, deine Frau und deine Katze, weger! nicht mehr als drei Augen. Was geschieht? Die Katze kratzt ihn, das Weib schilt ihn, und der Mann jagt ihn mit der Ofengabel zum Loch hinaus.

28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

28. Sanct Peter mit der Geige.

Als unser Herr einstmals mit Sanct Peter über Land gegangen, kamen sie vor einem Wirthshaus vorbei, wo eben eine Hochzeit gehalten wurde. Wie nun Sanct Peter hörte, daß es drinnen so gar lustig zugehe, so gelüstete es ihn, da Einkehr zu nehmen, und er sagte das dem Herrn. [85] Der aber sprach: Es ziemt sich das nicht; und wer sich unter die Kleien mischt, den fressen die Schweine. Petrus aber ließ von seinem Begehren nicht ab, sondern ging in das Haus, gegen die Warnung des Herrn. Als er nun in die Stube trat, und ihn die Gäste von hinten und vorne besahen, da sagte einer: Juchhe! jetzt haben wir auch einen Spielmann. Und zu Petrus gewendet, sprach er: Spielmann, mach' auf! Es hatte nämlich dieser Gast eine Geige auf dessen Rücken gesehen, die freilich nur gemalt war – was der Herr insgeheim so veranstaltet hatte. Petrus, als er die Rede des Gesellen vernommen, wendete ein: daß er kein Spielmann sie und auch nicht aufspielen möge, sondern daß er ein Trünklein und ein Bißlein zu sich nehmen wolle als freundlicher Gast. Der Geselle, darüber erbost, sagte: Wozu trägst du denn eine Geige auf deinem Rücken, wenn du kein Spielmann bist und nicht aufspielen willst? Sind wir keine ehrlichen Leute für dich? Petrus verlor jetzt auch die Geduld, und er sagte keck: Wenn er eine Geige hätte, so würde er ihm den Fiedelbogen um den Kopf schlagen. Dies gesagt, packte ihn der halbtrunkene Geselle und wies ihn zur Thür hinaus. Nachdem Petrus so seine Lust gebüßt, ging er des Weges und traf gar bald den Herrn, der, unter Palmen ausruhend, seiner harrte. Petrus erzählte nun, wie es ihm ergangen; worauf der Herr erwiderte: Wer nicht hört, der mag fühlen.

29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

29. Die Verwalter.

Ein reicher Herr, der ein großes Landgut besaß, bestellte sich einen geschickten Schaffner oder Rentmeister, der mit Lesen und Rechnen und Schreiben gut umzugehen wußte. Denn er dachte: geschickte Leute wissen das Ding besser anzugreifen, als ungeschickte; und er hatte soweit nicht unrecht. Aber es schlug ihm diesmal doch fehl; denn der [86] bestallte Rentmeister war ein Schalk, und er hatte immer schmierige Hände, woran des Herrn Geld zur Hälfte hängen blieb; und ob er zwar seine Rechnung auf dem Papier ganz richtig und stellte, und am Ende mit deutlichen Buchstaben geschrieben war: Das thut, so war nach Verlauf eines Jahres doch nichts gethan; denn im Beutel war kein Geld. Da dachte der Herr: Ich will es einmal mit einem recht ungeschickten Schaffner versuchen; und soweit hatte er unrecht; aber es schlug diesmal doch ein. Der neue Schaffner konnte zwar weder lesen, noch schreiben, noch rechnen; aber er war ein ehrlicher Mann, zudem verstand er den Landbau und was dahin gehört, und sah überall selbst nach und legte die Hand dazu, wo es nöthig war. Wie nun das Jahr herum war, sprach der Herr zum Schaffner: Wir wollen mit einander rechnen. Der Schaffner war gleich bereit dazu, und brachte eine große Tasche her bei, die zwei Beutel hatte, und sagte: In diesen Beutel hier habe ich das Geld gethan, was ich eingenommen und wieder ausgegeben habe, und der ist leer, wie Ihr seht; und in den andern habe ich gethan, was ich erübriget habe, und der ist voll. Nun rechnet selbst mit der Tasche. Der Herr strich das Geld ein, ohne es zu zählen, gab aber auch dem Schaffner eine Hand voll, ohne es zu zählen. Zwischen ehrlichen Leuten, dachte er, braucht's keine Rechnung.

30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

30. Muth über Gut.

Es war einmal ein armer Handwerksmann, ein Leinenweber, der saß täglich schon in aller Früh in seiner Werkstatt und arbeitete. Und, wie er denn allezeit fröhlichen Muthes war, so sang er zum Zeitvertreib nebenbei manch schönes weltliches oder geistliches Liedlein, je nachdem es ihm just ums Herz war; und er hatte eine so klare und volle Stimme, daß die Nachbarn keines Haushahns bedurften, [87] der sie aufweckte. Dies war aber eben dem reichen Kaufherrn nicht recht, der neben ihm wohnte; denn wenn der vor Mitternacht nicht schlafen konnte wegen Geldsorgen, so mußte er nach Mitternacht noch wach bleiben wegen des vermaledeiten Singsangs des Nachbars. Er dachte daher ernstlich darauf, dem Unfug ein Ende zu machen. Verbieten konnte er's ihm nicht; denn das Singen gehört wie das Beten und Arbeiten, zum Hausrecht, darin Niemand gestört werden kann. Also mußte er andere Mittel gebrauchen. Er ließ den Handwerker kommen, und fragte ihn, wie hoch er sein Singen anschlage? Der meinte, einen Taglohn sei es sicherlich werth, da es ihm das Tagwerk selbst so leicht mache. Jener fragte weiter: wie viel das betrage? Der antwortete: so viel und so viel, und es war doch noch nicht viel. Darauf sagte der Kaufherr: er wolle ihn einen Monat lang zum voraus bezahlen, nicht für das Singen, sondern daß er still sei und das Maul halte. Und er legte ihm das Geld wirklich hin. Der Leinenweber dachte bei sich: leichter könne man sich's nicht verdienen; und er nahm das Geld und versprach, daß er still sein wolle wie ein Mäusle in seiner Werkstatt. Als er mit dem Gelde nach Hause gekommen, überzählte er es voller Freuden, und es war lauter gute Münze, und so viel, als er noch niemals zugleich beisammen hatte. Abends ehe er schlafen ging, liebäugelte er noch ein gutes Stündlein mit seinem Schatze, und Nachts legte er es unter sein Kissen, damit es ihm nicht etwa ein Dieb rauben könnte; und um Mitternacht hatte er es noch im Kopfe, und sann nach, was er damit anfangen und wie viel er gewinnen könne an Kapital und Zinsen; und Morgens, wie er aufstand, lag es ihm in allen Gliedern, wie Blei; sein Kopf war wüst von Nachtwachen und Sorgen, seine Hand schwer und lässig und versagte ihm den Dienst; und er durfte nicht singen. Die Zeit ging langsam und träg vorüber, so daß er den Tag kaum erwarten konnte. Inzwischen hatte [88] er es bei sich bedacht, und er war kurz entschlossen. Denn wer schon um acht Uhr in des Kaufherrn Laden stand, das war unser Leinenweber. Herr, mit Vergunst – sagte er, und warf das Geld hin – da habt Ihr Euern Plunder wieder; der Kobold läßt mich nicht schlafen. Und ehe noch der Kaufherr eine Widerrede thun konnte, war der Weber schon vor der Thür, und sang:


Ein frischer, froher Muth Geht über Geld und Gut. Trilirum, tralarum!

31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

31. Ein braver Kaufherr.

Ein armer Taglöhner arbeitete bei einem reichen Kaufherrn in München; und der Kaufherr lebt noch. Zu dem trat er eines Tages ins Schreibzimmer, und sagte: Herr, ich habe ein großes Anliegen. Mein Weib ist volle acht Wochen krank gewest, und Doctor und Apotheker kosten Geld. Und das brauche ich jetzt nun. Geschenkt will ich's nicht, sondern geliehen – so'n vier bis sechs Kronenthaler. – – Der Kaufherr sah ihn eine Weile an, und sagte dann ganz ernst: Hansel, wer von mir Geld leihen will, der ist mein Feind oder will es werden. Das verstand zwar Hans nicht, aber so viel merkte er, daß der Kaufherr ihm kein Geld geben wolle. Also ging er, hinter den Ohren sich kratzend, wieder zur Thüre hinaus. Als der Mann fort war, ließ der Kaufherr den Hausknecht kommen, und sagte zu ihm: Weißt du, wo der Hansel wohnt? Der Hausknecht sagte: Ja Herr, hinter den Sauställen, nicht weit von der Reiterkaserne. Da – sagte der Kaufherr, und gab ihm acht Kronenthaler – trag's ihm ins Haus, und gib's seinem Weib, und du brauchst eben nicht zu sagen, von wem es komme. Hast's verstanden? Der Hausknecht brachte richtig das Geld an seinen Ort, und sagte nicht, von wem es komme, sondern blos, er sei der und der und [89] diene bei dem und dem. Und also wußte Taglöhner, als ihm's die Frau erzählte, wie er dran war. Und des andern Tags an einem Sonntag, kam er mit sammt dem Weibe zum Kaufherrn, und sagte: Herr, wir kommen so eben aus der Kirche, und – – Gott vergelt's Euch zu hunderttausend Malen! Mehr sagte er nicht. Der Kaufherr nahm den Wechsel auf unsern Herrgott in Empfang, und dieser zahlt's ihm auch reichlich an Gut und Ehre, und an seinen vielen lieben Enkeln. –

32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

32. Ein braver Hausknecht.

Ein Christenmensch darf wol auch von seinem sauern Wochenlohn an Sonn- und Feiertagen oder sonstigen Festen sich eine ehrliche Lustbarkeit verschaffen, das wissen wir alle. Aber wenn er Gelegenheit hat, damit einem Elenden seine Noth zu erleichtern, so soll er sich lieber die Lustbarkeit versagen, und Gutes thun; das wissen wir auch alle, thun's aber nicht alle. Ein Hausknecht aber hat's gethan. Der war so eben drum und dran, auf eine Hochzeit zu gehen; und er hatte sein schönstes Kleid angelegt, und wie er sich so in seinem Schmuck vom Kopf bis zu den Füßen besehen, hat er bei sich gedacht: Ein schöner Kerl bist du, das ist wahr, und dein Mädel muß ihre Freud' an dir haben, wenn sie dich so geputzt sieht, wie ich an meinem Mädel desgleichen. – Und er drehte seinen Hut auf dem Kopf herum, und wollte schier in seines Herzens Freude einen Juchezer thun zum Voraus: Da trat ein fremder Mann in die Stube, der bat um einen christlich barmherzigen Beitrag für Abgebrannte. Das war nun so einer von den Augenblicken, wo es die Probe gilt, ob's mit der Frömmigkeit und der Nächstenliebe beim Menschen so oder so stehe. Bei unserm Hausknecht ist's gut gestanden. Er besann sich nicht lange, sondern dachte blos: Ei was! [90] geh' ich zur Hochzeit, so sind erstlich drei Gulden zum Henker; zweitens bring' ich einen matten und müden Leichnam nach Haus, und drittens – mein Mädel denkt christlich, und wenn ich ihr's sage, so krieg ich ein schiefes Aug' von ihr. Und kurz, ich lasse Hochzeit Hochzeit sein, und gebe das Geld den Unglücklichen! Und das that er denn auch. Und wie er auf seine Kammer ging, und die Kleidungsstücke wieder ablegte, wollte ihm freilich die Hochzeit nicht recht aus dem Kopf und daß er ein schöner Kerl sei. Aber noch stärker und süßer war der Gedanke: Du hast als ein braver Kerl gehandelt, und Gott wird dir's vergelten im Himmel droben. – Das ist geschehen in Tyrol, im Jahre 1824. Der Name des braven Hausknechts ist in den Zeitungen nicht gestanden, aber in dem Buche des Vaters der Armen ist er aufgezeichnet.

33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

33. Sagen aus Südbaiern.

1. Die verwüstete Alpe.

An der Grenze des bairischen Oberlandes, unfern desWendelsteins, ragen die Kaiserer empor, sehr hohe und schroffe Felsenwände, die einen großen Theil des Jahres mit Schnee bedeckt sind. In alten Zeiten sollen am nördlichen Abhang dieses Gebirges fruchtbare Alpen gewesen sein, und zahlreiche Heerden auf den fetten Matten geweidet haben, so daß die Menschen Ueberfluß hatten an Milch und Butter und Käs, und an allen zeitlichen Gütern.

Aber wie das Sprüchwort sagt: Reichthum gebiert Uebermuth, und Uebermuth gebiert Armuth, also geschah es auch hier. In Hülle und Fülle, wie diese Leute lebten, arteten sie immer mehr aus, und trieben es zuletzt so arg, daß sie Gottes Gabe, statt dafür zu danken, zu eitlem, freventlichem Spiele mißbrauchten. Sie erbauten sich eine Kegelstätte von lauter Käslaiben; dazu formten sie Kegel [91] aus Butter, und schossen darauf mit Kugeln aus Brod, und hatten ihren Jubel dabei, – das ruchlose Geschlecht! Da endlich ergrimmte der Himmel über sie, und es ereilte sie plötzlich Gottes schwere Rache. Denn in einer Nacht brach ein furchtbares Gewitter aus; Regenströme schwemmten von den Alpen alles fruchtbare Erdreich hinweg; die Felsen erbeten und stürzten über ihren Häuptern und Hütten zusammen. Und so ist es denn geschehen, daß von der Zeit an da, wo ehedem grüne Matten von Fett troffen, nur kahle, gähstotzige Felsenwände emporstarren, an denen kein Gras wächst, kein Gesträuch wuchert, kein Leben gedeiht, – eine große, menschenleere Wüste!

2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2. Der König Watzmann.

Vor langen Zeiten lebte ein König Watzmann; der hatte ein Weib und sieben Kinder. Er selbst aber war ein gewaltiger Jäger, dabei stolz und grausam; und seine größte Lust war es, begleitet von Weib und Kindern, und im Gefolge von Hunden und Knechten, auf den Gebirgen umher zu schweifen, die Gemsen und Hirsche zu hetzen, und an ihrem Blut sich zu weiden und an dem Aechzen und Stöhnen der Creatur. Eines Tages geschah es, daß König Watzmann, der wilde Jäger, vor die Hütte einer armen Hirtin kam; diese saß vor der Thür, ihr kleines Kindlein wiegend in ihrem Armen, und neben ihr lag ihr getreuer Hund, der ihre Heerde und Hütte beschützte. Flugs stürzen die wilden Rüden des Königs auf den Schäferhund los, einer von ihnen zerfleischt das Kind, der andere streckt die erschrockene Mutter nieder. Der König aber steht dabei, und sieht mit Lust das furchtbare Schauspiel an. Auf der Mutter Geschrei kommt der Vater aus der Hütte, mit dem Bogen in der Hand; und wie er das Entsetzliche gewahrt, da streckt er eine der wüthenden Rüden mit dem Pfeile nieder. Nun aber ergrimmt in Zorn der grausame König ob dem Fall seiner Rüde, und er hetzt Knechte und Hunde [92] auf den Hirten und die Hirtin, die nun, von den Wüthenden zerfleischt, auf den Leichnam ihres Kindes niedersinken. König Watzmann aber, und sein Weib und seine Kinder schauen mit Hohnlachen und Frohlocken auf die unschuldigen Opfer der Wuth. Da erhebt sich aus der Erde Schooß ein Brausen, der Sturmwind bricht los; eine Feuersäule steigt empor, sie umwirbelt den Wütherich und seine Brut und verwandelt ihre Riesenleiber in Stein. – Und noch stehen sie da, derWatzmann und sein Weib nebst ihren sieben Kindern, als ungeheure Felsenberge, zum Andenken und warnenden Beispiel, daß Gottes Rache alle diejenigen ereilet, welche den Schwachen zertreten und den Unschuldigen morden.

34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

34. König Bauer.

Ein König, der keine Leibeserben hatte, verordnete in seinem Testamente, daß derjenige sein Nachfolger im Reiche sein sollte, welcher nach seinem erfolgten Hinscheiden am ersten zum Thore herein käme. Der Zufall traf, daß dies ein schlichter Landmann war, der seines Gewerbes wegen die Stadt besuchte. Alsogleich umringte und ergriff ihn das Volk, und führte ihn im Jubel zum Palast. Und der Mann wußte nicht, wie ihm geschah. Dort angekommen, wurde er in ein Prunkzimmer geführt und mit kostbaren Kleidern angethan, und mit dem Schwert umgürtet, und mit Scepter und Krone geschmückt. Das war ihm recht. Darauf geleitete man ihn, unter Trompeten- und Paukenschall, in einen reich verzierten großen Saal, und man setzte ihn auf den Thron, und alle die, welche ihn umstanden, huldigten ihm in Ehrfurcht als ihrem König und Herrn. Das war ihm noch lieber. Endlich brachte man ihn in den Speisesaal, wo die Tafel mit dem Kostbarsten gedeckt war, was man nur finden konnte, an schmackhaften Speisen und Getränken aller Art. Das war ihm am allerliebsten. [93] Und so hielt er denn Hof wie ein König, und aß und trank wie ein König, und schlief zuletzt in einem schönen großen Gemache wie ein König. – Des andern Tages aber bekam die Sache eine andere Gestalt; er sollte nun auch amtiren wie ein König. Und es standen auch schon früh Morgens, ehe er noch aufgewacht, des Reiches Beamten im Vorzimmer, und ließen sich melden: es möge Seine Majestät geruhen, ihre An- und Vorträge allergnädigst zu vernehmen. Da deckte denn der Eine viele Mängel in der Verwaltung des Staates auf, und legte weitläuftige Pläne vor zur Verbesserung derselben in den verschiedenen Zweigen; der Andere schilderte den schlechten Zustand der Finanzen, und zeigte die Nothwendigkeit, die Staatseinnahmen zu vermehren, ohne den Unterthanen neue Lasten aufzulegen; der Dritte brachte Beschwerden und Bitten und Klagen und nichts als Klagen vor von Unterthanen, die sich durch Lasten bedrückt, in ihren Rechten gekränkt, in ihrem Fortkommen gehindert hielten. Und so kam Einer nach dem Andern, mit dem und jenem, und jeder wollte von Seiner Majestät Entscheidung und Unterschrift haben. König Bauer that sein Möglichstes, wie er denn von gutem Verstande und noch besserem Willen war; aber was er da alles hören und thun mußte, war ihm einmal zu viel, und er wünschte sich in sein enges Stüblein zurück, wo ihm niemand zur Last gefallen. Mittags schmeckte ihm das Essen nicht mehr recht, trotz allem Gesottenen und Gebratenen, zumal auch, da er vor und nach Tisch die Aufwartung vornehmer Herren und anderer Höflinge an nehmen mußte, deren Gesellschaft ihm zwar sehr glänzend däuchte, aber auch sehr langweilig. Und er sehnte sich abermals zurück an seinen ärmlichen Tisch, zum schwarzen Brode, das er mindestens in Ruhe und Frieden zu verzehren gewohnt war. Nachmittags sollte große Heerschau sein, derer, die sogleich in den Krieg ziehen mußten gegen einen trotzigen und mächtigen Nachbar; und König [94] Bauer, indem er die Reihen der Krieger durchritt, bedachte bei sich den Tod und Verlust so vieler junger, kräftiger Männer, und das Elend, das über Tausende hereinzubrechen drohte, und daß er, der König, die Verantwortlichkeit auf sich lade für das Blut, das vergossen, und für all den Jammer, der verbreitet werden sollte. Und Abends legte er sich mit kummervollem Herzen nieder, und wälzte sich in peinlicher Unruhe auf dem Lager umher, und er konnte nicht schlafen. O, wie wünschte er sich da zurück in sein stilles Kämmerlein, wo es ihm vergönnt war, obgleich auf hartem Lager, in erquicklicher Ruhe die Nächte zu verschlummern! – Da war sein Entschluß gefaßt. Des andern Morgens in aller Frühe ließ er sich seine Bauernkleidung vor sein Bett bringen, die er sogleich anzog; und als die Beamten sich melden ließen, trat er unter sie, und sprach: Sei König, wer da will; ich einmal will es nicht sein. Als Landmann habe ich blos meine Lasten zu tragen; als König sollte ich des ganzen Volkes Lasten tragen. Drum sei König, wer da will! Mit diesen Worten verließ er den Palast, und ließ sich seit der Zeit nicht mehr in der Stadt sehen. – – Das ist in fernen Landen und vor undenklichen Zeiten geschehen. In unsern Landen aber und zu unserer Zeit ist es freilich anders; da will fast jeder regieren und keiner gehorchen.

35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

35. Von der Ungleichheit der Stände.

Unter der Dorflinde, nach dem Gottesdienst, wurde den Bauern ein herrschaftliches Mandat verlesen, des Inhalts, daß sie zahlen sollten. Das war den Bauern nicht lieb; doch einige, die gescheidtern und bravern, fügten sich, und dachten, es sei einmal Recht und Herkommen, und steuern und sterben müsse man überall; andere aber murmelten und murrten durch einander, und sprachen von gemeiner [95] Leute Lasten, und von vornehmer Herren Wohlleben, und vom Unterschied der Stände, und von der Gleichheit aller Menschen; und der Kesselflicker, der am wenigsten zu bezahlen hatte, that das Maul am weitesten auf. Indem kam der Pfarrer aus der Kirche und die Linde vorbei, und der Kesselflicker, der ärgste und der keckeste, ging ihn an, und sprach: Herr Pfarrer, seid so gut, und erklärt uns das Sprüchwort: Da Adam reutete und Eva spann, wo war da wol der Edelmann? und sagt uns, wie es zuletzt gekommen, daß die Menschen so gar ungleich geworden sind nach Ansehen, Vermögen, Rechten und Pflichten. Der Pfarrer, der seinen Mann kannte und seine Absicht verstand, sprach: Das will ich euch sagen. Und die Bauern traten näher herbei. Da Adam reutete und Eva spann – fing der Pfarrer an – da gewann Eva viele Kinder. Auf eine Zeit wollte unser Herr Gott zu Eva gehen und besehen, wie sie Haus hielt. Nun hatte sie eben alle ihre Kinder auf ein Mal bei einander, und wusch sie und schmückte sie. Da aber Eva unsern Herr Gott sah kommen zu ihr, versteckte sie etliche ins Stroh, etliche ins Heu, etliche ins Ofenloch, die allerhübschesten aber behielt sie bei sich. Unser Herr Gott sah die geputzten Kinderle an, und sprach zu einem also: du sollst ein König sein; zum andern: du sollst ein Fürst sein; zum dritten sprach er: du sollst ein Edelmann sein; zum vierten: du sollst ein Burgermeister sein; zum fünften: du sollst Schultheiß, Vogt oder Amtmann sein. Da nun Eva siehet, daß ihre Kinder, die so hervor waren, so reichlich begabt waren, sprach sie: Herr! Ich hab noch mehr Kinder; ich will sie auch herbringen. Da sie nun kamen, waren sie ungeputzet, schwarz und ungestalt; die Haare hingen ihnen voller Stroh und Heu. Da sah sie unser Herr Gott an, und sprach zu ihnen: ihr sollt Bauern bleiben, Küh und Säuhirten, Ackerleute; etliche von euch sollen in Städten Handwerk treiben, bräuen, backen und den ersten Herren dienen. Zuletzt kam noch [96] einer hervor, der hinter dem Ofen geflackt, der allerwüsteste; zu dem sprach unser Herr Gott: du sollst ein Kesselflicker werden. Die Rede des Pfarrer ergötzte die Bauern, und sie lachten den Kesselflicker aus. Dann wandte sich der Pfarrer an einen alten, ehrlichen Mann und sagte: Das ist ein Mährlein, was ich euch erzählt habe, und steht nicht in der Bibel; aber wol steht in der Bibel, daß alle Stande von Gott seien, und daß man sie in Ehren halten soll; wie geschrieben steht: Gebet Jedermann, was ihr schuldig seid; Steuer, dem Steuer gebühret; Zoll, dem Zoll gebühret; Ehrfurcht, dem Ehrfurcht gebühret; Ehre, dem Ehre gebühret (Röm. 13, 7.).

36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern.

In einem alten Buch lieset man einen guten Schwank von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern. Die Edelleute, ihres Standes und ihrer Ehren eingedenk, wollten zu mehr Einkommen gelangen; und sie beschlossen daher, sich deshalb an den rechten Mann zu wenden, an St. Peter, dem, wie sie wußten, die Schlüssel zu allen Herrlichkeiten des Himmels und der Erde vom Herrn gegeben waren. Der Himmels-Fürst nahm sie auch auf in allen Ehren, als solche, die von Gott selbst schon der Geburt nach ausgezeichnet sind vor den übrigen Menschen; und er bewilligte ihnen alles, was sie verlangten: Auf- und Abfahrtsgeld, Besthaupt, Frohnen, Gilten, Heimfall, Küchendienst, Laudemien, Leibreicht, Scharwerk, Stift, Vogteihaber, Todtheil, Zehenten, Groß- und Kleinzehenten, Blut- und Naturalzehenten, und noch viele andere Steuern und Abgaben, wie sie des Namens heißen mögen. So nahmen sie denn mit Dank Abschied, und kamen, mit ihren Rechten und Gewalten zufrieden, in ihre Heimat zurück. Alsbald [97] empfanden auch die Bauern die Noth, und sie erseufzten schwer und erlagen schier unter den Lasten, die ihnen von den Edelleuten auferlegt wurden. Und wenn sie sich nun bei ihren Herren beklagten, so bekamen sie im gelindesten Falle die Weisung, daß es also im Himmel beschlossen sie, den Handel zwischen Edelleuten und Bauern betreffend. Da geriethen endlich die geplagten Bauern auf den Einfall, daß sie ebenfalls gen Himmel, zu St. Peter, zögen, und von ihm Wohlthaten ausbitten möchten; und sie setzten sogleich den Entschluß ins Werk. St. Peter nahm sie auch in Gnaden auf, und hörte ihr Gesuch in Geduld an; und nach angehörter Bitte übergab er ihnen einen langen Zettel, worauf alles verzeichnet war, was er zu verschenken und zu vergeben in der Macht hatte. Die Bauern durchsahen das Register fleißig und genau, von vorn und von hinten, aber sie fanden alles durchgestrichen von dem, was die Menschen sich wünschen mögen für dieses Erdenleben. Nur der Himmel war übrig und stand noch offen. Also baten sich die betrübten Bauern von St. Peter mindestens den Himmel aus, als absonderliche Wohlthat und Bauern-Privilegium; wogegen den Edelleuten, den Bauernschindern, die Hölle zum Erbtheil werden solle. Das ward ihnen denn auch bewilliget, und sie gingen fröhlich zurück in ihre Heimat. Als nun die Edelleute vernommen, daß die Bauern also lustig heimgekehrt seien, so fragten sie nach der Ursache solcher Freude, und was ihnen denn Gutes zugefallen sein möge, da doch St. Peter nichts mehr zu vergeben gehabt hätte. Diesen antworteten die Bauern: Sollen wir denn nicht fröhlich sein, da wir von St. Peter den Himmel erhalten haben? Da sagten die Edelleute: Hol uns der Teufel! Wir haben nicht an den Himmel gedacht. – Merk: Dies ist ein Schwank, und nichts weiter; aber die Bauern können daraus etwas lernen, und die Edelleute auch.

37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[98] 37. Vom Rathgeben.

Gib Acht, daß es dir nicht gehe, wie dem Spatzen, der andern Vögeln Rath gab, aber sich selbst nicht zu rathen wußte und vor Gefahr zu hüten. Es hat sich nämlich begeben, daß die Holztauben ein Nest mit Jungen auf einem hohen Baum gehabt haben; da ist der Fuchs gekommen, und hat gedrohet, er wolle hinauf steigen und die Jungen mit dem Neste nehmen, wenn sie ihm nicht ein Junges herabwerfen. Da sind die Tauben erschrocken und haben sich heftig gefürchtet. Zuletzt haben sie ihm ein Junges herabgeworfen; das hat der Fuchs genommen, und ist mit davon gezogen. Als er aber hinweg gewesen, hat der Spatz die Holztauben unterwiesen und gelehret: wenn er schon wieder käme, sollten sie ihm nichts geben, sondern sprechen, sie wären in ihrem Nest; wenn er kühn wäre, sollte er heraufsteigen. Da nun der Fuchs wieder gekommen, haben sie ihm nichts mehr geben wollen. Alsbald hat der Fuchs gemerkt, daß sie der Spatz gewarnt habe, der so eben auf einer nahen Dornhecke saß. Der Fuchs kehrte sich zu ihm, und schaute, wie er ihn möchte mit List hintergehen. Er sprach: Es ist doch ein freies Ding um einen Vogel, er kann hinfliegen, wo er will, und ist überall sicher vor dem Jäger. Allein das ist bös, daß ihr euch im Winter vor Kälte und Wind nicht könnt beschirmen. Darauf sprach der Spatz mit großem Rühmen: O es schadet uns der Wind nicht, denn wenn er auf der rechten Seite herwehet, so stecken wir den Kopf unter den linken Flügel; wehet er aber von der linken Seite her, so stecken wir den Kopf unter den rechten Flügel; und so können wir uns also vor allem Wind und Frost erretten. Da er nun ein langes und ein breites Geschwätz machet, spricht der Fuchs: Du sitzest zu hoch oben; ich kann dich nicht verstehen, denn ich höre sonst nicht recht wohl; und beredete also den Spatzen, daß er weiter herab saß. Da fragte ihn der Fuchs: Wie [99] er denn thäte, wenn der Wind von vornen herwehete? Da stieß der Spatz den Kopf zwischen die Beine in die Federn und wollt' es ihm zeigen. Der Fuchs aber, nicht unbehend, erwischte den Spatzen und fraß ihn. Also kam der Spatz um, der andern gerathen hat, sich selber aber wußte er nicht zu rathen.

38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen.

Als Eulenspiegel eines Tages über Land ging, holte er mehrere wandernde Bursche ein, die des Weges waren; und er gesellte sich sogleich zu ihnen, und belustigte sie mit seinen sinnreichen Einfällen und schalkhaften Schwänken. Nach einer Strecke wollten sie zukehren, und einen Imbiß einnehmen in einem Wirthshause. Da trat ein junger Geselle zu ihm, der zum ersten Male seiner Mutter Nest verlassen hatte, und er redete ihn an, sprechend: Meister, nach Euren Reden dünkt Ihr mir ein kluger Mann zu sein. So seid denn so gut, und rathet mir, wie ich es anzufangen habe in Reden und Geberden, daß ich nicht die Zeche zu theuer zu bezahlen habe; denn ich bin arm und noch jung und unerfahren. Da sagte Eulenspiegel: Du darfst nur den Wirth loben, sammt allem, was er aufsetzt. Das that denn der Geselle in reichlichem Maße; und, indem sie zusammen aßen und tranken, sprach er ganz laut, daß es der Wirth wol hören mochte: Wie ist dies Brod so schmackhaft! und wie ist dieses Bier so köstlich! Das nenne ich mir einmal ein Wirthshaus. Der Wirth hatte drob Gefallen; und als der Geselle die Zeche zuletzt bezahlen wollte, erhielt er den guten Groschen wieder zurück, und noch einen schlechten dazu. Aber draußen vor dem Wirthshaus schalten und tadelten ihn die Kameraden wegen der Lobreden, die er dem Wirthe gemacht, und sie sagten: [100] man solle vor den Wirthen auch das Beste nicht gut nennen; und einer gab ihm eine derbe Kopfnuß zum Gedenken, damit er in Zukunft klüger sei in Reden. – Um Mittag, ehe sie wieder zukehrten, wendete sich der gute Geselle wieder an Eulenspiegel, und sprach: Meister, Euer Rath ist mir schlecht bekommen; gebt mir einen andern und bessern. Da sagte Eulenspiegel: So magst du denn lieber den Wirth tadeln, sammt dem, was er aufsetzt. Das that denn der einfältige Geselle; und, als die Suppe kam, sprach er laut, daß es der Wirth hören konnte: Wie ist diese Suppe versalzen und überständig! Und als das Fleisch aufgesetzt wurde, hielt er sich die Nase zu, und sagte: Pfui! wie ist das Fleisch übelrüchig. Da sind wir in ein schönes Wirthshaus gerathen! Diese Reden gefielen den Kameraden; aber der Wirth machte ein böses Gesicht und sagte: Wenn dir mein Essen nicht schmeckt, so such' dir's anderswo. Und er zeigte ihm das Loch, das der Zimmermann gemacht hat. So mußte er denn ungegessen abziehen. Die Kameraden aber, als sie nachgekommen, lobten ihn wegen seines Muthes; aber sein Magen wurde davon nicht satt. – Des Abends, wie sie wieder in einem Wirthshause zukehren und da übernachten wollten, ging der Geselle wieder den Eulenspiegel an, und sprach: Meister, Euer Rath hat zu zweien Malen links ausgeschlagen, so wollet mir doch endlich den rechten Rath geben. Da sagte Eulenspiegel: Was ist da weiter zu rathen? Weil denn weder Loben noch Tadeln frommet bei den Leuten, so wird es wol am besten sein, gar zu schweigen. Das nahm jener sich auch vor, und hielt darauf fest. Als ihnen nun der Wirth, bei dem sie eingekehrt, Käse aufsetzte, und sie davon kosteten, fragte ihn der Wirth, der ihm zunächst saß: Wie schmeckt der Käs? Der Geselle schwieg, und kaute fort, wie ein Esel, der Teig frißt; denn der Käs war über die Maßen schlecht. Da sagte einer der Kameraden: Nun, so red' doch! vermeinend, er werde, wie der Affe, die Käste aus den Kohlen langen. [101] Der Geselle aber schwieg. Das legten sie ihm als Trotz aus, die Kameraden und der Wirth. Und als er auf wiederholte Aufforderung den Mund dennoch nicht aufthat, so jagten sie ihn vom Tische fort, und warfen ihn zur Thür hinaus. – Des andern Morgens, als die Gesellen des Weges vorbei gingen, an welchem er die Nacht im Freien zugebracht, hielt er den Eulenspiegel an, und schalt ihn, daß er ihn nun schon zum dritten Male zum Besten gehabt habe mit seinem Rathe. Eulenspiegel aber antwortete: Wem nicht zu helfen ist, dem ist auch nicht zu rathen. Mit diesen Worten ließ er ihn stehen, und zog seines Weges weiter. – Was ist aber aus dem Gesellen geworden? Wenn's ihr nicht wißt, ich weiß es nicht.

39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

39. Ueber den Umgang mit Bauern.

Man kann mit den Bauern schon zurecht kommen, wenn man's eben nur versteht ... In Leipheim (ist ein Städtle nicht weit von Ulm) fiel der Jahrmarkt gerade auf den Tag, wo auch Holzmarkt war. Wie nun die Krämer ankamen mit ihren Waaren, und wollten ihre Stände aufrichten, da fanden sie die besten Plätze schon von den Holzwägen besetzt, und die Bauern machten eben keine Miene, daß sie weiter fahren wollten. Da trat ein Krämer unter sie, und sagte in höflicher Weise: Liebe Leute, seid so gut, und macht uns hier Platz. Die Bauern schwiegen und hielten aber still. Drauf ging ein anderer zu ihnen, und schrie: Ihr donnerschlächtigen Kerle! wollt ihr weichen, oder nicht? Die Bauern lachten, sie wichen aber nicht. Zuletzt kam ein dritter, ein stattlicher Mann, aus dem nächsten Wirthshause; der verstand die rechte Weise. Er fragte den nächsten Bauern, wie theuer er seine Fuhre gebe bis vor das Haus? Der sagte ihm den Preis, und sie wurden sogleich eins; und der Mann sagte, er solle nur einstweilen [102] vor das Thor hinaus fahren; er werde gleich nachkommen und ihm den Platz bezeichnen, wo er's abladen solle. Desgleichen handelte er einem zweiten, dritten, und allen übrigen ihre Fuhren ab, und er bestellte sie sämmtlich vor das Thor. Die Bauern dankten, und fuhren mit Freude ab, und sie dachten: die große Bestellung sei gewiß für einen reichen Brauer in dessen Märzenkeller, und es könnte noch ein und das andre Mäßle gutes Bier statt des Trinkgeldes absetzen. – Als nun indessen die Markstände all geordnet und aufgeschlagen waren, kam der Käufer zu dem Bauern, die vor dem Thor seiner harrten, und er sagte: So, liebe Leute! Jetzt könnt ihr gemächlich fortfahren bis nach Höchstädt vor mein Haus. Es ist das dritte, links wenn man zum Thor hinein fährt. Ihr könnt nicht irren. Wenn ich dann Abends nach Hause komm', werd ich euch richtig bezahlen. Die Bauern schimpften; aber sie hielten vor dem Thor, bis andere Käufer kamen, denen sie das Holz nicht so weit führen durften vor das Haus.

40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

40. Ueber den Umgang mit Herren.

Ein schwäbischer Bauer sollte zum gestrengen Herrn, dem Amtmann, gehen, vor dem er noch nie gestanden war. Im Wirthshaus, wo er eingekehrt, um ein Gläslein Kuraschi zu trinken, erzählte er dem Wirth, was er vorhabe, und daß es ihm bang sei, indem er nicht wisse, wie er mit dem gestrengen Herrn zu Wort kommen könne. Da sagte der Wirth: Laß dir drum kein graues Haar wachsen. Mach's du nur, wie das Männle von Desingen. Der Bauer sagte: Das wisse er nicht, und er soll ihm's verzählen. Recht gern, sagte der Wirth, und erzählte, wie folgt: Das Männle von Desingen lag im Sterben. Er hatte aber dabei keine andere Noth, als wie er, wenn er nun in den Himmel käme, an unsern Herrgott das Wort [103] richten sollte. Das vertraute er seinem Weib an. Diese sprach: Was braucht's da viel Bedenken? Sag du nur: Grüß Gott, Herr! dann gibt ein Wort das andre. Das ging dem Männle von Desingen ein, und er sagte, daß er nun ruhig sterben könne. – Als der Bauer später wieder aus dem Amthaus gekommen, fragte ihn der Wirth, ob er seinen Rath befolgt und gut befunden habe? Ja wol, antwortete der Bauer. Ich habe zum Herrn gesagt: Grüß Gott, Herr! und der Herr hat dann zu mir gesagt: Was willst, Lump? Und so hat denn ein Wort das andere gegeben.

41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

41. Nachtwächter Thomas.

Nachtwächter Thomas, als er Alters halber seinen Dienst aufgeben mußte, erbat sich's vom Bürgermeister als eine besondere Gnade aus, daß er fortan wenigstens die Stadtuhr aufziehen dürfe. Es sei, sagte er, ein ganz eigenes Verdienst, den Leuten zu zeigen, woran sie sind. Das wurde ihm denn gestattet, und er zog auch fleißig alle Tage nach dem Kirchgang die Uhr auf und richtete sie. Es dauerte aber nicht volle vier Wochen, als Thomas den Bürgermeister bat, er möchte ihm den Dienst, den verdrießlichen, wieder abnehmen. Man könne es, sagte er, den Leuten nimmermehr recht machen. Wenn ich auch, fuhr er fort, die Stadtuhr genau auf Gottes Weltuhr richte, so sagen doch die Einen, sie gehe zu spät, die Andern, sie gehe zu früh; zu spät, z.B., sagen die faulen Schüler; zu früh die kargen Gewerbsmeister. Und so, schloß er, mag's ihnen der Teufel recht machen, ich nicht. Hierauf versetzte der Bürgermeister: Ich will Euch einen guten Rath geben, wie Ihr alle Theile zufrieden stellen möget. Beklagen sich die Gewerbsmeister, daß die Uhr zu früh gehe, so saget nur recht freundlich: Ich will mir alle Mühe geben und dafür sorgen, daß die Uhr ganz richtig zeigt. Und beklagen sich [104] die Schüler, so saget desgleichen: Liebe Kinder, ich will allen Fleiß anwenden, die Uhr so zu richten, daß sie ganz genau zeigt. Lasset aber, fuhr der Bürgermeister fort, bei dem allem die Uhr ruhig ihren Gang gehen; nur gebet den Leuten gute und freundliche Worte, und alle werden zufrieden sein und Euch in Ruhe lassen.

42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

42. Die sieben Züchten.

In einer ehemaligen Reichsstadt war ein Gericht von sieben ehrlichen Bürgern gesetzt, die man die sieben Züchten nannte, in welchem allerhand geringe Schmach- und Zankhändel erörtert und geschlichtet wurden. Nun begab es sich einmal, daß zwei Bürger auf offener Gasse in Streit geriethen; und als sie nach langem Gezänk von einander gingen, sagte der eine zum andern: Man kennt dich wol, was du für ein Vogel bist. Der andere legte ihm diese Worte übel aus, ließ ihn vor die sieben Züchten bieten, und klagte ihn deswegen an. Der Beklagte gab zur Antwort: er könne nicht in Abrede sein, daß er die Worte geredet; vermeine auch nicht, daß er übel geredet; denn sein Kläger heiße Finck; nun wisse aber Jedermann, was Finck für ein Vogel sei. Ungeachtet dieser Entschuldigung wurde er um einen Schilling (6 Kreuzer) gestraft. Er erlegte die Strafe willig, sagte aber nebenbei: ob er etwas fragen dürfte? Die Herren sagten: ja wol. Darauf sprach er: Meine günstigen Herren, ich bitte euch um Verzeihung, da ihr euer sieben seid, so möcht' ich wol wissen, wie ihr diese 6 Kreuzer mit einander theilet? Die Herren hielten dies für ein Gespött, und straften ihn abermal um einen Schilling. Nachdem er das Geld erlegt, ging er fort, und schlug die Thür aus Unwillen etwas hart hinter sich zu. Die Richter ließen ihn wiederum holen, und straften ihn wegen dieses Trotzes abermal um einen Schilling. Er zahlte und [105] ging seines Weges fort, that auch die Thür gar sanft zu, öffnete sie aber bald wieder und sagte: Ihr Herren, ist es so recht? Die Richter hielten es für einen spitzigen Stich, und straften ihn deshalb wieder um einen Schilling, worauf er denn fein still hinaus ging. Als er draußen war, sagte er: Ich glaube, wenn unser Herr Gott vor die sieben Züchten käme, er würde von ihnen gestraft. Dies hörte ungefähr ein Stadtknecht, und zeigte es seinen Herren an. Die ließen ihn wieder zurückrufen, gaben ihm einen scharfen Verweis, und straften ihn abermal um einen Schilling. Hierauf ist er gar bescheiden hinweggegangen.

43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

43. Die Faulheit in der Klemme.

Die Faulheit weiß immer eine Ausrede; hat sie keine, so macht sie eine ... Ein junger Herr von Adel hatte die Gewohnheit, daß er jeden Morgen im Bett liegen blieb bis in den Tag hinein. Seine Freunde machten ihm deshalb oft Vorwürfe, und schalten ihn seiner Faulheit halber. Da sprach er einstmals zu ihnen: Wie mögt ihr nur so reden? Ihr wißt nicht, was ich so lange zu schaffen habe im Bette. Jeden Morgen, wie ich die Augen aufthue, treten zwei Gestalten vor das Bett, die Strenge zur Rechten, die Milde zur Linken. Da nimmt nun die erstere das Wort, und spricht: Stehe auf, fauler Knabe! Es ist schon hoch an der Zeit. Du hast der Ruhe genug gepflegt. Auf, die Arbeit harret dein! Darauf spricht die andere: Bleibe liegen, lieber Knabe! Es ist noch zu guter Zeit. Die Arbeit kann warten; sie läuft dir nicht davon. Gönne dir immerhin noch einige Ruhe, Bester! Wiederum nimmt die Strenge das Wort, und sagt: Das Leben des Menschen ist kurz, und die Kunst ist lang. Sei ein Mann, und geh' freudig an dein Tagwerk. Hierauf die andere: Die Ruhe ist süß, und die Arbeit ist sauer. Sei kein Narr, [106] sondern wiege dich noch, wie ein Gott, auf dem flaumenen Pfühle. So reden denn beide lange hin und her; und ich, was soll ich thun? Ich versehe das Amt eines Richters, der beiden Parteien sein Ohr leiht, und sich weder zur Rechten noch zur Linken neigt, sondern eben sich ruhig verhält, bis der Streit zu Ende ist. Dann stehe ich auf. – Nun sage mir noch Einer, daß ich faul sei!

44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

44. Die guten Tage.

Eine Wittwe hatte einen Sohn, der war dumm und faul zugleich. Oft, wenn er noch im Bette lag, trat sie zu ihm hin, und sagte: Hans, steh auf! Nur wer früh aufsteht, bekommt einen guten Tag. Aber Hans dachte sich dabei: Mir ist der Tag so gut genug, und blieb liegen. Endlich nach oftmaligem Bitten und Mahnen, ließ er sich einstmals bewegen, und stand früh auf, und ging hinaus vor das Thor, wie ihm die Mutter geheißen hatte. Vor dem Thor aber legte er sich sogleich wieder nieder, so daß er seine Beine über den Weg hinaus streckte, den die Aus- und Eingehenden passiren mußten. Nun hat es sich in jener Nacht ereignet, daß drei Räuber eines Reichen Haus geplündert hatten, und sie wollten nun ihre Beute vor das Thor ins Sichere bringen. Wie nun der erste Räuber des Weges ging, stolperte er über des Schlafenden Beine, und, um nicht verrathen zu werden, grüßte er den Hans, den er sogleich erkannte, und sagte: Guten Tag, Hans. Hans, ohne sich zu rühren, sprach für sich, aber laut, daß es jener hören mochte: Das wäre der erste. Er meinte, der gute Tag, den er bekommen. Gleich darauf kam der zweite Räuber, wohl beladen, und er stolperte ebenfalls, und sagte wie der erste: Guten Tag, Hans! Und Hans sprach: Das wäre der zweite. Endlich kam der dritte, und fiel über die ausgereckten Beine, und, als er aufgestanden [107] und die Waare wieder aufgeladen, sprach er gar freundlich: Guten Tag, Hans! Worauf Hans sagte: Gott Lob, das wäre der dritte. Und er wollte nun aufstehen und davon gehen. Die Räuber aber, welche glaubten, daß er sie vermeint und ihren Raub entdeckt habe, gingen auf ihn zu, und verhandelten in Güte mit ihm, und sagten: er solle Theil haben an ihrer Beute, wenn er sie nicht verrathen würde. Das ließ sich Hans gefallen; und er ging mit dem eroberten Schatze heim, und warf ihn auf den Tisch, und sagte zur Mutter: Nun hab' ich einen guten Tag bekommen. Drauf legte er sich wieder ins Bett, und schlief fort bis auf den Abend, wo er aufwachte, um wieder einschlafen zu können.

45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

45. Schalk wird mit Schalk gefangen.

Ein abgedankter Soldat, der ein lustiger Geselle war, kam eines Tages in ein Wirthshaus, und wie er sah, daß man eben den Gästen das Essen auftrug, setzte er sich auch ohne Umstände an den Tisch; denn er dachte: Kann ich auch nicht zahlen, wie andere, so kann ich doch essen, wie sie, und das Uebrige will ich schon mit dem Wirthe abmachen. Die Gäste, welche vornehme Leute waren, Schreiber, Musterreiter und dergleichen, sahen den Soldaten nicht gern bei sich, und wollten ihn auf eine höfliche oder grobe Art auf die Seite schieben. Als daher die Suppe auf den Tisch kam, griff ein jeder nach einem Löffel, deren eben so viele auf dem Tische waren, als der Gäste; und sie sagten: Ein Schelm, der keinen Löffel hat. Der Soldat wurde nicht verlegen, sondern er machte geschwind einen Löffel von Brodkruste, die er an die Gabel steckte, und fuhr damit in die Schüssel und ins Maul. Und als die Suppe gegessen war, sagte er: Ein Schelm, der seinen Löffel nicht ißt. Was denn die andern bleiben ließen, und sie hatten den Schelm wieder, den sie ausgegeben. – Die Gäste hätten [108] ihm wieder gern eins angehängt, und sie nahmen zuletzt einen Becher mit Wein, und ließen den herumgehen, mit dem Bescheid: Wer den Wein im Becher fett oder schmutzig machen würde, der sollte die Zeche bezahlen. Das thaten sie aber darum, weil der Soldat einen großen Schnauzbart hatte, der lange nicht geschoren war, und sie meinten daher, es würde nicht fehlen können, daß er den Wein schmutzig machte. Aber als es an ihn kam, blies er dem Becher das Gesicht also aus, daß der Staub fast aus dem Becher gefahren, und nicht so viel darin geblieben, daß eine Mücke ihren Durst hätte löschen können. Worauf er den Becher den Gästen wies, und sie fragte, ob der Wein schmutzig sei oder nicht. Also mußten sie für ihn die Zeche bezahlen, was sie auch gern thaten, um des Spaßes willen, den ihnen der Soldat gemacht hat.

46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

46. Seltsames Roßfutter.

Der Müller von Knorringen war weit und breit in der Gegend als ein curioser Mann bekannt, der allerhand seltsame Streiche machte. Und also wunderten sich die Bauern nicht, die zu Grünwiesen im Wirthshaus um den Ofen herum saßen, daß er noch spät Abends bei grimmiger Kälte zu Pferd ankam; wol aber darüber, was er weiter that. Nachdem er nämlich in die Stube getreten, und sich darin umgesehen hatte, sagte er zur Kellnerin, sie solle eine Schüssel voll Salat mit Essig und Oel und harte Eier darauf zurichten lassen für sein Roß. Die Bauern dachten bei sich, das gibt wieder so einen Spaß, von dem man erzählen kann. Als der Salat fertig war, ließ er ihn wirklich in den Stall tragen für sein Roß; und die Bauern folgten alle neugierig der Kellnerin, zu sehen, wie es dem Vieh schmecke. Inzwischen setzte sich der Müller gemächlich auf die Ofenbank, breitete seinen Mantel aus, und ließ sich's [109] wohl sein. Nach einer Zeit kam die Kellnerin zurück mit den Bauern, und sagte: Das Roß frißt den Salat nicht. Nicht? sagte der Müller; nun, so freß ich ihn; und setzte sich an den Tisch und aß. Darauf, nachdem er die Zeche bezahlt, holte er sich den Mantel vom Ofen, und sagte höflich zu den Bauern: Habt Dank, daß ihr mir Platz gemacht! und ging weiter. Jetzt merkten erst die Bauern, daß er sie gefoppt habe, der vermaledeite Müller. Und wenn der günstige Leser das Stücklein nicht glauben mag, so geh' er nach Grünwiesen und verlange nur im Wirthshaus, so laut, daß es die Bauern hören mögen, Salat mit Essig und Oel und harte Eier drauf; er gebe aber Acht, daß ihm die Speise nicht versalzen werde.

47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

47. Seltsame Jagdpacht.

Ein böser Streich, den man einem andern spielt, ist ein böser Streich, und wenn er gleich eine lustige Jacke trägt, wie ein Hanswurst. Aber lachen muß man. – Solch ein lustiges Stücklein erzählt man von einem Franzosen, der wie der Leser merken wird, ein rechter Filu war. Der war bei einem Bauern im Quartier. Nachmittags, wie er hinter dem Ofen lag – die Fliegen ließen ihm nicht Ruh und Rast – dachte er aus langer Weile daran, wie er seinem Wirthe einen Possen spielen und ihm auf gute Manier einen dicken Thaler oder zwei aus der Tasche praktiziren könnte. Auf böse Einfälle kommt man leichter, als auf gute, absonderlich bei dem Müßiggang. Nun sagte er zum Bauern: Wirth, ick will dir abkauf die Fliegen in der Stube. Der Bauer meinte, der Soldat wolle ihn foppen, und sagte, er gebe sie ihm umsonst, und er solle sie nur alle todt schlagen, es geschehe ihm damit ein Gefallen. Nein, sagte der Soldat, umsonst ick nit mag, aber ick will kaufen sie, wenn sie will, um einen dicken Thaler. [110] Der Bauer dachte sich: Ist der Soldat ein Narr, so ist er's in meinen Sack; und sagte, wenn er so wolle, ihm sei's ganz recht. Der Soldat gab ihm den Thaler, und der Bauer steckte ihn lachend ein. Er hatte aber bald Ursache, mehr zu weinen, als zu lachen. Denn der Soldat holte jetzt seine Muskete hinter dem Ofen hervor, lud sie mit Schrot, und schoß, mir nichts dir nichts, auf das Getäfel, wo die meisten Fliegen hockten, daß es krachte, und die Fenster davon klirrten. Um's Himmels willen, was macht Ihr? rief der erschrockene Bauer. Ick schieß todt die Fliegen, die ick hab Euch abgekauft, – sagte der Franzose ganz ernsthaft, als ob sich das so von selbst verstünde; und er lud wiederum, und legte nochmals an. Da fiel der Bauer ihm in die Arme und auf die Kniee, und bat ihn bei allen Heiligen, er sollte doch sein Haus verschonen, und ihn nicht unglücklich machen. Der Soldat gab ihm zu verstehen: Solle er auf sein Recht Verzicht leisten, so müsse er Entschädigung haben, und Gewinn obendrein; und er verlangte nochmals so viel, als er dem Bauern gegeben hatte. Dem mochte es lieb sein, oder nicht, er mußte sich den Handel gefallen lassen, und bezahlen, was jener wollte. Und so merkte er denn zu spät, daß der Franzose kein Narr sei, oder wenn auch ein Narr, doch in seinen Sack. Lustig ist der Streich, und man muß lachen. Aber der redliche Leser denkt sich dabei: Ein Filu war er doch, der Franzose, und ich denk's auch.

48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

48. Der redliche Hans und die schlaue Grete.

Es waren zwei Brüder, die hatten jeder einen gar stattlichen Meierhof. Sie wohnten nicht weit von einander, und besuchten sich auch oft, wo sie dann über ihren Haushalt und ihr Fortkommen sprachen; und der eine konnte nicht genug die Redlichkeit seines Knechtes rühmen, und der [111] andere die Schlauheit seiner Magd. Nun hatte der ältere Bruder einen prächtigen Hengst im Stalle, und der jüngere eine eben so schöne Stute, beide von gleicher Farbe und Größe. Da kamen sie denn zu wiederholten Malen darüber zur Rede, und der eine wollte dem jüngern die Stute abhandeln, der andere dem älteren den Hengst; aber sie wurden nie des Handels eins, und jeder erklärte, es sei ihm sein Stück um keinen Preis feil. Einstmals, als sie eben wieder über die Sache redeten, sagte zuletzt der jüngere: Ich wette, daß ich doch noch deinen Hengst kriege, ohne daß du es erfährst; und dein Knecht führt mir ihn selbst zu. Drauf sprach der ältere: Und ich wette Hengst gegen Stute, daß dies nicht geschieht; denn wenn auch er selbst ihn stehlen wollte, er würde mir's sagen; so sehr vertraue ich auf ihn und seine Redlichkeit. Also war die Wette gemacht, und die Brüder schieden von einander.

Des andern Morgens ließ jener die Magd zu sich rufen, und erzählte ihr, was zwischen ihm und seinem Bruder verhandelt worden, und daß er nun auf ihre Klugheit und Verschlagenheit vertraue. Grete sagte: Laßt mich nur machen. Und sie ging noch desselben Abends hinüber in den Hof, und suchte den Knecht, den Hans, auf. – Guten Abend, Hans! Schönen Dank, Grete! Immer noch unmüßig? Muß wol sein! Ich hab' mich auch einmal um dein Wesen umsehen wollen, und wie du's mit dem Stalle hältst. Man rühmt deine Ordnung. Hans fand sich geschmeichelt; er lud sie ein; sie half ihm zur Arbeit; Hans bemerkte, daß Grete ein schönes Mädel sei. – Den Tag darauf – es war Samstag – kam Grete wieder. Guten Abend, Hans! Schönen Dank, Grete. Ist's dir recht, daß ich wieder komme? Ei ja wol! Hast du schon Feierabend? Es ist schon alles gethan; ich habe gedacht, daß du kommen mögest. Sie setzten sich zusammen, und plauderten ein Stündlein, und Hans bemerkte, daß die Grete, die Hex', ein gescheidtes Mädel sei. Und er lud sie ein [112] auf den nächsten Sonntag, wo er sie zum Tanz führen wollte. Grete kam, und Hans ging mit ihr, und sie tanzten bis spät in den Abend. Da sagte Grete mit Einemmal: Es ist spät geworden! Ich sollt' schon zu Haus sein. Was wird der Herr sagen? Geh, sattle den Hengst, und reit' mit mir heim! Hans ließ sich nicht zweimal bitten, und er nahm sie zu sich aufs Roß, und ritt fort in der Dunkelheit. Sie hielt ihn mit ihren Armen fest umschlungen. Und nun glaubte sie, es sei der Augenblick gekommen, um mit ihrem Anliegen heraus zu rücken, und sie eröffnete ihm: Daß ihr Herr den Hengst gern haben möchte, daß er ihr eine große Belohnung versprochen habe, und daß sie dann den Hans heirathen wolle. Willst, lieber Hans? fragte sie, und gab ihm einen Schmatz. Hans mochte wollen oder nicht, er mußte wol, und es war nur noch zu bedenken, wie er seinem Herrn etwas Blaues vor die Augen machen könnte, daß er den Diebstahl nicht merkte. Du lügst, sagte Grete, auf dem Heimweg wärest du verirrt, da hätten dich Wölfe angefallen, und das Roß, das du ihnen überlassen, aufgefressen. Für die Knochen laß nur mich sorgen; der Schinder hat deren im Ueberfluß und nach Auswahl. Sie sollen morgen an Ort und Stelle liegen. – Also war die Sache abgemacht, und Hans ließ den Hengst zurück, und kehrte zu Fuß heim.

Hans konnte aber nicht schlafen. Es ging ihm immer im Kopf herum, was und wie er's dem Herrn beibringen sollte den andern Morgen von wegen des Hengstes. Er wollte sich sogleich noch auf den schweren Gang vorbereiten und gleichsam einprobiren, ging zur Thür hinaus, klopfte an, trat ein, und kehrte sich an einen Besen in der Ecke, der seinen Herrn vorstellen sollte. Guten Morgen, Hans! Schönen Dank, Herr! Was macht mein Rappe, der Hengst? Ach Herr, der Hengst – – – Da blieb er in der Rede stecken, und konnte nicht weiter fahren. Er ging nochmals zur Thür hinaus, und that, wie das erstemal. Guten [113] Tag, Hans! Schönen Dank, Herr! Was macht mein Rappe, der Hengst? Ach, lieber Herr, der Hengst – – – Da blieb er wieder stecken, und die Lüge konnte ihm nicht aus dem Hals heraus, und sie fiel ihm auf's Herz, wie ein Centnerstein. – Des andern Morgens trat er frühe ins Zimmer seines Herrn. Guten Morgen, Hans! Schönen Dank, Herr! Was macht mein Hengst, der Rappe? Ach, Herr, sagte Hans, der Hengst, der Rappe – – – hier stockte er; er faßte sich aber, und sprach: Der Hengst ist gestohlen, und ich habe selbst den Dieb gemacht. Nun laßt mich nur gleich aufhenken. Er erzählte hierauf, was vorgegangen sei, und wie ihn die Grete beschwatzt habe, die Blitzhex', und wo der Rappe stehe, nämlich im Stall seines Bruders. Der Herr freute sich über die erprobte Redlichkeit seines Knechtes, und er verzieh ihm und versprach ihm noch dazu dieselbe Belohnung, wie sein Bruder der Magd gethan. Und, setzte er hinzu, ist's dir noch Ernst mit dem Heirathen, so nimm die Grete und führ' sie in mein Haus. So habe ich dann zu einem redlichen Knecht auch eine schlaue Dirne. Das war dem Hans recht; und so hatte denn die Redlichkeit die Wette gewonnen, und der andere, der auf Schlauheit gerechnet, hat Magd und Stute eingebüßt, und ist ihm ganz recht geschehen.

49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen.

Kaspar, der Kutscher, trat eines Morgens in das Zimmer seines Herrn, des Grafen, und sagte: Er bitte Seine Gnaden auf ein Jahr um Urlaub. Auf die Frage des Grafen: warum und wohin? antwortete Kaspar: Ew. Gnaden müssen wissen, daß ich in der Lotterie 20000 Gulden gewonnen habe; und da ist's mir denn in den Sinn gekommen, ich möchte auch einmal einen großen Herren spielen; [114] und so will ich mir denn vorerst eine Kutsche kaufen, mit einem Paar Rappen, und einen Kutscher dingen, der mich und die Rosse bediene, und dann nach Wien in Oestreich fahren und dort vollauf leben, so lang der Beutel reicht. Und wenn's aus und gar ist, dann komm ich aber wieder, und werde Ew. Gnaden bitten, daß mich Ew. Gnaden wieder in Ihren Dienst an- und aufnehmen. Der Graf schüttelte verwundert der Kopf, und er wollte ihm seinen thörichten Entschluß ausreden, und ihn dazu bewegen: er sollte lieber das Geld auf Zinsen anlegen, und sich sein Leben bequemer machen, und für sein Alter sorgen. Aber Kaspar blieb fest bei seinem Entschluß, und er sagte: Er sei einmal lang genug auf dem Bock gesessen; er wolle es nun einmal versuchen, wie es sich sitzet in der Kutsche selbst. Und der Herr Graf soll es ihm nicht für ungut nehmen. Der Graf, wie er sah, daß Kaspar sich nicht anders bereden lasse, gab ihm Urlaub, und da er ihn als eine ehrliche Haut kannte, und ihn auch sonst wohl leiden mochte, so setzte er gnädig hinzu: Wenn er über Jahr und Tag wieder komme, so wolle er ihn wieder in seinen Dienst aufnehmen.

Also fuhr nach einigen Tagen Kaspar, der Kutscher, in seiner eigenen Equipage ab, und gen Wien zu. Als er dort angekommen, logirte er sich in einem der vornehmsten Gasthäuser ein, wo nur Grafen und Barone und reiche Kaufleute wohnen. Da hieß es denn immer: Was schaffen Ew. Gnaden? Beliebt es Ew. Gnaden? Befehlen Ew. Gnaden! Und so meinte denn Kaspar zuletzt wirklich, er sei ein gemachter, vornehmer Herr, und er aß und trank und lebte auch wie ein vornehmer Herr. Die Bedienten im Haus aber merkten bald, wen sie vor sich hätten, und sie mischten darnach ihr Spiel. Seine Gnaden, sagten sie, wollten doch auch Partien machen, Gesellschaften geben, auf großem Fuße leben. Das ließ sich Kaspar, der sich geschmeichelt fand, nicht zwei Mal sagen; und es aßen und [115] tranken und lebten nun zwanzig Menschen, wie vornehme Herren, auf seine Kosten, in Hüll' und in Füll'. Noch war nicht ein halbes Jahr verflossen, als schon die Hälfte des gewonnenen Geldes verpraßt und verlumpt war. Das vornehme Leben war ihm ohnehin schon halb und halb verleidet, und er fing nun an, über sich und seine Lage nachzudenken, und beschloß, sich ein wenig einzuschränken, damit er nach Verlauf eines Jahrs doch noch ein kleines Sümmchen übrig behielte für seine alten Tage. Aber die lockern Gesellen hatten ihm schon zu sehr in ihrem Netze gefangen, daß er ihnen nimmer so leicht auskommen konnte; und da er selbst nicht mehr Haare lassen wollte, so sannen sie darauf, ihm auf andere Weise die Federn auszurupfen. Einmal wurden Seine Gnaden gebeten: Sie möchten dem und dem aus großer Noth helfen, und Geld borgen; was denn auch Seine Gnaden in der Milde Ihres Herzens thaten. Ein ander Mal wurden Seine Gnaden auch gelegentlich bestohlen; und da dies Seine Gnaden gar übel aufnahmen, und Lärmen machten, und einen Bedienten gar als Dieb bezeichneten, so wurde mit einer Injurienklage gedroht, der er sich nur durch eine freiwillige Gabe einer nicht unbedeutenden Summe entzog. Und die Zechen selbst wurden mit jedem Monate in dem Maße größer, als sein Essen und Trinken und sein Appetit geringer wurde. Endlich am Ende des eilften Monats, da er sah, daß es mit seinem Gelde auf die Neige gehe, beschloß er, Wien zu verlassen, und mit dem kleinen Reste seines Vermögens, gemächlich, und auf Umwegen in die Heimat zurückzukehren. Aber am Morgen, der zu seiner Abreise bestimmt war, wurden ihm noch von seinem Kutscher, der ein Spitzbub war und der's mit den übrigen gehalten hatte, eine Menge Scheine von angeblich nicht bezahlten Trinkgelagen außer dem Hause, und falsche Conto's von Sattlern, Schmieden, Schneidern, Schustern und Kaufleuten gebracht, so daß er, um diese Schulden zu tilgen, und um nicht, womit man ihm drohte, [116] in Unannehmlichkeiten zu kommen, seine Equipage, Wagen und Rosse verkaufen mußte. Der Erlös war so gering, daß er kaum so viel Gulden übrig behielt, als er Tausende gehabt hatte. Also trat er zu Fuß seine Rückreise an.

Nachdem er in der Stadt angekommen, wo sein Herr, der Graf, wohnte, ging er sogleich des andern Tags zu ihm, fröhlichen Muthes, und in der sichern Hoffnung, daß er werde bei demselben wieder einstehen dürfen. Da bin ich wieder, Ew. Gnaden – sagte er beim Eintritt ins Zimmer – ich, Kaspar, der Kutscher; und ich bitte nun Ew. Gnaden, daß mich Ew. Gnaden wiederum in Dienst an- und aufnehmen. Dar Graf, als ein freundlicher Herr, lächelte und sagte: Nun, Kaspar, weil Er Wort gehalten, so will ich das meine auch halten. Nun aber sage Er mir vorerst, wie ist's Ihm ergangen? und wie hat Ihm das Herrenleben gefallen? Kaspar antwortete: Das Herrenleben, Ew. Gnaden, ist eben kein herrliches Leben. Ich hab's nun auch probirt, und es reut mich just nicht; aber zum zweiten Mal möcht' ich es nicht mehr versuchen; denn was kriegt man zuletzt davon, als Finnen im Gesicht, Säure im Magen, und einen halben Schalk im Herzen? Das wird sich aber alles wieder machen, wenn ich erst wieder in die Ordnung komme, und zu den Rossen und auf den Bock. Der Graf lachte, und er sagte: Er solle nur an seine Arbeit gehen, wie vordem, und seine Sache gut verrichten. Das that er denn auch, und er blieb, bis an sein hohes Alter, wo ihm sein Herr eine gute Versorgung ausgeworfen, Kaspar der Kutscher.

50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

50. Die Meisterstücke.

Ein Zimmermann, ein Tischler und ein Drechsler sollten ihr Meisterstück machen. Da machte der Zimmermann ein Zimmer, das konnte sich selbst bewegen und auf- und zusammenthun, wie man es verlangte. Und der Tischler [117] machte einen Tisch, der konnte sich auch selbst bewegen, und aus- und ineinanderschieben, wie man's wünschte. Der Drechsler endlich machte Flügel, mit denen man fliegen konnte. Und Jedermann lobte die drei Meisterstücke, und man wußte nicht, welchem der Vorzug zu geben wäre. Aber kaufen konnte sie Niemand; denn sie standen so hoch an Preis, daß sie nicht zu bezahlen waren.

Also zogen die Meister gen Hof, wo sie ihre Werke an den Mann zu bringen hofften. Es waren aber da drei Prinzen, Söhne des alten Königs. Diese hatten große Lust, die Stücke zu kaufen: der eine das Zimmer, denn er saß gern im Trocknen und pflegte der Ruhe; der andere den Tisch, denn er liebte das Schlemmen und Demmen mit guten Zechbrüdern; der dritte die Flügel, denn er wünschte die weite Welt zu sehen. Es erstand nun jeder das Meisterstück, das ihm zusagte, gegen das Versprechen, er werde die Arbeit bezahlen königlich, wenn er einst König werden sollte; worauf denn die Handwerker eingegangen sind, jeder in der besten Hoffnung.

Nun hatte aber der alte König die Verordnung gemacht, daß von seinen drei Söhnen, ohne Unterschied des Alters, derjenige die Krone erhalten werde, welcher zuerst ihm eine Königstochter ins Haus brächte. Das wußten die drei Prinzen, und darum sann jeder auf Weg und Mittel, sich recht bald eine Prinzessin zu holen. Und so waren ihnen denn die kunstreichen Werke sehr willkommen. Und sie begaben sich auf die Reise, alle drei. Aber der, welcher das Zimmer gekauft hatte, stand spät auf und legte sich früh nieder, und so kam er nicht weit. Und der, welcher den Tisch hatte, hielt täglich lange Mahlzeit, so Mittags als Abends, und kam auch nicht weit. Aber der, welcher die Flügel gekauft hatte, der flog lustig fort über Felder und Wälder, weit in die Welt hinein.

Eines Tags, am späten Abend, kam er zu einem Thurm, von vielen Lichtern erleuchtet; da senkte er sich zur Erde, [118] fragte, und hörte nun, daß hier die allerschönste Prinzessin der Welt wohnte. Das vernahm er gern, und, da er ein offenes Fenster sah, so flog er hinein, und fiel der Prinzessin zu Füßen, und bekannte, daß er ein Prinz sei. Die Prinzessin nahm ihn freundlich auf, und war froh, einen jungen, schönen Prinzen vor sich zu sehen. Denn ihr Vater hatte sie eingesperrt, weil sie sich geweigert, einen alten König, dessen Nachbar, zum Manne zu nehmen. Es ward alsbald Abrede getroffen zur Flucht; der Prinz band sich wieder die Flügel um, und entfloh mit der Prinzessin bis in sein Land, wo er sie dem König, seinem Vater, vorstellte als seine Gemahlin. Der alte König vermachte ihm also sein Reich, und der junge König, seinem Versprechen getreu, belohnte den Drechsler königlich. Die beiden andern aber, sowol Prinzen als Handwerker, hatten das Nachsehen. Man erzählt jedoch, es sei dem Drechsler ergangen, wie das Sprichwort sagt: Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth. Und dem Tischler und dem Zimmermann sei es ergangen, wie ein anderes Sprichwort lautet: Ein Handwerk ist ein goldener Boden.

51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

51. Gevatter Tod.

Ein armer Mann hatte schon zwölf Kinder, und als ihm nun das dreizehnte geboren wurde, wußte er sich nicht mehr zu helfen, und lief in seiner Noth hinaus in den Wald. Da begegnete ihm der liebe Gott, und sagte: Ich will der Gött deines Kindes werden, und ich will einen Doctor der heiligen Schrift aus ihm machen, und er soll ein Heiliger werden im Himmel. Der Mann antwortete: Ich will dich nicht zum Götten meines Kindes; denn so müßte er ein Märtyrer und Kreuzträger sein auf Erden, sein Leben lang. Bald darauf begegnete ihm der Teufel, und sprach: Ich will dein Gevatter sein; und ich will dein [119] Kind zum Doctor der Rechte machen, und er soll Geld und Gut haben und alles Vergnügen auf der Welt. Der Mann versetzte: Ich will dich nicht zum Gevattermann; denn so würde mein Kind durch Unrecht ins Verderben kommen in alle Ewigkeit. Zuletzt begegnete ihm der Tod, der zu ihm sprach: Ich will der Tott deines Kindes sein, und ich will einen Doctor der Arznei aus ihm machen, und er soll reich werden an Ehren und Würden. Der Mann sagte: Du bist mir der rechte Gevatter, wie ich ihn wünsche; denn du machst keinen Unterschied zwischen den Menschen, und wie wir uns hier betten, so liegen wir dort, ohne dein Zuthun. – Zur festgesetzten Stunde kam auch der Tod, und hielt das Kind über die Taufe. Nachdem es groß geworden, kam er einmal wieder, und führte seinen Pathen in den Wald, und sprach zu ihm: Jetzt will ich dich zum Doctor machen. Nun ist zwar für den Tod kein Kräutlein gewachsen, und du magst's damit halten, wie du willst. Aber dieses Zeichen geb' ich dir, und wenn du es recht gebrauchest, so wirst du zu großen Ehren und Würden gelangen, wie ich deinem Vater versprochen. Drum merke: Wenn ein Mensch, der am Sterben liegt, durch den Priester die Oelung empfängt, da bin ich auch dabei; siehst du mich nun zu den Häupten des Kranken stehen, so wird er genesen; siehst du mich aber zu den Füßen desselben stehen, so wird er sterben. So kannst du denn allzeit zum voraus sagen, ob er wieder gesund werde oder sterben müsse. Und so wird es denn nicht fehlen, daß du in den bedenklichsten Fällen zu Rathe gezogen, und um deiner Wissenschaft willen mit großen Ehren und reichlichen Geschenken wirst überhäuft werden. Das hat denn auch der Doctor gethan, wie ihm der Tod gerathen; und es ist so geschehen, wie ihm sein Tott gesagt hat. Sein Ruf ging weit hinaus in die Länder; und was reich und vornehm war, ließ ihn holen, und er gewann an Gütern, Ehren und Würden so viel, daß er's kaum zu rechnen und zu schätzen wußte. Endlich [120] aber, als er zu hohen Jahren gekommen, verfiel auch er in Krank heit. Da, wie ihm nun der Priester das Sacrament ertheilte, schaute er sich um, und er sah, daß ihm der Tod zu den Häupten stand. Also prophezeite er den Umstehenden, daß er an der Krankheit nicht sterben werde, worüber sich alle verwunderten. Nach einem Jahre aber wurde er wiederum schwer krank, und in derselben Zeit sah er, zu seinem Schrecken, den Tod zu seinen Füßen stehen. Er faßte sich aber sogleich, und raffte seine letzten Kräfte zusammen und legte sich verkehrt, so daß der Tod ihm nun an seinem Haupte zu stehen kam; und er wurde wiederum gesund. Nach Verlauf eines Jahres befiel ihn dieselbe Krankheit, und er lag sterbensmatt im Bette. Während nun der Priester die Gebete las, und der Kranke die Sterbkerze in der Hand hielt, da wollte immer noch kein Tod erscheinen; aber plötzlich strich ein kalter Luftzug durch das Zimmer und löschte die Kerze aus, und in demselben Augenblicke war auch der Kranke todt.

52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

52. Die Räthsel.

Es saßen eines Tags im Wirthshause zum goldenen Kreuz etliche Handwerksburschen an einem Tische, und zechten lustig zusammen. Da kam auch ein Schneiderlein in die Zechstube, dem man's aber ansah, daß er sein Handwerk nicht leidenschaftlich treibe, denn er hatte einen alten abgeschabten Rock an, welchen er wol auf einem Täntelmarkt gekauft haben mochte, und die übrige Kleidung paßte ganz gut dazu. Der setzte sich ohne Umstände an den Tisch zu den Gesellen, und er langte seinen Beutel heraus, und verlangte von der Kellnerin um das Geld, das er drinnen hatte, eine Maß Bier und zwei Kreuzer Brod; thut sechs Kreuzer. Die Bursche sahen sich einander an, als wollten sie sagen: Der steht uns nicht an, und wir wollen ihn [121] vom Tisch vertreiben. Sie verabredeten sich, und schlugen vor: sie wollten sich der Reihe nach Räthsel aufgeben, und wessen Räthsel errathen würde, der müsse einen Zwanziger geben; wessen Räthsel aber nicht errathen würde, dem falle das eingelegte Geld zu. Und, sagten sie, wer nicht daran Theil nehme, der sei nicht ihr guter Kamerad, und müßte vom Zechtisch weg. Die Schelme dachten, das Schneiderlein, in dessen Beutel es ganz helle sei, werde sich sogleich auf und davon machen. Der aber sagte: Mir auch recht, und that mit einem guten Schluck den Kameraden Bescheid. Der Bruder Danziger nahm zuerst das Wort, und sagte: Bruder Wiener, wieviel Wege gehen von andern Orten nach Wien? Der Wiener antwortete: Keiner, denn alle Wege muß man selber gehen, reiten oder fahren. Jener mußte einen Zwanziger in die Büchse legen. Nun fragte der Bruder Wiener den Bruder Danziger: Wenn man zu Danzig durch das Olivaer Thor hinaus geht, was ist an der rechten Hand? Der Bruder Danziger sagte: er wisse das nicht, weil er nie zu jenem Thor hinaus gekommen sei. Da sagte das Schneiderlein: Die fünf Finger sind an der rechten Hand; und der Wiener mußte bezahlen. Nun kam die Reihe an den Bruder Schlesinger; der sagte zum Schneider: Weil du doch weißt, was fünf sei, so sag mir einmal: Wenn fünf Vögel auf einem Baum sitzen, und der Jäger schießt einen herunter, wie viel bleiben? Keiner, antwortete der Schneider, denn die übrigen fliegen davon. Der Vierte fragte: Warum schabt man den Käs? Man antwortete: Wenn er Federn hätte, so würde man ihn rupfen. Der Fünfte fragte: Welche Speise kann man nicht essen? Antwort: Die Glockenspeise. Der Sechste: Was ist das Beste am Salat? Antwort: Daß er sich biegen läßt, sonst könnte man ihn nicht ins Maul schieben. Der Siebente fragte: Warum läuft der Haas über den Berg? Antwort: Wenn der Berg unten ein Loch hätte, so würde er durch das Loch laufen. Der Achte: Wer sieht mehr, der [122] ein, oder der zwei Augen hat? Antwort: Der nur ein Auge hat; denn dieser sieht an dem Andern zwei Augen, der Andere aber nur eines. Der Neunte fragte: Welches ist der mittlere Buchstab im ABC? Einer, nachdem er lange nachgezählt, antwortete: Das N. Nein, sagte der Schneider, das B. Der Neunte mußte bezahlen, wie die Vorhergehenden. Der Zehnte fragte: Wo sind die höchsten Berge? Man sagte: Wo die tiefsten Thäler sind. Der Eilfte: Welche Kerze brennet länger, eine Wachskerze, oder eine Unschlittkerze? Die Antwort war: Keine brennt länger, sondern beide kürzer. – Jetzt kam die Reihe an den Schneider. Die Schelme hatten das Ding insgeheim unter sich abgekartet, daß sie die Bußgelder unter sich wieder vertheilen wollten, und drum haben sie sich lauter solche Räthsel aufgegeben, die der günstige Leser und Jedermann weiß, der das Haus- oder Reisebüchlein von Odilo Schreger gelesen hat. Der Schneider, dachten sie, werde sein Räthsel auch nicht weiter herholen, und, wenn sie's erriethen, hätten sie doch einen Zwanziger gefischt, der in die Zeche gehen sollte. Das Schneiderlein aber nahm, mir nichts dir nichts, die Büchse, und steckte die Zwanziger ein. Ihr errathet es doch nicht, sagte er; und ich möchte nicht, daß ihr euch den Kopf zerbrechet. Die Gesellen aber fuhren auf, und verlangten das Geld heraus, und das Räthsel. Nun, weil ihr denn so wollt, sagte der Schneider. Was ist das? das erste weiß ich allein; das zweite wisset ihr, aber ich nicht; das dritte ist sowol mir als euch unbekannt. Die Bursche dachten hin und her, aber keiner konnte es errathen. Da stand endlich das Schneiderlein auf, trank aus, und wollte mit dem Geld fortgehen. Jene sagten, sie wollten sich gefangen geben; aber er sollte ihnen das Räthsel auslösen. Der Schneider sagte, er wolle das thun, es koste aber noch einen Zwanziger, damit das Dutzend voll wäre. Aus großer Neugierde willfahrten sie ihm. Da sagte der Schneider: Daß meine Hosen zerrissen sind, das weiß ich, [123] aber ihr nicht. Und damit wies er ihnen das Hintertheil, und sie fanden es so, wie er gesagt. Dann nahm er den Hut ab, und sagte, als ob er betteln wolle: Das andere weiß ich nicht, aber ihr: ob ihr mir nämlich wollet Tuch zu einem Paar neuen Hosen verehren. Die Gesellen mußten nun selbst lachen; sagten aber, nein. Und das dritte, sagte der Schneider, wissen wir alle nicht, ob, wenn ich auch Tuch dazu hätte, mein Meister sie mir umsonst wollte machen lassen. Und mit diesen Worten ging er, sich höflichst verbengend, zur Thür hinaus.

53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte.

Die Hausregeln machen noch kein gutes Hausregiment, sondern der gute Wille, der die Regeln befolgt. Ein junger Ehemann wollte seine Hausfrau also schul-und schriftgerecht machen, daß sie ihr ganzes Thun einrichten sollte nach den Lehren, die er ihr gab; und damit sie's desto besser merken könnte, schrieb er ihr alles auf, und legte ein ganzes Buch an, und setzte auf das Buch den Titel: Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte. Und das war gut. Die Hausfrau, um Frieden zu haben mit ihrem eigensinnigen Herrn, befolgte seine Vorschriften genau, und kochte z.B. nach dem Kochbuch, das er ihr empfohlen hatte, und versalzte die Suppe damit, wie's drinnen stand im Buch. – Eines Tages gingen sie mit einander auf eine Kirchweih in ein Dorf zu ihren Freunden, und sie waren fröhlicher Dinge, und aßen und tranken, voraus der Mann. Der nahm ein Quärtlein oder Mäßlein Wein mehr zu sich, als er vertragen mochte, und wurde betrunken. Da sie nun heimgehen wollten, mußten sie über einen schmalen Steg gehen über ein Bächlein, und da der Steg nicht in die Kreuz und Quer lief, wie der Mann, sondern geradaus, so fiel dieser über den Steg hinab, und schrie: Hausfrau [124] komm mir zu Hülf'! Die Frau sprach: Ich will zuvor heim gehen, und will sehen, ob Ursula oder das Weib, wie es sein sollte, dir helfen soll. Da ihm nun das Wasser in das Maul ging, so kroch er selber heraus. Und als sie heim kamen, warf er das Buch in das Feuer, und sprach zur Hausfrau: Thu selbst, was du meinst, das recht sei. Und das war noch besser. Auch lebten sie von der Zeit an recht friedlich mit einander, und waren, ohne Vorschriften, Mann und Weib, wie sie sein sollten.

54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

54. Eine Lection für die Weiber.

Weib, mach' keinen solchen Staub in die Stube! Spritz erst auf, eh' du kehrst! So sagte der Mann. Aber: lange Röck', kurzer Sinn! Es vergingen wenige Tage, daß die Frau wieder auskehrte, ohne aufzuspritzen. Indem kam der Mann in die Stube, und als er den großen Staub sah, schalt er die Frau ob ihrer Vergessenheit und ihres Eigensinns. Die aber sagte, kurz angebunden: Magst einstweilen spazieren gehen, bis der Staub vergeht. Der Mann ließ sich das nicht zwei Mal sagen, sondern zog seinen Feiertagsrock an, nahm Stock und Hut und ging spazieren ins Wirthshaus. Dort traf er einen guten Nachbarn, den der Rauch aus dem Hause vertrieben hatte, und sie zechten und waren guter Dinge bis in die tiefe Nacht hinein. Dies lustige Leben setzten sie fort an dem andern Tage, und weil aller guten Dinge drei sind, auch noch am dritten Tage bis gegen Abend; und es gesellten sich inzwischen noch andere gute Nachbarn zu ihnen, die zwar nicht Staub und Rauch, aber der Durst ins Wirthshaus getrieben hatte. – Inzwischen hatte die Frau Zeit genug gehabt, ihre Betrachtungen anzustellen, und es waren sehr heilsame und fruchtbringende Betrachtungen. Denn des andern Tags spritzte sie über die Maßen auf, ehe sie auskehrte; und am dritten[125] Tage wusch und fegte sie sogar den Boden, nachdem sie erst noch sorgfältig Tisch und Bänke abgestaubt und die Fenster gereinigt hatte. – Endlich am Abend des dritten Tages machte sich der Mann mit seinen guten Nachbarn auf den Weg nach Hause. Er ließ es aber auch jetzt nicht an Vorsicht fehlen, sondern klopfte vorerst ans Fenster, und als die Frau geöffnet hatte, fragte er: Frau, ist der Staub nun vergangen? Die Frau lachte, und sagte: Ja; aber der Besen steht noch hinter der Thür. Das ließ sich der Mann gefallen; und die Frau merkte sich aber ihr Theil, und kehrte seit der Zeit nicht mehr aus, ohne aufzuspritzen. – Dies bedenket, ihr Weiber! Machet und leidet keinen Staub und Rauch im Hause, und schaffet die Männer nicht fort; denn sie bleiben ohnehin nicht gern daheim.

55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

55. Von einer dienstfertigen Frau.

Mach uns ein Abendessen zurecht, für mich und meinen Freund. Aber geschwind! In einer Stunde muß es fertig sein. So rief der Hausherr seiner Frau zu, im Vorbeigehen, zum Fenster hinein; und ging dann mit seinem Freunde weiter. Die Hausfrau dachte bei sich: Heute ist mein Mann kurz angebunden. Es ist doch sonst dies seine Art nicht. Aber weiß Gott, welche Gedanken verdrießlicher Art seinen Kopf einnehmen! Vielleicht hat er auch Mittags bei seinem Freunde ein Gläslein zu viel getrunken. Sei's, wie es will! Er soll seinen gedeckten Tisch finden. Und sie legte das Kind in die Wiege, und machte sich in die Küche, um ein Süpplein zu kochen und ein Pfanzel zuzubereiten, die Lieblingsspeise ihres Mannes. – Die beiden Freunde waren indessen fortgegangen, um den Verdruß zu verdauen, den sie Mittags gehabt. Der Hausherr hatte bei seinem Freunde gespeist. Das Essen wäre gut, und der Wein nicht schlecht gewesen; aber die Frau, welcher die [126] Einladung mißfallen, machte ein so saures Gesicht, daß alles nach Essig schmeckte, was sie aufsetzte. Darob gingen Beide verdrießlich hinweg; und unser Freund sagte: Willst du vorlieb nehmen mit Wenigem, so speise heut Abends bei mir. Du wirst wenigstens ein fröhliches Gesicht sehen und eine freundliche Rede hören von meiner Hausfrau, so ungelegen ihr auch die Gäste kommen mögen. – Die festgesetzte Stunde war indessen verflossen. Die Hausfrau deckte den Tisch. Das Kind ward unruhig. Sie setzte es auf den Tisch, und gab ihm die glänzenden Löffel hin, damit es damit spielen möge. Dann ging sie wieder in die Küche, um die Suppe anzurichten. Die Männer sprachen schon vor der Hausthür. Da, wie sie nun die Suppe auftrug, und das Kind wegnahm, bemerkte sie, daß es etwas auf dem Tische hinterlassen hatte, was nicht dahin gehörte. Die Männer öffneten schon die Stubenthür, und traten ein. Sie hatte aber Geistesgegenwart genug, und setzte den Leuchter auf das Ding, und empfing die Männer mit freundlicher Geberde. Der Hausherr fragte mit verstelltem Ernst: Ob das Essen fertig und ob genug da sei? Die Hausfrau sagte: Sie denke, mehr als genug. Nachdem die Suppe eingenommen war, trug sie das Pfanzel auf, die Lieblingsspeise des Mannes. Der aber schalt sie, und sagte: Das sei ein Alltagsessen, und keine Speise für einen Gast. Der Gast aber ließ sich's wohl schmecken, mehr der freundlichen Hausfrau zu Lieb' und Ehren, als um des Hungers willen. Auch schmeckte das Pfanzel gut. Nachher brachte sie Schinken, und geräucherte Zunge, und kalten Braten und Käs. Der Mann machte zu allem dem ein böses, trutziges Gesicht, und zuletzt fragte er: ob sie nichts weiteres mehr habe? Ja, was willst du denn noch mehr, Herz! fragte die Frau. Einen Dr.., sagte der Mann. Da hast du ihn, Schatz! sagte die Frau ganz wohlgemuth, und hob den Leuchter hinweg. Die Freunde lachten hellauf, als sie diese Bescheerung sahen. Nun mußt du mir aber [127] schon das Kind halten, sagte die Frau, damit ich das Zeug da bei Seite schaffen kann. Und nun erzählte sie, wie es geschehen sei. Und der Hausherr erzählte sodann auch ihr, wie er zu dem Einfall gekommen, ein Abendessen zu bestellen. Und der Freund war voll des Lobes über ihre Güte und Milde und Dienstfertigkeit. Also saßen die drei bis in die späte Nacht beisammen unter freundlichen Gesprächen. Sodann begleitete der Hausherr den Freund nach Haus. Da vernahmen sie denn, daß dessen Frau noch auf war, und beisammen saß mit mehreren Nachbarinnen und Gevatterinnen bei Thee und Punsch und Wein; und es war ein großes Geschwätze und Gelächter und Geschwirre im Zimmer. Die beiden Freunde schieden von einander, wobei jeder sich sein Theil dachte.

56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank.

Wenn die Weiber sich ihrer Lieb' und Treue gegen ihre Männer gar zu sehr überheben wollen, so erzählt man ihnen wol auch folgenden guten, alten Schwank: Eine Frau verlor ihren Mann durch frühen Tod. Sie hatten in großem Frieden mit einander gelebt, und nun, da er gestorben, schien ihres Jammerus und Klagens kein Maß und Ende zu sein. Sie wich nicht von dem Grabe weder bei Tag noch bei Nacht, und selbst der Pfarrherr konnte sie nicht ihres Leides getrösten. Nun stand nicht fern von dem Friedhof der Galgen. Daran hatten sie jüngst einen gehenkt, und aus Furcht, es möchte der Leichnam von dessen Verwandten gestohlen werden, hatten sie zu Nacht einen Schergenknecht hingestellt, daß er den Leichnam in Hut hielte. Als dieser nun des Weibes Weinen und Wimmern vernahm, wollte er zusehen, was das wäre; und da er die Ursache ihrer Trauer vernommen, so sprach er ihr freundlichen Trost zu, und gemahnte sie, des Todes zu vergessen [128] und das Leben wieder lieb zu gewinnen. Das wiederholte er so oft und trieb es so lange, bis sie des Handels eins wurden. Inzwischen ward ihm der Dieb vom Galgen gestohlen. Darüber hatte er großen Schrecken, denn es stund ihm sein Leben darauf. Er kam eilends zur Frau, und klagte ihr sein Leid, und bat sie um einen treuen Rath. Die Frau sprach: Spare deinen Kummer; ich habe einen Einfall, wie dir geholfen werden könne. Sie hieß ihn drauf den Strick vom Galgen holen; sie selbst inzwischen grub ihren Mann aus dem Grabe, und übergab ihn dem Schergenknecht, daß er ihn an den Galgen henken sollte an des Diebes Statt. Der Knecht sprach: O liebe Frau! es ist umsonst; denn der Dieb hatte einen kahlen Kopf. Dem ist leicht abzuhelfen, sagte die Frau; und sie rupfte ihrem Mann eilends alle Haare aus, und half also dem Schergen ihn an den Galgen henken. Drauf nahm sie der Knecht zur Ehe, und ließ sie der Lieb' und Treu genießen, die sie an ihrem Herrn begangen hatte. – Diese Geschichte steht in alten Büchern geschrieben; und darum muß sie wol wahr sein, ihr lieben, treuen Weiber!

57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

57. Das Brauttänzlein.

Zwei arme, alte Leute, Mann und Weib, arbeiteten eines Tages in ihrem Aeckerlein, das an der Straße lag. Und sie spateten und hackten von früh Morgens bis Mittag in Einem fort; und wie es Mittag war, hatten sie wol viel Hunger, aber wenig Brod. Da sagte das Weib und seufzte: Ach Gott, was haben wir doch verschuldet, daß es uns so elend geht! Der Mann, der eines immer heitern Sinnes war, sagte: Es muß denn wol sein, daß wir unser Brauttänzlein zu machen vergessen haben. Was meinst, Annamarie, wenn wir es jetzt nachholten? Und er packte sogleich das Weib um die Mitte und drehte sie, und sie [129] mußte selbst dazu lachen. Und weil es gar uneben auf dem Acker war, so gingen sie auf die Straße, und sie tanzten hier auf und ab und hin und her, bis sie endlich schwindlicht wurden und beide in den Straßengraben hinab fielen. Da lagen sie ...; und der Mann lachte, und das Weib schimpfte über das tolle Brauttänzlein. Wie sie aber nun aufstanden, da bemerkte der Mann eine Geldkatze daneben liegen, und sie war auch voll von Geld. Da schrie der Mann: Juhei! als ob's auf der Hochzeit wäre. – Jedoch bald darauf kam ein Kaufherr des Wegs, und er fragte die Beiden, die nun wieder an der Arbeit waren, ob sie keine Geldkatze gefunden hätten. Der Mann war gleich beschlagen und sagte: O ja! damals, als wir das Brauttänzlein gemacht haben. Hierauf sagte der Mann: So lang ist's nicht her, daß ich sie verloren habe und ging weiter. – In dem, was folgt, weichen nun die Erzähler von einander ab. Einige sagen, die Geschichte habe sich in Ober-Ehrlingen zugetragen, und der arme Mann habe die Katze dem Kaufherrn zugestellt, wofür er denn auch ein schönes Geschenk zu seinem Brauttänzlein erhalten habe. Andere dagegen behaupten, es sei in Unter-Ehrlingen geschehen, und der Mann habe das Geld behalten und die Katze obendrein. Und der günstige Leser mag nun glauben, was ihm das Beste zu sein dünkt.

58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

58. Das Bettlertestament.

Vor nicht gar langen Zeiten zogen die armen Leute Land aus, Land ein, und nährten sich vom Bettel; in unsern Tagen muß jede Gemeinde ihre Armen selbst ernähren. Und dieses ist auch recht, wenn's nur geschieht. Jene Bettlerfamilien hatten nun zwar weder Haus noch Gut, und von den Kindern hat's wol geheißen: Der ist in Staufen geboren, und die in Vils, und das im Kempter Wald. [130] Aber zu Haus waren sie überall in der Welt, und sie kriegten in der ganzen Christenheit zu Salz noch Schmalz, zu Brod noch Mehl; und sie mochten Tafel halten im grünen Waldrevier und unter dem blauen Himmelszelt; und Fürsten waren nicht reicher, als sie. Das bewies denn auch die Bettelmutter, des Zundlers Weib, von deren Testament die Sage geht. Als sie in Todesnöthen lag, ließ sie noch ihre acht Kinder zu sich kommen, um ihnen ihre letzte Willensmeinung zu sagen. Und sie sprach: Seid friedlich und einig, und störet einander nicht in eurem Gewerbe. Darauf, als ob sie, wie eine Herzogin, Land und Leute vergeben und vertheilen könnte, fuhr sie fort: Du, Toni, ziehst durchs Konstanzer Thal; du, Käther, gehst ins Walser Thal; du, Jörg, bleibst im Hindelanger Thal. Und so wies sie den folgenden Jedem sein Theil an; dem Vierten das Rettenberger Thal, dem Fünften das Oberstorfer Thal, dem Sechsten den Bregenzer Wald, dem Siebenten das Lechthal, dem Achten den Schüttentobel. Dann, nach geschehener Austheilung, ließ sie sich von Jedem die Hand reichen, zur Gewähr, daß sie ihr Testament ehren und erfüllen wollen, und verschied, in der ruhigen Ueberzeugung, daß ihre Kinder alle versorgt seien, und ihr Geschlecht fortblühen werde bis auf ewige Zeiten.

59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen, und wie er's ihnen eintränkt.

Es kamen einstmals einige lustige Gesellen, die sich auf dem Wege verirrt hatten, spät Abends in einer einsam gelegenen Mühle an, wo sie um Herberg nachsuchten. Der Müller, ein leutseliger Mann, nahm sie freundlich auf, und versah sie auf's beste mit Brod, Käs' und Bier genug. Also aßen und tranken sie bis in die späte Nacht hinein, [131] und trieben dazu allerlei Kurzweil mit guten Schwänken, an denen auch der Müller großen Gefallen hatte. Da konnte es denn nicht fehlen, daß es zuletzt auch über die Müller herging, welchen freilich vieles Böse nachgesagt wird, nicht mit Unrecht. So fragte denn der erste den Müller, ob er wol wisse, was das Beste sei in der Mühle? Der Müller antwortete: Nun ja wol, die vollen Säcke. Nein, sagte jener, sondern daß die Säcke nicht reden können; denn – – Schon gut, sagte der Müller, ich versteh's, wo's hinaus will. Ein zweiter fragte den Müller, ob er wisse, warum die Störche auf keiner Mühle ihr Nest bauen? Der Müller sagte: Nun ja, weil die klappernden Störche die klappernden Mühlen nicht leiden mögen. Schlecht errathen, sagte jener, sondern weil die Störche wissen, daß nicht einmal ihre Eier vor den Müllern sicher seien. Oho! sagte der Müller und lachte, aufs Dach gehen wir doch nicht hinauf, so lang es was zu fischen gibt in der Mühle. – Ein dritter nahm das Wort und sprach: Welcher Müller versteht am besten sein Handwerk? Der Müller sagte: Wol derjenige, der aus dem wenigsten Korn das meiste Mehl macht. Mit nichten, sagte jener, sondern der das Korn und das Mehl so fein mahlt, daß die Leute kaum wieder die Säcke finden. – Der vierte sagte: Ich verstehe auch etwas vom Handwerk, und habe oft auf der Mühle zugeschaut, wie's da zugeht. Wenn man das erste Wasser in der Mühle anläßt, so geht sie anfangs gar langsam, und sagt gleichsam: Es ist ein Dieb da, es ist ein Dieb da. Wenn man das zweite laufen läßt, so geht sie schon etwas geschwinder, und spricht gleichsam: Wer ist er? wer ist er? Endlich, wenn das dritte Wasser dazu kommt, so geht sie gar geschwind, und antwortet: Der Müller, der Müller, der Müller. – Es sagte darauf der fünfte: Wenn denn alle Müller Diebe sind, wie kommt es denn, daß man sie nicht alle aufhenkt, gleich andern Dieben? Narr, sagte der sechste, da würde ja das ganze Handwerk in Abgang[132] kommen, und man kann es doch nicht missen. Zuletzt langte der siebente seine Fiedel hervor, und sprach: Ich will dem Müller lieber eins aufgeigen, und er sang:


Müller, Müller, Metzendieb,

Hast die jungen Mädle lieb,

Eile, Müller, schütte drauf,

Gib der Mühle schnellen Lauf,

Nimm sein recht das Beutelgeld,

Daß kein Heller neben fällt.


So ging's denn fort, und die Gesellen hatten ihr Gespött mit dem Müller und der Müller machte auch kein schiefes Maul dazu. Er dachte aber bei sich: Wartet, ich will's euch schon eintränken. – Als sie nun schlafen gehen wollten, sprach der Müller: Er habe nur eine einzige Kammer leer, unter dem Taubenschlag droben, und zu der müsse man auf schlechter Stiege unter freiem Himmel hinaufsteigen. Den Gesellen war das gleichviel. Und sie brachen auf und stiegen die Staffeln hinan, und sie merkten wol, daß sie steil und schlecht seien zum Halsbrechen. Und als sie nun alle auf der Stiege standen – es war aber das große Wasserrad – so zog der Müller unversehens den Schluß auf, und, hopps! purzelte einer nach dem andern in den Gumpen hinab, wie Frösche, und sie zwatzelten und plätscherten drinn herum, wie Pudelhunde, die das Schwimmen lernen. Ersoffen ist jedoch keiner, und das kalte Bad hat ihnen weiter auch nicht geschadet. Der Müller sagte: Es thue ihm leid, daß die Stiege eingebrochen, und sie müßten nun schon in der Stube vorlieb nehmen. Das thaten sie denn auch, und sie schliefen gar wohl. – Des andern Tags sahen sie nun freilich, was das für eine Bewandtniß gehabt habe mit der Stiege; und der Müller lachte sie brav aus, und sagte: da habt ihr nun ein Stücklein mehr zu erzählen von den Müllern. Der Fiedler aber stimmte seine Geige, und spielte ihnen was auf, und sang:


[133]

Die Mühlen, die klappen,

Die Knappen, die schnappen,

Die Beutel, die strotzen,

Die Müller, die trotzen –


und so weiter. –

Als sie endlich aufbrechen wollten, und nach der Zeche fragten, sagte der Müller: Sie hätten dieselbe schon gestern bezahlt; sie sollten nur damit vorlieb, und nichts für ungut nehmen. Also sind sie als gute Freunde von einander gegangen.

60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

60. Ei, so lüg'!

Die Nachbarn saßen Sonntags Abend im Wirthshause beisammen, und der Schmied, der die letzten Kriege mitgemacht hatte, erzählte ihnen ein Langes und Breites von seinen Feldzügen, und sie hörten ihm gern zu, obgleich er mitunter log, daß die Balken hätten krachen mögen; denn es war ihnen etwas Neues. Unter andern erzählte er ihnen ein Stücklein aus dem Feldzug in Rußland. Eines Tags, sagte er, mußte ich weit über Feld reiten, um zu sehen, wo die feindlichen Posten stünden. Es hatte unmenschlich geschneit, und ich fiel oft so tief hinein, daß ich mit genauer Noth die Ohren meines Pferdes aus dem Schnee hervorgucken sah. Endlich komme ich an eine finstere Höhle. Ich konnte nicht rechts, nicht links ausweichen; ich mußte hinein. Ich reite in der Finsterniß fort, eine, zwei, ich reite sechs Stunden. Nun wird's wieder hell. Ich komme heraus, und sehe nun, daß ich in einem Fluß geritten bin, in dem aber kein Tropfen Wasser mehr war. Der Frost hatte das Wasser in die Höhe gehoben, und das war über mir zu einer dicken Eisdecke zusammen gefroren. Ei, so lüg! riefen die Nachbarn alle, bis auf den Ammann.

Nun, sagte dieser, ich möchte es doch nicht sogleich für gelogen halten, weil oft eine Erzählung klingt wie eine [134] Lüge, und ist doch keine. Gib ein Exempel, Alter! riefen die Bauern. Das will ich thun. Ihr kennt doch alle den Gemeind-Backofen unten am Dorf? Es werden nunmehr fünf Jahre sein, daß nicht mehr darin gebacken wird, weil der hintere Theil ziemlich zusammengefallen ist. Es ist Jammerschade, daß ihn die Gemeinde nicht wieder bestellen läßt. Wie ich noch ein kleiner Bub war, spielten wir immer Versteckens in dem Backofenhaus. Fünf Jahre, sage ich, sind's, seit er nicht mehr geheizt war. Gestern will ich daran vorbei, bleibe stehen, und habe so meine wehmüthigen Gedanken über das Zusammenfallen aller menschlichen Dinge und Backöfen. Ich weiß nicht warum, ich greife in Gedanken in die Oeffnung des Ofens, und – ihr mögt's glauben oder nicht – es brennt mich an die Finger. Ei, so lüg! riefen die Nachbarn alle, bis auf den Schulmeister.

Nun, nun, da könnte ich euch doch was Aehnliches aus meiner Praxis erzählen, sagte der Bader. Eine kranke Frau war unwissenden Quacksalbern in die Hände gefallen, die ihr Theriak und andern Quark in Menge eingaben. Die Frau wurde immer kränker, und beschloß, nun keinen Tropfen mehr zu gebrauchen. Fünf Jahre, eben so lange, als der Backofen nicht mehr geheizt worden, hielt sie Wort, und keine Arznei kam in dieser Zeit mehr über ihre Zunge. Da sie aber immer elender wurde, so ließ sie mich endlich rufen. Ich merkte gleich, wo der Hund begraben liege. Die falschen Mittel müssen erst alle wieder heraus, dachte ich und gab ihr ein tüchtiges Brechpulver. Was geschieht? Die Frau erbricht sich fürchterlich, und gibt den Theriak und den andern Quark wieder von sich, und wird von der Stunde an frisch und gesund. Ei, so lüg, ei so lüg! riefen die Nachbarn alle, sammt dem Ammann und dem Schulmeister.

Hör, Nachbar Bader, sagte der Schulmeister, an dir ist man das Aufschneiden gewohnt, und setz' dich nur sogleich [135] zu dem hin, der sechs Stunden unter dem Eis fortgeritten ist. Aber du, Ammann, wie ist's mit deinem Backofen? Du hast gesagt: deine Erzählung würde wie eine Lüge klingen, und wäre doch keine. Hat es dich wirklich nach fünf Jahren an die Finger gebrannt? Wie ich euch gesagt; es hat mich wahrlich an die Finger gebrannt. – – Es sind Brennnesseln im Backofen gewachsen.

3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[136] III. Abenteuer der sieben Schwaben.

Wie die sieben Schwaben nach Augsburg kommen

Wie die sieben Schwaben nach Augsburg kommen, und sich allda Waffen holen.

Als man zählte nach Christi Geburt eintausend und etliche hundert Jahr, da begab sich's, daß die sieben Schwaben in die weltberühmte Stadt Augsburg einzogen; und sie gingen sogleich zu dem geschicktesten Meister allda, um sich Waffen machen zu lassen; denn sie gedachten das Ungeheuer zu erlegen, welches zur selbigen Zeit in der Gegend des Bodensee's übel hauste, und das ganze Schwabenland in Furcht und Schrecken setzte. Der Meister führte sie in seine Waffenkammer, wo sich Jeder einen Spieß oder sonst was auswählen könnte, was ihm anstand. Bygost! sagte der Allgäuer, sind das auch Spieße? So einer wär' mir just recht zu einem Zahnstürer. Meister, nehmt für mich nur gleich einen Wiesbaum von sieben Mannslängen. Potz Blitz, sagte der Blitzschwab, Allgäuer, progle dich nicht allzusehr. Der Allgäuer sah den mit grimmigen Augen an, als wollte er ihn damit durchbohren. Eigentlich hast du Recht, Männle! sagte der Blitzschwab und streichelte ihm den Kautzen; und ich merke deine Meinung, sagte er: Wie alle Sieben für Einen, so für alle Sieben nur Einen. Der Allgäuer verstand ihn nicht, sagte aber: Ja; und den andern war's auch recht. Und so ward denn ein Spieß von sieben Mannslängen bestellt, und in einer Stunde war er fertig. – Ehe sie aber die Werkstatt verließen, kaufte sich Jeder noch etwas Apartes, der Knöpfleschwab einen Bratspieß, der Allgäuer einen Sturmhut mit [137] einer Feder drauf, der Gelbfüßler Sporen für seine Stiefel – sie seien nicht nur gut zum Reiten, sagte er, sondern auch zum Hintenausschlagen. – Der Seehaas aber wählte einen Harnisch, sagend: Vorsicht sei zu allen Dingen nütz; des Guten könne man nicht zu viel thun; und nutze es nichts, so schade es auch nichts. Der Spiegelschwab gab ihm Recht, und sagte: Auch er wolle einen tragen, aber nicht vorn auf der Brust, sondern hinten auf dem Hintern. Der Seehaas meinte, der Geselle wolle ihn foppen; jener aber sagte: Merk's: Hab' ich Muth und geh' ich vorwärts, so brauch' ich keinen Harnisch; geht's aber rückwärts, und fällt mir der Muth anderswohin, so ist dann der Harnisch am rechten Platz. Und so ließ er sich denn den Harnisch zurecht machen, der, recht zu sagen, ein Balbiererbecken war aus der Rumpelkammer des Meisters. Und nachdem die sieben Schwaben, wie ehrliche Leute, alles richtig bis auf Heller und Pfennig bezahlt, auch als gute Christen bei St. Ulrich eine heilige Messe gehört, und zuletzt noch beim Metzger am Gögginger Thor gute Augsburger Würste eingekauft hatten, so zogen sie zum Thor hinaus und ihres Weges weiter.

Wie die sieben Schwaben weiter ziehen

Wie die sieben Schwaben weiter ziehen, und welchen Weg sie einschlagen.

Der Allgäuer, der an der Spitze ging, stimmte sein Posthörnle an und blies ein Trompeterstückle; hinter ihm kam der Seehaas und dann der Nestelschwab, der ihm seinen Bünkel auf dem Buckel trug; drauf folgte der Blitzschwab, der sang: Es geht ein Butzemann im Reich herum, Didum, Bidi, Bum. Dann kam der Spiegelschwab, und ganz hintennach grattelte und pfnauste der Knöpfleschwab mit seinen Häfen und Pfannen. Und sie trugen zusammen, Mann für Mann, den Spieß, und sahen schier aus, wie ein Wiedle gespießter Lerchen. – Sie waren aber schon eine ziemliche Weile gegangen, da fiel's ihnen erst ein, zu überlegen, [138] welchen Weg sie einschlagen sollten nach dem Bodensee, wo das Ungeheuer hauste, das zu erlegen war. Der Allgäuer meinte, sie sollten der Wertach nachgehen, dann kämen sie ans Gebirg, und dann könnte sie nimmer fehlen. Der Gelbfüßler aber sagte: Ueber das Gebirg sei es ein Umweg; sie sollten ihm folgen bis an den Neckar; der Neckar fließe in den Rhein, und der Rhein in den Bodensee. Potz Blitz! sagte der Blitzschwab, ein braver Mann geht gradaus. Und die andern lobten ihn deshalb, und sie beschlossen, gradaus zu gehen, zwischen Göggingen und Pfersen durch, und weiter. Und so wateten sie denn durch die Wertach, weil die Brücke abseiten lag, und gingen weiter über Stock und Stein, über Wiesen und Felder, durch Wüsten und Wälder, Berg auf Berg ab, bis sie an Ort und Stelle kamen.

Wie die sieben Schwaben von einer Zigeunerin

Wie die sieben Schwaben von einer Zigeunerin sich wahrsagen lassen.

Die sieben Schwaben hatten aber auf dem Wege dahin noch viele Abenteuer zu bestehen, woran sicher die Zigeunerin schuld war, die alte Hex'. Die saß nämlich außerhalb Kriegshaber an einer Staude am Weg, und kochte ein wunderliches Zeug durch einander. – Knöpfle sind's einmal nicht, sagte der Knöpfleschwab, als er in den Kessel hinein guckte; und der Blitzschwab meinte gar, er sehe auf der schwarzbraunen Brüh statt Pfeffer und Schmalz, Mausdreck und Krötenaugen schwimmen, so daß es ihm fast den Magen im Leibe umkehrte. Der Spiegelschwab aber ging auf die Zigeunerin zu, und sagte: Alte Trampel! du mußt mir wahrsagen. Die besah ihm die Hand, und sagte:


Wer Weiberjoch auf sich muß tragen,

Hat wol von großer Noth zu sagen.


Die Blitzhex redet wahr, sagte der Spiegelschwab, und schob den Gelbfüßler hin. Dem lugte sie auch in die Hand, und sagte:


[139]

Einem, der ist übermannt,

Dem ist das Fliehen keine Schand'.


Die stichelt auf meine Stiefele, dachte er, und sie weiß, daß ich laufen kann. Da die beiden Gesellen mit der Wahrsagerin zufrieden zu sein schienen, so folgten auch die andern. Und zum Seehasen sagte sie:


Ein Ding man leget manchem vor,

Wenn man es thät, der wär ein Thor.

Zum Knöpfleschwaben sagte sie:

Was man erspart an seinem Mund,

Das frißt die Katze oder Hund.

Zum Nestelschwaben sagte sie:

Den Esel kennt man an den Ohren,

An der Red' Weise und Thoren.

Zum Allgäuer sagte sie:

Der Wagen wird nicht wohl geführt,

Wenn Ochsen ungleich angeschirrt.


Bygost! sagte der Allgäuer, das hab' ich selber schon oft erfahren, wenn ich hab' Mist ausgeführt. Die Hex' sieht einem, wägerle! durch das Herz. Der Blitzschwab aber, der tiefer in den Hafen geguckt, wollte mit der Heidin nichts zu schaffen haben, sondern stieß ihr vielmehr den Kessel um und ins Feuer, so daß dieses mit Prasseln auseinander gefahren und ausgeloschen ist. Die Zigeunerin aber, voller Zorn, rief ihm mit schätternder Stimme nach:


Jungfrau Lieb' ist fahrend Hab',

Heut »Herzliebster«, morgen »Schabab«.

Und so konnten denn die sieben Schwaben ihrem Schicksal nicht entgehen.

In diesen und den andern Kapiteln wird erzählt

In diesen und den andern Kapiteln wird erzählt, was sich vor der Hand mit den sieben Schwaben zugetragen hat.

Es ist aber an der Zeit, daß ich dich, günstiger Leser, mit den Helden dieser Geschichte näher bekannt mache, und was dir sonst zu wissen nöthig ist, aufrichtig erzähle. Vernimm also, daß der Seehaas ausgegangen ist – – – Du [140] mußt aber wissen, daß dies ein Schimpfname für ihn geworden seit der Zeit, als die sieben Schwaben ihr Abenteuer gehabt, von welchem du, wenn du Geduld hast, am Ende hören wirst; er ist aber zu Ueberlingen am Bodensee zuerst Eschhay, dann Bannwart gewesen. Der traf unweit Freiburg im Breisgau den Nestelschwaben an, hinter einem Zaun, wo er etwas zu thun hatte, was der so eben gethan hatte. Und sie machten sogleich Bekanntschaft, wie ehrliche Schwaben zu thun pflegen. Der Seehaas fragte ihn, was er für ein Landsmann sei. Jener sagte, er sei kein Landsmann, sondern nur ein Menbub bei jenem Bauern, der dort den Acker pflüge. Da merkte der Seehaas sogleich, mit wem er's zu thun habe; und so ein Dummrian war ihm recht. Er that ihm daher den Vorschlag, er solle mit ihm kommen als sein Knecht, der ihm den Bünkel trage; und wenn er etwas erzähle, so solle er nichts sagen, als daß es wahr sei. Jener sagte, er wisse aber nicht, was wahr sei oder nicht wahr. Drauf der Seehaas: Merk, Bauernlümmel, Hott bedeutet wahr, Hüst nicht wahr. So verstehe er's, sagte Jener, und er wolle mit ihm gehen und ihm um einen Batzen Wochenlohn seinen Bünkel tragen durch die ganze Welt und weiter. – Und die Geschichte weiß noch bis heutig's Tags nicht anzugeben, was dieser Mensch für ein Landsmann gewesen, ob ein Schwab, oder ein Schweizer, oder ein Pfälzer, oder sonst einer aus dem deutschen Reich; denn er redete in allen Landssprachen und in keiner recht. Er wird aber der Nestelschwab darum genannt, weil er, statt der Knöpfe, Nesteln hatte an Janker und Hosen; und da die meiste Zeit eine und die andere zerrissen war, besonders an den Hosen, so mußte er immer nachhelfen mit der einen Hand, was ihm dann so sehr zur Gewohnheit geworden, daß er auch dann so that, wann er nicht also hätte thun dürfen. Beide zogen aber weiter, und kamen zum Gelbfüßler, der in Bopfingen ansässig war.

Vom Gelbfüßler, und was sich weiter begeben

[141] Vom Gelbfüßler, und was sich weiter begeben.

Man erzählt, daß als die von Bopfingen ihrem Herzog die jährliche Abgabe, die in Eiern bestanden, einstmals geben wollten, hätten sie die Eier in einen Krättenwagen gethan, und damit recht viele hinein gingen, mit den Füßen eingetreten, was denn ihrer Ehrlichkeit keine Schande macht. – Daher haben sie denn alle, die aus jener Gegend sind, in böser Leute Mund den Namen Gelbfüßler erhalten. Zu einem von diesen, der Bopfinger Bot war, kam nun der Seehaas, und erzählte ihm: Wie daß in dem großen Wald am Bodensee ein fürchterliches Thier hause, welches Land und Leuten großen Schaden thue. Beschreiben könne er es ihm gar nicht; aber es sei so groß wie eine wilde Katz, doch weit scheußlicher und grauerlicher anzusehen; und Augen habe es im Kopf, so groß, wie Goldgulden, die funkelten nicht anders, als wie das höllische Feuer; und Ohren habe es – – Nicht wahr, Landsmann? Hüst! sagte der Nestelschwab. Hott! sagte der Seehaas. 'S ist wägerle wahr, sagte der Nestelschwab. Und Jener fuhr fort: Er beschwöre daher den Landsmann um des gemeinen Besten willen, er möge ihm zu Rath und That sein, und ihm getreuliche Gespanen zu werben suchen aus allen schwäbischen Gauen. Der Gelbfüßler sagte: Fechten könne er zwar nicht; aber sei's mit dem Laufen gethan, so könne er den Teufel auf dem freien Feld fangen. Da der Seehaas sagte, so einen Mann könne er brauchen, so schlug der Gelbfüßler ein, und sagte: Er müsse nur noch seine Stiefele anziehn, und seine Ränzle packen. Als dies geschehen, so zogen sie weiter. Anfangs waren sie uneins, wohin sie sich wenden sollten, ob gegen das Ries oder die Donau. Im Ries, sagte der Gelbfüßler, gebe es wol viele Gänse, hab' er gehört, aber er wisse nicht, ob es auch Menschen dort gebe. Der Seehaas aber meinte: Das Sehen koste nichts; und erfahren wir's nicht neu, sagte er, so erfahren wir's doch alt. Und damit gingen sie nach dem Ries.

Vom Knöpfleschwaben, und was sich weiter zugetragen

[142] Vom Knöpfleschwaben, und was sich weiter zugetragen.

In dem gesegneten Schwabenland, besonders in jener Gegend, wovon so eben Meldung geschehen, besteht die löbliche Gewohnheit, daß man täglichs Tags fünf Mal ißt, und zwar fünf Mal Suppe, und zwei Mal dazu Knöpfle oder Spätzle, daher denn die Leute dort in der Umgegend auch Suppen- oder Knöpfleschwaben genannt werden; und man sagt, daß sie zwei Mägen hätten, aber kein Herz. – Der Seehaas brachte also seine Werbung an, und sagte: Wie daß in dem großen Wald am Bodensee ein fürchterliches Thier hause, welches Land und Leuten großen Schaden thäte. Augen habe es im Kopf, feurige, die so groß wären, wie ein Salzbüchsle. Hott! sagte der Nestelschwab; aber der Gelbfüßler stieß dem Seehasen in die Rippen, vermeinend, er solle nicht so lügen. Der aber ließ sich nicht irr machen, sondern fuhr fort zu erzählen: Das Ungeheuer wachse zusehends, je länger man es anluge, und werde so groß, wie ein Pudelhund. Er bitte ihn also um der Landsmannschaft willen, er möchte ihm zu Rath und That sein, und ihm beihelfen tüchtige Gesellen zu werben. Der Knöpfleschwab sagte: Fechten sei zwar seine Leidenschaft nicht; aber wenn sie einen brauchten, um ihnen Knöpfle zu kochen, so gehe er mit los auf das Abenteuer. Als sie Handels eins wurden, packte der Knöpfleschwab Häfen und Pfannen auf, und zog mit ihnen weiter. Und sie wendeten sich nun nach dem Lechfeld zum Blitzschwaben, den sie zu Meitingen im Wirthshaus bei einem Mäßle weißen Gerstenbiers trafen.

Vom Blitzschwaben, und was sich sonst ereignet

Vom Blitzschwaben, und was sich sonst ereignet.

Nachdem sich die Landsleute das »G'segn' Gott!« und »Dank Gott!« zugetrunken hatten, fing der Seehaas an zu erzählen, sagend: Wie daß in dem großen Wald am [143] Bodensee ein fürchterliches Thier hause, welches Land und Leuten großen Schaden thäte. Es sei so groß wie ein Mastochs, und habe Augen im Kopf wie die Mondscheibe; und das Thier wachse zusehends, je länger man es anluge. Potz Blitz, sagte der Blitzschwab; das möcht' ich einmal sehen; ich ließe mir's, beim Teuxel! einen Dreibätzner kosten. Der Seehaas sagte: Er könne es umsonst sehen, er solle nur mitkommen, und ihm und seinen Gesellen zu Rath und That stehen beim Abenteuer. Darauf der Blitzschwab: Fechten sei zwar sein Handwerk nicht, aber schimpfen könne er, wie ein Rohrspatz, und fluchen, wie ein Heid. Der Seehaas meinte, man wisse nicht, wozu ein Ding gut sein könne, und er solle nur mitkommen. Jener schlug ein, nachdem er noch ein Känntle Branntwein zu sich genommen, um, wie er sagte, die Magenwinde zu vertheilen, die das vermaledeite Bier mache. Dabei sang er – denn er war ein lustiger Vogel, was man ihm sogleich abmerkte – das Liedlein:


Wo soll ich mich hinkehren,

Ich dummes Brüderlein,

Wie soll ich mich ernähren,

Mein Gut ist viel zu klein;


Wie wir ein Wesen han,

So muß ich bald daran,

Was ich heut soll verzehren,

Ist gestern schon gethan.

Und drauf zogen die Gesellen weiter, und kamen zum Spiegelschwaben, der in Memmingen zu Haus war.

Vom Spiegelschwaben und dem Allgäuer

Vom Spiegelschwaben und dem Allgäuer, und was ferner geschehen.

Zu derselbigen Zeit waren die Fazinetle noch nicht im Brauch, und daher schlenzten einige das Ding gleich von sich weg, was jetzt die vornehmen Leute in den Sack stecken; andere schmierten es unter die Uechse oder zwischen die Grattel, wo es sich wieder von selbst abwetzte; andere dagegen, [144] wie der Spiegelschwab, putzten es an den Vorderärmel, wo es sich zum Spiegel ansetzte, und beim Sonnenschein glitzerte. Zu diesem kam der Seehaas mit seinen Gespanen, und stellte ihm das Anliegen vor, erzählend, wie daß am See droben ein Ungeheuer hause, so groß wie ein Trampelthier, mit Augen, wie Mühlsteine; und er bitte daher, er möge um des gemeinen Besten willen zu Rath und That stehen. Der Spiegelschwab sagte: Rath könne er geben, aber mit der That sehe es schlecht aus, indem er nicht einmal sein Weib meistern könne, die freilich sieben Häute habe, wie ein Memminger Zwiefel. (Und hat also die Zigeunerin Recht gehabt.) Er wisse aber einen, der es mit dem Teufel selbst aufnehme: das sei der Allgäuer. – Zu dem gingen sie nun miteinander, und der war gleich bereit, obwol der Seehaas ihm das Ungeheuer noch viel schrecklicher vorstellte, als den andern, indem er sagte: Es sei so groß wie ein Haus, und habe Augen im Kopf, wie Mühlräder, die im Um- und Umgehen Feuer auswürfen. – Bygost! sagte der Allgäuer, es wird halt dennest nur ein Vieh sein; und der Mensch ist stärker mit Gottes Hilfe, als alles Gethier auf Erden. Ja, sagte der Seehaas, und es geht ein Sprüchwort: Gott verläßt keinen ehrlichen Schwaben nicht. Durch diese Reden bekamen die übrigen noch einmal so viel Muth, und sie gaben sich alle getreulich die Hand, daß sie einander beistehen wollten als Freunde und Landsleute in allen Gefahren und Nöthen Leibs und der Seele. Und so beschlossen denn die sieben Schwaben mit einander zuerst nach Augsburg zu gehen, wie schon oben erzählt worden, um, wie es tapfern Christenmenschen geziemt, sich vor allem mit Streitzeug zu versehen.

Wie die sieben Schwaben auf einen Bären stoßen

Wie die sieben Schwaben auf einen Bären stoßen, und was sie dazu sagen.

Wir wollen aber die sieben Schwaben auf ihrem Weg einholen, und da treffen wir sie, vier bis fünf Stunden[145] außer Augsburg in einem Hohlweg, den sie eben durchziehen. Und sieh da! ein großmächtiger Bär liegt da am Weg, und der Allgäuer bemerkt ihn nicht eher, bis er fast mit der Nase auf ihn fällt. Der schreit, was er kann: Ein Bär! ein Bär! und stößt den Spieß aus Leibeskräften gegen das Thier. Doch das rührte sich nicht mehr, denn es war maustodt. Drob erfreut, schaut der Allgäuer um, und sieht die Gesellen alle auf dem Boden liegen, und, vermeinend, sie seien auch todt, und er habe sie hinterrücks mit dem Spieß erstochen, fing er laut an zu lamentiren. Die aber waren, man weiß nicht, ob aus Schrecken, oder weil sie den Spieß zu fest gehalten, zu Boden gefallen; und, als sie hörten, daß der Bär todt sei, standen sie frisch und gesund wieder auf, und stellten sich um den Bären herum, und der eine rupfte ihn beim Pelz, und der andere steckte gar seine Hand in den Rachen, und kein einziger fürchtete sich mehr vor ihm. Und als sie den Bären näher untersuchten und kein Loch an ihm fanden, als das, was er schon bei seinen Lebzeiten gehabt, so merkten sie wol, daß er nicht erstochen sei, sondern verreckt; und der Spiegelschwab warf die Frage auf: woran er wol gestorben sein mag. Der Knöpfleschwab sagte: woran denn sonst als am Hunger. Nein, sagte der Gelbfüßler, aus Kälte. Und so hatte denn Jeder seine aparte Meinung, wie die Schildbürger ob des todten Wolfes. Errathen aber hat's wol nur der Spiegelschwab, der pfiffigste unter ihnen, welcher sagte: er sei, wo nicht an Wehtagen, doch am Tod gestorben. Hierauf hielten sie Rath, was sie mit dem Luder anfangen wollten, und nach langem Hin- und Herreden beschlossen sie, ihm die Haut abzuziehen; die sollte einst demjenigen zu Theil werden, der sich beim Abenteuer am männlichsten halten werde. Das Aas wollten sie liegen lassen. So mögen ihn die Schafe fressen, wie er zuvor die Schafe gefressen, sagte einer, ich weiß nicht mehr, was für einer.

Wie die sieben Schwaben in den Stauden stecken bleiben

[146] Wie die sieben Schwaben in den Stauden stecken bleiben.

Als die sieben Schwaben tiefer in die Stauden kamen, blieben sie darin stecken. Der Wald wurde immer dichter und dichter; und einstmals, als der Allgäuer vor einem Baum stand, sagte er: Bygost! durch muß ich; und druckte und beugte den Spieß so gewaltig seitwärts, daß der Knöpfleschwab zwischen einem Baum und dem Spieß eingeklemmt wurde, und sie alle weder vor- noch rückwärts konnten. Und ist also wahr geworden, was die Zigeunerin prophezeit hatte: Der Wagen wird nicht wohl geführt, wenn ungleich Ochsen angeschirrt. Die Gesellen wollten zwar ihren Kumpan wieder losmachen; da sie aber aus allzugroßem Eifer an dem Leichnam zogen, der eine nach oben, der andere nach unten, und links und rechts zu gleicher Zeit, so ging eben das Ding nicht vorwärts, und sie hätten ihn fast geviertheilt. Endlich besann sich der Allgäuer, und rief: Bygost! ich mußte des Teufels sein, wenn mir Gott nicht hülfe! Und er sagte: Hy Ochs! und packte den Baum, der den armen Schächer einzwängte, und riß ihn mit einem Riß, daß es krachte, wurzelaus, so daß der Knöpfleschwab, halb entseelt, losschnellte, und hinpflumpfte, als wär er in den Boden eingerammelt. Da bekamen die Gesellen erst rechten Respect vor dem Allgäuer, den sie sonst für tappet und talket halten mochten. Und der günstige Leser, welcher das Stücklein nicht glauben will, kann selbst nachsehen auf dem Platz, wo der Baum noch liegt bis auf den heutigen Tag.

Wie die sieben Schwaben einem Mägdlein begegnen

Wie die sieben Schwaben einem Mägdlein begegnen, und wie der Blitzschwab von ihr auf die Kirbe 1 geladen wird.

In der Gegend von Schwabeck begegnete den sieben[147] Schwaben auf dem Feld eine schöne Bauerntochter, die ihnen allen sogleich in's Aug' stach, dem Blitzschwaben aber am meisten. Das Töchterle sagte züchtiglich und andächtiglich: Gelobt sei Jesus Christus, und sie antworteten allesammt: In Ewigkeit, Amen. Wie man denn zur selbigen Zeit in ganz Schwabenland nichts als gute Christenmenschen antraf, und noch keine Freimaurer, wovon nun alle Stauden voll stecken, wie in der ganzen übrigen Welt. Potz Blitz! sagte der Blitzschwab; das Mädle muß ich stellen und anreden. Und er ging auf sie zu, und fragte sie: wie sie heiße? Sie antwortete: Käther, und sie sei aus der Grafschaft Schwabeck. Und dabei lugte sie ihm freundlich ins Gesicht; denn der Blitzschwab war kein unübler Kerl. Der fragte: ob sie ihn nicht heuren möchte? Das Mädle lachte, und sagte: Ja, wenn einmal die Mannsleute so fäsig wären, wie die Pfeffernüsse. Jener sagte: Sie sollte ihm nur gleich ein Schmätzle geben statt dem Dranggeld. Die Jungfer aber sagte: Eine Ohrfeige sei ihr feil, aber kein Kuß. Mein Schwab merkte wol, daß das nicht ihr Ernst sei, und er nahm sie bei der Hand, was Jene zuließ, und er fragte, ob er denn gar keine Hoffnung habe, wenn er wieder käme? und er schmeichelte ihr und streichelte sie, und nannte sie Schatzhauser, und Herzkäferle, und Skapulierläusle, und schwätzte allerhand närrisches Zeug, wie denn verliebte Leute zu thun pflegen. Das Mädle hatte aber endlich genug, und sie sagte: Er soll ihr auf die Kirbe kommen, und ging fort, lugte aber nochmal um, und sagte: Nichts für ungut. Und so wurde denn der Blitzschwab brav heimgeschickt, und es war zwar grob, was sie gesagt, aber gut. Und die Gesellen stimmten darin alle überein, daß sie eine wunderschöne Tochter sei, wie es denn die schwäbischen Mädle alle sind, ausgenommen die wüsten. Der Allgäuer selbst sagte: Bygost! wenn die Föhl aus dem Allgäu wäre, ich wüßt nicht, was ich thät. Dem Blitzschwaben aber wollte seit der Zeit die Käther [148] aus der Grafschaft Schwabeck nicht mehr aus dem Kopf, und er nahm sich festiglich vor, er wolle ihr auf die Kirbe kommen.


Wart e bissele, Beit e bissele, Sitz e bissele nieder, Und wenn du e bissele g'sessen bist, So komm und sag's dann wieder.

Fußnoten

1 Kirbe, verderbt aus Kirchweih; wie Kirte aus Kirchtag, Kirmes aus Kirchmesse.

Wie die sieben Schwaben einem Bayern begegnen

Wie die sieben Schwaben einem Bayern begegnen, und wie sie ihn heimschicken.

Außerhalb Mindelheim – das Nest ließen sie abseiten liegen, fürchtend, die Mindelheimer möchten Furcht vor ihnen bekommen, wie vor dem feindlichen Reiter, der ganz allein ihre Stadt eingenommen – bei Aurbach begegnete ihnen ein Bayer, dem sie's sogleich an seinem Häs ansahen, was er für ein Landsmann sei. Er war ein Brauer aus München und hatte Säu ins Reich getrieben, und dafür Hopfen eingehandelt in Memmingen. Der blieb am Weg stehen, und ließ die Spießmänner an sich vorbei gehen, und hatte Lust, sie auszulachen. Der Blitzschwab fragte ihn: Was er so luge? ob er nie einen Schwaben gesehen habe? O ja, sagte der Bayer, bei mir daheim in der Kuchel gibt's zu Tausende. Potz Blitz, Malefiz! sagte der Blitzschwab, und ging auf den Bayern zu, der ein Fetzenkerl war, und dem der Blitzschwab kümmerlich bis an den Nabel reichte. Und eh' sich's der Bayer versah, sprang der Schwab an ihm in die Höh', und gab ihm eine solche wetterliche Ohrfeige, daß ihm das Feuer aus den Augen schoß, und die Ohren vom Schlag sausten. Der Bayer aber, nicht faul, langte mit dem Arm weitmächtig aus, um dem Schwäblein auch eine zu versetzen; und es wär auch eine Watsche gewesen, an die er sein Lebtag gedacht hätte. Aber weil der Schwab eben so geschwind wieder auf dem Boden war, wie in der Luft, so schlug Jener in den Wind hinein, so daß er sich umdrehte, wie ein Triller, und stolperte und [149] fiel. Jetzt ging's über ihn her; der Blitzschwab packte ihn an der Gurgel; die andern hielten ihn an Händen und Füßen, und trommelten auf ihn los. Es wäre aber doch ihrer Herr geworden, und hätte sie sämmtlich in die Höhe geschupft, wie Pfulben, wenn nicht endlich auch der Allgäuer, wie ein Maltersack, auf ihn gefallen wäre, der ihm drohte, er werde ihm das Licht ausblasen, wenn er ihnen den Schimpf nicht abbitten thät. Der Bayer mußte es denn wol thun, und so ließen sie ihn gehen. Als er aber nach München zurückgekommen, ließ er an sein Haus, auf dem Anger, die sieben Schwaben malen zum ewigen Gedächtniß, allwo sie noch heutiges Tags zu sehen sind.

Das Kapitel vom Waldbruder

Das Kapitel vom Waldbruder.

Wie sie denn weiter gezogen in die Kreuz und Quer, so kamen sie von Ungefähr zur Klause eines Waldbruders. Der saß so eben vor seiner Zelle, in einem Buche lesend. Sie riefen ihn an, und baten ihn, mit herabgezogenem Käpple, wie's Christenmenschen geziemt, er möchte ihnen den rechten Weg weisen. Das Buch aber, worin der Klausner las, war ein Traktätlein contra facetias, das heißt zu Deutsch: gegen die Fachsen. Und so wird sich denn der christliche Leser nicht wundern über die Rede, womit der fromme Mann die guten Sieben anließ, denn vor ihm stand nun ja, wie ihm däuchte, das lebendige Conterfei von Fachsenmachern. Den Weg soll ich euch weisen, ihr Landfahrer? (hub er an) Wartet! die Schellen will ich euch stimmen, ihr Schalksnarren! die Federn will ich euch beschneiden, ihr Fatzvögel! den Grind will ich euch einäschern, ihr Fastnachtsbutzen! – Der Seehaas unterbrach seine Rede, sprechend: Wie daß in dem großen Wald Bodensee ein fürchterliches Ungeheuer hause ... Der Klausner ließ ihn aber nicht ausreden, sondern rief: Herrgott im Himmel! was für Höll-Lumpen hast du auf Erden! Da ziehen sieben [150] Kalfakter mit Einmal herum im Reich, zu Schand und Spott des Schwabenlandes und der Christenheit! Gibt's denn nichts Nützliches mehr zu thun in der Welt für solche Schlingel, die ihr seid? Gibt's keine Hafen mehr zu binden, keine Pfannen zu flicken, keine Scheeren zu schleifen? Scheert euch fort, ihr Scheurenburzler! In den Stock mit euch, in die Geige, an den Galgenbaum, ihr Vaganten, ihr Lyranten, ihr Komödianten! Potz Blitz! sagte der Allgäuer, und Bygost der Blitzschwab, vor lauter Staunen und Starren. Jener aber machte Rechtsum mit dem Wiesbaum und zog die Sechse nach; und der Blitzschwab stimmte seine Fiedel, und fing an, ein Liedlein zu singen, so daß von dem weitern Schelten des Waldbruders nichts mehr zu vernehmen war.

Nutzanwendung des Autors

Nutzanwendung des Autors.

Vielleicht, günstiger Leser, wird es meinem Büchlein von den Abenteuern der sieben Schwaben auch also ergehen, wie es den sieben Schwaben selbst ergangen; und daß irgend ein Sitten- und Splitterrichter es anschnurren möchte und verdammen als ein eitles Gedicht voller nichtsnutziger, ja ehrenrühriger Fachsen ... Günstiger Leser! sag' ihm dann: es gebe in der weiten Gotteswelt nicht nur fleißige Immen und geschäftige Aemsen, sondern auch Maivögelein, lustige; und man wisse nicht, ob und wozu die letztern nicht auch nutz seien. Mein Büchlein aber – sag' ihm das – wolle Niemanden ärgern, sondern vielmehr Jedermann ergötzen; und wem es nicht gefallen wolle, der könne es ja abweisen von seiner Thür. Die Schwalbe ziehe auch lustig durch die Welt und heime sich ein, wo man sie eben dulde, und bringe kein Unglück den Leuten ins Haus. Sie irre nicht einmal die Meise, die geschäftig das Rädlein treibt am Käfig, achte aber auch nicht der Nachteule, die in dem finstern Loche sitzt mit ihren glotzenden Augen.

Welches Lied der Blitzschwab gesungen

[151] Welches Lied der Blitzschwab gesungen.

Guten Morgen, Spielmann,

Wo bleibst du so lang?

Da drunten, da droben,

Da tanzen die Schwaben

Mit der kleinen Killekeia,

Mit der großen Kumkum.


Da kommen die Weiber

Mit Sichel und Scheiben,

Und wollen den Schwaben

Das Tanzen vertreiben,

Mit der kleinen Killekeia,

Mit der großen Kumkum.


Da laufen die Schwaben

Und fallen in Graben,

Da sprechen die Schwaben:

Liegt ein Spielmann begraben

Mit der kleinen Killekeia,

Mit der großen Kumkum.


Da laufen die Schwaben,

Die Weiber nachtraben,

Bis über die Grenze,

Mit Sichel und Sense:

Guten Morgen Spielleut,

Nun schneidet das Korn.

Wie der Blitzschwab Händel bekommt mit dem Spiegelschwaben

Wie der Blitzschwab Händel bekommt mit dem Spiegelschwaben und wie sie wieder gut Freund geworden.

Es war schon Nacht, als die sieben Schwaben ins Freie und auf die Landstraße kamen. Und der Mond ging so eben auf. Da sagte der Spiegelschwab: Jetzt haben wir's gewonnen, Memmingen ist nicht mehr weit. Der Blitzschwab fragte ihn: wie er das wissen könne? Werd' ja doch den Memminger Maun (Mond) kennen? Potz Blitz, wie blitzdumm! sagte der Blitzschwab. Dies kaum gesagt, hatte er schon seine Dachtel vom Spiegelschwaben, der [152] alles leiden mochte, nur nicht daß man ihn für dumm halten sollte. Daß dir der Blitz ins Maul platz, schrie der Blitzschwab, du Lalle, du Ginkel, du Takel, du Kog, und so ging's eine ganze Litanei durch. Der Spiegelschwab wurde auch immer wilder, und so kamen sie denn einander in die Haare und rauften sich ab, wie zwei Metzgerhunde. Da bat der Seehaas den Allgäuer, er sollte Frieden machen. Der ließ sich nicht lang bitten, sondern packte sogleich den Blitzschwaben am Hosenbändel, und hielt ihn in der Luft, wie einen Frosch, und er mochte zappeln, wie er wollte. Inzwischen ließ der Spiegelschwab nicht nach, dem Blitzschwaben aufs Brät zu klopfen; und daher packte denn der Allgäuer ihn auch mit der Linken, und hielt ihn am Leible, unter der Gurgel, so keif und fest, daß er bockstärr da stand und nicht mucksen konnte. Bygost! sagte er, ich will euch Hores Mores lernen, ihr donnerschlächtige Strolkerle. Und er schüttelte den einen, und drosselte den andern immer ärger und ärger, bis sie endlich einander das Wort gegeben, daß sie wieder gut Freund sein wollten. Und das sind sie denn auch geblieben von der Zeit an bis in ihren Tod.

*Wie der Blitzschwab an dem Allgäuer Rache nimmt

*Wie der Blitzschwab an dem Allgäuer Rache nimmt. 1

Der Blitzschwab konnte es dem Allgäuer aber nicht vergessen, daß er ihm so übel mitgespielt, und er wollte es ihm gelegentlich wieder eintränken und Gleiches mit Gleichem vergelten. Darüber hielt er Rathschlag mit dem Spiegelschwaben. Damit aber der Allgäuer aus dem Spaß keinen Ernst machen möchte – denn im Zorn hätte er sie mitten entzwei gebrochen, wie Zaunstecken, das wußten sie – so sagte der Blitzschwabe: Allgäuer, wenn ich's mit dir aufnehme und dich auf den Boden werf und durchprügle, was [153] thust du mir? Bygost, sagte der Allgäuer und lachte; wenn du mich auf den Boden bringst, so magst du mich meinethalb todtschlagen, ich halt dir's nicht nach. Ein Mann, ein Wort! sagte der Blitzschwab. Wie sie nun auf der Halde vor Memmingen ausruthen – der Allgäuer hatte die Rede schon wieder vergessen – da sagte zu ihm der Blitzschwab: Allgäuer, du bist noch nicht um einen Kopf größer als ich. Bygost! sagte Jener, du reichst mir nicht bis unter die Gratel. Laß mal probiren, sagte der Blitzschwab; es gilt einen Dreibätzner; steh auf und streck dich grad! Der Allgäuer stand auf und streckte sich, und machte sich grad, wie eine Hopfenstange. Da ging der Blitzschwab hinter seinen Rücken, steckte den Kopf unter seine Gratel und stieß ihm die beiden Fäuste in die Kniehöhlen, so daß Jener taumelte, und auf einen Hub des Blitzschwaben umschlug und dalag wie ein Hopfensack. Der Blitzschwab geschwind wie der Wind über ihn her. Jetzt rühr' dich nicht, sagte er; ein Mann, ein Wort. Der Allgäuer hatte Ehr im Leib, und so mochte er's denn leiden, daß der Blitzschwab auf ihm herum fäustelte nach Herzenslust. Endlich wurde es dem Allgäuer doch zu arg – der andere hätte ihn grün und blau geschlagen – Bygost! sagte er, mich sticht eine Fliege. Und nun gab er dem Blitzschwaben ein Hirnbätzle, daß er über und über purzelte, wie ein Holzfrosch. Und damit hatte der Streit ein Ende. –

Fußnoten

1 Anm. des Herausgebers: Die mit * bezeichneten Abenteuer sind aus dem Rücklaß neu aufgenommen.

Was für eine Gefahr dem Spiegelschwaben gedroht

Was für eine Gefahr dem Spiegelschwaben gedroht, und wie er sich daraus errettet.

Durch Memmingen gehen wir nicht, obwol drin gute digene Würste zu haben sind, sagte der Spiegelschwab. Und als man ihn fragte: warum? so sagte er: darum; und er müsse sich doch wol am besten auswissen. Sei's, sagte der Nestelschwab, wir können ja um die Mauer herum, und dann zum andern Thor hinaus. Die sieben Schwaben gingen also um die Mauer herum durch die Hopfengärten. [154] Aber da hat sich's denn wiederum augenfällig gezeigt, daß der Mensch seinem Schicksal nicht entgehen könne. Denn ehe sich's der Spiegelschwab versehen, sprang aus einem Hopfengarten ein Weib auf ihn zu, eine rechte Runkunkel, und schrie in einem Ton, der durch Mark und Bein ging: Bist du endlich wiederum da, du Schlingel? Wo bist du so lange Zeit herum kalfaktert, du Galgenstrick? Der Spiegelschwab erkannte in ihr sogleich seine liebe Ehehälfte, und er rief: Helft mir alle Heiligen! der Teufel ist los! und huschte in den andern Hopfengarten hinein. Das Weib ihm nach. In der Herzensangst fiel ihm eine List ein. Er hatte nichts zu tragen, weil er nichts hatte, als das Bärenfell; das that ihm nun guten Dienst. Er warf's in Eile über den Kopf, schloff in die Bratzen, und kreiste nun auf allen Vieren, wie ein leibhafter Bär. Wie nun das Weib näher kam, richtete er sich auf, und trappelte brummend auf sie zu. Die sah nicht sobald den Bären, als sie laut aufschrie, und über Hals und Kopf davon rannte. Der Bär aber holte sie ein, und drückte und herzte sie, daß ihr fast die Sinnen vergingen. Dann ließ er sie los und ging den Gesellen nach. Seit der Zeit, als dieser Schwank kund geworden unter den Memminger Frauen, werden die bösen Männer von ihnen Brummbären genannt.

Wie sie gegen Wissen und Willen in die Stadt Memmingen

Wie sie gegen Wissen und Willen in die Stadt Memmingen kommen, und dorten Bierbeschau halten.

Die sechs andern Schwaben aber waren weiter gegangen, und standen jetzt vor einem Thor, welches man ihnen, auf ihr Befragen, wie es heiße, Leutkircher-Thor nannte. Da müssen wir also hinaus, sagte der Nestelschwab, oder ein anderer, gleichviel welcher. Sie gingen also durch das Thor, und kamen in die Stadt, ohne es zu wissen und zu wollen. Wie aber kein Unglück ohne Glück ist, so hat sich's [155] hier auch begeben. Denn das erste Haus, das ihnen auffiel, war ein Wirthshaus, vor dem ein Maienbaum stand, und ober der Thür war zu lesen: Hier schenkt man Märzenbier aus. Als das unsere Schwaben sahen, dachten sie, umsonst sei das Märzenbier mitzunehmen. Der Wirth, der sie kommen sah mit dem großen Spieß, kam ihnen erschrocken entgegen, und fragte: was sie schafften. Sie möchten ein wenig sein Bier kosten, sagte der Allgäuer, und er ging mit den Gesellen in die Zechstube. Der Wirth, vermeinend, sie seien abgesandt von der schwäbischen Kreisregierung, um im Schwabenland das Bier zu beschauen, und zu schätzen, ob es pfennigvergeltig sei! – was wol noth thäte auch zu unsern Zeiten – der holte das beste, das er im Keller hatte, und es war noch nicht gut. Doch tranken die Gesellen eine Bütsche um die andere aus; und wie sie's bis auf einen halben Eimer gebracht hatten, sagte der Wirth: er sehe mit Freuden, daß es ihnen wohl schmecke. Der Blitzschwab meinte, es könnte besser sein, und sei zu wenig Malz und Hopfen drin. Mit Verlaub, sagte der Wirth, der ein Schalk war; Hopfen und Malz ist nicht zu wenig drin, aber zu viel Wasser. Drob lachten die Gesellen: und dem Blitzschwab fiel der Spruch ein, und er sagte ihn:


Zu Langensalz

könnte eben so gut Memmingen heißen, sagte er –

Zu Langensalz

Braut man drei Bier aus einem Malz;

Das erste heißet man den Kern,

Das trinken die Bürgermeister gern;

Das andere heißt das Mittelbier,

Das setzt man gemeinen Leuten für;

Das dritte heißt Covent,

Trink dich potz schlapperment.


Drauf spielte er ein Paar lustige Stücklein auf, dem Wirth zu Ehren. – Nachdem nun die Gesellen vollauf getrunken, [156] so standen sie auf und gingen davon, als wären sie Niemanden etwas schuldig. Der Wirth ließ sie gehen, in der obgedachten Meinung; und er sagte, daß es ihm eine große Ehre gewesen, und sie sollten nur das Beste reden von seinem Bier. Das thaten sie denn auch, und sie konnten sich nicht genug verwundern, daß man in Memmingen das Märzenbier ausschenke. Und so ward denn der Wirth gefoppt von seinen Landsleuten, ohne deren Wissen und Willen. Man sagt aber, daß ihm der freie Trunk wohl bezahlt worden sei von andern Landsleuten; wie man denn den Wirthen gern viel Böses nachsagt.

Wie unsere Schwaben durch das blaue Meer schwimmen

Wie unsere Schwaben durch das blaue Meer schwimmen, ohne zu ersaufen.

Obwol sonst ein wackerer Schwab, wenn es sein muß, seine fünf Mäßle Bier trinken mag auf Einem Sitz, und er findet doch noch seine Wege und Stege; so haben doch unsere Schwaben zu tief in den Krug geguckt, und ist ihnen nicht recht just gewesen im Kopf, wie sich aus Folgendem zu ergeben scheint, was eine wahrhaftige Geschichte ist. Denn sie waren kaum außer dem Thor, so verirrten sie sich in den Hopfengärten, und verloren die Landstraße, und der Spiegelschwab suchte sie vergebens einzuholen auf dem Weg nach Leutkirch. Wie sie aufs freie Feld kamen, sagte der Allgäuer: Bygost! es ist Ein Ding; haben wir keinen Weg, so machen wir uns einen; die Iller werden wir doch finden, und dann kann die Brücke auch nicht weit davon sein. Und so ging es denn fort über das Brachfeld hopp, hopp! und der Allgäuer blies, der Blitzschwab sang: Ich laß ein klein Waldvögelein etc., der Knöpfleschwab keuchte und stolperte und fiel ein um das andere Mal, und mußte gleichwol wieder aufstehen. Inzwischen fing es an dunkel zu werden, und sie irrten umher, obwol der Allgäuer von fern noch den Grindten sehen mochte. Da standen sie auf [157] einmal an einem Abhang, und unten, so däucht's ihnen, lag ein See, der Wellen schlug. Es war aber ein Feld voll Flachses, der in der Blüte war, und da der Wind heftig blies, so wallte und wogte es wol; aber es war kein Wasser. Potz Blitz! rief der Blitzschwab, was ist da zu machen? Durch müssen wir, sonst kommen wir nicht an Ort und Stelle. Allgäuer, mach den großen Christoph, und trag uns hinüber. Bygost! sagte der Allgäuer, ins Wasser mag ich wol gehen, aber weiter nicht, als bis an den Hals. Der Nestelschwab lamentirte, er könne nur mit einer Hand rudern, indem er mit der andern die Hose zu halten habe; und der Knöpfleschwab stand betrübt da, und lugte ins Wasser hinab, um zu schauen, ob keine Wallfische drin seien. Das sah der Blitzschwab, und er ging ganz stät hinterrücks auf ihn zu, und sagte: Frisch gewagt, ist halb geschwommen, und gab ihm einen Stoß, daß er, plumpf! drunten lag. Der sinkt nicht, sagte der Gelbfüßler, es muß doch nicht tief sein, da kann man's wagen, und hüpfte flink und frisch hinunter, wie ein Laubfrosch. Dem folgte der Blitzschwab, nachdem er sich vorher in die Hände gespieen, und einen tüchtigen Anlauf genommen hatte. Bygost! sagte der Allgäuer, der letzte will ich auch nicht sein, und warf den Spieß voraus, und hupfte nach. Der Nestelschwab aber hatte sich an dessen Hosenbändel gehängt, und fiel darum unten gemächlicher auf, als die übrigen; und war dies das einzige Mal, daß er gescheidt gethan. Da lagen sie nun alle, anfangs unbeweglich wie Holzblöcke, dann rührten und streckten sie ihre Glieder, wie halb zerstampfte Würmer, dann krochen sie allmählich heraus, wie Schnecken aus ihrem Häusle, endlich standen sie wiederum da, wie andere Menschen, und sagten kein Wörtle, sondern griffen blos nach ihren Rippen, ob sie noch ganz seien. Und nachdem sie den Spieß aufgefischt hatten, zogen sie querfeldein weiter.

Wie der Allgäuer die Landstraße findet, aber bald ersoffen wäre

[158] Wie der Allgäuer die Landstraße findet, aber bald ersoffen wäre.

Es war schon finstere Nacht, und sie hatten die Landstraße immer noch nicht gefunden. Endlich rief der Allgäuer: Bygost! nun haben wir die Straße und sind auf dem rechten Weg. Sie standen aber an der Iller, und der Allgäuer hatte den hellen Wasserstreif für die Landstraße angesehen. Und er schritt frisch vorwärts, und die Andern blindlings nach. Pflumpf! lag er im Wasser. Bygost! ich ersauf! Mehr konnte er nicht sagen, denn er war schon über den Hals darin. Die andern sprangen alle weidlich davon; nur der Knöpfleschwab blieb und half. Denn, um nicht immer zu stolpern und zu fallen, hatte er sich mit einem Bändel an den Wiesbaum angeschirrt, und konnte darum nicht loskommen, und blieb, so dick und breit er war, auf demselben Flecken. So mochte denn der Allgäuer sich wieder gemächlich heraus arbeiten. Ohne den Knöpfleschwab wäre er sicherlich hin gewesen sammt dem Spieß. Und war dies das einzige Heldenstück, das der Knöpfleschwab gethan auf der ganzen Fahrt; was aber drum um so weniger verschwiegen werden durfte, um den Schwaben aus jeglichem Gau Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. – Auf das mörderische Geschrei, das die Gesellen erhoben, kam auch der Spiegelschwab herbei, der an der Brücke auf sie gewartet hatte; und da er alle Wege und Stege in der Gegend wußte, so führte er sie auf die rechte Straße; und im nächsten Haus, wo unser Herrgott den Arm herausstreckte, kehrten sie ein, und hielten ihr Nachtquartier.

Einige Stückle vom Nestelschwaben

Einige Stückle vom Nestelschwaben, woraus hervorzugehen scheint, daß er kein Schwab gewesen.

Es geht die Sage, daß einmal ein Schwab gebeichtet habe; und nachdem er einige Sünden bekannt, habe er [159] plötzlich inne gehalten. Auf die Frage des Beichtvaters, ob ihm noch etwas auf dem Herzen liege, habe der Schwab gesagt: Ja, Eins drücke ihn noch, aber er schäme sich, es zu sagen. Der Beichtvater: Er solle nur frei von der Brust weg reden. Hierauf der Schwab: Ich bekenne, daß ich – – ein Schwab bin. Darob habe ihn der Beichtvater getröstet und gesagt: Nun, eine Sünde ist's eben nicht, aber schön ist es freilich auch nicht. – Ist's nicht ein anderer Schwab gewesen, der also gebeichtet, so ist's sicherlich der Nestelschwab gewesen. Denn der war wirklich sünddumm, wie ein Schaf; aber auch – zu seinen Ehren sei's gesagt – eben so geduldig und von gutmüthiger Art. Darum hatten auch die Andern ihre Fuhr mit ihm, und er mochte es auch wohl leiden. – Einstmals sollte er mit dem Gelbfüßler wettlaufen. Das konnte er nicht. Da sagte er: Ich glaub es wol, daß ich dir nicht nachkomme; du hast Stiefele an, mit denen langt man weiter, als mit den Schuhen. – Ein andermal fragte ihn der Spiegelschwab: Wenn er den Hut gäbisch aufsetze, was dann das Vordertheil, und was das Hintertheil wäre? Das konnte er nicht herausbringen, obwol er den Hut hin und her rückte auf dem Kopf, und ihn von vorn und hinten besah. – Wieder ein andermal fragten sie ihn, wie sein Name sei. Er antwortete: Meine Mutter hat gesagt, ich heiße wie mein Vater. Wie aber denn sein Vater geheißen? Antwort: Wie ich, hat meine Mutter gesagt. Man fragte weiter: Wie sie miteinander geheißen? Da bedachte er sich, und sagte endlich: Einer wie der Andere. – Die Zigeunerin mochte ihn wol gekannt haben, als sie sagte: Den Esel kennt man an den Ohren; und sie hat gewußt, daß Ratzen auf seinen Hirnkasten gekommen. Aber was er für ein Landsmann gewesen, das hat sie doch nicht errathen, sonst hätte sie's gewiß gesagt, und wir wüßten nun auch, was wir nicht wissen.

Wie die sieben Schwaben aufgefangen und eingesetzt werden

[160] Wie die sieben Schwaben aufgefangen und eingesetzt werden.

Des andern Morgens zogen die sieben Schwaben in guter Laune weiter, und unterhielten sich mit den Abenteuern von nächten, und lachten sich einander wacker aus. Als sie vor Kronburg vorbeikamen, guckte eben der Junker von und auf Kronburg aus dem Fenster, und sah die Gespanen vorbeiziehen. Da rief er seinem Schergen, und sagte: Lug einmal, was das für Leute sind; es mögen wol Landfahrer sein oder sonst so eine Bagasche. Der Scherg nahm sieben Bullenbeißer mit, und stieg den Berg hinab, den Schwaben entgegen. Sie sollten ihm folgen, ohne Umschweif, sagte er, und die Hunde bleckten die Zähne. Man muß wol der Obrigkeit Gehorsam leisten, dachten die sieben Schwaben und folgten ihm ohne Umschweif. Der Knöpfleschwab allein war saumselig, und er mußte ein paarmal zur Pflicht gehetzt werden. Wie sie vor dem Junker erschienen, fragte der sie: woher? und wohin? und wie? und warum? Und der Seehaas erzählte getreulich: Wie daß in der Gegend am Bodensee ein schreckliches Thier hause, und da hätten sie sich denn als brave Landsleute und biedere Männer zusammen gethan aus allen schwäbischen Gauen, um das Land vom Ungeheuer zu befreien. Das glaubte aber der Junker nicht, sondern blieb bei seiner Meinung, sie seien Strolche und Diebsgesindel, und ließ sie in die Keiche stecken.


So geht es in Schnitzlebutz Häusle,

Da singen und tanzen die Mäusle,

Und bellen die Schnecken im Häusle –

hat der Blitzschwab in der Keiche gesungen, aber ganz still, wie ein Mäusle.

Wie die sieben Schwaben sich aus der Gefangenschaft befreien

Wie die sieben Schwaben sich aus der Gefangenschaft befreien.

Es sagt aber die Geschichte, daß der Junker von Kronburg Tags zuvor, als ihn eben das Zipperlein plagte, [161] den patriotischen Entschluß gefaßt, zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit im schwäbischen Kreis und zur Beförderung der Aufklärung und Sittlichkeit unter dem gemeinen Volk, ein Zuchthaus zu stiften und in seinem Schloß anzulegen; woher es denn kam, daß er, den Kopf noch voll von diesem Plan, die sieben ehrlichen Schwaben als Spitzbuben ansah und einstecken ließ. Denn sonst war er ein gar niederträchtiger, frommer und milder Herr, der sogar seinen eigenen Bauern nicht mehr Wolle abschor, als er eben nöthig hatte, um sich selbst warm zu kleiden. Und so befahl er denn, daß man den Gefangenen Nahrung reichen sollte, so weit sie des bedürften. Der Spiegelschwab, der ihn wohl kannte, und wußte, daß Schmalhans in dessen Küche und Keller hauste, legte seinen Plan drauf an, welchen er den Gespanen mittheilte. Wie also der Scherg Mittags eine große Pfanne voll Milchspätzle brachte, sagte der Blitzschwab zum Knöpfleschwaben: Die gehört wol für dich. Der Scherg meinte, das sei für alle genug. Der Knöpfleschwab aber sagte: Er wolle lugen, ob's für ihn lange. Und er aß die Pfanne allein aus, so daß er kein gottiges Spätzle leibte, und die Schubet noch zusammen schärrte, als hätt's ein Hund ausgeschleckt. Das hinterbrachte der Scherg seinem Herrn und sagte: Man müßte nur gleich eine Brente voll Spätzle auf einmal kochen, und er wette, es sei noch nicht genug. Da ging der Junker von und auf Kronburg in sich, und meinte, es sei dem schwäbischen Kreis und der Menschheit kein so großes Opfer schuldig, daß er sich aushungern lassen sollte in seinem Schloß um einiger weniger Strolche willen. Und er befahl, die Sieben sollten sogleich in Freiheit gesetzt werden. Der Amtsherr aber gab ihnen wohlweislich noch einen Steckbrief mit, um andere Leute vor ihnen pflichtschuldigst zu warnen.

Wie die sieben Schwaben einer Heerde Vieh begegnen

[162] Wie die sieben Schwaben einer Heerde Vieh begegnen, und wie der Allgäuer ein Stiergefecht hält.

Bei Leutkirch (ist ein Nest, halb städtisch, halb bäurisch) mußten die sieben Schwaben mitten durch eine Heerde Ochsen und Küh' und Kälber und Roß und Quischele und Schaf' und Böck', war alles durch einander, schier wie die schwäbischen Herrschaften. Da, beim Vieh, war der Allgäuer so recht zu Haus, und er zog die Gespanen, sie mochten nun wollen oder nicht, mitten durch, und hüst und hott, und hinter sich und für sich. Dies mochte den Gemeind-Hag verdrießen, und er ging brummend und schwänzelnd auf die sieben Schwaben los. Die nahmen sogleich Reißaus, und liefen, was sie laufen konnten, nach dem nahen Zaun, wo sie sich hinaufschwenkten, und sich festhielten an den Stauden, so daß es aussah, als nisteten Wiedhöpfe drauf. Nur der Allgäuer räumte das Feld nicht; und wie er denn als ein ganzer Kerl beim Zeug war, wenn er's mit Ochsen zu thun hatte, so ließ er den Mollen ganz geruhig auf sich zukommen, und mir nichts dir nichts hatte er ihn bald beim Kragen, bald beim Schwanz, und zog und wurde gezogen, je nachdem er oder der Stier Herr und Meister war. Dies Spectakel dauerte eine ziemliche Weile, und die Wiedhöpfe auf dem Zaun lugten der Unfuhr zu, und hatten ihre Gaudi an dem Muth und der Geschicklichkeit des Allgäuers. Das Gefecht kam aber näher gegen den Zaun hin, und der Ochs ersah sich seines Vortheils, so daß der Allgäuer Zeit hatte, sich zu ducken und durch den Zaun zu schliefen, sonst wäre er gespießt worden. Der Stier aber, voller Zorn, rannte hier und dort gegen den Zaun an, und hier und dort, wo er anrannte, fiel ein Schwab um den andern herunter. Die schrien Eines Schreiens um Schutz und Hilfe; und der Allgäuer, der sich ihrer erbarmen wollte, hupfte über einen Stiegel, und ging wieder auf den Brummer los, und schimpfelte mit [163] ihm so lang, bis die Gespanen sich hinter den Zaun gerettet hatten, und nun aussahen wie Haasen, die über ihren Jungen hocken. Dann nahm auch der Allgäuer wieder Reißaus; und der Hag und er sahen sich noch lang über den Zaun an, bis jener endlich den Gescheidtern machte, und davon ging. Dann holte der Allgäuer den Spieß, und die sieben Schwaben zogen wieder fürbaß. Der Seehaas aber dachte in seinem Herzen: Wenn's der allein mit einem Ochsen aufnimmt, so kann's uns gar nicht fehlen, da wir unserer sieben sind.

Noch ein paar Stückle vom Nestelschwaben

Noch ein paar Stückle vom Nestelschwaben.

Da den sieben Schwaben eben jetzt nichts begegnet, indem sie Mittagszeit halten, so habe ich Zeit, noch ein paar Stückle vom Nestelschwaben zu erzählen. Eines Tags kamen sie vor einem Weiher vorbei, drin abgestandene Fische lagen. Da sagte er: Es sei doch schade, daß man die schönen Fische habe versaufen lassen. – Wie sie einmal durch ein Dorf gingen, schlug es gerade drei. Da zählte er die Schläge, sagend: Eins, eins, eins. Als die Uhr ausgeschlagen, fragten sie ihn: Wie viel es sei? worauf er antwortete: Er wisse es nicht, denn er habe es nicht zusammengerechnet. – Einstmals fragte ihn der Blitzschwab, ob er auch schwören könne? und er soll mal einen recht höllischen Fluch thun. Da nahm er die Kappe ab, und sagte: Mit Verlaub, daß dich das Mäusle beiß! Und war dies sein größter Fluch, den er wußte. Der Blitzschwab hätte ihm schon kräftigere Stoßseufzer dieser Art lehren können, denn der konnte fluchen, was der Brief vermag; und es wären Beispiele genug anzuführen, wenn nicht zu befürchten wäre, ein christliches Ohr zu ärgern. – Noch ein Stückle: Eines Tages gingen sie vor einem großen herrschaftlichen Weiher vorbei, und ein Schiff war vom Winde losgerissen, und zwei kleinere neben dem größern schaukelten hin und her auf dem Wasser. Da schüttelte er den [164] Kopf, und sagte: Curios, daß doch alles, was klein ist, gern schimpfelt und spielt; vermeinte, daß die kleinen Schiffe neugeboren, und das große ihre Mutter wäre. – Diese und andere Stückle erzählt man von ihm; ich kann aber nicht gut stehen, daß sie wahr seien; denn es ist böser Leute Gewohnheit, daß sie einem, der einmal ein Kläpperle hat, zehn und hundert anhängen.

Von einem fahrenden Schüler

Von einem fahrenden Schüler, und was er von Schwabenstreichen erfahren.

In der Herberg, wo die sieben Schwaben diesmal übernachteten, trafen sie einen fahrenden Schüler an, und als sie ihn fragten, was er für ein Landsmann sei, und was er auf Reisen thue, antwortete er: Er heiße Adolphus, und sei ein geborner Schwab; er habe aber viele Jahre im Norden studirt, und ziehe nun im Süden umher, um Geschichten von den bekannten Schwabenstreichen zu sammeln, welche er dann im Druck ausgehen lassen wolle. Der Seehaas sagte: Er solle nur mit ihnen gehen, da könne er mehr als genug erfahren. Der Spiegelschwab aber raunte dem Allgäuer ins Ohr, er solle ihm nur gleich die Streiche fühlen lassen; der aber meinte, man müsse die Gelegenheit nicht vom Zaun brechen, sie werde sich schon finden. Und sie fand sich bald. Nachdem sie nämlich zu Nacht gegessen, legten sie sich auf die Streu, und der Allgäuer kam neben dem Studenten Adolphus zu liegen. Der sagte zu ihm, ehe sie einschliefen: Er solle nicht erschrecken, wenn er des Nachts umher schlage mit der Faust; es sei blos eine Disputation, und habe nichts zu bedeuten. Der Allgäuer sagte: Disputiren sei ja nichts Unrechtes; er thue es auch oft im Traum mit seinen Ochsen, wenn sie nicht vorwärts wollten. In der Nacht kam wirklich dem Studenten Adolphus das Disputiren in den Kopf und in die Faust, und er geberdete sich so hitzig, daß er dem Allgäuer auf die Nase schlug, der darob erwachte. Bygost! dachte er, der hat schwere [165] Träume, die muß ich ihm wol vertreiben, wenn ich Ruhe haben soll. Und er nahm eine Geißel, die an der Wand hing, und schnalzte lustig auf den Studenten Adolphus los, schreiend: Hott, Bräunle! Wüst, Bläßle! jhi, hott, wüst! und hieb dabei in die Kreuz und Quer. Der Student Adolphus schrie Zeter Mordjo. Aber der Allgäuer that, als ob er fortträume, und trieb die Ochsen noch mehr an, indem er den Geißelstecken umkehrte, und drein schlug, was er konnte. In der Höllenangst wußte der Student Adolphus nicht, woan und woaus; da riß er ein Fenster auf, und der Allgäuer half ihm nach, und gab ihm noch eine Schlappe auf den Weg mit. – Und so hatte denn der Student Adolphus von den Schwabenstreichen genug erfahren am eignen Leib; weiß aber nicht, ob er sie auch eingetragen habe in sein Buch.


Du Stupfer, du Hauser, Du Rupfer, du Zauser, Du Lecker, du Lauser, Du Schlecker, du Mauser, So soll es dir gehn, Recht ist dir geschehn, So soll es dir gehn.

Wie der Spiegelschwab einen Tyroler foppt

Wie der Spiegelschwab einen Tyroler foppt, und von ihm wieder gefoppt wird.

In der Herberg, wo sie übernachtet, war auch ein Tyroler zugegen, der mit Theriak und Schneeberger handelte. Nun sind, wie bekanntlich, die Tyroler nicht so dumm, als wofür sie sich ausgeben wollen, sondern sie haben's faustdick hinter den Ohren. Und darum, wenn Andere Schimpf und Glimpf mit ihnen spielen, und Trumpf sagen, so sagen sie Stich. Und so geschah es denn auch, als der Spiegelschwab ihn aufziehen wollte, und ihn fragte: Welche Sprache die feinere sei, die schwäbische oder die tyroler? da antwortete jener: Die tyroler sei von Loden, und die schwäbische von grobem Tuch. – Weiter fragte ihn der [166] Spiegelschwab: Wenn ein Schwab und ein Tyroler beisammen seien, wer von ihnen wol der dümmste sein möge? Einer um den Andern, sagte der Tyroler. – Drauf fragte der Spiegelschwab: Wann denn die Tyroler anfangen thäten, gescheidt zu werden? Der Tyroler sagte: Die Schwaben, sagt man, werden halter im vierzigsten Jahr gescheidt, und die Tyroler im fünfzigsten; aber, sagt man, die Tyroler holen die Schwaben bald wieder ein. Und so foppten sie denn einander, und blieben demungeachtet beide gut Freund. Woraus hervorgeht, daß die Schwaben wol Spaß leiden mögen, wenn's mit guter Meinung geschieht. – Vor dem Abschied sagte noch der Spiegelschwab zum Tyroler: Laß dir meinethalb noch ein Käntle Branntwein einschenken. Das that der Tyroler, und er trank ihm Gesundheit zu, und sagte: Dank für die Bezahlung! Und so mußte denn wol der Spiegelschwab Ehren halber bezahlen, und war wiederum der Gefoppte.

*Von einem Heldenstück, das der Blitzschwab gethan

*Von einem Heldenstück, das der Blitzschwab gethan.

Indem die sieben Schwaben am andern Tag ihres Wegs weiterzogen, sahen sie von ferne die hohe Waldburg auf ihrem Tannenberg liegen. Der Blitzschwab fragte den Seehaasen, als einen der Gegend kundigen Mann: wer dort oben hause im Schlosse? Der Seehaas sagte: Es hause droben ein gewaltiger Riese. Und nun erzählte er den Gesellen ein Langes und Breites von dem Ungeheuer, und welches Unheil es schon angerichtet habe in der Gegend umher. Es war aber alles, was er sagte, ganz und gar verlogen, ob er gleich selbst steif und fest daran glaubte. Der Blitzschwab fragte ihn: ob sie des Weges nahe vorbeikämen an jenem Berge? Jener sagte: Nein; und er brauche sich nicht zu fürchten. Potz Blitz! sagte der Blitzschwab; was? ein Kerl, wie ich bin, sich fürchten?... Und während die Gesellen schliefen, machte er sich allein [167] auf den Weg nach der Waldburg. Der Riese lugte soeben über die hohe Ringmauer heraus, wie Unsereiner zur Dachluke hinausguckt. Sein Kopf schien so groß wie die Scheibe eines Vollmonds im Aufgange, und die schwarzen, struppigen Haare hingen ihm vom Scheitel herunter. Er fiselte so eben ein Kalb ab als wär's eine Lerche, und zermalmte die Knochen, als wären es Zuckerstriezel. Indem es so dem Fraß bedächtig oblag, mochte er das Männle nicht bemerken, das, wie ein Wiesel, durch das Gesträuch sich Weg machte. Unser Held aber springt – mir nichts, dir nichts – keck auf den Riesen zu, umfaßt eines seiner Beine, und klettert dran hinauf, wie ein Eichkätzle auf einen Tannenbaum. Nun muß man wissen, daß sich Riesen vor nichts mehr fürchten, als vor Kröten, gleichwie sich Löwen fürchten vor dem Geschrei des Hahns. Eine solche Kröte, glaubte der Riese, hänge an seinem Bein. Voll Schrecken lauft er fort, hin und her, auf und ab, und zappelt, und schlenzt, und kann des Scheusals doch nicht los werden. Da stolpert er endlich und fällt. Halb des Todes vor Angst ächzet er und stöhnt mehr und mehr, wie er fühlt, daß die Kröte immer weiter hinaufkriecht über den Leib. Und schon sitzt sie ihm auf dem Genick. Jetzt verliert er alle Besinnung und unser Held schneidet ihm nun geruhig und gemächlich den Kopf ab.

*Vom Spiegelschwaben, wie er einen Schatz findet

*Vom Spiegelschwaben, wie er einen Schatz findet.

Es gibt mißgünstige Leute, die von den Schwaben nichts Gutes halten, vielmehr ihnen alles Böse nachsagen. Diese erzählen, daß es dem Blitzschwaben von dem Abenteuer mit dem Riesen nur so geträumet habe; denn also ergeh' es furchtsamen Leuten: sie seien nur tapfer, wenn sie schlafen. – Wahrhaftig und gewiß ist jedoch, daß und was dem Spiegelschwaben geträumet hat. Denn der erzählte es selbst seinem Freunde und Schlafgesellen, dem Blitzschwaben, [168] und dieser befand es wirklich so, wie jener gesagt. Es war ihm nämlich der Teufel erschienen. Der führte ihn auf einen Acker, um einen Schatz zu graben. Und da er viel Gold gefunden hatte, sprach der Teufel: Jetzt ist es dir nicht erlaubt, den Schatz hinweg zu nehmen, sondern zeichne die Stätte, daß du sie später wieder finden könnest. Da fragte jener, was er für ein Zeichen machen sollte. Sprach der Teufel: Thu hin! Nachdem er also gethan, erwachte er. – Aus dieser Geschichte ist zu lernen, daß man sich auf höllische Künste, als da sind: Wahrsagen, Schatzgraben, Bannen, nicht einlassen solle, weil in solchen Dingen der böse Geist sein Unwesen treibt; der aber lohnt nur mit Schaden und Schanden, wie dies durch das Beispiel des Spiegelschwaben augenscheinlich gezeigt wird.

Wie die sieben Schwaben einem Juden begegnen

Wie die sieben Schwaben einem Juden begegnen, der sich mit ihnen in einen Handel einläßt.

Zwischen Weingarten und Ravensburg begegneten die sieben Schwaben einem Juden. Wie der Spiegelschwab dessen ansichtig wurde, sagte er: Den wollen wir schröpfen. Sie gingen daher auf ihn zu, und hielten ihm den Spieß vor; und der Blitzschwab schrie: Zahle oder zable. Jener sagte: Bin ein armer Jud; hab nix bei mir, als wenig Lumpengeld; das ist nit für ehrliche Leut. Bygost! das sind wir, sagte der Allgäuer; aber beiten mußt du uns; und mach' nur nicht viel Umständ. Na, sagte der Jud, ich beite nicht heute, muß sonst borgen auf morgen, und der Morgen schiebt's auf Uebermorgen. Hat den Spruch, denk ich, sicher von der alten Hex', der Zigeunerin, gelernt. Potz Blitz, sagte der Blitzschwab, hälst du uns für Lumpen, die nicht bezahlen wollen? Drauf der Jud: Ehrlich wollen wir alleweil sein; wir können's aber nicht alleweil sein. Und so hielt er denn allen ihren Reden Stich; und wenn sie ihm gleich drohten, er müsse sonst morixeln, so sahen sie ihm nicht darnach aus, daß sie mit dem Spieß [169] Ernst machen wollten. Und er blechte nicht aus. Da nahm ihn der Spiegelschwab auf die Seite, und sagte zu ihm: Mauschele, weißt was? wenn du doch nicht anders willst, so laß uns einen Handel machen; ich will dir die Bärenhaut da geben. Der Jud riß die Augen angelweit auf, und spitzte das Mäule, und redete gar freundlich, und sagte: Na, was mag sie wol werth sein? Sechs Batzen geb ich drum. Und sie wurden des Handels eins um einen Thaler. Der Jud gab das Geld hin, aber der Spiegelschwab die Haut nicht; denn, sagte er, er habe wol vorher gesagt, daß er ihm die Bärenhaut gebenwolle; jetzt aber sei er eines andern Sinnes geworden. Der Jud mußte sich's wol gefallen lassen, denn es waren ihrer Sieben gegen Einen. Auch hatte er keine sonderliche Ursache, sich um den Thaler zu balgen, wie sich's bald darauf gezeigt hat.

Wie die sieben Schwaben sich die Ravensburger Würste

Wie die sieben Schwaben sich die Ravensburger Würste schmecken lassen, und wie sie ihnen bekommen.

Als die sieben Schwaben in Ravensburg angekommen, kehrten sie sogleich im nächsten besten Wirthshaus ein, und verlangten sieben Ellen Ravensburger Würste. Und nachdem der Wirth sie gebracht, sagte der Knöpfleschwab: Um keine Händel zu bekommen während dem Essen, wäre es am besten, ein Jeder nähme das Maß nach seinem eigenen Leib, und die Länge der Wurst darnach. Der Allgäuer gab ihm Recht; und wenn der einem Recht gab, so galt's. Also vertheilten sie die Würste, und dem Nestelschwaben, an den zuletzt das Messen kam, blieb nur ein kleines Zipfele übrig; das steckte er ein, denkend: Wenn die andern nichts haben werden, so werde doch ich etwas haben. Der Spiegelschwab, – denn so hatten sie's ausgemacht – gab den Thaler hin, um den er den Juden beschissen, und verlangte gute gangbare Münz heraus. Als aber der Wirth den Thaler genauer ansah, merkte er, daß er falsch sei; [170] und er schickte insgeheim nach den Stadtknechten, welche kamen, und die sieben Schwaben auf das Rathhaus führten. Da wurden sie angeklagt als Falschmünzer und Gaudiebe, und es war drum und dran, daß sie gehenkt werden sollten. Und da hätte kein Bygost! des Allgäuers geholfen, und kein Potz Blitz! des Blitzschwaben, und kein Lamentiren der Uebrigen – wenn nicht der Jud für sie eingestanden wäre. Das ist aber so zugegangen. Der Jud hatte ihnen den Rang abgelaufen, und war mit ihnen zu gleicher Zeit in die Stadt gekommen, und er klagte sie bei der Obrigkeit an als Straßenräuber. Den bemerkte nun in einem Eck der Spiegelschwab und er sagte: Der ist der Falschmünzer. Der Jud mochte läugnen, wie er wollte, er wurde beim Schopf genommen, und in Eisen geschlagen; denn zur damaligen Zeit hatten sieben Christenmenschen noch mehr Credit, als ein Jud, wogegen es in unsern Zeiten der umgekehrte Fall zu sein scheint. Da aber einmal die Gerechtigkeit im Gang war, und überdieß noch der Steckbrief bei ihnen gefunden wurde, so ward im Rath beschlossen, daß Jeder von ihnen dreißig Prügel minder einen bekommen solle, und das von Rechts wegen. Darauf wurden sie frank und frei gelassen. Und die Zech für dieses Tractament sind die sieben Schwaben und ihre Landsleute den Ravensburgern noch schuldig. Was aber den Juden anbelangt, so weiß ich nicht, was die Zigeunerin ihm prophezeit hat; ich denk' aber, er lebe noch, wenn er nicht gehenkt worden.

Wie die sieben Schwaben vor einem Galgen vorbeigehen

Wie die sieben Schwaben vor einem Galgen vorbeigehen, und einen Gehenkten befreien.

Außer Ravensburg kamen die sieben Schwaben vor einem Galgen vorbei. Du mußt aber wissen, wenn du es nicht schon weißt, günstiger Leser! daß es nirgends mehr Galgen gibt im ganzen deutschen Reich, als im Schwabenland; [171] woraus du jedoch nicht den Schluß machen darfst, daß dort die Spitzbuben zu Haus seien, sondern sie laufen eben aus allen übrigen Gegenden Deutschlands zusammen, wo sie wissen, daß sie Niemand fängt und hängt. Der Ravensburger Galgen stand aber nur selten leer, und war zu derselbigen Zeit der berühmteste nach dem Buchloer, an dem meistens ein halb Dutzend zugleich hingen. Und so pampelte denn auch einer an jenem Galgen, und er schien noch ein Frischling und nicht über einen Monat alt zu sein. Da fiel dem Spiegelschwaben ein, daß ein Diebsfinger geheime Kräfte habe, und man könne zu Geld kommen, ohne daß man es, was man so nennt, stehle. Er wollte daher dem Patron einen Finger abschneiden, vermeinend, daß er ihm doch nimmer weh thue; er krächselte den Galgen hinauf, und setzte sich grattlings auf die Schultern des armen Sünders. Da brach der Strick, und er fiel mit sammt dem Todten herunter, der, weil er ganz starr war, aufrecht an das Lander sich hinlehnte, als wollte er drüber steigen; und der Spiegelschwab saß noch auf ihm. Das sahen die andern Gesellen; und im ersten Schrecken vermeinten sie, der Schächer sei lebendig geworden, und wolle ihnen nachlaufen. Und sie rannten davon, wie Spitzbuben, ohne umzuschauen, und rannten immer mehr, da sie hörten, daß wirklich einer hinter ihnen her trotte, – es war aber der Spiegelschwab, der auch nicht säumte – und sie wären vielleicht fortgerannt bis ans Ende der Welt, wenn ihnen nicht endlich der Schnaufer ausgegangen wäre. Da sahen sie nun wol, daß Niemand hinter ihnen her sei; aber nehmen ließen sie sich's nicht, es sei dem wirklich so gewesen, und der Spiegelschwab war derselben Meinung. »Der hat sicher den Gescheidtern gemacht, und ist nach Haus gelaufen; und die Ravensburger mögen sehen, wie sie ihn wieder bekommen« – so sagte einer; ich sag's aber nicht, wer es gesagt hat.

Wie der Blitzschwab das Heimweh bekommt

[172] Wie der Blitzschwab das Heimweh bekommt, und wie ihn der Spiegelschwab davon curirt.

Sei's, daß die letzten Abenteuer, besonders die Stockprügel in Ravensburg, unseren Helden in die Glieder gefahren, oder haben sie's zu Gemüth genommen, daß Zeit und Ort, wo sie das halsbrechende Abenteuer bestehen sollten, immer näher kämen, oder was es sonst gewesen sein mag; kurz, sie wurden von Stund zu Stund däsiger, und ließen den Kopf hangen, wie Schafe, die man zum Metzgen führt. Besonders aber gebarte sich der Blitzschwab ganz traurig, und ächzte und wehleidete, als hätte er das Bauchgrimmen. Es war aber eine Herzenssache, und er hätte wol singen dürfen, wenn er gemocht hätte:


Ich weiß nit, wie mir ist,

Ich bin nit krank und bin nit g'sund,

Ich bin blessirt und hab kein Wund.


Denn er dachte an das Kätherle aus der Grafschaft Schwabeck, und daß er ihr nicht auf die Kirbe kommen könnte. Ob diesen Gedanken wurde ihm das Herz ganz schwer, und er kriegte das Heimweh. Und wie die Andern den Imbiß zu sich nahmen, aß er nichts; und als sie aufstanden und weiter gehen wollten, blieb er hocken, und legte den Kopf in die Hände, und heinte. Als dies der Spiegelschwab sah, der sein Freund war, fragte er ihn: was ihm fehle. Laß mich ung'heit! sagte Jener und fing an laut zu flarren. Sein Freund aber setzte sich zu ihm, und tröstete ihn, und ließ nicht ab vom Fragen. Jener konnte aber vor lauter Schluchzen nichts vorbringen, als: »'s Kätherle!« Nun wußte der Spiegelschwab, wie er dran war, und er redete ihm freundlich zu, und sagte: Sei kein Fotzenhut! – Indem ging so eben der Augsburger Bot vorbei, der die May'sche Ordinari-Postzeitung durch das Reich trug. Wie den der Blitzschwab sah, sagte er: Mit dem geh ich, und ich laß mich nicht halten, und ich will und muß fort. Da rief der Spiegelschwab den Boten an: [173] Landsmann! Der Bot: He! Der Spiegelschwab: Kennst du das Kätherle aus der Grafschaft Schwabeck? Der Bot: Mein' wol; sie ist ja das schönste Mädle im ganzen Reich. Der Spiegelschwab: Nu so sag ihr, ich laß sie grüßen, und wenn sie einen Rotzer zum Mann haben will, so soll sie den da nehmen. Potz Blitz! rief der Blitzschwab und sprang auf; Bot, halts Maul und lüg nicht, oder daß dich die Ritt schütt! du – du –. Und er hatte den Boten schon an der Gurgel gepackt, der sich seiner genug zu wehren hatte. Um aller Heiligen willen, sagte der Bot, ich will ja gern das Maul halten, sagt mir nur, was ich ihr sagen soll. Erstlich, sagte der Blitzschwab, sag ihr, daß ich ein braver, rechtschaffener Kerl bin; und zweitens, sagte er, sag ihr, daß ich ihr gewiß auf die Kirbe kommen werde; und drittens, sagte er, sag ihr, daß ich sie grüßen lasse. Und drauf druckte er dem Boten einen Albus in die Hand, und der Bote versprach gute Ausrichtung.


Ich weiß nit, wie mir ist,

Ich hab erst heut den Doctor gefragt,

Der hat mir's unter's Gesicht gesagt.

Ich weiß wol, was dir ist,

Ein Narr bist du gewiß;

Nun weiß ich, wie mir ist.

Hiermit endet das Liedlein.

Wie der Nestelschwab seine Mutter findet

Wie der Nestelschwab seine Mutter findet, aber seinen Vater nicht.

Vor Markdorf am Weg beim Brunnen saß ein altes Mütterle, die hatte Brillen auf, und lugte so vor sich hin, als suchte sie etwas. Und wie die sieben Schwaben vorbei gingen, glaubten sie, es sei die Zigeunerin, und gingen auf sie zu. Die sah auf, und als sie einen nach dem andern angelugt, rief sie plötzlich: Rudeli, liebs Sühnli! Der Nestelschwab merkte, daß dies seine Mutter sei und sagte: Mämmeli, do bini jo! Jene sagte: Chetzer! wo bisch denn so lange Zit g'sin? In der Welt, sagte der; und er griff [174] in den Sack, und gab ihr das Zipfele Wurst hin, das er seinem Maul abgespart hatte in Ravensburg, und sagte: Gott g'segnis! Die Mutter sagte: Luser, wie sieht's auf dinem Grind us? laß lugen. Und Rudeli legte sich demüthig nieder, und that seinen Kopf in ihren Schooß, und die Mutter strehlte ihm sein Haar, und suchte, was sie suchen konnte. – Als die Mutter mit Rudelis Grind fertig gewesen, sagte sie: Jetzt soll' er bei ihr bleiben. Der aber fragte den Seehaasen insgeheim; und als dieser ihm zugeredet, sagte er zur Mutter: Er müsse vorerst noch Thaten thun, und die Mutter solle nur hier auf ihn warten, dann wolle er mit ihr zurück ins Schwyzerland. Die Mutter bat: Rudeli, liebs Rudeli! Rudeli aber blieb dabei, er müsse Thaten thun. Und er ging zu den Gesellen, und mit ihnen weiter. Unterwegs fragte ihn der Seehaas: ob er denn also ein Schweizer sei? Er antwortete: seine Mutter sei aus der Schweiz, und habe als Markedenterin gedient unter den Rothmäntlern. – Und so wissen wir denn bis heutigs Tags noch nicht, was der Nestelschwab für ein Landsmann gewesen, und ob er schon aus der Schweiz keinen Verstand mitgebracht, oder ihn erst in Schwaben verloren habe.

*Von etlichen erbaulichen Gesprächen

*Von etlichen erbaulichen Gesprächen, die der Knöpfleschwab mit dem Nestelschwaben gehalten.

Der Blitzschwab und der Allgäuer wollten den Nestelschwaben schier verachten, darum, daß er ein Schweizer und von dem Geschlechte der Kuhmelker sein möchte. Nur der Nestelschwab hielt nach wie vor treubrüderlich zu ihm, und sie waren Ein Herz und Ein Talken. Das hatte auch seine natürlichen Ursachen. Denn bei Tisch und im Bett räumte der Nestelschwab, der ein schmächtiges Männle war, dem Knöpfleschwaben, dem Schmerbauch, das beste Theil zu, was dieser gar wohl dankbarlich erkannte. Zudem hatte keiner von Beiden Ueberfluß an Witz; darum konnten sie [175] eben ein gescheidtes Wörtle mit einander reden. Als zum Exempel: Da die Sieben einmal Mittagsrast hielten, fand der Knöpfleschwab eine Käste oder Kastanie, die hob er auf und sagte mit Freuden zum Nestelschwaben: Lug, Rudi, lug! ein schön's und gut's Nüßle, das ist in ein Lederle genäht. Der Nestelschwab besah es genauer und sprach mit großem Verwundern: Guck, das ist by Gotts Chrüz ein finer Schnider gsyn, und hat gar ein suberes Näthli chünnen machen. Er meinte aber das Ort, das gegen den Stiel stehet, wäre die Nath, wo das Lederlein wäre zugenähet. Ein anderes Mal fragte der Knöpfleschwab, der gern von Essen hörte, noch lieber aber essen thät, seinen guten Kameraden: ob er schon einmal Häßenfleisch gessen hätt. Der Nestelschwab sagte: Nein, er habe nie Häßenfleisch gessen; aber gehört hätt er wol von seinem Mämmeli, daß sie einmal hab Häßenfleisch essen sehen. Was wol glaublich ist; denn man sagt, daß die Schwyzer Mangel haben an Wildpret, an Salz und an noch etwas.

Nach einiger Zeit fragte der Nestelschwab den Knöpfleschwaben: ob unser Herrgott ein Schwyzer oder ein Schwabe sei. Der Knöpfleschwab antwortete: Eins ums andere; bekommen die Schwyzer Schläge, so ist er ein Schwabe; und bekommen aber die Schwaben Schläge, so ist er ein Schwyzer. Drauf der Nestelschwab: Wenn aber Beide Schläge bekommen, was dann? Der Knöpfleschwab: dann mögen sie zusehen, wo sie einen Herrgott herkriegen, der ihnen helfe. Also haben die Beiden oft seine Betrachtungen angestellt über Dinge, worüber sich leichtfertige Leute nicht bekümmern.

Wie die sieben Schwaben des Sees ansichtig werden

Wie die sieben Schwaben des Sees ansichtig werden, und was sie dazu sagen.

Als die sieben Schwaben des Sees ansichtig wurden, sagte der Seehaas: Das ist der Bodensee. Die blieben stehen, und rissen Aug und Maul auf, und lugten Eines [176] Lugens. Bygost! sagte der Allgäuer, das ist eine Lache, so groß, man könnte den Grindten drin versäufen. Und der Spiegelschwab fragte den Seehaasen: ob das Wildenten seien, so man dort in der Ferne sehe? Es waren aber Schiffe. Und der Gelbfüßler: Ob jenseits drüben auch Leute wohnen, wie diesseits? Und einer um den andern fragte dies und jenes, und der Seehaas erzählte, und sagte: Es sei dies das deutsche Meer – müßten sie wissen – und es habe einen Umfang von wenigstens hundert Meilen – er lüge nicht, sagte er. – Und der See, sagte er, habe gar keinen Grund und Boden; darum heiße er eben auch der Bodensee, wie leicht zu begreifen sei. Und bei stillem, hellen Wetter, sagte er, sehe man versunkene Städte und Schlösser drin, und ganze Landschaften – er sag' es, sagte er. – Und Fische geb' es drin, sagte er, so groß, wie das Kostnitzer Münster, – er lasse nichts abmarkten, sagte er. – Auch Nixen geb' es die Menge, zu Land und zu Wasser – sehen müßt ihr's, sagte er. Und wenn der See aber stürmisch sei, so werfe er Wellen – er übertreibe nicht – so hoch, wie der Sentis (ist ein Berg). Und er könnte der Wunderdinge noch viel erzählen, sagte er; aber wer's nicht selbst sehe, der glaub' es nicht. Potz Blitz! sagte der Blitzschwab ein um das andere Mal; die andern aber sagten kein Wörtle. – Nachdem sie sich nun schier die Augen ausgelugt, so zogen sie fürder, Ueberlingen vorbei, gegen den Wald zu, wo das Ungeheuer hauste. Um sich aber auf dem Weg dahin die lange Weile zu vertreiben, und die bösen Gedanken, sang der Blitzschwab das schwäbische Wallfahrtslied, und die Andern stimmten mit ein, wie folgt:


Jetzt stellen die Bauren ein'n Kreuzgang an, Zu dem muß kommen Jedermann.

Es läuten schon die Glocken ein, Der Pfarrer will nicht der letzte sein.

[177] Der legt ein zottlets Hemat an, Unten und oben Zwickele dran.

Nachher tragt man ein' große Stang voraus, Z'oberst hangt ein Fahnen heraus.

Man sagt uns viel vom ewigen Leben, Und noch viel mehr vom Stuiren-geben.

Da geht man um den Altar h'rum, Daß keiner z'spät zum Opfer kumm.

Beim rothen Bären kehrt man ein, Da muß es auch recht g'soffen sei.

Der Pfarrer, der geht da hinten drein, Und schenkt mit dem Weihwedel ein.

Der Kreuzgang sich dem Dorf zuwendt, Jetzt hat die Procession ein End.

Wie die sieben Schwaben zum letzten Mal Mittag halten

Wie die sieben Schwaben zum letzten Mal Mittag halten, und dabei Todesbetrachtungen anstellen.

Ehe sie aber in den Strauß gingen, wollten sie noch eine Herz- und Magenstärkung zu sich nehmen, und der Knöpfleschwab sparte weder Schmalz noch Salz, um das Henkermahl recht appetitlich zu machen. Als sie nun so um die Pfanne herum saßen, und sich die gerösteten Spätzle schmecken ließen, sagte der Allgäuer, indem er einen Seufzer holte, bis vom untersten Zehen herauf: 's ist ein Sach, wenn man bei sich so recht bedenkt, daß man zum letzten Mal in seinem Leben zu Mittag ißt. Das Wort fiel dem Blitzschwaben auf das Herz, und er that auch einen Seufzer, und sang gar kläglich und beweglich für sich hin:


Soll ich denn sterben,

Bin noch so jung, so jung!

Wenn es mein Mädle wüßt,

Daß ich schon sterben müßt,

Sie thät sich grämen

Mit mir ins Grab.


Der Seehaas redete ihnen Muth zu, sagend: Liebe Leute, denkt: Todt hilft aus aller Noth. Wer im Grab liegt, dem ist wohl gebettet. (Aber nicht, wer im Rachen liegt [178] des vermaledeiten Thiers, sagte der Gelbfüßler.) Doch wir wissen ja noch nicht, ob unser Stündle gekommen ist. Der Nestelschwab sagte: Meine Mutter hat mir oft gesagt, daß mein Stündle gar nie kommen werde. Und war noch der Einzige, der sich das Sterben nicht zu Herzen hat gehen lassen. Aber der Allgäuer lugte immer noch finsterer drein, und ließ den Kopf immer tiefer hangen, und holte wieder einen Seufzer, und sagte: 's ist e Sach! und der Knöpfleschwab fing an still vor sich hin zu heinen. Dann holte der Allgäuer zum dritten Mal einen Seufzer, und sagte: 's ist e Sach! in so herzbrechender Weise, daß alle zu flarren anfingen und zu röhren. Nur der Spiegelschwab wußte nicht recht, ob er lachen oder weinen sollte, weil er sah, wie sich der Knöpfleschwab anstrengte, zugleich das Herz zu leeren und das Maul zu stopfen, so daß er ein Gefriß machte, wäre gut gewesen für einen, der die Kinder erschrecken wollte, daß sie die Fraiß bekämen.

Wie die sieben Schwaben sich in Schlachtordnung stellen

Wie die sieben Schwaben sich in Schlachtordnung stellen.

Es war nun an der Zeit, daß sich die sieben Schwaben in Schlachtordnung stellten. Der Seehaas meinte, sie sollten alle sogleich in der Reihe losziehen, wie bis hieher; und der Knöpfleschwab gab ihm recht, und meinte, man solle keine Neuerung machen. Aber der Allgäuer sagte: Er wolle jetzt einmal der letzte sein, denn er sei lang genug der erste gewesen. Courasche, sagte der Blitzschwab, habe ich genug im Leib, das könnt ihr mir glauben, aber ich hab nicht genug Leib für die Courasche und für die Bestie. Der Nestelschwab meinte: Warum denn gerad einer der erste sein, und einer der letzte? sie sollten sich nur alle in der Mitte halten, so geschehe keinem kein Weh. Und ich meine, sagte der Spiegelschwab, es sei am allerbesten, daß Einer für Alle sterbe. Knöpfleschwab, sagte er, was meinst? wie ist dir? Du wärst so der rechte Bissen. Der aber schrie [179] und stampfte und zappelte mit allen Vieren, als wenn er schon an dem Spieß steckte. Nun nahm der Seehaas das Wort und sagte: Liebe Freunde und Landsleute! Frisch gezuckt ist halb gefochten. Es ist nichts besser, denn ein guter Muth in bösen Sachen. Das gute Herz sieget in allem Uebel. Verzagt Mann kam mit Ehren nie vom Plan. Drauf wandte er sich an den Gelbfüßler, und sagte zu ihm: Gang Jackele, gang du voran, du hast Sporen und Stiefele an, daß dich der Haas nicht beißen kann. Und der Gelbfüßler ließ sich dazu bewegen; denn er dachte an das Wort der Zigeunerin, und er sagte zu sich selbst: entweder lauft das Thier davon, dann laufe ich ihm nach; oder es lauft mir nach, dann lauf ich davon, und so kriegen wir uns beide nicht unser Leben lang.

Wie die sieben Schwaben den Strauß bestehen

Wie die sieben Schwaben den Strauß bestehen.

Da es nun aber an dem ist, daß ich dir, günstiger Leser, das größte und gefährlichste Abenteuer erzählen soll, welches die sieben Schwaben bestanden: so befinde ich mich in keiner kleinen Verlegenheit, wie ich die Sache der Wahrheit gemäß darstellen soll. Denn weil ich die That, leider! nicht selbst mitgethan, so mußte ich sie eben von jenen vernehmen, die, wie verlautet, dabei gewesen; absonderlich von dem Seehaasen, dem Anführer der Helden und dem Verkündiger ihres Heldenthums. Der aber, wie du weißt, ist ein Erzlügner gewesen, ein Windbeutel, ein Ploderer, ein Mährensager von Haus aus. Und die übrigen, mit Respect zu melden! verdienen wol eben so wenig Glauben; denn Jeder, wie leicht zu vermuthen, wird nur zu eignen Gunsten erzählet, und seinen Part am Abenteuer heraus gestrichen haben. In solcher Noth, was soll der Geschichtsschreiber thun? Ohne Zweifel das Beste. Und so will ich denn die Historie also nehmen und geben, wie sie mir als die natürlichste und wahrhaftigste erscheint. Andere machen es auch nicht anders im Andern. – Es sei also [180] kund und zu wissen, wie daß die sieben Schwaben in den Strauß zogen, hübsch langsam voran gegen den Busch zu, wo, wie der Seehaas sagte, der Drach sein Nest hatte. Als sie schon ganz nahe waren, sagte der Spiegelschwab: Mich grimmt's im Bauch, und ich muß abseiten. Das wollte der Allgäuer nicht leiden, und er sagte: er sollte mit den Andern mitmachen, und nicht apart thun. Der Spiegelschwab versetzte: er wolle ja nur spioniren gehen, wo das Thier stecke. Laß es stecken, sagte der Allgäuer, wo es steckt, und bleib, sag ich. Jetzt seid stät, und haltet's Maul, rief der Seehaas, und lugt und los't. Und wie sie nun gegen den Busch weiter vordringen, und lugen und losen, siehe da liegt ein Haas im Busch, der lugt und los't auch, und macht ein Männle, und erschrickt, und lauft davon. Die sieben Schwaben aber blieben stehen ganz erstaunt und erstarrt. Hast's gesehn? hast's gesehn? rief einer um den andern; und es war so groß wie ein Pudelhund – wie ein Mastochs – wie ein Trampelthier, sagte einer um den andern. Bygost! sagte zuletzt der Allgäuer, wenn das kein Haas gewesen, so weiß ich den Grindten von keinem Büchel zu unterscheiden. Nun ja, Haas hin, Haas her! sagte der Seehaas; ein Seehaas ist halt größer und grimmiger, als alle Haasen im heiligen deutschen Reich. Und das hat er gut gemacht. – Dieses Thiergeschlecht aber, mein' ich, wird seit der Zeit wol ausgestorben sein, wie die Mammuth.

Wie die sieben Schwaben ein Siegeszeichen errichten

Wie die sieben Schwaben ein Siegeszeichen errichten und in Frieden und Freuden in Ueberlingen einziehen.

Nachdem die sieben Schwaben das Abenteuer glücklich überstanden, wären sie bald einander selbst in die Haare gekommen. Der Seehaas nämlich that Meldung vom Bärenfell, und sagte, daß es abgeredtermaßen billig ihm gehöre, denn er sei es doch, der sie alle angeführt habe (worauf [181] auch die Zigeunerin bildlich angespielt.) Das wollten die Andern nicht zugeben, und der Gelbfüßler sagte: Ob er ihn verdiene oder nicht, darüber wollte er nicht streiten; aber er sei einmal an der Spitze gestanden, und mithin – Und ich bin an der Spitze gegangen, sagte der Allgäuer, und Bygost! sagte er, ich will den sehen, der mir ihn nimmt. Nachdem sie lange Zeit so fort gehadert, nahm der Seehaas das Wort und sagte: Liebe Landsleute und Freunde, ich will euch was sagen: Die Welt wird einmal voll sein von unserer That, und es thut darum Noth, daß ein Siegeszeichen vorhanden bleibe auf ewige Zeiten. Weil wir nun aber dem Seehaasen selbst nicht die Haut abziehen konnten, sintemal wir ihn nicht erwischt, sondern fortgejagt haben über den Rhein, hinum ins Franzosenland, wo er um sich beißen soll, so viel er mag, so wollen wir statt dessen die Bärenhaut – ist Ein Ding, sagte er – sammt dem Spieß ausstellen in meiner Vaterstadt Ueberlingen, in deren Nähe die That vollbracht worden. Ist's euch recht, so hebt den Finger auf, und saget ja. Die Andern hoben den Finger auf, und sagten: ja; und der Allgäuer sagte: Ich sage nicht nein, und gab die Bärenhaut her, die sie dann an den Spieß steckten. Und so kamen denn die sieben Schwaben zu Frieden und Freuden, und zogen sodann in Ueberlingen ein unter dem Jubelruf: Victoria in Schwabenland! Drauf begaben sie sich alsogleich in die Kirche, wo sie Gott lobten und dankten für den glücklich errungenen Sieg. Nachher aber gingen sie ins Wirthshaus zum goldenen Kreuz, um auch ihren Leib zu laben mit Seewein. Und der Blitzschwab stimmte seine Fidel, und sang:


Nur närrisch sein, ist mein Manier, Nichts b'halten ich begehre. So trink ich lieber Wein als Bier, Der Narren findt man mehre.

Dies Kapitel handelt von den Seeweinen

[182] Dies Kapitel handelt von den Seeweinen, und was für einen die sieben Schwaben zu guter Letz getrunken.

Man erzählt von einem Schwaben, der nach Rom gegangen, daß, als ihm ein wälscher Wirth einen guten Wein vorgestellt, er ihn gefragt habe: was das für ein Saft wäre? Der Wirth sagte: Das sind Christi Thränen. Drauf soll der Schwab die Augen aufgehoben haben gen Himmel, sprechend: O Gott, warum hast du nicht auch in unserm Land geweint! – Der hatte wol nie einen andern Wein getrunken, als Seewein, der füglich »Petri Thränen« heißen mag. – Es gibt aber drei Gattungen von Seeweinen: die erste und beste Gattung heißt der Sauerampfer, schmeckt etwas besser als Essig, und verzieht einem das Maul nur ein bißle und um's Merken; die zweite Gattung heißt der Dreimännerwein, ist schon räßer und saurer als Essig, und heißt so, weil es dabei Noth thäte, daß den, der ihn trinkt, zwei Männer fest hielten, und ein dritter ihm den Trank eingießen thäte; die dritte Gattung ist der Rachenputzer, hat die gute Eigenschaft, daß er Schleim und alles abführt; thut aber dabei Noth, daß, wer sich mit dem Wein im Leib schlafen legt, in der Nacht sich wecken lasse, damit er sich umkehren möge, sonst möchte ihm der Rachenputzer ein Loch in den Magen fressen. – Wie nun die Gesellen in die Wirthsstube kamen, und sieben Schöpple Wein verlangten, fragte der Wirth, was sie für einen wollten, und nannte ihnen die Weine bei ihren Namen. Potz Blitz! sagte der Blitzschwab; ehrlichen Schwaben setzt man keinen Sauerampfer auf; und sieht er nicht, Gispel, daß wir unserer sieben sind? Der Wirth brachte also sieben Schöpple Rachenputzer, vom extrafeinen (er war aber Schliffel genug, um sich ihn als Sauerampfer bezahlen zu lassen); und die sieben Schwaben zechten redliches Dings, und gingen fleißig ab und zu, und tranken lustig fort bis in die späte Nacht [183] hinein. Und der Blitzschwab sang noch zu guter Letz ein Liedlein, das endet:


Mein Gesang will nicht mehr klingen, Hapus, Hapus, gute Nacht!

Von der Kappel zum schwäbischen Heiland

Von der Kappel zum schwäbischen Heiland.

Die Ueberlinger, als sie die That ihres Landsmanns vernommen, und das erbeutete Siegeszeichen gesehen, beschlossen einmüthiglich, eine fromme Stiftung zu machen und sie erbauten eine Feld-Kappel am See, wo der Spieß aufgehängt werden sollte zum ewigen Andenken. Die Kappel aber wurde erbaut zur Ehre des Erlösers, und ein Bildschnitzer bekam den Auftrag, einen schönen Herrgott aus Holz zu machen, sieben Ellen hoch; das that er, und auf das Gestell schrieb er mit vergoldeten Buchstaben: Heiland der Welt. Aber die Ueberlinger wollten die Inschrift nicht gut heißen, sondern, da der Herrgott den sieben Schwaben geholfen hätte aus ihren Aengsten und Nöthen, so solle er auch der schwäbische Heiland genannt werden. Und so geschah es denn auch. Der Seehaas aber baute sich eine Hütte neben dem Kirchlein, und wurde ein Klausner; und es kamen viele Pilgrime nach Ueberlingen, denen der Klausner die Geschichte der sieben Schwaben erzählte, mit allen Umständen, weßhalb noch jetzt die Welt davon voll ist. Und der schwäbische Heiland war zu derselbigen Zeit so berühmt, als der große Herrgott in Schaffhausen. Im Schwedenkrieg aber wurde die Kappel zerstört, und die Schweden haben das Siegeszeichen mit sich fortgenommen.

Das letzte Kapitel, womit aber die Geschichte von den sieben

Das letzte Kapitel, womit aber die Geschichte von den sieben Schwaben noch nicht aus ist.

Was aus den andern Gespanen geworden, und welche Abenteuer insbesondere der Spiegelschwab noch weiter gehabt, davon handelt ein eigenes Büchlein. Hier sei nur vom Blitzschwaben in Kürze gemeldet, wie daß der Spruch [184] der Zigeunerin an ihm nicht wahr geworden sei, sondern es ist gerade das Gegentheil geschehen, denn er hatte ihren bösen Zauber zerstört. Und er ist, versprochenermaßen, dem Kätherle aus der Grafschaft Schwabeck auf die Kirbe gekommen, und sie sind Mann und Weib geworden, und haben viele Kinder erzeugt, und ein langes, langes Leben geführt in Fried und Einigkeit. Und der dies schreibt, stammt von ihnen her, und sie sind seine Guk-Guk-Aehnle gewesen.

[185] Bemerkungen. 1

1. Bemerkungen zur Geschichte des ewigen Juden

1. Bemerkungen zur Geschichte des ewigen Juden.

Wenn die Geschichte des ewigen Juden, eine der ältesten Volkssagen, 2 die vielleicht an volksthümlicher Celebrität keine ihres Gleichen hat, außer etwa die Volkssage von Faust, dessen ungeachtet ungleich seltener poetisch aufgegriffen und behandelt worden ist, als die letztere: so müssen wir wol den Grund zunächst in dem Umstande suchen, daß die Idee eines Faust von Anfang schon einen historischen Leib erhalten, und durch reichliche Nahrung an romantischen Abenteuern sich groß gebildet hat, während die Legende von dem ewigen Juden eben nur einfältige Legende geblieben ist, und als eine beinahe heilige Ueberlieferung zu jenen frommgläubigen Zeiten jede poetische Erweiterung und Ausschmückung als profanirend zurückgewiesen hat.

Doch hat diese Sage (so viel uns bekannt) bereits schon im 16. Jahrhundert einen Bearbeiter gefunden (s. Kochs Compendium), und ist als Volksbuch, nebst so vielen andern, bekannt und beliebt geworden. Originale hiervon werden heutiges Tages wol nur sehr wenig mehr aufzutreiben sein, da das Buch bei weitem nicht das Glück gemacht zu haben scheint, wie andere, besonders komischen Inhalts. 3 [186] Reinhardt, in seiner Romanbibliothek (Bd. 8–12) hat hievon einen verhochdeutschten Auszug geliefert; und wenn nun freilich diese Copie dem Original auch nur in den wesentlichsten Zügen getreu geblieben ist, so war jene Arbeit nichts weniger als eine volksthümliche, sondern vielmehr das Gegentheil – einerseits ohne reges Leben und tiefen Geist, anderseits prunkend mit historischen Daten, um die, als solche, das Volk sich am wenigsten bekümmert, sondern sie vielmehr als lästig von sich weist. Kurz, man findet darin ein historisches Compendium, das noch überdies mehr als ein zufällig zusammengeflicktes Aggregat, denn als ein, auf die Personalität des beobachtenden Helden Bezug habendes, und seine außerordentliche Individualität heraushebendes System genommen werden kann.

Und doch möchten wir dieses alte Volksbuch, auch in dem dürftigen, verhochdeutschten Auszug, noch ungleich höher stellen, als das jüngste Product, das freilich auf wälschem Boden gewachsen ist. Es ist die Geschichte des ewigen Juden, von ihm selbst beschrieben. (Aus dem Französischen, Cotha 1821.) Das Werk enthält nur einen kurzen, magern Abriß seiner Reisen von Anno 33 nach Christi Geburt bis auf das Normaljahr 1789, und man glaubt eben nur einen Pariser roué zu hören, der die Welt aus langer Weile durchwandert hat, um sich mit flüchtigem Beobachten zu amüsiren, und um andere, bei guter Gelegenheit, mit leichtfertigem Erzählen zu amüsiren. Dessen ungeachtet wurde das schlechte Product für würdig befunden, ins Deutsche übersetzt zu werden. Denn was wird nicht ins Deutsche übersetzt?

Pragmatischer, als die beiden angezeigten, aber nicht blos unpoetisch, sondern sogar antipoetisch sind die »Briefe des ewigen Juden,« 3 Thle. 1791. (Utopia, gedruckt mit scharfen Lettern.) Man findet darin eine Sammlung aller der gemeinen Vorurtheile und abergläubischen Meinungen, aus der Krambude der wohlfeilen Aufklärung jener Zeit. Das Werk würde hier deshalb keine Erwähnung verdienen, wenn es nicht vielleicht einst einem künftigen geistreichen Bearbeiter der Sage dienen könnte, zur Fundgrube von Meinungen, die, Gott Lob, schon heutiges Tags wieder zu [187] den obsoleten gehören – einem Bearbeiter meinen wir, der den ewigen Juden (nach Goethe's bekannter Andeutung im Gegensatz der Begeisterung und himmlischen Verläugnung des Heilandes, als eine kalt prüfende, nur den augenblicklichen Vortheil berechnende, prosaische Person nehmen und nach dieser Musteridee dessen Charakter durchführen würde. Ja, wenn man diese Idee, – freilich gegen den Willen und ohne Verdienst des Verfassers – nämlich den Geist der gemeinhin verneinenden Prosa, in das, übrigens ganz geistlose Buch hineinlegt, so mag der Charakter – hier der Autor – als ein gemeiner Stock- und Schacher-Jude, der mit dem Trödel aus der gesammten heiligen und Profangeschichte Handel treibt, immer noch zu nicht geringer Ergötzlichkeit dienen.

Außer diesen romanhaften (nicht romantischen) Bearbeitungen wären wol noch viele andere aufzuzählen, worin jene Sage unter verschiedenen Ansichten aufgegriffen und in besondern Formen dargestellt wurde. So kennen wir alle Schubarts Gedicht; und als ein Dithyrambus aus dem Munde dieses antichristlichen Prometheus verdient es sicherlich große Beachtung, wenn auch die Anschauung eines solchen wildverzerrten Gegenstandes, einer so zermarterten, ohnmächtig leidenden sittlichen Natur eher Abscheu (vor dem Richter) als Mitleid (gegen den Verurtheilten) erwecken, und darum alles rein poetische Gefühl vernichten möchte. – Wahrhaft poetisch und zugleich sittlich- und religiös-bedeutend erscheint diese Gestalt in A. W. Schlegels Romanze, welche die Aufschrift »die Warnung« führt (Gedichte Th. 1. S. 196). Obgleich nur als eine vorübergehende Erscheinung macht sie, mit ihrem tiefen und feierlichen Ernst, als Gegenstück zur frivolen Ansicht und Handlung des gemeinen Lebens, eine große Wirkung, so wie denn auch die einfache und doch großartige Schilderung des ewigen Juden in den zwei Versen:


Ich bin nicht alt, ich bin nicht jung,
Mein Leben ist kein Leben,

von einer erschütternden Wahrheit ist. –

Befriedigend, besonders für das sittlich religiöse Gefühl ist auch die Novelle von Franz Horn. Obwol hier der [188] ewige Jude als eine beinahe gespenstische Erscheinung in die Mitte einer stillen, glücklichen Familie tritt, und (dem Anscheine nach) durch seine Anwesenheit den Tod, wie eine verpestende Person, hineinbringt, so weiß doch der Dichter über die ganze düstere Erzählung eine milde Wehmuth zu verbreiten, die sich zuletzt wol gar in ein sanftes, schönes Himmelblau auflöset, wiefern der Schrecken aller Schrecken als eine wahrhaftige Wohlthat erscheinet. – VonKlingemanns dramatischer Behandlung des ewigen Juden wollen wir nicht reden, da unsere Leser, wenn sie zugleich Theaterliebhaber sind, den Geist dieses Autors schon aus dessen »Faust« kennen werden.

Was nun endlich die von uns mitgetheilte Geschichte anbelangt, so wird wol ein streng kritisches Urtheil nur dann erst zu fällen sein, wenn wir uns vorläufig über den Standpunkt verständiget haben werden, unter welchem man die Legende vom ewigen Juden zu betrachten habe.

Diese Sage steht, gegen die übrigen zusammen gehalten, in dem doppelten Nachtheil: erstlich in der Armuth des durch die Ueberlieferung gegebenen Stoffes, sodann aber auch, wenn der Stoff selbst zu erfinden steht, in dem großen Umfang des historischen Rahmens, der diesen Charakter einschließen soll. Wir haben bereits an den Beispielen gesehen, wie weit sich einige Bearbeiter dieser Sage in letzterer Hinsicht von ihrer ungeregelten Phantasie haben irre führen lassen, indem sie eben nur den Rahmen ausschmückten mit historischen Fragmenten, aber das Bild selbst, den Charakter bedeutungslos hinstellten, und mehr eine Geschichte lieferten, als ein Gedicht, ohne eine die Data befruchtende Idee, und eine durch Handlungen sich charakterisirende Person ... Auf der anderen Seite aber liefert die Legende, als gegebene Sage, keinen Stoff, den der Dichter bearbeiten und in ein großes Gemälde ausbreiten könnte. Sie hat sich nie recht lebendig gestalten wollen, hat nie (poetisch) Leib und Leben angenommen, und steht blos da, als der, zwar unverwesliche, Leichnam einer uralten Tradition. Und gerade die historischen Data, welche man zu verschiedenen Zeiten von der Erscheinung dieses sonderbaren Wesens haben und geltend machen wollte, trugen zur Bereicherung [189] des poetischen Materials nicht nur nichts bei, sondern schadeten vielmehr wesentlich und hinderten jede Gestaltung innerhalb eines beliebigen Umrisses, der nun nothwendig um das Volk für die Wahrheit zu gewinnen, sich bis auf die Gegenwart herauf ausdehnen mußte.

Dessen ungeachtet muß man doch gestehen, daß die einfältige Legende, wie sie uns überliefert worden, ein fruchtbares Samenkorn ist, aus dem ein großes, kräftiges poetisches Gewächs sich entwickeln kann, sogar in mannichfaltiger Form. Nur müßte es für die Dichter allererst Grundregel sein: die christliche Idee obwalten zu lassen, und den Charakter des Juden in steter Beziehung zu jener Handlung, wovon die Legende Meldung thut, zu erhalten. Ob nun der Charakter in dieser Beziehung abstoßend, und im Gegensatze zur christlichen Gesinnung (wie Goethe vorschlägt), oder sich allmählich annähernd zu derselben, und zuletzt sich ausgleichend gedacht werde, wie in der von uns mitgetheilten Geschichte, das möchte gleich viel gelten, weil das Motiv zu dieser wie zu jener Verfahrungsweise schon in der Grundidee liegt. In dem (oben in der Note angezeigten) »Bericht von einem Juden aus Jerusalem,« wird Ahasverus wirklich als recht christlich gesinnt bezeichnet; er besucht die Kirche, hört der Predigt zu, erbittert sich heftig, wenn er fluchen hört, und ist überhaupt fromm und gottesfürchtig. 4 Das Volk, scheint es, hat sich daher für die anti-Goethe'sche Vorstellungsart entschieden. Dagegen aber möchte für die gelehrte und gebildete Classe die Geothe'sche Vorstellungsart angemessener und eindringlicher sein, wie denn wirklich auch bereits ein geistreicher Mann 5 in der Form einer Parodie jenes »Berichtes« eine eindringliche Satyre auf die ewigen Juden unter uns gemacht hat, die »immer nur fortschreiten, fortschreiten wollen – wohin? [190] darauf kommt's nicht an, wenn nur nie stille gestanden wird;« und »die nun nahe daran sind, den Grundsatz aller Wissenschaft ein- und durchzuführen: Man kann nicht wissen, ob man nicht wissen könne, man wisse nichts« – Wie gesagt: für das gemeine Volk paßt mehr der poetische, christlich gesinnte, für die gebildete Classe aber der prosaische ewige Jude.

Nach dieser vorläufigen Erörterung wird es den Lesern leicht sein, ohne daß es ihnen erst noch gesagt zu werden braucht, über die mitgetheilte Erzählung das richtige Urtheil zu fällen. Ich habe ihnen einzig nur noch von der Quelle zu referiren, woraus ich sie, wie sie vorliegt, geschöpft habe. Es war meine Amme, welche sie mir erzählt hat. 6 Hat die Geschichte daher einiges Verdienst, so muß man sie lediglich jener Märchenerzählerin (nutrix poetica) auf die Rechnung schreiben: aber dann, bitte ich, auch die Unrichtigkeiten, Anachronismen, und andere dergleichen Fehler, die in der Erzählung vorkommen. Ich hielt es für meine Pflicht, sie so zu geben, wie ich sie empfangen habe; und das Einzige muß ich nur bedauern, daß ich sie, zu allgemeiner Verständlichkeit, in die hochdeutsche Mundart übersetzten mußte, als in welcher sie nicht erzählt worden ist, sondern in der gemeinen oberdeutschen Mundart, voller volksthümlichen Idiotismen.

Fußnoten

1 »Vgl. Maßmans Recension über den I. Theil der I. Aufl. des Volksbüchleins in den Heidelberger Jahrbüchern. XX. Jahrg. p. 354 bis 390«.

Anm. des Herausgebers.

2 Laut der Notiz vor einer altenglischen Romanze in den Reliques of ancient english Poetry. Frankfort 1803. Vol. II. p. 245 war diese Sage z.B. in England schon im Jahre 1228 bekannt.

3 Man darf mit diesem Volksroman nicht ein anderes Büchlein verwechseln, das den Titel führt: »Bericht von einem Juden aus Jerusalem, mit Namen Ahasverus, welcher vorgibt, er sei bei der Kreuzigung Christi gewesen, und bis hierher durch die Allmacht Gottes beim Leben erhalten worden« – was noch vor nicht gar vielen Jahren in unsern Landen als Volksbuch Umlauf hatte, mit Recht aber, weil es auf historische Wahrheit Anspruch machen wollte, und anderer unziemender Beilagen wegen, als dumm abergläubisch verboten wurde.

4 So auch in der von Westenrieder (Beiträge X. S. 261) mitgetheilten Notiz, welche besaget: der ewige Jude sei im Jahre 1721 nach München gekommen, und habe gar andächtig vor dem Crucifix am Gasteig gebetet. – Desgleichen in andern ältern Sagen: S. Reliques of ancient english Poetry. Laut der vorausgeschickten Notiz legt ihm die Sage in der Taufe den Namen Joseph bei.

5 Gesammelte Blätter von Johannes Nariskus. Schulzbach 1832.

6 Solche und ähnliche Fictionen liebt der Verfasser.

Anm. des Herausgebers.

2. Bemerkungen zu den erbaulichen und ergötzlichen Historien

2. Bemerkungen zu den erbaulichen und ergötzlichen Historien.

»Der gemeine Mann fordert auch seine Schriftsteller, und zwar solche, die sich seinen Vorurtheilen bequemen,« sagt J. G. Hamann (sämmtliche Werke Th. III. S. 103). Die Worte des nordischen Magus sind bekanntlich geflügelte Pfeile, die tief eindringen in Herz und Haupt, so daß man ihrer nicht mehr so leicht los wird. Seine Sprüche haben die geheimnißvolle Kraft und Tiefe der Orakelsprüche; sie [191] erregen eben so sehr das Gelüste des Gemüthes, als sie die Thätigkeit des Verstandes in Anspruch nehmen. – Ich beschloß sogleich, ein Volksschriftsteller zu werden. Denn – sprach ich zu mir selbst und glaubte mir sehr – es gibt Bücher, die ich zu schreiben im Stande bin; und ein Volksbuch kann Niemand schreiben, als – meinesgleichen.

Indem ich nun aber des Hamannschen Satzes zweiten Satz näher ins Auge faßte, fand ich ihn je dunkler und zweifelhafter, als ich ihn genauer erwog und tiefer in ihn einzudringen versuchte. »Er, der Volksschriftsteller, soll sich den Vorurtheilen des gemeinen Mannes bequemen?« »Das ist ja, dachte ich, eine esoterische und wahrhaft ketzerische Lehre, in theoria undin praxi gleich verdammlich und verderblich. Ich schlug sämmtliche Pädagogiken des aufklärenden und aufgeklärten Jahrhunderts nach, und ich traf in allen das Kapitel de exstirpandis praejudiciis als einen stehenden Artikel. Ich durchblätterte nochmal, im Geiste, die beliebtesten Volksschriften; ich fand darin wol seiten- und bogenlange Steppen, aber kein einziges, noch so winziges oder auch unschuldiges Unkräutlein der Art. Bei solchen Widersprüchen, was soll da der Mensch denken? Ohne Zweifel nichts, sondern lediglich dem Zuge seines Herzens folgen. Ich liebte den Mann sehr, darum glaubte ich ihm. Vielleicht, dachte ich hinterher, vielleicht hat der Magus auch hierin, wie in so vielen andern Dingen, Recht gehabt gegen sein Jahrhundert. Kurz, der Autoritätsglaube hob mich auch über diesen Stein des Anstoßes hinweg. Allein – wie es bei tiefsinnigen Forschungen zu geschehen pflegt – es ergab sich sogleich ein anderer, noch größerer Anstand. Ich, der Volksschriftsteller, soll mich also den Vorurtheilen des ›gemeinen Mannes‹ bequemen! Recht! Wie aber, wenn nun der ›gemeine Mann‹, der Mann unserer Zeit, keine Vorurtheile mehr hätte, denen man sich bequemen könnte? Die Zeiten sind vorbei, wo Hexen und Gespenster, Träume, Zeichen und Anmeldungen, hundert andere Dinge unter dem gemeinen Volke als patentisirte Glaubensobjecte galten, und welche folglich dem Volksschriftsteller zu seinen Dichtungen und Täuschungen willkommenen Stoff boten. In unsern Tagen aber, wer glaubt [192] noch an solche Alfanzereien? Nicht einmal ein Kind, geschweige ein Mann, höchstens nur hie und da alte Weiber, die aber, als ›weise Frauen‹, eben ein Volksbuch nicht lesen mögen. Woher also, bei solchen aufgeklärten Aspecten, das Element des Aberglaubens holen? wie sich den Vorurtheilen bequemen, wo überall keine sind? So fragte ich den Autor, und – beschwor ihn. Der Magus erschien, im bekannten Negligé, mit der Schlafmütze auf dem Haupte, und in buntgestreiftem Schlafrocke. Nach dem gewöhnlichen Geistergruße fragte er mich: was ich wolle? ›Vorurtheile‹, antwortete ich, indem ich zugleich auf die Stelle im Buche hinwies. Da lächelte er und sprach: Was brauchst du da lange zu suchen? Es steckt ja deine eigene Haut voll von Vorurtheilen; greif nur darnach.« Diese Rede verdroß mich schier; doch faßte ich mich als ein Mann von feiner Lebensart. Er aber fing nun an mit mir förmlich den Katechismus durchzunehmen, den kirchlichen und den politischen (ältern Styls), und fragte bei jedem Punkte: Glaubst du u.s.w. Ja, ich glaube u.s.w., antwortete ich zu Allem. Sieh nun (schloß er endlich seine Katechese), dies Alles und noch mehr gilt bei einem verehrlichen gebildeten Publikum aus allen Ständen als Vorurtheile des »gemeinen Mannes«. Engel und Teufel, Himmel und Hölle, mitunter Gott selbst, werden in jenem aufgeklärten Kreise nur noch als seltsame Antiquitäten geschätzt, als historische Reminiscenzen geduldet, als poetische Fictionen gebraucht und benütz. Ei! – rief ich aus und rieb mir vor Freuden die Hände – so hat denn heutzutage ein Volksschriftsteller noch leichteres Spiel, als je zu einer andern Zeit? So ist's, antwortete er; alles positive Element, was ehedem als wahr, hehr und heilig gegolten, es hat sich in den Augen derer, die nicht gemeine Leute sind oder sein wollen, zu einem rein Erdichteten, Abergläubischen, Poetischen umgewandelt und der religiöse und politische Codex der ältern Zeit ist zu einer reichen, unerschöpflichen Fundgrube geworden, von Mährchen, Fabeln und Parabeln, von Gedichten aller Art. – Ich wollte den Mann voll Dank und Freudengefühl umarmen; er aber, ein Feind aller Complimente, ließ es nicht zu, sondern verschwand.

[193] Das »Volksbüchlein« war fertig, noch ehe ich eine Feder angesetzt hatte. Ich durchlas nur einige Folianten und einige Dutzend alter bestaubter Octav- und Duodezbände, und excerpirte sie. Denn ich dachte so: Willst du volksthümlich, d.h. den Vorurtheilen des Volks gemäß schreiben, so magst du eben den Stoff sogleich aus einer Zeit nehmen, wo die Vorurtheile noch in voller Blüte waren. Und ich täuschte mich auch nicht; ja ich selbst vergaffte mich allmählich und unbewußt so sehr in diese alterthümliche, obsolete und crude Vor- und Darstellungsweise unserer schlichten und steif und festgläubigen Aelterväter, daß ich Gefahr lief, ein gut Theil meines gebildeten Geschmacks mit sammt dem Reste meiner Denkgläubigkeit einzubüßen. Und wahrlich – ich spreche in vollem Ernste, meine gebildeten Damen und Herren! – in den Schriften jener Männer aus dem 16. und 17. Jahrhundert, zumal auch in den ihrem Lehrvortrage eingestreuten Historien und Fabeln herrscht eine Frische und eine Jugend, die, wie die Lineamente und Farben auf altdeutschen Gemälden, keine Zeit verwischen kann, während so viele neuere Erzählungen der Art beim Volke keine Aufnahme finden, oder doch bald wieder in Vergessenheit kommen. Der Grund dieser Erscheinung ist derselbe, wie in Ansehung der Sprüchwörter, welche von den Moralien und Sentenzen der neuern Volkslehrer, ungeachtet der Feinheit des Sinnes und der Glätte des Ausdrucks, nicht verdrängt werden können. Sie sind nämlich aus dem Volke hervorgegangen, und darum bleiben sie auch beim Volke in Gunsten; als ächten Kindern des Volksgeistes ist ihnen die Heimat für immer zugesichert. Ueberhaupt standen die Männer, denen die Volksbildung anvertraut war, und von denen auch wol jene tiefsinnigen und doch einfach lautenden Sprüche und Historien erfunden und verbreitet worden sind, dem Volke ungleich näher, als die heutigen Schul- und Kanzelleute; ja sie gehörten selbst zum Volke, und verkündeten in der einfältigen Weise des gemeinen Mannes die hohen Gedanken ihres Witzes. Und eben darum fanden ihre Lehren und Gleichnisse auch sogleich Anklang in den Herzen jener Leute, und blieben ihnen lieb und unvergeßlich; so wie es wol auch uns selbst ergeht, [194] daß z.B. eine sinnig erdachte und einfach gesetzte Tonweise sich unserm Gemüthe sogleich für immer einprägt, während andere künstlich durchgeführte und verzierte Melodien unserm Gedächtnisse bald wieder entschwinden. – Dasselbe Lob verdient auch der Vortrag in den bessern Schriften jener Zeit. Es spricht uns ein so gesunder Menschenverstand in einem so einfachen Ausdrucke daraus an, daß man sie, je näher man sie betrachtet, desto mehr lieb gewinnen muß. Wir gewahren an ihnen (um unsere Meinung bildlich zu bezeichnen) eineDürer'sche Manier, zwar das Eckige und Schroffe, aber zugleich auch das Einfach-Kräftige und Mild-Starke, das in den Werken jenes Meisters liegt. Und wie dieser Künstler sich mit Recht rühmte, daß er mit wenigen Farben ein schönes Bild zu malen verstünde, so auch die Meister im Styl, die seine Zeit hatte. Auch ihre Schriften waren und sind noch classisch, in ihrer Art. Wer diese Behauptung übertrieben findet, der versuche es einmal, eine jener alten Historien, in der einfachen alten Sprachweise erzählt, in das heutige vornehme Hochdeutsch zu übersetzen, und sehe dann, wie unbeholfen und geschmacklos sich das Ding ausnimmt. Oder er wage – ich setze aber voraus, er sei ein sehr gelesener Schriftsteller – jene altherthümliche Manier in irgend einer Erzählung oder Abhandlung nachzuahmen, und er wird erfahren, daß es eines ganz eigenen Geistes, nicht blos alter Wörter und Satzformen bedürfe, um gemein deutsch und wahrhaft populär zu schreiben.

Philologen kommender Jahrhunderte mögen übrigens entscheiden, und daran eben so sehr ihre Belesenheit, als ihren Geschmack erproben: welche von den mitgetheilten Historien wörtlich aus jenen alten Büchern entnommen worden seien. Gestehen darf und muß ich jedoch, daß ich die meisten, in denen sich eben ein poetischer Keim vorgefunden, in meinen Garten verpflanzt, und (wenn mir der Ausdruck erlaubt ist) zu veredeln versucht habe. Einige wenige sind auch darunter, die, meines Wissens, von mir selbst erfunden, erdacht und gedichtet worden. 1 In diesen, [195] wie in jenen Erzählungen, die offenbar das Gepräge eines neuern Styls an sich tragen, wird denn freilich dem Leser sogleich ein uns allen bekanntes und beliebtes Vorbild einfallen, das sich der Herausgeber bei seinen Nachbildungen vorgesetzt zu haben scheint. Die Nachahmung eines solchen Musters könnte ihm auch nicht zum Tadel, und die glückliche Nachahmung müßte ihm sogar zum größten Lobe gereichen. Denn er hätte dann die Natur selbst nachgeahmt. So muß ein Volksschriftsteller schreiben, wo der Inhalt und die Absicht nicht geradezu simple Prosa verlangt, sondern auch poetische Ausschmückung erfordert oder doch zuläßt. Und wahrlich, diese Classicität in Anlegung und Ausführung der Vorträge, daß sie den Verstand und das Gemüth des Naturmenschen lebendig ansprechen, diesePopularität des Ausdruckes besitzt Hebel in einem außerordentlichen Grade. Er trifft immer und sicher den rechten Ton, der in dieser und jener Erzählung vorherrschend sein sollte, und weiß hier liebliche Heiterkeit zu verbreiten, dort zarte Empfindung fürs Schöne und Gute. Er scherzet überaus gern, und die neckischen Einfälle mengen sich überall in die Unterhaltung, wie liebe Kindlein gern drein plaudern in das Gespräch des Großvaters, und durch ihre Naivität gefallen. Nur wo es Noth thut, lehrt er, und dann allzeit kurz und gut. Sein Witz ist natürlich, seine Laune fröhlich, seine Satyre gutmüthig, und seine Empfindung wahr. Bei aller Mannichfaltigkeit der Materien tritt ein stehender Charakter hervor – der zum gemeinen Manne sich freundlich herablassende, mit dessen ganzer Denkweise vertraute, bei Scherz und Ernst sich gleichbleibende, achtungswerthe Hausfreund. Und so denn auch die Sprache. Man hört einen Gebildeten reden, aber mit Beziehung auf den Leser, der ihn verstehen und liebgewinnen soll. Seine Worte sind ungesucht, und seine Sätze einfach und kurz, auf daß sie dem Geistesauge des gemeinen Mannes überschaulich seien, der in periodis sich nicht geübt hat, und nicht einmal an periodos gewöhnt ist. Er ist reich an Bildern und Figuren; aber er wählt Bilder, die aus dem gemeinen Leben entnommen sind, und Figuren, wie sie wol der gemeine Mann selbst – denn auch der ist [196] ein Redekünstler in seiner Façon – natürlich gebraucht. Wie der gemeine Mann, ist er ausführlich, wo das Interesse der Handlung steigt, und redselig bei guten Thaten und lustigen Schwänken. Die Fehler des Ausdruckes selbst benutz er weise zu Tugenden. Bei aller äußern, scheinbaren Lockerheit in den Sätzen und Satzreihen, die keine künstliche Fügung zulassen, herrscht doch der bündigste innere Zusammenhang; der aufmerksame Geist wird sanft über die vorbereitenden Stellen hinweggehoben, leicht und sicher in die Mitte der Erzählung eingeführt, und mit dem Schlusse ganz befriedigt gelassen. So kommt es denn, daß seine Erzählungen – ich rede immer nur von den mehr ausführlichen, die einer poetischen Darstellung fähig waren – von dem Gebildeten, wie von dem Ungebildeten mit gleicher Zufriedenheit gelesen werden. Wenn dieser die Rede eines Mannes gern vernimmt, der ihm etwas Trauliches in seiner Art sagt, und nicht satt werden kann in der Anschauung des lieben, vornehmen Herrn, der sich herabläßt zu seinem blöden Verstande und harten Gemüthe, ja sogar zu seinen kindlichen Neigungen und gemeinen Späßen, so leiht ihm dagegen auch der andere gern sein Ohr, weil er sich auf eine wunderbare Art, gleich einem sanft Träumenden, in eine Region des Denkens und Sinnens versetzt fühlt, die ihn anheimelt und sehnsüchtig macht, wie die verlorne Jugend in Stunden glücklicher Erinnerung.

Fußnoten

1 Nr. 60. »Ei so lüg!« ist ein Plagiat aus der »Dorfzeitung«.

Anm. des Setzers.

3. Bemerkungen zu den Abenteuern der sieben Schwaben

3. Bemerkungen zu den Abenteuern der sieben Schwaben.

Die Geschichte von den sieben Schwaben, welche zusammt mit einem Spieß auf einen Hasen losgehen, hat seit undenklichen Zeiten in ganz Deutschland eine Berühmtheit bekommen, wie kaum eine andere Sage. Das drollige Abenteuer ging nicht nur im Gedächtniß des Volkes, von Mund zu Mund bis auf unsere Zeiten herauf, 1 sondern [197] es wurde auch durch die Schrift, den Pinsel und den Grabstichel 2 vielfältig dargestellt, und gleichsam verewigt. Ja, ich wüßte kein ähnliches Abenteuer, das eine so poetische und philosophische Bedeutung unter uns erhalten hätte, als der Kampf des ehrlichen Ritters aus der Mancha gegen die Windmühlen; wie denn (um nur Ein Beispiel der Art anzuführen) selbst der tiefsinnige Hamann Gelegenheit fand, in einem Briefe an Fr. H. Jacobi 3 diese Sage unter seine divertissements philosophiques einzumengen.

Die Veranlassung zu dieser Erdichtung – denn dafür müssen wir sie doch gelten lassen – mag, wie bei ähnlichen Fällen, in dem Charakter des Volkes selbst zu suchen sein. Die Männlichkeit der Schwaben einerseits, anderseits ihre Treuherzigkeit mochten wol irgend einem »Fatzvogel« den Einfall gegeben haben, das Uebermaß der erstern, den Hang zu eiteln Abenteuern, und den Schein der letztern, einen guten Grad von Verstandesbeschränktheit, dem Spotte preis zu geben, und den Ruhm der tapfern und ehrlichen Schwaben dadurch zu läutern und zu reinigen, daß er nicht in Eitelkeit ausarte 4. Ja, wenn mann den Ursprung und [198] die Fortleitung ähnlicher Geschichten von sogenannten Schwabenstreichen bedenkt, so kann man sogar mit der größten Wahrscheinlichkeit muthmaßen, daß diese Sage auf schwäbischem Boden selbst gewachsen, und ursprünglich vielleicht nur irgend einer Gemeinde oder einem Gau zum Trutz erdacht worden sei. So viel ist gewiß, daß noch im Verlauf des vorigen Jahrhunderts, der beliebte schwäbische Volksdichter Sebastian Sailer 5, nicht nur diese, sondern auch andere, den Muth und Verstand seines Volkes eben nicht besonders rühmende Sagen zur Ergötzlichkeit seiner eignen Landsleute dichterisch (in seiner Art) bearbeitete und zum Theil in Druck ausgehen ließ 6. Diese Erscheinung kann wenigstens demjenigen nicht auffallend sein, welcher weiß, daß gerade ein Volk, wie ein Individuum, welches der eigenen Tüchtigkeit und Würdigkeit sich ganz bewußt ist, am wenigsten Anstand nimmt, sich selbst gutmüthigem Spotte preis zu geben, während der, dessen Tugend und [199] Einsicht von zweideutiger Art ist, mit Eifersucht für die Ehre bis auf den kleinsten Punkt wacht, und leicht in seiner Eitelkeit verletzt werden kann.

Für jeden Fall ist diese Sage von einer sinnvollen Bedeutung und einer sehr ergötzlichen Art, so daß es wol der Mühe lohnte, wenn der Harausgeber die Spur derselben nach allen Seiten hin verfolgte, und, was er in schriftlichen Denkmalen davon fand, oder in mündlichen Ueberlieferungen vernahm, aufzeichnete. Da ward es ihm aber bald wahrscheinlich, daß jene Thatsache nicht so isolirt dastehen könne, sondern wol nur die Haupthandlung in einer Reihe von Abenteuern bilde. Diese Muthmaßung rechtfertigte sich schon dadurch, daß die sieben Helden, wie sie gewöhnlich nach ihren Spitznamen bezeichnet werden, aus verschiedenen Gegenden Schwabenlands zusammen kommen, das wol erst nach langen Umschweifen, vorgängigen Einleitungen und gelegentlichen Zwischenacten geschehen mochte. Sodann dichtet die mündliche Volkssage wirklich den sieben Schwaben noch so manches andere Abenteuer an, z.B. wie sie durch das blaue Meer schwimmen, u.A. Auch ist jene Handlung selbst possirlich großartig genug, daß sich gar noch viele andere an sie anknüpfen lassen, ohne ihrer Originalität und ihrer äußern und innern Bedeutsamkeit Schaden zu thun.

Die Hoffnung, einen solchen Fund zu machen, war freilich gering; wenigstens mußte auf die Meinung Verzicht gethan werden; daß irgend einmal ein solches Volksbuch vorhanden gewesen sei, da selbstGörres in seiner Literaturgeschichte »deutscher Volksbücher« davon nicht eine Silbe Meldung thut. Der Zufall war jedoch günstig. Es fand sich unter vielen andern Manuscripten unbedeutenden Inhalts, welche wahrscheinlich aus irgend einer aufgelösten schwäbischen Reichsabtei in die dritte und vierte Hand gekommen waren, ein Manuscript vor, des Titels und Inhalts, wie es nun dem geehrten Leser gedruckt vorliegt.

Leider ist aber die Handschrift, wie sie auf uns gekommen, unvollständig, und die Geschichte bleibt daher so lange mangelhaft, bis der Zufall etwa ein anderes Exemplar [200] dem Herausgeber in die Hände spielt 7. Auch, scheint es, ist das Manuscript aus einer neuern Zeit, die Copie einer andern fehlerhaften Copie, und man bemerkt beinahe auf jeder Seite Spuren einer modernen Ueberarbeitung in der Wahl der Wörter und in der Folge der Sätze 8. Dessen ungeachtet, und obgleich diese volksthümliche Sage in dieser unvollkommenen Gestalt für die Wissenschaft der Sprache und für die Geschichte der Sitten nur einen sehr untergeordneten Werth haben mag: so hielt man die Bekanntmachung derselben doch ihres hohen Alters und ihrer unstreitbaren Aechtheit wegen auch aus sonstigen Gründen für nützlich und verdienstlich.

An und für sich schon müssen gute Volksbücher – die es in der That, nicht blos dem Namen nach sind – als willkommene Gaben geachtet werden, und gerade solche am meisten, welche die Ergötzung der ehrbaren Menge, und [201] nichts als Ergötzung zum Zwecke haben. Alle Welt sammelt und schreibt für den Müßiggang der sogenannten höhern, gebildeten Stände, und sucht ihnen die lange Weile, welche ihnen übrig bleibt zwischen ihren vielen andern Vergnügungen, durch allerlei kurzweilige Schriften zu vertreiben. Nur die größte, ehrwürdigste Classe von Menschen geht bei dem jährlichen Leipziger Markte leer aus an vergnüglichen Dingen; denn was dem gemeinen Manne sonst geboten wird an Moralien und landwirthschaftlichen Katechismen, das ist wol nicht geeignet, sein Gemüth zu erheitern, und ihn, durch Ausruhen seines Geistes von Sorgen und Gedanken aller Art, tüchtig zu machen zu freudiger Handanlegung an sein Werk. Mancher Volksfreund glaubt viel, ja alles gethan zu haben, wenn er Lehren gibt und nichts als Lehren; er bedenkt aber nicht, daß die Bildung des Menschen ebenfalls eine Art von Dreifelderwirthschaft sein solle, und daß der Geist manche Zeit mitunter brach liegen müsse, auf daß er Kraft gewinne, wiederum Samen aufzunehmen und Früchte zu tragen.

Von einer ächten Volksgeschichte, die diesen Nutzen, nämlich Vergnügen, hervorbringen soll, darf man darum auch nichts anders fordern, als daß es eine »lustige oder doch anmuthige Historie« sei, ohne alle Moralien und Nutzanwendungen. Die tiefere Bedeutung zu erforschen, welche gemeiniglich solchen Erzählungen mit oder ohne Bewußtsein des Verfassers zu Grunde liegt, ist zwar lediglich nur Aufgabe für den müßigen Gelehrtenwitz; eine Ahnung desselben entgeht aber wol auch dem gesunden Menschenverstand des gemeinen Mannes nicht, obwol er es nicht in deutliche Begriffe zu fassen oder in Worten auszudrücken vermag. Ueberhaupt abstrahirt ein ächtes Volksbuch, wie die ächte Poesie, zunächst von allem Stoffe, und will nur durch seine Form gefallen. Darum kann man ihm auch nicht gewisse Unanständigkeiten zum Vorwurfe machen, die es eben nur in Beziehung auf die sogenannten gebildeten Classen sind, und den Geschmack des gemeinen Mannes nicht im fernsten beleidigen. Unanständig sind nur, hier wie überall, die Unsittlichkeiten, wohin eben nicht blos die Zoten zu rechnen sind, sondern überhaupt alles und [202] noch mehr, was das jedem Menschen eingeborne Gefühl für Unschuld, Recht und Wahrheit beleidiget. Die Sitten- und Splitterrichter, welche ein so hartes Urtheil über so manches Volksbuch ergehen lassen, mögen daher lieber den nächsten besten moralischen Roman vornehmen, und daran ihren kritischen Scharfsinn versuchen, um unter der sehr decenten Form das wahrhaft Verderbliche, Unmoralische in Gesinnung und Handlung auszuspüren, was in solchen Büchern »für Gebildete« verborgen liegt. Ich wenigstens kenne z.B. keine so gemeine Gaunergeschichte (von Eulenspiegel und den Schildbürgern zu schweigen), welche so unsittlich wäre, wie so manche hochgepriesene Schicksals-Tragödie der neuesten Zeit.

Daß die vorliegende Geschichte der sieben Schwaben von aller Unsittlichkeit der Art frei ist, kann ihr, als Poesie, natürlich zu keinem Vorzug gereichen. Indessen wird man ihr, so weit bei ihrer Unvollständigkeit ein Urtheil möglich ist, doch auch nicht allen dichterischen Werth absprechen können. Der Anfang und der Schluß wenigstens ist nach einer wahrhaft epischen Form angelegt; und wenn die folgenden Reiseabenteuer mit der Haupthandlung selbst in keinem oder doch nur entfernten Zusammenhang stehen, so dienen sie wenigstens zur Entwickelung der verschiedenen Charaktere, und gewinnen wol auch dadurch einigermaßen Zusammenhalt, daß sie theilweise mit der Prophezeiung der Zigeunerin in Einklang treten. Abgesehen aber auch von allem poetischen Charakter, dürfte diese Geschichte, in ihrer anspruchlosen Einfalt, immerhin noch Reiz genug haben, für das Volk und jene, die des Volkes Sitte kennen und lieben. Sie empfiehlt sich schon, unsers Bedünkens, durch die gutmüthige Laune, die im Ganzen herrscht, und die nicht nur uns mit den sieben Schwaben, sondern auch die Landsleute der Sieben selbst mit dem Dichter aussöhnen möchte. In der That, wenn man die grundehrlichen Menschen auf ihrer Wanderung so allgemach verfolgt, und ihre Gesinnungen und Handlungen vor sich so nackt ausbreiten sieht, so bekommt man beinahe Lust, von der Partie zu sein, und das drollige Abenteuer mit ihnen zu bestehen. Sodann versöhnet mit der Schalkheit, die in der Sage [203] liegt, so mancher gutmüthige, ja edle Zug in dem Charakter der Gesellen; und wenn einerseits der Spiegelschwab das, dem Schwaben inwohnende Princip der Klugheit sehr wohl repräsentirt, so kann der Thersites unter den Helden, der Nestelschwab, dessen Herkunft, nach der Sage, unbekannt ist, füglich als der Repräsentant der Dummheit unter den andern Deutschen gelten, und ihnen, falls sie sich ihrer Gescheidtheit zu sehr rühmen, diese Personnage vorgerückt werden. Denn Gott verhüte, daß das Necken unter den deutschen Landsleuten abkomme; es wäre dies ein übles Anzeichen, daß auch das Lieben unter ihnen abgekommen sei.

Es sei erlaubt, noch auf einen Umstand aufmerksam zu machen, welcher dem Sprachliebhaber von einiger Wichtigkeit sein dürfte. Das Buch ist, möchte man sagen, in einem schwäbischen Hochdeutsch geschrieben, das heißt, in der Art und Weise, wie ein Schwabe, der sich gewöhnlich des Hochdeutschen bedient, inmitten seiner Landsleute mitunter eine provinzielle Form unter die hochdeutsche einmengt, was nicht nur für das, einigermaßen daran gewohnte Ohr sehr gut läßt, sondern auch dem Gemüthe wohl thut, welchem das Einheimische, wo es sich nur findet, lieb und werth ist. Darum hielt es der Herausgeber für seine Pflicht, in dieser, wie in jeder andern Hinsicht, gewissenhaft zu verfahren, und das Buch seiner Materie und Form nach so zu lassen, wie er es gefunden. Der Sprachliebhaber, denken wir, wird so manches schöne, bedeutsame Wort finden, von dem er wünschen möchte, daß es ins Schriftdeutsche übertragen würde, welches oft gar arm ist, besonders an solchen Ausdrücken, die zur Bezeichnung gemeiner Gegenstände und niedrig komischer Zustände erforderlich sind. Wenigstens nehmen sich gar viele dieser Wörter in dem Zusammenhang der Rede, und auf dem Rasen, wo sie gewachsen, ungleich schöner und lebendiger aus, als wenn man sie nur, mit Stumpf und Stiel ausgerissen, in den Herbarien gelehrter Sammler kennen lernt.

Zum Schlusse wollen wir hier noch ein, von uns erst jüngsthin entdecktes, wichtiges Document mittheilen. Es fand sich unter dem hinterlassenen Trödel eines geistlichen Herrn als Handschrift vor, die zwar selbst, den Charakteren [204] nach, dem ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts anzugehören scheint, aber zugleich durch den Beisatz am Schlusse »ex antiquo Mscr.« das höhere Alter des Gedichts bekundet. Denn Gedicht müssen wir doch wol dieses opus nennen, nicht nur weil es in zierlichen lateinischen Hexametern abgefaßt ist, sondern noch mehr wegen dessen wahrhaft epischer Anlage und Ausführung. Den Namen des Verfassers auszumitteln, wird wol unmöglich sein; daß er aber ein Schwabe gewesen, steht außer Zweifel; es ergibt sich dies aus der Tendenz des Gedichtes, das als eine förmliche Ehrenrettung der sieben Schwaben und ihres heldenmüthig bestandenen Straußes gelten mag, und schon darum der Mittheilung werth ist.

Septem Suevorum bellum cum lepore gestum.

Insignes Suevorum animos et proelia campis
Teutonicis commissa cano, celebremque triumphum,
Quem dederat Suevis leporum devicta propago,
Carminibus celebrare meis mens conscia gestit.
Alma Diana! fave coeptis, quia proxima sylvis
Arva rei seriem proponent: dexter adesto
Tuque, Gradive Pater, dum fortia proelia canto.
Forte per apricos timidus spatiatus agellos
Gramina carpebat nunquam ante lepusculus oris
Teutonicis visus. Pecus est, si corpora spectes,
Exiguum: huic celeresque pedes et dentis acuti
Ordo stat, ore minax, bifidum os, oculique micantes
Ingentes pandunt orbes, tum barba colorque
Glaucus et Arcadio nil concessurus Asello,
Auribus erectis hostes formidine complet.
Talis erat: sic ille oculos, sic ora pedesque,
Sic aures dentesque illi, sic caetera membra.
Vix ita Germanis timidus lepus appulit oris,
Extimuere omnes, gentem nova cura fatigat
[205]
Sollicitam; pars una trucem putat esse leonem,
Acturum praedas pecorique hominique nocivas;
Pars timet una ferum Lybico superesse Draconem;
Ex antro Herculeam credit pars sanior Hydram.
Ergo omnes commune malum communibus armis
Propulsare student, totamque in proelia gentem
Accersunt et adesse jubent juvenesque senesque,
Quos illic vel Rhenus alit, vel parte sinistra
Moenus et Albis habet, rapidi quos Savus et Ister,
Quos Lycus aut Ilarus nutrit. Mox Francones omnes
Westphaliaeque viri, Saxo, Helvetus, Alsata, Bojus,
Austriadumque chorus properat, strumosa Tyrolis
Arma virosque suos legat, mox Suevia mittit
Algoios Lyciosque feros, et Norica pubem
Terra suam, Nicarusque suam Tubarusque ministrat;
Convolat ex nigris fere tota Hercynia sylvis.
Ingens turba virum concordi in proelia mente
Se parat, et variis leporem oppugnare sagittis
Quisque studet, patriaeque petit reparare decorem.
Jam prope funestis turba innumerabilis agris
Constitit, arma micant, jaculis, sudibusque praeustis
Bella parant, altisque animos hortatibus augent.
At lepus, interea generoso percitus oestro,
Nunc quatit arva pede, et nunc ambas arrigit aures.
Mox oculis, mox ore minas intentat et ungues.
Jactatis mox Franco armis velocior Euro
Aufugit et timidis implens clamoribus auram:
Huc, ait, huc socii, me saeva pericula terrent;
Qua, data porta, sequi jubes – mors certa manenti est!
Praevius ibo prior, ne vos discrimina mortis
Tanta premant. Fugite! Oh, est alea plena periclis!
Westphalus arma jacit trepidus, certamque salutem
Franconis exemplo pedibus vestigat anhelis:
Anxius, ah pernas! pernas, inclamat, edaces
Huc date nam miserum cruciaverat ardor edendi
Et furibunda fames. Sequitur dein Alsata, panem
Esuriens, vitaeque timens, vineta petebat.
Helvetus ad vaccas, stimulatus amore mamillae,
[206]
Pergit et esse domi, nolensque volensque coactus,
(Patrius arsit amor)vaccarum jam ubera mulget.
Cocta Ceres lupulo placuit Saxo tibi! Suillam
Esuriens Bavarus, formidine captus uterque
Terga dat. Austriacum gelidus tremor opprimit, atque
Accelerare fugam reliquos jubet: horridus illi
Marcescit cruor in venis! flascone rigentem
Conatur revocare animum, quem terror ademit.
Struma Tyrolenses, morsu ne forte periret,
Quem daret auritus mordace lepusculus ore,
Sollicitos fecit, timidique recessibus altis
Montanisque jugis cupidi se condere, jactant
Sarcinulas collo carnosas. Sola timorem
Exemit fuga, sola manet generosa juventus
Suevorumque senes: et septem ex omnibus aptos
Elegere viros, queis texerat ocrea flavas
Firma suras: caligis sunt visa ex ordine pulchro
Dependere suis formosa ligamina nodis.
Corpore proceros major sed corpore virtus
Dicitur exornasse viros, laudisque cupido
Arma dedit, jaculoque manus instruxit acuto.
Tum reliquos inter barba senioque decorus
Dextra hastam quatiens Jaculus(sic nomen habebat)
Alloquitur socios: Animoso Marte premamus
Invisum terris monstrum! tu praevius ito
Veitle, sequar propiore gradu: tu proximus esto
Michel(sic proprio compellat nomine quemque),
Vosque alii unanimes generosum claudite coetum;
Alter ego Alcides Hydra mucrone necata
Nobile depulso referam super hoste tropaeum.
Dixit et audaci nisu conversus in hostem
Praetendit manibus jaculum, vulnusque minatur.
Conclamant omnes avidi certare: Petamus
Has partes, has, has:! Subitis terroribus actus
Parvulus exsiliit timidus lepusculus, atque
Saltu agili nemora alta petit quaeritque salutem.
Insequitur generosa cohors, impune volantem
Per sylvas leporem, tandemque labore peracto
Atque fatigati reduces risere vicinos,
[207]
Queis animos confregit iners vecordia. Franco
Erubuit, fremuêre alii, queis pectora livor
Exitiale furens rosit: victoria Suevos
Nobilitat! semper generosa propago triumphat.
Eja age, Suevigenas quisquis colis accola terras,
Admirare viros, animosaque facta per orbem
Decanta. Aeterno scribatur marmore dignum:
Suevia nobilium genitrix est sola virorum!

Fußnoten

1 Das, unsers Wissens älteste, hieher bezügliche, schriftliche Document steht in Wilhelm Kirchhof's Wendunmuth, d.i. 550 züchtige Historien. Frankf. 1589. – Den Schwank hat auch die Volkspoesie unter ihre Possenspiele aufgenommen. Siehe »Des Knaben Wunderhorn« Th. II. S. 445.

2 Das Gemälde auf dem Anger zu München, dessen in unserer Geschichte Meldung geschieht, datirt sich v. J. 1674. – Eines Holzschnittes v. J. 1688 erwähntvon der Hagen in seinem »Narrenbuch« S. 494.

3 Jacobi's S. W. IV, 3. S. 214.

4 Ueber den Muth und die Tapferkeit der Schwaben war von jeher, im Ernste, nur Eine Meinung unter ihren deutschen Genossen. Es ist bekannt, daß sie von Alters her das Recht besaßen und ehrenfest behaupteten, in den Schlachten des deutschen Reiches den Kampfreihen zu eröffnen; und noch bei der Krönung Friedrichs des Dritten zu Rom übten sie dies ihr altes Recht aus, die St. Georgs-Fahne voraus tragend (Epitome laudum Suevorum bei Goldast). – Aber auch sonst galten die Schwaben als faustgerechte und kampffertige Männer. Johann Agricola nennt sie irgendwo »Raufbolde und große Hansen, als die nahe bei der Schweiz wohnen.« Auch von ihrer Weisheit und Wissenschaft muß man schon zu jenen Zeiten große Meinung gehabt haben. Sebastian Franck sagt von ihnen: »Die hungrigen und dürren Schwaben, und die nüchternen Itali und Saraceni sind subtil und hohe Künstler in allen Künsten, und nit die vollen matten Wein- und Bierzapfen.« Und anderswo: »Das hungrig Schwabenland, item das arbeitselig Niderland gibt mehr Künstler dann alle volle Lande und Leute« (Sprüchwörter; Frankf. 1601 pag. 210 u. 216). – Wie Schwaben damals als »Hungerland« gelten mochte, ist schwer zusammen zu reimen mit jener Stelle aus »Reinecke Fuchs« VI. Gesang (nach Goethe'scher Uebersetzung):

Laßt uns nach Schwaben entfliehn! – –

– – – Hilf Himmel! es findet

Süße Speise sich da und alles Guten die Fülle!

5 S. dessen »Schriften im schwäbischen Dialekte;« gesammelt und mit einer Vorrede versehen von SixtBachmann. Buchau 1819.

6 Eine andere Bearbeitung dieser Sage, in gereimten Versen, erschien im Jahre 1763 zu Nördlingen, unter dem Titel: »Heldenmäßige und weltberühmte Haasenjagd der sieben ehrlichen Schwaben, beschrieben von einem unwürdigen Landsmann schwäbischer Nation.« (1 Bog. in 8°). Am Schlusse heißt es:

Willst wissen, wer ich sei,

Ein Schwab bin aus dem Ries,

Mein Nam steht auch hierbei,

Ich schreib mich Riamgis.

Auch Heinrich Bebel, ein Würtemberger, spickte seine Facetias damit. Ueberhaupt sind alle älteren Geschichtbücher voll von solchen ähnlichen drolligen Begebenheiten, welche die pinselhafte Schwabeneinfalt (freilich auch anderer Nationalen) darstellen.

7 Den weitern Nachforschungen des Herausgebers seit dem Jahre 1827, wo die erste Auflage des »Volksbüchleins« erschien, ist es wirklich gelungen, ein anderes, dem Anschein nach vollständiges Exemplar dieser abenteuerlicher Geschichte zu entdecken; und es wurde nach diesem Texte bereits i. J. 1832 eine »Ausgabe zunächst für Kunstfreunde« mit zehn lithographirten Abbildungen, nach Zeichnungen von J. Fellner, veranstaltet. Seit der Zeit – wie es den emsigen Forschern zu geschehen pflegt – haben sich noch Fragmente eines dritten Exemplars vorgefunden; und wir entsagen nicht aller Hoffnung zu fernern Entdeckungen, die wir denn zu seiner Zeit mitzutheilen nicht ermangeln werden.

8 Ueberhaupt scheint es, daß diese Geschichte zu verschiedenen Zeiten mit Zusätzen vermehrt worden sei. Gewiß ist, daß der Eingang zum Kap. S. 149 unsers Volksbuches eine Anspielung ist auf ein historisches Factum, das sich zur Zeit des dreißigjährigen Krieges begeben hat. Die Geschichte, worauf der Scherz hindeutet, ist diese: Das Städtchen Mindelheim, das Dominium der Freundsberge, wurde im Schwedenkriege einstmals von einem schwedischen Detachement heimgesucht. Es rückte an einem nebeligen Morgen, unbeachtet, bis an das Thor, und die zwei Bürger, welche Wache hielten, wurden sogleich niedergestoßen. Da die Feinde jedoch keine Bewegung im Städtchen sahen, so befürchteten sie einen Hinterhalt, und begaben sich wieder unverrichteter Dinge von dannen. Nur ein einziger Schwede wagte es und eilte in die Stadt, um sich bei dem nächsten Bäckerladen mit Proviant zu versehen. – Um dieses unbedeutenden Umstandes willen werden die wackern Städter noch heut zu Tage, mit einer Variante, von ihren lieben Landsleuten geneckt.

[208] Worterklärungen.

Albus m. eine (nun abgewürdigte) rheinländische Münze, die, wie so viele andere, in Schwaben gäng und gebe war.

Allgäu n. die oberländische Gegend zwischen dem Lech und der Iller. Wol richtiger Alpgäu.

Ammann m. der Amtmann, Schulze.

Aemse verkürzt aus Ameise.

Apart adj. und adv. besonders, eigen, (a parte). Der gemeine Mann verschmäht nicht fremde Wörter, doch macht er sie sich sogleich mundgerecht, bieg- und fügsam. Vergl. Extra.

Balgen v. zanken, mit Worten streiten. Alt bel gen, zürnen.

Bannwart m. der Wärter, Hüter eines Gebietes, (z.B. Gehölzes Bannholzes), dessen Benutzung nur der Herrschaft zusteht. Vergl. Eschhay.

Beiten v. warten, harren; auch leihen, borgen.

Brät n. Fleisch, das Fleischige, das Mett; insbesondere das fleischige Hintertheil.

Bräu m. der Brauer (wie Bäck st. Bäcker, Wart st. Wärter u.a.).

Brente f. der Bottich, die Kufe, das Schaff.

Brieggen v. weinen. Ueber die verschiedenen Ausdrucksarten für »weinen« s. m. philologische Belustigungen. II. 32. (München, 1824.)

Büchel, Bühel m. kleine Anhöhe.

Bünkel (Pünkel) m. erhobener, vorragender Theil; bauschige Masse, Bund, Bündel.

Bunkes m. kleiner dicker Mensch; Knirps. Verwandt mit Bünkel, Buckel.

Bütsche f. ein größeres, hölzernes Trinkgefäß. Verw. mit Butte.

Butzemann m. vermummte Person, (Fasnachtsbutz), Kobold, Knecht Ruprecht.

Bygost! Ausrufformel; verderbt aus: by (bey) Gott! Das Schiboleth der Allgäuer, deren Dialect sich schon der oberrheinischen schweizerischen Mundart annähert.

Dachtel f. Ohrfeige. S. phil. Belustigungen II, 25.

Däsig adj. und adv. kleinlaut, zahm, unterwürfig.

Dennest adv. gem., st. dennoch.

Digen, gedigen part. von deihen, dichter werden, austrocknen; geräuchert.

Donnerschlächtig adj. werth, daß einen der Donner erschlage; nichtswürdig, verrucht. – Wieland gebraucht dies sein landsmännisches Wort irgendwo in seiner Uebersetzung des Lucian.

Drangeld n. das Angeld, das Handgeld, arrha.

Dreibätzner m. ein Viergroschenstück. Der Schwabe zählt, wie der Schweizer, meistens nach Batzen.

[209] Ein Ding(es ist), gleich viel.

Eisen plur. Fesseln, Gefängniß.

Eschhay, m. der Flurschütz; aus Esch, Zelge, Flur, und Hay, Hüter (dieses von haijen, hai gen).

Extrafein überaus (extra) fein. Etwas Exteres, Außergewöhnliches. Vergl. Apart.

Fachsen (spr. Faxen), plur. spaßhafte Einfälle, Scherzreden, Possen. S. phil. Belust. I, 74.

Fäsig adj. und adv. dünn stehend, selten, rar; zunächst vom Getreide.

Fasnachtsbutz m. Siehe Butzemann. Ueber Fasnacht vergl. Schmeller's bayerisches Wörterbuch I, 568.

Fatzvogel m. der Possenreißer, (wie Speivogel, alt, Spötter). Vergl. Fachsen.

Fazinetle, Diminutiv von Fazinet, und dies vom Ital. fazzoletto, das Nasentuch. – Der Süddeutsche hat so manches Wort, mit der Sache, von dem Italiäner entlehnt, so wie dagegen der Nord-Italiäner vom Deutschen sein bierra, crauti u.a.

Fetzenkerl m. großer unförmlicher Mensch; sonst auch Enz-Kerl.

Flarren, laut und heftig weinen. Vergl. brieggen.

Föhl f. (Allgäu) Mädchen, Tochter. S. Schmeller v. Födel.

Fraiß f. convulsivischer Zustand.

Fuhr f. das Benehmen, das Betragen, die Auffüh rung. Die Unfuhr, üble Aufführung, Scandal.

Gäbisch adj. u. adv. verkehrt, von äbisch, äbicht, mit dem Präfix.

Gaudi f. lustige Unterhaltung, ein Jucks. Vom Latein. gaudium.

Gefriß n. niedrig, Mund, Gesicht, Miene. Von Fressen.

Gispel m. ein flatterhafter, unachtsamer Mensch. Vergl. Schliffel.

Glitzen, glitzern, glänzen, schimmern.

Gött m. der Pathe; Engl. god-father. Verg. Tott.

Gottig, gotzig adj. und adv. einzig. Vielleicht elliptisch aus der Formel gottseinzig entstanden.

Grattel f. die Scheide der Beine. Daher gratteln v. die Beine auseinander sperren, schwerfällig gehen. Grattlings adv. wie rittlings, stehlings, gehlings, d.h. im Zustande des Reitens u.s.w.

Grind m. verächtlich f. Kopf, Schädel.

Grindten m. ein hoher Vorberg im Allgäu.

Guck-Aehnle plur. die Urgroßältern. Vergl. Schmeller v. die An.

Gumpen, tiefe Stelle in Flüssen und Seen.

Halt, ein in den oberdeutschen Dialecten sehr gewöhnliches Wörtlein, das für gewisse Nebenbeziehungen des Satzes gebraucht wird. Siehe Schmeller's Wörterbuch, und vergl. phil. Belust. I, 69.

Hag m. Stier, Zuchtstier. Hievon, in dem Sinne des Befruchtenden, Erzeugenden überhaupt, unser hochdeutsches Hecken, Intensiv von Hägen.

Hapus (verstümmelt aus Habemus?), eine der vielen Bezeichnungen, welche die Mundart für »Rausch« aufzuweisen hat. S. philologische Belustigungen I, 82–88.

Häß n. die Kleidung. Alt Heze. Verwandt mit Hosen, in weiterer Bedeutung, Hülle.

[210] Heimen, sich einheimen,heimisch machen.

Heim schicken, eigentl. nach Hause senden; fig. und ironisch: abfertigen, mit Spott und Schande entlassen.

Heinen, weinen. Anderswo hienen, zumal von Hunden. Vergl. brieggen.

Hemat n. das Hemd (wie im Hochdeut. Zierat und Zierde.)

Heuren v. (das Stammwort von Heurath), heurathen.

Hirnkasten, fig. f. Schädel. Kasten heißt im Oberdeutschen auch der Raum unter dem Dach (sonst auch Boden genannt), meistens zur Aufbewahrung des Getreides bestimmt.

Hores Mores, das erste Wort wol nur eine tonische Duplication zu mores, Sitten, und dieses aus der Schulsprache ins gemeine Leben übertragen, (wie Hokus pokus).

Huischel m. Heuschel, das Füllen oder Fohlen. (Die Form ui st. eu häufig, wie im Althochdeutschen, noch im gemeinen Leben, z.B. Fuir, Tuifel und ähnlichen).

Hüst! (anderswo wist!) ein Lenkwort für Zugvieh, um es nach der linken Seite zu leiten; im Gegensatze zu hott!

Hy! Treibwort für Zugvieh.

Imme f. die Biene.

Janker m. kurzes Oberkleid, Jacke.

Just (juste) eben, genau, recht.

Kalfakter m. Müßiggänger, Taugenichts (ursprünglich wol calefactor, Ofenheizer). Daher kalfak tern, müßig gehn.

Känntle, Diminutiv von Kanten, st. Kanne, Kännchen.

Kappel f. die Kapelle (wie Spittel st. Spital).

Käste f. die Kastanie.

Käther, weiblicher Taufname für Katharina.

Kauzen m. (Bayerisch: Küenzen) Fettansatz unter dem Kinn. Den Kauzen einem strei chen, ihm schmeicheln, zärtlich thun.

Keiche f. finsteres Gemach, Kerker.

Keif adj. und adv. nachdrücklich, stark, heftig. Auch keib, gehiebig.

Kirbe f. verderbt aus Kirchweih. S. a. s. O. Auch eine andere Aussprache für Kerbe.

Kläpperle, Diminutiv von Klapper. Einem ein Kläpperle anhängen, ihn dem Spotte preisgeben. Anspielung auf die Klapper der Narren.

Knöpfle, Diminutiv von Knopf, kleine Mehlklöse.

Kog m. eig. Aas; fig. ein niedriges Schimpfwort.

Krechseln, klettern. Vergl. kreisen.

Der Krätten, der Korb; alt cratto. Der Krätten wagen m. ein Korbwagen. Anderswo die Benne.

Kreisen v. kriechen; alt chresan, repere, niti.

Kuchel f. die Küche.

Lalle m. niedrig, unausrichtsame Person (Schweiz. Löli). – Man wird übrigens dem Erklärer die unangenehme und oft schwierige Pflicht gern erlassen, jedes solcher Schimpfwörter, an denen die Mundart so reich ist, zu interpretiren.

Lander n. das Geländer.

[211] Landssprache,Mundart, Dialect. Im Gegensatz zur Schriftsprache.

– Le, Diminutiv-Form, contrahirt aus lein (Schweiz. lin, li, Bayerisch 'l). Der Schwabe hängt es nicht blos gern an Hauptwörter, sondern auch, zumal in der Kindersprache an andere an; z.B. achele! st. ach; wägerle st. wäger, wahrhaftig.

Leiben v. act. übrig lassen, vom Munde sparen. Das Primitiv von bleiben u.a.

Leible n. das Leibchen, die Weste.

Letz f. Ergetzung. Zu guter Letz, pour la bonne bouche.

Loden m. grobes Tuch, hochd. die Lode.

Losen, horchen, lauschen. Alt.

Lugen, sehen, schauen, lauern. Lugen und losen gelten insgemein als Schiboleth der Schwaben.

Luser m. Schweiz. Lauser. Die Zärtlichkeit gemeiner Leute bedient sich oft der umgekehrten Ironie, so daß ihnen Schimpfwörter als Euphemismen gelten.

Lyrant m. Leyermann, Spielmann.

Mämmeli, Schweiz. Mütterchen. Mämme und Aette, Vater und Mutter.

Der Mayenbaum, auch der Mayen schlechtweg, die grünende Birke, auch wol die Tanne, die, abgehauen, zur Zierde aufgepflanzt werden.

Mayvögelein, der Schmetterling; sonst Milmahl er.

Menbub m. der, welcher das Zugvieh vor dem Pfluge leitet. Von menen (Franz. mener), leiten, führen.

Metzger m. Fleischhauer, Schlächter, von metzi gen, metzgen, schlachten, und dies vom alten metzen, welches noch im Hochd. Steinmetz übrig ist.

Mir nichts, dir nichts, ohne Rücksichten, ohne Umstände.

Morixeln, gem., sterben, mori.

Mollen m. Stier, Ochs; durch welche Bezeichnung zunächst das Fleischige, Fette, das Mollige am Thier angedeutet wird. Daher fig. Schmerbauch. Vergl. Hag.

Mütterle, ein altes Weibchen. (Für Mutter in engerer Bedeutung lautet das Diminutiv Mutter le; so wie auch zwischen Väterle und Va terle u. dgl. unterschieden wird.)

Nächten adv. gestern; vornächten, vorgestern. Unsere Voreltern haben bekanntlich die Tage nach Nächten bestimmt.

Niederträchtig adj. und adv. herablassend, leutselig. Im Gegensatz zu hochfahrend, hoffärtig.

Pampeln, hängend sich bewegen, bammeln.

Pfanzel n. contrahirt aus Pfannzelten, eine Art Pfannkuchen.

Pfnausen, schnauben, schwer athmen. Onomatopöie.

Pfulben m. das Pfühl, Kissen.

Ploderer m. Schwätzer, Plauderer Lügner.

Ploderment n. das Geschwätze.

Potz Blitz! eine Fluchformel, verderbt aus Gott's Blitz! Der gemeine Mann, der solcher Formeln nicht entrathen mag, hütet sich jedoch [212] wohl, heilige Wörter, in ihrer Reinheit und Nacktheit, zu entweihen. Vergl. Bygost.

Progeln v. rec. groß thun, prahlen. Verwandt mit dem letztern und mit prangen.

Räß adj. und adv. dem Geschmacke nach beißend, scharf.

Ratz m. die Ratte.

Reich n. im eingeschränktern Sinn: Schwabenland. Daher ein Reichler, ein Schwabe.

Ries n. die weite, flache, fruchtbare Gegend um Nördlingen.

Rumpelkammer, – wo Gerümpel aufbewahrt wird.

Ritt f. auch der Ritten, das kalte Fieber. Daß dich bie Ritt schütt'! daß dich das kalte Fieber anwandle, schüttele!

Röhren, überlaut und heftig weinen.

Runkunkel f. dickes, häßliches Weib. Vergl. Runks bei Adelung.

Schaffen, verlangen, befehlen. Anschaffen, anbefehlen.

Salveni (salva venia), mit Erlaubniß zu melden.

Schatzhauser m. (wie das einfache Schatz, Schätzle), der und die Geliebte. Wofür auch, doch nur im Scherze, der Holderstock.

Schettern, Onomatopöie, schallen, wie z.B. ein gespaltener Topf.

Scheuernburzler m. niedriges Schimpfwort; Landstreicherkind, Hurensohn.

Schimpf m. (in der ältern Bedeutung und im Gegensatze zu Ernst) Scherz. Daher schimpfeln, scherzen, spielen, tändeln.

Schlenzen, wegschlenzen, schleudern, wegwerfen.

Schliffel m. ein schlauer, abgeschliffener Mensch. S. phil. Belust. I, 75.

Schnaufer m. der Athem.

Schubet f. die Rinde, die Kruste von Speisen, die sich am Kochgefäß ansetzt.

Schupfen v. schuppen, in die Höhe schnellen.

Schwabe f. verderbt aus Schabe (ein Insect). Der Volkswitz verwechselt das genus, und unterstellt schimpflicherweise Schwabe m.

Sehr adj. und adv. wund, schmerzlich. Das Wurzelwort vom Hochd. versehren.

Spätzle, Mehlklöschen von der kleinsten Art.

Speyen, spucken, Speichel auswerfen.

Stät adj. und adv. sachte, leise, langsam, sanft, still. Goethe bedient sich des Wortes in dieser Bedeutung in seiner »neuen Melusine.«

Staude f. Strauch. Im Plural ein mit Gehölz bewachsenes Hügelland (wie Wald, z.B. im Schwarzwald, ein waldichtes Gebirgsland).

Stiegel m. eine Stufe über den Zaun zu steigen. In Meißen (nach Adelung) die Stieglitze.

Strählen, kämmen. Von Strähl, der Kamm; und dies, wie Adelung meint, von Strahlen, den Zähnen eines Kammes.

Strolch m. Landfahrer, Landstreicher. Von strolen (straulen), herum streichen.

Stuir f. Steuer, Abgabe. Vergl. Huischel.

Talket adj. und adv. von talken, v. unreinlich, ungeschickt verfahren, und dies von Talken m. teigige, klebrige Masse. Der Talk, ungeschickter Mensch.

[213]
Zweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[2] Zweiter Theil,
enthaltend: Die Geschichte des Doctor Faustus, die Abenteuer des Spiegelschwaben, nebst vielen andern erbaulichen und ergötzlichen Historien.

[2] Vorwort.

Ueber den ersten Theil der ersten Auflage desVolksbüchleins hat sich Maßmann in einer sehr eingehenden Recension (Heidelberger Jahrb. 1827, pag. 354–390) in Bezug auf Plan, Inhalt und Form desselben ausgesprochen und ein recht beifälliges Urtheil abgegeben. Von der II. Auflage und besonders von dem vorliegenden 2. Theile kann nun gerühmt werden, daß er noch mehr »Treffer« aufzuweisen hat als jener erste, so daß Aurbacher das Buch mit Recht ein verbessertes nennen konnte. Der Autor, ein Mann von umfassendem Denken und Fühlen, versteht es in dieser Volksschrift, alle Saiten des menschlichen Herzens anzuschlagen und den Leser allmählich in alle Tonweisen der Empfindung überzuleiten, vom tiefsten Ernst, wie er in den sinnigen, meisterhaft behandelten religiösen Sagen zu Tage tritt, bis zur heitersten Laune, die in den Schwänken und in den Abenteuern der 7 Schwaben und speciell des Spiegelschwaben am ungebundensten sich äußert. Das Volksbüchlein ist ferner, was die in beiden Theilen niedergelegte Auswahl von Historien anbelangt, kein bloßes Sammelsurium von Raritäten, sondern in der That ein Werk, das nach einem streng durchdachten Plan angelegt und durchgeführt, ein Wegweiser fürs Leben in Beispielen, speciell ein Ehezuchtbüchlein heißen mag.

Die Erzählungen haben aber auch einen literar-historischen Werth, denn sie sind aus mehr als hundert deutschen Schriftstellern der Vorzeit zusammengetragen, und machen uns, wie Maßmann sagt, bekannt mit den guten Eigenschaften ihrer Diction, ihrer Sinnenfrische, Naturvertrautheit, und Unmittelbarkeit, wenn auch die derbe [3] Ausdrucksweise dieser Periode unsrer Sprechart vom Autor erst angepaßt und unsrer Zeit mundgerecht gemacht werden mußte. Die Historien mögen daher nicht blos den gemeinen Mann erbauen und ergötzen, sondern auch den Gelehrten und Philologen interessiren; Letzteres gilt im Besondern von den Bemerkungen, die den beiden Bändchen am Schluß beigegeben sind.

Was der persische Dichter »Sadi« von seinem »Rosengarten« ausspricht, »daß er Perlen heilsamer Ermahnungen an den Faden der Rede gereiht und daß er die bittere Arznei des guten Rathes mit dem Honig des Witzes versüßt habe«, das nämliche läßt sich auch von den Erzählungen des Volksbüchleins rühmen, in welchen Aurbacher Ernst und Scherz so trefflich zu handhaben und zu verbinden wußte.

Welche Mittel der Darstellung unserm Autor zu Gebote stehen, läßt sich am besten beurtheilen, wenn man eine Historie an ihrer Quelle und in ihrer ursprünglichen Form auffindet und dann vergleicht, wie er dieselbe umgedichtet hat. Aus Pauli's Schimpf und Ernst 1 nimmt er z.B. die letzte Erzählung: Von der ewigen Seligkeit und gibt sie wieder unter dem Titel: »Das Vögelein« (Bd. I Nr. 5). Welche kunstgewandte Gestaltungsgabe, welch classische Anmuth des Stils müssen wir nicht hier bewundern! Ueberhaupt versteht Aurbacher durchweg den richtigen Volkston anzuschlagen, auch in den Erzählungen, die hinsichtlich der Erfindung ganz sein eigen heißen können, wie Bd. II, Nr. 29, 30, 31, 32. »Gar manche der Historien muthet uns mit dem ganzen Zauber an, der uns die Erzählungen des rheinischen Hausfreundes so lieb macht und erinnert in ihrer ansprechenden Einfachheit an den Reiz der ›Grimm'schen Märchen,‹« so lautet die mit früheren Urtheilen z.B. von Dr. Fr. Beck im Nekrolog Aurbachers übereinstimmende Ansicht eines modernen Kritikers (Neue Zür'cher Zeitung vom 13. Sept. 1879).

Um nun auch vom rein humoristischen Genre zu sprechen, [4] so haben wir in den Abenteuern der 7 Schwaben scherzhaft »die schwäbische Ilias« genannt, die treueste Charakteristik des schlichten Volkes, wie es leibt und lebt, in Sprache und Sitte, mit seiner naiven Beschränktheit, seiner biderben Geradheit, seiner treuherzigen Laune, »in einer ganzen Fuge von Aventüren, wobei jeder der Sieben einmal in den Vordergrund tritt und die andern übertreffend sich selbst unsterblich blamirt, bis das glorreiche Ensemble mit einem im hellsten Fortissimo aufgespielten urdrolligen Finale abschließt.« Denn »Aurbacher ist im Besitz eines schalkischen Humors, welchem er zeitweilig und so recht, doch mit weisem Maße, die Zügel schießen läßt, im Spielen, wie im Aufhören immerdar ein Meister,« wie Dr. Hyac. Holland, ein Kenner und Verehrer des Volksschriftstellers sich äußert (Allg. Ztg., Beilage Nr. 227, 1879 u.a. O.) Während der Autor die Hauptfiguren der ganzen Dichtung aus der Sage herübergenommen und das komische Bild seinerseits nur ins Detail gezeichnet und mit warmen Farben belebt hatte, schöpfte er in der »schwäbischen Odyssee,« in den Wanderungen des Spiegelschwaben, mit voller Freiheit aus dem lustig sprudelnden Quell seines nie versiegenden Humors. 2 Da glauben wir nun bald den deutschen Till vor Augen zu haben, bald den naturwüchsigen Begleiter des Hidalgo von der Mancha reden zu hören, wenn er seine Sprichwörter auskramt, ja in dem 13. Abschnitt, in welchem der Landfahrer die Tugenden und Untugenden seiner lieben Ehehälfte ruchtbar macht, werden wir lebhaft an den Ton der Makamen erinnert, wie solche Rückert nach Hariri bearbeitet hat. Es stimmt auch das Wesen des schwäbischen Helden, der durchaus nicht so unfläthig und boshaft ist als der niederdeutsche Till, und dem der Dichter den Urtypus süddeutscher Gutmüthigkeit aufgeprägt hat, mit dem Charakter des allerdings viel raffinirteren arabischen Abenteurers Abu Seid von Serug in mancher Hinsicht zusammen und kann von beiden in gleicher Weise gemeldet werden,[5] daß sie schließlich nach vielen tollen Streichen sich bekehren und somit eine vollgiltige moralische Genugthuung geben.

Wie verschieden auch die Zeiten, wie getrennt die Länder sein mögen: das menschliche Herz mit seinen Schwächen und Neigungen ist eben immer und überall dasselbe. Das Werk ist somit, wie Dr. Jul. Hamberger in der Allg. deutschen Biographie mit Recht behauptet, nicht sowol ein Büchlein für das Volk als ein Büchlein des Volkes.

Letzteres ist um so wahrer, als auch der im Volksbüchlein verwendete Sprachschatz den oberdeutschen Dialecten entnommen ist, wobei der Autor die lobenswerthe Absicht hatte, durch Wiederbelebung von Wörtern und Formen, die in der Regel ächt alten Adel für sich beanspruchen dürfen, die deutsche Sprache zu kräftigen und zu erneuern, ganz nach dem WunscheJahns, der in seiner Vorrede zur deutschen Turnkunst bemerkt:

»Aus den Mundarten mehrt sich allezeit, wo Noth am Wort ist, die Schriftsprache, die ohne sie nicht heil, sondern unganz ist. Die Gesammtsprache hat hier Fundgruben und Hilfsquellen, die wahren Sparbüchsen und Nothpfennige des Sprachschatzes«.

Die Geschichte der sieben Schwaben war übrigens schon vor einem Menschenalter Gemeingut des Volkes (vgl. Lewald, Europa, Chronik der gebildeten Welt 1847, Nr. 27, pag. 444). Marbach hatte dieselbe unter die allverbreiteten Volksbücher aufgenommen, von Simrock aber war eine Nachdichtung unter dem Titel »schwäbische Ilias« veröffentlicht worden; ferner hat diese humorvolle Schöpfung inzwischen die Phantasie mehrerer namhaften Künstler angeregt und beschäftigt. Die kleinlich spießbürgerliche Philisterhaftigkeit ward von Ludwig Richter und Oscar Pletsch mit ihrer liebenswürdigsten Laune abgeschildert, Ferdinand Aug. M. Fellner aber zeichnete einen Cyklus von Compositionen zu den Abenteuern der 7 Schwaben, welche 1832 in Stuttgart bei Brodhag erschienen; auch von Aurbachers Erzählungen sind zahlreiche in die verschiedensten Volks-Kalender übergegangen: Der Name des Dichters freilich ist seither unbekannt und vergessen geblieben.

[6] Somit sei auch dieses Büchlein Aurbachers ins Volk geleitet mit dem Wunsche, es möchte nun auch die »schwäbische Odyssee« ebenso viele tausend Leser finden, als sich deren die Abenteuer der sieben Schwaben bislang zu erfreuen gehabt haben. In unsern Tagen wird ohnehin die allenfalls zu erhebende Einwendung, solche Volksschriften seien wegen des in ihnen herrschenden Lokaltones nicht für alle Deutschen gleich lesenswerth, ganz und gar seine Bedeutung verloren haben.

Wenn der gebildete Süddeutsche an den Dichtungen des gerühmten Mecklenburger Humoristen sich erfreut, warum sollten nicht umgekehrt auch die Kinder des Nordens an den heiteren Herzensgaben Aurbachers sich erwärmen und in die Tiefe süddeutschen Gemüthes versenken dürfen?

Edenkoben i.d. Pfalz,
Weihnachten 1879.

Joseph Sarreiter.

Fußnoten

1 Für die Universal-Bibliothek ausgewählt von H. A. Junghans. (Nr. 945 u. 946.)

2 Um so ergötzlicher ist es, die geschickten Fictionen zu lesen, nach denen Aurbacher beide Dichtungen aus alten handschriftlichen Aufzeichnungen herausgegeben haben will.

1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[7] [11]I. Geschichte des Doctor Faustus.

Volkssage.

Erstes Kapitel

Erstes Kapitel.

Es war Samstag in der stillen Woche. Die Gläubigen rüsteten sich, bei Arbeit und Gebet, in wehmüthigem Rückblick auf des Erlösers Tod, und in sehnsüchtigem Hinblick auf dessen Urstände, zum kommenden Feste, zu den fröhlichen Ostern. – Indessen saß zu Hause in seiner Arbeitsstube Doctor Faustus zu Wittenberg, in schwermüthigen Gedanken versunken. Die heilige Woche, die Gnadenzeit, hatte er auf eine unheilige Weise zugebracht. Statt frommen Betrachtungen und andern Geistesübungen obzuliegen, vertiefte er sich in weltlichen Büchern und Dingen, und brütete über zauberischen Worten und Zeichen. Zerfallen mit seinem Gott, dem Schöpfer und Erlöser, wandte er sich an die Natur und an den Fürsten dieser Welt, der ihn mit dem alten Lockworte: »Ihr werdet sein, wie die Götter,« ganz und gar bezaubert hielt. In dieser Verblendung, ohne Beicht und Buße, hatte er sich von dem Liebesmahle der Christen, und sohin von der christlichen Gemeinde selbst ausgeschlossen. Und der Tag der Erinnerung an den Versöhnungstod des Gottmenschen, er war in seiner Seele vorübergegangen, wie eine gespenstige Erscheinung, die nur Grauen erregt und Entsetzen. So traf ihn der stille Sabbathstag über seinen Büchern, in deren Erforschung er Ruhe und Heil zu finden hoffte. Aber bald verwirrten die Zauberformeln seine Sinne; das Bewußtsein seiner schweren Schuld umnachtete wieder die Seele; es litt ihn nicht mehr in der engen dumpfen Stube. Er raffte sich auf, und eilte fort, auf das Feld, in den Wald. Die Luft wehte erquicklich; der Himmel prangte im schönsten Blau. Lerchen jubilirten [11] in den freien, frischen Lüften; Rehe scherzten im blühenden Gesträuche; Fischlein schwammen gar wohlig im nassen Grunde; die ganze Natur feierte ihre Hochzeit, den Lenz. Inmitten dieser Freudigkeit, die alle Creaturen durchdrang, fühlte sich Faustus allein trost- und freudenleer. Wenn er aufschaute zum Himmel, so sah er nur seine Sündhaftigkeit und Verworfenheit; und wenn er um sich schaute, so gewahrte er nur seine Armuth und seine Verlassenheit. Er seufzte tief auf, und sprach: »Armes Menschenkind! wie klein, wie schwächlich und ärmlich bist du, der sich den Herrn der Welt nennt, gegen diese Welt selbst und gegen Jegliches, was sie beschließt und hervorbringt! Sicher ruhet des Himmels Veste auf dem ewigen Grunde. Ungehemmten Laufes ziehen die Gestirne herauf und hinab, und kehren wieder zu ihrer Stunde. Wolken entstehen und vergehen in immer wechselnden und immer neuen Gestalten. Die Berge wurzeln unerschütterlich in den Tiefen der Erde, und die Flüsse finden ihre Bahn in die Länder hinaus. Die Sperlinge haben ihr Futter, und die jungen Raben ihre Aetzung. Die Lilien, sie nähen, sie weben nicht, und doch prangen sie schöner in ihrem Kleide, als der König auf seinem Throne. Nur du, o Mensch, bist verwahrloset, verkürzt in Allem, was du wünschest, was du bedarfst. Nackt und bloß kommst du in die Welt, und zermartert und gebrochen sinkst du in die Grube. Das Wild des Waldes hat mehr Freiheit und Freude, und der Wurm, der getretene, weniger Schmerz, als du. Dein Leben ist kein Leben; es ist nur ein kümmerliches Dasein. Das Brod, das du genießest, trieft vom Schweiße deines Angesichtes, und der Trank, der dich erquicken soll, er ist getrübt von den Thränen des Jammers. Was du besitzest, ist ein Darlehen der Natur; ein Darlehen, das du ihr gewaltsam entreißen oder listig entwenden mußt. So bist du, armes Menschenkind, auf deine eigene Unmacht angewiesen, und dein Elend ist um so größer, da du es so ganz fühlen und [12] erkennen magst mit deinem Geiste. Denn dieser dein Geist, welchen Ersatz bietet er dir für das, was du vermissest, gegen die Geschöpfe, die du vernunftlos nennest? Eine Freiheit, welche dir deine Gebundenheit erst recht fühlbar macht; eine Vernunft, die dich mit ewigen Zweifeln peiniget und mit unauflösbaren Räthseln abmühet; eine Sehnsucht, die nie befriedigt wird; eine Hoffnung, wofür keine Bürgschaft gegeben ist; eine Liebe, die keinen Gegenstand findet, der würdig genug wäre, zu empfangen, und kräftig genug, um nach Verdienst zu erwiedern. Unglücklicher! wer du immer Mensch heißest! Armseliges Kind der Wüßte, das der Vater verstoßen und die Mutter nicht aufgenommen hat!« – Also klagte und frevelte der verblendete Faustus. Und wie einer, der an Rettung verzweifelt, gegen seine eigenen Eingeweide wüthet, und sein Leben zerstört, nur um des Lebens unerträgliche Qual zu enden, so zermarterte er mit grausamer Lust seine Seele mit finstern, der Hölle entstiegenen Gedanken.

Zweites Kapitel

Zweites Kapitel.

Nach einem wild durchschwärmten Tage kam Doctor Faustus spät, bei finsterer Nacht, in seine einsame Wohnung zurück. Die Bücher mit jenen zauberischen Worten und Zeichen lagen noch aufgeschlagen, wie er sie verlassen hatte. In ihrer Erforschung und Anwendung war ihm das Mittel aufgeschlossen, die tiefste und innerste Macht der Natur zu beschwören, daß sie ihm zu Willen sei in Allem, was er zu wissen oder zu thun wünschte. Er stellte sich in stolzer Freiheit zwischen Gott und die Natur; und er entschied. Er sprach: »Ich habe mich eifrig bestrebt, dich zu suchen und zu finden, von Jugend an bis auf diese Tage. Aber je mehr ich dich gesucht, desto weiter hast du dich entfernt; und indem ich dich zu finden, zu halten geglaubt, da hielt und umarmte ich ein Gemächte meines Gehirns und ein Trugbild meines Herzens. Willst du, [13] erhabener Geist, dem Geiste nicht erscheinen, so bleibe mir denn unbekannt und ungeliebt. In Demuth und Glauben naht sich kein Geist dem Geiste, und ich bin dir gleich.« Nach diesen Worten frechen Uebermuthes hinterlegte er die Bibel in die hinterste Ecke seiner Bücherei, und er nahm das Zauberbuch Zoroasters hervor. Ein geheimer Schauder durchzuckte ihn, als ob die Seele sich losreißen wollte von der Seele. Er aber verharrte in seinem Frevelmuthe, und sprach: »Nein! ich will nicht länger mich peinlichen Täuschungen hingeben. Was frommen mir jene Verheißungen, die mich auf eine Zeit getrösten, wo ich nicht mehr bin? Ich will leben, so lange ich lebe; und die Welt, die meine Behausung ist, sie sei mir auch eine Wohnung der Lust und der Freude. Alles Angenehme, was mein Fleisch begehrt, alles Schöne, was meine Sinne verlangen, Alles, was das kurze Leben sich wünschen mag an Schätzen, an Ehre und Macht, das sei mein Antheil fürderhin.« Er schloß das Zauberbuch jenes Magiers auf, und sagte: »Hier, in diesen geheimnißvollen Blättern wird mir ein anderes Reich aufgethan, als jenes erträumte; und der Fürst der Welt, auf den mich dieses Wort anweiset, er stellt seine Gewalt unter die Macht meines Willens; und, um mich mit seiner Nothwendigkeit zu beglücken, verlangt er kein anderes Opfer, als meine arme, unmächtige Freiheit.« – Alsbald verließ Doctor Faustus seine Wohnung und ging ins Freie; hier zog er auf einem Kreuzwege die Zauberkreise, und bereitete Alles zum furchtbaren Höllenzwange. – Indem er noch mit dem Werke der Finsterniß beschäftigt war, schlug die Mitternachtsstunde. Es ertönten die Glocken zur Ostermette, und aus dem Munde der versammelten Christengemeinde erscholl weithin der fröhliche Ostergesang: »Christ ist erstanden,« und in die Herzen von Tausenden fiel erquicklich der Himmelsthau der Freude ob der vollendeten Erlösung und der Hoffnung auf eine lohnende Unsterblichkeit. – Doctor Faustus vernahm von allem dem nichts, [14] was außerhalb seiner Zauberkreise vorging. Einzelne Töne schlugen wol an sein betäubtes Ohr, aber sie klangen wie Töne einer gespalteten Krystallglocke, wie die verlorenen Seufzer einer verlassenen Braut, wie das letzte Gewimmer einer gemordeten Unschuld. – Nun that er seine fürchterliche Beschwörung, wobei er Gottes heiligen Namen selbst mißbrauchte: und alsbald erschien ihm, unter Sturmgebrause und der Elemente Aufruhr, der Fürst der Welt, gräulichen Ansehens, der ihm versprach, er wolle ihm einen seiner Knechte senden, daß derselbe einen Pact mit ihm abschließen, und ihm, Fausto, sodann zu Diensten stehen solle auf Leben lang. Das ist denn auch geschehen. Denn als Doctor Faustus in seiner Wohnung angekommen, meldete sich alsogleich der dienstbare Geist, der sich Mephistopheles nannte, und er schlug ihm einen Pact vor, des Inhalts: »Faustus solle versprechen und schwören, daß er sein, des Geistes, eigen sein wolle, und daß er solches zu mehrerer Bekräftigung mit seinem eigenen Blute gegen ihn verschreiben solle; dagegen wolle der Geist ihm, Fausto, vierundzwanzig Jahre zum Ziel setzen, und er sollte inzwischen alles das haben, was sein Herz gelüstete und begehrte; nach Verlauf jener Zeit aber solle er der Gewalt des Satans verfallen sein.« Doctor Faustus willigte sofort ein, und schickte sich sogleich an, eine Ader in der linken Hand zu öffnen. Da däuchte es ihm, als sehe er eine Schrift eingegraben, mit blutrothen Buchstaben: Homo fuge, das ist: Mensch, fliehe! Aber Faustus kehrte sich nicht daran, sondern schrieb den Pact nieder, und unterzeichnete zuletzt mit eigenem Blute: Johannes Faustus.

Drittes Kapitel

Drittes Kapitel.

Es war aber dieser Doctor Faustus der Sohn armer, jedoch frommer Bauersleute in Sachsen. Noch als kleiner Knabe kam er nach Wittenberg, wo ihn ein Vetter, der keine Leibeserben hatte, an Sohnes Statt annahm, und ihn [15] fleißig zur Schule und zur Kirche hielt. Der junge Faust war auch eines so gelernigen Kopfes, daß er allen seinen Mitschülern den Vorrang ablief. Auf Anrathen seiner Lehrer widmete er sich daher der Gottesgelahrtheit, und er brachte es in dieser Wissenschaft so weit, daß er in öffentlichem Verhöre zehn Magistris obsiegte, weshalb er die Ehre und Würde eines Doctors der Theologie erhielt. Allein, wie gar Vielen geschieht: die Wissenschaft blähte ihn auf; er hatte Gefallen an eitlem Geschwätz und an Fabeln, vor welchen der Apostel warnt; und er vergaß oder erwägte nicht, daß der Anfang der Weisheit die Furcht Gottes sei. Kein Wunder daher, daß die heilige Schrift, die den Einfältigen im Geiste eine Quelle des Trostes ist, ihm bald zur wasserlosen Cisterne geworden, aus welcher er seinen Wissensdurst vergebens zu stillen trachtete. Er legte sie darum mißmuthig bei Seite, und wandte sich zu den weltlichen Wissenschaften, und forschte in den Sternen, in den Kräutern, Metallen und Steinen, in Allem, was die Natur in großen Erscheinungen aufweiset, und an geheimen Kräften verbirgt. Es sagte ihm dies Alles von Tag zu Tag immer mehr zu; denn während sein unsinniger und hoffärtiger Kopf seine Lust hierin fand, entdeckte sein begehrliches Herz zugleich die Mittel, um seine Gelüste zu befriedigen in diesen weltlichen Dingen. – Man lieset in alten Chroniken, daß in denselben Tagen viele Männer, die der Wissenschaften pflegten, auf verderbliche Irrwege gerathen seien, und zuletzt ein jämmerliches Ende gefunden haben. Es war nämlich schon seit langer Zeit das Heidenthum eingedrungen in die Christenheit, und hatte die Wißbegierde feiner Köpfe auf sich gezogen, und ihre Neigung gewonnen Wahrhaft fromme und verständige Männer ließen sich zwar freilich nicht bethören durch die verführerischen Zeichen der Zeit, sondern sie benützten sie vielmehr gar wohl zu guten und löblichen Zwecken. So jener Albertus, der Große genannt, welcher, die heidnische Wissenschaft mit der christlichen[16] Weisheit versöhnend, die Kräfte der Natur zu erforschen und anzuwenden suchte zur Verherrlichung Gottes und Erbauung der Menschheit. Oder wie Theophrastus Paracelsus, der Meister in den natürlichen Wissenschaften; denn, indem ihm einleuchtete, daß der Mensch, als eine kleine Welt, an das große Weltall gebunden sei, so suchte er auszukundschaften, wie unser sterblicher Theil sich frei erhalten könnte von der Elemente bösen Einflüssen, und sich wieder herstellen möge von Unglück, Krankheit und Siechthum aller Art. Die meisten aber kannten in ihren Forschungen weder Maß noch Ziel; denn in geistlichen Dingen verleitete die einen Hochmuth und Stolz, daß sie mit frevelm Witze Gottes Wort und Kraft eine Deutung und Anwendung gaben, welche den heiligen Ueberlieferungen und den Satzungen der Väter zuwiderliefen; und in den weltlichen Dingen trieb die andern gemeine Begierde und sinnliche Lust an, in die geheimste Werkstätte der Natur einzudringen, und zu erforschen, wie das eitle, gleißende Gold erzeugt werden könne, und der ewig verjüngende Lebenstrank. Ja, einige, wie jener Agrippa von Nettesheim, gingen in ihrer Verblendung und Verruchtheit so weit, daß sie das Wort Gottes und die Kraft des Himmels selbst dazu mißbrauchten, um den Satan, in dessen Macht die Natur seit dem Sündenfalle gegeben ist, zu zwingen, daß er ihnen die Schätze der Unterwelt und der Hölle aufthue. Sie trieben – wovor Gott alle Christenmenschen gnädiglich bewahren wolle! – die schwarze Kunst, die finstern Werke der Zauberei, und ergaben sich, auf daß ihnen der Böse dienstbar sei in der Zeit, der Dienstbarkeit des Bösen in alle Ewigkeit. – Dies war und ist auch die Geschichte von Doctor Faustus, und sie schwebt uns als ein trauriges Exempel vor unsern Augen. Aber weder er, noch die ihm folgen, verdienen Entschuldigung. Denn es steht geschrieben: »Niemand kann zwei Herren dienen.« Und: »Du sollst Gott deinen Herrn nicht versuchen.« [17] Wiederum: »Was nutzt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, aber an seiner Seele Schaden litte?« – »Wer aber des Herrn Willen kennt und nicht thut, der wird zwiefach gezüchtiget werden.«

Viertes Kapitel

Viertes Kapitel.

Seit Doctor Faustus den Bund mit dem Teufel gemacht, gewann er alles erdenkliche Vergnügen, Ehre und Ansehen vor der Welt und den Menschen. Sein dienstbarer Geist Mephistopheles erfüllte jeden seiner Wünsche; ja, er wußte es so zu machen und zu ordnen, daß ein Gelüste das andere hervorrief, und daß das Labsal, welches den Hunger und Durst des Leibes und der Seele stillte, einen Hunger und Durst nach größern und fernern Genüssen in ihm erregte. Am liebsten hielt sich Doctor Faustus zu Hause, und in Gesellschaft von gleichgesinnten Genossen. Seine Wohnung war reich an Schmuck von Silber und Gold, wie der Palast eines Fürsten. Sein Garten trug Jahr aus, Jahr ein, die seltensten Früchte jeder Art; es herrschte darin, zur Verwunderung Aller, ein ewiger Frühling. Wenn er zu Tische saß mit seinen Freunden, so standen die auserlesensten Speisen und Getränke in Bereitschaft; und, so viel sie zechen mochten, der Vorrath konnte doch nicht erschöpft werden an cyprischen und albanischen Weinen und an kostbaren ausländischen Früchten jeder Art. Dies Alles hat der dienstbare Geist herbeizuschaffen gewußt. Mit Hilfe dieses Geistes unterhielt auch Doctor Faustus seine Gesellen, die er um sich versammelt hatte zu eitler Lust, mit allerhand Gaukel- und Mummenspiel. Einmal war der Saal voll von Vögeln, welche das lieblichste Concert sangen, daß man glaubte, ins Paradies selbst versetzt zu sein. Ein anderes Mal gestaltete sich vor ihren Augen gleichsam ein lebendiger Garten von buntfarbigen und wohlduftenden Blumen, die sich in gar mannichfaltigen Weisen verwickelten und wieder auflösten, und wie in einem künstlichen[18] Reihen hin und her bewegten zu sonderheitlicher Ergötzung des Auges. Die Zeit aber, welche sie nicht mit Bankettiren zubrachten, verkürzten sie mit Disputiren über allerlei Materien göttlicher und weltlicher Wissenschaften: Himmel, Hölle, Welt, Gott, Teufel, Ewigkeit, Seele und Seligkeit. Wie es jedoch zu geschehen pflegt, wenn ein Blinder den Blinden führt, so fallen beide in die Grube. Und da sie das göttliche Wort, darin allein Wahrheit zu finden ist, bei Seite gethan und verachtet, ja verspottet haben, so waren es lauter Trugbilder ihrer verkehrten Einbildungskraft, und eitle Götzen ihres verderbten Herzens, welche sie in dem selbstgemachten, unheiligen Tempel aufstellten, und allda verehrten und anbeteten. – So verlebten sie denn so manches Jahr in einem fortwährenden Rausche von Vergnügungen. Doctor Faustus war der Einzige, der noch einige Augenblicke gewann zu nüchterner Ueberlegung. In solchen Zeiten erkannte er das Eitle, das Nichtswürdige seines Thuns und Treibens; aber er vermochte nicht, sich loszureißen von Gesellen, die er verachten mußte, und von Genüssen, die ihn nimmermehr ersättigen konnten. So fühlte er sich denn unglücklich mitten im Glücke. Vor den Menschen aber und in der Welt galt er allgemein als ein gelehrter, wohlerfahrner, hochbeglückter Mann. Arme drängten sich herbei; Kranke suchten Hilfe bei ihm; Reiche buhlten um seine Gunst. Er half überall, und tröstete, und rieth aufs Beste, während er selbst ohne Rath und Trost und Hilfe war. – Soll ich noch Meldung thun, daß es bei dem wüsten Leben dieser Leute nicht an leichtfertigen Dirnen gemangelt habe? Wo Raben sich versammeln, da liegt auch Aas. Aber Gemeines wird auch bald gemein. Es geht die Sage: Doctor Faustus habe um diese Zeit einem schönen und sittsamen Töchterlein ehrbarer Leute nachgestellt, und er habe dieselbe, durch Hilfe einer Kupplerin und durch reiche Geschenke und betrügerische Versprechungen bethört und zu Fall gebracht; darauf, als sie[19] Mutter geworden, sei sie von dem Treulosen verlassen worden, und in der Verzweiflung habe nun das arme Mädchen ihr eigenes Kind getödtet, wofür sie die Strafe einer Kindesmörderin habe erleiden müssen. Es ist diese Geschichte ganz glaubwürdig. Denn der Teufel wird schon gesorgt haben, daß jenes Wort, das Faustus gegeben, durch eine That besiegelt werde. Wer aber auch nur eine Seele auf seiner Seele hat, der trägt schon den Keim in sich zur endlichen Verdammniß.

Fünftes Kapitel

Fünftes Kapitel.

Endlich war Doctor Faustus dieses Lebens und Lärmens ganz müde und satt. Seine Seele glich schier einer wildschauerlichen Höhle, die, während sie einen frischen, für Nahes und Fernes erquicklichen Quell ergießt, selbst öde und dumpf bleibt, ohne befruchtenden Keim und ohne belebendes Licht. Er entschloß sich daher, der Menschen Gesellschaft zu fliehen, und er verließ plötzlich und in aller Stille Wittenberg, nachdem er seine Behausung und Alles, was sie beschloß, seinem Famulus Wagner zur Obhut übergeben hatte. Von nun an durchstreifte er die Länder, auf Wegen, die fernab führten von Städten und Dörfern. Am liebsten hielt er sich in Wäldern und Wildnissen auf, wo er keine Stimme vernahm, als die Stimme der zürnenden Natur in den Wasserfällen und im herabstürzenden Gerölle und in dem Gebrause des Sturms und im Aechzen brechender Bäume und im Verblühen und Modern und Verwittern der Pflanzen und der Gesteine. Solche Umgebung stimmte zu seinem Innern. Was er gelebt, geliebt und genossen, es däuchte ihm nur ein Gaukelspiel äffender Freuden, ein Traum, aus dem ihn das tiefere Bewußtsein aufgeschreckt, ein Rausch, dessen bittere Folgen der Nüchterne nun schmecken sollte. – Eines Tages gelangte er auf einen Vorhügel, von welchem aus ein weites Steppen- und Dünen-Land sich ausdehnte, bis zum Meere[20] hin, das den tiefen Hintergrund begrenzte. Er lagerte sich, müde von rastlosem Wandern, unter den Schatten einer mächtigen Linde, und sah mit düsterm Blick in die Ferne hinaus. »Das ist so recht das Bild unseres Lebens, sagte er mit Bitterkeit; hier ein kleines Plätzchen für kurze Ruhe nach langen und bangen Mühen; vor uns eine freud- und trostlose Zukunft, und am Ende der Abgrund, der uns alle verschlingt, und den sie Ewigkeit nennen.« Er saß so einige Zeit da, vertieft in schwermüthige Gedanken; die alte Lust der Selbstvernichtung erwachte in ihm wiederum. – Da gewahrte er erst, daß ein Mann neben ihm stand, und eine Frau, die ein Kindlein auf den Armen wiegte. Sein Ekel an Menschen wollte ihn anfangs weiter treiben, doch der treuherzige Gruß der beiden Leute und die engelgleiche Gestalt des schlummernden Knaben hielten ihn noch zurück. Er ließ sich in ein Gespräch ein; er erfuhr ihre Herkunft, ihre Armuth, ihre Hilflosigkeit. »Und in diesem Elend könnt und wollt ihr noch leben?« fragte Doctor Faustus. Der Mann stutzte ob dieser Rede; sie erschien ihm wie eine Gotteslästerung; er schwieg, aber aus seinem Stillschweigen sprach Trauer und Vorwurf. Faustus verstand die Meinung, und, seine Rede verbessernd, sprach er: »Ich wollte damit nur fragen, ob ihr zufrieden seid, zufrieden sein könnt in diesem eurem Elend?« Des Mannes Blick erheiterte sich wieder, und er antwortete: »Zufrieden auf Erden kann doch wol jeder sein, der ein gutes Gewissen hat. Elend aber bin ich nicht, denn ich bin gesund und kann arbeiten.« Der Doctor stand vor dem Manne, wie ein Bettler, welcher einen Reichen um Almosen anfleht. »Aber, fragte er weiter, habt ihr denn gar nichts zu wünschen mehr auf Erden?« Der Mann antwortete lächelnd: »Der Mensch wünscht ja freilich gern, und darf und soll es wol, wenn er sein Fortkommen haben will; es sei denn, daß seine Wünsche gerecht und mäßig seien. Und so laßt mich Euch nur gleich gestehen, daß ich seit der Zeit, als mir [21] dieser Knabe geboren worden, wol auch einen Wunsch im Herzen trage, einen großen. Ich habe gedacht: baut sich ja doch jeder Vogel sein Nest, und das Thier im Walde sein Lager, darin die säugende Mutter ruhig und sicher seine Jungen hegt! Und so möchte denn auch ich gar zu gerne ein Plätzchen mein eigen nennen, auf dem ich mir meine Hütte bauen und meinen Kohl pflanzen könnte mit eigenen Händen. Hier, zum Beispiel, unter dieser schönen Linde, ei! wie stände ein Haus so sicher gegen den Sturmwind, und wie bald würde der öde Boden umher Früchte tragen zu meiner und der Meinigen Nahrung und Unterhalt! Ich wäre, traun! der glücklichste Mensch auf Erden.« Indessen war das Kind erwacht; die Mutter reichte ihm die Brust, der Vater sah dem Werke der Liebe mit stiller, froher Theilnahme zu. – Doctor Faustus hatte sich nie unglücklicher gefühlt, als beim Anblick dieser Glücklichen. Es däuchte ihn, als trete eine Thräne in sein Auge. Er wendete sich ab, stand auf, und im Weggehen warf er einen Säckel voll Geld hin, und sagte: »Kauft euch dieses Plätzchen, bauet euch eine Hütte, und lebt wohl, mit Weib und Kind.« Der Mann rief ihm Gottes Dank nach; aber ein Sturmwind, der plötzlich durch die Linde fuhr, verwehte die Worte, daß sie unverständlich verhallten.

Sechstes Kapitel

Sechstes Kapitel.

Eines Tages trat Mephistopheles zu Doctor Faustus hin, und sprach: »Was nistet Ihr denn in Einöden, wie ein Käuzlein, und verkümmert Euer Dasein in trostloser Einsamkeit? Der Mensch ist einmal an den Menschen gewiesen, will er anders des Lebens froh sein. Kommt, ich bring' Euch wieder unter die Leute, aber unter Leute von rechtem Schlage. Die Ihr früher erwählt habt zu Euren Genossen, das waren übermüthige Thoren, die sich weise dünkten, und alberne Schwätzer, die ihre eitlen Träume für Wahrheit ausgaben. Mich wundert's, wie Ihr, als ein weiser Mann, [22] so lange dieses Gelichter in Eurer Nähe habt dulden mögen. Ganz anders sind die, in deren Mitte ich Euch nun führen will. Zwar begreift man diese Klasse Menschen unter dem Namen: Pöbel, und man will damit das Gemeinste und Niedrigste bezeichnen. Recht und genau genommen ist aber dieser Pöbel eben der Kern und das Mark des Volkes. Diese Menschen sind doch, was sie scheinen wollen, und sind es ganz. Sie haben Charakter. Und das entscheidet. Der Weise, wenn er nicht seines Gleichen findet – und wo mag er sie finden? – suchet sich geradezu den Gegenpart auf. Die Narrheit ist das Spielzeug der Klugheit, und die Thorheit die Folie der Weisheit.« So sprach Mephistopheles, der sich sofort als seinen Gesellen und fahrenden Schüler kleiden und gebärden wollte. »Es sei! sagte Doctor Faustus. Ich will einmal das Leben als ein gemeines Possenspiel ansehen, und darin die Rolle des Hanswurstes spielen. Vielleicht daß mir die Schellenkappe besser behagt und frommt als der Doctorhut.« – Sie kamen zuerst in die Stadt Leipzig. Als sie die Straßen durchwandelten, bot sich dem Doctor sogleich eine Gelegenheit dar zu einem lustigen Schwank, von dessen Ruf auch bald die ganze Stadt voll wurde. Es waren eben in einem Weinkeller Schröter beschäftigt, ein großes Faß heraus zu schaffen. Das sah Faustus und er schalt ihre Unmacht, und sagte: ein solches Faß könnte er allein von der Stelle bringen, wenn er wollte. Das verdroß die Schröter, und der Weinherr sagte: wenn er das könnte, so sollte das Faß Wein ihm gehören. Alsobald setzte sich Faustus auf das Faß, und, als ritte er ein Pferd, trieb er das Faß des Weges in die Straße hinaus, zu großem Jubel der Studenten, die umher standen. Faustus gab sogleich den Wein den Musensöhnen preis, die ihn zu Ehren ihres Patrons fein lustig austranken. – Bald hatte Doctor Faustus an solchen Possen und Schwänken Gefallen, denn er verachtete die Menschen, und vermeinte, daß sie weder der Liebe, noch des [23] Hasses werth seien, sondern nur des Spottes und des Hohnes. Also trieb er sich überall umher unter gemeinem Volke, und neckte die Leute allwärts, wie ein Kobold. Man erzählt sich wunderliche Geschichten, von denen hier nur eine und die andere zu melden ist. Eines Mals – wie er denn am liebsten mit dem lockern Studentenvölklein Umgang hatte – führte er die ganze Burs auf einer Leiter nach Salzburg in den Weinkeller des Bischofs, wo sie sich's wohl schmecken ließen; und als sie inzwischen der Kellermeister überraschte, so entführte ihn Doctor Faustus auf eine hohe Tanne, wo er ihn bis zu Tagesanbruch zappeln ließ. – Ein anderes Mal thaten drei vornehme junge Grafen gegen ihn den Wunsch, daß sie gar zu gern auf des Bayerfürsten Sohns Hochzeit zu München anwesend sein möchten. Doctor Faustus wollte ihnen willfahren, jedoch unter der Bedingniß, daß sie während der ganzen Zeit kein Wort reden sollten, was sie ihm auch zusagten. Da spreitete er seinen Mantel aus, und hieß die drei Grafen sich darauf setzen, er selbst stellte sich zwischen sie. Auf Fausti Beschwörung erhob sich ein Sturmwind, der sie hinweg trug durch die Lüfte, daß sie zur rechten Zeit in des Bayerfürsten Hof kamen. Nachdem sie den ganzen Tag der Herrlichkeit zugesehen hatten, selbst unsichtbar allen Gästen, da gelüstete es am Abend einen der jungen Herren, ein überaus schönes Fräulein zum Tanz zu führen, und sprach sie deshalb an. In demselben Augenblicke rief Doctor Faustus »Wohlauf!« und er entschwand mit den beiden andern, die sich, wie er befohlen, an seinem Mantel fest gehalten hatten. Der dritte aber wurde als ein fremder, eingedrungener Gast alsogleich bemerkt, und ins Gefängniß geworfen. Doch befreite ihn des andern Tages Doctor Faustus, nachdem er die Wächter dermaßen verzaubert, daß sie in tiefen Schlaf fielen, und brachte den Grafen zeitlich nach Leipzig zurück.

Siebentes Kapitel

[24] Siebentes Kapitel.

So hatte denn Doctor Faustus wiederum so manches Jahr zugebracht in leichtfertiger Gesellschaft, deren er aber nun auch ganz überdrüssig worden. Das verhub er dem Mephistopheles, seinem dienstbaren Geiste; dieser aber sprach: »Wohlan! gefällt's dir nimmermehr unter gemeinem Volke, so suche das vornehme auf, und zieh gen Hof. Du bist von so einnehmenden Sitten und von so schöner Gestalt, dabei wohlerfahren in jeglicher Kunst und Wissenschaft, daß du dort überall ein willkommener Gast sein wirst.« Um der tödtenden Langeweile und dem innern Mißmuthe zu entrinnen, nahm Doctor Faustus den Vorschlag an, verhoffend, der Glanz und das Geräusch des Hofes werde mindestens seinen Geist betäuben, daß er unfähig sich fühle, in sich selbst und seinen eigenen Gräuel hinein zu schauen, und drob zu verzweifeln. Er begab sich zuerst an den Hof des Fürsten von Anhalt, der ihn auch gar gnädig aufnahm als einen Mann, den der Ruf als geschickten Heilkünstler und als einen Wohlerfahrenen in der schwarzen Kunst bezeichnet hat. Hier lebte er lange Zeit, im Kreise gebildeter Frauen und in lebhaftem Verkehr mit den Männern, die er an Curtesie überbot. Anfangs hatte er auch großes Wohlbehagen an den süßen Worten und den geschmeidigen Gebärden; aber je länger er davon kostete, desto mehr Widerwillen empfand er; denn er hatte gar bald gemerkt, daß alle die Höflichkeit nur feine Verstellung sei und eitles Gepränge. Um das täuschende Schauspiel, das sie ihm bei Hofe gegeben, dienstfreundlich zu erwiedern, beschloß Doctor Faustus, ehe er Abschied nahm, dem Herzog und allem Hofgesinde noch ein Fest zu bereiten. Er ließ während der Nacht durch seinen Diener Mephistopheles ein schönes Schloß erbauen auf dem Berge gegenüber, und dasselbe mit aller nur möglichen Pracht ausstatten und mit kostbaren Speisen und Getränken bestellen. Dahin lud er [25] des andern Tages den Fürsten ein mit sammt seinem Gefolge, und Alle gestanden, daß sie noch nie ein so schönes Schloß gesehen, noch Köstlicheres genossen hätten. Als sie aber des Abends zurückkehrten, war es ihnen freilich im Magen so eitel und öde, wie früh Morgens; und das Schloß selbst ging in Feuer und Rauch auf. Dessen ungeachtet wurde Doctor Faustus höflich bedankt. – Von dem Hofe zu Anhalt aus wandte sich Doctor Faustus nach Innsbruck, wo so eben Kaiser Carolus der Fünfte Hof hielt, von zahlreicher und vornehmer Ritterschaft umgeben. Der Kaiser nahm ihn in allen Hulden und Gnaden auf, und erlaubte ihm, daß er, so lange es ihm beliebte, an seinem Hofe verweilen dürfte und Theil nehmen an allen Feierlichkeiten und Ergötzlichkeiten. Es war aber seit langer Zeit kein so prächtiger Hof mehr gehalten worden in der ganzen Christenheit; Turniere, Festgelage, Jagden und andere ritterliche Spiele wechselten Tag für Tag ab, und Alle, die Theil daran nahmen, verblieben in einem fortwährenden Rausche von Vergnügungen. Nur Doctor Faustus lebte in peinlicher Nüchternheit; es däuchte ihm, als sitze er vor einer Schaubühne, wo Puppen unter bunten Verwandlungen ein mannichfaltiges Spiel aufführen, und wo inmitten die lustige Person, das Schicksal, Hohn und Spott treibt. Eines Tages ließ ihn der Kaiser in sein Gemach rufen, und sprach dann zu ihm: »Es däucht mich, daß Euch die Herrlichkeit meines Hofes so wenig genug thue, als mir selbst. Wer des Großen und Prächtigen so viel erlebt und genossen hat, wie ich, dem erscheint selbst der Raum zweier Welten nur wie eine Spanne, und die Zeit, obgleich fruchtbar an Thaten und Ereignissen, nur wie ein Augenblick. Drum so thut mir den Gefallen, und hebt mich, als ein weiser Mann, eine Weile hinweg über die Gegenwart, und laßt mich einen Blick thun in die Vergangenheit und in die Zukunft! Besonders wünschte ich, den großen Kaiser Alexander zu sehen, und jenen noch [26] größern Kaiser, von dem die Prophezeiung geht, auf daß ich mich an ihrer beiden Größe messen könne.« Doctor Faustus erwiderte: »Die Geister der Vergangenheit vermöge er nicht herbei zu zaubern, sondern nur ihre Schemen, und eben so stehe es nicht in seiner Macht, die Zukunft anders vor Augen zu stellen, als nur in Zeichen und Symbolen.« Auch damit war der Kaiser zufrieden, und sie begaben sich hierauf in das entlegenste Gemach der Burg, wo sie die ganze Nacht hindurch verblieben. Was sie jedoch dort vorgenommen, geschaut und gedeutet haben, das ist zu keines Menschen Ohren gekommen. Wol aber hat man bemerkt, daß mit dem Kaiser eine gänzliche Umwandlung des Innern vorgegangen; denn seit der Zeit an zeigte er sich still und düster und in sich gekehrt, bis er endlich von der Welt Abschied nahm, und im fernen Hispanien in ein Kloster ging, wo er starb.

Achtes Kapitel

Achtes Kapitel.

Bei solchem unstäten Lebenswandel hatte Doctor Faustus nun bereits die Hälfte der Jahre verbracht, die er sich durch den Pact ausbedungen. Er konnte sich wol vieler lustigen Stunden und Tage erinnern, aber keines einzigen zufriedenen Augenblicks. Er machte deshalb dem Mephistopheles bittere Vorwürfe, und schalt ihn einen Betrüger und einen Verführer von Anbeginn. Der aber lachte höhnisch und sagte: »Was können denn wir dafür, wenn dein Herz unersättlich ist, wie ein durchlöcherter Schlauch? Hat dir je unser Dienst gefehlt, noch irgend etwas, das uns zu Gebote steht auf dieser Welt? Verlange was du willst, wir geben dir's. Aber freilich, wenn du über dein Verlangen verlangest, und das Unendliche im Endlichen erstrebest, da hört unsere Macht auf, und unser bester Wille reicht nicht mehr hin. Doch getrost! es steht dir noch eine Fülle von Freuden, es steht dir die Welt offen. Dieses Deutschland macht die Menschen melancholisch; das ewige [27] Schlemmen und Demmen kocht dickes Blut, und das eitle Speculiren und Disputiren verrückt den besten Kopf. Komm, wir führen dich in andere Gegenden, wo die Lüfte milder, die Früchte süßer, die Mägdlein reizender sind! Auf, nach Wälschland!« Kaum daß er das Wort ausgesprochen, stand schon draußen ein mit zwei geflügelten Drachen bespannter Wagen, welchen nun Doctor Faustus mit dem Mephistopheles bestieg. – Die alten Geschichten erzählen ausführlich, wie sofort Faustus durch alle Länder gefahren, alle Städte besehen, alle Weltwunder beschaut habe; ja, jenen Geschichten zufolge, sollte er sogar, unter Leitung seines dienstbaren Geistes, zur Hölle niedergestiegen, und zu den Gestirnen hinauf geflogen sein. Wir melden hier nur Folgendes in Kürze. Zuerst kam er gen Rom, die heilige Stadt, und besuchte und besah Sanct Peters wunderbaren Dom und den hohen Vatican. Auch näherte er sich dem Papst, aber freilich nicht als frommer Pilgrim, der den Ablaß begehrt, sondern als Schalk, unsichtbar, der dem heiligen Vater bei Tische die besten Bißlein vor dem Munde wegschnappte. Sodann fuhr er über See nach Konstantinopolis, wo der türkische Sultan Hof hält, und er schlich sich, ebenfalls unsichtbar, in seiner Frauen Gemach, und verübte da viel Ungebühr. Dann begab er sich nach Asia, und besuchte Bagdad, oder das alte Babylon, und verweilte unter den Ruinen, den mächtigen Zeugen einer großen Vergangenheit, aber auch zugleich der irdischen Vergänglichkeit, und des strengen Gerichtes, das über Gottlose hereinbricht. Jerusalem, die heilige Stadt, und das gelobte Land berührte er nicht. Mephistopheles sagte: Die Blutstropfen, die Jener vergossen, schlügen auf unter den Tritten dessen, der nicht an Ihn glaubt, als Schwefelflammen, die in sein Innerstes hineinleckten und das Herz verzehrten. – Was sollen wir weiter erzählen von seinen Fahrten durch die Welt? Je mehr er sah und erfuhr und genoß, desto schaler und fader und nichtiger erschien ihm[28] Alles, desto weniger überraschte und befriedigte ihn, was sonst des Menschen Augenlust und Lebensmuth zusagen mag. Er zog weiter nach Süden, zum Ganges, und erging sich im Schatten der Platanen- und Palmen-Wälder, und zwischen den Blumenbeeten dieses unermeßlichen Gartens, um sein ausgetrocknetes Inneres zu erfrischen, und seine Sinne zu stärken an dem ewig frischen Grün und an dem balsamischen Geruche der Kräuter und Pflanzen. Er fühlte keine Erquickung. Er zog dann hinauf gen Norden, und streifte über die Schneefelder hin, und schlief zwischen den starren Eisbergen, um die innere Hitze zu dämpfen und des Blutes feurigen Strom zu löschen. Er fand keine Linderung. Er saß an den Katarakten des Nils, und leckte mit der Zunge den Wasserstaub weg von seinen Lippen, um den Durst zu stillen, der seine innerste Seele quälte. Er fand keine Linderung, keine Erquickung. Bei all den Herrlichkeiten, die er sah und genoß, war es so weit mit ihm gekommen, daß er die gemeinsten Genüsse der gemeinsten Menschen entbehren mußte; so sehr waren seine Sinne überfeinert und abgestumpft. In einer Anwandlung von Verzweiflung verdingte er sich zu der schweren Arbeit des Pflugs, um nur zu erfahren, wessen er sich noch von seiner Jugendzeit her erinnerte, wie lieblich das tägliche Brod schmecke dem Hungernden. Und ein ander Mal verkaufte er sich als Sklaven an eine Karawane, und durchzog die Wüste Wochen und Monate lang, auf daß er erfahre, wie köstlich ein Trunk Wassers schmecke dem Durstigen. So mußte der Unglückselige zuletzt sich durch selbstauferlegte Qualen Genüsse bereiten, welche der Dürftigste in seiner armseligen Hütte, und der heimatlose Bettler auf der Gemeinstraße findet. – Mephistopheles that alles Mögliche, um ihn bei gutem Muthe zu erhalten, befürchtend, es möchte bei der Dürre und Leere seiner Seele eine Ahnung und eine Sehnsucht in ihm aufkommen nach dem Urquell, der allein erquicken, lindern und ersättigen kann. Doctor Faustus folgte zuletzt [29] dem zudringlichen Geiste bewußtlos und willenlos, wohin er ihn führte. Er sah nicht mit offenen Augen, er hörte nicht mit offenen Ohren, es war ihm, wie einem, dessen Gehirn von fieberhaften Träumen beunruhigt und gequält wird. Seltsame Gestalten umgaukeln seine Sinne in wilder Unordnung; glänzende Erscheinungen verlocken ihn; doch wie er sie zu erhaschen wähnt, grinsen ihn gespenstige Larven an; er keuchet Berge hinan, und versinket in Abgründe; er durchflieget die Lüfte, und die Wogen des Meeres begraben ihn; der Schacht erschließt sich mit seinem glänzenden Metall und Gestein, aber plötzlich zuckt eine Flamme auf, und verwandelt all den Glanz in Moder und Staub; und wenn er erwachet, ist ihm von allem dem nichts geblieben, als eine verworrene Erinnerung und eine Ermattung bis zur Ohnmacht des Todes.

Neuntes Kapitel

Neuntes Kapitel.

Nach einem zehnjährigen wüsten Umhertreiben in fremden Gegenden kehrte Doctor Faustus wieder in die deutschen Lande zurück. Die süßen Laute der Muttersprache, die heimatlichen reinlichen Städte, die einfältigen Sitten des Volkes, sie erweckten in ihm eine mit Wehmuth gemischte Freudigkeit, und seine Seele holte zum ersten Male wieder Athem. Es däuchte ihm, als ob er von einer langwierigen, schmerzhaften Krankheit genesete. Doch dauerte dieser Zustand nur kurze Zeit. Der Siechthum seiner Seele hatte die edelsten Theile verdorben und verzehrt, und er konnte sich schon der unangenehmen Empfindungen nicht anders erwehren, als daß er sich neue und immer gesteigerte Genüsse bereitete und sich damit betäubte. Aber wo diese suchen und finden? Er hatte ja Alles erfahren, Alles durchgenossen, was die ganze weite Welt an Freuden darbietet, und es war ihm nichts Neues, nichts Wünschenswerthes mehr unter der Sonne. In diesen mißmuthigen Gedanken durchschweifte er wiederum, wie ehemals, die Einöden, [30] die Wälder, die Gebirge, und vermied die Gesellschaft der Menschen, ja selbst seines dienstbaren Geistes. – Eines Tages befand er sich an der Küste des Meeres. Weite unfruchtbare Steppen und Sandhügel zogen sich landabwärts. Keines Menschen Tritt hatte sich je noch dahin verirrt; nur Schlangen und andere Gewürme nährten sich in den einzelnen Pfützen, und Möven und Raubvögel der Wüste flatterten kreischend drüber hinweg. Da hatte er den Einfall, zu wünschen, daß diese wüste, weite Gegend in ein Zaubergelände verwandelt werde, mit dem Ausbund aller Herrlichkeiten versehen, welche die Welt in sich begreifet, an seltenen Bäumen, kostbaren Früchten, an Blüten und Gesträuchen von den feinsten Düften und buntesten Farben; und mitten inne sollte ein Palast stehen, der an Kostbarkeiten, an Gold und Edelgestein, an Statuen und Gemälden Alles vereinige, was das große Rom und das schöne Griechenland je aufgewiesen hat. Und es geschah. Der Fürst dieser Welt, zu dessen Dienst er geschworen, schien alle seine Schätze erschöpfen zu wollen, um dieses irdische Paradies zu schaffen für seinen Diener. Es war das Galgenmahl, das er ihm bereiten wollte. Doctor Faustus fühlte sich auch in dieser neuen, überraschenden Umgebung so glücklich, daß er mindestens seines Unglückes auf Stunden vergaß. Sogar die Sehnsucht nach einer Lebensgefährtin erwachte in ihm. Indem er jedoch unter den schönen Töchtern der Erde, deren er sich erinnerte, Musterung hielt, konnte er keine unter allen finden, die seinem Geschmacke Genüge gethan hätte. Nun befand sich aber unter den Statuen, die seinen Palast zierten, auch die der Helena aus Griechenland, der schönsten aller Frauen, um derentwillen das mächtige Troja zerstört worden. Mit Wohlgefallen betrachtete er oft das liebliche Bild; er bewunderte die Schönheit der Glieder, die Anmuth der Formen; er entbrannte so sehr in Liebe gegen die zauberische Gestalt, daß er wünschte, sie möchte Leben gewinnen und in seine [31] Umarmung sinken. Und es geschah abermal, was er gewünscht hatte. – Uebergehen wir die folgenden Tage, in welchen Doctor Faustus, von sinnlichen Taumel hingerissen, Feste der Hölle feierte. Wir treffen ihn wieder, wie er einsam wandelt durch die Gebüsche des Zaubergartens, Blumen zerpflückend und Schmetterlinge zerstampfend. Er schreitet zuletzt einen Vorhügel hinan, von dem aus er sich eine schöne Aussicht versprach über sein reizendes Gelände bis ins weite Meer hinaus. Eine ärmliche, aber reinliche Hütte stand hier, und umher lag ein kleines, aber wohl bebautes Feld. Kaum hatte sich Doctor Faustus niedergelassen auf der Bank, als ein betagter Mann herbeikam aus der Hütte, und gleich darauf sein Weib. Sie begrüßten ihn, und boten ihm Erquickung an, Milch und Brod. Auf Faustus' Befragen nach ihren Umständen, erzählte der Mann, daß vor ungefähr zwanzig Jahren ein fremder Herr, den sie hier nach Gottes wunderbarer Fügung, getroffen, ihnen so viel Geld geschenkt habe, daß sie diesen Platz hätten an sich kaufen und eine Hütte darauf erbauen können. – Doctor Faustus erinnerte sich hier jenes Auftrittes, den er in seinem wüsten Weltleben längst vergessen hatte. – »Sie hätten dann,« fuhr der Mann fort, »in Gottes Namen zu wirthschaften angefangen, und der Himmel habe ihre Arbeit so gesegnet, daß sie nie mit Sorgen zu Bette gegangen, und nie ohne Hoffnung aufgestanden seien.« – Doctor Faustus faßte den Mann und das Weib näher in's Auge, und ihr gesundes frisches Aussehen und ihr zufriedener Blick bestätigten die Aussage des Mannes. – Indessen kam auch ihr Sohn herbei, mit der Karste auf der Schulter, ein blühender Jüngling; mit ihm eine Jungfrau von lieblichem Ansehen. – »So haben wir denn,« erzählte weiter der Mann, »unser Leben mit Gottes Gnade in Frieden und Freuden zugebracht, und nun gedenken wir das Gütlein diesem unserm Sohne abzutreten, damit er sich seine Braut heimführen könne. Die Hütte [32] hat schon Platz für uns Alle, und der Boden wird uns fortan ernähren, so lange Eintracht und Genügsamkeit in unserer Mitte herrschen.« – Der Jüngling hatte seinen Arm um das Mädchen gelegt, und sein Auge ruhte mit Wohlgefallen auf ihrem lieblich erröthenden Antlitz. Doctor Faustus fühlte sich seltsam bewegt; seine Brust ward ihm beklommen, sein Auge feucht; er konnte vor innerer Unruhe nicht mehr bleiben, und ging fort ohne Abschiedsgruß. Am Abhange des Hügels blieb er stehen; er überschaute hier nochmals sein Zaubergelände: es trat wunderbar groß und herrlich hervor in der goldenen Beleuchtung der Abendsonne. Da stieg in ihm, fast unbewußt, der Gedanke auf: wie so gar wohlgelegen wäre mein Schloß dort oben an der Stelle der schmutzigen Hütte! Und in demselben Augenblicke, kaum daß er's gedacht, prasselte es hinter seinem Rücken wie eine Feuersbrunst, und als er sich umwandte, sah er die Hütte in vollen Flammen, und er sah jene armen Menschen sich flüchten, wie erschreckt durch ein Gottesgericht, händeringend und laut jammernd. Nachdem Doctor Faustus einige Zeit lang in dumpfer Bewußtlosigkeit gestanden, und nun aufschaute, da erblickte er, wie er's gewünscht hatte, an jener Stelle seinen Palast. Er betrat ihn nicht wieder.

Zehntes Kapitel

Zehntes Kapitel.

Durch das letzte Ereigniß wurde Doctor Faustus in seiner innersten Seele erschüttert. Ein Glück, das er guten Menschen bereitet, hatte er selbst zerstört, und die ihm gedankt, die für ihn gebetet, sind durch seinen frevelhaften Wunsch in die äußerste Armuth, in namenloses Elend gebracht worden. Er fühlte, daß sein Athem Pest sei und sein Wort Fluch jedem Menschen, der sich ihm näherte in Zutrauen und in Liebe. Er sah ein, daß er mit der Welt abschließen müsse. Der Becher der Wollust war ausgeleert, und es blieb ihm nur noch die Neige über, die bittere [33] Hefe. Er wollte sie allein ausschlürfen in Abgeschiedenheit, damit nicht ein Tropfen verschüttet werde, der vielleicht, als Naphtha, verzehrende Glut verbreitete über die Hütte des Gerechten und das Hochzeitskleid der Brautleute. Er begab sich zurück nach Wittenberg in seine Behausung, die inzwischen von seinem Famulus Wagner unter Beschluß gehalten worden, und er nahm sich vor, sie nie wieder zu verlassen, und der Menschen Umgang auf immer zu meiden. Er fand seine Werkstätte und seine Bücherei, wie er sie vor Jahren verlassen hatte. Welche Erinnerungen stiegen in ihm auf! Jener jugendliche Hochmuth und Frevelmuth, wie erschienen sie ihm nun so thöricht, so verdammlich! Wie bitter fühlte und beklagte er's, daß er sich um sein ganzes Leben, um seines Lebens Glück betrogen habe! Ach! wäre es blos um ein Leben, um eines Lebens Glück gewesen! Aber vor seinem Auge, das bisher von der Hoffart des Geistes und von der Weltlust verblendet war, fielen nun die Schuppen ab, und es that sich vor seinen enttäuschten Sinnen die Ewigkeit auf mit ihren lichten Bergeszinnen und ihrem finstern, schauerlichen Abgrund. »Es ist ein Gott!« rief er aus, und bebte. »Es ist eine ewige Vergeltung!« seufzte er und zitterte. Alle jene Zweifel an das Ewige und den Ewigen, die ihm früher der hochmüthige Verstand vorgegaukelt und die sinnliche Neigung gutgeheißen, sie verschwanden, wie ein nächtliches Blendwerk verschwindet vor dem aufgehenden Lichtstrahle. Er erkannte nun die Wahrheit, und doch glaubte er nicht, denn es fehlte seinem Herzen an Reinheit, an Demuth und Vertrauen. Er glaubte, aber wie die Teufel, welche bekennen und erzittern. In einer schlaf- und trostlosen Nacht holte er die Bibel, die bestaubte, aus dem fernen Winkel hervor. Er erinnerte sich noch dunkel, daß er in seiner Tugend so manche weise Sprüche, erbauliche Gleichnisse und Geschichten voll tröstlichen Inhalts gehört und gelesen habe; er hoffte, daß sie seiner Seele voll Wunden und Beulen wenigstens [34] Linderung verschaffen möchten, wo nicht Heilung. Aber, sieh da! wo er ein Blatt aufschlug oder eine Seite überlas, da begegneten seinem Auge überall nur Worte des Fluches gegen die Sünder und gräuelhafte Geschichten gottloser Menschen: von Cains Brudermord bis zu Iscarioths Verrath; und allerorten fand er nur Spuren der Gerichte eines zürnenden und strafenden Gottes. Er stellte mit Entsetzen das Buch zurück. Dann sprach er: »Ich fühl's: Gott hat mich verlassen, und der Himmel ist mir verschlossen. Ich will, ich darf nicht rechten mit dem ewigen Richter, denn ich selbst hab's gewollt, ich hab's verdient.« Er versank eine Weile in dumpfe Verzweiflung; dann aber, von Stolz und Ingrimm getrieben, raffte er sich auf, und rief: »Wohlan! kann ich den Himmel nicht erstürmen, so will ich mindestens die Hölle bewältigen. Der Fürst der Welt, dieser Lügner von Anbeginn, wie ein Wurm soll er sich unter mir krümmen, bis er, durch Schmach geknechtet, mich los und ledig spricht des eingegangenen Pacts.« Und er nahm alsobald seine Zauberbücher vor, und ersann sich den furchtbarsten Höllenzwang. – Eine alte Sage meldet: Mephistopheles sei dem Faust bei der ersten Beschwörung in der Gestalt eines Hundes erschienen. Das ist gar wohl glaublich, denn der Teufel, wenn er eine Seele ganz und gar bethören und verderben will, tritt anfangs in kriechender Unterthänigkeit auf; später setzt er sich auf gleichen Fuß mit dem Menschen, dem Scheine nach als guter Geselle; zuletzt aber, nachdem er immer mehr an Macht gewonnen, spielt er ganz und gar den Meister und Herrn. Das hat Doctor Faustus erfahren, wie wir aus der Geschichte ersehen. – Als er nun die Beschwörung gethan, da erschien nicht, wie er gehofft, sein dienstbarer Geist, sondern unter betäubendem Feuerqualm und Donnergeroll der Fürst der Unterwelt selbst. Und als geschähe es zum Spotte seinen zauberischen Kreisen, es umzog ihn selbst mit Gespinnst, wie mit Fäden einer giftigen Spinne, daß ihm der Athem stockte und [35] schier die Besinnung verging. Und das Ungethüm sprach: »Erdwurm, was erfrechest du dich, deinen Meister meistern zu wollen? Fühle meine Macht, und verzweifle in namenloser Qual.« Doctor Faustus rief aus: »Den Leib kannst du mir tödten, Verfluchter! aber nicht meine Seele, die unsterbliche.« Und es legten sich die Kreise, wie Schlangen, immer enger und dichter um seinen Leib, und sie brannten, wie glühende Schwefelfäden, in seinem Fleische, und er erstickte vor Jammer, und sein Herz brach. In dieser Todesbetäubung fand ihn des andern Morgens sein Famulus Wagner.

Eilftes Kapitel

Eilftes Kapitel.

Es wohnte noch zu derselbigen Zeit in Wittenberg ein frommer Prediger, der seine Lust hatte, bei Sündern einzukehren, und seine Freude, ihnen die frohe Botschaft zu verkünden von den Erbarmungen Gottes in seinem Sohne. Als dieser von der Ankunft des berüchtigten Schwarzkünstlers gehört, und von dem damaligen traurigen Zustande und dem baldigen, kläglichen Ende desselben, da begab er sich eines Morgens zu ihm, ungerufen, und trat vor ihn hin mit der Miene und Rede des wohlwollenden Arztes, der dem Kranken Heil zu bringen sich vermißt. Doctor Faustus aber empfing ihn, wie einer, der an seiner Rettung verzweifelt, mit niedergeschlagenem Blicke und in dumpfem Stillschweigen. Nachdem der Prediger eine Zeitlang ihm zugeredet, und ihn ermahnt hatte, daß er den ihm von Gott anvertrauten Schatz, die unsterbliche Seele, retten möge vor der ewigen Verdammniß, da seufzte Faustus tief auf und sprach: »Ach, ich bin ein zu großer Sünder, als daß ich Barmherzigkeit erlangen könnte.« Der Prediger antwortete: »Ja, ein Sünder bist du, ein großer; und darum soll dir auch widerfahren, was Gott dem Sünder zugesagt hat: Gnade und Vergebung.« »Ich bin verflucht, auf ewig verflucht!« rief Faustus. »Ja, [36] sprach der Prediger, du trägst den Fluch der Sünde auf dir, aber eben darum suche Segen in Christo.« – »Meine Schulden sind zu groß, als daß sie mir vergeben werden könnten,« sagte Faustus. – »Sie sind ja freilich groß, deine Schulden, versetzte der Prediger, aber Gottes Barmherzigkeit ist noch größer. Drum rufe aus mit David dem Sünder: Gott! sei mir gnädig nach deiner Güte, und tilge meine Missethat nach deiner großen Barmherzigkeit.« Diese Worte des frommen Mannes fielen wie milde Sonnenstrahlen in die Seele des Zerknirschten, und schmelzten die Eisrinde, die sich um sein Herz gelegt hatte. Er fing an mit aller Aufrichtigkeit und Reumüthigkeit zu bekennen und zu beichten, wie er im Frevelmuthe Gott und Gottes Geboten Gehorsam aufgesagt, und dem Teufel und dessen Rathschlägen sich ergeben habe; wie er sodann im Dienste des Bösen und in ruchloser Gesellschaft viele Jahre ein wüstes, lasterhaftes Leben geführt und bis auf die letzte Zeit darin verharrt sei; und wie er nun, am Ende seiner Tage und am Vorabend seines Unterganges, seine große Schuld- und Sündhaftigkeit erkenne, aber auch ohne Hoffnung der Verzeihung und der Errettung an seiner Seele und Seligkeit zu verzweifeln versucht werde. Er that dies Bekenntniß mit allen Zeichen eines bußfertigen Herzens, und nachdem er geendet, richtete er auf den Prediger einen Blick, in welchem sich die Erwartung aussprach des letzten Urtheils, der Verdammung oder der Begnadigung. Der fromme Mann nahm das Wort und sagte: »Höre! Mir ist eine ähnliche Geschichte verkündet worden von einem Jüngling, der gleichen Frevel begangen hat. Dieser trat eines Tages vor seinen Vater hin, und sagte: Gib mir mein Erbtheil. Als er das erhalten, zog er in ein fernes Land, und verschwendete dort sein ganzes Vermögen durch ein üppiges Leben. Nun entstand aber in demselben Lande eine große Hungersnoth, und er fing an, Noth zu leiden. Da ging er hin, und verdingte sich an einen Bürger desselben Landes, [37] und dieser sandte ihn auf sein Landgut, die Schweine zu hüten. Gern hätte er da seinen Hunger mit den Trebern gestillt, welche die Schweine fraßen, aber Niemand gab sie ihm. Da ging er in sich, und sprach: wie viele Taglöhner sind im Hause meines Vaters, die alle Brod im Ueberflusse haben; und ich muß hier vor Hunger sterben ...« Faustus hörte mit steigender Aufmerksamkeit zu; es trat eine Erinnerung hervor aus alten Tagen; es waren Worte, Gefühle, die er in seiner Jugend gehört, empfunden hatte; es erwachte sein Gemüth aus der todtähnlichen Betäubung, und wie mit prophetischem Geiste fiel er jenem in die Rede, und fuhr fort, die Geschichte zu erzählen mit Andacht. Und er sprach: »Ich will mich aufmachen, und zu meinem Vater zurückkehren, und zu ihm sagen: Vater! ich habe gesündigt wider den Himmel und an dir; ich bin nun nicht mehr werth, dein Sohn zu heißen; halte mich nur wie einen Taglöhner.« – In demselben Augenblicke aber, als er dies sprach, durchfuhr ihn ein plötzlicher Schauer; seine Hände, die er gefaltet hatte, zuckten krampfhaft auseinander; sein Auge sah mit starrem Blicke hin in eine Ecke. »Weh mir! rief er aus; er kommt! er droht! er erwürgt mich!« Und schon war es mit seinem Bewußtsein geschehen. Sein Famulus eilte auf den Ruf herbei. Der Prediger selbst wurde von einer Beängstigung ergriffen, wie von einem betäubenden Qualm der Hölle, die ihn nicht mehr verweilen ließ in dem Hause des Entsetzens.

Zwölftes Kapitel

Zwölftes Kapitel. 1

»Die 24 Jahre des Doctor Fausti waren verloffen, und eben an dem letzten Tage derselben Woche erschien ihm der Geist, überantwortete ihm seinen Brief oder Verschreibung, und zeigte ihm darneben an, daß er auf die andere Nacht dem Tod und Teufel verfallen sei, dessen er sich zu versehen [38] habe. Da nun Doctor Faustus seines Lebens Ende so nahe und gewiß sah, so schickte er zu seinen Bekannten, Magistris Baccalaureis und andern Studenten mehr, die ihn zuvor besucht hatten; die bittet er, daß sie mit ihm in das Dorf Rimlich, eine halbe Meile Weges von Wittenberg gelegen, wollten spazieren und allda mit ihm Mahlzeit halten; was ihm die Gesellen auch zusagten. Nachdem nun das Nachtmahl eingenommen war, bat Doctor Faustus die Studenten, sie wollten mit ihm in eine Stube gehen, er hätte ihnen etwas zu sagen. Das geschah. Doctor Faustus sprach also zu ihnen: ›Meine liebe Vertraute und ganz günstige Herren! Warum ich euch berufen habe, ist dies, daß euch viele Jahre her an mir bewußt, was ich für ein Mann war, in vielen Künsten und Zauberei erfahren. Es sind aber diese nirgends als vom Teufel hergekommen, zu welcher teufelischen Lust mich auch Niemand gebracht, als mein Fleisch und Blut, mein halsstarriger und gottloser Willen und meine stolzen, hochfliegenden Gedanken, welche ich mir vorgesetzt. Daher ich mich habe dem Teufel versprechen müssen, nämlich, daß ich ihm nach 24 Jahren verfallen sei. Nun sind solche Jahre bis auf diese Nacht zum Ende gelaufen, und es stehet mir das Stundenglas vor Augen, das ich gewärtig sein muß, wenn es ausläuft. Darum habe ich euch, freundliche, günstige, liebe Herren, vor meinem Ende zu mir berufen, und mit euch einen Johannes-Trunk zum Abschied nehmen wollen, daß ihr meines Hinscheidens Zeugen sein möchtet. Bitte euch hierauf, ihr wollet alle die Meinen, und die meiner in Gutem gedenken, von meinetwegen brüderlich und freundlich grüßen, daneben mir nichts für übel halten, und wo ich euch jemals beleidiget, mir solches herzlich verzeihen. Was aber die Abenteuer belanget, die ich in solchen 24 Jahren getrieben, das werdet ihr Alles nach mir aufgeschrieben finden, und laßt euch mein gräulich Ende euer Lebtag ein Fürbild und Erinnerung sein: daß ihr wollet Gott vor [39] Augen haben, nicht von ihm ablassen, und von ihm abfallen, wie ich gottloser und verdammter Mensch, der ich abgesagt habe der Taufe, den Sacramenten, Gott selbst, einem solchen Gott, der nicht will, daß einer sollt verloren werden. – Endlich nun und zum Beschluß ist meine freundliche Bitte: ihr wollet euch zu Bette begeben, mit Ruhe schlafen und euch nichts anfechten lassen, auch wenn ihr ein Gepolter und Ungestüm im Hause höret. Und so ihr meinen Leib todt findet, so lasset ihn zur Erden bestatten. Denn ich sterbe als ein böser und guter Christ; als ein guter Christ, darum daß ich eine herzliche Reue habe, und im Herzen immer um Gnade bitte, damit meine Seele errettet werden möge; als ein böser Christ, was ich gar wohl weiß; und ich will ja gern dem Teufel Leib und Leben lassen; er möge nur, Gott geb'! mir die Seele zufrieden lassen. Und nun verfüget euch dann zu Bette, und habt eine gute Nacht.‹ Diese Studenten und gute Herren, als sie Faustum gesegneten, weineten sie und umfingen einander. Doctor Faustus aber blieb in der Stube, und da die Herren sich zu Bette begeben, konnte keiner recht schlafen; denn sie den Ausgang wollten hören. Es geschah aber zwischen zwölf und ein Uhr in der Nacht, daß gegen das Haus her ein großer ungestümer Wind ging, so das Haus an allen Orten umgab, als ob Alles zu Grunde gehen, und das Haus zu Boden reißen wollte. Die Studenten lagen nahe bei der Stube, da Doctor Faustus inne war. Sie hörten ein gräuliches Pfeifen und Zischen, als ob das Haus voller Schlangen, Nattern und anderer schädlicher Würme wäre. Indem hub an Doctor Faustus um Hilfe zu schreien, aber kaum mit halber Stimme. Bald hernach hörte man ihn nicht mehr. Als es nun Tag ward, und die Studenten die ganze Nacht nicht geschlafen hatten, sind sie in die Stube gegangen, darin Doctor Faustus gewesen war. Sie sahen aber keinen Faustum mehr. Letztlich aber funden sie seinen Leib draußen auf dem Mist liegen, welcher gräulich [40] anzusehen war. Diese gemeldte Magistri und Studenten, welche bei des Fausti Tod gewesen, haben so viel erlangt, daß man ihn in diesem Dorf begraben hat. Darnach sind sie wiederum hinein genWittenberg, und in Doctor Fausti Behausung gegangen, allda sie seinen Famulum, den Wagner, gefunden, der sich seines Herrn halber übel gehub. Sie fanden auch diese, des Fausti Historiam aufgezeichnet, und von ihm beschrieben, wie hievor gemeldet, alles außer sein Ende, welches von obengenannten Studenten und Magistris hinzugethan. – Also endet sich die ganze wahrhaftige Historia und Zauberei Doctor Fausti, daraus jeder Christ zu lernen, sonderlich aber diejenigen, welche eines hoffärtigen, stolzen, fürwitzigen und trotzigen Sinnes und Kopfes sind, der Welt, dem Teufel und seinen Werken abzusagen, Gott dem Herrn aber allein zu dienen, und ihn zu lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und aus allen Kräften, damit sie Christi Verdienste theilhaftig, und mit ihm endlich ewig selig werden mögen. Amen!«

Fußnoten

1 Wörtlich aus dem alten Buche.

2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[41] II. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien.

1. Offerus.

Eine christliche Mythe.


Es lebte im Lande Kanaan ein Heide, Namens Offerus; der war eines überaus großen und starken Leibes, und eines kühnen und lustigen Gemüthes; daher er seine Freude daran hatte, gewaltige Abenteuer aufzusuchen an allen Orten und Enden. Und er zog anfangs umher in Wüsten und Wäldern, und säuberte das Land von Drachen und andern schädlichen Ungeheuern. Dann, wo er einen Räuber traf, den erschlug er, und wer ihm keck entgegentrat, den warf er zu Boden. Zuletzt, nachdem er keinen Widerstand mehr gefunden im ganzen Lande, ließ er sich als König ausrufen, und Alle kamen herbei und beugten sich vor ihm und empfingen seine Befehle. Es dauerte aber nicht lange Zeit, so wurde er des Regiments überdrüssig, und derer, die er regieren sollte; denn die Ehre, die sie ihm gaben, war erheuchelt, und die Furcht, die sie vor ihm hatten, war knechtisch, und für die Gnade, die er erwies, erhielt er Undank, und für die Gerechtigkeit, die er übte, Fluch. Das erfuhr er; und er lernte das Gezücht verachten, das ihn seinen Herrn nannte; und der Weihrauch, den sie ihm spendeten, und die Opfergaben, die sie ihm brachten, ekelten ihn an; und er erkannte die Nichtigkeit aller Herrschaft. Da dachte er bei sich, es sei ehrsamer, einem großen Herrn getreulich zu dienen, als über ein verächtliches Geschlecht zu herrschen. Und er verließ das Land zur Stunde, und er beschloß, den größten Herrn der Welt aufzusuchen und ihm fortan zu Diensten zu sein.

[42] Im fernen Mohrenland herrschte zu denselben Zeiten ein Kaiser, von dessen Macht und Reichthum der Ruf in alle Ende der Welt ausgegangen. Zu diesem begab sich der Riese, und bot ihm seine Dienste an. Der Kaiser sah den Gesellen gern bei sich, und er sagte: Willst du mir dienen, so theile ich mein Reich zwischen mir und dir, und du sollst mir gleich sein, gleich einem Bruder. Er gedachte aber sogleich, seinen Muth und seine Treue auf die Probe zu stellen. Es regierten an den Grenzen seines Reichs drei Königlein, die sich seiner Herrschaft nicht unterwerfen wollten, sondern sie saßen auf ihren hohen Burgen, wohlverwahrt, und trotzten den Kriegsschaaren, welche der Kaiser gegen sie entsendet. Deren Burgen sollte er brechen, und sie selbst gefangen nehmen. Das that der Riese in wenigen Wochen, und er führte die Königlein gefangen seinem Herrn zu. Hierauf befahl ihm der Kaiser, er sollte deren Burgen abtragen, und einen großen Thurm erbauen aus dem Gesteine. Und er vollendete das Werk in wenig Wochen. Endlich befahl er ihm, den einen König mit den Eingeweiden des andern zu erdrosseln, und den dritten in den Thurm zu sperren, daß er da sich selbst verzehre, und verhungere. Der Riese entsetzte sich ob dem Befehl; aber, da er dem Kaiser Treue zugeschworen in Allem, so vollbrachte er's, wie ihm befohlen. Und als das letzte Röcheln des Sterbenden im Hungerthurm vernommen wurde, da ließ der Kaiser ein großes Gastmahl bereiten in seinem Palaste, und der Riese bediente ihn, wie immer. Und sieh! unter den Gästen erschien einer von fremder, grauerlicher Gestalt, der setzte sich unten an den Tisch, und heftete den Basiliskenblick auf den Kaiser, und ließ nicht mehr von ihm ab. Der Kaiser erblaßte bei seinem Anblick, und zitterte, und er wollte fort, und konnte doch nicht; er sah sich um nach seinem treuen Diener, und rief in voller Herzensangst: Schütze mich vor dem da unten! – Im nämlichen Augenblicke aber erhob sich die Gestalt, und wie eine Riesenschlange [43] sich entfaltend, beugte sie sich über die Tafel hin, und packte den Tyrannen, daß ihm die Knochen im Leibe zerbrachen, und das schwarze Blut aus seinem Munde strömte. Der Palast aber borst die Mitte durch, und stürzte zusammen in Trümmer.

Offerus allein war dem Verderben entronnen; und wie er da stand auf dem gräulichen Schutte, und bei sich reuig bedachte, daß er dem Unrecht gedient habe und der Gewaltthat, da beschloß er den furchtbaren Rächer aufzusuchen, und ihm zu dienen als dem größten Herrn der Welt. Indem er den Gedanken hatte, stand der Teufel vor ihm da, und er sagte: Willst du mir dienen, so theile ich mit die alle Schätze der Welt; und du sollst mir sein, wie ein Freund. Der Geselle aber war ihm ganz willkommen bei seiner Einfalt und Ehrlichkeit. Denn seine Herrschaft war, seit der Herr erschienen, zerstört, und er vermochte Menschen nur durch Menschen zu verderben, die sich ihm ergäben. Es geschah aber um dieselbe Zeit, daß die erste Kapelle errichtet werden sollte zum Dienste des wahren Gottes. Das fromme Werk suchte nun der Teufel auf alle mögliche Weise zu hindern: allein er selbst konnte nicht Hand anlegen zur Zerstörung der Mauer; denn es wehrte ihm ein guter Geist, der ihm draüend gegenüber stand. Da befahl er dem Heiden, das Werk zu hindern. Dieser war flugs zur Hand; und er trug in der Nacht ab, was die Arbeiter bei Tage erbaut. Endlich muthmaßte der fromme Bischof, auf dessen Geheiß die Kapelle erbaut werden sollte, daß die Arglist des bösen Feindes dahinter stecke. Und er sprach die Weihe aus über das Gebäude; und von der Zeit an, so viel sich auch der Heide abmühte, dem Werke Einhalt zu thun, hatte es immer mehr Fortgang, und kam, dem Teufel zum Trotz, zur Vollendung. Nun dachte der böse Feind daran, wenigstens die Leute zu verführen, die zur Kapelle wallfahrteten; und er befahl dem Heiden, neben der Kirche ein Häuslein zu bauen zu weltlichen Vergnügungen. Das geschah; und [44] die Leute sprachen häufig zu, und ergötzten sich bei Stoff und Fraß, bei Tanz und Spiel; und der Teufel hatte eben soviel Einkehr, als unser Herrgott. Der war ihm aber doch immer zuwider als Nachbar; und er sagte eines Tages zum Heiden: »Geh in die Kapelle insgeheim, und raube das Bild, das drinnen ausgestellt ist zur Verehrung, und verbrenne es.« Der Heide ging in die Kapelle, worin das Bild unsers Herrn, wie er am Kreuze hing, aufgestellt war. Wie er aber Hand anlegen wollte, siehe! da zuckte ein Blitz herab, daß der Heide betäubt zu Boden fiel. Es ergriff aber die Flamme die Herberge und verzehrte sie, sammt denen, die darinnen waren.

Als Offerus aus seiner Betäubung erwachte, stand vor ihm der fromme Bischof, und sagte: »Unglückseliger! wie hast du es wagen können, dich zu vergreifen an dem Herrn des Himmels und der Erde?« Offerus bat den Greis: »Sage mir, wo ich ihn treffe, daß ich ihm dienen möge mein Lebelang.« Der fromme Bischof sagte: »Er ist nahe allen denen, die ihn suchen. Und wer ihm dienet in Einfalt und Treue, dem thut er das Reich seiner Gnaden auf, und der ist ihm fortan wie ein Sohn.« Und der Heide schlug an seine Brust und beichtete, sagend: »Ach, ich habe schwer gesündigt an dem Herrn; ich bin nicht würdig, daß er mich aufnehme zu seinem Sohn.« Der fromme Bischof aber sagte: »Thue Buße, um des Heiles würdig zu werden.« Und er fuhr fort, ihn weiter zu belehren, und sagte: »Siehe, du hast dich dreifach versündigt an dem Herrn: so mußt du denn auch dreifach dafür büßen voll Ergebung. Und zwar erstlich, weil du dich freventlich aufgeworfen hast zum alleinigen Herrn, so ist vonnöthen, daß du von Stund an demüthig seiest von Herzen, und dich als den geringsten unter den Menschen achtest. Sodann, weil du dem Gewaltigen geholfen, Gewaltthat zu üben, so geziemt es sich, daß du von Stund an mildthätig seiest gegen Jedermann, und deßhalb weder Ehre noch Lohn verlangest. [45] Endlich da du der Arglist beigestanden, um die Kirche zu zerstören und das Reich Gottes; wohlan! so sei denn fortan gottesfürchtig, und fördere auch andere Menschen zu seinem Dienste. Darum, so geh denn hin, und baue dir am Strom eine Hütte; und, wenn Pilger von dannen kommen, um zur Kapelle zu wallen, so mach dich auf, in Gottes Namen, und trage sie durch die Fluten. Allda harre des Herrn, bis er kommet, in Gebet und in Arbeit.«

Offerus that, wie ihm der fromme Bischof befohlen. Er trug die Pilger, welche zu und von der Kapelle wallten, durch den Strom, und, um sich gegen die Flut zu stemmen, und den Grund zu erforschen, bediente er sich eines verdorrten Fischtenstammes; und er harrte des Herrn, bis daß er käme, in Arbeit und Gebet. So verging ein Jahr. Da besuchte ihn der fromme Bischof, um zu sehen, ob er seinem Herrn treu anhänge, und beharrlich sei in dessen Dienst. Offerus aber klagte: wie daß er vergebens sich sehne, das Antlitz seines Herrn zu schauen, dem er diene. Der fromme Bischof ermahnte ihn zur Langmuth, und sagte ihm das Wort: »Selig, die da glauben, und nicht sehen.« – Nach einem Jahre besuchte er ihn wieder um zu sehen, wie er seines Berufes pflege zum Besten der Menschen. Offerus aber klagte: wie daß er sich vergebens so viel bemühe, und keines Lohnes gewärtig sein könne von seinem Herrn, dem er diene. Der fromme Bischof sprach ihm Muth ein, und er sagte ihm das Wort: »Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!« Und nach einem Jahre besuchte er ihn wieder, um zu sehen, ob er nicht in Unmuth erliege, sondern in Geduld ausharre. Offerus aber klagte: »Ach, schon drei lange Jahre habe ich gebetet und gearbeitet, und noch ist mir kein Wort des Trostes zugekommen von meinem Herrn, dem ich diene.« Da sprach ihm der fromme Bischof Trost zu, und er sagte ihm das Wort: »Selig sind, die da trauern, denn sie werden getröstet werden.« Diese drei Worte bewahrte Offerus [46] in seinem Herzen, und von Stund an klagte er nicht mehr, sondern harrte geduldig und getreulich in Arbeit und Gebet der Zukunft des Herrn.

Mitten in einer Nacht däuchte es ihm, als höre er von jenseits dem Ufer rufen: »Offere! wach auf! hol über!« Es klang aber, wie die Stimme eines Kindes. Und er wollte schier daran zweifeln, ob Jemand seines Dienstes bedürfe; aber da gedachte er des Wortes, welches der Bischof gesprochen, und voll desGlaubens stand er auf, und schritt durch den Strom, um den Pilger zu holen. Es war aber ein Knäblein, das ihn bat, er möchte es hinüber tragen. Er wollte schier dem kleinen Pilger, der so zur Unzeit gekommen, den Dienst versagen; da gedachte er jedoch des Wortes, welches der Bischof gesprochen; und voll der Liebe setze er das Kindlein auf seine Schulter und trat den Rückweg an. Aber das Kindlein wurde immer schwerer; es lastete zuletzt auf ihm, wie eine Welt; und der Strom wurde immer tobender, daß er keinen sichern Tritt mehr machen konnte; und die Nacht wurde immer dunkler; und ach, die Leuchte von jenseits war erloschen, und er sah kein Ziel mehr vor sich, und nirgends eine Hilfe. Da wollte er schier verzagen; aber er gedachte des Wortes, das der fromme Bischof zu ihm gesprochen; und voll der Hoffnung schritt er vorwärts, gebeugt unter der Last, trotz der Gewalt der Fluten und den Schrecken der Nacht. Und er erreichte endlich müde das Ufer, und setzte das Kindlein ab. Sieh! da erhob sich vor ihm eine wundergroße und wunderliebliche Lichtgestalt, ihr Antlitz leuchtete wie die Sonne, und ein Sternenkranz umfloß ihr Haupt, und in der Rechten trug sie eine Kugel mit einem Kreuze. Und der Herr sagte: »Selig, daß du geglaubt, geliebt und gehofft hast, reines Herzens, denn du wirst Gott schauen. Siehe, Offere, du hast Christum, den Herrn der Welt, getragen. Darum sollst du fortan Christophorus heißen.« Und der Herr taufte ihn zur Stunde. Darauf sagte er: [47] »Weil du denn als so ein treuer Diener befunden worden bist, so soll dir auch der Lohn nicht entstehen, der da versprochen ist denen, die ausharren. Und zum Zeichen, daß ich mein Wort halte, der Getreue: siehe! da stecke ich diesen verdorrten Stamm in die Erde, und wenn er grünet und blüht, so ist die Stunde da, wo ich dich aufnehme in mein Reich.« Und so geschah es denn auch. Denn so wie der erste Strahl in Osten erschien, so beleuchtete er den Wunderstamm, der grünte und blühte. Und Christophorus, voll freudigen Dankes, betete: »Nun entlässest du deinen Diener im Frieden.« Und alsobald trugen die Engel seine Seele in den Himmel.

2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2. Sanct Augustin und das Knäblein.

Der heilige Augustinus, der fromme Bischof und erleuchtete Kirchenvater, erging sich eines Tages am Ufer des Meeres, sinnend und nachdenkend, wie er das große Geheimniß von dem dreieinigen Gott ergründen möge. Da, wie er einige Zeit lang in diesen Gedanken vertieft dahinwandelte, bemerkte er am Gestade ein Knäblein sitzen, das emsig aus dem Meer in ein Grüblein Wasser schöpfte. Der heilige Mann schritt sofort auf das Knäblein zu, und fragte dasselbe: was sein Beginnen sei, und warum er also emsiglich Wasser schöpfe? Der Knabe erwiderte: Ich will das Meer ausschöpfen in dieses Grüblein. Darob lächelte Augustinus, und sagte: Wie magst du also thun und erhoffen, das ganze weite und tiefe Meer auszuschöpfen in dieses winzige Grüblein? Hierauf versetzte der Knabe. Und wie magst du so thöricht sein und verhoffen, du werdest das große und tiefe Geheimniß des dreieinigen Gottes ergründen mit deinem winzigen Verstande? Der heilige Kirchenvater ward betroffen von dieser Antwort; und als er, wieder erwachend aus seinem Erstaunen, das Knäblein [48] nicht mehr sah, welches verschwunden: so merkte er wohl, es habe ihn Gott durch einen Engel warnen und belehren lassen, daß der Mensch nicht versuchen solle, den Schleier zu lüften vor dem Allerheiligsten, das selbst den Engeln verdeckt bleibt zur Anbetung.

3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

3. Von der Versuchung im Glauben.

Wenn diejenigen selig genannt werden, welche nicht sehen und doch glauben, so sind gar wohl diejenigen heilig zu nennen, welche zweifeln und doch nicht im Zweifel verzagen. Hievon höre ein Exempel. Es kam eines Tags ein großer Schriftgelehrter zu einem frommen Bischof, dem er beichten wollte; er konnte aber vor Weinen kein Wort vorbringen. Der Bischof sprach ihm Muth ein, und sagte: kein Mensch könne so viel sündigen, daß Gott nicht, der Barmherzige, ihm verzeihen wollte. Der Schriftgelehrte sprach: »So sag' ich denn, daß ich nicht anders kann, als weinen; denn ich halte mich für einen Irrgläubigen, weil ich's nicht über mich erhalten kann, zu glauben, daß Gott Mensch geworden; auch weiß ich wohl, daß dieses von den Versuchungen des bösen Feindes herrührt.« Da erwiderte der fromme Bischof: »Meister, sagt mir doch, wenn Euch der Böse eine solche Versuchung zusendet, ob sie Euch gefällt?« »Herr, antwortete der Schriftgelehrte, sie ist mir so lästig, als sie nur sein kann.« »So frag' ich Euch denn weiter, fügte der Bischof hinzu, ob Ihr weder Gold noch Silber nehmen möchtet, um etwa über Euren Mund gehen zu lassen, das da wäre gegen die Gottheit Christi oder gegen die anderen göttlichen Eigenschaften?« »Ja, Herr, versicherte der Schriftgehrte, Ihr müßt wissen, daß nichts auf der Welt ist, das ich dafür nehmen möchte; lieber wollt' ich, man risse mir alle Glieder vom Leibe, als daß ich so etwas über den Mund kommen ließe.« »Nun, [49] setzte der Bischof hinzu, will ich Euch etwas Anderes sagen. Höret! Wenn Euch der König in dem Kriege, den er führt, eine Veste anvertrauen würde, welche am nächsten an der feindlichen Grenze läge, mir aber würde er eine andere anvertrauen, die mitten im Lande und in weiter Ferne von dem Schauplatze des Krieges läge: wem von uns beiden würde der König nach dem Ende des Krieges am meisten zu danken haben, Euch, wenn Ihr ihm die bedrohte Grenzveste vertheidigt hättet, oder mir, der ich ihm ein ungefährdetes Schloß erhalten hätte?« »Bei Gott! antwortete der Schriftgelehrte, mir, der ich ihm die Grenzveste vertheidigt haben würde.« »Meister, versetzte hierauf der Bischof, ich sag' Euch, mein Herz gleicht dem ungefährdeten, sichern Schlosse, das mitten im Lande liegt; mich beunruhigt keine Versuchung und kein Zweifel wegen der Gottheit Christi. Ich versichere Euch also: gefällt es Gott einmal in Ansehung meiner, wenn ich an Christum fest und in Ruhe glaube, so wird es ihm von Euch dreimal wohlgefallen, weil Ihr ihm Euer Herz in der Fehde der Anfechtung unversehrt erhaltet, und ihm so zugethan seid, daß Ihr um keines irdischen Gutes, noch um irgend eines körperlichen Leidens willen, Ihn verläugnen möget. Ich sag' Euch daher; seid ganz ruhig; denn in diesem Stücke gefällt Euer Zustand dem Herrn besser, als der meinige.« So ging der Schriftgelehrte getröstet von hinnen, und er erfuhr nachher, daß die Versuchung zum Unglauben ihm gedient habe zur Bewährung im Glauben.

4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

4. Die drei Blicke.

Ein frommer Mann wurde einst gefragt: woher es komme, daß er, trotz allen Drangsalen des Lebens, doch solchen Gleichmuth in sich bewahren könne. Der antwortete: »das kommt daher, daß ich meine Augen wohl [50] in Acht nehme; denn alles Böse kommt durch die Sinne zum Herzen, aber auch das Gute.« Auf die weitere Frage, wie er das mache, sagte er: »Jeden Morgen, ehe ich an die Geschäfte und unter die Menschen gehe, richte ich meine Augen bedachtsam auf drei Dinge: erstens hebe ich sie gen Himmel, und erinnere mich, daß mein Hauptgeschäft und das Ziel meines Lebens und Strebens dort oben sei. Zweitens senk' ich sie zur Erde, und bedenke, wie wenig Raum ich bedarf, um einst meist Grab darin zu finden. Drittens endlich schau ich um mich, und betrachte die Menge derer, denen es noch schlimmer ergeht, als mir. Auf diese Art getröste ich mich alles Leides, und lebe mit Welt und Menschen zufrieden in Gott.«

5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

5. Die Tugenden.

Die Tugenden lebten lange Zeit in Ehre und Frieden als Nonnen in einem Kloster, dessen Oberin dieFrömmigkeit selbst war. Die Freigebigkeit diente als Pförtnerin, die Mäßigkeit als Küchenmeisterin; die Klughheit besorgte Feld und Garten, und die Sparsamkeit berechnete das Einkommen; die Sanftmuth leitete die jüngern Schwestern; und die Demuth war die Dienerin Aller. So versah denn jede der Tugenden ein besonderes Amt, und über Alles wachte und sorgte, ermahnend und befehlend, die Oberin, welche, wie gesagt, die Frömmigkeit selbst war.

Die Oberin starb. Da beschlossen die Tugenden, das Kloster zu verlassen, und in die Welt zu gehen, wo sie nach ihrer Meinung mehr Gutes wirken könnten. Und sie traten sogleich mit einander die Reise an.

Wie sie in das nächste Dorf kamen, begegnete ihnen ein armes Weib, mit einem Kind auf dem Arm, das bettelte sie an. Die Freigebigkeit, welche den Säckel hatte, [51] wollte der Armen sogleich eine große Summe geben. Darüber wurde sie aber von derSparsamkeit ausgescholten, welche meinte, daß für Bettler ein kleines Almosen genug wäre. Worauf die Klugheit bemerkte: blindlings geben, ob viel oder wenig, sei überhaupt nicht rathsam; man müsse vorerst die Würdigkeit und die Nothdurft des Armen erforschen. Also erhielt, auf den Rath der Klugheit, die arme Frau nichts.

Die Tugenden kamen drauf in ein anderes Dorf. Da sahen sie, wie ein Vater sein Söhnlein züchtigte mit Schlägen. Alsogleich trat die Sanftmuth zu ihm, und bat ihn, abzustehen von seinem Zorneifer. Die Strenge aber lobte den Mann, sagend, es sei an der Jugend kein Streich verloren, außer der daneben geht. Die Klugheit jedoch meinte: zu viel sei einmal zu viel, und man müsse Maß halten in allen Dingen. Also schlug der Mann drauf los, so stark und so lang es ihm gut dünkte.

Da sie weiter zogen und in einen Hohlweg kamen, sprengte eben ein Reiter daher, der sein Pferd mit der Peitsche antrieb. Und wie er so um sich hieb, traf er links und rechts mit der Peitsche die Gerechtigkeit und die Demuth. Jene rief sogleich: man solle den Reiter anhalten und zur Strafe ziehen. DieDemuth aber sagte: er hab' es wol nicht mit Absicht gethan, und man müsse es ihm verzeihen. Und die Klugheit sprach: Was sollen wir da Händel anfangen? Seien wir froh, daß wir Tugenden noch frank und frei die Straße ziehen können!

Zufälle dieser Art erfuhren sie immer mehr, je weiter sie zogen, und jedes Mal ergab sich Streit unter ihnen, wie die Sache auszusehen und zu behandeln sei. Da gab eines Tages die Klugheit den Rath, es wäre am besten, daß sie sich von einander trennten, und daß jede den Weg einschlüge und die Weise befolgte, die ihr am meisten zusagten. Der Rath gefiel; sie beschlossen jedoch, daß sie nach Jahr und Tag wieder zusammen kommen wollten an [52] einem bestimmten Orte, um sich ihre Schicksale zu erzählen, und weitere Maßregeln zu nehmen zur Beglückung der Menschheit. Und so ist es auch geschehen. Nach Jahr und Tag kamen sie wieder zusammen an dem bezeichneten Orte, und jede erzählte nun den Freundinnen, wo sie bisher gewesen, was sie gethan, und wie es ihr ergangen.

Die Freigebigkeit nahm zuerst das Wort, und sprach: »Ich begab mich auf ein Rittergut, welches als das reichste im Lande galt. Die Edelfrau, eine Wittwe, faßte sogleich volle Zuneigung zu mir, und folgte in Allem meinem Rath. Es wurden von nun an täglich zwei Tafeln gedeckt, die eine für fahrende Ritter und Schüler, die andere für arme Leute aus der Nähe und Ferne. Die erstern wurden überdies bei ihrem Abschiede reichlich beehrt, und unter die letztern Geld ausgetheilt. Den Bauern, ihren Unterthanen, erließ die Edelfrau auf meine Eingebung die Steuern und Abgaben, und den Kirchen und Klöstern vermachte sie die liegenden Gründe. Da war nun freilich eine große Freude im Schlosse und im Lande. Aber bald kehrte sich leider Alles in Leid. Denn die Pfaffen fingen nun an, ein ärgerliches Wohlleben zu führen; die Bauern kümmerten sich nicht mehr um den Pflug, erlustigten sich aber desto mehr im Krug und trieben allerlei Unfug; endlich in der Burg selbst mehrte sich von Tag zu Tag das Gesindel, und da man den Leuten nicht genug mehr geben konnte, so plünderten sie aus Rache das Schloß aus, und zündeten es an. Die Edelfrau hatte zu ihrem Glücke vordem ein Hospital gestiftet, in welches sie sich nunmehr begab, um da ihr armes Leben zu enden. Ich verließ sie, den Trost ihr gebend, daß sie ihren Lohn haben möge an dem guten Bewußtsein. –«

Nachdem die Freigebigkeit also erzählt hatte, so nahm die Gerechtigkeit das Wort, und sprach: »Ich nahm mein Quartier in der Gerichtsstube eines jungen, angehenden Richters, dem ich unsichtbar zur Seite stand, [53] und ohne Unterlaß anlag, daß er strenges Recht üben solle nach den alten Rechten. Sein Vorgänger, ein alter Herr, fragte nicht sowol nach den geschriebenen Rechten, als vielmehr nach den Gewohnheiten, Ueberlieferungen und den obwaltenden Umständen. Zur Ehre muß man ihm zwar nachsagen, daß er dessen ungeachtet Ordnung zu erhalten wußte, und die Zufriedenheit, ja sogar die Liebe seiner Gerichtshörigen zu gewinnen das Glück hatte. Aber das Recht, das alte, das geschriebene, litt eben Schaden durch sein Regiment, und es sollte, es mußte nun anders werden. Auf mein inständiges Anrathen durchmusterte der junge Richter vorerst alle jene alten, bestaubten Bücher und Briefe, worin die Satzungen und Verträge von Alters her verzeichnet waren. Dann begann er sein streng rechtliches Regiment, und richtete und schaltete und waltete genan nach dem Buchstaben des Gesetzes, ohne alle andern Rücksichten. Ich war vollkommen mit ihm zufrieden. Aber desto unzufriedener wurden seine Gerichtshörigen. Sie klagten laut über Härte und Unbarmherzigkeit, und als der Gerichtsherr nicht nur ihren Klagen kein Gehör gab, sondern die Kläger sogar zu Strafen verdammte, da machten sie einen Aufstand, erstürmten das Gerichtshaus, verbrannten alle alten Bücher und Briefe, und hängten den Richter selbst an den neuen Galgen, den er errichtet hatte. Ich zog traurig hinweg, und ohne Hoffnung, daß diesem Geschlechte noch geholfen werden könne, durch Gerechtigkeit.« –

Darauf erzählten die andern Tugenden ihre Schicksale, und sie mußten meistens nur Unerfreuliches zu melden. Die Arbeitsamkeit sagte: Sie habe sich bei einem armen Bauern verdingt, und habe Tag und Nacht geschafft; aber je mehr sie gearbeitet, desto mehr habe der Bauer gefaulenzt und gelumpt. Die Sparsamkeit sagte: Sie habe Wohnung genommen in der Hütte einer armen Wittwe, und habe das, was sie beide durch Spinnen und [54] Weben erübrigt, wohl zu Rathe gehalten; aber plötzlich sei alles Geld verschwunden; denn die Wittwe habe sich ein schönes, kostbares Kleid machen lassen, um an der Kirchweih, gleich den übrigen Weibern, zu prangen. Die Sanftmuth sagte: Sie habe mit der Demuth das Land durchzogen, weil sie nirgends Herberg und Arbeit gefunden; denn die Leute hätten sie für Blödsinnige angesehen, die zu Nichts zu brauchen wären.

Zuletzt wurde auch die Klugheit aufgefordert, zu erzählen, was sie gethan und was ihr begegnet; denn sie hatte bis dahin geschwiegen, wie sie denn überhaupt nicht viel Worte machte. Sie sprach: »Meine Geschichte ist kurz. Da ich die Menschen, ihr eitles und stolzes Sinnen und Treiben kenne, so vermied ich eben ihre Gesellschaft, und ging in die Wüste. Da lebte ich während der Zeit bei einem Einsiedler, und ich fand neben Gottesfurcht, die seine Hütte bewohnte und sein Herz besaß, immer noch ein Plätzchen, wo ich ruhen und wirken konnte. Zu thun für mich gab's da nur selten etwas und nur wenig; ich zeigte ihm die besten Plätze, wo es gute Beeren und heilsame Wurzeln gab; ich warnte ihn, wenn er etwa den Krug unsicher hinstellte zum Quell, daß er nicht umfiele und zerbräche; ich erinnerte und mahnte ihn, die Hütte zu decken oder zu verschließen, wenn die rauhe Jahreszeit hereinbrach oder ein Unwetter, Regen und Wind drohte. So lebte ich denn bei ihm so ruhig und zufrieden, daß es mir große Ueberwindung kostete, die Einsiedelei zu verlassen, um, dem gegebenen Versprechen gemäß, mit euch wieder zusammen zu kommen. –«

»Aber,« sagte die Klugheit nach einer Pause, »was wollen wir nun insgesammt anfangen, und was weiter thun?« Die Tugenden schwiegen; denn sie wußten keinen Rath. Da sprach die Klugheit weiter: »Mir scheint es am rathsamsten zu sein, wenn wir uns wieder unter eine höhere Zucht stellen, wie dies ehedem der Fall war, [55] Denn wir haben nun sattsam erfahren, daß wir weder insgesammt noch insbesondere Gutes verrichten mögen, so lange wir nach eigenem Willen und Vermögen handeln wollen. Nun habe ich, indem ich des Weges gezogen, von einer frommen und gottesfürchtigen Matrone gehört, die in der Hauptstadt lebt, und ich gar zu gern der Waisen, Armen und Kranken annimmt. Zu diesem gottgefälligen Werke bedarf sie aber unser Aller sehr wohl, und wir selbst können keine bessere Gelegenheit haben, auf daß jede nach ihrer Weise schaffe und wirke zum Besten der Menschen. Und darum ist mein Rath, daß wir uns in ihren Dienst begeben, und ihr zu Willen seien in allen gerechten und billigen Dingen! –«

Die Tugenden waren damit einverstanden, und sie zogen sogleich in die Hauptstadt, wo sie noch sind. Da thun sie bis auf den heutigen Tag unendlich viel Gutes. Wer sie aber finden will, der suchet vergebens; denn sie leben und wirken da, unter der Obhut jener Matrone, in noch größerer Einsamkeit, als im Kloster selbst, und ihre Werke kennet nur Gott, und die er bestellt hat, die Geschichten aufzuzeichnen für das Gericht, seine Engel.

6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

6. Die Laster.

In einem alten Buche steht geschrieben: der Teufel habe sich einstmals vorgenommen zu freien und Kinder zu zeugen, damit er dieselben in der Welt ausstatten, und sich mit den Menschen zu ihrem Verderben um so mehr befreunden könnte. Da sei ihm vorgekommen eine Frau, die habe geheißen Gottlosigkeit. Mit derselben habe er sich vergattet und sieben Töchter gezeuget, die er zu Hause auferzogen, und endlich in die Welt ausgetheilet, und mit den Menschenkindern verehelichet habe. Die erste und älteste Tochter habe geheißen Jungfer Hoffart, dieselbe habe er [56] denen von Adel und hohen Standespersonen verheirathet. Die andere habe geheißen JungferHabsucht, die habe er den Kaufleuten, Hantierern und Partierern in den Städten verehelicht. Die dritte habe geheißen Jungfer Falschheit, die habe er den Bauern und dem gemeinen Volke vermählet. Die vierte habe geheißen Jungfer Mißgunst, die habe er den Handwerksleuten ausgesteuert. Die fünfte habe geheißen Jungfer Heuchelei, die habe er den Geistlichen zugegattet, welche in Schafskleidern aufgezogen kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. Die sechste habe geheißen Jungfer Eitelkeit, die habe er dem weiblichen Geschlechte vertrauet. Die siebente und jüngste Tochter habe geheißen Jungfer Unzucht; diese habe er, als das jüngste und liebste Kind, nicht verheirathen wollen, sondern bei sich zu Hause behalten, und Jedermann in allen Ständen mit ihr zu buhlen vergünstiget.

7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

7. Arm Elend.

Adam und Eva hatten nebst vielen andern Kindern auch eines, welches von gar häßlicher Gestalt war, und das sie deßhalb von sich stießen, und Elend nannten. Arm Elend wäre wol in der Wüste verkümmert, wenn sich der liebe Gott nicht seiner erbarmet hätte. Der aber kam in seiner Milde zu Elend, und sagte: es solle sich drei Wünsche thun, die er ihm gewähren wolle. Da wünschte sich Elend erstlich einen wilden Birnbaum, von dessen Früchten es sich zur Noth nähren könne; zweitens wünschte sichElend, daß jeder, der auf den Birnbaum steige, gegen seinen Willen nicht mehr herab kommen könne; drittens wünschte sich Elend nach dem Tode das himmlische Leben. Das Alles gewährte ihm der liebe Gott. So lebte denn Elend lange Zeit auf kümmerliche Weise. Zuletzt wurde es krank, und litt große Schmerzen. Da wollte sich der [57] liebe Gott seiner wiederum erbarmen, und er sendete den Tod, daß er arm Elend auf immerdar erlösete von seinen Nöthen. Als aber Elend den Tod vor Augen sah, erschrak es, und sagte zum Tod: er solle ihm nur noch einige Birnen vom Baum herab holen, daß es nochmals davon essen möge, eh' es sterben müßte. Das that der Tod; er stieg auf den Baum, hieb mit seiner Sense einen ganzen Ast ab, und warf ihn dem hungernden Elend zu. Als Elend davon genossen, ward es wieder gesund. Nun wollte der Tod vom Baum herab; Elend aber, das neue Lust zum Leben bekommen, ließ es nicht zu, sondern sagte: es werde ihm nur dann von seinem Bann befreien, wenn er verspräche, nicht mehr wieder zu kommen. Das versprach denn der Tod. Also lebt arm Elend noch heutzutage unter uns, und wird auf Erden fortleben bis zum jüngsten Tag.

8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

8. Trost im Leiden.

Ein Mann, der in großem Reichthum, in Wohlleben und Müßiggang gelebt hatte, verlor all sein Gut, und wurde darob ganz mißmuthig. Um sich zu zerstreuen und zu erholen, verließ er die Stadt, und ging so auf das Land. Er kam zuerst in ein Dorf; da sah er einen Bauer, der in seiner Scheune mit einer Schaufel das Getreide umwendete. Den fragte er warum er das thue? Der Bauer antwortete: damit das Getreide nicht Schaden leide, und in Fäulniß übergehe. Darauf kam er auf das Feld, und sah einen Bauer, der pflügte. Den fragt er auch: warum er das thue? Der Bauer antwortete: damit das Erdreich locker werde und Regen und Sonnenschein aufnehmen könne. Er ging weiter, und kam in einen Weingarten; da sah er einen Bauer, der die Reben beschnitt. Er fragte ihn gleichfalls, warum er das thue? Der Bauer antwortete: er beschneide die Reben, damit sie viele und gute Früchte tragen. – [58] Da ging der Mißmuthige in sich, und sagte: Warum ängstet sich meine Seele so hart? Ich bin der Weizen, der geworfelt werden muß, damit er nicht faule. Ich bin das Erdreich, das aufgerissen wird, damit es Segen empfangen könne vom Himmel. Ich bin die Rede, die beschnitten werden muß, damit sie gute Frucht trage für die Ewigkeit. – Demüthig trug er fortan sein Ungemach, als eine Züchtigung des Himmels.

9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

9. Die Weisheit auf der Gasse.

Es lebte zur Zeit, da man noch die Weisheit auf der Gasse lehrte, in einer Stadt ein Mann, der wegen seiner Rechtschaffenheit im Handel und Wandel eben so geachtet, als wegen der Weisheit in seinen Reden und Räthen bewundert wurde. Seine Worte zeichneten sich aber dadurch aus, daß sie die Wahrheit gleichsam in einer Nuß enthielten, und es mußte die Schale erst gebrochen werden, ehe denn der Kern gewonnen werden konnte. – Als zum Beispiel: Eines Tages fragte ihn Jemand, was rathsamer und für das Seelenheil ersprießlicher sei, die Welt zu verlassen, oder in der Welt zu bleiben. Dem antwortete er: Es ist keines an sich selbst rathsam, wol aber beides zugleich. Auf die weitere Frage, wie er dies meine, sagte er: Ich meine, daß wir in der Welt leben sollten, als lebten wir nicht in der Welt. Willst du wissen, wie? Wenn wir in die Ereignisse der Welt tüchtig eingreifen, ohne die Gesinnungen der Weltmenschen anzunehmen. – Ein anderes Mal ward er befragt: was vorzuziehen sei, um Geld und Gut sorglich zu werben, oder sich nicht darum zu bekümmern. Dem antwortete er: Eins ist so schlimm, wie das Andere; löblich und recht ist es aber, eins ums Andere zu thun. Auf die Frage, wie dies zu machen sei, sagte er: Spare in der Zeit, so hast du in der Noth, und versag' dir [59] selbst den Ueberfluß, damit du dem Bedürfniß Anderer abhelfen mögest. – Zu einer andern Zeit stellte man die Frage an ihn, was zu thun sei, um im Guten zuzunehmen und vom Bösen abzulassen. Da war seine Antwort: Nichts und Alles. Und auf die weitere Frage, wie das zu verstehen sei, sagte er: der Mensch muß Alles thun; er muß reuten und pflanzen und begießen; – er thut aber damit doch nichts, denn Gott allein gibt das Gedeihen. – Auf diese Art pflegte er Jedem über jedes zu antworten, worüber man ihn befragte; und es war zwar nur kleine, aber gute Münze, die er zum Almosen, gab auf der Gasse.

10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

10. Triumph der Religion.

Im Jahre 1812, als die Franzosen und ihre Verbündeten sich aus Rußland zurückgezogen bei der grimmigsten Kälte und in höchstem Elende, unter immerwährenden Kämpfen, da lag ein deutscher Officier, der den Feldzug mitgemacht hatte, in einem Gasthofe zu Warschau am Fenster, und betrachtete von da aus die Menschen, die unter ihm sich hin und her bewegten, treibend und drängend, wie Ameisen; und, obgleich wohlbehalten und gerettet, fühlte er doch Mißmuth über sein ganzes Inneres ausgebreitet, und es lastete auf seiner Seele schwer und schwarz, wie eine ausgebrannte Welt. Denn er hatte ja den unendlichen Jammer selbst mit angesehen, und das Verderben, das eine halbe Million Menschen zu Grunde gerichtet. Doch nicht die Schlachten, die geschlagen worden, nicht die Seuchen, nicht Hunger, Elend und Tod waren es, die sein Herz so tief verwundet, sondern die gräßlichen Gestalten entarteter Menschen, die ohne Theilnahme für das fremde Leiden den Mitbruder hindarben, verschmachten sahen, und nur auf eigene Rettung bedacht, gleich geschreckten Thieren, [60] fort und fort flohen vor dem sie verfolgenden Feinde. So war denn selbst aller Glaube an die Menschlichkeit der Menschen aus seinem Herzen gewichen, und er sah in ihrem Thun und Treiben nichts als ein Haschen nach schnödem Vortheil, ein Wagen um eitlen Ruhm, nichts als Selbstsucht, Gemeinheit und Grausamkeit – und er fand in seinem Innern den Gott seiner Jugend selbst nicht mehr in dem Schöpfer dieses Menschengezüchtes; und so stand er trostlos, in kalter Verzweiflung, ohne Achtung für Andere, ohne Hoffnung für sich selbst, in das bunte, eitle Gewühl hinabschauend.

Da sah er von ungefähr einen kleinen, gemeinen Wagen vorbeifahren, von einer Menge aus dem Pöbel begleitet. Es lag auf Stroh, und mit einer Blache bedeckt, ein Mensch droben; zu seinen Füßen saß eine Person, die er, wegen ihrer seltsamen Kleidung und in dieser Umgebung nicht zu deuten wußte. Eben trat der Bediente ein. »Was gibt's da unten?« fragte der Officier, mehr aus Neugierde als aus Theilnahme. Der Bediente antwortete: »Da haben sie draußen, eine Stunde von hier, in einem Straßengraben einen halb erfrornen Juden gefunden; und nun führt eine graue Schwester in ihr Kloster, um ihn dort zu heilen, wenn's möglich. Das ist Alles!«

Eine innere Unruhe trieb den Officier fort auf die Straße hinab; er folgte unwillkürlich der Menge; er trat näher zum Wagen, er schaute hinauf zur grauen Schwester, die unverrückten Blickes auf den erstarrten Juden, wie auf ihren Pflegesohn sah; er trat mit in das Kloster, in die Säle der Kranken und Sterbenden.

Und nun betrachtete er die emsige Pflege der frommen Schwestern, wie sie die Kranken, ohne Unterschied des Standes und der Religion, mit gleicher Liebe besorgten; und er bedachte bei sich das große Opfer, das diese Mädchen gebracht, Familie, Vermögen, Freiheit, alle Freuden des Lebens, um den verlassensten, ärmsten unter den Menschen, [61] ihren Brüdern in Christo, zu Hilfe zu sein, Tag und Nacht, ihr ganzes Leben lang; und daß sie für alles das gar keines irdischen Ersatzes gewärtig sein könnten, ja für die treueste Sorgfalt die Bitterkeit mißlungener That erfuhren und oft die noch größere des mißkennenden Undankes.

Er war geheilt. Das Bild dieser uneigennützigen Aufopferung, dieser gänzlichen Selbstverläugnung, dieses heiligen Berufs in stiller Einsamkeit zum Besten der leidenden Menschheit, und allein um Gottes willen: dieses zarte, fromme Bild verwischte mit einem Male das furchtbare Gemälde jener Tausende von erstarrenden Herzen, ohne warme Theilnahme und thätige Hilfe, auf den öden, weiten Eisfeldern des Todes. Er glaubte wieder an den Menschen – an seine Würde, sein Mitgefühl, an sein Vermögen, Großes, Edles, Heiliges zu wollen – und an einen Gott, der ihm diesen höheren Trieb eingepflanzt und jede seiner guten Thaten belohnen wird.

In diesen frommen und frohen Betrachtungen versenkt kam er zurück in seinen Gasthof. Er sah nochmal im Geiste den erstarrten Juden vorbeifahren, und die christliche Schwester zu seinen Füßen sitzen, unverwandten Blickes auf ihn sehend, wie auf ihren Pflegesohn, den ihr Gott gesandt; und eine Thräne wehmuthsvoller Freude trat in sein Auge, und er rief aus: Das ist der Triumph der Religion!

11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

11. Der Antichrist.

Volkssage.


Es geht eine Sage im Volke, daß gegen das Ende der Zeiten der Widerchrist erstehen werde, um das Reich Gottes auf Erden, die Kirche Christi, zu zerstören. Es lautet aber die Prophezeiung also: Von einer Schlange mit einer Hure erzeugt, wird er zu Babylon geboren. Bei dessen Geburt fällt Feuer vom Himmel, zum Zeichen, daß der [62] große Widersacher in die Zeit und die Welt gekommen. In seinem dreißigsten Jahre wird er sich aufmachen, die Juden aus allen Ländern um sich sammeln, und dann mit großer Macht nach Jerusalem ziehen. Hier erbaut er auf's neue die Stadt und den Tempel, in welchem er, prangend in königlichem Schmucke, auf einem Throne sich anbeten läßt. Von da zieht er aus mit großer Macht; Wunder und Zeichen gehen ihm voran, und Gräuel und Schrecken begleiten seinen Zug. Die ihm folgen, tragen als Bundeszeichen ein auf die Stirn geprägtes N, das heißtNEGO (Christum). 1 Diese also Bezeichneten streiten Alle gegen jeden, der ihren Herrn und König nicht anerkennt. Insbesondere wird seine Gewalt und Arglist gegen die Christen gerichtet sein. Um die Schwachen zu verlocken und die Starken zu brechen, wird er glänzende Anerbietungen machen, und grausame Martern verhängen. Das Häuflein der Christen aber wird, bei dem allgemeinen Abfall, in manchem Lande so klein werden, daß es mit einer Wanne zugedeckt werden könnte. Drei Jahre dauert seine Herrschaft auf Erden; am Ende derselben will er auf feurigem Wagen vor Aller Augen gen Himmel fahren. Da öffnen sich aber die Himmel, und St. Michael erscheint mit dem flammenden Schwerte, und schlägt den Widerchrist; und die Erde bebet und birstet, und verschlingt ihn und seinen ganzen Anhang. Nachdem dies geschehen, beginnt das Reich Christi, das tausendjährige, in welchem die Kirche Gottes auf Erden, frei von allen Feinden, Anfechtungen und Verfolgungen, ihren zeitlichen Sabbath feiern wird. Denn Satan liegt nun gebunden in den Abgründen der Hölle. Nach Ablauf dieser Frist von einem Jahrtausend wird aber der Herr selbst erscheinen in seiner Herrlichkeit, zu richten die Lebendigen und die Todten; und seines Reiches wird kein Ende sein.

[63] Wann dies geschehen werde, oder ob vielleicht schon jetzt die Zeit bevorstehe, das weiß kein Mensch; nur Gott weiß es. Du aber, der du mit Angst in die Zukunft und mit Furcht auf die Gegenwart blickest, sei vielmehr auf der Hut, daß der Widerchrist nicht in dir selbst, in deinen verderbten Herzen, von dem Hochmuth erzeugt und von der Sinnenlust geboren werde. Wahrlich! all der Gräuel, den jene Sage verkündet, wird da in Erfüllung gehen. Der Geist, der verneinet, wird allmählich alle bösen Gedanken und Neigungen versammeln, um wider die guten zu streiten. Und der Glaube wird zuletzt so sehr in Abnahme kommen, daß er wie ein verdecktes Fünklein im verborgenen Herzwinkel schier verkümmern wird. Gebe Gott! daß am Ende der Tage nicht die strafende Gerechtigkeit als verzehrendes Feuer dich verderben, sondern die siegende Gnade, welche Wunder wirkt auch in dem Sünder, als reinigende Flamme dich läutern möge zur Verherrlichung Gottes und seines Reiches.

Fußnoten

1 Ich läugne Christum.

12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

12. Das Gericht.

Ein frommer Einsiedler, der großen Eifer hatte für sein und seiner Nebenmenschen Heil und Seligkeit, hatte einstmals ein seltsames Gesicht. Es däuchte ihm, als flöge über seinem Haupte eine Schaar Teufel hin, wie krächzende Raben. Da fragte er den letzten, und beschwor ihn im Namen Gottes, ihm zu antworten: Wohin und wozu des Weges sie zögen? Der Teufel sprach: Wir fliegen zur Unterwelt, um die Hölle größer zu machen; denn sie ist zu klein geworden für die lasterhafte Welt. Ob dieser Nachricht entrüstete sich der fromme Mann, und er sprach: Das lügst du, höllischer Geist: denn es gibt der frommen Menschen ungleich mehr, als der bösen, seit das Christentum in die Welt gekommen. Der Teufel erwiderte hohnlachend: [64] Dem ist nicht also, denn je größer die Gnade, desto schwerer die Sünde, und je mehrere berufen sind, desto weniger sind auserwählt. Darüber ward der Einsiedler voll zornigen Eifers, und er berief den Teufel vor eines Engels Gericht; was sich der Widersacher gefallen ließ. – Und der Engel erschien, eine Wage in der Hand haltend, und es kamen Menschen herbei aus allen Ständen, jedes Alters und Geschlechtes, daß sie als Zeugen vernommen würden. Der Einsiedler rief alsogleich Geistliche als Zeugen auf, daß sie zeugten über der Geistlichen Wandel; und es verlautete nur Lob und Preis über ihre Andacht und Eingezogenheit und ihren Eifer im Dienste Gottes. Alsdann forderte er die Weltlichen auf, daß sie Zeugniß gäben für ihres Gleichen, und sie wußten nur Rühmliches zu melden von ihrer Arbeitsamkeit und Genügsamkeit, und ihrer Mühe und Sorge für Weib und Kind. Und also verhörte denn der Einsiedler fort und fort die Männer und die Weiber, die Jünglinge und die Jungfrauen, die Leute jedes Alters, Standes und Gewerbes, nach Gebühr; und man vernahm allorts nur Ehrung und Lobpreisung. Der Engel, als angerufener Richter, legte jegliche gute That und Handlung, von der er vernommen, auf die rechte Schale, und sie sank immer tiefer und tiefer, und es lag zuletzt auf ihr so schwer, als eine ganze Welt. – Nun trat aber Satan als Widersacher vor, und er berief auch seine Zeugen, zuerst die Geistlichen, daß sie über die Weltlichen zeugten, dann die Weltlichen, daß sie von den Geistlichen redeten; und da kamen denn Berichte vor, die ganz im Widerspruche waren mit denen, die vorher geschehen. Also erging's auch mit den übrigen, indem die Männer gegen die Weiber, und hinwiederum die Weiber gegen die Männer zeugten, und es war des Tadels und des Vorwurfes, der Verleumdungen und aller Gehässigkeiten kein Maß und Ziel. Und der Engel, vermöge seines Amtes, legte jegliche Sünde und lasterhafte Handlung, von der er gehört, auf die linke [65] Schale, und siehe da! sie sank immer tiefer und tiefer, so daß zuletzt die rechte, als läge nur Spreu auf ihr, ganz in die Höhe ging. – Da wollte schon der Teufel triumphiren, und der Einsiedler vor Gram vergehen über der Welt allgemeines Verderben; aber der Engel sprach: »Es ist da keiner, der richten kann nach rechtem Gericht, weder im Himmel noch auf Erden noch in der Hölle, außer Er allein, der da heißt der Richter der Welt.« Und der Engel verschwand. Die Wage jedoch war noch sichtbar, als hinge sie frei in den Lüften, und alle Schuld auf der einen Schale, und alles Verdienst auf der andern, sie waren gelöscht und getilgt; und die beiden Schalen hielten sich in gleicher Schwebe, wie von Gottes Gnade und Gottes Gerechtigkeit getragen. Da frohlockte der Einsiedler, und er sprach: »Gelobt sei der Herr, der uns nicht vergilt nach unsern Sünden, noch uns bestrafet nach unsern Missethaten.« – Das Gesicht war verschwunden. Aber von der Zeit an wachte der Einsiedler noch mehr über sein Gemüth, daß es nicht beschlichen würde von Stolz wegen seiner Verdienste, noch von Zaghaftigkeit wegen seiner Sünden und Schulden; und er wirkte fortan sein Heil in aller Einfalt des Herzens, und im Vertrauen auf den, dessen Gnade währet ewiglich.

13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

13. Abbas der Weise.

Ein König hielt bei sich an seinem Hofe einen weisen Mann, Namens Abbas, auf daß er täglich sich seines Rathschlags bedienen, auch sonst Nützliches von ihm erlernen möchte. Eines Tages fragte er ihn: womit diese Welt und des Menschen Leben zu vergleichen wäre? Der Weise bat sich Zeit aus, um darüber nachzudenken; anfangs einen Tag, dann drei, endlich sieben. Und als er wieder vor den König trat, sagte er: nächst der Frage, was Gott sei, gebe es keine schwerere zu beantworten; je mehr er darüber [66] nachdenke, desto weniger erfahre er's. Er bat daher den König um Urlaub, daß er andere Weise aufsuchen, und sie darüber befragen könne.

Abbas kam zuerst in eine ferne, große Stadt, wo, wie er gehört, sich ein anderer weiser Mann aufhielt. Als er ihn gefunden – er wohnte aber in einem prächtigen Palaste, und war eines Königs Haus- und Tisch-Freund, und lebte selbst, wie ein Fürst – da legte er ihm seine Frage vor. Der sagte: die Welt ist zu vergleichen einem großen, prächtigen Saale, wo allzeit offene Tafel gehalten wird. Da mag sich denn jeder, wer will, hinsetzen, und es leuchten ihm die Himmelsgestirne, und es musiciren ihm die Vögel, und es duften ihm wohlriechende Blumen; und der Tisch ist ge deckt mit den mannichfaltigsten Speisen jeder Art, und der Wein erfreuet sein Herz, und Alles lädt ihn ein zum Sinnengenuß; und Gäste sitzen allweg daran, zu angenehmer Unterhaltung, und Mägdlein führen lustige Reihen auf; und – wenn man nun dies eine gute Weile getrieben, und endlich des Spieles und des Genusses satt geworden, nun, so steht man auf und legt sich nieder zur Ruhe.

Als Abbas das gehört, schied er traurig von dannen; denn er dachte bei sich, es sei dies kein rechtes, vollkommenes Bild von der Welt, in der es doch so viel des Jammers und des Elends gebe, ohn' End'. Und er ging fort, und begab sich in eine ferne Wüste, wo, wie er gehört, ein Einsiedler, ein frommer, weiser Mann wohnte. Als er ihr gefunden – er wohnte aber in einer Höhle, und war mit einem härenen Kleid angethan, und Wurzeln waren seine Speise, und Wasser sein Getränk – da brachte er seine Bitte vor. Der Einsiedler sagte: Das menschliche Leben ist zu vergleichen einem Engpasse, durch welchen ein Mensch geht. Auf der einen Seite ragen schroffe, unfruchtbare Felsen empor, von denen sich von Zeit zu Zeit Blöcke losreißen; auf der andern öffnet sich ein tiefer Abgrund, [67] in welchem ein Gießbach von Klippe zu Klippe stürzt; und zwischen inne zieht sich ein schmaler, schlüpfriger Pfad hin, und die Sonne brennt heftig auf die Scheitel des Wanderers, und von den spitzen Steinen werden seine Füße wund, und er kann seinen Hunger nicht stillen mit den Früchten, die hoch oben an den steilen Felsen hangen, und seinen Durst nicht löschen mit dem Wasser, das tief unten im Abgrunde rauscht. Und wie er hinter sich blickt, da gewahrt er eine Schlange, die ihn verfolgt und seinen Fersen den Tod droht, und wie er vorwärts schaut, da sieht er einen Löwen mit offenem Rachen, der ihn verschlingen will. Und nirgends erscheint eine Rettung und Hilfe, sondern überall nur Verzweiflung und Tod.

Als Abbas das gehört, ging er abermal traurig von dannen; denn er wußte wohl, daß auch dies kein rechtes, vollkommenes Bild von der Welt sei, in der es ja doch so viel Freudigkeit und Gutthaten die Fülle gebe. Und er ging weiter, und suchte Land auf Land ab nach einem andern Weisen, von dem er die rechte Antwort erhalten möchte. Eines Tages begegnete ihm ein Mann, der sich zu ihm gesellte. Da er aus seinen Reden viel Kluges vernahm, – er trug aber ein zerlumptes Kleid und ging barfuß, doch war er eines heitern, aufgeräumten Sinnes, und sein Bettelranzen war vollgestopft von Speisen und andern köstlichen Dingen, – da fragte er ihn auf gut Glück, ob er ihm wol nicht sagen könne, womit die Welt am besten zu vergleichen wäre. Der Bettler sagte: Höre folgende Geschichte an: Ein stummer Mann bat einen Blinden, wenn er einmal einen Harfenisten sähe, so möchte er ihm doch denselben weisen, damit jener seinen trübsinnigen Sohn mit Musik aufmuntern möchte. Der Blinde sagte: Ich habe unlängst einen solchen stattlichen Musikanten gesehen, ich werde gleich meinen krummen Buben, der nicht gehen kann, nach ihm schicken, daß er ihn herhole. Der Bub fand den Harfenisten auch, der aber ohne Hände war; jedoch ließ er[68] sich überreden, daß er den Melancholischen lustig mache durch stille Musik. Da schaute nun der Blinde mit Verwunderung zu, der Stumme lobte den Spielmann über alle Maßen, der Krumme tanzte herum mit dem größten Vergnügen. Wie das nun im Hause bald lautmährig geworden, so kam auch ein Narr dazu, dem diese Posse so wohl gefiel, daß er in lauten Jubel ausbrach. Währenddem ging eben die Weisheit bei dem Hause vorbei, und guckte zum Fenster hinein, und wie sie das Spectakel sah, sagte sie mit ernsthaften Worten: Seht da den wahren Entwurf der kindischen, närrischen und abgeschmackten Welt!

Abbas hörte das mit noch traurigerm Sinne; er wußte ja selbst wohl, daß, wenn auch viel Thorheit und Lüge mitunterlaufe im Leben, doch tiefer Ernst drin sei und heilige Wahrheit. Und er verließ den Bettler, und richtete seinen Weg nun heimwärts, Gott bittend, daß er ihm doch noch offenbaren möchte des Lebens Geheimniß.

Als er nun vor den König trat, freudigen Muthes, da berichtete er ihm, was er von den andern Weisen erfahren; und der König fühlte mit ihm, daß das Alles nicht das Rechte sei. Und nun, fragte der König, was hältst du davon? Abbas antwortete: Herr, laß dir vor Allem erzählen, wie es mir selbst ergangen auf der Reise. Ich habe sie angetreten, wie du weißt, auf dein Geheiß, und deine Gnade ernährte und begleitete mich. Was ich während der Zeit Gutes oder Uebles erfahren, davon schweige ich; weder das Eine, noch das Andere ist in Vergleich zu stellen mit dem Wohlgefallen, womit du deinen Diener belohnest. Darum gedachte ich nur, deinem Willen nachzukommen, daß ich die Wahrheit suche unter den Menschen, und dann heimkehre zu dir, um dir Rechenschaft zu geben von meiner Bemühung. Urtheile nun selbst, ob ich deiner Gnade würdig sei oder nicht.

Der König schwieg und reichte ihm die Rechte zum Zeichen seiner Gnade.

[69] Abbas fuhr fort, gerührt, und sagte: Also dachte ich bei mir selbst, als ich deinen Palast von ferne erblickte, und mein Herz traurig ward, daß ich zu dir kommen sollte ohne einiges Verdienst. Und sieh! da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, und ich sah nun, daß des Menschen Leben selbst nur so eine Reise sei, eine Wanderung durch die Welt, zu thun den Willen des Herrn aller Herren.

Da umarmte ihn der König, und er steckte ihm einen kostbaren Ring an den Finger, und er sagte: du sollst fortan mir sein, wie ein Vater.

14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

14. Das Mährlein von der Wahrheit. 1

Es reitet der Herr zum Thor hinaus –
Juhe! nun geht's in Saus und Braus;
Die Diener han ein'n guten Tag
Bei Nichtsthun und bei Weingelag:
Se, se, das ist die Wahrheit!
Der Herr, als er zurück nun kümmt,
Vom Narren all das Ding vernimmt;
Darob erbost er sich gar sehr,
Und schilt sie und bedräut sie schwer:
Se, se, das ist die Wahrheit!
»Wie weiß der Herr denn!« fragen sie.
»Der Narr verräth uns!« sagen sie.
Sie greifen und sie binden ihn,
Und bläuen ihn und schinden ihn:
»Se, se, das ist die Wahrheit!«
Und wieder reitet der Ritter aus,
Und kommt vor Abend nicht nach Haus
»Nun, Hänslein mein, wie steht die Sach'?«
»›Mumm! mumm!‹« »'raus mit der Sprach,
Und sage mir die Wahrheit!«
[70]
So wie der Narr das Wort vernimmt,
Ein großer Schreck ihn überkümmt;
Er machet sich der Kleider los,
Und zeiget ihm den Rücken bloß!
»Se, se, das ist die Wahrheit!«

Fußnoten

1 Illustrirt im I. Band der fliegenden Blätter.

15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

15. Von der Menschen Urtheilen.

Ein Jüngling, der einige Zeit in böser Gesellschaft dem sinnlichen Wohlleben nachgehangen, faßte endlich, von Gottes Gnade getrieben, den Entschluß, seine Lebensweise zu ändern; und er suchte nun die Gesellschaft derer auf, die in der Gemeinde als fromme und weise Männer bekannt waren. Bald ward er auch ein ganz anderer Mensch; er bezeigte nicht nur in seinem äußern Leben Ordnung und Sittsamkeit, sondern gewann auch in seinem Innern von Tag zu Tag mehr Frömmigkeit und Zufriedenheit. – Die plötzliche Bekehrung des jungen Mannes machte indessen Aufsehen, und man flüsterte leise oder redete auch laut von seinen Handlungen und Absichten. Es konnte nicht fehlen, daß ihm die verschiedenen Aeußerungen zu Ohr kamen. Ueber den Spott und das Gelächter derer, mit denen er gebrochen, konnte er sich leicht hinwegsetzen; denn er betrachtete und bedauerte sie als Blinde, die nicht wüßten, was Frömmigkeit sei und welchen Werth sie in sich trage für Zeit und Ewigkeit. Aber auffallend und tief kränkend war ihm die Kunde, daß selbst unter jenen Männern, die er verehrte und liebte, einige gegen seine Bekehrung und ihre Aufrichtigkeit Bedenken trugen und Zweifel aussprachen. Diese Urtheile achtbarer Männer verletzten ihn im Tiefsten des Herzens, und er ward schier versucht, an sich selbst und an Andern zu verzweifeln. – Eines Tages klagte er sein Leid einem Manne, dessen Weisheit und Frömmigkeit ihm von Allen gerühmt ward. Dieser vernahm seine Klagen und Beschwerden mit Aufmerksamkeit [71] und Theilnahme. Dann sprach er zu ihm: »Lieber Sohn! laß dich durch anderer Leute Urtheile nicht trübe und irre machen. Die Menschen können ja höchstens nur über die That und den Schein urtheilen, nicht aber über die Gesinnung und das Wesen, darin die Tugend besteht. Mögen sie daher von dir denken und reden, was sie wollen; du hast zwei unverwerfliche Zeugen, welche genügen: Gott und dein Gewissen.« Der Jüngling beruhigte sich einigermaßen bei diesen Worten, er konnte aber nicht umhin zu bemerken, wie sehr ich doch der Tadel derer schmerzen müsse, die er zu achten und zu lieben Ursache habe, sowie ihr Lob ihn aufrichte und erfreue. Der weise Mann erwiderte: »Du hast recht geredet, mein Sohn, und es ist auch nicht meine Meinung, daß du gegen fremde Urtheile gleichgiltig sein sollst. Sie sind wichtige Fingerzeige, um zur Erkenntniß unserer selbst zu kommen, und eindringliche Mahnungen, daß wir vom Bösen ablassen und nach dem Guten streben sollen. Und darum sollen wir sie jedenfalls recht ins Auge fassen und wohl zu Herzen nehmen. Das Lob des Mannes, den wir achten, ist wie ein wohlthätiger Regen, der auf trockenen, dürren Boden fällt; es erquickt die Seele, und weckt den Keim guter Gesinnung, und kräftigt den Wachsthum des Guten. Und der Tadel des Mannes, den wir achten, ist wie eine glühende Kohle; er brennt und schmerzt zwar, aber er reinigt und erprobt zugleich unsere Tugend; die Schlacken fallen ab, und das Gold kommt um so reiner und lauterer zu Tage. Und so verbleibt es denn bei meinem Spruche: daß der Menschen Urtheile uns nicht trübe und irre machen sollen, wol aber, daß sie uns als Mittel und Triebfedern dienen mögen zu unserer Läuterung und Vervollkommnung.« – Der Zuspruch des weisen Mannes tröstete und beruhigte den Jüngling, und er wirkte von nun an das Werk seines Heiles in Stille und Demuth und in der Zuversicht auf den Herrn.

16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[72] 16. Glück und Unglück.

Es lebte in einer Stadt ein Mann, der wegen seiner frommen Gesinnung in Wort und That von Jedermann verehrt wurde. Wer ihn auch nur einmal sah, der mußte Hochachtung für ihn empfinden; denn sogar in seiner Miene und Haltung lag eine Ruhe, ein milder Ernst und eine stille Heiterkeit, die von der Klarheit seines Geistes und von der Friedsamkeit seines Gemüthes volles Zeugniß gab. Es zeigte sich dieser grundfeste Charakter bei allen, auch verschiedenartigsten Verhältnissen, und nur selten bemerkten die Freunde, die ihm näher standen, einen Zug des Lächelns oder des Trauerns in seiner Miene, und auch dieser verschwand bald wieder wie ein durchbrechender Sonnenblick, wie eine vorüberfliegende Nebelwolke. – Eines Tags gewahrte einer seiner Freunde ein solches Gewölk auf dessen Stirn, und er fragte ihn deshalb theilnehmend, was ihm begegnet sei. »Ach« – sagte jener – »es ist mir ein großes Glück widerfahren!« »Glück?« – versetzte der Freund – »und du scheinst doch zu trauern?« »Vernimm« – war seine Antwort – »was diese Betrübniß in mir erweckt. Sieh, wenn bei uns Menschen das Glück einkehrt, so kommt gleich hinten drein der böse Geist mit seinen Verlockungen zur Selbstliebe, zur Augenlust und zum Hochmuth des Lebens; und welcher Mensch fühlt sich da sogleich stark genug, um dessen Versuchung zu widerstreben und rein zu bleiben von jeder bösen Neigung und allem verderbten Gelüste? Darum, lieber Freund, traure ich.« – Zu einer andern Zeit bemerkte derselbe Freund, daß sich ein Zug des Lächelns um dessen Lippen gelegt hatte, und er fragte ihn wiederum theilnehmend, was ihm begegnet sei, daß er also fröhlich aussehe. »Ei« – sagte jener – »es ist mir ein großes Unglück widerfahren.« »Ein Unglück?« – entgegnete jener – »und du scheinst doch vor Freude zu lächeln?« »Vernimm« – war die Antwort des weisen Mannes – [73] »was meine Seele in diese frohe Stimmung versetzt. Sieh, wenn bei uns Menschen ein Unglück einkehrt, so steht auch zugleich Gott vor der Thür, der es gesandt hat; und er klopft an und gemahnt uns an die Treue, die wir ihm gelobt, und an die Gnade, die er uns verheißen hat, und da gehen wir denn in uns, und rufen unsere bessere Kraft auf, und wir erheben uns, und fühlen uns über alles Irdische und Vergängliche frei und selig in Ihm. Darum, lieber Freund, hast du mich lächeln gesehen. – Aber freilich« – fuhr er in sanftem Ton und mit ruhiger Miene fort – »es hat der Mensch je keine Ursache weder zu jenem Trauern noch zu diesem Lächeln; denn es ist ja immer Gottes Gnade, die in ihm kämpft und in ihm siegt. Drum sei und werde Ihm in allen Dingen, Ihm allein, die Ehre und die Danksagung!«

17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

17. Von Zank und Streit.

Zank und Streit kommen erstlich daher, daß der eine nur die Fehler des andern sieht, und nicht die eigenen; und zweitens daher, daß der eine nur die eigenen Gebrechen fühlt, und nicht auch die des andern. Denn das Bedürfniß gibt dir kein Recht, wenn mir das Vermögen fehlt. Davon lesen wir ein Exempel, wie folgt: Es begegneten sich zwei in einem engen Hausgang. Der eine rief: Platz! und der andere rief gleichfalls: Platz! Weil aber auf den Ruf keiner wich, so trafen sie an einander und thaten sich weh. Da entstand denn unter beiden ein lautes Geschimpf und Gehader, und ein Dritter; der zufälligerweise herbei kam, stand still und sah zu. »Du hättest mir ausweichen sollen«, sagte der eine; »und du hättest mir ausweichen sollen,« sagte der andere. »Ich werde dich verklagen«, drohte jener, und »ich werde dich verklagen,« drohte dieser. »Und der soll mein Zeuge sein,« sprach der letztere, indem er [74] auf den zeigte, welcher dabei stand und zusah. – Auf den Lärm kam der Spittelmeister herbei – denn die Geschichte, müßt ihr wissen, hat sich in einem Spital zugetragen, wo lauter Gebrechliche lebten von Gottes und guter Menschen Gnade (wie in der Welt überhaupt) – und die Parteien brachten ihre Klage vor und riefen auch den Zeugen auf, daß er Zeugniß gebe der Wahrheit. Der aber schwieg und sagte kein Wörtlein; was die beiden andern ihm sehr verhielten. Nachdem der Spittelmeister Alles vernommen, sprach er zu den beiden: »Wie mögt ihr euch erzürnen ob der Unbild, die ihr euch angethan, ohne euer Wissen und Willen? Der eine von euch ist blind und der andere ist lahm, und der dritte, den ihr zum Zeugen aufgerufen, ist taubstumm.« – Also war der Handel abgethan. Aber nicht ganz; denn es kam noch etwas Besseres. Der Lahme ergriff die Hand des Blinden und sagte: »Bruder, ist's dir lieb und recht, so leih' ich dir fortan mein Auge und du leihst mir deinen Arm: so ist uns beiden geholfen.« Der willigte gern ein; und der Taubstumme sah vergnügt zu, wie die beiden so freundlich sich begegneten, und er half auch bei. – Gebe Gott, daß es in der Welt überall auch so geschähe!

18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

18. Ulysses und seine Gefährten.

(Ein Ostermährlein.)


Man lieset in alten Büchern eine schöne Fabel von einem Helden, Ulysses geheißen, welcher, nach mancherlei Ungemach und Gefahr zu Land und zur See, auch auf eine Insel gekommen, wo eine Zauberin gehauset, Namens Circe. Diese hatte die böse Gewohnheit und ihre Freude daran, alle diejenigen, welche von ungefähr auf ihr Gebiet gekommen, in unvernünftige Thiere zu verwandeln. Also ist es denn auch den Gefährten des Ulysses ergangen; nur [75] er selbst, als ein schlauer Mann, entging der Verwandlung; ja er wußte sogar des Weibes Gunst und Freundschaft dermaßen zu gewinnen, daß sie ihm ganz nach Wunsch und Willen that, so lange er bei ihr weilte.

Eines Tages, als die beiden mit einander lustwandelten auf den grünen Wiesen, in den frischen Wäldern, an den luftigen Seekanten und andern lustigen Orten, da, unter mancherlei Gesprächen, bat der schlaue Ulysses die Zauberin, sie möchte ihm, ehe er von ihr schiede, eine besondere Gnade erzeigen; diese sei: daß sie ihm gestatten möchte, die unvernünftigen Thiere, die seine Gesellen und Gefährten gewesen, zur Red' und Antwort stellen zu dürfen, ob sie wieder Menschen werden und mit ihm in ihre Heimat ziehen wollten. Das versprach die Zauberin, und vergönnte, daß ein jegliches Thier, welches zuvor Mensch gewesen, auf so lange wiederum seine Sprache und Vernunft erlangen sollte, bis sie auf des Ulysses Frage Antwort und Zustimmung gegeben.

Dieser Zusage eingedenk und auf Circe's Wort vertrauend, macht Ulysses, am Vorabend seiner Abreise, die Runde auf der Zauberinsel und kommt zuerst ans Meergestade. Da sieht er eine Auster an der Klippe hangen; die fragt er: Bist du wol meiner ehemaligen Gefährten einer, und willst du wiederum Mensch werden? – Ja, nein! spricht die Auster. Einst bin ich ein Fischer gewesen, ein armseliges Wesen! – Da hab' ich oft das Netz ausgehangen und doch nichts als den kahlen Hunger eingefangen: jetzt fällt mir meine Speise vom Himmel herab, meine Schale ist mein Kleid und mein festes Haus mein Grab, darin mich weder Kälte noch Nässe plagen, wie in den vorigen leidigen Tagen. Geh, und laß mich Auster bleiben für und für, ich ziehe nicht mit dir.

Ulysses geht und kommt in den Wald; da kriecht eine Schlange daher, die er fragt: Bist du nicht meiner ehemaligen Gefährten einer, und willst du wieder Mensch werden?[76] – Ja, nein! spricht die Schlange. Einst bin ich ein Arzt gewesen – ein sorgliches Wesen! – Da hab' ich Kräuter gesucht, doch keines gefunden, daran man möchte von Krankheit und Tod gesunden; jetzt treff ich immer das heilende Kraut, und krieg' alljährlich ein neues Leben mit einer neuen Haut. Geh' und laß mich Schlange bleiben für und für; ich tausche nicht mit dir.

Ulysses geht und kommt auf's Feld; da sieht er einen Maulwurf, den er fragt: Bist du meiner ehemaligen Gefährten einer, und willst du wieder Mensch werden? – Ja, nein! spricht der Maulwurf. Einst bin ich ein Ackersmann gewesen – ein mühseliges Wesen! – Da, was ich gesäet in meinem Schweiß, das haben Andere geerntet zu ihrer Speis'; jetzt, wenn ich grabe, find' ich allezeit den gedeckten Tisch bereit. Geh' und laß mich Maulwurf bleiben für und für; ich ziehe nicht mit dir.

Ulysses geht und kommt in das Schloß zurück. Da kräht ihm vom Zaun ein Hahn entgegen; den fragt er: Bist du meiner ehemaligen Gefährten einer, und willst du wieder Mensch werden? – Ja, nein! spricht der Hahn. Einst bin ich Wächter auf dem Schiffsmast gewesen – ein einsames, trauriges Wesen! – da mußt' ich oben sitzen ohne Bewegen, bei Hunger und Frost, bei Wind und Regen; jetzt sitz' ich bequem und gemach mit meinem Frauenvolk unter Dach und Fach. Geh' und laß mich Hahn bleiben für und für; ich tausche nicht mit dir.

Ulysses geht und kommt über den Vorhof; da sieht er ein Schwein im Koth sich wälzen; das fragt er: Bist du meiner ehemaligen Gefährten einer, und willst du wieder Mensch werden? – Ja, nein! antwortet das Schwein. Einst bin ich dein Mundkoch gewesen – ein unlustiges Wesen! – Zwar hat's mir nie gemangelt an Speis' und Trank, doch hatt' ich auch genug zu leiden von Rauch und Stank; jetzt riecht und schmeckt mir Alles und Jegliches wohl, und ist's auch nicht gut, so werd ich doch voll. Geh' [77] und laß mich Schwein bleiben für und für; ich ziehe nicht mit dir.

Ulysses geht ins Haus und kommt, fast betrübt, in seine Kammer. Da sieht er ein Mäuslein springen und nach dem Loche laufen. He! ruft er, bist du meiner ehemaligen Gefährten einer, und willst du wieder Mensch werden? – Ja, nein! spricht die Maus. Einst bin ich ein Kundschafter gewesen – ein gefährliches Wesen! – Da, wenn ich im Land umhergezogen, drohten sie mir mit Pfeil und Bogen, so daß es mich oft Wunder genommen, wenn ich mit dem Leben davon gekommen. Jetzt bin ich, ohne Sorgen, in meinem Loch geborgen, und komm' ich einmal des Gelüstes wegen hervor, so finde ich bei Gefahren überall Thür' und Thor. Drum geh' und laß mich Maus bleiben für und für; ich tausche nicht mit dir.

Also mußte der weise Ulysses, wie die Fabel erzählt, unverrichteter Dinge von der Insel abziehen, und allein, ohne seine Gefährten, in die Heimat zurückkehren.

Geliebteste! ihr wundert euch vielleicht über die Blindheit und Verstocktheit dieser thiergewordenen Menschen? Ich aber sage euch: Wenn heutiges Tages die Weisheit selbst auf Erden erschiene und Umfrage hielte, und zu diesem und jenem spräche: Bist du nicht meiner Geschaffenen einer und willst du nicht wieder Mensch werden? Ja, nein! wäre die Antwort. Da ich noch Mensch gewesen, hatte ich ein jämmerliches Wesen! es war kein Tag ohne Plag'; es gab keinen Genuß ohne Verdruß; ich mußte viel leiden und meiden, und gegen Welt und Teufel streiten. Jetzt führ' ich ein freies, friedliches Leben und habe Freud' in Hüll und Füll' daneben; ich mag schlemmen und demmen, lieben und hassen, geizen und prassen, nach Herzensgelüst', ohne Gewissensbiß, und kümmere mich in dieser Zeit nicht um alle Ewigkeit. Drum geh' und laß mich bleiben, was ich bin; die Weisheit ist nicht nach meinem Sinn.

19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[78] 19. Volkssagen aus Niederbayern.

1. Das Glöcklein.

Unfern Reischach, im Gericht Oetting, steht eine einsame Kapelle, der Mutter Gottes geweiht. Von deren Thurm ertönet oft das Glöcklein, man möchte meinen, als würde es von Geisterhand gezogen; denn es ist keine Stunde bei Tag und bei Nacht, wo man es nicht von Zeit zu Zeit läuten hört. Die Geschichte von dieser Kapelle, und dem Glöcklein wird aber so erzählt: Vor vielen, vielen Jahren, als die Gegend umher weit und breit noch Wald und Wildniß war, wurde ein Pilger, der des Weges nach Oetting zum Gnadenbilde wanderte, von Räubern überfallen, die ihn des Seinen beraubten und bis zum Tode mißhandelten. In der Angst seines Herzens gelobte er, an der Stelle ein Kirchlein zu erbauen, wenn er, durch Gottes und seiner Mutter Gnade, mit dem Leben davon käme. Die Räuber ließen ihn für todt liegen; er aber genas auf eine wunderbare Weise wieder. Demnach erfüllte er sein Gelübde; er erbaute die Kapelle und versah sie mit einem Glöcklein. Auf die Votivtafel aber, die er in der Kapelle aufhängen ließ, stellte er die Bitte, es möge jeder Pilger, der des Weges ziehe, zu Ehren Mariä das Glöcklein läuten und für seine arme Seele beten. Das geschieht denn noch, bis auf den heutigen Tag.

2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2. Das Brünnlein.

Unfern Roding, im Regenthale, liegt ein Berg, auf dem eine Kirche steht, zum Brünnlein genannt. Schon in uralten Zeiten floß dort eine frische, klare Quelle, deren Wasser sich fernab in einem Becken sammelte. Der Rasen umher war so üppig und der Born so erquicklich, daß der Hirt gern seine Heerde dahin trieb, wo sie sattsame Nahrung fand und Kühlung unter Buchen und Tannen. Eines Abends, als die Dämmerung ihn zur Rückkehr mahnte, [79] wollte er noch vorerst seinen Durst stillen am Brunnen. Da, wie er an den Rand des Beckens tritt, sieht er auf dem Wasser ein schönes Marienbild schwimmen. Mit freudiger Begierde will er es haschen; aber je länger er darnach greift, desto tiefer sinkt das Bild, bis es zuletzt seinen Augen ganz entschwindet. Als er nach Hause gekommen, erzählte er die wundersame Erscheinung dem Pfarrer. Dieser zog des andern Tages, von vielen Gläubigen begleitet, zur Stelle, und siehe da! das Marienbild erschien wieder, wie es der Hirte berichtet, auf der Oberfläche des Wassers. Der Priester hob es ohne Mühe heraus, und trug es in die Kirche des Ortes. Von der Zeit an geschahen große Wunder an der Quelle. Viele, die an den Augen litten, oder lahme Glieder hatten, oder sonst von Kräften gekommen waren, erlangten wieder ihre Gesundheit. Es ward daher zu Ehren Mariä ein Gotteshaus zur Stelle erbaut, und das Bildniß dahin übertragen. Noch heutiges Tages fließt die Quelle inmitten der Kirche, und es finden immer noch viele Kranke Linderung und Genesung am Gnadenorte »zum Brünnlein.«

20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

20. Die Nachbarn.

Es sind freilich wunderliche Redensarten, welche die zwei Nachbarn, der Schmied und der Wagner, im Brauch haben; und die Leute, welche eben nicht wissen, was die Männer vorher mit einander gesprochen, können wol keinen Sinn darin finden, wenn zuletzt der Eine spöttisch ausruft: Als ob! und der Andere drauf lachend versetzt: Ja wol! Aber die Nachbarn wissen gar gut, was sie damit meinen; und sie führen die Redensarten nur, wie den letzten Hammerschlag, als Punctum zum Abschluß.

Als zum Beispiel: Nachbar Schmied erzählt und spricht: Hast du schon unsern neuen Schulzen angegangen auf der [80] Rathsstube? Hör', der gibt's theuer und trägt sich hoch, wie einer, den man aus der Fremde verschrieben. Und er ist doch, mein Seel'! nur so ein Bürgersmann aus unsrer Mitte, der, sollte man meinen, für seine Person sich immer noch herablassen könnte, ohne eben seinem Amt etwas zu vergeben. Er aber gebärdet und benimmt sich, wie ein gestrenger Herr, der Gnaden austheilen möchte, wo er doch nur Recht sprechen sollte, wie's Rechtens ist. Glaubt er vielleicht, daß er sich damit einen besondern Respect verschaffen könne, so eine Reputation, wie man's nennt? – »Als ob! –« unterbricht hier Nachbar Wagner. »Ja wol!« versetzt drauf Nachbar Schmied.

Ein anderes Mal erzählt Meister Wagner, und fragt den Nachbar: Hast du schon von dem Brauthandel gehört, den der Nachbar Bäcker abgeschlossen? Du kennst ja die Rosine, seine Tochter; sie ist ein sauberes Mädel, dabei häuslich, sittsam und fromm. Die hat er nun, wie ich gehört, dem Müllerssohn, dem Crispinus, zur Ehe versprochen. Nun wissen wir aber alle, daß der Bursche nichts taugt, und daß er, statt sich um das Mahlwerk anzunehmen, seine Zeit und sein Geld all verthut im Wirthshaus. Der Nachbar Bäcker aber rechnet und denkt vielleicht: Crispinus ist der einzige Sohn und Erbe seines Vaters, des reichen Müllers; es könne nicht fehlen, meint er etwa, und es sei gar ein großes Glück für die Rosine – – »Als ob!« »Ja wol!«

Wieder ein anderes Mal erzählt der Eine dem Andern: Weißt du schon, daß der Mayer vor einiger Zeit eine große Erbschaft gemacht hat? Dies Glück wäre ihm nun gar wohl zu gönnen; denn er hat Schulden an allen Enden und Orten, und in seinem Haushalt steht's auch nicht just, und es hapert überall. Nun denk' aber: statt seine Gläubiger zu bezahlen, zu Stall und zu Feld alles besser zu bestellen, und neues Schiff und Geschirr anzuschaffen: was thut er? Er läßt sich und seinem Weib, die eine Zierpuppe [81] ist, städtische Kleider machen, seine Stube und die Kammern mit Tapeten verzieren, und mit schönen, theuern Möbeln ausstatten. Als ihn neulich der Amtmann hierüber zur Rede stellte, sagte er: »In dem, wie der Mensch wohnet, sich kleidet und trägt, besteht seine Ehre.« – – »Als ob!« »Ja wol!«

So erzählen sich denn die Nachbarn diese und ähnliche Stücklein, etwa auf der Bank, vor ihren Häusern. Dann, wenn sie dergleichen eins ab- und aufgeladen, gehen sie wieder zur Arbeit lustigen Sinnes. Oft aber, noch unter der Thür ihrer Werkstätten, sehen sich die Schälke wieder nach einander um, laut lachend, und der Eine ruft: »Als ob!« und der Andere: »Ja wol!«

21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

21. Die Freunde in der Noth.

In Noth und Tod werden auch Feinde zu Freunden, wenn sie anders Menschen sind. Das zeigt folgende Geschichte.

In einem der früheren französischen Kriege, als nach der Schlacht Alles durcheinander ging bei Nebel und Wetter, fiel ein Franzose in ein tiefes Loch, eine ausgetrocknete Cisterne, aus dem er sich nicht mehr heraushelfen konnte; und bald nachher pflumpfte auch ein Deutscher hinein, und blieb auch darin stecken. Der Franzose schrie: Kiwi! und der Deutsche:Wer da! und jeder merkte nun, wen er vor sich habe, und daß sie sich gemächlich den Säbel durch den Leib rennen konnten, als ächte Patrioten. Sie bedachten sich aber eines andern, beide, und sie gaben sich in gebrochenem Deutsch und Französisch, so gut es gehen mochte, zu erkennen, es sei besser, einer helfe dem andern, als daß sie sich beide massakrirten. Also schrie bald der Eine, bald der Andere um Hilfe, jeder in seiner Sprache. Endlich hörten Deutsche des Deutschen Ruf, und sie machten sich sogleich [82] daran, den Kameraden zu retten. Als der Deutsche ans Licht gekommen war, sagte er ganz trocken: Es steckt noch einer drunten, ein guter Kamerad. Der wurde also auch heraufgezogen. Wie sie nun sahen, daß es ein Franzose sei, wollten sie ihn niederhauen. Das litt aber der Deutsche nicht, sondern er sagte: Wir haben einander versprochen, daß einer den andern rette; er hätte es auch gethan, wenn mich die Spitzbuben, die Franzosen, bekommen hätten. Diesen Vertrag, welche die Freunde geschlossen, respectirten die Feinde; und er wurde zwar als Gefangener von Kriegsrechtswegen fortgeführt, aber wie ein Kamerad von den Kameraden gehalten.

22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

22. Von Recht und Freiheit.

Um Recht und Freiheit ist es etwas, und du magst dich drum mannlich wehren, und, falls es noth thut, auch todt schlagen lassen. Aber zu bedenken ist dabei, daß der Nachbar, sei's ein niederer oder höherer oder gleicher, auch sein Recht und seine Freiheit habe, und daß du Fremdes respectiren müssest, wie Eigenes, zufolge dem Gebote: Liebe den Nächsten, wie dich selbst. – Davon könnte ich dir Exempel genug vorhalten aus der Weltgeschichte. Es thut's aber auch aus einer Stadt- und Hausgeschichte. – Ein Herr von Adel wohnte in einem Hause zur Miethe im ersten Stock. Der war ein sonderlicher Liebhaber der Jagd; und wenn er des Tags zu Feld und Wald sich herumgethan mit seinen Hunden, so hielt er des Abends noch ein Nachspiel der Jagd in seinen Zimmern, die Hunde hetzend auf einen ausgestopften Hasen, um sie abzurichten. Das war denn ein Mordlärm. Nun wohnte über ihm, im zweiten Stocke, ein gelehrter Herr, der auch jagte, aber nicht nach Wild, sondern nach Wissenschaft, welche Stille und Ruhe haben will. Der ließ seinen Herrn Nachbar höflich bedeuten, er möchte das Höllenspectakel einstellen, [83] oder der Teufel solle ihn holen. Worauf der edle Herr erwiderte: Er habe das Recht und die Freiheit, in seiner Wohnung zu thun, was er wolle. Was geschieht? Des andern Tages, als der Junker eben wieder seine Jagd hatte mit Halloh! und Hussah! und die Hunde ihr Möglichstes thaten mit Gebell und Geheul: da überraschte unsern Jagdliebhaber plötzlich ein Regen, unter Dach und Fach. Was ist das? fragte er zuerst sich selbst, dann den Kammerdiener, dann den gelehrten Herrn droben im obern Stock. Der sagte, indem er ihm sein überschwemmtes Zimmer wies: »Herr, Siejagen, wie ich höre, und ich, wie sie sehen, ich fische. Was nun dem Einen recht ist, das ist doch dem Andern billig?« – Von der Zeit an stellte jener das Jagen ein, und dieser das Fischen im Hause, und beide wohnten fortan zusammen als freundschaftliche Nachbarn, unbeschadet ihres rechten Rechtes und ihrer wahren Freiheit.

23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

23. Die Uhren.

Zu Basel, der Stadt, sind vor Zeiten alle Uhren um eine Stunde zu früh gegangen, so daß, wenn's z.B. inLiestal eilf Uhr war, die Glocke in Basel bereits alle zwölfe schlug. Diese sonderliche Gewohnheit war zur Zeit großer Noth aufgekommen, wie die Chronik erzählt. Es hatten nämlich die gemeinen Bürger von Basel einst einen Aufruhr vor, und zum Ausbruch desselben war die Stunde der nächsten Mitternacht Schlag zwölf anberaumt worden. Der Rath, hiervon zu noch guter Zeit benachrichtigt, ließ hierauf in der nämlichen Nacht alle Glockenuhren der Stadt die verabredete Stunde überspringen, und statt zwölf ein Uhr schlagen. Hierdurch wurden die Empörer irre gemacht. Jeder bildete sich nämlich ein, daß er die Stunde verfehlt hätte; und weil in der verflossenen Stunde Alles still und ruhig geblieben war, so glaubte auch jeder, daß seine Mitverschwornen [84] eines andern Sinnes geworden wären; er hielt sich also gleichfalls ruhig, und aus dem vorgehabten Aufruhr ist nichts geworden. Zum Andenken aber an diese Begebenheit, und zur Mahnung, daß die Obrigkeit immer wachsam sei, ließen die Herren vom Rath die Uhren fortan gehen, wie sie in jener Nacht gestellt worden waren.

Lange Zeit nachher – die Einwohner hatten sich an die sonderbare Einrichtung schon gewöhnt, als müßte es so sein – da ward von dem Rathe der Beschluß gefaßt, daß, um mit dem Zeitgeist gleichen Schritt zu halten, die Baseler Uhren wieder in Uebereinstimmung gebracht werden sollten mit denen in der übrigen Welt. Also wurden in einer Nacht alle Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Da hätte man aber sehen sollen, welche Unordnung hierdurch in der ganzen Stadt entstanden. Gleich des Morgens kamen die Gesellen und andere Arbeiter um eine Stunde zu spät zum Werk, die Käufer und Verkäufer zu spät zum Markt, die Kinder und andere Leute zu spät in die Kirche und zur Schule. Es gab Zank und Streit überall, in allen Familien. Mittags um eilf Uhr waren freilich Alle zur rechten Zeit bei Tische (der Hunger kennt keine Uhr); aber um so träger gingen sie um zwölf Uhr zur Arbeit, die sie erst um Ein Uhr zu beginnen gewohnt waren. Der Nachmittag lief im Allgemeinen ruhig und ordentlich ab, außer daß einige Basen und Gevatterinnen, die auf drei Uhr (alten Styls) geladen waren, genau um drei Uhr (neuen Styls), also um eine Stunde zu spät kamen, so daß der Kaffee verraucht und die Milch verdorben war, was viel Mißvergnügen machte. Aber Abends ging erst der Spectakel recht los. Es hatten gar viele Landleute, die in der Stadt, und viele Stadtleute, die auf dem Lande waren, die Zeit der Thorsperre verabsäumt, welche früherhin auf sieben Uhr, jetzt auf sechs Uhr festgesetzt war. Da entstand denn großes Gemurre ob den Strafpfennigen, welche die Pförtner einforderten. Zum vollen Ausbruche kam jedoch [85] das Mißvergnügen um zehn Uhr, zur Stunde, wo in den Wirthshäusern ausgeboten wurde. Die Bürger, ohnehin schon erbost über die Neuerung, wie sie's nannten, und vollends erhitzt durch das genossene Getränk, weigerten sich die Trinkstuben zu verlassen. »Es sei Herkommen, sagten sie, daß erst um eilf Uhr die Wirthshäuser geschlossen und die Gäste ausgewiesen werden sollen. Also steh' es geschrieben. Löblicher Rath habe keine Befugniß, nach Willkür neue Ordnungen zu machen und die Bürgerschaft in ihren alten Rechten zu schmälern. Gehorsam sei man von unten herauf nur so lange schuldig, als von der oben herab Gerechtigkeit geschehe.« Als die Rathsherren das erfuhren, und später die Kunde erhielten, daß Gefahr sei zu förmlichem Aufruhr gemeiner Bürgerschaft, so versammelten sie sich noch zu derselbigen Stunde auf dem Gemeindhause, und nach kurzer Ueberlegung faßten sie den Beschluß, daß es in Ansehung der Uhren beim Alten bleiben solle. Also zur Zeit, wo es hätte zwölf schlagen sollen, schlug es eins; und die Bürger, als sie das hörten, gingen zufrieden nach Hause. Von der Zeit an war wieder Ruhe zu Basel, der Stadt.

Leser, welche sich aus jeglicher Geschichte eine Lehre absehen wollen, können sich hier diese abnehmen: Erstens, der Zweck aller Einrichtung in Haus und Stadt ist Ordnung und Friede. Zweitens, Sitte, Gewohnheit, eigener Wille ist der Gesellschaft, wie den Einzelnen, ihr Himmel. Drittens und letztens: ob ein Volk ein Jahrhundert zu spät oder ein Jahrhundert zu früh daran sei, ist dann gleichgiltig, – wenn das Volk unter den obwaltenden Umständen das ist, was es sein kann und soll: durch Ordnung gut und durch Frieden glücklich.

24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[86] 24. Die Adelsprobe.

Es ist etwas dran, wenn einer von Adel ist; und darum darf er sich wol rühmen seines alten Stammes und Namens, wie jene vier thaten, der Baron von Riedesel, der Baron von Gebsattel, der vonAufseß und der von Palm. Diese saßen bei einem Gastmahle beisammen, und, als sie des Weines genug genossen, und darob fröhlich geworden, sagte der von Gebsattel zu dem von Riedesel: Ihr habt doch einen wunderlichen Namen; wer waren denn Eure Voreltern? Von Riedesel sagte: Meine Voreltern und mein Adel sind so alt, als sie christliche Zeitrechnung. Als Christus der Herr in Jerusalem glorreich einreiten wollte, gaben ihm meine Voreltern ihren Esel, weil kein Pferd vorhanden war; und um dieses Andenkens willen nennet man uns Riedesel. – Darauf sagte der von Gebsattel: Unser Stamm ist nicht jünger, und unser Verdienst nicht kleiner; denn meine Voreltern schenkten dem Herrn Christus einen Sattel, damit er desto bequemer auf dem Esel reiten könnte. Darum heißen wir Gebsattel, und rühmen uns billiger Weise deßhalb. – Nun nahm der von Aufseß das Wort: Eurer Voreltern Verdienst wäre aber zu nichte geworden, ohne die meinigen; denn, da in derselben Zeit noch keine Steigbügel üblich waren, so hoben die meinigen den Herrn Christum mit den Händen hinauf; weßhalb wir denn von demselben Tage an Aufseß heißen. – Es kam nun die Reihe an den von Palm. Der sagte: Und meine Voreltern haben unter das Volk Palmzweige ausgetheilt, um den Einzug Christi, des Herrn, recht feierlich zu machen; daher unser Name und unser Verdienst mit Recht eben so gepriesen wird, als der eurige. – So sprachen die Vier zusammen, und sie stießen die Gläser an, und tranken Gesundheit auf ihren Adel. Und das haben sie gut gemacht; denn es ist, wie gesagt, etwas daran am Adel. Wiewol freilich, wenn ein Adeliger [87] ein Unedler ist, dann – ist nichts daran, an ihm und seinem Adel.

25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

25. Die Säcke.

Ein armer Bauersmann fuhr eines Tages von der Schranne aus der Stadt nach Haus, und er zählte während des Fahrens die wenigen Gulden, die er aus dem verkauften Getreide gelöst hatte, und er rechnete aus, daß wenn er die schuldigen Steuern abgetragen, und das Nöthigste für das Hauswesen bestritten, ihm nichts übrig bleibe, womit er sich und seinem Weide und seinen Kindern auch nur einen Tag glütlich thun könnte. Indem er so in traurigen Gedanken saß, und langsam auf der Straße dahin fuhr, rasselten prächtige Kutschen und stampften stattliche Rosse vorbei; und die in den Kutschen saßen und auf den Rossen ritten, eilten nach einem nächst gelegenen Orte hin, wo sie die Abende in Saus und Braus verlebten; und er erkannte in ihnen so manchen Edelmann und Kaufmann und Gastgeber und Kleider- und Schuhmacher, lauter vornehme Herren. Bei diesem Anblick regte sich in seinem Herzen Mißgunst und Aerger, und er überlegte bei sich, wie sogar ungleich und ungerecht Würden und Bürden, Freuden und Leiden auf Erden vertheilt seien unter den Menschen. Damit legte er sich unmuthig in den Wagenkorb nieder, und, indem er von der Straße an einen Seitenweg einschlug, so ließ er die Rößlein langsam fürbaß ziehen, und er selbst schlief ein. Da hatte er folgenden Traum. Es däuchte ihm, als käme er in einen großen, prächtigen Saal, und an den Wänden umher lagen Säcke von verschiedener Größe und Gestalt; und auf den Säcken standen verschiedene Zeichen; auf dem einen eine Krone, auf dem andern ein Wappen, auf dem dritten ein Kelch u.s.w. Indem er so voll Verwunderung umher schaute, däuchte es ihm, als hörte er von Jemanden die Worte: Lang zu! Das [88] ließ er sich nicht zweimal sagen, und er wollte sogleich den Sack hinweg tragen, der eine goldene, mit Perlen reich verzierte Krone als Zeichen führte. Aber ach! der Sack war so schwer, daß er ihn nicht heben konnte. Er versuchte es nun, den zweiten und den dritten wegzutragen; aber auch sie waren so schwer, daß er nach wenigen Schritten unter ihrer Last niedersank. Und so probirte er es auch mit den folgenden, die ihm ebenfalls zu schwer waren. »Hm! dachte er sich; Einer wird mir doch gerecht sein; und hat er auch weniger Kostbares in sich, so ist es doch Etwas, und ich kann immerhin zufrieden sein.« Er probirte und probirte weiter; und endlich fand er einen, den er leicht fortzubringen gedachte. Wie er ihn nun aber näher betrachtete, so sah er, daß er einen Pflug als Zeichen führe; und er sagte: »Der ziemt mir, einem Bauersmann, und der Herr hat ihn sicherlich für mich bestimmt.« Und er hob ihn auf, und ging davon, des obgleich geringen Schatzes froh, den der Sack verbarg. Darob erwachte er. – Und der Wagen mit den Rößlein hielt eben an vor seiner Hütte, und Weib und Kinder kamen herbei, und grüßten ihn. Er aber rieb sich die Augen aus, und überdachte den seltsamen Traum, den er gehabt, und was in demselben für eine Bedeutung liege. Die Mutter kam indeß näher herbei und sagte: »Vater, du hast wol ein Mäßlein zu viel getrunken, daß du so verstört drein siehst?« Sein Angesicht erheiterte sich aber, und er langte der Mutter den Beutel zu und sagte: »Da, nimm! Schwer ist er zwar eben nicht; aber Gott sei's gedankt! es ist gerade so viel, als wir brauchen; und was will man mehr?« Darauf stieg er vom Wagen, und er drückte seinem Weib die Hand, und nahm die beiden kleinen Kinder auf den Arm, und trug sie in die Stube. Drauf, als die Mutter eine Schüssel voll Milch herbeigeholt, zog er den Wecken hervor, den er mitgebracht, und brockte ein, und sie alle aßen. Und er erzählte der Mutter den seltsamen Traum, [89] und sagte, was daraus zu lernen sei; und sie genossen in ihrer armen Hütte eine Freude, wie sie jene Herren in ihren Kutschen und auf ihren Rossen und bei Bier und Wein und Schinken und Pasteten an jenem Abend wol nicht gehabt haben.

26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

26. Der Hausgeist.

Es gibt Hausgeister; so geht die Sage. – In Untermaiers Haus, seitdem die Großmutter gestorben, ging's um bei Tag und bei Nacht, und die Leute hatten keinen Frieden vor dem Geist, außer bei Arbeit und Gebet. Morgens früh, noch ehe die Betglocke ertönte, ging der Rummel an im Hause. Bauer und Bäuerin vermeinten oft, als hörten sie einen Hahn krähen von ihrem Bethimmel herab. Lene, die Magd, die gern schlief, wurde oft geweckt durch eine eiskalte Hand, die ihr über das Gesicht fuhr. Und Kunz, der faule Knecht, verlor die Oberdecke, die ihm das Gespenst wegzog, so daß er nackt da lag und erwachte. Während der Arbeit, wenn eines ruhete und rastete ohne Noth, war der Geist gleich zur Hand, und spielte den Leuten allerlei Schabernack. Die Bäuerin saß und plauderte gern auf der Bank vor dem Hause mit der Nachbarin; dann fielen aber mit einem Mal Steinchen vom Dach und Gemäuer herab, die sie fort und in's Haus trieben. Der Bauer suchte gern die Stube, unter der Zeit, und rauchte dabei sein Pfeiflein aus langer Weile; aber plötzlich löste sich ein Bein am Stuhle, daß er umfiel, oder eine Hummel umschwirrte ihn so lange, und ließ ihm keine Ruhe, bis er aufstand, und wieder zur Arbeit ging. Der Knecht, wenn er auf dem Boden Häcksel schnitt, und aber aus Faulheit ein um das andere Mal zur Dachluke hinaus schaute, bekam etwas auf die Nase von einem garstigen Vogel, der vorüber flog; und die Magd, wenn sie am Brunnen stand, und ihre Wäsche und ihr Gerede hatte [90] mit andern Mägden, ward plötzlich mit Wasser übergossen, sie wußte nicht, woher. Kurz, wollten die Leute Ruhe haben vor dem Geiste, so mußten sie sich eben Arbeit machen. Denn aber war auch der Segen ersichtlich und handgreiflich, der ihnen zu Theil ward, sondern Zweifel auch von dem Hausgeist. Knecht und Magd konnten sich's oft nicht erklären, wie ihnen die Arbeit so leicht von der Hand ging. Hatte der Knecht z.B. Holz auf- und abzuladen, so schien's ihm schier, als wenn die Scheiter sich regten und bewegten, und von selbst sich aufhäuften. Und saß die Magd an der Kunkel, so schwirrte die Spindel, und es drehte sich der Faden, daß es eine Lust war, und sie hatte das Lob, daß sie die beste Spinnerin im Dorfe war. Am meisten aber fühlten den Segen des Hausgeistes die Bauersleute selbst. Die Scheune war alljährlich voll; das Vieh gerieth über die Maßen; und in der Truhe lag immer mehr Geld, als sie brauchten. Dabei waren und blieben die Leute gesund, das Essen und Trinken schmeckte ihnen, daß es nicht zu sagen war, und, was das Beste, sie hielten auch Frieden und Einigkeit unter einander. – So vergingen mehrere Jahre in Untermaiers Hause. Nachher aber wurde es anders und zuletzt ganz schlimm. Daran waren die Weiber schuld, die Frau und die Magd. Die Frau, als sie so viel Geld in der Truhe sah, wollte auch schönere Kleider haben, einen reichern Hof, und mehr Ansehen im Dorfe. Die Magd aber hatte ein Auge auf den Knecht, und wünschte ihn zum Manne zu kriegen, und mit ihm eine Heimat obendrein. Beide trafen daher ihre Verabredung. Die Männer gingen in die Falle; denn der Speck roch ihnen in die Nase. Die Frau wurde nun Obermaierin, und die Magd Untermaierin. Aber das war eben ihr Unglück. Der Handel mochte dem Hausgeiste nicht gefallen; er war von der Zeit an nicht mehr zu spüren. Da nun Niemand mehr war, der sie mahnte und strafte, so ergaben sie sich dem Müßiggang und dem Wohlleben, und geriehten bald so sehr in Schulden, [91] daß ihre Bauerngüter vergantet wurden. – Drum, wer einen Hausgeist hat, der danke Gott dafür; und er möge bedenken, daß man den Geist nicht vertreiben könne, ohne zugleich Gefahr zu laufen, auch das Haus zu verlieren.

27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

27. Die Hausräthe.

»Wie fangt Ihr's denn an, lieber Nachbar, daß Euer Hauswesen so wohl bestellt ist, und man sieht doch nichts Besonderes an Euch, und an dem, was bei Euch vorgeht. Wir Andern arbeiten doch auch, und geben Acht auf's Unsrige, und halten es zu Rath, so gut es gehen mag, und doch battet's nicht.« Der Nachbar antwortete: »Ich wüßte nicht, was Schuld dran sein sollte, es wären denn nur meine drei Hausräthe, denen ich wol das Alles zu verdanken habe.« »Eure drei Hausräthe? wer sind denn die?« »Der Haushund, der Haushahn und die Hauskatz.« »Ihr spottet!« »Es ist mein baarer Ernst; denn seht! der Haushund bellt, wenn ein Feind herbei schleicht, und da heißt's denn: aufgeschaut! Der Haushahn kräht, wenn der Tag anbricht, und da heißt's denn: aufgestanden! Und die Hauskatz putzet sich, wenn ein werther Gast sich naht, und da heißt's denn: angerichtet!« »Ich versteh', Nachbar, was Ihr damit sagen wollet! Ihr meinet, daß drei Dinge nothwendig seien, um dem Hauswesen aufzuhelfen: Fürsorge gegen alles, was schaden kann, Thätigkeit in allem, was nützen kann, und Freundlichkeit gegen alle, die uns wohlwollen und wohlthun.« »Wenn Ihr's so nehmen wollt, so ist mir's Recht; aber meine Hausräthe lob' ich doch drum, daß sie mich jederzeit gemahnen, was zu thun ist; ich könnt's sonst leichtlich vergessen.«

28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[92] 28. Volkssagen aus Ober-Bayern.

1.

Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht aus dem Wirthshause zu Brunnen über den Freythof, den nächsten Weg nach seinem Dorfe. Es war aber eine grimmige Kälte, und er hatte einen Pelzrock an. Da wie er vor der unschuldigen Kindlein Grabstätte vorbei kam, rief er neckend ins Häuslein hinein: Kinderl, friert's enk nit? und ging dann seines Weges fort. Er war aber noch nicht hundert Schritte weiter, als er hinter sich etwas rascheln und rauschen hörte; und wie er umschaute, sah er unzählige Lichtlein, die ihm nachschwirrten. In der Angst seines Herzens warf er den Pelzrock von sich, um geschwinder laufen zu können. So kam er ganz ermattet und erfroren in Pfaffendorf an. – Des andern Tages wollte er seinen Pelzrock holen; er traf ihn aber nicht mehr an der Stelle; wol aber sah er, als er über den Freythof ging, auf jedem Grab ein Flöcklein vom Pelz liegen, so daß er sich das Seinige wol denken mochte.

2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2.

Ein Bauernbube aus Pfaffendorf, der im Wirthshause zu Brunnen bis in die späte Nacht gezecht und getanzt hatte, ging um die Mitternachtsstunde über den Freythof nach Hause. Da sah er, wie auf jedem Grabe ein Laken von einem Hemd an dem Kreuze hing, und er vermuthete gleich, was er oft von den Leuten gehört, daß die Geister aus ihren Gräbern gestiegen, um ein Tänzlein aufzuführen im Mondschein. Nun hatte er aber auch oft vernommen: daß, wenn sich dann ein Lebendiger mit gespreizten Beinen über das Grab stellt, der Geist nicht mehr in sein Grab zurück könne. Das wollte er in seinem trunkenen Uebermuthe versuchen, und er that's. Auf den letzten Schlag zwölf Uhr verschwanden nun alle Laken auf den andern Gräbern, nur auf dem, wo er stand, blieb es [93] hängen. Das war ihm ein Zeichen, daß er den Geist gebannt habe. Aber seine Schadenfreude dauerte nicht lange. Denn es befiel ihn eine große Angst, die immer mehr wuchs, so daß ihm schier die Sinne schwanden. Und er konnte auch nicht vom Grabe weg, so sehr er sich auch anstrengte und oftmals versuchte. Morgens früh, als der Meßner zum Gebetläuten kam, vernahm der ein Aechzen und Stöhnen vom Grabe her; er ging hinzu, und trug den halb todten Menschen hinweg, der jedoch bald darauf, nachdem er kaum noch gebeichtet, des Todes verblichen ist. Der Geist aber wird wol noch vor dem Gebetläuten in's Grab gekommen sein; denn es ward weiter kein Laken an dem Kreuz gesehen.

29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

29. Ein braver Pfarrer.

Im Jahr 1809, als es unter den Tyrolerbauern zu rumoren anfing, ließ ein Landrichter alle Pfarrer seines Districtes zu sich entbieten, um ihnen einzuschärfen, daß sie, vermöge der ihnen obliegenden Pflichten, das Volk zum Gehorsam gegen die Obrigkeit ermahnen und vor jeder Meuterei ernstlich verwarnen sollten. Da nahm ein Pfarrer das Wort und sprach: »Es werde wol unter seinen Amtsbrüdern keiner sein, der diese Pflicht nicht als die seinige ansähe und gewissenhaft ausübte; sie, die Seelsorger, könnten aber nur dasWort des Friedens und der Gerechtigkeit predigen; Nachdruck ihren Worten aber müsse die Obrigkeit durch die That geben, hauptsächlich dadurch, daß Recht und Gerechtigkeit gehandhabt werde gegen Jedermann.« Diese Bemerkung mißfiel dem Landrichter, und als er zuletzt die geistlichen Herren entließ, sagte er zu jenem Pfarrer: »Auf Sie werde ich ein besonderes Augenmerk haben.« »Und ich auf Sie, Herr Landrichter,« versetzte der Pfarrer mit einem sanften, jedoch bedeutsamen Tone. Er hatte auch bald Gelegenheit, sein Versprechen zu erfüllen. Denn [94] auf dem Wege, den er nach Hause ging, begegneten ihm in einer Hohlstraße mehrere Männer, die mit Stutzen versehen waren, und die er alsbald als Leute aus seiner Gemeinde erkannte. Er ahnete nichts Gutes, und er fragte sie: »Wohin noch so spät, ihr Männer?« – »Wir wollen den Landrichter grüßen;« antwortete einer, indem er auf seinen Stutzen wies. Die Rede und das Betragen der Uebrigen ließen ihn das Schlimmste voraussehen. »Männer,« sagte er, »ich bitt' euch, kehrt um! ihr seid auf einem schlimmen Wege begriffen; der führt nicht zum Heil.« Die Reden wurden lauter, verworrener, erboster. »Männer,« sprach der Pfarrer wieder, »ich gebiete euch im Namen Gottes, dessen Wort ich zu predigen habe: kehrt um!« Es ward anfangs stille, aber dann trat einer aus der hintern Reihe hervor und sprach:»Herr Pfarrer, wenn Ihr predigen wollt, so thut's von der Kanzel herab; hier ist's nicht am Ort.« Und er wollte ihn bei Seite schieben. Aber der Pfarrer trat ein Paar Schritte zurück, riß Rock und Weste auf, und rief: »Wollt ihr mir Gewalt anthun, so thut's! Schießt mir eine Kugel durch die Brust und schreitet dann über meinen Leichnam hinweg, ich weiche nicht.« Die Bauern stutzten. »Thut's, sag' ich, und schneidet mir dann die Zunge aus und nagelt sie an die Kanzel, wo ich euch so oft gepredigt habe, vergebens; und hauet mir die Hand ab, die euch am Altar so oft gesegnet und gespeiset hat, vergebens! Und reißt mir das Herz aus dem Leibe – –.« Ein beifälliges Murmeln ging durch die Reihen. Da nahm der Aelteste das Wort und sprach: »Männer, der Herr Pfarrer hat Recht; kehren wir um.« Das thaten sie auch, und den Aergsten unter ihnen zogen sie mit sich fort. Also hatte der Pfarrer sein Versprechen gelöset, das er dem Landrichter gethan: er wolle ein besonderes Augenmerk auf ihn haben. Nachmals erfuhr der Landrichter, der indessen auf ein anderes Gericht versetzt worden, welche Gefahr ihm gedroht, und wem er sein Leben zu verdanken [95] habe; und, wie der Volksfreund vernommen, so hat er seinem Retter schriftlich gedankt, und dessen Frau auch, im Namen ihrer unmündigen Kindlein.

30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

30. Der letzte Schuß.

Am 19. Junius 1836 blitzte und krachte es aus hundert Feuerschlünden auf den Bergen unweit Kufstein von Seite der Bayern und der Tyroler. Dießmal aber galt's nicht im Ernst und zu Schutz und Trutz, wie im Jahre 1809, sondern zu einer stillen, heiligen Feier. Es wurde nämlich zu Kiefersfelden eine Kapelle eingesegnet, welche von den Scherflein frommer Bayern aus allen Gauen erbaut worden war: Gott dem Allmächtigen, zu Ehren des heiligen Otto, und zum Andenken an Ort und Stelle, wo Otto, der erlauchte Sohn ihres allverehrten Königs, vor drei Jahren das Vaterland verlassen, um den Thron von Griechenland zu besteigen. – Die Religion und ein religiöses Fest nähert und verbindet die Herzen aller Menschen, sie mögen nun diese oder jene Farbe als Abzeichen ihres Vaterlandes tragen. Und so ließen sich's denn die Tyroler nicht nehmen – und man wehrte es ihnen auch nicht – nach Kräften beizutragen zur Verherrlichung des Festes, zumal da bei der nahen Verwandtschaft und innigen Freundschaft zwischen ihrem Kaiserhause und den bayerischen Fürsten ein solcher Tribut der Verehrung, unbeschadet tyrolerischer Treue, wol gebracht werden konnte. Indem nun aber die Tyroler jenseits ihre Zubereitung machten, regte sich in ihnen der alte, vererbte Stolz, daß sie den Bayern, ihren Nachbarn, in nichts nachstehen wollten, wo es ihre und ihres Vaterlandes Ehre gelten mochte. Sie sandten daher einen Boten hinüber, der insgeheim ausforschen sollte, wie viele Böller die andern aufpflanzen und wie viel Schüsse sie zu thun gedächten. Die Bayern aber, welche eben auch Ehre im Leibe haben und Hirn im Kopfe, merkten [96] die Absicht der Nachbarn, und sagten darum kurzweg: sie schössen so viel und so lange, als das Pulver reiche. Als die Tyroler dies erfuhren, ließen sie den Bayern freundnachbarlich zurücksagen: und sie ihrerseits müßten halt doch den letzten Schuß haben. Also fing an dem bestimmten Tage, zur rechten Zeit auf den Bergen weit umher das Blitzen und Krachen an; und es störte wahrlich nicht das stille Gebet der andächtigen Menge, die unten im Thale um die Kapelle gelagert war, sondern es gab vielmehr, wie ein Wetter Gottes, das friedlich über die Fluren hinwegzieht, der Weihe eine große erhabene Feierlichkeit. Die Bayern hielten übrigens ihr Wort; sie schossen so lange, als ihnen das Pulver reichen mochte, und das dauerte bis tief in die Nacht hinein. Aber auch die Tyroler hatten sich vorgesehen, um es auf das Außerste kommen zu lassen, und ihr Wort zu lösen. Und vielleicht würde das Schießen von beiden Seiten noch bis auf den heutigen Tag fortgedauert haben (denn an Pulver und Courage fehlt's weder dies- noch jenseits), wenn nicht die Bayern wohlweise bedacht hätten, daß es billig und gerecht wäre, in diesem Falle den Nachbarn die Ehre des letzten Schusses zu lassen, was denn auch geschehen ist. – Des andern Tages, als jener Bote wieder auf bayerische Seite gekommen, wollte er sich dessen schier rühmen, daß die Tyroler halt doch den letzten Schuß gehabt hätten. Da wurde ihm jedoch bedeutet, was an der Sache gewesen, daß man nur Ehren halber nachgegeben habe von bayerischer Seite. »Wenn's aber einmal im Ernste wieder geschieht, und zu Schutz und Trutz – setzte ein Bayer hinzu – dann erst wollen wir sehen, wer den letzten Schuß behält.« »Ja,« sagte der Tyroler, »das wollen wir sehen, beim Sacre! – Jetzt aber, liebe Nachbarn, laßt uns eins mit einander trinken, auf unsers Kaisers und eures Königs Gesundheit – hoch!«

31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[97] 31. Das Darlehen.

Wer recht und wohl thut, ist Gott angenehm unter jedem Volke. ... Ein junger Gelehrter, ein Jude, der sich zum Amte eines Rabbiners anschicken wollte, trat eines Tages vor einen sehr reichen Mann, der sein Glaubensgenosse war, um von ihm ein Darlehen zu erbitten. Er wollte aber keine Gelder haben – denn deren bedurfte er nicht bei seiner großen Genügsamkeit – sondern nur einige seltene und kostbare Bücher, welche er zu seinen Studien brauchte, und die, wie er wußte, der reiche Jude nebst andern Schätzen besaß. – Nachdem der junge Mann seine Bitte in demüthiger Weise vorgebracht, sprach der Alte: »Was braucht's da viel zu bitten und zu betteln? Ich bin ein Handelsmann und gebe Geld, aber nur für Waare, und mache Darlehen, aber freilich nur gegen gute Procente.« Der Bittsteller erwiderte hierauf. »Procente könne er eben leider nicht geben; denn er sei blutarm, und habe kaum so viel, um seines Leides und Lebens Nothdurft zu befriedigen.« – »Nun, was macht's? versetzte der Alte; ich lasse handeln. Der Herr verschreibt mir das Drittel von Gottes Lohn, der ihm dereinst werden wird für seine Arbeiten in Gottes Dienste.« Der junge Gelehrte willigte ein, und der Alte führte ihn sofort zu seiner Bücherei, und ließ ihn suchen und wählen nach Gutbedünken. Es ward hierauf ein genaues Verzeichniß der dargeliehenen Bücher gefertigt (die Rubriken der Preise blieben offen), sodann vom Empfänger mit jener Clausel unterzeichnet, und zuletzt vom Darleiher bei den Schuldbriefen hinterlegt. – Und hier wird der günstige Leser ohne Zweifel denken: Ein Drittel von Gottes Lohn begehren von dem künftigen Einkommen des jungen Mannes, als Rabbiners, als Gelehrten, als Hausmanns, das sei doch wahrlich mehr als jüdisch. So hat's auch der junge Mann verstanden, und er hat doch den Vertrag eingegangen, weil er sich um jeden Preis [98] tüchtig machen wollte zu dem Amte, das er zu verdienen und zu erhalten suchte. – Die Sache ist aber, wie's nun eben in der Welt geht, ganz anders gekommen. Der junge Mann starb nach ein paar Jahren, ehe er noch zu Amt und Geld und Weib gelangt war. – Die kostbaren und seltenen Bücher brachte der Vater des Verstorbenen dem alten reichen Juden alsbald zurück mit höflichstem Dank. »Er wüßte freilich wol, sagte er mit schüchtern zögerndem Tone, daß sein Sohn diese Bücher als ein Darlehen erhalten habe um ein Drittel Procent von Gottes Lohn. Aber er seines Theils vermöcht' es nicht, die Zinsen zu bezahlen, und der, welcher sie entlehnt, noch weniger, da er im Leben nichts erworben hätte, und durch den Tod vollends verdorben wäre.« – »Was? sagte der alte Jude, nichts erworben? vollends verdorben? Ich weiß besser, wie es mit ihm gestanden. Hat er nicht gelebt und gestrebt, Gottes Weisheit zu erforschen in den Büchern der Väter, um einst Gottes Weisheit zu lehren in der Gemeinde der Auserwählten? Wahrlich! der Herr wird ihm das lohnen, und mir wird auch der Theil werden, den ich mir ausbedungen; denn Gott rechnet nach Rechten.« Sofort zerriß er den Brief, und erklärte, daß er sich bezahlt halte für Kapital und Zinsen; und der Vater könne mithin die Bücher als sein Eigenthum betrachten und aufs beste verwehrthen nach Gutdünken.

Diese Geschichte hat sich vor vielen Jahren in München ereignet; und der, welcher es dem Volksfreund erzählt hat, ist ein Enkel desjenigen, der es gethan hat. Wollt ihr wissen, wie der alte Jude geheißen? Gott weiß es!

32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

32. Der Herr und der Diener.

Der Herr saß in der Kutsche, der Diener auf dem Bock. Die Fahrt ging nach dem, etliche Stunden vonMünchen [99] entlegenen Würmsee, wohin die vornehmen Städter an geschäftsfreien Tagen gern einen Ausflug zu machen pflegen. Anfangs, so lange sie durch die bekannte, bewegte Gegend fuhren, that der Herr manche Frage, die der Diener kurz und gut beantwortete; es erging sich die Rede über die Pferde, ihre Fehler und Tugenden, über Schiff und Geschirr, was erneuert und angeschafft werden sollte, und daß das Futter von Jahr zu Jahr theurer werde. Nun kamen sie an den kurfürstlichen Park; der Kutscher stieg ab, um das Gitter zu öffnen, und nachdem er die Rosse bedächtig durchgeführt, schloß er wieder die Schranke, wie es das Gesetz verlangte. Indem nun aber der Wagen eine weite Strecke auf dem geraden und ebenen Wege durch den Park rollte, nahm der gelehrte Herr ein Buch vor sich und las, und der Diener hing seinen Gedanken nach, die ihn seit lange gar sehr beschwerten. Der geneigte Leser soll das Geheimniß sogleich erfahren. Eine ehrbare Wittwe, die Fuchsbräuin, hatte dem wackern Burschen ihre Hand angetragen. Die Frau gefiel ihm nicht übel; die Wirthschaft nährte den Mann; Alles wäre recht gewesen. Dagegen aber, wenn er gedachte, daß er einen so guten, gnädigen Herrn verlassen sollte, der mit ihm, und mit dem er schon so lange zufrieden gewesen, da fiel es ihm wie ein Stein aufs Herz, und bedrängt von diesen Betrachtungen, seufzte er laut auf. Der Herr vernahm's; er bückte sich vor, um zu sehen, ob der Diener schlafe und träume; da er aber bemerkte, daß er nur in Gedanken verloren sei, so ließ er Rosse und Kutscher gehen, so langsam sie mochten. Indem nahten sie sich dem andern Gatter, das jenseits den Park verschlossen hielt. Der Kutscher war immer noch von seinen Gedanken befangen, so daß er die Schranke nicht bemerkte. Sieh! da kam ein Mann nach und vor, der das Gatter öffnete, während die Rosse von selbst stille hielten. Nun erwachte der Diener aus seinem Traume; und in der Vermuthung, es sei ein Bettler, welcher herbeigeeilt, um den [100] Dienst zu verrichten, warf er ihm wohlwollend einen Kreuzer zum Lohn hin, ohne sich nach ihm umzusehen. Dann fuhr er rasch durch die Oeffnung und weiter des Weges. Aber plötzlich hörte er »halt!« hinter sich rufen, und wie er sich um sah, erblickte er seinen Herrn, welcher zu Fuße nach kam. Er besann sich, er erschrack. »So geht's in der verkehrten Welt«, sagte der Herr, nachdem er wieder eingesessen, – »der Diener bleibt sitzen, und der Herr muß aussteigen, um das Gatter zu öffnen.« Also scherzte der Herr. Doch der Diener nahm's für Ernst, und er sagte: »Gnädiger Herr, habt nur heute noch Geduld mit mir, ich will mich zusammennehmen, so gut ich's kann; morgen aber jagt mich meinethalben aus dem Dienst, ich verdien's nicht anders.« »Was ist dir?« fragte der Herr theilnehmend. »Was mir ist?« erwiederte jener, »ein Narr bin ich, verliebt bin ich, zu nichts nutz bin ich!« Und nun erzählte er den ganzen Handel, und schüttete sein volles Herz aus vor dem gnädigen Herrn. Dieser wurde nachdenklich; er liebte den Burschen als einen treuen und fleißigen Menschen und verlor ihn ungern; auf der andern Seite wollte er seinem Fortkommen nicht im Wege stehen, vielmehr freute es ihn, wenn er seinen Leuten zu ihrem Glück verhelfen konnte. Nach einigem Bedenken sagte er: »Das wollen wir weiter überlegen, und zu seiner Zeit wieder davon sprechen. Fahr' zu!« Also fuhr der Diener wohlgemuth zu, und merkte nun fleißig auf Wagen und Rosse; und Abends, als sie desselben Weges zurückkehrten, vergaß er nicht das Gatter zu öffnen beide Mal. – Es waren seitdem ungefähr acht Tage verflossen, als der Herr seinen Diener zu sich berief, und ihm sagte: »Hör'! mit deiner Heirath ist's richtig, wenn's anders auch dir recht ist. Die Wittwe, die ich als eine brave, fleißige Hausfrau kennen gelernt, bringt dir Heimat und Gewerk zu, und du kannst dich sogleich in ein gemachtes Bett legen. Also hab' ich's mit ihr verabredet, und somit den Kuppelpelz verdient.« [101] Der Diener war dankbar gerührt über die Gnade des Herrn; der Vorschlag ward angenommen, und nach vier Wochen die Hochzeit vollzogen.

Das ist eine Geschichte aus der guten alten Zeit. Beide Männer, der Herr und der Diener, stehen noch heutigen Tages in gutem, rühmlichem Andenken bei Hoch und Niedern. Noch, wenn in München von ehrenwerthen Bürgern die Rede ist, spricht man von dem alten Fuchsbräu als Muster von Thätigkeit, Redlichkeit und freundlichem, geselligem Umgang und Wesen. Ist aber die Rede von hohen, einsichtsvollen Beamten, gründlichen und besonnenen Gelehrten, würdigen und leutseligen adeligen Herren, so wird vor allen Ein Name genannt: der Kanzler Freiherr von Kreitmayr, der bayerische Gesetzgeber.

33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

33. Das goldbordirte Hütlein.

In der Rechnung des Kastenamts Burghausen vom J. 1773 hatte sich ein sonderbarer Ausgabs-Posten vorgefunden: »Item für ein goldbordirtes Hütlein: thuet 16 fl. 25 kr.« Den Heeren von der Rechnungskammer in München, die Alles genau nahmen, fiel das auf, und sie stellten den Kastner darüber zur Rede, wie das goldbordirte Hütlein in die Kastenrechnung gekommen sei. Er antwortete: »Auf die natürlichste und rechtmäßigste Weise. Als nämlich im Mai vergangenen Jahres der gnädigste Kurfürst nachBurghausen kam, wollte und mußte ich ihm wol besondere Ehre erweisen, und ritt ihm vor auf einem Miethgaul; und damit er mich aus Allen heraus kennete als seinen Beamten, so schaffte ich mir ein goldbordirtes Hütlein an, und paradierte damit, nicht ohne Erfolg; denn der gnädigste Herr bemerkte es in Gnaden, und erklärte nachmals, daß er mir gut angelassen, das goldbordirte Hütlein. Und da dies nun im höchsten Dienste geschehen [102] und zu Ehren des Landvaters – schloß er – so möchte ich wissen, wem ich's anders auf die Rechnung schreiben sollte, als ihm selbst, dem gnädigsten Kurfürsten?« Die Herren von der Kammer aber meinten: »Es sei zwar die patriotische Gesinnung, die er an den Tag gelegt, gar sehr zu loben; aber die Unkosten, die er dem hohen Gaste zu Ehren freiwillig gemacht habe, müsse natürlich er selbst tragen, weil ihm keine besondere Vollmacht dazu gegeben worden sei.« Also mußte er sich's gefallen lassen, daß ihm der Posten gestrichen wurde. »Je nun,« sagte der Kastner, »wenn's nur schlechterdings nicht in der vorjährigen Rechnung stehen soll, das goldbordirte Hütlein, so mag's meinethalb in die Rechnung des laufenden Jahres kommen.« – »Das wollen wir sehen!« sprachen die Herren. »Das sollen die Herren nicht sehen!« sagte der Kastner. Also nahmen sie's für Spaß und waren zufrieden. – Im folgenden Jahr, als die Hauptrechnung des Kastners eingelaufen war, spionirten die Herren sorgfältigst nach dem Posten, das Hütlein betreffend; und sie sprachen alsdann zum Kastner: »Wie ist's? wir suchen nach dem Hütlein vergebens.« »Wie es sei?« versetzte der Kastner. »Drinnen steckt's,« sagte er, »aber ihr mögt suchen, so lang ihr wollt, ihr werdet's doch nimmermehr finden.«

34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

34. Der Fruchtbaum.

Ein König hatte einen schönen Baum in seinem Garten, der die köstlichsten Früchte trug. Nun geschah es aber von Jahr zu Jahr, daß die Früchte, sobald sie reif geworden, in einer Nacht vom Baume geholt wurden, ohne daß man des Diebes ansichtig oder habhaft werden konnte. Da gebot endlich der König seinen eigenen Söhnen, daß sie, der Reihe nach, auf die Früchte Obacht haben sollten. Der älteste, den im ersten Jahre die Reihe traf, dachte sich: Bin [103] ich doch eines Königs Sohn und habe Macht über meine Diener, daß sie statt meiner wachen! Und er berief alsbald viele Männer, versah sie mit Waffen und stellte sie jeden Abend rings um den Garten auf, daß kein Dieb ungesehen und ungestraft herannahen und den Baum berauben konnte. Aber dessen ungeachtet wurden in einer Nacht alle Früchte weggeholt, ohne daß von den Wächtern der Räuber bemerkt worden wäre. Im folgenden Jahre drauf wurde die Sorge für den Baum und seine Früchte dem zweiten Sohne des Königs übertragen. Dieser dachte bei sich: Warum soll ich mir lange Mühe geben, zu wachen, wo doch alle Gewalt umsonst wäre? List muß mit List gefangen werden. Er berief daher kunstreiche Männer und trug ihnen auf, eine künstliche Hecke von Eisen um den Baum zu machen, der Art, daß keiner hineindringen, oder, wer sie auch überstiege, nicht mehr herauskommen könnte. Die Hecke wurde zur rechten Zeit gefertigt. Aber in einer Nacht waren wiederum alle Früchte rein abgepflückt, ohne daß man hätte eine Spur des Räubers wahrnehmen können. Nun kam die Reihe an den jüngsten Sohn des Königs, der von den Leuten als ein Dummling galt. Der begab sich voll guten Willens zum Baum und schlief bei Tag, wo andere Leute wachten, und wachte bei Nacht, wo andere Leute schliefen. Als nun die entscheidende Nacht gekommen, sah er eine weiße Taube herbeifliegen, die einen Apfel nach dem andern pflückte und forttrug. Verscheuchen konnte er sie nicht, und tödten wollte er sie nicht; aber er war doch neugierig, zu sehen, wohin das Thierlein die Früchte trage. Er ging daher des Wegs, wohin die Taube ihren Flug nahm; und als sie so eben den letzten Apfel vorbei trug, stand er vor einem Berge, in dessen Ritze die Taube verschwand. Alsbald stieg er hinab; und als er tiefer in die Schlucht kam, erblickte er die weiße Taube, von Spinnengewebe umstricket, die ängstlich zappelte. Er riß sogleich die Fäden entzwei, und wie er den letzten abgelöset, siehe! da [104] stand eine schöne Jungfrau vor ihm, die eine verzauberte Königstochter gewesen, und die er nun gleichfalls erlöset hatte. Er führte sie heim und vermählte sich mit ihr. Und an den Früchten, die in der Felsritze aufgehäuft lagen und lauter kostbare Edelsteine waren, besaß er einen Schatz, wie ihn kein König auf Erden hatte, weshalb ihn auch die Brüder nicht wenig beneideten. Der Baum selbst aber im Schloßgarten blieb von jener Zeit an unfruchtbar, und ist zuletzt ganz verdorret.

35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

35. Ehrn Steffen. 1

Ehrn Steffen, der im vorigen Jahre sein fünfundzwanzigstes Lehrer-Jubiläum feierte, kam während seiner langen Amtsführung oft auf wunderliche Einfälle. Der wunderlichste war aber sein neuerster, der nämlich, seine Schule in eine constitutionelle umzuschaffen. Die Lebensansicht, welche ihn auf diesen Gedanken brachte, war specios genug. Die Schule, sagte er, müsse in jeglicher Beziehung auf das Leben vorbereiten, am meisten in sittlicher Hinsicht. So lange nun das Staatsleben selbst ein monarchisches gewesen, wo der Wille des Fürsten allein galt und unbedingten Gehorsam der Unterthanen erforderte: so lange konnte und mußte auch die Schule eine monarchische Einrichtung haben. Jetzt aber, wo im Staate die Unterthanen selbst zur Gesetzgebung beigezogen werden, da sei es Zeit, auch in der Schule dasselbe zu thun, und die constitutionelle Verfassung darin einzuführen. Auf diese Weise werde in den jungen Bürgern nicht nur das Gefühl für Recht und Pflicht frühe genug geweckt, sondern auch [105] der Verstand tüchtig gemacht, über diese Hauptmomente des Lebens ernst nachzudenken und richtig zu urtheilen. Da nun Ehrn Steffen die Gewohnheit hatte, jeden Einfall sogleich zu einem Ausfall zu machen, d.h. was er in der Theorie als richtig und wichtig ansah, in Praxi darzuthun und gleichsam zu experimentiren: so machte er sich ohne Bedenken sogleich daran, und entwarf vorerst ein Schulgesetzbuch mit einem öffentlichen und mündlichen Verfahren; dann promulgierte er es feierleich in seiner Schule; und letztlich, nachdem die Wahl des Ausschusses u.s.w. reglementsmäßig geschehen, erklärte er die Versammlung für constituirt. Es war ein großer Jubel in der Schule, kann man sich denken. – Anfangs ging die Sache ziemlich gut; und es ist schwer zu entscheiden, wer mehr Freude an diesem constitutionellen Schulleben gehabt habe, der Lehrer oder die Schüler. Da keine Lehrstunde vorbeiging, wo nicht ein polizeilicher Fall, oder ein anderer ähnlicher Art, vorkam, so war die Debatte bald an der Tagesordnung, und die Kinder hatten natürlich mehr Freude an diesem Hin- und Herwörteln, als an dem langweiligen Lesen und Schreiben und Rechnen. Gewissenhaft war Ehrn Steffen genug, und darum nahm er auch dabei jede Veranlassung, den Verstand der Kinder zu üben, sei's in der Auslegung des Gesetzes, oder in der Bestimmung des Streitfalles, oder in der Untersuchung und Besprechung selbst. Die politische Aufklärung nahm sichtbar zu unter seinen Schülern, und er hatte Ursache, viel zu hoffen für das öffentliche Leben. Bald aber fingen die constitutionellen Schulbürger an (wie man sagt), sich selbst zu fühlen. Der Gesetzgeber mit seiner Autorität trat immer mehr in den Hintergrund und sie selbst dagegen rückten vor. Sie deuteten das Gesetz selbst, und, wenn sie das lästige nicht beseitigen konnten, so lernten sie dasselbe allmählich umgehen. Der Respect vor dem Lehrer verschwand; die Unordnung in der Schule nahm zu; die Lernbegierde und der Gehorsam [106] waren weg. Ehrn Steffen mußte auf neue Gesetze denken, um dem Unheil zu steuern. Er legte sie, wie sich's geziemte, dem constitutionellen Körper zur Berathung und Beistimmung vor, und ohne alle Debatte wurden sie einstimmig verworfen. Das kränkte ihn ein wenig; er tröstete sich aber mit dem Gedanken, daß man, um ein so hohes Gut, als die politische Mündigkeit und Freiheit ist, zu erreichen, einige Unordnung allenfalls dulden und einiges Opfer bringen müsse. Das Uebel wurde aber von Tag zu Tag immer ärger. Es konnte nicht fehlen, daß unter den Schulknaben ein und der andere sich zu Pädagogen aufwarfen, und die Stimmung und Meinung der Schule leiteten. Da es zugleich die ausgelesensten und pfiffigsten unter allen waren, so organisirten sie die Majorität zur förmlichen Opposition gegen den Lehrer und dessen Vorschläge. Da wurde denn ein Schuldiger ohne weiteres losgesprochen: in Unschuldiger aber, der nicht zum Complot sich bequemen wollte, angeklagt und verurtheilt. Ehrn Steffen, als Vollzieher der Urtheilsprüche, konnte nichts thun, als im letztern Falle die ausgesprochene Strafe mildern. Das Fehlende holten dann die Richter an dem Verurtheilten außer der Schule nach. Er sollte aber bald noch Aergeres erfahren. Der Schritt von Mitgesetzgebung ist gleich gethan zur Selbstgesetzgebung. Die Pädagogen gaben nämlich ihren Mitbürgern zu erwägen, wie daß ein Paar freie Nachmittage in der Woche zu wenig wären, und zumal zur schönen Jahreszeit, wo man sich draußen besser erlustigen könnte, als in der dunklen Schulstube. Es wurde darum einstimmig beschlossen, einen blauen Montag zu machen, und sich im Erdbeerschlag einzufinden, alle ohne Ausnahme, bei höchster Verpönung. Das geschah denn auch; und zu Haus mußte die Lüge als Vorwand gelten: der Herr Lehrer habe es erlaubt. Ehrn Steffen war etwas verlegen, als er sich in der Schule so allein antraf; er sah ein über das andere Mal auf die Uhr; er guckte ein über das andere [107] Mal zum Fenster hinaus; es wollte sich Niemand sehen lassen. Er ging endlich, und fragte nach, und hörte nun was geschehen. Da kam er selbst hinaus in den Erdbeerschlag; und nachdem er den Kindern eine strenge Predigt gehalten, über ihr eigenwilliges, eines constitutionellen Bürgers unwürdiges Betragen, so kündigte er ihnen zugleich an, daß er leider gezwungen sei, sie schwer dafür zu bestrafen. Die Pädagogen, als Sprecher, erwiderten: er möge im merhin die Strafe aussprechen, aber ihnen komme es vermöge der Constitution zu, darüber abzustimmen. Ehrn Steffen sah wol ein, daß er auf diesem Wege nicht zu seinem Ziele kommen werde. Er verlegte sich daher auf Bitten und Ermahnen, sie sollten doch die Freiheit, die er ihnen aus eigener Bewegung gegeben, nicht mißbrauchen; er gab ihnen zu bedenken, welcher Nachtheil für sie, welcher Schaden für die Constitution selbst entstände, wenn der Districts-Schul-Inspector etwas davon erführe; er bat sie recht innig. – Die Kinder lachten ihn aus. Der Schelmstreich der Kinder war zu arg, als daß er nicht ruchtbar werden sollte. Die Inspection, indem sie den Fall untersuchte, kam dem ganzen tollen Plan des Ehrn Steffen auf die Spur; und da die Kinder einmal allen Respect ihm aufgekündigt, so konnte der Magistrat nichts Weiteres thun, als den constitutionellen Lehrer in Anbetracht seiner Altersschwäche, in Ruhestand zu versetzen.

Fußnoten

1 Vergleiche die Schrift: »Nachweisung, wie unsere bisherige unvernünftige und zum Theil barbarische Schulzucht endlich einmal in eine vernünftige und menschenfreundliche umgeschaffen werden könne und müsse.« Von Dr. Heinrich Stephani. Erlangen 1827.

36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

36. Die Raben.

Es war einmal ein König, der wegen seiner weisen und gerechten Urtheile weit und breit gerühmt ward. Da geschah es eines Tages, daß, als er von der Jagd nach Hause kehrte, über seinem Haupte drei Raben erschienen, welche ihn krächzend umflatterten, und nicht eher von ihm abließen, bis er in sein Schloß eingeritten. Hier setzten sie [108] sich sodann auf den Wartthurm; und des andern Tages, als der König wieder ausritt, flogen sie ihm wiederum nach, und beschwerten ihn mit ihrem Geflatter und Gekreische. So geschah es drei Tage lang. Da sandte der König nach einem weisen Manne, von dem die Sache ging, daß er den Flug der Vögel und ihre Sprache deuten könne. Dieser erschien und nachdem er der Raben Gebärde und Gerede erforscht, trat er zum König heran, und sprach: »Herr König, diese drei Raben begehren, daß Ihr Urtheil sprechet in einem Streite, den sie unter einander haben; denn sie wissen, daß Ihr ein gerechter und weiser Richter seid. Der Fall aber, weshalb sie in Streit gekommen, ist dieser: Rabe und Rabin gewannen einen Sohn. Nun geschah es, daß, als das Nest erbaut war, der Rabe sogleich hinweg flog, und nicht mehr wieder kehrte; deßgleichen, als kaum das Küchlein aus dem Ei geschloffen, verließ die Rabin das Nest, um sich an dem Aase zu erletzen, welches im Lande reichlich umher lag; denn es war Hungersnoth unter Menschen und Vieh gekommen, daß sie zu Tausenden dahin starben. So verkümmerte schier der junge Rabe in seiner Verlassenheit, doch kam er noch mit dem Leben davon. – Seit jener Zeit sind viele Jahre verflossen; Rabe und Rabin sind alt geworden; und es fällt nun beiden schwer, ihre Nahrung zu gewinnen, zumal da Hülle und Fülle im Lande ist, dagegen Mangel an Rabenfutter. Nun will die Mutter nicht ablassen vom Sohne, und fordert, daß er sie ernähre, als die ihn geboren. Der Vater aber schilt sie drob, daß sie daß Küchlein verlassen, und meint, ihm gebühre, daß ihn der Sohn ernähre, als der ihn erzeugt habe. Der junge Rabe endlich will weder von Vater noch Mutter wissen, denn, sagt' er, sei als ein armes Waislein aus dem Neste gekommen, und wisse nichts von Vater und Mutter. Darüber besteht nun unter ihnen Zank und Streit, und sie sind nun gewillt, dein Urtheil zu vernehmen, das sie als ein weises und gerechtes hinnehmen werden.« [109] Nachdem der König die Rede gehört, so sprach er: »Mich will bedünken, daß beide Eltern gegen die Natur gesündigt. Denn ein Leben geben ist noch nichts, sondern das Leben erhalten und das Kind hegen und pflegen, das ist etwas. Und darum kann weder er noch sie mit Recht verlangen und fordern, daß der Sohn sie ernähre in ihren alten Tagen. Jedoch – –« Indem er noch weiter sprechen wollte, war der junge Rabe schon mit freudigem Gekrächze davon geflogen; der alte Rabe aber und sein Weib flatterten in Traurigkeit von dannen, und sind bald nachher vor Schwäche und Hunger gestorben. – »Jedoch – fuhr der König zu reden fort, indem er sich an das Volk wendete – wenn auch Eltern, wie diese da, sich als Rabeneltern erwiesen, so ist es darum den Kindern nicht erlaubt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Denn wir Menschen haben außer dem Gesetze der Natur noch ein Gesetz Gottes, welches uns befiehlt, die Eltern zu ehren; und es steht der Fluch allen Rabenkindern, daß es ihnen werde übel ergehen auf Erden.«

37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

37. Meister und Lehrling.

Der Meister saß in seiner Werkstätte, und meißelte an einem Hercules. Da trat eines Tages sein Söhnlein zu ihm, und fragte: Vater, was machst du da? Der Vater antwortete: Ich bildne einen Hercules. Und er erzählt ihm darauf, wie ein gar großer und gewaltiger Mann der gewesen, und wie er Löwen und Schlangen und Riesen erlegt, und noch viele andere wundersame Heldenstücke gethan. Da sagte der Knabe: Vater, ich will auch einen Hercules machen. – Thue das, mein Kind! versetzte der Meister lächelnd. Und er gab demselben einen Klumpen Thon, aus dem jener den Hercules machen könnte. Nach einiger Zeit fragte der Vater: Wie ist's mit dem Hercules? Der Knabe antwortete: Es fügt sich nicht recht; ich will [110] lieber einen Reiter machen. Der Vater nickte und sprach: So mach' denn einen Reiter. Nach einer Weile stiller Arbeit rief der Knabe: Vater, es geht mit dem Reiter auch nicht; ich will nur gleich einen Hanswurst machen. Und er knetete nun aus dem Thron zuerst einen großen Wanst; dann fügte er Hände und Füße daran, und setze zuletzt einen spitzen Hut drauf, unter dem ein Kopf stak mit einer großen Nase. So war denn der Hanswurst fertig. Das Söhnlein klatschte voll Freuden sich in die Hände; der Vater aber schüttelte den Kopf, und dachte sich, – was sich jeder leicht denken kann.

38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

38. Der Schneider im Mond.

Ein Schneider, der in die andere Welt wanderte, verirrte sich in den Mond. Ein solcher Mann war dem Mond willkommen. »Es friert mich immer so sehr, sagte der Mond, zumal in den kalten Winternächten; und da thät mir denn ein warmes Röcklein gar wohl.« Der Schneider mochte wollen oder nicht, er mußte bleiben, und er nahm sogleich das Maaß an dem Mond. Der hatte aber einen gar großen Buckel und einen dünnen, dünnen Bauch, und er sah schier aus, wie ein Schneider, wenn er auf dem Bock sitzt. Der Rock war indessen bald fertig, und er stand dem Mond aufs allernetteste, trotz seiner Mißgestalt. Aber siehe da! nun schwoll der Kunde von Tag zu Tag, und sein Bauch wurde immer dicker, und der Rock immer enger. Da hatte denn der Schneider vollauf zu thun, um nachzuhelfen, aufzutrennen und dranzusetzen. Zuletzt wurde der Mond ganz dick und fett und kugelrund, und der Schneider konnte kaum so viel Tuch austreiben, und so viel Zeit, um die Arbeit zu fertigen für Nacht auf Nacht. Nun endlich glaubte aber der Schneider, er werde Ruhe haben und Urlaub bekommen. Aber was geschieht? Jetzt fing [111] der Mond an ordentlich einzuschrumpfen von Tag zu Tag, so daß ihm das Kleid immer weiter wurde und an seinem Leide schlotterte. Ja, was noch schlimmer war, er schwand jetzt, wie ein rechter Wechselbalg, am Rücken, während er vorn den Wanst behielt, und er sah zuletzt aus, wie ein Gaukler, der sich rückwärts auf den Boden niederläßt. Da gab's denn für den armen Schneider fort und fort Arbeit; immer mußte er wieder nachhelfen und auftrennen und davon nehmen, bis daß es recht war. Endlich, nach drei Wochen, bekam er Ruhe; denn der Mond legte sich jetzt schlafen, und ließ sich mehrere Tage nicht mehr sehen. Unser Schneider aber, welcher der vielen und langen Arbeit statt geworden, verließ insgeheim den Mond, und setzte seine Wanderung fort. Ob er aber zuletzt in den Himmel gekommen, das weiß man nicht.

39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

39. Die Meisterproben.

Ein Mann hatte drei Söhne. Als sie zu Jahren gekommen waren; schickte er sie in die Lehre zu drei der geschicktesten Meister. Der eine sollte ein Schmied werden, der andere ein Schütz, der dritte ein Heilkünstler. Nach Verlauf der Lehrzeit berief er sie nach Hause, um zu erfahren, ob sie auch rechtschaffene Künstler geworden. Und als er dessen gewiß war nach abgelegten Proben, so führte er sie gen Hof zum König, und bot ihm ihre Dienste an. Es war demselben aber inzwischen noch ein vierter Knabe geboren worden, ein Nestquack, von schwächlichem Körper, aber, wie sich's später zeigte, von überaus feinem Verstande. Der war der Liebling der Mutter, dem sie Alles zusteckte, und wenn er eben nichts kriegte, so stahl er's meisterlich. Als nun die drei Brüder mit dem Vater nach Hofe zogen, so bat er die Mutter, sie möchte auch ihn dahin führen, damit er des Königs Staat sehen könne. Das that die [112] Mutter, ohne Vorwissen des Vaters. – Die drei Brüder wurden vom König gnädig aufgenommen, und er gedachte ihnen sogleich Proben vorzulegen, in denen sie ihre Meisterschaft erweisen könnten. Zum ersten sollte der Schmied ein Schwalbennest machen, so künstlich und zugleich natürlich, daß Schwalben darin nisten möchten. Der Schmied verfertigte alsbald das Nest; und sieh! nach wenig Tagen saß eine Schwalbe im Neste, und brütete über den drei Eilein, die sie gelegt. Darob hatte der König große Freude, und er ernannte den Schmied sogleich zu seinem Obersthofmeister. Nun kam die Reihe an den Schützen, und an den Heilkünstler. Diesen gab der König auf, daß jener die drei Eier durchschießen sollte in einem Schuß, und daß dieser sodann die verwundeten Küchlein wieder heilen sollte. Sie sagten, sie wollten das thun; aber der Heilkünstler verlangte, daß die Eier aus dem Neste geholt, und dann wieder darein gelegt werden, ohne daß es die Schwalbe, die Mutter, merke; denn, sagte er, wenn die Mutter aus dem Neste flöge, so würden die Küchlein keine Wärme mehr haben und zu Grunde gehen. Der König ließ also verkünden: Wer die drei Eier aus dem Neste nehmen, und sie dann wieder darein legen könnte, ohne daß es die Schwalbe, die Mutter, merkte, der sollte vor Allen belohnt und geehrt werden. Da trat Hänslein, das Muttersöhnlein, vor den König, und sagte: Ich will das thun. Und er kletterte ans Dach hinauf, wo das Schwalbennest hing, und stahl die Eier so meisterlich aus dem Neste, daß die Schwalbe nichts merkte, sondern ruhig sitzen blieb. Der König legte dann die Eier vor den Schützen hin, doch so, daß das dritte und letzte nicht in gleicher Linie, sondern seitwärts zu liegen kam. Der Schütze schoß von weiter Ferne, und siehe! alle Eier waren mitten durch getroffen von dem spitzen Pfeile, der, vom nächsten Baum zurück prallend, auch das dritte durchbohrte. Darüber war alles Volk erstaunt, und der König machte ihn sogleich zu seinem Oberst-Jägermeister. Nun [113] machte sich aber der Heilkünstler alsbald daran, die verwundeten Küchlein zu heilen; und er that es auf so geschickte Art, daß sich die Küchlein im Ei unruhig bewegten als wären sie zur Unzeit aus dem Schlafe geweckt worden. Da sprach der König zum Heilkünstler: Du sollst mein Leibarzt und geheimer Rath sein auf immerdar. Jetzt that sich Hänslein wieder hervor, und nahm die Eier, und legte sie der Schwalbe, die noch am Orte saß, also meisterlich unter, daß sie nichts merkte, sondern sitzen blieb und fortbrütete, als wäre nichts vorgegangen. Ob diesem Stücklein wunderte sich der König noch mehr, als über die andern, und er ernannte Hänslein zu seinem Oberstkämmerer und Hausmaier. – Auch hatte er später alle Ursache, mit seiner Wahl zufrieden zu sein. Denn wenn der Schmied ihm das schönste und beste Kriegs- und Hausgeräthe verfertigte, und der Schütze reichliches und schmackhaftes Wildpret in seine Küche lieferte, und der Heilkünstler ihn immer bei gutem Appetit und bei heiler Haut erhielt, so thatHänslein, der Hausmaier, noch ungleich mehr: er stahl den Nachbarn eine Krone nach der andern, so daß sein Herr ein König vieler Reiche wurde. Zuletzt aber schob sich Hänslein selbst eine Krone in die Tasche, und er ward und hieß von nun an: Hans der König.

40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

40. Die Standeswahl.

Ein Vater hatte drei Söhne. Als diese zu ihren Jahren gekommen waren, dachte er mit Ernst daran, einem jeden derselben einen Stand anzuweisen, in dem sie ihr Glück und ihre Zufriedenheit finden möchten. Da er aber, als ein weiser Mann, wol einsah, daß der Mensch selbst seines Glückes Schmied sei, so wollte er vor Allem ihre Neigung und Sinnesart prüfen, um zu erfahren, welche Anstelligkeit sie überhaupt zur Welt hätten, und welche [114] Willfährigkeit gegen die Menschen. Zu dem Ende berief er sie eines Tages zu sich, und reichte dem ältesten Sohn einen Apfel dar, indem er sagte: Theile mit deinen Brüdern! Der Sohn schnitt den Apfel entzwei, und gab den Brüdern jedem einen Theil, den größten aber behielt er für sich selbst. Da dachte der Vater bei sich: der schickt sich für einen Bürger und Kaufmann; denn ein solcher sucht sich in allen Dingen ein Profitlein, damit er sichern Erwerb und gutes Fortkommen haben möge. Des andern Tages, als die Söhne wieder erschienen waren, reichte der Vater dem andern Sohn einen Apfel, mit der Weisung, er sollte mit seinen Brüdern theilen. Der zerschnitt den Apfel in drei gleiche Theile, und gab den Brüdern willig ihren Theil. Da dachte der Vater: der schickt sich für einen Kriegsmann und Abenteurer; denn zu Feld und auf Reisen thut es noth, daß sich gute Kameraden allzeit zur Hand und Hilfe stehen, und Tisch und Bett brüderlich mit einander theilen. Am dritten Tage endlich ließ er die Söhne abermals zu sich kommen, und er gab dieses Mal dem jüngsten Sohne einen Apfel, mit dem Auftrag, daß er ihn theilen sollte mit seinen Brüdern. Der zerlegte ihn in drei Theile, und behielt den kleinsten für sich. Da dachte der Vater: der schickt sich für einen Knecht und Bauersmann; denn ein solcher muß immerdar mit den geringsten und schlechtesten Bißlein vorlieb nehmen, indeß die Andern von seiner Hände Arbeit reichlich und gemächlich zehren mögen. Also faßte der kluge Mann demnach seinen Beschluß, und wies einem jeden Sohne den Stand an, zu dem er sie für geschickt hielt. Und er erfuhr auch späterhin, daß er ganz richtig geurtheilet und gewählt habe; denn der älteste Sohn erwarb als Kaufmann groß Geld und Gut; der andere gewann Ruhm und Ansehen in der Welt; und der dritte, welcher sehr genügsam war, hatte in seiner Hütte, bei Weib und Kind, ein zufriedenes Leben.

41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[115] 41. Die Hausfrauen.

1.

Ein braves Weib ist Goldes werth. Das erfuhr ein Weitmoser, ein schlechter und gerechter Landmann in dem Gasteiner Thale. Der hatte den Einfall, das Gold auf dem nächsten Wege zu suchen, nämlich in den Bergen selbst; und er wußte, was er that, und daß es mit der Zeit eine gute Ausbeute geben würde. Aber indem er immer weiter und weiter grub, um in die goldhaltende Teufe zu kommen, da ging ihm das Geld aus, das er an sein Werk gesetzt hatte, und Niemand wollte ihm auf ein Ungewisses hin eines leihen. Also saß er eines Tages – es war das Fest der fröhlichen Ostern – traurig in seinen Gedanken da und wußte sich weder zu rathen noch zu helfen. Und es war so wenig Geld im Haus, daß er sich und den Seinigen nicht einmal ein Stück Fleisch für den Tisch verschaffen konnte an dem heiligen Feste. Da wie seine Hausfrau den Kummer ihres Mannes sah und seine Klage hörte, ging sie fort und verkaufte insgeheim ihren Schleier; und aus dem gelöseten Geld schaffte sie Fleisch ins Haus, und einen Pfennig zum Ueberschuß, daß der Mann noch ein Schöpplein trinken konnte, zur Vertreibung seines Grams und zur Erheiterung des Gemüthes. Die Geschichte von dem Schleier ward noch an demselben Tag im Dorfe ruchtbar, und noch in derselben Woche im ganzen Thal, und noch in demselben Monat kam sie dem Erzbischof von Salzburg, seinem gnädigsten Herrn zu Ohren; und jeder rühmte die Liebe und Treue der Hausfrau, und die Ehrlichkeit und den Fleiß des Mannes. Da ließ der fromme Erzbischof den Weitmoser zu sich kommen, und er streckte ihm eine namhafte Summe vor, daß er sein angefangenes Werk weiter fördern und vollenden könnte. Und die Grube ward wieder eröffnet und weiter geführt, und ehe noch das entlehnte [116] Geld verwendet war, kam edles Metall zu Tag; und Gold fand sich um Gold, immer mehr; und der Weitmoser wurde endlich so reich, daß er jeder seiner Töchter ein Heirathgut von vielen, vielen Tausend Gulden geben konnte.

2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2.

Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth. Das erfuhr eine Weitmoserin, von welcher die Sage Meldung thut. Diese, prangend in kostbarem Kleide und mit Kleinodien geziert, ging eines Tages durch die Klamm, eine Bergschlucht, welche in die Gastein führt. Da begegnete ihr ein armes Weib, welches sie um ein Almosen ansprach. Die reiche, stolze Frau verweigerte ihr die Gabe und schalt sie eine unverschämte Bettlerin. »Ach,« sagte die Arme, »es weiß kein Mensch von heute auf morgen, ob er nicht betteln muß von anderer Menschen Wohlthätigkeit.« Da zog die Weitmoserin eine kostbaren Ring vom Finger und warf ihn in die Ache, welche durch die Klamm hinabstürzt, und sagte: »Eher findet sich dieser Ring wieder, als eine Weitmoserin betteln muß.« – Aber, siehe da! des andern Tags brachte ein Fischer einen Fisch, in dessen Bauch sich der Ring befand. – So erzählt die Sage. In der That kam der Weitmoser Geschlecht bald in Verfall, und heutiges Tags zeigt man nur noch das Haus, in dem sie gewohnt, und erzählt von dem Reichthum, denn sie gehabt. Das Geschlecht aber ist ausgestorben.

42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

42. Der Korbmacher und seine Frau.

Als der erste Korb fertig war, sagte der Korbmacher zu seiner Frau, die so eben zur Thüre herein trat: Gott Lob! der Korb ist fertig. Die Frau, schon längst überdrüssig des langen Versuchens, sagte schnippisch: es wäre auch einmal Zeit. Das wurmte den Korbmacher; er hob [117] bedächtig eine Wiede vom Boden auf und sprach: Lieb Weib! sag's gutwillig: »Gott Lob, der Korb ist fertig.« Die Frau aber sprach: »Und das thu' ich nicht.« »So will ich dir's lernen,« sagte der Korbmacher, und hieb ihr ein Paar über den Buckel; das Weib schrie Mordio; und über dem Lärmen trat der Nachbar herein und fragte, was es gebe. Der Korbmacher erzählte ihm getreulich die Geschichte, und der Nachbar meinte, um eines Wörtleins willen solle man nicht sogleich mit Fäusten dreinschlagen. Nachdem er also den Mann zur Räson gebracht, ging er nach Haus und erzählte den Handel seiner lieben Ehehälfte. »Des Nachbars Weib hat Recht gehabt,« sagte die Frau; »und ich hätte es an ihrer Stelle auch nicht gethan.« Diese Rede verdroß schier den Hausmann; und es kam hier, wie dort, zuerst zum Hin- und Herwörteln und dann zum Fäusteln. Die Hausfrau erzählte noch in derselbigen Stunde die Geschichte ihrer Nachbarin, und so fort eine der andern im Dorfe noch an demselbigen Tage; und die Weiber, geschwätzig, wie sie sind, erzählten sie ihren Männern, und jede setzte bei: »Und sie hätte es auch nicht gethan an der Korbmacherin Stelle.« Deshalb haben denn auch die Männer alle ihren Weibern also gethan, wie der Korbmacher seiner Frau. Die Sage ging darauf von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, und in Zeit von einem Jahr haben fast alle Weiber Prügel bekommen von ihren Männern im ganzen heiligen deutschen Reiche. Und noch heutiges Tags, welche Frau der Korbmacherin Recht gibt, die wird von ihrem Manne coram genommen, und das von Rechtswegen.


Merk: Diese und andere Geschichten von bösen Weibern sind wol nur erdichtet von bösen Männern, und werden nacherzählt von guten, z.B. von mir und dem günstigen Leser, um die Weiber zu necken, die man liebt.

43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[118] 43. Der Hausfreund. 1

Einst diente ein schöner Jüngling an eines Königs Hofe, und besaß einen edeln Freund in der Stadt, der ein junges Gemahl hatte. Wenn jener nun nicht im Dienste war, ging er in seines Freundes Haus und aß mit ihm und dessen Gemahlin, denn er hatte ihn sehr lieb. Da dieses öfter geschah, so ward die Frau von Liebe zu jenem entzündet, doch daß es ihr Mann nicht wußte, noch ahnete. Aber sie war züchtig und offenbarte es jenem auf keine Weise, sondern trug ihr Leid geheim. – Es geschah aber, daß der Hausfreund nach Gewohnheit verreisen mußte; da lag sie vor Sehnsucht krank darnieder, daß ihr Gemahl die Aerzte an ihr Lager rief. Diese aber erforschten sie und sagten ihrem Gemahl: ob sie ein Seelenleid habe, könnten sie nicht erschauen; leibliches Gebrechen hätten sie keins an ihr gefunden. Da drang ihr Gemahl inständig in sie, daß sie ihm offenbare, was ihr fehle. Sie aber erröthete geschämig und gestand ihm zuerst nichts. Darnach schloß sie sich aber auf und sprach: »Du weißt, mein Herr und Gemahl, wie du, von Liebe und Unbefangenheit geleitet, junge Männer in dein Haus geführt hast; und ich, ein Weib, leide um den Jüngling, deinen Freund.« Da das der Männ hörte, schwieg er still und ließ das Ding ruhen. Als aber der Freund heimkehrte, ging er ihm außer seinem Hause entgegen und sprach zu ihm: »Du weißt, Freund und Bruder, wie ich dich immer geliebt habe, und daß ich dich aus Liebe in meinem Hause gern sah; du aßest mit mir und meinem Weibe.« Und Jener antwortete: »Wohl, Herr, so ist es.« Da fuhr dieser fort: »Nun siehe, mein Weib hat Liebesneigung zu dir gefaßt und ist in Gefahr.« – Als dieses der Jüngling hörte, ward er sehr traurig um der Liebe willen, die er zu seinem Freunde trug, und [119] sprach zu ihm: »Traure nicht, lieber Freund! Gott wird ihr helfen.« Und ging fort und schor sich sein Haupthaar, und färbte sich Haupt und Gesicht, und ließ sich seine Wimpern und Augenbraunen vergehen, und entschönte sich ganz und gar, so daß er aussah, als wäre er seit langer Zeit miselsüchtig oder aussätzig. Und zog sich einen Bußsack über, ging in seines Freundes Haus und trat so vor das Lager der Kranken, an dem ihr Gemahl stand. Und enthüllte sein Haupt und Antlitz, und sagte: »O wie hat mir Gott gethan!« – Die Frau aber, wie sie das sah, daß er von solcher Schönheit zu solcher Verachtung gesunken, verwunderte sich sehr und erschrak. Gott aber, der des Jünglings Thun erkannt hatte, nahm von ihr den Kampf der Versuchung, und stracks stand sie auf, und alle böse Neigung war von ihr gewichen. Da nahm der Jüngling seinen Freund bei Seite, und sprach zu ihm: »Siehe, wie Gott geholfen hat, daß dein Weib keinen Schaden an ihrer Seele genommen; sie soll aber mein Gesicht nicht wieder sehen.«

Fußnoten

1 Aus einer alten Handschrift mitgetheilt von H. F.Maßmann.

44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

44. Eheliche Treue. 1

In der Stadt Sidon hatte ein Jude sein Weib zehn Jahre lang zur Ehe gehabt, aber kein Kind von ihr; deswegen ging er mit ihr zum Rabbi und wollte sich von ihr scheiden lassen. Da sprach der Rabbi: Weil ihr euren Ehestand in Freuden habt angefangen mit Essen und Trinken, so müsset ihr euch auch wieder auf solche Weise trennen. Also gingen die Eheleute mit einander nach Hause, bereiteten ein köstlich Mahl und waren fröhlich zum Valet. Der Mann aber sprach zu seiner Frau: Liebe Tochter, sieh dich im Hause wohl um, trage das beste Kleinod, das du findest, mit dir und gehe heim zu deinem Vater. Die Frau [120] schwieg, und da der Mann sich lustig erzeigte und nach reichlich genossenem Wein fest einschlief, rief sie ihr Gesinde und ließ den Mann mit sammt dem Bette, darin er lag, in des Vaters Haus schaffen. Als nun derselbe des Morgens aufwachte, sprach er: »Meine liebe Tochter, wo bin ich?« Sie gab zur Antwort: »Bei meinem Vater.« »Ja, wie komme ich denn hierher?« fragte er weiter. Darauf sagte sie: »Du hast mir gestern Abends befohlen, ich sollte das beste Kleinod, das du im Hause hättest, mitnehmen; nun aber weiß ich auf dieser Welt kein Kleinod, das ich lieber hätte, als dich.« Diese Liebe und Treue rührte ihm das Herz dermaßen, daß er den Scheidebrief vergaß und sie wiederum als seine Ehefrau mit nach Hause nahm.

Fußnoten

1 Aus der 1. Aufl. wiederholt aufgenommen. Anm. d. Herausg.

45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

45. Warum heirathen? 1

Einer heirathet darum, und der andere darum; und ein Dritter weiß gar nicht warum – wie jener Dummrian, welcher sagte: er heirathe, damit er's halt auch so mache, wie andere Leute. Jener Tagwerker wußte es aber, warum er heirathe; denn obwol er selbst nicht viel mehr erübrigen konnte! die ganze lange Woche hindurch, als daß er am Sonntag ein wenig Fleisch in der Schüssel hatte und eine halbe Maß Bier in dem Krug, so wollte er doch fast lieber selbander hungern, als allein reichlich satt werden. »Ich muß eine haben« – sagte er zu denen, die ihm das Heirathen aus dem Kopf reden wollten – »ich muß eine haben, zu der ich sagen kann: Frau, ich bring es dir, und sie: Mann, Gott gesegne es dir.« – Das sind einfältige Worte, die aber viel Meinung haben; und wer eine liebe Hausfrau hat, der wird's verstehen.

Fußnoten

1 Aus der 1. Aufl.

46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[121] 46. Das Schloßfräulein.

(Eine Sage.)


»Nun haben wir noch eine Viertelstunde bis Kaufbeuren; wir sind schon bei der Märzenburg,« sagte der Webermeister zu seinem Gevattersmann, der auf einen Besuch gekommen. »Ihr luget umsonst nach der Burg,« sagte der Meister; »die ist schon seit undenklichen Zeiten versunken; aber Reste von Gemäuer findet man noch da in der Tiefe, und das Fräulein geht noch um bis auf den heutigen Tag. Wenn Ihr ein Sonntagskind wäret und ein Junggeselle, so könntet Ihr sie hören, und erlösen. Sie schwirrt, husch! husch! um einen herum, und setzt sich unversehens auf den Rücken. Wer sie nun bis in die Stadt trüge, und dreimal um die St. Martinskirche herum, der würde sie erlösen, und er bekäme alle Schätze, die dort verborgen liegen in der Märzenburg. Aber Gott behüt uns! der Geist, der anfangs federleicht ist, wird Schritt vor Schritt schwerer, und es liegt einem zuletzt wie eine Last Blei auf dem Rücken. Keiner, der's versucht, hat's noch überstanden, und sind alle jämmerlich erlegen.« – »Ihr seid voller Schwänke,« sagte hierauf der Gevattersmann – »und der Weg wird einem, wägerle! nicht lang neben Euch. Was Ihr da erzählt, ist freilich schon vielen Mannsleuten begegnet, auch anderwärts; anfangs sind sie alle federleicht, die Weiber; sie werden aber von Jahr zu Jahr schwerer, und zuletzt erliegen die Männer unter des Weibes Last, und haben weder Erlösung gefunden, noch einen Schatz.« »Ihr seid ein Schalk,« sagte der Meister; »und Ihr wisset die Geschichte wol zu deuten. Aber wahr ist sie, wie ich sie Euch erzählt habe; das könnt Ihr mir wohl glauben.« »Ich muß wol,« sagte der Gevattersmann, »denn ich hab's leider selbst erfahren.« Unter diesem erbaulichen Gespräch langten sie in der Stadt an.

47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[122] 47. Volkssagen aus Oberschwaben.

1. Der Hüllenweber.

Unter dem Galgen von Blonhofen liegt ein Schatz. Eines Tages thaten sich vier Männer aus dem Ort zusammen, die wollten ihn heben; und unter ihnen war einer, der hieß der Hüllenweber. Als sie tief genug gegraben hatten, kamen sie auf den Schatz. Auf dem Schatz aber saß ein feuriger Hund, der sagte: »Eins, zwei, drei, vier; und einer gehört mir; und einer muß des Teufels sein, und soll's der Hüllenweber sein.« Der Hüllenweber erschrak, und sagte: »Gott will nit!« Und in dem Augenblick ist der Schatz verschwunden; der Hüllenweber aber ist gerettet worden.

2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2. Der Spielmann.

Eines Tages ging ein Spielmann von Blonhofen aus spät Abends nach Hause. Unterwegs kam er an einem Wirthshause vorbei, das er vorher niemals da gesehen hatte; und drin brannten noch Lichter, und die Leute tanzten und lärmten. Er glaubte, daß er sich verirrt habe, und er ging hinein. Man hieß ihn aufspielen, und er that's, und die Tanzenden bezahlten ihn mit Goldstücken. Gegen Morgen hin verließ ein Paar ums andere das Wirthshaus; und als man in Blonhofen das Gebet läutete, war mit einem Male Alles verstorben, sammt dem Wirthshaus. Der Spielmann aber saß auf dem Galgen. Und wie er sich nach seinen Goldstücken umsah, da waren es lauter Glasscherben. Die warf er unmuthig weg. Später aber, als er nach Haus gekommen, fand er noch ein Stück in der Tasche, das war ein Goldstück. Er ging darauf wieder zum Galgen zurück, um die weggeworfenen Stücke wieder zu suchen; er entdeckte aber kein einziges mehr.

48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[123] 48. Der Bärenhäuter.

Nach der unglücklichen Schlacht bei Barna in Ungarn, worin das christliche Heer von den Türken fast gänzlich vernichtet worden, entkam unter den Wenigen auch ein deutscher Landsknecht durch die Flucht in einen dichten Wald. Daselbst fand er aber weder zu brechen noch zu beißen; nirgends zeigte sich ein Obdach, und er irrte, von wenigen Lumpen bedeckt, ein Paar Tage in der Wildniß umher, bis er endlich ganz ermattet niedersank und nicht mehr weiter konnte. Diese Noth, und der Gedanke, so fern vom Vaterland verderben zu müssen, trieb ihn zur Verzweiflung; nach böser Landsknechte Art verwünschte er in gräulichen Flüchen, daß er ein Mensch geboren sei, und sagte zuletzt: wenn mir da der Teufel nicht hilft, so wüßte ich nicht, wer mir noch helfen sollte.

Und siehe da! der Teufel erschien ihm alsogleich, in menschlicher Gestalt als Jägersmann, und erbot sich gegen ihn, daß er ihn nicht allein in Sicherheit bringen, sondern ihm auch so viel Geld und Gut verschaffen wollte, als er begehren möchte, wenn er seine Seele verpfändete. Dies Anerbieten däuchte aber dem Landsknecht doch so grauerlich, daß er Bedenken trug, in das Begehren einzuwilligen. Darauf that ihm der Teufel den Vorschlag, er solle mindestens auf sieben Jahre sich zu seinen Diensten verschreiben, wobei er nichts zu thun hätte: erstlich nichts zu kämmen, zu waschen und zu reinigen an seinem Leibe, zweitens nichts zu arbeiten, drittens nichts zu beten und keine Kirche zu besuchen. Nur von seinem Schlosse hätte er täglich eine Stunde Wache zu halten, sei es auch schlafend. Dafür solle er Essen und Trinken in Fülle bekommen, und Geld und Gut oben drein. Aber die Kleidung müßte er sich alsogleich selbst verschaffen, eine Bärenhaut, die Liverei des Herrn. Das Alles war dem Landsknecht gar sehr recht; und da so eben eine Bärin vorbei zu ihrem Lager ging, [124] wo sie ihre Jungen hatten, so erschoß sie der Landsknecht, und zog ihr den Pelz ab, womit er sich bekleidete. Alsdann ergriff ihn den Geist, und entführte ihn auf sein Schloß, das mitten im Meer auf einer wüsten Insel lag, wo er alsbald seinen Dienst antrat.

Nachdem Bärenhäuter über sechs Jahre, bis auf sieben Monate, seinen Wachdienst versehen hatte – Haar und Bart waren ihm indessen dermaßen verwachsen und verfilzt, daß er von Gottes Ebenbildlichkeit wenig mehr übrig hatte – so trat der Teufel zu ihm, und sagte, er bedürfe seiner Dienste nicht mehr, und er wolle ihn nun wieder unter Menschen bringen, jedoch unter der Bedingung, daß er sich noch die übrige Zeit in dieser seiner Verwilderung unter ihnen sehen lasse; zugleich wolle er aber den verdienten Geldschatz ihm überantworten, einen Säckel mit Heckpfennigen, die sich auf immerdar vermehrten: damit möchte er sich eine Weile lustig machen, so gut er könnte. Zu seiner Zeit wolle er wieder zu ihm kommen, und für sein ferneres Unterkommen Sorge tragen. Dem Landsknecht war es gar lieb, daß er wieder unter Menschen käme; er ließ sich daher recht vergnügt vom Teufel übers Meer nach Oesterreich führen, wo er zu Hause war, und wo sein Bildniß noch heutiges Tages gezeigt wird. Dort setzte ihn der Geist vor einem Wirthshause ab, das an der Straße lag, wo täglich und stündlich viele Menschen vorbei gingen und einsprachen.

Anfangs erschraken die Leute, die seiner ansichtig wurden, und wiesen ihm den Schweinstall zur Wohnung an. Um des Geldes aber, das er ihnen zuwarf, gaben sie ihm Speise und Trank, so viel und so gut er wollte; und bald gewöhnten sie sich an den Unflath dermaßen, daß er wie ein Hausgenosse gehalten wurde in seinem Koben.

Wo aber zog sein Geld, das nie minder wurde in dem Säckel, von Tag zu Tag immer mehr Leute an, zumal Landstürzer, Robler und Doppler und anderes Gesindel, [125] das im Wirthshause zusprach. Denn er hatte sich Würde beigelegt; und der, welcher unsichtbar im Spiel war, wendete es schon so, daß der Bärenhäuter meistens verlor was diesem keinen Verdruß machte, da er des Säckels gewiß war. Also gab's des Zulaufs in Menge, und es geschahen alle Missethaten und Laster, die bei Spiel und Gelagen vorkommen, als: Trunkenheit, Lug und Trug, Raub und Mord, so daß dieses Wirthshaus eine wahre Kapelle des Teufels war, und ihr Priester der Bärenhäuter.

Also verflossen wieder sechs Monate und sieben Tage. Da kam, versprochener Maßen, der Geist wieder zu ihm in der bekannten Jägertracht, und versprach ihm nun Rath und That für dessen Zukunft. Es werde, sagte der Geist, dieser Tage ein Edelherr ins Wirthshaus kommen, und sich mit ihm ins Spiel einlassen. Dem solle Bärenhäuter all sein Geld abgewinnen, zuletzt aber ihm nicht nur das Verlorene wieder anbieten, sondern noch eine große Summe obendrein, unter der Bedingniß, daß er ihm eine seiner Töchter zur Ehe geben wollte. Wie der Teufel gesagt, so ist es geschehen. Der Edelherr, nachdem er all sein Geld in kurzer Zeit verspielt, verkaufte um die angebotene Summe dem Bärenhäuter die älteste seiner drei Töchter, und führt ihn selbst mit auf sein Schloß, daß er seine Braut empfahen und heimholen könnte. Als aber das Fräulein den Mann sah, ihren Bräutigam, in der Bärenhaut, mit langem Bart, ungekämmten Haaren und schmutziger Gesichtsfarbe, so erschrak sie und gerieth dermaßen in Verzweiflung, daß sie sich ins Wasser stürzte. Die jüngste aber, ein leichtfertiges Ding, da die andere sich weigerte, bot dem überreichen Manne freiwillig ihre Hand dar, die auch Bärenhäuter annahm. Er versprach nach sieben Tagen wieder zu kommen, bis wohin die Zubereitungen zur Hochzeit gemacht werden sollten.

Als Bärenhäuter seine Brautwerbung also abgethan, so kam wieder der Teufel, und sagte zu ihm: Nun sei es [126] Zeit, daß er sich in einer andern Kleidung vorstelle, Rosse und Kutsche sammt Dienerschaft sich anschaffe, und überhaupt adelige Sitten und Gebärden annehme. Das that er denn, wie ihm gerathen worden; und als er nun so ausgestattet in die Burg des Edelherrn einzog, da erstaunte Jedermann darüber, daß aus dem wüsten Bärenhäuter ein so schöner und reicher Cavalier geworden. Die Braut, die jüngste Tochter, hatte zumal Freude über diese Verwandlung. Ihre Schwester aber, aus Neid und Mißgunst, grämte sich dermaßen, daß sie sich am Hochzeittage erhängte. So hatte denn Bärenhäuter dem Teufel, seinem Herrn, zu guter Letzt noch zwei Opfer geliefert, und das dritte konnte ihm ohnehin nicht entgehen. Nach Jahr und Tag, die sie im leichtfertigen Leben mit ihrem Manne zugebracht, war auch die jüngste eine Leiche. Den Bärenhäuter hat aber zuletzt der Teufel selbst geholt.

49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

49. Der Spielmann und sein Wohlthäter.

Ein alter Spielmann wohnte bei einem armen Schuster zur Miethe. Das Spottgeld, das er sich verdiente an den Schenktischen, wo er seine alten Weisen ableierte, mochte kaum hinreichen, um sich ein Mittagbrod zu schaffen. Jeden Abend aber saß er beim Schuster zu Tisch, und wenn die Zeit kam, wo die Miethe zu bezahlen war, legte er wol vor dem Meister den Beutel aus, aber es war kein Geld drinnen, und der Meister, aus Erbarmen, schenkte ihm dann selbst einige Schillinge, auf daß er sich seinen Rock flicken, seine Wäsche reinigen, und neue Schuhe sich machen lassen konnte. Diese Wohlthätigkeit des Mannes mißfiel aber der Hausfrau, und sie zankte oft deshalb mit ihm, daß er den alten Lump, wie sie gewöhnlich den Spielmann nannte, im Hause duldete und nährte, wie ein Ungeziefer. Der Mann aber blieb dabei, und that nach- wie vorher, und [127] er sagte sein Sprüchlein auf: gebet, so wird euch gegeben werden. Das ist denn auch wahrgeworden, in mehr als Einem Sinne. Denn erstlich leistete ihm der alte Spielmann täglich Gesellschaft am Abend, und erzählte ihm die Neuigkeiten des Ortes und des Tages, und spielte ihm auch oftmal umsonst ein lustiges Stücklein auf, oder sang ein schönes weltliches Liedlein, so daß der Mann gerne zu Hause blieb und manchen Pfennig ersparte, den er sonst im Wirthshause verbraucht hätte. Und zweitens brachte ihm der Spielmann manchen Kunden zu von seines Gleichen, die aber Geld hatten, um zu bezahlen; und die Nachbarsleute selbst, die von des Schusters wohltätigem Sinne erfuhren, gaben ihm gern Arbeit, verhoffend, er, der gutherzige Mann, werde um so mehr auch ein ehrlicher Mann sein, worin sie sich auch nicht betrogen fanden. Und drittens – aber da muß der Volksfreund sich selbst unterbrechen, um dem Leser alles deutlich zu machen. Der Spielmann war eigentlich ein Duckmäuser. Denn er hatte, wie Judas, einen geheimen Säckel, und ersparte sich viel Geld. Er dachte aber klüglicher Weise so: so lange der Meister lebt von seiner Arbeit, so lange leb' ich auch von seinen Wohlthaten. Stirbt er früher als ich, so habe ich doch einen ersparten Pfennig, von dem ich fortan mich ernähren kann, und er mag dafür Gottes Lohn erhalten. Sterb' ich aber früher, nun dann. – – Es ist aber das Letztere eingetroffen, und was sich der Spielmann gedacht, das hat er auch gethan. Er setzte den Meister Schuster zu seinem Erben ein, und nach seinem Tode fand man in dem geheimen Säckel nicht weniger, als zweihundert Pfund; das thut: zwei tausend und etliche Gulden. Das war drittens. – Der günstige Leser wird daher erstlich dem Spielmann abbitten, wenn er ihn für einen Judas gehalten; zweitens wird er dem Meister Schuster Recht geben und sein Sprüchlein in Ehren halten; und drittens wird er das Gleiche thun; denn umsonst hat der Volksfreund [128] ihm die Geschichte nicht erzählt. – Es hat sich aber diese Geschichte ereignet in der großen Stadt London, wo es 50000 Arme gibt, die in der Früh aufstehen, ohne zu wissen, ob und wo sie Mittags essen oder die folgende Nacht schlafen werden; und der Spielmann ist gestorben im Jahre 1834, wie die Zeitungen gemeldet haben.

50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

50. Grausamer Scherz.

In England, wo man überhaupt mit den Spitzbuben nicht viel Umstände macht, besteht unter andern auch das Gesetz, daß wenn ein zum Tode Verurtheilter einen andern als Mitschuldigen angibt, sein Zeugniß als vollgiltig angenommen und der bezeichnete Spießgeselle ohne weiteres mitgehenkt wird. Einsmals hat sich einer einen grausamen Scherz erlaubt. Als er zum Galgen geführt wurde, hörte er einen unter den Zuschauern, die am Wege standen, laut sagen: Wie mag wol dem zu Muthe sein! Es lag eben kein Spott in diesen Worten, aber auch kein sonderliches Mitleid, sondern es war nur eine Außerung jener dummstieren Neugierde, welche auch bei uns nicht blos den Pöbel, sondern auch gebildete Herren und Damen hinaustreibt, wenn ein solcher Verbrecher der Gerechtigkeit zum blutigen Opfer gebracht wird. »Wie mag wol dem zu Muthe sein!« sagte der Engländer. Das hörte der Spitzbub, und er sah auf den Mann, der das Wort gesprochen; und er sah, daß er nichts weniger als aus Mitleid so geredet habe. Da wandte sich der Schächer zum Richter, der ihn begleitete, und sagte: »Der, welcher dort unter den Zuschauern stehe, sei sein Mithelfer gewesen im Diebstahl, weshalb er den Tod leiden müsse.« Sogleich wurde nun der Bezeichnete ergriffen und festgesetzt. Im Verhör mochte er läugnen, wie er wollte, es half ihm nichts; es hatte einmal ein Verurtheilter gegen ihn gezeugt, daß er's gewesen, und er selbst [129] konnte nicht beweisen, daß er's nicht gewesen. Also wurde er von den Geschwornen als ein Dieb zum Tode verurtheilt. Des andern Tages saßen ihrer zwei auf dem Wagen zum Galgenziel, und die Straße stand schier leer von neugierigen Zuschauern, da die Fuhr vorbei ging. Nachdem sie an der Richtstätte angelangt, fragte der erstere den andern: »Weißt du jetzt Kamerad, wie einem zu Muth ist, der zum Galgen geführt wird?« – »Ja wohl! Gott sei's geklagt!« sagte der andere. Drauf wandte sich jener an den Richter, und sprach: »Ich nehme mein Zeugniß zurück. Er ist unschuldig an dem Verbrechen, dessen ich ihn geziehen. Ich habe mir nur den Spaß machen und ihm Gelegenheit verschaffen wollen, zu erfahren, wie einem armen Sünder zu Muthe sei.« Also wurde der Angeschuldigte wieder – frei gegeben? Das weiß der Volksfreund nicht, er hofft es aber. Denn wer nach den englischen Gesetzen einmal dem Blutrichter überliefert worden ist – wofür dieser einen eigenen Empfangsschein an den Kerkermeister auszustellen hat – der ist ohne Rettung dem Tode verfallen. Darum danken wir Gott, daß wir nach deutschen Gesetzen gerichtet werden – ich meine nicht die Spitzbuben, sondern uns übrige ehrliche Leute.

51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

51. Hans, blas 's Licht aus.

In Frankfurt lebte ein Weinhändler, Namens Mauskopf; der hat die Kunst verstanden, von der Armuth sich Reichthum zu verschaffen. Wenn er nämlich von einem Winzer hörte, daß es mit dessen Vermögen auf die Neige gehe und zur Vergantung, so war er flugs bei der Stelle, wie ein Rabe, der um Sterbende kreiset, des Aases gewärtig. Einstmals aber hat er doch eine falsche Rechnung gemacht. Ein Winzer an der Bergstraße, wo guter Wein wächst, war drum und dran, den Garaus zu machen. Dies [130] hatte kaum unserMauskopf gehört, als er sogleich zu dem Manne eilte, um ihm den Nest von seinen Weinen abzuknicken. Der Winzer, wie er das Begehren vernommen, machte nicht viel Worte und Umstände, sondern sagte blos zum nebenan stehenden Knechte: Hans, zünd 's Licht an! und er führte dann sogleich den Weinhändler in seinen größtentheils schon ausgeleerten Keller, wo Kraut und Rüben, Schaufeln und Hacken, leere Fässer und Gestelle kunterbunt unter einander lagen, so daß sich die Besuchenden kümmerlich durchwinden mußten bis in den tiefsten Hintergrund, wo noch ein volles Faß stand. Der Winzer gab dem Kaufmann stillschweigend ein Glas zu kosten, und dieser fand den Wein vortrefflich, und hoffte somit einen guten Fang zu machen. Auf die Frage, was das Ohm koste, nannte der Winzer den Preis, einen äußerst billigen. Der trügerische Kaufmann aber, der Mauskopf, bot einen Schandpreis. Was that nun der Winzer?... Der Volksfreund kannte einen Landsmann, einen ehrenwerthen Leinwandhändler aus den Stauden; wenn diesem ein Kaufherr einen Spottpreis der Art auf seine Waare schlug, so kehrte er sich um, stellte sich in die Stubenecke, und, indem er die Hände faltete und die Daumen im Kreisel spielen ließ, murmelte er zwischen den Zähnen: Zoər ‰ komm moər ‰! Zoər ‰ komm moər ‰! Zoər ‰ komm moər ‰! – 1 ungefähr wie es Kaiser Augustus gethan, der, um den aufbrausenden Zorn zu unterdrücken, das griechische Alphabet herzusagen pflegte ... Unser Winzer aber that anders; er sagte blos: Hans, blas 's Licht aus! und er durchzog drauf mit Hansen den ihm wohlbekannten Keller ohne Gefährde, und kümmerte sich um den Kaufmann nicht weiter mehr. – Dieser aber hatte nun seine liebe Noth, wie er in der Finsterniß durch den Wirrwarr aus dem Keller kommen sollte. Jetzt stolperte er über einen Kraut- und Rübenhaufen, [131] dann fiel er über ein leeres Faß oder ein Gestelle, drauf rannte er an die Wand, und kam zuletzt mit hinkenden Beinen, mit geschundenen Händen und mit Beulen am Kopf kümmerlich aus dem verfluchten Kellerloch. Der Winzer aber war inzwischen schon aufs Feld gegangen, und Hans hielt dem Kaufmann an der Kutsche das Leitseil hin und die Geißel, nachdem er ihm noch, aus Unachtsamkeit, damit ins Gesicht gefitzt. Also mußte er unverrichteter Dinge abziehen ... Seit der Zeit geht in Frankfurt das Sprüchwort, wenn man einen schnöden Handel nicht eingehen will: Hans, blas 's Licht aus!

Fußnoten

1 Zorn komm morgen.

52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

52. Die Meisterschaft.

Vordem hießen die Scharfrichter vorzugsweise Meister. Wie weit sie's in ihrem blutigen Handwerke damals gebracht, davon lesen wir in der Chronik von Regensburg folgende Geschichte. Als dort im Jahr 1601 der Scharfrichter gestorben, warben drei Henker aus der Nachbarschaft um diesen Dienst. Man zeigte ihnen an, daß bereits drei Missethäter, die zum Tode verurtheilt worden, im Gefängniß lägen; an diesen sollen sie ihr Meisterstück, jedweder an einem, versuchen, und welcher von ihnen am besten das Scharfschwert führe, der werde den Dienst bekommen. – Nun höret, wie sie sich so gar meisterlich gehalten haben. Der erste hat dem einen Verurtheilten einen Ring mit Röthel um den bloßen Hals gestrichen, und bei der Enthauptung diesen Ring genau durchhauen. Der andere hat seinem armen Sünder zwei Fäden um den Hals gelegt, und den Hieb also gut gethan, daß er sogar keinen Faden verletzte. Nun ist es an dem dritten Henker gewesen, der ein großer, starker Mann war; da hat das Volk gemeint, er könne unmöglich mehr gewinnen. Der rief mit lauter Stimme vom Hochgericht: »wie muß denn ich es machen, [132] daß er mir zum Besten komme?« Als nun Jedermann zugelaufen, und sehen wollen, wie er es anfangen werde, ob er auch einen Kreis oder Ring um den Hals mache; und als die andern zwei Henker, die zunächst dem armen Sünder standen, gar sehr Acht geben wollten, und ungeschickt und fürwitzig die Köpfe hinhielten: da haute der Meister in Eile zu, und schlug mit Einem Hieb dem Sünder und den zwei Henkern die Köpfe ab, und also hat er sein Meisterstück am besten bewiesen, daß er Scharfrichter wurde.

53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

53. Volkssagen aus Franken.

1.

In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen, das heißt das Freudengäßchen. Dort hat vor Zeiten der Scharfrichter seine Behausung gehabt. Wie aber dasselbe zu dem Namen gekommen, davon wird folgende Geschichte erzählt. Als nach der Schlacht bei Nördlingen der Tilly in Rothenburg eingezogen, hatte man ihm und seinen Leuten ein staatliches Mahl zubereitet auf dem Rathhause. Dabei ward ihnen denn auch in einem großen Humpen, der noch heutigs Tags zu sehen ist, Wein kredenzt vom Rothenburger Gewächs, dem besten. Wie nun Tilly den Mund ansetze, fand er den Wein ganz abscheulich; und vermeinend, daß die Rothenburger ihm diesen Trank zum Spotte gereicht, ergrimmte er in Zorn, und sprach zu Bürgermeister und Rathsherren: Dieser euer Wein soll euch schlecht bekommen. Denn ich sage euch: wenn nicht einer von euch diesen Humpen in einem Zuge austrinkt, so seid ihr alle des Todes. Und er ließ auch sogleich den Scharfrichter holen, daß er bereit stehe mit seinem Schwerte, um einem nach dem andern den Kopf abzuhauen. Da erbarmte sich aus Patriotismus einer der jüngern Rathsherren der übrigen, und [133] trat vor, und trank den Wein allen in Einem Zuge aus, wie es der grausame Tilly verlangt hatte. Also sind Bürgermeister und Rathsherren mit dem Leben davon gekommen und der Scharfrichter ist unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Darüber ist nun in Rothenburg große Freude gewesen. Und es wurde, um dieses Ereignisses wegen, jenes Gäßchen, in welchem der Scharfrichter seine Wohnung gehabt, von der Zeit an das Freudengäßchen genannt.

2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

2.

Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig, die Kniebrechen genannt wegen ihrer Steile. Da hat sich vor Zeiten eine grausame That begeben, an welche jeder, der des Weges geht, mit Schaudern denkt. Die Geschichte lautet, wie folgt. Es wurden zu jener Zeit drei Männer aus Rothenburg an des Kaisers Hof gesandt, um ein Anliegen ihrer Stadt an den Herrn zu bringen. Der Kaiser empfing die Abgeordneten auf leutselige Art, und er fragte vorerst einen nach dem andern nach ihren Namen, wie sie sich schrieben. Der erste sagte, er schreibe sichVötter; worauf der Kaiser: das ist ein gar schöner, freundnachbarlicher Name. Der andere, gefragt, sagte, er schreibe sich Brueder. Der Kaiser: das ist ein noch schönerer Name, der einem wahrlich ins Herz hinein wohl thut. »Und wie schreibt denn Ihr Euch?« fragte zuletzt der Kaiser den dritten. Der antwortete nach einigem Zögern, fast kleinlaut: »Ich schreibe mich Mörder.« »O pfui!« sprach der Kaiser, »das ist ein garstiger, ein schlimmer Name; es möchte einem die Haut drob schaudern.« Das hatte der Kaiser im Scherz gesprochen. Jener aber hielt es für Ernst, und es beschlich Neid und Mißgunst sein Herz, und weil ihn die andern darob neckten, zuletzt Haß und Rache. Als sie daher nach Hause zurückkehrten, so überfiel er sie, Angesichts der Vaterstadt, auf derKniebrechen, und schlug sie todt. Darob wurde der Mörder [134] eingefangen und hingerichtet; und es ist der letzte seines Stammes gewesen zu Rothenburg an der Tauber.

54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

54. Der einfältige Junge. 1

Ein einfältiger Junge wollte Schulmeister werden. Der Pfarrherr, der ihn prüfen sollte, kannte seine Einfalt, und stellte daher an ihn die Frage: Wer der Kinder Noah's Sem, Ham und Japhet Vater gewesen sei? Das wußte der Junge nicht, und konnte keine Antwort geben. Wie er nun nach Haus kam zur Mutter, sagte er: Höret nur, Mutter, was mich doch der hoffärtige Pfaff fragte. Er fragte mich: wer der Kinder Noah's Sem, Ham und Japhet Vater gewesen sei? Wer will gleich das Ding wissen? Meint er, daß ich zehn Schulen durchgemacht, wie er? Ich will Schulmeister werden und kein Pfarrherr. Die Mutter hörte ihm zu, und sagte: Bist doch so einfältig, daß du auf diese Frage nicht hast antworten können! Unser Müller Laux hat drei Söhne, der erste heißt Peter, der andere Paul, der dritte Hans. Wer ist nun Lauxen des Müllers Kinder Peter, Paul und Hansens Vater? Da antwortete der Sohn: wer will mir das sagen? Die Mutter antwortete: Laux der Müller, Laux der Müller ist es. – Des andern Tages kam der einfältige Junge wieder zum Pfarrer, und sagte: Herr Pfarrer, Ihr habt mich gestern etwas von den Kindern Noah's gefragt; fragt mich noch mal, so will ich Euch Antwort darauf geben. Der Pfarrer fragte: »wer ist nun der Kinder Noah's Sem, Ham und Japhet, Vater gewesen.« Da antwortete der Junge: Laux der Müller.

Fußnoten

1 Die mit * bezeichneten Historien sind aus dem Rücklaß aufgenommen.

Anm. d. Herausg.

55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[135] 55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort.*

Die Herren, welche obenan sitzen an der Regierung, wissen eben nicht immer alles, was unten drunten der Brauch ist, und darum muß man's ihnen gelegentlich sagen, rundweg, jedoch mit dem gehörigen Respect. Der kurfürstliche Kastner in Wiesensteig erhielt einst, auf die eingereichte Jahresrechnung, die Weisung: er solle sich verantworten, warum vergangenen Jahres von den Aeckern Ziffer 1 bis 81 inclusive kein Zehenten angesetzt worden wäre, da doch im vor- und vorvorigen Jahre so und so viel Erträgniß von denselben Aeckern erzielt, und eingetragen worden seien. Die Revision der Rechnung war wol von einem jungen Herrlein gemacht worden, der von der Landwirthschaft so viel verstanden, als ein Esel vom Lautenschlagen – aber rechnen konnt' er, trotz einem. Wie nun der Kastner den Befehl gelesen, da juckte es ihn, daß er laut auflachen mußte, und er setzte sich sogleich, und schrieb: »Eine Hochpreisliche Hofkammer hat den gehorsamst Unterzeichneten zur Verantwortung aufgefordert, warum er den Zehentertrag von den Aeckern Ziffer 1–81 inclusive in der letzten Jahresrechnung nicht in Ansatz gebracht habe. Der Unterzeichnete erlaubt sich anmit zu bemerken: wie des hiesigen Landes die Bauern im Brauche haben, von je drei zu drei Jahren abwechselungsweise auf bestimmte Ackergelände nur s. v. Dünger auszuführen und auszustreuen, wie denn dies im vorigen Jahre auf die rubricirten Aecker geschehen ist. Da nun aber, wie es der hochpreislichen Kammer bekannt sein wird, der Dünger directe keine Früchte bringt, so kann auch von dem diesseitigen Kastenamt billiger Weise kein Zehenten eingefordert und in Rechnung gebracht werden. Womit den erhobenen Anstand beseitigt zu haben glaubt

Der ehrfurchtsvoll Unterzeichnete.«

56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[136] 56. Soll ich? oder soll ich nicht?*

Ein Schwank.


Eine alte Wittwe von 70 Jahren bekam den Einfall noch einmal zu heirathen. Ehe sie sich jedoch entschloß, diesen Schritt zu machen, wollte sie vorerst die Mutter Gottes, Maria vom guten Rath, fragen, was sie dazu sage, ob ja oder nein. Sie ging daher in einer Nachmittagsstunde in die Kirche, und kniete und betete vor dem Altar der Mutter Gottes vom guten Rath, und sprach laut, daß sie's hören mochte: »Sag, soll ich noch mal heirathen, oder soll ich nicht?« Die Mutter Gottes aber schwieg, und sagte weder ja noch nein. In den folgenden Tagen kam sie wieder zur Stunde, wo sie niemanden in der Kirche glaubte, und betete und fragte, sie erhielt aber wieder keine Antwort. Indessen hatte sie der Meßner, der ein Schelm war, insgeheim belauscht. Der ging her, und machte außer der Zeit am Christkindlein, das die Mutter Gottes auf dem Schooße hatte, eine Vorrichtung, daß er den Kopf nach Belieben wenden konnte. Des andern Tages kam das heirathslustige alte Mütterlein wieder in die Kirche und vor den Altar, und sprach: »Sag, soll ich heirathen, oder soll ich nicht?« Sieh, da bewegte sich das Haupt des Kindleins, als wollte es sagen, nein. Das Fraule lugte, was es lugen konnte und rieb sich die Augen; aber wie sie wieder hinschaute, und abermals fragte: »Soll ich oder soll ich nicht?« da schüttelte das Kindlein abermal den Kopf, als wollte es sagen, du sollst nicht. Darüber wurde das Weib schier zornig, und es sprach zum Kindlein: »Was geht's denn dich an du G'schnapperl! 1 Wenn's nur der Mutter recht ist!«

Fußnoten

1 D.i. schnippische Person, schnippischer Junge!

57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[137] 57. Die Hasenjagd.

Ich weiß nicht, ist es ein Schwabe oder ein anderer deutscher Landsmann gewesen, der einmal von einem Hasen hübsch angeführt worden ist. Es hatte nämlich ein lang anhaltender Regen die Gegend so sehr überschwemmt, daß fast alles Wild in den Niederungen zu Grunde gegangen. In dieser Noth hatte sich ein Häslein schwimmend auf einen Weidenbaum gerettet, der noch aus dem Wasser hervorragte. Das sah ein Bauer von seiner einsamen Hütte aus und er dachte sich: der Hase wäre doch mehr geborgen in seiner Küche, als dort auf dem Baume, wo er ohnehin zuletzt doch versaufen oder verhungern müßte. Also zimmerte er ein Paar Bretter zusammen, und ruderte damit gegen den Weidenbaum zu, um den Hasen zu fischen. Der aber mochte dabei auch seine Gedanken und Plane im Kopfe haben, wie sich's aus der Folge ergeben. Denn wie nun der Bauer anfuhr und sich an den Zweigen hinauf hob, ersah sich der Hase den rechten Augenblick und sprang über den Bauern hinweg auf das bretterne Fahrzeug, das, durch den Aufsprung in Bewegung gebracht, nun fortschwamm, wohin es das Wasser führte. Beim nächsten Bühel, wo es anfuhr, sprang der Hase aufs Trockene und dankte, wie es schien, seinem Erretter mit einem allerliebsten Männle. Der Bauer aber säße wol noch auf dem Baume, wenn ihn nicht die Nachbarn heimgeholt hätten, die ihn nun ob seiner Hasenjagd brav auslachten.

58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

58. Der Hahn im Korb.

Zur Zeit, da es noch Sitte war, Narren zu halten an den Höfen, hatte ein Fürst einen solchen Schalk, der wegen seiner lustigen Streiche und gescheidten Einfälle bekannt und beliebt war. Eines Mittags, da man zur Tafel ging, [138] aber der Narr noch fehlte, sagte der Fürst zu den eingeladenen Herren: um den Narren mit guter Art züchtigen zu können, habe er einen Schwank im Sinne; es sollte jeder von ihnen ein Ei zu sich stecken, und wenn er's befehle, herfür langen. Als sie nun sämmtlich bei Tafel saßen, und die Reden durch einander liefen und überlaut wurden, rief der Fürst, scheinbar vor Unmuth: »Das gackert und glücket ja, als wenn ein Hennenvolk beisammen wäre! Nun will ich aber auch die Eier sehen, die gelegt werden, geschwind!« Und er wandte sich zum nächsten, der neben ihm saß. Der duckte und schmuckte sich alsogleich, und druckte und legte das Ei vor sich auf den Tisch. Desgleichen thaten der andere, der dritte, die übrigen, so wie die Reihe an sie kam. Zuletzt war's am Narren, daß er ein Ei legen sollte. Der aber erhob sich auf seinem Sitz und schlug mit den Armen, als wie mit Flügeln, und schrie: »Kikerikiki!« »Was will das?« fragte der Fürst. »Ei«, antwortete der Narr, »da, wo so viele Hennen sind, muß ja doch wol auch ein Hahn sein.« Dieser Einfall ergötzte den Herrn, und der Narr entging nicht nur der zugedachten Züchtigung, sondern verblieb auch, was er bisher gewesen, der Hahn im Korb.

59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

59. Der lustige Schuster.

Wer zu allen Kirchweihen, Dinzelfesten und sonstigen Eß- und Trinkgelagen von allen Seiten her geladen wurde, das war Fips, der lustige Schuster. Er verstand zwar nichts von den sieben freien Künsten und blutwenig von seinem Handwerk, aber er hatte vielen Mutterwitz, und war unerschöpflich an Schnaken und Schnurren, und besonders an Räthseln. Deshalb warb man gern um seine Gesellschaft, und er schlug auch keine Einladung aus, da, wo es wohl zu essen und zu trinken gab, umsonst und [139] um nichts. – Einstmals lud ihn auch ein reicher Kaufherr zu Tisch, welcher mehrere gute Freunde bei sich bewirthen wollte. Fips erschien, wie sich's ziemte, im Feiertagsrocke, und war nicht der letzte, der sich setzte. Suppe und Rindfleisch schmeckten ihm wohl, das sah man; aber er that kein Maul auf, außer zum Essen. Die Gäste warteten vergebens auf die Schnaken und Schnurren und auf die Räthsel. Der Hausherr schenkte ihm ein Glas Wein ein, verhoffend, daß der Geist den Geist wecken werde. Der Schuster soff ein Glas um das andere aus und aß viel, aber es kam kein Wörtle aus ihm. Endlich forderte ihn der Hausherr auf, seine Witze loszulassen. Fips erwiderte: »Laßt mich doch erst einen Grund legen; dann werden schon die Witze aufwachsen, wie Pilze. Aber naß muß vor Allem der Boden sein.« Und er trank und aß fort. Zuletzt, als man ihm gar keine Ruhe mehr ließ, wischte er sich das Maul, trank noch ein Gläslein, und fing sofort an zu erzählen, wie folgt: »Ein König schickte eines Tags seinen Narren aus in die Welt, mit dem Auftrage, er solle nach drei Dingen forschen, und nicht eher an den Hof zurückkehren, als bis er sie gefunden. Und er legte ihm drei Fragen vor: ›Zum ersten, welches Fleisch ist fetter, als Schweinefleisch? Zum zweiten, welches Brod ist weißer, als Ulmerbrod? Zum dritten, welches Holz ist härter, als Hagebuchen-Holz?‹« Auf dies ging der Narr fort. – – –Fips hatte dies kaum geredet, als er wieder über die Schüssel herfiel und sich eins ums andre tief zu Gemüth führte. Die Gäste hatten unterdessen angefangen, über den Räthseln zu sinnen, die dem Narren aufgegeben waren. Und der eine rieth und der andere jenes. Fips aber schüttelte zu allem, was sie vorbrachten, den Kopf, und aß und trank weiter, so lang es reichte. Endlich verleidete den Gästen das Rathen, und sie forderten den Schuster auf, zu sagen: was fetter sei, als Schweinefleisch, und so weiter. Fips, ohne lange nachzusinnen, sagte: er für seine Person[140] wisse es eigentlich auch nicht, und man müsse drum schon warten, bis der Narr zurück sei von seiner Reise um die Welt; der werde es dann sagen, wenn er's eben wüßte. Der Hausherr und die Gäste merkten nun, daß sie die Gefoppten seien; doch verhielten sie's dem lustigen Schuster nicht, sondern lachten fein einander aus. Fips hielt sie auch von nun an, als er satt geworden, schadlos mit seinen Schwänken und Possen, so daß zuletzt alle zufrieden gestellt wurden. ... Und wenn's der Leser nicht ist, so mag er den Narren machen, und selbst Umfrage halten in der Welt.

60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

60. Schutzschrift für die Bauern.

Da sagt man gemeiniglich, die Bauern seien dumm und grob. Wie falsch dies sei, mag unter andern folgende Geschichte beweisen: Ein Bauer hatte in einem Städtlein Honig feil auf dem Markte. So wie er aber den Honighafen öffnete, flog ein Schwarm von Fliegen herbei und bedeckte über und über das Gefäß, und es half kein Abwehren und Verscheuchen, und die Leute, welche kaufen wollten, wendeten sich mit Ekel ab und gingen weiter. Da beschloß der Bauer in seinem Aerger, die Fliegen zu verklagen beim Bürgermeister, und er that's. War das dumm? Nein. Dumm wär' es gewesen, wenn er den Bürgermeister verklagt hätte beim Bürgermeister, daß er das Städtchen vom Unrath nicht säubern ließe, und so das Fliegengeschmeiß hegte und pflegte zum Schaden der Verkäufer, die doch ihren Marktpfennig zu bezahlen hatten. – Also mußte dem klagenden Bauern der Bürgermeister Recht verschaffen, er mochte wollen oder nicht. Und er sprach: Ich erkläre hiemit alle Fliegen in der Stadt für vogelfrei, und du magst sie todt schlagen, wo du sie nur triffst. Der Bauer war mit dem Urtheilsspruch zufrieden; und da so eben eine Fliege dem Bürgermeister auf der Nase gesessen, so schlug [141] sie der Bauer sogleich todt von Rechtswegen. War das grob? Nein. Grob wäre es gewesen, wenn er die Nase des Bürgermeisters gemeint hätte und nicht die Fliege. So aber konnte er noch um Verzeihung bitten, was er auch that. Und da er einmal, sagte er, das Recht erhalten habe über Leben und Tod aller Fliegen, so wolle er nur gleich damit anfangen, das Rathhaus zu säubern von dem Geschmeiß. Und in demselben Augenblick hatte auch der Schreiber seine Maulschelle, der ihn ausgelacht. – Kurzum, wollten sie nicht alle die Faust des Bauern fühlen, so mußten sie ihm den Honig abkaufen, um seiner los zu werden. Weiteres wollte eben der Bauer nicht, und er dankte für die gute Bezahlung.

61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

61. Der fromme Müller.

Ein Müller wohnte zwischen zwei Kirchdörfern, so daß sein Haus zu dem einen und die Mühle zu dem andern Dorfe gehörte. Die Einwohner beider Dörfer, welche sich seiner Mühle bedienten, lobten ihn wegen seiner Frömmigkeit und Ehrlichkeit: und als er starb, geriethen sie in Streit, weil jede Gemeinde ihn auf ihrem Kirchhof haben wollte. Sie konnten sich darüber nicht vereinigen und fingen einen Proceß an. Der Richter entschied: daß man den Todten auf einen Wagen legen, zwei Pferde davor spannen und dieselben mit Peitschen forttreiben lassen sollte; auf welchem Kirchhof sie alsdann stehen bleiben würden, dahin sollte man ihn begraben. – Da die Bauern dieses für gut annahmen und ausführten, liefen die Pferde in vollem Trab dem Galgen zu, und blieben daselbst stehen. Die Bauern verwunderten sich nicht wenig darüber, und sagten: sollten wir auch betrogen sein? Und sie berathschlagten, was nun zu thun sei. Dies ist ein Platz, sagten sie, wohin Leute begraben werden, die nicht viel taugen, und wir wissen nicht, wie sein Herz beschaffen [142] war. Wir wollen auch deshalb nicht mehr darum streiten, sondern ihn hieher begraben. – Wie sie ihn nun vom Wagen nahmen, kam ein Bulle in Furie daher gelaufen, und brüllte: Hanguf! Hanguf! worüber sich die Bauern noch mehr verwunderten, und den ehrlichen Müller aus Barmherzigkeit unter den Galgen begruben.

62. Hier lernt man Französisch61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

62. Hier lernt man Französisch.

Während der langen Zeit, als die Franzosen in Deutschland hausten, hatte Jedermann von uns Gelegenheit genug, französisch zu lernen, und sogar jeder Bauer wußte sehr wohl, was Buger, tutswit,l'arschan u.s.w. heiße. Darüber braucht man sich auch nicht zu wundern, – hat es doch sogar das Vieh gelernt, wie folgende Geschichte beweiset. Ein Franzose hatte sich im Wirthshause etwas verspätet, und ging, ziemlich betrunken, nach dem Zapfenstreich heim ins Quartier. Unterwegs wollte er doch erfahren, wie hoch es an der Zeit sei, und klopfte an einer Hütte an, und fragte auf französisch: wie viel Uhr? Die Hütte war aber ein Schweinstall. Die Sau darin antwortete auf französisch (recht durch die Nase): ons! ons! das heißt auf deutsch: eilf. Der Franzos fragte weiter: ob's schon lange geschlagen habe? Da antworteten drin die Ferkel, ebenfalls auf französisch: wui! wui! das heißt auf deutsch: ja. Der Franzos sagte: Schwuremersi (höflichen Dank!) und ging seines Weges weiter. Als er nach Hause gekommen, sah er auf der Wanduhr, daß sie wirklich recht gesagt hätten, die drinnen in der Hütte.

63. Der bayerische Diogenes62. Hier lernt man Französisch61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

63. Der bayerische Diogenes.

Glücklich ist nur der Zufriedene, und zufrieden ist nur der Genügsame. Leute dieser Art sind aber in unsern[143] Tagen sehr rar; und darum muß sich der Volksfreund schon in frühern Zeiten umsehen, um ein Exempel zu finden für sein Lehrstück.

Als eines Tages der Kurfürst von Bayern, Max III., sich mit der Wildschweinjagd belustigte, was ein gefährliches Vergnügen ist, da durchbrach ein angeschossener Eber die Bahn, und rannte in voller Wuth schnurstracks auf den Kurfürsten los, der am nächsten stand. Der Herr wäre ohne Zweifel zu Schaden oder gar ums Leben gekommen, wenn nicht ein Treiber, ein rüstiger und besonnener Landmann, Muth und Gegenwart des Geistes genug gehabt hätte. Der lief flugs herbei, ergriff den Keiler bei einem seiner Hämmer, und riß ihn mit einem Riß linksum, so daß das wilde Thier rechtsum und gradaus fortrannte, wo es denn zuletzt von den nacheilenden Jägern vollends erlegt wurde. Der Mann aber hatte sich indeß wieder unter dem Haufen der Treiber verloren, und die Sache wäre so weit abgethan gewesen. – Allein Max, der Gütige, als er Mittags im nahen Jagdschlosse das Mahl zu sich nehmen wollte, erkundigte sich angelegentlich nach dem braven Landmann, und er befahl, daß man denselben aufsuchen und in das Schloß bringen sollte. Das geschah denn; und der Treiber erschien, in seiner zerrissenen Jacke, mit verbranntem Gesicht und verworrenen Haaren, barfuß. Als er in den Saal trat, wo der Kurfürst mit seinem Gefolge war, schob er das Hütlein seitwärts, ganz stät, über das Ohr herab, und blickte mit Scheu auf die bordirten Herren, die den Kurfürsten umstanden. Den Herrn selbst aber, der einfach gekleidet war, sah er nicht, und es ward ihm unheimlich ums Herz. Indessen trat der Kürfürst auf ihn zu, und mit jener leutseligen Art, die guten Fürsten eigen ist, sagte er zum Manne: »Du hast mir heute das Leben gerettet. Ich danke dir. Nun aber bitte dir auch eine Gnade aus.« – Der günstige Leser wird sich nun den Kopf zerbrechen, um welche Gnade der wackere Mensch den [144] gütigen Kurfürsten gebeten habe. Ein hundert bayerische Thaler wäre schon etwas gewesen, und ein hübsches Sümmlein; noch besser irgend ein Dienst bei Hof, z.B. der eines kurfürstlichen Ofenheizers oder Hundefütterers oder gar eines Hofstallers; lauter vornehme und einträgliche Bestallungen. Nichts von allem dem fiel unserm Land- und Landsmann ein, sondern er dachte sich ganz was anders, und er drehte dabei das Hütlein zwischen den Händen, und lugte so für sich hin, und schwieg. Der gnädige Kurfürst wiederholte nun nochmal seine Worte, und sagte noch lauter: er solle sich eine Gnade ausbitten. Da that nun endlich der Mann seinen Mund auf, und sprach, indem er seine Augen wiederum über die bordirten Herren hinschweifen ließ: Außi wär i gern. Und ohne Urlaub abzuwarten, wendete er sich um, und eilte fort zu Thür und Thor hinaus. – Abends saß der Mann wieder in seiner Hütte, und erlabte sich an schwarzem Brod bei einem Krug Bier; und er dachte an Wald, und an Hof, und daß es dort nicht so unheimlich sei unter wilden Bären, als hier unter bordirten Herren. Und es war ihm kreuzwohl. Da trat noch spät am Abend ein Jäger des Kurfürsten in die Stube, und sagte: »Der gnädigste Kurfürst läßt dich grüßen, und das schickt er dir zum Dank, du weißt schon wofür.« Dabei gab er ihm eine Rolle bayerischer Thaler. Der Mann sagte: »'S hätt's just nit braucht; aber annehmen thu' ich's; und ich laß mich schön bedanken.« Und er holte drauf ein Fläschlein Branntwein hervor, und schenkte dem Jäger ein, und er trank mit ihm auf die Gesundheit des gnädigsten Landesvaters.

64. Der schwäbische Diogenes63. Der bayerische Diogenes62. Hier lernt man Französisch61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[145] 64. Der schwäbische Diogenes. 1

Im edlen, schönen Schwabenland,
Da gibt es Helden allerhand;
Doch von den Abenteurern allen
Will Einer uns zu meist gefallen:
Der Röhrle.
Er diente als gemeiner Mann
Treu seinem König Lobesan,
Und in des großen Kaisers Kriegen
Thät alleweil zu Felde liegen
Der Röhrle.
Bei Krachau und bei Schlackawitz,
Bei Schneida und bei Haderlitz,
Und wo's nur blut'ge Köpf' absetzte,
Da war der Schwabe nicht der Letzte,
Der Röhrle.
Und wo man sah ein Heldenstück,
Und wo man hört von Muth und Glück – –
»Wer ist's? wer that so große Thaten?«
»Wer ist's! das könnt ihr leicht errathen:
Der Röhrle!«
Einst hielt der Kaiser Musterung –
Es gab der Helden da genung –
Jedoch von allen, die da waren,
Soll Einer nur sein' Gunst erfahren,
Der Röhrle.
[146]
Der Kaiser ruft ihn an, und sait: 2
»Er ist ein Held, wie's keinen geit! 3
Drum will ich Ihn auch höchlich ehren;
Er soll sich eine Gnad' begehren,
Herr Röhrle!«
»Ich brauch kein' Gnad'! Ich hab als Mann
Blos meine Schuldigkeit gethan!«
So sprach, den Kaiser salutirend,
Und 's G'wehr vor selbem präsentirend,
Der Röhrle.
Der Kaiser drauf zum Volk sich kehrt,
Und spricht: »So was ist unerhört!
Fragt nicht: was hender und was wender? 4
's ist doch ein Tausendsappermenter,
Der Röhrle.« –
Dieß hat der Held uns selbst erzählt,
Und 's ist kein Wörtle dran gefehlt;
Und glaubt ihr's nicht, was wir euch sagen,
So mögt ihr ihn drum selber fragen,
Den Röhrle.

Fußnoten

1 Röhrle von Häfner-Neuhausen; der Held eines modernen Volksschwankes.

2 sagt.

3 gibt.

4 »Was habt Ihr und was wollt Ihr?« Eine gewöhnliche Anredformel.

65. Der schwäbische Sonn- und Mondfang64. Der schwäbische Diogenes63. Der bayerische Diogenes62. Hier lernt man Französisch61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

65. Der schwäbische Sonn- und Mondfang.

Vor langen, undenklichen Zeiten ist es in Schwabenland geschehen, daß die von Munderkingen die Sonne und den Mond haben fangen wollen. »Ihr wisset, Bürgermeister und Gerichtsmänner« – redete der Schultheiß die versammelten Väter an – »wie der Aisterberg neben dem Pflummenhölzle [147] fast ganz öd ist. Es wachs't auf dem halben Berg – und es ist doch so ein großmächtiges Werk – nicht einmal ein Bäumle. Ich bin schon so oft bös darüber worden, wenn ich den Nutzen betrachtet hab', den unser gemeines Wesen hätte, wenn man auch den Berg anbauen könnte. Man hat freilich nichts gespart bisher, es will aber immer nichts batten. Jetzt hab ich denn auch nachgesucht, wo doch der Fehler stecken möchte, und endlich bin ich drauf kommen. – Nächt zu Abend, geh' ich in mein Feld hinaus, und will denn auch gucken und lugen, wie die Sonne hinab geht: ob's Morgen schön Wetter oder Regen abgibt. Und da seh' ich nun, daß die Sonne gemächlich hinab geht, und grad mitten über den Aisterberg durch. He, gemach! hab' ich gesagt. Bist du der Kamerad, der uns den Berg so verbrennt, sag' ich. Aber sie hat mich nur schreien lassen, und ist dort hinab, wie ein anderer Schelm. Und wie ich noch so dasteh', und ihr nachseh', kommt der Mond auch noch. Ja, was willt jetzt du da, hab' ich gesagt; du willt gewiß auch über den Aisterberg nach, und was die Sonne nit verbrennt hat, das willt du gewiß verfrieren lassen, sag' ich. Und wie ich's gedacht hab', so ist's gegangen; denn das Mondmännle, der bucklete Teufel, weist mir noch – –, und lauft, was gibst, was hast! über den Aisterberg hinab. Hast du denn, hab' ich gesagt, kein anderes Loch offen gefunden, du Besenbinder, als den Aisterberg? Könntest jetzt nicht ein bitzle einen Umweg nehmen, und im ebenen Land hinab marschiren? Muß denn der Donner dich über alle Bühel und Berg dahin führen? – Und alles das hab' ich mit meinen Augen gesehen. Jetzt aber schließet selbst, wo der Fehler steckt. Ich glaub', es ist leicht zu errathen; denn wo die größte Hitz' und die größte Kälte zusammen kommen, da kann ja nichts wachsen. Da habt ihr die Sach'; und es braucht jetzt nichts mehr zu disputiren, als wie dem Ding abzuhelfen ist. Jetzt rathet, Männer!« Peter Enderle, einer der Gerichtsmänner, [148] nahm zuerst das Wort, und sagte: »Mich däucht's, man soll gelinde Mittel brauchen, und die Sache im Frieden ausmachen. Wir wollen, sagte er, so ein Bildstöckle auf dem Berg machen, und hinaufschreiben: bei zehn Thaler Strafe soll keiner darüber reiten noch fahren noch gehen, nicht einmal die Sonne und das Mondmännle. Wenn sie aber anders thäten, so sollen sie des Landes verwiesen werden auf ewige Zeiten.« Beischen Jackel meinte: »Man sollt' ihnen Gerichtle legen, wie den Vögeln, so thäten sie's nicht merken.«Uri's Hans sagte: »Wenn's brennt, was thut man? Löschen. Feuerkübel, Feuerhaken, Feuerleitern, Feuerspritzen her, so ist die Sonne bald gemeistert. Und dem Mond hängt man ein paar Pulversäckle an, und sprengt ihn in die Lüfte. Das ist meine Meinung.« Der Bannwart, gefragt, was er meine, sagte: »Mein Gutachten ist dieß: man nehme Büchsen, Burfel (Pulver) und Böller, und schieß den Teufel über den Haufen.« Nun kam die Reihe an den Bürgermeister; der sagte: »Mit reifem Bedacht ist mein folgender Schluß abgefaßt. Und zwar von der Sonne sag' ich, man soll ein paar Heuwägen voll Schnee hinausführen, und an's Oertle legen, wo sie durchgeht. Was gilt's, die Hitz' vergeht! Was aber den Mond anlangt, so sag' ich, man soll ein rechtes Feuer aufmachen, so verbrennt er mit Haut und Haar.« Endlich gab der Schultheiß seine Stimme ab, und sagte: »Meine wohlsehende Meinung ist, man soll an zwei Stangen ein Garn ausspannen, und auf dem Berg heimlich hinlegen. Sobald die Sonne und der Mond kommt, so heben zwei Mann die Stange auf. Nachher müssen sie mitten durchs Garn, und bleiben hangen, und wir haben alle beide Broddiebe.« – Der Rath des Schultheißen ward von allen gutgeheißen. Nur stieg dem Bürgermeister der Zweifel auf: was sie mit Sonn und Mond anfangen sollten, wenn sie's hätten. – Auch dafür wußte der Schultheiß Rath und Auskunft: »Man laßt zwei Kästle machen mit Fenster und [149] Umhäng, sagte er. Da sperrt man Sonn' und Mond hinein. Bei Tag laßt man die Sonn' heraus, und bei Nacht den Mond. Und daß auch die ganze Gemeinde den Nutzen hab', so lass' ich alle beide Kästle auf den Glockenthurm hinauf machen, eins dahinten, und das andere davornen; es soll für zwei Knöpf gelten.« Damit waren die Bauern zufrieden. – Aber des Schultheißen Student, der den Leuten insgeheim zugehört, und der wohl wußte, was an Sonn' und Mond sei, und daß man sie nicht fangen könne, wie etwa ein paar Lerchen oder Nachteulen, lachte sich den Buckel voll, und er dachte sich: das wird einmal wieder einen rechten Schwabenstreich absetzen; ich freue mich schon drauf. –

Die Bauern gingen alsobald ans Werk. Feuerleitern wurden herbei gebracht, und Feuerspritzen und Feuerkübel, und ein Garn an zwei Stangen, und zwei Paar Pelzhandschuh für die, welche die Stange halten sollten, und die Kästle, darin sie Sonn' und Mond einquartiren wollten. Uri's Hans und Peter Enderle sollten die Stange halten; der Bürgermeister hatte den Feuerkübel zur Hand, wenn's etwa brennen sollte; Beischen Jackel hielt die Feuerleiter, und der Schultheiß hatte die zwei Kästle in Bereitschaft. Der Bannwart sollte Ordnung und Polizei halten. – Und sie kam, die Sonne. »Die Stang' in Höh', rief der Schultheiß; sie ist unser.« »Nix haben wir – sagte Uri's Hans, der gestolpert und gefallen war, just, wie sie so recht ins Garn gewollt; hinab gewischt ist sie hinter den Berg.« Also standen die da, und hatten nichts. Der Student aber, der das Spektakel mit angesehen, lachte sich heimlich in die Faust, und sagte zu ihnen: es hätte nicht fehlen können, wenn der Berg nicht gerutscht wäre, mit sammt der ganzen Erde. Und sie sollten sich nur frisch an den Mond machen, der könne ihnen wol nicht auskommen.

Also, um einen gleichen Unfall zu verhindern, holten sie vor Allem Ketten und Seile und Klammhaken und [150] Nägel und Hammer und Deichelbohrer und Wagenwinden, und nagelten den Berg an, mit Pfählen und Bretternägeln. Der Schultheiß und der Bürgermeister sollten diesmal die Stange haben. – Und der Mond kam. Aber er ging hoch über sie hin, und sie konnten ihn nicht fangen, obgleich der Berg nicht rutschte, und die beiden das Garn empor hoben über Manneslänge. Also ist aus dem Mondsfang auch nichts geworden. – Der Student aber lachte insgeheim, und er sagte: »Der Berg sei plötzlich eingesunken mit sammt der Erde, und sie dürften nur einen Thurm bauen, der bis an den Mond reiche, so könnte es ihnen nicht fehlen mit dem Fang.« Das ließen aber die Bauern bleiben, und darum geht noch heutigs Tags die Sonne und der Mond über den Aisterberg, und es kann sie Niemand dran hindern. – Also wird aus Schwabenland berichtet; ob aber, und was dran wahr sei an der Geschichte, kann man nicht so recht sagen, da sie sich schon vor langen, undenklichen Zeiten begeben haben soll.

3. Abenteuer des Spiegelschwaben65. Der schwäbische Sonn- und Mondfang64. Der schwäbische Diogenes63. Der bayerische Diogenes62. Hier lernt man Französisch61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

[151] III. Abenteuer des Spiegelschwaben.

Im Possenspiel regt sich die alte Zeit

Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.

Goethe.

Wie die sieben Schwaben aus einander gehen

Wie die sieben Schwaben aus einander gehen, und der Spiegelschwab sich zu dem Allgäuer gesellt.

Des andern Tages saßen zu Ueberlingen im goldenen Kreuz in aller Früh schon die beiden Steinbrüderle, der Blitzschwab und der Spiegelschwab, bei einem Känntle guten Kesperwassers beisammen; denn der Wein von gestern hatte ihnen den Magen ganz wund gefressen, und den wollten sie damit wieder heilen. Der Gelbfüßler war schon über Berg und Thal; der Nestelschwab hatte sich auch schon fortgemacht zu seinem Mütterli; der Knöpfleschwab flackte noch im Bett, und schnarchte so laut, man glaubte ein Mühlrad zu hören; der Allgäuer war im Heimgarten bei den Ochsen im Stall. Also konnten die zwei traulich mit einander schwätzen, und es irrte und engte sie Niemand. Sie sprachen aber von der Rückreise, und welchen Weg sie nehmen wollten. Der Spiegelschwab sagte: »Ueber Memmingen geh' ich nicht.« Der Blitzschwab aber sagte: »Das sei der nächste Weg nach der Grafschaft Schwabeck, und er müsse eilen, um dem Kätherle auf die Kirbe zu kommen.« Und er redete dem Spiegelschwaben zu, daß er zu seinem Weib heimkehren sollte. »Lieber zu des Teufels Großmutter,« sagte der. Und er trank ein Gläsle – eben nicht auf ihre Gesundheit. Der Blitzschwab hatte redliches Bedauern mit ihm, und er sagte: »Es muß ja freilich ein leidiger Stand [152] sein um den Ehestand, wenn die Uhr nicht auf Eins steht.« »Ja wol,« sagte der Spiegelschwab; »und vollends, wenn die Uhr gar auf die böse Sieben steht!« – Indem sie noch so sprachen, trat der Allgäuer in die Stube. Zu dem sagte der Spiegelschwab: »Allgäuer, ich geh' mit dir.« »Bygost!« sagte der Allgäuer, »und ich geh' mit dir; so gehen wir alle beide mit einander.« Nach einer Weile aber fragte er den Spiegelschwaben: »Aber los; wie halten wir's mit der Zehrung?« Denn er wußte wohl, daß der Spiegelschwab einen Magen hatte, wie einen Schwamm, und daß es ihn immer durste, wie einen Bürstenbinder. Der Spiegelschwab sagte: »Bratst du mir die Wurst, so lösch' ich dir den Durst.« So war's dem Allgäuer recht; und sie schlugen ein. Darauf nahmen sie Abschied; und der Spiegelschwab sagte: »er solle ihm sein Kätherle grüßen;« und der Blitzschwab entgegnete: »er solle fein einkehren, wenn er des Wegs käme.« – Also, wem's recht ist, der gehe mit; und wem's nicht recht ist, der halte sie nicht auf.


Es möchte einer die Nase reiben, Man soll die Zeit besser vertreiben.

Wie der Spiegelschwab und der Allgäuer nach Kostnitz kommen

Wie der Spiegelschwab und der Allgäuer nach Kostnitz kommen, und was sie allda treiben.

»Wir gehen dem Bodensee nach,« sagte der Allgäuer; »dann kommen wir ans Gebirg, und dann können wir nimmer fehlen.« »Los, Brüderle, was ich dir sagen will,« sagte der Spiegelschwab; »was meinst: wollen wir nicht vorerst noch ein Bißle auf und über das deutsche Meer? Die Gelegenheit ist gar kommlich, und wir haben sie nicht alle Tag'. Auch sagt der Seehaas: es liege dort jenseits eine Stadt, die heißeKostnitz; da dürfe man nur fragen: Maul, was willt? so habe man's, wie im Schlarauffenland; und was die Hauptsache sei, sagt er: es kost nits, wovon eben die Stadt den Namen habe.« – »Bygost!« sagte der Allgäuer, »recht wär's schon, wenn's nur auch wahr [153] wär'.« – »Probiren können wir's ja,« versetzte der Spiegelschwab, »das Probiren kost nits.« – Also fuhren sie mit dem Marktschiff nach Kostnitz; und das erste Wirthshaus, das ihnen in die Augen fiel, war der blaue Bock, und sieh da! auf dem Schild stand geschrieben: morgen ist alles zechfrei. »Bygost!« sagte der Allgäuer, »diesmal hat der Seehaas nicht gelogen.« – »'s nur Schad, sagte der Spiegelschwab, daß wir um einen Tag zu früh gekommen.« Also kehrten sie beim blauen Bock ein. Abends, als sie die kleine Zeche bezahlten, fragte der Spiegelschwab den Wirth: »Mit den Worten auf Eurem Schild hat's doch seine Richtigkeit?« »Ja,« sagte der Wirth, »ein Mann, ein Wort!« So aßen sie denn, wie angepicht, den ganzen folgenden Tag, und zechten vom frühen Morgen bis tief in die Nacht hinein, der Worte eingedenk, die auf dem Schilde zu lesen waren. Und der Wirth und die Wirthin gingen fleißig zu und von, und hatten ihre Freude an den Zechbrüdern, und zumal auch an des Spiegelschwaben seinen Schnaken und Schnurren. Als ihn der Wirth fragte, warum sie nach Kostnitz gekommen, ob vielleicht dem großen Teufel zu Ehren? antwortete der Spiegelschwab: »Ja; denn,« sagte er, »es sei gut, daß man sich allerorts gute Freunde werbe.« Auf die Frage: ob sie auch nach Schaffhausen wollten, zum großen Herrgott, versetzte der Allgäuer: »Nein; denn,« sagte er, »wir Schwaben haben selbst, bygost! einen schwäbischen Heiland, und brauchen keinen schweizerischen.«


Es zogen Gimpel über den Rhein, Und kamen wieder als Gimpel heim.

Wie der Spiegelschwab die wahrhaftige Geschichte

Wie der Spiegelschwab die wahrhaftige Geschichte von der schwäbischen Hasenjagd erzählt.

Unter Anderm kam denn auch die Rede auf die schwäbische Hasenjagd, von der die Mähr bis über das Meer gedrungen war. »Man erzählt sich dies und jenes davon,« [154] sagte der Wirth, »und wenn er's offen bekennen wolle, eben nichts, was den Schwaben sonderlich zur Ehre gereiche.« »Das könne und wolle er ihm treulich berichten in Wahrheit,« sagte der Spiegelschwab; »denn er und sein Geselle seien eben selbst dabei gewesen. Wißt also,« fuhr er fort, »daß der Teufel sich vorgenommen hat, zum Spaß, die Menschen in Furcht zu jagen, und ihren Muth auf die Probe zu stellen. Und er nahm die Gestalt eines Hasen an; versteht, eines Unthiers in Hasengestalt, und er war so groß und fürchterlich, daß es nicht zu sagen ist. Erstlich ließ er sich in Wälschland sehen, wo er ohnehin oft Geschäfte hat. Die Wälschen aber nahmen Reißaus nach allen Seiten hin, und ließen dem Teufel das Feld. Da dachte sich der Teufel: Nun will ich's bei den muthigen Deutschen versuchen; und er kam nach Schwabenland, wo er wußte, daß die Tapfersten unter ihnen wohnen, und daß sie's, wie die Sage geht, selbst mit dem Teufel auf dem freien Feld aufnehmen. Die Schwaben, wie sie das Unthier sahen, waren nicht faul, sondern sandten Boten nach allen Gegenden Deutschlands, und verlangten, in des Reiches Namen, von jeglichem Volk das Contingent. Also stellten sich Bayern und Oesterreicher, Franken und Sachsen, sammt denen vom obern und niedern Rhein; nur die Schweizer blieben aus, die Kühmelker, die Milchsuppen, die Käspantscher. An der Spitze aber marschirten wir, die Schwaben, sieben Mann hoch. Und wir stießen auf den Feind unweit Ueberlingen am Bodensee. Aber, sieh da! wie wir nun anrückten, wir Schwaben, in voller Hitze, immer vorwärts; da liefen indeß die übrigen alle davon, die Franken voran, drauf die andern, und die Oesterreicher deckten den Rückzug; und wir, die Sieben, sind mutterseelenallein zurückgeblieben, und haber das Abenteurer bestanden, zum ewigen Ruhm der Schwaben. – Das ist die wahrhaftige Geschichte von der schwäbischen Hasenjagd; und wer's anders erzählt aus Mißgunst, der lügt, sag' [155] ich. Und sagt's nur jedem, daß ich's gesagt habe, ich, der Spiegelschwab.«


Lügen ist fein sicherlich, Doch verbergens etliche meisterlich.

Wie sie mit dem Wirth blinde Mäusle spielen um die Zeche

Wie sie mit dem Wirth blinde Mäusle spielen um die Zeche, und wer sie bezahlen muß.

Des andern Tags in der Früh, nachdem sie noch ein Paar Seideln zu Gemüth genommen, schickten sie sich endlich zum Aufbruch an, und sie sagten zum Wirth: »Schönen Dank für die höfliche Bewirthung!« »Ist meine Schuldigkeit gewesen,« sagte der Wirth. »Aber mit Verlaub!« setzte er hinzu, »laßt nun sehen, was eure Schuldigkeit sei.« Und er ging zur Schreibtafel, und rechnete. »He!« rief der Spiegelschwab, »was wär' denn dieß? Was steht denn auf Eurem Schild?« »Ein Bock,« sagte der Wirth lachend, »der die Leute blau anlaufen läßt.« »Aber die Worte drunten?« »Ich steh' zu meinen Worten: Morgen ist alles zechfrei, – aber nicht heute, nicht nächten und vornächten. Verstanden?« »Bygost!« sagte der Allgäuer, »merkst du nun, was die Kreide gilt?« Der Spiegelschwab aber dachte sich: Schalk muß mit Schalk gefangen werden: und er hatte alsbald seinen Einfall, den er dem Allgäuer ins Ohr raunte. Beide nahmen sofort ruhig ihre Beutel heraus, und kläpperten damit, als hätten sie was; und der Spiegelschwab sagte zum Allgäuer: »Laß! ich will schon bezahlen.« »Bygost!« sagte der Allgäuer, »die Ehr' laß ich mir nicht nehmen – ich will bezahlen.« So stritten sie eine Weile mit einander. Da sagte endlich der Spiegelschwab zum Wirth, der ihnen die Schuldtafel wies: »Ihr seht schon, wir beide können uns nicht vertragen, allein von wegen der Ehre; da wird's nun schon am besten sein, daß das Loos entscheide. Wißt ihr was? Um zum Kehraus noch einen Jux zu haben, wollen wir girigingelen oder blinde Mäusle spielen; wen ihr ertappt, der zahlt – damit Punktum!« [156] Der Wirth ließ sich den Spaß gefallen und die Augen verbinden; die beiden zogen ihre Schlarfen aus, und nun ging's in der Stube husch auf und ab, 'rum und 'num. Bald war der Allgäuer zur offenen Thür hinaus; und der Spiegelschwab, nachdem er noch ein und den andern Schuß gethan, schlich ihm nach, lugte aber noch zum Guckerle hinein, um zu sehen, welche Sprüng und Griff der blaue Bock mache. Indem trat die Wirthin zur Thür herein; der Wirth rannte auf sie zu, und rief: »Du mußt bezahlen.« – Der Schwabenstreich ward nun kundbar; der Wirth wollte den Strolchen nach, aber die Wirthin sagte: »Laß die hungrigen Schwaben laufen! Haben sie uns doch von dem Hasen befreit, dem Unthier, das zuletzt noch unsere Kinder und Rinder aufgefressen hätte.« So kamen beide ohne Kosten aus Kostnitz, und fuhren mit dem Marktschiff wohlgemuth nach Lindau über.


Wer will in der Welt verbleiben, Der muß List mit List vertreiben.

Wie der Spiegelschwab in Lindau sich für einen Wurmdoctor

Wie der Spiegelschwab in Lindau sich für einen Wurmdoctor ausgibt.

Lindau heißt das deutsche Venedig. Stadt und Wasser sind zwar um Vieles kleiner, als die wälschen; aber lieblich ist's doch dorten, und schön und groß. Absonderlich wenn man am Hafen steht; da wimmelt's von Menschen, und es kommen hier Leute zusammen aus allen Weltgegenden, sogar aus der Schweiz. Da dachte der Spiegelschwab: hier wäre gut zu sein, wenn man nur Geld hätte. – Noth lehrt beten, und noch etwas Anderes. Kurz, er hatte den Einfall, einen Wurmdoctor zu spielen, um zu Geld zu kommen. Der Allgäuer, dem er seinen Plan anvertraute, schüttelte zwar den Kopf, und meinte, man könnte sie ertappen auf dem Betrug. Jener aber sagte: »Dafür solle er nur ihn sorgen lassen; und kurzum: mundus vult, sagte er: glaub's mir nur, Allgäuer!« »Ich muß wohl,« sagte [157] der Allgäuer, indem er in seinem leeren Täschle umher stürte. Also sammelten sie auf der Straße fleißig, was sie an Trockenem und Nassem fanden, und das eine, das Pulver, vertheilten sie in kleine Packetlein, und das andere, die Latwerge, thaten sie in einen Tegel, den sie hatten mitgehen lassen. Des andern Tags wurde dann die Bühne auf dem Hafendamm aufgeschlagen; der Spiegelschwab zeigte sich als ein Doctor, in Mantel und Barett, und mit einem Knebelbart geziert, den er einem schwarzen Bock ausgerauft; der Allgäuer aber, der den Hanswurst spielte, war mit einem groben Kotzen angethan, wie ein Fätschenkind, und sah schier aus, wie der steinerne Steffel von Ulm. So bestiegen sie beide die Bühne, und der Hanswurst schrie aus: Allhier sind zu haben allerlei wunderbarliche Mittel, und sagte denn eine ganze Litanei von Wehtagen und Lahmtagen her, die der Doctor, sein Herr heilen könne. Und die Leute kamen herbei, und kauften; und wenn sie ihn fragten, wofür? so antwortete er: für Alles, nur könne er nicht aus alten Weibern junge machen; sonst, sagte er, wäre er freilich ein steinreicher Mann.


Halt nicht viel auf das Geschrei, Denk, daß es oft verlogen sei.

Wie der Spiegelschwab den Lindauern wahrsagt

Wie der Spiegelschwab den Lindauern wahrsagt, und welches Zeichen er ihnen stellt.

»Dumm sind die Leute genug,« dachte sich der Spiegelschwab; »also kann man's schon weiter treiben mit ihnen.« Er rief also aus, daß er auch wahrsagen und einem die Planeten stellen könne. Der Leser muß aber wissen, daß er dies Handwerk schon längst getrieben hatte und zwar mit dem besten Erfolg. Er hatte einen ganz einfachen Kunstgriff dabei: er prophezeite nicht Gutes. Wenn nun das Böse eintraf, so war's richtig; traf es aber nicht ein, so war's um so mehr recht. Und also setzte er sich weit und breit in den Ruf des besten Wahrsagers, und man [158] ging zwar nur mit Zittern zu ihm, aber man kam doch. Die Lindauer, wie sie denn neugierige Leute sind, ließen sich auch hierin zum Besten haben; und wie sie sahen, daß einer um den andern mit einem bedenklichen Gesichte wegging und den Kopf hängen ließ, so wurden sie immer mehr und mehr in der Meinung bestärkt, daß er's auf ein Haar treffe. Und nach und nach kamen alle Lindauer, und brachten ihm ihre Bärenbatzen. Endlich dauerte es ihm zu lange – denn sein Säckle war gefüllt – und er stand auf, und sagte zu der Menge, die umher stand: »Eigentlich, liebe Leute, nutzt euch all mein Wahrsagen nichts; denn binnen heut und drei Tagen geht ohnehin die ganze Stadt Lindau zu Grund, mit Mann und Maus. Wollt ihr ein Zeichen haben? Das will ich euch geben. Ihr sollt's am Himmel sehen, und kein gewöhnliches; nicht etwa Feuer und Schwert, sondern, liebe Leute, einen leibhaftigen Fuchsschwanz.« Die Lindauer rissen Augen und Ohren auf, und wußten nicht, was sie denken sollten. »Kommt nur,« sagte der Doctor, indem er von der Bühne herabstieg, »ihr sollt Wunder sehen.« Sie folgten ihm nach. Er blieb vor dem Hause eines Kürschners stehen, der einen Fuchsschwanz statt eines Schildes anhängen hatte. »Jetzt schaut,« sagte er zu den Umstehenden; »seht ihr nicht den Fuchsschwanz am Himmel?« Die Umstehenden schauten; es drängten sich andere nach, immer mehr und mehr, und sie sahen alle – daß sie gefoppt seien, und lachten einander aus. Inzwischen hatte sich der Spiegelschwab fein weggeschlichen, und aus dem Staub gemacht. Die Lindauer aber sehen noch heutiges Tags den Fuchsschwanz am Himmel, und halten für gewiß, daß ihre Stadt einmal zu Grund gehen wird.


Lügen und Trügen sind sehr werth, In allen Künsten man sie begehrt.

Wie der Allgäuer den Lindauern die Zeche bezahlt

[159] Wie der Allgäuer den Lindauern die Zeche bezahlt für den Spiegelschwaben.

Da der Herr entkommen, so wollten sich die Lindauer an den Diener halten. »Uf ihn! er ist von Ulm!« riefen sie allesammt. Und sie griffen und gerbten und walkten ihn an allen seinen Gliedern. Endlich gelang es ihm doch, sich von seiner Vermummung loszumachen; und da hätte man aber sehen sollen, wie der mit den Lindauern umging. Wie ein wilder Bär die Hunde, die ihn verfolgen, so schlenzte er den einen da-, den andern dorthin; Alles arbeitete an ihm; er packte mit den Händen, er stieß mit den Füßen, er biß mit den Zähnen; er that wie ein Besessener. So machte er sich Weg durch das Städtle bis an die Brücke; da nahm er noch zu guter Letzt ein Paar arme Schächer, die ihn verfolgten, und warf sie links und rechts über das Geländer in den See hinab. Nun ließen ihn die Lindauer in Frieden fortziehen. – Außerhalb der Brücke erwartete ihn der Spiegelschwab, der mit Lust dem Spectakel von ferne zugesehen. Er that aber, als hätte er nichts wahrgenommen, sondern er sagte blos die Reime so vor sich hin, um den Allgäuer zu hetzen und zu hienzen:


Hänsle, lerne mir nicht zu viel,

Mußt sonst leiden und streiten viel;

Hätt' das Kälblein mehr Verstand,

Wär's nicht an die Wand gerannt,

Schlacht' nicht mehr, als du kannst salzen,

Koch' nicht mehr, als du kannst schmalzen;

Ist am Löffel auch kein Stiel,

Gott schenkt's jedem, wie er's will.


Der Allgäuer merkte gar wohl, daß der Geselle es auf ihn münze, aber er that, als verstände er ihn nicht. Als ihn aber der Spiegelschwab, der das Utzen nicht lassen konnte, eine Weile hernach fragte: ob er die Zeche fein ordentlich bezahlt habe, da riß ihm das Geduldsäckle, und, indem er ihn beim Kragen packte, sagte er: »Ja, bygost! [160] und ich will jetzt mit dir abrechnen.« Wie der Spiegelschwab merkte, daß jener Ernst machen wolle, zog er andere Saiten auf und sagte: Unter Brüdern nehme man's nicht so genau; und ein anderes Mal wolle er statt seiner bezahlen. Für dieses Mal ließ es der Allgäuer noch gut sein, besonders da ihm der Geselle die Batzen zeigte, die er eingenommen, und die er brüderlich mit ihm theilen wollte. Und also zogen sie in Eintracht weiter.


Gewalt geht vor Recht, Klagt mancher arme Knecht.

Wie der Allgäuer mit dem Spiegelschwaben nach Hindelang

Wie der Allgäuer mit dem Spiegelschwaben nach Hindelang wandert, des Allgäuers Heimat.

Der Spiegelschwab wollte von Lindau aus überWangen und Isny nach Kempten wandern, weil er da überall bei seinen Vettern freie Einkehr nehmen konnte; und es ist auch Schade, daß es nicht geschehen, inmaßen viel zu erzählen wäre von den Vögeln, die in diesen Nestern hocken und hecken. Aber der Allgäuer blieb dabei, und ließ sich's nicht nehmen, längs den Bergen geraden Weges heim zu ziehen, obgleich dieß ein Gelände ist, nicht viel besser, als die obere Pfalz, die bekanntlich dem Teufel gehört: und der Spiegelschwab hatte auch Zeit genug zu fasten und zu beten; er fluchte aber blos. Endlich kamen sie in Sonthofen an. Hier, auf dem Calvariberg, Angesichts des Grindten, verrichtete der Allgäuer seine Andacht; denn er hatte sich, bevor er mit den Gesellen das Abenteuer bestanden, dahin verlobt. Der Spiegelschwab lugte indeß in die Gegend hinaus, auf die hohen Berge hinein und auf die grünen Matten hinab, und es gefiel ihm wohl. »Jetzt ist's nicht schön,« sagte der Allgäuer; »aber am heiligen Kreuztag, wo das Vieh aus den Almen und da unten zusammen kommt, Ochsen und Kühe, und Geißen und Schaf' und Böck', alles durcheinander, und eine Unzahl von Menschen: Bue'! da ist's schön!« »Das Ländle ist, mein Eid! nicht übel,« sagte [161] der Spiegelschwab, »und ich möchte wol da wohnen.« – Sie gingen weiter, und kamen auf dem Weg vor einem Bauernhaus vorbei. Da saß auf der Bank ein alter Mann, der heinte. »Was fehlt dir, Uri?« fragte ihn der Allgäuer. »Ja,« sagte der, »der Aetti hat mich geschlagen, weil ich den Aeni hab' fallen lassen.« Der Allgäuer tröstete das Kind und sagte, es werden dies wol nicht die ersten Schläge gewesen sein. Und als sie weiter gingen, erklärte er dem Spiegelschwaben, wie sich das verhalte. Es lebe nämlich in dem Hause noch der Großvater, der sei hundert und zwanzig Jahre alt, und sein Enkel volle achtzig; und der Vater von hundert Jahren führe noch das Hausregiment. Der Spiegelschwab verwunderte sich drob und sagte: »So müssen die Leute bei euch steinalt werden.« »Es passirt so,« sagte der Allgäuer; »aber man muß eben darnach leben. Mein Vater ist schon ein Siebziger, und ist noch so rüstig, wie ein Vierziger.« »Wie hat er denn das angefangen,« fragte jener. »Das weiß ich just nicht,« antwortete der Allgäuer; »er thut nichts Exteres, sondern treibt's, wie andere Leut', nur daß er nichts trinkt, als Wasser.« »Das sei es eben,« meinte der Spiegelschwab; »Wasser! ja Wasser! wer nur Wasser trinken könnte!« »Bygost! das weiß ich just nicht,« sagte der Allgäuer; »mein Vater hat einen Bruder, der um ein Jahr älter ist, als er, und ist täglich besoffen.« »Curios!« sagte der Spiegelschwab; »aber freilich: die Gaben sind verschieden.«


Uns ist beschieden dies und das, Der eine ist trocken, der andere naß.

Die Geschichte von der Schlottermilch

Die Geschichte von der Schlottermilch, sammt erbaulicher Nutzanwendung.

Unter diesen Gesprächen kamen sie in Hindelang an. Die Gegend, wo der Ort liegt, ist so traulich und heimlich, wie ein Krippele. Der erste Schritt, den der Allgäuer in sein Haus that, war in den Stall, um zu sehen, was [162] der Laubi mache und der Lusti. Dann ging er in die Stube und grüßte Aett' und Aemm'. Die Mutter setzte dem Büble sogleich eine Schüssel voll Schlotter auf, und brachte Brod und Geißkäsle, und sagte zum Fremden: »Eßt mit!« und zum Vater: »Wie, Vater, lang' auch zu.« Und sie brockte ein, und sagte dann: »Jetzt laßt es euch schmecken.« Der Vater nahm hierauf den Löffel, und rührte in der Schüssel den Raum unter die Milch, Alles durcheinander. »Du kannst doch die Unfurm nicht lassen,« zankte das Weible; »was wird der Fremde denken?« Der Alte sagte: »Es ist mal so meine Gewohnheit; und seh' der Herr: um das Schlotteressen ist's eine ganz eigene Sache, und ich werd's dem Herrn erklären. Vorerst muß ich ihm aber die Geschichte erzählen, wie ich zu der Gewohnheit gekommen. Als ich bei dem Nachbauren drüben – Gott hab' ihn selig! – als Unterknecht einstund, wurde uns eben auch Schlotter aufgesetzt. Der Bauer nahm den Löffel und that, als ob er das Kreuz machte über die Schüssel, sagend: Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes; und strich allen Raum auf seine Seite. Das verdroß mich; denn ich merkte, daß er aus Schalkheit und Geiz und Neid so that, und die kann ich von meinem Leben nicht ausstehen – und ich nahm daher auch den Löffel und sagte: Im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit und rührte Alles durcheinander. Seit der Zeit, so oft ich einen Schlotter mit Raum aufsetzen seh', fällt mir das Umrühren ein, und ich kann nicht anders, ich muß es thun. Der Herr wird mir aber Recht geben, wenn er einmal in seinem Leben bemerkt hat, wie beim Schlotteressen alle menschlichen Leidenschaften aufducken und ins Spiel kommen. Schau nur einmal Kindern zu: das furchtsame getraut sich kaum, einen tüchtigen Schub zu nehmen; das geizige raumt fein rechts und links ab, nur an seinem Orte nicht; das neidische frißt und schlampet in sich hinein, als wenn's nicht genug bekommen könnte; das zornige schlagt [163] dem und jenem auf den Löffel und auf die Hand, der sie zu weit ausstreckt; aber keinem fällt's ein, dem andern einen guten Brocken zuzustecken, oder, wie unsere Hausmutter da, gar blos zuzusehen, wie's schmeckt.« »Gott g'segn's!« sagte diese. »Es geht bei uns Großen auch so zu,« sagte der Spiegelschwab, »und überhaupt in der Welt.« »Und darum ist's wol gut,« sagte der Alte, »daß unser lieber Herr Gott auch Alles so unter einander rührt; es gibt so weniger Streit und Händel, und mehr Zufriedenheit unter den Menschen.« »Oft nimmt er aber Einem den Raum ab,« sagte der Spiegelschwab, »und gibt ihm nur die pure Milch oder gar nur das Käswasser.« »So ist es dennoch sein Geschenk,« sagte der Alte, »und wir müssen eben vorlieb nehmen mit dem, was er uns aufsetzt.«


So geht's heut' in der Welt zu, Der Eine geht barfuß, der Andere tragt Schuh'.

Wie der Spiegelschwab zu einer neuen Gesellschaft kommt

Wie der Spiegelschwab zu einer neuen Gesellschaft kommt.

Als sie einander Pfüttigott sagten, druckte ihm der Allgäuer noch einmal die Hand, so keif, daß ihm alle Knöchel krachten. »Krautskerl!« schrie der Spiegelschwab vor Schmerz und schlenzte die Hand. Der Allgäuer lachte und sagte: »'s ist nur ein Gruß von den Lindauern, den ich nachbringen wollte.« Also schieden sie als gute Freunde von einander. Der Spiegelschwab schlug den Weg nach Kempten ein. Und er bekam bald wieder Gesellschaft. Denn vor Kempten begegnete ihm – rathe einmal der Leser! – der Knöpfleschwab. Der arme Matz Latz, als ihn alle seine Gesellen verlassen hatten, humpelte dem Blitzschwaben auf dem Wege nach Memmingen nach. Der lief aber so stark – die Sehnsucht nach dem Kätherle trieb ihn – daß er ihm nicht nachkommen konnte, sondern zurückbleiben mußte. Das Schlimmste war, daß ihm das Geld ausgegangen war, so daß er schon seit zwölf Stunden kein gotziges Knöpfle [164] mehr über das Herz gebracht hatte. Man konnte ihn nicht ohne Bedauern ansehen; seine Augen waren trüb, wie alte Kirchenfenster; sein Bauch schlotterte in Falten, wie ein leerer Blasbalg; der ganze Mensch wackelte daher, als gehe er auf Zaunstecken. In seiner Angst und Noth, sagte er, habe er den Allgäuer aufsuchen wollen, verhoffend, er werde ihm helfen, daß er nicht Hungers sterbe, wie er ihm geholfen habe, daß er nicht in der Iller ersoffen sei. Der Spiegelschwab hatte Bedauern mit dem Gesellen, obwohl er überall so unmär war, wie der Stockfisch am Ostertag; und er sagte: er solle nur gleich mitgehen; er wolle für ihn sorgen, und machen, daß er gut nach Haus komme. Niemand war froher, als der Knöpfleschwab; denn er hoffte doch, einmal wieder satt essen zu können, eh' er sterben müßte. Also kamen sie miteinander nach Kempten. Der Spiegelschwab aber, der denn alleboth dem Narren über's Säckle kam, sagte zu ihm: er habe in der Neustadt noch eine kleine Verrichtung, und der Geselle solle nur voraus und hinunter gehen in die Altstadt und Einkehr nehmen beim Wirth zum dummen Vieh. Das Haus liege am Weg, auf dem Schrannenplatz, links wenn man zum Thor hereinkommt; er könne nicht fehlen.


Ist das Kätzlein noch so glatt, Es doch scharfe Klauen hat.

Von einem Handel, den der Spiegelschwab angerichtet

Von einem Handel, den der Spiegelschwab angerichtet, jedoch wieder schlichtet.

Auf dem Schrannenplatz, links, sah der Knöpfleschwab ein Haus, vor welchem ein Zeichen hing, er wußte nicht, was er daraus machen sollte. Er ging also hinein, und machte die Stubenthür auf, und fragte: ob man's hier beim dummen Vieh heiße. Ein dickbaucheter Mann saß am Tisch, und trank so eben aus einer Kanten Bier. Er mochte die Worte nicht recht verstanden haben; er setzte ab und fragte: was gibt's? und setzte wieder an. Der Knöpfleschwab [165] nahm die Kappe herab, und fragte lauter: ob man's hier beim dummen Vieh heiße? »Wart, Kalfakter!« rief der dicke Mann; »ich will dir das dumme Vieh weisen!« Und er lief ihm nach – nein; er konnte nicht laufen, so wenig als der Knöpfleschwab; aber es schien so, als wollten sie mit einander wettrennen, denn sie hielten so ziemlich gleichen Schritt. So kamen sie mitten auf den Platz. Da stand schon der Spiegelschwab. Der rief dem Wirthe zu: »Wohin so hitzig, Gevattersmann?« »Der Halunk,« keuchte der Wirth. »Nehmt's nicht für übel,« sagte der Spiegelschwab ihm still in's Ohr; »ich wollte Euch durch diesen da nur meinen Gruß vermelden lassen.« Drauf wandte er sich an den Knöpfleschwaben und sagte: »Siehst du denn nicht, blinder Heß, den Ochsen da drüben, im Schild? und ist der Ochs nicht ein dummes Vieh? Vieh, dummes!« »Ja,« sagte der Knöpfleschwab, »aber du hast gesagt: links!« »Freilich links,« sagte der Spiegelschwab, »wenn man zum Thor herein kommt.« »Ja so!« sagte der Knöpfleschwab; und er that dem Wirthe Abbitte. Also wurden sie wieder gute Freunde, und sie gingen ins Haus, und tranken und aßen, und waren fröhlicher Dinge.


Scherzen mit Maßen Wird oft zugelassen.

Zwei Stücklein aus der Chronik von Kempten und Memmingen

Zwei Stücklein aus der Chronik von Kempten und Memmingen.

Der Leser muß aber wissen, daß die Altstadt Kempten gegen die Neustadt zu kein Thor hat, sondern nur eine offene Lucke, worein die Stiftler ohne Aufhalt kommen können. Das schreibt sich aber von der Zeit her, sagt man, wo die Geiß den Thorriegel abgefressen. Und das ist so zugegangen: Bei einem plötzlichen Ueberfalle der Stiftler steckte der Thurner, da er den Thorriegel vergebens suchte, einen Dorschen in die Klammer. Während er aber nun die Städtler zusammen blasen wollte, kam eine Geiß herbei [166] und fraß den Dorschen ab, so daß das Thor angelweit aufsprang und dem Feind den Eingang öffnete. Das Thor wurde sofort nieder gerissen, und ist nicht mehr erbaut worden. Seit der Zeit besteht auch zwischen den Stiftlern und Städtlern Fried' und Einigkeit. – Also erzählt man; ob's auch so in der Kempter Chronik stehe, kann ich nicht sagen. Kurz: der Spiegelschwab spielte darauf an, so wie auf ein anderes Stücklein, als er den Wirth fragte: wie es mit dem Meisenfang gehe? Der Wirth zupfte ihn beim Ohrenläpple und sagte: »He, Gevattersmann!« »Aber erzählt mir doch,« sagte drauf der Wirth, »wie ist's denn mit dem Gucker gegangen in Memmingen?« »Davon weiß ich nichts; ihr müßt darüber die von Ulm fragen.« »Nu, nu!« sagte der Wirth; »dumm seid ihr Memminger auch genug, daß man so etwas von euch glauben könnte.« Und so neckten sie sich denn wechselseitig, wie es denn die Schwaben gern thun unter einander als gute Landsleute. – Das Stücklein will ich dir aber im Vertrauen erzählen, günstiger Leser, wenn du es nicht weiter erzählst. Dem Bürgermeister in Kempten ist einmal seine Meise ausgekommen; da ist alsogleich der Befehl ergangen, man sollte alle Thore schließen, und die Bürger mußten alle Straßen und Häuser durchsuchen, ob die Meise nicht zu finden sei. Und noch heutigs Tags, wenn ein Kemptner einen Winkel durchsucht, sagt man, daß er die Meise fangen wolle. Darum werden die Kempter von ihren Landsleuten Meisenfänger genannt. – Für die Wahrheit dieser Geschichten will ich aber nicht gut stehen; wie man denn den Schwaben Vieles nachsagt, was verstunken und verlogen ist. Aber sie haben zum Glück einen breiten Buckel und können's ertragen.


Es gibt in der Welt viel Lappen, Denen nur abgeht die Narrenkappen.

Welchen Bericht der Spiegelschwab von seinem Weibe

[167] Welchen Bericht der Spiegelschwab von seinem Weibe abstattet.

Als sie sich nun bei einem Krug Bier gütlich thaten, fragte der Gevattersmann, zum Zeitvertreib, nach dessen Weib, was sie mache, der Drache. Der Spiegelschwab, ob der Frage verstimmt, antwortete, ergrimmt: »sie ist die alte, kalte, schlotterige, lotterige, schlampige, wampige, lumpige, plumpige Bettelvettel, wie sie immer gewesen, der Fegbesen. Mit jedem Jahr wird sie sieriger, schwieriger, hetziger, geschwätziger, ränkischer, zänkischer, polternder, folternder, häntiger, gräntiger. Es ist wahrlich nicht mehr auszuhalten, mit ihr hauszuhalten; ihr ewiger Rumor verdirbt mir jeden Humor; ihr Rohsinn verscheucht mir allen Frohsinn; sie ist meiner Tage Plagmund und meiner Nächte Klagmund; meines Hauses Brandmal und der Nachbarschaft Schandpfahl, meiner Ruhe Mörderkeule und meines Friedens Martersäule. Sie ist der leibhafte Widerspruch und der leidhafte Gottversuch; schweig' ich, so knurrt sie; red' ich, so murrt sie; lach' ich, so weint sie; scherz' ich, so greint sie; trink' ich, so schmollt sie; ess' ich, so grollt sie; geh' ich, so bockt sie; bleib' ich, so mockt sie. Ihr Uebermuth ist nicht zu zähmen und ihre Lästerwuth nicht zu lähmen; das Schlagen mag sie nicht vertragen; das Schmeicheln nimmt sie für Heucheln; das Zanken will bei ihr nicht ranken; Bitten und Betteln heißt all Ansehn verzetteln, und Hoffen und Harren macht mich vollends zum Narren. Ich bin fürwahr ein bedrängter, gezwängter, gezähmter, gelähmter, gehetzter, zerfetzter, geplagter, verzagter, verzweifelter, verteufelter Ehmann und Wehmann.« »O armer Hans Urian!« sagte der Gevattersmann, und lachte, daß ihm die Wampe wackelte und der Kopf nackelte.


Scharfe Schwerter schneiden sehr, Scharfe Zungen noch viel mehr.

Wie der Spiegelschwab weiter wandert

[168] Wie der Spiegelschwab weiter wandert und nach Kaufbeuren kommt, und wie es ihm da wohlgefällt.

Tags darauf wanderte der Spiegelschwab weiter fort gen Kaufbeuren. Außerhalb Kempten, bei Bärwangen auf der Steig, wenn man zurückschaut, da sieht es wunderschön aus, so daß die Sage geht: es habe der Teufel Christum den Herrn, als er ihn versucht, auf die Bärwanger Steig geführt, und habe ihm das Kemptner Ländle versprochen; was auch wohl zu glauben ist. – Nach desselbigen Tags, spät am Abend, kam der Spiegelschwab in Kaufbeuren an, und zwar just zur Zeit, wo die Kaufbeurer alljährlich ihr Dinzelfest feiern. Da ziehen die Kinder, seltsam vermaschkerirt, mit Trommeln und Pfeifen und Fahnen und Hotto's durch die Stadt ins Dinzelhölzle, und da spielt und tanzt und schmauset man, und es geschieht den Kleinen zu Lieb' und den Großen zu Gefallen. Und die kleinen Putznärrle sehen gar nett aus, und die größern Hexlein auch, die in der Rund' herum tanzen. »Da ist gut sein,« sagte der Spiegelschwab, »und da bleib' ich, bis der letzte Sechsbätzner verthan ist.« Also, nachdem er des andern Tags dem Knöpfleschwaben den Scher-di-fort gegeben – denn er war ein wüster, käler Gesell, und litt alleweil an der böhmischen Krankheit, da loschirte er sich beim Hirschwirth ein, und er zechte, was der Brief vermochte. Denn wie gesagt, es gefiel ihm über die Maßen in Kaufbeuren; es hauset da ein lustiges Völklein; sogar die Weber essen tagtäglich ihr Hühnle, und kurzum: es ist Jahr aus, Jahr ein Kirchweih' daselbst. – Das wußte und tadelte an ihnen der Pfarrer von Ober-Beuren, und, um seine Schäflein vor diesen Wölfen zu warnen, erzählte er ihnen noch an den letzten Ostern folgendes Mährlein: Mir hat geträumt, ich stehe an der Pforte der Hölle. Und Lucifer kam heraus und eine Menge ihm untergebener Teufel. [169] Und er sagte zu dem einen: fahr' hin nach Ober-Günzburg und verführ' mir dort die Menschen. Und du, sagte er zum andern, fahr' hin nach Oberdorf, und thue desgleichen. Und du nach Thingau – und du nach Kaufbeuern; und so schickte er sie alle fort, und vertheilte sie, und befahl ihnen, sie sollten ihm Bericht geben von dem, was sie angestellt. Nach einer Weile kam einer nach dem andern zurück; und der Teufel von Ober-Günzburg sagte: »ich habe sie zum Fressen und Saufen verführt.« Und der Oberdorfer sagte: »ich habe sie zum Diebstahl und Todtschlag verleitet.« Und so that einer nach dem andern Bericht. Zuletzt kam auch der von Kaufbeuern. Zu dem sagte Lucifer: »gib Bericht, was hast du gethan?« Der Teufel antwortete: »Ich habe nichts gethan, sondern bin auf des Thurners Hausdach hinaufgeflackt und habe geschlafen.« Darob wollte Lucifer ihn schier strafen. Der Teufel aber sagte: »Die Kaufbeurer brauchen keinen Teufel; sie verführen sich einander selbst.«


In solchem Wasser, merk' es eben, Pflegt's keine andre Fisch' zu geben.

Von Kaufbeurer Stücklein

Von Kaufbeurer Stücklein.

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Es wäre noch viel davon zu erzählen; aber schweig, Heinz! es mühet den Kunzen.


Schweigen ist ein' edle Kunst, Viel Waschen bringt Ungunst.

Wie der Spiegelschwab einem Franken begegnet

Wie der Spiegelschwab einem Franken begegnet.

Nachdem der Spiegelschwab in Kaufbeuren alles verputzt hatte, bis auf ein Käsperle und ein Paar Bärenbatzen, so setzte er seinen Wanderstab weiter, und gedachte über Buchloe nach Meitingen zu gehen zu seinem Freunde, dem Blitzschwaben. Vor Buchloe, auf dem Bühel, da wo der berühmte [170] Galgen steht – es ist eine gar schöne Gelegenheit und Aussicht – traf er einen Krächsentrager, der ausruhte. Der Spiegelschwab, wie er denn von leutseliger Natur war, grüßte den deutschen Landsmann, welcher dankte. Und auf Befragen, woher? und wohin? vernahm er, daß jener aus Ochsenfurt sei – ist ein Städtle in Frankenland, nicht weit von Schweinfurt – und daß er als Knecht eines Nürnberger Pfeffersacks hausiren gehe durchs Reich. Nun haben die Schwaben und Franken, als alte Gesippte, von jeher gern Gemeinschaft gehalten; und der Spiegelschwab, da er sich in so guter Gesellschaft befand, holte sogleich aus seinem Zwerchsack Brod, Würste und Branntwein hervor; denn er ging niemals leer, damit, wie er zu sagen pflegte, in der Hitze der Magen nicht leck würde, und vollends ausliefe. Der Frank schwätzte viel, obwol wenig Gescheidtes, wie seine Landsleute insgesammt zum Theil; und er ließ den Schwaben nicht zur Waschbank kommen. Da unterbrach ihn endlich der Spiegelschwab, und fragte den Gesellen: »ob er, mit Verlaub! ein Jude sei.« Und als jener sich dessen aufs heiligste verschworen, sagte der: »Aus deiner Sprache zu urtheilen, wenn du kein Jude bist, so bist du doch bei einem Juden zu Kost und Lehre gegangen.« Auch das läugnete jener. »Nun so sag' mir denn,« sagte der Spiegelschwab: »Haben die Juden von euch Franken sprechen gelernt, oder ihr Franken von den Juden?« Jetzt verstand der Ochsenfurter den Spaß, und er sagte: »Ich glaub' wol, wir alle beide von einander.« – Nach einer Weile fragte ihn der Spiegelschwab: »Welche Stadt wol schöner sei, Augsburg oder Nürnberg?« Jener antwortete: »In Franken sagen sie, es sei Nürnberg,« in Schwaben aber sagen sie, es sei Augsburg. »Denn jeder Hahn kräht auf seinem eigenen Mist.« Diese Rede gefiel dem Spiegelschwaben, und sie tranken auf die Ehren beider Städte.


Das passet zu einander, Wie Mausdreck und Koriander.

Wie der Spiegelschwab mit guten Landsleuten

[171] Wie der Spiegelschwab mit guten Landsleuten ein Galgenmahl hält.

Während die beiden Gesellen noch so sprachen, kam des Weges von Buchloe her ein Sauschneider aus Filzhofen, der Bauern Bayerland. Der stand still, und, indem er die Hände auf den Stecken, und den Kopf auf die Hände stützte, lugte er nach den beiden, die oben unter dem Galgen saßen. Der Spiegelschwab trat ihm entgegen, und besah ihn von vornen und von hinten. »Was lugst mich so an?« fragte der Sauschneider, »hast du noch nie einen Bayern gesehen?« »Wägerle!« sagte der Spiegelschwab, »es ist mir mein Lebtag noch nie kein Thier vorgekommen, das einem Menschen so ähnlich sieht.« Der Sauschneider wäre nicht faul gewesen, er hätte auf gut bayerisch Händel angefangen. Aber der Spiegelschwab sagte, indem er ihm mit der einen Hand tätschelte, und mit der andern die Flasche vorhielt: »Thue stät, Männle! du verschüttest mir sonst das Tränkle.« Da, wie jener den Branntwein schmeckte, ließ er alsbald seinen Zorn, und er trank, und gesellte sich zu den beiden. – Wie sie nun so beisammen saßen, die drei Landsleute, in Ruhe und Eintracht, unter dem Galgen, erzählte der Spiegelschwab von seinen Wanderungen und seltsamen Abenteuern, was jene sehr belustigte. Dann, als er geendet, sprach er: »Ihr Andern könntet uns Andern wol auch von ähnlichen Streichen verzählen.« »Ja wol,« sagte der Frank; »aber wir sind nicht die Narren, daß wir's verzählen.« Und der Bayer sagte: »Komm nur zu uns ins Land und nach Weilheim, da kannst du der Streich' und Stück' fuderweise haben.« Also fätzten und trätzten sie einander, wie es eben unter guten Gesellen der Brauch ist. Und es war ein Geschwätz und Geträtsch unter den Dreien, daß selbst die Fakeln, die um sie herum wühlten, und die Daheln, die über ihren Häupten saßen, einander nicht mehr verstehen konnten. [172] Zuletzt, nachdem sie sich ewige Freundschaft gelobt, nahmen sie von einander Abschied.


Allda mag Niemand Gebietiger sein, Es sei denn Schwab, Bayer oder Fränklein.

Wie der Spiegelschwab den fahrenden Schüler Adolphum

Wie der Spiegelschwab den fahrenden Schüler Adolphum vom Galgen errettet.

Als hierauf der Spiegelschwab gen Buchloe hin fortging, da kam ihm eine Procession entgegen, aber ohne Kreuz und Fahnen. Es wurde nämlich blos ein Maleficant zum Galgen geführt. Wie verhoffte er aber, als er in dem armen Sünder den fahrenden Schüler Adolphum erkannt. Auf Befragen, was denn der Schächer verbrochen habe, erhielt er zur Antwort: Es müsse ein Spion sein, denn man habe Schriften bei ihm getroffen in einer unverständlichen Sprache, in der Meißner Mundart, die wahrscheinlich eine Spitzbubensprache sei; und man habe aber so viel daraus abgenommen, daß es über die Schwaben hergehe; und man habe daher den Schluß gefaßt, er wolle das Reich, das doch gut kaiserlich sei, an Preußen verrathen; und folglich habe man das Urtheil gesprochen, daß seine Schriften von Henkers Hand verbrannt, er aber selbst mit dem Strang hingerichtet werden solle, von Rechtswegen, wie's Rechtens ist. Der Spiegelschwab merkte gleich, es seien jene Schriften nichts anders gewesen, als eine Sammlung von Schwabenstreichen, und er faßte daher kurz und gut den Entschluß, den armen Teufel zu retten. Er trat zum Blutrichter und sagte: »er sei der Scharfrichter von Memmingen, und er soll ihm die Ehre lassen, in Buchloe, dem berühmten Galgenort, auch einmal bei so guter Gelegenheit sein Handwerk ausüben zu können.« Das wurde ihm sogleich erlaubt. Wie er nun den Schelm die Leiter hinauf führte, raunte er ihm ins Ohr: »Adolphe, mach dich zum Sprung bereit!« Indem nahm er unvermerkt sein Sackmesser heraus, und als er dem Schächer den [173] Strick um den Hals that, schnitt er die Schlaufe so weit durch, daß nur noch der Strick hielt, aber nicht mehr die Last daran. Im Augenblick also, wie er dem armen Sünder von der Leiter warf, riß der Strick, und Adolphus fiel, und stand unten, wie eine Katz, auf seinen vieren. Nach der Buchloer Galgengerechtigkeit ist aber jeder arme Sünder frei, der dem Galgen entrinnt; anderswo auch. Also ist der fahrende Schüler Adolphus durch des Spiegelschwaben List vom Galgen errettet worden.


Der ist weis und hochgelehrt, Der alle Ding zum besten kehrt.

Schutz- und Trutzrede des Autoris

Schutz- und Trutzrede des Autoris.

Viele meiner Landsleute, die dieses lesen, werden es dem Spiegelschwaben nicht verzeihen können, daß er den Studenten vom Galgen befreit habe, den Spitzbuben. Diese Leute sollen aber wissen und verstehen, daß Spaß Spaß sei, und daß man nicht gleich Ernst daraus machen solle. Und überhaupt, ich sage meine Meinung frei, zum Trutz jener meiner Landsleute, daß es Jammer-Schaden ist, daß die köstliche Sammlung des fahrenden Schülers Adolphi von den Schwabenstreichen verbrannt, und verloren gegangen ist. Denn wenn die Kunde von diesen Streichen einmal verschollen ist, womit wollen denn gute Landsleute einander aufziehen? und worüber sollen wir denn mehr lachen, als über uns selbst, die wir doch am besten wissen, was an uns ist? – Was aber die draußen anbelangt, die nicht aus dem Reiche sind, so haben sie den Schwaben wahrhaftiglich nichts vorzurupfen; denn es ist weltbekannt, daß z.B. die Oesterreicher Fläscheltrager und Kostbeutel sind, und die Salzburger Stierwascher; daß die Schlesinger einen Esel gefressen, die Mähren eine Stutt' für ein Faß Bier angezapft, daß die Thüringer sich um eine Häringsnase geschlagen, und daß die Böhmen einen madigen Hund für einen Parmesan-Käs gegessen haben. Von [174] denen, die weiter gen Norden zu wohnen, ist ohnehin gar nicht zu reden.


Wäscht eine Hand die andre fein, So werden sie alle beede rein.

Wie der Spiegelschwab gen Landsberg zieht

Wie der Spiegelschwab gen Landsberg zieht, und was ihm unterwegs begegnet.

In Buchloe, wo er den Henkerlohn bis auf den letzten Batzen verzehrt, überlegte der Spiegelschwab, welchen Weg er weiter einschlagen sollte. Da gedachte er der Worte des Sauschneiders, und, daß Bayerland ein Paradies sei für lustige und durstige Brüder; und er entschloß sich demnach, einen Abstecher dahin zu machen, und lenkte gerades Weges Landsberg zu. Weil er aber in Buchloe zu lang auf dem Stuhl gesessen, so fing es schon zu nachten an, als er den Stoffelsberg hinan stieg. Indem er nun so stät des Wegs fort schlenderte, gewahrte er seitwärts im Dickicht ein Feuer, um welches mehrere Leute herum flakten. Er ging näher hinzu, und sah nun, daß es Zigeuner waren, die hier ihr Nachtquartier hielten. Unter allem Volke war ihm dieß das liebste, weil er wußte, daß von denselben etwas zu erlernen sei von Geheimnissen der Zauberei und Passauerkunst. Er machte sich daher zu ihnen, und setzte sich ohne weiteres ans Feuer. Sie grinzten ihn an, und er that ihnen ein Gleiches. So war die Bekanntschaft gemacht. Eine Alte, neben der er saß, wollte ihm wahrsagen aus der Hand; und sie prophezeite ihm, erstens etwas Gutes, sodann etwas Böses. Das ist auch also geschehen. Denn ihm gegenüber saß ein junges Zigeuner-Mädle, gar lieblich von Wuchs und Ansehen. Es funkelten ihr ein paar Augen aus dem Kopfe, wie zwei glitzernde Edelsteine, und die Korallen-Lippen mit den zwei Reihen von elfenbeinernen Zähnen spielten wunderlieblich auf ihrem nußbraunen Gesichte. Der Spiegelschwab hatte ein Herz, wie Feuerschwamm, und es kam bei ihm gleich zum Brand. Er [175] konnte sein Aug nicht abwenden von der Blitzhex', und sie spenzelten miteinander. Da sprang sie plötzlich auf und winkte ihm, und er folgte ihr ins Dickicht hinein. Wie er sie aber eben packen wollte, packte ihn ein anderer von hinten, und warf ihn, wie einen Holzblock, zu Boden. Es war ihm, als fühlte er Zähne in seinem Nacken. Und es war denn auch so; denn ein Enz-Melak hatte ihn aufs feuchte Moos gelegt, so fest, als wäre er nie auf den Füßen gestanden. Der Schwab schrie um Hilfe. Aber die Blitzdirne lachte ihn aus; und sie wendete sich zu dem Zigeunerhauptmann, der nicht weit davon lag, und erzählte, was vorgegangen. Der lachte noch mehr. Und der Hund hielt Wache über ihm, wie über einem angeschossenen Wild; und er schnüffelte an ihm, auf und ab; und wie der Schächer sich rührte, so packte er ihn wieder am Genick, und stieß ihm die Nase tiefer ins Moos. – Und so mußte denn der Spiegelschwab, auf dem Bauch liegend, unter Höllenangst, die lange, bange Nacht zubringen; und er hatte Zeit, über sich selbst und das menschliche Elend nachzudenken. Morgens ließen ihn Melak und der Zigeunerhauptmann los; aber er brauchte lange Zeit, sich selbst los zu machen vom Boden, an dem er angewachsen zu sein glaubte. Fromme Wünsche hat er den Heiden eben nicht nachgeschickt, kann ich euch sagen.


Trau keiner Tochter Eva's viel; Sie treiben oft gar arges Spiel.

Wie der Spiegelschwab in Landsberg

Wie der Spiegelschwab in Landsberg, der bayerischen Grenzstadt, einzieht, und wie der Zoller von ihm den Judenzoll fordert.

Man erzählt: Unser Herr, als er die Welt durchwandert, sei auch nach der bayerischen Grenzstadt Landsberg gekommen. Da habe ihn der Zoller am Thor angeschrieen und gefragt: »Wer seid's? woher kommt's? wohin wollt's? und was schafft's?« Der Fremde habe gesagt: »Ich bin [176] Unser Herr, und will ins Bayerland, um meine Schafe zu suchen.« Hierauf habe der Zoller gesagt: »Da seid's auf dem unrechten Weg; hiesigs Lands gibt's keine Schaf', sondern nur Säu.« – Diese Geschichte wird erzählt, nicht etwa zum Spott der Bayern, sondern allein, weil sie mit ihren Säuen in alle Welt handeln, was ihnen denn weder Schaden noch Schande bringt. – Der Spiegelschwab wurde auch vom Zoller gefragt, wer er sei, und wohin und was er wolle. Der sagte: »Er sei, salveni, ein Schwab, und er wolle ins Bayerland, eigentlich um erstens ein Weilheimer Stückle zu erfahren, und zweitens den Passauer Tölpel zu sehen, und drittens einen Münchner Bock zu trinken.« Darauf der Zoller: »Das möge er thun; aber vor allem, wenn er Einlaß wolle, müsse er den Judenzoll zahlen.« »Kotzkutzakatzakralla!« sagte der Spiegelschwab, »meint der Herr etwa, ich sei ein Jud? Ich kann dem Herrn meinen christlichen Vorweis zeigen, wenn's der Herr haben will – –« Der Zoller sagte: »Schwaben stecke einmal voll Judennester; von ihm wolle er's aber glauben, ungesehen, daß er ein Christenmensch sei, weil er so heidnisch fluchen könne, und er möge daher ungeschoren hingehen, wohin er wolle.« Also ging er hin, wohin er wollte. Er kam aber nicht viele Schritte weit, so klingelte ihm schon die Glocke ins Ohr, und zog ihn hinein. Da wollen wir ihn denn auch sitzen lassen.


Die Schwaben und das schlechte Geld Führt der Teufel durch die ganze Welt.

Wie es den Spiegelschwaben nach bayerischer Kost gelustet

Wie es den Spiegelschwaben nach bayerischer Kost gelustet, und wie sie ihm schmeckt.

Wenn ein Bayer in ein Wirthshaus kommt, so verlangt er vor Allem Bier; ein Schwab aber will vorher essen, und dann erst trinken; wie's auch natürlicher ist. Von jener seltsamen Gewohnheit der Bayern erzählt man sich aber außer Lands eine possirliche Geschichte. Es habe [177] einmal, sagt man, ein Bayer von einer Fey erhalten, daß er drei Wünsche thun dürfe, die sie ihm erfüllen wolle. Da habe er sich zum ersten gewunschen: ein Bier; dann habe er sich zum andern gewunschen: ein Paar Bratwürstel; endlich, nachdem er sich noch eine Weile besonnen, habe er sich zum dritten und letzten Mal gewunschen: Bier gnue'. Also ist auch die Gewohnheit den Bayern geblieben, bis auf den heutigen Tag. Die Schwaben aber, wie gesagt, wollen zuerst essen, und zwar g'nug essen. – So that denn auch der Spiegelschwab beim Glockenwirth zu Landsberg. Die Wirthin, eine Schwäbin, von Lametingen, fragte den Landsmann: »was wender?« Der Landsmann fragte entgegen: »was hender?« Jene drauf: »Ein Brenntsüpple oder Leberspätzle.« »Was noch?« »Wenn's Euer Beutel vermag,« sagte die Wirthin, »meine Kuchel vermag Alles. Frümmet nur an! Wender eppe einen Bettelmann?« »Nein,« sagte der Spiegelschwab unwillig. »Oder wender eppe Hasenbollen?« »Warum nicht gar Bärendreck!« »Oder wender sonst eppes von Knödeln, Nudeln oder Kücheln, oder einen Gogelhopf?« »Das alles kann ich auch zu Haus haben im Schwabenland; jetzt aber bin ich im Bayerland, und ich will bayerische Kost verkosten.« Drauf die Wirthin: »So könnt Ihr denn erstens haben ein Süpperl mit Schneckerl oder Nockerl; Ihr könnt zweitens haben einen Semmel-, Zwespen- oder Hollerrötzel; Ihr könnt drittens haben Dampfnudeln, bayerische, mit Hutzeltunk; Ihr könnt viertens haben bayerische Rübeln oder bayerisches Pulver; Ihr könnt fünftens haben ein Fotzmaul – –« »Bringt mir ein Fotzmaul,« sagte der Spiegelschwab. Das ist denn auch geschehen, und es war zwar gemein das Essen, aber gut.


Nudeln und Nocken, Sterzen und Blenten, Sind der Bayern vier Elementen.

Wie dem Spiegelschwaben das bayerische Bier schmeckt

[178] Wie dem Spiegelschwaben das bayerische Bier schmeckt, und was der Wirth ihm für einen Streich spielt.

Nachdem der Spiegelschwab gegessen und sich das Maul abgewischt, rief er der Kellerin, und verlangte ein Mäßle Bier. Die brachte es ihm in einem Krug, der ohne Luck war; denn sie meinte, er sei ein Schinder seiner Profession. Der Spiegelschwab, dies merkend, hatte schier Lust, ihr das Bier über den Kopf zu schütten. Er wollte es aber doch zuerst versuchen, ob es nicht schad wäre um das Tränkle, wenn auch nur ein Tröpfle verloren ginge. Und er trank. Indem trat der Wirth herein. Den fragte der Spiegelschwab: »von was man denn in Bayern das Bier mache?« Der Wirth sagte: »Nun ja, von was denn, als von Hopfen und Malz.« »Bei uns, in Schwaben,« sagte der Spiegelschwab, »macht man's aus Weidenrüthle und Hobelspän.« »Was!« sagte der Wirth, »das muß ja ein Malefiz-Gesöff sein.« Worauf der Spiegelschwab sagte: »Es schmeck justement so, wie dies da.« – Diese Rede verdroß schier den Wirth; und er gedachte ihm auch eins anzuhängen, ließ sich's aber nicht merken. Nach einer Weile fragte er ihn, »aus was Absicht er ins Bayerland reise.« Und der Spiegelschwab sagte, wie zum Zoller: »Aus keiner andern Absicht, als ein Weilheimer Stückle zu erfahren, und den Passauer Tölpel zu sehen, und einen Münchner Bock zu trinken.« Der Wirth sagte: »Mit einem Münchner Bock könne er ihm aufwarten; aber, um ein Weilheimer Stückle zu erfahren, müsse er selbst nach Weilheim gehen.« Und er sagte: »Laßt Euch die Weile nicht lang sein, bis ich wieder komme, und seht Euch einstweilen in der Stube um.« Das that denn der Spiegelschwab; und es hingen schöne Bilder da, welche die Thaten Till Eulenspiegels darstellten. Und eine Tafel aber hing unter ihnen, die hatte die Aufschrift:


[179]

Hier unter diesem Vorhang steht

Dein recht wahrhaftes Contrafet;

Dies reich ich dir zur Gabe dar,

Mach' auf und schau, denn es ist wahr.


Der Spiegelschwab hob das Fürhängle auf, und er sah – ja, was sah er? –
Den leibhaften Passauer Tölpel, mit der schönen Unterschrift:

Ich bin der Tölpel hübsch und fein,

Zu Passau bin ich nicht allein,

Werd' ausgeschickt in alle Land,

Darum bin ich so wohlbekannt.


Der Spiegelschwab ließ das Fürhängle gleich wieder fallen und schlich sich an den Tisch zurück. Aber der Wirth, der durch das Küchenfenster zugesehen, sagte: »Er ist nicht recht getroffen, der Tölpel; schaut dort in den Spiegel hinein, da sieht er ihm aufs Haar gleich.« Und er lachte den Schwaben aus, der kein Wörtle sagte. Drauf schenkte er ihm Bock ein, und der Schwab trank, und er sagte: »Sapredipix! Das wär ein Tränkle!« »G'seng Gott!« sagte der Wirth. Und sie tranken einander Gesundheit zu.


Darnach Mann, darnach Quast, Darnach Wirth, darnach Gast.

Von zwei schwäbischen Afterhelden

Von zwei schwäbischen Afterhelden, dem Mucken- und dem Suppenschwaben.

Wie sie noch brüderlich mit einander zechen, kommt die Kellnerin und sagt: »es seien zwei Schwaben draußen, der Mucken- und der Suppenschwab; die wollten gegen Trinkgeld den Hasen zeigen, das Unthier, das die neun Schwaben am Bodensee droben erlegt hätten.« »Was?« rief der Spiegelschwab, »neun Schwaben? Wir sind nur unserer sieben gewesen. Und was den Hasen anbelangt... Kurzum: es ist Alles verstunken und verlogen.« Der Wirth sagte: »Sehen und hören könne man's ja, man dürfe dann doch glauben, was man wolle.« Und er ließ die beiden [180] herein kommen. Der Spiegelschwab erkannte gleich in den beiden Landsleuten die Fatz- und Speivögel von Marchtal und Ehingen, die ganz Schwabenland kennt, und er hatte seine geheimen Ursachen, stät und still zu sein. Die aber wiesen nun den ausgestopften Hasen vor, das Unthier, wie wenn sonst andere, die einen Wolf oder Luchs oder Bären erlegt, die Haut oder den Kopf davon zur Schau im Land herum tragen. Und sie erzählten dabei die Geschichte der Hasenjagd, aber mit ganz andern Umständen, weßhalb denn der Spiegelschwab eins über das andere Mal sein »verstunken und verlogen!« in den Krug hinein brummelte. Zuletzt sangen sie noch ein Liedlein, das der Marchtaler selbst ausdenkt hat – gleich denen, die Sommer und Winter spielen.


Der Erst.

O, i' sih schau' d ‰ Haas
Dort sitz ‰ uffəm Waas;
? graussə Naut!
?r guckt üs grimmig ã,
Näher gang i' 'itt 'nã,
Suscht wär i' taud.
Der Ander.

Guckt ər mi' grimmig ã,
So gang i' näher 'nã,
Und wär i' taud.
Der Erst.

Guck, wiə ər d'Aur ‰ spitzt,
Guck, wiə ər eüs ãblitzt
Ganz volər Wuət.
O Landsmã, lass do' seỹ,
Schteck do' dein' Büchs ‰ eĩ,
?s koscht vil Bluət.
Der Ander.

I' aber lass' 'it seỹ,
Meĩ Büchs i' schteck' 'it eĩ,
Und koscht əs Bluət.
[181] Der Erst.

Gang z'ruck, i' bitt' di' drum,
O Landsmã, suscht kommst um,
Lass 's Jag ‰ seỹ!
Guraschə hót dés Tiər,
's tuət wiə ə wilder Schtiər,
Woəg di' nit draĩ.
Der Ander.

Guraschə häb' dés Tiər,
Tuət's wiə ə wilder Schtier,
So woəg mi' draĩ.

Drauf, nachdem sie vom Wirth eine gute Bescheerung erhalten – der Spiegelschwab gab nichts – zogen sie ab und davon. Nun aber fing erst der Wirth an, den Schwaben zu schrauben und zu stimmen nach allen Noten, wobei er die Späße von »gan, stan, lan« und »schwäbisch ist gäbisch« und andere Stampaneien vorbrachte, womit die Bayern die Schwaben zu necken und zu gecken pflegen. Der Spiegelschwab sagte zu Allem kein Wörtle, sondern schwieg und soff. Zuletzt fragte ihn der Wirth noch: »zu welcher Art von Schwaben denn er gehöre.« »Ich,« antwortete er, »gehöre zu den geduldigen Schwaben.« »Was denn diese für eine wären?« »Nun,« sagte er, »die legen sich auf den Bauch und lassen sich den Hobel ausblasen von Leuten, die sie foppen.«


Faust gen Faust und Wort gen Wort, Wiedergeltingen ist auch ein Ort.

Wie der Spiegelschwab sich für einen Schatzgräber ausgibt

Wie der Spiegelschwab sich für einen Schatzgräber ausgibt, und die Landsberger um ihr Schatzgeld prellt.

Der Spiegelschwab hatte nur noch ein Käsperle im Sack, und wollte doch noch eine weite Reise thun, und in allen Wirthshäusern einkehren, und redlich bezahlen, wann er [182] eben konnte. Wie er denn ein erfinderischer Kopf war, der sich aus allen Nöthen zu retten wußte, so verfiel er auf einen neuen Streich, und wollte den Schatzgräber spielen. Er fragte deshalb Abends den Wirth ganz insgeheim: ob nicht irgendwo ein Schatz verborgen sei in der Umgegend? Der Wirth sagte: »Auf dem Schloßberg, sagt man, soll einer verborgen sein. Den mag aber der Teufel finden, der ihn wol schon hat; ein Christenmensch nicht.« Der Spiegelschwab sagte: »er sei der Mann, der's könne, und er setzte sein letztes Käsperle dran, daß es ihm gelingen werde.« Der Wirth sagte: »Sehen will ich's, dann glaub' ich's.« »Auf ein Käsperle kommt's mir auch nicht an.« Also, sobald die Sonne untergegangen war, brachen die beiden in aller Stille auf und gingen miteinander auf den Schloßberg. Als sie dort angelangt, schritt der Spiegelschwab das weite Gehöfte ab, um, wie er sagte, die rechte Stelle zu finden; dann machte er, unter vielen Ceremonien, ein Loch in die Erde, und sagte dann zum Wirth, »er soll ein Käsperle hinein legen.« Hierauf sprach er – was er noch aus der Principi wußte – mit feierlichem Ernst die Worte: »hic haec hoc, horum harum horum, hibus –;« prakticirte dann insgeheim sein Käsperle zum andern, deckte das Loch zu und machte einen Drudenfuß drauf. »Mit Sonnenaufgang,« sagte er, »wollten sie wiederkehren, und dann werde er zu seinem Käsperle noch ein anderes finden.« Das ist denn auch geschehen. Sogleich suchte der Wirth all sein Schatzgeld zusammen, und seine Freunde, denen er's insgeheim sagte, thaten desgleichen, und der Spiegelschwab war bereit, das Stücklein zu wiederholen, gegen halb Part. Also wurde das Geld des andern Abends eingegraben; und, während die Geister auf dem Schloßberg ihre Schätze herbei schleppen sollten; zechten die Gesellen wacker in der Stadt drunten beim Glockenwirth. Der Spiegelschwab aber schlich sich Morgens durch die benebelten Gäste ungesehen hindurch, und hob frühzeitig genug die [183] Heckpfenninge und ging davon. Also fanden die Landsberger, wie sie dahin gekommen, wol einen Schatz in dem Loch, aber nicht den rechten; und sind mit langen Nasen abgezogen.


Mit Lügen und Listen Füllt man Kästen und Kisten.

Wie es dem Spiegelschwaben weiter ergangen

Wie es dem Spiegelschwaben weiter ergangen.

Man erzählt: die Landsberger hätten den Betrug früh genug bemerkt, und es seien einige dem Landfahrer nachgesetzt, und, nachdem sie ihn eingeholt, hätten sie ihn, wie eine volle Garbe, so durch und durch, und über und über gedroschen, daß ihm der letzte Schatzpfenning entfallen, und er ganz ausgeleert war. Andere dagegen behaupten: Der Scherg habe ihn aufgepackt, und er habe ihn vor's Gericht gebracht. Da habe er sich aber so meisterlich verantwortet, daß ihm der gestrenge Herr nichts habe anhaben können, obwohl man ihn, als einen Schwaben, gar zu gern hätte zappeln gesehen. Der Spiegelschwab habe gesagt: »Es sei unter ihnen ausgemacht worden, daß er am Schatz halb Part habe; das sei Numero Eins; – und den halb Part habe er heraus genommen, keinen Heller mehr; das sei Numero Zwei: – wenn sie den ihrigen nicht bekommen hätten, so sei er nicht Schuld daran, sondern sie selbst; das sei Numero Drei.« Und also habe er Recht und sie Unrecht. So wurde denn der Spiegelschwab losgesprochen. Und er war ja freilich so unschuldig an der Sache, wie Ginggele's Bock. Jedennoch soll er, wie verlautet, vom Richter noch etwas auf den Weg mit bekommen haben, so einen Merks-Marx! Wer wissen will, was? der lese die Landsberger Chronik nach.


Und wärst du auch der brävste Mann, Man hängt dir doch ein Klämperle an.

Handelt von alter und neuer Bekanntschaft

[184] Handelt von alter und neuer Bekanntschaft; und wie der Spiegelschwab die Ehre der schwäbischen Landsprache rettet.

Auf dem Wege nach Weilheim kehrte der Spiegelschwab in einem Batzenhäusle ein. Da traf er den Tyroler, der mit Theriak und Schneeberger durch's Land handelte, und lustigen Sinns so eben ein Schelmliedel vor sich hin sang. Nachdem sie sich als alte gute Bekannte begrüßt, fragte der Spiegelschwab: »woher und wohin des Weges?« »Von Haus in die Welt,« antwortete der Tyroler. Der Spiegelschwab: »Was gibt's Neues? Schneit's noch immer in Tyrol?« »Ja,« sagte der Tyroler; »aber zwischen Johannis und Jacobi wird's warm, es mag unserm Herrgott nun recht sein oder nicht.« Weiter fragte der Spiegelschwab: »Gerathen heuer in Tyrol die Kröpfe gut?« »Ja,« sagte der Tyroler, der den Spaß verstanden, »das Kraut gerathet alle Jahr.« Indem sie noch weiter mit einander redeten und einander hänselten, wie denn gute Gesellen zu thun pflegen, trat der Wirth herein, ein schlampeter, wampeter Holedauer-Klachel, der, sobald er den Schwaben witterte, sogleich anschlug, wie ein Jagdhund. Beim Spiegelschwaben hatte es aber keine Noth; denn der blieb keine Red' schuldig, und auch keine Grobheit. Und darauf kommt's eigentlich an. Der Wirth, nach der Gewohnheit der Bayern, fing gleich an, den Schwaben aufzuziehen von wegen der »Sprauch«. Da sagte der Spiegelschwab: »Wißt Ihr was? weil Ihr Euch denn so proglet mit eurer Sprach', so soll's eine Wette gelten um die doppelte Zeche; wer drei Vögel am geschwindesten nennt, der soll gewinnen; der langsamste muß bezahlen. Der Tyroler da solle den Ausspruch thun, und könne umsonst mit trinken.« Der Tyroler sagte, »er thue selbst mit;« vermeinend, er werde gewinnen. Also wurden sie der Wette eins. Und der Schwab fing an und sagte so geschwind er konnte: »Zeisle [185] Meisle, Fink.« Darauf sagte der Tyroler, bedächtig und langsam: »eppermal ein Alster, eppermal ein Amsel, eppermal ein Nachtigall.« Der Wirth sagte: »Tyroler, du mußt bezahlen.« Darauf der Tyroler: »Ich muß echterst hören, was du noch vorbringst.« Der Wirth fing an und sagte: »Ein Sta'l, ein Da'l.« Da fing ihm aber der dritte Vogel nicht ein, und er besann sich lange; endlich sagte er: »und ein Spansau.« Darob lachten die beiden andern Gesellen; und der Tyroler sagte: »Der Wirth müsse bezahlen, als der am langsamsten gewesen sei.« Und der Schwab fragte ihn: »ob denn die Bayern die Spansau zum Federvieh zählten?« Der Wirth aber stand auf, ärgerlich, und sagte auf gut Hochdeutsch: »Küßt mir den Buckel!« – Und also zechten die Drei tapfer mit einander, und der Spiegelschwab war nicht der letzte zum Krug. Als sie alle Drei satt hatten, obwol noch lange nicht genug, fragte der Wirth nach der Zech und zahlte sie dem Spiegelschwaben aus, und der strich sie ein, als wäre er der Wirth und der andere der Gast. Und er sagte: »Dank für die Bezahlung.« Drauf, als er Abschied nahm, sagte er zum Wirth: »er wolle ihm noch ein Räthsel zum Besten geben, damit er sich bei Andern die doppelte Zeche wieder abverdienen könne.« Das war dem Wirth recht; und der Spiegelschwab sagte: »Was ist das für ein Ding: es hat keine Augen, und sieht doch; es hat keine Ohren, und hört doch; es hat keine Nase, und riecht doch; es hat keinen Mund, und ißt doch; es hat keine Hände, und greift doch; es hat keine Füße, und geht doch. Jetzt rathet!« Der Wirth gab sich gefangen. Der Spiegelschwab sagte: »es sei dies ein Bayer. Die Bayern hätten keine Augen, sondern Göckel; sie hätten keine Ohren, sondern Loser; sie hätten keine Nase, sondern einen Schmecker; sie hätten keinen Mund, sondern eine Fotze; sie hätten keine Hände und Füße, sondern Bratzen und Haxen.« Es war ein Glück für den Spiegelschwaben, daß er die Schnalle schon in der [186] Hand hatte, und hinaus witschte. Er hätte sonst einen tüchtigen Guß zum Gruß mit auf den Weg bekommen.


Wahrheit ist ein seltnes Kraut, Noch seltner, der sie wohl verdaut.

Allhier fangen die Weilheimer Stücklein an

Erstes Kapitel
Erstes Kapitel.

Bei Weilheim liegt ein Berg, der heißt der Eselsberg. Man erzählt, daß er den Namen davon erhalten habe: Es sei ein Landstürzer nach Weilheim gekommen, der habe den Weilheimern versprochen, er wolle ihnen ein Mittel geben, wie sie auf wohlfeile Art zu Eseln kommen könnten, woran in ihrer Stadt so sehr Mangel sei. Und er bot ihnen zum Kauf Eselseier an (es waren aber große Enteneier). »Diese Eier,« sagte er, »solle einer von ihnen ausbrüten; es müßte aber der Bürgermeister selbst sein.« Also wurden sie des Handels eins, und der Bürgermeister setzte sich, oben auf dem Berg, über das Nest, und brütete aus. Weil es ihm aber zu lang und zu bang wurde auf dem Nest, so ruckte er mit dem Hintern, und da fiel ein Ei heraus, und wargelte den Berg hinab ins Gebüsch hinein. Unten hockte ein Has, der wurde aus seinem Lager aufgeschreckt und lief davon. Wie der Bürgermeister von Weilheim das Ding fortlaufen sah, vermeinte er, es sei ein junger Esel, der aus dem Ei ausgekrochen. Und also schrie er, was er konnte: »Hieher, Büberl; siehst du denn nicht, wo dein Vater ist?« – Also wird erzählt; es kann aber auch erlogen sein. Gewiß ist aber, daß seit der Zeit die Weilheimer keinen Mangel mehr gehabt haben an Eseln. – So erzählte dem Spiegelschwaben ein Buchführer aus Kohlgrub, der die Geschichten vom Eulenspiegel, von der schönen Magellone, von den Heimonskindern und andere hausiren trug, und er sagte ihm, er solle nur beim Bräuwastel einkehren; der wisse ihm noch mehr zu sagen von Weilheimer Stückeln.


Dies ist ein treffliches, fruchtbares Land, Die Narren wachsen ungesehen hinter der Wand.

Vom Ursprung der Weilheimer Stücklein, und ihrer Ausbreitung

Zweites Kapitel
Zweites Kapitel.

»Etwas ist dran,« sagte der Bräuwastel, »aber nicht Alles, was von Weilheimer Stücklein erzählt wird. Glaubwürdigen Nachrichten zufolge stand nämlich da, wo jetzt Weilheim steht, in uralten Zeiten eine Stadt, Namens Lalenburg, deren Einwohner wegen ihrer dummen und albernen Streiche weltberühmt geworden. Durch einen Unfall ohne Gleichen ist ihre Stadt zerstört worden, und die Einwohner selbst haben sich zerstreut. Daher kommt es denn eben, daß nicht leicht eine Stadt sei, wo nicht Nachkommen dieser Leute sich vorfinden, die eben dummes und letzes Zeug verrichten. Am meisten mögen sie sich jedoch freilich zu Schilda in Sachsen, zu Hirschau in der Oberpfalz und allhier zu Weilheim in Ober-Bayern angesiedelt haben. Aber nicht Alles, was man diesen Städten Böses nachsagt, ist, wie gesagt, wahr. Gar Vieles kommt auf Rechnung anderer Städte in Ober-und Nieder-Bayern, in Franken, wie auch in den beiden Pfalzen; ja selbst München, der Sitz der Weisheit, ist nicht frei von solchen dummen Streichen, und denen, die sie machen; und man könnte es füglich Groß-Weilheim nennen.« – Der Spiegelschwab ward durch diese Erzählungen sehr vergnügt, wie hoffentlich auch der geneigte Leser; und er wünschte Mehreres noch von solchen Stücklein zu hören. Der Bräuwastel gab ihm das Büchlein von den Lalenburgern, gedruckt in diesem Jahr und mit vielen Holzschnitten geziert; und der Spiegelschwab las darin bis spät in die Nacht, und hätte schier Essen und Trinken drob vergessen, wenn ihn der Wirth, der seine Zeche machen wollte, nicht daran gemahnt hätte.


Es wachsen, ohne Dung und Pflug, Die Thoren überall genug.

Von den Weilheimer Stücklein

Drittes und letztes Kapitel
Drittes und letztes Kapitel.

Des andern Tags beim Abschied sagte der Bräuwastel zum Spiegelschwaben: »es freue ihn, seine Bekanntschaft gemacht zu haben; denn nun sehe er, daß die Schwaben nicht so dumm seien, als wofür man sie ausgibt. Der Spiegelschwab sagte entgegen: es freue ihn auch, daß er seine Bekanntschaft gemacht habe; denn nun sehe er, daß die Bayern nicht so grob seien, als wofür man sie ausgibt.« Und also schieden sie als die besten Freunde. – Wie der Spiegelschwab durch die Stadt ging, fielen ihm sogleich im Vorbeigehen noch einige Stücklein auf die Nase. Einer fuhr mit einem geladenen Mistwagen vorbei; und als ihn einer fragte, warum er wieder umkehre, sagte er: »er habe die Mistgabel vergessen und er müsse sie holen.« – Ein Zimmermann saß auf einer hölzernen Dachrinne oben am Haus und sägte sie ab; er saß aber auf dem letzen Theil und fiel damit herab. – An einer Hausthür war ein Mann beschäftigt, neben einem größern Loch, wo die Katze aus- und einschliefen konnte, zwei kleinere zu machen. Auf die Frage, warum er das thäte, sagte er: »Die Katze hat zwei Junge geworfen; ich thues drum, daß die auch aus und ein können.« – Als er unter das Thor kam, stand ein leerer Heuwagen drunten, auf dem der Wiesbaum quer über lag, so daß also der Wagen nicht zum Thor herein konnte. Der Knecht besann sich nicht lange, sondern holte eine Säge und sägte den Wiesbaum mitten entzwei. – »Herrgott von Buxheim!« rief der Spiegelschwab aus; »welch ein lustiges Leben muß es in einer Stadt sein, wo täglich und stündlich solche Streiche blühen!«


Gält' einen Batzen jeder Streich, Wir wären noch einmal so reich.

Wie der Spiegelschwab in die Hölle kommt

[189] Wie der Spiegelschwab in die Hölle kommt, und was er dort erfahrt.

Eine Stunde außerhalb Weilheim, auf dem Weg nach dem heiligen Berg Andex, fiel ihm ein, gehört zu haben, daß in Polling extra gutes Bier zu trinken sei. Also scheute er nicht den Umweg, und ging wieder zurück und dahin. Und es schmeckte ihm gut. Das hörte der Abt des Klosters, ein leutseliger, niederträchtiger Herr, und es wurde ihm hinterbracht: »im Trinkstüble sitze ein Schwab, der könne saufen trotz einem Bayern.« Der Abt sagte, man solle ihm genug geben, und umsonst. Und der Blitzschwab profitirte auch von der gnädigen Erlaubniß, und er trank und sagte eins ums andere Mal: das müsse man sagen, und es sei wahr: im Kloster ist ein Leben wie im Himmel. Und er guckte so oft und so lange in die Bierbütsche, bis sein Himmel, das Capitolium, sternvoll wurde und er bewußtlos da lag, wie ein Sack. Das wurde dem Abt hinterbracht; und der sagte: »Weil denn der Schwab den Himmel verkostet, so solle er auch die Hölle verkosten.« Und also ließ er ihn in ein tiefes, kuhfinsteres Kellerloch tragen. Des andern Tags, wie der Spiegelschwab erwachte und sich den Rausch aus den Augen rieb, standen zwei kohlschwarze Männer vor ihm mit Fackeln in der Hand; und auf die Frage des Spiegelschwaben; »wo bin ich denn?« sagten sie: »in der Hölle.« Und sie gaben ihm alsogleich den Willkomm, wie's im Zuchthaus und in der Hölle herkömmlich ist. Dann ließen sie ihn allein in der schrecklichen Finsterniß, und es war allda Zähneklappern; und er hatte nun abermal Zeit, wie unter den Zähnen des Melak, über sich und das menschliche Elend nachzudenken. Um Mittag kamen die beiden Teufel wieder und brachten ihm einen Laib Brod, das schier aussah, wie ein Pechkuchen. Der Spiegelschwab sagte: »es thäte ihn nicht hungern, wol aber dursten.« Und er dachte sich: »Ach, hätte [190] ich nur ein Tröpflein Gerstensaft von gestern!« Die Teufel aber gingen abermals fort, ohne ein Wort zu sagen; und der Spiegelschwab saß wieder allein da in der Finsterniß der Hölle, und es wurde ihm auch höllenangst. Er fing nun an, an dem Brodlaib mehr zu sutzeln, als zu beißen; aber es schmeckte wie pures Salz, und es durstete ihn noch ärger, also, daß er an dem feuchten Gemäuer umher kroch und die Wassertropfen, die daran hingen, ableckte. Indem er so im Finstern umher tappte, da stieß er an etwas, das sich anfühlte, wie ein Faß. Und es war auch eines, und zwar ein volles. Er zapfte es sogleich an – und das Anzapfen verstand er – und er soff, wie ein Bürstenbinder, und wurde in dem Maaße voll, als das Faß leer wurde. Und so fanden denn Abends die beiden Männer wieder das alte Schwein; und sie trugen ihn fort und hinaus in einen Straßengraben, wo sie ihn denn liegen ließen. Des Morgens, wie er erwachte, und sich auf das besann, was ihm begegnet, schwor er bei Stein und Bein: »er wolle sich vor dem bayerischen Bier in Acht nehmen, und keinen Tropfen mehr trinken, als höchstens sechs Mäßle auf Einem Sitz.«


Zusagen und halten Steht wohl bei Jungen und Alten.

Von einem Abenteuer, das der Spiegelschwab mit einem Pfaffen

Von einem Abenteuer, das der Spiegelschwab mit einem Pfaffen gehabt.

Wenn die Höllenqualen bekehren würden, so wäre der Teufel schon längst ein Heiliger. Bei dem Spiegelschwaben hat die Hölle nichts verfangen. Davon gibt folgendes Stücklein ein Zeugniß. Vor Pähl, auf der Straße, begegnete ihm ein Pfaffe; der trug auf seinen Schultern eine Geldkatze voll Opferpfenninge, und er schmunzelte unter der liebwerthen Last, wie einer, der sein Schätzle heimführt. Der Schwab dachte sich: Dem will ich tapfer einheizen, daß er ein Paar Güldele schwitzen muß. Und er ging auf ihn [191] zu, und sagte: »Mit Verlaub! ich will Euch die Last da abnehmen.« Der Fachsenmacher wollte nur einen Possen spielen, wie er zu thun pflegte; aber der Herr nahm's für baaren Ernst, und er stellte sich, und sagte: »Hebe dich hinweg, Swabe!« Donner und Wetter! wie schwoll da dem Spiegelschwaben der Kamm! Hätte er ihn einen Stockböhmen, einen Kalmucken geschimpft, oder noch was Aergeres, es hätte ihn wahrlich nicht so sehr verschmacht. »Was, Schwabe?« sagte der Schwabe, und ging dem Schwarzrock näher an den Leib, und hielt ihm die Faust unter das Kinn, und fipperte vor Zorn. In der Angst nahm der dicke Herr seine Hilfe zur geistlichen Waffe, und er rief mit aufgehobener Hand, zum Schwur, wie St. Niklas, die Bannformel über ihn aus: »Si quis –« und so weiter. Der Spiegelschwab verstand zwar kein Latein; aber er gneißte doch, es sei dies so eine von den Zauberformeln; und wie er denn von Haus aus ein Hasenfuß war in solchen Dingen, so zog er andere Saiten auf, und sagte: »Leids wolle er ihm just nicht anthun; aber den Schimpf könne er auch nicht so auf sich sitzen lassen; er möchte ihm daher ein Paar Güldele geben, zum Beweis, daß er's nicht übel gemeint.« Dies that denn auch der geistliche Herr, zwar ungern, aber doch froh, daß er den schwäbischen Landstürzer um so wohlfeilen Preis sich vom Leib geschafft.


Das wird erfahren oft und dick, Je ärger Schalk, je besser Glück.

Wie der Spiegelschwab der Hexe von Kriegshaber begegnet

Wie der Spiegelschwab der Hexe von Kriegshaber begegnet, und wie er ihr Zauberwerk vernichtet.

Als drauf der Spiegelschwab den Berg hinan genAndex ging, durch den Wald, bei einbrechender Nacht, da sah er zu seinem Erstaunen mitten auf dem Weg die Hex' von Kriegshaber, die kochte. Der Spiegelschwab ging auf sie zu, und sagte: »Was machst, alte Hex?« Diese antwortete [192] grinsend: »Ein Tränkle für Kirchweihgurgeln, wie du bist.« Und sie schöpfte, und es floß gischend, wie ein Strom, in den Kessel zurück. Dem Spiegelschwaben gefiel das Zauberstücklein, und er fragte weiter: »Was macht dein Leibbaule, der schwarze Kater?« »Er spinnt Fäden,« sagte die Hex, »um Galgenvögel zu fangen, wie du bist.« Und sie schöpfte wieder, und goß die glühende Brüh auf den Boden; und es floß fort, und zog sich, wie ein feuriger Faden um den Spiegelschwaben, und es wurde immer enger der Kreis und immer breiter der Strom. Der Spiegelschwab dachte sich: Das ist Hexerei, die einem Christenmenschen nicht schaden kann; und er foppte die Hex weiter: »Was macht der Teufel, der Kesselflicker?« Die Hex antwortete: »Kessel, um liederliche Strolchen und Diebe drin zu sieden und zu braten, wie du bist.« Und die Hex rührte immer stärker, und der Kessel floß über, und der Feuerstrom brannte ihm schon an die Sohlen. Da faßte der Spiegelschwab Muth, und er machte einen Kreuzsprung über den Kessel und die Hexe, und im Augenblick war Alles verschwunden und verstoben. Nachdem der Spiegelschwab also der Gefahr entkommen, dachte er sich: Die alte Runkunkel hat mir sicherlich den Weg zum heiligen Berg versperren wollen. Aber hinauf muß ich, trotz aller Hexen und Teufeln.


Heuchelei und Schelmerei, Ist des Teufels Liverei.

Wie der Spiegelschwab in sich geht und sich bekehrt

Wie der Spiegelschwab in sich geht und sich bekehrt; woraus ersichtlich, daß die Geschichte zu Ende geht.

Nachdem der Spiegelschwab auf dem heiligen Berg die Heiligthümer in der Kirche angesehen, wobei er sich viele fromme Gedanken gemacht: da, wie er wieder zur Kirche hinaus wollte, sah er im Beichtstuhl einen Pater sitzen. Und er dachte bei sich: Hat der nichts zu thun, und hab ich nichts zu thun, so versäumen wir beide nichts, und ich kann gelegentlich beichten. Also ging er in den Beichtstuhl, [193] und beichtete. – Wir wüßten aber natürlich kein Wört von dem, was er gebeichtet, und wie's ihm ergangen, weil nicht der Spiegelschwab selbst es erzählt hätte dem Blick schwaben, seinem Freund, der es seinen Kindeskindern, und deren Kindeskinder mir es erzählt haben, wie folgt: Anfangs sei noch Alles passirlich gegangen, da er in Allem das Beste versprochen habe, namentlich wegen Wiederersahung dessen, um was er die Leute betrogen – bis es auf den Hauptpunkt gekommen: daß er nämlich uneins sei mit seinem Weib, und seit einem Jahr nicht mehr zusammen wohne mit ihr. Er hasse sie eben nicht, habe er gesagt, vielmehr er wolle fleißig für sie beten um ein seliges Ende aber leiden könne er sie nicht, und er möchte lieber mit einem Drachen unter einem Dach sein, als mit ihr. Der fromme Pater aber verlangte, und blieb dabei, daß er zu seinem Weib heim gehen, und ihr wieder beiwohnen sollte; sonst könne er ihn nicht absolviren. Der Spiegelschwab war halsstarrig, und ging aus dem Beichtstuhl ohne Absolution. Draußen vor dem Beichtstuhl rührte ihn aber doch sein Gewissen, und er dachte an die Freythofblümlein auf seinem Kopfe, und es wurde ihm ganz curios ums Herz. Da stand er nun, den Hut drehend zwischen den beiden Händen, oft seitwärts blickend auf den Pater, ob er ihn etwa nicht zurück rufen möchte. Der saß aber ruhig, und schien still zu beten. Der Spiegelschwab dachte sich: da muß ich wol den Gescheidern machen. Und er redete den Pater an, und sagte: »Probieren will ich's – auf einen Monat, aber länger nicht.« Der Pater schüttelte den Kopf. – »Nun,« sagte der Spiegelschwab, »damit Ihr seht, daß ich mit mir markten lasse: auf ein Vierteljahr!« Der Pater schüttelte den Kopf. – »Auf ein halbes Jahr!« handelte der Spiegelschwab weiter, und hielt ihm die Hand hin, und sagte: »Wenn's Euch so recht ist, so schlagt ein!« Der Pater schüttelte den Kopf. Jetzt verlor der Spiegelschwab schier alle Hoffnung und Geduld; er nahm sich aber als [194] ein ganzer Kerl zusammen, und sagte: »Wenn Ihr doch nicht anders wollt, so sei's – in Gottes Namen! – auf ein Jahr!« – Der Pater, der seine Zerknirschung bemerkte, und ihn nicht bis zur Verzweiflung treiben wollte, winkte ihn zu sich in den Beichtstuhl, und er redete ihm noch einmal ernstlich zu, und der Spiegelschwab versprach alles Mögliche. Und das war recht. – Von Andex aus wandte sich der Spiegelschwab vorerst nach Grafrath. Dort liegt der Leichnam des heiligen Rasso, der, wie er hörte, ein großer Held gewesen ist. Der Spiegelschwab meinte: er müsse wol ein böses Weib oder sonst ein Unthier gebändigt haben. Und also verlobte er sich zu ihm.


Wer recht beichtet, Das Herz erleichtet.

Ein Kapitel, worin nichts von Streichen vorkommt

Ein Kapitel, worin nichts von Streichen vorkommt, was also überschlagen werden kann.

Der Mensch ist nie langweiliger, als wenn er über sich selbst nachdenkt. Und also ist nichts von weitern Streichen des Spiegelschwaben zu erzählen, wie er jetzt seines Weges geht nach Meitingen zu seinem Freund, dem Blitzschwaben. Um jedoch den günstigen Leser von ihm zu unterhalten, will ich von seinen Sprüchen reden, die er im Brauch hatte; woraus neuerdings erhellet, daß er ein sinnreicher Kopf gewesen; wie es denn die Schwaben alle sind, die dummen ausgenommen. – Wenn von Weibern und Heirathen die Rede war, so pflegte er zu sagen: Weib und Geld ängstigen manchen, wie sieben Hund einen Hasen im Feld. Und: Der Ehestand ist kein Geschleck, sondern ein Joch. Und: Gilt die Bosheit etwas, so ist ein Weib theurer, als hundert Männer. – Wenn von seinem Weib Meldung geschah, sagte er: Böse Hund sind gute Wächter, sang ein Bauer von seinem bösen Weib. – Von den Weibern überhaupt: Sie hätten einen vielfältigen Rock, und einen einfältigen Kopf. – Gefragt, wie es ihm ergehe, antwortete er: »Vortrefflich; ich lebe stattlich, trinke viel, eß' nicht wenig, und [195] bin Niemand schuldig, als den Leuten.« – Sonst hatte er auch im Spruch: »Was den Leuten zuwider ist, das treib ich; wo man mich nicht gern hat, da bleib ich.« – Vom Essen und Trinken pflegte er zu sagen: »Das Trinken geht alle Tag; und gegessen muß sein, und wären alle Bäum' Galgen.« Und: »Guter Wein verdirbt den Beutel, der schlechte den Magen; doch besser der Beutel, als der Magen verdorben.« – Zu einem Nachtlichtle und Saufbruder sagte er einmal: »Nicht wahr, Nachbaur, die ganze Nacht gesoffen ist auch gewacht?« – Wenn sich einer über schwere Arbeit beklagte, pflegte er zu sagen: »Wenn's so lustig und so leicht wäre, so thät's der Bürgermeister selbst.« – Warf man ihm vor, daß er sich seine Arbeit zu theuer bezahlen lasse, so sagte er: »das braune Bier muß seine Ursach haben.« – Von einem faulen Menschen sagte er: »Er hat Lust zum Arbeiten, wie der Hund zum Hechellecken; und: es steht ihm die Arbeit so gut an, wie einer Geiß der Klagmantel.« – Von einem Lump und nichtsnutzigen Menschen sagte er: »Der gilt nichts, wo die Menschen theuer sind.« Oder: »Er ist einer, wo 13 auf ein Dutzend gehen.« Auch: »Wenn man ihn verschenken wollt, man müßte einen Batzen darauf legen.« – Wenn er einen unwilligen Menschen sah, sagte er: »Du bist so lieblich wie ein Essigkrug; wenn du nur in die Milch siehst, so wird sie sauer.« Oder: »du wärest ein rechtes Muster auf den Essigkrug.« Auch: »Wenn dein Gesicht am Himmel stünde, die Bauern würden zum Wetter läuten.« – Von einem hoffärtigen Menschen pflegte er zu sagen: »Er hält viel auf sich, aber andere Leute halten auf ihn desto weniger.« – Von einem Neidischen: »Er sieht auf die Seite, wie eine Gans, die Aepfel sucht.« – Von einem Groben: »Er ihrzt Niemanden, als sich und den Herrn Pfarrer.« – Von einem Zornigen: »Er thut sich auf, als wenn er zehn Teufel gefressen, und hätte den eilften im Maul.« – Von einem Lügner: »Er bleibt bei den Worten, wie der Has bei der Trommel.« Sonst pflegte [196] er auch vom Lügen zu sagen: »Lügen sei eine Hauptsprache, denn sie gehe durch das ganze Land.« Und: »Wenn Lügen so schwer wäre, wie Holztragen, so würde Jeder die Wahrheit sagen.«


Weise Sprüche, gute Lehren, Muß man thun, und nicht nur hören.

Wie der Spiegelschwab nach Meitingen kommt

Wie der Spiegelschwab nach Meitingen kommt zum Blitzschwaben.

Als er nach Meitingen kam, auf dem Lechfeld, traf er seinen Freund, den Blitzschwaben, im Wirthshaus bei einem Mäßle weißen Biers sitzen. Der war auf, wie Bätz, und sang so eben das Liedlein:


Ich bin halt so:

Ich achte nit das Schmeichlen,

Und achte nit das Heuchlen,

Trutz allen falschen Zungen,

Denk ich an Goldschmids Jungen;

Ich bin halt so.


Ich bin halt so:

So lang ich leb auf Erden,

Werd ich nit anders werden,

So so so werd ich bleiben,

Aufs Grab mir lassen schreiben:

Ich bin halt so.


»Potz Blitz!« sagte der Blitzschwab, als er den Spiegelschwaben erblickte. »Bist's oder bist's nit? Ja, wägerle, du bist's. Grüß dich Gott, Lump! Aber jetzt setz dich, Brüderle; wir trinken noch ein paar Mäßle zusammen, wenn's langt. Dann brechen wir auf, heut noch nach Türkheim zum Kätherle, und morgen ist Hochzeit.« Der Spiegelschwab sagte: »Also willst du wirklich Ernst machen mit dem Kätherle?« »Potz Blitz!« sagte der Blitzschwab, »lieber heut noch als morgen. Und ich sag dir's und du darfst mir's glauben: 's Kätherle ist ein schön's Mädle, 's Kätherle ist ein bravs Mädle, 's Kätherle ist ein Mädle, wie man keins mehr findet in der Welt.« Der Spiegelschwab sagte: »Es gibt nur zwei gute Weiber auf dieser Welt: die[197] eine ist verloren, und die andere kann man nicht finden.« »Daß dich die Katzen kratzen!« sagte der Blitzschwab unwillig. »Jetzt sauf, und laß mich ung'heyt.«


Wen einmal der Gammel sticht, Höret auf die Wahrheit nicht.

Wie der Spiegelschwab dem Blitzschwaben ein Kapitel

Wie der Spiegelschwab dem Blitzschwaben ein Kapitel vom Ehestand lieset.

Unterwegs, als sie dies und jenes sprachen, kam der Spiegelschwab wieder auf das Kapitel vom Ehestand und den Weibern. Der Mann ist allzeit angeführt mit dem Weib – sagte er – und die beste ist nichts nutz. Ist sie schön, so hat er viel Wartens; ist sie häßlich, so hört er viel Eiferns; ist sie häuslich, so ist sie auch bös; versperrst du sie, so klaget sie; lassest du sie gehen, so ist sie in der Leute Mäulern; zürnest du mit ihr, so hängt sie das Maul; sagst du nichts, so kann Niemand mit ihr zurecht kommen. Hat sie die Ausgaben in Händen, so weh dem Gelde; führst du die Ausgaben, so verkauft sie den Hausrath. Bleibst du zu Haus, so bist du ein Einsiedler; kommst du zu spat heim: Wo hat dich denn der Teufel gehabt? Gibst du ihr schöne Kleider, so will sie sich sehen lassen; kleidest du sie schlecht, so flucht sie dir den Tod. Hast du sie gar zu lieb, so achtet sie deiner wenig; gibst du dich aber wenig mit ihr ab, so schert sie sich um dich gar nicht. Willst du nicht sagen, warum sie dich fraget, so laßt sie nicht ab, bis du es sagest; kurzum: der Ehstand ist ein Wehstand. – – Der Blitzschwab hatte indessen, da der Spiegelschwab also sprach, die Geige zur Hand genommen, und er fing an, zu stimmen und zu klimpern, immer stärker, je mehr der andere sprach. »Aber du hörst nicht?« – fuhr der Spiegelschwab fort – »nun, so magst du denn fühlen. Als guter Freund will ich dir jedoch zum Ehrengeschenk noch einen weisen Spruch mitgeben, den die bayerischen Bauern im Brauch haben, und der unter Brüdern einen Thaler werth ist. Der lautet also:


[198]

Hast ein bös Weib am Montag,

Traktiere sie freundlich am Erchtag

Will's nicht helfen am Mittwoch,

Gib ihr gut Stöß am Pfinztag,

Thut's nicht gut am Freitag,

Hol's der Teufel am Samstag.

So hast du einen guten Sonntag.«


»Daß dich der Gicker kratz', du Schukeler, du Schampedasche, du Schurimuri!« – sagte der Blitzschwab zornig. – »Jetzt schweig,« sagte er, »Trallewatsch! und laß dich heimgeigen.« Und er geigte und sang dazu: »Ich bin halt so!«

»Während dem brummelte der Spiegelschwab wie ein Dudelsack:


Einem jeden Lappen Gefällt sein Kappen; Ist sie auch arm, Macht sie doch warm.«

Des fahrenden Schülers Adolphi Bericht

Des fahrenden Schülers Adolphi Bericht, wie es auf der Hochzeit des Blitzschwaben zugegangen.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – 1

Fußnoten

1 Lücke in der Handschrift. S. die Beilage Seite 201.

Wie der Spiegelschwab zu seinem Weibe heimkehrt

Wie der Spiegelschwab zu seinem Weibe heimkehrt, und was zu Hause geschehen. Das letzte und schönste Kapitel.

»Jetzt gehst aber zu deinem Weib heim,« sagte der Blitzschwab zum Spiegelschwaben, acht Tage nach der Hochzeit. »Ich geh schon,« sagte der, »so gern, wie eine arme Seel ins Fegfeuer.« »Und bleibst fein bei ihr, wie du's dem Pater versprochen« – fuhr jener fort – »und mach's nimmer so, wie das Thurn-Michele von Augsburg, der sich des Jahres nur einmal sehen läßt. Und ich sag' dir's nochmal,« sagte er, »sie ist wie ausgewechselt, seit der Zeit, daß sie dem Bären entkommen. Selbst die Nachbarin sagt [199] alles Gute von ihr. Und auf das Präsent, wie ich dir sag', darfst du dich freuen.« Also redete der Blitzschwab dem Spiegelschwaben zu, als dieser von ihm Abschied nahm. – »Schwabenland ist ein schönes Land (pflegt der Schwab zu sagen); aber heim mag ich nicht.« Der Spiegelschwab hatte mehr als Eine Ursache, so zu sagen. Und doch ging er, zwar mit wenig Hoffnung, aber voller guter Vorsätze Memmingen zu. In den Hopfengärten dünkte es ihm doch allebot, als höre er die wohlbekannte Rätselstimme: »Bist du endlich wieder da, du Schlingel!« Und als er unters Thor kam, wollte ihm fast der Teufel ins Ohr raunen, er sollte wieder umkehren. Und als er sein Haus von der Ferne sah, sank ihm schier das Herz, und die Füße wollten ihn nicht mehr tragen. Da faßte er Muth, als ein ganzer Mann, und sagte: »Sei's in Gottes Namen!« Und er ging, und kam heim. Und, sieh da! wie er vor die Thür kam, trat ihm seine liebe Ehehälfte entgegen, und trug ein Kind auf den Armen. »Grüß dich Gott, Herzensmännle!« sagte die Frau. »Da sieh, lug einmal dein Büble an.« Der Spiegelschwab sah drein, wie einer, der ein schweres Rechnungs-Exempel im Kopf auflöset; und er konnte es doch nicht herausbringen. Das Kindlein aber lächelte ihm entgegen, und da konnte er nicht mehr anders, er mußte es nehmen, und er gab ihm ein Ei'le, und er nannte es sein liebs Bübele. Dann gingen sie ins Haus, und die Frau machte ihm gleich ein warmes Süpple, und fragte: »Männle, was magst noch?« Und von der Zeit an war Fried und Einigkeit im Haus; und die Nachbarin selbst hatte ihre Freude daran, so wie hoffentlich alle, die dies lesen.


Wer da will haben gut Gemach, Der bleib unter seinem Dach, Wer will haben ein' Ruh, Der bleib bei seiner Kuh.

Beilage3. Abenteuer des Spiegelschwaben65. Der schwäbische Sonn- und Mondfang64. Der schwäbische Diogenes63. Der bayerische Diogenes62. Hier lernt man Französisch61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein
Die schwäbische BauernhochzeitBeilage3. Abenteuer des Spiegelschwaben65. Der schwäbische Sonn- und Mondfang64. Der schwäbische Diogenes63. Der bayerische Diogenes62. Hier lernt man Französisch61. Der fromme Müller60. Schutzschrift für die Bauern59. Der lustige Schuster58. Der Hahn im Korb57. Die Hasenjagd56. Soll ich oder soll ich nicht55. Eine Zehentfrage, nebst Antwort54. Der einfältige Junge2. [Bei Rothenburg an der Tauber ist eine rauhe, wilde Steig]1. [In Rothenburg an der Tauber ist ein Gäßchen]53. Volkssagen aus Franken52. Die Meisterschaft51. Hans, blas 's Licht aus50. Grausamer Scherz49. Der Spielmann und sein Wohlthäter48. Der Bärenhäuter2. Der Spielmann1. Der Hüllenweber47. Volkssagen aus Oberschwaben46. Das Schloßfräulein45. Warum heirathen44. Eheliche Treue43. Der Hausfreund42. Der Korbmacher und seine Frau2. [Reichthum gebiert Uebermuth, Uebermuth gebiert Armuth]1. [Ein braves Weib ist Goldes werth]41. Die Hausfrauen40. Die Standeswahl39. Die Meisterproben38. Der Schneider im Mond37. Meister und Lehrling36. Die Raben35. Ehrn Steffen34. Der Fruchtbaum33. Das goldbordirte Hütlein32. Der Herr und der Diener31. Das Darlehen30. Der letzte Schuß29. Ein braver Pfarrer2. [Ein Bauernbube aus Pfaffendorf]1. [Der Müller von Pfaffendorf ging einstmals in einer Winternacht]28. Volkssagen aus Ober-Bayern27. Die Hausräthe26. Der Hausgeist25. Die Säcke24. Die Adelsprobe23. Die Uhren22. Von Recht und Freiheit21. Die Freunde in der Noth20. Die Nachbarn2. Das Brünnlein1. Das Glöcklein19. Volkssagen aus Niederbayern18. Ulysses und seine Gefährten17. Von Zank und Streit16. Glück und Unglück15. Von der Menschen Urtheilen14. Das Mährlein von der Wahrheit13. Abbas der Weise12. Das Gericht11. Der Antichrist10. Triumph der Religion9. Die Weisheit auf der Gasse8. Trost im Leiden7. Arm Elend6. Die Laster5. Die Tugenden4. Die drei Blicke3. Von der Versuchung im Glauben2. Sanct Augustin und das Knäblein1. Offerus2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des Doctor FaustusZweiter Theil3. Abenteuer der sieben Schwaben60. Ei, so lüg'!59. Wie lustige Gesellen einen Müller foppen58. Das Bettlertestament57. Das Brauttänzlein56. Von der Weiber Lieb' und Treu'. Ein Schwank55. Von einer dienstfertigen Frau54. Eine Lection für die Weiber53. Ursula, oder das Weib, wie es sein sollte52. Die Räthsel51. Gevatter Tod50. Die Meisterstücke49. Kaspar der Kutscher; oder: wie gewonnen, so zerronnen48. Der redliche Hans und die schlaue Grete47. Seltsame Jagdpacht46. Seltsames Roßfutter45. Schalk wird mit Schalk gefangen44. Die guten Tage43. Die Faulheit in der Klemme42. Die sieben Züchten41. Nachwächter Thomas40. Ueber den Umgang mit Herren39. Ueber den Umgang mit Bauern38. Wie Eulenspiegel gute Räthe gibt, die aber übel ausschlagen37. Vom Rathgeben36. Von dem Handel zwischen den Edelleuten und den Bauern35. Von der Ungleichheit der Stände34. König Bauer2. Der König Watzmann1. Die verwüstete Alpe33. Sagen aus Südbaiern32. Ein braver Hausknecht31. Ein braver Kaufherr30. Muth über Gut29. Die Verwalter28. Sanct Peter mit der Geige27. Der Wahrheit Lohn26. Das Testament des Vaters25. Eine Desperations-Kur24. Die Kinderprozession23. Probates Mittel, die Kinder zu erziehen22. Eine häusliche Scene; oder: Der alte Gott lebt noch21. Hauszucht20. Von einem eifersüchtigen Mann19. Der Talisman18. Ehelicher Gehorsam17. Die Geschenke16. Die Ehen werden im Himmel geschlossen15. Ei so beiß!14. Der Einsiedler13. Hans Pfriem12. Die Thiere und der Mensch11. Das Grömlein10. Unsers Herrgotts Affe9. Die Fabel geht dich an8. Der Weisen Sprüche7. Von der Selbsterkenntniß6. Schule der Weisheit5. Das Vögelein4. Die Wunder3. Der Name Gottes2. Die blauen Berge1. Legende von dem Ritter Sankt Georg2. Allerlei erbauliche und ergötzliche Historien1. Geschichte des ewigen JudenErster TheilMärchen und SagenAurbacher, LudwigEin Volksbüchlein

Die schwäbische Bauernhochzeit.

Ein Gemälde im Stile der niederländischen Schule.


Vor der Kirche ist schon Groß und Klein versammelt, neugierige Leutchen (der Verfasser darunter), um den Brautzug, der so eben herauskommt, gemächlich anzusehen. Die Musikanten, zwei Fideln sammt Brummbaß, eröffnen den Zug; voran die »Buben«, groß und klein, in Feiertagsröcken, einen Rosmarin auf dem Hute, im Gesichte Gesundheit, Muth und Frohsinn; zwischen ihnen und den Männern der Bräutigam, ein frischer, lebensmuthiger Bursche, mit einer Haltung und Miene, aus denen der Kampf zwischen frohem Leichtsinn und ernster Sorge sichtbar wird. Dann das liebliche Mädchenvolk, von dem Kinde herauf bis zur mannbaren Jungfrau, alle anständig und sittig in Kleid und Gebärde; hierauf, von den Matronen begleitet, die Braut – den Blick zur Erde gesenkt, um das naßgeweinte Auge zu verbergen, das in den feierlichen Augenblicken der Copulation mit Wehmuth auf die verlorne Jugend zurück, und mit Sorge auf das lange, bange Hausmutterleben vorwärts blickte; – eine schöne, jungfräuliche Gestalt, in einem schwarzen Kleide, mit weißer Schürze, den Rosmarinkranz auf dem entblößten Haupte, wie ein zum Tode geweihtes Opfer. »Gott sei mit dir! und Er gebe dir Trost und Kraft und Milde und Demuth; und Er lohne dich für deine Mühen und Schmerzen, die sich wie Nächte und Stürme in dein Leben hineinschleichen werden, mit recht vielen lichten und freundlichen Tagen, und mit der Liebe und Treue deines Mannes und mit der noch unendlich größern Freude an deinen Kindern!«

[201] Der kürzeste Weg von der Kirche ist in das Wirthshaus das daran liegt. Es scheint, als wenn der Ort schon begeistere; denn es poltert und lärmet die Stiege hinauf in den Soler, als wenn Alles losgelassen wäre, die Hölle selbst. Einzelne, tüchtig, accentuirte »Juhhe!« begrüßen den Ort der Freude, und der Tanz des jungen, heitern Völkleins geht sogleich an, während die übrigen sich in und außer dem Hause zerstreuen.

Um zwölf Uhr gehen sie zu Tische, aber nicht, wie das liebe Vieh und vornehme Leute, sondern wie Christen, die, ehe sie die Gottesgabe empfangen, darum bitten. Männer und Weiber sitzen zusammen; bei jenen der Bräutigam, bei diesen die Braut – Alles in Züchten und Ehren... Nun gibt es in der Regel nichts Langweiligeres für einen Zuschauer, als ein Gastmahl während der ersten Gerichte; bei Bauernhochzeiten ist es aber anders. Wenn man diesen gesunden Appetit der Leute bemerkt; wenn man sieht, mit welchem Antheil Leibs und der Seele sie jeden Bissen zu Mund und Gemüthe führen; wenn man bedenkt, daß ihnen eine solche Tafelfreude schon um der Seltenheit willen doppelt theuer sein muß und auch wirklich ist; dann müßte man der gefühl- und appetitloseste Kerl von der Welt sein, wenn man ihnen nicht ein herzliches »Gott gesegn' es!« zuriefe, und alsobald, von gleichem Hunger angesteckt, hinab liefe in die Küche und sein Essen bestellte, wie z.B. ich jetzt thue.

Sobald es oben wieder zu fideln und zu stampfen beginnt (es ist Ein Uhr, Suppe und Voressen droben vorbei) so eile ich wieder hinauf zum Tanzplatz.

Braut und Bräutigam haben bereits, von einer Schranke von Zuschauern umgeben, ihre Stellung eingenommen, und Wind und Licht richtig vertheilt. Ein Menuett beginnt. Der Bursche, in kecker, doch nicht frecher Stellung, die beiden Hände in die Seiten gestemmt, – das Mädchen sittsam, doch nicht blöde, die Schürze an beiden Seiten fassend [202] und ausbreitend – machen nun ihre stattlichen pas, so gut sie dieselben von der lieben alten Gewohnheit und von der einfachen, ungekünstelten Natur erlernt und ausgebildet haben. Es geht aber wacker. Sie zeigen nicht nur Tact, richtige Wendung und Stellung, mit mannichfach abwechselnden Formen, sondern sie bringen auch Dessin hinein, und (ich möchte fast sagen) eine Art vonTactik der Liebe. Anfänglich ersieht man aus Allem, Blick, Haltung und Bewegung, etwas Fremdthuendes, Formen der Höflichkeit, ein bloßes Annähern und Entfernen ohne Haß und ohne Liebe. Bald aber tritt Interesse ein. Der Jüngling wird freier, offener, kühner; er sucht, verfolgt, drängt das Mädchen, dieses erwiedert, aber nur in verstohlenen Blicken der Zärtlichkeit, in halbem Annähern, halbem Entfernen, dem Zudringlichen aber mit Entschiedenheit ausweichend. Die Wärme nimmt zu. Es begegnen sich Aug und Aug, Hand und Hand. Die Formen bekommen mehr Ründe; sie verschmelzen sich allmählich, wie ihre Seelen, und bereiten sich zur Vereinigung; doch herrscht noch einige Unsicherheit im Annähern des Jünglings, noch sittige Schüchternheit im Entfliehen des Mädchens. Wie er jetzt sie verfolgt, wieder ergreift! wie sie dann plötzlich entschlüpft, sich entfernt, durch Drehen und Wenden dem Verfolger ausweicht – und sich zuletzt doch wieder erhaschen läßt! Endlich gibt sie sich ihm ganz hin; mit kräftigem Arm umschlingt er die Nachgibige, und reißt sie wonnetrunken in den Wirbel des Walzers, er, sein Auge zärtlich auf die Geliebte herabsenkend, sie, ihr Haupt schamhaft an seine Brust oder an seine Schulter lehnend, beide selig in der innigsten Vereinigung.

Sobald das Brautpaar, unter Beifall, den Platz verlassen, nimmt ihn wiederum das lustige, junge Völklein ein, und verkürzet sich und Andern durch mancherlei Tänze die Zeit. Jetzt führen sie den »Agatter« (à quatre) auf (auch zu acht und sechzehn Personen) mit vielerlei Abwechslung in Stellung und Wendung, in Verschlingung und Entwirrung, [203] vom Schülertritt an bis zu den Meistersprüngen, in einer Reihe vonProbestücken, die anfangs ein Jeder einzeln, später mehrere zusammen, endlich alle zugleich ausführen, und, wie immer, in den Alles und ganz vereinigenden Walzer auslaufen von drei bis sechs Touren. Dann wagen wol auch einige der Flinkern unter ihnen, welche Waden- und Lungenkraft genug haben, den ermüdenden Hupfauf; oder ein einzelner Kerl, der berühmteste Tänzer der Umgegend, den Meistertanz, die sieben Sprüng' und Andere Anderes.

Schlag zwei Uhr wird eine neue Tracht Speisen servirt. Die jüngeren haben sich schon wiederum Appetit getanzt (der Bauernmagen verdaut ohnehin gut in einer Stunde), die ältern verkosten nur mehr und schicken die Schüssel lieber ihren Kindern nach Hause, um sie an den Hochzeitsfreuden theilnehmen zu lassen, vermeinend, es sei keine Freude ganz, an der nicht Alle etwas hätten.

Um drei Uhr, nachdem man neue Herz- und Magenstärkung zu sich genommen, bricht das junge Gesindel auf um in einem feierlichen Zuge das Wickele abzuholen aus dem Mutterhause der Braut; eine schöne, bedeutsame Gewohnheit, womit der Braut symbolisch die ganze Pflichtenlehre der Hausmutter, Arbeitsamkeit, Reinlichkeit, Sparsamkeit vors Auge gerückt werden soll. Der Zug, die Musikanten an der Spitze, ist aber von etwas bacchantischer Natur; die Kerle, bei denen schon der Rausch von Trank und Liebe in leichtem Anflug ist, überbieten sich förmlich im »Jodeln und Juchezen«, mit den sonderbarsten Modulationen; Schaaren von Kindern umschwärmen sie miteinstimmend in den Jubel. Auf der Rückkehr sucht man sich einen bequemen Wiesenplatz auf; die Kunkel, zierlich angelegt und bunt bebändert, wird in die Mitte gestellt und der fröhliche Reigen bewegt sich nun lärmend aus dem beblümten Plane rundum. Dann kehrt man ins Wirthshaus zurück zur vierten Tracht.

[204] Indessen hat der Bräutigam, seinen Gästen und allem Volke zu gefallen, ein paar Spiele angeordnet, die nun, nach aufgehobenem Incidentmahle, zum Besten gegeben werden.

Fürs erste haben die Mädeln zu ringen, welche die flinkeste sei im Eierklauben, die geschickteste im Eimertragen, und so in andern Dingen. Sodann kommt die Reihe an die Buben. Die haben sich blos zu balgen, zu zerklopfen, zu zerhaaren und zu überrennen um der Pfenninge wegen, die unter sie ausgeworfen werden. Höhere Preise werden gesetzt für die besten Raufer und Laufer. Den Beschluß macht heute ein Wettrennen, aber blos mit Ochsen. Die »Gaudi« ist groß. Das Vieh, ungewohnt zu galoppiren, wozu es doch mit unmäßiger Strenge angetrieben wird, gibt sein Mißfallen verschiedentlich zu erkennen. Der eine läßt sich durchaus nicht von der Stelle bringen, sondern bewegt sich als Kreisel, bis ihm und dem Reiter Sehen und Hören vergeht. Ein anderer brüllt wol entsetzlich, geht aber desto langsamer, und im Zickzack. Ein dritter rennt, wie besessen, voran, aber blos dem wohlbekannten Stalle zu, von dem er nicht mehr wegzubringen ist. Ein vierter, in lauter Schwingungen auf und ab, hin und her sich bewegend, wirft den Reiter ab, und geht, dessen froh, seines Weges weiter. Ein fünfter rennt zwar streckenweise, hält aber zu oft Stand, und bedenkt sich zu lange, wohin und wie weit; während der sechste, der gescheidtere, zwar gemächlich einher trottet, aber doch zeitig genug, nämlich der erste, das Ziel erreicht. Der bekommt denn auch (der Reiter nämlich, nicht der Ochs) den Ehrenkranz aus der Hand der Braut.

Man speiset zum fünften Mal und tanzt zum zwanzigsten Mal und trinkt zum hundertsten Mal. Nun haben auch (bald) die Männer das Ihrige, und rühren sich mit dem Maule, so lang und so gut es geht... Heute aber schwirrt das muntere Gespräch (besonders von der Weiberseite [205] her), zu sehr in einander, als daß man sich selbst recht verstehen könnte, geschweige der Nachbar. Einzelne Trinksprüche nur schlagen mir vornehmlich ins Ohr; z.B. »Gott verläßt keinen Deutschen – hungert's ihn nicht, so dürst's ihn« – »Alles versoffen bis ans End, macht ein richtig's Testament.« – »Duck dich, mein' Seel', es kommt 'n Platzregen« u.dgl... Ein dicker Mann in der Ecke fällt mir indessen auf. Er spricht am wenigsten, aber trinkt am meisten. Seine Miene hat eine ganz seltsame Mischung von tiefem Ernst und freundlicher Milde. Mit unverwandtem Blicke auf den Krug, mit schmunzelndem Munde scheint er, wie gewisse Dichter, Theorie und Praxis, des Trinkens nämlich, zugleich zu betreiben, und eben darum beide wechselsweise zu veredeln. Nichts kann graziöser sein, als die Art, wie er den Krug faßt. Während des Trinkens scheint er alle fünf Sinne in Bewegung zu setzen, um recht zu genießen. Er beschaut das lautere kostbare Naß; er beriecht's (hören kann er's nicht); er schmeckt's – Himmel, mit welcher Wonne! Man möchte den Seligen beneiden, wäre man nicht schon selig genug in seiner bloßen Anschauung.

Ja, wenn du mir, kalter, strenger Moralist, mit deinem grinsenden Bocksgesicht in die Zechstube und meine Beschreibung hinein stierest! Du, der du nicht einmal Kraft genug hast, um eine ordentliche Sünde zu begehen, oder der du eine Sünde blos in einen dünnen, langen Faden ausspinnest und dich weit zierlicher einwickelst, während Andere ihren Fehler en gros auslegen und mit Einem Male; der du, was eigentlich Ohnmacht an dir ist, als Kräftigkeit betrachtest, und dich aller Tugenden befleißest, auch der Enthaltsamkeit, nur der größten und ersten nicht, der Liebe! Mit dir will ich nicht rechten über die Moralität meiner Hochzeitleute. Du weißt nicht, wie wohlthätig, ja wie nothwendig nach langen, schwülen Werktagen ein solcher Platzregen ist für die durstende Natur im Bauer, um all die [206] Mühen und Sorgen wegzuschwemmen, und, wenn auch nur auf einige Stunden, sein halb verdorrtes, eingeschrumpftes Leben aufzuweichen und zu erfrischen! Was willst du denn nach deinem Maaßstab die Sündhaftigkeit seines Genusses ermessen, da du ja auch nicht die Mühseligkeit seines Tagwerkes zu würdigen verstehst! Geh einmal statt seiner hin, schieb an dem Pfluge den ganzen Tag hindurch, iß seine harte, grobe Nahrung wochenlang, placke dich ein Jahr hindurch mit seinen Sorgen und Arbeiten und Jammer und Noth; und dann komm, wenn du's noch vor Gott und Menschen zu verantworten glaubst, schließe die Bierschenken an Sonn- und Feiertagen, schaffe die Kirchweihen ab und die Volksfeste, und verpöne jeden Rausch im Lande mit Kirchenbuße und Kettenstrafe ... Freund, ich denke, du wirst's bleiben lassen, und dem Landmanne seine Freuden gönnen und ihn nicht darin stören, geh' es auch manchmal zu bunt zu und über die Schnur.

Den hätt' ich, Gott Lob! weg; und so kann ich in meiner Beschreibung ruhig und sittsam fortfahren.

Nachdem die letzte Speise (ich glaub', es ist sieben Uhr) verzehrt worden, füllt sich das Wirthshaus immer mit andern Gästen. Die Zeit ist da zumSchenken. Wer nur Geld hat im Dorfe und einiges Interesse an und von den Brautleuten, der legt seinen Pfenning auf den lebendigen Opferaltar, die Braut; um so mehr die Theilnehmenden am Gastmahle, welche, außer für Kost und Trunk des Tages, nichts bezahlen dürfen, als eben auch ein Geschenk. So ist's Sitte, und gewiß eine löbliche; denn (so meinen sie in ihrer ehrlichen Einfalt) Anfänger im Hauswesen müßten am Hochzeittage unterstützt, nicht des Ihrigen beraubt werden; und sodann sei dies Geben nur ein Leihen; die Reihe gehe um, und andere Bräute würden mit der Zeit die Zinsen einfordern von dem Capitälchen, das die anwesende Braut heute empfange.

Nach vollbrachter Schankung tritt der Hochzeitredner [207] auf und haranguirt die Anwesenden in einer zierlichen herkömmlichen Rede. In ehrwürdiger Stille und Haltung (denn es ist ja von geistlichen Dingen die Rede) wird Spruch vernommen. Der Redner (um es meinen Leuten kurz zu sagen) fängt an von Anfang, nämlich von der Erschaffung der Welt. Nachdem er das Thema, »er schuf ein Männlein und ein Fräulein« hinreichend erklärt, erwähnt er die Beispiele namhafter Ehen im alten Testamente dann kommt sodann auf Christus und die Hochzeit zu Canaan Galiläa, und recapitulirt kürzlich die evangelische und apostolische Haustafel für Eheleute. Sodann geht er über zu der gegenwärtigen »tugend- und ehrsamen Paar Brautleuten, rühmt mit Bescheidenheit (Alles steht so in seinem Formular), ihren bisherigen Lebenswandel, gedenket ihrer lieben Eltern und Wohlthäter, besonders der seligen (hier folgt ein andächtiges Vater unser und ein Ave Maria eingeschaltet), und schließt endlich mit dem Danke an die Anwesenden im Namen der Brautleute für die Ehre des Besuches und die gesteuerten Gaben, und mit der Bitte um eine fernere Freundschaft.«

Der erste Theil der Rede, die, wie der Leser bemerken wird, keine üble Disposition hat, wird mit einer wahrlich frommen Andacht vernommen; der andere nicht ohne innige Theilnahme, ja sogar mit lautem Weinen und Schluchzen besonders wenn der Todten gedacht wird. Aber – wer den beweglichen Charakter des gemeinen Volkes kennt, wird mir dies glauben, so wie das, was folgt – sobald das letzte Wort des Redners verklungen, so beginnt wieder bei dem einfallenden ersten Tone der Musikanten der fröhliche Lärm mit seinen »heisa! hopsasa's!« und der Tanz und die Fur geht von vornen an, wo möglich noch ärger und dauert bis in die tiefe Nacht.

Doch was dann noch weiter vorfällt in der Brautnacht will und kann der Referent nicht referiren.

[208] Bemerkungen.

1. Bemerkungen zur Geschichte des Doctor Faustus

1. Bemerkungen zur Geschichte des Doctor Faustus.

Die Volkssage von Doctor Faustus ist ohne Zweifel älter, als dieser selbst. Die Bestrebungen einzelner Männer, in die Geheimnisse der Natur tiefer einzudringen, und ihre Versuche in der Anwendung bisher noch unbekannter Naturkräfte, mußten in jenen frühern Zeiten dem Volke auffallend erscheinen, und die Meinung erzeugen, daß diese außerordentliche Einsicht und Kraft nur durch Hilfe der Magie und des Bösen gewonnen werden könnte – in grellem Gegensatze zu jenen wunderähnlichen Erscheinungen und Handlungen, welche im Bereiche der Kirche und vermittelst ihrer Segnungen und Exorcismen stattgefunden, und als Ausflüsse eines gottgefälligen Dienstes gehalten worden. Die Geschichten und Gedichte aus jenen Zeiten thun häufig Meldung von Zaubereien der verschiedensten Art; und die mündliche Ueberlieferung wird sich mit solchen Gerüchten um so lieber abgegeben haben, da das Außerordentliche, Wunderbare, zumal auch das Schreckliche und Grauenvolle, einen eigenen Reiz auf die menschlichen Gemüther ausübt und die ohnehin schon beschränkten Geister befangen hält. 1

Gewiß ist es, daß jene Sage von Doctor Faustus sich erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts vollständig ausgebildet, und zu einer zusammenhängenden Geschichte gestaltet hat. Es fand sich damals der frömmere Theil des Volkes zu Fictionen dieser Art mehr als je veranlaßt durch einzelne Gelehrte und Weltweise, die den alten Offenbarungsglauben von sich werfend, nicht durch Vermittelung der [209] heiligen Schrift, sondern unmittelbar durch eigene Fragen an die Geisterwelt und Natur das Räthsel der Welt lösen wollten. Es ist sogar nicht unwahrscheinlich – wie denn Görres in seinem Buche »die deutschen Volksbücher« mehrere Zeugnisse anführt – daß ein als Schwarzkünstler verrufener Landstreicher Faust zur Reformationszeit gelebt habe 2, in dessen Person die Sage Alles vereinigte, was von Zaubereien der Geistlichen und der fahrenden Schüler bis dahin kund geworden. 3 Entstanden ja um dieselbe Zeit auf ähnliche Art auch andere beliebte Volksbücher; wie denn z.B. in anderer Weise und zu ergötzlicher Unterhaltung des Volkes, jener verrufene Schalk, der Till, zum Träger aller umlaufenden Schwänke auserlesen wurde.

Literatoren von Profession mögen übrigens untersuchen und nachweisen, wann und wo das Volksbuch von Doctor Faustus zuerst erschienen. Man kennt eine Ausgabe v. J. 1588 (Frkft. a.M.). Vor uns liegt eine andere Ausgabe v. J. 1589 (sine loco), welche den Titel führt: »Historia von Doct. Johann Fausti, des ausbündigen Zäuberers und Schwarzkünstlers Teufelischer Verschreibung, Vnchristlich Leben und Wandel, seltzamen Abenthewren, auch vberaus gräwlichem und erschrecklichem Ende. Jetzt auffs newe vberbesehen, vnnd mit vielen Stücken gemehrt.« Nach diesem, oder einem ähnlichen Original vervielfältigten sich die Ausgaben ins Unendliche 4, und die Historie von Dr. Faustus erhielt sich bis auf unsere Zeiten herauf als eines jener Volksbücher geltend und beliebt, welche, neben den lustigen oder anmuthigen Historien hauptsächlich durch abenteuerliche [210] und schauerliche Geschichten die Aufmerksamkeit der Menge fesselten.

Auch die Bühne mochte sich bald dieses tragischen Stoffes bemächtigen, der so zeit- und volksgemäß war. 5 Sicher ist es, daß Doctor Faustus eine stehende Rubrik in dem Repertoir der wandernden Marionetten wurde; und wir Aeltern, die wir über ein halb Jahrhundert zählen, erinnern uns noch gar wohl der geheimen Schauer, die uns Teufel und Hölle, von jeder Bude aus, einjagten, aber auch der unvergleichlichen Späße, die uns Hanswurst zum Besten gab. Wir gingen jedesmal sehr erbaut und belustigt von dannen. – Die beste dramatische Behandlung Fausts aus jener Zeit werden wir aber außer Deutschland suchen müssen, in jener trefflichen Tragödie des Christoph Marlowe, wovon uns erst noch i. J. 1818 Wilhelm Müller eine gute Uebersetzung geliefert hat. Der englische Dichter hat einerseits mit richtigem Tact den Buchstaben der Volkssage in aller Treue wiedergegeben, anderseits aber auch, mit großem Talente, den Geist, die Wahrheit angedeutet, die dieser Mythe zu Grunde liegt, oder ihr doch untergelegt werden kann. – Wahrscheinlich ist es auch, daß der »Don Giovanni« der Italiener in unserm Johann Faust sein Vorbild gefunden habe; irrig aber, daß Calderon seinen »wunderthätigen Magus« nach dieser Mythe gedichtet habe, obwol die Legende, die diesem Drama zu Grunde liegt, wie die jenes »Theophilus«, manche Aehnlichkeit mit unserm Faustus darbietet.

So behauptete sich denn jenes Volksbuch, wie das ihm nachgebildete Schauspiel, unter dem gemeinen Volke die langen Zeiten herauf in seinen Ehren und Rechten, bis endlich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts diese Historie, deren rohe Schale allerdings einen Kern von Wahrheit und Weisheit in sich schließt, die Aufmerksamkeit und Theilnahme großer Geister, zumal der Dichter, auf sich gezogen hat. Es ist bekannt, daß selbst Lessing mit [211] der Idee umgegangen, diesen Stoff dramatisch zu bearbeiten, und das kleine Fragment, das er uns hinterlassen, beweiset, von welchem hohen Standpunkte aus er diese Geschichte zu betrachten und zu behandeln sich vorgenommen. Zu einem ähnlichen Versuche schickte sich der Maler Müller 6 an, und die wenigen Scenen, die er uns vorstellte, sind allerdings im Geiste und mit dem Talente eines Höllen-Breughels gedichtet. In einer fast bizarren Großartigkeit behandelte denselben Stoff der philosophirende Dichter Klinger, 7 der aber die Geschichte ihrem natürlichen Boden entrückte, und in eine höhere, fremdartige Region hinüber spielte. Den Preis unter allen Dichtungen trug aber jener Faust davon, den, um dieselbe Zeit, Goethe begonnen, und erst in unsern Tagen vollendet hat, so daß das Gedicht das Studium eines Menschenalters, die Glut des Jünglings, die Kraft des Mannes, die Weisheit des Greises in sich trägt. Es ist eine divina comödia, worin der Held, dieser deutsche Prometheus, Himmel und Hölle herab und hinauf zieht zur Erde, die ihm darum selbst zum peinigenden, aber auch reinigenden Fegefeuer wird. Außer jenem Dichtwerke des »göttlichen« Florentiners hat wol die romantische Poesie kein größeres geschaffen, als diesen Faust.

Andere Versuche, frühere und spätere, können hier mit Stillschweigen übergangen werden. Es existirt eine besondere Literärgeschichte der Fauste. 8 Der Stoff, die Historie dieses modernen Magiers, ist eben so bildsam für jede beliebige Form, als fügsam für jede größere, wichtigere Idee, die der Dichter damit zu verknüpfen sich vornehmen mag. Faust ist ein Geist, der sich in alle Geister metamorphosiren kann. Er ist der Mensch jedes Zeitalters, jedes kräftigen, freien, wankenden und irrenden Strebens. Seine Geschichte ist die Menschengeschichte selbst, von ihrer Nachtseite betrachtet.

Was nun die von uns hier mitgetheilte Erzählung betrifft, [212] so wird es für unsern Zweck genügend sein, wenn wir nur mit Wenigem davon Meldung thun. Sie ist eine freie Uebertragung und Abfassung jener altdeutschen Geschichte im Buchstab und Geist unserer Zeit. Demnach gestattete man sich die Freiheit, den Charakter jenes Mannes und die Motive seiner Handlungen so zu gestalten und zu denken, wie sein Wesen ungefähr vor unsern Augen und nach der vorwaltenden Geistesrichtung sich offenbaren würde. Wir glauben aber nicht zu irren, wenn wir annehmen, daß die Krankheit der Menschen unserer Tage der innere Zwiespalt sei, hervorgehend aus der selbstischen Vornehmheit, die keinen Gott über sich, keinen Menschen neben sich, und die ganze Welt unter sich haben möchte. Es ist der Faust, wie ihn sofern auch Goethe sich gedacht, »der Mann, welcher in den allgemeinen Erdeschranken, sich ungeduldig und unbehaglich fühlend, den Besitz des höchsten Wissens, den Genuß der schönsten Güter für unzulänglich achtet, seine Sehnsucht auch nur im mindesten zu befriedigen; ein Geist, welcher deshalb, nach allen Seiten hin sich wendend, immer unglücklicher zurückkehrt.«

Nun ist es aber eben die Aufgabe der Volkssage, wie der Poesie, zu zeigen, wie die Abweichung von sittlicher Ordnung auch zugleich und in eben dem Maße eine Entfernung von Glückseligkeit sei, und daß jede ruchlose Handlung, als solche schon, den Keim zu jedem Verderben in sich trage und unmittelbare Strafe nach sich ziehe. 9 Und darum muß das klägliche Ende Fausts schon mit dem Anfange eintreten. Im Augenblicke, wo die infernalischen Mächte zu Hilfe gerufen werden, müssen sie, obgleich scheinbar beglückend, in der That sogleich züchtigend auftreten. Das ist die poetische Gerechtigkeit. Die theologische freilich könnte es wol noch dulden, daß der Sünder den Lohn seines Verbrechens diesseits genießen möchte, in der sichern Voraussicht, es werde die verdiente Strafe jenseits doch nicht ausbleiben. Eine solche Voraussetzung darf aber [213] die Poesie nicht annehmen; denn sie will und kann keinen Begriff geben, kein Dogma unterstellen, dessen Enthüllung und Erfüllung der Zukunft überlassen bleibt, sondern sie beruht auf Anschauung, und fordert die Sache selbst. So wendet sich denn dem Beschauer geradehin die Kehr-und Schattenseite dessen zu, den die Sage den Glücklichen, den Begabten nennt, und zerstört somit den unseligen Wahn derer, die durch gleiche freventliche Künste ihre zeitliche Wohlfahrt zu begründen versucht werden könnten. Die Geschichte mag so immerhin noch schön und sittlich zugleich sein, – schön, selbst noch in ihren nächtlichen Schrecken, und sittlich, sogar in ihren Freveln und Orgien.

Wenn nun sodann jene poetische Nothwendigkeit weiter fordert, daß aus der verderbenschwangern Wolke zuletzt doch der herbeibeschworne Blitz niederfahre und den Unglücklichen vor unsern Augen zerschmettere: so kann damit doch nur das Ende des sichtbaren, leiblichen Lebens, die zeitliche Verdammniß, angedeutet werden, während der Anfang eines höhern, geistigen und seelischen Lebens immerhin noch (unbeschadet aller Orthodoxie) der Ahnung, der Hoffnung, der Gnade anheimgestellt sein mag. Der Vorhang fällt; eine Rettung ist noch denkbar, ja, nach den unmittelbar vorhergegangenen leisen Andeutungen, sogar wahrscheinlich. Der Dichter übergibt den Frevler dem Satan, zum Verderben des Fleisches, »auf daß der Geist gerettet werde am Tage des Herrn.« (Kor. 1, 5.) Auch scheint wirklich jene rohe Vorstellungsweise von der ewigen Verdammniß des ohnehin schon bestraften unglückseligen Faust erst späterhin entstanden zu sein, und es hat sie besonders jener »Christlich Meinende« in sein überarbeitetes Volksbuch aufgenommen, wodurch sich denn diese Ansicht weiter verbreitet und überall unter dem Volke festgestellt hat. – Die ältesten Sagen von Theophilus und ähnlichen Abtrünnigen, die sich dem Teufel verschrieben, gehen sogar in ihrer christlichen Milde noch weiter, als die Sage von Faust; sie lassen ihren Sündern wunderbare Bekehrung und Begnadigung angedeihen. Gewöhnlich ist, nach der Vorstellung jener Zeit, Maria die Vermittlerin vor dem Herrn, die Fürbitterin für den Sünder, der Ihn freventlich verläugnet[214] und verhöhnt hat. Goethe hat diese mildchristliche Vorstellungsweise wohl benutzt, und er konnte und mußte es, da seine große dramatische Dichtung, gleichwie sie vor dem Anfang und in einer überirdischen Sphäre beginnt, so auch erst nach dem Schlusse, dem Tode, endet, und Himmel und Hölle zum letzten entscheidenden Kampfe auftreten läßt. In dem schlichten Volksbuche, so wie in der darnach gebildeten Novelle, ist jedoch jener erste Anfang und jenes letzte Ende nur in die Ferne gestellt und, wie ein Nachhall, der sich zuletzt immer in Harmonie auflöset, der religiösen Ahnung überlassen worden.

Um schließlich dem Leser von dem unglaublich milden, versöhnenden Geiste jener ältern Sagen Zeugniß und Kenntniß zu geben, sei es uns erlaubt, aus dem obenangeführten »Anzeiger« (Jahrg. III, S. 274) eine Legende der Art auszuheben, die uns dort, nebst Andern, Mone mitgetheilt hat. Sie ist aus einer, im niederrheinischen Dialekt geschriebenen Sammlung aus dem fünfzehnten Jahrhundert entnommen; wir wollen sie aber, zur Bequemlichkeit mancher unserer Leser, in die hochdeutsche Mundart übertragen. Sie lautet wörtlich also:

»Wir lesen in dem Buche der Väter von einem gelehrten Kleriker; der kam in solche Armuth, daß der böse Feind sich ihm offenbarte, und gelobte ihm, wär' es, daß er wollte abschwören der Gemeinschaft der heiligen Christenheit und Gottes, und wollte ihm dienen, so wollte er ihn reich machen; dies geschah. Nun schämte er sich aber, daß er gemieden von andern Leuten, darum, daß er nicht auch gebrauchte der Sacramente, die er verläugnet hatte. Darüber rathfragte er seinen Herrn, den Teufel, was er möchte thun. Da antwortete ihm der Teufel und sprach: Geh freilich (keck) zu dem Altar mit den anderen Leuten, aber du sollst ihn (die Hostie) nicht genießen. Er empfing Gottes Leichnam und ging wieder zu ihm (dem Teufel) und sprach: Was soll ich nun thun? Der Teufel sprach: Spei ihn aus, und tritt darauf mit deinen Füßen. Dieser arme Sünder that es. Als dies der böse Feind gesehen, lachte er laut und sprach: Nun ist offenbar, daß du schnöder bist, als ich; du wagtest das zu thun, was ich nicht mag ansehen. [215] Als er dies gesprochen hatte, da verschwand er; und jener blieb geschändet und betrübet stehen, und sah nun, daß er betrogen war. Und er hub Gottes Leichnam auf, seufzend und weinend, aus dem Kothe, und er enttraute sich nicht, das Sacrament in die Kirche zu tragen, sondern er legte es in eine Höhle und deckte einen Stein darauf. Als er wieder zu sich selber kam, da legte er sich vor die Höhle, und schrie und weinte und bat um Gnade, die er doch nicht verdienet hatte, als er doch hoffte. Und er stand auf und sah in die Höhle; so sah er darin sitzen ein schönes glänzendes Kind, gleich der Sonne, und das Kind sprach ihm säuberlich zu, und tröstete ihn und sprach: Nimm mich in deine Hände, auf daß wir versöhnet werden mit einander; denn ich will nicht, daß du verloren seiest. Als er das Kind aufhub behende und mit Freuden, da küßte es ihn an seinen Mund, und hieß ihn, daß er nicht mehr sündigte. Darnach so sah er das Kind fliegen in den Himmel. Und dieser Mensch nahm an sich ein bußhaftiges Leben an derselben Stätte bis an seines Lebens Ende.«

Fußnoten

1 Man erinnere sich nur an die Sagen von Gerberts Bund mit dem Teufel, und an jenen »Theophilus«, der Faust des Mittelalters. Vergl. den »Anzeiger für Kunde des deutschen Mittelalters« von H. Frh. v. Aufseß.

2 Grimm (Kinder- und Hausmärchen Th. III. S. 213.) vermuthet jedoch: sein Name sei mythisch, und weil er den Wünschmantel besessen, heiße er der Begabte, das Glückskind, Faustus.

3 Vergl. den Aufsatz in Fr. v. Raumer's historischem Taschenbuch (V. Jahrg.) »Die Sage von Doctor Faust von Dr. Chr. L. Stieglitz.«

4 Das noch jetzt gewöhnliche, zu Anfang des vorigen Jahrhunderts bearbeitete Volksbuch führt den Titel: Des durch die ganze Welt berufenen Erzschwarzkünstlers und Zauberers Dr. Johann Fausts mit dem Teufel ausgerichtetes Bündniß, abenteuerlicher Lebenswandel und mit Schrecken genommenes Ende... zum Drucke befördert von einem Christlich Meinenden.

5 Neumann (Disquisit. de Faust 1685) erinnert: Fausts Andenken würde längst verschwunden sein, wäre er nicht mehrmal auf der Bühne, auch in Trauerspielen vorgeführt worden. Stieglitz a.a.O.

6 Situationen aus Fausts Leben. 1776.

7 Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. 1791.

8 Fr. Peter, die Literatur der Faustsage. Lpz. 1851. A.d.H.

9 In diesem Sinne ist wol auch das bedeutsame Wort des Dichters zu verstehen:

»Denn alle Schuld rächt sich auf Erden.«

2. Bemerkungen zu den erbaulichen und ergötzlichen Historien

2. Bemerkungen zu den erbaulichen und ergötzlichen Historien.

Die Quellen, aus denen die vorstehenden Erzählungen geschöpft worden, sind denjenigen ohnehin schon bekannt genug, die sich in der Volksliteratur der ältern Zeit einigermaßen umgesehen. Außer den ältesten (z.B. die Gesta Romanorum, die Legenda Aurea, das Buch der Weisheit, die sieben weisen Meister), sodann den Werken von Geiler, Luther, Schuppe und Abraham a St. Clara, wurden benutzt: Pauli Schimpf und Ernst 1, Agricola Sprichwörter, Seb. Brand Esopus (deutsch), Wickram Rollwagenbüchlein, Zinkgref Apophthegmata, S. Dach (Chasmindo) kurzweiliger Zeitvertreiber, Kirchhof Wendunmuth, Gerlach Eutrapeliae; nebstdem noch viele ähnliche Anekdotensammlungen, wie: Grillenvertreiber, Jocoseria, [216] Scherz mit der Wahrheit – und andere Werke der Art mehr, die heutzutage kein Leser von Geschmack mehr lieset.

Die meisten der mitgetheilten Erzählungen sind aus der dunkeln Verborgenheit jener Werke hervorgezogen, und zu Nutzen und Frommen unserer Zeit zur Schau gestellt worden. Die wenigen, welche ganz modern sind in Erfindung und Einkleidung, können sich ohnehin nicht verläugnen, und werden, je nach dem Geschmack der Leser, freilich eine getheilte Aufnahme finden. Aber auch jene ältern entlehnten Historien haben mehrentheils eine Verneuerung, Umformung oder Ueberarbeitung gefunden. Als edle, aber rohe Steine, wie sie in jenen alterthümlichen Schachten gelegen, erforderten oder gestatteten sie doch eine gewisse Politur und eine angemessene Fassung, auf daß sie in voller Reinheit erglänzen und zur Tracht unserer Zeit als Schmuck sich mehr anschicken möchten. Solche freilich, welche von Natur aus als reine Perlen aufgetaucht sind in jungfräulicher Lauterkeit, konnten und mußten auch, nach Gehalt und Gestalt, in ihrer ursprünglichen Art und Weise belassen und durchaus heilig gehalten werden.

Der letztere Punkt, die Frage nämlich, ob derlei alte Sagen und Mähren einer Bearbeitung, Ausschmückung und Umformung unterliegen dürfen, verdient noch eine besondere Erörterung, wozu hier Veranlassung sein dürfte.

Daß Wahrheit, in Treue und Einfalt, das erste unverbrüchlichste Gesetz sein müsse nicht nur in Ansehung wirklicher Geschichten, sondern auch der Sagen und Mähren überhaupt: dies wird wol Niemand in Abrede stellen. Denn erstlich kann die Grenzlinie zwischen dem, was als Wahres und Wirkliches, uns was als blos Gedachtes und Erdichtetes anzusehen sei, nicht genau gezogen werden, so wenig als wie zwischen Prosa und Poesie, die eben auch in ihren Grenzpunkten zusammen fallen. Zweitens verdient selbst das blos Gedachte und Erdichtete, um des Wahren willen, das darin liegen mag, volle Schonung und Beachtung; wie das Helldunkel, das Zwielicht, die Dämmerung eben auch nothwendige Zustände in der Natur und nachahmungswerthe Gegenstände für die Kunst sind. Drittens [217] aber – und dieser Punkt entscheidet – ist jede Sage und Mähre eine literarische Thatsache, die, gleich jedem andern Document, auf eine wortgetreue Mittheilung Anspruch macht; wonach es dann dem Forscher überlassen sein mag, dieselbe als zulässig und wichtig zu hinterlegen, oder auch als unbedeutend, als falsch zu verwerfen. Wer demnach aus erster Hand uns eine solche Geschichte mittheilt, zumal wenn die schriftliche Quelle, aus der er geschöpft, uns übrigen unzugänglich ist, oder gar, wie es bei so vielen Sagen und Mährchen der Fall ist, eine blos mündliche Ueberlieferung Statt gehabt, der muß es sich zur Gewissenspflicht machen, die Geschichte, wie er sie befunden, der Sache und wol auch der Sprache nach getreu wieder zu geben. Jede Veränderung, Auslassung oder Ergänzung im ursprünglichen Texte, so wohl begründet sie sonst auch sein möchte, würde der Wahrheit der Erzählung, so wie der Glaubwürdigkeit des Erzählers Eintrag thun. – Daß und wie diese zarte Schonung und reine unverfälschte Ueberlieferung alter oder sonst unbekannter Sagen und Mähren geschehen solle und könne, das haben zumal die Gebrüder Grimm erwiesen, deren »Hausmährchen« und »deutsche Sagen«, ihre sonstigen Vorzüge ungerechnet, schon um dieses einzigen Umstandes willen, nämlich wegen der Wahrhaftigkeit und der Treue bis im Kleinsten, ewige Dauer sich gesichert haben.

Eine andere Gestalt gewinnt aber die Sache, und es bedingt sich somit auch ein besonderes Verfahren, wenn die Geschichte bereits Allen offenkundig oder doch Jedem zugänglich geworden, und sohin, als Gemeingut, zu besondern Zwecken und nach eigenthümlichen Rücksichten benutzt werden kann. Da mögen denn strenge Historiker und Prosaisten, falls sie dergleichen Sagen nicht lieber ganz verwerfen, auf ihrem kritischen Poch- und Schlemmwerk die spärlichen Körner von dem tauben Gestein sondern, und im Schmelzofen der historischen Kunst mit anderm gediegenem Metall zusammen flößen – wiewol man freilich jene Erzählungen richtiger unter dem Bilde wildwachsender Pflanzen sich denken sollte, die, gleich mundartlichen Formen des Volkes, eben auch ihr Organisches, das man nicht leicht, [218] ohne sie selbst zu zerstören, mechanisch zerlegen oder chemisch auflösen und sondern kann. Noch mehr aber mögen an diesen Findlingen der Natur die Dichter und Künstler Recht üben und sich Freiheit gestatten. Die Poesie, welche so gern das berücksichtiget, dessen die Prosa keine Acht hat, darf hierin ihre ganze Zauberkraft aufbieten, um das Todte zu beleben, das Alte zu verjüngen, das Mangelhafte zu ergänzen, das Dunkle zu erhellen, Alles zu veredeln und zu verschönen.

Aber auch der Poesie steht es nicht zu, in solchen Schöpfungen bloße Willkür zu üben, sondern es liegt ihr vielmehr ob, mit voller Achtung des Ueberlieferten, ihre Bildungen vorzunehmen nach dem Typus, der ihr von der Geschichte, von der Natur selbst vorgehalten wird. Vor Allem hat sie die Idee aufzufassen und festzuhalten, die in solchen Sagen und Mähren wie ein Keim verborgen liegt, und demnach die Entwicklung derselben nach rein organischen Gesetzen gleichsam von selbst geschehen zu lassen. Im Wesentlichen also darf die Poesie daran nichts verändern, nichts dazu, nichts hinweg thun; sie darf nur die zarte Pflanze, wie sie dieselbe gefunden, in Grund und Boden der Phantasie versetzen, daß sie in ihrem Lichte und an ihrer Wärme Gedeihen und Wachsthum gewinne. Selbst bloße Zierathen, wenn sie nicht zur Verklärung der Idee beitragen und deren Ausstrahlungen fördern, können nur hinderlich fallen, weil sie eben durch Hervorhebung der Nebendinge die Hauptsache verrücken und verdecken. Und so ist denn auch der Ton und die Sprache in Erwägung zu ziehen, worin diese alten Historien vorzutragen sind. Am sichersten verfährt man wol, wenn man dieselben in dem Costüme ihrer Zeit vorführt, oder doch nach einem Zuschnitte bekleidet, welcher sich mit ihrem Wesen verträgt, das da ist Einfalt und Natur. Unsere moderne Sprache mit ihren verblümten Redensarten, seinen Wendungen, verschlungenen Perioden, zumal wie sie in so vielen beliebten und belobten Romanen erscheint, passet wol am mindesten zur Einkleidung jener alterthümlichen Stoffe; und wer anders Lust bezeigt zu Bildungen der Art, der lese und studire lieber geradezu den Geiler und den Hans Sachs, [219] und nehme dieser Männer Sprache und Darstellung zum Vorbild und Muster.

Diese strengen Forderungen, wie sie sich aus der Natur solcher Historien selbst ergeben, erleiden jedoch einige Ermäßigung durch den besondern Zweck, den man mit ihrer Mittheilung zu erreichen beabsichtet, so wie durch das Bedürfniß, das von Seite des Lesers entgegen tritt. Auffallender ist dieser Unterschied vielleicht nirgends mehr, und für unsern Fall bezeichnender, als bei der Legende. Wenn der Eine z.B. die Sage von St. Christoph mit diplomatischer Treue erzählt, wie er sie in der Legenda Aurea gefunden, so wird der Andere, der die historische Kritik zu Rathe zieht, die Geschichte als eine eitel fromme Tradition ansehen, und als unhaltbar verwerfen; die Uebrigen aber, die Dichter, dieselbe entweder als ein schönes Phantasiegemälde zu ergötzlicher Beschauung, oder aber als ein gottseliges Exemplar zu frommer Erbauung vor Augen stellen. Der letztere, der pragmatische Zweck steht freilich jeder historischen und auch streng poetischen Ansicht ferne; in dem gegebenen Beispiele aber fällt er mit dem ursprünglichen glücklicherweise zusammen, und bringt das sonst unfruchtbare Gebilde zu neuem Leben. Ist nun dieses Motiv der Erbauung einmal gestattet und gegeben, so kehret sich demnach das Hauptsächliche an jener Mythe von selbst heraus, nämlich St. Christophs Dienst in der Hütte am Gewässer; und seine frühern Abenteuer treten, als blos vorbereitende Momente, zurück, die denn auch in Nebendingen eine freiere Behandlung zulassen, wie sie sich eben zur Darstellung dieses Hünen der Heiligenwelt schicken.

Diesen Zweck der Erbauung und der Ergötzung hat der Volksfreund in der Wahl und der Form seiner Mittheilungen aus Beruf sich vorgehalten, ohne jedoch, nach seinem Wissen und Vermögen, jener ersten und letzten Pflicht, der historischen Treue, zu nahe zu treten. So manche mündliche Ueberlieferungen, z.B. der Volkssagen, hat er sogar wortgetreu zu geben gesucht, wie er sie empfangen; so wie einige jener ältern Geschichten, die er schon nach ihrer ursprünglichen Gestalt in entwickeltem Zustande und [220] in voller poetischen Blüte gefunden hat. Diese Feldblumen und Wildgewächse, im Gegensatze zu denjenigen, welche im Kunstgarten gehegt und gepflegt, wol auch veredelt worden, zeichnen sich auch durch ihre eigenthümliche Physiognomie so sehr aus, daß sie wol nicht der besondern Aufschriften »alt« oder »mündlich« zu bedürfen geschienen haben. Der Kenner wird sie ohne dies schon alle heraus finden und nach Abstammung und Geschlecht bezeichnen können; der bloße Liebhaber aber mag sich lediglich an der Mannichfaltigkeit des Blumenflors erfreuen, und von den Früchten des Gartens sein bescheiden Theil genießen.

Schließlich erlaube ich mir noch, auf eine überflüssige Frage eine nothgedrungene Antwort.»Wozu« – fragt man – »in unsern aufgeklärten Zeiten ein solch einfältiges Volksbüchlein?« Ich antworte: Dazu. Erstlich wollte ich mir eine heilsameLuftveränderung machen, und ein Vergnügen meinen Freunden, welche gern hie und da eine solche Landpartie vornehmen, und Einkehr halten in der Hütte des schlichten, gemeinen Mannes. Zweitens gedachte ich, so viel an mir liegt, dazu beizuhelfen, daß die Wege und Stege in offnem und gutem Zustande erhalten werden für eine Zeit, wo diese blumigen Gemeintriften deutschen Witzes und deutscher Laune wieder lieber besucht werden dürften von Jung und Alt, von Vornehm und Gering. Drittens schien es mir selbst für unsere großstädtische Zeit und Welt ein annehmbarer und nützlicher Versuch zu sein, durch ein solches Büchlein, als ein vermittelndes Organ, die von einander getrennten verschiedenen Klassen desEinen, großen Volkes in einen geistigen Zusammenhang, in gegenseitige, freundliche Berührung und Werthschätzung zu bringen, und zunächst den Gebildeten und Vornehmen, welchen die Kunst der Erziehung aus der Masse erhoben und weit davon entfernt und entfremdet hat, dahin zu bestimmen und zu vermögen, daß er in dem gemeinen Mann die ursprüngliche Natur, den angebornen Adel und die frisch hervortretende Kräftigkeit, überhaupt die Originalität in dessen Denk- und Sprachweise, in dessen Sitten und Gebräuchen, kenne und achte, und so [221] ihm mindestens das Recht zu sein und zu scheinen, wie es ihm zukommt und beliebt, unverkümmert lasse.

Verlässigen Nachrichten zufolge, welche mir ein und der andere Freund ins Ohr geraunt, hat auch wirklich das Volksbüchlein über meine Erwartung zugesagt; und so dürfte mir denn die thörichte Hoffnung fernern Beifalls nicht verargt werden, die mich zu wiederholter Ausgabe ermuthigt hat.

Fußnoten

1 Ausgewählt von H.A. Junghans, Universal-Bibliothek Nr. 945 und 946.

3. Bemerkungen zu den Abenteuern des Spiegelschwaben

3. Bemerkungen zu den Abenteuern des Spiegelschwaben.

Meine Vermuthung, daß es zur schwäbischen Iliade auch eine Odyssee gebe, ist eingetroffen; und ich war in meinen antiquarischen Nachforschungen so glücklich, eine ziemlich gut erhaltene Handschrift zu bekommen 1, welche ich denn hiemit, in treuem Abdruck, meinen Lesern übergebe, verhoffend, daß ihnen die Vergnügen machen werden, als die »Abenteuer der sieben Schwaben«.

Den Verfasser dieser, in ihrer Art einzigen Epopöe auszumitteln, wird schwer, wo nicht gar unmöglich sein. Keinem Zweifel unterliegt es aber, daß es einer und derselbe sei, der beide Gedichte, oder, wenn man so will, Geschichten erfunden hat. Es läßt sich dies schon aus der Gleichheit des Stils und der Sprache, wie der nationalen Gesinnung abnehmen. Die Zeit der Abfassung möchte ich jedoch hieraus nicht bestimmen, da, wie ich schon anderswo bemerkt habe, eine Ueberarbeitung überall sichtbar ist, und die ursprüngliche Form durch Verwischung des Dialects und Uebertragung ins Hochdeutsche theilweise sehr gelitten zu haben scheint.

Künftigen Commentatoren dieses National-Epos sei es auch überlassen, zu untersuchen und zu bestimmen, ob (was mein altdeutscher Freund vermuthet) der Verfasser den Homer gekannt habe, und ob er damit wol gar dessen unsterbliche Gesänge habe parodiren wollen? Ich wenigstens [222] glaube, daß eine solche Behauptung zu gewagt sei. Denn obwol z.B. unter den homerischen Helden einzelne, nicht zu verkennende Gegenstücke an den sieben Schwaben nachzuweisen sind, ein Agamemnon-Allgäuer, ein Achilles-Blitzschwab, ein Thersites-Knöpfleschwab u.s.w.; und obgleich vorzüglich in dem Charakter, den einzelnen Verhältnissen und Abenteuern des Spiegelschwaben auffallende Reminiscenzen und Allusionen auf Odysseus, seine Penelope, und auf so manches Abenteuer desselben, als mehr oder minder klar, zu entdecken sind: so sind das doch lauter Einzelnheiten und Zufälligkeiten, die meines Erachtens zu einem solchen Urtheile keineswegs ermächtigen; zumal, da es den literarischen und kritischen Standpunkt ganz verrücken würde, woraus man diese, so wie ähnliche Volksgeschichten beurtheilen soll. Halten und nehmen wir das Büchlein geradezu für das Product eines einfältigen Mönchs, der, aus der Einsamkeit seiner Zelle, die Welthändel und Weltmenschen in der camera obscura seiner Phantasie vor sich spielen läßt, um jene, die Welt, noch mehr verachten, und diese, die Menschen, bei all ihren Thorheiten, noch mehr lieben zu lernen.

Was nun insbesondere den zweiten Theil dieser in ihrer Art einzigen Epopöe und dessen Helden anbelangt, so wird dem Kenner alter Volksgeschichten sogleich ein ergötzliches Gegenstück beifallen, das aber eben nur als solches, nicht etwa als Vorbild des letztern gelten mag. In der That ist der Spiegelschwab ungefähr ein oberdeutscher Eulenspiegel, der dem niederdeutschen an schalkhafter Laune nichts nachgibt. Zugleich aber stellt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden heraus, so daß, wenn man einmal solche Käuze der Lust wegen sich vorhalten möchte, die Sympathie sich ohne Widerrede dem letztern zuwenden müßte. Der niederdeutsche nämlich erscheint als ein arglistiger, heimtückischer, unflätiger Geselle, der seine Freude hat an dem Schaden Anderer, und um dieses Schadens willen, wie ein boshafter Kobold, die Leute geckt und neckt. Der oberdeutsche dagegen übt reinen Spaß um des Spaßes willen; er ist gemein, ja niedrig, aber nicht grob, nicht niederträchtig; er lügt und trügt, aber aus Instinct, nicht [223] aus böslicher Absicht; er ist immer bereit, Andere zum besten zu haben, aber er versteht auch Spaß über sich selbst und ist nicht ungehalten darüber, wenn man den Spaß sogar fühlbar und handgreiflich macht. Es leuchtet in seinen Reden und Handlungen, bei aller Schalkhaftigkeit immer eine gewisse Gutmüthigkeit hervor, und seine heitere frohe Laune verläßt ihn niemals, ungeachtet so mancher herben Erfahrungen. Um dieses guten Humors willen der eben nur ein unterhaltendes Spiel mit sich und Andern treibt, kann ihm keine Posse mißdeutet oder verargt werden, zumal da er gelegentlich wol auch sich selbst auf den Pranger und zur Schaulust ausstellt. Sogar seine entschiedene, feindselige Richtung gegen das Frauenvolk, die allein ihn sonst widerlich, ja ekelhaft machen müßte, erscheint doch nur als Maske, womit er, komisch geunug, sich selber zu täuschen sucht. Offenbar will er für die Unbilden, die ihm, wol nicht ohne eigene Schuld, von seinem ehelichen Weibe widerfahren, sich schadlos halten durch einen geheuchelten Haß gegen das ganze Geschlecht, der aber, ohnehin nur in Worten sich rächend, unwillkürlich den Stachel gegen sich selbst kehrt.

Wir wollen aber unsern gebildeten Lesern in ihrem Urtheile über den ästhetischen und moralischen Werth dieser Geschichte keineswegs vorgreifen. Wol aber sei es uns erlaubt, zur Bekräftigung unsers Urtheils, aus der kritischen Abhandlung, welche der Handschrift beigebunden war, und aus der Feder eines vor-Gottschedischen Kritikers geflossen zu sein scheint 2, einen Auszug zu geben und anzufügen:

»Der Scopus der Geschichte, sagt der ehrliche Autor, sei augenscheinlich kein anderer, als zu zeigen, wie elend ein Mann sei, ohne ordentliche Hausfrau, die ihn vor allen Extravaganzen bewahre und in Züchten und Ehren erhalte. Das sehe man an dem Spiegelschwaben als einem augenfälligen Exempel, indem er bei aller Indole animi und Sagacitate ingenii, als gemeiner Landstürzer und Vagabund, ein jämmerliches, unstätes Leben führe, und mancherlei Gefahren des Leibs und der Seele ausgesetzt sei. [224] Was die Inventionem anbelange, so fehle es ihr weder anSimplicität, da sich die ganze Handlung so ziemlich um alltägliche Bedürfnisse und Ereignisse drehe, noch aber zu ergötzlicher Abwechselung, da auf dem Scenario, wie in einem Guckkasten, verschiedene Oerter und Leute erscheinen und man sich, so zu sagen, immer in eine neue Welt versetzt zu sein glaubt. Auch die Dispositio sei recht gut, immaßen es die sicherste und beste Norma einer Geschichte sei, daß man die Begebenheiten und Actiones secundum ordinem loci et temporis aufführe, weil dann der Leser dem Autori Schritt vor Schritt gemächlich folgen könne, ohne sonderliche Ermüdung und Ermattung des Verstandes und der Attention.«

Ueber die Moralität der Geschichte äußert er sich folgendermaßen: »Man müsse vor Allem den Helden und die Hauptperson ins Auge fassen, und mehr darauf sehen, was er sei, als was er thue – quid sit, non quid faciat – woraus man erst recht die motiva und die Beweggründe seines Thuns und Handelns zu beurtheilen im Stande sei. Wenn man annehme und supponire, was ein Mensch in seinen Verhältnissen – ein böses Weib im Haus und kein Geld im Sack – Ruchloses anfangen könne: so müsse man sich vielmehr wundern, daß er nicht mehr Scandala begangen habe. Auch seien die Streiche, die er anfange, nicht allzeit ihm und seinem bösen Genio zuzuschreiben, sondern oft nur der Dummheit und Leichtgläubigkeit anderer Menschen, die, da sie sich auf plumpe Weise betrügen lassen, auch mit Recht Schande und Schaden davon hätten. Dem Autori selbst sei es keineswegs als Schuld zuzurechnen, wenn er den Spiegelschwaben als Fatznarren und Landstürzer beschreibe, wie er einer gewesen; vielmehr sei er hoch zu loben und zu preisen, daß er die Wahrheit und die identitatem characteris durchaus inne gehalten. Sodann sei sowol aus der Geschichte selbst, als aus den angehängten Sprüchen und adagiis viel Weisheit und Tugend zu erlernen, was man leicht finden könne, wenn man eben nur suchen wolle. Es arte der Held freilich mitunter bis zur Ruchlosigkeit aus, z.B. in der Geschichte mit dem Pfaffen und mit den Zigeunern. Es sei [225] dies aber eben eine gar sinnreiche Erfindung des Autoris, daß er das Maaß der Sünden voll werden lasse, damit den Sünder die Gnade um so sicherer ergreifen könne; was denn auch geschehen. Kurz – schließt der Beurtheiler – es ist ein gar sinnreiches Gedicht oder Geschichte, daraus man vieles Nützliche lernen kann, ohne lange Weile und Verdruß, was von Büchern, welche Frömmigkeit lehren wollen, nicht immer der Fall ist.«

Diese letztere Bemerkung hätte sich der ehrliche Mann ersparen können. Wol aber wird gern jeder Leser zugestehen – wenn doch die Moralität eines Helden in einem solchen Gedichte in Anschlag gebracht werden soll, – daß der Spiegelschwab, bei allen seinen Kniffen und Griffen, Ränken und Schwänken, ungleich noch sittlicher erscheine, als so mancher Tugendheld in ***schen und ähnlichen Romanen, die zur Erbauung und Ergötzung des gebildeten Janhagels geschrieben sind.

Schließlich ist zu bemerken, daß seit dem J. 1829, wo ich die Geschichte des Spiegelschwaben, nebst andern Historien, als Probeblätter zuerst mitgetheilt habe 3, mir noch eine andere Handschrift zu Gesicht gekommen ist, die ich denn auch zur Verbesserung und Ergänzung der ersten Ausgabe mit kritischer Umsicht benutzt habe. Leider aber ist das ohne Zweifel interessante Kapitel von der Hochzeit des Blitzschwaben, angeblich beschrieben durch den Adolphus, den fahrenden Schüler, hier ebenfalls lückenhaft befunden worden. Es schien darum rathsam, auch in dieser Ausgabe die Schilderung einer schwäbischen Hochzeit, wie ich sie selbst an Ort und Stelle aufgenommen, als Beilage anzufügen, und so den Mangel des ursprünglichen Textes mindestens durch das Bild eines ähnlichen Thatbestandes zu ersetzen.

Fußnoten

1 Eine der beliebten Fictionen des Verfassers. A.d.H.

2 Eine der geschickt ersonnenen Fictionen des Autors. A.d.H.

3 Scherz und Ernst. München, bei Jos. Lindauer.

[226] Worterklärungen.

A'mm' f. (Allgäu), die Mutter (Amme, Mämme).

Aen m. Allgäu, der Ahnherr, der Großvater.

Aett m. Allgäu, der Vater, altd. atta.

Augsburger Deutsch ... Am Ende der Tauler'schen Predigten (Augsburg 1508) steht: Die Ausgabe sei gestellt »auf gut verständlich Augsburger Sprach, die da unter andern deutschen Sprachen gemeiniglich für die verständlichste genommen und gehalten wird.«

Bärenbatzen ein ehedem in Oberschwaben sehr gangbares Vierkreuzerstück mit dem St. Gallen'schen Wappen. – Bärendreck, Lakreziensaft.

Baule m. schwäb., der Kater.

Bettelmann, in der Küchensprache, ein aus Semmeln und Milch bereiteter Brei.

Blache, Schutzdach.

Blenten m. Brei aus Buchweizenmehl, Ital. polenta. Der Buchweizen selbst.

Böhmische Krankheit – »matt, müd und faul sein.«

Bock m. bayer., eine Art besonders starken Biers. Verderbt aus Einbeck, Einbecker Bier. »Einbeckisch Hopfenbier.« Fischart Geschichtklitterung 1590. S. 107.

Bocken v. störrisch thun. Bockstärr adj. undadv. starr, wie ein Bock; bockbeinig, halsstarrig.

Bollen, Klümpchen. Hasenbollen, Klößchen, in Honig getaucht, eine Festspeise.

Bratzen und Haxen (s. Hächse), und ähnliche Wörter von Thieren auf Menschen angewandt, nur im Scherz und zum Spott. – Im Uebrigen muß das Grobe und Bäuerische im bayerischen Dielect zumal den feinen, glatten Ohren anderer Deutschen schon von jeder aufgefallen sein. So sagt z.B. Petrus Zittaviensis:


– – – Bavarusque loquens boat ut bos,
Exaltans vocem crassam nimis atque ferocem.

Brenz m. der Branntwein.

Bürstenbinder m. – In der Redensart: er sauft wie ein B., spielt der Volkswitz auf bürsten, bürschen, eine Burs halten, an.

Dachel, Dahel, Da'l m. die Dohle. Nach einer andern Leseart, die den Bayer in jenem Wettkampf als Sieger bezeichnet, soll dieser die drei Vögel genannt haben: Star – Raw – Ant (d.i. Staar, Rab', Aente).

Dinzelfest, Dinzeltag, der Handwerksjahrtag. Vergl. Schmeller.

Dorschen m. der Kohlstrunk.

Enk pron., bayerisch, st. euch. Der Dualis der alten Sprache. S. Schmellers Grammatik S. 189.

Enz-, Großes, Ungeheures bezeichnend; nur in Zusammensetzungen (wie Erz-).

[227] Eppe, etwa. Eppes, etwas. Epper, irgend einer. Epperemal, etwa einmal.

Erchtag, bayer. Dienstag. Vergl. Schmeller v. Er-tag.

Eyerklauben n. das Eierauflesen; ein Volksspiel.

Eyle n. ein Küßchen; in der Kindersprache; von der Interj. ey!

Fackel, Dim. (Schwäb. Fäckle), träge Aussprache von Fark, Ferkel.

Fätsche s. das Wickelband. Daher fätschen, einfätschen, einwickeln mit dem Wickelband.

Fätzen einen, ihn aufziehen, foppen.

Fippern v. zittern; das Intensiv von fiebern.

Flackisch, fläckisch, schmutzig, unsauber.

Fotzmaul, n. das Eßbare am Rindsmaul.

Freythof der Begräbnißplatz. Freythofblüm lein, fig. graue Haare.

Frümmen, anfrümmen, bestellen.

Gäbisch, g. äbisch adj. und adv. Schwäbisch ist gäbisch; etwa noch mit dem Beisatz, um'kehrt ist gar nichts.

Gammel m. der Reiz, der Kitzel.

Gan, stan, lan (gaũ, staũ, laū), gehen, stehen, lassen, mit dem Beisatz: wer die drei Sprachen nit kann, soll nicht nach Schwa benland gan.

Geigen, heimgeigen Jemanden, ihn derb abfertigen. Ironisch von dem Ehrengeleit durch Musikanten, z.B. auf Hochzeiten, hergenommen.

Gneißen v. ein Ding, es merken, wittern, ahnen. Altniusan.

Grätig, mürrisch, zänkisch.

Gucker m. der Guckguck. Der Memminger Gucker: Anspielung auf den bekannten Schwank mit dem Guckuck, den die Schildbürger aus dem Getreidfeld durch zwei Männer auf der Bahre holen lassen wollten, damit er ihnen nicht die Saat zertreten möchte. – Die Memminger schieben das Stücklein auf die von Ulm.

Häckse s. der Kniebug mit seinen Sehnen; das ganze Bein selbst an vierfüßigen Thieren.

Häntig, bitter, im phys. und mor. Sinne.

Hender, gem. schwäb., statt händ (habt) ihr? Vergl. wender.

Heimgarten m. der Besuch, die Zusammenkunft,coetus. Auch als Verb.

Heß, blinder; Schprüchw., eine ungewisse Anspielung.

Holedau (richtiger: Hallertau), Gegend zwischen der Ammer, Ilm und Abens, über deren Bewohner, als derbe, ungeschlachte Menschen, der Volkswitz sich gern lustig macht.

Hollerötzel m. bayer., ein Brei aus Hollunder-Beeren.

Hotto (zweite Silbe betont), in der Kindersprache das Pferd. Vom Ruf: Hott! o!

Humpeln v. schleppend einhergehen.

Hutzel s. gedörrtes Kernobst.

Ihrzen v. Jemanden, mit »Ihr« anreden (wie duzen, erzen).

Justement adv. (mit deutscher Aussprache), genau, eben.

Käl adj. und adv. ekel, garstig; obj. und subj.

[228] Käsperle n. ein Silberstück mit dem Gepräg und Viertelswerth eines Brabanter-Thalers.

Kesperwasser (richtiger: Kersch-ber-was ser), Kirschenwasser.

Kirchweihgurgel fig. ein Säufer.

Klachel, Klächel m. ein Schwengel; fig. plumpe, vierschrötige Mannsperson.

Kostnitz alt und noch gem., Konstanz. Der Teu fel zu Kostnitz, ein kolossales Bildwerk, welches, wie der große Gott zu Schaffhausen, weit und breit zur Mähre geworden. Schon J. Pauli erwähnt seiner (Schimpf und Ernst, 1569. p. 146b).

Krächse s. Gestell zum Tragen auf dem Rücken.

Krippele n. die Weihnachtskrippe, praesepium.

Kuefinster adj. und adv. sehr finster. Das erste Wort für: Gefängniß, zunächst für delinquirende Geistliche (wie das hochd. stockfinster). Vergl. Adelung v. Koben.

Lahmtag Zustand der Lähmung; wie Wehtag, Siechtag, Schmerz, Krankheit. Ueber-tag s. Schmeller.

Laubi, Name, den Zugochsen gegeben, von Laub monat, April; so wie Lusti von Lustmonat, Mai; oder Horni, von Hornung. S. Schmid v. Horni.

Letz adj. und adv. verkehrt, unrecht.

Luck n. der Deckel eines Geschirres. (Verschieden von Lucke, s. die Lücke.)

Unmär, unwerth, widrig.

Markten v. feilschen, um den Preis handeln.

Matz Latz, ein Tropf, ein unbehülflicher, alberner Mensch.

Melak m. Name großer Fanghunde, womit der rächende Volkswitz das Andenken an jenen französischen Wütherich dieses Namens verewigt hat.

Mocken (mau ken), mürrisch, verdrießlich thun.

Mühen v. beschweren, beschwerlich fallen, Verdruß machen.

Nachtlichtlein (Nachtliəchtlə), im Scherz, ein Nachtschwärmer.

Nocken Dim. Nockerl, Knödel kleinerer und feinerer Art. Ital. gnocco. – Sonst bezeichnet der alte Reim folgende Lieblingsspeisen der verschiedenen Deutschen:


Einen Mahlen 1 zum Salat,
Einen Schwaben, da man Sträuble hat,
Einen Schweizer zu einem Käs,
Einen Tyroler zu Nudeln und Nocken,
Einen Allgäuer zu süßer Milch und Brocken,
Einen Sachsen zum Speck und zum Schinken.
Darst nit viel bitten oder winken.
Zuletzt wollen all saufen und nit trinken.

Passauer Tölpel, Spottname, der den von Passau Gebürtigen oft zu Theil wird. Vielleicht von einem unförmlichen Standbild aus früherer Zeit. Die Passauer Kunst, eine Art Schwarzkunst, hieb- und schußfest zu machen.

[229] Pfalz, die obere. Eine Volksmähre erzählt: 2 Wie unser Herrgott die Länder des ganzen Erdbodens vertheilt habe, sei auf die letzt noch ein einziger kleiner Winkel übrig geblieben. Weil den nun Niemand gemöcht habe, so habe er denselben dem Teufel angetragen. Aber auch dem sei er zu schlecht gewesen, und habe frei zu unserm Herrgott gesagt: Pfalzt's. 3 Deswegen heiße man dies Ländchen bis auf den heutigen Tag die Pfalz.

Pfeffersack, Nürnberger; ehedem ein Spottname, den man den Nürnberger Kaufleuten, vermuthlich wegen ihres Handels mit levantinischen Spezereien, zu geben pflegte.

Pfinztag, bayerisch, der Donnerstag, d.i. der fünfte Tag vom Sabbath (Samstag) an gezählt.

Pfütigott, verderbte Formel, st. behüte dich Gott!

Principi s. Schulclasse, worin die Anfangsgründe (principia) der lateinischen Sprache gelehrt wurden.

Pulver, bayerisches, weiße Rüben zu einer breiartigen Masse klein gehackt.

Raum m. der Rahm, die Sahne.

Rübe, bayerische, brassica napus; im Gegensatz zur schwäbischen, br. rapa.

Runkunkel s. Schimpfname für alte Weiber.

Sack m. auch für Tasche, z.B. eine Sackuhr.

Schaffen, befehlen.

Schampedasche, Hanswurst; verderbt aus Jean Potage.

Schlarfen s. Lotterschuh, abgetretener Schuh.

Schlampet adj. und adv. lotterig, schlampig.

Schlaufe s. Masche, Schlinge.

Schlesinger, aus Schlesien gebürtig. Die am Orte an geführten Anspielungen beziehen sich meistens auf bekannte Anekdoten, welche die gegenseitige Necksucht der Deutschen aufgebracht hat. Schon Sutor (latinum chaos, 1716) erwähnt jene Mähren des neckenden Volkswitzes. – Von denen, die gen Norden zu wohnen, war vordem unter uns der Spruch verbreitet:


Ein Sachs, ein Schwätzer,
Ein Böhm, ein Ketzer,
Ein Pol, ein Dieb,
Ein Preuß, der seinen Herrn verrieth.
So wie auch:
Der Pol und Böhm haben einander lieb,
Kommt dazu ein Ungar, so sind's drei rechte Dieb.

Schlotter m. geronnene Milch, die Schlotter milch.

Schmecken v. wie hochd., aber auch für: riechen.

Schraune s. Getreid-Markt.

Schuckeler, Schimpfw.; aus dem Ital. ginoco-latore verderbt?

Schwäbischer Heiland. Spottname. Wie denn solche stereotypische Bezeichnungen meistens historischen Ursprungs sind, so scheint sich auch [230] die er wähnte aus den Kriegen zwischen den Schwaben und Schweizern, und von dem Umstande herzuschreiben, daß die Kriegführenden Crucifixe von verschiedener Form und Farben als Abzeichen trugen. (S. Rocholz Eidgenössische Lieder- Chronik. Bern, 1835. S. 267). – Aus derselben Zeit datirt sich wohl auch jener, bei fröhlichen Ereignissen noch jetzt gebräuchliche Ruf: »Victoria in Schwabenland« (B.I.S. 259); so wie dagegen aus den Kriegen zwischen den Schwaben und Sachsen, vielmehr von der Schlacht bei Luckau (1308) der jenseitige Spruch: Es wird dir glücken, wie den Schwaben bei Lükken.

Seidel n. ein Maaß für flüssige Dinge.

Si quis – Ohne Zweifel wird die Formel verstanden:Si quis percusserit Clericum suadente diabolo, anathema sit.

Ge-sippte, Blutsverwandte. Die Abstammung der Franken von den Schwaben, so wie der Bayern von den Franken wird in jenem alten Reimspruch, welchen Schmeller in seinem Wörterbuch III, 524 mittheilt, in nicht gar ehrender Weise bezeichnet. Uebrigens lebt dieser Spruch noch in der mündlichen Tradition fort, obgleich in verstümmelter Fassung:


Es sch – drei Schwaben
In einen Graben,
Und aus der Schwaben Stank
Entstund der windige Frank,
Und aus der Franken Air
Entstund der flackische Bai'r.

Soler m. Vorplatz im obern Stockwerk, besonders der ländlichen Wirthshäuser, wo er gewöhnlich zum Tanzplatze dient.

Spansau s. das Spanferkel. Die Geflügelhändler in Altbayern haben das Recht, auch mit Spanferkeln Handel zu treiben, und sie führen deshalb in ihren Schilden einen Schweinskopf. Daher der Volksscherz.

Spienzeln v. sich einander verliebte Blicke zuwerfen; sponsiren.

Sta'l, träge Aussprache für Staar'l, Stärchen.

Stampaney s. Ersonnenes, Erdichtetes, Mährchen.

Steig (Staig), s. eine steile Anhöhe; m. der hinanführende Weg.

Steffel, Stephan. Der steinerne Steffel von Ulm, ursprünglich wohl ein dortiges Standbild. (Schmeller in seinem Wörterbuch erwähnt auch einen steinernen Steffel in Nürnberg.) Sprüchw., ein einfältiger, unbehülflicher Mensch.

Steinbrüderle, im Scherz, Trinkgenosse. Anspielung auf die steinernen Krüge.

Sterzen m. der Strunk vom Krautkohl. In der Küchensprache eine Art Brei.

Stimmen, aufziehen, foppen.

Stockböhm m. ein Böhm, der nicht deutsch versteht;fig. ein Pinsel.

Suzeln, saugen.

Tätscheln, sanft klopfen; schlagen; bes. in der R.A. hätscheln und tätscheln.

Thurner m. der Thürmer, Thurmwächter.

Thurn-Michele von Augsburg, eine bewegliche Figur auf dem Perlachthurm, [231] St. Michael vorstellend, – wie er den Drachen tödtet, – die sich alle Jahre am 29. Sept. producirt.

Trätzen, reizen, aufziehen, zum Besten haben, bes. indem man, was man verspricht, nicht hält.

Unfurm s. die Unart. Aber Unfurm, m. ein unartiger Mensch.

Uf ihn! er ist von Ulm. Ein beliebter Zuruf, um zum Widerstand, zur Fehde zu ermuthigen.

Verhoffen v. besorgen, erschrecken.

Verschmachen v. verdrießen. Der Ver schmach, Verdruß.

Voressen n. die Speise, welche nach der Suppe und vor dem Rindfleisch aufgesetzt wird, meistens aus Kuttelflecken (Kaldaunen) bestehend.

Vorrupfen v. vorwerfen. Wohlthaten, Gefälligkeiten gleichsam unter die Nase reiben.

Weilheim, ein Städtchen in Oberbayern, dessen Bewohnern der neckende Volkswitz eine Menge Stücklein, im genre derer von den Lalenbürgern, andichtet. Bekanntlich aber gibt es in allen Gegenden Deutschlands solche Oerter, denen, als Sündenböcken, dergleichen Verirrungen des menschlichen Verstandes aufgebunden werden. Wir erinnern nur (viele andere zu geschweigen) an: Anweiler und Ahlen, Bopfingen und Borsheim, Dülken und Düren, Ehingen, Fackenhofen, Ganslosen, Hirschau, Kasendorf, Mecheln und Mühlheim, Pollwitz, Reutlingen, Schöppenstädt, Teterow, Ungerstadt, Wafungen und Wesenberg. Selbst die Araber haben ihr Hims (Emessa), »das berühmt ist durch die Zucht von Thorheitsgewächs und Narrheitsfrucht.« S. Makamen des Hariri, von Fr. Rückert II. 183.

Wender? gem. schwäb. statt wöllent (wollet) ihr?

Wer seyds? bayerisch. Das Suffix 's, st. ihr; vom alten Dualis iz. S. Schmeller.

Wickelein n. Dim., Schwäb., der Rocken, Wocken.

Zappeln v.n. wie hochd.; bes. am Galgen hängen.

Zoller m. der Zöllner, Zolleinnehmer.

Zwerchsack, Quersack.

Zwespe, Zwetschge.


Ende des zweiten Theiles.

Fußnoten

1 Wallonen.

2 Siehe Schmellers Mundarten Bayerns. S. 488.

3 Behalt es!