254. Der dicke Amtmann.

In Pforzheim war ein Beamter, der wegen seiner Fettigkeit nur der dicke Amtmann genannt wurde. Seinen Dienst verwaltete er so übel, daß er, als ihm eine Untersuchung desselben drohte, in den Hohbergwald ging und sich dort im Kuhloch aufhängte. Von einem Jägerbursch, welcher gleich nachher hinkam, ward er abgeschnitten und wieder ins Leben gebracht. Durch Geld und gute Worte bewog er ihn, die Sache geheim zu halten; aber nach zwei Monaten erhenkte er sich in seiner Wohnung im jetzigen Blumenwirthshause. Darin mußte er dann alle Nacht umgehen, wobei er einmal dem Hauseigenthümer, der ihm aufpaßte, ein paar derbe Ohrfeigen gab. Ein anderer Mann fragte ihn, als er auf dem Gang vor dessen Stube hin und her wandelte, zum Fenster hinaus, wer er sei, und erhielt die Antwort: der dicke Amtmann. »Gib mir deine Hand, damit ich sehe, ob du wahr gesprochen!« erwiederte jener und darauf [243] der Geist: »Da würde ich deine Hand übel zurichten; deßhalb reiche mir etwas Anderes her!« Der Mann hielt ihm nun ein kleines Brett hin, auf welches derselbe seine Hand legte und durch deren Abbild, das sich gleich einbrannte, als den Amtmann sich erwies. Nachdem die Spukerei gegen zwanzig Jahre gewährt hatte, ließen die Hausleute den Sinagogendiener kommen, welcher mit dem siebenten Buche Moses genau bekannt war. Aus demselben beschwor der Jude das Gespenst und zwang es, in Gestalt eines kleinen, schwarzen Hundes, in einen Sack zu schlupfen. Diesen trug er dann auf das Feld bei dem Hohberg, wohin er den Geist bannen wollte; aber auf dessen Begehren brachte er ihn in das Kuhloch und wies ihm dort seinen Bezirk an. Hier zeigt sich der dicke Amtmann in grauem Ueberrock, weißer Schlafmütze und grünen Pantoffeln noch heute; die Vorübergehenden führt er zuweilen irre und hat auch schon einigen, welche ihn neckten, tüchtige Ohrfeigen gegeben.

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