Gedancken eines Vernünftigen/ bey Betrachtung seiner allzufreyen und wieder die Tugend laufenden Schreib-Art

[182] Cantata.

In dieser Einsamkeit kan ich nicht einsam seyn:
Es stellen sich itzt meine Fehler ein.
Ach! mein Gewissen schwärtzt die schwartze Sünden-Nacht/
Weil meine Feder hat manch schwartzes weiß gemacht.
Aria.

Herr Gott erbarme dich/
Sprich nicht das Urtheil über mich/
So meine Sünde hat verdienet.
Reiß doch aus mir die böse Lust/
Die dir am besten ist bewust/
Und noch im Hertzen grünet.
Was hat nun dein Verstand gethan/
In dem der Sieg des bösen Willen stecket?
Was mich erschrecket/
Der grünen Jugend schaden kan/
Und was die Tugend kräncket.
Kein Thier ist nicht so elend dran/
Als wie ein Mensch/ dem Gott Vernunft geschencket/
Und der sie nur zum bösen lencket.
Aus Uppigkeit floh' ich des Himmels Bahn.
Die Welt hat mich verführt/
Die schnöder Lust den Beyfall pflegt zu geben.
Ich wolt' ehr Gott/ als ihr zuwieder leben/
Und war dem Volcke gleich/
Das lieber jenes seelge Reich/
Als wie ein schönes Wort von Liebes-Lust verliehrt.
Ach! meine Poesie?
Die man des Himmels Sprache heißt/
War die Beredsamkeit der Höllen.
Sie war der Advocat/
Den wieder den Verstand ein Hertz gedinget hat/
Der beyde zu den Abgrund reißt.
[183]
Was man verkehrt geschrieben/
Ist ehe man noch stirbt unsterblich schon geblieben;
Es ist gedruckt/ und das Gewissen mit;
Es reitzet stets/ wenn uns die Reu betritt.
Was nun
Elender Mensch zu thun?
Hat sonsten dein Verstand
Die Gründe wissen auszusuchen/
Die das gebilliget/ was du nun must verfluchen/
So sey er nun zum guten angewandt.
Aria.

Fließt ihr Thränen/ brecht heraus/
Löscht die bösen Lieder aus.
Denn frolocke nach der Nacht/
Wenn des Himmels Klarheit scheinet.
Aber nimm dein Hertz in acht/
Sonsten bricht/ eh man es meinet/
Neue Dunckelheit ins Hauß.
Itzo fließt ihr Thränen raus/
Löscht die bösen Lieder aus.

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