Ein Königliches Hohes Ministerium hat mir durch die gnädige Unterstützung auf meiner Reise nach Italien so verehrungswürdige Beweise des geneigtesten Wohlwollens gegeben, daß ich mich in großer Verlegenheit befinde, als undankbar zu erscheinen, indem ich mich nothgedrungen sehe, hierdurch gehorsamst vorzustellen, wie ich die Anstellung, als Zeichenleher zu Bonn auf die mir bekanntgemachten Bedin- gungen anzutreten mich außer Stande befinde. Ich darf voraussetzen, daß Ein Hohes Ministerium nach so vielfachen Beweisen Seiner Gnade mir ein kümmerliches und wahrhaft unglückliches Loos zu bereiten nicht beabsichtigen können, und doch sehe ich ein solches vor mir, wenn ich mit einem Gehalt von 200 r. die gedachte Stelle in Bonn antreten wollte. In der Hoffnung einen auskömmlichen Unterhalt zu finden, habe ich mich in Italien auf alle Weise bemühet, die für dieses Lehramt erforderlichen Studien zu machen, so daß ich damit behaupten kann, in dieser Hinsicht meine Pflicht er- füllt zu haben; daß es aber nicht möglich ist, von 200 r. sorgenfrey zu leben, indem die Einnahme an Honorar von Studirenden kaum hinreichen dürfte, die erforderlichen Materialien und Hilfsmittel zum Studium zu bestreiten, und der Nebenverdienst als praktischer Künstler zu Bonn nur höchst unbedeutend sein kann, da ich die beste Tageszeit dem Unterrichte und den dazu erforderlichen Vorbereitungen widmen muß, wird Ein Hohes Ministerium gewiß anerkennen. Ueberdem verliere ich in dieser Stellung die Möglichkeit in meiner Laufbahn als praktischer Künstler fortzuschreiten, und mich auf dem nicht ohne Genugthuung betretenen Wege zu vervollkommnen, indem es mir in Bonn sowohl an den nöthigen Hilfsmitteln, so wie an Zeit dazu fehlen würde. Wenn ich also dieses große Opfer meiner künftigen Pflicht als akademischer Lehrer darbringen soll so muß ich wenig- stens mit Sicherheit auf einen vollständigen Unterhalt dabey rechnen können, welches ohne einen fixen Gehalt von 600 r. nicht möglich sein würde. Sollte Ein Hohes Ministerium jedoch nicht thunlich finden, meinen Gehalt auf 600 r. zu erhöhen, so würde ich unterthänigst bitten, mich der Verpflichtung, die Lehrstelle in Bonn anzutreten, gnädigst entbinden, und mich einer andern Bestimmung vorbehalten zu wol- len, in welcher ich mehr als praktischer Künstler den Absichten Eines Hohen Ministerii zu entsprechen und mein Auskommen zu finden im Stande wäre. Ein Hohes Ministerium bitte ich hiernach, über mein künfti- ges Schicksaal gnädigst zu entscheiden, indem ich mich in dankbar- sten Gesinnungen Höchstdero fernerer Gewogenheit empfehle. Berlin d 5 t September 1821. Joseph Raabe wohnhaft zu Bunzlau in Nieder- Schlesien . An Ein König. Hohes Ministerium der Geistlichen und Unterrichts Angelegenheiten