JOSEF KÖRNER EINFÜHRUNG IN DIE POETIK 1949 ──────────────────────────────────── VERLAG G. SCHULTE-BULMKE · FRANKFURT AM MAIN JOSEF KÖRNER / EINFÜHRUNG IN DIE POETIK JOSEF KÖRNER EINFÜHRUNG IN DIE POETIK 1949 ──────────────────────────────────── VERLAG G. SCHULTE-BULMKE · FRANKFURT AM MAIN 1. bis 5. Tausend. Veröffentlicht unter der Zulassungs-Nr. US-W-1042 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung. Erscheinungsdatum: Januar 1949. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung vorbehalten. Printed in Germany. Druck: Maindruck, Frankfurt/Main-Fechenheim. ALLGEMEINER TEIL. Poetik von lat. poética, griech. poietiké. bedeutet Dichtungslehre. Das wurde in früheren Jahrhunderten, solange die gesamte geistige Kultur gelehrten Charakter trug (vom Humanismus bis zur Aufklärung), als Lehre der Dichtkunst, als praktische Anweisung für den Dichter verstanden, dem sie die Regeln der Kunstübung vorschreiben sollte; seitdem der moderne Geniebegriff die Überzeugung durchgesetzt hat, daß jegliche Kunst unmittelbarer Ausdruck urwüchsiger Begabung und daher nicht lehr- und lernbar sei, versteht man Poetik als Lehre von der Dichtkunst, die deren Erscheinungsformen beschreiben soll. Wenn Kunst überhaupt darin west, innere Erlebnisse zu sinnlich erfahrbarem Ausdruck zu bringen, so macht es das besondere Wesen der Dichtung, daß ihr Ausdrucksmittel die Sprache ist; sie stellt sich vorzüglich dar als Sprachkunst, als Wortkunst. Indem aber die Sprache zugleich ein unentbehrliches Werkzeug des praktischen Lebens, nämlich kunstindifferentes Verständigungsmittel des Alltags ist, bedarf es strengerer Scheidung zwischen dem Sprachbegriff der Poesie und dem der Praxis. Alle Sprache, die der Dichtung wie die des Alltags, hat eine Innen- und eine Außenseite; sie ist nach Ursprung und Wirkung seelischgeistiges Phänomen, das aber in Erscheinung treten kann nur als akustisches Phänomen (oder als vermitteltes Zeichen eines solchen, als Schrift). Erst Laute, die etwas bedeuten, bilden Sprache; aber neben dieser mittelbaren, bedeutungshaften (sinn-darstellenden) Schicht eignet allen Sprachgebilden noch eine zweite Komponente: die Schicht unmittelbar kundgebenden Ausdrucks Das expressive Element der Sprache ist dasjenige an ihr, was auch ohne Kenntnis der signifikativen Konventionen (d. h. des Vokabulars und der Grammatik) „verstanden“ werden kann; so „versteht“ das sprachlose Tier den sprechenden Menschen, indem es aus dem Tonfall den gemeinten Ausdruck heraushört, so der Mensch gewisse Gefühlsäußerungen noch in einer ihm fremden Sprache; daher man den Gemütsgehalt auch gedanklich unbegriffener Gedichte „verstehen“ und genießen kann. . In jedem Schelt- oder Kosewort verstärkt oder verändert sich der konventionelle Bedeutungsinhalt der Vokabel durch die besondere Gefühlsbetontheit, mit der sie verlautbart wird. Die Alltagsrede macht den Klang nur in der unbewußten Steigerung des Affekts zum Sinnträger ihres Gehalts; künstlerische Sprache aber ist gerade gekennzeichnet durch dauernden Wechselbezug der beiden Schichten, sie macht, indem sie die gemeinten Gegenstandsvorstellungen zugleich in Wort klängen symbolisiert, jene nicht nur begrifflich verstehbar, sondern auch sinnlich vernehmbar. Dies erst macht menschliche Rede zur Sprach kunst. Solche Sprachkunst erscheint natürlich nicht erst im Schrifttum der Hochkulturen; sie ist gleichzeitig mit der Sprache überhaupt entstanden, die sich erst spät, und niemals völlig, in Gebrauchs- und Kunstsprache geschieden hat, sodaß diese Scheidung auch heute nicht streng durchführbar ist. In jedem Sprachgebilde sind beide Sprachschichten anzutreffen, nur ihr gegenseitiges Verhältnis wechselt. Das Doppelgesicht der Sprache, ihr Gebrauchscharakter einer- und ihr Kunstcharakter andererseits, ist immer schon wahrgenommen oder mindestens gefühlt worden, aber die Theorie hat sich lange vergeblich bemüht, den Unterschied richtig zu erfassen. Irrtümlich vermengte man die gegensätzlichen Wesens begriffe Poesie und Nichtpoesie mit den gegensätzlichen Form begriffen Vers (gebundene Rede) und Prosa (ungebundene Rede); freilich wurde, wie Cicero berichtet, schon von einigen antiken Kennern die Prosa des Plato wegen ihres hinreißenden Schwungs und der hell aufgesetzten Lichter der Sprache („quod incitatius feratur et clarissimis verborum luminibus utatur“) für poetischer gehalten als die Komödiendichter, welche trotz des Verses nur die alltägliche Umgangssprache redeten. In Wahrheit sind als Poesie alle (gebundenen wie ungebundenen) sprachlichen Gebilde anzusehen, die zweckfreie künstlerische Wirkungen anstreben oder auslösen; zur Nichtpoesie gehören sämtliche Sprachprodukte, die praktischen oder theoretischen Zwecken dienen. Gereimte Merkverse zur leichteren Einprägung grammatischer Regeln oder irgend einer hausbackenen Werk- und Lebensweisheit Was man nicht deklinieren kann, Das sieht man als ein Neutrum an. (Der kleine Lateiner.) Schlechte und verdorbne Sachen Sind durch Klugheit gut zu machen. Hab ich nur immer gutes Brot, Hat's mit dem Hunger keine Not (Rudolf Zacharias Becker: Das Noth- und Hilfsbüchlein, Gotha 1833). haben demnach mit Poesie gar nichts zu tun, meisterliche Prosasätze eines Stilkünstlers sind zur Gänze poetisch „Eines zu sein mit allem, was lebt, in seliger Selbstvergessenheit wiederzukehren ins All der Natur, das ist der Gipfel der Gedanken und Freuden, das ist die heilige Bergeshöhe, der Ort der ewigen Ruhe, wo der Mittag seine Schwüle und der Donner seine Stimme verliert, und das kochende Meer der Woge des Kornfeldes gleicht“ (Hölderlin: Hyperion). . Jene teilen eben nur einen Inhalt mit, diese bringen ein Erlebnis zum Ausdruck. In solcher Weise haben die beiden größten Dichter der Deutschen das Wesen des Dichterischen definiert. „Lebendiges Gefühl der Zustände und Fähigkeit es auszudrücken“, äußerte der alte Goethe gelegentlich zu Eckermann, „macht den Poeten“; und Schiller meinte genau das Gleiche mit den Worten (an Goethe 27. März 1801): „Jeden, der imstande ist, seinen Empfindungszustand in ein Objekt zu legen, so, daß dieses Objekt mich nötigt, in jenen Empfindungszustand überzugehen, folglich lebendig auf mich wirkt, heiße ich einen Poeten“. Es ist also des Dichters Sendung und Bestreben, seine (im Vergleich mit dem Durchschnittsmenschen besonders intensiven oder besonders mannigfaltigen) Erlebnisse in suggestiver Weise auszusprechen. Das geschieht natürlich nicht aus bewußtem Vorsatz, sondern die seelische Erregung, in die das Erlebnis versetzt, setzt sich in bewußtloser Notwendigkeit, aus innerem Zwang, um in erregte Sprache, d. h. in sprachliche Gebilde, die von der bloß zweckhaften Alltagsrede sich unterscheiden durch größere Bewegtheit in Wortwahl, Wortstellung, Wortklang. Die Poetik als Lehre von der Poesie, die selber alles durch das Mittel der Sprache künstlerisch Geschaffene umfaßt, gliedert sich daher in drei Fächer; nämlich in I. STILISTIK abgeleitet vom griech.-lat. stilus („Schreibgriffel“). , d. i. Lehre von den schriftmäßigen (literarischen, gelegentlich aber auch vorliterarischen) Kunstformen der Sprache Ein Nebenzweig der Stilistik ist die Rhetorik (Redekunstlehre) als Lehre von den mündlichen Kunstformen der Sprache; sie setzt die Stilistik voraus. ; II. PROSODIK abgeleitet vom griech. prosodia („Tonzeichen“). , d. i. Lehre von den klanglichen Kunstformen der Sprache, ausgegliedert in die Lehren von a) der Schallform der Prosa; b) der Schallform des Verses (Metrik); III. Poetik im engeren Sinne oder GENERIK abgeleitet vom lat. genus („Gattung“). , d. i. Lehre von den Wortkunst-(Dichtungs-) Gattungen. BESONDERER TEIL. I. STILISTIK. Die Stilistik als Lehre von den schriftmäßigen Kunstformen der Sprache stellt sich eine doppelte Aufgabe; sie kann sein Stilschule, d. i. praktische Unterweisung in der Stilkunst zur Ausbildung des technischen Vermögens (Erziehung zum Schriftsteller), oder theoretische Stilkunde, d. i. systematische Beschreibung der im (nationalen wie weltliterarischen) Schrifttum entfalteten sprachkünstlerischen Formen, ihrer seelischen Ursachen und ästhetischen Wirkungen. Nur mit dieser hat es die Poetik zu tun. Die psychologische Wissenschaft hat erkannt, daß in der dichterischen Veranlagung keinerlei ursachloses Wunder zutage tritt, sondern nur die besondere Steigerung allgemein-menschlicher Fähigkeiten; nur ein Gradunterschied, kein Wesensunterschied scheidet den Dichter vom Nichtdichter, die poetische Sprache von der Sprache überhaupt. Dichterische Sprache ist gesteigerte Sprache; also findet sich in ihr nur verstärkt, veredelt und vermehrt, was schon in der gewöhnlichsten Umgangsrede angelegt erscheint. Sämtliche Formen der bildlichen und figürlichen Redeweise des Dichters begegnen von Fall zu Fall auch im anspruchslosen Sprachverkehr des Alltags. Das gilt vom einzelnen Wort wie von der mehrere Worte zusammenfassenden Wendung. Poesie als kunstvolle Handhabung des Sprachmaterials nimmt diesen Stoff jedoch nicht unbesehen auf, sondern wählt daraus, was künstlerischer Arbeit besonders taugt. So betätigt sich dichterische Kunst vorzugsweise in der Wahl des Ausdrucks. Diese kann entweder negativ sein, indem sie bestimmte ─ unedle (unhöfische), abgegriffene und überfeine ─ Ausdrücke meidet (ebenso Fremdworte, die aber bei mhd. und klassizistischen Poeten sogar beliebt sind), oder positiv, indem sie geflissentlich solche Wörter sucht, welche die kunstmäßige Rede von der abgebrauchten, glanz- und kraftlosen Alltagssprache abzuheben vermögen. Man distanziert sich von ihr durch Wiederaufnahme schon außer Gebrauch gesetzter Worte und Wortformen vergangener Sprachperioden (Archaismen), oder man verjüngt ihr Gesicht durch mehr oder weniger kühne, mehr oder weniger glückliche Neubildungen (Neologismen); diese bestehen teils aus neuartigen Zusammensetzungen des gängigen Sprachmaterials, teils aus (der Schriftsprache bisher noch fremden) Ausdrücken lokaler Mundart oder aus wirklich neutönenden sprachschöpferischen Einfällen. Bilder und Figuren. A. BILDER. Das Bild ist der Ursprung wie aller Sprache so auch aller Dichtung; noch heute strotzt die gemeinste Verkehrssprache von deutlichen Bildern, und jene Wörter, die unbildlich zu sein scheinen, haben bloß die sinnliche Bedeutung verloren, die sie in früheren Sprachzuständen besaßen; alle etymologische Forschung hat keinen andern Drang und Zweck, als die ursprüngliche Bildlichkeit der Wörter auszufinden. Indem das sprachliche Bild Sinnliches vergeistigt, Geistiges versinnlicht, stellt es die Abbreviatur dessen dar, was im Grunde die Dichtung leistet. Sprache wie Dichtung denkt in Bildern; ist Dichtersprache gesteigerte Sprache, so wird ihr wesentlichstes Kennzeichen gesteigerte Bildlichkeit sein; diese vornehmlich löst jene suggestive Wirkung aus, durch die der Empfindungszustand des Poeten auf den Leser übertragen wird. Die Bildersprache legt um die dargestellten Objekte die besondere Atmosphäre von Gefühlen und Stimmungen, in der der Dichter seinerseits die Objekte erlebt hat. Solches leistet bereits 1. das schmückende Beiwort (epitheton ornans); es taucht den bezeichneten Gegenstand in die eigentümliche Farbe, Gesinnung oder Wertung einer bestimmten Weltschau. In altertümlicher Dichtung (Homer, altgermanische Poesie, südslawisches Heldenlied) ist es die Weltschau einer ganzen Gesellschaft, eben des höfischen Publikums, für das der Dichter singt; das Beiwort ist typisierend: „die ferntreffenden Pfeile“, „das rosseernährende Argos“, „das wohlberuderte Schiff“, „das rote Gold“, „der grüne Wald“, „die weiße Hand“. Der Wandel der Kunstepochen spiegelt sich vielfach im Wandel der vorgezogenen typischen Beiwörter: dem „silbernen“ Mond Klopstocks und seiner Göttinger Jünger, auch des jungen Goethe, folgt der „goldene“ der Romantik, der „rote“, „gelbe“, „bleiche“ des Impressionismus. Neuere Dichtung schreitet vom typisierenden zum individualisierenden Beiwort (épithète rare) vor, das die einmalige und einzigartige Anschauung eines besonderen Temperaments ausdrückt; einen Höhepunkt bezeichnet Goethe der aber, wenn er bewußt Homer nachahmt, sich auch im typisierenden Beiwort gefällt: „Ließ die Ställe zurück und die wohlgezimmerten Scheunen“ (Hermann und Dorothea). : „das feuchtverklärte Blau“, „liebwirkende Seele“, „unverwelkliche Bäume“, „glühendbittre Pfeile“, „grüngesenkte Wiese“. Die Übersteigerung des individualisierenden Beiworts führt zum unerwarteten Beiwort, das mit scheinbarer Unsinnigkeit lebendigste Anschaulichkeit verbindet; in ihm glänzen Jean Paul, Heine, Thomas Mann, Rilke, der Expressionismus („Der Wirt trug einen hastig grünen Leibrock“, „ein Meer von blauen Gedanken“, „dies atmende Erstaunen“, „die warme Armut“, „diese lockeren und verbrüdernden Wochen der festheißen Backen zwischen Epiphanias und Aschermittwoch“). Ein glückliches Epitheton zu finden, galt zu allen Zeiten als hohe dichterische Leistung; „die Beiwörter, die rechten und sinnlichen“, sagt Jean Paul (Vorschule der Ästhetik § 78), „sind Gaben des Genius“. 2. Tropen vom griech.-lat. tropus „Wendung“. oder Metaphórik vom griech. metaphérein „übertragen“. sind die Fachausdrücke der antiken Rhetorik für die Vertauschung des nächstliegenden eigentlichen Ausdrucks durch einen verwandten bildlichen. Metapher bzw. Metaphorik wird hier im weiteren Sinne, d.h. als Haupttropus, verstanden (unter Berufung auf die antike Rhetorik) Natürlich geschieht das beim echten Dichter nicht als bewußtes Übersetzungsexerzitium, sondern es liegt darin jedesmal eine echte Sprachschöpfung. Die Sprache gibt ja niemals die Merkmale einer Erscheinung vollzählig an, sondern hebt immer nur einen hervorstechenden Zug heraus, nämlich den, der im Vordergrund des jeweiligen Interesses steht. Den Hahn (urverwandt mit lat. canere „singen“) haben die Germanen nach seinem Gesang benannt, das Wort bedeutet ursprünglich „Sänger“, das altfranzösische Tierepos taufte in derselben Weise den vulgären „coq“ in einen poetischen „Chante-clair“ um. Wenn der Dichter von einem in bestimmtem Bezug erfahrenen Gegenstand erregt ist, erlebt er an ihm vorwiegend dieses bezügliche Element und betont es durch eine neue, eben dieses Element hervorhebende Bezeichnung; der Hahn wird ihm zum „Tagverkünder“, zum „Sonnenrufer“. Nun kann der gemeinte Gegenstand α ) so bezeichnet werden, daß der übliche („eigentliche“) Ausdruck innerhalb der eigenen Sphäre verschoben, d. h. an seine Stelle ein Ausdruck gesetzt ist, der mit ihm in geistiger (logischer) oder sinnlicher (räumlich-zeitlicher) Beziehung also Vertauschung von Wirkung und Ursache, Werk und Urheber, Besitz und Besitzer, Gefäß und Inhalt, Ort und Person, Rohstoff und Erzeugnis. steht; man nennt das Metonymie Ein Sonderfall der Metonymie, in älteren Stilistiken in recht gezwungener Weise davon unterschieden, ist die Synékdoche (griech. „das Mitverstehen“), auch pars pro toto genannt, bei der es sich um Vertauschung von Teil und Ganzem, von Allgemeinem und Besonderem, von enger und weitergefaßtem Begriff handelt; auch das ist uralter sprachschöpferischer Vorgang, wie schon aus Tier- und Familien- (ursprünglichen Über-)Namen gleich „Nashorn“, „Langbein“, „Weißkopf“ u. ä. hervorgeht, bei denen ein auffälliger Köperteil die Benennung veranlaßt hat. Beispiele: „Unser täglich Brot (= Nahrung) gib uns heute“; „sein starker Arm (er, der starke Mann) beschütze uns!“ (vom griech. metonymía „Umnennung“). Beispiele: „ihn traf das kalte Blei“ (= die aus Blei gefertigte Kugel, die nicht nur selber kaltes Metall ist, sondern auch den Getroffenen kalt, d. h. tot macht); „alle Lande (= die Bewohner aller Länder) kamen in Aegypten zu kaufen bei Joseph“; „Jahrhunderte (= die Menschen mehrerer Jahrhunderte) harrten vergebens“; „ich lese Schiller“ (= Schillers Werke); „Zum Kampf der Wagen und Gesänge“ (= der Wagenlenker und Dichter); „und flehen um ein wirtlich Dach“ (= Unterkunft, Wohnung, Haus); „den eine Mörderhand (= Mörder) erschlug“. Auch die anspruchloseste Alltagsrede enthält Metonymien: „keine Hand (= kein Mensch) rührt sich“; „die ganze Klasse (= alle Schüler der Klasse) steht auf“; „es blieb ihm von seinem ganzen Vermögen kein Pfennig“ (= kein Geld, nichts). β ) so bezeichnet werden, daß der übliche („eigentliche“) Ausdruck in eine andere Anschauungssphäre verschoben wird, dabei aber seine Gestaltqualität (Bildstruktur) beibehält; der Gegenstand wird in den dem Dichter jeweils besonders nahen Umwelt- oder Gedankenkreis gezogen und von hier aus neu benannt. Man nennt das Metápher. Dergestalt ist das Universum und damit die Sprache bei Wolfram von Eschenbach verrittert, Quelle/Person: Wolfram von Eschenbach bei J. P. Hebel verbauert, Quelle/Person: Johann Peter Hebel bei erotischen Poeten sexualisiert. Quelle/Personengruppe: erotische Poeten Beispiele: „Pfeil der Sonne“ Werkannahme: Die Jungfrau von Orleans (keine genaue Ausgabe angegeben) (= Sonnenstrahl, aus dem Physikalischen ins Militärische transponiert); Werkannahme: Die Jungfrau von Orleans (keine genaue Ausgabe angegeben) „die Mäuslein (= Kindlein), sie lächeln, im Stillen ergötzt“; Werkannahme: Der getreue Eckart (Gedicht, keine genaue Ausgabe angegeben) „die Klippe, die schroff und steil / Hinaushängt (= hinausragt) in die unendliche See“; Werkannahme: Der Taucher (Gedicht, keine genaue Ausgabe angegeben) „der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne“. Werkannahme: Der Taucher (Gedicht, keine genaue Ausgabe angegeben) Die Rede des Alltags ist voll von Metaphern, ob wir nun von einem kalten, harten oder trägen Herzen reden oder von weichem Gemüt, vom Schweigen des Waldes, von der Heiterkeit des Himmels, oder ob die Börse verzeichnet, daß der Weizen steigt, daß die Aktien fallen, daß Schafwolle anzieht; eine Metapher ist es sogar, daß die Börse überhaupt etwas „verzeichnet“. 3. Vergleich und Gleichnis. Die Metapher sucht für einen angeschauten Vorgang einen suggestiveren, also deutlicheren Ausdruck; der Vergleich eine verdeutlichende Analogie. Dort ist der Gegenstand in eine andere Sphäre verschoben, hier wird die andere Sphäre neben ihn gestellt. Daher kann durch leiseste Verrückung die eine in die andre Figur verwandelt werden: „Haare wie Gold“ (Vergleich); „das Gold ihres Hauptes“ (Metapher). Der Vergleichungspunkt, d. h. jenes Merkmal, das Vergleich und Verglichenes gemeinsam haben, heißt tertium comparationis. Beispiele: „Rot (Vergleichungspunkt) wie Blut (Vergleich) ist der Himmel (Verglichenes)“. Wird die Analogie-Sphäre mit Behagen ausgemalt, und zwar nicht bloß in den analogen Zügen, sondern auch in andern, die mit dem eigentlich Gemeinten in keinem Zusammenhange stehen, so ergibt sich das Gleichnis. Solche breite Behaglichkeit entspricht vor allem dem epischen Stile, daher das Gleichnis dort besonders beliebt ist (Homer). Beispiel: Wie der wandernde Mann, der vor dem Sinken der Sonne Sie noch einmal in's Aug, die schnellverschwindende, faßte, Dann im dunkeln Gebüsch und an der Seite des Felsens Schweben siehet ihr Bild, wohin er die Blicke nur wendet, Eilet es vor und glänzt und schwankt in herrlichen Farben: So bewegte vor Hermann die liebliche Bildung des Mädchens Sanft sich vorbei und schien dem Pfad in's Getreide zu folgen (Goethe: Hermann und Dorothea). „Wie war dein Leben und Sterben so sanft und meerstille, du vergnügtes Schulmeisterlein Wutz! Der stille laue Himmel eines Nachsommers ging nicht mit Gewölk, sondern mit Duft um dein Leben herum: deine Epochen waren die Schwankungen und dein Sterben war das Umlegen einer Lilie, deren Blätter auf stehende Blumen flattern“ (Jean Paul: Wutz). Weitet sich das Gleichnis zu selbständiger Handlung aus, die einen moralischen Sinn anschaulich gestaltet, so entsteht die Parabel (Neues Testament; Ring-Parabel in Lessings „Nathan“). Tritt das Bild bei Wegfall der Vergleichspartikel (wie, als, gleich) unmittelbar dem Verglichenen an die Seite, so ergibt sich der verkürzte Vergleich. Beispiele: „Schwer und dumpfig, (wie) eine Wetterwolke, / Durch die grüne Ebene / Schwankt der Marsch“; „Einem ist sie (sc. die Wissenschaft) die (= wie eine) hohe, die himmlische Göttin, dem andern / (wie) Eine tüchtige Kuh, / die ihn mit Butter versorgt“ (Schiller). Die Bild-Sphäre, die bei Vergleichungen neben das Verglichene gestellt wird, muß festgehalten, es muß „im Bilde geblieben“ werden; dazu bedarf es innerer Anschauungskraft. Wo diese fehlt, geraten verschiedene (nicht wirklich gesehene) Bildlichkeiten durcheinander. Beispiel: „Laß nicht des Neides Zügel umnebeln deinen Geist“. Solch fehlerhafter Bildersprung (Katachrése; griech. „Mißbrauch“, sc. des bildlichen Ausdrucks) stellt sich leicht dort ein, wo der ursprüngliche Anschauungsgehalt eines Wortes nicht mehr deutlich empfunden wird; daher ist gerade die mit verblaßten Metaphern übersättigte Alltagsrede voll Katachresen. Z. B. „Wenn alle Stricke reißen, hänge ich mich auf“ (womit denn, wenn alle Stricke gerissen sind?); „die baumlosen Straßen bilden die Schattenseite der Stadt“. Bei Dichtern, denen es weniger auf Anschaulichkeit, als auf ausdrucksreiche Sprachgebärde ankommt (Andreas Gryphius, Schiller), stören auch die stärksten Katachresen nicht die pathetische Wirkung; die Bilder wirken dann eben als bloße Metaphern, und hinter ihrer figürlichen Bedeutung scheint die ursprüngliche sinnliche nicht mehr auf. Quelle/Personen: Name1: Andreas Gryphius; (Name2: Schiller); Katachrese kann hier als Unterkategorie der Metapher angesehen werden. Beispiel: „Und ich erwart' es, daß der Rache Stahl / Auch schon für meine Brust geschliffen ist. / Nicht hoffe, wer des Drachen Zähne sät, / Erfreuliches zu ernten. Jede Untat / Trägt ihren eignen Racheengel schon / Die böse Hoffnung, / unter ihrem Herzen“ (Schiller: Wallensteins Tod). Quelle/Werk: Wallenstein 4. Die Hyperbel (vom griech. hyperbolé „Ueberschuß“) ist ein übertreibender Vergleich; sie übertreibt die Wirklichkeit bald ins Erhabene durch Vergrößerung („himmelhochragende Felsen“), bald ins Humoristische durch Verkleinerung („der große Teich“ = atlantischer Ozean). Jedes Schimpfwort kann als Beispiel dienen; „Esel“ etwa ist hyperbolischer Ausdruck für einen hohen, unmenschlich scheinenden Grad von Dummheit und Störrigkeit. Die Hyperbel ist eine Lieblingsfigur pathetischer (Shakespeare, Schiller, Hebbel, V. Hugo) wie komischer Dichtung (Shakespeare, Jean Paul); zu viele und zu hochgesteigerte Hyperbeln machen den Stil schwülstig. Beispiele: „O ich möchte den Ozean vergiften, daß sie den Tod aus allen Quellen saufen! ─ ─ o daß ich durch die ganze Natur das Horn des Aufruhrs blasen könnte, Luft, Erde und Meer wider das Hyänengezücht in das Treffen zu führen!“ (Schiller: Räuber). „Ich will das Zauberwort einer günstigen Rezension einem knirschenden Werwolfe vorhalten: ─ sofort steht er als ein lekkendes Lamm mit quirlendem Schwänzchen vor mir“ (Jean Paul: Titan). Die Umkehrung der Hyperbel heißt Litotes (griech. „Geringfügigkeit“); sie bewirkt Nachdruck durch Anwendung eines scheinbar schwächeren Ausdrucks, sagt weniger, als gesagt werden müßte. Gewöhnlich wird das Gemeinte bezeichnet durch Verneinung seines Gegenteils: „nicht wenig“ = viel; „nicht gut“ = schlecht; „Die schlecht'sten Früchte sind es nicht, woran die Wespen nagen“ (Bürger); „Sie ist die erste nicht!“ (= sondern eine von vielen) (Goethe: Faust). ─ Schreitet die Litotes in der Abschwächung bis zum geraden Gegenteil dessen fort, was eigentlich zu sagen war, so entsteht Ironie (Sokrates, Deutsche Romantik); diese liegt allem Hänseln und Frotzeln der Alltagssprache zugrunde. Eine Anwendung der Ironie in hoher Dichtung zeigt das Gespräch zwischen Mephistopheles und dem Baccalaureus in Goethes „Faust“ II: Bacc.: Gesteht! Was man von je gewußt, Es ist durchaus nicht wissenswürdig. Meph.: Mich däucht' es längst. Ich war ein Tor, Nun komm ich mir recht schal und albern vor. 5. Die Personifikation (Vermenschlichung) ist, als Vergeistigung des Sinnlichen, zunächst nur eine Abart der Metapher; es ist dasjenige Bild, welches dem menschlichen Gemüt am nächsten liegt und dessen sich daher schon die Primitiven und die Kinder bedienen; wenn ein Kind den Tisch, an dem es sich gestoßen, schilt und schlägt, so personifiziert es das tote Gerät. Alle Mythologie und Religion der Urvölker ging aus der Personifikation von Naturerscheinungen hervor; sie verleiht seelenlosen Gegenständen, Umständen und Zuständen ein persönliches Gepräge und bringt sie dadurch menschlicher Einfühlung näher. Beispiele: „Bedächtig stieg die Nacht an's Land, / Lehnt träumend an der Berge Wand, / Ihr Auge sieht die goldne Wage nun / Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn“. (Mörike) Die Alltagssprache sagt, daß das Feuer „frißt“, daß der Himmel „lacht“, daß die Fensterscheiben (oder auch die Zwiebeln in der Küche) „schwitzen“; wir sprechen von der lieben Frau Sonne, vom Hunger als dem besten Koch, vom Gevatter Tod. Die Personifikation abstrakter Begriffe wird Allegorie (vom griech. allegoreín „etwas anderes sagen“) genannt; eine solche gab z. B. Goethe mit den „vier grauen Weibern“ (Mangel, Schuld, Sorge, Not) im II. Teil des „Faust“. Während in der Allegorie das Bild nur auf eine willkürlich gesetzte Bedeutung hinweist, durchdringen im Symból (vom griech. sýmbolon „Zeichen“), im Sinnbild einander Sinn und Bild; hier gewinnt ein geistiger Gehalt bildhafte Gestalt. Im weitesten Begriffe wird oder soll alle Dichtung ─ wie überhaupt alle Kunst ─ symbolisch sein, d. h. Geistiges in sinnliche Gestalt umsetzen. B. FIGUREN. Handelt es sich bei den Tropen um Vertauschung des nächstliegenden („eigentlichen“) Ausdrucks mit einem verwandten bildlichen, so bei den Figuren um syntaktische Besonderungen der Rede; sie erhöhen nicht, gleich den Bildern, die Anschaulichkeit, sie wollen nur durch veränderte Wort- und Gedankenstellung den Ausdruck lebhafter und schärfer machen. Gehören die Bilder dem Reich der Phantasie an, so die Figuren dem des Gemüts oder des Verstandes. 1. Das Wortspiel bedeutet für die sprachliche Form ganz dasselbe, was die Metapher für den sprachlichen Inhalt; es verknüpft zwei bedeutungsmäßig unterschiedene, aber gleichtönende Sprachsphären dergestalt, daß Klangverwandtschaft sich mit Bedeutungsfremdheit eint; diese wird aber vermittelst eines durch jene herausgeforderten Denkakts für den einmaligen Fall in überraschender Weise aufgehoben. Wortspiel gewissermaßen als Parallelkategorie zur Metapher (Metapher als Tropus, Wortspiel als Figur) So verbindet sich Klangspiel mit Sinnspiel. Die einfachste und geläufigste Art des Wortspiels ist der Reim. Man kann das Wortspiel aber auch ansehen als eine Umkehrung der Metapher; wenn diese aus neuer Anschauung unmittelbar neue Sprache schafft, so bezieht das Wortspiel neue Anschauung mittelbar aus dem gegebenen Sprachmaterial, ─ sie zieht die Dinge durch das Medium der bereits geprägten sprachlichen Form. Wortspiel gewissermaßen als Parallelkategorie der Metapher (Metapher = Tropus, Wortspiel = Figur) Die großen Meister dieser Kunst heißen Shakespeare, Brentano, Heine, Nietzsche, Karl Kraus. Leicht verfällt das Wortspiel, das bisweilen sehr geistreich, ja tiefsinnig sein kann, in öde, charakterlose Witzelei (Saphir). Beispiele: „Was geliebt werden kann am Menschen, das ist, daß er ein Übergang und ein Untergang ist“; „Was Vaterland! Dorthin will unser Steuer, wo unser Kinder Land ist“ (Nietzsche: Zarathustra). „Ein Schlachten war's, nicht eine Schlacht zu nennen!“ (Schiller: Jungfrau); „Die Armee ... / Kümmert sich mehr um den Krug als den Krieg, / Wetzt lieber den Schnabel als den Sabel, / ... Frißt den Ochsen lieber als den Oxenstirn ... / Und das römische Reich ─ daß Gott erbarm! / Sollte jetzt heißen römisch Arm, / Der Rheinstrom ist worden zu einem Peinstrom, / Die Klöster sind ausgenommene Nester, / Die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer “ (Schiller: Wallensteins Lager, Kapuzinerpredigt); „Wer sich nicht selbst zum besten haben kann, / Der ist gewiß nicht von den Besten“ (Goethe). 2. Das Wortspiel stellt die Fundamentalfigur aller übrigen akustischen Sprachfiguren vor, deren verbreitetste die Lautmalerei, Klangnachbildung (Onomatopöie, griech. „Namenbildung“, sc. nach dem Naturlaute) ist. Diese sucht über die begriffliche Wortbedeutung hinaus durch den Wortklang selbst bestimmte Gehörs- (mitunter auch Gesichts-) Vorstellungen wachzurufen. Solche schallnachahmenden Wörter sind in allen Kultursprachen reich zu belegen und quellen stets aufs Neue aus Kindersprache und Mundart (donnern, summen, miauen, kläffen, zischen, knarren, ratschen, huschen, lispeln, wispern). Dennoch bleibt der Klang, sofern er Sprache, d. h. in das Gefüge ihrer Konventionen eingegliedert ist, von vornherein so innig der Bedeutung verhaftet, daß er von ihr überhaupt nicht völlig losgelöst werden kann, aus der bloß akustischen in eine höhere Ebene des Vergeistigten aufsteigt. Darum ist strenge Scheidung zwischen naturalistischer Schallnachahmung So wenn Ovid (Metamorphosen VI, 376) das Quaken der Frösche hören lassen will: Quamvis sunt sub aqua, sub aqua maledicere temptant (was Voß so wiedergibt: Ob sie die Flut auch bedeckt, auch bedeckt noch schimpfen sie kecklich). und symbolischer Lautbedeutsamkeit So wenn Ovid (Metamorphosen I, 315) durch Häufung des a-Lauts die Vorstellung weit gedehnter Fläche hervorrufen will: Pars maris et latus subitarum campus aquarum (Meerteil und breites Gefild der plötzlich bereiten Gewässer). gar nicht möglich. Auch besteht nur selten oder niemals materielle Identität zwischen dem Gehörseindruck und seiner klanglichen Wiedergabe Der Kuckuck z. B. ruft weder ein k noch ein u, sondern flötet zwei gleichgeartete Töne, von denen der erste eine Terz höher liegt als der zweite; erst die subjektive Klangphantasie des Hörers legt dem Kuckucksruf besondere Laute der menschlichen Rede (in verschiedenen Sprachen mehr oder weniger verschiedene) unter. , immer jedoch eine ideelle Entsprechung; und solche sekundäre Beziehungstreue (wie sie z. B. auch in dem Verhältnis von Musik und Notenschrift, Fieber und Fieberkurve obwaltet), scheint erst recht dort auf, wo die Sprache durch ihre Schälle Phänomene anderer Sinnesbereiche symbolisiert: in dem Worte Zickzack etwa ist das klangliche Widerspiel der silbentragenden Selbstlaute gleichförmig der gebrochenen Linie des Blitzes, dem torkelnden Gang des Betrunkenen, ─ kann demnach beides veranschaulichen. Alle Lautmalerei ist eben akustische Metapher, die sich besonders oft und stark Dichtern von hoher sprachmusikalischer Begabung aufdrängt. 3. Empháse (vom griech. emphaínein „anschaulich machen“), nachdrücklicher Ausdruck. Das aufgewühlte Gemüt des Dichters ─ wie übrigens jedes im Affekt befindlichen Sprechers ─ begnügt sich nicht mit dem schlichten Ausdruck des Gemeinten, sondern gibt diesem Nachdruck durch Umsetzung einer bloßen Aussage in die lebhafteren Formen der Rede: in Ausruf oder Frage oder erregtes Stammeln. Emphase liegt schon vor, wenn ein Wort im prägnanten (d. i. trächtigen) Sinne gebraucht, also sein in der Alltagsrede schon verblaßter Ursinn wieder aufgefrischt wird; „sei ein Mann!“, zu einem vollerwachsenen Menschen gesagt, bedeutet: sei ein wirklicher Mann, mit allen den Eigenschaften, die den Mann vom Kinde, vom Weibe, vom Greise unterscheiden. Eine Rede von stärkster Emphase ist der berühmte Satz Cäsars: „ich kam, sah, siegte“. Emphatisch ist jeder Ausruf, in dem sich eine Fülle von Vorstellungen auf engstem Raume zusammendrängt: „Feuer!“ „Hilfe!“ „O Himmel!“ Die Dramen der Sturm- und Drangzeit wie des Expressionismus kleideten das höchste Pathos der Leidenschaft in solche jähe Ausrufe. Beispiele: „Umsonst! ─ Ins Loch mit dem Hund! ─ Bitten! Schwüre! Tränen! Hölle und Teufel!ʻ (Schiller: Räuber I 2); „Meine Seele! Sieh, wie sie rote Flügel schlägt und steigt! Güte und Liebe! Demut und Glauben! Kindereinfalt und Seligkeit! Solch ein schmales Leuchten! Geist zu Geist denn!“ (Hanns Johst: Der Einsame 8. Bild). Dieser intensiven Emphase tritt zur Seite die extensive, die Wiederholung der ausdrucksbetonten Worte am Anfang (Anáphora, vom griech. anaphérein „heraufholen“) oder am Ende der Rede (Epíphora, vom griech. epiphérein „nachtragen“). „Ja ich bin's du Unglücksel'ge, / Ja ich bin's, den du genannt! / Bin's, den alle Wälder kennen, / Bin's, den Mörder Bruder nennen, / Bin der Räuber Jaromir“ (Grillparzer: Ahnfrau); „Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden“ (Goethe: Heideröslein); „Heute, nur heute / Bin ich so schön; / Morgen, ach morgen / Muß alles vergehn! / Nur diese Stunde / Bist du noch mein; / Sterben, ach sterben / Soll ich allein.“ (Storm); „Ich sah auf dich und weinte nicht. Der Schmerz / Schlug meine Zähne knirschend aneinander: / Ich weinte nicht. Mein königliches Blut / Floß schändlich unter unbarmherzigen Streichen: / Ich sah auf dich und weinte nicht“ (Schiller: Don Carlos). Vgl. auch die wortwiederholenden Redensarten der Umgangssprache: „Ja, ja“; „nein, nein“; „ei, ei“; „Schau, schau“; „doch, doch“; „aber, aber“; „so, so“. Wird diese extensive Emphase ihrerseits noch intensiviert, indem zwar die gleiche Vorstellung mehrfach wiederkehrt, aber ihr Ausdruck immer neue stufenmäßige Verstärkung des Wortes und Bildes erfährt, so entsteht die Klimax lat. „Leiter, Treppe“. (Steigerung, Gradation), welche in der Regel hyperbolisch schließt. „Gefährlich ist's, den Leu zu wecken, / Verderblich ist des Tigers Zahn; / Jedoch der schrecklichste der Schrecken, / Das ist der Mensch in seinem Wahn“ (Schiller: Lied von der Glocke). Die intensive Emphase des Ausrufs kann sich auch in die Form der (sog. rhetorischen) Frage kleiden, die nicht eine noch unbekannte Antwort heischt, sondern die ─ als selbstverständlich vorausgesetzte ─ Zustimmung des Angeredeten, durch welche sich der Sprecher in der eigenen Stimmung befestigen lassen will. Ich frage, gibt es einen Gott? Was ─ dürfen In seiner Schöpfung Könige so hausen? (Schiller: Don Carlos.) Eine besondere Form des Ausrufs bildet der Anruf, die Apostrophe (griech. „Abwendung“, nämlich des Redners von den anwesenden Personen zu den abwesenden); sie wendet sich an die Personen oder personifizierten Gegenstände, die der Sprecher mit dem leiblichen wie mit dem geistigen Auge erschaut. Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium (Schiller: Lied an die Freude); Lebt wohl, ihr Berge, ihr geliebten Täler! (Schiller: Jungfrau) Ist schon der Ausruf vielfach nur aufs stärkste verkürzter Einwortsatz, so kann lebhafte Rede mitunter gar in ein Stammeln unvollständiger, grammatisch „unmöglicher“ Sätze übergehen, ohne daß die Klarheit leidet; im Gegenteil, die Rede wird durch solche Unterdrückung des Nebensächlichen und Betonung der bedeutsamen Vorstellungen nur deutlicher. Die antike Rhetorik nannte diese Figur Ellípse (vom griech. ellípsis „Auslassung“). Die lässige Alltagsrede wimmelt von dergleichen: „Zu den Waffen!“, „Auf Wiedersehen“, „Zweiter Wien“ (= Ich bitte um eine Fahrkarte zweiter Klasse nach Wien), „Weiter, Fischer!“ (= Schüler Fischer, lesen Sie weiter!). Die Figur war beliebt im Drama des Sturmes und Dranges und des Naturalismus. Beispiele: „Wer mir Bürge wäre? ─ ─ Es ist alles so finster ─ verworrene Labyrinthe ─ kein Ausgang ─ kein leitendes Gestirn. Wenn's aus wäre mit diesem letzten Odemzug ...“ (Schiller: Räuber IV 5); „Herr du mein Gott, die Hühner im Garten! Aber auch alle Hühner! Und wie sie picken! Unsere schöne Grassaat!“ (Max Halbe: Jugend I). Ein Sonderfall der Ellipse ist die Aposiopése (vom griech. aposiopán „verstummen“), der Abbruch der Rede gerade vor der grammatischen ─ aber nicht psychologischen ─ Hauptsache (während die Ellipse nur diese vorbringt und wegläßt, was in der Aposiopese allein übrig bleibt). Das berühmteste Beispiel ist Poseidons „Quos ego!“ (= Euch werd' ich! Virgil: Aeneis I, 139). Vgl. „Dich schützt Dein Wappenrock, sonst solltest du ─“ sc. mich kennen lernen (Schiller: Jungfrau); „Ah! ich dachte nicht, daß ihr nicht einmal zu dem verbunden seid, was ihr versprecht, geschweige ─“ (Goethe: Götz). Nur scheinbar liegt Aposiopese vor, wenn aus Gründen der Schicklichkeit oder der politischen Vorsicht ein Satz nicht zu Ende gedruckt ist, wie etwa bei Goethe in Götzens Antwort an den kaiserlichen Parlamentär. Verwandt mit der Ellipse ist der Fügungsbruch, das Anakolúth (griech. „Unfolge“). Das Herausfallen aus der Satzkonstruktion kennzeichnet in der Alltagsrede den ungebildeten, aber auch den aufgeregten Menschen; in der lebhaften Rede des Dichters, wo Eindrücke und Ausdrucksformen sich drängen und verdrängen, wird die Figur kunstvoll verwendet, um dem zweiten Teil des Satzes, der die Konstruktion in anderer Art fortsetzt, als sie angefangen wurde, mehr Nachdruck zu verleihen. Beispiele: „Ein Herr, der zu Lügen Lust hat, des Diener sind alle gottlos“ (Luther); „Mich kann das, Leonore, wenig rühren, / Wenn ich bedenke, / wie man wenig ist, / Und was man ist, das blieb man andern schuldig“ (Goethe: Tasso); „Ich habe gefunden, sagte Serlo, daß, so leicht man der Menschen Imagination in Bewegung setzen kann, so gerne sie sich Märchen erzählen lassen, eben so selten ist eine Art von produktiver Einbildungskraft bei ihnen zu finden“ (Goethe: Wilh. Meisters Lehrjahre). Die emphatische Hervorhebung ist auch der eigentliche Sinn der 4. Antithése (von griech. anthíthesis „Gegensatz“), in der zwei entgegengestellte Begriffe einander in der Prägnanz verstärken. Sie ist ein technisches Mittel, das alle Künste zur Wirkungssteigerung verwenden; der Musiker erhöht den Reiz des Wohlklangs durch eingestreute Dissonanzen, der Zeichner setzt schwarze Kontur auf das weiße Blatt, um durch den Helligkeitskontrast die Deutlichkeit des Umrisses zu heben. Von allen Redefiguren der Dichtersprache ist die Antithese am völligsten dem Bereich des Verstandes, der Logik zugehörig; daher findet sie sich am häufigsten und gehäuft bei philosophischen Dichtern. So ist etwa der Stil Schillers aus lauter Antithesen zusammengeschichtet; bisweilen stapelt er sie an einer einzigen Stelle zu ganzen Pyramiden auf; z. B. in „Wallensteins Tod“ II 2: „Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit; / Leicht bei einander wohnen die Gedanken, / Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen; / Wo Eines Platz nimmt, muß das Andre rücken; / Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben“. Auch der Alltag kennt die Antithese: „Du lachst, ich weine“; „Heute rot, morgen tot“; „Lange Haare, kurzer Verstand“. Steigert sich der Gegensatz zu scheinbarer Unverträglichkeit der Begriffe, die aber durch einen übergreifenden Gedanken zu vertiefter Einheit zusammengefaßt werden, so ergibt sich das Parádoxon (griech. „wider den Schein“): „Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit“ (Schiller: Wallenstein); „Was du ererbt von deinen Vätern hast, / Erwirb es, um es zu besitzen“ (Goethe: Faust); „das Billigste ist das Teuerste“. Die Verbindung von scheinbar einander widersprechenden Worten, der aber eine paradoxe Wirklichkeit den Widerspruch benimmt, wird als Oxýmōron (griech. „spitzige Torheit“) bezeichnet: „junger Greis“; „König ohne Land“; „die armen Reichen“; „der weise Narr“; „beredtes Schweigen“. Besonders beliebt ist diese Figur bei Dichtern, die an den inneren Konflikten und Gegensätzen unharmonischer Übergangszeiten oder gebrochener Persönlichkeit leiden (Seneca, Hebbel, V. Hugo). Bei Goethe sind die beliebten Oxymora („bewußte Bewußtlosigkeit“, „wüste Fruchtbarkeit“ [nämlich der sizilischen Getreidefelder], „gesetzmäßig-frei“, „Du übersinnlich-sinnlicher Freier“) Ausdruck einer Weltschau, die widerstrebende Kräfte als polare Manifestationen einer inneren Einheit wahrnimmt; bei Heine („schmutzige Reinheit“, „kichernde Tränen“, „jauchzender Schmerz“, „betrunken nüchterne Gesichter“, „lebenssüchtige Todesbegeisterung“) berufen sie die Ambivalenz alles Irdischen und Menschlichen, hüllen die Dinge in ein schmerzliches Zwielicht sowohl des Tragischen wie des Komischen. Weitere Beispiele: „O viva morte, o dilettoso male“ (Petrarca: Sonett CII; Förster verdeutscht: O freudenreiches Weh, o Tod voll Leben); „Feather of lead, bright smoke, cold fire, sick health“ (Shakespeare: Romeo and Juliet I 1; Schlegel übersetzt: Bleischwinge! Lichter Rauch und kalte Glut!); „die ungesellige Geselligkeit der Menschen“ (Kant); „pikante Geschmacklosigkeit“ (Jean Paul); Schiller gefällt sich in der Häufung so krasser Stilfigur: „Diesem komisch-tragischen Gewühl, / ... / Diesem faulen fleißigen Gewimmel, / Dieser arbeitsvollen Ruh', / Bruder! ─ diesem teufelvollen Himmel / Schloß Dein Auge sich auf ewig zu“ (Elegie auf den Tod eines Jünglings). II. PROSODIK. Die akustischen (klanglichen) Elemente der Sprache kommen in Vers und Prosa gleichermaßen zur Geltung; das Unterscheidende liegt allein darin, daß jene Elemente im Vers festen Gesetzen unterworfen werden (gebundene Rede), während sie in der Prosa mehr oder weniger frei bleiben (ungebundene Rede). Wenn jede systematische Gliederung sinnlich wahrnehmbarer Vorgänge, die durch Abstufung der Schwere- Elemente und Abstandszeiten sowie durch ordnende Zusammenfassung der Glieder erfolgt, Rhythmus Der Ursprung des Rhythmus wird wohl in dem (symmetrischen) Bau und den periodischen (Herz- und Atem-)Bewegungen des menschlichen Körpers zu suchen sein; von hier geht die allgemeine Tendenz zur Rhythmisierung sämtlicher Bewegungen und Tätigkeiten (Marsch, Tanz, Rudern, Schmieden, überhaupt aller regelmäßigen Arbeitsverrichtungen) aus; wahrscheinlich ist das gesamte Dasein und Universum rhythmisch organisiert (Ebbe und Flut, Tages- und Jahreszeiten, Gestirnbewegung). (griech. „gleichmäßige Bewegung“) genannt werden kann, so eignet er auch aller in künstlerischen Absichten und Wirkungen sich ergehenden Prosa. Nur daß er hier minder bewußt, minder willkürlich hervorgebracht wird als in der, vorgegebenen Gesetzen gehorsamen, gebundenen Rede. Aber alle großen Prosa-Meister kannten und wollten ihn; Goethe belehrte den Schauspieler Heinrich Franke, daß „beim Lesen und erst recht beim Sprechen eines gut gebauten schönen Satzes eine stille Melodie mitschwingt“; Flaubert berichtet von sich, daß ihm der Rhythmus seiner Sätze bisweilen schon vorschwebte, ehe er sich über ihren Inhalt im Klaren war Vgl. die ähnlichen Äußerungen Schillers über seine poetische Produktion: „Das Musikalische eines Gedichtes schwebt mir weit öfter vor der Seele, wenn ich mich hinsetze, es zu machen, als der klare Begriff von Inhalt“ (an Körner 25. Mai 1792); „bei mir ist die Empfindung anfangs ohne bestimmten und klaren Gegenstand; dieser bildet sich erst später. Eine gewisse musikalische Gemütsstimmung geht vorher, und auf diese folgt bei mir erst die poetische Idee“ (an Goethe 18. März 1796). ; Schleiermacher baute die Prosa seiner „Monologen“ eingestandenermaßen nach rhythmischen Gesichtspunkten; Nietzsche wußte und erklärte, daß Prosa sich nicht leichter, sondern eher schwerer schreibe als Verse, daß man „an einer Seite Prosa wie an einer Bildsäule arbeiten“ müsse, daß der Takt des guten Prosaikers darin bestehe, „ dicht an die Poesie heranzutreten, aber niemals zu ihr über zutreten“. Es mit Fachworten auszudrücken, die umstehend ihre Erklärung finden sollen: es gilt, aus dem Numerus nicht ins Metrum zu fallen. Wir stellen nebeneinander drei Satzgebilde: 1. Der Ménsch / scheint mit níchts / vertraúter zu sein, // als mit seinen Hóffnungen / und Wǘnschen, // die er lánge im Hérzen / nä́hrt / und bewáhrt; // und dóch, / wénn sie ihm / nun begégnen, // wénn sie sich ihm / gleichsam aúfdringen, // erkénnt er sie nicht / und weícht / vor ihnen zurück (Goethe: Wilhelm Meister). 2. Des Herzens Wóge / schäúmte nicht / so schön empór, / und würde Geíst, // wenn nicht der álte / stumme Féls, / das Schícksal, // ihr entgégen stände (Hölderlin: Hyperion). 3. Dein guter Náme / lag in diesem Tópfe, // und vor der Wélt / mit íhm / ward er zerstóßen, // wenn auch vor Gótt nicht, / und vor mír / und dír (Kleist: Der zerbrochene Krug). Diese Sätze bestehen aus Silben, von denen einige sich durch Stärketon vor den minder betonten auszeichnen; bei lautem Vortrag ordnen sich die Silben zu Atemgruppen (sog. Kola). Jedes Kólon (griech. „Glied, Abschnitt“) hat eine Silbe, die mit höchstem Nachdruck gesprochen wird, den Silbengipfel (er ist oben mit Akut bezeichnet), an den sich die übrigen Silben der jeweiligen Atemgruppe vorgeneigt (proklitisch) oder rückgeneigt (enklitisch) anlehnen. Prüft man innerhalb der Kola das Verhältnis der betonten und unbetonten Silben, so ergibt sich in der ersten Probe eine nach Zahl und Stellung ganz unregelmäßige Folge von Stark- und Schwachtönen, während diese in den Beispielsätzen 2 und 3 mit ausnahmsloser Regelmäßigkeit alternieren; in der Tat spürt man bei lautem Lesen deutlich, daß 2 und 3 stärkeren und ebeneren Rhythmus haben als 1. Aber 1 wie 2 sind Stellen aus Prosawerken, aus Romanen, während 3 einem Versdrama entnommen wurde. Vergleichen wir nun 2 und 3 miteinander, indem wir das Augenmerk auf die Pausen (oben bezeichnet durch //) richten, vermittelst welcher bei lautem Vortrag die Kola zu größeren Reihen zusammengenommen und diese von einander geschieden werden, so finden wir, daß in 3 die Zahl der von Pause zu Pause reichenden Starktöne immer gleich, nämlich auf 5 festgelegt ist, während sie in 2 unregelmäßig bleibt. Die drei Beispielsätze führten uns drei Möglichkeiten (mehr gibt es nicht) deutscher Schallform vor: unrhythmische, der kunstlosen Zwecksprache ganz nahe Prosa; rhythmische Prosa; metrisch gebundenen Rhythmus (Vers). A. PROSARHYTHMUS (NUMERUS). Die obigen Beispielsätze haben gezeigt, daß der Vers zwischen je zwei Pausen etwas Strenggemessenes setzt, eine genau abgezählte Reihe von Silben oder mindestens von Starktönen, während in der Prosa zwischen die Pausen etwas weit Mannigfaltigeres tritt: weder die Zahl der Silben noch ihre Akzentstufung ist festgelegt. Je regelmäßiger die Akzentverteilung wird, desto mehr nähert sich ungebundene der gebundenen Rede. In der Mitte stehen die freien Rhythmen, die man mit gleichem Recht als rhythmische Prosa (Beispielsatz 2) oder als freien Vers (vers libre) auffassen kann; die berühmten „Hymnen an die Nacht“ des Novalis z. B. sind vom Dichter in freien Verszeilen niedergeschrieben, aber in Prosa gedruckt worden. Hier folge ein Stück in beiden Fassungen: a. Eine dunkle Schwere Binde Lag um ihre Bange Seele. Unendlich war die Erde, Der Götter Aufenthalt Und ihre Heimat Reich an Kleinoden Und herrlichen Wundern. Seit Ewigkeiten Stand ihr geheimnisvoller Bau. b. Eine dunkle, schwere Binde lag um ihre bange Seele ─ Unendlich war die Erde ─ der Götter Aufenthalt, und ─ ihre Heimat. Reich an Kleinoden und herrlichen Wundern. Seit Ewigkeit stand ihr geheimnisvoller Bau. Freie Rhythmen setzen zwischen zwei Pausen etwas laxer Gebildetes, das bald mehr zum Vers (Klopstocks und Hölderlins Oden), bald mehr zur Prosa (Tiecks „Reisegedichte“, Heines „Nordsee“) neigt; das Entscheidende liegt im Gehalt, der zu unpathetischem oder hochpathetischem, minder oder stärker taktiertem Vortrag zwingt. Was aber zwingt, ist die Art des Wortmaterials sowie der Wortstellung: beides scheidet den freien Rhythmus unverwechselbar von ungebundener Rede. Für unmöglich in dieser erklärte darum der Dichter Arno Holz folgenden, an sich doch schlichten Satz: „Hinter blühenden Apfelbaumzweigen steigt der Mond auf.“ Wenn der Versrhythmus vorhin definiert wurde durch die regelmäßige Verteilung der zwischen je zwei Pausen gesetzten Akzente, er mithin schon durch ein einziges solches Rede-Stück (die Verszeile) charakterisiert ist, so beruht der Rhythmus des Prosasatzes (von den antiken Rhetorikern Arithmos, Numerus = „Zahl“ genannt) auf Wahl und Verteilung des gesamten Sprachstoffs im Satze, vor allem der betonten Worte (nicht mehr der Silben); er kann daher nur auf Grund längerer Text-Strecken ermittelt werden. Für den Numerus fällt ins Gewicht, ob der Kontext einfache oder verwickelte Sätze aneinanderreiht, ob diese gleichmäßig oder unsymmetrisch, steigend oder fallend klingen, ob lange oder kurze Worte vorwiegen, wie die schweren und die leichten Wortkörper verteilt sind, ob die betonten Worte jambischen oder trochäischen Bau haben; das Wichtigste aber sind die Pausen, d. h. Zahl, Länge, Verteilung der (oft, aber nicht immer durch Interpunktion markierten) lautleeren Einschnitte. Je regelmäßiger die Akzentverteilung wird, desto mehr nähert sich die ungebundene der gebundenen Rede; sie erhält dadurch jenen gehobenen Ton, dank welchem jedes Wort mit anderm Klang auch geänderten Inhalt offenbart und durch den vor allem sich kunstvolle Prosa von der gewöhnlichen Umgangsrede unterscheidet. An der Grenze von Prosa und Vers liegen die freien Rhythmen, mit einem Mindestmaß vorbestimmter Form, die aber vom Dichter nicht eindeutig festgelegt ist und erst vom Vortragenden aus vielgestalter Möglichkeit zu bestimmter Akzentverteilung verwirklicht wird. B. VERSLEHRE (METRIK) ist Lehre vom Versmaß (Metrum), d. h. vom Wesen und den Formen des Verses, anders gesprochen, von den Kunstformen der gebundenen Rede als klanglicher Gestalt. Die deutsche Verswissenschaft hat lange unter Theorien gelitten, die unerlaubter Weise von der quantitierenden (zeitmessenden) antiken Metrik auf den ganz anders gearteten, akzentuierenden (tonwägenden) deutschen Vers übertragen sind Die abendländische Metrik kennt dreierlei Versprinzipien: a) Das quantitierende (silbenmessende), wo die Lage der Hebungen sich richtet nach den sprachgeschichtlich bedingten Quantitäten (Dauerzeiten) der Silben: es war das Prinzip der antiken Metrik; b) das alternierende (silbenzählende), wo abwechselnd eine Silbe Hebung, die folgende Senkung ist, was feststehende Silbenzahl ergibt: es ist das Prinzip der romanischen Metrik; c) das akzentuierende (silbenwägende), wo die rhythmischen Hebungen grundsätzlich mit den sprachlichen zusammenfallen: es ist das Prinzip des germanisch-deutschen Versbaus. ; die späte Heilung wurde erst in den letzten Jahrzehnten und dadurch bewirkt, daß man den Vers nicht länger nach dem toten Druckbild betrachtete, sondern vornehmlich als akustische Erscheinung untersuchte, als Schallform. An der Schallform lassen sich nun folgende Bestandteile unterscheiden: a) Der Rhythmus; für ihn kommt in Betracht 1. Die Schwereabstufung der Silben. Die übliche Sonderung in betonte und unbetonte Silben ist allzu grob und wird der vielfältigen Wirkung des Verses so wenig gerecht, als wollte man den Farbenreichtum eines Gemäldes mit der Unterscheidung von hell und dunkel erschöpfen. Die neuere Metrik ist viel feinhöriger geworden und arbeitet mit weit reicherer Scheidung; sie stuft so: Überhebungen (vollüberschwer, halbüberschwer, kaum überschwer), Hebungen (vollschwer, untervollschwer, halbschwer, unterhalbschwer, kaumschwer, unterkaumschwer), Indifferenz (d. i. die Stufe zwischen Hebung und Senkung), schwere (halbleichte) Senkung; normale (volleichte) Senkung, (überleichte) Übersenkung. 2. Die Abstufung der Abstandszeiten, d. h. der Zeiten, die sich vom Schwerpunkt einer starktonigen Silbe bis zum Schwerpunkt der nächsten starktonigen Silbe hinziehen. 3. Die Gruppierung der Silben. b) Die Sprechmelodie Sie ist als klanglicher Ausdruck des gemeinten Gesamtsinns eines sprachlichen Gebildes den Vorgängen der Wortprägung, Formbildung und syntaktischen Anordnung der Satzglieder vorgegeben; so haftet sie mittelbar auch am geschriebenen Wort, das, klingend gemacht, jene reproduzieren muß. Eine Tonbewegung (Sprach melos; griech. „Gesang“), hat jede menschliche Rede, aber erst die künstlerische Steigerung und Gruppierung macht sie zur Sprech melodie; diese kann von aufwärts nach abwärts oder umgekehrt, oder im Zickzack auf und ab gehen. Den Eindruck der Sprechmelodie bedingt der wechselseitige Tonbezug der Hebungen. : 1. Die Tonbewegung: steigend, fallend 2. Die Tonlage: höher, tiefer. c) Die Klangart. Hier kommen in Betracht: Klangtypus, Klanglage, Klangfärbung, Stimmlage. d) Die Sprechweise. Sie bestimmt das Zeitmaß (Tempo), die Lautstärke, die Bindung (legato, staccato, portato) und die Lautung, für die wieder maßgebend sind: Fülle, Spannung, die Lautbeschaffenheit der Vokale und Konsonanten sowie deren Wechselverhältnis. e) Der Versschmuck: Reim, Assonanz, Alliteration, Lautmalerei. Als Vers-Stilistik und Vers-Psychologie untersucht die Metrik schließlich auch die Beziehungen zwischen Bedeutungsmasse und Schallmasse, zwischen Sinngehalt und Klanggestalt; sie fragt nach dem Wechselverhältnis zwischen Gestimmtheit des Dichters und der sie ausdrückenden Versform einerseits, zwischen Versform und Stimmungseindruck des Hörers (oder Lesers) andererseits. 1. Verse. Das Wichtigste am Verse ist sein Rhythmus. Der Versrhythmus beruht auf den Verhältnissen, in denen (Ton-) Stärke und (Zeit-) Dauer gesprochener Gebilde zueinander stehen. Die durch Stärke ausgezeichneten Glieder der rhythmischen Reihe nennt man Hebungen, die zwischen den Hebungen befindlichen schwachen Teile Senkungen; das Stück der Reihe von Hebung zu Hebung heißt Takt Takt (tactus, lat. „Berührung“) bedeutet eigentlich das Aufschlagen des Fußes oder eines Stockes bei der Leitung eines Musikstückes. . Der Vers (lat. versus „Wendung“) ist eine in sich abgeschlossene Reihe von Takten, deren Anzahl entweder fest vorgeschrieben (Metrum) oder frei (vers libre) ist; die Takteinheiten (Schritte) nannte die antike Metrik „ Füße “. Taktmäßige Gliederung ist das einzige objektive Merkmal, das den Vers von der Prosa unterscheidet; bei dieser ist Taktschlagen („Klopfbarkeit“) ausgeschlossen. Metra sind bloß klassifizierende Begriffe, die an sprachrhythmischen Reihen einige (lange nicht alle) wesentliche (aber nur äußerliche) Merkmale herausheben, nämlich Zahl und Lage der Hebungen und Senkungen, die Bildung der Versschlüsse Die antike Metrik unterscheidet als kataléktisch (von griech. katalégein „aufhören“) solche Verse, deren letzter Fuß unvollständig bleibt, von den vollständig ausklingenden ( akatalektisch ) und den um eine Silbe überzähligen ( hyperkatalektisch ). Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo (viertaktiger Trochäus, akatalektisch) Rückwärts, rückwärts, stolzer Cid (viertaktiger Trochäus, katalektisch) Der Morgen kam, es scheuchten seine Schritte (fünffüßiger Jambus, hyperkatalektisch). und die Art der Einschnitte (Zäsuren). Da der Vers die metrisch fest geregelte Zeile ist ohne Rücksicht auf die Gliederung des Satzes und Sinnes, wird es Grundgesetz aller Versgestaltung, daß die Takte und Wörter, die Verse und Sätze nicht zusammenfallen, sondern sich zu schwingender Einheit durchwachsen. Wo Satz und Sinn den Versschluß überschreiten, entsteht Versbrechung (Enjambement, französ. „Überschreitung“); z. B. „Ich melde dieses neue Hindernis / Dem Könige geschwind; beginne du / Das heil'ge Werk nicht eh', bis er's erlaubt“ (Goethe: Iphigenie). Einschnitte entstehen im gesprochenen Verse an den Grenzen der Kola (Atemgruppen); fällt die Kolongrenze in den Takt hinein, so bezeichnet man die Schnittstelle als Zäsúr (lat. „Schnitt“): Kola: Pfingsten, / das liebliche Fest, / war gekommen; // es grünten / und blühten Takte: Pfingsten, das / liebliche / Fest war ge / kommen es / grünten und / blühten. Die Schnittstelle, an der Takt- und Kolongrenze zusammenfallen, nennt man Diärése (vom griech. diaíresis „Trennung“): Des schweren Krieges Last, // den Deutschland jetzt empfindet (Opitz). Nach dem Prinzip der akzentuierenden Metrik dürfte der deutsche Versfall niemals dem Prosafall widersprechen, es sollten also stets Kolongipfel und rhythmische Hebung zusammenfallen. Das war restlos nur beim Stabreimvers (s. u. S. 36) der Fall, der zwei Halbzeilen zu einer Langzeile bindet, indem er begrifflich oder gefühlsmäßig bedeutungsvolle Wörter durch gleichen Anlaut (Stäbe) hervorhebt Im 19. Jhdt. haben Richard Wagner und Wilhelm Jordan versucht, diese urdeutsche Versform der modernen Dichtung zurückzugewinnen. : wélaga nû, wáltant got, // wêwurt skihit. Wohlan denn, waltender Gott, Wehsal geschieht (Hildebrandslied). Ihre Tonstärke bringen die gehobenen Silben aus der natürlichen Prosarede mit, sie erwerben sie nicht erst durch ihre Stellung im Verse; die Alliteration verdeutlicht blos das logische Satzgefüge. In den neueren deutschen Versgebilden, die ausnahmslos aus der Fremde importiert, also von anders geformten Sprachen übernommen sind, stimmen Vers- und Prosafall naturgemäß nicht allemal überein; durch Störung der Harmonie zwischen Versbetonung und Satzbetonung (zwischen Metrum und Akzent) entsteht entweder Tonbeugung (Vergewaltigung des Prosafalls) oder Durchbrechung des metrischen Rahmens; solche Verletzung läßt sich heilen durch den Ausgleich der sog. schwebenden Betonung. In dem Vers: Abgesetzt wurd' ich. Eure Gnaden weiß ─ verlangt der Sprachakzent die Betonung ábgesetzt, das Metrum die Lesung abgésetzt; die Stimme muß daher verschleifend über den konkurrierenden Silben schweben. Von den möglichen Taktarten verwendet der deutsche Vers im Grunde nur drei: den sog. Jámbus (griech. „Schleuderer“), der die Hebung der Senkung folgen läßt (xx́: Vereín, geságt), den sog. Trochä́us (griech. „Läufer“), der umgekehrt der Senkung die Hebung vorausschickt (x́x: Sónne, gében), und den sog. Dáktylus (griech. „Finger“), welcher der Hebung zwei Senkungen nachsendet (x́xx: schö́nere, Gábriel). Die Umkehr des Daktylus (xxx́: elegánt, unterdrǘckt), der sog. Anapä́st (griech. „Widerschlag“), kommt im deutschen Vers nur in Mischung mit den drei vorerwähnten Taktarten vor. Die beliebtesten, verbreitetsten Taktreihen (Versarten) der deutschen Dichtung sind: a) Jambische: 1. Der Viertakter, von Otfried bis Opitz der deutsche Normalvers, als Knittelvers (mit freier oder fester Silbensumme) von Hans Sachs und Fischart über Gryphius, Kortum und Goethe bis zu Gerhart Hauptmann im Schwange, gilt im Gegensatz zu den schwierigeren, seit dem 16. Jahrhundert aus der antiken und romanischen Dichtung übernommenen Maßen als der eigentlich deutsche Vers, obwohl er erst um die Mitte des 9. Jahrhunderts lateinischer Poesie abgeborgt wurde. Beispiele: α ) freier Knittelvers (nur die Zahl der Hebungen ist festgelegt, die der Senkungen unbestimmt): Mit dem Hándel gíbts nur Kleínigkeíten, Denn es íst kein Géld únter den Leúten (Kortum: Jobsiade). β ) strenger Knittelvers: Drauf hát der Rheín sein' Ábscheid g'nómmen, Auf dáß er báld ins Méer möcht kómmen (Fischart: Das glückhafte Schiff von Zürich). 2. Der Fünftakter ─ Quinar, Blankvers (d. h. reimloser Vers) ─, im 18. Jh. aus der englischen Dichtung übernommen, gilt seither als der obligate deutsche Bühnenvers. Heraús, in eúre Schátten, rége Wípfel (Goethe: Iphigenie). Vor gráuen Jáhren lébt ein Mánn im Ósten (Lessing: Nathan). 3. Der Sechstakter wird Senár oder Trímeter Die antike Metrik nimmt je zwei „Füße“ (= Takte) zu einem „Metrum“ zusammen. genannt, wenn er mit Zäsur im 4. Jambus versehen ist; Alexandriner So genannt nach einem altfranzösischen Alexanderepos des 12. Jahrhunderts, in dem diese Versart erstmals verwendet worden ist. , wenn mit Diärese nach dem 3. Takt; Nibelungenvers, wenn er sich aus zwei Dreitaktern zusammensetzt, deren erster hyperkatalektisch schließt. Der Trimeter, obligater Vers der griechischen Tragödie, ist von den deutschen Klassikern nur gelegentlich (Schiller's „Jungfrau von Orleans“, Goethes „Faust“ und „Pandora“) verwendet worden; der Alexandriner, Lieblingsvers des französischen Theaters, wurde von dort in die deutsche Barockdichtung (Andreas Gryphius, Angelus Silesius) übernommen; den Nibelungenvers haben die deutschen Romantiker dem mhd. Heldenepos nachgebildet. Beispiele: α ) Trimeter: „Bewúndert víel und víel geschólten, Hélená“ (Goethe; Faust II). β ) Alexandriner: „Spring án, mein Wǘstenróß // aus Álexándriá (Freiligrath). γ ) Nibelungenvers: „Es stánd vor álten Zeíten // ein Schlóß so hóch und héhr“ (Uhland). b) Trochäische: 1. Der Viertakter wurde durch Herders „Cid“ in die deutsche Dichtung eingeführt, von den Übersetzern und Nachahmern des spanischen Dramas liebevoll gepflegt: „Traúernd tíef saß Dón Diégo“ (Herder). „Eines nur ist Glück hiernieden, / Eins: des Innern stiller Frieden / Und die schuldbefreite Brust!“ (Grillparzer: Der Traum ein Leben). 2. Der Fünftakter; das berühmteste Gebilde in dieser Versart ist Goethes Bearbeitung der südslavischen Ballade von Asan Aga: „Glǘcklich kámen síe zur Fǘrstin Haúse“. 3. Der Achttakter (Oktonár, Tetrámeter), in der antiken Tragödie und besonders Komödie zuhause, wurde erst durch Platens aristophanische Lustspiele eingedeutscht: Scheínt sie aúch geschwä́tzig, láßt sie; dénn es íst ein álter Braúch, Gerne plaudern ja die Basen und die Parabasen auch (Platen: Die verhängnisvolle Gabel). c) Daktylische: 1. Der Hexámeter (griech. „Sechstakter“), der klassische Vers des antiken Epos, ist erst durch Klopstock in der deutschen Dichtung heimisch geworden; von allen modernen Völkern haben nur die Deutschen und die Tschechen ihn nachzuahmen vermocht. Freilich hat die Umsetzung aus dem quantitierenden ins akzentuierende Versmaß seinen Bau stark verändert. Nach den Gesetzen der antiken Metrik konnten die beiden „Kürzen“ überall ─ mit Ausnahme des fünften Fußes ─ durch eine Länge ersetzt werden, d. h. an Stelle des Daktylus ( type="versmetrik" ) der Spondeus ( type="versmetrik" ) treten: den Spondeus aber vermag der akzentuierende deutsche Vers nicht nachzubilden, er muß ihn durch einfachen Trochäus ersetzen. Der deutsche Hexameter ist demnach ein daktylischtrochäischer katalektischer Sechstakter, mit Zäsur im dritten oder vierten Takt (Penthemímeres, Hephthemímeres), oder mit Diärese nach dem vierten Takt. α ) Nun erhob sich Achilleus vom Sitz // vor seinem Gezelte; β ) Fernes schreckliches Spiel // und des wechselnden Feuers Bewegung; γ ) Grausame! welcherlei Rede versendest du? // Pfeile des Hasses (Goethe: Achilleis). In diesem Metrum sind die Homer-Übersetzungen von J. H. Voß und dessen Idyllen abgefaßt, Goethes Versepen (Reineke Fuchs, Hermann und Dorothea, Achilleis), die idyllischen Epen des 19. und 20. Jahrhunderts (Mörike, Hebbel, Paul Heyse, F. Saar, Thomas Mann, Gerhart Hauptmann, Anton Wildgans, Börries v. Münchhausen). Jüngste deutsche Dichter wie Hermann Hesse, R. A. Schröder, Hans Brandenburg, J. M. Wehner, L. F. Barthel, F. G. Jünger bekunden zu dem altberühmten Verse eine neue Liebe. 2. Der Pentámeter (griech. „Fünftakter“) ist gleichfalls ein Sechstakter, nämlich ein an zwei Stellen ─ nach der Penthemimeres und am Schlusse ─ abgebrochener (d. h. um einen Halbtakt verkürzter) Hexameter; da diese Halbtakte („Füße“) nach antiker Messung zusammen ein „Metrum“ ergeben, so erachtete man den Vers gleich einem um ein Metrum subtrahierten Hexameter, woraus sich der irreführende Name erklärt. Verwendbar und verwendet worden ist der Pentameter nur in Verbindung mit dem Hexameter, dessen beschwingten Gang er nachdenklich unterbricht; diese, in der antiken Dichtung für Epigramm und Elegie verwendete zweizeilige Strophe nannten die Alten elegisches Dístichon (griech. „Doppelreihe“). Berühmte deutsche Werke in diesem Maße sind Goethes „Römische Elegien“, Goethes und Schillers „Xenien“, elegische Dichtungen von Hölderlin, Platen, Mörike und Ferd. v. Saars „Wiener Elegien“. Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule, x́ x x́ x x x́ x x́ x x́ x x x́ x Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab x́ x x́ x x x́ x́ x x x́ x x x́ (Schiller). Jede dieser mannigfaltigen Versarten hat ihren eigenen Klang- und Formcharakter, eine besondere innere Haltung („Ethos“), auf die der Dichter Bedacht nehmen muß; keineswegs läßt sich in diese Formen jeder beliebige Inhalt einfüllen. In den metrischen Typen haben sich unterschiedliche Grundstimmungen des Gemüts entfaltet: energisches Vorwärtsstreben hier, ruhevolles Beharren dort; so hebt sich der beflügelte Jambenschritt ab von der schweren Gehaltenheit der Trochäen, der feierliche Schwung des Hexameters vom ungestümen Anprall des Anapästs. Doch bleibt das meßbare (abzählbare) Metrum immer etwas Mechanisches, Äußerliches, wird übermächtigt vom individuellen dynamischen Rhythmus, in dem das besondere Wesen des einzelnen Poeten sich zum Klang gestaltet; daher gleiche Metren verschiedener Dichter bisweilen sehr ungleich, verschiedene Metren gleicher Urheber erstaunlich verwandt tönen ────── Diese Tatsache, erst in jüngster Zeit von der Verswissenschaft beachtet, drängte sich schon Herders feinem Ohre auf (Werke ed. Suphan V, S. 356). . 2. Versgruppen. Wir sind von der Silbe zum Takt, vom Takt zum Verse vorgeschritten; die nächst höhere metrische Einheit ist die Versgruppe oder Strophe. Gedichte, die nur Vers an Vers reihen, ohne daraus bestimmt abgegrenzte Gruppen zu bilden, nennt man stichisch (von griech. stíchos „Reihe, Zeile“). Das griechische Wort strophé („Wendung“) bedeutete ursprünglich die Tanzwendung des Chors im Drama und das während des Tanzes gesungene Liedstück, danach allgemein Verbindung mehrerer Verse zu einem rhythmischen Ganzen. Ins Deutsche kam der Terminus erst durch die Renaissancepoeten des 17. Jahrhunderts; vorher herrschte allgemein das heimische Wort „Gesätz“. Beide Ausdrücke meinen ein geschlossenes metrisches Gebilde, das durch gleichmäßige Wiederholung eine Dichtung zusammensetzt; der künstlerische Reiz beruht auf dem Widerspiel der beharrenden metrischen Form und des wechselnden Inhalts. Das einfachste und älteste Gesätz ist das zweizeilige. Die altgermanischen Heldenlieder banden je zwei Halbzeilen durch Stabreim zur sog. Langzeile (vgl. o. S. 27); nach dem Aufgeben des Alliterationsverses wurde dieses schlichte Gesätz beibehalten, nur daß die Bindung durch den Endreim erfolgte; so entstanden die viertaktigen Reimpaare Otfrids, des frühen Minnesangs, der mittelhochdeutschen Epik. Aus verwickelterer Reihung von Kurzversen und Langzeilen entsteht der Strophenreichtum der hochmittelalterlichen Lyrik, deren Gesätze dreiteilig gebaut sind; sie bestehen jeweils aus zwei Stücken von gleichem Bau, den sog. Stollen („Aufgesang“), und einem dritten, von den Stollen verschiedenen, dem „Abgesang“. Dieser Rahmen ermöglichte die mannigfaltigste Füllung mit Taktreihen beliebiger Länge und Zahl. Der Minnesang kannte Gesätze bis zu 17, der Meistergesang gar bis zu 100 Versen. Von den kunstvollen mittelalterlichen Strophen wird nur eine einzige in der neueren Dichtung wiederverwendet: die vierzeilige Nibelungenstrophe, in der die deutschen Heldenepen abgefaßt sind. Sie bestand aus 3 gleichgebauten Langzeilen, die sich aus je 2 jambischen Dreitaktern (der erste hyperkatalektisch) zusammensetzen, während die zweite Hälfte der vierten Zeile viertaktig ist; je zwei Zeilen sind durch Reim verbunden. Schema: xx́ / xx́ / xx́ / x // xx́ / xx́ / xx́ a xx́ / xx́ / xx́ / x // xx́ / xx́ / xx́ a xx́ / xx́ / xx́ / x // xx́ / xx́ / xx́ b xx́ / xx́ / xx́ / x // xx́ / xx́ / xx́ / x́x b Mit Einebnung jenes Unterschiedes haben Tieck, Uhland u. a. die Form zur neuen Nibelungenstrophe umgeschaffen: Der höchste Wein des Lebens fließt in dem Schlachtgefild, Man schöpft die goldne Welle in Helm und blanken Schild, Und wie wir zechen fröhlich, Trompetenton erklingt, So daß die Labung selig zum vollen Herzen dringt (Tieck: Kaiser Octavianus). Mit der Renaissance drangen antike Strophenformen in die deutsche Dichtung ein, die aber erst durch Klopstock, Hölderlin und Platen, neuestens durch R. A. Schröder und Josef Weinheber würdige Nachbildung fanden; es kommen vor allem drei Strophen in Betracht: a) die sapphische: x́x / x́x / x́xx / x́x / x́x x́x / x́x / x́xx / x́x / x́x x́x / x́x / x́xx / x́x / x́x x́xx / x́x Oeder Denkstein, riesig und ernst beschaust du Trümmer bloß, Grabhügel, den Scherbenberg dort, Hier die weltschuttführende, weg von Rom sich Wendende Tiber! (Platen) b) die alkäische: xx́x / x́x / x́xx / x́x / x́ xx́x / x́x / x́xx / x́x / x́ x / x́x / x́x / x́x / x́x x́xx / x́xx / x́x / x́x Nur einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! Und einen Herbst zu reifem Gesange mir, Daß williger mein Herz, vom süßen Spiele gesättiget, dann mir sterbe! (Hölderlin) c) die asklepiadeische: x́x / x́xx / x́ // x́xx / x́x / x́ x́x / x́xx / x́ // x́xx / x́x / x́ x́x / x́xx / x́x x́x / x́xx / x́x / x́ Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, Auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht, Das den großen Gedanken Deiner Schöpfung noch einmal denkt (Klopstock). Aus romanischer Metrik drang im 16. Jahrhundert das Sonett („Klinggedicht“) ein, im Zeitalter der Romantik die Terzine, die Stanze und noch schwierigere Formen (Kanzone, Sestine, Triolett, Dezime, Glosse); aus dem Orient wurden im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts das Ghasél und die Makáme Dieses arabische Wort bedeutet urspr. „Versammlung“ und meint eine Zusammenkunft, bei der die Zuhörer durch Stegreifdichtung unterhalten wurden. Die Makame ist eine rhythmisch freie, mit witzigen Wortspielen durchsetzte Mischform von Reimprosa und Reimvers. Beispiel: „Wie ich sah seines Feuers Funken ─ seiner Glanzlichter Prunken, ─ sucht' ich seine Mienen zu unterscheiden ─ und ließ meinen Blick auf seinem Antlitz weiden. ─ Und siehe, es war von Serug unser Scheich, ─ den ich nicht hatte erkannt sogleich, ─ weil in der dunklen Nacht von seinem Haar ─ inzwischen Mondlicht geworden war“ (Rückert). übernommen. Das Sonett besteht aus 14 jambischen Fünftaktern, und zwar aus zwei parallel gebauten vierzeiligen Strophen (Quartetten) in der Reimbindung abba und aus zwei, durch neue Reime (cdc) in sich verschränkten, parallel gebauten Dreizeilern (Terzetten) Fünfzehn inhaltlich zusammenhängende Sonette verflechten sich dadurch zu einem Sonettenkranze, daß der Schlußvers des einen Sonetts immer als Anfangsvers des nächstfolgenden gesetzt und das fünfzehnte (sog. Meistersonett) aus den Anfangsversen der vierzehn vorangegangenen gebildet wird. In solchem, schon mehr spielerischem Kunststück hat sich heutigentags der Wiener Josef Weinheber versucht. . Die weltliterarischen Meister dieses strengen Strophengebäudes sind Petrarca, Shakespeare und Camões; bei den Deutschen Gryphius, Platen, Rilke. Das Sonett eignet sich durch seinen logischen Bau (seine beiden, metrisch unterschiedenen Teile gestalten den Inhalt in Satz und Gegensatz, Frage und Antwort, Problem und Lösung) zum dichterischen Ausdruck von Denkerlebnissen, zu philosophischer Lyrik (Wilhelm von Humboldt). Die Terzíne (ital. „Dreizeiler“) besteht aus drei jambischen Fünftaktern, deren erster mit dem dritten reimt, während der zweite den Reim für die erste und dritte Zeile der nächsten Strophe anschlägt, so daß eine ununterbrochene Kette entsteht; das ganze Gedicht abschließend, folgt dem letzten Gesätz noch ein Vers, der mit dessen Mittelzeile reimt (aba, bcb, cdc ... yzy, z). Die großen Dichter dieser Form sind Dante, Chamisso, Liliencron, Hofmannsthal. Die Stanze (von ital. stanza „Zimmer“ = Reimgebäude), auch Ottave rime (ital. „acht Reime“) genannt, besteht aus 8 jambischen Fünftaktern in der Reimbindung abababcc (also 2 Terzinen plus 1 Reimpaar); sie ist die Strophe des „romantischen“ Heldengedichts und der lyrischen Ansprache (Prolog, Epilog). Die mächtigsten Beherrscher dieser schwierigen Strophe waren Ariost, Tasso, Camões, Goethe, Byron, Liliencron. Das Ghasél (arab. „Gespinnst“) besteht aus 10─30 unter sich gleichen Versen beliebiger Taktart, die mit einem Reimpaar beginnen und denselben Reim in den geraden Zeilen festhalten, während die ungeraden reimlos bleiben (aa ba ca ... za). Im Wasser wogt die Lilie, die blanke, hin und her , Doch irrst du Freund, sobald du sagst, sie schwanke hin und her; Es wurzelt ja so fest ihr Fuß im tiefen Meeresgrund, Ihr Haupt nur wiegt ein lieblicher Gedanke hin und her (Platen). Der Klassiker des Ghasels ist der Perser Hafis, deutsche Nachbildungen schufen Rückert, Platen, Leuthold u. a. Die Einteilung und Benennung aller übrigen in deutscher Dichtung verwendeten Strophengebäude wird nicht nach ihren rhythmischen Verhältnissen vorgenommen, sondern ganz äußerlich nach der Zahl der zusammengefaßten Verse und der Art des sie bindenden Sprachschmucks (Reim, Assonanz, Alliteration). Die Fülle der Möglichkeiten ist da sehr groß; Annette von Droste-Hülshoff z. B. verwendet in rund 300 Gedichten mehr als 200 verschiedene Strophenformen. 3. Versschmuck. A. Der Reim Das Wort „Reim“ kommt her von rythmus, was im Mittellatein den nicht quantitierenden, sondern alternierenden oder akzentuierenden (meist endreimenden) Vers bezeichnet; daher hatte das mhd. rîm zuerst die Bedeutung „Reim- vers “, die sich in Kehrreim (regelmäßig wiederkehrende Verszeile, Refrain) bis heute erhalten hat. ist im Grunde Wortspiel, Spiel mit den Klangwerten der Sprache; und zwar können zu diesem Spiel entweder bloße Einzellaute verwendet werden, Konsonanten (Alliteration) wie Vokale (Assonanz), oder die Verbindung von Konsonant und Vokal zu einer oder mehreren Silben (Silbenreim). Alle diese Klangspiele sind unrhythmische Größen und eigentlich erst aus Rhetorik und Stilistik in die Metrik gelangt. Die antike Verslehre kennt solchen Sprachschmuck überhaupt nicht, er wurde von den Alten nur in der Prosa, hauptsächlich zur Verzierung der Rede verwendet. Aus der gehobenen, rhetorischen Prosa, in der der Silben- oder Endreim eine immer mehr zunehmende Bedeutung erlangt hatte, vor allem aus der frühchristlichen Predigt, die mit psalmodierender (dem Gesang nahe kommender) Stimme vorgetragen wurde, kam er (seit etwa 600 n. Chr.) in die der Predigt verwandte mittellateinische Hymnenpoesie und von hier in die geistliche deutsche Dichtung; das erste größere Reimwerk unseres Schrifttums war Otfrids Evangelienharmonie (um 870). Der Endreim, das ohr- und augenfälligste Kennzeichen nahezu aller gebundenen deutschen Rede, nach der (unzutreffenden) Vulgärmeinung das wesentlichste Kennzeichen deutscher Dichtung überhaupt, ist also ein Geschenk der Kirche. 1. Ob der Konsonantenreim, die sog. Alliteration, welche vor Einführung des Endreims im deutschen Vers (und im altgermanischen überhaupt) das einzige Bindungsmittel ausmachte, selbständige (autochthone) Schöpfung war oder gleichfalls antikem Brauche nachgebildet wurde, ist noch ungeklärt. Es handelt sich dabei (s. o. S. 27) um den Gleichklang der Stamm-Anlaute betonter Worte (Anfangsreim), wie er auch in Redewendungen des Alltags vorkommt: Kind und Kegel, Haus und Hof, Wind und Wetter, gut und gern, bitter und böse, biegen oder brechen, gäng und gäbe. Die Alliteration ist ausschließlich Konsonantenreim, denn daß auch Vokale staben konnten, und zwar alle durcheinander (also a unterschiedslos mit e, i, o, u), erklärt sich daraus, daß man den Vokaleinsatz bei starkbetonter Silbe als Konsonant empfand. 2. Der Silben- oder Endreim besteht im Gleichklang einer oder mehrerer Silben bei verschiedenem Anlaut der ersten Reimsilbe; stimmen die Reimsilben in Vokalen und Konsonanten genau überein, so heißt der Reim rein (Traum ─ Baum; Wunde ─ Kunde); ist Vokal oder Konsonant etwas verschieden, so heißt er unrein (sprießen ─ grüßen; Gruß ─ Kuß; reiten ─ meiden); erklärt sich die (graphische) Verschiedenheit aus mundartlicher Aussprache, so heißt er dialektisch: dergestalt reimte z. B. der Schwabe Schiller: Menschen ─ wünschen Heine (Walzel) II, S. 357 reimt, offenbar jüdelnd: Moschus ─ Wohlfahrts ausschuß. . Reimt auch der Anlaut der Reimsilbe, so heißt der Reim rührend: du hast ─ die Hast; doch sind rührend reimende Wörter nur erlaubt, wenn sie verschiedene Bedeutung haben. Ist das konsonantische Element überhaupt nicht am Gleichklang beteiligt, so sprechen wir von Assonanz Sie ist ein beliebtes Bindungsmittel in der romanischen Dichtung, bes. im spanischen Drama und Romanzero, und wurde von dort im Zeitalter der Romantiker auf deutsche Dichtung übertragen (Tieck, Brentano). (lat. „Anklang“): Stab ─ Macht; sehen ─ regen; loben ─ stoßen. Vollreim wie Assonanz erscheinen auch in ständigen Redensarten der Verkehrssprache: Knall und Fall, Saus und Braus, schlecht und recht, Sang und Klang, holterdipolter; kurz und gut, mit Wissen und Willen, von gutem Schrot und Korn, Leute von Rang und Stand. Reim, Assonanz, Alliteration entspringen und entsprechen dem Wunsche, die Glieder einer rhythmisch gebundenen Rede klanglich wie inhaltlich in eine dem Ohr und Auge wahrnehmbare engere Beziehung zu setzen; der Reim kennzeichnet obendrein auch den Aufbau der Strophe. Die Formen des Endreims werden unterschieden: a) nach der Zahl der reimenden Silben α ) einsilbige (männliche Der Ausdruck stammt aus der französischen Metrik, wo einsilbige Maskulina wie grand, fils zweisilbigen Femininen wie grande, fille gegenüberstehen. , stumpfe): Land─Hand; Mahl─Saal; β ) zweisilbige (weibliche , klingende): heute─Leute; Regen─Segen; γ ) dreisilbige mehr als dreisilbige Reime begegnen nur im Ghasel (s. o. S. 34 f.). (gleitende): érblichen─sterblichen; singende─klingende. b) nach der Stellung der Reime: α ) am Ende des Verses: 1) paarende: sie verbinden zwei unmittelbar aufeinander folgende Verse: aa bb cc (Reimpaare); 2) gekreuzte (überschlagende): ab ab; 3) umarmende (umschließende): abba; 4) unterbrochene (d. h. durch reimlose Zeilen Reimlose Verse in der Umgebung gereimter nennt man Waisen; reimen die Waisen der einzelnen Strophen eines Gedichts untereinander, so nennt man sie Körner. von einander getrennte): abcb. β ) am Anfang oder im Innern des Verses: 1) Schlagreim bilden zwei innerhalb eines einzigen Verses unmittelbar aufeinander folgende Reimwörter: Singen, springen soll die Jugend, Die Alten walten alter Tugend. 2) Im Binnenreim reimt das Versende mit einem andern Wort des gleichen Verses: Eine stark e, schwarze Barke Segelt trauervoll dahin. Die ve rmummten und vers tummten Leichenhüter sitzen drin (Heine). B. Lautsymbolik. Hüllt sich der Vers mit den nach Regel gesetzten Reimen sozusagen in ein vorgeschriebenes Festgewand, so läßt sich dieses auch noch mit allerlei frei verteiltem Schmuck verzieren: innerhalb der einzelnen Zeile und zwischen ihnen werden Selbst- und Mitlaute zu den mannigfaltigsten Klangspielen angeordnet. Bald will krasse Schallnachahmung (s. o. S. 15 f.) den Bedeutungsinhalt dem Ohre sinnfällig machen: Und ho̱hler und ho̱hler hö̱rt man's he̱ulen (Schiller: Das Lied von der Glocke); Gehe̱ul, Gehe̱ul aus ho̱her Lu̱ft, Gewiṉsel kam aus tief̱er Gruf̱t (Bürger: Lenore); bald hebt Alliteration (s. o. S. 35 f.) die sinnbeschwerten Wörter gleichsam unterstreichend hervor: Und mir ist nichts aus jener Zeit geblieben, Als nur dies Lie̱d, mein Lei̱den und mein Lie̱ben (Ernst Schulze: Die bezauberte Rose). Feinere Wirkungen erzielt mittelbare Lautsymbolik (s. o. S. 16), wie sie schon Goethes Vers so wohllautend, stimmungsreich und sinntief macht, die aber erst von der überzüchteten Spätkunst französischer und deutscher Lyriker der letzten Jahrhundertwende (Verlaine, Rimbaud, Mallarmé; George, Hofmannsthal, Rilke) zu virtuoser sprachmusikalischer Untermalung des Gemeinten und Gefühlten ausgebildet ist. type="lautsymbolik" Ein sanfter W̱ịnd vom blauen Hịmmel w̱eht, Die Mỵrte stịll und hoch der Lorbeer steht (Goethe: Mignon). type="lautsymbolik" Man ḻịspeḻt̰ ḻeicht̰e Ḻịed̰chen, man spịt̰zt̰ man ch Sịnngedicht̰ (Uhland: Graf Eberhard der Rauschebart). type="lautsymbolik" Und̰ immer w̱eht̰ der W̱ind̰, und̰ immer w̱ịeder Vernehmen w̱ịr und̰ reden vịele W̱ort̰e (Hofmannsthal: Ballade des äußeren Lebens). III. GENERIK ODER LEHRE VON DEN DICHTUNGS- (WORTKUNST-)GATTUNGEN. Lyrik, Epik und Dramatik bezeichnet Goethe als „die drei Naturformen der Poesie“; in der Tat sind sie weder durch geschichtlichen Zufall noch infolge willkürlicher Setzung gelehrter Systematik entstanden, sondern erwachsen aus den Grundfunktionen seelisch-geistigen Lebens: dem Fühlen, Erkennen und Wollen; in genauer Korrelation zu diesen drei Vermögen des Gemüts stehen die drei Dichtungsgattungen Die ältere Poetik hat als eine vierte, selbständige Hauptgattung der Dichtkunst die didáktische (vom griech. didaktikós „belehrend“) oder Lehr- Dichtung angeführt. Nach der oben gegebenen Definition der Dichtung als zweckfreier Wortkunst ist aber das Lehrgedicht (die in metrische Form gekleidete sachlich-belehrende, also zweckhafte Darbietung irgendwelchen Wissens) ein in sich widersprüchlicher Begriff; es ist bestenfalls eine Misch- und Zwitterform von Dichtung und Wissenschaft. . Entwickelten sich jene bio- und phylogenetisch aus einem Vorstadium dumpfen Lebensgefühls, so sind, wie die ältesten Zeugnisse der großen Literaturen und die Kunst heutiger Primitivvölker erkennen lassen, in Urzeiten Lyrik, Epik und Dramatik, vereint mit Musik und Tanz, ein ungeschiedenes Gesamt gewesen, aus dem sich erst allmählich die einzelnen Darbietungsformen abgesetzt und zur Eigenständigkeit ausgesondert haben. A. Lyrik. Lyrik ist Dichtung des Gefühls, unmittelbarster Ausdruck einer mächtigen inneren Erregung im Dichter, und auch ihre Wirkung auf den Genießer besteht in Gefühlserlebnissen. Sie ist, da alle Dichtung in sprachlichem Erlebnisausdruck besteht, die Urform des Dichterischen. Während Epik und Drama den subjektiven Gefühlsausdruck zurücktreten lassen vor der gegenständlichen Darstellung, hat in der Lyrik umgekehrt alles Gegenständliche bloß symbolischen Wert, das Stoffliche ist nur Träger einer Stimmung, jeglicher „Inhalt“ nur Metapher eines Gefühlsgehalts. Daher überwiegen hier auch die ausdruckshaften (akustisch-musikalischen) Elemente der Sprache die bedeutungshaften; die Übertragung der vom Dichter erlebten Stimmung auf den Leser oder Hörer geschieht nicht sowohl durch die Begrifflichkeit des bezeichnenden, als durch unmittelbare Suggestion des bannenden Worts, durch den mitreißenden Rhythmus der in Tonbewegung umgesetzten Erregung. Indes scheidet ein Weniger oder Mehr des auch der Lyrik unentbehrlichen gegenständlichen Elements innerhalb dieser Dichtungsgattung zwei große Gruppen: a) die unmittelbare oder „ reine “ Lyrik, die ein erlebtes Gefühl wirklichkeitsgetreu wiedergibt, aufs stärkste unterstützt von den akustischen Werten der Sprache. Es ist jener Bereich bekenntnishafter Ich-Lyrik, des eigentlichen (musik-nahen) Lieds, welcher, seit der Entdeckung des Volkslieds durch Herder und seiner Erneuerung durch Goethe und die Romantik, irrigerweise lange Zeit als einzig berechtigt galt. In Wahrheit hat sich damit nur eine (in ihrer geschichtlichen Erscheinungsform wie in ihren geistigen Möglichkeiten sogar außerordentlich beschränkte) Sonderart lyrischer Kunst zu erheben versucht über eine andere, nicht minder berechtigte: b) die mittelbare, Abstand setzende Lyrik, die das Gefühlserlebnis nur in der Spiegelung eines zwischengeschalteten Symbols (Landschaftsbild, Rollenträger, Begebenheit) wiedergibt. Nicht nur die gesamte antike und die überwiegende Mehrheit der romanischen Lyrik rechnet hieher, auch die Hauptmasse des Minnesangs sowie der deutschen Barockdichtung; ja selbst während der Vorherrschaft volksliedartiger Erlebnisdichtung ist deren Gegenpol, die symbolische Bild- und Gedankenlyrik, niemals völlig verstummt, Hölderlin, der alte Goethe, Platen, Hebbel, Hermann Lingg haben sie mit Bewußtsein gepflegt, mit C. F. Meyer, Stefan George und Rilke ist sie wieder in den Vordergrund getreten und hat die allzu ideenarme Gefühlslyrik beiseite gerückt. Gegenüber der ─ trotz suggestiver Starktönigkeit nach Gehalt und Form im Grunde doch eintönigen ─ „reinen“ Lyrik umfaßt die symbolische ein weit reicheres Formenrepertoire; sie wird zur Ballade von balláre „tanzen“; urspr. romanische Bezeichnung eines Tanzliedes, die im Spätmittelalter als Name volkstümlicher Heldenlieder nach England und von dort im 18. Jahrhundert nach Deutschland kam. Die älteste Poetik unterschied von der Ballade in recht gezwungener Weise die Romanze (von span. romance, d. i. Dichtung in der Volkssprache, der lingua romana, im Unterschied zur literarischen lingua latina ), die sich nur äußerlich von jener abhebt, indem sie statt nordisch-germanischer meist südlich-romanische Stoffe wählt. , wenn als Symbolträger ein Formenrepertoire gewählt ist (Bürger, Goethe, Heine, Fontane, Börries von Münchhausen, Agnes Miegel); zur Ode oder Hymne Der Unterschied ist bloß metrisch, indem die Ode (griech. „Lied“) in strengen (meist antiken) Strophen aufgebaut, die Hymne (griech. „Lobgesang“) in freien Rhythmen abgefaßt ist. Eine Unterart der Hymne, nämlich die dem Dionysos, später auch andern Göttern und Heroen gesungene, wurde von den Alten Dithyrámbe genannt; ein Name, der in neuerer deutscher Dichtung bisweilen zur Bezeichnung gesteigerter Hymnik verwendet ist. , wenn sie mit hochgesteigertem Pathos erhabene Gemeinschaftsgefühle (vor allem religiöse und nationale) und abstrakte Gedanken vorträgt (Klopstock, Goethe, Hölderlin, Novalis' „Hymnen an die Nacht“, Platen, Nietzsche, Rudolf Alexander Schröder, Däubler); zur Elegie (griech. „Klagelied“), wenn sie gedachtem und ersehntem ideellem Zustand einen beklagenswerten wirklichen entgegenstellt (Klopstock, Goethe, Schiller, Hölderlin, Mörike). B. Epik. Das griechische Wort, mit dem wir jegliche Erkenntnislehre bezeichnen, Theorie (lat. speculatio) bedeutet ursprünglich „Anschauung“. In der Tat erkennt der Mensch vor allem mit Hilfe des Gesichts, des, bis zur Vernachlässigung anderer, von allen Sinnen bei ihm am besten ausgebildeten; Erkenntnis ist Schau, Schau des körperlichen wie des geistigen Auges. Solches erkennende Wahrnehmen ist Haltung und Leistung des Epikers; sein Welterleben ist nicht die jähe Gefühlswallung des Lyrikers, sondern ruhevolle, besonnene, kühlen Abstand wahrende Seinsschau Es ist kein bloßer Zufall, daß viele bedeutende Epiker sich auch als Maler betätigt haben: Goethe, E. T. A. Hoffmann, G. Keller, Herm. Hesse. ; sein weitreichender Blick umgreift das gesamte Weltgefüge, schweift über die Menschen, die Erde hinaus zu den Göttern und Gestirnen. So entrollt etwa Homer ein Bild des ganzen griechischen Lebens, seiner materiellen wie ideellen Kultur, seines mythischen Glaubens. Tolstoi bannt in seine Romane ein ganzes riesiges Volk mit allen seinen Ständen, vom Monarchen bis zum letzten Dienstboten. Wählt der Epiker aber einen engeren Darstellungskreis, dann wandelt sich die extensive Totalität zur intensiven, und er ist unerschöpflich in Einzelzügen; relativ winzige Ereignisse und Zustände werden bei Stifter, G. Keller, Th. Mann, H. Stehr in möglichst lückenloser Ausführlichkeit geschildert. Auf das sinnliche Schauen ausgerichtet, macht der Epiker auch das Innere seiner Gestalten, ihre Gedanken, Gefühle und Bestrebungen möglichst anschaulich, versinnlicht Gemütslagen durch Vorführung des bezeichnenden Mienen- und Gebärdenspiels (Nibelungenlied, H. v. Kleist, C. F. Meyer), läßt die sittlichen Wesenheiten in ihrer körperlichen Erscheinung sich ausprägen (Dickens, Raabe), spiegelt in Kleidung, Wohnung und Hausrat Vgl. Goethe (Jub.-Ausg. XXXIII, S. 20): „So lassen Kleider und Hausrat eines Mannes sicher auf dessen Charakter schließen.“ menschliche Seelen (Scott, Balzac); G. Keller z. B. könnte durch die umständlichste direkte Charakterschilderung seiner Züs Bünzlin („Die drei gerechten Kammacher“) nicht die eindringliche Anschaulichkeit bewirken, die des Mädchens Raritäten- Lade mit ihrem lächerlichen Krimskrams vermittelt. „Die Epopöe, der Roman, die einfache Erzählung“, schreibt Schiller, „rücken die Handlung schon ihrer Form nach in die Ferne, weil sie zwischen Leser und die handelnden Personen den Erzähler einschieben“. Alle Epik stellt Vergangenes dar: ein Gelebt-Haben, Gesehen-Haben, Geschehen-Sein; denn jegliches Erzählen ist, ausdrücklich oder verdeckt, ein besinnliches Zurückblicken, vom ʻEs war einmal' des Märchens bis zur modernen Erinnerungsnovelle (Heyse, Storm, v. Saar); und dies zwingt die Erzählung schon rein formal zu größerer Ruhe und Gemessenheit, zum Distanzhalten, zu gelassenem Stil. Diese drei Merkmale: der Totalität, der sinnlichen Anschaulichkeit und des ruhevollen Vortrags eignen sämtlichen Arten epischer Dichtung, die übrigens, literargeschichtlich wie stilistisch, zunächst in zwei große Gruppen sich scheiden: die Erzählung in gebundener und die in ungebundener Rede; beide Gruppen gliedern sich ihrerseits wieder nach dem jeweiligen Umfang in Groß-, Mittel- und Kleinformen. a) Erzählung in gebundener Rede (Versepik). 1. Das Epos im engeren Sinn (Epopöe, Heldengedicht) ist die typisierend stilisierte Großerzählung kultureller Frühzeit, jene Dichtungsgattung, in der junge Völker die Erinnerung an die eignen großen Schicksale und an die Taten ihrer Helden (Heldensage) idealisierend festhalten; es ist Ausdruck eines noch undifferenzierten Weltgefühls, seine Gestalten stellen nicht Einzelindividuen unverwechselbarer Besonderheit dar, sondern sind festgeprägte Typen, die sich nur reliefartig abheben vom Hintergrund einer völkischen Gemeinschaft. In diesem Sinne darf man noch heute vom Volksepos sprechen, wiewohl die früher mit dieser Bezeichnung verbundene Vorstellung vom dichtenden Volk, von naturhaftem Gemeinschaftswerk längst als romantisches Phantasma abgetan und erkannt ist, daß auch die großen Volksepen Man ersetzt diesen Ausdruck daher jetzt allgemein durch den unmißverständlichen „Heldenepos“. (Homer: Ilias und Odyssee; die indischen Epen: Mahabharata, Ramajana; die französische „Chanson de Roland“; das Nibelungenlied; das finnische „Kalewala“) von je einem, wenn auch namentlich unbekannten, großen Dichter herstammen. Epen, deren Dichter man kennt (Vergils „Äneis“, das „Schahname“ des Persers Firdusi, die großen Verserzählungen des Mittelalters und der Neuzeit), bezeichnet man als Kunstepen, ohne damit einen formalen Gattungsunterschied absetzen zu wollen. Ein solcher ergibt sich freilich schon daraus, daß vom Kunstepos (dem dann aber auch Rolands- und Nibelungenlied als entfernte Abkömmlinge Vergils zuzurechnen wären) die naiven stilistischen Mittel des älteren Heldenepos durch gelehrt-literarische Übernahme in ihrem Wesen verändert werden. An Stelle der völkischen Heldensage sind schon in den „höfischen“ Epen des Mittelalters internationale Sagen und Märchen (besonders aus dem Artuskreis: Parzival, Tristan und Isolde) getreten, und das „phantastische“ Epos der italienischen Renaissance (Ariosto: „Der rasende Roland“) wie des deutschen Rokoko (Wieland: „Oberon“) blieb bei diesem Brauch; erst die Romantiker und deren Nachfolger kehrten wieder zur nationalen Sage zurück (Fouqué, A. Grün, W. Jordan), pflegten aber ebenso gern das Märchenepos (Platen: „Die Abassiden“, E. Schulze: „Die bezauberte Rose“). Das 19. Jahrhundert schätzte, seinem geschichtlichen Grundcharakter gemäß, vor allem das historische Epos, in dem Tassos „Befreites Jerusalem“ und Voltaires „Henriade“ vorangegangen waren (Lenau: „Die Albigenser“, H. Lingg: „Die Völkerwanderung“, A. Meißner: „Ziska“, Hamerling: „Ahasver in Rom“ und „König von Sion“). Das religiös-weltanschauliche Epos, dessen Höchstleistungen in Dantes „Göttlicher Komödie“ und Miltons „Verlorenem Paradies“ liegen, haben schon im Frühmittelalter der Dichter des „Heliand“ und Otfrid in seinem „Krist“, im 18. Jahrhundert Klopstocks „Messias“ (und in dessen schwächlicher Nachfolge Bodmer und Wieland), im 19. Jahrhundert F. W. Weber („Dreizehnlinden“) gepflegt. Das hochgespannte und bisweilen auch überspannte Pathos des großen Heldengedichtes forderte seit eh und je die Verspottung heraus; solches Schicksal widerfuhr schon dem altgriechischen Epos mit dem parodierenden Gegenstück eines Froschmäusekriegs (Batrachomyomachie). Das Verfahren des komischen Epos ist dabei ein doppeltes: entweder richtet es das epische Pathos auf geringfügige Dinge (Parodie: nach Boileaus „Kirchenpult“ und Popes „Lockenraub“ in Deutschland von Zachariä als Spezialität gepflegt, gipfelnd in Kortums „Jobsiade“), oder es macht einen erhabenen Stoff durch niedrige Behandlungsweise lächerlich (Travestie: Blumauers travestierte Aeneis, Karel Havlíčeks „Taufe des heil. Wladimir“). Vom komischen Epos unterscheidet sich das humoristische, das weniger durch formalen Scherz, als durch inhaltliche und gehaltliche Laune das Lachen erregen will (Heine, Busch, Watzliks „Stilzel“). Eine Art Verbindung von komischem (parodirendem) und humoristischem (satirischem) Epos stellt das Tierepos dar, das im Bilde der Tierwelt die Schwächen und Torheiten des menschlichen Gesellschaftslebens bloßstellt (Goethe: „Reineke Fuchs“; Heine: „Atta Troll“). Im 20. Jahrhundert hat das große Versepos eine Wiedergeburt erlebt, und zwar in nahezu allen seinen möglichen Formen; die großen Leistungen dieser Zeit sind die weltanschaulichen Epen von Spitteler („Olympischer Frühling“), Däubler („Nordlicht“) und Gerhart Hauptmann („Till Eulenspiegel“, „Der große Traum“); als Kuriosität sei „Der große Plan“ des Expressionisten Johannes R. Becher gebucht, ein Versepos auf den sowjetrussischen Fünfjahresplan. 2. Das idyllische Epos ist die Mittelform des Versepos; es gestaltet im Stil und Metrum des großen Heldengedichts, aber ohne parodische Absicht, kleinbürgerliches Stilleben (Voß: „Luise“; Goethe: „Hermann und Dorothea“; Mörike: „Idylle vom Bodensee“; G. Hauptmann: „Anna“). Wird die gebundene Rede nur zur äußeren Einkleidung einer nicht alltäglichen Geschichte gebraucht, so spricht man von Versnovelle (Paul Heyse: „Novellen in Versen“). 3. Die Kleinformen der Verserzählung stehen an der Grenze der Lyrik, die sie überschreiten, wenn das mitgeteilte Ereignis nur Symbol eines Gefühls- oder Denk-Erlebnisses sein will (poetische Erzählung; vgl. o. S. 40 über Ballade und Romanze). b) Erzählung in ungebundener Rede (Prosaepik). Die Versepik hat ihr eigentümliches Wesen, ihren besonderen Stil davon, daß sie ursprünglich auf akustische Wirkung angelegt, für den lauten Vortrag bestimmt war; ungebundene Erzählung ist von vornherein für stilles Lesen bestimmt, ja sie verdankt ihren Ursprung, d. i. den Übergang gebundener Epik in prosaische, dem umstürzenden Wandel des spätmittelalterlichen Publikums aus Zuhörern einer adeligen Gesellschaft in Leser einer einsamen bürgerlichen Stube; die Erfindung des Buchdrucks hat diesen Prozeß beschleunigt und besiegelt. 1. Der Roman Der Name bedeutet ursprünglich ein Schriftwerk in der romanischen Volkssprache (s. o. S. 40), meinte zunächst die mittelalterliche Vers erzählung und ging, als diese das Versgewand abwarf, auf die prosaische Erzählung über; nach Deutschland kam das Wort erst im 17. Jahrhundert. ist der legitime Nachfolger des Helden-Epos. Wie dieses in undifferenzierten Zeiten die noch ungebrochene völkische Gemeinschaft darstellt, so er innerhalb der atomisierten, zerfallenden Gesellschaft der Neuzeit das vereinzelte und seelisch vereinsamte Individuum; das Epos entfaltete flächenhaft ein homogenes Sein, der Roman zeichnet in die Tiefendimension eine menschliche Sonder-Entwicklung. Die unabsehbare Fülle und die wirre Zerrüttung modernen Lebens zu umgreifen, bedurfte es einer weiten, bequemen und geduldigen Form, eines für jeden Inhalt geeigneten Gefäßes; dessen war nur ungebundene Rede fähig, nur eine von künstlerischen Gesetzen möglichst unbelastete Dichtungsgattung. In dieser seiner Freiheit und Vielseitigkeit liegen freilich auch die Gefahren, die dichterischen Schwächen des Romans; seinem Gehalte nach wohnt er in bedenklicher Nachbarschaft zu den zweckhaften Wissenschaften, vor allem zu denen der Menschenkunde (Anthropologie) im weitesten Sinne: der Geschichte, Psychologie, Soziologie, Pädagogik, Kunstwissenschaft (historischer, psychologischer, Gesellschafts-, Erziehungs-, Künstler-Roman); der Form nach grenzt er, wo seiner Sprache die rhythmische Getragenheit fehlt, an den verwaschenen Stil der Tageszeitung, in die er als Unterhaltungsroman völlig eingeht. So muß das Urteil über diese Dichtungsart notwendigerweise verschieden ausfallen, je nachdem man ihre Vorzüge oder ihre Gebrechen in den Blick nimmt; noch für Schiller war sie „schlechterdings nicht poetisch“, für Fichte „die Form der Epoche vollendeter Sündhaftigkeit“; heute wird sie von manchen Dichtern und Kunstwissenschaftlern als die höchste und reinste Gattung gepriesen, an umfassendem Gehalt der Lebenswiedergabe über das Drama gestellt; ein Urteil, das hinsichtlich der Leistung etwa eines Thomas Mann vollauf zurechtbesteht. Der Roman kann auf jede der drei möglichen Zeitstufen gestellt werden; als Geschichtsroman schildert er vergangenes Dasein, als Zeitroman die Gegenwart, als utopisch-phantastischer Roman eine erträumte (ersehnte oder gefürchtete) Zukunft. Der Zeitroman selbst zeichnet entweder einläßlich die geistig-seelische Entwicklung eines Einzelnen (Bildungs- und Erziehungsroman: Grimmelshausens „Simplicissimus“, Goethes „Wilhelm Meister“, Kellers „Grüner Heinrich“, Hesses „Peter Camenzind“) oder entrollt weitschichtig das gesellschaftliche Dasein einer bestimmten Lokalität (Landschaftsroman, Dorfroman, Großstadtroman), eines bestimmten Berufs oder Standes (Standesroman: Bauernroman, Arbeiterroman, Militärroman, Schulroman etc.), einer weiteren oder engeren Sippe (Generationenroman, Familienroman). Das prosaische Seitenstück zum metrischen Tierepos bildet der Tierroman, ein solches zum komischen (richtiger zum humoristischen) Epos der komische Roman (Cervantes: „Don Quixote“, Jean Paul, Raabe). 2. Die Mittelform der Prosaepik wird Novélle (ital. Neuigkeit“) genannt. Im Unterschied zum Roman, der ein umfassendes Zeit- oder Lebensbild vorführt, bietet sie nur einen einzigen, aber markanten Zeit- oder Lebensausschnitt, der in dem äußern oder innern Schicksal der dargestellten Personen eine entscheidende Wendung herbeiführt; sie ist also viel geschlossener als der allseits offene Roman, in der Konzentration auf einen zentralen Konflikt dem Drama näherstehend, und über haupt die strengste Form der Prosadichtung Für lässigere Form hat sich der anspruchslose Gattungsname Erzählung (im engeren Sinne) eingebürgert. . Auch sprachlich unter steht und gehorcht sie höheren Anforderungen, denn sie hat den Kontakt mit der mündlichen Erzählung, der sie entstammt, noch nicht so ganz verloren wie der Roman, ist (wenigstens in der Fiktion) für ein vorhandenes oder gedachtes Hörpublikum bestimmt; die Rücksicht auf dieses fordert klangliche Wohlgestalt, straffe Komposition, rasches Tempo und packende Motive. Gerne werden mehrere Novellen durch eine Rahmenerzählung zu einer übergreifenden künstlerischen Einheit zusammengeschlossen (G. Keller: „Das Sinngedicht“). Meister und Muster der Gattung sind der Italiener Boccaccio („Decamerone“) und der Spanier Cervantes („Moralische Novellen“); im deutschen Sprachgebiet haben sie mit besonderem Erfolg gepflegt Goethe, Kleist, Tieck, Hoffmann, Stifter, Keller, C. F. Meyer, Storm, Heyse, Raabe, F. v. Saar, Marie von Ebner-Eschenbach, Paul Ernst, Binding. 3) Die Kleinformen der Prosaepik sind das Märchen, die Kurzgeschichte, die Anekdote. Beim Märchen unterscheidet man in der gleichen Weise und mit ebenso fraglichem Recht wie beim Epos eine volksmäßige und eine kunstmäßige Form Statt zwischen Volks- und Kunstmärchen (auch die Grimmschen Märchen sind Kunstleistung, Ergebnis hohen und in rastloser Feilarbeit erst allmählich erworbenen stilistischen Könnens) unterscheidet man besser zwischen Ur- und Neumärchen. Während das Urmärchen durch den Volksmund gegangen, in wirklicher Gemeinschaftserzählung „zersagt“ ist, entsteht das Neumärchen aus willkürlicher Kombination echter Märchenmotive durch ein schriftstellendes Individuum. ; die von den Brüdern Grimm, den Sammlern der deutschen Kinder- und Hausmärchen, vertretene Meinung, daß in diesen uralte Anschauungen germanischer Vorzeit treu bewahrt wären, trifft keineswegs zu, denn die meisten sind nachweislich erst in und seit dem Hochmittelalter aus der näheren oder ferneren Fremde eingeführt worden. Das Märchen ist eine phantasievoll ausgeschmückte spannende Erzählung mit glücklichem, naiven Gerechtigkeitssinn befriedigendem Ausgang, deren typisierte (menschliche oder tierische) Helden in einem nicht näher bezeichneten Irgendwo und Irgendwann Wunderbares erleben und mit Zauberkräften die Schranken der Naturgesetze zu durchbrechen vermögen. Bunte, nicht tiefe Erfindung kennzeichnet das Märchen; es dringt, wie das geistige Auge des Kindes, nicht in das innere Wesen der Dinge, es bleibt auf der Oberfläche von Begebenheiten wie Personen haften. Eine Sonderform des Märchens ist die Legénde (lat. „das zu Lesende“), welche die wunderreiche Lebens- und Leidensgeschichte der Heiligen oder des Heilands selbst oder einzelne wunderbare Ereignisse ihres Erdenwallens in Vers (Goethe: „Legende vom Hufeisen“) oder Prosa erzählt. Erst in neuester Zeit ist sie Gegenstand weltlicher Prosaepik geworden (G. Keller, Flaubert, Tolstoi, Binding). Die Kurzgeschichte ist eine gedanklich wie formal anspruchslose, bloß entspannender Unterhaltung dienende Erzählung alltäglicher, aber eigenartig angeschauter Vorgänge mit unerwartetem, oft verblüffendem Schluß; sie hat sich neuestens in Zeitung und Zeitschrift als ständiger Artikel eingebürgert (Hans Franck, Oscar Maria Graf, Karel Čapek). Weit höher steht nach Gehalt und Form die Anekdote (griech. „Unveröffentlichtes“). Sie ist knappster, an eine bestimmte, meist historische Persönlichkeit gehefteter Bericht über irgend eine absonderliche Begebenheit oder witzige Äußerung; ihre unübertroffenen Meister sind H. v. Kleist und J. P. Hebel („Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes“). In unseren Tagen hat Wilhelm Schäfer die Anekdote durch symbolische Vertiefung der Handlung zu einem Mittelding zwischen Novelle und Kurzgeschichte ausgeweitet. Von Ur- wie Neumärchen zu sondern ist die (besonders in der deutschen Romantik beliebte) Märchennovelle, die das Märchenschema durch philosophisch-symbolische Vertiefung oder phantastisch-humorige Aufschwellung zu umfänglicherer Erzählung ausweitet (Goethe, Novalis, Tieck, Arnim, Brentano, Hoffmann). C. Dramatik. Die Willensaktion, deren Ziel im Erreichen oder Vermeiden eines bestimmten Zustandes liegt, ist das Urbild aller Tätigkeit. Davon schafft das Drama (griech. „Handlung“) ein Abbild. Im Unterschied zum „schauenden“ Epiker, der betrachtend erkennt, erlebt der Dramatiker die Welt als Tätigkeit, als Kräftespiel, als Kampf; eine einzelne Handlung reißt er aus dem Seinszusammenhang und gestaltet dieses scharf umgrenzte Stück Weltgeschehen in geballter Zusammendrängung, unter Verzicht auf Extensität; wollende, handelnde, kämpfende Menschen führt er vor, deren Zielstrebigkeit Hemmung und durch das Hemmnis erst recht Steigerung erfährt. Dieses Wechselspiel von Bestrebung und Widerstand kann in einer äußeren zwischenmenschlichen Handlung vor sich gehen, im Aneinandergeraten zweier gegensätzlicher Willensträger, oder in einer innenmenschlichen Handlung, im Auseinanderbrechen einer einheitlichen Persönlichkeit in widerstreitendes Begehren (Konflikt zwischen Neigung und Pflicht, zwischen sittlichem Wollen und naturhaftem Trieb); die (äußeren und inneren) Hemmungen Äußere passive Hemmung bereitet ein unaufhebbarer physiologischer (Vererbung) oder soziologischer Zustand, innere eine entsprechende seelische Veranlagung (z. B. Hamlets handlungsscheuer grüblerischer Hang, der seinen klaren und einheitlichen Willen nicht zur Tat werden läßt). sind selber nicht immer aktive Kräfte, sondern können mitunter ruhende Zuständlichkeiten sein, deren bloße Existenz das zielstrebige Subjekt schwer behindert: man spricht im einen Fall von Kampfdrama (im deutschen Schrifttum ist Schiller der ausgesprochenste Kampfdramatiker), im andern von Stauungsdrama (antikes und modernes Schicksalsdrama, naturalistisches Milieu-Drama). Das Drama stellt demnach eine zielstrebige, durch aktive Gegenwirkung oder passiven Widerstand gehemmte Handlung dar, welche die Träger dieser Zielstrebigkeit und Hemmung vermittelst leibhafter Gebärdung und Wechselrede vorführen. Die Handlungsträger (die sog. dramatischen Charaktere) haben Daseinsrecht und Interesse nur in bezug auf die (zielstrebige) Handlung, jede darüber hinausgehende individualisierende Charaktergestaltung (Goethe, Romantik) ist bereits Übergang in die (extensive) epische Gattung. Durch solche Leibhaftigkeit überschreitet das Drama die Grenzen der Wortkunst. Lyrik und Epik wirken allein durch das Wort, sie stellen dar durch das Mittel der Sprache; beim Drama („Schau-Spiel“) tritt zur vermittelten inneren Schau die unmittelbare äußere. Vermöge der leibhaften Vorführung von Personen ist es darauf angelegt, aus dem (idealen) Vorstellungs- in den (empirischen) Wahrnehmungsraum hinüberzuwechseln, aus dem Bereich der Dichtung in das der bildenden Kunst. Ein Drama reiner Wortkunst ist erst in unsern Tagen möglich und wirklich geworden durch die Erfindung des Rundfunks: es ist das Hörspiel, dem sich eine noch unbekannte Zukunft eröffnet. Die Zielstrebigkeit der dramatischen Charaktere kann gerichtet sein auf ein zukünftiges Gelingen oder auf ein Vermeiden von Wirkungen schon in der Vergangenheit liegender Ursachen; danach unterscheidet man das (synthetische) Zieldrama (Schillers „Wallenstein“) vom (analytischen) Enthüllungsdrama (Sophokles: „König Oedipus“; Schiller: „Braut von Messina“; Kleist: „Der zerbrochene Krug“). Nur für das Zieldrama gilt das von Gustav Freytag aufgestellte pyramidenförmige Schema, welches die Handlung vom ersten (Situation und Atmosphäre exponierenden, den Konflikt im „erregenden Moment“ andeutenden) Akt über eine oder mehrere Stufen der Steigerung auf den Höhepunkt von Spannung und Konflikt und von da über den Umschwung (Peripetie) und eine oder mehrere Stufen des Abstiegs (fallende Handlung) zur schließenden Katastrophe begleitet; solcher Bau bedingt eine Teilung in 3 oder 5 Akte. Auf das Enthüllungsdrama ist Freytags Schema schon darum nicht anwendbar, weil hier wesentliche Teile der Vorfabel keineswegs in der Exposition, sondern erst in der Katastrophe dem Zuschauer bekannt werden und bekannt werden dürfen, weil ihre Kenntnis die Lösung bringt (Lessing: „Nathan der Weise“; Kleist: „Käthchen von Heilbronn“). Nach dem Ergebnis des im Drama vorgeführten Kampfes werden unterschieden: die Tragödie oder das Trauerspiel, das Schauspiel und das Lustspiel. 1. Tragödie griech. „Bocksgesang“, so genannt nach den im Kostüm bocksähnlicher Satyrn auftretenden Chören des Dionysoskultes, aus dem das altgriechische Drama entstanden ist. und Trauerspiel lassen den dramatischen Kampf mit dem ─ leiblichen (Schiller: „Wallenstein“) oder seelisch-sittlichen (Goethe: „Tasso“) ─ Untergang des Helden enden. Es kann aber auch mit der leiblichen Vernichtung ein seelisch-sittlicher Sieg zusammengehen; dies ist z. B. in allen Märtyrerdramen der Fall, wo die Trauer über den irdischen Untergang überstrahlt wird vom Glück des Eingangs in die überirdische Seligkeit, ─ aber auch in den meisten Dramen Schillers, in denen der christliche Himmel verweltlicht ist zur sittlichen Idee. Doch nur ein Trauerspiel, das jeden optimistischen Ausblick auf eine ausgleichende göttliche Gerechtigkeit verweigert, vielmehr durch Aufzeigen der sittlichen Unzulänglichkeit des Weltgeschehens das metaphysische Vertrauen zur Sinnhaftigkeit der Welt, zur Güte und Vernünftigkeit der waltenden Gottheit erschüttert, verdient im prägnanten Sinne den Namen der Tragödie als eines Dramas von tragischem Gehalt (Shakespeare: „König Lear“; Schiller: „Don Carlos“; Hebbel: „Agnes Bernauer“). Wo der Held sich seinen Untergang durch eigene Schuld bereitet, liegt bloßes Trauerspiel vor; nur wo er schuldlos oder noch besser im paradoxen Widerspruch zu seiner ethischen Verdienstlichkeit untergeht, darf man von Tragödie sprechen Das Tragische wie das Komische sind Denkformen (Weisen der Weltschau), nicht Dichtungsformen (überhaupt nicht ästhetische, sondern noetische Begriffe); sie können daher in jeder Gattung aufscheinen, die menschliche Schicksale gestaltet: in der Ballade, im Versepos, in Roman und Novelle. . 2. Das Schauspiel unterscheidet sich vom Trauerspiel nur durch die günstige Wendung, die ein ernster Konflikt im Abstieg der Handlung erfährt, so daß ein versöhnlicher Ausgang möglich wird (Goethe: „Iphigenie auf Tauris“). 3. Zum Lustspiel rechnen alle dramatischen Arten, in denen Welt und Menschen in erheiternder (komischer, satirischer, ironischer) Weise behandelt werden. Wie neben dem Trauerspiel die Tragödie, steht neben dem Lustspiel die Komödie griech. etwa „Kneipgesang“; sie ist hervorgegangen aus den Lustbarkeiten der Dionysosfeste. ; das Komische ist die Umkehrung des Tragischen, die Beruhigung und Erheiterung (Lachen) auslösende Erkenntnis, daß in dieser verworrenen Welt nichts ganz ernst zu nehmen, daß die Wirklichkeit geistig unzulänglich sei. Von der zu so überlegener Weltschau gediehenen Komödie, die er für das Großartigste hielt, was Dichtung überhaupt leisten könne, sagt Schiller: „Ihr Ziel ist einerlei mit dem Höchsten, wonach der Mensch zu ringen hat, frei von Leidenschaft zu sein, immer klar, immer ruhig um sich und in sich zu schauen, überall mehr Zufall als Schicksal zu finden und mehr über Ungereimtheit zu lachen als über Bosheit zu zürnen oder zu weinen.“ Das Lustspiel im engeren Sinne führt von solcher philosophischen Höhe ein mächtiges Stück hinab auf die Ebene harmlosen oder auch bissigen Spotts über die Schwächen, Beschränkungen und Verkehrtheiten der Gesellschaft oder einzelner Individuen (Lessing: „Minna von Barnhelm“, Freytag: „Die Journalisten“; G. Hauptmann: „Der Biberpelz“; C. Sternheim: „Die Hose“). Wird der Spott zum Spaß, der nicht ironische oder satirische Weltbetrachtung bieten, sondern nur lächerliche Personen und Situationen vorführen will, so ergibt sich der Schwank, und bei Übertreibung und karikierender Verzerrung des Lächerlichen die Posse. Auch nach den Stoffen und Gehalten lassen sich Unterarten des Dramas scheiden: das Sagen- und Märchendrama, das historische und das Zeitdrama, das bürgerliche und das soziale Drama; das Familien- und das Volksstück; das Zustands-, Milieu- und das Schicksalsdrama. Sprachformal bieten sich dem Drama alle Möglichkeiten; es kann in schlichter oder rhythmischer Prosa abgefaßt sein, in freien oder strengen Versen, in Versen jeden Metrums vom knappen Knittelvers bis zu weitbauschigen Trimetern und Tetrametern; Bodmer wollte sogar den Hexameter verwenden, Tieck und Kotzebue haben das zuweilen wirklich getan; deutsche Romantiker gebrauchten die schwierigsten romanischen Strophengebäude (Sonette und Stanzen), und am Beginne des 20. Jahrhunderts schrieb der Neuromantiker Eduard Stucken einen ganzen Dramenzyklus in kunstvoll mit Mittel- und Endreim verzierten Viertaktern. Verbindet sich das Wort-Drama mit der Tonkunst und überläßt dieser die Führung, so entsteht das Musik-Drama: Trauer- und Schauspiel werden zur ernsten, Komödie und Lustspiel zur komischen Oper ital. ópera (sc. in musica) „(Musik-)Werk“. , Schwank und Posse zur Operette ital. operétta „kleine Oper“. ; behält der Dichter die Oberhand über den Komponisten, der nur einzelne lyrische Einlagen vertont, so ergibt sich das Singspiel. Verzichtet der Bühnenvorgang auf jegliche begleitende Rede, so wandelt sich das Drama zur Pantomime griech. pantómimos „alles nachahmend“. , dem völligen Widerpart des nur in Wortschällen wesenden Hörspiels; sie überschreitet den Umkreis der Sprachkunst (denn das Textbuch der Pantomime ist ja nur bühnentechnischer Behelf, nicht ästhetischer Selbstzweck) und hiermit auch den Umkreis der Poetik. BÜCHERKUNDLICHER ANHANG. Die Absicht, Grundtatsachen und Hauptbegriffe der Poetik nach heute gültigem Wissen oder Meinen in knappster Form darzulegen, entsprang der Rücksicht auf den erschütterten Bildungsstand wie auf die dürftige Wirtschaftslage des deutschen Lesers, insbesondere der studierenden Jugend. Weiterstrebenden, Höherzielenden mag nachfolgende Liste Diese bedient sich der Siglen RL = Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte hg. von P. Merker & W. Stammler (1925/31 IV); DV = Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte hg. von P. Kluckhohn & E. Rothacker (1923/44 XXII). dichtungswissenschaftlicher Hauptschriften den Weg in breitere und tiefere Bereiche weisen. Eine Gesamtgeschichte der Poetik fehlt; Ersatz leisten die bezüglichen Abschnitte in den historischen Darstellungen der allgemeinen Kunstwissenschaft: R. Zimmermann, Geschichte der Ästhetik (1858), B. Bosanquet, History of aesthetics (1892, 2 1905), Katherine E. Gilbert & H. 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Alles die Literaturgeschichte der poetischen Phänomene Betreffende findet man bei J. Körner, Bibliographisches Handbuch des deutschen Schrifttums (1921, 2 1928, völlig umgearbeitet und wesentlich vermehrt 3 1949). Sachweiser Seite Abbruch der Rede 18 f. Abgesang 32 Abstandszeiten 25 Achttakter, trochäischer 29 akatalektisch 26 akzentuierend 24 Alexandriner 28 f. Allegorie 14 Alliteration 35 f. Alltagssprache (s. Verkehrssprache ─ alternierend 24 Anakoluth 19 Anapäst 27 f. Anaphora 17 Anekdote 47 Anruf 18 Anthropologie 45 Antithese 19 f. Aposiopese 18 f. Apostrophe 18 Archaismus 8 Assonanz 35, 36 Aufgesang 32 Ausdruck: eigentlicher 10, 11 nachdrücklicher 16 sprachlicher 8 Ausruf 16 ff. Ballade 40 Beiwort: individualisierendes 9 schmückendes 9 typisierendes 9 unerwartetes 9 Betonung, schwebende 27 Bilder, sprachliche 8/14 Bildersprung 12 f. Binnenreim 37 Blankvers 28 Seite Daktylus (daktylische Versarten) 27, 30f. Dezime 33 Diärese 27, 30 Dichtung (s. Poesie) ─ Dichtungsgattungen (s. Gernik) ─ Didaktik (s. Lehrdichtung) ─ Distichon 31 Dithyrambe 40 Drama 48 f. Dramatik 39, 48/51 Ellipse 18 Emphase 16/9 Enjambement 26 Epik 39, 41/7 Epiphora 17 epithète rare 9 Epitheton ornans 9 Epos (Epopöe) 42 f. idyllisches 44 komisches 43 f. Erlebnis 6 f. Erlebnisausdruck 39 Erzählung: im weitesten Sinn 42/7 im engeren Sinn 46 poetische 44 Ethos (s. Versethos) ─ Etymologie 9 Exposition 49 Figuren, stilistische 14/20 Frage, rhetorische 17 f. Fremdwort 8 Fügungsbruch 19 Fünftakter: jambischer 28 trochäischer 29 daktylischer 30 f. Fuß (s. Versfuß) ─ Seite Gattungen der Dichtung (s. Generik) ─ Generik 7, 39/51 Gesätz 32 Ghasel 33, 34 Gleichnis 12 Glosse 33 Gradation 17 Hebung 25, 26 Heldenepos 42 f. Hexameter 30 Hymne 40 f. Hyperbel 13 hyperkatalektisch 26 Ironie 13 f. Jambus (jambische Versarten) 27, 28 f. Kanzone 33 Katachrese 12 f. katalektisch 26 Katastrophe 49 Kehrreim 35 Klangart 25 Klimax 17 Knittelvers 28 Kolon 22 Komik 50 komischer Roman 46 komisches Epos 43 f. Komödie 50 Körner 37 Kunst 5 Kunstepos 43 Kurzgeschichte 47 Lautbedeutsamkeit 16 Lautmalerei 15 Lautsymbolik 37 f. Legende 47 Lehrdichtung 39 Seite Litotes 13 Lustspiel 50 f. Lyrik 39/41 Makame 33 Märchen 46 f. Märchennovelle 47 Meistergesang 32 Metapher 11, 15 Metaphorik 10 Metonymie 10 Metrik 24/38 Metrum 24, 26, 28, 31 Minnesang 32 Moment, erregendes 49 Musikdrama 51 Neologismus 8 Nibelungenstrophe 32 f. Nibelungenvers 28 f. Nichtpoesie 6 Novelle 46 (s. auch Märchen- u. Versnovelle) Numerus 22 ff. Ode 40 f. Oktonar 29 Onomatopöie 15 Oper 51 Operette 51 Ottaverime (s. Stanze) ─ Oxymoron 20 Pantomime 51 Parabel 12 Paradoxon 19 f. Parodie 43 Pausen 25 Pentameter 30 f. Peripetie 49 Personifikation 14 Poesie 5 ff. Poesie und Nichtpoesie 6 Seite Poesie und Prosa 6 Poetik 5 Posse 51 Prosa 6 ─, rhythmische 22 f. Prosaepik 44/7 Prosarhythmus 22 ff. Prosodik 7, 21/38 quantitierend 24 Quinar 28 Rahmenerzählung 46 Rede: gebundene 6, 21, 23, 24 ungebundene 6, 21, 23, 24 Refrain (s. Kehrreim) ─ Reim 15, 35/7 Reimpaar 32, 37 Rhetorik 7 rhetorische Frage 17 f. Rhythmen, freie 23, 24 Rhythmus 21/5, bes. 24 f., 31 Roman 45 f. Romanze 40 Schallform 24 f. Schallnachahmung 16 Schauspiel 50 Schimpfwort 13 Schlagreim 37 Schwank 51 Schwereabstufung 24 Sechstakter: jambischer 28 f. daktylischer 30 Senar 28 f. Senkung 25, 26 Sestine 33 silbenmessend 24 silbenwägend 24 silbenzählend 24 Singspiel 51 Seite Sinnbild 14 Sonett 33 f. Sonettenkranz 34 Spondeus 30 Sprache (vgl. Verkehrssprache) 5, 10 ─, poetische 8 Sprachkunst (s. Wortkunst) ─ Sprachmelos 25 Sprechmelodie 25 Sprechweise 25 Stabreim 32, 35 f. Stabreimvers 27, 32 Stanze 33, 34 Steigerung 17 stichisch 32 Stilistik 7, 8/20 Stollen 32 Strophe 31/5 ─, alkäische 33 ─, asklepiadeische 33 ─, sapphische 33 Symbol 14 Synekdoche 10 Takt 26 Taktarten 27 Taktreihen 28 tertium comparationis 11 Terzine 33, 34 Tetrameter 29 Tierepos 44 Tierroman 46 Tonbewegung 27 Tonlage 25 tonwägend 24 Tragik 50 Tragödie 49 f. Trauerspiel 49 f. Travestie 43 f. Trimeter 28 f. Triolett 33 Trochäus (trochäische Versarten) 27, 29 Tropen 10 f. Seite Vergleich 11/3 Verkehrssprache 8, 11, 12 f., 13 f., 14, 16, 18, 19, 36 Vers 26/31 Versbrechung 26 Versepik 42/4 Versethos 31 Versfuß 26, 28 Versgruppen (s. Strophe) ─ Verslehre (s. Metrik) ─ vers libre 23, 26 Versnovelle 44 Vers-Psychologie 25 Seite Versschmuck 25, 35/8 Vers-Stilistik 25 Viertakter, jambischer 28 ─, trochäischer 29 Volksepos 42 Waisen 37 Wiederholung 17 Witzelei 15 Wortkunst 5 f. Wortspiel 15 Zäsur 26 f., 30 zeitmessend 24 INHALT Seite ALLGEMEINER TEIL 5 BESONDERER TEIL 8 I. STILISTIK 8 Bilder und Figuren 8 A. Bilder 8 1. Das schmückende Beiwort 9 2. Tropen (Metaphorik) 10 α ) Metonymie 10 β ) Metapher 11 3. Vergleich und Gleichnis 11 4. Hyperbel 13 5. Personifikation 14 B. Figuren 14 1. Wortspiel 15 2. Lautmalerei 15 3. Emphase 16 4. Antithese 19 II. PROSODIK 21 A. Prosarhythmus (Numerus ) 22 B. Verslehre (Metrik ) 24 1. Verse 26 2. Versgruppen 31 3. Versschmuck 35 A. Reim 35 1. Alliteration 35 2. Endreim 36 B. Lautsymbolik 37 III. GENERIK 39 A. Lyrik 39 a) unmittelbare 40 b) mittelbare 40 B. Epik 41 a) Versepik 42 b) Prosaepik 44 C. Dramatik 48 a) Trauerspiel (Tragödie) 49 f. b) Schauspiel 50 c) Lustspiel (Komödie) 50 f. d) Musikdrama 51 BÜCHERKUNDLICHER ANHANG 52 SACHWEISER 56 INHALT 61 Im gleichen Verlag erschien: Prof. Dr. Herman Nohl: Einführung in die Philosophie. Gr. 8°. 4. Aufl. 1948. (15─19. Tsd.) 112 Seiten. kart. DM. 3.50. Prof. Dr. Herman Nohl: Charakter und Schicksal. Eine pädagogische Menschenkunde. Gr. 8°. 4. Auflage. 1949. 189 Seiten. kart. DM. 9.50. Prof. Dr. Herman Nohl: Die sittlichen Grunderfahrungen. Eine Einführung in die Ethik. Gr. 8°. 3. Auflage 1949. 151 Seiten. kart. DM. 7.─. Prof. Dr. Walter F. Otto: Die Götter Griechenlands. Das Bild des Göttlichen im Spiegel des griechischen Geistes. Gr. 8°. 3. Aufl. 1947. 288 Seiten. kart. DM. 12.50. Alain: Gedanken über die Religion. Gr. 8°. 1948. 247 Seiten. kart. DM. 8.50. Prof. Dr. Hermann Usener: Götternamen. Versuch einer Lehre von der religiösen Begriffsbildung. ─ Mit einem Geleitwort von Prof. Martin P. Nilsson (Lund). Gr. 8°. 1948. 390 Seiten. kart. DM. 15.─. Prof. Dr. Max Scheler: Bildung und Wissen. Gr. 8°. 3. Aufl. 1947. 48 Seiten. kart. DM. 2.─. Prof. Dr. Max Scheler: Wesen und Formen der Sympathie. Der „Phänomenologie und Theorie der Sympathiegefühle“ 5. Aufl. 1948. 290 Seiten. kart. DM. 10.50. Prof. Dr. Georg Misch: Vom Lebens- und Gedankenkreis Wilhelm Diltheys. Gr. 8°. 1947. 64 Seiten. kart. DM. 2.─. VERLAG G. SCHULTE-BULMKE · FRANKFURT/MAIN Im gleichen Verlag erschien: Prof. Dr. Wilhelm Röpke: Das Kulturideal des Liberalismus. 80. 1947. 27 S. kart. DM. 1.50. Prof. Dr. Wilhelm Röpke: Die Ordnung der Wirtschaft. 8°. 1948. 28 Seiten. kart. DM. 1 ─. Dr. Hans Zbinden: Gefahren der modernen Demokratie. 8°. 1948. 84 Seiten. kart. DM. 2.50. Prof. Dr. Raymond Aron: Hat Europa noch Aufbaukräfte? 8°. 1948. 28 Seiten. kart. DM. 1.50. Prof. Dr. Viktor v. Weizsäcker: Der Begriff sittlicher Wissenschaft. 8°. 1948. 28 Seiten. kart. DM. 1.50. Prof. Dr. Ulrich Noack: Politik als Sicherung der Freiheit. Nach den Schriften von John Dalberg-Acton. Gr. 8°. 1946. 223 Seiten. kart. DM. 8.50. Prof. Dr. Ulrich Noack: Katholizität und Geistesfreiheit. Nach den Schriften von John Dalberg-Acton. Gr. 8°. 2. Aufl. 1947. 309 Seiten. kart. DM. 9.50. Prof. Dr. Hans Mayer: Frankreich zwischen den beiden Weltkriegen. (1919─1939). 8°. 1948. 34 Seiten. kart. DM. 1.50. VERLAG G. SCHULTE-BULMKE · FRANKFURT/MAIN JOSEF KÖRNER, geb. 15. 4. 1888 in Rohatetz bei Göding (Südmähren), 1910 Dr. phil. der Universität Wien, 1912 bis 1930 Gymnasialprofessor in Prag, seither an der dortigen deutschen Universität wirkend, nach deren Nazisierung aus dem Lehramt entfernt, lebt in Roztoky bei Prag; neben umfangreichen Quellenschriften zur Geschichte der deutschen Romantik (Briefwechsel der Brüder Schlegel mit Schiller und Goethe 1926, Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel 1926, Briefe von und an August Wilhelm Schlegel 1930 II, Neue philosophische Schriften von Friedrich Schlegel 1935, Krisenjahre der Frühromantik 1936/37 II) veröffentlichte er Bücher über das Nibelungenlied (1911, 1920, 1921), Romantiker und Klassiker (1924), Goethes Mondlied (1936), Kleist (1926), Schnitzler (1921), eine Bibliographie des deutschen Schrifttums (1921, 3 1949) und das Textbuch „Wortkunst ohne Namen“ (1937).