Die zweiundfunfzigste Fabel.
Vom Pferd und Esel.

Fein trieb ein baur ein ledig pferd
Und einen esel ser beschwert,
Mit secken überladen gar,
Damit kam er zu wege dar.
Da sprach der esel zu dem pferd:
»Hilf, bruder, sonst fall ich zur erd
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Und sterb under diser schweren last,
Wo du mir nicht erzeigest trost.«
Das pferd veracht des esels bitt,
Wolt im zu hilfe kommen nit.
Der esel fiel nider und starb,
Under der schweren last verdarb.
Der baur zohe im die haut bald ab
Mit den secken und aller hab,
Tets allesamt dem pferd aufladen.
Da sprach das pferd: »O we meins schaden!
Het ich dem esel helfen tragen,
Dörft ich jetzt nicht mein kummer klagen.«
Die fabel lert, daß wir uns söllen
Gegen den armen freundlich stellen
Und sie in irer not entsetzen,
Und ires leides tun ergetzen,
Auf daß, wenns wider darzu kümt,
Daß uns das unglück undernimt,
Daß wir denn auch ein frommen man
In nöten mögen rufen an,
Auf daß uns nicht so misseling,
Wie es dem reichen schlemmer gieng:
Ein tropfe wassers im hellischen feur
Mocht ime kommen nicht zu steur.

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