Hochwohlgeborner Herr Hochgebietender Herr Staatsminister
Gnädiger Herr.
Ermuntert durch die gnädige Aufnahme, deren Euer Excellenz meine berichterstattende Vorstellung vom
28. December
vorigen Jahres über meine Wirksamkeit auf der
Rheinuniversität
zu
Bonn
gewürdigt haben, habe ich es gewagt, Hochdenselben die Erstlinge meiner Arbeiten aus einem Institute gehorsamst zu überreichen, das nur unter dem gnadenvollen Schutze Euer Excellenz seine alte Grösse zu übertreffen, gewachsen ist, und auf welches Hochdieselben selbst einmal durch eine huldvolle Ausstattung mich in meinen wissenschaftlichen Bestrebungen hinzuweisen geruht haben. Die gegen- wärtige
Arbeit
ist eine Frucht eines Theiles meiner Studien in
Berlin
für die
Physiologie
und
vergleichende Anatomie
, aus einer Zeit, in welcher ich im Verfolg meines vorgesteckten Planes eine besondere Aufmerksamkeit der Bildung der Glieder- thiere zuwendete; sie war schon in ihrer Anlage von Euer Excellenz der Durchsicht gewürdigt worden, und Ihre huldvolle auch die geringen Kräfte zur angemessenen Thätigkeit aufmunternde Nachsicht hat viel dazu beigetragen, daß ich ihre Herausgabe wagte. Die Mittel, welche mir zur Ausdehnung meiner Studien für die
Naturwissenschaft
und
Medicin
durch Euer Excellenz gnädige Fürsorge in so reichlichem Masse ertheilt worden sind, waren mir unverletzliche heilige Güter. Wenn ich nunmehr ausser
meine
Berufsthätigkeit für meine Vorle- sungen noch einige Musse für die Aus- führung des mannigfaltigen während jenen Studien gehäuften Stoffes an Beobachtungen, Entwürfen, Anlagen, Zeichnungen gewinnen kann, so habe ich inmitten meiner Arbeiten Ursache und Gelegenheit genug, mich in tiefster Dankbarkeit zu erinnern und zu versichern, wie sehr zufrieden ich mit einer so vielfach begünstigten Richtung meines Berufes, meines ganzen Lebens zu seyn Grund habe. In dieser Beziehung ist es mein wärmster Wunsch, daß die gegenwärtige Arbeit aus einem der dunkelsten Gebiete der
vergleichenden Anatomie
und
Physiologie
nur einigermassen im Stande seyn möchte, von der Art der Verwendung einer so kostbaren Zeit in einem Theile ausgedehn- terer Studien Euer Excellenz Rechen- schaft zu geben.
Es gereicht mir zur grossen Befriedigung und Aufmunterung, daß sich mir nun- mehr schon ein meinen Wünschen und Kräften angemessener Wirkungskreis eröffnet hat. Die Privatvorlesungen über die gesammte specielle
Physiologie
, mit Versuchen und Demonstrationen verbunden, die ich seit dem 2ten May zu halten begriffen bin, sowie die öffentlichen Vorlesungen über die Ency- clopädie und Methodologie der
Medicin
und die Fortsetzung der medicinischen Disputatorien in lateinischer Sprache neh- men meine ganze Thätigkeit in Anspruch.
Es wird mein dauernder, mit dem grössten Eifer und Aufwand der Kräfte verfolgter Vorwurf seyn, in der treuesten gewissenhaftesten Erfüllung meines Berufes ein Denkmal der Dankbarkeit zu suchen. Möchte es mir gelingen, mir die Gnade und Huld Euerer Excellenz, die Hochdieselben auch jetzt mir nicht entziehen zu wollen scheinen, auf immer zu erhalten. Dann würde mir jede Anstrengung und Arbeit zum freudigen Opfer werden. In diesen gehorsamen und unterwürfigen Gesinnungen will ich allezeit verharren.
Euer Excellenz in tiefster Hochachtung und Ehrerbietung ganz unterthäniger Diener
Dr.
Jo. Müller
Privatdocent der
Medicin
auf der
Rheinuni
versität
zu
Bonn
.
Bonn
am 18ten May 1825.