Bei Athen

Sie ist's; gefunden hab' ich sie, die Stelle,
Die Sokrates zum Ruh'n sich gern erlas;
Vom Felsenhange rieselt kühl die Quelle,
An der er oft mit Phädrus saß.
Hier sprach der Weise von dem Ew'gen, Einen,
Der Sonne, die um Mittag immer steht,
Indessen schnell im flüchtigen Erscheinen
Die Welt der Sichtbarkeit vergeht.
Als ob er eines Gottes Nahsein ahne,
Lieh andachtvoll sein Liebling ihm das Ohr;
Ob ihren Häupten rauschte die Platane
Zu der Cikaden Sommerchor.
Theater lagen, Tempel, Siegesbogen
Und Säulenreihn endlos vor ihnen da,
Und murmelnd aus der Ferne scholl das Wogen
Des Volkes von der Agora.
Und nun? Im Schutte, der mit seinem Volke
Und seinen Göttern Griechenland begräbt,
Wo blieb Athen? Geh! frag die Staubeswolke,
Die wirbelnd sich vor dir erhebt!
[219]
Umsonst hoch von der Burg herab beschützte
Der Pallas helmgeschmücktes Riesenbild,
Das fern den Schiffern schon entgegenblitzte,
Die hehre Stadt mit goldnem Schild.
Verstummt der Rennbahn Lärm, die Siegspäane,
Der Opferzug durchs hohe Säulenthor!
Nur über mir noch säuselt die Platane
Zu der Cikaden Sommerchor.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek