6.

Der Mond beschützt auch die Keuschheit der Mädchen. Einem Dirnlein schien der Mond immer in das Fenster, wenn sie zu Bette ging und erhellte das Kämmerchen fast mit Tageshelle. Das Mädchen war schön und der Mond verliebt. Der Geliebte des Mädchens aber war ein reicher Bauernbursche, der es nicht redlich meynte und sie zu Fall zu bringen suchte. Einmal führte er sie zum Tanze, da drang er in sie, ihm das Kämmerchen zu öffnen, und in der Verwirrung und [64] Aufregung sagte sie ihm zu. Um keinen Verdacht zu erregen, ging sie früher heim. Wie sie eintrat, schien aber der Mond gar so schön in's Zimmer, und als sie zu Bette ging, war es ihr, als ob er immer näher käme, und zuletzt hart vor dem Fenster harre, traurig mit den Augen ihr zuwinkend. Da kam der Geliebte; sie hieß ihn aber wieder fortgehen; denn der Mond scheine ja gar so helle herein und gerade auf das Bettchen; er könne ja wieder kommen, wenn es dunkel wäre. Doch so oft er wiederkehrte, immer schien der Mond in die Kammer. Wohl ärgerte er sich weidlich darüber und fluchte dem Monde, sein böses Ziel konnte er nicht erreichen. Da nahm er sie zum Weibe und der Mond schien nicht mehr in die Stube, und herzlich dankte ihm das Mädchen, daß er ihrer Keuschheit gewartet und sie zum ehrlichen Weibe gemacht habe. Neuenhammer.

Seine geschlechtliche Einwirkung äussert der Mond aber nicht bloß auf die Weiber, sondern auch auf die Männer. Auch diese können, wenn sie den Mondschein im Wasser trinken, von ihm schwanger werden. Sie haben dabey alle Empfindungen einer Frau in diesem Zustande, nehmen neun Monate an Stärke des Unterleibes zu und darnach wieder ab.

Wenn ferner der Mann sein Wasser vom Monde bescheinen läßt und dann zum Weibe geht, wird diese mondschwanger. – Ebenso gibt es mondsüchtige Kinder, wenn der Mann zum Weibe geht, während der Mond auf das Ehebett scheint.

Sonst waren die Ehebetten ohne Vorhänge neben dem [65] Dachfenster und wurden gar oft vom Monde beschienen. Da wurden dann auch die meisten Kinder mondscheinig. Also traten die Männer zusammen, um sich zu berathen, und Einer rieth, über dem Bette eine Decke, den Himmel, anzubringen. Aber auch das half nicht immer; denn der Mond schien noch oft genug von der Seite herein. Da traten die geplagten Ehemänner wieder in den Rath und fanden heraus, es wäre am sichersten, das Bett durch Vorhänge von allen Seiten dem Monde zu verschliessen. Das ist der Ursprung der Bettvorhänge, und noch heut zu Tage wäre es eine Schande für die Bauernbraut, wenn der Kammerwagen nicht deren zwey, für die Werk- wie für die Feyertage mitbrächte. Hat sie ja auch als Mutter für das Kind gegen den Mond auf der Hut zu seyn: denn wenn dieses, bloß daliegend, vom Monde beschienen wird, vermag es das Wasser nicht mehr zu halten, wird zum Bettpisser. Neuenhammer.

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