758. Der kniende Esel.

VonPhilipp Will.


Sieh aus der Kirche hohen Hallen
Den Priester andachtglühend wallen,
Den Kranken mit geweihten Händen
Das heil'ge Sakrament zu spenden.
Es reihet sich zum ernsten Gange
Der Mönche Schaar im frommen Drange,
Die heil'ge Hostie zu begleiten
Um die selbst Engel uns beneiden.
Und eine freche Menschenrotte
Verhöhnt den Zug mit frevlem Spotte
Verfolgt die Mönche, drohet ihnen,
Aefft nach der Frommergebnen Mienen.
Doch, Gotteswunder, Himmelsstärke,
Herr, unbegreifbar sind die Werke,
Die Du vollbringst in weisem Rathe,
Und unerforschlich Deine Gnade.
Ein Eseltreiber kommt und rastet
Mit seinem Thiere schwerbelastet.
Der Esel schaut die freche Menge
Und lauscht der Gläubigen Gesänge,
Fällt nieder, betet an im Staube,
Aus seinen Zügen spricht der Glaube,
Und nicht mit Worten, nicht mit Schlägen
Ist er vom Platze zu bewegen.
Zu Münnerstadt in Frankens Gauen
Geschah dies Wunder. Noch zu schauen
Ist an der Kirche äußern Wänden
Ein Bild von ungeübten Händen.
Man sieht die freche Rotte ziehen,
Den Esel andachtglühend knieen,
Es lebt der heil'gen Sage Kunde
Beständig in des Volkes Munde.

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