2/324. An Johann Kaspar Lavater [Frankfurt, 19. Dezember 1774.] Lied des Phisiognomischen Zeichners. O dass die innre Schöpfungskrafft Durch meinen Sinn erschölle Dass eine Bildung voller Safft, Aus meinen Fingern quölle! Ich zittre nur ich stottre nur, Ich kann es doch nicht lassen Ich fühl, ich kenne die Natur Und so muss ich dich fassen. Wenn ich bedenck wie manches Jahr Sich schon mein Sinn erschliesset Wie vor wo dürre Haide war Jezt Freudenquell geniesset Da ahnd' ich ganz Natur nach dir Dich frey und lieb zu fühlen Ein lustger Springbrunn wirst du mir Aus tausend Röhren spielen Wirst alle deine Kräffte mir In meinem Sinn erheitern Und dieses enge Daseyn hier Zur Ewigkeit erweitern. Dass du siehst Bruder, ich thue gern was ich kann so hast du da mein lieber, deine Capitels zurück mit Zugaben, sie sind abgeschrieben an Gottern geschickt. Ich denke so ists das beste, wenn dir recht ist was ich da schreibe, so fahr ich fort. Denn ich muss meinen Ton halten, unsre beyde zu vermischen geht nicht aber so nach einander mags seine Würckung thun. Hezze dich nicht zu sehr und mach dass es eine anschauliche Ordnung kriegt. Uberhaupt möcht' ich das ganze noch einmal übersehen eh es gedruckt wird, doch ich spüre schon es wird zulezt vom Schreibtisch in die Presse gehen. Gehs wie's will ich bin nun dabey.