1395. An Grete Meyer 1395. An Grete Meyer Mechtshausen 22. April 1903. Liebe Grete! Es hat mich sehr gefreut, deine Handschrift mal wieder zu sehn. Unser Frühling will uns diesmal zum besten haben. Er kam flink und lächelnd in's Land gesprungen, begleitet von Blüthen und Vogelgezwitscher. Die glänzenden Staare nahmen im Kasten Platz. Die Spatzen, denen beim Umlegen des Dachs die Löcher verpetschirt waren, bauten frechweg ihre Toddernester in die Dachrinne; als aber nach starkem Regen das Waßer sich staute davor, kriegten die gefiederten Bewohner, hoffentlich zu dauernder Belehrung, hübsch naße Popös. Wir Gartenleute legten natürlich vertrauensvoll Erbsen. Sofort blies ein Sturm aus Nordwesten. Schnee- und Graupelschauer sausten vorbei, wie verrückt. Heut haben wir sanfte Flocken und Miesterregen. Martin geht seit Montag zur Schule. Er hat's immer sehr eilig vorher. Ruth und Annelise, trotz der Kälte, traf ich vorgestern im Garten wandelnd, Hand in Hand, ein Duett vor sich hin "singend". – Dieses Jüngste ist übrigens von anderer Sorte, als die ältern zwei. Sie ist spaßhaft veranlagt; macht Fisematenten; weiß einzelnen Wörtern, wie Vater, Mutter, Onkel, bittend, schmeichelnd, gekränkt, einen auffällig treffenden Ausdruck zu geben. Meine üblichen Fahrten nach Ebergötzen und Hattorf warten noch auf beßeres Wetter. – Hermann wird übermorgen als Vertreter unserer Sippe zur Hochzeit nach Celle reisen. Leb wohl, liebe Grete. Herzliche Grüße von uns allen an euch alle und noch einen extra von deinem alten Onkel Wilhelm.