824. Der Kirchenbau zu Königsberg

An der schönen neuen Pfarrkirche zu Unser lieben Frauen in Königsberg in Franken, ohnweit Haßfurt, erblickt man außen zwei Steingebilde in lächerlicher Gestalt. Davon wird folgendes erzählt. Der Kirchenbau, bereits 1397 begonnen, schritt äußerst langsam vorwärts und verzögerte sich an siebenundsechzig Jahre. Man hatte den Bau einem fremden Meister übertragen, dieser aber zog von dannen, arbeitete anderswo und ließ sich lange mahnen und drängen, den Bau doch zu vollenden; darüber entstand viel Unwillen in der Stadt und üble Nachreden des Meisters, und besonders konnten zwei Bürger und Ratsherrn, die der Kirche gegenüberwohnten, kein Ende ihres Scheltens über den Steinmetzen finden. Eines Tages erblickten die Wächter eine große Männerschar, die von Haßfurt her herannahte, und stießen in die Lärmhörner, denn es dünkte ihnen ein feindliches Heer, das einen Überfall des Städtleins versuchen wollte. Hell blinkte und blitzte es im Strahl der Morgensonne wie Partisanen und Streitäxte von ferne her. Die Bürgerschaft griff zu den Waffen, schickte sich an, den Feind abzuwehren, und sandte einen Abgeordneten entgegen mit der Frage, was des Haufens Begehren sei. Da war es der bestellte Steinmetz mit nicht weniger als vier hundert Gesellen, die er allesamt herbeiführte mit ihrem Werkzeug, Äxten und Beilen, blanken Sägen und Winkelmaßen, die so hell erglänzten. Und nun ging die Arbeit rüstig und wacker vonstatten; da aber dem Baumeister zu Ohren kam, daß die beiden Bürger so übel von ihm gesprochen, brachte er ihre beiden Gestalten an der Kirche auf lächerliche Weise an, darum, daß sie als alberne Philister voreilig über ihn geurteilt.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek