331. Stock voll Dukaten

Zu Salzwedel ist einmal ein Mann gewesen, der hatte von einem andern hundert Dukaten geliehen, hatte aber keine Lust, dieses Gold wieder zurückzuzahlen. Er habe es ihm ja schon gegeben, sagte er zu dem Mahnenden, sooft dieser kam, und so ward er endlich verklagt. Nun gebrauchte der böse Schuldner sich dieser List. Er ließ einen Spazierstock hohl drehen, barg in diesen das Röllchen mit den hundert Dukaten fest, daß es nicht klapperte, und kam mit diesem Stock auf das Rathaus, wo er seinen Gläubiger schon nebst dem Richter seiner harrend fand. Nach Reden und Gegenreden schritt der Richter zur Eidesabforderung, dazu war der treulose Mann bereit, er drückte geschwinde dem Gläubiger seinen Stock zum Halten in die Hand, weil er die rechte Hand emporheben [237] und die linke auf ein Kruzifix über einem Evangelienbuch legen mußte, und schwur frech und sicher, was jetzt die Wahrheit war, daß er die hundert Dukaten vollwichtig und vollgezählt in des Gläubigers Hände zurückgegeben habe. Somit war die Sache abgetan, der Gläubiger ging traurig und beschämt, der Schuldner aber triumphierend nach Hause, nur war es schade, daß er nicht auch nach Hause kam, denn unterwegs ereilte den Meineidigen das schwere Gericht des allsehenden Gottes. Er stieß auf einen Müllerwagen, dessen Pferden sandte der Herr ein paar Hornissen auf den Hals, daß sie wütend wurden und durchgingen und den Mann umstießen und den Wagen über ihn hinwegrissen; zwei Räder gingen über ihn und gaben ihm den Armsündertod des Gerädertwerdens ohne Zeremonie und zwei über den Stock und sprengten ihn auf, da fielen die hundert Dukaten heraus, und der offenbare Betrug fiel auch mit heraus und kam ans Licht. Hernachmals ist diese Geschichte in der Katharinenkirche auf der Neustadt zu Salzwedel abgebildet worden.

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