[276] Gesang zur Zeit des Ungewitters

Im Ton: O Gott, du frommer Gott, etc.

1.
O Gott! aus dessen Wort Luft, Meer und Erde quillet,
Der Erde, Meer und Luft allgegenwärtig füllet;
Ich lobe Deine Lieb', und preise Deine Macht,
Auch da, beym schnellen Blitz, der strenge Donner kracht.
2.
Dräut gleich der Grund der Welt zu wancken, zu vergehen,
Lässt die geborst'ne Welt gleich nichts, als Flammen, sehen
Rauscht gleich der Winde Wuth, netzt gleich ein Regen-Schwall
Das überströmte Land mit Wassern überall.
3.
So zittert, blitzt und rauscht doch alles, Gott zu Ehren,
Er lässet seine Stimm', im Donner, gleichsam hören,
Er zeiget seine Kraft und seine Lieb', es bricht,
Selbst durch den lichten Blitz, des Schöpfers Weisheits-Licht.
4.
Denn der, durch schwülen Dunst zu heisser Schwefel-Düft,
Aus seinem Gleich-Gewicht gepresste Kreis der Lüfte
Wird, durch den regen Blitz, gereinigt, ausgeleert,
Und, durch das schnelle Feur, zertheilt und aufgeklärt.
[277] 5.
Das, durch der Sonnen Gluht, und ihrer Strahlen Blitze,
Fast gantz versengte Gras, das, durch so stete Hitze,
Gantz aufgeborst'ne Land würd' Asche, Sand und Stein,
Und folglich Mensch und Vieh bald ausgerottet seyn.
6.
So aber führet Gott, zum Heil, und nicht zur Ruthen,
Der Wolcken feuchte Frucht, die Segens-reichen Fluthen,
Durch Wind und Wetter her, macht, durch der Blitze Brand,
Nicht nur die Lüfte rein, tränckt auch das dürre Land.
7.
O Weisheit sonder Ziel! O Allmacht sonder gleichen!
O wahrer Vater-Lieb untrüglich-helles Zeichen!
Ach, möchten wir es doch, in froher Ehrfurcht, sehn,
Und, auch im Wetter selbst, der Gottheit Huld verstehn!
8.
Denn, ob darüber gleich Luft, Meer und Erd' erschüttern;
So darf ein frommes Hertz doch darum nicht erzittern.
Schreckt dich des Schöpfers Macht; So dencke doch dabey,
Daß Er, zu deinem Schutz, nicht minder mächtig sey.
9.
Gewiß, du ehr'st Ihn nicht, wenn ein zu starckes Schrecken,
Blitz, Hagel, Knall und Strahl, dem scheuchen Sinn erwecken.
Sieh deinen starcken Gott doch nicht so schwächlich an,
Daß Er, im Wetter, dich nicht auch beschirmen kann.
[278] 10.
Es wircke Seine Macht ein Ehrfurcht-volles Grauen;
Doch auch nicht weniger ein kindliches Vertrauen!
An uns liebt unser Gott zwar Ehrerbietigkeit,
Doch mehr noch Zuversicht, noch mehr Gelassenheit.
11.
Denn solltest du dadurch auch Schaden nehmen können;
So laß dich dennoch nicht von deinem Schöpfer trennen.
Ohn' Ihn, kann nichts geschehn: und was, durch Ihn, geschicht,
Ist alles nütz und gut, begreift man es gleich nicht.
12.
Wann aber dieses nicht in unsern Händen stehet,
Und man sich bloß, o HERR! durch Dich, zu Dir erhöhet;
So fleh' ich inniglich: Gib mir die Eigenschaft,
Die Dir gefällig ist, und des Vertrauens Kraft.
13.
So oft wir blitzen sehn, so oft wir donnern hören,
Laß uns, Herr Zebaoth, Dich lieben, fürchten, ehren!
Denn ob, im Wetter, gleich uns Gottes Lieb' anlacht,
Sind Blitz und Donner doch auch Proben Seiner Macht.
14.
Von unserm Nichts kann nichts so klar uns überführen,
Als wenn wir die Gewalt der Elementen spüren.
Die ungeheure Macht erweiset, wie so klein,
So elend, so gering und arm wir Menschen seyn.
[279] 15.
Drum, Herr, erbarme Dich! erbarme Dich aus Gnaden,
Laß dieß Gewitter doch dem Unsrigen nicht schaden!
Gib, daß der grause Sturm, gib, daß der Schlossen Heer
Uns weder Leib, noch Gut, beschädig' und versehr'.
16.
Gib, daß der wilde Blitz so Feld- als Garten-Früchte
Nicht treffe, nicht verseng' und sonst zu Grunde richte!
Kein Rach-Strahl stürtz' und kehr', im wohlverdienten Grimm,
Haus, Gärten, Bäume, Korn und andre Güter üm!
17.
Ach, laß in dieser Noth, im Donner, Blitz und Stürmen,
Uns Deine Lieb' und Macht, o Vater, doch beschirmen!
Vor allem aber gib, wenn die Gefahr vorbey,
Daß so vor Schutz, als Nutz, Dir jeder danckbar sey!

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