Der heilige Antonius von Padua Titel der ersten Auflage – 1870 Vorwort Ach, ja, ja! – so seufz' ich immer –; Denn die Zeit wird schlimm und schlimmer. Oder kann in unsern Tagen Einer wagen, nein! zu sagen, Der mit kindlichem Gemüt Morgens in die Zeitung sieht? Hier Romane, dort Gedichte, Malzextrakt und Kursberichte, Näh- und Mäh- und Waschmaschinen, Klauenseuche und Trichinen – – Dieses druckt man groß und breit – Aber wo ist Frömmigkeit??? – Hält denn nicht, o Sünd und Schand, Weltlicher Arm die geistliche Hand, Daß man also frech und frei Greife den Beutel der Klerisei?! Wehe! Selbst im guten Öster- Reiche tadelt man die Klöster – – Und so weiter und so weiter – – – Doch das Ende ist nicht heiter!!! Ja, es ist abscheulich, greulich!! Aber siehe! wie erfreulich Ist's dagegen, wenn wir lesen, Wie man sonsten fromm gewesen; Wie z.B. Sankt Anton, Unsrer Kirche großer Sohn, Litt und stritt und triumphierte – Kurz! – ein christlich Leben führte – Dieses laßt uns mit Bemühn Heute in Erwägung ziehn. Erstens Frühe Talente Wennschon der Mensch, eh er was wird, Zuweilen strauchelt oder irrt, Wennschon die Heiligen vor allen Mitunter in Versuchung fallen – So gilt doch dies Gesetz auf Erden: Wer mal so ist, muß auch so werden! – Auch unser Toni zeigte früh Zum Heilgen mancherlei Genie. – Man rechnet meistens zu den Lasten Das kirchliche Gebot der Fasten; Man fastet, weil man meint, man muß. Für Toni aber war's Genuß! – Bouillon und Fleisch und Leberkloß, Das war ihm alles tutmämschos. Dagegen jene milden Sachen, Die wir aus Mehl und Zucker machen, Wozu man auch wohl Milch und Zimt Und gute, sanfte Butter nimmt – – Ich will mal sagen: Mandeltorten, Dampfnudeln, Krapfen aller Sorten, Auch Waffel-, Honig-, Pfannekuchen – Dies pflegt' er eifrig aufzusuchen. Den Freitag war er gern allein, Um sich besonders zu kastein. Der Tag war ihm besonders heilig. – Früh stund er auf und schlich sich eilig Zur Scheune auf die kühle Tenne, Denn Piccola, die kluge Henne, Legt' hier, versteckt in frisches Heu, Behutsam schon ihr Morgenei. Er trank es aus. – Hier sehen wir, Daß selbst das unvernünft'ge Tier Mit sonst gedankenlosen Werken Den Frommen fördern muß und stärken. Ein Gärtner wohnt ganz nahebei, Der, im Besitz der Fischerei, Doch immer nur auf Fleisch bedacht, Sich aus dem Freitag wenig macht Und als ein pflichtvergessner Greis Den christlichen Familienkreis An diesem Tag beharrlich flieht, In dunkle Ketzerkneipen zieht Und da, als wär's am Kirchweihfest, Sich Wurst und Braten geben läßt. – Oh pfui! – – Doch sieh! Der Toni kam, Sobald der Fischer Abschied nahm. Im traulich stillen Gartenraume Pflückt er die Kirsche und die Pflaume, Geht dann hinab am Murmelbach Und sieht des Fischers Angeln nach, So daß er manchen Fisch sodann Der guten Mutter bringen kann. – Gesegnet sind die Frommen! Ihnen Muß jedes Ding zum Besten dienen! Doch nicht allein die Fastenzeit Fand ihn stets willig und bereit. Nein! Auch die vielen Feiertage Trug er geduldig ohne Klage: So wie die braven, guten Alten Pflegt' er die Kirchweih streng zu halten. In alle Kirchen, nah und fern, Ging er zur Beichte oft und gern Und gab der Beichte Zettel willig An andre Knaben – aber billig. Wenn Messe war, stets war er da; Wo Julchen kniete, stand er nah; Denn dieses Mädchen, ob es gleich Schon älter war und etwas bleich, Zog doch durch andachtsvollen Sinn Den frommen Knaben zu sich hin. Ihr guten Mädchen! Ach, wie schön Ist dieses Beispiel anzusehn! – Zuweilen auch, bei kühler Zeit, Trieb ihn der Geist zur Einsamkeit, So daß er morgens auf dem Pfühle, Entfernt vom Schul- und Weltgewühle, Bis in den hellen Wintertag, Ein stiller Klausner, sinnend lag. – Kurzum! Man sah an diesem Knaben Schon früh die Keime jener Gaben, Die er in gnadenvoller Zeit Gepflegt zum Ruhm der Christenheit. Zweitens Liebe und Bekehrung Ein Irrtum, welcher sehr verbreitet Und manchen Jüngling irreleitet, Ist der: daß Liebe eine Sache, Die immer viel Vergnügen mache. Antonio meinte dieses, als Er größer wurde, ebenfalls. – Denn ach! noch immer liebt' er ja Die schon erwähnte Julia, Selbst dann noch, als die Auserwählte Sich einem Manne anvermählte. – An einem Abend, kalt und bitter, Als er, wie öfters schon, die Zither Vor ihrem Fenster klagend schlägt, Ob er vielleicht ihr Herz bewegt – Pst! pst! – ertönt es da hernieder – Daß durch die halberstarrten Glieder Ein wonnevoller Schrecken dringt – Pst! pst! Sieh da! Sie winkt, sie winkt! – Von Hoffnungsflügeln sanft gehoben Schwebt er treppauf und fliegt nach oben. Wer möchte nicht, wenn er durchfroren, Die halbverglasten steifen Ohren An einen warmen Busen drücken Und so allmählich sich erquicken??? Antonio hoffte dieses, als Er hergekommen, ebenfalls. Doch ach! kaum hat er Platz genommen, Da hört man draußen schon was kommen. Mit Husten und mit Sporenklang Klirrt der Gemahl den Flur entlang. Schnell unters Faß! – so ruft das Weib Und stülpt's Antonio auf den Leib; Und auch die Katze, sehr erschreckt, Wird in der Hast mit zugedeckt. Der Hausherr fängt als Biedermann Mit seiner Frau zu kosen an. Antonio aber, sehr beengt, Hat seine Finger eingezwängt. Derweil verspüret hinterwärts Am Schwanz die Katze großen Schmerz. Sie meint: Antonio hat's getan! Die Kralle kratzt, es beißt der Zahn. Das Faß fällt um, der Lärm wird groß, Die Katze läßt so leicht nicht los. Mit seinem Degen stößt der Mann. Antonio drückt sich, wie er kann. Und kommt gekrochen und verfroren Zu eines Klosters ernsten Toren. O Welt, mit uns ist's nun vorbei! Ihr Weiber, fahrt mir aus dem Sinn! Du Königin des Himmels sei Auch meines Herzens Königin. Salve Regina! Drittens Unserer Frauen Bildnis Ein hoffnungsvoller junger Mann Gewöhnt sich leicht das Malen an! – Auch Bruder Antonio, welcher nun, Von seinen Sünden auszuruhn, Zu Padua im Kloster lebt Und geistlicher Bildung sich bestrebt, Hat es gar bald herausgebracht, Wie man die schönen Bilder macht, Und malt auf Gold, schön rot und blau, Das Bildnis unsrer lieben Frau. Umflattert von der Englein Chor Tritt sie hervor aus des Himmels Tor. Den blauen Mantel faßt die Linke, Die Rechte sieht man sanft erhoben, Halb drohend, halb zum Gnadenwinke, So kommt die Königin von oben. Doch ihr zu Füßen windet sich Der Teufel schwarz und fürchterlich. Dem Teufel war's nicht einerlei, Daß er so gar abscheulich sei. Er fängt alsbald das Grübeln an, Wie er den Bruder kränken kann. Ein Kloster lag nicht weit von hinnen, Besetzt mit Karmeliterinnen, Und war als Kustorin allda Die keusche Jungfrau Laurentia. – Bescheiden, still und glaubensfroh, Hat sie der gute Antonio, Den alles Gute stets ergetzt, Schon längst von Herzen hochgeschätzt. Natürlich im allgemeinen und überhaupt, Wie's unsere heilige Kirche erlaubt. Einst als er so in stiller Nacht, Von Träumen umgaukelt, halb schläft, halb wacht, Tritt bei des Mondes Dämmerhelle Schwester Laurentia in seine Zelle Und beugt sich nieder und seufzt und spricht: »Antonio, Lieber, kennst du mich nicht? Ich bin entflohn aus des Klosters Zwang, Könnt' nicht widerstehn meines Herzens Drang, Bin aus Liebe zu dir und großem Verlangen Mit dem Silbergerät davongegangen. Auf auf, Antonio! tue desgleichen Und laß uns in fremde Lande entweichen!« Dem Bruder tät die Sache scheinen, Nimmt die heiligen Gefäße aus den Schreinen, Packt's in die Kutten emsiglich Und läßt das Kloster hinter sich. – Aber da draußen im freien Feld Ward ihm die Lieb und Lust vergällt. Statt der guten Jungfrau Laurentia War plötzlich der leidige Satan da. »Heihei!« – lacht der Teufel – »so ist's der Brauch! Du maltest den Teufel, nun zahlt er auch!« Flugs flog er auf und dem Kloster zu Und rüttelt die Paters aus ihrer Ruh. Bruder Antonio wär' schier verzagt, Ringt seine Hände, weint und klagt, Vermeinend, daß aus dieser Beschwer Nirgends ein Ausgang zu finden wär'. Doch sieh! Aus dunklem Wolkenflor Tritt unsre liebe Frau hervor. »Sei getrost, Antonio, ich bin voller Gnaden. Der böse Feind soll dir nicht schaden. Mein Bildnis in des Klosters Hallen Sah ich mit gnädigem Wohlgefallen!« Sprach's und winkte mit der Hand, Schwebte nach oben und verschwand. Alsbald so kommt der ganze Haufen Der Klosterbrüder herzugelaufen Und führen mit vielem Heh! und Hoh! Zum Kerker den guten Antonio. Doch in der Früh, als das Glöcklein läutet Und jeder hinab zur Metten schreitet – O Wunder! – da sitzt schon emsig und frei Bruder Antonio vor seiner Staff'lei! Im Gefängnis aber, in einer Ecken, Hockt der Teufel mit Knurren und Zähneblecken. Der Prior tunkt ein den langen Wedel Und besprengt ihm den harten Teufelsschädel, Und plärrend und mit Ach! und Krach! Fährt er ab mitsamt dem Fensterfach. Recht nützlich ist die Malerei, Wenn etwas Heiligkeit dabei. Viertens Zwei Stimmen von oben In Sachen des Klosters ausgesandt, Kam Bruder Antonio einst über Land. Und ihm zur Seite, mit leichtem Fuß, Schritt Doktor Alopecius. (Ach! das war auch so einer von denen!) Rechts und links begrüßt er die ländlichen Schönen, Faßt sie beim Kinn, anmutig-milde, Schenkt ihnen gar schöne Heiligenbilde, Und macht auch wohl so hin und wieder Dominus vobiscum! über das Mieder. Wie man denn meistens auf der Reis' Die Schönheit der Natur erst recht zu würdigen weiß. Bruder Antonio aber dagegen, Dem nichts an irdischer Liebe gelegen, Trug einzig allein in Herz und Sinn Die süße Himmelskönigin. Er wandelt abseit und schaut sich nicht um, Er spricht das salve und sub tuum praesidium. So zogen sie weiter. Der Tag verstrich. Der Abend wird schwül. Es türmet sich Ein grau Gewölk am Horizonte, Worin's schon ferne zu donnern begonnte. Dokter Alopecius, in diesen Sachen Ein arger Spötter, spricht mit Lachen: »Na, was hat denn wieder der alte Brummer? Rumort ja erschröcklich in den Wolken 'rummer?« Und näher wälzt sich der Wolkenballen. Gewaltig braust der Sturm. Die Donner schallen. Bruder Antonio schaut sich nicht um, Er spricht das salve und sub tuum praesidium. Der Doktor aber nimmt sein Paraplü, Spannt's auf und spricht: »Jetzt kommt die Brüh!!« Horch! – Plötzlich, wie des Gerichts Trompete, Donnert von oben eine Stimme: »Töte!! Töte!!!« »Schon recht!!!« – ertönt voll Grimme Eine zweite Stimme. Huitt!! – Knatteradoms!! – ein Donnerkeil – Und Alopecius hat sein Teil. Bruder Antonio schaut sich nicht um, Er betet das salve und sub tuum praesidium. So wandelt er weiter in stillem Gebete. – Und wieder donnert die erste Stimme: »Töte! Töte!!!« »Ja, töte, töte!! Sie leid't's halt nit!!!« So ruft voll Grimme Die zweite Stimme. Und grollend zog das Wetter hinunter. – – Antonio aber, getrost und munter, Zieht seines Weges fürderhin (Dank dir, o Himmelskönigin!) Bis Padua, die werte Stadt, Ihn wieder aufgenommen hat. Fünftens Kirchweih Gen Padua, wenn Kirchweih ist, Wallfahrten die Bruderschaften; Denn da erlangt der fromme Christ Einen Ablaß von großen Kraften. Die Bruderschaft und den Jungfernverband Die tut es gewaltig dürsten; Drum ist ein Wirtshaus allda zur Hand Mit Bier und schweinernen Würsten. Und als man nachts zu Bette ging, Nahm man sich nicht in achte; Das Wirtshaus, welches Feuer fing, Brann hell, als man erwachte. Das Kloster mit seiner Kellerei Liegt nahe in großen Nöten; Die Mönche erhuben ein groß Geschrei, Antonio hub an zu beten: »Ave Maria mundi spes! Erhalt uns armen Mönchen – – Du weißt es ja, wir brauchen es – Den Wein in unsern Tönnchen!« Und sieh! Erloschen ist die Glut Der gier'gen Feuerzungen; Die frommen Brüder fassen Mut, Sie waren so fröhlich und sungen: »Der Saft, der aus der Traube quoll, Kann heut ja wohl nicht schaden! Juhe! Wir sind ja wieder voll, Ja wieder voller Gnaden!« – Sechstens Bischof Rusticus Zu Padua war groß Gedränge Der andachtsvollen Christenmenge. Man eilt zu Kanzeln und Altären, Den frommen Antonio zu hören, Der sich alldorten seiner Predigt Mit wunderbarer Kraft entledigt. Auch tät er oft, vom Geist getrieben, Herrliche Zeichen und Wunder verüben. Jedoch die Kinder dieser Welt, Denen so etwas selten gefällt, Murren und munkeln so allerlei Von Teufelskünsten und Zauberei Und verklagen den frommen Antonius Beim guten Bischof Rusticus. Der Bischof läßt den Bruder kommen: »Ich hab' von deiner Kunst vernommen! Allein, mein Freund, wie ist der Glaube?« Flugs nimmt Antonio seine Haube Und hängt sie, wie an einen Pfahl, An einen warmen Sonnenstrahl. Der Bischof sprach: »Bravo! – Allein! Dies kann auch Teufelsblendwerk sein!« Nun spielte da im Sand herum Ein Findelknabe, taub und stumm, Und keiner hatte je erfahren, Wer Vater oder Mutter waren. – Antonius sprach: »Sag an, mein Kind, Wer deine lieben Eltern sind!!« O Wunder! Der bis diese Stund' Nicht sprechen konnte, sprach jetzund: »Der Bischof Rusticus, der ist...« »Pis–s–s–s–s–s–t!!!« Sprach der Bischof – »es ist schon recht!! Antonius, du bist ein Gottesknecht!!« Seit dieser Zeit sah groß und klein Antonius mit dem Heilgenschein. Siebtens Die Beichte Es wohnte zu Padua ein Weib, Bös von Seele, gut von Leib, Genannt die schöne Monika. – Als die den frommen Pater sah, Verspürte sie ein groß Verlangen, Auch ihn in ihre Netze zu fangen. »Geht, rufet mir den heil'gen Mann« – So sprach sie – »daß ich beichten kann!« Er kam und trat ins Schlafgemach. Sie war so krank, sie war so schwach. »Sei mir gegrüßt, o heil'ger Mann! Und höre meine Beichte an!« Antonius sprach mit ernstem Ton: »Fahre fort, meine Tochter, ich höre schon!« »Am Freitag war es, vor acht Tagen – Ach Gott! Ich wag' es kaum zu sagen! – Es war schon spät, ich lag allein – Da trat ein Freund zu mir herein. – – Gewiß, ich konnte nichts dafür! – Er setzte sich ans Bett zu mir... –... – Ach, frommer Vater Antonio! Wie Ihr da sitzt! Gerade so!« Antonius sprach mit ernstem Ton: »Fahre fort, meine Tochter, ich höre schon!« »So saß er da und sprach kein Wort Und sah mich an in einem fort Und sah so fromm und freundlich drein – Ich konnte ihm nicht böse sein! – Die Finger waren schlank und zart, Blau war sein Auge, blond sein Bart... – Ach, guter Vater Antonio! Gerade wie Eurer! Gerade so!« Antonius sprach mit ernstem Ton: »Fahre fort, meine Tochter, ich höre schon!« »Und leise tändelnd, mit der Rechten, Berührt er meine losen Flechten, Zieht meine Hand an seine Lippen, Gar lieb und kosend dran zu nippen... Ach, bester Vater Antonio! So nippte er! Gerade so!!!« Antonius sprach mit ernstem Ton: »Fahre fort, meine Tochter, ich höre schon!« »So nippte er – und nippt nicht lange – Er preßt' den Mund an meine Wange. ›Geliebte‹, sprach er, ›liebst du mich??‹ ›Ja‹, sprach ich, ›rasend lieb' ich dich!!‹ Ja, liebster, bester Antonio! Ich lieb dich rasend, gerade so!!!« Da sprach Antonius mit barschem Ton: »Verruchtes Weib! Jetzt merk' ich's schon!!!« – Kehrt würdevoll sich um – und – klapp!! – Die Türe zu – geht er treppab. Da sprach die schöne Monika, Die dieses mit Erstaunen sah: »Ich kenne doch so manchen Frommen! So was ist mir nicht vorgekommen!!« Achtens Wallfahrt Ein Christ verspüret großen Drang, Das heil'ge Grab zu sehn; Drum will Antonius schon lang Dahin wallfahrten gehn. Es schickt sich, daß ein frommer Mann Die Sache überlegt; Er schafft sich einen Esel an, Der ihm den Ranzen trägt. So zogen sie hinaus zum Tor Und fürder allgemach; Der Heilige, der ging hervor, Der Esel hinten nach. Da kam aus seinem Hinterhalt Ein Bär in schnellem Lauf; Er greift den Esel alsobald Und zehrt ihn mählich auf. Antonius, als ein guter Christ, Schaut's an mit Seelenruh': »He, Alter! Wenn du fertig bist, – Wohlan! – so trage du!« Der heilige Antonius macht Sich bald das Ding bequem; Er setzt sich auf und reitet sacht Bis nach Jerusalem. Wo Salomonis Tempel stand, Liegt mancher dicke Stein; Den allerdicksten, den er fand, Packt St. Antonius ein. Er sprach: »Den Stein, den nehm' ich mit!« Der Bär, der macht: Brumm brumm! Das hilft ihm aber alles nit, Wir kümmern uns nicht drum. Der Bär, obschon ganz krumm und matt, Setzt sich in kurzen Trab Bis hin nach Padua der Stadt; Da stieg Antonius ab. Und milde sprach der heil'ge Mann: »Mein Freund, du kannst nun gehn! Und wie es einem gehen kann, Das hast du nun gesehn!« Der Bär, als er zum Walde schlich, Der brummte vor sich her: »Mein lebelang bekümmr' ich mich Um keinen Esel mehr!« Neuntens Letzte Versuchung Der heilige Antonius von Padua Saß oftmals ganz alleinig da Und las bei seinem Heilgenschein Meistens bis tief in die Nacht hinein. – Einst, als er wieder so sitzt und liest – – Auf einmal, so räuspert sich was und niest; Und wie er sich umschaut, der fromme Mann, Schaut ihn ein hübsches Mädchen an. – – – Der heilige Antonius von Padua War aber ganz ruhig, als dies geschah. Er sprach: »Schau du nur immer zu, Du störst mich nicht in meiner christlichen Ruh!« Als er nun wieder so ruhig saß Und weiter in seinem Buche las – Husch, husch! – so spürt er auf der Glatzen Und hinterm Ohr ein Kribbelkratzen, Daß ihm dabei ganz sonderbar, Bald warm, bald kalt zumute war. – Der heilige Antonius von Padua War aber ganz ruhig, als dies geschah. Er sprach: »So krabble du nur zu, Du störst mich nicht in meiner christlichen Ruh!« »Na! – – Na!« – – »Na, na! – sag' ich!!!« – »Hm! hm! – – hm! hm!!!« Auf einmal aber – er wußte nicht wie – Setzt sich das Mädel ihm gar aufs Knie Und gibt dem heiligen Antonius Links und rechts einen herzhaften Kuß. Der heilige Antonius von Padua War aber nicht ruhig, als dies geschah. Er sprang empor, von Zorn entbrannt; Er nahm das Kreuz in seine Hand: »Laß ab von mir, unsaubrer Geist! Sei, wie du bist, wer du auch seist!!« Puh!! – da sauste mit großem Rumor Der Satanas durchs Ofenrohr. Der heilige Antonius, ruhig und heiter, Las aber in seinem Buche weiter! – Oh, heil'ger Antonius von Padua, Du kennst uns ja! So laß uns denn auf dieser Erden Auch solche fromme Heilge werden! Zehntens Klausnerleben und Himmelfahrt Der heilige Antonius, so wird berichtet, Hat endlich ganz auf die Welt verzichtet; Ist tief, tief hinten im Wald gesessen, Hat Tau getrunken und Moos gegessen, Und sitzt und sitzt an diesem Ort Und betet, bis er schier verdorrt Und ihm zuletzt das wilde Kraut Aus Nase und aus Ohren schaut. Er sprach: »Von hier will ich nicht weichen, Es käm' mir denn ein glaubhaft Zeichen!« Und siehe da! – Aus Waldes Mitten Ein Wildschwein kommt dahergeschritten, Das wühlet emsig an der Stelle Ein Brünnlein auf, gar rein und helle, Und wühlt mit Schnauben und mit Schnüffeln Dazu hervor ein Häuflein Trüffeln. – Der heilige Antonius, voll Preis und Dank, Setzte sich nieder, aß und trank Und sprach gerührt: »Du gutes Schwein, Du sollst nun ewig bei mir sein!« So lebten die zwei in Einigkeit Hienieden auf Erden noch lange Zeit, Und starben endlich und starben zugleich Und fuhren zusammen vors Himmelreich. – »Au weih geschrien! Ein Schwein, ein Schwein!« So huben die Juden an zu schrein; Und auch die Türken kamen in Scharen Und wollten sich gegen das Schwein verwahren.– Doch siehe! – Aus des Himmels Tor Tritt unsre liebe Frau hervor. Den blauen Mantel hält die Linke, Die Rechte sieht man sanft erhoben, Halb drohend, halb zum Gnadenwinke; So steht sie da, von Glanz umwoben. »Willkommen! Gehet ein in Frieden! Hier wird kein Freund vom Freund geschieden. Es kommt so manches Schaf herein, Warum nicht auch ein braves Schwein!!« Da grunzte das Schwein, die Englein sangen. So sind sie beide hineingegangen.