[186] Hermann aus Walhalla

Sey denn Krieg, weil Krieg seyn muss! doch er schütze nur, röthe
Nicht in des Franken Heimat das Schwert;
Lehrerin ist der Sache Beschaffenheit Sehenden; Andern
Ist es Erfahrung allein.
Stürzen, über die Steine, und wieder stürzen, und wieder!
Dieses lehrt die Anderen erst,
Dass es da, wo umher sie wanderten, ebener Weg nicht,
Dass es steinichter war.
Weil sie denn also ganz noch erfahren nicht ist die Erfahrung,
Ganz ihr bitterer Kelch
Bis zu dem Hesen hinab noch nicht getrunken; so sollen
Tausende noch
[187]
Bluten? und weinen der Tausende mehr? Es sollen die Mütter
Sich die Söhne zur Stütze, die Braut
Ihren Gewählten umsonst herrufen vom schweigenden Schlachtfeld
Zum hochzeitlichen Tanz?
Lenken den Pflug der wankende Greis? Er sinkt, und die Gäule
Weiden die Saaten ihm ab.
Krieg denn, Krieg! doch gewarnt, wie er wurde, meid' er die Thäler
Galliens, wolle zu Krönungen nicht,
Nicht, zu entsagen dem, was dort Glückseligkeit scheinet,
(Ach einst war sie nicht Schein!)
Zwingen ein Volk, das lange schon kalt bey der Sterbenden Anblick,
Lang schon entglüht
War zu der Rache: er sey des eigenen Heerdes Beschützer,
Samle nicht welkende Lorber sich da,
Neue! Alles ist jetzo neu! drum muss auch die Kriegskunst,
Als Vertheidigerin,
[188]
Neu seyn! War sie nicht stets Erfinderin? und wenn die Weisheit
Sie auffordert, wär sie es nicht?
Jetzo wär' ihr das Feuer des Adlerblickes erloschen?
Schlief' ihr der sinnende Geist?
O ihr gelingt's, sie erfindet, den menschenschonenden, kalten,
Deutscheren Plan!
Streiter! der erste Schritt, der über die Gränze den Feind führt;
Fuhrt ihn in's Grab!
Täuschet er, fliegt er mit Heerchen herüber, so steigt in dem Rücken,
Auch nicht säumend, ein Wetter ihm auf.
Gegen den Anflug ist, durch Pfahl und Graben, das Strohdach,
Und die Bürgerhütte geschützt.
Wag' er sich denn, und eil' herüber; das stürmende Wetter
Stäubet ihn schnell vom Geschützten ins Feld,
Und dann kehrt kein Bothe zurück! Doch ich schweige von dieser
Tiefen Schande des Kampfs.
[189]
Kriegen, und rasen ist Eins; und es glücken der heilenden Kriegskunst
Nie der vernünftigen Stunden genug.
Hermann hab' ich schweben gesehn; er lächelte, sagte:
Sie erfinden den deutscheren Plan!
Selten nicht will man den Knoten der Fehde zerhaun; und zerhaut nicht!
Enkel! sicherer löset ihr auf.
Enkel, Krieg! ich beschwör' euch bey Siegmars Schwert', und bey meinem,
Aber cheruskischer Krieg!
Dennoch ist Friede die schönste der Lösungen. Lasset von Hlyn euch
Führen, von Freya zum Wagen im Hain!
Nossa gürte sich, führe voran die blutigen Wodan,
Thorr, und Tyr in den Hain!«
Und der Jüngling verschwand; mich aber trübte von neuem
Meine Schwermuth: Dass Krieg
Seyn muss, ob ihm gleich, dem thierischen Scheusal, das ehmals
Freye Frankreich Untergang schwur.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek