10. Das Grab bei Rheinsberg.

Nahe bei der Stadt Rheinsberg in dem bei derselben befindlichen See liegt eine kleine Insel. Als man auf dieser vor Zeiten einmal beschäftigt war, einen Graben zu ziehen, fand man auf einmal tief unten in der Erde viele Menschenknochen von ganz ungewöhnlicher Größe, und zugleich ein altes Grab, welches aus zwei Steinen bestand, von denen der eine etwas kleiner, der andere aber größer und von schönem Marmor war. Dieser letztere war drei viertel Ellen lang, eine halbe Elle breit und eine viertel Elle dick; auf dessen einer Seite waren sechs Vögel zu sehen, die man für Habichte erkannte; auf der anderen Seite war eine Aufschrift, deren Buchstaben aber vom Alter so sehr ausgezehret waren, daß sie sich nicht mehr wollten lesen lassen. Weil man nun alsbald bemerkte, daß dieses Grab römischen Ursprungs sein müsse, so wie man überhaupt in der Gegend von Rheinsberg mehr römische als deutsche Alterthümer von jeher gefunden hat, so ist man auch klar darüber geworden, daß dieses das Grab des Remus sei, des Bruders von Romulus, dem ersten Könige von Rom, und daß dieser Remus nicht von seinem Bruder auf den Mauern Roms umgebracht, sondern über die Alpen entflohen, und auch nun nicht, wie Andere von ihm berichten, die Stadt Rheims in Frankreich gegründet habe, sondern [98] die Stadt Rheinsberg in der Mark. Wobei es denn auch wohl zu beachten, daß diese Stadt schon in alten Zeiten zum öftern Remus- oder Remsberg ist genannt worden, so wie denn auch der Fluß an derselben eigentlich nicht Rhein oder Rhin heißt, wie er gewöhnlich ausgesprochen wird, sondern Rhem, und jene Insel, auf welcher man das Grab gefunden, von Alters her bis auf den heutigen Tag Remus-Burgwall von den Einwohnern genannt wird.


Beckmann histor. Beschreibung v. Brandenburg. Th. 2. S. 421 f.

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