1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[538] [3]Der Buchstabe Je.

1.

Herz, am Gaue deines Freundes
Wandelst nimmer du vorbei,
Hast was nöthig ist zum Glücke
Weisst doch nicht was handeln sei;
Hältst den Schlägel »Wunsch« in Händen,
Schlägst damit den Ball doch nicht,
Thust mit einem solchen Falken
Auf die Lust der Jagd Verzicht!
Dieses Blut, das dir durchwoget
Deines Herzens Ocean,
Wendest du nicht zu der Färbung
Eines schönen Bildes an.
Deiner Kehle Odem wurde
Nicht durchwürzt von Moschusduft,
Denn du geh'st am Gau des Freundes
Nicht vorbei, wie Morgenluft.
Heim von dieser Wiese – fürcht' ich –
Bringst du keinen Rosenstrauss,
Denn du hältst im Rosengarten
Nicht den Stich der Dorne aus.
Einem vollen Becher gleichst du;
Doch du wirfst zu Boden ihn,
Und des Rausches böse Folgen
Kommen nicht dir in den Sinn.
[3][5]
Es enthält dein Seelenärmel
Hundertfält'gen Moschus zwar,
Doch du bringst ihn nicht der Loke
Eines Freund's zum Opfer dar.
Ziehe hin, Hafis; denn üben
Alle auch des Dienstes Pflicht,
An des Freundes hohem Throne
Üb'st du sie der Einz'ge nicht.
2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[5] [7]2.

Herz, sobald du wüst geworden
Durch den rosenfarben Wein,
Wirst du ohne Geld und Schätze
Hundertfach ein Chores sein.
Dort, wo man nur arme Leute
Für den Ehrensitz erkohr,
Rag'st an Würde – wie ich hoffe –
Über Alle du empor.
Auf dem Weg nach Leïla's Wohnung,
Der gefährlich sich erweist,
Ist des ersten Schritt's Bedingung,
Dass du ein Mĕdschnūn nur sei'st.
Irre nicht; den Punkt der Liebe
Zeigt' ich dir, d'rum habe Acht,
Denn sonst wirst du, um dich blickend,
Aus dem Zirkelrund gebracht!
Weiter zog die Karavane,
Und du schläfst wenn Wüsten nah'n?
Wohin gehst du, wen befrägst du
Um den Weg? Was fängst du an?
Leer' ein Gläschen Wein und schleud're
Seine Hefe himmelwärts:
Soll im Grame des Geschickes
Länger bluten noch dein Herz?
Reizt dich eine Königskrone,
Zeig' die inn're Perle uns,
Mögst du aus Dschĕmschīd's Geschlechte
Stammen oder Fērĭdūn's.
Klag', Hafis, nicht über Armuth,
Denn, sind diese Lieder dein,
Billigt es kein Frohgestimmter
Dass du traurig solltest sein.
3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[7] [9]3.

Lob sei Gott, weil meinem Herrscher
Er Gerechtigkeit beschieden,
Ihm, Ăhmēd Ŏwēis, dem Scheiche,
Sohn Hăssān's, des Ilchaniden!
Chan ist er und Sohn der Chane,
Fürst aus fürstlichem Geschlechte;
Und die Seele dieser Erde
Nennst du ihn mit vollem Rechte.
Blind vertraute jedes Auge
Deinem glücklichen Geschicke:
Sei gegrüsst du, den der Schöpfer
Würdig hielt der Gnadenblicke!
Wagt der Mond es aufzugehen
Ohne dich, wird er gespalten:
O Ăhmēd's und o des Schöpfers
Glück und wundervolles Walten!
Bettler- und Monarchenherzen
Raubet deines Glückes Schimmer,
Und der Bosheit Auge nahe
Seel' und Seelenfreund, dir nimmer!
Kräusle nach der Türken Weise
Dir das Haar; denn dir gegeben
Ward die Grossmuth der Chăkāne
Und der Dschingischane Streben
Auch entfernt, leer' ich den Becher
Dir zum Wohle und zum Preise,
Denn es schwindet jede Ferne,
Macht der Geist sich auf die Reise.
Nimmer hat auf Persiens Boden
Mir die Knospe »Lust« geblühet;
O wie schön ist Bagdad's Tigris,
Und sein Wein der duftend glühet!
[9][11]
Wer zum Thürstaub des Geliebten
Nicht gemacht sein Haupt, aus Liebe,
Konnt' er hoffen, dass vom Schwindel,
Der in quält, verschont er bliebe?
Bringe mir, o Morgenlüftchen,
Staub von meines Freundes Schwelle,
Dass durch ihn Hafis das Auge
Seines Herzens sich erhelle!
4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[11] [13]4.

Rette mich, o Fürst der Schönen,
Aus dem Gram der Einsamkeit!
Ohne dich bin ich verloren:
Kehre heim, schon ist es Zeit!
Hat doch Sehnsucht mich und Trennung,
Fern von dir, so übermannt,
Dass mir zur Geduld die Kräfte
Gleiten werden aus der Hand.
Der du auf dem Leidenpfühle
Mich durch deine Schmerzen heilst,
Und in einsam stiller Ecke
In Erinn'rung bei mir weilst!
Nur das Pünktchen eines Zirkels
Bin ich in dem Schicksalskreis:
Was du sinnest ist mir Gnade,
Was du willst ist mir Geheiss.
Keinen Dünkel, keine Selbstsucht
Kennt man in der Zecher Welt,
Weil man Eigensinn und Dünkel
Dort für Ketzerglauben hält.
Herr, wem mache ich begreiflich
So Unfassliches wie dies:
Dass der üb'rall Gegenwärt'ge
Keinem noch die Wange wies?
Über Seine Locke klagt' ich
Gestern Nachts bei'm Ost; doch er
Sprach: »Du irr'st; in Zukunft denke
An so Schwarzes nimmermehr!«
Hundert Morgenwinde führen
Hier in Ketten Tänze auf:
Herz, es ist ja der Geliebte;
Folg' d'rum nicht des Windes Lauf!
[13][15]
Farblos ist die Rosenwiese,
Weilst du, Schenke, nicht auf ihr;
Setz' den Buchsbaum in Bewegung,
Du, der Fluren schönste Zier!
Keine Rose dieses Gartens
Wahret stets den frischen Saft:
D'rum erbarme dich der Schwachen
In der Zeit der vollen Kraft!
Bluten macht der blaue Himmel
Mir das Herz; d'rum bringe Wein!
Schnell gelöst im blauen Glase
Wird dies schwere Räthsel sein.
Nun der Trennung Nacht entschwunden,
Bricht, Hafis, der Morgen an;
Deine Wonne sei gesegnet,
Du verliebter, toller Mann!
5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[15] [17]5.

Der Aloëduft kommt näher;
Mein Sehnen wächst durch ihn:
Wer bringet zu Sŭāden
Nun meine Grüsse hin?
Von Freunden Kunde hören
Ist Heil, ist Seligkeit:
Die theure Seele werde
Der Freundin Staub geweiht!
Komm Abends zu den Fremden,
Und sieh der Thränen Nass
Gleich einem Weine glänzen
In einem Syrer-Glas
Und sehnt' ich mich nach Eden,
Und gäb' dem Treubruch Raum,
Erquicke mich kein Schlummer,
Erfreue mich kein Traum!
Und singt des Glückes Vogel
Im Dornenstrauche schon,
So schweig' in Ihrem Garten
Der Taube Klageton.
Der Trennungstag der Freundin
Wird bald zu Ende geh'n:
Ich kann vom Waldeshügel
Die Zelte schon erspäh'n.
O Lust wenn, dich begrüssend,
Ich zu dir sagen kann:
»Du bist mit Glück gewandert,
Und kamst mit Glück auch an!«
Ich hoffe dich in Baldem
Erfreut zu schauen hier:
Du, froh mir zu gebieten,
Und ich, zu dienen dir.
[17][19]
Nimm, bin ich gleich nicht würdig
Den Königen zu nah'n,
Des frommen Werkes wegen
Mich doch als Sclaven an!
Ich ward, durch deine Trennung,
Zum schwachen Neumondslicht,
Und sah doch, gleich dem Monde,
Nie ganz dein Angesicht.
Hell glänzt, wie Perlenschnüre,
Dein reines Lied, Hafis,
Und übertrifft an Anmuth
Die Lieder Nīsămī's.
6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[19] [21]6.

Kömmst aus jenes Kinnes Brunnen
Du dereinst heraus, o Herz,
Kommst du, wo du hin auch gehest,
Nur heraus mit Reueschmerz.
Nicht mit Einem Tropfen Wassers
Labe dich des Himmels Hand,
Kommst du mit noch durst'ger Lippe
Von des Lebensquelles Rand.
Sei auf deiner Hut, denn horch'st du
Auf der Sinne Schmeichelwort,
Kommst du, wie einst Vater Adam,
Aus Rĭswān's Gefilden fort.
Sterben will ich in der Sehnsucht
Dich zu schau'n, dem Morgen gleich,
Hoffend, dass hervor du kommest
Wie die Sonne strahlenreich.
Mit dem Athem des Bestrebens
Hauch' ich, gleich dem Ost, dich an,
Und, wie Rosen aus der Knospe,
Kommst heraus du lächelnd dann.
Auf den Mund trat mir die Seele
In der finster'n Trennungsnacht:
Zeit ist's, dass hervor du kommest,
Gleich dem Mond, in lichter Pracht.
Wohl zweihundert Thränenbäche
Leitete ich an dein Thor,
Denn, als wandelnde Zipresse
Hofft' ich – kämest du hervor.
Bis wie lang wirst du noch weilen
In des Gram's und Kummers Haus?
Zeit ist's, dass du, von des Herrschers
Glück begünstigt, komm'st heraus.
Sorge nicht, Hafis; dein Joseph
Kehret heim, schön wie der Mond,
Und du kömmst aus jenem Stübchen
Wo du trauernd hast gewohnt.
7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[21] [23]7.

Schrieb mir jener Zibethflaum'ge
Nur ein Briefchen freundlich hold,
Hätte mir das Blatt des Lebens
Nicht der Himmel zugerollt.
Hätte doch – obgleich die Trennung
Des Vereines Früchte beut –
Nie der Ackersmann der Welten
Solchen Samen ausgestreut!
Deinem Schreibrohr – nimmer nütze
Sich sein Zuckerzünglein ab! –
Hast du Neigung nie bewiesen,
Weil es sonst mir Antwort gab.
Schuf nicht nach dem Bild der Liebe
Dich des Körpers Architekt,
Lägen liebende Atome
Nicht im Menschenthon versteckt.
Frömmler, du versprichst nur immer,
Doch ich habe ganz gewiss
In der Freundin eine Huri,
Und im Haus ein Paradies.
Der Erbarmung seines Schöpfers
Ist derjenige gewiss,
Dessen Freundin eine Huri,
Dessen Haus ein Paradies.
Gib nicht für Ĭrēm's Gefilde
Und den Hochmuth des Schēdăd
Volle Flaschen, süsse Lippen,
Und die Lippe einer Saat.
Meine Thorheit und dein Wissen
Scheint dem Himmel gleich an Werth:
Was ist dort wohl schön, was hässlich
Wo der Sehkraft man entbehrt?
[23][25]
Nicht nur ich schuf zur Pagode
Meines Herzens Ca'ba um;
Nein, auf jedem Schritt begegnet
Kirche man und Heiligthum.
Auf der harten Bank der Liebe
Ruht man wohl nicht sehr bequem:
Aber fehlt ein gold'nes Kissen,
Sei ein Ziegel uns genehm.
Macht die nied're Welt noch lange,
Kluges Herz, dich so betrübt?
Zu beklagen ist der Schöne
Wenn den Hässlichen er liebt.
Das Beflecktsein einer Kutte
Ist der Untergang der Welt:
Wo verweilt der weise Wand'rer
Der sein Inn'res rein erhält?
Sprich warum die Hand Hafisens
Deine Locke fahren liess?
Wenn's das Schicksal so beschlossen,
Konnt' er And'res thun als dies?
8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[25] [27]8.

Du, der Liebende zu trennen
Nur gerecht und billig nennt,
Und der Jene die ihn lieben
Grausam von sich selber trennt!
Komm mit einem süssen Trunke
Her zum durst'gen Wüstensohn,
Wenn du auf dem Pfad der Liebe
Hoffnung nähr'st auf Gottes Lohn!
Dass du mir das Herz entwendet
Will ich, Seele, dir verzeih'n:
Aber lass es mit mehr Güte
Als mich selbst behandelt sein.
Fremde Trinkgenossen leeren
Den gefüllten Becher mir:
Doch ich will es gern ertragen,
Scheint es nur erst billig dir.
Mücke! Ein Sĭmūrgh schickt nimmer
Sich zum Tummelplatz für dich:
Du verlierst dabei die Ehre,
Und belästigest auch mich;
Wegen deiner eig'nen Mängel
Schloss man dieses Thor dir zu:
Über wen hast du zu klagen,
Und worüber jammerst du?
O Hafis, man spricht von Kaisern
Würden nur für Dienste an:
Doch was hoffest du auf Gnaden
Eh' du etwas noch gethan?
9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[27] [29]9.

Der du immer nur mit Hochmuth
Blickest auf dein eig'nes Ich,
Wenn du keine Liebe fühlest,
So entschuldiget man dich.
Drehe um verliebte Thoren
Dich im Kreise nicht herum,
Du, der durch Verstandesadel
Dir erwarbest hohen Ruhm!
Von der Trunkenheit der Liebe
Trägt dein Haupt wohl keine Spur:
Ziehe hin, denn trunken bist du
Von dem Wein der Beere nur!
Eine gelbgefärbte Wange
Und ein leiderfülltes Ach
Weisen, als bewährte Zeugen,
Der Verliebten Krankheit nach.
Ohne Glanz und Schimmer wäre
Selbst der ew'ge Gartenhain,
Fehlte ihm der Huris Lippe
Und der reingeklärte Wein.
Um die Liebe jenes Mondes
Dich zu mühen sei dir Pflicht,
Glichest du an Weltberühmtheit
Selbst dem hellen Sonnenlicht.
Über eig'ne Ehr' und Schande
Setze dich hinaus, Hafis;
Ford're einen Becher Weines,
Denn berauscht bist du gewiss.
10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[29] [31]10.

Der du in dem Gau der Schenke
Ein bestimmtes Plätzchen hast,
Bist der Dschem der eig'nen Zeiten
Hast den Becher du erfasst.
Der du Tag und Nacht verbringest
Mit des Freundes Wang' und Haar,
Freue dich: schön ist dein Morgen
Und dein Abend schön fürwahr!
Du auch der bei'm Herzgeliebten
Dir erkohrst die Einsamkeit,
Nütze den Moment, den kurzen,
Der was du gewünscht, dir beut!
Ostwind, die Verbrannten fragen,
Harrend an des Weges Rand,
Ob vom Freunde, dem verreis'ten,
Kunde ward durch dich gesandt?
Sag' ihm: »Wenn zur Zeit der Treue
Du auch nimmer standhaft bliebst,
Will ich dankbar doch erkennen
Dass du treulich Härte üb'st.«
Ein gar schönes Korn der Wonne
Ist dein grünes Maal; allein
Was, ach, hast du denn für Netze
Dort an seinem Wiesenrain?
Aus des Glases Lächelmunde
Weht ein Seelenduft mich an:
Saug' auch du ihn ein, o Meister,
Hast du ein Geruchsorgan.
Wenn ein Fremder einen Namen
Von dir wünscht, wird's unrecht sein?
Hast in dieser Stadt doch heute
Einen Namen du allein.
Schützen wird es deine Seele
Betest viel am Morgen du:
Bringt ja auch Hafis, dein Sclave,
Wachend seine Nächte zu.
11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[31] [33]11.

Der du des Flaumes Moschusschleier
Warfst auf das holde Mondsgesicht!
Du übtest Gnade nur: denn Schatten
Warfst hin du auf der Sonne Licht.
Was wohl die Farbe und das Wasser
Auf deiner Wange noch mir thut,
Da nur erst Skizzen deines Bildes
Du hinwarfst auf die Wasserfluth?
Glück auf! Du rangst den Ball der Schönheit
Den Schönen dieser Erde ab;
Lass Kējchŏsrēw's Pocal dir reichen:
Warfst nieder ja den Ēfrăsjāb.
Du legtest in das Herz, das wüste,
Mir deiner eig'nen Liebe Schatz;
Hold warfst du der Erbarmung Schatten
Auf dieses Winkels öden Platz.
Mit deiner Wange Licht spielt Jeder
Ein Liebesspiel nach eig'nem Sinn,
D'rum warfst du nun den armen Falter
In ängstliche Verwirrung hin.
Gestatte mir dich anzubeten,
Bin ich auch wüst vom Rausche nun:
Du warfst mich ja in dieses Treiben,
In Hoffnung Löbliches zu thun.
Nur Einmal hobst in deiner Kammer
Den Schleier von der Wange du,
Und warfst die Hülle der Beschämung
Den Huris und den Peris zu.
Du stahlst den Wachenden den Schlummer
Und warfst, im irrigen Verdacht,
Die Schuld davon auf jene Heere,
Die wandernd schreiten durch die Nacht.
[33][35]
Durch die Narcisse, schlau und trunken,
Und den berauschenden Rubin,
Warfst du Hafis, den stillen Klausner,
Der Weineslust zum Raube hin,
Und warfst ihm um den Hals, als Kette,
Das Lockenhaar, zum Herzensfang,
Wie ein Monarch – ein Herr der Nacken –
Zu thun gewohnt ist mit dem Strang.
O Schah Jăhjā, des Glaubens Hilfe,
Der du durch deines Schwertes Gluth,
Des Reiches Feinde, gleich dem Feuer,
Verlöschend warfst in eine Fluth;
O Fürst, so mächtig wie Darius,
Du, der der Sonne Kronenzier,
Auf dass sie sich erhöhet fühle,
Tief in den Staub warfst deiner Thür!
O trinke aus dem Wunderglase,
Denn du, auf Dschem's erhab'nem Thron,
Warfst ja dem Liebchen deiner Wünsche
Den Schleier vom Gesichte schon.
Man fürchte deines Schwertes Wasser,
Da du dadurch des Durstes Gluth
In Löwen wecktest und die Helden
Hin warfest in des Wassers Fluth!
12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[35] [37]12.

O du, auf dessen Angesichte
Der Herrschaft Licht sich offenbart,
Und dessen Geist die Weisheit Gottes
Bezeugt auf hundertfache Art!
Dein Schreibrohr – möge Gott es segnen! –
Erschloss dem Glaubensreiche schnell,
Mit einem einz'gen schwarzen Puncte,
Verhundertfacht den Lebensquell.
Auf einen Ahriman fällt nimmer
Des grössten Namens lichter Strahl;
Dein ist die Herrschaft, dein das Siegel:
D'rum ord'ne an nach eig'ner Wahl!
Wer einen Zweifel wagt zu setzen
In Salomon's erhab'ne Macht,
Der wird vom Vogel wie vom Fische
Mit seiner Weisheit ausgelacht;
Und setzt von Zeit zu Zeit der Falke
Auf's Haupt sich eine Krone auch,
So weiss doch nur des Kafes Vogel,
Was Herrchersitte sei und Brauch.
Ein Schwert das von des Himmels Segen
Das Wasser seines Stahl's erhält,
Setzt, ohne Hilfe eines Heeres,
Allein sich in Besitz der Welt.
Es schreibt dein Rohr mit schönen Lettern
– Auf Freund und Gegner nimmt's Bedacht –
Die Formel die das Leben mehret,
Den Zauberspruch, der's schwinden macht.
Der du im Urstoff eine Schöpfung
Der Alchimie der Ehre bist,
Und dessen Glück vor allen Stürmen
Des Missgeschick's gesichert ist!
[37][39]
Fällt nur ein Schimmer deines Schwertes
Auf Schachte und auf Minen hin,
So färbt er mit des Strohes Farbe
Den hochrothwangigen Rubin.
Mein Glas ist leer von Wein, o Kaiser,
Ist's durch ein Menschenleben schon!
Sieh, dies behaupte ich, der Diener,
Und Zeuge ist der Vogt davon.
Ich weiss gewiss, dein Herz erbarmet
Der armen Nachtdurchwacher sich,
Im Falle du um meine Lage
Beim Morgenwind erkundigst dich.
Bring' hurtig Wasser uns, o Schenke,
Doch soll's vom Weinhausquelle sein,
Auf dass vom eitlen Klosterstolze
Wir uns die Kutten waschen rein.
Seitdem in der Familie Adam's
Die Herrschaft ihr Beginnen fand,
Hat Keiner noch, wie du, hienieden
Dies Wissen nach Gebühr erkannt.
Dir thut der Himmel nichts zu Leide,
Du bist den Engeln gleichgestellt;
Die Welt ist frei von Grausamkeiten,
Seit du die Zuflucht bist der Welt.
Wenn schon der Blitzstrahl der Empörung
Selbst Adam traf, war er gleich rein,
Ziemt's uns so minder zu behaupten,
Wir könnten frei von Sünden sein.
Hafis, mit Achtung spricht zu Zeiten
Der Kaiser deinen Namen aus:
D'rum schmolle nicht mit dem Geschicke,
Und kehre reuevoll nach Haus!
O Zufluchtsort der Unterthanen,
O edler Gabenspender du,
Sei diesem armen Manne gnädig,
Denn schon viel Unglück stiess ihm zu!
13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[39] [41]13.

Erzählt man von dem Paradiese
Ist's die Geschichte deines Gau's,
Und schildert man der Huris Schönheit,
Spricht deiner Wange Reiz man aus.
Ein Scherz nur ist der Odem Issa's
Gen deine Lippe von Rubin,
Und Chiser's Lebenswasser deutet
Auf deines Mundes Süsse hin.
Ein jedes Theilchen meines Herzens
Erzählt vom Leid das ich erfuhr,
Und jede Zeile deiner Güte
Ist ein Erbarmungsverslein nur.
Durchwürzte wohl mit Wohlgerüchen
Den Sitzungssaal der Geisterschaar
Die Rose, wenn von deinem Dufte
Sie früher nicht durchdrungen war?
Aus Sehnsucht nach dem Strassenstaube
Des Freundes bin ich ganz verbrannt;
Erinn're dich, o Morgenlüftchen,
Dass keinen Schutz ich bei dir fand.
Erblicke ich im Feuerpfuhle
Als Traumgebild dein Angesicht,
Dann, Schenke, komm, dann reizt zur Klage
Die Hölle mich ganz sicher nicht.
Mein schon gebrat'nes Herz erfüllet
Mit seinem Duft den Horizont,
Und dieser Feuerbrand des Innern
Lässt nichts, was sich ihm naht, verschont.
O Herz, die Weisheit und das Leben
Entschwanden dir im Selbstbetrug;
Du hattest hundert Capitale,
Und hattest nimmer noch genug.
Ist dir bekannt, aus welchem Grunde
Hafis hier trauernd klage? – Ei.
Damit du freundlich auf ihn blickest,
Und der Monarch ihm gnädig sei.
14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[41] [43]14.

Besser ist es diese Kutte
Zu verpfänden für den Wein,
Besser, in den Wein zu tauchen
Dieses Buch der Faselei'n.
Weil das Leben ich vergeudet,
Denk' ich nach und finde nun,
Besser sei's im Schenkenwinkel
Trunken hingestreckt zu ruh'n.
Die Gedanken an Geschäfte
Liegen dem Dĕrwīsche fern:
Besser ist's, der Busen glühe
Und das Auge weine gern.
Von des Frömmlers Stand und Lage
Sagt dem Volke nichts mein Mund;
Solche Dinge geb' ich besser
Harfen oder Zithern kund.
Handlungen des Schicksals pflegen
Ohne Kopf und Fuss zu sein:
Besser Schenkenlieb' im Kopfe,
Oder in den Händen Wein.
Nie entreiss' ich einem Holden,
Ähnlich dir, mein Herz; fürwahr!
Glüh' ich, so geschieht dies besser
Nur für jenes krause Haar.
Weil, Hafis, du alt geworden,
Trolle aus der Schenke dich:
Trunkenheit und Lüste schicken
Besser für die Jugend sich.
15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[43] [45]15.

O du der, mich ermordend,
Die Menschlichkeit nicht kennt,
Und sorglos sammt den Zinsen
Das Capital verbrennt!
Ein Gift das tödtet führen
Die Leidenden bei sich:
Gefahr bringt's diesem Volke
Zu nah'n; ich warne dich.
Leicht macht von meiner Krankheit
Ein einz'ger Blick mich frei:
Doch schonungslos verweigerst
Du mir die Arzenei.
Mein Auge ward zum Meere
In Hoffnung dich zu seh'n:
Willst du am Meeresufer
Denn nicht vorüber geh'n?
Was man von deiner Härte,
Du Mildgesinnter, spricht,
Sind nur der Neider Worte:
Du üb'st dergleichen nicht.
O Frömmler, zeigt mein Schöner
Sich dir im hellen Schein,
Begehrest du vom Schöpfer
Ein Liebchen nur und Wein.
Hafis, anbetend weile
Am Altar Seiner Brau'n:
Du betest ja sonst nirgends
Mit grösserem Vertrau'n.
16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[45] [47]16.

Der du baar bist alles Wissens,
Strebe nach des Wissens Licht:
Bis du nicht die Bahn durchwandelt,
Taugest du zum Führer nicht.
In der Schule hehrer Wahrheit,
Wo die Liebe dich belehrt,
Strebe, Sohn, dich auszubilden,
Bis man dich als Vater ehrt.
Dich entfernte Schlaf und Nahrung
Von der Liebe Stufenbahn:
Doch nur ohne Kost und Schlummer
Kömmst du bei der Liebe an.
Wenn das Licht der Gottesliebe
Dir in Herz und Seele fällt,
Dann, bei Gott! erscheinst du schöner
Als die Sonn' am Himmelszelt.
Von des Körpers Kupfer wasche,
Gleich den Wanderern, dich rein:
Durch die Alchimie der Liebe
Wirst dann eitel Gold du sein;
Und vom Fusse bis zum Haupte
Wird dich Gottes Licht umfah'n,
Wenn du haupt- und fusslos wandelst
Auf des Ruhmbegabten Bahn.
Tauch' in Gottes Meer ein Weilchen,
Und dann zweifle nicht daran,
Dass der sieben Meere Wasser
Dir kein Härchen nässen kann.
Wenn als Schauplatz deines Blickes
Gottes Antlitz sich dir weist,
Bleibt fortan kein Zweifel übrig,
Dass du Herr des Blickes sei'st.
[47][49]
Wird der Grundbau deines Lebens
Auch dereinst in Trümmer geh'n,
Soll dein Herz doch nimmer wähnen,
Gleiches werd' auch dir gescheh'n.
Weilt die Hoffnung des Genusses
Dir im Haupt, musst du zuvor,
O Hafis, zum Staube werden
An der Einsichtsvollen Thor.
17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[49] [51]17.

Weiht den Gegner in die Liebe
Und die Trunkenheit nicht ein,
Dass er, sie nicht kennend, sterbe
In der Eigenliebe Pein.
Sei getrost, sank'st du auch kraftlos,
Wie ein Abendlüftchen, hin:
Denn auf dieser Bahn ist Krankheit
Der Gesundheit vorzuzieh'n.
Kann ich in des Heiles Ecke
Üben die Enthaltsamkeit,
Wenn mir deines Aug's Narcisse
Immer spricht von Trunkenheit?
Fühle Liebe! denn zu Ende
Wird dies ird'sche Treiben geh'n,
Eh' du in des Daseins Werkstatt
Der Erfüllung Bild geseh'n.
Auf des Seelenfreundes Schwelle
Denke an kein Himmelsglück:
Von der hohen Zinne fällst du
Sonst in nieder'n Staub zurück.
Sticht der Dorn, so fleht die Rose
Um Entschuldigung für ihn:
Leicht nimmt man den Wein, den bitter'n,
Für den Rausch, den süssen, hin.
Aus Pocalen trinkt der Ssofi
Und Hafis aus Flaschen Wein;
Männer mit den kurzen Ärmeln,
Zieht die langen Hände ein!
18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[51] [53]18.

Sei, o Herz, auch nicht ein Weilchen
Leer von Lieb' und Trunkenheit;
Zieh' dann freudig hin, vom Leben
Bist du und vom Tod befreit!
Sah'st du einen Kuttenträger,
Wolle dann dir selbst misstrau'n.
Ist doch jeder Kibla besser
Als sich selbst Altäre bau'n!
Trägheit auf dem Ordenspfade
Deutet auf Ungläubigkeit:
Ja, gar flink und gar behende
Wandelt die Betrunkenheit.
Wähnst du dich gelehrt und weise,
Bist du jedes Wissens baar:
Selbstverläugnung – lass dir's sagen –
Macht dich frei für immerdar.
Was mich traf an Missgeschicken
Das erhob am Tage sich
Wo aus Starrsinn nicht ein Weilchen
Du gesetzt dich neben mich.
Mein Monarch! Bei Gott, in Trümmer
Schlug mich nur dein Lockenhaar;
Droht mir länger noch ein Neger
Mit so langer Hand Gefahr?
Wie so schön sprach jener Götze
Abends in der Maghen Kreis:
»Was bekümmern dich die Ketzer,
Dich, der nichts von Götzen weiss?«
Seit Hafis das Niedersinken
Deiner Haare ward gewahr,
Trat ihn Niedrigkeit mit Füssen,
So erhöht sein Haupt auch war.
19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[53] [55]19.

Horch auf diese kluge Lehre,
Willst du dich von Gram befrei'n:
»Blut verschlingst du, wenn du wünschest
Was dir nicht bestimmt mag sein.
In gemeine Töpfererde
Wirst verwandelt du zuletzt:
D'rum den Krug mit Wein zu füllen
Sei dein stetes Sinnen jetzt.
Bist ein Mensch du der sich sehnet
Nach des Paradieses Flur,
So vergnüge dich an Menschen,
Die von Peris stammen, nur.
Auf der Würden Platz zu sitzen
Ist für dich Unmöglichkeit,
Wenn du früher nicht die Mittel
Dieser Würden hieltst bereit.
Ist dein Inn'res schon empfänglich
Für des Segens Schrift? O nein!
Mache von zerstreuten Bildern
Früher seine Blätter rein.«
O Chŏsrēw süsslipp'ger Schönen,
Vielfach lohnet dich das Glück,
Wirfst du auf Fĕrhād, den Armen,
Freundlich einen Blick zurück!
Überläss'st du Gottes Gnade
All' dein Handeln, o Hafis,
Schafft das Loos, das gottverlieh'ne
Viele Wonne dir gewiss.
Bei Dschelālĕddīn, dem Meister,
Tritt in Dienst, o Morgenluft,
Füllst die Welt dann mit Jasminen –
Und mit freier Lilien Duft.
20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[55] [57]20.

Kannst du, wenn die Turteltaube girret
Und der Sprosser singt, vom Wein dich trennen,
Kann ich dich nur durch das Brennen heilen:
Ist der Mittel Letztes doch das Brennen.
Lüftete die Rose ihren Schleier,
Liess der Vogel sein Hu Hu ertönen,
O dann gib das Glas nicht aus den Händen:
Wesshalb willst du stets Heï Heï nur stöhnen?
Fliesst der Lebensquell in deiner Nähe,
Sollst du dürstend mit dem Tod nicht ringen;
Nein, Unsterblichkeit sei dir beschieden:
Wasser gibt ja Leben allen Dingen.
Von der Farbe und dem Duft des Frühlings
Mach' dir einen Vorrath zum Genusse,
Denn die Wegelag'rer Herbst und Winter
Folgen Beiden leider auf dem Fusse.
Das Geschick pflegt kein Geschenk zu machen
Das es nicht gar bald zurück begehrte:
Ford're Hochsinn nicht vom nied'ren Manne;
Ohne Werth ist das was er bescheerte.
Hat das Anseh'n, das die Macht verleihet,
Hat die Herrschaft je Bestand gefunden?
Von dem Throne Dschem's blieb nur der Name,
Und die Krone Keï's auch ist verschwunden.
Wer da Schätze sammelt für die Erben,
Der verfällt des Ketzerglaubens Fluche
Nach dem Wort des Sängers und des Schenken,
Nach der Pauke und der Flöte Spruche.
Auf dem Lustgebäu des Paradieses,
Wo die Frommen wohnen, steht geschrieben:
»Wehe Jedem der von Leidenschaften
Ward zum Kaufe ird'scher Lust getrieben!«
[57][59]
Es verschwand die Grossmuth; doch ich schweige;
Wo verweilst du mit dem Saft der Rebe?
Bring' ihn mir, auf dass ich Geist und Seele
Hatem Thai's durch ihn mit Lust belebe.
Gottes Duft erquickt den Kargen nimmer;
Komm, Hafis, lass uns nun weiter gehen,
Nimm den Becher, übe edle Thaten,
Und für alles will ich Bürge stehen.
21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[59] [61]21.

Ein Weilchen auf ein Mondgesicht
Mit Seelenruhe blicken,
Ist besser als sich lebenslang
Mit Königskronen schmücken.
Ich eifre mit dem eig'nen Aug',
Bei Gott! ob deiner Wange,
Dass ja kein Blick dies Huldgesicht
Zu schau'n sich unterfange.
Mein Herz entwich, nicht weiss ich wo
Mein Fremdling hingekommen:
Mein Leben schwand, und nirgendher
Hab' Kunde ich vernommen.
Schon sterbe ich, und hab' an dir
Mich noch nicht satt gesehen;
Kein and'rer Wunsch erübrigt mir,
Nur ihn will ich erflehen.
Zerstreu' nicht jener Peri Haar,
Du Ostwind! Tausend Leben
Will für ein Härchen nur von dir
Hafis zum Opfer geben.
22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[61] [63]22.

Unerreicht ist deine Schönheit,
So wie mein Gefühl für dich;
Freue dich: denn es vermindert
Nimmer diese Schönheit sich.
Mir erscheint es unbegreiflich,
Wie des Denkvermögens Kraft
Sich in irgend einer Weise
Schön'res als dies Schöne schafft.
Weile ich in deiner Nähe,
Wird ein Jahr zum Tage mir,
Und zum Jahr wird die Minute,
Weile ich getrennt von dir.
Was an Lust das Leben bietet
Ernte ich in Fülle ein,
Ist nur Einen Tag des Lebens
Mir vergönnt bei dir zu sein.
Wie, o Seele, soll ich schlafend
Dein so holdes Bild erspäh'n,
Wenn bisher mein Aug' vom Schlafe
Nichts nur als ein Bild geseh'n?
Hab' Erbarmen, denn aus Liebe
Für dein schönes Angesicht
Ward ich kraftberaubtes Wesen
Schmächtig wie des Neumond's Licht.
Klage nicht, Hafis; begehrst du
Mit dem Freund vereint zu sein,
Musst du noch in höh'rem Grade
Tragen der Entfernung Pein.
23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[63] [65]23.

Gestern Abends gab der Sprosser
– Pēhlĕwī nur sprach sein Mund –
Hoch vom Zweige der Zipresse
Lehren hohen Sinnes kund:
»Komm, denn wie das Feuer Moses«
– Sprach er – »glüht die Rose auch;
Merke dir was über Einheit
Dich hier lehrt der Rosenstrauch.«
In gereimten Tönen scherzen
Vogel in dem Gartenhain:
Bei altpersischen Ghaselen
Trinke denn der Meister Wein!
Es geniesst auf grober Matte
Sichern Schlaf der Bettelmann:
So ein Glück trifft man nicht immer
Auf dem Fürstenthrone an.
Nur das Mährchen von dem Glase
Liess Dschĕmschīd der Welt zurück;
Hüte dich dein Herz zu binden
An das eitle Erdenglück!
Treffend sprach zum Sohn der Bauer
Den gebeugt der Jahre Last:
»O mein Augenlicht! Du erntest
Nur was du gesäet hast.«
Deines Auges Blicke haben
Schwarz gefärbt der Menschen Haus;
Mög' der Hochmuthsrausch dir schwinden,
Denn noch triebst du ihn nicht aus.
Lass ein Wunder dir erzählen
Vom verkehrten Menschenloos:
»Jener Freund mit Issa's Hauche
Gab mir, ach, den Todesstoss!«
Gab der Schenke denn Hafisen
Mehr als was gebührend war?
Denn dem Mēwlĕwī-Turbane
Hängt verwirrt herab das Haar.
24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[65] [67]24.

Komm und behandle nimmer
Mit solchem Grolle mich;
Es binden ja die Pflichten
Der alten Freundschaft dich!
Horch meinem guten Rathe,
Der eine Perle ist,
Weit schöner als die Gemme
Die du im Schatz verschliess'st.
Komm armen Trunkenbolden
Zu Hilfe, Gott zu Lieb',
Wenn dir noch Saft der Rebe
Von gestern Abends blieb!
Allein, wann zeig'st den Zechern
Du deiner Wange Spur,
O du, dem Mond und Sonne
Als Spiegel dienen nur?
Sprich nicht von Zechern übel,
Sei klug, o alter Mann:
Für gottgeliebte Leute
Empfändest Groll du dann.
Wie? fürchtest du dich nimmer
Vor meiner Seufzer Brand?
Du weisst ja doch, dich decket
Ein wollenes Gewand.
Hafis, nie hört' ich Lieder
Wie deine schön und zart;
Dies schwöre ich beim Koran,
Den deine Brust bewahrt!
25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[67] [69]25.

Gezeichnet hab' ich in mein Auge
Die Brauen einer Mondgestalt,
Das Traumbild eines grünen Flaumes
Mit reichen Farben ausgemalt;
Und hoffen will ich, dass der Freibrief
Den meine Liebe ausgestellt,
Durch jenen kleinen Brauenbogen
Die Weihe des Thŭgrā erhält.
Mein Haupt entrann der Hand; mein Auge
Ist aus Erwartung brennend heiss,
Aus Lust nach Haupt und Auge dessen,
Der Schmuck verleiht dem Freundekreis.
Mein Herz ist tiefbetrübt, und Feuer
Will schleudern ich auf's Ordenskleid:
O komm, o komm es anzuschauen:
Ein Schauspiel ist's voll Herrlichkeit!
Dort wo die Schaar der holden Schönen
Ihr Wimpernschwert gezogen hält,
Dort darf es dich nicht Wunder nehmen
Wenn manches Haupt zu Füssen fällt,
Ich, dem in nächtlichstiller Kammer
Als Mond erscheint Sein Wangenlicht,
Ich kümm're mich um die Gestirne
Und ihren hellen Schimmer nicht.
Ich Armer hab' des Herzens Zügel
Gelegt in eines Wesens Hand,
Das nie noch wegen Thron und Krone
Vor Jemand eine Scheu empfand.
Was ist Verein und was ist Trennung?
Streb' nach des Freund's zufried'nem Sinn,
Denn Schade wär' es zu begehren
Von Ihm noch Anderes als ihn.
[69][71]
Am Todestag lasst eine Bahre
Mir machen aus Zipressenholz,
Denn ich verscheid' am Brandmal dessen
Der hoch empor sich hebt und stolz.
Es holen sich die Fische Perlen
Und streu'n aus Sehnsucht sie auf's Land,
So oft das Liederschiff Hafisens
Erscheint an eines Meeres Strand.
26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[71] [73]26.

Ich schwöre es bei Seiner Seele:
Hätt' ich die Seel' in meiner Macht,
Ich hätte als geringste Gabe
Sie Seinen Dienern dargebracht;
Und hielten Seiner Locken Bande
Den Herzensfuss mir nicht zurück,
In diesem dunkeln Staubgefässe
Verweilt' ich keinen Augenblick.
O trät' Er doch zu meiner Pforte
Als Licht herein, erglänzend hell,
Und über meine beiden Augen
Ergösse sich sein Machtbefehl!
Sein Angesicht ist, wie die Sonne,
Mit nichts vergleichbar auf der Welt;
Doch über's Herz muss, ach, ich klagen,
Das nicht ein Stäubchen Lieb' enthält.
Ich kann Ihn selbst im Schlaf nicht schauen:
Was sprech' ich vom Genusse hier?
Erschiene, da mir dieser mangelt,
Doch mindestens nur jener mir!
Dass Seinem Wuchs sie huld'gen müssen
Gestanden selbst Zipressen ein,
Wenn eine Zunge sie besässen,
Der freien Lilje gleich im Hain.
Wie träte je Hafisens Klage
Aus der Verborgenheit hervor,
Wenn er nicht mit den Vögeln sänge,
Die Morgens beten ihren Chor.
27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[73] [75]27.

Was wär's, wenn jenes Freundes Herz
Geneigt zur Liebe wär'?
Ich wär' in dieser Lage nicht,
Wär' erst in jener er;
Und höbe des Geschickes Gunst
Mich noch so hoch empor,
Wär' immer doch mein Ehrenthron
Der Staub an jenem Thor;
Und wie geschätzt Sein Fussstaub sei
Erschien' im hellsten Licht,
Gebräche es an Ewigkeit
Dem theuren Leben nicht;
Und was des Freundes Lockenduft
Wohl gelte, sagt' ich klar,
Hätt' ich der Seelen Tausende
An einem jeden Haar.
Herr! Wär' der Freibrief meines Glück's
Wohl weniger geehrt,
Wär' mit dem Zeichen er verseh'n
Das jedem Unglück wehrt?
O trät' Er aus dem Vorhang doch
Hervor, gleich Thränen klar,
Und flösse dann Sein Machtbefehl
Auf meiner Augen Paar!
Verschlösse nicht der Liebe Kreis
Die Strasse zum Entflieh'n,
So stände nicht Hafis, entherzt,
Als Mittelpunkt darin.
28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[75] [77]28.

Du sitzest wohl gefühllos nur
An eines Baches Rand:
Du hättest alle Bosheit sonst
Als eigen dir erkannt.
Bei Gott! weil du ein Diener bist
Den er sich auserkohr,
So ziehe mir, dem alten Knecht,
Nicht and're Menschen vor!
In Zukunft will ich betteln geh'n,
Denn auf der Liebe Post
Gewährt ja stets die Demuth nur
Dem Wandersmanne Trost.
Zum Kaiser aller Schönen hat
Dich Zucht und Sitt' erklärt;
D'rum Heil dir, solcher Ehre bist
Du hundertfältig werth!
Rett' ich nur erst des Glaubens Pfand,
Sorg' ich mich weiter nicht:
Leicht lebt sich's ohne Herz, wenn nur
Der Glaube nicht gebricht.
Ich dulde – denn was kann ich sonst? –
Des Nebenbuhlers Pein:
Das Mittel der Verliebten ist
Die Demuth nur allein.
Hör' auf ein unbefang'nes Wort
Von deinem treuen Knecht,
O du, auf den die Grossen schau'n,
Die selber seh'n auf Recht!
»Ein Wesen zarter Art, wie du,
An Herz und Sitte rein,
Thut besser, lässt es nimmer sich
Mit bösen Menschen ein.«
[77][79]
Dass du auf Wiesen wandeln geh'st
Kann ich bedauren nur:
Sind doch so schön und frisch wie du
Die Blumen nicht der Flur.
Gar freundlich Rose, weilest du
Bei'm Dorn; wie sonderbar!
Es stellt sich dies ganz sicherlich
Als zeitgemäss dir dar.
Ach, meiner Thränen Flaschenspiel,
Zeigt links und rechts sich dir,
Sitz'st auf dem Fenster des Gesicht's
Du erst ein Weilchen hier.
Der Thränenstrom riss die Geduld
Hafisens fort mit sich;
Mir fehlt die Kraft, o Augenstern!
Verlass du selbst denn mich!
Du Kerze aus Tschĭgīls Gefild,
So hold und zarten Sinn's,
Bist werth zu leuchten bei dem Fest
Chŏdschā Dschĕlālĕddīn's.
29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[79] [81]29.

Am Tage, wo um Recht du strittest,
Half dir der Himmel wunderbar:
Wie wirst du nun dafür ihm danken?
Was bring'st du ihm zum Danke dar?
Im Gau der Liebe kauft man nimmer
Das was der Prunk der Fürsten heisst:
Erkenne, dass du Gottes Diener,
Gestehe dass sein Knecht du sei'st.
Sprich zu dem Manne der gefallen,
Und dem Gott selbst gereicht die Hand:
»Dir sei es Pflicht den Gram zu lindern
Der die Gefall'nen übermannt.«
O Schenke, tritt mit froher Kunde
Der Lust, zu meiner Thür herein,
Um aus dem Herzen mir zu bannen
Ein Weilchen nur die Erdenpein!
Wer auf der Würden Strasse wandelt
Hat viel Gefahren zu besteh'n:
D'rum frommt es dir an solchen Hügeln
Nur leichtgeschürzt vorbei zu geh'n.
Auf Kriegerheere sinnt der Herrscher,
Und Schatz und Kron' ist sein Begehr;
Doch Seelenruh g'nügt dem Dĕrwīsche,
Im Winkel eines Kālĕndēr.
Nur nach dem Maass des Muth's und Strebens
Wird das was man gewünscht erreicht,
Und was ein König fromm gelobte,
Dazu verhilft die Gnade leicht.
Ein weises Wort will ich dir sagen,
Gibst du Erlaubniss mir dazu:
»Weit besser ist als Krieg und Händel,
O Augenlicht! die Friedensruh'.«
Den Staub zufried'ner Armuth wische,
Hafis, dir nimmer vom Gesicht,
Denn Besseres als diese Erde
Erzeugt die Alchimie wohl nicht!
30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[81] [83]30.

Ein paar witzbegabte Freunde,
Ein paar Men voll alten Wein's,
Ungestörte Musse, Bücher,
Und der Winkel eines Hain's;
Nicht um beider Welten Güter
Tauscht' ich einen solchen Ort,
Wenn auch schaarenweis die Menschen
Mich verhöhnten immerfort.
Wer den Winkel des Genügens
Hingab um den Schatz der Welt,
Der verkauft' Egyptens Joseph
Um ein gar geringes Geld.
Komm, denn es verengen nimmer
Dieser Werkstatt Räume sich,
Lebt ein Frömmler d'rin, dir ähnlich,
Lebt ein Sünder d'rin, wie ich.
Naht der Tod, soll seinen Kummer
Man dem Weine anvertrau'n,
Ist ja doch in solchen Zeiten
Gar auf Niemand mehr zu bau'n.
Setze dich in eine Ecke
Ruhig hin, und blick' um dich:
Denn kein Sterblicher erinnert
Solcher selt'nen Bosheit sich:
Seh' ich doch mein Bild beständig
In gar nied'rer Menschen Hand:
Hat auf solche Art der Himmel
Meine Dienste anerkannt?
Doch Geduld nur sei dein Streben,
Herz, da Gott nicht wollen kann,
Dass ein solcher Ring den Finger
Schmücke eines Ahriman.
[83][85]
Des Geschickes rauhe Winde
Hindern jedes Aug' zu schau'n
Wo die Rosen und Jasmine
Hingekommen dieser Au'n.
Doch, o Wunder, dass der Giftwind
Der vorbei am Garten blies,
Dennoch Rosen ihre Farbe,
Ihren Duft Narcissen liess.
O Hafis, die Zeit erkrankte,
Bei so unglücksvoller That:
Doch wo ist des Arztes Meinung,
Oder des Brahmanen Rath?
31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[85] [87]31.

Wohl lebt in allen Maghentempeln
Kein einz'ger toller Mann, gleich mir,
Denn für den Wein hab' ich verpfändet
Die Kutte dort, die Bücher hier.
Mein Herz – der Spiegel eines König's –
Ist wie mit dichtem Staub bestreut:
Gott sende mir den Umgang dessen
Der heller Einsicht sich erfreut!
Es flossen meines Auges Bäche
Hinab auf meines Kleides Saum,
In Hoffnung, dass vielleicht man pflanze
An's Ufer einen hohen Baum.
O bringe mir das Schiff des Weines:
Wenn ich den Freund nicht schauen kann,
Wird jeder Winkel meines Auges
Aus Herzensgram zum Ocean.
Dem Götzen, der da Wein verkaufet,
Gelobt' ich es, ich sei bereit
Nie Wein zu trinken fern von Jenem
Der dem Gelage Schmuck verleiht.
Es gibt wohl nur der Kerze Zunge
Was Liebe sei gar sinnig kund:
Dem armen Falter schliesst dagegen
Die rücksichtsvolle Scheu den Mund.
Mit mir, der ich die Mädchen liebe,
Sprich ja von etwas And'rem nie,
Denn ich bekümm're mich um Niemand
Als um das Weinglas nur und sie.
Wenn die Narcisse prahlt, sie äugle
So hold wie du, so zürne nicht:
Denn einem Blinden folgt ja nimmer
Wer da besitzt sein Augenlicht.
[87][89]
Wie lieblich tönten mir die Worte
Die bei der Pauk' und Flöte Klang,
Am Thore einer Schenke weilend,
Ein Christ am frühen Morgen sang:
»Nennt man des Muselmanes Glauben
Das was Hafis beständig übt,
Dann wehe, wenn es nach dem Heute
Ein Morgen der Vergeltung gibt!«
32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[89] [91]32.

Ich sah im Traume gestern Abends
Wie sich ein Mond erhob in Pracht,
Der durch den Abglanz seiner Wange
Ein Ziel gesetzt der Trennungsnacht.
Wie deut' ich dies? Zurückgekommen
Muss der verreis'te Freund wohl sein;
O träte er – der Himmel geb' es –
Im Augenblick zur Thür herein!
Ich preise ihn, o du mein Schenke,
Der Frohes stets verkündet mir!
Denn mit Pocalen und mit Bechern
Trat immer er herein zur Thür.
Schön wäre es, erblickt' im Traume
Die heimathlichen Fluren er:
Erinn'rung an die Freundschaft führte
Ihn dann die Strasse zu mir her.
Doch wer dein Führer war und wollte,
Dein Herz sollt' hart wie Kiesel sein,
Der stosse sich bei jedem Schritte
Den Fuss an einen Kieselstein.
O liesse sich der ew'ge Segen
Durch Gold erwerben und durch Kraft,
Es hätte Chiser's Lebenswasser
Sich Alexander wohl verschafft.
Ich hätte jenem Herzensschmeichler
Die Seele hingestreut mit Lust,
Wenn er, verklärt gleich einem Geiste,
Gesunken wär' an meine Brust.
Nie werde ich der Zeit vergessen
Wo mir vom Dach und durch die Thür
Vom Freund und Liebling Brief und Kunde
War zugekommen für und für!
[91][93]
Wo fände wohl der Nebenbuhler,
Die Möglichkeit so hart zu sein,
Trät' einmal Nachts ein Hartbedrängter
Zu seines Richters Thür herein?
Der Rohe, der noch nie gewandert,
Kennt nicht der Liebe Seligkeit:
Such' dir ein Herz, so weit wie Meere,
Voll Starkmuth und Vollkommenheit.
Und hätt' ein Anderer gedichtet
So zart und lieblich wie Hafis,
Er war des Beifalls eines Königs,
Der die Verdienste schätzt, gewiss.
33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[93] [95]33.

Mancher Tag ist schon verflossen
Seit ich fruchtlos dein geharrt:
Du behandelst deine Diener
Nicht nach aller Ander'n Art.
Deines Beifalls Augenwinkel
Hast du nie erschlossen mir:
Werden, die auf dich nur blicken,
Also hochgeschätzt von dir?
Keine Rose und kein Sprosser
Ist von deinem Maale frei:
Du zerreissest ihre Kleider
Und erregst ihr Wehgeschrei.
Deinen Arm, o birg ihn lieber,
Weil, so oft du Schminke brauchst,
Du die Hände in das Herzblut
Der verdienten Leute tauchst.
Bist ja der Erfahrung Vater,
O mein Herz; aus welchem Grund
Hoffest du von solchen Söhnen
Auf der Treu' und Liebe Bund? –
Deinen Gold- und Silberbeutel
Müsstest du erst leeren rein,
Hofftest du, dass Silberbrüst'ge
Dir gewogen könnten sein.
Herz und Glaube ging verloren;
Doch gesteh' ich nicht der Welt,
Du nur sei'st's der mich Entherzten
Stets in dieser Lage hält.
Zwar es heissen meine Sünden
Trunkenheit und wüster Sinn;
Doch behauptet ein Verliebter
Du erhieltest mich darin.
[95][97]
Der du bei geflickten Kutten
Die Genüsse suchst der Ruh'!
Wie? Von Jenen die nichts wissen
Hoff'st auf ein Geheimniss du?
Bist des Blickesflur Narcisse
Du, o Aug' und Fackellicht!
Zeige mir, dem Herzenswunden,
Ein so schweres Haupt doch nicht.
Seit der Ost vor Ros' und Sprosser
Deiner Schönheit Blätter las,
Bringst du Alle in Verwirrung,
Und ihr Harren kennt kein Mass.
Der Juwel in Dschem's Pocale
Stammt aus and'rer Welten Schacht,
Du hingegen forderst einen
Nur aus Töpferthon gemacht.
O Hafis, im Tadel schwinde
Nicht der Tag des Heiles dir:
Ist die Welt doch nur vergänglich:
Was erwartest du von ihr?
34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[97] [99]34.

Morgens ging ich in den Garten.
Eine Rose mir zu pflücken,
Als die Töne eines Sprossers
Plötzlich mir das Ohr durchzücken.
Liebesschmerz um eine Rose
Fühlet, so wie ich, der Arme,
Und erfüllt die ganze Wiese
Nun mit seinem lauten Harme.
Jenes Gartens grüne Wiesen
Hab' ich öfters schon durchschritten,
Überdenkend was der Sprosser
Für die Rose hat gelitten.
Hold dem Dorne ist die Rose,
Während sie die Sprosser lieben:
Diese wechseln nicht; auch jene
Ist sich immer gleich geblieben.
Als mein Herz ergriffen wurde
Von des Sprossers lauten Klagen,
Fehlten bald mir alle Kräfte
Es noch länger zu ertragen.
Freilich blüh'n gar viele Rosen
Hier in diesem Erdenhaine:
Doch, vom Dorne unverwundet,
Pflückte d'rin noch Keiner eine.
Hoffe nicht, Hafis, auf Freuden
Von dem wechselnden Hienieden
Dem, bei Tausenden von Mängeln,
Nicht Ein Vorzug ist beschieden.
35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[99] [101]35.

Durch den Strich, den auf die Rosenwange
Du dir ziehest zart und fein,
Zieh'st du einen Strich durch's Blatt der Rose,
So wie durch den Rosenhain.
Meine Thräne, die verborgen weilet
In des Auges stillem Haus,
Zieh'st du nun durch siebenfache Schleier
Auf den off'nen Markt heraus.
Durch der Locken Duft zieh'st du den Trägen,
Einem Morgenlüftchen gleich,
Immer wie in Ketten und in Banden
In der Thätigkeit Bereich.
In Erinn'rung an's berauschte Auge
Und die Lippe roth wie Wein,
Zieh'st du immer aus der stillen Klause
In die Schenke mich hinein.
»Festgebunden sei an deinen Riemen
Stets mein Haupt!« sprachst du zu mir,
Leicht ist dieses, ziehst du nur die Bürde
Dieser Mühe erst nach dir.
Ob vor deinem Aug' und deiner Braue
Ich mein Herz wohl retten kann?
O des Bogens den du zieh'st und spannest
Straff auf mich, den kranken Mann!
Kehre wieder! denn von deiner Wange
Wend' ich ab den bösen Blick,
Frische Rose! doch von mir, dem Dorne,
Zieh'st du ja den Saum zurück.
Was von allen Gütern dieser Erde
Forderst, o Hafis, du noch?
Wein verkostend, zieh'st du freundlich spielend
An des Holden Locke doch.
36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[101] [103]36.

Nun, wer bringt vom Herzensräuber
Mir ein Schmeichelbriefchen her?
Wo verweilt der Ost, der Bote?
Ist wohl so gefällig er?
Nimmer klag' ich; doch des Freundes
Wolke der Erbarmung hat
Keinen Tropfen noch gethauet
Auf der durst'gen Herzen Saat.
Des Verstandes Rath erwog ich
Auf dem Weg den Liebe nimmt,
Fand, dem Nachtthau sei er ähnlich
Der im Ocean verschwimmt.
Komm, denn wenn auch stets, als Stiftung,
Meine Kutt' in Schenken ruht,
Lautet doch auf meinen Namen
Keine Drachme Stiftungsgut.
Wesshalb man kein Zuckerröhrchen
Für den Kauf des Mannes beut,
Der aus seinem Schreibe-Rohre
Hundertfältig Zucker streut?
Gleissnerei und Falschheit riefen
Ekel schon in mir hervor:
Komm, denn meine Fahne pflanz' ich
Offen auf der Schenke Thor.
Nimmer kennt der Arzt am Wege
Was der Schmerz der Liebe sei,
Todtes Herz, geh', ruf' mir einen
Mit Messias' Hauch herbei!
Das Warum und Wie besprechen,
Herz, nur Kopfweh macht dir das:
Ruh' ein wenig aus vom Leben,
Doch erst greife nach dem Glas!
[103][105]
Komm, denn die die Zeit begreifen
Tauschen beider Welten Hort
Um ein Glas voll reinen Weines
Und um eines Götzen Wort.
Eine Dauer des Genusses
Kennt die Liebe leider nicht:
Fühle – bist du Meinesgleichen –
Wie des Grames Fliete sticht!
Nichts besitzt Hafis, o König,
Was entspräche deiner Macht,
Als nur Wünsche früh am Morgen,
Und Gebete in der Nacht.
37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[105] [107]37.

Es sind des Frühlingswindes Hauche,
Die von des Freundes Gau'n weh'n:
Du wirst mit Hilfe dieses Windes
Die Herzensfackel lodern seh'n.
Hast du, wie Rosen, Gold, so kaufe
Um Gotteswillen Freude dir!
Denn dass Kărūn in's Unglück stürzte,
Kam von des Golderwerbens Gier.
Mein Wein ist lauter wie die Seele,
Mag auch der Ssofi auf ihn schmäh'n;
Gott, mög' es einem weisen Manne
In keiner Lage schlimm ergeh'n!
Wie kann man seinen Wunsch erreichen?
Wenn man, was man gewünscht, entbehrt:
Die wahre Krone ist nur jene,
Die dies Entbehren dir beschert.
Ich weiss es nicht warum am Bache
Die Turteltaube klagen mag?
Auch sie vielleicht nährt einen Kummer,
Wie ich ihn nähre Nacht und Tag.
Dein süsser Freund, er ging von hinnen,
Bleib' nun allein, o Fackellicht!
So lautet der Beschluss des Himmels,
Du mögst nun wollen oder nicht.
Verhüllt will ich ein Wort dir sagen:
»Tritt aus dir selbst, der Knospe gleich,
Denn nur fünf kurze Tage herrschet
Die Fürstin in des Frühlings Reich.«
Des Wissens Stolz beraube nimmer
Dich dessen was dir Freude macht:
Komm', Schenke: ist ja doch nur Dummen
Das grösste Glück stets zugedacht.
[107][109]
Geh' hin, geniesse Wein und schwelge,
O Herz, und meide Gleissnerei!
Ich staunte, wolltest du mich lehren
Ein Mittel das noch besser sei.
Komm auf die Flur, und von dem Sprosser
Vernimm wie zart die Liebe spricht;
Komm in den Saal und von Hafisen
Nimm in der Dichtkunst Unterricht.
38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[109] [111]38.

Reich' von jenem Wein der Liebe
– Jeden Rohen kocht er gahr –
Sind wir gleich im Fastenmonde,
Ein gefülltes Glas mir dar!
Tage schwanden seit ich Armer
Nicht berührte zärtlich warm
Eines Buchsgestalt'gen Wade
Eines Silberleib'gen Arm.
Es erscheint, o Herz, die Faste
Als ein Gast hochangeseh'n:
Ein Geschenk ist sein Verweilen,
Eine Huld sein Weitergeh'n.
Auf die Klosterpforte flieget
Wohl kein kluger Vogel jetzt,
Weil man ihm in jeder Predigt
Eine Falle hingesetzt.
Wenn ein Frömmler mich verfolget,
Klag' ich nicht: es will der Brauch,
Dass, wenn erst der Morgen graute,
Ihm der Abend folge auch.
Setzt mein Freund um lustzuwandeln
Auf die Wiese hin den Fuss,
Bote Ostwind, o dann bringe
Du von mir ihm einen Gruss;
Sag' ihm: »Wird, wer Früh und Abends
Stets nur reinen Wein geniesst,
Sich des Mannes wohl erinnern,
Der nach Hefe durstig ist?«
Wird, Hafis, dir vom Ăssāfe
Deines Herzens Recht verwehrt,
Dann erreichst durch Eigenwillen
Du gar schwer was du begehrt.
39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[111] [113]39.

Des Morgens sprach am Rain ein Wandersmann
In Räthselart den Nachbar also an:
»Es wird der Wein, o Ssofi, dann erst klar,
Wenn vierzig Tag' er in der Flasche war.«
Im Finger Salomon's nur liegt die Kraft:
Dem Ringe selbst fehlt jede Eigenschaft.
Schon hundertmal hat Gottes Zorn geweckt
Ein Mönchsgewand das hundert Götzen deckt.
Die Herzen dunkeln: doch vielleicht erhellt
Ein Klausner sie durch Licht aus jener Welt.
Die Grossmuth ist ein Wort zwar ohne Sinn;
Doch zu dem Zarten flehe immerhin!
Dein Lohn, o Herr der Garbe, findet sich,
Erbarm'st du eines Ährenlesers dich.
Bei Niemand kann ich Lust und Freude schau'n,
Auch Tröstung nicht und gläubiges Vertrau'n.
[113][115]
Auf hohe Würden hofft der Muth nicht mehr,
Vom Bild der Liebe ist das Stirnblatt leer.
Hafisen fehlt die Ruh' bei'm Unterricht,
Und Sich'res weiss selbst der Gelehrte nicht.
Zeig' mir der Schenke Thür, um mein Geschick
Dort zu erforschen durch des Sehers Blick.
Zwar sind die Schönen hartgesinnt; allein
Kannst du nicht mild mit dem Betrübten sein?
40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[115] [117]40.

Seit sich Suleïma nach Ĭrāk begeben
Liess Lust nach ihr mich manches Leid erleben.
Der du die Sänfte meiner Freundin leitest,
Wie gern bestieg' das Thier ich, das du reitest!
Der Freundin fern, quillt Blut mir aus dem Herzen;
O Fluch den Tagen bitt'rer Trennungsschmerzen!
Lass' den Verstand im Sīndĕrūd begraben,
Und trinke Wein bei'm Sang ĭrāk'scher Knaben!
Du Sänger, dessen Lied und Wort wir preisen,
Sing' pers'sche Verse zu ĭrāk'schen Weisen!
Es heisst der Jugend wieder mich gedenken
Der Harfenton, der Tactschlag holder Schenken.
Reich' mir den Rest vom Wein; den Rest vom Leben
Will ich, berauscht und froh, den Freunden geben.
Komm, gib den schweren Becher mir, o Schenke,
Damit dich Gott aus voller Schale tränke!
[117][119]
Vereint mit Jenen die dir sind ergeben,
Erkenn' und nütze das vereinte Streben!
Mir grünt des Lebens Lenz auf deinen Weiden:
Gott schütze dich, du Zeit der Liebesfreuden!
Nie nützte ich die Stunde der Genüsse,
Wofür ich nun im Quell der Trennung büsse.
Du Rebentochter bist zwar schön zu nennen,
Doch muss man sich von dir zuweilen trennen.
Messias nur mit seiner freien Seele
Verdient, dass er der Sonne sich vermähle.
Der Jungfrau Gunst muss ich, der Greis, entsagen:
Umarmung nur und Küsse darf ich wagen.
Verschmäh' sie nimmer, die dir folgt, die Zähre:
Denn kleine Bäche bilden grosse Meere.
Von Freunden trennt das Los mich immer wieder:
So singe denn, Hafis, ĭrāk'sche Lieder!
41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[119] [121]41.

Von meiner Sehnsucht gab ich Kunde
Dem Wind in früher Morgenzeit,
Und eine Stimme rief: »Vertraue
Auf göttliche Barmherzigkeit!«
Der Liebe Räthsel auszusprechen
Vermag des Rohres Zunge nicht:
Des Ausdruck's Grenzen überschreitet
Was aus der Sehnsucht Blicken spricht.
Dein Herz an Leïla's Locke knüpfend,
Nimm dir ein Beispiel an Mĕdschnūn,
Da alle Worte des Verstandes
Dem Liebenden nur Abbruch thun.
O du mein Joseph aus Ägypten,
Beschäftigt nur mit Reich und Thron,
Den Vater frage wo die Grenze
Der Liebe sei zu seinem Sohn!
Durch deines Schelmenblickes Zauber
Heil'st und erweckest du den Schmerz;
Durch deines Moschushaares Ringe
Beglück'st und fesselst du das Herz.
Die Welt, die zweigesicht'ge Alte,
Empfand des Mitleids Regung nie:
Was forderst du von ihrer Liebe?
Was knüpf'st dein Streben du an sie?
Nur dem zufried'nen Armen blühet
Auf diesem Markte ein Gewinn:
Gott! wolle d'rum mir Reichthum geben
An Armuth und zufried'nem Sinn!
Ein Frühgebet, ein Abendseufzer
Schliesst aller Wünsche Schätze auf,
Und du verein'st dich dem Geliebten,
Verfolg'st du dieses Pfades Lauf.
[121][123]
Wie lang noch nähr'st du, hoher Huma,
Dich gierig mit der Äser Kost?
Weh' über jenes Glückes Schatten,
Den du auf Unverdiente goss'st!
Hafis, gib nicht dein Herz den Schönen,
Und sieh wie schändlich treulos war
Was an den Charesmiten übte
Die samarkand'sche Türkenschaar.
Tönt aus Schĭrās ein Lied Hafisens,
So tanzt und wälzet sich sogar
Der schwarzbeaugte Kischmirite,
Die samarkand'sche Türkenschaar.
42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[123] [125]42.

Wolkenschatten sind, o Schenke,
Lenz und Bachesufer hier:
Was du thun sollst, sag' ich nimmer,
Sag', Beherzter, selbst es dir!
Auf! denn dies Gemälde duftet
Nimmer nach Einfärbigkeit:
Wasche denn in reinem Weine
Das befleckte Ssofikleid!
Niedrig ist die Welt: misstraue
Dieser Gnadenspenderin;
Welterfahrner, von der nieder'n
Ford're nicht beständ'gen Sinn!
Doch erschliess' dein Ohr und höre
Wenn der Sprosser klagend spricht:
»Rieche zu der Gnade Rose,
Meister, und versäum' es nicht!«
Horch'st du meinem Doppelrathe,
Nennst du hundert Schätze dein:
»Tritt herein zum Thor der Freude,
Schlag' der Schande Pfad nicht ein!«
Willst den Seelenfreund du schauen,
Halte ihm den Spiegel vor,
Denn es keimt Narciss' und Rose
Nicht aus Stahl und Erz empor;
Und bevor an Weinhausthüren
Du zu Staub geworden bist,
Weile hinter'm Schenkenvorhang
Durch zwei kurzer Tage Frist;
Und, zum Danke dass du wieder,
Athmetest des Frühlings Luft,
Pflanz' des Wohlthuns Baum, dich labend
An der Gnadenrose Duft!
»Von Hafis« – so sprachst du – »wehet
Stets ein Gleissnerduft uns an.«
Deine Sinne muss man loben:
Fein ist dein Geruchsorgan!
43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[125] [127]43.

Gottes Heil, so lang die Nächte
Immer wiederkehren,
Und der Laute und der Zither
Zweigespräche währen!
Ferner Heil dem Dornenthale,
Ihm auch der's bewohnet,
Und dem fahnenreichen Zelte
Das auf Sande thronet!
Jedem Fremdlinge hienieden
Wünsch' ich Glück und Segen:
Darum bet' ich unablässig,
Bete allerwegen.
Lass, o Gott, wohin auch immer
Er sich möge wenden,
Deinen Schutz ihm angedeihen,
Und ihn nimmer enden!
Ruhig, Herz! denn die die Ketten
Seiner Locken tragen,
Finden in der wirr'sten Lage
Ordnung und Behagen.
Ich erliege noch der Sehnsucht;
Hätt' ich doch nur Kunde,
Wann mir Nachricht vom Genusse
Wird aus Botenmunde?
Deine Lieb' ist meine Wonne,
Ist's an jedem Tage,
Und dein Nam' ist mein Gefährte,
Ist's in jeder Lage.
Bis zum Aufersteh'n der Todten
Sollen heisse Triebe,
Dir geweiht, mein Herz erfüllen,
Und die höchste Liebe.
[127][129]
Find' ich irgendwo Genüsse,
Wie bei dir, o König?
Mir, dem Zecher, dem Verruf'nen,
Liegt am Ander'n wenig.
Weil dir hundert neue Reize
Hat dein Flaum gegeben,
Soll durch hundert Ruhmesjahre
Währen auch dein Leben!
Jenem Maler, dem allmächt'gen,
Muss man Beifall zollen,
Der des Neumonds Strich gezogen
Um den Mond, den vollen.
Wenn nur du dein Dasein fristest,
Kann die hohen Ehren
Und des Reichthums Capitale
Man gar leicht entbehren.
Weiss der Herr doch, was Hafisens
Absicht sei hienieden;
Kennt erst Gott, was ich verlange,
Bin ich schon zufrieden.
44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[129] [131]44.

Grüsse, lieblich wie der Freundschaft Düfte,
Send' ich jenem hellen Augenstern;
Wünsche, leuchtend wie das Herz der Frommen,
Send' ich jenem Tugendlichte gern.
Keinen Freund erblick' ich mehr; es blutet
Mir das Herz; wo weilst du, Schenke? sprich:
Wo verkauft man Wein, der Ssofis meistert?
Denn in Gluth versetzt das Heucheln mich.
Die Gefährten, als ob niemals Freundschaft
Uns verbunden, brachen schnöd ihr Wort.
Wende dich nicht ab vom Schenkengaue:
Schlüssel gibt's, die Alles öffnen, dort.
Diese Welt ist zwar ein schönes Bräutchen,
Doch verletzt sie arg der Treue Pflicht,
Und mein wundes Herz, voll edlen Muthes,
Heischt von Felsenherzen Balsam nicht.
[131][133]
Will des Glückes Alchimie dich lehren:
Lass, o lass mit Bösen dich nicht ein!
Gier'ge Seele! Lässt du mich gewähren,
Werd' ich Bettler bald ein Kaiser sein.
Klage nicht, Hafis, gib dich zur Ruhe:
Weiss der Knecht was der Gebieter thue?
45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[133] [135]45.

Eine Stimme in der Schenke
Rief mir Morgens diese Worte
Freundlich zu: »O kehre wieder,
Dien'st ja lang an dieser Pforte!
Trinke Wein, wie Dschem; – vom Jenseits
Wirst du, was es birgt, erfahren
Aus dem Glase, dessen Strahlen
Diese Welt dir offenbaren.«
Man erblickt am Schenkenthore
Trunk'ne Kālĕndēre weilen,
Sie, die Kronen von Monarchen
Nach Belieben dort vertheilen.
Unterm Haupte einen Ziegel,
Ruht ihr Fuss auf sieben Sternen!
Schaue sie, willst du die Grösse
Und die Würde kennen lernen!
Von dem Thor der Schenken trennet
Sich mein Haupt nun nimmer wieder:
Denn ihr Dach stösst an den Himmel,
Ist ihr Wall auch noch so nieder.
Bettler an dem Schenkenthore
Musst du hoch in Ehren halten,
Wandersmann, wenn du begriffen
Gottes räthselhaftes Walten!
Macht man dich, o Herz, zum Herrscher
In der Armuth weiten Reichen,
Wird dein kleinstes Land vom Monde
Bis hinab zum Fische reichen.
Unternimm die Reise nimmer,
Geht nicht Chiser dir zur Seite:
Finster ist die Bahn; ich fürchte,
Dass dein Fuss dich irre leite.
[135][137]
Schäme dich, Hafis, der Worte,
Du, in roher Gier befangen:
Denn was that'st du, um zum Lohne
Beide Welten zu verlangen?
Kannst an's Armuthsthor nicht klopfen,
Halte denn für alle Fälle
Dich an Tūrănschāh's Gesellschaft
Und an seine hohe Stelle.
46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[137] [139]46.

Voll von Schmerz ist meine Brust:
Gebt, ach, was sie heile mir!
Einsamkeit entseelt mein Herz:
Wär', o Gott, ein Trauter hier!
Hofft vom schnellen Himmelsrad
Irgend wer der Ruhe Glück?
Schenke, bring' ein Glas; ich will
Ruhen einen Augenblick.
Auf! Dem Türken Sāmărkānd's
Weihe ich mein Herz fortan,
Denn es bringt sein sanfter Wind
Düfte mir vom Mūlĭān.
Einem Klugen sagt' ich einst:
»Sieh, so ist es hier bestellt!«
Lachend sprach er: »Schwierig ist's:
Wirr und seltsam ist die Welt.«
Hab' im Brunnen der Geduld
Für das Licht Tschĭgīl's gebrannt;
Doch der Schah der Türken schläft:
Ist denn kein Rŭstēm zur Hand?
Misslich auf der Liebe Pfad
Ist die Ruh' und Sicherheit:
Darum blute jedes Herz
Das zu heilen sucht dein Leid.
Kein Verwöhnter schlägt die Bahn
Zu dem Gau der Zecher ein:
Wer d'rauf wandelt muss verbrannt,
Darf nicht roh und schmerzlos sein.
Trifft man auf der ird'schen Welt
Doch nicht Einen Menschen an!
Eine neue Welt thut Noth,
Und ein neuer Adam dann.
Stolze Liebe kümmert's nicht,
Weint Hafis auch noch so sehr:
Dieser Sündfluth, ach, erscheint
Nur als Thau das Siebenmeer.
47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[139] [141]47.

Schenke, komm! Das Glas der Tulpe
Ist bereits gefüllt mit Wein:
Bis wie lang noch Mönchsgebräuche,
Und bis wann noch Faselei'n?
Lass denn Stolz und Sprödsinn fahren:
Sah die Zeit doch oft zuvor
Wie ein Kaiser seinen Mantel,
Seine Kron' ein Fürst verlor.
Werde nüchtern, denn schon trunken
Ist der Vogel auf der Flur;
Werde wach, denn Todesschlummer
Ist bereits dir auf der Spur.
Wie du dich so reizend schaukelst,
Holder Zweig des Lenzes du!
Fügten doch des Winters Stürme
Nie ein Ungemach dir zu!
Auf des Himmels Liebesblicke
Darf man keine Hoffnung bau'n:
Zu beklagen sind die Menschen
Die dem Listigen vertrau'n.
Morgen werd' ich durch die Huris
Und den Wein Kjĕwsēr's erfreut;
Durch den mondgesicht'gen Schenken
Und das volle Weinglas heut.
An der Kindheit Tage mahnet
Mich der laue Morgenwind;
Gib der Seele doch ein Mittel
Das den Gram verscheucht, o Kind!
Sieh nicht auf den Prunk und Schimmer
Den zur Schau die Rose trägt:
Wird doch jedes ihrer Blätter
Von dem Winde weggefegt.
[141][143]
Gib zu Hatem Thai's Erinn'rung
Einen schweren Becher her;
In der Geiz'gen schwarzem Buche
Blätt're ich dann nimmermehr.
Jenen Wein, der Farb' und Anmuth
Mitgetheilt dem Ergwanstrauss,
Schwitzt die Anmuth seines Innern
Nun durch seine Wange aus.
Trag' das Kissen in den Garten,
Denn zum Dienste stellt sich an
Die Zipresse, und den Gürtel
Hat das Rohr schon angethan.
Horch, die Sänger auf der Wiese
Stimmten zu der Liebe Sang
Harfe, Barbiton und Laute
Und der Flöte sanften Klang!
Schon gelangt, Hafis, die Kunde
Deiner holden Zauberei
Bis nach China und Egypten
Und bis weit nach Rum und Rai.
48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[143] [145]48.

Eine Stadt voll Zarter gibt es,
Üb'rall prangt daselbst ein Bild:
Freunde, hört den Ruf der Liebe,
Seid zu handeln Ihr gewillt!
Einen Jüngling frisch wie diesen
Schaut wohl nie das Aug' der Welt,
Wie auch keine schön're Beute
Je in Menschenhände fällt.
Sah man jemals einen Körper,
Der so ganz aus Geist bestand?
Hänge nie von Staubgebornen
Sich ein Staub an sein Gewand!
Wesshalb weisest du so grausam
Mich Gebrochenen von dir?
Einen Kuss nur, ein Umarmen
Mehr erwart' ich nimmer mir.
Lauter ist der Wein, d'rum eile,
Schon die Zeit, d'rum freue dich!
Wer verlässt wohl auf den Frühling
In dem nächsten Jahre sich?
Gleich der Tulpe und der Rose
Halten Zecher in dem Hain,
Eingedenk der Freundeswange
Einen Becher voll von Wein.
Kann ich diesen Knoten lösen?
Mach' ich dieses Räthsel klar?
Ist es doch ein hartes Leiden
Und ein schweres Werk fürwahr!
Jedes Haar Hafisens fesselt
Eines Schelmes Lockenhand;
Misslich ist es d'rum geworden
Zu bewohnen solch ein Land.
49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[145] [147]49.

Düfte jener Moschuslocke
Hauch'st du aus, o Morgenluft:
Bleibe mir als Angebinde,
Denn du mahn'st an Seinen Duft.
Dies mein Herz, worin der Schönheit
Und der Liebe Perle ruht,
Konnte ich gar leicht dir schenken,
Wahrtest du es nur auch gut.
Das Gewand der stolzen Reize
Passt nur deinem Wuchs allein,
Denn die Eigenschaft der Rose:
Duft und Farbe, nennst du dein.
Anspruch machen wie die Sonne
Auf der Schönheit weites Reich
Kömmt dir zu, denn Diener hast du
An Gesicht dem Monde gleich.
Deine holden Eigenschaften
Trifft der einz'ge Vorwurf nur,
Dass du Wächter um dich duldest
Von gar trotziger Natur.
Rose, kannst du Lust empfinden
Bei des Sprossers Melodien,
Du, die plauderhaften Vögeln
Des Verstandes Ohr gelieh'n?
Mich berauschte deine Hefe;
Deinem Wohle einen Toast!
Doch aus welchem Kruge fliesset
Was du in der Kanne hast?
Trotze nicht auf deine Spröde,
Du Zipresse dort am Bach,
Denn in Seiner Nähe neigest
Du das Haupt bedeckt mit Schmach!
[147][149]
Als ich für Sein Wohl gebetet,
Lacht' er schlau und sprach zu mir:
»Du, wer bist du und was hast du
Denn mit mir zu reden hier?«
Such', Hafis, der Liebe Perle
In der Zelle Winkeln nicht:
Tritt heraus, wenn sie zu suchen
Es an Lust dir nicht gebricht.
50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[149] [151]50.

Dem gelad'nen Gast: der Liebe, folget
Ungeladen Mensch und Perisohn;
Lass es nicht am eig'nen Willen fehlen,
Und als Lohn trägst du das Glück davon.
Suche nicht die Wonne des Genusses,
Wenn des Sehens Gabe dir gebricht:
Denn der Becher den einst Dschem besessen,
Nützt dir ja, bist du erblindet, nicht.
Wirst du lang noch Morgenwein geniessen
Und des Morgenschlummers Süssigkeit?
Flehe Mitternachts um Schuldvergebung
Und um Thränen in der Morgenzeit!
Komm und kaufe alle meine Länder
Um der Schönheit reiches Capital:
O versäume diesen Handel nimmer,
Denn du fühltest sonst der Reue Qual.
Lass es dein Bestreben sein, o Meister,
Theil zu haben an der Liebe Glück:
Denn es kauft ja Niemand einen Sclaven,
Dem Talente mangeln und Geschick.
Alles was von Liebe ich erfahren,
Führt hinaus auf der Verwund'rung Flur.
Darum will ich künftig mich berauschen
Und als Unerfahr'ner handeln nur.
Welch' ein Püppchen bist du denn, o Zarter,
Der durch Gaukeleien mich bestrickt?
Steh'st du doch dem Aug' nicht gegenüber
Und bist dennoch nie dem Blick entrückt.
Tausende von frommen, heil'gen Seelen
Sind bereits aus Eifersucht verbrannt.
Weil man jede Nacht und jeden Morgen
Dich als Licht in ander'n Sälen fand.
[151][153]
Durch Gebete frommer Winkelsitzer
Wendet sonst man Unglück ab von sich:
Wesshalb blickst du also freundlich nimmer
Mit dem Winkel nur des Aug's auf mich?
O wer ist es der in meinem Namen
Einen Gruss hin zum Ăssāfe trägt?
Diesen Vers von mir in pers'scher Sprache
Halt' er im Gedächtniss eingeprägt:
»Komm, und hast du dieses ird'sche Treiben
So erprobt, wie es mein Blick geschaut,
Nun, so machst du nur mit Bechern Weines,
Nicht mit Sorgenbechern dich vertraut.«
Auf dem anmuthsvollen Haupte sitze
Nimmer schief der Herrschaft Mütze dir,
Denn des reichsten Glückes bist du würdig,
Und des Thron's und gold'ner Kronen Zier.
Jede Strasse die zur Liebe führet
Birgt Gefahren wunderbarer Art;
Vor dem Schmerze kein Asyl zu finden
Halte Gott in Gnaden dich bewahrt!
Sich nach deiner Lock' und Wange sehnend
Müssen rastlos hin und wieder zieh'n
Morgenwinde die nach Bisam duften,
Rosen die in holder Anmuth blüh'n.
Durch den Segen von Hafisens Muthe
Nähre ich die Hoffnung, abermal
Mährchen meiner Leïla zu vernehmen
In der Nacht erhellt vom Mondesstrahl.
51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[153] [155]51.

O du, mit dessen Grame mich
Vereint ein ew'ges Band!
Ich klage nicht, wenn fruchtlos auch
Um dich mein Leben schwand.
Das Glück der Hunde deines Gau's
Begreift nicht wer's nicht kennt;
O wär' in jener Gegend doch
Zu wohnen mir vergönnt!
Mein nasses Auge gab, o Freund,
Dir mein Geheimniss Preis:
Erbarm' dich meiner Thränen, du
Der was mir mangelt weiss!
Kein Schöner kennt der Treue Pflicht:
Ihr mit dem reinen Sinn,
Erwartet Treue nicht von dem,
Dem Schönheit ward verlieh'n!
Vorbei am Lebensquelle ging
Mit durst'ger Lippe ich:
So labe denn, o Schenke, du
Mit süssem Wasser mich!
Verlassen hab' ich dir zu Lieb'
Den Glauben und die Welt,
Aus Leidenschaft für dich entsagt
Der Ruhmsucht und dem Geld;
Und wenn auf deiner Schwelle Staub
Hafis sein Leben schliesst,
So lebt ein neues Leben er
Das unvergänglich ist.
52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[155] [157]52.

O du, vor dessen holder Wange
Vom Nass der Scham die Rose träuft,
Und dessen Onix gegenüber
Von Schweiss das Weinglas überläuft!
Ist es nicht Morgenthau auf Tulpen,
Auf Rosen Rosenwasser nicht?
Ist's Wasser nicht auf Feuer, oder
Ist's Schweiss auf deinem Angesicht?
Der Holde mit den Bogenbrauen
Entschwand dem Auge, und mein Herz,
Indem es seine Spur verfolgte,
Verlor die eig'ne Spur im Schmerz.
Ich trenne heute Nacht die Hände
Von seiner Locke nimmermehr;
Geh' Mūĕsīn, und ruf' die Worte:
»Der Alllebendige ist Er!«
Vertrau' die Harfe nur ein Weilchen
Der zarten Hand des Sängers an,
Dass er die Ader wund ihr reisse
Und seinen Sang beginne dann!
Leg' Aloe auf des Feuers Flamme,
Thu' Gluth in den Mănkāl hinein,
Und lass dann alle Sorge fahren,
Mag noch so kalt der Winter sein!
Gibt dich der ungerechte Himmel
In Zukunft der Verachtung Preis,
Magst bei'm Dărā du dich beklagen,
Dem Herrscher im Gebiete Rai's,
Dem Fürsten, der die Welt verschenket,
Und Grossmuth übt in solchem Mass,
Dass man bereits Hătēm's Geschichte
Und seinen Namen d'rob vergass.
[157][159]
Dem Mann, dem für ein Bischen Hefe
Die Seele nicht zu theuer war,
Dem raube denn auch du die Seele,
Und reich' ihm einen Becher dar!
Nimm dir ein Glas, gefüllt mit Weine!
Hafisen gleich, soll's im Genuss
Dich nimmer stören, zu ergründen
Wann Dschem gelebt und wann Kjăwūs?
53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[159] [161]53.

O bringe Wein, befreiend mich
Von seiner Folgen Qual!
Es heilet ja die Krankheit nur
Ein voller Weinpocal.
Kein Licht erhellt mit solchem Glanz
Den traulichen Verein
Wie eines Schönen Angesicht
Und wie der Traubenwein.
Sei nicht so stolz auf deines Blick's
Geheime Zauberkraft:
Hat doch Erfahrung mich gelehrt,
Dass Stolz nie Nutzen schafft.
Du Mann von Bildung, warnest du
Noch lang vor Liebe mich?
In solchen Worten – mit Verlaub –
Zeigt keine Bildung sich.
Die Seele des Beherzten lebt
Durch Liebe nur allein:
Zieh' hin, wenn du sie nie gefühlt!
Entschuldigt magst du sein.
Ich gab für einen einz'gen Blick
Dass eig'ne Heil schon hin;
Weh über Heil und Frömmigkeit
Und über Tugendsinn!
Schon nahte des Genusses Glück
Und Trennungsleid verschwand,
Und eine neue Blüthenzeit
Brach an im Herzensland.
Hafis, du kannst nicht Jedermann
Vertrau'n den Schmerz um Ihn:
Doch dem, der Trennungsleid empfand,
Vertrau' ihn immerhin.
54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[161] [163]54.

Des Freundes Wohlgeruch
Verhauchst du, sanfte Luft:
Hauchst du wohl desshalb nur
So süssen Moschusduft?
Hab' Acht und strecke doch
Nicht immer aus die Hand!
Was hast du denn zu thun
Mit seinem Lockenband?
Was bist, o Rose, du
Vor seinem Angesicht?
Er ist an Moschus reich;
Du trägst den Dorn, der sticht;
Was bist du, Königskraut,
Vor seines Flaumes Grün?
Er blühet zart und frisch,
Du welkst im Staube hin.
Was bist, Narcisse, du
Vor seinem Augenpaar?
Es hat ein Räuschchen nur,
Doch du besäuf'st dich gar;
Und du, Cipressenbaum?
Wenn seinen schlanken Bau
Man dir entgegenstellt,
Wer schätzt dich in der Au?
Wo's seine Liebe gilt,
O klügelnder Verstand,
Bleibt da die freie Wahl
Dir ferner in der Hand?
Du kommst an's Liebesziel
Einst sicher noch, Hafis,
Wenn dich nur Kraft und Muth
Beim Harren nicht verliess.
55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[163] [165]55.

Die Sitte ungetreu zu sein
Zeigt klar sich jedem Blick,
Und keine Spur von Freundschaft blieb
Bei Menschen mehr zurück.
Es hält der hochverdiente Mann
– Denn Armuth dränget ihn –
Jetzt jedem niederträcht'gen Wicht
Die Hände bettelnd hin;
Und Keiner, den ein Vorzug schmückt,
Sieht in der jetz'gen Zeit
Sich einen einz'gen Augenblick
Von Kümmerniss befreit;
Allein der Thor lebt immerdar
Im Überfluss und Glück,
Und seine Waare ist gesucht
In diesem Augenblick;
Und wenn ein Dichter Lieder singt,
Klar wie ein Bach nur fliesst,
So dass dadurch stets gröss'res Licht
Sich in das Herz ergiesst,
So reicht doch Sparsamkeit und Geiz
Kein Körnchen Lohn's ihm dar,
Gesetzt er wär' ein Dichter auch
Wie Sǖnajī es war.
Es raunte in des Sinnes Ohr
Mir gestern der Verstand:
»Geh' hin und leide mit Geduld
In deinem dürft'gen Stand;
Und mache dir ein Capital
Aus der Genügsamkeit,
Und weil du leider dürftig bist,
So trage denn dein Leid!«
Komm, horche diesem Wort, Hafis,
Mit deiner Seele Ohr:
»Erst wenn dein Fuss gestrauchelt hat,
Hebt sich dein Haupt empor.«
56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[165] [167]56.

Geh', o Frömmler, mit der Hoffnung
Die da lebt in dir:
Eine Hoffnung, gleich der deinen,
Lebt ja auch in mir.
Tulpenhände halten Becher,
Halten sonst nichts mehr:
Komm, und bring' auch du, o Schenke,
Was du hast mir her!
An die Schnur der Liebestollen
Magst auch mich du reih'n,
Denn die Trunkenheit ist besser
Als das Nüchternsein.
Hüte dich vor mir, o Ssofi,
Hüte sorgsam dich!
Denn mich selber nicht zu hüten
Das gelobte ich.
Komm, um fest das Herz zu knüpfen
An sein Lockenhaar,
Wenn Befreiung und Errettung
Dein Verlangen war.
Brich die Reu', um Gotteswillen,
In der Rosenzeit,
Denn der Zeit der Rosen mangelt
Die Beständigkeit!
Fortgezogen, theure Freunde,
Ist des Lebens Mai:
Also ziehen Frühlingswinde
An der Flur vorbei.
Komm, Hafis, um Wein zu trinken
Roth wie ein Rubin!
Wesshalb lässt du deine Tage
Sorglos weiterzieh'n?
57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[167] [169]57.

Du, der Alles schon besitzet,
Was man auf der Welt begehrt!
Grämt dich wohl der Menschen Lage
Deren Kraft sich aufgezehrt?
Heisch' vom Diener Herz und Seele,
Nimm sie beide schnell ihm ab,
Weil ja Gott selbst freien Häuptern
Zu gebieten Macht dir gab.
Du besitzest keine Mitte,
Desshalb wundert es mich sehr
Wie du denn die Mitte haltest
Mitten in der Schönen Heer?
Keine Malerei entweihe
Je dein weisses Angesicht,
Wo das Schwarz des Moschusflaumes
Ergawane zart durchbricht.
Trinke immer Wein, du Zarter,
Denn du bist ein leichter Geist,
Vollends in dem Augenblicke
Wo dein Haupt sich schwer erweist.
Tadle doch mein Herz nicht immer,
Quäl' es nicht, lass es in Ruh'!
Nein, behandl' es nach Belieben:
Hast ja doch das Recht dazu.
Deines Bogens Unglückspfeile,
Hunderttausend an der Zahl,
Auf mich wunden Mann zu schnellen
Steht in deiner freien Wahl.
Dulde stets mit frohem Muthe
Deiner Wächter Tirannei:
Alles wird dir leicht erscheinen
Liebt ein Freund dich heiss und treu.
[169][171]
Ward dir der Genuss des Freundes
Auch nur kurze Zeit gewährt,
Geh', denn du besitzest Alles
Was man auf der Welt begehrt.
Thu'st du freundliche Erwähnung
Seiner Lippe von Rubin,
Hast du ein gar süsses Mährchen
Mitten in dem Munde d'rin.
Trägst, Hafis, aus diesem Garten
Rosen du im Saum davon,
Nun, was kümmert dich des Gärntners
Wehgeschrei und Klageton?
58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[171] [173]58.

Lustwandelst du, gleich der Cipresse,
Ein Weilchen nur im Rosenhain,
So drückt, aus Neid auf deine Wange,
Sich jede Rose Dorne ein.
Ein jeder Ring ist in Verwirrung
Durch deiner Locke Ketzerei;
In jedem Winkel weilt ein Kranker,
Durch deines Auges Zauberei.
Entschlumm're, trunk'nes Aug' des Freundes,
Gleich meinem Glücke nicht; denn ach,
Es folget dir von jeder Seite
Der Seufzer eines Wachen nach.
Die Baarschaft meiner Seele werde
Auf deines Weges Staub gestreut,
Obwohl der Seele Baarschaft nimmer
Sich eines Werth's bei dir erfreut.
Mein Herz, o denke nicht beständig
An holder Schönen Lockenhaar,
Denn bei so finsteren Gedanken
Stellt sich nichts Heiteres dir dar.
Mein Haupt verlor ich, und zu Ende
Ging diese Sache nimmer doch:
Ergriffen ist mein Herz, doch kümmert
Dich der Ergriff'ne nimmer noch!
»Begib dich in des Kreises Mitte,
Gleich einem Punct!« rief ich Ihm zu;
Doch: »O Hafis, – sprach Er mit Lachen –
In welchem Zirkel lebest du?«
59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[173] [175]59.

Sei dir die Seele geweiht, du Seele und Seelengeliebter,
Sei dir das Haupt auch geweiht, soll nicht mir schwindeln das Haupt.
Taumelnd, vermag ich es nicht von deinem Gaue zu scheiden:
Schwierige Dinge gescheh'n nimmer so schnell und so leicht,
Rohe entbehren der Kraft des flügelversengenden Falters,
Zärtlingen kömmt es nicht zu, Opf'rer der Seele zu sein.
Ruhe bei Trennung von dir, kann immer aus Zwang nur entspringen;
Kühnes Verweilen bei dir, hat nur Verblendung zum Grund.
Was ich im Herzen verbarg ward von den Neidern verrathen:
Denn ein verborgenes Wort bleibt ja nicht lange geheim.
Willst du, es bleibe stets frisch und grünend der Zweig deines Wuchses,
Frommt es, du pflanzest ihn mir an das befeuchtende Aug'.
Als ich mein Herz einst erblickt im Ring deines lockigen Haares,
Sprach ich: »Gefang'ner, wie geht's, sage wie lebest du hier?«
Und es entgegnete: »Ja, wie solltest nicht du mich beneiden?
Wird doch nicht fürstlicher Rang jeglichem Bettler zu Theil.«
Wahrlich, dir kömmt es nicht zu mit mir, o Hafis, zu verkehren:
Wächter der Hunde zu sein sei hier im Gau dir genug.
60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[175] [177]60.

Weil dir in der Welt der Schönheit
Alles heut' nach Wunsche geht,
Gib denn du auch, durch die Lippe,
Das, warum die Liebe fleht.
Bis wie lang wirst du noch spröde
Gegen die Verliebten sein,
Und die armen Herzberaubten
Grausam der Verachtung weih'n?
Soll ich länger krank noch bleiben,
Ähnlich deinem Augenpaar?
Länger Kraft und Ruh' entbehren,
Ähnlich deinem Lockenhaar?
Welchen Schmerz du mir bereitest,
Wie du hart verfährst mit mir,
Ahntest du es im Geringsten,
Ganz gewiss erbarmt' ich dir.
Grosse Capitale sammle
Wer zu lieben hat den Muth:
Herzen, brennend wie das Feuer,
Augen, strömend wie die Fluth.
Stets getrennt war ich geblieben; –
Sieh, da schickt die Morgenluft
Mir aus deiner Liebe Garten
Einer Hoffnung süssen Duft.
Wenn mich auch der Liebe Hoffnung
Neu belebt bei'm Weltgericht,
So erhebt sich, aus Beschämung,
Doch mein Haupt vom Boden nicht.
Hat vom Weine deiner Liebe
Nur ein Schlückchen mich erfreut,
Thue ich, so lang ich lebe,
Nicht was Nüchternheit gebeut.
[177][179]
Nur ein Knecht und schwach nur bin ich.
Herr und mächtig nennt man dich:
Magst du nun mich an dich ziehen
Oder schmählich tödten mich!
Mitleid flösse dir Hafisen's
Jammervolle Lage ein:
Soll er länger noch verzweifeln,
Länger noch verachtet sein?
61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[179] [181]61.

Hast du für den Wein, o Schenke,
Eine Leidenschaft,
Ei, so bringe mir nichts weiter
Als nur Rebensaft,
Und verkaufe Kutt' und Teppich
In dem wüsten Haus,
Und ein Bischen Hefe bringe
Mir dafür heraus!
Lebt's im Herzen dir, so höre
Wie der Trunk'nen Heer
In den Rosenhain der Seele
Ruft: O Lebender!
Bringe Schmerzen, wenn du Heilung
Von dem Schmerz begehrst:
Sieh', wie klein ist vor der Liebe
Beider Welten Werth!
Ein Geheimniss, das dem Herzen
Liebe nur vertraut,
Ist der Flöte sanfte Klage
Und der Zither Laut.
An den Reinen, den Verarmten
Auf der Liebe Bahn
Reichen tausend Hatem Thaie
Nimmermehr hinan.
Jener perigleiche Götze,
Wie ein Potentat
Schreitet er einher; gefolget
Von dem Volk der Stadt;
Auf sein schönes Antlitz blicket
Der Bewohner Schaar,
Und der Schweiss träuft dem Verschämten
Von dem Wangenpaar.
Hat Hafis noch lang zu klagen
Über deinen Schmerz,
Und bis wann soll ich noch tragen
Ein gebroch'nes Herz?
62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[181] [183]62.

Schöner als der Gau der Schenke
Ist fürwahr kein Ort:
Fände doch mein greiser Scheitel
Ein Asyl einst dort!
Was mit Inbrunst ich verlange,
– Wesshalb bärg' ich's dir?
Ist ein Fläschchen Wein, ein Schöner,
Und ein Lustrevier.
Meine Heimath ist der Schenke
Frohes Vaterland,
Und mein Rai ein Rai der Götzen:
Hab' ich nicht Verstand?
Was behauptest du, im Tempel
Sei kein Thor gleich mir?
Nur ein zweigesicht'ger Wüstling
Äussert so sich hier.
Sei bescheiden, da nicht Jeder
Altklug sprechen kann:
Nur ein Rai ist es im Stande
Oder ein Brăhmān.
Du nur füllest mir, o Götze,
Des Gemüthes Raum;
Du allein bist meine Sorge:
And'rer acht' ich kaum.
Habe Mitleid mit dem wüsten,
Leidenden Hafis,
Denn es folget ja ein Morgen
Auf das Heut' gewiss.
63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[183] [185]63.

Morgen ist's und Thau fällt nieder
Aus der Wolke des Bĕhmēn:
Bringe Morgenwein im Glase,
Das da hält ein volles Men!
Labe dich am Blut des Bechers,
Denn gerecht ist ja sein Blut;
Habe nur mit Wein zu schaffen,
Weil diess löblich ist und gut.
Lässt der Rausch am frühen Morgen
Nicht dein Haupt von Schmerzen frei,
Schlage denn – das Beste ist es –
Diesem Rausch die Stirn entzwei!
Schenke, sei zur Hand! Es lauert
Im Versteck der Gram mir auf;
Liedermund, lass jener Weise,
Die du eben spiel'st, den Lauf!
Gib mir Wein, denn in die Ohren
Raunte mir die Harfe leis:
»Freu' des Lebens dich, und horche
Diesem tiefgekrümmten Greis«!
Um des Zecherstolzes willen
Trink', Hafis, nur immer Wein,
Dass des Sängers Ton dir sage:
»Wahrhaft reich ist Er allein.«
64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[185] [187]64.

Zwecklos und in Leidenschaften
Ist die Lebenszeit entfloh'n;
Junge! reiche mir den Becher,
Und das Alter sei dein Lohn!
Es erglänzt ein Blitz auf Sina,
Strahlenklar erschien er mir,
Und mit einem Feuerbrande
Komme ich vielleicht zu dir.
Wie enthält doch so viel Zucker
Diese Stadt in ihrem Schoos,
Wo des Pfades Königsfalken,
Schon genügt der Mücke Loos.
Als ich gestern kam geschritten
Stolz in Seiner Diener Reih'n,
Sprach Er: »O verlass'ner Armer,
Sage doch, wer magst du sein?«
Um des Lieblings Saum zu fassen,
Flüchtig wie's das Rauchfass thut,
Legt' ich, dass es lieblich dufte,
Auch mein Herz mit auf die Gluth.
Fröhlich sei – träuft wie dem Hirsche
Blut ihm aus dem Nabel auch –
Jeder der berühmt auf Erden,
Ward durch süssen Moschushauch.
Weiter zog die Karawane,
Und du schläfst im Hinterhalt?
Wehe dir, für den vergebens
Oft die Glocke schon geschallt!
Singe mit gespanntem Flügel
Auf des Thuba Himmelsbaum:
Vogel deinesgleichen schliesse
Man in keines Käfigs Raum!
Rennt Hafis, nach dir verlangend,
Lange noch so hin und her?
Gott erleichtre ihm die Strasse
Hin zu dir, du mein Begehr!
65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[187] [189]65.

Die Geschichte meiner Sehnsucht schrieb ich
Unter Thränen auf:
Komm, denn Gram droht, fern von dir, zu enden
Meinen Lebenslauf.
Mit dem eig'nen Augenpaare sprach ich
Viel von Sehnsuchtspein;
Wo wird jetzt, Ihr Stätten meiner Selma,
Eure Selma sein?
Wunderbar ist, was sich zugetragen,
Unerhört sogar:
Ich, das Opfer, schweige, und es klaget
Wer mein Mörder war.
Wer vermöcht' es deinen Saum, den reinen,
Einer Schmach zu zeih'n?
Ist der Tropfen auf dem Rosenblatte
Nimmer doch so rein!
Um mit Glanz die Tulpe und die Rose
Zu verseh'n, erkor
Deinen Fussstaub, als auf Staub und Wasser
Schrieb das Schöpfungsrohr.
Morgenwinde hauchen Ambradüfte:
D'rum, o Schenke, auf!
Bring' die reine dufterfüllte Traube
Mir in schnellem Lauf!
Säume nicht den Augenblick zu nützen,
Denn ein Sprüchwort lehrt:
»Die Gewandtheit ist's, von der ein Wand'rer
Auf dem Wege zehrt.«
Ohne dich und deine Güte schwände
Meine Spur. Fürwahr,
Nur in deinem Angesichte seh' ich
Meine Werke klar.
Ist Hafis zu schildern deine Schönheit
Jemals wohl im Stand?
Fasst dich doch, wie Gottes Eigenschaften,
Nimmer der Verstand.
66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[189] [191]66.

Wer trägt zu Königen die Kunde
Von mir, dem Bettler, hin und spricht:
»Im Gau der Wirthe gilt ein Becher
Das, was zweitausend Dscheme nicht.«
Ein Wüstling ward ich, ward verrufen
Und dennoch hoff' ich immerdar
Zu gutem Rufe zu gelangen,
Begünstigt mich der Frommen Schaar.
Der du mit Alchymie dich brüstest,
Wirf auf mein Herz nur Einen Blick!
Zwar hab ich keine Capitale,
Doch Netze werf' ich aus mit Glück.
Durch deines Rosenkranzes Körner,
O Scheïch, verlocke nimmer mich:
Denn ist ein Vogel schlau und listig,
Fängt er in keinem Netze sich.
O geht, Ihr tugendhaften Männer!
Fort ist mein tugendhafter Sinn;
Ich habe lautern Wein genossen,
Und Ehr' und Name sind dahin!
Mich wundert des Geliebten Treue
Der nicht um Nachricht zu mir schickt,
Mir durch das Rohr nicht Grüsse sendet,
Noch durch ein Schreiben mich beglückt.
Ich sehne mich nach deinem Dienste;
Kauf gnädig mich, verkauf' mich nicht:
So einen segenreichen Sclaven
Bekämest du ganz sicher nicht.
Wohin soll ich mich klagend wenden,
Wem mache ich den Umstand klar,
Dass deine Lippe zwar mein Leben,
Doch leider ohne Dauer war?
[191][193]
Ist dieser Zechfreund ein gekochter
Und ist ein roher dieser Wein,
Wird tausendmal ein Roher besser
Als Tausende Gekochter sein.
Entsende kühn der Wimpern Pfeile,
Vergiess auch selbst Hafisen's Blut:
Hat doch an einem solchen Mörder
Kein Mensch zu rächen sich den Muth!
67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[193] [195]67.

Dass du ein zweiter Joseph seiest
Behaupteten die Leute dreist:
Bei'm Licht betrachtet aber fand ich,
Dass du bei Weitem schöner sei'st.
Du übertriffst ja durch dein Lächeln,
Das süsser ist als Seines, ihn,
Und glänzest, o Chŏsrēw der Schönen,
Als des Jahrhundertes Schĭrīn!
Vergleichen lässt mit deinem Munde
Die Knospe sich wohl nimmermehr:
Es war ja nie ein Mund der Knospe
So eng und kleingeformt wie er.
Erstaunen fesselt die Cypresse
Bei deinem Wuchs und deinem Gang;
Bewege dich! denn wenn du gehest,
Läufst du ihr vollends ab den Rang.
Durch diesen Mund mich zu beglücken,
Versprachst du hundert Male zwar:
Doch wesshalb, gleich der freien Lilie,
Bist du nur Zunge ganz und gar?
Du sprachst: »Ich werde dich beglücken,
Und auch die Seele rauben dir.«
Doch fürcht' ich, du beglück'st mich nimmer,
Und raubest nur die Seele mir,
Die scharfen Pfeile deines Auges
Durchbohren mir der Seele Schild:
Wer sah wohl jemals einen Kranken
Der mit so straffem Bogen zielt?
Du schleuderst aus der Menschen Auge,
Gleich einer Thräne, jenen Mann,
Den du, und wär's nur auf Momente;
Durch deine Blicke leg'st in Bann.
Es geht Hafis, gleich einem Rohre,
Auf seinem Haupte zu dir hin;
Sprich, willst du gütig nicht ein wenig,
Gleich einem Brief, durchlesen ihn?
68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[195] [197]68.

Ich küsse Seine Lippe
Und trinke fröhlich Wein,
Und schlug somit die Strasse
Zum Lebenswasser ein.
Wie mein Geheimniss laute
Kann Keinem ich vertrau'n,
Noch kann ich and're Menschen
An Seiner Seite schau'n.
Das Glas küsst Seine Lippe,
Und trinket Blut dafür;
Die Rose schaut Sein Antlitz,
Und Schweiss entträufet ihr.
Die Einsamkeit verlassend,
Thront sie im Garten nun:
Der Frömmelei entsage
Auch du, wie Knospen thun!
Vergiss auf Dschem, und reiche
Mir einen Becher Wein!
Wer kann es wohl ergründen
Wo Dschem und Këj nur sei'n?
Nimm in die Hand die Harfe,
Mond aller Sänger du!
Und ritze ihr die Ader:
Ich stöhne dann dazu.
Berauscht, gleich Seinem Auge,
Soll kein Betrunk'ner sein;
D'rum, seines Mund's gedenkend,
Gib mir, o Schenke, Wein!
Es will von jenem Leibe
Nicht trennen sich der Geist,
Weil ihm das Blut des Glases
In allen Adern kreist.
[197][199]
Lässt erst der Morgenvogel
Ertönen sein Hu, Hu,
Hei, hei! dann leg' den Becher
Nicht aus den Händen du.
Mach' dir, Hafis, das Schweigen
Ein Weilchen nur zur Pflicht,
Und höre wie die Flöte
Auch ohne Zunge spricht!
69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[199] [201]69.

Berauscht bin ich vom Glas der Liebe:
Darum, o Schenke, bringe Wein,
Und füll' das Glas, denn die Gesellschaft
Kann ohne Wein nicht glänzend sein!
Die Liebe für sein Mondesantlitz
Sei von des Vorhangs Hülle frei
Du Sänger, lass ein Lied ertönen,
Du Schenke, schaffe Wein herbei!
Zum Thorring ist mein Wuchs geworden,
Auf dass dein Wächter mich hiefür
Von diesem Thore fort nicht sende
An irgend eine and're Thür.
Erwart' ich dein Gesicht zu schauen,
Geb' ich nur leerer Hoffnung Raum,
Und will ich mich mit dir vereinen,
Täuscht mich ein Wahnbild nur, ein Traum.
Berauscht bin ich durch jene Augen
Doch frägst du jemals wohl nach mir?
Erkrankt bin ich durch jene Lippen;
Doch wird mir Antwort je von dir?
Hafis, wie magst dein Herz du setzen
An eines Schönen Wahngebild?
Hat je der Glanz des Wasserscheines
Den Durst des Durstigen gestillt?
70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[201] [203]70.

»Ford're Wein und streue Blumen!
Was begehr'st vom Schicksal du?«
Also sagte früh die Rose:
Sprosser, was sagst du dazu?
Trage deinen Pfühl in's Freie,
Labe dort im Rosenhain,
Wang' und Mund des Schenken küssend,
Dich an Rosen und an Wein!
Deiner Knospe holdes Lächeln,
Wen beseligt es noch einst?
Sprich, für wen, o Zweig der Rose,
Du im Blüthenschmuck erscheinst?
Setze nach dem Rosenhaine
In Bewegung deinen Buchs:
Herzen zu erobern lehre
Die Cypresse dort dein Wuchs.
Heute, wo zu deinem Markte
Hin sich drängt ein Käuferschwall,
Sammle für die Reisezehrung
Dir ein Tugendcapital.
Schönheit hat das Loos der Kerze,
Ist dem Winde ausgesetzt:
Zieh' vom Capital der Schönheit
Vortheil für die Tugend jetzt.
Zwar ist jede jener Locken
Hundert Hirsche China's werth,
Doch es wäre schön auch, wäre
Ihr der Güte Duft bescheert.
Jeder Vogel kömmt mit Tönen
Zu des Königs Rosenbeet:
Mit Gesängen kömmt der Sprosser,
Und Hafis kömmt mit Gebet.
71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[203] [205]71.

Frühling ist's; ein Herz, ein frohes,
Sei dein stetes Streben nun:
Viele Rosen werden blühen,
Und du wirst im Rasen ruh'n.
Gleichen Rath ertheilt die Harfe
Hinter'm Vorhang dir allein;
Nur wenn du empfänglich wärest,
Würd' ein Rath dir nützlich sein.
Wem du nahen sollst, was trinken,
Nichts erwähne ich davon:
Bist du klug nur und verständig,
Weisst du es ja selber schon.
Bücher von verschied'nem Inhalt
Sind die Blätter in der Au,
Und du wärest zu bedauern,
Kenntest keines du genau.
Zwar ein Weg voll von Gefahren
Führt von uns in Freundesland;
Doch gar leicht wird dir die Strasse,
Sind die Posten dir bekannt.
Deines Lebens Baarschaft raubet
Dir umsonst der Schmerz der Welt,
Wenn dich diese schwere Sorge
Nacht und Tag beschäftigt hält.
Lässt, Hafis, das Glück, das hohe,
Seine Gunst dir angedeih'n,
Wirst du eine frohe Beute
Jenes holden Schönen sein.
72.71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[205] [207]72.

Auf jenes dir bekannte Zeichen
Zieh', Ost des Glückes, mild und lau,
Zu jener dir bekannten Stunde,
Vorbei an dem bewussten Gau!
O Bote der geheimsten Dinge!
Mein Aug' ruht auf der Strasse Rand;
Ich kann nur bitten, nicht befehlen:
So brich denn auf, wie dir bekannt!
Sprich: »Meine kraftberaubte Seele,
Bei Gott, musst' meiner Hand entflieh'n:
So gib ihr denn das dir Bekannte
Durch den beseelenden Rubin!«
Das Wörtchen, das ich so geschrieben,
Dass Keinem es verständlich ward,
Das wolle gnädig du entziffern
Auf jene dir bekannte Art!
Sollt' ich an deinem gold'nen Gürtel
Nicht knüpfen meiner Hoffnung Band?
Gar Feines liegt in jener Lende,
Und ist, o Bild, dir wohl bekannt.
Nicht mehr als ich nach deinem Schwerte,
Sehnt nach der Fluth der Durst'ge sich;
Gefangen nahmst du mich; nun tödte
Auf dir bekannte Weise mich!
Hafis, Arabisch oder Türkisch
Ist eines und dasselbe hier;
In jeder dir bekannten Sprache
Erzähle denn von Liebe mir!
73.72.71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[207] [209]73.

Leere einen Becher Weines
Der ein volles Men enthält,
Und du reissest mit der Wurzel
Aus dem Herzen was dich quält.
Dieses Herz, erhalt' es offen,
Gleich dem Becher voll mit Wein!
Wird dein Haupt noch lang verschlossen,
Ähnlich einem Kruge, sein?
Trinkest du nur erst ein Ritel
Aus des Selbstvergessens Krug,
Prahl'st du sicherlich dann nimmer
Mit des Dünkels Selbstbetrug.
Lass dich treten, gleich den Steinen,
Doch Gewässern gleiche nie,
Denn sie tragen bunte Farben
Und am Saum durchnässt sind sie.
Binde deines Herzens Fäden
An den Wein, und jedenfalls
Brich, als Mann, der falschen Tugend
Und der Gleissnerei den Hals.
Auf denn, und, Hafisen ähnlich,
Strebe nur nach dem Genuss,
In Ergebung hinzusinken
An des Vielgeliebten Fuss!
74.73.72.71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[209] [211]74.

Mache dir die Zeit zu Nutze
Nach dem Masse deiner Kraft,
Seele! Uns gehört vom Leben
Nur was der Moment errafft.
Mit dem Leben lässt der Himmel
Sich bezahlen was er gab:
Ford're sorglich stets dem Glücke
Den Tribut der Freuden ab.
Horch dem Rathe der Verliebten:
Tritt zum Freudenthor herein;
Alles Glück der eitlen Erde
Mag der Sorge werth nicht sein.
Schweige von der Lust des Zechers
Vor den Frömmlern; denn man spricht
Mit nicht eingeweihten Ärzten
Von geheimen Leiden nicht.
Pflanz', o Gärtner – ich verbiet es –
Scheide ich dereinst von hier,
Keine andere Cypresse
Als den Freund an's Grabmal mir!
Nimmer weiss der Krugzerbrecher,
Dass der Ssofi eine Art
Von Granatrubinen heimlich
In dem Hause aufbewahrt.
Und du geh'st und deine Wimper
Taucht ins Blut der Menschen sich!
Allzu rasch geh'st du, o Seele,
Du ermüdest, fürchte ich.
Lass, o Zuckermund, die Frommen
Für dich beten bei der Nacht:
Salomons geweihtes Siegel
Schützt ja eines Namens Macht.
[211][213]
Vor dem Pfeile deiner Augen
Hütete mein Herz sich zwar,
Doch der Schütze deiner Brauen
Droht durch Schlauheit ihm Gefahr.
Fort ist mein Geliebter Joseph:
Euer Mitleid fleh' ich an,
Brüder! da ich tief bekümmert
Sah den Greis von Canaan.
Einem Frömmler, der bereuet,
Bringt die Weinlust sichern Tod:
Weiser, unterlass ein Handeln
Das dir mit der Reue droht!
Tritt herein zu meinem Thore,
Dass ich klatsche in die Hand,
Weil durch dich, mein Gast, in Wahrheit,
Sich ein Licht mit mir verband.
Sollst Hafisen, den Zerstreuten,
Sammeln durch ein holdes Wort:
Sind doch deine Lockenringe
Der Zerstreuten Sammelort.
Schönes Bild und Herz von Marmor,
Nimmst du meiner dich nicht an,
Sage ich Ăssāf dem Zweiten,
Was du mir schon angethan.
75.74.73.72.71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[213] [215]75.

Ich liebe innig dich, o Seele,
Und weiss zugleich, dass du es weisst;
Denn Unsichtbares sieht dein Auge
Und Ungeschrieb'nes liest dein Geist.
Der Engel, der vor Adam kniete,
Dir meinte er zu huld'gen nur,
Denn deine Schönheit fand erhaben
Er über menschliche Natur.
Im Ringe deiner Locke sammeln,
Bei Gott! sich alle Herzen heut:
Mög'st immer du gesichert bleiben
Vor jenem Winde, der zerstreut!
Das Band des Gürtels Ihm zu lösen
Erlaubt mir hoffentlich das Glück:
Um Gotteswillen, los' die Knoten
Dir von der Stirn, du mein Geschick!
Zerstreu' dein Haar, und führ' den Ssofi
Zum Spiele und zum Tanz heran:
Aus jedem Lappen seiner Kutte
Streu'st du ihm tausend Götzen dann.
Der Lockenhauch der holden Schönen
Erhellt mein Aug' wie Fackelschein:
Geschützt vor Winden des Zerstreuens,
O Herr, sei dies Gesammeltsein!
Was kann der Tadler vom Geheimniss
Des Paares, das sich liebt, versteh'n?
Kann doch das Auge eines Blinden
Verborg'ne Dinge nimmer seh'n.
Sich grämen um die Weggefährten
Steht mit Vernunft im Widerstreit:
Ertrag' des Postenlaufs Beschwerden
Und denke an die leichte Zeit!
[215][217]
Weh, einem Morgenlüftchen ähnlich
Schwand das bei Nacht genoss'ne Glück!
Herz, du erkennst den Werth der Liebe
Erst in der Trennung Augenblick.
Das Wahnbild Seines Lockenreifes,
Hafis, umgarnet dich mit List:
Hör' auf am Ringe eines Glückes
Zu rütteln; das unmöglich ist.
76.75.74.73.72.71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

[217] [219]76.

Ich gab mir tausendfache Mühe,
Dass endlich Freund du werdest mir,
Und eines Herzens Wunsch erfüllest
Dem Ruhe fremd ist, fern von dir;
Dass du ein Weilchen in der Hütte
Der traurenden Verliebten weil'st,
Und eine Nacht nur, als Gefährte,
Den Kummer meines Herzens theilst;
Dass du das Licht des Auges werdest,
Das jede Nacht in Qual durchwacht,
Und dem Gemüthe dich gesellest,
Wenn etwa ihm die Hoffnung lacht.
Werd ich die Wonne je geniessen,
Des Nachts, und wär's im Traume blos,
Statt jenes Stromes meiner Thränen,
Dich zu erblicken mir im Schoss?
Wenn jemals über jenen Onix,
Der mir das Herz durch Neckerei'n
In Blut getaucht, ich mich beklage,
Dann – sollst du mein Vertrauter sein!
Da Herrscher in der Anmuth Reichen
Gar stolz auf ihre Diener thun,
So sei denn du in ihrer Mitte
Mein Herr und mein Gebieter nun!
Es scheint das Reh der Himmelssonne
Nur eine schlechte Beute mir,
Erjag' ich, auch nur für Momente,
Ein holdes Hirschlein, ähnlich dir.
Du sagtest mit zwei schönen Lippen
Mir feierlich drei Küsse zu,
Und wenn du mir sie nicht bezahlest,
So bist nunmehr mein Schuldner du.
[219][221]
Auf jener Flur wo jeder Götze
Dem Liebenden die Hände reicht,
Sollst du nun mein Geliebter werden,
Wenn anders es dich möglich däucht.
Hafis zwar bin ich, der Berühmte,
Doch bin ich nicht ein Körnchen werth,
Du hättest denn aus eig'ner Gnade
Zu meinem Freunde dich erklärt.
77.76.75.74.73.72.71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

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Du, dessen Mund voll holden Lächelns
Ein Kästchen ist voll Perlenzier,
Der Neumondflaum, der dich umringet,
Herr, wie so reizend steht er dir!
Es täuscht mich jetzt auf schöne Weise
Der Wahn mit dir vereint zu sein:
In was für sonderbare Spiele
Lässt doch dies Wahngebild sich ein!
Das Herz entfloh, das Auge blutet,
Der Leib ist wund, die Seele schwach:
Auf dem Gebiet der Liebe folget
Ein Wunder stets dem andern nach.
Mein Herzblut floss durch Seiner Hände
Und seines trunk'nen Auges Kraft;
Viel Unglück hab' ich schon erlitten:
Ist das der Lohn der Leidenschaft?
Wenn dein Gemüth sich nicht noch ändert,
So wandert sicherlich fortan
Kein Liebender nach dieser Gegend,
Nach diesem Land kein kluger Mann.
Du machst, o Reiter, dich vom Führer
Und auch von meinem Bunde frei;
Kömmt dir ein Mann aus Nedschd entgegen,
So sag' ihm, was mein Schicksal sei.
Mich, weil ich liebe, zu ermorden,
Stellt als erlaubt der Liebling dar;
Wie lautet das Fĕtwā der Liebe?
Erklär' es mir, du Richterschaar!
Ich sehne mich nach Nedschd's Bewohnern,
D'rum kennt mein Auge keinen Schlaf:
Der Kummer hat ein Herz geschmolzen
Das unheilbares Leiden traf.
[223][225]
In Gottes Schutze steht der Hügel,
Bewohnt von dem geliebten Freund:
Gar schnell eilt der Verstand von hinnen,
Wenn sein Gazellenaug' erscheint.
Entsage ja vier Dingen nimmer,
Willst klug du heissen und gescheit:
Der Sicherheit, geklärtem Weine,
Dem Liebling und der Einsamkeit.
Bring' Wein! zwar bin ich schwarz bezeichnet
Vor aller Welt im Buch der Schuld,
Doch darf man nimmermehr verzweifeln
An eines ew'gen Gottes Huld.
Bring', Schenke, mir ein Glas und führe
Mich aus der Einsamkeit heraus:
Als Bettelmann und frei von Sorgen
Geh' ich sodann von Haus zu Haus.
Weil jedenfalls an fester Dauer
Dem Zeitenbilde es gebricht,
Hafis, so lass jetzt Wein uns trinken,
Und äuss're deine Klage nicht!
Zur Zeit des herrschenden Ăssāfes
Glänzt des Gemüthes Becher hell:
Auf! tränke uns mit Himmelsweine,
Der klarer sei als jeder Quell!
Das Reich ist stolz auf seine Liebe
Und seine edle Thätigkeit:
O Herr lass diese Macht und Grösse
Besteh'n in alle Ewigkeit!
Er ist der Glanz des Herrscherthrones,
Der Majestät und Würde Schacht,
Des Reiches und des Volkes Schimmer,
Des Sieges Vater und der Macht.
78.77.76.75.74.73.72.71.70.69.68.67.66.65.64.63.62.61.60.59.58.57.56.55.54.53.52.51.50.49.48.47.46.45.44.43.42.41.40.39.38.37.36.35.34.33.32.31.30.29.28.27.26.25.24.23.22.21.20.19.18.17.16.15.14.13.12.11.10.9.8.7.6.5.4.3.2.1.Dritter BandDiwan des HafezLyrikḤāfeẓ, Šams o'd-din MoḥammadDer Buchstabe Je

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An ihre beiden Locken
Band Selma mir das Herz,
Und meine Seele klaget
Mir täglich ihren Schmerz.
Gott, lass mir Herzberaubten
Erbarmen angedeih'n,
Und bald, trotz meiner Feinde,
Mit ihr vereint mich sein!
Du Läugner der du sagest,
Ich liebe Selma nicht,
Du blicktest einer Luli
Wohl nie in's Angesicht!
Und wäre dir geworden
Ein Herz, das meinem glich',
In's Meer der Liebe tauchtest
Du sicher so wie ich.
Zu Füssen lege sühnend
Ich meine Seele dir,
Wenn, was nicht schicklich wäre,
Du je bemerkt an mir.
Den Kummer meines Herzens
Zu theilen sei dir Pflicht,
Denn, was dir möchte frommen,
Erblickest du sonst nicht.
O Bild, im düst'ren Grame
Der Leidenschaft für dich
Wandt' an den Herrn der Diener
Ich voll Vertrauen mich.
In deiner Lockenkrause
Verlor Hafis die Spur:
Im Schatten dunkler Nächte
Ist Gott ein Führer nur.
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Der Spiegel der Entäuss'rung zeiget
Das Strahlenlicht der Gottheit dir:
Ist ew'ge Liebe dein Verlangen,
Wohlan, so tritt herein zu mir!
Schaff' Wein herbei! Wenn auch die Hölle
Berühmt durch meine Sünden ist,
Übt Mōhămmēd denn doch ein Wunder,
Das Wasser auf ihr Feuer giesst.
Du treibst nur immer Gaukelspiele;
Doch das geziemt sich nimmermehr,
Denn der Gesandte Gottes sagte:
»Ich habe nie gespielt, o Herr!«
Wenn du in dieser Pracht und Schönheit
Vorüber wandelst an der Flur,
So folgen Lilien und Cypressen
Und alle Blumen deiner Spur.
Hafis, der Vogel deines Herzens
Fing sich im Netze der Begier:
Der du beschämt am Ird'schen hangest,
Sprich nimmer von Entäuss'rung mir!