394. Die Burg Prodselten.

Dieses Bergschloß wurde von Kaiser Heinrich dem Finkler erbaut und Engelstatt genannt, weil ihm die Engel in einer Schlacht in Böhmen, wo sie das Feldgeschrei »Kyrie eleison« brachten, zu Hülfe gekommen waren.

Von dieser, gegenwärtig verfallenen, Burg gingen fünf unterirdische Gänge hinunter nach Stadt Prodselten, und einer in das benachbarte Dorf Faulbach; auch war daselbst ein Keller, der durch den ganzen angränzenden Weinberg bis zur Aschkerbe sich erstreckte.

In diesem Keller, welcher der schwarze heißt und größtentheils verschüttet ist, liegen große Schätze verborgen, und bei denselben geht um Mitternacht ein Gespenst um, das allemal auf einen gewissen dortigen Stein sich niedersetzt.

[349] Auch oben im Schlosse hat schon eine gespenstige Frau, die sehr alt und zusammengekrümmt, nach der Abendglocke sich sehen lassen; am häufigsten aber erscheint der Geist eines Einsiedlers, welcher den Leuten Steine vor die Füße wirft und sich meistens in dem nach ihm genannten Einsiedlerthurm aufhält.

Vor ungefähr fünfzig Jahren war kurze Zeit in der Nacht die ganze Burg von einem wunderbaren Glanz erleuchtet.

Eines Tages sahen Kinder im verfallenen Backofen des Schlosses eine Anzahl Handkäse liegen. Sie warfen einige derselben in den Burgbrunnen (der früher bis in das Thal hinabging), da klang es wie fallendes Geld, worauf die Kinder forteilten, um ihre Eltern zu holen. Als sie bald nachher mit denselben zurückkamen, waren keine Handkäse mehr zu sehen.

Ein anderes Mal fanden Kinder am Brunnen zwei Häfen mit Geld. Sie nahmen nichts davon, sondern holten ihre Eltern herbei; aber unterdessen waren Häfen und Geld verschwunden.

Vor etwa zehn Jahren im Advent sah ein Bube am Mittag auf dem Scheibenacker bei der Burg einen Hafen voll roher Kartoffeln stehen. Weil er deren zu Hause genug hatte, zerschlug er mit seiner Haue den Hafen. Da klirrte es wie Geld, und von Hafen und Kartoffeln war nichts mehr zu sehen; neben dem Buben aber stand ein schwarzer Mann, vor dem jener erschrocken davonlief.

Auch jenseits des Mains, auf der Mondfelder Markung, liegen an verschiedenen Orten Schätze vergraben. Die vielen Lichter und Feuer, welche nachts über ihnen brennen, waren der letzten Hennebergerin auf dem Schloß [350] Prodselten so unheimlich, daß sie dasselbe mit mehr Leute besetzen ließ.

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