[179] Auf Seiner Hochreichsgräfl. Excell. Herrn Ernst Christophs, des H.R. Reichs Grafen von Manteufel Hohes Geburtsfest

Den 22 Julius des 1741 Jahres.


... Cui Pudor et Iustitiæ Soror,

Incorrupta Fides, Nudaque Veritas,

Quando ullum invenient parem?

Horatius.


Du Kind der ewigen Vernunft!
Beherrscherinn der kleinen Zunft
Der Weisen, die dich göttlich ehren;
Erhabne Wahrheit! stärke mich,
Mein blöder Mund erkühnet sich
Dein himmelhohes Lob zu mehren;
Dein Lob, das der erfreuten Welt
Jetzt doppelt stark ins Auge fällt.
Wirf aus dem blaugewölbten Saal,
Vom Thron der Gottheit einen Stral,
In meines Geistes enge Schranken:
Erheitre mir so Witz als Sinn,
Und gieb mir, der ich irdisch bin,
Die Kraft zu himmlischen Gedanken.
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Laß Einfall, Sinn und Wort so rein,
Als dein höchst lautres Wesen seyn.
Du kömmst; ich seh dein göttlich Bild!
Dein Auge, das gleich Sternen gilt,
Blitzt von dem hellsten Himmelslichte.
Die Sonne stralt auf deiner Brust,
Ihr Glanz macht, nebst des Irrthums Wust,
Der schnöden Thorheit Dunst zunichte:
Der Vorurtheile Dampf zerfleucht,
Wie Nebel, die der Wind verscheucht.
Wer ist das göttergleiche Paar,
Das, dir zur Seiten, eifrig war,
Der Finsternisse Macht zu schwächen?
Wer stund dir so geschäfftig bey,
Des Aberglaubens Raserey,
Mit sieggewohnter Hand zu brechen?
Er weicht, wie vor des Tages Pracht
Die sonnenscheue Brut der Nacht.
Die Weisheit ists, das Himmelskind,
Das edle Herzen leicht gewinnt,
Und das nur blöde Seelen scheuen.
Die Tugend beut ihr selbst die Hand,
Und hilft der Thorheit Widerstand
Mit Großmuth und Geduld zerstreuen.
Wer zweifelt, ob die Wahrheit siegt,
Wenn dieses Paar sich zu ihr fügt?
Willkommen auf der Unterwelt!
Wo sich die Einfalt fertig hält,
Der Vorurtheile Joch zu küssen:
Wo stets die Thorheit Sklaven macht,
Wenn Tyranney und finstre Pracht,
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Die Heiligthümer schmücken müssen;
Wo nichts, als Herrschsucht, Fluch und Bann
Den niedern Pöbel lenken kann.
Getrost! das Reich der Einfalt sinkt,
Die Hand der hohen Vorsicht winkt,
Der Weltkreis sieht schon beßre Zeiten.
Komm, Wahrheit! komm, du findest Schutz!
Komm, komm, zu deiner Feinde Trutz,
Die Palmen weiter auszubreiten.
Es schützt dich selbst der Großen Hand,
Und was die schützt, dem folgt das Land.
Wie sonst des Nordens trübe Luft,
Gleich einer schwefelreichen Kluft,
Bald weiß, bald rothe Stralen quillet;
Wie da ein wallend Licht sich zeigt,
Bald langsam fährt, bald flatternd steigt,
Und fast den ganzen Himmel füllet;
Doch so, daß dieser Aftertag
Die Schatten nicht vertilgen mag:
So hat, gepriesnes Alterthum!
Auch deiner Weisen hoher Ruhm
Die oft getäuschte Welt betrogen.
Ein falscher Glanz, ein blasser Schein
Schien oft ein Morgenroth zu seyn,
Das vor der Wahrheit hergezogen:
Allein dein ungewisses Licht
Versprach sehr viel, und hielt es nicht.
Was Thales und Lykurg erkannt,
Was Anaxagoras erfand,
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Was Pythagor und Plato lehrten;
Was Epikur und Zeno sprach,
Was Pyrrho zweifelnd unterbrach,
Und was die Stagiriten mehrten:
Hat unsrer Zeiten Glanz erreicht,
Wie jenes Nordlicht Sonnen gleicht.
Gesegnet sey die neue Zeit!
Da sich die Finsterniß zerstreut,
Die den verhüllten Weltkreis deckte;
Da Deutschland und der Britten Reich,
Der Franz und Wälsche fast zugleich,
Den muntern Kopf zur Arbeit streckte.
So ward nun, nach verstrichner Nacht,
Der Wahrheit Licht hervor gebracht.
In Deutschland hub die Klarheit an;
Copernik war der große Mann,
Dem Keplers Fleiß bald nachgekommen:
Bis Gerke, Scheiner, Marius,
Und Tschirnhaus, und Hevelius,
Thomas' und Leibnitz Platz genommen:
Daraus das heitre Licht entspringt,
Das itzt in aller Augen dringt.
O Graf! Den selbst der Allmacht Ruff
In so erwünschten Zeiten schuff,
Ernst Christoph, Zierde deines Standes!
Erhabner Geist, an Witz und Muth,
Du Zweig aus altem Heldenblut,
Der besten Ritter Pommerlandes;
Als deren Preis der Zeiten Macht,
Der Fäulniß und des Moders, lacht.
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Bewahrt nicht Leipzig noch den Held
Der Lützens hochberühmtes Feld
Durch sein so tapfres Blut besprützet?
Den Vätter, der so muthig starb,
Als Gustavs Arm den Sieg erwarb,
Der unsern Glauben noch beschützet;
Auf dessen Gruft, vor kurzer Zeit,
Du, Graf, des Helden Ruhm erneut.
Was der durch Faust und Stahl gethan,
Das hubst Du bey den Musen an,
Als ihre Reizung Dich bezwungen.
Durch Witz und Feder hast Du Dich,
Bey Sachsens August Friederich
In kurzem hoch empor geschwungen:
Weil Treue, Staatskunst, Mund und Kiel
Dem weisen Fürsten wohl gefiel.
Stolziert nur, Eitle, wie ihr wollt,
Auf grauer Ahnen Ehrensold,
Auf alte Lorbern fremder Stärke;
Des deutschen Reiches Grafenstand,
Des weißen Adlers Ritterband,
Sind hier der eignen Tugend Werke:
Mein Graf erhob des Stammes Preis,
Den mancher kaum zu stützen weis.
Wie Lälius, der Römer, that,
Wenn er, zwar öffentlich den Staat,
Doch ins geheim die Musen liebte;
Und wie sein Freund, Karthagens Fall,
Nach überwundnem Hannibal,
Auch Wissenschaft und Dichtkunst übte:
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Des Rathes Kern, der Pöner Trutz
Ward so der Künste Schild und Schutz:
So, theurer Graf! hat Dein Verstand,
Dein edles Herz, mit weiser Hand,
Zwar ganzer Völker Heil gelenket:
Da weist Dein schönes Kummerfrey,
Dein Tusculum, wie wahr es sey,
Daß Du der Weisheit Dich geschenket.
Wo Lustwald, Schloß und alles zeigt,
Sein Herr sey jeder Kunst geneigt.
Dein Lusthaus und den Büchersaal,
Darinn des großen Geistes Wahl
Mehr, als die stolze Menge waltet;
Den grünen Hayn, den mancher Gang,
Von Anmuth reich, von Aussicht lang,
In mehr als vierzig Theile spaltet:
Ja Teich und Garten und Parnaß,
Wer lehrt mich, wer beschreibt mir das?
Der Weisen und der Helden Bahn
Erwähnt man billig oben an,
Wo sich so manches Schnitzbild zeiget;
Wo Friedrich Wilhelm und Eugen,
Und Kulicham beysammen stehn,
Vor denen Ost und West sich neiget:
Und was man sonst in Griechenland
Für sieben weise Männer fand.
Der Dichter Gang zeigt den Homer,
Virgil, Horaz und andre mehr,
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Die Deutschland, Franzmann, Britte preisen.
Wer macht die Namen alle kund,
Vor welchen ich wie starrend stund,
Als Pommern mich da durch sah reisen;
Als ich die angenehmste Nacht
In diesem Irrhayn zugebracht.
Jüngst griff die Einfalt Männer an,
Die sich bisher hervorgethan,
Und Deutschlands Ruhm so sehr erhoben.
Der Wahrheit Priester ward verdammt.
Die Bosheit nahm ihm Ruh und Amt,
Und hörte doch nicht auf zu toben:
Der blinden Gleißnerey Bemühn
War, auch sie selbst ins Grab zu ziehn.
Hier kömmst Du, Retter der Vernunft,
Und stiftest die belobte Zunft,
Der unerschrocknen Wahrheitfreunde.
Der Pallas Helm machts offenbar,
Was ihres Sohnes Absicht war:
Und bald verschwand die Wuth der Feinde!
Minerva ruft, wie Flaccus sprach:
Man strebe kühn der Weisheit nach!
O edler Ruff! wer faßt nicht Muth,
Der schnöden Einfalt blinde Brut
Mit regem Eifer zu verlassen!
Der Graf geht vor! wer folgt nicht gern?
Er kennt und liebt der Weisheit Kern?
Wer wollte nicht die Thorheit hassen?
Wenn gleich ihr allzufrecher Schritt
Die Wahrheit noch mit Füßen tritt.
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Umsonst! sie steht und bleibt wohl stehn,
Und wird nicht eher untergehn,
Bis selbst der Himmel unterlieget.
Die Folgezeit wird dankbar sehn,
Was hier, mein Graf! durch Dich geschehn;
Und wie Du vielen vorgesieget:
Seitdem der Wahrheit helles Licht
Nun täglich mehr die Nebel bricht.
So lange bey der späten Welt
Die Weisheit Werth und Glanz behält,
Die Deutschlands Fleiß noch höher treibet;
So lange das, was Leibnitz fand,
Und Wolf aufs gründlichste verband,
Zu vieler Völker Heil bekleibet:
Wird auch Dein Nachruhm ungemein,
Wirst Du, o Graf! unsterblich seyn.

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