VorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

Joseph Franz Ratschky
Gedichte

[3] Vorrede

Wohlan, es sey!
Auch ich will's wagen,
Was ich in Tagen
Der Wonne, frey
Vom Joch der Sorgen,
Und fern vom Zwang,
Dem grauen Morgen
Entgegensang,
Dem Vaterlande
In diesem Bande
Trotz allem Dräun
[3]
Der Zoilaster
Und Kritikaster
Getrost zu weihn.
Zieht hin, ihr Spiele
Der Jugendzeit,
Wo, unentweiht
Vom Weltgewühle,
An Klio's Arm
Mir fern vom Schwarm
Der Sauertöpfe
Manch Lied gedieh!
Zieht hin, Geschöpfe
Der Phantasie,
Die im Genusse
Der frohsten Musse
Mein Geist gebar!
Zieht hin in Frieden!
[4]
Die holde Schaar
Der Pieriden
Mög' auf der Bahn
Zum hochgeweihten
Parnass hinan
Euch sanft geleiten!
Verzagt nicht gleich,
Ihr meine Lieder,
Wenn hin und wieder
Im deutschen Reich
Sich Journalisten
Kühn wider euch
Zur Fehde rüsten!
Oft ist ihr Muth
Nur Kinderwuth,
Und halten Männer,
Die man als Kenner
[5]
Des Schönen ehrt,
Euch lieb und werth,
So lasst die frechen
Pedanten schreyn,
Die insgemein
Nur Sylben stechen!
Doch solltet ihr
Mit Pfefferdüten
Und Zuckerhüten,
Wie Löschpapier
Je, klein zerstückelt,
Um Häringe
Herumgewickelt,
Als Flüchtlinge,
Gleich hundert andern,
Das Land durchwandern,
Nähm' euch das Heer
[6]
Der lockern Schneider
Zum Mass für Kleider,
Ja fänd' ich leider!
Euch ungefähr
In Käseläden
Bey Leichenreden,
Busspredigten
Und Fasts Scharteken,
Bey kritischen
Bibliotheken
Und Zeitungen
Zu meiner Schande,
O so verweilt
In diesem Stande
Der Schmach nicht! eilt
Im schnellsten Trabe
Nur bald zu Grabe,
Und sträubt euch nicht;
[7]
Ein schlecht Gedicht
Bringt seine Schwächen
Durch Widersprechen
Nur mehr an's Licht.
Wenn aber (schüchtern
Hoff' ich's) die Welt
Beglücktern Dichtern
Mich zugesellt,
Wenn ihr zu Zeiten
Durch eure Kunst,
Ihr sanften Saiten,
Bey wackern Leuten
Mir Beyfall, Gunst
Und Lieb' erringet,
Wenn's euch gelinget,
Ihr Liederchen,
Schwermüthigen
[8]
Ihr Leid zu mindern,
Wenn ihr, geschätzt
Von schönen Kindern,
Lehrt und ergetzt,
Und mir hiernieden
Die kurze Frist
Mit Lust versüsst,
So seyd zufrieden
Mit diesem Lohn,
Wenn euch auch schon
Des Nachruhms Adel
Ein Recensent
Dreist aberkennt,
Und euch den Tadel
Der Enkel dräut!
O mir gedeiht
Ein Bisschen Ehre
Bey Lebenszeit
[9]
Mehr, als die leere
Unsterblichkeit.
Was hilft im Grabe
Der Nachruhm mir,
Wenn ich dafür
Kein Ohr mehr habe?
Der verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[10] [13]Der verpachtete Parnass

Furth nächst Göttweig im Herbstmond 1775.


Der Musengott war lange schon
Auf seine Jünger böse,
Weil am geweihten Helikon
Beym stäten Mordgetöse
Der zügellosen Dichterschaar
Kein kluges Wort zu sprechen war.
Des Morgens Herold, Vater Hahn,
Entkroch dem stillen Bette
Der Henne kaum, so hörte man
Auch schon die tolle Mette,
Oft trieb der scythische Tumult
Apollen von dem Bücherpult.
[13]
Er liess sich von Thaliens Hand
Den Fliegenwedel reichen,
Und zwang die Herrn, bis an den Rand
Des Pindus zu entweichen:
Allein beym nächsten Morgenroth
Gerieth er in die alte Noth.
Einst ward dem Gott der Kopf so warm,
Dass er in's Weinhaus eilte,
Wo Bachus oft mit seinem Schwarm
Die halbe Nacht verweilte.
Bon soir, sprach Thyrsiger, mon Cher!
Silen! lang' einen Sessel her!
Sprich, Bruder Phöbus! was, beym Styx!
Bringst du für neue Zeitung?
Freund! sprach Apoll nach einem Knicks
Mit Mienen voll Bedeutung,
Ich hab' es hin und her bedacht,
Ich gebe den Parnass in Pacht.
[14]
Für hundert Stück Zechinen bist
Du heuer Herr der Dichter,
Und was für dich ein Hauptpunkt ist,
Du wirst durch neun Gesichter,
Die Momus selbst sich nicht erkühnt
Zu tadeln, Tag und Nacht bedient.
Ha! schrie der Traubenvater auf,
Der Handel lässt sich hören:
Ich gebe dir den Handschlag drauf.
Topp! ohne viel zu schwören!
Was gilt's? beym nächsten Festtagsschmaus
Sieht mir der Pindus anders aus.
Stracks rief er seiner Dienerschaft,
Den Satyrn und Mänaden,
Und gab Befehl, den Rebensaft
Hübsch hurtig aufzuladen,
Und Evoe! nun gieng's im Nu
Dem steilen Dichterhügel zu.
[15]
Der ganze Pindus lief, als man
Den Zug ersah, entgegen,
Wie, wenn dem Hafen Schiffe nahn,
Die Waarenträger pflegen.
Willkommen, Nektar! nur herab!
Rief man, und lud die Fässer ab.
Der Wein lag kaum im Keller fest,
So hatten auch, beym Plunder!
Die Herrn Poeten schon den Rest,
Und plötzlich stand, o Wunder!
Wo man sonst Lorberwälder sah,
Ein ganzer Hain von Reben da.
Nun war alltäglich Bachanal:
Man soff sich halb zu Tode.
Ein derber Rausch beym Abendmahl
Ward allgemach zur Mode.
Da schleuderte man Teller, Topf
Und Krug einander an den Kopf.
[16]
Oft sucht' ein trunkner Dichterling
Ein Küsschen zu erschleichen:
Allein die keusche Mus' empfieng
Den Faun mit Backenstreichen.
Wie hurtig schlich mit seinem Lohn
Das junge Herrchen sich davon!
Die Musen wollten anfangs noch
Vom Traubensaft nichts hören:
Bald aber liessen sie sich doch,
Bescheid zu thun, bethören.
Pfui, Mädchen, pfui! besorgt ihr nicht
Ein kupferfarbiges Gesicht?
Die rasche Pachtzeit strich vorbey,
Und Phöbus kam nun wieder:
Schon fern durchdrang ihm das Geschrey
Der Säufer Mark und Glieder.
Er trat, vor Ärger starr und stumm,
In sein entweihtes Heiligthum.
[17]
Seit dieser Zeit versucht' er zwar
Gelindigkeit und Strenge:
Allein noch tönen immerdar
Unbändige Gesänge
Von Nektarglut und Traubennass
Herab vom taumelnden Parnass.
Wem immer nur ein Reimchen glückt,
Prahlt in den schalsten Jamben,
Dass ihm der Wein den Kopf verrückt:
Es hagelt Dithyramben,
Und mangelt Wein, so stimmet man
Beym Wasserkrug ein Zechlied an.
An NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[18] An Nadinen

Nach Horazens drey zehnter Ode im ersten Buch.


Wien im Wintermond 1775.


Wenn dich mein Ohr den Schwanenarm,
Den Rosenhals Amynts, Nadine, preisen höret,
Wie fühl' ich dann mit bangem Harm
Von reger Eifersucht mein pochend Herz empöret!
Die Farbe weicht, es starrt mein Blut:
Manch Tröpfchen, das geheim zur Wange niedergleitet,
Verräth in mir die wilde Glut,
Die, langsam nagend, sich bis in das Mark verbreitet.
[19]
Ich brenne, wenn, vom trunknen Streit
Entstellt, dein Busen oft unbändig sich beweget,
Und mit verwägner Lüsternheit
Der Satyr einen Kuss dir auf die Lippe präget.
O traue nicht der Leidenschaft
Des Flüchtlings, dessen Herz ein dauernd Bündniss scheuet,
Und der den Kuss, den in den Saft
Des Nektars Cypris taucht, so faunenhaft entweihet!
Beglücktes Paar, das Unbestand
Und Leichtsinn nie entzweyt, das Hadersucht nicht kennet,
Und dessen festes Liebesband
Gott Amor erst am Rand des Schattenreiches trennet!
WarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[20] Warnung

Wien im März 1776.


Ihr Herren, die ihr euch, verführt von eitler Ehre,
Den Namen starke Geister gebt,
Und bloss nach dem Gesetz, das die Natur gab, lebt,
Die ihr der frommen Vorwelt Lehre
Zum Ziel profanen Witzes macht,
Der Blindheit unsrer Ahnen lacht,
Euch lieblos des Verfalls der Bonzenherrschaft freuet,
Und Klausnerheiligkeit als Gleissnerey verschreyet,
Die ihr auf Bann und Interdikt
[21]
Mit stolzem Lächeln niederblickt,
Und sie als Gaukelspiel verachtet,
Ja selbst die Hölle wenig achtet,
Verwägne! spitzt die Ohren nur,
Und höret, was mir jüngst (noch klappern mir die Zähne
Bey der Erinnerung an diese Schreckenscene)
Zur Mitternachtzeit wiederfuhr!
Ich stand auf einmal an der Pforte
Zu jenem unterird'schen Orte,
Von dem manch Buch mit Recht so böse Ding' erzählt,
Und wo, von gleicher Pein gequält,
Der Erde stolze Potentaten
Mit armem Bettlervolk auf einem Roste braten.
Rings um die Mündung wallte hoch
Ein dicker Dampf empor, der schwefelähnlich roch:
Es herrschte weit und breit ein schaudervolles Schweigen,
[22]
Und da ich weder Mensch, noch Their
Entdeckte, wagt' ich es, gereitzt von Neubegier,
Den finstern Schacht hinabzusteigen.
Doch stellt euch mein Entsetzen vor!
Kaum war ich innerhalb der Schwelle,
So schloss mit wildem Knall sich hinter mir das Thor,
Und ach! ich armer Tropf befand mich in der Hölle.
Dem Wandrer, neben dem ein Blitz herabfährt, gleich,
Stand ich, bis in das Mark erschüttert, stumm und bleich,
Und streckte zitternd beyde Hände
Verzweiflungsvoll empor: doch eh' ich mir's versah,
War schon ein scheusslich Unthier da,
Das einem Teufel der Legende,
So wie ein Ey dem andern, glich.
Wen sucht er, brüllte fürchterlich
Der Unhold, hier bey uns? was führt ihn von der Erde
[23]
Zur Unterwelt herab? will er an Satans Herde
Sich wärmen? Nur herbey! ... Ein kalter Schauer lief
Bey diesem Antrag mir vom Kopf bis zu den Füssen
Durch jedes Glied. Nein, nein, ich bitte, rief
Ich zitternd, nur das Thor mir wieder aufzuschliessen.
Gemach! erwiedert' er, so ist es nicht gemeint:
Wer einmal hier ist, guter Freund!
Muss nolens volens sich bequemen,
In Ewigkeit bey uns fürlieb zu nehmen.
Drum denk' er ja an keine Wiederkehr!
Das Privilegium, von hier einst loszukommen,
Das Abbadona sich, so wie ich jüngst vernommen,
Erschlichen haben soll, erhält wohl keiner mehr.
Auf! folg' er mir, wohin ich ihn geleite!
Nur da hinaus zur linken Seite!
Mein Sträuben half hier nichts; drum gieng ich willig mit,
Wir wanderten ganz sachte, Schritt für Schritt,
[24]
(Denn wo kein Scheiterhaufen glühet,
Bey dem man Sünder brät und brühet,
Ist's, wie sich leicht erachten lässt,
Nicht wenig finster in der Hölle)
Und kamen endlich an die Stelle,
Wo Seelen ohne Zahl, in Pfannen eingepresst,
Gebraten auf dem Rost, und aufgehenkt an Spiessen,
Für eines Stündchens Lüsternheit,
Die keinem Beichtiger zur österlichen Zeit
In's Ohr geflüstert ward, nun ewig schmachten müssen.
O Himmel, hilf! welch ungeheure Schaar
Verworfener von mancherley Gelichter
Bot rings umher sich meinen Blicken dar!
Hier schnitt ein Potentat erbärmliche Gesichter,
Und rief: ich Thor! warum gab ich des Volkes Schweiss,
Den öffentlichen Schatz nicht meinen Bonzen preis?
Ich wäre dann wohl fern von Satans Bratenwender,
[25]
Ja stünd' als Heiliger im römischen Kalender.
Dort riss ein Philosoph das Haar sich aus dem Kopf,
Und heulte laut: weh mir! ach! hätt' ich armer Tropf
Doch alles blind geglaubt, und meine dreiste Nase
In kein profanes Buch gesteckt,
So läg' ich nun nicht hier auf Kohlen hingestreckt,
Und wär' im Himmelreich bey meiner alten Base.
Dienstfertig und galant, wie jeder Franzmann ist,
Kam Meister Rabelais, mich freundlich zu empfangen,
Und als er mich wohl zwanzigmal geküsst,
Begann er mich auf mein Verlangen
Mit der verwägnen Frevlerzunft,
Die, was von Bändigung der menschlichen Vernunft
Die schwarzen Herrn von ihrem Dreyfuss sprachen,
Nicht achtete, bekannt zu machen.
[26]
Hier, sprach er, sehen Sie den Spötter Lucian,
Den Erbfeind frommer Scharlatane,
Der lächelnd dem verjährten Wahne
Die Spitze bot. O Freund! das ist ein Wundermann,
Der durch des Witzes Talisman
Nicht selten selbst dem bösen Feinde
Ein Lächeln abgewinnen kann.
Die ganze höllische Gemeinde
Ist ihm von Herzen zugethan.
Dort sitzt Professor Bayl', und sinnt auf neue Zweifel,
Wodurch er dann und wann die Existenz der Teufel
Auch hier trotz allem, was er sieht
Und höret, ungewiss zu machen sich bemüht,
Bis Lucifers Gefolg zu neuer Wuth erwachet,
Und ihn ein schwarzer Polyphem
Unwiderlegbar fühlen machet,
Des Teufels Wirklichkeit sey mehr als ein Problem.
In einer heissen Tonne sitzend,
[27]
Und, einem Braten gleich, am ganzen Leibe schwitzend,
Seufzt in dem Winkel dort der arme Dechant Swift,
Der einst des Spottes ätzend Gift
Hohnlächelnd auf Kalvin und auf den Papst zu triefen
Sich unterstand, und drum itzt in den Tiefen
Des Höllenschlunds, vermaledeit
Von zweyer Kirchen Theologen,
Die er durch seinen Kiel sich auf den Hals gezogen,
Sich hinterm Ohre kratzt, und, was er schrieb, bereut.
In jener Ecke harrt schon vorlängst auf Voltären
Nicht fern von Lucian ein unbesetzter Stuhl,
Falls Frankreichs Bonzen nicht, eh' ihn der Feuerpfuhl
Mit Haut und Haar verschlingt, den alten Gauch bekehren.
[28]
Noch zeigte Meister Rabelais
Im traulichen Gespräch mir manchen, dessen Schriften
Beym blinden Layenvolk so vieles Unheil stiften,
Und der dafür nun ewig Ach und Weh
Im Höllenabgrund ruft. So ist denn wirklich, dachte
Ich endlich bey mir selbst, so ist denn alles das,
Was ich von Satans Reich in Kochems Werken las,
Kein blosses Märchen? und erwachte.
O möchte doch diess grässliche Gesicht,
Ihr losen Spötter, euch zur ernsten Lehre dienen!
Möcht' euer frecher Mund der Hölle Strafgericht
Kein Pfaffenmärchen mehr zu schelten sich erkühnen!
Doch leider! hör' ich schon die Herren eures Schlags
Auch über diese Warnung spassen:
»Mit Lucian und seinen Schülern mag's
»Sich selbst im Höllenpfuhl nicht übel leben lassen.«
Ja, Freunde, dürfte man dort unten sich die Zeit
[29]
Durch munteres Gespräch und frohen Witz vertreiben,
So stünd' auch meine Hand bereit,
Durch Ketzereyn sich wund zu schreiben.
Allein beym mindsten Scherz, der euch entschlüpfet, giesst
Ein Teufel, der schon alt und wetterlaunisch ist,
Euch siedend Pech auf's Haupt: dann lasst ihr's gerne bleiben.
Drum, meine Herren, überdenkt
Die Sache reiflich, und beschränkt
Die leidige Vernunft um eures Heiles willen!
Bereuet, widerruft, wirkt Buss', und schreibt Postillen!
Denn wahrlich, wahrlich sag' ich euch:
Die Ewigkeit ist lang, zumal im Höllenreich.
Der Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[30] Der Barde und der Minnesänger

Wien im April. 1776.


Ihr Götter, helft! ein Waldgott, dünket mich,
Und Don Quixot' aus Mancha raufen sich.
Welch eine Scene! Lasst uns näher gehn! ...
Ey! hab' ich je was Tolleres gesehn,
So strafe Venus mich mit einem Kuss
Von Chloens welken Lippen! Bergelfuss,
Der Barde, balgt mit Niethard Effterkrum,
Dem Minnesänger, sich auf's Blut herum.
Ein alter Kranz von Eichenblättern laubt
Sich bardenhaft um Bergelfussens Haupt:
Sein schnurrend Instrument, die Harfe, hängt
Ihm auf dem Rücken: seinen Leib umfängt
Ein Bärenfell. Den süssen Niethard schmückt
Ein Panzer, dessen Glanz das Aug' entzückt:
Der bunte Schild, den seine Linke führt,
[31]
Ist minniglich mit Hulda's Bild geziert,
Für die er lebt und webt. »O edles Paar!
»Was soll der Zwist? verschonet euer Haar
Und eure Fäuste!« »Kühner Fremdling! Wir
Entscheiden nach den Dichterrechten hier
Den Werth und Vorrang unsrer Lieder. Doch
Du kömmst uns, wie gerufen: weile noch!
Du sollst der Schiedsmann seyn.« Sie setzten ganz
Vertraulich nun, der Barde seinen Kranz,
Und seinen Schild der werthe Rittersmann,
Zum Wettpreis auf, und Bergelfuss begann:
Auf! reichet mir die Leichenruthe
Und Odins Schlachthemd von der Wand!
Mich lüstet's, ha! nach Armyrs Blute.
Den Tyr den Schiffweg hergesandt.
Hulda! dir nur bin ich pflichtig,
Keinem Fräulein sonder dir;
Wank und Trug verschwör' ich: züchtig
Traun! ist meine Kussbegier.
[32]
Kommt, Klingenröther, Flammenschwinger,
Zu Gonduls Hagel lad' ich euch:
Kommt, schickt den feigen Methverschlinger
Hinab nach Hela's Schlangenreich!
Deine preislichzarten Hände
Und dein Mündlein sind fast schön:
Wonnespenderinn! ohn' Ende
Wollt' ich dir in's Äuglein sehn.
Da soll in Naftronds Mördertiefen,
Wo Lok, der Göttertäuscher, heult,
Ihm Drachengift in's Antlitz triefen,
Bis Skoll einst Imers Licht ereilt.
Hey! wie wär's mir so behäglich,
Bötst du mir den Minnekuss!
Und wie ächzt mein Sang so kläglich,
Weil ich soldlos minnen muss!
[33]
»Genug, beym Herkules! genug für jetzt,
Sonst berst' ich vor Entzücken. So ergetzt
Mich oft das, Säuseln eines Sturmwinds nicht,
Als, Bergelfuss, dein göttliches Gedicht.
Wie wenn Megärens Schoosshund, Cerberus,
Den Husten hat (des weiten Erebus
Entfernteste Gewölbe schütteln sich,
Wenn er sich räuspert) so erschüttert mich
Ein jeder Ton von dir. Und Niethards Lied
Fliesst lieblich fort, wie man ein Bächlein sieht
Gar sanftiglich durch Wüsteneyen hin
Sich schleichen ... Allerliebst! Verzeiht, ich bin
Nicht kühn genug, den Urtheilsspruch zu thun.
Gehabt euch wohl, und lasst die Fäuste ruhn!«
An meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[34] An meinen kranken Freund Leon

Wien im May 1778.


Ich bin gesund: wie steht's mit dir, mein Lieber?
Ist's wirklich Ernst, dass dich ein böses Fieber
Drey Tage schon nicht aus dem Bette lässt?
Ey, Freund! das ist ein arger Hausarrest.
Und wär's nur noch in trüben Wintertagen,
Da liesse sich's viel leichter übertragen:
Allein im Lenz, im anmuthvollen Lenz
Ist allerdings ein solches Akcidenz
Ein Streich, bey dem selbst Epiktet, die Zierde
Der Stoiker, ein Bisschen fluchen würde.
Du dauerst mich, o armer Pazient!
Indessen wir, das blaue Firmament
Ob unserm Haupt, im grünen Prater sitzen,
Musst du daheim im warmen Pfühle schwitzen.
[35]
Statt deines Kleists und Bürgers liegt ein Wisch
Von Recipe auf einem Nebentisch:
Statt Lottens sitzt, mit einer Staatsperücke
Belastet, dir der Arzt auf dem Genicke:
Statt eines Tranks von frischem Haberbier
Bedient man dich mit einem Elixir.
Ihr Götter, helft! Zevs, Juno, Athenäa,
Apoll, Merkur, Mars, Bachus, Cytherea,
Und wie ihr bass nach Rang und Dignität
In Griechenlands und Roms Legenden steht,
Helft meinem Freund; sonst traun! bey meiner Ehre!
Sonst schimpf' ich laut auf eurer Priester Lehre,
Und falle stracks dem Bardenglauben bey.
Doch Scherz und Ernst! nimm fleissig Arzeney,
Und halt Diät; denn sieh da! zum geringsten
Erwart' ich dich, mein Trauter, diese Pfingsten.
O komm gewiss! Erdbeeren harren dein,
Dick angeschwellt mit Bisambergerwein.
König Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[36] König Arnulphs Hasenjagd

Wien im Herbstmond 1778.


Im Jahr des Heiles, ungefähr
Achthundert Fünf und Neunzig,
Griff König Arnulph zum Gewehr:
Es folgt' ihm nur ein kleines Heer,
Doch an Bravur war's einzig.
Fern, sprach er, in der Römer Land
Ist Meuterey entstanden:
Auf, Kinder! lasst, in's Kriegsgewand
Gehüllt, uns mit bewehrter Hand,
Walt's Gott! den Unfug ahnden!
Diess Aufgebot war Gross und Klein
Gar lieblich zu vernehmen.
Dortorts, rief man, wächst süsser Wein:
Kommt, lasst uns guter Dinge seyn!
Den wollen wir schon zähmen.
[37]
Nun fördert Arnulph sich, zu ziehn
Wohl gegen Wälschlands Gränzen.
Schon kömmt er bis nach Florenz hin,
Und allerwärts empfängt man ihn
Mit tausend Reverenzen.
Nur bey den stolzen Römern war
Ihm Thür' und Thor verriegelt.
Sie aufzubieten, sandt' er zwar
Zween Boten: doch das gute Paar
Ward schimpflich fortgeprügelt.
Erbosst rief Arnulph: »Habt ihr so
Das Völkerrecht in Ehren?
Ihr Lotterbuben! lichterloh
Soll eure Stadt mir flammen! ... O!
Ich will euch Mores lehren.
[38]
Auf, Brüder! zähmet das Geschmeiss!
Lasst uns die Stadt berennen!«
Potz Blitz! nun ward den Römern heiss:
Der Stadtrath sprang, als ob der Steiss
Schon anfieng' ihm zu brennen.
Für diessmal galt wohl auch fürwahr
Kein Zaudern und Besinnen;
Denn sieh! der Deutschen wilde Schaar
Sucht schon, trotz jeglicher Gefahr
Die Wälle zu gewinnen.
Wohl sieben Stunden kämpfte man
So derb von beyden Seiten,
Dass ringsum Blut wie Wasser rann,
Bis allgemach die Nacht begann
Den Schleyer auszubreiten.
[39]
Genöthigt wendeten nunmehr
Die Deutschen die Standarten,
Und Arnulph, sinnend hin und her,
Beschloss, ein glücklich Ungefähr
Im Lager abzuwarten.
Rom, das den Feind schon für verzagt
Und muthlos hielt, verlachte
Des Königs Heer, bis eine Jagd
Urplötzlich, wie die Chronik sagt,
Dem Spott ein Ende machte.
Ein Rammler aus dem nahen Hain
Sprang schüchtern vor den Wällen
Der Stadt umher, und hinterdrein
Ein Spürhund und mit derbem Schreyn
Ein Schwarm von Weidgesellen.
[40]
Halb Rom, vom heftigen Rumor
Der Jagenden betroffen,
Lief, ohne Hut und Roquelaur,
Ripsraps beym Tempel aus, und Thor
Und Angel blieben offen.
Der König sah am Horst hinab
Der Flüchtigen Gedränge,
Halt! rief er, lasst vom Hasen ab!
Was soll euch Einer? dort bergab,
Dort kriegt ihr eine Menge.
Nun gieng's aus einem andern Ton.
Seht! spornstreichs galoppiren
Die Jäger nach: doch ferne schon
Hört man die Memmen um Pardon
Und Gnade lamentiren.
[41]
Bewegt ward Arnulph, frank und frey
Sie alle heimzuschicken:
Doch liess er, Rom zu Schimpf und Scheu,
Von Fünfzigen je Zwey und Zwey
Mit Hasenschwänzen schmücken,
Wenn solche Ordenszeichen heut
Zu Tag noch Sitte wären,
So würd' auch wohl zu unsrer Zeit
Manch liebes Söhnchen aus dem Streit
Damit nach Hause kehren.
Über Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[42] Über Leons Tonsur

Wien im Weinmond 1778.


Aequam memento rebus in arduis

Seruare mentem.

Horat.


Ey, Meister Gottlieb! fangt doch an,
Mal freundlich drein zu gucken!
Ihr seht ja aus, als zwänge man
Euch Heerlinge zu schlucken.
Wer kann, wenn Ihr es für und für
So treibt, in Euch sich finden?
Ihr schleicht herum, als solltet Ihr
Erlahmen und erblinden.
[43]
Pfui doch, Gevatter, pfui! entsagt
Dem stäten Spintisiren!
Was nützt's, dass Ihr Euch selber plagt?
'S hilft doch kein Protestiren,
Müsst Eure Scheitel schmücken sehn
Mit einem Zopfperückchen;
Denn denkt, so kahl herumzugehn,
Das wär' ein feines Stückchen.
Zwar säh' ich diess mein schwarzes Haar
So jämmerlich verschnitzeln,
Ein solcher Streich würd' unfehlbar
Auch mich gar höchlich kitzeln.
Allein mit Gunst! den weisen Mann
Macht kein Geschick verlegen:
Er stellt, wenn er's nicht ändern kann,
Dem Unglück Trost entgegen.
[44]
Seht! geht's Euch mal wie Absalon,
(Habt Euch's doch wohl notiret,
Was man in Parua schon davon
Uns zu Gemüth geführet,
Als wir als Diktatoren dicht
An dem Katheder sassen,
Und, um den Judenstaat uns nicht
Viel kümmernd, Kirschen assen?)
Ihr könnet dann gar säuberlich
Dem Lanzenstoss entrinnen:
Ihr lasset die Perück' im Stich,
Und tummelt Euch von hinnen.
Drum, wie gesagt, ermannet Euch,
Und hängt nicht stäts die Ohren!
Ihr habt ja doch kein Königreich
Durch Euern Zopf verloren.
[45]
Seyd froh, dass Ihr der Todsgefahr
So leichten Kaufs entkommen,
Und diessmal mit dem Büschlein Haar
Der Tod fürlieb genommen.
Astronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[46] Astronomische Observazionen eines Dorfpfarrers

Zum Behuf gewisser Ehemänner seines Kirchsprengels.


Wien im April 1779.


Kommt, Kinder, die ihr wissen wollt,
Was über euern Köpfen rollt,
Wie's steh' um Sonn- und Mondenlicht,
Hört eures Pfarrers Unterricht!
Der Erde Nachtlicht, wie bekannt,
Wird Luna, oder Mond genannt,
Und was euch oftmals Kraut und Kohl
Versengt, heisst Sonne, fiue Sol.
[47]
Der Mond, ni fallor, stellet zwar
Zum Schein den Herrn vom Hause dar:
Doch muss er, wie in unsrer Welt,
Meist thun, was seinem Weib gefällt.
Kaum steigt Frau Sonn' in ihrem Lauf
Am hohen Himmel stolz herauf,
So macht der arme Hauspatron
Sich über Hals und Kopf davon.
Denn seht! wie sie einherspatziert,
Mit goldnen Spitzen schamarrirt,
Indess ihn, um und um befleckt,
Ein Kleid von Flittersilber deckt.
Sie gönnt ihm keine bessre Tracht,
Und dennoch schämt in ihrer Pracht
Die Stolze seines Anzugs sich:
Diess kränkt den Armen bitterlich.
[48]
Er lässt, wenn sie sich drob entzweyn,
Sich oft in einen Zweykampf ein:
Doch geht er stäts den Abend drauf
Blutrünstig und verschwollen auf.
Bey solcher Wirthschaft, dächte man,
Sey's um den Nachwuchs schlecht gethan:
Allein sie brüten, wie ihr seht,
Von Sternen eine Quantität.
Und dieses ganze Sternenheer
Muss nachts Herr Mond oft kreutz und queer,
Gleich einer alten Kindermagd,
Spatzierenführen, bis es tagt.
Denkt, wie ihn all das quälen muss!
Und trotz dem stäten Hausverdruss
Sieht einen doch der gute Mann
Fast immer lieb und freundlich an.
[49]
Drum, liebe Christen, die ihr hier
Versammelt seyd, denkt für und für,
Wenn Zank und Hausverdruss euch quält,
Was euer Pfarrer euch erzählt!
Tragt's mit Geduld! Fiel doch dem Mond,
Der hoch in Gottes Lüften wohnt,
Und stolz auf unsern Erdenkloss
Heruntersieht, kein besser Loos.
Auf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[50] Auf die Entzündung des Pulverthurms in Wien

Wien im Brachmond 1779.


Noch steh' ich da, verwirrt, betäubt und bange,
Mit starren Augen, leichenblass,
Die Füsse schwach und wankend, Stirn' und Wange
Von kaltem Angstschweiss nass.
Denn ach! ich sah die schreckliche Verheerung,
Wie unter Prasseln Stein und Kloss,
Emporgetrieben durch des Pulvers Gährung,
Hoch in die Lüfte schoss.
[51]
Ich sah, wie ringsum, gleich ergrimmten Schlossen,
Die Kugeln unter Wuth und Graus
Mit donnerndem Geknalle niederschossen
Auf Garten, Feld und Haus;
Sah aufgeschlitzt die Mauern der Gebäude,
Der Dächer Giebel eingedrückt,
Die Flur mit Schutt bedeckt, und Buch' und Weide
Wie schwaches Rohr zerknickt.
Noch hallt das Schreyn der Säuglinge, das Wimmern
Der Mutter, die ihr Kind verlor,
Der bange Todeslaut der unter Trümmern
Zerquetschten mir im Ohr.
Ha! welch ein Anblick! Ach! auf jeder Seite
Der grässlichen Verwüstung Spur:
Hier Leichen, dort noch wild im Todesstreite
Die kämpfende Natur.
[52]
Ein Unmensch ist's, den nicht die schwarze Scene
Des Elends zum Erbarmen zwingt,
Dem sanft und mild des Mitleids edle Thräne
Nicht in das Auge dringt.
O sieh! wie rang Theresens Sohn die Hände,
Und stand voll bittern Jammers da,
Als er, umringt von Reihn zermalmter Wände,
Das wilde Schauspiel sah!
Sein Blick entdeckt ein Schlachtfeld voll von Todten:
Doch klomm er mit entschlossnem Sinn
Von Schutt, auf Schutt, und sandte seine Boten,
Zu retten, her und hin.
Gott lohn' ihm für die väterliche Liebe!
Gott lohn' ihm! Hohe Dankbegier
Füllt jedes Herz, und mit dem wärmsten Triebe
Der Inbrunst bitten wir:
[53]
Erhalt ihn uns! verleih ihm deinen Segen,
O Gott, und deiner Allmacht Schutz!
Dein Engel sey auf allen seinen Wegen
Der Hüter seines Muths!
Über den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[54] Über den Tod eines Stutzers

Wien im Heumond 1779.


Weint, ach! weint, ihr süssen Herrchen!
Ritter Marcipan ist todt.
Seht! hier liegt das arme Närrchen,
Ähnlich einem Liebesgott.
An Erfindung neuer Moden
Für das ganze Stutzerreich
That's von allen Stadtpagoden
Keine weit und breit ihm gleich.
Sagt, wer duftete von süssen
Wohlgerüchen je so sehr?
Und wer liebte Leckerbissen,
Meth und Zwieback so, wie er?
[55]
Held Achill, der Trojens raschen
Hector einst Respekt gelehrt,
Ward als Kind im Styx gewaschen,
Und mit Löwenmark genährt.
Aber Marcipans Frau Mutter
Tauchte diesen kleinen Tropf,
Glaub' ich, in ein Fass voll Butter
Oder in den Honigtopf.
Syrupp, Milchkoch, süsse Süppchen,
Zuckersäftchen aller Art
Klebten unserm lieben Püppchen
Immer an dem Pflaumenbart.
Sieh! drum ward der Held so schwächlich,
Wie von Gyps ein Wackelmann,
Zart und niedlich und zerbrechlich,
Gleich dem feinsten Porcellan.
[56]
Musst' er in der Traufe gehen,
So zerfloss er, gleich dem Salz:
Blieb er in der Sonne stehen,
So zerrann er euch, wie Schmalz.
Und diess Püppchen musste fallen!
Ach! ein Kork, den ungestüm
Des Schampagners Kraft mit Knallen
Ausstiess, fuhr an's Näschen ihm.
Leblos sank das arme Närrchen
Von dem sammtnen Stuhl hinab:
Weint, ach! weint, ihr süssen Herrchen!
Weint an eures Helden Grab!
BalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[57] Ballade

Wien im Sommermond 1779.


Ein trotziger Ritter im fränkischen Land,
Im Spiele der Waffen gar rühmlich bekannt,
Bestieg einst, umgürtet mit Panzer und Schwert,
Zum Streite zu wandern, sein muthiges Pferd.
Schon hatt' er so manche gefährliche Nacht
Im Dienste der Waffen getreulich durchwacht,
Als plötzlich ein rüstiger Knecht vor ihm stand:
»Gott grüss' euch, Herr Ritter vom fränkischen Land!
»Gott grüss' euch!« so sprach er, und neigete tief
Das Haupt vor dem Ritter. »Wer sendet dich?« rief
Ihm dieser entgegen, »was suchest du hier
»Im Waffengetümmel? was bringest du mir?«
[58]
»Ach leider! ich bringe gar bösen Bericht:
»Seyd mannhaft, o Ritter! entsetzet euch nicht!
»Denn wisset, das Fräulein daheim auf dem Schloss
»Hat heimlich getragen ein Kindlein im Schooss.«
Kaum hörte der Vater die schreckliche Post,
So fasst' ihn ein Schauer. »Auf!« schrie er erbosst,
»Auf! sattelt das Pferd mir! ich brenne vor Wuth,
»Ich brenne, zu rächen mein adelich Blut.«
Und als er nur abstieg im einsamen Schloss,
Da sprang er voll Wuth auf sein Töchterlein los:
»Wo ist der Verführer, du Hurengezücht?
»Wo ist er, der Bube? verläugne mirs nicht!«
»Ach, Vater! ach, glaubt nicht dem lügenden Ruf;
»Mein Herz ist so rein noch, als Gott es erschuf.«
So sprach sie noch förder manch gleissendes Wort:
Umsonst! er ergriff sie, und schleppte sie fort.
[59]
Er schleppte sie fort in ein finstres Gemach:
»Komm,« sprach er, »du Reine! komm, folge mir nach!«
»O Vater, mein Vater! wo führt ihr mich hin?
»Ach! Gott sey mir gnädig! was habt ihr im Sinn?«
»Du sollst's wohl erfahren, du sollst es wohl sehn!«
So sprach er, und hieb sie, trotz Bitten und Flehn,
Mit Dornen und Geisseln so heftig und lang,
Bis stromweis das Blut aus den Adern ihr drang.
Itzt sank sie wohl nieder im finstern Gemach:
Ihr Auge ward dunkel, ihr Odem ward schwach.
»Lasst ab, o mein Vater! erbarmet euch mein!
»Der Himmel mög' euch es und mir es verzeihn!
»Verwahret mein Kindlein, und pflegt es ja gut!
»Denn ach! es ist Chilperichs königlich Blut.«
»Oh!« seufzte der Ritter, »Gott sey es geklagt!
»O Töchterlein, hätt'st du das eher gesagt!«
[60]
Und sieh, als der stürmische Winter verfloss,
Zog Chilperich selber vor's einsame Schloss.
»Gott grüsse dich, Ritter vom fränkischen Land,
»In Waffen und Schlachten gar rühmlich bekannt!
»Dein schönes, dein züchtiges Fräulein zu freyn,
»Verliess ich mein Lager am brausenden Rhein:
»Drum bist du's zufrieden, so führe mich hin,
»So gieb ihr den Segen und lass sie dann ziehn!«
»Wohl wär' ich's zufrieden, wohl liess' ich sie ziehn!
»Doch leider, o König! mein Kind ist dahin.
»Dort siehst du den Grabstein am Hügel hinauf:
»Ach! wachsen schon gelbliche Blümlein darauf.«
Und sieh da! kaum endet der Ritter, so fährt
Aus Chilperichs Scheide das flammende Schwert:
Hoch fährt es empor in des Königes Hand,
Und strecket den Ritter dahin in den Sand.
[61]
»Fahr hin,« sprach der König, »du trotziger Mann!
»So hast du es meiner Geliebten gethan.«
Drauf hub er das Kindlein zu sich auf das Ross,
Und weinend verliess er das einsame Schloss.
Ix und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[62] Ix und Ypsilon, ein Dialog

Bey Gelegenheit der itzigen Rechtschreibungsunruhen in Deutschland.


Wien im May 1780.

X.

Freund Ypsilon, mein theurer Nachbarsmann,
Was hast du vor? warum im Reiserocke?
Warum versehn mit diesem Wanderstocke?
Wozu das Haar in einen Kadogan
So pilgerlich hinaufgeschlagen?
Sag an, mein Freund, wo geht die Reise hin?
Y.

Ach, Nachbar Ix! lass dir mein Schicksal klagen,
Und sprich, ob man in diesen Tagen,
[63]
Wo die Verbessrungssucht von Hamburg bis nach Wien
Gleich einem Strom sich anfängt auszubreiten,
Wo jedermann an Sprach' und Glauben fegt,
Feilt, glättet, zwacket, stutzt und egt,
Um Tresp' und Unkraut auszureuten,
Bis gar zuletzt kein Weitzen übrig bleibt,
Urtheile, Freund, ob man in diesen Zeiten
Den Undank nicht auf's höchste treibt.
Ich diene nun schon unter Deutschlands Fahnen,
Wie du wohl weisst, so manches lange Jahr,
Liess nie zu meiner Pflicht mich mahnen,
Gieng allenthalben hin, wo ich zu brauchen war.
Mein stolzer Vetter I hielt's jederzeit für Schande,
Der letzte Mann im Glied zu seyn:
Ich trabte stäts statt seiner hinterdrein,
Und nun zum Lohn jagt man mich aus dem Lande.
X.

Du dauerst mich: doch, Freund! man legt dir viel zur Last;
[64]
Man nennt dich einen schlauen Griechen,
Der, Parasiten gleich, im Anfang nur als Gast
Ganz demuthsvoll ein Plätzchen sich erschlichen,
Und nun nicht loszubringen sey.
Man hält dich überdiess für völlig überley,
Und Meister I, aus deutschem Stamm geboren,
Ist wirklich schon an deine Stell' erkoren.
Y.

Mich wundert nur, o Nachbar, dass man dich
Nicht ebenfalls von Haus und Hof verdrungen;
Bist du nicht auch in Griechenland entsprungen?
Wärst du nicht auch entbehrlich, so wie ich?
X.

Hm! du hast Recht: doch ich begnügte mich,
Und habe nicht wie du nach jedem Platz gerungen.
Ich hielt mich still, liess selten nur mich sehn,
Bloss um dem Falkenblick des Neides zu entgehn.
[65]
Wer klug ist, wird sich nie um allzuviel bewerben;
Man kömmt dabey am Ende stäts zu kurz:
Erschlichne Macht war einst der Tempelherrn Verderben,
Und jüngst der Jesuiten Sturz.
Wärst du wie ich von Ehrsucht frey geblieben.
Man hätte nie aus Deutschland dich vertrieben.
Y.

Zu spät kömmt nun dein wohlgemeinter Rath.
Zwar schützt mich noch Kanzlist und Advocat,
Die jederzeit mir hold und günstig waren:
Doch Philolog, Poet und Recensent
Und Pädagog sind wider mich entbrennt,
Sind fest gesinnt, ihr Ansehn nicht zu sparen,
Bis Deutschland ganz mich in die Acht erklärt.
Nun sprich, wo soll ich hin? Mein Griechenland ernährt
In seinem Schooss unwissende Barbaren:
Italiens beblümtes Paradies
[66]
Darf ich mit keinem Fuss betreten:
Auch Frankreich, ob es schon nicht völlig mich verwies,
Hat meiner doch nur halb und halb vonnöthen.
Du, England! warst von jeher mir geneigt,
Zu dir will ich Verstossener mich kehren.
Ha! deine Sprach', aus deutschem Stamm erzeugt,
Ist gastfrey, Fremden hold, und hielt mich stäts in Ehren.
O nimm mich auf, du freye Nazion!
Du Sitz der Duldsamkeit! du edles Albion!
An Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[67] An Herrn von Retzer

Johannstein am Sparbach im Sommermond 1780.


God made the country, and Man made the town.

Cowper.


Den Auserwählten geht's gewiss,
Obwohl in diesem Punkt die Bibel
So ziemlich uns im Dunkel liess,
In ihrem Paradies nicht übel,
Doch wahrlich nicht so wohl als mir
In diesem herrlichen Revier.
Befreyt von trocknen Amtsgeschäften,
Die Muth, Gefühl und Geist entkräften,
Lieg' ich hier ruhig hingestreckt
Im Schatten einer dunkeln Fichte,
[68]
Die mich mit ihren Zweigen deckt,
Und denk' an dich, o Freund! und dichte.
O welche Luft! rings um mich hin
Im finstern Thal, auf Felsensteinen
Prangt die Natur im frischen Grün
Von unermessnen Tannenhainen,
Ein schmaler Bach, der über Sand
Und Kiesel glitscht, und sanft den Rand
Des bunten Ufers küsst, verschwistert
Sein süsses Plätschern mit dem Laut
Des Morgenwindes, der vertraut
Die Blätter meines Buchs durchflüstert.
Von Moos und Dorngesträuch verhüllt,
Steht dort auf jener Felsenspitze,
Mit scheuen Eulen angefüllt,
Der Rest von einem Rittersitze,
Den einst zu unsrer Ahnen Zeit,
Wie mich ein Landmann hier belehrte.
Der Muselmänner Grausamkeit
Mit räuberischer Hand verheerte.
[69]
Diess Schloss giebt meiner Neubegier
Oft Anlass zu gelehrten Fragen:
Wer führt' es auf? wer hauste hier?
Doch niemand weiss mir das zu sagen.
Durch dunkles Dickicht klettr' ich dann
Mit meinem Stabe frisch und munter
Den höchsten steilsten Berg hinan:
Da seh' ich froh in's Thal hinunter,
Und staune mein Stück Arbeit an,
Als hätt' ich wer weiss was gethan.
So fliesset Tag für Tag, mein Lieber!
In's Meer der grauen Zeit hinüber,
Und täglich wächst in mir der Hang
Zu dichterischem Müssiggang.
Oft, wenn mit wonnetrunknen Blicken
Mein Aug' im fröhlichsten Entzücken
Die stille Gegend übersieht,
Wünsch' ich im Ernst als Eremit
Mir eine Zelle hier zu bauen:
[70]
Doch eitle Wünsche! Das Geschick
Fasst bald mich an mit ehrnen Klauen,
Und schleppt mich nach der Stadt zurück.
Dann lebet wohl, ihr Dämmerungen
Des kühlen Walds! Um Lohn gedungen,
Kriech' ich an meine Ruderbank,
Wo ich dem Gram erliegen würde,
Erleichterte dein Bücherschrank
Mir, Theuerster, nicht meine Bürde.
LiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[71] Liebeslied

Wien im Herbstmond 1780.


Ich labe gern an deinen holden Wangen,
An deinem Mund, o süsses Klärchen, mich,
Kann stundenlang an deinen Blicken hangen,
Bin in der Welt nie froher, als um dich.
Ich mag so gern an deine Brust mich schmiegen,
Die sich empor zu meiner Wange bläht,
Und lauschen so in wonnigem Vergnügen,
Bis spät der Mond am hohen Himmel steht.
Denn süss, o süss sind treuer Liebe Freuden:
Das blinde Glück mag seinen Überfluss,
Mag Ruhm und Macht, an wen es will, vergeuden!
Mir gnügt ein Blick, ein Händedruck, ein Kuss.
[72]
O lass uns stäts in trauter Eintracht leben,
Bis einst der Tag, der trübe Tag, erscheint,
An dem zugleich der Erde wir entschweben,
Und eine Gruft im Tod uns noch vereint!
Lob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[73] Lob des Weins

Wien im Herbstmond 1780.


O du, der du an mancher Tafelrunde
Mir Wonne gabst, o königlicher Wein!
Beseele mich, und lass mit frohem Munde
Mich deines Lobs entzückten Herold seyn!
Du offenbarst des Heuchlers schlauste Lügen,
Machst, Göttersaft! den Freund uns doppelt werth,
Und füllst das Herz mit traulichem Vergnügen,
Das Liebe selbst nicht halb so dauernd nährt.
Der Liebe Glut erkaltet mit den Jahren:
Ihr süsser Rausch fliegt nur zu bald dahin,
Indess, o Wein, noch Männer, grau an Haaren,
Trotz Schlag und Gicht, von deinem Feuer glühn.
[74]
Du stärkst den Geist, giebst Nahrung und Gedeihen,
Und strömest Kraft in alle Glieder mir,
Du tröstest mich, wenn Sorg' und Gram mir dräuen,
Und meinen Muth, wem dank' ich ihn, als dir?
Drum sey mein Freund! Von deiner Glut begeistert,
Wandr' ich beherzt durch's Labyrinth der Welt,
Bis einst der Tod, der alles übermeistert,
Auch mich dem Schwall der Schatten zugesellt.
An KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[75] An Klarissen

Wien im Weinmond 1780.


Klarisse! wie? ich hätte mich
So sträflich je an dir vergangen?
Ich nährte je nach fremden Wangen
In diesem Busen ein Verlangen?
Leichtgläubige! man täuschet dich.
Entzieh dein allzuwillig Ohr
Dem lügenzüngigen Gerüchte!
Die unverdächtigste Geschichte
Zeigt oft der Neid in falschem Lichte,
Und stellt für Wahrheit Lügen vor.
[76]
Lass deines Herzens Zuversicht
Von bösen Zungen nicht bethören!
Mich soll Verläumdung nie empören:
Mit kaltem Gleichmuth werd' ich hören,
Was Bossheit von dir arges spricht.
Drum sprich, soll Zwietracht und Verdruss
Auf ewig unsre Lieb' ersticken?
O nein! schon schlägt diess Händedrücken
Mir Frieden vor, und mit Entzücken
Nehm' ich ihn an in diesem Kuss.
An Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[77] An Herrn Blumauer

Johannstein am Sparbach im May 1781.


Als, rings bepflanzt mit wolkennahen Thürmen,
Das stolze Wien mir aus den Augen kam,
Und, vor der Glut der Sonne mich zu schirmen,
Der Brühl mich drauf in seine Schatten nahm,
Verband ich mich bey mehr als zwanzig Göttern
Mit einem Eid: die Sonne sollte nicht
Zum zweytenmal den Berg herüberklettern,
Es läge denn das stattlichste Gedicht,
So elegant, wie meines Wissens keiner
Im deutschen Reich, als etwan Unsereiner,
Zu schreiben pflegt, an dich, o Freund! bereit.
Doch da nun schon wir Dichter jederzeit
Beym Layenvolk für Lügenschmiede galten,
So liess es denn auch meine Wenigkeit,
So sehr ich sonst der Mann bin, Wort zu halten,
[78]
Dem Handwerksbrauch zu Liebe, hübsch beym alten;
Denn wirklich hat bereits zum viertenmal
Die kühle Nacht nun Flächen, Berg und Thal
Und Feld und Wald mit Dunkel rings umhüllet.
Und doch ist noch mein Eidschwur unerfüllet,
Und blieb' es auch, hätt' ein Gewitter hier
In's Gartenhaus mich nicht hereingeschrecket,
Und hätte nicht der Donner über mir
Mein schlafendes Gewissen aufgewecket.
So höre denn, was meine Neubegier
Von Ort zu Ort auf meiner Fahrt entdecket.
So wie ich mich durch einen breiten Strom
Von wallendem Getreide durchgewunden,
Stand Medling da, wo Gänse, wie zu Rom
Im Kapitol, am Thore Wache stunden.
Von dannen gien'gs ganz sachte durch den Brühl,
Wo plötzlich links der Rest von öden Mauern
Auf einem Fels, zu dem man ohne Schauern
Nicht aufsehn kann, mir in das Auge fiel.
[79]
Hier hatten einst in jenen Ritterzeiten,
Als man bey uns Begier und Muth zu streiten
Noch höher hielt als Wissenschaft und Witz,
Viel Herzoge von Östreich ihren Sitz.
Nun schlängelte die schmale Bahn sich mitten
Durch Klippen fort und durch das frische Grün
Des Wienerwalds, an Bächen, die mit Hütten
Umzingelt sind, bis zu dem Ziele hin.
Hier leb' ich nun so gänzlich abgeschieden
Von eurer Welt und ihren Plackereyn,
Dass ich nicht weiss, wie's ausser meinem Hain
Indessen geht, ob Krieg ist oder Frieden.
Heut morgens, Freund! als kaum die Sonne sich
Den Berg empor an meine Fenster schlich,
Gieng alsogleich die Reise nach der Klause
Zum heil'gen Kreutz. Hier zeigt vor der Karthause
Ein Kreutzgang sich, an Reitz und Anmuth reich,
Und weniger dem Weg zur Schädelstätte,
Als einer Bahn zum Paradiese, gleich;
[80]
Denn links erhebt sich eine kleine nette
Einsiedeley, mit Bäumen rings besetzt:
Zur Rechten winkt die niedlichste Kapelle
Zur Andacht hin, wobey die schönste Quelle,
Rein wie Krystall, ein Rasenplätzchen netzt.
Im Stifte selbst fand ich mit Missvergnügen
In einem Saal so manche Seltenheit
Bey Spielwerk oft, das höchstens Kinder freut,
Unordentlich, wie Kraut und Rüben, liegen.
Nebst andern ragt ein schöngeschnitztes Chor
Im Mittelpunkt des Tempels hoch empor,
Das einst ein Mönch, den, wie's so manchem gebet,
Kein guter Geist zur Reimerey entzückt.
Mit einer Art von Versen ausgeschmückt,
Wovon mir noch das Haar zu Berge stehet.
Lies sie nur selbst! kein Sylbchen ist verrückt:
Psalle Deo soli, sed voci parcere noli.
Hic locus est flendi, locus est peccata luendi.
Hic sta, ne cesses, venient post tempora messes,
Post fletum risus, mera gaudia, plus paradisus.
[81]
Psalle, sed attento resonet nisi corde, memento,
Quod, licet os oret, frustra tua lingua laboret.
Hic memor huius eris, ne orando mente vageris,
Et nequo fraudes, domini pia cantica laudes.
Noch hätt' ich dir, mein Bester! Vielerley
Von Bonzenstolz, Verstellung, Gleissnerey.
Unwissenheit und feisten Ordensbäuchen,
Von kupfrigen Gesichtern und dergleichen
Artikeln mehr sub rosa zu vertraun.
Allein ich mag mir keinen Scheiterhaufen
Im Höllenpfuhl durch meine Zunge baun;
Was hat denn auch ein Laye drauf zu schaun.
Ob Mönche sich kasteyen oder saufen?
Auch galoppirt bereits in vollem Lauf
Die düstre Nacht in ihrem Trauerwagen,
O Theuerster! den Horizont herauf,
Und zwinget mich, dir Lebewohl zu sagen.
Parodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[82] Parodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seyn?

Nach dem Englischen.


Wien im Herbstmond 1781.


Freyn oder nicht? Das ist die Frage!
Ob's klüger ist, dass man im wilden Drang
Der Leidenschaft nach jeder Dirne jage,
Als dass man plötzlich lebenslang
Sich in den Pfühl des Ehebettes tauche,
Und all das Feuer da verhauche,
Das die Begier in unsern Herzen nährt? ...
Freyn! ... was ist's mehr, als sich ein Weib zu nehmen?
Und durch ein Weib die Glut, die uns verzehrt.
Den Aufruhr der Natur, der stäts im Innern gährt,
Und der, o Fleisch, dein Erbtheil ist, zu zähmen,
Das ist, bey Gott! der wärmsten Wünsche werth.
[83]
Ha freyn! ... ein Weib! ... ein Weib? ... vielleicht auch einen Teufel! ...
Ey ja, da stockt's! denn dass so oft
Das zahmste Lamm als Gattinn unverhofft
Den Wolfszahn zeigt, das ist der Zweifel,
Der manchem Jüngling schon den Muth zur Ehe nahm.
Ha! wer ertrüge sonst der Mädchen Sticheleyen,
Der Metze frechen Blick, der Spröden Neckereyen,
Der Buhlerinn Verzug, verschmähter Liebe Scham,
Der Schönheit Übermuth, die das Verdienst verhöhnet,
Und einen Gecken oft zu ihrem Günstling krönet,
Wär's durch ein Weib so leichtlich gut gemacht?
Sagt, wer ertrüg' es dann, so manche schwüle Nacht
Allein zu seufzen und zu sinnen?
Wer schlenderte schamlosen Buhlerinnen
Heisshungrig nach, ertheilte nicht die Scheu
Vor etwas nach den Flitterwochen,
(Denn diese süsse Zeit glitscht selten ganz vorbey,
So wird, o Liebe, dir bereits der Stab gebrochen)
[84]
Dem wankenden Entschluss den wohlgemeinten Rath,
Viel lieber sich auf dem bekannten Pfad
Des Junggesellenstands durch's Leben durchzuschlagen,
Als in die Wüsteney des Ehstands sich zu wagen? ...
So machet Vorbedacht allein
Uns alle hagestolz, und daher sind die Wangen
Verliebter Mädchen insgemein
Bleich übertüncht von Sehnsucht und Verlangen,
Und Jünglinge, voll Mark und Saft,
Verschwenden ihre Jugendkraft,
Zum Trotz und Hohn der ehlichen Gesetze?
Am Busen einer feilen Metze.
An ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[85] An Themiren

Nach Horazens achter Ode im zweyten Buch.


Wien im Wintermond 1781.


O hätten zur Strafe gebrochener Schwüre
Die Götter ein einziges Härchen, Themire,
Dir jemals gekrümmet, so glaubt' ich auf's neue
An weibliche Treue.
Doch jeglicher Meineid, durch den du den Himmel,
Beleidigst, verschönert dich, und das Gewimmel
Der Jünglinge mühet sich doppelt, vor allen
Nur dir zu gefallen.
Vortrefflich gedeiht dir's, die Gottheit der keuschen
Diane durch sträfliche Schwüre zu täuschen,
Die Götter des ganzen Olympes durch Lügen
Und Frevel zu trügen.
[86]
Cythere mit ihrem Gefolg und der kleine
Schalk Cypripor, welcher auf blutigem Steine
Sich Pfeile schärft, sehn dich mit lächelnden Blicken,
Den Jüngling berücken.
Mit jeglichem Knaben reift auch dir ein neuer
Leibeigner: zwar dräuen die älteren Freyer
Dir oft, dich zu fliehn, doch du missest von deinen
Vasallen noch keinen.
Dein Reitz macht so manche von unseren Müttern
Für ihren milchbärtigen Herzenssohn zittern,
Und drohet der bangen Verlobten, ihr ihren
Adon zu entführen.
Die Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[87] Die Pfarrerköchinn und Schuster Veit

Der Inhalt ist aus einer alten Chronik.


Wien im Christmond 1781.


Ein Sohn des heil'gen Benedikt,
Herr Pfarrer Ambros Dinkel,
Soff wacker drauf, und unverrückt
Lag sein Brevier im Winkel.
Ja, was dem Bauernvolk durchaus
Nicht in die Köpfe wollte,
Er lebte mit der Magd im Haus
Vertrauter, als er sollte.
Doch murrte man auch noch so sehr,
So war doch alles eitel;
Er liebte seine Köchinn mehr,
Als selbst den Klingelbeutel.
[88]
Es gab auch in der Gegend da
Kein Kind, wie Jungfer Lene:
Wer im Vorbeygehn nur sie sah,
Dem wässerten die Zähne.
Es strotzten, von Gesundheit voll,
Der Dirne rothe Wangen:
Die Brust zersprengte, wenn sie schwoll,
Oft fast die Miederspangen.
Was es noch ferner schönes gab
Vom Kopf bis zu den Füssen,
Das würde, läg' er nicht im Grab,
Der Pfarrer besser wissen.
Denn Lene traun! liess ihrem Herrn
Nicht allzuhart geschehen;
Sie liebt' ihn. Zwar er keifte gern:
Allein beym Schlafengehen
[89]
Ward Lenchen nach Verdienst gerühmt,
Und man verglich sich wieder:
Sie legten, wie es Christen ziemt,
Nie unversöhnt sich nieder.
Doch Liebe, Glück und Einigkeit
Sind, wie des Hofes Gnaden,
Von kurzer Dauer. Schuster Veit,
Ein Kerl mit derben Waden,
Der sich auf's Schäkern wohl verstund,
Gieng Dinkeln in's Gehäge,
Und machte wohl nicht ohne Grund
Des Pfarrers Argwohn rege.
Lass, schrie der Pfaff' oft ungestüm,
Lass mir den Schuhknecht, Mädel!
Sonst jag' ich eine Kugel ihm,
Glaub's sicher! durch den Schädel.
[90]
Wie magst du doch, dem Galgenstrick
Und seinen Narrenpossen
Zu Liebe, dein gewisses Glück
Mit Füssen von dir stossen?
Doch stumpf war seine Redekunst;
Sie lässt durch seine schwachen
Schreckmittel keinen blauen Dunst
Sich vor die Augen machen.
Veit gilt, so sehr der Pfarrer schmäht,
Doch (mit Respekt zu sagen)
Mehr als die Herrn von A bis Z,
Die schwarze Röcke tragen.
Einst schleppte Pater Dinkel sich
Von einem Festtagssehmause,
Wie leicht zu denken, kümmerlich
Zu seiner Magd nach Hause.
[91]
Sein Bisschen Klugheit, deren Last
Ihn niemals viel gedrücket,
War, bis auf's letzte Quentchen fast,
Im Traubensaft ersticket.
Indess schlich Veit in's Pfarrhaus hin.
Was Veit und Lene thaten,
Wird, ohne mich zu Rath zu ziehn,
Der Leser leicht errathen.
Mit einem Wort, es gab so viel
Zu schwatzen und zu küssen,
Dass keins von beyden drauf verfiel,
Das Hausthor zuzuschliessen.
Durch diess Versehn kam ungehört
Mein Pfarrer in die Stube:
Hab' ich zur Unzeit dich gestört,
Rief er, vermessner Bube?
[92]
Dem Schuster ward nicht wenig heiss,
Doch heisser noch dem Pfaffen:
Er sprach: verfluchtes Hundsgeschmeiss!
Ich will mir Ruhe schaffen.
Schnell lief er weg, und kam voll Wuth
Mit einem Terzerole.
Wo, schrie er, ist die Henkersbrut?
Dass ihn der Teufel hole!
Doch Veit, der von des Pfarrers Zorn
Nichts gutes sich versprochen,
War fort, und hatt' in's nahe Korn
Indessen sich verkrochen.
Du Hure! sprich, ist das mein Lohn?
Fuhr Dinkel fort zu schelten,
Wo ist er? Halfst du ihm davon,
So magst nun du's entgelten!
[93]
Sie weint' und bat. Umsonst! er schoss
Sie durch's Gehirn: die Dirne
Sank todt dahin, und rauchend floss
Das Blut ihr von der Stirne.
Zur wohlverdienten Strafe glaubt
Ihr nun für sein Vergehen
Vielleicht des Thäters Hand und Haupt
Auf's Rad gepflanzt zu sehen.
Ihr irrt. Es ward der Kirchenrath
Zum Richter ihm bestimmet,
Und so ward, trotz der schwarzen That,
Kein Härchen ihm gekrümmet.
Denn wie mein alter Oheim spricht,
Auf den ich trau' und glaube,
Ein Geyer hackt den andern nicht,
Es wäre denn beym Raube.
[94]
Des Mörders Strafe war, ein Jahr
Kein Pfarramt zu verwalten,
Und sich von Kanzel und Altar
Und Beichtstuhl zu enthalten.
Veit unterdess auf Monatsfrist
Zum Arbeitshaus verdammet,
Weil er die Magd durch Zauberlist
Zu geiler Brunst entflammet,
Schrie fruchtlos von Partheylichkeit
Und Tyranney der Pfaffen,
Und schwur, sich selbst in kurzer Zeit
Am Pfarrer Recht zu schaffen.
Gesagt, gethan. Als Dinkel sich
Einst durch den Gottesacker
Mit Schaudern nächtlich heimwärts schlich,
Kam Veit, und rief: du Racker!
[95]
Suchst du vielleicht, wo Lene ruht?
Hier, mörderischer Drache!
Hier ist ihr Grab, hier schreyt ihr Blut
Zum Himmel laut um Rache.
Versöhne denn, so gut du kannst,
Mit Gott dich, und erwecke
Nun Reu' und Leid! denn lebend, Wanst!
Kömmst du mir nicht vom Flecke.
Als Dinkel drob sich sträubte, stach
Veit stracks ihn durch die Kehle.
Er sank dahin, sein Auge brach,
Und zückend schied die Seele.
Veit hatte zwar sich nach dem Mord
Zu flüchten nicht geweilet;
Er wanderte von Ort zu Ort:
Allein so schnell er eilet,
[96]
Gelingt's doch einem alten Weib,
Den Flüchtling auszuforschen,
Und sieh! man fällt den Schluss: sein Leib
Soll auf dem Rad vermorschen.
Kaum wurde diess ihm kundgethan,
So schrie er: seyd ihr Richter?
Nein, Buben seyd ihr Mann für Mann!
Nicht wahr? ihr Bösewichter!
Des Pfaffen That war gut und recht?
Der wusst' euch zu bestechen:
Allein mich armen Schusterknecht,
Mich wollt ihr radebrechen.
Und doch war er des Hochgerichts
Weit würdiger, der Schächer!
Er war ein Mörder: ich bin nichts.
Als eines Mordes Rächer.
[97]
So tobte Veit. Das Volk erfuhr
Des Delinquenten Schreyen,
Strömt' auf das Rathhaus los, und schwur
Den Schuster zu befreyen.
Man sucht' umsonst durch Flehn und Drohn
Des Pöbels Wuth zu kühlen:
Das aufgebrachte Volk drang schon
Bis zu den Richterstühlen.
Siegprangend ward vom Pöbel nun
Ein neuer Rath bestellet,
Und, um dem Volk genugzuthun,
Veits Urtheil so gefället:
Es werde, weil, was Veit verbrach,
Der Pfarrer auch verbrochen,
Das Urtheil, das man Dinkeln sprach,
Auch Veiten nun gesprochen!
[98]
Der Pfarrer durft' ein Jahr Altar
Und Beichtstuhl nicht verwalten:
So soll denn Veit sich auch ein Jahr
Der Schusterey enthalten!
Lied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[99] Lied der Treue

Wien im März 1782.


Schön sind die blumichten Matten,
Hold ist das blühende Reis,
Mild sind, im kühlenden Schatten
Gaukelnd, die Lüfte des Mays.
Aber dir weichen, o Beste!
Blumen und blühendes Reis,
Weichet die Milde der Weste,
Weichet die Anmuth des Mays.
Und o mein Alles! an Treue
Gleicht dir kein Weib in der Welt.
Arm bist du zwar: doch ich freye
Weder nach Würde, noch Geld.
[100]
Müsst' ich auch alles ertragen,
Wählen den schmählichsten Stand,
Brüdern und Freunden entsagen,
Fliehen mein mütterlich Land;
Müsst' ich in Wildnissen wohnen,
Hätt' ich zur dürftigen Kost
Täglich nur Wurzel und Bohnen,
Alles ertrüg' ich getrost.
Alles ertrüg' ich zufrieden;
Denn was dem Glücklichsten hier
Je das Verhängniss beschieden,
Alles das fand ich in dir.
Drum sollt' ich je dich verlassen,
Dich, die allein mir gefällt,
Dann mag der Himmel mich hassen,
Und mich verachten die Welt.
Grabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[101] Grabschrift eines Kleingläubigen

Nach dem Französischen des Chevalier Parny.


Wien im April 1782.


Hier liegt ein Mann, der, als er lebte,
Stäts zwischen Glaubenszweifeln schwebte.
Er gieng, den Kopf von Skrupeln voll,
Aus dieser Welt, um von den Schaaren
Im Reich der Todten zu erfahren,
Was man im Leben glauben soll.
An den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[102] An den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von Quarin

Wien im Brachmond 1782.


Gekrönt mit Veilchen, liess in rosenfarbnem Kleid
Der junge May vom Himmel sich hernieder,
Und ihm zur Seite schwebt' auf wallendem Gefieder
Der Gott der Munterkeit.
Und sieh! es schmückte nun die Blumenköniginn
Mit Blühten rings die neubelebten Äste:
Muthwillig gaukelten in Schwärmen laue Weste
Im Grase her und hin.
Es trillerten entzückt im säuselnden Gewühl
Des zarten Laubs die süssen Nachtigallen.
Die halbe Welt ward froh: doch mir gebrach's bey allen
Den Reitzen an Gefühl.
[103]
Denn ach! im schwarzen Reich der grauenvollen Nacht,
Wo, aufgebläht vom Gifte fauler Drachen,
Der Seuchen Heerschaar stäts mit aufgesperrtem Rachen,
Voll Gier nach Beute, wacht,
Riss zähnefletschend sich ein tückisch Fieber los,
Und schlich heran mit mörderischen Blicken
An meine Lagerstatt, mir in die Brust zu drücken
Sein giftiges Geschoss.
Und weh mir! kaum begann die schlummernde Natur
Den frischen Hauch der Morgenluft zu wittern,
So weckte mich der Schmerz, und ich empfand mit Zittern
Des Giftes schnelle Spur.
Umnebelt war mein Blick, ich fühlte heisse Glut
Mit Ungestüm mein schwindelnd Haupt zernagen,
[104]
Mein wankendes Gebein war bis in's Mark zerschlagen,
Und tobend rann mein Blut.
In Flammen eingepresst, als wär' ich angethan
Mit Nessus Kleid, wälzt' ich, nach Heilung lechzend,
Mich ängstlich her und hin, und rief den Himmel ächzend
Um seinen Beystand an.
Da sandte dich der Herr, wohlthätiger Quarin!
Der Tausende zum Leben neu geboren,
Auf die das Schattenreich mit angelweiten Thoren
Bereits zu harren schien.
Beflügelt eiltest du, und Hygieja kam
An deinem Arm vertraut einhergegangen:
Der Göttinn holder Blick, die Anmuth ihrer Wangen
Verscheuchten meinen Gram.
[105]
Mit brünstigem Vertraun fasst' ich, emporgerafft
Durch neuen Muth, ihr Kleid mit schwachen Händen:
Da strömt' in mein Gebein aus ihres Mantels Enden
Urplötzlich Heilungskraft.
Dank sey dir, edler Mann! dir, dem kein heilend Kraut
Verborgen ist vom Grashalm bis zur Eiche,
Dir, welchem die Natur zu ihrem weiten Reiche
Den Schlüssel anvertraut!
Dank sey dir, Menschenfreund! du reichtest mir den Stab,
Mich aus dem Pfuhl der Krankheit aufzuringen:
Sieh! dankbar steigt, den Kranz dir um das Haupt zu schlingen,
Die Muse selbst herab.
[106]
Denn wer dem Ungestüm des Todes Schranken stellt,
Wie du, Quarin! verdient den Kranz der Ehren
Mehr, als der wilde Held, der mit gedungnen Heeren
Zehntausend Feinde fällt.
An die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[107] An die heutige Kritik

Wien im Brachmond 1782.


Ausgeartete, die, gleich dem Wetterhahne,
Jeder Windstoss hin und wieder weht,
Die, gleich einem lecken Schifferkahne,
Keiner Woge widersteht!
Einst der Weisheit Magd, nun jedes Knaben Dirne,
Dessen Steiss noch heut die Ruthe fühlt,
Und der morgen mit verwägner Stirne
Schon Minervens Priester spielt!
Sprich! soll lange noch dein toller Unfug währen?
Stürzt noch lange deiner Schüler Tross
Schlau vermummt auf Männer, die wir ehren,
Gleich Banditen, rücklings los?
[108]
Thörinn! soll der Mann des Nachruhms edle Krone
Von der Gunst des Knaben sich erflehn?
Soll er knechtisch vor dem Richterthrone
Eines jungen Miethlings stehn?
Ziemt es Lehrlingen, mit Männerruhm zu spielen,
Wie und wann es sie gelüstet? ... Nein!
Stürzt die Afterrichter von den Stühlen,
Die Vernunft und Recht entweihn!
Denn wo Knaben dreist verdammen und begnaden
Und ein Jünger sich erfrechen kann,
Seinen Meister vor Gericht zu laden,
Da erscheint kein braver Mann.
Der ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[109] Der Zufriedene

Wien im Heumond 1782.


Eya! mir ist wohl hiernieden:
Gäb's auch eine bessre Welt,
Sey's! ich bin mit der zufrieden,
Wenn sie manchem auch missfällt.
Ich bin reicher, als ein König;
Denn mein Herz bedarf nicht viel.
Ich besorg' und hoffe wenig
Von des Glückes Gaukelspiel.
Knechtisch geitzt nach Ordensbändern
Mancher hocherlauchte Thor:
Ruhig durch die Welt zu schlendern,
Zieh' ich allen Würden vor.
[110]
Froh geniess' ich jede Gabe,
Die der Zufall mir bescheert:
Aber nichts, was ich nicht habe,
Scheint mir drum beneidenswerth.
Geht kein Weib mit mir zu Bette,
Hm! man schläft ja auch allein:
Fehlt mir Wein ... an jeder Stätte
Lädt ein frischer Quell mich ein.
Reichthum, Geld und Gut sind eitel;
Adam, Seth und Abraham
Lebten ohne Geld im Beutel
Dennoch frey von Sorg' und Gram.
Sagt, was nützte mir auch alles,
Was der Perser Schach besitzt?
Selbst als Herr des Erdenballes
Wär' ich froher nicht, als itzt.
[111]
Kaum der Himmel, dessen Pforte
Alle Freuden in sich schliesst,
Reitzt mich, da an jedem Orte,
Wo ich bin, der Himmel ist.
Recept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[112] Recept wider die Heterodoxie

Wien im Heumond 1782.


Ihr stolzen Mönchsverächter, bebt,
Und nehmt euch wohl in Acht!
Ich weiss ein heilsames Recept,
Das Orthodoxen macht.
Ihr wisst, Nabuchodonosor
War auch den Mönchen gram:
Verriegelt waren Thür' und Thor,
Sobald ein Sammler kam.
Legenden schalt er ein Gedicht,
Trug nie ein Skapulier,
Und schätzte Lukaszettel nicht
Viel mehr, als Löschpapier.
[113]
Der Mönche hochgeweihte Schaar,
Die leider! nun nicht mehr
Bey Hofe Hahn im Korbe war,
Verdross der Unfug sehr.
Was dermaleinst in jener Welt
Dem Frevler wiederfährt,
Ward zwar oft ernstlich vorgestellt,
Doch lächelnd angehört.
Man rief umsonst, der Antichrist
Mit Sack und Pack sey da:
Er lachte nur, der Atheist!
Doch hört nun, was geschah.
Die Strafe kam in vollem Lauf:
Der Frevler ward ein Ochs,
Frass Heu und Gras, und wurde drauf
Ächtmönchisch orthodox.
Der feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[114] Der feste Vorsatz

Wien im Weinmond 1782.


Gott Amor, der du unverhofft
Den Schwärmer Treue lehrest,
Und einen weisen Graubart oft
In einen Faun verkehrest!
Dich ehret man, o Cypripor!
In Hütten und in Hallen,
Und sieh! der Weise wie der Thor
Sind deiner Macht Vasallen.
Es küssen deinen Zepterstab
Der wildsten Völker Rotten
Vom kalten Lappen bis hinab
Zum braunen Hottentotten.
[115]
Dir huldigen in Hindostan
Die finsteren Braminen,
Dir muss der ernste Grosssultan,
So wie sein Sklave, dienen.
Man kennet deine Macht nicht nur
Bey ungeweihten Layen:
Man ehrt dich auch, trotz Eid und Schwur,
In Klöstern und Abteyen.
Zwar wähnen, durch Kasteyn gestärkt,
Die Bonzen dich zu zwingen,
Doch weiss man, dass sie unbemerkt
Dir manches Opfer bringen.
Du darfst nur winken, so befällt
Den klügsten Kopf der Schwindel,
Und Herkules, der stolze Held,
Erniedrigt sich zur Spindel.
[116]
Doch, Gott der Liebe! deine Macht
Mag auch noch weiter reichen,
Ich bin es müde, Tag und Nacht
An deinem Joch zu keichen.
Unzählbar, wie der Sand am Meer,
Unzählbar sind die Plagen,
Die ich in deinem Dienst bisher
Bey Tag und Nacht ertragen.
Zwangst du nicht nachts, wenn alles ruht,
Mich stundenweit zu laufen,
Und in des Mittags strenger Glut
Nach Athem oft zu schnaufen?
Und triebst du mich nicht hundertmal
Des losen Mädchens wegen,
Das mir Vernunft und Freyheit stahl,
Durch Sturmwind, Frost und Regen?
[117]
Sonst pries man als ein Muster mich:
Mein Ruf war ohne Makel,
Und ach! nun dien' ich rings durch dich
Dem Volke zum Spektakel.
Ich bin es satt, ein Thor zu seyn.
Du magst mit deinen Pfeilen
Und deinem bunten Köcherlein
Nun in das Rüsthaus eilen.
So rief ich auf. Da kam, o weh!
Mit frischen Rosenwangen
Und einem Busen, weiss wie Schnee,
Ein schönes Kind gegangen.
Dionen glich es an Gestalt.
Wie sollt' ich widerstehen?
Wie konnt' ich ungerührt und kalt
So viele Reitze sehen?
[118]
Es schlang den weichen sammtnen Arm
Mir lächelnd um den Nacken,
Und sieh! mein Blut ward brennendwarm,
Es glühten meine Backen.
Ich überliess mich taumelblind
Dem mächtigsten der Triebe,
Und fand, dass Ketten süsser sind,
Als Freyheit ohne Liebe.
Mag jeder, den diess Schwachheit däucht,
Mich auch der Thorheit zeihen;
Wenn jede Schwachheit dieser gleicht,
So soll mich keine reuen.
Ermunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[119] Ermunterung zur Arbeit für Brüder Freymaurer

Wien im März 1783.


Brüder, lasst mit frohem Muth
Uns die Arbeit nun beginnen!
Denn der Zeiten rasche Flut
Soll uns nicht umsonst verrinnen.
Singt mit freudigem Gefühl:
Arbeit ist des Maurers Ziel.
Diese Schürz' und Kelle hier
Dienen, nicht, uns bloss zu zieren,
Dienen uns, o Tugend, dir
Einen Tempel aufzuführen:
Drum, ihr lieben Brüder, seyd
Stäts zu diesem Bau bereit!
[120]
Arbeit ist das stärkste Glied
An der Kette dieses Lebens:
Jede leere Stunde flieht
Wie ein Traum, und ist vergebens.
Arbeit ist des Menschen Pflicht;
Wer nicht säet, ärntet nicht.
Auf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[121] Auf eine Rasenbank

Nach dem Französischen des Chevalier Parny.


Wien im April 1783.


Lieblichste von allen Blumenstätten,
Thron der Lust, erbaut von Amoretten,
Opferherd der Liebesköniginn!
Mit Entzücken, o geweihte Stelle,
Wall' ich Tag für Tag zu jener Quelle
Grünem Rand, dich zu bethauen, hin.
Du gewährst mir, wenn ich manches süsse
Stündchen hier in Klärchens Arm geniesse,
Treue Dienste, holde Rasenbank!
Wenn der heisse Mittag flammt, so schwinge
Zephyr sich herab zu dir, und bringe
Angenehme Kühlung dir zum Dank.
[122]
Schmiege sanft, o üppig Grün, dich nieder
Unter Klärchens Reitz, doch hebe wieder
Dich empor nach süssgepflogner Ruh!
Lass den Spähern, die mein Glück beneiden.
Keine Spuren unsrer süssen Freuden!
Niemand wisse sie, als wir und du?
Lied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[123] Lied bey Eröffnung der Gesellenloge

Wien im May 1783.


Strahl der Klugheit, des Verstandes!
Leitstern unsers Bruderbandes!
Gottesgabe! Geist der Ruh!
Steig herab auf unsre Brüder!
Wer dich liebt, den liebst du wieder:
Wer dir folgt, den leitest du.
Himmelstochter! deinem Schimmer
Weicht des reinsten Goldes Flimmer:
Still und friedlich ist dein Pfad.
Rechts an deinem Throne winken
Recht und Wahrheit, und zur Linken
Sitzen Vorsicht, Lieb' und Rath.
[124]
Wer von Wissgier flammt, der eile
Muthig hin zur rechten Säule
Um den Lohn, den er verdient!
Komm, o Weisheit, streng zu prüfen,
Ob auch unsers Herzens Tiefen
Rein, wie unsre Kellen, sind!
Lied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[125] Lied zum Schluss der Gesellenloge

Wien im May 1783.


Nicht wenige wandern zur Halle
Der Weisheit: doch, Brüder, nicht alle
Vollenden die mühsame Bahn;
Denn Wüsten und Dornengehäge
Verhüllen die mystischen Wege
Zu Salomo's Tempel hinan.
Doch hat man des Heiligthums Schwelle
Erreichet, dann labet die Quelle
Der Weisheit den dürstenden Sinn.
Und wie wenn ein Wunder dem Blinden
Die Augen eröffnet, so schwinden
Die Nebel des Geistes dahin.
[126]
Ihr, die ihr die siebente Stufe
Erstiegen, gehorchet dem Rufe
Der Weisheit! ihr huldigen wir;
Sie lehret uns inneren Frieden,
Genuss und Erkenntniss hiernieden:
Drum ringet und strebet nach ihr!
Tafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[127] Tafellied für Brüder Freymaurer

Lemberg im Brachmond 1783.


Legt für heut den Werkzeug nieder!
Lasst die blanken Kellen ruhn!
Denn der Hammer ruft, ihr Brüder,
Euch zum frohen Mahle nun.
Sehet! manche süsse Gabe,
Die den Körper neu erfrischt,
Hat aus ihrer reichen Habe
Mutter Erd' uns aufgetischt.
Doch Genügsamkeit umschwebe
Ewig unsern stillen Kreis:
An des Prassers Tafel klebe
Unterjochter Armen Schweiss,
[128]
Heilig sey der Alten Sitte,
Als man noch genüglich ass,
Und der Vater froh in Mitte
Seiner trauten Kinder sass.
Wenn es unserm Brudermahle
Nur an Liebe nicht gebricht,
O so reitzt im goldnen Saale
Uns der Prunk der Fürsten nicht.
Eintracht sey des Maurers Streben,
Liebe sey sein schönstes Gut!
Ohne Liebe gleicht das Leben
Einem Körper ohne Blut.
An meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[129] An meine lieben Freunde Blumauer und Prandstetter

Przemysl im Heumond 1783.


Seyd mir gegrüsst! Wie lebt ihr, meine Freunde,
Seit ich im Land der wilden Lechen bin?
Bringt ihr, vereint in friedlicher Gemeinde,
Den Abend noch mit Vater Bachus hin?
Ist euer Kreis noch stäts an süssen Schwänken,
An Liederchen und Epigrammen reich?
Liebt ihr mich noch, und ist mein Angedenken
Noch unentweiht und heilig unter euch?
Nun denn, ihr Herrn! hier send' ich euch zum Pfande,
Dass euer Freund sein Handwerk nicht vergisst,
Diess Pröbchen zu, gereimt in einem Lande,
Das wahrlich nicht der Musen Heimath ist.
[130]
Trägt hie und da ein Verschen einen Flecken,
So fegt ihn aus, wenn's eurer Feile glückt:
Doch fügt es sich, dass ihr an allen Ecken
Geistlosigkeit und lahme Vers' erblickt,
So zücket kühn den Recensentensäbel;
Ein schlecht Gedicht verdienet keine Huld.
Nur meiner schont! an meines Geistes Nebel
Ist bloss der Dunst des dicken Klima Schuld.
Drum mässigt euch! des Dichters Flamme lodert
Am Ister selbst in eurem attischen
Revier noch schwach: zum Geyer! und ihr fodert
Horazens Geist hier in Böozien?
Doch diess beyseit'! Erzählt mir, was hanthieren
Die Skribler Wiens? was macht die Bonzenzunft?
Verheert die Flut tollsinniger Broschüren
Noch immerhin die Früchte der Vernunft?
Wird viel vom Gräul des jüngsten Tags gepredigt,
Und Witzlingen die Hölle heiss gemacht?
Hat Pochlin sich die Lunge schon beschädigt,
[131]
Und ist zeither kein neuer Fast erwacht?
O ganz gewiss! denn eure Kanzelhelden
Sind stäts bereit zum geistlichen Turnier.
Da lob' ich mir, nicht ohne Ruhm zu melden,
Die Priesterschaar der Russniaken hier.
All das Gezänk um lächerliche Grillen,
Wodurch bey euch sich Pater Zipf und Zopf
Ihr Kürbisshaupt mit Hirngespinnsten füllen,
Erhitzet nie des trägen Popen Kopf.
Ihm gilt es gleich, was eigentlich das Manna,
Ob's Butterteig, ob's Pfefferkuchen war:
Nach welchem Schnitt die badende Susanna
Ihr Hemdchen trug, macht ihm kein graues Haar:
Er zankt sich nicht, um wie viel Simsons Wade
Mehr Pfunde wog, als ein Philisterwanst,
Ob David auch, als er der Bundeslade
Nachtaumelte, mitunter deutsch getanzt.
Sagt, was ihr wollt, er füttert Gäns' und Enten:
Und hört euch nicht; sein Dorf ist ihm die Welt,
Er lebt vergnügt, wenn er nebst seinem Zehnten
Nur hie und da ein Stückchen Huhn erhält.
[132]
Was kümmern ihn polemische Gezänke?
Der theure Hirt, in schmutziges Gewand
Gehüllet, sitzt in einer Judenschenke,
Das Brandweinglas in seiner braunen Hand.
Hier trägt der Mann Gesetz und Sittenlehre
Dem Volke vor: er predigt, schreyt und trinkt,
Bis er, geschwächt vom Eifer für die Ehre
Des Christenthums, vom Stuhl hinuntersinkt.
Hier, wenn der Schwarm der Bauern, aufgewiegelt
Vom Brandweindunst, zum Knotenstocke greift,
Wird oft zuletzt der Pope derb zerprügelt,
Und jämmerlich vom Kampfplatz weggeschleift.
Doch gnug, ihr Herrn! mein Lied hat nun ein Ende;
Denn sieh! schon schwebt auf hellgestirnter Bahn
Der Mond einher, streut auf der Berge Wände
Sein Silberlicht, und spiegelt sich im San.
Wie öd' und still ist alles! Frösch' und Kröten
Sind nur noch wach, und singen ihren Chor.
So lebt denn wohl! auch mir ist Ruh vonnöthen;
Denn noch steht mir ein weiter Weg bevor.
An einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[133] An einen moldauischen Bojaren

Czernowiz in der Bukowine im Sommermond 1783.


Du schiltst, und sagst, ein Fremder sey
Der Vater deines Sohns. Ey, ey!
Wie kannst du doch hierüber schmähen?
Dein Zorn ist ungerecht; ihr Herrn
Bojaren ärntet sonst ja gern,
Was andre säen.
Dithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[134] Dithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten Weinschenke

Wien im Jäner 1784.


Auf, Brüder, kränzt mit Epheu die Perücken
Und das Toppee,
Und jauchzt, Bachanten gleich, mit trunkenem Entzücken:
O Evan Evoe!
Tischt Gläser auf wie Mörser und Karthaunen
Für jedermann,
Und kündigt allen Hühnern, Enten und Kapaunen
Das Todesurtheil an!
Und ihr, Amphions kunsterfahrne Schüler,
Die ihr von Haus
Zu Hause klimpernd zieht, zerlumpte Lautenspieler,
Verherrlicht unsern Schmaus!
[135]
Denn heute weihen wir dem Gott der Reben
Diess Heiligthum:
Schon funkeln hundert goldne Lampen. Seht, sie schweben
Von Hand zu Hand herum.
Komm, Vater Bachus! eine Nektartonne
Sey dein Altar:
Entzückt bringt unser Schwarm im Taumel seiner Wonne
Dir täglich Opfer dar.
Zum Hohenpriester sey der Wirth erkoren;
Sein Domherrnbauch
Ist stadtberüchtigt: Kupfernas' und lange Ohren
Gab die Natur ihm auch.
Ja selbst als Wunderthäter ist er, Brüder!
Uns schon bewährt;
Hat er nicht oft genug uns Birnenmost und Cider
In reinen Wein verkehrt?
[136]
Wenn du nicht noch vom letzten Göttermahle
Halbtaumelnd bist,
So sieh, Gott Liber! wie aus schäumendem Pokale
Der Opferwein hier fliesst.
Gieb, wie dem König Midas, unsern Renten
Ein gut Gedeihn,
So wollen wir mit Lust von unserm Gut den Zehnten
Stäts diesem Tempel weihn.
Wir wollen ihn zum Wallfahrtsorte wählen:
Nie sey er leer,
Und jeder Murrkopf, den Verdruss und Kummer quälen,
Verlobe sich hieher!
Auf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[137] Auf die Hochwürdigen Vorsteher des Freymaurerordens

Wien im März 1784.


Heil den Edlen, die im Schooss
Weiser Freyheit uns regieren,
Und mit Ruhm den Hammer führen!
Dank und Liebe sey ihr Loos!
Joch und Knechtschaft hassen sie,
So wie wir Despoten hassen;
Denn selbst brüderlichen Bassen
Beugt sich keines Maurers Knie.
Freyheit nur giebt uns Gedeihn:
Sie beherrsche diese Stätte!
Nie soll unsre Brüderkette
Eine Sklavenkette seyn.
An eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[138] An eine Exnonne

Nach dem Französischen des d' Hermitte de Maillane.


Wien im May 1784.


Du rühmst umsonst, o Gottgeweihte! Mir
Der Unschuld Reitz, und tadelst meine Wege.
Dein Mund verdammt die leiseste Begier,
Und ach! dein Blick macht ihrer tausend rege.
Du heissest mich den Keim der Sinnlichkeit
Durch Reu' und Leid aus meinem Herzen reuten:
Mir aber thut im Grund der Seele leid,
Dass nichts vermag, zur Sünde dich zu leiten.
Du sprichst, es sey des Erdepilgers Pflicht,
Dass er dem Drang der Sinne widerstehe.
Das weiss ich wohl: allein ich glaub' es nicht,
So lang' ich dich mir gegenüber sehe.
[139]
Wenn mich dein Mund der Tugend Pflichten lehrt,
So wünscht mein Herz, du glaubtest meinen Lehren.
Längst hätte mich dein Eifer schon bekehrt,
Glaubt' ich nicht stäts, du würdest dich bekehren.
Lobpreisest du den Schöpfer der Natur,
O so vergess' ich seiner Macht und Stärke
Bey deinem Lob, und denke staunend nur
An dich allein, du schönstes seiner Werke!
Ich wünsche nie, so rühmlich auch die Bahn
Zum Himmel ist, als Heiliger zu schimmern;
Der, den du liebst, ist hier zu wohl daran,
Um sich noch viel um jene Welt zu kümmern.
SchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[140] Schwesterngedicht

Wien im Heumond 1784.


Verurtheilt mich ein schwärmerisch Gericht,

Weil ich gescherzt, als einen Bösewicht?

Uz.


Die ältesten Mysterien
Sind wohl die eleusinischen:
Diess soll mir niemand disputiren;
Herr Adam stiftete sie schon,
Und ich als Adams treuer Sohn
Liess jüngst mich auch iniziiren.
So wie bey uns der Neophyt
Nach Maurersitt' auf Reisen zieht,
So musst' auch ich ein paarmal wandern,
Bis man mich aufnahm. Eisenfest
Wallfahrtet' ich von Ost bis West
Von einer Schwester zu der andern.
[141]
Den ersten Strauss auf meiner Fahrt
Wagt' ich beherzt nach Ritterart
Mit einer grundgelehrten Schwester.
Sie war so klug, als Salomo,
Sprach ihr Latein, wie Cicero,
Und war dabey so schön, als Esther.
Sie hörte Wolfs Philosophie,
Und kannte die Geographie
Von Otaheite bis nach China.
Doch sprach ich von Mysterien,
So rief sie, gleich Vestalinnen:
Quousque tandem, Catilina?
Hier war ich nun, wie jedermann,
Der sein Latein nur halb noch kann,
Leicht merkt, nicht auf dem rechten Wege.
Verscheucht durch ihren Eigensinn,
Zog ich zu ihrer Nachbarinn:
Doch hier gieng vollends alles schräge.
[142]
Denn die war fühllos, kalt und stumm
Und exemplarisch fromm und dumm:
Man könnte sie kanonisiren.
Umsonst sucht' ich der Schüchternen
Die Reitze der Mysterien
Mit aller Kunst zu demonstriren.
Sie blieb trotz aller meiner Müh
Stäts von der Scheitel bis zum Knie
Eiskalt, wie eine Marmorbüste:
Auf jedes Wort, das ich verlor,
Kam der Bescheid, dass sie zuvor
Den Pater Rektor fragen müsste.
Hier war ich nun, wie jedermann
Aus ihrer Dummheit schliessen kann,
Wohl auch nicht auf dem rechten Wege.
So oft zu irren, gieng mir nah:
Doch hiess es, jetzt sey Hoffnung da,
Dass ich darauf gelangen möge.
[143]
Ich wagt's, mit diesem Trost versehn,
Die dritte Schwester zu bestehn.
An dieser fand ich Wohlbehagen;
Sie war nicht überklug, nicht dumm:
Beati tenent medium,
Hört' ich einst in der Schule sagen.
Zwar that auch die mir Widerstand:
Doch endlich bot sie mir die Hand,
Und nahm mich huldreich in die Pflege.
In ihren Armen endigte
Mein Weh sich, und der Leidende
War endlich auf dem rechten Wege.
Nicht albern und nicht zu gelehrt
Sey die Geliebte, deren Werth
Euch, Brüder, reitzt, sie zu erlangen.
Wohlan denn! feuert rings umher
Auf jeder Schwester Wohl, bey der
Der Suchende nicht irrgegangen!
An meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[144] An meinen Freund Alxinger

Pressburg im Heumond 1784.


Du, dessen Kopf, gleich andern unerfahrnen
Selbstdenkern, zwar in Satans Netz gerieth,
Doch dessen Herz so warm für Tugend glüht,
O Theuerster! lass dich vor Unheil warnen!
Lies dieses Blatt! es ist kein Traumgesicht:
Lies es, o Freund! und wundere dich nicht,
Dass ich so schnell, als folgten schon die Schaaren
Beelzebubs mir rücklings auf dem Fuss,
Zum Flüchtling ward, und ohne Gruss und Kuss
Mich in das Land schnurbärtiger Madjaren,
Wo man noch gern nach Amuleten greift,
Und Gold dafür in Bonzensäcke häuft,
Wo noch bis itzt die leidige, verruchte
Philosophie, die Seuche dieser Zeit,
[145]
Ihr Unkraut nur verstohlen ausgestreut,
Incognito hieher zu retten suchte.
Denn horch! als jüngst Gott Morpheus (der bisher
Mich nie verwaist', und oft nur allzusehr
Ob meinem Haupt sein Mohnsaftschälchen leerte)
Zurückgescheucht vom Hundsstern, dem der Süd
Glutathmend stäts dicht an der Seite zieht,
Hartnäckig mir den spröden Rücken kehrte,
Las ich mit Graun Sankt Johanns Vision
Vom Sündenmass der Hure Babylon
Und ihrem Fall in der Apokalypse.
Sieh! da erschien, ein Stückchen Feuerbrand
In seinem Mund, ein Schwert in seiner Hand,
Bald blendendweiss, als wär' er ganz von Gypse,
Bald scharlachroth vom Kopfe bis zum Knie,
Itzt riesengross, nun wie ein Kolibri,
Ein Cherub mir an meinem keuschen Bette.
Weh, rief er aus, dir, Kaiserstadt! es ist
Schon ausgestreckt das Rachschwert! denn du bist
Der Ketzer Sitz, der Heiden Zufluchtstätte.
[146]
Abtrünnige! verhärtet ist dein Sinn;
Du opferst nicht, raubst des Altars Gewinn
Der Priesterschaft, lachst, wenn Prophetenlippen
Dir Unheil drohn, siehst, voll von eitlem Wahn,
Den Thaumaturg für einen Heuchler an,
Und beugst kein Knie vor heiligen Gerippen.
Dein freches Volk kunstrichtert Gottes Wort,
Stürmt Bilder, glaubt an keinen Gnadenort,
Und scheut sich nicht, auf Bullen selbst zu schelten.
Dein Mass ist voll: gezählt ist Gräul für Gräul:
Der Rächende, mit Blitz und Donnerkeil
Bewaffnet, naht, dir bitter zu vergelten.
Wie Sodom einst bis auf den Grund ein Raub
Der Flamme ward, so sollst auch du zu Staub,
O Kaiserstadt! dich bald verwandelt sehen.
Kein Menschenohr vernehme mehr hinfür
Der Harfe Klang, der Geige Laut in dir!
Es soll kein Stein mehr auf dem andern stehen.
Der Engel schwieg, und blitzschnell flog er fort,
So wie er kam. Sein grauenvolles Wort
[147]
Betäubte mich. Was konnt' ich thun, als fliehen?
Denn ach! ich roch den Schwefelregen schon,
Und sah im Geist das neue Babylon
Schon um und um gleich einem Ofen glühen.
Erst griff die Glut die zügellose Schaar
Broschüren an, die nun schon manches Jahr
Der Himmel uns statt Landesplagen sandte,
Und die, weil sie, wie männiglich bekannt,
Aus trocknem Stoff und wenig Saft bestand,
Im Augenblick, wie dürres Stroh, verbrannte.
Doch helft! ach helft! nun dränget fürchterlich
Des Feuers Grimm zu edlern Werken sich,
Woran sich noch die spätsten Enkel freuten.
Ach! rettet mir die Monachologie!
Schon schrumpfen sich die Blätter: rettet sie!
Umsonst! umsonst! sie brennt von allen Seiten.
Hier wird ein Blatt, das Sonnenfelsens Muth
Verewigte, das Opfer wilder Glut:
Sieh! wie der Neid vor Schadenfreude tanzet!
Dort prasselt Prinz Äneas, dessen Haupt
Blumauer jüngst des Heldenschmucks beraubt,
[148]
Und säuberlich mit Mambrins Helm bepflanzet.
Hier wirbelt sich ein kühnes Meteor
Aus Haschka's Kiel, schon halb verbrannt, empor:
Welch ein Triumph für Wiens Inquisitoren!
Dort sieht mein Blick vom redlichen Faustin
Die Katastroph' in heller Lohe glühn:
Hier glimmt ein Stück der Predigercensoren,
Und ach! nun fällt der wüthende Vulkan
Das Manuskript von deinen Liedern an.
Was half's, o Freund! dass du sie mühsam feiltest,
Und den Gewinn, von freudigem Gefühl
Durchglüht, im Geist schon unter das Gewühl
Nothleidender mit milder Hand vertheiltest?
Dem Landmann gleich, der ängstlich Rettung sucht,
Wenn Schlossen ihm des Halmes reife Frucht,
Da ihrer schon die Sichel harrt, zerknicken,
Steht trostlos rund um deines Hauses Brand
Der Armen Schaar, und ringt die starre Hand
Mit stummem Schmerz und thränenvollen Blicken
Die Feuerwach' eilt fruchtlos rings herbey;
Am jüngsten Tag nützt keine Polizey.
[149]
Wohl mir, dass ich der grässlichen Verheerung
Mit heiler Haut, Gottlob! entronnen bin!
Verlass auch du das ketzerische Wien!
Noch ist es Zeit zur reuigen Bekehrung.
Nimm deinen Stab! komm! Ungarns Töchter sind
Nicht männerscheu, und sieh! in Strömen rinnt
Tockayer hier von orthodoxer Währung.
Lass uns, o Freund! fern von der bösen Stadt,
Uns gütlich thun, wie Vater Loth einst that.
Lied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[150] Lied zur Gesellenreise

Wien im Herbstmond 1784.


Die ihr einem neuen Grade
Der Erkenntniss nun euch naht,
Wandert fest auf eurem Pfade!
Wisst! es ist der Weisheit Pfad.
Nur der unverdrossne Mann
Dringt zum Quell des Lichts hinan.
Nehmt, o Pilger, zum Geleite
Eurer Brüder Segen mit!
Vorsicht sey euch stäts zur Seite!
Wissgier leite jeden Schritt!
Prüft, und werdet nie dem Wahn
Träger Blindheit unterthan!
[151]
Rauh ist zwar des Lebens Reise,
Aber süst ist auch der Preis,
Der des Wandrers harrt, der weise
Seine Fahrt zu nützen weiss.
Überglücklich ist der Mann,
Der des Lichts sich rühmen kann.
SiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[152] Siegeslied

Nach Ovids zwölftem Gedicht im zweyten Buch seiner Liebeslieder.


Wien im Weinmond 1784.


Schlingt Lorbern um mein Haupt! Triumph!
Triumph! o Freunde!
Korinn' ergiebt des Siegers Armen sich:
Umsonst vereinigten sich alle meine Feinde,
Sich Gatte, Schloss und Wächter wider mich.
Es töne doppelt laut des Ruhmes Siegstrompete!
Denn meine Beut' ist unbefleckt von Blut:
Nicht einen schwachen Wall, nicht unhaltbare Städte,
Ein stattlich Weib bezwang mein Heldenmuth!
[153]
Als einst im zehnten Jahr die Stadt der Dardaniden
Ein banger Raub der Griechen wurde, schrieb
Der Ruf so Vielen Lob und Preis zu, dass Atriden
Für seinen Theil nur wenig Ehre blieb.
Mir bleiben meines Siegs Verdienste ganz; nicht Einer
Nahm hilfreich Theil an meinem Heldenstreich:
Ich kämpft' und siegt' allein, war Feldherr und Gemeiner,
War Füsilier und Kürassier zugleich.
Mein Sieg ist nicht das Werk des Zufalls einer Stunde,
Ich überwand durch Geistesgegenwart:
Mein Unternehmen ist nicht Neuerung; die Kunde
Der Vorzeit strotzt von Fehden dieser Art.
[154]
Als Tyndars Tochter einst mit Paris floh, geriethen
Europa nicht und Asien in Streit?
Ward nicht ein rauher Schwarm Centauren und Lapithen
Einst durch ein Weib beym Trinkgelag entzweyt?
Ein Weib riss das Gefolg Äneens in des milden
Latins Gebiet zu neuen Kämpfen hin:
Des Weibes Reitz bewog Roms Stifter, sich den wilden
Verwägnen Grimm der Schwäger zuzuziehn.
Oft reitzt die blendende milchfarbne Kuh, zur süssen
Begattung reif, die Bullen zum Turnier:
Seht! so erhob auch ich, doch ohne Blutvergiessen,
Auf Amors Wink der Liebe Kriegspanier.
An einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[155] An einen neuaufgenommenen Freymaurer

Wien im Christmond 1784.


I wish not others to confine:

Be their opinions unrestrain'd as mine.

Churchill.


So bist denn nun auch du, mein wackrer Freund
Und Günstling meiner Seele! bist auch du
Der Eingeweihten Einer? Hast du nun
Nach langem Kampf es über dich vermocht,
Dein Ehrenwort auf Pflichten blindlings zu
Verbürgen, die man vor der Weihe dir
Geheimnissvoll in dichten Schleyer hüllt,
Und die du doch nachher gewissenhaft
Als Biedermann, dem Eid und Männerwort
Mehr ist, als Schellenklang, erfüllen musst?
[156]
Glück zu, mein Bruder, den ein neues Band
Nun fester noch an meinen Busen schlingt!
Und dreymal Heil dem Orden, der an dir
Ein Glied gewann, das seiner würdig ist!
Doch, junger edler Mann! du, dessen Herz
An Lauterkeit dem reinen Äther gleicht,
Und dessen angeborner warmer Hang
Für alles, was da gut ist, mir schon längst
Ein Zeugniss deines innern Werthes war,
An dem ich, seit dein offner freyer Sinn
Mein Herz an deines schloss, und Sympathie
Uns eng verbrüderte, mich nie betrog,
Lass uns nunmehr die Bahn, die du betratst,
Weil früher es zu thun des Maurers Pflicht
Nicht zugab, mit der Fackel der Vernunft
Beleuchten, wie es Wahrheitsforschern ziemt
Lass uns, dem weisen Scheidekünstler gleich,
Der das Metall von Schlacken sorgsam trennt,
Die Hoffnungen, die sich die Phantasie
Des Neugeweihten schwärmerisch erträumt,
Von jenen ächten sondern, die der Geist
[157]
Des denkenden geprüften Maurers oft
In Stunden heil'ger Weihe sich erschafft!
Die Hoffnung, die das unbefangne Herz
Des reisern Maurers mit dem Vorgefühl
Beglückter Zukunft füllt, ist der Vernunft
Bescheidne Tochter. Ruh, Zufriedenheit
Und Mässigung sind die Gespielinnen
Der biederen Matrone. Kunstlos wallt
Ihr grünliches Gewand den Leib hinab.
Ihr hehrer feyerlicher Blick verheisst
Nur das, was weise Prüfung billiget.
Ernst und bedachtsam tritt sie in den Kreis
Erfahrner Denker, leitet ihren Rath,
Wählt und verwirft, und wieget Plan für Plan
Stäts auf der Wage der Erfahrung ab.
Ein Wesen andrer Art ist, was der Thor
Unrichtig Hoffnung heisst: der Kluge nennt
Die Dirne Täuschung; denn ein luftig Kind
Der Schwärmerey, von Träumen grossgesäugt,
[158]
Wirft diese freche feile Buhlerinn
Sich jedem Gecken kosend in den Arm,
Und füllt ihm das benebelte Gehirn
Mit tollen läppischen Erwartungen,
Die oft das weite Reich der Möglichkeit
Kaum in sich fasst. Erklärten Metzen gleich,
Schweift sie geputzt, in prahlerischem Pomp,
Geschminket, bunt wie ein Chamäleon,
Den lärmerfüllten Heerweg auf und ab.
Stolz, Unzufriedenheit und Eitelkeit
Sind ihr zur Seite. Gierig folget ihr
Ein lächerliches Heer geblendeter
Glücksritter nach, das theils durch trügende
Trübangehauchte Brillen sieht, und theils
Der Sehkraft ganz beraubt ist. Das Gewand
Der Afterhoffnung ist dem Scheine nach
Zwar leicht und niedlich, doch von dichtem Stoff,
Damit kein Auge je die Missgestalt
Der Schändlichen in ihrer Blösse sieht.
Sieh! in der Hand trägt sie ein Füllhorn, voll
Phantastischer Entwürfe, die den Schwarm
[159]
Schwachköpfiger von der geraden Bahn
Der prüfenden Vernunft in's Labyrinth
Zweckloser Grillen locken, und sogar
Genossen unsrer königlichen Kunst
In's Netz des Wahns am Zauberbande ziehn.
Das Licht erleuchtete hellschimmernd zwar
Die Finsterniss: doch sie erkannten's nicht.
Licht war die tröstliche Verheissung, Freund,
Die bey der Weihe dir von dem Altar
Entgegentönte. Lasst den Leidenden
Das Licht sehn, dessen er seit der Geburt
Beraubt war, scholl des Meisters ernster Ruf.
Was du nachher, als du den grossen Schwall
Der Eingeweihten staunend übersahst,
Mir in die Ohren rauntest, hat sich tief
In mein Gehirn geprägt. Wie? sagtest du
Halb zweifelhaft, hat dieses ganze Heer
Am Lichte Theil? Fürwahr! ich wähnte nicht,
Dass unsre Gegend an Erleuchteten
So, überreich sey ... Wahr ist's leider! Freund!
[160]
Dass sich die ehrnen Pforten, die den Blick
Profaner Neugier von dem Heiligthum
Der Maurerey entfernen, heut zu Tag
Zu willig öffnen. Wahr ist es, dass itzt
Manch armes Wichtchen in dem Kleid des Lichts
Einhergeht, dessen Wandel wahrlich mehr
Von Finsterniss, als von Erleuchtung zeugt.
In Mitte dieses traulichen Gesprächs
Kam, wie du weisst, ein Hocherleuchteter
So feyerlich, als hätt' er eben erst
Den ganzen Plan zum Tempel Salomo's
Mit eigner Hand entworfen, auf dich zu.
Willkommen, sprach er, Bruder! und ergriff
Dich bey der Hand, willkommen! Freun Sie sich
Des seltnen Glücks, das Ihnen heute ward!
Sie näherten dem Quell des Wissens sich.
Sie sind nun auf dem grossen Scheideweg,
Wo plötzlich das verworrenste Problem
Zum klarsten Axiom wird. Nur Geduld,
Geduld, mein Bruder! Ihre Hauptpflicht sey
[161]
Von Stund' an Hoffen, Schweigen und Vertraun!
Betrachten Sie nie müde Tag und Nacht
Die grossen Wunder und Geheimnisse,
Die dieses Teppichs enger Raum umschliesst!
Was Sokrates und Aristoteles,
Was Plato, Epikur und Epiktet,
Was Newton, Leibnitz und viel andere
Nur oberflächlich sahn, liegt deutlich hier
In dieses Teppichs Zeichen aufgedeckt.
Sie werden einst ... Doch mehr zu sagen lässt
Mein Eid nicht zu: wohl dem, der's fassen kann!
Du lächeltest, als dieser Mystagog
Uns nun den Rücken wies, und sprachst erstaunt:
Sah dieser auch das Licht? ... Ja, junger Mann!
Auch dieser sah das Licht. Doch im Vertraun!
Es giebt der Lichter vielerley, und eins
Giebt helleren, das andre düstrern Schein.
Es flammt nicht nur der Sonne goldner Strahl;
Es leuchtet auch des Irrlichts schwacher Glanz.
Was aber dich ein Wunder dünken wird,
[162]
Ist, Freund! dass mancher seines Irrlichts Schein
Für heller hält, als andrer Sonnenglanz.
So viel es Maurerhallen giebt, beynah
So viel verschiedne Lichter giebt es auch,
Und wenig Brüder nur sind eines Sinns,
Wenn man sie ausforscht, welche Wissenschaft
Doch eigentlich das grosse Mittel sey,
Wodurch der Suchende zum Zweck gelangt.
Chemie! Chemie! raunt nun ein Schwärmer dir
In's Ohr, und zeiget den geheiligten
Schmelztiegel dir. Magie! Magie! ruft drauf
Ein Seher andrer Gattung, und verweist
Voll Zuversicht dich an die Kabbala.
Politik! flüstert eine dritte Art
Von Träumern dir entgegen, und empfiehlt
Das Ordenskreutz der Tempelritter dir.
Nun sprich, o Freund! was kann, was soll ein Mann,
Dem die Natur gesunde Wissbegier
[163]
Und Geist verlieh, von einer Wissenschaft,
Die hin und wieder schwanket, wie ein Rohr,
Das jedem leichten Wind zu Willen steht,
Mit Grund wohl hoffen? Ist es Unvernunft,
Ist's Hochverrath, wenn er bescheiden sich
Zur kleinen Zahl der Sceptiker gesellt?
Sieh! sassen nicht bisher die Weisesten
Der Brüder mehr als einmal schon zu Rath,
Und forschten fruchtlos nach, was doch das Ziel
Des freyen Maurers, ob es Wissenschaft,
Ob's blosse Tugend sey? Von neuem zwar
Versammelt nun sich ein Synedrium
Von Eingeweihten in dem Orient
Von Gallien, das diesen grossen Punkt
Entscheiden soll: doch bis dahin, o Freund!
Geh mit dir selbst zu Rath, ob du mit Fug
Erwarten kannst, dass Kell' und Schürze dir,
So wie zur Stunde noch die Sache steht,
Ein neues Feld von höhern Kenntnissen
Eröffnen wird, ob dir's behäglich ist,
Des Lebens Spanne, die uns die Natur
[164]
So kärglich zumass, einer Wissenschaft
Zu weihen, deren Daseyn immer noch
Ein mystisches verworrnes Räthsel ist.
Ist dir es Ernst, der Seele heissen Durst
Nach Licht zu stillen, so beschäftige
Dich mit dem Schatz entschiedner Kenntnisse,
Den grauer Weisen Mund uns hinterliess,
Und kein Gewebe von missgünstigen
Mysterien in dunkle Schatten hüllt.
Doch wenn dich auch die süsse Hoffnung täuscht,
Dass König Salomo's gepriesne Kunst
Je deinem Geist mehr Licht gewähren wird,
So darf dich's doch des Schrittes nie gereun;
Denn sieh! ein Strahl von Hoffnung, der die Nacht
Der ungeweihten Welt nur schwach erhellt,
Glänzt in dem Heiligthum der Maurerey
In voller Schöne. Bruderliebe, Trost
Und Hilfe, wenn des Schicksals strenge Wuth
Dich anfällt, feste Treu', Ergebenheit
Und Wohlthun sind des Ordens süsser Lohn,
[165]
Auf den du festes Muths vertrauen kannst.
Wenn eines Freunds Besitz Entschädigung
Für den Verlust der Welt ist, welch ein Glück
Verheisst dir ein Verein, der jedes Glied
Des ganzen Bunds zu deinem Bruder macht!
Glaub', edler Jüngling! ächte Maurerey
Wohnt nicht im Kopf: ihr Wohnsitz ist das Herz.
Ich neige vor dem theoretischen
Freymaurer tief und ehrfurchtsvoll das Haupt:
Den praktischen fass' ich mit traulichem
Entzücken bey der Hand. Der ist mein Mann,
Der ein gefühlvoll Herz im Busen trägt,
Der Mensch zu Teyn nie säumet, und so gern
Für andrer Wohl und Weh empfänglich ist.
Gross ist es zwar, wenn der Erleuchtete
Sich einst des Steins der Weisen rühmen kann:
Doch süsser ist's, wenn mein Gewissen mir
An der Vollendung Ziel das Zeugniss giebt:
Ich war ein guter Mann ... ich half, so viel
Es meine Habe zuliess, Darbenden ...
[166]
Ich rettete den Bruder mitleidsvoll,
Als ihn des Schicksals eisernes Gewicht
Schon halb zu Boden drückte ... meine Hand
War's, die der Wittwe Thränen trocknete ...
Ich stillete das wimmernde Geschrey
Verlassner armer Waisen ... ohne mich
Wär' itzt die edle Mutter, die ein Kreis
Von wohlerzognen Kindern eng umschliesst,
Der Schande Raub, erkaufter Lüste Ziel.
Der ist beglückt, der andre glücklich macht.
Wohlthätigkeit ist ein Naturgeschenk,
Das Kunst und Wissenschaft weit überwiegt.
Ich kenne, Freund! kein grässlicher Geschöpf
Auf Gottes Erde, denn ein menschlich Thier,
Das nie des Mitleids sanfte Regung fühlt.
Du sahst gewiss hilfloser Menschen Noth
Nie unempfindlich an, warst jederzeit
Der Menschheit wärmster Freund: sey es nunmehr.
Da Schürz' und Kelle dir zur Pflicht es macht,
Gedoppelt! Lass durch Zeichendeuterey
[167]
Und durch Symbolenkram dir nie die Zeit,
Die du dem Wohlthun widmetest, entziehn!
Verirre nie auf Nebenwegen dich!
Bleib auf der offnen Bahn! Die Stimme des
Verkünders in der Wüste, wenn doch je
Solch eine Stimme schallt, wird dir auch hier
Wohl ruchtbar werden. Ist sie aber, Freund!
Ein Bild des Wahns, ein nichtig Traumgesicht,
So opfertest du keinem Hirngespinst
Dein kurzes Daseyn auf, so glaubtest du
Nicht ohne Grund, dass ächte Maurerey
Im Herzen nur, nicht in dem Kopfe wohnt.
Die HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[168] Die Hundeträgerinnen

Wien im Jäner 1785.


O Weib, das die Milde des Himmels mir gab,
Ach! trockne die thauenden Thränen dir ab!
Lass ab, o Margrethe, zu trauern!
Nie weiche der Segen des Himmels von dir!
Sey glücklich! Mich rufet das Kriegespanier
Vor Kiow's unbändige Mauern.
Denn sieh da! es fertigte Boleslaw's Hand
Ein königlich Aufgebot rings durch das Land:
»Ihr meine getreuen Vasallen!
Lang trotzt schon der weibische Russe der Macht
Des polischen Säbels. Ihr Tapfern, erwacht,
Als Rächer in's Schlachtfeld zu wallen!
[169]
Wer feig sich dem Wassengetümmel entzieht,
Der rühme sich förder nicht aus dem Geblüt
Der edlen Piasten zu sprossen!«
Nun sprich, o du Theuerste, die ich erkor,
Mein Ehbett zu theilen, war jemals mein Ohr
Dem Rufe der Ehre geschlossen?
Es fasse, statt Waffen, der üppige Gauch
Nach weichlich erzogener Völker Gebrauch
Des Weibes wollüstige Lenden!
Und wär' er mein König, ich trotzte dem Knecht
Mit bitterer Lache. Mein Heldengeschlecht
Soll knechtische Feigheit nicht schänden.
Erfährst du, Margrethe, das bange Gerücht:
Dein Mann sey gefallen, so säume ja nicht,
Durch Beten und Fasten die Sünden
Des Todten zu tilgen! Doch komm' ich zurück,
So lass mich, Geliebte, mit freudigem Blick
Treu, wacker und redlich dich finden!
[170]
So sagte Graf Niklas von Zambozin, schwang
Sich hastig zu Pferd, dass die Rüstung erklang,
Und drückte der wiehernden Mähre
Den Sporn in den Leib; denn es flammte sein Muth,
Im Kampfe zu wagen sein ritterlich Blut
Bey Boleslaw's tapferem Heere.
Die Gräfinn flog schnell nun den Söller hinan:
Das Flimmern der Waffen verrieth ihr die Bahn
Des lieben, des traulichen Gatten.
Noch blinkte der Helm durch die Blätter, doch bald
Verbarg ihn das Dickicht im tieferen Wald
In düstre verschlingende Schatten.
Nun konnte Margrethe dem drängenden Schmerz
Nicht länger mehr wehren: es bricht ihr das Herz,
Die rosigen Wangen erbleichen.
Sie wanket lautschluchzend die Treppe hinab;
Ach! aber ihr Schlafgemach scheint ihr dem Grab,
Ihr Ehbett dem Sarge zu gleichen.
[171]
Bereit zu entsagen dem nichtigen Tand
Der Freuden, ergreift sie das Büssergewand
Statt gräflichen Schmucks und den Psalter
Und Rosenkranz statt der hellglänzenden Schnur
Von Perlen. So beyspiellos liebte man nur
Im patriarchalischen Alter.
Indess zog Margrethens erlauchter Gemahl
Mit Boleslaw fern schon vom lieblichen Thal
Der Heimath auf feindlicher Erde.
Ein Wirbel von Staub, der dem Boden entquoll,
Umhüllte den Heerzug, und fürchterlich scholl
Das Stampfen und Schnauben der Pferde.
Erbarmungslos düngten, von Rachgier entbrannt,
Die Polen mit Blute das russische Land,
Ermordeten oder verscheuchten
Das Landvolk, und stürzten in Trümmer und Staub
Manch trotziges Schloss, bis sie endlich, mit Raub
Beladen, itzt Kiow erreichten.
[172]
Nun klangen die Zinken: nun tönte das Horn.
Wie spielende Winde das wallende Korn
Bald hiehin, bald dahin bewegen,
So sieht, als der Vortrab dem Dnieper sich naht,
Man fernhin am Ufer die eiserne Saat
Der polischen Lanzen sich regen.
Drey Tage lang lagen nun Wurfspiess und Speer
Friedfertig im Gras: doch als Boleslaw's Heer
Der labenden Ruhe gepflogen,
Begann mit der Frühe des Morgens der Sturm:
Wild strömten die Polen zum westlichen Thurm
Der Mauer gleich stürmischen Wogen.
Ein fürchterlich Schreyen erfüllet die Luft.
Zwar öffnet der Widder sich Kluft schon an Kluft
Im Walle, zwar strotzen die Sprossen
Der Leitern von Helden: doch löwenhaft ficht
Der Städter. Es fliegen die Pfeile so dicht
Herab von den Mauern, wie Schlossen.
[173]
Als Boleslaw's Auge den Graben entlang
Die Schichten von Körpern betrachtete, drang
Das Missgeschick seiner Schwadronen
Ihm bitter zu Herzen: er konnte die Noth
Der Seinen nicht förder mehr sehn, und gebot,
So wackeren Blutes zu schonen.
Schon wähnten die Städter sich frey: schon umlaubt
Die festliche Krone des Siegers ihr Haupt.
Doch träufelnd vom Gifte der Hyder,
Naht plötzlich die länderentvölkernde Pest
Mit tödtlichem Athem aus Süden, und lässt
Ergrimmt sich auf Kiow hernieder.
Rings wüthet der Tod: das gefrässige Grab
Schlingt zahllose Haufen von Körpern hinab.
Die Lebenden wanken wie Leichen
Hohläugig und bleich durch die Strassen dahin:
Dem Aufenthalt irrender Kobolde schien
Das einsame Kiow zu gleichen.
[174]
Bang sandte die Stadt nun vor Boleslaw's Zelt
Den Herold des Friedens: glorwürdiger Held!
Sprach flehend der Bote, wir winden
Vor dir uns im Staube: du siehest es, was
Für Elend wir dulden. Erbarme dich! lass
Uns Mitleid und Huld bey dir finden!
Diess Flehen erregte des Königs Gefühl;
Denn Kunde des Krieges und Schlachtengewühl
War zwar seit der zartesten Blühte
Der Jugend sein Lieblingsgeschäft: doch es schlug
Auch unter dem eisernen Wamms, das er trug.
Ein Herz voll Empfindung und Güte.
Zieh, Herold! zieh hin zu den Deinigen! spricht
Der König mit Würde, denn Boleslaw ficht
Nicht wider halbmorsche Gerippe.
Lautjauchzend schloss Kiow die Pforten nun auf,
Und Boleslaw ward zu den Sternen hinauf
Erhoben von jeglicher Lippe.
[175]
Kaum schwand itzt die Seuche, so strömten die Reihn
Der rüstigen Polen durch's Stadtthor hinein.
Nun griff man vom Waffengeräthe
Zu muntern Pokalen: das freudige Herz
Eröffnete froh sich dem traulichen Scherz
Beym üppigen Ritterbankete.
Die russischen Weiber behagten dem Schwarm
Der Woywoden Polens: ihr kriegrischer Arm
Entnervt sich in weichlichen Lüsten.
Nur Zambozin sehnt sich zur Heimath zurück:
Kalt bleibt für die Töchter von Kiow sein Blick,
Als schaut' er auf leblose Büsten.
Umsonst sahn indessen die polischen Fraun
Von Monden zu Monden mit neuem Vertraun
Der Rückkehr der Gatten entgegen.
Als endlich der siebente Sommer verstrich,
Erkiesten sie treulos Leibeigene sich,
Der Liebe mit ihnen zu pflegen.
[176]
Zum Tummelplatz knechtischer Miethlinge ward
Das ehliche Bett nun, und mancher Bastard
Verkündigte laut schon die Schande
Der buhlenden Mutter den Augen der Welt.
Nur Zambozins redliche Gattinn erhält
Allein sich noch züchtig im Lande.
Man mühte sich fruchtlos, durch geiles Geschwätz
Und ehrlose Ränke sie mit in das Netz
Der schlauen Verführung zu locken;
Sie wandte dem Schloss, als die Buhlen zu arg
Sie ängstigten, heimlich den Rücken, und barg
Sich unter des Kirchenthurms Glocken.
Gar bald macht des Rufes geschäftiger Mund
In Kiow den Frevel der Gattinnen kund:
Wie flogen die rüstigen Polen,
Gespornet von Eifersucht, Ärger und Wuth,
So hastig zur Heimath, als brennte die Glut
Der Hölle sie unter den Sohlen!
[177]
Bang wittern die sträflichen Knechte schon fern
Die Gegenwart ihrer entrüsteten Herrn,
Und fliehn mit zerknirschtem Gewissen.
Wie wird's nun den wehrlosen Frauen ergehn?
Seyd gnädig, ihr Männer! denn sehet! sie flehn
So reuig zu eueren Füssen.
Schon waren die Gatten zu schonendem Glimpf
Entschlossen: doch Boleslaw brannte, den Schimpf
Des polischen Adels zu rächen.
»Zu offenbar,« sprach er, »zu arg ist die Schuld:
»Nach solchen vermessenen Thaten ist Huld
»Nur Anlass zu neuen Verbrechen.
»Drum meldet den Frauen von edlem Geschlecht,
»Vor mir sich zu stellen, um Urtheil und Recht
Zu hören.« Gehorsam erschienen
Mit ängstlichem Herzen und bangem Gesicht
Die Weiber vor Boleslaw's ernstem Gericht,
Und Zambozins Gattinn mit ihnen.
[178]
»Weib,« sprach zu Margrethen mit freundlichem Ton
Der König, »du hieltest dich wacker: zum Lohn
»Empfange diess Kleinod, und trag es
Als Denkmal der Treu' an dem züchtigen Hals!
Stäts sey dir die Lauterkeit dieses Krystalls
Erinnrung des heutigen Tages!
Ihr Lieben! wie Boleslaw Tugenden ehrt,
Das saht ihr nun: wie er mit Lastern verfährt,
Soll folgendes Urtheil euch zeigen:
Man raube die Früchte meineidiger Lust
Den Händen der Mütter! Es möge die Brust
Leibeigener Mägde sie säugen!
Die Väter verdamm' ich zum Kantschug, und ihr,
O Mütter, bequemt euch, zur Busse hinfür
Ein Hündlein am Arme zu tragen:
Lässt ohne diess Zeichen sich eine von euch
Erblicken, so sey durch den Henker sogleich
Das Haupt ihr vom Rumpfe geschlagen!«
[179]
Sieh, günstiger Leser! seit Boleslaw's Zeit
Giebt manche der edelsten Damen noch heut
Dem niedrigsten Knecht aus dem Schwarme
Der Miethlinge, was sie dem Gatten versagt,
Lässt säugen ihr Kind von der schmutzigen Magd,
Und schaukelt ihr Hündchen am Arme.
Lied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[180] Lied einer jungen Ehefrau

Nach dem Englischen.


Wien im April 1785.


Lang warb Alcid um meine Gunst.
Mein Herz zwar schlug ihm laut entgegen:
Allein vertraut mit Amors Kunst,
That ich verschämt, wie Mädchen pflegen.
Wenn er mir schmachtend Liebe schwur,
War ich zum Schein zerstreut und flüchtig,
Und wagt' er auch ein Küsschen nur,
So hiess es: junger Herr, hübsch züchtig!
Vergebens hört' ich ihn betrübt
Dem Schicksal meine Härte klagen;
Denn wenn man noch so feurig liebt,
Man darf's aus Sittsamkeit nicht sagen,
[181]
Bat er oft gar zu ungestüm
Um diess und das, so scholt ich tüchtig
Ihn aus, und gab halblächelnd ihm
Die Lehre: junger Herr, hübsch züchtig!
Doch allgemach erhielt Alcid
Mein Herz, nach dem er lang gegeitzet.
Ach aber welch ein Un erschied!
Seit uns der Priester traute, reitzet
Ihn auch die höchste Gunst nicht sehr,
Und sonst war ihm ein Blick schon wichtig.
Nun sträub' ich mich gewiss nicht mehr;
Denn itzt ist er nur allzuzüchtig.
KettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[182] Kettenlied

Bey Gelegenheit der von dem Hochw. Grossmeister von B*n erfundenen Art, die edlen Metalle anzuquicken.


Wien im May 1785.


Umschlingt mit dem Bande der Liebe
Den Vater der Eintracht! Vom Triebe
Des Dankes sey jeder beseelt!
Er ist's, der die Glieder der Kette,
Die wir in des Heiligthums Stätte
Hier schliessen, so weislich gewählt.
Die edelsten Erze nur schied er
Zum Stoff für die Kette: drum, Brüder,
Riss keiner der Ringe bisher,
Und freudig bezeugen wir alle:
Nie schied noch die edlen Metalle
Ein Künstler so sicher, als er.
An meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[183] An meinen Freund Prandstetter

Wien im Brachmond 1785.


Gerne hätt' ich Hymens Flitterwochen,
Wo, o Freund! sich Freud' an Freude drängt,
Und der Himmel voller Geigen hängt,
Hie und da ein Stündchen abgebrochen,
Gerne manchen spröden Reim gehascht,
Und dich für dein stattlich Hochzeitkarmen
Plötzlich durch ein Danklied überrascht.
Aber konnt' ich aus geliebten Armen
Stoisch fliehn, dem Zaubernetz der Lust
Trotzig mich entwinden, und durch Reimen,
[184]
Kalt an einer jungen Gattinn Brust,
Hymens süssen Opferdienst versäumen?
Lieber! solch ein Kriminalvergehn
Würde mir, der nun in seinem neuen
Ämtchen wünscht mit Ehren zu bestehn,
Mein geliebtes Weibchen nie verzeihen.
Wenn dein Freund nun noch dich sträflich däucht,
So bedenk', es machte wohl vielleicht
Eines Weibes Kuss auch dich zum Sünder.
Drum vergieb, mein Bester! Spät erscheint
Zwar mein Dank: doch ist er drum nicht minder
Liebevoll, nicht minder gut gemeint.
Herzlich grüss' ich dich in meinem, Freund!
Und in meiner trauten Gattinn Namen.
Freudig las ich ihr dein Liedchen vor:
Sieh! sie horchte mit entzücktem Ohr,
Und als wir zur Katastrophe kamen,
Die den wonniglichen Wunsch enthält,
Dass ein Sohn, erzeugt aus meinem Samen,
Mir erwachse, den die Afterwelt
[185]
Einst den Biedermännern zugesellt,
Fiel sie um den Hals mir, und rief: Amen!
Nun wohlan! ihr Wille soll geschehn!
Ungeschwächt von Amors Dienst, durch den
Junge Schwelger vor der Zeit zu schlaffen
Greisen werden, will ich wohlgemuth
Eine kleine Welt um mich erschaffen,
Und, in meinem frohen Lilliput
Eingebannt, mich meines Lebens freuen.
Wie ein Schiff, das in dem Hafen ruht,
Trotz' ich sorglos dann des ungetreuen
Glückes wandelbarer Ebb' und Flut,
Und hat einst auf ihrem schnellen Rädchen
Klotho mir das letzte Lebensfädchen
Abgesponnen, rafft mit kalter Hand
Mich der Tod von meiner Gattinn Seite
Hin nach jenem ew'gen Otaheite,
Das bisher kein kühner Cook noch fand,
Und kein Mann, wie Forster, je beschrieben,
[186]
O so drücke meiner guten lieben
Kinder Erstling mir die Augen zu!
Ein bewährter treuer Freund, wie du,
Folge meinem stillen Leichenzuge,
Und es schall' an meinem Aschenkruge
Laut das Zeugniss: dieser Leichenstein
Decket eines braven Manns Gebein!
Kurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[187] Kurzweilige Liebesbegebenheit

wie die eifersüchtige Jungfrau Klyzia von dem heidnischen Sonnengott Apoll, sonst auch Phöbus genannt, in eine Sonnenwende verwandelt wurde.


Wien im Brachmond 1785.


In einer Stadt (war's Stockholm, Wien,
Fünfkirchen, Koppenhagen,
Konstantinopel oder Brün,
Das konnt' ich nicht erfragen).
Lebt' einstens Jungfer Klyzie,
Ein blühend Kind. Stäts blinzelte
Ein Heer verliebter Ritter
Nach ihrem Fenstergitter.
Doch Thetys, ihre Frau Mama,
Litt keinen Pflastertreter,
Und Ocean, der Herr Papa,
Rief: fort, ihr Schwerenöther!
[188]
Er war ein Seemann, der, ergieng
Ihm's nicht nach Wunsch, gleich jedes Ding
Bey seinem Namen nannte,
Und keinen Weltton kannte.
So ward die Kleine fromm und zahm
Erzogen nach dem Schnürchen:
Sie eilte, wenn ein Festtag kam,
In mehr als zwanzig Kirchen,
Und liebte Mess' und Rosenkranz
Mehr als Theater, Spiel und Tanz,
Bis Phöbus sie erblickte,
Und ihr den Kopf verrückte.
Mich wundert's nicht; Herr Phöbus war
Ein Mann, der durch Koncerte
Und Wunderkuren Jahr für Jahr
Sein Geldchen brav vermehrte.
[189]
Auch trugen seine Reimereyn
Ihm manchmal ein paar Groschen ein:
Er reimt', als ob er hexte.
Doch weiter nun im Texte!
Apoll wollt' eben heimwärts schon
Die Sonnenrosse führen,
Um noch mit Wielands Oberon
Ein Stündchen zu passiren:
Da sah er plötzlich Klyzien
In eines Gartens schattichten
Kastanienalleen
Nach einer Grotte gehen.
Flugs band der feurige Galan
Der Hengste goldne Zügel
Fest an des Steinbocks Hörner an,
Sprang über Ebne, Hügel,
[190]
Steinklippe, Berg und Gartenzaun,
Stiess sich die Nase blau und braun,
Und kam in vollem Trotte
Zum Mädchen in die Grotte.
Nett wie ein Klosterkandidat,
Und rings mit goldnen Tressen
Bebrämt, war Phöbus in der That
Ein Stutzerchen zum Fressen.
Er sprach: Pardon, ma belle enfant,
Si mon amour trop brusquement ...
Mais je suis hors d'haleine:
Excusez–moi, ma Reine!
Wen suchen Sie so hastig? ach!
Wer sind Sie? rief die Schöne.
Ich bin der Herr des Lichtes, sprach
Apoll, und notabene.
[191]
Auch Arzt, Poet und Musikus,
Und kam, weil ich's doch sagen muss,
Mit meinem Herzchen Ihnen,
Mein schönes Kind, zu dienen.
Viel Dank! sprach Klyzie, nicht wahr?
Glaubt' ich den süssen Lügen,
So könnt' ich in dem nächsten Jahr
Ein Jungferkindchen wiegen?
Nein, Engel, nein! schwur Phöbus ihr,
Man raube meine Gottheit mir,
Wenn ich, du liebe Kleine,
Wenn ich's nicht redlich meine!
Man reisse mich mit Stumpf und Stiel
Heraus aus dem Kalender,
Zerschmettre mir mein Saitenspiel,
Häng' einen Bratenwender
[192]
Mir statt des Köchers um den Leib,
Und meinen Lorber soll ein Weib
Zum Strohwisch sich verwandeln,
Sollt' ich nicht edel handeln!
Fest schlang er nun den Arm um sie,
Und prägt' ein feurig Mäulchen
Ihr auf den Mund. Die Schöne schrie,
Wie's Jungfern ziemt, ein Weilchen,
Scholt, und zerzauste wacker ihm
Die Locken: doch ihr Ungestüm
Ward mählich immer lauer;
Ihr Muth war nicht von Dauer.
Ermüdet musste sie zuletzt
Dem Feind den Wahlplatz lassen.
Potz Blitz! wie hurtig sah man jetzt
Apollen Posto fassen!
[193]
Sie wurde von des Feindes Hand
Recht ritterlich traktirt, und fand,
Dass ihre Niederlage
Ihr trefflich wohl behage.
Seit diesem kleinen Duodram
Gab's tägliche Visiten.
Die Ältern selbst, als Bräutigam
Ihn schon betrachtend, bieten
Herrn Phöbus alles an im Haus,
Und machen sich viel Ehre draus,
So einen feinen Knaben
Zum Schwiegersohn zu haben.
Denn vor den Ältern that Apoll
Gar ehrbar und bedachtsam,
Als wär' er noch so unschuldsvoll:
Er schwatzte traulich nachts am
[194]
Kamin dem alten Ocean
Ein Märchen vor vom Tamerlan,
Und gab der Mutter Pillen,
Die Gicht und Hundswuth stillen.
Dafür durft' er mit Klyzien
Auf dem beblümten Anger
Selbander sich erlustigen.
Wenn's dann zu kühl ward, sang er
Zu Haus ihr Weissens Lieder vor,
Und amüsirte drauf ihr Ohr
Mit Arien der beyden
Tonkünstler Gluck und Hayden.
Verführt von eitlem Selbstvertraun,
Begann nun Jungfer Klyzchen
Manch Schlösschen in die Luft zu baun.
Erhob ihr Nasenspitzchen
[195]
Von Tag zu Tage mehr, und liess
Schon deutschen Atlas von Paris
Nebst Schmuck und Zobelfellen
Zum Brautkleid sich bestellen.
Doch Klyzchens treuer Seladon
Ward plötzlich zum Verräther;
Denn unstät war Latonens Sohn
Gleich einem Thermometer.
Er schlich durch Schmeicheln unversehns
Sich in das Herz Leukothoens,
Und Klyziens Karessen
Begann er zu vergessen.
Entzückt von seiner neuen Wahl,
Hielt er sein Schelmenstückchen
Für löblich; denn Apolls Moral
War links und rechts voll Lückchen,
[196]
Und da an Reitz Leukothoe
Viel reicher war, als Klyzie,
So schien sein Fehltritt freylich
Noch halb und halb verzeihlich.
Indess zum drittenmale nun
Die Sonne meerwärts sinket,
Und bey dem Wassergott Neptun
Den Sauerbrunnen trinket,
Erfährt die Tochter Oceans
Den Meineid ihres Herrn Galans,
Und fängt, trotz Wäschernymphen,
Erbärmlich an zu schimpfen.
Voll Eifersucht und voll Verdruss,
Wie ein gereitzter Kater,
Trollt sie zum alten Orchamus,
Dem königlichen Vater
[197]
Leukothoens, sich hin, und spricht:
Herr Graubart, traut Apollen nicht!
Er schläft zur Zeit der Mette
In eurer Tochter Bette.
Der Teufel soll's dem Lumpenhund
Vergelten! sprach der Alte,
Und warf das Pfeifchen aus dem Mund:
Es drängte Falt' an Falte
Auf seinem Antlitz sich. Hatschier!
Lauft alsogleich, und holet mir
Die unverschämte Dirne!
Rief er mit finstrer Stirne.
Leukothchen kam. »Was that Apoll
»In deinem Schlafgemache?
»Du läugnest? Ha! dein Heucheln soll
»Dich reun, du falscher Drache!«
[198]
So schrie der grausame Papa,
Und liess in prima furia
In einen Sarg sie stecken,
Und rings mit Erde decken.
Nach ein paar kurzen Nänien
Zu seines Liebchens Ruhme
Verwandelt Phöbus Klyzien
In eine Sonnenblume,
Die seit der Zeit noch, wie ihr wisst,
Der Eifersücht'gen Sinnbild ist,
Und wo Apoll sich zeiget,
Ihr Köpfchen zu ihm neiget.
Ihr Schönen, Klyzchens Strafe mag
Zur Toleranz euch leiten;
Denn Eifersucht taugt heut zu Tag
Noch minder, als vor Zeiten.
[199]
Die Dame, die zu leben weiss,
Giebt ihren Trauten willig preis,
Und lässt von muntern Gästen
Für den Verlust sich trösten.
Der Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[200] Der Bär und die Krähe

Wien im Heumond 1785.


Ein alter Bär, den die Musik
Des Jagdhorns einst aus seinem Walde jagte,
Erhohlte nach und nach sich von der Angst, und wagte
Hübsch sachte sich nach seinem Hain zurück.
Bey seiner Ankunft war die erste seiner Sorgen,
Sich nach dem Eichbaum umzusehn,
In dessen hohlem Bauch er sich beym kalten When
Des Wintersturmes oft verborgen.
Als er der Eiche nahe kam,
Entdeckt' er mit Verdruss und Gram
Auf einem Zweig ein Nest voll junger Krähen.
Du Metze! fieng er flugs die Mutter an zu schmähen,
Was hast du hier auf meinem Baum zu thun?
Fort! packe dich von dannen ohne Zaudern!
[201]
Denn deiner Fratzen stätes Plaudern
Und Zwitschern liesse mich den ganzen Tag nicht ruhn,
Und falls mich auch ihr Lärm nicht molestirte,
So müsst' ich stäts in Sorgen seyn,
Ob deine junge Brut nicht etwan obendrein
Mir auf den Kopf herab hofierte.
Der Bär schloss seine Rede kaum,
So fieng die alte Kräh' ihr Recht auf diesen Baum
Durch manchen Grund vor Meister Petzen
Weitläufig an in's Licht zu setzen.
Doch der erbosste Bär vertrug
Nicht gerne Widerspruch. Er kletterte die Eiche
Hinan mit Brummen, und erschlug
Die junge Brut mit einem Streiche.
Gespornt von Wuth und Rachbegier,
Flog Mutter Krähe nun zum Jäger, und entdeckte
Ihm das verwilderte Revier,
Wo sich der alte Bär versteckte.
[202]
Der Jäger wandert' alsobald
Mit seinen Doggen in den Wald,
Und fand den armen Petz in seines Baumes Lücke.
Vergebens sucht der Bär dem Tode zu entfliehn:
Die tapfern Hunde fassen ihn
Erbarmungslos bey der Perücke.
Vertrage dich mit jedermann,
Um niemands Hass auf dich zu laden;
Denn wer dir auch nicht nützen kann,
Kann doch in manchem Fall dir schaden.
Der beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[203] Der beruhigte Geliebte

Nach dem Lateinischen des Joannes Secundus.


Wien im Sommermond 1785.


Weil ich, ein Feind von heuchlerischem Zwang,
Mein trunknes Herz der Liebe süssem Hang,
Den Regungen des Blutes überlasse,
Weiht man mich laut dem allgemeinen Hasse:
Es feindet mich der düstre Murrkopf an,
Weil sich dem Ernst der steifen Urgrossväter
Mein freyer Sinn nicht sklavisch fügen kann,
Und fliehet mich gleich einem Missethäter.
Wie? soll ich wohl, wenn ich mit heissem Arm
Den Schwanenhals Amaliens umschlinge,
Und so vor Lust halb mit dem Tode ringe,
Voll Ängstlichkeit mich kümmern, ob der Schwarm
Milzsüchtiger und finstrer Sauertöpfe
Nichts arges denkt? Ihr albernen Geschöpfe!
[204]
Wie könnt' ich das? An meiner Trauten Brust
Macht Wonne mich mir selber unbewusst.
Mit Lächeln hört' Amalie mich jammern,
Und hurtig kam sie auf mich zugerannt
Gleich einem Reh, mit ihrer Liljenhand
Sich an den Hals des Klagenden zu klammern.
Dann folgt' ein Kuss, so süss, so wonnevoll,
Als einer je zur feyerlichen Stunde
Geheimer Nacht aus Cypris Nektarmunde,
O Kriegesgott! auf deine Lippen quoll.
Was fürchtest du, sprach sie voll Huld, die strenge
Gerichtsbarkeit der unbiegsamen Menge?
Sey gutes Muths! mein Tribunal allein
Hast du, o Freund, in diesem Fall zu scheun.
Das Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[205] Das Loos des Biedermanns

An Herrn Haschka.


Wien im Sommermond 1785.


Freund, der du deine Harfe stäts
Dem Dienste strenger Wahrheit weihtest,
Und laut und ernst das eiserne Gesetz
Der Allgewaltigen mit deutschem Muth bestreitest!
Lass mich den Unmuth, der mein Herz
In bangen Stunden oft zernaget,
In deine Brust ergiessen; denn der Schmerz
Wirkt schwächer, wenn man ihn fühlbaren Seelen klaget.
[206]
Oft steigt das wallende Geblüt
Mir auf die Wange, wenn, geschmücket
Mit schnödem Gold, ein mächtiger Bandit
Dem armen Biedermann den Nacken stolz zerdrücket.
Sieh dort! ein goldner Mandarin
Rollt mit vier Rappen durch die Strassen:
Lass mich die Mask' ihm von dem Antlitz ziehn,
So fegt er als ein Schelm im braunen Filz die Gassen.
Indess der Bosheit Knechte sich
Den Wanst mit leckern Speisen füllen,
Ächzt mancher Freund der Tugend kümmerlich,
Und kann des Hungers Wuth oft kaum mit Brode stillen.
[207]
Freund! wem vor krummen Pfaden graut,
Wird stäts mit Noth und Mangel kriegen.
Ward denn die Welt für Böse nur gebaut,
Und muss der brave Mann sich stäts im Staube schmiegen?
Zwar schwingt (ein seltnes Meteor!)
Wohl auch die Tugend sich: doch ziehet
Sie Billigkeit auch dann noch Ränken vor,
So hat, kaum halb gesehn, der neue Stern verglühet.
Sieh! Aristid, der Biedermann,
Fällt, weil er seine Bürgerpflichten
Zu treu erfüllt, unschuldig in den Bann,
Und muss sich aus Athen mit Schimpf und Schande flüchten.
[208]
So pflegt man, Freund! der Redlichkeit
Von jeher unterm Mond zu lohnen:
Doch tröste dich! denn Selbstzufriedenheit,
Die Tugend uns gewährt, hat höhern Werth, als Kronen.
Der keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[209] Der keusche Einsiedler Pachon

Der Inhalt ist aus der Legende der Heiligen.


Saubersdorf im Steinfeld im Herbstmond 1785.


Zu oft schon leider! hab' auch ich
Der Mönche Kunden freventlich
Bisher bezweifelt und bewitzelt.
Ihr andachtsvollen Herrn und Fraun,
Vergebt mir's! von des Teufels Klaun
Ward, was ich schrieb, mir vorgekritzelt.
Doch reuig leg' ich mich zum Ziel:
In Zukunft soll aus meinem Kiel
Gewiss kein arges Wort mehr triefen.
Von wahrem Eifer angefacht,
Will ich von nun an Tag und Nacht
In Kochems Schriften mich vertiefen.
[210]
Dank sey dir, Fast! dein Unterricht
Erfüllte meinen Geist mit Licht:
Bussfertig küss' ich dir die Hände
Zum Zeichen meiner Huldigung.
Die Ächtheit meiner Besserung
Bewährt dir folgende Legende.
In einem öden Zedernhain
Wählt' einst auf einem Felsenstein,
Bewohnt von Schlangen und von Drachen,
Sich Pachon, der Anachoret,
Ein Plätzchen, um durch sein Gebet
Verjährte Sünden gutzumachen.
Der Eingang in die Felsenkluft,
Worin er, wie in einer Gruft,
Sich einschloss, mass kaum eine Elle.
Ein Kreutz, ein Betstuhl und ein Paar
Vermorschter Todtenköpfe war
Der ganze Hausrath seiner Zelle.
[211]
Ein enges härnes Wamms zerrieb
Ihm mit der Haut zugleich den Trieb
Zur Unzucht und zu bösen Lüsten.
Er als nur Wurzeln, und genoss
Sie nie aus Essgier, sondern bloss
Sein Büsserleben sich zu fristen.
Durch diese strenge Disciplin
Bracht' es der heil'ge Mann dahin,
Das geile Fleisch im Zaum zu halten.
Umsonst versuchte Lucifer,
Der Erbfeind frommer Büssender,
Ihn unter mancherley Gestalten.
Einst abends um die Vesperzeit
Stellt', in das schönste Frauenkleid
Aus Satans reicher Garderobe
Vermummt, ein junges Teufelchen
Von schlankem Wuchs des heiligen
Waldbruders Keuschheit auf die Probe.
[212]
Es trat die saubre Höllenbraut
Als Negerinn mit schwarzer Haut,
Die von Natur den Höllenschaaren
Gemein ist, zur Klausur hinein.
Man sagt, dass damals allgemein
Die schwarzen Damen Mode waren.
Erst suchte sie durch dreisten Scherz
Und freche Zoten Pachons Herz
Vom Weg der Tugend abzuleiten,
Und dann, als unser Eremit
Der Dirne kein Gehör gab, schritt
Sie zu den kühnsten Thätlichkeiten.
Mit schlauem Lächeln setzte sie
Sich auf des spröden Klausners Knie,
Strich buhlerisch ihm Kinn und Wangen,
Und hielt mit geilem Ungestüm
Ihn fest umschlungen, um von ihm
Durch Raub ein Schmätzchen zu erlangen.
[213]
Doch Pachons nervenvolle Hand
Vertrieb dem kühnen Höllenbrand
Mit ein paar wackern Backenstreichen
Die Lüsternheit nach einem Kuss,
Und zwang durch diesen derben Gruss
Das schwarze Fräulein zu entweichen.
O frommer Jüngling, spiegle dich
An diesem Beyspiel! Ritterlich
Verfocht der strenge Mann die Tugend.
Wenn sich ein schönes Kind dir naht,
So schütz' auch du, wie Pachon that,
Mit Backenstreichen deine Jugend!
Wenn dich auch drob die böse Welt
Vielleicht für ungesittet hält,
So schweig, und lass dich's nicht verdriessen!
Wer nach der Gunst des Himmels strebt,
Darf, weil er jener Welt nur lebt,
In dieser nicht zu leben wissen.
Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[214] Der junge Odendichter

Wien im Weinmond 1785.


Blest art indeed and glorious eloquence,

Where empty noise supplies the want of sense!

Pitt.


In einer Feyerabendstunde,
Als Titans röthlichgoldner Strahl
Sich allgemach bergunter stahl,
Macht' ich jüngst um den Wall die Runde:
Da stiess mir in gesporntem Lauf
Ein junger Musenzögling auf.
[215]
Willkommen, Bruder! sprach der rasche
Bartlose Dichterling zu mir,
Und zog ein Blättchen aus der Tasche.
Welch Glück für mich, dass ich Sie hier
Zu so gelegner Zeit getroffen!
Sie sollen über ein Paar Strophen,
Die ich, Gottlob! so eben nun
Nach langem schmerzlichen Bestreben
Zur Welt gebar, den Ausspruch thun.
Der Neugebornen Tod und Leben
Vertrau' ich Ihrer Willkühr an;
Denn, Freund! Sie sind ein wackrer Mann,
Der selber aus dem Quell der Dichter
Gern der Begeistrung Wonne schlürft,
Und dem, als einem biedern Richter,
Mein Geist sich willig unterwirft.
Entscheiden Sie als Freund und Kenner,
Ob diesem kleinen Lobgedicht
Der Stempel des Genies gebricht!
Die dreymaldreyfach grossen Männer,
Die durch ihr Licht das Labyrinth
[216]
Der Maurerey erhellen, sind
Der Inhalt meiner kühnen Ode.
Ich suchte nach der neusten Mode
Die Sprach' ein Bisschen zu verdrehn,
Und Worte, die hübsch nervicht klingen,
Die Backen, wie ein Segel, blähn,
Und stürmend um die Ohren wehn,
In's Sylbenmass hineinzuzwingen;
Denn Dichter, die bis zu den Höhn
Der Sonn' empor auf Adlerschwingen
Die Mus' erhebt, muss unter zehn
Nur einer halb und halb verstehn.
Die Zeit ist hin, wo unsre alten
Reimstümper Uz und Hagedorn
Trotz ihrem schlechten Schrot und Korn
Für ächte gute Münze galten.
Bey diesem drollichten Prolog,
Wodurch mein Männchen mit Emphase
Für seinen Unsinn focht, verzog
Ich Auge, Stirne, Mund und Nase,
[217]
Um des Gelächters Ungestüm,
So gut ich konnte, zu bekämpfen;
Denn eines jungen Dichters Grimm
Ist, wie bekannt, gar schwer zu dämpfen,
Und flammet, gleich verdorrtem Stroh,
Im Augenblicke lichterloh.
Ich suchte weislich mich zu fassen,
Und musste halb aus Bruderpflicht
Und halb aus Furcht durch sein Gedicht
Mein Trommelfell erschüttern lassen.
Mit tollen seltsamen Grimassen
Fieng unser junger Versemann
Nun seinen rauhen Päan an,
Und zog mit seinem Versgepolter
Mein Ohr, wie einst Domizian
Die Christen, schrecklich auf die Folter.
Geneigter Leser, hör' auch du,
Wie ich es that, mit ernster Stille
Dem skandinavischen Gebrülle
Des Herolds deutscher Skalden zu!
[218]
Dreymal drey Sonnenwenden vergeudet' ich,
Die Midasohren Geistesverschnittener
Durch Reimgetön zu kitzeln. Nimmer
Fröhn' ich dem Schellengeklingel förder.
Fleug Odenflug, mein kühner Gesang, hinfür!
Sternschnuppen gleich, scheuss stolz durch den Äther hin!
Sprich Hohn dem weichen Brautlenzreihnsang!
Schalle nur donnernden Feldschlachtzornlaut!
Wer ist der Erstling, den du, mein Saitenspiel!
Mit Windsbrautssturmkraft schnell wie Gedankenflug
Zum Sternenocean hinanhebst? ...
Edle Dynasten des königlichen
Dreydrillingsbundes, ihr seyd des Barden Stoff:
Euch hebt die Tuba bis an den Sternenkamp;
Ihr seyd die sicheren Piloten
Aufschlusserwartender Lichtumsegler.
[219]
Ihr seyd der tausendarmige Strom, der, ein
Leitfaden, strömt durch's mystische Labyrinth:
Ihr seyd der Pfeiler, der die grosse
Ampel des strahlenumströmten Lichts trägt.
Ihr seyd der Pfeilblitz, welcher den Waller durch
Gewitternachtgraun wonnige Pfade führt:
Ihr seyd der Aar, der unterm Fittig
Seiner befiederten Kindlein Brut schirmt.
Lobtönt, Posaunen! lispelt, o Harfen, Dank!
Psalmt Preis, ihr Zymbeln! jubelt, Trompeten! Feyrt
Laut von Äon hin zu Äon die
Ehre der Erben des Lichtstrahlquellstroms!
Vortrefflich! rief ich, meisterlich!
Sie liessen, wär's um eine Wette
Zu thun, selbst Pindarn hinter sich.
O pulcre, bene, recte! ... Hätte
Mir die Natur auch einen Mund
[220]
Von Stahl und Eisen, einen Schlund
Von Kupfer, tausend ehrne Zungen
Und tausend adamantne Lungen,
Ihr Loblied kundzuthun, verliehn,
Nie reichten meine Kräfte hin;
Denn höher, feuriger und kühner
Schwang wahrlich keiner noch vom Chor
Der Odensänger sich empor ...
Ich bin Ihr ganz ergebner Diener.
Schwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[221] Schwesterngedicht

Wien im Christmond 1785.


Ihr wähnet, dass die Maurerey
Kein Werk für Schwesternköpfe sey:
O Brüder, höret auf zu lästern!
Denn was ihr könnet, alles das
Gelinget ohne Winkelmass
Und Zirkel mancher unsrer Schwestern.
Ihr bringt's durch Theophrasts Arkan
Nun schon so weit, dass dann und wann
Die Tiegel sammt dem Golde scheitern:
Die Schwestern können, Gott weiss wie,
Doch sicher sonder Alchymie,
Euch euer Gold weit besser läutern.
[222]
Durch Schröpfers magische Gewalt
Bezähmt, muss manche Luftgestalt
Zu allem, was ihr wollt, euch taugen:
Die Schwestern fesseln einen Tross
Dienstbarer Geister manchmal bloss
Durch die Magie verliebter Augen.
O Brüder! Edelmuth verkennt
Nie neidisch fremden Werth, und gönnt
Gern jedermann sein Bisschen Ehre.
Drum gönnt sie unsern Schwestern auch!
Es tön' ihr Lob nach Maurerbrauch
Aus unserm blinkenden Gewehre!
Auf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[223] Auf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem Zweyten öffentlich bewilligte Duldung

Wien im Christmond 1785.


Warum ertönt in jeder Maurerhalle
Der laute Ruf des Hammers? warum ziehn
Erwartungsvoll die scheuen Brüder alle
Zu ihren Tempeln hin?
Kam wiederum mit einer Hiobskunde
Ein banger Schwarm verjagter Brüder an?
Dräut irgendwo dem königlichen Bunde
Ein neuer Fürstenbann?
[224]
Drang abermal sich eine ungeweihte
Zelotenschaar in einen Maurerkreis
Wuthschnaubend ein, und gab des Tempels Beute
Ergrimmten Flammen preis?
Riss wiederum die schon besiegte Hyder
Des Mönchthums sich aus ihrer Kluft hervor,
Und hob zur Rache wider unsre Brüder
Die scharfe Klau' empor?
Nein, Brüder, bannt des Unmuths trübe Wolke
Von eurer Stirn', und jauchzet! Josephs Mund
That feyerlich vor seinem ganzen Volke
Uns Schutz und Duldung kund.
Ihr schüchternen zerstreuten Maurerhorden,
Fasst neuen Muth! die Hand des Starken schlug
Das ehrne Joch zu Trümmern, das der Orden
In unserm Osten trug.
[225]
Verkündigt es den Brüdern jeder Zone,
Dass unsern Bau, auf Menschenwohl gestützt,
Der grösste Fürst auf Deutschlands Kaiserthrone
Mit seinem Schilde schützt.
Ihm danken wir's, dass um des Tempels Schwelle
Nicht mehr ein Schwarm verkappter Häscher irrt,
Und nun nicht mehr, wie vormals, Schürz' und Kelle
Des Hasses Losung wird.
Zwar schäumen drob, voll Galle, Zions Wächter,
Die, Eulen gleich, den Strahl des Lichtes scheun,
Und mühn sich, uns beym Pöbel als Verächter
Der Gottheit zu verschreyn.
Doch, Brüder, scheut der Bonzen niemals müde
Erbittrung nicht! sie grinse, wie sie will!
Fiel nicht vor Josephs schrecklicher Ägide
Manch stärkres Krokodill?
[226]
Bleibt standhaft! zeigt, dass wir in Josephs Staaten
Vor Tausenden des Schutzes würdig sind,
Und machet euch durch ächte Maurerthaten
Um seine Huld verdient!
Beweist es laut, dass euern fesselfreyen
Erhabnen Blick des Lichtes Glanz umschwebt,
Und nach dem Tand verjährter Gaukeleyen
Kein heller Maurer strebt!
Lasst Weisheit, Lieb' und Tugend stäts euch leiten!
Dann, Brüder, dann wird unser Bund gedeihn,
Und einst noch in den fernsten Afterzeiten
Der Menschheit Segen seyn.
Amor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[227] Amor und der Tod

Nach dem Lateinischen des Sautel.


Wien im Jäner 1786.


Der Tod, ein alter hagrer Mann,
Traf einst zur Nachtzeit auf der Reise
Den jungen kleinen Amor an.
Ein Regenguss, der eimerweise
Aus einer Wetterwolke drang,
Und Rheens irdenes Gehäuse
Dem Weltmeer ähnlich machte, zwang
Die zween berittnen Bogenschützen
Vor einem Gasthof abzusitzen.
Weil es kein klügres Mittel gab,
Als willig hier zu übernachten,
So legten sie die Köcher ab,
Und liessen sich ein Ferkel schlachten.
[228]
Nachdem ihr kleiner Abendschmaus
Verzehrt war, zogen die zween Gäste,
Vor Schlummer gähnend, die durchnässte,
Vom Regen schwere Kleidung aus,
Versenkten tief sich in ein niedlich
Bepfülbtes Bett, und pflegten friedlich
Des Schlafes, der mit raschem Flug
Sie bald in's Reich der Träume trug.
Die Wirthinn, der der blinde Bube
Samt dem verdorrten Greis, der ihn
Begleitete, verdächtig schien,
Schlich nun aus Neugier in die Stube.
Sie steckte bald in Amors Pack,
Bald in des Todes Mantelsack
Die mit dem feinsten Brillenglase
Zu diesem Zweck verseh'ne Nase,
Und leert', als sie die Köcher fand,
Auf's Tischchen, wo die Lampe stand,
Die Pfeile forschend hin, als plötzlich
Der schelmische Beelzebub
[229]
Kupido träumend ein entsetzlich
Geheul in seinem Bett erhub.
Betroffen las sie nun in Eile
Die blindlings ausgeleerten Pfeile
Zusammen, die beym matten Schein
Der Lampe sich so arg verwirrten,
Dass in Kupidens Köcherlein
Des Todes Pfeile sich verirrten,
Und manches Pfeilchen Amors sich
Mit in des Todes Köcher schlich.
Seit diesem feinen Abentheuer
Sieht man, dass, gleich dem jüngsten Freyer,
Der Graukopf nun um Liebe wirbt,
Und oft zu früh der Jüngling stirbt,
Weil itzt der Tod aus seinem Köcher
Kupidens Pfeil' auf alte Schächer
Aus Irrthum oft zu schleudern pflegt,
Und mit des Knochenmannes Pfeilen
Der kleine blinde Gott zuweilen
Dem Jüngling Todeswunden schlägt.
Der lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[230] Der lockere Chorherr

Nach dem Französischen.


Wien im März 1786.


Aus der Chorherrnschaar des alten
Kirchenlehrers Augustin,
Der, bis seine Mutter ihn
Schärfer in der Zucht gehalten,
Auch kein Mädchen von sich stiess,
Gab ein junger lockrer Priester
Satans üppigem Geflüster
Nach und nach Gehör, und liess
Sich mit einem schönen Kinde
In ein Liebsverständniss ein.
Lucifern die Nacht zu weihn,
Wäre, dacht' er, keine Sünde,
Wenn man nur die Morgenzeit
Gott und seinem Dienste weiht.
[231]
Als des Chorherrn Liebeshandel
Seinem Abt zu Ohren kam,
Fragt' er ihn, ob solch ein Wandel
Mit der Keuschheit, Zucht und Scham
Und der Regel sich vertrage.
Aufgebracht durch diese Frage,
Sprach der Chorherr rasch und kühn:
Ich weiss meinen Augustin
Selbst und besser auszulegen,
Als so manches Kirchenhaupt,
Das der stolzen Insel wegen
Mehr als ich zu wissen glaubt.
Das, was unsers Ahnherrn Lehren
Feyerlich für Sünd' erklären,
Billigt seine Lebensart;
Denn er ist, wie ich gelesen,
Vater eines Kinds gewesen,
Eh' er Kirchenvater ward.
An einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[232] An einen Rangsüchtigen

Wien im May 1786.


Bene qui latuit, bene vixit.

Ovid.


Freund, willst du, Thoren gleich, die, um vergnügt zu seyn,
Der wandelbaren Gunst des blinden Glücks bedürfen,
Erträumter Möglichkeit und täuschenden Entwürfen
Der Zukunft deine Tage weihn?
Sey klüger, und geniess des Daseyns kurze Frist,
Statt sie mit nichtigen Phantomen zu verträumen!
O sieh! der Lenz beginnt. Sieh, wie den Ahornbäumen
Das jugendliche Laub entspriesst!
[233]
Horch! Lerch' und Nachtigall verkünden rings umher
Den frohen Wonnemond helltrillernd durch die Lüfte:
Der Weste lauer Hauch, der Blühten Balsamdüfte
Sind Boten seiner Wiederkehr.
Sieh! alles, was sich regt, was auf beblümter Flur,
Im hohen Luftrevier, im Wasserreiche lebet,
Was rings im weiten Raum der Schöpfung Odem hebet,
Freut sich der Anmuth der Natur.
Die Freude beut auch dir ihr reiches Füllhorn dar:
Lass nach der Grösse Tand des Stolzes Knechte dürsten!
Vergnügen sey dein Ziel, nicht schnöde Gunst der Fürsten,
Die stäts des Grams Gefährtinn war!
[234]
Sieh jenen Höfling an! des Sturzes Bild umschwebt
Prophetisch seinen Blick: der bangen Ahnung Leiden
Verbittern stündlich ihm die unbefangnen Freuden,
Die der nur kennt, der sorglos lebt.
Drum zähme deinen Wunsch! leb' als ein freyer Mann!
Was man nicht sehnlich sucht, vermisst man ohne Sorgen.
Der Weise lässt durch nichts sich fesseln, was ihm morgen
Des Zufalls Laune rauben kann.
An das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[235] An das adriatische Meer

Trieft im Brachmond 1786.


Adria, deren elastischem blauen
Busen manch blühendes Eyland entspriesst,
Holde schilfhaarichte Tochter des grauen
Oceans, sey mir, o Göttinn, gegrüsst!
Ehrfurchtsvoll nah' ich der heiligen Urne,
Deren vielfärbiger zackichter Rand,
Ringsum mit Städten gekrönt, die azurne
Ebene deines Gebietes umspannt.
Schön bist du, Nymphe, wenn Zephyr die Falten
Deines smaragdenen Mantels durchpflügt,
Und in den flimmernden silberbestrahlten
Furchen die blitzende Sonne sich wiegt.
[236]
Lieblich ist's, wenn dein Gewässer, sich schaukelnd,
Sachte den Rand des Gestades benagt,
Oder, in schäkerndem Wirbeltanz gaukelnd,
Hastig ein Wellchen das andere jagt.
Sey mir, o Wogenbeherrscherinn, gnädig!
Schütze die schüchterne Barke, die bald
Fern nach dem flutenentstiegnen Venedig
Hin mit mir gleitet, vor Äols Gewalt!
Schirme mich friedlichen Zögling der Musen,
Wenn sich, von tobenden Stürmen durchbrüllt,
Abgrunderöffnend dein gährender Busen
Plötzlich bald senket, bald felsenhoch schwillt!
Schütze das Schiff, wenn mit schrecklichem Dräuen
Eurus das knasternde Segel durchpfeift,
Und mit zerstörendem Grimme den scheuen
Mast ein unbändiger Windstoss ergreift!
[237]
Dankbar gelob' ich, alsdann dir, o traute
Göttinn, ein festliches Loblied zu weihn:
Lauschend vernehm' es in Osten der laute,
Ister, in Westen der wallende Rhein!
An Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[238] An Herrn Pezzl

Venedig im Brachmond 1786.


Du, dessen redliches trugloses Angesicht
Der Seele Lauterkeit beym ersten Blick verkündet,
O Freund, mit dem das Band der brüderlichen Pflicht,
Doch mehr noch eigne Wahl des Herzens mich verbindet,
Diess Blatt, mit welchem dich dein ferner Freund begrüsst,
Sey dir ein Unterpfand, wie theuer du mir bist
Du warst mir gut auf festem Lande:
Sey mir's nicht minder hier am feuchten Meeresstrande,
Wenn gleich itzt zwischen uns so manche Wolke schwebt,
Und mancher steile Berg sein Riesenhaupt erhebt!
[239]
Geliebter! dreymal hat nun Titans goldner Wagen
In Amphitritens flimmernd Grün
Hinunter sich getaucht, seitdem ich (so zu sagen)
In Einem Element hier mit den Fischen bin.
Der Anblick dieser Stadt, die auf dem weichen Rücken
Des mächtigen Neptuns, von der beschäumten Flut
Des Meeres rings bespült, fest, wie auf Felsen, ruht,
Ist in den ersten Augenblicken
Für eines Neulings Aug' ein magisch Phänomen.
Statt Menschen würdest du Amphibien hier sehn,
Die täglich halb auf trocknem Boden leben,
Halb auf der See in schwarzen Gondeln schweben.
Du wähntest, durch die Allgewalt
Des Zaubers unsichtbarer Feen
In eine neue Welt dich hingebannt zu sehen.
Doch, Theuerster, nur allzubald
Hat man aus hundert tollen Streichen,
Wodurch die Menschen sich hiernieden alle gleichen,
[240]
Bey diesem Völkchen sich belehrt,
Dass es nur zu gewiss zum Narrenrund gehört.
Freund! wär' ich Heraklit, so weint' ich nun wohl freylich,
Dass ich, wie überall, hier wieder Narren fand:
Doch ein gewisses Mass von Tollsinn ist verzeihlich;
Die Welt ist ja der Thorheit Vaterland.
Man mag sie weit und breit von einem Pol zum andern,
Zu Wasser und zu Land durchwandern,
So trifft man allerwärts der Menschheit Schwächen an.
Wer drob sich härmen will, ist wahrlich schlimm daran,
Besonders hier; denn traun! bey allen Völkerschaaren
Kann Aberglaube sich mit Sittenlosigkeit,
Schamlose Betteley mit Aufgeblasenheit
Wohl nirgendwo, als hier, in solcher Blösse paaren.
[241]
Von einem Baldachin umschanzt,
Und mit Akazien und Rosen rings bepflanzt,
Zeigt sich, von Fackeln hell umschimmert, deinem Blicke
Am höchsten Rand der stolzen Marmorbrücke
Rialto hier das wundervolle Bild
Des Mönchs von Padua, der einem Schwarm von Fischen,
Die höchlich, wie mir scheint, sich seiner rednerischen
Talente wunderten, einst eine Predigt hielt.
Gleich Strömen, welche wild aus ihren Ufern treten,
Drängt sich das Volk herzu, den Götzen anzubeten,
Schlägt mit geballter Faust die fromme Brust sich wund,
Bekreutzt sich, und verzerrt den andachtsvollen Mund.
Nicht fern davon in einer Nebengasse
Sitzt, öffentlich geschützt von einem freyen Passe,
[242]
Der ungestraft zum fleischlichen Kommerz
Berechtigt, dort in geilen Gruppen
Ein Amazonenschwarm von Aphroditens Truppen,
Und rufet dich durch ungezähmten Scherz,
Durch freche Schmeicheleyn und buhlerische Künste
Im Angesicht des Volks zu Cypris Opferdienste.
Mit Staunen stehst du da, wenn nun zum erstenmal
Vor dir der Markusplatz sich öffnet, und dich dünket,
Du seyst in jenem Zaubersaal,
Wo mit der Götterschaar Zevs seinen Nektar trinket:
Doch dieser süsse Wahn fliegt wie ein Blitz vorbey,
Und deine Täuschung nimmt ein tragikomisch Ende;
Denn hier naht plötzlich sich mit kläglichem Geschrey
Ein ganzes Bettlerheer, und ringt die eklen Hände,
Um einen Sold dich bittend, rings empor:
Dort steigt mit Kato's Ernst stolz zwischen den Arkaden
[243]
Des Platzes, mit der Last des ganzen Staats beladen,
Im Senatorenputz ein Pantalon hervor.
Sein schwarzer Amtsornat, der oben am Genicke
Entspringt, und feyerlich bis auf den Boden reicht,
Hat eines Schlafrocks Form: die komische Perücke,
In Locken ohne Zahl emporgeringelt, gleicht
Dem Haupthaar des berühmten Leuen,
Den einst Sankt Markus zum getreuen
Gespielen sich erkor, und der nun, aufgestellt
Am Markusplatz, mit ihm die Wache hält.
Doch still! mein kühner Mund beginnt sich zu verirren;
In diesem knechtischen Kakistokratenstaat
Gilt jedes freye Wort für einen Hochverrath.
Belauschte mich das Heer der immerwachen Sbirren,
So stünd' es schlimm mit mir: man würde mich fürwahr
Nicht wie den Schmeichler Sannazar
Mit einem Beutel voll Zechinen
[244]
Für meine Reimerey bedienen.
Drum lebe herzlich wohl, bis dich in Wiens Gebiet,
Wo keine Sbirren sind, mein Auge wiedersieht!
Grabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[245] Grabschrift des heil. Antons von Padua

Padua im Brachmond 1786.


Wen weder Frank, noch Merz, noch Fast bekehren kann,
Den schickt zu diesem Grab. Hier ruht ein Wundermann,
Der selbst ungläubigen Meeraalen und Makrelen
Zu predigen nicht unterliess,
Und viel verstockte Häringsseelen
Dem Teufel aus dem Rachen riss.
An Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[246] An Fräulein Gabriele von Baumberg

Innsbruck im Brachmond 1786.


Ein junger Musensohn, der, seine Milz zu heilen,
Nun frische Bergluft schnappt, entbeut durch diese Zeilen
Der schönen Sängerinn am stolzen Isterfluss
Hier vom bescheidnen Inn der Freundschaft trauten Gruss.
Verehrungswerthe Gabriele,
Die du des Körpers Reitz durch Bildung deiner Seele
Verschönerst, Häuslichkeit mit Geist und Witz vereinst,
Und wider den Gebrauch der weiblichen Pagoden,
Für die das Studium der Moden
Das Non plus vltra ist, mehr zu bedürfen meinst,
[247]
Als das Talent, das Lärvchen weiss zu schminken,
Von hundert Bändern flugs das schönste zu erspähn,
Mit Artigkeit Kafee zu trinken,
Auf weichen Sophen sich recht adelich zu blähn,
Des Gatten Zuversicht mit schlauer Kunst zu täuschen,
Und wackrer Leute Ruf mit Anstand zu zerfleischen,
Wenn meine rohe Zeichnung dir
Nicht missfällt, so vergönne mir,
O süsse Schwester der Kamönen,
Die mannigfaltigen Schattirungen und Scenen
Der unverkünstelten Natur,
Die hier zu Land mir zu Gesichte kamen,
Mit ungeübter Hand, im Schattenrisse nur,
Auf diesem Blatte nachzuahmen.
So wie man sich, von Wälschlands Reitzen satt,
Von der berühmten Vaterstadt
Des lockeren Katulls (der hier bey manchem süssen
Gedichtchen, dem es noch an Politur gebrach,
Nach ältrer Dichter Art die Nägel sich zerbissen)
[248]
Nach Norden kehrt, thürmt allgemach
Die Erde sich empor, und wolkenhoch erheben,
Von grauen Nebeln rings umgeben,
Der Berge Häupter sich, die Wälschlands milder Luft
Den Eintritt in Tyrols verwachsne Thäler wehren.
Es reiht sich Berg an Berg: des Thales enge Kluft,
Voll finstrer Tannen, gleicht der Heimath wilder Bären.
Hier richtet senkrecht sich bis in der Wolken Saum
Die steilste Steinwand auf, aus deren dunkler Ritze
Einsiedlerisch ein halbverwelkter Baum
Emporzuwachsen strebt: dort streckt die nackte Spitze
Ein traurigkahler Berg empor,
Den grünlichgelbes Moos und grauer Kies umhüllen.
Aus seinem Rücken ragt ein Felsenstück hervor,
Und droht, zum Sturze reif, der Tiefe Schlund zu füllen.
Des Thales Raum ist dicht mit Steinen übersät,
Aus denen hie und da ein Distelstrauch entsteht.
Es herrschet weit und breit ein schauerliches Schweigen:
[249]
Vergebens sucht man nur ein Hüttchen zu erspähn.
Nichts regt sich rings umher im Thal und auf den Höhn:
Kaum ächzt ein Vögelchen auf dürrer Bäume Zweigen.
Wie freut' ich mich, als dieses wüste Land,
Mit schroffen Felsenhöhn so wie mit einer Kette
Umschlossen, mehr und mehr vor meinem Blick verschwand,
Und ich in eines Thals gewässerreichem Bette,
In dem, umschanzt von Höhn, auf einer mildern Flur
Sich Rovereith, Trient und Botzen
Erheben, beyderseits durch grüne Schatten fuhr!
Zwar scheint die Erd' auch hier verwildert; denn es trotzen
Noch, schichtenweis' in blanken Schnee verhüllt,
Mit Tannenbäumen dicht und wild
Bewachsen, und mit Wolkenschleyern
Bemäntelt, steile Reihn von rauhen ungeheuern
Gebirgen um und um dem nahen Horizont.
[250]
Es stürzen brausende mit Schaum bedeckte Bäche
Sich rasch von Fels auf Fels hinunter in die Fläche:
Doch ist der Boden rings bepflanzet, und besonnt
Blinkt bald ein Thurm, bald eine Hütte,
Bald der zerfallne Rumpf von einem Ritterschloss
Durch schattichtes Gesträuch, bald weidet sorgenlos
Ein Schaafhirt seine Heerd' auf eines Hügels Mitte.
Aus diesem langen Thal und seiner Haine Grün
Zieht nun der enge Pfad sich gegen Brixen hin.
Hier wird, obwohl auch da nicht weniger gigantisch
Das waldichte Gebirg sich in die Luft erhebt,
Und oft sein Gipfel frey auf niedern Wolken schwebt,
Die Aussicht um und um viel heller, und romantisch
Bald falb, bald grün schattirt, und mit Gesträuch besäumt,
Erweitert sich das Thal, durch das die Eisack schäumt.
An Korn und Reben reich, erhöhen stufenweise
Sich Alpenreihen rings im Kreise.
[251]
Hier zeigt ein Sommerhaus sein rothgefärbtes Dach;
Dort gleitet sanft ein silberheller Bach
Den Hang des Bergs hinab, und wässert eine Wiese:
Kurz, dieses holde Thal gleicht einem Paradiese.
Doch allen diesen Reitz und mehr noch überwiegt
Des Hügels Anmuth weit, auf welchem Ambras liegt.
Hier hat das Auge Raum, sich rings an Matten, Auen,
Fruchtfeldern, Rebenhöhn und Quellen satt zu schauen.
Diess alte Schlösschen ist's, wo an der Schwanenbrust
Der schönen Welserinn im Taumel süsser Lust
Einst Herzog Ferdinand so manches Stündchen säumte,
Als er, trotz seines Vaters Drohn
Und Philippinens Stand, bey Tag' ihr auf dem Thron
[252]
Und nachts in seinem Bett ein kleines Plätzchen räumte.
O Freundinn, wenn ein Mann von deutscher Biederart
Bald das, was Ferdinand einst Philippinen ward,
Auch dir wird, und dich liebt, wie treue Gatten lieben,
So denkt dabey an den, der dieses Blatt geschrieben,
Und mit dem warmen Wunsch es schliesst,
Einst im zufriednen Kreis von Kindern dich zu sehen,
Die mit Entschlossenheit die Bahn der Tugend gehen,
Und gut und edel sind, wie's ihre Mutter ist.
Wehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[253] Wehklage über Kostnitz

Kostnitz im Heumond 1786.


O Kostnitz, die du einst von Deutschlands freyen Städten
Mit nichten die geringste warst,
Und Krämer, deren Gold der Erde Majestäten
Geschmeidig huldigten, gebarst!
Dahin ist nun die Zeit, als aus der Fremden Säckeln
In deine Pforten Reichthum quoll,
Und laut bis in die Nacht von stolzer Wuchrer Mäkeln
Dein lärmerfüllter Marktplatz scholl.
Verwelkt ist deine Zier. Der Erde Völker wallen
Nicht mehr zu deinen Mauern hin:
Tief, wie einst Tyrus fiel, tief, tief bist du gefallen,
Des Bodensees Beherrscherinn!
[254]
Wie auf dem Weingebirg ein Winzerhaus im kalten
Eismonde wüst und einsam steht,
So stehst du öd' und leer, und bist gleich einer alten
Reitzlosen Buhlerinn verschmäht.
Auf deinen alternden entvölkerten Gebäuden
Keimt traurig, wie auf einem Grab,
Die dürre Nessel auf: in deinen Gassen weiden
Der Schaafe Heerden auf und ab.
Auf deinen Thürmen wohnt ein banger Schwarm von Eulen,
Der jammernd dein Geschick beklagt:
Dein Volk ist rings zerstreut, wie Stoppeln, die mit Heulen
Der Nordwind in die Wüste jagt.
Wie herrlich warst du einst, als Priester und Leviten,
Die, Roms erhabnen Vatikan
Zu rächen, manchen Feind des Pfaffenstolzes brieten,
Zu Hussens Richtplatz dich ersahn!
[255]
Da drang durch deine Thor' ein Schwall von schwarzen Bäuchen,
Die sich vom Evangelium
Wie Fürsten mästeten, herbey aus allen Reichen
Zum heiligen Synedrium.
Da schwand der frohe Tag den üppigen Prälaten.
Beym Trinkgelag: da ward die Nacht
In feiler Dirnen Schooss, der Zehnten und Annaten
Mit heisser Gier verschlang, durchwacht.
Bejammernswerthe Stadt! seit diesen Tagen wandten,
Verscheucht von träger Lustbegier
Und von der Schwelgerey hochwürdiger Bachanten,
Sich Fleiss und Wohlstand weg von dir.
Doch fasse neuen Muth! denn sieh! es strömt in Schaaren
Ein kunstgeübtes Volk herzu,
Und suchet, fern von Genfs unrühmlichen Gefahren,
In dir die langentwöhnte Ruh.
[256]
Es führen im Triumph in fernen Afterzeiten
Vielleicht noch einst das spröde Glück,
Mit dem die Jünger Roms so lange dich entzweyten,
Die Zöglinge Kalvins zurück.
Der RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[257] Der Rheinfall

Schafhausen im Heumond 1786.


Horch! welch ein dumpfer Laut, wildmurrend, wie der träge
Geschwächte Ton entfernter Donnerschläge,
Dringt feyerlich an mein erstauntes Ohr,
Und welch ein fremdes banges Zischen
Steigt schauderhaft aus den Gebüschen
Des steilen Abhangs dort empor!
Führt dieser enge Pfad mich zu der Feueresse
Des lahmen Donnerschmieds Vulkan?
Wie? oder wälzt nicht fern sich über Stein' und Klösse
Der Flammenschwall des Phlegetons heran?
Beflügle deinen Schritt, o Führer! solch ein Feuer
Blies Neubegier noch nie in meinen Adern an.
Beflügle deinen Schritt! ein grosses Abentheuer
Harrt unser. Lass uns kühn der Tiefe Rand uns nahn!
[258]
Ha! wo bin ich? welche niegeseh'ne
Majestätischfürchterliche Scene
Der Natur enthüllt sich meinem Sinn!
Täuschen mich die Augen? oder raffte
Zaubertrug mich in die fabelhafte
Heimath wunderbarer Feen hin?
Sieh! ein Schneestrom, aufgepflügt von Klippen,
Drängt durch kahlgenagter Berge Rippen
Sich heran an eine Felsenwand,
Und entstürzt wildschnaubend, gleich dem Winde,
Der dem Rachen engverschlossner Schlünde
Sich entreisst, dem schaudervollen Rand.
Wie erbebt die schwache bange Mühle,
Deren Wand im heftigsten Gewühle
Diessseits die erbosste Flut beschäumt!
Selbst die Veste Laufen scheint zu wanken,
Deren Giebel zwischen grünen Ranken
Jenseits einem schroffen Berg entkeimt.
[259]
Nur die Zwillingsfelsen, deren nackte
Scheiteln mitten in dem Katarakte
Dort des Stroms vereinte Wuth bestürmt,
Und von deren Häuptern Schaum in Flocken
Dick emporstaubt, ragen unerschrocken
Aus der Flut, die wolkenwärts sich thürmt.
Beym Himmel! nicht umsonst verhiess des Rufes Stimme
Mir grosse Wunder hier. Lass uns bergunter gehn,
O Führer, und beherzt in seinem vollen Grimme
Den Sturz der wilden Wogen sehn!
Komm! lass uns hin zu jenem Nachen eilen,
Der am Gestade dort uns freundlich zu sich winkt,
Und die beschäumten Fluten theilen,
Aus denen spiegelhell die Sonne wiederblinkt!...
Schon tanzt, vom Ufer fern, der kühne
Harmlose Kahn mit uns durch den empörten Schwall:
Sieh! höher hebt sich itzt des Falles breite Bühne,
Und blanker Schaum verhüllt der Sonne Flammenball,
[260]
Wie sauset und braust nun im schnellen
Gewirbel die Fülle der Wellen
Vom schäumenden Walle herab!
So rollen von Gletschern Lauwinen
Mit donnerndem Schall auf die grünen
Gefilde des Thales hinab.
Wie sprüht aus dem raschen Gedränge
Der berstenden Flut das Gemenge
Des luftigen Schneestaubs empor!
Wie dampfet im sonnigen Schimmer
Vom wogenbestürmten Getrümmer
Des Felsen der Nebel hervor!
Wie balgt das Gewässer, gespalten
Von Steinen, in hundert Gestalten
Sich ringsum im wilden Turnier!
O herrlicher Anblick! du füllest
Mit Staunen den Sinn, und enthüllest
Die Allmacht des Schöpfers vor mir.
[261]
Ermüde nicht, o Schiffer! schon beschatten
Des festen Landes Höhn das Ruder. Lass den Arm
So nah am Ziele nicht ermatten!
Vergebens stürmt der Fluten frecher Schwarm
Mit Ungestüm die Wand des Nachens: fruchtlos dräuen
Lautknirschend unter uns verborgne Felsenreihen.
Der kleine schlaue Kahn bahnt trotz dem Widerstand
Der Wellen sich den Weg, und wühlt sich bald gerade,
Bald seitwärts durch den Strom ... Schon fass' ich an dem Rand
Des Ufers das Gesträuch: schon sind wir am Gestade.
Sieh! diese steile schmale Bahn
Am Flusse führt uns dicht zum Katarakt hinan.
Ha! welch ein Wogengetümmel
Wallt auf mich los! Hat der Himmel
Sich mit dem Erdball entzweyt?
[262]
Stürzen die Wolken sich wieder
Wüthend in Strömen hernieder,
Wie zu Deukalions Zeit?
Sieh! wie die Wasserflut, schäumend
Sich auf der Felsenwand bäumend,
Hoch wie ein Berg sich erhebt,
Und, von dem Schwalle von oben
Abwärts geschleudert, mit Toben
Sich in den Abgrund vergräbt!
Tosendes Krachen erschüttert
Ringsum den Boden: es zittert
Bang auf den Bäumen das Reis.
Schwindel ergreifet die gähen
Häupter der Berge: sie drehen
Magisch herum sich im Kreis.
Taumelblind wendet mein irres
Auge, des Wellengewirres
Satt, sich zur stilleren Flut:
[263]
Sieh! da entsteiget den Wogen,
Iris! dein reitzender Bogen
Röthlich, wie dämmernde Glut.
Erhabner Vater Rhein! von staunendem Entzücken
Begeistert, trenn' ich mich mit wundertrunknen Blicken
Von diesem Zauberort. Bald werd' ich fern von hier,
Wo deine Fluten wild um Felsentrümmer brausen,
Ehrwürdigster der deutschen Flüsse! dir
In sanftern Gegenden mich nahen, wo der krausen
Gebüsche Wölbungen mich, froh dir nachzuspähn,
An deine grünen Ufer laden,
Und muntre Haine sich und rebenreiche Höhn
In deinem wirthlichen Gewässer ruhig baden.
Auf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[264] Auf ein schlechtes Gemälde des Grafen Cagliostro, dessen Kopf sich in einer widernatürlichen Wendung zu weit rückwärts drehte

Strassburg im Heumond 1786.


Mit Billigkeit verrückte man
Dir hier den Kopf, du schlauer Scharlatan!
Denn du hast Tausenden das nämliche gethan.
ParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[265] Parodie

von Horazens neunzehnter Ode im zweyten Buch.


Augsburg im Heumond 1786.


Ich sah (ihr Enkel, ohne Scherz!)
Heut nachts im Traum den Eifrer Merz
Den Predigtstuhl besteigen,
Sah Küchennymphen, halb zerdrückt
Von Handwerksjungen, unverrückt
Ihr Ohr zur Kanzel neigen.
Potz Blitz! wie weidlich klopfte nicht
Der wackre Kämpfer das Gezücht
Der Ketzer auf die Finger!
Mir gellen, traun! die Ohren noch:
»Ach, schone, rief ich, schone doch,
Du tapfrer Schnupftuchschwinger!
[266]
Ich will ja glauben, dass die Hand
Des Papstes zum gelobten Land,
Wo Milch und Honig fliessen,
Den Schlüssel hat, um allen Herrn
Sektirern und Schismatikern
Das Pförtchen zu verschliessen;
Will glauben, dass du bibelfest
Der Protestanten Drachennest
Schon halb, wie Spreu, zerstäubtest,
Und manchen armen Pastor schon
Durch deiner Stimme Donnerton
Auf immer übertäubtest.
Du bändigst, grosser Thaumaturg!
Halb Augsburg, Ulm und Regensburg,
Ja fast das ganze Schwaben,
Und keiner von der Ketzerbrut
Vermag mit aller seiner Wuth
Dir je was anzuhaben.
[267]
Du hautest Luthern, welcher sich
Den Vatikan so freventlich
Zu stürmen unterstanden,
Und seiner Jünger Riesenschwarm
Mit deinem orthodoxen Arm
Totaliter zu Schanden.
Zwar wähnt das böse Lutherthum,
Es stünd' um unsrer Kirche Ruhm
Weit besser, wenn du schwiegest:
Allein wer kann in Deutschland nun
Den Ketzern allen Einhalt thun,
Wenn du sie nicht bekriegest?
Dich würde selbst, wenn du den Mund
Nur öffnetest, der Höllenhund
Nicht wagen anzublecken,
Und, wedelnd mit dem krausen Schwanz,
Die Zehn, o schrecklicher Popanz
Der Ketzer! sanft dir lecken.«
An den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[268] An den Erzvater der alleinseligmachenden bayrischen Kirche Herrn Pater Frank

München im Heumond 1786.


Malheur à qui s' éclaire!

Voltaire.


O du, den zum Gewissensrath
Sich Theodor erkoren,
O lass, ehrwürdigster Prälat!
In deinen hohen Ohren,
Die zwar durchlauchtigen Vergehn
Sonst bloss allein zu Diensten stehn,
Nun auch gemeine Sünden
Ein Zufluchtsplätzchen finden!
Ich klag', o hochgeweihter Mann!
Vor deinem Richterstuhle
Mich als ein lockres Herrchen an,
Das, von der dreisten Schule
[269]
Der neuern Philosophenzunft
Verführt, der menschlichen Vernunft
Oft mehr, als manchem Haupte
Der Mutter Kirche, glaubte.
Ich wähnte, dass die Maurerey
Ein ehrenvoller Orden,
Und (Herr, verzeih mir's) besser sey,
Als alle trägen Horden
Der Derwische, die zum Ruin
Des Landvolks rings durch Bayern ziehn,
Um frommen Christenkindern
Die Häuser auszuplündern.
Ich opferte gewissenlos
Bey Baylen und Voltären
Manch Stündchen auf, und hielt Rousseau's
Verblendung hoch in Ehren.
[270]
Ich pflegte salua venia
Herrn Zabuesnigs Opera
Oft frevelhaft beym Schmauchen
Als Fidibus zu brauchen.
Ich glaubte, dass zur Professur
Des Kirchenrechts nur Layen,
Nicht Mönche, die dem Staat ein Schwur
Entwandte, tauglich seyen,
Und dass bey einem solchen Amt
Den Kuttenträgern insgesamt
Nicht mehr zu trauen wäre,
Als Katzen bey dem Schmeere.
Ich hätte gerne für ein Paar
Von Zaupsers lahmen Fingern
Die ganze wohlbeleibte Schaar
Von Bayerns Ordensjüngern
[271]
Mit Haar und Bart und Kopf und Fuss
Ja (weil ich's doch gestehen muss)
O Frank, bey meinem Leben!
Dich selber hingegeben.
Ich sah (bis du des Bessern mich
Vom Predigtstuhl belehrtest,
Und, dass dir's Ernst war, feyerlich
Am Maurervolk bewährtest)
Die Menschen stäts für Brüder an,
Und wähnt', es wäre wohlgethan,
Wenn man die Menschenliebe
So weit, als möglich, triebe.
Ich weiss, dass dieser Sündenschwall
Mich nach dem Kirchenrechte
Der frommen Bayern Knall und Fall
Nun an den Bratspiess brächte:
[272]
Doch, Vater Frank, verzeih! ... Wo nicht,
So sey's denn, wenn ich armer Wicht
Nur keiner Pfaffenheerde
Zum Opferbraten werde!
Ich will mich lieber schnurstracks hin
In Satans Küche trollen,
Um dort mich braten oder brühn
Zu lassen; denn es sollen
Die schwarzen Herrn der Unterwelt
Trotz dem, was Kochems Buch enthält,
Nicht halb so gräulich toben,
Als unsere hier oben.
Der ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[273] Der ketzerische Dorfjunge

Nach dem Französischen.


Linz im Heumond 1786.


Der beleibte tonnenschwere
Dorfvikar Spiridion
Fragte bey der Christenlehre
Veiten einst, ob Gottes Sohn
Gleichfalls Gott sey, wie der Vater.
Nein, sprach Veit, der nicht, Herr Pater!
Wie? rief, vor Entsetzen bleich,
Der Vikar, ey! wer, zum Plunder!
Lehrte dich solch Zeug? Kein Wunder
Wär' es, Gott im Himmelreich
Lähmte spornstreichs dir die Zunge.
Sachte, sachte! sprach der Junge,
Macht nur kein so wild Gesicht!
Noch bis jetzt ist er es nicht:
[274]
Doch sollt' einst der Vater sterben,
Dann vermuth' ich, Herr Kaplan,
Dass es ihm als nächstem Erben
Ganz gewiss nicht fehlen kann.
An meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[275] An meinen lieben Freund S**r

Nach dem Englischen des Swift.


Wien im Sommermond 1786.


So wie, erpicht auf Braten und Tockayer,
Der feiste Mönch, der jede Kirchenfeyer
Der Kirche halb, und halb der Küche weiht,
Sich auf das Fest des Ordensstifters freut,
Weil, während man am Hochaltare singet,
Und feyerlich das blanke Rauchfass schwinget,
Melodisch auch der Bratenwender schnarrt,
Und blinkend schon die volle Flasche harrt,
So sehnt' ich, Freund! mich nach dem Freudenmahle,
Das gestern du in deinem Gartensaale
Mir zugedacht: doch, Lieber! das Geschick
Hielt schadenfroh mich in der Stadt zurück.
Ich war bereit, mein Wort als Mann zu halten:
[276]
Doch Klärchen zog die Stirn' in dunkle Falten,
Und sprach voll Ernst: »Landstreicher, bleib zu Haus,
Und gieb dein Geld nicht stäts für Kutschen aus!
Ich wittre Sturm; denn mürrisch sitzt die Katze
Im Winkel dort, und haschet mit der Tatze
Nicht so, wie sonst, possierlich nach dem Schwanz.
Mein hohler Zahn fieng gestern abends ganz
Entsetzlich an zu wüthen, und die Düfte
Des nahen Schlauchs durchwürzten rings die Lüfte.«
Unschlüssig stand ich an der Pforte, so
Wie Cäsar einst am Flusse Rubiko.
Doch plötzlich ward's am Kahlenberge düster:
Ein Wirbelwind erhob sich: längst dem Ister
Versammelten die Wassernymphen sich,
Ihr Leinenzeug zu retten: fürchterlich
Balgt' in der Luft der Wind sich mit dem Staube,
Und mancher Hut ward dem Orkan zum Raube.
Dem Säufer gleich, der bey dem Trinkgelag
[277]
Mehr Wein verschlingt, als er ertragen mag,
Spie häufig nun die überfüllte Wolke
Den Regen aus, und drohete dem Volke,
Das im Bezirk der weiten Kaiserstadt
Sich gütlich thut, ein zweytes Sündenbad.
Manch schönes Kind floh itzt zur Krämerbude,
Feilscht' allerhand, bot wie ein karger Jude
Nur halben Preis, und kauft' am Ende nichts.
Der Wiederkunft des holden Sonnenlichts
Gewärtig, stand, wie ein verlornes Schäfchen,
Mit leerem Sack manch armes wälsches Pfäffchen
Am Kirchenthor, und that beschämt zum Schein,
Als wollt' es gern nach einer Sänfte schreyn.
Umsonst bestritt mit ihrem Regenschirme
Frau Susens Hand des Wirbelwindes Stürme:
Ihr Obdach fliegt zersplittert in den Koth,
Und spottend lacht der Pöbel ihrer Noth,
Welch einen Schwarm von mancherley Gelichter
Paart' itzt der Sturm! ein auf den Putz erpichter
Exjesuit, dem seines Kleids Ruin
[278]
Viel näher lag, als Kirchendisciplin,
Sprach friedlich hier mit einem Jansenisten,
Und dort stand dicht bey Maurern, Atheisten
Et cetera der fromme Vater Fast,
So wie ein Schaaf sanft zwischen Böcken grast
Wie schmiegte sich, als trommelnd Schloss' auf Schlosse
Nun über ihm die Wölbung der Karosse
Erschütterte, so mancher Seladon!
So schmiegte sich, als einst Laokoon
Mit frecher Hand dem hölzernen Wallachen
Auf offnem Markt zu Troja in den Rachen
Die Lanze stiess, in stäter Todsgefahr
Im Bauch des Gauls der Griechen feige Schaar,
Ein Lumpenvolk, das letztlich, gleich brutalen
Kadetten, statt den Fuhrlohn zu bezahlen,
Vom Leder zog, die Kutscher Schurken hiess,
Und sie zum Dank wie Hunde niederstiess.
Nun stand die Stadt, so weit mein Blick zu sehen
[279]
Vermochte, rings im Wasser, und Trophäen
Von mancher Art riss die ergrimmte Flut
Wild mit sich fort. Hier kreutzt' ein alter Hut
Im Golf herum: dort an der Rhede schifften
Zwo Hauben hin: hier legten Merzens Schriften,
Die, leider Gott! das Ketzervolk nicht liest,
Aus Sympathie an einem Haufen Mist
Vor Anker sich: dort segelten die Fetzen
Von einem Hemd mit andern seltnen Schätzen
Des Trödelmarkts: hier schwamm auf offnem Meer
Ein armer Schuh, und kläglich hinterher
Der ganze Kram von einem Hökerweibe.
Beherzt sah ich durch meine Fensterscheibe,
Und dachte froh: wie selig ist der Mann,
Der trocken nun im Zimmer sitzen kann!
FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[280] Fastenlied

Linz im März 1787.


Dorinde, sieh, die Zeit der Maskeraden
Ist nun entflohn,
Und Komus zieht, mit Geigen schwer beladen,
Betrübt davon.
Reumüthig schleicht der frommen Magdalenen
Zerknirschte Schaar,
Des Himmels Zorn durch Beten zu versöhnen,
Nun zum Altar.
Manch loses Kind, dem noch vom Wirbeltanze
Die Wangen glühn,
Wallt sittsam itzt mit seinem Rosenkranze
Zur Kirche hin.
[281]
Die Priesterzunft ergreift nun statt der Flasche
Den Weihbrunntopf:
Das Layenvolk trägt statt des Puders Asche
Auf seinem Kopf.
Der süsse Herr, der stolz die Silberflocken
Des blanken Schnees
Durch sein Gesicht beschämet, hört erschrocken:
Tu puluis es.
Die Kirch' ertönt von Psalmen, Litaneyen
Und Bussgeschrey,
Und sieh! auch du, Dorinde, stimmst dem Schreyen
Der Büsser bey.
Mir aber, Kind! mir predigst du vergebens
Von Busse vor:
Gern fleht' auch ich um Besserung des Lebens
Mit dir empor.
[282]
Gern wollt' ich mich, hätt' ich nur was zu büssen,
Mit dir kasteyn:
Doch, züchtige Vestalinn! mein Gewissen
Ist leider! rein.
O möchtest du nur eine kleine Sünde
Mir zugestehn!
Dann solltest du mich willig, o Dorinde,
Als Büsser sehn.
An meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[283] An meinen Freund Alxinger

Linz im Heumond 1787.


Nihil mihi nunc seito tam deesse, quam hominem eum, quocum omnia, quae me cura aliqua afficiunt, vna communicem, qui me amet, qui sapiat, quicum ego colloquar, nihil fingam, nihil dissimulem, nihil obtegam.

Cicero.


Kein Gut, und wenn es auch das summum bonum ist,
Wird nach Verdienst geehrt, so lang man es geniesst:
Erst, wenn es uns den Rücken kehrte,
Erst dann schätzt man's nach seinem wahren Werthe.
[284]
Vergieb mir (falls dein Ohr, o Theuerster! den Witz,
Der, Flammen gleich, aus deinem Munde lodert,
Auch von den Lippen andrer fodert)
Wenn meines Briefes Frontispitz
Vermuthlich dich durch diesen längstbekannten
Gemeinsatz gähnen macht, der in den Folianten
Der steifen Moralistenschaar
Schon hundertmal der Motten Speise war!
Alt ist das Sprüchlein zwar, und tüchtig
Genug durchdroschen, Freund! doch seit mir das Geschick
Jüngst, wie ich hoffen will, nur deines Umgangs Glück,
Nicht auch dein Herz entzog, ward es mir neu und wichtig.
Ich fühle nun, geliebter Pylades!
Mit banger Sehnsucht fühl' ich es,
Was du mir warst, und bist, wie sehr ich dich vermisse.
[285]
Oft seit dem letzten unsrer Küsse
Gedenk' ich, wenn mein Blick beym Glanz des Hesperus
Mit stillem Neid zu euch den stolzen Isterfluss
Hinunter eilen sieht, der frohen Abendstunden,
Die beym sokratischen Pokal
Halb ernst, halb lächelnd uns entschwunden.
Bald wurde feyerlich vor unserm Tribunal
Das Schicksal eines Reims entschieden:
Bald rächten lachend wir an dummen Verseschmieden
Des Musengotts beschimpfte Majestät:
Bald gab ein plumper Musaget
Und unsrer kritischen Tagschreiberzunft verstecktes
Gefühl zum Spott uns Stoff, bis endlich unverhofft
Die schwarze Mitternacht zu Bett uns rief. O noctes
Caenaeque Deum! ruf' ich oft
Mit unserem Horaz inbrünstig auf, und eile
Nach meiner Stube hin, wo ich die lange Weile,
Die manchmal unversehns mich armen Robinson
Auf meiner kleinen wüsten Insel
[286]
Zu unterjochen sucht, durch Maro's Heldenton,
Horazens muntern Witz und Naso's Klaggewinsel,
Durch Swifts verwägnen Muth und Popens Energie,
Durch eine schlaue Blasphemie
Des leidigen Voltärs, durch Wielands zauberreiche
Urbanität von Zeit zu Zeit verscheuche.
O Freund, wie öd' und leer scheint mir mein Aufenthalt,
Wo keiner Muse Lied erschallet, wo man, kalt
Für Wollust feinrer Art, für geistiges Vergnügen,
Nur thierische Begierden kennt,
Bloss für des Pöbels Freuden brennt,
Die Herz und Geist in dumpfen Taumel wiegen,
Nur stäts dem Ombregott und seiner Kebsfraun Schaar,
Der allvermögenden Spadille,
Der flugs, wie Proteus, sich verwandelnden Manille
Und ihrem jüngern Schwesternpaar,
Der Balta und der Ponto, fröhnet,
Und dieser Götzen Lob von allen Lippen tönet!
[287]
Oft nah' ich mich, von Eifer angefacht,
Apolls verschmähten Dienst zu rächen, einem Tempel
Des schnöden Ombregotts: doch muthlos leider! macht
Mich manches Märtyrers Exempel;
Denn weh dir, wenn du nur mit einem freyern Wort
Die Allmacht der papiernen Götter
An diesem hochgeweihten Ort
Zu profaniren wagst! weh dir verruchtem Spötter!
Ein solches Sakrilegium
Wird nicht so leicht verziehn: ein lautes Crucifige
Ertönt durch's ganze Heiligthum,
Und, wer kein Waghals ist, sucht gern den Weg zur Stiege.
Entwaffnet von dem kühnen Muth
Des Götzendienerschwarms, verwandelt meine Wuth
Sich allgemach in bittre Klagen:
[288]
Ach! lass in meiner Noth, o Herr! mich nicht verzagen,
Fang' ich mit David inniglich
Zu psalmodiren an, und denke, Freund! an dich.
Wenn nun, wie's einem Freund von biedrer Art gebühret,
Die Stimme meines Flehns dich rühret,
So komm, bevor der Hauch der Sommerlüfte flieht!
Vertausch' auf kurze Zeit Wiens lärmende Quiriten
Mit einem stillen Eremiten,
Der dir so sehnsuchtsvoll, so froh entgegensieht!
Das beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[289] Das beängstigte Kammermädchen

Nach dem Englischen.


Linz im Sommermond 1787.


Pfui, Junker! seyn Sie doch bescheiden! ...
Nur klug! ... Ich kann das Ding nicht leiden ...
Sie reissen mir ja das Gewand
Vom Leibe ... Fort da mit der Hand! ...
So hilft denn gar nichts? ... Je! ich glaube,
Sie sind besessen ... Ey, potz Blitz!
So schonen Sie doch meiner Haube! ...
Nur nicht so kindisch, Junker Fritz!
O Himmel, hilf mir aus dem Zimmer! ...
Nun, nur gemach! ... Sie werden immer
Verwägner ... Wird kein Ende seyn? ...
Bey meiner Treu'! ich werde schreyn ...
[290]
So hören Sie doch auf zu küssen! ...
Zum Plunder! ist denn keine Ruh? ...
Ich möchte fluchen ... Ey, so schliessen
Sie wenigstens die Thüre zu!
An Herrn HaschkaDas beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[291] An Herrn Haschka

Linz im Weinmond 1787.


Ob auch wohl Haschka's Mund noch manchmal mein erwähnt?
Ob sich im fernen Wien das Häuflein meiner andern
Geliebten in Apoll zuweilen nach mir sehnt?
Ob ich noch werth euch bin? Freund! diese Zweifel wandern
Oft bang mit mir umher, wenn ich mit irrem Fuss
Durch einsames Gesträuch im Abendglanze walle:
Doch traulich lispelt mir der holde Genius
Der Freundschaft in das Ohr: sie lieben dich noch alle.
Sie lieben, wiederholt, des Herzens Lustgefühl
Verkündigend, mein Mund, sie lieben dich noch immer,
[292]
Und rasch ergreif' ich dann den trägen Dichterkiel,
Um euch auch meinerseits, dass eher Titans Schimmer,
Als meiner Liebe Glut, für euch erlöschen soll,
So gut ich's noch vermag, in Reimen zu betheuern:
Doch spröde weigert sich der Versegott Apoll,
Vom Aktenstaub verscheucht, mich Armen zu befeuern,
Und fühl' ich manchmal auch den Einfluss seiner Macht,
So sträubt die Sprache sich. Statt munterer Trochäen
Naht meinem Pulte sich phlegmatisch, voll Bedacht,
Ein gravitätisch Paar schwerfälliger Spondäen:
Statt eines Anapästs hinkt langsam, wie ein Dachs,
Mit seinem dicken Wanst mir ein Moloss entgegen,
Und flüchtig, wie ein Reh, hüpft statt des Amphybrachs
Ein Daktylus herbey, und machet mich verlegen.
Kurz, Klio hält nicht mehr mich eines Blickes werth,
[293]
Und wag' ich's, ohne sie ein Lied euch darzubringen,
So widersetzet sich das stolze Flügelpferd,
Sich mit der schlechten Fracht zu euch hinabzuschwingen.
Missmüthig wünsch' ich dann das leidige Geschäft,
Vergeblich stundenlang mit Sylben mich zu balgen,
Samt der erlauchten Schaar der Musen, die mich äfft,
(Apoll vergebe mir die Lästrung!) an den Galgen,
Vernichte, was ich erst mit Müh und Schweiss ersann,
Und wünsche sehnsuchtsvoll mir bald Medeens Drachen,
Mit denen sie Korinths verhasster Burg entrann,
Bald Dädals Fittige, bald Blanchards Zaubernachen,
Der dreist den Ocean des Äthers rings durchkreutzt,
[294]
Um plötzlich über Berg' und Hügel fern von hinnen,
Wo keines Freundes Lied mich zu Gesängen reitzt,
Zu euch, ihr Günstlinge der Dichtkunst, zu entrinnen,
Zu euch, in deren Kreis auch ich den süssen Hang
Zu Musenkünsten einst in mir sich regen fühlte,
Durch deren Zuspruch es mir Blöden oft gelang,
Dass Klio's Schwesternschaar huldlächelnd nach mir schielte.
O Freund, um dessen Haupt die Hand Kalliopens
Den grünen Lorber flocht, mein Haschka! wann erscheinet
Der feyerliche Tag, der Tag des Wiedersehns,
Der wieder mich mit euch, ihr Lieben! einst vereinet,
An dem ich, aus dem Grün des Wienerwalds hervor
Mich windend, allgemach des Domes Thurm erspähe,
[295]
Und freudig wie Ulyss zum Wolkensaum empor
Rings meiner Vaterstadt Schorsteine qualmen sehe?
Wann werd' ich euerm Kreis von neuem einverleibt?
Wie? oder kehr' ich nie vielleicht zu euch, so brünstig
Mein Herz es wünscht, zurück? Im schlimmsten Falle bleibt
Auch dem entfernten Freund, ihr Theuern, hold und günstig!
LobgesangAn Herrn HaschkaDas beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[296] Lobgesang auf das Kriegsvolk eines kleinen deutschen Reichsfürsten

** im April 1788.


Sucht immerhin der Helden Spur
Am Ufer des Skamanders!
Preist, wie ihr wollet, die Bravur
Der Krieger Alexanders!
Verkündiget aus vollem Hals
Den Ruhm der Truppen Hannibals!
Ich lobe mir das zahme Heer,
Das hier, vom biedern Städter
Gemästet, seit den Staat nicht mehr
Das Faustrecht unsrer Väter
Mit Krieg bedroht, der Ruhe pflegt,
Bald Holz kliebt, und bald Sänften trägt.
[297]
Der Vorzeit Kriegsvolk war brutal,
Und konnte nichts, als morden.
Durch dieses Heer ist kein Gemahl
Je kinderlos geworden:
Es hilft vielmehr dem Ehmann oft
Zu Kindern, die er nie gehofft.
Roms Krieger reitzten oft die Wuth
Des Volks zu blut'gem Hader.
Hier strömte noch kein Bürgerblut,
Als durch die Hand der Bader:
Kein gäher Lärm, kein Aufstand jagt
Den Domherrn aus dem Bett der Magd.
O wäre man der Mordbegier
Verwägner Eisenfresser
Doch überall so gram, als hier!
Es gienge wahrlich besser:
Froh würde sich Jahr aus Jahr ein
Die ganze Welt des Friedens freun.
MelindeLobgesangAn Herrn HaschkaDas beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[298] Melinde

Nach einer Gessnerischen Idylle.


Linz im Herbstmond 1788.


»Wohin verirrt in dieser Wildniss sich
Mein wunder Fuss durch dornige Gesträuche?
Ein schauerndes Gefühl durchströmet mich;
Denn schwermuthsvoll steigt rings um mich der Eiche
Bemooster Stamm aus dem Gebüsch hervor,
Und wölbt ein Dach von dunklem Laub empor.
Sey mir gegrüsst, o stiller Zufluchtsort
Des düstern Grams, wo nichts sich regt, als Bienen,
Die, aufgebläht von Honig, sumsend dort
Der Buche nahn, und ein im Lenz mit ihnen
Erzeugter West, den dieser Hain erzog,
Und der noch nie um schöne Busen flog!
[299]
Hier, wo das Laub kein Sonnenstrahl durchdringt,
Wo um und um mit dichtverwebten Netzen
Der Epheu fest den hohlen Stamm umschlingt,
Hier will ich mich auf welke Blätter setzen:
Doch nein, dort wälzt durch wildverschlungnes Grün
Und Wurzeln sich ein rascher Bergquell hin.
Er wird vielleicht zu ödern Wüsteneyn
Mein Führer seyn: drum folg' ich seinen Wellen ...
Ha! welch ein Glanz bebt plötzlich durch den Hain!
Sieh! hier beginnt das Laub sich aufzuhellen,
Und staunend blickt von dieses Felsens Saum
Mein Auge tief in eines Thales Raum.
Hier, wo der Bach hoch von der steilen Wand
Mit dumpfem Laut, wie ferne Donner tönen,
Sich stäubend stürzt, hier an des Abgrunds Rand
Will ich mich hin an diese Klippe lehnen,
Die (wie das Haar auf Timons Stirne wild
Herniederhängt) ein dürrer Strauch umhüllt.
[300]
Sey meinem Gram willkommen, öder Wald!
Dich wähl' ich mir zum Zeugen meiner Klagen:
Fern von der Welt im dunkeln Aufenthalt
Des scheuen Wilds will ich der Lieb' entsagen.
Leb' ewig wohl, o Amor! mein Elpin
Liebt mich nicht mehr: ach! Doris fesselt ihn.«
So sang, versenkt in tiefe Traurigkeit,
Indess ein Schwarm gelinder Abendwinde
Allmählich schon ihr nymphenhaftes Kleid
Umflatterte, die reitzende Melinde,
Als ihr Elpin, der heimlich sie belauscht,
Dicht hinter ihr aus dem Gebüsche rauscht.
Ein liebend Paar versöhnt sich leicht. Zwar dreht
Melinde sich, als sie Elpinen siehet,
Hinweg, und flieht, doch wie im Blumenbeet
Vor Zephyrs Kuss die junge Rose fliehet,
Die, wenn sie kaum von ihm sich weggeneigt,
Sich doppelt schnell dem Kuss entgegenbeugt.
Klaglied eines österreichischen BettelmönchsMelindeLobgesangAn Herrn HaschkaDas beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[301] Klaglied eines österreichischen Bettelmönchs

Linz im Weinmond 1788.

Aleph.

O Brüder, ringt
Die Händ', und singt
Ein kläglich Miserere!
Wir sind besiegt:
Es unterliegt
Des grauen Mönchthums Ehre.
Beth.

Wehklagt, und weint!
Der böse Feind
Singt ringsum Siegeslieder.
[302]
Man beut, o Gräul!
Schon Klöster feil,
Und reisst Kapellen nieder.
Ghimel.

Manch Heiligthum,
Wo Gottes Ruhm
Einst aus verborgnen Zellen
Zum Himmel drang,
Tönt vom Gesang
Zuchtloser Kriegsgesellen.
Daleth.

Wo unser Chor
Des Seraphs Ohr
So oft entzückt, bereiten
[303]
Profane nun
Sammt und Kattun
Nebst andern Üppigkeiten.
He.

Voll Übermuth
Nennt uns die Brut
Der Witzlinge Phantasten,
Und lehret frey:
Arbeiten sey
Verdienstlicher als Fasten.
Vau.

Der Layen Schaar
Will itzt sogar,
Als ob wir Knaben wären,
[304]
Wie Doktor Bahrdt
Nach neuer Art
Die Bibel uns erklären.
Zain.

Man raubt, o Graus!
Das Gold im Haus
Des Herrn von allen Wänden,
Und schmilzt es ein:
Selbst unser Wein
Ist in profanen Händen.
Heth.

Kein Gnadenbild,
Kein Ablass füllt
Den Schlund der Opferstöcke,
[305]
Und in Verfall
Ist überall
Das Ansehn unsrer Röcke.
Theth.

O wenn vorhin
Ein Mönch erschien,
Wie neigten Männer, Weiber
Und Kinder sich
Andächtiglich,
Als kämen heil'ge Leiber!
Jod.

Und nun, nun lacht
Ob unsrer Tracht
Der leidige Profane,
[306]
Und mancher spricht:
Ey! sind das nicht
Verkappte Paviane?
Caph.

Mit milder Hand
Gab rings durch's Land
Einst manche fromme Vettel
Uns Butter, Schmalz,
Speck, Mehl und Salz
Für einen Lukaszettel.
Lamed.

Für ein paar Loth
Geweihtes Brod,
Für Ablassbrief' und Gürtel
[307]
Erhielten wir
Wein, Most und Bier
Und fette Kälberviertel.
Mem.

Nun aber hält
Die böse Welt
Nicht viel von solchen Sachen,
Und wagt es, sie,
O Blasphemie!
Als Possen zu verlachen.
Nun.

Die goldne Zeit
Der Geistlichkeit
Ist wie ein Traum vergangen:
[308]
Ach, ach, ach, ach!
Ein Thränenbach
Rollt über meine Wangen.
Samech.

Mit Recht beugt Scham,
Verdruss und Gram,
O Brüder, unsre Seelen;
Denn, aufgehäuft
Gleich Bergen, läuft
Die Flut uns in die Kehlen.
Phe.

Das blöde Rom
Kann selbst dem Strom
Der Zeit nicht widerstehen,
[309]
Und siehet bang
Den Untergang
Der geistlichen Armeen.
Ain.

Seit sich der Geist
Des Layen dreist
Zu denken unterwunden,
Wird rings umher
Kein Glaube mehr
In Israel gefunden.
Sade.

Durch uns erweicht,
Liess Gott einst leicht
Die Menschen Gnade finden;
[310]
Denn Fraun und Herrn
Bezahlten gern
Mit Messgeld ihre Sünden.
Coph.

Doch jetzt nimmt auch
Der fromme Brauch
Des Messgelds ab: drum wächst die
Ruchlosigkeit
Der Christenheit,
Zumal in puncto sexti.
Res.

Wie lang verzieht
Der Herr, und sieht
Geduldig durch die Finger?
[311]
Trift denn kein Blitz
Vom Wolkensitz
Des Höchsten Satans Jünger?
Sin.

Doch tröstet euch!
Ganz wird das Reich
Der Mönche nie sich enden:
Diess, Brüder, ward
Uns offenbart
Durch unsere Legenden.
Thau.

Entweder droht
Krieg, Hungersnoth
Und Pest dem bösen Samen:
[312]
Wo nicht, so ist
Der Antichrist
Das letzte Mittel. Amen!
Danklied einer armen WittweKlaglied eines österreichischen BettelmönchsMelindeLobgesangAn Herrn HaschkaDas beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[313] Danklied einer armen Wittwe
an Seine Excellenz den oberensischen Herrn Regierungspräsidenten (seitherigen böhmischen obersten Burggrafen) Grafen von Rottenhan

Linz im Jäner 1789.


Als jüngst in seinem Grimme sich
Der Eismond nahte, fühlt' ich mich
Vom Fieber übermannt,
Und ach! bis auf das letzte Reis
War all mein Holz, das ich durch Schweiss
Und Flehn erwarb, verbrannt.
Mit siechem Körper lag ich da
Auf halbvermorschtem Stroh, und sah
Mit wehmuthsvollem Sinn,
Vergessen, hilflos, ohne Trost,
Auf meine Kinder, die vor Frost
Und Hunger heulten, hin.
[314]
So manchen sah mein banger Blick
Vorübereilen, dem das Glück
Mehr, als erbrauchte, gab.
Doch niemand, niemand dachte mein:
Verlassen war mein Kämmerlein,
Wie eines Fremdlings Grab.
Wie fühllos, rief ich ächzend aus,
Fährt oft der Glückssohn hin zum Schmaus!
Ach! mit dem halben Werth
Des Gastgebotes hätten wir,
Ich und die armen Kleinen hier,
Uns mondenlang genährt.
Hart ist das Loos der Dürftigkeit:
Doch Glück und Unglück, Freud' und Leid
Sind Gottes Fügung bloss.
Geduldig ehr' ich sein Gebot:
Nur die Gespielen meiner Noth ...
Ach! wär' ich kinderlos!
[315]
So seufzt' ich trostlos, und schon war
Das Blut der kleinen nackten Schaar,
Die zitternd mich umkroch,
Und Wärme suchte, halb erstarrt,
Und, Gott im Himmel! immer ward
Die Kälte strenger noch.
Doch nun erbarmte meines Flehns
Der Vorsicht Huld sich: unversehns
Erschien ein Retter, sprach
Mir Tröstung zu, und sieh! es schwand,
Verscheucht von seiner milden Hand,
Des Mangels Ungemach.
Dem frommen Tugendfreunde gleich,
Dem plötzlich aus dem Geisterreich
Ein Seliger erscheint,
Blickt' ich mit Thränen himmelwärts,
Und pries mit stummem Dank dein Herz,
Erhabner Menschenfreund!
[316]
Denn du, o wahrhaft edler Mann,
Der, wenn er Hilfe bieten kann,
Sich glücklich fühlet, du,
Den Rang und Herzensadel ziert,
Du sandtest, durch mein Leid gerührt,
Mir diesen Retter zu.
Der Herr, der gute Thaten lohnt,
Geb' allen Grossen unterm Mond
Ein Herz, wie deines ist!
Wie manche Zähre flösse hier
Aus wonnevoller Dankbegier,
Die nun aus Kummer fliesst!
Alxingers TraumgelichtDanklied einer armen WittweKlaglied eines österreichischen BettelmönchsMelindeLobgesangAn Herrn HaschkaDas beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[317] Alxingers Traumgelicht

Nach einem seiner lateinischen Gedichte.


Linz im Jäner 1789.


Als jüngst des Schlafes sanfte Hand
Mit Dunkel mir das Aug' umhüllte,
Erbebten plötzlich Thür' und Wand:
Ein sonnenheller Schimmer füllte
Mein Schlafgemach, und sieh! es stand
Ein Jüngling mir erhabnen Mienen,
Die hold mich anzulächeln schienen,
Vor mir an meines Bettes Rand.
An seinem rothen Feyerkleide,
Das um die Hüft' ein Silberband
Umschlang, erkannt' ich, halb von Freude
[318]
Und halb von Furcht betäubt, in ihm
Wiens Genius. Mit Ungestüm
Wollt' ich zu seinen Füssen fallen:
Doch freundlich eilt' er mir zuvor,
Umfieng mich, und mit frohem Ohr
Hört' ich die süssen Worte schallen:
»O du, dem Gott Apoll schon früh
Der Pierinnen goldne Leyer
Und ein empfänglich Herz verlieh,
Der du, beseelt vom Götterfeuer
Der schöpferischen Phantasie,
Jüngst deines Doolins Abentheuer
So reitzend sangst, dass am Parnass
Das Chor der ältern Musenpriester
Und der entzückten neun Geschwister,
Frohlauschend rings im Kreise sass,
Ja selbst der rohe Flussgott Ister
Sein Haupt aus blauen Fluten hob,
Durch eines höhern Wesens Lob
Den Kaltsinn Wiens, das deutsche Lieder
[319]
Noch stäts für Possen aus Paris
Vertauschet, zu beschämen, liess
Ich vom Olympe mich hernieder.
Laut würde deines Namens Ruhm
In Josephs fernstem Eigenthum
Von wonnetrunknen Lippen tönen,
Wenn Wien den holden Musensöhnen
So günstig wär', als einst Athen,
Und auf Germaniens Kamönen
Die Grossen nicht mit kaltem Gähnen
Und sprödem Stolze niedersähn.
Doch ach! in unserm Vaterlande
Regt leider! in des Adels Brust
Sich bloss der Hang noch träger Lust
Und nach des Prunkes eitlem Tande.
Wenn Titan fast im Mittelraum
Des Himmels wallet, und der Saum
Des Schattens um und um sich enger
Zusammenziehet, ringt noch kaum
[320]
Der hochgeborne Müssiggänger
Sich aus des Bettes weichem Pflaum,
Und wenn er seine schlaffen Glieder,
Ein paarmal gähnend, auf und nieder
Geschleppet, fängt er endlich nun
Sein Tagwerk an. Sein erstes Thun
Ist, mit dem schwarzen Saft der Bohne,
Den die beglückte warme Zone
Arabiens für schimmernd Gold
Dem fernen Europäer zollt,
Und ein der reitzenden Dione
Geweihtes Mädchen aufgetischt,
Und mit dem Fett der Milch gemischt,
Den leckern Gaumen zu erfreuen,
Und Milchbrod, das dem Doppelhorn
Des Halbmonds gleicht, dabey zu käuen.
Vertieft in den Entwurf zu neuen
Buhlschaften, steht indessen vorn
Am Fenster schon sein Kammerdiener,
Ein plauderhafter, eitler, kühner,
Verlaufner Franzmann, voll Genie,
[321]
Dem die Natur zu bösen Streichen
Vor hundert andern seinesgleichen
Ein treffliches Talent verlieh;
Denn wer vermag, mit leichtrer Müh
Unschuldigen Agnesen jeden
Gewissenszweifel, der sich hie
Und da noch reget, auszureden?
Wer weiss so fertig aus den schnöden
Syrenen, deren feile Gunst
Sich jedem preis giebt, die zu wählen,
Die, Amors Zweykampf durch die Kunst
Der geilsten Taktik zu empfehlen,
Und den Genuss der Lust verschmitzt
Durch Zwischenspiele zu beseelen,
Das rühmliche Verdienst besitzt?
Wer ist mit den geheimsten Tiefen
Der Mädchenherzen so genau,
Wie er, bekannt? Wer weiss so schlau
Die Tugend einer Frau zu prüfen?
Wer unter allen Kupplern kennt
So gut den kritischen Moment,
[322]
Wo Danaen dem goldnen Regen
Nicht leicht zu widerstehn vermögen?
Kühn legt mit diesem Ehrenmann
Der Weichling nun ein Plänchen an,
Die Unschuld eines schönen Kindes
Zu täuschen, das er liebgewann,
Und mit der Schnelligkeit des Windes
Verfolgt der lockere Merkur,
Um seinem Herrn den Weg zu bahnen,
Sogleich des holden Mädchens Spur.
Der feige Sprössling wackrer Ahnen
Lässt voll Erwartung unterdess
Die Haare sich, der Kunst gemäss,
Auf dem mit Puder rings bestäubten,
Mit weissem Kleister dicht bekleibten
Erhabnen Haupt in Locken reihn,
Und lechzt dabey mit heissem Triebe
Nach dem Turnier des Gotts der Liebe.
So sehnten einstens, handgemein
Mit Stambuls trotzigen Barbaren
[323]
Zu werden, seiner Ahnherrn Schaaren
An Ungarns Gränzen ritterlich
Mit halbentblösstem Degen sich.
Sieh! unter solchen schweren Sorgen
Verfliesst des Sybariten Morgen,
Und mit Geschäften gleiches Schlags
Verschwendet er den Rest des Tags.
Bald lüstet's ihn, im bunten Wagen,
Mit Sehnsucht angegafft von Fraun
Und Töchtern, durch des Praters Aun
Sein werthes Selbst zur Schau zu tragen,
Und bald, der Thiere Kampf zu schaun.
Mit inniglichem Wohlbehagen
Sieht er das Lämmchen in den Klaun
Des wilden Bären hilflos zagen,
Stimmt laut dem frohen Klatschen bey,
Und trägt dann mit zufriedner Miene
Die langen Ohren vom Geschrey
Des Cirkus hin zur Opernbühne,
Um lüstern an dem Zauberklang
[324]
Des Stimmchens einer wälschen Phryne
Und an dem zitternden Gesang
Des Halbmanns Herz und Sinn zu weiden.
Von dannen eilt er wohlgemuth
Zum Spieltisch, um des Vaters Gut
Mit kaltem Gleichmuth zu vergeuden,
Und wenn er dann die halbe Nacht
Nach einem schwelgerischen Schmause
Mit Amors Freuden zugebracht,
Begiebt er endlich sich nach Hause,
Um nach so grossen Thaten nun
Bis an den Mittag auszuruhn.
Diess üppige Schlaraffenleben,
Das sich mit jedem Tag erneut,
Raubt unsern Grossen Lust und Zeit,
Dem Musenchor Gehör zu geben,
Das drum mit gleicher Sprödigkeit
Vor den Pallästen der Verächter
Des Dichtergotts vorübereilt,
Und nur in den Gemächern ächter
[325]
Verehrer der bescheidnen Töchter
Mnemosynens sich gern verweilt.
Das Beyspiel der erhabnen Musen
Entflamme jedes Dichters Busen
Zu edlem Trotz, und flöss' auch dir
Den Stolz ein, über die Begier
Nach einem Gnadenblick der Götzen
Des Pöbels dich hinwegzusetzen!
Sieh! Wieland, unsers Pindus Zier,
Beut dir mit Lächeln vom Revier
Der sanften Ilm die Hand entgegen,
Erfreut sich, auf den steilen Wegen
Zu Famens lichtem Heiligthum,
In dem mit Lorbern ihn der Ruhm
Bekränzt, auch dich nun zu erblicken,
Und überlässt dir mit Entzücken
Und unbesorgt, dass etwa dich
Ein Sturz in eines Abgrunds Tiefen
Vergrabe, seinen Hippogryphen,
Der, ob er gleich mit Schnauben sich
[326]
Emporbäumt, und sonst einen Reuter
Von grösserem Gewichte trug,
Dich willig und mit sicherm Flug
Zu Höhn, wo dich ein Ungeweihter
Erstaunt aus dem Gesicht verliert,
Durch das Gebiet des Äthers führt.
Drum lass dich auf der Bahn zum hehren
Parnasse nicht durch Kaltsinn stören!
Wen eines Wielands Beyfall ehrt,
Kann, stolz auf seiner Lieder Werth,
Das Lob der Grossen leicht entbehren.«
So sprach der Genius, die Hand
Mir huldreich drückend, und verschwand.
Der EinsiedlerAlxingers TraumgelichtDanklied einer armen WittweKlaglied eines österreichischen BettelmönchsMelindeLobgesangAn Herrn HaschkaDas beängstigte KammermädchenAn meinen Freund Alxinger [1]FastenliedAn meinen lieben Freund S**rDer ketzerische DorfjungeAn den ErzvaterParodieAuf ein schlechtes GemäldeDer RheinfallWehklage über KostnitzAn Fräulein Gabriele von BaumbergGrabschrift des heil. Antons von PaduaAn Herrn PezzlAn das adriatische MeerAn einen RangsüchtigenDer lockere ChorherrAmor und der TodAuf die dem Freymaurerorden von Kaiser Joseph dem ZweytenSchwesterngedicht [1]Der junge OdendichterDer keusche Einsiedler PachonDas Loos des BiedermannsDer beruhigte GeliebteDer Bär und die KräheKurzweilige LiebesbegebenheitAn meinen Freund PrandstetterKettenliedLied einer jungen EhefrauDie HundeträgerinnenAn einen neuaufgenommenen FreymaurerSiegesliedLied zur GesellenreiseAn meinen Freund AlxingerSchwesterngedichtAn eine ExnonneAuf die Hochwürdigen Vorsteher des FreymaurerordensDithyrambe auf die Einweihung einer neuerbauten WeinschenkeAn einen moldauischen BojarenAn meine lieben Freunde Blumauer und PrandstetterTafellied für Brüder FreymaurerLied zum Schluss der GesellenlogeLied bey Eröffnung der GesellenlogeAuf eine RasenbankErmunterung zur Arbeit für Brüder FreymaurerDer feste VorsatzRecept wider die HeterodoxieDer ZufriedeneAn die heutige KritikAn den kaiserl. königl. Leibarzt Freyherrn von QuarinGrabschrift eines KleingläubigenLied der TreueDie Pfarrerköchinn und Schuster VeitAn ThemirenParodie von Hamlets Monolog: Seyn oder nicht seynAn Herrn BlumauerAn KlarissenLob des WeinsLiebesliedAn Herrn von RetzerIx und Ypsilon, ein DialogBalladeÜber den Tod eines StutzersAuf die Entzündung des Pulverthurms in WienAstronomische Observazionen eines DorfpfarrersÜber Leons TonsurKönig Arnulphs HasenjagdAn meinen kranken Freund LeonDer Barde und der MinnesängerWarnungAn NadinenDer verpachtete ParnassVorredeGedichteRatschky, Joseph FranzGedichte

[327] Der Einsiedler

Nach dem Englischen des Parnell.


Linz im Christmond 1790.


Ein dunkler Hain, den steile Felsenwälle
Umthürmten, schloss einst einen Klausner ein:
Seit Jahren schon war eine Kluft die Zelle
Des frommen Manns, sein Bett ein harter Stein,
Sein Mahl ein Korb voll Waldobst und die Quelle,
Und sein Geschäft, sich dem Gebete weihn.
So lebt' er lang, freywillig abgeschieden
Vom Weltgewühl, mit seinem Gott zufrieden.
Schon bleichte sich sein krauses Haar, und sachte
Schlich, frey von Gram, des Lebens Herbst vorbey,
Als der Verdacht in seiner Seel' erwachte,
Ob (da so oft im Joch der Tyranney
[328]
Des Bösewichts der Tugendhafte schmachte)
Die Schöpfung wohl ein Werk der Vorsicht sey.
Er grübelte voll zweifelnder Gedanken,
Und sein Vertraun auf Gott begann zu wanken.
Von Stund' an raubt' ihm seine Sucht zu klügeln
Die Seelenruh, die Gott ihm stäts gegönnt.
So siehet man, wenn von des Ufers Hügeln
Der Bäume Grün und von dem Firmament
Die Sonne sich im Teiche ruhig spiegeln,
Durch einen Wurf, der das Gewässer trennt,
Im Augenblick diess schöne Bild zersplittern,
Und Sonn' und Baum wild durcheinander zittern.
Der Zweifel satt, die seine Brust zernagen,
Rief er einst auf: ich Thor! was hält mich ab,
Mich in die Welt beherzt hinauszuwagen,
Und Weisere, die, was das stumme Grab
[329]
Verhüllt, schon hier erforschten, zu befragen?
Rasch griff er nun nach seinem Pilgerstab,
Und macht', als kaum die Berge rings im Kreise
Noch dämmerten, getrost sich auf die Reise.
Fern gieng bereits von seinem Aufenthalte
Der Eremit, als unversehns ein Mann
Voll Jugendreitz an seiner Seite wallte.
Gott segne dich, sprach ihn der Jüngling an:
Gott segn' auch dich, erwiederte der Alte,
Und ein Gespräch voll Traulichkeit begann.
Sie wurden eins, da einer an dem andern
Gefallen fand, vereinigt fortzuwandern.
Als allgemach die Abendlüfte wehten,
Und kühler Thau vom Himmel niederfloss,
Entdeckten sie auf eines sanfterhöhten
Grashügels Rand ein stattlich Ritterschloss,
[330]
Und eilten nun, besorgt sich zu verspäten,
Mit schnellerm Schritt auf das Gebäude los.
Itzt nahten sie, und alle Knappen drangen
Beym Thor heraus, sie freundlich zu empfangen.
Der Herr der Burg, der von des Schlosses Warte
Die Pilger sah, führt' eilends sie zum Saal
Der Burg hinan, der rings von Golde starrte,
Und wo bereits ein köstlichduftend Mahl
In silbernen Gefässen ihrer harrte.
Sie setzten sich: ein goldener Pokal
Gieng rund herum, und um die Zeit der Mette
Geleitete der Hauswirth sie zu Bette.
Die Nacht zerfloss in Dämmerung, und heiter
Stieg an den Höhn der junge Tag herauf:
Der Eremit und mit ihm sein Begleiter
Erwachten nun, und brachen dankend auf.
[331]
Schon sahen sie allmählich nur in weiter
Entfernung noch des Schlossthurms gelben Knauf,
Als im Vertraun der Jüngling itzt bekannte,
Dass er bey Tisch den goldnen Kelch entwandte.
Dem Wandrer gleich, der plötzlich eine Schlange,
Die an dem Rand des Wegs auf Beute harrt,
Sich sonnen sieht, und vor Entsetzen lange
Den Fuss zur Flucht nicht regen kann, erstarrt
Der Klausner nun, und sieht erstaunt und bange
Den Jüngling an. Ein Undank dieser Art,
Denkt er, ist nur verworfnen Seelen eigen,
Und bloss die Furcht heisst seinen Unmuth schweigen.
Indessen drang, durchschlängelt rings von Blitzen,
Aus dem Gebirg' ein schwarz Gewölk hervor,
Und heulend riss bis zu der Berge Spitzen
Ein Windstoss Sand und dürres Laub empor.
[332]
Beängstigt flohn, sich vor dem Sturm zu schützen,
Die Pilger schnell vor eines Pächters Thor,
Und pochten an: allein mit lautem Fluchen
Hiess sie die Magd ein andres Obdach suchen.
Nach langem Flehn und Pochen schloss am Ende
Der Pächter auf: die Wandrer traten ein,
Und sahn bestürzt ein Stübchen, dessen Wände
Der Schimmel deckt. Der Hauswirth hohlte Wein,
Den kaum der Mund des Bettlers trinkbar fände,
Und Haberbrod aus einem alten Schrein,
Und hiess, als kaum die Wolken sich zu theilen
Begannen, sie feindselig weiter eilen.
Die Pilger ziehn, genöthigt durch die Härte
Des Manns, nun fort: doch wie vom Wetterstrahl
Getroffen steht der Greis, als sein Gefährte
Beym Lebewohl den goldenen Pokal.
[333]
Den er zum Lohn, dass man ihn reichlich nährte,
Dem edlen Herrn des Schlosses gestern stahl,
Mit lautem Dank dem kargen Pächter reichet,
Der lieblos sie aus seinem Hause scheuchet.
Nicht ohne Grund däucht, was er sieht, den Alten
Ein Traumgesicht voll Widersinnigkeit;
Denn frevelhaft schien gestern das Verhalten
Des jungen Manns, wahnwitzig scheint es heut.
Unfähig, sich diess Räthsel zu entfalten,
Entschliesst er sich, bis ihn Geduld und Zeit
Ganz auf die Spur der Überzeugung leiten,
Getrost am Arm des Fremdlings fortzuschreiten.
Sie wallten nun durch manche weite Strecke,
Bis abermal die dichte Finsterniss,
Worein die Nacht des Himmels blaue Decke
Verhüllte, sie ein Obdach suchen hiess.
[334]
Ein matter Strahl, dem seitwärts eine Hecke
Zuweilen Raum, sich durchzudrängen, liess,
Ward, kaum entdeckt, die Richtschnur ihrer Schritte,
Und führte sie zu eines Jägers Hütte.
Der Eremit naht schüchtern und beklommen
Der Thüre sich; denn er vergass noch nicht,
Wie trotzig sie der Pächter aufgenommen:
Doch bald entwölkt die Freude sein Gesicht;
Denn traulich heisst der Weidmann sie willkommen.
Klein und beschränkt ist meine Habe, spricht
Der biedre Mann, doch was mir Gott bescheeret,
Sey herzlich gern, o Pilger, euch gewähret.
Sein trautes Weib läuft mit vergnügten Blicken
Zur Küche nun, sucht, was das Haus vermag,
Hervor, und eilt, die Tafel zu beschicken.
Ein fettes Huhn und Wein vom besten Schlag
[335]
Wird aufgetischt, die Gäste zu erquicken,
Und froher Muth erheitert das Gelag.
Unmerklich war die halbe Nacht verflossen,
Und mit Gebet wird itzt das Mahl beschlossen.
Als morgens sich die Wandrer fortbegaben,
Und noch der Schlaf des biedern Ehpaars Blick
Umnebelte, trat zu des Jägers Knaben
Der Jüngling hin, und brach ihm das Genick.
Der Greis erbebt', als schlöss', ihn zu begraben,
Ein Schlund sich auf. Welch neues Bubenstück!
Seufzt' er bestürzt, o jammernswerthe Gatten!
Ihr einzig Kind! ihr Alles, was sie hatten!
Mit dem Entschluss, sich heimlich wegzuflüchten,
Sobald die Nacht die Flucht begünstigt, schlich
Der Klausner nun im Schatten düstrer Fichten
Dem Jüngling nach. Dem schwülen Mittag wich
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Der Morgen schon, als mitten in dem dichten
Gebüsch des Walds, wo labyrinthisch sich
Die dunkle Bahn in Seitenpfade theilte,
Der Pilger Fuss aus Furcht, zu irren, weilte.
Gutmüthig beut ein Bettler, der am Wege
Vorbeywallt, sich dem Paar zum Führer an,
Und leitet es fern aus des Hains Gehäge
In's offne Thal, durch das ein Bergstrom rann.
Zum Lohn stürzt hier vom unbezäunten Stege
Der Jüngling ihn. Umsonst tönt himmelan
Tief aus dem Schwall des Bettlers Angstgewimmer:
Die Flut verschlingt den unerfahrnen Schwimmer.
Geheime Furcht verschloss bisher des alten
Einsiedlers Mund: doch itzt vermocht' er's nicht,
Des Herzens Grimm noch länger zu verhalten.
Unsinniger, verruchter Bösewicht!
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Rief er, und schwieg; denn blanke Stern' um strahlten
Auf einmal rings des Jünglings Angesicht:
In Duft schien sich sein Körper aufzulösen,
Und alles zeigt' ein überirdisch Wesen.
Stumm steht der Greis, und seine Kniee beugen
Tief in den Staub sich nieder. Endlich brach
Des Seraphs Mund das feyerliche Schweigen:
Ermanne dich! der Himmel sandte, sprach
Er tröstend, mich, um dich zu überzeugen,
Wie dreist es ist, wenn Menschen sich, zu schwach,
Ihr eignes Selbst zu kennen, unterwinden,
Die Fügungen der Allmacht zu ergründen.
Was du erstaunt vom Anfang unsrer Reise
Bis itzt gesehn, so tadelnswerth es schien,
That Gott durch mich, und was Gott thut, ist weise;
Drum sey getrost, und trau' und bau' auf ihn!
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Bleib, wie vordem, zufrieden im Geleise
Der Endlichkeit, und lerne künftighin,
Was dein Verstand unfähig ist, zu fassen,
Mit Zuversicht der Vorsicht überlassen!
Doch itzt vernimm, bevor ich mich entferne,
Aus welchem Grund, was ich gethan, geschah!
Den Kelch stahl ich dem Manne, der so gerne
Ob seiner Pracht den Wandrer staunen sah,
Damit er, frey von Selbstsucht, wohlthun lerne;
Denn was du sahst, war bloss zum Prunke da.
Er übt seitdem das Gute, fern vom Triebe
Der Eitelkeit, aus reiner Menschenliebe.
Der karge Filz, dem, ob er der Belohnung
Gleich unwerth war, ich den Pokal geschenkt,
Schliesst nun, gerührt und dankbar, seine Wohnung
Dem Fremdling auf, den Noth und Mangel kränkt.
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Des Jägers Kind hätt' einst des Vaters Schonung
Und blinde Gunst von Gräul zu Gräul gelenkt:
Dem Herzensleid der Ältern vorzukommen,
Hat Gott den Sohn so früh zu sich genommen.
Der Bettler hätt' ein harmlos Dörfchen heute
Bey Nacht, vereint mit einer Räuberschaar,
In Brand gesteckt: sein Untergang befreyte
Unschuldige von Raub und Todsgefahr.
Erkenne nun, wie sehr die Aussenseite
Der Dinge trügt! Vertrau' unwandelbar
Auf deinen Gott, und hüte dich zu grübeln!
Ein grössres Gut folgt oft aus kleinern Übeln.
Hier endigte der Seraph. Eine Hülle
Von purpurnem Gewölke floss herbey,
Und nahm ihn auf. In feyerlicher Stille
Sah ihn, geheilt von eitler Klügeley,
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Der Eremit entschwinden. Herr! dein Wille,
Rief er, zurück zur Zelle wandelnd, sey
Gebenedeyt auf Erden wie im Himmel!
Und starb in Ruh fern von dem Weltgetümmel.
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