410. Die Kreuze bei Reicholzheim.

Vor Zeiten gingen einmal ein schönes Mädchen, dessen Bruder und zehn andere Bursche aus Höhfeld von der Kirchweihe in Waldenhausen heim. Kaum waren sie aus dem Orte, so bekamen die zehn Bursche wegen des Mädchens, in das alle verliebt waren, miteinander Händel, wobei einer getödtet wurde. Zwar[364] setzten sie hierauf ihren Weg zusammen fort, allein auf der Höhe hinter Reicholzheim erneuerten sie den Streit mit solcher Wuth, daß die neun Bursche auf dem Platze blieben. Als der Bruder des Mädchens das große Unglück betrachtete, das sie durch ihre Gefallsucht angerichtet, hieb er ihr mit seinem Schwerte den Kopf ab. Dann ging er fort bis auf die Gamburger Steige; nahm aber dort auch sich das Leben. An diesem so wie an jedem andern Platze, wo ein Bursch gefallen, steht ein steinernes Kreuz, und ein hoher Stein mit einem eingehauenen Schwerte da, wo das Mädchen umgekommen. Auf den meisten Kreuzen ist ein Dolch, Messer, Schwert oder Doppelhammer eingehauen. Von dem obersten Kreuze bei Reicholzheim bis zum untersten war das Blut einem Bache ähnlich geflossen. Die dortigen Aecker heißen von diesem Vorgang die Streitäcker, und wegen desselben ist die Waldenhauser Kirchweihe für immer aufgehoben. Bei den Kreuzen spukt es in manchen Nächten, namentlich hängt sich ein schwarzer Mann den Vorübergehenden auf den Rücken und läßt sich eine gute Strecke von ihnen forttragen.

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