336. Gäste vom Galgen

Ein Wirt einer ansehnlichen Stadt reiste mit zwei Weinhändlern aus dem Weingebirge, wo sie einen ansehnlichen Vorrat Wein eingekauft hatten, wieder heim, und ihr Weg führte sie am Galgen vorbei, und obwohl sie berauscht waren, sahen sie doch und bemerkten drei Gehenkte, welche schon lange Jahre gerichtet waren. Da rief einer von den zwei Weinhändlern: »Du, Bärenwirt, diese drei Gesellen, die da hängen, sind auch deine Gäste gewesen.« – »Hei!« sagte der Wirt in tollem Mute, »sie können heut zu Nacht zu mir kommen und mit mir essen!« [318] Was geschieht? Als der Wirt also trunken anlangt, vom Pferde absteigt, in seine Wohnstube geht und sich niedersetzt, kommt eine gewaltige Angst über ihn, so daß er nicht imstande ist, jemand zu rufen. Indes tritt der Hausknecht herein, ihm die Stiefel abzuziehen, da findet er seinen Herrn halbtot im Sessel liegen. Er ruft alsbald die Frau, und als sie ihren Mann mit starken Sachen ein wenig wieder erquickt, fragt sie, was ihm zugestoßen sei. Darauf erzählt er ihr, im Vorbeireiten habe er die drei Gehenkten zu Gast geladen, und da er in seine Stube gekommen, seien diese drei in der entsetzlichen Gestalt, wie sie am Galgen hängen, in das Zimmer getreten, hätten sich an den Tisch gesetzt und ihm immer gewinkt, daß er herbeikommen solle. Da sei endlich der Hausknecht hereingetreten, worauf die Geister alle drei verschwunden. Dieses wurde als eine bloße Einbildung des Wirts ausgegeben, weil ihm trunkenerweise eingefallen, was er im Vorbeireiten den Sündern zugerufen, aber er legte sich zu Bett und starb am dritten Tage.

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