148. Gespenst lies't Messe.

In die Stiftskirche zu Baden war ein Mann, den der Schlaf während des Abendgottesdienstes überwältigt hatte, eingeschlossen worden. Er erwachte erst um Mitternacht und sah, beim Schimmer der ewigen Lampe, wie ein gespenstiger Priester im Meßgewand aus der Sakristei an den Altar trat, dessen Kerzen sich von selbst entzündeten, und sich anschickte, Messe zu lesen. Als darauf das Gespenst sich umwendete, erblickte es den Mann und winkte ihm, zum Meßdienen herbeizukommen. Er aber, voll Angst, ging nicht von seinem Platze; worauf der Geist die Messe ohne einen Diener hielt und, nach deren Beendigung, in die Sakristei zurück kehrte, während die Altarlichter von selbst erloschen. Am andern Tag erzählte der Mann das Geschehene seinem Dienstherrn, der ihm rieth, die folgende Nacht abermals in der Kirche zu bleiben und dem etwaigen Begehren des Gespenstes [133] zu willfahren. Der Mann folgte dem Rath, ging, nachdem ihm um Mitternacht derselbe Priester wieder gewinkt hatte, getrost zum Altar und diente die Messe, wie es sich gebührt. Als diese zu Ende war, sprach der Geist: »Gott und dir sei Dank für meine Erlösung, auf die ich schon viele, viele Jahre harre! Weil ich, bei meinen Lebzeiten, einmal in dieser Kirche ohne einen Diener Messe gelesen, ward ich, nach meinem Tode, verurtheilt, so lange hier umzugehen, bis jemand mir Messe dienen würde. Du hast dieses nun gethan, und ich gehe jetzt ein in des Herrn Freude, wo ich deiner nicht vergessen werde!« Hierauf verschwand der Priester. Der Mann starb nach drei Tagen.

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