25/7069. An H. G. Hellmann [Concept.] [Mitte April 1815.] Ob sich aus dem zarten und liebevollen Gemüthe, welches in Ihren kleinen Liedern waltet, in der Folge ein poetisch Talent entwickeln werde, läßt sich gegenwärtig noch nicht entscheiden. Unsere deutschen Rhythmen sind so geläufig geworden, daß sich auch ein Poet derselben zum Hausgebrauche bemächtigen kann. Um aber ein Urtheil über jene Frage näher zu bringen, würde ich Ihnen Folgendes rathen: Hüten Sie sich vor allen Negationen die ich mit rother Tinte unterstrichen habe, ferner von allen Übertreibungen welches indirecte Negationen sind. Beyde geben weder Bild, noch Empfindung, noch Gedanken. Im Gegentheil suchen Sie sich immer einen gehaltvollen Gegenstand. Sie nennen Sich z.B. einen Freund Seetzens, eine Präconisirung seiner Verdienste wäre das Würdigste was ein Freund unternehmen könnte. In Ihrem Liede steht er als ein ganz leerer Name, Sie verlassen Sich auf den Hörer, daß er wissen soll, wer er ist. Das Lied: der Frühling , enthält die Elemente des Frühlings, aber blos an einander gereiht bringen sie keinen Frühling. Das Lied: Meine Wünsche ist in jenem Sinne am meisten zu billigen, es giebt das Anschaun eines gewissen ländlichen Zustandes der bedeutend genug ist, nur läuft es wieder zu schwächlich ab. Soviel ist's was ich auf Ihr Vertraun erwidern kann. Die Kunst ist freylich unendlich und wenn wir über die erste Hindernisse hinweg sind, da kommen erst die rechten. Indessen sind die von mir angedeuteten Bedingungen die ersten und unerläßlichsten von allen.