Jodocus Deodatus Hubertus Temme
(Pseud.: H. Stahl)
(1798–1881)

Biographie

1798

Temme wird am 22. Oktober in Lette (Grafschaft Rheda) als Sohn eines königlichen Amtmannes geboren.


1814–1817

Studium der Rechte in Münster und Göttingen.


1822–1824

Temme begleitet, nach dem Examen in preußischen Diensten, den Prinzen von Bentheim Tecklenburg an die Universitäten Heidelberg, Bonn und Marburg.


1831

Unter dem Pseudonym H. Stahl veröffentlicht Temme »Westphälische Sagen und Geschichten« aus seiner Heimat.


1837

Zusammen mit Wilhelm Johann Albert von Tettau (1804–94) gibt Temme bei Nicolai in Berlin »Die Volkssagen Ostpreußens, Litthauens und Westpreußens« mit 270 Stücken heraus (2. Auflage 1865). Es sind zunächst ältere schriftliche Quellen ausgewertet, danach folgen Stücke aus mündlicher Überlieferung: die Gewährsleute bleiben ungenannt. Den Abschluß bilden Zeugnisse des Volksglaubens.


1839

Temme wird Direktor des Berliner Stadt- und Landgerichts. Er ist einer der wichtigen Kritiker des Justizwesens, insbesondere kritisiert er die Gerichtspraxis. Er verfaßt eine Reihe von Lehrbüchern zum Preußischen, später auch zum Schweizer Zivil und Strafrecht.


1839

»Die Volkssagen der Altmark« erscheinen. Temme will den altmärkischen Sagenschatz dokumentieren und bezieht daher Stücke aus den Landkreisen Stendal, Gardelegen, Salzwedel und Osterburg ein, dazu weitere aus den Kreisen Wolmirstedt und Neuhaldensleben. Seine Vorlagen entnimmt Temme zumeist Chroniken und anderen historischen Quellen. Einen Teil seiner Anthologie hat er »Abergläubischen Meinungen und Gebräuchen in der Altmark« reserviert (S. 71–88).


1840

Als letzte Buchveröffenlichung im Sagenbereich veröffentlicht Temme »Die Volkssagen von Pommern und Rügen.« Auch diese Anthologie mit 283 Stücken wird besonders aus älteren historischen Quellen gespeist und stellt die erste größere Anthologie der Region dar (280 Sagentexte). Ebenso wie bei den beiden vorherigen Bänden verzichtet Temme nicht auf ein Kapitel, das den »abergläubischen Meinungen und Gebräuchen« gewidmet ist. Angeregt durch Kritik an den ersten Sagenbänden setzt er sich im Vorwort mit dem Zusammenhang von Sage und Geschichte auseinander und betont das enge Verhältnis zwischen Sage und Aberglauben.


1848

Temme wird zunächst nach Tilsit versetzt, dann soll er als Direktor des Appellationsgerichts nach Münster beordert werden. Seine Wahl in die preußische Nationalversammlung bewahrt ihn davor, den Dienst anzutreten.


1849

Temme wird Mitglied des Stuttgarter Rumpfparlaments und wegen Hochverrats verhaftet.


1850/51

Der Hochverratsprozeß gegen ihn endet zwar mit Freispruch, aber die reaktionäre Regierung Friedrich Wilhelms IV. läßt den Kritiker nicht aus den Augen. 1851 wird Temme wegen vermeintlicher Steuer- und Dienstvergehen seines Amtes enthoben. In Breslau übernimmt er die Redaktion der oppositionellen »Neuen Oderzeitung.«


1852

Temme begibt sich nach Zürich ins Exil. Dort verdient er seinen Lebensunterhalt als Schriftsteller und lehrt, in der Position eines Professors, jedoch zunächst ohne Bezahlung, die Rechte.


1855

Es beginnt eine fruchtbare Tätigkeit als Romanschriftsteller und Verfasser von Detektivgeschichten.


1863–1864

Temme wird erneut ins preußische Abgeordnetenhaus gewählt, gibt das Mandat 1864 jedoch wegen mangelnder politischer Unterstützung auf.


1878

Temme zieht nach Tilsit; nach dem Tod seiner Frau kehrt er nach Zürich zurück.


1881

Temme stirbt am 14. November in Zürich.

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