1819, 25. April. Mit Friedrich von Müller und Julie von Egloffstein Abends war ich mit Julie v. Egloffstein bei Goethe, der ihr Talent mit Roux 1 verglich, welcher aus den Landschaften nie ein Bild habe machen können. Sehr schön war seine Erzählung, wie er einst auf bestem Wege gewesen sei sich in Fräulein v. Mellish zu verlieben. Nachdem er der kühnlich von Julie mit der Ölmalerei eingegangenen Ehe Lob gespendet, erzählte er uns von seinen Schweizer Reisen, von dem Berner Arzt Schuppmüller 2 , glaube ich, der mit seinem hellen, scharfen Auge den Leuten jede Krankheit angesehen, gleichsam in Lunge und Leber hineingeguckt habe. Auch sprach er von seinem einstigen Vorhaben, in Italien für immer zu bleiben und das Leben in Rom Tag für Tag in großen Gemälden zu schildern. »Die Natur ist eine Gans, man muß sie erst zu etwas machen. Bekenne Dich nur,« sagte er zu Julie, »für einen armen Hund und stehle, wo Du kannst, aus fremden Bildern, selbst vom Altare.« Julie gestützt auf den einen Arm, war ganz Auge und Ohr für Goethe, ihr Auge schwamm im innigsten Behagen und wendete sich dann freundlich zu mir, gleichsam fragend, ob ich auch Alles recht mitfühle. Es war ein himmlischer Abend. 1 Jakob Roux, Maler in Jena