An des Prinzen Friederichs von Preußen Königliche Hoheit

Im November 1756.


Indes, daß Friederich sein teures Leben wagt,
Nachdem der Feinde Stolz den Frieden ihm versagt,
Und in gerechtem Krieg, (denn andern führt er nicht,)
Mit Ihm der Patriot, Dein großer Vater, ficht,
Und schlägt und überwindet;
Indes, o Prinz! hörst Du
Der Weisheit und der Wahrheit zu,
Die man nicht oft bei Hofe findet.
Du prägst Dir ihre Lehren ein,
Bedenkst, wie schwer es ist, ein Landesvater sein!
Dein Mentor, 1 lehrend Dich die römische Geschichte,
Reißt, ein geschworner Feind der niedern Schmeichelei,
Den Herrn der Erde, frei,
Die Larve vom Gesichte,
Sagt Dir bei jeglichem, was er gewesen sei:
Domitian, ein Feind der Tugend und des Rechts!
Aurel, die Lust des menschlichen Geschlechts!
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Wenn er die Fürsten straft, und ihrer Tyrannei
Die wohlverdienten Namen giebt,
Dann wirst Du zornig, sagst, Der Fürsten Bester sei,
Der alle Menschen liebt!
Hörst einen solchen Ihn, den großen Weisen nennen,
Der Dein Exempel ist, und willst dann so geschwind,
Wie Er zu Felde geht, und eine Schlacht gewinnt,
Die Landesväter alle kennen,
Die Deines Hauses Ehre sind!
Dein Mentor bittet Dich, mit ihm zu gehn,
Und läßt sie Dich in einem Tempel sehn, 2
In welchem Friederich mit eben dieser Hand,
Mit welcher Er das Vaterland
Verteidigt, Er, der sieggewohnte Held,
Sie hat den Königen zum Muster aufgestellt!
Darf ich, o Prinz! o teurer Prinz! es wagen,
Den göttlichen Gedanken nachzusagen,
Den Du in diesem Tempel denkst?
Du stehst vor ihren Bildern, lenkst
Den Blick auf ihre großen Namen,
Denkst Deine große Pflicht,
Den Helden allen nachzuahmen,
Den Willen im Gesicht!
Ach! hätten alle Menschen solchen Willen,
Dann dürften wir die Wahrheit nicht verhüllen;
Wir brauchten keine lehrende Gedichte;
Wir stellten nur die Weisen der Geschichte
Vor unsrer Kinder Augen auf;
Und künftig Deinen Lebenslauf!

Fußnoten

1 Damals Herr Professor Beguelin.

2 In den Mémoires pour servir à l'histoire de la maison de Brandenbourg. Au Donjon du Château. 1751.

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