706. Eppella Geila

Zu Drameisel bei Muggendorf saß ein Ritter, des Name war Eppelin von Gailingen, der war zugleich ein mächtiger Zauberer und hatte ein Flugroß, damit sprengte er steile Felswände hinan und hinab, setzte über Heuwagen und berührte kein Hälmlein, setzte über die Wisent und ward nicht naß am Fuß, wie der Wittich über die Wisar setzte. Zu Gailenreuth war sein Stammhaus, doch hatte er noch viele Burgen im Lande umher, und von einer zur andern flog er auf seinem Wunderroß wie der Wind. Von Drameisel ritt er nach Muggendorf über einen hohen Felsen und Riß, das konnte ihm keiner nachtun. Auf die Nürnberger hatte der Eppelin einen scharfen Zahn; er umgab sich mit beutesüchtigen Genossen und ritt an ihrer Spitze gar oft in das Nürnberger Stadtgebiet. Da sangen die Kinder von ihm:


Da reit’t der Nürnberger Feind aus,

Eppela Gaila von Dramaus.

Oder:

Eppela Geila von Dramaus

Reit’t allzeit zu vierzehnt aus.


Die Vierzehnzahl mochte wohl von alters her im Ostfrankenlande eine geheimnisvolle Bedeutung haben, daher auch seine Vierzehnheiligen. Als der Eppelin, auf dessen Kopf ein Preis gesetzt war, den die Nürnberger gern selbst verdient hätten, einstmals in Nürnberg auf die Burg gestürmt war und sich dort eingeschlossen und hart bedrängt sah, denn sie hatten das Burgtor zugeschlagen und schrieen ihm zu, daß sie ihn nun gleich henken würden, da tummelte er sein Roß mit Fechterhieben und rief:


Die Nürnberger henken keinen,

Sie hätten ihn denn vor! –


spornte sein Roß zur Mauer nahe beim Luginsland und sprengte die furchtbare Tiefe über Wall und Graben hinab und hinüber und entkam glücklich. Da haben sie hernach mit Staunen die Spuren der Hufeisen angeschaut, die der Rossessprung in der Mauerzinne zurückgelassen. Als nach manchen gelungenen Handstreichen und kühnen Griffen der Eppelin [466] einmal gen Farnbach kam und zechend in der Herberge lag, bauten die Feinde, denen das verraten war, eine Wagenburg um das Haus, er aber saß zu Roß und sprengte über acht Wagen, aber »überm neunten«, so singt ein altes Lied von ihm, »gab er den Giebel auf«. Da er nicht weiterkonnte, so opferte er, wie ein Reinhold von Dordone seinen treuen Bayard, sein Wunderroß, indem er es erstach, und gab sich gefangen. Das geschahe zu Postbauer, und im Städtlein Neumarkt, zwischen Nürnberg und Regensburg, ward er mit dem Schwert gerichtet. Sein Andenken lebt unvergessen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek