Elegie auf den Tod des Bruders meines Freundes Im düstern Wald, auf der gespaltnen Eiche, Die einst der Donner hingestreckt, Sing ich um deines Bruders Leiche, Die fern von uns ein fremdes Grab bedeckt. Nah schon dem Herbste seiner Jahre, Hofft' er getrost der Taten Lohn; Doch unaufhaltsam trug die Bahre Ihn schnell davon. Du weinest nicht? – Dir nahm ein langes Scheiden Die Hoffnung, ihn hier noch einmal zu sehn. Gott ließ vor dir ihn zu dem Himmel gehn; Du sahst's und konntest nichts als ihn beneiden. Doch horch – Welch eine Stimm voll Schmerz Tönt in mein Ohr von seinem Grabe? Ich eil, ich seh, sie ist's! Ihr Herz Liegt mit in seinem Grabe. Verlassen, ohne Trost liegt hie, Mit ängstlicher Gebärde Zu Gott gekehrt, als hoffte sie, Das schönste Mädchen an der Erde. Nie hat ein Herz so viel gelitten, Herr, sieh herab auf ihre Not, Und schenke gnädig ihren Bitten Sein Leben oder ihren Tod. O Gott, bestrafest du die Liebe, Du Wesen voller Lieb und Huld? Denn nichts als eine heil'ge Liebe War dieser Unglücksel'gen Schuld. Sie hofft' im hochzeitlichen Kleide Bald mit ihm zum Altar zu ziehn; Da riß sein Fürst von ihrer Seite Tyrannisch ihn. O Fürst, du kannst die Menschen zwingen, Für dich allein ihr Leben zuzubringen, Das wird man deinem Stolz verzeihn; Doch willst du ihre Seelen binden, Durch dich zu denken, zu empfinden, Das muß zu Gott um Rache schrein. Wie ward sein großes Herz durchstochen, Als er, der nie sein Wort gebrochen, Sein Wort zum ersten Male brach, Zum ersten Mal es der Geliebten brach, Der, eh es noch sein Mund versprach, Sein Herz ein ewig Band versprochen. »Als Bürger der bedrängten Erde«, Sprach er, »kann ich nie deine sein; Doch von der Furcht, daß ich dir untreu werde, Soll dich mein Tod befrein. Leb wohl, es wein bei meinem Grabe Jed' zärtlich Herz, gerührt von meiner Treu, Dann eil die stolze Tyrannei, Der ich schon längst vergeben habe, Daß sie des Grabes Ursach sei, Unwillig fühlend, schnell vorbei.«