1647. An Franz von Lenbach 1647. An Franz von Lenbach Wiedensahl 17. Jan. 87. Aus Deiner Handschrift, liebster Lenbach, vom 2ten des 1ten 87 entnehme ich mit Vergnügen, daß Du bei unserm lieben Mikado ein geschmackvolles Fest gefeiert und Dich auch aus den mannigfaltigen Neujahrsgratulationen mit Anstand herausgewickelt hast. Was mich betrifft, so trank ich zu Wolfenbüttel in Gemeinschaft zweier Brüder die übliche Sylvesterbowle, worauf ich mich dann noch ein paar Tage zu Freund Erich in die Ebergötzener Mühle setzte, die mit Eiszapfen schön glänzend garniert war. Letzten Donnerstag fuhr ich daselbst wieder ab, in offenem Wagen, durch mein altes enges Hackethal. Rechts der Weg, links der Schlängelbach, beiderseits dichtheran bewaldete Hügel; rothe Felsbrocken draus hervor drängend. Vorn hinaus das Dorflein Waake. Himmel dunkel, Erde schneehell, am dunkelsten Baumstämme und Steinseiten. Alles überkrystallisirt von Rauhfrost. Zweige, die über den Wagen streiften, verzuckert, wie reizende Konditorarbeit; zum Auffreßen – gewiß eine der schmeichelhaftesten Bemerkungen für Mutter Natur! Du bist jetzt vielleicht schon mit Wegener über den Brenner. Wär's nur nit gar so weit. So bleib ich denn hinter meinem grünen Kachelofen und laße getrost den Ostwind um die Eck unserer Hütte pfeifen. Sei wieder mal, wie so oft, herzgründlich gegrüßt von Deinem ollen Wilh. Busch.