1800, Mai (?). Über Heinrich Vohs Unserm Vohs ... hatte Schiller die Rolle des Macbeth zugetheilt. Bei der ersten Theaterprobe war er seiner Aufgabe noch gar nicht so mächtig, wie man es von ihm erwarten durfte, und selbst die lauteste Hülfe des Souffleurs fruchtete nur wenig. Da aber Vohs wegen seines eminenten Talents bei Goethe und Schiller in hoher Achtung stand und man seine Reizbarkeit kannte, so machten Dichter und Director gute Miene zum bösen Spiel, und keine Rüge erfolgte ob der Nachlässigkeit. Dieser störende Übelstand trat aber auch bei der Hauptprobe hervor, und Goethe schwoll nun die Zornesader und er rief, da ich zu fungiren hatte, mit seiner mächtigen Stimme: »Herr G'nast!« (Goethe liebte es, meinen Namen zu apostrophiren), »verfügen sie sich zu mir herab!« Er, Schiller und Meyer saßen im Parterre und der zweite Act war eben zu Ende. »Was ist denn das mit diesem Herrn Vohs?« fuhr er mich an. »Der Mann kann ja kein Wort von seiner Rolle, wie will er denn den Macbeth spielen? Sollen wir uns vor den höchsten Herrschaften und vor dem Publikum blamiren? Man sistire das Stück für morgen, und Sie brauchen das Warum weder vor Herrn Vohs noch dem Personal zu verschweigen.« Schiller suchte Goethes Zorn zu beschwichtigen und rühmte die künstlerische Ruhe von Vohs, seine Genialität, die ihn gewiß bei der Darstellung über diese Klippe hinwegführen würde; denn die Auffassung des Charakters sei vortrefflich. Auch ich stimmte der Ansicht Schiller's bei, und Goethe, der schon aufgestanden war, um das Theater zu verlassen, fügte sich endlich, beauftragte mich aber, Vohs im Vertrauen einen Wink zu geben. [Hier walten Verwechslungen ob: bei den Proben zum »Macbeth« und noch bei der ersten Aufführung war Goethe in Leipzig.]