229. Versetzte Gränzsteine.

Als ein Bauer von Wein arten eines Tages seinen Acker bei dem Weiher pflügte, blieben auf einmal die Pferde stehen und ließen sich durch alles Antreiben nicht mehr vom Platze bringen. Da sah der Bauer nach und gewahrte einen gespenstigen Mann, der vorn die Pferde anhielt und nun zu ihm sagte, er könne ihn erlösen und solle zu dem Ende in der nächsten Nacht zwischen elf und zwölf Uhr hierherkommen. Der Bauer versprach dies; allein er wurde von den Seinigen, denen er die Sache offenbart hatte, aus Aengstlichkeit nicht [221] hingelassen. Da kam am andern Tage der Geist zu ihm ins Haus, stellte ihn wegen des Ausbleibens zur Rede und beschied ihn auf die folgende Nacht. Ebenso machte er es unter Drohungen den Tag darauf, nachdem der Bauer auch in der zweiten Nacht sich nicht eingefunden hatte. Endlich in der dritten gelang es diesem, aus dem Haus zu kommen; seine Leute eilten ihm zwar nach, blieben jedoch, als sie auf den Berg kamen und sahen, daß der Bauer schon unten bei dem Gespenste war, stehen und erwarteten voll Angst, was geschehen werde. Der Geist sagte zu dem Bauer: er habe bei seinen Lebzeiten neben dessen Acker ein Stück Feld besessen und dasselbe, durch Versetzung der Gränzsteine, betrügerischer Weise vergrößert; von der Zurückgabe dieses unrechten Gutes hänge seine Erlösung ab, zu deren Vollbringung der Bauer nun thun möge, was er von ihm begehren werde. Dieser willfahrte hierauf in allem: betete zuerst knieend drei Vaterunser für die armen Seelen, brach dann von einer Hecke mehrere Zweige ab und steckte sie, auf beiden Seiten des Feldes, an die Plätze, wo die Gränzsteine hingehörten. Als dies geschehen war, dankte der Geist dem Bauer für seine Erlösung und schwebte in glänzendweißer Gestalt auf in das Himmelreich.

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