[1] [Johann Gottlieb Meister]
Curieuse Untersuchung des Solennen-Convents der Hexen
Auf dem Brockels-Berge
Aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzet
von M.M.

[1][3]

1.

I.N.I.
§. 1.

Es haben die lieben Alten der sel. Jungfer Walpurgis zu Ehren den ersten Tag des Mäy-Monats im Calender consecriret / wiewohl auch einige an diesen Tag die Nahmen derer beyden Apostel Philippi und Jacobi pflegen zu setzen. Nun gehet aber ein Geschrey / daß in der kurtz vorhergehenden Nacht der Teufel mit seinen getreuen Unterthanen denen Hexen des gantzen Teuschlandes einen Solennen-Reichs-Tag halten solle / da sie sich ihm aufs neue wiederum verpflichten /und ihm gleichsam huldigen müssen. Da man denn bey angehender Abends-Zeit an unterschiedenen Oertern / sonderlich auf denen Dörffern gemerchet / daß die Mägde allerley Laub und Kräuter / meistens aber den Hollunder zusammen tragen / Tisch / Betten /Fenster / Ställe u. andere Oerter damit bezeichnen /auch wohl drey [3] Creutze darzu schreiben / damit die vorbeyfahrende Hexen / nach ihrer Einfalt / ihnen nicht schaden mögen. Die Sache wird werth seyn / ob sie gleich euserlich etwas lächerlich scheinet / zu untersuchen und den Leser ein Stündgen Zeit zu seinen Nutzen zu verpassiren.

2.

§. 2.

Ehe wir aber zur Sache selbsten schreiten / und dieselbe beleuchten / wollen wir kürtzlich die gantze Beschaffenheit dieses Convents, wie man insgemein darvon saget / erzehlen. Es soll sich einsmahls eine Hexe dem Teufel mit einem Eydschwur verbunden / und nach vollbrachter Verbindung von den Obersten der Teufel einen gemeinen Teufel zu ihren Diener bekommen haben / welchen sie hernachmahls ihr Märtinchen genennet habe. Dieses Martinchen hat sie nun nicht allein auf solche Conventus 1 sich einzustellen sehr angetrieben / auch selbsten warhafftig hingeführet /sondern auch / wenn sie nicht gerne gewolt / aufs grausamste gemartert. Wollen sich aber die Hexen zu solchen [4] Convente einstellen / so müssen sie vorhero unterschiedene Characteres, Circul und andere Gauckeleyen machen / sie müssen sich auch schmieren und dabey gewisser Worte sich bedienen. Die Salbe /damit sie sich beschmieren / ist aus wunderseltzamen Sachen præpariret / meistens aber von ermordeten Kinder-Fette. Mit welcher Salbe sie entweder einen Stecken / Besen / oder sonst was darauf sie reiten will / beschmieret / zuweilen salben sie auch wohl gar ihre eigene Beine und andere Gliedmassen. Ob nun wohl der Teufel eine solche Hexerin ohne solcher Schmierung könte fortbringen / wie er es denn auch zuweilen thut / so läst er sie doch solche Salbe sehr häuffig gebrauchen / damit sie desto mehr Kinder muß ermorden / woran denn der Teufel seinen sonderlichen Gefallen hat / welches daher leichtlich erhellet / daß er ihr zulässet das erste mahl was zu borgen / hernach aber muß sie es selbsten von denen ermordeten Kindern zurichten. 2 Die Worte derer sie sich bey ihrer Farth bedienet / sind [5] gemeiniglich diese: Oben aus und nirgend an. 3

Fußnoten

1 Denn sie halten solche Zusammenkünffte öffters /doch ist dieser Conventus in der Nacht vor VValpurgis der solenneste.

2 Conf. Martinus Delrius Disqvisit. Magic. Lib. II.qvæst. 16. Et Simon Majolus dier. Canicular. Tom. II. Colloq. 3.

3 Vid. D. König Heptad. Cas. Consc. mifcell. cas. 2.

3.

[6] §. 3.

Das Instrumentum, das der Teufel zu dieser Fuhre gebraucht / ist bißweilen die Figur eines Bocks / Ochsens / oder andern Thieres / ich sage Figur / weil es kein warhafftig Thier ist / sondern nur bloß eine Gauckeley / bißweilen auch Rohr / Spinn-Rocken /Besen / Ofen-Gabel und dergleichen Geräthe. 1

Fußnoten

1 Conf. Nicolaus Remigius Lib. I. Dæmonol. c. 14.

4.

[6] §. 4.

Der Ort / da er sie hinführet / ist der Brockels-Berg /der höchste im Hartzwalde im Braunschweigischen Gebieth gelegen / auf welchen er alle Hexen / die er im gantzen Teutschlande hat / versamlet. 1

Fußnoten

1 Diesen Berg hat in einen feinen teutschenTractätgen Dn. M. Johannes Prætorius gar artig beschrieben.

5.

[6] §. 5.

Wenn er sie nun zusammen bracht hat / zündet er ein greßliches Feuer an / da setzet sich denn der Præses oder der oberste Teufel dieses Convents in gar heßlicher Gestalt eines Bocks oder Hundes auf einen Thron. Zu diesen müssen sich alle Hexen nahen ihn anzubethen / nicht zwar alle zugleich und auf [6] einerley Weise / sondern bald mit gefaltenen Händen / bald kniend / stehend / bald rücklings / mit einen Beine hinckend / den Kopff auff den Rücken niederhangend / daß das Kin gantz oben den Himmel zu zu stehen komme. Darauff übergeben sie ihm Pech-Fackeln oder Kinder-Näbel zum Zeichen ihres Eydschwures und küssen ihm den Hintern / öffters ermorden sie wohl gar ihre Kinder / und opffern sie dem Teufel /und was am erschrecklichsten ist / so treten sie diejenigen Hostien / die sie bey Geniessung des Heil. Abendmahls im Munde behalten / und hernachmahls aufgehoben / in seiner Gegenwart mit Füssen. Nach solchen abscheulichen begangenen Sünden setzen sie sich zu Tische / und fahen an diejenigen Speisen zu verzehren / welche ihnen der Teufel zugerichtet oder sie selbsten mit sich bracht haben. Die Tische / dabey sie sitzen / sind unterschieden / und mit niedlichen doch auch zugleich recht lächerlichen Speisen besetzt / da denn bey einer jedweden Hexe ihr Teufel auf der Seite stehet / oder gegen übersitzet. Es fehlet auch bey diesen Schmause das Gebeth nicht / ehe sie anfangen zu essen / allein ihr Gebeth ist lauter Gotteslästerung /darinnen sie den Teufel als ihren Schöpffer und Erhalter [7] preisen. Sie speisen aber meistentheils in verlarveten Gesichtern. Nach gehaltener Tafel fahen sie an zu tantzen / so das jeglicher Teufel seine Hexe bey der Hand führet / und rücklings mit zusammen gefasten Händen und schwanckenen Köpffen wunderlicheCapriolen machet / und die heßlichsten Schand-Lieder dabey absinget / und sich hernachmals aufs ärgerlichste mit ihr vermischet. Hernach erzehlet eine jedwede Hexe / was sie vor Schand-Thaten verrichtet / je mehr sie nun ausgeübet / je besser sie gelobet wird /wenn nun eine nicht arg genug gewesen / so wird sie graß geprügelt. Letzlich beschencken sie sich untereinander mit gewissen Pülvergen und Giffte / und ruffen sich ihres Præsidis oder Abgottes decret zu. 1 Rächet euch an euren Feinden / sonst werdet ihr sterben müssen. 2

Fußnoten

1 Ulcicismini vos alioqvin morlemini.

2 Conf. Schotti Physicam curiosam Lib. I. c. 23. paragr. 6.

6.

[8] §. 6.

Von diesen Convente, wie auch aller andern und vorhergehender transportation dessen Ceremonien haben nun jederzeit viel Gelehrte gestritten / ob es warhafftig und [8] und in der That also geschehe? Einige haben es affirmiret und zugegeben / daß die Hexen durch Hülffe des Teufels zu solchen Schmause / tantzen /und anderer Uppigkeit warhafftig transportiret würden. Andere nicht wenige haben es negiret und halten es vor ein rechtes lauteres Teufels-Gemählde und Gauckeley. 1

Fußnoten

1 Vid. citatus Delrius. Gilbertus Voëtius Disp. Theolog. Selectar. P.I.p. 948. Caspar Schottus loc. cit.

7.

[9] §. 7.

Ob nur allein die Seelen derer Hexen sich zu diesenConvent machen / und die Leiber daheime lassen / hat man nicht sonderlich zu untersuchen nöthig / ob gleich ein gelehrter Franzose solches hat statuiret /maßen ja solches kein gesunder Philosophus, ich geschweige ein accurater Theologus jemahls wird vorgeben / weil eine solche Existenz der Seelen ausser dem Leibe / u. hernach die wiedervereinigung mit dem Leibe der gantzen Natur zuwider ist / und eine warhafftige Todten-Aufferstehung inferiret / welche doch GOtt allein zukömmet / und dem Teufel als einen spiritu finito unmöchlich ist. 1 Und ob [9] gleich die Hexen solches wollen bekräfftigen / so muß man solches ihren verrückten Verstande und des Teufels Gauckeleyen zuschreiben. Ich geschweige / daß sie sich selbsten verrathen / denn die Seele allein kan nicht schmausen / tantzen und dergleichen Sachenexerciren.

Fußnoten

1 Vid. Sperling. in Synops. Phys. p. 85. Et Jacob Martini in Dissert. de Magic. actionibus.

8.

[10] §. 8.

Ist demnach die Frage de toto supposito von den gantzen Menschen aus Seel und Leib bestehende: Ob derselbe warhafftig transportiret / und zu diesen ärgerlichen Convent gebracht werde? Hier ist nun die gemeinste Sentenz nicht so wohl der fürnehmste Theologorum / sondern auch der berühmtesten Juristen in Italien / Hispanien und Teutschland diese: Wir halten sicherlich aus hochwichtigen Ursachen dafür / daß solches ein pur lauters Gauckel-Spiel des Teufels und in der That nichts sey. 1

Fußnoten

1 Quam sententiam adducit supra cit. Delrius.

9.

[10] §. 9.

Dieses geben wir endlich dem Teufel wohl zu / daß er aufs allerschnelleste einen Menschen vom einen Ort zum andern fortbringen könne. Denn die Macht derer Geister [10] erstrecket sich so weit / daß ihnen alles Leibliche / was die Veränderung des Orts betrifft / gar leichte unterwürffig ist / wie denn die Behändigkeit der Englischen Natur das einmahl ergriffene mit schnellen Lauff forttreibet. Dort brachte der Engel dem Habacuc / welchen er bey den Kopff erwischet /innerhalb weniger Zeit aus Judæa in Babyloniam und von dannen wieder zurück. 1 Ein anderer ergrieff denPhilippum, welcher von Jerusalem nach Gaza reisete / und führete ihn gen Asdod 2. Es will zwar solche Argumentation der Ulricus Molitor 3 nicht wohl gelten lassen / massen seiner Meynung die conseqvenz nicht gar zu richtig / und die Macht der guten Engel nicht gleich auch solche Macht in denen bösen argirte; Allein er wird ja gestehen müssen / daß die Macht der bösen Engel so groß als der guten Engel sey / denn es haben bey ihren Abfall die bösen Engel nur die Gnaden-Gaben verlohren / nicht aber die Natur-Gaben /ob sie gleich in etwas geschwächet sind.

Fußnoten

1 Dan. 14. v. 35. seq.

2 Act. 8. v. 26. seqq.

3 Lib. 8. de Python. mulieribus.

10.

[11] §. 10.

Man hat nicht so wohl in Göttl. Schrifft als [11] als auchProfan-Scribenten solcher leibl. Fortrückung Exempel genung. Hat nicht der Teufel den HERRN JESUM selbsten aus der Wüsten auf die Zinne des Tempels geführet / und von dannen auf einen sehr hohen Berg. 1 Alciatus 2 und mit demselbigen Philippus Camerarius 3 wollen zwar solches in Zweifel ziehen / aber sie torquiren den Text recht augenscheinlich. 4 Hat sich nicht Simon der Ertz-Zauberer vermittelst der Hülffe des Teufels in die Lufft erhaben / und in derselben herum geschweiffet / biß er endlich durch das kräfftige Gebeth des Apostels Pauli / oder wie andere wollen Petri herunter gestürtzet und sein Leben jämmerlich geendet. 5 Ja man hat öffters erfahren /daß der Teufel solch Teufels-Gesinde in die höchste Lufft öffters mit klagen und heulen geführet hat.

[12]

Fußnoten

1 Matth. 4. v. 5. seqq.

2 Lib. 8. Parerg. c. 22.

3 Centur. l.c. 72. horar. subcisiv.

4 Vid. D. König. loco supra cit.

5 Diesen Simoni hat Kayser Claudius eine vortreffliche Ehren-Seule aufrichten lassen mit dieser Inscription: Simoni Sancto Deo. Vid. Egesippus Lib. 3.Excid. Hieros. c. 2.

11.

[13] §. 11.

Ob dem nun gleich also / so hat man doch auch vielmahl erfahren / daß die Hexen so sehr sich auch solcher ihrer Farth / Zusammenkunffts / und niedliches Tantzes gerühmet / aufs klügste vom Teufel hintergangen / indem sie zu Hause in ihren Betten / auf den Bäncken / oder auch wohl gar auf der Erden gelegen /und mit einem tieffen Schlaff befallen gewesen. Daraus man denn Sonnenklar siehet / daß es mit nichten warhafftig geschehe / sondern ein pur lauteres Gedicht und Affenwerck des Teufels sey. Damit aber der Sachen desto mehr zu glauben / so will drey Exempel anführen / ob gleich an mehrern kein Mangel / und soll vor diesesmahl diese Regul: Omne trinum perfectum, alle gute Dinge drey / mein Gesetz seyn. Der selige Doctor Lutherus 1 hält solche Hexenfarth durch die Lufft vor ein pures Teufels-Gedichte / und beweiset es mit einem artigen Exempel. 2 Es habe einsmahls eine alte Hexe Johann Käysersbergen / als er öffentlich solche [13] Hexenfahrt verworffen / und als eine lügenhaffte Teufels Fabel castigiret / zu sich geruffen / und damit sie bewiese / daß solches kein Fabelwerck / sondern eine warhafftige Kunst des Teufels wäre / in Meynung den Prediger zu Schanden zu machen / habe sie sich in Beysein seiner beschmieret /auf eine Gabel gesetzet / und sich gewisser Worte vernehmen lassen. Als sie nun den Augenblick habe wollen auffahren / sey sie in einen tieffen Schlaf gesuncken / wunderliche gestus gemachet / über welchen gesticuliren sie auch von der Banck gefallen und ein Loch in Kopff gestossen / biß sie endlich nach etlichen Stunden wieder zu sich selbsten kommen / da sie denn aus ihren Fall und Wunde ihrer Gauckeley überführet / ob sie gleich noch so viel woltegesehen und erfahren haben. Ein anderes erzehlet Simon Majolus 3 daß eine alte Hexe zu Burdegala in Franckreich vor den Rath bekant / daß sie nebst vielen zu solchen wöchentlich Zusammenkünfften wäre gehohlet worden / da sie einen grossen Bock hätten angebetet / und auf seinen Befehl GOtt verschworen / dem Teufel hingegen zu dienen geschworen / und darauf ihm die pudenda [14] küsset / getantzet und allerley Pülverchen empfangen. Wie solches ein vornehmer gehöret 4 und die Warheit solcher Farth gerne erfahren wollen / weil sie aber im Gefängniß sich nicht unterstanden / vorgebende / sie könne es im Carcer nicht vollbringen / habe er sie lassen heraus führen. Darauff habe sie sich nackend ausgezogen / mit vielen Fette beschmieret / bald aber drauf zur Erden nieder gesuncken / und nach verfliessung 5. Stunden erst wieder zu sich selbst kommen / aufgestanden und viele wunderliche Dinge erzehlet / welche man mit Fleiß /um zu erfahren / ob dem so sey / ausgeforschet / und auch also befunden. Das Letztere erzehlet Paulus Grilandus. 5 Es habe einsmahls ein Sabinischer Mann eine Frau / welche eine Hexe wieder sein Wissen gewesen / gehabt / wie denn auch andere Leute ihr solches nicht öffentlich zeugen dürffen / sondern nur heimlich gemuthmasset. Er habe sie aber etliche mahl gefraget / ob sie es denn mit solchen losen Gesinde hielte / oder wohl gar eine [15] von der Art wäre? Als sie nun solches beständig geleugnet / ob gleich derRumor ie grösser ie ärger von ihr ward / und bewährte Leute diesen Manne die Boßheit seines Weibes entdeckten / maßen sie ja mit dergleichen Leuten umgienge / von welchen kund und offenbahr / daß sie Hexen wären / machte sich ihrer Schand-Thaten theilhafftig und tourniert des Nachts mit / habe der Mann endlich beschlossen / ins künfftige genauer Aufsicht ihrer Thaten zu halten / und angefangen viel Nächte hinter einander fleißig und sorgfältig zu wachen / aufs genaueste Acht habende / ob auch die Frau zu solchen Teufels-Spiele oder andern Ubelthaten extravagirte /und habe also zwölff gantze Nächte schlaffloß zugebracht / die Frau stets im Bette bey sich liegend funden / dieselbe öffters befühlet / und nichts ungebührliches an ihr befunden / biß endlich nach Verfliessung weniger Tagen seine Frau nebst etlichen andern öffentlich solches Lasters beschuldiget / ins Gefängniß geworffen / und der Tortur überantwortet / da sie denn bekennet / daß sie mit ihren itzo mitgefangenen Gespielinnen öffters solchen schönen Spielen beygewohnet / habe auch Zeit und Stunde genennet. Der Mann hingegen habe betheuret mit einen hohen [16] Eydschwure / daß sie zu solcher Zeit und Stunde bey ihm gelegen in einem Bette / und daß er sie dazumahl mit Fleiß etliche mahl berühret habe. 6

Fußnoten

1 Tom. I. Jenens. p. 126.

2 Hoc exemplum affert ex Johanne Keysersbergio Concionatore Argentinensi.

3 Loco superius allegate.

4 D. Belottus libellorum supplicum Magister.

5 Juris Consultus Italus tractat. de Sortileg. quæst. 7. num. 6. quem adducit B. Carpzovius in practicis crinina. libus.

6 Noch weitläufftiger kan solches untersuchet werden aus Olai Magni, Tostati Majoli. Carpzovii. Grillordi und andern angezogenen Büchern.

12.

[17] §. 12.

Denn es kan ja der Teufel seine mancipia die Hexen als ein alter Ertz-Schalck und tausend Künstler also bey der Nase herum führen / und ihre innerliche und euserliche Sinne dermassen einschläffern und einnehmen / daß sie meynen / sie hören und sehen solche Sachen / die doch in rerum natura nicht geschehen können / welches man sonderlich warnehmen kan an wahnsüchtigen und melancholischen Leuten / was machen sich dieselbigen nicht öffters vor imaginationes? Was bauen sie nicht vor Festungen auf in ihren Köpffen? Was spintisiren nicht öffters auch vernünfftige Leute im Schlaff? und bilden sich ein / sie sehen im Geist solche miracula welche sie im Leibe nimmermehr würden erreichet / noch zu sehen bekommen haben? Warum solte denn nicht auch der Teufel /wenn er den Sinn eines solchen Weibes einnimmet /welchen er sich wegen ihres Unglaubens [17] auf GOttes Zulassen mancipirt / mit solchen wunderlichen Speculationibus und Phantastischen imaginationibus ihren Kopff anfüllet / daß sie sich im Traum einbildet / sie sey auf einen gewissen Convent, sehe unterschiedene so wohl bekante als unbekante Personen /schmause / tantze und treibe allerley Üppigkeit / halt auch dafür / daß es warhafftig im Leibe geschehe / ob gleich ihr ungläubiger Sinn von dem Teufel also betrogen und mit einer betrüglichen Lust erfüllet / dadurch er sie ie mehr und mehr als die Fische in seinen Hahmen alliciert und zu seinen Dienst locket.

13.

§. 13.

Solche Possen kan man auch wahrnehmen an denen Weer-Wölffen / oder wie sie sonst genant werden. Diese Leute bilden sich auch ein / sie werden in Füchse / Wölffe / Haasen / Katzen / und andere Thiere verwandelt / und verrichten nach ihrer Phantasie dererselben Actiones / kriechen auf Dächern / durchlauffen Felder / zerreissen Vieh / und was dergleichen wunderseltzame Einbildungen seyn / dergleichen Leute es sonderlich geben soll in [18] Preussen und Lieffland. 1 Da doch solche productio, u. immutatio derer Thiere der gantzen Natur und also auch dem Teufel unmöglich ist / daher man auch diejenigen / welche sich eingebildet / sie seyn durch Hülffe des Teufels in Füchse verwandelt worden / in einen tieffen Schlaff liegend funden. 2 Ein merckliches Exempel dessen erzehlet Dn. Michael Mei, 3 welches er von einen vornehmen Manne selbsten gehöret / der es in Lieffland mit seinen eigenen Augen gesehen / daß ein solcher Weer-Wolff daselbst gewesen / der auch von vielen andern Menschen ist betrachtet worden. Dieser sey einsmahls zur Erden niedergesunckē in einen tieffen Schlaf wie ein Klotz gantz unbeweglich / so daß er auch nicht hat können aufgewecket werden / darauf ihn einige wacker zerschlagen / doch ohne alle Empfindung /auch eine kleine Wunde ins Gesicht geritzet. Als er aber endlich erwachet / habe er angefangen von grossen Wunderthaten zu reden / die er verrichtet / wie er durch die Wälder gelauffen / so viel Schafe zerrissen /und Heerden zerstreuet / und [19] und da sie ihn gefraget /wo er denn die Wunden im Gesicht bekommen / geantwortet: es habe ihm ein Hund gekratzet / da er eine Heerde Schafe angefallen. Als sie aber gefraget /wovon denn sein gantzer Leib so roth / hat er repliciret: Es wäre vom Hirten-Stabe / welcher ihn da er sich an die Schafe gemacht / als einen Wolff damitbastioniret. 4

Fußnoten

1 Vid. Peucerus de Divinat. p. 160.

2 Vid. supra cit. Camerarius horar. subcisiv. Cent. 1. p. 328.

3 In disput. de λυκανθρωπία.

4 Vid. Peucerus loc. cit. & Bercmannus Annot. sup. Metamorph. Ovidii fab. 2.

14.

[20] §. 14.

Daß aber der Teufel eben dergleichen Phantasmata in diesen Farthen und Conventen denen Hexen vorhalte /gestehen ja selbsten etliche Hexen / indem sie vorgeben / wenn sie aus gewissen Ursachen nicht gerne wollen selbsten dabey seyn / besorgende / sie möchten verrathen werden / daß sie dennoch durch Hülffe des Teufels alles sehen können / was nur auf solchenConventibus vorgenommen werde. Wie es damit zugehe / zeiget Jacobus Sprengerus: 1 Nemlich sie legen sich in aller Teufel Nahmen [20] schlaffen / und zwar auf die lincke Seite / darauf gehet ein blauer Dunst aus ihren Halse / in welchen sie gleichsam als in einen Spiegel alles aufs genaueste / was nur auf solchen Conventiculis passiret / sehen können. Solte denn nicht der Teufel / was er einmahl thun kan / auch das andere mahl vollbringen können?

Fußnoten

1 In Malleo Maleficarum Tom. I. Part. II. Qvæst. I.p. 260.

15.

[21] §. 15.

Wolte aber jemand sagen / man könte es wohl zugeben / daß der Teufel zuweilen ein solch glaucoma und Schattenwerck denen Hexen vormahle / es geschehe aber nicht allezeit / und müsse man einen Unterscheid machen / unter einen Phantastischen und warhafftigen Convent, jenen könne man wohl zulassen / dürffte aber deswegen diesen nicht flugs leugnen. So antworte / sie sagen mir doch erst / was sie vor ein Fundament zu ihrer distinction haben? Ists nicht die blosse Aussage derer Hexen / welche nach ihrer betrogenen Einfalt dafür halten sie sein warhaftig zugegen / bald per imaginationem oder zum Schein / da sie doch auch nur imaginarie solche Conventus besuchet / wenn sie so feste gedencken / sie seyn warhafftig dabey gewesen / und daß diesem so sey / zeigen sattsam obige Exempel

16.

[21] §. 16.

Bleibts demnach dabey / daß alles mit dieser Uberfarth Convent und der dabey vorfallender Begebenheit lauter Teufels Gauckeley und Narrentheidung sey. Denn die Hexen gebrauchen ja / ihre Uberfarth zu befördern / gewisse Characteres, Circul und andere Narrenspossen / welche doch nichts helffen / qvantitatis enim nulla efficacia. Das andere / als gewisse Stunden auf den Brockels-Berge seyn / schweren /opffern / anbeten / schmausen / tantzen / fleischlich vermischen / und einander die verübten Schand-Thaten erzehlen / ist von gleicher Wichtigkeit.

Der geneigte Leser überlege es nach der accuratenbilance seines judicii, er wird adstipuliren. Wie ich denn vor diesesmahl nichts mehr hinzu setze als das


E N D E. [22]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek