47/146. An Caroline Sartorius Im hohen Alter sich umsehen welche Freunde das Schicksal uns in dem auflösenden Laufe der Zeit noch übrig gelassen, und sogar unmittelbar zu vernehmen, daß sie unserer, in alter treuer Liebe, gedenken, ist durchaus das Erwünschteste, was uns begegnen kann. Nehmen Sie, verehrte Frau, meinen freudigen Dank für die würdige Sendung und die begleitenden theuren Worte. Zu ernsten Betrachtungen gaben mir diese Bände Gelegenheit, indem mir dadurch die Erinnerung unmittelbar aufgeweckt wurde mit welchem Ernst der treffliche Freund sein Leben verwendete, um solche grenzenlose Einzelnheiten zu entwirren und einen unübersehbaren Zustand dem Geiste des Beobachters einigermaßen faßlich zu machen. Wenn ich Sie beide mit den lieben Ihrigen manchmal, gedankenweis, in jenen freundlichen Gegenden besuchte, wo Sie sich einen alle Behaglichkeit versprechenden Sitz gewählt und erworben hatten; so ist es mir desto schmerzlicher, Sie nun, einsam, in Ihre Wohnung zu Göttingen hingewiesen und daselbst nicht in dem gesundesten Zustande zu denken. Doch Sie tragen dieß alles übermännlich und sehen dabey aufgerichtet Ihre lieben Kinder wünschenswerth herangewachsen, die Tochter zu unmittelbarer liebevoller Erleichterung, die Söhne wissenschaftlich und thätig vorstrebend. Möge alles diesen Lieblingen gegönnte Gute auch Ihnen gemüthlich zu Hülfe kommen und eine leidliche Gesundheit Ihnen den Genuß der beschiedenen Tage freundlich vergönnen. Gedenken Sie mein, der auf seine alte Weise fortfährt; träten Sie als wohlwollender Gast, wie sonst, bey mir ein, so würden Sie kaum eine Veränderung finden. Eine paar coolste Gypsbilder mehr, sonst aber das alte Bekannte, an alter bekannter Stelle. Mein Thun und Wirken der letzten Jahre liegt im Druck offen da, meine Freunde vorzüglich begrüßend und den Unwandelbaren empfehlend; womit den abgeschlossen sey alle herzlichen Segnungen wiederholt hinzufügend. in treuer Anhänglichkeit Weimar den 12. August 1830. J. W. v. Goethe.